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German Pages 1134 [1144] Year 2021
Hölzle Praxisleitfaden SanInsFoG
ZRI Praxisbuch 4
Praxisleitfaden SanInsFoG Restrukturierung vor und in der Insolvenz 3., erweiterte und aktualisierte Auflage
von Prof. Dr. habil. Gerrit Hölzle Rechtsanwalt und Fachanwalt für InsolvenzR/ Fachanwalt für Handels- u. GesR/Fachanwalt für SteuerR
RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG Köln
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Vorwort zur 3. Auflage Der mühsame Weg der Entwicklung einer Sanierungskultur in Deutschland „,O Gott‘, stieß sie plötzlich hervor und sank auf ihren Sitz zurück. Erst in diesem Augenblick ging alles vor ihr auf, was in dem Worte ,Bankerott‘ verschlossen lag, alles, was sie schon als kleines Kind an Vagem und Fürchterlichem empfunden hatte. … ,Bankerott‘ … das war etwas Grässlicheres als der Tod, das war Tumult, Zusammenbruch, Ruin, Schmach, Schande, Verzweiflung und Elend … ,Er macht Bankerott!‘, wiederholte sie. Sie war dermaßen geschlagen und niedergeschmettert, dass sie an keine Hilfe dachte … .“ (Thomas Mann, Buddenbrooks, 1901 [Tony erfährt von der Insolvenz ihres Ehemannes Bendix Grünlich])
Der Praxisleitfaden ESUG war in seiner 1. Auflage im März 2012 unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesetzes angetreten, den sich für die Praxis aus den wesentlichen Änderungen der InsO ergebenden Handlungsbedarf zu identifizieren, den sich daraus ergebenden Aufgabenkatalog zu definieren und Leitlinien zu entwickeln, die der Praxis einen möglichst einheitlichen Umgang mit dem Gesetz ermöglichen. Gut eineinhalb Jahre später erschien die 2., überarbeitete und wesentlich erweiterte Auflage, in die bereits umfassende Erkenntnisse aus der praktischen Abwicklung zahlreicher Verfahren, aber auch aus einer sehr dynamischen Entwicklung in Rechtsprechung und Literatur eingeflossen waren. Sie war in konsequenter Fortschreibung der 1. Auflage abermals angetreten, die erkennbaren und erkannten Probleme im Umgang mit dem ESUG auf gesichertem dogmatischen Fundament einer praxisgerechten Lösung zuzuführen. Die weitere rechtspraktische aber auch rechtsdogmatische Entwicklung seit Erscheinen der 2. Auflage würde auch ohne die europäische Richtlinie zur Einführung eines präventiven Restrukturierungsrahmens ausreichend Anlass für die nun vorliegende 3. Auflage gegeben haben. Zwar ist der absolute Anteil, insbesondere von Eigenverwaltungsverfahren an den Unternehmensinsolvenzen, insgesamt auf einem einheitlich niedrigen Niveau, jedoch zeichnen die jährlichen ESUG-Studien der Boston Consulting Group, was die Akzeptanz des Eigenverwaltungsverfahrens in der Sanierungspraxis angeht, ein klares Bild: Deutlich mehr als die Hälfte der größten Insolvenzverfahren der letzten Jahre sind jeweils in (vorläufiger) Eigenverwaltung geführt worden. Die Zahl der durch Insolvenzplan sanierten großen Unternehmen ist beachtlich. Es ist damit zweifelsfrei festzustellen, dass das ESUG einen wesentlichen Beitrag zur Etablierung einer Sanierungskultur in Deutschland geleistet hat. Kein anderer Befund ergibt sich auch aus der ESUG-Evaluation, die Korrekturbedarf im Detail herausgearbeitet hat, aber zu dem Ergebnis kommt, dass die „Rückkehr zum alten Recht“ nicht veranlasst oder gar geboten ist. Insoweit kann dem Gesetzgeber nur attestiert werden, dass er das mit der Fortentwicklung der Insolvenzordnung verfolgte Ziel in weiten Teilen bereits erreicht hat (zum Ganzen ausführlich Hölzle, ZIP 2017, 1307).
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Vorwort zur 3. Auflage
Dessen ungeachtet ist der durch die ESUG-Evaluation ausgelotete Reformbedarf, der Zuspruch aus Wissenschaft und Praxis gleichermaßen erhalten hat, vom Gesetzgeber im SanInsFoG aufgegriffen worden. Dass der Gesetzgeber das SanInsFoG allerdings zum Anlass zu solch weitreichenden Änderungen der Insolvenzordnung nehmen würde, war kaum erwartet worden. Soweit die Änderungen von der Motivation einer Missbrauchsvermeidung, insbesondere im Recht der Eigenverwaltung, getragen sind, ist das Motiv nachvollziehbar, bergen die Vorschriften allerdings die Gefahr, durch eine allzu pauschalierte Missbrauchsbetrachtung das Vertrauen in ein bewährtes Rechtsinstitut, das seine herausragende Eignung bei Begleitung durch professionelle Akteure vielfach unter Beweis gestellt hat, allzu großen Schaden nimmt. Schlimmeres konnte allerdings durch die Streichung der noch in der Entwurfsfassung des SanInsFoG vorgesehenen Möglichkeit der Bestellung eines Sondersachwalters durch das Gericht in Ergänzung zu einem auf verbindliches Gläubigervotum bestellten Sachwalters verhindert werden; wenngleich die entsprechende und ebenso missglückte Vorschrift in § 74 Abs. 3 StaRUG erhalten geblieben ist. Dass hierin zum Ausdruck kommende Misstrauen gegen ein Gläubigervotum wird dem Gedanken einer vom Gläubigerwillen getragenen Sanierung des Schuldners nicht gerecht. Genau darum geht es aber bei der Fortentwicklung einer Sanierungskultur in Deutschland, die mit der Umsetzung des mutigen Entwurfs des StaRUG einen großen weiteren Schritt in Richtung der internationalen Akzeptanz des Sanierungsstandortes Deutschland macht. Es war dabei eine richtige Entscheidung des Gesetzgebers, die Umsetzung des präventiven Restrukturierungsrahmens außerhalb der Insolvenzordnung zu regeln, jedoch eng mit den etablierten Institutionen der InsO zu verknüpfen. Beide Gesetze können weder losgelöst voneinander betrachtet noch verstanden werden. Schon die Pflicht, im darstellenden Teil des Restrukturierungsplans die alternativen Befriedigungsaussichten der Gläubiger unter der Maßgabe darzustellen, dass das Unternehmen fortgeführt wird, setzt in jedem außerinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahren die Beschäftigung mit dem Insolvenzszenario, das künftig eben nicht mehr das „Plan B“-, sondern das „Plan C“-Szenario sein wird, voraus. Die vielen Anleihen, die das Recht der Unternehmensrestrukturierung beim Insolvenzrecht nimmt, sorgt des Weiteren dafür, dass beide Verfahren auch in der weiteren Entwicklung eng miteinander verzahnt bleiben werden, da die Rechtsprechung, wenn auch nicht simultan ergehen, jedenfalls aber uneingeschränkt übertragbar sein und bleiben wird. Und da die drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) Eingangsvoraussetzung für das Restrukturierungsverfahren ebenso wie für einen Eigeninsolvenzantrag ist, was eine Optionalität und damit eine Opportunitätsbetrachtung zwischen beiden Verfahrensarten auslöst, wird auch künftig die Entwicklung des einen Verfahrens nicht ohne die des anderen vonstattengehen. Zu begrüßen ist dabei die endlich auch beim Gesetzgeber angekommene Erkenntnis, dass bereits die in der drohenden Zahlungsunfähigkeit manifestierte Krise des Unternehmens und die damit einhergehende
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Vorwort zur 3. Auflage
Gefährdung der Gläubigerinteressen einen zwingenden Perspektivenwechsel hinsichtlich der Treuebindung der geschäftsleitenden Organe weg vom Gesellschafter- hin zum Gläubigerinteresse gebietet (so bereits Hölzle, ZIP 2013, 1846). Das Haftungskorsett für die geschäftsleitenden Organe wird daher enger, was einerseits frühzeitige Sanierungen beflügeln, andererseits auch außergerichtliche Sanierungen noch sehr viel stärker verrechtlichen wird. Das allerdings wird, so bleibt zu hoffen, die Professionalisierung der Branche, die seit Inkrafttreten der InsO zum 1.1.1999 unaufhörlich vorangeschritten ist, noch weiter befeuern und damit die Fortentwicklung einer vertrauenswürdigen und verlässlichen Sanierungspraxis weiter katalysieren. Und nicht zuletzt das ist das Fundament, auf dem eine Sanierungskultur, die sich nur über Dekaden entwickeln kann, fest gebaut wird. Blickt man zurück auf die Wahrnehmung noch des Konkursverfahrens, wie sie plastischer als von Thomas Mann in den Buddenbrocks nicht geschildert werden kann, so ist die Entwicklung, die das Insolvenzrecht bis heute genommen hat, beachtlich. Wichtig ist allerdings, durch eine besonnene Anwendung der Unternehmensrestrukturierung nach dem StaRUG keinen Schritt zurückzumachen und das zarte Pflänzchen einer deutschen insolvenzgestützten Sanierungskultur nicht in ihrem Wachstum zu hindern und vor dem Hintergrund des möglichen StaRUG-Verfahrens jede Insolvenz (erneut) als Beleg des Scheiterns zu begreifen. Das Gesamtbild nicht aus den Augen zu verlieren und zugleich im Rahmen einer pragmatisch orientierten aber dogmatisch versierten Auseinandersetzung mit der Fortentwicklung des Insolvenzrechts in bewährter Tradition der Vorauflagen Anwendungsfragen vorherzusehen und einer verallgemeinerungsfähigen Lösung zuzuführen, ist nun auch die vorliegende 3. – einerseits um eine vollständige Kommentierung des StaRUG, andererseits um die durch das SanInsFoG geänderten Vorschriften der InsO erweiterte – Auflage angetreten. Möge auch diese Auflage des Praxisleitfadens in bewährter Tradition Praktikern aller Professionen eine Hilfe bei der Bewältigung des täglichen Umgangs mit dem Gesetz sein. Ich danke meinen wissenschaftlichen Mitarbeitern Tim Sperlich, Lars Meyerholz und Hannes Kamin für die engagierte Unterstützung.
Bremen, im September 2021
Prof. Dr. habil. Gerrit Hölzle
VII
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
Vorwort zur 3. Auflage .................................................................................. V Literaturverzeichnis ................................................................................. XLIII
A. Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (Unternehmensstabilisierungsund -restrukturierungsgesetz – StaRUG) ................................ 1 ........ 1 Vor § 1 Vorbemerkung ...................................................................... 1 ........ 1 (Zum Auslegungsprimat des StaRUG) .............................................. 1 ........ 1 Teil 1 – Krisenfrüherkennung und -management .......................... 1 ........ 5 § 1 Krisenfrüherkennung und Krisenmanagement bei haftungsbeschränkten Unternehmensträgern ................................................ 1 ........ 5 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 ........ 5
2.
Beobachtungs- und Sanierungspflicht (Abs. 1) .......................... 3 a) Beobachtungspflicht ............................................................. 3 b) Den Fortbestand gefährdende Entwicklungen ................... 6 c) Gegenmaßahmen (Sanierungspflicht) ................................. 9 d) Berichts- und Befassungspflicht ......................................... 14 e) Gemeinsamer Mindeststandard und Subsidiarität (Abs. 3) ................................................................................ 18
........ ........ ........ ........ ........
6 6 7 8 9
...... 10
3.
Subjektiver Anwendungsbereich (Abs. 2) ................................ 20 ...... 10
4.
Rechtsfolgen ............................................................................... 22 ...... 11
5.
Verhältnis zu anderen Vorschriften .......................................... 26 ...... 12
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen ............... 1 ...... 13 Kapitel 1 – Restrukturierungsplan ................................................... 1 ...... 13 Abschnitt 1 – Gestaltung von Rechtsverhältnissen ........................ 1 ...... 13 §§ 2 – 4 Gestaltung von Rechtsverhältnissen .................................. 1 ...... 13 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 ...... 15
IX
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
2.
Unterwerfung unter die zwangsweise Gestaltung ...................... 4 ...... 16 a) Grundsätzliche Gestaltungsfreiheit des Restrukturierungsplans ....................................................................................... 4 ...... 16 b) Zwangsweiser Eingriff nur in „gestaltbare Rechtsverhältnisse“ ........................................................................ 10 ...... 17
3.
Maßgeblicher Betrachtungszeitpunkt ....................................... 45 ...... 28
Abschnitt 2 – Anforderungen an den Restrukturierungsplan ...... 1 ...... 29 § 5 Gliederung des Restrukturierungsplans ................................... 1 ...... 29 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 ...... 29
2.
Abweichungen zu den insolvenzplanrechtlichen Vorschriften .... 4 ....... 29
§ 6 Darstellender Teil ........................................................................ 1 ...... 30 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 ...... 31
2.
Gegenstand und Umfang der Darstellung sowie Begründungszwang ............................................................................................. 5 a) Gebot der Planklarheit .......................................................... 5 b) Gebotene Gesamtschau des Restrukturierungskonzepts ... 7 c) Grundsätzlich kongruente Vergleichspaarbildung und Pflicht zum Dual Track ...................................................... 15 d) Weitere Pflichtinhalte aus anderen Vorschriften .............. 22 e) Begründungszwang ............................................................. 26
3.
...... 32 ...... 32 ...... 33 ...... 35 ...... 37 ...... 39
Konzerninterne Drittsicherheiten ............................................. 28 ...... 39
§ 7 Gestaltender Teil .......................................................................... 1 ...... 41 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 ...... 41
2.
Regelung der Eingriffstiefe in die Rechte der Planbetroffenen .... 4 ....... a) Grundlagen ............................................................................ 4 ...... b) Bestimmtheitsgebot ............................................................ 10 ...... c) Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen ................................. 12 ......
3.
Gestaltungsgrenze durch das Verbot der Übersanierung ........ 15 ...... 45 a) Herleitung und Gegenstand des Verbots der Übersanierung .............................................................................. 15 ...... 45 b) Tatbestandliche Bestimmung ............................................. 26 ...... 48
42 42 43 44
§ 8 Auswahl der Planbetroffenen ..................................................... 1 ...... 49 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 ...... 50
2.
Grundprinzipien der Auswahl der Planbetroffenen ................... 4 ...... 50
X
Inhaltsverzeichnis Rn.
3.
4.
Regelbeispiele sachgerechter Differenzierung (§ 8 Satz 2 StaRUG) ................................................................... a) Funktion und Reichweite der Regelbeispiele .................... b) Befriedigung im Insolvenzverfahren (§ 8 Satz 2 Nr. 1 StaRUG) .............................................................................. c) Gegenständlich beschränktes Restrukturierungskonzept (§ 8 Satz 2 Nr. 2 StaRUG) ................................................. d) Einbeziehung aller (einbeziehungsfähigen) Gläubiger (§ 8 Satz 2 Nr. 3 StaRUG) ................................................. e) Grundsätzliche Einbeziehung der Anteilseigner (arg. e contr. § 8 Satz 2 StaRUG) ......................................
Seite
14 ...... 53 14 ...... 53 16 ...... 54 18 ...... 54 20 ...... 55 21 ...... 55
Rechtsfolgen einer nicht sachgerechten oder intransparenten Auswahl ....................................................................................... 24 ...... 57
§ 9 Einteilung der Planbetroffenen in Gruppen ............................ 1 ...... 58 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 ...... 59
2.
Einteilung in Pflichtgruppen (§ 9 Abs. 1 StaRUG) ................... 3 ...... 59 a) Grundsatz: Gruppenbildung nach insolvenzrechtlichem Vorbild ................................................................................... 3 ...... 59 b) Majorisierungsschutz von Kleingläubigern ....................... 10 ...... 61
3.
Bildung von Untergruppen (§ 9 Abs. 2 StaRUG) .................... 13 ...... 62
§ 10 Gleichbehandlung von Planbetroffenen ................................. 1 ...... 63 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 ...... 63
2.
Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 10 Abs. 1 u. 2 StaRUG) ......... 3 ...... 63
3.
Schutz des Abstimmungsprozesses (§ 10 Abs. 3 StaRUG) ....... 4 ...... 63
§ 11 Haftung des Schuldners ............................................................ 1 ...... 64 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 ...... 64
2.
Reichweite der Auslegungsregel .................................................. 3 ...... 64
3.
Entstehung einer unvollkommenen Verbindlichkeit ................. 7 ...... 65
4.
Gestaltungswirkung nach § 67 Abs. 2 StaRUG .......................... 8 ...... 66
§ 12 Neue Finanzierung .................................................................... 1 ...... 66 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 ...... 66
2.
Neue Finanzierung ....................................................................... 7 ...... 67 a) Sachlicher Anwendungsbereich ............................................ 7 ...... 67 b) Persönlicher Anwendungsbereich ...................................... 11 ...... 69
XI
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
3.
Voraussetzung für die Aufnahme in den Plan .......................... 13 ...... 69
4.
Verfahrensrechtliche Bedeutung und Planbestätigungshindernis ...................................................................................... 17 ...... 70
5.
Rechtsfolgen ............................................................................... 24 ...... 71
§ 13 Änderung sachenrechtlicher Verhältnisse .............................. 1 ...... 72 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 ...... 72
2.
Formerleichterungen durch Planbestätigung .............................. 3 ...... 72
§§ 14, 15 Erklärung zur Bestandsfähigkeit; Vermögensübersicht; Ergebnis- und Finanzplan ............................................... 1 ...... 73 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 ...... 74
2.
Gegenstand und Form der beizufügenden Erklärungen ............ 4 ...... a) Aussichten der Bestandssicherung (§ 14 Abs. 1 StaRUG) ... 4 ....... b) Vermögens- und Restrukturierungsplanung (§ 14 Abs. 2 StaRUG) ................................................................................ 5 ...... c) Beiträge Dritter (§ 15 StaRUG) ......................................... 13 ...... d) Form .................................................................................... 15 ......
74 74 75 77 77
§ 16 Checkliste für Restrukturierungspläne ................................... 1 ...... 79 Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ........... 1 ...... 79 Abschnitt 3 – Planabstimmung ......................................................... 1 ...... 80 Unterabschnitt 1 – Planangebot und Planannahme ....................... 1 ...... 80 §§ 17 – 19, 23 Planangebot und Planannahme (im schriftlichen Verfahren) ........................................................................................... 1 ...... 80 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 ...... 81
2.
Dogmatik und Form des Planangebots und seiner Annahme ... 6 ...... a) Rechtsnatur des Planangebots (§§ 17 Abs. 1, 18 StaRUG) .... 6 ....... b) Entscheidung der Geschäftsleitung auch ohne oder gegen Gesellschafterbeschluss? .......................................... 12 ...... c) Gegenstand des Planangebots (§ 17 Abs. 1 StaRUG) ...... 14 ...... d) Transparenzgebot und Grundsatz der Mündlichkeit (§ 17 Abs. 2, 3 StaRUG) ..................................................... 23 ...... e) Formerfordernis und Planannahme (§ 17 Abs. 4 StaRUG) .............................................................................. 29 ......
XII
82 82 84 85 88 89
Inhaltsverzeichnis Rn.
f) 3.
Seite
Annahmefrist (§ 19 StaRUG) bzw. verspätete oder formunwirksame Abgabe ............................................................ 34 ...... 90
Verhältnis zu anderen Vorschriften und Anwendungsausschluss (§ 23 StaRUG) .......................................................... 42 ...... 93
§ 20 Abstimmung im Rahmen einer Versammlung der Planbetroffenen .......................................................................................... 1 ...... 94 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 ...... 95
2.
Form und Frist der Einberufung (§ 20 Abs. 1 und 2 StaRUG) und Rechtsfolgen .......................................................................... 7 a) Originäre oder nachträgliche Einberufung .......................... 7 b) Form und Inhalt .................................................................. 12 c) Frist ...................................................................................... 19 d) Keine Beschränkung auf einen virtuellen Abstimmungstermin und Verbot der unsachgemäßen Beschränkung der Teilnahmemöglichkeit .................................................. 22 e) Vertretung ........................................................................... 25
...... ...... ...... ......
96 96 97 98
...... 99 .... 100
3.
Verfahren während der Versammlung (§ 20 Abs. 3 und 4 StaRUG) ..................................................................................... 29 .... 101 a) Sitzungsleitung und Erörterungsanspruch ........................ 29 .... 101 b) Anregungen zur Änderung des Restrukturierungsplans ..... 32 ..... 102
4.
Abstimmungsmodalitäten (§ 22 Abs. 5 StaRUG) .................... 35 .... 102
§ 21 Erörterung des Restrukturierungsplans .................................. 1 .... 103 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 103
2.
Voraussetzungen der Einberufung (§ 21 Abs. 1 StaRUG) ........ a) Antragsrecht .......................................................................... b) Antragsvoraussetzungen ....................................................... c) Form und Frist des Antrags .................................................
3.
Rechtsfolgen des Antrags .......................................................... a) Anberaumung und Durchführung der Erörterungsversammlung ....................................................................... b) Ergebnis der Erörterung und Planänderung ...................... c) Einfluss auf Annahmeerklärungen und die Annahmefrist (Abs. 4) ................................................................................
5 5 7 9
.... .... .... ....
104 104 105 105
14 .... 106 14 .... 106 20 .... 107 24 .... 108
§ 22 Dokumentation der Abstimmung ........................................... 1 .... 110 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 110
XIII
Inhaltsverzeichnis Rn.
2.
3.
Gegenstand und Erklärungswert der Dokumentationspflicht (Abs. 1) ......................................................................................... 4 a) Regelungsziel und Dokumentationsobliegenheit ............... 4 b) Gegenstand der Dokumentationspflicht ............................. 8 c) Beweiskraft der Dokumentation ........................................ 15
Seite
.... .... .... ....
111 111 112 115
Bekanntgabe gegenüber den Planbetroffenen (Abs. 2) ............ 17 .... 115
Unterabschnitt 2 – Stimmrecht und erforderliche Mehrheiten ... 1 .... 117 § 24 Stimmrecht ................................................................................. 1 .... 117 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 118
2.
Verfahren der Stimmrechtsfestsetzung (Abs. 4) ........................ 4 .... 119 a) Stimmrechtsfestsetzung durch den Schuldner .................... 4 .... 119 b) Keine Rechtsschutzmöglichkeit erforderlich .................... 10 .... 120
3.
Materielle Grundlagen der Stimmrechtszuweisung .................. a) Grundsatz: Bestimmung des Stimmrechts nach dem Nominalbetrag (Abs. 1, Abs. 3) ........................ b) Abweichung vom Grundsatz der Stimmrechtsbestimmung nach dem Nominalbetrag (Abs. 2) ........................................ c) Stimmverbote ......................................................................
11 .... 121 11 .... 121 18 ..... 122 24 .... 123
§§ 25 – 28 Erforderliche Mehrheiten, Mehrheitsentscheidung und absolute Priorität ......................................................................... 1 .... 125 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 127
2.
Grundlagen der Abstimmung über den Restrukturierungsplan und erforderliche Mehrheit in der Gruppe (§ 25 StaRUG) ....... 4 .... 129
3.
Überwindung von ablehnenden „Minderheiten“ ...................... a) Grundlagen .......................................................................... b) Voraussetzungen der Stimmrechtsersetzung (§ 26 StaRUG) .............................................................................. aa) Gruppenmehrheit (§ 26 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG) ........ bb) Schlechterstellungsverbot (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG) ...................................................................... cc) Angemessene Beteiligung am Planwert (§§ 26 Abs. 1 Nr. 2, 27 StaRUG) ...............................
4.
XIV
10 .... 130 10 .... 130 12 .... 131 12 .... 131 16 .... 132 20 .... 133
Durchbrechung der absoluten Priorität (§ 28 StaRUG) .......... 28 .... 135 a) Durchbrechung der gruppenübergreifenden Gleichbehandlung .......................................................................... 28 .... 135
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
b) Durchbrechung der Priorität gegenüber Anteilseignern ..... 33 ..... 137 aa) Unerlässliche Mitwirkung (einzelner) Anteilseigner (§ 28 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG) ....................................... 33 .... 137 bb) Geringfügigkeit des Eingriffs (§ 28 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG) ...................................................................... 42 .... 139 Kapitel 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumente ......................................................................................... 1 .... 140 Abschnitt 1 – Allgemeine Bestimmungen ....................................... 1 .... 140 Unterabschnitt 1 – Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens; Verfahren ............................................ 1 .... 140 §§ 29, 30 Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens, Restrukturierungsfähigkeit .................................... 1 .... 140 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 141
2.
Restrukturierungsfähigkeit (§ 30 StaRUG) ................................ 5 .... 142
3.
Sachlicher Anwendungsbereich und Zielbestimmung ............... 9 .... 143 a) Öffnungstatbestand: Drohende Zahlungsunfähigkeit ........ 9 .... 143 b) Zielbestimmung des Restrukturierungsverfahrens ........... 14 .... 144
4.
Instrumente ................................................................................. 16 .... 145
§§ 31, 33 Anzeige des Restrukturierungsvorhabens, Aufhebung der Restrukturierungssache .......................................... 1 .... 146 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstands ..... 1 .... 149
2.
Faktische vs. formelle Einleitung des Verfahrens ....................... 5 a) Alternativität der förmlichen und faktischen Verfahrenseinleitung ............................................................................... 5 b) Rechtsfolgen der faktischen Verfahrenseinleitung ............. 9 c) Voraussetzungen der faktischen Verfahrenseinleitung ..... 26 d) Gesellschaftsrechtliche Kompetenzzuweisung ................. 32
3.
Anzeige des Restrukturierungsvorhabens (§ 31 StaRUG) ...... a) Gegenstand und Wirkung der Anzeige .............................. b) Begründung der Anzeige und erforderliche Anlagen (§ 31 Abs. 2 StaRUG) ......................................................... aa) Entwurf des Restrukturierungsplans (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG) und Definition des Restrukturierungsziels .......................................... bb) Dokumentation des Verhandlungsstands (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG) .......................................
.... 150 .... .... .... ....
150 152 156 157
38 .... 159 38 .... 159 47 .... 161
48 .... 161 53 .... 162
XV
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
cc) Sicherstellung der Erfüllung der restrukturierungsbezogenen Pflichten (§ 32 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG) – Bestellung eines CRO ................................................. 57 .... 163 dd) Ergänzende Angaben (§ 31 Abs. 2 Satz 2 – 4 StaRUG) ...................................................................... 64 .... 164 4.
Verfahrensbeendigung und Aufhebung der Restrukturierungssache ............................................................................................ 71 .... 166 a) Wegfall der Rechtshängigkeit (§ 31 Abs. 4 StaRUG) ....... 71 .... 166 b) Aufhebung der Restrukturierungssache (§ 33 StaRUG) .... 80 ..... 169 aa) Grundlagen der Aufhebung ........................................ 80 .... 169 bb) Insolvenzereignis (Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1) .......... 84 .... 170 cc) Unzuständigkeit des Gerichts (Abs. 1 Nr. 2) ............ 89 .... 171 dd) Verletzung verfahrensspezifischer Pflichten oder des Transparenzgebots (Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 3) .... 91 ..... 172 ee) Entfall der Umsetzbarkeit (Abs. 2 Nr. 2) ................ 100 .... 174 ff) Verbot der „Kettenrestrukturierung“ (Abs. 2 Nr. 1, Nr. 4 Satz 1 lit. a) ....................................................... 106 .... 176 c) Rechtsmittel (§ 33 Abs. 4 StaRUG) ................................ 113 .... 177
Vorbemerkung § 32 Pflichten bei drohender Zahlungsunfähigkeit ........................................................................................... 1 .... 178 1.
Genese der Organpflichten bei drohender Zahlungsunfähigkeit .................................................................................... 1 .... 179
2.
Grundlagen der Interessenswahrungspflicht .............................. 7 .... 180 a) Die Pflicht zur Wahrung der Gläubigerinteressen .............. 7 .... 180 b) Pflichtenmaßstab unabhängig vom Krisenstadium ........... 14 .... 183
3.
Konkrete Ausgestaltung der Interessenswahrungspflicht ....... a) Subjektiver Anwendungsbereich und Überwachungspflicht ................................................................................... b) Durchbrechung der Folgepflicht ....................................... c) Gegenstand des zu schützenden Gläubigerinteresses ....... d) Leitlinien der Ermessensausübung (ABC entscheidungserheblicher Umstände) .......................................................
4.
19 .... 186 19 .... 186 21 .... 186 23 .... 186 26 .... 188
Exkulpation ................................................................................. 50 .... 198
§ 32 Pflichten des Schuldners ........................................................... 1 .... 199 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 200
2.
Zeitlicher Anwendungsbereich .................................................... 5 .... 201
3.
Grundpflichten des Schuldners (§ 32 Abs. 1 StaRUG) ............. 9 .... 202
XVI
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
4.
Transparenz- und Offenbarungsgebot (§ 32 Abs. 2 – 4 StaRUG) ..................................................................................... 22 .... 206 a) Inhalt des Transparenzgebots ............................................ 22 .... 206 b) Adressat der zu offenbarenden Umstände und kein Zugeständnis einer Frist ..................................................... 32 .... 208
5.
Indisponibilität der Handlungspflichten ................................... 35 .... 209
6.
Haftungsrechtliche Anknüpfung ............................................... 36 .... 209
7.
Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ........................... 42 .... 210 a) Allgemeine Pflicht nach § 32 Abs. 1 StaRUG und Anzeigepflichten nach § 32 Abs. 2, 4 StaRUG ................. 42 .... 210 b) Insolvenzverschleppung und Anzeigepflicht nach § 32 Abs. 3 StaRUG .................................................................... 46 .... 211
§ 34 Restrukturierungsgericht; Verordnungsermächtigung ........ 1 .... 212 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 213
2.
Doppelte Konzentrationswirkung (§ 34 Abs. 1 StaRUG) ........ 4 .... 213
§ 35 Örtliche Zuständigkeit .............................................................. 1 .... 214 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 214
2.
Abweichungen zum Insolvenzverfahren ..................................... 2 .... 214
3.
Zuständigkeitsverknüpfung von StaRUG und InsO ................. 3 .... 214
§ 36 Einheitliche Zuständigkeit ....................................................... 1 .... 215 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 215
2.
Sinn und Zweck der Anknüpfung an die Abteilung ................... 2 .... 215
§ 37 Gruppen-Gerichtsstand ............................................................ 1 .... 215 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 216
2.
Grundlagen des insolvenzrechtlichen Gruppen-Gerichtsstandes nach § 3a InsO .............................................................................. 3 a) Bedeutung des besonderen Gruppen-Gerichtsstandes ....... 3 aa) Ziele des Gesetzgebers .................................................. 3 bb) Wahlgerichtsstand ......................................................... 6 cc) Prioritätsprinzip ............................................................. 9 b) Begründung des Wahlgerichtsstandes nach § 3a InsO ..... 13 aa) Tatbestand .................................................................... 13 bb) Insolvenzantrag und Antrag auf Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes ........................................... 14 cc) Antragsbefugnis i. R. d. § 3a InsO ............................. 19
.... .... .... .... .... .... ....
216 216 216 218 219 220 220
.... 221 .... 223 XVII
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
dd) Unternehmensgruppe .................................................. 25 .... 226 ee) Keine offensichtlich untergeordnete Bedeutung ....... 28 .... 227 ff) Ablehnungsgrund: Zweifel am gemeinsamen Interesse der Gläubiger ............................................... 44 .... 233 3.
Voraussetzungen einer Zuständigkeitskonzentration im StaRUG-Verfahren (§ 37 Abs. 1 StaRUG) ......................... 55 .... 236
4.
Gemischte Restrukturierungs- und Insolvenzverfahren im Konzern ................................................................................. 59 .... 237
§ 38 Einheitliche Zuständigkeit ....................................................... 1 .... 237 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 238
2.
Uneingeschränkte Anwendbarkeit der ZPO .............................. 2 .... 238
§ 39 Verfahrensgrundsätze ................................................................ 1 .... 239 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 239
2.
Abweichungen vom insolvenzrechtlichen Vorbild ..................... 3 .... 239
§ 40 Rechtsmittel ............................................................................... 1 .... 240 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 240
2.
Übertragung der insolvenzrechtlichen Vorgaben ....................... 3 .... 240
§ 41 Zustellungen ............................................................................... 1 .... 241 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 241
2.
Besonderheit: Beauftragung des Schuldners (§ 41 Abs. 3 InsO) ........................................................................ 2 .... 241
Unterabschnitt 2 – Restrukturierungsrecht .................................... 1 .... 242 § 42 Anzeige von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung; Strafvorschrift ..................................................................................... 1 .... 242 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 243
2.
Verdrängung der Antragspflicht durch eine Anzeigepflicht ...... 3 a) Zeitlicher Anwendungsbereich ............................................ 3 b) Anzeigepflicht ....................................................................... 7 aa) Grundlagen und Pflichtenadressaten ............................ 7 bb) Anzeigefrist .................................................................. 12 cc) Geltung der Rechtsprechung zu § 15a InsO .............. 14 c) Kein entlastendes Einverständnis ....................................... 15
XVIII
.... .... .... .... .... .... ....
243 243 244 244 245 246 246
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
3.
Fortgeltendes Antragsrecht (Abs. 2) und Substitut für die Anzeigepflicht ................................................................. 16 .... 246
4.
Strafvorschriften (Abs. 3) .......................................................... 19 .... 247
5.
Haftung (§ 823 Abs. 2 BGB, § 15b InsO) ................................ 20 .... 247
§ 43 Pflichten und Haftung der Organe ......................................... 1 .... 249 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 250
2.
Haftungsbegründender Tatbestand ............................................. 4 a) Materielle Pflichtenbindung ................................................. 4 b) Individuelle Organverantwortung ....................................... 8 c) Zeitlicher Anwendungsbereich ............................................ 9 d) Indisponibilität der Pflichten und kein befreiendes Einverständnis ..................................................................... 10 e) Verhältnis zu den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Ersatzansprüchen ................................................................ 11
3.
Haftungsausfüllender Tatbestand .............................................. a) Schadensbemessung ............................................................ b) Schadensermittlung und Anforderungen an den Schadensnachweis und Kausalität ...................................................... c) Verschulden .........................................................................
.... .... .... ....
250 250 251 252
.... 252 .... 252
14 .... 253 14 .... 253 18 .... 254 28 .... 256
4.
Grundsätzliche Unverzichtbarkeit des Anspruchs ................... 30 .... 257
5.
Verjährung .................................................................................. 36 .... 258
§§ 44, 55 Verbot von Lösungsklauseln, Vertragliche Wirkungen .... 1 .... 259 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 260
2.
Gegenständlicher Anwendungsbereich ....................................... 4 .... 261 a) Erfasste Verträge und Leistungen und Zweckgerichtetheit ... 4 ..... 261 b) Ausgeschlossene Handlungen und Schutz des vertraglichen Synallagmas ............................................................... 10 .... 262 aa) Grundsatz ..................................................................... 10 .... 262 bb) Fortgeltung des vertraglichen Synallagmas (und Auswirkung insbesondere auf Verarbeitungsklauseln) ....................................................................... 13 .... 263 cc) Begrenzung der Erfüllungspflicht auf wesentliche vertragliche Leistungen ............................................... 19 .... 265
3.
Zeitlicher Anwendungsbereich .................................................. 26 .... 267
XIX
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
Abschnitt 2 – Gerichtliche Planabstimmung .................................. 1 .... 268 § 45 Erörterungs- und Abstimmungstermin .................................. 1 .... 268 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 268
2.
Fakultativität des Erörterungs- und Abstimmungstermins sowie Irreversibilität des gewählten Beschlussweges .................. 2 .... 269
3.
Antrag und Verfahren der Terminsbestimmung ........................ 5 .... 270
4.
Durchführung der Versammlung .............................................. a) Organisationshoheit des Restrukturierungsgerichts und Stimmrechtsfestsetzung ...................................................... b) Änderung des Plans im Termin .......................................... c) Feststellung des Abstimmungsergebnisses und Ergebnis des Termins .........................................................................
15 .... 272 15 .... 272 18 .... 273 20 .... 273
Abschnitt 3 – Vorprüfung ................................................................. 1 .... 274 §§ 46 – 48 Vorprüfung ........................................................................ 1 .... 274 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 275
2.
Dispositive und amtswegige Vorprüfung .................................... 4 .... 275 a) Grundsätzlich fakultative Vorprüfung ................................. 4 .... 275 b) Vorprüfungsantrag und Zulässigkeit ................................... 8 .... 276
3.
Gegenstand der Vorprüfung ...................................................... 14 .... 277
4.
Vorprüfungsverfahren ................................................................ a) Gewährung rechtlichen Gehörs ......................................... b) Bestellung eines Sachverständigen ..................................... c) Terminsbestimmung und Fristen .......................................
5.
Feststellung des Prüfungsergebnisses ....................................... 31 .... 282
21 21 25 27
.... .... .... ....
279 279 280 281
Abschnitt 4 – Stabilisierung .............................................................. 1 .... 283 §§ 49 – 51, 54, 56 Stabilisierungsanordnung (Vollstreckungsund Verwertungssperre), Antrag, Voraussetzungen ...................... 1 .... 283 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 287
2.
Gegenstand der Stabilisierungsanordnung (§§ 49, 54 StaRUG) ... 5 ..... 288 a) Stabilisierungsfähigkeit (objektive und subjektive Anordnungsreichweite) ........................................................ 5 .... 288 b) Vollstreckungssperre .......................................................... 13 .... 290 c) Verwertungssperre .............................................................. 18 .... 291 aa) Regelungsgegenstand .................................................. 18 .... 291
XX
Inhaltsverzeichnis Rn.
bb) Folgen der Verwertungssperre (§ 54 Abs. 1 StaRUG) ...................................................................... cc) Notwendigkeit einer über die Verwertungssperre hinausgehenden Verwertungsvereinbarung ............... dd) Notwendigkeit eines unechten Restrukturierungskredites und Separationspflicht (§ 54 Abs. 2 StaRUG) ...................................................................... d) Anordnung durch Beschluss und Rechtsmittel ................. 3.
4.
5.
Seite
23 .... 292 24 .... 292
27 .... 293 32 .... 295
Antrag und Antragsinhalt (§ 50 StaRUG) ................................ a) Antrag .................................................................................. b) Restrukturierungs- und Finanzplanung ............................. aa) Aktualisierung des Restrukturierungskonzepts und Vorlage des Restrukturierungsplans (§§ 50 Abs. 2 Nr. 1, 51 Abs. 3 StaRUG) ........................................... bb) Finanzplan (§ 50 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG) .................... c) Stabilisierungswürdigkeit (nötige Erklärungen des Schuldners) ...................................................................
34 .... 295 34 .... 295 40 .... 296
Anordnungsvoraussetzungen .................................................... a) Präsentes Wissen, Plausibilitätsprüfung und keine Amtsermittlung ................................................................... b) Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache .................. c) Positive Anordnungsvoraussetzungen ............................... aa) Erforderlichkeit ........................................................... bb) Vollständigkeit und Schlüssigkeit der Restrukturierungsplanung (§ 51 Abs. 1 Satz 1, 2 StaRUG) ...... cc) Kein Vorliegen von Ausschlussgründen (§ 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – 3 StaRUG) ....................... d) Negative Anordnungsvoraussetzungen (Anordnungshindernisse) .........................................................................
57 .... 300
40 .... 296 48 .... 298 54 .... 300
57 61 62 62
.... .... .... ....
300 301 302 302
70 .... 304 74 .... 305 78 .... 307
Anhörung und Zustellung .......................................................... 84 .... 308
§§ 52, 53 Folgeanordnung, Neuanordnung, Anordnungsdauer ..... 1 ..... 309 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 310
2.
Anordnung grundsätzlich nur im Rahmen der Verhältnismäßigkeit und Änderung der zugrundeliegenden Verhältnisse ... 5 ..... 311
3.
Folge- und Neuanordnung ........................................................ a) Differenzierung zwischen Folge- und Neuanordnung ..... b) Prozessuale Einordnung ..................................................... c) Formelle Antragsvoraussetzungen, Zustellung und Rechtsmittel ........................................................................
4.
10 .... 312 10 .... 312 15 .... 313 20 .... 314
Anordnungsdauer ....................................................................... 25 .... 315 a) Regelmäßige Anordnungsdauer ......................................... 25 .... 315 XXI
Inhaltsverzeichnis Rn.
b) Verlängerung bei Unterbreitung eines Planangebots (§ 53 Abs. 2 Satz 2 StaRUG) .............................................. aa) Voraussetzungen der Verlängerung ............................ bb) Beschränkung der Regelungswirkung auf Planbetroffene ..................................................................... c) Verlängerung nach Planannahme und Bestätigungsantrag (§ 53 Abs. 3 StaRUG) ......................................................... aa) Voraussetzungen der Verlängerung ............................ bb) Beschränkung der Regelungswirkung auf Planbetroffene .....................................................................
Seite
31 .... 316 31 .... 316 40 .... 318 44 .... 319 44 .... 319 49 .... 320
§ 57 Haftung der Organe .................................................................. 1 .... 321 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 322
2.
Haftungsanordnung ..................................................................... 4 .... 322
3.
Unrichtige Tatsachen ................................................................. 11 .... 323
4.
Schaden ........................................................................................ 16 .... 325
5.
Verschulden und Anspruchsgegner ........................................... 19 .... 325
6.
Verstoß gegen die Separationspflicht [Fehlen unechter Restrukturierungskreditvereinbarung] (§ 57 Satz 3 StaRUG) .... 23 ..... 326
7.
Verjährung .................................................................................. 30 .... 328
§§ 58, 59 Insolvenzantrag; Aufhebung und Beendigung der Stabilisierungsanordnung ........................................................... 1 .... 328 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 329
2.
Gesetzliche Beendigungsgründe .................................................. 4 .... 330
3.
Aufhebung der Stabilisierungsanordnung ................................... 6 .... 330 a) Gegenstand und Verfahren der Aufhebung ........................ 6 .... 330 b) Aufhebungsgründe .............................................................. 11 .... 331 aa) Antrag des Schuldners (§ 59 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG) .... 11 ..... 331 bb) Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache (§ 59 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG) ....................................... 13 .... 332 cc) Versäumung der Frist zur Planvorlage (§ 59 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG) ............................................................ 15 .... 332 dd) Generalklausel: Verstoß gegen das Gläubigerinteresse (§ 59 Abs. 1 Nr. 4 StaRUG) ....................................... 18 .... 333
4.
Absehen von der Aufhebung (§ 59 Abs. 3 StaRUG) ............... 23 .... 334
5.
Suspendierung des Insolvenzantragsrechts von Gläubigern (§ 58 StaRUG) ............................................................................ 28 .... 335
XXII
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
Abschnitt 5 – Planbestätigung .......................................................... 1 .... 335 Unterabschnitt 1 – Bestätigungsverfahren ...................................... 1 .... 335 §§ 60, 61, 65 Antrag, Anhörung, Bekanntgabe der Entscheidung ... 1 .... 335 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 337
2.
Antrag auf Planbestätigung .......................................................... 5 a) Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen .......................... 5 b) Besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen .......................... 10 aa) Vorlage von Unterlagen (§ 60 Abs. 1 Satz 3 StaRUG) ...................................................................... 10 bb) Zustimmung(-spflicht) der nicht enthafteten persönlich haftenden Gesellschafter (§ 60 Abs. 2 StaRUG) ...................................................................... 15
.... 338 .... 338 .... 339 .... 339
.... 340
3.
Anhörung (§ 61 StaRUG) ......................................................... 20 .... 341
4.
Bestätigungsbeschluss ................................................................ 26 .... 343
5.
Übersendung des Plans .............................................................. 31 .... 344
§ 62 Bedingter Plan ............................................................................ 1 .... 345 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 345
2.
Regelungwirkung der Planbedingung .......................................... 3 .... 346
3.
Abweichung vom insolvenzplanrechtlichen Vorbild ................. 5 .... 346
§ 63 Versagung der Bestätigung ....................................................... 1 .... 347 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 348
2.
Prüfung der Versagungsgründe von Amts wegen ...................... 5 .... 349
3.
Versagungsgründe ...................................................................... a) Nicht (nur) drohend zahlungsunfähig (§ 63 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG) .............................................................................. b) Inhalt und Zustandekommen des Plans (§ 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG) .................................................................... aa) Gegenstand und Umfang der Prüfung ....................... bb) Verfahren bei festgestellten Mängeln ......................... c) Offenkundige Unerfüllbarkeit (§ 63 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG) .............................................................................. d) Neue Finanzierung: Unschlüssig oder unzutreffende Tatsachengrundlage (§ 63 Abs. 2 StaRUG) ...................... e) Unlautere Herbeiführung (§ 63 Abs. 4 StaRUG) .............
11 .... 351 11 .... 351 20 .... 353 20 .... 353 26 .... 355 37 .... 357 40 .... 358 43 .... 358
XXIII
Inhaltsverzeichnis Rn.
4.
Seite
Zweifelsfallegelung bei privatautonomer Planabstimmung und Stimmrechtsprüfung (§ 63 Abs. 3 StaRUG) ............................. 47 .... 359
§ 64, 66 Minderheitenschutz, sofortige Beschwerde ...................... 1 .... 360 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 362
2.
Individuelle Schlechterstellung (§ 64 Abs. 1 Satz 1 StaRUG) ...... 3 ..... 363 a) Antrag und Antragsbefugnis ................................................ 3 .... 363 b) Voraussetzungen der individuellen Schlechterstellung ....... 6 .... 363 c) Besondere Zulässigkeitsvoraussetzung: Glaubhaftmachung ............................................................................... 12 .... 365
3.
Wirtschaftlicher Ausgleich außerhalb des Verfahrens (§ 64 Abs. 3 StaRUG) ................................................................ 21 .... 368
4.
Sofortige Beschwerde (§ 66 StaRUG) ....................................... a) Beschwerdebefugnis ............................................................ b) Zulässigkeit der Beschwerde (§ 66 Abs. 2, 3 StaRUG) .... c) Fehlender Suspensiveffekt und Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung .............................................. d) Freigabeverfahren (§ 66 Abs. 5 StaRUG) .........................
23 .... 368 23 .... 368 26 .... 368 32 .... 369 40 .... 371
Unterabschnitt 2 – Wirkungen des bestätigten Plans; Überwachung der Planerfüllung ....................................................... 1 .... 373 § 67 Wirkungen des Restrukturierungsplans ................................. 1 .... 373 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 374
2.
Wirkung der Planbestätigung ...................................................... 3 .... 374 a) Vollzugs- und Verfügungswirkung ...................................... 3 .... 374 b) Enthaftung der persönlich haftenden Gesellschafter (Abs. 2) ................................................................................ 10 .... 376 c) Durchsetzbarkeit von Drittsicherheiten (Abs. 3) ............. 12 .... 376 d) Rechtsgrund für das Behaltendürfen überquotaler Befriedigung (Abs. 4) ......................................................... 16 .... 377 e) Ausschluss der Differenzhaftung (Abs. 5) ........................ 18 .... 378 f) Heilung von Verfahrens- und Willensmängeln (Abs. 6) ..... 19 ..... 378
3.
Subjektive Reichweite der Wirkung der Planbestätigung ........ 21 .... 379
§ 68 Sonstige Wirkungen des Restrukturierungsplans ................. 1 .... 380 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 380
2.
Formwahrende Wirkung des Plans .............................................. 4 .... 381
XXIV
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
3.
Formwirksamkeit der Erklärungen Dritter ................................. 7 .... 381
4.
Vornahme entsprechender Anmeldungen zu Registern .......... 10 .... 382
§ 69 Wiederaufleben gestundeter oder erlassener Forderungen ..... 1 ..... 382 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 383
2.
Verlust der Gestaltungswirkungen (§ 69 Abs. 1 StaRUG) ........ 3 .... 383
3.
Verhinderung einer Doppelbelastung der Gläubiger (§ 69 Abs. 2 StaRUG) .................................................................. 4 .... 383
§ 70 Streitige Forderungen und Ausfallforderungen .................... 1 .... 384 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 385
2.
Erstreckung der Gestaltungswirkungen (§ 70 Abs. 1 StaRUG) .... 3 ..... 385
3.
Maßgeblicher Betrag im Falle eines Erfüllungsrückstandes (§ 70 Abs. 2 StaRUG) .................................................................. 8 .... 386
4.
Nach- und Rückzahlung nach endgültiger Feststellung (Abs. 3 und 4) ............................................................................. 12 .... 387
§ 71 Vollstreckung aus dem Restrukturierungsplan ..................... 1 .... 388 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 388
2.
Voraussetzungen für eine Zwangsvollstreckung (§ 71 Abs. 1 StaRUG) .................................................................. 2 .... 389
3.
Weitere Regelungen zur Zwangsvollstreckung (§ 71 Abs. 2 bis 4 StaRUG) ......................................................... 7 .... 390
§ 72 Planüberwachung ....................................................................... 1 .... 390 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 391
2.
Planüberwachung durch Restrukturierungsbeauftragten (§ 72 Abs. 2 und 3 StaRUG) ........................................................ 3 .... 391
3.
Aufhebung der Planüberwachung (§ 72 Abs. 4 StaRUG) ......... 5 .... 392
Kapitel 3 – Restrukturierungsbeauftragter ...................................... 1 .... 392 Abschnitt 1 – Bestellung von Amts wegen ...................................... 1 .... 392 § 73 Bestellung von Amts wegen ..................................................... 1 .... 392 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 394
XXV
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
2.
Vorbemerkung zu möglichen Bestellungsalternativen (Einheit des Amtes) ..................................................................... 3 .... 394
3.
Keine Bestellung eines isolierten Sachverständigen im Aufgabenbereich des sachverständigen Restrukturierungsbeauftragten .................................................................................. 8 .... 396
4.
Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache keine Bestellungsvoraussetzung ............................................................................... 9 .... 396
5.
Obligatorische Bestellung .......................................................... a) Vorbemerkung .................................................................... b) Bestellungsgrund: Betroffenheit von Gläubigerrechten (Abs. 1 Nr. 1) ...................................................................... c) Bestellungsgrund: kollektive Stabilisierungsanordnung (Abs. 1 Nr. 2) ...................................................................... d) Bestellungsgrund: Anordnung der Planüberwachung (Abs. 1 Nr. 3) ...................................................................... e) Ausnahmsweise Dispens von der obligatorischen Bestellung nach Abs. 1 (Abs. 1 Satz 2) .............................. f) Bestellungsgrund: absehbare Notwendigkeit einer gruppenübergreifenden Mehrheitsentscheidung (Abs. 2) ................................................................................
16 .... 398 16 .... 398 19 .... 399 25 .... 401 32 .... 403 34 .... 403
39 .... 404
6.
Zeitpunkt der Anordnung, Mitteilungspflichten des Schuldners und Amtsermittlungspflicht ............................. 46 .... 406
7.
Sachverständiger Restrukturierungsbeauftragter (Abs. 3) ....... 51 .... 407
8.
Folgewirkungen für die Bestellung in einem späteren Insolvenzverfahren ..................................................................... 55 .... 408
§ 74 Bestellung ................................................................................... 1 .... 410 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 411
2.
Anforderungen an die Person des Restrukturierungsbeauftragten .................................................................................. a) Allgemeines ........................................................................... b) Besonderheiten hinsichtlich der konkreten Eignung für den Einzelfall ................................................................... c) Besonderheiten hinsichtlich der Unabhängigkeit ...............
3.
Vorschlagsrechte ......................................................................... a) Grundsätzliche Anforderungen an einen Vorschlag ......... b) Nicht bindender Vorschlag eines Verfahrensbeteiligten (§ 74 Abs. 2 Satz 1 StaRUG) .............................................. c) Bindender Vorschlag des Schuldners (§ 74 Abs. 2 Satz 2 StaRUG) ..............................................................................
XXVI
4 .... 412 4 .... 412 7 .... 413 9 .... 413
13 .... 414 13 .... 414 16 .... 415 22 .... 416
Inhaltsverzeichnis Rn.
d) Bindender Vorschlag einer qualifizierten Planbetroffenenmehrheit (§ 74 Abs. 2 Satz 3 StaRUG) .............................. e) Bindender Vorschlag eines Gläubigerbeirats (§§ 93 Abs. 2, 74 Abs. 2 Satz 3 StaRUG) .......................... f) Unbeachtlichkeit eines grundsätzlich bindenden Vorschlages und Begründungspflicht ................................ g) Zusammenfassende Übersicht über die Vorschlagsvarianten ..............................................................................
Seite
27 .... 417 31 .... 419 34 .... 420 37 .... 421
4.
Bestellung eines kumulativen Restrukturierungsbeauftragten (§ 74 Abs. 3 StaRUG) ................................................................ 38 .... 421
5.
Anhörung vor der Bestellung ..................................................... 46 .... 423
§ 75 Rechtsstellung ............................................................................ 1 .... 425 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 426
2.
Gerichtliche Aufsicht (§ 75 Abs. 1 StaRUG) ............................. 3 .... 426
3.
Aufsichtsmaßnahmen unterhalb der Schwelle der Entlassung ..... 9 ..... 428
4.
Entlassung des Restrukturierungsbeauftragten (§ 75 Abs. 2, 3 StaRUG) ..................................................................................... a) Entlassung von Amts wegen .............................................. b) Entlassung auf Schuldner- oder Gläubigerantrag .............. c) Entlassung auf Antrag des Restrukturierungsbeauftragten ......................................................................... d) Entlassungsbeschluss und Rechtsmittel ............................
5.
Pflichtenmaßstab und Haftung (§ 75 Abs. 4 StaRUG) ........... a) Bestimmung des restrukturierungsbezogenen Pflichtenmaßstabes ............................................................................ b) Haftung und Schaden ......................................................... c) Verjährung ...........................................................................
12 .... 429 12 .... 429 20 .... 431 27 .... 433 28 .... 433 33 .... 434 33 .... 434 43 .... 438 49 .... 440
§ 76 Aufgaben ..................................................................................... 1 .... 440 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 442
2.
Pflichtaufgaben ............................................................................. 5 .... 443 a) „Bekanntwerden“ von Umständen (§ 76 Abs. 1 StaRUG) .... 5 ..... 443 b) Informationsbeschaffungspflicht ....................................... 13 .... 445 c) Prüfung der Erklärung zur Bestandsfähigkeit (§ 76 Abs. 4 StaRUG) ......................................................... 17 .... 446 d) Übertragung der allgemeinen Pflichtaufgaben auf den fakultativen Restrukturierungsbeauftragten ........ 24 .... 448
XXVII
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
3.
Ergänzungsaufgaben (§ 76 Abs. 2 StaRUG) ............................. 32 .... 450 a) Ergänzende Pflichtaufgabe (§ 76 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 StaRUG) .............................................................................. 32 .... 450 b) Echte Ergänzungsaufgaben (§ 76 Abs. 2 StaRUG) .......... 39 .... 452
4.
Auskunfts- und Mitwirkungspflicht des Schuldners (§ 76 Abs. 5 StaRUG) ................................................................ 45 .... 454
5.
Übertragung der Zustellung (§ 76 Abs. 6 StaRUG) ................ 47 .... 455
Abschnitt 2 – Bestellung auf Antrag ................................................ 1 .... 455 §§ 77 – 79 Bestellung auf Antrag, Bestellung und Rechtsstellung, Aufgaben .............................................................................. 1 .... 455 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 456
2.
Bestellung auf Antrag ................................................................... 4 a) Bestimmender Antrag, Sonderaufgaben und sofortige Beschwerde ............................................................................ 4 b) Antragsbefugnis .................................................................. 11 c) Bestellungsverfahren und -zeitpunkt ................................. 20
.... 457 .... 457 .... 459 .... 461
3.
Bestellung und Vorschlag zur Person ....................................... 26 .... 462 a) Bestellung und nicht bindender Vorschlag ........................ 26 .... 462 b) Bindender Vorschlag zur Person ........................................ 27 .... 463
4.
Rechtsstellung ............................................................................. 35 .... 465
5.
Aufgaben ..................................................................................... 36 .... 465
Abschnitt 3 – Vergütung .................................................................... 1 .... 466 §§ 80 – 83 Vergütung .......................................................................... 1 .... 466 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 469
2.
Grundlagen des Vergütungsanspruchs ........................................ 4 .... 470
3.
Bestimmung der Regelvergütung .............................................. a) Stundenverrechnungs- und Honorarhöchstsatz ............... aa) Persönlichkeit des Amtes, Erforderlichkeit der Einbeziehung qualifizierter Dritter und Zeiterfassung ................................................................ bb) Qualifizierte Mitarbeiter ............................................. cc) Stundenverrechnungssatz ........................................... b) Stundenbudget .................................................................... c) Auslagen ..............................................................................
XXVIII
11 .... 472 11 .... 472
11 18 20 31 44
.... .... .... .... ....
472 474 475 478 481
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
4.
Vergütung in besonderen Fällen (§ 83 StaRUG) ..................... a) Systemische Einordnung .................................................... b) Sonderfälle ........................................................................... c) Festsetzung nach Wertgebühren ........................................
45 45 50 54
.... .... .... ....
482 482 483 484
5.
Festsetzung der Vergütung und Rechtsmittel .......................... a) Festsetzungsbeschluss ........................................................ b) Kostenschuldner ................................................................. c) Vergütungsvorschuss .......................................................... d) Kostenvorschuss .................................................................
59 59 63 67 71
.... .... .... .... ....
486 486 487 487 488
6.
Rechtsschutz – Sofortige Beschwerde und Vergütung in der Schwebezeit ...................................................................... 77 .... 489
Kapitel 4 – Öffentliche Restrukturierungssachen .......................... 1 .... 491 §§ 84 – 88 Öffentliche Restrukturierungssachen ............................ 1 .... 491 Kapitel 5 – Anfechtungs- und Haftungsrecht ................................. 1 .... 493 § 89 Rechtshandlungen, die während der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache vorgenommen werden ....................... 1 .... 493 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 494
2.
Ausschluss der Kenntnis als (alleinige) Anknüpfungstatsache .... 3 ..... 495 a) Grundlagen der betroffenen Haftungstatbestände ............. 3 .... 495 aa) Vorbemerkung ............................................................... 3 .... 495 bb) Sittenwidrige Sanierungskredite (§ 826 BGB) ............. 6 .... 495 cc) Vorsatzanfechtung (§ 133 InsO, § 3 AnfG) .............. 11 .... 497 dd) Gemeinsame Ableitung für eine allein durch die Kenntnis indizierte Tatbestandlichkeit ..... 14 .... 498 b) Gegenständlicher Anwendungsbereich ............................. 16 .... 499 c) Zeitlicher Anwendungsbereich .......................................... 20 .... 500
3.
Ausschluss der Notgeschäftsführung gemäß § 89 Abs. 3 StaRUG ....................................................................................... 25 .... 501
§ 90 Planfolgen und Planvollzug ..................................................... 1 .... 504 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 504
2.
Anfechtungsausschluss in Ansehung des Planvollzugs .............. 3 .... 505 a) Anfechtungsschutz und tatbestandlich erfasste Vollzugshandlungen ............................................................................ 3 .... 505 aa) Grundsätzliche Reichweite des Anfechtungsschutzes ... 3 ..... 505 bb) Tatbestandlich erfasste Vollzugshandlungen ............... 7 .... 506 b) Anfechtungsschutz nur für die Überwindung der gegenwärtigen Krise ...................................................................... 10 .... 507 XXIX
Inhaltsverzeichnis Rn.
c)
3.
Seite
Ausschlusstatbestände ........................................................ aa) Leistungen an Gesellschafter ...................................... bb) Fehlerhafte Tatsachengrundlage ................................. d) Darlegungs- und Beweislast ...............................................
12 12 13 17
.... .... .... ....
508 508 508 509
Übertragung wesentlichen Vermögens (§ 90 Abs. 2 StaRUG) und Gegenleistung ...................................................................... a) Schutzgedanke und wesentliches Vermögen ..................... b) Sicherstellung der vorrangigen Befriedigung ..................... aa) Grundlagen der Sicherstellung .................................... bb) Rechtsfolgen fehlender Sicherstellung ....................... c) Angemessene Gegenleistung ..............................................
21 21 29 29 38 40
.... .... .... .... .... ....
509 509 512 512 515 515
§ 91 Berechnung von Fristen ............................................................ 1 .... 516 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 517
2.
Verlängerung des maßgeblichen Anfechtungszeitraums ........... 2 .... 517
3.
Zeitliche Anwendungsschranken ................................................. 9 .... 518
Kapitel 6 – Arbeitnehmerbeteiligung; Gläubigerbeirat ................. 1 .... 519 §§ 92, 93 Beteiligungsrechte nach dem BetrVG, Gläubigerbeirat .... 1 .... 519 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 520
2.
Voraussetzungen für die Einsetzung ........................................... 4 .... 521
3.
Entsprechende Anwendung der insolvenzrechtlichen Vorschriften .................................................................................. 7 .... 521
4.
Klarstellung: Fortgeltung des BetrVG ...................................... 10 .... 522
Teil 3 – Sanierungsmoderation ......................................................... 1 .... 523 §§ 94 – 100 Sanierungsmoderation ................................................... 1 .... 523 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ... 1 .... 525
2.
Verzicht auf Einzelkommentierung ............................................ 4 .... 526
XXX
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
B. Insolvenzordnung (InsO) .......................................................... 1 .... 527 § 10a InsO – Vorgespräch .................................................................. 1 .... 527 § 10a Vorgespräch .............................................................................. 1 .... 527 1.
Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG ................................................................... 1 .... 527
2.
Anspruchsvoraussetzungen und Anspruchsgegenstand ............ 5 a) Anspruchsvoraussetzungen .................................................. 5 b) Antrag .................................................................................. 10 c) Anspruch auf unverzügliche Durchführung ..................... 15 d) Inhalt und Reichweite des Anspruchs ............................... 18 e) Protokollierung ................................................................... 24
3.
Ansprache von Gläubigern (§ 10a Abs. 2 InsO) ...................... 25 .... 532 4. Zuständigkeit im Rahmen der Geschäftsverteilung (§ 10a Abs. 3 InsO) ............................................................ 30 .... 533
.... .... .... .... .... ....
528 528 529 530 531 532
§ 13 Abs. 1 InsO – Eigenantrag des Schuldners bei laufendem Geschäftsbetrieb .......................................................................... 1 .... 533 § 13 Eröffnungsantrag ....................................................................... 1 .... 533 1.
Bedeutung und Regelungstechnik der Norm ............................. 1 .... 534
2.
Inhalt und Darstellung des Gläubigerverzeichnisses ................ 10 .... 536
3.
Angabe der Größenklassen nach § 22a Abs. 1 InsO ................ 16 .... 538
4.
Rechtsfolgen fehlender Angaben ............................................... a) Bedeutung ............................................................................ b) Grundsätzliche Erwägungen .............................................. c) Aufforderung zur Nachholung und Fristsetzung ............. d) Fehlen von „Soll-Angaben“ ................................................ e) Fehlen von „Muss-Angaben“ .............................................
5.
Vollständigkeitserklärung des Schuldners ................................. 39 .... 544
20 20 22 28 32 37
.... .... .... .... .... ....
540 540 540 541 543 544
§ 15b InsO – Zahlungen und Verjährung ........................................ 1 .... 545 § 15b Zahlungen bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung; Verjährung ........................................................................................... 1 .... 545 § 276a Mitwirkung der Überwachungsorgane ............................... 1 .... 547 1.
Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG ................................................................... 1 .... 548
XXXI
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
2.
Systematische Einordnung (Anknüpfung an die Insolvenzantragspflichten und die verlängerte Antragsfrist bei Überschuldung) ...................................................................... 6 .... 549
3.
Anwendungsvorrang des § 276a InsO in der vorläufigen Eigenverwaltung ......................................................................... 11 .... 551
4.
Massesicherungsgebot (§ 15b Abs. 1 InsO) und Normadressaten .................................................................................... 13 .... 552 a) Normadressaten .................................................................. 13 .... 552 b) Zahlungsverbot ab Eintritt der Insolvenzreife und Verschulden ......................................................................... 16 .... 552
5.
Exkulpation: Zahlungen im ordnungsmäßigen Geschäftsgang (§ 15b Abs. 2, 3 InsO) ................................................................ a) Regelvermutung: Keine Exkulpation im Insolvenzverschleppungszeitraum (§ 15b Abs. 3 InsO) ................... b) Keine Exkulpation durch Folgepflicht (§ 15b Abs. 4 Satz 3 InsO) ........................................................................ c) Exkulpation bei Wahrung des Gläubigerinteresses (§ 15b Abs. 2 InsO) ............................................................ d) Exkulpation durch Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters ............................................................
23 .... 553 23 .... 553 34 .... 557 35 .... 557 42 .... 559
6.
Rechtsfolge ................................................................................. 45 .... 559 a) Vermutung eines Gesamtgläubigerschadens in Höhe der Zahlungen ...................................................................... 45 .... 559 b) Gegenbeweis eines geringeren Gesamtgläubigerschadens .... 49 ..... 560
7.
Unverzichtbarkeit der Ansprüche (§ 15b Abs. 4 Satz 4,5 InsO) ........................................................................................... 58 .... 562
8.
Besonderheiten für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 15b Abs. 8 InsO) ................................................................... 59 .... 562
9.
Verjährung (§ 15b Abs. 7 InsO) ................................................ 61 .... 563
§ 22a InsO – Vorläufiger Gläubigerausschuss ................................. 1 .... 563 § 22a Bestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses ............. 1 .... 563 1.
Gesetzeshistorie ............................................................................ 1 .... 564
2.
Regelungssystematik: Arten von vorläufigen Gläubigerausschüssen ................................................................................. a) Grundlagen .......................................................................... b) Originärer Pflichtausschuss (Abs. 1) ................................. c) Derivativer Pflichtausschuss (Abs. 2) ................................
XXXII
10 10 16 17
.... .... .... ....
567 567 568 569
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
3.
Absatz 1 – Größenklassen ......................................................... a) Vorbemerkung .................................................................... b) Bilanzsumme (Abs. 1 Nr. 1) ............................................... c) Umsatzerlöse (Abs. 1 Nr. 2) .............................................. d) Arbeitnehmerzahl (Abs. 1 Nr. 3) ....................................... e) Keine Ermittlungsobliegenheiten des Insolvenzgerichts ....
26 .... 571 26 .... 571 31 .... 573 32 .... 573 34 .... 574 35 ..... 574
4.
Absatz 3 – Dispens vom (originären oder derivativen) Pflichtausschuss .......................................................................... a) Vorbemerkung .................................................................... b) Eingestellter Geschäftsbetrieb ............................................ c) Nachteilige Veränderung der Vermögenslage ................... aa) Vorbemerkung ............................................................. bb) Fremdantrag ................................................................. cc) Eigenantrag .................................................................. d) Unverhältnismäßigkeit ....................................................... e) Rechtsmittel ........................................................................
37 37 38 41 41 46 47 50 60
.... .... .... .... .... .... .... .... ....
575 575 576 576 576 578 578 580 583
5.
Zeitpunkt der Einsetzung des Pflichtausschusses .................... 61 .... 583
6.
Absätze 1 und 4 – Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses .................................................................................. a) Vorbemerkung .................................................................... b) Auswahl und Besetzung ...................................................... c) ABC möglicher Mitglieder .................................................
67 67 71 79
.... .... .... ....
585 585 586 588
7.
Rechte des vorläufigen Gläubigerausschusses .......................... 94 .... 592
8.
Beendigung des Amtes ............................................................... 98 .... 594
9.
Schema 1: Vorläufiger Gläubigerausschuss ................................ 1 .... 596
§ 26 Abs. 4 InsO – Vorschusspflicht ................................................. 1 .... 597 § 26 Abweisung mangels Masse ........................................................ 1 .... 597 1.
Zweck der Vorschrift ................................................................... 1 .... 597
2.
Praktische Konsequenzen: Erweiterung des Sachverständigenauftrages ........................................................................................ 6 a) Feststellung des Insolvenzzeitpunkts zur Bestimmung der Vorschusspflicht ............................................................. 6 b) Aktivlegitimation des vorläufigen Insolvenzverwalters und Durchsetzungspflicht .................................................... 9 c) Prozesskostenhilfe .............................................................. 12
.... 599 .... 599 .... 599 .... 600
XXXIII
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
§ 26a InsO – Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters ............................................................................ 1 .... 601 § 26a Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters .................. 1 .... 601 1.
Festsetzung der Vergütung durch das Insolvenzgericht ............ 1 .... 602
2.
Exkurs: Aktuelle Streitfragen der Vergütungsfestsetzung ......... 5 .... 602 a) Grundlagen der Vergütung des (vorläufigen) Sachwalters ... 5 ..... 602 b) Konkrete Ausfüllung des Regelaufgabenkatalogs des vorläufigen Sachwalters ................................................ 20 .... 607 aa) Grundsatz ..................................................................... 20 .... 607 bb) Unternehmensfortführung ......................................... 29 .... 609 cc) Liquiditätsüberwachung und Prüfung der Zahlungsfähigkeit ........................................................................ 34 .... 610 dd) Wahrung aller Gläubigerinteressen – Befassung mit Aus- und Absonderungsrechten .......................... 38 .... 610 ee) Arbeitnehmerfragen .................................................... 43 .... 611 ff) Vorbereitung einer Sanierung ..................................... 46 .... 612 c) Ableitungen für die festzusetzende Vergütung ................. 50 .... 613
§§ 56, 56a, 59 InsO – Auswahl und Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters ............................................................................ 1 .... 614 1.
Bedeutung der Vorschriften ......................................................... 1 .... 616
2.
Anforderungen an die Person des Insolvenzverwalters (§ 56 Abs. 1 InsO) ........................................................................ 8 a) Vorbemerkung ...................................................................... 8 b) Übernahmebereitschaft ...................................................... 10 c) Unabhängigkeit ................................................................... 13 aa) Grundfragen ................................................................. 13 bb) Disponibilität der (ausschließlich fachlichen) Unabhängigkeit ........................................................... 22 cc) Vortätigkeit als Restrukturierungsbeauftragter oder -moderator ........................................................... 35 d) Geschäftskunde ................................................................... 36 e) Einzelfalleignung ................................................................. 39 f) Entlassung des Insolvenzverwalters (§ 59 InsO) .............. 41
3.
Vorschlagsrecht des vorläufigen Gläubigerausschusses (§ 56a InsO) ................................................................................ a) Vorbemerkung .................................................................... b) Vorschlag zum Anforderungsprofil ................................... c) Vorschlag zur Person des (vorläufigen) Insolvenzverwalters .............................................................................
XXXIV
.... .... .... .... ....
618 618 619 619 619
.... 622 .... .... .... ....
626 627 627 628
45 .... 629 45 .... 629 49 .... 630 54 .... 631
Inhaltsverzeichnis Rn.
4.
5.
6.
(Rechtswidriges) Übergehen des Vorschlags ........................... a) Möglichkeiten der Umgehung und grundsätzlicher Rechtsschutz ....................................................................... b) Ansätze zur Gewährleistung des Rechtsschutzes ............. aa) Nichtbeachtung von Vorschlägen und Weigerung der Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses ................................................................... bb) Nachbenennung (obstruktiver) zusätzlicher Gläubigerausschussmitglieder ..................................... (Rechtmäßiger) Dispens von der Pflicht zur Anhörung ......... a) Nachteilige Veränderung der Vermögenslage ................... b) Anhörung vor Bestellung des Insolvenzverwalters ........... c) Anhörung vor Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters .............................................................................
Seite
63 .... 634 63 .... 634 71 .... 636
71 .... 636 74 .... 637 81 .... 638 81 .... 638 85 .... 640 87 .... 640
Begründungspflicht des Gerichts und Neubenennungsrecht (§ 56a Abs. 3 InsO) .................................................................... 92 a) Neubenennungsrecht zur Wahrung der Gläubigerautonomie (§ 56a Abs. 3 Satz 2 InsO) ............................... 93 b) Reichweite des Neubenennungsrechts im Besonderen .... 97 c) Verfahren der Abwahl und Neubestellung ...................... 103
.... 641 .... 642 .... 643 .... 645
7.
Kollisionen ................................................................................ 115 .... 648 a) Anhörung zur Person des vorläufigen und des endgültigen Insolvenzverwalters ............................... 115 .... 648 b) Recht zur Abwahl durch die Gläubigerversammlung (§ 57 InsO) ........................................................................ 119 .... 649
8.
Schema 2: Auswahl und Bestellung des (vorl.) Insolvenzverwalters (§§ 56, 56a InsO) ........................................................ 1 .... 652
§ 56b InsO – Verwalterbestellung bei Schuldnern derselben Unternehmensgruppe ........................................................................ 1 .... 653 § 56b Verwalterbestellung bei Schuldnern derselben Unternehmensgruppe ................................................................................... 1 .... 653 1.
Gesetzeshistorie und legislativer Rahmen ................................... 1 .... 653
2.
Normzweck .................................................................................. 9 .... 657
3.
Koordinationspflicht i. R. d. Verwalterbestellung (Abs. 1) ..... a) Begründung der Abstimmungspflicht und Pflichtenadressat ................................................................................ b) Inhalt und Reichweite der Abstimmungspflicht ............... aa) Grundsatz ..................................................................... bb) Pflichtgemäße Ermessensausübung ............................
13 .... 659 13 19 19 23
.... .... .... ....
659 660 660 662
XXXV
Inhaltsverzeichnis Rn.
c) 4.
Seite
cc) Kein Dispens bei zu besorgender Verzögerung ......... 33 .... 665 dd) Ermessensnicht- und Ermessensfehlgebrauch ........... 34 .... 665 Kollidierende Gläubigerausschussvoten (Abs. 2 Satz 1, 2) ................................................................. 36 .... 665
Beteiligung des (vorläufigen) Gläubigerausschusses bei der Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters ................. 40 .... 666
§ 210a InsO – Insolvenzplan bei Masseunzulänglichkeit ............... 1 .... 667 § 210a Insolvenzplan bei Masseunzulänglichkeit ........................... 1 .... 667 Einführung der §§ 217 ff. InsO – Modernisierung des Insolvenzplanverfahrens ..................................................................................... 1 .... 669 1.
Gesetzeshistorie und Bedeutung ................................................. 1 .... 669
2.
Gegenstand der wesentlichen Neuregelungen ............................ 8 .... 671
3.
Schema 3: Insolvenzplan und Rechtsschutz .............................. 1 .... 674
§§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO – Einbeziehung von Gesellschafts- und Gesellschafterrechten einschließlich Debt-Equity-Swap .............................................................................. 1 .... 675 1.
Vorbemerkung .............................................................................. 1 .... 678
2.
Gestaltung von gruppeninternen Drittsicherheiten (§§ 217 Abs. 2 u. a. InsO) ............................................................ 5 .... 679
3.
Verfahrensrechtliche Einbeziehung von Gesellschafterrechten in den Plan ................................................................................... 10 .... 681 a) (Formale) Beteiligung der Gesellschafter .......................... 10 .... 681 b) Stimmrecht der Gesellschafter und Rechtsschutz ............ 14 .... 682
4.
Materiell-rechtliche Einbeziehung von Gesellschafterrechten in den Plan ................................................................................... a) Grundlagen und § 217 Abs. 1 Satz 2 InsO als „SollVorschrift“ ........................................................................... b) Der Eingriff in Gesellschafterrechte und die „Absolute Priority Rule“ des § 245 Abs. 2 InsO ................................ c) Abgrenzung von Gesellschafterrechten und Gesellschafterforderungen ............................................................
24 .... 685 24 .... 685 35 .... 689 37 .... 690
5.
ABC zulässiger Gestaltungsmaßnahmen .................................. 41 .... 690
6.
Sonderfall: Debt-Equity-Swap ................................................... 76 .... 699 a) Ablauf .................................................................................. 78 .... 699 b) Keine Differenzhaftung ...................................................... 90 .... 703
XXXVI
Inhaltsverzeichnis Rn.
Anrechnungsbetrag bei der Einbringung – Nennwert vs. Teilwert ................................................................................ 93 d) Praktische Umsetzung ...................................................... 101 e) Haftung aus dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Neugründung .................................................................... 103 f) Berücksichtigung von Sicherheiten .................................. 111
Seite
c)
.... 703 .... 706 .... 706 .... 708
§ 220 InsO – Darstellender Teil ........................................................ 1 .... 710 § 220 Darstellender Teil (Vergleichsrechnung) ............................. 1 .... 710 1.
Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG ................................................................... 1 .... 710
2.
Grundsätzliche Anforderungen an den darstellenden Teil ........ 5 .... 711
3.
Inhalt der Vergleichsrechnung (Kongruenzgebot) .................... 9 a) Vergleich mit (sämtlichen) alternativen Verwertungsoptionen ................................................................................. 9 b) Kongruenzgebot .................................................................. 13 c) Nachweis inkongruenter Verwertungschancen (Gebot des Dual Track?) .................................................... 19
4.
.... 712 .... 712 .... 713 .... 715
Gruppeninterne Drittsicherheiten (§ 220 Abs. 3 InsO) .......... 25 .... 717
§§ 221 Satz 2, 248a InsO – Plankorrektur und nachträgliche Planbestätigung ................................................................................... 1 .... 718 §§ 229, 254b, 259a, b InsO – Gläubiger ohne Anmeldung zur Tabelle ........................................................................................... 1 .... 720 1.
Das Problem nachträglicher Forderungsanmeldungen im Planverfahren ........................................................................... 1 .... 722
2.
Wirkungen und Folgen der Planerstreckung .............................. 6 .... 724
3.
Vollstreckungsschutz ................................................................. 15 .... 725
4.
Besondere Verjährung ................................................................ 23 .... 727
§ 231 Abs. 1 Satz 2 InsO – Verfahrensbeschleunigung .................. 1 .... 728 § 231 Zurückweisung des Plans ........................................................ 1 .... 728 §§ 251, 253 InsO – Minderheiten- und Rechtsschutz ..................... 1 .... 730 1.
Beschränkungen des Rechtsschutzes .......................................... 1 .... 732 a) Vorbemerkung ...................................................................... 1 .... 732
XXXVII
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
b) Glaubhaftmachung der voraussichtlichen Schlechterstellung ................................................................................... 6 .... 733 c) Materielle Schlechterstellung und Erheblichkeitsschwelle ... 11 ..... 734 2.
Ausgleich außerhalb des Insolvenzplanverfahrens (§ 251 Abs. 3 InsO) .................................................................... 19 .... 736
3.
Sofortige Beschwerde (§ 253 InsO) .......................................... 27 .... 739 a) Grundlagen .......................................................................... 27 .... 739 b) Sofortige Zurückweisung der Beschwerde (§ 253 Abs. 4 InsO) ............................................................ 34 .... 740
§ 254a InsO – Formerfordernisse ...................................................... 1 .... 743 § 254a Rechte an Gegenständen. Sonstige Wirkungen des Plans .... 1 .... 743 Vorbemerkung §§ 270 ff. Neufassung der Regelungen zum Eigenverwaltungsverfahren ...................................................... 1 .... 745 §§ 270, 270a InsO – Grundsatz; Antrag, Eigenverwaltungsplanung ................................................................................................ 1 .... 746 1.
Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG ................................................................... 1 .... 748
2.
Grundsatz; Antragserfordernis und Zeitpunkt des Antrages .... 9 .... 751
3.
Eigenverwaltungsplanung und Eigenverwaltungswürdigkeit statt fehlender Nachteilhaftigkeit .............................................. a) Umgestaltung des gesetzgeberischen Konzepts ............... b) Eigenverwaltungsplanung ................................................... aa) Gegenstand der Eigenverwaltungsplanung ................ bb) Finanzplan (§ 270a Abs. 1 Nr. 1 InsO) ..................... cc) Eigenverwaltungskonzept (§ 270a Abs. 1 Nr. 2 InsO) ............................................................................ dd) Darstellung des Verhandlungsstandes (§ 270a Abs. 1 Nr. 3 InsO) .................................................................. ee) Sicherstellung der Erfüllung der insolvenzrechtlichen Pflichten (§ 270a Abs. 1 Nr. 4 InsO) ......................... ff) Darstellung der Mehr- und Minderkosten (§ 270a Abs. 1 Nr. 5 InsO) ......................................... c) Eigenverwaltungswürdigkeit (§ 270a Abs. 2 InsO) ..........
15 15 19 19 24
.... .... .... .... ....
753 753 754 754 755
31 .... 758 37 .... 759 41 .... 761 53 .... 764 60 .... 766
§ 270b InsO – Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung ....... 1 .... 767 § 270b Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung ................... 1 .... 767 1.
Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG ................................................................... 1 .... 769
XXXVIII
Inhaltsverzeichnis Rn.
2.
3.
4.
5.
Gebundener Zugang zur vorläufigen Eigenverwaltung (§ 270b Abs. 1 InsO) .................................................................... 5 a) Objektive Antrags- und Anordnungsvoraussetzungen ...... 5 b) Vollständige und schlüssige Eigenverwaltungsplanung (Nr. 1) .................................................................................. 12 c) Nicht in wesentlichen Punkten unrichtig (Nr. 2) ............. 16 d) Nachbesserungsfrist und einstweilige vorläufige Eigenverwaltung (Abs. 1 Satz 2) ........................................ 23
Seite
.... 770 .... 770 .... 771 .... 772 .... 774
Ermessensgebundener Zugang zur vorläufigen Eigenverwaltung (§ 270b Abs. 2 InsO) ..................................... 30 .... a) Ermessensabhängiger Zugang zur vorläufigen Eigenverwaltung .................................................................. 30 .... b) Drohende Masseunzulänglichkeit oder Mehrkosten (§ 270b Abs. 2 Alt. 1 InsO) ................................................ 35 .... aa) Drohende Masseunzulänglichkeit .............................. 36 .... bb) Verfahrenskosten ......................................................... 43 .... c) Widerlegung indizierter Eigenverwaltungsunwürdigkeit (§ 270b Abs. 2 2. Alt. (Nr. 1 – 3) InsO) ............................. 50 .... d) Keine analoge oder extensive Anwendung des § 270b Abs. 2 InsO auf andere Fälle (insbesondere § 270e InsO) .... 58 ..... Anhörung des Gläubigerausschusses (§ 270b Abs. 3 InsO) .... a) Bindungswirkung eines einstimmigen Votums ................. b) Pflicht zur Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses .......................................................................... c) (Erweiterter) Gegenstand der Anhörung .......................... d) Keine Anhörungspflicht bei Besorgung erheblicher Vermögensnachteile ............................................................
776 776 777 777 779 780 784
62 .... 785 62 .... 785 67 .... 786 73 .... 788 78 .... 789
Begründungspflicht bei ablehnender Entscheidung und Abweichung von einem Vorschlag zur Person des Verwalters (§ 270b Abs. 4 InsO) .................................................................. 86 .... 790
§ 270c InsO – Vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren ................. 1 .... 791 § 270c Vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren ............................. 1 .... 791 1.
Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG ................................................................... 1 .... 792
2.
Gesonderte Berichtspflicht (§ 270c Abs. 1 InsO) ...................... 4 .... 793
3.
Offenbarungspflicht des Schuldners (§ 270c Abs. 2 InsO) ....... 8 .... 794
4.
Anordnung von Sicherungsmaßnahmen (§ 270c Abs. 3 InsO) ..................................................................... 12 ..... 795 a) Grundsätzliche Anordnung von Sicherungsmaßnahmen .... 12 .... 795
XXXIX
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
b) Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts und „starke vorläufige Sachwaltung“ ...................................................... 14 .... 796 c) Wegfall der Voraussetzungen für den Zustimmungsvorbehalt .............................................................................. 16 .... 796 d) Kein Zustimmungsvorbehalt außerhalb der einstweiligen vorläufigen Sachwaltung ..................................................... 19 .... 797 5.
Begründung von Masseverbindlichkeiten (§ 270c Abs. 4 InsO) ........................................................................................... 21 .... 798
6.
„Goldene Brücken“: Möglichkeit der Rücknahme des Insolvenzantrags bei fehlenden Eigenverwaltungsvoraussetzungen ......................................................................... 29 .... 800
§ 270d InsO – Schutzschirmverfahren ............................................. 1 .... 801 1.
Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG ................................................................... 1 .... 802
2.
Zweck der Vorschrift ................................................................... 4 .... 803
3.
Antrag und Zeitpunkt der Antragstellung .................................. 6 .... 804
4.
Antragsvoraussetzungen ............................................................ 10 .... 805
5.
Person des Ausstellers der Bescheinigung ................................ 18 .... 808 a) Qualifikation und Erfahrungsnachweis ............................. 19 .... 808 b) Unabhängigkeit ................................................................... 25 .... 810
6.
(Pflicht-)Inhalt der Bescheinigung ............................................ a) Grundlagen .......................................................................... b) Angaben zum Sanierungskonzept ...................................... c) Fristbestimmung – Notwendigkeit einer Liquiditätsvorschau ............................................................................... d) Zusammenfassung des materiellen und formellen Pflichtinhalts .......................................................................
32 .... 811 32 .... 811 35 .... 812 41 .... 814 46 .... 815
7.
Aktualität der Bescheinigung ..................................................... 50 .... 816
8.
Rechtsfolge des Antrages ........................................................... a) Zulässiger Antrag ................................................................ aa) Grundlagen .................................................................. bb) Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses .... cc) Sicherungsmaßnahmen ................................................ dd) Einsetzung eines vorläufigen Sachwalters .................. ee) Berichtspflichten und Bestellung eines Sachverständigen ................................................................. ff) Frist zur Vorlage des Insolvenzplans ......................... gg) Veröffentlichung des Beschlusses ............................... b) Unzulässiger Antrag ...........................................................
XL
55 .... 817 55 .... 817 55 .... 817 58 ..... 818 61 .... 819 64 .... 819 78 90 93 95
.... .... .... ....
822 825 826 826
Inhaltsverzeichnis Rn.
9.
Seite
Beendigung des Schutzschirmverfahrens .................................. 99 .... 828 a) Beendigung durch Eröffnungsbeschluss .......................... 100 .... 828 b) Beendigung vor Verfahrenseröffnung (Ablauf der Frist zur Vorlage des Plans) ...................................................... 102 .... 829
10. Exkurs: Haftung des Ausstellers der Bescheinigung für eine fehlerhafte Bescheinigung .......................................... 110 .... 831 §§ 270e, 272 InsO – Aufhebung der (vorläufigen) Eigenverwaltung ........................................................................................... 1 .... 832 1.
Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG ................................................................... 1 .... 834
2.
Aufhebung der (vorläufigen) Eigenverwaltung .......................... 5 .... 835
3.
Persönliche und sachliche Aufhebungsgründe (§§ 270e Abs. 1, 272 Abs. 1 InsO) .............................................. 8 a) Systematisierung der Aufhebungsgründe nach Abs. 1 Nr. 1 und Entscheidungsgrundlagen ................................... 8 b) Regelbeispiele der §§ 270e Abs. 1 Nr. 1, 272 Abs. 1 Nr. 1 InsO ........................................................................... 15 aa) Unzutreffende Tatsachen und Verletzung der Mitteilungspflicht (lit. a) ...................................... 17 bb) Mangelhafte Buchführung bzw. Rechnungslegung (lit. b) ........................................................................... 22 cc) Erschwerung der Durchsetzung von Haftungsansprüchen (lit. c) ........................................................ 28
.... 836 .... 836 .... 838 .... 839 .... 840 .... 841
4.
Aufhebung nach einstweiliger Zulassung der vorläufigen Eigenverwaltung (§ 270e Abs. 1 Nr. 2 InsO) ........................... 36 .... 842
5.
Unerreichbarkeit des Eigenverwaltungsziels ............................ 39 .... 843
6.
Aufhebung auf begründungsfreien Antrag ............................... 45 .... 844
7.
Aufhebung auf begründungspflichtigen Antrag ....................... 50 .... 845 a) Begründeter Antrag und individuelle Schlechterstellung .... 50 ..... 845 b) Sofortige Beschwerde .......................................................... 55 .... 847
8.
Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses und Begründungspflicht .................................................................... 56 .... 847
9.
Keine die Unabhängigkeit ausschließende Vorbefassung des (vorläufigen) Sachwalters i. S. d. § 56 InsO ........................ 60 .... 848
§§ 270f, 271 InsO – (Nachträgliche) Anordnung der Eigenverwaltung .................................................................................................. 1 ..... 848 1.
Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG ................................................................... 1 .... 849 XLI
Inhaltsverzeichnis Rn.
Seite
2.
Anordnung der Eigenverwaltung i. R. d. Eröffnungsbeschlusses .................................................................................... 4 .... 849
3.
Voraussetzungen für die Anordnung der Eigenverwaltung ....... 7 a) Gebundene vs. Ermessensentscheidung .............................. 7 b) Keine Aufhebungsgründe (§ 270e InsO) .......................... 14 c) Keine einstweilige Anordnung der Eigenverwaltung ........ 17 d) Begründungspflicht ............................................................. 26
4.
Nachträgliche Anordnung (§ 271 InsO) .................................. 30 .... 854
5.
Anhörung des (vorläufigen) Gläubigerausschusses ................. 34 .... 855
.... .... .... .... ....
850 850 851 851 853
Anhang .......................................................................................................... 857 Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz – StaRUG) ........................................................... 859 Insolvenzordnung (InsO) ............................................................................ 913 Stichwortverzeichnis ................................................................................. 1067
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A. Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (Unternehmensstabilisierungsund -restrukturierungsgesetz – StaRUG) Vor § 1 Vorbemerkung (Zum Auslegungsprimat des StaRUG) Die europäische Richtlinie über präventive Restrukturierungsmaßnahmen 1 (EU) 2019/1023 vom 20. Juni 2019 war bis längstens zum 17. Juli 2021 in deutsches Recht umzusetzen und ein vorinsolvenzlicher Restrukturierungsrahmen einzuführen. Sowohl der europäische Gesetzgebungsprozess bis zur Verabschiedung der Richtlinie (vgl. z. B. Madaus/Knauth, ZIP 2018, 149; Bock, ZIP 2017, 1441) als auch der Prozess der Umsetzung in das nationale Recht (vgl. z. B. Hölzle, ZIP 2020, 585, ZIP 2017, 1307) sind von der Fachöffentlichkeit mit großem Interesse beobachtet und von der Wissenschaft eng begleitet worden. Der deutsche Gesetzgeber war gewillt, die Umsetzungsfrist nicht auszuschöpfen und hat bereits für das Frühjahr 2020 die Vorlage eines Gesetzesentwurfs zur Umsetzung angekündigt. Diese Ambitionen haben sodann jedoch durch die weltweite Corona- 2 Pandemie einen bitteren Dämpfer erfahren, weil die „Rettung der deutschen Wirtschaft“ selbstverständlich vordringlich war und der Gesetzgeber mit dem CoVInsAG (vgl. ausführlich Hölzle/Schulenberg, ZIP 2020, 633) einerseits, den begleitenden Stabilisierungsmaßnahmen andererseits in kürzester Zeit zwar beeindruckende Leistungen erbrachte, seine Kapazitäten damit aber auch ausschöpfte. Das nach Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen einer bestehenden Überschuldung zum 31.12.2020 zunächst beabsichtigte endgültige Auslaufen der insolvenzrechtlichen Erleichterungen für von der Pandemie betroffene Unternehmen setzte den Gesetzgeber dann aber doch unter Handlungsdruck, den Gesetzentwurf spätestens im Herbst 2020 vorzulegen, um ihn – so die ursprüngliche Vorstellung – nahtlos an das CoVInsAG anschließen und zum 1.1.2021 in Kraft treten zu lassen. Dass dies gelungen ist, ist bekannt. Das vom Gesetzgeber abgearbeitete Pro- 3 gramm ist enorm. Zu Recht hat der Gesetzgeber davon abgesehen, die Umsetzung des präventiven Restrukturierungsrahmens innerhalb der Insolvenzordnung zu regeln und hat stattdessen mit dem StaRUG eine eigenständige Kodifikationen geschaffen. Der Umfang und die Regelungstiefe schon des Referentenentwurfs hat die Fachöffentlichkeit jedoch überrascht. War im Interesse der begrüßenswerten Entwicklung der Insolvenzordnung hin zu einer Sanierungsordnung nicht zuletzt durch die Stärkung der Eigenverwaltung und
1
Vorbemerkung
des Insolvenzplanverfahrens durch das ESUG eine gewisse Zurückhaltung bei der Umsetzung des präventiven Restrukturierungsmaßnahmen angemahnt worden (vgl. z. B. Hölzle, ZIP 2020, 585), so hat der Gesetzgeber diesen Ruf zwar ungehört verhallen lassen, jedoch eine Vielzahl der in der Rechtswissenschaft unterbreiteten Vorschläge und Hinweise gewissenhaft geprüft und, wo erforderlich, auch umgesetzt. 4 Herausgekommen ist eine einheitliche Kodifikation, die viele Anleihen bei den bewährten Instrumenten des Insolvenzrechts, insbesondere des Insolvenzplanverfahrens nimmt. Bei der Anwendung und Auslegung des Gesetzes kann daher auf viel Bekanntes zurückgegriffen werden. Die Tatsache der Eigenständigkeit der Kodifikation darf dabei nicht zu einer tatsächlich nicht gewollten Emanzipation vom Insolvenzrecht verleiten. 5 In der Gesetzesbegründung (Tz. II.1) heißt es ausdrücklich, dass es auch weiterhin nicht Aufgabe des Insolvenzrechts sein soll, ein Fortbestands- oder Sanierungsinteresse des Schuldners oder dessen Anteilsinhabern gegen die Interessen der Gläubiger durchzusetzen. Die Sanierung bleibt danach ein Instrument zur Verwirklichung der auf die Befriedigung der Gläubiger gerichteten Ziele des Insolvenzrechts. Dies gilt auch für die Sanierungsoptionen, die in Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie zu einem präventiven Restrukturierungsrahmen zu schaffen sind. Wie auch dem Insolvenzverfahren geht es den im präventiven Restrukturierungsrahmen zu schaffenden vor- und außerinsolvenzlichen Sanierungshilfen darum, auf eine Gefährdung der vollständigen Befriedigung der Gläubiger zu reagieren und dabei die Interessen der Gläubiger zu wahren. Insbesondere, so die Gesetzesbegründung weiter, ist sicherzustellen, dass die Verfahrenshilfen des präventiven Rahmens allein zur Verfolgung ernsthafter und begründeter Sanierungsabsichten in Anspruch genommen werden. Sie sollen nicht missbraucht werden können, um Gläubigern sachfremde Zusagen abzuringen. Zudem soll vermieden werden, dass die Vollstreckungssperren zur Hinhaltung vollstreckungswilliger Gläubiger oder gar zur Verschleppung der erforderlichen Krisen- oder Insolvenzbewältigung in Anspruch genommen werden. Dazu passt die ausdrückliche Klarstellung, dass Unternehmen, die bereits zahlungsunfähig oder überschuldet sind, die Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens verwehrt bleibt. 6 Trotz des Fehlens eines dem § 1 InsO vergleichbaren Programmsatzes kommt in der Gesetzesbegründung und im Rahmen einer summarischen Auslegung des Gesetzes insgesamt das Auslegungsprimat für sämtliche Vorschriften klar zum Ausdruck: Auch das Restrukturierungsverfahren ist ein auf die Gläubigerbefriedigung ausgerichtetes Verfahren. Allein die Gefährdung der Gläubigerinteressen dadurch, dass die Schuldnerin absehbar nicht in der Lage sein wird, ihren sämtlichen fälligen Verbindlichkeiten nachzukommen, legitimiert auch zwangsweise durchzusetzende Eingriffe in die Gläubigerrechte und deren Durchsetzbarkeit. Wie auch die InsO verfolgt auch das StaRUG damit das Ziel der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger gleicher Rechtsposition 2
Vorbemerkung
aus dem Vermögen des Schuldners, dessen Interessen insoweit hinter den Gläubigerinteressen zurücktreten. Daraus folgt, dass gläubigerschützende Vorschriften des StaRUG grundsätzlich großzügig, den Schuldner begünstigende Vorschriften grundsätzlich restriktiv auszulegen sind. Dies kommt auch in verschiedenen Vorschriften des Gesetzes zum Ausdruck, in denen ausdrücklich klargestellt wird, dass Zweifel an dem Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen zulasten des Schuldners gehen (so z. B. in §§ 52 Abs. 3, 70 Abs. 3 StaRUG). Der Unterschied zum Insolvenzverfahren besteht jedoch darin, dass es sich 7 bei dem Restrukturierungsverfahren um ein modulares Verfahren handelt, das dem Schuldner viele Optionen einräumt und damit auch Raum für opportunistische Strategien öffnet. Der merkliche Unterschied zum Insolvenzverfahren besteht darin, dass es sich bei dem Restrukturierungsverfahren gerade nicht um ein Gesamtvollstreckungsverfahren handelt, sondern zwar die Gesamtvermögenssituation des Schuldners in den Blick genommen, jedoch der Kreis der am Verfahren Beteiligten vom Schuldner selbst definiert wird. Positiv formuliert lässt das Verfahren demnach microinvasive und zielgenaue Sanierungsstrategien zu, an denen nur diejenigen Stakeholder beteiligt werden, von denen substantielle Beiträge tatsächlich erforderlich sind, während die übrigen Vertragspartner und Gläubiger des Schuldners von dem Verfahren unbehelligt bleiben. Dies wird die Praxistauglichkeit und die Akzeptanz des Verfahrens erheblich befördern. Diesem Gedanken entsprang deshalb auch das Bestreben, den Anwendungsbereich des Gesetzes von vornherein auf finanzwirtschaftliche Sanierungen zu beschränken (Hölzle, ZIP 2020, 858). Dem ist der Gesetzgeber zwar – aus europarechtlichen Bedenken – nicht nähergetreten, die dahinterstehende Ratio lässt sich jedoch auch für die Auslegung der nunmehr Gesetz gewordenen Vorschriften fruchtbar machen. Denn die Auswahl der Planbetroffenen muss nach § 10 Satz 1 StaRUG nach sachgerechten Kriterien erfolgen und steht nicht im freien Ermessen des Schuldners. Flankiert wird § 10 Satz 1 StaRUG durch § 12 Abs. 1 StaRUG, der sich an § 226 Abs. 1 InsO orientiert, wonach innerhalb jeder Gruppe allen Planbetroffenen gleiche Rechte anzubieten sind. Das Gleichbehandlungsgebot des StaRUG erschöpft sich jedoch nicht in der Betrachtung der in den Plan einbezogenen Gläubiger der jeweiligen Gruppe, sondern hat ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 12 Abs. 1 StaRUG ausdrücklich zu vergegenwärtigen, ob eine nicht einbezogene Forderung oder ein nicht einbezogenes Recht, die oder das im Falle der Einbeziehung derselben Gruppe zuzuordnen gewesen wäre, zu Recht nicht einbezogen worden ist. Mit anderen Worten: Die Gesamtauslegung der §§ 10 Satz 1, 12 Abs. 1 StaRUG verbietet die Ungleichbehandlung infolge Nichteinbeziehung sowohl der einbezogenen als auch der nicht einbezogenen Gläubiger. Ungeachtet der nicht notwendigen Einbeziehung sämtlicher Gläubiger des Schuldners in das Verfahren bleibt damit das Gesamtgläubigerinteresse oberstes Primat der Gesetzesauslegung, was auch in Vorschriften wie z. B. § 97 Abs. 2 StaRUG unzweifelhaft zum Ausdruck kommt.
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Vorbemerkung
8 Dem steht auch die in der Gesetzesbegründung ausdrücklich erwähnte Teilkollektivität des Verfahrens nicht entgegen, da sich diese nicht auf das ausdrücklich als Gesamtziel des Verfahrens postulierte Ziel der Verwirklichung der Befriedigung der Gläubiger des Schuldners, und damit aller Gläubiger des Schuldners bezieht, sondern, wie es z. B. in der Begründung zu § 8 StaRUG zum Ausdruck kommt, lediglich auf die Instrumente des Verfahrens. So heißt es dort wörtlich: „Im Unterschied zum Insolvenzverfahren handelt es sich bei den Instrumenten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens um teilkollektive Verfahrenshilfen.“ (Gesetzesbegr. zu § 8 StaRUG, BT-Drucks. 19/ 24181, S. 117). Es folgt daraus: Die Instrumente als die in Anspruch zu nehmenden gesetzlichen Institutionen sind teilkollektiv, weil sie nur auf einzelne, vom Schuldner sachgerecht auszuwählende Gläubiger anzuwenden sind; die Auswahl der Planbetroffenen und das mit der Anwendung der Instrumente zu erreichende, übergeordnete Verfahrensziel ist „gesamtkollektiv“, berücksichtigt nämlich die Interessen sämtlicher Gläubiger des Schuldners unter Ausschluss opportunistischer oder gar missbräuchlicher Gestaltungen. Dies muss schon deshalb richtig sein, weil auch das gesamte Vermögen des Schuldners – insbesondere in die Vergleichsberechnung – einzubeziehen ist. 9 In diesem Licht ist auch § 76 Abs. 2 StaRUG zu verstehen, durch welchen der Restrukturierungsbeauftragte in seinem Aufgabenbereich und seiner Rechtsstellung stark dem Sachwalter angenähert wird. Der Schuldner nämlich, der das Restrukturierungsverfahren als (opportunistische) Alternative zum – vor allem eigenverwalteten – Insolvenzverfahren und damit quasi als „Feigenblatt der Insolvenzreife“ versteht und als Substitut für ein Insolvenzverfahren nutzt, wird auch unter die Aufsicht eines „Sachwalters mit Feigenblatt“, und zwar eines Restrukturierungsbeauftragten mit nämlichen Befugnissen gestellt (vgl. Begr. BT-Drucks. Tz. II.1).
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Teil 1 – Krisenfrüherkennung und -management §1 Krisenfrüherkennung und Krisenmanagement bei haftungsbeschränkten Unternehmensträgern (1) 1Die Mitglieder des zur Geschäftsführung berufenen Organs einer juristischen Person (Geschäftsleiter) wachen fortlaufend über Entwicklungen, welche den Fortbestand der juristischen Person gefährden können. 2Erkennen sie solche Entwicklungen, ergreifen sie geeignete Gegenmaßnahmen und erstatten den zur Überwachung der Geschäftsleitung berufenen Organen (Überwachungsorganen) unverzüglich Bericht. 3Berühren die zu ergreifenden Maßnahmen die Zuständigkeiten anderer Organe, wirken die Geschäftsleiter unverzüglich auf deren Befassung hin. (2) Bei Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit im Sinne von § 15a Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 der Insolvenzordnung gilt Absatz 1 entsprechend für die Geschäftsleiter der zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter. (3) Weitergehende Pflichten, die sich aus anderen Gesetzen ergeben, bleiben unberührt. Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... Beobachtungs- und Sanierungspflicht (Abs. 1) ............................... a) Beobachtungspflicht ............... b) Den Fortbestand gefährdende Entwicklungen ........................ c) Gegenmaßahmen (Sanierungspflicht) ............................
1 3 3 6 9
3. 4. 5.
d) Berichts- und Befassungspflicht ..................................... e) Gemeinsamer Mindeststandard und Subsidiarität (Abs. 3) .... Subjektiver Anwendungsbereich (Abs. 2) ......................................... Rechtsfolgen ................................. Verhältnis zu anderen Vorschriften ........................................
14 18 20 22 26
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes § 1 StaRUG konkretisiert die schon im geltenden Recht als Teil der Organi- 1 sationspflichten bestehende Überwachungs- und Beobachtungspflicht der Organe von Gesellschaften in haftungsbeschränkender Rechtsform und führt sie für alle Rechtsformen einheitlich einem positivrechtlich geregelten Mindeststandard zu. Zeitlich greift die Vorschrift damit deutlich vor Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens, weshalb es sich mehr um eine gesellschaftsrechtliche als eine dem Restrukturierungsverfahren selbst zuzuordnende Vorschrift handelt. Sie steht damit in einer Reihe mit §§ 15a, b InsO, die ebenfalls gesellschaftsrechtliche Regelungen im insolvenznahen Kontext rechtsformübergreifend zusammenfassen. Die Vorschrift statuiert eine Beobachtungspflicht der geschäftsleitenden Or- 2 gane, jederzeit über die wirtschaftliche Verfassung des Unternehmens infor-
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Teil 1 – Krisenfrüherkennung und -management
miert zu sein und ist insoweit deklaratorisch (vgl. insbesondere § 91 Abs. 2 AktG); für die in § 1 Abs. 1 Satz 2 StaRUG normierte Handlungspflicht, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, gilt dasselbe (ausführlich mit zahlr. Nachw. Bork, ZIP 2011, 101). Aus diesem Grunde enthält das StaRUG auch keine Rechtsfolgenanordnung für Verstöße gegen die Beobachtungs- und Handlungspflicht nach § 1 StaRUG. Die Rechtsfolgen richten sich (allein) nach der Haftungsverfassung des jeweiligen Gesellschaftsrechts und begründen lediglich eine Binnen-, keine Außenhaftung unmittelbar den Gläubigern des jeweiligen Rechtsträger gegenüber (zur Streichung der §§ 2, 3 E-StaRUG der Entwurfsfassung vgl. ausführlich Vor § 32 StaRUG Rn. 2 ff.). 2. Beobachtungs- und Sanierungspflicht (Abs. 1) a) Beobachtungspflicht 3 Von dem organschaftlichen Vertreter einer juristischen Person wird erwartet, dass er sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft stets vergewissert, weshalb die Kenntnis von derselben grundsätzlich vorausgesetzt werden kann („bekannt sein mussten“, BGH, ZIP 2012, 1557). Hierzu gehört insbesondere die Prüfung der Überschuldung und der Zahlungsunfähigkeit. Er handelt daher fahrlässig, wenn er sich nicht rechtzeitig die erforderlichen Informationen und die für die Insolvenzantragspflicht erforderlichen Kenntnisse verschafft und eine Organisation vorhält, die ihm genau dies ermöglicht. Dabei muss sich der organschaftliche Vertreter, sollte er nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse verfügen, ggf. extern beraten lassen (BGHZ 126, 181, dort zur Prüfung der positiven Fortführungsprognose; OLG Düsseldorf, NZG 1999, 944, zur Feststellung der Überschuldung), weil ihn eigene mangelnde Sachkenntnis nicht entlastet (BGH, ZIP 2012, 1557). Dafür reicht selbstverständlich eine schlichte Anfrage bei einer von dem organschaftlichen Vertreter für fachkundig gehaltenen Person nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass sich das Vertretungsorgan unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einem unabhängigen, für die zu klärenden Fragestellungen fachlich qualifizierten Berufsträger beraten lässt (BGH, NJW 2007, 2118). Die Beobachtungspflicht ist nicht anlassgebunden und beginnt mir der Gründung der Gesellschaft. 4 Für die AG ergibt sich diese Pflicht unmittelbar aus § 91 Abs. 2 AktG, für die GmbH wird sie aus § 43 GmbHG abgeleitet (BGH, ZIP 2001, 422). 5 Die Überwachungspflicht erstreckt sich auch auf die ordnungsgemäße Überwachung eines Mitgeschäftsleiters, soweit innerhalb des mehrköpfigen Geschäftsleitungsorgans eine bestimmte Ressortverteilung wirksam beschlossen ist, was jedenfalls eine schriftlich niedergelegte, klare und eindeutige Abgrenzung der Geschäftsführungsaufgaben voraussetzt (BGH, ZIP 2019, 261).
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§ 1 Krisenfrüherkennung und Krisenmanagement
b) Den Fortbestand gefährdende Entwicklungen Die Beobachtungspflicht bezieht sich auf Entwicklungen, welche den Fort- 6 bestand der Gesellschaft gefährden können. Es geht hierbei also nicht um die Frage, ob die Geschäftsleiter bestandsgefährdende Risiken, z. B. durch den Abschluss risikoträchtiger Verträge, überhaupt eingehen dürfen und ob das Risiko bereits konkret erkennbar sein muss oder ob auch die Eingehung nur abstrakt bestandsgefährdender Risiken bereits pflichtwidrig ist (ausführlich Balthasar/Hamelmann, WM 2010, 589; Redeke, ZIP 2010, 159). Es geht vielmehr darum nachzuhalten, welche Entwicklung das Unternehmen insgesamt nimmt, ob sich abstrakte Risiken zu konkreten entwickeln und die wirtschaftliche Entwicklung mit einem Blick nach vorne fortzuschreiben. Der Beobachtungszeitraum wird dabei aber nicht durch den Prognosezeitraum des § 18 Abs. 2 Satz 2 InsO von i. d. R. 24 Monaten begrenzt. Denn auch soweit sich die Pflicht zur Selbstbeobachtung noch nicht zu einer drittschützenden Pflicht verdichtet hat, sind die Geschäftsleiter zur Gewährleistung einer nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft verpflichtet (wie sich z. B. aus § 87 Abs. 1 Satz 3 AktG ergibt, dazu ausführlich Fleischer, NZG 2009, 801), was den zu beurteilenden Zeithorizont in die Abhängigkeit vom Geschäftsmodell stellt, weshalb sich starre Zeitgrenzen, wie sie im Rahmen von gläubigerschützenden Vorschriften aus Gründen der Rechtsklarheit erforderlich sind, verbieten. Im Rahmen der Beobachtung sind nach den Grundsätzen des § 91 Abs. 2 AktG 7 zunächst alle zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen auszuschöpfen (so bereits BGH, AG 1985, 165); der Geschäftsleiter kann sich aber nicht auf das Nichtvorliegen entsprechender Informationen berufen, wenn er nicht organisatorische Vorsorge für die gebotene Informationsgewinnung getroffen hat. Das Vorhalten einer der Unternehmensgröße entsprechenden Organisationsstruktur, die ein dem Geschäftsumfang angemessenes Controlling ermöglicht, ist als Organisationspflicht ein der Beobachtungs- und Reaktionspflicht vorgelagerter Bestandteil der Verantwortung des Geschäftsleiters (vgl. z. B. Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 91 Rn. 18). Maßgeblich ist – vorbehaltlich besonderer einzelner Geschäfte, die für sich ge- 8 nommen eine Existenzgefahr für das Unternehmen begründen – die Beobachtung der Gesamtsituation des Unternehmens im Sinne eines kontinuierlichen Abgleichs zwischen geplanten und tatsächlichen Entwicklungen in der Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage des Unternehmens (vgl. ausführlich zum Risikobegriff und zum Kontinuitätserfordernis Wall, WPg 2003, 457). Bestandsgefährdend ist diese Entwicklung mit den Worten der Gesetzesbegründung zum StaRUG (BT-Drucks. 19/24181, S. 104) wenn die Verhältnisse, die für die Tätigkeit des Unternehmensträgers relevant sind das Potenzial haben, bei ungehindertem Fortgang den Fortbestand des Unternehmens zu gefährden. In Anlehnung an den zum früheren Eigenkapitalersatzrecht entwickelten Krisenbegriff des BGH lässt sich dies dahingehend konkretisieren, dass eine bestandsgefährdende, der Beobachtungspflicht unterliegende und die Hand7
Teil 1 – Krisenfrüherkennung und -management
lungspflicht auslösende Entwicklung vorliegt, wenn absehbar ist, dass das Unternehmen ohne ein Einschreiten künftig nicht mehr in der Lage sein wird, ihren zur Fortführung ihres Geschäftsbetriebes erforderlichen Kreditbedarf aus eigener Kraft zu decken (BGH, ZIP 2018, 576); hierfür ist insbesondere eine seit Längerem ansteigende rechnerische Überschuldung von wesentlicher Bedeutung (BGH, ZIP 2011, 328). c) Gegenmaßahmen (Sanierungspflicht) 9 In der Rechtsprechung ist bislang allein die Überwachungs- und Beobachtungspflicht der Geschäftsleiter und (fakultativer) Aufsichtsräte (BGH, ZIP 2010, 1988) aufgegriffen worden. Rechtsprechung zu einer sich daraus ableitenden Handlungspflicht im Sinne einer mit der Krise der Gesellschaft einsetzenden Pflicht des Geschäftsleiters, geeignete Sanierungsmaßnahmen einzuleiten, gibt es – soweit erkennbar – zwar nicht (auch in der Rspr. aber z. B. durch die „Sanieren oder Ausscheiden“-Entscheidungen jedenfalls für Gesellschafter anerkannt, vgl. z. B. BGH, ZIP 2009, 2289); sie wird aber in der Literatur einhellig angenommen (vgl. mit zahlr. Nachw. bereits Bork, ZIP 2011, 101). Mit § 1 Abs. 1 Satz 2 StaRUG schafft der Gesetzgeber nunmehr Rechtsklarheit und statuiert die Pflicht, bei Erkennen von den Fortbestand der Gesellschaft gefährdenden Entwicklungen, geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Dabei geht der Gesetzgeber ausdrücklich davon aus, auch insoweit rein deklaratorisch einen rechtsformübergreifenden Mindeststandard festgeschrieben zu haben. 10 Grundlage der Handlungspflicht ist die Treubindung des Geschäftsleiters an das Bestandsinteresse des Unternehmens und die Interessen der Gesellschafter. Die aus der Organisationspflicht abzuleitende Pflicht, geeignete Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen, ist damit Bestandteil und besondere Ausprägung der allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Pflicht der Geschäftsleiter, in Angelegenheiten der Gesellschaft, die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters walten zu lassen (vgl. § 93 Abs. 1 AktG, § 43 Abs. 1 GmbHG, § 34 Abs. 1 GenG). Die Pflicht besteht daher allein im Gesellschafts-, nicht im Gläubigerinteresse (Oberle, in: MHdGesR, Bd. 3 [2018], § 66 Rn. 33; OLG München, NJW 1966, 2366). Eine parallele Pflichtenbindung auch an das Gläubigerinteresse tritt erst mit dem Zeitpunkt der feststellbaren drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) ein (vgl. dazu Rn. 27). 11 Geeignet sind Gegenmaßnahmen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 StaRUG zunächst, wenn sie gegenständlich und in der zur Verfügung stehenden Zeit die konkrete Aussicht begründen, den nachhaltigen Bestand des Unternehmens im Sinne der Wiederherstellung der nachhaltigen (BGH, ZIP 2012, 2355, dazu EWiR 2012, 797 [Huber]; siehe auch BGH, ZIP 2006, 2222, m. Bespr. Hölzle, ZIP 2007, 613, dazu EWiR 2007, 113 [Wagner]) Ertragsfähigkeit (vgl. Richter/ Schemminger, BB 2019, 1512) zu sichern. Der Streit, ob die Wiederherstellung der Ertragsfähigkeit auch für die Fortführungsprognose im Sinne des § 19 Abs. 2 InsO erforderlich ist (so z. B. AG Hamburg, ZIP 2012, 1776; Ehlers, 8
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NZI 2011, 161; kritisch Morgen/Rathje, ZIP 2018, 1955) oder dort die positive Zahlungsfähigkeitsprognose genügt, kann für die Frage der Tauglichkeit eines Sanierungskonzepts dahinstehen, da ein solches jedenfalls neben der Bereinigung sämtlicher Verbindlichkeit auch Maßnahmen zur Sanierung des Geschäftsbetriebes selbst verlangt (BGH, NZI 2016, 636 [Rn. 17]). Zunächst hat der Geschäftsleiter daher nach Erkennen bestandsgefährdender 12 Entwicklungen unverzüglich mit der als Grundlage für ein jedes Sanierungskonzept erforderlichen Aufnahme des Ist-Zustandes, der Ursachenermittlung und sodann mit der Erarbeitung entsprechender Maßnahmen (vgl. BGH, NZI 2016, 636) zu beginnen bzw. fachkundigen Rat einzuholen (BGH, GmbHR 2012, 967). Dabei sollten die Geschäftsleiter aus Gründen der persönlichen Risikovorsorge größte Sorgfalt auf eine umfassende Dokumentation verwenden. Im Übrigen hängt das Maß der zu verfolgenden Gegenmaßnahmen von dem 13 Krisenstadium ab und ist dem Geschäftsleiter insoweit ein verhältnismäßig weites Ermessen eingeräumt. Es gelten die gesellschaftsrechtlichen Beurteilungsmaßstäbe für Maßnahmen der Geschäftsleitung (insbesondere also nach dem Vorbild des § 92 Abs. 2 AktG). Durch die Festschreibung auch der Sanierungspflicht in § 1 Abs. 1 StaRUG wird jedoch klargestellt, dass sich das Ermessen mit zunehmender Vertiefung der Krise in Richtung des Eintritts der Insolvenzreife ebenfalls immer weiter verengt. In der Gesetzesbegründung zu § 2 StaRUG wird dies ausdrücklich klargestellt. Während in einem frühen Krisenstadium entsprechend der zur Verfügung stehenden Vielzahl an Alternativen in aller Regel ein derart breites Ermessen bestehen wird, dass sich die dem Grunde nach bestehende Pflicht, geeignete Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen, kaum jemals zu konkreten Handlungs- oder Unterlassungspflichten verdichtet, verengt sich das Ermessen mit fortschreitender Krise immer weiter (in diesem Sinne Begr. zu § 2 StaRUG, BT-Drucks. 19/24181, S. 105). Es besteht daher ein dem Krisengrad angepasstes Pflichten- und Haftungsregime. Insbesondere darf der Geschäftsleiter sich nicht auf bloße Hoffnungen verlassen, sondern muss dokumentieren können, auf Grundlage welcher Informationen er welche Maßnahmen eingeleitet hat, und dass diese mit hinreichender Wahrscheinlichkeit geeignet waren (BGH, ZIP 2009, 91 [„ernsthafte Aussicht auf Erfolg begründet“]), die bestandsgefährdende Entwicklung zu unterbrechen (BGH, ZIP 2016, 1235; BGH, GmbHG 2016, 1088 [strafrechtlich]). d) Berichts- und Befassungspflicht Aus der Beobachtungs- und der Pflicht, geeignete Gegenmaßnahmen zu ergrei- 14 fen, resultiert auch die weitere Pflicht, nach Maßgabe der jeweiligen Organisationsverfassung des Unternehmensträgers auch die Aufsichts- und Überwachungsorgane sowie die Gesellschafter in die Krisenbewältigung einzubeziehen. Auch insoweit statuiert § 1 Abs. 1 StaRUG daher keine eigenständigen Pflichten, sondern nimmt ausschließlich auf die Organisationsfassung des jeweiligen Gesellschaftsrechts Bezug. 9
Teil 1 – Krisenfrüherkennung und -management
15 Der Gesetzgeber sah sich im Interesse der Rechtsklarheit dazu aufgerufen, die Pflichten der Geschäftsleiter zu konkretisieren: Zunächst ist den zur Überwachung berufenen Organen (insbesondere also einem Aufsichtsrat) unverzüglich Bericht zu erstatten. Berühren die zu ergreifenden Maßnahmen die Zuständigkeiten anderer Organe wie etwa der Gesellschafterversammlung, haben die Geschäftsleiter unverzüglich auf deren Befassung hinzuwirken. 16 Da es sich bei bestandsgefährdenden Entwicklungen um einen dynamischen Prozess handelt, hat die Geschäftsleitung ihrer Verpflichtung nicht mit einer einmaligen Berichterstattung oder Befassung der weiteren Organe Genüge getan. Vielmehr ist auch die Berichts- und Befassungspflicht eine dynamische. Die weiteren Organe sind daher laufend informiert zu halten und, soweit eine Befassungspflicht besteht, in den Prozess aktiv einzubinden. 17 Eine solche Einbindung zur Befassung setzt deutlich mehr voraus, als ein reiner Bericht. Während sich der Bericht in der Darstellung des Ist-Zustandes und der geplanten oder eingeleiteten Maßnahmen, mit welchen gegengesteuert werden soll, erschöpfen kann, erfordert die Befassung weiterer Organe die prozedurale Einbindung nach Maßgabe des jeweiligen Gesellschaftsrechts. Befassung erfordert daher die Einbindung in die Entscheidungsfindung als ein deutliches Mehr gegenüber dem Bericht über die eingeleiteten Gegenmaßnahmen. Es genügt gerade nicht, Entscheidungen der zu befassenden Organe nur vorzubereiten, sie müssen aktiv vom Geschäftsleiter herbeigeführt werden (vgl. Hölzle, ZIP 2013, 1846). e) Gemeinsamer Mindeststandard und Subsidiarität (Abs. 3) 18 Durch § 1 Abs. 3 StaRUG stellt der Gesetzgeber klar, dass es sich bei den in Abs. 1 normierten Pflichten erstens nur um eine deklaratorische Klarstellung und zweitens nur um eine solche des rechtsformübergreifenden Mindeststandards handelt. Sorgfaltspflichten und Verantwortlichkeiten der Geschäftsleiter nach Bestimmungen des jeweiligen Gesellschaftsrechts (z. B. § 49 Abs. 3 GmbHG, § 92 Abs. 1 AktG) oder auch nach insolvenzrechtlichen Vorschriften (§§ 15a f. InsO) bleiben selbstverständlich unberührt. 19 § 1 StaRUG hat daher eine Auffangfunktion, die zugleich die Prüfungsreihenfolge vorgibt: Mit seiner Zielrichtung, lediglich deklaratorisch die Mindeststandards noch einmal festzuschreiben, ist § 1 StaRUG hinter den spezielleren, dem jeweiligen Gesellschafts-, dem Insolvenzrecht oder anderen Kodifikationen, die Überwachungs- oder Aufsichtspflichten begründen, zu entnehmenden Pflichtenkatalogen subsidiär. 3. Subjektiver Anwendungsbereich (Abs. 2) 20 Die Überwachungs-, Berichts- und Sanierungspflicht des § 1 Abs. 1 StaRUG gilt nach dem ausdrücklichen Wortlaut nur für juristische Personen. Der Gesetzgeber ist der Auffassung, dass bei Unternehmen in nicht haftungsbeschränkenden Rechtsformen die persönliche Haftung ausreichend Anreiz10
§ 1 Krisenfrüherkennung und Krisenmanagement
funktion hat, bestandsgefährdende Entwicklungen im Blick zu behalten und hierauf angemessen zu reagieren (BT-Drucks. 19/24181, S. 104). Im Übrigen knüpft § 1 Abs. 2 StaRUG an die Insolvenzantragspflichten an 21 und stellt klar, dass die Beobachtungs-, Berichts-, Befassungs- und Reaktionspflicht für sämtliche Rechtsträger gilt, bei denen keine natürliche Person als unmittelbarer oder mittelbarer Gesellschafter haftet. § 1 Abs. 2 StaRUG stellt damit noch einmal klar, dass die nach § 1 Abs. 1 StaRUG deklaratorisch in Bezug genommenen gesellschaftsrechtlichen Pflichten der Geschäftsleiter sich in das Gesamtsystem der Haftungsverfassung des jeweiligen Gesellschaftsrechts einordnen, in welcher Kehrseite der Haftungsbeschränkung ein wohlausdifferenzierter Katalog aus Obliegenheiten und Pflichten ist, der das gesamtökonomische Interesse an der Bereitstellung haftungsbeschränkender Gesellschaftsformen austariert (vgl. dazu bereits Hölzle, ZIP 2003, 1376, ZIP 2011, 650). 4. Rechtsfolgen § 1 StaRUG normiert selbst keine Rechtsfolgen aus der Verletzung der in ihm 22 statuierten Pflichten. Die Rechtsfolgen richten sich vielmehr nach dem jeweiligen Gesellschaftsrecht, also vor allem den § 43 GmbHG, § 93 AktG. Sie können aber auch für die Bestimmung des Verschuldensmaßstabes insbesondere bei der Beurteilung einer Pflichtverletzung nach § 15b Abs. 1 Satz 2 InsO maßgeblich sein, da der dem Geschäftsleiter obliegende Entlastungsbeweis den Nachweis einer hinreichenden Betriebsorganisation und der Einrichtung eines der Unternehmensgröße entsprechenden Risikoüberwachungssystems voraussetzt (vgl. z. B. BGH, ZIP 2012, 1557 und die weiteren Nachw. Rn. 7). Aus dem Verweis auf die Haftungsverfassung des jeweiligen Gesellschaftsrechts 23 folgt die Einordnung der Haftung wegen Verstößen gegen die (Mindest-)Pflichten aus § 1 StaRUG als Binnenhaftung. Geschädigte Gläubiger können aus einem Verstoß gegen die Organisations- oder Überwachungspflicht unmittelbar keine Ansprüche herleiten. Auch im Rahmen der Binnenhaftung dürfte es jedoch bei einer Verletzung 24 der Sanierungspflicht regelmäßig schwer werden, konkrete Rechtsfolgen abzuleiten. Wegen der Vielzahl der insbesondere in einem frühen, sich abzeichnenden Krisenstadium zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen ist eine Konkretisierung der Handlungspflicht, die eine konkrete Schadensersatzpflicht nach sich ziehen kann, nur schwer begründbar. Dies dürfte lediglich der Fall sein, soweit der Geschäftsleiter insgesamt untätig bleibt oder sich auf die bloße Hoffnung zurückzieht, die Krise würde schon überwunden werden. Zudem dürfte die Rechtsprechung zu den Anforderungen an taugliche Sanierungskonzepte (BGH, NZI 2016, 636) in diesem Zusammenhang weitergehende Bedeutung erlangen, da der Geschäftsleiter einerseits verpflichtet ist, nicht irgendwelchen, sondern fachlich qualifizierten Rat einzuholen (BGH, NJW 2007, 2118), andererseits die Überwachung der Einhaltung der Mindestanforderungen an Sanierungskonzepte auch vom Geschäftsleiter verlangt wer-
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Teil 1 – Krisenfrüherkennung und -management
den kann, um den ernsthaften Sanierungsversuch von der nur „qualifizierten Hoffnung“ abzugrenzen (vgl. BGH, ZIP 2009, 91). Die fehlerhafte Auswahl oder unzureichende Überwachung des in die Pflichterfüllung einbezogenen Beraters ist daher ebenso haftungsbegründend oder im Sinne des § 15b InsO ebenso wenig geeignet, den Entlastungsbeweis zu führen, wie die Verletzung der Überwachungspflicht selbst. 25 Die infolge der Pflicht zur Einrichtung eines entsprechenden Risikovorsorgeund Überwachungssystems zu unterstellende Kenntnis des Geschäftsleiters von allen für die Restrukturierung bedeutsamen Umständen hat darüber hinaus mittelbare Rückwirkung auf Anfechtungs- und Haftungstatbestände immer dort, wo es auf das Verschulden des Geschäftsleiters (z. B. §§ 45, 54, 64 StaRUG) oder die Kenntnis von z. B. der Zahlungsunfähigkeit oder einer Gläubigerbenachteiligung (§ 133 InsO) ankommt. 5. Verhältnis zu anderen Vorschriften 26 Der mit § 1 StaRUG angeordnete Pflichtenkanon ist deklaratorisch und dient damit allein einer rechträgerübergreifenden Klarstellung. Die Rechtsfolgen einer Verletzung der Pflichten aus § 1 StaRUG ergeben sich aus dem jeweiligen Gesellschaftsrecht selbst und sind im StaRUG nicht geregelt. 27 § 1 StaRUG normiert Beobachtungs- und Berichtspflichten auf der einen Seite und konkretisiert die im Innenverhältnis zur Gesellschaft bestehenden Handlungspflichten auf der anderen Seite. Die Norm ist daher dem Gesellschaftsrecht und dort der Organisationsverfassung von Gesellschaften in haftungsbeschränkender Rechtsform zuzuordnen. Es geht um Organisationspflichten der Geschäftsleiter, nicht um Handlungspflichten im Außenverhältnis und gegenüber Dritten. Gerade die Sanierungspflicht ist zunächst keine Pflicht, die gegenüber Dritten, also insbesondere gegenüber Gesellschaftsgläubigern besteht (vgl. Oberle, in: MHdGesR, Bd. 3 [2018], § 66 Rn. 33; OLG München, NJW 1966, 2366). Daran ändert auch § 1 Abs. 1 StaRUG nichts. Aus diesem Grund stellt § 1 StaRUG auch kein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB dar. Die Konkretisierung der Sanierungspflicht zu einer Pflicht mit gläubigerschützendem Charakter tritt erst mit Eintritt in die drohende Zahlungsunfähigkeit, retrospektiv betrachtet also mit Beginn des 24-Monats-Zeitraums (§ 18 InsO) ein. Mit dem Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit, deren Erkennbarkeit nach dem Pflichtenkanon des § 1 StaRUG zu unterstellen ist, tritt neben die gesellschaftsrechtliche Binnenhaftung wegen der Verletzung der Organisationsund Sanierungspflicht auch die Pflicht, die Sanierung (vorrangig) im Gläubigerinteresse zu betreiben. Zwar handelt es sich hierbei zunächst ebenfalls um eine Pflicht ohne konkrete Haftungsandrohung, jedoch um eine solche im Gläubigerinteresse. Ab diesem Zeitpunkt ist vor dem Hintergrund einer richtlinienkonformen Auslegung in Ansehung des Art. 19 lit. a) RL davon auszugehen, dass sich die Sanierungspflicht in eine drittschützende Pflicht wandelt, die von § 823 Abs. 2 BGB erfasst ist. Die Haftungsgefahr für Geschäftsleiter kumuliert daher mit Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit. 12
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen Kapitel 1 – Restrukturierungsplan Abschnitt 1 – Gestaltung von Rechtsverhältnissen §§ 2 – 4 Gestaltung von Rechtsverhältnissen §2 Gestaltbare Rechtsverhältnisse (1) Auf der Grundlage eines Restrukturierungsplans können gestaltet werden: 1. Forderungen, die gegen eine restrukturierungsfähige Person (Schuldner) begründet sind (Restrukturierungsforderungen), und 2. die an Gegenständen des schuldnerischen Vermögens bestehenden Rechte, die im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zur Absonderung berechtigen würden, es sei denn, es handelt sich bei ihnen um Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Absatz 17 des Kreditwesengesetzes oder um Sicherheiten, die dem Betreiber eines Systems nach § 1 Absatz 16 des Kreditwesengesetzes zur Absicherung seiner Ansprüche aus dem System oder der Zentralbank eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder der Europäischen Zentralbank gestellt wurden (Absonderungsanwartschaften). (2) 1Beruhen Restrukturierungsforderungen oder Absonderungsanwartschaften auf einem mehrseitigen Rechtsverhältnis zwischen dem Schuldner und mehreren Gläubigern, so sind auch Einzelbestimmungen in diesem Rechtsverhältnis durch den Restrukturierungsplan gestaltbar. 2Satz 1 gilt auch für die Bedingungen von Schuldtiteln im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 3 des Wertpapierhandelsgesetzes und von Verträgen, die zu gleichlautenden Bedingungen mit einer Vielzahl von Gläubigern geschlossen wurden. 3Beruhen Restrukturierungsforderungen oder Absonderungsanwartschaften auf unterschiedlichen Rechtsverhältnissen und haben die Inhaber der Forderungen oder Anwartschaften untereinander und mit dem Schuldner Vereinbarungen über die Durchsetzung der gegenüber diesem bestehenden Forderungen oder Anwartschaften und das relative Rangverhältnis der aus der Durchsetzung resultierenden Erlöse getroffen, so sind auch die Bedingungen dieser Vereinbarung durch den Plan gestaltbar. (3) Ist der Schuldner eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, können auch die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der an dem Schuldner beteiligten Personen durch den Restrukturierungsplan gestaltet, sonstige gesellschaftsrechtlich zulässige Regelungen getroffen sowie Anteils- und Mitgliedschaftsrechte übertragen werden. (4) 1Der Restrukturierungsplan kann auch die Rechte der Inhaber von Restrukturierungsforderungen gestalten, die diesen aus einer von einem verbundenen Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes als Bürge, Mitschuldner oder 13
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
aufgrund einer anderweitig übernommenen Haftung oder an Gegenständen des Vermögens dieses Unternehmens zustehen (gruppeninterne Drittsicherheit); der Eingriff ist durch eine angemessene Entschädigung zu kompensieren. 2Satz 1 Halbsatz 2 gilt entsprechend für eine Beschränkung der persönlichen Haftung eines persönlich haftenden Gesellschafters eines als Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit verfassten Schuldners. (5) 1Maßgeblich für die Absätze 1 bis 4 sind die Rechtsverhältnisse zum Zeitpunkt der Unterbreitung des Planangebots (§ 17), im Fall einer Abstimmung im gerichtlichen Planabstimmungsverfahren zum Zeitpunkt der Antragstellung (§ 45). 2 Erwirkt der Schuldner vorher eine Stabilisierungsanordnung (§ 49), tritt an die Stelle des Planangebots oder des Antrags der Zeitpunkt der Erstanordnung. §3 Bedingte und nicht fällige Restrukturierungsforderungen; Forderungen aus gegenseitigen Verträgen (1) Restrukturierungsforderungen sind auch dann gestaltbar, wenn sie bedingt oder noch nicht fällig sind. (2) Restrukturierungsforderungen aus gegenseitigen Verträgen sind nur insoweit gestaltbar, als die dem anderen Teil obliegende Leistung bereits erbracht ist. §4 Ausgenommene Rechtsverhältnisse 1
Einer Gestaltung durch einen Restrukturierungsplan sind unzugänglich:
1. Forderungen von Arbeitnehmern aus oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, einschließlich der Rechte aus Zusagen auf betriebliche Altersversorgung, 2. Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen und 3. Forderungen nach § 39 Absatz 1 Nummer 3 der Insolvenzordnung. 2
Handelt es sich bei dem Schuldner um eine natürliche Person, gilt dies auch für Forderungen und Absonderungsanwartschaften, die mit dessen unternehmerischer Tätigkeit in keinem Zusammenhang stehen. Übersicht
1. 2.
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Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Unterwerfung unter die zwangsweise Gestaltung ............................ 4 a) Grundsätzliche Gestaltungsfreiheit des Restrukturierungsplans ........................... 4
3.
b) Zwangsweiser Eingriff nur in „gestaltbare Rechtsverhältnisse“ ...................................... 10 Maßgeblicher Betrachtungszeitpunkt ............................................. 45
§§ 2–4 Gestaltung von Rechtsverhältnissen
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes Die §§ 2 – 4 StaRUG regeln, welche Verbindlichkeiten und Rechte einer passiv- 1 seitigen Restrukturierung durch einen Restrukturierungsplan zugänglich sind. Sie beschreiben damit den möglichen Umfang des zwangsweisen Eingriffs in Gläubiger- und Gesellschafterrechte, der einer Mehrheitsentscheidung zugänglich ist. Die §§ 2 – 4 StaRUG definieren daher die Grenzen des Eingriffsrechts durch den Restrukturierungsplan und sind materiell-rechtliche Grundlage und Schrankenbestimmung des eingriffsgebundenen Teils des Restrukturierungskonzepts und bestimmen damit den zulässigen Inhalt der Eingriffsreichweite des gestaltenden Teils des Restrukturierungsplans (vgl. § 7 Abs. 1 StaRUG); die zulässige Regelungsintensität ergibt sich demgegenüber aus § 7 StaRUG (vgl. dort Rn. 4 ff.). Hiervon zu unterscheiden ist der Katalog der im Restrukturierungskonzept 2 im Übrigen vorgesehenen Maßnahmen, die vor allem betriebswirtschaftlicher, aber auch rechtlicher Natur (z. B. Veräußerung von Unternehmensteilen oder sonstigen Betriebsgrundlagen, arbeitsrechtliche Maßnahmen etc.) sein können. Wenn auch die Darstellung dieser Maßnahmen Pflichtinhalt des Restrukturierungsplans ist und sie in diesem gesondert hervorzuheben sind, so sind sie dennoch nur insoweit von dessen Gestaltungswirkung umfasst, wie es um die die Aufnahme sachenrechtlicher Verfügungsgeschäfte (§ 13 StaRUG) geht. Im Übrigen können Sie über die obligatorische Erläuterung im darstellenden Teil (§ 6 Abs. 1) und den Anlagen (§ 14 Abs. 1) lediglich über Bedingungen (§ 62 StaRUG) mit den Gestaltungswirkungen des Plans verbunden werden. Der Umfang der im gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans zulässigen 3 passivseitigen Restrukturierung orientiert sich weitgehend am Vorbild des Insolvenzplans und erfasst im Grundsatz und mit den Ausnahmen des § 4 StaRUG sowie des – in § 4 StaRUG nicht noch einmal gesondert genannten – § 43 Abs. 2 StaRUG alle bereits begründeten Forderungen, die im Insolvenzverfahren als Insolvenzforderungen zu qualifizieren wären, auf solche Forderungen bezogene Sicherheiten im Rang insolvenzrechtlicher Absonderungsrechte, Beteiligungsrechte am Schuldner und – insoweit parallel zur Neuregelung auch in der InsO (§ 217 Abs. 2 InsO) – konzerninterne Drittsicherheiten. Außerdem sind, und dies ist bemerkenswert, die zwischen Gläubigern untereinander getroffenen Vereinbarungen (Konsortialkreditvereinbarungen, Anleihebedingungen etc.), die das Verhältnis der Gläubiger untereinander, nämlich z. B. Verwertungsrang- und -reihenfolgen, Covenants, Kündigungsrechte, Mehrheitserfordernisse o. Ä. regeln, einer Plangestaltung zugänglich. Eine entsprechende Anordnung für den Insolvenzplan ist in der InsO nicht vorgesehen.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
2. Unterwerfung unter die zwangsweise Gestaltung a) Grundsätzliche Gestaltungsfreiheit des Restrukturierungsplans 4 Der Inhalt des Restrukturierungsplans unterliegt grundsätzlich der Gestaltungs- und Dispositionsfreiheit des restrukturierungsbedürftigen Schuldners. In den Restrukturierungsplan kann daher im Grundsatz jede Regelung aufgenommen werden, die zur Erreichung des Restrukturierungsziels erforderlich, geboten, nützlich oder auch nur wünschenswert erscheint. Unmittelbare Einflussnahmerechte der Planbetroffenen auf den Planinhalt bestehen nicht; diese haben lediglich die Möglichkeit, Änderungsvorschläge zu unterbreiten (§ 20 Abs. 3 Satz 3 StaRUG, vgl. § 20 StaRUG Rn. 32), die jedoch für den allein planvorlageberechtigten Schuldner nicht verbindlich sind (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 122). Wie sich aus § 31 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG ergibt, erstreckt sich die Dispositionsfreiheit des Schuldners auch auf die Bestimmung des mit der präventiven Restrukturierung zu erreichenden Restrukturierungsziels, wobei sich jedoch aus § 14 Abs. 1 StaRUG ergibt, dass Mindestziel und damit Zulässigkeitsvoraussetzung für einen Restrukturierungsplan die Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit und die Sicher- oder Wiederherstellung der (nachhaltigen) Bestandsfähigkeit des Schuldners ist (siehe dazu §§ 14, 15 StaRUG Rn. 4 ff.). 5 Die Bestimmung des Katalogs der durch den Restrukturierungsplan umzusetzenden oder zu flankierenden Restrukturierungsmaßnahmen erfolgt gemäß § 6 Abs. 1 StaRUG obligatorisch im darstellenden Teil des Restrukturierungsplans (vgl. § 6 StaRUG Rn. 7). Ihre Umsetzung kann über § 62 StaRUG bedingungsmäßig an die Bestätigung des Restrukturierungsplans gekoppelt werden. Gestaltungsgrenzen für solche operativen Sanierungsmaßnahmen enthält das Recht der präventiven Restrukturierung nicht. Im Gegenteil: In §§ 89, 90 StaRUG sind besondere Privilegierungen für Maßnahmen im Zusammenhang mit der Umsetzung des Restrukturierungsplans enthalten. § 12 StaRUG enthält darüber hinaus die Klarstellung, dass der Restrukturierungsplan zwar auch Bestimmungen über die Aufnahme und Besicherung neuer Finanzierungen enthalten kann, begründet insoweit allerdings eine materiell-rechtliche Beschränkung der Gestaltungsfreiheit (vgl. § 12 StaRUG Rn. 13 ff.). 6 Macht der Restrukturierungsplan – entgegen im Gesetzgebungsverfahren erhobener Bedenken (vgl. Hölzle, ZIP 2020, 585) – von der Möglichkeit Gebrauch, auch die Übertragung des gesamten schuldnerischen Vermögens oder wesentlicher Teile davon vorzusehen, gilt der Anfechtungsschutz – insoweit offenkundig den vorgetragenen Bedenken Rechnung tragend – indes nur, soweit sichergestellt ist, dass die Gläubiger, die nicht planbetroffen sind, sich gegenüber den Planbetroffenen vorrangig aus der dem Wert des Gegenstandes der Übertragung angemessenen Gegenleistung befriedigen können (§ 90 Abs. 2 StaRUG, vgl. dort Rn. 29 ff.). 7 Soweit die Umsetzung der Restrukturierungsmaßnahmen allerdings einen Eingriff in Gläubigerrechte erfordert, ist die Erläuterung dieser Maßnahmen 16
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im darstellenden Teil freilich nicht ausreichend, sondern ist diese Gestaltungswirkung mit der nötigen Bestimmtheit im gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans zu regeln (§ 7 StaRUG). Den gegenständlich zulässigen Rahmen hierfür geben die §§ 2 – 4 StaRUG vor, die zulässige Regelungstiefe ergibt sich aus § 7 StaRUG (vgl. dort Rn. 4 ff.). Die §§ 2 – 4 StaRUG bestimmen damit die Schranken der möglichen Eingriffe 8 in Gläubiger- und Beteiligtenrechte, die durch Mehrheitsentscheidung nötigenfalls auch zwangsweise durchgesetzt werden können. Im Kern geht es dabei um den gesetzlich zulässigen Rahmen der passivseitigen Restrukturierung, d. h. die Bestimmung des Gestaltungsspielraums auf der Passivseite durch den Restrukturierungsplan. Der Gesetzgeber hat dabei Forderungen aus Wissenschaft und Praxis (vgl. nochmals z. B. Hölzle, ZIP 2020, 585), den Anwendungsbereich des präventiven Restrukturierungsrahmens auf Finanzverbindlichkeiten zu beschränken, aus Sorge vor einer nicht richtlinienkonformen Umsetzung unberücksichtigt gelassen und unbeschadet der in § 4 StaRUG geregelten Ausnahmen die Restrukturierungsfähigkeit im Grundsatz sämtlicher gegen den Schuldner begründeten Forderungen eröffnet. Die §§ 2 – 4 StaRUG entsprechen damit systematisch dem Regelungsgehalt des 9 § 217 Abs. 1 InsO, sehen aber einige Abweichungen gegenüber der insolvenzrechtlichen Regelung vor, die zum Teil aus den Vorgaben der Richtlinie, zum Teil aus originären Erwägungen des Gesetzgebers zur präventiven Restrukturierung resultieren. b) Zwangsweiser Eingriff nur in „gestaltbare Rechtsverhältnisse“ Mit dem Begriff der „gestaltbaren Rechtsverhältnisse“ bezeichnet der Gesetz- 10 geber diejenigen Rechtspositionen von Gläubigern, in welche durch eine Regelung im gestaltenden Teil des Restrukturierungsplan eingegriffen und hinsichtlich derer die Gestaltungswirkung auch mit Mehrheitsentscheidung durchgesetzt werden kann. Soweit der Restrukturierungsplan die Änderung von sachenrechtlichen Verhältnissen, also sachenrechtliche Verfügungen vorsieht, sind solche gemäß § 13 StaRUG zwar auch in den gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans aufzunehmen; hierbei handelt es sich jedoch lediglich um das sachenrechtliche Verfügungsgeschäft, für welches die präventive Restrukturierung keine Sonderregelungen bereithält, sondern die nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen wirksam sein müssen (BT-Drucks. 19/24181, S. 110). Ein Eingriff in das zugrunde liegende schuldrechtliche Kausalgeschäft ist nur möglich, soweit es sich nach Maßgabe der §§ 2 – 4 StaRUG um ein gestaltbares Rechtsverhältnis handelt. Eine sachenrechtlich wirksame Verfügung kann im Plan zwar grundsätzlich vorgesehen werden, jedoch bedarf sie, damit die Planbestätigung nicht wegen Verstoßes gegen den zulässigen Inhalt nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG zwingend zu versagen ist, eines gestaltbaren Kausalgeschäfts, soweit mit der Verfügung ein Eingriff in Gläubigerrechte (z. B. bestellte Sicherheiten) verbunden ist.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
11 Der präventiven Restrukturierung und damit einem möglichen zwangsweisen Eingriff unterliegen sechs Gruppen von gestaltbaren Rechtsverhältnissen: (1) Restrukturierungsforderungen: Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG erstreckt sich die Plandisponibilität auf sämtliche gegen den Schuldner gerichteten, bereits begründeten Forderungen. Soweit es sich bei dem Schuldner um eine natürliche Person handelt, müssen die Forderungen aus seiner unternehmerischen Tätigkeit resultieren (§ 4 Satz 2 StaRUG). Bei den Restrukturierungen muss es sich hingegen nicht zwingend um auf Geldleistung gerichtete Forderungen handeln. Obwohl im StaRUG eine dem § 45 InsO entsprechende Vorschrift fehlt, bringt die Gesetzesbegründung klar zum Ausdruck, dass § 2 StaRUG sich an dem insolvenzplanrechtlichen Vorbild orientiert und deshalb alle Forderungen, Rechte und Rechtsverhältnisse erfasst, die in einem Insolvenzplanverfahren der zwangsweisen Gestaltung durch einen Insolvenzplan unterworfen sind (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 111). § 2 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG ist daher entsprechend § 45 InsO dahingehend auszulegen, dass auch nicht auf Geldleistung gerichtete Forderungen oder Forderungen, deren Geldbetrag unbestimmt ist, mit dem auf den nach § 2 Abs. 5 StaRUG (vgl. Rn. 45) maßgeblichen Zeitpunkt zu schätzenden Wert der Gestaltbarkeit unterliegen. 12 Die Feststellung der Begründetheit der Forderung als Voraussetzung ihrer Gestaltbarkeit erfolgt analog § 38 InsO nach dem Zeitpunkt des Abschlusses des anspruchsbegründenden Tatbestandes im maßgeblichen Zeitpunkt, mag sich eine Forderung des Gläubigers daraus auch erst später ergeben („zivilrechtliches Begründetsein“, vgl. zuletzt BGH, ZIP 2019, 722). Der Gestaltbarkeit steht – ebenfalls nach insolvenzrechtlichem Vorbild der §§ 41, 42 InsO – gemäß § 3 Abs. 1 StaRUG nicht entgegen, dass die Restrukturierungsforderungen noch bedingt oder noch nicht fällig sind. Da es sich bei der präventiven Restrukturierung um ein teilkollektives Verfahren handelt, kann das StaRUG keine allgemeine Fälligkeitsfiktion nach unmittelbarer Maßgabe des § 41 InsO vorsehen, da dies den unmittelbaren Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zwingend zur Folge hätte. Aus diesem Grunde bedurfte es der Klarstellung, dass auch nicht fällige Forderungen der Gestaltbarkeit unterliegen. 13 Eingriffe in Restrukturierungsforderungen sind allerdings nur insoweit möglich, wie der Gläubiger sich des Schutzes des vertraglichen Synallagmas selbst dadurch begeben hat, dass er in Vorleistung getreten ist. Der solcherart vollzogene freiwillige Verzicht des Gläubigers auf allgemeine zivilrechtliche Schutzinstrumente unterstreicht die Rechtfertigung des zwangsweisen Eingriffs in dessen Rechte durch den Restrukturierungsplan. Andersherum ist der Restrukturierungsplan damit gerade kein Instrument für Eingriffe in das vertragliche Synallagma (BT-Drucks. 19/24181, S. 114); soweit es sich bei der Restrukturierungsforderung um eine Forderung aus einem gegenseitigen Vertrag handelt und der Gläubiger noch nicht geleistet hat, ist auch ein Eingriff in die zwar bereits begründete Forderung für die jedoch die Gegenleistung noch
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aussteht, nach § 3 Abs. 2 StaRUG nicht möglich. Mit anderen Worten kann der Gläubiger durch den Restrukturierungsplan nicht zur Erbringung der seinerseits geschuldeten Leistung bei gleichzeitigem Eingriff in die von ihm zu beanspruchende Gegenleistung verpflichtet werden. Dies gilt auch, soweit der zwischen den Parteien bestehende gegenseitige Vertrag eine Vorleistungspflicht des Gläubigers vorsieht; § 3 Abs. 2 StaRUG geht einer solchen vertraglichen Regelung aus systematischen Gründen vor, weil es für die Gestaltbarkeit auf den nach § 2 Abs. 5 StaRUG maßgeblichen Zeitpunkt ankommt. Die Vorleistungspflicht gilt demnach gerade nicht, wenn und soweit der Gläubiger befürchten muss, hinsichtlich seiner Gegenforderung Eingriffe hinnehmen zu müssen. § 3 Abs. 2 StaRUG schließt damit zugleich die (zwangsweise) Änderung vertraglicher Bedingungen für die Zukunft durch den Restrukturierungsplan aus. Die europäische Richtlinie enthält in Art. 1 Abs. 5 Buchstabe a) ein Wahlrecht 14 für den nationalen Gesetzgeber, Forderungen von Arbeitnehmern aus oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, einschließlich der Forderungen aus Zusagen auf betriebliche Altersversorgung von dem Anwendungsbereich der präventiven Restrukturierung auszunehmen. Mit § 4 Nr. 1 StaRUG macht der StaRUG-Gesetzgeber von diesem Recht Gebrauch. Zwar kann der Restrukturierungsplan unter notwendiger Erläuterung der Maßnahmen in seinem darstellenden Teil auch personalwirtschaftliche Restrukturierungsmaßnahmen vorsehen. Diese müssen dann allerdings unter Beachtung der allgemeinen kollektiv- und individualarbeitsrechtlichen Regelungen vorgenommen werden. Erleichterungen, wie sie die Insolvenzordnung vorsieht, sind in der präventiven Restrukturierung nicht eröffnet. Der Gesetzgeber lässt sich dabei von dem Motiv leiten, dass ein Schuldner, der schon nicht mehr in der Lage ist, die Forderungen der für die Fortführung des Unternehmens regelmäßig wesentlichen Arbeitnehmer zu bedienen, keinen Zugang mehr zu den Verfahrenshilfen des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens haben soll, sondern sich für diesen allein das Insolvenzverfahren zur Reorganisation anbietet (BT-Drucks. 19/24181, S. 114). Ferner sind von der Gestaltbarkeit nach § 4 Satz 1 Nr. 2 StaRUG Forderungen 15 aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen und nach § 4 Satz 1 Nr. 3 StaRUG Forderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO (Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten) ausgenommen. Dass hinter dieser Ausnahme stehende Motiv deckt sich mit dem in § 302 Nr. 1 InsO zum Ausdruck kommenden Gedanken und soll verhindern, dass die mit der deliktischen Haftung einhergehenden Handlungsanreize durch die Aussicht auf Gestaltbarkeit der Forderung unterlaufen werden. Diese Gestaltungsschranke kann ggf. im Rahmen von Restrukturierungen in Konzernverhältnissen eine Rolle spielen, soweit über § 31 BGB analog der Konzernmutter zuzurechnende unternehmensleitende Maßnahmen etwaig den Tatbestand eines existenzgefährdenden Eingriffs (§ 826 BGB) begründen.
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Solche Ansprüche wären einer Restrukturierung durch den Restrukturierungsplan nicht, eine Regelung im Rahmen eines Insolvenzplans aber sehr wohl zugänglich. 16 Wie § 4 Satz 1 Nr. 2 StaRUG deutlich macht, ist der Gestaltbarkeit nur die Forderung aus der unerlaubten Handlung unmittelbar entzogen, d. h. der Schadensersatzanspruch selbst. Daraus folgt, dass Steuerforderungen, hinsichtlich derer der Tatbestand einer Steuerhinterziehung verwirklicht ist, der Restrukturierung sehr wohl zugänglich bleiben, weil die Entstehung der Steuer freilich nicht auf die unerlaubte Handlung zurückgeht (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 115). (2) Absonderungsanwartschaften 17 Soweit der Schuldner dem Gläubiger einer Restrukturierungsforderung Sicherheiten an seinem Vermögen bestellt hat, die im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens den Gläubiger zur abgesonderten Befriedigung (§§ 49 ff. InsO) berechtigen würden, sind solche Absonderungsanwartschaften nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG ebenfalls der Gestaltbarkeit unterworfen, soweit es sich nicht um Sicherheiten nach den dort in Bezug genommenen Vorschriften des Kreditwesengesetzes (KWG) handelt. Für die Bestimmung, welche Rechte hiervon erfasst sind, kann daher auf die insolvenzrechtliche Qualifizierung als Absonderungsrecht zurückgegriffen werden (vgl. z. B. Hölzle, in: Vallender/ Undritz, Praxis des Insolvenzrechts, Kap. 5 Rn. 220, 250 [mit „ABC der Ausund Absonderungsrechte“]). 18 Die Beschränkung der Gestaltbarkeit von Absonderungsanwartschaften auf solche, die für Restrukturierungsforderungen bestellt sind, ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Wortlaut, wohl aber aus der Systematik des Gesetzes. Soweit nämlich die der Sicherheit zugrunde liegende Forderung einer Gestaltung durch den Restrukturierungsplan nicht zugänglich ist, wäre es widersinnig, die für sie bestellte Sicherheit selbst dennoch der Gestaltbarkeit zu unterwerfen. A maiore ad minus folgt aus dem Verbot des Eingriffs in die Forderung selbst auch das Verbot des Eingriffs in die Sicherheit. 19 Keine Absonderungsanwartschaften im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG sind persönliche (Bürgschaft, Schuldbeitritt, Garantie) und dingliche Sicherheiten, die dem Gläubiger von Dritten gewährt wurden, soweit es sich nicht um konzerninterne Sicherheiten nach § 2 Abs. 4 StaRUG (vgl. Rn. 31) handelt. Analog § 254 Abs. 2 InsO sind solche von dritter Seite gestellten Sicherheiten gemäß § 67 Abs. 3 StaRUG (vgl. dort Rn. 12) von den Wirkungen des (bestätigten) Restrukturierungsplanes nicht erfasst. Ungeachtet der konkreten Ausgestaltung des Eingriffs in die Restrukturierungsforderung zum Beispiel durch Regelung eines Erlasses (§ 397 BGB) im Restrukturierungsplan führt auch ein solcher Erlass in Ansehung bestellter Drittsicherheiten – im Insolvenz(-plan-)verfahren auch – nicht zum Untergang der Restrukturierungsforderung, sondern zur Entstehung einer zwar noch erfüll-, aber nicht mehr klagbaren unvollkommenen Verbindlichkeit. 20
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Ebenfalls nicht zu den Absonderungsanwartschaften gehören, dies folgt un- 20 weigerlich aus einem Umkehrschluss aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut, Rechte von Gläubigern die im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens Aussonderungsrechte begründen würden (BT-Drucks. 19/24181, S. 111). Dies dürfte insbesondere für Lieferungen unter Eigentumsvorbehalt relevant sein: die dinglichen Rechte der Eigentumsvorbehaltslieferanten sind im Umkehrschluss aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG nicht gestaltbar, die zugrunde liegenden Forderungen, d. h. Ansprüche aus dem Kausalgeschäft, sind nach § 3 Abs. 2 StaRUG der Gestaltung in einem Restrukturierungsplan entzogen, weil der Gläubiger sich insoweit nicht des aus dem Synallagma ergebenden, allgemeinen zivilrechtlichen Schutzes begeben hat, der auch durch die präventive Restrukturierung nicht durchbrochen wird (vgl. Rn. 13). In Ansehung der Forderung aus dem Kausalgeschäft gilt dies freilich nur, soweit diese noch durch den Wert der unter Eigentumsvorbehalt stehenden, noch vorhandenen Gegenstände gedeckt ist. Für den Schuldner folgt daraus die Pflicht, (spätestens) auf den nach § 2 Abs. 5 StaRUG maßgeblichen Zeitpunkt den Umfang der einer Restrukturierung nicht zugänglichen Lieferantenforderungen durch Erfassung des noch vorhandenen Vorbehaltsguts (Inventur) zu dokumentieren. Die fehlende Gestaltbarkeit von „Aussonderungsanwartschaften“ und durch 21 sie gesicherten Forderungen durch den Restrukturierungsplan steht nicht im Widerspruch zu der Möglichkeit, auch in Bezug auf solche „Aussonderungsanwartschaften“ die Möglichkeit der Erwirkung einer Stabilisierungsanordnung gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG in Gestalt einer Verwertungssperre zu eröffnen. Denn durch die Anordnung einer Verwertungssperre wird das Vermögensrecht des Gläubigers einer „Aussonderungsanwartschaft“ grundsätzlich nicht beeinträchtigt (vgl. § 49 StaRUG Rn. 24 ff.). (3) Schuldvertragliche (Neben-)Bestimmungen/Anleihen Mit § 2 Abs. 2 StaRUG geht der StaRUG-Gesetzgeber über das im Insolvenz- 22 planverfahren eröffnete Gestaltungspotenzial deutlich hinaus und eröffnet auch den zwangsweisen Eingriff in Vertrags- und insbesondere Kreditbedingungen, welche die Modalitäten der Durchsetzbarkeit und Durchsetzung im Verhältnis zum Schuldner (Satz 1) oder allein im Verhältnis mehrerer Gläubiger untereinander (Satz 2) regeln. Letzteres ist deshalb bemerkenswert, weil mit dem Restrukturierungsplan auf diese Weise in Vertragsverhältnisse eingegriffen werden kann, an welchen der Schuldner überhaupt nicht beteiligt ist. Entscheidend ist allein, dass zwischen den Gläubigern eine Vereinbarung besteht, mit welcher diese die Wahrnehmung der gegenüber dem Schuldner bestehenden Rechte koordinieren oder ihre Berechtigungen an den aus der Wahrnehmung dieser Rechte resultierenden Erlösen im Verhältnis zueinander abgrenzen, insbesondere durch die Vereinbarung relativer Vor- oder Nachränge (BT-Drucks. 19/24181, S. 112). Dies ist vor dem Hintergrund des zivilrechtlichen Dogmas der Relativität der Schuldverhältnisse jedenfalls schwer erklärbar und bedürfte zumindest einer besonderen dogmatischen Herleitung. Der Gesetzgeber begnügt sich demgegenüber mit der Feststellung, dass die 21
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Legitimation des Eingriffs aus der Besserstellung aller Planbeteiligten einschließlich derjenigen, die gegen die Planlösung opponieren, folge, weil eine solche Planlösung insbesondere geeignet sei, eine Insolvenz mit deren Folgekosten zu verhindern (BT-Drucks. 19/24181, S. 112 f.). Allein die Feststellung aber, dass der Gläubiger im Verhältnis zum Schuldner durch den Restrukturierungsplan nicht schlechtergestellt wird als in der nächst naheliegenden Alternative, welches regelmäßig die Insolvenz ist (vgl. § 6 StaRUG Rn. 16), vermag den Eingriff in Rechtsverhältnisse Dritter kaum zu rechtfertigen. Ungeachtet dieser dogmatischen Bedenken eröffnet § 2 Abs. 2 Satz 2 StaRUG ein erhebliches Gestaltungspotenzial gerade mit Blick auf die Überwindung von Mehrheitserfordernissen in größeren Konsortien, wie sie in Intercreditorund Konsortialvereinbarungen häufig zu finden sind, und die sich nicht selten als Sanierungshemmnis im Rahmen einer nicht förmlichen Sanierung erweisen. 23 Die Überwindung von Mehrheitserfordernissen durch einen Restrukturierungsplan wird auch bei der Restrukturierung von Anleihen nach dem Schuldverschreibungsgesetz (SchVG) eine beachtliche Rolle spielen können und hat das Potenzial, Anleiherestrukturierungen nach dem SchVG vollständig zu verdrängen. Dies umso mehr, als Eingriffe in die Anleiheforderungen durch den Restrukturierungsplan auch unterhalb der Voraussetzungen für eine kollektive Änderung der Anleihebedingungen nach dem SchVG möglich sind (BT-Drucks. 19/24181, S. 112). 24 Das StaRUG enthält für die Restrukturierung von Anleihen darüber hinaus keine weiteren Vorschriften. Es ist daher grundsätzlich nicht möglich, in einer präventiven Restrukturierung entsprechend §§ 5 Abs. 1 Satz 1, Fall 2, 7 SchVG einen gemeinsamen Vertreter für alle Anleihegläubiger zu bestellen. Zwar ist mit Art. 18 des SanInsFoG dem § 19 SchVG ein neuer Abs. 6 angefügt worden, wonach § 19 Abs. 1 bis 5 SchVG im Falle der Einbeziehung von Forderungen aus Schuldverschreibungen in einen Restrukturierungsplan entsprechend gelten, allerdings wäre insbesondere die Pflicht zur unverzüglichen Einberufung einer Anleihegläubigerversammlung durch das Restrukturierungsgericht entsprechend § 19 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 6 SchVG mit dem Wesen des StaRUG als zur Disposition des Schuldners stehendem, modularen Verfahren kaum vereinbar (vgl. Becker/Pospiech, in: Bieg/Borchard/Frind, Unternehmenssanierung und Betriebsfortführung, Teil 2 A) IV.). Die Wahl eines gemeinsamen Vertreters im Rahmen einer Anleihegläubigerversammlung findet daher ungeachtet der Möglichkeit des § 9 Abs. 1 Satz 2 SchVG ipso iure nicht statt. 25 Ein bereits in den Anleihebedingungen oder durch einen Beschluss der Anleihegläubiger bestellter gemeinsamer Vertreter erstarkt nach den Regelungen des § 19 Abs. 3 i. V. m. 19 Abs. 6 SchVG mit Einbeziehung von Forderungen aus Schuldverschreibungen in ein Instrument des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens indes zum sogenannten „starken“ gemeinsamen Vertreter und ist allein berechtigt und verpflichtet, die Rechte der Planbetroffenen geltend zu machen.
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§§ 2–4 Gestaltung von Rechtsverhältnissen
Über die Restrukturierung von Anleihen hinaus sind der Gestaltbarkeit nach 26 § 2 Abs. 2 StaRUG sämtliche Nebenbedingungen von Restrukturierungsforderungen zugrunde liegenden mehrseitigen Verträgen zugänglich. Dies betrifft maßgeblich mehrseitige Finanzierungsverträge (Konsortialverträge, Anleihen etc.) und dort insbesondere die Regelung von Covenants, Kündigungsrechten, Fälligkeiten, wie aber auch z. B. von Verpflichtungen, die Bestellung von Sicherheiten für zusätzlich aufgenommene Finanzierungsmittel zu unterlassen (so ausdrücklich BT-Drucks. 19/24181, S. 111). Gleichermaßen dürfte hiervon auch die in den Nebenbestimmungen regelmäßig enthaltene Verpflichtung erfasst sein, für den Fall der Eröffnung weiterer Bankkonten bei anderen Kreditinstituten die Guthaben auf diesen Konten zu verpfänden. Durch solche Klauseln soll sichergestellt werden, dass der Schuldner den Zahlungsverkehr nicht über Konten außerhalb des Besicherungskreises abwickelt und Guthaben außerhalb der Sicherungsberechtigung der maßgeblichen Finanzierer bildet. Die Gestaltbarkeit solcher Nebenbedingungen eröffnet dem Schuldner nun aber die Möglichkeit, freies, d. h. von künftigen Absonderungsrechten nicht erfasstes Vermögen zu bilden. Da es sich hierbei um eine – vom Gesetzgeber gewollte (BT-Drucks. 19/24181, S. 111) – Einflussnahme auf die Finanzierungsbedingungen mit Wirkung für die Zukunft handelt, lässt sie sich in der auf die aktuelle Vermögenslage bezogenen Vergleichsberechnung nach § 6 Abs. 2 StaRUG nicht abbilden und ist deshalb grundsätzlich nicht geeignet, eine Schlechterstellung der betreffenden Gläubiger im Sinne der §§ 26 Abs. 1 Nr. 1, 64 StaRUG zu begründen, die geeignet wäre, eine Ablehnung der Plannahme oder die Versagung der Planbestätigung zu erreichen. § 2 Abs. 2 StaRUG begründet damit für Nebenbestimmungen in mehrseitigen 27 Finanzierungsverträgen eine Ausnahme des aus § 3 Abs. 2 StaRUG abzuleitenden Grundsatzes, dass in die Bedingungen der den Restrukturierungsforderungen zugrunde liegenden Verträge mit Wirkung für die Zukunft nicht eingegriffen werden kann. (4) Beteiligungsrechte an dem Schuldner § 2 Abs. 3 StaRUG ist Rechtsgrundlage dafür, dass auch durch den Restruk- 28 turierungsplan, wie durch einen Insolvenzplan (§ 225a InsO), in die Rechte der Anteilsinhaber und der am Schuldner beteiligten Personen eingegriffen werden kann. § 2 Abs. 3 StaRUG und §§ 217 Abs. 1 Satz 2, 225a InsO sind insoweit komplementär. Das heißt, wie durch einen Insolvenzplan auch, können durch einen Restrukturierungsplan sämtliche gesellschaftsrechtlich zulässigen Möglichkeiten (numerus clausus der Gesellschaftsrechte) geregelt werden. Eine Beschränkung des restrukturierungsrechtlichen Könnens auf das gesellschaftsrechtliche Dürfen findet, wie im Recht des Insolvenzplans, nicht statt (vgl. dazu ausführlich §§ 217, 225a InsO Rn. 28 ff., 41 ff.). Das systemische Verhältnis zwischen § 2 StaRUG und § 7 StaRUG wird auch 29 bei Betrachtung des § 2 Abs. 3 und § 7 Abs. 4 noch einmal deutlich: Während § 2 Abs. 3 StaRUG die Reichweite des möglichen Regelungsgegenstandes,
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
nämlich generell die Eingriffsmöglichkeit in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte regelt, sind in § 7 Abs. 4 StaRUG die Regelungstiefe und die konkrete Ausgestaltung des verfügenden Eingriffs ausgeformt (vgl. § 7 StaRUG Rn. 4 ff.). 30 Bei der Ausformung der §§ 2 Abs. 3, 7 Abs. 4 StaRUG hat der Gesetzgeber von einem in der Richtlinie eröffneten Umsetzungsspielraum Gebrauch gemacht (vgl. Tresselt, in: Morgen, Präventive Restrukturierung, Art. 12 Rn. 7 ff.). Der Kritik insbesondere von Vertretern der gesellschaftsrechtlichen Lehre, dass ein Eingriff in Gesellschaftsrechte durch einen Restrukturierungsplan nicht zu rechtfertigen sei, weil die Wertlosigkeit der Anteile mangels eingetretener Insolvenzreife noch nicht unterstellt werden könne (vgl. z. B. Schäfer, ZIP 2020, 2164), ist der Gesetzgeber nicht gefolgt. Vielmehr stellt der Gesetzgeber darauf ab, dass, falls im konkreten Fall der Beteiligung ein wirtschaftlicher Wert beizumessen sei, dieser nach § 64 Abs. 1 StaRUG im Rahmen des Nachweises eines individuellen Nachteils auch geltend gemacht werden könne und dem Plan dann als Bestätigungshindernis entgegenstehe (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 113). Dass diese Möglichkeit – ähnlich wie im Insolvenzplanverfahren (vgl. §§ 217, 225a InsO Rn. 14 ff.) – regelmäßig nicht substantiiert vorgetragen, dargelegt und nötigenfalls wird glaubhaft gemacht werden können, hindert die Legitimation der Eingriffsmöglichkeit nicht. In der Tat wäre es schwer nachvollziehbar, die Möglichkeit eines Eingriffs in Gläubigerrechte mit der Verpflichtung zur Ausrichtung des Handelns der Geschäftsleiter am Gläubigerinteresse zu legitimieren (vgl. Vor § 1 StaRUG Rn. 6) und damit zu begründen, dass die Gläubiger die Residualberechtigten am Vermögen der Schuldnerin seien, gleichzeitig aber einen Eingriff in die Gesellschafterrechte nicht zuzulassen und damit faktisch diesen den Residualwert zuzuweisen. Richtig ist, dass mit dem Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit das Gesellschaftersinteresse hinter dem Gläubigerinteresse zurücktreten muss (so bereits Hölzle, ZIP 2013, 1846); gebietet das Gläubigerinteresse den Eingriff auch in Gesellschafterrechte, so hat der Restrukturierungsplan einen solchen vorzusehen. (5) Gruppeninterne Drittsicherheiten 31 Ein Novum, das in der Restrukturierungspraxis für deutliche Erleichterung sorgen wird, ist die Möglichkeit eines koordinierten Zugriffs auch auf konzerninterne Drittsicherheiten gemäß § 2 Abs. 4 StaRUG, soweit es sich um Upstream-Sicherheiten handelt. 32 § 2 Abs. 4 StaRUG enthält eine Klammerdefinition, wonach gruppeninterne Drittsicherheiten solche Rechte von Gläubigern einer Restrukturierungsforderung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG sind, die sich aus einer von einem Tochterunternehmen im Sinne des § 290 HGB übernommenen persönlichen Haftung als Bürge, Mitschuldner oder einer aus sonstigem Rechtsgrund übernommenen Haftung oder aus Sicherheiten an Gegenständen des Vermögens dieses Unternehmens ergeben. 33 Erfasst sind daher nur Tochterunternehmen, die unmittelbar oder mittelbar unter beherrschendem Einfluss der zu strukturierenden Muttergesellschaft 24
§§ 2–4 Gestaltung von Rechtsverhältnissen
stehen, gleichgültig auf welcher Beteiligungsstufe; ob der beherrschende Einfluss auch ausgeübt wird, ist unerheblich (Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 290 Rn. 7). Die entsprechende Anwendung der Vorschrift auf andere konzernangehörige Unternehmen, die in der Konzerngliederung über (Mutteroder Großmuttergesellschaften, Downstream-Sicherheiten) oder neben (Schwestergesellschaften oder deren Töchter, Sidestream-Sicherheiten) der zu restrukturierenden Gesellschaft hängen, ist nicht möglich. Zwar spricht die Gesetzesbegründung allgemein davon, dass durch die Vorschrift die Restrukturierung von Konzernen erleichtert und die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder die Inanspruchnahme der Instrumente der präventiven Restrukturierung auf Ebene der sicherheitenstellenden Konzerngesellschaft vermieden wird (BT-Drucks. 19/24181, S. 113); allerdings liegt die Rechtfertigung für den Eingriff auch in solche Drittsicherheiten gerade in der infolge der Beherrschung vermittelten Einflussnahmemöglichkeit der zu restrukturierenden Gesellschaft auf das Vermögen der Tochtergesellschaft und die Einbeziehung der Beteiligung an der Tochtergesellschaft in das der Gläubigerbefriedigung dienende Vermögen. Die Beteiligung an (sämtlichen) Tochtergesellschaften ist im darstellenden Teil des Restrukturierungsplans nach § 6 StaRUG darzulegen und zu bewerten. Würde die Tochtergesellschaft infolge der Inanspruchnahme der Sicherheiten ebenfalls die präventive Restrukturierung in Anspruch nehmen (müssen) oder sogar Insolvenzantrag stellen, würde sich dies auf den Wertansatz im Rahmen der Vergleichsrechnung negativ auswirken. Die Eröffnung der Möglichkeit, auf von diesen Gesellschaften gestellte Sicherheiten zuzugreifen, liegt daher in der abstrakten Vorteilhaftigkeit dieser Möglichkeit auch für die betroffenen Gläubiger, da hierdurch eine kollektive Wertsteigerung bzw. ein Werterhalt im solidarisierten Gläubigergesamtinteresse ermöglicht wird. Dies ist bei Beteiligungen, die nicht im Vermögen der zu restrukturierenden Gesellschaft liegen, nicht der Fall, weshalb eine Erstreckung der Norm auf andere Gesellschaften im Konzernverbund außerhalb der von der betroffenen Schuldnerin mittelbar oder unmittelbar beherrschten Beteiligungskaskade nicht möglich ist. Soweit die sicherheitenstellende Tochtergesellschaft selbst nicht insolvenzge- 34 fährdet oder der Sicherheit auch in diesem Fall ein Wert beizumessen ist, ist der Eingriff gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 StaRUG durch eine angemessene Entschädigung zu kompensieren. Der kompensationslose Eingriff in Drittsicherheiten ist demgemäß nicht möglich. § 2 Abs. 4 Satz 1 StaRUG beinhaltet daher in der Sache lediglich eine Verfügungsermächtigung, nicht jedoch ein materielles Eingriffsrecht, vergleichbar mit den Befugnissen nach § 166 InsO. Ziel ist es, Folgeinsolvenzen zu vermeiden, gesellschaftsübergreifende Restrukturierungen auch in Konzernen einheitlich zu ermöglichen und so Werte zu erhalten. Mehr als ein verfahrensrechtliches Zugriffsrecht zur Eröffnung einer koordinierten Gläubigerbefriedigung und ggf. Sicherheitenverwertung ist hierfür allerdings nicht erforderlich.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
35 Der materielle Kompensationsanspruch kann nach § 64 Abs. 1 StaRUG bei nicht zureichender Berücksichtigung oder Bemessung als individueller Nachteil geltend gemacht und so zum Planbestätigungshindernis werden. 36 Die Bemessung des Kompensationsanspruchs wird in der Praxis, gerade weil das Risiko in Form des Scheiterns der Planbestätigung bei einer zu geringen Bemessung erheblich ist, Schwierigkeiten bereiten. Solange die Tochtergesellschaft nicht selbst drohend zahlungsunfähig ist, wird bei persönlichen Sicherheiten (Bürgschaften, Schuldbeitritten, Garantien) jeweils der Nominalbetrag der Forderung als Kompensationsanspruch anzusetzen sein. Bei dinglichen Sicherheiten bemisst sich der Anspruch nach dem am Markt-/Veräußerungswert, also dem steuerlichen Teilwert. Dieser sollte, bleibt er hinter dem Nominalbetrag des gesicherten Anspruchs zurück, tunlichst durch ein Sachverständigengutachten eines vereidigten Industrieauktionators nachgewiesen sein. Ist zu besorgen, dass ohne den Eingriff in die konzerninterne Drittsicherheit die Tochtergesellschaft selbst in die Insolvenz gerät, so ist für die Bemessung des Kompensationsanspruchs der Erwartungswert aus der Absonderung des betreffenden Vermögensgegenstandes, soweit es sich um eine dingliche Sicherung handelt, die voraussichtliche Insolvenzquote im dortigen Verfahren, soweit es sich um eine persönliche Sicherheit des Tochterunternehmens handelt, maßgeblich. 37 Die grundsätzliche Ausrichtung des Kompensationsanspruchs an der nominellen Höhe der gesicherten Forderung unterstreicht einmal mehr, dass es sich bei § 2 Abs. 4 StaRUG um eine prozedurale Koordinationsvorschrift und nicht um ein materielles Eingriffsrecht handelt. 38 Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Bemessung des Kompensationsanspruchs frei von materiell-rechtlichen Erwägungen außerhalb des Rechts der präventiven Restrukturierung ist. Dies gilt insbesondere für kapitalerhaltungsrechtliche Bindungen des Vermögens des sicherheitengewährenden Tochterunternehmens, die einen Zugriff materiell-rechtlich beschränken oder ausschließen und damit der Gewährung eines Kompensationsanspruchs überhaupt entgegenstehen, jedenfalls aber Einfluss auf dessen Bemessung haben können (BT-Drucks. 19/24181, S. 113). Für die Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts, welche kapitalerhaltungsrechtlichen Einwendungen zu prüfen sind, ist zwischen Personal- und Realsicherheiten zu unterscheiden. 39 Für dingliche Sicherheiten hat der BGH (ZIP 2017, 971) entschieden, dass die Bestimmung der bilanziellen Auswirkungen der Sicherheitenbestellung in Ansehung des möglichen Entstehens oder der Vertiefung einer Unterbilanz nach den Wertverhältnissen im Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit und nicht nach den Verhältnissen im Zeitpunkt ihrer Verwertung zu erfolgen hat Die Unterbilanz und der Angriff auf das gebundene Kapital im Zeitpunkt der Verwertung schaden daher nicht, wenn ein solcher im Zeitpunkt der Bestellung nicht nachweisbar ist.
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Anders bei persönlichen Sicherheiten: Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurtei- 40 lung, ob eine Zahlung zu einer Unterbilanz oder Überschuldung führt oder diese vertieft, ist im Rahmen der Kapitalerhaltungsvorschriften nach dem BGH nämlich nicht der Zeitpunkt, in dem die Forderung begründet worden ist, sondern der Zeitpunkt der Auszahlung (BGH, ZIP 2020, 511). Aus dieser Klarstellung des BGH folgt zugleich, dass auch vertragliche Verwertungsbeschränkungen zum Schutze des gebundenen Kapitals der sicherheitengewährenden Tochtergesellschaft (sog. „limitation languages“) entgegen insbesondere der Auffassung des OLG Frankfurt/M. (NZI 2014, 363; mit krit. Anm. Undritz/ Degenhardt, NZI 2015, 348) in der Insolvenz ihren Zweck nicht verlieren und daher anwendbar und berücksichtigungsfähig bleiben (vgl. dazu Längsfeld, WuB 2020, 275). Für die Berücksichtigungsfähigkeit bei Eingriffen in die Sicherheit durch einen Restrukturierungsplan gilt dann a maiore ad minus dasselbe. Kann der Verwertung der Sicherheit daher eine gesetzliche Einwendung aus 41 den Kapitalschutzvorschriften oder eine daraus abgeleitete vertragliche Einwendung aus einer Limitation Language entgegengehalten werden, so hat dies unmittelbaren Einfluss auf die Bemessung des Kompensationsanspruchs bis hin zu dessen vollständigem Entfall. (6) Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters Nach § 67 Abs. 2 StaRUG wirkt eine Befreiung des Schuldners von Restruk- 42 turierungsforderungen, d. h. ein im Plan geregelter (Teil-)Erlass (§ 397 BGB) auch zugunsten seiner persönlich haftenden Gesellschafter, sofern im Restrukturierungsplan nichts anderes bestimmt ist. Ohne dass dies in § 2 Abs. 1 StaRUG ausdrücklich geregelt wäre, unterliegt die persönliche Haftung der Gesellschafter einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit als reflexiv gestaltbares Rechtsverhältnis den Eingriffswirkungen des Restrukturierungsplans. Die Regelung entspricht § 227 Abs. 2 InsO im Insolvenzplanrecht. Einer besonderen Regelung für diese Erlassregelung bedarf es nicht; vielmehr muss im Bedarfsfall eine abweichende Regelung in den Plan ausdrücklich aufgenommen werden. § 2 Abs. 4 Satz 2 StaRUG ordnet sodann allerdings an, dass die Kompensations- 43 pflicht für Eingriffe in konzerninterne Drittsicherheiten auf die nach § 67 Abs. 3 StaRUG regelhafte Beschränkung der persönlichen Haftung eines persönlich haftenden Gesellschafters entsprechend anzuwenden ist. Der Restrukturierungsplan muss daher eine unmittelbare Entschädigungsregelung vorsehen, die sich an der Werthaltigkeit des Durchgriffsanspruchs auf den persönlich haftenden Gesellschafter orientiert. Eine originäre Regelungswirkung ist damit allerdings nicht verbunden. Denn im Rahmen der Vergleichsrechnung, die dann auch Maßstab für die Geltendmachung einer individuellen Schlechterstellung nach § 64 StaRUG ist, sind etwaige Durchgriffshaftungsansprüche auf den persönlich haftenden Gesellschafter selbstverständlich ebenfalls zu berücksichtigen. Dies gilt auch, wenn als nächstwahrscheinliche Verwertungsoption die Verwertung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens und dort durch
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Insolvenzplan zu unterstellen ist, was zu einer Anwendung des § 227 Abs. 2 InsO führt, der ebenfalls eine regelhafte Enthaftung der persönlich haftenden Gesellschafter vorsieht. Denn auch im Rahmen eines Insolvenzplans ist in der dort vorzunehmenden Vergleichsrechnung die Verwertungsalternative ohne Insolvenzplan darzustellen, in der die Durchgriffshaftungsansprüche zu bewerten und zu berücksichtigen sind. 44 Der materielle Regelungsgehalt des § 2 Abs. 4 Satz 2 beschränkt sich daher auf die Pflicht zur unmittelbaren Regelung eines Entschädigungsanspruchs, soweit dieser nach den zugrunde zu legenden Bewertungskriterien besteht, anstelle einer Berücksichtigung ausschließlich im Rahmen der Vergleichsberechnung ohne ausdrückliche Regelung. Aus Gründen der Planklarheit und Transparenz für die Gläubiger ist dies zu begrüßen; aus denselben Gründen ist die Bestätigung des Plans von Amts wegen gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG zu versagen, wenn es an einer solchen ausdrücklichen Regelung fehlt – dies unbeschadet einer möglichen Darstellung innerhalb der Vergleichsrechnung, da auch die formellen Anforderungen an den Plan und die verpflichtenden Darstellungsinhalte einzuhalten sind und sich die planvorlegende Schuldnerin nicht allein auf die Erfüllung der materiellen Regelungsanforderungen zurückziehen kann. 3. Maßgeblicher Betrachtungszeitpunkt 45 Hinsichtlich der zeitlichen Bestimmung, welche Rechtsverhältnisse als gestaltbare Rechtsverhältnisse den Eingriffswirkungen eines Restrukturierungsplans unterworfen werden können, stellt § 2 Abs. 5 StaRUG auf den Zeitpunkt der Unterbreitung des Planangebotes nach § 17 StaRUG und für den Fall der beantragten Abstimmung im gerichtlichen Planabstimmungsverfahren gemäß §§ 45, 46 StaRUG auf den Zeitpunkt der Antragstellung ab. Wird vor diesem Zeitpunkt eine Stabilisierungsanordnung im Sinne des § 49 StaRUG beantragt, tritt an die Stelle des Planangebotes oder des Antrags auf gerichtliche Planabstimmung der Zeitpunkt der Erstanordnung einer solchen Stabilisierungsmaßnahme. 46 Das Bestehen einer Restrukturierungsforderung im Sinne ihres zivilrechtlichen Begründetseins (vgl. Rn. 12) erfolgt demnach auf den nach § 2 Abs. 5 StaRUG bestimmten Zeitpunkt. 47 Maßgeblich für die Einbeziehung der Gläubiger ist daher nicht der Zeitpunkt der Aufnahme der Verhandlungen mit den Gläubigern, sondern der spätere Zeitpunkt des ersten verfahrensförmlichen Rechtsaktes. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass für die Berücksichtigung der Gläubigerinteressen nach § 1 StaRUG i. V. m. der jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Haftungsnorm (vgl. § 1 StaRUG Rn. 26 ff.) selbstverständlich auch die Interessen aller potenziellen künftigen Gläubiger, die von den Wirkungen des Plans betroffen sein können, zu berücksichtigen sind.
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§ 5 Gliederung des Restrukturierungsplans
Abschnitt 2 – Anforderungen an den Restrukturierungsplan §5 Gliederung des Restrukturierungsplans 1
Der Restrukturierungsplan besteht aus einem darstellenden und einem gestaltenden Teil. 2Er enthält mindestens die nach der Anlage zu diesem Gesetz erforderlichen Angaben. 3Dem Restrukturierungsplan sind die nach den §§ 14 und 15 erforderlichen Anlagen beizufügen. Übersicht 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1
2.
Abweichungen zu den insolvenzplanrechtlichen Vorschriften ......... 4
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes In § 5 StaRUG legt der Gesetzgeber den grundsätzlichen Planaufbau, die 1 Mindestanforderungen an den Inhalt eines Restrukturierungsplans sowie die dem Plan beizufügenden Anlagen fest. Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen dem Vorbild des § 219 InsO, wenn sich auch aus den durch die Richtlinie an den Restrukturierungsplan gestellten Mindestanforderungen Abweichungen ergeben. Zum Teil sind die Pflichtinhalte der besseren Lesbarkeit wegen in die Anlage zum Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz ausgelagert. Der Restrukturierungsplan setzt sich, wie der Insolvenzplan, aus einem dar- 2 stellenden und einem gestaltenden Teil zusammen. Während der darstellende Teil der Information der Planbetroffenen und des Restrukturierungsgerichts dient, werden im gestaltendenden Teil die gestaltenden Rechtswirkungen des Plans festgelegt. Nur die im gestaltenden Teil dargestellten Maßnahmen nehmen an der Umsetzungswirkung des Plans, ggf. nach gerichtlicher Bestätigung (vgl. § 67 StaRUG Rn. 4) teil. Die dem Plan beizufügenden Anlagen gemäß §§ 14, 15 StaRUG sind zu großen 3 Teilen den Anlagen zum Insolvenzplan gemäß §§ 229, 230 InsO nachgebildet. Im Übrigen muss der Plan die in der Anlage zu § 5 Satz 2 des StaURG aufgelisteten Mindestangaben (dort Nr. 1 – 8) enthalten. 2. Abweichungen zu den insolvenzplanrechtlichen Vorschriften Die große gestalterische Freiheit, die der Planarchitekt bei Erstellung eines 4 Insolvenzplans hat, gilt im Grundsatz auch für die Erstellung von Restrukturierungsplänen. Allerdings macht das StaRUG, anders als das Recht des Insolvenzplans, besondere Vorgaben zu Mindestanforderungen, die jeder Restrukturierungsplan erfüllen muss. Von Grund auf neu ist daher die gesetzliche Verankerung von Mindestanforderungen an den Inhalt des Restrukturierungsplans in § 5 Satz 2 StaRUG, die der besseren Lesbarkeit des Gesetzes wegen
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in die Anlage zum Gesetz zu § 5 Satz 2 StaRUG ausgelagert worden sind. Die dort formulierten Mindestanforderungen gehen unmittelbar auf die Vorgaben des Art. 8 der RL (RL [EU] 2019/1023) zurück. 5 Die Vorgaben sind zum Teil darauf zurückzuführen, dass das Restrukturierungsverfahren nicht notwendig sämtliche Gläubiger des Schuldners erfasst, sondern teilkollektiv ausgestaltet sein kann. Aus diesem Grund ist nach Ziffer 5 der Anlage zu § 5 Satz 2 StaRUG die Nennung sämtlicher Gläubiger, Inhaber von Absonderungsanwartschaften sowie Inhaber von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten, die nicht in den Restrukturierungsplan einbezogen wurden, zusammen mit einer Erläuterung der Gründe für die unterbliebene Einbeziehung obligatorisch. Außerdem ist die für die Beurteilung gleichgerichteter Interessen maßgebliche Interessenlage der verschiedenen Gläubigergruppen zu beschreiben, was am ehesten mit der Darstellung der Differenzierungskriterien für die Gruppenbildung nach § 222 InsO vergleichbar ist. 6 Da es zudem an dem gesamtvollstreckungsrechtlichen Charakter des Verfahrens fehlt, muss der darstellende Teil des Restrukturierungsplans zudem eine umfassende Darstellung der Vermögenslage des Schuldners nebst einer Bewertung des Vermögens zwingend enthalten. Dies ist wesentlich, damit die Planbetroffenen beurteilen können, ob die im Plan vorgeschlagenen Einschränkungen ihrer individuellen Rechte durch die Vermögenslage des Schuldners und die sich daraus ergebenden möglichen alternativen Befriedigungschancen geboten und sachlich gerechtfertigt sind. 7 Zudem fordert § 14 Abs. 1 StaRUG abweichend von dem insolvenzrechtlichen Vorbild des § 229 InsO zusätzlich eine begründete Erklärung zur Eignung des Konzepts zur nachhaltigen Verhinderung der Insolvenz sowie zur Wiederherstellung der nachhaltigen Bestandsfähigkeit des Schuldners (vgl. §§ 14, 15 StaRUG Rn. 4). 8 Der Aufbau von Insolvenz- und Restrukturierungsplan gleichen sich daher in ihrer Grundstruktur, wobei jedoch insbesondere an den darstellenden Teil des Restrukturierungsplans besondere und weitergehende Anforderungen gestellt werden. §6 Darstellender Teil (1) 1Der darstellende Teil beschreibt die Grundlagen und die Auswirkungen des Restrukturierungsplans. 2Der darstellende Teil enthält alle Angaben, die für die Entscheidung der von dem Plan Betroffenen über die Zustimmung zum Plan und für dessen gerichtliche Bestätigung erheblich sind, einschließlich der Krisenursachen und der zur Krisenbewältigung vorzunehmenden Maßnahmen. 3Soweit Restrukturierungsmaßnahmen vorgesehen sind, die nicht über den gestaltenden Teil des Plans umgesetzt werden können oder sollen, sind sie im darstellenden Teil gesondert hervorzuheben.
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§ 6 Darstellender Teil
(2) 1Der darstellende Teil enthält insbesondere eine Vergleichsrechnung, in der die Auswirkungen des Restrukturierungsplans auf die Befriedigungsaussichten der Planbetroffenen dargestellt werden. 2Sieht der Plan eine Fortführung des Unternehmens vor, ist für die Ermittlung der Befriedigungsaussichten ohne Plan zu unterstellen, dass das Unternehmen fortgeführt wird. 3Dies gilt nicht, wenn ein Verkauf des Unternehmens oder eine anderweitige Fortführung aussichtslos ist. (3) Sieht der Restrukturierungsplan Eingriffe in die Rechte von Gläubigern aus gruppeninternen Drittsicherheiten (§ 2 Absatz 4) vor, sind in die Darstellung auch die Verhältnisse des die Sicherheit gewährenden verbundenen Unternehmens und die Auswirkungen des Plans auf dieses Unternehmen einzubeziehen. Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... Gegenstand und Umfang der Darstellung sowie Begründungszwang .............................................. a) Gebot der Planklarheit ........... b) Gebotene Gesamtschau des Restrukturierungskonzepts ....
1
5 5 3. 7
c) Grundsätzlich kongruente Vergleichspaarbildung und Pflicht zum Dual Track ......... d) Weitere Pflichtinhalte aus anderen Vorschriften ............ e) Begründungszwang ............... Konzerninterne Drittsicherheiten ............................................
15 22 26 28
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes Die Vorschrift des § 6 StaRUG knüpft an § 220 InsO und an die in dessen 1 Anwendungsbereich überkommene Praxis nicht erst seit der grundlegenden Entscheidung des BGH vom 26.4.2018 (ZIP 2018, 1141) an, wonach der darstellende Teil alle Angaben zu den Grundlagen und den Auswirkungen des Plans enthalten muss, die für die Entscheidung der Gläubiger über die Zustimmung zum Plan und für dessen gerichtliche Bestätigung erheblich sind. Hierzu muss der Plan eine Vergleichsrechnung enthalten, die den Umfang der Gläubigerbefriedigung bei Annahme und alternativ im Falle der Ablehnung des Plans erläutert und die Beteiligten so darüber unterrichtet, inwieweit der Plan ihre Befriedigungsaussichten verbessert. Darüber hinaus stellt die Richtlinie besondere Anforderungen an den Inhalt des Restrukturierungsplans, die der besseren Lesbarkeit wegen in die Anlage zum Unternehmensstabilisierungsund restrukturierungsgesetz zu § 5 Satz 2 StaRUG ausgelagert ist. Die Vorschrift des § 6 StaRUG ist daher nicht abschließend. Weitere Anforderungen an den Inhalt des darstellenden Teils ergeben sich insbesondere auch aus § 8 StaRUG (i. V. m. Ziffer 5 der Anlage zu § 5 Satz 2 StaRUG). Diesem Ziel folgend schließt der darstellende Teil nicht nur die mit dem gestal- 2 tenden Teil umzusetzenden, verfügenden, sondern auch sämtliche sonstigen Maßnahmen aus und im Zusammenhang sowie im Umfeld des Restrukturierungskonzepts ein, die für die Beschlussfassung der Gläubiger mittelbar oder unmittelbar bei abstrakt-genereller Betrachtung von Bedeutung sein können. Maßgeblich für die Beurteilung, ob die darzustellenden Maßnahmen für die
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Beteiligten von Bedeutung sein können, ist der objektivierte Empfängerhorizont eines verständigen durchschnittlichen Planbetroffenen. 3 Im Gleichklang mit der Neufassung des § 220 Abs. 2 InsO sieht auch § 6 StaRUG vor, dass für den Fall, dass das Restrukturierungskonzept die Fortführung des schuldnerischen Unternehmens vorsieht, diese auch im Rahmen der Vergleichsrechnung für das Alternativszenario zu unterstellen ist. Wo das Restrukturierungskonzept die Fortführung unterstellt, darf daher grundsätzlich in der Vergleichsrechnung diese nicht der Liquidation gegenübergestellt werden. Hierdurch sollen nach dem Willen des Gesetzgebers Gestaltungsspielräume für Eingriffe in die Rechte der Planbetroffenen eingeschränkt werden (BT-Drucks. 19/24181, S. 116). 4 Im Grundsatz kann für die Auslegung des § 6 StaRUG auf die überkommene Rechtsprechung zum nötigen Inhalt und zur Darstellungstiefe des Insolvenzplans zurückgegriffen werden, wobei sich aus der Gesetzesbegründung zum StaRUG noch deutliche Hinweise auf das geforderte Darstellungs- und Begründungsmaß ergeben. 2. Gegenstand und Umfang der Darstellung sowie Begründungszwang a) Gebot der Planklarheit 5 Der darstellende Teil des Restrukturierungsplans muss alle Angaben zu den Grundlagen und den Auswirkungen des Plans enthalten, die für die Entscheidung der Gläubiger über die Zustimmung zum Plan und für dessen etwaige Bestätigung durch das Restrukturierungsgericht erheblich sind (BGH, ZIP 2018, 1141). Der konkrete, zu verlangende Umfang der zu verlangenden Darstellung ist im Gesetz zu Recht nicht geregelt, da dieser vom Umfang und der jeweiligen wirtschaftlichen Bedeutung des Unternehmens, dem Ausmaß der beabsichtigten Maßnahmen und den konkreten, durch den Plan ausgelösten Folgen abhängig ist (BGH, ZIP 2010, 1499). Die Darstellung hat dabei in einer Tiefe zu erfolgen, die aus dem objektivierten Empfängerhorizont des durchschnittlichen Planbetroffenen ausreichend ist, um eine informierte Entscheidung zu treffen und so die Grundlage für die Abstimmung oder jedenfalls für Nachfragen und die Möglichkeit einer sachgerechten Erörterung zu schaffen (BGH, ZIP 2010, 341). Somit sind sämtliche Angaben zu den Umständen erforderlich, die potenziell Einfluss auf die Befriedigungschancen der Gläubiger in dem vorgeschlagenen Planszenario ebenso wie in dem Alternativszenario der Vergleichsberechnung haben können (BGH, ZIP 2010, 1499). 6 Die Regelungen des Restrukturierungsplans sind zwar grundsätzlich auslegungsfähig (BGH, ZIP 2006, 39), müssen aber in sich widerspruchsfrei sein, weshalb mehrdeutige und folglich irreführende Regelungen, die einen falschen Eindruck erwecken können, gegen den Grundsatz der Planklarheit verstoßen. Der Plan erfordert eine widerspruchsfreie Konzeption und muss seinem Inhalt nach so gefasst werden, dass er weder Widersprüche noch Zweifel aufkommen lässt, welche den Gegenstand und Umfang der Rechte der Planbetroffenen 32
§ 6 Darstellender Teil
betreffen oder etwa die künftige Vollstreckbarkeit (§ 71 StaRUG) beeinträchtigen können. Ist das Gebot der Planklarheit verletzt, leidet der Plan an einem Darstellungsmangel (BGH, ZIP 2018, 1141; BGH, ZIP 2014, 330), was ein Planbestätigungshindernis nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG begründet. b) Gebotene Gesamtschau des Restrukturierungskonzepts Das Gebot der Planklarheit erfordert des Weiteren, dass sich die Darstellung 7 nicht auf diejenigen Maßnahmen beschränkt, die von der Gestaltungswirkung nach § 7 StaRUG erfasst sind, sondern hat den Planbetroffenen die Gesamtschau des Restrukturierungskonzepts (BT-Drucks. 19/24181, S. 116) darzustellen, um ihnen eine sachgerechte Bewertung des Restrukturierungsplans sowie dessen Einordnung in das Gesamtkonzept am Maßstab ihrer eigenen Interessen (BGH, WM 2012, 1640) zu ermöglichen. Dies schließt die Darstellung sämtlicher Begleitmaßnahmen, insbesondere im Plan nicht regelungsfähiger (vgl. §§ 2 – 4 StaRUG Rn. 10) personalwirtschaftlicher Maßnahmen, neuer Finanzierungen (§ 12 StaRUG), die Änderung sachenrechtlicher Verhältnisse (§ 13 StaRUG), aber auch die umfassende Darlegung möglicher Haftungsverhältnisse (vgl. dazu § 32 StaRUG Rn. 36) ein. Die Darstellung des Restrukturierungskonzepts ist nur dann im Sinne der 8 vom Gesetz geforderten Möglichkeit zur sachgerechten Bewertung des Restrukturierungsplans durch die Planbetroffenen geeignet, wenn es sich zumindest an den von der Rechtsprechung aufgestellten Mindestanforderungen orientiert (vgl. dazu Lachmann, in: Nerlich/Kreplin, MAH Insolvenz und Sanierung, § 8 Rn. 4). Die Anforderungen im darstellenden Teil des Restrukturierungsplans sind dabei strenger, als im Rahmen des Insolvenzplans (zu Letzterem Wienberg/Dellit, in: Bork/Hölzle, Handbuch Insolvenzrecht, Kap. 13 Rn. 44 ff.): Zwar muss das Sanierungskonzept keinen bestimmten formalen Erfordernissen genügen, wie sie beispielsweise vom Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) aufgestellt werden (BGH, NZI 2016, 636), jedoch muss das Konzept ungeachtet der Form der Darstellung (1) auf Grundlage einer Analyse des IstZustandes und der erkannten und erkennbaren Tatsachen in sich schlüssig aufgestellt werden und darf nicht offensichtlich undurchführbar sein, (2) auf der Beurteilung eines branchenkundigen Fachmanns beruhen, dem die vorgeschriebenen oder üblichen Buchhaltungsunterlagen zeitnah vorlagen, (3) aus diesen Unterlagen eine branchenspezifische Analyse der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens hergeleitet werden, welche die Krisenursache sowie die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage des Unternehmens erfasst (zu (1) bis (3) BGH, NJW 1998, 1561; zuletzt auch BGH, NZI 2018, 840). Auf Basis dieser umfassenden Analyse muss (4) die Ex-ante-Beurteilung eines objektiven Dritten die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens und die objektive Eignung der in Aussicht genommenen Maßnahmen, die Sanierung in überschaubarer Zeit bewältigen zu können, ergeben (BGH, ZIP 2006, 279). Das Konzept muss daher die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigen (BGH, 33
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
NZI 2018, 840). Das weitere Erfordernis aus der Rechtsprechung des BGH (NZI 2018, 840; ZIP 1993, 276), dass das Sanierungskonzept in den Anfängen bereits in die Tat umgesetzt worden sein muss, tritt im Rahmen der Beurteilung des Restrukturierungsplans demgegenüber in den Hintergrund, weil die (Vorbereitung der) Unterbreitung des Planangebots den Beginn der Umsetzung regelmäßig hinreichend dokumentiert. 9 Der darstellende Teil des Restrukturierungsplans kann sich daher nicht auf die Erläuterung einzelner Maßnahmen beschränken, sondern muss ein ganzheitliches, integriertes Sanierungskonzept substantiiert in einer Weise darstellen, die es den Planbetroffenen ermöglicht, die Schlüssigkeit des vorgesehenen Konzepts jedenfalls zu plausibilisieren, nötigenfalls auch zu prüfen. Ungeachtet dieser Vorgabe, die der Schuldner obligatorisch zu erfüllen hat, liegt die plausible Darstellung eines ganzheitlichen Sanierungskonzepts auch im Interesse des Schuldners selbst, da die wesentlichen Gläubiger des Schuldners regelmäßig nicht zu Zugeständnissen und damit nicht zur Zustimmung zu dem Restrukturierungsplan bereit sein werden, erschließt sich ihnen das zugrunde liegende Konzept nicht. Dies gilt insbesondere für institutionelle Finanzgläubiger. 10 Neben der an den in der Rechtsprechung entwickelten Mindestanforderungen ausgerichteten Darstellung des Restrukturierungskonzepts ist auch die obligatorische Darstellung möglicher Haftungsverhältnisse für die Entscheidung der Planbetroffenen über die Annahme oder die Ablehnung des Plans und ihre Befriedigungsaussichten auch in Alternativszenarien wesentlich. Denn bei der Frage des Bestehens von Haftungsansprüchen handelt es sich um grundsätzlich der Gläubigerbefriedigung zugängliches Vermögen des Schuldners, das in die Entscheidungsfindung der Gläubiger einzubeziehen ist, weshalb unrichtige Angaben über das Vermögen des Schuldners stets einen Darstellungsmangel begründen, der zu einer Versagung der Bestätigung von Amts wegen führt, weil ein solcher Mangel stets Einfluss auf die Annahme des Plans gehabt haben kann (BGH, WM 2012, 1640). 11 Daraus folgt, dass in den darstellenden Teil stets Ausführungen zu potenziellen Organhaftungsansprüchen und – für den Fall der alternativen Eröffnung eines Insolvenzverfahrens – zum Bestehen von Anfechtungsansprüchen nach §§ 129 ff. InsO zwingend aufzunehmen sind, auch wenn sich für solche Ansprüche keine Anhaltspunkte ergeben. In diesem Fall ist das Nichtbestehen solcher Ansprüche darzustellen und ggf. zu begründen. Die Darstellungspflicht folgt mittelbar auch aus § 43 Abs. 2 StaRUG, wonach gegen die Organe wegen der Verletzung von Pflichten aus § 43 StaRUG bestehende Ansprüche grundsätzlich nicht verzichtbar und damit einem Vergleich und einer Regelung im Restrukturierungsplan nicht zugänglich sind (vgl. § 43 StaRUG Rn. 30). Die Pflicht zur Darstellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Haftungsansprüchen erfordert damit zwingend Ausführungen im darstellenden Teil zum Zeitpunkt des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin. Denn mit dem Zeitpunkt des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit setzt bei richtlinienkonformer Auslegung des StaRUG (vgl. Art. 19 34
§ 6 Darstellender Teil
RL 2019/1023) eine verschärfte Haftung der Organe und die Pflicht zur Ausrichtung des Geschäftsleiterhandelns vornehmlich an dem Gläubigerinteresse ein (vgl. Vor § 1 StaRUG Rn. 6; § 1 StaRUG Rn. 27). Ob die Planbetroffenen durch den Plan schlechter gestellt werden, können sie 12 sachgerecht daher nur beurteilen, wenn der Plan nachvollziehbare Ausführungen zum Bestehen oder Nichtbestehen von Haftungsverhältnissen und zu den Befriedigungsaussichten in einem alternativen Insolvenzszenario enthält, die häufig maßgeblich von dem Bestehen und dem Umfang möglicher Ansprüche aus Insolvenzanfechtung (§§ 129 ff. InsO) beeinflusst sind. Dieser Zwang zur Darstellung von Befriedigungsalternativen beschränkt sich 13 allerdings nicht allein auf Haftungs- und Anfechtungsansprüche. Vielmehr hat sich die Darstellung, wird als Alternativszenario die Stellung eines Insolvenzantrages für möglich gehalten, auf alle wesentlichen Unterschiede der präventiven Restrukturierung zu einer Restrukturierung/Sanierung im Rahmen eines Insolvenz(-plan-)verfahrens oder der sonst dargestellten Sanierungsalternative zu erstrecken. Dies schließt neben dem Anfechtungsrecht im Wesentlichen die im Insolvenz- 14 verfahren eröffnete und in der präventiven Restrukturierung nicht Gesetz gewordene Möglichkeit der Vertragsbeendigung nach §§ 103 ff. InsO, die kollektivarbeitsrechtlichen Erleichterungen der §§ 120 ff. InsO und die Vorteile aus der Gewährung von Insolvenzgeld ebenso ein wie mögliche Liquiditätsvorteile aus der Tatsache, dass im Falle der Einleitung eines Insolvenzverfahrens eine Kostenvorschusspflicht für die Verfahrenskosten nicht besteht. c) Grundsätzlich kongruente Vergleichspaarbildung und Pflicht zum Dual Track § 6 Abs. 2 StaRUG stellt klar, dass das Kernelement des darstellenden Teils die 15 Vergleichsrechnung ist. Es sind also die Befriedigungsaussichten der Planbetroffenen bei unterstellter Umsetzung des in Aussicht genommenen Restrukturierungsziels (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 48 ff.) durch den Restrukturierungsplan mit den hypothetischen Befriedigungsaussichten in dem nächst wahrscheinlichen Realisationsszenario zu vergleichen. Mit anderen Worten: Es ist nachvollziehbar darzustellen, wie sich die Befriedigungsaussichten der Planbetroffenen bei Annahme des Restrukturierungsplans und bei dessen Ablehnung voraussichtlich darstellen, wie also der Plan ihre Befriedigungsaussichten verändert (BGH, ZIP 2018, 1141). Da der Schuldner drohend zahlungsunfähig ist, dürfte regelmäßiges Vergleichs- 16 szenario die Darstellung der Befriedigungsaussichten der Gläubiger in einem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners sein; zwingend ist dies allerdings nicht. Offenbar scheint aber auch der Gesetzgeber davon auszugehen, wie sich insbesondere aus § 8 Satz 2 Nr. 1 StaRUG ergibt. Der Vergleich mit einem alternativen Restrukturierungsplan, der z. B. von Gläubigerseite vorgeschlagen wird, ist im darstellenden Teil des Restrukturierungsplans ebenso 35
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
wenig geboten und zulässig, wie im Insolvenzplanverfahren. Das Planinitiativrecht liegt alleine beim Schuldner; er bestimmt die zur Bewältigung der Krise auszuwählenden Maßnahmen. Der Vergleich mit einem alternativen Restrukturierungsszenario ist daher nicht geboten. Allerdings riskiert der Schuldner, wäre ein anderes Szenario bei geringerer Eingriffsintensität ebenso sanierungsgeeignet, dass ein obstruierender Gläubiger mit einem Minderheitenschutzantrag oder einer sofortigen Beschwerde durchdringt (vgl. §§ 64, 66 StaRUG Rn. 6 ff.). 17 Auch im Rahmen des Vergleichs mit einem Insolvenzszenario sind jedoch stets kongruente Vergleichspaare zu bilden, darf also nicht unterstellt werden, dass durch die präventive Restrukturierung mittelbar oder unmittelbar Vorteile erzielt werden, die im Rahmen einer insolvenzgestützten Sanierung nicht erzielbar wären. Insbesondere darf der Restrukturierungsplan grundsätzlich daher z. B. nicht unterstellen, dass für die Fortsetzung des Geschäftsbetriebes wesentliche Lieferanten oder sonstige Vertragspartner zwar als Planbetroffene im Rahmen einer präventiven Restrukturierung zur weiteren Belieferung bereit sind, dies aber im Rahmen einer insolvenzverfahrensgestützten Sanierung nicht wären. Anders, wenn wesentliche Lieferanten wegen ihrer herausgehobenen Stellung gerade nicht – und in den Grenzen des § 8 StaRUG (vgl. dort Rn. 4 ff.) zulässig – in die Wirkungen des Planes einbezogen werden, von den Wirkungen eines kollektiven Insolvenzverfahrens aber erfasst würden und genau die sich daraus ergebenden negativen Folgewirkungen vermieden werden sollen. Dies bedarf wegen des Ausnahmecharakters aber einer gesonderten und nachvollziehbaren Begründung. 18 Ausdrücklich hebt der Gesetzgeber in § 6 Abs. 2 StaRUG hervor, dass in einem Alternativszenario grundsätzlich nicht die Liquidation des Unternehmens unterstellt werden darf, wenn der Restrukturierungsplan selbst dessen Fortführung vorsieht. Richtigerweise wird die Vorschrift so gelesen werden müssen, dass auch in dem dargestellten Alternativszenario die Fortführung des Unternehmens zu unterstellen ist, „soweit“ dies auch im Restrukturierungsplan vorgesehen ist. Beinhaltet das Restrukturierungskonzept nämlich zum Beispiel die Teilschließung des Unternehmens oder die Schließung von Teilbetrieben, so darf diese selbstverständlich auch in der Alternativbetrachtung zugrunde gelegt werden. Dies jedoch jeweils nur in derselben Verwertungsform; sieht der Restrukturierungsplan also den Verkauf von Betriebsteilen vor, so ist auch für die Alternativbetrachtung die Verkaufsfähigkeit zu unterstellen und kann nicht im Vergleichsszenario auf die Liquidation abgestellt werden. Der Gesetzgeber ist hier entsprechend restriktiv, weil er Gestaltungsspielräume zulasten der Planbetroffenen und damit ein Ausreizen der Eingriffsgrenzen über das für den Erhalt bzw. die Widerherstellung der Bestandsfähigkeit des Unternehmens nötige Maß hinaus (Verbot der Übersanierung, vgl. § 7 StaRUG Rn. 15 ff.) ausschließen will (BT-Drucks. 19/24181, S. 116). 19 Nach § 6 Abs. 2 Satz 3 StaRUG ist ein Abstellen auf Liquidationswerte im Vergleichsszenario trotz unterstellter Fortführung im Restrukturierungsplan nur dann zulässig, wenn der Verkauf des Unternehmens oder eine anderweitige 36
§ 6 Darstellender Teil
Fortführung aussichtslos ist. Hierfür ist der Schuldner darlegungsverpflichtet. Zweifel gehen zu seinen Lasten. Wegen des Ausnahme- und – vor dem Hintergrund des Verbots der Übersa- 20 nierung (vgl. § 7 StaRUG Rn. 15 ff.) – gläubigerschützenden Charakters der Norm dürfte regelmäßig eine allein gutachterliche Feststellung, dass im gegebenen Marktumfeld die Verkaufsfähigkeit des Unternehmens oder seiner Teile nicht gegeben ist, nicht ausreichen. Die Gesetzesbegründung verlangt ausdrücklich, dass die Unterstellung der Unmöglichkeit der anderweitigen Fortführung oder des Verkaufs des Unternehmens einer „fundierten Begründung“ bedarf (BT-Drucks. 19/24181, S. 116). Schon der Wortsinn des Wortes „fundiert“ legt nahe, dass die Begründung entsprechend untermauert und sichergestellt sein muss. Dies ist durch eine theoretische Betrachtung der Marktverhältnisse und Fortführungs- bzw. Verwertungsaussichten regelmäßig nur schwer möglich. Soweit bereits vor Inkrafttreten des SanInsFoG richtigerweise für die sachgerechte Darstellung von Verwertungsalternativen im darstellenden Teil eines Insolvenzplans die Durchführung eines Verkaufsprozesses (sog. „dual track“) verlangt worden ist (vgl. ausführlich Hölzle, in: Kübler, HRI [3. Aufl. 2018], § 30 Rn. 48 ff.), so gilt dies nach § 6 Abs. 2 StaRUG und der entsprechenden Änderung des § 220 Abs. 2 InsO de lege lata umso mehr. Für den Ausschluss der Fortführungsfähigkeit, die der Gesetzgeber als unmöglich betitelt, ist daher im absoluten Regelfall der Nachweis eines ergebnislos durchgeführten Verkaufsprozesses erforderlich („obligatorischer dual-track“). Das Argument, dass ein Verkaufsprozess im Restrukturierungsverfahren keine realistischen Ergebnisse zutage fördert, weil Interessenten regelmäßig nicht an die Ernsthaftigkeit des Prozesses glaubten, ist mit dem Argument zu begegnen, dass die Einbeziehung der Gesellschafter in das Restrukturierungsverfahren grundsätzlich obligatorisch (vgl. § 8 StaRUG Rn. 26 ff.) und deren weitere Beteiligung nur gegen Zahlung eines wertausgleichenden Betrages zulässig ist (vgl. §§ 25 – 28 StaRUG Rn. 33 ff.). Das Argument der Notwendigkeit der weiteren Mitarbeit nämlich entfällt, wenn ein Investor auch ohne die weitere Mitarbeit des Gesellschafters zur Übernahme mit einem für die Gläubiger besseren Ergebnis bereit ist. Ist ein solcher Verkaufsprozess nicht – ergebnislos oder mit einem hinter den 21 Befriedigungsaussichten nach dem Restrukturierungsplan zurückbleibenden potenziellen Ergebnis – durchgeführt worden, so führt dies nicht nur zu einer individuellen Schlechterstellung von etwaig widerspruchs- oder beschwerdeführenden Planbetroffenen, sondern führt zu einem Darstellungsmangel, der gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG ein von Amts wegen zu beachtendes Planbestätigungshindernis begründet. d) Weitere Pflichtinhalte aus anderen Vorschriften Der nötige Umfang und Inhalt des darstellenden Teils folgt nicht allein aus 22 dem in § 6 StaRUG angelegten Gebot der Planklarheit, sondern auch aus anderen, zum Teil expliziten Vorgaben des Gesetzes. 37
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
23 So muss der Plan jedenfalls die in der Anlage zu § 5 Satz 2 StaRUG in den dortigen Ziffern 1 bis 8 vorgegebenen Mindestangaben enthalten. Maßgeblich, weil abweichend von dem insolvenzplanrechtlichen Vorbild, sind hierbei insbesondere: x
Nach Ziffer 2 der Anlage die Darstellung sämtlicher Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Schuldners zum Zeitpunkt der Vorlage des Restrukturierungsplans einschließlich einer (nachvollziehbaren) Bewertung der Vermögenswerte und einer Beschreibung der wirtschaftlichen Situation des Schuldners.
x
Nach Ziffer 5 der Anlage die Nennung sämtlicher Gläubiger, Inhaber von Absonderungsanwartschaften sowie Inhaber von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten, die nicht in den Plan einbezogen werden sowie die Begründung für die Nichteinbeziehung.
x
Grund für die Notwendigkeit einer umfassenden Darstellung sämtlicher Vermögenswerte nebst einer nachvollziehbaren Bewertung ist der fehlende gesamtvollstreckungsrechtliche Charakter des Verfahrens, der eine umfassende Information der Gläubiger hinsichtlich der bestehenden Befriedigungsaussichten durch den Schuldner erfordert. Nur, wenn die Vermögenslage des Schuldners zutreffend eingeschätzt werden kann, sind die planbetroffenen Gläubiger in der Lage, die durch den Plan vorzunehmenden Eingriffe wirtschaftlich und rechtlich einzuordnen.
Die Einbeziehung oder Nichteinbeziehung der Gläubiger in den Plan ist von wesentlicher Bedeutung und charakterisiert das Verfahren. Die Nichteinbeziehung einzelner Gläubiger(-gruppen) bedarf der positiven Herleitung und Begründung, die für alle Planbetroffenen überprüfbar sein muss (vgl. § 8 StaRUG Rn. 4 ff. und Rn. 24 ff.).
Nach Ziffer 8 der Anlage die Gründe für die Erforderlichkeit einer neuen Finanzierung im Sinne des § 12 StaRUG, sofern der Restrukturierungsplan eine solche neue Finanzierung vorsieht.
Die Notwendigkeit neuer Finanzierungen ist negative Planbestätigungsvoraussetzungen nach § 63 Abs. 2 StaRUG (vgl. dort Rn. 40). Die besondere Begründung der Erforderlichkeit ist daher im Plan zwingend vorzusehen.
24 Neben den sich aus der Anlage zu § 5 Satz 2 StaRUG ergebenden Pflichtinhalten folgen weitere Pflichtinhalte auch aus anderen Normen des Gesetzes. So ordnet § 8 StaRUG an, dass die Kriterien zur Auswahl der Planbetroffenen im darstellenden Teil anzugeben und zu erläutern sind. § 9 Abs. 2 Satz 2 StaRUG ordnet an, dass die Kriterien für die Abgrenzung der Beteiligtengruppen im Plan ebenfalls anzugeben sind. Anders als § 8 StaRUG gibt § 9 Abs. 2 Satz 2 StaRUG allerdings nicht vor, dass die Erläuterung zwingend im darstellenden Teil des Plans zu erfolgen hat. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung 38
§ 6 Darstellender Teil
des BGH (ZIP 2015, 1346) zum Insolvenzplan, wonach es unerheblich ist, ob die Erläuterung der Gruppenbildung im darstellenden oder im gestaltenden Teil des Plans erfolgt. Ausweislich der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in § 8 StaRUG dürfte dies jedoch für die Darstellung und Erläuterung der sachgerechten Kriterien, anhand derer die Planbetroffenen bestimmt worden sind, nicht gelten. Diese hat zwingend im darstellenden Teil zu erfolgen. In Anlehnung an die vorzitierte Rechtsprechung des BGH dürfte auch im 25 Rahmen des § 14 Abs. 1 StaRUG gelten, dass die dort genannte, dem Restrukturierungsplan beizufügende begründete Erklärung zu den Aussichten, dass die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners durch den Plan beseitigt wird und dass die Bestandsfähigkeit des Schuldners sicher- oder wiederhergestellt wird, auch anstelle der Beifügung als Anlage in den darstellenden Teil des Plans inkorporiert werden kann, da es sich um eine begründete Darstellung des Restrukturierungsschuldners selbst und nicht etwa eines sachverständigen Dritten handelt (vgl. §§ 14, 15 StaRUG Rn. 15 ff.). e) Begründungszwang Anders als der Gesetzestext vermuten lässt, in dem es heißt, dass der darstellen- 26 de Teil die Grundlagen und die Auswirkung des Restrukturierungsplan (nur) beschreibt, darf es der Plan nicht bei der Beschreibung bewenden lassen, sondern müssen die Maßnahmen und ihre Auswirkungen, insbesondere die Veränderung der Befriedigungsaussichten der Planbetroffenen auch begründet werden (BT Drucks. 19/24181, S. 134). Der Plan leidet daher auch dann an einem Darstellungsmangel, wenn zwar die Maßnahmen und deren Auswirkungen hinreichend dargestellt, diese Darstellung aber nicht begründet und deshalb für die Planbetroffenen nicht hinreichend plausibilisier- oder nachvollziehbar ist. Auf die Frage, ob sich die Darstellung oder das Ergebnis bei Ergänzung um eine hinreichende Begründung geändert haben würde oder nicht, kommt es nicht an, da das Fehlen der geforderten Begründung abstrakt geeignet ist, die Entscheidung der Gläubiger zu beeinflussen. Und allein diese abstrakte Erheblichkeit ist für die Frage der amtswegigen Versagung der Bestätigung maßgeblich (BGH, WM 2012, 1640). Die Begründung muss so ausführlich sein, dass sie den Planbetroffenen die 27 sachgerechte Beurteilung der dargestellten Maßnahmen und ihrer Auswirkungen ermöglicht und sie zumindest in die Lage versetzt, sachgerechte und für das Verständnis ihrer individuellen Betroffenheit zielführende Fragen zu stellen. 3. Konzerninterne Drittsicherheiten Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 StaRUG darf der Restrukturierungsplan auch in 28 gruppeninterne Drittsicherheiten eingreifen und diese in seinen Anwendungsbereich einbeziehen. Nach § 2 Abs. 4 Satz 2 StaRUG ist ein solcher Eingriff durch angemessene Entschädigung zu kompensieren. § 2 Abs. 4 StaRUG beinhaltet daher mehr eine verfahrensrechtliche als eine materiell-
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
rechtliche Eingriffsbefugnis, ermöglicht nämlich die koordinierte Verwertung bestellter Sicherheiten in einer Hand und soll so die unkoordinierte Zerschlagung von Unternehmensgruppen zum Nachteil aller betroffenen Gläubiger verhindern (vgl. zum Ganzen §§ 2 – 4 StaRUG Rn. 31 ff.). 29 Gerade wegen der Kompensationspflicht, die sich nicht nach dem Nominalbetrag der gegen den restrukturierungswilligen Schuldner gerichteten Forderung, sondern nach der Werthaltigkeit der Sicherheit bemisst, da die Sicherheit gewährende verbundene Unternehmen aber nicht Betroffener des Restrukturierungsverfahrens und daher an diesem Verfahren nicht beteiligt sind, hätten die planbetroffenen Drittsicherheitennehmer keine Möglichkeit, sich über die Angemessenheit der im Plan vorgesehenen Entschädigung sachgerecht zu informieren, würde nicht § 6 Abs. 3 StaRUG anordnen, dass der darstellende Teil des Restrukturierungsplans auch die Verhältnisse des sicherheitengewährenden verbundenen Unternehmens und die Auswirkung des Plans auf dieses Unternehmen umfänglich darzustellen hat. 30 Für die Darstellungstiefe und den auch insoweit bestehenden Begründungszwang gelten die vorstehenden Ausführungen zu Rn. 5 – 27 entsprechend. 31 In der Sache ist es auch richtig, dass die Kompensation aus dem Vermögen des restrukturierungswilligen Unternehmens gezahlt wird, da dieses im Falle der Inanspruchnahme des verbundenen Unternehmens aus der Drittsicherheit im Zweifel ohnehin gegenüber diesem Unternehmen entschädigungspflichtig wäre (sei es aus Gesellschaftsrecht, sei es aus § 670 BGB). Durch die Abkürzung des Zahlungsweges werden negative Folgewirkungen aus der (ggf. zwangsweise) Geltendmachung der Sicherheit und damit Folgeschäden zulasten aller Gläubiger vermieden. An die Stelle des dinglichen Anspruchs tritt ein schuldrechtlicher Kompensationsanspruch in Höhe des realisierbaren Marktwertes der Sicherheit. 32 Der in Ansatz gebrachte Marktwert ist im darstellenden Teil des Restrukturierungsplans nachvollziehbar darzulegen und zu begründen, ggf, durch Unterlegung mit einem Sachverständigengutachten. Fehlt es daran, ist das Risiko, dass der betroffene Sicherungsnehmer dem Plan begründet widerspricht und damit ein Bestätigungshindernis auslöst, groß. Nach § 64 Abs. 2 StaRUG ist im gerichtlichen Abstimmungsverfahren die Glaubhaftmachung, außerhalb des gerichtlichen Planabstimmungsverfahrens die bloße Geltendmachung einer Benachteiligung ausreichend (vgl. §§ 64, 66 StaRUG Rn. 9, 12). Dies führt dazu, dass die Vorlage eines Bewertungsgutachtens durch den Sicherungsnehmer (ggf. auch als Gegengutachten) im Erörterungs- und Abstimmungstermin zur Glaubhaftmachung des Widerspruchs im Zweifelsfall ausreicht, den Restrukturierungsplan nicht bestätigen zu können, soweit das vorgelegte (Gegen-)Gutachten nicht offenkundig untauglich ist. Der Restrukturierungsschuldner kann hierauf allein mit der Bildung einer weiteren Kompensationsrücklage nach § 64 Abs. 3 StaRUG reagieren, was erstens zusätzliche Mittel bindet, zweitens langwierige Auseinandersetzungen nach sich ziehen kann.
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§ 7 Gestaltender Teil
Es ist daher dringend anzuraten, die Höhe der Kompensation im Vorfeld mit den betroffenen Drittsicherheitennehmern abzustimmen, um unnötige Risiken im Abstimmungs- und Bestätigungsverfahren zu vermeiden. §7 Gestaltender Teil (1) Der gestaltende Teil des Restrukturierungsplans legt fest, wie die Rechtsstellung der Inhaber der Restrukturierungsforderungen, der Absonderungsanwartschaften, der Rechte aus gruppeninternen Drittsicherheiten und der Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte (Planbetroffenen) durch den Plan geändert werden soll. (2) 1Soweit Restrukturierungsforderungen oder Absonderungsanwartschaften gestaltet werden, ist zu bestimmen, um welchen Bruchteil diese gekürzt, für welchen Zeitraum sie gestundet, wie sie gesichert und welchen sonstigen Regelungen sie unterworfen werden sollen. 2Satz 1 gilt entsprechend für die Gestaltung der Rechte aus gruppeninternen Drittsicherheiten (§ 2 Absatz 4). (3) Soweit vertragliche Nebenbestimmungen oder Vereinbarungen nach § 2 Absatz 2 gestaltet werden, legt der gestaltende Teil fest, wie diese abgeändert werden sollen. (4) 1Restrukturierungsforderungen können auch in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte an dem Schuldner umgewandelt werden. 2Eine Umwandlung gegen den Willen der betroffenen Gläubiger ist ausgeschlossen. 3Insbesondere kann der Plan eine Kapitalherabsetzung oder -erhöhung, die Leistung von Sacheinlagen, den Ausschluss von Bezugsrechten oder die Zahlung von Abfindungen an ausscheidende an dem Schuldner beteiligte Personen vorsehen. 4Der Plan kann vorsehen, dass Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte übertragen werden. 5Im Übrigen kann jede Regelung getroffen werden, die gesellschaftsrechtlich zulässig ist. 6§ 225a Absatz 4 und 5 der Insolvenzordnung ist entsprechend anzuwenden. Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Regelung der Eingriffstiefe in die Rechte der Planbetroffenen ........... 4 a) Grundlagen .............................. 4 b) Bestimmtheitsgebot .............. 10 c) Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen ........................... 12
3.
Gestaltungsgrenze durch das Verbot der Übersanierung ........... 15 a) Herleitung und Gegenstand des Verbots der Übersanierung ............................... 15 b) Tatbestandliche Bestimmung .......................... 26
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes § 7 StaRUG greift § 221 Satz 1 InsO auf, geht aber über diesen hinaus, weil in 1 ihm sogleich auch die Inhalte der komplementären Vorschriften der §§ 223, 225a InsO sowie die materielle Grundlage für Eingriffe in gruppeninterne Drittsicherheiten (§§ 2 – 4 StaRUG Rn. 31 ff.) und des Eingriffs in vertragliche
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Nebenbestimmungen bei mehrseitigen Verträgen (§§ 2 – 4 StaRUG Rn. 22 ff.) mitgeregelt werden. § 7 StaRUG ist damit die verfahrensrechtliche Ermächtigungsgrundlage für die gegenständliche Regelung der durch den Restrukturierungsplan zu vollziehenden Eingriffe in die Rechte der Gläubiger. Während §§ 2 bis 4 StaRUG (vgl. dort Rn. 10 ff.) den gegenständlichen Erstreckungsbereich der präventiven Restrukturierung und damit die materiell-rechtliche Eingriffsgrundlage regeln (Eingriffsweite), enthält § 7 StaRUG die Ermächtigungsgrundlage für die rechtsgestaltenden Festsetzungen des Restrukturierungsplans und ist damit Ausgangsnorm für die Bestimmung der Regelungstiefe. § 7 StaRUG ist unmittelbar mit §§ 2 – 4 StaRUG verknüpft, weil nach § 7 StaRUG keine rechtsgestaltende Erklärung aufgenommen werden darf, die nicht von der materiell-rechtlichen Grundlage der §§ 2 – 4 StaRUG gedeckt ist. 2 Bei § 7 StaRUG handelt es sich um eine Vorschrift über den Inhalt und die verfahrensmäßige Behandlung des Restrukturierungsplans im Sinne des § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG, weshalb ein Verstoß gegen die Regelung über die gestaltenden Festsetzungen des Plans und der von ihr in Bezug genommenen Vorschriften die zwingende Versagung der Planbestätigung zur Folge hat. 3 Aus § 7 StaRUG folgen demnach nicht nur formale Anforderungen an die Darstellung der Art und des Umfangs des durch den Restrukturierungsplan vorgesehenen Eingriffs in die Beteiligtenrechte, sondern auch materiellrechtliche Schranken insbesondere durch das Verbot einer „Übersanierung“ (Rn. 15 ff.). 2. Regelung der Eingriffstiefe in die Rechte der Planbetroffenen a) Grundlagen 4 Die Vorschrift des § 7 StaRUG entspricht den insolvenzrechtlichen Vorschriften zum Inhalt des gestaltenden Teils eines Insolvenzplans. Auf die hierzu ergangene Rechtsprechung und die Kommentierungen zu §§ 221 Abs. 1, 223 Abs. 2, 224, 225a InsO kann verwiesen werden. Besonderheiten ergeben sich lediglich daraus, dass in die Regelungswirkung des Restrukturierungsplans nicht notwendigerweise alle Gläubiger einbezogen werden. 5 § 7 Abs. 1 StaRUG enthält zugleich die für die weiteren Vorschriften des StaRUG maßgebliche Klammerdefinition der Planbetroffenen, worunter die Inhaber der von den Regelungen des gestaltenden Teils des Restrukturierungsplans betroffenen Restrukturierungsforderungen, Absonderungsanwartschaften, gruppenintern Drittsicherheiten und Mitglieds- und Anteilsrechte zusammengefasst werden. 6 Während § 7 Abs. 1 StaRUG die grundsätzliche Anordnung enthält, dass die verfügenden Wirkungen des Restrukturierungsplans in dessen gestaltenden Teil zu regeln sind, enthalten die Abs. 2 – 4 die nötige Eingriffsgrundlage zur zulässigen Regelungstiefe.
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§ 7 Gestaltender Teil
So ergibt sich aus Abs. 2, dass Restrukturierungsforderungen oder andere 7 Absonderungsanwartschaften ganz oder teilweise erlassen (§ 397 BGB) werden können, was das Gesetz durch die Verwendung des Terminus „gekürzt“ zum Ausdruck bringt, dass sie prolongiert („gestundet“, § 271 Abs. 2 BGB) werden können, wie sie ggf. (neu) besichert oder welchen sonstigen Regelungen sie unterworfen werden sollen. Insbesondere durch die Nennung der Möglichkeit, Restrukturierungsforderungen und Absonderungsanwartschaften auch „sonstigen Regelungen“ unterwerfen zu können, folgt das Primat der grundsätzlichen Gestaltungsfreiheit und Privatautonomie bei der Ausformung der verfügenden Wirkungen des Restrukturierungsplans. In den Grenzen der sich aus anderen Gesetzen ergebenden rechtlichen Schranken (gesetzliche Verbote, § 134 BGB, z. B. begründet durch Restrukturierungszweckwidrigkeit entspr. der Rechtsprechung des BGH zur Insolvenzzweckwidrigkeit, vgl. BGH, NZI 2008, 365; Sittenwidrigkeit, § 138 BGB; Treu und Glauben, § 242 BGB) ist der Gestaltungstiefe innerhalb des Rahmens der durch §§ 2 – 4 StaRUG definierten Gestaltungsweite (vgl. dort Rn. 10 ff.) grundsätzlich kein möglicher Regelungsgegenstand der Verfügungswirkung und Gestaltungsfreiheit entzogen. Ein unmittelbarer Zusammenhang im Sinne der Erforderlichkeit der Gestaltungsmaßnahme zur Erreichung des Restrukturierungsziels ist grundsätzlich nicht erforderlich (AG Köln, ZIP 2021, 806). Dies gilt gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 StaRUG für die Gestaltung der Rechte aus 8 gruppeninternen Drittsicherheiten und gemäß § 7 Abs. 3 StaRUG für den gestaltenden Eingriff in vertragliche Nebenbestimmungen gemäß § 2 Abs. 2 StaRUG entsprechend. Auch die gesellschaftsrechtliche Gestaltungsfreiheit des Restrukturierungsplans 9 ist, genauso wenig wie im Recht des Insolvenzplans (vgl. §§ 217, 225a InsO Rn. 28 ff.), im Rahmen des gesellschaftsrechtlich Zulässigen begrenzt. Insbesondere besteht keine Begrenzung des gesellschaftsrechtlichen Könnens durch das restrukturierungsrechtliche Dürfen. Was gesellschaftsrechtlich und im Rahmen des gesellschaftsrechtlichen numerus clausus zulässig ist, kann grundsätzlich auch innerhalb des Restrukturierungsplans gestaltet werden. b) Bestimmtheitsgebot § 7 Abs. 2 und 3 StaRUG stellen klar, dass bei Gestaltung der Rechtsverhält- 10 nisse, also bei Regelung von (Teil-)Erlassen (§ 397 BGB), Stundungen (§ 271 Abs. 2 BGB), dem Eingriff in oder der Bestellung von Sicherheiten für Restrukturierungsforderungen und dem Eingriff in gruppeninterne Drittsicherheiten jeweils nach Maßgabe des Bestimmtheitsgebots der Regelungsinhalt aus dem gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans selbst hervorgehen muss. Ähnlich wie im Insolvenzplan ist auch für Zwecke der Bestimmtheit der Eingriffe in die Rechte der Planbetroffenen zwischen der Bestimmbarkeit und der Vollstreckbarkeit (§ 71 StaRUG, vgl. dort Rn. 6) zu unterscheiden (statt vieler Haas, in: Kayser/Thole, HK-InsO, § 257 Rn. 4). Die für § 7 StaRUG genügende Bestimmbarkeit ist jedoch gewahrt, wenn den Planbetroffenen die 43
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Vergleichbarkeit des Planszenarios mit dem im darstellenden Teil zugrunde gelegten Alternativszenario (vgl. § 6 StaRUG Rn. 15 ff.) möglich ist. Wie im Insolvenzplan ist daher auch im Restrukturierungsplan die Befriedigung der Planbetroffenen mit variablen Quoten möglich und zulässig (abzulehnen insoweit AG Hannover, ZIP 2016, 2081), soweit sich die Methode und die Durchführung der Quotenberechnung aus dem Plan selbst ergeben und spätestens im Rahmen der Abstimmung (schriftlich, §§ 17 – 19 StaRUG, in einer Planbetroffenenversammlung, § 20 StaRUG, oder in einem gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermin, § 45 StaRUG) die wesentlichen Determinanten zur Quotenberechnung festgeschrieben (vgl. LG Hamburg, ZIP 2017, 1920 ) werden, also zum Beispiel Rückstellungen beziffert und die Methode zur Bestimmung freibleibender Variablen in eindeutig bestimmbarer und ihrerseits vollstreckbarer Art und Weise festgeschrieben sind. Für die Bestimmbarkeit (und auch für die aus ihr folgende Vollstreckbarkeit) reicht es nämlich aus, wenn das bestimmende Dokument (der Titel, hier: der Restrukturierungsplan) sämtliche Kriterien für seine Bestimmbarkeit eindeutig festlegt, ohne dabei auf den Inhalt anderer, nicht Bestandteil des Plans gewordener Dokumente Bezug zu nehmen (BGHZ 165, 223). 11 Soweit in vertragliche Nebenbestimmungen eingegriffen wird (Abs. 3) sollte größtmögliche Sorgfalt darauf verwendet werden, den künftig geltenden vertraglichen Text zweifelsfrei festzuschreiben. Idealerweise wird eine vollständige Neufassung der vertraglichen, künftig geltenden Bestimmungen in einer Änderungsverfolgungsversion dem Restrukturierungsplan beigefügt. Zweifel in der Auslegung des künftig geltenden Inhalts gehen zulasten des Schuldners. c) Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen 12 § 7 Abs. 4 StaRUG greift die Regelung zur Gestaltbarkeit auch der Anteilsrechte an dem Schuldner in § 2 Abs. 3 StaRUG auf und lehnt sich so an §§ 217 Abs. 1 Satz 2, 225a InsO an. Innerhalb der Geltung des gesellschaftsrechtlichen numerus clausus der Gesellschaftsrechte und -formen kann der Restrukturierungsplan jede gesellschaftsrechtliche Regelung vorsehen, die (gesellschaftsrechtlich) zulässig ist. Eine Beschränkung des gesellschaftsrechtlichen Könnens durch ein restrukturierungsrechtliches Dürfen besteht nicht. 13 Es besteht ein vollständiger Gleichlauf mit den insolvenzplanrechtlichen Vorschriften, weshalb auf die Kommentierung zu §§ 217 Abs. 1 Satz 2, 225a InsO in diesem Buch (dort insbesondere Rn. 41 ff.) verwiesen werden kann. 14 Herauszustellen ist, dass das aus dem Insolvenzplan bekannte Verbot des DebtEquity-Swap gegen den Willen des betroffenen Gläubigers – genau wie im Gesetzgebungsverfahren des ESUG – erst im Rahmen der Beratungen des Rechtsausschusses in das Gesetz gelangt und die bis dorthin vorgesehene Widerspruchslösung des Regierungsentwurfs verdrängt hat.
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§ 7 Gestaltender Teil
3. Gestaltungsgrenze durch das Verbot der Übersanierung a) Herleitung und Gegenstand des Verbots der Übersanierung Unbeschadet der grundsätzlich durch § 7 StaRUG eröffneten gegenständlichen 15 Gestaltungsfreiheit stellt sich jedoch die Frage, ob sich aus einer Gesamtauslegung des StaRUG selbst implizite Gestaltungsgrenzen ergeben können. In richtlinienkonformer Auslegung des § 1 StaRUG i. V. m. der jeweiligen 16 gesellschaftsrechtlichen Haftungsnorm (insbesondere § 43 GmbHG) haben die Geschäftsleiter vom Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit an die Führung des Unternehmens am Interesse der Gläubiger und vorrangig vor dem Gesellschafterinteresse auszurichten (vgl. Vor § 1 StaRUG Rn. 5; § 1 StaRUG Rn. 27). Nach Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache setzt sich diese Pflicht gemäß ausdrücklicher Anordnung in § 32 Abs. 1 StaRUG fort (zum Beginn dieser Pflicht vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 9 ff.). Insbesondere ist bei Führung der Restrukturierungssache mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführers das Interesse der Gesamtheit der Gläubiger zu wahren und sind sämtliche Maßnahmen zu unterlassen, die mit dem Restrukturierungsziel nicht vereinbar sind (vgl. § 32 StaRUG Rn. 7 ff.). Das Restrukturierungsziel ist nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG legaldefiniert 17 als das der Restrukturierung zugrunde liegende Konzept, das auf Grundlage einer Darstellung von Art, Ausmaß und Ursachen der Krise das nach ihrer Überwindung zu erreichende Ergebnis beschreibt. Definitorischer Bestandteil des Restrukturierungsziels, an dessen Erreichung die Geschäftsleiter ihr Handeln auszurichten haben, ist daher auch das Ausmaß der der Einleitung der Restrukturierungssache zugrundeliegenden Krise. Dass das Krisenausmaß bei der Beurteilung der vom Schuldner im Zusammen- 18 hang mit der Restrukturierungssache angestrebten Maßnahmen Beachtung finden muss, kommt auch in anderen Vorschriften zum Ausdruck. So ordnet § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StaRUG an, dass eine Stabilisierungsanordnung nicht ergehen darf, wenn diese nicht erforderlich ist, um das Restrukturierungsziel zu verwirklichen. Nach § 6 Abs. 2 StaRUG ist in der Vergleichsrechnung des darstellenden Teils des Restrukturierungsplans für das Alternativszenario die Fortführung des Unternehmens zu unterstellen, wenn diese auch Gegenstand des Restrukturierungkonzepts ist. Hierdurch wollte der Gesetzgeber gezielt Gestaltungsspielräume für übermäßige Eingriffe in die Rechte der Planbetroffenen durch die Gegenüberstellung der Folgen des Restrukturierungsplans mit denen eines Liquidationsszenarios schließen (vgl. § 6 StaRUG Rn. 15 ff.). Im Kontext zu § 6 Abs. 2 StaRUG steht auch § 14 Abs. 1 StaRUG, wonach der Restrukturierungsplan eine Begründung enthalten muss, aus der sich ergibt, wie sich auf Grundlage des Plans die Insolvenz verhindern und die Bestandsfähigkeit des Unternehmens gewährleisten lässt. Hierin kommt insgesamt klar zum Ausdruck, dass das Ziel des Verfahrens auf das notwendige, zur Überwindung der Krise erforderliche Maß ausgerichtet aber auch beschränkt ist
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
und übermäßige Eingriffe, die durch das Restrukturierungskonzept nicht veranlasst sind, gerade nicht toleriert werden sollen. 19 In diesem Kontext ist auch § 51 Abs. 1 Satz 2 StaRUG von Bedeutung, wonach eine Restrukturierungsplanung nur dann schlüssig ist, wenn nicht offensichtlich ist, dass sich das Restrukturierungsziel auf Grundlage der in Aussicht genommenen Maßnahmen nicht erreichen lässt. 20 Im Umkehrschluss dieser Schlüssigkeitsprüfung und unter Zugrundelegung des in § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StaRUG mit dem Hinweis auf die Erforderlichkeit zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsprinzips nämlich, sowie unter Beachtung der allgemeinen Ausrichtung sämtlicher Maßnahmen am Gesamtgläubigerinteresse und der Haftungsanordnung gegenüber den Geschäftsleitern für übermäßige, durch das Restrukturierungskonzept nicht gerechtfertigte Eingriffe in die Gläubigerrechte gemäß § 57 StaRUG lässt sich aus dem Gesetz eine Gesamtanalogie ableiten, wonach einerseits die Bestimmung des Restrukturierungsziels in Relation zu dem Ausmaß der Krise, andererseits die im Restrukturierungsplan vorgesehenen Maßnahmen im Verhältnis zu dem zu erreichenden Restrukturierungsziel verhältnismäßig sein müssen, also den Maßstäben der Erforderlichkeit, Geeignetheit und der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne genügen müssen. In Ansehung der in § 14 Abs. 1 StaRUG klar bestimmten Zielsetzung, wonach dem Restrukturierungsplan die begründete Erklärung zu den Aussichten darauf beizufügen ist, dass die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners durch den Plan beseitigt und die Bestandsfähigkeit des Schuldners sicher- oder wiederhergestellt wird, ist damit allein die Bestandsfähigkeit des Schuldners das nach der Vorstellung des Gesetzgebers mit der präventiven Restrukturierung zu erreichende Ziel. Nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. 21 Aus dieser Gesamtanalogie folgt aber zugleich, dass es nicht um das Gestaltungsspektrum in der Breite, sondern um die Gestaltungstiefe, nämlich darum geht, die wirtschaftlichen Eingriffe in die Rechte der Gläubiger an dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit auszurichten. Welche Maßnahmen zur Erreichung eines (noch) verhältnismäßigen Restrukturierungsziels mit dem Plan umgesetzt werden sollen, obliegt der Gestaltungsfreiheit des Schuldners (vgl. dazu auch Rn. 26). 22 Daraus folgt ein Verbot der wirtschaftlichen Übersanierung, die im Ergebnis allein den (bisherigen oder neuen) Gesellschaftern zugutekäme, ohne durch die besonderen Erfordernisse der zugrundeliegenden Krise gerechtfertigt zu sein. Dass eine solche Zuweisung von Werten an die Gesellschafter aber grundsätzlich nicht gerechtfertigt und nur im Ausnahmefall zulässig ist, kommt in § 28 Abs. 2 StaRUG deutlich zum Ausdruck. Durch den Restrukturierungsplan dürfen daher keine größeren Eingriffe in die Rechte der Planbetroffenen vorgenommen werden als für die Überwindung der zugrundeliegenden Krise erforderlich. Insbesondere darf die Restrukturierung nicht zur betriebswirtschaftlichen Überoptimierung dienen. Die Eingriffe dürfen daher nicht über
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§ 7 Gestaltender Teil
das Maß hinausgehen, dass erforderlich ist, die nachhaltige Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit (vgl. § 14 Abs. 1 StaRUG) zu sichern. Diese kann im besten Fall als nachhaltige Wiederherstellung der Ertragsfähigkeit der Gesellschaft als einem Mehr gegenüber der reinen Bestandsfähigkeit verstanden werden. Die Begrenzung der Gestaltungstiefe durch ein solcherart definiertes Verbot 23 der Übersanierung ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil bereits durch die obligatorische Vergleichsrechnung gemäß § 6 StaRUG (vgl. dort Rn. 15 ff.) sichergestellt wäre, dass der Restrukturierungsplan keine übermäßigen Eingriffe in die grundsätzlich geschützten Rechtspositionen der Planbetroffenen vorsieht. Denn die Vergleichsrechnung des Restrukturierungsplans unterscheidet sich 24 von der Vergleichsrechnung des Insolvenzplans in einem wesentlichen Punkt: Im bisherigen Recht des Insolvenzplans war Vergleichsmaßstab für die Prüfung, dass der Insolvenzplan für die Insolvenzgläubiger nicht nachteilig ist, die bestmögliche Verwertungsalternative in der Regelabwicklung (Zerschlagung oder übertragende Sanierung, wenn entsprechende Möglichkeit dargelegt). Auch nach der Neufassung des § 220 Abs. 1 InsO ist zwar die Fortführung des Unternehmens selbst im Zerschlagungsszenario grundsätzlich zu unterstellen; der Vergleich mit einem alternativen, für die Gläubiger vielleicht „besseren“ Insolvenzplan ist aber gerade nicht geboten (vgl. zum Ganzen Spliedt, in: K. Schmidt, InsO [19. Auf. 2016], § 245 Rn. 6 ff.). Daraus folgt, dass die im Insolvenzplan vorgesehenen Eingriffe in die Rechte der Gläubiger bis an die Grenze des Residualwertes der Gläubigerforderungen im bestmöglichen, regelmäßig die Fortführung unterstellendem Regelabwicklungsszenario gestaltet werden können, ohne dass die Gläubiger hierdurch schlechter gestellt würden und die Bestätigungsfähigkeit des Insolvenzplans gefährdet würde. Obwohl auch in der Vergleichsrechnung des Restrukturierungsplans gemäß 25 § 6 StaRUG (vgl. dort Rn. 15 ff.) mit identischer Formulierung die Fortführung des Unternehmens, gleichzeitig aber regelmäßiges Alternativszenario dennoch die Einleitung eines Insolvenzverfahrens ist, weil der Insolvenzantragsgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit bereits erfüllt ist, ist ein Eingriff in Gläubigerrechte gemäß § 7 StaRUG bis zur Grenze des Residualwertes der Gläubigerforderung in der Insolvenz gerade nicht gerechtfertigt. Denn anders als im Insolvenzplanverfahren muss unter Wahrung der Gläubigerinteressen und der Verhältnismäßigkeit ein Vermögensvorteil aus der Wahl des präventiven Restrukturierungs- anstelle des Insolvenzverfahrens den Gläubigern und nicht den Gesellschaftern zugutekommen. Anders als im Insolvenzplanverfahren ist im Restrukturierungsplan daher Maßstab für die Zulässigkeit des Eingriffs nicht allein die Besserstellung gegenüber der nächstwahrscheinlichen Sanierungsoption, welche regelmäßig die Insolvenz, wenn auch mit grundsätzlich zu unterstellender Fortführung ist, sondern auch im Falle einer alternativ drohenden Insolvenz diejenige Sanierungsoption mit der geringsten Eingriffsintensität in die Gläubigerrechte, die gleichermaßen geeignet ist, das legitime Sanierungsziel zu erreichen. Der sich aus der Vermeidung der mit 47
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
der Insolvenz verbundenen negativen Folgen ergebende Vermögensvorteil und damit der Mehrwert der präventiven Restrukturierung muss im Rahmen der Ausübung des grundsätzlich freien Gestaltungsermessens zugunsten der Gläubiger allokiert werden, weshalb die Beschränkung der Vergleichsrechnung allein auf die Folgen für die Gläubiger, insbesondere im alternativen Insolvenzszenario ungenügend ist. Mit anderen Worten: Wenn zwischen dem alternativen Insolvenz-Fortführungsszenario und der Summe der notwendigen Eingriffe zur Sicherung allein der nachhaltigen Bestands- im Sinne bestenfalls einer nachhaltigen Ertragsfähigkeit ein Unterschiedsbetrag besteht, darf der Insolvenzplan diesen voll zugunsten des Schuldners ausschöpfen, der Restrukturierungsplan gerade nicht. Ein Ausreizen der im gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans vorgesehenen Eingriffe bis an die Grenze des Residualwertes in der Insolvenz ist damit grundsätzlich unzulässig, sofern nicht gleichzeitig dargestellt und erläutert ist, dass die Regelung einer geringeren Eingriffsintensität das Restrukturierungsziel gefährdet und damit ein milderes, gleich effektives Gestaltungsmittel nicht zur Verfügung steht. b) Tatbestandliche Bestimmung 26 Die Bestimmung des (noch) zulässigen Maßes der Sanierung wird in der Praxis freilich Schwierigkeiten begegnen. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass es nicht um die Prüfung jeder einzelnen, im Plan vorgesehenen Maßnahme auf ihre Erforderlichkeit ankommt, da es gerade nicht um die Beschränkung der Gestaltungsfreiheit in Bezug auf die Wahl der Mittel, sondern nur um eine Beschränkung der Eingriffstiefe geht, die nicht über das wirtschaftlich erforderliche Maß hinausgehen darf. 27 Da der Erfolg einer Restrukturierung zudem die nachhaltige Wiederherstellung der Ertragsfähigkeit verlangt, ist eine gewisse Zukunftsgerichtetheit der Prognose obligatorisch. Hiermit gehen aber immer auch Unwägbarkeiten einher, die berücksichtigt und mit einer entsprechenden Risikovorsorge in die Restrukturierungsplanung einzustellen sind. Darüber hinaus wird nicht verlangt werden können, dass lediglich bis zum Erreichen der sprichwörtlichen „schwarzen Null“ saniert werden darf, sondern dass die nachhaltige Wiederherstellung der Ertragsfähigkeit auch eine nachhaltige Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit verlangt. Hierfür ist, um im Wettbewerbsumfeld und insbesondere im Preiswettbewerb bestehen zu können, auch die Wiedererreichung einer wettbewerbsfähigen EBIT-Marge erforderlich. Denn nur, wenn und soweit das Unternehmen in der Lage ist, eine im Vergleich zu Wettbewerbern angemessene Marge zu erwirtschaften, ist es auch in der Lage, die für die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit nötigen Investitionen zu tätigen, den nötigen Zugang zu Finanzierungsquellen offenzuhalten und so kompetitiv zu bleiben. 28 Zum Nachweis, dass mit dem im Restrukturierungsplan zu bestimmenden Restrukturierungsziel keine Übersanierung angestrebt wird, ist daher dringend anzuraten, dass das angestrebte Restrukturierungsziel im darstellenden Teil des Restrukturierungsplans zu den verfügbaren Kennzahlen einer repräsentativen 48
§ 8 Auswahl der Planbetroffenen
Vergleichsgruppe (Peer Group) aus dem Wettbewerbsumfeld in Relation gesetzt wird. Unterbleibt dies und ist im Ergebnis eine Übersanierung feststellbar, für die 29 der einwendende Gläubiger darlegungs- und glaubhaftmachungsbelastet ist, die aber keine individuelle Schlechterstellung des Gläubigers im Sinne des § 64 StaRUG verlangt, stellt dies nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG ein von Amts wegen zu beachtendes Planbestätigungshindernis dar. Das Risiko, zu weitgehende Gläubigereingriffe vorzusehen und dadurch den Tatbestand einer Übersanierung zu erfüllen, ist daher erheblich, weil es das Scheitern des gesamten Restrukturierungsplans zur Folge hätte. Da es sich um ein von Amts wegen zu beachtendes Planbestätigungshindernis 30 handelt, hat das Restrukturierungsgericht auch ohne entsprechenden Gläubigervortrag eine sich offenkundig aus der Darstellung des Restrukturierungsziels ergebende Übersanierung zu beachten und die Planbestätigung zu versagen. §8 Auswahl der Planbetroffenen 1
Die Auswahl der Planbetroffenen hat nach sachgerechten Kriterien zu erfolgen, die im darstellenden Teil des Plans anzugeben und zu erläutern sind. 2Die Auswahl ist sachgerecht, wenn 1. die nicht einbezogenen Forderungen auch in einem Insolvenzverfahren voraussichtlich vollständig erfüllt würden, 2. die in der Auswahl angelegte Differenzierung nach der Art der zu bewältigenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Schuldners und den Umständen angemessen erscheint, insbesondere, wenn ausschließlich Finanzverbindlichkeiten und die zu deren Sicherung bestellten Sicherheiten gestaltet werden oder die Forderungen von Kleingläubigern, insbesondere Verbrauchern, Klein- und Kleinstunternehmen oder mittleren Unternehmen, unberührt bleiben oder 3. mit Ausnahme der in § 4 genannten Forderungen sämtliche Forderungen einbezogen werden. Übersicht 1. 2. 3.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Grundprinzipien der Auswahl der Planbetroffenen ....................... 4 Regelbeispiele sachgerechter Differenzierung (§ 8 Satz 2 StaRUG) ....................................... 14 a) Funktion und Reichweite der Regelbeispiele .................. 14
b) Befriedigung im Insolvenzverfahren (§ 8 Satz 2 Nr. 1 StaRUG) ................................ 16 c) Gegenständlich beschränktes Restrukturierungskonzept (§ 8 Satz 2 Nr. 2 StaRUG) ... 18 d) Einbeziehung aller (einbeziehungsfähigen) Gläubiger (§ 8 Satz 2 Nr. 3 StaRUG) ... 20
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen e) Grundsätzliche Einbeziehung der Anteilseigner (arg. e contr. § 8 Satz 2 StaRUG) ............... 21
4.
Rechtsfolgen einer nicht sachgerechten oder intransparenten Auswahl ........................................ 24
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 § 8 StaRUG trägt dem Umstand Rechnung, dass es sich bei der präventiven Restrukturierung zwar um ein teilkollektives Verfahren handelt und dem Schuldner ein gewisses Auswahlermessen bei der Bestimmung derjenigen Gläubiger zugebilligt wird, denen er Beiträge zur Erreichung des Restrukturierungsziels abverlangt. Allerdings kann dieses Auswahlermessen nach den Vorgaben der Richtlinie (EG 46 S. 3 RL) der gerichtlichen Ausübungskontrolle unterworfen werden, wovon der deutsche Gesetzgeber durch die Anordnung des Kriteriums der Sachgerechtigkeit Gebrauch gemacht hat. 2 Die Vorschrift gehört zu den wesentlichen materiell-rechtlichen Schranken der Plangestaltung und hat daher für die gerichtliche Vorprüfung und die Prüfung zur Planbestätigung eine erhebliche Bedeutung. Auf die sorgsame Auswahl und Begründung derselben sollte daher erhebliches Gewicht sowohl bei der Gestaltung als auch bei der Prüfung des Plans gelegt werden. § 8 StaRUG korrespondiert eng mit dem Gleichbehandlungsgebot des § 10 StaRUG und ist Ausprägung desselben. Zugleich ist das Missbrauchspotenzial durch strategische Auswahlentscheidungen (ggf. auch in „Ketten-Plänen“) erheblich (so bereits Hölzle, ZIP 2020, 585, 590). 3 Die Auswahl der Planbetroffenen unterliegt wegen seiner besonderen Bedeutung dem Transparenzgebot und ist im darstellenden Teil des Restrukturierungsplans zu erläutern und zu begründen. Dies hat nachvollziehbar und erkennbar sowie zwingend im darstellenden Teil zu erfolgen; eine Verlagerung in andere Gliederungspunkte des Plans oder gar in die Anlagen ist unzulässig (vgl. § 6 StaRUG Rn. 5). 2. Grundprinzipien der Auswahl der Planbetroffenen 4 Die Auswahl der Planbetroffenen muss nach sachgerechten Kriterien erfolgen. Sie steht dementsprechend nicht im freien Ermessen des Schuldners. Damit beugt das Gesetz der Gefahr von Manipulationen vor, die im Falle eines ungebundenen Ermessens zu besorgen wären (BT-Drucks. 19/24181, S. 117; so auch Hölzle, ZIP 2020, 585, 590). Das Gesetz beschränkt sich aber nicht in Anwendung des Transparenzgebots auf einen Darstellungs- und Begründungszwang, wenn es auch davon ausgeht, dass die Transparenz einen wesentlichen Beitrag dazu leistet, dass planbetroffene Gläubiger dem Plan nicht zustimmen werden, wenn Gläubiger mit einer (wirtschaftlichen) vergleichbaren Interessenlage nicht ebenfalls einbezogen und dadurch bessergestellt sind. Da dieser selbstregulierende Effekt Missbrauch nicht effektiv und vollständig ausschließt, ordnet das Gesetz in § 8 Satz 1 StaRUG unmissverständlich an, dass die Auswahl nach sachgerechten Kriterien zu erfolgen hat. Der aus dem Trans-
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§ 8 Auswahl der Planbetroffenen
parenzgebot folgende Darstellungs- und Begründungszwang ist damit nur Annex dazu. Das Gesetz unterstellt, dass die Auswahl der Planbetroffenen nach einer sach- 5 gerechten und angemessenen Verteilung der wirtschaftlichen Lasten zu erfolgen hat (BT-Drucks. 19/24181, S. 117). Unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebots des § 10 Abs. 1 StaRUG, der, ähnlich wie das gruppenbezogene Gleichbehandlungsgebot in § 226 InsO in enger Beziehung zur sachgerechten Gruppenbildung nach § 222 InsO im Insolvenzplanverfahren steht (vgl. BGH, ZIP 2015, 1346), als komplementäre Vorschrift zu § 8 Satz 1 StaRUG verstanden werden muss, ist zunächst zwingend, dass die sachgerechte Auswahl der Planbetroffenen im Grundsatz die Einbeziehung sämtlicher Gläubiger gleicher Rechtsstellung und vergleichbarer Interessenlage (dazu Rn. 20) erfordert. Die Nichteinbeziehung einzelner Gläubiger oder einzelner Gläubigergruppen bedarf der positiven Herleitung und Begründung. Die Teil-Kollektivität des Verfahrens ist daher als Privileg zu verstehen, das nur im begründeten Ausnahmefall in Anspruch genommen werden darf, wobei sich die Begründung an den typisierten Kriterien des § 8 Satz 2 StaRUG zu orientieren hat. Dies gilt umso mehr, als § 28 Abs. 1 Satz 1 StaRUG die Durchbrechung der absoluten Prioritätsregel (vgl. §§ 25 – 28 StaRUG Rn. 10 ff.) und die Relativierung des strikten Gleichbehandlungsgebots dort erlaubt, wo dies angesichts der konkreten Restrukturierungsaufgabe und den Umständen angemessen erscheint, um so flexible Lösungen unter möglichst breiter Einbeziehung der Gläubiger zu ermöglichen (BT-Drucks. 19/24181, S. 130). In der Gesamtauslegung folgt daraus, dass der Einbeziehung und etwaigen Ungleichbehandlung grundsätzlich der Vorrang vor einer NichtEinbeziehung einzelner Gläubigergruppen zu gewähren ist. Gleichzeitig stellt die Gesetzesbegründung klar, dass die Sachgerechtigkeit 6 sich auch an dem Verhältnis von Eingriff und Nutzen orientieren kann und soll (BT-Drucks. 19/24181, S. 117). Die Auswahl der Planbetroffenen hat sich damit auch an dem zu definierenden Restrukturierungsziel zu orientieren. Beiträge von potenziell Planbetroffenen, die nur einen relativ geringen Nutzenbeitrag zu dem Erreichen des Restrukturierungsziels bei einer gleichzeitig jedoch individuell absolut hohen Eingriffsintensität zeitigen, rechtfertigen demnach eine Differenzierung, während die Einbeziehung auch solcher Gläubiger umgekehrt niemals die Sachgerechtigkeit in Frage stellen kann (vgl. auch § 8 Satz 2 Nr. 3 StaRUG), da kein Gläubiger einen Anspruch darauf hat, an der Lastentragung nicht beteiligt zu werden. Anders sieht es aber aus, wenn das zugrunde liegende Restrukturierungskon- 7 zept die Einbeziehung einzelner Gläubiger(-gruppen) nicht erfordert, weil deren Beiträge für das Erreichen des Restrukturierungsziels nicht maßgeblich sein können. Zielt das Restrukturierungskonzept zum Beispiel auf eine – nach § 8 Satz 2 Ziff. 2 StaRUG ausdrücklich sachgerechte – ausschließlich finanzwirtschaftliche Restrukturierung des Schuldners ab, so hielte die Einbeziehung auch der Lieferantengläubiger der Anwendung des Sachgerechtigkeitskriteriums 51
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
mitunter nicht stand. Denn: Eingriffe in die Rechte der Planbetroffenen sind nach dem Verbot der Übersanierung (vgl. § 7 StaRUG Rn. 15 ff.) nur insoweit zulässig, wie sie zur Erreichung des Restrukturierungsziels erforderlich sind. Dies gilt dann jedoch a maiore ad minus nicht nur für die Beiträge, die den Planbetroffenen abverlangt werden, sondern erst recht für die Einbeziehung der Gläubiger als Planbetroffene in das Restrukturierungsvorhaben überhaupt. 8 Leitlinie für die Auslegung des Sachgerechtigkeitskriteriums sind damit das Verbot der Übersanierung (vgl. § 7 StaRUG Rn. 15 ff.) einerseits, das Gebot der Gleichbehandlung aller Gläubiger (§ 10 StaRUG), also auch der nicht Planbetroffenen andererseits (vgl. Rn. 20). Die Auswahl muss sich daher daran messen lassen, ob sie unter Berücksichtigung der konkreten Umstände erforderlich erscheint, um die Restrukturierungslösung überhaupt realisieren zu können (BT-Drucks. 19/24181, S. 118) und die Nichteinbeziehung der Nichtplanbetroffenen gegenüber den von den Planbetroffenen eingeforderten Beiträgen durch an dem konkreten Restrukturierungsziel orientierte Sachgründe gerechtfertigt ist, die nicht vorrangig durch eine Einbeziehung der NichtPlanbetroffenen unter gleichzeitiger Durchbrechung der absoluten Vorrangregel nach § 28 Abs. 1 Satz 1 StaRUG erreichbar gewesen wären. 9 Da die absolute Vorrangregel der §§ 26, 27 StaRUG die wirtschaftliche Beteiligung nur der Planbetroffenen in Relation zueinander setzt, hat die Prüfung der Sachgerechtigkeit besonderes Augenmerk darauf zu legen, dass die Auswahl der Planbetroffenen nicht – vorrangig – der strategischen Beschaffung von Mehrheiten oder Minderheiten im Abstimmungsverfahren dient und die Lasten unter rechtlich und wirtschaftlich gleichrangigen Gläubigern nicht unterschiedlich verteilt werden. 10 Das Gewicht, das der Gesetzgeber der Einhaltung dieser klaren Auswahlkriterien beimisst, wird noch einmal in der Anordnung des Transparenzgebots in § 8 Satz 1 StaRUG deutlich. Die Auswahl der Planbetroffenen ist im darstellenden Teil des Restrukturierungsplans obligatorisch nicht nur darzulegen, sondern auch zu begründen. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus Ziffer 5 der Anlage zu § 5 Satz 2 StaRUG. Maßstab für die Prüfung der Sachgerechtigkeit der Auswahl der Planbetroffenen durch das Restrukturierungsgericht ist allein die Tragfähigkeit der im Plan angegebenen Kriterien (BGH, ZIP 2015, 1346). Andere als die in der Begründung angegebenen Kriterien dürfen daher bei der Beurteilung nicht berücksichtigt werden. 11 Die sachgerechte Begründung erfordert im Einklang mit entsprechenden Forderungen in der Literatur (vgl. Hölzle, ZIP 2020, 585, 594 f.) zudem, dass im darstellenden Teil neben den Planbetroffenen auch die nicht planbetroffenen Gläubiger des Schuldners namhaft zu machen sind (BT-Drucks. 19/24181, S. 118), da nur so die Sachgerechtigkeit der Auswahlentscheidung anhand der Kriterien der Gleichbehandlung im Sinne einer sachgerechten Lastentragung und -verteilung sowie der Verhinderung strategischer Mehrheitsentscheidungen prüfbar ist. Ob dies eine individualisierte namentliche Nennung sämtlicher
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§ 8 Auswahl der Planbetroffenen
Gläubiger erfordert, hängt vom Umfang der Differenzierung ab, sollte im Regelfall aber erwartet werden. Während die Kriterien für die Differenzierung und Begründung sowie die Typisierung der nicht einbezogenen Gläubiger zwingend im darstellenden Teil selbst zu erfolgen hat, ist die namentliche Individualisierung in einer Anlage zum Plan ähnlich der Auflistung der Gläubigergruppen im Insolvenzplan bzw. der Anlage dazu möglich, sinnvoll und zulässig. Ist eine Typisierung der nicht einbezogenen Gläubiger(-gruppen) nicht (nach- 12 vollziehbar) möglich, so impliziert dies die fehlende Sachgerechtigkeit der Differenzierung, da die Ausklammerung individualisierter Gläubiger, die nicht an dem konkreten Restrukturierungsziel ausgerichteten, typisierten Kriterien folgt, im absoluten Regelfall eine mit dem Gleichbehandlungsgebot (§ 10 Abs. 1 StaRUG) nicht vereinbare individualisierte Besserstellung begründet, die nicht sachgerecht begründbar sein kann. Die Darstellung und Begründung der Auswahl der Planbetroffenen nach § 8 13 Satz 1 StaRUG hat daher im Grundsatz davon auszugehen, dass sämtliche Gläubiger in die Restrukturierung einzubeziehen sind und unter Abarbeitung der hier dargestellten Kriterien sodann detailliert zu begründen, nach welchen an dem konkreten Restrukturierungsziel ausgerichteten Kriterien einzelne Gläubiger(gruppen) nicht einbezogen sind und weshalb von diesen kein gleichlaufender Sanierungsbeitrag eingefordert wird. Es ist dringend zu empfehlen, dass der darstellende Teil des Restrukturierungsplans hierzu eine gesonderte Gliederungsziffer enthält. 3. Regelbeispiele sachgerechter Differenzierung (§ 8 Satz 2 StaRUG) a) Funktion und Reichweite der Regelbeispiele § 8 Satz 2 StaRUG enthält Regelbeispiele, die jedoch keinen Selbstzweck er- 14 füllen, sondern lediglich die vorstehend wiedergegebenen Sachgerechtigkeitskriterien typisiert ausformen und in deren Ansehung auszulegen sind. § 8 Satz 2 Nr. 1 – 3 StaRUG beinhalten dementsprechend auch keinen abschließenden Katalog. Maßgeblich sind allein die gleichartigen, auf das konkrete Restrukturierungsziel bezogenen wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten und ist bei der Auswahlentscheidung die gleichartige Berücksichtigung aller Beteiligten, deren wichtigsten auf das Restrukturierungsziel bezogenen wirtschaftlichen Interessen übereinstimmen (BGH, ZIP 2015, 1346). Umgekehrt bringt der Gesetzgeber durch die unterlassene Typisierung weiterer 15 Fallgruppen und somit durch sein beredtes Schweigen zum Ausdruck, dass die Abweichung von dem Grundsatz, dass im Ausgangspunkt regelmäßig zunächst die Planbetroffenheit aller einbeziehungsfähigen Beteiligten zu unterstellen ist, nur in wohlbegründeten Ausnahmefällen möglich ist und die Regelbeispiele des § 8 Satz 2 StaRUG hierfür eine Leitschnur bilden. Die Ergänzung um weitere, unbenannte Fälle erfordert daher die positivrechtliche Begründung
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
der Vergleichbarkeit mit der in den Regelbeispielen jeweils zum Ausdruck kommenden Interessenlage. b) Befriedigung im Insolvenzverfahren (§ 8 Satz 2 Nr. 1 StaRUG) 16 Das Regelbeispiel des § 8 Satz 2 Nr. 1 StaRUG ist unproblematisch und entspricht dem, was vorstehend hergeleitet ist. Die Nichteinbeziehung sämtlicher Gläubiger in das Restrukturierungsvorhaben, die auch in einem Insolvenzverfahren voraussichtlich vollständig befriedigt würden begegnet keinen Bedenken, weil diese durch ihre Nichteinbeziehung gegenüber den Planbetroffenen in diesem Fall nicht bevorzugt werden, dem Gleichbehandlungsgebot daher genüge getan ist. 17 Freilich müssen sämtliche Gläubiger dieser wirtschaftlichen Gruppe unberücksichtigt bleiben und muss das Alternativszenario – wie in der Vergleichsrechnung des darstellenden Teils zugrunde gelegt – tatsächlich das Insolvenzverfahren sein. Denn wenn die nächst beste Alternative nicht das Insolvenzverfahren ist, dann stehen diejenigen Gläubiger, die im Insolvenzverfahren volle Befriedigung erlangen, nicht besserer als diejenigen Gläubiger, bei denen dies nicht der Fall ist. Eine differenzierte Behandlung ist dann nicht gerechtfertigt; § 8 Satz 2 Nr. 1 StaRUG findet in diesem Fall keine Anwendung. c) Gegenständlich beschränktes Restrukturierungskonzept (§ 8 Satz 2 Nr. 2 StaRUG) 18 Mit § 8 Satz 2 Nr. 2 StaRUG schafft der Gesetzgeber in der 1. Alt., nämlich der grundsätzlichen Beschreibung, dass die Differenzierung nach der Art der zu bewältigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Schuldners und den Umständen angemessen erscheinen muss, im Grunde kein Regelbeispiel, sondern beschreibt die systemische Grundlage und das Grundprinzip der Auslegung der Norm, dass sich die sachgerechten Kriterien an dem konkreten Restrukturierungsziel und dem konkreten Restrukturierungskonzept, wie es im darstellenden Teil des Restrukturierungsplans erläutert ist, zu orientieren haben. Insoweit erfolgt die Ausfüllung des Regelbeispiels durch Anwendung der allgemeinen Grundsätze, wie vorstehend unter Rn. 8 ff. dargestellt. 19 Die sodann mit der nicht abschließenden „Insbesondere“-Aufzählung genannten Typenbeispiele der Restrukturierung ausschließlich von Finanzverbindlichkeiten und deren Besicherung sowie der Nichteinbeziehung von Klein- und Kleinstgläubigern nennt der Gesetzgeber eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des präventiven Restrukturierungsverfahrens, der im Gesetzgebungsprozess sogar empfohlen worden war (vgl. Hölzle, ZIP 2020, 585). Daraus folgt in Ansehung der konkreten Ausgestaltung des Gesetzes jedoch nicht, dass jede auf die finanzwirtschaftliche Sanierung des Schuldners beschränkte Ausgestaltung des Restrukturierungsplans aus sich heraus zulässig ist. Die Prüfung der Sachgerechtigkeit der Abgrenzung hat unter Berücksichtigung des konkreten Restrukturierungskonzepts dennoch anhand der allgemei-
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§ 8 Auswahl der Planbetroffenen
nen Abgrenzungskriterien zu erfolgen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass eine Restrukturierung, die sich allein auf die Kapitaldienstfähigkeit des Schuldners und dessen Finanzgläubiger bezieht und so den operativen Geschäftsbetrieb weitgehend unbehelligt lässt, sich im Kernbereich der Anwendung und des Nutzens der präventiven Restrukturierung und ihrer möglichen Vorteilhaftigkeit gegenüber einem Insolvenzverfahren bewegt (vgl. Hölzle, ZIP 2020, 585). Dies kommt bereits in Erwägungsgrund (2) der Richtlinie (EU) 2019, 1023 zum Ausdruck in der es heißt, dass die präventive Restrukturierung den Schuldner in finanziellen Schwierigkeiten in die Lage versetzen soll, die Geschäftstätigkeit ganz oder teilweise fortzusetzen, wobei die Einflussnahme auf operative Maßnahmen der Geltung der allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen unterliegen soll. Schon die Richtlinie legt daher einen Schwerpunkt bei der finanzwirtschaftlichen Restrukturierung zum Schutze des operativen Geschäftsbetriebes (ausführlich Hölzle, ZIP 2020, 585, 590 ff.), weshalb die Beschränkung auf eine solche bei richtlinienkonformer Auslegung im Grundsatz keinen Bedenken begegnet. Wichtig ist dabei jedoch festzustellen, dass Finanzverbindlichkeiten in diesem Sinne nur solche sein können, die aus der originären zeitlich befristeten Überlassung des Nutzungswertes des zur Verfügung gestellten Kapitals resultieren, und nicht auch solche Restrukturierungsforderungen einbezogen werden dürfen, die aus (stehengelassenen) Lieferantenverbindlichkeiten resultieren. Ebenso wenig fallen Warenkredite in diese Kategorie, da im Falle der Einbeziehung von Warenlieferanten und Dienstleistern, die freiwillig oder gezwungenermaßen auch zu Finanzgläubigern wurden, der Zweck der unbehelligten Fortführung des operativen Geschäftsbetriebes nicht mehr uneingeschränkt verwirklicht werden kann und allein die abstrakte Gefährdung des operativen Betriebes durch Einbeziehung von Lieferanten und Dienstleistern die Sachgerechtigkeit der Begrenzung auf nur diejenigen, die Forderungen haben stehen lassen, entfallen lässt. d) Einbeziehung aller (einbeziehungsfähigen) Gläubiger (§ 8 Satz 2 Nr. 3 StaRUG) § 8 Satz 2 Nr. 3 StaRUG enthält vor dem Hintergrund der systemischen Aus- 20 legung des § 8 StaRUG eine deklaratorische Wiederholung des Prinzips, dass der Restrukturierungsplan im Grundsatz alle einbeziehungsfähigen Gläubiger (vgl. §§ 2 – 4 StaRUG Rn. 10 ff.) als Planbetroffene einzubeziehen und zu berücksichtigen hat und die sachliche Beschränkung des Anwendungsbereichs des Restrukturierungsplans durch Außerachtlassung einzelner Gläubiger der besonderen sachlichen Rechtfertigung bedarf. e) Grundsätzliche Einbeziehung der Anteilseigner (arg. e contr. § 8 Satz 2 StaRUG) Zum Kreise der einzubeziehenden „Gläubiger“, dies hat der Gesetzgeber in 21 §§ 2 Abs. 3, 7 Abs. 4 StaRUG ausdrücklich klargestellt, gehören auch die am Schuldner beteiligten Personen. Daraus folgt in Anwendung der hier herge-
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leiteten Grundsätze für die sachgerechte Auswahl der Planbetroffenen, dass auch die Anteilseigner im Grundsatz in den Plan und in das Restrukturierungskonzept einbezogen werden müssen, anderenfalls die Auswahl der Planbetroffenen nicht sachgerecht ist. Dies folgt einerseits aus einem argumentum e contrario der vom Gesetzgeber in § 8 Satz 2 herausgestellten Regelbeispiele, in denen die Nichtberücksichtigung der Anteilseigner gerade nicht genannt ist, was als beredtes Schweigen des Gesetzgebers verstanden werden kann, sowie aus der in den §§ 27 Abs. 1 Nr. 2, 28 Abs. 2 StaRUG zum Ausdruck kommenden Wertung. Nach dem Wortlaut dieser Vorschriften steht der Eingriff in die Rechte der Gläubiger unter dem Vorbehalt, dass die am Schuldner beteiligten Personen nicht kompensationslos an diesem beteiligt bleiben dürfen, soweit nicht die besonderen Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 StaRUG erfüllt sind. Dies ist auch nachvollziehbar: Es wäre nicht zu erklären, dass die Gläubiger die wirtschaftlichen Lasten der Restrukturierung vollständig tragen und damit die in ihrem wirtschaftlichen Wert jedenfalls gefährdete Beteiligung der Anteilseigner im Werte aufholen, ohne dass die Anteilseigner hierzu einen Beitrag leisten müssten. 22 Dementsprechend ist die Wertung des § 28 Abs. 2 StaRUG in § 8 Satz 1 StaRUG im Allgemeinen und in § 8 Satz 2 Nr. 2, 1. Alt. StaRUG („den konkreten Umständen angemessene Auswahl“) hineinzulesen und ist die Nichteinbeziehung der Anteilseigner in die Auswahl der Planbetroffenen nur dann sachlich gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 StaRUG erfüllt sind. Hierzu muss sich der darstellende Teil in der Darlegung und Begründung verhalten. 23 In der Praxis jedenfalls größerer finanzwirtschaftlicher Restrukturierungen dürfte die Zustimmung der wesentlichen Gläubiger zu dem Restrukturierungskonzept ohne eine Beteiligung auch der Anteilseigner an den wirtschaftlichen Lasten ohnehin kaum je erreichbar sein. Die aus § 8 i. V. m. § 28 Abs. 2 StaRUG hergeleitete Pflicht zur grundsätzlichen Einbeziehung der Anteilseigner dürfte auf die Praxis daher regelmäßig nur dann bestimmenden Einfluss haben, wenn und soweit die Anteilseigner zu weiteren Leistungen wirtschaftlich nicht in der Lage sind, die Beteiligung jedoch – aus welchen Gründen auch immer – auch nach dem Willen der Gläubiger in deren Hand verbleiben soll. In einem solchen Fall kann eine für den Plan hinreichende Beteiligung der Anteilseigner z. B. durch eine Besserungsklausel dergestalt erreicht werden, dass Ausschüttungen und sonstige Leistungen des Unternehmens an die Anteilseigner erst und nur dann und insoweit zulässig sind, wie zuvor aus den (künftigen) Erträgen des Unternehmens die von den Gläubigern geleisteten Beiträge zurückgeführt wurden (Ausschüttungssperre für den Besserungszeitraum), die im Plan vorgesehenen Restrukturierungsbeiträge der Planbetroffenen also unter eine auflösende Bedingung gestellt werden. Dadurch wird sichergestellt, dass das reine (Be-)Halten der Beteiligung den Anteilseignern keinen Wert zuweist solange und soweit nicht die Sanierungsbeiträge der Planbetroffenen wieder kompensiert worden sind. Alternativ kann die Pflicht
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§ 8 Auswahl der Planbetroffenen
zur Einbeziehung auch der Anteilsrechte an dem Schuldner zu einer Renaissance der doppelnützigen, durch den Restrukturierungsplan implementierten Treuhand führen. 4. Rechtsfolgen einer nicht sachgerechten oder intransparenten Auswahl Ein Verstoß gegen das Gebot der Sachgerechtigkeit bei der Auswahl der 24 Planbetroffenen ist nicht heilbar. Einem solchen Restrukturierungsplan ist die Bestätigung nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG zwingend zu versagen. Im Rahmen einer Vorprüfung nach §§ 46, 47 StaRUG wäre auf die fehlende Bestätigungsfähigkeit eines solchen Plans insbesondere wegen der ausdrücklichen Nennung der Auswahl der Planbetroffenen in § 46 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StaRUG zwingend hinzuweisen. Eine Änderung der Auswahl der Planbetroffenen im Erörterungs- und Ab- 25 stimmungstermin (§ 45 StaRUG) oder in der Planbetroffenenversammlung (§ 20 StaRUG) auf Grundlage des § 45 Abs. 4 StaRUG i. V. m. § 240 InsO bzw. auf Grundlage des § 20 Abs. 4 StaRUG ist nicht möglich. Die Änderung der Auswahl der von dem Plan Betroffenen und der in dessen Regelungswirkung einbezogenen Personen nämlich berührt nicht nur die Ziel- und Stoßrichtung des Restrukturierungskonzepts und damit den „Kern des Plans“, sondern vor allem die verfahrensmäßigen Beteiligungsrechte dieser Personen (vgl. z. B. Laroche, in: Brünkmanns/Thole, Insolvenzplan, § 16 Rn. 37); der – vom Schuldner determinierte – subjektive Anwendungsbereich des Restrukturierungskonzepts ist im Erörterung- und Abstimmungstermin nicht mehr abänderbar. Der Plan müsste zurückgenommen und das Verfahren unter Ingangsetzung einer neuen Annahmefrist nach § 19 StaRUG mit dem geänderten Plan neu eingeleitet werden (vgl. instruktiv Anm. Madaus zu LG Düsseldorf, NZI 2020, 436). Die Versagung der Planbestätigung kann jedoch nicht allein aus einer nicht 26 sachgerechten Auswahl der Planbetroffenen folgen. Auch ein Verstoß gegen das Transparenzgebot, d. h., eine zwar sachgerecht vorgenommene, jedoch nicht hinreichend dargelegte und begründete Auswahl begründet in derselben Weise ein Bestätigungshindernis nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG. Das Transparenzgebot, d. h., der in § 8 Satz 1 StaRUG ausdrücklich normierte 27 Darlegungs- und Begründungszwang dient dem Zweck, allen Planbetroffenen und dem Gericht die Prüfung zu ermöglichen, ob das Kriterium der Sachgerechtigkeit eingehalten ist. Dazu muss sich aus dem Restrukturierungsplan ergeben, nach welchen Kriterien die Abgrenzung vorgenommen worden ist, und sind die dafür maßgeblichen Erwägungen zu erläutern. Es muss dargelegt und begründet werden, auf Grund welcher gleichartigen, auf das konkrete Restrukturierungsziel bezogenen wirtschaftlichen Interessen bestimmte Gläubiger einbezogen wurden und andere nicht und ob und ggf. weshalb nicht alle Beteiligten, deren wichtigsten auf das Restrukturierungsziel bezogenen wirtschaftlichen Interessen übereinstimmen, gleich behandelt, also
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vollständig nicht oder eben einbezogen sind. Fehlen solche Erläuterungen, ist die Bestätigung des Plans ungeachtet der etwaigen sachlichen Richtigkeit der Auswahl nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG zwingend zu versagen (zum Ganzen für den Insolvenzplan ebenso BGH, ZIP 2015, 1346). Dasselbe gilt, wenn zwar Kriterien angegeben sind, diese jedoch die Auswahl nicht tragen; andere als die im Plan angegebenen Kriterien dürfen bei der Beurteilung nicht zugrunde gelegt werden. Das Gericht darf also sein eigenes Auswahlermessen und seine eigene Einschätzung zur Sachgerechtigkeit nicht an die Stelle der Darlegung und Begründung des Schuldners stellen. 28 Auch für die fehlende oder unzureichende Darlegung oder Begründung gilt, dass diese nicht nach § 45 Abs. 4 StaRUG i. V. m. § 240 InsO bzw. § 20 Abs. 4 StaRUG im Termin nachgeschoben und im selben Termin noch über den Plan abgestimmt werden kann. § 8 Satz 1 StaRUG stellt ausdrücklich klar, dass die Darlegung und Begründung der Auswahl der Planbetroffenen im darstellenden Teil des Plans zu erfolgen hat, weil der Gesetzgeber dem Transparenzgebot einen hohen Stellenwert beimisst. Der Plan, jedenfalls aber sein wesentlicher Inhalt soll den Planbetroffenen nach § 19 StaRUG (vgl. §§ 17 – 19 StaRUG Rn. 6 ff., 34 ff.) indes mindestens 14 Tage vor der Abstimmung zur Kenntnis gebracht werden, damit der Schuldner nicht auf die Planbetroffenen durch Setzung einer unangemessen kurzen Frist Druck ausübt, um sie so eventuell zu einer übereilten und nicht ausreichend durchdachten Zustimmung zu bewegen. Genau diese Gefahr drohte aber, würde dem Schuldner gestattet, die Begründung für die Auswahlentscheidung nicht in den Plan aufzunehmen oder dort nur rudimentär dazu auszuführen, um diese sodann im Termin nachzureichen. Der vom Gesetzgeber intendierte Überrumpelungsschutz, der durch die ausdrückliche Anordnung des Transparenzgebots für die Begründung der Auswahlentscheidung in besonderem Maße gilt, drohte unterlaufen zu werden. §9 Einteilung der Planbetroffenen in Gruppen (1) 1Bei der Festlegung der Rechte der Planbetroffenen im Restrukturierungsplan sind Gruppen zu bilden, soweit Planbetroffene mit unterschiedlicher Rechtsstellung betroffen sind. 2Es ist zu unterscheiden zwischen 1. den Inhabern von Absonderungsanwartschaften, 2. den Inhabern von Forderungen, die im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens als nicht nachrangige Insolvenzforderungen geltend zu machen wären, nebst darauf entfallender Zinsen und Säumniszuschläge (einfache Restrukturierungsgläubiger), 3. den Inhabern von Forderungen, die im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach § 39 Absatz 1 Nummer 4, 5 oder Absatz 2 der Insolvenzordnung als nachrangige Insolvenzforderungen anzumelden wären (nach-
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§ 9 Einteilung der Planbetroffenen in Gruppen
rangige Restrukturierungsgläubiger), wobei für jede Rangklasse eine Gruppe zu bilden ist, und 4. den Inhabern von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten. 3
Sieht der gestaltende Teil des Restrukturierungsplans Eingriffe in die Rechte von Gläubigern aus gruppeninternen Drittsicherheiten vor, bilden die davon betroffenen Gläubiger eigenständige Gruppen. (2) 1Die Gruppen können nach Maßgabe wirtschaftlicher Interessen in weitere Gruppen unterteilt werden. 2Sie müssen sachgerecht voneinander abgegrenzt werden. 3Die Kriterien für die Abgrenzung sind im Plan anzugeben. 4Kleingläubiger sind im Rahmen der nach Absatz 1 zu bildenden Gruppen zu eigenständigen Gruppen zusammenzufassen. Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Einteilung in Pflichtgruppen (§ 9 Abs. 1 StaRUG) ..................... 3 a) Grundsatz: Gruppenbildung nach insolvenzrechtlichem Vorbild ..................................... 3
3.
b) Majorisierungsschutz von Kleingläubigern ..................... 10 Bildung von Untergruppen (§ 9 Abs. 2 StaRUG) ................... 13
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes Mit § 9 StaRUG folgt der Gesetzgeber dem insolvenzplanrechtlichen Vorbild 1 des § 222 InsO und legt fest, in welche Pflichtgruppen die Planbetroffenen jedenfalls einzuteilen sind. Innerhalb der Pflichtgruppen können, wie auch im Insolvenzplan aufgrund im Plan anzugebender sachlicher Differenzierungskriterien Untergruppen gebildet werden. Eine Besonderheit gegenüber der Gruppenbildung im Insolvenzplan enthält § 9 2 Abs. 2 Satz 4 StaRUG, wonach Kleingläubiger im Rahmen der nach Abs. 1 zu bildenden Gruppen in gesonderten Gruppen zusammenzufassen sind. Dies erfordert im Grundsatz zu einer jeden Pflichtgruppe nach § 9 Abs. 1 StaRUG auch die Bildung einer Kleingläubigergruppe, soweit in der Gruppe Kleingläubiger tatsächlich enthalten sind. Das Stimmgewicht der Kleingläubiger wird damit der erheblich aufgewertet, was der Gesetzgeber in dem unterschiedlichen Mehrheitserfordernis zwischen Insolvenzplan und Restrukturierungsplan begründet sieht, weil der Restrukturierungsplan ausschließlich auf die Summen- und, anders als der Insolvenzplan, nicht auch auf die Kopfmehrheit abstellt (BT-Drucks. 19/24181, S. 119). 2. Einteilung in Pflichtgruppen (§ 9 Abs. 1 StaRUG) a) Grundsatz: Gruppenbildung nach insolvenzrechtlichem Vorbild Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 StaRUG sind insgesamt fünf Pflichtgruppen zu 3 unterscheiden, die im Wesentlichen den Pflichtgruppen des § 222 InsO ent59
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
sprechen. Auf die Rechtsprechung und die gängigen Kommentierungen zu § 222 InsO kann vollständig zurückgegriffen werden. 4 Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 StaRUG und den gleichlautend geänderten § 222 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 InsO sollen auch die Inhaber von Rechten aus gruppeninternen Drittsicherheiten eine eigenständige Gruppe bilden, da sich deren Interessen regelmäßig wirtschaftlich von denjenigen sonstiger Sicherheitengeber unterscheiden. 5 Für die Einteilung in einfache (Nr. 2) und nachrangige (Nr. 3) Restrukturierungsgläubiger wird auf die InsO verwiesen. Es bedarf insoweit einer hypothetischen Betrachtung: Soweit eine Restrukturierungsforderung in einem Insolvenzverfahren als nicht nachrangige Insolvenzforderung (§ 38 InsO) geltend zu machen wäre, ist der Inhaber dieser Forderung in die Gruppe der einfachen Restrukturierungsgläubiger einzuordnen. Entsprechend ist hinsichtlich der nachrangigen Restrukturierungsgläubiger zu verfahren. 6 Allerdings ergeben sich im Rahmen des Anwendungsbereichs des § 9 StaRUG einzelne vom Insolvenzplan abweichende Besonderheiten, insbesondere mit Blick auf die Zuordnung der Restrukturierungsforderungen zu den einfachen und nachrangigen Gläubigerklassen. 7 Zinsen und Säumniszuschläge auf Insolvenzforderungen im Rang des § 38 InsO, die seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufen, sind gemäß § 39 InsO nachrangige Forderungen. Inhaber dieser Forderungen gelten als nachrangige Insolvenzgläubiger, sie bilden nach § 222 Abs. 2 Nr. 3 InsO eine eigenständige Gruppe, soweit es im Plan nicht bei der Regelungswirkung des § 225 Abs. 1 InsO verbleibt. Der Inhaber der Hauptforderung, der zugleich Zinsen und Säumniszuschläge auf die Hauptforderung geltend macht, wird damit stets zwei unterschiedlichen Gruppen zugeordnet. 8 Für die Regelung eines solchen Nachrangs von Zinsen und Säumniszuschlägen auf Restrukturierungsforderungen sah der Gesetzgeber im Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen keinen Anlass (BT-Drucks. 19/24191, S. 119). Der Inhaber einer Restrukturierungsforderung, der zugleich Zinsen und Säumniszuschläge auf die Forderung geltend macht, wird mit der Hauptforderung und sämtlichen Nebenforderungen gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StaRUG (nur) der Gruppe der einfachen Restrukturierungsgläubiger zugeordnet. Eine Trennung zwischen Haupt- und Nebenforderungen findet nicht statt. Auch die künftigen Zinsansprüche sind im Rahmen des § 5 Abs. 2 StaRUG gestaltbar, weshalb kein Grund besteht, die Zinsansprüche anders zu behandeln als die Hauptforderung (BT-Drucks. 19/24191, S. 119). 9 Nachrangige Restrukturierungsforderungen können all jene Forderungen sein, die in einem Insolvenzverfahren nach § 39 Abs. 1 Nr. 4, 5 oder Abs. 2 InsO nur als nachrangige Insolvenzforderungen geltend zu machen wären. § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO findet im Rahmen des StaRUG keine Erwähnung, da die dort genannten Strafen und sonstigen Sanktionen gemäß § 6 Nr. 3 StaRUG
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§ 9 Einteilung der Planbetroffenen in Gruppen
einer Gestaltung durch einen Restrukturierungsplan nicht zugänglich sind (BT-Drucks. 19/24191, S. 119). b) Majorisierungsschutz von Kleingläubigern Abweichend von dem insolvenzplanrechtlichen Vorbild, dass die Bildung einer 10 gesonderten Gruppe für Kleingläubiger (lediglich) zulässt, sieht § 9 Abs. 3 Satz 3 StaRUG vor, dass in jeder Pflichtgruppe nach § 9 Abs. 1 StaRUG ggf. auch eine gesonderte Gruppe für die Kleingläubiger dieser Pflichtgruppe zu bilden ist. Daraus folgt, dass in jeder Pflichtgruppe nach § 9 Abs. 1 StaRUG obligatorisch zu prüfen ist, ob in dieser Gruppe auch Kleingläubiger vertreten sind. Ist dies der Fall, ist für die Kleingläubiger dieser Gruppe zwingend eine eigenständige Kleingläubigergruppe zu bilden, sodass im Ergebnis ebenso viele Kleingläubigergruppen wie Pflichtgruppen obligatorisch zu bilden sind. Die Zusammenfassung sämtlicher Kleingläubiger in lediglich einer Kleingläubigergruppe ist nicht zulässig, da ich hierdurch die zwingende Differenzierungsvorgabe des § 9 Abs. 1 StaRUG unterlaufen würde (Verbot der Bildung von Mischgruppen, BGH, ZIP 2005, 1648). Der Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 4 StaRUG lässt insoweit keinen Zweifel daran, dass die Gruppen der Kleingläubiger jeweils innerhalb der nach Abs. 1 zu bildenden Gruppen als eigenständige Gruppe zu bilden sind. Ziel der Vorschrift ist es, die Kleingläubiger vor dem Hintergrund der vom 11 Insolvenzplanverfahren abweichenden Mehrheitserfordernisse, die auf die Notwendigkeit auch einer Kopfmehrheit verzichten, vor einer Majorisierung zu schützen (BT-Drucks. 19/24181, S. 119). Zwar vermindert die nach § 25 Abs. 1 StaRUG erforderliche Summenmehrheit von 75 % ohne zusätzliche Kopfmehrheit das Risiko einer Majorisierung von Kleingläubigern durch Großgläubiger, sie kann sie jedoch nicht ausschließen. Um dem auf den Schutz von Kleingläubigern vor derartigen Majorisierungen gerichteten Zweck des doppelten Mehrheitserfordernisses gerecht zu werden, sind Kleingläubiger jeweils in einer separaten Gruppe zusammenzufassen (BT-Drucks. 19/24181, S. 119). Auch vor dem Hintergrund dieses eindeutig formulierten gesetzgeberischen Ziels ist die Zusammenfassung sämtlicher Kleingläubiger in einer Gruppe, beispielsweise in teleologischer Reduktion des § 9 Abs. 2 Satz 4 StaRUG nicht zulässig, da die Isolierung der Kleingläubiger in einer einzelnen Gruppe unter Verstoß gegen die nach § 9 Abs. 1 StaRUG gebotene Differenzierung denselben Majorisierungseffekt, zwar nicht innerhalb der Gruppe, wohl aber in Ansehung der erforderlichen Gruppenmehrheiten hätte. Die Qualifizierung von Gläubigern als Kleingläubiger bestimmt sich nicht 12 nach einheitlichen Kriterien, sondern ist von den Umständen des Einzelfalls und den Verhältnissen des konkreten schuldnerischen Unternehmens abhängig (BT-Drucks. 19/24181, S. 119). Für die Differenzierung können sowohl relative als auch absolute Kriterien herangezogen werden, wobei stets die Gesamtgläubigerstruktur des Unternehmens Referenzmaßstab ist. Für die relative
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Beurteilung kommt es daher nicht darauf an, ob der betreffende Gläubiger im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern seiner Gruppe über nur geringe Forderung verfügt, sondern wie sich das relative Verhältnis zur Gesamtgläubigerschaft des Schuldners darstellt (BT-Drucks. 19/24181, S. 119). Als Kleingläubiger dürften hierbei nach der auch im Anwendungsbereich des § 222 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 InsO richtigen Auffassung (vgl. Eigenmüller, in: MünchKommInsO, § 222 Rn. 139) im Ausgangspunkt nur diejenigen zu qualifizieren sein, die, sortiert nach aufsteigender Forderungshöhe, zusammen in der Summe nicht mehr als einen definierten Prozentsatz der insgesamt gegen den Schuldner gerichteten Forderungen erreichen. Für Zwecke des § 222 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 InsO wird eine Grenze von 10 % vorgeschlagen. Dort ist die Bildung einer Gruppe der Kleingläubiger erstens fakultativ und zweitens in der Grundstruktur nur als Bildung einer Gruppe für alle Kleingläubiger vorgesehen. Im Rahmen des § 9 Abs. 3 Satz 4 StaRUG demgegenüber ist für jede der Pflichtgruppen obligatorisch eine eigene Kleingläubigergruppe zu bilden, was das Kräfteverhältnis in den Gruppenmehrheiten deutlich zugunsten der Kleingläubiger verschiebt. Um insoweit kein Ungleichgewicht und eine wirtschaftlich nicht gerechtfertigte Blockadeposition der Kleingläubiger zu provozieren, sollte die Grenze für die Qualifizierung als Kleingläubiger deutlich unterhalb derjenigen ansetzen, wie sie im Rahmen des § 222 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 InsO angewendet wird. Um ausgeglichene Restrukturierungsplanstrukturen nicht zu gefährden, sollten Kleingläubiger daher nur solche sein, die in aufsteigender Reihenfolge sortiert nicht mehr als 5 % der Summe der insgesamt gegen den Schuldner gerichteten Gläubigerforderungen erreichen. Die nach dieser Art qualifizierten Gläubiger sind dann nach den Pflichtgruppen des § 9 Abs. 1 StaRUG zu gruppieren und für diese ist dann jeweils eine weitere Pflichtgruppe der Kleingläubiger zu bilden. 3. Bildung von Untergruppen (§ 9 Abs. 2 StaRUG) 13 Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 – 3 StaRUG kann innerhalb einer jeden Pflichtgruppe nach sachgerechten Kriterien weiter differenziert und können Untergruppen von Beteiligten mit gleichartigen wirtschaftlichen Interessen gebildet werden. Die Kriterien für die Abgrenzung der Gruppen sind im Plan zwingend anzugeben. Dabei ist unerheblich, ob die Erläuterung der Gruppenbildung im darstellenden oder im gestaltenden Teil erfolgt (BGH, NZI 2015, 697). Gleichartig sind die wirtschaftlichen Interessen, wenn sie über das bloße Interesse an der Maximierung der eigenen Befriedigungsaussichten nicht hinausgehen und einen besonderen restrukturierungsrechtlichen Bezug aufweisen. 14 Die Norm entspricht weitestgehend § 222 Abs. 2 InsO, weshalb auf die Rechtsprechung und die Kommentierung zur Sachgerechtigkeit der Gruppenbildung im Plan vollumfänglich verwiesen werden kann.
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§ 10 Gleichbehandlung von Planbetroffenen
§ 10 Gleichbehandlung von Planbetroffenen (1) Innerhalb jeder Gruppe sind allen Planbetroffenen gleiche Rechte anzubieten. (2) 1Eine unterschiedliche Behandlung der Planbetroffenen in einer Gruppe ist nur mit Zustimmung aller Planbetroffenen, zu deren Lasten die unterschiedliche Behandlung geht, zulässig. 2In diesem Fall ist dem Restrukturierungsplan die zustimmende Erklärung eines jeden Planbetroffenen, zu dessen Lasten die unterschiedliche Behandlung geht, beizufügen. (3) Jedes Abkommen des Schuldners oder Dritter mit einzelnen Planbetroffenen, durch das diesen für ihr Verhalten bei Abstimmungen oder sonst im Zusammenhang mit dem Restrukturierungsverfahren ein nicht im Plan vorgesehener Vorteil gewährt wird, ist nichtig. Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 10 Abs. 1 u. 2 StaRUG) ............ 3
3.
Schutz des Abstimmungsprozesses (§ 10 Abs. 3 StaRUG) .. 4
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes § 10 StaRUG entspricht § 226 InsO, grundlegende Abweichungen zum in- 1 solvenzplanrechtlichen Vorbild sind nicht feststellbar. Geregelt wird der Grundsatz der Gleichbehandlung innerhalb einer Gruppe, 2 wobei Ausnahmen zulässig sind. Die Vorschrift soll daneben auch die Transparenz und Integrität des Abstimmungsprozesses schützen. 2. Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 10 Abs. 1 u. 2 StaRUG) Grundsätzlich sind die in einer Gruppe vereinigten Planbetroffenen gleich- 3 zubehandeln. Indes ist eine unterschiedliche Behandlung von Betroffenen, die unterschiedlichen Gruppen angehören, möglich. So wird im Verhältnis der Planbetroffenen und der nicht in den Plan einbezogenen Beteiligten stets eine Ungleichbehandlung bestehen (BT-Drucks. 19/24181, S. 119). Deren Rechtfertigung ist Gegenstand der Prüfung der sachgerechten Auswahl der Planbetroffenen (vgl. § 8 StaRUG Rn. 8). 3. Schutz des Abstimmungsprozesses (§ 10 Abs. 3 StaRUG) § 10 Abs. 3 StaRUG schützt – wie auch § 226 Abs. 3 InsO – die Transparenz 4 und Integrität des Abstimmungsprozesses (BT-Drucks. 19/24181, S. 120). Es gelten dieselben Grundsätze, wie sie der BGH (ZIP 2005, 719) für die Nichtigkeit von das Abstimmungsverhalten beeinflussenden Maßnahmen im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens, insbesondere für Fälle des Forderungskaufs entwickelt hat. 63
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
5 Anders als im Insolvenzplanverfahren können Vorteile im Sinne des § 10 Abs. 3 StaRUG im Rahmen der präventiven Restrukturierung allerdings auch dadurch gewährt werden, dass einzelnen Gläubigern zugesagt wird, sie nicht in die Restrukturierung einzubeziehen, obgleich dies nach § 8 StaRUG geboten wäre, da auch in der strategischen Auswahl der Planbetroffenen eine gezielte Beeinflussung des Abstimmungsergebnisses liegen kann. § 11 Haftung des Schuldners 1
Ist im Restrukturierungsplan nichts anderes bestimmt, wird der Schuldner mit der im gestaltenden Teil vorgesehenen Befriedigung der Gläubiger von seinen restlichen Verbindlichkeiten gegenüber diesen aus den in den Plan einbezogenen Restrukturierungsforderungen und Absonderungsanwartschaften befreit. 2Handelt es sich bei dem Schuldner um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, so gilt Satz 1 entsprechend für die persönliche Haftung der unbeschränkt haftenden Gesellschafter. Übersicht 1.
2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ................................... 1 Reichweite der Auslegungsregel ... 3
3. 4.
Entstehung einer unvollkommenen Verbindlichkeit ............................... 7 Gestaltungswirkung nach § 67 Abs. 2 StaRUG ............................... 8
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 Die Vorschrift des § 11 StaRUG ist dem § 227 InsO nachgebildet. Auf die dortige Kommentierung kann verwiesen werden. Es handelt sich um eine Auslegungsregel, wonach vorbehaltlich einer abweichenden Regelung im Plan der eine im gestaltenden Teil des Plans zugesagte Planquote übersteigende Betrag der Restrukturierungsforderung dem Erlass (§ 397 BGB) anheimfällt. Damit einher geht die persönliche Haftung der am Schuldner beteiligten Personen, soweit diese aus dem gesellschaftsrechtlichen Haftungskonzept (insbesondere Komplementärshaftung) und nicht aus gesellschaftsrechtlicher Handelndenhaftung (z. B. § 43 GmbHG) folgt. 2 § 11 StaRUG ist lediglich Auslegungsregel; die entsprechende Erlasswirkung folgt aus § 67 Abs. 3 StaRUG. 2. Reichweite der Auslegungsregel 3 Als Auslegungsregel unterstellt § 11 StaRUG, dass wenn der Plan keine anderslautende Regelung enthält, der über eine zugesagte Quotenzahlung hinausgehende Teil der planbetroffenen Restrukturierungsforderung durch Erlass gemäß § 397 BGB untergeht. 4 Freilich gilt dies nur für diejenigen Restrukturierungsforderungen, die in den Plan einbezogen sind. Stehen einem Planbetroffenen mehrere Forderungen 64
§ 11 Haftung des Schuldners
zu und erstreckt sich die Regelungswirkung nach den Festsetzungen des Plans nur auf einige von ihnen, so tritt im Übrigen der Erlass nicht ein. Zweifel hinsichtlich der Einbeziehung einzelner oder sämtlicher Forderungen eines Planbetroffenen in die Regelungswirkung des Plans unterfallen nicht der Auslegungsregel des § 11 StaRUG und gehen zulasten des Schuldners. Dies folgt einerseits aus der Formulierung des § 11 StaRUG, wonach sich die Auslegungsregel nur auf die „in den Plan einbezogenen Restrukturierungsforderungen“ bezieht, und andererseits aus § 63 Abs. 3 StaRUG, wonach Zweifel an der ordnungsgemäßen Annahme des Restrukturierungsplans grundsätzlich zulasten des Schuldners gehen. Genau solche Zweifel bestehen aber, wenn nicht klar ist, mit welcher Forderung ein Planbetroffener am Plan beteiligt ist und demgemäß an der Abstimmung teilgenommen hat. Soweit die Hauptforderung allerdings hinreichend bestimmt in den Plan ein- 5 bezogen ist, erstreckt sich die Auslegungsregel und damit die Vermutungswirkung auch auf Nebenforderungen zu dieser Hauptforderung, insbesondere also Zinsen und Kosten, ohne dass diese explizit genannt sein müssten. Ist die Forderung gesichert, besteht für sie also eine Absonderungsanwart- 6 schaft, muss diese im Restrukturierungsplan gesondert genannt und erfasst sein. Soweit sich der Plan nur zu der schuldrechtlichen Forderung, nicht aber zu etwaig für sie bestellten Sicherheiten verhält, kann nicht durch Anwendung des § 11 StaRUG unterstellt werden, dass die Absonderungsanwartschaft erlöschen soll. Dies würde zu einer systemischen Schlechterstellung des gesicherten Gläubigers hinsichtlich seines Sicherungsrechts führen und damit immer das Widerspruchsrecht wegen einer individuellen Schlechterstellung eröffnen. Ein solch systemisches Hindernis kann der Vorschrift des § 11 StaRUG nicht entnommen werden, weshalb sich die Auslegungsregel jeweils nur auf den entsprechenden Forderungsrang bzw. die Qualifizierung des Gläubigerrechts erstreckt. 3. Entstehung einer unvollkommenen Verbindlichkeit Wie im Recht des Insolvenzplans auch führt unbeschadet der konkreten 7 Formulierung der Quotenzusage und des damit einhergehenden Erlasses der Restforderung im Sinne des § 397 BGB dieser nicht zum Erlöschen des die Quote übersteigenden Teils der Forderung, sondern lediglich zur Begründung einer sog. unvollkommenen Verbindlichkeit. Die Forderung ist nicht mehr beitreibbar, bleibt aber erfüllbar. Wie im Recht des Insolvenzplans auch, folgt dies mittelbar aus § 67 Abs. 3 StaRUG, der seine Entsprechung in § 254 Abs. 2 InsO findet, wonach auch für den dem Erlass anheimfallenden Teil der Forderung bestellte Drittsicherheiten dinglicher oder schuldrechtlicher Natur weiterhin geltend gemacht werden können, auch soweit es sich um akzessorische Sicherheiten handelt. Ausnahmen kann der Plan für gruppeninterne Drittsicherheiten (§ 2 Abs. 4 StaRUG, vgl. §§ 2 – 4 StaRUG Rn. 31) vorsehen.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
4. Gestaltungswirkung nach § 67 Abs. 2 StaRUG 8 Während § 11 StaRUG die Auslegungsregel zur Bestimmung des Planinhalts enthält, folgt die rechtsgestaltende Umsetzung dieses unterstellten Planinhalts aus § 67 Abs. 2 StaRUG, der den entsprechenden Erlass als Planwirkung anordnet. § 12 Neue Finanzierung 1
In den Restrukturierungsplan können Regelungen zur Zusage von Darlehen oder sonstigen Krediten aufgenommen werden, die zur Finanzierung der Restrukturierung auf der Grundlage des Plans erforderlich sind (neue Finanzierung). 2Als neue Finanzierung gilt auch deren Besicherung. Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Neue Finanzierung ........................ 7 a) Sachlicher Anwendungsbereich ..................................... 7 b) Persönlicher Anwendungsbereich ................................... 11
3. 4. 5.
Voraussetzung für die Aufnahme in den Plan .................................... 13 Verfahrensrechtliche Bedeutung und Planbestätigungshindernis ... 17 Rechtsfolgen ................................. 24
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 § 12 StaRUG enthält, anders als sich bei unbefangener Lektüre vielleicht aufdrängen mag, keine Klarstellung einer Selbstverständlichkeit, sondern eine materiell-rechtliche Beschränkung des zulässigen Planinhalts. Danach ist die Aufnahme neuer Finanzierungen in das Restrukturierungskonzept und in den Restrukturierungsplan nur zulässig möglich, wenn die Aufnahme neuer Finanzmittel im Sinne einer conditio sine qua non (vgl. Backes/Blankenburg, in: Morgen, Präventive Restrukturierung, Art. 10 Rn. 51) für die Umsetzung und das Gelingen des Restrukturierungskonzepts erforderlich ist. 2 Die Vorschrift geht zurück auf Art. 10 Abs. 2 lit. e) der Richtlinie und steht in Zusammenhang mit Art. 17 Abs. 1 lit. a) der Richtlinie, wonach die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass neue Finanzierungen im Sinne der Richtlinie einem qualifizierten Anfechtungsschutz unterliegen. Da das geltende Anfechtungsrecht der §§ 129 ff. InsO den Vorgaben des Art. 17 der Richtlinie bereits gerecht werden (so auch die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 19/ 24181, S. 281), enthält das StaRUG in §§ 89, 90 Abs. 1 StaRUG lediglich klarstellende Vorschriften zum Schutz neuer Finanzierungen im Sinne des Gesetzes vor einer späteren Insolvenzanfechtung oder Sittenwidrigkeitshaftung (§ 89 Abs. 1 StaRUG) sowie zum grundsätzlichen Anfechtungsschutz des Planvollzugs bis zur Überwindung der (konkreten) Krise für die Maßnahmen im Rahmen des Planvollzugs (§ 90 Abs. 1 StaRUG). In Bezug auf neue Finanzierungen erstreckt sich dieser Anfechtungsschutz des Planvollzugs 66
§ 12 Neue Finanzierung
allein auf die Auszahlung der Finanzmittel und deren Besicherung (die ohnehin kaum je anfechtbar sein werden), nicht jedoch auf deren spätere Rückzahlung (BT-Drucks. 19/24181, S. 182, vgl. § 90 StaRUG Rn. 7 ff.). Da die Anfechtungsschutzvorschriften mit Ausnahme der in § 89 Abs. 1 3 StaRUG ausgeschlossenen Kenntnisfiktion keinen besonderen Bezug zu neuen Finanzierungen aufweisen, scheint § 12 StaRUG ein wenig bezugslos im Raum zu stehen. Der Grundgedanke des Richtliniengebers aber, dass der besondere Anfech- 4 tungsschutz für neue Finanzierungen nur greifen soll, wenn durch die neuen Finanzierungsmaßnahmen die übrigen Beteiligten nicht benachteiligt werden, weil sie Voraussetzung für das Gelingen des die Gläubiger besserstellenden Restrukturierungskonzepts ist, greift dennoch. Sie beschränkt nämlich die Zulässigkeit neuer Finanzierungen und deren mittelbare Privilegierung durch das Restrukturierungskonzept. Aus diesem Grunde ist auch die Konsequenz des § 63 Abs. 2 StaRUG richtig, wonach die Bestätigung des Restrukturierungsplans zwingend zu versagen ist, wenn das zugrunde liegende Restrukturierungskonzept unschlüssig ist oder wenn Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass das Konzept nicht von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgeht oder keine begründete Aussicht auf Erfolg vermittelt. Gemäß Ziffer 8 der Anlage des Gesetzes zu § 5 Satz 2 StaRUG sind im dar- 5 stellenden Teil des Restrukturierungsplans die Gründe für die Erforderlichkeit der neuen Finanzierung zwingend anzugeben. Im Übrigen setzt § 12 Satz 1 StaRUG nach seinem Wortlaut entsprechend dem Vorbild des § 230 Abs. 3 InsO zwingend voraus, dass die Finanzierungszusage als Anlage zum Plan genommen wird. Beinhaltet der Restrukturierungsplan Regelungen zu neuen Finanzierungen 6 im Sinne des § 12 StaRUG, so ist die Planbestätigung von der besonderen Prüfung gemäß § 63 Abs. 2 StaRUG abhängig. 2. Neue Finanzierung a) Sachlicher Anwendungsbereich Der Terminus der neuen Finanzierung ist im Gesetz nicht definiert. Nach 7 Art. 2 Nr. 7 der Richtlinie (EU) 2019/1023 ist die neue Finanzierung eine von einem bestehenden oder einem neuen Gläubiger zur Umsetzung des Restrukturierungsplans bereitgestellte neue finanzielle Unterstützung, die in diesem Restrukturierungsplan enthalten ist. Nach Erwägungsgrund 66 der Richtlinie soll die finanzielle Hilfe im weiteren 8 Sinne verstanden werden und grundsätzlich die Bereitstellung von finanziellen Mitteln oder Bürgschaften Dritter sowie von Waren, Vorräten Rohstoffen und Versorgungdienstleistungen z. B. dadurch beinhalten, dass dem Schuldner ein längerer Rückzahlungszeitraum gewährt wird. Erfasst sind nach dem Wort-
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laut der Richtlinie daher sämtliche Unterstützungen, die dem Schuldner unmittelbar oder mittelbar Liquidität verschaffen, um die Restrukturierung voranzutreiben (Bork, in: Morgen, Präventive Restrukturierung, Art. 17 Rn. 12). Der Gesetzestext spricht in § 12 Satz 1 StaRUG von der Zusage von Darlehen oder sonstigen Krediten, die zur Finanzierung der Restrukturierung erforderlich sind. Daraus folgt, dass die neue Finanzierung tatsächlich einen positiven Liquiditätszufluss bewirken muss. Reine Novationen bestehender, nicht fälliger Kredite sind damit vom Anwendungsbereich des § 12 Satz 1 StaRUG ausgeschlossen. 9 Da mit dem Erfordernis der Notwendigkeit für die Umsetzung des Restrukturierungsplans die fehlende Benachteiligung der übrigen Gläubiger einhergeht, da nur ein solcher Plan, der die übrigen Gläubiger nicht benachteiligt, umsetzbar ist, kann die Auslegung des Begriffs der neuen Finanzierung an dem anfechtungsrechtlichen Kriterium der Gläubigerbenachteiligung (§ 129 InsO) und dessen spezialgesetzlicher Ausprägung des Bargeschäfts (§ 142 InsO) ausgerichtet werden. Daraus folgt, dass eine neue Finanzierung im Sinne des § 12 StaRUG nur eine solche ist, durch welche dem Schuldner tatsächlich neue, frei verfügbare Finanzmittel bargeschäftsgleich zufließen. In diesem Fall ist nach § 12 Satz 2 StaRUG auch die Besicherung solcher neuen Finanzierungen von der Regelungswirkung des § 12 StaRUG erfasst. 10 Im Umkehrschluss folgt daraus, dass die Novation bestehender Kreditlinien, die Formalisierung faktisch bereits gewährter Warenkredite, Nachbesicherungen oder reine Passivtausche dem Anwendungsbereich der Norm nicht unterfallen. Zu differenzieren ist bei der Prolongation bereits bestehender Kreditlinien. Sind diese noch nicht fällig und bewirkt ihr Fälligwerden innerhalb des Prognosezeitraums (§ 18 InsO, 24 Monate) prognostisch nicht den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) unterfällt die Prolongation nicht dem Anwendungsbereich des § 12 StaRUG. Werden im Übrigen Restrukturierungsforderungen nach dem Restrukturierungsplan erlassen oder gekürzt, weil eine vollständige Befriedigung nach der im darstellenden Teil enthaltenen Vergleichsberechnung (§ 6 StaRUG Rn. 15 ff.) prognostisch nicht mehr zu erlangen ist, so wird durch eine Prolongation ein Finanzierungseffekt ebenfalls nur in Höhe des noch werthaltigen Teils der Darlehensforderung bewirkt, weshalb die Prolongation nur in Höhe der relativ gleich gekürzten Darlehensforderung dem Anwendungsbereich des § 12 StaRUG unterfällt (für die Stundung nicht weiter differenzierend Thole, ZIP 2020, 1985, 1999). Maßgeblich ist, in welcher Höhe der Darlehensgläubiger bei Fälligkeit Rückzahlung seines Darlehens hätte erlangen können; denn nur in dieser Höhe werden durch die Prolongation die Darlehensmittel als neue Finanzierung tatsächlich mittelbar wieder zur Verfügung gestellt. Nur in dieser Höhe ist sodann auch eine Neubzw. Nachbesicherung möglich (§ 12 Satz 2 StaRUG).
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§ 12 Neue Finanzierung
b) Persönlicher Anwendungsbereich Weder der Gesetzestext noch die Gesetzesbegründung verhalten sich zum 11 persönlichen Anwendungsbereich des § 12 StaRUG. In der Gesetzesbegründung heißt es allerdings, dass die Vorschrift im Einklang mit Art. 2 Abs. 1 Nr. 7, 8 der Richtlinie (EU) 2019/1023 klarstellt, dass in den Restrukturierungsplan auch Bestimmungen über die Finanzierung des Restrukturierungsvorhabens aufgenommen werden können. Art. 2 Nr. 7 und Nr. 8 der Richtlinie sprechen jedoch von neuen Finanzierungen eines bestehenden oder neuen Gläubigers. Nicht erfasst ist deshalb jedwede Zufuhr von Eigenkapital, da der Finanzierer in diesem Fall nicht Gläubiger, sondern Gesellschafter ist (Bork, in: Morgen, Präventive Restrukturierung, Art. 17 Rn. 12). Dasselbe gilt für jede Form von (stillen) Beteiligungen und auch Mezzanine- oder sonst nachrangiges Kapital, da eine anfechtungsrechtliche Privilegierung solcher Nachrangforderungen einen Verstoß gegen den Grundsatz der absoluten Priorität in § 27 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG begründen würde. Im Übrigen ist für die Anwendung des § 12 StaRUG gleichgültig, ob es sich 12 um einen bestehenden oder neuen Geld- oder Warenkreditgeber handelt. Mit Ausnahme der vorstehenden Beschränkung kommt es auf die Person des Kreditgebers daher nicht an. 3. Voraussetzung für die Aufnahme in den Plan § 12 StaRUG ist keine Öffnungs-, sondern eine materielle Beschränkungs- 13 vorschrift. Die Norm stellt weniger klar, dass neue Finanzierungen zum Bestandteil des Restrukturierungskonzepts und damit des Restrukturierungsplans gemacht werden können, als sie vielmehr die Zulässigkeit solcher neuen Finanzierungen als Bestandteil des Konzepts von besonderen Voraussetzungen abhängig macht. Da das Fehlen der Voraussetzungen Planbestätigungshindernis nach § 63 Abs. 2 14 StaRUG ist, gehören die Voraussetzungen des § 12 StaRUG zum zwingenden Umfang der (Vor-)Prüfung des Plans. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Aufnahme einer neuen Finanzierung 15 in das Restrukturierungskonzept ist die zwingende Notwendigkeit der (konkreten) Finanzierung für das Gelingen des (konkreten), dem vorgelegten Restrukturierungsplan zugrunde liegenden Restrukturierungskonzepts. Es kommt daher nicht darauf an, ob bei Verfolgung eines alternativen Restrukturierungskonzepts die neue Finanzierung in derselben Höhe ebenfalls erforderlich wäre. Voraussetzung ist allein, dass das zugrunde gelegte Konzept ohne die Inanspruchnahme der neuen Finanzierungsmittel nicht erfolgversprechend umgesetzt werden kann. Erfolgversprechende Umsetzung des zugrunde liegenden Konzepts meint dabei das Erreichen des Restrukturierungsziels im Sinne der Sicher- oder Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit des Schuldners (§ 14 Abs. 1 StaRUG) unter Berücksichtigung des Verbots der Übersanierung (vgl. § 7 StaRUG Rn. 15 ff.). Der Nachweis wird in der Regel durch Vorlage eines 69
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Finanzplans erfolgen müssen, aus dem hervorgeht, dass das Restrukturierungsziel ohne die Bereitstellung der neuen Mittel nicht erreichbar ist, ohne diese also in der Regel Insolvenzgründe eintreten werden. 16 Wenn auch die Frage der Erforderlichkeit der neuen Mittel in einem alternativen Restrukturierungskonzept nicht Gegenstand der Prüfung ist, sind die konkreten Bedingungen der neuen Finanzierung sehr wohl einer Vergleichsbetrachtung zugänglich. Ist eine alternative Finanzierungsquelle für die zum Gelingen des Konzepts zwingend erforderliche Aufnahme neuer Finanzierungsmittel (nachweislich) verfügbar, durch deren bevorzugte Inanspruchnahme die Planbetroffenen weniger belastet würden, so folgt aus dem Verbot der Übersanierung einerseits sowie aus einer richtlinienkonformen Auslegung des Art. 10 Abs. 2 lit. e) RL (EU) 2019/1023, wonach die Interessen der Gläubiger nicht in unangemessener Weise beeinträchtigt werden dürfen andererseits, dass die für die Planbetroffenen schonendste Finanzierungsmaßnahme ergriffen werden muss. 4. Verfahrensrechtliche Bedeutung und Planbestätigungshindernis 17 Wie dargestellt, sind die Voraussetzungen für die Aufnahme neuer Finanzierungen in den Plan und deren ordnungsgemäße Begründung im Rahmen der gerichtlichen (Vor-)Prüfung des Plans zwingend zu prüfen. Dabei gilt, dass das Gericht nur diejenigen Erwägungen seiner Prüfung zugrunde legen darf, die Einzug in die Erläuterung und Begründung gehalten haben, die zwingend im darstellenden Teil des Plans (BT-Drucks. 19/24181, S. 120) enthalten sein muss. 18 Der Darstellungs- und Begründungszwang ergibt sich aus Ziff. 8 der Anlage zum Gesetz gemäß § 5 Satz 2 StaRUG. 19 Trägt die Begründung die zwingende Notwendigkeit der neuen Finanzierung für die Umsetzung und das Gelingen des Restrukturierungskonzepts nicht, dürfen weder Gründe nachgeschoben werden noch darf das Gericht seine eigenen Erwägungen an die Stelle der (fehlenden) Darlegung und Begründung im Plan setzen. Die Erwägungen hierfür sind dieselben, wie sie bei dem qualifizierten Begründungserfordernis der Auswahl der Planbetroffenen zugrunde zu legen sind (vgl. § 8 StaRUG Rn. 24 f.); hierauf kann verwiesen werden. 20 Ist die Begründung nicht tragfähig, besteht ungeachtet der tatsächlichen Notwendigkeit der neuen Finanzierung ein Planbestätigungshindernis nach § 63 Abs. 2 StaRUG. 21 Die Finanzierungszusage ist dem Restrukturierungsplan gemäß § 12 Satz 1 StaRUG als Anlage beizufügen. Es gelten dieselben Maßstäbe wie im Anwendungsbereich des § 230 Abs. 3 InsO. Beizufügen ist die gesamte Dokumentation der neuen Finanzierung, also das vollständige Vertragswerk, da den Planbetroffenen und dem Gericht die Beurteilung der im Plan enthaltenen Begründung nur dann möglich ist, wenn die Bedingungen der Finanzierung
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§ 12 Neue Finanzierung
für sie prüfbar sind. Insbesondere ist für die Beurteilung insbesondere auch der Erfüllbarkeit des Restrukturierungskonzepts (vgl. § 63 Abs. 2 StaRUG) wesentlich, welche Bedingungen, Covenants oder sonstigen Nebenbestimmungen in dem der neuen Finanzierung zugrunde liegenden Vertragswerk enthalten sind. Die Beifügung einer nur pauschalierten Zusage unter Bezugnahme auf nicht 22 beigefügte Vertragswerke genügt daher der Voraussetzung des § 12 Satz 1 StaRUG nicht. Ein solcher Mangel ist auch durch Vorlage der Vertragsunterlagen zu Protokoll im Erörterungs- und Abstimmungstermin nicht heilbar, weil den Planbetroffenen und dem Gericht die Prüfung des Finanzierungsvertragswerkes im Termin nicht zumutbar ist und dem Erfordernis des Überrumpelungsschutzes insoweit nicht genügen würde. Die vorstehenden Voraussetzungen gelten freilich nur, soweit es sich tat- 23 bestandlich um eine neue Finanzierung handelt. Für Novationen, die Prolongation eines nicht mehr werthaltigen Teils bestehender Darlehen, Nachbesicherungen etc. gelten sie dementsprechend nicht. Diese können ohne qualifizierte Voraussetzungen in das Restrukturierungskonzept und den Restrukturierungsplan aufgenommen werden, genießen dann aber nicht den besonderen Schutz des § 89 Abs. 1 StaRUG. 5. Rechtsfolgen Die Rechtsfolgen der – zulässigen und hinreichend begründeten – Aufnahme 24 neuer Finanzierungen im Sinne des § 12 StaRUG in den Restrukturierungsplan ergeben sich aus §§ 89 Abs. 1, 90 Abs. 1 StaRUG sowie aus § 63 Abs. 2 StaRUG. Während § 63 Abs. 2 StaRUG ein Planbestätigungshindernis für den Fall der 25 Aufnahme solcher neuer Finanzierungen in das Restrukturierungskonzept, die den Voraussetzungen des § 12 StaRUG nicht genügen, enthält, was damit auch zum Gegenstand einer Vorprüfung nach §§ 47, 48 StaRUG zu machen ist, enthalten die §§ 89 Abs. 1, 90 Abs. 1 StaRUG die privilegierenden Rechtsfolgen einer zulässigen neuen Finanzierung. § 89 Abs. 1 StaRUG schließt dabei die Anfechtung und die Einordnung der 26 Finanzierung als sittenwidrigen Sanierungskredit (§ 826 BGB) allein wegen der Kenntnis von der Einleitung des Restrukturierungsverfahrens aus. Im Zusammenspiel mit anderen Umständen und Indizien bleibt die Anfechtung indes möglich (Thole, ZIP 2020, 1985, 1998). § 90 Abs. 1 StaRUG schützt den Vollzug des gerichtlich bestätigten Restruk- 27 turierungsplans. Die Beteiligten sollen grundsätzlich von dem Bestand des Plans und der in seinem Vollzug vorgenommenen Handlungen ausgehen dürfen und gegen das Risiko abgesichert werden, dass der Plan entgegen den Erwartungen scheitert (BT-Drucks. 19/24181, S. 182). Für die neue Finanzierung hat dies allerdings nur einen geringen Schutzgehalt, da die Bereitstel-
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
lung der Finanzierungsmittel kaum je einer Anfechtung unterliegen kann; riskant für den Gläubiger ist die Anfechtbarkeit von (Teil-)Rückzahlungen des Schuldners in einem späteren Insolvenzverfahren. Gerade diese sind jedoch von dem Schutz des § 90 Abs. 1 StaRUG nicht erfasst (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 182; ausführlich auch Hölzle/Curtze, ZIP 2021, 1293). § 13 Änderung sachenrechtlicher Verhältnisse 1 Sollen Rechte an Gegenständen begründet, geändert, übertragen oder aufgehoben werden, so können die erforderlichen Willenserklärungen der Beteiligten in den gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans aufgenommen werden. 2Sind im Grundbuch eingetragene Rechte an einem Grundstück oder an eingetragenen Rechten betroffen, so sind diese Rechte unter Beachtung des § 28 der Grundbuchordnung genau zu bezeichnen. 3Für Rechte, die im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen sind, gilt Satz 2 entsprechend.
Übersicht 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1
2.
Formerleichterungen durch Planbestätigung ..................................... 3
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 § 13 StaRUG enthält die Umsetzungsanordnung für die nach dem gestaltenden Teil (§ 7 StaRUG) mögliche Änderung auch sachenrechtlicher Verhältnisse durch den Restrukturierungsplan. Die Vorschrift entspricht wortgleich ihrem insolvenzplanrechtlichen Vorbild des § 228 InsO. Auf die Kommentierung zu dieser Vorschrift kann daher vollständig verwiesen werden. 2 Das restrukturierungsrechtliche Können ist allein durch den sachenrechtlichen Typenzwang begrenzt. Das restrukturierungsrechtliche Dürfen folgt der möglichen Gestaltungstiefe des Restrukturierungsplans und dem Verbot einer Übersanierung (vgl. § 7 StaRUG Rn. 4 ff., 15). 2. Formerleichterungen durch Planbestätigung 3 Im Zusammenhang mit sachenrechtlichen Änderungen durch den Restrukturierungsplan sind stets die Zeit- und Kostenersparnisse, die eine gerichtliche Planbestätigung gemäß §§ 67 ff. StaRUG ermöglicht (BT-Drucks. 19/24181, S. 121) zu beachten, da der Plan nicht nur die dingliche Einigung, sondern auch vorgeschriebene Formerfordernisse ersetzt (vgl. §§ 74, 75 Abs. 1 StaRUG).
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§§ 14, 15 Erklärung zur Bestandsfähigkeit; Vermögensübersicht
§§ 14, 15 Erklärung zur Bestandsfähigkeit; Vermögensübersicht; Ergebnis- und Finanzplan Weitere beizufügende Erklärungen § 14 Erklärung zur Bestandsfähigkeit; Vermögensübersicht; Ergebnis- und Finanzplan (1) Dem Restrukturierungsplan ist eine begründete Erklärung zu den Aussichten darauf beizufügen, dass die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners durch den Plan beseitigt wird und dass die Bestandsfähigkeit des Schuldners sicher- oder wiederhergestellt wird. (2) 1Dem Restrukturierungsplan ist eine Vermögensübersicht beizufügen, in der die Vermögensgegenstände und die Verbindlichkeiten, die sich bei Wirksamwerden des Plans gegenüberstünden, mit ihren Werten aufgeführt sind. 2Zudem ist aufzuführen, welche Aufwendungen und Erträge für den Zeitraum, während dessen die Gläubiger befriedigt werden sollen, zu erwarten sind und durch welche Abfolge von Einnahmen und Ausgaben die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens während dieses Zeitraums gewährleistet werden soll. 3Dabei sind neben den Restrukturierungsforderungen auch die vom Plan unberührt bleibenden Forderungen sowie die künftig nach dem Plan zu begründenden Forderungen zu berücksichtigen. § 15 Weitere beizufügende Erklärungen (1) Handelt es sich bei dem Schuldner um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, so ist dem Restrukturierungsplan eine Erklärung der Personen beizufügen, die nach dem Plan persönlich haftende Gesellschafter des Unternehmens sein sollen, dass sie zur Fortführung des Unternehmens auf der Grundlage des Plans bereit sind. (2) Sollen Gläubiger Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte oder Beteiligungen an einer juristischen Person, einem nicht rechtsfähigen Verein oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit übernehmen, so ist dem Restrukturierungsplan die Zustimmungserklärung eines jeden dieser Gläubiger beizufügen. (3) Hat ein Dritter für den Fall der Bestätigung des Restrukturierungsplans Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern übernommen, so ist dem Plan die Erklärung des Dritten beizufügen. (4) Sieht der Restrukturierungsplan Eingriffe in die Rechte von Gläubigern aus gruppeninternen Drittsicherheiten vor, so ist dem Plan die Zustimmung des verbundenen Unternehmens beizufügen, das die Sicherheit gestellt hat.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Gegenstand und Form der beizufügenden Erklärungen ................... 4 a) Aussichten der Bestandssicherung (§ 14 Abs. 1 StaRUG) .... 4
b) Vermögens- und Restrukturierungsplanung (§ 14 Abs. 2 StaRUG) .................................. 5 c) Beiträge Dritter (§ 15 StaRUG) ...................... 13 d) Form ...................................... 15
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 §§ 14, 15 StaRUG sind Teil des dem gesamten Rechts der präventiven Restrukturierung zugrunde liegenden Transparenzprinzips und dienen dazu, den Gläubigern und dem Gericht die Einschätzung der Folgen der Ihnen abverlangten Restrukturierungsbeiträge sowie die Erfolgsaussichten der Restrukturierung einzuschätzen. Gleichzeitig dient jede dem Transparenzprinzip zuzuordnende Teilmaßnahme des Gesetzes dem Überrumpelungsschutz der Planbetroffenen. 2 § 14 Abs. 1 StaRUG geht über die reine Transparenz jedoch hinaus; die Vorschrift ist Teil der in die Gesamtauslegung einzubeziehenden Vorschriften, aus deren Wertung sich das Verbot der Übersanierung (vgl. § 7 StaRUG Rn. 15) ableitet. In § 14 Abs. 1 StaRUG kommt dies durch die Bezugnahme auf die Sicher- oder Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit des Schuldners zum Ausdruck. 3 Im Übrigen sind die §§ 14, 15 StaRUG den §§ 229, 230 InsO nachgebildet; auf die Rechtsprechung und Kommentierung zu diesen Vorschriften kann verwiesen werden. 2. Gegenstand und Form der beizufügenden Erklärungen a) Aussichten der Bestandssicherung (§ 14 Abs. 1 StaRUG) 4 Die Planbetroffenen sind nur dann in der Lage, die Erfolgswahrscheinlichkeit des Gelingens der Sanierungsbemühungen auf Basis des vorgelegten Restrukturierungsplans zu prüfen, wenn sie ergänzende Informationen darüber erhalten, wie die Krisenursachen beseitigt und dadurch der dauerhafte Bestand des Schuldners gesichert werden soll und wie die künftigen Verbindlichkeiten des zu sanierenden Unternehmens auf ein vertretbares Maß zurückgeführt werden können sowie auf welcher Grundlage die künftig fällig werdenden Verbindlichkeiten aus den Erträgen erfüllbar sind (ähnlich für § 229 InsO Eilenberger, in: MünchKomm-InsO, § 229 Rn. 3). Die nach § 14 Abs. 1 StaRUG erforderliche Erklärung kann sich daher nicht damit begnügen, bloße Maßnahmen zu beschreiben oder unkommentierte Planrechnungen vorzulegen, sondern muss in Anlehnung an § 31 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG, der insoweit als Auslegungshilfe heranzuziehen ist, auf Grundlage der Darstellung von Art, Ausmaß und Ursachen der Krise die zu deren Bewältigung beabsichtigten Maßnahmen und die Herleitung der aus ihnen abzuleitenden wirtschaftlichen Folgen und Aus74
§§ 14, 15 Erklärung zur Bestandsfähigkeit; Vermögensübersicht
sichten begründet darlegen. Dies wird regelmäßig auf Grundlage einer Überleitungsrechnung zu erfolgen haben, die auf Grundlage einer integrierten Finanzund Ertragsplanung zunächst ohne und sodann mit den beabsichtigten Restrukturierungsmaßnahmen deren Wirkung in Bezug auf die nachhaltige Bestandssicherung des Schuldners aufzeigt. Außerdem ist darzulegen, welche Voraussetzungen (Darstellung und Herleitung der zugrundeliegenden Planungsprämissen, notwendige Beiträge Dritter oder sonstige Bedingungen, wie z. B. Erteilung einer verbindlichen Auskunft der Finanzverwaltung) für den Eintritt der vorgestellten Planung erforderlich sind und weshalb die begründete Aussicht besteht, dass diese auch eintreten werden. Insoweit geht § 14 Abs. 1 StaRUG deutlich über die Vorgaben des § 229 InsO hinaus. Diese strenge Auslegung des § 14 Abs. 1 StaRUG folgt nicht zuletzt aus dem Text des der Vorschrift zugrunde liegenden Art. 8 Abs. 1 lit. h) RL (EU) 2019/1023 selbst, in dem es heißt, dass in dem Restrukturierungsplan zu erläutern ist, warum eine begründete Aussicht besteht, dass die Restrukturierungsmaßnahme die Insolvenz des Schuldners verhindern und die Bestandsfähigkeit des Unternehmens gewährleisten kann, einschließlich einer Erläuterung der notwendigen Voraussetzungen für den Erfolg des Plans. b) Vermögens- und Restrukturierungsplanung (§ 14 Abs. 2 StaRUG) Da die Beurteilung der Auswirkungen für die Planbetroffenen überdies die Ein- 5 schätzung der Vermögenslage des Schuldners erfordert, ist auch eine Gegenüberstellung des Vermögens und der Schulden des Schuldners für den gesamten Sanierung-/Restrukturierungszeitraum (vgl. Eilenberger, in: MünchKommInsO, § 229 Rn. 6) geboten. In seiner systematischen Stellung entspricht § 14 Abs. 2 StaRUG daher der Vorschrift des § 229 InsO, wonach die vermögensrechtlichen Auswirkungen des Restrukturierungsplans durch Fortschreibung einer auf den Zeitpunkt der Planerstellung aufgestellten Vermögensübersicht über den gesamten Restrukturierungszeitraum in Form von Plan-Bilanzen darzustellen sind. Die Darstellung hat naturgemäß zu Fortführungswerten zu erfolgen; die Auswirkungen bei Scheitern des Restrukturierungsplans, die ggf. den Ansatz von Liquidationswerten erfordern, sind der Vergleichsrechnung im darstellenden Teil vorbehalten (vgl. § 6 StaRUG Rn. 15 ff.). Neben den in entsprechende Zeitabschnitte (regelmäßig jährlich) gegliederten 6 fortgeschriebenen Vermögensübersichten in Gestalt der Plan-Bilanzen verlangt § 14 Abs. 2 StaRUG in Anlehnung an § 229 Satz 2 InsO die begründete Darstellung auch der Sicherung der Zahlungsfähigkeit des Schuldners über den gesamten Restrukturierungszeitraum. Diese Darstellung erfordert eine ebenfalls in entsprechende Zeitabschnitte (regelmäßig monatlich, mindestens quartalsweise) untergliederte (integrierte) Plan-Gewinn- und Verlustrechnung sowie Liquiditätsplanung des Schuldners. Aus ihr muss sich die Erfüllbarkeit des Restrukturierungkonzepts im Sinne einer nachhaltigen Bestandssicherung durch jedenfalls nachhaltige Sicherung der Zahlungsfähigkeit des Schuldners als Mindestziel der Restrukturierung ergeben.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
7 Die Laufzeit der Plan-GuV sowie der Liquiditätsplanung wird durch das dargestellte Restrukturierungskonzept und die Laufzeit der Restrukturierung bestimmt. Da es um die Beurteilung geht, ob das Konzept im Sinne der §§ 14 Abs. 1, 31 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG zur nachhaltigen Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit des Schuldners und damit zur Vermeidung einer Folgeinsolvenz (zu den Wirkungen eines vorangegangenen Restrukturierungsverfahrens in der Folgeinsolvenz ausführlich Hölzle/Curtze, ZIP 2021, 1293) geeignet ist, muss sich die Mindestlaufzeit der Planungen aber unabhängig von dem Restrukturierungskonzept an der Vermutungswirkung des § 33 Abs. 2 Satz 3 StaRUG orientieren, darf daher den Planungshorizont von drei Jahren grundsätzlich nicht unterschreiten. 8 Der Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 2 StaRUG könnte nahelegen, dass die Planung erst mit der Rechtskraft des Restrukturierungsplans einzusetzen, also nur die Zeit nach Abschluss des Restrukturierungsvorhabens zu betrachten hat, weil die Befriedigung der Gläubiger regelmäßig erst dann beginnt, was sich bereits aus § 32 Abs. 1 Satz 3 StaRUG (vgl. dort Rn. 9 ff.) ergibt. Dies aber wäre ein Trugschluss. Zunächst ist für die Beurteilung der Erreichbarkeit des Restrukturierungsziels selbstverständlich auch entscheidend, dass der Schuldner schon während des eingeleiteten Verfahrens in der Lage ist, seinen laufenden Verpflichtungen nachzukommen. Anderenfalls würde sich nämlich aus § 32 Abs. 3 StaRUG unmittelbar die Anzeigepflicht wegen einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit (vgl. § 32 StaRUG Rn. 42) und damit aus § 33 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG die grundsätzliche Rechtsfolge der Aufhebung des Verfahrens (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 84) ergeben. Zudem hat der Schuldner nach § 31 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG mit der Anzeige der Restrukturierung darzustellen, welche Vorkehrungen er getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, seine Pflichten nach diesem Gesetz zu erfüllen (vgl. § 31 StaRUG Rn. 57). Zu diesen Pflichten gehört, das Verfahren nur unter der Eingangsvoraussetzung einer bislang nur eingetretenen drohenden Zahlungsunfähigkeit in Anspruch zu nehmen, es im Gläubigerinteresse zu betreiben und das Restrukturierungsziel der nachhaltigen Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit ernsthaft zu verfolgen und zu erreichen zu suchen. Dies alles ist indes nur unter der Voraussetzung möglich, dass im laufenden Verfahren bestehende Verpflichtungen, soweit nicht von einer Stabilisierungsanordnung betroffen, vertragsgerecht erfüllt werden. 9 Die Liquiditätsplanung muss daher auch den Zeitraum, während dessen das Verfahren betrieben wird, erfassen. Hier genügt eine Darstellung auf Monatsebene nicht; vielmehr ist regelmäßig eine Darstellung auf Wochenebene zu verlangen. 10 Den Anforderungen des § 14 Abs. 2 StaRUG genügt die unkommentierte Vorlage der integrierten Plan-GuV sowie Liquiditätsplanung nicht. Diese müssen vielmehr begründet und erläutert und die zugrundeliegenden Prämissen plausibel dargestellt werden, um den Gläubigern einerseits die Beurteilung zu ermöglichen, wie sich die Restrukturierungsmaßnahmen entwickeln und was 76
§§ 14, 15 Erklärung zur Bestandsfähigkeit; Vermögensübersicht
ihre Umsetzung für die jeweils eigenen wirtschaftlichen Interessen bedeutet, andererseits eine Überprüfungsmöglichkeit zu eröffnen, ob das Restrukturierungsziel erreichbar scheint und sich im weiteren Verlauf das Restrukturierungsvorhaben plangemäß entwickelt. Der Umfang der Erläuterungen muss es einem fachkundigen Dritten ermög- 11 lichen, die vorgelegten Planungen in angemessener Zeit jedenfalls zu plausibilisieren. Die prognostizierte geschäftliche Entwicklung ist daher aus Vergangenheitswerten abzuleiten; Abweichungen sind zu erläutern und zu begründen. Zudem müssen besondere Umstände, insbesondere solche im Zusammenhang mit dem Betreiben des Restrukturierungsvorhabens Einzug in die Planung halten, vor allem wenn sie Auswirkung auf die Liquiditäts- und Ertragsentwicklung des Unternehmens haben können. Hierzu zählt auch, dass während des Betreibens der Restrukturierungssache regelmäßig damit zu rechnen ist, dass Lieferanten auf Vorkasseleistung umstellen (vgl. §§ 44, 55 StaRUG Rn. 13 ff.) und sich deshalb mit der Einleitung des Verfahrens der Liquiditätsbedarf zunächst deutlich erhöht. Außerdem müssen Verfahrenskosten, etwaige Sicherheitsleistungen etc. in der Planung berücksichtigt werden. Im Übrigen kann auf die Rechtsprechung und die Kommentierung zu § 229 12 InsO verwiesen werden. c) Beiträge Dritter (§ 15 StaRUG) Während § 14 StaRUG die vom Schuldner selbst vorzulegenden Erklärungen 13 zum Gegenstand hat, regelt § 15 StaRUG nach dem Vorbild des § 230 InsO die Notwendigkeit der Beifügung von Erklärungen Dritter, die am Verfahren nicht unmittelbar beteiligt sind, deren Beiträge oder Beteiligung für die Umsetzung des Restrukturierungplans aber erforderlich sind. Dies schließt nach § 15 Abs. 4 StaRUG die Zustimmung des Sicherungsgebers gruppeninterner Drittsicherheiten ein, weil ein Eingriff in bilaterale Vertragsverhältnisse zwischen dem Planbetroffenen und dem Drittsicherheitengeber durch den Restrukturierungsplan ohne Beteiligung des Sicherungsgebers zivilrechtlich nicht möglich wäre. Im Übrigen enthält die Vorschrift keine nennenswerten, von § 230 InsO ab- 14 weichenden Bestimmungen, weshalb auf die Rechtsprechung und Kommentierung zu § 230 InsO verwiesen werden kann. d) Form Die begründete Erklärung des Schuldners gemäß § 14 Abs. 1 StaRUG ein- 15 schließlich der fortzuschreibenden Plan-Bilanzen, der Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen und der Liquiditätsplanung sind vom Schuldner zu erstellen und vorzulegen. Die Erstellung durch einen externen Experten (Sachverständigen) ist zulässig, aber nicht vorgeschrieben.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
16 Dies steht im Einklang mit der Richtlinie. Art. 8 Abs. 1 lit. h) Satz 2 RL (EU) 2019/1023 stellt dem nationalen Gesetzgeber frei, die mit dem Plan vorzulegende Begründung von einem externen Experten oder von dem Restrukturierungbeauftragten vorlegen oder bestätigen zu lassen. Der deutsche Gesetzgeber hat dies in Gestalt des § 76 Abs. 4 StaRUG umgesetzt, wonach bei Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten dieser, beantragt der Schuldner die Planbestätigung, obligatorisch auch zu der Begründung des Schuldners nach § 14 Abs. 1 StaRUG Stellung zu nehmen hat. Bei dieser Pflichtaufgabe des Restrukturierungsbeauftragten handelt es sich um die spezialgesetzliche Ausformung der Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten als Sachverständiger im Sinne des § 73 Abs. 3 StaRUG, weshalb der Restrukturierungsbeauftragte sich nicht auf eine bloße Plausibilisierung der Restrukturierungsmaßnahmen und der Planrechnung zurückziehen kann, sondern die begründete Erklärung des Schuldners gemäß § 14 Abs. 1 StaRUG sachverständig zu begutachten und zu beurteilen hat. 17 Die sachverständige Beurteilung des Restrukturierungsbeauftragten und – auch wenn einer solcher nicht bestellt ist – des Restrukturierungsgerichts sowie die Beurteilung der vom Schuldner vorgelegten Begründung gemäß § 14 Abs. 1 StaRUG durch die Planbetroffenen erfolgt ausschließlich auf Grundlage der im Plan bzw. der Anlage hierzu enthaltenen Begründung. Andere als die vom Schuldner vorgetragenen Gründe dürfen nicht berücksichtigt werden. Ein Ersetzen der Begründung durch die eigene Beurteilung des Restrukturierungsbeauftragten oder des Restrukturierungsgerichts sowie ein Nachschieben von Gründen durch den Schuldner sind nicht möglich. Es gelten dieselben Erwägungen wie hinsichtlich der vom Schuldner darzulegenden Begründung für die Auswahl der Planbetroffenen (vgl. § 8 StaRUG Rn. 4 ff.). Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn sich die in den Liquiditätsplanungen, Planrechnungen und Plan-Bilanzen enthaltenen Zahlen aus anderen als vom Schuldner angegebenen Gründen als richtig erweisen. Denn in diesem Fall ist anzunehmen, dass das Restrukturierungskonzept des Schuldners nicht schlüssig ist, da die vom Schuldner dargelegten Zahlen sich gerade nicht aus der begründeten Darlegung des Konzepts ableiten, sondern sich aus anderen, mehr oder minder zufälligen Gründen möglicherweise dennoch als richtig bzw. plausibel erweisen. Das aber genügt für die Überprüfbarkeit des Konzepts und vor allem die Prüfbarkeit, ob sich das Restrukturierungsvorhaben plangerecht entwickelt nicht. 18 Die Anlagen nach § 15 StaRUG sind dem Plan in vollständiger Ausfertigung der jeweiligen Erklärung beizufügen, wobei bei der Übermittlung des Plans an die Planbetroffenen Kopien ausreichend sind. Die Originale der Erklärungen sind der zu bestätigenden Ausfertigung des Plans und, soweit ein solcher stattfindet, spätestens im Erörterungs- und Abstimmungstermin als Anlage zu dem zur Abstimmung gestellten – ggf. in einzelnen Vorschriften geänderten –, dem Protokoll beigefügten Plan zu nehmen. Die Beifügung der Originale zu der Originalausfertigung des Plans ist erforderlich, da nur auf der Grundlage
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§ 16 Checkliste für Restrukturierungspläne
einer vorliegenden Erklärung im Original die Wahrung der etwaig vorgeschriebenen Form gemäß § 68 Abs. 2 StaRUG als Wirkung der Planbestätigung eintreten kann (arg. e contr. § 127 Abs. 2 BGB: wenn bei der gewillkürten Form die telekommunikative Übermittlung der Erklärung grundsätzlich ausreichend ist, gilt dies bei gesetzlich vorgeschriebenen Formerfordernissen gerade nicht). § 16 Checkliste für Restrukturierungspläne 1
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz macht eine Checkliste für Restrukturierungspläne bekannt, welche an die Bedürfnisse von kleinen und mittleren Unternehmen angepasst ist. 2Die Checkliste wird auf der Internetseite www.bmjv.bund.de veröffentlicht. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes § 16 StaRUG setzt die Vorgabe des Art. 8 Abs. 2 RL (EU) 2019/1023 um, 1 wonach die Mitgliedstaaten online eine an die Bedürfnisse von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) angepasste Checkliste für Restrukturierungspläne zur Verfügung stellen, die praktische Leitlinien dazu enthält, wie der Restrukturierungsplan zu erstellen ist. Angesichts der Komplexität und der Beratungsintensität des präventiven Re- 2 strukturierungsverfahrens nach dem StaRUG erscheint der Nutzen einer solchen Checkliste nicht nur fraglich, sondern vielmehr trügerisch und deshalb gefährlich, weil eine jede Typisierung und Pauschalisierung angesichts der strengen Anforderungen an die konkreten Darlegungen und Begründungen die der Plan enthalten muss, den jeweiligen Verhältnissen kaum je gerecht werden kann. In der Praxis werden zu Recht Bedenken geäußert, dass das präventive Restrukturierungsverfahren für KMU regelmäßig keine realistische Option darstellt; daran ändert auch die Bereitstellung einer Checkliste nichts. Denn keinesfalls können, hält sich der Schuldner an die Checkliste etwa aus 3 dem Gesichtspunkt eines vermeintlichen Vertrauensschutzes des Schuldners in diese Typisierung darüber, Planbetroffenenrechte geopfert oder der Schutz vor individueller Schlechterstellung bzw. der Minderheitenschutz eingeschränkt werden. Für die Anwendung all dieser Vorschriften bleibt es bei den (strengen) gesetzlichen Anforderungen an den Plan, die bei (unreflektierter) Verwendung einer Checkliste kaum je erfüllbar sein werden. Auch die Bereitstellung einer Checkliste macht daher den mit der beabsich- 4 tigten Durchführung eines präventiven Restrukturierungsverfahrens verbundenen Beratungsbedarf nicht entbehrlich; der versierte Berater andererseits hat für die Checkliste ebenso wenig Bedarf und Verwendung, wie der Restrukturierungsbeauftragte.
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Abschnitt 3 – Planabstimmung Unterabschnitt 1 – Planangebot und Planannahme §§ 17 – 19, 23 Planangebot und Planannahme (im schriftlichen Verfahren) § 17 Planangebot (1) 1Das an die Planbetroffenen gerichtete Angebot des Schuldners, den Restrukturierungsplan anzunehmen (Planangebot), hat den deutlichen Hinweis darauf zu enthalten, dass der Plan im Fall seiner mehrheitlichen Annahme und gerichtlichen Bestätigung auch gegenüber Planbetroffenen wirksam wird, die das Angebot nicht annehmen. 2Dem Planangebot ist der vollständige Restrukturierungsplan nebst Anlagen sowie eine Darstellung der bereits angefallenen und der noch zu erwartenden Kosten des Restrukturierungsverfahrens einschließlich der Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten beizufügen. (2) Aus dem Planangebot muss hervorgehen, mit welchen Forderungen oder Rechten der jeweilige Planbetroffene in den Restrukturierungsplan einbezogen ist, welchen Gruppen der Planbetroffene zugeordnet ist und welche Stimmrechte die ihm zustehenden Forderungen und Rechte gewähren. (3) Hat der Schuldner vor Abgabe des Planangebots nicht allen Planbetroffenen Gelegenheit zur gemeinschaftlichen Erörterung des Plans oder des Restrukturierungskonzepts gegeben, das durch den Plan umgesetzt werden soll, hat das Planangebot den Hinweis darauf zu enthalten, dass auf Verlangen eines Planbetroffenen oder mehrerer Planbetroffener eine Versammlung der Planbetroffenen zwecks Erörterung des Plans abgehalten wird. (4) 1Sofern im Verhältnis zu einzelnen Planbetroffenen nichts anderes vereinbart ist, unterliegt das Planangebot der Schriftform. 2Bestimmt der Schuldner im Planangebot keine andere Form, unterliegt auch die Planannahme der Schriftform. § 18 Auslegung des Planangebots Im Zweifel ist anzunehmen, dass das Planangebot unter der Bedingung steht, dass sämtliche Planbetroffene zustimmen oder dass der Plan gerichtlich bestätigt wird. § 19 Annahmefrist 1
Für die Annahme des Restrukturierungsplans setzt der Schuldner eine Frist. Die Frist beträgt mindestens 14 Tage. 3Sie kann kürzer sein, wenn dem Plan ein Restrukturierungskonzept zugrunde liegt, das allen Planbetroffenen seit mindestens 14 Tagen in Textform zugänglich gemacht ist.
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§§ 17–19, 23 Planangebot und Planannahme (im schriftlichen Verfahren)
§ 23 Gerichtliches Planabstimmungsverfahren Der Schuldner kann den Restrukturierungsplan in einem gerichtlichen Verfahren zur Abstimmung stellen, welches nach den §§ 45 und 46 durchzuführen ist; die §§ 17 bis 22 finden in diesem Fall keine Anwendung. Übersicht 1.
2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ................................... 1 Dogmatik und Form des Planangebots und seiner Annahme ...... 6 a) Rechtsnatur des Planangebots (§§ 17 Abs. 1, 18 StaRUG) .... 6 b) Entscheidung der Geschäftsleitung auch ohne oder gegen Gesellschafterbeschluss? ...... 12 c) Gegenstand des Planangebots (§ 17 Abs. 1 StaRUG) .......... 14
3.
d) Transparenzgebot und Grundsatz der Mündlichkeit (§ 17 Abs. 2, 3 StaRUG) ...... 23 e) Formerfordernis und Planannahme (§ 17 Abs. 4 StaRUG) ................................ 29 f) Annahmefrist (§ 19 StaRUG) bzw. verspätete oder formunwirksame Abgabe .............. 34 Verhältnis zu anderen Vorschriften und Anwendungsausschluss (§ 23 StaRUG) ............................. 42
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes Die §§ 17 – 22 StaRUG bilden die rechtliche Grundlage für die eigenverant- 1 wortliche Organisation der Planabstimmung durch den Schuldner wahlweise weitgehend frei von verfahrensrechtlichen Vorgaben des Gesetzes oder im Rahmen eines gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungsverfahrens. Die Durchführung eines gerichtlichen Abstimmungsverfahrens ist nach § 23, §§ 45 f. StaRUG optional, aber für die Rechtskraft des Restrukturierungsplans erforderlich, ist das Abstimmungsergebnis nicht einstimmig. Entscheidet sich der Schuldner für ein gerichtliches Erörterungs- und Abstimmungsverfahren nach §§ 45, 46 StaRUG finden die §§ 17 – 22 StaRUG keine Anwendung (§ 23 StaRUG). Denn die Bindung an den Restrukturierungsplan steht gemäß § 18 unter der typisierten Bedingung, dass sämtliche Planbetroffenen dem Plan zustimmen, oder dass der Plan gerichtlich bestätigt wird. Etwas anderes gilt nur, soweit der Plan hierzu ausdrücklich eine abweichende Regelung enthält. Auch im Falle einer abweichenden Regelung, wonach die Bindungswirkung des Schuldners auch dann eintreten soll, wenn nicht sämtliche Gläubiger zustimmen, ist eine Bindung auch der dissentierenden Gläubiger nur durch die gerichtliche Bestätigung des Plans zu erreichen. Die Vorschriften zum Stimmrecht und zu den erforderlichen Mehrheiten 2 finden sich in §§ 24 ff. StaRUG. Unbeschadet der auch in der Gesetzesbegründung offenbleibenden rechtlichen 3 Qualifikation des Restrukturierungsplans entweder als kollektiver Akt der Willensbildung einer Personenmehrheit als Abschluss eines multidirektionalen Vergleichsvertrages oder schlicht als Anknüpfungstatbestand für einen richter-
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
lichen Gestaltungsakt (BT-Drucks. 19/24181, S. 121) sind auf die Willensbildung der Planbetroffenen die Vorschriften über die Abgabe, den Zugang und die Wirksamkeit von Willenserklärungen (§§ 116 ff. BGB) anzuwenden. Dasselbe gilt für die anerkannten Regeln der Auslegung, die auch auf die Erklärungen des Schuldners und der Planbetroffenen Anwendung finden. 4 Der Grundgedanke der §§ 17 – 22 StaRUG folgt dem Primat, den Planbetroffenen eine informierte Entscheidung zu ermöglichen, ihnen zweifelsfrei vor Augen zu führen, welche von den ihnen zustehenden Forderungen und Rechten in welchem Umfang in den Plan einbezogen und wie diese jeweils gestaltet werden sollen sowie die Planbetroffenen vor Überrumpelung zu schützen. Ziel der §§ 17 – 22 StaRUG ist es daher, das materiell-rechtlich geltende Transparenzprinzip (vgl. § 6 StaRUG Rn. 5; §§ 14, 15 StaRUG Rn. 10) verfahrensrechtlich zur Geltung zu bringen. Dies schließt die Information der Planbetroffenen über die ihnen zustehenden verfahrensrechtlichen Mitwirkungsrechte einschließlich einer Vorhersehbarkeit in Bezug auf die Bindungswirkung des Plans ein. 5 Bestandteil dieses Transparenzgebots ist daher auch das Recht der Planbetroffenen, über die schriftliche Information hinaus die Durchführung eines sodann obligatorischen Erörterungstermins zu verlangen. 2. Dogmatik und Form des Planangebots und seiner Annahme a) Rechtsnatur des Planangebots (§§ 17 Abs. 1, 18 StaRUG) 6 Kraft gesetzlicher Definition in § 17 Abs. 1 StaRUG ist das Planangebot das an die Planbetroffenen gerichtete Angebot des Schuldners, den Restrukturierungsplan anzunehmen. Soweit nicht ausdrücklich anders vereinbart, soll das Angebot nach dem Wortlaut des Gesetzes unter der typisierten Bedingung (Zweifelsfallregelung) stehen, dass sämtliche Planbetroffenen dem Angebot zustimmen, oder dass der Plan gerichtlich bestätigt wird und auf diesem Wege Wirksamkeit auch gegenüber den dissentierenden Gläubigern erlangt (§ 18 StaRUG). Die Wirksamkeit des schuldnerischen Angebots soll daher nach dem vom Gesetzgeber vorausgesetzten Willen des Schuldners im Grundsatz von der Wirkung des Plans für und gegen alle Planbetroffenen abhängen, die auf zweierlei Weise hergestellt werden kann: Konsens aller Planbetroffenen und rechtswirksame Zustimmung zum Plan oder wirksamer Mehrheitsbeschluss nach §§ 25 ff. StaRUG und anschließend rechtskräftige Planbestätigung nach §§ 60 ff. StaRUG, durch welche die Bindungswirkung auch gegenüber den dissentierenden Gläubigern herbeigeführt und so die Voraussetzung für die Wirksamkeit des schuldnerischen Planangebots geschaffen wird. 7 Mit dieser im Gesetz angelegten Konstruktion, welche die Planvorlage als bedingtes Angebot des Schuldners auf Abschluss eines Restrukturierungsplans auffasst, wäre die Vorlage des Restrukturierungsplans dogmatisch grundsätzlich anders zu beurteilen, als die Vorlage eines Insolvenzplans. Im Insolvenzplanverfahren beinhaltet die Vorlage des Insolvenzplans nach § 218 InsO noch 82
§§ 17–19, 23 Planangebot und Planannahme (im schriftlichen Verfahren)
kein Angebot im Sinne des § 145 BGB, sondern lediglich eine an die Gläubiger gerichtete invitatio ad offerendum. Der Vertrag zwischen dem Schuldner und den Gläubigern kommt nicht durch korrespondierende Erklärungen, sondern im Wege der Zustimmung aller Beteiligten zu einer Vertragsvorlage zustande, was den Anforderungen der §§ 145 ff. BGB genügt (ausführlich Madaus, Der Insolvenzplan, 2010 [habil.], S. 174 ff., 424 ff.). Diese dogmatische Einordnung der Vorlage des Insolvenzplans ist insbesondere vor dem Hintergrund des Zustimmungserfordernisses auch des Schuldners aus § 247 InsO richtig, weshalb die Planvorlage allein noch keine Bindungswirkung entfalten kann. Anders allerdings bei der Vorlage des Restrukturierungsplans. Zwar hat der 8 Gesetzgeber die rechtliche Konstruktion des Restrukturierungsplans ausdrücklich dahinstehen lassen (BT-Drucks. 19/24181, S. 121). Er macht unabhängig davon aber deutlich, dass die für die Bindung an die Planbestätigung anknüpfenden Regeln das Resultat einer Willensbetätigung der Beteiligten sind, die auf die Herbeiführung der im Plan vorgesehenen Rechtsfolgen gerichtet sind, weshalb ungeachtet der Konstruktion jedenfalls die Regelungen über Willenserklärungen anzuwenden sind, sofern sich nicht aus den §§ 17 ff. StaRUG ausdrücklich etwas anderes ergibt (BT-Drucks. 19/24181, S. 121). Damit ist die Grundlage dafür geschaffen, bereits die Planvorlage als bindendes Angebot im Sinne des § 145 BGB zu verstehen, das unter einer aufschiebenden Bedingung gemäß § 158 Abs. 1 BGB steht. Hierfür spricht zunächst, dass das StaRUG keine dem § 247 InsO entspre- 9 chende Regelung enthält. Das heißt, ein Zustandekommen des Restrukturierungsplans durch gleichlautende auf den Planentwurf bezogene Zustimmungserklärungen, wie sie die dogmatische Grundlage für den Vertragsschluss im Insolvenzplanverfahren bilden (vgl. Madaus, Der Insolvenzplan, 2010 [habil.], S. 183), scheidet im Restrukturierungsverfahren aus. Die Vorlage des Restrukturierungsplans ist die einzige und damit auch letzte verfahrensförmliche Erklärung des Schuldners im Abstimmungs- und Bestätigungsverfahren, weshalb diese den alleinigen dogmatischen Anknüpfungspunkt für die mit ihr verbundene Bindungswirkung gegenüber dem Schuldner begründet. Auch die Pflichtenbindung des Schuldners gemäß § 32 StaRUG, insbesondere gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2, 3 StaRUG lässt sich dogmatisch ohne Weiteres als spezialgesetzliche Ausprägung der §§ 160, 162 BGB interpretieren und rechtfertigen, begreift man bereits die Planvorlage als aufschiebend bedingte Willenserklärung (Angebot, § 145 BGB) des Schuldners. Daraus folgt, dass der Schuldner mit dem Zugang des formgerechten Planan- 10 gebots nach §§ 17 ff. StaRUG – und dogmatisch insoweit zwingend – bereits an das Planangebot und den Inhalt des Restrukturierungsplans, wie von ihm vorgeschlagen, gebunden ist. Eine Einschränkung erfährt diese Bindungswirkung durch § 20 Abs. 4 StaRUG, der die inhaltliche Änderung des Plans in einzelnen Punkten als Ergebnis der Erörterung für zulässig erklärt (vgl. § 20 StaRUG Rn. 32).
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
11 Aus der Bindung des Schuldners an den angebotenen Restrukturierungsplan im Sinne der §§ 17, 18 StaRUG i. V. m. § 145 BGB folgt zugleich, dass der Schuldner den Plan einseitig nicht zurückziehen kann, sondern das Abstimmungsverfahren durchzuführen hat und im Falle der Annahme des Plans auch materiell an diesen gebunden ist. Ebenso ist es dem Schuldner versagt, den Eintritt der Planwirkungen dadurch zu vereiteln, dass er die Abstimmung faktisch unterläuft, z. B., indem er trotz Aufforderung nicht zu einer Planbetroffenenversammlung (§ 20 StaRUG) einlädt oder nach nicht einstimmiger Beschlussfassung über den Plan es unterlässt, die gerichtliche Planbestätigung zu betreiben. Hierin läge eine Verhinderung des Bedingungseintritts im Sinne des § 162 BGB und damit ein Verstoß gegen die Pflichten aus § 32 StaRUG, die nach § 43 StaRUG schadensersatzbewährt ist. b) Entscheidung der Geschäftsleitung auch ohne oder gegen Gesellschafterbeschluss? 12 In der Entwurfsfassung des Gesetzes enthielt dieses in § 2 E-StaRUG noch die ausdrückliche Verpflichtung der Geschäftsleiter vorrangig vor dem Gesellschafter- auf das Gläubigerinteresse. Diese Verpflichtung war haftungsbewährt. Auch wenn § 2 E-StaRUG durch den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz gekippt und nicht Gesetz geworden ist, so heißt es in der Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses, dass die Streichung in dem Verständnis erfolgt sei, dass sie keine Haftungslücken hinterlasse und die Rückbildung der gläubigerschützenden Haftungsnormen durch die gesellschaftsrechtlichen Haftungsnormen aufgefangen werde (Ausschuss-Drucks. 19(6)206, S. 174). Dieses Verständnis ist vor dem Hintergrund einer richtlinienkonformen Auslegung auch zwingend, da es in Erwägungsgrund 71 der RL (EU) 2019/1023 ausdrücklich heißt, dass die Gläubiger bei drohender Insolvenz vor Managemententscheidungen zu schützen sind, die sich auf die Zusammensetzung des Schuldnervermögens auswirken können, insbesondere wenn weitere Wertminderungen zu besorgen sind; außerdem sind sämtliche Maßnahmen zu vermeiden, die in einer späteren Insolvenz anfechtbar sein könnten (vgl. Demisch, in: Morgen, Präventive Restrukturierung, Art. 19 Rn. 29). Die Unternehmensleitung ist daher im Einklang mit Art. 19 lit. a) der Richtlinie jedenfalls insoweit am Gläubigerinteresse auszurichten, als eine dem Gläubigerinteresse zuwider laufende Weisung der Gesellschafter unwirksam ist (vgl. ausführlich §§ 31, 33 StaRUG Rn. 32). 13 Vor dem Hintergrund der gebotenen Ausrichtung des Geschäftsleiterhandelns am Gläubigerinteresse vom Zeitpunkt des Kriseneintritts an lässt sich die insbesondere vom OLG München (ZIP 2013, 1121) vertretene Rechtsauffassung, dass die Einleitung eines Insolvenzverfahrens ohne Zustimmung der Gesellschafter bei nur drohender Zahlungsunfähigkeit dem Geschäftsleiter zum Schadensersatz verpflichte, nicht mehr halten und auch nicht auf die Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens übertragen. Ungeachtet der Tatsache, dass auch bisher in der Literatur die vorrangige Ausrichtung am Gläubigerinteresse
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§§ 17–19, 23 Planangebot und Planannahme (im schriftlichen Verfahren)
(Hölzle, ZIP 2013, 1846) vertreten worden ist, folgt diese jetzt jedenfalls aus einer richtlinienkonformen Auslegung, da die zentrale krisenbezogene Haftungsnorm des § 15b InsO an den Eintritt von Insolvenzantragspflichten anknüpft; das Richtlinienziel des Schutzes der Gläubiger vor vermögensverzehrenden Maßnahmen der Geschäftsleiter ist rechtsformübergreifend auf anderem Wege sicherzustellen und daher aus allgemeinen (gesellschaftsrechtlichen) Sorgfaltspflichten herzuleiten. Schützt die Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens die Gläubiger daher besser vor einem weiteren Verzehr des Vermögens und damit vor weiteren Einbußen als die freie Sanierung, ist eine entgegenstehende Weisung der Gesellschafter, kein Restrukturierungsverfahren einzuleiten, unwirksam, da sich jedenfalls die Gesellschafter nicht den Gläubigerinteressen entgegenstellen dürfen, auch wenn die Richtlinie eine klare Rangfolge zwischen den Gläubiger- und den Gesellschaftersinteressen ausdrücklich nicht vorgibt (ausführlich §§ 31, 33 StaRUG Rn. 32). c) Gegenstand des Planangebots (§ 17 Abs. 1 StaRUG) Gegenstand des Planangebots ist die auf Abschluss des Restrukturierungsplans 14 gerichtete Erklärung des Schuldners. Als Planangebot im Sinne des § 17 Abs. 1 StaRUG genügt daher nicht die bloße Übersendung des Restrukturierungsplans; dies folgt bereits aus § 17 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 StaRUG, wonach der vollständige Restrukturierungsplan nebst Anlagen dem Planangebot beizufügen ist. Das Planangebot ist daher die auf den Restrukturierungsplan bezogene, gesondert von diesem zu übermittelnde Willenserklärung des Schuldners, den Restrukturierungsplan abschließen zu wollen, wobei der in der Erklärung in Bezug zu nehmende Restrukturierungsplan Bestandteil der essentialia negotii dieser gesonderten Erklärung ist, diese aber nicht abschließend beschreibt. Denn nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 StaRUG hat das Planangebot auch eine Darstellung der bereits angefallenen und der noch zu erwartenden Kosten des Restrukturierungsverfahrens einschließlich der Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten zu enthalten. Diese Darstellung ist notwendiger Pflichtinhalt des Angebots selbst, weshalb ihr Fehlen schon die Erklärung als solche unwirksam macht. Daran schließt sich die Frage an, wie eine zwar nicht fehlende, aber doch 15 grob fehlerhafte Darstellung der zu erwartenden weiteren Kosten in Bezug auf die Wirksamkeit des Planangebots (zivil-)rechtlich einzuordnen ist. Dass der Gesetzgeber die Frage der Verfahrenskosten derart prominent als gesondert herauszustellenden Punkt geregelt hat, lässt auf deren Bedeutung für die Beschlussfassung der Gläubiger schließen. Die Vorschrift reiht sich damit nahtlos in das auch im Übrigen vom Gesetzgeber besonders herausgestellte Transparenzprinzip ein. Dies ändert allerdings nichts daran, dass das Planangebot auch bei grob fehlerhafter Darstellung der Verfahrenskosten wirksam bleibt: Werden die Verfahrenskosten vorsätzlich falsch angegeben, gilt § 116 Satz 1 BGB; die Erklärung des Schuldners ist wirksam, die Zustimmungserklärung eines jeden Gläubigers unterliegt unabhängig von der Maßgeblichkeit der In-
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
formation über die Verfahrenskosten für das konkrete Abstimmungsverhalten der Anfechtung nach § 123 BGB. Werden die Verfahrenskosten irrtümlich grob falsch angegeben, richtet sich die Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB, weshalb es in diesem Fall auf die Ursächlichkeit der Falschangabe für das Abstimmungsverhalten ankommt. Eine grobe Falschangabe ist in Anlehnung an die auch im Anfechtungsrecht nach § 119 BGB erforderliche Ursächlichkeit (vgl. Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 119 Rn. 31) anzunehmen, wenn der Anfechtende bei verständiger Würdigung die Zustimmung zum Plan nicht erteilt haben würde, wären die Kosten zutreffend angegeben worden. Eine grob fehlerhafte Darstellung der Kosten ist daher insbesondere dann nicht anzunehmen, wenn diese keine nennenswerte Auswirkung auf die nach dem Plan geforderten Eingriffe in die subjektiven Rechtspositionen der Planbetroffenen hat. 16 Da die Erklärung des Schuldners in jedem Fall lediglich anfechtbar, aber dennoch wirksam ist, stellt die Falschangabe – anders als ihr Fehlen – auch kein Planbestätigungshindernis dar, selbst wenn das Restrukturierungsgericht von der Falschangabe Kenntnis hat. Denn ohne die erklärte Anfechtung durch einen der Planbetroffenen kann nicht unterstellt werden, dass es sich um einen im Sinne des § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG wesentlichen Verfahrensverstoß handelt. Dem Gericht ist es insoweit nämlich nicht gestattet, seine eigene Wertung an die Stelle derjenigen der Planbetroffenen zu setzen, die die Fehlinformation nicht zum Anlass einer Anfechtung genommen haben. Erfolgt umgekehrt die Anfechtung, kann der Plan nicht mehr bestätigt werden, weil es dann an einer ordnungsgemäßen Abstimmung insgesamt fehlt. Eine Kausalitätsprüfung, ob die Stimme des anfechtenden Planbetroffenen Einfluss auf das Abstimmungsergebnis gehabt hat, verbietet sich, weil es Sache des Schuldners ist, für den verfahrensrechtlich ordnungsgemäßen Rahmen zu sorgen und nicht auszuschließen ist, dass die Offenbarung im Abstimmungstermin über den anfechtenden Gläubiger hinaus Einfluss auf das Abstimmungsergebnis gehabt hätte. 17 In jedem Fall ist die Vollzugs- und Transaktionssicherheit im Falle einer Falschangabe bezüglich der Verfahrenskosten aber (zunächst) erheblich gefährdet. Dies allerdings wegen § 67 Abs. 6 StaRUG (vgl. dort Rn. 19) nur bis zur Planbestätigung, was faktisch einer Verkürzung der Anfechtungsfristen im Interesse der Vollzugssicherheit gleichkommt. 18 Da die ordnungsgemäße Planaufstellung und sachgerechte Information der Gläubiger zu den wesentlichen verfahrensbezogenen Pflichten der Organe des Schuldners gehört, begründet die Verursachung eines Anfechtungsgrundes wegen Darstellungsmängeln im Falle der erfolgten Anfechtung einen gegen die Organe gerichteten Schadensersatzanspruch nach § 43 StaRUG. Dies auch nach der rechtskräftigen Bestätigung des Restrukturierungsplans und damit der Heilung von Verfahrensmängeln gemäß § 67 Abs. 6 StaRUG. Denn die Heilung dient dem Zweck der Transaktion- und Verfahrenssicherheit, nicht dem Abschneiden individueller Entschädigungsansprüche. 86
§§ 17–19, 23 Planangebot und Planannahme (im schriftlichen Verfahren)
Nicht zu den essentialia negotii des Planangebots gehörend, weil kein mate- 19 rieller Inhalt des Planangebots, sehr wohl aber verfahrensrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzung für das Angebot ist nach § 17 Abs. 1 Satz 1 StaRUG der deutliche Hinweis darauf, dass der Plan im Falle seiner mehrheitlichen Annahme und der gerichtlichen Bestätigung auch gegenüber Planbetroffenen wirksam wird, die das Angebot nicht annehmen. Der unbestimmte Rechtsbegriff des deutlichen Hinweises sollte dabei in Anlehnung an die Rechtsprechung zur Einbeziehung von AGB nach § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB so auszulegen sein, dass der Hinweis derart angeordnet und gestaltet sein muss, dass er von einem Durchschnittsempfänger auch bei flüchtiger Betrachtung nicht übersehen werden kann (vgl. mit Nachw. aus der Rspr. Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 305 Rn. 27). Nicht ausreichend ist deshalb ein versteckter oder missverständlicher Hinweis an nicht prominenter Stelle des Planangebots. Das Fehlen des Hinweises nach § 17 Abs. 1 Satz 1 StaRUG stellt ein zwingend 20 zu beachtendes Planbestätigungshindernis nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG dar, das auch durch eine einstimmige Zustimmung zum Plan nicht geheilt werden kann. Denn es geht gerade um die Wirkung gegenüber den nicht zustimmenden Gläubigern; und da an der Abstimmung nicht teilnehmende Planbetroffene wie ablehnende Planbetroffene behandelt werden, kann aus der Zustimmung aller Anwesenden bzw. an der Abstimmung Teilnehmenden nicht auf die Entbehrlichkeit des Hinweises geschlossen werden. Problematisch ist die Frage des Umgangs mit einer dennoch erfolgten, also 21 rechtswidrigen Planbestätigung durch das Restrukturierungsgericht. Nach richtiger Auffassung kann auch § 67 Abs. 6 StaRUG diesen Mangel nicht heilen, da es sich bei dem Fehlen des ordnungsgemäßen, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 StaRUG erforderlichen Hinweises nicht um einen Verfahrens- oder Willensmangel, sondern um ein Wirksamkeitserfordernis des Planangebots selbst handelt. Ist aber das Planangebot selbst unwirksam, fehlt es an der auf den Abschluss des Restrukturierungsplans gerichteten Willenserklärung des Schuldners überhaupt. Das Fehlen einer wirksamen Erklärung des Schuldners kann jedoch nicht durch die gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans, die lediglich Verfahrensmängel heilt, ersetzt werden. Das Erfordernis, mit Vorlage des Planangebots nach § 19 StaRUG eine Frist 22 für die Annahme des Angebots zu setzen (dazu Rn. 34), hat auf die Wirksamkeit des Planangebots respektive die Willenserklärung des Schuldners keine Auswirkung. Es handelt sich um eine verfahrensrechtliche Vorgabe, die bei Verstößen als Verfahrensfehler die Versagung der Planbestätigung nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG zur Folge haben kann, jedoch nicht um einen Bestandteil der essentialia negotii der auf Abschluss des Restrukturierungsplans gerichteten Willenserklärung.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
d) Transparenzgebot und Grundsatz der Mündlichkeit (§ 17 Abs. 2, 3 StaRUG) 23 Das präventive Restrukturierungsverfahren unterliegt zum Schutze der Gläubiger in besonderem Maße dem Transparenzgebot (vgl. § 6 StaRUG Rn. 5). Dies resultiert nicht zuletzt daraus, dass es sich nicht um ein notwendig sämtliche Gläubiger und das gesamte Vermögen des Schuldners umfassendes Verfahren handelt, sondern der Schuldner den Kreis der Planbetroffenen und damit die Teil-Kollektivität in den Grenzen des Zulässigen (vgl. § 8 StaRUG Rn. 4 ff.) selbst bestimmt. Da auch er die Vergleichsrechnung vorgibt, ist durch die Anordnung einer qualifizierten Transparenz sicherzustellen, dass das gesamte Vermögen bei der Ermittlung der Befriedigungsaussichten der Planbetroffenen tatsächlich und angemessen erfasst und bewertet wird. 24 Mithilfe des übermittelten Planangebots muss dementsprechend jeder Planbetroffene zweifelsfrei ersehen können (BT-Drucks. 19/24181, S. 122), wie sich die Auswahl der Planbetroffenen vollzogen hat und welche etwaigen Differenzierungskriterien hierfür maßgeblich waren, mit welchen Forderungen oder Rechten er in den Plan ein bezogen ist, welche Eingriffe in diese Forderungen und Rechte in welchem Ausmaß geplant sind, wie die Gruppenarchitektur des Plans erstellt ist und welche Gründe hierfür angegeben werden, welche Stimmrechte ihm demzufolge in welcher Gruppe zustehen und welche Nebenfolgen der Plan im Übrigen mit Blick auf die individuelle Rechtsposition eines jeden Planbetroffenen haben kann. 25 Vor dem Hintergrund des Transparenzgebots und der gesetzgeberischen Ratio, dass alle Planbetroffenen ihre Entscheidung auf informierter Grundlage treffen können müssen (BT-Drucks. 19/24181, S. 122), ist die Auflistung in § 17 Abs. 2 StaRUG zum Pflichtinhalt des Planangebots nicht abschließend, jedenfalls aber teleologisch extensiv auszulegen. Das Planangebot muss die wesentlichen Entscheidungsparameter und Folgen für einen jeden Planbetroffenen transparent machen. 26 Wie sich aus § 17 Abs. 2 StaRUG ferner ergibt, handelt es sich um den Pflichtinhalt des Planangebots, also die essentialia negotii der gesonderten Willenserklärung des Schuldners (Rn. 6 ff.), mit welcher die Abschrift des Restrukturierungsplans übermittelt wird. Der bloße Verweis auf den Inhalt des als Anlage beigefügten Restrukturierungsplans genügt daher nicht, vielmehr muss das Planangebot selbst die geforderten Informationen enthalten. Fehlt es hieran, begründet dies ein nur nach § 67 Abs. 6 StaRUG heilbares Planbestätigungshindernis im Sinne des § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG, hat jedoch auf die Wirksamkeit des Planangebots keinen Einfluss. 27 Ebenfalls aus Gründen der besonderen Transparenz und des Schutzes der Planbetroffenen sieht § 21 Abs. 1 StaRUG (vgl. dort Rn. 5) vor, dass unter der Voraussetzung des § 17 Abs. 3 StaRUG auf Verlangen (nur) eines Planbetroffenen obligatorisch die Erörterung des Restrukturierungsplans im Rahmen einer Planbetroffenenversammlung stattzufinden hat, ungeachtet der 88
§§ 17–19, 23 Planangebot und Planannahme (im schriftlichen Verfahren)
Frage, ob auch die Abstimmung über den Plan im Rahmen einer Planbetroffenenversammlung oder schriftlich erfolgen soll. Die Möglichkeit der allein schriftlichen Planvorlage und -abstimmung hat daher auf Verlangen nur eines Planbetroffenen dem Grundsatz der Mündlichkeit zu weichen. Damit den Planbetroffenen dieses Recht hinreichend deutlich vor Augen ge- 28 führt ist, ist hierauf im Planangebot deutlich hinzuweisen. Die vorstehenden Ausführungen zur entsprechenden Heranziehung der zu § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB entwickelten Grundsätze (Rn. 19) gelten entsprechend. e) Formerfordernis und Planannahme (§ 17 Abs. 4 StaRUG) Für das Planangebot gilt nach § 17 Abs. 4 StaRUG die Schriftform gemäß 29 § 126 BGB. Dies ist insbesondere für Verfahren mit einer Vielzahl von Planbetroffenen erheblich, da die gesetzliche Schriftform gemäß § 126 Abs. 1 BGB die eigenhändige Unterschrift und den Zugang des Originals beim Empfänger (BGHZ 121, 224) erfordert. Es genügt daher weder die Übermittlung durch Telefax noch und schon gar nicht die Übermittlung eines elektronischen Dokuments (BGH, NJW 2008, 506). In einem großen Restrukturierungsverfahren mit 1.000 Planbetroffenen sind daher alle 1.000 Planangebote eigenhändig von den zeichnungsberechtigten Organen des Schuldners unter Wahrung der jeweiligen Vertretungsberechtigung im Original zu unterzeichnen und auf dem Postwege zu versenden. Ob diese wenig praxistaugliche – aber nicht auslegungsfähige – Anordnung dem Gesetzgeber in dieser Klarheit bewusst war, darf bezweifelt werden. Ihr Sinn jedenfalls erschließt sich nicht. Insbesondere als problematisch erweisen dürfte sich das Formerfordernis, wenn 30 der Restrukturierungsplan die Gestaltung eines mehrseitigen Rechtsverhältnisses im Sinne des § 2 Abs. 2 StaRUG, insbesondere von Anleihen nach Schuldverschreibungsgesetz (SchVG) vorsehen soll. Ungeachtet der Tatsache, dass die Planbetroffenen (Anleihegläubiger) dem Schuldner nicht bekannt sind oder auch nur sein können, ist der Handel von der Einleitung des Verfahrens nicht betroffen, sodass sich die Struktur der Planbetroffenen laufend ändert. In diesem Fall wäre der Schuldner gehindert, das Abstimmungsverfahren privatautonom nach den §§ 17 – 19 StaRUG durchzuführen. Er müsste viel mehr gezwungenermaßen auf die gerichtliche Planerörterung und -abstimmung nach § 45 StaRUG ausweichen, in welche die Zustellung der Ladung nach insolvenzrechtlichem Vorbild über die kapitalmarkttypischen Kommunikationskanäle, nämlich insbesondere über das vom Betreiber des maßgeblichen Cleaningsystems unterhaltene Kommunikationssystem erfolgen kann (vgl. Westpfahl, in: Hopt/Seibt, Schuldverschreibungsrecht, Rn. 12.51). Die Anerkennung der Dispositionsfreiheit des Schuldners im präventiven Restrukturierungsverfahren spricht dafür, dem Schuldner diesen Kommunikationsweg ungeachtet des in § 17 Abs. 1 StaRUG normierten Schriftformerfordernisses auch in der privatautonomer Planabstimmung zu eröffnen; Gesichert ist dies allerdings angesichts des eindeutigen Wortlauts des Gesetzes nicht, weshalb dem Schuldner in solchen Fällen dringend anzuraten ist, das gerichtliche Erör89
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
terungs- und Abstimmungsverfahren für die Umsetzung des Restrukturierungsvorhabens zu wählen. 31 Eine Erleichterung von dem gesetzlich vorgegebenen Schriftformerfordernis gilt lediglich insoweit, wie mit einzelnen Planbetroffenen – die Darlegungsund Beweislast trägt im Zweifelsfall der Schuldner – gewillkürte Formerleichterungen im Sinne des § 127 BGB vereinbart worden sind. Hierbei handelt es sich dann um bilaterale Vereinbarungen, die lediglich zwischen den Parteien der konkreten Formvereinbarung Wirksamkeit entfalten. 32 Nach § 17 Abs. 4 Satz 2 StaRUG unterliegt, enthält das Planangebot keine abweichende Regelung und erfolgt die Abstimmung nicht im Rahmen einer Planbeteiligtenversammlung (§ 20 StaRUG), auch die Annahme des Plans durch die Planbetroffenen der Schriftform. Es gilt also vorbehaltlich der Durchführung eines Abstimmungstermins und einer abweichenden Regelung auch für die Planannahme eines jeden Planbetroffenen § 127 BGB. Die Planannahme muss daher schriftlich erfolgen und eigenhändig unterzeichnet sein; die elektronische Übermittlung ist nicht genügend. Die Form nicht erfüllende Stimmabgaben sind unwirksam. Da nach § 25 Abs. 1 StaRUG die Stimmen der zustimmenden Planbeteiligten innerhalb der Gruppe drei Viertel der Stimmrechte in der Gruppe erreichen müssen, gilt die nicht oder unwirksam abgegebene Stimme als Ablehnung (vgl. §§ 25 – 28 StaRUG Rn. 9). Das Risiko der (form-)unwirksamen Annahme des Plans trägt daher der Schuldner. 33 Es ist daher bei der Gestaltung des Planangebots dringend zu empfehlen, für die Annahme des Plans Formerleichterungen vorzusehen. Die Gestaltungsfreiheit des Schuldners ist hier unbegrenzt; der Schuldner kann die Planannahme in jeder Form, sei es daher auch durch Telefax, E-Mail oder eine virtuell zur Verfügung gestellte Abstimmungsplattform ermöglichen. Zu gewährleisten ist lediglich, dass die ordnungsgemäße Dokumentation der Abstimmung gemäß § 22 Abs. 1 StaRUG (vgl. dort Rn. 8) sichergestellt ist. Um eine möglichst rechtssichere Planannahme zu gewährleisten, dürfte eine entsprechende Gestaltung zum Sorgfaltsmaßstab der geschäftsleitenden Organe bzw. des Planerstellers gehören. f) Annahmefrist (§ 19 StaRUG) bzw. verspätete oder formunwirksame Abgabe 34 Der Schuldner hat mit dem Planangebot eine Annahmefrist zu setzen. Diese muss grundsätzlich mindestens 14 Tage seit Zugang des vollständigen Planangebots bei den Planbetroffenen betragen. Die Fristberechnung erfolgt gemäß § 38 Satz 1 StaRUG nach § 222 Abs. 1 ZPO i. V. m. §§ 186 ff. BGB. 35 Verlangt ein Planbetroffener die Erörterung des Plans im Rahmen einer Planbetroffenenversammlung, so verlängert sich die vom Schuldner gesetzte Annahmefrist gemäß § 21 Abs. 4 StaRUG (vgl. dort Rn. 24).
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§§ 17–19, 23 Planangebot und Planannahme (im schriftlichen Verfahren)
Die Mindestfrist dient dem Überrumpelungsschutz der Planbetroffenen und 36 soll diesen ausreichend Bedenkzeit geben. Die Planbetroffenen müssen Gelegenheit haben, sich mit dem Plan und insbesondere den sich aus ihm für ihre individuelle Rechtsposition ergebenden Rechtsfolgen mit der gebotenen Sorgfalt auseinandersetzen und ggf. Rechtsrat einholen zu können. Vor dem Hintergrund dieser Ratio ist auch die mögliche Verkürzung der Zu- 37 stimmungsfrist nach § 19 Satz 2 StaRUG zu beurteilen, die voraussetzt, dass allen Planbetroffenen die dem Plan zugrunde liegende Restrukturierung seit mindestens 14 Tagen in Textform vorliegt. Die Textform nach § 126b BGB erfüllen, anders als die für das Planangebot selbst gebotene Schriftform, Papier, USB-Stick, CD-ROM, Speicherkarten Festplatten, aber insbesondere auch E-Mails und Computerfaxe. Insbesondere bei durch E-Mail übermittelten Dokumenten genügt, dass der Empfänger sie speichern und ausdrucken kann; nicht erforderlich ist, dass tatsächlich ein Ausdruck erfolgt (vgl. Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 126b Rn. 3). Die Bereitstellung des Dokuments über eine Internetplattform/Homepage genügt wegen des Erfordernisses der dauerhaften Wiedergabemöglichkeit durch den Empfänger indessen nur dann, wenn der Download durch sämtliche Planbetroffenen tatsächlich erfolgt ist. Von einer Bereitstellung des Plankonzepts über eine Homepage ist daher aus Schuldnersicht abzuraten, weil es der Schuldner dann nicht in der Hand hat, eine genügende Annahmefrist zu setzen. Gegenständlich ist Voraussetzung für die mögliche Verkürzung der Annahme- 38 frist, dass das Restrukturierungskonzept mit allen wesentlichen Planinhalten allen Planbetroffenen seit mindestens 14 Tagen vorgelegen hat und sich aus den Bestimmungen und deren Erläuterungen ergibt, wie die Rechtsstellung der Betroffenen durch den (künftigen) Plan gestaltet werden soll (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 123). Die Verkürzung der Annahmefrist ist daher nicht schon dann möglich, wenn das Restrukturierungskonzept in seinen Grundzügen fertig- und den Planbetroffenen vorab zur Verfügung gestellt ist, sich hieran aber noch mögliche Änderungen ergeben. Aus der Gesetzesbegründung und der Ratio geht vielmehr eindeutig hervor, dass lediglich die konkrete Ausformulierung des Restrukturierungsplans noch ausstehen darf, das Restrukturierungskonzept mitsamt der Darstellung aller wesentlichen Regelungsinhalte, insbesondere die Veränderung der Rechtsstellung der Planbetroffenen betreffend vollständig dokumentiert und bereits zur Verfügung gestellt sein muss. Dies beschränkt sich allerdings nicht auf die Erläuterung der im Konzept vorgesehenen Eingriffe, sondern schließt sämtliche erforderlichen Erläuterungen zur ganzheitlichen Beurteilung des Restrukturierungskonzepts, also z. B. auch die Erläuterung der Auswahl der Planbetroffenen ein. Denn nur wenn sämtliche im darstellenden Teil des Restrukturierungsplans geforderten Angaben im Wesentlichen bereits mit dem Restrukturierungskonzept übermittelt wurden ist sichergestellt, dass der Schuldner auf die Planbetroffenen nicht durch Setzung einer unangemessen kurzen Frist Druck ausüben und sie so eventuell zu einer
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
übereilten und nicht ausreichend überdachten Zustimmung bewegen kann (BT-Drucks. 19/24181, S. 123). 39 Ein Zeitvorteil lässt sich für den Schuldner durch die Möglichkeit der Abkürzung der Annahmefrist nach § 19 Satz 2 StaRUG daher nur in den Fällen erzielen, in welchen das ausformulierte Restrukturierungskonzept mit den Planbetroffenen bereits geteilt ist und es lediglich noch an der Übertragung in die nötige Form des Restrukturierungsplans fehlt, ohne dass damit noch Änderungen materieller oder auch nur in wesentlichen Punkten erläuternder Art verbunden wären. 40 Die Annahmefrist nach § 19 StaRUG dient allerdings nicht allein in Richtung der Planbetroffenen dem Überrumpelungsschutz, sondern ist auch Bestandteil der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Abstimmungsverfahrens, dass gemäß § 22 Abs. 1 StaRUG (vgl. dort Rn. 4) vom Schuldner zu dokumentieren ist. Da nicht abgegebene Stimmen gemäß § 25 Abs. 1 StaRUG (vgl. §§ 25 – 28 StaRUG Rn. 9) als Ablehnung des Planangebots gelten, steht es nicht im Belieben des Schuldners zu entscheiden, welche Stimmen er bei der Feststellung und Dokumentation des Abstimmungsergebnisses berücksichtigt und welche nicht. Die Annahmefrist gemäß § 19 StaRUG begründet daher auch eine Zäsur mit der Rechtsfolge, dass nach Ablauf der Annahmefrist eingegangene Stimmen nicht mehr gewertet werden dürfen. Dasselbe gilt für Stimmen, die zwar innerhalb der Frist, aber in einer den Anforderungen des § 17 Abs. 4 Satz 2 StaRUG bzw. den Festsetzungen des Planangebots nicht genügenden Form eingegangen sind. Der Schuldner hat daher im Rahmen der Dokumentation des Abstimmungsergebnisses auch zu belegen, wann die jeweilige Planannahme und ob sie in hinreichender Form eingegangen ist. Fehlt es an diesen Angaben, so ist die Dokumentation ungenügend und sind auch zustimmende Voten zulasten des Schuldners nicht anzuerkennen. 41 Geht eine Zustimmung in nicht genügender Form ein, so ist es dem Schuldner gestattet, darauf hinzuweisen und darauf hinzuwirken, dass der Planbetroffene die Erklärung in genügender Form nachreicht, soweit dies innerhalb der Annahmefrist noch möglich ist. Die formgerechte Erklärung muss innerhalb der ursprünglichen Frist dem Schuldner zugehen. Eine Fristverlängerung ist ausgeschlossen. Sonstige Einflussnahmen des Schuldners auf das individuelle Abstimmungsverhalten sind nach allgemeinen Grundsätzen in Anlehnung an den in § 63 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 StaRUG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken des § 250 Nr. 1 InsO untersagt; insbesondere ist es dem Schuldner nicht gestattet, Planbetroffene nach ablehnender Stimmabgabe mit dem Ziel, die Erklärung noch einmal zu ändern, in wie auch immer gearteter Form individuell zu kontaktieren. Solche individuelle Einflussnahme sieht das Gesetz nicht vor und wäre mit dem Verbot, die Planbetroffenen unter Druck zu setzen und zu einer etwaig nicht gewollten Stimmabgabe zu bewegen, nicht zu vereinbaren. Dies ändert allerdings nichts daran, dass die Stimmabgabe durch den Planbetroffenen gemäß § 21 Abs. 4 StaRUG (vgl. dort Rn. 24) revisibel ist, soweit die Änderung des Abstimmungsverhaltens nicht auf einer 92
§§ 17–19, 23 Planangebot und Planannahme (im schriftlichen Verfahren)
individuellen, sondern einer kollektiven Einflussnahme im Rahmen einer Planbetroffenen-/Erörterungsversammlung beruht. 3. Verhältnis zu anderen Vorschriften und Anwendungsausschluss (§ 23 StaRUG) Die §§ 17 – 19 StaRUG enthalten die Vorschriften zum ausschließlich schriftli- 42 chen Abschluss des Restrukturierungsplans durch schriftliches Angebot und schriftliche Annahme der Planbetroffenen. Die Vorschriften stehen unter dem Vorbehalt des Vorrangs der Mündlichkeit, werden somit durch die §§ 20, 21 StaRUG überlagert. Die Anwendbarkeit der §§ 17 – 22 StaRUG ist nach § 23 StaRUG insgesamt 43 ausgeschlossen, wenn der Schuldner sich für die gerichtliche Planerörterung und -abstimmung entscheidet. Das Verfahren richtet sich dann nach § 45 StaRUG, der in seinem Abs. 4 auf die insolvenzrechtlichen Verfahrensvorschriften der §§ 239 – 242 InsO verweist. Das privatautonome Abstimmungsverfahren kann daher nach Wahl des Schuldners vollständig durch ein gerichtliches Abstimmungsverfahren ersetzt werden. Letzteres dürfte für den Schuldner die deutlich größere Rechtssicherheit mit sich bringen, da Angriffe obstruierender Planbetroffener gegen das Verfahren sich dann nicht mehr gegen aus der Sphäre des Schuldners stammende Umstände, sondern gegen solche aus der Sphäre des Gerichts richten, das über entsprechende Erfahrung in der Durchführung solcher Termine verfügt, weshalb die Gefahr des Auftretens von Verfahrensmängeln in der gerichtlichen Planabstimmung deutlich geringer sein dürfte als in der privatautonomen. Die Entscheidung des Schuldners ist jedoch nicht revisibel. Wie aus § 23 44 StaRUG folgt, finden die §§ 17 – 22 StaRUG im Falle der Durchführung einer gerichtlichen Planabstimmung nach § 45 StaRUG keine Anwendung. Das heißt, dass die Vorschriften über die gerichtliche Erörterung und Abstimmung die Vorschriften über die privatautonome Planabstimmung verdrängen. Hat der Schuldner sich einmal für den einen oder den anderen Weg entschieden, ist während des laufenden Abstimmungsverfahrens ein Wechsel nicht möglich. Anderenfalls nämlich stünde es im Belieben des Schuldners, durch den Wechsel der Verfahrensart bei der Erörterung des Plans etwaig aufkommenden Widerständen oder Zweifeln von Planbetroffenen dadurch zu begegnen, den Termin abzubrechen und in der jeweils anderen Verfahrensart durch Ladung zu einem neuen Termin fortzusetzen. Solches Taktieren des Schuldners mit dem möglichen Ziel, einen unliebsamen Ausgang der Abstimmung (oder auch nur Diskussion) zu vermeiden, ist mit dem Grundsatz, das Verfahren mit der nötigen Ernsthaftigkeit und Stringenz betreiben zu müssen (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 104), nicht vereinbar und deshalb nicht anzuerkennen. Hat der Schuldner demnach nach § 17 StaRUG ein Planangebot unterbreitet, 45 so ist er auf die privatautonomer Beschlussfassung über den Plan festgelegt; dasselbe gilt, wenn er einen Antrag nach §§ 29 Abs. 2 Nr. 1, 45 StaRUG gestellt
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
hat. Nach Unterbreitung eines Planangebots nach § 17 StaRUG ist ein Antrag gemäß § 45 StaRUG daher unzulässig und zurückzuweisen. Eine entsprechende Erklärung sollte das Gericht von dem Schuldner verlangen. § 20 Abstimmung im Rahmen einer Versammlung der Planbetroffenen (1) 1Der Schuldner kann den Restrukturierungsplan im Rahmen einer Versammlung der Planbetroffenen zur Abstimmung stellen. 2Die Einberufung erfolgt schriftlich. 3Die Einberufungsfrist beträgt 14 Tage. 4Räumt der Schuldner die Möglichkeit einer elektronischen Teilnahme ein, beträgt die Frist sieben Tage. 5Der Einberufung ist der vollständige Restrukturierungsplan nebst Anlagen beizufügen. (2) Das Planangebot kann vorsehen, dass Planbetroffene auch ohne Anwesenheit an dem Versammlungsort teilnehmen und sämtliche oder einzelne ihrer Rechte ganz oder teilweise im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können (elektronische Teilnahme). (3) 1Den Vorsitz der Versammlung führt der Schuldner. 2Er hat jedem Planbetroffenen auf Verlangen Auskunft über den Restrukturierungsplan und die für die sachgemäße Beurteilung des Plans relevanten Verhältnisse sowie im Fall des § 2 Absatz 4 Satz 1 jeder betroffenen Tochtergesellschaft zu erteilen. 3Planbetroffene haben das Recht, Vorschläge zur Abänderung des Plans zu unterbreiten. 4Die Vorschläge sind dem Schuldner mindestens einen Tag vor dem Beginn der Versammlung in Textform zugänglich zu machen. (4) In der Versammlung kann auch dann über den Plan abgestimmt werden, wenn dieser aufgrund der Erörterungen in der Versammlung inhaltlich in einzelnen Punkten abgeändert wird. (5) 1Jede Gruppe der Planbetroffenen stimmt gesondert ab. 2Im Übrigen legt der Schuldner die Modalitäten der Abstimmung fest. 3Üben Planbetroffene ihr Stimmrecht elektronisch aus, ist diesen der Zugang der elektronisch abgegebenen Stimme elektronisch zu bestätigen. 4Die Stimmabgabe ist auch ohne Teilnahme an der Versammlung bis zum Ende der Abstimmung möglich. Übersicht 1. 2.
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Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Form und Frist der Einberufung (§ 20 Abs. 1 und 2 StaRUG) und Rechtsfolgen ................................... 7 a) Originäre oder nachträgliche Einberufung ............................. 7 b) Form und Inhalt .................... 12 c) Frist ........................................ 19 d) Keine Beschränkung auf einen virtuellen Abstimmungs-
3.
termin und Verbot der unsachgemäßen Beschränkung der Teilnahmemöglichkeit .... e) Vertretung ............................. Verfahren während der Versammlung (§ 20 Abs. 3 und 4 StaRUG) ....................................... a) Sitzungsleitung und Erörterungsanspruch .......................
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29 29
§ 20 Abstimmung im Rahmen einer Versammlung der Planbetroffenen b) Anregungen zur Änderung des Restrukturierungsplans ....................................... 32
4.
Abstimmungsmodalitäten (§ 22 Abs. 5 StaRUG) ................. 35
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes § 20 StaRUG ist Teil der privatautonomen, außergerichtlichen Plandurch- 1 führung. Während nach §§ 17 bis 19 StaRUG die Durchführung eines ausschließlich schriftlichen Abstimmungsverfahrens möglich ist, eröffnet § 20 StaRUG daneben die Option auch einer privatautonomen Planerörterung und -abstimmung im Rahmen eines dem Erörterungs- und Abstimmungstermin im Insolvenzplanverfahren nachgebildeten außergerichtlichen Abstimmungsverfahrens in Gestalt der Durchführung einer Planbetroffenenversammlung ohne Beteiligung des Gerichts. Anders als der Titel des § 20 StaRUG und die Differenzierung zu § 21 StaRUG vermuten lassen, ist der Abstimmungstermin nach § 20 StaRUG immer zugleich auch Erörterungstermin. § 20 StaRUG beinhalt die grundlegenden Verfahrensregeln für die Durch- 2 führung einer solchen Planbetroffenenversammlung, insbesondere Form und Frist der Einberufung, Teilnahmemodalitäten einschließlich der Option einer virtuellen Teilnahme und Abstimmung, die im Plan vorgesehen werden kann. Da es sich nicht um einen gerichtlichen, sondern einen privatautonom 3 durchgeführten Erörterungs- und Abstimmungstermin handelt, gehen Zweifel an der ordnungsgemäßen Annahme des Restrukturierungsplans durch die Planbetroffenenversammlung, also auch verfahrensrechtliche Zweifel zulasten des organisationsverantwortlichen Schuldners (§ 63 Abs. 3 StaRUG, vgl. dort Rn. 47). § 20 Abs. 3 Satz 3 StaRUG stellt klar, dass Planbetroffene das Recht haben, 4 Änderungsvorschläge zu unterbreiten, deren Annahme allerdings nicht durchgesetzt werden kann, sondern im freien Belieben des Schuldners steht. Korrelierend stellt § 20 Abs. 4 StaRUG nach Vorbild des § 240 InsO klar, dass die Planbetroffenenversammlung auch über einen in einzelnen Punkten im Termin geänderten Plan noch in derselben Versammlung abstimmen kann. Wegen des Umfangs der zulässigen Änderungen kann vollumfänglich auf die Kommentierung zu § 240 InsO verwiesen werden. Nach § 23 StaRUG findet die Vorschrift keine Anwendung, wenn der Schuld- 5 ner Antrag auf gerichtliche Planabstimmung (§§ 45, 46 StaRUG) stellt. In der Praxis wird eine privatautonome Planbetroffenenversammlung nach 6 § 20 StaRUG an Stelle der Durchführung eines gerichtlichen Erörterungsund Abstimmungstermins nach § 45 StaRUG nur dann Sinn machen, wenn der Schuldner mit einer 100 % Zustimmungsquote rechnet und die gerichtliche Planbestätigung (§§ 60 ff. StaRUG) nicht erforderlich erscheint. Denn anderenfalls wäre das Gericht nach Antrag des Schuldners auf Planbestätigung (§ 60 StaRUG) gemäß § 61 Satz 2 StaRUG ohne Entschließungsermessen gehalten, einen Anhörungstermin durchzuführen, für den § 45 StaRUG über die Durch95
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
führung des Erörterungs- und Abstimmungstermins entsprechend gilt. Es würde daher zu einer Dopplung der Planbetroffenenversammlung kommen, die nicht nur hinsichtlich Zeit- und Kosteneffizienz, sondern auch hinsichtlich der Bereitschaft der Planbetroffenen, zeitliche und finanzielle Ressourcen zu investieren, Zweifeln begegnet. Die Wahl des Verfahrens nach § 20 StaRUG sollte daher auf die Ausnahmefälle erörterungswürdiger, aber in erwarteter Einstimmigkeit zu verabschiedender Pläne beschränkt werden. 2. Form und Frist der Einberufung (§ 20 Abs. 1 und 2 StaRUG) und Rechtsfolgen a) Originäre oder nachträgliche Einberufung 7 § 20 Abs. 1 Satz 1 StaRUG stellt dem Schuldner frei, die Abstimmung über den Restrukturierungsplan statt im schriftlichen Verfahren nach §§ 17 – 19 StaRUG auch im Rahmen eines – im Gegensatz zum gerichtlichen, § 45 StaRUG – privatautonomen Erörterungs- und Abstimmungstermins zur Abstimmung zu stellen. 8 Die Einberufung zu einer Planbetroffenenversammlung nach § 20 StaRUG kann bereits mit dem Planangebot (§ 17 Abs. 1 StaRUG) verbunden werden. Sie teilt dann die Form des Planangebots (§ 17 Abs. 4 StaRUG, vgl. §§ 17 – 19, 23 StaRUG Rn. 29). 9 Die Entscheidung des Schuldners, die Abstimmung nicht schriftlich durchzuführen, sondern den Plan im Rahmen einer Versammlung zur Abstimmung zu stellen kann aber auch unter Abänderung des ursprünglichen Konzepts zu einem späteren Zeitpunkt im laufenden Verfahren getroffen und nachträglich, nachdem zunächst schriftliche Abstimmung vorgesehen war, zu einer Abstimmungsversammlung nach § 20 StaRUG geladen werden. Dies kann als Reaktion auf ein Verlangen nach §§ 21 Abs. 1, 17 Abs. 4 StaRUG (vgl. § 21 StaRUG Rn. 5, 14) sozusagen als ein Mehr gegenüber der bloßen Erörterungsversammlung oder auch als Reaktion auf sonstige Rückfragen oder gar auf erste eingehende Stimmabgaben erfolgen. 10 Der Gesetzgeber hat diesen Fall der nachträglichen Anberaumung einer Abstimmungsversammlung nicht geregelt. Es ist jedoch kein Grund erkennbar, warum nicht von einer schriftlichen Abstimmung auf die Abstimmung im Rahmen einer Versammlung umgeschwenkt werden können sollte, wo die nachträgliche Erörterung des Restrukturierungsplans als wesentliches Verfahrensrecht festgeschrieben ist. Der Gesetzgeber hat die vergleichbare Rechtslage für die nachträgliche Anberaumung einer isolierten Erörterungsversammlung nach § 21 StaRUG nämlich sehr wohl bedacht. Da die Sach- und Interessenlage sowohl der Planbetroffenen als auch des Schuldners in beiden Fällen vollständig vergleichbar ist und die Rechte der Planbetroffenen hierdurch mehr gestärkt denn geschwächt werden, gelten die Ausführungen zu § 21 StaRUG betreffend die Rechtsfolgen einer nachträglichen Einberufung der Versammlung im Anwendungsbereich des § 20 StaRUG entsprechend. 96
§ 20 Abstimmung im Rahmen einer Versammlung der Planbetroffenen
Insbesondere ist die nachträgliche Ladung zu einer Abstimmungsversammlung 11 nur mit Zugang bei allen Planbetroffenen innerhalb der Annahmefrist des § 19 StaRUG (vgl. § 21 StaRUG Rn. 17) zulässig und gilt sowohl für die Verlängerung der Annahmefrist als auch für die Wirkung bereits abgegebener Stimmen § 21 Abs. 4 StaRUG analog (zum Inhalt der Regelung vgl. § 21 StaRUG Rn. 24). b) Form und Inhalt Die Einberufung der Planbetroffenen hat schriftlich zu erfolgen (§ 126 BGB). 12 Die elektronische Zustellung ist ausgeschlossen. Erforderlich ist die Beifügung des vollständigen Restrukturierungsplans nebst Anlagen. Anders als im Recht des Insolvenzplans reicht daher die Beifügung einer Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts nicht aus. Da das Gesetz in § 20 Abs. 1 Satz 3 StaRUG ausdrücklich davon spricht, dass der vollständige Restrukturierungsplan beizufügen ist, genügt auch die Bereitstellung zum Download nicht und müssen auch sämtliche Anlagen beigefügt werden. Rechtliche Bedeutung kommt der zugestellten Fassung des Plans allerdings nicht zu. Maßgeblich ist allein diejenige Fassung des Plans, über die in der Planbetroffenenversammlung abgestimmt worden ist (BGH, ZIP 2014, 330), wobei die Dokumentationslast betreffend das konkrete Abstimmungsergebnis und damit auch den konkreten Abstimmungsinhalt den Schuldner trifft (vgl. Rn. 13; siehe auch § 22 StaRUG Rn. 4). Der Pflichtinhalt der Einberufung ist daran auszurichten, dass die Planbe- 13 troffenen in die Lage versetzt werden müssen, ihre Rechte wahrzunehmen (vgl. Ganter/Lohmann, MünchKomm-InsO, § 9 Rn. 17). Da anders als im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens neben der Zustellung nach § 235 Abs. 3 InsO im Restrukturierungsverfahren keine öffentliche Bekanntmachung entsprechend § 9 InsO erfolgt, richtet sich der Pflichtinhalt der Einberufung nach § 20 Abs. 1 StaRUG nach dem Mindestinhalt der öffentlichen Bekanntmachung im Anwendungsbereich des § 9 InsO. Die Einberufung muss daher neben der Übermittlung des vollständigen Restrukturierungsplans nebst sämtlichen Anlagen mindestens enthalten: x
Die genaue und vollständige Bezeichnung des Schuldners einschließlich der Anschrift und des Geschäftszweiges sowie bei natürlichen Personen der bürgerliche und der kaufmännische Name des Schuldners.
x
Den Hinweis, ob die Restrukturierungssache angezeigt und damit rechtshängig gemacht worden ist (§ 31 StaRUG) und in diesem Fall die Angabe des Restrukturierungsgerichts, des dortigen Aktenzeichens und den Hinweis darauf, ob ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt worden ist sowie in diesem Fall dessen Benennung einschließlich dessen (Kanzlei-)Anschrift und Kontaktdaten.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
x
Den (Restrukturierungs-)Vorgang, dessentwegen die Einberufung erfolgt, d. h., die Mitteilung, dass über den anliegenden Restrukturierungsplan abgestimmt werden soll.
x
Die Zeit und den genauen Ort der Versammlung.
x
Den Hinweis darauf, ob eine virtuelle Teilnahme und Abstimmung möglich ist und falls ja, die genaue technische Erläuterung der Art und der Voraussetzungen einer virtuellen Teilnahme.
x
Die Tagesordnung einschließlich der konkreten Beschlussgegenstände.
x
Gemäß § 38 StaRUG i. V. m. § 128a ZPO den Hinweis darauf, dass in der Versammlung wissentliche Ton- und Bildaufnahmen zu unterlassen sind.
14 Daneben sollte die Einberufung auch den Hinweis darauf enthalten, dass jeder Planbetroffene Vorschläge zur Änderungen des Restrukturierungsplans unterbreiten kann, diese dem Schuldners jedoch mindestens einen Tag vor dem Beginn der Versammlung in Textform zugänglich zu machen sind (§ 20 Abs. 3 Satz 3, 4 StaRUG). 15 Außerdem erscheint es zur Vermeidung von Komplikationen sinnvoll, bereits in der Ladung auf notwendige Vertretungsnachweise als Voraussetzung für die Teilnahme an der Sitzung hinzuweisen (vgl. Rn. 25). 16 Die Ladung muss form- und fristgerecht allen Planbetroffenen zugehen. Wird in die Rechte der Anteilsinhaber eingegriffen (§ 2 Abs. 3 StaRUG, vgl. §§ 2 – 4 StaRUG Rn. 28) gilt dies auch für die Ladung der Gesellschafter; auf die Kommentierung zu § 235 Abs. 3 InsO ist insoweit zu verweisen. 17 Fehlt es an einer ordnungsmäßigen Einberufung, stellt dies grundsätzlich einen von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel im Sinne des § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG (vgl. dort Rn. 20 ff.) und damit ein amtswegig zu beachtendes Planbestätigungshindernis dar (BGH, ZIP 2011, 280). Die Darlegungslast des ordnungsgemäßen Zugangs der Ladung trägt erforderlichenfalls der Schuldner (§ 63 Abs. 3 StaRUG). 18 Formfehler, d. h., unvollständige oder unrichtige Ladungen, Unklarheiten hinsichtlich des konkreten Abstimmungsgegenstandes bei inhaltlichen Diskrepanzen zwischen der mit der Ladung zugegangenen und der (vermeintlich) beschlossenen Fassung gehen damit zulasten des Schuldners und bergen ein erhebliches Risiko, weil der im Zweifel anzunehmende Formfehler ein zwingendes Planbestätigungshindernis nach § 63 Abs. 3 StaRUG (vgl. dort Rn. 47) begründet. c) Frist 19 Grundsätzlich beträgt die Mindesteinberufungsfrist 14 Tage. Durch die Frist soll einer Überrumpelung der Planbetroffenen entgegengewirkt werden
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§ 20 Abstimmung im Rahmen einer Versammlung der Planbetroffenen
(BT-Drucks. 19/24181, S. 123). Die Fristberechnung erfolgt gemäß § 38 Satz 1 StaRUG nach § 222 Abs. 1 ZPO i. V. m. §§ 186 ff. BGB. Der Schuldner kann gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 StaRUG Plan- 20 betroffenen auch gestatten, elektronisch an der Versammlung teilzunehmen. Zweck der Regelung ist die Stärkung der Teilnahmebereitschaft (BT-Drucks. 19/24181, S. 123). Die Anwesenheit der Planbetroffenen am Versammlungsort ist dann nicht erforderlich, sie können ihre Rechte im Wege elektronischer Kommunikation (beispielsweise im Rahmen einer Videokonferenz) ausüben. Die Mindesteinberufungsfrist beträgt in diesen Fällen (nur) sieben Tage. Ob von der Möglichkeit einer elektronischen Teilnahme Gebrauch gemacht wird, steht im Belieben des Schuldners und ist im Restrukturierungsplan verbindlich für alle Planbetroffenen zu regeln. Da es sich um eine verfahrensmäßige Planfestsetzung zur Ausübung der verfahrensmäßigen Rechte der Planbetroffenen handelt, ist eine Änderung dieser Festsetzung im Termin entgegen § 20 Abs. 4 StaRUG nicht möglich. Ob von der Option einer virtuellen Teilnahme und Abstimmung im Plan Gebrauch gemacht worden ist, ist in der Einberufung der Versammlung ausdrücklich anzugeben. Zu beachten ist allerdings, dass die verkürzte Einberufungsfrist bei Wahl der 21 Option auch virtueller Teilnahme sich allein auf die Einberufung zu der Versammlung selbst, nicht jedoch auf die Mindestannahmefrist des § 19 StaRUG (vgl. §§ 17 – 19 StaRUG Rn. 34) bezieht. Der vollständige Restrukturierungsplan oder jedenfalls das Restrukturierungkonzept müssen nach § 19 Satz 2 und 3 StaRUG auch den elektronisch teilnehmenden Planbetroffenen mindestens 14 Tage vor dem Versammlungstermin zur Verfügung stehen (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 123), da die verkürzte Einberufungsfrist nicht auch zu einer Verkürzung eines für die Planbetroffenen angemessenen Befassungszeitraums mit dem Inhalt und den Festsetzungen des Restrukturierungsplans führen darf. d) Keine Beschränkung auf einen virtuellen Abstimmungstermin und Verbot der unsachgemäßen Beschränkung der Teilnahmemöglichkeit Bei der elektronischen Teilnahme handelt es sich ausschließlich um eine Op- 22 tion zugunsten der Planbetroffenen. Die Beschränkung des Abstimmungstermins auf einen virtuellen Abstimmungstermin ist unzulässig, die (nur) virtuelle Teilnahme darf der Schuldner keinem der Planbetroffenen aufzwingen. Jeder Planbetroffene hat das Recht, persönlich an dem Abstimmungstermin an dem vom Schuldner zu bestimmenden Versammlungsort teilzunehmen (BT-Drucks. 19/24181, S. 123). Der Schuldner trägt zudem die Verantwortung, die technischen Vorausset- 23 zungen für einen reibungslosen Ablauf der Versammlung zu gewährleisten (BT-Drucks. 19/24181, S. 123). Wurde Planbetroffenen die elektronische Teilnahme gewährt, hat nach § 70 Abs. 3 StaRUG im Zweifel der Schuldner nachzuweisen, dass Planbetroffene, die behaupten, durch technische Übertragungsschwierigkeiten an der durchgängigen Teilnahme gehindert gewesen
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
zu sein, nicht aus Gründen gehindert waren, die in der Verantwortungssphäre des Schuldners liegen (BT-Drucks. 19/24181, S. 123). Der Schuldner trägt daher auch die vollständige Dokumentationslast nicht nur hinsichtlich des Inhalts des Abstimmungstermins, sondern auch hinsichtlich der technischen Bereitstellung. 24 Soweit der Schuldner von der Möglichkeit, die virtuelle Teilnahme und Abstimmung zu eröffnen keinen Gebrauch macht, darf dies nicht in Kombination mit anderen Maßnahmen dazu dienen, den Planbetroffenen die Teilnahme an der Planbetroffenenversammlung unzumutbar zu erschweren. Insbesondere ist die Einberufung der Planbetroffenenversammlung an einen entlegenen, schwer erreichbaren Ort, insbesondere einen solchen, der mit dem schuldnerischen Unternehmen in keinem in der betrieblichen Organisation begründeten Zusammenhang steht, unzulässig. Daraus folgt im Umkehrschluss allerdings nicht, dass die Durchführung an einem anderen Ort als dem Sitz des Schuldners unzulässig wäre. Selbstverständlich steht es dem Schuldner frei, die Planbetroffenenversammlung insbesondere mit dem Ziel der erleichterten Teilnahmemöglichkeit an einem zentralen oder verkehrstechnisch günstig gelegenen Ort durchzuführen. Die Durchführung im Ausland ist – auch bei überwiegend ausländischen Planbetroffenen – demgegenüber unzulässig, weil es sich um ein deutsches Verfahren handelt, dessen Organisation sich, soweit nicht im StaRUG etwas anderes geregelt ist, gemäß § 38 StaRUG nach den Vorschriften der ZPO richtet. Dementsprechend ist die Planbetroffenenversammlung auch in deutscher Sprache, ggf. unter Hinzuziehung eines Dolmetschers (§ 38 StaRUG i. V. m. § 1 ZPO, § 184 GVG) durchzuführen. e) Vertretung 25 In den Kontext der möglichen Beschränkung der Teilnahmemöglichkeit fällt auch der etwaige Nachweis der Vertretungsbefugnis Anwesender für den jeweiligen Planbetroffenen. Dies hinsichtlich der organschaftlichen ebenso wie hinsichtlich einer rechtsgeschäftlichen Vertretung. 26 Die Abgabe der Erklärung in Bezug auf das Planangebot ist eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, die auf die Annahme oder die Ablehnung des Planangebots gerichtet ist (vgl. §§ 17 – 19, 23 Rn. 6 ff.). Als solche ist sie einer Stellvertretung nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen selbstverständlich zugänglich. Etwaige Beschränkungen, wie bei der Teilnahme an einem gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermin (§ 45 StaRUG) gelten für die privatautonome Planbetroffenenversammlung selbstverständlich nicht. 27 Dennoch muss, soll nicht das Abstimmungsverfahren insgesamt gefährdet werden, die Vertretungsbefugnis nachgewiesen werden. Dies geschieht in aller Regel durch Vorlage einer von dem Vertretenen ausgestellten, auf den Vertreter lautenden Vollmacht. Die Vorlage im Original ist grundsätzlich für eine wirksame Bevollmächtigung nicht erforderlich, da die Erteilung der Vollmacht gemäß § 167 BGB grundsätzlich keiner Form bedarf. Allerdings findet, ist
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§ 20 Abstimmung im Rahmen einer Versammlung der Planbetroffenen
die Vollmachtsurkunde nicht im Original vorgelegt, § 172 Abs. 2 BGB keine Anwendung, sodass das Risiko, dass die Vertretungsmacht tatsächlich nicht bestand, beim Schuldner verbleibt. Dieser ist daher berechtigt – und sollte in der Ladung darauf hinweisen – die Vorlage der Vollmachtsurkunde im Original zu verlangen und diese als Anlage zu der nach § 22 StaRUG erforderlichen Dokumentation zu nehmen. Ähnliches gilt für die organschaftliche Vertretungsmacht. Da auch hier der 28 Schuldner das Risiko trägt, dass der Erschienene nicht über die nötige Vertretungsmacht verfügt (Einzel- oder Gesamtvertretungsbefugnis etc.), ist für die Zulassung zu der Versammlung grundsätzlich die Vorlage eines aktuellen Handelsregisterauszuges zu verlangen, aus dem sich die Vertretungsberechtigung ergibt. 3. Verfahren während der Versammlung (§ 20 Abs. 3 und 4 StaRUG) a) Sitzungsleitung und Erörterungsanspruch Die Versammlungsleitung erfolgt durch den Schuldner. Er übt dementspre- 29 chend die Sitzungsleitung entsprechend § 38 StaRUG i. V. m. § 136 ZPO aus. Den Vorsitz führt nicht zwingend (einer) der Geschäftsführer oder sonstigen Organe des Schuldners; die Übertragung auf einen insoweit Bevollmächtigten, z. B. einen erfahrenen Restrukturierungsberater ist möglich. Die Leitung der Planbetroffenenversammlung durch den Restrukturierungsbeauftragten ist ausweislich der ausdrücklichen Anordnung der Sitzungsleitung durch den Schuldner indes ausgeschlossen. Der Schuldner ist verpflichtet, auf Verlangen eines jeden Planbetroffenen 30 Auskunft über den Plan zu erteilen. Daraus folgt, dass der Termin nach § 20 StaRUG, anders als der Titel der Vorschrift und die Differenzierung zwischen § 20 StaRUG und § 21 StaRUG vermuten lassen, obligatorisch immer auch Erörterungstermin ist. Die Durchführung eines isolierten Abstimmungstermins, wie in § 241 Abs. 1 Satz 1 InsO vorgesehen, ist dem StaRUG fremd. Auch wenn bereits ein zeitlich getrennter Erörterungstermin nach § 21 StaRUG stattgefunden hat, ist die Option einer isolierten Abstimmung nicht eröffnet, da die Durchführung eines Abstimmungstermins ohne Anwendung des § 20 Abs. 3 Satz 2 StaRUG vom Gesetz gerade nicht eröffnet ist (vgl. auch § 21 StaRUG Rn. 24 ff.). Es empfiehlt sich daher, Erörterungs- und Abstimmungstermin von vorneherein zusammenzufassen. Jedem Planbetroffenen ist daher Gelegenheit zur Äußerung im Rahmen der 31 Diskussion zu geben. Maßstab für den Umfang des Fragerechts und Auskunftsanspruchs ist dabei der Anspruch der Planbetroffenen, die für ihre Entscheidung bestimmende Informationsgrundlage zu erhalten; auf die Ausführungen zum nötigen Inhalt des darstellenden Teils ist insoweit zu verweisen (vgl. § 6 StaRUG Rn. 5 ff.). Ist der Schuldner der Auffassung, hinreichende Auskunft erteilt zu haben, kann er weitere Fragen und die Erörterung im Rahmen der Sitzungsleitung entsprechend § 38 StaRUG, § 136 ZPO ab101
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
schneiden, hält er diese für nicht weiter zielführend oder für störend; in diesem Fall ist jedoch eine sorgsame und möglichst vollständige Protokollierung anzuraten, da das vorschnelle Beschneiden des Fragerechts und Erörterungsanspruchs, das die Bildung einer vollständigen Entscheidungsgrundlage beeinträchtigt, einen Verfahrensmangel darstellt, der, wenn erheblich, ein Planbestätigungshindernis nach § 63 Abs. 3 StaRUG zu begründen geeignet ist. b) Anregungen zur Änderung des Restrukturierungsplans 32 Jeder Planbetroffene hat nach § 20 Abs. 3 Satz 2 StaRUG das Recht, Vorschläge zur Änderung des Plans zu unterbreiten. Der Schuldner ist verpflichtet, diese Vorschläge in der Planbetroffenenversammlung zu erörtern, soweit sie ihm mindestens einen Tag vor dem Termin zur Kenntnis gebracht wurden, hat jedoch nicht die Pflicht, diese im Plan auch umzusetzen. Die Annahme der Änderungsvorschläge steht daher im alleinigen Ermessen des Schuldners. Es wird am Ende nur über den Plan abgestimmt, den der Schuldner zur Abstimmung gestellt hat (BT-Drucks. 19/24181, S. 123). Unterlässt oder vereitelt der Schuldner allerdings die Erörterung eines ihm rechtzeitig zugänglich gemachten Änderungsvorschlages, stellt dies einen amtswegig zu beachtenden Verfahrensmangel dar, der sich potenziell auf das Abstimmungsverhalten ausgewirkt haben kann. 33 Wird ein Vorschlag erst in der Versammlung vorgebracht, kann der Schuldner auch diesen zur Diskussion stellen. Dazu ist er aber nicht verpflichtet (BT-Drucks. 19/24181, S. 123). 34 In Anlehnung an § 240 InsO kann über einen im Rahmen der Versammlung geänderten Plan nur dann in derselben Versammlung abgestimmt werden, wenn sich die Änderungen auf einzelne Punkte beschränken. Auf die Kommentierung zu § 240 InsO ist zu verweisen. Gehen die Änderungen darüber hinaus, ist ein neues Planangebot nach den §§ 17 ff. StaRUG oder eine Einberufung zu einer erneuten Planbetroffenenversammlung gemäß Abs. 1 erforderlich (BT-Drucks. 19/24181, S. 124). 4. Abstimmungsmodalitäten (§ 22 Abs. 5 StaRUG) 35 Bei der Bestimmung der Abstimmungsmodalitäten ist der Schuldner frei, so kann er die Abstimmung durch Wahlzettel oder durch Handzeichen durchführen lassen (BT-Drucks. 19/24181, S. 124). Sofern Stimmen im Rahmen der elektronischen Teilnahme abgegeben werden, ist ihr Zugang zu bestätigen. Damit soll sichergestellt werden, dass alle abgegebenen Stimmen zutreffend berücksichtigt werden (BT-Drucks. 19/24181, S. 124). 36 Da der Schuldner die Dokumentationslast trägt, ist dringend die Durchführung eines technisch unterstützten Abstimmungsverfahrens mit Hilfe von Stimmkarten und deren EDV-gestützter Erfassung zu empfehlen, da nur so die später
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§ 21 Erörterung des Restrukturierungsplans
gerichtsfeste Dokumentation des Abstimmungsprozesses und seines Ergebnisses tatsächlich gewährleistet werden kann. § 21 Erörterung des Restrukturierungsplans (1) Findet eine Abstimmung im Rahmen einer Versammlung der Planbetroffenen nicht statt, ist unter den Voraussetzungen des § 17 Absatz 3 auf Verlangen eines Planbetroffenen eine Versammlung der Planbetroffenen zur Erörterung des Plans abzuhalten. (2) 1Die Einberufung erfolgt schriftlich. 2Die Frist zur Einberufung beträgt mindestens 14 Tage. 3Räumt der Schuldner die Möglichkeit einer elektronischen Teilnahme ein, beträgt die Frist sieben Tage. (3) § 20 Absatz 3 gilt entsprechend. (4) 1Findet die Versammlung nach Ablauf einer zur Planannahme gesetzten Frist statt, verlängert sich diese bis zum Ablauf des Tags der Versammlung oder bis zu dem Termin, den der Schuldner bis zum Ende der Versammlung bestimmt. 2 Hatte sich ein Planbetroffener bereits zum Planangebot erklärt, entfällt die Bindung an diese Erklärung, wenn er sich binnen der verlängerten Frist erneut erklärt. Übersicht 1. 2.
3.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Voraussetzungen der Einberufung (§ 21 Abs. 1 StaRUG) .................... 5 a) Antragsrecht ............................ 5 b) Antragsvoraussetzungen ........ 7 c) Form und Frist des Antrags ... 9 Rechtsfolgen des Antrags ............ 14
a) Anberaumung und Durchführung der Erörterungsversammlung ......................... 14 b) Ergebnis der Erörterung und Planänderung ......................... 20 c) Einfluss auf Annahmeerklärungen und die Annahmefrist (Abs. 4) .................................. 24
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes § 21 StaRUG wahrt den Grundsatz der Mündlichkeit, der auf Verlangen auch 1 nur eines einzigen Planbetroffenen Vorrang vor dem vom Schuldner gewählten schriftlichen Verfahren nach §§ 17 – 19 StaRUG erlangt. Während § 20 StaRUG die Möglichkeit der kombinierten Erörterung und Abstimmung über den Plan im Rahmen einer Planbetroffenenversammlung eröffnet, was aber in der alleinigen Dispositionsbefugnis des Schuldners liegt, stellt § 21 StaRUG klar, dass auf Verlangen auch bei Beschlussfassung über den Plan im schriftlichen Verfahren jedenfalls die Erörterung im Rahmen einer isolierten Planbetroffenenversammlung stattzufinden hat. Die im Recht des Insolvenzplans nach § 241 Abs. 1 InsO nur ausnahmsweise genutzte Option der Trennung zwischen Abstimmungs- und Erörterungstermin ist im Restrukturierungsplanverfahren durch die unterschiedliche Dispositionsbefugnis angelegt: Der Schuldner allein
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
entscheidet, ob im schriftlichen Verfahren oder im Rahmen einer Präsenzveranstaltung abgestimmt wird, die dann immer zugleich auch Erörterungstermin ist (vgl. § 20 StaRUG Rn. 29 f.); jeder Planbetroffene hat demgegenüber das Recht, die Erörterung im Rahmen einer Versammlung aller Planbetroffenen zu verlangen, in der dann nicht notwendig auch über den Plan abzustimmen ist, sondern die als isolierter Erörterungstermin geführt wird. 2 Die Erörterungsversammlung dient demselben Informationszweck wie er sich aus § 17 Abs. 1 StaRUG (§§ 17 – 19, 23 StaRUG Rn. 23) bzw. § 20 Abs. 3 StaRUG (dort Rn. 30) ergibt. Die Planbetroffenen sollen Gelegenheit erhalten, Fragen zu stellen, um sich über die Veränderung ihrer individuellen Rechtsposition durch die im Plan vorgesehenen Maßnahmen klarzuwerden. 3 Die Organisation der Einberufung der Durchführung der Erörterungsversammlung unterliegen der Verwaltungs- und Verfahrenshoheit (allein) des Schuldners. 4 Die Einberufung der Erörterungsversammlung eröffnet nach § 21 Abs. 4 StaRUG die Möglichkeit, einerseits die Annahmefrist nach § 19 StaRUG noch einmal zu öffnen, andererseits auf bereits abgegebene Stimmen noch einmal Einfluss zu nehmen (zu den Grenzen vgl. auch §§ 17 – 19, 23 StaRUG Rn. 34), da nach dem Sinn und Zweck der Erörterung einem jeden Planbetroffenen Gelegenheit gegeben wird, sein bereits abgegebenes Votum zu revidieren und erneut zu votieren. 2. Voraussetzungen der Einberufung (§ 21 Abs. 1 StaRUG) a) Antragsrecht 5 § 21 Abs. 1 StaRUG enthält den materiellen Anspruch eines jeden Planbetroffenen auf Durchführung einer Erörterungsversammlung, auf den gemäß § 17 Abs. 3 StaRUG (vgl. §§ 17 – 19, 23 StaRUG Rn. 28) verfahrensrechtlich ordnungsgemäß hinzuweisen ist. Ein Mindestquorum, eine Mindestforderungshöhe oder eine bestimmte Eingriffsintensität ist für das Antragsrecht eines Planbetroffenen nicht erforderlich. Jedem Planbetroffenen, der in den Anwendungsbereich des Restrukturierungsplans durch Auswahl nach § 8 StaRUG einbezogen ist, steht das Antragsrecht unterschiedslos zu. 6 Nach dem Wortlaut des § 21 Abs. 1 StaRUG könnte der Eindruck entstehen, dass die Durchführung einer Erörterungsversammlung allein auf Antrag eines Planbetroffenen möglich ist und der Schuldner nicht das Recht hat, zu einer solchen proaktiv einzuladen. Dem ist allerdings nicht so. Die Durchführung des Restrukturierungsverfahrens in ausschließlich schriftlicher Form ist eine dem Schuldner eröffnete Option; selbstverständlich steht es dem Schuldner frei, von sich aus die Möglichkeit zu nutzen, die erforderlichen Maßnahmen zu erläutern, den Planbetroffenen die Gelegenheit zu geben, Fragen zu stellen und das Verfahren mündlich zu führen. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus § 17 Abs. 3 StaRUG, wonach der deutliche Hinweis im Planangebot auf das Recht,
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§ 21 Erörterung des Restrukturierungsplans
die Einberufung einer Erörterungsversammlung zu verlangen, nur dann besteht, wenn der Schuldner nicht bereits vor Abgabe des Planangebots allen Planbetroffenen Gelegenheit zur gemeinschaftlichen Erörterung gegeben hat. Daraus folgt unmittelbar, dass ein solches Angebot selbstverständlich möglich ist. b) Antragsvoraussetzungen Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Antrags nach § 21 Abs. 1 7 StaRUG richten sich zunächst nach § 17 Abs. 3 StaRUG. Danach darf vor Abgabe des Planangebots bereits keine gemeinschaftliche Erörterung des Restrukturierungsplans oder des durch den Plan umzusetzenden Restrukturierungskonzepts stattgefunden haben (vgl. §§ 17 – 19, 23 StaRUG Rn. 23 ff.). Ist dem Grundsatz der Mündlichkeit in einem dem damit verfolgten Zweck entsprechenden Umfang bereits Genüge getan, fehlt es an der Rechtfertigung, den Planbetroffenen noch ein gesondertes Antragsrecht zu gewähren. Dasselbe gilt, wenn der Schuldner über den Restrukturierungsplan nicht im 8 schriftlichen Verfahren abstimmen lässt, sondern bereits zu einer Planbetroffenenversammlung zum Zwecke der Erörterung und Abstimmung gemäß § 20 StaRUG geladen hat, da diese nie isolierte Abstimmungs-, sondern immer auch Erörterungsversammlung ist (vgl. § 20 StaRUG Rn. 30). Auch in diesem Fall ist dem Informationsinteresse der Planbetroffenen und dem Grundsatz der Mündlichkeit Genüge getan. c) Form und Frist des Antrags Das Gesetz bestimmt für den Antrag auf Durchführung einer Erörterungsver- 9 sammlung keine Form. Dieser ist daher formfrei möglich und vom Schuldner zu berücksichtigen, gleich in welcher Form das Verlangen ihm zugegangen ist. Es genügt, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Planbetroffene die Durchführung einer Erörterungsversammlung wünscht. Weder muss der Antrag konkret als solcher oder als entsprechendes Verlangen bezeichnet sein. Die Auslegung erfolgt nach dem objektiven Empfängerhorizont eines verständigen Dritten und im Zweifel zugunsten des Planbetroffenen und der Durchführung einer Erörterungsversammlung. Für den Zugang selbst ist indes der jeweilige Planbetroffene darlegungs- und 10 ggf. glaubhaftmachungsbelastet, weshalb sich die Geltendmachung in einer dokumentationsfähigen Form (Einschreiben, Telefax, E-Mail) empfiehlt. Die Anforderungen an den Nachweis sind allerdings, da es sich um ein elementares Recht der Planbetroffenen handelt und die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens der Verantwortungs- und Risikosphäre des Schuldners unterfällt, nicht zu überspannen. Das Verlangen eines Planbetroffenen auf Durchführung einer Erörterungs- 11 versammlung bedarf keiner Begründung (BT-Drucks. 19/24181, S. 124). Auch das Verlangen auf Durchführung einer Erörterungsversammlung, das vom
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Schuldner z. B. als obstruktiv oder auch nur querulatorisch eingestuft wird, ist zu berücksichtigen. 12 Obwohl das Gesetz für den Antrag keine Frist bestimmt, muss dieser innerhalb der Annahmefrist des § 19 StaRUG dem Schuldner zugegangen sein. Dies aus zweierlei Gründen: Zum einen fehlt es nach Ablauf der Annahmefrist an einem Rechtsschutzbedürfnis der Planbetroffenen auf Durchführung einer Erörterungsversammlung; zum anderen eröffnet § 21 Abs. 4 StaRUG ein gewisses Gestaltungspotenzial, einerseits auf Planbetroffene, die den Plan abgelehnt haben, noch einmal einzuwirken, und andererseits die nach § 19 StaRUG grundsätzlich nicht disponible und deshalb nicht verlängerbare Annahmefrist noch einmal zu öffnen und eine Nachfrist zu setzen. Letzteres soll dabei allein dem Zweck dienen, den Planbetroffenen Gelegenheit zu geben, das Ergebnis der Erörterung in ihre Entscheidung einfließen zu lassen und die gehörten Argumente noch einmal gegeneinander abzuwägen. § 21 Abs. 4 StaRUG ist demgegenüber nicht Gestaltungsmittel für den Schuldner, auf unerwartete Entwicklungen im Abstimmungsverhalten zu reagieren und den Versuch zu unternehmen, dieses nach Vollzug der Abstimmung noch einmal zu revidieren, also einen bereits gescheiterten Plan doch noch zu retten. Dies völlig ungeachtet der Tatsache, dass eine Verlängerung der Annahmefrist, wie sie § 21 Abs. 4 StaRUG eröffnet, schon teleologisch nur möglich ist, solange diese noch läuft und nicht bereits verstrichen ist. 13 Aus diesem Grund muss auch eine vom Schuldner ohne Antrag eigeninitiativ einberufene Erörterungsversammlung nach § 21 StaRUG oder eine Erörterungs- und Abstimmungsversammlung nach § 20 StaRUG innerhalb der ursprünglich nach § 19 StaRUG gesetzten Frist erfolgen und die Ladung allen Planbetroffenen innerhalb der noch nicht verstrichenen Frist zugehen. 3. Rechtsfolgen des Antrags a) Anberaumung und Durchführung der Erörterungsversammlung 14 Ist dem Schuldner ein entsprechendes Verlangen bzw. ein als solcher auszulegender Antrag zugegangen, steht ihm ein Ermessen nicht zu. Die Versammlung ist dann zwingend durchzuführen. 15 Kommt der Schuldner dem nach und findet weder eine Erörterungsversammlung nach § 21 StaRUG noch eine Erörterungs- und Abstimmungsversammlung nach § 20 StaRUG statt, kann der Plan gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG auch dann nicht bestätigt werden, wenn er mit den erforderlichen Mehrheiten angenommen worden ist (BT-Drucks. 19/24181, S. 124). Dieser Mangel ist auch nicht nach § 67 Abs. 6 StaRUG heilbar, weil es sich nicht um einen Mangel im Verfahren der Planabstimmung, sondern um einen Verfahrensmangel bei den Voraussetzungen für die Willensbildung handelt, was nicht revisibel ist. Wegen der besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer sofortigen Beschwerde nach § 66 Abs. 2 StaRUG könnte ohne eine individuelle Schlechterstellung des beschwerdeführenden Planbetroffenen jedoch allein 106
§ 21 Erörterung des Restrukturierungsplans
auf diesen Rechtsverstoß eine Beschwerde nicht zulässig (wohl aber, wird die Zulässigkeitsschwelle anderweitig genommen, begründet) gestützt werden (vgl. §§ 64, 66 StaRUG Rn. 26). Damit das Gericht Kenntnis von dem Einberufungsverlangen und für den Fall 16 der Nichtdurchführung der Versammlung damit von dem Bestätigungshindernis hat, empfiehlt es sich für den Planbetroffenen, das Verlangen in Abschrift dem Restrukturierungsgericht bzw. jedenfalls dem etwaig bestellten Restrukturierungsbeauftragten in Abschrift zukommen zu lassen. Gemäß § 21 Abs. 2 StaRUG hat die Einberufung schriftlich mit einer grund- 17 sätzlichen Mindestfrist von 14 Tagen zu erfolgen. Die Vorschrift läuft mit § 20 Abs. 1 Satz 2 StaRUG parallel; auf die dortigen Ausführungen (§ 20 StaRUG Rn. 19) kann verwiesen werden. Dies gilt auch für die Verkürzung der Ladungsfrist bei Ermöglichung einer elektronischen/virtuellen Teilnahme. Da der vollständige Restrukturierungsplan bereits mit dem Planangebot (§ 17 18 Abs. 1 StaRUG) übermittelt wurde, ist § 20 Abs. 1 Satz 4 StaRUG nicht entsprechend anzuwenden. Die nochmalige Übersendung des Plans ist nicht erforderlich. § 21 Abs. 3 StaRUG verweist für die Durchführung der Versammlung, die an- 19 zuwendenden Verfahrensvorschriften und den Gegenstand der Erörterung, nämlich das uneingeschränkte Frage- und Auskunftsrecht der Planbetroffenen, auf § 20 Abs. 3 StaRUG. Auch insoweit kann daher auf die dortige Kommentierung (§ 20 StaRUG Rn. 29 ff.) verwiesen werden. b) Ergebnis der Erörterung und Planänderung Aus dem Verweis auf § 20 Abs. 3 StaRUG ergibt sich, dass auch in der Erörte- 20 rungsversammlung rechtzeitig eingegangene Änderungsvorschläge (vgl. § 20 StaRUG Rn. 32) von Planbetroffenen zu erörtern sind (BT-Drucks. 19/24181, S. 124) und auch der Schuldner das Recht hat, noch Änderungen des Plans in einzelnen Punkten (§ 20 Abs. 4 StaRUG) vorzunehmen. Wird der Plan in zulässigem Umfang geändert, ist eine erneute Zustellung an 21 alle Planbetroffenen nicht erforderlich. Die Änderungen sind in der nach § 22 StaRUG (vgl. dort Rn. 8) obligatorischen Dokumentation der Abstimmung kenntlich zu machen. Darüber hinaus empfiehlt sich auch die – gesetzlich nicht vorgegebene – Protokollierung des isolierten Erörterungstermins und die Zusendung des Protokolls an alle Planbetroffenen aus Transparenzgründen. Diese ist jedoch weder Zulässigkeitsvoraussetzung für die (spätere) Abstimmung auch über den in einzelnen Punkten geänderten Plan, noch sonst im Sinne des § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG bestätigungsrelevant. Mit der ordnungsgemäßen Ladung hat jeder Planbetroffene die Möglichkeit, 22 an dem Erörterungstermin teilzunehmen. Die Änderung des Plans in einzelnen Punkten ist der Erörterung immanent, könnte diese doch ihren Zweck nicht
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
erfüllen, würde unterstellt, dass sie auf die inhaltliche Ausgestaltung des Plans typischerweise ohne Einfluss bleibt. Es muss also jeder Planbetroffene damit rechnen, dass die Erörterung des Restrukturierungsplans auch zu Änderungen führt. Damit unterliegt es der Risikosphäre der Planbetroffenen, dass diese Änderungen ihnen nicht zur Kenntnis gelangen, weil der Plan nicht noch einmal zugestellt werden muss. 23 Die Fassung des letztendlich zur Abstimmung gestellten Plans ergibt sich ausschließlich aus der Dokumentation nach § 22 StaRUG. c) Einfluss auf Annahmeerklärungen und die Annahmefrist (Abs. 4) 24 Die Mindestladungsfrist nach § 21 Abs. 2 StaRUG von 14 Tagen kollidiert mit der Mindestannahmefrist nach § 19 StaRUG. Wird das Planangebot nämlich mit einer Annahmefrist von 14 Tagen übermittelt und verlangt ein Planbetroffener die Durchführung einer Erörterungsversammlung, so könnte diese denknotwendig nicht mehr innerhalb der Annahmefrist stattfinden und damit ihren Zweck nicht erfüllen. 25 Nach § 20 Abs. 4 Satz 1 StaRUG verlängert sich die Annahmefrist daher, ohne dass es einer gesonderten Erklärung bedürfte, bis zum Ablauf des Tages der Versammlung. Da den Planbetroffenen jedoch Gelegenheit gegeben werden können soll, auf das Ergebnis der Erörterung angemessen zu reagieren und die Entscheidung nicht unter (Zeit-)Druck treffen zu müssen, steht es dem Schuldner frei, in Abhängigkeit vom Verlauf der Versammlung bis zum Ende der Versammlung in dieser einen neuen Termin für die Annahme zu bestimmen. 26 Um die Gleichbehandlung aller Planbetroffenen sicherzustellen und diesen gleiche Bedenkzeit einzuräumen, ist die verlängerte Annahmefrist in entsprechender Anwendung des § 19 StaRUG allen Planbetroffenen zwingend zur Kenntnis zu bringen. Dies folgt zwar nicht unmittelbar aus dem Gesetz, jedoch aus dem Sinn und Zweck der Gewährung einer ausreichenden Annahmefrist, die eine ausreichende Bedenkzeit einerseits gewährleisten soll (BT-Drucks. 19/24181, S. 122), andererseits die Möglichkeit der Verlängerung der Annahmefrist gerade dem Ziel dient, dass die Erörterungsversammlung ihre Zwecke für die Planbetroffenen erfüllen kann. Sinnvollerweise wird mit der Mitteilung über die Verlängerung der Annahmefrist auch das Ergebnis der Erörterung in Form des fakultativen Protokolls übermittelt; dies ist jedoch nicht obligatorisch. Die Mitteilung der Verlängerung der Annahmefrist unterliegt, weil im Gesetz ausdrücklich nicht vorgesehen, keiner besonderen Form, insbesondere nicht der Form des § 17 Abs. 1 StaRUG, und kann deshalb in jeder vom Schuldner für angemessen erachteten Form erfolgen. 27 Das Ob und der Umfang einer Verlängerung der Annahmefrist stehen im freien Ermessen des Schuldners. Die Gewährung einer unangemessen langen Nachtragsfrist birgt aber, soweit das Hinausschieben der Abstimmung über den Plan Einfluss auf die Umsetzbarkeit des Restrukturierungskonzepts haben 108
§ 21 Erörterung des Restrukturierungsplans
kann, das Risiko einer Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 33 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG und damit des Fortfalls der Wirkung der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens nach § 31 Abs. 4 Nr. 3 StaRUG. Darüber hinaus liegt es regelmäßig im Interesse des Schuldners, eine den Umständen angemessene Annahmefrist zu bestimmen, weil nach § 25 StaRUG die Stimmrechte der zustimmenden Planbetroffenen in jeder Gruppe mindestens drei Viertel aller Stimmrechte in der jeweiligen Gruppe entsprechen müssen und nicht abgegebene Stimmen daher wie Ablehnungen wirken. Ebenfalls aus dem Sinn und Zweck der Durchführung der Erörterungsver- 28 sammlung folgt, dass nach § 21 Abs. 4 Satz 2 StaRUG Planbetroffene, die ihre Willenserklärung in Bezug auf das Planangebot bereits abgegeben haben, an diese innerhalb der verlängerten Annahmefrist nicht mehr zwingend gebunden sind, sondern ihnen das Wahlrecht zusteht, sich innerhalb der verlängerten Frist unter Ersetzung der vorherigen Erklärung erneut zu erklären. Dogmatisch handelt es sich um die Eröffnung einer Widerrufsmöglichkeit entsprechend § 130 Abs. 1 BGB innerhalb der verlängerten Annahmefrist. Geht dem Schuldner innerhalb dieser Frist kein Widerruf in Gestalt einer erneuten – regelmäßig abändernden – Erklärung zu, behält die ursprüngliche Erklärung ihre Wirksamkeit. Geht eine erneute Erklärung zu, so hat diese die Wirkung eines Widerrufs der ursprünglichen Erklärung und es gilt ausschließlich die neue, innerhalb der verlängerten Frist abgegebene Zweiterklärung. Das Recht zum Widerruf steht jedem Planbetroffenen nur einmal zu. Mit dem 29 Zugang der Zweiterklärung beim Schuldner wird diese ohne erneute Widerrufsmöglichkeit endgültig wirksam. Das Recht zum Widerruf und zur Änderung der Erklärung ist unabhängig 30 davon, ob der Planbetroffene an der Erörterungsversammlung teilgenommen hat. § 21 Abs. 4 Satz 2 StaRUG enthält keine Beschränkung auf an der Versammlung teilnehmende Planbetroffene. Bereits abgegebene Erklärungen bleiben auch dann wirksam, soweit ein Wider- 31 ruf bzw. eine Zweiterklärung nicht erfolgt, wenn der Plan entsprechend § 20 Abs. 4 StaRUG in einzelnen Punkten geändert wird. Insbesondere führt die Änderung des Plans nach Abgabe der Annahmeerklärung durch einen Planbetroffenen nicht zu einem offenen Einigungsmangel im Sinne des § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Möglichkeit der Änderung des Plans im Sinne des § 20 Abs. 4 StaRUG ist verfahrensmäßig angelegt und vom Gesetzgeber vorausgesetzt. Sie ist damit Bestandteil sowohl des Planangebots als auch von dessen Annahme. Der Umfang der möglichen Änderungen ist gesetzlich beschränkt (vgl. § 20 StaRUG Rn. 34), weshalb wesentliche Veränderungen und Eingriffe in die individuellen Rechtspositionen der Planbetroffenen nicht möglich sind. Diese sind daher vor dem Wirksamwerden nachträglicher, ihre Willenserklärung maßgeblich beeinträchtigender Änderungen geschützt. Von der Annahmeerklärung der Planbetroffenen ist daher der gesetzliche Änderungsvorbehalt originär umfasst. Auch eine nachträgliche Anfechtung wegen Wil-
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
lensmangels (§ 119 BGB) ist grundsätzlich ausgeschlossen, weil es insoweit an einem Irrtum fehlt. § 22 Dokumentation der Abstimmung (1) 1Der Schuldner dokumentiert den Ablauf des Planannahmeverfahrens und hält das Ergebnis der Abstimmung nach Ablauf der Annahmefrist oder nach Durchführung der Abstimmung unverzüglich schriftlich fest. 2Ist die Auswahl der Planbetroffenen, deren Einteilung in Gruppen oder die Zuweisung von Stimmrechten streitig geworden, ist dies in der Dokumentation zu vermerken. (2) Die Dokumentation ist den Planbetroffenen unverzüglich zugänglich zu machen. Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Gegenstand und Erklärungswert der Dokumentationspflicht (Abs. 1) ........................................... 4 a) Regelungsziel und Dokumentationsobliegenheit .................. 4
3.
b) Gegenstand der Dokumentationspflicht ........................... 8 c) Beweiskraft der Dokumentation ...................................... 15 Bekanntgabe gegenüber den Planbetroffenen (Abs. 2) .................... 17
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 § 22 StaRUG regelt die Dokumentationspflicht des Schuldners in dem von ihm privatautonom verantworteten Abstimmungsverfahren. Die sorgfältige, vollständige und möglichst detaillierte Dokumentation liegt im ureigenen Interesse des Schuldners, weil Zweifel an der ordnungsgemäßen Annahme des Restrukturierungsplans durch die Planbetroffenen gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 StaRUG zulasten des Schuldners gehen. 2 Ferner ist die Dokumentation nach § 22 StaRUG Voraussetzung für die gerichtliche Planbestätigung, da sie gemäß § 60 Abs. 1 StaRUG einem entsprechenden Antrag beizufügen ist. Sie ist damit Grundlage für die Überprüfung des Gerichts, ob ein Bestätigungshindernis nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG vorliegt. Da die Herstellung einer entsprechenden Prüffähigkeit durch das Gericht Obliegenheit des Schuldners ist, sind nicht nur konkret festgestellte Verfahrensmängel, sondern auch Dokumentationsmängel, die eine Prüfung des ordnungsgemäßen Verfahrensverlaufs unmöglich machen, als ein ein Bestätigungshindernis begründender Verfahrensmangel zu werten. 3 Verpflichtend ist nur die Dokumentation des Abstimmungsverfahrens. § 22 StaRUG gilt daher unmittelbar nicht auch für die Durchführung eines isolierten Erörterungstermins gemäß § 21 StaRUG. Aus den dort genannten Gründen (vgl. § 21 StaRUG Rn. 21) empfiehlt sich jedoch die Protokollierung auch dieses Termins in entsprechender Anwendung des § 22 StaRUG. 110
§ 22 Dokumentation der Abstimmung
2. Gegenstand und Erklärungswert der Dokumentationspflicht (Abs. 1) a) Regelungsziel und Dokumentationsobliegenheit Führt der Schuldner das Verfahren zum Abschluss eines Restrukturierungs- 4 plans autonom und eigenverantwortlich durch, soll durch den Plan aber in Rechte Dritter eingegriffen werden, so ist im Interesse der Rechtssicherheit, der Prüfbarkeit und der Wahrung von Rechtsschutzinteressen Betroffener die eindeutige Feststellung, mit welchem Inhalt der Restrukturierungsplan verbindliche Rechtskraft erlangt hat und auf welchem Weg und mit welchen Mehrheiten diese Rechtskraftwirkung herbeigeführt wurde, zwingend geboten. Die Dokumentation der Planannahme und des Abstimmungsergebnisses dient 5 daher der Information der Planbetroffenen und ermöglicht diesen die Kontrolle, der ordnungsgemäßen Verfahrensdurchführung und der Legitimation von durch den Plan vorgenommenen Eingriffen in individuelle Rechtspositionen. Aus diesem Grunde dient die Dokumentation gleichermaßen der gerichtlichen Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit des Prozesses vom Planangebot bis zur Abstimmung (BT-Drucks. 19/24181, S. 124). Da der Schuldner das Verfahren eigenverantwortlich zu führen berechtigt ist, 6 stellt die Dokumentationspflicht genau genommen eine Dokumentationsobliegenheit dar, da ohne ordnungsmäßige Dokumentation die Planbestätigung nicht erfolgen darf, der Schuldner daher in der Bringschuld ist. Nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG darf das Restrukturierungsgericht den Plan nicht bestätigen, wenn die Vorschriften über den Inhalt und die verfahrensmäßige Behandlung des Restrukturierungsplans sowie über die Annahme des Plans durch die Planbetroffenen in einem wesentlichen Punkt nicht beachtet worden sind. Das setzt voraus, dass das Restrukturierungsgericht in die Lage versetzt wird, die Einhaltung der Verfahrensvorschriften und das Abstimmungsergebnis zu prüfen. Ist die Planannahme aber vollständig im schuldnerautonomen Verfahren und nicht im Rahmen einer gerichtlichen Planerörterung und -abstimmung erfolgt, ist die Dokumentation nach § 22 Abs. 1 StaRUG die einzige Quelle für die gerichtliche Überprüfung. Ist die Dokumentation unvollständig und kann der Schuldner etwaige Lücken, die für die Beurteilung des ordnungsgemäßen Verfahrensablaufs und des Abstimmungsergebnisses erforderlich sind, nicht innerhalb einer ihm nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 StaRUG gesetzten Frist durch die Beibringung einer ergänzenden Dokumentation schließen, stellt der Dokumentationsmangel selbst einen Verfahrensmangel dar, der als Bestätigungshindernis zu werten ist. Ungeachtet eines ordnungsgemäßen Verfahrensablaufs und der Annahme des Restrukturierungsplans mit den erforderlichen Mehrheiten stellt ein aus einem Dokumentationsmangel herrührendes Prüfungsdefizit daher einen eigenständigen Bestätigungsmangel dar. Die Erfüllung der Dokumentationspflicht liegt daher im eigenen Interesse des 7 Schuldners. Sie ist Teil der Pflichten der Organe des Schuldners nach § 32 Abs. 1 Satz 2 StaRUG, da die fehlerhafte oder unvollständige Dokumentation 111
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
geeignet ist, die Erfolgsaussichten der in Aussicht genommenen Restrukturierung zu gefährden. Sie ist damit auch Gegenstand der haftungsbewährten Pflichten nach § 43 Abs. 1 StaRUG (vgl. dort Rn. 4), weshalb ein Scheitern der Planbestätigung infolge fehlerhafter oder unvollständiger Dokumentation eine Schadensersatzpflicht der Organe nach § 43 Abs. 1 StaRUG begründet. Die Bedeutung der Dokumentationsobliegenheit kann daher kaum überschätzt werden. b) Gegenstand der Dokumentationspflicht 8 Der Dokumentationspflicht des Schuldners unterliegen der Ablauf des Planannahmeverfahrens und das Ergebnis der Abstimmung über das Planangebot. Dabei ist unerheblich, ob das Verfahren vollständig schriftlich geführt, zunächst schriftlich eingeleitet und dann in einen Abstimmungstermin überführt (vgl. § 20 StaRUG Rn. 10), der Plan nur mündlich erörtert und sodann schriftlich über ihn abgestimmt (vgl. § 21 StaRUG Rn. 24 ff.) oder von vorneherein ein Erörterungs- und Abstimmungstermin vom Schuldner vorgesehen ist. 9 Richtigerweise sollte in der Dokumentation daher nach der verfahrensrechtlichen und der materiell-rechtlichen Dokumentation unterschieden werden. 10 Im Rahmen der verfahrensrechtlichen Dokumentation ist das angewendete Verfahren, differenziert nach den jeweiligen Verfahrensstadien, die Erfüllung der Voraussetzungen für das gewählte Verfahren im jeweiligen Stadium, sind Fristen (einschl. einer etwaigen Verlängerung der Annahmefrist gemäß § 21 Abs. 4 StaRUG, vgl. dort Rn. 24) und ist die Beachtung berechtigter Eingaben von Planbetroffenen zu erfassen. 11 In der materiell-rechtlichen Dokumentation sind das konkrete Planangebot nebst etwaigen Änderungen des Plans im Anschluss an eine Planbetroffenenversammlung gemäß § 20 StaRUG oder § 21 StaRUG sowie das Abstimmungsergebnis unter Offenlegung des den Planbetroffenen jeweils zugewiesenen Stimmrechts, sind also die Erklärungen der Planbetroffenen mit ihrem jeweils zugewiesenen Stimmgewicht sowie der Zeitpunkt ihres Eingangs zu dokumentieren. 12 Nach § 22 Abs. 1 Satz 2 StaRUG ist gesondert herauszustellen, ob die Auswahl der Planbetroffenen, deren Einteilung in Gruppen oder die Zuweisung von Stimmrechten streitig geworden ist. Dies ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil es sich dabei um Umstände handelt, die vom Restrukturierungsgericht im Rahmen der Planbestätigung gesondert zu prüfen sind. Aus diesem Grunde genügt der Schuldner seiner Verpflichtung auch nicht allein durch den Vermerk, dass z. B. das Stimmrecht streitig geworden ist, sondern hat ebenfalls zu vermerken, in welchem Umfang und mit welcher Begründung die Einwendungen erhoben worden sind. Die tragenden Gründe sowohl der Einwendung als auch für die Entscheidung des Schuldners sind zu dokumentieren. Für eine streitige Stimmrechtsfestsetzung folgt dies unmittelbar aus § 24 Abs. 4 Satz 2 StaRUG. Dabei handelt es sich jedoch vor dem Hintergrund des Sinns 112
§ 22 Dokumentation der Abstimmung
und Zwecks der Dokumentation um einen verallgemeinerungsfähigen Grundsatz, sodass § 22 Abs. 1 StaRUG in teleologischer Auslegung und in Analogie zu § 24 Abs. 4 Satz 2 StaRUG auch für alle übrigen streitigen Punkte nicht allein die Tatsachenfestschreibung, sondern eine Dokumentation auch der Gründe verlangt. Konkret sollte die Dokumentation, um die Überprüfung durch das Gericht 13 zu ermöglichen, im Mindestmaß wie folgt oder ähnlich aufgebaut sein: I. Verfahren 1. Dokumentation der Verfahrensart x schriftlich, §§ 17 – 19 StaRUG x Erörterungs- und Abstimmungstermin, § 20 StaRUG x isolierter Erörterungstermin, § 21 StaRUG x Dokumentation etwaiger Überleitungen in das mündliche Verfahren 2. Dokumentation der Verfahrenseinleitung x Übermittlung des konkreten Planangebots – Beifügung des übermittelten Angebots als Anlage zur Dokumentation; ggf. gesonderte Darstellung/Dokumentation der geschuldeten Pflichthinweise – Dokumentation der ausgewählten Empfänger/Planbetroffenen – Dokumentation der Einhaltung der Schriftform – Dokumentation der Aufgabe zur Post unter Nennung aller Empfänger unter Angabe der Übersendungsform (einfacher oder eingeschriebener Brief) x Dokumentation der gesetzten Annahmefrist x Dokumentation der für die Erklärung der Planbetroffenen vorgegebenen Form 3. Dokumentation etwaiger Ladungen (§§ 20, 21 StaRUG) x Dokumentation der Einhaltung aller Mindestladungs-/Erklärungsfristen unter Dokumentation des – typisierten oder nachgewiesenen – Zugangs bei den Planbetroffenen durch Dokumentation der Aufgabe zur Post unter Nennung aller Empfänger unter Angabe der Übersendungsform (einfacher oder eingeschriebener Brief) x Dokumentation aller Mindestangaben in der Ladung (Ort, Zeitpunkt, etwaige digitale Teilnahme) durch Beifügung derselben als Anlage 4. Dokumentation des Verfahrensverlaufs x Dokumentation des Eingangs etwaiger Verlangen/Anträge auf Erörterung x Dokumentation der Terminsdurchführung durch Terminsprotokoll, das neben Ort, Zeit und Teilnehmern inhaltlich die Einhaltung der Verfahrensvorgaben (umfassende Information, umfassendes Fragerecht) belegt
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen x Dokumentation von Planänderungsanregungen i. S. d. § 20 Abs. 3 Satz 3 u. 4 StaRUG einschließlich des Zeitpunkts ihres Eingangs beim Schuldner x Dokumentation etwaiger Planänderungen, schuldnerinitiiert oder auf Planbetroffenenanregung unter transparenter (Vergleichs-)Darstellung der Änderungen gegenüber der Fassung des Planangebots x Ggf. vorgreiflicher Hinweis darauf, auf welchem Weg die Zugänglichmachung der Dokumentation gemäß § 22 Abs. 2 StaRUG erfolgt II. Abstimmung x Bei Abstimmung i. R. e. Abstimmungstermins (§ 20 StaRUG) – Erstellung eines Terminsprotokolls, das Teil der Dokumentation ist – Dokumentation der anwesenden Planbetroffenen nebst Vertretungsnachweises (vgl. § 20 StaRUG Rn. 25), sortiert nach den Gruppen des Plans (§ 9 StaRUG) – Dokumentation, dass über etwaige Planänderungen in dem zur Abstimmung gestellten Plan hinreichend klar und umfassend informiert wurde – Dokumentation des jedem Planbetroffenen in einer jeweiligen Gruppe gewährten Stimmrechts sowie der zugrundeliegenden Nominalforderung sowie der in der Gruppe insgesamt bestehenden und der im Termin vertretenen Summen (nach Nominale und daraus gewährtem Stimmrecht) – Aufruf nach Gruppen und Dokumentation des Abstimmungsergebnisses durch Erfassung der Erklärung jedes Anwesenden und Dokumentation des Abstimmungsergebnisses in der Gruppe nach Summen (Summe Stimmrechte insgesamt, Summe Stimmrechte anwesend bzw. ordnungsgemäß vertreten, Summe Stimmrecht Zustimmung, Summe Stimmrecht Ablehnung; nachrichtlich: Summe Nominale ohne Stimmrecht) x Bei Abstimmung im schriftlichen Verfahren – Dokumentation etwaiger Planänderungen in transparenter Form durch Vergleich der Ursprungs- und der – ausschließlich – im Rahmen der Erörterung geänderten Fassung (vgl. § 21 StaRUG Rn. 21) – Dokumentation aller Planbetroffenen und des einem jeden in einer jeweiligen Gruppe gewährten Stimmrechts – Dokumentation aller eingegangenen Erklärungen unter Offenlegung von Form der Erklärung, Datum der Erklärung, Datum des Zugangs beim Schuldner – Dokumentation des Abstimmungsergebnisses in jeder Gruppe nach Summen (Summe Stimmrecht insgesamt, Summe Stimmrecht formwirksam und fristgerecht eingegangener Zustimmungserklärungen, restliche Summe [Ablehnung eingegangen, nicht eingegangen, formunwirksam eingegangen] als Ablehnungserklärung gewertet; nachrichtlich: Summe Nominale ohne Stimmrecht) III. Streitige Festlegungen x Umfang und Gegenstand (personell und sachlich) von gegen die Auswahl der Planbetroffenen erhobenen Einwendungen nebst Gründen sowie der begründeten Reaktion des Schuldners hierauf
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§ 22 Dokumentation der Abstimmung x Umfang und Gegenstand (personell und sachlich) von gegen die Einteilung in Gruppen erhobenen Einwendungen nebst Gründen sowie der begründeten Reaktion des Schuldners hierauf x Umfang (personell und gegenständlich) streitiger Stimmrechtsfestsetzungen nebst Gründen sowie begründeter Reaktion des Schuldners hierauf x Sonstige Einwendungen nebst Gründen und etwaig streitiger Festlegungen (soweit für die Planbestätigung relevant)
Die Erstellung der Dokumentation hat unverzüglich nach Ablauf der An- 14 nahmefrist (§ 19 StaRUG) bzw. nach Beendigung der Erörterungs- und Abstimmungsversammlung nach § 20 StaRUG zu erfolgen. Üblicherweise sollten für die Erstellung vor allem wegen der besonderen Bedeutung auch für die Entscheidung der Planbetroffenen, das Abstimmungsergebnis zu akzeptieren, ein bis maximal zwei Werktage ausreichend sein. c) Beweiskraft der Dokumentation Die vom Schuldner nach § 22 StaRUG erstellte Dokumentation stellt eine 15 bloße Wissenserklärung des Schuldners dar und entfaltet keine besondere Beweiskraft (BT-Drucks. 19/24181, S. 124). Weist die Dokumentation Lücken auf oder lässt sie aus anderen Gründen die Prüfung, ob das Verfahren und die Grundsätze der Abstimmung ordnungsgemäß eingehalten wurden, nicht zu, so kann dem Schuldner aus diesem Grunde auch eine Nachfrist gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 StaRUG zur Ergänzung der Dokumentation gesetzt werden; verstreicht diese allerdings fruchtlos, hat das Gericht den Dokumentationsmangel als Verfahrensmangel zu werten und die Bestätigung zu versagen (vgl. bereits Rn. 6). Diese Rechtsfolge ist unabhängig von der im Übrigen fehlenden Beweiswirkung der Dokumentation. Aus Letzterer folgt, dass es jedem Planbetroffenen frei steht, im Rahmen des 16 Bestätigungsverfahrens darzulegen und glaubhaft zu machen, dass die Dokumentation unvollständig oder unrichtig ist, sowie ergänzende Tatsachen vorzutragen. Das Restrukturierungsgericht darf einen solchen Vortrag nicht stärker oder weniger stark gewichten als den Inhalt der Dokumentation. Das Gericht entscheidet sodann unabhängig von der vorgelegten Dokumentation in freier Beweiswürdigung gemäß § 38 StaRUG i. V. m. § 296 ZPO. 3. Bekanntgabe gegenüber den Planbetroffenen (Abs. 2) Nach § 22 Abs. 2 StaRUG ist die Dokumentation den Planbetroffenen un- 17 verzüglich zugänglich zu machen. Der damit verfolgte Zweck ist eindeutig: Die Dokumentation soll den Planbetroffenen die Kontrolle der Einhaltung der Verfahrens- und Abstimmungsregeln ermöglichen. Sie dient damit als Entscheidungsgrundlage dafür, das Abstimmungsergebnis und die damit verbundenen Eingriffe in die individuellen Rechte zu akzeptieren oder den Anlauf zu unternehmen, hiergegen Rechtsmittel zu erheben. Diesen Zweck
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
kann die Dokumentation nur erfüllen, wenn sie den Planbetroffenen unverzüglich zugänglich gemacht wird. 18 Der Gesetzgeber verzichtet hier auf die Festlegung einer bestimmten Form der Zugänglichmachung. Nach dem Sinn und Zweck erfordert ein Zugänglichmachen die unbehinderte Möglichkeit der Kenntnisnahme, Archivierung und Reproduktion. Es muss nämlich gewährleistet sein, dass jeder Planbetroffene die Möglichkeit hat, die Dokumentation zu speichern und jederzeit wieder abzurufen sowie sie z. B. zum Zwecke der Einholung von Rechtsrat Dritten vorzulegen. Der Zugang darf nicht in unangemessener Weise erschwert oder von unangemessenen Voraussetzungen abhängig gemacht werden. Als unangemessen ist eine Zugangsschwelle dann zu betrachten, wenn sie am Maßstab eines objektiven, durchschnittlichen Planbetroffenen potenziell dazu geeignet ist, ihn von der Kenntnisnahme abzuhalten oder diese jedenfalls in einer die potenzielle Ausübung der individuellen Rechte beeinträchtigenden Art und Weise zu erschweren. Die Online-Registrierung als Planbetroffener in einem vom Schuldner bereitgestellten Internetportal z. B., auf deren Grundlage eine persönliche Identifikationsnummer (PIN) zum digitalen Abruf und Download des vollständigen Dokuments nebst Anlagen automatisiert oder nach unverzüglicher Prüfung der Beteiligteneigenschaft erteilt wird, dürfte dabei noch eine zulässige Schwelle zur Zugänglichmachung sein. Denn durch die Bereitstellung der Dokumentation online zum Download wird die schnellstmögliche Zugänglichmachung gewährleistet. Da Anspruch auf die Dokumentation jedoch nur Planbetroffene haben, muss dem Schuldner die Möglichkeit eingeräumt werden, die Betroffeneneigenschaft sicherzustellen. Da dem Schuldner dies jedoch bereits im Zusammenhang mit der Unterbreitung des Planangebots grundsätzlich möglich ist, sind die Anforderungen an den Schuldner streng und es darf durch die Identitätsprüfung erst im Rahmen des Zugänglichmachens kein nennenswerter Zeitverzug entstehen. 19 Grundsätzlich dürfte vorauszusetzen sein, dass der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal nicht nur der unverzüglichen Erstellung der Dokumentation nach Abs. 1, sondern auch mit dem Erfordernis des unverzüglichen Zugänglichmachens nach Abs. 2 eine Bereitstellung zur Kenntnisnahme durch die Planbetroffenen regelmäßig am nächsten, auf die Erstellung der Dokumentation folgenden Werktag voraussetzt. Nur dann ist nämlich sicher gewährleistet, dass den Planbetroffenen ausreichend Gelegenheit bleibt, zu entscheiden, ob ergänzende Rechte wahrgenommen, insbesondere Rechtsmittel erhoben werden sollen. 20 Dem Schuldner ist zu empfehlen, den Weg der Bekanntgabe bereits mit der Übermittlung des Planangebots zu kommunizieren und ggf. erforderliche technische Voraussetzungen bereits zu schaffen bzw. vorzubereiten, um späteren Streit darüber, ob die Zugänglichmachung unverzüglich erfolgt ist, zu vermeiden; denn das Risiko, dass das Restrukturierungsgericht hier zu einer negativen Beurteilung gelangt, trägt allein der Schuldner. Da es sich bei § 22 Abs. 2 StaRUG um eine wesentliche Vorschrift handelt, die den Planbetroffenen die 116
§ 24 Stimmrecht
Ausübung ihrer individuellen Rechte ermöglichen soll, ist im Verstoßfalle von einem Verstoß gegen Verfahrensvorschriften im Sinne des § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG auszugehen, der nicht heilbar, weil nicht revisibel ist. Ist die Dokumentation nicht unverzüglich zugänglich gemacht, ist die Planbestätigung daher zwingend zu versagen.
Unterabschnitt 2 – Stimmrecht und erforderliche Mehrheiten § 24 Stimmrecht (1) Das Stimmrecht richtet sich 1. bei Restrukturierungsforderungen nach deren Betrag, soweit sich aus Absatz 2 nichts anders ergibt, 2. bei Absonderungsanwartschaften und gruppeninternen Drittsicherheiten nach deren Wert und 3. bei Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten nach dem Anteil am gezeichneten Kapital oder Vermögen des Schuldners; Stimmrechtsbeschränkungen, Sonderoder Mehrstimmrechte bleiben außer Betracht. (2) Für Zwecke der Bestimmung des Stimmrechts, das Restrukturierungsforderungen gewähren, werden angesetzt: 1. bedingte Forderungen mit dem ihnen unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts zukommenden Wert; 2. unverzinsliche Forderungen mit dem Betrag, der sich in Anwendung des § 41 Absatz 2 der Insolvenzordnung durch Abzinsung auf den Tag der Planvorlage ergibt; 3. Forderungen, die auf Geldbeträge unbestimmter Höhe gerichtet oder in ausländischer Währung oder einer Rechnungseinheit ausgedrückt sind, mit dem nach § 45 der Insolvenzordnung zu bestimmenden Wert; 4. auf wiederkehrende Leistungen gerichtete Forderungen mit dem nach Maßgabe des § 46 der Insolvenzordnung bestimmten Wert. (3) 1Durch Absonderungsanwartschaften oder gruppeninterne Drittsicherheiten gesicherte Forderungen vermitteln in einer Gruppe von Restrukturierungsgläubigern nur insoweit ein Stimmrecht, wie der Schuldner für die gesicherten Forderungen auch persönlich haftet und der Inhaber der Absonderungsanwartschaft auf diese verzichtet oder mit einer abgesonderten Befriedigung ausfallen würde. 2 Solange der Ausfall nicht feststeht, ist die Forderung mit dem mutmaßlichen Ausfall zu berücksichtigen. (4) 1Ist das auf eine Forderung oder ein Recht entfallende Stimmrecht streitig, kann der Schuldner der Abstimmung das Stimmrecht zugrunde legen, das er den
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Planbetroffenen zugewiesen hat. 2In der Dokumentation der Abstimmung vermerkt er, dass, inwieweit und aus welchem Grund das Stimmrecht streitig ist. Übersicht 1. 2.
3.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Verfahren der Stimmrechtsfestsetzung (Abs. 4) ............................. 4 a) Stimmrechtsfestsetzung durch den Schuldner .......................... 4 b) Keine Rechtsschutzmöglichkeit erforderlich ....... 10 Materielle Grundlagen der Stimmrechtszuweisung ........................... 11
a) Grundsatz: Bestimmung des Stimmrechts nach dem Nominalbetrag (Abs. 1, Abs. 3) ..... 11 b) Abweichung vom Grundsatz der Stimmrechtsbestimmung nach dem Nominalbetrag (Abs. 2) .................................. 18 c) Stimmverbote ........................ 24
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 § 24 StaRUG ist die formalrechtliche Grundlage für die Stimmrechtsbestimmung bzw. -festsetzung durch den Schuldner einerseits, materiell-rechtliche Grundlage für die Stimmrechtsbemessung durch den Schuldner oder das Restrukturierungsgericht gleichermaßen andererseits. Nach Abs. 4 Satz 1 legt der Schuldner bei Feststellung des Abstimmungsergebnisses das einem jeden Planbetroffenen zuzuweisende Stimmrecht fest. Ist die Festlegung streitig, so ist dies in der Dokumentation gesondert zu vermerken (vgl. § 22 StaRUG Rn. 12). 2 Mit Ausnahme der Regelung des § 42 InsO für aufschiebend bedingte Forderungen, für die § 24 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG eine von dem insolvenzrechtlichen Grundsatz der vollständigen Berücksichtigung zum Nominalwert abweichende Regelung vorsieht, folgt die Stimmrechtsbemessung vollständig dem insolvenzrechtlichen Vorbild. Ausdrücklich nimmt § 24 StaRUG Bezug auf die §§ 41 Abs. 2, 45 und 46 InsO, Durch inhaltsgleiche Vorschriften sachlich in Bezug genommen werden darüber hinaus § 76 Abs. 2 Halbs. 2 InsO Für Absonderungsanwartschaften und § 238a Abs. 1 InsO für die am Schuldner beteiligten Planbetroffenen. Im Rahmen der Auslegung des § 24 StaRUG kann daher auf die insolvenzrechtliche Kommentierung zu den vorgenannten Vorschriften und die hierzu ergangene Rechtsprechung Bezug genommen werden. 3 Die Stimmrechtsfestsetzung durch den Schuldner entfaltet im Rahmen der gerichtlichen Planbestätigung Bindungswirkung nur insoweit, wie die Stimmrechtsfestsetzung nicht streitig geworden ist. Ist die Festsetzung des Stimmrechts streitig erfolgt, so setzt das Gericht nach § 63 Abs. 3 Satz 2 StaRUG seine eigene Auffassung nach Maßgabe der materiell-rechtlichen Vorgaben zur Stimmrechtsbestimmung gemäß § 24 StaRUG an die Stelle der Stimmrechtsfestsetzung durch den Schuldner. Letztere hat daher für das Gericht keinerlei indizielle und erst recht keine Bindungswirkung.
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§ 24 Stimmrecht
2. Verfahren der Stimmrechtsfestsetzung (Abs. 4) a) Stimmrechtsfestsetzung durch den Schuldner Im privatautonomen Abstimmungsverfahren über den Restrukturierungsplan 4 nach §§ 17 – 21 StaRUG obliegt dem Schuldner auch die Feststellung des Stimmrechts der Planbetroffenen. Dies folgt aus § 24 Abs. 4 Satz 1 StaRUG, wonach der Schuldner, wird das Stimmrecht streitig, der Abstimmung das Stimmrecht zugrunde legen kann, dass er dem jeweiligen Planbetroffenen zugewiesen hat. Der Schuldner ist dabei nicht an die Einordnung eines Planbetroffenen mit einer bestimmten Forderungshöhe in eine jeweilige Plangruppe gebunden. Er ist vielmehr frei, der Abstimmung auch ein hiervon abweichendes Stimmgewicht zugrunde zu legen (BT-Drucks. 19/24181, S. 126); erfolgt die Abstimmung im Rahmen einer Planbetroffenenversammlung (§ 20 StaRUG), so ist dies offenzulegen, erfolgt die Abstimmung im schriftlichen Verfahren, ist das zugewiesene Stimmrecht in der Dokumentation nach § 22 StaRUG (vgl. dort Rn. 12) zu erfassen und transparent zu machen. Den materiellen Rahmen für die Stimmrechtszuweisung geben § 24 Abs. 1 bis 3 5 StaRUG vor. Diese orientieren sich mit Ausnahme des § 42 InsO nahezu vollständig am insolvenzrechtlichen Vorbild (BT-Drucks. 19/24181, S. 125), weshalb auf die insolvenzrechtliche Kommentierung zu den materiell-rechtlichen Grundlagen der Stimmrechtsgewährung, insbesondere §§ 41 Abs. 2, 45, 46, 76 Abs. 2 Halbs. 2, 237 Abs. 1 Satz 2, 238a Abs. 1 InsO vollumfänglich verwiesen werden kann. Dazu, wie die Stimmrechtsentscheidung des Schuldners sich innerhalb des 6 vorgegebenen materiell-rechtlichen Rahmens zu vollziehen hat, schweigt das Gesetz. Da § 24 StaRUG Grundlage für die Stimmrechtsfestsetzung sowohl durch den Schuldner als auch gemäß § 63 Abs. 3 Satz 2 StaRUG durch das Restrukturierungsgericht im Falle streitiger Stimmrechtsfestsetzung im Zuge der Planbestätigung ist, sollten für die Entscheidung des Schuldners und diejenige des Gerichts dieselben Grundsätze angelegt werden, um – aus Schuldnersicht – eine nachlaufend abweichende Festsetzung durch das Restrukturierungsgericht nach Möglichkeit zu vermeiden. Richtigerweise ist daher für die Stimmrechtsentscheidung auf die überkom- 7 menen Grundsätze des § 77 Abs. 2 InsO zurückzugreifen. Danach sollte der Schuldner, soweit die Abstimmung im Rahmen einer Planbetroffenenversammlung gemäß § 20 StaRUG stattfindet oder im Rahmen einer vorgelagerten Erörterungsversammlung gemäß § 21 StaRUG, entsprechend § 77 Abs. 2 Satz 1 InsO im Rahmen einer Erörterung des Stimmrechts eine einvernehmliche Stimmrechtsfestsetzung mit allen (anwesenden) Planbetroffenen versuchen. Findet die Planabstimmung ausschließlich im schriftlichen Verfahren statt, empfiehlt es sich, die Gründe für die beabsichtigte Stimmrechtsfestsetzung bereits mit dem Planangebot transparent zu machen.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
8 Kommt es nicht zu einer Einigung über das Stimmrecht sämtlicher Planbetroffenen, so entscheidet entsprechend § 77 Abs. 2 Satz 2 InsO der Schuldner. Die Entscheidung ist im Rahmen der Dokumentation nach § 22 StaRUG zu protokollieren. Bis zur Feststellung des Abstimmungsergebnisses in Gestalt der unverzüglich nach Beendigung der Abstimmung zu erstellenden Dokumentation (vgl. § 22 StaRUG Rn. 17) kann der Schuldner die Entscheidung In Anlehnung an § 77 Abs. 2 Satz 3 InsO ändern, was jedoch transparent zu machen ist (BT-Drucks. 19/24181, S. 127). 9 In den Leitplanken des durch § 24 Abs. 1 – 3 StaRUG vorgegebenen materiellen Rahmens entscheidet der Schuldner auf Grundlage seines in summarischer Prüfung pflichtgemäß auszuübenden Ermessens. Wie bei der Stimmrechtsentscheidung nach § 77 InsO (vgl. statt vieler Riedel, in: Kayser/Thole, HK-InsO, § 77 Rn. 10 f.) verbleibt es auch im Rahmen des § 24 StaRUG bei einer summarischen Prüfung, da der Streit über die für die Bemessung des Stimmgewichts maßgebliche Höhe eines oder mehrerer Planbetroffenen die Abstimmung nicht verzögern soll (BT-Drucks. 19/24181, S. 126). Im Rahmen der summarischen Prüfung ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Schuldner im Grundsatz sämtliche für die Beurteilung der Berechtigung der Forderung und des aus ihr resultierenden Stimmrechts nötigen Kenntnisse im eigenen Unternehmen verfügbar haben sollte und bei typisierter Betrachtung zu unterstellen ist, dass sämtliche für die Beurteilung erforderlichen Unterlagen dem Schuldner vorliegen und sich in dessen Zugriff befinden. Mehr noch als im Anwendungsbereich des § 77 InsO gilt daher für § 24 StaRUG, dass das Stimmrecht im Zweifel zu gewähren ist, um eine möglichst breite Abstimmungsbasis für den Restrukturierungsplan zu sichern. Jedenfalls darf das Stimmrecht nicht aus Gründen mangelnder Dokumentation der Forderung zurückgewiesen werden, soweit zu unterstellen ist, dass die für die Beurteilung der Berechtigung der Forderung nötigen Erkenntnisse in der schuldnerischen Organisation (typisiert) verfügbar sind. Die im Gesellschaftsrecht entwickelten Grundsätze für die Wissenszurechnung in arbeitsteiligen Organisationen sind insoweit anzuwenden. b) Keine Rechtsschutzmöglichkeit erforderlich 10 Einer Rechtsschutzmöglichkeit für den von der streitigen Stimmrechtsfestsetzung durch den Schuldner Planbetroffenen bedarf es nicht. Wird der Restrukturierungsplan einstimmig angenommen, stimmen also auch Planbetroffene mit etwaig streitigen Stimmrechten dem Plan zu, bedarf es entweder gar keiner Planbestätigung des Restrukturierungsplans durch das Restrukturierungsgericht oder findet, falls eine solche – wie regelmäßig zu erwarten – dennoch vom Schuldner beantragt wird, eine erneute Stimmrechtsfestsetzung durch das Restrukturierungsgericht gemäß § 63 Abs. 3 Satz 2 StaRUG nicht statt. Hat der Planbetroffene mit dem streitig gebliebenen Stimmrecht gegen den Plan gestimmt, so bedarf es für dessen Wirksamkeit der Planbestätigung durch das Restrukturierungsgericht, das sodann gemäß § 63 Abs. 3 Satz 2
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§ 24 Stimmrecht
StaRUG obligatorisch eine eigene Stimmrechtsgewichtung vornimmt, das Abstimmungsergebnis daher auf Grundlage seiner eigenen Auffassung von dem zugrunde zu legenden Stimmrecht unabhängig von der schuldnerischen Entscheidung überprüft. Zuständig ist der Restrukturierungsrichter, sodass – wie im Insolvenzrecht auch – die Feststellung des der Planbestätigung zugrunde liegenden Abstimmungsergebnisses auf eine richterliche Stimmrechtsfestsetzung zurückgeht, Die aus Gründen der Verfahrenseffizienz und -beschleunigung nicht anfechtbar ist (vgl. für § 77 InsO BGH, NZI 2009, 106). 3. Materielle Grundlagen der Stimmrechtszuweisung a) Grundsatz: Bestimmung des Stimmrechts nach dem Nominalbetrag (Abs. 1, Abs. 3) Maßgeblich für das aus der Beteiligung mit einer Restrukturierungsforderung 11 (vgl. §§ 2 – 4 StaRUG Rn. 11) herrührende Stimmrecht ist gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG zunächst der Nominalbetrag der Forderung des Planbetroffenen. Ist die Forderung zwar bestritten (vgl. dazu Rn. 9), aber bereits tituliert, so hat sie die Vermutung der Richtigkeit für sich (Riedel, in: Kayser/Thole, HK-InsO, § 77 Rn. 13; Kübler, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 77 Rn. 19). Etwas anderes gilt nach den Sonderregeln des Abs. 2 (vgl. Rn. 18) für be- 12 dingte, noch nicht fällige und unverzinsliche, auf Geldbeträge unbestimmter Höhe oder in ausländischer Währung oder auf wiederkehrende Leistungen gerichtete Forderungen. Planbetroffene, die mit ihren Absonderungsanwartschaften (vgl. §§ 2 – 4 13 StaRUG Rn. 17) in die Regelungen des Plans einbezogen sind, nehmen gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG nach dem Vorbild des § 76 Abs. 2 Halbs. 2 InsO (BT-Drucks. 19/24181, S. 126 f.), auf die zu dessen Anwendung entwickelten Grundsätze hier verwiesen werden kann, mit dem aus der Verwertung der Sicherheit realisierbaren Erwartungswert in der Gruppe der Absonderungsanwartschaftsberechtigten teil. Das ist derjenige Betrag, der dem Planbetroffenen bei Verwertung der Sicherheit prognostisch zufließen wird; er ist nötigenfalls zu schätzen und kann im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung zum Beispiel durch vom Schuldner veranlasste Wertgutachten belegt werden. Zugrunde zu legen ist nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 StaRUG grundsätzlich der auf das sicherungsrechtsbelastete Wirtschaftsgut entfallende anteilige Kaufpreis im Rahmen einer Gesamt- oder Teilbetriebsveräußerung (vgl. § 6 StaRUG Rn. 17), es sei denn, der Schuldner macht glaubhaft, dass eine (Gesamt-/Teil-)Betriebsveräußerung aussichtslos ist. In diesem Fall kann auf den Liquidations-/Zerschlagungswert abgestellt werden. Haftet der Schuldner dem Absonderungsanwartschaftsberechtigten auch 14 persönlich, ist der Schuldner daher nicht nur dinglicher Schuldner, sondern auch Schuldner der zugrunde liegenden schuldrechtlichen Verbindlichkeit, ist das vom BGH für das Recht des Insolvenzplans unlängst ausgeurteilte Verbot der Bildung von Mischgruppen (BGH, ZIP 2005, 1648) zu beachten. Der 121
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Gesetzgeber nimmt dies in § 24 Abs. 3 StaRUG auf. In der Gruppe der Absonderungsanwartschaftsberechtigten nimmt der Planbetroffene mit seinem Sicherungsrecht nur in Höhe des nach vorstehendem Grundsatz festgestellten Erwartungswertes der Sicherheit teil. Der Nominalbetrag der gesicherten Forderung spielt insoweit keine Rolle. Mit einem etwaig aus dem Erwartungswert resultierenden anteiligen Ausfall darf der gesicherte Planbetroffene nicht in der Gruppe der Absonderungsanwartschaftsberechtigten erfasst, sondern muss in die Gruppe der Gläubiger mit (ungesicherten) Restrukturierungsforderungen eingruppiert werden. Er nimmt damit mit gespaltenem Stimmrecht (BT-Drucks. 19/24181, S. 128) in zwei Gruppen des Restrukturierungsplans an der Abstimmung teil. 15 Dasselbe gilt, soweit der Absonderungsanwartschaftsberechtigte auf die Geltendmachung der Sicherheit verzichtet; in diesem Fall wird ein Ausfall i. H. v. 100 % realisiert und er nimmt mit diesem nur in der Gruppe der Restrukturierungsforderungen und nicht auch in der Gruppe der Absonderungsanwartschaftsberechtigten an der Abstimmung teil. 16 Da die Situation bei in den Restrukturierungsplan einbezogenen gruppeninternen Drittsicherheiten (vgl. §§ 2 – 4 StaRUG Rn. 31) mit derjenigen von Absonderungsanwartschaften vergleichbar ist (BT-Drucks. 19/24181, S. 128), werden auch die Gläubiger solcher gruppeninternen Drittsicherheiten, soweit diese in den Restrukturierungsplan einbezogen sind, mit dem Sicherheitenerwartungswert in der insoweit obligatorischen eigenen Gruppe der Sicherungsrechte der Gläubiger gruppeninterner Drittsicherheiten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 StaRUG (vgl. dort Rn. 4 ff.) und mit einem vorhersehbaren Ausfallbetrag in der allgemeinen Gruppe der Gläubiger von (ungesicherten) Restrukturierungsforderungen erfasst, § 24 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 StaRUG. Das Verbot der Bildung von Mischgruppen gilt hier in gleicher Weise. 17 Auch für die Beteiligung von Gesellschaftern gilt der Grundsatz der Bemessung des Stimmengewichts nach der Nominale, nämlich nach dem Nennbetrag des Beteiligungsrechts, also dem Anteil am gezeichneten Kapital oder Vermögen des Schuldners, § 24 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG. Sonderstimmrechte, Stimmrechtsbeschränkungen oder sonstige, auf das Stimmrecht einflussnehmende Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern bleiben außer Betracht. Das Gesetz orientiert sich hier vollständig am Vorbild des § 238a InsO (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 126). Auf die Kommentierung hierzu kann verwiesen werden (vgl. §§ 217, 225a u. a. InsO Rn. 9 ff.). b) Abweichung vom Grundsatz der Stimmrechtsbestimmung nach dem Nominalbetrag (Abs. 2) 18 Die Bestimmung des Stimmrechts nach dem Nominalbetrag der Restrukturierungsforderung kann dann nicht Platz greifen, wenn die Forderung noch nicht fällig aber unverzinslich, bedingt, auf Geldbeträge unbestimmter Höhe, in ausländischer Währung oder auf wiederkehrende Leistungen gerichtet ist.
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§ 24 Stimmrecht
Die Erfassung nach dem Wert des Nominalbetrags der Forderung würde zu einer mit § 10 StaRUG nicht zu vereinbarenden Ungleichbehandlung der Planbetroffenen führen. Der Gesetzgeber musste daher Grundsätze für die Bewertung solcher gewissermaßen atypischen Restrukturierungsforderungen aufstellen und hat dies im Grundsatz in Anlehnung an die Insolvenzordnung getan. Die Regelung dazu finden sich in § 24 Abs. 2 Nr. 1 – 4 StaRUG. Die einzige Abweichung von der Orientierung am insolvenzrechtlichen Vor- 19 bild enthält § 24 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG, der für bedingte Restrukturierungsforderungen nicht entsprechend § 42 InsO die Berücksichtigung nach dem Nominalwert, sondern lediglich ein Stimmrecht mit einem nach der Eintrittswahrscheinlichkeit der Bedingung gewichteten Wert vorsieht. Der wirtschaftliche Wert einer solchen Forderung für den planbetroffenen Gläubiger werde nicht allein durch den Wert der Forderung, sondern eben auch durch die Multiplikation mit dem Grad der Eintrittswahrscheinlichkeit der Bedingung bestimmt. Dies gilt für auflösende und aufschiebende Bedingungen gleichermaßen (BT-Drucks. 19/24181, S. 126). In der Dokumentation der Festsetzung der Stimmrechte nach § 22 StaRUG sollte der Schuldner auch die maßgeblichen Umstände für die Gewichtung der Eintrittswahrscheinlichkeit niederlegen, um dem Restrukturierungsgericht die Prüfbarkeit im Rahmen der Bestätigungsentscheidung nach § 63 Abs. 3 Satz 2 StaRUG zu ermöglichen. Im Übrigen verweist das Gesetz in Abs. 2 Nr. 2 – 4 ausdrücklich auf die jeweils 20 in Bezug genommene insolvenzrechtliche Vorschrift, sodass auf die jeweils hierzu ergangene Rechtsprechung und die vorhandenen insolvenzrechtlichen Kommentierungen vollständig verwiesen werden kann. Nach Abs. 2 Nr. 2 sind unverzinsliche Forderungen entsprechend § 41 Abs. 2 21 InsO auf den Tag der Planvorlage abzuzinsen. Gemäß Abs. 2 Nr. 3 sind Forderungen, die auf Geldbeträge unbestimmter 22 Höhe gerichtet oder in ausländischer Währung oder einer Rechnungseinheit ausgedrückt sind, mit dem nach § 45 InsO zu bestimmenden Wert anzusetzen. Das bedeutet, dass unbestimmte Geldbeträge sachgerecht zu schätzen und ausländische Währungen auf den Tag der Planvorlage (entsprechend Abs. 2 Nr. 2) nach dem am Zahlungsort maßgeblichen Kurswert in Euro umzurechnen sind. Auf wiederkehrende Leistungen gerichtete Forderungen sind gemäß Abs. 2 23 Nr. 4 in Anwendung des § 46 InsO, soweit Betrag und Dauer bestimmt sind, nach § 41 Abs. 2 InsO abgezinst zu kapitalisieren; soweit Betrag oder Dauer unbestimmt sind, gilt die Schätzungsbefugnis nach § 45 Satz 1 InsO. c) Stimmverbote Ebenso wenig wie die Insolvenzordnung verhält sich auch das StaRUG aus- 24 drücklich dazu, ob besondere Umstände in der Person eines Planbetroffenen, insbesondere die besondere persönliche Betroffenheit, die Verfolgung eigen-
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
nütziger, restrukturierungswidriger Ziele oder Ähnliches zu Stimmrechtsausschlüssen bzw. Stimmverboten führen können. 25 Schon in der insolvenzrechtlichen Literatur ist anerkannt, dass Stimmverbote wegen Betroffenseins des einzelnen Gläubigers in der Gläubigerversammlung nur unter deutlich engeren Voraussetzungen als im Gläubigerausschuss bestehen, weil jeder Gläubiger naturgemäß in eigener Sache abstimmt; Dies gilt in besonderem Maße bei der Abstimmung über einen Insolvenzplan, weil dieser notwendigerweise auf die Wahrung von individuellen Interessen gerichtet ist (vgl. ausführlich Jungmann, in: Schmidt, InsO, § 76 Rn. 15 f.). Dennoch bestehen in engen Grenzen auch in der Gläubigerversammlung Stimmverbote, wenn und soweit ein Gläubiger durch den Abstimmungsgegenstand über das übliche Eigeninteresse hinaus in besonderer Weise tangiert wird (vgl. z. B. LG Hamburg, NZI 2015, 28). Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wesentlicher Beschlussgegenstand ein mit dem betreffenden Gläubiger abzuschließendes Rechtsgeschäft oder ein gegen diesen zu führender Rechtsstreit ist (m. w. N. Jungmann, in: K. Schmidt, InsO, § 76 Rn. 16). Die Einzelheiten, insbesondere die Frage ob die im Gesellschaftsrecht herausgearbeiteten Grundsätze über Stimmverbote unter Berücksichtigung der Besonderheit, dass ein jeder Gläubiger in der Gläubigerversammlung im Grundsatz eigene Interessen wahrnimmt, cum grano salis übertragbar sind, sind freilich streitig. Einigkeit erscheint aber darüber zu bestehen, dass sich jedenfalls kein Gläubiger zum „Richter in eigener Sache“ aufschwingen und deshalb dort nicht mitstimmen darf, wo dies konkret zu besorgen wäre (AG Göttingen, ZinsO 2009, 1821; Kübler, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 77 Rn. 21a). Daraus resultiert zum Beispiel, dass auch der organschaftliche Vertreter des Schuldners, der zugleich Insolvenzgläubiger ist, wegen schwerwiegender Interessenkollision einem Stimmverbot in der insolvenzrechtlichen Gläubigerversammlung unterliegt (AG Duisburg, NZI 2007, 728). 26 Die Übertragung dieser Grundsätze auf die Abstimmung über den Restrukturierungsplan – gleichgültig ob im schriftlichen Verfahren (§§ 17 – 19 StaRUG) oder in der Abstimmungsversammlung (§§ 20, 45 StaRUG) – ist nur mit äußerster Zurückhaltung geboten. 27 Zunächst ist festzuhalten, dass der Restrukturierungsplan nach den gesetzlichen Vorgaben das Gesamtgläubigerinteresse zu berücksichtigen hat und jeder Planbetroffene im Grundsatz selbstverständlich berechtigt ist, sein Abstimmungsverhalten (auch ausschließlich) an individuellen Interessen auszurichten. Persönliche Interessen an dem Ausgang der Abstimmung in der einen oder anderen Richtung genügen daher für die Annahme eines Stimmverbots keinesfalls. Je breiter das Restrukturierungkonzept angelegt und dem Restrukturierungsplan zugrunde gelegt ist, desto geringer prima vista die Möglichkeit, dass der Plan zu einer das Stimmrecht ausschließenden Selbstbetroffenheit eines oder einzelner Planbetroffenen führt. Auszuschließen ist dies auch unter Anwendung eines engen Beurteilungsmaßstabes allerdings nicht.
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§§ 25–28 Erforderliche Mehrheiten, Mehrheitsentscheidung und absolute Priorität
So kann z. B. die durch den Restrukturierungsplan zu vollziehende Veräuße- 28 rung des ganzen oder eines Teilbetriebes an einen Planbetroffenen, wenn dies wesentlicher Bestandteil des Restrukturierungskonzept ist, zu einem Stimmrechtsausschluss des erwerbenden Planbetroffenen führen. Allein die Umwandlung von Forderungen in Anteilsrechte aber z. B. reicht, weil vom Gesetz als Restrukturierungsmaßnahmen ausdrücklich zugelassen, keinesfalls aus, daraus Stimmverbote herzuleiten. Erforderlich ist ein besonderes, über den durch den Restrukturierungsplan vorgesehenen Eingriff in die individuelle Rechtsposition des Planbetroffenen hinausgehendes Interesse an einem bestimmten Ausgang der Abstimmung, das sich nicht allein aus der Gläubigerstellung heraus begründen lässt. Dies kann bei Organen des Schuldners, die auch persönliche Gläubiger des Schuldners sind, im Einzelfall der Fall sein; die undifferenzierte Übertragung der zur insolvenzrechtlichen Gläubigerversammlung ergangenen Rechtsprechung (vgl. Rn. 25) ist jedoch nicht möglich, weil dies die Gläubigerrechte des Organs in unzulässiger Weise beschränkte. Für die Annahme eines Stimmverbots müssen besondere Begleitumstände festgestellt werden, die dann jedoch geringeren Anforderungen unterliegen. §§ 25 – 28 Erforderliche Mehrheiten, Mehrheitsentscheidung und absolute Priorität § 25 Erforderliche Mehrheiten (1) Zur Annahme des Restrukturierungsplans ist erforderlich, dass in jeder Gruppe auf die dem Plan zustimmenden Gruppenmitglieder mindestens drei Viertel der Stimmrechte in dieser Gruppe entfallen. (2) 1Planbetroffene, denen eine Forderung oder ein Recht gemeinschaftlich zusteht, werden bei der Abstimmung als ein Planbetroffener behandelt. 2Entsprechendes gilt, wenn an einem Recht ein Pfandrecht oder ein Nießbrauch besteht. § 26 Gruppenübergreifende Mehrheitsentscheidung (1) Wird in einer Gruppe die nach § 25 erforderliche Mehrheit nicht erreicht, gilt die Zustimmung dieser Gruppe als erteilt, wenn 1. die Mitglieder dieser Gruppe durch den Restrukturierungsplan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden als sie ohne einen Plan stünden, 2. die Mitglieder dieser Gruppe angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt werden, der auf der Grundlage des Plans den Planbetroffenen zufließen soll (Planwert), und 3. die Mehrheit der abstimmenden Gruppen dem Plan mit den erforderlichen Mehrheiten zugestimmt hat; wurden lediglich zwei Gruppen gebildet, genügt die Zustimmung der anderen Gruppe; die zustimmenden Gruppen dürfen 125
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
nicht ausschließlich durch Anteilsinhaber oder nachrangige Restrukturierungsgläubiger gebildet sein. (2) Wird die nach § 25 erforderliche Mehrheit in einer Gruppe nicht erreicht, die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 zu bilden ist, so gelten Absatz 1, § 27 Absatz 1 und § 28 für diese Gruppe nur, wenn die vorgesehene Entschädigung die Inhaber der Rechte aus der gruppeninternen Drittsicherheit für den zu erleidenden Rechtsverlust oder den Verlust der Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters angemessen entschädigt. § 27 Absolute Priorität (1) Eine Gruppe von Gläubigern ist angemessen am Planwert beteiligt, wenn 1. kein anderer planbetroffener Gläubiger wirtschaftliche Werte erhält, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen, 2. weder ein planbetroffener Gläubiger, der ohne einen Plan in einem Insolvenzverfahren mit Nachrang gegenüber den Gläubigern der Gruppe zu befriedigen wäre, noch der Schuldner oder eine an dem Schuldner beteiligte Person einen nicht durch Leistung in das Vermögen des Schuldners vollständig ausgeglichenen wirtschaftlichen Wert erhält und 3. kein planbetroffener Gläubiger, der in einem Insolvenzverfahren gleichrangig mit den Gläubigern der Gruppe zu befriedigen wäre, bessergestellt wird als diese Gläubiger. (2) Für eine Gruppe der an dem Schuldner beteiligten Personen liegt eine angemessene Beteiligung am Planwert vor, wenn nach dem Plan 1. kein planbetroffener Gläubiger wirtschaftliche Werte erhält, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen, und 2. vorbehaltlich des § 28 Absatz 2 Nummer 1 keine an dem Schuldner beteiligte Person, die ohne Plan den Mitgliedern der Gruppe gleichgestellt wäre, einen wirtschaftlichen Wert behält. § 28 Durchbrechung der absoluten Priorität (1) 1Der angemessenen Beteiligung einer Gruppe von planbetroffenen Gläubigern am Planwert steht es nicht entgegen, wenn eine von § 27 Absatz 1 Nummer 3 abweichende Regelung nach der Art der zu bewältigenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten und nach den Umständen sachgerecht ist. 2Eine von § 27 Absatz 1 Nummer 3 abweichende Regelung ist nicht sachgerecht, wenn auf die überstimmte Gruppe mehr als die Hälfte der Stimmrechte der Gläubiger der betroffenen Rangklasse entfällt.
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§§ 25–28 Erforderliche Mehrheiten, Mehrheitsentscheidung und absolute Priorität
(2) Einer angemessenen Beteiligung einer Gruppe von planbetroffenen Gläubigern am Planwert steht es nicht entgegen, wenn der Schuldner oder eine an dem Schuldner beteiligte Person entgegen § 27 Absatz 1 Nummer 2 am Unternehmensvermögen beteiligt bleibt, sofern 1. die Mitwirkung des Schuldners oder der an dem Schuldner beteiligten Person an der Fortführung des Unternehmens infolge besonderer, in seiner Person liegender Umstände unerlässlich ist, um den Planwert zu verwirklichen, und sich der Schuldner oder die an dem Schuldner beteiligte Person im Plan zu der erforderlichen Mitwirkung sowie zur Übertragung der wirtschaftlichen Werte für den Fall verpflichtet, dass seine Mitwirkung aus von ihm zu vertretenden Gründen vor dem Ablauf von fünf Jahren oder einer kürzeren, für den Planvollzug vorgesehenen Frist endet oder 2. die Eingriffe in die Rechte der Gläubiger geringfügig sind, insbesondere, weil die Rechte nicht gekürzt werden und deren Fälligkeiten um nicht mehr als 18 Monate verschoben werden. Übersicht 1. 2.
3.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Grundlagen der Abstimmung über den Restrukturierungsplan und erforderliche Mehrheit in der Gruppe (§ 25 StaRUG) ................. 4 Überwindung von ablehnenden „Minderheiten“ ............................. 10 a) Grundlagen ............................ 10 b) Voraussetzungen der Stimmrechtsersetzung (§ 26 StaRUG) ...................... 12 aa) Gruppenmehrheit (§ 26 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG) ....................... 12 bb) Schlechterstellungsverbot (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG) ............. 16
4.
cc) Angemessene Beteiligung am Planwert (§§ 26 Abs. 1 Nr. 2, 27 StaRUG) ....................... 20 Durchbrechung der absoluten Priorität (§ 28 StaRUG) .............. 28 a) Durchbrechung der gruppenübergreifenden Gleichbehandlung ................................ 28 b) Durchbrechung der Priorität gegenüber Anteilseignern ..... 33 aa) Unerlässliche Mitwirkung (einzelner) Anteilseigner (§ 28 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG) ............. 33 bb) Geringfügigkeit des Eingriffs (§ 28 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG) ....................... 42
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes Die §§ 25 – 28 StaRUG regeln die erforderlichen Mehrheiten bei der Abstim- 1 mung über den Restrukturierungsplan. Sie sind an das insolvenzrechtliche Vorbild der §§ 244, 245 InsO angelehnt und entsprechen diesen in weiten Teilen. Soweit dies der Fall ist, kann auf die insolvenzrechtliche Rechtsprechung und (Kommentar-)Literatur zurückgegriffen werden, da diese im Grundsatz vollständig entsprechend herangezogen werden kann, soweit sich nicht aus der Teilkollektivität des Restrukturierungsverfahrens Besonderheiten ergeben.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
2 Die Entsprechung der Vorschriften des StaRUG mit ihrem jeweiligen Komplementär in der Insolvenzordnung ist in nachfolgender Synopse gegenübergestellt: Norm des StaRUG
Entsprechende Norm der InsO
Abweichungen des StaRUG von der InsO-Norm
§ 25 Abs. 1
§ 244 Abs. 1
qualifizierte Summenmehrheit i. H. v. 75 % statt einfacher Summenmehrheit, aber keine kumulative Kopfmehrheit erforderlich; Referenz ist die in der Gruppe vertretene Summe, nicht die Summe der an der Abstimmung teilnehmenden Gläubiger
§ 25 Abs. 2
§ 244 Abs. 2
–/–
§ 26 Abs. 1 Nr. 1
§ 245 Abs. 1 Nr. 1
–/–
§ 26 Abs. 1 Nr. 2
§ 245 Abs. 1 Nr. 2
–/–
§ 26 Abs. 1 Nr. 3
§ 245 Abs. 1 N. 3
Bei nur zwei gebildeten Gruppen reicht die Zustimmung einer Gruppe aus; bei der Mehrheit der zustimmenden Gruppen muss mind. eine Gruppe nicht nachrangiger oder der Inhaber von Absonderungsanwartschaften zustimmen
§ 26 Abs. 2
§ 245 Abs. 2a
–/–
§ 27 Abs. 1 Nr. 1
§ 245 Abs. 2 Nr. 1
–/–, mit der Maßgabe, dass nur Planbetroffene in die absolute Prioritätsbetrachtung einbezogen werden
§ 27 Abs. 1 Nr. 2
§ 245 Abs. 2 Nr. 2
–/–, unter Berücksichtigung der in § 28 StaRUG geregelten Ausnahme
§ 27 Abs. 1 Nr. 3
§ 245 Abs. 2 Nr. 3
–/–, mit der Maßgabe, dass nur Planbetroffene in die absolute Prioritätsbetrachtung einbezogen werden
§ 27 Abs. 2 Nr. 1
§ 245 Abs. 3 Nr. 1
–/–, mit der Maßgabe, dass nur Planbetroffene in die absolute Prioritätsbetrachtung einbezogen werden
§ 27 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 245 Abs. 2 Satz 2 f. –/– § 28 Abs. 2 Nr. 1 § 28 Abs. 1
–/–
Die absolute Priorität wird im StaRUG als Folge der Teilkollektivität durchbrochen, was ohne Entsprechung in der InsO ist
§ 28 Abs. 2 Nr. 2
–/–
Sind die Eingriffe in Gläubigerrechte gering, wäre die vollständige Verdrängung des Schuldners unverhältnismäßig, was die Durchbrechung ohne Vorbild in der InsO rechtfertigt
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§§ 25–28 Erforderliche Mehrheiten, Mehrheitsentscheidung und absolute Priorität
Da die Vorschriften des StaRUG und der Insolvenzordnung sich weitgehend 3 decken, wird im Folgenden nur auf die Besonderheiten des Restrukturierungsverfahrens im Rahmen der für die Abstimmung über den Restrukturierungsplan erforderlichen Mehrheiten eingegangen. Im Übrigen ist auf die insolvenzrechtliche Literatur zu verweisen. 2. Grundlagen der Abstimmung über den Restrukturierungsplan und erforderliche Mehrheit in der Gruppe (§ 25 StaRUG) Die §§ 25 – 28 StaRUG stellen die dem insolvenzplanrechtlichen Vorbild 4 weitgehend nachgebildete Grundlage für die Beschlussfassung über den von dem Schuldner vorgelegten Restrukturierungsplan dar. Sie sind Grundlage für die Entscheidung über die Beschlussfassung über den Plan sowohl im schuldnerautonomen als auch gemäß der Verweisung in § 45 Abs. 4 Satz 1 StaRUG im gerichtlichen Abstimmungsverfahren. Den §§ 25 – 28 StaRUG vorgreifliche und mit diesen eng verbundene und nur 5 in einer Gesamtauslegung zu betrachtende Vorschriften sind § 8 StaRUG betreffend die Auswahl der Planbetroffenen, § 9 StaRUG betreffend die Einteilung der Planbetroffenen in Gruppen und § 10 StaRUG betreffend die Gleichbehandlung der Planbetroffenen. Die wesentliche Besonderheit der §§ 25 – 28 StaRUG in Abweichung zu dem 6 insolvenzplanrechtlichen Vorbild ist nämlich die Anwendung der absoluten Vorrangregel (§ 27 StaRUG) nur im Verhältnis der Planbetroffenen zueinander und nicht auch in Relation zu sämtlichen nicht planbetroffenen Gläubigern. Dies liegt in der Natur der Teilkollektivität des Verfahrens, hebt aber die Bedeutung, die der sachgerechten und die Gesamtgläubigerinteressen im Auge behaltenden Auswahl der Planbetroffenen beizumessen ist, noch einmal hervor. Diese Wechselbeziehung drückt sich in zweierlei Richtung aus: Bei der Beurteilung der Sachgerechtigkeit der Auswahl der Planbetroffenen ist zu berücksichtigen, dass die Frage der angemessenen Beteiligung am Planergebnis sämtlicher Planbetroffenen nur im Verhältnis dieser untereinander beurteilt wird und dabei unberücksichtigt bleibt, dass die nicht planbetroffenen Gläubiger vollständige Befriedigung erwarten können. Umgekehrt folgt daraus, dass bei der Auswahl der Planbetroffenen im Zweifel davon auszugehen ist, dass die Einbeziehung sämtlicher Gläubiger vergleichbarer Rechtsstellung im Zweifel erfolgen muss und die Differenzierung regelmäßig nicht bereits auf Ebene der Auswahl der Planbetroffenen erfolgen soll; aus anerkennenswerten, dem Restrukturierungskonzept zugrunde liegenden Sachgründen gebotene Differenzierungen, zum Beispiel der Wille, für die operative Fortführung des Geschäftsbetriebes wesentliche Gläubiger von dem Konzept weitgehend unbeeinträchtigt zu lassen, können und sollen grundsätzlich vorrangig durch eine Ungleichbehandlung im Rahmen des Restrukturierungsplans unter Durchbrechung der absoluten Prioritätsregel gemäß § 28 Abs. 1 StaRUG bewältigt werden.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
7 Das grundsätzliche Abstimmungskonzept zur Beschlussfassung über den Restrukturierungsplan folgt allerdings zunächst weitgehend dem insolvenzplanrechtlichen Vorbild. 8 Die Gläubiger werden in Gruppen eingeteilt und stimmen in diesen Gruppen über den Restrukturierungsplan ab. Grundsätzlich ist nach § 25 Abs. 1 StaRUG zunächst die Zustimmung sämtlicher Gruppen erforderlich. Die Zustimmung einer Gruppe liegt vor, wenn Planbetroffene mit mindestens 75 % der in dieser Gruppe erfassten Forderungssumme dem Plan zugestimmt haben. Eine Kopfmehrheit ist in Abweichung von dem Konzept des § 244 InsO nicht erforderlich. Der Gesetzgeber will auf diese Weise Gestaltungs-, Konflikt- und Streitpotenzial vermeiden, das durch Aufspaltung der stimmrechtstragenden Forderungen und Rechte entstehen kann, und ersetzt die Kopfmehrheit daher durch eine qualifizierte Summenmehrheit von 75 % (BT-Drucks. 19/24181, S. 127). 9 Bezugsgröße für die Feststellung der 75 %-Mehrheit ist daher die Summe der Stimmrechte, die auf die in der Gruppe zusammengefassten Forderungen oder Rechte entfallen. Eine lediglich auf die Summe der Stimmrechte der an der Abstimmung teilnehmenden Gruppenmitglieder bezogene Mehrheit ist nicht ausreichend (BT-Drucks. 19/24181, S. 127). Daraus folgt, dass nicht abgegebene Stimmen und damit der Abstimmung fernbleibende Planbetroffene als ablehnende Stimmen zu werten sind (BT-Drucks. 19/24181, S. 147). Die fehlende Mobilisierung einzelner Planbetroffener, an der Abstimmung teilzunehmen, geht damit zulasten des Schuldners. Dies unterscheidet § 25 Abs. 1 StaRUG grundlegend von der korrespondierenden Vorschrift des § 244 Abs. 1 Nr. 1 InsO, bei dem es nur auf die Mehrheit der Stimmen der anwesenden Gläubiger ankommt. 3. Überwindung von ablehnenden „Minderheiten“ a) Grundlagen 10 Wie nach § 245 Abs. 1 InsO auch, soll auch der Restrukturierungsplan nicht daran scheitern, dass nicht in jeder Gruppe von Planbetroffenen die nach § 25 Abs. 1 StaRUG nötige Mehrheit erreicht worden ist, daher eine, einzelne oder mehrere Gruppen dem Plan nicht zugestimmt haben und deshalb das nach § 25 Abs. 1 StaRUG grundsätzlich erforderliche Einstimmigkeitsprinzip auf Gruppenebene nicht erfüllt ist. 11 Gemäß § 26 Abs. 1 StaRUG wird demgemäß die Zustimmung der nicht zustimmenden Gruppen grundsätzlich fingiert („gilt als erteilt“), wenn die in den Nr. 1 – 3 genannten Voraussetzungen vorliegen. Für die Feststellung des Abstimmungsergebnisses in der Dokumentation gemäß § 22 StaRUG oder, für den Fall eines entsprechenden Antrages des Schuldners, in dem Bestätigungsbeschluss gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 StaRUG bedeutet dies, dass die Zustimmung nicht „ersetzt“ wird, sondern die Annahme des Plans festzustellen ist, weil bei Erfüllung des Tatbestandes des § 26 Abs. 1 StaRUG aufgrund 130
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der dort geregelten Fiktion die Zustimmung sämtlicher Gruppen gemäß § 25 Abs. 1 StaRUG zu unterstellen ist. Auch der Tenor des Beschlusses bzw. der Feststellung lautet: „Der Restrukturierungsplan vom [Datum] wird – optional: in der Fassung des Erörterungs- und Abstimmungstermins vom [Datum] – bestätigt.“ In den Gründen ist sodann festzustellen, dass die Annahme des Restrukturierungsplans mit den gemäß § 25 Abs. 1 StaRUG erforderlichen Mehrheiten aufgrund der Zustimmung der Gruppen 1 bis X sowie der gemäß § 26 Abs. 1 StaRUG als erteilt geltenden Zustimmung der Gruppe Y bis Z erfolgt ist. b) Voraussetzungen der Stimmrechtsersetzung (§ 26 StaRUG) aa) Gruppenmehrheit (§ 26 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG) Der Gesetzgeber des StaRUG hat sich mit § 26 Abs. 1 StaRUG weitgehend 12 an § 245 Abs. 1 InsO orientiert. In Ansehung des Art. 11 Abs. 1 Unterabsatz 1 lit. b) Alt. ii) der Richtlinie War lediglich eine Ergänzung gegenüber § 245 InsO nötig, da die Richtlinie vorsieht, dass im Falle der Überwindungen ablehnender Minderheiten mindestens eine Gruppe dem Restrukturierungsplan zugestimmt haben muss, deren Mitgliedern unter Berücksichtigung des in der Vergleichsrechnung zugrunde zu legenden Alternativszenarios werthaltige Forderungen oder Rechte zustehen. Dementsprechend muss der § 26 Abs. 1 StaRUG vorsehen, dass die Zustimmung einer ablehnenden Gruppe nur dann als erteilt gelten kann, wenn die zustimmenden Gruppen nicht ausschließlich aus nachrangigen Gläubigern in Gestalt der Gläubiger nachrangiger Restrukturierungsforderungen (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG, vgl. dort Rn. 8) oder der Anteilsinhaber gebildet sind. Die entsprechende Regelung ist in § 26 Abs. 1 Nr. 3 Halbs. 3 StaRUG enthalten. § 26 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG ist es auch, der die einzig weitere Abweichung in 13 Bezug auf die Regelungen zur Stimmrechtsersetzung gegenüber § 245 Abs. 1 InsO enthält. Nach § 26 Abs. 1 Nr. 3 Halbs. 2 StaRUG ist es nämlich ausreichend, dass auch dann, wenn der Restrukturierungsplan nur zwei Gruppen vorsieht, lediglich eine Gruppe dem Plan zugestimmt hat. Dies geht zurück auf Erwägungsgrund 54 der Richtlinie, die ausdrücklich vorsieht, dass in Fällen mit nur zwei Klassen von Gläubigern die Zustimmung von zumindest einer Klasse als ausreichend angesehen werden sollte, wenn die übrigen Voraussetzungen für die Anwendung eines klassenübergreifenden Cram-Downs erfüllt sind (RL (EU) 2019/1023, ErwG 54). Nach Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie hätte es dem deutschen Gesetzgeber aber freigestanden, insoweit an dem insolvenzrechtlichen Vorbild festzuhalten und stets die Zustimmung einer Gruppenmehrheit zu verlangen. Dass er dies nicht getan hat, verwundert nicht nur vor dem Hintergrund der aus Anlass des Inkrafttretens der Insolvenzordnung zum 1.1.1999 gemachten Erfahrungen. Während nämlich der Regierungsentwurf der Insolvenzordnung in § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO-E noch vorsah, dass die Zustimmung ablehnender Gruppen bereits fingiert werden kann, soweit wenigstens eine andere Gruppe dem Plan zugestimmt hat, ist dies
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erst auf Intervention des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 12/7302, S. 105, 184) gestrichen und in die Gesetz gewordene Fassung gebracht worden. 14 Auch inhaltlich begegnet § 26 Abs. 1 Nr. 3 Halbs. 2 StaRUG Bedenken, eröffnet er doch ein ganz erhebliches Gestaltungs- und damit auch Missbrauchspotenzial. Durch die Gestaltung des Plans mit nur zwei Planbetroffenengruppen kann nämlich das Mehrheitserfordernis des § 25 StaRUG ohne Weiteres unterlaufen werden, indem der Schuldner eine kleine Gruppe zustimmungswilliger Gläubiger bildet und alle übrigen Planbetroffenen, derer Zustimmung er sich nicht sicher sein kann, in einer anderen Gruppe zusammenfasst; bei vergleichbarer Rechtsstellung sind zwingende Differenzierungsvorgaben in der Regel nicht zu beachten, weshalb dieser Weg regelmäßig nicht versperrt sein dürfte. Auf diese Weise könnten dann aber auch Restrukturierungspläne beschlossen und bestätigt werden, die mitnichten von einer Mehrheit der Planbetroffenen getragen werden, sondern könnten vielmehr auch reine Minderheitenpläne umgesetzt werden. 15 Dies aber entspricht nicht dem tragenden Gedanken des StaRUG, der zwar auf dem Fundament einer auch ablehnende Gläubiger bindenden Mehrheitsentscheidung gebaut ist, weil anderenfalls eine frühzeitige Restrukturierung in vielen Fällen nicht möglich wäre (RL (EU) 2019/1023, ErwG. 47), im Übrigen aber der Prämisse folgt, dass die faire Behandlung im Wesentlichen ähnlicher Rechte gewährleistet wird und zu diesem Zweck die betroffenen Parteien deshalb in unterschiedlichen Klassen behandelt werden, um zu verhindern, dass ihre Rechte in unangemessener Weise beeinträchtigt werden. Die Klassenbildung folgt daher dem Zweck, sicherzustellen, dass die die Rechte der betroffenen Parteien und der Rang ihrer Forderungen bzw. Beteiligungen bei der Annahme des Plans hinreichend zum Tragen kommen (RL (EU) 2019/1023, ErwG 44). Dient die Gruppenbildung aber evident dazu, Mehrheitsinteressen zu beeinträchtigen und durch ein Minderheitsvotum, möglicherweise besonders interessierter Gläubigerklassen, zu unterminieren, so wird der Zweck der Gruppenbildung und damit der Restrukturierungszweck unterlaufen, was bei Übertragung der Rechtsprechung zur Unwirksamkeit insolvenzzweckwidriger Handlungen (grundlegend BGH, ZIP 2002, 1093; zuletzt BGH, ZIP 2020, 1080) die Unwirksamkeit des schuldnerischen Planangebots bewirkt und damit richtigerweise zu einem Bestätigungshindernis nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG führt. Bei Gestaltung eines Restrukturierungsplans mit nur zwei Gläubigergruppen ist daher auf die hinreichende Begründung des Verzichts auf eine weitere Differenzierung der Gruppen besonders zu achten und hat das Restrukturierungsgericht sorgsam zu prüfen, ob Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch vorliegen. bb) Schlechterstellungsverbot (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG) 16 Entsprechend § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO sieht § 26 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG als Voraussetzung für die Zustimmungsersetzung vor, dass die Mitglieder der
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ablehnenden Gruppe durch den Restrukturierungsplan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne einen Restrukturierungsplan stünden. Wie im Insolvenzverfahren auch, folgt daraus zweierlei: Das Wort voraus- 17 sichtlich macht zunächst deutlich, dass es sich um eine Prognoseentscheidung handelt und naturgemäß jeder Prognose eine gewisse Unsicherheit innewohnt. Es reicht danach aus, wenn nach den Feststellungen des Restrukturierungsgerichts die Gleichstellung, also die jedenfalls unterbleibende Schlechterstellung der Gläubiger der überstimmten Gruppe, wahrscheinlicher ist als deren Schlechterstellung durch den Plan. Alternatives Vergleichsszenario, auf das die Prognose zu stützen ist, ist das 18 nächstbeste Alternativszenario, d. h., die Situation, in der sich der Gläubiger im Falle des Scheiterns des Restrukturierungsplans wiederfinden würde; eine Liquidation des Unternehmens darf dabei nicht ohne Weiteres, sondern nur dann als nächstbestes Szenario unterstellt werden, wenn ein Verkauf des Unternehmens oder eine anderweitige Fortführung aussichtslos ist (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 128). Für die Heranziehung des Vergleichsszenarios gelten daher dieselben Grundsätze, wie sie für die Dokumentation im darstellenden Teil des Restrukturierungsplans nach § 6 Abs. 2 gelten (vgl. § 6 StaRUG Rn. 5 ff.). Darüber hinaus folgt aus der Formulierung, wonach die Befriedigungssitua- 19 tion der Gläubiger mit der Situation zu vergleichen ist, in der sie sich ohne „einen“ Plan wiederfinden würden, und nicht ohne „den“ Plan, das, wie im Insolvenzverfahren auch, der Vergleich mit einem alternativen Planszenario unzulässig ist (vgl. LG Berlin, ZIP 2014, 2197; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 245 Rn. 7), sondern das Szenario ohne Restrukturierungsverfahren als Vergleichsmaßstab heranzuziehen ist. Dies dürfte, auch hier gelten die nach § 6 Abs. 2 StaRUG maßgeblichen Grundsätze, in aller Regel das Insolvenzverfahren sein, da der Schuldner bereits drohend zahlungsunfähig ist und die drohende Zahlungsunfähigkeit ohne die Krisenentwicklung unterbrechenden Restrukturierungsmaßnahmen erwartungsgemäß in der Insolvenz mündet. Allerdings darf auch bei unterstellter Einleitung eines Insolvenzverfahrens nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass das Unternehmen im Insolvenzverfahren zu liquidieren sein wird. cc) Angemessene Beteiligung am Planwert (§§ 26 Abs. 1 Nr. 2, 27 StaRUG) § 26 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG entspricht § 245 Abs. 1 Nr. 2 InsO und wird 20 durch § 27 StaRUG ausgeformt. Die Vorschriften enthalten die Regelungen zur sogenannten absoluten Priorität, wonach die Zustimmung der Gläubiger einer ablehnenden Gruppe nur unter der Voraussetzung ersetzt werden kann, dass diese angemessen an dem in § 27 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG legaldefinierten Planwert als dem wirtschaftlichen Wert, der auf Grundlage des Plans den Planbetroffenen zufließen soll, beteiligt werden und dabei die (insolvenzrechtliche) Verteilungsreihenfolge eingehalten wird.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
21 Nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG darf zunächst kein planbetroffener Gläubiger wirtschaftliche Werte erhalten, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen. Die Regelung entspricht § 245 Abs. 2 Nr. 1 InsO und modifiziert diesen nur insoweit, als sie sich nur auf das Verhältnis der planbetroffenen Gläubiger untereinander bezieht. Dies liegt in der Natur der Teilkollektivität des Verfahrens. 22 Grenze der Befriedigung der planbetroffenen Gläubiger durch den Restrukturierungsplan ist damit, wie im Insolvenzverfahren, der Nominalbetrag des Anspruchs des Gläubigers Mit dem dieser an dem Planverfahren teilnimmt. Soweit einem Gläubiger mehrere Forderungen zustehen und er nicht mit sämtlichen am Planverfahren teilnimmt, sind in die Betrachtung der Vorrangregel des § 27 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG nur die vom Restrukturierungsplan erfassten Forderungen einzubeziehen. 23 § 27 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG formt die Prioritätsregel aus, wonach das insolvenzrechtliche Rangverhältnis auch bei der Befriedigung der von dem Restrukturierungsplan betroffenen Gläubiger zu wahren ist, also keinem planbetroffenen Gläubiger, der ohne einen Plan in einem Insolvenzverfahren mit Nachrang gegenüber den Gläubigern der Gruppe, deren Zustimmung ersetzt werden soll, zu befriedigen wäre noch der Schuldner oder eine an ihm beteiligte Person wirtschaftliche Werte aus dem Plan zugewiesen werden dürfen. Wie die Neufassung des §§ 245 Abs. 2a InsO enthält auch § 27 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG die Klarstellung, dass eine Zuweisung wirtschaftlicher Werte dann nicht vorliegt, wenn diese durch ausgleichende Zahlung in das Vermögen des Schuldners kompensiert wird. Von einer Gleichwertigkeit im Sinne der Norm ist in Anlehnung an die zu § 142 InsO (Bargeschäft) entwickelten Grundsätze, die genau wie das StaRUG mit seiner Anlehnung an das Kriterium des Gläubigerinteresses auf das Merkmal des Fehlens einer Gläubigerbenachteiligung i. S. d. § 129 InsO zurückgehen, auszugehen, wenn nach objektiven Maßstäben beide Leistungen einander in ihrem Wert entsprechen, sodass im Ergebnis nur eine Vermögensumschichtung vorliegt (BGH, ZIP 1993, 1654; BGH, ZIP 2005, 1245). 24 Zu beachten ist jedoch, dass die absolute Vorrangregel des § 27 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG durch die in § 28 StaRUG geregelten Sonderfälle durchbrochen werden kann (vgl. Rn. 28 ff.). 25 § 27 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG schließlich knüpft an § 245 Abs. 2 Nr. 3 InsO an und stellt klar, dass Gläubiger mit qualitativ gleicher Rechtsstellung auch gleich zu behandeln sind, dehnt also das gruppeninterne Gleichbehandlungsgebot des § 10 Abs. 1 StaRUG (vgl. dort Rn. 3) auf eine gruppenübergreifende Gleichbehandlung innerhalb der Rangklasse (Gläubiger gleicher Rechtsstellung) aus. Die Besonderheit und Abweichung gegenüber § 245 Abs. 2 Nr. 3 InsO liegt darin, dass als Referenz- und Vergleichsmaßstab nur die übrigen planbetroffenen Gläubiger herangezogen werden und nicht sämtliche Gläubiger gleicher Rechtsstellung, also die nicht in den Plan einbezogenen Gläubiger bei
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der Betrachtung ausgeklammert werden. Auch dies liegt in dem teilkollektiven Charakter des Restrukturierungsplans begründet. Daraus resultierende, durch das Restrukturierungskonzept nicht sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlungen sind auf Ebene der Sachgerechtigkeitsprüfung betreffend die Auswahl der Planbetroffenen gemäß § 8 StaRUG (vgl. dort Rn. 5) zu berücksichtigen (BT-Drucks. 19/24181, S. 129). Schließlich knüpft § 27 Abs. 2 StaRUG für die angemessene Beteiligung der 26 am Schuldner beteiligten Person ebenfalls vollständig an das insolvenzrechtliche Vorbild des § 250 Abs. 3 InsO an. Danach gilt, dass die am Schuldner beteiligten Personen angemessen an dem Planwert beteiligt sind, wenn kein planbetroffener Gläubiger mit seinen in den Plan einbezogenen Forderungen auf diese wirtschaftliche Werte erhält, die den vollen Betrag (Nennwert) der in den Plan einbezogenen Restrukturierungsforderung oder Absonderungsanwartschaft übersteigen und – unter dem Vorbehalt der künftig auch im Insolvenzplanverfahren möglichen Durchbrechung gemäß § 28 StaRUG (dazu Rn. 28 ff.) – keine andere an dem Schuldner beteiligte Person, die ohne den Plan den Mitgliedern der Gruppe, deren Zustimmung ersetzt werden soll, gleichgestellt wäre, einen wirtschaftlichen Wert behält. Das Gesetz stellt hier nicht auf den Erhalt von Werten, sondern zu Recht auf 27 den Behalt ab, weil es letztlich um die Frage geht, ob die am Schuldner beteiligten Personen den Restrukturierungsmehrwert in Gestalt des Fortführungswerts des Unternehmens durch Erhalt ihrer Beteiligung sollen behalten dürfen, oder die Beteiligung an dem Schuldner zwingend zur Disposition zu stellen ist (auch dazu Rn. 37), wird der Restrukturierungsmehrwert nicht durch ausgleichende Zahlung kompensiert. 4. Durchbrechung der absoluten Priorität (§ 28 StaRUG) a) Durchbrechung der gruppenübergreifenden Gleichbehandlung Das durch § 27 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG begründete Prinzip der gruppenübergrei- 28 fenden Gleichbehandlung innerhalb der Rangklasse (Rn. 25) kann gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 StaRUG durchbrochen werden, wenn dies aus objektiven, im Restrukturierungskonzept angelegten Sachgründen gerechtfertigt ist. § 28 Abs. 1 Satz 1 StaRUG ermöglicht daher die sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung von planbetroffenen Gläubigern gleicher Rechtsstellung, die in einem Insolvenzverfahren zwingend gleichrangig zu befriedigen wären. Dies ist in Ansehung der bereits in § 8 StaRUG angelegten Möglichkeit, auch unter Gläubigern derselben Rangklasse hinsichtlich bereits deren Einbeziehung in den Restrukturierungsplan zu differenzieren, nur konsequent. Der Gesetzgeber will auf diese Weise Raum für flexible Lösungen schaffen 29 und das Erfordernis der strikten Gleichbehandlung dort relativieren, wo dies angesichts der konkreten Restrukturierungsaufgabe und der Umstände angemessen erscheint (BT-Drucks. 19/24181, S. 130).
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
30 Die Kriterien für die Sachgerechtigkeit sind dieselben wie diejenigen, die im Rahmen des § 8 Nr. 2 StaRUG zur Anwendung gelangen (vgl. dort Rn. 5 ff.). Aus der Gesamtauslegung der §§ 8 Nr. 2, 27 Abs. 1 Nr. 3, 28 Abs. 1 Satz 1 StaRUG folgt, dass im Zweifel der Einbeziehung eines Gläubigers in den Plan unter Abkehr von dem Gleichbehandlungsdogma in der konkreten Planausgestaltung, sofern dies aus den wirtschaftlichen, im Restrukturierungskonzept angelegten Sachgründen zu rechtfertigen ist, der Vorrang gegenüber der Nichteinbeziehung und der damit manifestierten Besserstellung außerhalb der Vergleichspaarbildung einzuräumen ist (dazu bereits § 8 StaRUG Rn. 11). Dies schon deshalb, weil die Prioritätsregeln der §§ 26 – 28 StaRUG das feiner ausdifferenzierte Rechtsfolgensystem und damit den besseren individuellen Rechtsschutz gewährleisten, als es die in größerem Umfang mit Auslegungsspielräumen belastete Angemessenheitskontrolle des § 8 StaRUG zu gewährleisten vermag. 31 Aus der gesetzgeberischen Formulierung, dass eine von dem gruppenübergreifenden Gleichbehandlungsgebot innerhalb der Rangklasse abweichende Regelung nach der Art der zu bewältigenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten und nach den Umständen sachgerecht sein muss, sowie aus den strengen Sachgerechtigkeitserwägungen des § 8 StaRUG folgt jedoch, dass an die Rechtfertigung einer ungleichen Behandlung als Ausnahmetatbestand strenge Anforderungen zu stellen sind. Reine Opportunitätserwägungen reichen nicht aus. Da der Gesetzgeber auf die Art der zu bewältigenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten und damit auf die Krisenursachen Bezug nimmt, gilt, dass dem Schuldner ein freies Ermessen gerade nicht eingeräumt ist. Die Ungleichbehandlung muss vielmehr aus den Krisenursachen heraus objektiv abgeleitet und in diesem Sinne nach den konkreten Umständen erforderlich sein, um das Restrukturierungsziel überhaupt realisieren zu können (so ausdrücklich BT-Drucks. 19/24181, S. 118). Es ist daher ein Abhängigkeitsverhältnis im Sinne eines Kausalitätsverhältnisses erforderlich, wonach das – zulässigerweise – definierte Restrukturierungsziel ohne die Ungleichbehandlung nicht umsetzbar ist. 32 Ungeachtet einer aus dem Restrukturierungskonzept etwaig möglichen sachlichen Rechtfertigung scheidet eine Durchbrechung der gruppenübergreifenden Gleichbehandlung innerhalb der Rangklasse gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 StaRUG von vorneherein aus, wenn die in der Gruppe, deren Zustimmung ersetzt werden soll, zusammengefassten Stimmrechte mehr als die Hälfte der Stimmrechte der Gläubiger der betroffenen Rangklasse insgesamt, gleichviel auf wie viele Gruppen sie verteilt sind, ausmachen. Daraus, dass das Gesetz auf die Stimmrechte der Gläubiger der betroffenen Rangklasse Bezug nimmt, folgt, dass es auf das Verhältnis der Summen der planbetroffenen Gläubiger und nicht auch auf die Forderungen der zulässigerweise nicht planbetroffenen Gläubiger derselben Rangklasse ankommt, da diesen ein Stimmrecht von vornherein nicht zusteht.
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b) Durchbrechung der Priorität gegenüber Anteilseignern aa) Unerlässliche Mitwirkung (einzelner) Anteilseigner (§ 28 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG) In der Gesetzesbegründung zu § 28 Abs. 2 StaRUG heißt es, dass der 33 Schuldner oder eine an dem Schuldner beteiligte Person die Beteiligung unter eng begrenzten Voraussetzungen behalten kann, ohne dass dies einer gruppenübergreifenden Mehrheitsentscheidung entgegensteht. Darin kommt das klare Bekenntnis des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass die Beteiligung an dem Schuldner im Grundsatz in das Restrukturierungskonzept einzubeziehen und von der Möglichkeit der §§ 2 Abs. 3, 7 Abs. 4 Satz 3 ff. StaRUG grundsätzlich obligatorische Gebrauch zu machen ist. Voraussetzung für die Durchbrechung dieses Grundsatzes, der in der absoluten 34 Vorrangregel nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG seinen Ausdruck findet, ist, dass die Mitwirkung des Schuldners oder der an dem Schuldner beteiligten Person an der Fortführung des Unternehmens infolge besonderer, in seiner Person liegenden Umstände unerlässlich ist, um den Planwert zu verwirklichen. Seine Beiträge dürfen nicht durch eine andere Person substituierbar oder keine andere Person darf zur Substitution bereit oder in der Lage sein (BT-Drucks. 19/24181, S. 130). Sind die Kriterien zur sachlichen Rechtfertigung eines Behaltendürfens wirt- 35 schaftlicher Werte nur in Person eines von mehreren Anteilseignern erfüllt, rechtfertigt § 28 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG selbstverständlich auch die Ungleichbehandlung zwischen verschiedenen, für die Anteilseigner gebildeten Gruppen. Schon aus der Gesetzesbegründung ebenso wie aus ihrem Charakter als Aus- 36 nahmevorschrift folgt daher das Gebot einer strengen und restriktiven Auslegung. Die Rechtfertigung für die gesetzlich geforderte Unerlässlichkeit der Beteiligung des Anteilseigners an dem vorzuführenden Unternehmen aus in seiner Person liegenden Gründen muss sich aus objektiven, sachlich prüfbaren Kriterien ergeben. Dies können zum Beispiel besondere Sach- und Fachkenntnisse, wie besondere Ausbildungen, Zertifizierungen, personengebundene Erlaubnisse etc. sein, die sich kurzfristig nicht ersetzen lassen, weil Zertifizierungsprozesse in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht durchgeführt oder abgeschlossen werden können oder schlicht übernahmebereite Dritte mit entsprechender fachlicher Qualifikation am Markt nicht verfügbar sind. Gerade aber das aus der Praxis bekannte und beliebte (Schein-)Argument, nur der betreffende Anteilseigner verfüge über die nötigen Kundenkontakte und das nötige Kundenvertrauen, weshalb ohne ihn eine massive Abwanderung der Kunden zu besorgen sein würde, verfängt grundsätzlich nicht, weil es sich um ein nicht prüfbares Kriterium handelt. Die Entscheidung, ob in Umsetzung des Restrukturierungskonzepts die Besorgnis einer Kundenabwanderung in Kauf genommen wird, ist eine Abwägungsentscheidung der Planbetroffenen; sie rechtfertigt aber nicht den Erhalt wirtschaftlicher Werte beim Anteilseigner bei gleichzeitigem Eingriff in die Rechte der Planbetroffenen, 137
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
unter denen sich regelmäßig auch solche Gläubiger befinden werden, um deren Vertrauen in das Zukunftskonzept es gerade geht. 37 Mit § 27 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG, nämlich der Regelung, dass ein bei den Anteilseignern zu belassender Wert durch entsprechende Zahlung kompensiert werden kann, aber auch muss, will der Anteilseigner seine Beteiligung behalten, bringt der Gesetzgeber den klaren Willen zum Ausdruck, dass ein Eingriff in die Rechte der planbetroffenen Gläubiger nur dann gerechtfertigt ist, wenn nicht gleichzeitig der Restrukturierungsmehrwert dem Gesellschafter durch entschädigungslosen Behalt seiner Beteiligung jedenfalls anteilig zugewiesen wird. Der Gesetzgeber bringt in der Gesetzesbegründung klar zum Ausdruck, dass er die Gläubiger nach Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit als die Residualberechtigten am Unternehmensvermögen betrachtet (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 108). Daraus folgt, dass der Restrukturierungs- und Fortführungsmehrwert, d. h. der künftig in den Anteilen an dem Schuldner verkörperte Wert, den Gläubigern wirtschaftlich zugewiesen ist. Wollen die Anteilseigner diesen Wert gegen den Willen einzelner Planbetroffener behalten, so sind sie gehalten, im Restrukturierungsplan gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG vorzusehen, dass der künftige Unternehmenswert im Sinne des Restrukturierungsmehrwerts durch eine von ihnen zu leistende Kompensationszahlung in das Unternehmensvermögen ausgeglichen wird, die den Planwert im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG erhöht und so den Planbetroffenen zur Verfügung steht. 38 Daraus wiederum folgt für die Auslegung des § 28 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG, dass der aus der fortwährenden Beteiligung des betreffenden Anteilseigners zu realisierende Mehrwert den zu besorgenden Ausfall der Planbetroffenen im Falle seines Ausscheidens aus der Unternehmensführung überkompensieren muss. 39 Die Last der Darlegung und nötigenfalls Glaubhaftmachung der Unerlässlichkeit der weiteren Beteiligung des betreffenden Anteilseigners trägt der Schuldner als derjenige Planbeteiligte, der sich auf die Ausnahmevorschrift beruft. 40 Da mit der Durchbrechung der Prioritätsregel zugunsten des mitwirkenden Anteilseigners eine Verschiebung von wirtschaftlichen Werten zulasten der Planbetroffenen verbunden ist, ist diesen gegenüber zu gewährleisten, dass die Mitwirkung des betreffenden Anteilseigners nachhaltig gesichert ist. § 28 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG sieht daher vor, dass der betreffende Anteilseigner (bzw. bei natürlichen Personen der Schuldner) sich für den nach dem Restrukturierungskonzept erforderlichen Zeitraum zur Mitwirkung verpflichtet. Der Gesetzgeber typisiert den Zeitraum zunächst mit fünf Jahren, lässt jedoch die Vereinbarung einer kürzeren Frist zu, soweit die Verkürzung den Planvollzug nicht hindert. Die Mindestfrist ist daher jedenfalls an dem Zeitraum auszurichten, der für die nachhaltige Sanierung des Schuldners erforderlich ist. In Anlehnung an die weiteren, im Gesetz vorhandenen Typisierungen (insbesondere. §§ 31, 33 Abs. 2 Satz 2 StaRUG, vgl. dort Rn. 111), ist daher re-
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§§ 25–28 Erforderliche Mehrheiten, Mehrheitsentscheidung und absolute Priorität
gelmäßig eine kürzere Frist als drei Jahre besonders begründungsbedürftig und nur im Ausnahmefall zu akzeptieren. Ausweislich des ausdrücklichen Wortlauts des § 28 Abs. 2 StaRUG gilt die 41 Möglichkeit der Durchbrechung der absoluten Priorität nur in Ansehung einer bestehen bleibenden Beteiligung des Schuldners oder einer an ihm beteiligten Person am Unternehmensvermögen, sprich allein in Ansehung der Anteilsrechte. Insbesondere Gesellschafterdarlehen, stehengelassene Forderungen aus Lieferung und Leistung, Mieten etc. unterfallen diesem Privileg nicht (BT-Drucks. 19/24181, S. 130). Dies gilt damit zum Beispiel auch für konzerninterne Verrechnungskonten, Forderungen aus einem Cash-Pool oder ähnliche Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen. Werden solche Forderungen in den Restrukturierungsplan nicht einbezogen, lässt sich dies in der Regel bereits auf Ebene der Einbeziehungsprüfung nach § 8 StaRUG sachlich nicht rechtfertigen; spätestens ein Verschonen dieser Forderung gegen den Willen einer Gruppe von Planbetroffenen ist nicht möglich, weil deren Zustimmung dann nicht nach § 26 StaRUG ersetzt werden kann und es somit an der nach § 25 Abs. 1 StaRUG grundsätzlich erforderlichen gruppenbezogenen Einstimmigkeit fehlt. bb) Geringfügigkeit des Eingriffs (§ 28 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG) Schließlich trägt der Gesetzgeber mit § 28 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG dem Umstand 42 Rechnung, dass der Schuldner das Ausmaß des mit dem Restrukturierungsplan vorzusehenden Eingriffs in die Rechte der Planbetroffenen selbst bestimmt, und es sich im Gegensatz zum Insolvenzverfahren bei dem Restrukturierungsverfahren nicht um ein Gesamtvollstreckungsverfahren handelt. Sind die vom Schuldner vorgesehenen Eingriffe gering, weil sich die nachhaltige Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit bereits mit geringfügigen Stundungsmaßnahmen erreichen lässt, so wäre die vollständige Verdrängung des Schuldners oder der an ihm beteiligten Personen in der Tat unverhältnismäßig (BT-Drucks. 19/24181, S. 130). Entgegen § 27 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG kann der Schuldner bzw. können die am 43 Schuldner beteiligten Personen auch dann am Unternehmensvermögen beteiligt bleiben, wenn die Rechte der Planbetroffenen nicht gekürzt, sondern allenfalls in ihrer Fälligkeit um nicht mehr als 18 Monate verschoben werden. Obwohl die Gesetzesbegründung mit ihrer „insbesondere“-Formulierung 44 nahelegt, dass es sich bei der Aufzählung der unterbleibenden Kürzung der Rechte oder der Verschiebung der Fälligkeit um nicht mehr als 18 Monate um eine nicht abschließende, beispielhafte Benennung handelt, ist § 28 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG äußerst restriktiv auszulegen. Jede Form einer Kürzung der Rechte, auch eine geringfügige Kürzung ist von der Norm nicht mehr gedeckt. Dies gilt auch für die Kürzung von Nebenforderungen (Zinsen, Kosten). Hintergrund ist, dass die Unverhältnismäßigkeit der Verdrängung des Schuldners bzw. der an ihm beteiligten Personen nicht aus der Warte des Schuldners, sondern bei richtlinienkonformer Auslegung aus der Warte der betroffenen 139
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Gläubiger zu betrachten ist, weil die Richtlinie die Orientierung an dem Kriterium des Gläubigerinteresses vorgibt. Für den betroffenen Gläubiger ist aber jeder Eingriff in seine Rechte in Gestalt einer nominellen und damit auch materiellen Kürzung seiner Rechte nicht zu rechtfertigen, wenn der dadurch realisierte Mehrwert beim Schuldner bzw. bei den an ihm beteiligten Personen verbleibt. 45 Aus diesem Grunde ist auch die Verschiebung der Fälligkeit für einen Zeitraum von bis zu 18 Monaten nur dann als geringfügig im Sinne der Norm zu qualifizieren, wenn diese verzinslich unter Anwendung des auch bisher zwischen den Parteien vertraglich vereinbarten, hilfsweise eines marktüblichen Zinssatzes erfolgt. Die unverzinsliche Stundung führt nämlich zu einer Abwertung der Forderung und damit zu einem materiellen Eingriff in die Rechtsposition des betreffenden Gläubigers.
Kapitel 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumente Abschnitt 1 – Allgemeine Bestimmungen Unterabschnitt 1 – Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens; Verfahren §§ 29, 30 Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens, Restrukturierungsfähigkeit § 29 Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens (1) Zur nachhaltigen Beseitigung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 18 Absatz 2 der Insolvenzordnung können die in Absatz 2 genannten Verfahrenshilfen des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens (Instrumente) in Anspruch genommen werden. (2) Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens im Sinne des Absatzes 1 sind: 1. die Durchführung eines gerichtlichen Planabstimmungsverfahrens (gerichtliche Planabstimmung), 2. die gerichtliche Vorprüfung von Fragen, die für die Bestätigung des Restrukturierungsplans erheblich sind (Vorprüfung), 3. die gerichtliche Anordnung von Regelungen zur Einschränkung von Maßnahmen der individuellen Rechtsdurchsetzung (Stabilisierung) und 4. die gerichtliche Bestätigung eines Restrukturierungsplans (Planbestätigung).
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§§ 29, 30 Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens
(3) Soweit sich aus den Bestimmungen dieses Gesetzes nichts Abweichendes ergibt, kann der Schuldner die Instrumente des Stabilisierungs-und Restrukturierungsrahmens unabhängig voneinander in Anspruch nehmen. § 30 Restrukturierungsfähigkeit (1) 1Die Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens können vorbehaltlich des Absatzes 2 von jedem insolvenzfähigen Schuldner in Anspruch genommen werden. 2Für natürliche Personen gilt dies nur, soweit sie unternehmerisch tätig sind. (2) Die Bestimmungen dieses Kapitels sind auf Unternehmen der Finanzbranche im Sinne des § 1 Absatz 19 des Kreditwesengesetzes nicht anzuwenden. Übersicht 1. 2. 3.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Restrukturierungsfähigkeit (§ 30 StaRUG) ............................... 5 Sachlicher Anwendungsbereich und Zielbestimmung ...................... 9
4.
a) Öffnungstatbestand: Drohende Zahlungsunfähigkeit .... 9 b) Zielbestimmung des Restrukturierungsverfahrens ............. 14 Instrumente .................................. 16
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes Der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen ist kein integriertes Ver- 1 fahren, sondern besteht aus einzelnen Instrumenten, die vom Schuldner wahlweise in Anspruch genommen werden können. Ob, in welcher Kombination und in welcher Reihenfolge sie in Anspruch genommen werden, hat der Schuldner eigenverantwortlich zu entscheiden; ihm obliegt die Strukturierung, Organisation und Durchführung des Gesamtprozesses, ohne dass das Gesetz ihm hierzu rechtliche Vorgaben macht. Daraus folgt, dass die Verfahrensherrschaft grundsätzlich bei dem Schuldner liegt und es auch möglich ist, münden die Verhandlungen mit den Beteiligten in einen allseits konsentierten Vergleich, dass keines der vom Gesetz zur Verfügung gestellten Instrumente überhaupt in Anspruch genommen werden muss (BT-Drucks. 19/24181, S. 130 ff.). Die Grundlagen hierfür beschreiben §§ 29, 30 StaRUG, wobei § 30 StaRUG 2 in Anlehnung an § 11 InsO den subjektiven Anwendungsbereich des Gesetzes, d. h., den Kreis derjenigen der Schuldner beschreibt, die berechtigt sind, die Verfahrenshilfen in Anspruch zu nehmen, und § 29 StaRUG die durch das Gesetz im Einzelnen ausgeformten Hilfen einerseits aufzählt (Abs. 2), und andererseits klarstellt, dass der Schuldner berechtigt ist, diese Hilfen unabhängig voneinander in Anspruch zu nehmen (Abs. 3). Der terminologische Rahmen, den das Gesetz über alle Hilfsangebote spannt, 3 ist der Begriff der Instrumente.
141
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
4 Die Bedeutung des § 29 StaRUG geht über die bloße Aufzählung der durch das Gesetz zur Verfügung gestellten Instrumente mit seinem Abs. 1 aber noch deutlich hinaus, weil dort die „nachhaltige Bewältigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit“ als Zielbestimmung des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens ausgewiesen und damit gesetzlich festgelegt wird, was sonst im Gesetz nirgends ausdrücklich geregelt ist, dass nämlich die Feststellung der drohenden Zahlungsunfähigkeit Tatbestandsvoraussetzung für die Eröffnung des sachlichen Anwendungsbereichs des StaRUG und als solche jedem Antrag auf Inanspruchnahme einer der durch das Gesetz bereitgestellten Hilfen ist (BT-Drucks. 19/24181, S. 132). Obwohl § 29 StaRUG im Übrigen nur die Funktion hat, den Anwendungsbereich des Gesetzes zu umreißen, kommt ihm mit dieser Festlegung der sachlichen Eröffnungsvoraussetzung unter Einbeziehung des Nachhaltigkeitsmerkmals erhebliche Bedeutung auch als allgemeines, vom Schuldner jeweils darzulegendes Tatbestandsmerkmal zu. 2. Restrukturierungsfähigkeit (§ 30 StaRUG) 5 § 30 Abs. 1 Satz 1 StaRUG knüpft die Restrukturierungsfähigkeit eines Schuldners zunächst an dessen Insolvenzfähigkeit nach § 11 InsO. Danach können die Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens im Grundsatz von jedem insolvenzfähigen Schuldner in Anspruch genommen werden. 6 § 11 InsO konnte allerdings nicht vollständig übernommen werden, weil die Vorgaben der Richtlinie zu beachten waren. Nach Art. 1 Abs. 2 lit. h) der Richtlinie (RL [EU] 2019/1023) besteht das Restrukturierungsverfahren natürlichen Personen, die keine Unternehmer sind, nicht offen. Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 StaRUG gilt die Eröffnung des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens daher nur, soweit sie unternehmerisch tätig sind. 7 Aus dem Wort „soweit“ folgt zugleich, dass die Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens nur in Ansehung solcher Verbindlichkeiten in Anspruch genommen werden können, die aus der unternehmerischen Sphäre der natürlichen Person stammen. Das heißt, auch für die unternehmerisch tätige natürliche Person bleibt die Restrukturierung von Verbindlichkeiten, die aus dem privaten Vermögensbereich resultieren, verschlossen (BT-Drucks. 19/24181, S. 133). 8 Mit § 30 Abs. 2 StaRUG nimmt der Gesetzgeber darüber hinaus sämtliche Unternehmen der Finanzbranche im Sinne des § 1 Abs. 19 KWG von der Restrukturierung aus. Dies geht zum Teil auf verpflichtende Vorgaben der Richtlinie (RL [EU] 2019/1023) in Art. 1 Abs. 2 lit. a) – f) und zum Teil auf ein den nationalen Gesetzgebern in Art. 1 Abs. 3 eingeräumtes Wahlrecht zurück. Der Gesetzgeber wollte damit Überschneidungen des Stabilisierungsund Restrukturierungsrahmens mit den Eingriffsbefugnissen, die den nationalen Aufsichts- oder Abwicklungsbehörden eingeräumt sind, vermeiden.
142
§§ 29, 30 Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens
3. Sachlicher Anwendungsbereich und Zielbestimmung a) Öffnungstatbestand: Drohende Zahlungsunfähigkeit § 29 Abs. 1 StaRUG stellt klar, dass die Instrumente des Stabilisierungs- und 9 Restrukturierungsrahmens (nur) zur nachhaltigen Beseitigung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 18 Abs. 2 InsO in Anspruch genommen werden können. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil eine eindeutige Anordnung des Gesetzgebers, dass der Eintritt bislang nur der drohenden Zahlungsunfähigkeit tatbestandliche Voraussetzung für die Einleitung eines Stabilisierungs- und Restrukturierungsverfahrens ist, im Übrigen fehlt. Zwar erhebt das Gesetz die bereits eingetretene aber noch nicht in eine Zah- 10 lungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 InsO umgeschlagene drohende Zahlungsunfähigkeit an verschiedenen Stellen und in jeweils unterschiedlichem Kontext zur Tatbestandsvoraussetzung: Norm (StaRUG)
Anwendungsbereich
Kontext
§ 14 Abs. 1
Anlage zum Restrukturierungsplan
begründete Erklärung zu den Aussichten, durch den Plan die drohende Zahlungsunfähigkeit nachhaltig zu beseitigen
§ 46 Abs. 1 Nr. 3
gerichtliches Vorprüfungsverfahren
gerichtliche Prüfung/Feststellung drohenden Zahlungsunfähigkeit
§ 51 Abs. 1 Nr. 3
Voraussetzung für den Erlass die Anordnung darf nicht einer Stabilisierungsanordnung ergehen, wenn der Schuldner „noch nicht“ drohend zahlungsunfähig ist; Abgrenzung nach vorne, da anderenfalls fehlende Legitimation des Eingriffs
§ 63 Abs. 1 Nr. 1
Versagung der Planbestätigung die Bestätigung ist zu versagen, wenn der Schuldner „nicht“ drohend zahlungsunfähig ist; Abgrenzung sowohl nach vorne als auch nach hinten, da auch dem bereits zahlungsunfähigen Schuldner der Rahmen grundsätzlich verwehrt ist, soweit nicht nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 von der Aufhebung abgesehen wird
Jedoch könnte der Schluss, dass die Inanspruchnahme des Verfahrens insge- 11 samt dem Schuldner verwehrt bleiben muss, ist er noch nicht oder nicht mehr nur drohend zahlungsunfähig, aus der Gesamtschau dieser Normen ohne die Klarstellung in § 29 Abs. 1 StaRUG nur im Wege einer Gesamtanalogie gezogen werden.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
12 Im Zusammenwirken mit der Anzeigepflicht nach § 32 Abs. 2 StaRUG und der grundsätzlichen Folge der Aufhebung der rechtshängigen Restrukturierungssache nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG, zeigt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit oder (insolvenzrechtliche) Überschuldung an, folgt aus der tatbestandlichen Anordnung des § 29 Abs. 1 StaRUG und in Gesamtanalogie zu den vorstehend wiedergegebenen Vorschriften, dass die drohende, aber noch nicht eingetretene Zahlungsunfähigkeit zu den Voraussetzungen für den Zugang zu den in § 29 Abs. 2 StaRUG bezeichneten Instrumenten gehört, und deshalb in jedem Antrag auf Inanspruchnahme eines solchen Instruments, auch soweit in der konkreten Bestimmung der Antragsvoraussetzungen nicht ausdrücklich verlangt, als allgemeines Tatbestandsmerkmal darzulegen und, auf Anforderung des Gerichts, nötigenfalls glaubhaft zu machen ist. Dasselbe gilt im Grundsatz für die Überschuldung nach § 19 InsO (beachte aber zur Prüfung der Tatbestandsmäßigkeit § 42 StaRUG Rn. 8). 13 Fehlt es an der Darlegung oder misslingt die Glaubhaftmachung, ist jeder Antrag auf Inanspruchnahme eines Instruments des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens ungeachtet der jeweils konkret geregelten Anordnungsvoraussetzungen zurückzuweisen. b) Zielbestimmung des Restrukturierungsverfahrens 14 Ferner folgt aus § 29 Abs. 1 StaRUG die allgemeine Zielbestimmung des Verfahrens, wonach dieses der nachhaltigen Bewältigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit dienen muss. § 29 Abs. 1 StaRUG ist damit Inhaltsbestimmung für die in § 31 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG vorgenommene Legaldefinition des Restrukturierungsziels, dass auf Grundlage einer Darstellung von Art, Ausmaß und Ursachen der Krise im Rahmen des Restrukturierungskonzepts konkret bezeichnet werden muss (vgl. dazu §§ 14, 15 StaRUG Rn. 5 ff., und §§ 31, 33 StaRUG Rn. 48). 15 Das Nachhaltigkeitskriterium ist vom BGH (ZIP 2012, 2355; ZIP 2006, 2222, mit Bespr. Hölzle, ZIP 2007, 613) im Rahmen der Überwindung einer Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 InsO bereits ausgeformt und setzt voraus, dass der Schuldner nicht nur die aktuelle Zahlungsunfähigkeit beseitigt, sondern prognostisch auch in der Lage bleibt, seine fällig werdenden Verbindlichkeiten zu erfüllen (vergleiche dazu auch Hölzle/Schulenberg, ZIP 2020, 633, 636 f.). Übertragen auf die nachhaltige Beseitigung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 18 Abs. 2 InsO bedeutet dies, dass die drohende Zahlungsunfähigkeit nicht nur in ihrer aktuellen Tatbestandlichkeit, also für den originären tatbestandlichen Betrachtungszeitraum von regelmäßig 24 Monaten (§ 18 Abs. 2 Satz 2 InsO) überwunden werden muss, sondern mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auch für einen darüber hinausreichenden Zeitraum. Vor diesem Hintergrund erlangt die gesetzliche Zweifelsfall-Regel in § 33 Abs. 2 Satz 2 StaRUG, wonach im Zweifel von einer nachhaltigen Sanierung nicht auszugehen ist, wenn seither weniger als drei Jahre vergangen sind, eine dogmatische Legitimation und ist damit Leitschnur für den im Restruk144
§§ 29, 30 Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens
turierungskonzept bei der Beschreibung des Restrukturierungsziels zugrunde zu legenden Betrachtungszeitraums (siehe auch §§ 31, 33 StaRUG Rn. 111). 4. Instrumente Dem Schuldner als dem Herrn des Verfahrens steht es frei, ob er überhaupt 16 gerichtliche Gehilfen, die durch den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen zur Verfügung gestellt werden, in Anspruch nimmt. Die ihm dabei gesetzlich offerierten Optionen zählt § 29 Abs. 2 StaRUG auf. Dies sind derer vier: Nr. 1: Wählt der Schuldner nicht den Weg über die privatautonome Planabstimmung, so kann er den Restrukturierungsplan in einem gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermin gemäß § 45 StaRUG zur Beschlussfassung bringen. Regelmäßig dürfte sich aus vielerlei Gründen die gerichtliche Durchführung des Planabstimmungsverfahrens anbieten (vgl. § 45 StaRUG Rn. 4). Nach § 46 StaRUG kann entweder der Schuldner beantragen (Abs. 1), oder das Gericht von Amts wegen anordnen (Abs. 3), dass wesentliche Fragen des Restrukturierungsplans und des Abstimmungsverfahrens vor dem Erörterungs- und Abstimmungstermin in einem Vorprüfungstermin behandelt werden. Dieser Vorprüfungstermin dient im Wesentlichen als Substitut für die im Restrukturierungsplan nicht vorgesehene obligatorische Eingangsprüfung im Insolvenzplanverfahren nach § 231 InsO. Nr. 2: Ungeachtet dessen, ob der Schuldner bereits die Abstimmung in einem gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermin beantragt hat, kann er auch eine isolierte Vorprüfung nach §§ 47, 48 StaRUG beantragen. Auch in diesem isolierten Vorprüfungsverfahren können alle materiell und verfahrensrechtlich bedeutsamen Fragen des Restrukturierungsplans und des Abstimmungsverfahrens behandelt werden. Die Ergebnisse fasst das Restrukturierungsgericht in einem Beschluss zusammen. Dieser Beschluss hat für das weitere Verfahren keine Bindungswirkung; er tritt aber in der Funktion eines fakultativen Vorprüfungsverfahrens an die Stelle des § 231 InsO und hat den Vorteil, dass die Rechtsauffassung des Gerichts vor dem Bestätigungsantrag bekannt ist und der Plan, erkennt das Restrukturierungsgericht Mängel, nicht zurückgewiesen wird, sondern bis zur Abstimmung Gelegenheit zur Nachbesserung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts besteht. Nr. 3: Neben der Umsetzung des Restrukturierungskonzepts durch den Restrukturierungsplan, ggf. auch gegen die Stimmen einzelner Gläubiger(-gruppen), stellt die Möglichkeit, für die Dauer der Umsetzungsphase des Restrukturierungsplans ein Moratorium in Gestalt von Vollstreckungsund Verwertungsverboten zu erreichen, einen wesentlichen Baustein des Verfahrens dar. Das Gesetz bezeichnet dieses vollstreckungsrechtliche Moratorium als Stabilisierung. Die Stabilisierung in Gestalt eines indivi-
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
duellen Vollstreckungsverbots für Gläubiger von Restrukturierungsforderungen und in Gestalt eines individuellen Verwertungsverbots für Inhaber von Absonderungsanwartschaften und in einem Insolvenzverfahren im Range des Aussonderungsrechts geltend zu machender Rechte ist in den §§ 49 – 59 StaRUG geregelt. Sie wird flankiert durch das Verbot von vertraglichen Lösungsklauseln in § 44 StaRUG. Nr. 4: Sollen durch den nicht einstimmig angenommenen Restrukturierungsplan auch die diesem nicht zustimmenden Gläubiger gebunden werden, so ist Voraussetzung, dass der Restrukturierungsplan im Anschluss an die Abstimmung gerichtlich bestätigt wird. Die Regelungen hierzu sind den Vorschriften zur Bestätigung eines Insolvenzplans nachgebildet und finden sich in den §§ 60 ff. StaRUG. 17 In Anwendung des Grundsatzes, dass die Verfahrensherrschaft beim Schuldner liegt und das Verfahren, erfolgt die Annahme des Restrukturierungsplans einstimmig, nicht zwingend überhaupt der Einbindung des Restrukturierungsgerichts bedarf, stellt § 29 Abs. 3 klar, dass der Schuldner die Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens unabhängig voneinander in Anspruch nehmen kann. Dies schließt die Entscheidung über das „Ob“, den Umfang und den Zeitpunkt ein. Ein „Entscheidungsverbrauch“ tritt zu keinem Zeitpunkt ein. Der Schuldner ist vielmehr zu jedem Zeitpunkt im Verfahren frei, seine Entscheidung zu ändern, bisher nicht gestellte Anträge zu stellen oder gestellte Anträge zurückzunehmen. Insbesondere Stabilisierungsanordnungen (§§ 49 ff. StaRUG) können nacheinander, wiederholt, gegenständlich oder subjektiv ergänzt oder eingeschränkt gestellt werden (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 8 ff.). 18 Die in § 29 Abs. 3 StaRUG noch einmal klargestellte Freiheit steht lediglich unter dem Vorbehalt, dass das Gesetz nichts anderes anordnet. Einzig erkennbar, im Gesetz von der Anordnung, die verschiedene Instrumente miteinander verknüpft, ist die Beendigung der Stabilisierungsanordnung gemäß § 59 Abs. 4 StaRUG, wenn der Restrukturierungsplan gerichtlich bestätigt ist oder die Planbestätigung versagt wird. Ansonsten sind die Instrumente lediglich mit der Rechtshängigkeit des Verfahrens nach § 31 StaRUG (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 38) jedoch nicht untereinander verknüpft. §§ 31, 33 Anzeige des Restrukturierungsvorhabens, Aufhebung der Restrukturierungssache § 31 Anzeige des Restrukturierungsvorhabens (1) Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungsund Restrukturierungsrahmens ist die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens bei dem zuständigen Restrukturierungsgericht.
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§§ 31, 33 Anzeige des Restrukturierungsvorhabens
(2) 1Der Anzeige sind beizufügen: 1. der Entwurf eines Restrukturierungsplans oder, sofern ein solcher nach dem Stand des angezeigten Vorhabens noch nicht ausgearbeitet und ausgehandelt werden konnte, ein Konzept für die Restrukturierung, welches auf Grundlage einer Darstellung von Art, Ausmaß und Ursachen der Krise das Ziel der Restrukturierung (Restrukturierungsziel) sowie die Maßnahmen beschreibt, welche zur Erreichung des Restrukturierungsziels in Aussicht genommen werden, 2. eine Darstellung des Stands von Verhandlungen mit Gläubigern, an dem Schuldner beteiligten Personen und Dritten zu den in Aussicht genommenen Maßnahmen und 3. eine Darstellung der Vorkehrungen, welche der Schuldner getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, seine Pflichten nach diesem Gesetz zu erfüllen. 2
Der Schuldner hat bei der Anzeige zudem anzugeben, ob die Rechte von Verbrauchern oder von mittleren, kleinen oder Kleinstunternehmen berührt werden sollen, insbesondere, weil deren Forderungen oder Absonderungsanwartschaften durch einen Restrukturierungsplan gestaltet oder die Durchsetzung dieser Forderungen durch eine Stabilisierungsanordnung vorübergehend gesperrt werden sollen. 3 Anzugeben ist auch, ob damit zu rechnen ist, dass das Restrukturierungsziel nur gegen den Widerstand einer nach Maßgabe des § 9 zu bildenden Gruppe durchgesetzt werden kann. 4Des Weiteren sind frühere Restrukturierungssachen unter Angabe des befassten Gerichts und Aktenzeichens anzugeben. (3) Mit der Anzeige wird die Restrukturierungssache rechtshängig. (4) Die Anzeige verliert ihre Wirkung, wenn 1. der Schuldner die Anzeige zurücknimmt, 2. die Entscheidung über die Planbestätigung rechtskräftig wird, 3. das Gericht die Restrukturierungssache nach § 33 aufhebt oder 4. seit der Anzeige sechs Monate oder, sofern der Schuldner die Anzeige zuvor erneuert hat, zwölf Monate vergangen sind. § 33 Aufhebung der Restrukturierungssache (1) Das Restrukturierungsgericht hebt die Restrukturierungssache von Amts wegen auf, wenn 1. der Schuldner einen Insolvenzantrag stellt oder über das Vermögen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet ist, 2. das Restrukturierungsgericht für die Restrukturierungssache unzuständig ist und der Schuldner innerhalb einer vom Restrukturierungsgericht gesetzten
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Frist keinen Verweisungsantrag gestellt oder die Anzeige zurückgenommen hat oder 3. der Schuldner in schwerwiegender Weise gegen seine Pflichten zur Mitwirkung und Auskunftserteilung gegenüber dem Gericht oder einem Restrukturierungsbeauftragten verstößt. (2) 1Das Gericht hebt die Restrukturierungssache ferner auf, wenn 1. der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nach § 32 Absatz 3 angezeigt hat oder andere Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass der Schuldner insolvenzreif ist; von einer Aufhebung der Restrukturierungssache kann abgesehen werden, wenn die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mit Blick auf den erreichten Stand in der Restrukturierungssache offensichtlich nicht im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger liegen würde; von einer Aufhebung kann auch abgesehen werden, wenn die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung aus der Kündigung oder sonstigen Fälligstellung einer Forderung resultiert, die nach dem angezeigten Restrukturierungskonzept einer Gestaltung durch den Plan unterworfen werden soll, sofern die Erreichung des Restrukturierungsziels überwiegend wahrscheinlich ist, 2. sich aufgrund einer Anzeige nach § 32 Absatz 4 oder aus sonstigen Umständen ergibt, dass das angezeigte Restrukturierungsvorhaben keine Aussicht auf Umsetzung hat, 3. ihm Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass der Schuldner in schwerwiegender Weise gegen die ihm nach § 32 obliegenden Pflichten verstoßen hat, oder 4. in einer früheren Restrukturierungssache a) der Schuldner eine Stabilisierungsanordnung oder eine Planbestätigung erwirkt hat oder b) eine Aufhebung nach Nummer 3 oder nach Absatz 1 Nummer 3 erfolgt ist. 2 Satz 1 Nummer 4 ist nicht anwendbar, wenn der Anlass für die frühere Restrukturierungssache infolge einer nachhaltigen Sanierung bewältigt wurde. 3Sind seit dem Ende des Anordnungszeitraums oder der Entscheidung über den Antrag auf Planbestätigung in der früheren Restrukturierungssache weniger als drei Jahre vergangen, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine nachhaltige Sanierung nicht erfolgt ist. 4Der Inanspruchnahme von Instrumenten des Restrukturierungsrahmens steht ein in Eigenverwaltung geführtes Insolvenzverfahren gleich.
(3) Eine Aufhebung der Restrukturierungssache unterbleibt, solange das Gericht von einer Aufhebung einer Stabilisierungsanordnung gemäß § 59 Absatz 3 abgesehen hat. (4) Gegen die Aufhebung der Restrukturierungssache nach den Absätzen 1 bis 3 steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.
148
§§ 31, 33 Anzeige des Restrukturierungsvorhabens
Übersicht 1. 2.
3.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstands ........ 1 Faktische vs. formelle Einleitung des Verfahrens ................................ 5 a) Alternativität der förmlichen und faktischen Verfahrenseinleitung ................................. 5 b) Rechtsfolgen der faktischen Verfahrenseinleitung ............... 9 c) Voraussetzungen der faktischen Verfahrenseinleitung 26 d) Gesellschaftsrechtliche Kompetenzzuweisung ................... 32 Anzeige des Restrukturierungsvorhabens (§ 31 StaRUG) ........... 38 a) Gegenstand und Wirkung der Anzeige .................................. 38 b) Begründung der Anzeige und erforderliche Anlagen (§ 31 Abs. 2 StaRUG) .......... 47 aa) Entwurf des Restrukturierungsplans (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG) und Definition des Restrukturierungsziels ...... 48 bb) Dokumentation des Verhandlungsstands (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG) ... 53 cc) Sicherstellung der Erfüllung der restrukturierungsbezogenen Pflichten (§ 32 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG) – Bestellung eines CRO .................... 57
4.
dd) Ergänzende Angaben (§ 31 Abs. 2 Satz 2 – 4 StaRUG) ....................... 64 Verfahrensbeendigung und Aufhebung der Restrukturierungssache .............................................. 71 a) Wegfall der Rechtshängigkeit (§ 31 Abs. 4 StaRUG) .......... 71 b) Aufhebung der Restrukturierungssache (§ 33 StaRUG) ... 80 aa) Grundlagen der Aufhebung ........................... 80 bb) Insolvenzereignis (Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1) ............................. 84 cc) Unzuständigkeit des Gerichts (Abs. 1 Nr. 2) ............................. 89 dd) Verletzung verfahrensspezifischer Pflichten oder des Transparenzgebots (Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 3) ................. 91 ee) Entfall der Umsetzbarkeit (Abs. 2 Nr. 2) ...... 100 ff) Verbot der „Kettenrestrukturierung“ (Abs. 2 Nr. 1, Nr. 4 Satz 1 lit. a) ................. 106 c) Rechtsmittel (§ 33 Abs. 4 StaRUG) .............................. 113
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstands Die Durchführung des Restrukturierungsrahmens unter Inanspruchnahme 1 der Möglichkeiten, die das StaRUG zur Verfügung stellt, hängt nicht von einer formalen Verfahrenseröffnung ab, die auf Grundlage eines Eröffnungsantrags bei Vorliegen der Eröffnungsvoraussetzungen erfolgt. Die einzelnen Verfahrenshilfen können auch ohne eine solche Verfahrenseröffnung und grundsätzlich unabhängig voneinander in Anspruch genommen werden, sofern die Voraussetzungen für die im Rahmen der Verfahrenshilfe begehrte Entscheidung oder Maßnahme gegeben sind (BT-Drucks. 19/24181, S. 130 f.). Dabei kann der Schuldner die Restrukturierungsverhandlungen mit seinen Gläubigern bzw. den von ihm ausgewählten Planbetroffenen aufnehmen, ohne dass dies die Einbeziehung des Gerichts erfordern würde. Regelmäßig wird sogar der 149
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Restrukturierungsplan vom Schuldner entworfen und die Verhandlung mit den wesentlichen Gläubigern begonnen werden, ehe die Einbeziehung des Gerichts erfolgt. 2 Erst wenn Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens (vgl. § 29 StaRUG Rn. 16) in Anspruch genommen werden sollen, bedarf dies einer Befassung des Gerichts. Auch diese Befassung des Gerichts erfolgt allerdings nicht im Rahmen der verfahrensförmigen Eröffnung eines gerichtlichen Verfahrens; an die Stelle der formalen Verfahrenseröffnung tritt vielmehr nach § 31StaRUG eine einseitige Anzeige des Schuldners, mit welcher dieser dem Gericht das Restrukturierungsvorhaben anzeigt. Die Anzeige dient dazu, es dem Gericht zu ermöglichen, sich mit der Restrukturierungssache vertraut zu machen und auf etwaig spätere Anträge des Schuldners, die auf die Inanspruchnahme konkreter Instrumente gerichtet sind, vorbereitet zu sein. Darüber hinaus dient § 31 StaRUG einerseits als zuständigkeitsrechtlicher Anknüpfungspunkt (vgl. § 36 StaRUG Rn. 2), andererseits als verfahrensrechtliches Band, das die verschiedenen, vom Schuldner etwaig in Anspruch zu nehmenden Instrumente verbindet. 3 Mit der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens gegenüber dem Restrukturierungsgericht, deren Zeitpunkt im freien Ermessen des Schuldners liegt, tritt – im Grundsatz ohne materielle, wohl aber formeller Prüfung – die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache ein, die Voraussetzung für die Inanspruchnahme aller Instrumente des § 29 StaRUG ist. § 31 StaRUG kommt damit die Wirkung eines Öffnungstatbestands für die Inanspruchnahme der Verfahrenshilfen zu. Dem ist im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen Rechnung zu tragen. 4 Da der Eintritt der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache grundsätzlich mit dem Eingang der Anzeige ohne materiell-rechtliche Prüfung erfolgt, regelt § 33 StaRUG die Gründe für die – auch unverzügliche – Aufhebung der Restrukturierungssache, da die Rechtshängigkeit im Grundsatz auch eintritt, wenn die Aufhebungsgründe bereits im Zeitpunkt der Anzeige vorliegen. Das Gericht hat daher die formellen und materiellen Voraussetzungen der Anzeige nach §§ 31, 33 StaRUG unverzüglich nach Eingang der Anzeige zu prüfen. 2. Faktische vs. formelle Einleitung des Verfahrens a) Alternativität der förmlichen und faktischen Verfahrenseinleitung 5 In der Natur der grundsätzlich beim Schuldner liegenden Verfahrensherrschaft und der ihm ohne rechtliche Vorgaben nach freiem Ermessen obliegenden Entscheidung, ob und ggf. wann er das Restrukturierungsvorhaben dem Restrukturierungsgericht anzeigt und ob, ggf. in welchem Umfang und in welcher Kombination er Instrumente in Anspruch nimmt, liegt es begründet, dass das Restrukturierungsvorhaben regelmäßig lange begonnen hat, bevor die erstma-
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§§ 31, 33 Anzeige des Restrukturierungsvorhabens
lige Befassung des Restrukturierungsgericht durch den Eingang der Anzeige erfolgt. Der Schuldner kann daher bereits lange mit seinen Gläubigern bzw. den von 6 ihm ausgewählten Planbetroffenen verhandeln und verhandelt haben, mit diesen bereits Entwürfe des Restrukturierungsplans erörtert und das Unternehmen in dieser Zeit freilich fortgeführt haben, ohne dass das Restrukturierungsgericht einbezogen, ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt worden wäre und die Aufsicht geführt hätte, und ohne dass sonst verfahrensförmige Leitplanken prima vista erkennbar wären. Dennoch werden die Verhandlungen mit den Gläubigern, wird die Architektur, die Konzeption und die Ausgestaltung des Restrukturierungsplans und wird die Bereitschaft von potenziell Planbetroffenen zu Zugeständnissen durch die durch das StaRUG eröffneten Möglichkeiten determiniert, werden nämlich die potenziell Planbetroffenen in den Verhandlungen nur, aber jedenfalls doch zu solchen Zugeständnissen bereit sein, die nötigenfalls im Wege einer Mehrheitsentscheidung auch gegen ihren Willen durchsetzbar wären. Auch ohne verfahrensförmige Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens bleibt somit der Befund, dass alle Verfahrensbeteiligten die Restrukturierungsverhandlungen mutmaßlich unter dem Eindruck und unter Anerkennung der durch das StaRUG vorgegebenen Verhandlungskorridore führen. Dies führt unweigerlich zu der Erkenntnis, dass das Restrukturierungsvor- 7 haben und damit auch das Restrukturierungsverfahren faktisch lange eingeleitet wird, ehe es zur verfahrensförmigen Einleitung durch Anzeige des Restrukturierungsvorhabens beim Restrukturierungsgericht und die dadurch gemäß § 31 Abs. 3 StaRUG eintretende Rechtshängigkeit kommt. Nur vor dem Hintergrund dieser Annahme lässt sich im Übrigen auch § 31 Abs. 2 Satz 3 StaRUG erklären, wonach bereits mit der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens angezeigt werden muss, ob damit zu rechnen ist, dass das Restrukturierungsvorhaben nur gegen den Widerstand einer nach Maßgabe des § 9 StaRUG zu bildenden Planbeteiligten-Gruppe durchgesetzt werden kann. Allein dies ist nur möglich, wenn das mit dem Restrukturierungsplan zu verabschiedende Maßnahmenbündel definiert und mit den wesentlichen Stakeholdern verhandelt ist, bevor die Anzeige gegenüber dem Restrukturierungsgericht erfolgt. Auch der Gesetzgeber erkennt damit die wesentliche Bedeutung der Vorbereitungsphase für das Verfahren im Ganzen an. Dies schließt natürlich nicht aus, dass der Schuldner im Ausnahmefall auch 8 einmal die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens beim Restrukturierungsgericht als initialen Schritt für dessen Beginn nutzt und erst im Anschluss mit der Erstellung des Restrukturierungsplans und den Verhandlungen mit den potenziell Planbetroffenen beginnt; dies ändert indes nichts an dem Befund, dass zwei Zeitpunkte des möglichen Verfahrensbeginns denkbar sind: Die faktische Einleitung des Verfahrens und die förmliche Verfahrenseinleitung durch Anzeige gegenüber dem Restrukturierungsgericht.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
b) Rechtsfolgen der faktischen Verfahrenseinleitung 9 Es schließt sich daran die Frage an, ob und ggf. wie sich die Rechtsfolgen einer nur faktischen und einer verfahrensförmigen Einleitung des Verfahrens unterscheiden. 10 Unstreitig ist die verfahrensförmige Einleitung des Verfahrens durch Anzeige des Restrukturierungsvorhabens gegenüber dem Restrukturierungsgericht in der Form des § 31 StaRUG Voraussetzung für den Eintritt der Rechtshängigkeit nach § 31 Abs. 3 StaRUG, die ihrerseits Tatbestandsvoraussetzung für die Inanspruchnahme der Instrumente des § 29 Abs. 2 StaRUG ist. Allein die faktische Einleitung des Verfahrens reicht freilich für die Inanspruchnahme von Instrumenten, die ihrerseits jeweils eine gerichtliche Befassung voraussetzen, nicht aus. 11 Unzweifelhaft ist auch, dass das Verbot von Lösungsklauseln, also das grundsätzliche Verbot der negativen Einflussnahme auf Verträge allein wegen der Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens nach § 44 StaRUG an die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache anknüpft. Die rein faktische Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens reicht daher für den Eintritt der Schutzwirkung des § 44 StaRUG keinesfalls aus. Dies ist ein Gebot der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, da erst mit der Anzeige die nötige Transparenz als Anknüpfungstatsache für das Verbot von Lösungsklauseln greift. 12 Es bleibt aber die Frage, ob die übrigen im Gesetz vorgesehenen Folgen der Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens, allen voran die Pflicht des Schuldners aus § 32 StaRUG, unter anderem die Restrukturierungssache mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführers zu führen und dabei die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger zu wahren, erst mit Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache eintreten oder bereits mit deren faktischer Einleitung. 13 Bei unbefangener Lektüre des Gesetzes, insbesondere aus der Lektüre des § 32 Abs. 1 StaRUG, wo es heißt, dass der Schuldner die Restrukturierungssache mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführers führt, könnte im Kontext mit § 31 Abs. 3 StaRUG, wonach erst durch die Anzeige aus dem Restrukturierungsvorhaben die Restrukturierungssache zu werden scheint, geschlossen werden, dass die Geschäftsleiterpflichten erst ab Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache eingreifen (in diesem Sinne wohl Scholz, ZIP 2021, 219). Allein dies scheint – nicht nur infolge des Gebots richtlinienkonformer Auslegung – kaum vertretbar. 14 Zunächst scheint auch der StaRUG-Gesetzgeber nicht davon auszugehen, dass erst die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache Auslöser für die Geltung der verfahrensrechtlichen Vorgaben ist. In der Gesetzesbegründung heißt es wörtlich, dass die allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts eins „stets zur Anwendung kommen, wenn ein Schuldner ein Restrukturierungsvorhabens anzeigt oder anzeigen möchte“ (BT-Drucks. 19/24181, S. 131).
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§§ 31, 33 Anzeige des Restrukturierungsvorhabens
Daraus folgt unweigerlich, dass nicht erst die Anzeige gemäß § 31 Abs. 1, 3 15 StaRUG, sondern bereits die auf eine mögliche Anzeige gerichtete (faktische) Einleitung des Verfahrens die Anwendbarkeit des Abschnitt 1, Allgemeine Bestimmungen, des Kapitel 2, Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumente, bewirkt. Dies ist auch in der Sache richtig.
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Wie gezeigt, ist das StaRUG nicht als integriertes Verfahren ausgestaltet, das 17 rechtliche Vorgaben für die Inanspruchnahme seiner Instrumente macht (vgl. §§ 29, 30 StaRUG Rn. 1), sondern ist dem Schuldner bei der Einleitung, Ausgestaltung und Steuerung des Verfahrens größtmögliche Freiheit und ein breiter Ermessensspielraum eingeräumt. In Ausübung dieser Gestaltungsfreiheit werden dem Schuldner in Gestalt der in § 29 StaRUG bereitgestellten Instrumente die Mittel in die Hand gegeben, nötigenfalls zwangsweise in die Rechte seiner Gläubiger einzugreifen. Das dabei gleichzeitig bestehende Recht, den Kreis derer, in deren Rechte eingriffen wird, nämlich den Kreis der Planbetroffenen zunächst ebenfalls selbst bestimmen zu können (vgl., auch zu den Grenzen des insoweit eingeräumten Ermessens, § 8 StaRUG Rn. 4 ff.), erweitert das Gestaltungspotenzial noch erheblich, weil hierdurch die Möglichkeit begründet wird, durch geschickte Plan- und Gruppenarchitektur Mehrheiten zu gestalten (zu diesem Risiko ausdrücklich Hölzle, ZIP 2020, 585). Um der darin liegenden Gefahr für die Gläubigerinteressen zu begegnen, ist von Beginn des Verfahrens an eine effiziente Steuerung des schuldnerischen Verhaltens erforderlich. Dies hat der Gesetzgeber erkannt und sich hierzu zweierlei Wege bedient: 18 Zunächst kann das Gericht unter den in § 73 Abs. 1 StaRUG genannten Voraussetzungen von Amts wegen einen Restrukturierungsbeauftragten bestellen, der die ihm nach § 76 StaRUG zugewiesenen Überwachungs- und Prüfungsaufgaben im Gläubigerinteresse ausführt. Dies schließt die kontinuierliche Prüfung ein, ob im laufenden Verfahren Beendigungsgründe gemäß § 33 StaRUG (dazu Rn. 80 ff.) durch den Schuldner verwirklicht werden. Die Führung des Verfahrens im Gesamtgläubigerinteresse bzw. dessen Beendigung im Verstoßfalle wird dadurch sichergestellt. Darüber hinaus erkennt der Gesetzgeber aber auch die Notwendigkeit, der 19 dem Schuldner übertragenen Gestaltungsfreiheit und Eingriffsmöglichkeit in die Rechte der Gläubiger, die stets eine jedenfalls potenzielle Gefährdung der Gläubigerinteressen begründet, eine Verpflichtung des Schuldners auf das Gläubigerinteresse gegenüberzustellen. Während zwar die noch in der Entwurfsfassung des Gesetzes vorgesehenen 20 Vorschriften der §§ 2, 3 E-StaRUG, die eine Verpflichtung der schuldnerischen Organe auf das Gläubigerinteresse vom Zeitpunkt des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit an ausdrücklich statuiert haben, nicht Gesetz geworden sind, tut dies in richtlinienkonformer Auslegung des Gesetzes insbesondere in Ansehung von Art. 19 lit. a) RL und Erwägungsgrund 71 RL dem Gebot 153
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der Ausrichtung des schuldnerischen Handelns vorrangig auf das Gläubigerinteresse vom Zeitpunkt der Einleitung des Restrukturierungsverfahrens an keinen Abbruch (ähnlich Smid, ZInsO 2021, 117, 119, der eine solche Verpflichtung unmittelbar aus § 18 InsO ableitet; so schon ähnlich Hölzle, ZIP 2013, 1846). 21 Würde die Pflichtenbindung aus § 32 StaRUG erst mit dem Eintritt und nur für die Dauer der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache greifen, hätte es der Schuldner in der Hand, die gesamte Verhandlung mit seinen Gläubigern, die Vorbereitung des Verfahrens und vor allem die Führung des Unternehmens während der Verhandlungsphase außerhalb des restrukturierungsspezifischen, auf die Gläubigerinteressen ausgerichteten Pflichtenkanons zu führen. Insbesondere das Regelbeispiel des § 32 Abs. 1 Satz 3 StaRUG, wonach es mit der ordnungsgemäßen Verfolgung des Restrukturierungsziels grundsätzlich nicht vereinbar ist, Forderungen zu begleichen oder zu besichern, die durch den Restrukturierungsplan gestaltet werden sollen, könnte der Schuldner unterlaufen, indem er die Verhandlungen mit den von ihm als kritisch eingeschätzten Gläubigern vor Anzeige des Restrukturierungsvorhabens führt, sich dadurch die Option offenhält, deren Forderungen, um sich die Zustimmung zu sichern oder sie aus dem Verfahren herauszuhalten, noch ohne gegen die in § 32 StaRUG statuierten Pflichten zu verstoßen, besichert oder erfüllt und erst im Nachgang das Restrukturierungsvorhaben dem Gericht anzeigt. 22 Allein dieses Beispiel zeigt, dass es mit dem von der Richtlinie insgesamt verfolgten Zweck, das Kriterium des Gläubigerinteresses in den Vordergrund zu stellen, nicht vereinbar ist, den Beginn der Verpflichtung auf das Gläubigerinteresse derart zur Disposition des Pflichtenadressaten selbst zu stellen. In der Gesetzesbegründung zu § 32 StaRUG heißt es, dass „anders als im förmlichen Rahmen des Insolvenzverfahrens (…) dem Schuldner weitergehende Freiheiten bei der eigenverantwortlichen Gestaltung und Organisation des Gesamtprozesses eingeräumt [werden]. Die darin liegende Gestaltungs- und Organisationsfreiheit bei der Erwirkung von Rechtsfolgen, welche die Beteiligten des Prozesses belasten, erfordert eine Rückbindung an das Ziel, die Interessen der Gläubiger zu wahren.“ (BT-Drucks. 19/24181, S. 137). Außerdem heißt es dort wörtlich, dass die Rechtsfolgen daran anknüpfen, dass der Schuldner „in manifester und schwerwiegender Weise gegen seine Pflichten zur gewissenhaften Betreibung des Vorhabens unter Wahrung der Interessen der Gläubigerschaft“ verstoße. Der Gesetzgeber bezeichnet diese Pflichtenbindung des Schuldners während der Betreibung des Vorhabens, nicht dessen Rechtshängigkeit, als „Grundpflichten“. 23 In der Gesetzesbegründung zu § 31 StaRUG selbst findet sich kein einziger Hinweis darauf, dass die Anzeige über ihre verfahrensrechtliche Wirkung hinaus auch gläubigerschützenden Charakter hätte, was zu erwarten gewesen wäre, würde der Gesetzgeber mit der Anzeige die Begründung besonderer Pflichten verknüpft haben wollen. Im Gegenteil: Die Gesetzesbegründung weist darauf hin, dass auch „unabhängig von der Inanspruchnahme eines kon154
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kreten Instruments“ des Restrukturierungs- und Stabilisierungsrahmens die fehlende Bereitschaft oder Fähigkeit des Schuldners, etwaige Unvollständigkeiten oder sonstige Mängel des Restrukturierungskonzepts zu heilen, die nach dem Stand des Vorhabens behebbar sein sollten, die Annahme rechtfertigen können, dass der Schuldner die Restrukturierungssache nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführers betreibt (BT-Drucks. 19/24181, S. 135), woran als Rechtsfolge die Aufhebung der Restrukturierungssache geknüpft ist. Wäre aber Auslöser für das Einsetzen der restrukturierungsbezogenen Pflichten 24 erst der sich durch die Inanspruchnahme von Instrumenten des Restrukturierungs- und Stabilisierungsrahmens konkretisierende Eingriff in Gläubigerrechte, so könnte ein Pflichtverstoß gegen die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführers unabhängig von der Inanspruchnahme der Instrumente nicht in Betracht kommen. Hinzu kommt, dass wegen des allgemeinen Tatbestandsmerkmals des Eintritts 25 der drohenden Zahlungsunfähigkeit für die Einleitung des Restrukturierungsverfahrens (vgl. §§ 29, 30 StaRUG Rn. 9) das Verfahren optional neben die ebenfalls mögliche Einleitung auch eines Insolvenzverfahrens tritt. Im eingeleiteten Insolvenzverfahren aber wird das Gläubigerinteresse unverzüglich durch gerichtliche Sicherungsmaßnahmen nach §§ 21, 22 InsO bzw. durch § 270b InsO gewahrt. Ratio ist auch hier das Bedürfnis, der in der Einleitung des Verfahrens manifestierten Gefährdung der Gläubigerinteressen ein ausgleichendes Gegengewicht gegenüberzustellen. Die Situation ist zu der – auch faktischen – Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens komplementär. Auch durch die auf den Abschluss eines Restrukturierungsplans gerichtete Aufnahme von Restrukturierungsverhandlungen gibt der Schuldner notwendigerweise zu erkennen, dass er drohend zahlungsunfähig ist, und dass deshalb die Rechte der Gläubiger konkret gefährdet sind. Die Gesetzesbegründung bezeichnet die Gläubiger daher – zu Recht – als die Residualberechtigten am Vermögen des Schuldners (BT-Drucks. 19/24181, S. 105). Diese Gefährdung der Gläubigerinteressen ist aber weder davon abhängig, ob der Schuldner ein Insolvenz- oder ein Restrukturierungsverfahren einleitet und im letzteren Falle schon gar nicht davon, ob er die Verhandlungen mit den potenziell Planbetroffenen vor oder nach der allein zu seiner Disposition stehenden Anzeige des Restrukturierungsvorhabens gegenüber dem Restrukturierungsgericht aufnimmt. Vielmehr hat er das Gläubigerinteresse während der gesamten Vorbereitungs- und Verhandlungsphase zu wahren und seine Unternehmensleitung in dieser Phase an den Gläubigerinteressen auszurichten (ähnlich wohl auch Bea/Dressler, NZI 2021, 67, 69 [„spätestens mit Rechtshängigkeit“]). Es besteht ein anerkennenswertes und schutzwürdiges Vertrauen der Gläubiger, dass der Eintritt in Sanierungsverhandlungen mit dem Ziel, diese in die Verabschiedung eines Restrukturierungsplans münden zu lassen, während der gesamten Verhandlungsphase unter dem Schutz der restrukturierungsspezifischen Pflichten des Schuldners steht, zu denen insbesondere auch die (relative) Gleichbehand-
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lung der Gläubiger gehört, worauf diese sich bereits in der Verhandlungsphase müssen verlassen können. c) Voraussetzungen der faktischen Verfahrenseinleitung 26 Knüpfen sich auch bereits an den Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit besondere Verpflichtungen des Schuldners (Vorbemerkung § 32 StaRUG Rn. 9; vgl. auch Hölzle, ZIP 2013, 1846; Smid, ZInsO 2021, 117), so bewirkt freilich allein der Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit nicht den faktischen Eintritt in das Restrukturierungsverfahren. 27 Auch begründet nicht bereits jedes Gespräch mit einem Stakeholder, das auf wie auch immer geartete Unterstützungshandlungen ausgerichtet ist, den faktischen Eintritt in ein Restrukturierungsverfahren. Sowohl für den Schuldner als auch für die Stakeholder muss erkennbar und vorhersehbar sein, in welchem Rechtsrahmen sich die Verhandlungen vollziehen. Dies erfordert das Überschreiten einer dokumentationsfähigen Eintrittsschwelle in das Verfahren. 28 Eindeutig überschritten ist die Schwelle, wenn der Schuldner die Verhandlungen mit dem offen (ausdrücklich oder konkludent) kommunizierten Ziel des Abschlusses eines Restrukturierungsplans einleitet oder begonnene Verhandlungen entsprechend überleitet. Zugrunde zu legender Beurteilungsmaßstab ist dabei der objektive Empfängerhorizont: Sind die Verhandlungen bei verständiger Würdigung eines objektiven Dritten geeignet, auf den Abschluss eines Restrukturierungsplans hinzuwirken, so muss unter Vertrauensschutzgesichtspunkten für die Verhandlungen auch der verfahrensförmige Rechtsrahmen des StaRUG gelten. Der Schuldner würde sich zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch setzen, leitet er auf den Abschluss eines Restrukturierungsplans zielende Verhandlungen ein, verweigert aber die Geltung des dafür vorgesehenen verfahrensrechtlichen Rahmens. 29 Vor dem Hintergrund dieses Vertrauensschutzarguments und der Tatsache aber, dass Vergleichs- und Restrukturierungsverhandlungen regelmäßig sehr dynamisch verlaufen und der Beginn solcher Verhandlungen regelmäßig nicht konkret zu bestimmen ist, ist die Eröffnung des verfahrensmäßigen Rahmens im Gläubigerinteresse tendenziell großzügig zu beurteilen und deshalb eher früher als später anzunehmen. 30 Das vorgegebene Verfahrensziel der nachhaltigen Überwindung der drohenden Zahlungsunfähigkeit (vgl. §§ 29, 30 StaRUG Rn. 14) kann dabei nicht nur als Endpunkt des Sanierungsprozesses, sondern gleichermaßen auch als Startpunkt für die Eröffnung verfahrensrechtlichen Rahmens dienen: Mit dem Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit ist jede Form der Aufnahme von Sanierungsverhandlungen mit Gläubigern erstens als Maßnahme zur potenziellen Erfüllung der Sanierungspflicht aus § 1 StaRUG und zweitens als potenziell auf den Abschluss eines Restrukturierungsplans gerichtet anzusehen. Denn von diesem Zeitpunkt an steht jede vom Schuldner bei seinen Gläubigern erbetene Maßnahme unter dem Eindruck, dass es in seinem Belieben steht, die Verhand156
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lungen jederzeit entweder durch Anzeige des Restrukturierungsvorhabens zu formalisieren und damit den Rechtsrahmen auch für Mehrheitsentscheidungen zu schaffen oder gar in ein Insolvenzverfahren einmünden zu lassen. Dem dadurch bedingten Einfluss auf die Verhandlungsführung beider Seiten und der Verschiebung des Verhandlungsgleichgewichts zugunsten des Schuldners ist der Beginn der restrukturierungsbezogenen Pflichtbindung ausgleichend gegenüberzustellen. Der Schuldner bzw. dessen Geschäftsleiter sind deshalb richtigerweise auch 31 gehalten, den Ablauf und den jeweiligen Gegenstand der Restrukturierungsverhandlungen genau zu dokumentieren. Dies nicht zuletzt auch, weil dies den Pflichten aus § 1 StaRUG (vgl. dort Rn. 12) entspricht, sondern vor allem auch, weil die Darstellung des Verhandlungsstands notwendige Angabe bei der etwaig späteren Anzeige des Restrukturierungsvorhabens, § 31 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG (Rn. 53) ist. d) Gesellschaftsrechtliche Kompetenzzuweisung Die gesellschaftsrechtliche Kompetenzzuweisung zur Stellung eines fakulta- 32 tiven Insolvenzantrags nach Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) ist streitig. Während eine vornehmlich an der Gefährdung der Gläubigerinteressen vom Zeitpunkt des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit orientierte Auffassung (Eidenmüller, ZIP 2014, 1197, 1203 f.; Hölzle, ZIP 2013, 1846, 1850 f.), die ihrer Zeit damit ein Stück weit voraus war, die gesellschaftsrechtliche Kompetenzzuweisung für die Stellung eines fakultativen Insolvenzantrags bei den geschäftsleitenden Organen sieht, weil sich der Fokus der Vermögensbetreuungspflicht nach Konkretisierung der Gefährdung der Gläubigerinteressen weg von den Interessen der Gesellschafter hin zu den Interessen der Gläubiger verschiebt (so ausdr. Hölzle, ZIP 2013, 1846, 1850), folgte die herrschende Meinung überwiegend der – soweit erkennbar – hierzu in der Rechtsprechung einzig ergangenen Entscheidung des OLG München (NZI 2013, 542), wonach es sich bei der Entscheidung zur Stellung eines Insolvenzantrags um eine ausschließlich der Kompetenz der Gesellschafter zugewiesene Grundlagenentscheidung handle, was bereits aus der mit der Eröffnung Insolvenzverfahrens verbundenen Auflösung der Gesellschaft folge. Auch das StaRUG regelt, der InsO gleich, allein das Außenverhältnis, nicht 33 aber die gesellschaftsrechtliche Kompetenzzuweisung. Der Streit über die Kompetenzzuweisung setzt sich daher bei der Frage der Kompetenz der geschäftsleitenden Organe zur Einleitung eines StaRUG-Verfahrens fort (so halten Seibt/Bulgrien, DB 2020, 2226 ein qualifiziertes Mehrheitserfordernis der Gesellschafter für nötig; dagegen mit guten Gründen Scholz, ZIP 2021, 219, 226 ff.; ebenfalls die Kompetenz bei den Geschäftsleitern ansiedelnd aber Haftungsgefahren infolge der ungeklärten Rechtslage erkennend Balthasar, NZI-Beilage 1/2021, S. 18, 20 f.).
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34 Ungeachtet der für Geschäftsleiter verbleibenden Unsicherheit solange die Rechtslage nicht höchstrichterlich geklärt ist und den damit verbundenen Haftungsgefahren (Balthasar, NZI-Beilage 1/2021, S. 18, 20 f.) gilt für die Einleitung des StaRUG-Verfahrens erst recht, was schon für die Einleitung eines fakultativen Insolvenzverfahrens seit jeher richtig ist (vgl. Eidenmüller, ZIP 2014, 1197, 1203 f.; Hölzle, ZIP 2013, 1846, 1850 f.): Die Einleitung des StaRUG-Verfahrens ist eine Maßnahme der Geschäftsleitung, die deren alleiniger Kompetenz unterfällt; weder ist die vorherige Einholung einer Zustimmung der Gesellschafterversammlung und schon gar nicht mit qualifizierter Mehrheit notwendig, noch ist eine entgegenstehende Weisung der Gesellschafter für die Geschäftsleiter bindend. 35 Zwar handelt es sich um eine außerordentliche Geschäftsleitungsmaßnahme, die der Gesellschafterversammlung anzuzeigen ist. Allerdings folgt aus der trotz Streichung des § 2 E-StaRUG uneingeschränkt bestehenden Pflicht zur Wahrung der Gläubigerinteressen ab dem Zeitpunkt des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit, dass die Geschäftsleiter den Eintritt der anderenfalls drohenden Insolvenz im Gläubigerinteresse zu vermeiden haben. Stellt die Einleitung eines StaRUG-Verfahrens hierfür den erfolgversprechendsten Weg dar, so dürfen die Gesellschafter sich dem nicht in den Weg stellen. Aus der Gesetzesbegründung zu § 2 E-StaRUG ergab sich dies noch unmittelbar. Dort hieß es: „Grenzen werden allerdings der Ausübung der Organkompetenzen gesetzt. Letztere dürfen nicht darauf gerichtet sein oder zur Folge haben, dass die Geschäftsleiter ihren Pflichten zur Wahrung der Interessen der Gläubiger nicht mehr nachkommen können.“ (BT-Drucks. 19/24181, S. 106). Da jedoch die Streichung des § 2 E-StaRUG ausweislich der ausdrücklichen Begründung des Rechtsausschusses nicht mit materiellen Einschnitten, insbesondere nicht mit einer Beschränkung des Schutzes des Gläubigerinteresses einhergehen sollte (BT-Drucks. ARuV 19(6)208, S. 174; zur Streichung der §§ 2, 3 E-StaRUG siehe ausführliche Vorbemerkung § 32 StaRUG Rn. 2 ff.), gilt dieser Teil der Gesetzesbegründung unverändert fort. Dasselbe folgt aus einer richtlinienkonformen Auslegung des Gesetzes, da einerseits Art. 19 RL und Erwägungsgrund 70 (RL (EU) 2019/1023) die Berücksichtigung des Gläubigerinteresses erfordern und Erwägungsgrund 70 darüber hinaus die Einleitung eines präventiven Restrukturierungsverfahrens im Falle finanzieller Schwierigkeiten ausdrücklich zur Aufgabe der Geschäftsleitung erklärt. 36 Hinzu kommt, dass sich nicht begründen lässt, dass bereits die Einleitung des Restrukturierungsvorhabens eine Grundlagenentscheidung darstellt (zutreffend Scholz, ZIP 2021, 219, 227 f.). Schließlich stünde die Notwendigkeit, vor Einleitung des Verfahrens die Gesellschafterversammlung zu befassen, gerade bei Publikumsgesellschaften in diametralem Widerspruch zu den Zielen des Gesetzes (Balthasar, NZI-Beilage 1/2021, S. 18, 20 f.). 37 Es bleibt deshalb dabei, dass das StaRUG, und die das Gesetz tragenden Grundlagen die bereits für die Einleitung eines fakultativen Insolvenzverfahrens richtige Kompetenzzuweisung allein zu den geschäftsleitenden Organen auch für 158
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die Einleitung des Restrukturierungsverfahrens noch einmal unterstrichen und bekräftigt hat. 3. Anzeige des Restrukturierungsvorhabens (§ 31 StaRUG) a) Gegenstand und Wirkung der Anzeige Nach § 31 Abs. 1 StaRUG ist die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens 38 Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Instrumente des § 29 StaRUG (vgl. §§ 29, 30 StaRUG Rn. 16 ff.). Mit der Anzeige, d. h. bereits unmittelbar mit ihrem Eingang bei Gericht, wird die Restrukturierungssache gemäß § 31 Abs. 3 StaRUG rechtshängig. Es handelt sich bei der Anzeige um eine einseitige Verfahrenshandlung des 39 Schuldners und damit nicht um einen Antrag, der vom Gericht zu bescheiden wäre (BT-Drucks. 19/24181, S. 134). Eine zeitliche oder rechtliche Vorgabe, wann die Restrukturierungssache rechts- 40 hängig zu machen ist, enthält das Gesetz nicht. Der Zeitpunkt steht vielmehr im freien Ermessen des Schuldners und ist zunächst allein davon abhängig, wann der Schuldner erstmals Instrumente (§ 29 StaRUG) in Anspruch zu nehmen beabsichtigt. Grundsätzlich kann die Anzeige daher z. B. auch erst nach einer Planannahme im privatautonomen Abstimmungsverfahren und zeitgleich mit einem Antrag auf Planbestätigung gemäß § 60 StaRUG (vgl. §§ 60, 61, 65 StaRUG Rn. 5) erfolgen, auch wenn dies regelmäßig nicht zu empfehlen ist. Dem Gericht sollte möglichst frühzeitig Gelegenheit gegeben werden, sich mit der Sache auseinanderzusetzen, um ggf. schon die Restrukturierungsverhandlungen durch einen vom Gericht bestellten Restrukturierungsbeauftragten begleiten zu lassen, der gegenüber dem in größeren Verfahren häufig auch an die Kapazitätsgrenzen gelangenden Gericht als Vertrauenskatalysator und damit das Verfahren nicht unwesentlich beschleunigender Faktor dienen kann. Die Anzeige verfolgt aus Sicht des Restrukturierungsgerichts den Zweck, die 41 vollständige Beurteilung der bis dortigen Bemühungen des Schuldners und der sich daraus nach dem StaRUG ergebenden Rechtsfolgen zu beurteilen (BT-Drucks. 19/24181, S. 134). Sie muss das Gericht in die Lage versetzen, das Vorhaben im Ganzen zu würdigen, um die zum Teil engen zeitlichen Vorgaben, die sich an konkrete Anträge auf die Inanspruchnahme von Instrumenten knüpfen, erfüllen zu können. Die Wirkung der Anzeige, nämlich der Eintritt der Rechtshängigkeit der Re- 42 strukturierungssache nach § 31 Abs. 3 StaRUG tritt grundsätzlich ohne Weiteres mit dem rechtlichen Zugang der Anzeige beim Restrukturierungsgericht ein und dauert an, bis die rechtshängige Restrukturierungssache endet oder aufgehoben wird (vgl. Rn. 71 ff.). Die Aufhebung der Restrukturierungssache kann daher auch an solche Umstände anknüpfen, die bereits im Zeitpunkt der Anzeige vorgelegen haben (BT-Drucks. 19/24181, S. 134).
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
43 Allerdings statuiert § 31 Abs. 2 StaRUG formelle Mindestvoraussetzungen, die an die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens zu stellen sind. Die Anforderungen an diese Begründung sind desto geringer, je früher die Anzeige erfolgt; erfolgt die Anzeige allerdings erst in einem späten Stadium des Verfahrens, mag bereits die fehlende Vorlage des Entwurfs des Restrukturierungsplans Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Restrukturierungsvorhabens begründen. Diese stünden sodann der Wirkung der Rechtshängigkeit von vorneherein entgegen. Zwar enthält das Gesetz in § 31 Abs. 4 StaRUG lediglich Regelungen dazu, wann die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens ihre Wirkung (wieder) verliert und nimmt dazu Bezug auf die Gründe für die Aufhebung der Restrukturierungssache in § 33 StaRUG. Nach § 33 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. StaRUG ist die Restrukturierungssache allerdings bereits dann aufzuheben, wenn sich aus sonstigen Umständen ergibt, dass das angezeigte Restrukturierungsvorhaben keine Aussicht auf Umsetzung hat. Folgt aber bereits im Zeitpunkt der Antragstellung aus begründeten Umständen, dass der Schuldner die Restrukturierungsache nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit betreibt, so würde es sich als bloße Förmelei darstellen, die Restrukturierungssache zunächst rechtshängig werden zu lassen, um sie sogleich wieder aufzuheben. Bestehen im Zeitpunkt der Antragstellung offenkundig Aufhebungsgründe, so kann die Anzeige von vorneherein die Rechtswirkung der Rechtshängigkeit nach § 31 Abs. 3 StaRUG nicht entfalten. Sie ist in diesem Fall unbegründet. Dies ist allerdings, da von der gesetzlichen Grundkonzeption abweichend, auf offenkundige, in eklatanter Weise von den Regelvorstellungen des Gesetzebers abweichende Fälle zu beschränken. 44 In der Rechtsfolge wirkt sich die Unbegründetheit der Anzeige im Rahmen der Zurückweisung vom Schuldner beantragter Instrumente (§ 29 StaRUG) aus, für welche die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache ausnahmslos Tatbestandsvoraussetzung ist. Ist die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens infolge offenkundig fehlender Ernsthaftigkeit bei dem Betreiben der Restrukturierungssache unbegründet, ist ein auf die Inanspruchnahme eines Instruments gerichteter Antrag des Schuldners zurückzuweisen, auch ohne dass es zuvor der Aufhebung der Restrukturierungssache bedarf. 45 Dieselbe Rechtsfolge ergibt sich freilich, ist die Anzeige des Schuldners bereits unzulässig, weil er dem in § 31 Abs. 2 StaRUG niedergelegten Begründungszwang nicht vollumfänglich nachgekommen ist und so das Gericht nicht in die Lage versetzt hat, das Restrukturierungsvorhaben hinreichend zu prüfen. 46 Dessen ungeachtet geht das Gesetz im Grundsatz aber davon aus, dass die Eingangs- und Zugangskontrolle durch das Gericht nachgelagert, nämlich in Form der Prüfung der Aufhebungsgründe nach § 33 StaRUG zwar unverzüglich nach Eingang der Anzeige, nicht aber vor Eintritt deren Wirkung stattfindet. Liegen Aufhebungsgründe bereits im Zeitpunkt der Anzeige vor, die nicht bereits zu ihrer fehlenden Begründetheit führen, oder treten sie später ein, erfolgt die Aufhebung durch Beschluss mit Wirkung ex nunc.
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b) Begründung der Anzeige und erforderliche Anlagen (§ 31 Abs. 2 StaRUG) § 31 Abs. 2 StaRUG bestimmt, dass der Anzeige des Restrukturierungsvor- 47 habens umfangreiche, zu seiner Beurteilung erforderliche Dokumente beizufügen sind. Aus der gesetzlichen Formulierung „beizufügen“ folgt indes nicht, dass es sich zwingend um Anlagen handeln muss. Selbstverständlich kann die geforderte Darstellung einzelner Umstände auch in der textlichen Ausfertigung der Anzeige selbst erfolgen. aa) Entwurf des Restrukturierungsplans (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG) und Definition des Restrukturierungsziels Zunächst ist nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG der Anzeige des Restrukturie- 48 rungsvorhabens der Entwurf des Restrukturierungsplans oder, sofern ein solcher nach dem Stand des angezeigten Vorhabens noch nicht ausgearbeitet und ausgehandelt werden konnte, ein Konzept für die Restrukturierung, welches auf Grundlage einer Darstellung von Art, Ausmaß und Ursachen der Krise das Ziel der Restrukturierung (Restrukturierungsziel) sowie die Maßnahmen beschreibt, die zur Erreichung des Restrukturierungsziels in Aussicht genommen werden. Aus dieser Formulierung des Gesetzes wird zweierlei deutlich: Im Grundsatz 49 geht der Gesetzgeber davon aus, dass der Restrukturierungsplan im Zeitpunkt der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens grundsätzlich bereits im Entwurf vorliegen sollte, sofern dem keine konkreten Hinderungsgründe entgegenstehen. Der Gesetzgeber formuliert nämlich nicht, dass die Darstellung nur des Konzepts genügt, soweit der Restrukturierungsplan im Entwurf noch nicht vorliegt, sondern dies nur dann der Fall ist, soweit der Entwurf des Restrukturierungsplans nach dem Stand des angezeigten Vorhabens noch nicht ausgearbeitet und ausgehandelt „werden konnte“. Es kommt also nicht allein auf die Tatsache des noch nicht vorliegenden Plans, sondern auch auf die Gründe hierfür an. Diese sind in Relation zum Verfahrensstadium und seinem weiteren Fortgang zu setzen, woraus dann abzuleiten sein kann, ob das Verfahren noch hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Legt der Schuldner mit seiner Anzeige nur das qualifiziert begründete Restruk- 50 turierungskonzept vor, bedarf es daher auch einer qualifizierten Begründung, weshalb der Plan noch nicht erstellt werden konnte. Über die mit der Anzeige bezweckte Informationswirkung gegenüber dem 51 Restrukturierungsgericht hinaus kommt § 32 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG aber erhebliche Bedeutung für das gesamte Verfahren insoweit zu, als er die Legaldefinition des Restrukturierungsziels enthält, das mit dem Restrukturierungsplan legitimierweise verfolgt werden kann und muss und deshalb für dessen materiell-rechtliche Beurteilung zugrunde zu legen ist. Dabei ist § 32 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG in Zusammenhang mit § 29 Abs. 1 StaRUG zu lesen, woraus folgt, dass Ziel des Restrukturierungsvorhabens die nachhaltige Überwindung der 161
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
drohenden Zahlungsunfähigkeit und damit die begründete Aussicht sein muss, dass der Schuldner prognostisch über regelmäßig die folgenden drei Jahre in der Lage sein muss, seinen fällig werdenden Verbindlichkeiten nachzukommen (vgl. §§ 29, 30 StaRUG Rn. 14 f.), was sich nicht zuletzt auch aus § 33 Abs. 2 Satz 2 StaRUG ergibt. 52 Die Definition des Verfahrensziels ist aber nicht nur im Sinne der Definition des mit den beabsichtigten und qualifiziert zu beschreibenden Maßnahmen mindestens zu erreichenden Ziels der nachhaltigen Restrukturierung für das Verfahren von signifikanter Bedeutung, sondern ist zugleich auch Grundlage der Begrenzung des Restrukturierungsziels eben nur auf die Wiederherstellung der nachhaltigen Ertragsfähigkeit und damit des Verbots der Übersanierung (vgl. § 7 StaRUG Rn. 15). bb) Dokumentation des Verhandlungsstands (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG) 53 Neben dem Entwurf des Restrukturierungsplans oder des qualifiziert begründeten Restrukturierungskonzepts verlangt § 31 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG die Dokumentation des Stands der Verhandlungen mit den (potenziell planbetroffenen) Gläubigern, den an dem Schuldner beteiligten Personen und der in das Restrukturierungsvorhaben einzubeziehenden Dritten. Aus § 31 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG folgt daher mittelbar eine Dokumentationspflicht in Bezug auf die mit den Beteiligten geführten Verhandlungen. 54 Legt der Schuldner im Zusammenhang mit der Anzeige noch nicht den Entwurf des Restrukturierungsplans sondern lediglich ein qualifiziert begründetes Restrukturierungskonzept vor, so muss sich die Begründung dafür, dass der Plan noch nicht im Entwurf erstellt werden konnte, mit der Dokumentation des Verhandlungsstands decken. Ergeben sich hieraus oder aber aus dem im Entwurf vorliegenden Plan und der (inhaltlichen) Dokumentation des Verhandlungsstands Diskrepanzen, die darauf schließen lassen, dass sich das vom Schuldner verfolgte Restrukturierungsziel und die Beteiligungs- oder Annahmebereitschaft der Gläubiger nicht in Einklang bringen lassen, so wäre auch dies grundsätzlich ein die Unbegründetheit der Anzeige auslösender Umstand. Der hierbei anzulegende Beurteilungsmaßstab darf allerdings nicht zu streng sein, da es in der Natur noch schwebender Verhandlungen liegt, dass eine endgültige Einigungsbereitschaft noch nicht ausgelotet ist. Auf die fehlende Erfolgsaussicht des Restrukturierungsvorhabens darf daher aus der Dokumentation des Verhandlungsstands nur dann geschlossen werden, wenn sich daraus die ernsthafte und endgültige Verweigerung (so auch BT-Drucks. 19/24181, S. 138) der Beteiligung eines für die Erreichung des Restrukturierungsziels maßgeblichen Gläubigers ergibt, die auch nicht im Wege der Mehrheitsentscheidung über den Restrukturierungsplan überwunden werden kann. 55 Aus der grundsätzlichen Bedeutung der Dokumentation des Verhandlungsstands für die Beurteilung des Restrukturierungsvorhabens folgt aber, dass der Schuldner sich nicht mit einer oberflächlichen Darstellung des Verhand-
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§§ 31, 33 Anzeige des Restrukturierungsvorhabens
lungsstands begnügen darf, sondern eine an den in Aussicht genommenen Maßnahmen orientierte, deren Detaillierungsgrad nachvollziehende Dokumentation des Verlaufs der Verhandlungen der Anzeige beizufügen hat. Diese muss auch das nach dem gegenwärtig erreichten Verhandlungsstand zu erwartende Abstimmungsverhalten des jeweiligen Planbetroffenen umfassen (vgl. Rn. 69). Das Gericht muss daher bei der inhaltlichen Beurteilung der Dokumentation 56 des Verhandlungsstands einen großzügigen Beurteilungsmaßstab anlegen, darf demgegenüber aber bei der formellen Beurteilung der vorgelegten Dokumentation deutlich strenger sein. cc) Sicherstellung der Erfüllung der restrukturierungsbezogenen Pflichten (§ 32 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG) – Bestellung eines CRO In der Praxis der Eigenverwaltung hat das Urteil des BGH vom 26. April 2018 57 (ZIP 2018, 977, dazu Hölzle, ZIP 20178, 1669) zur faktischen Verwalterhaftung des eigenverwaltenden Geschäftsführers analog §§ 60, 61 InsO, das durch die Neufassung des § 276a Abs. 2 InsO (vgl. § 15b InsO Rn. 11) geadelt wurde, die Diskussion ausgelöst, ob die Bestellung eines insolvenzerfahrenen Sanierungsbzw. Insolvenzgeschäftsführers (Chief Insolvency Officer, CIO) in das Organ obligatorisch zu erfolgen hat und insbesondere die Sicherstellung der insolvenzrechtlichen Kompetenz nur in Person eines Generalbevollmächtigten wegen des dann zu besorgenden Auseinanderfallens von Entscheidungsträger und Haftungsschuldner, was zu Fehlanreizen führen kann, nicht genügend ist. Der Gesetzgeber hat diese Diskussion nicht nur in der Neufassung des § 270a 58 Abs. 1 Nr. 4 InsO, sondern wortgleich auch in § 31 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG aufgegriffen, wonach der Schuldner im Rahmen der Anzeige die von ihm getroffenen Vorkehrungen darzustellen hat, welche er getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, seine Pflichten nach diesem Gesetz zu erfüllen. Leider hat es der Gesetzgeber dabei versäumt, klarzustellen, dass die bloße 59 Beauftragung eines Beraters zur Sicherstellung der verfahrensspezifischen Pflichten regelmäßig nicht genügend ist, sondern aus dem Gesichtspunkt der verhaltenssteuernden Funktion einer Haftungsandrohung stets der Gleichlauf zwischen Haftungsschuldner und Entscheidungsträger zu gewährleisten ist. Für die Einhaltung der verfahrensspezifischen Pflichten haften nach § 43 Abs. 1 StaRUG (vgl. dort Rn. 4) den Gläubigern eines in haftungsbeschränkender Rechtsform verfassten Schuldners dessen Organe. Die Vorschrift folgt dem insolvenzrechtlichen Haftungsmodell des § 60 InsO; sie dient daher nicht zuletzt auch dazu, den Schuldner anzuleiten, bei der Gestaltung der ihm durch das Gesetz eröffneten Eingriffe in die Rechtspositionen der Gläubiger deren Interessen zu wahren. Da es sich bei dem StaRUG um ein komplexes Normengeflecht und einen 60 anspruchsvollen Kanon verfahrens- und gläubigerbezogener Pflichten und Obliegenheiten handelt, wird der Schuldner die Anforderung des § 31 Abs. 2 163
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Nr. 3 StaRUG regelmäßig nur dadurch erfüllen können, dass er nachweist, restrukturierungsrechtliche Kompetenz „eingekauft“ zu haben. Es geht dabei um den Nachweis, dass die verfahrensspezifische Pflichterfüllung durch eine in Restrukturierungsachen (rechtlich) erfahrene Person gewährleistet wird. 61 Gerade die verhaltenssteuernde Funktion der Haftungsandrohung gebietet dabei aber, dass die Haftungsadressaten, nämlich die Organe des Schuldners selbst Gewähr für die Einhaltung der verfahrensspezifischen Pflichten bieten. Wäre dies nämlich nicht der Fall, würde der Schuldner also zum Beispiel für den Nachweis der Pflichterfüllung gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG lediglich auf einen mandatierten Berater verweisen, so wäre die Sicherstellung der Pflichterfüllung nicht in Person der Organe des Schuldners, also nicht in Person der Haftungs- und Pflichtenadressaten erfüllt. Unbeschadet daraus für die Gläubiger etwaig resultierender Haftungsbegrenzungen aus der zugrunde liegenden Mandatsvereinbarung, z. B. einer darin regelmäßig enthaltenen Beschränkung auf den Versicherungsschutz oder eines möglichen Ausschlusses der Haftung gegenüber Dritten insgesamt, wären mögliche Fehlanreize und Fehlallokationen die Folge, weil derjenige, der die Entscheidungen im Sinne der verfahrensspezifischen Pflichterfüllung trifft, nämlich der Berater, für diese nicht unmittelbar im Außenverhältnis auch die Haftung übernimmt. 62 Auch im Restrukturierungsverfahren erfüllt der Schuldner seine verfahrensspezifischen Pflichten daher in aller Regel nur dann, wenn die restrukturierungsspezifische Kompetenz im Organ selbst vorhanden ist, also der regelmäßig erforderliche restrukturierungsrechtlich erfahrene Berater selbst in das Organ berufen wird. Ist dieser – häufig gerade aus Haftungsgründen – nicht bereit, eine Organfunktion zu übernehmen, so kann den Gläubigern die Beteiligung an einem solchen Restrukturierungsvorhaben, bei dem sogar die verantwortlich, nicht zugemutet werden. 63 Für die Erfüllung der Pflicht aus § 31 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG ist in der gerichtliche Praxis daher der Nachweis der Bestellung eines restrukturierungsrechtlich erfahrenen Geschäftsleiters in das Organ (Chief Restructuring Officer, CRO) zu verlangen. Hierauf muss sich die Beratungspraxis einstellen. dd) Ergänzende Angaben (§ 31 Abs. 2 Satz 2 – 4 StaRUG) 64 Des Weiteren verlangt das Gesetz in § 31 Abs. 2 Satz 2 – 4 StaRUG die Angabe weiterer, für die gerichtliche Entscheidung erheblicher Umstände. 65 Nach Satz 2 ist anzugeben, ob die Rechte von Verbrauchern oder von mittleren, kleinen oder Kleinstunternehmen berührt werden sollen, insbesondere weil deren Forderungen oder Absonderungsanwartschaften durch den Restrukturierungsplan gestaltet oder die Durchsetzung dieser Forderungen durch eine Stabilisierungsanordnung vorübergehend gesperrt werden sollen. Der Gesetzgeber nimmt damit die Formulierung des § 73 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG auf, wonach in diesem Fall grundsätzlich und (nur) unter dem Vorbehalt des § 73
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§§ 31, 33 Anzeige des Restrukturierungsvorhabens
Abs. 1 Satz 2 StaRUG (vgl. dort Rn. 16 ff., 34) von Amts wegen ein Restrukturierungsbeauftragter zu bestellen ist. Wann ein Gläubiger ein mittleres, kleines oder Kleinstunternehmen ist, regelt 66 das Gesetz nicht; auch findet sich in der Gesetzesbegründung hierzu keine Auslegungshilfe. Einzige Auslegungshilfe ist Art. 9 Abs. 4 Unterabsatz vier der Richtlinie, die den Schutz besonders „vulnerabler“ Gläubiger (vgl. Kowalewski/ Praß, in: Morgen, Präventive Restrukturierung, Art. 9 Rn. 31 ff.) gebietet. Der Gesetzgeber hat dieses Schutzprinzip im Rahmen der Auswahl der Planbetroffenen nach § 8 StaRUG (vgl. dort Rn. 4 ff.) und im Rahmen der Gruppenbildung nach § 9 StaRUG (vgl. dort Rn. 10 ff.) umgesetzt, wonach für Kleingläubiger regelmäßig eine eigene Gruppe zu bilden ist. Auch dort heißt es in der Gesetzesbegründung zur Bestimmung der Kleingläubiger lediglich, dass sowohl relative Kriterien (Anteil der Verbindlichkeiten gegenüber dem betreffenden Gläubiger an der Gesamtsumme aller Verbindlichkeiten des Schuldners) und absolute Kriterien (absolute Höhe der Forderungen des betreffenden Gläubigers) herangezogen werden können (BT-Drucks. 19/24181, S. 119). Die konkrete Entscheidung ist anhand der Umstände des Einzelfalls und anhand des konkreten Schutzbedürfnisses zu treffen. Um dem Gericht die nach § 73 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG zu treffende Ermessens- 67 entscheidung zu ermöglichen, ob ein Fall der amtswegigen Einsetzung eines Restrukturierungsbeauftragten vorliegt, liegt es nicht in der Entscheidungsprärogative des Schuldners, zu bestimmen, welcher Gläubiger ein kleinerer oder Kleinstgläubiger ist und welcher nicht. Vielmehr hat der Schuldner, um dem Erfordernis des § 31 Abs. 2 Satz 2 StaRUG gerecht zu werden, konkret darzustellen, in die Rechte welcher Gläubiger eingegriffen werden soll und hat dabei besonders herauszustellen, welche der Planbetroffenen diejenigen Gläubiger mit den geringsten Forderungen sind. Dass solche qualifizierten Gläubigerverzeichnisse, hier: Planbetroffenenverzeichnisse, einzureichen sind, ist der Praxis nicht fremd; nach § 13 Abs. 1 InsO ist dies für die Stellung eines Insolvenzantrags obligatorisch. Es liegt sodann weiter im Ermessen des Schuldners, ob der auch nicht Planbetroffene Gläubiger explizit aufführt, um darzustellen, dass die Planbetroffenen mit den geringsten Forderungen im Verhältnis zu den nicht Planbetroffenen Gläubigern noch über nennenswerte Forderungen verfügen und deshalb nicht als kleine Gläubiger einzustufen sind. Unterlässt der Schuldner dies, entscheidet das Gericht allein auf Grundlage der ihm vorliegenden Informationen. Zu den Einzelheiten vergleiche § 73 StaRUG Rn. 46 ff. Demselben Zweck, nämlich der Entscheidung des Gerichts darüber, ob ein 68 Restrukturierungsbeauftragter zu bestellen ist, dient auch die Verpflichtung nach § 31 Abs. 2 Satz 3 StaRUG, wonach anzugeben ist, ob der Schuldner damit rechnet, dass das Restrukturierungsziel nur gegen den Widerstand einer nach Maßgabe des § 9 StaRUG zu bildenden Gruppe durchgesetzt werden kann, ob also eine Planbestätigung auf Grundlage einer Mehrheitsentscheidung absehbar erforderlich wird. Denn auch in diesem Fall ist gemäß § 73 Abs. 2
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
StaRUG grundsätzlich die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten obligatorisch. 69 Mit der Durchsetzbarkeit des Restrukturierungsplans allein nach Maßgabe des § 26 StaRUG, nämlich durch gruppenübergreifende Mehrheitsentscheidung, ist bereits dann zu rechnen, wenn und soweit sich aus dem Stand der Verhandlungen im Zeitpunkt der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens bei Gericht ergibt, dass nicht in jeder vorgesehenen Plangruppe vorhersehbar 75 % Summenmehrheit erreicht wird. Dies ist unabhängig davon, ob der Schuldner damit rechnet, bis zum Abstimmungstermin die nötigen Mehrheiten noch zu erreichen. Denn die Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten dient in diesem Fall nicht zuletzt auch dazu, bereits die Verhandlungsführung des Schuldners und die Fortführung des Unternehmens während dieser Zeit im Gesamtgläubigerinteresse zu überwachen (vgl. § 73 StaRUG Rn. 16). Daraus folgt, dass im Rahmen der Darstellung des Verhandlungsstands gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StaRUG das im Zeitpunkt der Anzeige zu erwartende Abstimmungsverhalten der betreffenden Gläubiger mit anzugeben ist. 70 Nicht der Entscheidung des Gerichts über die Frage, ob ein Restrukturierungsbeauftragter zu bestellen ist, sondern der Beurteilung der Frage, ob die durch die Anzeige grundsätzlich rechtshängig gewordene Restrukturierungssache wieder aufzuheben ist, dient § 31 Abs. 2 Satz 4 StaRUG. Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 StaRUG ist die Restrukturierungssache nämlich grundsätzlich aufzuheben, wenn in einer früheren Restrukturierungssache der Schuldner bereits eine Stabilisierungsanordnung erwirkt hat oder ein Restrukturierungsplan bestätigt worden ist (vgl. dazu Rn. 106). Dem steht nach § 33 Abs. 2 Satz 3 StaRUG die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gleich. Die Pflicht zur Anzeige solcher früheren Verfahren geht auf den Grundsatz „eine Krise – ein Verfahren“ zurück (vgl. dazu auch Hölzle/ Curtze, ZIP 2021, 1293). Das Gericht muss hier in die Lage versetzt werden, zu beurteilen, ob der Ausnahmetatbestand des § 33 Abs. 2 Satz 2 StaRUG vorliegt, im Grundsatz nämlich die frühere Krise wegen einer nachhaltigen Sanierung als überwunden angesehen werden kann. Der Schuldner ist deshalb verpflichtet, in seiner Anzeige frühere Verfahren mit Angabe des zuständigen Gerichts und des Aktenzeichens anzugeben, damit das Gericht die entsprechenden Akten beiziehen kann. Zu Letzterem ist es, erwägt es, die Restrukturierungssache nicht aufzuheben, verpflichtet. 4. Verfahrensbeendigung und Aufhebung der Restrukturierungssache a) Wegfall der Rechtshängigkeit (§ 31 Abs. 4 StaRUG) 71 Da die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache gemäß § 31 Abs. 3 StaRUG grundsätzlich (vgl. Rn. 38) unmittelbar mit Eingang der Anzeige beim Restrukturierungsgericht rechtshängig wird, es daher keines Beschlusses für die Begründung der Rechtshängigkeit bedarf, endet die Rechtshängigkeit im Sinne eines actus contrarius gemäß § 31 Abs. 4 StaRUG in den dort ge-
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§§ 31, 33 Anzeige des Restrukturierungsvorhabens
nannten Fällen ebenso unmittelbar, ohne dass es eines gerichtlichen Tätigwerdens bedürfte. Dies gilt zum einen für den Fall der Rücknahme der Anzeige durch den 72 Schuldner, § 31 Abs. 4 Nr. 1 StaRUG. Da es dem Schuldner freisteht, zu jeder Zeit die Restrukturierung rechtshängig zu machen, steht es ihm im Rahmen der ihm eingeräumten Verfahrenshoheit ebenso frei, die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache durch Rücknahme der Anzeige zu beenden. Die Rücknahme führt jedoch nicht auch unmittelbar dazu, dass das Restruk- 73 turierungsvorhaben ebenfalls beendet würde. Selbstverständlich kann das Restrukturierungsvorhaben auch nach Rücknahme der Anzeige als faktisches Restrukturierungsvorhaben weitergeführt werden (vgl. Rn. 5 ff.). Es gelten dieselben Grundsätze wie für die faktische Einleitung des Restrukturierungsvorhabens. Andernfalls nämlich stünde es im freien Ermessen des Schuldners, die Pflichtenbindung an die Sorgfalt eines ordnungsgemäßen Sanierungsgeschäftsführers (§ 32 StaRUG) nach seinem Belieben zu beenden. Solange das Restrukturierungsvorhaben faktisch fortgeführt wird, insbesondere durch fortwährende Verhandlung mit Gläubigern, die nach wie vor objektiv erkennbar auf den möglichen Abschluss eines Restrukturierungsplans gerichtet sind, bleibt auch die Bindung an die mit der Führung des Restrukturierungsvorhabens verbundenen Pflichten erhalten. Dies muss schon deshalb gelten, weil die Gläubiger von der Anzeige und deren Rücknahme grundsätzlich nicht informiert werden müssen und beides auch keiner Veröffentlichungspflicht unterliegt. Die Bindung an die Pflichten zur ordnungsgemäßen Führung des Sanierungsvorhabens stünden daher nicht nur im Belieben des Schuldners, sondern es wäre auch für die Gläubiger nicht zu erkennen, unter welchem Pflichtenkanon der Schuldner im gegenwärtigen Verhandlungsstadium agiert. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit muss daher ein einheitlicher Pflichtenmaßstab während des gesamten Restrukturierungsvorhabens ungeachtet der Frage und der Tatsache gelten, ob die Restrukturierungssache gerade rechtshängig ist oder nicht. Daraus folgt ebenfalls und ist geradezu selbstverständlich, dass der Schuldner 74 sich durch die Rücknahme der Anzeige nicht einem möglichen Schadensersatzanspruch wegen einer bereits begründeten Pflichtverletzung wieder entziehen kann. Nach § 31 Abs. 4 Nr. 2 StaRUG verliert die Anzeige ferner ihre Wirkung und 75 endet die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache, wenn die Entscheidung über die Planbestätigung rechtskräftig wird. In diesem Fall ist das Restrukturierungsziel erreicht, sodass es einer fortwirkenden Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache nicht bedarf. Dasselbe gilt freilich in entsprechender Anwendung der Norm, wenn es einer 76 gerichtlichen Planbestätigung gar nicht bedarf, weil der Plan – ggf. auch wider Erwarten – einstimmig angenommen worden ist und deshalb eine gerichtliche Planbestätigung nicht mehr beantragt wird. Auch in diesem Fall ist der Plan 167
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„rechtskräftig“ bzw. das Restrukturierungsziel erreicht. Allerdings muss dem Schuldner in diesem Fall eine angemessene Frist eingeräumt werden, binnen derer er entscheiden kann, ob er trotz der Einstimmigkeit der Planannahme die gerichtliche Planbestätigung aus Gründen der Rechtssicherheit noch betreiben möchte. Das Gesetz schweigt zu einer Höchstfrist, binnen derer die Planbestätigung noch beantragt werden kann unmittelbar. 77 Mittelbar ergibt sie sich aus der Höchstfrist des § 31 Abs. 4 Nr. 4 StaRUG, wonach die Anzeige nach Ablauf von sechs Monaten oder, sofern der Schuldner die Anzeige zuvor erneuert hat, nach Ablauf von zwölf Monaten ihre Wirkung verliert. Die Verlängerung ist vor Ablauf der ersten sechs Monate vom Schuldner zu beantragen, wie sich eindeutig aus dem Wortlaut ergibt. Anderenfalls handelt es sich um eine neue Restrukturierungssache. Der erneuten Rechtshängigkeit stünde dann jedoch grundsätzlich das Verbot der „Kettenrestrukturierung“ nach § 33 Abs. 2 Nr. 4 StaRUG jedenfalls dann entgegen, wenn innerhalb der ersten Rechtshängigkeit bereits eine Stabilisierungsanordnung ergangen war. Darüber hinaus könnte, auch wenn eine Stabilisierungsanordnung noch nicht ergangen war, an der Ernsthaftigkeit der Verfolgung des Restrukturierungsvorhabens durch den Schuldner gezweifelt werden, was einen Aufhebungsgrund nach § 33 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG (vgl. Rn. 104) begründen kann. 78 Aber auch wenn der Schuldner das Restrukturierungsvorhaben dem Gericht überhaupt nicht angezeigt hat, ehe über den Restrukturierungsplan im privatautonomen Verfahren nach §§ 17 – 22 StaRUG abgestimmt worden ist, ist die Festsetzung einer Höchstfrist für einen Antrag auf Bestätigung des Restrukturierungsplans aber jedenfalls sinnvoll, um das Gericht nicht mit einer etwaig viele Monate zurückliegenden Planabstimmung noch befassen zu müssen. Es liegt deshalb nahe, auch insoweit auf die Höchstfrist des § 31 Abs. 4 Nr. 4 StaRUG abzustellen und diese auch für den Fall anzuwenden, dass das Restrukturierungsvorhaben vor der Planabstimmung nicht angezeigt worden war. In diesem Fall sollte die Beantragung einer gerichtlichen Planbestätigung in entsprechender Anwendung des § 31 Abs. 4 Nr. 4 StaRUG allenfalls innerhalb von sechs Monaten nach der Abstimmung über den Restrukturierungsplan möglich sein. Eine danach beantragte Planbestätigung bzw. Anzeige der Restrukturierungssache wäre in entsprechender Anwendung des § 33 Abs. 2 Nr. 4 lit. a) StaRUG zurückzuweisen, weil zwar nicht in einer früheren Restrukturierungssache eine Planbestätigung, wohl aber der bindende Abschluss eines Restrukturierungsplans bewirkt worden ist. 79 Schließlich endet die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache gemäß § 31 Abs. 4 Nr. 3 StaRUG, dies bedarf keiner näheren Erläuterung, wenn das Gericht die Restrukturierungssache gemäß § 33 StaRUG aufhebt.
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§§ 31, 33 Anzeige des Restrukturierungsvorhabens
b) Aufhebung der Restrukturierungssache (§ 33 StaRUG) aa) Grundlagen der Aufhebung § 33 StaRUG trägt dem Umstand Rechnung, dass die Restrukturierungssa- 80 che allein durch Anzeige des Schuldners rechtshängig wird und die im Insolvenzverfahren obligatorische Eingangskontrolle des § 231 InsO im Restrukturierungsverfahren (zunächst) nicht stattfindet (vgl. schon Rn. 38 ff.). § 33 StaRUG enthält daher die Vorschriften zu einer nachgelagerten Zugangskontrolle zum Verfahren durch das Gericht. Die Prüfung erfolgt anhand der vom Schuldner der Anzeige des Restruktu- 81 rierungsvorhabens nach § 31 StaRUG beizufügenden Unterlagen. Für die Anzeigepflicht gilt, um dem Gericht die Prüfung zu ermöglichen, das uneingeschränkte Transparenzgebot. Der Schuldner ist ungefragt zur Offenbarung aller für die Beurteilung durch das Gericht erheblichen Umstände verpflichtet, wobei er im Zweifel von der Erheblichkeit auszugehen und die Würdigung dem Gericht zu überlassen hat und nicht seine eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Gerichts setzen darf. Auch wenn es sich systemisch bei § 33 StaRUG zunächst um eine nachgela- 82 gerte Eingangskontrolle handelt, werden die in der Norm festgeschriebenen Aufhebungsgründe vom Gericht aber selbstverständlich in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen (§ 33 Abs. 1 StaRUG) geprüft und berücksichtigt. Dabei ist gleichgültig, auf welcher Grundlage und aus welcher Quelle das Gericht Kenntnis von die Aufhebung etwaig rechtfertigenden Umständen erlangt, also unerheblich, ob ihm diese z. B. von einem bestellten Restrukturierungsbeauftragten, einem (potenziell) Planbetroffenen, dem Schuldner selbst oder auf andere Weise zur Kenntnis gebracht werden. Liegen die Voraussetzungen für die Aufhebung der Restrukturierungssache 83 nach § 33 StaRUG vor, so hebt das Gericht die Restrukturierungssache dennoch gemäß § 33 Abs. 3 StaRUG so lange nicht auf, wie es gemäß § 59 Abs. 3 StaRUG von der Aufhebung einer Stabilisierungsanordnung abgesehen hat, um dem Schuldner innerhalb einer Höchstfrist von drei Wochen den geordneten Übergang in ein Insolvenzverfahren zu ermöglichen (vgl. §§ 58, 59 StaRUG Rn. 24). Die Vorschrift des § 33 Abs. 3 StaRUG ist allerdings auf die Fälle des § 59 Abs. 3 StaRUG beschränkt. Eine analoge Anwendung in dem Sinne, dass auch außerhalb des Erlasses von Stabilisierungsanordnungen eine Frist vor Aufhebung der Rechtshängigkeit zu gewähren wäre, um einen geordneten Übergang in das Insolvenzverfahren zu ermöglichen, ist nicht denkbar. Denn die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache dient dem verfahrensrechtlichen Zweck, Instrumente unter einem einheitlichen Verfahrensrahmen in Anspruch nehmen zu dürfen. Dieses Zwecks bedarf es nicht, wenn die Restrukturierung wegen des Eintritts von Insolvenzgründen richtigerweise im Insolvenzverfahren stattzufinden hat.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
bb) Insolvenzereignis (Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1) 84 Ist der Schuldner zahlungsunfähig oder überschuldet, so stehen die Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens dem Schuldner nur noch im Ausnahmefall des § 33 Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2 StaRUG offen. Die entsprechende Anzeige des Eintritts von Insolvenzgründen dem Gericht gegenüber zu tätigen, ist der Schuldner nach § 32 Abs. 3 StaRUG verpflichtet. Andererseits ist an die Anzeige des Eintritts von Insolvenzgründen durch den Schuldner noch keine unmittelbare Rechtsfolge geknüpft, sondern ist das Insolvenzgericht lediglich gehalten, eine Entscheidung nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2 StaRUG zu treffen. 85 Ein Ermessen ist dem Restrukturierungsgericht allerdings nur eingeräumt, wenn der Schuldner es bei der Anzeige belässt und nicht selbst Insolvenzantrag stellt. Durch die mit § 32 Abs. 3 StaRUG korrespondierende Norm des § 42 Abs. 1 StaRUG wird nämlich lediglich die Antragspflicht suspendiert, werden nicht aber die Insolvenzgründe ausgesetzt. Um zu verhindern, dass es zu einer Parallelität der Verfahren kommt, und weil der Schuldner durch die Stellung eines Insolvenzantrags eine klare Entscheidung für die Bewältigung der Krise mit der Hilfe der Instrumente des Insolvenzverfahrens trifft, sowie weil letztlich das Insolvenzverfahren Vorrang vor der Inanspruchnahme von Restrukturierungsinstrumenten beansprucht, regelt § 33 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG, dass die Restrukturierungssache obligatorisch aufzuheben ist, wenn der Schuldner Insolvenzantrag stellt oder über das Vermögen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet ist. Anders als nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2 StaRUG ist dem Restrukturierungsgericht in diesem Fall kein Ermessen eingeräumt. 86 Belässt es der Schuldner demgegenüber bei der Anzeige des Eintritts von Insolvenzgründen, so kann das Restrukturierungsgericht im Einzelfall von der Aufhebung des Restrukturierungssache absehen, wenn die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mit Blick auf den erreichten Stand der Restrukturierung offensichtlich nicht im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger liegen würde oder der Eintritt der Insolvenzgründe durch den überwiegend wahrscheinlichen Vollzug des Restrukturierungsplans wegfallen, weil die insolvenzauslösenden Verbindlichkeiten der Gestaltung durch den Plan unterliegen. 87 Ausweislich der eindeutigen Formulierung des Gesetzes stellt die Fortsetzung der Restrukturierungssache den Ausnahmefall dar. Dieser ist daher positiv zu begründen. Für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals des Interesses der Gesamtheit der Gläubiger ist nicht auf die Ziele des StaRUG, insbesondere nicht das Restrukturierungsziel der Wiederherstellung der nachhaltigen Bestandsfähigkeit des Schuldners abzustellen, sondern ausschließlich auf das insolvenzrechtliche Verfahrensziel des § 1 InsO. Maßstab für die Beurteilung des Gläubigerinteresses im Rahmen des § 33 Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2 StaRUG ist daher das Ziel der gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger aus dem Gesamtvermögen des Schuldners unter Geltung der par conditio creditorum. Maßstab der Entscheidung des Restrukturierungsgerichts ist daher in
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§§ 31, 33 Anzeige des Restrukturierungsvorhabens
Anlehnung an die Entscheidung des BGH (ZIP 2020, 1080 = BGHZ 225, 90) zum Sorgfaltsmaßstab des Insolvenzverwalters bei der Unternehmensfortführung der Insolvenzzweck der bestmöglichen gemeinschaftlichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger sowie das im Interesse der Gläubiger zu beschließende Verfahrensziel – Abwicklung des Unternehmens, Veräußerung oder Insolvenzplan – als Mittel der Zweckerreichung. Bei seiner Entscheidung hat das Restrukturierungsgericht daher die vermögensrechtlichen Auswirkungen auf sämtliche Gläubiger des Schuldners einerseits, das gesamte Vermögen des Schuldners, wie es sich im Rahmen der insolvenzrechtlichen Gesamtvollstreckung darstellen würde, andererseits zu berücksichtigen. Die nachhaltige Bestandssicherung des Schuldners ist in dieser Betrachtung kein zu berücksichtigender Umstand oder Wert, es sei denn ein die Befriedigungsaussichten der Gesamtheit der Gläubiger verbessernder Fortführungswert wird diesen gesamtheitlich zugewandt. Im Rahmen der Entscheidung, die Restrukturierungssache nicht aufzuheben, 88 ist das Restrukturierung daher gehalten, das Insolvenzergebnis, soweit aus den ihm vorliegenden Unterlagen möglich, zu prospektieren und mit dem nach dem Restrukturierungsplan zu erreichenden Ergebnis zu vergleichen. Darüber hinaus ist zu begründen, weshalb das Restrukturierungsgericht davon ausgeht, dass trotz des Eintritts von Insolvenzgründen mit der Erreichung des Restrukturierungsziels gerechnet werden kann. Wegen des Ausnahmecharakters der Norm ist hierfür eine überwiegende Wahrscheinlichkeit zu verlangen und gehen Prognoseunsicherheiten zulasten des Schuldners und führen zu dem Gebot der Überantwortung der Restrukturierung in das Insolvenzverfahren. cc) Unzuständigkeit des Gerichts (Abs. 1 Nr. 2) Da die Restrukturierungssache mit dem Eingang der Anzeige rechtshängig 89 wird, kommt es zunächst nicht darauf an, ob die Anzeige beim zuständigen Gericht eingereicht worden ist. Nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG ist die Restrukturierungssache deshalb aufzuheben, wenn die Anzeige beim unzuständigen Gericht erfolgt ist und der Schuldner innerhalb einer ihm vom angerufenen Gericht gesetzten Frist nicht entweder einen Verweisungsantrag gestellt oder die Anzeige zurückgenommen hat. Auf diese Weise wird verhindert, dass dauerhaft ein unzuständiges Gericht mit der Sache befasst ist. Aus der Vorschrift folgt, dass das angerufene Gericht nicht berechtigt ist, die 90 bei ihm unzuständig rechtshängig gemachte Restrukturierungssache von Amts wegen und ohne einen entsprechenden Antrag des Schuldners an das zuständige Gericht zu verweisen.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
dd) Verletzung verfahrensspezifischer Pflichten oder des Transparenzgebots (Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 3) 91 Das Restrukturierungsverfahren wird von dem Grundsatz geprägt, dass die angebotenen Instrumente nur für einen sachgerechten Gebrauch zur Verfügung stehen. Von ihnen sollen nur Schuldner Gebrauch machen können, die das Restrukturierungsvorhaben mit der gebotenen Ernsthaftigkeit und Gewissenhaftigkeit betreiben. Dazu gehört ein plangemäßes und nachvollziehbares Vorgehen, das jedenfalls und jederzeit gegenüber dem Gericht transparent zu machen ist (BT-Drucks. 19/24181, S. 140, vgl. bereits Rn. 43). Ferner ändert die Bereitstellung des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens unter der Verfahrensherrschaft des Schuldners nichts daran, dass es auch weiterhin nicht Aufgabe weder des Insolvenzrechts noch des Restrukturierungsrahmens ist, ein Fortbestands- oder Sanierungsinteresse des Schuldners oder von dessen Anteilsinhabern gegen die Interessen der Gläubiger durchzusetzen. Die Sanierung, gleich in welcher Verfahrensform, bleibt ein Instrument zur Verwirklichung der auf die Befriedigung der Gläubiger gerichteten Ziele, woraus folgt, dass die Entscheidung darüber, ob der Sanierungsweg einzuschlagen und in welcher Ausgestaltung er zu vollziehen ist, von denjenigen zu treffen ist, welche die Sanierung über ihre Beiträge mitfinanzieren, namentlich von den Gläubigern. Die aus der Beteiligtenautonomie folgende Marktkonformität der Verfahrensergebnisse ist damit wesensprägende Säule nicht nur des Insolvenzverfahrens, sondern auch des Restrukturierungsrahmens (so im Ganzen BT-Drucks. 19/24181, S. 85 f.). 92 Es folgt daraus unweigerlich, dass der Schuldner die Restrukturierungssache im wohlverstandenen Interesse der Gläubiger zu betreiben und vor allem voranzutreiben hat. Er hat dabei seine sowohl konkret restrukturierungsbezogenen Pflichten als auch seine allgemein operative geschäftsleitende Tätigkeit vorrangig an dem Gesamtgläubigerinteresse auszurichten. Kommt er dem nicht nach, ist die Restrukturierungssache aufzuheben. Dies kann einmal aus einem Pflichtverstoß gegen das uneingeschränkte Transparenzgebot (§ 33 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG), zum anderen aus einem schwerwiegenden Verstoß gegen die in § 32 StaRUG niedergelegte Pflicht, die Restrukturierungssache mit der Sorgfalt eines ordentlichen Sanierungsgeschäftsführers zu führen, § 33 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG, folgen. 93 Das Transparenzgebot findet seine Grundlage in den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen, ist aber zudem in der in § 39 Abs. 2 StaRUG konkret ausgeformten Auskunfts- und Mitwirkungsverpflichtung sowie in der Verpflichtung, dem Restrukturierungsgericht alle wesentlichen Veränderungen, die Einfluss auf die Umsetzbarkeit des Restrukturierungsvorhabens und die Erreichbarkeit des Restrukturierungsziels haben können, zu informieren, noch einmal besonders hervorgehoben. 94 Es handelt sich um eine Offenbarungspflicht, die der Schuldner ungefragt und umfänglich zu erfüllen hat. Zu offenbaren sind sämtliche Umstände, die
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§§ 31, 33 Anzeige des Restrukturierungsvorhabens
nach Auffassung eines objektiven, durchschnittlichen Planbetroffenen Einfluss auf die Erwartung haben können, dass das Restrukturierungsziel erreichbar ist und mit welchen Maßnahmen dies verwirklicht werden soll. Die Entscheidung darüber, ob eine Veränderung oder ein Umstand erheblich ist, obliegt dabei nicht dem Schuldner. Dieser hat grundsätzlich sämtliche Veränderungen und Umstände anzuzeigen und die Beurteilung, ob diese erheblich sind und welche Rechtsfolgen sich daraus etwaig ergeben, dem Gericht zu überlassen. Der Schuldner ist nicht berechtigt, seine eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Gerichts zu setzen. Die Verletzung des Transparenzgebots liegt daher auch dann vor, wenn der Schuldner einen Umstand nicht offenbart, der nach der Würdigung des hierfür alleinzuständigen Restrukturierungsgerichts für sich genommen keinen Einfluss auf den Fortgang der Restrukturierungssache gehabt hätte. Dass bereits der Verstoß gegen das Transparenzgebot die Aufhebung der Re- 95 strukturierungssache richtigerweise zur Folge haben muss, folgt auch aus § 33 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG, wonach auch der Wegfall der Aussichten auf Umsetzbarkeit der Restrukturierungssache im Sinne der Erreichbarkeit des Restrukturierungsziels (Rn. 100 ff.) einen Aufhebungsgrund darstellt. Vor diesem Hintergrund kann es aber nicht zur Disposition des Schuldners stehen, die Würdigung der Erfolgsaussichten durch das Restrukturierungsgericht dadurch zu unterlaufen, dieses nicht über jedwede Veränderungen zu informieren. Der richtige Verhaltensanreiz für den Schuldner wird daher nur dann gesetzt, wenn bereits der Verstoß gegen das Transparenzgebot ungeachtet der Erheblichkeit der Umstände die Aufhebung der Restrukturierungssache zur Folge hat, selbst wenn im Falle rechtmäßigen Alternativverhaltens die konkret anzuzeigenden Umstände für eine Aufhebung nicht genügt haben würden, weil sie für die Begründung des Fortfalls der Erfolgsaussichten nicht ausgereicht hätten. Das Transparenzgebot ist ein selbstständig im Verfahren zu wahrendes Gut, das nicht an der Erheblichkeitsschwelle der zu offenbarenden Umstände zu messen ist. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass § 33 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG eine 96 schwerwiegende Pflichtverletzung verlangt. Diese Qualifikation bezieht sich nicht auf den Inhalt der nicht offenbarten Umstände und deren Gewichtung, sondern darauf, ob die Transparenzverpflichtung selbst in schwerwiegender Weise verletzt wurde, was gerade auch bei z. B. nachhaltigem oder auch nur wiederholtem Verstoß in Bezug auf unwesentliche Veränderungen der Fall ist. Daneben ist die Restrukturierungssache nach § 33 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG auf- 97 zuheben, wenn – gleich, aus welcher Quelle – Umstände bekannt sind oder werden, aus denen sich ergibt, dass der Schuldner in schwerwiegender Weise gegen die ihm nach § 32 StaRUG obliegenden Pflichten verstoßen hat. § 32 StaRUG stellt dabei den wesentlichen Kanon restrukturierungsbezogener Pflichten und deren Ausstrahlung auf die unternehmerischen Pflichten im Rahmen der Fortführung des Unternehmens während der Restrukturierungsphase (vgl. Vor § 32 StaRUG Rn. 13) auf. Die dort geregelten Pflichten 173
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werden durch § 43 Abs. 1 StaRUG in die Geschäftsleiterpflichten der Organe haftungsbeschränkter Schuldner inkorporiert, treffen diese also unmittelbar. 98 Verstößt der Schuldner gegen diese Pflichten und bringt damit zum Ausdruck, dass er nicht gewillt oder in der Lage ist, die Restrukturierungssache im Gläubigerinteresse zu führen, ist diese aufzuheben. Dabei kommt es auf ein Verschulden nicht an; während Letzteres für die Begründung eines Schadensersatzanspruches gegen den Schuldner erforderlich sein mag (vgl. dazu § 32 StaRUG Rn. 38 ff.), kommt es für die Fortsetzung der Restrukturierungssache allein darauf an, dass diese objektiv im Gläubigerinteresse geführt wird. Aus diesem Grunde hat der Schuldner nach § 31 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG mit der Anzeige der Restrukturierungssache darzustellen, welche Vorkehrungen er getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, seine Pflichten nach diesem Gesetz zu erfüllen (vgl. Rn. 57). Den Gläubigern ist nicht zuzumuten, eine nicht in ihrem Interesse geführte Restrukturierungssache hinzunehmen, auch wenn der Verstoß gegen die restrukturierungsbezogenen Pflichten nicht schuldhaft erfolgt. Der Schuldner ist in diesem Fall schlicht nicht restrukturierungswürdig. 99 Mit § 33 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG enthält das Gesetz zwar die wesentliche und vorrangige Rechtsfolge eines Verstoßes des Schuldners gegen die Pflicht zur Führung des Verfahrens im Gläubigerinteresse und zur Wahrung der Transparenz über den jeweiligen Stand des Restrukturierungsvorhabens. Dessen ungeachtet sind die Pflichten aus § 32 Abs. 1 StaRUG aber auch schadensersatzbewehrt, sodass unbeschadet der Aufhebung der Restrukturierungssache auch die Verwirkung von Schadensersatzansprüchen mögliche Rechtsfolge ist (dazu § 32 StaRUG Rn. 13). ee) Entfall der Umsetzbarkeit (Abs. 2 Nr. 2) 100 Die Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens werden vom Gesetzgeber (nur) zur Verwirklichung ernsthafter, die Interessen der Gläubigerschaft wahrender Restrukturierungsvorhaben bereitgestellt (BT-Drucks. 19/24181, S. 136). Vom Schuldner wird daher erwartet, dass er das Restrukturierungsvorhaben mit der nötigen Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit betreibt und auf einen zeitnahen Abschluss des Verfahrens hinwirkt. Wird erkennbar, dass das angezeigte Restrukturierungsvorhaben keine Aussicht auf Erfolg hat, insbesondere weil es an Unterstützung seitens derjenigen fehlt, deren Zustimmung zu dem Restrukturierungsplan erforderlich ist (BT-Drucks. 19/24181, S. 139 f.) oder von welchen sonstige Beiträge im Rahmen der Umsetzung des Restrukturierungsvorhabens nötig sind, ist das Vorhaben zu beenden und die Restrukturierungsache aufzuheben. 101 Die Gesetzesbegründung geht davon aus, dass die fehlende Aussicht auf Umsetzung zu vermuten ist, wenn die Ablehnung des Vorhabens unter denjenigen, deren Zustimmung als Planbetroffener erforderlich wäre, so verbreitet ist, dass nicht damit gerechnet werden kann, dass ein das Vorhaben abbilden-
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der Restrukturierungsplan mit den erforderlichen Mehrheiten angenommen werden kann (BT-Drucks. 19/24181, S. 140). Ungeachtet dieser beispielhaften Formulierung in der Gesetzesbegründung 102 genügt im Zweifelsfall aber auch die Ablehnung eines einzigen Gläubigers, wenn entweder dessen Beitrag für das Gelingen der Sanierung maßgeblich ist oder dessen Zustimmung, gleich aus welchen Gründen, im Plan nicht nach § 28 StaRUG ersetzt werden kann. Beispiele hierfür können sein: der seine Mitwirkung und die für das Unternehmen notwendige weitere Belieferung ausschließende wesentliche Lieferant (vgl. AG Köln, ZIP 2013, 1390 im Anschluss an Hölzle, ZIP 2012, 158), Geldkreditgeber, die auch weiterhin eine Linie zur Verfügung stellen müssen; Warenkreditversicherer, die den Schuldner weiterhin versichern und so sicherstellen sollen, dass nicht die überwiegende Zahl der Lieferanten auf Vorkasse umstellt und damit die Liquiditätsplanung nicht mehr zu erfüllen ist. Auch die Gesetzesbegründung stellt dabei aber klar, dass die Ablehnung in 103 ernsthafter und endgültiger Weise zum Ausdruck gebracht worden sein muss; soweit sich etwaige Planbetroffene noch zu Zugeständnissen im Verhandlungswege offen zeigen, die Verhandlungen daher noch nicht als gescheitert betrachtet werden müssen, ist der Schuldner auch noch berechtigt, das Vorhaben weiter zu betreiben und im Verhandlungswege zu versuchen, die Zustimmung noch zu erhalten. Erst wenn dies nicht mehr aussichtsreich ist, schließt sich daran die notwendige Aufhebung der Restrukturierungsache an. Da einerseits das Gericht aber kaum je eine Möglichkeit hat, die weggefallene Einigungsbereitschaft wesentlicher Gläubiger zu erkennen, andererseits der Schuldner zwar in Bezug auf solche Umstände anzeigepflichtig ist, die Einschätzung, ob ein Verhandlungskompromiss noch zu erzielen ist, aber naturgemäß bei ihm subjektiv eine andere sein wird als häufig auf Gläubigerseite, wird § 33 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG in der Variante der weggefallenen Umsetzbarkeit des Vorhabens wegen Widerstands maßgeblicher Gläubiger nur relevant werden, wenn das Gericht von dem jeweiligen Gläubiger selbst informiert wird. Eine solche Information eines Gläubigers darf das Gericht demgegenüber allerdings nicht unbeachtet lassen. Neben der weggefallenen Erreichbarkeit des Restrukturierungsziels infolge 104 des Fehlens der Einigungsbereitschaft wesentlicher Gläubiger kann sich die Unerreichbarkeit des Restrukturierungsziels auch aus anderen Gründen ergeben. Hierzu gehören die fehlende Ernsthaftigkeit in dem Betreiben der Restrukturierungssache durch den Schuldner, wozu auch die Obliegenheit gehört, die Sache mit dem gebotenen Nachdruck zu verfolgen und einen dem Krisenstadium angemessenen Zeitplan einerseits zu kommunizieren, andererseits unbeschadet immer auch eintretender Unwägbarkeiten einzuhalten. Stellt sich aber heraus, dass der Schuldner die Restrukturierungssache mutwillig verzögert, so kann er sich nicht auf die gesetzlich geregelten Höchstfristen berufen; diese stellen keinen Freibrief für den Schuldner dar, sie auch auszuschöpfen. Die Restrukturierungssache muss mit einem vertretbaren Engagement betrieben 175
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
und vorangetrieben werden. Jede sachwidrige, nicht in dem Restrukturierungskonzept und seiner Umsetzung begründete Verzögerung, die das Ziel verfolgt, die Gläubiger hinzuhalten, bewirkt den Entfall der ernsthaften Absichten, was einen Aufhebungsgrund darstellt. 105 Schließlich kann das Restrukturierungsziel auch aus Rechtsgründen nicht erreichbar sein, zum Beispiel wenn die im Restrukturierungsplan vorgesehenen Maßnahmen – aus welchem Grund auch immer – rechtlich nicht umsetzbar sind. ff) Verbot der „Kettenrestrukturierung“ (Abs. 2 Nr. 1, Nr. 4 Satz 1 lit. a) 106 Schließlich normiert § 33 StaRUG in seinem Abs. 2 Nr. 4 ein Verbot der „Kettenrestrukturierung“. Es gilt vielmehr der Grundsatz: „Eine Krise – ein Verfahren!“ 107 Hat der Schuldner in einer früheren Restrukturierungssache bereits eine Stabilisierungsanordnung oder eine Planbestätigung erwirkt oder ist ein früheres Verfahren wegen Pflichtverletzungen des Schuldners nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG oder § 33 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG aufgehoben worden, so ist er nicht mehr restrukturierungswürdig. Der Zugang zu einem erneuten präventiven Restrukturierungsverfahren, jedenfalls unter Inanspruchnahme von Instrumenten des Restrukturierungs- und Stabilisierungsrahmens, bleibt ihm in diesem Falle verwehrt (ausführlich Hölzle/Curtze, ZIP 2021, 1293). 108 Der Planbestätigung in einem früheren Verfahren steht die einstimmige Beschlussfassung über einen Restrukturierungsplan und dessen Wirksamwerden damit auch ohne Planbestätigung durch das Gericht gleich. Dies folgt aus der Ratio der Norm, die verhindern soll, dass die Instrumente des Stabilisierungsrahmens beliebig und ohne Zielorientierung genutzt werden, um ohne nachhaltige Bewältigung der Krise mehrfach in Rechtspositionen von Gläubigern einzugreifen, was der Gesetzgeber als missbräuchlich einstuft (BTDrucks. 19/24181, S. 140). 109 Dementsprechend gilt dieselbe Sperrwirkung gemäß § 33 Abs. 2 Satz 4 StaRUG, wenn der Schuldner bereits ein in Eigenverwaltung geführtes Insolvenzverfahren durchlaufen hat. Dies steht richtigerweise der Inanspruchnahme von Instrumenten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens gleich. 110 Eine unzulässige Kettenrestrukturierung in diesem Sinne setzt allerdings voraus, dass der Schuldner die Verfahren nacheinander in derselben Krise in Anspruch zu nehmen beabsichtigt. Dieselbe Krise liegt nicht mehr vor, wenn durch die frühere verfahrensförmige Restrukturierung die nachhaltige Sanierung des Schuldners erreicht worden war und nunmehr neue, ursprünglich nicht vorhersehbare Umstände eingetreten sind, die eine erneute Krise auslösen.
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§§ 31, 33 Anzeige des Restrukturierungsvorhabens
Das Gesetz legt dabei in § 33 Abs. 2 Satz 3 StaRUG eine typisierte Betrach- 111 tungsweise zugrunde, geht nämlich davon aus, dass es sich bei einem neuen Antrag innerhalb von drei Jahren seit der früheren Stabilisierungsanordnung, Planbestätigung oder Einleitung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung im Zweifelsfall um dieselbe, bislang nicht bewältigte oder überwundene Krise handelt und das Verfahren unzulässig ist. Innerhalb dieses typisierten Zeitraums unterstellt der Gesetzgeber, dass kein im wesentlichen neuer Restrukturierungsbedarf entstanden ist, sondern lediglich ein fortgesetzter Restrukturierungsbedarf besteht, der darauf schließen lässt, dass der Schuldner das Restrukturierungsvorhaben nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit und Zielorientierung betrieben hat. Im Grunde folgt § 33 Abs. 2 Satz 3 StaRUG damit demselben Rechtsgedanken wie § 33 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG. Nach § 33 Abs. 2 Satz 3 StaRUG bleibt der Schuldner berechtigt, darzulegen, 112 dass kein fortgesetzter Restrukturierungsbedarf besteht, sondern z. B. aufgrund unvorhergesehener Ereignisse ein neuer, ursprünglich nicht vorhersehbarer Restrukturierungsbedarf entstanden ist. Dies kann sich einerseits aus den vom Schuldner darzustellenden Krisenursachen, andererseits aus der Zusammensetzung der Restrukturierungsforderungen, in welche der Schuldner einzugreifen beabsichtigt, ergeben. Grundsätzlich sollte, um Ketten-Restrukturierungen keinen Vorschub zu leisten, sondern die einmalige konsequente Sanierung des Unternehmens zu befördern, der Beurteilung innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraums ein strenger Maßstab zugrunde gelegt werden. Die Darlegungslast liegt allein beim Schuldner. Zweifel gehen zu seinen Lasten. c) Rechtsmittel (§ 33 Abs. 4 StaRUG) Hebt das Restrukturierungsgericht die Restrukturierungssache nach § 33 113 Abs. 1, 2 StaRUG auf, so steht dem Schuldner hiergegen die sofortige Beschwerde zu. Es handelt sich dabei nach dem Wortlaut des Gesetzes um einen auf den 114 Schuldner beschränkten Rechtsbehelf. Die Gesetzesbegründung führt dazu lediglich aus, dass dem Schuldner Rechtsschutz durch die Eröffnung der sofortigen Beschwerde zu gewähren ist, weil die Aufhebung der Restrukturierungssache für den Schuldner den weiteren Zugang zu den Instrumenten des StaRUG sperrt (BT-Drucks. 19/24181, S. 141). Insbesondere ist danach die sofortige Beschwerde für potenziell Planbetroffene 115 auch dann nicht eröffnet, wenn das Gericht die Restrukturierungssache nicht aufhebt, obwohl nach Auffassung eines Gläubigers Gründe hierfür vorliegen, z. B. in Gestalt schwerwiegender Pflichtverletzungen. Dies ist vor allem deshalb erstaunlich, weil auch im Recht der Stabilisierungsanordnung, lehnt das Gericht deren Erlass ab, kein Beschwerderecht der betroffenen Gläubiger, sondern ebenfalls lediglich das des Schuldners vorgesehen ist, § 51 Abs. 5 StaRUG (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 33). Dem von einer Stabilisierungsanordnung betroffenen Gläubiger steht lediglich das nicht beschwerdefähige Recht
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
aus § 59 Abs. 2 StaRUG (vgl. §§ 58, 59 StaRUG Rn. 9) zu, die Aufhebung der Stabilisierungsanordnung zu beantragen, kann er die dafür erforderlichen Gründe glaubhaft machen. 116 Ein Widerspruchs- bzw. Beschwerderecht (vgl. §§ 64, 66 StaRUG) ist ausschließlich gegen die Bestätigung des Restrukturierungsplans vorgesehen, sodass der Gläubiger einen rechtswidrig in seiner Rechtsposition eingreifenden Restrukturierungsplan nicht hinnehmen muss. Wieso dies aber in Ansehung von Stabilisierungsanordnungen anders sein sollte, erschließt sich aus der Gesetzesbegründung nicht. 117 Ungeachtet der Tatsache, dass eine Entscheidung des Restrukturierungsgerichts, von der Aufhebung der Restrukturierungssache abzusehen im kontradiktorischen Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger keine präjudizielle und schon gar keine Bindungswirkung entfaltet, sich der Schuldner hierauf also insbesondere in einem nachlaufenden Haftungsverfahren, z. B. wegen der Verletzung von Pflichten aus § 32 StaRUG, nicht berufen kann, ist die Aussicht auf haftungsrechtliche Kompensation ein schwacher Trost für den Gläubiger, ist dieser von den Wirkungen einer Stabilisierungsanordnung unmittelbar betroffen. Es liegt deshalb nahe, in entsprechender Anwendung des § 66 Abs. 1 StaRUG – wobei an die Stelle des Widerspruchs gegen den Plan gemäß § 66 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG der Aufhebungsantrag nach § 59 Abs. 2 StaRUG tritt – sowie in analoger Anwendung des § 33 Abs. 3 StaRUG die (ggf. außerordentliche) Beschwerde eines Gläubigers jedenfalls gegen die unterbliebene Aufhebung einer Stabilisierungsanordnung auf Antrag des betreffenden Gläubigers und im Ausnahmefall auch gegen die unterbliebene Aufhebung der Restrukturierungssache selbst zu erwägen, wenn allein aus der fortgesetzten Rechtshängigkeit ein Eingriff in individuelle Rechtspositionen konkret zu besorgen ist. 118 Das Verfahren der Beschwerde richtet sich nach § 40 StaRUG. Vorbemerkung § 32 Pflichten bei drohender Zahlungsunfähigkeit Übersicht 1.
2.
3.
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Genese der Organpflichten bei drohender Zahlungsunfähigkeit ...................................... 1 Grundlagen der Interessenswahrungspflicht .............................. 7 a) Die Pflicht zur Wahrung der Gläubigerinteressen ................ 7 b) Pflichtenmaßstab unabhängig vom Krisenstadium ............... 13 Konkrete Ausgestaltung der Interessenswahrungspflicht ................ 19
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a) Subjektiver Anwendungsbereich und Überwachungspflicht ..................................... b) Durchbrechung der Folgepflicht ..................................... c) Gegenstand des zu schützenden Gläubigerinteresses ........ d) Leitlinien der Ermessensausübung (ABC entscheidungserheblicher Umstände) ......... Exkulpation ..................................
19 21 23
26 50
Vorbemerkung § 32 Pflichten bei drohender Zahlungsunfähigkeit
1. Genese der Organpflichten bei drohender Zahlungsunfähigkeit Der Regierungsentwurf des StaRUG sah in § 2 E-StaRUG (BT-Drucks. 19/ 1 24181, S. 105 f.) vor, dass vom Zeitpunkt des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit an die Geschäftsleiter einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit im Sinne von § 15a Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 InsO die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger zu wahren haben. § 3 E-StaRUG enthielt eine korrespondierende Haftungsvorschrift. Diese Besinnung auf das Gläubigerinteresse wird als „shift of fiduciary duties“ bezeichnet. Die §§ 2, 3 E-StaRUG wurden während des Gesetzgebungsverfahrens im 2 Rechtsausschuss gestrichen. Als Begründung wurde ihr unklares Verhältnis zu den im Gesellschaftsrecht verankerten Sanierungspflichten vorgegeben. Dem Vernehmen nach liegt der tatsächliche Grund darin, dass befürchetet worden war, dass sich eine ungezählte Anzahl von Unternehmen bereits im Stadium der Restrukturierungsverschleppung befand und eine Haftungs- und Insolvenzwelle (im Wahljahr) vermieden werden sollte. In der Sache besteht an dem Haftungsbedürfnis kein Zweifel. Dazu passt, dass der Rechtsausschuss ausdrücklich klargestellt hat, dass die Streichung in dem Verständnis erfolgt sei, dass sie keine Haftungslücken hinterlässt, weil sie durch die gesellschaftsrechtlichen Haftungsnormen aufgefangen werde (BT-Drucks. 19/25353, S. 174). Soweit der „Shift of Fiduciary Duties“, wie er im Regierungsentwurf des Gesetzes noch ausdrücklich vorgesehen war, auch von gesellschaftsrechtlichen Haftungsgrundsätzen getragen wird, wovon der Gesetzgeber auszugehen scheint, ist mit der Streichung der §§ 2, 3 E-StaRUG keine Veränderung gegenüber dem mit der Entwurfsfassung intendierten Schutzstandard verbunden. Dies folgt auch daraus, dass § 2 Abs. 1 E-StaRUG nach der Auffassung der Entwurfsverfasser nicht an die Stelle geltender, rechtsformspezifischer Pflichten trete, sondern diese nur konkretisieren sollte (BT-Drucks. 19/24181, S. 105), die Ausrichtung auf das Gesamtgläubigerinteresse daher im geltenden Recht bereits verankert ist. Hinzu kommt, dass die Umsetzung der Richtlinie (RL [EU] 2019/1023) in nationales Recht geschaffenen Vorschriften richtlinienkonform auszulegen sind. In Art. 19 lit. a) RL [EU] 2019/1023 heißt es jedoch, dass die Unternehmensleitung bei einer wahrscheinlichen Insolvenz mindestens auch die Interessen der Gläubiger gebührend zu berücksichtigen habe. Eine Ausrichtung des Geschäftsleiterhandelns an dem Gesamtgläubigerinteresse vom Zeitpunkt des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit an, ist daher trotz Streichung der §§ 2, 3 E-StaRUG ebenso geboten, als wären diese Vorschriften Gesetz geworden. Der „Shift of Fiduciary Duties“ ist aus der späten Einsicht des Gesetzgebers 3 geboren, dass Geschäftsleiter von Gesellschaften in haftungsbeschränkender Rechtsform nicht erst vom Zeitpunkt des Eintritts der Insolvenzantragspflicht, sondern bereits ab dem Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) auf das Gläubigerinteresse verpflichtet sind (in diesem Sinne bereits ausführlich Hölzle, ZIP 2013, 1846). Die Verschiebung des Fokus der 179
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Treuebindung der Geschäftsleiter, weg vom Gesellschafter- hin zum Gläubigerinteresse setzt richtigerweise bereits mit der konkretisierten Gefährdung der Gläubigerinteressen ein, die sich bereits im Zustand der drohenden Zahlungsunfähigkeit einstellt und damit nicht erst mit dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung (BT-Drucks. 19/24181, S. 105). 4 Die haftungsbewehrte Pflichtenbindung der Geschäftsleiter ist Korrelat der ihnen mit dem StaRUG verliehenen Eingriffsbefugnisse in die Rechte der Gläubiger, setzt aber zeitlich vor und unabhängig davon ein, ob Verfahrenshilfen tatsächlich in Anspruch genommen werden. Anders als es in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommt, statuiert die Pflicht zur Ausrichtung des Geschäftsleiterhandelns am Gläubigerinteresse kein dem jeweiligen Krisengrad des Unternehmens angepasstes Pflichten- und Haftungsregime der Geschäftsleiter. Vielmehr setzt die an den Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit geknüpfte Pflicht zur Wahrung der Gläubigerinteressen statisch mit der Feststellung des Tatbestandes ein. Die Frage der Verdichtung der Handlungspflichten ist eine solche nach einer möglichen Exkulpation. 5 Die Verpflichtung auf das Gläubigerinteresse findet nach wie vor eine gesetzliche Grundlage in § 32 StaRUG, der den Geschäftsleitern aufgibt, dass Restrukturierungsverfahren im Gesamtgläubigerinteresse zu führen. Da diese Pflicht bereits mit der faktischen Einleitung des Verfahrens einsetzt (§§ 31, 33 StaRUG Rn. 5 ff.), knüpft sie unmittelbar an den verfahrensunabhängigen „Shift of Fiduciary Duties“ an. 6 Nach dem Maßstab der an den darstellenden Teil (§ 6 StaRUG, § 220 InsO) eines Plans zu stellenden Anforderungen (vgl. BGH, ZIP 2018, 1141) gehört die Behandlung von möglichen Pflichtverletzungen und daraus resultierenden Ersatzansprüchen ebenso zum zwingenden Inhalt des darstellenden Teils eines jeden Plans, wie die Erläuterung des Bestehens oder Nichtbestehens von Anfechtungsansprüchen (§§ 129 ff. InsO). Demgemäß bedarf es für Darstellungszwecke einer jedenfalls näherungsweise Feststellung des Zeitpunkts des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Prüfung zumindest wesentlicher Geschäftsführungsmaßnahmen in dem Zeitraum bis zur Planvorlage. 2. Grundlagen der Interessenswahrungspflicht a) Die Pflicht zur Wahrung der Gläubigerinteressen 7 Die Ratio und die Leitplanken des „Shift of Fiduciary Duties“ beschreibt die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/24191, S. 105) wie folgt: Die sich im einstelligen Prozentbereich bewegenden durchschnittlichen Insolvenzquoten weisen darauf hin, dass die verbreitete Annahme nicht zutrifft, dass bis zum Eintritt der materiellen Insolvenzreife die Ansprüche der Gläubiger vollwertig seien. Die mit dem ESUG verbundene Erwartung, dass der rechtssichere Zugang zur Eigenverwaltung dazu beitragen würde, dass Schuldner frühzeitig den Weg in das Insolvenzverfahren suchten, habe sich nicht erfüllt, weshalb
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Vorbemerkung § 32 Pflichten bei drohender Zahlungsunfähigkeit
eine auch vor Eintritt der Insolvenzreife haftungsbewehrte Verpflichtung auf das Gläubigerinteresse geboten sei (dazu detailliert Rn. 23 ff.). Zwar bleiben nach dem Auslegungsprimat des Art. 19 lit. a) RL [EU] 2019/ 8 1023 unbeschadet der Verpflichtung auf das Gläubigerinteresse auch die Interessen der an dem Schuldner beteiligten Personen grundsätzlich berücksichtigungsfähig; jedoch haben deren Interessen hinter den Gläubigerinteressen zurückzustehen, soweit nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit deren Beeinträchtigung abgewendet werden kann. Dieser klare Vorrang des Gläubigerinteresses vor dem Gesellschafterinteresse folgt aus dem Rechtsgedanken des § 199 Satz 2 InsO, wonach die Gesellschaftersinteressen erst berücksichtigt werden dürfen, wenn die volle Befriedigung der Gläubiger des Rechtsträgers gewährleistet ist (ausführlich Hölzle, ZIP 2013, 1846). Dort wo aber die Gefährdung der Gläubigerinteressen Legitimation und Grundlage für mögliche Entscheidungen des Schuldners ist, in die Rechte der Gläubiger einzugreifen (BT-Drucks. 19/24191, S. 105), sind auch die Wertungskriterien für die Rangfolge der Interessen zu wahren. Oder mit den Worten des Gesetzgebers: Ein Bedürfnis nach einer Konturierung der Geschäftsleiterpflichten entsteht auch mit Blick darauf, dass den Geschäftsleitern mit dem Restrukturierungsrahmen weitere Handlungsmöglichkeiten an die Hand gegeben werden, zwecks Umsetzung von Sanierungen in die Rechte von Gläubigern einzugreifen. Dieser Gestaltungsmacht muss als Korrektiv eine Verpflichtung der Geschäftsleiter gegenüberstehen, bei der Ausübung ihres Leitungsermessens die Interessen der Gläubiger zu wahren, die im Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit gefährdet sind (BT-Drucks. 19/24191, S. 105). Anknüpfungspunkt für die Verpflichtung der Geschäftsleiter auf das Gläubiger- 9 interesse ist nicht die Einleitung der Restrukturierung oder Sanierung, sondern allein der Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit. Solange die Restrukturierung in einer frühen Phase (noch) als freie, freiwillige und konsensuale Sanierung organisiert und durchgeführt wird, Eingriffsrechte in die Position der Gläubiger ohne deren Zustimmung also noch nicht eröffnet sind, fehlt es an einer Rechtfertigung für die Ausrichtung des Geschäftsleiterhandelns vorrangig an dem Gläubigerinteresse. Eröffnet die regelmäßig dynamische Entwicklung des Sanierungsprozesses aber infolge des Eintritts in die drohende Zahlungsunfähigkeit den Übergang in eine teilkollektive Restrukturierung nach dem StaRUG oder auch in eine verfahrensförmige Restrukturierung mit den Möglichkeiten der InsO, haben also vorangegangene Reaktionen auf die negative Entwicklung des Unternehmens und die von der Geschäftsleitung angestrengten Maßnahmen den Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit nicht verhindern können, und ist deshalb nunmehr eine Sanierung unter denkbarer Inanspruchnahme der Eingriffsmöglichkeiten auch in Gläubigerrechte vonnöten, ist die weitere Strukturierung des Sanierungsweges fortan vorrangig am Gläubigerinteresse auszurichten, weil es sich bei den Gläubigern um die am verbliebenen Unternehmensvermögen vorrangig Residualberechtigten handelt (BT-Drucks. 19/24191, S. 105).
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10 Hierdurch wird der Pflichtenkanon für die Geschäftsleiter auch nicht überstrapaziert, da deren Pflicht, auf negative Unternehmensentwicklungen zu reagieren, bereits deutlich früher, nämlich bereits mit Gründung der Gesellschaft und damit naturgemäß deutlich vor Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit einsetzt, wie sich aus § 1 StaRUG ergibt (vgl. § 1 StaRUG Rn. 3). Deshalb ist es auch gerechtfertigt, anzunehmen, dass dem Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit regelmäßig Versuche der Geschäftsleiter vorangegangen sind, die negative Entwicklung des Unternehmens aufzuhalten, und dass diese wirkungslos geblieben sind. Manifestiert sich diese Entwicklung in einer nunmehr greifbaren Gefährdung der Gläubigerinteressen, sind die Entscheidungen deshalb fortan vorrangig an diesen auszurichten. 11 Der Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit als der maßgebliche Anknüpfungspunkt für die Verschiebung des Pflichtenfokus muss bei gehöriger Einrichtung des nach dem Mindeststandard des § 1 StaRUG gebotenen Risikomanagementsystems für die Geschäftsleiter erkennbar gewesen sein, weshalb sie sich hierauf haben vorbereiten können. Die drohende Zahlungsunfähigkeit tritt regelmäßig – von plötzlich auftretenden exogenen Ereignissen einmal abgesehen – nicht überraschend ein; ihr Eintritt ist in entsprechenden Planungen jedenfalls vorhersehbar und immer auch abhängig von den in diesen zugrunde gelegten Prämissen, weshalb er in den Grenzen des unternehmerischen Ermessens sogar „gestaltbar“ ist. Es besteht damit ausreichend Gelegenheit, die Unternehmensorganisation und die eigene Compliance auf die Verschiebung des Pflichtenfokus auszurichten. 12 Ist die drohende Zahlungsunfähigkeit bereits feststellbar, gilt die Verpflichtung auf das Gläubigerinteresse besonders und gerade auch schon bei der Anstellung von Opportunitätserwägungen in Bezug auf die Einleitung oder Fortsetzung von Restrukturierungsmaßnahmen. Die Verfahrenshilfen des präventiven Restrukturierungsrahmens dürfen allein zur Verfolgung ernsthafter und begründeter Sanierungsabsichten in Anspruch genommen werden. Sie dürfen nicht dazu missbraucht werden, Gläubigern sachfremde Zusagen abzuringen (BT-Drucks. 19/24181, S. 86). Die Schaffung eines institutionellen Rahmens für die außerinsolvenzliche Sanierung darf deshalb mit den Worten der Gesetzesbegründung auch nicht als Ausdruck einer Hinwendung zu einer primären oder vorrangigen Ausrichtung des Insolvenzrechts auf den Erhalt von Unternehmen verstanden werden. Auch weiterhin ist es nicht Aufgabe des Insolvenzrechts, ein Fortbestands- oder Sanierungsinteresse des Schuldners oder dessen Anteilsinhabern gegen die Interessen der Gläubiger durchzusetzen. Die Sanierung bleibt ein Instrument zur Verwirklichung der auf die Befriedigung der Gläubiger gerichteten Ziele des Insolvenzrechts. Ob der Sanierungsweg einzuschlagen ist oder nicht, soll auch weiterhin in erster Linie von denjenigen zu entscheiden sein, welche die Sanierung über ihre Beiträge mitfinanzieren, namentlich von den Gläubigern oder sonstigen Beteiligten (BT-Drucks. 19/24181, S. 85). Die Entscheidung darüber, ob die Sanierung im Rahmen einer außergerichtlichen Restrukturierung oder im Rahmen eines Insolvenzverfahrens
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erfolgt, ist daher allein danach zu treffen, welche Folgen sich für die Gläubiger in der einen oder der anderen Option ergeben. Die Folgen für den Gesellschafter sind allenfalls insoweit berücksichtigungsfähig, wie sie im Rahmen eines Restrukturierungs- oder Insolvenzplans gemäß § 28 StaRUG bzw. § 245 InsO berücksichtigungsfähig wären bzw. einer Planbestätigung im Falle des Widerspruchs entgegenstünden (dazu ausführlich Hölzle, in: Kübler, HRI [Neuaufl. noch nicht erschienen] [3. Aufl. 2018], § 31 Rn. 110 ff.). Soweit aber ein Widerspruch der Anteilseigner wegen einer nicht vollständigen Befriedigung der Interessen der Gläubiger die Umsetzung des Plans nicht hindern kann, weil sie einem – voraussetzungslosen – Cram Down unterläge, sind die Gesellschafterbelange auch im Rahmen der Ausübung des vorrangig an die Gläubigerinteressen gebundenen Ermessens bei der Entscheidung über den einzuschlagenden Sanierungsweg nicht zu berücksichtigen (a. A. Seibt/Bulgrien, DB 2020, 2226, die eine Zustimmung der Gesellschafter zur Einleitung des StaRUG-Verfahrens fordern, die jedoch im Gesetz richtigerweise schon vor Inkrafttreten des StaRUG keine Stütze fand, vgl. noch einmal Hölzle, ZIP 2013, 1846). b) Pflichtenmaßstab unabhängig vom Krisenstadium Die in der Begründung des Regierungsentwurfs geäußerte Auffassung des 13 Gesetzgebers, dass sich mit zunehmender Vertiefung der Krise im Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit auch der Pflichtenkreis der Geschäftsleiter zunehmend verdichtet, ist sicherlich richtig. Ob daraus aber tatsächlich folgt, wie es in der Gesetzesbegründung heißt, dass anfangs des 24-monatigen Prognosezeitraums, auf den sich die drohende Zahlungsunfähigkeit bezieht, entsprechend der zur Verfügung stehenden Vielzahl an Alternativen in aller Regel ein derart breites Ermessen bestehen wird, dass sich die dem Grunde nach bestehende Pflicht zur Wahrung der Gläubigerinteressen kaum jemals zur zu konkreten Handlung- oder Unterlassungspflichten verdichtet (BT-Drucks. 19/ 24191, S. 105), ist zweifelhaft. Insbesondere überzeugt das vom Gesetzgeber dort zum Beleg angeführte Beispiel, wonach zu Beginn des Prognosezeitraums bestehende Unklarheiten über die konkrete Gestaltung einer erforderlich werdenden Finanzierung keine besonderen Pflichten auslösten, solange kein Anlass bestehe, an der Refinanzierungsfähigkeit des Schuldners zu zweifeln, nicht. Besteht nämlich kein Anlass, an der Refinanzierung zu zweifeln, fehlt es in aller Regel bereits an dem Tatbestand des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit. Diese ergibt sich aus einer Projektion der für § 17 InsO zugrunde gelegten 14 Liquiditäts- (BGH, ZIP 2005, 1426), nicht aber auch der Zeitraumgrenzen in die Zukunft; d. h., es ist keine Doppelprognose anzustellen, ob in der Zukunft ein Zustand eintreten wird, aufgrund dessen der Schuldner nicht innerhalb der kommenden drei Wochen mindestens 90 % der fälligen Verbindlichkeiten wird begleichen werden können, sondern es kommt schlicht darauf an, ob ein finanzieller Zustand droht, der es dem Schuldner nicht mehr erlaubt,
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alle zu diesem Zeitpunkt bestehenden Zahlungsverbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen (instruktiv K. Schmidt, in: K. Schmidt, InsO, § 18 Rn. 12; ebenso Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 18 Rn. 19). Die Prognose ist auf Liquiditätspläne im Sinne einer prospektiven Finanzplanung zu stützen (K. Schmidt, in: K. Schmidt, InsO, § 18 Rn. 22). Es entsprach dabei bisher gängiger Praxis, dass bei Aufstellung der Liquiditätsprognose für Zwecke des § 18 InsO dem Schuldner ein gewisses Ermessen eingeräumt ist, zum Beispiel geduldete Verzugsphasen und geduldete Zahlungsziele bei Aufstellung der Prognose zu berücksichtigen. Dies hatte allerdings nichts mit der Auslegung von § 18 Abs. 2 InsO zu tun, sondern nur mit dem strategischen Umgang mit dem optionalen Eigenantrag. Die strategische Feinsteuerung der Finanzplanung zur Selbstvergewisserung über die Opportunität eines Eigenantrages nach § 18 InsO ist in der Tat Gegenstand des Schuldnerermessens und kann nicht von Rechts wegen durch § 18 Abs. 2 InsO begrenzt oder erweitert werden. Rückwirkung auf den Tatbestand des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit hat das jedoch nicht; hierfür ist allein der faktische Eintritt der Zahlungsunfähigkeit im Fälligkeitszeitpunkt maßgeblich (so insgesamt instruktiv K. Schmidt, in: K. Schmidt, InsO, § 18 Rn. 22 f.). Einem unternehmerischen Ermessen unterliegt daher allein die Anwendung der finanzplanbasierten Erfahrungsregeln, welche Verbindlichkeiten und welche liquiden Mittel mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf den Prognosezeitpunkt (jüngst BGH, ZIP 2021, 1643, 1650 ff.; BGH, ZIP 2014, 183) gegenüberzustellen sind. Die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit der Prognose innewohnende Ungewissheit kann sich dabei auf die künftig verfügbaren liquiden Mittel, ebenso aber auch auf den Umfang der künftig fällig werdenden Verbindlichkeiten beziehen. 15 Für den in der Gesetzesbegründung angeführten Beispielsfall der erforderlichen Refinanzierung eines Darlehens folgt daraus, dass Verbindlichkeiten aus einem Darlehen dann die drohende Zahlungsunfähigkeit begründen, wenn der Anspruch auf Rückzahlung entweder durch eine bereits erfolgte Kündigung auf einen bestimmten in der Zukunft liegenden Zeitpunkt fällig gestellt ist, oder, wenn aufgrund der gegebenen Umstände überwiegend wahrscheinlich ist, dass eine Fälligstellung im Prognosezeitraum erfolgt (BGH, ZIP 2013, 79). Im Umkehrschluss muss die (künftige) Verbindlichkeit bei Aufstellung der Prognose unberücksichtigt bleiben, soweit eine solche Fälligstellung in der Zukunft nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Der Gesetzgeber vermengt daher in unzulässiger Weise Tatbestand und Rechtsfolge, wenn er davon ausgeht, dass die nicht absehbare Notwendigkeit der Refinanzierung zwar für die Begründung der drohenden Zahlungsunfähigkeit genüge, jedoch keine konkreten Handlungspflichten des Geschäftsleiters auslöse. Richtigerweise ist in diesem Fall bereits der Eintritt des pflichtbegründenden Tatbestandes zu verneinen. 16 Umgekehrt bedeutet dies aber, dass der Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit dann sehr wohl – auch konkrete – Handlungspflichten des Geschäftsleiters auslöst, gleichviel ob die prospektive Zahlungsunfähigkeit erst in 24,
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oder schon in 13 Monaten eintritt (bis zum 12. Monat ergeben sich darüber hinausgehende Handlungspflichten für den Fall einer Überschuldung mangels Fortbestehensprognose auch aus § 15b InsO, vgl. dort Rn. 16). Nach Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit und Verschiebung der Geschäftsleiterpflichten hin zum Gesamtgläubigerinteresse geht es nicht mehr um Opportunitätserwägungen im Unternehmensinteresse, sondern um die Auslösung von Handlungspflichten und die aus ihnen resultierende klare Abgrenzung eines Haftungstatbestandes. Für ein unternehmerisches Entschließungsermessen, also ein Ermessen bei der Frage, überhaupt tätig zu werden, ist hier kein Raum. Im Gegenteil: Droht die Zahlungsunfähigkeit, so bedarf es nach ständiger Rechtsprechung des BGH (ZIP 2014, 183; ZIP 2013, 79; ZIP 2013, 174; ZIP 2013, 1127) für die Legitimation eines Vertrauens des Geschäftsleiters, eine Benachteiligung der Gläubiger werde vermieden werden können, konkreter Umstände, die nahelegen, dass die Krise noch abgewendet werden kann (so zuletzt bestätigt in BGH, ZIP 2021, 1643). Dieser strenge Darlegungsmaßstab, wie vom BGH seit jeher gefordert wird, bleibt unverändert anwendbar. Unter verschiedenen denkbaren Handlungsalternativen zur Bewältigung der 17 dem Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit zugrunde liegenden Ursachen hat der Geschäftsleiter demgegenüber allerdings unter Ausübung des ihm zustehenden unternehmerischen Auswahlermessens eine Entscheidung zu treffen. Die Ausübung des unternehmerischen Auswahlermessens ist allerdings nicht mehr am Wohl des Unternehmens aus der Perspektive der Anteilsinhaber, sondern an den legitimen Haftungserwartungen der Gläubigerschaft auszurichten (BT-Drucks. 19/24181, S. 107). Da Haftungsfragen in der Praxis üblicherweise ex post beurteilt werden, sind Leitlinie für die Bestimmung des Pflichtenmaßstabes – gerade auch für die haftungsvermeidende Beratung ex ante – die in der Rechts- und Steuerberatungshaftung entwickelten Grundsätze des Anscheinsbeweises: Kommen neben dem eingeschlagenen Sanierungsweg objektiv gleichwertige Verhaltensweisen in Betracht, so muss der Geschäftsleiter zur Vermeidung einer haftungsbegründenden Kausalität für jede einzelne der denkbaren Handlungsalternativen nachweisen, dass die Schadenswahrscheinlichkeit für die Gläubiger dieselbe gewesen wäre (vgl. BGH, ZIP 2015, 1684). Ist für eine der behaupteten Vorgehensweise die Bereitschaft Dritter erforderlich, den beabsichtigten Weg mitzugehen, muss der Geschäftsleiter dessen Bereitschaft hierzu im damaligen maßgeblichen Zeitpunkt darlegen und beweisen (BGH, WM 2006, 927). Vom Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit an sind die Geschäftsleiter 18 daher ohne Entschließungsermessen verpflichtet, unverzüglich Maßnahmen zur Sicherung der Interessen der Gläubiger einzuleiten und haben im Rahmen des ihnen zustehenden Auswahlermessens alle denkbaren Handlungsalternativen an dem Ziel auszurichten, Eingriffe in Gläubigerrechte und Vermögensschäden der Gläubiger so gering wie möglich zu halten.
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3. Konkrete Ausgestaltung der Interessenswahrungspflicht a) Subjektiver Anwendungsbereich und Überwachungspflicht 19 Der subjektive Anwendungsbereich, also der Adressatenkreis der Pflicht zur Wahrung der Gläubigerinteressen stimmt mit dem durch § 1 Abs. 2 StaRUG definierten und an § 15a Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 InsO angelehnten subjektiven Anwendungsbereich überein. Adressat der Handlungspflicht sind zunächst die Geschäftsleiter von Gesellschaften, bei denen keine natürliche Person persönlich haftet. 20 Gleichzeitig trifft aufgrund ihrer allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Pflichten auch die Mitglieder der Überwachungsorgane eine entsprechende Überwachungspflicht, weshalb im Falle einer Überwachungspflichtverletzung nach denselben Maßstäben, wie sie gemäß § 1 Abs. 1 StaRUG für die Geschäftsleiter gelten, auch eine unmittelbare Haftung der Mitglieder der Überwachungsorgane in Betracht kommt. b) Durchbrechung der Folgepflicht 21 Soweit die Geschäftsleiter vorrangig auf das Gläubigerinteresse verpflichtet sind, sind Beschlüsse und Weisungen der Überwachungsorgane und anderer Organe unbeachtlich, stehen sie der gebotenen Wahrung der Gläubigerinteressen entgegen. Dieser rechtsformübergreifend Geltung beanspruchende allgemeine Grundsatz, dass das Weisungsrecht der weisungsgebunden Organe und die Folgepflicht der Geschäftsleiter ihre Grenze in einer bei Beachtung der Beschlüsse und Weisungen eintretenden Verletzung der dem Geschäftsleiter im allgemeinen und öffentlichen Interesse auferlegten Pflichten führen würde, gilt auch für Shift of Fiduciary Duties uneingeschränkt. Weisungen sind daher immer dort unwirksam, wo die Geschäftsleiter ihre Aufgaben vor allen im Gläubigerinteresse wahrnehmen (vgl. statt vieler Trölitzsch, in: Oppenländer/ Trölitzsch, Praxishandbuch der GmbH-Geschäftsführung [3. Aufl. 2020], § 16 Rn. 21). 22 Eine gegen die Gläubigerinteressen verstoßende Weisung der weisungsgebenden Organe enthaftet den Geschäftsleiter daher nicht. Befolgt der Geschäftsleiter eine solche Weisung, begründet dies eine gesamtschuldnerische Haftung des Geschäftsleiters und des weisungsgebenden Organs, weil dieses mit einer solchen Weisung in ihrer stärksten Form auch und gerade gegen die Überwachungspflicht verstößt. c) Gegenstand des zu schützenden Gläubigerinteresses 23 Wie gesehen ist die Pflicht zur Wahrung der Gläubigerinteressen nicht zuletzt Korrektiv für die im Zustand der drohenden Zahlungsunfähigkeit den Geschäftsleitern zukommende Macht, Entscheidungen zu treffen, die sich zulasten der Gläubiger als Residualberechtigten am Unternehmensvermögen auswirken (BT-Drucks. 19/24181, S. 105). Sämtliche unternehmerischen Entscheidungen,
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welche die Organe ab dem Zeitpunkt des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit treffen, also sowohl konkrete Entscheidung in Bezug auf die anzustrengenden Sanierungsmaßnahmen als auch jedwede sonstige Entscheidung im Rahmen der allgemeinen Unternehmensfortführung ist daran auszurichten, ob die zu erwartenden mittelbaren oder unmittelbaren Vorteile für die Gläubigergesamtheit angesichts der mit der Maßnahme verbundenen Kosten, Aufwendungen, Chancen und Risiken aus der Sicht ex ante diese als eine für die Gläubigergesamtheit wirtschaftlich im Ergebnis sinnvolle Maßnahme erscheinen lassen. Maßgeblich ist, ob aus Ex-ante-Sicht die für die Unternehmensfortführung und auf dem im bestverstandenen Gläubigerinteresse zu präferierenden Sanierungsweg erreichbaren Vorteile die damit verbundenen Kosten zu rechtfertigen vermögen (vgl. BGH, ZIP 2020, 1080; ähnlich bereits BGH, WM 2014, 134). Für konkrete Einzelmaßnahmen ist daher grundsätzlich jeweils eine Kosten- 24 Nutzen-Abwägung vorzunehmen und zu prospektieren, ob die einzugehenden Risiken durch die erwarteten Chancen aufgewogen werden. Für die Auswahl zwischen verschiedenen denkbaren Wegen und Maßnahmenpaketen hilft dies nur bedingt. Hier kann die Entscheidung im Gläubigerinteresse nur anhand einer Vergleichsrechnung getroffen werden, wie sie auch im darstellenden Teil des Plans (vgl. § 6 StaRUG Rn. 15) enthalten sein muss. Im Grunde geht es um die Anwendung der Differenzhypothese des § 249 BGB durch Modellierung der alternativen Sanierungswege. Es ist das für die Gläubiger zu erwartende Ergebnis des einzuschlagenden bzw. eingeschlagenen Sanierungsweges mit dem jeweiligen Ergebnis alternativer Sanierungswege zu vergleichen. Ebenso wie für die Planerstellung ist daher auch die Dokumentation einer außergerichtlichen Sanierung (Plan A), einer Sanierung mit Hilfe des StaRUG (Plan B) und eines Insolvenzszenarios als „Plan C-Szenario“ im Rahmen der Vorbereitung eines Restrukturierungsverfahrens unerlässlich. Eine solche, vergleichende Prognose ist selbstverständlich immer mit erheb- 25 lichen Unsicherheiten verbunden. Dies insbesondere, weil im Rahmen der Unternehmensführung im Allgemeinen, bei der Festlegung des Sanierungskonzepts im Besonderen immer zwischen harten und weichen Maßnahmen zu entscheiden ist, deren Folgen nicht immer sicher prognostiziert werden können. So mag das fortwährende Vertrauen wesentlicher Lieferanten im präventiven Restrukturierungsrahmen größer sein als in der Eigenverwaltung und in der Eigenverwaltung wiederum größer als in einem fremdverwalteten Insolvenzverfahren. Ebenso mag die Öffentlichkeit des Restrukturierungsvorhabens oder eben deren Fehlen die Sanierung beflügeln oder behindern. Haftungsrisiko der Geschäftsleiter ist es, solche Umstände im Rahmen der Ausübung ihres an die Gläubigerinteressen gebundenen Auswahlermessens nicht ausreichend oder aber übergewichtet zu haben. Die bekannten Fallgruppen eines Ermessensfehl- oder -nichtgebrauchs werden am Ende über Haftung oder Nicht-Haftung des Geschäftsleiters entscheiden. Es wird deshalb
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nötig sein, in der Rechtsprechung sehr bald Leitlinien und Fallgruppen für die Ausübung des Ermessens zu etablieren. d) Leitlinien der Ermessensausübung (ABC entscheidungserheblicher Umstände) 26 Arbeitnehmer: Nach § 4 Satz 1 Nr. 1 StaRUG sind Forderungen von Arbeitnehmern aus oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, einschließlich der Forderungen aus Zusagen auf betriebliche Altersversorgung im Rahmen einer präventiven Restrukturierung nicht gestaltbar. Das heißt, solche Forderungen können in den Restrukturierungsplan nicht aufgenommen und in solche Forderungen kann nicht eingegriffen werden. Der Pensionssicherungsverein aG (PSVaG) ist nicht eintrittspflichtig. Im Rahmen der Ausrichtung der Sanierungsstrategie an den Gläubigerinteressen muss die Abwägung zwischen den zur Verfügung stehenden alternativen Sanierungswegen daher zwingend die Frage beantworten, ob für die Restrukturierung auch eine personalwirtschaftliche Sanierung erforderlich ist. Sind insbesondere Personalabbaumaßnahmen erforderlich und Bestandteil des Restrukturierungskonzepts, so muss eine Vergleichsrechnung angestellt werden, ob und in wieweit die Vorteile einer arbeitsrechtlichen Restrukturierung mit den Mitteln des Insolvenzrechts (insbesondere §§ 123, 125 InsO) und aus einer Insolvenzgeldvorfinanzierung durch diesen gegenüberstehende Vorteile der präventiven Restrukturierung aufgewogen oder sogar überkompensiert werden. Da die Vorteile insbesondere aus der Anwendung des § 123 InsO und der Insolvenzgeldvorfinanzierung ohne große Mühe berechenbar sind, sind die Dokumentationsanforderungen an die Geschäftsleiter in Bezug auf die diesen gegenübergestellten Vorteile der präventiven Restrukturierung hoch. 27 Fälligkeitsfiktion, § 41 Abs. 1 InsO: Der präventiven Restrukturierungsrahmen richtet sich an seinem insolvenzverfahrensrechtlichen Vorbild aus und sichert sich seinen eigenständigen Anwendungsbereich insbesondere in der Eröffnung der Teilkollektivität, nämlich des dem Schuldner (eingeschränkt, vgl. § 8 StaRUG Rn. 4 ff.) eingeräumten Auswahlermessens in der Frage, von welchen Gläubigern er Sanierungsbeiträge einfordert und welche Gläubiger er zu diesem Zweck in das Verfahren einbezieht. Wesentliche Folge der Beschränkung des Verfahrens auf die vom Schuldner benannten Gläubiger und vor allem auch der ausbleibenden Gesamtverwertung des schuldnerischen Vermögens (dieses wird nur im Rahmen der Vergleichsrechnung des darstellenden Teils berücksichtigt, vgl. § 6 StaRUG Rn. 15 ff.) ist, dass nicht fällige Forderungen nach § 3 Abs. 1 StaRUG zwar restrukturiert werden können, deren Fälligkeit infolge der Einleitung des Verfahrens aber nicht eintritt. Dies ist im Insolvenzverfahren anders, wo § 41 Abs. 1 InsO die Fälligkeit sämtlicher noch nicht fälligen Forderungen fingiert. Folge der Fälligkeit ist dort, dass z. B. Verwertungsreife für gestellte Sicherheiten eintritt, was ohne die Fälligkeitsfiktion gerade nicht der Fall ist.
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Gesamtgläubigerinteresse/widerstreitende Gläubigerinteressen: Die Berück- 28 sichtigung des Gläubigerinteresses kann sich für den Geschäftsleiter als schwierig erweisen, wenn – wie regelmäßig – ein einheitliches Gläubigerinteresse nicht feststellbar ist. Zwar sagt das Gesetz deutlich, dass der Geschäftsstellenleiter die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger zu wahren hat. Allerdings verfolgen Gläubiger in aller Regel ganz unterschiedliche Interessen, die bereits aus der unterschiedlichen Rechtsstellung (gesicherte und ungesicherte Gläubiger, künftige Insolvenz- oder Nachranggläubiger) oder aus der Beziehung zum Schuldner (Finanzgläubiger oder Lieferant, für die Fortführung wesentlicher oder unwesentlicher Vertragspartner, öffentlich-rechtliche Gläubiger) resultieren. Während es z. B. mit Blick auf die Lieferanten vorteilhaft sein kann, die Sanierungsstrategie ausschließlich auf die Finanzgläubiger auszurichten und nur diese in das Verfahren einzubeziehen, kann das Ergebnis eines Sanierungsprozesses für diese bei Einbeziehung auch der leistungswirtschaftlich relevanten Gläubiger deutlich günstiger ausfallen. Angesichts der einschneidenden Haftungsrisiken, die für den Geschäftsleiter mit der Festlegung auf eine teilkollektive oder eine verfahrensförmliche und damit kollektive Sanierungsstrategie im Insolvenzverfahren verbunden sind, ist die Frage, wie das Gesamtgläubigerinteresse zu bestimmen ist, von ganz erheblicher Bedeutung. Ausgangspunkt ist dabei die Feststellung, dass die Gesetzesbegründung deut- 29 lich zum Ausdruck bringt, dass die präventive Restrukturierung nicht dazu soll missbraucht werden können, einzelnen Gläubigern sachfremde Zusagen abzuringen (BT-Drucks. 19/24181, S. 86), sondern auch die mit dem präventiven Restrukturierungsrahmen geschaffenen vor- und außerinsolvenzlichen Sanierungshilfen dazu dienen, auf die Gefährdung der vollständigen Befriedigung der Gläubiger zu reagieren und dabei die Interessen aller Gläubiger zu wahren (BT-Drucks. 19/24181, S. 86). Es besteht deshalb kein Zweifel daran, dass sich das Pflichtenprogramm auf die Gesamtgläubigerinteressen und zwar auch derjenigen an der Restrukturierung nicht zu beteiligenden Gläubiger bezieht. Letzteres schon deshalb, weil im Zeitpunkt des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit die Festlegung auf die zu beteiligenden Gläubiger nach § 8 StaRUG noch gar nicht hat stattfinden können. Dass sich daran auch nach Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache und trotz der Teilkollektivität des Verfahrens nichts ändert, kommt nicht zuletzt in § 8 StaRUG (vgl. dort Rn. 13) ebenso wie in § 90 Abs. 2 StaRUG (dort Rn. 21) beispielhaft zum Ausdruck. Bleibt die Frage nach dem Inhalt und der Ermittlung des Gesamtgläubigerinte- 30 resses zu klären. Dies scheint nur unter Heranziehung auch ökonomischer Überlegungen möglich. Die Ausrichtung einer Entscheidung an dem Gesamtgläubigerinteresse bedeutet nach der ökonomischen Theorie des so genannten Kaldor-Hicks-Kriteriums (vgl. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 32 ff.) nicht, dass in der zu präferierenden Alternative die Besserstellung einzelner Beteiligter nur erreicht werden darf, wenn hierdurch kein anderer Beteiligter schlechter gestellt wird (dies entspräche der so
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genannten „Pareto-Effizienz“); es reicht für die rechts-ökonomische Legitimation der Auswahl zwischen verschiedenen Handlungsalternativen vielmehr aus, wenn die Summe der Vorteile der den einen Zustand präferierenden Beteiligten die Summe der Nachteile der übrigen Beteiligten aufwiegt, also theoretisch eine Entschädigung aus der Summe der Vorteile zum vollständigen Ausgleich der Nachteile geleistet werden könnte und dennoch bei den präferierenden Beteiligten ein Residualvorteil verbliebe. Auf die tatsächliche Entschädigungsleistung kommt es demgegenüber in der gesamtökonomischen Betrachtung nicht an (weshalb Kollektiventscheidungen nach dem KaldorHicks-Kriterium auch als potenzielle Paretoverbesserungen bezeichnet werden). 31 Es kann daher sein, dass zwar einzelne Gläubiger im Rahmen der Entscheidung für die eine oder die andere Sanierungsoption schlechter stehen, als sie bei der Wahl einer jeweils anderen gestanden haben würden, was haftungsrechtlich aber dann irrelevant ist, wenn die über alle Gläubiger geleistete „Gesamtquote“ höher ausfällt als sie in der alternativen Gestaltung prognostisch ausgefallen wäre. Auf eine individuelle Schlechterstellung kann es im Rahmen der Betrachtung des Gesamtgläubigerinteresses schon deshalb nicht ankommen, weil der Schutz von Individualinteressen Gegenstand des Schlechterstellungsverbotes und der Regelungen zum Cram Down (§§ 26 ff. StaRUG), des Minderheitenschutzes (§ 64 StaRUG) und der Rechtsschutzmöglichkeiten (§ 66 StaRUG) ist. 32 Dogmatische Rechtfertigung für die Ausrichtung allein am Gesamtgläubigerinteresse und nicht an Individualinteressen ist die zivilrechtliche Sonderverbindung, die aus der kollektiven Gefährdung der Befriedigung sämtlicher Ansprüche der Gläubiger folgt und eine Solidaritätspflicht unter den Gläubigern auslöst. 33 Gesellschafterinteresse/Einbeziehung der Gesellschafter: Das Interesse der Anteilseigner darf bei der Wahl des Restrukturierungsweges und der zu beantragenden Maßnahmen zwar berücksichtigt werden Art. 19 lit. a) RL [EU] 2019/1023), dies aber nun einmal nur nachrangig hinter den Gläubigerinteressen (BT-Drucks. 19/24181, S. 108). Die Berücksichtigung auch des Gesellschafterinteresses darf daher die Gläubigerinteressen weder im Rahmen der Verhandlung noch bei der Umsetzung einzelner Maßnahmen oder bei der Entscheidung für den einzuschlagenden Sanierungsweg im Ganzen beeinträchtigen. Dies führt dazu, dass der Geschäftsleiter verpflichtet sein kann, dem Insolvenzszenario Vorrang vor der präventiven Restrukturierung einzuräumen, wenn und soweit für das Gelingen der Sanierung wesentliche Gläubiger die Einbeziehung der Anteilseigner in den Plan nach § 2 Abs. 3 StaRUG bzw. § 225a InsO fordern und ihren Beitrag hiervon abhängig machen, die Anteilseigner dazu freiwillig aber nicht bereit sind. Da nach § 20 Abs. 3 StaRUG Änderungsvorschläge von Planbetroffenen lediglich vor der Planabstimmung zu erörtern sind, jedoch keine Pflicht des Schuldners besteht, Änderungsvorschläge auch zu übernehmen (vgl. § 20 StaRUG Rn. 32), während der Insolvenzverwalter durch die Gläubigerversammlung beauftragt werden kann, einen 190
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Insolvenzplan auch bestimmten Inhalts, also z. B. unter Einbeziehung des § 225a InsO vorzulegen, kann die Erreichbarkeit bestimmter Sanierungsziele von der Wahl der Verfahrensart abhängig sein. Auf ein Pokerspiel, in dem die verschiedenen Szenarien als Droh- und Druckpotenzial gegenüber dem jeweiligen Verhandlungsgegner eingesetzt wird, muss sich der Geschäftsleiter nicht einlassen. Macht ein potenziell planbetroffener Gläubiger, dessen Mitwirkung für das Gelingen der Sanierung maßgeblich ist, deutlich, dass sein Beitrag von der Beteiligung der Gesellschafter abhängig ist, dieser aber erklärt, zu diesem Beitrag nicht bereit zu sein, bleibt nur die Insolvenzoption, kann der Geschäftsleiter die Einbeziehung der Gesellschafter in den Restrukturierungsplan nicht durchsetzen. Ein weiteres Verhandeln ist in diesem Fall ausgeschlossen (in ähnlichem Zusammenhang bereits Hölzle, ZIP 2012, 158; im Anschluss daran ebenso AG Köln, ZIP 2013, 1390). Insolvenzanfechtung (§§ 129 ff. InsO): Im Rahmen der Vergleichsbetrachtung 34 der sich für die Gläubiger in der einen oder anderen Sanierungsoption ergebenden Folgen müssen zwingend auch mögliche Anfechtungsansprüche aus §§ 129 ff. InsO, die für den Fall einer Insolvenzantragstellung realisierbar wären, dargestellt werden. Für den Insolvenzplan hat der BGH (ZIP 2018, 1141) dies unlängst klargestellt; für den darstellenden Teil des Restrukturierungsplans gemäß § 6 Abs. 2 StaRUG gilt dasselbe (siehe dort, § 6 StaRUG Rn. 12). Insbesondere darf der Restrukturierungsplan nicht zu einer Anfechtungsvermeidungsstrategie des Schuldners und seiner Gesellschafter, aber auch nicht der Planbetroffenen, z. B. Finanzgläubiger zulasten der Gläubigergemeinschaft werden. Wegen des Eintritts bisher nur der drohenden Zahlungsunfähigkeit wird dies im Wesentlichen Anfechtungsansprüche nach §§ 133 – 135 InsO betreffen. Kosten des Verfahrens: Häufig polarisierendes, für das Gelingen der Sanierung 35 regelmäßig aber zweitrangiges Thema sind die zu erwartenden Kosten des Verfahrens. Hier geht der präventive Restrukturierungsrahmen mit dem Ansatz von im Verhältnis zu Aufgaben und Haftungsrisiko sehr geringen Stundensätzen für den Restrukturierungsbeauftragten und dem Erfordernis einer Budgetierung vermeintlich progressive Wege; ob dies in der Praxis die Vorhersehbarkeit der Kosten einerseits, eine Reduktion der Kosten andererseits bewirken wird, bleibt abzuwarten. Richtig ist nämlich jedenfalls, dass je umfangreicher das Restrukturierungspaket ist, desto größer die vom Restrukturierungsgericht durch Anordnung weitreichender Befugnisse für den Restrukturierungsbeauftragten veranlasste Aufsicht ausfallen muss. Im Ergebnis soll nämlich stets die Substanz des Vorhabens über den verfahrensrechtlichen Rahmen und die Dichte der Kontrolle entscheiden, der sich der Schuldner zu unterwerfen hat, wenn er sein Restrukturierungsvorhaben betreibt. Je mehr Gläubigergruppen er einbezieht und je schutzbedürftiger die Gläubigergruppen sind, die einbezogen werden, desto mehr ist es dem Gericht möglich, im Einzelfall dem Beauftragten auch weitergehende Kompetenzen zuzuweisen. Dies schlägt sich dann auch auf Ebene der Vergütung in einer sachwalterähnlich strukturierten
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Vergütung (vgl. §§ 80, 83 StaRUG Rn. 54 ff.) nieder. Darüber hinaus sind nach § 83 Abs. 2 StaRUG auch Vergütungsvereinbarungen möglich, um deren Abschluss jedenfalls in großen Verfahren professionelle Restrukturierungsberater-Kanzleien in aller Regel bemüht, und ohne diese nicht bereit sein werden, das Amt zu übernehmen. Der Kostenvergleich im Rahmen der Abwägung darf daher nicht pauschal von den im Gesetz angelegten Stundensätzen ausgehen, sondern muss markt- und erfahrungsgerechte Vergütungsstrukturen prospektieren. Eine entsprechende Kostenvorausschau muss im Rahmen der Optionsanalyse wegen der Notwendigkeit, in einem Eigenverwaltungsantrag gemäß § 270a Abs. 1 Nr. 5 InsO die Mehr- oder Minderkosten der Eigenverwaltung gegenüber einem fremdverwalteten Insolvenzverfahren darzustellen, ohnehin erfolgen. 36 Liquiditätssicherung: Nach § 270a Abs. 1 Nr. 1 InsO ist nach dem reformierten Insolvenzrecht nunmehr zu Recht Zulässigkeitsvoraussetzung, dass der Insolvenzschuldner mit seinem Antrag auf (vorläufige) Eigenverwaltung eine Eigenverwaltungsplanung vorlegt, die einen Finanzplan enthält, deren Zeitraum von mindestens sechs Monaten abdeckt und eine fundierte Darstellung der Finanzierungsquellen enthält, durch welche die Fortführung des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes und die Deckung der Kosten des Verfahrens in diesem Zeitraum sichergestellt werden soll. Dieselbe Verpflichtung ergibt sich aus § 50 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG für den Fall, dass der Schuldner eine Stabilisierungsanordnung (§ 49 StaRUG) beantragt. Sie besteht aber auch allgemein von dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache an, weil der Schuldner nach § 32 Abs. 3 StaRUG dem Gericht jederzeit den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 InsO anzuzeigen und gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG mit der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens darzustellen hat, welche Vorkehrungen er getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, seine Pflichten nach dem StaRUG zu erfüllen. Die Pflicht, den Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen, kann aber nur erfüllt werden, wenn die laufende Überwachung und Fortschreibung des Liquiditätsstatus sichergestellt ist. Eine laufende Liquiditätsplanung nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen, die zum Zeitpunkt der Antragstellung und für die prospektierte Verfahrensdauer die voraussichtliche Liquiditätssicherung ausweist, ist daher Zulässigkeitsvoraussetzung schon für die Einleitung eines StaRUG-Verfahrens (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 102). Im Rahmen dieser Planung ist sorgsam darzulegen, aus welchen Quellen die Finanzierung des Vorhabens gespeist wird. Dies kann durch die Darstellung der bekundeten Aussicht auf Gewährung neuer Finanzierungen (vgl. § 12 StaRUG) erfolgen, kann aber auch die Inanspruchnahme vorhandener Vermögenswerte, wie z. B. eines vorhandenen Forderungs- oder Warenbestandes, vorsehen. Gerade bei Letzterem ist aber Vorsicht geboten: Soweit die Forderungen einer Zession (Globalzession, verlängerter Eigentumsvorbehalt) und die Warenvorräte einem (einfachen, verlängerten oder erweiterten) Eigentumsvorbehalt oder einer Sicherungsübereignung unterliegen, sind die gesicherten Gläubiger zunächst grundsätzlich berechtigt, eine bestehende Einziehungs- bzw. Verwertungs192
Vorbemerkung § 32 Pflichten bei drohender Zahlungsunfähigkeit
ermächtigung zu widerrufen. § 44 StaRUG steht dem nicht entgegen, weil es sich bei dem Widerruf einer Einziehungs- oder Verwertungsbefugnis nicht um die Beendigung eines Vertragsverhältnisses oder die Fälligstellung einer Leistung handelt (vgl. §§ 44, 55 StaRUG Rn. 13 ff.). Im Übrigen stellt § 55 Abs. 3 StaRUG ausdrücklich klar, dass der Gläubiger zu weiteren Leistungen nur gegen Sicherheitsleistung oder Zug um Zug gegen die dem Schuldner obliegende Leistung verpflichtet ist. Im Übrigen gilt § 55 Abs. 3 Satz 2 StaRUG, wonach Darlehen vor Auszahlung wegen einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners gekündigt werden können, gemäß Satz 3 auch für andere Kreditzusagen und damit auch für Warenkredite. Weiteren Warenkredit zur Verfügung zu stellen, ist der Gläubiger daher nicht verpflichtet. In diesem Sinne ist auch § 54 Abs. 2 StaRUG zu verstehen, wonach zur Sicher- 37 heit abgetretene und vom Schuldner eingezogene Forderungen oder Erlöse aus der Veräußerung oder Verarbeitung von Gegenständen, an denen Aus- oder Absonderungsrechte geltend gemacht werden könnten, entweder an den Berechtigten auszukehren oder unterscheidbar zu verwahren sind, soweit der Schuldner mit dem Berechtigten keine anderweitige Vereinbarung getroffen hat. Die Verwendung von Erlösen aus dem Einzug abgetretener Forderungen oder der Verarbeitung oder Veräußerung sicherungsübereigneten Vorratsvermögens bedürfen daher auch im präventiven Restrukturierungsverfahren einer „unechten Massekreditvereinbarung“. Soll eine solche im Liquiditätsplan unterstellt werden, so muss sich aus der gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG geschuldeten Darstellung des Stands von Verhandlungen mit den Gläubigern ergeben, auf welcher Grundlage die berechtigte Erwartung besteht, dass der unechte Massekredit gewährt werden wird. M&A – Prozess: Wie regelmäßig im Insolvenzplanverfahren auch (vgl. ausführ- 38 lich Hölzle, in: Kübler, HRI, § 30 Rn. 44 ff.), ist im Restrukturierungsplanverfahren zur seriösen und rechtssicheren Darstellung der Vergleichsrechnung im darstellenden Teil des Plans die vorherige Durchführung eines sog. DualTrack-Verfahrens, also die Validierung des Marktwertes im Rahmen der Durchführung eines Angebots-/Verkaufsprozesses grundsätzlich unverzichtbar (siehe dazu § 6 StaRUG Rn. 20). Unterschiede zwischen beiden Sanierungsoptionen ergeben sich daher insoweit nicht. Anders ist dies indes in Bezug auf die erreichbare Transaktionssicherheit. Der Gesetzgeber hat Umsetzungsvorschläge in der Literatur in Bezug auf die 39 Beschränkung der präventiven Restrukturierung mit Blick auf teilweise oder vollständige Betriebsveräußerungen (vgl. Hölzle, ZIP 2020, 585) ernst genommen und diese zwar nicht ausgeschlossen, aber zur Sicherung der Interessen der nicht am Plan beteiligten Gläubiger klargestellt, dass der Anfechtungsschutz gemäß § 90 Abs. 1 StaRUG nur gilt, wenn sichergestellt wird, dass die Gläubiger, die nicht planbetroffenen sind, sich gegenüber den Planbetroffenen vorrangig aus der dem Wert des Gegenstands der Übertragung angemessenen Gegenleistung befriedigen können. Sieht der Restrukturierungsplan eine (Teil-)Betriebsveräußerung vor, so birgt die Kaufpreisallokation das Risiko, das bei 193
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einer allzu hohen Allokation auf Sicherungsrechte und zu geringen Allokation auf die ungesicherten, vorrangig nicht planbetroffenen Gläubiger der Anfechtungsschutz entfällt (vgl. dazu § 90 StaRUG Rn. 29 ff.; außerdem Hölzle/ Curtze, ZIP 2021, 1293). Die Rechtssicherheit für den Schuldner und die Beteiligten, insbesondere Sicherungsgläubiger ist im Restrukturierungsplan daher mit höheren (Anfechtungs-)Risiken belastet als im Insolvenzplan. 40 Neue Finanzierungen: Im Rahmen der Abwägung der verschiedenen zur Verfügung stehenden Sanierungswege ist zu berücksichtigen, dass Finanzierungspartner ggf. im Rahmen einer präventiven Restrukturierung eher bereit sein könnten, neue Finanzierungen zur Verfügung zu stellen. § 12 StaRUG sieht vor, dass in einen Restrukturierungsplan auch Regelungen zur Zusage von Darlehen oder sonstigen Krediten und zu deren Besicherung aufgenommen werden können. Diese Regelung allein hat noch keinen besonderen Regelungsgehalt, weil die Aufnahme solcher Zusagen in den Restrukturierungsplan auch ohne ausdrückliche Klarstellung ohne Weiteres möglich erschiene. Bedeutung erhält die Klarstellung im Zusammenwirken mit § 90 Abs. 1 StaRUG, wodurch solche neuen Finanzierungen und die hierfür gewährten Sicherheiten bis zur nachhaltigen Restrukturierung grundsätzlich einem Anfechtungsschutz unterliegen. Da es für Finanzierungspartner auch unter Berücksichtigung der regulatorischen Eigenkapitalanforderungen einfacher sein dürfte, eine anfechtungsfeste Neufinanzierung gegenüber einem „präventiv restrukturierten“ Vertragspartner als gegenüber einem im Rahmen eines Insolvenzverfahrens sanierten Vertragspartner zu gewähren, für den regulatorisch noch drei Jahre nach Verfahrensaufhebung die höchste Risikoklasse und damit das höchste Eigenkapitalerfordernis gilt, kann gerade die Neugewährung von Finanzierungen ein entscheidendes Argument für die Bevorzugung der präventiven Restrukturierung gegenüber einer insolvenzverfahrensgestützten Sanierung sein. 41 Optionale Instrumente: Bei dem präventiven Restrukturierungsverfahren handelt es sich um ein modulares Verfahren, dessen Elemente ein sanierungswilliger Schuldner einzeln in Anspruch nehmen können soll, sofern eine solche Inanspruchnahme nach Einschätzung des Schuldners und der sein Vorhaben unterstützen Gläubiger als zweckmäßig angesehen wird (BT-Drucks. 19/24181, S. 89). Auch hier kommt in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck, dass die Wahl der Instrumente nicht im freien Belieben des Schuldners steht und allein dessen Opportunitätserwägungen unterliegt, sondern auch hier Zweckmäßigkeitserwägungen mit Blick auf die Gläubigerinteressen die wesentliche Rolle spielen. Der entscheidende Vorteil des modularen Systems liegt darin, dass anders als im Insolvenzverfahren keine Beschlagnahmewirkung hinsichtlich des Gesamtvermögens eintritt (§§ 35, 80 InsO), sondern das nicht betroffene oder sensible Bereiche gerade ausgespart und damit von der Restrukturierung unbeeinträchtigt bleiben können. Dies kann ungewünschte Folgereaktionen, wie (Waren-)Kreditkündigungen, Verkürzungen von Zahlungszielen oder Vorkasseanforderungen, zusätzliche Sicherungsbegehren etc. zu vermeiden helfen. Zu beachten ist aber, dass auch die Optionalität der in Anspruch zu nehmenden
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Instrumente den Restriktionen des § 8 StaRUG und damit der Pflichtenbindung nach § 32 Abs. 1 Satz 3 StaRUG, nämlich dem grundsätzlichen Verbot unterliegt, Zahlungen an jeden Gläubiger zu unterlassen, der bei sachgerechter Ermessensausübung gemäß § 8 in das Restrukturierungsvorhaben einzubeziehen ist. Somit gebietet das bestehende Zahlungsverbot möglicherweise nach dem Vorsichtsgebot auch die (vorsorgliche) Beantragung von Stabilisierungsanordnungen gegen die betroffenen Gläubiger. Die Optionalität der Instrumente besteht daher nur im Rahmen des in Bezug auf die Teilkollektivität des Verfahrens tatsächlich eröffneten Ermessens (siehe Rn. 45). Öffentlichkeit/stille Sanierung: Nach § 84 Abs. 1 StaRUG steht die öffent- 42 liche Bekanntmachung des Restrukturierungsvorhabens – anders als im Insolvenzverfahren – zur Disposition des Schuldners. Der Restrukturierungsrahmen erlaubt daher eine stille Sanierung, wie sie auch die Eigenverwaltung nicht gewährleisten kann. Dies darf allerdings nicht dazu verleiten, anzunehmen, dass Vertragspartner und sonstige Stakeholder unter keinen Umständen über die Krise des Unternehmens und die Einleitung einer Restrukturierungssache zu informieren wären. Denn die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer nicht öffentlichen präventiven Restrukturierung stellt keinen Freibrief für gläubigerschädigendes Verhalten und insbesondere für das Verbot des Eingehungsbetruges mit der daran anknüpfenden Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB dar. Ein Weitermachen unter Verschweigen der eigenen drohenden Zahlungsunfähigkeit kann durchaus haftungsrelevant sein, wenn hierdurch die Interessen des Gläubigers gefährdet werden (ausführlich Bitter, ZInsO 2018, 625; ders. GmbHR 2020, 797). Davon, dass die präventive Restrukturierung völlig unbeachtet und im Verborgenen bliebe, kann daher bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Aufklärungspflichten nicht ausgegangen werden. Reputation: Wesentliche, allerdings nur mittelbare Vorteile mag die präventive 43 Restrukturierung gegenüber dem in der Rechtswirklichkeit z. T. immer noch negativ konnotierten Insolvenzverfahren bieten und dessen bevorzugte Inanspruchnahme daher Reputationskosten zu vermeiden helfen (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 84). Im Rahmen der Haftungsprävention ebenso wie in der etwaigen späteren Haftung Realisation ist aber zu vergegenwärtigen, dass es sich hierbei um schwer messbare „weiche Faktoren“ handelt. Soweit diesen messbare Vermögensvorteile einer abweichenden Sanierungs- oder Restrukturierungsstrategie gegenüberstehen, dürfte ein allein oder überwiegend auf die Reputationskosten gestützter Legitimationsansatz schwerfallen bis untauglich sein. Vielmehr dürfte das Argument der Reputationskosten überwiegend dazu fruchtbar gemacht werden, harte Faktoren, wie z. B. die Teilkollektivität des Verfahrens zu flankieren. Sicherheitenbasis: Vor dem Hintergrund, dass die besonderen Geschäftsleiter- 44 pflichten an den Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit und damit an die Gefährdung des Befriedigungsinteresses der Gläubiger anknüpft, ist für die gesicherten Gläubiger der Erhalt des Wertes ihrer Sicherheiten von herausragender Bedeutung. Auch vor Rechtshängigkeit der Restrukturierung, die in 195
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Bezug auf den Eingriff in Sicherungsrechte im Rahmen der Betriebsfortführung noch einmal besondere Qualifikationsanforderungen stellt (vgl. oben Liquiditätssicherung), sind die Geschäftsleiter daher gehalten, die Sicherungsinteressen der Gläubiger besonders zu berücksichtigen. Dies im Wesentlichen, weil solcherart Ermächtigungen regelmäßig schon im Vertragstext die Ausübung nur im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erlauben, Letzteres aber auch ohne ausdrückliche Klarstellung jedenfalls der allgemeinen Verpflichtung des Sicherungsgebers auf das Integritätsinteresse des Sicherungsnehmers nach § 241 Abs. 2 BGB entspricht. Daraus folgt, dass die weitere Inanspruchnahme von Einziehungs- und Verwertungs-/Verfügungsermächtigungen für den Geschäftsleiter mit erheblichen Haftungsrisiken verbunden ist, wenn nicht zweifelsfrei dargelegt werden kann, dass sich hierdurch die Besicherungslage des betroffenen Gläubigers wirtschaftlich nicht verschlechtert, d. h., der Sicherungswert insgesamt nicht reduziert wird. Es sind also erhöhte Anforderungen an eine integrierte Finanz- und Ertragsplanung zu stellen, durch welche die Entwicklung des Sicherungswertes in der weiteren Geschäftsentwicklung nachvollzogen werden kann. Operative Sanierungsmaßnahmen, die zum Beispiel einen Abbau des (sicherungsübereigneten) Warenvorratsbestandes oder die Reduzierung des (sicherungszedierten) Forderungsbestandes vorsehen, um beispielsweise aus der so frei gewordenen Liquidität auftretende operative Verluste abzudecken, können daher bereits eine Haftung des Geschäftsleiters auslösen, wenn hierdurch das Volumen und damit der Wert der Sicherheit perspektivisch reduziert wird. Jedes operative Sanierungskonzept ist daher mit Blick auf die etwaige Geschäftsleiterhaftung zwingend auf seine rechtlichen Implikationen hin zu untersuchen. 45 Teilkollektivität: Das StaRUG-Verfahren ist ein optional teilkollektives Verfahren. Hierin liegt der wesentliche Unterschied zum – vor allem eigenverwaltungsbasierten – Insolvenzplanverfahren. Die dem eigenverwaltungsbasierten Insolvenzplanverfahren zu entnehmenden Grundwertungen sind vom Gesetzgeber auf das Restrukturierungsverfahren übertragen worden und prägen auch die konkrete Ausgestaltung der Instrumente des StaRUG. Dem liegt nach der Gesetzesbegründung die Überlegung zugrunde, dass das Restrukturierungsverfahren weitgehende funktionale Übereinstimmung mit den insolvenzrechtlichen Sanierungsoptionen aufweist. Beide Verfahren weisen daher in ihrer Ausgestaltung umfangreiche Parallelen auf. Unterschiede ergeben sich in den Bereichen, die dem Restrukturierungsverfahren nach dem StaRUG einen eigenständigen Anwendungsbereich sichern: Im präventiven Rahmen steht dem Schuldner in den Grenzen der §§ 8, 10 StaRUG ein Auswahlermessen bei der Frage zu, von welchen Gläubigern er Sanierungsbeiträge einfordert und welche Gläubiger er zu diesem Zweck in das Verfahren einbezieht. 46 Neben den prozeduralen Fragen, wie z. B. der Möglichkeit der überwiegend eigenverantwortlichen Durchführung des Abstimmungsverfahrens und der Entscheidungsfreiheit, welche Instrumente in Anspruch zu nehmen und in
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welchem Umfang die Gläubiger dementsprechend zu belasten sind (vergleiche oben „optionale Instrumente“), sowie der Tatsache, dass der Umfang der Aufsicht und Kontrolle durch den Restrukturierungsbeauftragten nicht stets sachwaltergleich, sondern in seiner grundsätzlichen Idee abhängig von dem Umfang des Restrukturierungspakets ist (vgl. § 73 StaRUG Rn. 16 ff.), ist es gerade diese Teilkollektivität des Verfahrens, die den wesentlichen materiellen Unterschied zum Insolvenzverfahren ausmacht. Die sich aus ihr ergebenden Vor- und Nachteile für die Gläubigergesamtheit sind daher wesentliche Determinante der Bestimmung des den Geschäftsleitern zustehenden Auswahlermessens. Sie dürfen sich daher bei der Ausübung dieses Ermessens nicht von opportu- 47 nistischen Überlegungen oder dem Wunsch leiten lassen, nur in bestimmte Gläubigerrechte einzugreifen; maßgeblich ist allein das Gesamtgläubigerinteresse, also die Frage, ob die Einbeziehung nur einzelner Gläubiger in die Restrukturierung für alle Gläubiger, also die einbezogenen ebenso wie die nicht einbezogenen, einen Vorteil und die Aussicht auf insgesamt geringere Einwirkungen in deren Rechte erwarten lässt. Paradebeispiel dürfte hier die finanzwirtschaftliche Sanierung sein, wie in § 8 Nr. 2 StaRUG angelegt. Gelingt durch eine allein finanzwirtschaftliche Sanierung die Stabilisierung des Geschäftsbetriebes und werden so Eingriffe in andere Unternehmensbereiche vermieden, wodurch der Unternehmenswert im Ganzen und damit auch der Fortführungswert für die Gläubiger/Lieferanten des Unternehmens erhalten bleibt, so kann gerade in dieser Teilkollektivität ein entscheidender Umstand liegen, der die Durchführung einer präventiven Restrukturierung gegenüber einem – auch eigenverwalteten – Insolvenzverfahren für die Gläubiger vorteilhaft erscheinen lässt. Verfügungsbefugnis: In der präventiven Restrukturierung bleibt der Schuldner 48 verfügungsbefugt. Dies allerdings ist in einem eigenverwalteten Insolvenzverfahren nicht anders. Im Übrigen handelt es sich hierbei lediglich um eine Maßnahme, um nachteilige Veränderungen im Vermögen des Schuldners zulasten der Gläubiger zu verhindern. Solche Maßnahmen im Interesse des Gläubigerschutzes können kein Argument für oder gegen die Berücksichtigung von Gläubigerinteressen nach Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit sein. Die Entscheidung für den einen oder den anderen Sanierungsweg kann daher nicht auf den Umstand gestützt werden, dass der Schuldner im präventiven Restrukturierungsverfahren ebenso wie in der Eigenverwaltung verfügungsbefugt bleibt, im fremdverwalteten Insolvenzverfahren demgegenüber nicht. Vertragsbeendigung: Die Beendigung von Verträgen ist, anders als im Insol- 49 venzverfahren, in der präventiven Restrukturierung nicht eröffnet. Die mit der Möglichkeit einer Vertragsbeendigung nach § 103 InsO verbundenen Vorteile sind daher bei der Ausübung des Ermessens zu berücksichtigen.
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4. Exkulpation 50 Ähnlich wie nach der in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG verankerten Business Judgment Rule gilt auch im Anwendungsbereich des Shift of Fiduciary Duties, dass eine Pflichtverletzung nicht anzunehmen ist, wenn der Geschäftsleiter vernünftigerweise davon ausgehen durfte, auf der Grundlage angemessener Information die Interessen der Gläubiger zu wahren. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass unternehmerische Entscheidungen typischerweise mit Unwägbarkeiten verbunden und stets mit einem unsicheren Blick auf künftige Entwicklungen zu treffen sind. Die Exkulpationsmöglichkeit verhütet, dass die haftungsrechtliche Beurteilung aus der Ex-post-Perspektive anders ausfällt, als sie ex ante vorgenommen werden konnte. Im Unterschied zur Business Judgment Rule, wo die Eingehung von abstrakten unternehmerischen Risiken (siehe § 1 StaRUG Rn. 6 f.; § 32 StaRUG Rn. 13 ff.) grundsätzlich noch gerechtfertigt sein kann, beziehen sich die vom Geschäftsleiter zu berücksichtigenden, in Umfang und Tiefe angemessenen Informationen, auf welche er seine Entscheidung stützt, hier aber allein auf die Wahrung der Gläubigerinteressen, weshalb es darauf ankommt, dass die Kosten oder Risiken mit dem auf sie zugeschnittenen Schutzzweck der Norm vereinbar sein müssen (BGH, ZIP 2020, 1080). 51 Die Exkulpation ist an zwei Voraussetzungen geknüpft, nämlich daran, dass der Geschäftsleiter erstens vernünftigerweise annehmen durfte, zweitens auf Grundlage angemessener Information zu handeln. Die Exkulpation konzentriert sich daher auf die Entscheidungsvorbereitung. 52 Die vernünftige Annahme, welchen Informationsgrad der Geschäftsleiter zugrunde zu legen hat, richtet sich nach der Relevanz und der Tragweite der Entscheidung. Je größer oder weiter fortgeschritten die Gefährdung der Gläubigerinteressen, desto höher die nötige Informationsdichte (so für § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG Kock/Dinkel, NZG 2004, 441; Brömmelmeyer, WM 2005, 2065). Die Verdichtung der Pflichten der Geschäftsleiter mit zunehmender Vertiefung der Krise, wie sie der Gesetzgeber in der Entwurfsfassung unterstellt hat (BT-Drucks. 19/24181, S. 105), erlangt hier tatsächlich Bedeutung, weil der Geschäftsleiter gehalten ist, den Informationsgrad immer weiter auszudifferenzieren, je größer der Gefährdungsgrad für die Gläubigerinteressen durch Fortschreiten der Krise ist. Er kann damit auch gehalten sein, zunehmend kostenintensive Beratungsleistungen in Anspruch zu nehmen, um die Wahrung der Gläubigerinteressen sicherzustellen. 53 Angemessen ist die Informationsgrundlage, wenn sie in Abhängigkeit von der Tragweite der beabsichtigten Entscheidung für die Gläubigerinteressen die elementaren Parameter des zugrunde liegenden Sachverhalts und der zu erwartenden Auswirkungen und Folgen in einer Weise dokumentiert, die auf Grundlage der prüfbaren, um die aktuelle Krisenentwicklung korrigierten Entwicklungen und Erfahrungen der vergangenen Unternehmenspraxis die Abwägung des Für und Wider der Entscheidung ermöglicht. Die Informations-
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grundlage muss damit zwar nicht vollständig, jedoch an den jeweiligen Gefährdungsgrad angepasst sein. Das Risiko, auf nicht ausreichender Informationsgrundlage gehandelt zu haben, 54 trägt der Geschäftsleiter. Die Formulierung der Norm macht deutlich, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Exkulpation ausschließlich beim Geschäftsleiter liegt. Gegen den Geschäftsleiter streitet daher nicht nur die Vermutung der Er- 55 kennbarkeit des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit, sondern es ist auch Sache des Geschäftsleiters, die Umstände darzulegen, die es aus Ex-anteSicht rechtfertigten, von der Wahrung des Gläubigerinteresses auszugehen (BGH, GmbHR 2020, 772; BGH, GmbHR 1994, 539). Diesem Erfordernis genügt er nicht allein dadurch, auf den Sachverstand hinzugezogener externer Berater vertraut zu haben; der Verweis auf externen Sachverstand kann den Geschäftsleiter nur exkulpieren, wenn er sich unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einer unabhängigen, für die zu klärende Fragestellung fachlich qualifizierten Person hat beraten lassen und das Prüfergebnis einer Plausibilitätskontrolle unterzogen hat (BGH, GmbHR 2020, 772; BGH, ZIP 2016, 1119; BGH, ZIP 2012, 1174). § 32 Pflichten des Schuldners (1) 1Der Schuldner betreibt die Restrukturierungssache mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführers und wahrt dabei die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger. 2Insbesondere unterlässt er Maßnahmen, welche sich mit dem Restrukturierungsziel nicht vereinbaren lassen oder welche die Erfolgsaussichten der in Aussicht genommenen Restrukturierung gefährden. 3 Mit dem Restrukturierungsziel ist es in der Regel nicht vereinbar, Forderungen zu begleichen oder zu besichern, die durch den Restrukturierungsplan gestaltet werden sollen. (2) 1Der Schuldner teilt dem Gericht jede wesentliche Änderung mit, welche den Gegenstand des angezeigten Restrukturierungsvorhabens und die Darstellung des Verhandlungsstands betrifft. 2Hat der Schuldner eine Stabilisierungsanordnung nach § 49 erwirkt, teilt er auch unverzüglich wesentliche Änderungen mit, welche die Restrukturierungsplanung betreffen. 3Ist ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt, bestehen die Pflichten nach den Sätzen 1 und 2 auch gegenüber dem Restrukturierungsbeauftragten. (3) 1Während der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache ist der Schuldner verpflichtet, dem Restrukturierungsgericht den Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Absatz 2 der Insolvenzordnung unverzüglich anzuzeigen. 2 Handelt es sich bei dem Schuldner um eine juristische Person oder um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, für deren Verbindlichkeiten keine natürliche Person als unmittelbarer oder mittelbarer Gesellschafter haftet, steht der Zahlungs199
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unfähigkeit eine Überschuldung im Sinne des § 19 Absatz 2 der Insolvenzordnung gleich. (4) Der Schuldner ist verpflichtet, dem Gericht unverzüglich anzuzeigen, wenn das Restrukturierungsvorhaben keine Aussicht auf Umsetzung hat, insbesondere, wenn infolge der erkennbar gewordenen ernsthaften und endgültigen Ablehnung des vorgelegten Restrukturierungsplans durch Planbetroffene nicht davon ausgegangen werden kann, dass die für eine Planannahme erforderlichen Mehrheiten erreicht werden können. Übersicht 1. 2. 3. 4.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Zeitlicher Anwendungsbereich ..... 5 Grundpflichten des Schuldners (§ 32 Abs. 1 StaRUG) .................... 9 Transparenz- und Offenbarungsgebot (§ 32 Abs. 2 – 4 StaRUG) .. 22 a) Inhalt des Transparenzgebots ..................................... 22 b) Adressat der zu offenbarenden Umstände und kein Zugeständnis einer Frist ....... 32
5. 6. 7.
Indisponibilität der Handlungspflichten ........................................ 35 Haftungsrechtliche Anknüpfung .. 36 Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ................................... 42 a) Allgemeine Pflicht nach § 32 Abs. 1 StaRUG und Anzeigepflichten nach § 32 Abs. 2, 4 StaRUG ................................. 42 b) Insolvenzverschleppung und Anzeigepflicht nach § 32 Abs. 3 StaRUG ...................... 46
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 § 32 StaRUG setzt die allgemeine Beobachtungs- und Sanierungspflicht aus § 1 StaRUG qualifiziert fort und normiert die Grundpfeiler der schuldnerischen Verhaltens- und Handlungspflichten im Restrukturierungsverfahren ((BT-Drucks. 19/24181, S. 136). Durch die Statuierung dieser Grundpflichten soll ein zweckentsprechender Gebrauch der Instrumente des Rahmens sichergestellt sowie Fehlgebrauch und Missbrauch vermieden werden (BTDrucks. 10/24181, S. 136). § 32 StaRUG ist Spiegelbild der dem Schuldner eingeräumten Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl und Anwendung der optionalen Instrumente des Restrukturierungsrahmens. Die durch § 32 StaRUG dem Schuldner auferlegten Pflichten gehen über die Pflicht zum Schutz des Integritätsinteresses der Planbetroffenen als Vertragspartner des Schuldners aus § 241 Abs. 2 BGB deutlich hinaus, da es sich hierbei nicht nur um Schutzpflichten im Sinne von vertraglichen Nebenpflichten handelt, sondern der Schutz des Gläubigerinteresses vornehmliches Ziel des Verfahrens (BTDrucks. 19/24181, S. 137) und damit vertragliche Hauptpflicht des auf den Abschluss eines Restrukturierungsplans als multilateralem Vertrag (vgl. §§ 17 – 19, 23 StaRUG Rn. 6 ff.) zwischen dem Schuldner und den Planbetroffenen gerichteten Verfahrens ist. Diese Zielbestimmung des Verfahrens kommt in der Gesetzesbegründung unzweifelhaft zum Ausdruck, wo es heißt, dass die Änderung nicht als Ausdruck einer Hinwendung zu einer primären oder vorrangigen Ausrichtung des Insolvenzrechts auf ein Fortbe-
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stands- oder Sanierungsinteresse des Schuldners oder dessen Anteilsinhabern zu verstehen seien, die vorrangig gegen die Interessen der Gläubiger durchgesetzt werden dürften. Die Sanierung bleibe vielmehr ein Instrument zur Verwirklichung der auf die Befriedigung der Gläubiger gerichteten Ziele des Insolvenzrechts. Wie auch dem Insolvenzverfahren gehe es dem präventiven Restrukturierungsrahmen gleichermaßen darum, auf eine Gefährdung der vollständigen Befriedigung der Gläubiger zu reagieren und dabei die Interessen der Gläubiger zu wahren (BT-Drucks. 19/24181, S. 86 f.). § 32 StaRUG ist daher nicht weniger als die Norm zur Bestimmung der 2 schuldnerischen Hauptleistungspflichten im Restrukturierungsprozess, der sich als Verhandlungsprozess zur Anbahnung eines Restrukturierungsplanes und schließlich dessen vertraglichen Abschlusses dargestellt. Damit unterliegt das schuldnerische Unternehmen und unterliegen dessen 3 Organe gleichermaßen und unabhängig davon, dass sich der Normbefehl des § 32 StaRUG zunächst nur an das schuldnerische Unternehmen selbst richtet – wenngleich er auch über § 43 StaRUG (vgl. dort Rn. 4) noch einmal explizit auf die Organe übergeleitet wird –, bereits aus dem Gesichtspunkt der allgemeinen Legalitätspflicht (vgl. Beurskens, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 43 Rn. 10) der Bindung an die in § 32 StaRUG normierten Pflichten. Wie im Anwendungsbereich der Legalitätspflicht anerkannt (vgl. zuletzt BGH, WM 2008, 317) indiziert damit jeder Verstoß gegen die in § 32 StaRUG normierten Pflichten auch eine Pflichtverletzung der schuldnerischen Organe. Damit ist § 32 StaRUG zugleich haftungsrechtliche Grundlage für gegen den Schuldner gerichtete Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Während § 32 Abs. 1 StaRUG die grundlegende Pflichtenbindung statuiert, 4 enthalten § 32 Abs. 2 – 4 StaRUG konkrete Hinweis- und Offenbarungspflichten des Schuldners, die dieser ungefragt zu erfüllen hat. 2. Zeitlicher Anwendungsbereich Die Pflichten aus § 32 StaRUG binden den Schuldner nicht erst ab förmlicher 5 Anzeige des Restrukturierungsvorhabens gegenüber dem Restrukturierungsgericht gemäß § 31 StaRUG, also nicht erst ab Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache, sondern bereits vom Zeitpunkt der faktischen Einleitung des Restrukturierungsvorhabens an (str., dazu ausführlich §§ 31, 33 StaRUG Rn. 5 ff.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Wortlaut des § 32 Abs. 1 StaRUG, 6 wonach der Schuldner die „Restrukturierungssache“ mit der Sorgfalt eines ordnungsgemäßen Sanierungsgeschäftsführers zu führen hat und aus dem Restrukturierungsvorhaben erst durch Anzeige gemäß § 31 Abs. 3 StaRUG die Restrukturierungssache wird. Dies würde den Interessen der Gläubiger nicht gerecht und stünde im Widerspruch dazu, dass die Haftungsanordnung gerade Korrelat der Gestaltungsfreiheit des Schuldners ist, diese sich daher 201
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
nicht auch auf den Beginn der Pflichtenbindung erstrecken kann, die bei Anknüpfung der Pflichtenbindung an die Rechtshängigkeit zur Disposition des Schuldners stünde (auch dazu ausführlich §§ 31, 33 StaRUG Rn. 12 ff.). Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung auch, dass die Pflicht zur Wahrung der Gläubigerinteressen den Geschäftsleiter unabhängig davon treffen soll, ob der Schuldner solche Verfahrenshilfen in Anspruch nimmt (BT-Drucks. 19/24181, S. 88). Ferner heißt es in den allgemeinen Erläuterungen zu Kap. 2, in dem sich § 32 StaRUG findet, dass die allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts 1, dem § 32 StaRUG zuzuordnen ist, stets zur Anwendung kommen, wenn ein Schuldner ein Restrukturierungsvorhaben anzeigt „oder anzeigen möchte“ (BT-Drucks. 19/24181, S. 131). Damit ist die Vorwirkung der Pflichtenbindung auf den Zeitpunkt, zu dem der Schuldner erkennen lässt, dass er den Abschluss eines Restrukturierungsplans intendiert, vorgegeben. 7 Dies steht letztlich auch im Einklang mit der Gesetzesbegründung des § 32 StaRUG selbst: In der Begründung zu § 32 Abs. 2 Satz 2 StaRUG stellt der Gesetzgeber klar, dass es nach dem Erlass einer Stabilisierungsanordnung besonderer Hinweispflichten des Schuldners bedürfe, weil diese in besonderem Maße in die Rechte der Gläubiger eingreife. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass auch ohne den Erlass von Stabilisierungsanordnungen eine Bindung des Schuldners an die Pflichten des § 32 StaRUG unerlässlich ist, es anderenfalls der besonderen Klarstellung in § 32 Abs. 2 Satz 2 StaRUG nicht bedurft hätte. Auch dies spricht für die Anwendung des § 32 StaRUG bereits ab faktischer Einleitung des Verfahrens. 8 Etwas anderes gilt allein für die in § 54 Abs. 2 StaRUG enthaltende Qualifikation des allgemeinen Tatbestandes des § 32 Abs. 1 StaRUG, wonach der Restrukturierungsschuldner verpflichtet ist, Geldbeträge aus dem Einzug von Forderungen, die zur Sicherheit an einen Gläubiger abgetreten sind, vorbehaltlich einer Vereinbarung mit diesem zu separieren und sie nicht im Rahmen der Fortführung des Unternehmens einsetzen darf. Diese Separationspflicht ist zwar, anders als die Stellung des § 54 Abs. 2 StaRUG im Gesetz vermuten lässt, unabhängig von dem Antrag auf oder dem tatsächlichen Erlass einer Stabilisierungsanordnung, gilt allerdings auch erst ab Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache und nicht bereits ab deren faktischer Einleitung (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 24 ff.). 3. Grundpflichten des Schuldners (§ 32 Abs. 1 StaRUG) 9 Das Gesetz ordnet in § 32 Abs. 1 Satz 1 StaRUG rechtsformunabhängig und damit für alle Schuldner geltend an, dass der Schuldner die Restrukturierungssache mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführers zu betreiben und dabei die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger zu wahren habe. Insbesondere sollen Maßnahmen zu unterlassen sein, welche sich mit dem Restrukturierungsziel nicht vereinbaren lassen oder welche die Erfolgsaussichten der in Aussicht genommenen Restrukturierung 202
§ 32 Pflichten des Schuldners
gefährden. Mit dem Restrukturierungsziel ist es in der Regel nicht vereinbar, Forderung zu begleichen oder zu besichern, die durch den Restrukturierungsplan gestaltet werden sollen. Soweit der Gesetzeswortlaut. Mit der Bezugnahme auf das Restrukturierungziel in § 32 Abs. 1 Satz 2 StaRUG 10 nimmt der Gesetzgeber zunächst dessen Definition in § 31 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG i. V. m. § 14 Abs. 1 StaRUG, nämlich die nachhaltige Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit des Schuldners (dazu §§ 31, 33 StaRUG Rn. 48) als Leitbild für das schuldnerische Handeln in Bezug. Dies schließt unter Beachtung des Gläubigerinteresses das Verbot der Übersanierung (vgl. dazu § 7 StaRUG Rn. 15) ein. Letztlich handelt es sich auch hierbei aber lediglich um eine Zielbestimmung. Auch in der Gesetzesbegründung werden die Grundpflichten des Schuldners 11 nicht weiter konturiert. Auch hier wird lediglich die Zielbestimmung der Norm zur Tatbestandsausfüllung herangezogen. Die Pflicht zur Wahrung der Gläubigerinteressen wirke als notwendiges Korrektiv für die Einwirkungsmöglichkeiten des Schuldners auf die Befriedigungsaussichten der Gläubiger und für den ökonomischen Befund, dass angesichts der bereits bestehenden Gefährdung der Gläubigerinteressen die Gläubiger dem Risiko ausgesetzt sind, künftige Verluste tragen zu müssen (BT-Drucks. 19/24181, S. 88). Die Rückbindung an das Ziel, die Interessen der Gläubiger zu wahren, diene, so die Gesetzesbegründung, dem Zweck, den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen nur für die Verwirklichung ernsthafter, die Interessen der Gläubigerschaft wahrender Restrukturierungsvorhaben zu eröffnen (BT-Ducks. 19/ 24181, S. 136). Die Statuierung der Pflichtenbindung und die mit ihr unweigerlich verbundene Haftungsandrohung (vgl. Rn. 36 ff.) hat daher Lenkungs- und Steuerungsfunktion in Bezug auf das schuldnerische Verhalten. Aus dieser Lenkungs- und Steuerungsfunktion lässt sich jedoch eine typisierte 12 Konkretisierung der allgemeinen Grundpflichten im Sinne konturierter, restrukturierungsspezifischer Handlungspflichten herleiten. Bereits zitiert wurde die Gesetzesbegründung zu § 32 Abs. 1 StaRUG, wo- 13 nach die dem Schuldner eingeräumte Gestaltungs- und Organisationsfreiheit die Rückbindung an die Wahrung der Gläubigerinteressen erfordere (BT-Drucks. 19/24181, S. 137). § 32 Abs. 1 StaRUG konkretisiert damit die restrukturierungsbezogenen Pflichten des Schuldners in Bezug auf das Gläubigerinteresse und überformt den außerhalb der Restrukturierung und vor Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit gegebenen unternehmerischen Ermessensspielraum nach der Business Judgement Rule restrukturierungsspezifisch, da Letztere keinen Spielraum für rechtswidriges, gegen die Legalitätspflicht verstoßendes Verhalten eröffnet (i. d. S. auch Beurskens, in: Baumbach/ Hopt, GmbHG, § 43 Rn. 12; Schneider/Crezelius, in: Scholz, GmbHG, § 43 Rn. 78). Die Leitlinien für diese restrukturierungsspezifische Überformung des unter- 14 nehmerischen Ermessensspielraums lassen sich Erwägungsgrund 70 der Richt203
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
linie ([EU] 2019/1023, ErwG 70) entnehmen, wonach zwar auch nach Eintritt finanzieller Schwierigkeiten gewährleistet sein muss, dass die Unternehmensleitung nicht davon abgehalten wird, vertretbare Geschäftsentscheidungen zu treffen oder vertretbare wirtschaftliche Risiken einzugehen, diese Entscheidungen sich aber dem Primat zu unterwerfen haben, dass die Unternehmensleitung vorrangig Schritte einzuleiten hat, um Verluste möglichst gering zu halten und eine Insolvenz abzuwenden, Vermögenswerte des Unternehmens zu schützen, um einen möglichst hohen Wert zu sichern und den Verlust wesentlicher Vermögenswerte zu verhindern. Die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit ist danach (nur) gestattet, wenn dies unter den gegebenen Umständen sinnvoll ist, um einen möglichst hohen Wert als fortgeführtes Unternehmen zu sichern. Daraus folgt, dass die Fortführung des Unternehmens im Anteilseignerinteresse und im Interesse eines Equity Value nicht länger Rechtfertigungsgrund für unternehmerische Entscheidungen ist. Gleichsam sind nach den von der Richtlinie vorgegebenen Leitlinien grundsätzlich sämtliche Transaktionen zu unterlassen, die Gegenstand einer späteren Insolvenzanfechtungsklage werden könnten, es sei denn, es gibt einen triftigen wirtschaftlichen Grund dafür. 15 Insbesondere dieses letztgenannte Kriterium zur Konkretisierung des restrukturierungsspezifischen Ermessensspielraums, solche Rechtsgeschäfte zu vermeiden, die in einem etwaigen späteren Insolvenzverfahren der Insolvenzanfechtung unterliegen könnten, lässt nicht nur den Pflichtenkanon justiziabel erscheinen, sondern scheint auch deshalb sachgerecht, weil auch der anfechtungsrechtliche Grundtatbestand des § 129 InsO auf das Gesamtgläubigerinteresse, nämlich die Gläubigergleichbehandlung nach dem Grundsatz der par conditio creditorum ausgerichtet ist und damit dasselbe Anspruchsziel verfolgt wie § 32 StaRUG. Einziger Unterschied ist, dass § 129 InsO seiner Natur nach rückwärts gerichtet wirkt, während § 32 StaRUG vorwärtsgerichtete Lenkungsfunktion hat. Der Übertragung der Grundsätze der einen auf die andere Norm steht dies jedoch nicht entgegen. Die par conditio creditorum ist damit nicht mehr länger nur rückwärtsgerichteter Ausgleichsanspruch, sondern in der institutionalisierten Restrukturierung vorgelagert bereits Leitbild unternehmerischen Handelns. 16 Daraus folgt, dass während des (auch faktischen) Betreibens des Restrukturierungsvorhabens sämtliche unternehmerischen Entscheidungen zu unterlassen sind, die ungeachtet etwaiger Anfechtungsfristen und subjektiver Merkmale auf der Gegenseite geeignet sind, den objektiven Tatbestand einer Anfechtungsnorm der §§ 130 ff. InsO zu erfüllen. Durch den Rückgriff auf die in sich wohlabgestimmten und in der Rechtsprechung ausdifferenzierten Anfechtungstatbestände wird ein justiziabler, vorhersehbarer und deshalb praktikabler Handlungsrahmen vorgegeben, an dem sich Geschäftsleiter während des Restrukturierungsvorhabens – ggf. unter Inanspruchnahme sachkundiger Beratung – unschwer orientieren können. Die detaillierte Kenntnis der anfechtungsrechtlichen Besonderheiten darf vor dem Hintergrund der Pflicht nach § 31
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§ 32 Pflichten des Schuldners
Abs. 2 Nr. 3 StaRUG (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 57), die nötigen Vorkehrungen zu treffen, um die Erfüllung der Pflichten nach dem StaRUG sicherzustellen, vorausgesetzt werden. Mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäfts- 17 führers sind daher jede Form inkongruenter Deckungsgeschäfte (§ 131 InsO), unmittelbar gläubigerbenachteiligende (§ 132 InsO), unentgeltliche (§ 134 InsO) oder selbstverständlich die Gläubiger vorsätzlich benachteiligende Rechtshandlungen (§ 133 InsO) nicht vereinbar. Dasselbe gilt für die Besicherung oder die Rückgewähr von Leistungen gegenüber Gesellschaftern, die Finanzierungscharakter haben (§ 135 InsO). Inkongruente Deckungsgeschäfte (§ 130 InsO) sind zulässig, solange und 18 soweit sie dem Bargeschäfts Kriterium des § 142 InsO genügen, also unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners gelangt. Dies greift den Richtlinientext auf, wonach auch einem Anfechtungstatbestand unterfallende Transaktionen gerechtfertigt sind, wenn es hierfür einen triftigen wirtschaftlichen Grund gibt. Dieser ist in der ausgleichenden Gegenleistung zu erkennen. Die Einbeziehung des grundsätzlichen Verbots der Vornahme nicht von dem Bargeschäftskriterium getragener kongruenter Deckungshandlungen erklärt ohne Weiteres auch das einzig vom Gesetzgeber genannte Regelbeispiel des § 32 Abs. 1 Satz 3 StaRUG, wonach die Begleichung oder Besicherung solcher Forderungen, die durch den Restrukturierungsplan gestaltet werden sollen, grundsätzlich mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführers nicht vereinbar ist. Dies schließt selbstverständlich auch die Begleichung oder Besicherung von 19 Forderungen aus, die zwar nach der Restrukturierung des Schuldners nicht in den Richtertilgungsplan einbezogen werden sollen, die bei ordnungsgemäßer Auswahl der Planbetroffenen gemäß § 8 StaRUG aber hätten einbezogen werden müssen. Die fehlerhafte Auswahl der Planbetroffenen durch den Schuldner eröffnet diesem selbstverständlich nicht die Möglichkeit, solche Gläubiger, die als Planbetroffene hätten behandelt werden müssen, durch Bezahlung oder Besicherung besserzustellen, als diejenigen, die tatsächlich einbezogen wurden. Das pflichtwidrige Verhalten auf der einen Seite kann nicht als Rechtfertigung auf der anderen dienen. Ist der Schuldner als konzernangehörige Gesellschaft in einen Unternehmens- 20 verbund eingebunden, so ändert dies an der grundsätzlichen Bindung an das Gesamtgläubigerinteresse des spezifischen Schuldners nichts. Auch hier sind die Entscheidungen allein daran auszurichten, wie sie sich auf das Vermögen des konkreten Schuldners und damit auf die Befriedigungsaussichten (allein) seiner Gläubiger auswirken. Einzig kann Kriterium für die Berücksichtigung auch des Konzerninteresses die prognostische Erhöhung bzw. der Erhalt des Fortführungswertes der Gesellschaft sein, der stand alone nicht oder nur mit erheblichen Einbußen zu erhalten wäre.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
21 Besonders qualifiziert ist die allgemeine Pflicht aus § 32 Abs. 1 StaRUG durch die Pflicht zum Schutz von Dritten gestellten Sicherheiten nach § 54 Abs. 2 StaRUG (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 27), die durch § 57 Satz 3 StaRUG (dort Rn. 23) in besonderer Weise haftungsbewehrt ist. 4. Transparenz- und Offenbarungsgebot (§ 32 Abs. 2 – 4 StaRUG) a) Inhalt des Transparenzgebots 22 Nach § 32 Abs. 2 – 4 StaRUG unterliegt der Schuldner bestimmten Offenbarungspflichten, die zusammengenommen und unter Berücksichtigung auch übriger Vorschriften des Gesetzes zur Offenlegung und Offenbarung ein umfassendes Transparenzgebot formen. 23 Ziel des Transparenzgebotes ist es, das Gericht in die Lage zu versetzen, zu jedem Zeitpunkt auf Grundlage der aktuellen Sachlage zu entscheiden, ob die Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierung- und Restrukturierungsrahmens durch den Schuldner noch gerechtfertigt ist, weil das Restrukturierungsvorhaben noch mit der nötigen Ernsthaftigkeit und Eile unter Wahrung der Gläubigerinteressen betrieben wird. 24 Aus dem Transparenzgebot folgt unmittelbar, dass der Schuldner sämtliche für die Beurteilung des Restrukturierungsvorhabens im Allgemeinen, die Möglichkeit der Erreichung des Restrukturierungsziels im Besonderen einerseits, für die Erforderlichkeit und die Rechtfertigung von Stabilisierungsanordnungen andererseits potenziell erheblichen Umstände (1) ungefragt, (2) vollständig und (3) richtig offenbart. Die Beurteilungsprärogative, ob ein Umstand erheblich ist, obliegt dabei allein dem Restrukturierungsgericht. 25 Das Gebot der Vollständigkeit enthält daher zugleich ein Verbot der gewerteten und gewichteten Offenbarung. Es ist dem Schuldner nicht gestattet, potenziell erhebliche Umstände in der Vorbereitung der Anzeige gegenüber dem Restrukturierungsgericht bereits zu gewichten und zu bewerten und daraus eine konsolidierte Mitteilung zu verfassen. Ein Ermessensspielraum steht ihm insoweit nicht zu. Sämtliche Umstände sind vollständig und unabhängig von einer eigenen Bewertung dem Gericht zur eigenen Beurteilung zur Kenntnis zu bringen. 26 In Ausfüllung dieses allgemeinen Transparenzgebots enthalten § 32 Abs. 2 – 4 StaRUG sodann im Grundsatz nicht abschließende Regelbeispiele, wobei § 32 Abs. 3 StaRUG im Grundsatz den Generalstatbestand beschreibt und § 32 Abs. 3 und 4 StaRUG Qualifizierungen darstellen. 27 Die Offenbarungspflichten nach § 32 Abs. 2 und Abs. 4 StaRUG überschneiden sich, da die ernsthafte und endgültige Ablehnung des Restrukturierungsplans durch Planbetroffene einen qualifizierten Sonderfall der dem Schuldner nach § 32 Abs. 2 Satz 1 StaRUG ohnehin obliegenden allgemeinen
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§ 32 Pflichten des Schuldners
Pflicht zur jeweiligen Aktualisierung der Mitteilung über den erreichten Verhandlungsstand darstellt. Von einer ernsthaften Ablehnung ist allerdings erst dann auszugehen, wenn 28 feststeht, dass die ablehnende Haltung auch durch die Gewährung von Zugeständnissen im Verhandlungswege nicht (mehr) umzukehren sein wird (BT-Drucks. 19/24181, S. 138). Dass dem Schuldner hierbei ein gewisser Entscheidungsspielraum offensteht, wie er eine kommunizierte Ablehnung gewichtet, liegt in der Natur der Subjektivität der Bewertung entsprechender Aussagen begründet. Ist die Ablehnung unzweideutig, darf der Schuldner indes nicht dem Prinzip Hoffnung verfallen, sondern hat die Ablehnung dem Restrukturierungsgericht unverzüglich anzuzeigen. Stellt sich nach dem objektiven Empfängerhorizont am Maßstab der §§ 133, 157 BGB die Ablehnung demgegenüber noch nicht als endgültig dar, entbindet dies den Schuldner zwar nicht von der Anzeige des jeweiligen Verhandlungsstandes zur Bewertung durch das Gericht im Sinne des Abs. 2, hat er jedoch keine qualifizierte Anzeige nach Abs. 4 vorzunehmen. Ob das Gericht den Grad der Ablehnung anders qualifiziert und gewichtet als der Schuldner und ihn für die Aufhebung der Restrukturierung genügen lässt, obliegt sodann allein der Ausübung eines pflichtgemäßen gerichtlichen Ermessens. Neben der qualifizierten Mitteilungspflicht bei voraussichtlicher Unerreich- 29 barkeit der Planannahme nach Abs. 4 enthält § 32 Abs. 2 Satz 2 StaRUG eine ähnliche Qualifikation für den Fall, dass eine Stabilisierungsanordnung nach § 49 StaRUG ergangen ist. In diesem Fall sind auch sämtliche Änderungen, die die Restrukturierungsplanung, also insbesondere auch den nach § 50 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG vorzulegenden Finanzplan für den Zeitraum von mindestens sechs Monaten betreffen (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 48), unverzüglich mitzuteilen. Dies geschieht durch regelmäßige Aktualisierung des Finanzplans und Einreichung zur Gerichtsakte. Bei § 32 Abs. 3 StaRUG, der Anzeigeverpflichtung in Bezug auf den Eintritt 30 von nach der Rechtsform des Schuldners maßgeblichen Insolvenzgründen handelt es sich im Grunde um eine redundante Vorschrift, die letztlich als qualifizierte Klarstellung der allgemeinen Pflichten nach § 32 Abs. 2 StaRUG noch einmal aufgenommen ist, sich aber gleichlautend auch in § 42 Abs. 1 StaRUG wiederfindet. Der formelle, konstruktive Unterschied besteht darin, dass die Pflicht aus § 32 Abs. 3 StaRUG den Schuldner selbst trifft, während § 42 Abs. 1 StaRUG die suspendierte Antragspflicht aus § 15a InsO ersetzt und sich somit unmittelbar an die verantwortlich handelnden Geschäftsleiter richtet (BT-Drucks. 19/24181, Satz 144). Letzteres ist ungeachtet der sich aus dem Legalitätsprinzip gleichermaßen aus § 32 Abs. 3 StaRUG ergebenden Pflicht erforderlich, um die in § 42 Abs. 3 StaRUG normierte Strafandrohung, die dem § 15a InsO entspricht, verfassungsrechtlich zu tragen. Die im Grunde mit den Insolvenzantragspflichten inhaltsgleiche Insolvenz- 31 anzeigepflicht erfordert die fortlaufende Überwachung des Unternehmens
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
und die fortwährende Anwendung der nach § 1 StaRUG geschuldeten risikoadäquaten Warnsysteme (vgl. § 1 StaRUG Rn. 3 ff.). Die Pflicht des Unternehmens und der Geschäftsleiter zur fortwährenden Beobachtung des wirtschaftlichen Zustandes des Unternehmens und zur unverzüglichen Reaktion hierauf endet daher nicht mit Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens, sondern gilt während des gesamten Verfahrens fort. b) Adressat der zu offenbarenden Umstände und kein Zugeständnis einer Frist 32 Sämtliche dem Transparenzgebot unterliegenden Umstände sind gegenüber dem Restrukturierungsgericht zu offenbaren und diesem zur entsprechenden Akte mitzuteilen. 33 Eine Mitteilungsfrist ist dem Schuldner nicht eingeräumt. Während der Grundtatbestand des § 32 Abs. 2 Satz 1 StaRUG schlicht von einer Mitteilung spricht, sehen sämtliche der qualifizierten Tatbestände in § 32 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 und 4 StaRUG die Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung vor. Daraus kann jedoch nicht rückgeschlossen werden, dass der Zeitpunkt der Mitteilung nach dem Grundtatbestand im Belieben des Schuldners stünde und dieser nach eigenem Ermessen ausreichend Umstände und Sachverhalt sammeln könnte, bis er diese dem Gericht en bloc mitteilt. Vielmehr gilt auch insoweit, dass jede Veränderung grundsätzlich unverzüglich mitzuteilen ist, da in einem zeitlichen Zurückhalten bereits eine dem Schuldner nicht zugestandene Ermessensausübung zum Ausdruck käme. 34 Neben dem Restrukturierungsgericht ist nach § 32 Abs. 2 Satz 3 StaRUG auch der Restrukturierungsbeauftragte zu informieren, ist ein solcher bestellt. Die Mitteilung an den Restrukturierungsbeauftragten ersetzt jedoch nicht die Mitteilung an das Restrukturierungsgericht. Hierbei handelt es sich ausweislich des ausdrücklichen Wortlautes des Gesetzes, wonach auch der Restrukturierungsbeauftragte zu informieren ist, um eine ergänzende und damit neben die Mitteilungspflicht gegenüber dem Restrukturierungsgericht tretende Verpflichtung. § 32 Abs. 2 Satz 3 StaRUG differenziert nicht danach, in welcher Funktion der Restrukturierungsbeauftragte bestellt ist (zu der Differenzierung vgl. § 73 StaRUG Rn. 3). Daraus folgt, dass auch ein fakultativer oder sachverständiger Restrukturierungsbeauftragter Adressat der Anzeigeverpflichtung ist, obwohl diese nicht die Mitteilungspflicht betreffend aufhebungsrelevante Umstände aus § 76 Abs. 1 StaRUG (vgl. dort Rn. 5 ff.) trifft. Dies ist auch richtig, da sich die Kenntnis von solchen Umständen auch auf die nicht überwachungsrelevante Tätigkeit, nämlich die Beteiligung im Rahmen der Verhandlungsführung oder der sachverständigen Beurteilung in dem vom Gericht konkret übertragenen Aufgabenbereich auswirken kann.
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§ 32 Pflichten des Schuldners
5. Indisponibilität der Handlungspflichten Da es sich bei den Pflichten aus § 32 StaRUG um gesetzliche Verpflichtungen 35 des Schuldners im Drittinteresse, nämlich im Interesse der Gläubiger handelt, sind diese Pflichten nicht disponibel (für Rechtshandlungen mit drittschützendem Charakter vgl. zuletzt BGH, ZIP 2015, 638; dazu ausführlich Hölzle/ Klopp, KTS 2016, 335). Insbesondere unterliegen sie keiner Gesellschafterweisung. Der Schuldner und mithin die Geschäftsleiter des Schuldners sind ungeachtet entgegenstehender Gesellschafterweisungen verpflichtet, das Restrukturierungsvorhaben am Gesamtgläubigerinteresse vorrangig auszurichten und die sich im Weiteren ergebenden Verpflichtungen zu erfüllen. Gesellschaftsrechtliche Weisungsrechte und Folgepflichten gelten insoweit nicht. 6. Haftungsrechtliche Anknüpfung § 32 StaRUG hat Lenkungsfunktion. Diese Lenkungsfunktion kann er nur 36 ausüben, wenn die Statuierung der Pflichten auch in einem haftungsrechtlichen Kontext erfolgt. Dies ist ausweislich der Gesetzesbegründung der Fall, da der Gesetzgeber die Notwendigkeit eines haftungsrechtlichen Korrektivs für besonders augenscheinlich hält, wenn der Schuldner unter Berufung auf seine drohende Zahlungsunfähigkeit die Verfahrenshilfen des präventiven Rahmens in Anspruch nimmt, um Eingriffe in die Rechte der Gläubiger vornehmen zu können (BT-Drucks. 19/24181, S. 88). Ein Verstoß gegen die Pflichten aus § 32 StaRUG hat daher nicht nur die 37 verfahrensrechtliche Konsequenz der Aufhebung der Restrukturierungssache zur Folge (BT-Drucks. 19/24181, S. 136), sondern zeitigt auch unmittelbar haftungsrechtliche Konsequenzen im Verhältnis zu den individuell betroffenen Gläubigern. Das Restrukturierungsvorhaben zielt auf den Abschluss eines Restrukturie- 38 rungsplans ab, für den ungeachtet der konkreten zivilrechtlichen Konstruktion jedenfalls die Vorschriften über das Zustandekommen von Rechtsgeschäften entsprechende Anwendung finden (vgl. §§ 17 – 19 StaRUG Rn. 6 ff.). Vom Zeitpunkt der faktischen Einleitung (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 5, 9 ff.) des Restrukturierungsvorhabens an tritt der Schuldner daher in Verhandlungen über den Abschluss einer jedenfalls vertragsähnlichen Einigung mit den Gläubigern ein, deren Rechte in Folge des hierfür obligatorischen Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit bereits gefährdet sind, die es ihm erlaubt, auf die Rechte der Gläubiger einzuwirken und deren Rechtsgüter und Interessen zu beschränken. Die Rechtsgüter der Gläubiger werden dem Schuldner daher gewissermaßen zur Gestaltung im Gesamtgläubigerinteresse kraft Gesetzes anvertraut, was Grundlage der spiegelbildlichen Haftungsandrohung ist. Diese Sachlage beschreibt indes vollumfänglich den Tatbestand des § 311 Abs. 2 39 Nr. 2 BGB, was i. V. m. der daran anknüpfenden Schadensersatzpflicht im Fall eines Pflichtverstoßes nach § 280 Abs. 1 BGB den vom Gesetzgeber vorausgesetzten haftungsrechtlichen Kontext der Norm umsetzt. 209
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
40 Verstößt der Schuldner daher gegen die ihm nach § 32 StaRUG obliegenden Pflichten, so indiziert dies die Pflicht- und Rechtswidrigkeit des Verhaltens und löst wegen des nach § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB daraus entstehenden Schuldverhältnisses einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB einschließlich der Verschuldensvermutung nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB aus. Aktiv legitimiert ist der jeweils individuell geschädigte Gläubiger unmittelbar. 41 § 32 StaRUG reiht sich damit in das gläubigerschützende Haftungssystem des Gesellschafts- und Insolvenzrechts ein, das in nachfolgender Grafik noch einmal überblicksartig dargestellt ist: –24 Monate
dynamische Entwicklung der operativen Krise
Eintritt der drohenden Zahlungsunf. (§ 18 InsO)
Beobachtungs- & Sanierungspflicht, § 1 StaRUG
–12 Monate
Eintritt der Überschuldung (§ 19 InsO)
t Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO)
Insolvenzantragspflicht, § 15a InsO
gesellschaftsrechtliche Haftung, § 43 GmbHG, § 93 AktG, § 99 GenG, § 130a HGB
Insolvenzverfahrenseröffnung
Haftung für Masseerhaltung, § 15b InsO
Verwalter-/ Eigenverwalterhaftung, §§ 60, 61 InsO (ggf. i. V. m. § 276a Abs. 2 InsO)
Einleitung StaRUG
Pflicht zur Wahrung der Sorgfalt eines ordngsm. Sanierungs-GF, § 32 StaRUG
Haftung, § 43 StaRUG; §§ 280, 311 Abs. 2, 311a BGB
Abbildung 1 Gläubigerschützendes Haftungssystem
7. Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB a) Allgemeine Pflicht nach § 32 Abs. 1 StaRUG und Anzeigepflichten nach § 32 Abs. 2, 4 StaRUG 42 In der Gesetzesbegründung heißt es, dass dem Schuldner anders als im förmlichen Rahmen des Insolvenzverfahrens weitergehende Freiheiten bei der eigenverantwortlichen Gestaltung und Organisation des Gesamtprozesses eingeräumt werden. Die darin liegende Gestaltungs- und Organisationsfreiheit bei der Erwirkung von Rechtsfolgen, welche die Beteiligten des Prozesses belasten, erfordert eine Rückbindung an das Ziel, die Interessen der Gläubiger zu wahren. Insbesondere soll der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen nicht zur Verzögerung und Verschleppung des Krisenbewältigungsprozesses missbraucht werden dürfen oder gar dazu, gläubigergefährdende oder -benachteiligende Maßnahmen durchzuführen (BT-Drucks. 19/24181, S. 137). Weiter vorne im allgemeinen Teil der Gesetzesbegründung heißt es,
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§ 32 Pflichten des Schuldners
dass die Sanierung ungeachtet des Weges, auf dem sie betrieben werde, ein Instrument der Verwirklichung der auf die Befriedigung der Gläubiger gerichteten Ziele bleibt. Wie auch im Insolvenzverfahren gehe es den im präventiven Restrukturierungsrahmen geschaffenen vor- und außerinsolvenzlichen Sanierungshilfen darum, auf eine Gefährdung der vollständigen Befriedigung der Gläubiger zu reagieren und dabei die Interessen der Gläubiger zu wahren (BT-Drucks. 19/24181, S. 85 f.). Aus dieser eindeutigen Unterwerfung des Pflichtenkanons unter das Gläubiger- 43 interesse und der Exponierung der Pflichten aus § 32 StaRUG als den „Grundpflichten“ des Schuldners (BT-Drucks. 19/24181, S. 136) sowie daraus, dass die Pflichten gerade als Korrelat der Handlungsfreiheit des Schuldners zum Schutze des Gläubigerinteresses statuiert sind und daher einer effektiven Haftungsandrohung bedürfen, um die gewünschte Lenkungsfunktion in Ansehung des schuldnerischen Handelns ausfüllen zu können, folgt unweigerlich die Qualifizierung des § 32 StaRUG als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (ebenso Thole, ZIP 2020, 1985, 1993; wohl auch Smid, ZInsO 2021, 117, 124). Dies bestätigt auch ein Blick in den allgemeinen Teil der Gesetzesbegründung 44 wo die Pflicht zur Wahrung der Interessen der Gläubiger als Ausfluss der mit dem Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit sich realisierenden Gläubigergefährdung in den Kontext der Insolvenzantragspflichten nach § 15a InsO gesetzt werden, die einen nämlichen Zweck verfolgten (BT-Drucks. 19/24181, S. 87). Ein Gleichlauf beider Pflichten in ihrer rechtlichen Bewertung wird daher durch die Gesetzesbegründung deutlich vorgegeben. Die Verletzung sowohl der Pflicht zur Führung der Restrukturierungssache 45 mit der Sorgfalt eines ordnungsgemäßen Sanierungsgeschäftsführers als auch die Verletzung der Anzeige-, Offenbarungs- und Mitteilungspflichten können daher einen deliktischen Schadensersatzanspruch eines jeden hierdurch individuell geschädigten Gläubigers zunächst gegen den Schuldner selbst (die Gesellschaft) und über § 43 StaRUG auch gegenüber den Organen von Rechtsträgern in haftungsbeschränkender Rechtsform (insoweit m. E. zu Unrecht einschränkend Scholz, ZIP 2021, 219, 226) unmittelbar begründen. b) Insolvenzverschleppung und Anzeigepflicht nach § 32 Abs. 3 StaRUG Nach § 32 Abs. 3 StaRUG ist der Schuldner verpflichtet, den Eintritt von – 46 nach der jeweiligen Rechtsform maßgeblichen – Insolvenzgründen dem Restrukturierungsgericht anzuzeigen. § 42 Abs. 1 StaRUG transformiert diese Pflicht bei Gesellschaften in haftungsbeschränkender Rechtsform in eine unmittelbare Pflicht der Geschäftsleiter. Die Anzeige des Eintritts von Insolvenzgründen dient demselben Zweck wie 47 die Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO. Sie soll dafür Sorge tragen, dass Schuldner, die nicht mehr nur drohend zahlungsunfähig sind, sondern in deren Vermögen bereits Insolvenzgründe eingetreten sind, in dem dafür vorgesehenen 211
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Verfahren abgewickelt, also dem Insolvenzverfahren zugeführt werden. Demgemäß bleibt Unternehmen, die bereits zahlungsunfähig oder überschuldet sind, die Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens verwehrt. Dies muss schon deshalb der Fall sein, da im Fall einer Insolvenzreife die Interessen aller Gläubiger tangiert sind und es daher der Einleitung eines Gesamtverfahrens und nicht nur eines teilkollektiven Verfahrens bedarf (BT-Drucks. 19/24181, S. 90). 48 Die Entscheidung aber, ob im Interesse der Gläubiger das Restrukturierungsverfahren zu beenden und in ein Insolvenzverfahren überzuleiten ist, kann das Restrukturierung nur treffen, wenn ihm die nötigen Informationen vorliegen, also der Eintritt von Insolvenzgründen angezeigt wird. Da wegen des systemischen Unterschieds der Teilkollektivität des Restrukturierungsverfahrens und des gesamtvollstreckungsrechtlichen Charakters des Insolvenzverfahrens bei typisierte Betrachtung regelmäßig auch die Interessen von nicht am Restrukturierungsverfahren beteiligten Gläubigern betroffen sind, besteht die Anzeigepflicht im Interesse sämtlicher Gläubiger des Schuldners und damit über die allein verfahrensgebundenen Interessen in Bezug auf das Stabilisierungs- und Restrukturierungsverfahren hinaus. Daraus folgt, dass die Anzeigepflicht nach §§ 32 Abs. 2, 43 Abs. 1 StaRUG die Qualifikation des § 15a InsO als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zwingend teilen muss (ebenso Brinkmann, ZIP 2020, 2368). § 34 Restrukturierungsgericht; Verordnungsermächtigung (1) 1Für Entscheidungen in Restrukturierungssachen ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Oberlandesgericht seinen Sitz hat, als Restrukturierungsgericht für den Bezirk des Oberlandesgerichts ausschließlich zuständig. 2Ist dieses Amtsgericht nicht für Regelinsolvenzsachen zuständig, so ist das Amtsgericht zuständig, das für Regelinsolvenzsachen am Sitz des Oberlandesgerichts zuständig ist. (2) 1Die Landesregierungen werden ermächtigt, zur sachdienlichen Förderung oder schnelleren Erledigung von Restrukturierungssachen durch Rechtsverordnung 1. innerhalb eines Bezirks die Zuständigkeit eines anderen, für Regelinsolvenzsachen zuständigen Amtsgerichts zu bestimmen oder 2. die Zuständigkeit eines Restrukturierungsgerichts innerhalb eines Landes zusätzlich auf den Bezirk eines oder mehrerer weiterer Oberlandesgerichte zu erstrecken. 2
Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. 3Mehrere Länder können die Errichtung gemeinsamer Abteilungen eines Amtsgerichts für Restrukturierungssachen oder die Ausdehnung von Gerichtsbezirken für Restrukturierungssachen über die Landesgrenzen hinaus vereinbaren.
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§ 34 Restrukturierungsgericht; Verordnungsermächtigung
Übersicht 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1
2.
Doppelte Konzentrationswirkung (§ 34 Abs. 1 StaRUG) ................... 4
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes § 34 Abs. 1 StaRUG regelt die sachliche Zuständigkeit für Restrukturierungs- 1 sachen. Demnach kann nur ein Amtsgericht als Restrukturierungsgericht zuständig sein, in dessen Bezirk ein Oberlandesgericht seinen Sitz hat und das als Insolvenzgericht für die Eröffnung von Regelinsolvenzverfahren zuständig ist. Restrukturierungs- und Insolvenzsachen werden mithin bei einem Amtsgericht und in einem Oberlandesgerichtsbezirk konzentriert (vgl. BT-Drucks. 19/ 24181, S. 141). Durch die konkrete gesetzliche Bezugnahme auf „Regelinsolvenzverfahren“ 2 ist in jedem Fall gewährleistet, dass Restrukturierungsgericht nur ein Amtsgericht sein kann, das als Insolvenzgericht für Unternehmensinsolvenzen zuständig ist. Damit bleiben isolierte Zuständigkeiten für beispielsweise Verbraucher- oder Nachlassinsolvenzverfahren außer Betracht (vgl. BT-Drucks. 19/ 24181, S. 141). § 34 Abs. 2 StaRUG enthält eine Verordnungsermächtigung für die Landes- 3 regierungen, wonach ein anderes als das am Sitz des Oberlandesgerichts zuständige Amtsgericht zum Restrukturierungsgericht bestimmt oder eine über den Oberlandesgerichtsbezirk hinausgehende Konzentration vorgesehen werden kann. Eine größere Dezentralisation, also z. B. die Bestimmung eines jeden Insolvenzgerichts auch zum Restrukturierungsgericht lässt das Gesetz- vor dem Hintergrund der Erfahrungen in der Insolvenzordnung – ausdrücklich nicht zu. 2. Doppelte Konzentrationswirkung (§ 34 Abs. 1 StaRUG) Die funktionalen und inhaltlichen Ähnlichkeiten von Restrukturierungs- und 4 Insolvenzsachen rechtfertigen deren Konzentration bei demselben Gericht (vgl. BT-Drucks. 19/24181, S. 141). Mit der Festlegung grundsätzlich einheitlicher Qualifikationsanforderungen an die Tätigkeit von Insolvenz- und Restrukturierungsrichtern (vgl. § 22 Abs. 6 GVG) wurde bereits der Grundstein für eine einheitliche Zuständigkeit gelegt. Darüber hinaus soll die Zuständigkeit zudem auf Ebene der Oberlandesge- 5 richtsbezirke konzentriert werden. Als Restrukturierungsgericht kann nur ein Amtsgericht ausschließlich zuständig sein, in dessen Bezirk ein Oberlandesgericht seinen Sitz hat. Mit dieser weiteren Konzentration soll eine sachgerechte, professionelle, effiziente und ihrer rechtlichen sowie wirtschaftlichen Komplexität gerecht werdende Bearbeitung von Restrukturierungssachen gewährleistet werden (vgl. BT-Drucks. 19/24181, S. 141). Durch hinreichende und konstante Fallzahlen, die durch eine Konzentration bewirkt werden
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
können, sollen sich bei den Restrukturierungsgerichten die erforderliche Expertise und Erfahrung bilden (vgl. BT-Drucks. 19/24181, S. 141). § 35 Örtliche Zuständigkeit 1
Örtlich zuständig ist ausschließlich das Restrukturierungsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. 2Liegt der Mittelpunkt einer wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort, so ist ausschließlich das Restrukturierungsgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt. Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Abweichungen zum Insolvenzverfahren ......................................... 2
3.
Zuständigkeitsverknüpfung von StaRUG und InsO ......................... 3
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 § 35 StaRUG regelt die örtliche Zuständigkeit des Restrukturierungsgerichts. Der Gerichtsstand ist ausschließlich. Nach § 35 Satz 1 StaRUG bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit des Restrukturierungsgerichts grundsätzlich nach dem allgemeinen Gerichtsstand des Schuldners. Dieser ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung der Vorschriften der ZPO (§ 38 StaRUG i. V. m. §§ 12 ff. ZPO). Liegt der Mittelpunkt einer wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort, so ist dieser nach § 35 Satz 2 StaRUG für die Bestimmung der Zuständigkeit des Restrukturierungsgerichts maßgeblich (vgl. dazu ausführlich Hölzle/Jacoby, ZIP 2021, 337). 2. Abweichungen zum Insolvenzverfahren 2 Die Regelung folgt dem insolvenzverfahrensrechtlichen Vorbild des § 3 Abs. 1 InsO, weshalb auf die hierzu ergangene Rechtsprechung und die Kommentarliteratur vollumfänglich verwiesen werden kann. Zwar verzichtet der Gesetzgeber im Rahmen von § 35 Satz 2 StaRUG auf die Benennung des Merkmals der Selbstständigkeit der wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners, damit dürften allerdings keine Abweichungen vom insolvenzverfahrensrechtlichen Vorbild verbunden sein, da sich hierfür keinerlei Indiz in der Gesetzesbegründung findet (BT-Drucks. 19/24181, S. 142). 3. Zuständigkeitsverknüpfung von StaRUG und InsO 3 Um die Verfahrenseffizienz zu steigern, hat der Gesetzgeber zusätzlich zu der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit für das StaRUG-Verfahren selbst auch für ein etwaig nachfolgendes Insolvenzverfahren einen besonderen, zusätzlichen Gerichtsstand geschaffen (vgl. Hölzle/Curtze, ZIP 2021, 1293). Nach § 3 Abs. 2 InsO ist auch das Gericht als Insolvenzgericht örtlich zu-
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§ 37 Gruppen-Gerichtsstand
ständig, das für etwaige Restrukturierungsmaßnahmen im Sinne von § 29 StaRUG, die der Schuldner in den letzten sechs Monaten vor der Insolvenzantragsstellung in Anspruch genommen hat, als Restrukturierungsgericht örtlich zuständig war. Damit gewährt der Gesetzgeber dem Schuldner – sollte nicht ohnehin schon eine Identität von Insolvenz- und Restrukturierungsgericht bestehen – einen zusätzlichen zur Auswahl stehenden Gerichtsstand für das Insolvenzverfahren (vgl. BT-Drucks. 19/24181, S. 142). Der Gedanke dahinter ist, dass das Insolvenzgericht diejenigen Erkenntnisse, die es als Restrukturierungsgericht aus dem vorangegangenen Verfahren gewonnen hat, auch im Rahmen der Bearbeitung des Insolvenzverfahrens nutzbringend einsetzen kann. § 36 Einheitliche Zuständigkeit Für alle Entscheidungen und Maßnahmen in der Restrukturierungssache ist die Abteilung zuständig, die für die erste Entscheidung zuständig war. Übersicht 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1
2.
Sinn und Zweck der Anknüpfung an die Abteilung ............................. 2
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes § 36 StaRUG hat im Grunde nur eine klarstellende Funktion (vgl. 1 BT-Drucks. 19/24181, S. 142). Nach dieser Vorschrift bleibt während der Rechtshängigkeit einer Restrukturierungssache die Abteilung, die die erste Entscheidung in der Restrukturierungssache getroffen hat, durchgängig für alle weiteren Entscheidungen zuständig. 2. Sinn und Zweck der Anknüpfung an die Abteilung Im Regelfall wird in einer Restrukturierungssache stets derselbe Richter tätig. 2 Mit der Anknüpfung an eine ganze Abteilung wollte der Gesetzgeber potenziellen Zuständigkeitsproblemen, beispielsweise infolge von Vertretungsfällen, vorbeugen und damit die Verfahrenseffektivität in jedem Stadium des Verfahrens gewährleisten. § 37 Gruppen-Gerichtsstand (1) Auf Antrag eines Schuldners, der einer Unternehmensgruppe im Sinne des § 3e der Insolvenzordnung angehört (gruppenangehöriger Schuldner), erklärt sich das angerufene Restrukturierungsgericht für Restrukturierungssachen anderer gruppenangehöriger Schuldner (Gruppen-Folgeverfahren) für zuständig, wenn dieser Schuldner einen zulässigen Antrag in der Restrukturierungssache gestellt hat und er nicht offensichtlich von untergeordneter Bedeutung für die gesamte Unternehmensgruppe ist. 215
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
(2) § 3a Absatz 1 Satz 2 bis 4, Absatz 2, die §§ 3b, 3c Absatz 1, § 3d Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 und § 13a der Insolvenzordnung gelten entsprechend. (3) Auf Antrag des Schuldners erklärt sich unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 das für Gruppen-Folgeverfahren in Restrukturierungssachen zuständige Gericht als Insolvenzgericht auch für Gruppen-Folgeverfahren in Insolvenzsachen nach § 3a Absatz 1 der Insolvenzordnung für zuständig. Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Grundlagen des insolvenzrechtlichen Gruppen-Gerichtsstandes nach § 3a InsO ............................... 3 a) Bedeutung des besonderen Gruppen-Gerichtsstandes ...... 3 aa) Ziele des Gesetzgebers ... 3 bb) Wahlgerichtsstand .......... 6 cc) Prioritätsprinzip ............. 9 b) Begründung des Wahlgerichtsstandes nach § 3a InsO ............................... 13 aa) Tatbestand ..................... 13 bb) Insolvenzantrag und Antrag auf Begründung eines GruppenGerichtsstandes ............ 14
3.
4.
cc) Antragsbefugnis i. R. d. § 3a InsO ....................... dd) Unternehmensgruppe .. ee) Keine offensichtlich untergeordnete Bedeutung ......................... ff) Ablehnungsgrund: Zweifel am gemeinsamen Interesse der Gläubiger ....................... Voraussetzungen einer Zuständigkeitskonzentration im StaRUG-Verfahren (§ 37 Abs. 1 StaRUG) ........................... Gemischte Restrukturierungsund Insolvenzverfahren im Konzern ........................................
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1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 Nach § 37 StaRUG besteht auch für das Restrukturierungsverfahren – den insolvenzverfahrensrechtlichen Vorschriften der §§ 3a ff. InsO folgend – ein einheitlicher Gerichtsstand für sämtliche einer Unternehmensgruppe angehörenden Unternehmen. Auf die Kommentierung zu §§ 3a ff. InsO kann verwiesen werden. 2 Die Norm soll eine Abstimmung der Sanierungskonzepte der einzelnen Unternehmen innerhalb der Unternehmensgruppe erleichtern (vgl. BT-Drucks. 19/ 24181, S. 142). Sie bildet insoweit die Grundlage einer zweckmäßigen bzw. erfolgreichen Restrukturierung einer ganzen Unternehmensgruppe. 2. Grundlagen des insolvenzrechtlichen Gruppen-Gerichtsstandes nach § 3a InsO a) Bedeutung des besonderen Gruppen-Gerichtsstandes aa) Ziele des Gesetzgebers 3 Der Gesetzgeber verfolgt mit der Schaffung eines einheitlichen Gerichtsstandes für Konzerninsolvenzen das Ziel, das bislang in der Praxis zwar zumeist ge216
§ 37 Gruppen-Gerichtsstand
lösten (vgl. AG Köln, ZIP 2008, 423; AG Essen, ZIP 2009, 1826), aber stets mit einer Restunsicherheit behaftete Bestreben, ein COMI für alle konzernzugehörigen Gesellschaften an einem Insolvenzgericht zu begründen, auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen. Der dahinterstehende Leitgedanke ist simpel: Je mehr Verfahren an einem Gericht geführt werden können, desto einfacher ist deren effektive Abstimmung. Das ist zweifelsohne richtig und in der Praxis erprobt. Insbesondere die Bestellung eines einheitlichen Insolvenzverwalters für alle oder mehrere konzernzugehörige Gesellschaften begegnete nämlich ganz erheblichen Schwierigkeiten, müssten die Verfahren in unterschiedlichen Gerichtsbezirken geführt werden und pochten die jeweiligen Insolvenzgerichte, was auch post-ESUG – und das nicht immer ohne Grund (vgl. §§ 56, 56a InsO Rn. 9) – an der Tagesordnung ist, auf ihre örtlichen Listen. Der Gesetzgeber folgt allerdings mit der Schaffung eines zentralen Konzern-, 4 oder wie es im Gesetz heißt: Gruppengerichtsstandes nicht der überkommenen Forderung in der Literatur, diesen als ausschließlichen Gerichtsstand am Sitz der Konzernmutter auszugestalten (K. Schmidt, KTS 2010, 1, 21; ders., ZIP 2012, 1053; Hirte, ZIP 2008, 444; Eidenmüller, ZHR 169 [2005], S. 528, 537), sondern setzt vielmehr auf einen Wahlgerichtsstand nach dem Prioritätsprinzip. Danach kann das erste, einer Unternehmensgruppe im Sinne des § 3e zugehörige Unternehmen, das für die Unternehmensgruppe nicht von völlig untergeordneter Bedeutung ist, auf Antrag einen fakultativen „Soll-Gerichtsstand“ auch für alle weiteren Insolvenzanträge anderer gruppenzugehörigen Gesellschaften begründen. Genauso kann sich der den ersten Insolvenzantrag stellende, gruppenzugehörige Schuldner aber durch ein Unterlassen der Antragstellung nach § 3a InsO von der Unternehmensgruppe und einem etwaig nachfolgenden Koordinationsverfahren über die Vermögen der übrigen gruppenangehörigen Schuldner, über deren Vermögen Anträge gestellt worden sind, abschotten und so isolieren. Eine Option, die sich ggf. für wirtschaftlich starke, autonom (ggf. sogar besser) überlebensfähige Konzerngesellschaften anbietet, die drohen, in den Strudel der Konzerninsolvenz gezogen zu werden; ein „Cash-CowPrivileg“, das unter konzernzugehörigen Gesellschaften, die ein Koordinationsverfahren vermeiden wollen, ein Wettrennen um die erste Antragstellung auslösen kann. Das Prioritätsprinzip eröffnet darüber hinaus, dies hat der Gesetzgeber jedoch 5 gesehen und bewusst in Kauf genommen, Gestaltungspotenzial hinsichtlich der lokalen Allokation der Verfahrensabwicklung. Die Möglichkeit eines nationalen Forum Shoppings wird damit gesetzlich verankert, was nicht zuletzt die Bestrebungen von Beratern, die in der jüngeren Vergangenheit (aus teils nachvollziehbaren, teils aber auch – vor allem im Zusammentreffen mit weiteren Umständen – nicht zu rechtfertigenden Gründen, vgl. dazu Hölzle/Jacoby, ZIP 2021, 337) den Sitz von unmittelbar insolvenzbedrohten Unternehmen aus dem Bezirk eines „Wegzugsgerichts“ in einen benachbarten Bezirk verlegt haben, deutlich reduzieren dürfte. Missbrauchspotenzial erkennt der Gesetzgeber hierin aber dennoch nicht, weil bereits fraglich sei, ob die Auswahl unter
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
mehreren nationalen Gerichtsständen überhaupt als Missbrauch angesehen werden könne, da stets dasselbe Recht zur Anwendung komme und die in dem Missbrauchsargument offen enthaltene Unterstellung, dass einige Gerichte mit den bei ihnen anhängigen Verfahren nicht angemessen umgingen, auf die dem deutschen Justizsystem nicht gerecht werdende Annahme hinauslaufe, es werde von bestimmten Gerichten das geltende Recht nicht richtig angewendet (BT-Drucks. 18/407, S. 19). Die strategische Allokation des Konzerninsolvenzverfahrens bei einem bestimmten Gericht ist daher erkannt und gewollt (dazu ausführlich auch Hölzle/Jacoby, ZIP 2021, 337). bb) Wahlgerichtsstand 6 Der durch § 3a InsO eröffnete Gerichtsstand ist ein Wahlgerichtsstand. Er tritt neben den ausschließlichen Gerichtsstand nach § 3 InsO. Gläubiger und sämtliche gruppenangehörigen Unternehmen können sowohl vor als auch nach der Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes einen Insolvenzantrag bei dem für die jeweilige Gesellschaft nach § 3 InsO zuständigen Gericht stellen, was sich ausdrücklich aus § 3c Abs. 2 InsO ergibt. Aus dem ausschließlichen Gerichtsstand des § 3 InsO wird durch einen zulässigen Antrag eines gruppenangehörigen Unternehmens daher für dieses Unternehmen selbst und für alle anderen der Unternehmensgruppe zuzurechnenden Unternehmen ein Wahlgerichtsstand (BT-Drucks. 18/407, S. 19 f.; vgl. auch Brünkmans, ZIP 2013, 193, 196). Von einer verdrängenden Zuweisung hat der Gesetzgeber ausdrücklich abgesehen, nicht zuletzt, um den Organen einer jeden gruppenangehörigen Gesellschaft auch bei nicht konzernweit koordinierten Insolvenzanträgen ihren Antragspflichten (§ 15a InsO) an dem für die jeweilige Gesellschaft originär zuständigen Gericht nachkommen zu können (BT-Drucks. 18/407, S. 20). 7 Da die Begründung des Wahlgerichtsstandes nach § 3a InsO von der Stellung eines darauf gerichteten Antrages des Schuldners abhängt und nicht von Amts wegen angeordnet werden kann, liegt die Qualifikation als fakultativer Wahlgerichtsstand nahe. Dies gilt jedoch, wenn aufgrund des ersten zulässigen, auf die Begründung eines Wahlgerichtsstandes gerichteten Antrag eines gruppenzugehörigen Schuldners von nicht untergeordneter Bedeutung der Gruppen-Gerichtsstand begründet wird, gerade nur für diesen ersten Antrag. Ist der Gruppen-Gerichtsstand einmal begründet, folgt daraus das Bestehen des Wahlgerichtsstandes für die Insolvenzanträge aller weiteren, gruppenangehörigen Gesellschaften (sog. „Gruppen-Folgeverfahren“) kraft Gesetzes. 8 Die Herstellung einer gewünschten Bündelung und Koordination, soweit Insolvenzanträge in Gruppen-Folgeverfahren von Gläubigern oder den Schuldnern selbst nicht bei dem Gericht des Gruppen-Gerichtsstands, sondern bei dem Allgemeinen Gerichtsstand nach § 3 InsO gestellt werden, kann über die Verweisungsnorm des § 3d Abs. 1 InsO erreicht werden.
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§ 37 Gruppen-Gerichtsstand
cc) Prioritätsprinzip Für die Begründung des Gruppen-Gerichtsstandes gilt ein materiell einge- 9 schränktes Prioritätsprinzip, wie sich aus § 3a Abs. 1 Satz 3 InsO ergibt (BT-Drucks. 18/407, S. 19). Danach ist grundsätzlich der erste auf die Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes gerichtete, zulässige Antrag eines gruppenangehörigen Unternehmens für die Begründung des GruppenGerichtsstandes maßgeblich. Die Entscheidung zwischen mehreren zeitgleich bei verschiedenen Gerichten eingegangenen Anträgen oder zwischen solchen Anträgen, bei welchen die zeitliche Reihenfolge des Eingangs unklar ist, übernimmt nach § 3a Abs. 1 Satz 3 InsO das darwinistische Prinzip; es führt der Antrag desjenigen Schuldners mit der größten Bilanzsumme. Die Bilanzsumme hat zwar für die Bedeutung des Unternehmens in der Unternehmensgruppe nur eine eingeschränkte Aussagekraft, ist dafür jedoch ein klares und verfahrensrechtlich einfach zu handhabendes Kriterium (BT-Drucks. 18/407, S. 27). Diese Methodik kann jedoch dazu führen, dass bei zeitgleich von der Konzernholding, an deren Sitz der „geborene Gruppen-Gerichtsstand“ besteht, weil sich dort in der Regel die leitenden Funktionen vereinen, die auch für die Steuerung eines Insolvenzverfahrens erforderlich sind (so z. B. Andes/Möhlenkamp, BB 2013, 579, 584; Jaffé/Friedrich, ZIP 2008, 1849, 1852; Vallender/Deyola, NZI 2009, 825, 829; Hirte, ZIP 2008, 444, 445) und von einer oder mehreren produzierenden Tochtergesellschaften gestellten Anträgen nach § 3a InsO sich derjenige der Konzernmutter nicht durchzusetzen vermag und unzulässig wird (§ 3a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 InsO). Hier kann dann nur das angerufene Gericht der Tochtergesellschaft mit einer Zurückweisung nach § 3a Abs. 2 InsO helfen. Die materielle Einschränkung des Prioritätsprinzips ergibt sich aus zweierlei: 10 Zunächst sind nach § 3a Abs. 1 Satz 2 InsO nur Anträge solcher gruppenangehörigen Unternehmen berücksichtigungsfähig, die in der Unternehmensgruppe nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Des Weiteren kann das angerufene Gericht den Antrag auf Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes nach § 3a Abs. 2 InsO ablehnen, wenn Zweifel daran bestehen, dass eine Verfahrenskonzentration am angerufenen Insolvenzgericht im gemeinsamen Interesse der Gläubiger liegt. Die Frage, wie Antragskollisionen rechtstatsächlich zu bewältigen sind, wie 11 nämlich verschiedene, zeitgleich oder in kurzen zeitlichen Abständen angerufene Gerichte von der Stellung weiterer Anträge nach § 3a InsO an anderen Gerichten erfahren, beantwortet das Gesetz nicht. Die Pflichtangabe nach § 13a Abs. 1 Nr. 5 InsO jedenfalls hilft nicht, da hier erstens nur die Angabe weiterer Insolvenzanträge oder eröffneter Verfahren anderer gruppenzugehöriger Schuldner gefordert ist, nicht aber die Angabe, ob auch ein Antrag nach § 3a InsO gestellt oder ein gar Gruppen-Gerichtsstand bereits begründet wurde. Darüber hinaus verfügt der konkret antragstellende Schuldner über diese Informationen nicht notwendigerweise, insbesondere wenn es sich um eine nachgeordnete Gesellschaft im Konzern handelt und die Insolvenzanträge 219
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
nicht koordiniert sind. Auch sieht das Gesetz unverständlicherweise nicht vor, dass ein Beschluss nach § 3a InsO über die Begründung eines GruppenGerichtsstandes gemäß § 9 InsO öffentlich bekannt zu machen ist. Das Risiko sich widersprechender Beschlüsse nach § 3a InsO ist daher nicht nur ein theoretisches. Dass die später gestellten Anträge unzulässig waren (§ 3a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 InsO) hindert allerdings zunächst die Wirksamkeit eines auf unzulässigen Antrag hin ergangenen Beschlusses nicht. Das wiederum kann dazu führen, dass auch Anträge in Gruppen-Folgeverfahren an dem unzulässig begründeten (weiteren) Gruppen-Gerichtsstand gestellt werden. Wird zu einem späteren Zeitpunkt offenbar, dass der Antrag auf Begründung des GruppenGerichtsstandes wegen Verstoßes gegen das Prioritätsprinzip unzulässig war, so hat das Insolvenzgericht den entsprechenden Beschluss in Anlehnung an die Rechtsprechung zur Aufhebung von Sicherungsmaßnahmen bei nachträglicher Feststellung der Unzulässigkeit des Insolvenzantrages (vgl. BGH, ZIP 2007, 878; BGH, ZIP 2006, 1456) von Amts wegen aufzuheben. Voraussetzung für die Begründung (und Beibehaltung) eines Gruppen-Gerichtsstandes ist ein zulässiger Antrag. Zwischenzeitlich bei diesem Gericht beantragte Gruppen-Folgeverfahren bleiben aus Gründen des Rechts- und des Vertrauensschutzes, ebenso wie von einem unzuständigen Gericht angeordnete Sicherungsmaßnahmen wirksam bleiben, zulässig, sind jedoch zwingend entsprechend § 3d Abs. 1 Satz 1 an den zulässig begründeten Gruppen-Gerichtsstand zu verweisen, wie auch von dem unzuständigen Gericht angeordnete Sicherungsmaßnahmen nach Feststellung der fehlenden Zuständigkeit von Amts wegen aufzuheben sind (Vallender, in: Uhlenbruck, InsO, § 21 Rn. 51). Für die Bestellung eines neuen vorläufigen Insolvenzverwalters durch das Gericht des wirksam begründeten Gruppen-Gerichtsstandes gilt § 3d Abs. 3 InsO. Ob auch das Anlassverfahren, in dem der sich später als unzulässig erwiesene Antrag nach § 3a InsO gestellt wurde, für das selbst das betreffende Gericht aber nach § 3 InsO zuständig ist und unabhängig von der Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes bleibt, ebenfalls zu verweisen ist, richtet sich nach den allgemeinen Maßstäben des § 3d Abs. 1 InsO. 12 Durch die Schaffung eines Gruppen-Gerichtsstandes wird die Planbarkeit in der Vorbereitung koordinierter Konzerninsolvenzverfahren erhöht, soweit nicht durch Auswahl des Gerichtsstandes einer nachgeordneten Gesellschaft aus offensichtlich verfahrensfremden Motiven das Risiko einer Ablehnung nach § 3a Abs. 2 InsO begründet wird. Dies ist zu begrüßen. Die Beförderung eines nationalen Forum Shoppings mindert diesen Vorteil nicht im Geringsten. Das Gericht des Gruppen-Gerichtsstandes wird mit dessen Bestimmung zugleich Koordinationsgericht im Sinne des § 269d InsO. b) Begründung des Wahlgerichtsstandes nach § 3a InsO aa) Tatbestand 13 Die Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes als Wahlgerichtsstand an dem ersten hiermit befassten Gericht (Prioritätsprinzip, vgl. Rn. 9) setzt tat220
§ 37 Gruppen-Gerichtsstand
bestandlich viererlei voraus (nur drei Voraussetzungen nennend: Brünkmans, ZIP 2013, 193, 196, weil dort der erforderliche Antrag nach §§ 3a, 13a InsO nicht gesondert hervorgehoben wird): (1) Stellung eines zulassungsfähigen Insolvenzeröffnungsantrages durch den Schuldner selbst oder einen Gläubiger (Rn. 16 ff.). (2) (Erster) Antrag (Rn. 19 ff.).
auf
Begründung
eines
Gruppen-Gerichtsstandes
(3) Zugehörigkeit des Unternehmens zu einer Unternehmensgruppe und in dieser nicht von untergeordneter Bedeutung (Rn. 25 ff.). (4) Keine Zweifel, dass die Verfahrenskonzentration an dem angerufen Gericht im Interesse der Gläubiger liegt (Rn. 44 ff.). bb) Insolvenzantrag und Antrag auf Begründung eines GruppenGerichtsstandes Erste Voraussetzung für die Stellung eines Antrages auf Begründung eines 14 Gruppen-Gerichtsstandes ist das Vorliegen eines Insolvenzantrages über das Vermögen des betreffenden Schuldners. Ob es sich hierbei um einen Eigenantrag des Schuldners handeln muss, oder auch Gläubigeranträge genügen, bleibt in der Gesetzesbegründung etwas unklar, da in deren Terminologie nicht immer deutlich zum Ausdruck kommt, auf welchen Antrag sich die Begründung gerade bezieht: den Insolvenz- oder den Gruppen-Gerichtsstandsantrag. Während es im Allgemeinen Teil (BT-Drucks. 18/407, S. 20) heißt, der Gruppen-Gerichtsstand könne auf Grundlage des Antrages eines gruppenangehörigen Schuldners gestellt werden, sofern dieser einen zulässigen Eigenantrag gestellt habe und Gläubigeranträge insoweit unbeachtlich seien, heißt es im Besonderen Teil im Rahmen der Erläuterung zu § 3a InsO, dass antragsberechtigt für den Antrag nach § 3a InsO nur der gruppenzugehörige Schuldner sei, was auch dann gelte, wenn der Eröffnungsantrag von einem Gläubiger gestellt wurde (BT-Drucks. 18/407, S. 26). Beide Begründungsansätze widersprechen sich. Ungeachtet dessen, dass unter Beachtung auch der allgemeinen Auslegungsgrundsätze dem Besonderen Teil der Vorzug gegenüber den allgemeinen Erläuterungen gebührt, lässt sich schon dem Gesetzeswortlaut eine Beschränkung auf Eigen-Insolvenzanträge des Schuldners als Zulässigkeitsvoraussetzung für den Gruppen-Gerichtsstandsantrag nicht entnehmen. Im Gegenteil: Das Gesetz spricht allein von dem Vorliegen eines zulässigen Eröffnungsantrages. Hätte der Gesetzgeber als Eingangsvoraussetzung einen zulässigen Eigen-Insolvenzantrag verlangen wollen, so wäre es ihm ein Leichtes gewesen, dies klarzustellen. Hinzu kommt, dass auch die Ausführungen im Allgemeinen Teil der Gesetzesbegründung zwar nicht grammatikalisch, wohl aber inhaltlich allein auf den Antrag nach § 3a InsO Bezug nehmen und gerade nicht auf den Insolvenzeröffnungsantrag. Motiv für die Beschränkung auf Anträge durch das schuldnerische Unternehmen ist nämlich, dass es Gläubigern in der Regel an Informationen und Unterlagen 221
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
fehle, um zu entscheiden, ob eine einheitliche Insolvenzbewältigungsstrategie für die Gläubigergesamtheit vorteilhaft ist (BT-Drucks. 18/407, S. 20). Es folgt aus alledem eindeutig, dass für die Begründung eines Gruppen-Gerichtsstands auch das Vorliegen eines Gläubigerantrages auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines gruppenzugehörigen Schuldners ausreichend ist. Unerheblich ist demgegenüber, in welcher Verfahrensart der Insolvenzantrag gestellt wird, ob also zugleich die Anordnung der (vorläufigen) Eigenverwaltung beantragt wird. Wird der zugrundeliegende Insolvenzantrag zurückgenommen, wird der Antrag auf Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes unzulässig; ist hierüber zu diesem Zeitpunkt aber bereits entschieden, so bleibt ein einmal begründeter Gruppen-Gerichtsstand unter den Voraussetzungen des § 3b InsO bestehen. 15 Für die Zulässigkeit eines parallel zu dem Insolvenzantrag gestellten Antrages auf Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes kommt es, anders als der Gesetzestext, der von einem „zulässigen Insolvenzantrag“ spricht, vermuten lässt, weder auf die Begründetheit noch tatsächlich auf die Zulässigkeit des Insolvenzeröffnungsantrages an (BT-Drucks. 18/407, S. 26). Es genügt die Zulassung des Insolvenzantrages. Diese Differenzierung zwischen der Zulässigkeit und der Zulassung des Insolvenzantrages war dem Gesetzgeber offenbar nicht hinreichend bewusst, da sich in der Gesetzesbegründung hierzu keinerlei Aussagen finden. Da die Entscheidung über die Begründung eines GruppenGerichtsstandes aber möglichst frühzeitig bereits im Eröffnungsverfahren soll getroffen werden können (BT-Drucks. 18/407, S. 26), was bei einer koordinierten Insolvenzantragstellung im Konzern vor dem Hintergrund der nach dem Dominoeffekt häufig unmittelbar einsetzenden Insolvenzantragspflichten nachgeordneter Gesellschaften auch unverzichtbar ist, kann eine mitunter umfangreiche Zulässigkeitsprüfung nicht abgewartet werden. Der Charakter des Insolvenzeröffnungsverfahrens als Eilverfahren färbt insoweit auch auf den Gruppen-Gerichtsstandsantrag ab. Wenn aber die (vorläufige) Zulassung eines Insolvenzantrages bereits ausreicht, um Sicherungsmaßnahmen gemäß § 21 InsO anzuordnen (BGH, ZIP 2007, 878), dann bietet sie auch eine ausreichende Grundlage für die Schaffung eines zusätzlichen Gerichtsstandes. Bei der scheinbar eindeutigen Formulierung des Gesetzes handelt es sich insoweit um eine unbedachte sprachliche Ungenauigkeit, die durch Gesetzesauslegung zu korrigieren ist. 16 Liegt ein zuzulassender Insolvenzantrag, gleich ob vom Schuldner selbst oder von einem Gläubiger gestellt, vor, so bedarf es darüber hinaus des Antrages auf Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes in der Form des § 13a InsO. Dieser Antrag kann, wie sich aus § 3a Abs. 1 InsO unzweideutig ergibt, ausschließlich von dem Schuldner gestellt werden, über dessen Vermögen der Insolvenzeröffnungsantrag bei dem betreffenden Gericht anhängig ist. Gläubigeranträge oder Anträge von anderen, gruppenzugehörigen Schuldnern sind mangels Antragsbefugnis unzulässig.
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§ 37 Gruppen-Gerichtsstand
Der Antrag auf Begründung des Gruppen-Gerichtsstandes ist ein selbststän- 17 diger und von dem Insolvenzeröffnungsantrag unabhängiger Antrag (so i. E. auch BT-Drucks. 18/407, S. 26), über den das Insolvenzgericht losgelöst von dem Insolvenzeröffnungsantrag und gesondert zu entscheiden hat. Beide Anträge können jedoch miteinander verbunden und auch innerhalb desselben Schriftsatzes gestellt werden. Eine zeitliche Verbindung des Antrages auf Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes mit dem Insolvenzeröffnungsantrag ist allerdings nicht Voraussetzung. Der Antrag nach § 3a InsO kann unter Beachtung des Prioritätsprinzips (Rn. 9) auch jederzeit nachgeholt werden. Dies mag z. B. dann Sinn machen, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht feststeht, ob Gruppen-Folgeanträge werden gestellt werden müssen oder auch noch keine Entscheidung darüber getroffen ist, ob und inwieweit eine koordinierte Abwicklung im Interesse der Gläubiger liegt. Der Gesetzgeber eröffnet dem antragstellenden Schuldner jedoch nicht die 18 Möglichkeit, den Insolvenzantrag ruhen zu lassen, bis ein anderes angerufenes Gericht über einen weiteren Antrag auf Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes entschieden hat, wenn das Erstgericht den bei ihm gestellten Antrag abzuweisen beabsichtigt. Ein solches Ruhen des Eröffnungsverfahrens für wenige Tage, bis über die Bestimmung des Grupppen-Gerichtsstandes und eine sich daran ggf. anschließende Verweisung entschieden ist, liegt aber durchaus im Interesse des gesetzgeberisch vorgegebenen Ziels der besseren Koordinierung von Konzerninsolvenzverfahren. Soweit das zuerst angerufene Gericht einen Antrag nach § 3a InsO zurückweist oder darauf hinweist, dies tun zu wollen, und der Schuldner mitteilt, dass in der Folge ein weiterer, dann nicht mehr durch das Prioritätsprinzip gesperrter Antrag nach § 3a InsO bei einem anderen Gericht gestellt werde, so sollte das Erstgericht in grundsätzlich gebundenem Ermessen davon absehen, einen vorläufigen Insolvenzverwalter zu bestellen oder andere Sicherungsmaßnahmen anzuordnen. Die Rechtsgrundlage hierfür ergibt sich aus der Bindungswirkung der Verweisungsnorm des § 3d Abs. 1 InsO und der Kooperationspflicht der Gerichte aus § 269b InsO, die sich insbesondere auf die Verwalterbestellung, die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen und sonstige verfahrensleitende Entscheidungen bezieht. Ausnahmen von der Ermessensbindung des Gerichts sind nur dann zuzulassen, wenn und soweit aus einem Zuwarten konkrete Nachteile für die Gläubiger erwachsen, etwa weil bereits Zwangsvollstreckungen drohen etc. Auch hier sollte dann jedoch die Entscheidung des Gerichts auf isolierte Sicherungsmaßnahmen mit möglichst wenig Einfluss auf das künftige Koordinationsverfahren beschränkt bleiben. cc) Antragsbefugnis i. R. d. § 3a InsO Das Antragsrecht für den Antrag auf Begründung eines Gruppen-Gerichts- 19 standes steht allein dem Schuldner des Insolvenzantragsverfahrens zu. Weder
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Gläubiger, noch andere gruppenzugehörige Unternehmen haben ein Antragsrecht. Deren Anträge wären mangels Antragsbefugnis als unzulässig zu verwerfen. 20 Zur Frage der Organzuständigkeit innerhalb des Insolvenzschuldners schweigen sowohl das Gesetz als auch die Gesetzesbegründung. Es kommen daher zwei Möglichkeiten in Betracht: Erstens könnte sich die Antragsbefugnis nach der allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Vertretungsbefugnis im Außenverhältnis richten. Zweitens ist ein Rückgriff auf § 15 InsO und dessen entsprechende Anwendung möglich. Letzterem gebührt der Vorzug. Zwar trägt § 15 InsO dem Umstand Rechnung, dass jedes Organ ungeachtet der Vertretungsbefugnisse jederzeit seinen straf- und haftungsbewehrten Antragspflichten soll nachkommen können (und müssen), was jederzeit auch ohne die Stellung des Antrages nach § 3a InsO möglich ist. Allerdings erfordert eine einheitliche Insolvenzbewältigungs- und Sanierungsstrategie in aller Regel ein schnelles und beherztes Eingreifen aller am Verfahren Beteiligten. Je schneller die verfahrensrechtlichen Weichen gestellt werden, kann mit der operativen Tätigkeit und der materiellen Sanierungsarbeit begonnen werden. Aus diesem Grunde erkennt auch der Gesetzgeber an, dass die Entscheidung über die Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes möglichst früh im Insolvenzeröffnungsverfahren soll getroffen werden können (BT-Drucks. 18/407, S. 26). Damit aber verträgt sich eine ggf. abweichende Organzuständigkeit für den Insolvenzeröffnungsantrag auf der einen und den Gruppen-Gerichtsstandsantrag auf der anderen Seite nicht. Wenn beide Anträge auch unabhängig voneinander sind, so werden sie in der Regel aber als komplementäre Anträge gestellt werden. Die Prüfung unterschiedlicher Organzuständigkeiten durch das Gericht würde allein unnötige Verzögerungen nach sich ziehen, ohne dass hierdurch etwas gewonnen wäre. Die Insolvenzantragstellung begründet den schwerwiegenderen Eingriff als die Begründung eines zusätzlichen Wahlgerichtsstandes, weshalb die wohldifferenzierte insolvenzrechtliche Regelung a maiore ad minus Vorrang vor der gesellschaftsrechtlichen Kompetenzzuweisung auch bei dem Gerichtsstandsantrag genießt. 21 Damit ist allerdings noch nicht darüber entschieden, ob die antragszuständigen Organe einer Weisungsbefugnis nach allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen unterliegen, die Geschäftsführer einer nachgeordneten GmbH also grundsätzlich der Folgepflicht in Bezug auf Weisungen des Gesellschafters. Im Rahmen der Insolvenzantragstellung besteht eine solche Weisungsgebundenheit nicht (st. Rspr. seit BGH, NJW 1974, 1088). Ob dies aber auf den Antrag nach § 3a InsO übertragbar ist, ist zweifelhaft, da das fehlende Weisungsrecht der Gesellschafter Spiegelbild der eigenen straf- und haftungsrechtlichen Verantwortung der geschäftsleitenden Organe ist (die Folgepflicht in Bezug auf den Antrag nach § 3a InsO deshalb bejahend: Brünkmans, ZIP 2013, 193, 197; unklar insoweit K. Schmidt, ZIP 2012, 1053, 1058, der i. R. d. Tauglichkeitsprüfung eines Verweisungsmodells darauf hinweist, dass es an einer Basis für eine koordinierte Sanierung von oben fehle, wo es der Konzern-
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§ 37 Gruppen-Gerichtsstand
spitze schon nicht gelingt, die Organe anderer Konzerngesellschaften zu koordinierten Eigenanträgen beim Sitz der Obergesellschaft zu bringen. Die Möglichkeit gesellschaftsrechtlicher Weisungsrechte thematisiert er demgegenüber nicht.). Im Grundsatz gibt es jedoch kein Bedürfnis, für die Frage der Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes eine Ausnahme von einer bestehenden Folgepflicht der geschäftsleitenden Organe zu machen. Im Gegenteil: Das Koordinierungsverfahren dient der erleichterten Bewältigung einer konzernübergreifenden Sanierung. Eine solche kann sinnvoll regelmäßig nur von oben gesteuert werden (in diesem Sinne auch BT-Drucks. 18/407, S. 19), weshalb die Weisungsbefugnis in Bezug auf die Koordinierungsstrategie auch bei den konzernleitenden Organen verbleiben muss, will man nicht Kooperations- und daraus folgende Sanierungshemmnisse begünstigen. Einzig zu klären bleibt die Frage, ob die Entscheidung über die Stellung eines dem Insolvenzantrag nachgelagerten Antrages nach § 3a InsO zu einem Zeitpunkt, zu dem bereits ein vorläufiger Insolvenzverwalter ohne Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bestellt ist (ansonsten greift § 3a Abs. 3 InsO, vgl. Rn. 23), nach der von Weber (KTS 1970, 73, 77 ff.) begründeten Verdrängungslehre (dazu ausführlich §§ 217, 225a InsO Rn. 19 ff.) dem Schuldner- oder dem Verdrängungsbereich zuzuordnen ist. Wäre sie dem Verdrängungsbereich zuzuordnen, könnten die geschäftsleitenden Organe die Entscheidung nicht mehr ohne Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters treffen und die Weisung der Gesellschafter ginge ins Leere. Auf den ersten Blick könnte eine Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt erforderlich sein, weil die Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes gerade der Verbesserung der Befriedigungsaussichten der Gläubiger dienen soll und damit per definitionem Masseauswirkung hat. Allerdings kommt in der Gesetzesbegründung klar zum Ausdruck, dass sich durch die Koordination die Befriedigungsaussichten der Gläubiger der einzelnen Gesellschaften nicht verschlechtern dürfen (BT-Drucks. 18/407, S. 16 f.). Die von dem vorläufigen Insolvenzverwalter zu wahrenden Massesicherungsinteressen sind daher nicht betroffen. Zudem kommt in dem in § 3a Abs. 3 InsO geregelten Übergang des Antragsrechts zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber den nur mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestatteten vorläufigen Insolvenzverwalter gerade noch nicht in der (Mit-)Entscheidungskompetenz für die Begründung des Gruppen-Gerichtsstandes sieht. weshalb die geschäftsleitenden Organe auch ohne Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters gehalten und verpflichtet sind, einer Gesellschafterweisung zur Stellung eines Antrages nach § 3a Abs. 1 InsO, aber z. B. auch eines Verweisungsantrages nach § 3d InsO Folge zu leisten. Die formellen Voraussetzungen des Antrages nach § 3a richten sich nach § 13a, 22 der einen umfassenden Katalog zusätzlicher Informationen statuiert, die dem Gericht die Entscheidung über den Antrag erleichtern bzw. erst ermöglichen sollen. Aufklärungsdefizite gehen zulasten des Antragstellers und führen zur Abweisung des Antrages, eine Amtsermittlung nach § 5 InsO ist nicht geschuldet.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
23 Gemäß § 3a Abs. 3 InsO geht das Antragsrecht zur Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes mit der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter bzw. den sog. „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalter (ausschließlich) über. Weder die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung noch die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung ohne Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis („schwache“ vorläufige Insolvenzverwaltung) haben daher Einfluss auf das Antragsrecht. Es verbleibt insoweit bei der Steuerungsmöglichkeit im Konzern, was vor dem Hintergrund der Beförderung einer koordinierten Insolvenzbewältigungsstrategie im Konzern auch richtig ist. Das schließt es auch aus, dass das Insolvenzgericht die Antragsbefugnis als einen Ausschnitt der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, wie bei der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen möglich, isoliert auf den ansonsten schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter überträgt. Da es sich hierbei um keine Maßnahme im Sinne des § 21 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 InsO handelt, die erforderlich erscheint, um bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag eine nachteilige Veränderung im Vermögen des Schuldners zu verhüten, ist eine isolierte Übertragung der Antragsbefugnis nach § 3a Abs. 1 InsO nicht vor der Ermächtigungsgrundlage des § 22 Abs. 2 InsO gedeckt. 24 Solange über den Antrag auf Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes durch das Gericht nicht entschieden ist, kann dieser zurückgenommen werden. Für die Rücknahme ist grundsätzlich dasjenige Organ zuständig und zu ihr auch allein befugt, das den Antrag gestellt hat. Es gelten insoweit dieselben Grundsätze wie für die Rücknahme eines gestellten Eigen-Insolvenzantrages (vgl. BGH, ZIP 2008, 878). Ein einmal begründeter Gruppen-Gerichtsstand unterliegt jedoch nicht mehr der Disposition des Antragstellers. Der Beschluss ist, jedenfalls für die konkrete Unternehmers-Gruppe, für die er ergangen ist, irreversibel. dd) Unternehmensgruppe 25 Der den Antrag nach § 3a InsO stellende Schuldner muss einer Unternehmensgruppe im Sinne des § 3e InsO angehören. Hierbei handelt es sich um einen der zentralen Begriffe des neu geschaffenen Konzerninsolvenzrechts, dessen Auslegung jedoch nicht ohne praktische Probleme ist. § 3a InsO legaldefiniert dabei unter Bezugnahme auf § 3e InsO im Wege der Klammerdefinition für alle der Unternehmensgruppe zuzurechnenden Unternehmen zugleich den Begriff des „gruppenangehörigen Schuldners“ und für jeden von einem solchen Unternehmen gestellten Insolvenzantrag den Begriff des „Gruppen-Folgeverfahrens“. Der Gruppen-Gerichtsstand bezieht sich ausschließlich auf die Gruppen-Folgeverfahren dieser Unternehmensgruppe, auch wenn der Konzern aus mehreren Unternehmens-Gruppen bestehen mag. 26 Für die Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes ist es erforderlich, dass das Gericht die Zugehörigkeit des Antragstellers zu einer Unternehmensgruppe prüft und zu der entsprechenden Überzeugung des Bestehens und der Zugehörigkeit zu einer Unternehmensgruppe im Sinne des § 3e InsO gelangt. 226
§ 37 Gruppen-Gerichtsstand
Eine Feststellung darüber, welche weiteren Unternehmen der Unternehmensgruppe im Sinne des § 3e InsO angehören, trifft das Gericht jedoch nicht. Insoweit hat der Beschluss keine präjudizierende Wirkung für die Zulässigkeit vermeintlicher Gruppen-Folgeanträge. Hier ist vielmehr für jeden GruppeFolgeantrag zu prüfen, ob der Folgeantragsteller derselben Unternehmensgruppe zugerechnet werden kann und für welche der Gruppen-Gerichtsstand begründet worden ist. Im Interesse der Rechtssicherheit empfiehlt es sich daher, in dem Beschluss über die Begründung des Gruppen-Gerichtsstandes, auch wenn dieser nach dem Gesetz nicht zwingend zu begründen ist, Ausführungen zur Bestimmung der Unternehmensgruppe zu machen. Dies kann durch die Feststellung geschehen, wessen bestimmender Einfluss (§ 3e Nr. 1 InsO) für maßgeblich gehalten wurde, oder durch wen die einheitliche Leitung (§ 3e Nr. 2 InsO) erfolgt, und dass der Unternehmensgruppe sämtliche Gesellschaften zugerechnet werden, die unter maßgeblichem Einfluss oder der Leitung eben dieser Gesellschaft stehen und die dieselben weiteren Kriterien zur Bestimmung der Unternehmensgruppe erfüllen. Dies ist insbesondere bei der insolvenzrechtlichen Begrenzung des Gruppenbegriffs auf Teilkonzerne von entscheidender Bedeutung, weil das Einfluss- und Leitungskriterium über den Teilkonzern hinaus eine Gruppenzugehörigkeit begründen könnte, die über das insolvenzrechtlich gebotene Verständnis des Gruppenbegriffs hinausgeht und deshalb schon einer tatbestandlichen Begrenzung bedarf. Grundlage für die Feststellung, ob eine Unternehmensgruppe besteht und 27 der Antragsteller dieser zugehörig ist, sind die in dem betreffenden Antrag nach § 13a InsO zu machenden Angaben. Reichen diese zur Feststellung des Bestehens oder der Zugehörigkeit zu einer Unternehmensgruppe nicht aus, ist der Antrag nach entsprechendem Hinweis des Gerichts und Gelegenheit zur Nachbesserung zurückzuweisen. Eine Pflicht zur Amtsermittlung (§ 5 InsO) besteht nicht, denn die Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes ist nicht im Sinne des § 5 InsO für „das Insolvenzverfahren“, sondern zunächst erst einmal nur für die Gruppen-Folgeverfahren von Bedeutung. Ob solche aber beantragt werden, steht im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag noch nicht fest. Da zudem die koordinierte Insolvenzbewältigung Aufgabe des Konzerns ist, werden die Anforderungen mit der Begründung einer Obliegenheit zur ausreichenden Darlegung der Konzernverhältnisse zwecks Bestimmung eines Gruppen-Gerichtsstandes nicht überspannt. ee) Keine offensichtlich untergeordnete Bedeutung Als Folge der flexiblen Konzerngerichtsstandsbestimmung durch das Prioritäts- 28 prinzip und einer vielleicht manchmal auch nur zufälligen Reihenfolge der Antragstellung wäre theoretisch auch die Bündelung des Verfahrens an einem sehr kleinen, weder sachlich noch personell zur Bewältigung einer auch nur mittelgroße Konzerninsolvenz ausgestatteten Gericht denkbar. Aus diesem Grunde sieht § 3a Abs. 1 InsO vor, dass der Antrag auf Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes nur dann zulässig ist, wenn der antragstellende
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Schuldner in der gesamten Unternehmensgruppe nicht offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist, wodurch der unsachgemäßen Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes vorgebeugt werden soll (BT-Drucks. 18/407, S. 26). 29 Für die Bestimmung der Bedeutung des Schuldners in der gesamten Unternehmensgruppe greift der Gesetzgeber auf eine Regelvermutung zurück, wonach eine untergeordnete Bedeutung in der Regel nicht anzunehmen ist, wenn im letzten abgelaufenen Geschäftsjahr (1) die Bilanzsumme des Schuldners mehr als 10 % der zusammengefassten Bilanzsumme der Unternehmensgruppe betrug, (2) die Umsatzerlöse des Schuldners mehr als 10 % der zusammengefassten Umsatzerlöse der Unternehmensgruppe betrugen und (3) die Zahl der vom Schuldner im Jahresdurchschnitt beschäftigten Arbeitnehmer mehr als 10 % der in der Unternehmensgruppe im Jahresdurchschnitt beschäftigten Arbeitnehmer ausmachte. 30 Der Gesetzgeber stellt daher für die Ausfüllung seines Regelbeispiels auf eine rein quantitative Bestimmung des Merkmals der untergeordneten Bedeutung ab. Auch wenn der Gesetzeswortlaut dabei eindeutig auf die Jahresabschlüsse für das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr abstellt, so verschließt dies, ebenso wie bei der Bestimmung der Größenklassen im Rahmen des § 22a InsO (ausführlich dort Rn. 26 ff.) nicht eine Schätzungs- und Fortschreibungsbefugnis, liegen noch keine Abschlüsse vor oder sind diese nicht mehr aussagekräftig. Letzteres kann z. B. Folge der fortgesetzten Umsetzung von Sanierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen seit dem letzten Abschlussstichtag sein, durch welche sich die Verhältnisse im Konzern verändert haben. Insoweit ist bereits dogmatisch eine Fortschreibungspflicht und dazu spiegelbildlich eine Schätzungsbefugnis eröffnet (ebenso Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 22a Rn. 19; zur individuellen Ausfüllung des jeweiligen Größenmerkmals gelten die Ausführungen bei § 22a InsO Rn. 31 ff. entsprechend). Darüber hinaus handelt es sich bei den Rahmenwerten des § 3a Abs. 1 Satz 3 InsO nur um ein Regelbeispiel, von dem das Gericht ohnehin in begründeten Fällen nicht nur abzuweichen berechtigt, sondern sogar verpflichtet ist. Dies erkennt im Grundsatz auch der Gesetzgeber an, wenn er die Abschätzung der Schwellenwerte im Fall des Fehlens von Konzernabschlüssen auf Grundlage auch untechnischer Zusammenfassungen der Einzelabschlüsse dem freien richterlichen Ermessen überantwortet (BTDrucks. 18/407, S. 27). 31 In der Natur des Regelbeispiels liegt es, dass auch ein Schuldner, der die Schwellenwerte überschreitet, für die gesamte Unternehmensgruppe dennoch von untergeordneter Bedeutung sein kann. Maßgeblich sind stets die Umstände des Einzelfalles (BT-Drucks. 18/407, S. 26). Dazu aber, ob bei der Bestimmung der Umstände des Einzelfalles auch andere als quantitative Merk-
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§ 37 Gruppen-Gerichtsstand
male eine Rolle spielen dürfen, schweigt die Gesetzesbegründung. Sie stellt allein auf die Größenverhältnisse ab. Aus dem Gesamtkontext des Gesetzes folgt jedoch, dass auch qualitative Merkmale berücksichtigungsfähig sind. So stellt die Gesetzesbegründung mehrfach auf die Konzernspitze als den für die Umsetzung einer geordneten Konzernsanierungsstrategie grundsätzlich vorbestimmten Ort der Verfahrenskoordination ab (so insbesondere BT-Drucks. 18/ 407, S. 19). Handelt es sich bei der Konzernspitze aber, wie regelmäßig, um eine Holding ausschließlich mit Besitz- und Verwaltungsfunktion, wird diese die Schwellenwerte des Regelbeispiels häufig nicht erreichen. Dass dies der Begründung eines Gruppen-Gerichtsstands am Sitz der Holding, insbesondere einer solchen mit zentralen Verwaltungsfunktionen (Buchhaltung, Rechnungswesen, Personal), nicht entgegensteht, ist aus der Ratio des Gesetzes vorgegeben. Diese Ratio bei Auslegung des unbestimmten Tatbestandsmerkmals der „untergeordneten Bedeutung“ zur Geltung zu bringen, stößt auch nicht an die Wortlautgrenze des Gesetzes, weil § 3a Abs. 1 InsO neben den Regelbeispielen keine weiteren Auslegungshilfen oder -grenzen beinhaltet, insbesondere nicht zum Ausdruck bringt, dass das Regelbeispiel als eine Limitierung auf quantitative Faktoren zu verstehen sei. Mit einem Holding-Privileg allein kann es jedoch nicht sein Bewenden haben. Vielmehr ist im Interesse der durch das Gesetz beabsichtigten Verbesserung der Planbarkeit und der Vorhersehbarkeit des Verfahrens ein allgemeingültiger Rahmen zur Auslegung des Begriffs der „untergeordneten Bedeutung“ zu etablieren. Die Bestimmung der Bedeutung eines Unternehmens innerhalb einer Unter- 32 nehmensgruppe setzt jedoch zunächst die Bestimmung des Referenzrahmens voraus. Das heißt, es ist zunächst festzustellen, ob der Konzern im Ganzen, ein diesem untergeordneter Teilkonzern oder gar nur einige Gesellschaften des Konzerns im Zeitpunkt der Entscheidung die insolvenzrechtlich maßgebliche Unternehmensgruppe bilden. Dabei muss aber zugleich Abstand von der Vorstellung genommen werden, die Unternehmensgruppe im Sinne des § 3e InsO sei ein statisches Gebilde. Vielmehr ist der Begriff der Unternehmensgruppe für insolvenzrechtliche Zwecke dynamisch zu verstehen, da es bei der Anwendung des Konzerninsolvenzrechts nicht um die Bewältigung der konsolidierten Konzerninsolvenz, sondern um die Bewältigung der koordinierten Insolvenz im Konzern geht. Im Mittelpunkt der Betrachtung bleibt daher das individuelle, den Antrag stellende Unternehmen, wobei dessen Einordnung in eine Unternehmensgruppe anlassbezogen und so vorzunehmen wie sie im Zeitpunkt der Entscheidung für diese von Bedeutung ist (instruktiv K. Schmidt, in: FS Kübler [2015], S. 633 ff.). Die Entscheidung, ob z. B. eine Schwestergesellschaft der Antragstellerin zu der Unternehmensgruppe gehört, ist grundsätzlich erst in dem Zeitpunkt entscheidend, zu dem diese einen GruppenFolgeantrag stellt (lex proscipit, non descipit). Die trennscharfe Bestimmung des Umfangs der Unternehmensgruppe, also der einzubeziehenden Unternehmen, ist daher für die Bestimmung eines Gruppen-Gerichtsstandes im Grundsatz nicht erforderlich, weil hierfür völlig ohne Bedeutung.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
33 Bedeutung erlangt die zu definierende Unternehmensgruppe im Ganzen, und insoweit kann es zu Friktionen mit dem hier befürworteten dynamischen Gruppenbegriff kommen, nur, soweit nach § 13a InsO Angaben zu allen anderen gruppenzugehörigen Unternehmen von nicht untergeordneter Bedeutung zu machen sind, was einem Unternehmen, das nicht an der Konzernspitze steht, schwer fallen dürfte, und soweit die nicht untergeordnete Bedeutung des antragstellenden Unternehmens selbst zur Überprüfung steht. 34 Ist man aber gewillt, ein dynamisches Verständnis von der Unternehmensgruppe anzuerkennen, so folgt daraus ein von der insolvenzrechtlich zu bewältigenden Zielsetzung und nicht zuletzt auch vom Antragsteller zu beeinflussender imperativer Gruppenbegriff und daraus folgend eine imperative Bestimmung des für die Feststellung der nicht untergeordneten Bedeutung heranzuziehenden Referenzrahmens. 35 Will heißen: Es liegt zunächst in der Hand des Antragstellers selbst, den Referenzrahmen durch Darstellung derjenigen Unternehmen zu zeichnen, die für die insolvenzrechtliche Bewältigung der (Teil-)Konzerninsolvenz von Bedeutung sein können, das heißt derjenigen Unternehmen, deren koordinierte Abwicklung die Verwirklichung des mit dem Gesetz verfolgten Zieles der Realisierung von Kooperationsgewinnen (vgl. BT-Drucks. 18/407, S. 169) in Aussicht stellt, sodass die koordinierte Abwicklung im Rahmen der so durch einen gemeinsamen insolvenzrechtlichen Zweck gebildeten Gruppe im Sinne des § 3a Abs. 2 InsO im gemeinsamen Interesse der Gläubiger liegt. 36 So scheint es selbstverständlich, dass in einem stark diversifizierten Konzern, der in verschiedenen Branchen tätig ist, die Krise der einer Branche zuzurechnenden Unternehmen sich prima vista nicht auch auf die anderen Branchenzweige ausdehnen muss, weshalb diese bei der Betrachtung der Unternehmensgruppe für insolvenzrechtliche Zwecke außer Betracht bleiben können. Ebenso, das ergibt sich bereits aus § 3e InsO selbst, können Konzernteile, die den Mittelpunkt ihrer wirtschaftlichen Interessen nicht im Inland haben, bei der Betrachtung ausgeklammert bleiben. Das aber heißt nicht, dass nicht eine Neu- oder Nachjustierung der Unternehmensgruppe in der weiteren Entwicklung möglich wäre. Gerade dies soll das dynamische Verständnis des Gruppenbegriffs eröffnen. Beginnt die Krise als Strohfeuer, z. B. branchenbezogen, in einem Teil-Konzern zu lodern, so bleibt der Fokus bei der Bestimmung des Gruppen-Gerichtsstandes auf diesen Teil-Konzern beschränkt. Trifft es später, als Folge des viel beschworenen Dominoeffekts oder aus anderen Gründen, auch den Konzernteil einer anderen Branche, so muss dies in Ermangelung zu erwartender Kooperationsgewinne nicht zwingend zu einer Neubestimmung des Gruppenbegriffs führen, sondern mag vielmehr zur Bildung einer zweiten, parallelen Unternehmensgruppe innerhalb desselben Konzerns veranlassen. Wird demgegenüber die inländische Konzernspitze erfasst, so kann es nahe liegen, die ursprünglich maßgebliche Unternehmensgruppe zu erweitern, einen Gruppen-Gerichtsstand am Sitz der Konzernspitze zu begründen und den bisherigen Gruppen-Gerichtsstand nun als untergeordneten Gerichtsstand 230
§ 37 Gruppen-Gerichtsstand
zu verstehen, die Entscheidung mit Wirkung ex nunc aufzuheben und in Anwendung der Verweisungsnorm des § 3d InsO eine Verweisung an den neuen Gruppen-Gerichtsstand vorzunehmen. Dieses hier begründete Verständnis von der Bestimmung der Unternehmens- 37 gruppe und der Bedeutung des einzelnen Unternehmens in dieser Gruppe entlastet das Insolvenzgericht von einer aufwändigen Prüfung und der häufig schwierig zu treffenden Feststellung, ob die Angaben des Schuldners in Bezug auf die Dimension der Unternehmensgruppe und die Angaben zu den übrigen gruppenzugehörigen Schuldnern vollständig sind, oder ob weitere Unternehmen in die Darstellung hätten einbezogen werden müssen. Durch die anlassund auf die vorhersehbare insolvenzrechtliche Bedeutung bezogene Auslegung des Gruppenbegriffs und die daraus folgenden imperativen Grenzen der Unternehmensgruppe wird das gerichtliche Verfahren erheblich entlastet, was gerade der Verwirklichung des gesetzgeberischen Ziels der Vorhersehbarkeit und der Planbarkeit einer unternehmensübergreifenden Insolvenzbewältigung dient. Unter Berücksichtigung des so gezogenen Referenzrahmens, d. h. nach 38 Maßgabe des so verstandenen Gruppenbegriffs, sollte auch die Auslegung des unbestimmten Tatbestandsmerkmals der nicht offensichtlich untergeordneten Bedeutung einer zweckorientierten, nämlich an dem Ziel des Gesetzes orientierten Auslegung folgen. Danach ist das Unternehmen in der Gruppe dann nicht von untergeordneter Bedeutung, wenn es bei abstrakter Betrachtung einen Einflussfaktor auf denkbare Gruppen-Folgeverfahren darstellt. Diese abstrakte Einflusswirkung kann quantitativer Natur sein, weil widerleglich zu vermuten ist, dass ein Unternehmen, das die Größenkriterien des § 3a Abs. 1 Satz 3 InsO erfüllt, typisiert innerhalb eines nach § 1 InsO der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung dienenden Verwertungs- oder Sanierungsprozesses von nicht untergeordneter Bedeutung ist, seine Einbeziehung in den Prozess daher das jedenfalls abstrakte Potenzial hat, den Gesamtverwertungserlös im Sinne eines Kooperationsgewinns zu steigern. Ebenso gut kann die Bedeutung des Unternehmens aber qualitativer Natur sein, etwa weil in ihm Zentralfunktionen gebündelt sind, ohne deren parallele Veräußerung eine Verwertung anderer Unternehmensteile unmöglich oder jedenfalls deutlich erschwert wird, oder weil es sich z. B. um eine Vermögensverwaltungsgesellschaft handelt, in der wesentliche Betriebsmittel, Immaterialgüterrechte (Lizenzen, Patente, Geschmacksmuster), Mietverträge oder sonstige Nutzungsrechte gehalten werden, die für eine Fortsetzung des Geschäftsbetriebes zwingend erforderlich sind, auch ohne dass diese Gesellschaft die Größenkriterien des § 3a Abs. 1 Satz 3 InsO erfüllt. Für die insolvenzzweckbezogene Auslegung des unbestimmten Tatbestands- 39 merkmals der nicht offensichtlich untergeordneten Bedeutung nach dem Einflusskriterium gilt daher der Maßstab der §§ 1, 269f Abs. 1 InsO, wonach das Insolvenzverfahren über den Schuldner selbst der bestmöglichen Befriedigung der Gläubiger dieses Verfahrens und die Einbeziehung des Schuldners in ein nachfolgendes Koordinationsverfahren der Steigerung der Kooperationsge231
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
winne der Gläubiger aller Unternehmen der Unternehmensgruppe dient. Die Bedeutung des Unternehmens ist dann nicht untergeordnet, wenn ein gedachter Erwerber in der gruppenweiten oder jedenfalls unternehmensübergreifenden Verwertung den Vertrag nicht oder nicht so abschließen würde, wäre der betreffende Schuldner nicht inbegriffen (non, vel non ita). 40 Durch die Verwendung des Begriffs der nicht „offensichtlich“ untergeordneten Bedeutung stellt der Gesetzgeber klar, dass hier nicht positiv zu begründen ist, welche Bedeutung das Unternehmen im Rahmen etwaig zu erwartender Kooperationsgewinne hat (BT-Drucks. 18/407 S. 27), sondern dass es ausreicht, dass nicht festgestellt werden kann, dass das Unternehmen für den zu erwartenden Realisationserfolg im Rahmen der nach § 1 InsO erfolgenden Verwertung ohne erkennbare Bedeutung ist. 41 Dies führt zu folgender, allgemeingültiger Definition für ein Unternehmen von nicht offensichtlich untergeordneter Bedeutung in der imperativ bestimmten Unternehmensgruppe im Ganzen: Das einer nach dem Insolvenzzweck bestimmten Unternehmensgruppe zugehörige Unternehmen ist für die gesamte Unternehmensgruppe nicht von offensichtlich untergeordneter Bedeutung, wenn nicht von vorneherein auszuschließen ist, dass das Unternehmen Einfluss auf die Investitionsentscheidung eines gedachten Erwerbers der Unternehmensgruppe im Ganzen oder in Teilen oder auf die Realisierung einer abweichenden Regelung im Rahmen eines Insolvenzplans, insbesondere zum Erhalt des Unternehmens in der ganz oder in Teilen fortzusetzenden Unternehmensgruppe hat. 42 Es ist sodann Sache des Antragstellers, den Einfluss des Unternehmens auf das intendierte oder auf alternative Verwertungsszenarien im Rahmen des Antrages nach § 3a Abs. 1 InsO darzustellen. Der formale Anknüpfungspunt hierfür sind § 13a Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 InsO. Für das Gericht ist es auf Basis dieser „Einfluss-Formel“ dann ein Leichtes, aufgrund der im Antrag gemachten Angaben Feststellungen zu der potenziellen Bedeutung des Unternehmens für die gruppenweite Insolvenzbewältigungsstrategie zu treffen. 43 Dass nach der vorstehenden, sehr weit greifenden Definition auch solche Unternehmen erfasst sein können, die in der Konzernhierarchie weit unten oder am Rand stehen, schadet nicht. Zunächst ist es gerade Ziel des Gesetzesentwurfs, diese Flexibilität zu schaffen und gerade nicht sklavisch an den Sitz der Konzernmutter anzuknüpfen (so auch K. Schmidt, in: FS Kübler [2015], S. 633, 642). Dementsprechend versteht auch der Gesetzentwurf das einschränkende unbestimmte Tatbestandsmerkmal der nicht offensichtlich untergeordneten Bedeutung nicht als Instrument der bestmöglichen Verfahrensallokation, sondern als Instrument zur Missbrauchsvermeidung (BT-Drucks. 18/407, S. 19). Soweit darüber hinaus die Definition eines Unternehmens von nicht offensichtlich untergeordneter Bedeutung zwar erfüllt ist, aber Zweifel begründet sind, ob eine Verfahrenskoordination an dem konkret angerufenen Gericht im Interesse der Gläubiger liegt, z. B. weil ein anderes gruppenzuge232
§ 37 Gruppen-Gerichtsstand
höriges Unternehmen von signifikant vorrangiger Bedeutung ist oder auch nur wegen der Größe des angerufenen Gerichts, greift das Korrektiv des § 3a Abs. 2 InsO, wonach das Gericht den Antrag zurückweisen kann. ff) Ablehnungsgrund: Zweifel am gemeinsamen Interesse der Gläubiger § 3a Abs. 2 InsO enthält ein allgemeines Korrektiv nach freiem richterlichem 44 Ermessen, das sowohl der imperativen Definition des Gruppenbegriffs als auch der verhältnismäßig großzügigen Auslegung des unbestimmten Tatbestandsmerkmals der nicht offensichtlich untergeordneten Bedeutung Rechnung trägt. Danach kann das Gericht den Antrag auf Begründung eines Gruppen- 45 Gerichtsstandes ablehnen, wenn es aufgrund der Angaben im Antrag (§ 13a Abs. 1 InsO) – oder gerade aufgrund ihres Fehlens – Zweifel daran hat, dass eine Konzentration der Verfahrensführung an dem angerufenen Gericht im gemeinsamen Interesse der Gläubiger liegt. Dabei ist nicht nur auf die Interessen der Gläubiger des antragstellenden Schuldners abzustellen, sondern auch auf die typisiert festzustellenden Interessen der Gläubiger sämtlicher gruppenangehöriger Schuldner (BT-Drucks. 18/407, S. 27). Im Sinne des gesetzgeberischen Ziels der Realisierung von Kooperationsge- 46 winnen durch eine koordinierte Verfahrensabwicklung ist von einem Interesse der Gläubiger immer dann auszugehen, wenn eine koordinierte Verfahrensabwicklung zumindest die Aussicht begründet, dass hierdurch jedenfalls für die Gläubiger einzelner, einiger oder aller gruppenzugehörigen Schuldner ein Mehrwert entsteht, ohne dass hierdurch zugleich die Befriedigungsaussichten der Gläubiger jedenfalls eines gruppenzugehörigen Unternehmens beeinträchtigt werden (ähnlich BT-Drucks. 18/407, S. 27). Die Besonderheit liegt darin, dass damit auch Interessen nicht verfahrensbeteiligter Dritter, nämlich der Gläubiger anderer (potenzieller) Insolvenzverfahren, die als Gruppen-Folgeverfahren zu qualifizieren wären, Einfluss auf die Entscheidung in dem anhängigen Verfahren nehmen können. Das aber ist auch richtig: Denn die Bestimmung eines Gruppen-Gerichtsstands ist Grundlage für die Einleitung eines möglichen Koordinationsverfahrens nach §§ 269d ff. InsO. Ein richterliches Entscheidungsermessen, einen Antrag auf Einleitung eines Koordinationsverfahrens abzuweisen, sieht das Gesetz allerdings nicht vor; dem Antrag ist vielmehr tatbestandsunabhängig stattzugeben. Damit bleibt die tatbestandliche Öffnung durch das Korrektiv des § 3a Abs. 2 InsO die einzige Möglichkeit, nicht sachdienliche Koordinationsanträge auszusortieren, weshalb bereits hier die möglichen Auswirkungen eines Koordinationsverfahrens in die Betrachtung einzubeziehen sind. Da aber durch das Koordinationsverfahren auch Verpflichtungen für die möglichen Gruppen-Folgeverfahren und vor allem den dortigen Insolvenzverwalter und den dortigen Gläubigerausschuss ebenso ausgelöst werden, wie Kostenfolgen bei Einsetzung eines Koordinationsverwalters (§ 269e InsO) oder eines Gruppen-Gläubigerausschusses (§ 269c Abs. 1 InsO), ist es folgerichtig, die potenziellen Gläubiger dieser Verfahren entsprechend zu hören und deren Interessen bei der Entscheidung zu berücksichtigen. 233
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
47 Es steht daher den Gläubigern aller gruppenzugehörigen Gesellschaften frei, z. B. durch Hinterlegung einer Schutzschrift (zur Zulässigkeit von Schutzschriften betreffend Maßnahmen im Eröffnungsverfahren vgl. § 22a InsO Rn. 19) Einwendungen gegen die Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes an dem angerufenen Gericht vorzutragen. Das Gericht ist dann verpflichtet, diese Einwendungen neben den gemäß § 13a InsO zur Verfügung gestellten Informationen zu würdigen und bei der Ausübung des Ermessens zu berücksichtigen. 48 Die hervorzurufenden Zweifel daran, dass die Begründung eines GruppenGerichtsstandes an dem angerufenen Gericht im Interesse der Gläubiger liegt, können sowohl verfahrensrechtlicher als auch materiell-rechtlicher Natur sein. 49 Dabei beziehen sich die verfahrensrechtlichen Zweifel insbesondere auf die Koordination des Verfahrens vor dem konkret angerufenen Gericht ohne Ansehung der Bedeutung der antragstellenden Schuldnerin für die Unternehmensgruppe. Dass auch der konkrete Gerichtsstand Teil der Betrachtung ist, kommt bereits in dem Gesetzeswortlaut selbst zum Ausdruck, der Zweifel an der Verfahrenskonzentration „am angerufenen Insolvenzgericht“ als Grundlage für eine Ablehnung genügen lässt. Dies eröffnet dem Gericht die Möglichkeit, z. B. eine große Konzerninsolvenz, die am Sitz eines kleinen Insolvenzgerichts ausgetragen werden soll, abzulehnen, wenn erkennbar ist, dass die Kapazitäten des Insolvenzgerichts eine sachgerechte Verfahrensförderung voraussichtlich nicht zulassen werden. Ob demgegenüber auch eine Zurückweisung aus fachlichen Gründen erfolgen dürfte, etwa weil das Gericht einwendet, es fehle innerhalb des Gerichts an der nötigen Erfahrung mit der Abwicklung komplexer Insolvenzpläne, darf bezweifelt werden. Die Erfüllung der fachlichen Voraussetzungen nämlich, muss bei jedem deutschen Insolvenzgericht unterstellt werden. Eine Ablehnung unter Hinweis auf eine fehlende fachliche Expertise und/oder Erfahrung würde daher wohl gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter verstoßen (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 GG). 50 Auch bei unzweifelhafter Eignung des angerufenen Gerichts kann es verfahrensrechtlich sinnvoll(er) sein, den allgemeinen Gerichtsstand eines anderen gruppenzugehörigen Schuldners zum Gruppen-Gerichtsstand zu erheben. So z. B., wenn der erste Antrag am Sitz eines produzierenden Unternehmens gestellt wird, jedoch absehbar oder bereits angekündigt ist, dass auch für die konzernverwaltende Muttergesellschaft Antrag gestellt werden wird. Der typisiert geringere Verwaltungs- und Administrationsaufwand am Sitz einer den Konzern tatsächlich verwaltenden Holdinggesellschaft, in der alle Steuerungsfunktionen gebündelt sind, erlaubt es, zu unterstellen, dass die Verfahrenskoordination am dortigen Gerichtsstand, die kapazitative Eignung des dortigen Gerichts unterstellt, für die Gesamtgläubigerschaft vorteilhafter ist; die Annahme eines solchen Vorteils erlaubt jedoch den Rückschluss auf Zweifel an dem Bestehen eines gemeinsamen Interesses der Gläubiger an der Verfahrenskonzentration am angerufenen Gericht. Der potenzielle verfahrensrechtliche Vorteil bei Konzentration des Verfahrens an einem anderen Gericht darf jedoch 234
§ 37 Gruppen-Gerichtsstand
nicht als Abwehrklausel verstanden werden. Für einen im Rahmen der Ermessensentscheidung relevanten Verweis auf einen dem Gesamtinteresse der Gläubiger dienlicheren Gruppen-Gerichtsstand ist die Gewissheit erforderlich, dass das dort ansässige, konzernzugehörige Unternehmen tatsächlich und innerhalb eines Zeitrahmens, der für die Einleitung einer Verfahrenskoordination nicht mit Verzögerungsnachteilen verbunden ist, Insolvenzantrag stellt und bereit ist, auch einen Antrag auf Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes zu stellen. In materieller Hinsicht ist die Zurückweisung möglich, wenn begründete 51 Zweifel daran bestehen, dass die konzentrierte Abwicklung jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag des betreffenden Schuldners überhaupt im gemeinsamen Interesse der Gläubiger liegt. Das gemeinsame Interesse ist dabei als ein über die potenzielle Gläubigerschaft aller gruppenzugehörigen Gesellschaften solidarisiertes Gesamtinteresse zu verstehen. Es darf deshalb nicht auf die Interessen der Gläubiger, z. B. einer gruppenzugehörigen Gesellschaft, abgestellt und dieses den Interessen der übrigen Gläubiger gegenübergestellt werden. Hierzu würde z. B. eine Situation verleiten, in der eine grundsätzlich profitable Gesellschaft in der Gruppe bislang die übrigen Gesellschaften mitfinanziert (sog. „cash cow“) und diese nun Antrag gestellt hat, um sich aus den Fängen der Konzernfinanzierung zu befreien. Die Gläubiger dieser Gesellschaft wären nicht mit dem Argument zu hören, dass eine isolierte, nicht konzentrierte Verwertung dieser Cash-Cow-Gesellschaft deutlich schneller und möglicherweise erfolgversprechender zu realisieren wäre. Denn das Koordinationsverfahren darf definitionsgemäß nicht dazu führen, dass die Befriedigungsaussichten der Gläubiger einer Gesellschaft beeinträchtigt werden. D. h., auch das Koordinationsverfahren hat dafür Sorge zu tragen, dass die Gläubiger der Cash Cow ihren bei singulärer Abwicklung bestehenden Befriedigungsaussichten entsprechend auch im Koordinationsverfahren behandelt werden. Ein Schlechterstellungsargument ist demgemäß, wenn auch faktisch möglicherweise zu Recht zu besorgen, normativ ausgeschlossen. Möglichen Verwertungshemmnissen stehen überdies ebenso mögliche Gesamtverwertungsvorteile für die Gläubiger anderer Gesellschaften gegenüber, die ggf. ohne die koordinierte Abwicklung mit der Cash-Cow-Gesellschaft gar nicht verwertbar wären. Die Entscheidung, ob materielle Zweifel bestehen, ist daher anhand der solida- 52 risierten Gesamtgläubigerinteressen und in Anlehnung an die betriebswirtschaftliche Theorie des komparativen Vorteils (vgl. z. B. Varian, Grundzüge der Mikroökonomik, S. 593) zu entscheiden. Mit dieser auf den Ökonomen David Ricardo zurückgehenden Theorie soll nachgewiesen werden, warum sich in überlappenden Märkten Spezialisierung für alle Beteiligten tatsächlich auszahlt, auch wenn ein Teilnehmer in allen Teildisziplinen weniger effektiv wirtschaftet, als ein anderer. Für eine Besserstellung aller Marktteilnehmer ist nach dieser Theorie lediglich erforderlich, dass ein Beteiligter die betreffende Leistung relativ günstiger erbringen kann als die anderen Beteiligten, sich also Opportunitätsvorteile ergeben. 235
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
53 Dieser Gedanke, übertragen auf die Begründung des Gruppen-Gerichtsstandes bedeutet, dass die Spezialisierung, also die Bündelung des Verfahrens dort erfolgen soll, wo mit der effizientesten Bündelung der Kosten zu rechnen ist. Die Konzentration unter mehreren konkret zu eröffnenden Gerichtsständen, an denen für gruppenzugehörige Gesellschaften Insolvenzanträge absehbar gestellt werden, sollte demnach dort erfolgen, wo das Verfahren mit den geringsten Transaktionskosten belastet ist, also voraussichtlich mit dem geringsten verfahrensrechtlichen Aufwand betrieben werden kann. Indikatoren für die typisierte Bestimmung des gruppenzugehörigen Unternehmens mit den größten Opportunitätskostenvorteilen können unter Berücksichtigung des Umstandes sein, dass an diesem Gericht auch der Koordinationsverwalter (§ 269e InsO) eingesetzt wird, der zu seiner Aufgabenerfüllung (§ 269f InsO) eines gruppenweiten Datenzugriffs bedarf: (1) unternehmensübergreifende Verfügbarkeit der Daten aller gruppenzugehörigen Unternehmen; (2) Weisungsbefugnis des Unternehmens gegenüber nachgeordneten Gesellschaften, jedenfalls noch im Eröffnungsverfahren; (3) operative Steuerungsfunktion in der Unternehmensgruppe (zentraler Einkauf, Bedarfsplanungen etc.); (4) zentrale Funktion für den Sanierungs- und/oder Verwertungsprozess, z. B. wegen der Bündelung wesentlicher Vermögenswerte (Lizenzen, Patente etc.) und/oder Produktionsvorgänge; (5) in personalintensiven Branchen ggf. die personalstärkste Gesellschaft, um Insolvenzgeld- und sonstige Arbeitnehmerangelegenheiten einschließlich der Besetzung des Gläubigerausschusses regional zu gewährleisten (Verfügbarkeit der BA-Fachkräfte und etwaiger Arbeitnehmervertreter); (6) Gestellung der wesentlichen Sicherheiten im Unternehmen an solchen Gegenständen, die für die Fortführung von zentraler Bedeutung sind, weshalb die Einwirkung auf Absonderungsrechte, insbesondere durch einen Insolvenzplan für die gesamte Unternehmens-Gruppe, von zentraler Bedeutung ist, weshalb das betreffende Verfahren „führen“ sollte; (7) erbrachte Vorleistungen, z. B. bei der Entwicklung eines bereits weit fortgeschrittenen Sanierungskonzepts, das für die gesamte Gruppe nutzbar gemacht werden kann. 54 Die vorstehenden Kriterien, die bei der Ermessensentscheidung eine Rolle spielen können, sind selbstverständlich nicht abschließend. Es kommt insoweit immer auf die Umstände des Einzelfalles an. 3. Voraussetzungen einer Zuständigkeitskonzentration im StaRUGVerfahren (§ 37 Abs. 1 StaRUG) 55 Die Begründung eines Gruppen-Gerichtsstands im Restrukturierungsverfahren nach StaRUG erfolgt den insolvenzrechtlichen Vorschriften. § 37 Abs. 2 StaRUG verweist auf die entsprechenden Vorschriften der Insolvenzordnung. Die vorstehenden Ausführungen zum insolvenzrechtlichen Gruppen-Gerichtsstand gelten daher auch für das Restrukturierungsverfahren. 56 Das angerufene Restrukturierungsgericht erklärt sich nach § 37 Abs. 1, 3 StaRUG für die Restrukturierungssachen anderer gruppenangehöriger 236
§ 38 Einheitliche Zuständigkeit
Schuldner (sog. Gruppen-Folgeverfahren) nur auf Antrag eines Schuldners für zuständig. Eine Zuständigkeitskonzentration von Amts wegen ist somit ausgeschlossen. Es handelt sich, wie auch im Insolvenzverfahren, um einen zusätzlichen Wahlgerichtsstand. Der das Restrukturierungsgericht anrufende Schuldner ist antragsberechtigt, 57 wenn er einer Unternehmensgruppe im Sinne des § 3e InsO angehört (sog. gruppenangehöriger Schuldner, vgl. Rn. 25 ff.) und das schuldnerische Unternehmen nicht offensichtlich von untergeordneter Bedeutung für die gesamte Unternehmensgruppe (Rn. 28 ff.) ist. Ferner bedarf es eines zulässigen Antrags des Schuldners in der Restrukturie- 58 rungssache. Verlangt wird, dass der Schuldner einen Antrag zur Inanspruchnahme eines Instruments nach § 29 StaRUG bereits gestellt hat; die Bewirkung der Rechtshängigkeit der Sache durch eine einfache Anzeige nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG reicht hier nicht aus (vgl. BT-Drucks. 19/24181, S. 142). Dieses spezielle Antragserfordernis liegt darin begründet, dass die gerichtliche Prüfung der eigenen Zuständigkeit nach der Konzeption des präventiven Rahmens erst bei der schuldnerseitigen Inanspruchnahme eines Instruments erforderlich wird. Erst, wenn in diesem Rahmen die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts geklärt wurde, soll die Begründung eines einheitlichen Gruppen-Gerichtsstands bei dem angerufenen Gericht möglich sein (vgl. BT-Drucks. 19/24181, S. 142). Da die umfassende Restrukturierung von Unternehmensgruppen als solche schon eine große Herausforderung für Gerichte, Schuldner und Gläubiger darstellt, soll das Verfahren nicht durch leicht zu vermeidende Zuständigkeitsmängel und damit potenziell verbundene Gerichtswechsel verzögert werden. 4. Gemischte Restrukturierungs- und Insolvenzverfahren im Konzern Die Konzentrationswirkung des § 37 StaRUG ist nicht auf gleichartige Ver- 59 fahren beschränkt. Vielmehr greift die Konzentrationswirkung auch dann, wenn innerhalb einer Unternehmensgruppe einzelne Schuldner durch Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungsrahmens, andere im Rahmen eines Insolvenzverfahrens restrukturiert werden sollen. Auch für solche „gemischten Konzernsanierungen“ greift der einheitliche Gruppen-Gerichtsstand, in dem dann das angerufene Gericht örtlich sowohl für die Restrukturierungsals auch für die Insolvenzverfahren zuständig ist (BT-Drucks. 19/24181, S. 142). § 38 Einheitliche Zuständigkeit 1 Für Verfahren in Restrukturierungssachen gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. 2§ 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete
237
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können. Übersicht 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1
2.
Uneingeschränkte Anwendbarkeit der ZPO .......................................... 2
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 Wie nach § 4 InsO gelten auch im Restrukturierungsverfahren ergänzend die Vorschriften der ZPO. Mit § 38 StaRUG erklärt der Gesetzgeber die ZPO subsidiär für anwendbar. So stellt er sicher, dass dem Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen ein umfassendes Verfahrensrecht zugrunde liegt, auf welches beim Fehlen konkreter Regelungen oder in Zweifelsfragen zurückgegriffen werden kann (vgl. BT-Drucks. 19/24181, S. 142). Der Verweis auf die ZPO wird insbesondere dort relevant, wo die Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungsrahmens die Durchführung gerichtlicher Termine, die Einhaltung von (Ladungs-)Fristen oder den Erlass gerichtlicher Beschlüsse zur Folge hat. 2. Uneingeschränkte Anwendbarkeit der ZPO 2 Nach § 38 Satz 1 StaRUG gilt die ZPO uneingeschränkt, soweit im StaRUG nichts anderes bestimmt ist. Es kann daher, vorbehaltlich entgegenstehender Regelungen im StaRUG, vollumfänglich auf die zivilprozessualen Verfahrensregeln zurückgegriffen werden. 3 Eine Sonderregelung zur virtuellen Durchführung von Terminen enthält § 38 Satz 2 StaRUG unmittelbar, durch den § 128a ZPO modifiziert wird. Mit dem Verweis in § 38 Satz 2 StaRUG auf § 128a ZPO eröffnet der Gesetzgeber zunächst die grundsätzliche Möglichkeit einer virtuellen Teilnahme an den im Rahmen des Verfahrens durchgeführten Versammlungen (beispielsweise Erörterungs- und Abstimmungstermin nach § 45 StaRUG) im Wege der Bild- und Tonübertragung. § 128a ZPO gilt jedoch nicht uneingeschränkt, sondern ist insoweit modifiziert, als diejenigen, die virtuell an einer Versammlung teilnehmen wollen, in der Ladung ausdrücklich darauf hinzuweisen sind, dass keine wissentlichen Bild- und Tonaufzeichnungen gefertigt werden dürfen und Dritten nicht die Möglichkeit verschafft werden darf, heimlich die Bild- und Tonübertragung zu verfolgen. 4 Diese Modifikation ist Ausfluss der Tatsache, dass es sich bei den im Rahmen des Verfahrens durchgeführten Termin um nicht-öffentliche Termine handelt, die tatbestandlich dem § 201 StGB unterfallen. Hierauf ist in der Ladung gesondert hinzuweisen.
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§ 39 Verfahrensgrundsätze
§ 39 Verfahrensgrundsätze (1) 1Das Restrukturierungsgericht hat von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für das Verfahren in der Restrukturierungssache von Bedeutung sind, soweit in diesem Gesetz nichts Abweichendes bestimmt ist. 2Es kann zu diesem Zweck insbesondere Zeugen und Sachverständige vernehmen. (2) Der Schuldner hat dem Restrukturierungsgericht die Auskünfte zu erteilen, die zur Entscheidung über seine Anträge erforderlich sind, und es auch sonst bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. (3) 1Die Entscheidungen des Restrukturierungsgerichts können ohne mündliche Verhandlung ergehen. 2Findet eine mündliche Verhandlung statt, so ist § 227 Absatz 3 Satz 1 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden. Übersicht 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1
2.
Abweichungen vom insolvenzrechtlichen Vorbild ........................ 3
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes § 39 StaRUG entspricht weitestgehend § 5 InsO. Geregelt werden die Ver- 1 fahrensgrundsätze des Restrukturierungsverfahrens, allen voran der Amtsermittlungsgrundsatz und das Recht zur Bestellung eines Sachverständigen, soweit die festzustellenden Umstände nicht dem Aufgaben- und Tätigkeitsbereich des Restrukturierungsbeauftragten ausdrücklich zugewiesen sind (vgl. § 73 StaRUG Rn. 8). Auf die Rechtsprechung und Kommentierung zu § 5 InsO kann verwiesen 2 werden. 2. Abweichungen vom insolvenzrechtlichen Vorbild Wie auch im Insolvenzverfahren gilt im Restrukturierungsverfahren der Amts- 3 ermittlungsgrundsatz. Der Gesetzgeber ändert den Inhalt von § 5 Abs. 1 InsO in § 39 Abs. 1 Satz 1 StaRUG nur insoweit ab, als er einen ausdrücklichen Vorbehalt abweichender Regelungen vorsieht. Dadurch soll den einzelnen Beschränkungen des Amtsermittlungsgrundsatzes im Rahmen des StaRUG Rechnung getragen werden (vgl. BT-Drucks. 19/24181, S. 143). Die entsprechenden Einschränkungen des Amtsermittlungsgrundsatzes sind in den jeweils betreffenden Sachnormen kommentiert. Weiterhin regelt der Gesetzgeber in § 39 Abs. 2 StaRUG ausdrücklich eine 4 allgemeine Auskunfts- und Unterstützungspflicht des Schuldners nach insolvenzrechtlichem Vorbild. Schließlich ist § 39 Abs. 3 StaRUG der Regelung in § 5 Abs. 3 InsO nachge- 5 bildet. Besonderheiten ergeben sich nicht.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
§ 40 Rechtsmittel (1) 1Die Entscheidungen des Restrukturierungsgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. 2Die sofortige Beschwerde ist bei dem Restrukturierungsgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung. (3) 1Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. 2 Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen. Übersicht 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1
2.
Übertragung der insolvenzrechtlichen Vorgaben ............................. 3
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 Die Regelung des § 40 StaRUG entspricht § 6 InsO. Die Beschränkung der sofortigen Beschwerde auf die im Gesetz geregelten Fälle dient der Förderung des zügigen Fortgangs der Restrukturierung (vgl. BT-Drucks. 19/24181, S. 143). 2 Auf die Rechtsprechung und Kommentierungen zu § 6 InsO kann verwiesen werden. 2. Übertragung der insolvenzrechtlichen Vorgaben 3 Der Gesetzgeber hat § 6 InsO vollständig in § 40 StaRUG übertragen, Besonderheiten ergeben sich keine. 4 Insbesondere richtet sich gemäß § 40 Abs. 2 StaRUG die Dauer der Beschwerdefrist nach § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Sie beträgt zwei Wochen. Der Fristbeginn lässt sich § 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO entnehmen. Schließlich wird mit § 40 Abs. 3 StaRUG verhindert, dass eine Entscheidung des Restrukturierungsgerichts, die vom Beschwerdegericht aufgehoben, auf die Rechtsbeschwerde hin aber von der Rechtsbeschwerdeinstanz bestätigt wird, zunächst unwirksam wird und sodann von Neuem getroffen werden muss (vgl. BT-Drucks. 19/24181, S. 141). 5 Eine Besonderheit gegenüber der Insolvenzordnung ergibt sich zudem daraus, dass das Rechtsmittel gegen den Planbestätigungsbeschluss nach § 65 StaRUG grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung hat (vgl. §§ 64, 66 StaRUG Rn. 32, § 67 StaRUG Rn. 1).
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§ 41 Zustellungen
§ 41 Zustellungen (1) 1Zustellungen erfolgen von Amts wegen, ohne dass es einer Beglaubigung des zuzustellenden Schriftstücks bedarf. 2Sie können dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift des Zustellungsadressaten zur Post gegeben wird; § 184 Absatz 2 Satz 1, 2 und 4 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 3 Soll die Zustellung im Inland bewirkt werden, gilt das Schriftstück drei Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt. (2) 1An Personen, deren Aufenthalt unbekannt ist, wird nicht zugestellt. 2Haben sie einen zur Entgegennahme von Zustellungen berechtigten Vertreter, so wird dem Vertreter zugestellt. (3) Beauftragt das Gericht den Schuldner mit der Zustellung, erfolgt diese nach Maßgabe der §§ 191 bis 194 der Zivilprozessordnung. Übersicht 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1
2.
Besonderheit: Beauftragung des Schuldners (§ 41 Abs. 3 InsO) ...... 2
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes Mit § 41 StaRUG schafft der Gesetzgeber eine der Vereinfachung und Be- 1 schleunigung des Verfahrens dienende Vorschrift über die Zustellung im Inland (BT-Drucks. 19/24181, 144). Die Vorschrift folgt weitestgehend ihrem insolvenzrechtlichen Vorbild gemäß § 8 InsO, so wurden insbesondere § 8 Abs. 1 und 2 InsO wortlautgetreu in das StaRUG überführt. Auf Rechtsprechung und Kommentierung zu § 8 InsO kann daher uneingeschränkt verwiesen werden. 2. Besonderheit: Beauftragung des Schuldners (§ 41 Abs. 3 InsO) Lediglich § 41 Abs. 3 StaRUG weicht von seinem insolvenzrechtlichen Vorbild 2 ab. Demnach kann das Gericht – soweit kein Restrukturierungsbeauftragter bestellt ist (für diesen Fall siehe § 76 Abs. 6 StaRUG, dort Rn. 47) – auch den Schuldner mit der Zustellung beauftragen. Die Zustellung richtet sich dann nach den §§ 191 bis 194 ZPO. Soweit kein Restrukturierungsbeauftragter bestellt ist, dient die Beauftragung 3 des Schuldners der Entlastung des Gerichts (BT-Drucks. 19/24181, 144). Allerdings kommt im Gesetzeswortlaut nicht klar zum Ausdruck, ob für die Übertragung der Zustellung auf den Schuldner besondere Voraussetzungen gegeben sein müssen, oder ob diese voraussetzungslos stets zulässig ist. Die Gesetzesbegründung scheint Letzteres gerade nicht zuzulassen (BT-Drucks. 19/24181, 144). In der Begründung ist nämlich die Rede davon, dass sich das Gericht lediglich in den im Gesetz genannten Fällen entlasten kann, indem es den Schuldner mit der Zustellung beauftragt, und nennt hierfür die Ladung zu 241
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
einem gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermin nach § 45 Abs. 3 Satz 3 StaRUG als Beispiel. Die nach § 51 Abs. 4 Satz 1 StaRUG erforderliche Zustellung einer Stabilisierungsanordnung aber z. B. enthält keine ausdrückliche Öffnungsklausel dahingehend, dass die Zustellung dem Schuldner übertragen werden kann. Aus einem Umkehrschluss aus § 45 Abs. 3 Satz 3 StaRUG sowie aus der Gesetzesbegründung zu § 41 StaRUG folgt damit, dass im letztgenannten Fall die Übertragung der Zustellung auf den Schuldner gerade nicht zulässig ist.
Unterabschnitt 2 – Restrukturierungsrecht § 42 Anzeige von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung; Strafvorschrift (1) 1Während der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache ruht die Antragspflicht nach § 15a Absatz 1 bis 3 der Insolvenzordnung und § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. 2Die Antragspflichtigen sind jedoch verpflichtet, dem Restrukturierungsgericht den Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Absatz 2 der Insolvenzordnung oder einer Überschuldung im Sinne des § 19 Absatz 2 der Insolvenzordnung ohne schuldhaftes Zögern anzuzeigen. (2) Die Stellung eines den Anforderungen des § 15a der Insolvenzordnung genügenden Insolvenzantrags gilt als rechtzeitige Erfüllung der Anzeigepflicht nach Absatz 1 Satz 2. (3) 1Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 2 den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung nicht oder nicht rechtzeitig anzeigt. 2Handelt der Täter fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. 3Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden auf Vereine und Stiftungen, für die die Pflicht nach Absatz 1 Satz 1 gilt. (4) Wenn die Anzeige der Restrukturierungssache nach § 31 Absatz 4 ihre Wirkung verliert, leben die nach Absatz 1 Satz 1 ruhenden Antragspflichten wieder auf. Übersicht 1. 2.
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Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Verdrängung der Antragspflicht durch eine Anzeigepflicht ............. 3 a) Zeitlicher Anwendungsbereich ..................................... 3 b) Anzeigepflicht ......................... 7 aa) Grundlagen und Pflichtenadressaten ................... 7 bb) Anzeigefrist ................... 12
3.
4. 5.
cc) Geltung der Rechtsprechung zu § 15a InsO .... c) Kein entlastendes Einverständnis .................................. Fortgeltendes Antragsrecht (Abs. 2) und Substitut für die Anzeigepflicht .............................. Strafvorschriften (Abs. 3) ........... Haftung (§ 823 Abs. 2 BGB, § 15b InsO) ..................................
14 15
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§ 42 Anzeige von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung; Strafvorschrift
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes Während der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache sind die Insol- 1 venzantragspflichten nach § 15a InsO temporärer suspendiert. Sie werden während dieser Zeit durch eine tatbestandlich identische Pflicht zur Anzeige des Eintritts von Insolvenzgründen gegenüber dem Restrukturierungsgericht verdrängt. Die Vorschrift des § 42 Abs. 1 StaRUG ist inhaltlich identisch mit der Anzeigepflicht nach § 34 Abs. 3 StaRUG. § 42 Abs. 1 StaRUG enthält neben der Anzeigepflicht jedoch auch eine dem § 15a InsO identische Strafandrohung. Der Anwendungsbereich des § 42 StaRUG folgt daher vollständig dem Anwen- 2 dungsbereich der durch sie verdrängten Bestimmungen zur Antragspflicht des § 15a InsO einerseits, und des § 42 Abs. 2 BGB andererseits (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 145). Für die Auslegung und Anwendung der Norm kann daher weitestgehend auf die insolvenzrechtliche Rechtsprechung und Kommentierung verwiesen werden. 2. Verdrängung der Antragspflicht durch eine Anzeigepflicht a) Zeitlicher Anwendungsbereich Die Verdrängung der Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO, § 42 Abs. 2 BGB) 3 durch die Anzeigepflicht nach § 42 Abs. 1 StaRUG beginnt mit der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache, also mit dem Zugang der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens gemäß § 31 Abs. 3 StaRUG (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 38) beim Restrukturierungsgericht. Anders als insbesondere hinsichtlich des Eintritts der Pflichtenbindung aus 4 § 32 Abs. 1 StaRUG tritt die Verdrängung der Antragspflichten nicht bereits mit faktischer Einleitung des Restrukturierungsvorhabens (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 9 ff., § 32 StaRUG Rn. 5), sondern tatsächlich erst mit dessen Rechtshängigkeit ein. Die Anzeige des Eintritts von Insolvenzgründen kann gegenüber dem Restrukturierungsgericht nämlich nur und erst dann sinnvoll erfolgen, wenn dieses mit dem Restrukturierungsvorhaben bereits befasst und idealerweise bereits vertraut ist. Überdies liegt der Sinn der Verdrängung der Antragspflicht durch eine Anzeigepflicht darin, dass das Restrukturierungsgericht in die Lage versetzt wird, auch im Fall der nach Einleitung des Restrukturierungsvorhabens eingetretenen Insolvenzreife anhand einer Beurteilung des Fortschritts und der Erfolgsaussichten des Restrukturierungsvorhabens zu entscheiden, ob die Fortführung der Restrukturierungssache noch im Interesse der Gesamtgläubigerschaft liegt, oder das Verfahren tatsächlich in ein Insolvenzverfahren übergeleitet werden soll (BT-Drucks. 19/24181, S. 145). Die Entscheidung ist alleine nach den Interessen der Gesamtgläubigerschaft ohne Berücksichtigung z. B. auch der Gesellschaftersinteressen zu treffen, da mit dem Eintritt der Insolvenzreife die Gläubigerinteressen unmittelbar gefährdet sind und daher der insolvenzrechtliche Gläubigerschutzgedanke, das insolvenzrechtliche Verfahrensziel aus § 1 InsO und die par conditio creditorum 243
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
an die Stelle des insoweit etwas großzügigeren Verfahrensziels der nachhaltigen Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit des Schuldners im Restrukturierungsverfahren treten und dieses ebenfalls verdrängen. Die Auslegung des § 33 Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2 StaRUG hat daher nach Maßstab nicht der Verfahrensziele des StaRUG selbst, sondern gesetzesübergreifend nach Maßgabe des § 1 InsO und allein unter Berücksichtigung der insolvenzrechtlichen Verfahrensziele zu erfolgen (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 87), wie sie der BGH (ZIP 2020, 1080 = BGHZ 225, 121) zuletzt für den dem Insolvenzverwalter bei der Unternehmensfortführung zustehenden Handlung- und Ermessensspielraum festgeschrieben hat. 5 Zu dieser Entscheidung ist das Restrukturierungsgericht allerdings nur in der Lage, wenn die mit der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens gemäß § 31 StaRUG (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 47 ff.) vorzulegenden Unterlagen dem Gericht bereits vorliegen und hatten ausgewertet werden können. 6 Daraus folgt, dass nach der faktischen Einleitung jedoch vor der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens beim Restrukturierungsgericht die Insolvenzantragspflichten des § 15a InsO, § 42 Abs. 2 BGB uneingeschränkt gelten und damit auch die Haftungsanordnung des§ 15b InsO in dieser Phase des Verfahrens uneingeschränkt Geltung beansprucht. b) Anzeigepflicht aa) Grundlagen und Pflichtenadressaten 7 Ähnlich wie für § 15a InsO vertreten (vgl. m. w. N. Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 15a Rn. 2; K. Schmidt, FS Rebmann [1989], S. 435), handelt es sich bei § 42 StaRUG nicht um eine Gebotsnorm, den Eintritt von Insolvenzgründen anzuzeigen, sondern um eine Verbotsnorm, das Restrukturierungsvorhaben ohne die Anzeige, und damit ohne dem Restrukturierungsgericht Gelegenheit gegeben zu haben, im Gläubigerinteresse über die Fortsetzung des Restrukturierungsvorhabens oder dessen Überleitung in ein Insolvenzverfahren entschieden zu haben, fortzusetzen. Rechtspolitisches Ziel der Norm ist nämlich nicht der Eingang der Anzeige bei dem Restrukturierungsgericht, sondern die Entscheidung durch eine unabhängige Instanz darüber, ob das Restrukturierungsverfahren im Gesamtgläubigerinteresse soll fortgesetzt werden dürfen oder die Abwicklung des schuldnerischen Vermögens mit den Instrumenten des Insolvenzverfahrens zu erfolgen hat. 8 Als problematisch kann sich die Prüfung erweisen, ob eine tatbestandliche Überschuldung i. S. d. § 19 InsO vorliegt. Der Gesetzgeber gestattet nämlich i. R. d. Erstellung der Fortbestehensprognose die Berücksichtigung des überwiegend wahrscheinlich erfolgreichen Abschlusses eines Restrukturierungsverfahrens (BT-Drucks. 19/24181, S. 91, 137, 197). Dies führt zu der perplexen Situation, dass der Eintritt in das Verfahren die Eintrittshürde und den Aufhebungsgrund beseitigt und damit „selbstbefruchtende“ Wirkung entfaltet. Angesichts des eindeutigen gesetzgeberischen Willens ist zwar davon auszu244
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gehen, dass die Berücksichtigung des Ergebnisses des intendierten Restrukturierungsplans i. R. d. Fortbestehensprognose auch die Anzeigepflicht nach § 42 StaRUG entfallen lässt, dass aber an die Berücksichtigungsfähigkeit hohe, vom Schuldner zu belegende Anforderungen zu stellen sind. Diese setzen die überwiegende Wahrscheinlichkeit des erfolgreiches Abschlusses des Restrukturierungsverfahrens voraus (vgl. BGH, ZIP 2021, 1643, 1653). Bestehen Zweifel an der Erreichbarkeit der erforderlichen Mehrheiten, darf der Ausgang des Verfahrens nicht antizipiert werden. Als Voraussetzung der Berücksichtigungsfähigkeit ist daher die Auswahl der Planbetroffenen, deren Einteilung in Gruppen und das voraussichtliche Stimmverhalten glaubhaft zu machen. Der persönliche Anwendungsbereich der Vorschrift des § 42 StaRUG folgt 9 in diesem Sinne dem Anwendungsbereich der durch sie verdrängten Bestimmungen zur Antragspflicht, d. h. § 15a InsO einerseits und § 42 Abs. 2 BGB andererseits. § 42 Abs. 1 Satz 2 StaRUG nimmt auf die Antragspflichtigen, deren Antragspflicht nach Satz 1 ruht, Bezug und umfasst somit alle nach § 15a Abs. 1 – 3 InsO sowie § 42 Abs. 2 BGB Antragspflichtigen. Adressaten der Anzeigepflicht sind demgemäß dieselben wie diejenigen der 10 Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO. Zunächst verpflichtet ist jedes Organ (Geschäftsführer, Vorstand, Liquidator, Komplementär) des Schuldners selbst und unmittelbar. Sind mehrere organschaftliche Vertreter vorhanden, so gilt die Verpflichtung individuell für jedes einzelne Organmitglied ungeachtet der organinternen Ressortverteilung. Ebenso erstreckt sich die Anzeigepflicht auf faktische Vertretungsorgane 11 (siehe nur BGH, ZIP 2002, 848). Ist die Gesellschaft führungslos, woran das Tätigsein eines faktischen Organs nichts ändert, trifft die Anzeigepflicht in entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 3 InsO auch die Gesellschafter. bb) Anzeigefrist Die Organe haben die Anzeigepflicht „ohne schuldhaftes Zögern“, also unver- 12 züglich zu erfüllen. Die Anzeigepflicht tritt mit dem objektiven Eintritt des Insolvenzgrundes ein; auf die Kenntnis der Geschäftsleiter hiervon kommt es nicht an. Diese spielt erst im Rahmen der Haftung (Rn. 20 ff.) eine Rolle, die verschuldensabhängig ausgestaltet ist. Die unverzügliche Anzeigepflicht gilt auch, wenn die Aussicht besteht, insbe- 13 sondere durch kurzfristige Umsetzung des Restrukturierungsplans die eingetretenen Insolvenzgründe wieder zu beseitigen. Einen Karenzzeitraum von drei bzw. sechs Wochen, wie für die Insolvenzantragspflichten gibt es nicht. Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil die Entscheidung darüber, ob die Fortsetzung des Restrukturierungsvorhabens – auch zur Beseitigung der Insolvenzgründe – im Gesamtgläubigerinteresse liegt, nicht dem Schuldner obliegt, sondern dem Gericht zugewiesen ist.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
cc) Geltung der Rechtsprechung zu § 15a InsO 14 Im Übrigen kann auf die Rechtsprechung und die Kommentierung zu § 15a InsO vollumfänglich verwiesen werden, wie § 42 Abs. 1 Satz 2 StaRUG mit seinem (Rechtsgrund-)Verweis auf „die Antragspflichtigen“ klarstellt. c) Kein entlastendes Einverständnis 15 Wie § 15a InsO auch dient § 42 Abs. 1 StaRUG der Sicherheit des Rechtsverkehrs und der Funktionsfähigkeit des Rechts der Gesellschaften in haftungsbeschränkender Rechtsform in der Krise (vgl. dazu ausführlich Hölzle, ZIP 2010, 913; ders., ZIP 2011, 650). Der Schutzzweck der Norm beschränkt sich daher nicht auf die gegenwärtigen, sondern erstreckt sich auch auf künftige Gläubiger der Gesellschaft. Aus diesem Grund ist eine Weisung der Gesellschafter, den Eintritt von Insolvenzgründen nicht anzuzeigen – oder nicht Insolvenzantrag zu stellen (§ 42 Abs. 2 StaRUG) – unbeachtlich und enthaftet die Geschäftsleiter nicht. Selbst das Einverständnis sämtlicher (gegenwärtigen) Gläubiger genügt für die Befreiung von der Anzeigepflicht und demgemäß für eine Enthaftung nicht. 3. Fortgeltendes Antragsrecht (Abs. 2) und Substitut für die Anzeigepflicht 16 Durch § 42 Abs. 1 StaRUG wird lediglich die Antragspflicht verdrängt. Die Insolvenzgründe selbst bleiben unverändert bestehen. Aus diesem Grund gilt auch das Antragsrecht des Schuldners fort. Der Schuldner kann daher gemäß § 42 Abs. 2 StaRUG durch Bestellung eines den formellen und materiellen Anforderungen des § 15a InsO genügenden Insolvenzantrages auch seiner Anzeigepflicht aus § 42 Abs. 1 StaRUG genügen. In diesem Fall ist die Restrukturierungssache nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG zwingend aufzuheben, um eine Parallelität der Verfahren zu vermeiden (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 84). 17 Da § 33 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG lediglich die Stellung eines Insolvenzantrages, nicht jedoch – und insoweit anders als § 42 Abs. 2 StaRUG – dessen formelle und materielle Wirksamkeit verlangt, führt die Stellung eines nach Maßgabe des § 15a InsO formell oder materiell ungenügenden Insolvenzantrages dazu, dass einerseits zwar die Restrukturierungssache zwingend aufzuheben ist, andererseits der Anzeige- und damit der mit Aufhebung der Restrukturierungssache zeitgleich wieder auflebenden Antragspflicht nicht hinreichend Genüge getan ist, weshalb die Geschäftsleiter des Schuldners in diesem Fall nicht strafbefreiend handeln (vgl. BGH, ZIP 2020, 1250) und sich im Zeitraum der verschärften Haftung nach § 15b Abs. 3 InsO (vgl. § 15b InsO Rn. 23) bewegen (ausführlich dazu auch Hölzle/Curtze, ZIP 2021, 1293). 18 Das Antragsrecht von Gläubigern des Schuldners nach § 14 InsO bleibt unberührt. Auch während der Dauer der Verdrängung der Antragspflicht durch die Anzeigepflicht bleiben Gläubiger des Schuldners daher berechtigt, nach
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Maßgabe des § 14 InsO Insolvenzantrag zu stellen. Die Aufhebung der Restrukturierungssache hat in diesem Fall nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG zu folgen, wenn das Insolvenzgericht den Insolvenzantrag zulässt und die Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß § 5 InsO oder die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen gemäß § 21 Abs. 2 InsO beschließt. In diesem Fall sind nämlich im Sinne des § 33 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG Umstände bekannt, aus denen sich die Insolvenzreihe des Schuldners ergibt. Sondervorschriften für die Suspendierung des Antragsrechts von Gläubigern aus § 14 InsO enthält das StaRUG nur in § 58 StaRUG für die Dauer einer Stabilisierungsanordnung (vgl. §§ 58, 59 StaRUG Rn. 28). 4. Strafvorschriften (Abs. 3) Da die Anzeigepflicht an die Stelle der Antragspflicht nach § 15a InsO tritt, 19 ist sie gemäß § 42 Abs. 3 StaRUG in derselben Weise strafbewehrt, wie die Verletzung der Antragspflicht nach § 15a InsO. Der Strafrahmen ist identisch. 5. Haftung (§ 823 Abs. 2 BGB, § 15b InsO) Ähnlich wie im Anwendungsbereich des § 15a InsO tritt neben die straf- 20 rechtliche Folge vor allem aber auch die zivilrechtliche Haftungsfolge, die regelmäßig in den Augen der Betroffenen – auch wegen des rechtstatsächlich höheren Verfolgungsrisikos – die deutlich einschneidendere Rechtsfolge ist. Zunächst ist unproblematisch, dass auch § 42 StaRUG, genau wie § 15a InsO, 21 Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist (ebenso Bitter, ZIP 2021, 321, 333; Brinkmann, ZIP 2020, 2361, 2368; Gehrlein, BB 2021, 66, 75; Smid, ZInsO 2021, 177, 124). Beide Normen verfolgen dasselbe Regelungsziel und haben damit denselben Schutzcharakter zugunsten der Gesamtgläubigerschaft. Geschützt sind damit alle ungesicherten (künftigen) Insolvenzgläubiger (BGH, ZIP 1987, 509). Die Frage, ob § 823 Abs. 2 BGB dabei für die Geltendmachung von Altgläu- 22 bigerschäden in Höhe des Quotenschadens in Konkurrenz zu § 43 StaRUG (vgl. § 43 StaRGU Rn. 14) tritt, oder Letzterer die deliktische Haftung als das speziellere Gesetz verdrängt, wird im Zweifel wenig praktisch werden. Denn auch bei der schadensrechtlichen Bewältigung der Insolvenzverschleppung spielt der vom Insolvenzverwalter nach § 92 InsO geltend zu machende Altgläubigerschaden kaum eine praktische Rolle (vgl. Bitter, ZInsO 2018, 625, 647 f.). Jedenfalls für den Neugläubigerschaden aber sind die Rechtsfolgen einer Verletzung der Anzeigepflicht mit denjenigen der Verletzung der Insolvenzantragspflicht aus § 15a InsO identisch. Die Tatsache, dass die Erfüllung der Anzeigepflicht nicht unmittelbar zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens, sondern lediglich zunächst zu einer Entscheidung des Restrukturierungsgerichts über die Aufhebung der Restrukturierungssache führt, ändert daran nichts. Denn die Entscheidung wird im Gesamtgläubigerinteresse getroffen, weshalb das Restrukturierungsgericht auf Grundlage der ihm vorliegenden
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Informationen bei seiner Entscheidung berücksichtigen kann, welche (künftigen) Gläubiger seit bzw. nach der Anzeige noch Gläubiger werden und deren Interessen bei seiner Entscheidung berücksichtigen. Die Anzeige kann den Schutzzweck daher in derselben Weise erfüllen, wie der Insolvenzantrag, weshalb dieselbe Differenzierung zwischen Alt- und Neugläubigern geboten ist. 23 Neben der deliktischen Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB tritt jedoch auch die Haftung der Geschäftsleiter aus § 15b InsO. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 15b Abs. 1 InsO, jedoch aus der Tatsache, dass Die Anzeigepflicht (vollständig) an die Stelle der Antragspflicht tritt und der Gesetzgeber ausdrücklich klarstellt, das Haftungslücken hierdurch nicht entstehen (BT-Drucks. 19/24181, S. 145). 24 Ein identischer Gläubigerschutz ist jedoch nur gewährleistet, wenn auch nach Eintritt der Anzeigepflicht anstelle der Antragspflicht das Massesicherungsgebot des § 15b InsO in derselben Weise greift. Die Geltung des § 15b InsO auch für die Anzeigepflichten ergibt sich überdies zweifelsfrei aus § 89 Abs. 3 StaRUG (vgl. dort Rn. 25). Denn der Anordnung, dass bis zu der Entscheidung des Restrukturierungsgerichts über die Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StaRUG jede Zahlung im ordnungsgemäßen Geschäftsgang als mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters vereinbar gilt, solange diese nicht bis zu der absehbaren Entscheidung des Gerichts zurückgehalten werden kann, ohne dass damit Nachteile für eine Fortsetzung des Restrukturierungsvorhabens verbunden sind, bedarf es nur, wenn und soweit der Haftungstatbestand des § 15b InsO grundsätzlich anwendbar ist. 25 Die Privilegierung des § 89 Abs. 3 StaRUG greift jedoch nur und erst dann, wenn der Eintritt des Insolvenzgrundes pflichtgemäß angezeigt ist. Verschleppt der Schuldner die Anzeige, greift § 15b InsO ohne Privilegierung und überdies in seiner verschärften Form nach § 15b Abs. 3 InsO grundsätzlich ohne bzw. mit deutlich erschwerter Exkulpationsmöglichkeit (vgl. § 15b InsO Rn. 23). 26 Demnach findet § 15b InsO uneingeschränkt Anwendung und ist im Anwendungsbereich des § 42 StaRUG so zu lesen, dass an die Stelle der Antragspflicht jeweils die Anzeigepflicht tritt und ein Höchstzeitraum nicht zugestanden, sondern die Anzeigepflicht unverzüglich zu erfüllen ist. 27 Die Haftung aus § 15b InsO ist eine verschuldensabhängige Haftung. Einfache Fahrlässigkeit genügt. Verfügt der Geschäftsleiter nicht selbst über die nötige Sachkunde, so hat er fachkundigen Rat einzuholen (BGH, NZI 2012, 567), was ihn allerdings im Restrukturierungsverfahren – anders als möglicherweise im Insolvenzverfahren – grundsätzlich nicht entlastet. Denn: Anders als bei den Insolvenzantragspflichten ist der Haftungsmaßstab in Ansehung der Anzeigepflicht verschärft, weil der Schuldner bereits nach § 31 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG verpflichtet ist, darzustellen, welche Vorkehrungen er getroffen hat, um seine restrukturierungsspezifischen Verpflichtungen nach dem StaRUG, zu denen 248
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gerade die Anzeigepflicht gehört, zu erfüllen. Es ist daher zulasten des Geschäftsleiters zu unterstellen, dass dieser sämtliche Maßnahmen und Vorkehrungen getroffen hat, zu jedem Zeitpunkt über den wirtschaftlichen Zustand des Schuldners informiert zu sein und hierauf unverzüglich reagieren zu können. Die Exkulpation, hierzu nicht über die nötige Sachkunde oder Qualifikation verfügt zu haben, ist daher grundsätzlich unbeachtlich, begründet aber jedenfalls eine parallele Pflichtverletzung aus §§ 32 Abs. 1, 43 Abs. 1 StaRUG, die ihrerseits haftungsbewehrt ist (vgl. § 43 StaRUG Rn. 8). § 43 Pflichten und Haftung der Organe (1) 1Handelt es sich bei dem Schuldner um eine juristische Person oder um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit im Sinne des § 15a Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 der Insolvenzordnung, wirken dessen Geschäftsleiter darauf hin, dass der Schuldner die Restrukturierungssache mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters betreibt und die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger wahrt. 2Für die Verletzung dieser Pflicht haften sie dem Schuldner in Höhe des den Gläubigern entstandenen Schadens, es sei denn sie haben die Pflichtverletzung nicht zu vertreten. (2) 1Ein Verzicht des Schuldners auf Ansprüche nach Absatz 1 Satz 2 oder ein Vergleich über diese Ansprüche ist unwirksam, soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist. 2Dies gilt nicht, wenn sich der Ersatzpflichtige zur Abwendung eines Insolvenzverfahrens über sein Vermögen mit seinen Gläubigern vergleicht, wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird oder wenn für den Ersatzberechtigten ein Insolvenzverwalter handelt. (3) 1Ansprüche nach Absatz 1 Satz 2 verjähren in fünf Jahren. 2Ist der Schuldner zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung eine börsennotierte Gesellschaft, verjähren die Ansprüche in zehn Jahren. Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Haftungsbegründender Tatbestand ............................................ 4 a) Materielle Pflichtenbindung ... 4 b) Individuelle Organverantwortung ................................... 8 c) Zeitlicher Anwendungsbereich ..................................... 9 d) Indisponibilität der Pflichten und kein befreiendes Einverständnis .................................. 10
3.
4. 5.
e) Verhältnis zu den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Ersatzansprüchen ...................... Haftungsausfüllender Tatbestand a) Schadensbemessung .............. b) Schadensermittlung und Anforderungen an den Schadensnachweis und Kausalität ....... c) Verschulden ........................... Grundsätzliche Unverzichtbarkeit des Anspruchs .............................. Verjährung ....................................
11 14 14
18 28 30 36
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 Mit den in das StaRUG implementierten Haftungsregeln für die Geschäftsleiter und die zu deren Aufsicht berufenen Überwachungsorgane ist der Gesetzgeber auf die Linie einer seit vielen Jahren (vgl. bereits Hölzle, ZIP 2013, 1846; ausführlich jüngst Brünkmans, ZInsO 2021, 125 f.) im Vordringen befindlichen Ansicht eingeschwenkt, wonach sich die Geschäftsleiterpflichten in der Krise des Unternehmens nicht länger am Gesellschafter-, sondern vornehmlich am Gläubigerinteresse auszurichten haben, sog. „Shift of Fiduciary Duties“. Auch wenn die Vorschriften der §§ 2, 3 E-StaRUG (vgl. BT-Drucks. 19/24181; BT-ARuV 19(6)208), die eine solche Verpflichtung auf das Gläubigerinteresse ab dem Zeitpunkt des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit ausdrücklich postulierten, nicht Gesetz geworden sind, so ändert dies nichts an der mit dem StaRUG vollzogenen Vollendung des Paradigmenwechsels hin zu der vorrangigen Berücksichtigung des Gläubigerinteresses (vgl. § 1 StaRUG Rn. 27; ebenso Bitter, ZIP 2021, 321, 322). Die nicht Gesetz gewordene Vorschrift des § 2 E-StaRUG setzt sich in § 43 StaRUG fort (zur Streichung des § 2 E-StaRUG ausführlich Vor § 32 StaRUG Rn. 2 ff.). 2 § 43 StaRUG ist spezialgesetzliche Ausprägung der Legalitätspflicht, da sie die Pflichten des Schuldners aus § 32 StaRUG (siehe dort Rn. 9 f.) vollständig inkorporiert und unter Haftungsandrohung auf die Geschäftsleiter von Schuldnern in haftungsbeschränkender Rechtsform überleitet. Die Norm stellt damit die Erfüllung der restrukturierungsbezogenen Pflichten des Schuldners durch die Geschäftsleiter sicher, die nach § 31 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 57) auch für die Sicherstellung der fachlichen Qualifikation, diesen Anforderungen nachzukommen, hinreichend Sorge zu tragen haben. 3 § 43 StaRUG normiert eine – grundsätzlich unverzichtbare – Binnenhaftung der Geschäftsleiter gegenüber dem Unternehmen für den aus einer restrukturierungsbezogenen Pflichtverletzung resultierenden Gesamtgläubigerschaden. Er schließt damit die Haftungslücke, die sich dem berechtigten Zweifel an der Eignung dieser Vorschriften als gläubigerschützenden Normen deshalb ergibt, weil die gesellschaftsrechtlichen Geschäftsleiterpflichten aus § 43 GmbHG bzw. § 93 AktG den Gläubigerschaden für einen Anspruch der Gesellschaft gegen das Organ grundsätzlich nicht genügen lassen, sie vielmehr den Nachweis eines Schadens der Gesellschaft selbst voraussetzen. § 43 StaRUG stellt demgegenüber klar, dass der Gesamtgläubigerschaden gegenüber den Geschäftsleitern als Schaden der Gesellschaft liquidiert werden kann (und muss), was den gläubigerschützenden Charakter der Norm deutlich unterstreicht. 2. Haftungsbegründender Tatbestand a) Materielle Pflichtenbindung 4 § 43 Abs. 1 StaRUG inkorporiert vollständig die in § 32 StaRUG normierten restrukturierungsbezogenen Schuldnerpflichten (vgl. § 32 StaRUG Rn. 9 ff.) 250
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als eigenständige Pflichten der geschäftsleitenden Organe. Die Vorschrift ist damit spezialgesetzliche Ausprägung des ohnehin qua allgemeinem Gesellschaftsrecht geltenden Legalitätsprinzips. Es steht nämlich außer Frage, dass die Geschäftsleiter dafür Sorge zu tragen haben, dass der Schuldner die in § 32 StaRUG normierten Pflichten erfüllt. Obwohl § 43 Abs. 1 StaRUG davon spricht, dass der Schuldner die Restruk- 5 turierungssache mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu betreiben habe, während § 32 Abs. 1 StaRUG von dem ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführer spricht, gilt auch im Anwendungsbereich des § 43 Abs. 1 StaRUG die besondere Qualifikation, dass es für den Sorgfaltsmaßstab auf die besonderen Sach- und Fachkenntnisse eines Sanierungsgeschäftsführers ankommt (Hölzle/Curtze, ZIP 2021, 1293). Die abweichende Formulierung ist wohl der großen Eile geschuldet, in der § 43 Abs. 1 StaRUG durch den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (BT-Drucks. ARuV 19(6)208) infolge der Streichung des § 2 E-StaRUG angepasst worden ist. Im Zuge dieser eiligen Änderung des Gesetzesentwurfs ist auch die in der 6 Entwurfsfassung zunächst vorgesehene Außenhaftung der Geschäftsleiter durch eine Innenhaftung ersetzt worden. Gleichzeitig ist die ausdrückliche Anknüpfung an das Gesamtgläubigerinteresse in den Wortlaut der Norm aufgenommen und dadurch die vollumfängliche Inbezugnahme der in § 32 StaRUG statuierten Pflichten vollzogen worden. Der Pflichtenkanon unterscheidet sich daher nicht von den originären Schuldnerpflichten nach § 32 StaRUG (vgl. dort Rn. 9 ff.). Die Verletzung der restrukturierungsbezogenen Pflichten kann sowohl durch 7 aktives Tun als auch durch Dulden oder Unterlassen erfolgen, weil sich die für ein haftungsrelevantes Unterlassen nötige Garantenstellung aus der ausdrücklichen Verpflichtung des Schuldners und seiner Geschäftsleiter auf das Gläubigerinteresse und der sich aus § 31 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG ergebenden Pflicht zur Sicherstellung der Fähigkeit, eben diese im Gläubigerinteresse bestehenden Pflichten erfüllen zu können, ergibt. Auch ein Organisationsverschulden der Geschäftsleiter, das sich insbesondere in der Verletzung der besonderen, aus § 1 StaRUG ergebenden Beobachtungs- und Sanierungspflichten (vgl. § 1 StaRUG Rn. 3 ff.) ergeben, aber auch aus jedem sonstigen restrukturierungsbezogenen Organisationsmangel resultieren kann, ist daher haftungsbegründend. b) Individuelle Organverantwortung Ebenso wie die Anzeigepflicht nach § 42 StaRUG (vgl. dort Rn. 15 m. w. N.) 8 ist auch die Pflicht, darauf hinzuwirken, dass der Schuldner die Restrukturierungssache mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsleiters betreibt, eine individuelle Organpflicht unabhängig von der im Übrigen geltenden Ressortverteilung im Organ. Jedes Organ ist daher indi-
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
viduell dafür verantwortlich, dass der Schuldner seine sich aus § 32 StaRUG ergebenden Pflichten erfüllt. Eine Gesamtverantwortung scheidet aus. c) Zeitlicher Anwendungsbereich 9 Da sich die Haftung nach § 43 Abs. 1 StaRUG aus den Pflichten gemäß § 32 StaRUG ableitet, gilt auch für die Haftung der Organe gegenüber der Gesellschaft, dass diese bereits mit faktischer Einleitung des Restrukturierungsvorhabens (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 5, 9 ff., § 32 StaRUG Rn. 5) und nicht erst mit Anzeige des Restrukturierungsvorhabens beim Restrukturierungsgericht und damit mit Eintritt der Rechtshängigkeit einsetzt. Die Gründe und Erwägungen hierfür sind dieselben, wie sie im Rahmen des § 32 StaRUG eine Rolle gespielt haben. d) Indisponibilität der Pflichten und kein befreiendes Einverständnis 10 Die sich aus § 43 StaRUG ergebenden Pflichten der Geschäftsleiter sind indisponibel. Dies ergibt sich zum einen aus der Indisponibilität der Legalitätspflicht im Allgemeinen, zum anderen aus dem gläubigerschützenden Charakter der Norm im Besonderen. Weder können die Geschäftsleiter daher durch Gesellschafterbeschluss von der Pflichterfüllung entbunden, noch durch Gesellschafterweisung hiervon abgehalten werden. Weisungen, die zu einer Beeinträchtigung der Führung des Unternehmens im Restrukturierungsverfahren im Gläubigerinteresse führen oder diese sogar vereiteln würden, sind nichtig und unbeachtlich. Sie exkulpieren die Geschäftsleiter nicht. Dies folgt nicht zuletzt auch aus einem Umkehrschluss aus § 43 Abs. 2 StaRUG, wonach auch ein (nachträglicher) Verzicht auf nach dieser Norm begründete Ansprüche unwirksam ist. e) Verhältnis zu den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Ersatzansprüchen 11 Der Gesetzgeber hat im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens die ausdrücklich auf die Wahrung des Gläubigerinteresses bezogene Schadensersatzpflicht nach §§ 2, 3 E-StaRUG deshalb gestrichen, weil er das (vermeintlich, vgl. Vor § 32 StaRUG Rn. 2) unklare Verhältnis zu den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Haftungstatbeständen, insbesondere der §§ 43 GmbHG, 93 AktG für problematisch hielt. Umso mehr verwundert es, dass dieselbe Pflichtenbindung in § 43 StaRUG inkorporiert ist, ohne dass das Verhältnis zu den gesellschaftsrechtlichen Haftungsnormen klargestellt worden wäre. 12 Aufgrund der Tatsache, dass § 43 StaRUG nur einen eingeschränkten Anwendungsbereich hat, nämlich nur eine Haftung für die Verletzung restrukturierungsbezogener Pflichten im Gesamtgläubigerinteresse begründet, während die gesellschaftsrechtlichen Haftungsnormen des § 43 GmbHG und § 93 AktG über diesen auf die Restrukturierung fokussierten Pflichtenkanon hinausgehen, ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass eine Begrenzung der allgemeinen
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§ 43 Pflichten und Haftung der Organe
Geschäftsleiterpflichten nicht begründbar ist und deshalb die gesellschaftsrechtlichen Haftungsnormen neben § 43 StaRUG anwendbar bleiben (ebenso Scholz, ZIP 2021, 219, 225). Tatsächlich dürfte diese Konkurrenz aber kaum je praktisch werden, da diese 13 nur in Ausnahmefällen eine strengere Haftung werden begründen können, als § 43 StaRUG (ähnlich Bitter, ZIP 2021, 321, 334). 3. Haftungsausfüllender Tatbestand a) Schadensbemessung Nach § 43 StaRUG kann, anders als noch in der Entwurfsfassung des Gesetzes 14 vorgesehen, nur der Gesamtgläubigerschaden, können nicht aber individuelle Einzelschäden ersetzt werden. Dies folgt insbesondere aus der Anordnung der Schadensersatzpflicht allein dem Schuldner gegenüber und nicht auch gegenüber einzelnen Gläubigern. Individualschäden sind daher von der Haftungsanordnung des § 43 StaRUG nicht erfasst. Letztere sind allein der Kompensation aus §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB bzw. der deliktischen Schadensersatzhaftung aus §§ 823, 826 BGB zugänglich (vgl. § 32 StaRUG Rn. 36). Der Gesamtschaden bezieht sich auf den Schaden, den der einzelne Gläubiger 15 ausschließlich aufgrund seiner Gläubigerstellung und damit als Teil der Gesamtheit der Gläubiger erlitten hat; er entspricht der Summe der Quotenschäden aller Gläubiger (BGH, ZIP 2020, 1080). Gesamtgläubigerschäden sind daher solche, die auf einer Verkürzung der Insolvenzmasse beruhen; ihr haftungsrechtliches Normziel ist es, eine gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger aus dem Vermögen des wegen Masseverkürzung haftpflichtigen Schädigers zu sichern. Maßgebliche Voraussetzung eines auf den Ersatz des Gesamtgläubigerschadens gerichteten Anspruchs ist folglich eine Verminderung des freien, zur Befriedigung der nicht nachrangigen, unbesicherten Gläubiger (vgl. insoweit BGH, ZIP 2014, 2305) zur Verfügung stehenden Vermögens der Gesellschaft, die sich in einer Verringerung der freien Aktiva oder in einer Vermehrung der ungesicherten Passiva manifestieren kann (BGH, ZIP 2011, 1575). Die Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs läuft daher auf die Ermitt- 16 lung eines Quotenschadens hinaus, der im Insolvenzverfahren zwar nicht gemäß § 92 InsO, wohl aber originär gemäß § 80 InsO vom Insolvenzverwalter geltend zu machen ist, weil § 43 StaRUG ausdrücklich klarstellt, dass es sich um einen Schadensersatzanspruch der Gesellschaft und somit einen der Insolvenzmasse (§ 35 Abs. 1 InsO) zugehörigen Vermögenswert handelt. In die Ermittlung des Quotenschadens sind nur die Einzelschäden der Plan- 17 betroffenen Gläubiger einzubeziehen, da im Restrukturierungsverfahren nur diese einen Quotenschaden erleiden können. In absoluter Höhe spielt dies jedoch keine Rolle, da die jeweilige Quotenverschlechterung bei den planbe-
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troffenen Gläubigern entsprechend höher ist als sie wäre, würden sämtliche Gläubiger einbezogen. b) Schadensermittlung und Anforderungen an den Schadensnachweis und Kausalität 18 Die Ermittlung des Gesamtgläubigerschadens im Sinne eines Quotenschadens indes dürfte in der Praxis noch größeren Schwierigkeiten begegnen, als schon im Rahmen des Gesamtgläubigerschadens bei Verletzung der Insolvenzantragspflichten aus § 15a InsO. Dies deshalb, weil anders als dort hier nicht an einen konkreten, zeitlich bestimmbaren Verletzungstatbestand angeknüpft und der bei rechtmäßigem Verhalten alternative Kausalverlauf der Einleitung eines Insolvenzverfahrens einigermaßen bestimmbar und modellierbar ist, sondern die Verletzung der Pflicht zur Führung des Restrukturierungsvorhabens mit der Sorgfalt eines gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführers sehr viel indifferenter und die tatsächlichen Folgen einer Pflichtverletzung sehr viel volatiler sind. 19 Die Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs in Höhe des Gesamtschadens erfordert zunächst die Darlegung eines Schadens in Anwendung der Differenzhypothese (§ 249 Abs. 1 BGB). Das heißt, es muss von dem potenziell Ersatzberechtigten grundsätzlich im Rahmen einer Vergleichsrechnung der gegebenen Befriedigungsaussichten der Gläubiger gegenübergestellt werden, wie sich das Vermögen der Gesellschaft und damit die Befriedigungsaussichten der Gläubiger hypothetisch ohne die schädigende Handlung darstellen würden. 20 Der auf diese Weise ermittelte Schaden muss sodann adäquat-kausal auf die schädigende Handlung zurückzuführen sein. 21 Die Darlegung- und Beweislast für beides obliegt der Gesellschaft respektive in einem nachfolgenden Insolvenzverfahren dem Insolvenzverwalter. 22 Angesichts der Vielschichtigkeit möglicher Pflichtverletzung aus § 32 Abs. 1 StaRUG ist dieser Nachweis regelmäßig schwer zu führen. Dies umso mehr, als alternative Geschehensabläufe im Rahmen von Restrukturierungsprozessen in ihrem tatsächlichen wirtschaftlichen Auswirkung regelmäßig nicht mit der für die Erfüllung der Darlegungs- und Beweislast nötigen Präzision zu projizieren sind. Allerdings dürfte jedenfalls außer Streit stehen, dass bei substantiierter Darlegung eine Schadensschätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO eröffnet ist. 23 Maßstab und Grundlage für die Schadensschätzung können dabei die vom Schuldner in das Restrukturierungsvorhaben selbst eingebrachten Unterlagen und Dokumente sein. Dabei sind insbesondere die vom Schuldner nach § 14 StaRUG vorgelegten Unterlagen, insbesondere die Erklärung, dass durch den Restrukturierungsplan die Bestandsfähigkeit des Schuldners sicher- und wiederhergestellt werden wird (§ 14 Abs. 1 StaRUG), und die Vermögensübersicht sowie die Ertragsplanung (§ 14 Abs. 2 StaRUG) zugrunde zu legen. Da der Schuldner nach § 32 Abs. 2 Satz 1 dem Gericht jede wesentliche Än-
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derung mitzuteilen hat (vgl. § 32 StaRUG Rn. 22 ff.), ist zu unterstellen, dass die nach § 14 StaRUG geschuldeten Unterlagen sich jeweils auf dem aktuellen Stand befinden. Begeht der Schuldner nun Pflichtverletzungen, deren Adäquanz für die Verschlechterung der Befriedigungssituation der Gläubiger nicht ausgeschlossen werden kann, so steht als Bezugsgröße für die Schadensbemessung durch das Gericht gemäß § 287 Abs. 1 ZPO die Verschlechterung gegenüber der Situation, wie sie sich bei Realisierung insbesondere der vorgelegten Ertragsplanung nach § 14 Abs. 2 StaRUG ergeben haben würde zur Verfügung. Der Schuldner/Insolvenzverwalter hat dann lediglich die Abweichung von der initial vorgelegten und – unterstellt – fortlaufend aktualisierten Planung infolge einer Pflichtverletzung und die sich daraus tatsächlich ergebende Abweichung darzulegen; das in Anspruch genommene Organ hat sodann den Gegenbeweis fehlender Kausalität oder des Eintritts eines geringeren Schadens zu führen. Wollte man einen Schritt weitergehen, so könnte dasselbe Ergebnis, allerdings 24 ohne die Eröffnung der Möglichkeit für die Organe, einen geringeren Schaden nachzuweisen, auch durch die Berücksichtigung der Verschlechterung der Befriedigungssituation gegenüber der aus der nach § 14 StaRUG vorgelegten Ertragsplanung zu erwartenden bzw. herzuleitenden Befriedigung im Sinne eines normativen Schadens erreicht werden. Die Rechtsfigur des normativen Schadens geht darauf zurück, dass nach ständiger Rechtsprechung des BGH ein Schaden nicht nur dann gegeben ist, wenn sich bei dem vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt. Vielmehr ist auch dann, wenn die Differenzhypothese vordergründig nicht zu einem rechnerischen Schaden führt, die Bejahung eines Vermögensschadens auf einer anderen Beurteilungsgrundlage nicht von vorneherein ausgeschlossen. Die Differenzhypothese muss vielmehr stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden, weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt. Dabei ist einerseits das konkrete haftungsbegründende Ereignis als Haftungsgrundlage zu berücksichtigen. Andererseits ist die darauf beruhende Vermögensminderung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände sowie der Verkehrsauffassung in die Betrachtung einzubeziehen. Erforderlich ist also eine wertende Überprüfung des anhand der Differenzhypothese gewonnenen Ergebnisses gemessen am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes. Deshalb kann ein Schaden auch bei objektiver Werthaltigkeit der gegenüber dem Geschädigten erbrachten Leistung angenommen werden, wenn das haftungsbegründende Verhalten zum Abschluss eines Vertrages geführt hat, den er nicht oder nicht so geschlossen hätte und dessen Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (so insgesamt BGH, WM 2014, 2318). Überträgt man dies auf die vorliegende Situation, so gibt der Schuldner bei 25 Einleitung seines Restrukturierungsvorhabens zu erkennen, in welchem Umfang er sich veranlasst sieht, Gläubigerbeiträge einzufordern, um die nachhaltige Bestandsfähigkeit seines Unternehmens wiederherzustellen oder zu er-
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halten. Auf Grundlage dieser, im Verantwortungsbereich allein des Schuldners liegenden Information der Planbetroffenen bilden diese ihre Entscheidung über die Unterstützung des Restrukturierungsvorhabens. Die Pflicht des Schuldners, die Gläubiger – und das Gericht – sachgerecht zu informieren, kommt an verschiedenen Stellen des Gesetzes, insbesondere in §§ 14, 32 Abs. 2, 33 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG hinlänglich zum Ausdruck. Es darf damit unterstellt werden, dass die sich aus der vom Schuldner vorgelegten Ertragsplanung abzuleitenden Befriedigungsaussichten der Planbetroffenen die Grundlage des Gläubigerinteresses bilden, auf der diese ihre Entscheidung über die Unterstützung des Vorhabens treffen. Ein Gesamtgläubigerschaden liegt dann bei normativer Betrachtung vor, wenn diese Befriedigungserwartung enttäuscht wird. Nicht entscheidend ist, auf welche Art Pflichtverletzung die Enttäuschung des derart abgeleiteten Befriedigungsinteresses zurückgeht. Sie kann ihre Ursache gleichermaßen in schädigenden Handlungen der Organe, die den restrukturierungsbezogenen Unternehmensleitungspflichten zuwiderlaufen, wie in einer bloßen Verletzung der Pflicht zur Aktualisierung der Planung und zur Mitteilung veränderter Umstände haben. Denn auch Letztere ist für die Entstehung des Schadens adäquat kausal, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei Erfüllung der Mitteilungspflichten die Planbetroffenen eine abweichende Entscheidung hinsichtlich ihrer Unterstützung des Restrukturierungsvorhabens getroffen haben würden. 26 Würde dies anders gesehen, so bliebe die Pflichtverletzung des Schuldners regelmäßig ohne haftungsrechtliche Konsequenz für die Organe und könnten diese sich durch eine Verletzung der Mitteilungs- und Aktualisierungspflichten vor einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme schützen, da hier durch die Darlegungs- und Beweisschwierigkeiten der Anspruchsberechtigten noch einmal deutlich erhöht würden. Das aber läuft dem Schutzzweck der Norm zuwider. Diese kann ihr Ziel, die Gesamtgläubigerinteressen effektiv zu schützen und das Handeln der Geschäftsleiter in der Krise an ihnen auszurichten, nur erreichen, wenn das Haftungsrisiko nicht deshalb allein theoretischer Natur bleibt, weil die faktische Durchsetzung kaum je zu besorgen ist. 27 Im Ergebnis spricht daher viel dafür, über die ohne Weiteres eröffnete Schadensschätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO hinaus, in der Abweichung der tatsächlichen Befriedigungssituation von der Befriedigungslage, wie sie sich bei Erfüllung der vom Schuldner nach § 14 Abs. 2 StaRUG vorgelegten Ertragsplanung ergeben haben würde, die Grundlage für einen normativen Gesamtgläubigerschaden zu sehen. c) Verschulden 28 Wie sich aus § 43 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 StaRUG ergibt, wird das Verschulden der Geschäftsleiter vermutet. Die Exkulpation ist daher grundsätzlich möglich. An sie sind jedoch hohe Anforderungen zu stellen, da bei der Durchführung einer Restrukturierung nicht nur die allgemeinen Kenntnisse und Fähigkeiten eines Geschäftsleiters zugrunde zu legen sind. Bereits aus § 43 Abs. 1 Satz 1 256
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StaRUG ergibt sich der qualifizierte Sorgfaltsmaßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, der die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger wahrt. Damit nimmt § 43 Abs. 1 Satz 1 StaRUG Bezug auf § 32 Abs. 1 Satz 1 StaRUG, der ausdrücklich auf die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführers abstellt. Dass § 43 Abs. 1 Satz 1 StaRUG nicht auch vom Sanierungsgeschäftsführer, sondern nur vom Geschäftsführer spricht, kann nicht als Argument für die Abkehr von der Qualifikation herangezogen werden, da erstens § 43 Abs. 1 StaRUG nur eine spezialgesetzliche Ausformung der Legalitätspflicht ist, die bereits aus sich heraus die Erfüllung des nach § 32 Abs. 1 StaRUG vorgegebenen Pflichtenmaßstabes verlangt, zweitens die Qualifikation auch aus § 31 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG folgt, wonach der Schuldner darzustellen hat, welche Vorkehrungen er getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, seine Pflichten nach dem StaRUG zu erfüllen. Der Rückzug auf das Verteidigungsargument, die Restrukturierung bringe 29 besondere Anforderungen mit sich, die von einem Geschäftsleiter nicht erwartet werden könnten, weshalb sich der Pflichtenmaßstab zu seinen Gunsten verschiebe, verfängt daher nicht. Im Gegenteil: Das Restrukturierungsvorhaben durchführen darf nur ein Unternehmen, bei welchem die Geschäftsleitung dafür Sorge getragen hat, dass die Erfüllung der restrukturierungsspezifischen Anforderungen in besonderer Weise und mit besonderer Sorgfalt sichergestellt ist. Der Haftungsmaßstab ist daher äußerst streng zu beurteilen; einfache Fahrlässigkeit in Ansehung der hohen Sorgfaltsanforderungen genügt. 4. Grundsätzliche Unverzichtbarkeit des Anspruchs Mit § 43 Abs. 2 StaRUG folgt das Gesetz dem allgemeinen gesellschaftsrecht- 30 lichen Grundsatz, wonach Haftungsansprüche aus der Verletzung gläubigerschützender Pflichten einem Erlass im Sinne von § 397 BGB (das Gesetz spricht insoweit ungenau von „Verzicht“), sei es isoliert, sei es im Vergleichswege nicht zugänglich sind, soweit die Realisierung der Haftungsansprüche zur (vollständigen) Befriedigung sämtlicher, auch der künftigen Gläubiger erforderlich ist. Erforderlich ist der Betrag auch, soweit er zur (anteiligen) Deckung von Ver- 31 fahrenskosten (auch und gerade eines nachfolgenden Insolvenzverfahrens) verwendet werden soll und erforderlich ist (ähnlich BGH, ZIP 2021, 528). Das Erlass- und Vergleichsverbot gilt gleichermaßen auf tatsächlicher wie auf 32 Rechtsfolgenebene. Das Verbot kann daher nicht dadurch umgangen werden, dass zwar nicht ein (Teil-)Erlass hinsichtlich der Haftungsschuld ausgesprochen, aber eine Einigung über die Höhe des Schadens auf tatsächlicher Ebene getroffen wird. Auch einer solchen steht § 43 Abs. 2 StaRUG entgegen. Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten nur, soweit der Vergleich zur Ab- 33 wendung eines anderenfalls unvermeidbaren Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Haftungsschuldners erforderlich ist und – insoweit ungeschrie257
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
benen – der Vergleichsbetrag die in einem solchen Verfahren bestehende Quotenerwartung übersteigt. Die Darlegungs- und Beweislast für die ausnahmsweise Zulässigkeit des insolvenzabwendenden (Teil-)Erlasses trägt der Haftungsschuldner. Dieser hat daher z. B. in einem etwaig nachfolgenden Insolvenzverfahren dem Insolvenzverwalter gegenüber darzulegen und nötigenfalls zu beweisen, weshalb ein im Vorfeld abgeschlossener Vergleich den Anforderungen des § 43 Abs. 2 StaRUG genügt. Gelingt ihm dies nicht, greift der Insolvenzverwalter mit einer Haftungsklage durch. 34 Ähnlich strenge Anforderungen an die Darlegung- und Beweislast bedarf es nicht, wenn der Vergleich mit einem Insolvenzverwalter, der in einem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Haftungsschuldners bestellt ist, abgeschlossen wurde. Dies dürfte jedoch ein Ausnahmefall bleiben, da es sich bei der Haftungsschuld in einem solchen Insolvenzverfahren regelmäßig um Insolvenzforderungen im Sinne des § 38 InsO handelt, die im dortigen Verfahren zur Insolvenztabelle angemeldet werden Und hinsichtlich derer selten das Erfordernis für einen Vergleich besteht. Dieser ist allenfalls im Rahmen einer Einigung über die Höhe der zur Insolvenztabelle festzustellenden Forderung denkbar und möglich. 35 Schließlich besteht eine Ausnahme für die Regelung des Anspruchs im Rahmen eines Insolvenzplans. Dabei muss es sich nicht um einen Insolvenzplan in einem Insurance-Verfahren über das Vermögen des Haftungsschuldners handeln; hier gilt dasselbe wie für den Vergleich mit dem Insolvenzverwalter des Haftungsschuldners. Der praktische Anwendungsbereich ist gering. Ganz anders im Rahmen eines Insolvenzplans über das Vermögen des Unternehmens; auch in einem solchen Insolvenzplan ist eine vergleichsweise Einigung über den Haftungsanspruch, der dann in Höhe des Vergleichsbetrages zur Insolvenzmasse gezogen wird, möglich. Einer besonderen Restriktion und der zusätzlichen Gewährleistung des Gläubigerschutzes bedarf es in diesem Fall nicht, da eine solche Einigung von dem Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Unternehmens nur nach Maßgabe des § 1 InsO abgeschlossen werden darf und der Insolvenzverwalter für die Wahrung der Gläubigerinteressen nach § 60 InsO persönlich haftet (zuletzt BGH, ZIP 2020, 1080). 5. Verjährung 36 Die Verjährung der Ansprüche aus § 43 Abs. 1 StaRUG folgt allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen und beträgt gemäß § 43 Abs. 3 StaRUG grundsätzlich fünf, bei börsennotierten Gesellschaften zehn Jahre. 37 Die Verjährung beginnt mit der Entstehung des Schadens dem Grunde nach zu laufen, auch wenn dieser zu diesem Zeitpunkt noch nicht bezifferbar ist und ist unabhängig z. B. von dem Zeitpunkt der Beendigung des Restrukturierungsverfahrens. Nötigenfalls muss der Anspruch im Rahmen einer Feststellungsklage zunächst nur dem Grunde nach geltend gemacht werden. Auf
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§§ 44, 55 Verbot von Lösungsklauseln, Vertragliche Wirkungen
die Kenntnis der Gesellschaft von den anspruchsbegründenden Tatsachen kommt es – selbst bei deren Verheimlichung durch den Geschäftsleiter – nicht an (BGH, ZIP 2005, 852). Eine Sekundärverjährung gibt es in Anwendung ebenfalls der gesellschafts- 38 rechtlichen Grundsätze nicht. Unterlässt der (amtierende) Geschäftsleiter daher die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft aus § 43 Abs. 1 StaRUG gegen die Haftungsschuldner bis zum Eintritt der Verjährung dieser Ansprüche, wird dadurch nicht eine Schadensersatzverpflichtung gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG (bzw. § 93 AktG) mit einer erst von da an laufenden Verjährungsfrist ausgelöst (BGH, ZIP 2008, 2217). §§ 44, 55 Verbot von Lösungsklauseln, Vertragliche Wirkungen § 44 Verbot von Lösungsklauseln (1) 1Die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache oder die Inanspruchnahme von Instrumenten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens durch den Schuldner ist ohne Weiteres kein Grund 1. für die Beendigung von Vertragsverhältnissen, an denen der Schuldner beteiligt ist, 2. für die Fälligstellung von Leistungen oder 3. für ein Recht des anderen Teils, die diesem obliegende Leistung zu verweigern oder die Anpassung oder anderweitige Gestaltung des Vertrags zu verlangen. 2
Sie berühren ohne Weiteres auch nicht die Wirksamkeit des Vertrags.
(2) Dem Absatz 1 entgegenstehende Vereinbarungen sind unwirksam. (3) 1Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Geschäfte nach § 104 Absatz 1 der Insolvenzordnung und Vereinbarungen über das Liquidationsnetting nach § 104 Absatz 3 und 4 der Insolvenzordnung und Finanzsicherheiten im Sinne von § 1 Absatz 17 des Kreditwesengesetzes. 2Dies gilt auch für Geschäfte, die im Rahmen eines Systems nach § 1 Absatz 16 des Kreditwesengesetzes der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen unterliegen. § 55 Vertragsrechtliche Wirkungen (1) 1Ist der Schuldner zum Zeitpunkt der Stabilisierunganordnung einem Gläubiger etwas aus einem Vertrag schuldig, so kann der Gläubiger nicht allein wegen der rückständigen Leistung eine ihm im Anordnungszeitraum obliegende Leistung verweigern oder Vertragsbeendigungs- oder -abänderungsrechte geltend machen; unberührt bleibt das Recht des Gläubigers, die Erbringung des Teils der ihm ob-
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
liegenden Gegenleistung zu verweigern, der auf die rückständige Leistung des Schuldners entfällt. 2Ergehen Folge- oder Neuanordnungen, ist der Zeitpunkt der Erstanordnung maßgeblich. (2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner für die Fortführung des Unternehmens nicht auf die dem Gläubiger obliegende Leistung angewiesen ist. (3) 1Ist der Gläubiger vorleistungspflichtig, hat er das Recht, die ihm obliegende Leistung gegen Sicherheitsleistung oder Zug um Zug gegen die dem Schuldner obliegende Leistung zu erbringen. 2Absatz 1 berührt nicht das Recht von Darlehensgebern, den Darlehensvertrag vor der Auszahlung des Darlehens wegen einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners oder der Werthaltigkeit der für das Darlehen gestellten Sicherheit zu kündigen (§ 490 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). 3Satz 2 gilt auch für andere Kreditzusagen. Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Gegenständlicher Anwendungsbereich ............................................. 4 a) Erfasste Verträge und Leistungen und Zweckgerichtetheit ........................................... 4 b) Ausgeschlossene Handlungen und Schutz des vertraglichen Synallagmas ........................... 10 aa) Grundsatz ..................... 10
3.
bb) Fortgeltung des vertraglichen Synallagmas (und Auswirkung insbesondere auf Verarbeitungsklauseln) ........................ 13 cc) Begrenzung der Erfüllungspflicht auf wesentliche vertragliche Leistungen ........................... 19 Zeitlicher Anwendungsbereich ... 26
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 Die §§ 44, 55 StaRUG beinhalten für den Schuldner wesentliche Vorschriften, das Verfahren und seine Auswirkungen auf den operativen Geschäftsbetrieb vorhersehbar auszugestalten. Sie sind angelehnt an die Regelungswirkung der §§ 103 ff., 119 InsO. Während § 44 StaRUG in die schuldrechtliche Gestaltungsfreiheit eingreift und nach dem Vorbild des § 119 InsO Vertragsklauseln für unwirksam erklärt, die Fälligstellungs-, Loslösungs- oder Zurückbehaltungsrechte an die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache knüpfen, schließt § 55 StaRUG die allgemein schuldrechtliche Geltendmachung von Zurückbehaltungsrechten allein wegen der Inanspruchnahme von Stabilisierungsinstrumenten aus. Beide Vorschriften erkennen allerdings das vertragliche Synallagma an und lassen es unangetastet. 2 Das Grundprinzip der Vorschriften besteht somit darin, dass zwar einerseits die Einleitung des Verfahrens und die Inanspruchnahme von Stabilisierungsinstrumenten für sich allein kein Grund für eine (außerordentliche) Beendigung von gegenseitigen Verträgen, die Fälligstellung vertragskonform noch ausstehender Leistungen oder die Ausübung von Zurückbehaltungsrechten sind, dass aber andererseits der Vertragspartner auch nicht zu einer Risikoerhöhung 260
§§ 44, 55 Verbot von Lösungsklauseln, Vertragliche Wirkungen
verpflichtet und daher sehr wohl berechtigt ist, seinerseits noch ausstehende Leistungen von der Zug- um-Zug Erbringung der Gegenleistung des Schuldners oder einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Für den Ausschluss der allgemeinen schuldrechtlichen Zurückbehaltungs- 3 rechte nach § 55 StaRUG gilt dies gemäß dessen Abs. 2 nur, soweit die vertraglich geschuldete Leistung des Gläubigers von erheblicher Bedeutung für die Unternehmensfortführung ist (BT-Drucks. 19/24181, S. 158). 2. Gegenständlicher Anwendungsbereich a) Erfasste Verträge und Leistungen und Zweckgerichtetheit Dem Anwendungsbereich der §§ 44, 55 StaRUG unterfallen alle Arten von 4 vertraglichen Schuldverhältnissen. Die Gegenseitigkeit des Vertragsverhältnisses ist nicht Voraussetzung; auch einseitig verpflichtende Verträge unterfallen der Beendigungssperre. Da die §§ 44, 55 StaRUG darauf abzielen, den vertraglichen Status quo zu 5 erhalten und lediglich eine Beeinflussung desselben allein infolge der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache oder der Inanspruchnahme von Stabilisierungsinstrumenten zu vermeiden (BT-Drucks. 19/24181, S. 158), setzt die Unwirksamkeitsfolge des § 44 Abs. 2 StaRUG voraus, dass die betreffende Klausel gerade auf das Ziel ausgerichtet ist, eine Beendigungs-, Fälligstellungsoder Zurückbehaltungsmöglichkeit an die Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens oder die Inanspruchnahme von Stabilisierungsinstrumenten zu knüpfen (so für § 119 InsO: BGH, NZI 2006, 224). Das deckt sich auch mit der weiteren Gesetzesbegründung, wonach von § 44 Abs. 2 StaRUG Klauseln unberührt bleiben, die allein oder zusätzlich an weitere Gründe anknüpfen wie insbesondere einen Verzug des Schuldners oder eine sonstige Leistungsstörung (BT-Drucks. 19/24181, S. 146). Für § 55 Abs. 1 StaRUG gilt dasselbe. Der Gläubiger darf dort nicht allein wegen des bestehenden Rückstands Leistungsstörungsrechte sowie Vertragsbeendigungs- oder -abänderungsrechte geltend machen. Im Umkehrschluss kann sich der Gläubiger auf andere oder zusätzliche Umstände sehr wohl berufen, die isoliert oder im Zusammenhang mit dem bestehenden Rückstand ein Leistungsstörungsrecht begründen. Insbesondere berechtigt ein nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Antrags auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung eintretender Verzug des Schuldners den Gläubiger dazu, sämtliche Folgen, die sich an einen solchen Verzug im Einzelfall knüpfen können, auch geltend zu machen (BT-Drucks. 19/24181, S. 158). Wie bei §§ 103, 119 InsO (vgl. BGH, ZIP 2013, 274) ist auch für die Anwen- 6 dung der §§ 44 Abs. 2, 55 Abs. 1 StaRUG daher erforderlich, dass es sich um konkret restrukturierungsbezogene Lösungsklauseln oder -rechte handelt, also das vertraglich bedungene Recht zur Änderung oder Beendigung des Vertrages konkret auf die Inanspruchnahme von Instrumenten des Restrukturierungsund Stabilisierungsrahmens, die Rechtshängigkeit einer Restrukturierungssache abstellt bzw. die Ausübung der Leistungsstörungsrechte allein durch die infolge 261
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
der Inanspruchnahme des Stabilisierungsintruments bedingte Nichtleistung des Schuldners veranlasst ist. 7 Insbesondere ist der Vertragspartner nicht verpflichtet, eine Ausweitung der sich in der Offenbarung der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners manifestierende Gefährdung seiner Vermögensinteressen hinzunehmen und sein Insolvenzrisiko weiter zu erhöhen (BT-Drucks. 19/24181, S. 158). Klauseln, die allgemein an die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners bzw. an deren Verschlechterung und die Gefährdung der Befriedigungsaussichten des Gläubigers anknüpfen, ohne konkreten Bezug zur Einleitung von Restrukturierungsmaßnahmen zu haben (vgl. etwa Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken oder Nr. 26 AGB-Sparkassen), bleiben auch in Ansehung des § 44 Abs. 2 wirksam (so z. B. Thole, ZIP 2020, 1985; Gehrlein, BB 2021, 66). Auch eine Kündigung, die an Leistungsstörungen des Schuldners anknüpft, die nicht auf eine Stabilisierungsanordnung zurückzuführen ist, bleibt daher selbstverständlich auch weiterhin möglich und wirksam (BT-Drucks. 19/24181, S. 146). 8 Die Zweckgerichtetheit der Klausel bzw. der Ausübung des Leistungsstörungsrechts zu verlangen, ist auch in der Sache richtig, da eine solche Beschränkung der Beendigungssperre bereits aus allgemeinem Zivilrecht, nämlich der (Fort-)Geltung der Unsicherheiteneinrede des § 321 BGB folgt. Die Unsicherheiteneinrede ist Ausprägung des vertraglichen Synallagmas (vgl. Emmerich, in: MünchKomm-BGB, § 321 Rn. 2 m. w. N.). In das vertragliche Synallagma greifen §§ 44, 55 StaRUG aber gerade nicht ein. Für die Feststellung der Zweckgerichtetheit kommt es daher darauf an, ob die Gestaltungsmöglichkeit für den Vertragspartner infolge des Betreibens der Restrukturierungssache oder der Inanspruchnahme von Stabilisierungsinstrumenten eine andere ist, als außerhalb eines solchen Verfahrens (in diesem Sinne Sinz, in: Uhlenbruck, InsO, § 119 Rn. 14). 9 Auch der Gesichtspunkt des Schuldnerschutzes oder der Gewährleistung eines praxistauglichen Verfahrens gebietet keine extensive Auslegung der Beendigungsverbote über das Verbot restrukturierungsspezifischer Beendigungsklauseln hinaus. Denn im Fall einer wirksamen Vertragsbeendigung, die an die Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners anknüpft, steht diesem der Antrag auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung nach §§ 49 ff. StaRUG offen, der dann aber an weitere Voraussetzungen geknüpft ist. Die extensive Auslegung des Verbots von Lösungs- und Beendigungsklauseln würde diese zusätzlichen Anforderungen für den Erlass einer Stabilisierungsanordnung unterlaufen. b) Ausgeschlossene Handlungen und Schutz des vertraglichen Synallagmas aa) Grundsatz 10 § 44 StaRUG ordnet in Anlehnung an §§ 103 ff. InsO an, dass die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache oder die Inanspruchnahme von Instrumenten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens durch den Schuldner 262
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ohne Weiteres kein Grund für die Beendigung von Vertragsverhältnissen ist, an denen der Schuldner beteiligt ist, allein aufgrund dessen Leistungen nicht fällig gestellt werden dürfen und ein Recht des anderen Teils, die diesem obliegende Leistung zu verweigern oder die Anpassung oder anderweitige Gestaltung des Vertrages zu verlangen nicht begründet ist. Vertragsklauseln, die Fälligstellungs-, Loslösungs-, Gestaltungs- oder Leistungsverweigerungsrechte allein an die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache oder die Inanspruchnahme von Stabilisierungsinstrumenten knüpfen, sind nach § 44 Abs. 2 StaRUG unwirksam. Unwirksam in diesem Sinne bedeutet, dass es sich um eine Verbotsnorm im Sinne des § 134 BGB handelt, was die Nichtigkeit zur Folge hat, da unter § 134 BGB Vorschriften fallen, die eine nach der Rechtsordnung grundsätzlich mögliche rechtsgeschäftliche Regelung wegen ihres Inhalts untersagen (vgl. Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 134 Rn. 5). Die Nichtigkeit gemäß § 134 BGB erfasst hier jedoch nicht, wie sonst im Anwendungsbereich der Norm, das gesamte Rechtsgeschäft, sondern nur die verbotene (Teil-)Klausel, wie sich aus § 44 Abs. 2 StaRUG unmittelbar ergibt (insoweit Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 139 Rn. 18). Dieselbe Rechtsfolge, allerdings mit anderer dogmatischer Begründung gilt 11 gemäß § 55 Abs. 1 StaRUG, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt des Erlasses einer Stabilisierungsanordnung etwas aus einem gegenseitigen Vertrag schuldig ist und infolge der Anordnung auch bleibt; dies berechtigt den anderen Teil nicht, die seinerseits obliegende Leistung zu verweigern, Vertragsbeendigungsoder -abänderungsrechte geltend zu machen. § 55 Abs. 1 StaRUG greift deshalb nicht in die rechtsgeschäftliche Dispositionsfreiheit ein und erklärt Vertragsklauseln für nichtig, sondern beschränkt nach allgemeinem Schuldvertragsrecht – gleich ob aus Gesetz oder Vertrag – dem Gläubiger zustehende Zurückbehaltungs- und Gestaltungsrechte. Dogmatische Grundlage hierfür ist daher nicht § 134 BGB, sondern eine Beschränkung der grundsätzlich bestehenden Rechtsausübungsmacht in spezialgesetzlicher Ausprägung des § 242 BGB. Die Vorschriften dienen dem Schutz des Schuldners, dem Erhalt der (wirt- 12 schaftlichen) Fortführungsperspektiven für das Unternehmen und damit der Planbarkeit des Verfahrens insgesamt dadurch, dass allein aus dem Umstand, dass der Schuldner die Restrukturierungssache rechtshängig gemacht hat und von den Instrumenten des Rahmens Gebrauch macht, keine negativen Folgen auf den Bestand und die Abwicklung bestehender Vertragsverhältnisse resultieren (BT-Drucks. 19/24181, S. 146). bb) Fortgeltung des vertraglichen Synallagmas (und Auswirkung insbesondere auf Verarbeitungsklauseln) Nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers ist weder der Restrukturie- 13 rungsplan noch die Stabilisierungsanordnung ein Instrument zum Eingriff in das vertragliche Synallagma (BT-Drucks. 19/24181, S. 114). Dieses bleibt von §§ 44 Abs. 1, 55 Abs. 1 StaRUG vielmehr unbeeinträchtigt. Von §§ 44 Abs. 1, 263
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
55 Abs. 1 StaRUG daher nicht erfasst und möglich bleibt die Geltendmachung der Einwendung aus § 320 BGB, nämlich das Abhängigmachen der eigenen Leistung von der Zug-um-Zug Erbringung der Gegenleistung durch den Schuldner. Hierbei handelt es sich nämlich weder um eine Fälligstellung noch um eine vertragliche Änderung. Die nach Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners konkretisierte Gefährdung der Gläubigerinteressen führt nicht dazu, dass der Gläubiger gezwungen wäre, eine Erhöhung seines insolvenzbedingten Ausfallrisikos durch die Pflicht zur Erbringung weiterer Vorleistungen hinzunehmen (siehe auch §§ 2 – 4 StaRUG Rn. 13). Selbst wenn eine Vorleistungspflicht des Vertragspartners vereinbart ist, ist diese nach § 55 Abs. 3 StaRUG für den von einer Stabilisierungsanordnung betroffenen Gläubiger ausgesetzt und dieser kann abweichend von der vertraglichen Vereinbarung Leistung Zug-um-Zug verlangen. Im Umkehrschluss aus § 55 Abs. 3 StaRUG folgt, dass eine vertraglich vereinbarte Vorleistungspflicht vor Beantragung und Erlass einer Stabilisierungsanordnung grundsätzlich wirksam bleibt und nicht im Sinne des § 44 Abs. 2 StaRUG gegen dessen Abs. 1 verstößt. 14 Daraus folgt, dass in der Praxis regelmäßig damit zu rechnen und deshalb in der Restrukturierungsplanung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 StaRUG (vgl. §§ 14, 15 StaRUG Rn. 11) zu berücksichtigen ist, dass wesentliche Lieferanten nach Kenntnis von der Einleitung des Restrukturierungsverfahrens auf Vorkasseleistung umstellen werden. 15 Dies führt unweigerlich zu der Frage, ob eine dem Schuldner erteilte Verarbeitungs-, Verwertungs- oder Einziehungsbefugnis nach Anzeige des Restrukturierungsvorhabens widerrufen werden darf oder der Schuldner berechtigt bleibt, auf insbesondere Vorratsbestände, die noch unter Eigentumsvorbehalt stehen, zuzugreifen und diese während des Betreibens der Restrukturierungssache weiter zu nutzen bzw. zu verarbeiten und zu verbrauchen. 16 Bei allzu wörtlicher Lesart des Gesetzestextes des § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StaRUG, wonach die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache ohne Weiteres keinen Grund für ein Recht des anderen Teils darstellt, die Anpassung oder anderweitige Gestaltung des Vertrages zu verlangen, könnte ein solcher Widerruf für unzulässig gehalten werden. Dem ist jedoch nicht so. 17 Zunächst unterbinden §§ 44 Abs. 1, 55 Abs. 1 StaRUG lediglich das Verlangen der Anpassung vertraglicher Vereinbarungen bzw. die Ausübung von Zurückbehaltungsrechten allein wegen des Betreibens der Restrukturierungssache. Die Ausübung sonstiger, nicht an das Verfahren gebundener und nicht zweckgerichteter Gestaltungs- und sonstiger Rechte bleibt möglich (vgl. Rn 10). Das grundsätzliche zivilrechtliche Konzept der Leistung Zug-um-Zug wird daher nicht angetastet, weshalb ein darauf gerichtetes Verlangen des Gläubigers im Grundsatz auch keine vertragliche Änderung darstellt. Soweit vertraglich tatsächlich einmal ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist, ist nach § 321 BGB grundsätzlich davon auszugehen, dass eine solche Einigung unter dem Vorbehalt keiner wesentlichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse
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§§ 44, 55 Verbot von Lösungsklauseln, Vertragliche Wirkungen
des Schuldners steht, die Anwendung des § 321 BGB durch eine solche vertragliche Vereinbarung daher nicht suspendiert werden sollte. Im Übrigen ist schon fraglich, ob der Widerruf einer Verwertungs- oder Einziehungsermächtigung überhaupt eine vertragliche Änderung i. S. d. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 darstellt. Der Widerruf einer analog § 185 Abs. 1 BGB zu behandelnden (zur Einziehungsermächtigung vgl. BGH, NJW 1978, 1375; zur Veräußerungsermächtigung vgl. BGH, NZI 2019, 274) Verwertungs- oder Einziehungsermächtigung fällt in die rechtsdogmatische Kategorie der Gestaltungserklärungen. Seine rechtstechnische Funktionsweise ist damit die einer Bewirkungshandlung. Seine Geltung ist, mit anderen Worten, nicht darauf angewiesen, dass einem „Verlangen“, wie es § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StaRUG fordert, des Widerrufenden durch den anderen Teil entsprochen wird, weil gemäß dem (entsprechend) anzuwendenden § 183 Satz 1 BGB die Rechtsfolge mit Wirksamwerden, d. h. mit Zugang eintritt (Bub, in: BeckOK-BGB, § 183 Rn. 6). Darüber hinaus wirkt ein Widerruf der Verarbeitungs- oder Veräußerungsermächtigung nicht auf das Verpflichtungs- sondern auf das Verfügungsgeschäft ein. Dass der andere Teil dem Schuldner die Verfügung vor Erlangung des Eigentums gestattet, stellt ein grundsätzlich gegenleistungsloses Zugeständnis dar. Wird dieses Zugeständnis in Ansehung der Gefährdung seiner Vermögensinteressen vom Lieferanten zurückgezogen, liegt keine Änderung der vertraglichen Bedingungen, sondern vielmehr eine Rückbesinnung auf den Kern des vertraglichen Synallagmas vor. § 44 StaRUG steht daher dem Widerruf einer Einziehungsoder Verwertungsermächtigung im Zusammenhang mit der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache nicht entgegen. Im Anwendungsbereich des § 55 StaRUG gilt dasselbe, was sich dort bereits aus dessen Abs. 3 unmittelbar ableiten lässt (zum Ganzen wie hier Hölzle, in: Bieg/Borchardt/Frind, Unternehmenssanierung und Betriebsfortführung, S. 220). Die Verwertungs- und Einziehungsbefugnis endet jedoch nicht automatisch 18 mit Anzeige des Restrukturierungsvorhabens, sondern erst mit Zugang des (auch konkludent möglichen) Widerrufs des Lieferanten beim Schuldner (vgl. BGH, NZI 2019, 274; BGH, NZI 2000, 306). cc) Begrenzung der Erfüllungspflicht auf wesentliche vertragliche Leistungen Nach § 55 Abs. 2 StaRUG greift der Schutzmechanismus des § 55 Abs. 1 19 StaRUG zugunsten des Schuldners nicht, wenn dieser auf die Leistung des Gläubigers nicht angewiesen ist. Die Vorschrift geht auf Art. 7 Abs. 4 Unterabs. 1 Satz 2 der Richtlinie (RL [EU] 2019/2013) zurück, wonach unter noch zu erfüllenden wesentlichen Verträgen solche zu verstehen sind, die für die Weiterführung des täglichen Betriebs des Unternehmens erforderlich sind, einschließlich solcher Verträge, deren Aussetzung dazu führen würde, dass die Geschäftstätigkeit des Schuldners zum Erliegen kommen würde (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 158).
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
20 Abzustellen ist auf die Bedeutung des Gegenstands der synallagmatischen Hauptleistungspflicht für die Fortführungsfähigkeit des Unternehmens während der Dauer des Restrukturierungsverfahrens. Darauf, ob die Leistung durch einen anderen Lieferanten substituierbar wäre, kommt es nicht an, da der Schuldner gerade davor geschützt werden soll, in der kritischen Phase des Restrukturierungs- und Sanierungsverfahrens für die Unternehmensfortführung wesentliche Lieferanten austauschen zu müssen. 21 Allerdings muss der Erhalt der Leistung des Gläubigers gerade während der Dauer des Restrukturierungsverfahrens für die Unternehmensfortführung wesentlich, also unverzichtbar sein, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Leistungen, mit deren Erbringung bis zum Abschluss des Verfahrens zugewartet werden kann, sind von dem Erfüllungszwang des § 55 Abs. 1 StaRUG nicht erfasst. 22 Aus der klaren Formulierung in der Gesetzesbegründung, dass die Geschäftstätigkeit des Schuldners ohne die Leistung zum Erliegen kommen muss, folgt zudem, dass für die Anwendbarkeit des § 55 Abs. 1 StaRUG nicht jede Abweichung oder Beeinträchtigung in den betrieblichen Abläufen des Schuldners bei Ausbleiben der Leistung genügt. Erforderlich ist eine Beeinträchtigung in dem Sinne, dass das schuldnerische Unternehmen ohne die Leistung nicht in der Lage wäre, seine eigenen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Dritten innerhalb der gegebenen Fälligkeiten zu erfüllen, durch das Ausbleiben der Leistung also ein Vertragsbruch des schuldnerischen Unternehmens gegenüber dessen Vertragspartnern provoziert würde. Ohne einen zu besorgenden Vertragsbruch bei Ausbleiben der vertraglichen Leistung kann von der Unverzichtbarkeit für die Fortführung des schuldnerischen Betriebes grundsätzlich nicht ausgegangen werden. Der Schuldner ist dabei auch verpflichtet, durch etwaige Sonderschichten und Mehrarbeit nach Abschluss des Restrukturierungsverfahrens etwaig eingetretene Verzüge aufzufangen. Der Ausgleich der wechselseitigen Interessen und der durchaus schwere Eingriff in die schuldvertraglichen Grundprinzipien der Austauschgerechtigkeit gebieten diesen strengen Maßstab. Legt man dies zugrunde, fallen z. B. die weitere Belieferung der Kantine im schuldnerischen Unternehmen, die Bereitstellung von Tankkarten, die Kreditversicherung der Kunden des Schuldners für diesen etc. nicht unter die wesentlichen Verträge. 23 Solange allerdings nicht feststeht, dass der Schuldner auf die vertraglichen Leistungen des Gläubigers angewiesen ist, ist hiervon im Zweifel auszugehen (BT-Drucks. 19/24181, S. 158). Die Darlegungslast trägt damit grundsätzlich der Gläubiger, wobei den Schuldner aber eine entsprechende Offenbarungslast trifft, deren Verletzung einerseits nach § 57 StaRUG haftungsbewährt ist, andererseits nach § 33 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG die Aufhebung der Restrukturierungssache nach sich ziehen kann. Der Schuldner kann sich demgemäß nicht sorglos darauf zurückziehen, dass es dem Gläubiger nicht gelingen werde, die fehlende Unverzichtbarkeit der Leistung für die Fortführungsfähigkeit des Unternehmens nachzuweisen. 266
§§ 44, 55 Verbot von Lösungsklauseln, Vertragliche Wirkungen
Der Streit zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger darüber, ob es sich um 24 einen wesentlichen Vertrag im Sinne des § 55 Abs. 2 StaRUG handelt, oder ob ein Zurückbehaltungs- oder gar ein Kündigungs-/Rücktrittsrecht des Gläubigers besteht, kann den Geschäftsbetrieb und dessen Fortführung jedoch lähmen und das Gelingen der gesamten Restrukturierung gefährden. Aus diesem Grunde ist davon auszugehen, dass aus der Sachkompetenz einerseits, der Eilbedürftigkeit einer Entscheidung über die Wesentlichkeit andererseits nach den überzeugenden Grundsätzen des Urteils des BGH v. 11.3.2021 (ZIP 2021, 859) eine Annexkompetenz des Restrukturierungsgerichts aus § 49 Abs. 1 StaRUG besteht, durch deklaratorischen Beschluss auf Antrag des Schuldners oder des Gläubigers die Wesentlichkeit der Leistung für die Fortführung des Unternehmens festzustellen. Die entsprechende Anwendung des § 55 Abs. 2 StaRUG auch auf § 44 Abs. 2 25 StaRUG, also die Annahme, dass bereits vertragliche Klauseln, die ein Fälligstellungs-, Beendigungs- oder Zurückbehaltungsrecht an die Rechtshängigkeit des Verfahrens oder die Inanspruchnahme von Instrumenten knüpfen, nur dann unwirksam sind, wenn sie sich auf für die Unternehmensfortführung wesentliche Leistungen beziehen, ist nicht geboten und gerechtfertigt. Dies würde zu einer relativen Unwirksamkeit vor allem auch in Abhängigkeit von Leistungszeiträumen, Lieferfristen etc. führen und die Unwirksamkeit der Vertragsklausel u. a. auch davon abhängig machen, innerhalb welcher Zeitspanne mit der Beendigung des Restrukturierungsverfahrens gerechnet werden kann. Eine solche Prüfung ist bei der individuellen Prüfung allgemein schuldrechtlicher Zurückbehaltungsrechte üblich und möglich, kann aber nicht über die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Vertragsklausel im Allgemeinen entscheiden. 3. Zeitlicher Anwendungsbereich Die vertragliche Veränderungssperre des § 44 StaRUG gilt vom Zeitpunkt der 26 Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache (vgl. § 31 StaRUG Rn. 38) an, also mit Zugang der Anzeige beim Restrukturierungsgericht, § 31 Abs. 3 StaRUG. Eine Vorwirkung auf den Zeitpunkt der faktischen Einleitung des Verfahrens (vgl. § 31 StaRUG Rn. 9 ff.) kommt nicht in Betracht. Dies folgt zum einen unmittelbar aus dem Wortlaut des § 44 Abs. 1 Satz 1 StaRUG, zum anderen daraus, dass es sich um eine Eingriffsnorm in die vertragliche Gestaltungsfreiheit zulasten der Gläubiger handelt. Jeder Eingriff in Gläubigerrechte im Rahmen des Restrukturierungsvorhabens setzt aber dessen Anzeige beim Restrukturierungsgericht gemäß § 31 StaRUG voraus, da erst im Anschluss an diese Anzeige dessen Voraussetzungen geprüft werden und die Möglichkeit für das Gericht eröffnet ist, die Restrukturierungssache unter Wahrung des Gläubigerinteresses aufzuheben. Die Grundsätze über die faktische Einleitung des Verfahrens dienen demgegenüber dem Schutz des Gläubigerinteresses und dürfen sich daher nicht zum Nachteil der Gläubiger auswirken.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
27 Auch in der Tatbestandsalternative der Inanspruchnahme von Stabilisierungsinstrumenten im Anwendungsbereich beider Vorschriften gilt die Beendigungssperre erst, aber auch bereits mit Zugang des Antrages auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung und nicht erst mit deren tatsächlicher Anordnung durch das Gericht. Das Tatbestandsmerkmal der „Inanspruchnahme“ ist entsprechend weit auszulegen (BT-Drucks. 19/24181, S. 146).
Abschnitt 2 – Gerichtliche Planabstimmung § 45 Erörterungs- und Abstimmungstermin (1) 1Auf Antrag des Schuldners bestimmt das Restrukturierungsgericht einen Termin, in dem der Restrukturierungsplan und das Stimmrecht der Planbetroffenen erörtert werden und anschließend über den Plan abgestimmt wird. 2Die Ladungsfrist beträgt mindestens 14 Tage. (2) Dem Antrag ist der vollständige Restrukturierungsplan nebst Anlagen beizufügen. (3) 1Die Planbetroffenen sind zu dem Termin zu laden. 2Die Ladung enthält den Hinweis darauf, dass der Termin und die Abstimmung auch dann durchgeführt werden können, wenn nicht alle Planbetroffenen teilnehmen. 3Das Gericht kann den Schuldner mit der Zustellung der Ladungen beauftragen. (4) 1Auf das Verfahren finden die §§ 239 bis 242 der Insolvenzordnung sowie die §§ 24 bis 28 dieses Gesetzes entsprechende Anwendung. 2Ist streitig, welches Stimmrecht die Forderung, die Absonderungsanwartschaft, die gruppeninterne Drittsicherheit oder das Anteils- oder Mitgliedschaftsrecht einem Planbetroffenen gewährt und lässt sich darüber keine Einigung zwischen den Beteiligten erzielen, legt das Gericht das Stimmrecht fest. Übersicht 1. 2.
3. 4.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Fakultativität des Erörterungsund Abstimmungstermins sowie Irreversibilität des gewählten Beschlussweges ............................... 2 Antrag und Verfahren der Terminsbestimmung ...................... 5 Durchführung der Versammlung ............................................... 15
a) Organisationshoheit des Restrukturierungsgerichts und Stimmrechtsfestsetzung ....... 15 b) Änderung des Plans im Termin ................................... 18 c) Feststellung des Abstimmungsergebnisses und Ergebnis des Termins ..................... 20
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 Gemäß § 29 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG gehört die gerichtliche Durchführung des Erörterungs- und Abstimmungstermins zu den Instrumenten des Restruktu268
§ 45 Erörterungs- und Abstimmungstermin
rierungsrahmens. Sie steht daher zur Disposition des Schuldners und diesem auf Antrag zur Verfügung. § 45 StaRUG regelt die Durchführung des gerichtlichen Verfahrens der Erörterung und Abstimmung über den Restrukturierungsplan. § 45 StaRUG regelt einerseits das Verfahren der Terminsbestimmung und Ladung sowie das Verfahren der Terminsdurchführung, wobei für Letzteres in § 45 Abs. 4 Satz 1 StaRUG auf §§ 239 – 242 InsO verwiesen wird. Die Durchführung des Erörterungs- und Abstimmungstermin im Restrukturierungsverfahren unterscheidet sich daher in der Sache nicht von derjenigen im Insolvenzplanverfahren. Auf die Kommentierungen zu §§ 239 – 242 InsO kann daher verwiesen werden, soweit nicht in § 45 StaRUG abweichende Sonderregelungen enthalten sind. 2. Fakultativität des Erörterungs- und Abstimmungstermins sowie Irreversibilität des gewählten Beschlussweges Wie alle Instrumente des Restrukturierungsrahmens steht auch die Durch- 2 führung der gerichtlichen Erörterung und Abstimmung über den Restrukturierungsplan im Ermessen des Schuldners. Er kann die Durchführung des gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermins nach § 45 StaRUG beantragen, muss dies aber nicht tun. Entscheidet sich der Schuldner allerdings für die gerichtliche Planabstimmung, so kann das Restrukturierungsgericht allerdings auch ohne weitergehenden Antrag des Schuldners von Amts wegen die Vorprüfung gemäß § 46 StaRUG anordnen (vgl. §§ 46 – 48 StaRUG Rn. 6). Die Bestätigung des Restrukturierungsplans durch das Restrukturierungsgericht gemäß § 60 Abs. 1 StaRUG auf Antrag des Schuldners (siehe §§ 60, 61, 65 StaRUG Rn. 5) allerdings ist unabhängig davon möglich, ob die Abstimmung über den Restrukturierungsplan im gerichtlichen Verfahren nach § 45 StaRUG oder im privatautonomen Verfahren nach §§ 17 ff. StaRUG (vgl. §§ 17 – 19, 23 StaRUG Rn. 1 ff.) durchgeführt wurde. Von der gerichtlichen Erörterung des Restrukturierungsplans im Rahmen des Verfahrens nach § 45 StaRUG ist die Planbetroffenenversammlung nach § 20 StaRUG zu unterscheiden. Letztere ist Teil des privatautonomen Planabstimmungsverfahrens und wird gerade nicht im gerichtlichen Verfahren und nicht unter gerichtlicher Beteiligung durchgeführt (vgl. § 20 StaRUG Rn. 7 ff.). Das gerichtliche Erörterungs- und Abstimmungsverfahren und die privatauto- 3 nome Planabstimmung schließen sich wechselseitig aus, wie sich unmittelbar aus § 23 StaRUG ergibt (vgl. §§ 17 – 19, 23 StaRUG Rn. 42). Ein Wechsel zwischen beiden Verfahrensarten ist nicht möglich. Der vom Schuldner gewählte Weg zur Beschlussfassung über den Plan ist daher irreversibel. Hat der Schuldner bereits gemäß § 17 StaRUG den Planbetroffenen ein Planangebot unterbreitet, so ist der Antrag auf Durchführung eines gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermins unzulässig. Das Gericht sollte daher im Rahmen der Prüfung des Antrages gemäß §§ 29 Abs. 2 Nr. 1, 45 Abs. 1 StaRUG auch die Erklärung des Schuldners verlangen, bisher die privatautonome Plan-
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
abstimmung nicht eingeleitet, insbesondere den Planbetroffenen ein Planangebot gemäß § 17 StaRUG bislang nicht unterbreitet zu haben. 4 Wegen der größeren Transaktionssicherheit insbesondere auch unter Berücksichtigung der Zweifelsfallregelung des § 63 Abs. 3 StaRUG (vgl. § 63 StaRUG Rn. 47) und wegen der deutlichen verfahrensrechtlichen Erleichterungen, die mit der gerichtlichen Planerörterung und -abstimmung verbunden sind, dürfte in aller Regel die gerichtliche Planerörterung und -abstimmung bei sorgfaltsund ermessensgerechter Entscheidung über das anzuwendende Beschlussverfahren die sachgerechtere Entscheidung sein. Entscheiden sich die Geschäftsleiter dennoch für die privatautonome Planabstimmung und scheitert die Bestätigung des Plans zum Beispiel an § 63 Abs. 3 StaRUG, so kann darin in Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls eine Pflichtverletzung der geschäftsleitenden Organe liegen, welche diese zum Schadensersatz gegenüber der Gesellschaft verpflichtet. 3. Antrag und Verfahren der Terminsbestimmung 5 Termin zur Erörterung und Abstimmung über den Restrukturierungsplan wird gemäß § 45 Abs. 1 StaRUG nur auf Antrag des Schuldners bestimmt. 6 Der Antrag ist nur zulässig, wenn diesem der vollständige Restrukturierungsplan, so wie er im Termin zur Abstimmung gestellt werden soll, nebst sämtlichen Anlagen beigefügt ist, § 45 Abs. 2 StaRUG. Auch wenn gemäß § 45 Abs. 4 StaRUG i. V. m. § 240 InsO die Änderung des Plans in einzelnen Punkten im Termin noch möglich ist, so genügt die Beifügung lediglich eines Entwurfs des Restrukturierungsplans nicht. 7 Die Terminsbestimmung erfolgt durch Beschluss. Anders als § 235 Abs. 1 Satz 2 InsO bestimmt § 45 Abs. 1 StaRUG keine Regelfrist, binnen derer der Termin angesetzt werden soll. Da es sich bei Restrukturierungsverfahren aber regelmäßig um zeitkritische Verfahren handelt, sollte die Vorgabe des § 235 Abs. 1 Satz 2 InsO, wonach der Termin grundsätzlich nicht über einen Monat hinaus angesetzt werden soll, auch für den Erörterungs- und Abstimmungstermin im Restrukturierungsverfahren als Richtschnur gelten und das Restrukturierungsgericht bei der Terminsbestimmung nur im begründeten Ausnahmefall über die Monatsfrist hinausgehen. 8 Zwar legt der Wortlaut des § 45 Abs. 1 Satz 1 StaRUG nahe, dass grundsätzlich ein einheitlicher Termin bestimmt werden soll, in dem zunächst der Plan und das Stimmrecht der Planbetroffenen erörtert werden und sodann über den Plan abgestimmt wird; aus der Verweisung in § 45 Abs. 4 Satz 1 StaRUG auch auf §§ 241, 242 InsO folgt jedoch, dass das Restrukturierungsgericht auch originär zunächst nur einen Erörterungs- sowie einen gesonderten Termin zur Abstimmung über den Plan bestimmen und somit gemäß § 242 Abs. 1 InsO auch in ein schriftliches Abstimmungsverfahren eintreten kann. Die Trennung beider Termine, also die Festsetzung eines gesonderten Abstimmungstermins kann allerdings auch dann noch erfolgen, wenn zunächst zu einem einheitlichen 270
§ 45 Erörterungs- und Abstimmungstermin
Erörterungs- und Abstimmungstermin geladen worden war. Sie erfolgt im Ermessen des Gerichts gemäß § 38 Satz 1 StaRUG i. V. m. § 227 ZPO sodann durch Verlegung des Abstimmungstermins. Ein gesonderter Abstimmungstermin ist jedoch nur dann gegeben, wenn er ausschließlich der Abstimmung dient; die Unterbrechung oder Vertagung des einheitlichen Termins und dessen spätere Fortsetzung, auch wenn er nur mit der späteren Abstimmung fortgesetzt wird, führen nicht zu einem gesonderten Abstimmungstermin, weshalb in diesem Fall auch die Verfahrensvorschrift des § 242 InsO keine Anwendung findet. Aus § 45 Abs. 1 Satz 1 StaRUG folgt jedoch, dass die Festsetzung eines ein- 9 heitlichen Erörterung- und Abstimmungstermins die Regel, die Trennung beider Termine die Ausnahme sein soll. Im Falle der nachträglichen Trennung kommt die Hürde des § 227 ZPO für die richterliche Ermessensausübung („erhebliche Gründe“) hinzu. Gründe für die Trennung beider Termine können besonders komplexe Restrukturierungen sein, in denen mit einer umfassenden und ggf. kontroversen Erörterung zu rechnen ist. Dies umso mehr, wenn etwaige Bedenken nicht bereits im Rahmen einer gerichtlichen Vorprüfung einschließlich eines etwaigen Vorprüfungstermins ausgeräumt werden konnten. Die Verlegung gemäß § 227 ZPO kommt insbesondere nach Änderungen des Plans im Termin gemäß § 45 Abs. 4 Satz 1 StaRUG i. V. m. § 240 InsO in Betracht, wenn in Ansehung der Änderungen die Gewährung einer Bedenkfrist angebracht oder gar geboten erscheint. Anders als der Termin nach § 235 InsO ist der Beschluss nach § 45 StaRUG 10 selbstverständlich nicht öffentlich bekanntzumachen; es sind lediglich die Planbetroffenen gemäß § 45 Abs. 3 Satz 1 StaRUG zum Termin zu laden. Über die Verweisung in § 38 Satz 1 StaRUG gilt für die Ladung § 214 ZPO. Die Ladung muss gemäß § 45 Abs. 3 Satz 2 StaRUG den Hinweis darauf enthalten, dass der Termin und die Abstimmung auch dann durchgeführt werden kann, wenn nicht alle Planbetroffenen teilnehmen. Ein erweiterter Hinweis darauf, dass sich die Stimmrechte der nicht teilnehmenden Planbetroffenen gemäß § 27 Abs. 1 StaRUG wie Ablehnungen auswirken (vgl. §§ 25 – 28 StaRUG Rn. 9), ist nicht verpflichtend, aber sinnvoll und im Interesse der bestmöglichen Aufklärung der Planbetroffenen geboten. Einen Wirksamkeitsmangel begründet das Fehlen eines solchen erweiterten Hinweises anders als dessen gänzliches Fehlen jedoch nicht. Die Ladungsfrist beträgt gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 StaRUG mindestens 14 11 Tage. Für die Fristberechnung gelten § 38 Satz 1 StaRUG i. V. m. §§ 221 ff. ZPO. Anders als in der privatautonomen Abstimmung gemäß § 20 Abs. 1 Satz 4 12 StaRUG (vgl. dort Rn. 21) sieht § 45 Abs. 1 Satz 2 StaRUG eine Verkürzung der Ladungsfrist von 14 auf 7 Tage für den Fall einer Ermöglichung der elektronischen Teilnahme nicht vor, obwohl gemäß § 38 StaRUG und der im dortigen Satz 2 ausdrücklichen Bezugnahme auch auf § 128a ZPO die virtuelle
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Durchführung des Erörterungs- und Abstimmungstermins auch im gerichtlichen Abstimmungsverfahren möglich ist. 13 Das Gericht kann den Schuldner mit der Zustellung der Ladungen beauftragen, § 45 Abs. 3 Satz 3 StaRUG. Ein Kostenerstattungsanspruch steht dem Schuldner insoweit nicht zu. 14 Dennoch bietet das Verfahren der Zustellung der Ladung nach Maßgabe der Vorschriften der ZPO erhebliche Vorteile gegenüber dem Verfahren zur privatautonomen Unterbreitung eines Planangebots gemäß § 17 StaRUG, insbesondere dann, wenn sich das Verfahren auf eine Vielzahl von Planbetroffenen erstreckt. In diesem Fall nämlich unterliegt das privatautonome Planangebot gemäß § 17 Abs. 4 StaRUG der Schriftform, bedarf daher der eigenhändigen Unterschrift der (sämtlichen) vertretungsberechtigten Organe des Schuldners (vgl. §§ 17 – 19, 23 StaRUG Rn. 19). Dies kann mit einem erheblichen Aufwand verbunden sein, der sich im Falle der Ladung nach den Vorschriften der ZPO erübrigt. 4. Durchführung der Versammlung a) Organisationshoheit des Restrukturierungsgerichts und Stimmrechtsfestsetzung 15 Der Antrag auf Durchführung der gerichtlichen Planerörterung und -abstimmung dient aus der schuldnerischen Perspektive insbesondere der Risikovorsorge (BT-Drucks. 19/24181, S. 147), weil die Organisations- und Durchführungshoheit betreffend die Versammlung auf das Restrukturierungsgericht übertragen wird. Es gelten gemäß § 38 Satz 1 StaRUG die §§ 128 ff. ZPO. 16 Für das Abstimmungsverfahren gelten gemäß § 45 Abs. 4 StaRUG die §§ 24 – 28 StaRUG; wesentliche verfahrensleitende Funktion hat darüber hinaus die Festsetzung des Stimmrechts der Planbetroffenen durch das Restrukturierungsgericht und die Eintragung in eine Stimmliste gemäß § 45 Abs. 4 Satz 1 StaRUG i. V. m. § 239 InsO. Wird das Stimmrecht streitig und können sich die Beteiligten nicht entsprechend § 77 Abs. 2 Satz 1 InsO, auf den in § 45 Abs. 4 Satz 2 StaRUG durch Hinweis auf die mögliche Einigung verwiesen wird, über das Stimmrecht einigen und wird die Einigung dementsprechend nicht in die Stimmliste gemäß § 239 InsO eingetragen und hierdurch – auch für spätere Termine – verbindlich, so setzt das Restrukturierungsgericht gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 StaRUG das Stimmrecht – ebenfalls mit Wirkung auch für alle weiteren Termine – verbindlich fest. Ein Rechtsmittel gegen die Stimmrechtsfestsetzung besteht – außerhalb der Beschwerde gegen den Bestätigungsbeschluss gemäß § 66 StaRUG insgesamt, die jedoch allein mit der Begründung, das Stimmrecht sei fehlerhaft festgesetzt worden, nicht zulässig erhoben werden kann – nicht (BT-Drucks. 19/24181, S. 147 f.). 17 Die Festsetzung des Stimmrechts durch das Restrukturierungsgericht ist ausschließlich für die Feststellung der im Rahmen der Planabstimmung er-
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§ 45 Erörterungs- und Abstimmungstermin
forderlichen Mehrheiten maßgeblich und verbindlich. Sie entscheidet nicht darüber, in welcher Höhe der jeweils Planbetroffene Rechte aus dem Restrukturierungsplan gegenüber dem Schuldner geltend zu machen berechtigt ist. Die abweichende Feststellung in einem späteren gegen den Schuldner auf Teilhabe aus dem Restrukturierungsplan geführten Rechtsstreit ist möglich (BT-Drucks. 19/24181, S. 148), bleibt jedoch ohne Auswirkung auf die festgestellten Mehrheiten und die rechtskräftige Bestätigung des Plans. b) Änderung des Plans im Termin Während § 20 Abs. 4 StaRUG für die privatautonome Abstimmung über den 18 Plan ausdrücklich regelt, dass darüber in einer Planbetroffenenversammlung auch dann abgestimmt werden kann, wenn dieser in einzelnen Punkten geändert worden ist (vgl. § 20 StaRUG Rn. 32), ist eine solche Regelung in § 45 StaRUG nicht erforderlich, da dessen Abs. 4 auch auf § 240 InsO verweist, der insoweit vollumfänglich Anwendung findet. Wie im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 240 InsO steht die Änderung des Plans in einzelnen Punkten daher der Beschlussfassung über denselben noch im selben Termin nicht entgegen. Für das Ausmaß der zulässigen Änderungen ist auf die gängigen Kommen- 19 tierungen zu § 240 InsO zu verweisen. c) Feststellung des Abstimmungsergebnisses und Ergebnis des Termins Die Feststellung des Abstimmungsergebnisses ergibt sich gemäß § 38 Satz 1 20 StaRUG i. V. m. §§ 159 ff. ZPO aus dem über die den Erörterungs- und Abstimmungstermin aufzunehmenden gerichtlichen Protokoll. Dem Protokoll kommt die Beweiskraft des § 165 ZPO zu. Das Abstimmungsergebnis ist, soweit der Schuldner gemäß § 29 Abs. 2 Nr. 4 21 StaRUG die gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans beantragt, dem Bestätigungsbeschluss zugrunde zu legen. Der Antrag auf Bestätigung des Restrukturierungsplans kann gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 StaRUG auch noch im Erörterungs- und Abstimmungstermin gestellt werden. Die nochmalige Anhörung der Planbetroffenen gemäß § 61 StaRUG steht dann im Ermessen des Gerichts. Der Erörterungs- und Abstimmungstermin kann daher mit der gerichtlichen Bestätigung des Restrukturierungsplans geschlossen werden. Dessen müssen sich die Planbetroffenen, insbesondere diejenigen die am Termin nicht teilnehmen, bewusst sein. Die Beschwerdefrist für die sofortige Beschwerde gegen den Bestätigungsbeschluss gemäß § 66 Abs. 1 StaRUG beginnt in diesem Fall gemäß § 40 Abs. 2 StaRUG mit der Verkündung der Entscheidung im Termin und nicht etwa erst mit der Zusendung des Beschlusses gemäß § 65 Abs. 2 StaRUG, die nach dessen Satz 3 ggf. sogar vollständig unterbleiben kann.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Abschnitt 3 – Vorprüfung §§ 46 – 48 Vorprüfung § 46 Vorprüfungstermin (1) 1Auf Antrag des Schuldners bestimmt das Gericht einen gesonderten Termin zur Vorprüfung des Restrukturierungsplans vor dem Erörterungs- und Abstimmungstermin. 2Gegenstand dieser Vorprüfung kann jede Frage sein, die für die Bestätigung des Restrukturierungsplans erheblich ist, insbesondere, 1. ob die Auswahl der Planbetroffenen und die Einteilung der Planbetroffenen in Gruppen den Anforderungen der §§ 8 und 9 entspricht, 2. welches Stimmrecht eine Restrukturierungsforderung, eine Absonderungsanwartschaft oder ein Anteils- oder Mitgliedschaftsrecht gewährt oder 3. ob dem Schuldner die Zahlungsunfähigkeit droht. 3
§ 45 Absatz 3 gilt entsprechend. 4Die Ladungsfrist beträgt mindestens sieben Tage.
(2) Das Ergebnis der Vorprüfung fasst das Gericht in einem Hinweis zusammen. (3) Das Gericht kann einen Vorprüfungstermin auch von Amts wegen bestimmen, wenn dies zweckmäßig ist. § 47 Antrag 1
Auf Antrag des Schuldners führt das Restrukturierungsgericht auch dann eine Vorprüfung durch, wenn der Restrukturierungsplan nicht im gerichtlichen Verfahren zur Abstimmung gebracht werden soll. 2Gegenstand einer solchen Vorprüfung kann jede Frage sein, die für die Bestätigung des Restrukturierungsplans erheblich ist. 3Neben den in § 46 Absatz 1 Satz 2 genannten Gegenständen können dies insbesondere auch die Anforderungen sein, die an das Planabstimmungsverfahren nach den §§ 17 bis 22 zu stellen sind. § 48 Verfahren (1) Die von der Vorprüfungsfrage berührten Planbetroffenen sind anzuhören. (2) 1Das Ergebnis der Vorprüfung fasst das Gericht in einem Hinweis zusammen. 2 Der Hinweis soll innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung oder, sofern ein Anhörungstermin stattfindet, innerhalb von zwei Wochen nach diesem Termin ergehen. 3Für die Ladung zu dem Anhörungstermin gelten § 45 Absatz 3 und § 46 Absatz 1 Satz 3 entsprechend.
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§§ 46–48 Vorprüfung
Übersicht 1. 2.
3.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Dispositive und amtswegige Vorprüfung ..................................... 4 a) Grundsätzlich fakultative Vorprüfung .............................. 4 b) Vorprüfungsantrag und Zulässigkeit .............................. 8 Gegenstand der Vorprüfung ....... 14
4.
5.
Vorprüfungsverfahren ................. a) Gewährung rechtlichen Gehörs ................................... b) Bestellung eines Sachverständigen ................................ c) Terminsbestimmung und Fristen .................................... Feststellung des Prüfungsergebnisses ....................................
21 21 25 27 31
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes Die §§ 46 – 48 StaRUG regeln die auf Antrag des Schuldners gemäß § 29 1 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG als Instrument des Restrukturierungsrahmens mögliche Vorprüfung von für die Planbestätigung vorgreiflichen Fragen. Sie haben damit einen einheitlichen Regelungsgegenstand, differenzieren aber zwischen den verschiedenen Verfahrensalternativen der Planabstimmung. Während § 46 StaRUG die Vorprüfung im gerichtlichen Planabstimmungsverfahren nach § 45 StaRUG regelt, betreffen die §§ 47, 48 StaRUG die Vorprüfung im privatautonomen Abstimmungsverfahren nach §§ 17 ff. StaRUG. Inhaltlich sind die Vorschriften, bei denen es sich um reine Verfahrensvor- 2 schriften ohne materiell-rechtlichen Regelungsgehalt handelt, weitgehend identisch ausgestaltet. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die Vorprüfung im gerichtlichen Planabstimmungsverfahren zwingend im Rahmen eines Vorprüfungstermins, der dem Erörterungs- und Abstimmungstermin zeitlich vorgelagert ist, stattzufinden hat, während die Vorprüfung im privatautonomen Abstimmungsverfahren nach §§ 17 ff. StaRUG auch schriftlich durchgeführt werden kann. Der Gegenstand und Umfang der Vorprüfung wird vom Schuldner nicht de- 3 terminiert; das Gericht ist nach eigenem Ermessen berechtigt und ggf. sogar gehalten, auch über die vom Schuldner etwaig konkret zur Vorprüfung gestellten Fragen hinauszugehen. Das Ergebnis der Vorprüfung dient als Leitschnur für das weitere Verfahren, entfaltet jedoch keine Bindungswirkung. 2. Dispositive und amtswegige Vorprüfung a) Grundsätzlich fakultative Vorprüfung Im Insolvenzplanverfahren ist die gerichtliche Vorprüfung des Insolvenzplans 4 gemäß § 231 InsO für dessen Zulassung obligatorisch. Anders im Restrukturierungsverfahren. Die gerichtliche Vorprüfung von Fragen, die für die Bestätigung des Restrukturierungsplans erheblich sind, ist gemäß § 29 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG ein Instrument des Restrukturierungsrahmens und teilt damit die Disponibilität sämtlicher Instrumente des Rahmens, deren Inanspruchnahme im freien Belieben des Schuldners steht und allein von dessen Opportunitäts-
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
erwägungen bestimmt wird. Das Verfahren der gerichtlichen Vorprüfung ist in den §§ 46 – 48 StaRUG geregelt. 5 Die fakultative Vorprüfung bietet sich aus Sicht des Schuldners an, um wegen des Fehlens einer Zulassungsprüfung für den Restrukturierungsplan nicht erst im Erörterungs- und Abstimmungstermin mit etwaigen Bestätigungshindernissen erstmals konfrontiert zu werden (ähnlich BT-Drucks. 19/24181, S. 148). 6 Einzig im gerichtlichen Planabstimmungsverfahren kann das Restrukturierungsgericht gemäß § 46 Abs. 3 StaRUG einen Vorprüfungstermin auch von Amts wegen bestimmen, wenn es dies nach eigenem Ermessen für zweckmäßig erachtet. Hiervon wird das Gericht insbesondere dann Gebrauch machen, wenn es etwa im Rahmen der Vorbereitung des Erörterungs- und Abstimmungstermins erkennt, dass einzelne Punkte, die Gegenstand einer Vorprüfung sein können, streitig oder zweifelhaft sind oder einer umfassenden Erörterung bedürfen, da auf diese Weise der Erörterungs- und Abstimmungstermin entlastet werden kann (BT-Drucks. 19/24181, 148). 7 Die Möglichkeit der amtswegigen Anordnung eines Vorprüfungstermins verstößt nicht gegen den Dispositionsgrundsatz des Verfahrens, auch wenn es sich bei der Vorprüfung um ein eigenständiges Instrument des Verfahrens handelt. Die gegenständliche Prüfung des Plans und die Mitteilung der vorläufigen Rechtsauffassung des Gerichts ist notwendiger Bestandteil der gerichtlichen Erörterung des Plans und deshalb von dem darauf gerichteten Antrag des Schuldners mitgetragen. Dies ist auch der Grund, warum die Anordnung einer amtswegigen Vorprüfung nur im gerichtlichen Planabstimmungsverfahren und nicht auch im Rahmen der privatautonomen Planabstimmung nach §§ 17 ff. StaRUG möglich ist; §§ 47 f. StaRUG verweisen gerade nicht auf § 46 Abs. 3 StaRUG. b) Vorprüfungsantrag und Zulässigkeit 8 Für den Antrag auf Vorprüfung ist eine besondere Form nicht vorgesehen. Gemäß § 38 Satz 1 StaRUG gelten die §§ 495 ff. ZPO. Der Antrag ist daher grundsätzlich unter Beachtung der Form und des Inhalts des § 130 ZPO schriftlich einzureichen, kann jedoch auch mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden. Letzteres bietet sich regelmäßig freilich nicht an. Die Stellung konkreter Prüfungsfragen durch den Schuldner ist nicht Zulässigkeitsvoraussetzung. 9 Der Antrag ist zulässig, sobald die Restrukturierungssache durch wirksame Anzeige gemäß § 31 Abs. 3 StaRUG rechtshängig ist (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 38), die Anzeige ihre Wirkung nicht bereits nach § 31 Abs. 4 StaRUG verloren hat (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 71) oder sie zwischenzeitlich gemäß § 33 StaRUG wieder aufgehoben worden ist (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 80 ff.). 10 Darüber hinaus ist als ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung erforderlich, dass der Schuldner den Entwurf des Restrukturierungsplans bereits eingereicht
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§§ 46–48 Vorprüfung
und sich nicht bislang gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG auf die Darstellung des Konzepts für die Restrukturierung beschränkt hat. Dies folgt einerseits aus dem Wortlaut des § 46 Abs. 1 Satz 1 StaRUG, der die Vorprüfung „des Restrukturierungsplans“ eröffnet, andererseits systematisch daraus, dass die umfangreiche und nicht auf die vom Schuldner gestellten Vorführprüfungsfragen beschränkte Vorprüfung (vgl. Rn. 14 ff.) etwaiger Bestätigungshindernisse die Prüffähigkeit des Plans insgesamt und nicht nur dessen konzeptionelle Darstellung erfordert. Das Vorprüfungsverfahren soll gerade nicht als Gestaltungshilfe für den Schuldner missbraucht werden können, indem er über das Restrukturierungsgericht auslotet, wie weit er gehen kann, sondern dient der Vorprüfung des vom Schuldner in eigener Verantwortung erarbeiteten Plans und der Entzerrung bzw. Entlastung einer bevorstehenden Planerörterung und -abstimmung (zu letzterem Gesichtspunkt BT-Drucks. 19/24181, S. 148). Es steht dem Restrukturierungsgericht gemäß § 38 Satz 1 StaRUG i. V. m. 11 § 495a ZPO jedoch frei, anstelle der Zurückweisung des Vorprüfungsantrages als unzulässig dem Schuldner analog § 51 Abs. 3 StaRUG eine Frist zur Vorlage des Entwurfs des Restrukturierungsplans zu setzen. Mit Eingang des zulässigen Antrages bestimmt das Gericht gemäß § 38 Satz 1 12 StaRUG i. V. m. §§ 495, 274 Abs. 1 ZPO den Termin und veranlasst unter Beachtung der Ladungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 4 StaRUG (dazu Rn. 27) von Amts wegen die Ladung der Planbetroffenen. Die Zustellung kann gemäß der Verweisung in § 46 Abs. 1 Satz 3 StaRUG auf § 45 Abs. 3 StaRUG allerdings dem Schuldner übertragen werden. Macht das Restrukturierungsgericht von der Möglichkeit des § 46 Abs. 3 13 StaRUG Gebrauch, Termin zur Vorprüfung von Amts wegen zu bestimmen, so bedarf es eines besonderen Beschlusses über die Anordnung der Vorprüfung nicht. Da die Möglichkeit der amtswegigen Vorprüfung als minus in dem schuldnerischen Antrag auf Durchführung eines gerichtlichen Erörterungsund Abstimmungstermins enthalten ist (Rn. 7), bedarf es keiner gesonderten Anordnung der Vorprüfung von Amts wegen, sondern kann das Gericht nach eigenem Ermessen unmittelbar Termin bestimmen. 3. Gegenstand der Vorprüfung Gegenstand der Vorprüfung kann unabhängig davon, ob die Planabstimmung 14 im gerichtlichen oder im privatautonomen Verfahren erfolgt, gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 StaRUG bzw. § 47 Abs. 1 Satz 2 f. StaRUG jede Frage sein, die für die Planbestätigung erheblich ist. Es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz des §§ 39 Abs. 1 Satz 1 StaRUG. Die Dispositionsfreiheit des Schuldners, unbeschadet des § 46 Abs. 3 StaRUG 15 selbst darüber zu entscheiden, ob eine Vorprüfung durchgeführt wird, erstreckt sich nicht auch auf den Gegenstand der Vorprüfung. Die Prüfungskompetenz des Restrukturierungsgerichts ist nicht durch den Antrag des Schuldners begrenzt. Vielmehr hat das Gericht sich mit jedem Umstand, den 277
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
es für erheblich erhält, im Rahmen der Vorprüfung zu befassen. Der Schuldner kann und sollte in seinem Antrag jedoch darauf hinweisen, welche Umstände er insbesondere für vorprüfungswürdig hält, weil potenziell kritisch oder unter den Planbetroffenen voraussichtlich streitig. Dies nicht zuletzt deshalb, um eine Befassung des Gerichts mit diesen Punkten sicherzustellen und so das nötige Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der Vorhersehbarkeit der gerichtlichen Entscheidung zu schaffen (vgl. Rn. 31 ff.). Zulässigkeitskriterium für den Antrag auf Vorprüfung ist die konkrete Formulierung von Vorprüfungsfragen allerdings nicht (vgl. Rn. 8), da die Prüfung stets von Amts wegen eine umfassende ist. 16 Die Vorprüfung erstreckt sich dabei aber ausschließlich auf Umstände, die für die Bestätigung des Restrukturierungsplans erheblich sein können. Dabei ist sie nicht auf materiell-rechtliche Fragen beschränkt, sondern schließt sämtliche verfahrensrechtlichen Fragen, die Planbestätigungshindernisse bewirken können, selbstverständlich ein. Leitschnur für die Bestimmung des Prüfungsprogramms sind durch Bezugnahme auf das Merkmal der Erheblichkeit für die Planbestätigung die §§ 63, 64 StaRUG, in denen die Versagungsgründe für die Bestätigung des Restrukturierungsplans abschließend geregelt sind. Andere Gründe als die dort geregelten können die Versagung der Planbestätigung nicht bewirken und deshalb für die Planbestätigung auch nicht erheblich sein. Die in § 46 Abs. 1 Satz 2 StaRUG enthaltene Information ist daher nicht abschließend (BT-Drucks. 19/24181, S. 148) und stellt insbesondere in den Nummern 1 und 2 nur eine beispielhafte Konkretisierung des Versagungsgrundes des § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG dar. 17 Gleichzeitig wird damit deutlich, dass über die Brücke des Versagungsgrundes aus § 63 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 StaRUG Gegenstand der Vorprüfung insbesondere auch die Schlüssigkeit des Restrukturierungskonzepts, die Reichweite möglicher Sanierungsmaßnahmen (AG Köln, ZIP 2021, 806) – einschließlich der Prüfung des Verbots der Übersanierung (vgl. § 7 StaRUG Rn. 15) – sowie über die Brücke des Versagungsgrundes aus § 64 Abs. 1 StaRUG auch Fragen der individuellen Schlechterstellung oder des ausreichenden Umfangs eines nach § 64 Abs. 3 StaRUG gebildeten Kompensationstopfes sein können. 18 § 47 Satz 3 StaRUG stellt darüber hinaus klar, dass in der privatautonomen Planabstimmung auch die ordnungsmäßige Durchführung des vom Schuldner organisierten und durchgeführten Verfahrens von der Vorprüfung erfasst sein kann. 19 Nicht Gegenstand der Vorprüfung sind allerdings all diejenigen Umstände, die sich nicht unmittelbar auf die Planbestätigung auswirken, auch wenn und soweit sie ggf. für das Abstimmungsverhalten relevant sind. Dazu gehören zum Beispiel Fragen der Reichweite des Anfechtungsschutzes nach §§ 89, 90 StaRUG oder Fragen der Zulässigkeit und der Reichweite von Stabilisierungsanordnungen nach §§ 49 ff. StaRUG.
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§§ 46–48 Vorprüfung
Die Zulässigkeit des Antrages auf Vorprüfung ist allerdings nicht davon ab- 20 hängig, dass der Schuldner bereits einen Antrag auf gerichtliche Planbestätigung gestellt hat oder überhaupt beabsichtigt, einen solchen zu stellen. Die für die Planbestätigung erheblichen Fragen beschreiben lediglich den tauglichen Gegenstand der Vorprüfung; dass es tatsächlich im Rahmen einer gerichtlichen Planbestätigung einer Entscheidung darüber bedarf, ist nicht Voraussetzung. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Instrumente des Stabilisierung- und Restrukturierungsrahmens gemäß § 29 Abs. 3 StaRUG grundsätzlich unabhängig voneinander in Anspruch genommen werden können und selbstständig nebeneinander stehen. Es steht grundsätzlich im Ermessen des Schuldners, welche der Instrumente er in Anspruch zu nehmen beabsichtigt (vgl. §§ 29, 30 StaRUG Rn. 16). Aus der Bezugnahme auf die für die Planbestätigung erheblichen Fragen in §§ 46 – 48 StaRUG ergibt sich auch nicht „etwas anderes“ im Sinne des § 29 Abs. 3 StaRUG. Dies deshalb, weil ein verfahrensrechtlicher Zusammenhang zwischen beiden Instrumenten nicht besteht. Das Ergebnis der gerichtlichen Vorprüfung kann bereits genügen, um insbesondere in der privatautonomen Planabstimmung Einstimmigkeit herzustellen, was die Planbestätigung dann ggf. insgesamt entbehrlich macht. 4. Vorprüfungsverfahren a) Gewährung rechtlichen Gehörs Das gerichtliche Vorprüfungsverfahren ist nicht auf die dem Gericht bekannte 21 Aktenlage beschränkt und unterliegt nicht der Dispositionsmaxime, sondern umfasst von Amts wegen alle für die rechtliche Beurteilung der Bestätigungsfähigkeit des Restrukturierungsplans erheblichen Umstände. Aus diesem Grunde setzt das Verfahren auch voraus, dass die Planbetroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Dies einerseits, um ihnen rechtliches Gehör zu gewähren, andererseits um das Gericht mit möglichen Einwänden vertraut zu machen (BT-Drucks. 19/24181, S. 149). Im gerichtlichen Planabstimmungsverfahren wird die Gelegenheit zur Stellung- 22 nahme für die Planbetroffenen dadurch gewährleistet, dass die Durchführung eines mündlichen Vorprüfungstermins gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 StaRUG obligatorisch ist. Der Termin muss zeitlich vor dem Erörterungs- und Abstimmungstermin stattfinden. Letzterer könnte grundsätzlich auch in unmittelbarem Anschluss an den Vorprüfungstermin und somit am selben Terminstag durchgeführt werden. Ob dies indes regelmäßig sinnvoll ist, muss bezweifelt und sollte zwischen dem Schuldner und dem Restrukturierungsgericht im Einzelfall abgestimmt werden. Denn der Vorprüfungstermin dient gerade dazu, etwaige Zweifelsfragen zu klären und im Anschluss an die Klärung bzw. Mitteilung der vorläufigen Rechtsauffassung des Gerichts ggf. den Plan anzupassen bzw. Verhandlungen mit den Planbetroffenen fortzusetzen und diesen Bedenkzeit zu geben. Dies kann bereits gemäß § 38 Satz 1 StaRUG i. V. m. § 139 Abs. 5 ZPO die Gewährung ausreichender Bedenkzeit bis zur Durchführung der Planabstimmung erfordern. Darüber hinaus macht die Durch279
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
führung des Erörterungs- und Abstimmungstermins regelmäßig keinen Sinn, bevor der das Ergebnis der Vorprüfung zusammenfassende Hinweisbeschluss (Rn. 31) den Betroffenen nicht vorliegt. 23 Im Verfahren der privatautonomen Planabstimmung steht es im freien Ermessen des Gerichts, ob es die Vorprüfung mündlich oder im schriftlichen Verfahren durchführt (BT-Drucks. 19/24181, S. 149). Erfolgt die Durchführung der Vorprüfung im schriftlichen Verfahren, sind die Planbetroffenen gemäß § 48 Abs. 1 StaRUG anzuhören. Aus der Formulierung, dass „die von der Vorprüfungsfrage berührten Planbetroffenen“ anzuhören sind, folgt keine Beschränkung des Prüfungsumfangs, z. B. lediglich auf vom Schuldner zur Vorprüfung gestellte Fragen; vielmehr handelt es sich um eine Ermessensvorschrift zur effizienten Verfahrensleitung. Das Gericht kann danach die schriftliche Anhörung nach eigenem Ermessen auf solche Planbetroffene beschränken, die von einer von ihm für problematisch oder erörterungswürdig gehaltenen oder sonst für die Interessen der Planbetroffenen relevanten Frage berührt sind. Die Beschränkung der Anhörung auf einzelne Planbetroffene sollte jedoch die Ausnahme bilden und einzig zur Anwendung kommen, wenn bei einem im Übrigen weitgehend unproblematischen Plan lediglich eine eng umgrenzte Tatsachen- oder Rechtsfrage vorprüfungswürdig erscheint, von der allein ein klar abgrenzbarer Teil der Planbetroffenen berührt ist. Jedenfalls aber sind stets sämtliche Planbetroffenen einer Planbetroffenen Gruppe anzuhören, da ein unterschiedlicher Grad der Betroffenheit innerhalb einer Gruppe wegen des Gleichbehandlungsgebots (vgl. § 10 StaRUG Rn. 3) nicht begründbar ist. 24 Die fehlerhafte Beschränkung der Anhörung bildet indes, da grundsätzlich ohne Einfluss auf das Abstimmungsergebnis und insbesondere wegen der ohnehin fehlenden Bindungswirkung des Hinweisbeschlusses, keinen relevanten, auf die Rechtskraft der Planbestätigung rückwirkenden Verfahrensfehler. b) Bestellung eines Sachverständigen 25 Da Gegenstand der Vorprüfung mitunter komplexe Fragen sein können, wie beispielsweise die Feststellung der drohenden Zahlungsunfähigkeit oder die Schlüssigkeit und voraussichtliche Erfüllbarkeit des Restrukturierungskonzepts, und das Gericht sämtliche für die Beurteilung maßgeblichen Umstände gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 StaRUG von Amts wegen zu ermitteln hat, steht es dem Gericht nach § 39 Abs. 1 Satz 2 StaRUG auch frei, einen Sachverständigen mit der Beurteilung einzelner Fragen zu beauftragen. Für die Erstattung des Sachverständigengutachtens kann die Regelfrist für den Erlass des Hinweisbeschlusses (vgl. Rn. 28) genutzt werden. In komplexen zur Beurteilung anstehenden Fragen kann die Regelentscheidungsfrist allerdings auch länger ausfallen (BT-Drucks. 19/24181, S. 149). Hierauf sollte das Gericht die Beteiligten hinweisen.
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§§ 46–48 Vorprüfung
Regelmäßig wird es naheliegen, den Restrukturierungsbeauftragten, sofern ein 26 solcher bereits bestellt ist, auch zum Sachverständigen zu bestellen, da dieser gemäß § 76 Abs. 4 Satz 1 StaRUG (vgl. dort Rn. 17) zu Fragen der Bestimmung und Erreichbarkeit des Restrukturierungsziels (vgl. §§ 14, 15 StaRUG Rn. 5 ff.) ohnehin Stellung zu nehmen hat. c) Terminsbestimmung und Fristen Die Ladung zu einem mündlichen Vorprüfungstermin erfolgt gemäß §§ 46 27 Abs. 1 Satz 3, 48 Satz 3 StaRUG nach dem auch für die Ladung zum Erörterungs- und Abstimmungstermin geltenden § 45 Abs. 3 StaRUG (vgl. dort Rn. 10). Die Mindestladungsfrist ist allerdings auf sieben Tage reduziert, was dem Umstand Rechnung trägt, dass sich die Planbetroffenen in Vorbereitung auf die Vorprüfung noch keine abschließende Meinung bilden müssen (BT-Drucks. 19/24181, S. 148). Dies gilt auch für die Ladung zu einem Vorprüfungstermin gemäß § 48 Abs. 2 StaRUG im privatautonomen Planannahmeverfahren, obwohl § 48 Abs. 2 Satz 3 StaRUG nicht auf § 46 Abs. 1 Satz 4 StaRUG, sondern nur auf dessen Satz 3 verweist. Hierbei handelt es sich jedoch offenkundig um ein redaktionelles Versehen, da der Verweis auf § 46 Abs. 1 Satz 3 StaRUG keinen Sinn macht, da dieser seinerseits nur den Verweis auf § 45 Abs. 3 StaRUG enthält, der in § 48 Abs. 2 Satz 3 StaRUG aber bereits eigenständig geregelt ist. Dies wird durch die Gesetzesbegründung bestätigt, die ausdrücklich hervorhebt, dass der Verweis der Klarstellung dient, dass auch in diesem Fall eine siebentägige Ladungsfrist genügend ist (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 149). Im Anschluss an den Vorprüfungstermin fasst das Gericht das Ergebnis der 28 Vorprüfung in einem Hinweisbeschluss zusammen. Während § 48 Abs. 2 Satz 2 StaRUG regelt, dass der Hinweisbeschluss grundsätzlich innerhalb von zwei Wochen nach dem Termin ergehen soll, ist eine solche Frist in § 46 Abs. 2 StaRUG nicht bestimmt. Da die Vorschrift jedoch der Vorprüfung des Insolvenzplans gemäß § 231 InsO nachgebildet ist (BT-Drucks. 19/24181, S. 148) und dort in § 231 Abs. 1 Satz 2 InsO dieselbe Zweiwochenfrist geregelt ist, ist wie in § 48 Abs. 2 Satz 2 StaRUG davon auszugehen, dass auch in der gerichtlichen Vorprüfung grundsätzlich keine längere Frist bis zum Ergehen des Hinweisbeschlusses verstreichen soll. Insbesondere hat das Gericht bei der Bestimmung des Verkündungstermins auf eine bereits erfolgte oder bevorstehende Bestimmung des Erörterungs- und Abstimmungstermins sowie entsprechende Ladungsfristen für diesen Termin Rücksicht zu nehmen und es den Planbetroffenen regelmäßig zu ermöglichen, rechtzeitig vor dem Erörterungs- und Abstimmungstermin von dem Hinweisbeschluss Kenntnis zu nehmen, damit diese im Rahmen ihrer Meinungsbildung die Auffassung des Gerichts berücksichtigen können. Da für das Gericht gemäß § 48 Abs. 2 Satz 2 StaRUG grundsätzlich eine Zwei- 29 wochenfrist gilt, binnen derer es den Hinweisbeschluss erlassen soll, führt es in der Vorprüfung im privatautonomen Abstimmungsverfahren die Anhörung 281
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
schriftlich durch, kann es auch den Planbetroffenen im Rahmen der schriftlichen Anhörung selbstverständlich eine Frist setzen, binnen derer sie zur Sache Stellung nehmen können. Fristverlängerungen sind nicht möglich; nach Ablauf der Frist eingehende Stellungnahmen muss das Gericht in seinem Hinweisbeschluss nicht mehr berücksichtigen. 30 Auf die Möglichkeit, dem Schuldner analog § 51 Abs. 3 StaRUG eine Frist zur Vorlage des Entwurfs des Restrukturierungsplans zusetzen, ist bei Rn. 11 bereits hingewiesen. 5. Feststellung des Prüfungsergebnisses 31 Das Ergebnis der Vorprüfung fasst das Gericht gemäß §§ 46 Abs. 2, 48 Abs. 2 Satz 1 StaRUG in einem Hinweisbeschluss zusammen. Der Hinweisbeschluss ist gemäß § 38 Satz 1 StaRUG in Verbindung mit § 139 Abs. 4 ZPO aktenkundig zu machen. Er entfaltet für das weitere Verfahren allerdings keine Bindungswirkung (BT-Drucks. 19/24181, 148, 149), da einem bloßen Hinweisbeschluss kein Entscheidungscharakter zukommt und dieser keine Rechtssätze aufzustellen vermag, da ihm lediglich eine vorläufige Bewertung der Sach- und Rechtslage zugrunde liegt (BVerfG, GRUR 2020, 419). 32 Will das Gericht allerdings im Rahmen der Entscheidung über die Planbestätigung von seiner im Hinweisbeschluss geäußerten Rechtsauffassung abweichen, so hat es darauf erneut hinzuweisen, dem Schuldner und den Planbetroffenen rechtliches Gehör zu gewähren und diesen erneut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (BT-Drucks. 19/24181, S. 148, 149). Hinweisbeschlüsse ergehen im Rahmen der materiellen Verfahrensleitung gemäß § 139 ZPO, dessen Anwendung als Muss-Vorschrift keinen Ermessensspielraum für das Gericht schafft (BGH, VersR 2017, 641) und der in Gestalt der §§ 46 Abs. 2, 48 Abs. 2 StaRUG lediglich eine spezialgesetzliche Ausprägung erfahren hat. Der grundlegende Zweck der Vorschrift, Überraschungsentscheidungen zu verhindern, gilt daher aber selbstverständlich auch im Anwendungsbereich der §§ 46 Abs. 2, 48 Abs. 2 StaRUG, weshalb die Abweichung von einem im Rahmen der Vorprüfung erteilten Hinweis einen erneuten Hinweis zwingend erfordert (BGH, VersR 2017, 641). Im Falle eines solchen erneuten Hinweises ist der Erörterungs- und Abstimmungstermin ggf. zu unterbrechen bzw. zu vertagen (vgl. § 45 StaRUG Rn. 8 f.). 33 Eine Abweichung von dem erteilten Hinweis ist jedoch nur dann und insoweit gegeben, wie das Gericht in dem Hinweisbeschluss seine Rechtsauffassung zu bestimmten Fragen oder Umständen tatsächlich geäußert hat und diese nun abweichend beurteilt. Aus der umfassenden Pflicht zur Vorprüfung unabhängig von den vom Schuldner etwaig konkret gestellten Vorprüfungsfragen, die sich auf alle potenziell bestätigungsrelevanten Umstände und Fragen erstreckt, ist kein beredtes Schweigen in Bezug auf solche Umstände abzuleiten, zu denen sich das Gericht im Hinweisbeschluss nicht geäußert hat. Aus der unterlassenen Erwähnung bestimmter Umstände oder Fragen in dem Hinweis-
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§§ 49–51, 54, 56 Stabilisierungsanordnung (Vollstreckungs- und Verwertungssperre)
beschluss kann daher nicht geschlossen werden, dass das Gericht diese als unproblematisch ansieht. Die Planbestätigung oder ihre Versagung kann auf solche Umstände, die im Hinweisbeschluss keine Erwähnung gefunden haben, daher auch ohne erneuten Hinweis gestützt werden. Insoweit dient die Formulierung konkreter Prüfungsfragen im Rahmen des 34 Antrages des Schuldners der Definition von ihm für prüfungsrelevant gehaltener Fragen, die das Gericht im Rahmen der Verfahrensleitung nach § 139 ZPO in seinem Hinweisbeschluss dann grundsätzlich zu behandeln hat, was die nötige Vorhersehbarkeit für den Schuldner schafft. Da es dem Hinweisbeschluss an Entscheidungscharakter fehlt, ist er auch nicht 35 rechtsmittelfähig.
Abschnitt 4 – Stabilisierung §§ 49 – 51, 54, 56 Stabilisierungsanordnung (Vollstreckungs- und Verwertungssperre), Antrag, Voraussetzungen § 49 Stabilisierungsanordnung (1) Soweit dies zur Wahrung der Aussichten auf die Verwirklichung des Restrukturierungsziels erforderlich ist, ordnet das Restrukturierungsgericht auf Antrag des Schuldners an, dass 1. Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner untersagt oder einstweilen eingestellt werden (Vollstreckungssperre) und 2. Rechte an Gegenständen des beweglichen Vermögens, die im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens als Ab- oder Aussonderungsrecht geltend gemacht werden könnten, von dem Gläubiger nicht durchgesetzt werden dürfen und dass solche Gegenstände zur Fortführung des Unternehmens des Schuldners eingesetzt werden können, soweit sie hierfür von erheblicher Bedeutung sind (Verwertungssperre). (2) 1Forderungen, die nach § 4 einer Gestaltung durch einen Restrukturierungsplan unzugänglich sind, bleiben von einer Anordnung nach Absatz 1 und deren vertragsrechtlichen Wirkungen unberührt. 2Die Anordnung kann sich im Übrigen gegen einzelne, mehrere oder alle Gläubiger richten. (3) Die Anordnung nach Absatz 1 kann auch das Recht von Gläubigern zur Durchsetzung von Rechten aus gruppeninternen Drittsicherheiten (§ 2 Absatz 4) sperren.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
§ 50 Antrag (1) Der Schuldner hat die beantragte Stabilisierungsanordnung nach § 49 Absatz 1 ihrem Inhalt, dem Adressatenkreis und der Dauer nach zu bezeichnen. (2) Der Schuldner fügt dem Antrag eine Restrukturierungsplanung bei, welche umfasst: 1. einen auf den Tag der Antragstellung aktualisierten Entwurf des Restrukturierungsplans oder ein auf diesen Tag aktualisiertes Konzept für die Restrukturierung nach § 31 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2. einen Finanzplan, der den Zeitraum von sechs Monaten umfasst und eine fundierte Darstellung der Finanzierungsquellen enthält, durch welche die Fortführung des Unternehmens in diesem Zeitraum sichergestellt werden soll; dabei bleiben Finanzierungsquellen außer Betracht, die sich mit dem Restrukturierungsziel nicht vereinbaren lassen. (3) Des Weiteren hat der Schuldner zu erklären, 1. ob, in welchem Umfang und gegenüber welchen Gläubigern er sich mit der Erfüllung von Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen, Pensionszusagen oder dem Steuerschuldverhältnis, gegenüber den Sozialversicherungsträgern oder Lieferanten in Verzug befindet, 2. ob und in welchen Verfahren zu seinen Gunsten innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Antrag Vollstreckungs- oder Verwertungssperren nach diesem Gesetz oder nach § 21 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder 5 der Insolvenzordnung angeordnet wurden und 3. ob er für die letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre seinen Verpflichtungen aus den §§ 325 bis 328 oder aus § 339 des Handelsgesetzbuchs nachgekommen ist. § 51 Voraussetzungen der Stabilisierungsanordnung (1) 1Die Stabilisierungsanordnung ergeht, wenn die von dem Schuldner vorgelegte Restrukturierungsplanung vollständig und schlüssig ist und keine Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass 1. die Restrukturierungsplanung oder die Erklärungen zu § 50 Absatz 3 in wesentlichen Punkten auf unzutreffenden Tatsachen beruht oder beruhen, 2. die Restrukturierung aussichtslos ist, weil keine Aussicht darauf besteht, dass ein das Restrukturierungskonzept umsetzender Plan von den Planbetroffenen angenommen oder vom Gericht bestätigt werden würde, 3. der Schuldner noch nicht drohend zahlungsunfähig ist oder 4. die beantragte Anordnung nicht erforderlich ist, um das Restrukturierungsziel zu verwirklichen. 284
§§ 49–51, 54, 56 Stabilisierungsanordnung (Vollstreckungs- und Verwertungssperre) 2 Schlüssig ist die Planung, wenn nicht offensichtlich ist, dass sich das Restrukturierungsziel nicht auf Grundlage der in Aussicht genommenen Maßnahmen erreichen lässt. 3Weist die Restrukturierungsplanung behebbare Mängel auf, erlässt das Gericht die Anordnung für einen Zeitraum von höchstens 20 Tagen und gibt dem Schuldner auf, die Mängel innerhalb dieses Zeitraums zu beheben.
(2) Sind Umstände bekannt, aus denen sich ergibt, dass 1. erhebliche Zahlungsrückstände gegenüber den in § 50 Absatz 3 Nummer 1 genannten Gläubigern bestehen oder 2. der Schuldner für mindestens eines der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre gegen die Offenlegungspflichten nach den §§ 325 bis 328 oder nach § 339 des Handelsgesetzbuchs verstoßen hat, erfolgt die Stabilisierungsanordnung nur, wenn trotz dieser Umstände zu erwarten ist, dass der Schuldner bereit und in der Lage ist, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubigergesamtheit auszurichten. Dies gilt auch, wenn zugunsten des Schuldners in den letzten drei Jahren vor der Stellung des Antrags die in § 49 Absatz 1 genannten Vollstreckungs- oder Verwertungssperren oder vorläufige Sicherungsanordnungen nach § 21 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 oder 5 der Insolvenzordnung angeordnet wurden, sofern nicht der Anlass dieser Anordnungen durch eine nachhaltige Sanierung des Schuldners bewältigt wurde. (3) Liegt zum Zeitpunkt der Stabilisierungsanordnung kein Restrukturierungsplan vor, kann das Gericht dem Schuldner eine Frist setzen, binnen derer der Restrukturierungsplan vorzulegen ist. (4) 1Die Stabilisierungsanordnung ist allen Gläubigern, die von ihr betroffen sind, zuzustellen. 2In öffentlichen Restrukturierungssachen (§ 84) kann auf eine Zustellung verzichtet werden, wenn sich die Anordnung mit Ausnahme der in § 4 genannten Gläubiger gegen alle Gläubiger richtet. (5) 1Das Restrukturierungsgericht entscheidet über den Antrag auf Erlass der Stabilisierungsanordnung durch Beschluss. 2Soweit das Gericht den Antrag zurückweist, steht dem Schuldner gegen den Beschluss die sofortige Beschwerde zu. § 54 Folgen der Verwertungssperre (1) 1Ist eine Verwertungssperre ergangen, sind dem Gläubiger die geschuldeten Zinsen zu zahlen und der durch die Nutzung eintretende Wertverlust ist durch laufende Zahlungen an den Gläubiger auszugleichen. 2Dies gilt nicht, soweit nach der Höhe der Forderung und der sonstigen Belastung des Gegenstands mit einer Befriedigung des Gläubigers aus dem Verwertungserlös nicht zu rechnen ist. (2) Zieht der Schuldner nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarungen mit dem Berechtigten Forderungen ein, die zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten sind, oder veräußert oder verarbeitet er bewegliche Sachen, an denen Rechte bestehen, die im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens als Aus- oder Absonderungs-
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
rechte geltend gemacht werden könnten, sind die dabei erzielten Erlöse an den Berechtigten auszukehren oder unterscheidbar zu verwahren, es sei denn, der Schuldner trifft mit dem Berechtigten eine anderweitige Vereinbarung. § 56 Finanzsicherheiten, Zahlungs- und Abwicklungssysteme, Liquidationsnetting (1) 1Die Stabilisierungsanordnung berührt nicht die Wirksamkeit von Verfügungen über Finanzsicherheiten nach § 1 Absatz 17 des Kreditwesengesetzes und die Wirksamkeit der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren, die in Systeme nach § 1 Absatz 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden. 2Dies gilt auch dann, wenn ein solches Rechtsgeschäft des Schuldners am Tag der Anordnung getätigt und verrechnet oder eine Finanzsicherheit bestellt wird und der andere Teil nachweist, dass er die Anordnung weder kannte noch hätte kennen müssen; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Anordnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes. (2) 1Von der Stabilisierungsanordnung und ihren Wirkungen bleiben Geschäfte, die den Gegenstand einer Vereinbarung über das Liquidationsnetting im Sinne von § 104 Absatz 3 und 4 der Insolvenzordnung bilden können, sowie Vereinbarungen über das Liquidationsnetting unberührt. 2Die aus dem Liquidationsnetting resultierende Forderung kann einer Vollstreckungssperre und, im Rahmen des nach Absatz 1 Zulässigen, auch einer Verwertungssperre unterworfen werden. Übersicht 1. 2.
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Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Gegenstand der Stabilisierungsanordnung (§§ 49, 54 StaRUG) .... 5 a) Stabilisierungsfähigkeit (objektive und subjektive Anordnungsreichweite) ..................... 5 b) Vollstreckungssperre ............ 13 c) Verwertungssperre ................ 18 aa) Regelungsgegenstand ... 18 bb) Folgen der Verwertungssperre (§ 54 Abs. 1 StaRUG) ....................... 23 cc) Notwendigkeit einer über die Verwertungssperre hinausgehenden Verwertungsvereinbarung ............................ 24
3.
dd) Notwendigkeit eines unechten Restrukturierungskredites und Separationspflicht (§ 54 Abs. 2 StaRUG) ........... 27 d) Anordnung durch Beschluss und Rechtsmittel ................... 32 Antrag und Antragsinhalt (§ 50 StaRUG) ............................. 34 a) Antrag .................................... 34 b) Restrukturierungs- und Finanzplanung ....................... 40 aa) Aktualisierung des Restrukturierungskonzepts und Vorlage des Restrukturierungsplans (§§ 50 Abs. 2 Nr. 1, 51 Abs. 3 StaRUG) ........... 40
§§ 49–51, 54, 56 Stabilisierungsanordnung (Vollstreckungs- und Verwertungssperre)
4.
bb) Finanzplan (§ 50 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG) ............. c) Stabilisierungswürdigkeit (nötige Erklärungen des Schuldners) ............................ Anordnungsvoraussetzungen ...... a) Präsentes Wissen, Plausibilitätsprüfung und keine Amtsermittlung .............................. b) Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache ............. c) Positive Anordnungsvoraussetzungen ............................... aa) Erforderlichkeit ............
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54 57
57 61 62 62
5.
bb) Vollständigkeit und Schlüssigkeit der Restrukturierungsplanung (§ 51 Abs. 1 Satz 1, 2 StaRUG) ....................... cc) Kein Vorliegen von Ausschlussgründen (§ 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – 3 StaRUG) ........ d) Negative Anordnungsvoraussetzungen (Anordnungshindernisse) ................................ Anhörung und Zustellung ...........
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1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes Während sich drei der vier in § 29 Abs. 2 StaRUG (abschließend) definierten 1 Instrumente mit der Prüfung des Inhalts, der Abstimmung über und der Bestätigung des Restrukturierungsplans befassen, regelt § 29 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG die sogenannten Stabilisierungsanordnungen, bei denen es sich um während der Umsetzungsphase des Restrukturierungsplanvorhabens in Anspruch zu nehmende, flankierende Instrumente handelt, durch welche ein partielles und temporäres Moratorium in Gestalt einer Vollstreckungs- und einer Verwertungssperre erreicht werden kann, bis der Plan Rechtskraft erlangt hat. Vorbild sind § 21 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 InsO. Für Vollstreckungsverbote betreffend das unbewegliche Vermögen gilt § 30g ZVG. Hierdurch soll insbesondere verhindert werden, dass einzelne Gläubiger ihre Forderungen ohne Rücksicht auf eine im Interesse aller liegenden Restrukturierungslösung einseitig durchsetzen (BT-Drucks. 19/24181, 154). Wie bei allen Instrumenten ist auch die Inanspruchnahme der Stabilisierungs- 2 anordnung fakultativ und ergeht eine Anordnung allein auf Antrag des Schuldners. Bereits § 29 Abs. 1 StaRUG stellt klar, dass die Instrumente des Restruktu- 3 rierungs- und Stabilisierungsrahmens (nur) zur nachhaltigen Beseitigung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit und Widerherstellung der nachhaltigen Bestandsfähigkeit in Anspruch genommen werden können. Da die Stabilisierungsanordnung allein der Aufrechterhaltung realistischer Sanierungschancen und des Erhalts der absehbar erfolgreichen Erreichbarkeit eines ernsthaft verfolgten Restrukturierungsziels dient, ist ihr Erlass von zusätzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen, insbesondere der Erforderlichkeit der Maßnahme für die Erreichbarkeit des Restrukturierungsziels abhängig. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass es sich bei der Stabilisierungsanordnung um einen empfindlichen Eingriff in die Rechte der betroffenen Gläubiger, die nicht notwendig Planbetroffene sein müssen, handelt. Andererseits ist eine Anhörung der Gläubiger vor Erlass der Maßnahme nicht erforderlich, weil es sich regelmäßig
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
um eine Eilmaßnahme handelt (BT-Drucks. 19/24181, S. 154); diese haben nur die Möglichkeit nach § 59 Abs. 2 StaRUG (vgl. §§ 58, 59 StaRUG Rn. 9) die Aufhebung zu beantragen. 4 Die sich aufdrängende Frage, weshalb im Rahmen eines Restrukturierungsverfahrens, das nur in Anspruch genommen werden kann, solange der Restrukturierungsschuldner noch nicht zahlungsunfähig ist, Vollstreckungen oder Verwertungen drohen sollten, die mit einer Stabilisierungsanordnung abgewehrt werden müssen, ist schnell beantwortet: Die dem § 119 InsO ähnelnden Verbote von Lösungs- und Beendigungsklauseln nach §§ 44, 55 StaRUG gelten nur für restrukturierungsspezifische Beendigungsverbote, nicht für solche, die allgemein an die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage und damit an die Gefährdung der wirtschaftlichen Interessen des Gläubigers anknüpfen (§§ 44, 55 StaRUG Rn. 10 ff.). Die Beendigung von Verträgen, das Geltendmachen von Zurückbehaltungsrechten oder der Widerruf von Verarbeitungs-, Verwertungs- und Einziehungsermächtigungen bleibt daher wirksam möglich. Im Falle einer solchen Vertragsbeendigung oder des Widerrufs von Verwertungsklauseln können die Interessen des Schuldners durch Erlass einer Stabilisierungsanordnung gewahrt werden, wodurch gleichzeitig aber auch die Interessen des betroffenen Gläubigers hinreichend gewahrt werden. Die Stabilisierungsanordnung führt daher zu einem deutlich ausgewogeneren Interessenausgleich, als es die extensive Auslegung der Vertragsbeendigungsverbote könnte. 2. Gegenstand der Stabilisierungsanordnung (§§ 49, 54 StaRUG) a) Stabilisierungsfähigkeit (objektive und subjektive Anordnungsreichweite) 5 Bei den Stabilisierungsanordnungen handelt es sich um ein Instrument im Sinne des § 29 StaRUG (vgl. §§ 29, 30 StaRUG Rn. 16 ff.). Sie sind Teil des dem Schuldner optional zur Verfügung stehenden Maßnahmenkatalogs, von dem er je nach seinen individuellen Bedürfnissen Gebrauch machen kann. Daraus folgt, dass den Antrag auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung allein der Schuldner stellen kann. Der Erlass auf Antrag eines Gläubigers, des Restrukturierungsbeauftragten oder von Amts wegen durch das Restrukturierungsgericht ist nicht möglich. Von der durch Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 der Richtlinie (RL [EU] 2019/1023) zwar sehr wohl eröffneten Möglichkeit einer Sperrwirkung kraft Gesetzes hat der deutsche Gesetzgeber keinen Gebrauch gemacht, um mit der richterlichen Anordnung die Möglichkeit einer Entscheidung anhand der konkreten Einzelfallumstände zu eröffnen. Daraus folgt aber auch, dass die Antragsvoraussetzungen und die Gründe für die Aufhebung von Stabilisierungsanordnungen nicht nur kursorisch, sondern mit der nötigen Sorgfalt zu prüfen sind. 6 Ist der Antrag auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung offenkundig geboten, um das Restrukturierungsziel nicht zu gefährden, so ist der Restrukturierungs-
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§§ 49–51, 54, 56 Stabilisierungsanordnung (Vollstreckungs- und Verwertungssperre)
schuldner nach § 32 Abs. 1 StaRUG im Rahmen der Führung des Verfahrens im Gesamtgläubigerinteresse verpflichtet, einen solchen Antrag auch zu stellen. Unterlässt er dies, um z. B. einen bestimmten Gläubiger zu schützen, so riskiert er nicht nur die Haftung nach § 32 Abs. 1 StaRUG, sondern möglicherweise auch die Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 33 Abs. 2 Nr. 2, 3 StaRUG (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 91 ff.). In der Sache ist die Stabilisierungsanordnung mit den Sicherungsinstrumenten 7 des vorläufigen Insolvenzverfahrens nach § 21 Abs. 2 Nr. 3, 5 InsO vergleichbar und diesen nachgebildet (BT-Drucks. 19/24181, S. 154). Auch der Zweck ist dem der insolvenzrechtlichen Sicherung vergleichbar: Es geht darum, die Funktionsfähigkeit des schuldnerischen Unternehmens zu erhalten, um mögliche Fortführungs- und Sanierungsaussichten nicht zu gefährden. Aus diesem Charakter folgt, dass Stabilisierungsanordnungen sich nach § 49 Abs. 2 Satz 2 StaRUG gegen alle Gläubiger richten können, gleich ob Planbetroffener oder nicht (zur Ausnahme vgl. §§ 52, 53 StaRUG Rn. 40), da gerade auch die fortwährende Leistung nicht planbetroffener Gläubiger für den Erhalt der Sanierungsaussichten ganz wesentlich sein kann. Man nehme nur das Beispiel eines auf die finanzwirtschaftliche Sanierung beschränkten Restrukturierungsplans, während dessen Aushandlung wesentliche Lieferanten allein aus der Kenntnis der Anzeige der drohenden Zahlungsunfähigkeit (Leistungsverweigerungs-)Rechte herzuleiten beabsichtigen. Die Stabilisierungsanordnungen können auf Antrag des Schuldners allerdings 8 selbstverständlich in der subjektiven Reichweite auch beschränkt und nur gegen einzelne Gläubiger oder Gläubigergruppen gerichtet werden. Der Schuldner kann die Anträge nach § 52 StaRUG auch gestaffelt stellen, 9 zunächst also auf einzelne Gläubiger oder Gläubigergruppen beschränken und im Nachgang – auch mehrfach – ausweiten, soweit sich dies als erforderlich herausstellt (§§ 52, 53 StaRUG Rn. 7). Die Gesetzesbegründung spricht von einem „situationsangemessenen Gebrauch“ des Stabilisierungsregimes (BT-Drucks. 19/24181, S. 154). Objektiv kann einer Stabilisierungsanordnung jedes gestaltbare Rechtsverhältnis 10 (vgl. §§ 2 – 4 StaRUG Rn. 18 ff.) unterworfen werden, sind also insbesondere nur die nach § 4 StaRUG einer Gestaltung durch den Restrukturierungsplan unzugänglichen Forderungen ausgenommen, § 49 Abs. 2 Satz 1 StaRUG. § 49 Abs. 3 StaRUG stellt darüber hinaus noch einmal ausdrücklich klar, dass auch Rechte von Gläubigern aus gruppeninternen Drittsicherheiten nach § 2 Abs. 4 StaRUG (vgl. §§ 2 – 4 StaRUG Rn. 31) gesperrt werden können. Zu dieser Klarstellung sah sich der Gesetzgeber durch Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 und Erwägungsgrund 32 Satz 3 der Richtlinie (RL [EU]2019/1023) veranlasst, da dieser Eingriff in Drittsicherheiten nur dann möglich ist, wenn im nationalen Recht ausdrücklich vorgesehen. Nach § 56 StaRUG berührt eine Stabilisierungsanordnung nach dem Vorbild 11 des § 21 Abs. 2 Satz 2, 3 InsO nicht die Wirksamkeit von Verfügungen über 289
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Finanzsicherheiten nach § 1 Abs. 17 KWG und die ähnlichen dort genannten Leistungen. Dies geht auf den Vorrang vor allem der Finanzsicherheitenrichtlinie vor der Richtlinie über die präventive Restrukturierung zurück. Dasselbe gilt gemäß § 76 Abs. 2 StaRUG für Vereinbarung über das Liquidationsnetting (vgl. BT-Drucks. 19/24181, S. 158 f.). 12 Durch die Stabilisierungsanordnung können dem jeweils betroffenen Gläubiger nur Verbote auferlegt werden, kann also die Durchsetzung von Rechten gehemmt werden. Die Anordnung insbesondere eines Leistungsgebots durch eine Stabilisierungsanordnung ist nicht möglich. b) Vollstreckungssperre 13 Durch eine Stabilisierungsanordnung gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG können Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner untersagt oder einstweilen eingestellt werden. Die Vorschrift entspricht der Anordnung nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO. Anders als in der Insolvenzordnung liegt der Zweck der Vollstreckungssperre nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG allerdings nicht in der Sicherung der Insolvenzmasse zugunsten der Gläubigergemeinschaft, sondern in der Sicherung der Durchführbarkeit des Restrukturierungsvorhabens, das im Interesse der Gesamtgläubigerschaft ein Insolvenzverfahren vermeiden und damit dem Werterhalt aller Gläubigerforderungen dienen soll. 14 Durch die Anordnung des Vollstreckungsverbots entsteht ein vollstreckungsrechtliches Moratorium, das sich auf einzelne Vermögensgegenstände oder einzelne Gläubiger beziehen oder als allgemeines Vollstreckungsverbot für das gesamte Schuldnervermögen angeordnet werden kann. Es bezieht sich gleichermaßen auf die einstweilige Einstellung bereits begonnener Maßnahmen (Wirkung des § 775 Nr. 2 ZPO) wie auf die Untersagung künftiger Zwangsvollstreckungsmaßnahmen (Wirkung des § 775 Nr. 1 ZPO). Der Begriff der Zwangsvollstreckung ist weit auszulegen; es fallen hierunter grundsätzlich sämtliche Vollstreckungshandlungen wegen Geldforderungen, aber auch Vollstreckungsmaßnahmen gemäß §§ 887 ff. ZPO. 15 Erfasst die Anordnung von Vollstreckungssperren auch das unbewegliche Vermögen des Schuldners, ist das Vollstreckungsgericht für den Vollzug der Sperre zuständig. Die Einzelheiten sind in § 30g ZVG geregelt. Danach hat der Schuldner nach Erlass der Vollstreckungssperre durch das Restrukturierungsgericht beim zuständigen Vollstreckungsgericht einen einstweiligen Einstellungsantrag zu stellen, dem grundsätzlich zu folgen ist. Dies allerdings gemäß § 30g Abs. 1 Satz 2 ZVG nur unter dem Vorbehalt einer Zumutbarkeitsprüfung zugunsten des Gläubigers. Ist diesem die einstweilige Einstellung unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse und der nach § 30g Abs. 2 Satz 1 ZVG bestehenden Verpflichtung, während der Aussetzung die laufenden Zinsen und einen durch Nutzung entstehenden Wertverlust durch laufende Zahlung auszugleichen, nicht zumutbar, unterbleibt die einstweilige Einstellung. Die laufend zu zahlenden Zinsen und die Entschädigung für den
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§§ 49–51, 54, 56 Stabilisierungsanordnung (Vollstreckungs- und Verwertungssperre)
etwaigen Wertverlust sind in dem nach § 50 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG obligatorischen Liquiditätsplan zu berücksichtigen; anderenfalls wäre dieser nicht schlüssig und könnte den Erlass einer Stabilisierungsanordnung nicht rechtfertigen. Für den Erlass einer Vollstreckungssperre ist nicht erforderlich, dass der hier- 16 von betroffene Gläubiger bereits konkret mit Zwangsvollstreckung gedroht hat. Die Möglichkeit eines vollstreckungsrechtlichen Zugriffs reicht aus, wenn hierdurch die Umsetzung des Restrukturierungsvorhabens gefährdet würde und der Erlass der Anordnung daher erforderlich (dazu ausführlich Rn. 65) ist. Vollstreckungsmaßnahmen des Gläubigers, die gegen das Vollstreckungsverbot 17 verstoßen, führen wegen der Wirkung des § 775 Nr. 2 ZPO zwar nicht zur Begründung eines Pfändungspfandrechts, bewirken aber sehr wohl die öffentlich-rechtliche Verstrickung, die mit der Erinnerung gemäß § 766 ZPO, für die das Restrukturierungsgericht ausschließlich zuständig ist (vgl. AG Göttingen, NZI 2003, 612), angegriffen werden kann (wie hier insg. Hölzle, in: Bieg/ Borchardt/Frind, Unternehmenssanierung und Betriebsfortführung, S. 217 f.). c) Verwertungssperre aa) Regelungsgegenstand Die Möglichkeit der Anordnung einer Verwertungssperre nach §§ 49 Abs. 1 18 Nr. 2, 54 StaRUG geht auf den 2007 geschaffenen § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO zurück (BT-Drucks. 19/24181, S. 157), der den gegenständlichen Zusammenhalt der Insolvenzmasse im Insolvenzeröffnungsverfahren mit dem Ziel der Erleichterung der Fortführung des schuldnerischen Unternehmens durch die Verhinderung des Abzugs einzelner Vermögensgegenstände ermöglichen soll (dazu ausführlich Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 21 Rn. 74 f.). Die Übertragung des Rechtsgedankens des § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO auf §§ 49 19 Abs. 1 Nr. 2, 54 StaRUG erschließt sich jedoch nicht auf den ersten Blick. Regelmäßig dürfte nämlich davon auszugehen sein, dass bei Einleitung des Restrukturierungsverfahrens wegen der bis dorthin notwendig lediglich eingetretenen drohenden Zahlungsunfähigkeit die Verwertungsreife in Bezug auf sicherungsübereignete Gegenstände und Forderungen noch nicht gegeben ist und die Anzeige der Restrukturierungssache allein den gesicherten Gläubiger grundsätzlich nach § 44 StaRUG (vgl. §§ 44, 55 StaRUG Rn. 10) noch nicht zur Änderung der vertraglichen Bedingungen berechtigt (mit diesem Einwand die Norm als verfehlt ansehend Smid, ZinsO 2021, 198, 202 f.). Diese Kritik von Smid geht jedoch fehl und verkennt sowohl den rechtlichen 20 als auch den praktischen Kontext, in den die Norm eingebettet ist. Da insbesondere der Eigentumsvorbehaltslieferant trotz § 44 StaRUG berechtigt ist, eine Verwertungs-, Veräußerungs- oder Einziehungsermächtigung zu widerrufen (vgl. §§ 44, 55 StaRUG Rn. 13 ff.), hat die Anordnung einer Verwertungssperre einen erheblichen praktischen Anwendungs- und Bedeutungsbereich. Hält der Schuldner z. B. ein Warenlager vor, aus dem er laufend Ware entnimmt, verarbeitet, veräußert und die aus der Veräußerung entstehenden 291
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Forderungen einzieht, unterliegen jedoch die Waren, wie regelmäßig, einem (verlängerten) Eigentumsvorbehalt oder einer Raumsicherungsübereignung, so wäre der Vorbehaltsverkäufer bzw. Sicherungseigentümer mit Einleitung des Restrukturierungsverfahrens berechtigt, sowohl die Verarbeitungs-, die Veräußerungs- als auch die Einziehungsermächtigung zu widerrufen. Der Schuldner wäre an der weiteren Verarbeitung der nicht in seinem Eigentum stehenden Gegenstände und damit im Grundsatz an der Fortführung des Unternehmens insgesamt gehindert. Der Sicherungsgläubiger könnte die Abtretung der Forderungen gegenüber den Kunden des Schuldners offenlegen und die Forderungen selbst einziehen. Die Kündigungssperre des § 44 StaRUG stünde dem nicht entgegen. Das Gelingen des Sanierungsvorhabens läge damit ausschließlich in der Hand des bzw. der wesentlichen Lieferanten und hinge ausschließlich von dem Wohlwollen auch Einzelner ab. 21 Würde der Schuldner die Eigentumsrechte und die Forderungszuständigkeit des Sicherungsgläubigers missachten, läge hierin ein Verstoß gegen die Wahrung der Gläubigerinteressen, der die unverzügliche Aufhebung der Restrukturierungssache zwingend zur Folge haben müsste und darüber hinaus die persönliche Haftung des Schuldners nach § 32 StaRUG (vgl. dort Rn. 36) begründete. Dem kann der Schuldner nur begegnen, indem er eine Verwertungssperre beantragt (wie hier insgesamt auch Hölzle, in: Bieg/Borchardt/Frind, Unternehmenssanierung und Betriebsfortführung, S. 218). 22 Darin, und in den weiteren Fällen streitiger Sicherungsrechte liegt der wesentliche Anwendungsbereich für den Erlass einer Verwertungssperre. bb) Folgen der Verwertungssperre (§ 54 Abs. 1 StaRUG) 23 Während des sachenrechtlichen Moratoriums sind dem Gläubiger gemäß § 54 Abs. 1 StaRUG die laufend geschuldeten Zinsen zu zahlen und ist der durch die Nutzung eintretende Wertverlust durch laufende Zahlungen auszugleichen. Dies gilt nur dann nicht, soweit nach der Höhe der Forderung der sonstigen Belastung des Gegenstandes mit einer Befriedigung des Gläubigers aus dem Verwertungserlös nicht zu rechnen ist. Auch diese Vorschrift des § 54 Abs. 1 StaRUG orientiert sich vollständig am insolvenzrechtlichen Vorbild des § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO, weshalb auf die hierzu ergangene Rechtsprechung und Kommentierung verwiesen werden kann (vgl. z. B. Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 21 Rn. 74 ff.). cc) Notwendigkeit einer über die Verwertungssperre hinausgehenden Verwertungsvereinbarung 24 Durch die Anordnung einer Verwertungssperre erlangt der Schuldner allerdings nicht das Verarbeitungs-, Verwertungs- oder Einziehungsrecht (zurück). 25 Die Anordnung einer Verwertungssperre führt nämlich nicht dazu, dass der Schuldner zur weiteren Verarbeitung, Veräußerung oder zur Einziehung der Forderungen berechtigt wäre; allerdings verhindert die Verwertungssperre 292
§§ 49–51, 54, 56 Stabilisierungsanordnung (Vollstreckungs- und Verwertungssperre)
zunächst jedenfalls den Abzug der unbezahlten bzw. mit Sicherungsrechten behafteten Ware sowie den mit erheblichen negativen Kommunikations- und Reputationseffekten verbundenen und daher im Restrukturierungsverfahren geradezu verhindernden Einzug der Forderungen durch den Sicherungszessionar selbst. Denn in Anlehnung an die zu § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO ergangene Rechtsprechung des BGH (NZI 2019, 274) führt eine Verwertungssperre gerade nicht dazu, dass der Schuldner zur weiteren Veräußerung und Verarbeitung von Sachen oder Einziehung von abgetretenen Forderungen berechtigt wäre. Dass dies nur auf Grundlage einer Vereinbarung mit dem Gläubiger möglich sein soll, folgt ausdrücklich aus dem im Gesetzgebungsverfahren noch einmal geänderten Wortlaut des § 54 Abs. 2 StaRUG, wonach der Schuldner nur nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarungen mit dem Berechtigten Forderungen, die zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten sind, noch einziehen oder bewegliche Sachen, an denen Rechte bestehen, veräußern oder verarbeiten darf (vgl. die Klarstellung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 19/ 25353, 9). Die Anordnung der Verwertungssperre führt daher zwar lediglich zu einem 26 „Stay“ im Sinne eines sachenrechtlichen Moratoriums, also einem Einfrieren des status quo, ist aber noch nicht Grundlage und nötige verfügungsrechtliche Legitimation für die Fortführung des Geschäftsbetriebes. Hierzu ist eine gesonderte Vereinbarung mit dem/den gesicherten Gläubiger(n) erforderlich. Eine solche kann nach insolvenzrechtlichem Vorbild in Gestalt einer Fortführungs- und ggf. in Kombination mit einer unechten (Masse-)Kreditvereinbarung als Bestandteil des Restrukturierungskonzepts getroffen werden. Die Maßnahme orientiert sich vollständig an ihrem insolvenzrechtlichen Vorbild, was langjährig geübter Praxis entspricht. dd) Notwendigkeit eines unechten Restrukturierungskredites und Separationspflicht (§ 54 Abs. 2 StaRUG) Solange mit dem Sicherungsgläubiger noch überhaupt keine oder nur eine 27 Verarbeitungs-, Verwertungs- und fortgesetzte Einziehungsvereinbarung im Sinne einer Fortführungsvereinbarung getroffen ist, ist der Schuldner gemäß § 54 Abs. 2 StaRUG zur Separation der daraus erzielten Erlöse verpflichtet. Dasselbe gilt, wenn der Gläubiger eine vor Einleitung des Restrukturierungsverfahrens bestehende Verwertungs-, Verarbeitungs- oder Einziehungsermächtigung bislang noch nicht widerrufen hat. Im Zusammenhang hiermit eingezogene Forderungen dürfen für die Fortsetzung des Geschäftsbetriebes nicht eingesetzt werden. Sie werden vielmehr vom Schuldner für fremde Rechnung eingezogen und verwaltet, sind von diesem zu separieren und unterliegen daher einer strengen treuhänderischen Bindung. Die Erfüllung dieser Separationspflicht ist nach § 57 Satz 3 StaRUG haftungsbewehrt (vgl. § 57 StaRUG Rn. 23). Die Überschrift des § 54 StaRUG „Folgen der Verwertungssperre“ ist insoweit 28 irreführend. Die Separationspflicht des § 54 Abs. 2 StaRUG gilt unabhängig 293
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
davon, ob eine Stabilisierungsanordnung ergangen oder überhaupt beantragt worden ist. § 54 Abs. 2 StaRUG ist vielmehr Ausprägung und besondere Qualifikation des allgemeinen Grundsatzes der Pflicht zur Führung des Verfahrens im Gläubigerinteresse nach § 32 Abs. 1 StaRUG (vgl. dort Rn. 9; außerdem ausführlich Vor § 32 StaRUG Rn. 19 ff.). Hierzu gehört insbesondere auch die Pflicht zur umfassenden Berücksichtigung der von Dritten gestellten Sicherheiten, auf welche der Restrukturierungsschuldner nach dokumentierter Gefährdung der wirtschaftlichen Interessen des Gläubigers durch Nachweis des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit nicht mehr zugreifen und damit das wirtschaftliche Risiko des Gläubigers nicht mehr erhöhen darf. Erlöse aus dem Zugriff auf Sicherheiten auch im Rahmen einer fortgeltenden Einziehungsermächtigung sind gemäß § 54 Abs. 2 StaRUG daher zu separieren. Bei § 54 Abs. 2 StaRUG handelt es sich damit um einen allgemeinen Grundsatz und eine allgemeine Handlungspflicht des Schuldners im gesamten Verfahren, weshalb die Vorschrift gesetzessystematisch falsch verortet ist. 29 Aus ihrer Stellung im Gesetz kann jedoch gefolgert werden, dass die Separationspflicht, obgleich es sich um eine Qualifikation des allgemeinen Tatbestandes nach § 32 Abs. 1 StaRUG handelt, erst mit der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache und nicht bereits vom Zeitpunkt der faktischen Einleitung des Restrukturierungsverfahrens (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 5 ff.) an einsetzt. Zwar ist der Restrukturierungsschuldner von der faktischen Einleitung des Verfahrens an verpflichtet, dieses im Gläubigerinteresse zu führen; allerdings würde ein solch frühes Einsetzen auch der Separationspflicht im Grunde zur Umstellung auf eine Not-Geschäftsführung vom Zeitpunkt des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit an verpflichten, was vom Gesetzgeber gerade nicht gewollt ist (vgl. § 15b InsO Rn. 35). Der qualifizierte Tatbestand des § 32 Abs. 1 StaRUG in Gestalt des § 54 Abs. 2 StaRUG ist daher von der weiteren Tatbestandsvoraussetzung der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache abhängig. 30 Will der Schuldner während des laufenden Verfahrens allerdings auf Erlöse zugreifen, die einer Zession, gleich ob einer originären Forderungszession oder einer sich z. B. aus verlängertem Eigentumsvorbehalt ergebenden Zession unterliegen, so bedarf es hierzu nach alledem der Kombination der Fortführungsvereinbarung mit einer „unechten Kreditvereinbarung“, die hier in Übertragung der insolvenzrechtlichen überkommenen Terminologie als „unechter Restrukturierungskredit“ oder die Vereinbarung insgesamt als „Sanierungsfortführungsvereinbarung“ zu bezeichnen ist. Auch dies ist für die Fortführung des Unternehmens und den mit ihm verbundenen Liquiditätsbedarf erheblich. 31 Beruht die Fortführungsplanung des Schuldners auf dem unterstellten Abschluss einer „Sanierungsfortführungsvereinbarung“, so ist dies im Rahmen der fundierten Darlegung der Finanzierungsquellen in dem Antrag auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung gemäß § 50 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG (dazu Rn. 48) deutlich herauszustellen und zu plausibilisieren, weshalb der Abschluss einer solchen Vereinbarung überwiegend wahrscheinlich ist. 294
§§ 49–51, 54, 56 Stabilisierungsanordnung (Vollstreckungs- und Verwertungssperre)
d) Anordnung durch Beschluss und Rechtsmittel § 51 Abs. 5 StaRUG stellt klar, dass das Restrukturierungsgericht über den 32 Antrag auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung durch Beschluss entscheidet. Da es sich grundsätzlich um eine gebundene Entscheidung handelt, ist der stattgebende Beschluss nicht gesondert zu begründen, sondern genügt der Hinweis auf den Antrag und die maßgeblichen Vorschriften. Lehnt das Restrukturierungsgericht den Antrag und damit den Erlass einer 33 Stabilisierungsanordnung allerdings ab, so steht dem Schuldner hiergegen nach § 51 Abs. 5 Satz 2 StaRUG die sofortige Beschwerde zu; in diesem Fall ist der Beschluss entsprechend zu begründen. Ein Rechtsmittel der betreffenden Gläubiger gegen die erlassene Anordnung ist nicht vorgesehen. 3. Antrag und Antragsinhalt (§ 50 StaRUG) a) Antrag In dem Antragsrecht des Schuldners setzt sich die Ausgestaltung des Restruk- 34 turierungsverfahrens als modulares Baukastensystem ein weiteres Mal fort. Nicht nur, dass der Schuldner entscheidet, ob, zu welchem Zeitpunkt, mit welcher Dauer (vgl. dazu §§ 52, 53 StaRUG Rn. 7) und in welcher Art die von ihm zu beantragende Stabilisierungsanordnung ergehen soll; gemäß § 49 Abs. 2 Satz 2 StaRUG steht es dem Schuldner auch frei, die Anordnung gegen einzelne, mehrere oder gegen alle Gläubiger zu erwirken. Sie kann daher sehr punktuell erfolgen, flächendeckend sein oder sich gegen mehrere, in Gruppen zusammengefasste Gläubiger richten. Der Schuldner ist damit in der Lage, die Stabilisierungsanordnung maßgeschneidert auf die Bedürfnisse des konkreten Restrukturierungsvorhabens anzupassen. Bestimmte Anforderungen an die Form des Antrages stellt § 50 Abs. 1 StaRUG 35 nicht. Dieser kann daher gemäß § 38 Satz 1 StaRUG i. V. m. § 129a ZPO nicht nur schriftsätzlich zur Gerichtsakte, sondern auch zu Protokoll der Geschäftsstelle (grundsätzlich eines jeden Amtsgerichts) gestellt werden (vgl. z. B. Kern, in: Stein/Jonas, ZPO [23. Aufl. 2016], § 129a Rn. 10). Der Antrag des Schuldners setzt, dies ist Reflex einerseits der zugunsten des 36 Schuldners eröffneten Gestaltungsfreiheit, andererseits des vollstreckungsrechtlichen Charakters der Norm, qualifizierte Bestimmtheitsanforderungen voraus. Es gelten damit dieselben Anforderungen an die Individualisierung und die (sachenrechtliche) Bestimmtheit, wie sie der BGH (BGHZ 183, 269) für Anordnungen gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO aufgestellt hat (ausführlich Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 21 Rn. 74). Erforderlich ist (1) die Individualisierung der von der begehrten Anordnung 37 betroffenen Gläubiger einschließlich ladungsfähiger Anschriften, (2) die genaue Bezeichnung der betroffenen Forderungen und der Rechte unter Angabe des Forderungs-/Rechtsgrundes, des Betrages der Forderung, ihrer Fälligkeit und
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
etwaiger Sicherungsrechte, sowie (3) der Inhalt der begehrten Stabilisierungsanordnung nebst (4) der begehrten Anordnungsdauer. 38 Jeder (potenziell) betroffene Gläubiger muss aus der Stabilisierungsanordnung ohne Weiteres ersehen können, in welchen seiner ggf. mehreren Rechte er in welcher Weise betroffen ist. 39 Zwar unterliegt der Antrag auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung in materieller Hinsicht wegen der Eilbedürftigkeit des Verfahrens lediglich einer Plausibilitätskontrolle des Gerichts (Rn. 57 ff.), das Gericht ist aber sehr wohl verpflichtet, den Antrag einer vollständigen formellen Prüfung, insbesondere hinsichtlich seiner Vollständigkeit zu unterziehen (BT-Drucks. 19/24181, S. 155). Formelle Mängel des Antrages oder dessen Unvollständigkeit führen daher ungeachtet der Tatsache, dass es sich im Grundsatz gemäß § 51 Abs. 1 StaRUG um eine gebundene Entscheidung handelt, zur Zurückweisung des Antrages. Im Einzelfall dürfte das Gericht entsprechend § 51 Abs. 1 Satz 3 StaRUG, um die Ziele des Verfahrens nicht zu gefährden, die Anordnung dringlich ist und der formelle Mangel ohne Weiteres behebbar scheint, berechtigt sein, eine vorläufige Anordnung nach § 51 Abs. 1 Satz 3 StaRUG zu erlassen. Voraussetzung dafür ist aber, dass es in dem Mangel keine Obliegenheitsverletzung des Schuldners erkennt, die den Missbrauch des Instruments besorgen lassen könnte. b) Restrukturierungs- und Finanzplanung aa) Aktualisierung des Restrukturierungskonzepts und Vorlage des Restrukturierungsplans (§§ 50 Abs. 2 Nr. 1, 51 Abs. 3 StaRUG) 40 Um dem Gericht die gebotene Plausibilitätsprüfung zu ermöglichen, ist dem Antrag gemäß § 50 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG zunächst der auf den Tag der Antragstellung aktualisierte Entwurf des Restrukturierungsplans oder ein auf diesen Tag aktualisiertes Konzept für die Restrukturierung beizufügen. Zwar waren diese Unterlagen bereits mit der Anzeige der Restrukturierungssache gemäß § 31 Abs. 3 StaRUG (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 38 ff.) vorzulegen, jedoch erfordert die Plausibilisierung der Erforderlichkeit des verfahrensbegleitenden Eingriffs in Gläubigerrechte die Möglichkeit zur Prüfung nach dem Sachstand im Zeitpunkt der Entscheidung; das mit der Anzeige der Restrukturierungssache vorgelegte Konzept bzw. der vorgelegte Entwurf des Plans sind daher auf den Antragszeitpunkt der Stabilisierungsanordnung zu aktualisieren und zu konkretisieren (BT-Drucks. 19/24181, S. 155). 41 Um dem Gericht auch die Plausibilisierung der Ernsthaftigkeit der Verfolgung des Restrukturierungsziels (zu diesem Gebot vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 104) zu ermöglichen, sollte die Aktualisierung der Unterlagen innerhalb des Originaldokuments und dort nachvollziehbar, also idealerweise unter Verwendung der Änderungsverfolgung bzw. sonst in einer vergleichenden Version vorgelegt werden. Reicht der Schuldner schlicht eine neue Version des Entwurfs des Restrukturierungsplans ein, ohne den Gegenstand der Aktualisierung, Ergän296
§§ 49–51, 54, 56 Stabilisierungsanordnung (Vollstreckungs- und Verwertungssperre)
zung oder Änderung hervorzuheben, zu dokumentieren oder sonst zu erklären, wird die Stabilisierungsanordnung nicht kurzfristig und nicht in der gebotenen Zeit ergehen können, weil das Gericht dann im Rahmen der obligatorischen Plausibilisierung selbstständig etwaige Veränderungen im Konzept eruieren und anschließend bewerten muss. Zu erwartende zeitliche Verzögerungen fallen dann in die Sphäre des Schuldners. Selbst wenn sich keine Veränderungen, Aktualisierungen oder Konkretisie- 42 rungen ergeben haben, ist dies ausdrücklich vom Schuldner zu erklären, um unnötigen Prüfungsaufwand zu vermeiden. Außerdem kann auch dieser Umstand mitunter einen Erklärungswert hinsichtlich des Fortgangs des Verfahrens und der Verhandlungen enthalten. Ist der Restrukturierungsplan im Entwurf noch nicht fertiggestellt und der 43 Schuldner demgemäß nicht in der Lage, dem Antrag auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung den Restrukturierungsplan im Entwurf beizufügen, so ergeht bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen die Stabilisierungsanordnung auf Grundlage nur des aktualisierten Restrukturierungskonzepts. Einen Grund für die Zurückweisung des Antrages stellt das (bisherige) Fehlen des Entwurfs des Restrukturierungsplans daher nicht dar. Das Gericht kann dem Schuldner in diesem Fall jedoch nach § 51 Abs. 3 StaRUG eine Frist setzen, binnen derer der Plan vorzulegen ist. Die Formulierung des § 51 Abs. 3 StaRUG scheint dem Gericht hinsichtlich 44 des „Ob“ der Fristsetzung ein Ermessen einzuräumen. Dies ist regelmäßig allerdings, was sich aus systemischen Gründen ergibt, nicht der Fall. Nach § 53 Abs. 1 StaRUG kann die Stabilisierungsanordnung im Grundsatz 45 für die Dauer von maximal bis zu drei Monaten ergehen (vgl. §§ 52, 53 StaRUG Rn. 35 ff.). Die Frist, während derer ein Moratorium angeordnet werden kann, entspricht damit der Frist zur Vorlage des Insolvenzplans bei Beantragung eines Schutzschirmverfahrens nach § 270d Abs. 1 Satz 2 InsO. Hintergrund dieser Frist ist, dass der Gesetzgeber offenkundig davon ausgeht, dass drei Monate ausreichen, um einen Insolvenz- oder Restrukturierungsplan zu erarbeiten und vorzulegen. Da aber die Stabilisierungsanordnung nur ergehen darf, soweit dies zur Wahrung der Aussichten auf die Verwirklichung des Restrukturierungsziels erforderlich (vgl. Rn. 62) und der Schuldner gleichzeitig zur ernsthaften, sachgerechten und beschleunigten Führung des Verfahrens verpflichtet ist (sog. Verfahrensförderungspflicht, vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 104), besteht ein Erfordernis für den Erlass einer Stabilisierungsanordnung über die für die Vorlage des Restrukturierungsplans erforderliche Zeit hinaus nicht. Daraus folgt zugleich, dass eine Stabilisierungsanordnung nicht verhältnismäßig ist, wenn nicht der Schuldner, der einen Entwurf des Restrukturierungsplans noch nicht vorgelegt hat, nicht zugleich angehalten wird, diesen innerhalb der zumutbaren Zeitspanne des maximalen Anordnungszeitraums auch tatsächlich vorzulegen. Der Schutz der Interessen der von der Stabilisierungsanordnung Betroffenen und die Verhältnismäßigkeit erfordern daher grundsätzlich die
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Anordnung einer entsprechenden Vorlagefrist durch das Gericht, weshalb das Entschließungsermessen des Gerichts sehr stark eingeschränkt und das Absehen von einer Fristsetzung auf besondere Ausnahmefälle beschränkt ist. 46 Die Frist zur Vorlage des Plans muss sich daher jeweils an der Höchstfrist des (verbleibenden) Anordnungszeitraums orientieren und darf diesen nicht überschreiten. 47 Versäumt der Schuldner die Vorlage innerhalb der Frist, führt dies zunächst zur Aufhebung der Stabilisierungsanordnung nach § 59 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG. Gleichzeitig wird hierin aber regelmäßig auch ein Aufhebungsgrund betreffend die Restrukturierungssache selbst im Sinne des § 33 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG liegen, weil die nicht ernsthafte und im Gläubigerinteresse beschleunigte Verfolgung des Restrukturierungsziels wegen des hierin typisiert zum Ausdruck kommenden mangelnden Umsetzungswillens (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 104) einen Umstand darstellt, aus dem sich ergibt, dass das angezeigte Restrukturierungsvorhaben keine Aussicht auf Umsetzung hat. Hinzu kommt, dass die Stabilisierungsanordnung nur ergehen durfte, weil sie für die Erreichung des Restrukturierungsziels erforderlich war. Endet die Stabilisierungsanordnung aber wegen Fristablaufs vor Erreichen des Ziels und kann sie mangels Vorliegens der Verlängerungsvoraussetzungen (vgl. §§ 52, 53 StaRUG Rn. 31 ff.) auch nicht verlängert werden, so folgt daraus mutatis mutandis, dass das Restrukturierungsziel grundsätzlich nicht mehr erreichbar ist, weil eine hierfür erforderliche Voraussetzung nicht länger geschaffen bzw. gehalten werden kann. bb) Finanzplan (§ 50 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG) 48 Des Weiteren muss der Antrag nach § 50 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG einen Finanzplan enthalten, der den Zeitraum von sechs Monaten umfasst und eine fundierte Darstellung der Finanzierungsquellen enthält, durch welche die Zahlungsfähigkeit in diesem Zeitraum sichergestellt werden soll. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass der Schuldner über die Anordnungshöchstdauer nach § 53 Abs. 1, 2 StaRUG hinaus durchfinanziert ist, wodurch dem Gläubigerinteresse Rechnung getragen und sichergestellt wird, dass diese nicht nach Ablauf der Hemmung ihrer Rechte ein erhöhtes Ausfallrisiko befürchten müssen. 49 Der Gesetzgeber verlangt ausdrücklich eine fundierte Darstellung der Finanzierungsquellen (BT-Drucks. 19/24181, S. 155). Die Vorlage des Finanzplans erschöpft sich daher nicht in der bloßen Vorlage eines Zahlenwerks, sondern muss die dem Zahlenwerk zugrunde liegenden Planungsprämissen nachvollziehbar darlegen und erläutern. Fehlt es hieran, handelt es sich bereits um einen formellen Antragsmangel, der grundsätzlich zur sofortigen Zurückweisung des Antrages führt (vgl. Rn. 38). 50 Wegen der besonderen Bedeutung der Finanzplanung für den Schutz der Gläubigerinteressen sind an die Plausibilitätsprüfung erhöhte Anforderungen 298
§§ 49–51, 54, 56 Stabilisierungsanordnung (Vollstreckungs- und Verwertungssperre)
zu stellen, die sich in einer den Schuldner treffenden auch materiell erhöhten Darstellungslast widerspiegeln. Insbesondere sind erwartete Erträge in das Verhältnis der Vergleichswerte vergangener Vergleichszeiträume zu stellen und Abweichungen in den Planungsprämissen zu erläutern. Finanzierungsquellen, die in Widerspruch zu dem angezeigten Restrukturierungskonzept stehen, müssen außer Betracht bleiben, insbesondere z. B. Erträge aus der Veräußerung betriebsnotwendigen Vermögens (BT-Drucks. 19/24181, S. 155). Beruht die Durchfinanzierung für die nächsten sechs Monate auf der Inan- 51 spruchnahme noch nicht rechtsverbindlich zugesagter Finanzierungsmittel, z. B. neuer Darlehen oder auch neuer Finanzierungen im Sinne des § 12 StaRUG, so ist hierauf gesondert und ausdrücklich hinzuweisen und ist zu erläutern, aufgrund welcher Umstände davon auszugehen ist, dass die Gewährung dieser Finanzmittel überwiegend wahrscheinlich zu erwarten ist. Zwingend muss die Finanzplanung darüber hinaus zu der Frage Stellung nehmen, wie mit etwaigen Lager- und Warenbeständen im Rahmen einer fortlaufenden Produktion umzugehen ist, soweit hieran Sicherungsrechte insbesondere in Form von Eigentumsvorbehalten bestehen. Da die betreffenden Lieferanten das Recht haben, eine Verarbeitungs-, Verwertungs- oder Einziehungsermächtigung zu widerrufen (vgl. §§ 44, 55 StaRUG Rn. 15 ff.), kann die Verwendung solcher Gegenstände entsprechend § 54 Abs. 2 StaRUG (vgl. Rn. 24 ff.) nur auf Grundlage einer Vereinbarung mit dem betreffenden Lieferanten („Sanierungsfortführungskredit“) erfolgen. Deren Abschluss muss überwiegend wahrscheinlich sein. Darüber hinaus ist in der Planung zu berücksichtigen, dass mit der Einlei- 52 tung des Restrukturierungsverfahrens regelmäßig der Liquiditätsbedarf signifikant steigt. Auch wenn in der Gesetzesbegründung zum StaRUG nicht ausdrücklich aufgenommen, so lohnt doch ein Blick in die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/5712, S. 40) zum ESUG und der dortigen erstmaligen Einführung des § 270b InsO a. F., des heutigen § 270d InsO n. F. (vgl. § 270d InsO Rn. 4, 14): Der Gesetzgeber führt dort ausdrücklich aus, dass der Antrag auf Einleitung eines Schutzschirmverfahrens häufig zunächst zusätzlichen Liquiditätsbedarf erzeugen werde, da die Gläubiger Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit erhielten und manche versuchen würden, ihre Forderungen fällig zu stellen oder Verträge zu kündigen. Das Verfahren biete jedoch keinen (automatisierten) Schutz hiervor durch ein Moratorium o. Ä., denn es sei vor allem für solche Schuldner gedacht, die sich in Abstimmung und mit Unterstützung ihrer zentralen Gläubiger in einem Insolvenzverfahren sanieren wollten. Hierzu sei es erforderlich, im Vorfeld mit den maßgeblichen Gläubigern einen Konsens zu erzielen. Der Schuldner könne durch vorher getroffene Absprachen mit den Banken und seinen Hauptgläubigern vermeiden, dass mit der Antragstellung eine Zahlungsunfähigkeit eintrete, weil beispielsweise Kredite fällig gestellt würden. Könne ein solcher Konsens im Vorfeld der Antragstellung nicht gefunden werden, so sei das schuldnerische Unternehmen auch nicht für eine Sanierung im Schutzschirmverfahren geeignet. Plastischer lässt es sich für das Restrukturierungsverfahren des StaRUG kaum formulieren. 299
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
53 Wenn das StaRUG auch ein Moratorium zum Schutz der Verhandlungen zur Verfügung stellt, darf daraus in Ansehung dieser klaren Vorstellung des Gesetzgebers von dem Zweck eines schuldnerautonom geführten Sanierungsverfahrens gerade nicht der Schluss gezogen werden, dass das Moratorium dazu diene, die Restrukturierung gegen den Willen der maßgeblichen Gläubiger durchzusetzen. Das Erfordernis der Vorlage einer validen Finanzplanung dient deshalb gerade auch dem Zweck, den hohen Grad des Konsenses zwischen dem Schuldner und seinen wesentlichen Gläubigern hinsichtlich der Umsetzung des Restrukturierungsvorhabens zu dokumentieren. Geben daher wesentliche Gläubiger durch Ablehnung von Finanzierungsbeiträgen oder Fälligstellung ihrer Forderungen zu erkennen, dass sie das Vorhaben nicht unterstützen, so begründet dies maßgebliche Zweifel an der Plausibilität der Finanzplanung und damit auch der Umsetzbarkeit des Vorhabens insgesamt. c) Stabilisierungswürdigkeit (nötige Erklärungen des Schuldners) 54 Nach § 49 Abs. 1 StaRUG wird die Stabilisierungsanordnung nur erlassen, soweit dies zur Wahrung der Aussichten auf die Verwirklichung des Restrukturierungsziels erforderlich ist. Der Gesetzeswortlaut nimmt damit Bezug auf die Definition des Restrukturierungsziels in § 31 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG einerseits, § 14 Abs. 1 StaRUG andererseits (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 48). Vor Erlass der Stabilisierungsanordnung muss daher die Notwendigkeit für die Wahrung der Zielerreichung geprüft und müssen Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigt werden (BT-Drucks. 19/24181, S. 154). Darüber hinaus muss sich der Restrukturierungsschuldner aber auch subjektiv als stabilisierungswürdig erweisen. Die hierfür maßgeblichen Kriterien legt § 51 Abs. 2 StaRUG als negative Anordnungsvoraussetzungen (dazu Rn. 78 ff.) fest. 55 Um dem Gericht die Prüfung der Stabilisierungswürdigkeit des Schuldners zu ermöglichen sind die Prüfkriterien des § 51 Abs. 2 StaRUG in § 50 Abs. 3 StaRUG zu ausdrücklichen Erklärungspflichten des Schuldners statuiert. Daraus folgt, dass der Schuldner Gründe, die typisiert dem Erlass einer Stabilisierungsanordnung entgegenstehen (können), im Rahmen des Antrages ungefragt zu offenbaren hat. Tut er dies nicht, nicht vollständig oder nicht richtig, darf die Stabilisierungsanordnung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG nicht ergehen (vgl. Rn. 39) und, erfolgt ihr Erlass dennoch, haften die Organe des Schuldners gemäß § 57 StaRUG (vgl. dort Rn. 7, 11 ff.) persönlich. 56 Die haftungsbewehrte Offenbarungspflicht des Schuldners nach § 50 Abs. 3 StaRUG dient daher dem Zweck, dem Gericht eine informierte Entscheidung außerhalb des Amtsermittlungsgrundsatzes (dazu Rn. 58) zu ermöglichen. 4. Anordnungsvoraussetzungen a) Präsentes Wissen, Plausibilitätsprüfung und keine Amtsermittlung 57 Aus der Formulierung des § 51 Abs. 1 Satz 1 StaRUG, wonach die Stabilisierungsanordnung ergeht, wenn die vom Schuldner vorgelegte Restrukturie300
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rungsplanung vollständig und schlüssig ist und keine der dort weiter genannten Umstände bekannt sind, folgt, dass das Gericht den Antrag und vor allem die Restrukturierungs- und die Finanzplanung auf ihre formale Vollständigkeit vollständig prüft, im Übrigen aber nur eine Plausibilitätskontrolle der materiellen Anordnungsvoraussetzungen vornimmt (BT-Drucks. 19/24181, S. 155). Die Ermittlung von Umständen, aus denen sich die Unschlüssigkeit des Re- 58 strukturierungskonzepts ergeben würde, von Amts wegen ist durch das Restrukturierungsgericht gerade nicht geschuldet. Das Gericht soll nicht mit umfangreichen Prüfungslasten belegt werden, weil dann die Schnelligkeit, mit der die Anordnung regelmäßig wird ergehen müssen, nicht mehr gewährleistet werden könnte. Insoweit ist durch den im Rahmen des Erlasses einer Stabilisierungsanordnung geltenden Beschleunigungsgrundsatz „etwas anderes“ im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 1 StaRUG bestimmt, weshalb der Amtsermittlungsgrundsatz zurücktritt. Wie bei der Einleitung eines Eigenverwaltungsverfahrens greift das Gericht 59 lediglich auf präsentes Wissen zurück und ist nicht berechtigt, einen Sachverständigen mit der Ermittlung besonderer Umstände zu beauftragen (vgl. § 270b InsO Rn. 8). Präsentes Wissen, das für die Entscheidung erheblich ist, kann das Gericht aber z. B. auch durch die Eingabe von Gläubigern, gleich ob planbetroffenen oder nicht, z. B. in Gestalt von Schutzschriften erlangen. Grundlegend anders stellt sich die Situation allerdings dar, wenn ein Restruk- 60 turierungsbeauftragter bestellt ist. Dieser hat nach § 76 Abs. 3 StaRUG die Aufgabe, fortlaufend zu prüfen, ob die Anordnungsvoraussetzungen für die Stabilisierungsanordnung fortbestehen und ob ein Aufhebungsgrund vorliegt (vgl. § 76 StaRUG Rn. 5 ff.); zu diesem Zweck hat der Restrukturierungsbeauftragte fortlaufend die Verhältnisse des Schuldners zu prüfen. Das Recht, die Gründe für die Aufhebung der Anordnung geltend zu machen, steht nach § 76 Abs. 3 Nr. 2 StaRUG dem Restrukturierungbeauftragten selbst zu. Er muss daher keinen von der Anordnung betroffenen Gläubiger dazu veranlassen, die Rechte auszuüben. Aus dem Recht des Restrukturierungsbeauftragten, solche Aufhebungsgründe geltend zu machen, folgt mutatis mutandis im Gesamtgläubigerinteresse grundsätzlich auch die Pflicht, dies zu tun. b) Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache Da es sich bei der Stabilisierungsanordnung um ein Instrument im Sinne des 61 § 29 StaRUG handelt, ist grundlegende Antragsvoraussetzung zunächst, dass die Restrukturierungssache nach § 31 Abs. 3 StaRUG rechtshängig, dem Restrukturierungsgericht also wirksam angezeigt worden ist (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 38). Freilich darf sie auch vor Erlass der Stabilisierungsanordnung nicht wieder aufgehoben worden sein.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
c) Positive Anordnungsvoraussetzungen aa) Erforderlichkeit 62 Die Anordnung von Stabilisierungsmaßnahmen setzt zunächst voraus, dass ihr Erlass zur Wahrung der Aussichten auf die Verwirklichung des Restrukturierungsziels erforderlich ist. 63 Das Merkmal der Erforderlichkeit taucht zwar sowohl in den allgemeinen Anordnungsvoraussetzungen des § 49 Abs. 1 Satz 1 StaRUG als auch in den besonderen tatbestandlichen Anforderungen des § 51 Abs. 1 Nr. 4 StaRUG auf, ist aber weder dort noch in der Gesetzesbegründung näher ausgestaltet. Dem Merkmal kommt aber dennoch erhöhte Bedeutung zu, weil aus § 51 Abs. 1 Satz 1 StaRUG folgt, dass die Stabilisierungsanordnung bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen als gebundene Entscheidung erfolgen muss und dem Gericht insoweit weder ein Entschließungs- noch ein Auswahlermessen zusteht. Die Tätigkeit des Gerichts beschränkt sich daher auf die Prüfung der Voraussetzungen für den Erlass. 64 Die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzung der Notwendigkeit des Erlasses der Stabilisierungsanordnung für das Erreichen des Restrukturierungsziels, die Rechtfertigung für den besonders schweren Eingriff in die Rechte der Gläubiger unterliegt, wie auch der Erlass einer Sicherungsanordnung nach § 21 Abs. 2 Nr. 3, 5 InsO (vgl. Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 21 Rn. 9), dem Gebot der Verhältnismäßigkeit (so auch Smid, ZinsO 2021, 198). Einfallstor für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist aber allein das Tatbestandsmerkmal der Notwendigkeit in § 51 Abs. 1 Nr. 4 StaRUG, da alle übrigen Tatbestandsmerkmale an konkret prüfbare Sachkriterien geknüpft sind. Das Merkmal der Erforderlichkeit eröffnet außerdem als einzige der genannten Voraussetzungen die Berücksichtigung der individuellen Belange des Betroffenen und das Verhältnis des Schuldners zu dem betroffenen Gläubiger. Da der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung mit dem Verzicht auf die Anordnung der Vollstreckungs- und Verwertungssperre kraft Gesetzes gerade die Möglichkeit begründen wollte, auf die besonderen Umstände des Einzelfalles einwirken zu können, sind gerade diese Umstände bei der Auslegung des in § 51 Abs. 1 Nr. 4 StaRUG noch einmal gesondert genannten Merkmals der Erforderlichkeit der Stabilisierungsanordnung für das Erreichen des Restrukturierungsziels zu berücksichtigen. 65 Die Verhältnismäßigkeitsprüfung erstreckt sich dabei auf jedes der maßgeblichen Antragsmerkmale, weshalb eine zwar in der Sache erforderliche Stabilisierungsanordnung dennoch unverhältnismäßig sein kann, wenn der Schuldner sie für einen zu langen Zeitraum (vgl. §§ 52, 53 StaRUG Rn. 25 ff.) beantragt. Eine „geltungserhaltende Reduktion“ durch das Gericht i. S. d. Anordnung für einen hinter dem Antrag zurückbleibenden Zeitraum kommt nicht in Betracht (vgl. §§ 32, 33 StaRUG Rn. 6). 66 Erforderlich ist die beantragte Stabilisierungsmaßnahme demnach, wenn und soweit ohne ihren Erlass die Erreichung des Restrukturierungsziels objektiv 302
§§ 49–51, 54, 56 Stabilisierungsanordnung (Vollstreckungs- und Verwertungssperre)
jedenfalls gefährdet erscheint. Eine konkrete Gefährdung ist weder in Bezug auf das Sanierungsziel noch in Bezug auf unmittelbar bevorstehende Vollstreckungs- oder Verwertungsmaßnahmen erforderlich, insbesondere bedarf der Nachweis der Erforderlichkeit nicht des Vortrages, dass konkrete Vollstreckungsmaßnahmen bereits angedroht sind. Die abstrakte Gefährdung des Restrukturierungsziels aus der objektiven Sicht eines verständigen und nach wirtschaftlich vernünftigen Maßstäben handelnden Schuldners reicht aus. Das maßgebliche Restrukturierungsziel ist nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG 67 im Restrukturierungskonzept konkret zu definieren (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 48). Der Restrukturierungsplan hat ausführlich die Ursachen der Krise zu erläutern und darzustellen, mit welchen Maßnahmen das Restrukturierungsziel der nachhaltigen Widerherstellung der Ertragsfähigkeit erreicht werden soll (vgl. § 6 StaRUG Rn. 7 ff.). Anhand dieser, dem Gericht mit der Anzeige der Restrukturierungssache vorzulegenden und mit dem Antrag auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung noch einmal zu aktualisierenden (§ 50 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG) Unterlagen soll das Gericht in die Lage versetzt werden, im Rahmen der vorzunehmenden Plausibilitätskontrolle (BT-Drucks. 19/24181, S. 155) die beantragte Maßnahme in das Verhältnis zum beschriebenen Restrukturierungsziel und des Grades seiner Gefährdung durch etwaige Vollstreckungsoder Verwertungsmaßnahmen eines Gläubigers zu setzen. Da es sich im Regelfall um eine Eilentscheidung handelt, ist die Erforderlichkeit 68 grundsätzlich zunächst zu unterstellen, soweit davon auszugehen ist, dass die Vollstreckungs- oder Verwertungsmaßnahme den ordnungsmäßigen betrieblichen Ablauf jedenfalls stören würde. Allerdings ist der Schuldner insoweit in der Bringschuld, als er den Bezug der 69 Stabilisierungsanordnung zu dem Restrukturierungskonzept und dessen Umsetzung darzustellen hat. Ergeben sich an einem Bezug und an möglichen Auswirkungen der Vollstreckung oder Verwertung durch einen Gläubiger auf die Erreichbarkeit des Restrukturierungsziels Zweifel, so erfordert die gebotene Verhältnismäßigkeitsprüfung eine entsprechend erhöhte Darlegungslast des Schuldners und greift die grundsätzliche Vermutung der Betroffenheit der betrieblichen Abläufe nicht. Soweit Stabilisierungsanordnungen gegen Gläubiger ergehen sollen, die nicht planbetroffen sind, spricht dies allein zwar nicht gegen den Erlass der Stabilisierungsanordnung, bedarf es aber doch einer plausiblen Begründung, weshalb die Rechte der von der Stabilisierungsanordnung zu erfassenden Gläubiger ungeachtet ihrer fehlenden Planbetroffenheit eine abstrakte Gefährdung des Restrukturierungsziels begründen können. Allein die ganz fernliegende Möglichkeit, dass diese sich zu einer Vertragskündigung veranlasst sehen könnten, ohne dass es hierfür belastbare Indizien gibt, jedenfalls dürfte nicht ausreichen, um in die Rechte dieser Gläubiger vorauseilend einzugreifen. Dann nämlich läge die Verhältnismäßigkeit allein in der Disposition des Schuldners, der durch seinen Antrag bestimmt, welche potenziellen Gläubigerrechte er als abstrakt gefährdend einstuft. Das aber
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
würde der Rolle des Gerichts und dem an dieses gerichteten Prüfungsauftrag nicht gerecht. bb) Vollständigkeit und Schlüssigkeit der Restrukturierungsplanung (§ 51 Abs. 1 Satz 1, 2 StaRUG) 70 Ferner dürfen Stabilisierungsanordnungen nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StaRUG nur ergehen, wenn die vom Schuldner vorgelegte Restrukturierungsplanung vollständig und schlüssig ist. Nach § 51 Abs. 1 Satz 2 StaRUG ist die Planung schlüssig, wenn nicht offensichtlich ist, dass sich das Restrukturierungsziel nicht auf Grundlage der in Aussicht genommenen Maßnahmen erreichen lässt. Auch hier kommt es daher auf die umfassende und schlüssige Darstellung des Restrukturierungskonzepts nach den vom BGH hierzu entwickelten Maßstäben an (vgl. § 6 StaRUG Rn. 7 ff.). 71 Hier ist das Gericht jedoch ebenso auf eine Plausibilitätsprüfung beschränkt und muss nicht in eine vollständige Sachprüfung des Restrukturierungskonzepts eintreten, wofür ggf. der Restrukturierungsbeauftragte als Sachverständiger zu bestellen wäre (BT-Drucks. 19/24181, S. 155). Das Gericht prüft daher lediglich, ob das Restrukturierungskonzept so vollständig ist, dass eine Plausibilitätskontrolle möglich ist, und ob sämtliche für den Antrag erforderlichen Unterlagen vollständig eingereicht wurden. Sodann prüft das Gericht, ob offenkundige Mängel vorliegen, die dem Erlass der Stabilisierungsanordnung entgegenstehen. Dies ist z. B. der Fall, wenn das bislang vorgelegte Restrukturierungskonzept bereits im Ansatz nicht den an ein solches Konzept zu stellenden Anforderungen genügt, also z. B. nicht von der Darstellung der Krisenursachen ausgeht, sondern z. B. lediglich Maßnahmen beschreibt, ohne dass deren Wirkungen und vor allem Rückwirkungen auf die Krisenursachen und damit die Beurteilung ihrer Eignung, die künftige Bestandsfähigkeit wiederherzustellen möglich wäre. 72 Die Schlüssigkeit der Restrukturierungsplanung umfasst auch die Richtigkeit und Plausibilität der Finanzplanung, die dem Antrag nach § 50 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG beizufügen ist (Rn. 48), da diese nicht nur eine für die Gewährleistung des Gläubigerschutzes wesentliche Funktion erfüllt, sondern darüber hinaus die Restrukturierungsplanung nur dann Aussicht auf Umsetzung hat und deshalb schlüssig ist, wenn die Liquidität des Schuldners jedenfalls für den zu erwartenden Zeitraum der Laufzeit des Verfahrens gewährleistet ist. Auch wenn das Zurückbleiben der vorgelegten Finanzplanung hinter den strengen Anforderungen des § 50 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG (Rn. 48) in der enumerativen Auflistung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 – 4 StaRUG (dazu Rn. 74 ff.) nicht ausdrücklich genannt ist, so folgt daraus nicht, dass Fehler in der Finanzplanung für den Erlass der Stabilisierungsanordnung unerheblich wären. Im Gegenteil: Diese sind bereits im Rahmen der Schlüssigkeit zu berücksichtigen, woraus folgt, dass insbesondere die Qualifizierung in § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StaRUG, wonach nur wesentliche Unrichtigkeiten maßgeblich sind, in Ansehung der Finanzplanung gerade nicht gilt und bereits einfache Fehler genügen. 304
§§ 49–51, 54, 56 Stabilisierungsanordnung (Vollstreckungs- und Verwertungssperre)
Weist das Konzept nach der Plausibilitätsprüfung des Gerichts zwar Mängel 73 auf, hält das Gericht die Mängel aber für behebbar, insbesondere weil nicht anzunehmen ist, dass diese darauf zurückzuführen sind, dass der Schuldner die Restrukturierungssache nicht im Gläubigerinteresse (§ 32 Abs. 1 StaRUG) betreibt oder nicht hinreichende Vorkehrungen getroffen hat, die Erfüllung seiner Verpflichtungen nach dem StaRUG (§ 31 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG) sicherzustellen, so kann das Gericht nach § 51 Abs. 1 Satz 3 StaRUG die Stabilisierungsanordnung vorläufig für einen Zeitraum von längstens 20 Tagen erlassen. Dem Schuldner ist in diesem Fall aufzugeben, die Mängel innerhalb dieser Frist zu beheben. Kommt der Schuldner dem nicht nach, enden die Wirkungen mit dem Ende der Anordnungsfrist; kommt der Schuldner der Anordnung nach und betrachtet das Gericht die Mängel als behoben, so kann eine Folgeanordnung nach § 52 StaRUG ergehen (vgl. §§ 52, 53 StaRUG Rn. 11). cc) Kein Vorliegen von Ausschlussgründen (§ 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – 3 StaRUG) Zu den positiven Anordnungsvoraussetzungen gehören auch die in § 51 Abs. 1 74 Nr. 1 – 3 StaRUG negativ formulierten Voraussetzungen, deren Vorliegen gerade nicht festgestellt werden darf. Positive Anordnungsvoraussetzung ist daher das Nichtvorliegen der dort genannten Gründe. Das Vorliegen dieser Gründe muss im Zeitpunkt der Anordnung zur Überzeugung des Gerichts feststehen, wie sich aus der Formulierung des § 51 Abs. 1 Satz 1 StaRUG ergibt. Bloße Mutmaßungen reichen nicht aus. Die Stabilisierungsanordnung dient der Aufrechterhaltung realistischer Sanie- 75 rungschancen und der des Erhalts der Erreichbarkeit eines ernsthaft verfolgten und möglichen Restrukturierungsziels. Aus diesem Grund darf eine Stabilisierungsanordnung nicht ergehen, wenn die Restrukturierungsplanung oder die im Antrag abzugebenden Erklärungen des Schuldners in wesentlichen Punkten auf unzutreffenden Tatsachen beruhen und der Schuldner sich aus diesem Grunde als nicht restrukturierungswürdig erweist (§ 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StaRUG). In wesentlichen Punkten auf Tatsachen beruht die Planung oder beruhen die Erklärungen des Schuldners, wenn und soweit der unzutreffend oder nicht vollständig dargestellte Umstand potenziell geeignet ist, auf die Beschlussfassung durch die Planbetroffenen oder die Bestätigungsfähigkeit des Restrukturierungsplans Einfluss zu nehmen. Hier ist ein besonders strenger Maßstab anzulegen, da die vom Schuldner geschuldete Transparenz ein hohes Gut im Verfahren ist, das es zu schützen gilt. Die Entscheidung darüber, welche Umstände wesentlich sind und welche nicht, kann nicht in die Hand des Schuldners gelegt und zu dessen Disposition gestellt werden. Aus diesem Grunde ist der Schuldner grundsätzlich gehalten, sämtliche Umstände zutreffend und vollständig darzulegen und deren Bewertung dem Gericht und den Planbetroffenen zu überlassen. Vorbehaltlich der Feststellung, dass es sich um völlig untergeordnete Gesichtspunkte handelt, ist daher davon auszugehen, dass jeder vom Schuldner unrichtig oder unvollständig dargestellte
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Umstand grundsätzlich und bei der gebotenen abstrakten Betrachtung das Potenzial hat, auf die Beschlussfassung durch die Planbetroffenen Einfluss zu nehmen und deshalb wesentlich ist. Auf ein Verschulden des Schuldners oder gar einen Vorsatz hinsichtlich der Unterdrückung von Umständen kommt es nicht an. 76 Außerdem ist der Erlass einer Stabilisierungsanordnung ausgeschlossen, wenn die Restrukturierung aussichtslos ist, weil keine Aussicht darauf besteht, dass ein das Restrukturierungskonzept umsetzender Plan von den Planbetroffenen angenommen oder vom Gericht bestätigt werden würde (§ 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StaRUG). Dies ist zunächst der Fall, wenn bereits im Rahmen der Plausibilitätsprüfung erkennbar ist, dass Bestätigungshindernisse im Sinne des § 63 StaRUG vorliegen und diese nicht behebbar sind. Ebenso kann sich die fehlende Umsetzbarkeit des Restrukturierungskonzepts aber auch aus der fehlenden Mitwirkungs- und Zustimmungsbereitschaft für den Planerfolg wesentlicher Gläubiger ergeben. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass Annahme- oder Bestätigungshindernisse offenkundig und zweifelsfrei vorliegen, also entscheidend ist, ob wesentliche Gläubiger, deren Zustimmung für die Umsetzung des Restrukturierungskonzepts erforderlich ist, ihre Mitwirkung bereits verbindlich abgelehnt haben. Dies kann dem Restrukturierungsgericht z. B. in Form von Schutzschriften zur Kenntnis gebracht worden sein. Dass mit wesentlichen Gläubigern noch Verhandlungen geführt werden, diese sich mitunter auch in einem schwierigen Stadium befinden können und der Gläubiger angekündigt hat, möglicherweise nicht zustimmen zu wollen, genügt nicht. Solange eine verbindliche Ablehnung noch nicht vorliegt, ist für Zwecke des Erlasses einer Stabilisierungsanordnung zu unterstellen, dass die Mitwirkung im Verhandlungswege potenziell noch erreichbar ist. 77 Zudem ist der Erlass einer Stabilisierungsanordnung ausgeschlossen, wenn der Schuldner nicht drohend zahlungsunfähig ist (§ 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StaRUG); dies gilt in beiden Richtungen: Weder darf die Stabilisierungsanordnung ergehen, wenn der Schuldner noch nicht drohend zahlungsunfähig ist, noch darf sie ergehen, wenn der Schuldner nicht mehr nur drohend zahlungsunfähig, sondern inzwischen bereits zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Das Gericht ist allerdings, anders als § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StaRUG vermuten lassen könnte, nicht verpflichtet, eine vollständige Zahlungsfähigkeitsprüfung des Schuldners durchzuführen. Langwierige Prüfungen sollen gerade vermieden werden. Der Ausschluss der Anordnung, wenn bestimmte Umstände bekannt sind, soll lediglich verhindern, dass das Gericht wider besseren Wissens eine Stabilisierungsmaßnahme anordnen muss, obwohl es Kenntnis von den betreffenden, in § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – 3 StaRUG geregelten Umständen hat (BT-Drucks. 19/24181, S. 155). Dies schließt die Kenntnis von der nicht lediglich vorliegenden drohenden Zahlungsunfähigkeit ein, ohne dass eine Amtspflicht zur Ermittlung bestünde.
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§§ 49–51, 54, 56 Stabilisierungsanordnung (Vollstreckungs- und Verwertungssperre)
d) Negative Anordnungsvoraussetzungen (Anordnungshindernisse) Neben den positiven, in § 51 Abs. 1 StaRUG genannten Anordnungsvoraus- 78 setzungen, enthält § 51 Abs. 2 StaRUG die Definition negativer Anordnungsvoraussetzungen, also die Beschreibung von Anordnungshindernissen. Nach § 51 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG darf eine Stabilisierungsanordnung grund- 79 sätzlich nicht ergehen, wenn Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass erhebliche Zahlungsrückstände gegenüber Lieferanten, Gläubigern mit Forderungen aus Arbeitsverhältnissen, Pensionszusagen, dem Steuerschuldverhältnis oder gegenüber Sozialversicherungsträgern bestehen. Solche Rückstände sind nämlich maßgebliches Indiz dafür, dass die Gläubigerinteressen bereits nachhaltig gefährdet bzw. nicht hinreichend gewürdigt wurden, was prima vista die Annahme rechtfertigt, dass der Schuldner das Verfahren möglicherweise ebenfalls nicht im Gläubigerinteresse betreibt. Dasselbe gilt für den in § 51 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG geregelten Fall, dass der Schuldner für mindestens eines der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre gegen die Offenlegungspflichten nach den §§ 325 – 328 oder nach § 339 HGB verstoßen hat. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die Anordnung einer Stabilisierungsmaßnahme für den Schuldner nicht einfacher zu erlangen sein soll als die Anordnung einer vorläufigen Eigenverwaltung (BT-Drucks. 19/24181, S. 155), die Höhe der Hürde für den Eingriff in Gläubigerrechte daher nicht zu einem die Auswahl des Verfahrens bestimmenden Kriterium werden darf. Die Ausschlussgründe des § 51 Abs. 2 StaRUG wirken jedoch nicht absolut, 80 sondern begründen lediglich die Umkehr des Regel-Ausnahme-Verhältnisses. Während die Stabilisierungsanordnung auf Antrag des Schuldners bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 49, 51 Abs. 1 StaRUG grundsätzlich in gebundener Entscheidung ergehen muss, ist der Erlass einer Stabilisierungsanordnung bei Vorliegen eines der Gründe des § 50 Abs. 2 StaRUG nicht absolut ausgeschlossen, aber an besondere Voraussetzungen geknüpft. Da es sich bei den in § 51 Abs. 2 StaRUG genannten Gründen um solche 81 handelt, die typisiert vermuten lassen, dass der Schuldner das Verfahren möglicherweise nicht (vornehmlich) im Gläubigerinteresse führt, steht ihm insoweit die Gegenglaubhaftmachung offen. Steht zur Überzeugung des Gerichts (BT-Drucks. 19/24181, S. 156) fest, dass der Schuldner trotz der in § 51 Abs. 2 StaRUG genannten Umstände bereit und in der Lage ist, das Verfahren im Gläubigerinteresse zu führen, so kann das Gericht die Stabilisierungsanordnung dennoch erlassen. Aus der gebundenen Entscheidung wird eine Ermessensentscheidung. Die Last der Darlegung und der Glaubhaftmachung zur Überzeugungsbildung 82 des Gerichts obliegt allein dem Schuldner. Das Gericht kann im Rahmen der Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens nur diejenigen Umstände zugrunde legen, die der Schuldner im Rahmen seines Antrages und in den diesem beizufügenden Unterlagen angibt. Andere, als die vom Schuldner dargelegten Umstände, kann und darf das Gericht nicht berücksichtigen, da 307
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
es ausweislich des Wortlautes des § 51 Abs. 2 Satz 1 StaRUG auf die Bereitschaft und die Fähigkeit des Schuldners ankommt, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubigergesamtheit auszurichten. Dann aber ist zu erwarten, dass der Schuldner die dafür nötigen Umstände entsprechend darzulegen bereit und in der Lage ist. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die Darlegung sämtlicher Umstände, die der Wahrung des Gläubigerinteresses dienen, Bestandteil des im gesamten Verfahren geltenden und dem Schuldner obliegenden Transparenzprinzips ist. Verstößt der Schuldner aber gegen das Transparenzgebot, weil er die aus seiner Sicht erforderlichen Umstände, welche die Erwartung bestätigen, dass er das Gläubigerinteresse zu wahren Willens und in der Lage ist, nicht unaufgefordert im Rahmen des Antrages darlegt, so begründet dies die abstrakte Gefahr, dass aus Gründen eines Transparenzdefizits die Gläubigerinteressen auch an anderer Stelle missachtet und dadurch ggf. gefährdet werden. Daraus folgt, dass das Gericht andere als die vom Schuldner selbst benannten Umstände seiner Entscheidung nicht zugrunde legen darf, weil es diesen anderenfalls von ihn im Gläubigerinteresse treffenden Obliegenheiten entlasten würde (ebenso Hölzle, in: Bieg/Borchardt/Frind, Unternehmenssanierung und Betriebsfortführung, S. 209). 83 Schließlich kommen dieselben Grundsätze zur Anwendung, unterliegt der Erlass der Stabilisierungsanordnung nach § 51 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 StaRUG nämlich einer am Gläubigerinteresse orientierten Ermessensentscheidung des Gerichts, wenn der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung bereits Vollstreckungs- oder Verwertungssperren gemäß § 49 Abs. 1 StaRUG in Anspruch genommen hat oder vorläufige Sicherungsanordnungen nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 5 InsO angeordnet worden waren. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Anlass dieser Stabilisierungs- oder Sicherungsanordnungen durch die nachhaltige Sanierung des Schuldners überwunden ist. § 51 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 StaRUG ist daher eine weitere Ausprägung des Grundsatzes „Eine Krise – Ein Verfahren!“ (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 106). Auch hierfür trägt der Schuldner die Last der Darlegung und Glaubhaftmachung. 5. Anhörung und Zustellung 84 Die Anhörung der von der Stabilisierungsanordnung betroffenen Gläubiger sieht das Gesetz nicht vor, weil es sich nach der Auffassung des Gesetzgebers um eine Eilmaßnahme handelt, die inhaltlich und funktional mit der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen im vorläufigen Insolvenzverfahren vergleichbar ist (BT-Drucks. 19/24181, S. 154). Der Schutz der Gläubiger wird dadurch bewirkt, dass diese die Möglichkeit haben, nach § 59 Abs. 2 StaRUG die Aufhebung zu beantragen, wenn sie einen der dort genannten Aufhebungsgründe glaubhaft machen können (§§ 58, 59 StaRUG Rn. 9). 85 Kenntnis erhalten die von der Stabilisierungsanordnung betroffenen Gläubiger durch die gemäß § 51 Abs. 4 Satz 1 StaRUG obligatorische Zustellung des Beschlusses. Die Übertragung der Vornahme der Zustellung auf den Schuldner 308
§§ 52, 53 Folgeanordnung, Neuanordnung, Anordnungsdauer
durch das Restrukturierungsgericht ist nicht zulässig (vgl. § 41 StaRUG Rn. 3). §§ 52, 53 Folgeanordnung, Neuanordnung, Anordnungsdauer § 52 Folgeanordnung, Neuanordnung Unter den Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 und 2 kann eine Stabilisierungsanordnung auf weitere Gläubiger erstreckt, inhaltlich erweitert oder zeitlich verlängert werden (Folgeanordnung) oder, sofern die Anordnungsdauer bereits überschritten ist, erneuert werden (Neuanordnung). § 53 Anordnungsdauer (1) Die Stabilisierungsanordnung kann für eine Dauer von bis zu drei Monaten ergehen. (2) 1Folge- oder Neuanordnungen können nur im Rahmen der Anordnungshöchstdauer nach Absatz 1 ergehen, es sei denn, 1. der Schuldner hat den Gläubigern ein Planangebot unterbreitet und 2. es sind keine Umstände bekannt, aus denen sich ergibt, dass mit einer Planannahme innerhalb eines Monats nicht zu rechnen ist. 2
In diesem Fall verlängert sich die Anordnungshöchstdauer um einen Monat und die Anordnung richtet sich ausschließlich gegen Planbetroffene.
(3) 1Hat der Schuldner die gerichtliche Bestätigung des von den Planbetroffenen angenommenen Restrukturierungsplans beantragt, können Folge- oder Neuanordnungen bis zur Rechtskraft der Planbestätigung, höchstens aber bis zum Ablauf von acht Monaten nach dem Erlass der Erstanordnung ergehen. 2Dies gilt nicht, wenn der Restrukturierungsplan offensichtlich nicht bestätigungsfähig ist. (4) Absatz 3 ist nicht anzuwenden, wenn der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten vor der ersten Inanspruchnahme von Instrumenten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union in das Inland verlegt wurde und keine öffentlichen Bekanntmachungen nach den §§ 84 bis 86 erfolgen. Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Anordnung grundsätzlich nur im Rahmen der Verhältnismäßigkeit
3.
und Änderung der zugrundeliegenden Verhältnisse ....................... 5 Folge- und Neuanordnung .......... 10
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
4.
a) Differenzierung zwischen Folge- und Neuanordnung ....................................... b) Prozessuale Einordnung ....... c) Formelle Antragsvoraussetzungen, Zustellung und Rechtsmittel .......................... Anordnungsdauer ........................ a) Regelmäßige Anordnungsdauer ...................................... b) Verlängerung bei Unterbreitung eines Planangebots (§ 53 Abs. 2 Satz 2 StaRUG) ................................
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20 25 25
aa) Voraussetzungen der Verlängerung ................. bb) Beschränkung der Regelungswirkung auf Planbetroffene ...................... c) Verlängerung nach Planannahme und Bestätigungsantrag (§ 53 Abs. 3 StaRUG) ... aa) Voraussetzungen der Verlängerung ................. bb) Beschränkung der Regelungswirkung auf Planbetroffene ......................
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1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 Bei dem Antrag auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung handelt es sich um eines der nach § 29 StaRUG vom Schuldner wahlweise in Anspruch zu nehmenden Instrumente des Stabilisierungsrahmens. Der Schuldner ist daher grundsätzlich frei darin, über die gegenständliche, die subjektive und die zeitliche Reichweite der begehrten Stabilisierungsanordnung im Rahmen seines nach § 50 Abs. 1 StaRUG zu stellenden Antrages zu disponieren. 2 Da es sich bei Erlass der Stabilisierungsanordnung aber um einen der wesentlichen verfahrensrechtlichen Eingriffe in die Rechte der Gläubiger handelt, unterliegt die Dispositionsbefugnis des Schuldners dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, was im Allgemeinen in § 49 Abs. 1 StaRUG dadurch zum Ausdruck kommt, dass der Erlass einer Stabilisierungsanordnung nur zulässig ist, soweit dies erforderlich ist, um die Aussichten auf die Verwirklichung des Restrukturierungsziels zu wahren. Konkretisiert wird das Erforderlichkeitskriterium dann noch einmal durch § 51 Abs. 1 Nr. 4 StaRUG durch die Bestimmung der Erforderlichkeit zu einer positiven Anordnungsvoraussetzung für den Erlass der Stabilisierungsanordnung (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 62). 3 Der Schuldner muss sich bei Stellung des Antrages daher sowohl gegenständlich als auch personell und in der zeitlichen Erstreckung in den Grenzen der Verhältnismäßigkeit bewegen, will er nicht die Zurückweisung des Antrages riskieren. Eine geltungserhaltende Reduktion des Antrages, d. h. eine Begrenzung der Anordnung auf das vom Gericht für zulässig gehaltene Maß, ist nicht zulässig (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 65; unten Rn. 6). Da es sich bei dem Restrukturierungsverfahren aber um einen dynamischen Prozess handelt, kann sich nach Stellung des Antrages die Sachlage jederzeit verändern, was die Anpassung der Stabilisierungsanordnung erfordern kann. Dem trägt § 59 StaRUG dadurch Rechnung, dass die Stabilisierungsanordnung jederzeit und auch in unbegrenzter Anzahl hintereinander durch Änderungs- oder Erweiterungsantrag des Schuldners in ihrer sachlichen, subjektiven oder zeitlichen Erstreckung erweitert oder ergänzt (selbstverständlich auch, ggf. teilweise, zurückgenommen, vgl. §§ 58, 59 StaRUG Rn. 11) werden kann. 310
§§ 52, 53 Folgeanordnung, Neuanordnung, Anordnungsdauer
In der zeitlichen Erstreckung setzt § 53 StaRUG zusätzliche Grenzen, da die 4 Höchstdauer der Stabilisierungsanordnung grundsätzlich auf denjenigen Zeitraum von drei Monaten beschränkt wird, den der Gesetzgeber auch im Schutzschirmverfahren nach § 270d InsO als für die Erstellung eines Insolvenzplans ausreichend ansieht (BT-Drucks. 19/24181, S. 156). Nur wenn das Planangebot den Gläubigern bereits unterbreitet und nicht anzunehmen ist, dass der Plan nicht innerhalb eines Monats angenommen wird, kann die maximale Anordnungsdauer um einen weiteren Monat verlängert werden, in dem sich die Anordnung dann aber nur noch gegen Planbetroffene richtet. Ist der Restrukturierungsplan durch die Planbetroffenen bereits angenommen und hat der Schuldner die gerichtliche Bestätigung beantragt, so ist eine Verlängerung Bis zur Höchstdauer von insgesamt acht Monaten seit dem Erlass der Erstanordnung möglich, um den Zeitraum eines möglichen Rechtsmittelverfahrens absichern zu können. 2. Anordnung grundsätzlich nur im Rahmen der Verhältnismäßigkeit und Änderung der zugrundeliegenden Verhältnisse Aus der Begrenzung des Rechts zum Eingriff in die Rechte der Gläubiger durch 5 eine Stabilisierungsanordnung, vor deren Erlass die Gläubiger nicht angehört werden (§§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 84), auf das nach dem Maßstab einer Verhältnismäßigkeitsprüfung erforderliche Maß, ist der Schuldner in seiner Dispositionsbefugnis eingeschränkt. Der Schuldner hat seinen Antrag nach § 50 Abs. 1 StaRUG nach dem Inhalt, 6 dem Adressatenkreis und der Dauer der begehrten Stabilisierungsanordnung substantiiert zu bezeichnen (§§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 36 f.). Das Gericht ist nicht befugt, eigene Zweckmäßigkeitserwägungen an die Stelle des Antrags des Schuldners zu setzen und auch nicht zu einer geltungserhaltenden Reduktion berechtigt, hält es den vom Schuldner gestellten Antrag für zu weitgehend. In diesem Fall ist, nach Erteilung eines entsprechenden Hinweises an den Schuldner und Gelegenheit, den Antrag einzugrenzen (§§ 38 Satz 1 StaRUG, 139 Abs. 3, 1 ZPO), die Zurückweisung des Antrages notwendige Folge. Da sich der Restrukturierungsprozess aber regelmäßig durch eine besondere 7 Dynamik auszeichnet, Wird es dem Schuldner häufig nicht möglich sein, im Zeitpunkt des Notwendigwerdens einer ersten Stabilisierungsanordnung abzusehen, in welchem Umfang diese hinsichtlich des Gegenstandes der Anordnung, des betroffenen Adressatenkreises und hinsichtlich ihrer zeitlichen Erstreckung im weiteren Verfahrensverlauf erforderlich werden kann. § 59 StaRUG stellt aus diesem Grunde klar, dass mit dem erstmaligen Antrag des Schuldners auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung kein Antragsverbrauch eintritt, sondern die Anordnung jederzeit, auch wiederholt auf weitere Gläubiger erstreckt, inhaltlich erweitert oder zeitlich verlängert werden kann. Ergänzungen oder Erweiterungen der Stabilisierungsanordnung können kumulativ und wiederholt beantragt – und vom Gericht erlassen – werden (BT-Drucks. 19/24181, S. 156).
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
8 Jeder Ergänzungs- und Erweiterungsantrag des Schuldners muss sich seinerseits an den tatbestandlichen Anforderungen und den Voraussetzungen für den Erlass einer Stabilisierungsanordnung messen lassen, unterliegt daher seinerseits auch der erneuten Erforderlichkeits- und damit vor allem auch der erneuten Verhältnismäßigkeitsprüfung, wie § 52 StaRUG durch den Verweis auf § 51 Abs. 1, 2 StaRUG deutlich herausstellt. 9 Zudem ist die Zulässigkeit der jederzeitigen Erweiterung und Ergänzung der Stabilisierungsanordnung durch § 53 StaRUG als typisierter Verhältnismäßigkeitsschranke in der zeitlichen Erstreckung begrenzt. Grundsätzlich ist die Erweiterung oder Ergänzung von Stabilisierungsanordnungen nach § 53 Abs. 1 StaRUG nur innerhalb eines Höchstzeitraums von drei Monaten seit Erlass der Erstanordnung zulässig, soweit sich nicht aus § 53 Abs. 2, 3 StaRUG etwas anderes ergibt. 3. Folge- und Neuanordnung a) Differenzierung zwischen Folge- und Neuanordnung 10 § 59 StaRUG unterscheidet terminologisch zwischen der Folgeanordnung und der Neuanordnung. 11 Folgeanordnung ist danach eine solche, die innerhalb der noch gültigen Anordnungsdauer einer vorangegangenen Anordnung ergeht, wobei unerheblich ist, ob es sich um die ursprüngliche Anordnungsdauer der Erstanordnung, oder eine bereits durch frühere Folgeanordnung erweiterte Anordnungsdauer handelt. Auch mehrere innerhalb der jeweiligen Anordnungsdauer beantragte und erlassene Anordnungen sind daher Folgeanordnungen im Sinne des Gesetzes. 12 War die Anordnungsdauer der letzten vorangegangenen, bzw. derjenigen vorangegangenen Anordnung mit der weitesten zeitlichen Erstreckung bei Erlass der beantragten weiteren Anordnung bereits abgelaufen, so handelt es sich terminologisch nicht um eine Folge-, sondern um eine Neuanordnung. 13 Maßgeblich für die Einordnung als Folge- oder Neuanordnung ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. War die vorangegangene Anordnungsdauer im Zeitpunkt der Entscheidung bereits abgelaufen, handelt es sich um eine Neuanordnung. Auf den Zeitpunkt des Eingangs des Antrages kommt es insoweit nicht an. Hat der Schuldner den Antrag als Antrag auf Erlass einer Folgeanordnung gestellt und läuft die vorangegangene Anordnungsdauer vor der Entscheidung des Gerichts ab, so ist der Antrag entsprechend auszulegen und als Antrag auf Erlass einer Neuanordnung zu behandeln, da es allein auf den durch den Antrag dokumentierten Willen des Schuldners ankommt (vgl. Musielak, in: Musielak/Voit, ZPO, § 308 Rn. 3). 14 Unterschiedliche tatbestandliche Anforderungen, Voraussetzungen oder Rechtsfolgen ergeben sich aus der Differenzierung zwischen Folge- und Neu-
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§§ 52, 53 Folgeanordnung, Neuanordnung, Anordnungsdauer
anordnungen nicht. Auch prozessual ist eine unterschiedliche Behandlung nicht geboten. b) Prozessuale Einordnung Die Erstanordnung ergeht gemäß § 51 Abs. 5 Satz 1 StaRUG durch Beschluss 15 (§§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 32). Für Folge- und Neuanordnungen trifft das Gesetz keine ausdrückliche Regelung, was allerdings auch entbehrlich ist. Nach § 38 Satz 1 StaRUG findet, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, 16 die ZPO ergänzend Anwendung. In entsprechender Anwendung des § 329 ZPO finden auf Beschlüsse die Bestimmungen über Urteile Anwendung, wenn und soweit die Ähnlichkeit zwischen dem Urteil und dem Beschluss die analoge Anwendung rechtfertigt (Musielak, in: MünchKomm-ZPO, § 329 Rn. 14). Dies gilt zunächst für die entsprechende Anwendung des § 308 ZPO, wonach das Gericht nicht befugt ist, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Das Gericht darf daher über die Reichweite der vom Schuldner beantragten Stabilisierungsanordnung nicht hinausgehen. Gleichzeitig stellt das Gesetz mit § 52 StaRUG jedoch eine Möglichkeit zur 17 jederzeitigen Antragsänderung und damit eine Konkretisierung des Rechts zur Antragsänderung nach §§ 263, 264 ZPO zur Verfügung, wobei auch die gegenständliche oder nach dem Adressatenkreis subjektive Erweiterung des Antrages als anerkannt sachdienliche Änderung jederzeit zulässig ist. Dass es sich sowohl bei der Folge- als auch bei der Neuanordnung um eine Änderung bzw. Ergänzung des ursprünglichen Beschlusses handelt, folgt zunächst bereits aus dem Wortlaut des § 52 StaRUG, wonach „eine“ Stabilisierungsanordnung erweitert oder – war die Anordnungsdauer bereits überschritten – erneuert werden kann. Vor allem auch die Erneuerung der Stabilisierungsanordnung nimmt daher auf den ursprünglichen Anordnungsbeschluss Bezug. Hinzukommt, dass § 52 StaRUG als Zulässigkeitsvoraussetzung für den Erlass einer Folge- oder Neuanordnung lediglich auf § 51 Abs. 1, 2 StaRUG und insbesondere nicht auch auf die besonderen Antragsvoraussetzungen des § 50 StaRUG und die Möglichkeit für das Gericht, eine Frist zur Vorlage des Restrukturierungsplans nach § 51 Abs. 3 StaRUG zu setzen, Bezug nimmt. Für den Erlass einer begehrten Folge- oder Neuanordnung muss der Schuldner daher grundsätzlich nicht die vollständigen Antragsvoraussetzungen des § 50 StaRUG, insbesondere nicht die des § 50 Abs. 2 StaRUG erfüllen (siehe dazu aber Rn. 20 ff.). Dies rechtfertigt sich nur daraus, dass es sich auch bei der Neuanordnung lediglich um eine Ergänzung des ursprünglichen Beschlusses in seiner zeitlichen Erstreckung handelt, auch wenn zwischenzeitlich wegen abgelaufener Anordnungsdauer der vorangegangenen Anordnung und noch nicht erfolgtem Erlass der weiteren Anordnung der Beschluss keine Wirkung entfaltet hat. Schließlich rechtfertigt sich die einheitliche Betrachtung der Anordnungs- 18 höchstdauer nach § 53 Abs. 1 StaRUG unter Bezugnahme auf den Zeitpunkt
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des Erlasses der Erstanordnung (siehe Rn. 13) ebenfalls daraus, dass es sich insgesamt um einen einheitlichen Beschluss handelt, dessen Wirkung jeweils erweitert werden kann, wobei auch diejenigen Zeiträume berücksichtigt werden, in denen es an einer Anordnungswirkung fehlt. Anderenfalls nämlich wäre der Wortlaut des § 53 Abs. 1 StaRUG, wonach eine Stabilisierungsanordnung für die Dauer von bis zu drei Monaten ergehen kann, indifferent, weil während des Zeitraums fehlender Anordnungswirkung zwischen einer vorangegangenen und der Neuanordnung keine Stabilisierungsanordnung „ergangen“ und deshalb die Auslegung eröffnet wäre, Zeiträume fehlender Anordnungswirkung gerade nicht zu berücksichtigen. Dies aber würde gegen den ausdrücklich bekundeten Willen des Gesetzgebers verstoßen, sich an dem für die Erstellung eines Insolvenzplans nach § 270d InsO als ausreichend betrachteten Zeitraums zu orientieren (BT-Drucks. 19/24181, S. 156). 19 Bei jeder Folge- und Neuanordnung handelt es sich daher um eine Änderung jeweils des Beschlusses nach § 51 Abs. 5 Satz 1 StaRUG, mit dem die Erstanordnung ergangen war. Dies sollte durch das Restrukturierungsgericht in der Beschlussformel deutlich zum Ausdruck gebracht und der Zeitpunkt des Erlasses der Erstanordnung genannt werden, um jedem betroffenen Gläubiger transparent die rechtlichen Wirkungen insbesondere hinsichtlich des Anordnungshöchstzeitraums nach § 53 Abs. 1 StaRUG und der sich daraus ergebenden Folgen, insbesondere auch nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StaRUG vor Augen zu führen. c) Formelle Antragsvoraussetzungen, Zustellung und Rechtsmittel 20 Obwohl in § 52 StaRUG nicht ausdrücklich klargestellt und dort auch nicht auf § 50 StaRUG verwiesen ist, folgt aus § 38 Satz 1 StaRUG, §§ 329, 308 ZPO, dass Folge- und Neuanordnungen nur auf Antrag des Schuldners ergehen dürfen. 21 Der Antrag bedarf wegen des fehlenden Verweises auf diese Norm grundsätzlich nicht der Form des § 50 StaRUG, insbesondere nicht der Beifügung der dort in Abs. 2 genannten Unterlagen. Dass der Antrag dennoch nicht formlos möglich ist, folgt aus § 38 Satz 1 StaRUG i. V. m. §§ 329, 261 Abs. 2 ZPO analog (vgl. Rn. 16), weil auch die Änderung oder Erweiterung des ursprünglichen Antrages gemäß §§ 263, 264 ZPO nach § 261 Abs. 2 ZPO in der Form des § 253 Abs. 2 ZPO zu erfolgen hat (Becker-Eberhard, in: MünchKomm-ZPO, § 263 Rn. 26). 22 Analog § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (i. V. m. § 38 Satz 1 StaRUG, § 329 ZPO) muss daher der Gegenstand der begehrten Folge- oder Neuanordnung sowie der Grund angegeben werden. Die Angabe des Grundes hat sich dabei an den Anordnungsvoraussetzungen des § 51 Abs. 1, 2 StaRUG zu orientieren und abermals zur Erforderlichkeit im Allgemeinen und zur Erfüllung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Besonderen auszuführen. Dem Gericht sind daher mit dem Antrag unabhängig von § 50 Abs. 2 StaRUG sämtliche Infor-
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mationen zu übermitteln, derer es für die Beurteilung der Erlassvoraussetzungen bedarf. § 52 StaRUG verweist nicht auch auf § 51 Abs. 4, 5 StaRUG. Daraus allerdings 23 kann nicht geschlossen werden, dass die Folge- oder Neuanordnung nicht den Gläubigern, die von ihr betroffen sind, zuzustellen wäre. Die Zustellungspflicht folgt vielmehr daraus, dass es sich bei der Folge- und der Neuanordnung lediglich um eine Änderung des ursprünglichen Beschlusses handelt, weshalb die Verpflichtung zur Zustellung nach § 51 Abs. 4 StaRUG aus dieser Norm unmittelbar folgt. Darüber hinaus gilt auch nach allgemeinen Grundsätzen, dass insbesondere Beschlüsse, die einen vollstreckungsfähigen Titel bilden, und diesen ähnliche Beschlüsse zuzustellen sind (vgl. Musielak, in: Musielak/Voit, ZPO, § 329 Rn. 9). Da es sich bei der Stabilisierungsanordnung um eine dem § 765a ZPO vergleichbare Maßnahme des Vollstreckungsschutzes handelt, sind die hiervon betroffenen Gläubiger durch Zustellung hierüber in Kenntnis zu setzen. Aus denselben Gründen ist für den Schuldner im Falle der Zurückweisung des 24 Antrages auf Erlass einer Folge- oder Neuanordnung auch das Beschwerderecht nach § 51 Abs. 5 Satz 2 StaRUG unmittelbar eröffnet, da die Rechtsschutzmöglichkeiten, die für den Ursprungsbeschluss eröffnet sind, auch auf die Änderung oder Ergänzung dieses Beschlusses unmittelbare Anwendung finden. Einer Analogie bedarf es nicht. 4. Anordnungsdauer a) Regelmäßige Anordnungsdauer Der Erlass einer Stabilisierungsanordnung einschließlich sämtlicher Folge- und 25 Neuanordnungen ist nach § 53 Abs. 1, 2 Satz 1 StaRUG auf die Anordnungshöchstdauer von drei Monaten beschränkt. Maßgeblich für die Berechnung der Anordnungshöchstdauer von drei Monaten 26 ist freilich nicht der Eingang des erstmaligen Anordnungsantrages bei Gericht, sondern der Zeitpunkt des Erlasses der Erstanordnung durch das Restrukturierungsgericht. Auf die Zustellung der Erstanordnung bei den hiervon betroffenen Gläubigern 27 nach § 51 Abs. 4 Satz 1 StaRUG kommt es demgegenüber nicht an, weil für diese eine Beschwerdefrist durch die Zustellung nicht in Gang gesetzt wird, sondern die Zustellung allein der Möglichkeit der Kenntnisnahme der betroffenen Gläubiger von der Stabilisierungsanordnung und damit der Rechtsklarheit dient. In diesem Sinne hat auch der BGH (NJW 1957, 1480; vgl. auch BGH, NJW 2005, 3724) für bestimmte Beschlüsse des Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrechts unlängst entschieden, dass diese abweichend von dem Grundsatz, dass ein Beschluss, für den das Gesetz die Zustellung vorschreibt, auch erst mit der Zustellung jedenfalls gegenüber einer betroffenen Partei wirksam wird (vgl. Musielak, in: Musielak/Voit, ZPO, § 329 Rn. 7, 9), bereits in dem
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Zeitpunkt wirksam werden, zu dem sie erlassen und damit existent sind. Dies gilt insbesondere für allgemeine Verfügungsverbote (BGHZ 133, 307) und ist demgemäß auch auf das mit der Stabilisierungsanordnung ergehende Vollstreckungs- oder Verwertungsverbot zu übertragen. 28 Das Gericht sollte daher in der Erstanordnung den Erlasszeitpunkt konkret bezeichnen und hierauf in sämtlichen Folge- und Neuanordnungen ausdrücklich Bezug nehmen. 29 Nach § 38 Satz 1 StaRUG i. V. m. § 222 Abs. 1 ZPO erfolgt die Berechnung der dreimonatigen Höchstdauer nach §§ 186 – 188 BGB. § 191 BGB findet keine Anwendung, da ungeachtet zwischenzeitlicher Zeiträume fehlender Anordnungswirkung der Dreimonats-Zeitraum stets ein zusammenhängender Zeitraum ist und nicht lediglich die Zeiträume der Anordnungswirkung zusammengerechnet werden. 30 Überschreitet die vom Schuldner beantragte Anordnungsdauer einer Erst-, Folge- oder Neuanordnung die Anordnungsdauer, so ist der Antrag nach entsprechendem Hinweis an den Schuldner gemäß § 38 Satz 1 StaRUG, § 139 Abs. 3, 1 ZPO und Gelegenheit zur Beschränkung des Antrages auf einen zulässigen Zeitraum zurückzuweisen. Der Erlass unter Abweichung von dem Antrag lediglich für den verbleibenden Anordnungszeitraum ist nicht möglich und unzulässig (Rn. 6). b) Verlängerung bei Unterbreitung eines Planangebots (§ 53 Abs. 2 Satz 2 StaRUG) aa) Voraussetzungen der Verlängerung 31 Hat der Schuldner den planbetroffenen Gläubigern bereits ein Planangebot unterbreitet, also die vom Gesetzgeber typisiert für ausreichend erachtete Höchstfrist von drei Monaten für die Erstellung und Übermittlung des Plans an die Gläubiger genutzt, so sollen aussichtsreiche Sanierungsvorhaben, die lediglich noch der Planannahme bedürfen, nicht dadurch gefährdet werden, dass während der Phase der Planerörterung und -abstimmung Stabilisierungsanordnungen enden und ausgesetzte Vollstreckungs- und Verwertungsmöglichkeiten wieder aufleben (BT-Drucks. 19/24181, 157). 32 § 53 Abs. 2 Satz 2 StaRUG sieht daher vor, dass sich in dem in § 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2 StaRUG vorbehaltenen Ausnahmefall die Anordnungshöchstdauer um einen Monat auf insgesamt vier Monate seit Erlass der Erstanordnung verlängert. Dadurch wird die Dauer des Erörterungs- und Abstimmungsverfahrens mit typisiert längstens einem Monat seit Unterbreitung des Planangebots an die Planbetroffenen typisiert, was angesichts der Mindestannahmefrist des § 19 StaRUG und der damit korrespondierenden, alternativen Ladungsfrist der §§ 20 Abs. 1 Satz 3, 45 Abs. 1 Satz 2 StaRUG auch angemessen erscheint. Würde es an einer solchen Verlängerungsmöglichkeit fehlen, würde die dem Schuldner zur Verfügung stehende angemessene Zeit zur Erarbeitung, Verhand-
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lung und Vorlage des Restrukturierungsplans unangemessen um denjenigen Zeitraum verkürzt, der für die Erörterung und Abstimmung des Plans erforderlich ist. Im Umkehrschluss folgt daraus und aus einem argumentum e contrario § 53 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StaRUG, dass die Verlängerung der Anordnung auf die Höchstdauer von vier Monaten ausscheidet, wenn der Schuldner das Planangebot bereits bis zu einem Monat vor Ablauf der Regelanordnungsdauer des § 53 Abs. 1 StaRUG unterbreitet hat. Als Eingriff in die Rechte der Gläubiger unterliegt der Erlass einer Stabilisierungsanordnung in besonderem Maße der Berücksichtigung der Gläubigerinteressen und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Ist das Planangebot aber bereits unterbreitet, steht der Abschluss des Restrukturierungsverfahrens daher innerhalb der für die Erörterung und Abstimmung über den Plan erforderlichen Zeit unmittelbar bevor, so fehlt es an einer Legitimation für zeitlich darüber hinausgehende Eingriffe in die Rechte der Gläubiger. § 53 Abs. 2 Satz 2 StaRUG dient dem Schutz des Schuldners, dem die nötige Zeit zur sachgerechten Erstellung des Plans und konstruktiven Verhandlungen mit den Gläubigern eingeräumt werden soll. Bringt der Schuldner durch Vorlage des Plans zum Ausdruck, dass er dieser Zeit nicht (weiter) bedarf, so ist die Ausdehnung des Eingriffs in die Rechte der Gläubiger nicht länger gerechtfertigt. § 53 Abs. 2 Satz 2 StaRUG ist insoweit teleologisch zu reduzieren. Ungeachtet dieser Ausnahme ist allgemeine Voraussetzung für die Verlänge- 34 rung der Anordnungshöchstdauer, dass der Schuldner den Gläubigern ein Planangebot unterbreitet hat (§ 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StaRUG) und keine Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass mit einer Planannahme innerhalb eines Monats nicht zu rechnen ist (§ 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StaRUG). Unterbreitet ist das Planangebot den Gläubigern, wenn dieses entweder nach 35 § 17 Abs. 4 StaRUG wirksam zugegangen ist (§§ 17 – 19, 23 StaRUG Rn. 29), eine Planbetroffenenversammlung nach § 20 Abs. 1 StaRUG wirksam einberufen ist (§ 20 StaRUG Rn. 12) oder die Gläubiger nach § 45 Abs. 3 StaRUG wirksam zu einem Erörterungs- und Abstimmungstermin geladen (vgl. § 45 StaRUG Rn. 10) sind. Der Antrag auf Durchführung eines Erörterungs- und Abstimmungstermins allein genügt nicht, da anderenfalls die Anordnungshöchstdauer um die für die Prüfung des Antrages und die Zustellung nötige Zeit unzulässig verlängert würde. Neben der Unterbreitung des Planangebots dürfen kumulativ keine Umstände 36 bekannt sein, die erwarten lassen, dass mit der Planannahme nicht innerhalb eines Monats zu rechnen ist. Hierbei kann es sich um tatsächliche wie auch um rechtliche Umstände handeln. Dies bedeutet, dass auch eine Prognose über die Wahrscheinlichkeit der Annahme des Plans nach Maßgabe der erforderlichen Mehrheiten gemäß §§ 25 ff. StaRUG getroffen werden muss. Sind Umstände bekannt, aus denen darauf zu schließen ist, dass der Plan keine Aussicht darauf hat, mit den erforderlichen Mehrheiten angenommen zu
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
werden, so entfällt die Legitimation für den Eingriff in die Rechte der Gläubiger, weshalb eine Verlängerung der Stabilisierungsanordnung in diesem Fall ausscheidet. 37 Aus der Formulierung, „sind keine Umstände bekannt“, folgt jedoch, dass das Gericht nicht zur Amtsermittlung verpflichtet ist, sondern nur im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag bekannte Umstände zugrunde legen darf und muss. Bekannt sein können die Umstände aus Mitteilungen von Gläubigern, Berichten des Restrukturierungsbeauftragten oder aus der obligatorischen Aktualisierung des Berichts über den Verhandlungsstand mit den Gläubigern durch den Schuldner selbst. 38 Da die Versagung der Verlängerung der Stabilisierungsanordnung allerdings nicht zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden darf, sind insbesondere an Umstände, aus denen darauf geschlossen wird, dass der Plan nicht mit den erforderlichen Mehrheiten angenommen werden wird, strenge Anforderungen zu stellen, da das Abstimmungsergebnis nicht im Rahmen der Entscheidung über eine Folge- oder Neuanordnung vorweggenommen werden darf. Es reicht daher nicht die überwiegende Wahrscheinlichkeit der Nichtannahme des Plans aus, sondern es ist eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit zu verlangen. 39 Der Antrag auf Erlass einer Erst-, Folge- oder Neuanordnung, die die Regelanordnungsdauer von drei Monaten um bis zu einen Monat überschreitet, ist erst dann zulässig möglich, wenn die Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2 StaRUG vorliegen. Der Antrag unter Hinweis darauf, dass die Voraussetzungen innerhalb der Regelhöchstdauer erfüllt werden und ein etwa darauf bedingter Antrag auf Erlass der Anordnung ist nicht zulässig. Vielmehr ist der Schuldner gehalten, in diesem Fall erst nach Eintritt der Voraussetzungen für die Verlängerung der Anordnungshöchstdauer einen entsprechenden Antrag auf Erlass einer Folge- oder Neuanordnung zu stellen. bb) Beschränkung der Regelungswirkung auf Planbetroffene 40 Da der Schuldner mit der Unterbreitung des Planangebots konkretisiert hat, welche Forderung in den Plan einbezogen werden sollen, richtet sich die Stabilisierungsanordnung im Verlängerungszeitraum nur noch gegen Planbetroffene (BT-Drucks. 19/24181, S. 157). Dies ist sachgerecht, weil der Schuldner mit Bestätigung und Inkrafttreten des Restrukturierungsplans (vgl. § 67 StaRUG Rn. 3) ohnehin gehalten ist, seine Verpflichtungen gegenüber nicht planbetroffenen Gläubigern uneingeschränkt zu erfüllen. Ist er dazu nicht in der Lage, fehlt es an einem schlüssigen Restrukturierungskonzept und an der berechtigten Aussicht, durch den Restrukturierungsplan die nachhaltige Bestandsfähigkeit des Schuldners wiederherzustellen oder zu sichern, was einen Versagungsgrund für die Planbestätigung gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG darstellt (vgl. § 63 StaRUG Rn. 20). Da dies aber nach § 59 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG i. V. m. § 33 Abs. 2 StaRUG einen Aufhebungsgrund für die Stabilisierungs-
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anordnung insgesamt darstellte, fehlt es an einer Rechtfertigung dafür, im Verlängerungszeitraum die Stabilisierungsanordnung auch gegen nicht Planbetroffene weiterwirken zu lassen. Die Beschränkung der Wirkung auf Planbetroffene folgt unmittelbar aus dem 41 Gesetz und ist unabhängig von einer entsprechenden Beschränkungsanordnung im Beschluss. Wird eine für den Regelanordnungszeitraum erlassene Stabilisierungsanordnung lediglich verlängert, so verliert diese im Verlängerungszeitraum nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StaRUG für nicht planbetroffene Gläubiger ipso iure ihre Regelungswirkung. Gleichermaßen ist der Schuldner, der im Rahmen des Antrages auf Erlass einer 42 Folgeanordnung, die z. B. lediglich die zeitliche Erweiterung umfasst, nicht gehalten, den Antrag zugleich im Adressatenkreis zu beschränken. Demgegenüber ist ein Antrag des Schuldners innerhalb des Verlängerungszeitraums oder für diesen Zeitraum auf (erstmalige) Erweiterung des Adressatenkreises auch auf Adressaten außerhalb des Kreises der Planbetroffenen unzulässig; ein solcher Antrag wäre zurückzuweisen. Aus Gründen der Rechtsklarheit bietet sich an, dass das Gericht bei Erlass 43 einer Stabilisierungsanordnung im bzw. für den Verlängerungszeitraum auf die subjektiv beschränkte Regelungswirkung allein gegenüber Planbetroffenen ausdrücklich hinweist. Wirksamkeitsbedingung für den Beschluss ist dies freilich nicht. Ergibt sich die beschränkte Regelungswirkung allerdings nicht aus dem Beschluss, so ist den vormals von einer Stabilisierungsanordnung betroffenen Gläubigern, die nicht auch Planbetroffene und deshalb von der Stabilisierungsanordnung nicht länger erfasst sind, analog § 59 Abs. 2 StaRUG ein Antragsrecht auf Erlass eines deklaratorischen Klarstellungsbeschlusses einzuräumen, durch welchen der Rechtsschein der Fortgeltung der Stabilisierungsanordnung auch ihnen gegenüber beseitigt wird. c) Verlängerung nach Planannahme und Bestätigungsantrag (§ 53 Abs. 3 StaRUG) aa) Voraussetzungen der Verlängerung Ist der Restrukturierungsplan von den Planbetroffenen mit den nach §§ 25 ff. 44 StaRUG erforderlichen Mehrheiten bereits angenommen worden und hat der Schuldner die gerichtliche Planbestätigung nach §§ 29 Abs. 2 Nr. 4, 60 StaRUG beantragt, so verlängert sich die mögliche Anordnungshöchstdauer für eine Erst-, Folge- oder Neuanordnung bis zur Rechtskraft des den Restrukturierungsplan bestätigenden Beschlusses, längstens aber für die Zeit von bis zu acht Monaten seit dem Zeitpunkt des Erlasses der Erstanordnung. Erforderlich ist die Annahme mit den nötigen Mehrheiten nach §§ 25 ff. StaRUG und der Eingang eines zulässigen Bestätigungsantrages bei Gericht; die bereits erfolgte Befassung des Gerichts mit dem Bestätigungsantrag ist nicht erforderlich. Ist bislang keine Erstanordnung ergangen und ergibt sich die Notwendigkeit 45 für den Antrag auf Erlass einer Erstanordnung erst nach Annahme des Plans 319
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
durch die Planbetroffenen und Beantragung der gerichtlichen Bestätigung, so gilt die Höchstfrist von bis zu acht Monaten auch für die Erstanordnung. Die in der Annahme des Restrukturierungsplans und damit in der Billigung des Restrukturierungskonzepts durch die betroffenen Gläubiger liegende Rechtfertigung der Verlängerung der Anordnungshöchstdauer (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 157) gilt für den Erlass einer Erstanordnung in derselben Weise wie für den Erlass einer Folge- oder Neuanordnung. Hinzu kommt, dass es sich bei Folge- und Neuanordnungen lediglich um Änderungen des Ursprungsbeschlusses handelt (vgl. Rn. 15 ff.), aber nicht erkennbar ist, weshalb ein Änderungsbeschluss noch sollte ergehen dürfen, während dasselbe nicht aber auch für den Grundlagenbeschluss gelten soll. 46 Im Übrigen erfolgt die Verlängerung nach § 53 Abs. 3 Satz 2 StaRUG nur, soweit der Restrukturierungsplan nicht offensichtlich nicht bestätigungsfähig ist. Dadurch nimmt das Gesetz Bezug auf die Bestätigungsvoraussetzungen nach § 63 StaRUG. 47 Für die Beschränkung einer möglichen Verlängerung nach § 53 Abs. 3 Satz 2 StaRUG gelten indes dieselben Einschränkung wie auch hinsichtlich des Vorliegens von „bekannten Umstände“ in § 53 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG, nämlich der Ausschluss des Amtsermittlungsgrundsatzes und die Notwendigkeit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit (vgl. Rn. 36). Die Ratio beider Vorschriften ist dieselbe. 48 Hinzu kommt, dass die Verlängerung der Anordnungshöchstdauer auf bis zu acht Monate gemäß § 53 Abs. 4 StaRUG nicht erfolgen kann, wenn der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners innerhalb der letzten drei Monate vor der ersten Inanspruchnahme von Instrumenten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union in das Inland verlegt wurde und keine öffentlichen Bekanntmachungen nach den §§ 84 – 86 StaRUG erfolgen. Mit dieser Vorschrift, die an Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 EuInsVO angelehnt ist, setzt der Gesetzgeber Art. 6 Abs. 8 Unterabs. 2 der Richtlinie (RL [EU] 2019/1023) um, wonach die Gesamtdauer der Aussetzung auf höchstens vier Monate begrenzt ist, wenn der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten vor Einreichung eines Antrages auf Eröffnung eines präventiven Restrukturierungsverfahrens in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verlegt wurde. bb) Beschränkung der Regelungswirkung auf Planbetroffene 49 Unbeantwortet gelassen haben das Gesetz und auch die Gesetzesbegründung die Frage, ob die subjektive Beschränkung des § 53 Abs. 2 Satz 2 StaRUG für die Verlängerung der Anordnungshöchstdauer nach Unterbreitung des Planangebotes lediglich auf die Planbetroffenen auch im Anwendungsbereich des § 53 Abs. 3 StaRUG nach Annahme des Plans und Beantragung der Planbestätigung gilt. Der Wortlaut des Gesetzes scheint in dieser Zeit auch die Ver-
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§ 57 Haftung der Organe
längerung einer Stabilisierungsanordnung gegenüber nicht planbetroffenen Gläubigern zuzulassen. Dies würde zu der merkwürdigen Konsequenz führen, dass in den ersten drei Monaten bis zur Planvorlage die Stabilisierungsanordnung gegenüber sämtlichen Gläubigern ergehen darf. Im 4. Monat bis zur Planannahme würde sie sich sodann nur auf Planbetroffene erstrecken, um sich im 5. bis 8. Monat bis zur Rechtskraft der Planbestätigung wieder auf alle Gläubiger zu erstrecken. Dies ist offenkundig nicht gewollt. Auch die Ratio der Beschränkung der Regelungswirkung auf Planbetroffene 50 nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StaRUG (Rn. 40) greift im Fall der Verlängerung nach § 53 Abs. 3 StaRUG uneingeschränkt. Auch hier wäre der Plan offenkundig nicht bestätigungsfähig, weil ein Bestätigungshindernis nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG vorliegt, ist der Schuldner nicht in der Lage, seine Verpflichtungen gegenüber den nicht planbetroffenen Gläubigern zu erfüllen. Aber nur wenn deren Rechte bei Fälligkeit nicht erfüllt werden sollen, bedürfte es einer Stabilisierungsanordnung in Bezug auf die nicht planbetroffenen Gläubiger. Der Restrukturierungsplan hat daher nur dann Aussicht auf Bestätigung, wenn die Rechte der nicht Planbetroffenen ordnungsgemäß bei Fälligkeit erfüllt werden, weshalb die Beschränkung des Adressatenkreises nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StaRUG im Rahmen der Verlängerung nach § 53 Abs. 3 StaRUG analoge Anwendung findet. § 57 Haftung der Organe 1
Handelt es sich bei dem Schuldner um eine juristische Person oder um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit im Sinne des § 15a Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 der Insolvenzordnung und erwirkt er aufgrund vorsätzlich oder fahrlässig unrichtiger Angaben eine Stabilisierungsanordnung, ist der Geschäftsleiter den davon betroffenen Gläubigern zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese durch die Anordnung erleiden. 2Dies gilt nicht, wenn ihn kein Verschulden trifft. 3Die Sätze 1 und 2 gelten auch für den Ersatz des Schadens, der einem Gläubiger aus einer nicht ordnungsgemäßen Auskehrung oder Verwahrung der Erlöse nach § 54 Absatz 2 entsteht. 4Für Ansprüche nach den Sätzen 1 und 3 gilt § 43 Absatz 3 entsprechend. Übersicht 1. 2. 3. 4. 5.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Haftungsanordnung ....................... 4 Unrichtige Tatsachen ................... 11 Schaden ......................................... 16 Verschulden und Anspruchsgegner ............................................ 19
6.
7.
Verstoß gegen die Separationspflicht [Fehlen unechter Restrukturierungskreditvereinbarung] (§ 57 Satz 3 StaRUG) .................. 23 Verjährung .................................... 30
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 Stabilisierungsanordnungen dürfen nur ergehen, soweit der Eingriff in die Rechte der hiervon betroffenen Gläubiger verhältnismäßig ist, was danach zu beurteilen ist, ob ihr Erlass für das Erreichen des Restrukturierungsziels erforderlich ist (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 62). Die für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit erforderlichen Umstände hat der Schuldner dem Restrukturierungsgericht zu offenbaren. Ist der Schuldner in einer haftungsbeschränkenden Rechtsform verfasst, so haften die Organe des Schuldners diesem zwar im Innenverhältnis nach der allgemeinen Legalitätspflicht (vgl. § 43 StaRUG Rn. 4) für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen; mit einem Anspruch allein gegen den Restrukturierungsschuldner ist den von einer unrechtmäßig erlangten Stabilisierungsanordnung betroffenen Gläubigern aber regelmäßig nicht gedient, da die Vermögensinteressen in Ansehung des Schuldners bereits gefährdet und etwaige Schadensersatzansprüche möglicherweise nicht mehr durchsetzbar sind. 2 Aus diesem Grunde statuiert § 57 StaRUG im Rahmen einer Außenhaftung zurecht einen unmittelbaren Schadensersatzanspruch eines jeden von einer infolge unrichtiger Angaben unrechtmäßigen Stabilisierungsanordnung betroffenen Gläubigers gegen das jeweils verantwortliche Mitglied des Organs des Restrukturierungsschuldners unter gleichzeitiger Umkehr der Beweislast für das Verschulden. Ersatzfähig ist das negative Interesse des Gläubigers. Der Schadensersatzanspruch wird außerhalb der Restrukturierung im allgemeinen Zivilrechtsweg geltend gemacht und hat auf den weiteren Verlauf des Verfahrens keinen (unmittelbaren) Einfluss. 3 Besondere Bedeutung hat darüber hinaus auch die Haftungsanordnung des § 57 Satz 3 StaRUG, der einen Verstoß gegen die Separationspflicht des § 54 Abs. 2 StaRUG sanktioniert. Diese Haftungsanordnung betrifft das Verhalten der Organe des Schuldners auch außerhalb des Antrages auf Erlass und des tatsächlichen Erlasses von Stabilisierungsanordnungen und hat deshalb Bedeutung für das gesamte Verfahren. Durch § 57 Satz 3 StaRUG erlangt die Notwendigkeit des Abschlusses eines unechten Restrukturierungskredits im Verfahren noch einmal erhebliche praktische Relevanz, da ohne den Abschluss eines solchen unechten Restrukturierungskredits die Geschäftsführung zur Vermeidung einer persönlichen Haftung den operativen Geschäftsbetrieb im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache einstellen muss. 2. Haftungsanordnung 4 § 57 StaRUG normiert eine Außenhaftung der Organe des in haftungsbeschränkender Rechtsform verfassten Schuldners gegenüber einem jeden von einer Stabilisierungsanordnung betroffenen Gläubigers, wenn diese aufgrund unrichtiger Angaben ergangen ist. 5 Anders als § 51 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG differenziert § 57 StaRUG nicht danach, dass die Stabilisierungsanordnung auf „in wesentlichen Punkten unzutreffen322
§ 57 Haftung der Organe
den Tatsachen“ beruht. Daraus kann indes nicht gefolgert werden, dass jede Unrichtigkeit genügt, um mögliche Schadensersatzansprüche zu begründen. Denn haftungsbegründend kausal ist die Unrichtigkeit der Tatsachen nur, wenn ihre Berücksichtigung dazu geführt haben würde, dass die Stabilisierungsanordnung nicht ergangen wäre. Dies lässt sich aus dem Wortlaut des § 57 StaRUG herleiten, wonach die Stabilisierungsanordnung „aufgrund“ der unrichtigen Angaben „erwirkt“ worden sein muss. Aufgrund unrichtiger Angaben erwirkt ist die Stabilisierungsanordnung aber nur, wenn die Unrichtigkeit für den Erlass kausal war. Bei den unrichtigen Angaben muss es sich daher um solche handeln, die nach 6 § 50 StaRUG im Rahmen des Antrages geschuldet oder vom Gericht nach § 51 StaRUG zu prüfen waren (im Einzelnen Rn. 11). § 57 StaRUG ist damit Korrelat der nur eingeschränkten Plausibilitätsprüfung 7 der Anordnungsvoraussetzungen nach § 51 StaRUG durch das Gericht, die auf bekannte Umstände beschränkt ist und eine Amtsermittlungspflicht nicht auslöst (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 57). Der fehlenden Ermittlung durch das Restrukturierungsgericht steht daher die haftungsbewehrte Offenbarungspflicht durch den Schuldner gegenüber. Die Haftung ist verschuldensunabhängig, wobei einfache Fahrlässigkeit genügt. 8 Das Verschulden wird, dies ergibt sich aus § 57 Satz 2 StaRUG, vermutet. Dem betroffenen Organ steht daher lediglich eine Exkulpationsmöglichkeit offen. Der Tatbestand der Haftung lässt sich daher wie folgt zusammenfassen:
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1. Erlass einer Stabilisierungsanordnung. 2. Unrichtige Tatsachen. 3. Haftungsbegründende Kausalität zwischen 1. und 2., d. h., die Stabilisierungsanordnung wäre hypothetisch nicht erlassen worden, wären die Tatsachen dem Gericht bekannt gewesen. 4. Vermutetes Verschulden; keine Exkulpation hinsichtlich 2. möglich. 5. Schaden des betreffenden Gläubigers. 6. Haftungsausfüllende Kausalität zwischen 1. und 5., d. h., durch den Erlass der Stabilisierungsanordnung ist dem Gläubiger ein adäquat kausaler Schaden entstanden. Die Haftung wird außerhalb des Restrukturierungsverfahrens vor den ordent- 10 lichen Gerichten geltend gemacht. 3. Unrichtige Tatsachen Unrichtig sind die Angaben im Sinne der Haftungsanordnung des § 57 Satz 1 11 StaRUG, wenn bei Kenntnis des Gerichts von den richtigen Umständen die Stabilisierungsanordnung nicht ergangen wäre (Rn. 5). Unrichtige Angaben 323
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
sind daher nicht nur fehlerhafte, sondern vor allem auch unvollständige Angaben. 12 Zunächst erfasst die tatbestandliche Unrichtigkeit im Sinne des § 57 Satz 1 StaRUG daher alle wesentlichen Unrichtigkeiten der Restrukturierungsplanung oder der Erklärungen nach § 50 Abs. 3 StaRUG im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG, bei deren Bekanntsein die Stabilisierungsanordnung gerade nicht hätte ergehen dürfen. Da die Feststellung der Wesentlichkeit im Ermessen des Gerichts liegt, es sich hier aber um eine gläubigerschützende Vorschrift handelt, ist im Zweifel davon auszugehen, dass jede unzutreffend oder unvollständig dargestellte Tatsache wesentlich im Sinne der Norm ist (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 75). Der Gegenbeweis obliegt dem Organ; an ihn sind strenge Anforderungen zu stellen. 13 Auch eine fehlerhafte Finanzplanung im Sinne des § 50 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG begründet eine tatbestandliche Falschangabe im Sinne des § 57 StaRUG, die für den Erlass der Stabilisierungsanordnung grundsätzlich kausal ist, obwohl die fehlerhafte Finanzplanung in § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StaRUG nicht ausdrücklich genannt ist. Die Fehlerhaftigkeit der Planung wirkt sich nämlich bereits auf Ebene der Schlüssigkeit der Restrukturierungsplanung und damit eine Ebene oberhalb der in § 51 Abs. 1 StaRUG genannten Regelbeispiele aus (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 49). Zudem ist in Ansehung der Finanzplanung die Wesentlichkeit der unrichtigen Angabe nicht erforderlich. Hier genügen bereits einfache Fehler sowohl bei Zugrundelegung der Planungsprämissen als auch bei Ausgestaltung der Planung im Detail, da das Gesetz ausdrücklich eine fundierte Planung verlangt, womit an deren Aufstellung erhöhte Anforderungen gestellt werden (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 50). Für die Beurteilung, ob die Finanzplanung fehlerhaft gewesen ist, kommt es auf die Ex-ante-Betrachtung an. Insgesamt kann auf die Maßstäbe zurückgegriffen werden, die für die Exkulpation des Insolvenzverwalters im Rahmen der Haftung nach § 61 InsO entwickelt worden sind (z. B. BGH, NZI 2004, 435). 14 Auch sind sämtliche Umstände, die nach § 51 Abs. 2 StaRUG für den Erlass einer Stabilisierungsanordnung maßgeblich sind, selbstverständlich auch im Rahmen des § 57 Satz 1 StaRUG tatbestandlich. 15 Schließlich ist der Schuldner nach § 32 Abs. 2 Satz 1 StaRUG verpflichtet, dem Gericht jede wesentliche Änderung mitzuteilen, die den Gegenstand des angezeigten Restrukturierungsvorhabens und die Darstellung des Verhandlungsstandes betrifft (vgl. § 32 StaRUG Rn. 22). Es besteht damit ein umfassendes Transparenzgebot und eine umfassende Offenbarungspflicht des Schuldners. Soweit der Schuldner hiergegen verstößt und sich aus den zu offenbarenden Tatsachen im Rahmen insbesondere des § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StaRUG oder im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung nach § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StaRUG zu berücksichtigende Umstände ergeben hätten, ist die Verletzung der Pflicht aus § 32 StaRUG zugleich auch tatbestandlich im Sinne des § 57 StaRUG. Die Innenhaftung nach § 43 StaRUG (dort Rn. 3) und die Außenhaftung nach § 57 StaRUG treten dann in Anspruchskonkurrenz nebeneinander. 324
§ 57 Haftung der Organe
4. Schaden Schaden infolge einer aufgrund unrichtiger Tatsachen ergangenen Stabilisie- 16 rungsanordnung ist jeder nach der Differenzhypothese des § 249 BGB ermittelte adäquat kausale Vermögensnachteil des betroffenen Gläubigers. Es kann sich hierbei um Zinsschäden gleichermaßen wie um Verwertungsschäden handeln, insbesondere kann der Gläubiger daher entgangene (bessere) Verwertungsmöglichkeiten als Schadensposition geltend machen. Maßstab für die haftungsausfüllende Kausalität ist der hypothetische Kausal- 17 verlauf ohne Erlass der Stabilisierungsanordnung, weshalb es maßgeblich auch darauf ankommt, ob und inwieweit der Gläubiger berechtigt gewesen wäre, trotz §§ 44, 55 StaRUG die ihm zivilrechtlich zustehenden Rechte auszuüben (vgl. §§ 44, 55 StaRUG Rn. 13) und eine von dem etwaigen Kontrakt mit dem Schuldner abweichende Verwertungsmöglichkeit zu ergreifen. Haftungsausfüllend kausal sind nämlich nur solche entgangenen Verwertungschancen, die der Gläubiger lege artis hätte ergreifen können. Die Beurteilung der haftungsausfüllenden Kausalität bedarf jedoch nach dem 18 Schutzzweck der Norm einer teleologischen Reduktion in den Fällen, in welchen der Gläubiger zwar durch die Stabilisierungsanordnung einem quasi Kontrahierungszwang unterworfen wird, wo er trotz § 44 StaRUG Widerrufsoder Kündigungsrechte in Folge der wesentlichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners hätte ausüben (vgl. §§ 44, 55 StaRUG Rn. 13 ff.) und wegen einer zwischenzeitlichen Steigerung der Marktpreise die Ware zu höherem Preis anderweitig hätte verwerten können, nun aber an die mit dem Schuldner vor dem Verfahren vereinbarten Preise gebunden ist und der Schuldner diese auch tatsächlich erfüllt. § 57 StaRUG soll den Gläubiger nämlich gerade nicht davor schützen, dass der Schuldner – wenn auch mit einer durch die Anordnung begründeten Verzögerung – zwar ordnungsgemäß erfüllt, dem Gläubiger hierdurch jedoch eine bessere Geschäftschance entgangen ist, die er allerdings außerhalb des Restrukturierungsverfahrens wegen der Bindung an den Vertrag mit dem Schuldner nicht hätte realisieren können. Erfüllt der Schuldner daher seine vertragliche Verpflichtung gegenüber dem von der Stabilisierungsanordnung betroffenen Gläubiger nach Maßgabe der vor Einleitung des Verfahrens geltenden vertraglichen Bestimmungen, so ist ein Schadensersatzanspruch über einen etwaigen Zinsschaden infolge der verzögerten Verwertung hinaus auch dann nicht begründet, wenn die Stabilisierungsanordnung auf unrichtigen Tatsachen beruht und der Gläubiger ohne die Stabilisierungsanordnung hätte anderweitige, bessere Geschäftschancen wahrnehmen können. 5. Verschulden und Anspruchsgegner Das Verschulden des die Stabilisierungsanordnung erwirkenden Organs wird 19 vermutet. An die Exkulpation sind strenge Anforderungen zu stellen. In der Praxis dürfte diese kaum je gelingen.
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20 Hinsichtlich der dem Gericht anzuzeigenden und zu offenbarenden Umstände gelten die für arbeitsteilig handelnde Organisationen entwickelten Grundsätze der Wissenszurechnung vor allem analog § 166 BGB, sodass einerseits das Wissen von in die Organisationsabläufe eingebundener „Wissensvertreter“ sowie andererseits typischerweise aktenkundig festgehaltenes Wissen als in der gesamten Organisation bekannt gilt, sowie das Wissen eines Organs sämtlichen Organen zugerechnet wird (instruktiv zum Stand der Rechtsprechung Risse, NZG 2020, 856). 21 Grundsätzlich gilt daher, dass Umstände, die in der Organisation bekannt sein müssen bzw. als typischerweise bekannt unterstellt werden dürfen auch als dem handelnden Organ bekannt gelten. Es handelt sich insoweit um eine Fiktion, die aus diesem Grunde auch unwiderleglich ist. Das Organ kann sich daher weder darauf berufen, über konkrete, maßgebliche Umstände nicht informiert worden zu sein, noch darauf, dass gewisse Informationen in der Organisation nicht vorhanden gewesen seien, soweit das Nichtvorhandensein auf Organisationsmängel zurückzuführen ist und die Umstände daher bei typisierter Betrachtung hätten bekannt sein müssen. 22 Passivlegitimiert ist nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/24181, 159) jedes Organ, das die Stabilisierungsanordnung erwirkt oder daran mitgewirkt hat. Mehrere handelnde Organe haften gesamtschuldnerisch. Nach dem Grundsatz der Gesamtverantwortung mehrköpfiger Organe (dazu zuletzt mit strengen Anforderungen an eine haftungsbegrenzende Ressortverteilung BGH, NZG 2019, 225) folgt daraus, dass zunächst jedes Organ für die Erwirkung einer auf unrichtigen Angaben beruhenden Stabilisierungsanordnung verantwortlich ist. Da es sich jedoch nicht um eine nicht delegieren Angelegenheit der Geschäftsleitung handelt, wie insbesondere § 31 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG verdeutlicht, wonach der Schuldner darzustellen hat, welche Vorkehrungen er getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, seine Pflichten nach diesem Gesetz zu erfüllen, wozu regelmäßig die Bestellung eines Chief Restructuring Officer (CRO) gehört (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 57), kann die Verantwortung auf der Verschuldensebene auf das ressortverantwortliche Organ für die Restrukturierung, regelmäßig also den CRO, beschränkt werden. Nach der einschlägigen Rechtsprechung des BGH (NZG 2019, 225) setzt dies eine klare und eindeutige Abgrenzung der Aufgabenzuweisung und die Übertragung der Wahrnehmung der Aufgabe auf eine hierfür fachlich und persönlich geeignete Person voraus, die regelmäßig schriftlich fixiert sein sollte, was allerdings nicht zwingende Voraussetzung für die Anerkennung der Ressortaufteilung ist. 6. Verstoß gegen die Separationspflicht [Fehlen unechter Restrukturierungskreditvereinbarung] (§ 57 Satz 3 StaRUG) 23 Deutlich über die Haftung wegen der Erwirkung einer Stabilisierungsanordnung aufgrund unrichtiger oder unvollständiger Angaben hinaus geht die Haftung nach § 57 Satz 3 StaRUG wegen eines Verstoßes gegen die Separa326
§ 57 Haftung der Organe
tionspflicht. Diese Haftungsanordnung ist im Gesetz ein wenig versteckt, hat aber erhebliche praktische Relevanz. § 57 Satz 3 StaRUG knüpft an die Separationspflicht des § 54 Abs. 2 StaRUG 24 an, die gerade nicht nur in Fällen einer erwirkten Stabilisierungsanordnung, sondern im Verfahren insgesamt gilt. Damit ist auch die Haftungsandrohung des § 57 Satz 3 StaRUG, anders als dessen Stellung im Gesetz erwarten lassen würde, unabhängig von dem Antrag auf oder dem tatsächlichen Erlass einer Stabilisierungsanordnung. Die Norm flankiert die besondere Ausprägung des allgemeinen, in § 32 Abs. 1 25 StaRUG verankerten Grundsatzes, dass das Verfahren im Gläubigerinteresse zu führen ist (vgl. Vor § 32 StaRUG Rn. 7), in Gestalt der Qualifikation des § 54 Abs. 2 StaRUG, wonach Dritten gestellte Sicherheiten in besonderem Maße zu schützen und die gesicherten Gläubiger vorbehaltlich einer mit diesen getroffenen Vereinbarung vor einer Risikoausweitung zu bewahren sind (vgl. §§ 44, 55 StaRUG Rn. 13). Vor Abschluss einer die weitere Verwendung von mit Sicherungsrechten belasteten Vermögensgegenständen oder die Einziehung zedierter Forderungen gestattenden Vereinbarung (sog. unechter Restrukturierungskredit, vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 24) ist die Geschäftsleitung des Restrukturierungsschuldners aus haftungsrechtlichen Gründen daher grundsätzlich gehalten, den operativen Geschäftsbetrieb unmittelbar nach der Einleitung des Restrukturierungsverfahrens zunächst einzufrieren. Es empfiehlt sich daher, in der Vorbereitung des Verfahrens besonderes Augenmerk auf den Abschluss eines unechten Restrukturierungskredites zu haben. Allerdings setzt die nach § 57 Satz 3 StaRUG haftungsbewährte Separations- 26 pflicht nicht bereits mit der faktischen Einleitung des Restrukturierungsverfahrens (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 7), sondern erst mit der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache ein. Erwirkt der Restrukturierungsschuldner eine Verwertungssperre, z. B. im Nach- 27 gang des (zulässigen) Widerrufs einer Einziehungs-, Verarbeitungs- oder Verwertungsermächtigung durch den Gläubiger (vgl. §§ 44, 55 StaRUG Rn. 17), so bewirkt die Verwertungssperre zwar, dass der Gläubiger nicht berechtigt ist, die hiervon betroffenen Waren einzuziehen oder gegenüber Drittschuldnern die Zession offenzulegen; eine fortwährende Verarbeitungs- oder Einziehungsermächtigung ist mit der Anordnung der Verwertungssperre aber gerade nicht verbunden. Insbesondere ist der Schuldner nicht berechtigt, über die wirtschaftlich dem Gläubiger zuzuordnenden Vermögensgegenstände zu verfügen und diese im Rahmen der Fortsetzung des Geschäftsbetriebes einzusetzen oder zu verwerten. Nach § 54 Abs. 2 StaRUG unterliegen diese Vermögenswerte vielmehr einer treuhänderischen Bindung bei dem Restrukturierungsschuldner zugunsten des jeweiligen Gläubigers. Im Rahmen dieser treuhänderischen Bindung ist der Restrukturierungsschuldner zum Schutze des Vermögens des Gläubigers zur Separation der Vermögenswerte verpflichtet (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 27).
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
28 Verstößt der Schuldner hiergegen, verwertet er also Drittrechten unterliegende Vermögensgegenstände, nachdem eine entsprechende Verwertungsermächtigung widerrufen worden war oder separiert er eingezogene Forderungen, die einer Abtretung unterliegen, nicht, solange er keine anderslautende Vereinbarung, insbesondere einen unechten Restrukturierungskreditvertrag mit dem jeweiligen Gläubiger abgeschlossen hat, so begründet dies eine unmittelbare Schadensersatzpflicht der Organe gegenüber dem Gläubiger. 29 Für die Haftung aus § 57 Satz 3 StaRUG gilt die Beweislastumkehr für das Verschulden nach § 57 Satz 2 StaRUG und gelten damit auch die auf der Verschuldensebene zu prüfenden Grundsätze für die Wissenszurechnung entsprechend. 7. Verjährung 30 Für die Verjährung der Ansprüche nach § 57 Satz 1 oder Satz 3 StaRUG verweist § 57 Satz 4 StaRUG auf § 43 Abs. 3 StaRUG, weshalb diese Ansprüche in fünf Jahren, bei börsennotierten Gesellschaften in zehn Jahren verjähren (vgl. § 43 StaRUG Rn. 36). §§ 58, 59 Insolvenzantrag; Aufhebung und Beendigung der Stabilisierungsanordnung § 58 Insolvenzantrag Das Verfahren über den Antrag eines Gläubigers, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners zu eröffnen, wird für die Anordnungsdauer ausgesetzt. § 59 Aufhebung und Beendigung der Stabilisierungsanordnung (1) Das Restrukturierungsgericht hebt die Stabilisierungsanordnung auf, wenn 1. der Schuldner dies beantragt, 2. die Anzeige nach § 31 Absatz 4 ihre Wirkungen verloren hat oder wenn die Voraussetzungen einer Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 31 Absatz 4 Nummer 3, § 33 vorliegen, 3. der Schuldner es versäumt, dem Gericht nach Ablauf einer zu diesem Zweck eingeräumten angemessenen Frist den Entwurf eines Restrukturierungsplans zu übermitteln oder 4. Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass der Schuldner nicht bereit und in der Lage ist, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubigergesamtheit auszurichten, insbesondere weil a) die Restrukturierungsplanung in wesentlichen Punkten auf unzutreffenden Tatsachen beruht oder 328
§§ 58, 59 Insolvenzantrag; Aufhebung und Beendigung der Stabilisierungsanordnung
b) die Rechnungslegung und Buchführung des Schuldners so unvollständig oder mangelhaft sind, dass sie eine Beurteilung der Restrukturierungsplanung, insbesondere des Finanzplans, nicht ermöglichen. (2) Die Stabilisierungsanordnung wird wegen der in Absatz 1 Nummer 2 und 4 genannten Gründe auch auf Antrag eines von der Anordnung betroffenen Gläubigers aufgehoben, wenn dieser das Vorliegen des Beendigungsgrunds glaubhaft macht. (3) 1Das Restrukturierungsgericht kann von einer Aufhebung absehen, wenn die Fortdauer der Stabilisierungsanordnung geboten erscheint, um im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger einen geordneten Übergang in ein Insolvenzverfahren zu gewährleisten. 2Das Gericht setzt dem Schuldner eine Frist von höchstens drei Wochen, innerhalb derer er dem Gericht die Beantragung eines Insolvenzverfahrens nachzuweisen hat. 3Nach Ablauf dieser Frist ist die Stabilisierungsanordnung aufzuheben. (4) Die Stabilisierungsanordnung endet, wenn der Restrukturierungsplan bestätigt ist oder die Planbestätigung versagt wird. Übersicht 1. 2. 3.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Gesetzliche Beendigungsgründe ... 4 Aufhebung der Stabilisierungsanordnung ....................................... 6 a) Gegenstand und Verfahren der Aufhebung ........................ 6 b) Aufhebungsgründe ............... 11 aa) Antrag des Schuldners (§ 59 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG) ....................... 11 bb) Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache (§ 59 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG) ....................... 13
4. 5.
cc) Versäumung der Frist zur Planvorlage (§ 59 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG) ....................... dd) Generalklausel: Verstoß gegen das Gläubigerinteresse (§ 59 Abs. 1 Nr. 4 StaRUG) ............. Absehen von der Aufhebung (§ 59 Abs. 3 StaRUG) ................. Suspendierung des Insolvenzantragsrechts von Gläubigern (§ 58 StaRUG) .............................
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1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes Die Stabilisierungsanordnung stellt einen der wesentlichen Eingriffe in die 1 Rechte der Gläubiger und ein wesentliches, dem Schuldner an die Hand gegebenes Gestaltungsmittel dar. Das Schicksal der Stabilisierungsanordnung ist daher an den Fortgang der Restrukturierungssache gekoppelt. § 59 StaRUG regelt die Gründe, aus denen die Stabilisierungsanordnung entweder durch Beschluss des Gerichts aufzuheben ist oder kraft Gesetzes endet. Die Gründe orientieren sich dabei an den Aufhebungsgründen für die Restrukturierungssache einerseits, der Stabilisierungswürdigkeit des Schuldners andererseits. Nur soweit dies im Einzelfall geboten ist, kann das Gericht die grundsätzlich 2 gebundene Aufhebungsentscheidung durch längstens dreiwöchige Fristsetzung
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
hinausschieben, um dem Schuldner einen geordneten Übergang in das Insolvenzverfahren zu ermöglichen, wobei für die Frage des Ob und des Wie lange der Fristsetzung ausschließlich das Gläubigerinteresse maßgeblich ist. 3 § 58 StaRUG regelt, dass während der Anordnungsdauer einer ergangenen Stabilisierungsanordnung das Insolvenzantragsrecht sämtlicher Gläubiger ausgesetzt ist, es diesen daher vorübergehend an der erforderlichen Antragsbefugnis fehlt, während der Geltung einer Stabilisierungsanordnung gestellte Gläubigeranträge daher unzulässig sind. 2. Gesetzliche Beendigungsgründe 4 Die gesetzliche Beendigung der Stabilisierungsanordnung tritt expressis verbis nur in dem einen in § 59 Abs. 4 StaRUG geregelten Fall der rechtskräftigen Bestätigung des Restrukturierungsplans oder der rechtskräftigen Versagung der Planbestätigung ein. Zwar ist das Merkmal der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses in § 59 Abs. 4 StaRUG nicht ausdrücklich genannt, wenn auch die Gesetzesbegründung sehr wohl auf die Rechtskraft abstellt (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 160); es ergibt sich aber aus § 53 Abs. 3 StaRUG, wonach die Anordnungsdauer nach Erlass des Bestätigungsbeschlusses bis zu dessen Rechtskraft auf höchstens acht Monate verlängert werden kann (vgl. §§ 52, 53 StaRUG Rn. 31). Diese Vorschrift würde ihren Anwendungsbereich verlieren, wenn bereits mit Erlass des Bestätigungsbeschlusses die Stabilisierungsanordnung kraft Gesetzes enden würde. 5 Ohne dass dies im Gesetz ausdrücklich geregelt wäre, eine Regelung aber auch nicht erfordert, weil es sich aus dem Gesetzeszusammenhang unmittelbar ergibt, endet die Stabilisierungsanordnung ebenfalls, ohne dass es eines besonderen Beschlusses bedürfte, wenn die angeordnete Anordnungsdauer abgelaufen und entweder die Höchstdauer bereits erreicht oder vom Schuldner keine Folge- oder Neuanordnung (vgl. §§ 52, 53 StaRUG Rn. 44 ff.) beantragt und vom Gericht ergangen ist. Dies ergibt sich ohne Weiteres aus der von vorneherein gesetzlich vorgesehen nur befristeten Wirkung der Stabilisierungsanordnung. 3. Aufhebung der Stabilisierungsanordnung a) Gegenstand und Verfahren der Aufhebung 6 § 59 Abs. 1 StaRUG normiert abschließend die Gründe, in denen das Restrukturierungsgericht in grundsätzlich gebundener (vgl. BT-Drucks. 19/24181, S. 159) und nur nach § 59 Abs. 3 StaRUG einer Ermessensausübung zugänglichen Entscheidung die Stabilisierungsanordnung aufhebt. Da es sich auch bei Folge- und Neuanordnungen lediglich um Ergänzungen bzw. Erweiterungen des ursprünglichen Beschlusses handelt (vgl. §§ 52, 53 StaRUG Rn. 15 ff.), erfasst die Aufhebung jeweils sämtliche Anordnungen, gleich in welcher Staffelung und wie häufig solche ergangen sind.
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Form und Verfahren der Aufhebung sind in § 59 StaRUG nicht gesondert 7 geregelt. Da es sich um einen actus contrarius zur Anordnung handelt, ist § 51 Abs. 5 StaRUG entsprechend anzuwenden. Das Restrukturierungsgericht entscheidet daher durch Beschluss. Obwohl nicht ausdrücklich zugelassen, ist auch dieser Beschluss entsprechend 8 § 51 Abs. 5 Satz 2 StaRUG mit der sofortigen Beschwerde durch den Schuldner angreifbar, da die Aufhebungsgründe, insbesondere wenn sie an wesentliche Pflichtverletzungen oder an Umstände anknüpfen, aus denen sich ergibt, dass der Schuldner nicht bereit und in der Lage ist, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubigergesamtheit auszurichten, mit wesentlichen Folgen für den Schuldner verbunden sein können. Grundsätzlich hat das Gericht, da es sich um eine gebundene Entscheidung 9 handelt, über die Aufhebung der Stabilisierungsanordnung von Amts wegen zu entscheiden, sobald es Kenntnis von entsprechenden Gründen erlangt. Lediglich in den in § 59 Abs. 2 StaRUG genannten Fällen wird die Anordnung auch auf Antrag eines von ihr betroffenen Gläubigers aufgehoben, wenn dieser das Vorliegen eines Beendigungsgrundes im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 2 oder § 59 Abs. 1 Nr. 4 StaRUG glaubhaft macht. Der Antrag ist formlos möglich. An die Glaubhaftmachung sind diejenigen Anforderungen zu stellen, wie sie im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 51 StaRUG (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 65) zu berücksichtigen gewesen wären. Das heißt, dass im Rahmen der Glaubhaftmachung die Herstellung eines Überzeugungsgrades des Gerichts ausreicht, der genügt haben würde, im Rahmen der nach § 51 Abs. 1 StaRUG erforderlichen Plausibilitätsprüfung den Erlass der Stabilisierungsanordnung abzulehnen. Im Übrigen genügt aber auch jede Anregung, die Stabilisierungsanordnung 10 aufzuheben, insbesondere wenn sie sich auf nicht auf einen der in § 59 Abs. 2 StaRUG genannten Gründe bezieht oder durch einen nicht von der Stabilisierungsanordnung betroffenen Gläubiger erfolgt. b) Aufhebungsgründe aa) Antrag des Schuldners (§ 59 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG) Da es in der Gestaltungshoheit des Schuldners liegt, eine Stabilisierungsan- 11 ordnung zu beantragen, unterliegt es auch seiner Dispositionsfreiheit, diese wieder aufheben zu lassen. Nach § 59 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG hat das Gericht die Stabilisierungsanordnung daher frei von eigenen Zweckmäßigkeitserwägungen aufzuheben, wenn ein entsprechender Antrag des Schuldners vorliegt. Der Antrag des Schuldners kann im Sinne des actus contrarius in derselben 12 Weise auf die Erstreckung auf einzelne Gläubiger, einzelne Inhalte oder die zeitliche Reichweite beschränkt werden, wie der Antrag auf Erlass einer Folgeoder Neuanordnung eingegrenzt werden kann (vgl. dazu §§ 52, 53 StaRUG Rn. 7, 20). Ebenso kann der Schuldner gegenständlich, inhaltlich oder zeitlich beschränkte Aufhebungsanträge mehrfach nacheinander und wiederholt stellen. 331
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
bb) Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache (§ 59 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG) 13 Bei der Stabilisierungsanordnung handelt es sich um ein Stabilisierungsinstrument im Sinne des § 29 StaRUG (vgl. §§ 29, 30 StaRUG Rn. 16). Die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Stabilisierungsinstrumenten ist an die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache geknüpft (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 38). 14 Aus diesem Grunde muss im Grundsatz auch die Aufhebung der Stabilisierungsanordnung an die fortwährende Wirksamkeit der Anzeige der Restrukturierungssache, also an deren Rechtshängigkeit gekoppelt sein. Verliert die Anzeige nach § 31 Abs. 4 StaRUG ihre Wirkung oder liegen die Voraussetzungen für die Aufhebung der Restrukturierungssache nach §§ 31 Abs. 4 Nr. 3, 33 StaRUG vor (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 80 ff.), so hat das Restrukturierungsgericht – ohne Ermessen – gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG auch die Stabilisierungsanordnung aufzuheben. Die Gründe für die Aufhebung der Stabilisierungsanordnung sind daher dieselben wie für die Aufhebung der Restrukturierungssache, weshalb auf die dortige Kommentierung verwiesen werden kann. cc) Versäumung der Frist zur Planvorlage (§ 59 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG) 15 Beantragt der Restrukturierungschuldner den Erlass einer Stabilisierungsanordnung lediglich unter Vorlage eines Restrukturierungskonzepts, weil der Restrukturierungsplan im Entwurf noch nicht vorliegt, so hat das Restrukturierungsgericht nach § 51 Abs. 3 StaRUG dem Schuldner zwingend eine Frist zu setzen, binnen derer der Restrukturierungsplan vorzulegen ist (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 43). 16 Versäumt der Schuldner es, dem Gericht innerhalb der Frist den Entwurf des Restrukturierungsplans zu übermitteln, so ist die Stabilisierungsanordnung nach § 59 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG ebenfalls aufzuheben. Eine Verlängerung der Frist ist nicht möglich, da erstens im Gesetz nicht vorgesehen und zweitens auch mit dem Erfordernis ernsthafter und zielgerichteter Restrukturierungsbemühungen (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 104) nicht vereinbar. 17 Der vorgelegte Entwurf des Restrukturierungsplans muss, insoweit sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Satz 1 StaRUG zu übertragen, vollständig und schlüssig sein. Der Schuldner kann sich daher nicht mit der Vorlage eines rudimentären, in seinen gestalterischen Einzelheiten noch nicht strukturierten Plans über das Fristversäumnis hinweg retten. Die Anordnung der Vorlagefrist dient dem Gläubigerinteresse und der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, weshalb mit der Frist zur Vorlage des Plans die tatbestandlichen Anforderungen des § 51 Abs. 1 Satz 1 StaRUG hergestellt werden sollen, was die reziproke Anwendung im Tatbestand des Aufhebungsgrundes nach § 59 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG rechtfertigt.
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dd) Generalklausel: Verstoß gegen das Gläubigerinteresse (§ 59 Abs. 1 Nr. 4 StaRUG) Schließlich enthält § 59 Abs. 1 Nr. 4 StaRUG eine Generalklausel, wonach die 18 Stabilisierungsanordnung aufzuheben ist, wenn Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass der Schuldner nicht bereit oder in der Lage ist, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubigergesamtheit auszurichten. Die in § 59 Abs. 1 Nr. 4 lit. a), b) StaRUG genannten Aufhebungsgründe 19 stellen, wie die Formulierung „insbesondere“ zeigt, lediglich Regelbeispiele für die in § 59 Abs. 1 Nr. 4 StaRUG enthaltene Generalklausel dar, die nicht abschließend sind. Allerdings begründet die Erfüllung der Regelbeispiele eine unwiderlegliche Vermutung (BT-Drucks. 19/24181, S. 159), weshalb das Vorliegen eines dieser Beispiele die Aufhebung der Stabilisierungsanordnung zwingend und ohne die Möglichkeit berücksichtigungsfähigen Gegenvortrages des Schuldners zur Folge hat. Die Ausrichtung der Führung der Restrukturierungssache an den Interessen 20 der Gesamtgläubigerschaft ist im Einzelnen schwer greifbar, jedoch in Anlehnung an die Anfechtungstatbestände des Insolvenzrechts (§§ 129 ff. InsO) in justiziabler Form konturierbar (ausführlich § 32 StaRUG Rn. 14 ff.). Der Schuldner hat seine Geschäftsführung so auszurichten, dass – ungeachtet etwaiger Anfechtungsfristen und subjektiver Tatbestandsmerkmale auf Gläubigerseite – in einem hypothetisch nachfolgenden Insolvenzverfahren aus den von der Geschäftsleitung während des laufenden Restrukturierungsvorhabens vorgenommenen Rechtshandlungen potenzielle Anfechtungssachverhalte tatbestandlich nicht verwirklicht werden. Verstößt der Schuldner hiergegen, werden also Umstände bekannt, die sich unabhängig von subjektiven Tatbestandserfordernissen auf Gläubigerseite unter einen der Anfechtungstatbestände des Insolvenzrechts subsumieren lassen, begründet dies einen Aufhebungsgrund im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 4 StaRUG. Darüber hinaus ist die Stabilisierungsanordnung zwingend aufzuheben, wenn 21 die Restrukturierungsplanung in wesentlichen Punkten auf unzutreffenden Tatsachen beruht. In diesem Fall nämlich kann die Restrukturierungsplanung den Eingriff in Rechte der Gläubiger und Sicherungsnehmer in Gestalt einer Stabilisierungsanordnung nicht rechtfertigen. Dies gilt gleichermaßen, wenn der Schuldner der Restrukturierungsplanung von Beginn an unzutreffende Tatsachen zugrunde gelegt hat, aber auch wenn sich die Umstände nachträglich verändert haben und die veränderten Umstände der Aktualisierung der Restrukturierungsplanung nicht zugrunde gelegt worden sind oder die Notwendigkeit der Stabilisierungsanordnung nicht mehr länger rechtfertigen (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 160). Auf ein Verschulden des Schuldners oder auch nur auf die tatsächliche Kenntnis der für den Schuldner handelnden Organe davon, dass der Restrukturierungsplanung unzutreffende Tatsachen zugrunde liegen, kommt es nicht an. Die Sachgerechtigkeit der Restrukturierungsplanung ist materiellrechtliche Grundlage und Rechtfertigung für den Eingriff in Gläubigerrechte.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Ob es an der Rechtfertigung aus Sicht des Schuldners bewusst oder unbewusst fehlt, ist für die materiell-rechtliche Legitimation, die Schutzbedürftigkeit des betroffenen Gläubigers und damit die Verhältnismäßigkeit der Stabilisierungsanordnung unbeachtlich, weshalb es darauf nicht ankommen kann. 22 Eine Amtsermittlungspflicht hinsichtlich der nach § 59 Abs. 1 Nr. 4 erheblichen Umstände trifft das Restrukturierungsgericht nicht. Aus der Formulierung, sind „Umstände bekannt“ folgt wie im Anwendungsbereich des § 51 Abs. 1 StaRUG auch (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 57), dass es sich um präsentes Wissen des Restrukturierungsgerichts handeln muss. Dieses Wissen kann das Gericht auf vielfältige Art und Weise, etwa aus widersprüchlichen Angaben des Schuldners selbst, vor allem aber aus Berichten und Anzeigen des Restrukturierungsbeauftragten oder eines jeden anderen Beteiligten erlangen. Werden solche Umstände allerdings angezeigt, ist das Restrukturierungsgericht zum Einschreiten verpflichtet. 4. Absehen von der Aufhebung (§ 59 Abs. 3 StaRUG) 23 Liegen die Aufhebungsvoraussetzungen, gleich aus welchem der vorgenannten Gründe vor, ist das Restrukturierungsgericht grundsätzlich zur ermessensunabhängigen und unverzüglichen Aufhebung der Stabilisierungsanordnung verpflichtet. Eine verzögerte Aufhebung kann in Anwendung des Rechtsgedankens des § 57 Satz 1 StaRUG (vgl. dort Rn. 4) Amtshaftungsansprüche nach sich ziehen. 24 Das Gericht kann nach § 59 Abs. 3 StaRUG von der Aufhebung lediglich für einen kurzen Übergangszeitraum von höchstens drei Wochen absehen, wenn dies im Gläubigerinteresse geboten scheint, um einen geordneten Übergang in das Insolvenzverfahren zu ermöglichen. Maßgeblich ist dabei allein das Gesamtgläubigerinteresse (BT-Drucks. 19/24181, S. 160), nicht das Interesse des Schuldners. Dieses darf bei der Entscheidung keine Rolle spielen. § 59 Abs. 3 StaRUG ist damit eine besondere Ausprägung des dem Insolvenzantrag vorgelagerten Massesicherungsgrundsatzes und der par conditio creditorum, wie sie auch in §§ 15b, 89 InsO zum Ausdruck kommen. Maßstab für die Entscheidung des Gerichts ist daher, ob bis zu der zu erwartenden Stellung eines Insolvenzantrages Eingriffe in die Insolvenzmasse zulasten der Gläubigergesamtheit drohen. Das Drohen solcher Eingriffe zulasten der Gläubigergesamtheit ist auch dann möglich, wenn es sich um den drohenden Abzug von Vermögen handelt, das mit Sicherungsrechten belastet ist, die im Insolvenzverfahren Aussonderungs- oder Absonderungsrechte begründen, die Insolvenzmasse selbst daher nicht beeinträchtigt wird, der Abzug der Vermögensgegenstände im Insolvenzeröffnungsverfahren allerdings im Interesse der Fortführungs- und Sanierungsaussichten des Schuldners durch Beschluss gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO verhindert werden könnte. Ist die Beantragung eines solchen Beschlusses naheliegend und dessen Erlass nicht von vornherein ausgeschlossen, so hat das Restrukturierungsgericht dem Schuldner eine Frist zur Stellung
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§§ 60, 61, 65 Antrag, Anhörung, Bekanntgabe der Entscheidung
des Insolvenzantrages zu setzen und sieht während des Laufs dieser Frist von der Aufhebung der Stabilisierungsanordnung ab. Die Frist darf längstens drei Wochen betragen und knüpft damit an § 15a InsO 25 an. Ein längerer Zeitraum ist keinesfalls erforderlich, einen zulässigen Insolvenzantrag zu stellen. Stellt der Schuldner den Insolvenzantrag innerhalb der ihm gesetzten Frist, 26 so ist die Stabilisierungsanordnung nach §§ 59 Abs. 1 Nr. 2, 33 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG aufzuheben. Verstreicht die Frist, ohne dass Insolvenzantrag gestellt ist, erfolgt die Aufhebung nach § 59 Abs. 3 Satz 3 StaRUG. Während der Frist, die Ausprägung des Massesicherungsgebotes ist, ist der 27 Schuldner in besonderer Weise dem Gläubigerinteresse verpflichtet und sind daher an die Geschäftsführung besondere Anforderungen zu stellen. 5. Suspendierung des Insolvenzantragsrechts von Gläubigern (§ 58 StaRUG) Ergeht eine Stabilisierungsanordnung nach § 49 StaRUG, so hat dies gemäß 28 § 58 StaRUG zugleich zur Folge, dass das Recht sämtlicher Gläubiger, nicht nur der von der Stabilisierungsanordnung betroffenen Gläubiger, einen Insolvenzantrag über das Vermögen des Schuldners zu stellen, für die Anordnungsdauer des § 53 StaRUG suspendiert ist; für die Dauer der Anordnung ist der Gläubigerantrag daher unzulässig, weil es an der nötigen Antragsbefugnis fehlt. § 58 StaRUG geht auf Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie (RL [EU] 2019/1023) zu- 29 rück, der anordnet, dass für den Fall der Inanspruchnahme der Aussetzung von Vollstreckungsmaßnahmen sicherzustellen ist, dass kein Gläubiger ein Verfahren einleiten kann, das potenziell die Liquidation des Schuldners zur Folge haben kann. Die Aussetzung des Antragsrechts endet mit der Aufhebung oder Beendigung 30 der Stabilisierungsanordnung durch (rechtskräftigen) Beschluss oder kraft Gesetzes.
Abschnitt 5 – Planbestätigung Unterabschnitt 1 – Bestätigungsverfahren §§ 60, 61, 65 Antrag, Anhörung, Bekanntgabe der Entscheidung § 60 Antrag (1) 1Auf Antrag des Schuldners bestätigt das Gericht den von den Planbetroffenen angenommenen Restrukturierungsplan durch Beschluss. 2Der Antrag kann auch
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
im Erörterungs- und Abstimmungstermin gestellt werden. 3Ist die Planabstimmung nicht im gerichtlichen Verfahren (§ 45) erfolgt, hat der Schuldner dem Antrag auf Bestätigung des Restrukturierungsplans neben dem zur Abstimmung gestellten Plan und seinen Anlagen die Dokumentation über das Abstimmungsergebnis sowie sämtliche Urkunden und sonstigen Nachweise beizufügen, aus denen sich ergibt, wie die Abstimmung durchgeführt wurde und zu welchem Ergebnis sie geführt hat. (2) 1Handelt es sich bei dem Schuldner um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder um eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, bedarf der Antrag auf Bestätigung eines Restrukturierungsplans, der die persönlich haftenden Gesellschafter nicht von deren Haftung für die durch den Plan gestalteten Forderungen und Rechte befreit, der Zustimmung aller persönlich haftenden Gesellschafter. 2 Dies gilt nicht, soweit es sich bei den persönlich haftenden Gesellschaftern 1. um juristische Personen handelt oder 2. um Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit handelt, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist und kein persönlich haftender Gesellschafter selbst eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit ist, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt. § 61 Anhörung 1 Vor der Entscheidung über die Bestätigung des Restrukturierungsplans kann das Gericht die Planbetroffenen anhören. 2Ist die Planabstimmung nicht im gerichtlichen Verfahren erfolgt, hat das Gericht einen Termin zur Anhörung der Planbetroffenen durchzuführen. 3§ 45 Absatz 3 und § 46 Absatz 1 Satz 4 gelten entsprechend.
§ 65 Bekanntgabe der Entscheidung (1) Wird die Entscheidung über den Antrag auf Bestätigung des Restrukturierungsplans nicht im Anhörungstermin oder im Erörterungs- und Abstimmungstermin verkündet, ist sie in einem alsbald zu bestimmenden besonderen Termin zu verkünden. (2) 1Wird der Restrukturierungsplan bestätigt, so ist den Planbetroffenen unter Hinweis auf die Bestätigung ein Abdruck des Plans oder eine Zusammenfassung seines wesentlichen Inhalts zuzusenden; für an dem Schuldner beteiligte Aktionäre oder Kommanditaktionäre gilt dies nicht. 2Börsennotierte Gesellschaften haben eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts des Plans über ihre Internetseite zugänglich zu machen. 3Die Übersendung eines Abdrucks des Plans oder eine Zusammenfassung seines wesentlichen Inhalts nach Satz 1 kann unterbleiben, wenn der vor der Abstimmung übersendete Plan unverändert angenommen wurde.
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§§ 60, 61, 65 Antrag, Anhörung, Bekanntgabe der Entscheidung
Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Antrag auf Planbestätigung ........... 5 a) Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen ...................... 5 b) Besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen .................... 10 aa) Vorlage von Unterlagen (§ 60 Abs. 1 Satz 3 StaRUG) ....................... 10
3. 4. 5.
bb) Zustimmung(-spflicht) der nicht enthafteten persönlich haftenden Gesellschafter (§ 60 Abs. 2 StaRUG) ........... Anhörung (§ 61 StaRUG) ........... Bestätigungsbeschluss .................. Übersendung des Plans ...............
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1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes Der Restrukturierungsplan kann vollständig privatautonom zur Abstimmung 1 gebracht und wirksam werden, ohne dass es einer Beteiligung des Gerichts bedarf. Ist der Plan allerdings nur durch gruppenübergreifenden Mehrheitsentscheidung nach §§ 25 – 2 8 StaRUG (vgl. dort Rn. 12) zustande gekommen, oder haben nicht alle Planbetroffenen an der Abstimmung teilgenommen, können die im gestaltenden Teil des Plans festgelegten Wirkungen gegenüber den überstimmten und den nicht teilnehmenden Planbetroffenen nur gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 StaRUG eintreten. Dies setzt allerdings die gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans nach § 60 Abs. 1 Satz 1 StaRUG voraus. Im Übrigen bewirkt auch nur der gerichtlich bestätigte Restrukturierungsplan die formerfüllende Funktion des § 68 StaRUG und kann nur aus dem gerichtlich bestätigten Plan nach § 71 StaRUG vollstreckt werden. Der Antrag auf Planbestätigung, der das vierte Restrukturierungsinstrument 2 nach § 29 Abs. 2 Nr. 4 StaRUG darstellt, hat daher für die mit dem Restrukturierungsplan zu erreichende Rechts- und Transaktionssicherheit erhebliche Bedeutung. Aus der Einordnung als Stabilisierungsinstrument folgt jedoch, dass allein der Schuldner den Antrag auf gerichtliche Bestätigung stellen kann; ein Antragsrecht des Restrukturierungsbeauftragten oder einzelner Gläubiger bzw. eines Gläubigerbeirates, soweit eingesetzt, sind nicht vorgesehen. Der Antrag auf Bestätigung des Restrukturierungsplans ist unabhängig davon, ob die Plan-Erörterung und -Abstimmung im privatautonomen oder im gerichtlichen Verfahren durchgeführt worden ist. § 60 Abs. 1 StaRUG stellt insoweit sicher, dass das Restrukturierungsgericht sämtliche für die Planbestätigung erforderlichen Informationen vom Schuldner auch dann erhält, wenn die Planabstimmung nicht im gerichtlichen Verfahren durchgeführt worden ist. § 61 StaRUG stellt darüber hinaus sicher, dass die Planbetroffenen im Rahmen 3 des Verfahrens jedenfalls einmal gerichtlich angehört worden sind, ehe der Plan gerichtlich bestätigt wird. Nach dem Vorbild des Rechts des Insolvenzplans regelt § 65 StaRUG darüber 4 hinaus, dass der Planbestätigungsbeschluss entweder sogleich im Erörterungsund Abstimmungstermin oder aber auch in einem hierfür gesondert anzuset337
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
zenden späteren Termin verkündet werden kann, sowie das Erfordernis der Übermittlung des im Termin angenommenen Plans, soweit sich dieser von dem mit der Ladung zum Abstimmungstermin übermittelten Planentwurf unterscheidet. 2. Antrag auf Planbestätigung a) Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen 5 Gemäß §§ 29 Abs. 2 Nr. 4, 60 Abs. 1 Satz 1 StaRUG erfolgt die gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans allein auf Antrag des Schuldners. Auch ein bestellter Restrukturierungsbeauftragter, ein eingesetzter Gläubigerbeirat oder einzelne Gläubiger haben kein Antragsrecht, da die Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungsrahmens zur alleinigen Disposition des Schuldners steht. 6 Gerichtlich bestätigt werden kann nur ein von den Planbetroffen bereits angenommener Restrukturierungsplan. Das Abstimmungsverfahren muss daher bereits abgeschlossen und der Plan in diesem Verfahren nach den maßgeblichen Bestimmungen der §§ 25 ff. StaRUG auch angenommen worden sein. Die bereits erfolgte Annahme des Restrukturierungsplans ist mithin Zulässigkeitsvoraussetzung für den Antrag auf Bestätigung; ein vorzeitig gestellter Antrag ist unzulässig. Möglich ist es allerdings, mit dem Antrag auf gerichtliche Erörterung und Abstimmung nach § 45 StaRUG den Bestätigungsantrag sogleich unter der innerprozessualen Bedingung (vgl. BGH, NJW 1996, 3147) der Annahme des Plans durch die Planbetroffenen zu stellen und so bereits aktenkundig zu machen. Das Gericht wird auf diese Weise in die Lage versetzt, sich zugleich mit der Vorbereitung auf den Erörterungs- und Abstimmungstermin auch auf die Planbestätigung vorzubereiten und etwaige Planbestätigungshindernisse nach § 63 StaRUG vorzuprüfen. Dies erleichtert das Verfahren und ermöglicht ggf. die Verkündung des Bestätigungsbeschlusses unmittelbar im Anschluss an den Erörterung- und Abstimmungstermin. 7 § 60 Abs. 1 Satz 2 StaRUG stellt allerdings klar, dass der Antrag auch (erst) im Erörterungs- und Abstimmungstermin richtigerweise zulässig erst nach der Abstimmung zu Protokoll gestellt werden kann. Möglich ist aber auch, dass der Schuldner den Antrag auf gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans erst nach dem Erörterungs- und Abstimmungstermin stellt. Eine Frist hierfür besteht nicht. Die zeitliche Grenze, binnen der der Antrag gestellt werden kann, ergibt sich lediglich aus § 31 Abs. 4 Nr. 4 StaRUG (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 71), weil die Planbestätigung als Stabilisierungsinstrument die noch andauernde Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache voraussetzt. 8 Im Übrigen enthält § 60 Abs. 1 StaRUG keine besonderen Formvorgaben. Der Antrag kann daher gemäß § 38 Satz 1 StaRUG i. V. m. § 129a ZPO neben der Antragstellung zu Protokoll auch schriftsätzlich zur Gerichtsakte gestellt werden (vgl. z. B. Kern, in: Stein/Jonas, ZPO [23. Aufl. 2016], § 129a Rn. 10).
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§§ 60, 61, 65 Antrag, Anhörung, Bekanntgabe der Entscheidung
Der Antrag auf gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans ist aller- 9 dings unabhängig davon, in welchem Verfahren den Gläubigern das Planangebot unterbreitet worden ist, also unabhängig davon, ob der Plan im privatautonomen Verfahren nach §§ 17 ff. StaRUG (vgl. §§ 17 – 19, 23 StaRUG Rn. 1) oder im gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungsverfahren nach § 45 StaRUG (vgl. dort Rn. 5) zur Abstimmung gebracht wurde. b) Besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen aa) Vorlage von Unterlagen (§ 60 Abs. 1 Satz 3 StaRUG) Ist die Planabstimmung nicht im gerichtlichen Erörterungs- und Abstim- 10 mungsverfahren nach § 45 StaRUG erfolgt, so statuiert § 60 Abs. 1 Satz 3 StaRUG besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Antrag auf gerichtliche Bestätigung. Dem Antrag auf gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans ist zu- 11 nächst der zur Abstimmung gestellte und von den Planbetroffenen angenommene Restrukturierungsplan nebst sämtlichen Anlagen beizufügen. Hierbei sollte kenntlich gemacht werden, ob und inwieweit der Plan im Rahmen einer Planbetroffenenversammlung nach § 20 Abs. 4 StaRUG geändert und in der geänderten Fassung zur Abstimmung gestellt wurde oder inwieweit der angenommene Plan ansonsten von dem den Planbetroffenen übermittelten Planangebot (§ 17 StaRUG) abweicht. Darüber hinaus ist dem Antrag die Dokumentation über das Abstimmungs- 12 ergebnis beizufügen. Hierbei handelt es sich um die nach § 22 StaRUG obligatorische Dokumentation (vgl. § 22 StaRUG Rn. 6) in ihrer vollständigen Fassung. Darüber hinaus sind nach § 60 Abs. 1 Satz 3 StaRUG sämtliche Urkunden und 13 sonstigen Nachweise beizufügen, aus denen sich ergibt, wie die Abstimmung durchgeführt wurde und zu welchem Ergebnis sie geführt hat. Die dem Antrag auf gerichtliche Planbestätigung beizufügenden Unterlagen gehen daher über die Dokumentation nach § 22 StaRUG, die lediglich das Abstimmungsergebnis und etwaige streitig gewordene Rechte festzuhalten hat, hinaus. Hintergrund dieser Bestimmung ist, dass dem Gericht mit dem Antrag auf Bestätigung sämtliche Unterlagen und Informationen übermittelt werden müssen, die für die Bestätigungsentscheidung erheblich sind (BT-Drucks. 19/24181, S. 161). Für die Bestätigungsentscheidung erheblich sind insbesondere diejenigen Umstände, die geeignet sind, einen Versagungstatbestand im Sinne des § 63 StaRUG zu begründen. Nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG gehört hierzu insbesondere die Beachtung der Vorschriften zur verfahrensmäßigen Behandlung des Restrukturierungsplans. Mit dem Antrag auf gerichtliche Bestätigung hat der Schuldner daher auch darzulegen, dass die Vorschriften über die Unterbreitung und Übermittlung des Planangebots, die Einhaltung der Fristen zur Annahme (vgl. §§ 17 – 19, 23 StaRUG Rn. 14, 29) und zur Durchführung einer
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Planbetroffenenversammlung (vgl. § 20 StaRUG Rn. 12) bzw. Erörterungstermins (vgl. § 21 StaRUG Rn. 7) eingehalten worden sind. 14 Ist das Gericht nicht in der Lage, anhand der eingereichten Unterlagen den Verfahrensgang nachzuvollziehen und im Sinne des § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG zu prüfen, ist der Antrag auf gerichtliche Planbestätigung mangels Erfüllung der besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen bereits unzulässig. bb) Zustimmung(-spflicht) der nicht enthafteten persönlich haftenden Gesellschafter (§ 60 Abs. 2 StaRUG) 15 An besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen ist der Antrag auf gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans auch dann geknüpft, wenn der Plan entgegen §§ 67 Abs. 2, 11 Satz 2 StaRUG eine Sonderregelung dahingehend enthält, dass die persönlich haftenden Gesellschafter des Schuldners, soweit es sich um natürliche Personen handelt, nicht in derselben Weise entschuldigt werden sollen, wie der Schuldner selbst, sondern ausnahmsweise für die dem Schuldner aufgrund des Restrukturierungsplan erlassenen Verbindlichkeiten weiter haften sollen. Dies gilt auch, soweit eine natürliche Person nur in mittelbarer Beteiligungskette persönlich haftet. 16 Soweit der Restrukturierungsplan keine besonderen, abweichenden Bestimmungen enthält, gilt nach §§ 67 Abs. 2, 11 Satz 2 StaRUG, dass die persönlich haftenden Gesellschafter des Schuldners mit der im Plan vorgesehenen Befriedigung der Planbetroffenen oder Absonderungsanwartschaftsberechtigten von den übrigen, diesen gegenüber bestehenden Verbindlichkeiten befreit werden. Dies ist in der Sache richtig, der die Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters grundsätzlich akzessorisch an die Haftung der Gesellschaft anknüpft und dieses Prinzip im Rahmen der Restrukturierung grundsätzlich beizubehalten ist. Anderenfalls würden die durch den Restrukturierungsplan in der Durchsetzung ihrer Rechte beschränkten Gläubiger unmittelbar bei den Gesellschaftern Regress nehmen, was nicht den Regelfall darstellen, sondern nur im Ausnahmefall möglich sein soll (vgl. BT-Drucks. 19/24181, S. 161), weshalb der Plan dies ausdrücklich festsetzen muss. Enthält der Plan keinerlei Festsetzung, verbleibt es bei der Erlasswirkung. 17 Enthält der Restrukturierungsplan eine solche abweichende Festsetzung, so sind die Gesellschafter in besonderer Weise schutzwürdig (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 161), weil sie mit einer vom Regelfall abweichenden Festsetzung des Plans nicht rechnen müssen. Aus diesem Grund sieht § 60 Abs. 2 StaRUG vor, dass die Zulässigkeit des Antrages auf gerichtliche Bestätigung der Zustimmung aller unmittelbar oder mittelbar persönlich haftenden Gesellschafter, soweit es sich hierbei um natürliche Personen handelt, bedarf. Die persönlich haftenden Gesellschafter geben mit ihrer Zustimmung zu erkennen, dass ihnen der Ausnahmecharakter des Plans bewusst ist. Die Vorschrift erfüllt daher eine Warn- und Hinweisfunktion. Dieser Schutzfunktion bedarf es nur, soweit es sich bei den persönlich haftenden Gesellschaftern in der Beteiligungskette
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§§ 60, 61, 65 Antrag, Anhörung, Bekanntgabe der Entscheidung
um natürliche Personen handelt. Der Zustimmung persönlich haftender Gesellschafter, die ihrerseits in haftungsbeschränkender Rechtsform verfasst sind, bedarf es für die Zulässigkeit des Antrages auf gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans nicht. Eine Zustimmungsfiktion zu dem materiellen Regelungsgegenstand des Plans 18 ist in der Zustimmung zu dem Antrag auf Planbestätigung allerdings nicht enthalten; die Geltendmachung individuellen Rechtsschutzes wegen einer möglichen Schlechterstellung oder die Erhebung einer sofortigen Beschwerde gegen die Planbestätigung durch den betreffenden Gesellschafter wird durch die Zustimmung zu dem Antrag auf gerichtliche Bestätigung des Plans daher nicht präkludiert. Da deshalb negative individuelle Folgen für die persönlich haftenden Gesell- 19 schafter mit der Zustimmung zu dem Antrag auf gerichtliche Bestätigung nicht verbunden sind, sind die Gesellschafter aus ihrer Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft und der daraus abzuleitenden Sanierungspflicht (vgl. § 1 StaRUG Rn. 9) regelmäßig zur Zustimmung zu dem Antrag verpflichtet. Dies insbesondere dann, wenn die gerichtliche Planbestätigung für den Vollzug des Restrukturierungsplans deshalb erforderlich ist, weil dieser nur mit gruppenübergreifender Mehrheitsentscheidung nach § 26 StaRUG (vgl. §§ 25 – 28 StaRUG Rn. 12) angenommen worden ist. Zwar sind die persönlich haftenden Gesellschafter in Ansehung der mit der Norm verbundenen Aufklärungsund Warnfunktion schutzwürdig; dieser Schutz darf jedoch nicht bewirken, dass den Gesellschaftern ein Obstruktionspotenzial jenseits des in §§ 27, 28 StaRUG (vgl. §§ 25 – 28 StaRUG Rn. 33) vorgesehenen Schutzes und ihrer grundsätzlich obligatorischen Einbeziehung in den Plan nach § 8 StaRUG (vgl. dort Rn. 21) eröffnet wird. Sie dürfen daher die notwendig der Zustimmung zu dem Antrag auf gerichtliche Bestätigung nicht als Instrument der Verhinderung eines von den Planbetroffenen angenommenen Restrukturierungsplans verwenden, der allerdings möglicherweise ihren individuellen Interessen zuwiderläuft. 3. Anhörung (§ 61 StaRUG) Für die Planbetroffenen ist ein Rechtsschutz gegen den angenommenen Re- 20 strukturierungsplan nur insoweit eröffnet, als sie eine individuelle Schlechterstellung geltend machen können (vgl. §§ 64, 66 StaRUG Rn. 6, 30). Mit der Geltendmachung eines Verstoßes gegen allgemeine Verfahrensregeln, gegen die Auswahl der Planbetroffenen (§ 8 StaRUG) oder z. B. das Gleichbehandlungsgebot (§ 10 StaRUG) werden die Planbetroffenen im Rahmen des Minderheitenschutzes nach § 64 StaRUG oder der sofortigen Beschwerde nach § 66 StaRUG nicht gehört. Die Einhaltung dieser Gesichtspunkte wird lediglich von Amts wegen im Rahmen des Planbestätigungsverfahrens (§ 63 StaRUG) geprüft. Umso bedeutender ist es, dass den Planbetroffenen im Rahmen der Planbestätigung rechtliches Gehör gewährt und diesen Gelegenheit gegeben
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
wird, Bedenken gegen die Architektur, die konkrete Ausgestaltung oder sonstige Gesichtspunkte des Plans geltend und aktenkundig zu machen. 21 § 61 Satz 2 StaRUG sieht daher vor, dass obligatorisch ein Anhörungstermin aller Planbetroffenen durchzuführen ist, wenn der Restrukturierungsplan nicht im gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungsverfahren zur Abstimmung gelangt ist. Nach § 61 Satz 3 StaRUG gelten für die Durchführung des Anhörungstermins §§ 45 Abs. 3, 46 Abs. 1 Satz 4 StaRUG entsprechend, woraus folgt, dass die Planbetroffenen zu dem Termin zu laden sind und die Ladung den Hinweis darauf enthalten muss, dass der Termin und die Anhörungen auch dann durchgeführt werden können, wenn nicht alle Planbetroffenen teilnehmen. Mit der Zustellung der Ladung kann der Schuldner beauftragt werden; die Ladungsfrist beträgt mindestens sieben Tage. 22 Maßgeblich für die Verpflichtung zur Durchführung eines Anhörungstermins ist ausschließlich, ob zuvor ein gerichtlicher Erörterungs- und Abstimmungstermin nach § 45 StaRUG stattgefunden hat und die Planbetroffenen im Rahmen dieses Termins bereits Gelegenheit hatten, zum Plan Stellung zu nehmen. Die Durchführung eines Vorprüfungstermins nach § 46 StaRUG oder nach §§ 47, 48 StaRUG ersetzt die gerichtliche Erörterung nach § 45 StaRUG nicht, macht die Durchführung eines Anhörungstermins vor der Planbestätigung daher nicht entbehrlich. Beide Termine dienen unterschiedlichen Zwecken. Außerdem liegt im Zeitpunkt der Vorprüfung nicht notwendigerweise die endgültige Fassung des zur Abstimmung zu bringenden Restrukturierungsplans bereits vor, weshalb der zu bestätigende Plan auch erheblich von dem Planentwurf abweichen kann, der etwaig zur Vorprüfung gestellt worden war. Die (nochmalige) Gewährung rechtlichen Gehörs ist daher jedenfalls erforderlich. 23 Besondere Verfahrensregeln für die Durchführung des Termins sieht das Gesetz nicht vor. Es gelten daher über die Verweisungsnorm des § 38 Satz 1 StaRUG die allgemeinen zivilprozessualen Vorschriften für die Terminsdurchführung. 24 Nach § 61 Satz 1 StaRUG kann das Restrukturierungsgericht zudem, auch wenn die Planabstimmung im gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungsverfahren nach § 45 StaRUG erfolgt ist, nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen einen (weiteren) Anhörungstermin anberaumen. Dies wird insbesondere dann sinnvoll sein, wenn sich im Erörterungstermin wesentliche Änderungen ergeben haben oder im Rahmen der Prüfung der Planbestätigungsvoraussetzungen Umstände zutage getreten sind, die einer Planbestätigung möglicherweise entgegenstehen und dem Schuldner etwaig eine Frist zur Behebung von Mängeln gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG gesetzt werden soll. 25 Für den fakultativen Anhörungstermin gelten dieselben Bestimmungen, wie für die Durchführung des obligatorischen Anhörungstermins.
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§§ 60, 61, 65 Antrag, Anhörung, Bekanntgabe der Entscheidung
4. Bestätigungsbeschluss Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 StaRUG entscheidet das Restrukturierungsgericht über 26 die Bestätigung des Restrukturierungsplans durch Beschluss. Nach § 65 Abs. 1 StaRUG ist der Beschluss zu verkünden. Die Verkündung erfolgt mündlich; die schriftliche Ausfertigung des in Ansehung des möglichen Rechtsmittels der sofortigen Beschwerde zwingend zu begründenden Beschlusses (vgl. BGH, NJW 2002, 2648) muss im Zeitpunkt der Verkündung noch nicht vorliegen. Da der Beschluss nicht zuzustellen ist, wird er mit der Verkündung nicht nur existent, sondern auch zugleich wirksam (statt vieler z. B. Voit, in: Musielak, ZPO, § 329 Rn. 8). Der Beschluss und seine Verkündung sind nach § 38 Satz 1 StaRUG i. V. m. § 160 Abs. 3 Nr. 6, 7 ZPO im Protokoll festzustellen. Die Verkündung des Beschlusses setzt die Rechtsmittelfrist in Gang. Das Restrukturierungsgericht ist allerdings nicht verpflichtet, eine Rechtsbehelfsbelehrung zu erteilen. Selbst die Erteilung einer fehlerhaften Belehrung hinsichtlich des Beginns der Rechtsmittelfrist ist unschädlich (BGH, NZI 2004, 85). Regelmäßig kann der Beschluss bereits am Ende des Erörterungs- und Ab- 27 stimmungstermins nach § 45 StaRUG oder des Anhörungstermins nach § 61 StaRUG verkündet werden. Ersteres setzt freilich voraus, dass der Antrag auf gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans bereits gestellt ist (vgl. Rn. 7). Die Bestätigung des Restrukturierungsplans bereits am Ende des Erörterungs- 28 oder des Anhörungstermins steht jedoch im alleinigen Ermessen des Gerichts. Sie wird immer dann in Betracht kommen, wenn sich die Parteien einig sind oder das Gericht bereits ausreichend Gelegenheit hatte, die wechselseitig vorgetragenen Argumente rechtlich zu würdigen. Ein Anspruch des Schuldners oder der Gläubiger darauf, dass am Ende der Sitzung entschieden wird, besteht nicht. Vielmehr steht es dem Gericht nach § 65 Abs. 1 StaRUG frei, einen besonderen Verkündungstermin anzuberaumen; die sofortige Beschwerde hiergegen ist schon wegen der Generalklausel des § 40 Abs. 1 Satz 1 StaRUG nicht eröffnet. Die Anberaumung eines besonderen Verkündungstermins wird insbesondere dann in Betracht kommen, wenn das Gericht die im Termin vorgebrachten Argumente für und wider den Restrukturierungsplan noch einmal einer rechtlichen Würdigung unterziehen möchte oder die Bestätigungsvoraussetzungen nicht offenkundig vorliegen, weil etwaige Bestätigungshindernisse nach § 63 StaRUG in Betracht kommen. Ebenso, wenn die Fragen der Stimmrechte und/oder der weiteren Beteiligung der am Schuldner beteiligten Personen an diesen besonders zu prüfen sind. Mit besonderer Sorgfalt sind in diesem Zusammenhang insbesondere solche Argumente von Planbetroffenen zu berücksichtigen und abzuwägen, die einen individuellen Rechtsschutz nicht eröffnen, sondern nur der Prüfung von Amts wegen unterliegen. Nach dem insolvenzrechtlichen Vorbild des § 252 InsO ist der Termin zur 29 Verkündung der Entscheidung „alsbald“ anzuberaumen, womit der Eilbedürftigkeit auch des Restrukturierungsverfahrens Rechnung getragen wird. „Als-
343
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
bald“ muss daher nicht die Bestimmung des Termins erfolgen, sondern nach dem Zweck der Vorschrift die Durchführung des Termins selbst (für § 252 InsO ebenso Sinz, in: MünchKomm-InsO, § 252 Rn. 10). Da sich die Vorschrift vollständig an ihrem insolvenzrechtlichen Vorbild orientiert, sollte nicht zuletzt aus dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung das unbestimmte Tatbestandsmerkmal „alsbald“ auch im Restrukturierungsverfahren in Anlehnung an die in § 241 InsO bestimmte Monatsfrist ausgelegt und verlangt werden, dass der Verkündungstermin längstens innerhalb eines Monats stattzufinden hat. 30 Die Wirkungen des Beschlusses richten sich nach §§ 67 – 71 StaRUG. Insbesondere ist durch besonderen Hinweis des Schuldners an das Restrukturierungsgericht im Rahmen des Bestätigungsantrages sicherzustellen, dass etwaig streitige Forderungen einzelner Planbetroffener im Bestätigungsbeschlusses als solche bezeichnet werden, da nur auf diese Weise gemäß § 71 Abs. 1 StaRUG ausgeschlossen wird, dass die streitige Forderung an der Titelfunktion und Vollstreckungswirkung des Plans teilnimmt (vgl. § 71 StaRUG Rn. 4). 5. Übersendung des Plans 31 Der Bestätigungsbeschluss ist den Planbetroffenen nicht zuzustellen. Dessen Verkündung genügt. Allerdings ist den Planbetroffenen, wurde die Planbestätigung nicht versagt, der schriftliche Hinweis zu erteilen, dass der Plan bestätigt worden ist. Dies geschieht regelmäßig durch (einfache) Übersendung des Bestätigungsbeschlusses. 32 Ist der Restrukturierungsplan im Rahmen der Abstimmung noch geändert, also der den Gläubigern im Vorfeld der Abstimmung zur Verfügung gestellte Plan nicht unverändert angenommen worden, so ist den Planbetroffenen gemeinsam mit der Übersendung des Bestätigungsbeschlusses obligatorisch entweder ein Abdruck des geänderten Plans oder eine Zusammenfassung seines wesentlichen Inhalts zu übersenden. Nach § 65 Abs. 2 Satz 1, Halbs. 2 StaRUG kann die Übersendung an Aktionäre oder Kommanditaktionäre des Schuldners unterbleiben. Dies deshalb, weil börsennotierte Gesellschaften nach § 65 Abs. 2 Satz 2 StaRUG eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts des Plans über ihre Internetseite zugänglich zu machen haben. 33 Da das Gesetz negativ formuliert, nämlich grundsätzlich die Übersendung des Plans vorsieht, hiervon nach § 65 Abs. 2 Satz 3 StaRUG aber eine Ausnahme macht, wenn der vor der Abstimmung übersendete Plan unverändert angenommen wurde, reicht jede noch so kleine Änderung aus, um die Übermittlungspflicht auszulösen. Es muss sich hierbei aber um inhaltliche Änderungen handeln. Die Korrektur rein typografischer oder orthografischer Fehler löst eine Übermittlungspflicht freilich nicht aus. 34 Regelmäßig tut der Schuldner jedoch gut daran, die Übermittlung eines Abdrucks des Plans gemeinsam mit dem Bestätigungsbeschlusses noch einmal vorzunehmen. Dabei sollte regelmäßig auch auf die Übersendung lediglich 344
§ 62 Bedingter Plan
eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts verzichtet werden, weil die Beurteilung dessen, was wesentlich ist, mögliches Streitpotenzial auslösen kann. Die Übersendung des Plans ist allerdings, selbst wenn sie pflichtwidrig unter- 35 bleibt, kein Wirksamkeitserfordernis für den Bestätigungsbeschluss. Ebenso wenig hindert die unterbliebene Übersendung das Ingangsetzen der Rechtsmittelfrist. Allerdings macht sich der Schuldner, verstößt er gegen die Pflicht zur Übersendung, ggf. schadensersatzpflichtig, soweit ein Planbetroffener infolge der fehlenden Übermittlung adäquat kausale Schäden erleidet. § 62 Bedingter Plan Ist im Restrukturierungsplan vorgesehen, dass vor dessen Bestätigung bestimmte Leistungen erbracht oder andere Maßnahmen verwirklicht werden sollen, wird der Plan nur bestätigt, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind und Versagungsgründe nicht vorliegen. Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Regelungwirkung der Planbedingung ....................................... 3
3.
Abweichung vom insolvenzplanrechtlichen Vorbild ........................ 5
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes § 62 StaRUG macht nach dem Vorbild des § 249 Satz 1 InsO die (antragsge- 1 bundene und deshalb optionale) Bestätigung des Restrukturierungsplans durch das Restrukturierungsgericht von der Erfüllung der im Plan festgelegten Planbedingungen abhängig. Sieht der Restrukturierungsplan (echte) Planbedingungen vor, so darf die Bestätigung nicht erfolgen, bevor sich das Gericht nicht von dem Eintritt der Planbedingungen überzeugt hat. Es handelt sich dabei nicht um eine echte Bedingung im Sinne des § 158 BGB, da nicht der Eintritt von Rechtswirkungen von dem Bedingungseintritt abhängt, sondern um eine zusätzliche Voraussetzung für die Bestätigung des Plans, also solche Regelungen, die vorsehen, dass bestimmte Leistungen nach Annahme des Plans durch die Planbetroffenen aber vor Bestätigung durch das Restrukturierungsgericht erbracht werden sollen. Zu den möglichen Bedingungen im Rahmen eines Restrukturierungsplans ge- 2 hört insbesondere die Umsetzung von solchen Restrukturierungsmaßnahmen, welche außerhalb des gestaltenden Teils des Plans stehen, beispielsweise die Veräußerung von Vermögensgegenständen (BT-Drucks. 19/24181, S. 161). Auch die Änderung von Anleihebedingungen durch einen Beschluss nach § 5 SchVG kann eine solche außerhalb des gestaltenden Planteils zu erfüllende Bedingung darstellen (vgl. § 19 Abs. 6 SchVG n. F.; BT-Drucks. 19/24181, S. 161).
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
2. Regelungwirkung der Planbedingung 3 Planbedingungen im Sinne des § 62 StaRUG sind solche, welche die Bestätigung des Restrukturierungsplans davon abhängig machen, dass nach der Annahme des Plans bestimmte Leistungen oder Erklärungen erbracht bzw. abgegeben werden. Dies betrifft insbesondere solche Leistungen, die von Dritten im Sinne des § 15 Abs. 3 StaRUG zugesagt werden, kann aber auch sonstige exogene Umstände erfassen, wie z. B. die Bestätigung des Restrukturierungsplans erst nach Erteilung einer verbindlichen Auskunft zur Anwendung der Sanierungsbesteuerung nach §§ 3a ff. EStG durch die zuständige Finanzverwaltung. 4 Zu unterscheiden ist die echte Planbedingung von Planvollzugsbedingungen, deren Regelungsgegenstand darin besteht, dass bestimmte Regelungswirkungen des Plans erst nach dem Bedingungseintritt erfüllbar und erzwingbar sein oder die mit Ihnen beabsichtigten Rechtswirkungen erst nach Bedingungseintritt eintreten sollen. Auf solche Planvollzugsbedingungen ist § 62 StaRUG nicht anwendbar. Die Wirksamkeit von Planvollzugsbedingungen richtet sich allein nach dem zivilrechtlichen Regelungskanon des § 158 BGB. So kann z. B. auch die Vollzugswirkung des Plans nach § 67 StaRUG insgesamt unter eine Bedingung gestellt werden, insbesondere unter eine Rechtskraftbedingung, vor allem dann, wenn Rechtsmittel gegen die Planbestätigung zu erwarten sind und Schadensersatzansprüche analog § 717 Abs. 2 ZPO vermieden werden sollen (vgl. dazu § 67 StaRUG Rn. 8). 3. Abweichung vom insolvenzplanrechtlichen Vorbild 5 Das Gericht ist nicht befugt, eine Frist zum Nachweis des Bedingungseintritts zu setzen. Die Überführung von § 249 Satz 2 InsO in das StaRUG erschien dem Gesetzgeber nicht geboten (BT-Drucks. 19/24181, S. 162). In der Folge ist es dem Restrukturierungsgericht nicht erlaubt, dem Schuldner eine Frist für den Bedingungseintritt zu setzen und nach Nichteintritt innerhalb der Frist die Bestätigung zu versagen. 6 Zur Begründung stellt der Gesetzgeber auf die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Insolvenzverfahren und der Inanspruchnahme des Stabilisierungsund Restrukturierungsrahmens ab. Letzterer ist auf eine weitgehend nicht verfahrensförmig ausgestaltete bloße gerichtliche Unterstützung einer im Kern vom Schuldner und den Planbetroffenen eigenverantwortlich zu gestaltenden Sanierung ausgelegt (BT-Drucks. 19/24181, S. 162). Zudem erfolgt die Planbestätigung auch nur auf gesonderten Antrag des Schuldners (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 162). Dieser ist gehalten, den Bestätigungsantrag erst zu stellen, nachdem die Bedingungen für die Bestätigung eingetreten sind.
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§ 63 Versagung der Bestätigung
§ 63 Versagung der Bestätigung (1) Die Bestätigung des Restrukturierungsplans ist von Amts wegen zu versagen, wenn 1. der Schuldner nicht drohend zahlungsunfähig ist; 2. die Vorschriften über den Inhalt und die verfahrensmäßige Behandlung des Restrukturierungsplans sowie über die Annahme des Plans durch die Planbetroffenen in einem wesentlichen Punkt nicht beachtet worden sind und der Schuldner den Mangel nicht beheben kann oder innerhalb einer angemessenen, vom Restrukturierungsgericht gesetzten Frist nicht behebt oder 3. die Ansprüche, die den Planbetroffenen durch den gestaltenden Teil des Plans zugewiesen werden, und die durch den Plan nicht berührten Ansprüche der übrigen Gläubiger offensichtlich nicht erfüllt werden können. (2) Sieht der Restrukturierungsplan eine neue Finanzierung vor, ist die Bestätigung zu versagen, wenn das dem Plan zugrunde liegende Restrukturierungskonzept unschlüssig ist oder wenn Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass das Konzept nicht von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgeht oder keine begründete Aussicht auf Erfolg vermittelt. (3) 1Ist die Planabstimmung nicht im gerichtlichen Verfahren erfolgt, gehen Zweifel an der ordnungsgemäßen Annahme des Restrukturierungsplans durch die Planbetroffenen zulasten des Schuldners. 2Besteht Streit über das einem Planbetroffenen zustehende Stimmrecht, legt das Gericht seiner Entscheidung das nach Maßgabe des § 24 zu bestimmende Stimmrecht zugrunde. (4) Die Bestätigung ist auch zu versagen, wenn die Annahme des Restrukturierungsplans unlauter herbeigeführt worden ist, insbesondere durch Begünstigung eines Planbetroffenen. Übersicht 1. 2. 3.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Prüfung der Versagungsgründe von Amts wegen ............................. 5 Versagungsgründe ........................ 11 a) Nicht (nur) drohend zahlungsunfähig (§ 63 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG) ...................... 11 b) Inhalt und Zustandekommen des Plans (§ 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG) ................................ 20 aa) Gegenstand und Umfang der Prüfung ........... 20 bb) Verfahren bei festgestellten Mängeln .................. 26
4.
c) Offenkundige Unerfüllbarkeit (§ 63 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG) ................................ d) Neue Finanzierung: Unschlüssig oder unzutreffende Tatsachengrundlage (§ 63 Abs. 2 StaRUG) .................... e) Unlautere Herbeiführung (§ 63 Abs. 4 StaRUG) .......... Zweifelsfallegelung bei privatautonomer Planabstimmung und Stimmrechtsprüfung (§ 63 Abs. 3 StaRUG) ...........................
37
40 43
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 § 63 StaRUG regelt die Voraussetzungen, unter denen das Gericht von Amts wegen die Bestätigung des Restrukturierungsplans zu versagen hat. Die Versagungsgründe sind positiv aufgelistet, weshalb es sich um negative Bestätigungsvoraussetzungen handelt (BT-Drucks. 19/24181, S. 162). Die Aufzählung des § 63 StaRUG ist zwar abschließend, allerdings enthalten die einzelnen Versagungsgründe unbestimmte Rechtsbegriffe, die mitunter auch eine weite Auslegung und damit die Anwendung auch auf angrenzende, nicht explizit genannte Fälle zulassen. 2 Der Vorschrift kommt deshalb besondere Bedeutung zu, weil die amtswegige Versagung der Bestätigung den einzigen Weg darstellt, wie Verfahrensmängel, die sich nicht in einer individuellen Schlechterstellung einzelner Gläubiger äußern, die durch den Plan eintretende Bindungswirkung verhindern kann. Planbetroffene sind nämlich nach §§ 64, 66 StaRUG auf den individuellen Minderheitenschutz und die daran anknüpfende sofortige Beschwerde beschränkt. Mängel z. B. der Auswahl der Planbetroffenen oder der Gleichbehandlung, die sich nicht in einer individuellen Schlechterstellung im Rahmen der Vergleichsrechnung (vgl. § 6 StaRUG Rn. 15) abbilden lassen, können von einzelnen Gläubigern im Verfahren nicht geltend gemacht werden. Sie sind darauf beschränkt, das Gericht auf etwaige Mängel hinzuweisen, und darauf angewiesen, dass das Gericht eine sachgerechte Prüfung nach § 63 StaRUG vornimmt. 3 § 63 StaRUG statuiert zum Teil originäre restrukturierungsrechtliche Bestätigungshindernisse, die in den Besonderheiten des Stabilisierungsrahmens gründen, ist zum Teil aber auch verschiedenen Vorschriften der Insolvenzordnung nachgebildet, weshalb insoweit auch auf die dortige Kommentierung wie folgt verwiesen werden kann: § 63 StaRUG
Entsprechung in der InsO
Abs. 1 Nr. 1
Keine – originär restrukturierungsrechtliche Vorschrift, da drohende Zahlungsunfähigkeit Rechtfertigungsgrundlage für den Eingriff in Gläubigerrechte ist; die Vorschrift entspricht § 51 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG für die Stabilisierungsanordnung und ist Gegenstand der Vorprüfung nach § 46 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG.
Abs. 1 Nr. 2
§ 250 Nr. 1 InsO i. V. m. der Fristsetzungsmöglichkeit aus § 231 Abs. 1 Nr. 1 InsO
Abs. 1 Nr. 3
§ 231 Abs. 1 Nr. 3 InsO
Abs. 2
Keine – originär restrukturierungsrechtliche Gläubigerschutzvorschrift, vor allem auch zum Schutze der nicht planbetroffenen Gläubiger.
Abs. 3
Keine – Auslegungsregel; verhindert die Bindung des erstmals befassten Gerichts an die autonome Stimmrechtsfestsetzung des Schuldners.
Abs. 4
§ 250 Nr. 2 InsO
348
§ 63 Versagung der Bestätigung
Aus der Formulierung in § 63 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG wonach die negative 4 Bestätigungsvoraussetzung an die offensichtliche Unerfüllbarkeit der Ansprüche aus dem Plan gekoppelt ist, sowie aus der Formulierung in § 63 Abs. 2 StaRUG, dass die Umstände, aus denen sich ergibt, dass das Restrukturierungskonzept nicht von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgeht oder keine begründete Aussicht auf Erfolg vermittelt, folgt, dass in diesen beiden Fällen die gerichtliche Überprüfung auf eine Offenkundigkeitsprüfung beschränkt ist (BT-Drucks. 19/24181, S. 162); bloße Zweifel genügen daher für die Versagung der Bestätigung in diesen beiden Tatbestandsalternativen nicht. 2. Prüfung der Versagungsgründe von Amts wegen Die in § 63 StaRUG enthaltenen Versagungsgründe stellen negative Bestäti- 5 gungsvoraussetzungen dar, die das Gericht von Amts wegen zu prüfen hat. § 39 Abs. 1 StaRUG gilt daher in Ansehung der Versagungsgründe uneingeschränkt. Richtigerweise zielt die Amtsermittlung allerdings nicht auf die Feststellung 6 einer objektiven, materiellen Wahrheit sondern determiniert vielmehr der Verfahrenszweck und das gebundene Normenprogramm den Referenz- und damit den Ermittlungsrahmen. Damit wird zwar kein Entschließungsermessen eröffnet, ob die zur Verfügung und zu Gebote stehenden Ermittlungsmaßnahmen ergriffen werden, steht dem Gericht wohl aber ein Verfahrensermessen bezüglich der Ermittlungsintensität zu. Dieses Ermittlungsermessen zielt auf einen verfahrensangemessenen Ausgleich zwischen der Amtsermittlungspflicht und den übrigen Verfahrenszielen, wofür neben der Verhältnismäßigkeit auch die Verfahrensökonomie, ausgeprägt besonders in der regelmäßig bestehenden Eilbedürftigkeit des Verfahrens, sowie die Schutzwürdigkeit der Gläubigerinteressen den dogmatischen Rahmen bilden. Daraus folgt, dass das Gericht grundsätzlich alle zur Verfügung stehenden 7 Methoden zur Tatsachenfeststellung auszuschöpfen hat (BGH, NJW 2019, 2169) und aus dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs vor allem grundsätzlich auch verpflichtet ist, im Rahmen der Amtsermittlung Umständen, auf die es aufmerksam gemacht wurde, auch tatsächlich nachzugehen (BGH, BeckRS 2013, 4413) sowie, wenn der Verfahrensstand – aus welchen Gründen auch immer – Anlass hierzu bietet, Ermittlungen tatsächlich durchzuführen. Bei der Frage, wann Ermittlungen erforderlich sind, hat das Gericht einen gewissen Beurteilungsspielraum. Es ist nicht verpflichtet, ohne jeden konkreten Anhaltspunkt „ins Blaue hinein“ Ermittlungen anzustellen, sondern nur dann, wenn es aufgrund gerichtsbekannter Umstände aufgrund der Angaben der Verfahrensbeteiligten hierzu veranlasst wird (BGH, NZI 2012, 151). Allerdings verpflichtet das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs die Gerichte dazu, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (BGH, BeckRS 2013, 4413). Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht seiner Pflicht zur Kenntnisnahme und zur Erwägung 349
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
des Vorgetragenen nicht nachgekommen ist (BGH, NJW 2009, 1609). Sind daher von Verfahrensbeteiligten Umstände vorgetragen, die nicht völlig von der Hand zu weisen sind, oder erlangt das Gericht auf andere Weise Kenntnis hiervon, so ist es verpflichtet, entsprechende Ermittlungen anzustellen und ggf. einen Sachverständigen zu beauftragen. Grundsätzlich sind alle Ermittlungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Für die Überzeugungsbildung des Gerichts können lediglich im Einzelfall, sind alle Ermittlungsmöglichkeiten erschöpft, auch Indizien genügen, wenn an deren Vorliegen keine substantiierten Zweifel bestehen (BGH, NZI 2006, 405). 8 Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs ist allerdings nicht verletzt, wenn das Gericht das tatsächliche und rechtliche Vorbringen zwar zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht, allerdings die von einer Partei daraus gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen nicht teilt (BGH, GRUR 2012, 314). Dies sollte im Rahmen der obligatorischen Begründung des Beschlusses (vgl. §§ 60, 61, 65 StaRUG Rn. 26 hinreichend klar zum Ausdruck kommen. 9 Die besondere Bedeutung, die dem Amtsermittlungsgrundsatz insbesondere hinsichtlich der negativen Bestätigungsvoraussetzungen des § 63 StaRUG durch das Gesetz beigemessen wird, kommt insbesondere auch in § 73 Abs. 3 Nr. 1 StaRUG zum Ausdruck, wonach die Bestellung eines sachverständigen Restrukturierungsbeauftragten zur Prüfung des Vorliegens der (lediglich) drohenden Zahlungsunfähigkeit nach § 63 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG (vgl. § 73 StaRUG Rn. 51) dort ausdrücklich als eines der Regelbeispiele genannt ist. 10 Hieraus folgt, dass außer in besonders gelagerten Ausnahmefällen, in welchen z. B. der Eintritt – bislang nur – der drohenden Zahlungsunfähigkeit offenkundig ist, die gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans auf Antrag des Schuldners regelmäßig die Bestellung eines sachverständigen Restrukturierungsbeauftragten erfordern wird und die hierfür erforderlichen Kosten im Rahmen der Planung von vorneherein berücksichtigt werden müssen. Dies gilt nach dem Vorstehenden grundsätzlich auch dann, wenn der Schuldner mit dem Antrag auf Bestätigung des Restrukturierungsplans zwar die Bestätigung einer fachkundigen Stelle entsprechend § 270d Abs. 1 InsO vorlegt, wonach (lediglich) die drohende Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist, hieran allerdings substantiierte Zweifel geltend gemacht werden oder aus sonstigen Gründen bestehen, etwa weil die Bescheinigung nicht mehr hinreichend aktuell (vgl. dazu § 270d InsO Rn. 49) ist. Werden solche Zweifel nicht erhoben, ist die Bescheinigung nicht offenkundig veraltet oder werden etwaige Rügen nur „ins Blaue hinein“ vorgetragen und gerade nicht in nachvollziehbarer Weise substantiiert, so darf das Gericht auf die Bescheinigung abstellen und diese seiner Bestätigungsentscheidung grundsätzlich zugrunde legen, ohne zuvor einen Sachverständigen zu bestellen.
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§ 63 Versagung der Bestätigung
3. Versagungsgründe a) Nicht (nur) drohend zahlungsunfähig (§ 63 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG) Der Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit ist Legitimationsgrundlage 11 für den Eingriff in die Rechte der Gläubiger durch das präventive Restrukturierungsverfahren. Unternehmen, die bereits zahlungsunfähig oder überschuldet sind, bleibt die Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungsund Restrukturierungsrahmens ebenso verwehrt (BT-Drucks. 19/24181, S. 90), wie solchen Unternehmen, die noch nicht drohend zahlungsunfähig sind. Bei Letzteren fehlt es vor dem Eintritt zumindest der drohenden Zahlungsunfähigkeit nämlich nach der Auffassung des Gesetzgebers an einer hinreichend konkreten Gefahr für die Gläubigerinteressen, welche die Rechtfertigung für die mit dem Stabilisierungsrahmen erwirkbaren Eingriffe in die Gläubigerrechte darstellt (BT-Drucks. 19/24181, S. 90). Mit dieser Begründung hat der Gesetzgeber insbesondere auch Vorschlägen zu einer früheren Anknüpfung des Verfahrens eine Absage erteilt. Vor diesem Hintergrund erscheint es zunächst zu verwundern, dass der Eintritt 12 (nur der) drohenden Zahlungsunfähigkeit in § 63 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG lediglich als negative Bestätigungsvoraussetzung ausgestaltet und im Übrigen nirgendwo im Gesetz als Eingangs- oder Zulässigkeitsvoraussetzung für das Verfahren formuliert ist. Auch mit der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens nach § 31 StaRUG muss der Schuldner keinen Nachweis für den Eintritt (bislang nur) der drohenden Zahlungsunfähigkeit vorlegen. Zwar ist der Schuldner verpflichtet, den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG unverzüglich anzuzeigen (vgl §§ 31, 33 StaRUG Rn. 84, 91 ff.), jedoch grenzt dies die Inanspruchnahme der bereitgestellten Verfahrenshilfen nicht zu solchen Schuldnern ab, die noch nicht drohend zahlungsunfähig im Sinne des § 18 InsO sind (vgl. z. B. AG Köln, ZIP 2021, 806). Diese Abgrenzung wird lediglich über § 51 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG als Voraussetzung für den Erlass einer Stabilisierungsanordnung sowie gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG für die Bestätigung des Restrukturierungsplans geschaffen. Dies ist allerdings auch ausreichend, da es der Legitimationsgrundlage für einen 13 Eingriff in die Gläubigerrechte nur dann bedarf, wenn dieser nicht konsensual erfolgt. Wird der Restrukturierungsplan einstimmig verabschiedet und ist deshalb eine gerichtliche Bestätigung nicht erforderlich, so handelt es sich in der Sache um eine der freien, außergerichtlichen Sanierung vergleichbare Vereinbarung, die einen Eingriff in die Gläubigerrechte gegen den Willen der Gläubiger gerade nicht vorsieht und deshalb auch einer Legitimationsgrundlage nicht bedarf. Ähnlich verhält es sich, wenn der Schuldner mit seinen wesentlichen Lieferanten Einigkeit über die weitere Verwendung von Sicherungsgut oder die Aussetzung von Vollstreckungsmaßnahmen erzielt und deshalb der Erlass einer Stabilisierungsanordnung nicht erforderlich ist. Einer Legitimationsgrundlage bedarf es daher nur, wenn nicht mit abstimmende 14 oder gegen den Plan stimmende Planbetroffene überstimmt oder durch eine 351
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Stabilisierungsanordnung deren Rechte vorübergehend beschränkt werden sollen. Dafür aber ist die Prüfung des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit als negative Bestätigungsvoraussetzung und analog als Erlasshindernis im Rahmen der Voraussetzung für den Erlass einer Stabilisierungsanordnung ausreichend. 15 Maßgeblich für die Prüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit ist die Erfüllung des Tatbestandes des § 18 InsO. Es kommt daher auf die Liquiditätsplanung der nächsten 24 Monate an. Ist der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit innerhalb der nächsten 24 Monate wahrscheinlicher, als deren Nichteintritt, so ist von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit auszugehen, wobei die der Planung zugrunde liegenden Prämissen vom Schuldner dargestellt und erläutert werden müssen. Die Vorlage einer nicht kommentierten und deshalb auch nicht prüfbaren Liquiditätsrechnung genügt nicht. Vielmehr muss die vorliegende Liquiditätsrechnung aus sich heraus verständlich und plausibel sein und muss die Prüfung der Angemessenheit der zugrunde liegenden Prämissen zulassen. Insbesondere, wenn die maßgeblichen Eingangs- und Erwartungswerte maßgeblich von den historischen Werten früherer Vergleichszeiträume abweichen, müssen diese Abweichungen ungefragt offenbart, erläutert und begründet werden. 16 Da das Nichtvorliegen der negativen Bestätigungsvoraussetzung zur Überzeugung des Gerichts feststehen muss, ist diese nach § 38 Satz 1 StaRUG i. V. m. § 286 ZPO zu bilden. Die Beschränkung auf ein offenkundiges Fehlen des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit, wie in § 63 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG oder § 63 Abs. 2 StaRUG sieht § 63 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG gerade nicht vor. Grundlage der Überzeugungsbildung des Gerichts sind damit der gesamte Inhalt der Akten sowie sämtliche sonstigen Informationen, von denen es im Rahmen des Verfahrens prozessordnungsgemäß Kenntnis erlangt hat (ausführlich Kockentiedt/Windau, NJW 2019, 3348). Hierzu gehört ausdrücklich auch das Vorbringen des Schuldners, welches das Gericht im Rahmen der Überzeugungsbildung entsprechend zu würdigen hat (BGH, NJW-RR 2018, 249). Dementsprechend kommt es für den Umfang der gebotenen Amtsermittlung maßgeblich auch darauf an, ob und inwieweit Zweifel an dem Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit bestehen und/oder dem Gericht zur Kenntnis gebracht werden. 17 Da das Gericht den gesamten Umfang des Vortrages zu würdigen hat, beschränkt sich die Überzeugungsbildung des Gerichts nicht auf das Ergebnis der Liquiditätsplanung, sondern selbstverständlich ist auch die Überprüfung der zugrunde liegenden Prämissen von der Überzeugungsbildung erfasst. 18 Stellt sich im Rahmen der richterlichen Überzeugungsbildung heraus, dass der Schuldner entweder noch nicht oder nicht mehr nur drohend zahlungsunfähig im Sinne des § 18 InsO ist, ist die Bestätigung des Restrukturierungsplans zwingend zu versagen. Ein Ermessen steht dem Gericht nicht zu, da es sich bei dem Bestehen der drohenden Zahlungsunfähigkeit um die nötige
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§ 63 Versagung der Bestätigung
Legitimationsgrundlage zur Rechtfertigung der mit der Planbestätigung eintretenden Rechtsfolgen handelt. Um insoweit Überraschungen im Rahmen des Bestätigungsverfahrens und 19 damit Transaktionsunsicherheiten zu vermeiden, bietet sich die Klärung der Frage des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit innerhalb einer gerichtlichen Vorprüfung nach §§ 46 – 48 StaRUG an (wie z. B. bei AG Köln, ZIP 2021, 806). b) Inhalt und Zustandekommen des Plans (§ 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG) aa) Gegenstand und Umfang der Prüfung § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG entspricht im Wesentlichen den Anforderungen des 20 § 250 Nr. 1 InsO, allerdings ergänzt um die Möglichkeit einer Fristsetzung durch das Gericht zur Beseitigung von behebbaren Mängeln, welche die Insolvenzordnung im Rahmen der Vorprüfung nach § 231 InsO vorsieht. Da allerdings die gerichtliche Vorprüfung im Restrukturierungsverfahren nicht obligatorisch ist, kann die Nachbesserungsmöglichkeit erst im Bestätigungsverfahren eröffnet werden. § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG enthält sowohl einen klaren dogmatischen Prüfungs- 21 auftrag hinsichtlich der im Rahmen des Verfahrens zur beachtenden Vorschriften sowohl bei der Erstellung des Restrukturierungsplans auch als auch im Rahmen seiner Vorlage und der Beschlussfassung hierüber. Das Gericht hat daher im Rahmen der Planbestätigung umfassend und unbegrenzt die Einhaltung sämtlicher verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Erstellung und das Zustandekommen des Plans zu prüfen. Dies schließt insbesondere die Vorschriften über den notwendigen Inhalt des darstellenden Teils nach § 6 StaRUG, die Zulässigkeit der im gestaltenden Teil vorgesehenen Maßnahmen einschließlich des Verbots der Übersanierung (vgl. § 7 StaRUG Rn. 15), die Auswahl der Planbetroffenen nach § 8 StaRUG, das Gleichbehandlungsgebot nach § 10 StaRUG und das gesamte Verfahren zur Unterbreitung des Planangebots an die Gläubiger sowie zur Abstimmung über den Plan und das Zustandekommen der erforderlichen Mehrheiten nach §§ 17 ff. StaRUG ein. Von dem Nichtvorliegen dieser verfahrensrechtlichen negativen Bestätigungs- 22 voraussetzungen hat sich das Gericht vollumfänglich zu überzeugen. Es handelt sich damit um eine gebundene materielle Rechtsprüfung. Daneben enthält die Vorschrift aber durch die Bezugnahme auf den zu prüfen- 23 den Inhalt des Restrukturierungsplans auch einen unbestimmten Rechtsrahmen, wonach insbesondere die nach § 14 StaRUG dem Restrukturierungsplan beizufügende begründete Erklärung zu den Aussichten zur Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit des Schuldners und die beizufügende Finanzplanung (zu beidem siehe §§ 14, 15 StaRUG Rn. 4 ff.) der Prüfung durch das Gericht obliegen (BT-Drucks. 19/24181, S. 162). Der Gesetzgeber kommt damit dem Umsetzungsauftrag aus Art. 10 Abs. 3 der Richtlinie (RL [EU] 2019/1023)
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
nach, wonach sicherzustellen ist, dass das Restrukturierungsgericht die Bestätigung des Restrukturierungsplans ablehnen kann, wenn keine vernünftige Aussicht besteht, dass der Plan die Insolvenz des Schuldners verhindern oder die Bestandsfähigkeit des Unternehmens gewährleisten würde. Da es auch hier an einer Beschränkung des Prüfungsauftrages auf offensichtliche Mängel fehlt, muss das Gericht das Restrukturierungskonzept, die ihm zugrunde liegende Planung und die Fähigkeit des Schuldners, während der Umsetzungsphase des Plans seinen fällig werdenden Verbindlichkeiten nachkommen zu können prüfen und zu der begründeten Überzeugung gelangen, dass durch den Restrukturierungsplan die Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit des Schuldners sowie die nachhaltige Überwindung der drohenden Zahlungsunfähigkeit gewährleistet sind. Maßgeblich ist, ob die mit dem Restrukturierungsplan umzusetzenden Maßnahmen allein oder gemeinsam mit anderen Maßnahmen (vgl. BFH/NV 1997, 753) geeignet erscheinen, die nachhaltige Bestandsfähigkeit des Schuldners sicherzustellen und der Plan bzw. sämtliche dem Gericht vorliegenden Unterlagen dies plausibel herleiten und begründen. 24 Im Rahmen dieser Überzeugungsbildung ist das Gericht daher grundsätzlich verpflichtet, verfügbare Ermittlungsmöglichkeiten auch zu ergreifen und darf sich nur im Ausnahmefall darauf berufen, dass gegen das vorgelegte Restrukturierungskonzept keine Bedenken erhoben worden seien (siehe Rn. 6). Allerdings kann unter Anleihe bei den Grundsätzen, wie sie zur Feststellung der Sanierungsfähigkeit, Sanierungseignung und Sanierungsabsicht im Rahmen der Sanierungsgewinnsbesteuerung entwickelt worden sind (vgl. dazu z. B. Hölzle, ZIP 2020, 301, 306 ff), vor allem aus der Beteiligung sämtlicher oder jedenfalls einer maßgeblichen Mehrheit der Gläubiger auf deren Sanierungsabsicht und – mit Einschränkung – auch auf die Sanierungseignung geschlossen werden, da die Zustimmung der Gläubiger zu einem objektiv untauglichen Konzept regelmäßig nicht zu erwarten ist. Ein solcher Rückschluss ist allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn (1) das Gericht auch nach der eigenen Überzeugungsbildung den Restrukturierungsplan für plausibel hält, (2) erkennbar ist, dass sich die zustimmenden Gläubiger mit dem Restrukturierungskonzept im Rahmen der Verhandlungen auseinandergesetzt und dieses nicht weitgehend ungeprüft hingenommen haben sowie (3) kein Gläubiger Umstände vorgetragen hat, die nicht völlig fernliegende Zweifel an der Tauglichkeit des Konzepts begründen. 25 Liegen diese Voraussetzungen nicht vor oder kann das Gericht aus anderen Gründen nicht zu der begründeten Überzeugung gelangen, dass das dem Restrukturierungsplan zugrunde liegende Restrukturierungskonzept geeignet ist, die nachhaltige Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit des Schuldners sicherzustellen, so wird das Restrukturierungsgericht regelmäßig einen sachverständigen Restrukturierungsbeauftragten mit der Prüfung dieser Frage zu beauftragen haben. Die Rechtsgrundlage hierfür bietet § 73 Abs. 3 StaRUG (vgl. dort Rn. 51).
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§ 63 Versagung der Bestätigung
bb) Verfahren bei festgestellten Mängeln Stellt das Gericht Mängel fest, unerheblich ob verfahrensrechtlicher Art oder 26 materiell-rechtlicher Natur, so kommt es zunächst darauf an, ob diese Mängel wesentlich sind und sodann darauf, ob sie innerhalb „angemessener Frist“ behebbar erscheinen. Wesentlich ist ein Mangel immer dann, wenn er Einfluss auf das Abstimmungs- 27 verfahren und das Zustandekommen des Plans einerseits, auf das Maß und den Umfang des Eingriffs in Rechte der Gläubiger andererseits haben kann. Voraussetzung ist nicht, dass ein solcher Einfluss positiv festgestellt wird. Die abstrakte Möglichkeit, dass der Mangel sich ausgewirkt hat, reicht aus. Dies gilt insbesondere für Darstellungsmängel, weil auf Grundlage einer unvollständigen oder fehlerhaften Darstellung oder eines fehlerhaften Verfahrens nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese sich auf das Abstimmungsverhalten der Planbetroffenen ausgewirkt haben. Im Zweifel ist daher aus Gründen des Gläubigerschutzes und der dem Schuldner obliegenden Transparenz- und Integritätsverpflichtung davon auszugehen, dass ein Mangel wesentlich ist. Unwesentlich ist ein Mangel nur dann, wenn positiv feststellbar ist, dass er 28 sich auf das Verfahrensergebnis und auf Umfang und Ausmaß der mit dem Plan zu erreichenden Gestaltungswirkung nicht ausgewirkt haben kann. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Mitwirkung eines Planbetroffenen an der Abstimmung vereitelt wurde, die Berücksichtigung dessen Stimmrechts rechnerisch allerdings keinen Einfluss auf das Ergebnis gehabt hätte. In solchem Fall wie auch sonst, wenn entsprechender Anlass zur Prüfung besteht, ist allerdings neben der objektiven Erheblichkeit auch eine subjektive Erheblichkeit zu würdigen, nämlich festzustellen, dass der Mangel insbesondere nicht auf der vorsätzlichen Missachtung von materiell-rechtlichen oder Verfahrensvorschriften durch den Schuldner beruht. Schließt der Schuldner nämlich z. B. den mit seinem Stimmrecht zwar möglicherweise rechnerisch nicht relevanten Gläubiger bewusst und vorsätzlich aus, weil er verhindern möchte, dass dieser etwaige andere Gläubiger aufstachelt, so wäre ein solcher Verstoß subjektiv erheblich und würde die Versagung der Bestätigung ohne Weiteres rechtfertigen. Ist die Erheblichkeit des Mangels festgestellt oder aufgrund der Zweifelsfall- 29 regelung anzunehmen, so kommt es weiter darauf an, ob der Mangel innerhalb „angemessener Frist“ behebbar ist. Hierbei handelt es sich um zwei getrennte voneinander zu prüfende Kriterien, nämlich zunächst desjenigen der Behebbarkeit und sodann desjenigen der hierfür erforderlichen Zeit. Für die Frage, ob die Mängel überhaupt behebbar sind, ist zu differenzieren: 30 Behebbar sind zunächst nur solche Mängel, die sich im Bereich der Dokumentation sowie im Bereich etwaiger Begleitmaßnahmen abspielen, die nicht durch die Gestaltungswirkung des gestaltenden Teils des Plans herbeigeführt werden. Hierbei kann es sich um Mängel der Liquiditätsplanung, der Darstellung der Planungsprämissen, Zweifel bei der Darstellung der Wiederherstellung 355
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
der nachhaltigen Bestandsfähigkeit oder auch der Vergleichsrechnung handeln. Gemein ist den behebbaren Mängeln, dass es sich um Umstände handelt, die ausschließlich aus der Sphäre des Schuldners herrühren und durch diesen nachträglich auch ohne Beteiligung der übrigen Planbetroffenen korrigiert werden können, maßgeblich also um Mängel in der Darstellung und Plausibilisierung. 31 Demgegenüber sind weder die materiell-rechtlichen Folgen des gestaltenden Teils des Plans nachträglich, d. h. nach Abstimmung über den Plan korrigierbar, noch kann ein Verstoß gegen die verfahrensrechtlichen Vorgaben des StaRUG nachträglich geheilt werden, sind daher von vorneherein unbehebbar. 32 Weist der Plan gestalterische Mängel auf, zum Beispiel hinsichtlich der Auswahl der Planbetroffenen oder der Gleichbehandlung der Gläubiger, so sind diese nicht behebbar, weil im Zeitpunkt des Antrages auf gerichtliche Bestätigung über den Plan bereits abgestimmt ist. Eine Vorschrift zur nachträglichen Änderung des Plans, auch nur zur Korrektur offensichtlicher Fehler wie in § 221 Satz 2 InsO, kennt das StaRUG nicht. Die nachträgliche Änderung, noch dazu wesentlicher Regelungen des Plans, ist daher nicht möglich. Aus § 20 Abs. 4 StaRUG und dem Verweis in § 45 Abs. 4 StaRUG auf § 240 InsO folgt zudem, dass lediglich im Erörterungs- und Abstimmungstermin einzelne Regelungen des Plans geändert werden können, woraus gleichzeitig eine Änderungssperre nach Vollzug der Abstimmung folgt. Eine Wiederholung der Abstimmung zur Korrektur einzelner Festsetzungen des Plans sieht das Gesetz nicht vor. Insbesondere folgt eine solche Befugnis nicht aus § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG, weil dort vorgesehen ist, dass „der Schuldner“ den Mangel beheben können muss; gerade dies ist allerdings nicht der Fall, wenn es zur Behebung des Mangels einer Neuabstimmung über den Plan bedürfte, da es dann nicht mehr in der alleinigen Disposition des Schuldners liegt, die Behebung des Mangels herbeizuführen. Die Neuabstimmung über den Plan ist daher vom Wortlaut der Norm gerade nicht gedeckt. 33 Neben materiell-rechtlichen Mängeln, die sich auf die Architektur und die Regelungswirkung des Plans auswirken, sind daher auch verfahrensrechtliche Mängel im Rahmen des Verfahrens zur Stimmrechtsfestsetzung und der Abstimmung über den Plan nicht behebbar, da auch solche nur durch eine Wiederholung der Abstimmung korrigiert werden könnten. Da diese aber gerade nicht zulässig ist, darf diese Option auch dem Schuldner nicht eröffnet werden. Dies folgt nicht zuletzt auch aus § 63 Abs. 3 Satz 1 StaRUG, wonach Zweifel bei der Abstimmung zulasten des Schuldners gehen und daher im Zweifel die Versagung der Planbestätigung und gerade nicht eine Wiederholung der Abstimmung zur Folge haben. 34 Ist festgestellt, dass der Mangel grundsätzlich behebbar ist, weil er nicht im materiell-rechtlichen oder im verfahrensrechtlichen Bereich angesiedelt ist und keiner Korrektur des bereits durch Abstimmung beschlossenen Planes bedarf, hat das Gericht ferner festzustellen, ob der Mangel innerhalb ange-
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§ 63 Versagung der Bestätigung
messener Zeit behebbar ist. Bei der Angemessenheitsprüfung ist im Einzelfall abzuwägen, binnen welcher Zeitspanne der Plan rechtskräftig werden muss, damit das mit ihm verfolgte Restrukturierungsziel noch erreichbar ist. Dabei ist zugrunde zu legen, dass es sich grundsätzlich um ein Eilverfahren handelt und der Schuldner nicht mit großzügigeren Fristen rechnen kann, als dies für die Gläubiger der Fall ist. Werden nämlich die Rechte der Gläubiger regelmäßig mit dem Beschleunigungsargument eingegrenzt, so muss dasselbe auch für den Schuldner gelten. Aus diesem Grunde sollte für die Angemessenheitskontrolle keine längere Frist als die im Gesetz vorgesehenen Ladungsfristen oder auch die Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde gewährt werden, woraus folgt, dass im Regelfall längstens 14 Tage als angemessen betrachtet werden können. Nur soweit es realistisch erscheint, dass der Schuldner der festgestellten Mangel 35 innerhalb dieser Frist beheben kann, darf eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung erfolgen. Kritisch wäre dies z. B. zu beurteilen, wenn der Schuldner im Rahmen der Vergleichsberechnung das Verwertungszenario nicht plausibel dargestellt hat und zu seiner Plausibilisierung die Durchführung eines „DualTrack-Verfahrens“ (vgl. § 6 StaRUG Rn. 20) erforderlich wäre. Ein solches ist innerhalb von 14 Tagen nicht realistisch darstellbar. Die Festsetzung der Frist zur Beseitigung liegt im Ermessen des Gerichts. Eine 36 Fristverlängerung sowie eine wiederholte Fristsetzung sind unzulässig. Ist der Schuldner nicht in der Lage, den Mangel innerhalb der Frist zur Überzeugung des Gerichts zu beseitigen, hat dies zwingend die Versagung der Planbestätigung zur Folge. c) Offenkundige Unerfüllbarkeit (§ 63 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG) § 63 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG entspricht der Regelung des § 231 Abs. 1 Nr. 3 37 InsO. Auf die gängigen Kommentierungen zu dieser Vorschrift kann verwiesen werden. Zu prüfen ist, ob die künftige Erfüllung sowohl der durch den Plan gestalteten 38 Ansprüche der Planbetroffenen als auch der vom Plan nicht berührten Ansprüche der nicht planbetroffenen Gläubiger plausibel ist. Das Gericht ist hierbei auf einer Offenkundigkeitsprüfung beschränkt (BT-Drucks. 19/24181, S. 162). Offenkundig dürfte die Nichterfüllbarkeit sein, wenn der Erfüllung rechtliche Gesichtspunkte entgegenstehen, sich also Erfüllungsverbote ergeben (z. B. im Falle einer drohenden Gewerbeuntersagung, vgl. AG Siegen, NZI 2000, 236) oder aber wenn die Erfüllung faktisch ausgeschlossen ist, z. B. weil eine für die Erfüllung erforderliche Finanzierung überwiegend wahrscheinlich nicht gewährt werden wird. Offenkundig ist die Nichterfüllbarkeit des Plans überdies, wenn sich aus der 39 Umsetzung des Plans steuerliche Folgen ergeben, insbesondere in Gestalt von Sanierungsgewinnen, die Anwendung der Sanierungsgewinnbesteuerung aus §§ 3a ff. EStG aber zweifelhaft ist (vgl. z. B. Hölzle, ZIP 2020, 301). Regel357
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
mäßig muss der Restrukturierungsplan daher jedenfalls Ausführungen auch zu den steuerlichen Folgen enthalten; bestehen begründete Zweifel an der Anwendbarkeit der §§ 3a ff. EStG, so dürfte die vorherige Einholung einer verbindlichen Auskunft der Finanzverwaltung obligatorisch sein. d) Neue Finanzierung: Unschlüssig oder unzutreffende Tatsachengrundlage (§ 63 Abs. 2 StaRUG) 40 § 63 Abs. 2 StaRUG geht auf Art. 10 Abs. 2 Unterabsatz 1 lit. e) der Richtlinie (RL [EU] 2019/1023) zurück, wonach das Gläubigerinteresse besonders zu berücksichtigen ist, wenn der Plan eine neue Finanzierung enthält. Die Vorschrift ist allerdings insoweit redundant, als ein unschlüssiges, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietendes oder nicht von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Restrukturierungskonzept regelmäßig bereits die negative Bestätigungsvoraussetzung des § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG nicht erfüllt, weil die Anforderungen an den Inhalt des Plans, insbesondere an den Nachweis der Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit des Schuldners (§ 14 StaRUG) auf Basis eines unschlüssigen Konzepts ebenso wenig erfüllt werden, wie durch einen darstellenden Teil (§ 6 StaRUG), der nicht die tatsächlichen Gegebenheiten wiedergibt. 41 Einen eigenständigen Anwendungsbereich hat § 63 Abs. 2 StaRUG nur insoweit, wie die etwaige Unschlüssigkeit des Konzepts sich gerade auf die neue Finanzierung und die aus dieser abzuleitenden tatsächlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen bezieht, ohne aber Einfluss auf die grundsätzliche Erreichbarkeit des Restrukturierungsziels zu haben. Dies können z. B. Fälle sein, in denen die zugesagte neue Finanzierung zur Erreichung des Restrukturierungsziels nicht erforderlich im Sinne des § 12 StaRUG ist (vgl. dort Rn. 13), sondern mit dieser etwaige Nebenziele, wie z. B. die Gewährung zusätzlicher Sicherheiten verfolgt werden. Auch ein solcher Plan wäre, obgleich das Restrukturierungsziel grundsätzlich erreichbar ist, nicht bestätigungsfähig. 42 Der verfahrensrechtliche Unterschied des § 63 Abs. 2 StaRUG gegenüber § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG liegt allerdings darin, dass das Gericht im Anwendungsbereich des § 63 Abs. 2 StaRUG auf eine Schlüssigkeitsprüfung und die Berücksichtigung offensichtlicher Mängel (BT-Drucks. 19/24181, S. 162) beschränkt ist. Die verfahrensrechtlichen Anforderungen an die Versagung der Planbestätigung nach § 63 Abs. 2 StaRUG sind daher sehr hoch. e) Unlautere Herbeiführung (§ 63 Abs. 4 StaRUG) 43 Mit § 63 Abs. 4 StaRUG wird die Regelung des § 250 Nr. 2 InsO auch auf das Restrukturierungsplanverfahren übertragen. Danach ist die Planbestätigung zu versagen, wenn die Annahme des Restrukturierungsplans unlauter herbeigeführt worden ist, insbesondere durch Begünstigung eines Planbetroffenen. Dabei ist es unerheblich, ob das gegen Treu und Glauben verstoßende und
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§ 63 Versagung der Bestätigung
deshalb unlautere Verhalten ein solches des Schuldners oder eines anderen Verfahrensbeteiligten ist. Unter das Unlauterbarkeitskriterium fallen insbesondere Sonderzusagen, die 44 einzelnen Gläubigern außerhalb des Restrukturierungsplans für deren Zustimmung gemacht werden ebenso wie Stimmenkäufe (BGH, ZIP 2005, 719) oder das Anerkenntnis nicht bestehender Forderungen, um Einfluss auf das Stimmverhältnis zu nehmen. In diese Kategorie fallen auch bewusst unzulässige Differenzierungen bei der Auswahl der Planbetroffenen, die von entsprechenden Zusagen an die in den Plan einbezogenen Gläubiger flankiert werden, um diese von der Geltendmachung der Ungleichbehandlung abzuhalten. Ebenso das Unterlassen der Einbeziehung von Gesellschaftern, um diesen das Unternehmen zu erhalten, ohne dass eine kompensierende Ausgleichsleistung nach Maßgabe des § 28 StaRUG (vgl. §§ 25 – 28 StaRUG Rn. 33 ff.) geleistet würde. Ebenso ist es als unlauter einzustufen, wenn der Schuldner wesentliche Er- 45 kenntnisse, die für die Entscheidungsbildung der Planbetroffenen maßgeblich sein können, nicht offenbart und somit gegen das Transparenzverbot verstößt. Der unlauter herbeigeführte Umstand muss allerdings für die Beschlussfassung 46 über den Plan kausal gewesen sein. Umstände, die sich – auch bei abstraktgenereller Betrachtung – nicht auf das Abstimmungsverhalten oder -ergebnis ausgewirkt haben können, können die Annahme des Plans auch nicht unlauter herbeigeführt haben. 4. Zweifelsfallegelung bei privatautonomer Planabstimmung und Stimmrechtsprüfung (§ 63 Abs. 3 StaRUG) Dem Schuldner steht es frei, das Instrument der gerichtlichen Erörterung 47 und Abstimmung über den Plan nach § 45 StaRUG in Anspruch zu nehmen. Er kann das Planabstimmungsverfahren auch vollständig privatautonom nach §§ 17 ff. StaRUG durchführen. § 63 Abs. 3 Satz 1 StaRUG stellt indes klar, dass Zweifel an der ordnungsgemäßen Annahme des Restrukturierungsplans durch die Planbetroffenen zulasten des Schuldners gehen. Dies betrifft jede Form von Zweifeln, die die Durchführung des Verfahrens, also die Einhaltung sämtlicher verfahrensrechtlichen Vorschriften betreffen. Von Bedeutung ist hier insbesondere, dass der Schuldner nach § 22 StaRUG für die Dokumentation des Abstimmungsverfahrens und des Abstimmungsergebnisses verantwortlich ist. Der Beurteilung nach § 63 Abs. 3 StaRUG ist allein diese Dokumentation zugrunde zu legen, da das vom Schuldner zu erstellende Protokoll die Vermutung der Vollständigkeit in sich trägt. Sind bestimmte verfahrensrechtliche Erfordernisse oder Vorgänge nicht dokumentiert, so ist nach § 63 Abs. 3 StaRUG im Zweifel davon auszugehen, dass ein verfahrensrechtlicher Verstoß vorliegt. Der Gegenbeweis gegen die eigene, von ihm erstellte Dokumentation nach § 22 StaRUG steht dem Schuldner nicht offen (vgl. § 22 StaRUG Rn. 6).
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
48 Zwar enthält § 63 Abs. 3 StaRUG lediglich eine Auslegungsregel und keine Fiktion; allerdings gebietet das Zusammenspiel mit § 22 StaRUG dass es dem Schuldner nicht freistehen kann, die Dokumentation nach § 22 StaRUG zunächst minimalistisch zu erstellen und diese nur im Bedarfsfall, soweit tatsächlich Rügen erhoben werden, im Rahmen des Bestätigungsverfahrens nachzubessern. Im Übrigen sieht § 63 Abs. 3 StaRUG keine Fristsetzungsregelung vor, wie z. B. § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG. Das heißt, dass das Gericht lediglich auf Grundlage der vorliegenden Dokumentation und des Akteninhalts entscheidet. Gelegenheit zur Nachbesserung der Dokumentation im Falle begründeten Zweifels muss dem Schuldner nicht eingeräumt werden. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs liegt dann nicht vor, da der Schuldner die eigene Obliegenheit hat, für eine ordnungsmäßige, vollständige und inhaltlich richtige Dokumentation nach § 22 StaRUG zu sorgen. 49 § 63 Abs. 3 Satz 2 StaRUG stellt überdies klar, dass das Gericht nicht an die Stimmrechtsfestsetzung des Schuldners gebunden ist, sondern die Stimmrechtsfestsetzung selbstständig nach Maßgabe des § 24 StaRUG seiner Beurteilung des Abstimmungsergebnisses und des Erreichens der erforderlichen Mehrheiten zugrunde legt. Zweifel an der Richtigkeit der Stimmrechtsfestsetzung durch den Schuldner müssen hierfür nicht begründet sein. Ebenso wenig ist das Gericht verpflichtet, Abweichungen in der Stimmrechtsfestsetzung zu begründen. Es handelt sich vielmehr um eine vollständig autonome und unabhängig von den bisherigen Festsetzungen zu treffende Entscheidung des Gerichts. § 64, 66 Minderheitenschutz, sofortige Beschwerde § 64 Minderheitenschutz (1) 1Auf Antrag eines Planbetroffenen, der gegen den Restrukturierungsplan gestimmt hat, ist die Bestätigung des Plans zu versagen, wenn der Antragsteller durch den Restrukturierungsplan voraussichtlich schlechter gestellt wird als er ohne den Plan stünde. 2Hat der Schuldner gegen den Inhaber einer Absonderungsanwartschaft eine Vollstreckungs- oder Verwertungssperre erwirkt, die diesen an der Verwertung der Anwartschaft hinderte, bleiben Minderungen im Wert der Anwartschaft, die sich während der Dauer der Anordnung ergeben, für die Bestimmung der Stellung des Berechtigten ohne Plan außer Betracht, es sei denn, die Wertminderung hätte sich auch ohne die Anordnung ergeben. (2) 1Der Antrag nach Absatz 1 ist nur zulässig, wenn der Antragsteller bereits im Abstimmungsverfahren dem Plan widersprochen und geltend gemacht hat, dass er durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt wird als er ohne Plan stünde. 2 Ist die Planabstimmung in einem gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungs-
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§ 64, 66 Minderheitenschutz, sofortige Beschwerde
termin erfolgt, muss der Antragsteller spätestens in diesem Termin glaubhaft machen, durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt zu werden. (3) 1Der Antrag nach Absatz 1 ist abzuweisen, wenn im gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans Mittel für den Fall bereitgestellt werden, dass ein Planbetroffener eine Schlechterstellung nachweist. 2Ob der Antragsteller einen Ausgleich aus diesen Mitteln erhält, ist außerhalb der Restrukturierungssache zu klären. (4) 1Hat weder eine Versammlung der Planbetroffenen (§ 20) noch ein Erörterungs- und Abstimmungstermin (§ 45) stattgefunden, gilt Absatz 2 Satz 1 nur, wenn im Planangebot besonders auf das Erfordernis der Geltendmachung der voraussichtlichen Schlechterstellung durch den Plan im Abstimmungsverfahren hingewiesen wurde. 2Hat eine Versammlung der Planbetroffenen stattgefunden, gilt Absatz 2 Satz 1 nur, wenn in dem Einberufungsschreiben besonders auf das Erfordernis der Geltendmachung der voraussichtlichen Schlechterstellung durch den Plan im Abstimmungsverfahren hingewiesen wurde. 3Absatz 2 Satz 2 gilt nur, wenn in der Ladung besonders auf das Erfordernis der Glaubhaftmachung der voraussichtlichen Schlechterstellung durch den Plan spätestens im Erörterungsund Abstimmungstermin hingewiesen wurde. § 66 Sofortige Beschwerde (1) 1Gegen den Beschluss, durch den der Restrukturierungsplan bestätigt wird, steht jedem Planbetroffenen die sofortige Beschwerde zu. 2Dem Schuldner steht die sofortige Beschwerde zu, wenn die Bestätigung des Restrukturierungsplans abgelehnt worden ist. (2) Die sofortige Beschwerde gegen die Bestätigung des Restrukturierungsplans ist nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer 1. dem Plan im Abstimmungsverfahren widersprochen hat (§ 64 Absatz 2), 2. gegen den Plan gestimmt hat und 3. glaubhaft macht, dass er durch den Plan wesentlich schlechter gestellt wird als er ohne den Plan stünde und dass dieser Nachteil nicht durch eine Zahlung aus den in § 64 Absatz 3 genannten Mitteln ausgeglichen werden kann. (3) 1Absatz 2 Nummer 1 und 2 gilt nur, wenn im Einberufungsschreiben oder in der Ladung zum Termin auf die Notwendigkeit des Widerspruchs und der Ablehnung des Plans besonders hingewiesen wurde. 2Hat weder eine Versammlung der Planbetroffenen (§ 20) noch ein Erörterungs- und Abstimmungstermin (§ 45) stattgefunden, so gilt Absatz 2 Nummer 1 und 2 nur, wenn im Planangebot auf die Notwendigkeit des Widerspruchs und der Ablehnung des Plans besonders hingewiesen wurde. (4) Auf Antrag des Beschwerdeführers ordnet das Gericht die aufschiebende Wirkung der Beschwerde an, wenn der Vollzug des Restrukturierungsplans mit
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
schwerwiegenden, insbesondere nicht rückgängig zu machenden Nachteilen für den Beschwerdeführer einhergeht, die außer Verhältnis zu den Vorteilen des sofortigen Planvollzugs stehen. (5) 1Das Beschwerdegericht weist die Beschwerde gegen die Bestätigung des Restrukturierungsplans auf Antrag des Schuldners unverzüglich zurück, wenn die alsbaldige Rechtskraft der Planbestätigung vorrangig erscheint, weil die Nachteile eines verzögerten Planvollzugs die Nachteile für den Beschwerdeführer überwiegen; ein Abhilfeverfahren findet nicht statt. 2Dies gilt nicht, wenn ein besonders schwerer Rechtsverstoß vorliegt. 3Weist das Beschwerdegericht die Beschwerde nach Satz 1 zurück, ist der Schuldner dem Beschwerdeführer zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der ihm durch den Planvollzug entsteht; die Rückgängigmachung der Wirkungen des Restrukturierungsplans kann nicht als Schadensersatz verlangt werden. 4Für Klagen, mit denen Schadensersatzansprüche nach Satz 3 geltend gemacht werden, ist das Landgericht ausschließlich zuständig, das die Beschwerde zurückgewiesen hat. Übersicht 1. 2.
3.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Individuelle Schlechterstellung (§ 64 Abs. 1 Satz 1 StaRUG) ......... 3 a) Antrag und Antragsbefugnis ... 3 b) Voraussetzungen der individuellen Schlechterstellung ...... 6 c) Besondere Zulässigkeitsvoraussetzung: Glaubhaftmachung ................................ 12 Wirtschaftlicher Ausgleich außerhalb des Verfahrens (§ 64 Abs. 3 StaRUG) ....................................... 21
4.
Sofortige Beschwerde (§ 66 StaRUG) ....................................... a) Beschwerdebefugnis ............. b) Zulässigkeit der Beschwerde (§ 66 Abs. 2, 3 StaRUG) ...... c) Fehlender Suspensiveffekt und Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung ................................. d) Freigabeverfahren (§ 66 Abs. 5 StaRUG) ....................
23 23 26
32 40
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 Der Minderheiten- und der Rechtsschutz im Restrukturierungsverfahren sind dem Schutzkonzept des Insolvenzplanverfahrens nachgebildet. § 64 StaRUG entspricht im Wesentlichen dem Regelungsgehalt des § 251 InsO; § 66 StaRUG ist dem § 253 InsO nachgebildet, allerdings mit der Besonderheit, dass die sofortige Beschwerde gegen den Bestätigungsbeschluss dessen Vollzug im Grundsatz nicht gehindert, die Beschwerde daher – anders als im Insolvenzplanverfahren – ipso iure keine aufschiebende Wirkung hat. Dies ergibt sich einerseits aus der Regelung des § 66 Abs. 4 StaRUG, wonach das Gericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung der Beschwerde anordnen kann, andererseits aus § 67 Abs. 1 StaRUG, wonach die im gestaltenden Teil des Plans festgelegten Wirkungen nicht erst mit Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses eintreten, sondern bereits mit dessen Verkündung nach § 65 Abs. 1 StaRUG (zur Bekanntgabe der Entscheidung siehe
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§ 64, 66 Minderheitenschutz, sofortige Beschwerde
§§ 60, 61, 65 StaRUG Rn. 27 ff.; zu den Wirkungen des Plans § 67 StaRUG Rn. 3 ff.). Von dieser Besonderheit abgesehen, kann für die Regelungswirkung der §§ 64, 66 StaRUG weitgehend auf die Kommentierung zu §§ 251, 253 InsO verwiesen werden (vgl. §§ 251, 253 InsO Rn. 6 ff.). Der Minderheiten- und Rechtsschutz gegen die Bestätigung des Restrukturie- 2 rungsplans ist als Individualrechtsschutz ausgestaltet, weshalb einzelne Planbetroffene keine Verstöße gegen Verfahrens- oder materiell-rechtliche Vorschriften geltend machen können, sondern auf die Rüge beschränkt sind, durch den Restrukturierungsplan schlechter gestellt zu werden, als in dem nächst wahrscheinlichen Sanierungs- bzw. Abwicklungsszenario (vgl. dazu § 6 StaRUG Rn. 15 ff.). Die Versagung der Bestätigung des Restrukturierungsplans nach § 64 Abs. 1 StaRUG ist daher unabhängig von dem Vorliegen eines Versagungsgrundes nach § 63 StaRUG und tritt neben diese. 2. Individuelle Schlechterstellung (§ 64 Abs. 1 Satz 1 StaRUG) a) Antrag und Antragsbefugnis Anders als die obligatorische Prüfung der Versagungsgründe nach § 63 StaRUG 3 von Amts wegen, wird der individualisierte Minderheitenschutz nach § 64 StaRUG nur auf Antrag eines Planbetroffenen geprüft. Antragsbefugt ist jeder Planbetroffene, gleich in welcher Rechtsstellung er 4 betroffen (Restrukturierungsforderung, Absonderungsanwartschaft, gruppeninterne Drittsicherheit) ist. Das schließt die Anteilsinhaber grundsätzlich ein (BT-Drucks. 19/24181, S. 163). Die Gewährung eines Stimmrechts ist nicht Voraussetzung für die Antragsbefugnis. Wird die Beteiligtenstellung eines (vermeintlich) Planbetroffenen bestritten, so muss dieser sie für seine Antragsbefugnis glaubhaft machen (BGH, NZI 2010, 734). Nicht planbetroffene Gläubiger können durch den Plan nicht schlechter gestellt 5 werden. Auch soweit der Plan umfangreiche Vermögensverschiebungen vorsieht, wird der Schutz der nicht Planbetroffenen nach § 90 Abs. 2 StaRUG dadurch gewährleistet, dass die anfechtungsrechtliche Privilegierung der in Vollzug des Restrukturierungsplans vorgenommenen Rechtshandlungen versagt bleibt (vgl. § 90 StaRUG Rn. 21); gegen die Bestätigung des Plans selbst allerdings können nicht Planbetroffene nicht vorgehen. b) Voraussetzungen der individuellen Schlechterstellung Die Bestätigung des Restrukturierungsplans ist nach § 64 Abs. 1 Satz 1 StaRUG 6 auf den Antrag hin zu versagen, wenn der Antragsteller durch den Restrukturierungsplan voraussichtlich schlechter gestellt wird, als er ohne den Plan stünde. Die Feststellung der gerügten Schlechterstellung beruht daher auf einer Prognoseentscheidung. Grundlage der Prognoseentscheidung ist eine durch Tatsachen unterlegte 7 Vergleichsrechnung (BGH, WM 2012, 1640). Bringt diese Vergleichsrechnung 363
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
für den Antragsteller wirtschaftliche Nachteile, ist die Bestätigung des Restrukturierungsplans zu versagen. Durch § 64 Abs. 1 Satz 1 StaRUG soll jedem Planbetroffenen der Teilwert der Forderung erhalten bleiben, den diese im Zeitpunkt der Planbestätigung noch hat. Vergleichsszenario ist daher nicht zwingend die Zerschlagung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens, sondern zuvörderst zunächst ein Fortführungsszenario, wenn auch im insolvenzrechtlichen Verfahrensrahmen (ausführlich der § 6 StaRUG Rn. 15 ff.). Der Unterschied zu der Vergleichsrechnung im Rahmen des § 251 InsO besteht darin, dass dort jeweils die insolvenzrechtliche Regelabwicklung nächst realistische Verwertungsalternative ist; dies ist in der präventiven Restrukturierung gerade nicht der Fall. Allerdings ist es auch im Rahmen des § 64 Abs. 1 StaRUG verwehrt, alternative Restrukturierungspläne in die Vergleichsrechnung einzubeziehen. Das Planvorlagerecht liegt alleine beim Schuldner; diesem kann kein anderes als das von ihm vorgeschlagene Plankonzept durch die Hintertür der Geltendmachung einer individuellen Schlechterstellung aufoktroyiert werden. Sind allerdings Umstände gegeben, die es überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der antragstellende Planbetroffene in einem anderen Sanierungsszenario, zum Beispiel einer überwiegend wahrscheinlichen (Teil-)Betriebsveräußerung anstelle des Erhalts des Unternehmens in der Hand des gegenwärtigen Gesellschafters wirtschaftlich bessergestellt würde, ist ein solches Szenario zu berücksichtigen, gleichgültig ob es außerhalb oder innerhalb eines Insolvenzverfahrens umzusetzen wäre. 8 Hängt das Ergebnis der Prognose von verschiedenen Parametern und Umständen ab, so ist deren Eintrittswahrscheinlichkeit jeweils einzeln zu gewichten und im Rahmen einer zusammenfassenden Gesamtprognose zu würdigen. Im Ergebnis muss der Richter in dem nach § 286 Abs. 1 ZPO erforderliche Maß von der überwiegend wahrscheinlichen Schlechterstellung des Planbetroffenen durch den Restrukturierungsplan überzeugt sein. § 64 Abs. 1 Satz 2 StaRUG stellt klar, dass Wertminderungen von Vermögensgegenständen, die eine Absonderungsanwartschaft begründen und im Zusammenhang mit einer Stabilisierungsanordnung eingetreten sind bei der Betrachtung der Ist-Vermögenssituation in Relation zu der hypothetischen Vermögenslage im Vergleichsszenario unberücksichtigt bleiben, es sei denn, diese Wertminderungen wären auch unabhängig von der ergangenen Stabilisierungsanordnung eingetreten. Insoweit trägt der Schuldner die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast. Die Vorschrift ist nur allzu verständlich, könnte der Schuldner doch anderenfalls durch die breite Erwirkung von Stabilisierungsanordnungen Wertminderungen in den Absonderungsanwartschaften herbeiführen und dadurch die Vergleichsrechnung zu seinen Gunsten beeinflussen. 9 Im Grundsatz gilt nach § 39 Abs. 1 Satz 1 StaRUG für die Feststellung der gerügten Schlechterstellung ebenfalls der Amtsermittlungsgrundsatz, soweit sich nicht aus der besonderen Zulässigkeitsvoraussetzung des § 64 Abs. 2 StaRUG etwas anderes ergibt (dazu Rn. 12). Allerdings ist das Gericht auch insoweit nicht gehalten, umfangreiche Ermittlungen auf Grundlage bloßer
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§ 64, 66 Minderheitenschutz, sofortige Beschwerde
Vermutungen anzustellen (BGH, WM 2012, 1640), weshalb das Maß der gebotenen Amtsermittlung an der Substantiierung der behaupteten Schlechterstellung ausgerichtet ist (hierzu ausführlich m. w. N. § 63 StaRUG Rn. 5). § 64 Abs. 1 StaRUG verlangt, anders als § 66 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG, nur die 10 einfache, nicht eine wesentliche Schlechterstellung. §§ 64, 66 StaRUG enthalten daher dieselbe Differenzierung in den Zulässigkeitsvoraussetzungen wie §§ 251, 253 InsO, wo die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde ebenfalls von der qualifizierten Schlechterstellung abhängig ist. Hier wie dort erschließen sich die unterschiedlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen nur bedingt (vgl. §§ 251, 253 InsO Rn. 11). Das Bestreben, rechtsmissbräuchliche Beschwerden auszuschließen, die vornehmlich das Ziel der Zahlung von Lästigkeitsprämien verfolgen (so für § 253 InsO BT-Drucks. 17/5712, 35 f.), überzeugt bereits auf der ersten Stufe der Prüfung einer individuellen Schlechterstellung gleichermaßen. Darüber hinaus ist es einer jeden Prognoseentscheidung immanent, dass keine mathematische Genauigkeit erreicht werden kann. Jede noch so kleine Schlechterstellung genügen zu lassen, die Planbestätigung zu versagen, würde nicht nur ein ungeahntes Obstruktionspotenzial für die Planbetroffenen eröffnen, sondern der Prognoserechnung auch eine Scheingenauigkeit beimessen, die diese nicht erfüllen kann. Aus diesem Grunde scheint es angemessen und richtig, die Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Versagungsantrag nach § 64 StaRUG und die sofortige Beschwerde nach § 66 StaRUG einheitlich zu erfassen und in beiden Fällen eine wesentliche Schlechterstellung zu verlangen. Im Rahmen des § 64 Abs. 1 StaRUG kann dies durch entsprechende Auslegung des Tatbestandsmerkmals der voraussichtlichen Schlechterstellung erfolgen, da Prognoseunsicherheiten sich nun einmal auch in der erforderlichen Abweichungsschwelle ausdrücken können. Als wesentlich sollte, auch wenn jede mathematische Dogmatisierung vermie- 11 den bleiben muss, eine Referenzschwelle von ca. 10 % angenommen werden, um die sich bezogen auf das nächst realistische Alternativszenario die Befriedigungsaussichten des antragstellenden Planbetroffenen verschlechtern müssen. c) Besondere Zulässigkeitsvoraussetzung: Glaubhaftmachung Der im Grundsatz auch für die Feststellung einer Schlechterstellung nach 12 § 39 Satz 1 StaRUG geltende Amtsermittlungsgrundsatz ist im Rahmen des Minderheitenschutzes nach § 64 Satz 2 StaRUG eingeschränkt. Nach § 64 Abs. 2 Satz 2 StaRUG hat der Antragsteller, ist die Planabstimmung in einem gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermin (§ 45 StaRUG) erfolgt, seine voraussichtliche Schlechterstellung im Sinne des § 38 Satz 1 StaRUG, § 294 ZPO glaubhaft zu machen. Dies hat zweierlei Folgen: Zunächst ist die Glaubhaftmachung Zulässigkeits- 13 voraussetzung für den Antrag, wirkt sich daher verfahrensrechtlich aus. Ist das Vorbringen nicht glaubhaft gemacht, ist der Antrag bereits als unzulässig zurückzuweisen. Daneben hat die Glaubhaftmachung materiell-rechtliche
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Auswirkung, beschränkt nämlich den Amtsermittlungsgrundsatz auf die glaubhaft gemachten Umstände. 14 Ob der Antragsteller durch den Restrukturierungsplan wirtschaftlich schlechter gestellt wird, ist danach ausschließlich auf der Grundlage seines glaubhaft gemachten Vorbringens zu beurteilen (BGH, WM 2012, 1640; BGH, NZI 2007, 409); andere Umstände bleiben unberücksichtigt. Die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Schlechterstellung reicht für die Glaubhaftmachung allerdings aus (BGH, NZI 2007, 409). Ein einziger glaubhaft gemachter Umstand kann daher zwar für die Zulässigkeit des Antrages genügen, diesen jedoch mitunter nicht begründen, wenn er für den Nachweis des überwiegend wahrscheinlichen Eintritts einer Schlechterstellung nicht genügt. 15 Das Gericht hat daher nach der verfahrensrechtlichen auch eine doppelte materiell-rechtliche Würdigung der vom Antragsteller vorgetragenen Umstände vorzunehmen: Nämlich einmal dahingehend, ob die vorgetragenen Umstände hinreichend glaubhaft gemacht sind und zum anderen dahingehend, ob die glaubhaft gemachten Umstände eine überwiegend wahrscheinliche Prognose für die Schlechterstellung begründen. Unwägbarkeiten und Ungewissheiten wirken sich daher in doppelter Hinsicht zulasten des Antragstellers aus. Dies ist im Interesse des durch die Mehrheitsentscheidung legitimierten grundsätzlichen Planvollzugsinteresses und des gesetzgeberischen Ziels, frühzeitige Sanierungen zu fördern, hinzunehmen. 16 Die verfahrensrechtlichen Rahmenbedingungen für die Glaubhaftmachung ergeben sich aus § 38 Satz 1 StaRUG, § 294 ZPO, weshalb alle präsenten Beweismittel des Strengbeweises auch im Rahmen der Glaubhaftmachung zulässig sind. Macht der Antragsteller seine Schlechterstellung glaubhaft, steht dem Schuldner selbstverständlich die Gegenglaubhaftmachung offen. 17 Der Gesetzeswortlaut des § 64 Abs. 2 StaRUG scheint danach zu differenzieren, in welchem Verfahren die Planabstimmung stattgefunden hat. Während § 64 Abs. 2 Satz 2 StaRUG, wie soeben gesehen, die Glaubhaftmachung der voraussichtlichen Schlechterstellung verlangt, spricht § 64 Abs. 2 Satz 1 StaRUG für den Fall der Abstimmung im privatautonom Verfahren lediglich davon, dass der widersprechende Planbetroffene die Schlechterstellung „geltend gemacht“ hat. Eine materiell-rechtliche Unterscheidung bzw. Differenzierung hinsichtlich des vom Antragsteller zu verlangenden Vortrages in Umfang und Tiefe ist damit indes nicht verbunden. Auch im Rahmen der privatautonomen Planabstimmung nach §§ 17 ff. StaRUG muss die Geltendmachung der voraussichtlichen Schlechterstellung im Sinne des § 64 Abs. 2 Satz 1 StaRUG die an eine Glaubhaftmachung zu stellenden Anforderungen erfüllen. Die unterschiedliche Formulierung im Gesetz ist lediglich daraus zu erklären, dass im privatautonom Abstimmungsverfahren eine Glaubhaftmachung als in § 294 ZPO legal definiertem Begriff nicht möglich ist, weil eine solche nur gegenüber einem Hoheitsträger nicht aber im bilateralen, privatautonomen Gleichordnungsverhältnis erfolgen kann. Auf die Nachbildung
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§ 64, 66 Minderheitenschutz, sofortige Beschwerde
der Vorschrift nach § 251 Abs. 2 InsO und den Willen des Gesetzgebers, insoweit identische Anforderungen zu stellen (BT-Drucks. 19/24181, S. 163) hat die nur rechtstechnisch erforderliche unterschiedliche Formulierung in Satz 1 und 2 allerdings keinen Einfluss. Die besondere Zulässigkeitsvoraussetzung der Glaubhaftmachung und damit 18 auch die materiell-rechtliche Einschränkung des Amtsermittlungsgrundsatzes gelten nach § 64 Abs. 4 StaRUG allerdings nur dann, wenn im Rahmen der nach dem jeweils gewählten Verfahren maßgeblichen Aufforderung der Planbetroffenen zur Beteiligung an der Abstimmung auf die besondere Zulässigkeitsvoraussetzung des § 64 Abs. 2 StaRUG hingewiesen worden ist. Der Hinweis muss eindeutig, klar verständlich und erkennbar gemacht werden, darf also nicht mit dem Ziel, die Wahrnehmung durch die Planbetroffenen zu erschweren, gestalterisch, textlich oder durch sonstige Maßnahmen in den Hintergrund gedrängt oder verborgen werden. In welchem Zusammenhang auf die besondere Zulässigkeitsvoraussetzung 19 des § 64 Abs. 2 StaRUG hinzuweisen ist, ergibt sich nach dem jeweiligen Verfahrensstadium bzw. der vom Schuldner gewählten Art des Abstimmungsverfahrens: Findet die Abstimmung über den Plan ausschließlich im schriftlichen Verfahren statt, hat also weder ein gerichtlicher Erörterungs- und Abstimmungstermin nach § 45 StaRUG noch eine Versammlung der Planbetroffenen nach § 20 StaRUG stattgefunden, so ist nach § 64 Abs. 4 Satz 1 StaRUG mit dem Planangebot nach § 17 StaRUG besonders auf das Erfordernis der Geltendmachung der voraussichtlichen Schlechterstellung hinzuweisen. Hat eine Versammlung der Planbetroffenen nach § 20 StaRUG stattgefunden, ist der Hinweis nach § 64 Abs. 4 Satz 2 StaRUG in dem Einberufungsschreiben klar erkennbar zu erteilen. Findet die Abstimmung im gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermin statt, muss nach § 64 Abs. 4 Satz 3 StaRUG die Ladung zu diesem Termin den Hinweis enthalten. Wechselt die Verfahrensart, soll also z. B. nach einer zunächst allein im 20 schriftlichen Verfahren nach §§ 17 ff. StaRUG geplanten Abstimmung doch ein Erörterungs- und Abstimmungstermin nach § 45 StaRUG durchgeführt werden und hatte der Schuldner vorsorglich bei Unterbreitung des Planangebots bereits entsprechend § 64 Abs. 4 Satz 1 StaRUG auf das Erfordernis des § 64 Abs. 2 StaRUG hingewiesen, so entbindet dies nicht von dem Erfordernis eines neuerlichen Hinweises auch in der Ladung zum Erörterungs- und Abstimmungstermin nach § 64 Abs. 4 Satz 3 StaRUG. Die Hinweispflicht dient dem Gläubigerschutz und der Transparenz. Wechselt die Verfahrensart bzw. die Art des Abstimmungsverfahrens, ist für die beteiligten Planbetroffenen nicht ohne Weiteres erkennbar, ob der zur zunächst geplanten Abstimmungsart erteilte Hinweis auch für die geänderte Abstimmungsart maßgeblich ist. Aus diesem Grund ist die Wiederholung des Hinweises in Ansehung des konkreten Abstimmungsverfahrens geschuldet.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
3. Wirtschaftlicher Ausgleich außerhalb des Verfahrens (§ 64 Abs. 3 StaRUG) 21 Nach dem Vorbild des § 251 Abs. 3 InsO ist auch der Versagungsantrag wegen einer individuellen Schlechterstellung gegen die Bestätigung des Restrukturierungsplans zurückzuweisen, wenn und soweit der Plan nach § 64 Abs. 3 StaRUG eine Rückstellung für den Ausgleich etwaiger begründeter Schlechterstellungen vorsieht. Wegen der Ausgestaltung dieses Rücklagentopfes kann vollständig auf die Kommentierung zu § 251 Abs. 3 InsO verwiesen werden (vgl. §§ 251, 253 InsO Rn. 19). 22 Nach § 64 Abs. 3 Satz 2 StaRUG findet hier wie dort die Geltendmachung der Ausgleichsansprüche außerhalb des Restrukturierungsverfahrens vor den ordentlichen Gerichten statt. 4. Sofortige Beschwerde (§ 66 StaRUG) a) Beschwerdebefugnis 23 Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 StaRUG steht jedem Planbetroffenen gegen den Beschluss, durch den der Restrukturierungsplan bestätigt wird, die sofortige Beschwerde zu. Nach § 66 Abs. 1 Satz 2 StaRUG ist der Schuldner beschwerdeberechtigt, soweit die Bestätigung des Restrukturierungsplans abgelehnt worden ist. 24 Die ausdrückliche Zulassung des Rechtsmittels ist wegen § 40 Abs. 1 Satz 1 StaRUG erforderlich. Nach § 40 Abs. 1 Satz 2 StaRUG ist die sofortige Beschwerde beim Restrukturierungsgericht einzulegen. 25 Wegen dieser Zulassungsbeschränkung folgt aus § 66 Abs. 1 StaRUG ausdrücklich, dass der Schuldner gegen einen den Restrukturierungsplan bestätigenden Beschluss nicht beschwerdebefugt ist, umgekehrt aber auch kein Planbetroffener gegen einen die Bestätigung versagenden Beschluss zulässig Beschwerde einreichen kann (BT-Drucks. 19/24181, S. 164). Der Eröffnung eines Beschwerderechts des Schuldners gegen die Planbestätigung bedarf es anders als im Insolvenzplanverfahren nicht, weil im Restrukturierungsverfahren allein der Schuldner planvorlageberechtigt ist, dieser aber nicht gegen seinen eigenen Plan Beschwerde einreichen können muss. Da es überdies zur alleinigen Disposition des Schuldners steht, auf das Instrument der gerichtlichen Planbestätigung zurückzugreifen, würde ein Beschwerderecht der Planbetroffenen gegen die Ablehnung der Planbestätigung in diese Dispositionsfreiheit eingreifen und ist daher ebenfalls nicht geboten. b) Zulässigkeit der Beschwerde (§ 66 Abs. 2, 3 StaRUG) 26 Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die sofortige Beschwerde sind den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer sofortigen Beschwerde gegen den einen Insolvenzplan bestätigenden Beschluss nach § 253 Abs. 2 InsO nachgebildet;
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auf die dortige Kommentierung kann verwiesen werden (vgl. §§ 251, 253 InsO Rn. 27). Voraussetzung ist nach § 60 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG zunächst, dass der Be- 27 schwerdeführer dem Plan im Abstimmungsverfahren widersprochen hat, wozu auf § 64 Abs. 2 StaRUG verwiesen und damit deutlich gemacht wird, dass der im geforderten Maß substantiierte Widerspruch (dazu Rn. 9 ff.) unabhängig davon erhoben worden sein muss, in welchem Verfahren der Plan zur Abstimmung gestellt worden ist. Nach § 66 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG muss der Beschwerdeführer zudem gegen den 28 Plan gestimmt haben, um sich nicht dem Vorwurf eines unzulässigen venire contra factum proprium auszusetzen. Die beiden Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 66 Abs. 2 Nr. 1, 2 StaRUG 29 gelten gemäß § 66 Abs. 3 StaRUG in Entsprechung zu § 64 Abs. 4 StaRUG allerdings nur dann, wenn in der nach dem jeweiligen Abstimmungsverfahren maßgeblichen Aufforderung zur Beteiligung an der Abstimmung ausdrücklich auf das Erfordernis dieser Zulässigkeitsvoraussetzungen hingewiesen wurde. Die Kommentierung zu § 64 Abs. 4 StaRUG (Rn. 19) gilt entsprechend. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG verlangt schließlich als letzte Zulässigkeitsvoraus- 30 setzung für die sofortige Beschwerde, dass der Beschwerdeführer glaubhaft macht, dass er durch den Plan voraussichtlich wesentlich schlechter gestellt wird, als er ohne den Plan stünde, und dass diese Schlechterstellung nicht aus einem nach § 64 Abs. 3 StaRUG zu bildenden Rücklagentopf ausgeglichen werden kann. Das Maß der wesentlichen Schlechterstellung, das in § 66 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG ausdrücklich verlangt wird, entspricht demjenigen, wie für § 64 Abs. 2 StaRUG dargestellt (Rn. 12). Da der Wortlaut des § 66 Abs. 2 StaRUG an denjenigen des § 253 Abs. 2 InsO 31 angelehnt und die Funktionsweise beider Vorschriften identisch ist, gilt auch im Anwendungsbereich des § 66 Abs. 2 StaRUG, dass es für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde zwar der Abstimmung und des Widerspruchs gegen den Restrukturierungsplan sowie der Glaubhaftmachung einer voraussichtlich wesentlichen Schlechterstellung bedarf, dass jedoch die Stellung eines Minderheitenschutzantrages nach § 64 Abs. 1 StaRUG nicht erforderlich ist (BGH, ZIP 2014, 1442 mit Bespr. Hölzle, ZIP 2014, 1819). Dies folgt nicht zuletzt aus der Gesetzessystematik, da das Erfordernis der Glaubhaftmachung der voraussichtlich wesentlichen Schlechterstellung des § 66 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG überflüssig wäre, wenn diese zwingend bereits gemäß § 64 Abs. 2 StaRUG im Rahmen des Antrages nach § 64 Abs. 1 StaRUG erfolgt wäre. c) Fehlender Suspensiveffekt und Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung Anders als im Recht des Insolvenzplans hat die sofortige Beschwerde im Re- 32 strukturierungsverfahren zunächst keine aufschiebende Wirkung, wie sich
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bereits aus dem Wortlaut des § 67 Abs. 1 Satz 1 StaRUG ergibt, wonach die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen des Restrukturierungsplans mit dessen Bestätigung und gerade nicht erst mit der Rechtskraft des den Restrukturierungsplan bestätigenden Beschlusses eintreten (BT-Drucks. 19/24181, S. 165, 164). Das heißt, dass die Einlegung einer zulässigen Beschwerde die Umsetzung des Restrukturierungsplans grundsätzlich nicht hindert. 33 Insbesondere für die (dinglichen) Vollzugswirkungen des § 67 Abs. 1 StaRUG (dort Rn. 3) und die Fiktion der Formerfüllung des § 68 StaRUG bedeutet dies, dass diese zwar mit der Bestätigung des Restrukturierungsplans zunächst eintreten, dies jedoch vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung mit den dem Plan zustimmenden Planbetroffenen (vgl. § 67 StaRUG Rn. 9), auflösend bedingt durch den etwaigen Erfolg der Beschwerde. Führt die Beschwerde nämlich dazu, dass die Bestätigung des Restrukturierungsplans rechtskräftig aufgehoben wird, so entfallen die kraft Gesetzes zunächst eingetretenen Rechtsfolgen mit Ex-tunc-Wirkung. In Registern etwaig bereits vorgenommene Eintragungen sind rückgängig zu machen, soweit diese bereits erfolgt sind, worauf indes grundsätzlich ein Anspruch besteht, hat das Gericht nicht die aufschiebende Wirkung der Beschwerde angeordnet. 34 Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde ist ausschließlich auf Antrag des Beschwerdeführers möglich und steht nach § 66 Abs. 4 StaRUG unter dem strengen Zulässigkeit Erfordernis, dass der Vollzug des Restrukturierungsplans mit schwerwiegenden, insbesondere nicht rückgängig zu machenden Nachteilen für den Beschwerdeführer einhergeht, die außer Verhältnis zu den Vorteilen des sofortigen Planvollzugs stehen. 35 Mit den Voraussetzungen der schwerwiegenden und außer Verhältnis zu den Vorteilen des sofortigen Planvollzugs stehenden Nachteilen macht der Gesetzgeber deutlich, dass das Individualinteresse des beschwerdeführenden Planbetroffenen gegen das Gesamtinteresse der übrigen Planbetroffenen und das Sanierungsinteresse des Schuldners abzuwägen ist. Zwar ist die Mehrheitsentscheidung keine ausreichende Legitimation dafür, dass einem einzelnen Beteiligten gegen seinen Willen Vermögenswerte entzogen werden (BGH, WM 2012, 1640), jedoch kann ein Suspensiveffekt der Beschwerde zu erheblichen Vermögensnachteilen sämtlicher übrigen Planbetroffenen und des Schuldners führen, die im Fall der Erfolglosigkeit der Beschwerde ebenso irreversibel sind. 36 Das Tatbestandsmerkmal des schwerwiegenden Nachteils stellt daher auf die Irreversibilität des Vermögensnachteils für den Beschwerdeführer, das Tatbestandsmerkmal des Außer-Verhältnis-Stehens dieses Nachteils auf die Abwägung der Erfolgsaussichten der Beschwerde im Verhältnis zu den für den Schuldner und die zustimmenden Planbetroffenen drohenden irreversiblen Nachteilen ab. 37 Im Rahmen der Abwägung ist daher ein Ausgleich zwischen dem Vollzugsinteresse des Schuldners und der zustimmenden Planbetroffenenmehrheit und 370
§ 64, 66 Minderheitenschutz, sofortige Beschwerde
dem Suspensivinteresse des beschwerdeführenden Planbetroffenen herzustellen, das nur dann überwiegt, wenn im Falle des Erfolgs seiner Beschwerde ein nicht legitimier- und nicht rückgängigmachbarer Vermögensnachteil eintritt; denn einen solchen ist er nicht hinzunehmen verpflichtet. Beschränkt sich der im Plan vorgesehene Eingriff in die Vermögensposition des beschwerdeführenden Planbetroffenen auf eine z. B. quotale Kürzung seiner Forderungen, die Verwertung von mit Absonderungsanwartschaften belasteten Gegenständen, die merkantil kompensierbar ist, oder sonst einen in den Kategorien der §§ 249 ff. BGB einem Ausgleich zugänglichen Nachteil, so ist ein vorrangiges Suspensivinteresse grundsätzlich abzulehnen. Das Risiko, dass die Wirkungen des Plans ex tunc nicht eintreten und somit insbesondere eine angestrebte Erlass-Wirkung ausbleibt, trägt in diesem Fall der Schuldner. Für den betroffenen Gläubiger sind irreversible Nachteile hingegen nicht zu besorgen. Irreversibel können Nachteile demgegenüber aber auch dann sein, wenn zwar 38 nicht in irreversibler Weise in die individuelle Vermögensposition des beschwerdeführenden Planbetroffenen unmittelbar eingegriffen, jedoch durch den Planvollzug eine Sachlage geschaffen wird, welche die Befriedigungsaussichten für den Betroffenen merklich und in nicht kompensierbarer Weise beeinträchtigen, dessen Vermögensposition also in sonstiger Weise entwerten. Das kann z. B. der Fall sein bei Vollzug einer Gesamtbetriebsveräußerung oder jedenfalls der Veräußerung von wesentlichen Teilen des Betriebs, ohne dass eine gleichwertige im Sinne einer wertgleichen und denselben Vollstreckungszugriff gewährleistenden Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners gelangt. Die im Falle des Ausbleibens der Planbestätigung fehlende anfechtungsrechtliche Privilegierung nach § 90 Abs. 2 StaRUG stellt keine ausgleichende Gegenleistung dar, weil der Tausch dem Vollstreckungszugriff unterliegenden, werthaltigen Vermögens gegen einen in der Durchsetzung möglicherweise ungewissen Anfechtungsanspruch für den planbetroffenen Gläubiger keinen ausgleichenden, die Realisationsaussichten seiner Forderung betreffenden Wert darstellt. Auch die mittelbare, irreversible Entwertung der Vermögensposition des beschwerdeführenden Planbetroffenen rechtfertigt in der Abwägungsentscheidung daher die Herstellung des Suspensiveffekts. Erweist sich jedoch der Antrag des beschwerdeführenden Planbetroffenen 39 als von Anfang an ungerechtfertigt, so setzt sich dieser in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 945 ZPO einem möglichen Schadensersatzanspruch aus §§ 311 Abs. 2, 280 BGB aus, da die Einbeziehung in die präventive Restrukturierung und die auf den Abschluss eines Restrukturierungsplans gerichteten Verhandlungen jedenfalls ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 311 Abs. 2 BGB begründen. d) Freigabeverfahren (§ 66 Abs. 5 StaRUG) Auch das Beschwerdeverfahren gegen den Restrukturierungsplan kennt mit 40 § 66 Abs. 5 StaRUG ein dem Freigabeverfahren nach § 253 Abs. 4 InsO voll371
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
ständig nachgebildetes Verfahren, weshalb auch hier auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann (vgl. §§ 251, 253 InsO Rn. 34). 41 Danach weist das Beschwerdegericht auf Antrag des Schuldners die sofortige Beschwerde unverzüglich ohne materielle Rechtsprüfung und ohne Abhilfeverfahren zurück, wenn die alsbaldige Rechtskraft der Planbestätigung vorrangig erscheint, weil die Nachteile eines verzögerten Planvollzugs die Nachteile für den Beschwerdeführer überwiegen. im Rahmen der Abwägungsentscheidung kommt es allein auf die Nachteile an, die ausschließlich durch den Zeitablauf bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Beschwerde begründet werden. Unerheblich sind die Nachteile, die sich aus der etwaigen Begründetheit der Beschwerde ergeben. Das Gericht hat daher seine Abwägungsentscheidung darauf zu stützen, welche Nachteile dem schuldnerischen Unternehmen und den zustimmenden Planbetroffenen drohen, wenn der Bestätigungsbeschluss nicht vor Ablauf der prospektiven Dauer des Beschwerdeverfahrens rechtskräftig wird. 42 Die Stellung eines Freigabeantrages kann und sollte der Schuldner im Falle einer absehbaren Beschwerde beim Restrukturierungsgericht bereits in Form einer Schutzschrift ankündigen, um die sofortige Abgabe der Beschwerde ohne Freigabeverfahren an das zuständige Beschwerdegericht ohne Zeitverzug zu ermöglichen. 43 Wie im Insolvenzplanverfahren auch unterbleibt die Freigabe, wenn ein besonders schwerer Rechtsverstoß vorliegt. Das Vorliegen ist vom Beschwerdeführer glaubhaft zu machen. Ein besonders schwerer Rechtsverstoß liegt insbesondere dann vor, wenn nicht plandispositive Rechte einbezogen sind, also der Plan z. B. nicht restrukturierungsfähige Forderungen im Sinne des § 4 StaRUG einbezieht, in grober Weise gegen die Auswahl der Planbetroffenen nach § 8 StaRUG oder das Gleichbehandlungsgebot nach § 10 StaRUG verstößt. 44 Weist das Beschwerdegericht die Beschwerde unverzüglich zurück, so ist die Frage einer individuellen Schlechterstellung des Beschwerdeführers außerhalb des Rückforderungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten zu klären und steht dem Beschwerdeführer im Falle der hypothetischen Begründetheit seiner Beschwerde ein Anspruch auf Ersatz der ihm entstandenen Schäden nach §§ 249 ff. BGB zu. Für diesen Ersatzanspruch haftet der Schuldner, was selbstverständlich ist, mit seinem gesamten Vermögen (BT-Drucks. 19/24181, S. 165 f.).
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§ 67 Wirkungen des Restrukturierungsplans
Unterabschnitt 2 – Wirkungen des bestätigten Plans; Überwachung der Planerfüllung § 67 Wirkungen des Restrukturierungsplans (1) 1Mit der Bestätigung des Restrukturierungsplans treten die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen ein. 2Dies gilt auch im Verhältnis zu Planbetroffenen, die gegen den Plan gestimmt haben oder die an der Abstimmung nicht teilgenommen haben, obgleich sie ordnungsgemäß an dem Abstimmungsverfahren beteiligt worden sind. (2) Handelt es sich bei dem Schuldner um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, wirkt eine Befreiung des Schuldners von Verbindlichkeiten auch zugunsten seiner persönlich haftenden Gesellschafter, sofern im Restrukturierungsplan nichts anderes bestimmt ist. (3) 1Die Rechte der Restrukturierungsgläubiger gegen Mitschuldner und Bürgen des Schuldners sowie die Rechte der Gläubiger an Gegenständen, die nicht zum Vermögen des Schuldners gehören, oder aus einer Vormerkung, die sich auf solche Gegenstände bezieht, werden mit Ausnahme der nach § 2 Absatz 4 gestalteten Rechte aus gruppeninternen Drittsicherheiten von dem Restrukturierungsplan nicht berührt. 2Der Schuldner wird jedoch durch den Plan gegenüber dem Mitschuldner, Bürgen oder sonstigen Rückgriffsberechtigten befreit wie gegenüber dem Gläubiger. (4) Ist ein Gläubiger weitergehend befriedigt worden, als er es nach dem Restrukturierungsplan zu beanspruchen hat, so begründet dies keine Pflicht zur Rückgewähr des Erlangten. (5) Werden Restrukturierungsforderungen in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte an dem Schuldner umgewandelt, kann der Schuldner nach der gerichtlichen Bestätigung des Restrukturierungsplans keine Ansprüche wegen einer Überbewertung der Forderungen im Plan gegen die bisherigen Gläubiger geltend machen. (6) Mit der rechtskräftigen Bestätigung des Restrukturierungsplans gelten Mängel im Verfahren der Planabstimmung sowie Willensmängel von Planangebot und Planannahme als geheilt. Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Wirkung der Planbestätigung ........ 3 a) Vollzugs- und Verfügungswirkung .................................... 3 b) Enthaftung der persönlich haftenden Gesellschafter (Abs. 2) .................................. 10 c) Durchsetzbarkeit von Drittsicherheiten (Abs. 3) ............. 12
3.
d) Rechtsgrund für das Behaltendürfen überquotaler Befriedigung (Abs. 4) ............... e) Ausschluss der Differenzhaftung (Abs. 5) .................... f) Heilung von Verfahrens- und Willensmängeln (Abs. 6) ...... Subjektive Reichweite der Wirkung der Planbestätigung ............
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 § 67 StaRUG nimmt die Regelungen der §§ 254, 254b InsO auf und entspricht im Wesentlichen der Regelungswirkung des § 254 InsO. Dabei trägt die Vorschrift zwei Besonderheiten Rechnung: Zunächst sind die Wirkungen des Restrukturierungsplans der Teil-Kollektivität des Verfahrens folgend auf alle Planbetroffenen beschränkt, hier allerdings dem insolvenzrechtlichen Vorbild folgend, unabhängig davon, ob sie an der Abstimmung teilgenommen oder gegen den Plan gestimmt haben. Einzige Voraussetzung, auch dies ist Folge der Besonderheiten des StaRUG, ist, dass die Betroffenen verfahrensrechtlich wirksam an dem Abstimmungsverfahren beteiligt wurden, bzw. richtiger, Gelegenheit erhalten haben, sich zu beteiligen. Darüber hinaus setzen die gesetzlichen Wirkungen des Plans nach den Vorgaben der Richtlinie bereits mit dessen Bestätigung durch das Gericht und nicht erst mit der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses ein. Dies ist Folge der ausdrücklichen Vorgabe, dass Rechtsmittel grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung haben. 2 Im Übrigen hält sich die Vorschrift an das insolvenzrechtliche Vorbild, regelt also die Enthaftung der persönlich haftenden Gesellschafter vorbehaltlich einer abweichenden Regelung im Plan (Abs. 2, entspricht § 227 Abs. 2 InsO), die bestehen bleibende Möglichkeit auf Drittsicherheiten zuzugreifen, soweit diese nicht nach § 2 Abs. 4 StaRUG gestaltet worden sind (Abs. 3, entspricht § 254 Abs. 2 InsO), den Rechtsgrund für das Behaltendürfen überquotaler Befriedigung bis zur Höhe des nominellen Anspruchs (Abs. 4, entspricht § 254 Abs. 3 InsO), den Ausschluss der Differenzhaftung bei Unter-PariEmission (Abs. 5, entspricht § 254 Abs. 4 InsO) sowie – und insoweit ohne insolvenzrechtliches Vorbild – die Heilung sämtlicher Verfahrens- und Willensmängel im Abstimmungsverfahren (Abs. 6). Soweit die Vorschrift dem jeweiligen insolvenzrechtlichen Vorbild nachgebildet ist, kann auf die entsprechenden insolvenzrechtlichen Kommentierungen verwiesen werden. 2. Wirkung der Planbestätigung a) Vollzugs- und Verfügungswirkung 3 Nach § 67 Abs. 1 Satz 1 StaRUG treten mit der Bestätigung des Restrukturierungsplans die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen ein. Die Vorschrift nimmt damit einerseits Bezug auf sämtliche schuldrechtlichen Erklärungen und Vereinbarungen, die im Plan enthalten sind, andererseits auf die Änderung sachenrechtlicher Verhältnisse nach § 13 StaRUG sowie schließlich auf die gesellschaftsrechtlichen Erklärungen nach § 7 Abs. 4 StaRUG. Die Wahrung der etwaig nötigen Form solcher Erklärungen ergibt sich aus § 68 StaRUG (vgl. dort Rn. 4). 4 Aus § 67 Abs. 1 Satz 1 StaRUG folgt, dass sämtliche in den gestaltenden Teil des Plans aufgenommenen rechtsgestaltenden Erklärungen mit der Bestätigung des Restrukturierungsplans als Willenserklärung wirksam werden und als zugegangen gelten. Soweit für die rechtliche Vollzugswirkung neben der Willens374
§ 67 Wirkungen des Restrukturierungsplans
erklärung ein Verfügungs- oder Realakt erforderlich ist, wie z. B. die Übergabe im Rahmen der §§ 929 ff. BGB, gilt auch dieser als erfolgt, sodass die rechtlichen Wirkungen tatsächlich mit der Bestätigung des Restrukturierungsplans eintreten. Maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei der Erlass des Bestätigungsbeschlusses, d. h. 5 der Zeitpunkt seines Wirksamwerdens. Dies ist der Zeitpunkt seiner Verkündung (vgl. §§ 60, 61, 65 StaRUG Rn. 26). Die rechtlichen Wirkungen treten damit, anders als bei der Bestätigung eines Insolvenzplans, bereits mit dem Wirksamwerden des Bestätigungsbeschlusses und unabhängig von dessen Rechtskraft ein. Diese Abweichung beruht auf Art. 16 Abs. 3 Unterabs. 1 der Richtlinie (RL [EU[ 2019/1023), welcher – vorbehaltlich der Möglichkeit der gesonderten Anordnung der aufschiebenden Wirkung (vgl. §§ 64, 66 StaRUG Rn. 32) – für ein Rechtsmittel gegen den Planbestätigungsbeschluss keine aufschiebende Wirkung vorsieht. Die Rechtsfolgen treten damit zunächst unter der auflösenden Bedingung der späteren Aufhebung des Beschlusses im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens ein. Dies bedeutet, dass etwaige Eintragungen in öffentlichen Registern (Handels- 6 register, Grundbuch etc.) auch vor Rechtskraft und unabhängig von einem Rechtskraftvermerk vorzunehmen sind. Das Beschwerdegericht kann in diesem Fall jedoch insbesondere nach §§ 71 Abs. 2 Satz 2, 76 GBO anordnen und der Beschwerdeführer kann verlangen, dass ein Amtswiderspruch in das Grundbuch eingetragen wird und die Eintragung z. B. eines Widerspruchs gegen die Gesellschafterliste nach § 16 Abs. 3 Satz 4 GmbHG verlangen, um insbesondere gutgläubige Vermögensverfügungen auszuschließen. Wird der Bestätigungsbeschlusses später im Rechtsmittelverfahren aufgehoben, 7 so entfällt die Vollzugswirkung ex tunc, weil die Regelungswirkung insgesamt unter der auflösenden Bedingung steht. Daraus folgt, dass im Falle der Aufhebung des Bestätigungsbeschlusses keine Rückübertragungsakte oder gegenläufige Willenserklärungen erforderlich sind, sondern die mit dem Vollzug des Restrukturierungsplans zunächst eingetretene rechtliche Wirkung Von Beginn an unwirksam ist und damit die rechtlichen Folgen als niemals eingetreten gelten. Die Rechtsfolge ist daher materiell mit derjenigen des § 142 BGB nach einer erfolgreichen zivilrechtlichen Anfechtung vergleichbar. Prozessual kommt hinzu, dass der Vollzug des Restrukturierungsplans vor 8 Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses einer für vorläufig vollstreckbar erklärten Entscheidung gleichkommt, weshalb im Falle der Aufhebung des Bestätigungsbeschlusses im Grundsatz von dem Eintritt einer Schadensersatzverpflichtung entsprechend § 717 Abs. 2 ZPO auszugehen ist, der unlängst in der Rechtsprechung des BGH (NJW 1985, 1959; NJW 2006, 443; NJW-RR 2012, 311; NJW 2017, 829) für analogiefähig erklärt wurde. Damit trägt der Restrukturierungsschuldner das Risiko des vorzeitigen Vollzugs des Restrukturierungsplans bereits mit Bestätigung und vor Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
9 Dieses Haftungsrisiko kann für den Schuldner, da die Rechtswirkungen ohne Gestaltungserklärung ipso iure eintreten, gerade in Plänen, die ggf. auch rechtlich diffizile Fragen regeln, von existenzieller Bedeutung sein. Für den Schuldner und die zustimmenden Planbetroffenen kann daher entscheidend sein, den Planvollzug bis zur Rechtskraft der Bestätigungsentscheidung hinauszuzögern. Die Planbedingung nach § 62 StaRUG hilft hier nicht weiter, da eine echte Planbedingung keine Bedingung des Planvollzugs im Sinne des § 158 BGB, sondern eine zusätzliche Bedingung für die Bestätigung des Plans ist (vgl. § 62 StaRUG Rn. 3), durch welche diese bis zum Bedingungseintritt hinauszögert wird. Möglich ist aber, dass der Vollzug des Restrukturierungsplans und damit der Eintritt der Vollzugswirkungen nach § 67 StaRUG insgesamt zwar nicht unter eine Bestätigungs-, wohl aber unter eine Planvollzugsbedingung, nämlich die Bedingung der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses (Rechtskraftbedingung), gestellt wird. Hierbei handelt es sich sodann um eine rechtliche Bedingung für den Eintritt der Gestaltungswirkungen, deren Vereinbarung dem Schuldner im Rahmen der bei Erstellung des Restrukturierungsplans zugestandenen Gestaltungsfreiheit frei steht. Um etwaige Schadensersatzansprüche aus § 717 Abs. 2 ZPO analog zu vermeiden, ist dies das einzig probate Mittel, weshalb der Zulässigkeit einer solch umfassenden Rechtskraftbedingung auch keine Bedenken entgegenstehen. b) Enthaftung der persönlich haftenden Gesellschafter (Abs. 2) 10 Nach dem Vorbild des § 227 Abs. 2 InsO werden die persönlich haftenden Gesellschafter mit der Wirksamkeit des Bestätigungsbeschlusses ebenfalls enthaftet, soweit der Restrukturierungsplan keine abweichende Regelung trifft. Anderenfalls würde durch den möglich bleibenden Regress der Planbetroffenen für Einschränkungen in ihren Rechten gegenüber der Gesellschaft bei den Gesellschaftern jeder Erlass und jede Reduzierung der Haftung entwertet (BT-Drucks. 19/24181, S. 165). 11 Der Planer kann allerdings eine abweichende Regelung vorsehen. Diese muss jedoch das Gleichbehandlungsgebot des § 10 StaRUG beachten, weshalb eine ungleiche Enthaftung der Gesellschafter z. B. differenziert nach operativ tätigen und allein finanziell beteiligten Gesellschaftern regelmäßig nicht zulässig ist. c) Durchsetzbarkeit von Drittsicherheiten (Abs. 3) 12 Nach dem Vorbild des § 254 Abs. 2 InsO bleiben auch Ansprüche der Planbetroffenen gegen Dritte, die hierfür Sicherheit gestellt haben, bestehen und durchsetzbar. Dabei ist unerheblich, um welche Art von Sicherheit es sich handelt. § 67 Abs. 3 StaRUG erfasst akzessorische ebenso wie nichtakzessorische Sicherheiten. Eine Ausnahme gilt lediglich für konzerninterne Drittsicherheiten nach § 2 Abs. 4 StaRUG, die ebenfalls durch den Plan gestaltet werden.
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§ 67 Wirkungen des Restrukturierungsplans
Der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, dass unabhängig von der 13 dogmatischen Gestaltung der Eingriffe in Restrukturierungsforderungen durch den Restrukturierungsplan, ungleich also ob diese als Erlass, Verzicht oder wie auch sonst betitelt werden, die hiervon betroffenen Verbindlichkeiten lediglich zu unvollkommenen Verbindlichkeiten werden, deren Durchsetzbarkeit zwar eine peremptorische Einrede entgegensteht, die jedoch deren grundsätzliche Erfüllbarkeit nicht hindert. Diese Konstruktion liegt auch dem Ausschluss des Regresses gegenüber überquotal befriedigten Gläubigern bis zur nominalen Höhe der Forderung nach § 67 Abs. 4 StaRUG (Rn. 16) zugrunde. Sicherheitengebende Dritte sind danach keine Beteiligte des Restrukturierungs- 14 verfahrens, weshalb ihnen gegenüber die gesicherten Forderungen als erfüllbare, aber nicht erzwingbare Naturalobligationen fortbestehen. Der Eingriff in solche Forderungen gegenüber Dritten geht über das für die Restrukturierung notwendige Maß hinaus, weshalb er schon deshalb unzulässig ist (OLG Dresden, ZIP 2013, 1341). Möglich bleibt aber selbstverständlich die individuelle Zustimmung eines Sicherheitengläubigers zu einem Eingriff in seine Sicherheit. Eine solche Zustimmung wäre sodann nach § 15 Abs. 3 StaRUG als Anlage zum Plan zu nehmen. Wird der Drittsicherheitengeber in Anspruch genommen, so kann er beim 15 Schuldner nur im Rahmen der Gestaltungswirkung des Restrukturierungsplans Regress nehmen. Die Regressforderung kann daher vollständig ausgeschlossen werden. d) Rechtsgrund für das Behaltendürfen überquotaler Befriedigung (Abs. 4) Hat ein Gläubiger durch Leistung des Schuldners vor oder während des Ver- 16 fahrens mehr erhalten, als er nach dem Plan zu beanspruchen hat, insbesondere weil die Forderungen durch den Plan quotal gekürzt werden, so besteht ein Rückforderungsrecht des Schuldners nicht. Die Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner bleibt ungeachtet der Wirkungen des Restrukturierungsplans (bereicherungsrechtlicher) Rechtsgrund für das Behaltendürfen, da sich die Forderung ungeachtet der vorgesehenen Gestaltung im Plan wie im Verhältnis zum Drittsicherheitengeber lediglich in eine Naturalobligation wandelt (vgl. Rn. 13). Dies gilt auch, soweit der Gläubiger im laufenden Restrukturierungsverfahren 17 zu einem Zeitpunkt, zu dem bereits absehbar ist, dass seine Forderung quotal gekürzt werden soll, vollständige Zahlung erhält. Während im Insolvenzverfahren der Insolvenzgläubiger, der etwa in der irrtümlichen Annahme, es handele sich um eine Masseverbindlichkeit, Zahlungen erhält, einem bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch ausgesetzt ist, weil der Rang der Insolvenzforderung (§ 38 InsO) gerade keinen Rechtsgrund für das Behaltendürfen einer Zahlung aus der Insolvenzmasse darstellt (insoweit in der Argumentation
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
angelehnt an BGH, ZIP 2015, 638), gilt dies für den Gläubiger einer Restrukturierungsforderung nicht. Das StaRUG kennt gerade keine Rangordnung der Gläubiger untereinander. Bis zur Wirksamkeit der Regelungen des Restrukturierungsplans bleibt die Forderung im Grundsatz vollständig erfüllbar. Dies kommt nicht zuletzt in § 32 Abs. 1 Satz 3 StaRUG zum Ausdruck, wonach der Gesetzgeber in der überquotalen Befriedigung einer Forderung, die durch den Plan gestaltet werden soll, eine Verletzung des Schuldners gegen die Pflicht zur Führung des Verfahrens im Gesamtgläubigerinteresse sieht, jedoch daraus keine Rechtsfolgen für den befriedigten Gläubiger herleitet. e) Ausschluss der Differenzhaftung (Abs. 5) 18 § 67 Abs. 5 StaRUG entspricht der § 254 Abs. 4 InsO. Werden Forderungen durch Debt-to-Equity-Swap im Rahmen einer Regelung nach § 7 Abs. 4 StaRUG (vgl. § 7 StaRUG Rn. 12) in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte gewandelt, so findet eine Differenzhaftung wegen einer etwaigen unter-pariEmission nicht statt. Da die Vorschrift dem insolvenzrechtlichen Vorbild vollständig entspricht, kann auf die Kommentierung zu der dortigen Vorschrift verwiesen werden (vgl. §§ 217, 225a u. a. InsO Rn. 76 ff.). f) Heilung von Verfahrens- und Willensmängeln (Abs. 6) 19 Das Restrukturierungsgericht hat von Amts wegen die Einhaltung sämtlicher Verfahrensvorschriften zu prüfen und bei Feststellung etwaiger Mängel im Rahmen insbesondere des Abstimmungsverfahrens die Planbestätigung ggf. zu versagen (vgl. § 63 StaRUG Rn. 5). Ist die Planbestätigung allerdings erfolgt, so ist für das Verfahren die Rechts- und Transaktionssicherheit von erheblicher Bedeutung, weshalb § 67 Abs. 6 StaRUG vorsieht, dass nach der Bestätigung des Restrukturierungsplan etwaige Mängel im Abstimmungsverfahren und Willensmängel der Planbetroffenen als geheilt gelten. Mit solchen Einwendungen sind Planbetroffene daher fortan ausgeschlossen. Dies schließt die zivilrechtliche Anfechtung nach §§ 119, 123 BGB ein – und zwar sowohl für die Planbetroffenen als auch für den Schuldner, was in der ausdrücklichen Formulierung des Gesetzes, dass Willensmängel in Bezug auf das Planangebot und auf die Planannahme als geheilt gelten, zum Ausdruck kommt. Dass auch die Anfechtung nach § 123 BGB ausgeschlossen ist, folgt daraus, dass die durch Täuschung oder Drohung herbeigeführte Planannahme unter den Versagungsgrund des § 63 Abs. 4 StaRUG, die unlautere Herbeiführung der Annahme des Restrukturierungsplans, zu subsumieren ist, mit § 67 Abs. 6 StaRUG jedoch sämtliche Bestätigungshindernisse, die sich auf das Abstimmungsverfahren sowie Willensmängel beziehen, im Interesse der Rechtssicherheit nachhaltig erledigt sind. 20 Anders als die Vollzugswirkung nach § 67 Abs. 1 StaRUG tritt die Heilungswirkung jedoch nicht bereits mit Wirksamkeit des Bestätigungsbeschlusses, sondern erst mit dessen Rechtskraft ein. Dies ist selbstverständlich, da die
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§ 67 Wirkungen des Restrukturierungsplans
Präklusionswirkung anderenfalls bereits im Rechtsmittelverfahren eintreten würde, was eine unzulässige Rechtsschutzverkürzung darstellte. 3. Subjektive Reichweite der Wirkung der Planbestätigung Die Regelungswirkung nach § 67 Abs. 1 StaRUG tritt gegenüber sämtlichen 21 Planbetroffenen ein, auch soweit sie gegen den Plan gestimmt oder an der Abstimmung nicht teilgenommen haben. Die Vorschrift entspricht damit § 254b InsO, lediglich verbunden mit der durch die Teilkollektivität des Verfahrens gebotenen Einschränkung, dass von den Wirkungen des Restrukturierungsplans selbstverständlich nur die Planbetroffenen und nicht auch die nicht planbetroffenen Gläubiger erfasst sind. Für diejenigen Planbetroffenen, die an der Abstimmung nicht teilgenommen 22 haben, gilt dies nur, soweit sie, so der Wortlaut des Gesetzes, ordnungsgemäß an dem Abstimmungsverfahren beteiligt worden sind. Richtigerweise muss es hierbei aber selbstverständlich heißen, soweit ihn die Teilnahme an dem Abstimmungsverfahren ordnungsgemäß ermöglicht worden ist, sie also insbesondere ordnungsgemäß geladen und ihnen sämtliche für die sachgerechte Beteiligung am Verfahren erforderlichen Unterlagen nach Maßgabe des Gesetzes zur Verfügung gestellt wurden. Auf die tatsächlich ordnungsgemäße Beteiligung am Abstimmungsverfahren kommt es jedenfalls insoweit nicht an, wie die tatsächliche Teilnahme an der Abstimmung hierunter subsummiert werden könnte, die zweifelsohne nicht erforderlich ist. Die Erstreckung der Wirkung der Regelungen des Restrukturierungsplans 23 auch auf die gegen den Plan stimmenden oder die an der Abstimmung nicht teilnehmenden Planbetroffenen ist eine der wesentlichen Rechtsfolgen der Planbestätigung, deren Beantragung als Instrument des Stabilisierungsrahmens in der Dispositionsfreiheit des Schuldners liegt. Beantragt der Schuldner die gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans nicht, treten dessen Rechtsfolgen mit der Annahme des Plans durch die Planbetroffenen nach Maßgabe der §§ 25 ff. StaRUG ein. Da insoweit aber die zivilrechtlichen Regeln über das Zustandekommen von Verträgen gelten (vgl. §§ 17 – 21, 23 StaRUG Rn. 6 ff.), beschränkt sich der Eintritt der Regelungswirkungen ohne gerichtliche Bestätigung des Plans allerdings auf die tatsächlich zustimmenden, nicht aber auf die überstimmten und nicht auf die an der Abstimmung nicht teilnehmenden Planbetroffenen. Unbeschadet einer abweichenden Festsetzung im Restrukturierungsplan folgt sodann aus § 18 StaRUG, dass der nicht einstimmig angenommene, nicht gerichtlich bestätigte Plan insgesamt nicht wirksam ist (vgl. §§ 17 – 21, 23 StaRUG Rn. 6, 29 ff., 34 ff.), also auch nicht beschränkt auf die Regelungen gegenüber den zustimmenden Planbetroffenen teilweise in Wirksamkeit erwächst. Aus § 18 StaRUG folgt aber ebenso, dass der Restrukturierungsplan eine 24 abweichende Regelung treffen kann, nämlich auch für dem Fall der fehlenden Bestätigung oder der nachträglichen Aufhebung des Bestätigungsbeschlusses im Rechtsmittelverfahren die fortwährende Wirksamkeit der Regelungen gegen379
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
über den zustimmenden Planbetroffenen vorsehen kann. Vor dem Hintergrund des Versagungsgrundes des § 63 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG wird das Gericht in solchem Fall aber zu prüfen haben, ob eine solche Teilwirksamkeit des Plans mit dem Pflichtinhalt zur Darstellung der Erreichbarkeit des Restrukturierungsziels noch vereinbar ist (vgl. § 63 StaRUG Rn. 23). Hierzu wird auch eine Prognoseentscheidung erforderlich sein, wie wahrscheinlich der Erfolg des Rechtsmittels ist und wie viele nicht zustimmende oder nicht teilnehmende Gläubiger dann von der Regelungswirkung des Plans ausgenommen wären. Auf diese Weise kann ein Plan auch dann umgesetzt werden, wenn z. B. lediglich ein obstruierender Gläubiger, dessen Forderung im Hinblick auf die Erreichbarkeit des Restrukturierungsziels nicht ins Gewicht fällt, gegen den Bestätigungsbeschlusses vorgeht und so das Planvollzugsrisiko merklich reduziert wird. § 68 Sonstige Wirkungen des Restrukturierungsplans (1) Wenn Rechte an Gegenständen begründet, geändert, übertragen oder aufgehoben oder Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung abgetreten werden sollen, gelten die in den Restrukturierungsplan aufgenommenen Willenserklärungen der Planbetroffenen und des Schuldners als in der vorgeschriebenen Form abgegeben. (2) 1Die in den Restrukturierungsplan aufgenommenen Beschlüsse und sonstigen Willenserklärungen der Planbetroffenen und des Schuldners gelten als in der vorgeschriebenen Form abgegeben. 2Gesellschaftsrechtlich erforderliche Ladungen, Bekanntmachungen und sonstige Maßnahmen zur Vorbereitung von Beschlüssen der Planbetroffenen gelten als in der vorgeschriebenen Form bewirkt. (3) Entsprechendes gilt für die in den Restrukturierungsplan aufgenommenen Verpflichtungserklärungen, die einer Maßnahme nach Absatz 1 oder Absatz 2 zugrunde liegen. Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Formwahrende Wirkung des Plans ......................................... 4
3. 4.
Formwirksamkeit der Erklärungen Dritter ............................................. 7 Vornahme entsprechender Anmeldungen zu Registern .............. 10
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 § 68 StaRUG enthält eine dem § 254a InsO entsprechende Fiktion der formwirksamen Abgabe von Willenserklärungen, die Teil des Plans geworden sind. Dies betrifft sämtlich in den Plan aufgenommenen Erklärungen, gleich ob schuldrechtlicher, sachenrechtlicher oder insbesondere auch gesellschaftsrechtlicher Natur. 2 Die Vorschrift ist daher, ebenso wie ihr insolvenzrechtliches Vorbild, eine erhebliche Erleichterung im Rahmen des Vollzugs des Plans, da insbesondere 380
§ 68 Sonstige Wirkungen des Restrukturierungsplans
beurkundungs- oder beglaubigungsbedürftige Rechtshandlungen nicht einer gesonderten notariellen Erklärung bedürfen, sondern im Plan unmittelbar abgegeben werden können. Für ihre Wirksamkeit und auch die Eintragung in die entsprechenden Register genügt daher die Bestätigung des Restrukturierungsplans (Rechtskraft ist nicht erforderlich, vgl. § 67 StaRUG Rn. 5, 23). Da die Vorschrift im Wesentlichen dem § 254a InsO entspricht, kann auf die 3 hierzu verfügbare Kommentierung verwiesen werden. 2. Formwahrende Wirkung des Plans Die in den Restrukturierungsplan aufgenommenen rechtsgestaltenden Erklä- 4 rungen gelten, unabhängig davon, welcher Rechtsnatur das Formerfordernis ist, als in der nötigen Form abgegeben. Erfasst sind sämtliche Formerfordernisse im Sinne des § 125 BGB. Erfasst sind sowohl Erklärungen des Schuldners als auch der Planbetroffenen. Dies schließt damit auch sämtliche an dem Schuldner beteiligten Personen ein, weshalb der Plan auch sämtliche gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen formwirksam vorsehen kann, da nicht nur die Erklärung selbst, sondern auch etwaig erforderliche Beschlüsse als aufgrund ordnungsgemäßer Ladung und in der ordnungsgemäßen Form abgegeben gelten (vgl. z. B. BGH, ZIP 2020, 266; OLG Bremen, ZIP 2016, 1480). Eine besondere Regelung im Plan ist hierzu nicht erforderlich. Die Fiktion 5 eingehaltener Form knüpft vielmehr unmittelbar an die Abgabe der entsprechenden Erklärung an, ohne dass der Restrukturierungsplan irgendwelche Formerfordernisse vorsehen oder auch nur erwähnen müsste. Gleichwohl bietet es sich aus Gründen der Rechtsklarheit an, in dem Plan auf die Formfiktion des § 68 StaRUG hinzuweisen. § 68 Abs. 3 StaRUG erstreckt die Formfiktion auch auf Verpflichtungserklä- 6 rungen, sodass die formmäßige Wirksamkeit solche Erklärung auch dann gegeben ist, wenn der Plan nicht die Vollzugshandlung selbst vorsieht, sondern lediglich die Verpflichtung hierzu. 3. Formwirksamkeit der Erklärungen Dritter Während § 68 Abs. 1, 2 StaRUG für die Fiktion der Wahrung der Form von 7 rechtsgestaltenden und gesellschaftsrechtlichen Erklärungen darauf abstellen, dass es sich um solche des Schuldners oder der Planbetroffenen handeln muss, enthält § 68 Abs. 3 StaRUG für aufgenommene Verpflichtungserklärungen, die einer Maßnahme nach Abs. 1 oder Abs. 2 zugrunde liegen, die Beschränkung auf Planbetroffene oder den Schuldner gerade nicht. Von § 68 Abs. 3 StaRUG sind daher auch Verpflichtungserklärungen Dritter, die nicht selbst planbetroffen sind, erfasst. Dies betrifft im Wesentlichen Erklärungen nach § 15 Abs. 3 StaRUG. Die Fiktion der Formwahrung ist jedoch nur dann gegeben, wenn es sich um 8 Verpflichtungserklärungen handelt, die einer Maßnahme nach Abs. 1 oder
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Abs. 2 zugrunde liegen. Das heißt, es muss sich um Maßnahmen handeln, die entweder die Gestaltung eines Rechts- oder Gesellschaftsverhältnisses im Sinne des Abs. 1 oder eine Beschlussfassung im Sinne des Abs. 2 betreffen. Dies kann bei der Verpflichtung zum Erwerb eines Grundstücks oder der Übernahme eines Geschäftsanteils der Fall sein. Solche Erklärungen Dritter nach § 15 Abs. 3 StaRUG sind daher gemäß § 68 Abs. 3 StaRUG auch dann in der nötigen Form abgegeben, wenn Sie dem Plan als privatschriftliche Erklärung beigefügt werden. 9 Soweit sich die Maßnahme allerdings nicht auf ein in Abs. 1 oder Abs. 2 genanntes Geschäft bezieht, kann auch § 68 Abs. 3 StaRUG die Fiktion der Formwahrung nicht auf diese Erklärung erstrecken. Hier muss daher im Einzelfall genau geprüft werden. 4. Vornahme entsprechender Anmeldungen zu Registern 10 Eine dem § 254a Abs. 2 Satz 3 InsO entsprechende Vorschrift sieht § 68 StaRUG nicht vor, da insbesondere der Restrukturierungsbeauftragte nicht für den Vollzug eines Restrukturierungsplans zuständig und verantwortlich ist. Der Vollzug liegt in den Händen des Schuldners, weshalb die Zuständigkeit für die Vornahme entsprechender Anmeldungen auch in der Organverantwortung des Schuldners verbleibt. § 69 Wiederaufleben gestundeter oder erlassener Forderungen (1) 1Sind aufgrund des gestaltenden Teils des Restrukturierungsplans einbezogene Restrukturierungsforderungen gestundet oder teilweise erlassen worden, so wird die Stundung oder der Erlass für den Gläubiger hinfällig, gegenüber dem der Schuldner mit der Erfüllung des Plans erheblich in Rückstand gerät. 2Ein erheblicher Rückstand ist erst anzunehmen, wenn der Schuldner eine fällige Verbindlichkeit nicht bezahlt hat, obwohl der Gläubiger ihn schriftlich gemahnt und ihm dabei eine mindestens zweiwöchige Nachfrist gesetzt hat. (2) Wird vor vollständiger Erfüllung des Restrukturierungsplans über das Vermögen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet, so ist die Stundung oder der Erlass im Sinne des Absatzes 1 für alle Gläubiger hinfällig. (3) 1Im Restrukturierungsplan kann etwas von Absatz 1 oder 2 Abweichendes vorgesehen werden. 2Jedoch kann von Absatz 1 nicht zum Nachteil des Schuldners abgewichen werden. Übersicht 1. 2.
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Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Verlust der Gestaltungswirkungen (§ 69 Abs. 1 StaRUG) .................... 3
3.
Verhinderung einer Doppelbelastung der Gläubiger (§ 69 Abs. 2 StaRUG) ................... 4
§ 69 Wiederaufleben gestundeter oder erlassener Forderungen
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes § 69 StaRUG dient dem Schutz der planbetroffenen Gläubiger und soll zur 1 Disziplinierung des Schuldners beitragen (BT-Drucks. 19/24181, S. 166). Die Vorschrift folgt in ihrer gesamten Ausgestaltung dem insolvenzrechtlichen Vorbild gemäß § 255 InsO; auf die hierzu ergangene Rechtsprechung und Kommentierung kann verwiesen werden. Soweit der Schuldner mit der Erfüllung des Restrukturierungsplans erheblich 2 in Rückstand gerät, werden ihm die Plangestaltungswirkungen in Form einer Forderungsstundung oder eines Teilerlasses bezüglich der vom Erfüllungsrückstand betroffenen Forderungen entzogen (BT-Drucks. 19/24181, S. 166). Insbesondere sind wie im Insolvenzplanrecht nur Abweichungen von Abs. 1 und 2 zulässig, die sich nicht zum Nachteil des Schuldners auswirken (vgl. § 69 Abs. 3 StaRUG). 2. Verlust der Gestaltungswirkungen (§ 69 Abs. 1 StaRUG) Wie auch im Rahmen von § 255 Abs. 1 InsO wird der Verlust der Gestaltungs- 3 wirkungen an ein Mahnungserfordernis geknüpft, er tritt also nicht sofort per Gesetz ein. Der Gläubiger muss den Schuldner schriftlich gemahnt und ihm eine mindestens zweiwöchige Frist gesetzt haben. 3. Verhinderung einer Doppelbelastung der Gläubiger (§ 69 Abs. 2 StaRUG) Angelehnt an § 255 Abs. 2 InsO werden Stundung und Erlass einer Forde- 4 rung im Sinne des § 69 Abs. 1 StaRUG nach dessen Abs. 2 für alle Gläubiger hinfällig, wenn vor vollständiger Erfüllung des Restrukturierungsplans über das Vermögen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Dadurch soll verhindert werden, dass planbetroffene Gläubiger im Falle einer nachfolgenden Insolvenz doppelt belastet werden, indem sie erst die Gestaltung ihrer Forderung im Restrukturierungsplan hinnehmen müssen und dann ihre Forderung auch nur in der dadurch geminderten Höhe zur Insolvenztabelle anmelden dürfen (BT-Drucks. 19/24181, S. 167). Vollständig erfüllt ist der Restrukturierungsplan im Sinne des § 362 BGB, 5 wenn sämtliche im gestaltenden Teil des Plans festgelegten Rechtswirkungen vollständig eingetreten sind. Sieht der Plan zum Beispiel die Stundung einer Forderung vor, so ist mit Rechtskraft des Plans die Stundung bewirkt und der Plan erfüllt. Dasselbe gilt für den Fall, dass die Stundung zeitlich gestreckt gewährt wird und der Plan hinsichtlich einer nach § 271 BGB grundsätzlich in einer Summe fällig werdenden Forderung die ratierliche Rückführung vorsieht. Auch wenn noch nicht sämtliche im Plan festgelegten Raten geleistet sind, so liegt der Sanierungsbeitrag des Gläubigers doch allein in der Stundung und nicht in der Rückzahlung durch den Schuldner. Zudem darf es nicht zum Vorteil des Gläubigers gereichen, dass dieser nicht zu einer langfristigen
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
und endfälligen Stundung, sondern nur zu einer gestaffelten Stundung mit ratierlicher Rückführung bereit war. Der geringere Sanierungsbeitrag verdient nicht den besseren Schutz. 6 Entsprechendes gilt für den Fall der Gewährung einer neuen Finanzierung. Diese ist mit Valutierung der Finanzierung und etwaiger Bestellung der hierfür geschuldeten Sicherheiten erfüllt. Auf die fristgerechte Rückführung kommt es nicht an. 7 Von § 69 Abs. 2 StaRUG kann abgewichen werden; die Vorschrift ist dispositiv. § 70 Streitige Forderungen und Ausfallforderungen (1) Streitige Restrukturierungsforderungen unterliegen der auf sie anwendbaren Regelung des Restrukturierungsplans in der Höhe, in der sie später festgestellt sind, nicht aber über den Betrag hinaus, der dem Plan zugrunde gelegt wurde. (2) 1Ist eine Restrukturierungsforderung im Abstimmungsverfahren bestritten worden oder steht die Höhe der Ausfallforderung des Inhabers einer Absonderungsanwartschaft noch nicht fest, so ist ein Rückstand mit der Erfüllung des Restrukturierungsplans im Sinne des § 69 Absatz 1 nicht anzunehmen, wenn der Schuldner die Forderung bis zur endgültigen Feststellung in der Höhe berücksichtigt, die der Entscheidung über das Stimmrecht bei der Abstimmung über den Plan entspricht. 2Ist keine Entscheidung des Restrukturierungsgerichts über das Stimmrecht getroffen worden, so hat das Restrukturierungsgericht auf Antrag des Schuldners oder des Gläubigers nachträglich festzustellen, in welchem Ausmaß der Schuldner die Forderung vorläufig zu berücksichtigen hat. (3) 1Ergibt die endgültige Feststellung der Forderung, dass der Schuldner zu wenig gezahlt hat, so hat er das Fehlende nachzuzahlen. 2Ein erheblicher Rückstand mit der Erfüllung des Restrukturierungsplans ist erst anzunehmen, wenn der Schuldner das Fehlende nicht nachzahlt, obwohl der Gläubiger ihn schriftlich gemahnt und ihm dabei eine mindestens zweiwöchige Nachfrist gesetzt hat. (4) Ergibt die endgültige Feststellung der Forderung, dass der Schuldner zu viel gezahlt hat, so kann er den Mehrbetrag nur insoweit zurückfordern, als dieser auch den nicht fälligen Teil der Forderung übersteigt, die dem Gläubiger nach dem Restrukturierungsplan zusteht. Übersicht 1.
2.
384
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ................................... 1 Erstreckung der Gestaltungswirkungen (§ 70 Abs. 1 StaRUG) ......................................... 3
3.
4.
Maßgeblicher Betrag im Falle eines Erfüllungsrückstandes (§ 70 Abs. 2 StaRUG) ................... 8 Nach- und Rückzahlung nach endgültiger Feststellung (Abs. 3 und 4) ............................................ 12
§ 70 Streitige Forderungen und Ausfallforderungen
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes Der Schuldner ist im Rahmen der Erstellung eines Restrukturierungsplans 1 grundsätzlich berechtigt, selbst zu bestimmen, welche Forderungen und in welcher Höhe diese einbezogen werden (vgl. § 8 StaRUG Rn. 4). Er kann – unter Beachtung der gesetzlichen Grenzen aus § 8 StaRUG – eine Forderung vollständig, teilweise oder überhaupt nicht den Gestaltungswirkungen des Plans unterwerfen. Die tatsächliche Einbeziehung in den Plan ist dabei völlig unabhängig von der Frage, ob eine Forderung in Bezug auf ihren Bestand und/oder ihre Höhe streitig ist. Derlei Streitigkeiten sind außerhalb des Restrukturierungsverfahrens vor dem zuständigen ordentlichen Gericht zu klären (BT-Drucks. 19/24181, S. 167). Werden streitige Forderungen in den Restrukturierungsplan einbezogen, ist 2 ein (später festgestelltes) Auseinanderfallen des ursprünglich im Plan zugrunde gelegten Forderungsbetrages (ursprünglicher Planbetrag) und dem erst nachträglich festgestellten materiell-rechtlichen Bestand der Forderung möglich. Dieser Konstellation begegnet der Gesetzgeber in § 70 StaRUG. Die Norm legt fest, in welcher Höhe eine Forderung den gestaltenden Wirkungen des Plans letztendlich unterliegt (Abs. 1) und auf welchen Betrag im Falle eines Erfüllungsrückstandes gemäß § 69 Abs. 1 StaRUG abzustellen ist (Abs. 2). Schließlich werden die Folgen einer Zuwenig- oder Zuvielleistung des Schuldners geregelt (Abs. 3 und 4). Die Absätze 2 bis 4 sind dabei an § 256 InsO angelehnt, auf den insoweit verwiesen wird. 2. Erstreckung der Gestaltungswirkungen (§ 70 Abs. 1 StaRUG) Die Gestaltungswirkungen des Restrukturierungsplans erstrecken sich grund- 3 sätzlich auf den im Plan zugrunde gelegten Nennbetrag der Forderung des Gläubigers oder eines im Plan definierten Teils hiervon. Weicht die nachträglich festgestellte materiell-rechtliche Berechtigung des Planbetroffenen von dem im Plan zugrunde gelegten Nennbetrag der Forderung ab, so erstreckt sich die Regelungswirkung des Plans nach § 70 Abs. 1 StaRUG grundsätzlich auf die Forderung in Höhe ihrer tatsächlichen materiell-rechtlichen Berechtigung. Maßgeblich für den rechtsgestaltenden Einfluss des Plans auf die Rechte der Gläubiger ist daher der tatsächliche materiell-rechtliche Bestand des Gläubigerrechts, auch wenn dieser erst nach Vorlage und/oder Bestätigung des Restrukturierungsplans festgestellt wird. Dieser Grundsatz erfährt im § 70 Abs. 1 StaRUG jedoch eine Einschränkung 4 dahingehend, dass der Gläubiger lediglich mit einem zu geringen Betrag am Plan- und vor allem am Planabstimmungsverfahren beteiligt wird. Nach § 24 StaRUG richtet sich das Stimmrecht der Planbetroffenen grundsätzlich nach dem Betrag der einbezogenen Forderung. Somit könnte der Schuldner durch einen bewusst niedrigen Ansatz einer Forderung die Stimmrechte eines bestimmten Gläubigers beschränken und so dessen Überstimmung erleichtern, um eine bestimmte Forderungskürzung durchzusetzen (siehe dazu das Beispiel
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
in BT-Drucks. 19/24181, S. 167). Zudem gilt nach dem vom Schuldner zu verantwortenden Transparenzprinzip, dass die Auswirkungen auf den Gläubiger und dessen Rechte für den Planbetroffenen vorhersehbar sein müssen. Dies allerdings ist nur der Fall, wenn dem Planbetroffenen vor Augen geführt wird, in welchem Umfang seine Rechte von dem Plan tatsächlich betroffen werden. 5 Übersteigt der materiell-rechtlich vom Planbetroffenen zu beanspruchende Betrag daher den im Plan nominell zugrunde gelegten Betrag, so beschränkt sich die Regelungswirkung des Plans auf den im Plan angegebenen (Höchst-)Betrag. Eine darüber hinausgehende Wirkung auf die materiell-rechtlich festgestellte Forderung im Übrigen ist ausgeschlossen. Wird also z. B. ein Gläubiger mit einer streitigen Forderung in Höhe von vermeintlich 10 % im Plan berücksichtigt und soll er hierauf eine Quote von 20 % gegen Erlass im Übrigen erhalten, wird die Forderung später aber tatsächlich i. H. v. 13 % festgestellt, so nimmt der Gläubiger i. H. v. 10 % an der Gestaltungswirkung des Plans teil und erhält hierauf die Quote in Höhe von 2 %, sowie die restlichen 3 % außerhalb des Restrukturierungsverfahrens als Nichtplanbetroffener, da die Forderung i. H. v. 3 % an dem Planverfahren nicht teilgenommen hat. 6 Der der Höhe nach nicht den Planwirkungen unterfallende Restbetrag kann daher ungekürzt und ohne Einschränkungen durch den Plan gegen den Schuldner geltend gemacht werden (vgl. dazu BT-Drucks. 19/24181, S. 167). Mit anderen Worten: Soweit der Gläubiger an der Planabstimmung mit einem Teil seiner Forderung nicht berücksichtigt wurde, insoweit entfaltet der Plan auch keine Wirkung gegen ihn. 7 Bleibt demgegenüber der nachträglich festgestellte Forderungsbetrag wertmäßig hinter dem ursprünglichen Planbetrag zurück, erstreckt sich die Gestaltungswirkung des Plans selbstverständlich nur auf die Höhe des materiellrechtlich berechtigten Forderungsbetrags; einen Gutglaubensschutz genießt der Gläubiger daher nicht. 3. Maßgeblicher Betrag im Falle eines Erfüllungsrückstandes (§ 70 Abs. 2 StaRUG) 8 Ziel des § 70 Abs. 2 StaRUG ist – wie auch bei § 256 Abs. 1 InsO – Planungssicherheit zu schaffen. Im Unterschied zu § 256 Abs. 1 InsO fehlt es im Restrukturierungsverfahren aber an einer Forderungsanmeldung und der Feststellung der Forderungen zur Insolvenztabelle. Der Schuldner bestimmt vielmehr selbst, welche Forderung in welcher Höhe in den Plan einbezogen und der Gestaltungswirkung unterworfen werden sollen (BT-Drucks. 19/24181, S. 167). 9 Streitigkeiten über den Bestand oder die Höhe einer Forderung sind stets vor dem zuständigen ordentlichen Gericht, also außerhalb des Restrukturierungsverfahrens zu klären. Bis eine Entscheidung über die streitige Forderung ergeht, kann viel Zeit vergehen. Der Zeitraum ist sowohl für den Schuldner als auch für den Gläubiger zwangsläufig von Unsicherheiten geprägt. Die 386
§ 70 Streitige Forderungen und Ausfallforderungen
notwendige Klärung streitiger Rechte darf daher nicht zu einem Sanierungshemmnis für das Verfahren werden und dem Gläubiger kein zusätzliches Obstruktionspotenzial eröffnen. Nach § 70 Abs. 2 StaRUG beurteilt sich ein möglicher Erfüllungsrückstand des Schuldners im Sinne des § 69 Abs. 1 StaRUG daher nach dem Wert, welchen das Gericht der Stimmrechtsbemessung zugrunde gelegt hat (BT-Drucks. 19/24181, S. 167). Der Schuldner darf im Rahmen der Erfüllung des Plans daher zunächst von der Stimmrechtsfestsetzung zugrunde gelegten Forderungshöhe ausgehen und seine Zahlungen an dieser unter Berücksichtigung der darauf bezogenen Gestaltungswirkungen ausrichten. Allerdings trifft das Restrukturierungsgericht eine Entscheidung über das 10 Stimmrecht nur dann, wenn Streit über die Stimmrechtshöhe besteht (vgl. § 45 Abs. 4 Satz 2 StaRUG). Für nicht streitige Stimmrechte bedarf es keiner Stimmrechtsentscheidung durch das Restrukturierungsgericht (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 167). Um in diesem Fall und in dem Fall, dass ein gerichtlicher Erörterungs- und Abstimmungstermin überhaupt nicht durchgeführt worden ist, Rechtssicherheit für den Schuldner herbeiführen zu können und diesem eine Grundlage für die Berücksichtigung streitiger Rechte im Rahmen der Planerfüllung zu geben, können der Schuldner – oder auch der betroffene Gläubiger – nach § 70 Abs. 2 Satz 2 StaRUG die nachträgliche Feststellung beim zuständigen Restrukturierungsgericht beantragen. Das Restrukturierungsgericht kann daher auf Antrag der Beteiligten vorläufig über das Teilhaberecht entscheiden, ohne dass hierdurch die materielle Rechtslage präjudiziert würde. Da die Vorschrift des § 70 StaRUG systematisch in Unterabschnitt 2 über die 11 Wirkungen des bestätigten Plans angeordnet ist, setzt dieses Antragsrecht allerdings voraus, dass die gerichtliche Planbestätigung vom Schuldner beantragt worden ist. In einem weder im gerichtlichen Abstimmungsverfahren noch gerichtlich bestätigten Restrukturierungsplan fehlt es dem Gericht an jeglicher Grundlage, eine nachgeholte Stimmrechtsentscheidung im Sinne einer vorläufigen Teilhaberechtsentscheidung zu treffen. 4. Nach- und Rückzahlung nach endgültiger Feststellung (Abs. 3 und 4) § 70 Abs. 3 und 4 StaRUG entsprechen dem insolvenzplanrechtlichen Vorbild 12 des § 256 Abs. 2 und 3 InsO. Hat der Schuldner nach der endgültigen Feststellung der ehemals streitigen Forderung zu wenig geleistet, hat er das Fehlende nachzuzahlen (Abs. 3). Hat der Schuldner hingegen zu viel geleistet, kann er den Mehrbetrag herausverlangen (Abs. 4). Mit Abs. 4 weicht der Gesetzgeber allerdings von der Regelung § 67 Abs. 5 StaRUG (vgl. § 67 StaRUG Rn. 18) ab (BT-Drucks. 19/24181, S. 167), was aus dem fehlenden Vertrauen des Empfängers in den Rechtsgrund für das Behaltendürfen gerechtfertigt ist, da bei Zahlung auf eine streitige Forderung der Empfänger nicht uneingeschränkt davon ausgehen kann, dass Geleistete behalten zu dürfen. Soweit die Forderung sich nachträglich materiell-rechtlich nicht bestätigt, fehlt es
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zudem an der Naturalobligation, die im Rahmen des § 67 Abs. 5 StaRUG gerade den Rechtsgrund für das Behaltendürfen darstellt. § 71 Vollstreckung aus dem Restrukturierungsplan (1) 1Aus dem rechtskräftig bestätigten Restrukturierungsplan können die Restrukturierungsgläubiger, deren Forderungen im Bestätigungsbeschluss nicht als bestritten ausgewiesen sind, wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben. 2§ 202 der Insolvenzordnung gilt entsprechend. (2) Absatz 1 gilt auch für die Zwangsvollstreckung gegen einen Dritten, der durch eine dem Restrukturierungsgericht eingereichte schriftliche Erklärung für die Erfüllung des Plans neben dem Schuldner ohne Vorbehalt der Einrede der Vorausklage Verpflichtungen übernommen hat. (3) Macht ein Gläubiger die Rechte geltend, die ihm im Fall eines erheblichen Rückstands des Schuldners mit der Erfüllung des Plans zustehen, so hat er zur Erteilung der Vollstreckungsklausel für diese Rechte und zur Durchführung der Vollstreckung die Mahnung und den Ablauf der Nachfrist glaubhaft zu machen, jedoch keinen weiteren Beweis für den Rückstand des Schuldners zu führen. (4) Bestand für die einer Planregelung unterliegende Forderung bereits ein vollstreckbarer Titel, tritt der rechtskräftig bestätigte Restrukturierungsplan an dessen Stelle; die weitere Vollstreckung aus dem früheren Titel ist insoweit unzulässig. Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Voraussetzungen für eine Zwangsvollstreckung (§ 71 Abs. 1 StaRUG) ............................. 2
3.
Weitere Regelungen zur Zwangsvollstreckung (§ 71 Abs. 2 bis 4 StaRUG) ......................................... 7
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 § 71 StaRUG verwirklicht die Titelfunktion der im gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans enthaltenen Festsetzungen und ist Grundlage für die Vollstreckung aus dem Plan. Die Vorschrift orientiert sich an dem insolvenzrechtlichen Vorbild des § 257 InsO und weicht von diesem nur insoweit ab, als der Restrukturierungsplan nicht an die Stelle der ordentlichen Gerichtsbarkeit für die Klärung streitiger Rechtsverhältnisse treten soll. Soweit daher einzelne Forderungen im Restrukturierungsplan bzw. im Bestätigungsbeschluss als streitig ausgewiesen werden, nehmen diese an der Vollstreckungswirkung nicht teil, weil das ordentliche Erkenntnisverfahren nicht vorweggenommen werden soll.
388
§ 71 Vollstreckung aus dem Restrukturierungsplan
2. Voraussetzungen für eine Zwangsvollstreckung (§ 71 Abs. 1 StaRUG) Die Zwangsvollstreckung aus einem Restrukturierungsplan setzt zweierlei 2 voraus. Zunächst muss der zu vollstreckende Restrukturierungsplan rechtskräftig bestätigt sein. Ferner darf die konkrete Forderung, die vollstreckt werden soll, im Bestätigungsbeschluss (§ 60 Abs. 1 Satz 1 StaRUG) nicht als bestritten ausgewiesen sein. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass der Restrukturierungsplan nicht als 3 Mittel der Vermeidung der Auseinandersetzung im ordentlichen Erkenntnisverfahren dienen und dem Gläubiger insoweit Obstruktionspotenzial eröffnen soll. Wäre eine Forderung auch außerhalb des Restrukturierungsverfahrens nur streitig durchzusetzen, soll der Restrukturierungsplan nicht als Vollstreckungstitel an die Stelle des vor den ordentlichen Gerichten durchzuführenden Erkenntnisverfahrens treten. Soll eine Forderung von der Titulierungswirkung ausgenommen werden, 4 muss ihr Status als bestritten im Bestätigungsverfahren geltend gemacht und auf einen entsprechenden Ausweis im Planbestätigungsbeschluss hingewirkt werden (BT-Drucks. 19/24181, S. 168). Das Restrukturierunggericht ist daher nicht gehalten, von Amts wegen zu prüfen, ob und inwieweit der Restrukturierungsplan streitige Forderungen enthält. Da der Plan nur auf Antrag des Schuldners bestätigt wird, überfordert es den Schuldner nicht, ihm die Obliegenheit aufzuerlegen, auf streitige Forderungen, die im Bestätigungsbeschluss als solche ausgewiesen werden sollen, explizit hinzuweisen. Die grundsätzliche Titelfunktion und Vollstreckungswirkung des Plans folgt 5 daraus, dass der Schuldner das Recht hat, selbst zu bestimmen, welche Forderungen er in den Plan aufnimmt und welche daher in welchem Umfang in Rechtskraft erwachsen. Eine Belastung des Schuldners ist mit der Titelfunktion daher nicht verbunden. Zudem wäre es wenig effizient, wenn der Gläubiger zur Erlangung eines Titels erneut ein gerichtliches Verfahren in Anspruch nehmen und aus dem Plan erst gegen den Schuldner vorgehen müsste (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 168). Die Vollstreckung aus dem Plan setzt allerdings voraus, dass der Plan über 6 einen vollstreckungsfähigen Inhalt verfügt. Dies setzt voraus, dass der Titel bestimmt genug und zur Zwangsvollstreckung geeignet ist. Dazu muss er nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 165, 223) den Anspruch des Gläubigers ausweisen und den Inhalt und Umfang der Leistungspflicht bezeichnen. Bei einem Zahlungstitel muss der zu vollstreckende Zahlungsanspruch betragsmäßig festgelegt sein oder sich zumindest aus dem Titel ohne Weiteres errechnen lassen (BGHZ 88, 62, 65). Ausreichend ist, dass der Inhalt des Titels durch Auslegung festzustellen ist, wenn sämtliche Kriterien für die Bestimmbarkeit eindeutig festgelegt sind. Ist für die Auslegung und Bestimmbarkeit der Rückgriff auf weitere Urkunden erforderlich, schadet dies nicht, soweit diese Teil des Titels und mit diesem zu einer rechtlichen Einheit verbunden sind. Soweit der Restrukturierungsplan daher aus sich heraus und 389
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
gemeinsam mit den zum Plan genommenen Anlagen die Bestimmbarkeit der Forderung des jeweiligen Gläubigers ermöglicht, reicht dies für einen vollstreckungsfähigen Inhalt im Sinne des § 71 StaRUG aus. 3. Weitere Regelungen zur Zwangsvollstreckung (§ 71 Abs. 2 bis 4 StaRUG) 7 Während § 71 Abs. 2 und 3 StaRUG ihrem insolvenzrechtlichen Vorbild des § 257 Abs. 2 und 3 InsO entsprechen, weicht § 71 Abs. 4 StaRUG insoweit von den Regelungen der InsO ab, als ein generelles Einzelzwangsvollstreckungsverbot (vgl. § 89 InsO) im Restrukturierungsrahmen nicht besteht. Das Verbot gilt in sachlicher Hinsicht nur für in den Plan einbezogene Forderungen im Umfang ihrer Einbeziehung. Ferner gilt es erst ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses, und zwar nur für Titel, die zeitlich vor diesem Zeitpunkt ergangen sind (BT-Drucks. 19/24181, S. 168). Damit bleiben ältere Titel insoweit vollstreckbar, als darin ein höherer Betrag tituliert ist, als dem Restrukturierungsplan ursprünglich zugrunde gelegt wurde (BT-Drucks. 19/24181, S. 168). Diese Regelung korrespondiert mit § 70 Abs. 1 StaRUG (vgl. dort Rn. 3). 8 Der Betrag, der den ursprünglichen Planbetrag übersteigt, kann vom Gläubiger ungekürzt und ohne Einschränkungen durch den Plan gegen den Schuldner geltend gemacht (BT-Drucks. 19/24181, S. 168) tituliert und vollstreckt werden. § 72 Planüberwachung (1) Im gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans kann vorgesehen werden, dass die Erfüllung der den Gläubigern nach dem gestaltenden Teil zustehenden Ansprüche überwacht wird. (2) Die Überwachung ist einem Restrukturierungsbeauftragten zu übertragen. (3) Stellt der Restrukturierungsbeauftragte fest, dass Ansprüche, deren Erfüllung überwacht wird, nicht erfüllt werden oder nicht erfüllt werden können, so hat er dies unverzüglich dem Restrukturierungsgericht und den Gläubigern anzuzeigen, denen nach dem gestaltenden Teil des Plans Ansprüche gegen den Schuldner zustehen. (4) Das Restrukturierungsgericht beschließt die Aufhebung der Überwachung, wenn 1. die Ansprüche, deren Erfüllung überwacht wird, erfüllt sind oder wenn gewährleistet ist, dass sie erfüllt werden, 2. seit dem Eintritt der Rechtskraft des Restrukturierungsplans drei Jahre verstrichen sind oder 3. das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgewiesen wird. 390
§ 72 Planüberwachung
Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Planüberwachung durch Restrukturierungsbeauftragten (§ 72 Abs. 2 und 3 StaRUG) ................... 3
3.
Aufhebung der Planüberwachung (§ 72 Abs. 4 StaRUG) ................... 5
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes In § 72 Abs. 1 StaRUG normiert der Gesetzgeber – angelehnt an § 260 InsO – 1 die grundsätzliche Möglichkeit, im Restrukturierungsplan die Überwachung der Planerfüllung anzuordnen. Die Anordnung ist, soll sie erfolgen, im gestaltenden Teil des Plans vorzusehen. Ist die Planüberwachung angeordnet, so begründet dies die Pflicht des Restrukturierungsgerichts zur amtswegigen Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten (vgl. § 73 StaRUG Rn. 32). Nach § 72 Abs. 3 StaRUG hat der überwachende Restrukturierungsbeauftragte Überwachungs- und Anzeigepflichten in Bezug auf die ausstehenden Erfüllungsleistungen des Schuldners sowohl gegenüber dem Restrukturierungsgericht als auch gegenüber den Planbetroffenen zu erfüllen. Schließlich enthält § 72 Abs. 4 StaRUG eine Parallelvorschrift zu § 268 Abs. 1 2 Nr. 1 InsO. 2. Planüberwachung durch Restrukturierungsbeauftragten (§ 72 Abs. 2 und 3 StaRUG) Nach § 72 Abs. 2 StaRUG liegt die Überwachung der Planerfüllung stets in der 3 Verantwortung eines bestellten oder (erst noch) zu bestellenden Restrukturierungsbeauftragten. Ist noch kein Restrukturierungsbeauftragter bestellt, wird im gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans allerdings die Planüberwachung angeordnet, so stellt dies einen zwingenden Grund für die amtswegige Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StaRUG (dort Rn. 32) dar. Dieser ist gemäß § 72 Abs. 3 StaRUG verpflichtet, dem Restrukturierungs- 4 gericht und den Gläubigern unverzüglich Anzeige zu erstatten, hat der Schuldner (bereits) nach dem Restrukturierungsplan fällige Ansprüche nicht erfüllt oder ist er (künftig) nicht in der Lage, fällig werdende Ansprüche zu erfüllen. Die Anzeigepflicht setzt daher nicht voraus, dass sich der Schuldner bereits in Verzug befindet. Es genügt, dass er – sicher – Ansprüche nicht erfüllen kann. Eine bloße Prognose im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit indes reicht nicht. In diesem Fall ist der Eintritt der Fälligkeit abzuwarten und dem Schuldner Gelegenheit zu geben, die Ansprüche zu erfüllen. Dies kommt in dem Wortlaut der Norm zum Ausdruck, dass der Schuldner nicht in der Lage sein darf, die Ansprüche zu erfüllen.
391
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
3. Aufhebung der Planüberwachung (§ 72 Abs. 4 StaRUG) 5 Unter den Voraussetzungen des § 72 Abs. 4 Nr. 1 – 3 StaRUG beschließt das Restrukturierungsgericht die Aufhebung der Planüberwachung. Soweit gemäß Nr. 1 alle zu überwachenden Ansprüche erfüllt sind oder gewährleistet ist, dass sie erfüllt werden, entfällt das Bedürfnis für die Überwachung und sie ist aufzuheben (BT-Drucks. 19/24181, S. 169). 6 Nach einem Zeitraum von drei Jahren (Nr. 2) ist typischerweise davon auszugehen, dass eine bisher ordnungsmäßige Planerfüllung sich auch so fortsetzt (BT-Drucks. 19/24181, S. 169). Da es sich um eine typisierende Betrachtung handelt, sind Abweichungen von dem Drei- Jahres-Zeitraum möglich. Diese können sich einerseits konkludent bereits aus dem Planinhalt ergeben, wenn nämlich der Erfüllungszeitraum auf einen längeren, als den Drei-Jahres-Zeitraum angelegt ist, kann sich aber auch aus nachträglichen Umständen, wie einer im Konsens mit dem Schuldner verlängerten Überwachung zum Schutze der Gläubigerinteressen ergeben. 7 Da mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach § 69 Abs. 2 StaRUG die Gestaltungswirkungen eines noch nicht vollständig erfüllten Restrukturierungsplans und damit auch das Bedürfnis nach einer Überwachung entfallen, kann die Planüberwachung gemäß Nr. 3 aufgehoben werden (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 169).
Kapitel 3 – Restrukturierungsbeauftragter Abschnitt 1 – Bestellung von Amts wegen § 73 Bestellung von Amts wegen (1) 1Das Restrukturierungsgericht bestellt einen Restrukturierungsbeauftragten, wenn 1. im Rahmen der Restrukturierung die Rechte von Verbrauchern oder mittleren, kleinen oder Kleinstunternehmen berührt werden sollen, weil deren Forderungen oder Absonderungsanwartschaften durch den Restrukturierungsplan gestaltet werden sollen oder die Durchsetzung solcher Forderungen oder Absonderungsanwartschaften durch eine Stabilisierungsanordnung gesperrt werden soll, 2. der Schuldner eine Stabilisierungsanordnung beantragt, welche sich mit Ausnahme der nach § 4 ausgenommenen Forderungen gegen alle oder im Wesentlichen alle Gläubiger richten soll, 3. der Restrukturierungsplan eine Überwachung der Erfüllung der den Gläubigern zustehenden Ansprüche vorsieht (§ 72).
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§ 73 Bestellung von Amts wegen 2 Das Gericht kann im Einzelfall von einer Bestellung absehen, wenn die Bestellung zur Wahrung der Rechte der Beteiligten nicht erforderlich oder offensichtlich unverhältnismäßig ist.
(2) 1Eine Bestellung erfolgt auch, wenn absehbar ist, dass das Restrukturierungsziel nur gegen den Willen von Inhabern von Restrukturierungsforderungen oder Absonderungsanwartschaften erreichbar ist, ohne deren Zustimmung zum Restrukturierungsplan eine Planbestätigung allein unter den Voraussetzungen des § 26 möglich ist. 2Dies gilt nicht, wenn an der Restrukturierung allein Unternehmen des Finanzsektors als Planbetroffene beteiligt sind. 3Den Unternehmen des Finanzsektors stehen Planbetroffene gleich, die als Rechtsnachfolger in die von Unternehmen des Finanzsektors begründeten Forderungen eingetreten sind oder die mit Forderungen aus geld- oder kapitalmarktgehandelten Instrumenten betroffen werden. 4Den geld- und kapitalmarktgehandelten Instrumenten stehen nicht verbriefte Instrumente gleich, die zu gleichlautenden Bedingungen ausgegeben wurden. (3) Das Gericht kann einen Restrukturierungsbeauftragten bestellen, um Prüfungen als Sachverständiger vorzunehmen, insbesondere 1. zu den Bestätigungsvoraussetzungen nach § 63 Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 und § 64 Absatz 1 oder 2. zur Angemessenheit der Entschädigung bei einem Eingriff in gruppeninterne Drittsicherheiten oder einer Beschränkung der Haftung von unbeschränkt haftenden Gesellschaftern. Übersicht 1. 2.
3.
4.
5.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Vorbemerkung zu möglichen Bestellungsalternativen (Einheit des Amtes) ...................................... 3 Keine Bestellung eines isolierten Sachverständigen im Aufgabenbereich des sachverständigen Restrukturierungsbeauftragten ..... 8 Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache keine Bestellungsvoraussetzung ................................. 9 Obligatorische Bestellung ........... 16 a) Vorbemerkung ...................... 16 b) Bestellungsgrund: Betroffenheit von Gläubigerrechten (Abs. 1 Nr. 1) ........................ 19 c) Bestellungsgrund: kollektive Stabilisierungsanordnung (Abs. 1 Nr. 2) ........................ 25
6.
7. 8.
d) Bestellungsgrund: Anordnung der Planüberwachung (Abs. 1 Nr. 3) ..................................... 32 e) Ausnahmsweise Dispens von der obligatorischen Bestellung nach Abs. 1 (Abs. 1 Satz 2) .. 34 f) Bestellungsgrund: absehbare Notwendigkeit einer gruppenübergreifenden Mehrheitsentscheidung (Abs. 2) ................ 39 Zeitpunkt der Anordnung, Mitteilungspflichten des Schuldners und Amtsermittlungspflicht ........ 46 Sachverständiger Restrukturierungsbeauftragter (Abs. 3) .......... 51 Folgewirkungen für die Bestellung in einem späteren Insolvenzverfahren ....................................... 55
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 Während das Prinzip der präventiven Restrukturierung darauf beruht, dass der Schuldner von den Verfahrenshilfen des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens grundsätzlich selbstständigen und eigenverantwortlichen Gebrauch soll machen können, bedarf es zur Sicherstellung der Interessen der schutzwürdigen Beteiligten und der Integrität und Effizienz des Prozesses eines Korrektivs in Gestalt der Einbindung einer neutralen Person als vermittelnden und koordinierenden Instanz (vgl. BT-Drucks. 19/24181, S. 169). § 73 StaRUG regelt die Fälle, in denen eine solche neutrale Person in Gestalt eines Restrukturierungsbeauftragten von Amts wegen und grundsätzlich (vgl. § 73 Abs. 1 Satz 2 StaRUG) obligatorisch zu bestellen ist. Die in § 73 Abs. 1 Satz 1 StaRUG enumerativ aufgezählten Fälle sind dabei abschließend. Ein über die genannten Fälle hinausgehendes Entschließungsermessen, einen Restrukturierungsbeauftragten nach Abs. 1 einzusetzen, steht dem Gericht nicht zu. Die amtswegige Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts ist nur gemäß § 73 Abs. 3 StaRUG möglich, wobei die Aufgaben des nach Abs. 3 bestellten Restrukturierungsbeauftragten deutlich hinter denjenigen des obligatorisch zu bestellenden Restrukturierungsbeauftragten zurückbleiben. 2 Die an §§ 56, 56a InsO angelehnten Bestellungsvoraussetzungen regelt § 74 StaRUG, die Aufgaben des jeweiligen Restrukturierungsbeauftragten sind in § 76 StaRUG niedergelegt. Gerichtliche Aufsicht, Entlassungsgründe und Haftung sind in § 75 StaRUG geregelt. 2. Vorbemerkung zu möglichen Bestellungsalternativen (Einheit des Amtes) 3 Ähnlich wie die Insolvenzordnung zwischen dem Insolvenzverwalter im fremdverwalteten Verfahren und dem Sachwalter in der Eigenverwaltung differenziert, kennt auch das StaRUG verschiedene Ausprägungen des Restrukturierungsbeauftragten, mit denen jeweils unterschiedliche Aufgaben, Befugnisse und Rechtsmacht einhergehen. 4 Zu differenzieren ist nach einer Typisierung „3 + 1“, nämlich zwischen dem obligatorischen Sanierungsbeauftragten gemäß § 73 Abs. 1, 2 StaRUG, dem sachverständigen Restrukturierungsbeauftragten gemäß § 73 Abs. 3 StaRUG und dem fakultativen Restrukturierungsbeauftragten gemäß § 77 StaRUG. Schließlich kann dem obligatorischen Sanierungsbeauftragten gemäß § 74 Abs. 3 StaRUG unter den dort genannten Voraussetzungen ein kumulativer Restrukturierungsbeauftragter an die Seite gestellt werden, bzw. diesen in wesentlichen Aufgabenbereichen verdrängen. 5 Von der jeweiligen Rechtsstellung des Restrukturierungsbeauftragten hängt dessen Aufgabenbereich und dessen Rechtsmacht ab (vgl. dazu § 76 StaRUG Rn. 2 f.). Aus diesem Grunde ist bedeutsam, in welcher Funktion der Restrukturierungsbeauftragte bestellt wird. Der gerichtliche Bestellungsbe394
§ 73 Bestellung von Amts wegen
schluss sollte dies aus Gründen der Rechtsklarheit und der Transparenz und nicht zuletzt aus Gründen der Fürsorgepflicht gegenüber dem Restrukturierungsbeauftragten selbst zwingend klarstellen, da mit dem Aufgabenbereich auch der jeweilige Haftungsmaßstab verbunden ist. Dabei sollte zwingend auf die jeweilige Rechtsgrundlage der Bestellung hingewiesen werden. Die Funktionen sind allerdings durchlässig und können sich – mit Ausnahme 6 des kumulativen Restrukturierungsbeauftragten – in einer Person überlagern. Dies gilt insbesondere für den Fall eines zunächst bestellten fakultativen Restrukturierungsbeauftragten, der im Fall des späteren Eintrittes der Voraussetzungen des § 73 Abs. 1, 2 StaRUG oder einer gerichtlichen Ermessensentscheidung nach § 73 Abs. 3 StaRUG auch zum obligatorischen oder sachverständigen Restrukturierungsbeauftragten bestellt werden soll. Da mit dem „Hineinwachsen“ in eine andere Rechtsstellung als Restrukturierungsbeauftragter eine Verschiebung des Aufgabenbereichs und damit auch des Haftungsspektrums verbunden ist, bedarf es hierzu eines neuen Beschlusses des Restrukturierungsgerichts, der die neue Rechtsstellung des Restrukturierungsbeauftragten klarstellt. Da ungeachtet der unterschiedlichen qualitativen Ausprägung die Funktion aber eine einheitliche ist, genügt ein Klarstellungsbeschluss und handelt es sich nicht um eine neue, kumulative Bestellung, in deren Folge dieselbe Person zwei Ämter bekleidete (wie in der vorläufigen Insolvenzverwaltung durch Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters einerseits und derselben Person zum Sachverständigen andererseits üblich); vielmehr handelt es sich um ein einheitliches Amt, dessen Aufgabenkreis und Rechtsmacht sich infolge der Erweiterung der Legitimationsgrundlage durch Erfüllung des Tatbestandes des § 73 StaRUG verschoben hat. Der Restrukturierungsbeauftragte hat daher auch nur einen einheitlichen Vergütungsanspruch und nicht je einen gesonderten Anspruch für die Bestellung zunächst zum fakultativen Restrukturierungsbeauftragten und später beispielsweise zum obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten. Die Richtigkeit dieser Auffassung folgt nicht zuletzt aus § 82 Abs. 2 Satz 3 StaRUG (vgl. §§ 80 – 83 StaRUG Rn. 64), der das einheitliche Amt und den einheitlichen Vergütungsanspruch voraussetzt, weil nämlich der dort geregelte Fall, dass dem fakultativen Restrukturierungsbeauftragten von Amts wegen Aufgaben übertragen werden, nur im Falle des nachträglichen Eintritts der Bestellungsvoraussetzungen des § 73 StaRUG überhaupt denkbar ist. Aus dem Grundsatz der „Einheit des Amtes“ folgt zugleich zweierlei: Erstens 7 kann kein obligatorischer Restrukturierungsbeauftragter neben dem fakultativen Restrukturierungsbeauftragten bestellt werden; eine Parallelität beider Ämter ist ausgeschlossen (a. A. Schulte-Kaubrügger/Dimassi, ZIP 2021, 936, 940). Zweitens kann nach Bestellung eines fakultativen Restrukturierungsbeauftragten und anschließenden Eintritts der Voraussetzungen des § 73 StaRUG die Bestellung einer anderen Person als des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten zum obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten nur unter den engen Voraussetzungen des § 75 Abs. 2 StaRUG (vgl. dort Rn. 12),
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
nämlich unter gleichzeitiger Entlassung des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten erfolgen. Hiergegen ist die Beschwerdemöglichkeit des § 75 Abs. 3 StaRUG sodann eröffnet. 3. Keine Bestellung eines isolierten Sachverständigen im Aufgabenbereich des sachverständigen Restrukturierungsbeauftragten 8 Grundsätzlich kann das Gericht neben dem Restrukturierungsbeauftragten gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 StaRUG i. V. m. §§ 402 ff. ZPO (vgl. § 39 StaRUG Rn. 1) auch einen Sachverständigen zur Ermittlung verfahrenswesentlicher Umstände bestellen. Bei ermessensgerechter Auswahl des Sachverständigen kann bzw. sollte dies regelmäßig die Person eines bereits bestellten Restrukturierungsbeauftragten sein. § 39 Abs. 1 Satz 2 StaRUG nimmt mit der Formulierung „zu diesem Zweck“ allerdings Bezug auf § 39 Abs. 1 Satz 1 StaRUG, der die Einschränkung enthält, dass die Bestellung eines Sachverständigen nur dann zulässig ist, wenn „in diesem Gesetz nichts Abweichendes bestimmt ist“. Letzteres aber ist im Anwendungsbereich der Bestellung eines sachverständigen Restrukturierungsbeauftragten gemäß § 73 Abs. 3 StaRUG gerade der Fall. Nach der dort beispielhaften Aufzählung der Aufgaben des sachverständigen Restrukturierungsbeauftragten, die nicht abschließend ist („insbesondere“), folgt, dass sämtliche Aufgaben, die der Unterstützung des Restrukturierungsgerichts bei der Beurteilung des Restrukturierungsvorhabens dienen, insbesondere also betreffend sämtliche Umstände der Bestätigungsvoraussetzungen für den Restrukturierungsplan und die sonst an diesen zu stellenden Anforderungen materiell-rechtlicher Art nicht einem (isolierten) Sachverständigen übertragen werden dürfen, sondern in diesem Fall stets ein sachverständiger Restrukturierungsbeauftragter zu bestellen ist. Die Bestellung eines (isolierten) Sachverständigen darf daher nicht Mittel sein, diesem die Aufgaben des sachverständigen Restrukturierungsbeauftragten zu übertragen, um auf diesem Wege das Entstehen von Vergütungsansprüchen gemäß §§ 80 ff. StaRUG zu unterlaufen und den Sachverständigen bei gleicher Haftung auf die geringen Entschädigungssätze des JVEG zu beschränken (mit diesem m. E. Vorschlag contra legem allerdings Frind, ZRI 2021, 397). 4. Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache keine Bestellungsvoraussetzung 9 Im Gesetz kommt nicht klar zum Ausdruck, ob für die Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten, gleich ob in der Alternative der Bestellung von Amts wegen oder in der Alternative der fakultativen Bestellung die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens beim Restrukturierungsgericht gemäß § 31 StaRUG durch den Schuldner nötige Voraussetzung ist (anders aber offenbar Frind, ZRI 2021, 397, jedenfalls für den fakultativen Restrukturierungsbeauftragten). 10 Dafür spräche, dass das Restrukturierungsgericht grundsätzlich erst mit der Anzeige durch den Schuldner von dem Restrukturierungsvorhaben erstmals 396
§ 73 Bestellung von Amts wegen
Kenntnis erhält (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 40 ff.) und erst mit der Anzeige die für die Beurteilung möglicherweise gebotener Handlungen erforderlichen Unterlagen vorgelegt werden. Dagegen aber spricht eindeutig nicht nur die Systematik des Gesetzes, sondern 11 vor allem auch dessen Schutzzweck. Zunächst stellt § 31 Abs. 1 StaRUG ausdrücklich klar, dass die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens bei dem zuständigen Restrukturierungsgericht Voraussetzung lediglich für die Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens ist. Die Instrumente allerdings sind in § 29 Abs. 2 StaRUG abschließend enumeriert (vgl. §§ 29, 30 StaRUG Rn. 16); die Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten zählt nicht dazu. Dies auch zu Recht, weil insbesondere die amtswegige Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten nach § 73 Abs. 1, 2 StaRUG der Wahrung der Gläubigerinteressen und vor allem des Verhandlungsgleichgewichts zwischen den Gläubigern und dem Schuldner dient (dazu ausführlich Rn. 19 ff.). Damit verträgt es sich indes nicht, liegt die Herstellung der Voraussetzungen für die Gewährleistung des Gläubigerschutzes in der Dispositionsbefugnis des Schuldners. Dieser könnte dann nämlich durch Unterlassen der Anzeige die Wahrung der Gläubigerinteressen durch Beteiligung eines Restrukturierungsbeauftragten schlicht unterlaufen. Dies würde dem Zweck vor allem der amtswegigen Bestellung nicht gerecht. Dies gilt vor allem nach faktischer Einleitung des Restrukturierungsvorhabens 12 (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 5, 9 ff.). Soll der Restrukturierungsbeauftragte gerade das Verhandlungsgleichgewicht gewährleisten, so ist erforderlich, dass der den Verhandlungen auch beiwohnen kann und nicht erst an deren Ende, wenn der Restrukturierungsplan fertiggestellt und zur gerichtlichen Bestätigung eingereicht werden soll, auf den Plan gerufen wird. Dies erfordert, dass das Gericht auch tätig werden kann und muss, wenn es auf andere Weise als durch Anzeige des Schuldners von der faktischen Einleitung des Restrukturierungsvorhabens Kenntnis erlangt. Dies kann insbesondere durch Mitteilung von Gläubigerseite erfolgen, die dem Gericht durch Schutzschrift oder auf andere Weise die faktische Einleitung des Verfahrens zur Kenntnis bringen. Gleichzeitig können betroffene Gläubiger bei Gericht demgemäß auch die amtswegige Einsetzung eines Restrukturierungsbeauftragten anregen. Vor einer Beschlussfassung wird das Restrukturierungsgericht jedoch den Schuldner anhören und diesem Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen. Jedenfalls ist das Verfahren vor diesem Hintergrund nicht allein schuldnergetrieben, sondern – wenn vom Schuldner einmal eingeleitet, und sei es auch nur faktisch – auch mit verfahrensmäßigen Rechten der Planbetroffenen verbunden, die gerade nicht mehr zur alleinigen Disposition des Schuldners stehen. Als problematisch in diesem Zusammenhang kann sich jedoch erweisen, dass 13 der Amtsermittlungsgrundsatz des § 39 Abs. 1 StaRUG erst ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache zu gelten scheint, weil § 39 Abs. 1 Satz 1 StaRUG ausdrücklich von dem „Verfahren in der Restrukturierungssache“ spricht. Ähnlich wie im Anwendungsbereich des § 32 Abs. 1 397
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
StaRUG (vgl. dort Rn. 6) darf dieser Wortlaut nicht überbewertet werden und stehen dem Gericht die Ermittlungsmöglichkeiten aus § 39 Abs. 1 StaRUG jedenfalls auch ab dem Zeitpunkt zur Verfügung, zu dem vom Gericht amtswegige Entscheidungen zu treffen sind; anderes wäre mit der Bindung an Recht und Gesetz nicht vereinbar, weil dem Gericht die Möglichkeit genommen würde, eine tatsachen- und damit sachgerechte Entscheidung zu treffen. 14 Die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten außerhalb der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache muss aber nicht zwingend im Konflikt zu dem Schuldnerverhalten und dessen Interessen stehen. Da der Restrukturierungsbeauftragte aber auch als Moderator bei der Herstellung des Interessenausgleichs unterstützen soll, was insbesondere für den fakultativen Restrukturierungsbeauftragten gemäß §§ 77 – 79 StaRUG (vgl. dort Rn. 4) gilt, kann die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten auch ohne Anzeige der Restrukturierungssache beim Restrukturierungsgericht im Interesse des Schuldners liegen, weshalb es diesem nach dem verfahrensleitenden Grundsatz, dass die Inanspruchnahme der zur Verfügung gestellten Verfahrenshilfen im Ermessen des Schuldners liegt, soweit nicht übergeordnete Gründe entgegenstehen, freistehen muss, den Antrag auf Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten auch außerhalb der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache zu stellen. 15 Das Fehlen der Rechtshängigkeit der Restrukturierung ist damit weder im Fall der amtswegigen noch im Fall der fakultativen Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten ein Bestellungshindernis. 5. Obligatorische Bestellung a) Vorbemerkung 16 Die obligatorische Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten ist an zwei Grundkonstellationen geknüpft, nämlich einmal an die Betroffenheit der Rechte von Gläubigern (Abs. 1) und einmal die absehbar notwendig werdende Überwindung obstruierender Minderheiten (Abs. 2). Insoweit geht das Gesetz auf Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie (RL [EU] 2019/2013) zurück, der die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten „zur Unterstützung des Schuldners und der Gläubiger bei der Aushandlung und Ausarbeitung des Plans“ vorschreibt, wenn eine allgemeine Aussetzung von Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen gewährt wird und in diesen Fällen ein Beauftragter zur Wahrung der Interessen der Gläubiger erforderlich ist oder wenn ein klassenübergreifender Cram-down absehbar erforderlich wird. Daneben kann das Gericht zur Unterstützung der eigenen (materiell-rechtlichen) Prüfungsobliegenheiten den sachverständigen Restrukturierungsbeauftragten nach Abs. 3 bestellen. 17 Die Bestellungsmöglichkeiten nach Abs. 1 sind abschließend enumeriert. Ein über die genannten Fälle hinausgehendes Entschließungsermessen steht dem Gericht nicht zu. Ein solches besteht gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StaRUG nur
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§ 73 Bestellung von Amts wegen
in umgekehrter Richtung, nämlich hinsichtlich der ausnahmsweise unterbleibenden Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten. Auch die Bestellung nach § 73 Abs. 2 StaRUG ist obligatorisch; eine Befrei- 18 ungsmöglichkeit im Ermessen des Restrukturierungsgerichts nach dem Vorbild des § 73 Abs. 1 Satz 2 StaRUG gibt es nicht. Kann die Planbestätigung nur unter Fiktion der Zustimmung einer ablehnenden Gläubigergruppe gemäß §§ 25 – 28 StaRUG erfolgen (vgl. dort Rn. 12 ff.), so ist die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten stets obligatorisch, soweit es sich nicht um eine Restrukturierung ausschließlich unter den in § 73 Abs. 2 Satz 2 – 4 StaRUG bezeichneten Finanzunternehmen handelt. b) Bestellungsgrund: Betroffenheit von Gläubigerrechten (Abs. 1 Nr. 1) Die präventive Restrukturierung ist von einer großen Schuldnerautonomie 19 geprägt, die gerade Teil des Anreizsystems zu einer frühzeitigen Restrukturierung ist. Schuldner sollen daher grundsätzlich die Kontrolle über ihre Vermögenswerte und den täglichen Betrieb Ihres Unternehmens behalten, die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten zur Überwachung der Tätigkeit eines Schuldners oder zur teilweisen Übernahme der Kontrolle über ihren täglichen Betrieb soll lediglich im Einzelfall und abhängig von den Umständen bzw. den besonderen Erfordernissen des Schuldners erfolgen (RL [EU] 2019/1023, ErwG 30). Allerdings ist danach die Bestellung einer Restrukturierung immer dann erforderlich, wenn die Interessen des Schuldners das erfordern. Dabei kann das Erfordernis gerade auch darin bestehen, dass eine Unterstützung der Parteien bei der Aushandlung und Ausarbeitung des Restrukturierungsplans geboten erscheint (RL [EU] 2019/1023, ErwG 31). Diesen Fall sieht der Gesetzgeber immer dann als gegeben an, wenn durch 20 den Restrukturierungsplan in die Rechte von Verbrauchern oder mittleren, kleinen oder Kleinstunternehmen eingegriffen werden soll, sei es in Gestalt der Gestaltung solcher Rechte durch den Restrukturierungsplan selbst oder in Gestalt des absehbaren Antrages auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung. Damit trägt der Gesetzgeber dem Befund Rechnung, dass in diesen Fällen die Grundannahme, dass die von der Restrukturierung Betroffenen in der Lage sind, ihre Interessen und Rechte wirksam zur Geltung zu bringen, untereinander auszuhandeln und damit zu einem vernünftigen und angemessenen Ausgleich und Ergebnis zu kommen, in Ansehung der Klein- und Kleinstgläubiger nicht als gegeben unterstellt werden kann (BT-Drucks. 19/24181, S. 170). Es geht daher maßgeblich um die Sicherstellung eines angemessenen Interessenausgleichs und Verhandlungsgleichgewichts der und zwischen den Planbetroffenen und um die Verhinderung einer Übervorteilung. Der Restrukturierungsbeauftragte ist daher maßgeblich einerseits Verwalter der Interessen der Gläubiger, andererseits in der Rolle des Unterstützers des Gerichts auch Hüter der Integrität des Verfahrens, womit allerdings ebenso einhergeht, dass berechtigte Interessen des Schuldners in gleicher Weise zu wahren und
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
den betroffenen Gläubigern zu vermitteln sind, um den mit dem Verfahren und damit dem Gesetz verfolgten Zweck erfüllen zu können. 21 In subjektiver Hinsicht sind die Rechte von Verbrauchern oder mittleren, kleinen oder Kleinstunternehmen im Sinne des § 73 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG betroffen, Wenn es sich entweder um natürliche Personen handelt, die nach § 13 BGB die Verbraucherdefinition erfüllen, oder solche Unternehmen, die die Definitionskriterien eines „KMU“ gemäß der Empfehlung der EUKommission vom 6.5.2003 (ABl. EU L 124/36) erfüllen: Danach sind KMU solche Unternehmen, die weniger als 250 Personen beschäftigen und die entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. Euro erzielen oder deren Jahresbilanz sich auf höchstens 43 Mio. Euro beläuft. Bei verbundenen Unternehmen sind die jeweiligen Werte zusammenzurechnen (ebenso SchulteKaubrügger/Dimassi, ZIP 2021, 936, 937). Dies dürfte die Mehrzahl aller Restrukturierungen erfassen, die sich nicht auf die finanzwirtschaftliche Restrukturierung unter den großen Finanzgläubigern eines Unternehmens beschränkt. Ist Letzteres zwar der Fall, sind private Finanzgläubiger aber zum Beispiel über Projektgesellschaften (SPV’s) beteiligt, welche die Größenkriterien nicht erfüllen, so dürfte einer der in § 73 Abs. 1 Satz 2 StaRUG genannten Ausnahmefälle gegeben sein, in denen die Bestellung zur Wahrung der Rechte der Beteiligten nicht erforderlich ist. 22 Hinsichtlich der objektiven Einsetzungsvoraussetzungen kommt es für die Pflicht zur Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten allerdings auf die Art oder Tiefe des gestaltenden Eingriffs in die Forderungen der Klein- und Kleinstgläubiger/KMU nicht an. Die Gesetzesbegründung geht gerade davon aus, dass es diesen Gläubigern nicht ohne Weiteres möglich ist, die Sachgerechtigkeit und Intensität des Eingriffs sowie dessen Erforderlichkeit und damit materiell-rechtliche Legitimation beurteilen zu können. Würde eine Eingriffsschwelle verlangt, würde die Interessenwahrung der Gläubigerinteressen von der Rolle des das Verfahren moderierenden Restrukturierungsbeauftragten in die Hände des Gerichts gelegt, das allerdings an den Verhandlungen direkt nicht beteiligt ist. Zudem würde das Verlangen einer Eingriffsschwelle mit § 73 Abs. 1 Satz 2 StaRUG kollidieren, der ein Absehen von der Bestellung nur in eng begrenzten Ausnahmefällen bei offensichtlicher Unverhältnismäßigkeit überhaupt zulässt und nicht zuletzt aus vorstehenden Gründen eng auszulegen ist (siehe Rn. 34). 23 Auch ist für die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten nicht erforderlich, dass in die Rechte mehrerer, einer Mehrzahl oder gar aller Klein- oder Kleinstgläubiger/KMU eingegriffen wird; der Eingriff in die Rechte eines Einzelnen dieser Gläubiger reicht aus, weil damit bereits Fragen der sachgerechten Auswahl der Planbetroffenen im Sinne des § 8 StaRUG einhergehen (vgl. dort Rn. 4 ff.). 24 Neben dem gestaltenden Eingriff ist auch der absehbare Antrag des Schuldners auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung zur Sperrung der Durchsetzung
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der Rechte der betroffenen Gläubiger stets Grund für die obligatorische Einsetzung eines Restrukturierungsbeauftragten. Hierbei ist unerheblich, ob der betroffene Klein- oder Kleinstgläubiger/KMU auch planbetroffen ist oder nicht. Da Stabilisierungsanordnungen gegen alle Gläubiger ungeachtet der Tatsache ergehen können, ob sie als Planbetroffene ausgewählt sind oder nicht (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 7), dient die Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten auch dem Schutz der nicht Planbetroffenen Klein- und Kleinstgläubiger/KMU. Voraussetzung für die Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten ist nicht, dass der Schuldner den Antrag auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung bereits gestellt hat; vielmehr genügt die absehbare Notwendigkeit, wie sie sich zum Beispiel aus der Darstellung des Restrukturierungskonzepts oder des Verhandlungsstandes mit den Gläubigern durch den Schuldner gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG (vgl. §§ 31, 33 Rn. 53) ergeben kann, von der das Gericht aber auch auf anderem Wege, zum Beispiel durch Schutzschriften von Gläubigern Kenntnis erlangen kann. Es reicht daher für die amtswegige Bestellung z. B. aus, dass der Schuldner nach faktischer Einleitung des Restrukturierungsvorhabens (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 5) im Rahmen der Verhandlungen einem oder mehreren Klein- oder Kleinstgläubigern/KMU mit dem Antrag auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung gedroht hat, um diese zu Zugeständnissen zu bewegen und dies dem Gericht von Gläubigerseite glaubhaft gemacht wird. c) Bestellungsgrund: kollektive Stabilisierungsanordnung (Abs. 1 Nr. 2) Nimmt das Restrukturierungsverfahren das Gepräge eines insolvenzähnlichen 25 Quasi-Gesamtverfahrens dadurch an (BT-Drucks. 19/24181, S. 170), dass der Schuldner den Erlass einer Stabilisierungsanordnung gegen alle oder im Wesentlichen alle Gläubiger mit ihren gestaltbaren Forderungen (also unter Ausnahme der nach § 4 StaRUG ausgenommenen Forderungen) beantragt, reagiert das Gesetz mit einer quasi-insolvenzrechtlichen Aufsicht durch obligatorische Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten gemäß § 73 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG. Anders als bei Nr. 1 genügt hier nicht die bloße Absicht oder Ankündigung 26 einer Stabilisierungsanordnung, sondern ist der tatsächliche Eingang des Antrags erforderlich, da das Verfahren erst durch diesen Antrag seine quasikollektivrechtliche Wirkung erlangt. Das Merkmal alle oder im Wesentlichen alle Gläubiger bezieht sich auch hier 27 tatsächlich auf sämtliche Gläubiger des Schuldners und nicht nur auf die Planbetroffenen. Um das Vorliegen des Merkmals beurteilen zu können, bedarf das Gericht einer Übersicht über sämtliche Gläubiger des Schuldners. Diese kann das Gericht dem Antrag auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung entnehmen, dem gemäß § 50 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG eine aktualisierte Fassung des Restrukturierungsplans beigefügt werden muss (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 40), der in seinem darstellenden Teil weiterhin zwingend die Angabe auch
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der nicht planbetroffenen Gläubiger neben den Planbetroffenen erfordert (vgl. § 6 StaRUG Rn. 23). 28 Unerheblich ist, ob die Voraussetzungen für den Erlass der Stabilisierungsanordnung vorliegen oder der Antrag des Schuldners z. B. mangels Vorlage sämtlicher Unterlagen bereits unzulässig ist. Das Gericht hat daher den Restrukturierungsbeauftragten auch dann zu bestellen, wenn es den Antrag auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung zurückzuweisen gedenkt. Grund ist, dass der Schuldner bereits mit dem Antrag zu erkennen gibt, dass er flächendeckend in die Rechte der Gläubiger einzugreifen willens ist, was ein entsprechendes Korrektiv zum Schutze der Gläubiger erfordert, auch wenn der Eingriff (noch) nicht auf Grundlage des gegenwärtigen Antrages vollzogen wird. 29 Schwierigkeiten wird in der Praxis die Bestimmung des Merkmals alle oder im Wesentlichen alle Gläubiger bereiten, da dieses in der Gesetzesbegründung auch nicht weiter konkretisiert ist als durch das Gepräge eines insolvenzähnlichen Quasi-Gesamtverfahrens (BT-Drucks. 19/24181, S. 170). Da es in der Sache um die Streubreite geht, auf die das Verfahren ausgerichtet ist, dürfte zunächst außer Streit stehen, dass das Merkmal qualitativ zu verstehen ist, woraus folgt, dass auch bei dem Antrag auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung nur gegen den einen, dominierenden Gläubiger, neben dem eine Vielzahl in der Forderungshöhe unbedeutender weiterer Gläubiger besteht, die Voraussetzung für die obligatorische Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten gegeben sind. 30 Neben der quantitativen Betrachtung dürfte auch eine normative Betrachtung dem Zweck der Vorschrift am ehesten gerecht werden. Im Wesentlichen alle Gläubiger sind deshalb auch betroffen, wenn die für die prägende Struktur des Unternehmens wesentlichen Gläubiger erfasst sind, also all diejenigen, die insbesondere für die Fortführung des schuldnerischen Unternehmens von Bedeutung sind, sei es auf operativer, sei es auf Finanzierungsseite. Hat das Unternehmen daher z. B. einen satzungsmäßigen, das Gepräge des Unternehmens bestimmenden operativen Geschäftszweck und daneben einen kleineren, z. B. vermögensverwaltenden Bereich und soll sich die Stabilisierungsanordnung auf sämtliche Gläubiger aus dem operativen Bereich erstrecken, so liegen die Bestellungsvoraussetzungen bei normativer Betrachtung ebenfalls und ungeachtet der Tatsache vor, in welchem kopf- oder summenmäßigen Verhältnis die Gläubiger aus dem nicht strukturbestimmenden Bereich zum strukturbestimmenden Bereich stehen. 31 Da es sich um eine gläubigerschützende Norm handelt, sollte eine recht weite Auslegung des Tatbestandsmerkmals geboten sein, weshalb ungeachtet der vorstehenden Besonderheiten zur qualitativen und normativen Betrachtung von der Einbeziehung im Wesentlichen aller Gläubiger jedenfalls dann auszugehen ist, wenn entweder 75 % der Köpfe aller Gläubiger oder 75 % der Summe aller Gläubiger von dem Antrag potenziell betroffen sind.
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d) Bestellungsgrund: Anordnung der Planüberwachung (Abs. 1 Nr. 3) Gemäß § 72 Abs. 1 StaRUG kann der gestaltende Teil des Restrukturierungs- 32 plans vorsehen, dass die Erfüllung der den Planbetroffenen nach dem gestaltenden Teil zustehenden Ansprüche überwacht wird. Die Planüberwachung ist gemäß § 72 Abs. 2 StaRUG zwingend einem Restrukturierungsbeauftragten zu übertragen. War ein solcher bislang nicht bestellt, so sieht § 73 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG die amtswegige Bestellung vor. Ist bereits ein Restrukturierungsbeauftragter aus anderem Grund bestellt, so setzt sich dessen Amt mit der Planüberwachung fort. Bei dem planüberwachenden Restrukturierungsbeauftragten handelt es sich nicht um eine weitere Differenzierungsform, sondern lediglich um die Definition einer weiteren tatbestandlichen Fallgruppe für die obligatorische Einsetzung, soweit diese nicht bereits aus anderem Grund erfolgt ist. Die Option der Bestellung eines anderen planüberwachenden Restrukturierungsbeauftragten als des bereits bestellten stellt sich daher aus dem Gesichtspunkt der Einheit des Amtes (Rn. 3 ff.) ebenfalls nur nach Maßgabe der Entlassungsvoraussetzungen gemäß § 75 Abs. 2, 3 StaRUG, die Option der zusätzlichen, parallelen Bestellung einer anderen Person überhaupt nicht. Da sich die Aufgabe des Restrukturierungsbeauftragten zur Planüberwachung 33 auf selbige beschränkt, ist die Bestellung vor Bestätigung des Restrukturierungsplans weder erforderlich noch geboten, solange und soweit keine anderen Bestellungsgründe vorliegen. Die Bestellung sollte daher im Rahmen des Bestätigungsbeschlusses erfolgen (ebenso Schulte-Kaubrügger/Dimassi, ZIP 2021, 936, 938) und auf die Rechtskraft des Beschlusses bedingt werden. e) Ausnahmsweise Dispens von der obligatorischen Bestellung nach Abs. 1 (Abs. 1 Satz 2) Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Bestellung des Restrukturierungs- 34 beauftragten insbesondere dann erforderlich ist, wenn typisiert nicht unterstellt werden kann, dass die von dem Restrukturierungsplan oder der Stabilisierungsanordnung betroffenen Gläubiger in der Lage sind, ihre Rechte vollumfänglich selbst zu wahren und die drohenden Eingriffe in ihre Rechtspositionen vollumfänglich einerseits wirtschaftlich einzuordnen und andererseits rechtlich zu würdigen. Die für die Definition eines KMU heranzuziehenden Grenzwerte (Rn. 21) 35 sind dabei allerdings so hoch, dass in Einzelfällen von dieser typisierten Betrachtung gerade nicht ausgegangen werden kann. Das betrifft z. B. den oben bereits genannten Fall (vgl. Rn. 21), dass Finanzinvestoren über spezielle Projektgesellschaften (SPV’s), welche die Größenmerkmale zwar nicht erreichen, aber von Finanzprofis geführt und gemanagt werden, in dem Unternehmen engagiert und potenziell von dem Plan betroffen sind, jedoch zur Wahrung ihrer Rechte der Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten gleichwohl nicht bedürfen.
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36 Um solchen Ausnahmesituation gerecht zu werden, hat der Gesetzgeber in § 73 Abs. 1 Satz 2 StaRUG eine Öffnungsklausel für die obligatorische Bestellung nach § 73 Abs. 1 Nr. 1 – 3 StaRUG vorgesehen, wonach die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts unterbleiben kann, wenn die Bestellung zur Wahrung der Rechte der Beteiligten nicht erforderlich oder offensichtlich unverhältnismäßig ist. Da es sich um eine gläubigerschützende Vorschrift handelt, ist im Zweifel stets davon auszugehen, dass die Bestellung zur Wahrung der Rechte der Klein- und Kleinstgläubiger/KMU erforderlich ist. Der Dispens sollte nur im absoluten Ausnahmefall zur Anwendung gebracht werden, da der Gesetzgeber in der Person des Restrukturierungsbeauftragten gerade das nötige Korrektiv zu der im Übrigen umfassenden Dispositionsfreiheit des Schuldners sieht. 37 Die Fallgruppe der Unverhältnismäßigkeit dürfte ebenfalls in seltensten Fällen zur Anwendung kommen, da es sich nur um die Unverhältnismäßigkeit der entstehenden Kosten im Verhältnis zu der Wahrung der Gläubigerinteressen handeln kann. Da die Verfahrenskosten vom Schuldner zu tragen sind, kann die Sicherstellung des Gläubigerinteresses nicht davon abhängen, diesen nicht mit den Kosten hierfür zu belasten, da das Verfahren von ihm eingeleitet ist und diese Kosten daher grundsätzlich vom Schuldner zu berücksichtigen sind. Die Unverhältnismäßigkeit kann sich bei qualitativer Betrachtung lediglich daraus ergeben, dass sämtliche Gläubiger absehbar mit dem Abschluss des Restrukturierungsplans einverstanden sind, diese kurzfristig umgesetzt werden soll und z. B. sämtliche Gläubiger dem Gericht gegenüber erklären, die Einsetzung nicht für erforderlich zu halten, weil die Kosten den Nutzen übersteigen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, die Gläubiger vor sich selbst zu schützen; im Umkehrschluss folgt daraus aber, dass das Absehen von der Einsetzung grundsätzlich die Anhörung der betroffenen Gläubiger erfordert und im Zweifel der Einsetzung der Vorrang einzuräumen ist. 38 Der Dispens nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StaRUG gilt nur für die obligatorische Einsetzung nach § 73 Abs. 1 StaRUG. Eine entsprechende Anwendung auf die Einsetzungsgründe nach § 73 Abs. 2 StaRUG ist nicht möglich. Die Richtlinie räumt in Art. 5 Abs. 3 (RL [EU] 2019/1023) der Justizbehörde ein Entschließungsermessen nur im Fall ihres lit. a) ein, der die allgemeine Aussetzung von Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen betrifft, wohingegen Art. 5 Abs. 3 lit. b) der Richtlinie für den Fall der absehbaren Notwendigkeit einer gruppenübergreifenden Mehrheitsentscheidung nach § 26 StaRUG (Cross Class Cram Down) gerade keine Öffnungsmöglichkeit vorsieht. f) Bestellungsgrund: absehbare Notwendigkeit einer gruppenübergreifenden Mehrheitsentscheidung (Abs. 2) 39 Durch geschickte Planarchitektur können Mehrheiten konstruiert werden; das Genügen der Zustimmung nur einer von zwei gebildeten Gruppen schafft überdies die Möglichkeit der Durchsetzung auch von Minderheitsplänen (ausführlich § 8 StaRUG Rn. 4). In der Konstellation der absehbar erforderlich 404
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werdenden gruppenübergreifenden Mehrheitsentscheidung (die eben gerade keine solche sein muss) nach § 26 StaRUG, ist daher die Wahrung des Gläubigerinteresses und die neutrale Beurteilung der verfahrens- und materiellrechtlich an den Plan zu stellenden Anforderungen von besonderer Bedeutung. § 73 Abs. 2 Satz 1 StaRUG sieht daher vor, dass die Bestellung eines Restruk- 40 turierungsbeauftragten obligatorisch und damit ohne gerichtliches Ermessen erfolgen muss, wenn und sobald absehbar ist, dass das Restrukturierungsziel nur gegen den Willen einzelner Planbetroffener, gleich ob mit Restrukturierungsforderungen oder Absonderungsanwartschaften betroffen, erreichbar ist, Die Bestätigung also nur unter Anwendung der Fiktion des § 26 Abs. 1 StaRUG erfolgen kann. Aus dem Gesetzeswortlaut folgt, dass der Widerstand einzelner Gläubiger 41 nicht genügt, sondern das Minderheitenquorum von mehr als 25 % der in der jeweiligen Gruppe vertretenen Gläubigersummen (vgl. §§ 25 – 28 StaRUG Rn. 4) erreicht werden muss, weil anderenfalls die Zustimmung der Gruppe nach § 25 Abs. 1 StaRUG erreicht wird und eine gruppenübergreifende Mehrheitsentscheidung nach § 26 Abs. 1 StaRUG gerade nicht erforderlich ist. Der Restrukturierungsbeauftragte soll daher, und dies zurecht, nicht zur Wahrung individualisierter Interessen einzelner Gläubiger bestellt werden – deren Schutz erfolgt nach §§ 64, 66 StaRUG (vgl. §§ 64, 66 StaRUG Rn. 6). Seine Bestellung dient der systemischen Interessenwahrung und dem Schutz der Integrität des Verfahrens sowie seiner zweckgerechten Nutzung. Die Anwendung des § 73 Abs. 2 Satz 1 StaRUG unterhalb der Schwelle von 25 % der Forderungen einer Gläubigergruppe in extensiver Auslegung der Norm verbietet sich daher. Absehbar ist ein in dieser Weise qualifizierter Widerstand allerdings bereits 42 dann, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Summe der Forderungen der nicht zustimmenden Gläubiger das nötige Quorum erreichen. Eine Überzeugungsbildung des Gerichts ist weder nötig, noch im Verhandlungsstadium verlässlich möglich. Das Gesetz lässt ausdrücklich genügen, dass das Notwendigwerden einer gruppenübergreifenden Mehrheitsentscheidung lediglich absehbar ist. Das aber ist bereits dann der Fall, wenn die Zustimmung mindestens einer Gläubigergruppe nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erreichbar ist. Hiervon kann das Gericht auf verschiedene Weise Kenntnis erlangen; einmal 43 durch entsprechende Anzeige des Schuldners gemäß § 31 Abs. 2 Satz 3 StaRUG, zum anderen durch entsprechende Eingaben der betroffenen Gläubiger oder auch durch die im Rahmen eines Vorprüfungs- oder Erörterungstermins (§§ 21, 45, 46 StaRUG) gewonnenen Erkenntnisse. Da es sich auch hier um eine Vorschrift typisierenden Gläubigerschutzes 44 handelt, bedarf es der Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten nicht, wenn und soweit anzunehmen ist, dass sämtliche Beteiligten zur Wahrung ihrer Rechte selbst imstande sind. Dies unterstellt der Gesetzgeber in § 73 Abs. 2 Satz 2 – 4 StaRUG, wenn von dem Restrukturierungsplan ausschließlich 405
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Unternehmen des Finanzsektors betroffen sind. Diesen Unternehmen stehen Planbetroffene gleich, die mit Forderungen aus geld- oder kapitalmarktgehandelten Instrumenten oder nicht verbrieften Instrumenten, die zur gleichlautenden Bedingungen ausgegeben werden, betroffen sind. 45 Die Gleichstellung insbesondere der nicht verbrieften, zur gleichlautenden Bedingungen ausgegebenen Instrumente mag auf den ersten Blick verwundern, da hier in erheblichem Umfang auch Kleinanleger betroffen sein können. Es stellt sich in diesem Fall die Frage der Konkurrenz zu § 73 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG. Da insbesondere die gestaltbaren Bedingungen solcher Instrumente nach § 2 Abs. 2 StaRUG weitreichende Folgen für die Gläubiger haben kann, ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber mit der Ausnahme des § 73 Abs. 2 Satz 4 StaRUG zugleich die obligatorische Bestellung nach § 73 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG suspendieren wollte. In der Gesetzesbegründung findet sich hierauf jedenfalls kein Hinweis. Im Gegenteil. Es heißt dort, dass bei diesen Parteien die Annahme bestehe, dass sie in der Lage sind, ihre Interessen effektiv zur Geltung zu bringen (BT-Drucks. 19/24181, S. 171). Das gilt in Ansehung der von § 73 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG geschützten Gläubiger aber gerade nicht, weshalb letzterer Anwendungsvorrang vor § 73 Abs. 2 Satz 2 – 4 StaRUG genießt. 6. Zeitpunkt der Anordnung, Mitteilungspflichten des Schuldners und Amtsermittlungspflicht 46 Die obligatorische Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten hat unverzüglich zu erfolgen, sobald das Restrukturierungsgericht Kenntnis von den Anordnungsvoraussetzungen erlangt. Beruht die Kenntniserlangung auf anderen Quellen als einer Mitteilung des Schuldners, insbesondere auf Eingaben von Gläubigern (vgl. zu möglichen Fällen Rn. 11 f.), so ist dem Schuldner jedoch grundsätzlich vor der Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten rechtliches Gehör zu gewähren und dieser anzuhören. 47 Die Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten kann demgemäß in jedem Verfahrensstadium und zu jedem Zeitpunkt erfolgen. Je weiter das Verfahren fortgeschritten ist, desto eher kann sich jedoch auch einmal der Ausnahmefall des § 73 Abs. 1 Satz 2 StaRUG ergeben, dass die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten zur Wahrung der Gläubigerinteressen nicht (mehr) geboten erscheint. 48 Das Gesetz stellt durch die verschiedenen Obliegenheiten des Schuldners, das Gericht über alle wesentlichen Umstände in Kenntnis zu setzen, sicher, dass zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens bestmöglich gewährleistet wird, dass das Gericht über die Notwendigkeit der Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten entscheiden kann. Hierzu gehören die Pflicht nach § 31 Abs. 2 StaRUG, der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens wesentliche Unterlagen beizufügen und sich über wesentliche Umstände wie z. B. den Verhandlungsstand mit Gläubigern zu erklären sowie z. B. anzugeben, ob damit zu rechnen ist, dass das Restrukturierungsziel nur gegen den Widerstand einer nach Maß-
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gabe des § 9 StaRUG zu bildenden Gruppe durchgesetzt werden kann (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 53) ebenso wie die dem ähnlichen Ziel dienende Pflicht zur Beifügung von Unterlagen und Abgabe von Erklärungen im Rahmen des Antrages auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung gemäß § 50 Abs. 2 StaRUG (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 40 ff.). Außerdem ist der Schuldner nach § 32 Abs. 2 StaRUG (vgl. dort Rn. 22) verpflichtet, dem Gericht jede wesentliche Änderung mitzuteilen, die den Gegenstand des Restrukturierungsvorhabens und die Darstellung des Verhandlungsstandes betrifft. Dies schließt selbstverständlich jedwede Umstände ein, die für die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten von Amts wegen gemäß § 73 StaRUG maßgeblich sein können. Die Beurteilung der Maßgeblichkeit obliegt dabei nicht dem Schuldner, sondern dem Gericht; der Schuldner hat daher auch solche Veränderungen in den Umständen mitzuteilen, die er selbst nicht für erheblich hält (vgl. § 32 StaRUG Rn. 24 f.). Verstößt der Schuldner gegen diese Pflichten, so stellt dies einen Grund für 49 die Aufhebung der Restrukturierungssache sowohl gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG als auch gemäß § 33 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG dar. Bewirkt die unterlassene Mitteilung der Veränderung von maßgeblichen Umständen nämlich potenziell das Unterbleiben einer obligatorischen Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten, so werden ich hierdurch die Gläubigerinteressen bei abstraktgenereller Betrachtung erheblich gefährdet was für die Aufhebung der Restrukturierungssache genügt. Eine konkrete Gefährdung der Gläubigerinteressen ist ebenso wenig erforderlich wie die Glaubhaftmachung, dass der Restrukturierungsbeauftragte tatsächlich Einfluss auf das Verhandlungsergebnis genommen und sich dieses unter seiner Beteiligung anders dargestellt hätte. Neben die Mitteilungspflichten des Schuldners tritt die nach § 39 Abs. 1 50 StaRUG jedenfalls im Anwendungsbereich des § 73 Abs. 1, 2 StaRUG auch außerhalb der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache (Rn. 13) bestehende Amtsermittlungspflicht. Das Restrukturierunggericht ist daher verpflichtet, sobald sich Indizien ergeben, die eine Tatbestandserfüllung für die obligatorische Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten nicht ganz entfernt möglich erscheinen lassen, diesen nachzugehen und entsprechende Ermittlungen anzustellen. Dies kann insbesondere durch Bestellung eines Sachverständigen gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 StaRUG erfolgen. Die Sachverständigentätigkeit führt im Falle der Bestätigung des Vorliegens der Bestellungsvoraussetzungen nicht zur Inhabilität des Sachverständigen im Sinne des § 74 Abs. 1 StaRUG; vielmehr sollte dieser regelmäßig auch zum Restrukturierungsbeauftragten bestellt werden, da er sich bereits mit den maßgeblichen Umständen beschäftigt hat und auf diesem Wege Effizienzverluste und Redundanzen vermieden werden (a. A. wohl Frind, ZRI 2021, 397). 7. Sachverständiger Restrukturierungsbeauftragter (Abs. 3) Die im Rahmen einer Restrukturierung vor im Gläubigerinteresse vorzu- 51 nehmenden Überprüfungen und wahrzunehmenden Überwachungsaufgaben 407
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sind zum Teil von großer Komplexität und stehen regelmäßig unter erheblichem Zeitdruck. Dem einzelnen Restrukturierungsrichter stehen dabei insbesondere in den größeren Verfahren regelmäßig auf Schuldnerseite große und hochspezialisierte Anwaltsteams sowie professionell vertretene und beratende Gläubiger gegenüber. Dies führt zu einem erheblichen Ungleichgewicht in der zur Verfügung stehenden Kapazität, da das Restrukturierungsgericht regelmäßig nicht die Möglichkeit hat, auf wissenschaftliche Hilfskräfte zurückzugreifen. 52 Diesem Umstand trägt der Gesetzgeber in § 73 Abs. 3 StaRUG Rechnung und stellt die Waffengleichheit dadurch her, dass er für das Gericht die Möglichkeit eröffnet, zum Zwecke seiner Unterstützung und Entlastung einen Restrukturierungsbeauftragten zu bestellen (BT-Drucks. 19/24181, S. 171). Die in § 73 Abs. 3 Nr. 1 und 2 StaRUG aufgeführten Beispielsfälle, die vor allem die komplexen zu beurteilenden betriebswirtschaftlichen Fragestellungen betreffen, sind dabei, wie die Formulierung „insbesondere“ deutlich macht, nicht abschließend. Es steht im Ermessen des Gerichts, für welche weiteren Aufgaben es einen sachverständigen Restrukturierungsbeauftragten bestellt. Insbesondere können alle weiteren Bestätigungsvoraussetzungen, die verfahrensmäßig korrekte Gestaltung des Restrukturierungsplans und auch komplexe binnen kürzester Zeit zu beurteilende Rechtsfragen Gegenstand der Beauftragung sein. 53 Der dem sachverständigen Restrukturierungsbeauftragten zu erteilende Auftrag kann dabei im Ermessen des Gerichts sowohl allgemein formuliert („Beurteilung des Vorliegens der Bestätigungsvoraussetzungen“) oder auf konkrete Fragestellungen beschränkt werden. Ungeachtet der Fragestellung hat auch der sachverständige Restrukturierungsbeauftragte (vgl. § 76 StaRUG Rn. 31) es dem Restrukturierungsgericht gemäß § 76 Abs. 1 StaRUG unverzüglich mitzuteilen, wenn er Umstände feststellt, die eine Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 33 StaRUG rechtfertigen. Dies ist ein weiteres Argument dafür, dass es dem Restrukturierung gerade nicht freisteht, anstelle des sachverständigen Restrukturierungsbeauftragten einen isolierten Sachverständigen gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 StaRUG zu bestellen (dazu ausführlich Rn. 8). 54 Solange allerdings die weiteren Voraussetzungen insbesondere des § 73 Abs. 1, 2 StaRUG nicht vorliegen, beschränkt sich die Tätigkeit des sachverständigen Restrukturierungsbeauftragten auf die gestellten, von ihm sachverständig zu beantwortenden Fragen und er hat im Übrigen keine Überwachungsfunktion und kein Mandat zur Begleitung der Verhandlungen. 8. Folgewirkungen für die Bestellung in einem späteren Insolvenzverfahren 55 Nach § 56 Abs. 1 Satz 2 InsO kann der vormals im Verfahren tätige Restrukturierungsbeauftragte oder Sanierungsmoderator, wenn der Schuldner mindestens zwei der drei in § 22a Abs. 1 InsO genannten Voraussetzungen erfüllt, nur dann nachfolgend auch zum Insolvenzverwalter bestellt werden, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss dem zustimmt. 408
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Der Gesetzgeber macht deutlich, dass er in der vormaligen Tätigkeit als Re- 56 strukturierungsbeauftragter oder Sanierungsmoderator zwar grundsätzlich eine über die allgemeine Beratung i. S. d. § 56 Satz 4 Nr. 2 InsO hinausgehende Tätigkeit sieht, dass diese aber nur dann die Unabhängigkeit des Verwalters tatsächlich ausschließt und in der Folge ein Bestellungshindernis begründet, wenn sich daraus ernstliche Zweifel an der Unvoreingenommenheit oder Unparteilichkeit des Verwalters (vgl. BGH, ZIP 1991, 324) ableiten lassen (BT-Drucks. 19/24181, S. 197). Dem Gläubigerausschuss wird daher – nunmehr kraft Gesetzes (so unlängst bereits Hölzle, ZIP 2013, 447 und dem vorgreiflich Schmidt/Hölzle, ZIP 2012, 2238) – die Kompetenz zugewiesen, aus Gründen der Verfahrenseffizienz einem sachlich-fachlich vorbefassten Verwalteraspiranten insoweit Dispens von dem im Übrigen freilich unberührt bleibenden Unabhängigkeitsdogma zu erteilen. Im Ansatz ähnlich hat der Gesetzgeber die Frage auch im Rahmen der einheitlichen Verwalterbestellungen in Konzerninsolvenzen gemäß § 56b InsO geregelt, und dort vorrangig darauf abgestellt, dass eine einheitliche Verwalterbestellung dann erfolgen kann, wenn die zu erwartenden Konflikte sich im überschaubaren Rahmen halten und sinnhaft durch die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters (zu den Grundlagen ausführlich Lissau/Hölzle, in: FS Pannen [2017], S. 465) gelöst werden können (vgl. Hölzle, in: A. Schmidt, Sanierungsrecht, § 56b Rz. 23 ff.). Dies ist immer dann der Fall, wenn es sich um einen abgrenzbaren Teil der Tätigkeit handelt, der auf die eigenverantwortliche Verfahrensführung im Übrigen keinen bestimmenden Einfluss hat. Ist dies der Fall, wird das Insolvenzgericht im Rahmen seiner Ermessensausübung das Votum des Gläubigerausschusses zu berücksichtigen haben. Der Ausschuss entscheidet mit einfacher Mehrheit. Eine Bindungswirkung 57 für das Gericht entfaltet der Beschluss nach § 56 Abs. 1 Satz 2 InsO hingegen nicht (BT-Drucks. 19/24181, S. 197); das heißt, er öffnet die Entscheidung für den vormals tätigen Restrukturierungsbeauftragten, bindet das Gericht aber nicht, ihn auch tatsächlich zu bestellen. Hierzu bleibt weiterhin ein einstimmiger Beschluss nach § 56a Abs. 1 InsO erforderlich, der freilich zeitgleich gefasst werden kann. Weshalb der Gesetzgeber für das Gläubigerausschussvotum allerdings an den 58 Größenkriterien des § 22a InsO und nicht an der tatsächlichen Einsetzung eines Gläubigerausschusses anknüpft, ist nicht nachvollziehbar. Die Norm soll eine an den konkreten Umständen des Einzelfalles orientierte Entscheidung sicherstellen (BT-Drucks. 19/24181, S. 197). Hierzu aber ist der vorläufige Gläubigerausschuss auch dann berufen, wenn er aufgrund eines Antrages nach § 22a Abs. 2 InsO oder als isolierte gerichtliche Maßnahme nach § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO eingesetzt worden ist; umgekehrt ist eine Entscheidung des vorläufigen Gläubigerausschusses ausgeschlossen, wenn zwar die Voraussetzungen des § 22a Abs. 1 InsO vorliegen, das Gericht aber zulässigerweise nach § 22a Abs. 3 InsO (bislang) von der Einsetzung eines Ausschusses abgesehen hat. § 56 Abs. 1 Satz 2 InsO ist daher teleologisch dahingehend auszulegen, dass im
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Falle der Bestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses dieser anzuhören ist, anderenfalls entscheidet das Gericht alleine in pflichtgemäßem Ermessen. 59 Dabei spielt es keine Rolle, in welcher Funktion der Restrukturierungsbeauftragte tätig geworden ist. Auch der fakultative Restrukturierungsbeauftragte, der unter anderem die Funktion hat, auch den Schuldner zu beraten, ist nicht in besonderer Weise vorbefasst, was seine Indisponibilität indizieren würde (a. A. aber wohl Frind, ZRI 2021, 397). Diese „Beratungsfunktion“ ist bereits in der Richtlinie angelegt. Sie erfolgt aber in keinem Bestellungsfall allein oder auch nur überwiegend im Schuldnerinteresse, sondern immer mit dem vermittelnden Auftrag unter Berücksichtigung vor allem auch der Gläubigerinteressen (RL [EU] 2019/1023, ErwG 31) sowie unter ausdrücklicher Anordnung des Neutralitätsgebots aus § 75 Abs. 4 Satz 2 StaRUG (ggf. i. V. m. § 78 Abs. 3 StaRUG). Gleich in welcher Rolle ist der Restrukturierungsbeauftragte daher immer im Wesentlichen auch auf das Gläubigerinteresse verpflichtet. Aus diesem Grund kann aus einer auch beratenden Funktion kein grundsätzlicher Konflikt im Sinne einer indiziert fehlenden Unabhängigkeit hergeleitet werden. Dasselbe gilt wegen zu besorgender Konflikte aufgrund der etwaigen Anfechtbarkeit des Honorars, dass der Restrukturierungsbeauftragte erhalten hat (mit diesem m. E. unzutreffenden, weil sachlich unrichtigen Aspekt ebenfalls Frind, ZRI 2021, 397, 399). Der Anspruch des Restrukturierungsbeauftragten auf Zahlung des Honorars und Erstattung der Auslagen richtet sich gemäß § 82 Abs. 1 StaRUG gegen die Staatskasse (so ausdrücklich BT-Drucks. 19/24181, S. 177). Die Zahlung des Honorars erfolgt daher nicht aus dem Vermögen des Schuldners, weshalb ihr keine Rechtshandlung des Schuldners zugrunde liegt, mangels Beeinträchtigung des schuldnerischen Vermögens die Gläubiger nicht im Sinne des § 129 InsO benachteiligt werden und sie deshalb auch nicht der Anfechtung unterliegen kann. Dass – regelmäßig – der Schuldner der Staatskasse gegenüber als Kostenschuldner verpflichtet ist, ändert nichts daran, dass die anfechtungsrechtliche Rückabwicklung im jeweiligen Rechtsverhältnis zu erfolgen hat. 60 Der Ausschluss des früheren Restrukturierungsbeauftragten für die spätere Tätigkeit als Insolvenzverwalter oder Sachwalter bedarf nach alledem konkreter Anhaltspunkte, die besorgen lassen, dass der frühere Restrukturierungsbeauftragte in seiner Amtsführung als Sach- oder Insolvenzverwalter gehindert ist (wie hier insgesamt Hölzle/Curtze, ZIP 2021, 1293 f.). § 74 Bestellung (1) Zum Restrukturierungsbeauftragten ist ein für den jeweiligen Einzelfall geeigneter, in Restrukturierungs- und Insolvenzsachen erfahrener Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt oder eine sonstige natürliche Person mit vergleichbarer Qualifikation zu bestellen, die von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängig ist und die aus dem Kreis aller zur Übernahme des Amtes bereiten Personen auszuwählen ist. 410
§ 74 Bestellung
(2) 1Das Restrukturierungsgericht berücksichtigt bei der Auswahl eines Restrukturierungsbeauftragten nach § 73 Absatz 1 und 2 Vorschläge des Schuldners, der Gläubiger und der an dem Schuldner beteiligten Personen. 2Hat der Schuldner die Bescheinigung eines in Restrukturierungs- und Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers, Rechtsanwalts oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation vorgelegt, aus der sich ergibt, dass der Schuldner die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 und 2 erfüllt, kann das Gericht vom Vorschlag des Schuldners nur dann abweichen, wenn die vorgeschlagene Person offensichtlich ungeeignet ist; dies ist zu begründen. 3Wenn Planbetroffene, auf welche in jeder der nach § 9 gebildeten oder zu bildenden Gruppen von Inhabern von Restrukturierungsforderungen und Absonderungsanwartschaften mehr als 25 Prozent des Stimmrechts entfallen oder voraussichtlich entfallen werden, einen gemeinschaftlichen Vorschlag unterbreiten und wenn keine Bindung des Gerichts nach Satz 2 besteht, kann das Gericht vom gemeinsamen Vorschlag der Planbetroffenen nur dann abweichen, wenn die vorgeschlagene Person offensichtlich ungeeignet ist; dies ist zu begründen. (3) Folgt das Restrukturierungsgericht einem Vorschlag des Schuldners nach Absatz 2 Satz 2 oder der Planbetroffenen nach Absatz 2 Satz 3, kann es einen weiteren Restrukturierungsbeauftragten bestellen und diesem dessen Aufgaben übertragen; dies gilt nicht für die Aufgaben nach § 76 Absatz 2 Nummer 1 Halbsatz 1 und 2. Übersicht 1. 2.
3.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Anforderungen an die Person des Restrukturierungsbeauftragten ..... 4 a) Allgemeines ............................. 4 b) Besonderheiten hinsichtlich der konkreten Eignung für den Einzelfall ........................... 7 c) Besonderheiten hinsichtlich der Unabhängigkeit ................ 9 Vorschlagsrechte .......................... 13 a) Grundsätzliche Anforderungen an einen Vorschlag ......... 13 b) Nicht bindender Vorschlag eines Verfahrensbeteiligten (§ 74 Abs. 2 Satz 1 StaRUG) ................................ 16 c) Bindender Vorschlag des Schuldners (§ 74 Abs. 2 Satz 2 StaRUG) ..................... 22
4.
5.
d) Bindender Vorschlag einer qualifizierten Planbetroffenenmehrheit (§ 74 Abs. 2 Satz 3 StaRUG) ..................... e) Bindender Vorschlag eines Gläubigerbeirats (§§ 93 Abs. 2, 74 Abs. 2 Satz 3 StaRUG) ................................ f) Unbeachtlichkeit eines grundsätzlich bindenden Vorschlages und Begründungspflicht ........................... g) Zusammenfassende Übersicht über die Vorschlagsvarianten ................................ Bestellung eines kumulativen Restrukturierungsbeauftragten (§ 74 Abs. 3 StaRUG) ................. Anhörung vor der Bestellung ......
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38 46
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes § 74 StaRUG enthält das an §§ 56, 270d Abs. 2 InsO angelehnte Auswahl- 1 modell zur Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten. Die Auswahl erfolgt
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, wobei Vorschläge des Schuldners zu berücksichtigen sind, wodurch der Gesetzgeber sogleich zum Ausdruck bringt, dass ein Vorschlag die Unabhängigkeit des vorgeschlagenen nicht beeinträchtigt und die bei einigen Insolvenzgerichten nach wie vor zu beobachtende Praxis, vorgeschlagene Personen grundsätzlich nicht in die Auswahl einzubeziehen, contra legem ist. 2 Nach dem Vorbild des § 270d Abs. 2 InsO hat der Schuldner die Möglichkeit, dem Gericht unter der Voraussetzung der Vorlage einer qualifizierten Bescheinigung, welche die Kriterien des § 51 Abs. 1, 2 StaRUG erfüllen muss, auch einen grundsätzlich bindenden Vorschlag zu unterbreiten. Subsidiär dazu steht ein grundsätzlich bindendes Vorschlagsrecht auch einer qualifizierten Gläubigermehrheit oder an deren Stelle, ist ein solcher bestellt, des Gläubigerbeirates gemäß § 93 Abs. 2 StaRUG zu. 3 Anders als in der Insolvenzordnung, wo die Regelung die Befassung des Rechtsausschusses nicht überstanden hat, ist in § 74 Abs. 3 StaRUG das Recht des Gerichts erhalten geblieben, im Falle der Bindung an einen Schuldneroder Gläubigervorschlag zusätzlich einen im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts ausgewählten Restrukturierungsbeauftragten zu bestellen und diesem ebenfalls nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen sämtliche Aufgaben eines Restrukturierungsbeauftragten mit Ausnahme der Entscheidung darüber, wie der Restrukturierungsplan zur Abstimmung gebracht wird und, erfolgt die Abstimmung nicht im gerichtlichen Verfahren, der Versammlungsleitung anstelle des von Schuldner- und Gläubigerseite ausgewählten Restrukturierungsbeauftragten zu übertragen. 2. Anforderungen an die Person des Restrukturierungsbeauftragten a) Allgemeines 4 Im Einklang mit Art. 26 und 27 der Richtlinie (EU 2019/1023) ist § 74 Abs. 1 StaRUG in Ansehung der an die Person des Restrukturierungsbeauftragten zu stellenden Anforderungen dem § 56 Abs. 1 InsO nachgebildet. Zum Restrukturierungsbeauftragten können demnach nur natürliche, nicht auch juristische Personen bestellt werden. Die Auswahl richtet sich nach den nachfolgenden, mit denjenigen aus § 56 InsO identischen Kriterien: x
Übernahmebereitschaft,
x
(generelle) Geschäftskunde,
x
Eignung im konkreten Einzelfall und
x
(sachlich/fachliche) Unabhängigkeit.
5 Insoweit kann grundsätzlich auf die Ausführungen zu § 56 Abs. 1 InsO verwiesen werden (vgl. §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 10 ff.). 6 Durch die Formulierung, dass eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, in Restrukturierungs- und Insolvenzsachen erfahrene, besonders qualifizierte 412
§ 74 Bestellung
Person zu bestellen ist, bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass er im Grundsatz hinsichtlich der Qualifikation und generellen Geschäftskunde das Anforderungsprofil des Restrukturierungsbeauftragten mit dem eines Sachoder Insolvenzverwalters für vergleichbar hält. Der mehrfache Vergleich mit der Rechtslage bei der Auswahl des Sachwalters oder Insolvenzverwalters in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/24181, S. 171) zeigt ebenfalls, dass der Gesetzgeber hier eine große Nähe sieht. Dies ist im Grundsatz auch richtig, da der Restrukturierungsbeauftragte insbesondere im Zusammenhang mit der Vergleichsrechnung die möglichen Folgen eines Insolvenzantrages umfassend zu würdigen in der Lage sein und deshalb die an einen Insolvenzverwalter zu stellenden Anforderungen jedenfalls erfüllen muss. b) Besonderheiten hinsichtlich der konkreten Eignung für den Einzelfall Darüber hinaus sind die Aufgaben des Restrukturierungsbeauftragten (vgl. § 76 7 StaRUG Rn. 17) aber auch sehr stark betriebswirtschaftlich bzw. unternehmerisch geprägt, weshalb es bei der Beurteilung der konkreten Eignung im Einzelfall vor allem auch auf die besonderen unternehmerischen Erfahrungen der in Aussicht genommenen Person z. B. im Zusammenhang mit Betriebsfortführungen oder aber gerade auch der Übernahme z. B. von Organfunktion in Eigenverwaltungsverfahren entsprechender Größenordnung ankommt. Hinzu kommt die (aber auch für jeden Insolvenzverwalter entscheidende) Fähigkeit zur Verhandlungsführung und Vermittlung zwischen den verschiedenen Interessen der Parteien. Da viele Restrukturierungsgerichte dazu übergegangen sind, den nach § 74 8 Abs. 1 StaRUG maßgeblichen „Kreis aller zur Übernahme des Amtes bereiten Personen“ durch Übernahme und Fortschreibung der beim selben Amtsgericht geführten Vorauswahlliste der Insolvenzverwalter und Sachwalter zu bestimmen, wo gegen nach den vorstehenden Ausführungen zur weitgehenden Deckungsgleichheit des Anforderungsprofil auch nichts einzuwenden ist (a. A. Frind, ZRI 2021, 397), sollten diese Listen jedoch um besondere unternehmerische Erfahrungen der Prätendenten ergänzt werden, soweit noch nicht geschehen, insbesondere also auch um die Erfahrung z. B. aus Unternehmensfortführungen und Organfunktionen in Eigenverwaltungsverfahren der jeweiligen Größenklasse. Letzteres jedenfalls ist bislang nicht bei allen Insolvenzgerichten in den Vorauswahllisten erfasst. c) Besonderheiten hinsichtlich der Unabhängigkeit § 74 Abs. 1 StaRUG stellt dieselben Anforderungen an die Unabhängigkeit 9 des Restrukturierungsbeauftragten wie § 56 Abs. 1 InsO an die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters. Hierauf liegt auch die Gesetzesbegründung in Anlehnung an die Richtlinie großen Wert (BT-Drucks. 19/24181, S. 171 f.), weil die Unabhängigkeit des Restrukturierungsbeauftragten für dessen Stellung als Gewährsperson für die Integrität des Verfahrens von herausragender Bedeutung
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
ist. Auch insoweit kann daher auf die Ausführungen zu § 56 InsO vollumfänglich verwiesen werden (vgl. §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 13 ff.). 10 Noch einmal herauszustellen ist jedoch, dass der Gesetzgeber ausdrücklich klarstellt (BT-Drucks. 19/24181, S. 172), dass allein die Tatsache, dass ein Beteiligter einen Restrukturierungsbeauftragten vorgeschlagen hat, dessen Unabhängigkeit nicht infrage stellt. Solche Vorschläge sind daher vom Gericht zu berücksichtigen. Die in Insolvenzverfahren nach wie vor vereinzelt zu beobachtende Praxis, dass Gerichte Vorschläge entweder erst gar nicht entgegennehmen oder die vorgeschlagene Person allein des Vorschlages wegen im Auswahlprozess mit einem Malus belegen, ist vor diesem Hintergrund contra legem. Auch hier unterscheidet sich das Restrukturierungsverfahren nicht vom Insolvenzverfahren. 11 Eine Besonderheit ergibt sich jedoch aus dem Fehlen einer dem § 270d Abs. 2 Satz 1 InsO entsprechenden Regelung in § 74 Abs. 2 StaRUG. Nach § 270d Abs. 2 Satz 1 InsO darf der Aussteller der Schutzschirm-Bescheinigung nicht zum Sachwalter bestellt werden. Auch § 74 Abs. 2 Satz 2 StaRUG sieht die Möglichkeit der Ausstellung einer Bescheinigung vor, die Grundlage für ein bindendes Vorschlagsrecht des Schuldners zur Person des Restrukturierungsbeauftragten gegenüber dem Restrukturierungsgericht ist. Eine entsprechende Regelung, dass der Aussteller dieser Bescheinigung nicht zum Restrukturierungsbeauftragten bestellt werden darf, fehlt. Die Sachlage ist mit derjenigen des Ausstellers der Schutzschirm-Bescheinigung allerdings identisch. Hätte der Aussteller der Bescheinigung Aussicht darauf, zum Restrukturierungsbeauftragten bestellt zu werden, so würde hierdurch die abstrakte Gefahr begründet, dass er die Bescheinigung gleichsam in eigener Sache ausstellt, wodurch sowohl seine Unabhängigkeit als auch seine Unparteilichkeit nach dem Maßstab des Blickwinkels eines objektiven, nichtbeteiligten Dritten jedenfalls potenziell beeinträchtigt werden kann. Aus diesem Grunde scheidet der Aussteller der Bescheinigung zwingend als Restrukturierungsbeauftragter aus. Dies bereits in Anwendung der allgemeinen Bestellungsvoraussetzungen des § 74 Abs. 1 StaRUG, was die analoge Heranziehung des § 270d Abs. 2 Satz 1 InsO zwar entbehrlich, wegen des Bestehens einer offensichtlich unbeabsichtigten Regelungslücke bei vergleichbarer Rechtslage aber jedenfalls zulässig macht. 12 Wegen der möglichen Bestellung des vormaligen Restrukturierungsbeauftragten zum Sachwalter oder Insolvenzverwalter in einem nachfolgenden Insolvenzverfahren vgl. ausführlich § 73 StaRUG Rn. 55. 3. Vorschlagsrechte a) Grundsätzliche Anforderungen an einen Vorschlag 13 Das Gesetz eröffnet in § 74 Abs. 2 StaRUG insgesamt drei mögliche Varianten eines Vorschlages zur Person des Restrukturierungsbeauftragten (zusammenfassende Übersicht Rn. 37).
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§ 74 Bestellung
Der Vorschlag sollte sich, um dem Gericht die Prüfung von dessen Sachge- 14 rechtigkeit zu ermöglichen, jedoch nicht auf die bloße Nennung der Person beschränken – dies auch dann nicht, wenn die Person dem Gericht bekannt ist. Vielmehr ist anzuraten, einen Vorschlag durch die Beschreibung des für maßgeblich gehaltenen Anforderungsprofils zu substantiieren, da nur in diesem Fall dem Gericht für die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens berücksichtigungsfähige Ermessensgesichtspunkte zur Kenntnis gebracht werden. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus Erwägungsgrund 88 der Richtlinie (RL [EU] 2019/1023), wonach auch dem Schuldner und den Gläubigern ein Auswahlermessen hinsichtlich Erfahrungen, Sachkunde und Anforderungen im konkreten Einzelfall zugestanden werden kann. Daraus folgt, dass für das Gericht nur ein solcher Vorschlag berücksichtigungsfähig ist, der dieses Ermessen auch ausübt. Die Nichtberücksichtigung eines durch bloße Namensnennung Vorgeschlagenen kann dem Gericht daher jedenfalls nicht angelastet werden. Das Gesetz schreibt nicht vor, dass der Vorschlag sich stets auf einen Namen 15 konzentrieren muss. Wie im Anwendungsbereich des § 56a InsO ist auch der Vorschlag einer Namensliste (mit oder ohne Rangfolge) sowie lediglich die Mitteilung eines Anforderungsprofils möglich (vgl. §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 49). b) Nicht bindender Vorschlag eines Verfahrensbeteiligten (§ 74 Abs. 2 Satz 1 StaRUG) Zunächst stellt § 74 Abs. 2 Satz 1 StaRUG klar, dass der Schuldner, die Gläu- 16 biger oder die am Schuldner beteiligten Personen im Fall der Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten von Amts wegen gemäß § 73 Abs. 1, 2 StaRUG (vgl. dort Rn. 16) ein Vorschlagsrecht haben. Nachvollziehbarerweise besteht ein solches Vorschlagsrecht für den sachverständigen Restrukturierungsbeauftragten (vgl. § 73 StaRUG Rn. 51) nicht, da dieser im Wesentlichen zur Unterstützung und Entlastung des Gerichts bestellt wird, weshalb das Gericht hier auch frei von Vorschlägen der Beteiligten entscheiden können muss. Überraschenderweise sieht das Gesetz aber auch für den fakultativen Restruk- 17 turierungsbeauftragten ein Vorschlagsrecht des Schuldners nicht ausdrücklich vor, da ein solches in § 78 Abs. 2 StaRUG nur für eine qualifizierte Gläubigermehrheit geregelt ist und § 78 Abs. 1 StaRUG im Übrigen nur auf § 74 Abs. 1 StaRUG, nicht aber auch auf dessen Abs. 2 verweist. In der Gesetzesbegründung findet sich kein Hinweis darauf, weshalb gerade dem Schuldner ein Vorschlagsrecht ausgerechnet in dem Fall, in dem der Restrukturierungsbeauftragte auf seinen Antrag hin und mit den Aufgabenbereich vor allem auch der Unterstützung des Schuldners bei der Ausarbeitung des Restrukturierungskonzepts bestellt wird, nicht zustehen sollte. Es ist deshalb davon auszugehen, dass es sich um eine unbeabsichtigte Rege- 18 lungslücke handelt und § 74 Abs. 2 Satz 1 StaRUG auch im Falle der Bestellung eines fakultativen Restrukturierungsbeauftragten analog heranzuziehen ist. Die Rechtslage ist nicht nur vergleichbar, sondern gebietet mehr noch als bei der amtswegigen Bestellung die Berücksichtigung der Einschätzung des Schuldners. 415
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
19 Selbst wenn man dies ablehnen wollte, so änderte dies nichts daran, dass die Auswahl und Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten stets in pflichtgemäßem Ermessen zu erfolgen hat und bei der Ermessensausübung auch die dem Restrukturierungsbeauftragten zu übertragenden Aufgaben eine wesentliche Rolle spielen. Da aber der fakultative Restrukturierungsbeauftragte gemäß § 79 StaRUG (auch) den Schuldner bei der Ausarbeitung und Aushandlung des Restrukturierungskonzepts und des auf ihm basierenden Plans unterstützen soll, kommt der Einschätzung des Schuldners, zur Person des Restrukturierungsbeauftragten, mit dem er sich eine kooperative und konstruktive Zusammenarbeit vorstellen kann, bei der Ermessensausübung erhebliche Bedeutung zu. 20 Der nicht qualifizierte (wohl aber substantiierte, vgl. Rn. 14) Vorschlag eines Beteiligten nach § 74 Abs. 2 Satz 1 StaRUG entfaltet für das Gericht keine Bindungswirkung. Wohl aber führt der Vorschlag eines Beteiligten jedenfalls zu einer Berücksichtigungspflicht durch das Gericht (BT-Drucks. 19/24181, S. 172). 21 Das Vorschlagsrecht zur Unterbreitung eines nicht bindenden Vorschlages steht dem Schuldner, unabhängig von der Planbetroffenheit einem jeden Gläubiger und den am Schuldner beteiligten Personen zu. Im Rahmen der Ermessensausübung wird das Gericht auch zu berücksichtigen haben, von wem der Vorschlag gemacht ist. So hat ein Gläubigervorschlag, insbesondere wenn er von einem für das Gelingen des Verfahrens bedeutsamen Gläubiger unterbreitet wird, grundsätzlich größeres Gewicht als ein Vorschlag des Schuldners, jedenfalls wenn es um die amtswegige Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten nach § 73 Abs. 1, 2 StaRUG geht, die vornehmlich im Gläubigerinteresse erfolgt (vgl. § 73 StaRUG Rn. 16). Andererseits folgt aus dem Vorschlagsrecht für einen jeden Gläubiger, dass auch solche Gläubiger berechtigt sind, einen Vorschlag zu unterbreiten, die absehbar nicht planbetroffen sind. Soweit sich ihre Betroffenheit vom Verfahren nicht daraus ergibt, dass die Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten nach § 73 Abs. 1 StaRUG wegen eines (absehbaren) Antrages auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung, die sich auch gegen diese richtet, erfolgt, fällt der Vorschlag grundsätzlich weniger ins Gewicht. c) Bindender Vorschlag des Schuldners (§ 74 Abs. 2 Satz 2 StaRUG) 22 Nach dem Vorbild des § 270d Abs. 2 Satz 2 InsO eröffnet § 74 Abs. 2 Satz 2 StaRUG dem Schuldner auch die Möglichkeit, dem Gericht einen grundsätzlich bindenden Vorschlag zur Person des Restrukturierungsbeauftragten zu unterbreiten. Voraussetzung ist hier wie dort, dass der Vorschlag selbst durch Vorlage einer Bescheinigung eines in Restrukturierungs- und Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers, Rechtsanwalts oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation besonders qualifiziert wird. Ziel der Anerkennung eines bindenden Vorschlagsrechts ist es, die Planbarkeit und Attraktivität der präventiven Restrukturierung für den Schuldner zu erhöhen, diesem 416
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einen Anreiz zu geben, die Instrumente des Stabilisierungsrahmens in Anspruch zu nehmen und Effizienzverluste zu vermeiden (BT-Drucks. 19/24181, S. 172). Wegen den an die Person des Ausstellers der Bescheinigung zu stellenden 23 Anforderungen kann auf die Ausführungen zu § 270d Abs. 2 InsO verwiesen werden (vgl. § 270d InsO Rn. 30). Der Inhalt der Bescheinigung unterscheidet sich von demjenigen zur Einlei- 24 tung eines Schutzschirmverfahrens maßgeblich. § 74 Abs. 2 Satz 2 StaRUG verweist hinsichtlich des Inhaltes auf § 51 Abs. 1, 2 StaRUG, dessen inhaltliche Voraussetzungen als gegeben bescheinigt werden müssen. Diese Verweisung ist insoweit unglücklich, als die tatbestandlichen Anforde- 25 rungen in § 51 Abs. 1, 2 StaRUG, der die Voraussetzungen für den Erlass einer Stabilisierungsanordnung regelt, negativ formuliert sind, nämlich die Stabilisierungsanordnung nur ergehen darf, wenn die in § 51 Abs. 1, 2 StaRUG genannten Ausschließungsgründe nicht vorliegen. Demgegenüber ist § 74 Abs. 2 Satz 2 StaRUG positiv formuliert, wonach bei wörtlicher Anwendung der Vorschlag des Schuldners nur bindend ist, wenn die Ausschließungsgründe für eine Stabilisierungsanordnung gegeben sind. Dass dies offenkundig nicht gemeint ist, liegt auf der Hand und dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass das Gesetz mit größtmöglicher Eile durch den Gesetzgebungsprozess geprügelt worden ist. Für die Bindungswirkung eines Vorschlages des Schuldners ist gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 StaRUG daher die Vorlage einer qualifizierten Bescheinigung erforderlich, wonach die Ausschließungsgründe des § 51 Abs. 1, 2 StaRUG nicht vorliegen. Im Einzelnen geht es darum, die Restrukturierungswürdigkeit des Schuldners 26 (§ 51 Abs. 2 StaRUG) und die Sachgerechtigkeit der in Aussicht genommenen Restrukturierung (§ 51 Abs. 1 StaRUG) zu bescheinigen, wobei die Bescheinigung zunächst keine Ausführungen zu dem Tatbestandsmerkmal des § 51 Abs. 1 Nr. 4 StaRUG enthalten muss, wenn und soweit die Inanspruchnahme einer Stabilisierungsanordnung (noch) nicht absehbar ist. Für die inhaltliche Ausgestaltung der Ausschließungsgründe und damit die inhaltlich an die Bescheinigung zu stellenden Anforderungen im Einzelnen kann auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 74). d) Bindender Vorschlag einer qualifizierten Planbetroffenenmehrheit (§ 74 Abs. 2 Satz 3 StaRUG) Dem Vorschlagsrecht des Schuldners steht gemäß § 74 Abs. 2 Satz 3 StaRUG 27 ein Vorschlagsrecht einer qualifizierten Planbetroffenenminderheit gleich, das gegenüber dem Vorschlagsrecht des Schuldners jedoch subsidiär ist (BT-Drucks. 19/24181, S. 172). Das heißt, das Gericht ist an den Vorschlag der qualifizierten Gläubigerminderheit nur dann gebunden, wenn keine Bindung an einen Vorschlag des Schuldners besteht. Das Gesetz sagt nichts dazu, ob dies nur für den Fall gilt, dass im Zeitpunkt des Eingangs des Planbetroffenenvorschlages bereits ein Schuldnervorschlag vorliegt, oder ob ein Planbetroffe417
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
nenvorschlag seine Bindungswirkung auch dann ex tunc verliert, wenn der Schuldner seinen Vorschlag erst nach und z. B. auch als Reaktion auf den Gläubigervorschlag einreicht. Richtigerweise geht der Schuldnervorschlag so lange vor, wie noch nicht auf Grundlage des Planbetroffenenvorschlages ein Restrukturierungsbeauftragter wirksam bestellt ist. Dies zum einen deshalb, weil es sonst in der Hand der Gläubiger läge, den grundsätzlich vorrangigen Schuldnervorschlag dadurch zu unterlaufen, dass der Vorschlag der Planbetroffenen gerade nicht an besondere Voraussetzungen in Gestalt der Vorlage einer Bescheinigung geknüpft ist, deren Erstellung Zeit braucht. Gibt der Schuldner eine solche Bescheinigung in Auftrag, so darf sein vorrangiges Vorschlagsrecht nicht allein durch den Zeitvorteil, der mit dem Planbetroffenenvorschlag verbunden ist, leerlaufen. Hierfür spricht auch der Wortlaut des Gesetzes, wonach der Vorschlag der Planbetroffenen bindend ist, wenn keine Bindung an einen Vorschlag des Schuldners besteht, was nahelegt, dass es auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung des Gerichts und nicht den des Eingangs der Anträge ankommt. 28 Anders als bei dem nicht bindenden Vorschlag gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 StaRUG steht das bindende Vorschlagsrecht nicht einer qualifizierten Minderheit aller Gläubiger, sondern nur einer solchen aus der Gruppe der Planbetroffenen offen. Steht die genaue Auswahl der Planbetroffenen noch nicht fest, weil der Schuldner bislang nicht den Entwurf des Restrukturierungsplans, sondern nur den gegenwärtigen Stand des Restrukturierungskonzepts eingereicht hat, so ist im Zweifel von der Planbetroffenheit eines vorschlagenden bzw. an einem Vorschlag beteiligten Gläubigers auszugehen, soweit sich aus dem Konzept nicht ergibt, dass die Planbetroffenheit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht eintreten wird. Gerade der in der Gesetzesbegründung angesprochene Gesichtspunkt der Erzielung von Effizienzgewinnen durch die Berücksichtigung bindender Vorschläge (BT-Drucks. 19/24181, S. 172) gebietet es, im Zweifel von der Planbetroffenheit auszugehen. Dies nicht zuletzt auch, um nicht mit der restriktiven Auslegung des Vorschlagsrechts frustrierte Obstruktion zu provozieren. 29 Voraussetzung für die Bindungswirkung eines koordinierten Gläubigervorschlages ist das Erreichen einer qualifizierten Sperrminorität. Diese ist erreicht, wenn aus jeder nach dem bereits vorliegenden Entwurf des Restrukturierungsplans gebildeten oder auf Grundlage des bislang lediglich vorgelegten Restrukturierungskonzepts voraussichtlich zu bildenden Planbetroffenengruppe (vgl. § 9 StaRUG Rn. 3) 25 % des Stimmrechts in dem koordinierten Vorschlagsquorum vertreten sind. Steht die konkrete Gruppenbildung oder die konkrete Zusammensetzung der Planbetroffenen in der Gruppe oder auch deren jeweiliges Stimmrecht noch nicht fest, so ist, um das Vorschlagsrecht nicht leerlaufen zu lassen, lediglich auf die bereits feststehenden Gruppen in der bekannten Zusammensetzung und unter Berücksichtigung der vom Schuldner mitgeteilten Stimmrechte abzustellen. Anderenfalls läge es in der Hand des Schuldners, durch ein möglichst langes Offenlassen der konkreten Ausgestaltung der Planbetroffenengruppen und der in ihnen vertretenen Stimmrechte 418
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das Vorschlagsrecht der Planbetroffenen zu unterlaufen. Gerade das Vorschlagsrecht der Planbetroffenen aber darf nicht zur Disposition des Schuldners stehen. Bei der Feststellung des Erreichens des für einen Vorschlag maßgeblichen Quorums ist daher ein großzügiger Maßstab anzulegen und ist die Vorschrift des § 74 Abs. 2 Satz 3 StaRUG extensiv auszulegen. Hinzu kommt, dass eine zu restriktive Auslegung auch nicht als Mittel des Gerichts verwendet werden darf, sich von unliebsamen Vorschlägen zu befreien. Dazu, wie die qualifizierte Planbetroffenenminderheit den Beschluss zu fassen 30 hat, insbesondere welches Mehrheitsquorum innerhalb der Gruppe erreicht werden muss, sagt das Gesetz nichts. Der Gesetzeswortlaut allerdings, dass es sich um einen „gemeinsamen“ Vorschlag der im Quorum versammelten Planbetroffenen handeln muss spricht ebenso, wie die Tatsache, dass ein Quorum verlangt wird, dafür, dass innerhalb der Minderheit ebenfalls ein Einstimmigkeitserfordernis gilt. Wäre dies nicht der Fall, würde die 25 %Grenze keinen Sinn machen, da im Falle des Genügens einer einfachen Mehrheitsentscheidung das Quorum auf 12,5 % absinken würde. Dies kann nicht als vom Gesetzgeber gewollt unterstellt werden. Mit dem Vorschlag ist dem Gericht daher regelmäßig auch anzuzeigen – auf Verlangen glaubhaft zu machen –, dass der Vorschlag einstimmig gefasst wurde. Es empfiehlt sich daher, die Abstimmung innerhalb des Quorums im notwendigen Ausmaß zu formalisieren, jedenfalls in aktenkundig verwertbarer Form zu dokumentieren. e) Bindender Vorschlag eines Gläubigerbeirats (§§ 93 Abs. 2, 74 Abs. 2 Satz 3 StaRUG) Erst durch den Rechtsausschuss Gesetz geworden und im Regierungsentwurf 31 noch nicht vorgesehen ist die Bildung eines Gläubigerbeirats gemäß § 93 StaRUG nach dem Vorbild des Gläubigerausschusses im Insolvenzverfahren. Ein Gläubigerbeirat ist immer dann zu bilden, wenn das Restrukturierungsverfahren insolvenzverfahrensähnlich geführt wird, nämlich gesamtverfahrensartige Züge im Sinne eines Kollektivverfahrens annimmt (vgl. §§ 92, 93 StaRUG Rn. 4). Ist ein solcher Gläubigerbeirat gebildet, tritt an die Stelle des gemeinschaftlichen 32 Vorschlags der Planbetroffenen ein einstimmiger Beschluss des Gläubigerbeirats. Das heißt, dass das Vorschlagsrecht einer qualifizierten Gläubigerminderheit suspendiert ist, sobald ein Gläubigerbeirat gebildet ist. Daraus folgt zugleich, dass das Vorschlagsrecht der qualifizierten Gläubigerminderheit nach § 74 Abs. 2 Satz 3 StaRUG auch dann nicht wieder auflebt, wenn sich der Gläubigerbeirat nicht auf einen einstimmigen Vorschlag einigen kann. Dies folgt bereits aus dem Gesetzeswortlaut, wonach an die Stelle des qualifizierten Minderheitenvorschlages der Vorschlag des Gläubigerbeirates tritt, sobald ein solcher Beirat gebildet ist. Wird der Gläubigerbeirat erst nach Eingang eines qualifizierten Minderheiten- 33 vorschlages, jedoch vor Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten einge-
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setzt, so verliert der qualifizierte Minderheitenvorschlag mit dem Einsetzungsbeschluss und der Annahme des Amtes durch die Beiratsmitglieder (vgl. §§ 92, 93 StaRUG Rn. 9) seine Wirkung. Das Gericht hat in diesem Fall jedoch, da der Gläubigerwille, einen Vorschlag zu unterbreiten offen zutage getreten ist, vor der Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten den Gläubigerbeirat anzuhören und diesem Gelegenheit zur Unterbreitung eines einstimmigen Vorschlages zu geben (dazu auch Rn. 46 ff.). f) Unbeachtlichkeit eines grundsätzlich bindenden Vorschlages und Begründungspflicht 34 Sowohl der Vorschlag des Schuldners nach § 74 Abs. 2 Satz 2 StaRUG als auch der Vorschlag der qualifizierten Gläubigerminderheit bzw. des Gläubigerbeirates nach § 74 Abs. 2 Satz 3 StaRUG sind unbeachtlich, wenn die vorgeschlagene Person offensichtlich ungeeignet ist. Auch dies ist aus § 56a InsO bekannt, weshalb zur Bestimmung der strengen, an die offensichtliche Ungeeignetheit zu stellenden Anforderungen auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann (vgl. § 270d InsO Rn. 71 ff.; §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 54). Handelt es sich, wovon im praktischen Regelfall auszugehen ist, um seriöse Vorschläge, so dürfte die Ablehnung wegen offensichtlicher Ungeeignetheit in aller Regel ausscheiden. 35 Ausnahmsweise wird die Ungeeignetheit in der Praxis voraussichtlich allein aus dem Gesichtspunkt einer aus einer etwaigen Vorbefassung des Prätendenten selbst oder eines mit ihm zur gemeinsamen Berufsausübung verbundenen Person abzuleitenden fehlenden Unabhängigkeit einmal eine Rolle spielen können. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht aus jeder Vorbefassung gleichsam reflexartig die fehlende Unabhängigkeit erfolgt, schon gar nicht wenn es sich um eine Vorbefassung nur einer mit dem Prätendenten zur gemeinsamen Berufsausübung verbundenen Person handelt. Hier ist nach der einschlägigen BGH-Rechtsprechung (vgl. die Grundlagenentscheidung BGH, ZIP 1991, 324) ein strenger Begründungsmaßstab anzulegen, weil in Rechte des Prätendenten, insbesondere zur freien Berufsausübung eingegriffen wird (ausführlich §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 15). 36 Hält das Gericht diese strengen Anforderungen und damit die offensichtliche Ungeeignetheit des Vorgeschlagenen ausnahmsweise für gegeben und folgt es dem Vorschlag deshalb nicht, so ist dies kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung gesondert zu begründen (§ 74 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2, Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 StaRUG). Die Gesetzesbegründung führt zum Zweck der Begründung einer ablehnenden Entscheidung nicht gesondert aus. Dieser liegt aber wohl darin, dass einerseits die Zurückweisung des Vorschlages nicht leichtfertig, sondern nur reflektiert erfolgen soll, andererseits die nötige Transparenz richterlichen Handelns gewahrt wird, die für die Integrität des Verfahrens einerseits, für das nötige Vertrauen aller Beteiligten in das Verfahren, welches für dessen Gelingen unabdingbar ist, andererseits von höchster Bedeutung ist.
420
§ 74 Bestellung
g) Zusammenfassende Übersicht über die Vorschlagsvarianten Die verschiedenen Vorschlagsvarianten und ihre jeweiligen Rechtswirkungen 37 stellen sich überblicksartig zusammengefasst daher wie folgt dar: Norm
Vorschlagsbe(StaRUG) rechtigt
in Bezug auf Art des RB (vgl. § 73 Rn. 3 ff.)
Anforderungen Wirkung des an den Vorschlag Vorschlages
§ 74 II 1
x obligatorischer RB
x substantiiert
x Schuldner x jeder Gläubiger x jeder Anteilseigner
§ 74 II 2
x Schuldner
x fakultativer RB x (analog) x obligatorischer RB x fakultativer RB x (analog)
§ 74 II 3
x Planbetroffene
x obligatorischer RB x fakultativer RB
x Anforderungsprofil
x keine Bindungswirkung x Berücksichtigungspflicht i. R. d. Ermessensausübung
x qual. Bescheinigung § 51 I, II StaRUG
x Bindungswirkung, solange nicht offensichtlich ungeeignet
x qual. Minderheit (25 % jeder Gruppe)
x Bindungswirkung, solange nicht offensichtlich ungeeignet x subsidiär ggü. Schuldnervorschlag
x (analog)
x suspendiert, wenn Gläubigerbeirat bestellt §§ 93 II, 74 II 3
x Gläubigerbeirat
x obligatorischer RB x fakultativer RB
x einstimmig
x subsidiär ggü. Schuldnervorschlag
x (analog) –/–
kein Vorschlagsrecht
x sachverständiger RB x kumulativer RB
x Bindungswirkung, solange nicht offensichtlich ungeeignet
–/–
x Auswahl in pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts
4. Bestellung eines kumulativen Restrukturierungsbeauftragten (§ 74 Abs. 3 StaRUG) Der Gesetzgeber adelt in der Gesetzesbegründung den für den mit Bindungs- 38 wirkung vom Schuldner vorgeschlagenen Sachwalter im Schutzschirmverfahren geprägten Begriff des „mitgebrachten Restrukturierungsbeauftragten“ (BT-Drucks. 19/24181, S. 173). Gleichzeitig institutionalisiert er in § 74 Abs. 3 StaRUG das Misstrauen gegen einen auf Vorschlag des Schuldners oder der qualifizierten Gläubigerminderheit bestellten Restrukturierungsbeauftragten. Die Norm, für die der noch Regierungsentwurf eine Entsprechung auch in 39 der Insolvenzordnung für Fälle des auf Vorschlag bestellten Sachwalters in der Eigenverwaltung vorgesehen hatte, die jedoch glücklicherweise dem Rechtsausschuss zum Opfer gefallen ist, kann nur als grundlegend missglückt betrachtet werden. Zum einen gibt es für eine solche Art institutionalisierten 421
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Misstrauens keinerlei Anlass. Ist die vorgeschlagene Person nicht unabhängig, was Kern des Missbrauchsgedanken ist, so ist sie ungeeignet und das Gericht ist an den Vorschlag nicht gebunden (Rn. 34). Fehlt es demgegenüber nicht an der Unabhängigkeit, gibt es keinen Grund, einen kumulativen Restrukturierungsbeauftragten zu bestellen und das Verfahren dadurch nicht nur unnötig zu verteuern, sondern auch durch Kompetenzrangeleien zu verkomplizieren. Mit § 74 Abs. 3 StaRUG öffnet der Gesetzgeber die Flanke, das Instrument des bindenden Vorschlages als Fremdkörper und Ausnahmeregelung zu stigmatisieren und das Vorschlagsrecht nicht als das zu nehmen, was es nach dem gesetzgeberischen Willen (BT-Drucks. 19/24181, S. 172) sein soll: Ein Mittel, die Planbarkeit und Vorhersehbarkeit und damit die Attraktivität des Verfahrens für den Schuldner zu fördern und diesen so zur Antragstellung zu incentivieren (BT-Drucks. 19/24181, S. 172). Gerade Letzteres ist in teleologischer Auslegung des § 74 Abs. 3 StaRUG aber geboten, woraus folgt, dass nicht das bindende Vorschlagsrecht, sondern die Bestellung des kumulativen Restrukturierungsbeauftragten die Ausnahmevorschrift darstellt. Als Ausnahmevorschrift ist § 74 Abs. 3 StaRUG deshalb äußerst restriktiv auszulegen. 40 Daraus folgt, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass das Restrukturierungsgericht in allen Fällen der Bestellung eines obligatorischen oder fakultativen Restrukturierungsbeauftragten auf bindenden Vorschlag regelhaft berechtigt wäre, einen kumulativen Restrukturierungsbeauftragten zu bestellen. Vielmehr müssen hierfür greifbare Anhaltspunkte bestehen, die es überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen, dass die Bestellung eines kumulativen Restrukturierungsbeauftragten zur Erreichung des Restrukturierungsziels oder der Integrität des Verfahrens verhältnismäßig ist. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung erfordert dabei, wie allgemein üblich, die Prüfung der Erforderlichkeit, der Gebotenheit und der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Die Bestellung eines kumulativen Restrukturierungsbeauftragten dürfte daher nur im absoluten Ausnahmefall unter besonderen Umständen in Betracht kommen und rechtmäßig sein. 41 Insbesondere darf die „Drohung“ des Gerichts mit der Bestellung eines kumulativen Restrukturierungsbeauftragten nicht als Instrument dienen oder missbraucht werden, ungeliebte Vorschläge abzuwehren. 42 Liegen die besonderen Umstände für die Bestellung eines kumulativen Restrukturierungsbeauftragten im Ausnahmefall einmal vor, so ist in einer weiteren Verhältnismäßigkeitsprüfung der Umfang des dem kumulativen Restrukturierungsbeauftragten zu übertragenden Aufgabenbereichs zu bestimmen. Auch hier ist die entsprechende Zurückhaltung geboten, um das Schuldner- und Gläubigervertrauen nicht unnötig zu beschädigen und den Prozess zu stören. 43 Grundsätzlich können dem kumulativen Restrukturierungsbeauftragten mit Ausnahme der Entscheidung darüber, wie der Restrukturierungsplan zur Abstimmung gebracht wird und, erfolgt die Abstimmung nicht im gerichtlichen Verfahren, der Leitung der Planbetroffenenversammlung, wie sie in § 76 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG geregelt sind, alle Aufgaben eines obligatorischen Restruktu422
§ 74 Bestellung
rierungsbeauftragten übertragen werden. Der auf bindenden Vorschlag bestellte Restrukturierungsbeauftragte kann daher auf die Rolle des „Zeremonienmeisters“ beschränkt und sämtliche übrigen Aufgaben und Funktionen können (ausschließlich) dem kumulativen Restrukturierungsbeauftragten übertragen werden. In der Sache läuft das bindende Vorschlagsrecht damit in solchen Extremfällen im Ergebnis leer. Dem Gericht steht es außerdem selbstverständlich frei, den kumulativen Restrukturierungsbeauftragten anstelle des obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten auch mit Aufgaben eines sachverständigen Restrukturierungsbeauftragten zu betrauen. Da der kumulative Restrukturierungsbeauftragte den auf Vorschlag bestellten 44 obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten verdrängt, es also nicht zu einer Parallelität in der Zuständigkeit kommt, im Aufgabenkreis vielmehr Alternativität herrscht, sollte das Gericht in dem Bestellungsbeschluss größte Sorgfalt auf die Definition des Aufgabenbereichs des kumulativen Restrukturierungsbeauftragten verwenden. Nur so können Rechtsunsicherheiten und Kompetenzstreitigkeiten, die das Verfahren insgesamt massiv behinderten, vermieden werden. Keine Anwendung findet § 74 Abs. 3 StaRUG bei der Bestellung eines fakulta- 45 tiven Restrukturierungsbeauftragten entweder auf Vorschlag der qualifizierten Gläubigerminderheit nach § 78 Abs. 2 StaRUG oder auf bindenden Vorschlag des Schuldners gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 StaRUG analog. Denn wo es an der amtswegigen Möglichkeit der Einsetzung des Restrukturierungsbeauftragten fehlt, fehlt es auch an einer Legitimation des Gerichts, einen bindenden Vorschlag zur Person des nur auf Antrag zu bestellenden Restrukturierungsbeauftragten durch kumulative Bestellung des gerichtseigenen Kandidaten zu unterlaufen. Wächst der fakultative Restrukturierungsbeauftragte allerdings in die Rolle des obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten hinein (zur „Einheit des Amtes“ vgl. § 73 StaRUG Rn. 3) so lebt freilich gleichzeitig auch das Recht des Gerichts zur ausnahmsweise Bestellung eines kumulativen Restrukturierungsbeauftragten gleichzeitig mit auf. 5. Anhörung vor der Bestellung Nicht geregelt und in der Gesetzesbegründung auch nicht angesprochen ist 46 die in der Insolvenzordnung (vgl. §§ 22a, 56a InsO) umfassend geregelte Frage, ob und inwieweit mit Rücksicht auf die Vorschlagsrechte, insbesondere vor der amtswegigen Bestellung eines obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten eine Anhörung der Vorschlagsberechtigten durchzuführen ist. Nicht praktikabel und deshalb regelmäßig nicht zu verlangen ist die Anhörung 47 der qualifizierten Planbetroffenenminderheit, der das Vorschlagsrecht nach § 74 Abs. 2 Satz 3 StaRUG zusteht. Denn regelmäßig ist diese Gruppe, die anzuhören wäre, nicht definiert, da sie sich aus der Gesamtheit der Planbetroffenen beliebig zusammensetzen kann. Wollte man die Gewährung rechtlichen Gehörs vor der Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten verlangen, so müssten
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
sämtliche Planbetroffenen angehört und diesen Gelegenheit gegeben werden, das qualifizierte Minderheitenquorum zu bilden. Da jedoch die Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten, insbesondere in den Fällen der amtswegigen Bestellung des obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten, regelmäßig eine Eilentscheidung darstellt, ist eine solche Anhörung regelmäßig nicht zu verlangen. Die Bildung des qualifizierten Minderheitenquorums ist vielmehr verfahrensrechtliches Gestaltungsrecht der Planbetroffenen, das diese in eigener Verantwortung wahrnehmen können. Auf die tatsächliche Wahrnehmung dieses Gestaltungsrechts ist das Gericht jedoch grundsätzlich über allenfalls einen bloßen Hinweis hinaus nicht hinzuwirken verpflichtet. 48 Anders kann sich dies allein dann darstellen, wenn sich ein qualifiziertes Minderheitenquorum bereits gebildet hat und dies dem Gericht – vorzugsweise unter Nennung eines Empfangsbevollmächtigten – angezeigt ist. In solchem Fall ist dem Gericht bereits bekannt, dass die Planbetroffenen die ihnen zustehenden verfahrensmäßigen Rechte auszuüben beabsichtigen. Dann folgt aus der allgemeinen zivilprozessualen Pflicht zur sachgerechten, verfahrensfördernden und effizienten Verfahrensleitung aus § 39 Abs. 1 Satz 1 StaRUG i. V. m. § 139 ZPO die Pflicht, auf diesen dokumentierten Gläubigerwillen Rücksicht zu nehmen und den Planbetroffenen Gelegenheit zur Unterbreitung eines Vorschlages vor Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten einzuräumen. Hierzu kann eine – regelmäßig sehr kurze – Frist gesetzt werden. 49 Umgekehrt stellt sich die Sachlage in Ansehung des Vorschlagsrechts des Schuldners dar. Liegen die Voraussetzungen für die Bestellung eines obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten vor, was auch auf Grundlage von Eingaben der Gläubiger der Fall sein kann (vgl. § 73 StaRUG Rn. 9), weshalb der Schuldner des Zeitpunkts der amtswegigen Bestellung nicht notwendigerweise gewahr sein muss, so darf das Vorschlagsrecht des Schuldners, dass wesentliches verfahrensmäßiges Beteiligungsrecht ist, nicht durch schnelle Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten unterlaufen werden. Vielmehr hat das Gericht im Rahmen seiner sachdienlichen Verfahrensführung und aus dem Gesichtspunkt der Gewährleistung eines fairen Verfahrens dem Schuldner rechtliches Gehör zu gewähren und Gelegenheit zu geben, einen Vorschlag zu unterbreiten. Dem Charakter als Eilverfahren ist es jedoch geschuldet, dass hierzu eine kurze Frist – regelmäßig nicht länger als drei Tage – gesetzt werden kann, weshalb der nicht entsprechend vorbereitete Schuldner regelmäßig nicht in der Lage sein wird, einen qualifizierten und damit bindenden Vorschlag nach § 74 Abs. 2 Satz 2 StaRUG einzureichen, da die Bescheinigung innerhalb der Kürze der Zeit nicht wird erstellt werden können; jedenfalls sollte der Schuldner allerdings Gelegenheit erhalten, einen nicht bindenden Vorschlag nach § 74 Abs. 2 Satz 1 StaRUG zu unterbreiten. 50 Dasselbe gilt, soweit ein Gläubigerbeirat eingesetzt ist. Auch dessen verfahrensmäßigen Beteiligungsrechte dürfen nicht durch schnelle Entscheidung unterlaufen werden, weshalb ihm ebenfalls – mit kurzer Frist – Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist; in diesem Fall der bereits erfolgten Einsetzung 424
§ 75 Rechtsstellung
eines Gläubigerbeirates umso mehr, als dieser zu einer schnellen Entscheidung in der Lage ist, die mit Ausnahme der erforderlichen Einstimmigkeit keine weiteren Voraussetzungen erfordert, um eine entsprechende Bindungswirkung herzustellen. § 75 Rechtsstellung (1) 1Der Restrukturierungsbeauftragte steht unter der Aufsicht des Restrukturierungsgerichts. 2Das Gericht kann jederzeit einzelne Auskünfte oder einen Bericht über den Sachstand verlangen. (2) 1Das Restrukturierungsgericht kann den Restrukturierungsbeauftragten aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. 2Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Restrukturierungsbeauftragten, des Schuldners oder eines Gläubigers erfolgen. 3Auf Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers erfolgt die Entlassung nur, wenn der Beauftragte nicht unabhängig ist; dies ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. 4Vor der Entscheidung ist der Restrukturierungsbeauftragte zu hören. (3) 1Gegen die Entlassung steht dem Beauftragten die sofortige Beschwerde zu. 2 Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. (4) 1Der Restrukturierungsbeauftragte erfüllt seine Aufgaben mit der gebotenen Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit. 2Er nimmt seine Aufgaben unparteiisch wahr. 3 Verletzt er die ihm obliegenden Pflichten in schuldhafter Weise, ist er den Betroffenen zum Schadensersatz verpflichtet. 4Die Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des Schadens, der aus einer Pflichtverletzung des Restrukturierungsbeauftragten entstanden ist, richtet sich nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. 5Der Anspruch verjährt spätestens in drei Jahren nach der Beendigung der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache. 6Ist eine Planüberwachung angeordnet, tritt an die Stelle des Endes der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache der Abschluss der Planüberwachung. Übersicht 1. 2. 3. 4.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Gerichtliche Aufsicht (§ 75 Abs. 1 StaRUG) ......................................... 3 Aufsichtsmaßnahmen unterhalb der Schwelle der Entlassung .......... 9 Entlassung des Restrukturierungsbeauftragten (§ 75 Abs. 2, 3 StaRUG) ....................................... 12 a) Entlassung von Amts wegen 12 b) Entlassung auf Schuldneroder Gläubigerantrag ............ 20
5.
c) Entlassung auf Antrag des Restrukturierungsbeauftragten .................................... 27 d) Entlassungsbeschluss und Rechtsmittel .......................... 28 Pflichtenmaßstab und Haftung (§ 75 Abs. 4 StaRUG) ................. 33 a) Bestimmung des restrukturierungsbezogenen Pflichtenmaßstabes .............................. 33 b) Haftung und Schaden ........... 43 c) Verjährung ............................. 49
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 § 75 StaRUG fasst den Regelungsgehalt der §§ 58 – 60 InsO, wie sie für den Insolvenzverwalter und über die Verweisungsnorm des § 274 Abs. 1 InsO auch für den Sachwalter gelten, für den Restrukturierungsbeauftragten zusammen. Im Grundsatz kann daher auf den Entwicklungsstand in Rechtsprechung und Literatur in Bezug auf Amtspflichten und Schadensersatzverpflichtung des Insolvenzverwalters sowie die Aufsicht über diesen zurückgegriffen werden. Als Gewährsperson, die der Gewährleistung der Integrität des Verfahrens und des neutralen Ausgleichs der Interessen der Betroffenen dient, erfordert auch das Amt des Restrukturierungsbeauftragten einerseits eine übergeordnete Instanz, der die Aufsicht über die Amtsführung zusteht und die über eine mögliche Entlassung von Amts wegen entscheidet, kann andererseits aber auch nicht auf die verhaltens- und handlungssteuernde Wirkung von Haftungsanordnungen verzichtet werden, was die abstrakt-generelle Bestimmung eines Sorgfaltsmaßstabes und die daran anknüpfende Anordnung einer Schadensersatzpflicht im Fall eines Verstoßes erfordert. § 75 Abs. 4 Satz 1 StaRUG definiert daher den Sorgfaltsmaßstab, während §§ 17 Abs. 4 Satz 2 StaRUG noch einmal die Bedeutung der Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit des Restrukturierungsbeauftragten klarstellt. 2 Neu, aber auch in § 59 Abs. 2 InsO entsprechend neu geregelt ist (vgl. §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 41), dass die Entlassung nicht nur von Amts wegen, sondern auch auf Antrag des Schuldners oder eines jeden Gläubigers erfolgen kann, wobei die Entlassung auf Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers nur aufgrund fehlender, vom Antragsteller glaubhaft zu machender Unabhängigkeit erfolgt. Im Übrigen sind Schuldner und Gläubiger bei etwaigem Fehlverhalten des Verwalters nach wie vor auf die Anzeige gegenüber dem Restrukturierungsgericht und die Anregung aufsichtsrechtlichen bzw. amtswegigen Einschreitens beschränkt. 2. Gerichtliche Aufsicht (§ 75 Abs. 1 StaRUG) 3 Der Restrukturierungsbeauftragte wird durch das Restrukturierungsgericht eingesetzt. Auch wenn ihm keine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis wie dem Insolvenzverwalter zukommt, so wird er doch im fremdnützigen Vermögensinteresse, nämlich vor allem im Interesse des Schutzes des Vermögens der Planbetroffenen, aber auch im Vermögenserhaltungsinteresse des Schuldners, bezogen auf das durch das Restrukturierungsverfahren zu erhaltende Residualvermögen tätig. Das dem Schutz des Verfahrens, der Planbetroffenen und des Schuldners dienende Aufsichtsrecht bewirkt daher nach allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen (BVerfG, NJW 1992, 513) auch eine Aufsichtspflicht des Gerichts über den Restrukturierungsbeauftragten. Dabei ist unerheblich, um welche Ausprägung des Restrukturierungsbeauftragten es sich handelt. § 75 StaRUG gilt unmittelbar für den obligatorischen, den sachverständigen und den kumulativen Restrukturierungsbeauftragten (zu der Differenzierung vgl. § 73 StaRUG Rn. 3 ff.). Für den fakultativen Restrukturie426
§ 75 Rechtsstellung
rungsbeauftragten gilt die Vorschrift über die Verweisungsnorm des § 78 Abs. 3 StaRUG. Die Aufsicht ist stets sowohl abstrakt-generell auf die Person des Restruktu- 4 rierungsbeauftragten im Allgemeinen, als auch konkret auf die Amtsführung in einem bestimmten Verfahren bezogen. Das heißt, dass sich das Gericht davon überzeugen muss, dass der Restrukturierungsbeauftragte über die nötige Geschäftskunde, betriebliche Organisation und Kapazität für Verfahren der jeweiligen Größenordnung verfügt, sich allerdings nicht auf die Überprüfung dieser allgemeinen Umstände zurückziehen kann, sondern auch das Verhalten des Restrukturierungsbeauftragten im konkreten Einzelfall zu beaufsichtigen hat. Diese Aufsicht ist dabei nicht anlassbezogen; ihr Einsetzen setzt daher keine Umstände voraus, die zu Misstrauen Anlass geben, sondern dient gerade der Vermeidung von pflichtwidrigem Verhalten des Beauftragten. Die Ausübung der Aufsicht liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts; 5 im Einzelfall, insbesondere bei komplexen Sach- oder Rechtsfragen ist das Gericht nach § 39 Abs. 1 Satz 2 StaRUG auch berechtigt, einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Dies stellt die weniger einschneidende Maßnahme als die Bestellung eines kumulativen Restrukturierungsbeauftragten gemäß § 74 Abs. 3 StaRUG dar (vgl. § 73 StaRUG Rn. 8, und § 74 StaRUG Rn. 40), weshalb sie bei ausnahmsweise gegebenem Anlass der Bestellung eines kumulativen Restrukturierungsbeauftragten als milderes Mittel vorzuziehen ist. Denn die Ausübung von Aufsichtsmaßnahmen hat auch im Verhältnis zum Restrukturierungsbeauftragten verhältnismäßig zu sein und stets zu vergegenwärtigen, dass das Verhältnis zwischen Restrukturierungsbeauftragtem und Restrukturierungsgericht nicht unnötig belastet wird, da eine vertrauensvolle Zusammenarbeit insbesondere zwischen dem Beauftragten und dem Gericht für das Gelingen des Verfahrens von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. Die Aufsicht umfasst das gesamte restrukturierungsverfahrensbezogene Han- 6 deln des Restrukturierungsbeauftragten, ist also in Umfang und Intensität zwar auch von dem dem Restrukturierungsbeauftragten nach § 76 StaRUG übertragenen Aufgabenkreis abhängig, geht darüber jedoch hinaus, soweit der Restrukturierungsbeauftragte mit Verfahrensbezug in der Peripherie seines unmittelbaren Aufgabenbereichs tätig wird. So hat der obligatorische Restrukturierungsbeauftragte nach § 76 StaRUG zunächst nicht die Aufgabe, an der Verhandlung des Restrukturierungsplans mitzuwirken oder den Schuldner und die Planbetroffenen hierbei zu unterstützen. Allerdings ergibt sich eine solche Mitwirkung des Restrukturierungsbeauftragten mittelbar aus den Bestellungsgründen insbesondere des § 73 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG (vgl. § 76 StaRUG Rn. 17 ff.), weshalb die gerichtliche Aufsicht insbesondere hinsichtlich der Einhaltung des Neutralitätsgebots des § 75 Abs. 4 Satz 2 StaRUG sich auch auf diese Tätigkeit des Restrukturierungsbeauftragten erstreckt. Grundsätzlich nimmt das Gericht seine Aufsichtspflicht insbesondere durch 7 sorgfältige Lektüre der vom Restrukturierungsbeauftragten eingereichten Berichte und Stellungnahmen, ggf. die Stellung von Rückfragen und die Ein427
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
forderung zusätzlicher Berichte und Stellungnahmen wahr. Zu Letzterem ist das Gericht nach § 75 Abs. 1 Satz 2 StaRUG jederzeit berechtigt und ggf. auch verpflichtet. Das Gericht sollte im Rahmen der Bestellung, wie im Insolvenzverfahren üblich, auch vom Restrukturierungsbeauftragten einen regelmäßigen Zwischenbericht verlangen. Anders als im Insolvenzverfahren erscheint ein 4-wöchiger Berichtsturnus zu lang, weshalb regelmäßig ein 14tägiger Berichtsturnus, wenn nicht sogar ein wöchentlicher Bericht über den Fortgang des Verfahrens geboten ist und vom Gericht verlangt werden sollte. Darüber hinaus ist der Restrukturierungsbeauftragte als Annex zu der gerichtlichen Aufsicht, unter der er steht, zu jedem Zeitpunkt auch ohne Anforderung durch das Gericht verpflichtet, über außergewöhnliche Umstände und Veränderungen unaufgefordert zur Gerichtsakte Bericht zu erstatten. Dies auch, soweit diese Umstände hinter den nach § 76 Abs. 1 StaRUG unverzüglich mitzuteilenden Gründen für die Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 33 StaRUG zurückbleiben (vgl. § 76 StaRUG Rn. 7). Dies schon deshalb, weil es nicht der Beurteilung des Restrukturierungsbeauftragten, sondern ausschließlich derjenigen des Gerichts obliegt, die Umstände zu würdigen und zu entscheiden, ob sie das für eine Aufhebung der Restrukturierungssache erforderliche Maß erreichen (siehe dazu auch §§ 31, 33 StaRUG Rn. 94). 8 Die Berichtspflicht des Restrukturierungsbeauftragten ist daher im Grundsatz keine Holschuld des Gerichts, sondern eine Bringschuld des Restrukturierungsbeauftragten, die dieser selbst dann zu erfüllen hat, wenn das Gericht im Einzelfall keine konkreten Berichtsfristen festsetzt. Dann liegt der Berichtsturnus im pflichtgemäßen Ermessen des Restrukturierungsbeauftragten, das orientiert an dem Verfahrenszweck des Berichts auszuüben ist, die jederzeitige Aufsicht über das Beauftragtenhandeln zu gewährleisten. Der Restrukturierungsbeauftragte kann sich daher auch nicht darauf zurückziehen, dem Gericht z. B. Zugang zu der von ihm zur Verwaltung des Verfahrens eingesetzten Software (z. B. cloud-basierte Lösungen) zu gewähren und sich so auf den Standpunkt zu stellen, das Gericht habe jederzeitigen Zugang zu allen wesentlichen Informationen gehabt. Zwar kann das Gericht den Zugang zu einem solchen Verwaltungstool jederzeit verlangen, allerdings ersetzt dies nicht die gesonderte Berichtspflicht des Restrukturierungsbeauftragten, da das Gericht auch bei Gewährung des Zugangs gerade nicht verpflichtet ist, die vorhandenen Daten selbst daraufhin zu sichten und zu überprüfen, inwieweit Sie ggf. aufsichtsrechtlich relevant sind. 3. Aufsichtsmaßnahmen unterhalb der Schwelle der Entlassung 9 Das Gesetz sagt nichts dazu, welche Aufsichtsmaßnahmen das Gericht im Falle einer festgestellten Pflichtverletzung unterhalb der Schwelle der Entlassung des Restrukturierungsbeauftragten aus dem Amt gemäß § 75 Abs. 2 StaRUG ergreifen kann. Insbesondere fehlt in § 75 StaRUG eine dem § 58 Abs. 2 InsO nachgebildete Regelung, wonach der Restrukturierungsbeauftragte zunächst durch Festsetzung eines Zwangsgeldes zur Erfüllung seiner Pflichten
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§ 75 Rechtsstellung
angehalten werden kann. Da es sich bei der Festsetzung eines Zwangsgeldes um Eingriffsverwaltung handelt, bedarf diese auch stets einer ausdrücklichen Ermächtigungsgrundlage (vgl. LG Münster, ZIP 2021, 1022, kein Zwangsgeld gegen organschaftlichen Vertreter in der Eigenverwaltung), weshalb die Festsetzung eines Zwangsgeldes analog § 58 Abs. 2 InsO als verhältnismäßiges Minus gegenüber der Entlassung nach § 75 Abs. 2 StaRUG keinesfalls zulässig ist. Kennt § 75 StaRUG demnach keine dem § 58 InsO nachgebildeten Eskalations- 10 stufen, so ändert dies jedoch nichts an der Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch bei der Wahrnehmung der gerichtlichen Aufsicht. Dem Gericht kommt nämlich nicht nur im Verhältnis zu den Gläubigern und dem Schuldner, sondern auch im Verhältnis zum Restrukturierungsbeauftragten eine Fürsorgepflicht zu. Aus dem Fehlen einer Zwangsgeldregelung kann daher nicht geschlossen werden, dass der Restrukturierungsbeauftragte auch bei den kleinsten Pflichtversäumnissen sogleich zu entlassen wäre. Dies wäre auch nicht im Sinne des Verfahrens, da die Entlassung als ultima ratio erst dann erfolgen darf, wenn infolge des Pflichtversäumnisses das Vertrauen wesentlicher Verfahrensbeteiligter in die Person des Restrukturierungsbeauftragten derart beeinträchtigt ist, dass nach dem Beurteilungsmaßstab eines nicht beteiligten objektiven Dritten nicht mehr damit gerechnet werden kann, dass dieser zur unbefangenen und unvoreingenommenen Erfüllung seiner Aufgaben im Verhältnis zu allen Betroffenen in der Lage ist (vgl. hierzu die für die Entlassung des Insolvenzverwalters grundlegende Entscheidung BGH, ZIP 1991, 324 [Rn. 36 ff.]). Insbesondere dürfen die Entlassung und auch die Drohung mit derselben nicht als Mittel zur Disziplinierung des Restrukturierungsbeauftragten und zur Herbeiführung einer gewünschten Handlungs- oder Verhaltensweise missbraucht werden (LG Göttingen, ZIP 2003, 1760). Vor einer möglichen Entlassung des Restrukturierungsbeauftragten sind daher 11 alle von der allgemeinen Rechtsgrundlage des § 75 Abs. 1 Satz 1 StaRUG gedeckten Aufsichtsmaßnahmen auszuschöpfen. Hierzu gehören vor allem die Fristsetzung zur ordnungsgemäßen Erfüllung bisher nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllter Aufgaben und Pflichten, richterliche Ermahnungen, insbesondere in Fällen der Kompetenzüberschreitung, oder auch die Bestellung eines kumulativen Restrukturierungsbeauftragten (vgl. § 74 StaRUG Rn. 38) unter (ggf. teilweiser) Übertragung der nicht erfüllten Aufgaben an diesen. 4. Entlassung des Restrukturierungsbeauftragten (§ 75 Abs. 2, 3 StaRUG) a) Entlassung von Amts wegen Nach § 75 Abs. 1 Satz 1 StaRUG kann das Restrukturierungsgericht den Re- 12 strukturierungsbeauftragten (nur) aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung erfolgt gemäß § 75 Abs. 2 Satz 2, 1. Alt. StaRUG grundsätzlich zunächst von Amts wegen.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
13 Die Entlassung des Restrukturierungsbeauftragten ist regelmäßig nicht nur für den Beauftragten selbst, sondern auch für das Verfahren mit erheblichen Folgen verbunden. Die Entlassung darf daher als ultima ratio (vgl. Rn. 10) nur dann erfolgen, wenn die Gründe wesentlich sind und die Entlassung des Restrukturierungsbeauftragten für die Fortführung des Verfahrens notwendig ist. 14 Die Entlassung kann nur aus dem Restrukturierungsbeauftragten persönlich vorwerfbaren Gründen erfolgen, die es als sachlich nicht mehr vertretbar erscheinen lassen, ihn im Amt zu belassen (für den Insolvenzverwalter BGH, NZI 2009, 604), oder aus ähnlich gewichtigen Gründen (BGH, ZIP 2010, 2118), z. B. der Unfähigkeit zur weiteren Amtsführung etwa infolge von Krankheit oder sonstiger Verhinderung. 15 Ein wichtiger Grund liegt demnach nur vor, wenn feststeht, dass ein Verbleiben des Restrukturierungsbeauftragten im Amt unter Berücksichtigung seiner schutzwürdigen Interessen die Belange der Gläubigergesamtheit und die Rechtmäßigkeit der Verfahrensabwicklung objektiv nachhaltig beeinträchtigen würde (BGH, NZI 2017, 667). Auch wenn in Ansehung des Schutzes der Ausübung des Insolvenzverwalteramts durch Art. 12 GG sich das Berufsbild des Restrukturierungsbeauftragten noch nicht in derselben Weise hat verfestigen können (so Frind, ZRI 2021, 397, und deshalb für einen geringen Schutz des Restrukturierungsbeauftragten plädierend), so ist der Restrukturierungsbeauftragte dennoch in derselben Weise schutzbedürftig, da sich Tätigkeitsund Aufgabenbild beider aufgrund hoheitlicher Bestellung im Drittvermögensinteresse tätig werdender Personen erstens ähneln, der Personenkreis der Bestellten zweitens in großen Teilen deckungsgleich bleiben wird und drittens beide Ämter in derselben Weise die Einrichtung und Vorhaltung eines entsprechend organisierten Kanzleibetriebes nebst hinreichender fachlicher und kapazitativer Ressourcen voraussetzt (BVerfG, ZIP 2016, 321). Hierfür ist unerheblich, ob der Beruf des Restrukturierungsbeauftragten als Teil des Berufsbildes des Insolvenzverwalters anzuerkennen ist, oder ob sich hierfür ein gesondertes Berufsbild herausbildet, da vom Schutz der Berufsfreiheit auch Berufe erfasst werden, die vom Gesetzgeber zwar nicht angelegt sind, jedoch infolge der fortschreitenden sozialen, technischen oder wirtschaftlichen Entwicklung entstehen (BVerfG, NJW 1998, 3481), wobei gerade für die rechtsund wirtschaftsberatenden Berufe in den letzten Jahrzehnten eine solche Entwicklung festzustellen ist (BVerfG, ZIP 2016, 321). 16 Eingriffe in die derart geschützte Berufsfreiheit sind daher nur zulässig, soweit sie durch höherwertige Interessen des gemeinen Wohls gerechtfertigt sind, nicht weiter gehen, als es erforderlich ist, und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren (BGH, NZI 2006, 158). 17 Die Voraussetzungen für die Entlassung aus dem Amt müssen objektiv vorliegen, d. h., es müssen objektive Umstände feststehen, die aus der Sicht eines vernünftigen Gläubigers oder Schuldners objektiv berechtigte Zweifel an der Unvoreingenommenheit oder Unparteilichkeit der in Aussicht genommenen
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§ 75 Rechtsstellung
Person begründen und die zur vollen Überzeugung des Gerichts bestehen. Die objektiv begründete Besorgnis aus der Sicht eines vernünftigen Dritten reicht jedoch aus, d. h., es genügen die abstrakt zu besorgenden Zweifel an der Unvoreingenommenheit oder Unparteilichkeit; die konkrete Feststellung z. B. einer tatsächlich bestehenden Abhängigkeit zu einem Beteiligteninteresse muss nicht positiv erfolgen (BGH, NZI 2017, 667). Dies hat besondere Bedeutung insbesondere in den Fällen, in denen die etwai- 18 gen Entlassungsgründe nicht in der Person des Restrukturierungsbeauftragten selbst liegen, sondern z. B. in einer möglichen Vorbefassung eines mit dem Restrukturierungsbeauftragten zur gemeinsamen Berufsausübung verbundenen Person. In solchem Fall nämlich indiziert die Vorbefassung eines Dritten nämlich gerade nicht die fehlende Unabhängigkeit auch des in Aussicht genommenen oder bereits bestellten Restrukturierungsbeauftragten, sondern muss vielmehr glaubhaft gemacht und zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden, weshalb die Tätigkeit des Dritten den Restrukturierungsbeauftragten in eine Abhängigkeitslage versetzt, die bei objektiver Betrachtung zu begründetem Zweifel führen, dass er an der pflichtgemäßen Amtsführung gehindert ist. Insbesondere einzelne Honorarinteressen in größeren, zur gemeinsamen Berufsausübung verbundenen Einheiten, die nicht ein für den Unternehmenserfolg bestimmendes Ausmaß erreichen, genügen hierfür in aller Regel nicht. Zur Bestimmung der sich in Rechtsprechung und Literatur bereits gebildeten 19 Fallgruppen zu § 59 InsO kann auf diese auch im Anwendungsbereich des § 75 StaRUG verwiesen werden. b) Entlassung auf Schuldner- oder Gläubigerantrag In derselben Weise wie § 59 InsO geändert wurde (vgl. §§ 56, 56a, 59 InsO 20 Rn. 41), sieht auch § 75 Abs. 2 Satz 2 StaRUG vor, dass die Entlassung auch auf Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers erfolgen kann. Dies geht auf Art. 26 Abs. 1 lit. d) der Richtlinie (RL [EU] 2019/1023) zurück. Die Entlassung auf Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers erfolgt gemäß § 75 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 StaRUG allerdings nur, wenn der Restrukturierungsbeauftragte nicht unabhängig ist. Dies ist nach § 75 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 StaRUG von dem Antragsteller glaubhaft zu machen und muss demgemäß zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Aus der Formulierung „nicht unabhängig ist“ folgt indessen nicht, dass nicht 21 auch im Anwendungsbereich der Entlassung des Restrukturierungsbeauftragten auf Schuldner- oder Gläubigerantrag die objektiv begründete konkrete Besorgnis ausreichend, sondern vielmehr die Abhängigkeit von einem Verfahrensbeteiligten positiv nachzuweisen wäre (vgl. Rn. 17). Dies folgt bereits daraus, dass die Glaubhaftmachung genügt und keine Feststellung im Sinne eines Vollbeweises erforderlich ist. Zudem liegt der Schutzzweck des Antragsrechts gerade darin, dem Schuldner und einzelnen Gläubigern das Recht ein-
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zuräumen, einen Restrukturierungsbeauftragten wegen eines zu besorgenden Interessenkonflikts abzulehnen (BT-Drucks. 19/24181, S. 173). In Anerkennung gerade dieses Schutzzwecks hat sich jedoch das Vorliegen einer objektiv begründeten Besorgnis als für das Fehlen der Unabhängigkeit genügend herausgebildet. Es gelten daher die vorstehenden Ausführungen (Rn. 15 ff.) entsprechend. 22 Vor einer Entlassungsentscheidung ist dem Restrukturierungsbeauftragten rechtliches Gehör zu gewähren und ist dieser gemäß § 75 Abs. 3 Satz 4 StaRUG zu hören. Die Entlassung kann nur erfolgen, wenn nach der Anhörung zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass die Besorgnis der fehlenden Unabhängigkeit gerade in der Person des Restrukturierungsbeauftragten objektiv begründet ist. An das Maß der Überzeugungsbildung und daher auch an das Maß der Glaubhaftmachung sind wegen der hohen Eingriffsintensität einer Entlassung zum einen, die erheblichen Auswirkungen auf das Verfahren zum anderen hohe Anforderungen zu stellen. 23 In der Tatsache, dass das Antragsrecht sowohl dem Schuldner als auch einem jeden Gläubiger zusteht, kommt noch einmal die neutrale und vermittelnde Rolle des Restrukturierungsbeauftragten zum Ausdruck, die Vermögensinteressen der Gläubiger und das Erhaltungsinteresse des Schuldners sowie dessen Interesse am Schutz seines Residualvermögens gleichermaßen zu wahren. 24 Das Antragsrecht des Schuldners kann von jedem (allein-)vertretungsberechtigten Organ ausgeübt werden, da das Gesetz insoweit keine qualifizierten Vertretungserfordernisse vorschreibt. Da es jedoch auf das Interesse des Schuldners insgesamt ankommt und der Entlassungsantrag nicht zum (Druck-)Mittel im Rahmen eines innerorganschaftlichen Streites werden darf, empfiehlt sich die entsprechende bzw. analoge Anwendung des § 15 Abs. 2 Satz 3 InsO, wonach die übrigen Mitglieder des Vertretungsorgans oder persönlich haftenden Gesellschafter vom Restrukturierungsgericht anzuhören sind, hat nur ein Mitglied des Vertretungsorgans oder einer von mehreren persönlich haftenden Gesellschaftern den Antrag gestellt. 25 Auf Gläubigerseite ist grundsätzlich jeder Gläubiger zur Antragstellung berechtigt, unabhängig davon, ob er planbetroffen ist oder nicht. Dies folgt daraus, dass der Restrukturierungsbeauftragte auch die Rechte der Nichtplanbetroffenen insbesondere im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für den Erlass einer Stabilisierungsanordnung (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 69) zu wahren hat. Auch hier ist der Entlassungsantrag eines Gläubigers jedoch nicht Mittel der Fachaufsicht und schon gar nicht der Justiziabilisierung von Zweckmäßigkeitserwägungen, sondern kann ebenfalls nur mit der fehlenden Unabhängigkeit gerade des Restrukturierungsbeauftragten selbst begründet werden. Die vorstehenden Ausführungen (Rn. 15 ff., 18) gelten daher auch hier entsprechend. 26 Nicht geregelt ist ein Antragsrecht auch des Gläubigerbeirats nach § 93 StaRUG. Ob es sich hierbei um eine unbeabsichtigte Regelungslücke bei der 432
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sehr kurzfristigen Schaffung des Instruments des Gläubigerbeirats erst im Rahmen der Befassung durch den Rechtsausschuss handelt, ist der Gesetzesbegründung naturgemäß nicht zu entnehmen. Da das Antragsrecht aber einem jeden Gläubiger zusteht und die Vorschrift dem gleichfalls entsprechend geänderten § 59 InsO nachgebildet ist, der ein Antragsrecht auch des Gläubigerausschusses vorsieht, ist dem Gläubigerbeirat als qualifiziertem Organ der Gläubigerschaft ein solches Antragsrecht in erweiterter Auslegung des § 75 Abs. 2 StaRUG und analoger Anwendung des § 59 Abs. 2 InsO einzuräumen. c) Entlassung auf Antrag des Restrukturierungsbeauftragten Schließlich kann der Restrukturierungsbeauftragte selbst seine Entlassung 27 beantragen. Auch die Entlassung auf eigenen Antrag kann jedoch nur aus wichtigem Grund erfolgen. Das Erfordernis eines qualifizierten Entlassungsgrundes dient gerade auch dem Schutz des Verfahrens und damit auch öffentlichen Interessen. Die Entlassung auf eigenen Antrag steht daher nicht zur voraussetzungslosen Disposition des Restrukturierungsbeauftragten, da das qualifizierte Begründungserfordernis gerade nicht nur in seinem Interesse besteht. d) Entlassungsbeschluss und Rechtsmittel Die Entlassung erfolgt als actus contrarius der Bestellung durch Beschluss. 28 Der Beschluss ist, wie sich aus den tatbestandlichen Anforderungen des § 75 Abs. 2 StaRUG ergibt, zu begründen. Gegen den Entlastungsbeschluss steht dem Restrukturierungsbeauftragten 29 gemäß § 75 Abs. 4 Satz 1 StaRUG die sofortige Beschwerde zu. Dasselbe gilt gemäß § 75 Abs. 4. Satz 2 StaRUG für einen jeden Antragsteller im Sinne vorstehender lit. a) bis c), lehnt das Restrukturierungsgericht den Antrag auf Entlassung ab. Das Verfahren der Beschwerde richtet sich nach § 40 StaRUG. Die Entlassung 30 des Restrukturierungsbeauftragten wird daher gemäß § 40 Abs. 3 Satz 1 StaRUG grundsätzlich erst mit Rechtskraft der Beschwerdeentscheidung wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch gemäß § 40 Abs. 3 Satz 2 StaRUG die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen. Da im Falle der obligatorischen Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten 31 und seiner nachfolgenden Entlassung das Verfahren kein Vakuum verträgt, ist mit der Rechtskraft der Entlassungsentscheidung oder der Anordnung deren sofortiger Wirksamkeit gemäß § 40 Abs. 3 Satz 2 StaRUG unverzüglich ein neuer Restrukturierungsbeauftragter zu bestellen. Im Falle der Entlassung eines fakultativen Restrukturierungsbeauftragten ist der Schuldner demgegenüber anzuhören, ob er seinen Antrag aufrechterhält, da die Entlassung des Restrukturierungsbeauftragten einen derart massiven Eingriff in den Ablauf des Verfahrens bedeutet, dass nicht – ohne dem Schuldner erneut rechtliches
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Gehör zu gewähren – davon ausgegangen werden sollte, dass der Antrag (unverändert) aufrechterhalten bleibt. Ungeachtet dessen ist die Entlassung eines fakultativen Restrukturierungsbeauftragten wegen dessen fehlender Unabhängigkeit (vom Schuldner) immer auch Anlass für das Gericht zu prüfen, ob Aufhebungsgründe im Sinne des § 33 StaRUG verwirklicht sind, weil der Schuldner zunächst gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG verpflichtet ist, Umstände, welche die fehlende Unabhängigkeit des Restrukturierungsbeauftragten besorgen lassen, ungefragt zu offenbaren, und der Versuch, das Verfahren zu seinen Gunsten durch die Bestellung eines inhabilen Restrukturierungsbeauftragten zu beeinflussen, eine schwerwiegende Verletzung der Pflicht aus §§ 32 Abs. 1, 33 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG, das Verfahren im Gläubigerinteresse zu führen, darstellt. 32 Hat die Beschwerde des Restrukturierungsbeauftragten gegen seine Entlassung Erfolg und war wegen der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit der Entscheidung nach § 40 Abs. 3 Satz 2 StaRUG unverzüglich ein neuer Restrukturierungsbeauftragter bestellt worden, so geht mit der Aufhebung des Entlassungsbeschlusses die Entlassung des an seiner statt bestellten Restrukturierungsbeauftragten unmittelbar einher. Das Verbot der Doppelbestellung stellt einen wichtigen verfahrensrechtlichen, die Entlassung des ersatzweise bestellten Restrukturierungbeauftragten rechtfertigenden Grund dar (BGH, ZIP 2010, 2118). Ein Auswahlermessen zwischen den beiden bestellten Restrukturierungsbeauftragten steht dem Gericht in diesem Fall nicht zu. 5. Pflichtenmaßstab und Haftung (§ 75 Abs. 4 StaRUG) a) Bestimmung des restrukturierungsbezogenen Pflichtenmaßstabes 33 § 75 Abs. 4 StaRUG bestimmt in seinem Satz 1 zunächst den allgemeinen Sorgfaltsmaßstab für die Tätigkeit des Restrukturierungsbeauftragten, wonach dieser die ihm obliegenden Aufgaben mit der gebotenen Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit erfüllt. In Satz 2 ist dann noch einmal gesondert herausgestellt, dass der Restrukturierungsbeauftragte seine Aufgaben unparteiisch wahrzunehmen hat. In Satz 3 ist sodann die Haftungsanordnung enthalten, wonach der Restrukturierungsbeauftragte für schuldhafte Pflichtverletzungen den Betroffenen zum Schadensersatz verpflichtet ist. 34 In der Gesetzesbegründung ist schlicht ausgeführt, dass die Wahrnehmung der Funktion als Gewährsperson erfordere, dass der Restrukturierungsbeauftragte in Anlehnung an § 60 Abs. 1 InsO auch die zivilrechtliche Verantwortung für etwaiges Fehlverhalten übernehmen müsse (BT-Drucks. 19/24181, S. 173). Der Gesetzgeber begnügt sich daher mit einem Verweis auf § 60 Abs. 1 InsO, woraus folgt, dass die für die Haftung des Insolvenzverwalters entwickelten Grundsätze auf die Haftung des Restrukturierungsbeauftragten übertragbar sind. 35 Die Übertragung dieser Grundsätze ist indes nur hinsichtlich der abstrakten Ausformung der Haftungsvorschrift und ihrer abstrakt-generellen Anwen434
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dungsgrundsätze möglich, nicht jedoch hinsichtlich der Ausprägung im Einzelnen, weil sich hierzu im Regelfall die Aufgaben des Insolvenzverwalters und des Restrukturierungsbeauftragten zu sehr unterscheiden. Insbesondere trifft den Restrukturierungsbeauftragten nicht die Pflicht, das Vermögen des Schuldners zu bewahren und ordnungsgemäß zu verwalten (vgl. BGH, WM 2014, 1434). Den Besonderheiten des jeweiligen Aufgabenkreises ist daher bei der Bestimmung des Pflichtenmaßstabs Rechnung zu tragen. Im Grundsatz gilt jedoch unter Übertragung der zu § 60 Abs. 1 InsO ergan- 36 genen Rechtsprechung, dass der Restrukturierungsbeauftragte allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet ist, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach dem StaRUG obliegen. Diese Pflicht hat sich am gesetzlichen Leitbild des ordentlichen und gewissenhaften Restrukturierungsbeauftragten auszurichten, welches an die handels- und gesellschaftsrechtlichen Sorgfaltsanforderungen angelehnt ist, aber den Besonderheiten des Restrukturierungsverfahrens Rechnung zu tragen hat (vgl. BGH, ZIP 2017, 779). Aus dem Gebot der gewissenhaften Wahrnehmung der Pflichten folgt, dass den Restrukturierungsbeauftragten vor allem auch Informationsbeschaffungspflichten treffen und er sich nicht allein auf die Prüfung derjenigen Informationen verlassen und zurückziehen darf, die ihm vom Schuldner proaktiv zur Verfügung gestellt werden. Dies auch dann nicht, wenn der Schuldner sich grundsätzlich als verlässlich darstellt und es keinen Anlass gegeben hat, an dessen Redlichkeit zu zweifeln. Das Verlangen nach und die Prüfung der verfügbaren Informationen darf nicht durch ein Vertrauen in den Schuldner ersetzt werden (vgl. zur Prüfungs- und Informationsbeschaffungspflicht aber auch § 76 StaRUG Rn. 13). Solange und soweit sich allerdings keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass die vom Schuldner bereitgestellten Informationen nicht unvollständig oder unrichtig sind, sondern vielmehr bei objektiver fachkundiger Prüfung und Beurteilung kein Grund besteht, daran zu zweifeln, dass die für die Erfüllung der restrukturierungsspezifischen Pflichten maßgeblichen Umstände vollständig und richtig dokumentiert sind, sind weitere (forensische) Ermittlung nicht geschuldet. Durch die gesonderte Erwähnung in § 75 Abs. 4 Satz 2 StaRUG macht der 37 Gesetzgeber darüber hinaus noch einmal deutlich, dass neben der Gewissenhaftigkeit der Wahrnehmung des Amtes vor allem der Neutralität der Amtsführung ein besonderes Gewicht zukommt. Hierbei handelt es sich nicht um eine Redundanz zu dem Bestellungskriterium der Unabhängigkeit (vgl. § 74 StaRUG Rn. 9), da der nicht unabhängige Restrukturierungsbeauftragte im Regelfall schon nicht bestellt werden darf, weshalb die mit diesem Kriterium identische Anordnung einer Neutralitätspflicht im Rahmen der Amtsführung keinen Sinn machte. Vielmehr kommt dem Neutralitätsgebot eigenständige Bedeutung insoweit zu, als sie den Besonderheiten des Restrukturierungsmandats Rechnung trägt, das regelmäßig eine Vielzahl von Interessen zum Ausgleich zu bringen hat. Anders als im Insolvenzverfahren kann dem Restrukturierungsbeauftragten, wie z. B. § 79 StaRUG zeigt, auch die Funktion
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zukommen, den Schuldner zu beraten und bei der Erstellung des Restrukturierungsplans zu begleiten. Auch der obligatorische Restrukturierungsbeauftragte hat sehr viel stärker die Interessen des Schuldners zu berücksichtigen, als dies im Insolvenzverfahren der Fall ist. Dessen ungeachtet bleibt zwar das Gläubigerinteresse, wie auch § 32 Abs. 1 StaRUG (vgl. Vor § 32 Rn. 7 ff.) zeigt, das wesentlich bestimmende Merkmal für die Verfahrens- und Verhandlungsführung, allerdings sind auch die Gläubigerinteressen untereinander nicht homogen und werden insbesondere die Interessen planbetroffener und nicht planbetroffener Gläubiger regelmäßig deutlich auseinandergehen. Durch das Neutralitätsgebot stellt der Gesetzgeber noch einmal ausdrücklich klar, dass es dem Restrukturierungsbeauftragten auch insoweit verwehrt ist, sich auf eine Seite zu schlagen, sondern er viel mehr gehalten ist, die Erreichung des Restrukturierungsziels unter angemessenem Ausgleich der Interessen aller Beteiligten, einschließlich der nicht Planbetroffenen herbeizuführen. 38 Inhaltlich wird der Pflichtenmaßstab dabei gerade durch das vom Gesetz vorgegebene Restrukturierungsziel der nachhaltigen Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit des Schuldners (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 48) unter Beachtung des Verbots der Übersanierung (vgl. § 7 StaRUG Rn. 15) ebenso wie durch die von den Planbetroffenen zur Zweckerreichung beschlossenen Restrukturierungsmaßnahmen bestimmt. Die konkrete Ausgestaltung der Pflichten hängt dabei jedoch stets von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BGH, ZIP 2017, 779). 39 Die Festlegung des objektiven Pflichtenumfangs und Mindestmaßstabs hat dabei restrukturierungsspezifisch zu erfolgen (BGH, ZIP 2020, 1080) und zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber nicht bloß an die handels- und gesellschaftsrechtlichen Pflichten angeknüpft, sondern sich in der gesetzlichen Formulierung nur an diese angelehnt hat, womit er deutlich zum Ausdruck bringt, dass die Besonderheiten zu beachten sind, die sich aus den Aufgaben des Restrukturierungsbeauftragten und aus den Umständen ergeben, unter denen er seine Tätigkeit ausübt (BGH, ZIP 2020, 1080; BGH, NZI 2016, 52). 40 Die Beschränkung auf restrukturierungsspezifische Pflichten bewirkt, dass haftungsbegründend nur die Verletzung solcher Pflichten ist, die dem Restrukturierungsbeauftragten in dieser Eigenschaft durch die Vorschriften des StaRUG übertragen sind. Damit soll gerade der Gefahr einer Ausuferung der Haftung des Restrukturierungsbeauftragten vorgebeugt werden (BGH, ZIP 2016, 1126). Der Pflichtenumfang wird hierdurch allerdings nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv eingegrenzt. So obliegen dem Restrukturierungsbeauftragten restrukturierungsspezifische Pflichten nur im Verhältnis zu den Planbetroffenen, nicht planbetroffenen Gläubigern, die aber z. B. von einer Stabilisierungsanordnung oder einer unzutreffenden Auswahl der Planbetroffenen berührt werden, zu Absonderungsanwartschaftsberechtigten, verbundenen Unternehmen, die Drittsicherheiten gestellt haben, und dem Schuldner. Die Ausdehnung der restrukturierungsspezifischen Pflichten auch auf Organe insbesondere des Schuldners ist nur insoweit möglich, wie ihm diese als Gläu436
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biger oder Planbetroffene gegenübertreten, nicht aber im Sinne einer drittschützenden Erweiterung der Haftungsanordnung. Eine Haftung des Restrukturierungsbeauftragten in Folge einer (späteren) Inanspruchnahme der schuldnerischen Organe z. B. aus § 15b InsO oder aus §§ 32, 42, 43 StaRUG scheidet daher aus (vgl. BGH, ZIP 2016, 1126). Entsprechend der Erstreckung der Haftung des Insolvenzverwalters gemäß 41 § 60 Abs. 1 InsO auch auf Massegläubiger gilt jedoch auch im Anwendungsbereich des § 75 Abs. 4 StaRUG, dass der Restrukturierungsbeauftragte auch all jenen Gläubigern und Vertragspartnern gegenüber restrukturierungsspezifische Pflichten zu erfüllen hat, die während des laufenden Verfahrens ihre Leistung weiter erbringen und auf die Fähigkeit des Schuldners vertrauen, während des Verfahrens zahlungsfähig zu bleiben. Nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG ist die Restrukturierungssache aufzuheben, sobald Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass der Schuldner insolvenzreif ist (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 84). Nach § 76 Abs. 1 StaRUG ist der Restrukturierungsbeauftragte ungeachtet der Ausgestaltung des Amts im Einzelfall verpflichtet, dem Restrukturierungsgericht sämtliche Umstände, die eine Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 33 StaRUG rechtfertigen, unverzüglich mitzuteilen (vgl. § 76 StaRUG Rn. 7). Unterbleibt diese Mitteilung und wird die Restrukturierungssache deshalb nicht mit der Folge des Wiederauflebens der Insolvenzantragspflicht gemäß § 42 StaRUG aufgehoben und erleiden einzelne Vertragspartner bzw. Gläubiger daraus Insolvenzverschleppungsschäden, so kann dies eine Haftung des (vormaligen) Restrukturierungsbeauftragten begründen, die in diesem Fall gesamtschuldnerisch neben die Haftung des Organs aus § 15b InsO (vgl. § 15b InsO Rn. 23) tritt. Dem Gläubiger steht es in dieser Konstellation frei, wen er in Anspruch nimmt; war die Inanspruchnahme des Organs allerdings bereits erfolgreich, so entfällt insoweit der Schaden. Daraus folgt auch, dass im Falle der Inanspruchnahme des Restrukturierungsbeauftragten diese nur Zug-um-Zug gegen Abtretung etwaiger Schadensersatzansprüche gegen das Organ entsprechend § 255 BGB erfolgreich sein kann. Die Beurteilung einer Pflichtverletzung des Restrukturierungsbeauftragten 42 erfolgt stets aus der Ex-ante-Perspektive und berücksichtigt, dass der Restrukturierungsbeauftragte eine Prognoseentscheidung unter häufig erheblicher Unsicherheit und regelmäßig auch unter großem Zeitdruck zu treffen hat (vgl. BGH, ZIP 2020, 1080; BGH, WM 2014, 1434). Soweit im Aufgabenkreis des Restrukturierungsbeauftragten auch unternehmerische Entscheidungen zu treffen sind (vgl. § 76 StaRUG Rn. 17 ff.), findet wie auch für den Insolvenzverwalter die Business Judgement Rule des § 93 AktG keine Anwendung (BGH, ZIP 2020, 1080), sondern ist der dem Restrukturierungsbeauftragten zustehende weite Ermessensspielraum restrukturierungsspezifisch im Anwendungsbereich des § 75 Abs. 4 StaRUG unmittelbar zu bestimmen.
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b) Haftung und Schaden 43 Die Haftung des Restrukturierungsbeauftragten ist verschuldensunabhängig. Ein vermutetes Verschulden, wie etwa in § 61 InsO, gibt es nicht. Vielmehr trägt der Anspruchsteller wie im Anwendungsbereich des § 60 Abs. 1 InsO auch die vollständige Darlegungs- und Beweislast; dies schließt allerdings ein, dass den in Anspruch genommenen Restrukturierungsbeauftragten bei negativen Tatsachen und nach den allgemeinen Grundsätzen auch eine sekundäre Darlegungslast treffen kann (BGH, NZI 2016, 52). 44 In der Konzeption des Schadensersatzanspruchs ergeben sich zwischen Ansprüchen aus § 60 InsO und Ansprüchen aus § 75 Abs. 4 StaRUG allerdings wesentliche konstruktive Unterschiede. Während im Anwendungsbereich des § 60 InsO danach differenziert wird, ob die Verletzung der insolvenzspezifischen Pflicht im Gesamtgläubiger- oder im individuellen Interesse lag und sich bei Verletzung von Gesamtgläubigerinteressen der Schadensersatzanspruch als Gesamtschaden darstellt, der nur von einem (Sonder-)Insolvenzverwalter geltend gemacht werden kann, und individuelle auf den Quotenschaden gerichtete Ansprüche bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens suspendiert sind, ist dieses Konzept für gegen den Restrukturierungsbeauftragten gerichtete Ansprüche nicht durchgängig tragfähig. 45 Ausgangspunkt für das insolvenzrechtliche Konzept des Ersatzes des Gesamtschadens nach § 60 Abs. 1 InsO ist, dass jede Pflichtverletzung des Verwalters, die sich mittelbar oder unmittelbar nachteilig auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen auswirkt, die Gläubiger im Grundsatz gemeinschaftlich schädigt. Dementsprechend steht auch der Ersatzanspruch grundsätzlich der Gläubigergemeinschaft gesamtheitlich zu, sofern es sich nicht um die Verletzung einer nur im Individualinteresse bestehenden Pflicht handelt (vgl. statt vieler Schoppmeyer, in: MünchKomm-InsO [4. Aufl. 2019], § 60 Rn. 116). Der Gesamtschaden zeichnet sich regelmäßig durch eine Verminderung der Insolvenzmasse oder durch die Begründung zusätzlicher Masseverbindlichkeiten aus. Begründet die Pflichtverletzung sowohl ein Gesamtschaden der Masse als auch ein Einzelschaden bei einem bestimmten Beteiligten, so geht für die Dauer des Insolvenzverfahrens die Haftung für den Gesamtschaden vor (Schoppmeyer, a. a. O., § 60 Rn. 10), soweit er sich auf den Quotenschaden beschränkt; Schäden, die über den Quotenschaden hinausgehen, weil die Vermögensposition auch im Insolvenzverfahren unmittelbar hätte geltend gemacht und durchgesetzt werden können, können auch während des laufenden Insolvenzverfahrens individuell geltend gemacht werden (Schoppmeyer, a. a. O., § 60 Rn. 118). 46 Dieses Konzept ist auf § 75 Abs. 4 Satz 3 StaRUG nicht ohne Weiteres übertragbar. Anders als § 43 Abs. 1 Satz 2 StaRUG (vgl. dort Rn. 3) ordnet § 75 Abs. 4 Satz 3 StaRUG nicht die Haftung gegenüber dem Schuldner – dann handelte es sich um die Haftung für den eingetretenen Gesamtschaden –, sondern die Haftung gegenüber den von der Pflichtverletzung jeweils Betroffenen
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an. Das legt vor allem in Ansehung der – mutmaßlich bewusst – abweichenden Formulierung zu § 43 Abs. 1 Satz 2 StaRUG zunächst die Ersatzpflicht für den individuellen Schaden eines jeden Betroffenen nahe. In der Tat wäre dem individuell Geschädigten, sei es ein Planbetroffener, ein 47 Absonderungsanwartschaftsberechtigter oder ein sonstiger Gläubiger mit der Gewährung eines in das Schuldnervermögen zu erstattenden Gesamtschadensersatzanspruchs nicht gedient. In der Natur des Restrukturierungsverfahrens liegt es gerade, dass nicht das gesamte Vermögen des Schuldners liquidiert und der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger zugeführt wird, sondern dass verschiedenste Restrukturierungsmaßnahmen, die hinsichtlich Zweckmäßigkeit und Gestaltungsbreite zur Disposition des Schuldners stehen (vgl. § 6 StaRUG Rn. 5, 7 ff.), zum Gegenstand des Restrukturierungsplans gemacht werden können und sich somit ein in das Vermögen des Schuldners geleisteter Schadensersatz nicht notwendigerweise kompensatorisch bei dem Geschädigten auswirkt. Vielmehr bestünde die begründete Sorge, dass das als Schadensersatz Geleistete im Vermögen des Schuldners verbleibt und allein diesem zugutekommt. § 75 Abs. 4 Satz 3 StaRUG kann seinen Zweck daher nur dann erfüllen, wenn die Geltendmachung eines individuellen Schadensersatzanspruchs Vorrang vor einem Gesamtanspruch genießt und daher das im Anwendungsbereich des § 60 Abs. 1 InsO geltende Regel-Ausnahme-Verhältnis gerade umgekehrt wird. Die Haftung des Restrukturierungsbeauftragten für individuell eintretende Schäden wird auch dem Neutralitätsprinzip besser gerecht, da die unterschiedliche Behandlung von Betroffenen im Verfahren und die danach verschiedene Teilhabe am Vermögen des Schuldners eine sachgerechte Kompensation im Rahmen eines Gesamtschadensausgleichs jedenfalls erheblich verkomplizierte, wenn nicht sogar insgesamt unmöglich machte. Anders stellt sich dies nur im Fall einer Folgeinsolvenz (allgemein dazu vgl. 48 Hölzle/Curtze, ZIP 2021, 1293) dar. Wird nämlich nach Aufhebung oder Beendigung der Restrukturierungssache ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eingeleitet, so wirken die Unterschiede in der Teilhabe der vormals am Restrukturierungsverfahren Beteiligten an dem schuldnerischen Vermögen nicht fort, sondern gilt der insolvenzrechtliche Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung der jeweiligen Gläubiger im selben Rang. Die Verletzung solcher restrukturierungsspezifischen Pflichten, die im Gesamtgläubigerinteresse bestehen, ist daher von dem Zeitpunkt der Eröffnung des Folgeinsolvenzverfahrens an vorrangig im Gesamtgläubigerinteresse gemäß § 92 InsO gesamtheitlich zu liquidieren. Ein Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung von Pflichten, die ausschließlich im individuellen Interesse einzelner Beteiligter bestehen, kann daneben vom Betroffenen nach wie vor individuell gegen den Restrukturierungsbeauftragten auch außerhalb des Insolvenzverfahrens geltend gemacht werden.
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c) Verjährung 49 Die Verjährung des Schadensersatzanspruchs ist in § 75 Abs. 4 Satz 4 – 6 StaRUG in Anlehnung an § 62 Satz 2, 3 InsO geregelt. Sie richtet sich nach der allgemeinen zivilrechtlichen Verjährung mit einer Verjährungshöchstfrist von drei Jahren und ist damit gerade nicht an die Verjährungsfristen gesellschaftsrechtlicher Haftungstatbestände von regelmäßig fünf Jahren angeglichen. 50 Die Verjährung beginnt mit der Beendigung der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache zu laufen. Hierbei ist unerheblich, aus welchem Rechtsgrund die Beendigung der Rechtshängigkeit erfolgt, nämlich durch einen Umstand im Sinne des § 31 Abs. 4 StaRUG (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 71 ff.) oder durch Aufhebung der Restrukturierungssache gemäß § 33 StaRUG (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 80 ff.). 51 Ist die Planüberwachung angeordnet, tritt an die Stelle des Endes der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache gemäß § 75 Abs. 4 Satz 6 StaRUG der Abschluss der Planüberwachung. Offen lässt das Gesetz, ob dies nur dann gilt, wenn die Planüberwachung (auch) zum Aufgabenkreis des Restrukturierungsbeauftragten (vgl. § 73 StaRUG Rn. 52) gehört. Das allerdings ist abzulehnen. Auch für den nicht planüberwachenden Restrukturierungsbeauftragten verlängert sich im Falle der Planüberwachung die Verjährungsfrist um den Überwachungszeitraum. Die Planüberwachung wird nämlich angeordnet, weil die im Restrukturierungsplan zur Befriedigung der Planbetroffenen vorgesehenen Maßnahmen noch nicht vollständig vollzogen sind, die plangemäß geschuldete Befriedigung daher noch nicht bewirkt ist. Den Planbetroffenen kann indes nicht zugemutet werden, etwaige Schadensersatzansprüche bereits zu einem Zeitpunkt und ggf. im Wege der Feststellungsklage verfolgen zu müssen, zu dem noch nicht feststeht, ob der Plan vollständig erfüllt werden wird und sich aus einer etwaigen Pflichtverletzung ein Schaden überhaupt realisiert. Im Übrigen enthalten auch weder der Wortlaut des § 75 Abs. 4 Satz 6 StaRUG noch die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/24181, Satz 173) einen Hinweis darauf, dass für den späteren Beginn der Verjährung nach der Funktion des Restrukturierungsbeauftragten zu differenzieren wäre. § 76 Aufgaben (1) Stellt der Restrukturierungsbeauftragte Umstände fest, die eine Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 33 rechtfertigen, hat er diese dem Restrukturierungsgericht unverzüglich mitzuteilen. (2) Liegen die Voraussetzungen von § 73 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 oder Absatz 2 vor, 1. steht dem Restrukturierungsbeauftragten die Entscheidung darüber zu, wie der Restrukturierungsplan zur Abstimmung gebracht wird; erfolgt die Abstimmung nicht im gerichtlichen Verfahren, leitet der Beauftragte die Ver-
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§ 76 Aufgaben
sammlung der Planbetroffenen und dokumentiert die Abstimmung; der Beauftragte prüft die Forderungen, Absonderungsanwartschaften, gruppeninternen Drittsicherheiten und Anteils- und Mitgliedschaftsrechte der Planbetroffenen; ist eine Restrukturierungsforderung, Absonderungsanwartschaft oder gruppeninterne Drittsicherheit oder ein Anteils- und Mitgliedschaftsrecht dem Grunde oder der Höhe nach streitig oder zweifelhaft, weist er die anderen Planbetroffenen darauf hin und wirkt auf eine Klärung des Stimmrechts im Wege einer Vorprüfung nach den §§ 47 und 48 hin, 2. kann das Gericht dem Beauftragten die Befugnis übertragen, a) die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu prüfen und dessen Geschäftsführung zu überwachen, b) von dem Schuldner zu verlangen, dass eingehende Gelder nur von dem Beauftragten entgegengenommen und Zahlungen nur von dem Beauftragten geleistet werden können, 3. kann das Gericht dem Schuldner aufgeben, dem Beauftragten Zahlungen anzuzeigen und Zahlungen außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs nur zu tätigen, wenn der Beauftragte zustimmt. (3) Wird zugunsten des Schuldners eine Stabilisierungsanordnung erlassen, 1. prüft der Beauftragte fortlaufend, ob die Anordnungsvoraussetzungen fortbestehen und ob ein Aufhebungsgrund vorliegt; zu diesem Zweck untersucht der Beauftragte die Verhältnisse des Schuldners; 2. steht dem Beauftragten das Recht zu, die Gründe für die Aufhebung der Anordnung geltend zu machen. (4) 1Legt der Schuldner einen Restrukturierungsplan zur Bestätigung vor, nimmt der Beauftragte Stellung zur Erklärung nach § 14 Absatz 1. 2Erfolgt die Bestellung des Beauftragten vor der Planabstimmung, ist die Stellungnahme den Planbetroffenen als weitere Anlage beizufügen. 3Der Bericht nach Satz 1 stellt auch die Zweifel am Bestehen oder an der Höhe einer Restrukturierungsforderung, einer Absonderungsanwartschaft, einer gruppeninternen Drittsicherheit oder eines Anteils- und Mitgliedschaftsrechts nach Absatz 2 Nummer 1 Halbsatz 4 oder einen diesbezüglichen Streit dar. (5) Der Schuldner ist verpflichtet, dem Beauftragten die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, ihm Einsicht in die Bücher und Geschäftspapiere zu gewähren und ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. (6) 1Das Restrukturierungsgericht kann den Restrukturierungsbeauftragten beauftragen, die dem Gericht obliegenden Zustellungen durchzuführen. 2Zur Durchführung der Zustellung und zur Erfassung in den Akten kann der Beauftragte sich Dritter, insbesondere auch eigenen Personals, bedienen. 3Er hat die von ihm nach § 184 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung angefertigten Vermerke unverzüglich zu den Gerichtsakten zu reichen.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Pflichtaufgaben .............................. 5 a) „Bekanntwerden“ von Umständen (§ 76 Abs. 1 StaRUG) .................................. 5 b) Informationsbeschaffungspflicht ..................................... 13 c) Prüfung der Erklärung zur Bestandsfähigkeit (§ 76 Abs. 4 StaRUG) .................... 17 d) Übertragung der allgemeinen Pflichtaufgaben auf den fakultativen Restrukturierungsbeauftragten ................. 24
3.
4.
5.
Ergänzungsaufgaben (§ 76 Abs. 2 StaRUG) ....................................... a) Ergänzende Pflichtaufgabe (§ 76 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 StaRUG) ................................ b) Echte Ergänzungsaufgaben (§ 76 Abs. 2 StaRUG) .......... Auskunfts- und Mitwirkungspflicht des Schuldners (§ 76 Abs. 5 StaRUG) ........................... Übertragung der Zustellung (§ 76 Abs. 6 StaRUG) .................
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1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 § 76 StaRUG formt die allgemeine Pflicht des Restrukturierungsbeauftragten, die ihm obliegenden Aufgaben mit der gebotenen Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und Neutralität (§ 75 Abs. 4 StaRUG) zu erfüllen, konkreter aus. Er bestimmt dabei den möglichen Aufgabenkreis zunächst nur des obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten (dazu § 73 StaRUG Rn. 3, 16 ff.). Die Vorschrift differenziert zwischen den konkretisierten allgemeinen Pflichtaufgaben, die dem obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten ungeachtet der weiteren Aufgabenzuweisung im Einzelfall obliegen und Ergänzungsaufgaben, die nur nach gesonderter Übertragung zu erfüllen sind. Gemäß § 77 Abs. 2 StaRUG ist es möglich, auf Antrag (vor allem eines Gläubigers) auch dem fakultativen Restrukturierungsbeauftragten einzelne oder alle Pflicht- oder Ergänzungsaufgaben des obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten zu übertragen (vgl. §§ 77 – 79 StaRUG Rn. 36 ff.). 2 Das Gesetz folgt der Grundstruktur, dass je breiter das Verfahren angelegt und je tiefer die zu erwartenden Eingriffe in die Gläubigerrechte sind, je weiter das Verfahren also den Wirkungen eines in Eigenverwaltung geführten Insolvenzverfahrens ähnelt, desto mehr das Profil des Restrukturierungsbeauftragten dem eines Sachwalters im Eigenverwaltungsverfahren anzunähern ist (BT-Drucks. 19/24181, S. 174). Dies ist nicht nur gesetzgeberisches Motiv, sondern auch Auslegungshilfe für den dem Gericht eröffneten Ermessensspielraum bei der Anordnung bzw. Übertragung zusätzlicher Kompetenzen auf den Restrukturierungsbeauftragten. 3 Im Einzelfall kann die Reichweite der dem Restrukturierungsbeauftragten übertragenden Aufgaben sogar über das bloße Überwachungs- und Unterstützungsmandat hinausgehen und kann diesem sogar der Zahlungsverkehr übertragen werden (§ 76 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) StaRUG). Damit lässt sich die Funktion nahezu vollständig derjenigen des Sachwalters angleichen. 442
§ 76 Aufgaben
Daneben hat die Vorschrift auch gerichtsentlastende Funktion, insbesondere 4 soweit dem Restrukturierungsbeauftragten die Stellungnahme zu der Zielgerechtigkeit und Erreichbarkeit der Ziele des Restrukturierungsplans als Regelaufgabe obliegt. 2. Pflichtaufgaben a) „Bekanntwerden“ von Umständen (§ 76 Abs. 1 StaRUG) § 76 StaRUG kennt zwei Formen von Pflichtaufgaben, die dem obligatorischen 5 Restrukturierungsbeauftragten unabhängig von den ihm gemäß § 76 Abs. 2 StaRUG im Weiteren nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts übertragenen Ergänzungsaufgaben obliegen. Zunächst ist in § 76 Abs. 1 StaRUG die allgemeine Mitteilungspflicht des Re- 6 strukturierungsbeauftragten geregelt, dem Gericht unverzüglich das Vorliegen von Umständen anzuzeigen, welche die Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 33 StaRUG rechtfertigen, sobald ihm solche bekannt werden. Aus der Formulierung des Gesetzes folgt zweierlei: Zunächst bezieht sich die 7 Anzeigepflicht auf Umstände, welche die Aufhebung der Restrukturierungssache rechtfertigen, und nicht auf eingetretene Aufhebungsgründe. Das bedeutet, dass sich der Restrukturierungsbeauftragte einer rechtlichen Würdigung der Umstände zu enthalten und diese dem Gericht zu überlassen hat. Er darf auf die Anzeige von Umständen, die potenziell geeignet sein können, die Aufhebung der Restrukturierungssache zu rechtfertigen, nicht deshalb verzichten, weil er die Umstände für nicht tatbestandlich oder das hierfür erforderliche Maß nicht als gegeben ansieht. Die Subsumtion ist allein Aufgabe des Gerichts. Der Restrukturierungsbeauftragte ist weder berufen noch berechtigt, seine eigene rechtliche Würdigung an die Stelle derer des Gesichts zu setzen. Zum anderen soll der Restrukturierungsbeauftragte nur verpflichtet sein, 8 solche Umstände anzuzeigen, die ihm aus Anlass seiner Tätigkeit „bekannt werden“, woraus nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/24181, S. 173) zu schließen sein soll, dass der Restrukturierungsbeauftragte nicht aktiv fortlaufend die Verhältnisse des Schuldners auf das Vorliegen dieser Gründe überprüfen muss, sondern dass die Anzeigepflicht nur eingreift, wenn sich dem Beauftragten im Rahmen seiner Tätigkeit und Aufgabenerfüllung entsprechende Umstände offenbaren. Wann jedoch ein solches „Bekanntwerden“ gegeben ist, führt die Gesetzes- 9 begründung nicht weiter aus. Insbesondere bleibt offen, ob der Restrukturierungsbeauftragte verpflichtet ist, ihm vom Schuldner überlasse Unterlagen fachkundig auszuwerten und Prüfungsergebnisse zutage zu fördern, die ein fachkundiger Dritter bei entsprechend sorgsamer Prüfung aus den vorliegenden Unterlagen ableiten kann. Das Gesetz ist insoweit sehr unglücklich formuliert und bringt den Restrukturierungsbeauftragten in eine ungewisse und vor allem haftungsrechtlich schwer einzugrenzende Lage.
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10 Der Wortlaut der Gesetzesbegründung, wonach nicht aktiv fortlaufend die Verhältnisse des Schuldners überprüft werden müssen, scheint zunächst gegen eine Verpflichtung zur laufenden Auswertung der vorliegenden Unternehmensdaten und Informationen zu sprechen. Andererseits sieht § 32 Abs. 2 Satz 3 StaRUG vor, dass die Informations- und Mitteilungspflichten des Schuldners aus § 32 Abs. 2 Satz 1, 2 StaRUG auch gegenüber einem bestellten Restrukturierungsbeauftragten bestehen, was auch dem Zweck dient, die frühzeitige Information des Restrukturierungsgerichts sicherzustellen und dieses aus Gründen des Gläubigerschutzes in die Lage zu versetzen, Stabilisierungsanordnungen beenden oder das Verfahren insgesamt aufheben zu können (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 137). Einen ähnlichen Zweck verfolgt die den §§ 22 Abs. 3, 97 InsO nachgebildete Auskunfts- und Informationspflicht des Schuldners aus § 76 Abs. 5 StaRUG (dazu Rn. 45). Nimmt man hinzu, dass § 76 Abs. 1 StaRUG der Konkretisierung der allgemeinen Pflicht des Restrukturierungsbeauftragten zur sorgfältigen, gewissenhaften und neutralen Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben dient, so scheint es mit einer sorgfältigen und gewissenhaften Aufgabenwahrnehmung nicht vereinbar, wollte man annehmen, der Restrukturierungsbeauftragte sei nicht gehalten, ihm vorliegende Unterlagen aus auszuwerten. Schließlich ist es mit der Ratio der Bestellung eines obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten, die gerade in den Fällen besonders relevanter Eingriffe in Gläubigerrechte erfolgt (vgl. § 73 StaRUG Rn. 16 ff.), und mit der Gewährleistung des nötigen Vertrauens der Verfahrensbeteiligten in den Restrukturierungsbeauftragten als Gewährsperson für die Integrität des Verfahrens, die nicht nur Korrektiv der eigenverantwortlichen Steuerung des Verfahrens durch den Schuldner (BT-Drucks. 19/24181, S. 169), sondern auch Motiv für die Haftungsanordnung in § 75 StaRUG (vgl. dort Rn. 33) ist, schwer vereinbar, wäre der Restrukturierungsbeauftragte nicht gehalten, ihm vorliegende Unterlagen auch auszuwerten und die aus ihnen in Ansehung der an die Person des Restrukturierungsbeauftragten gestellten Qualifikationsanforderungen objektiv ableitbaren Schlüsse auch zu ziehen. 11 Während der Schuldner gehalten ist, den Restrukturierungsbeauftragten über den Fortgang des Verfahrens und seine wirtschaftlichen Verhältnisse informiert zu halten und dies auch jenseits der gesetzlich ausgestalteten Mitteilungspflichten jedenfalls einer Obliegenheit in der professionellen Verfahrensführung entspricht, trifft den Restrukturierungsbeauftragten nach § 76 Abs. 1 StaRUG die grundsätzliche Pflicht, diese Unterlagen auch fach- und sachkundig jedenfalls zu plausibilisieren und sorgfaltsgerecht jedenfalls soweit auszuwerten, wie dies zur Beurteilung der fortwährenden Erreichbarkeit des Restrukturierungsziels geboten ist. Dies folgt nicht zuletzt auch aus der allgemeinen Pflichtaufgabe aus § 76 Abs. 4 StaRUG, die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 StaRUG, nämlich die Erreichbarkeit der Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit des Schuldners zu prüfen (vgl. Rn. 17). Aus dieser im Mindestmaß vorzunehmenden Plausibilisierung und im Bedarfsfall tiefergehenden Auswertung und Analyse bekannt werdende Umstände hat der Restrukturierungsbeauftragte dem Restrukturierungsgericht unverzüglich mitzuteilen. 444
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Demgemäß gilt, dass dem Restrukturierungsbeauftragten vor allem auch solche 12 Umstände aus Anlass seiner Tätigkeit „bekannt werden“, die erst das Ergebnis der von ihm vorzunehmenden Prüfung und Auswertung der überlassenen Unterlagen darstellen. Der Tatbestand des „Bekanntwerdens“ erstreckt sich daher auch auf solche Umstände, die aus Anlass der Tätigkeit „bekannt werden mussten“. Diese strenge Auslegung überspannt auch nicht den Willen des Gesetzgebers, wie er in der Gesetzesbegründung niedergelegt ist, da die Anzeigepflicht danach eingreift, wenn dem Beauftragten „bei seiner Aufgabenerfüllung“ entsprechende Umstände bekannt werden (BT-Drucks. 19/24181, S. 173); gehört zur Aufgabenerfüllung aber gerade auch die Auswertung entsprechender Unterlagen, so wird gesetzgeberische Ratio nicht überstrapaziert. Die Exkulpationsmöglichkeit, die Unterlagen zwar erhalten zu haben, zur aktiven fortlaufenden Prüfung der Verhältnisse und deshalb zu deren Auswertung aber nicht verpflichtet gewesen zu sein, ist für den Restrukturierungsbeauftragten daher bei richtiger, restriktiver Auslegung des § 76 Abs. 1 StaRUG nicht eröffnet. Jede andere Auffassung, insbesondere ein großzügigerer Auslegungsmaßstab würde weder dem gläubigerschützenden Charakter noch der öffentlichen Funktion der Norm, die Integrität und das Funktionieren des Verfahrens zu wahren, gerecht. b) Informationsbeschaffungspflicht Wie gesehen, geht die Gesetzesbegründung davon aus, dass der Restrukturie- 13 rungsbeauftragte nicht aktiv fortlaufend die Verhältnisse des Schuldners auf das Vorliegen von Umständen hin überprüfen muss, welche eine Aufhebung der Restrukturierungssache rechtfertigen könnten (BT-Drucks. 19/24181, S. 173). Daraus folgt indes nicht, dass der Restrukturierungsbeauftragter sich vollständig auf die Auswertung und Prüfung lediglich der ihm vom Schuldner freiwillig überlassenen Unterlagen ohne Ansehung von deren Vollständigkeit und Qualität zurückziehen darf. Aus der Stellung als Informationsadressat gemäß §§ 32 Abs. 2 Satz 3, 76 Abs. 5 14 StaRUG folgt nicht nur das Recht des Restrukturierungsbeauftragten, die entsprechenden Auskünfte und Unterlagen zu verlangen, sondern auch die Pflicht, dies zu tun. Die Gründe sind dieselben wie sie für die aus dem Aufsichtsrechtsrecht des Gerichts über den Restrukturierungsbeauftragten ebenfalls unmittelbar abzuleitenden Aufsichtspflicht bestehen (vgl. § 75 StaRUG Rn. 3). Um seiner Rolle gerecht zu werden, die Beteiligteninteressen unter Wahrung 15 des Neutralitätsgebots zu schützen und dazu beizutragen, diese zu einem gerechten Ausgleich zu bringen, muss der Restrukturierungsbeauftragte darauf hinwirken, dass ihm die erforderlichen Informationen und Unterlagen in aussagekräftiger und prüfbarer Form zur Verfügung gestellt und regelmäßig aktualisiert werden. Dies ist wesentlicher Bestandteil der allgemeinen Pflicht des Restrukturierungsbeauftragten aus § 75 Abs. 4 StaRUG, die ihm obliegenden Aufgaben mit der gebotenen Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit zu erfüllen 445
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(vgl. § 75 StaRUG Rn. 33). Kommt der Schuldner dem – ggf. nach Ermahnung und Setzung einer kurzen Frist – nicht nach, so begründet dies selbst einen anzeigepflichtigen Umstand im Sinne des § 76 Abs. 1 StaRUG i. V. m. § 33 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 3 StaRUG. 16 Kommt der Schuldner seinen Informationsobliegenheiten hingegen nach und gibt die fortlaufende, begleitende Prüfung durch den Restrukturierungsbeauftragten keinen Anlass, an der Plausibilität und Vollständigkeit der Unterlagen zu zweifeln, besteht unbeschadet etwaiger ihm übertragener Ergänzungsaufgaben (Rn. 39) jedoch keine Verpflichtung des Restrukturierungsbeauftragten, darüber hinaus besondere Prüfungshandlungen vorzunehmen und in qualifizierter Form den Nichteintritt der Aufhebungsvoraussetzungen nach § 33 StaRUG laufend zu überprüfen und zu überwachen. Im Übrigen ist das Maß der vom Restrukturierungsbeauftragten bei gewissenhafter und sorgfältiger Ausführung seines Amtes geschuldeten Plausibilisierungs- und Prüfungshandlungen sowie das Erfordernis, Rückfragen beim Schuldner zu stellen abhängig von den Umständen des Einzelfalls. c) Prüfung der Erklärung zur Bestandsfähigkeit (§ 76 Abs. 4 StaRUG) 17 Ebenfalls zu den Pflichtaufgaben ungeachtet einer ausdrücklichen Übertragung auf den obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten gehört die Prüfung der Erklärung des Schuldners zur nachhaltigen Bestandsfähigkeit gemäß § 14 StaRUG, die dem Restrukturierungsplan obligatorisch beizufügen ist (vgl. §§ 14, 15 StaRUG Rn. 4). Die Erklärung des Schuldners zur Bestandsfähigkeit ist wesentlicher Bestandteil des Restrukturierungskonzepts und des Restrukturierungsplans (vgl. § 6 StaRUG Rn. 7, 26 sowie §§ 31, 33 StaRUG Rn. 48) und damit Teil der Legitimation für die Eingriffe in die Rechte der Gläubiger einerseits für den Erhalt des schuldnerischen Residualvermögens andererseits. § 14 StaRUG beschreibt damit einen wesentlichen Kernbereich der präventiven Restrukturierung, der sich nicht allein auf die Anlage zum Plan beschränkt, sondern die Grundstruktur des Restrukturierungskonzepts, wie es im darstellenden Teil zu erläutern ist (vgl. § 6 StaRUG Rn. 7, 26), inkorporiert. Die Prüfung der Erklärung des Schuldners zur Bestandsfähigkeit zu den Pflichtaufgaben des Restrukturierungsbeauftragten zu bestimmen, kommt daher eine besondere Bedeutung zu. 18 Da die Erklärung zur Bestandsfähigkeit wesentlicher Bestandteil der Prognose hinsichtlich der Erfüllbarkeit des Restrukturierungsplans ist, hat sie auch unmittelbare Bedeutung für die Bestätigungsfähigkeit des Restrukturierungsplans, da dessen Bestätigung gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG zu versagen ist, sind die den Beteiligten durch den Plan zugewiesenen Ansprüche offensichtlich nicht erfüllbar. Genau das ist allerdings der Fall, ist die nachhaltige Widerherstellung der Bestandsfähigkeit nicht gesichert. Die Prüfung durch den Restrukturierungsbeauftragten hat daher auch die Funktion, das Gericht zu entlasten (BT-Drucks. 19/24181, S. 174) und einen wesentlichen Teil der inhaltlichen Prüfung des Restrukturierungsplans in Bezug auf die in § 31 446
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Abs. 2 Nr. 1 StaRUG (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 48) genannten Bestandteile des Restrukturierungsplans obligatorisch dem Restrukturierungsbeauftragten zu übertragen. In der Sache ist damit die vollumfängliche Prüfung der Tauglichkeit und Erfüllbarkeit des Restrukturierungskonzepts durch den Restrukturierungsbeauftragten verbunden. Der Prüfungsmaßstab richtet sich nach der Bedeutung der Erklärung zur Be- 19 standsfähigkeit für das Restrukturierungskonzept und damit nach den an das Restrukturierungskonzept insgesamt zu stellenden Anforderungen (vgl. § 6 StaRUG Rn. 7, 26). Diese Pflichtaufgabe des Restrukturierungsbeauftragten gehört daher zu den im Gläubigerinteresse wahrzunehmenden Kernaufgaben, deren Bedeutung für das Vertrauen in das Verfahren und den Restrukturierungsplan insbesondere vor dem Hintergrund, dass der obligatorisch zu bestellende Restrukturierungsbeauftragte nach der Vorstellung des Gesetzgebers gerade die Interessen derjenigen Gläubiger wahrzunehmen hat, die typisiert nicht in der Position sind, diese selbstständig im Verfahren wahrzunehmen (vgl. § 73 StaRUG Rn. 19). Dieser Bedeutung entsprechend stellt das Gesetz in § 76 Abs. 4 Satz 2 StaRUG 20 auch sicher, dass die Stellungnahme des Restrukturierungsbeauftragten, wird dieser vor der Übermittlung des Plans an die Planbetroffenen bestellt, diesem als weitere Anlage beizufügen ist. Die Stellungnahme soll damit Bestandteil der Grundlagen für die Planbetroffenen sein, sich eine Meinung über das Restrukturierungsvorhaben des Schuldners zu bilden sowie ihr Stimmverhalten daran auszurichten (BT-Drucks. 19/24181, S. 174). Aus diesem Zweck der Stellungnahme folgt zugleich, dass die im Gesetz nicht 21 weiter geregelte Frage der dem Restrukturierungsbeauftragten durch das Gericht zu setzenden Berichtsfrist abhängig von dem Verfahrensstadium und der Frage ist, wann die Übermittlung des Plans an die Planbetroffenen voraussichtlich vorzunehmen ist. Ist der Plan bereits übermittelt, so sollte im Rahmen der Fristsetzung sichergestellt werden, dass der Restrukturierungsbeauftragte seinen Bericht rechtzeitig vor einem Erörterungstermin nach § 45 StaRUG oder einer autonom durchgeführten Planbetroffenenversammlung nach §§ 20, 21 StaRUG einreicht. Nötigenfalls ist der Abstimmungstermin zu vertagen, da der Schutzzweck der Prüfung des materiellen Kerns des Restrukturierungsvorhabens Vorrang vor dem Beschleunigungszweck des Verfahrens genießt. Darüber hinaus kann auch der weitere Gegenstand der Pflichtprüfung nach 22 § 76 Abs. 4 StaRUG, auf Zweifel hinsichtlich der Berichtigung und der Höhe von Forderungen, Absonderungsanwartschaften oder gruppeninternen Drittsicherheiten von Planbetroffenen hinzuweisen, seinen Zweck nur erfüllen, wenn dieser Hinweis vor der Erörterung des Plans den Betroffenen zur Kenntnis gebracht wird. Durch diese noch einmal prominent herausgestellte Hinweispflicht soll vor allem mögliches Missbrauchspotenzial durch kollusives Zusammenwirken des Schuldners mit einem oder einzelnen Gläubigern verhindert werden. Während im Gegensatz zur Stimmrechtszuweisung durch den Schuldner im privatautonomen Verfahren gemäß § 24 Abs. 4 StaRUG 447
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die Stimmrechtsfestsetzung in der gerichtlichen Planabstimmung gemäß § 45 Abs. 4 StaRUG zwar durch das Gericht erfolgt, hat das Gericht im Rahmen der Planerörterung und -abstimmung nur sehr eingeschränkte Überprüfungsmöglichkeiten, tragen Schuldner und Gläubiger zur Berechtigung einer Forderung oder eines Rechts übereinstimmend vor. Dem auf diese Weise eröffneten Missbrauchspotenzial hinsichtlich der Gestaltung von Mehrheiten soll durch die quasi Übertragung der Forderungsprüfung und der Stimmrechtsgewährung auf den Restrukturierungsbeauftragten begegnet werden und wird eine dem Insolvenzverfahren ähnliche Objektivierung erreicht, wenn auch dem Restrukturierungsbeauftragten nicht die Rechtszuständigkeit für die Forderungs- oder Stimmrechtsfeststellung zukommt, sondern er lediglich entsprechende Hinweise zu erteilen hat. 23 Der Restrukturierungsbeauftragte hat daher mittelbar auch die Gewähr für die materielle Rechtmäßigkeit des Abstimmungsverfahrens zu tragen. d) Übertragung der allgemeinen Pflichtaufgaben auf den fakultativen Restrukturierungsbeauftragten 24 Die allgemeinen Pflichtaufgaben aus § 76 Abs. 1, 4 StaRUG obliegen ausweislich des Gesetzeswortlautes und der Gesetzessystematik ausschließlich dem obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten. Dies stellt auch die Gesetzesbegründung ausdrücklich klar (BT-Drucks. 19/24181, S. 173), indem sie auf die Fälle der „notwendigen Bestellung“ rekurriert. Die Differenzierung zwischen § 76 Abs. 1 StaRUG und § 76 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG ist insoweit systematisch nicht nachvollziehbar, da es sich bei beiden Aufgabenfeldern um solche handelt, die dem obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten als allgemeine Pflichtaufgabe ohne gesonderte Übertragung durch das Restrukturierungsgericht obliegen (dazu Rn. 17). 25 Aus dem Gesichtspunkt des effektiven Gläubigerschutzes und der Wahrung der Integrität des Verfahrens ist die Beschränkung der allgemeinen Pflichtaufgaben des § 76 Abs. 1, 2 Nr. 1, 4 StaRUG auf den obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten darüber hinaus gesetzgeberisch missglückt. 26 Mit der besonderen Bedeutung der allgemeinen Hinweispflicht des Restrukturierungsbeauftragten aus § 76 Abs. 1 StaRUG und der Prüfungs- und Hinweispflicht aus § 76 Abs. 4 StaRUG für das Vertrauen der Planbetroffenen in das Verfahren und die Integrität des Verfahrens selbst ist es schwer vereinbar, dass den Restrukturierungsbeauftragten mit unterschiedlicher Rechtsstellung solch grundlegend verschiedene gläubigerschützende Funktion zukommt. Für die Planbetroffenen ist die Differenzierung in der Rechtsstellung des Restrukturierungsbeauftragten nicht notwendigerweise erkennbar und nachvollziehbar, weshalb nicht auszuschließen ist, dass diese auch bei der Bestellung z. B. nur eines fakultativen Restrukturierungsbeauftragten unterstellen bzw. jedenfalls davon ausgehen, dass dieser nicht nur die Verhandlungen und die Erstellung des Plans unterstützt (vgl. §§ 77 – 79 StaRUG Rn. 39 f.), sondern
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dabei zugleich auch ihre Interessen wahrt und verpflichtet ist, auf Umstände hinzuweisen, welche die Aufhebung des Verfahrens nach § 33 StaRUG rechtfertigen können. Allein nach dem Gesetzeswortlaut ist dies nicht so. Obgleich jedenfalls eine vergleichbare Interessen- und auch eine vergleichbare 27 Sachlage besteht, scheidet eine analoge Anwendung des § 76 Abs. 1, 4 StaRUG insbesondere auf den fakultativen Restrukturierungsbeauftragten mangels unbeabsichtigter Regelungslücke aus. § 78 Abs. 3 StaRUG verweist hinsichtlich der Rechtsstellung des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten auf die entsprechende Anwendung des § 75 StaRUG (vgl. §§ 77 – 79 StaRUG Rn. 35). Der Gesetzgeber scheint daher eine bewusste Entscheidung getroffen zu haben, welche Vorschriften über die Rechtsstellung und die Funktion des obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten auch auf den fakultativen Restrukturierungsbeauftragten entsprechende Anwendung finden sollen. Dies findet seine Bestätigung auch in der Gesetzesbegründung, in welcher die Hinweispflicht ausdrücklich als nur für den obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten angeordnet erläutert wird (BT-Drucks. 19/24181, 173). Allerdings sind weder die Gläubiger bzw. die Planbetroffenen hierdurch 28 schutzlos gestellt, noch ist der fakultative Restrukturierungsbeauftragte hiernach von der Pflicht zur Anzeige von Umständen, welche die Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 33 StaRUG rechtfertigen (können), befreit. Dies auch unabhängig davon, ob dem fakultativen Restrukturierungsbeauftragten auf Antrag nach § 77 Abs. 2 StaRUG (vgl. §§ 77 – 79 StaRUG Rn. 39) einzelne oder alle Pflicht- oder Ergänzungsaufgaben nach § 76 StaRUG übertragen werden. Auch wenn dies nicht der Fall ist, besteht eine Hinweispflicht entsprechend § 76 Abs. 1 StaRUG; nur ist diese Anzeigepflicht nicht gegenüber dem Restrukturierungsgericht, sondern gegenüber den Planbetroffenen begründet. Diese Pflicht ergibt sich aus der Aufgabenbestimmung in § 79 StaRUG sowie 29 aus der Verweisung in § 78 Abs. 3 StaRUG auf § 75 StaRUG insgesamt und damit auch auf § 75 Abs. 4 Satz 1, 2 StaRUG. Danach besteht die Aufgabe des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten unter anderem darin, die Gläubiger bei der Ausarbeitung und Aushandlung des Restrukturierungskonzepts und des auf ihm basierenden Plans zu unterstützen (vgl. §§ 77 – 79 StaRUG Rn. 36). Diese Unterstützung insbesondere bei der Aushandlung des Restrukturierungskonzepts hat der Restrukturierungsbeauftragte gemäß § 78 Abs. 3 StaRUG i. V. m. § 75 Abs. 4 Satz 1, 2 StaRUG mit der gebotenen Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit, vor allem aber unparteiisch zu erbringen. Die gewissenhafte Begleitung der Aushandlung eines Restrukturierungsplans erfordert aber, dass der Restrukturierungsbeauftragte darauf hinwirkt, dass ein bestätigungsfähiger Plan ausgehandelt wird. Dies erfordert gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG die Feststellung (allein) der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG (vgl. dort Rn. 37), dass die den Planbetroffenen im gestaltenden Teil des Plans zugewiesenen Ansprüche und die durch den Plan nicht berührten Ansprüche der übrigen 449
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Gläubiger nicht offensichtlich unerfüllbar sein dürfen. Gerade letzteres ist aber der Fall, wenn die Restrukturierungssache vor Bestätigung des Restrukturierungsplans nach § 33 StaRUG möglicherweise und abhängig von der sachgerechten Ermessensausübung des Restrukturierungsgerichts aufzuheben wäre. Da die Aufhebung gemäß § 33 StaRUG von Amts wegen erfolgt und nicht antragsgebunden ist (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 80) besteht auch kein schutzwürdiges Interesse des Schuldners, darauf vertrauen zu dürfen, dass Umstände, die möglicherweise eine Aufhebung nach § 33 StaRUG rechtfertigen können, nicht entdeckt werden. Die Unterschlagung solcher Umstände würde zudem gegen das Neutralitätsgebot des § 75 Abs. 4 Satz 2 StaRUG verstoßen, an das auch der fakultative Restrukturierungsbeauftragte über die Verweisung in § 78 Abs. 3 StaRUG gebunden ist. 30 Daraus folgt, dass der fakultative Restrukturierungsbeauftragte infolge seiner Verpflichtung zur sorgfältigen und gewissenhaften Unterstützung der Verhandlungen und zur Wahrung des Neutralitätsgebots in derselben Weise verpflichtet ist, ihm vorgelegte Unterlagen auszuwerten und zu validieren und im Falle von sich ergebenden Zweifeln darauf auch hinzuweisen und erforderlichenfalls rückzufragen. Darüber hinaus ist es dem fakultativen Restrukturierungsbeauftragten unmöglich, sorgfältig und gewissenhaft an der Erstellung des Restrukturierungskonzepts mitzuwirken, wenn er vom Schuldner nicht die für die Beurteilung von dessen wirtschaftlicher Lage, der Krisenursachen und der zu ihrer Beseitigung erforderlichen Maßnahmen nötigen Unterlagen anfordert. Auch den fakultativen Restrukturierungsbeauftragten treffen daher dieselben Informationsbeschaffungspflichten, wie den obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten. Stellt er bei der Auswertung der von ihm angeforderten bzw. der ihm überlassenen Unterlagen fest, dass Umstände bestehen, die unter Berücksichtigung des Ermessensspielraums des Gerichts etwaig eine Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 33 StaRUG rechtfertigen können, so ist er verpflichtet, hierauf hinzuweisen. Adressat dieser Hinweispflicht ist im Falle der Bestellung (nur) eines fakultativen Restrukturierungsbeauftragten nicht das Restrukturierungsgericht, sondern sind die Planbetroffenen, gleich welcher Rechtsstellung. 31 Nach Anzeige entsprechender Umstände durch den Restrukturierungsbeauftragten gegenüber einzelnen oder allen Planbetroffenen können diese das Restrukturierungsgericht entsprechend in Kenntnis setzen und die Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 33 StaRUG anregen. Das Restrukturierungsgericht ist sodann zum amtswegigen Tätigwerden und zur pflichtgemäßen Ausübung des Ermessens verpflichtet. 3. Ergänzungsaufgaben (§ 76 Abs. 2 StaRUG) a) Ergänzende Pflichtaufgabe (§ 76 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 StaRUG) 32 Die in § 76 Abs. 2 StaRUG geregelten Ergänzungsaufgaben betreffen die wesentlichen, aber auch nur die Fälle der Bestellung eines obligatorischen Re-
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strukturierungsbeauftragten, mit Ausnahme des obligatorischen, nur planüberwachenden Restrukturierungsbeauftragten nach § 73 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG. Das Gesetz trägt damit dem Umstand Rechnung, dass es sich in den betreffenden Fällen der obligatorischen Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2, Abs. 2 StaRUG um diejenigen Fälle handelt, in denen der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Planbetroffenen bei typisierter Betrachtung nicht in der Lage sind, die ihnen zustehenden Rechte in gebotenem Umfang selbst wahrzunehmen und es deshalb einer neutralen, ausgleichenden Instanz bedarf (BT-Drucks. 19/24181, S. 174). Bei der Ergänzungsaufgabe des § 76 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG, wonach der Re- 33 strukturierungsbeauftragte über das zur Anwendung kommende Planabstimmungsverfahren (gerichtliche oder privatautonome Planabstimmung) entscheidet und im Falle der privatautonomen Abstimmung er die Versammlung zu leiten und zu dokumentieren Sowie die Forderungen, Absonderungsanwartschaften, gruppenintern Drittsicherheiten und Anteils- und Mitgliedschaftsrechte der Plan Betroffenen zu prüfen hat, handelt es sich um eine allgemeine Pflichtaufgabe, die diesem unabhängig von einer gesonderten Übertragung in dem Bestellungsbeschluss stets obliegt. Hierzu gehört auch, dass er auf streitige oder dem Grunde oder der Höhe nach zweifelhafte Forderungen und Sicherungsrechte hinweist und auf die Erklärung des Stimmrechts im Wege einer Vorprüfung nach den §§ 47, 48 StaRUG hinwirkt. Eine besondere Anordnung der Übertragung des Aufgabenbereichs nach § 76 34 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG auf den obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten mit Ausnahme des nur planüberwachenden Restrukturierungsbeauftragten nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StaRUG ist daher nicht erforderlich. Die Zugehörigkeit zu den Pflichtaufgaben des Aufgabenkreises nach § 76 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG unterscheidet sich daher nicht von den Pflichtaufgaben nach § 76 Abs. 1 StaRUG. Es handelt sich damit um eine ergänzende Pflichtaufgabe. Ebenfalls um eine ergänzende Pflichtaufgabe handelt es sich bei der fortlau- 35 fenden Prüfungspflicht des obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten nach § 76 Abs. 3 StaRUG, ob die Anordnungsvoraussetzungen einer erlassenen Stabilisierungsanordnung fortbestehen und ob Aufhebungsgründe vorliegen. Der Restrukturierungsbeauftragte ist daher, von dem Zeitpunkt an zu dem eine Stabilisierungsanordnung erlassen worden ist, verpflichtet, fortlaufend die Aufhebungsgründe insbesondere des § 59 Abs. 1 Nr. 2, 4 StaRUG zu prüfen. Dies deckt sich insoweit mit der allgemeinen Pflichtaufgabe des § 76 Abs. 1 StaRUG, als das Vorliegen von Umständen, welche die Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 33 StaRUG rechtfertigen, auch nach § 76 Abs. 3 Nr. 1 StaRUG i. V. m. § 59 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG die fortlaufende, hier jedoch auch aktive Prüfung des Vorliegens von Aufhebungsgründen erfordert und nicht auf das „Bekanntwerden“ beschränkt ist, auch wenn die Unterschiede insoweit nicht ins Gewicht fallen, weil auch Letztere die Prüfung vorgelegter Unterlagen erfordert (vgl. Rn. 17).
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
36 Die Prüfungspflicht nach § 76 Abs. 3 StaRUG beginnt erst mit Erlass der Stabilisierungsanordnung, erstreckt sich also lediglich auf die Aufhebungsgründe nach § 59 StaRUG und nicht auch auf die Anordnungsvoraussetzungen des § 51 StaRUG. Da allerdings die Pflicht zur amtswegigen Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten nach § 73 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG bereits mit dem Antrag auf Erlass einer Stabilisierungsanordnung unter den dort genannten Voraussetzungen begründet sein kann (vgl. § 73 StaRUG Rn. 25), kann das Restrukturierungsgericht den obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten freilich gemäß § 73 Abs. 3 StaRUG ergänzend auch zum sachverständigen Restrukturierungsbeauftragten (vgl. § 73 StaRUG Rn. 51) mit dem Aufgabenkreis der Prüfung schon der Anordnungsvoraussetzungen nach § 51 StaRUG bestellen. 37 Der Aufgabenkreis des obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten erstreckt sich gemäß § 76 Abs. 3 Nr. 2 StaRUG nicht nur auf die fortlaufende Prüfung der Anordnungsvoraussetzungen und des möglichen Eintritts von Aufhebungsgründen, sondern weist dem Restrukturierungsbeauftragten auch das Recht zu, die Gründe für die Aufhebung der Anordnung geltend zu machen, also einen entsprechenden Aufhebungsantrag zu stellen. Aus der Pflicht zur sorgfältigen und gewissenhaften Erfüllung der Aufgaben nach § 75 Abs. 4 Satz 1 StaRUG und insbesondere aus der Neutralitätspflicht des § 75 Abs. 4 Satz 2 StaRUG folgt, dass dem Restrukturierungsbeauftragten kein Entschließungsermessen hinsichtlich der Geltendmachung der Aufhebungsgründe zusteht. Stellt er solche Gründe fest, ist er vielmehr verpflichtet, den Aufhebungsantrag zu stellen. Dies folgt nicht zuletzt auch daraus, dass die Ermessensausübung, trotz des Vorliegens von Aufhebungsgründen von der Aufhebung der Stabilisierungsanordnung abzusehen, in § 59 Abs. 3 Satz 1 StaRUG ausschließlich dem Restrukturierungsgericht und gerade nicht dem Restrukturierungsbeauftragten zugewiesen ist (vgl. §§ 58, 59 StaRUG Rn. 23). Dem Restrukturierungsbeauftragten steht es aber gerade nicht zu, sein Ermessen hinsichtlich der Zweckmäßigkeit und Gebotenheit der Aufhebung der Stabilisierungsanordnung an die Stelle des Ermessens des Gerichts zu stellen. Allenfalls kann er im Rahmen des Aufhebungsantrages das Gericht auf mögliche Umstände hinweisen, die für die Ermessensausübung nach § 59 Abs. 3 Satz 1 StaRUG erheblich sind. Dies allerdings auch nur unter strenger Wahrung der Neutralitätspflicht. 38 Versäumt der Restrukturierungsbeauftragte die rechtzeitige Antragstellung, so macht er sich gegenüber Gläubigern, die von der Stabilisierungsanordnung betroffen sind, wegen Schäden, die er gerade aus der Fortwirkung der Stabilisierungsanordnung resultieren, nach § 75 Abs. 4 Satz 3 StaRUG (vgl. § 75 StaRUG Rn. 41) schadensersatzpflichtig. b) Echte Ergänzungsaufgaben (§ 76 Abs. 2 StaRUG) 39 Um echte Ergänzungsaufgaben handelt es sich demgegenüber bei der für das Gericht fakultativ eröffneten Möglichkeit nach § 76 Abs. 2 Nr. 2, 3 StaRUG, den Restrukturierungsbeauftragten mit weiteren Aufgaben zu betrauen. 452
§ 76 Aufgaben
Eingangsvoraussetzung ist auch hier zunächst, dass das Gericht von Amts 40 wegen einen obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten gemäß § 73 Abs. 1 Nr. 1, 2, Abs. 2 StaRUG bestellt hat. Allerdings kann auch im Falle der Bestellung eines fakultativen Restrukturierungsbeauftragten gemäß § 77 Abs. 2 StaRUG die Übertragung der hier genannten Aufgaben auch auf den fakultativen Restrukturierungsbeauftragten beantragt werden (vgl. §§ 77 – 79 StaRUG Rn. 39). Motiv für die zum Teil sehr weitgehende Möglichkeit, dem Restrukturierungs- 41 beauftragten Ergänzungsaufgaben zu übertragen und diesen so der Rechtsstellung eines Sachwalters im eigenverwalteten Insolvenzverfahren anzugleichen, ist gerade die Ähnlichkeit des im Falle der Notwendigkeit der obligatorischen Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten mit sehr weitgehenden Eingriffen in die Gläubigerrechte verbundenen Restrukturierungsverfahrens zum eigenverwalteten Insolvenzverfahren. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers lassen sich die Wirkungen eines solchen Restrukturierungsverfahrens von denen eines in Eigenverwaltung geführten Insolvenzverfahrens kaum mehr unterscheiden. Dementsprechend soll es dem Gericht mit Blick auf die Vergleichbarkeit der Verhältnisse mit der Situation eines Insolvenzverfahrens möglich sein, dem Beauftragten zusätzliche Kompetenzen zuzuweisen, um das Profil des Beauftragten dem eines Sachwalters im Eigenverwaltungsverfahren anzunähern (BT-Drucks. 19/24181, S. 174). Dieses Motiv des Gesetzgebers ist freilich zugleich Auslegungshilfe und 42 Richtschnur für das Restrukturierungsgericht, weitergehende Anordnungen immer dann und in Abhängigkeit davon zu treffen, wenn und inwieweit das Verfahren gesamtverfahrensartige und damit dem Insolvenzverfahren vergleichbare Züge annimmt, wobei es nicht allein auf die Kollektivität des Verfahrens, sondern vor allem auch auf die Intensität des Eingriffs in Gläubigerrechte und den Umfang des Eingriffs in das Vermögen bzw. der Umgestaltung des Vermögens des Schuldners ankommt, weil sich das Insolvenzverfahren gerade nicht nur durch seine Kollektivität, sondern auch durch seinen gesamtvollstreckungsrechtlichen Charakter auszeichnet. Vor diesem Hintergrund hat die Anordnung fakultativer Ergänzungsaufgaben 43 im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen, wobei im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen ist, dass das Verfahren, wie § 32 Abs. 1 StaRUG deutlich zeigt, vorrangig im Gläubigerinteresse zu führen ist und nicht zuletzt deshalb das Sicherungsinteresse der Gläubiger dem Interesse des Schuldners an einer möglichst geringen Eingriffsintensität und einem hohen Grad an Selbstverwaltung grundsätzlich vorgeht. Bei typisierter Betrachtung und Berücksichtigung der jeweiligen Eingriffsinten- 44 sität in das Selbstverwaltungsrecht des Schuldners zeichnet sich danach eine grundsätzliche Rang- und Reihenfolge in der Verhältnismäßigkeitsprüfung ab, wonach jeweils abzuwägen ist, ob das an früherer Stelle stehende Mittel
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
ausreichend geeignet ist, die berechtigten Interessen der Gläubiger zu wahren und falls nicht, auf das jeweils nächste Mittel zurückzugreifen ist: x
Mit der geringsten Eingriffsintensität in die Rechte des Schuldners ist die Anordnung gemäß § 76 Abs. 2 Nr. 2 lit. a StaRUG verbunden, den Restrukturierungsbeauftragten mit der Prüfung der wirtschaftlichen Lage des Schuldners und der Überwachung von dessen Geschäftsführung zu beauftragen. Das Tätigkeits-und Anforderungsprofil entspricht dem des § 274 Abs. 2 Satz 1 InsO, weshalb insoweit auf die Rechtsprechung und Kommentarliteratur zu den allgemeinen Aufgaben des Sachwalters verwiesen werden kann;
x
Auf der nächsten Stufe besteht sodann die dem § 275 Abs. 1 InsO nachgebildete Verpflichtung des Schuldners, dem Restrukturierungsbeauftragten sämtliche Zahlungen anzuzeigen und Zahlungen außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes nur zu tätigen, wenn der Restrukturierungsbeauftragte dem zustimmt. Wie bei der fehlenden Zustimmung des Sachwalters nach § 275 Abs. 1 InsO auch, hat die fehlende Zustimmung keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Rechtshandlung bzw. Tilgungsleistung im Außenverhältnis, kann sie jedoch den Verstoß gegen Mitwirkungspflichten begründen, der die Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG – jedenfalls im Wiederholungsfall – nach sich ziehen kann;
x
Auf der dritten Stufe steht sodann die Übertragung der Ergänzungsaufgabe nach § 76 Abs. 2 Nr. 2 lit. b StaRUG, nämlich die Übertragung der Kassenführungsbefugnis entsprechend § 275 Abs. 2 InsO auf den Restrukturierungsbeauftragten. Spätestens in diesem Fall ist der Restrukturierungsbeauftragte nicht mehr nur in die Begleitung des Restrukturierungsvorhabens selbst, sondern unmittelbar auch in die operative Unternehmensführung eingebunden. Von dieser Maßnahme sollte nur im Ausnahmefall Gebrauch gemacht werden können, wenn anderenfalls nur die Aufhebung des Verfahrens in Betracht käme, weil nicht zu erwarten ist, dass der Schuldner willens oder in der Lage ist, das Verfahren im Interesse der Gläubiger zu führen, aber gleichwohl zu erwarten ist, dass der erfolgreiche Abschluss des Restrukturierungsverfahrens das für die Gläubiger beste Ergebnis realisieren wird. Gegen den Erlass einzelner Maßnahmen steht dem Schuldner kein Beschwerderecht zu. Diese liegen allein im Ermessen des Gerichts.
4. Auskunfts- und Mitwirkungspflicht des Schuldners (§ 76 Abs. 5 StaRUG) 45 Gemäß § 76 Abs. 5 StaRUG ist der Schuldner in identischem Umfang wie der Insolvenzschuldner nach §§ 22 Abs. 3, 97 InsO verpflichtet, dem Restrukturierungsbeauftragten die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, ihm Einsicht in die Bücher und Geschäftspapiere zu gewähren und ihn bei der Erfüllung 454
§§ 77–79 Bestellung auf Antrag, Bestellung und Rechtsstellung, Aufgaben
seiner Aufgaben zu unterstützen. Die Auskunfts- und Mitwirkungspflicht des Schuldners erstreckt sich auf alle Umstände, die für die Erfüllung der Aufgaben des Restrukturierungsbeauftragten von Bedeutung sein können. Hierbei ist ein großzügiger Auslegungsmaßstab anzulegen. Aus der Auskunftsund Mitwirkungspflicht des Schuldners folgt eine Aktivitätspflicht des Restrukturierungsbeauftragten, die Auskünfte und die Mitwirkung im gebotenen Umfang der Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit auch einzufordern (vgl. Rn. 13 ff.). Wie im Rahmen des § 22 Abs. 3 InsO beschränkt sich die Pflicht des Schuld- 46 ners nicht auf die Beantwortung von Fragen und die Bereitstellung präsenten Wissens oder vorhandener Unterlagen, sondern ist sie zugleich auch Offenbarungspflicht, die den Schuldner bzw. seine Organe auch zur ungefragten Offenlegung aller verfahrensrelevanten Umstände sowie überdies auch zur Informationsbeschaffung verpflichtet, soweit ihm einzelne vom Restrukturierungsbeauftragten zum Zwecke der Erfüllung seiner Aufgaben angeforderte Unterlagen nicht vorliegen (vgl. im Einzelnen Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 22 Rn. 47 ff.). 5. Übertragung der Zustellung (§ 76 Abs. 6 StaRUG) Schließlich kann das Restrukturierungsgericht den Restrukturierungsbeauf- 47 tragten entsprechend § 8 Abs. 3 InsO beauftragen, sämtliche dem Gericht obliegende Zustellungen durchzuführen, da dieser in der Regel über die bessere, hierfür erforderliche Infrastruktur verfügt. Die Übertragung des Zustellauftrages erfolgt durch Beschluss, der auch bereits mit dem Bestellungsbeschluss abstrakt für alle künftigen Zustellungen im Verfahren verbunden werden kann. Die Kostenerstattung erfolgt über den Auslagenersatz. Die Vorschriften entsprechend vollständig dem insolvenzrechtlichen Vorbild, 48 weshalb von einer weiteren Darstellung hier abgesehen wird.
Abschnitt 2 – Bestellung auf Antrag §§ 77 – 79 Bestellung auf Antrag, Bestellung und Rechtsstellung, Aufgaben § 77 Antrag (1) 1Auf Antrag des Schuldners bestellt das Restrukturierungsgericht einen Restrukturierungsbeauftragten zur Förderung der Verhandlungen zwischen den Beteiligten (fakultativer Restrukturierungsbeauftragter). 2Gläubigern steht dieses Recht gemeinschaftlich zu, wenn auf sie mehr als 25 Prozent der Stimmrechte in einer Gruppe entfallen oder voraussichtlich entfallen werden und wenn sie sich zur gesamtschuldnerischen Übernahme der Kosten der Beauftragung verpflichten. (2) Der Antrag kann darauf gerichtet sein, dem Beauftragten zusätzlich eine oder mehrere Aufgaben nach § 76 zuzuweisen. 455
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
§ 78 Bestellung und Rechtsstellung (1) Auf die Bestellung des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten findet § 74 Absatz 1 entsprechende Anwendung. (2) Wird von Gläubigern, die zusammen alle voraussichtlich in den Restrukturierungsplan einbezogenen Gruppen repräsentieren, ein Vorschlag zur Person des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten gemacht, kann das Gericht von diesem nur dann abweichen, wenn die Person offensichtlich ungeeignet ist oder, falls der Beauftragte lediglich zum Zwecke der Förderung der Verhandlungen zwischen den Beteiligten bestellt werden soll, der Schuldner dem Vorschlag widerspricht; eine Abweichung ist zu begründen. (3) Auf die Rechtsstellung des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten findet § 75 entsprechende Anwendung. § 79 Aufgaben Der fakultative Restrukturierungsbeauftragte unterstützt den Schuldner und die Gläubiger bei der Ausarbeitung und Aushandlung des Restrukturierungskonzepts und des auf ihm basierenden Plans. Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Bestellung auf Antrag .................... 4 a) Bestimmender Antrag, Sonderaufgaben und sofortige Beschwerde .............................. 4 b) Antragsbefugnis .................... 11 c) Bestellungsverfahren und -zeitpunkt .............................. 20
3.
4. 5.
Bestellung und Vorschlag zur Person ........................................... a) Bestellung und nicht bindender Vorschlag ........................ b) Bindender Vorschlag zur Person .................................... Rechtsstellung .............................. Aufgaben ......................................
26 26 27 35 36
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 In §§ 77 – 79 StaRUG ist die Bestellung, die Rechtsstellung und sind die Aufgaben des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten (zur Differenzierung und Abgrenzung vgl. § 73 StaRUG Rn. 13) geregelt. Das Antragsrecht ist nicht auf den Schuldner beschränkt, sondern kann auch von einer qualifizierten Gläubigerminderheit ausgeübt werden. Gerade in Ansehung dieses Antragsrechts auch einer qualifizierten Gläubigerminderheit ist auch die Möglichkeit vorgesehen, dem fakultativen Restrukturierungsbeauftragten neben den Aufgaben nach § 79 StaRUG auch Aufgaben aus dem Tätigkeitsbereich des obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten nach § 76 StaRUG zuzuweisen. Die Bestellung des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten von Amts wegen ist demgegenüber nicht möglich.
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§§ 77–79 Bestellung auf Antrag, Bestellung und Rechtsstellung, Aufgaben
Der fakultative Restrukturierungsbeauftragte hat im Wesentlichen moderie- 2 rende und, anders als der obligatorische Restrukturierungsbeauftragte, nicht die Funktion, den Schuldner zu überwachen und die Voraussetzungen für Eingriffe in Gläubigerrechte zu prüfen. Vielmehr soll er im Interesse aller Beteiligten den Restrukturierungsprozess voranbringen, Informationsasymmetrien ausgleichen und als Mediator und Vermittler der verschiedenen Interessen fungieren (BT-Drucks. 19/24181, S. 175). Dementsprechend ist zwar ein bindender Gläubigervorschlag zur Person des Restrukturierungsbeauftragten möglich, der jedoch, solange nicht auch Sonderaufgaben nach § 76 StaRUG übertragen werden, nicht gegen den Widerspruch des Schuldners verbindlich ist. In analoger Anwendung des § 74 Abs. 2 Satz 2 StaRUG steht auch dem Schuldner unter den dort genannten Voraussetzungen das Recht zu, einen für das Gericht bindenden Vorschlag zur Person des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten zu unterbreiten (vgl. § 74 StaRUG Rn. 22). Die Rechtsstellung des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten richtet 3 sich über die Verweisungsnorm des § 78 Abs. 3 StaRUG im Übrigen nach § 75 StaRUG. 2. Bestellung auf Antrag a) Bestimmender Antrag, Sonderaufgaben und sofortige Beschwerde Der fakultative Restrukturierungsbeauftragte wird gemäß § 77 Abs. 1 StaRUG 4 nur auf Antrag bestellt. Die Bestellung von Amts wegen ist nicht vorgesehen, da nach Auffassung des Gesetzgebers nicht ersichtlich ist, weshalb das Gericht einen Mediator sollte einsetzen können, wenn und soweit dies von den Beteiligten nicht gewollt ist (BT-Drucks. 19/24181, S. 175). Eine bestimmte Form sieht § 77 Abs. 1 StaRUG für den Antrag nicht vor. 5 Dieser kann daher gemäß § 38 Satz 1 StaRUG i. V. m. § 129a ZPO nicht nur schriftsätzlich zur Gerichtsakte, sondern auch zu Protokoll der Geschäftsstelle (grundsätzlich eines jeden Amtsgerichts) gestellt werden (vgl. z. B. Kern, in: Stein/Jonas, ZPO [23. Aufl. 2016], § 129a Rn. 10). Der Antrag muss nicht begründet werden. Der Antrag hat insoweit bestimmende Wirkung (vgl. dazu grundlegend 6 GmS-OGB BGHZ 75, 340), als durch ihn die Rechtshandlung wirksam bewirkt und der Verfahrensabschnitt der Begleitung des Restrukturierungsverfahrens durch einen Restrukturierungsbeauftragten wirksam eingeleitet wird. Zwar bedarf die Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten noch eines Beschlusses des Restrukturierungsgerichts, jedoch steht dem Gericht kein Entschließungsermessen zu. Insbesondere ist auch die Zurückweisung des Antrages, weil die Bestellung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden wäre oder aus anderen Gründen nicht geboten erscheint, unzulässig. Vielmehr handelt es sich um eine gebundene Entscheidung.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
7 Dasselbe gilt für den erweiterten Antrag nach § 77 Abs. 2 StaRUG, wonach der Antrag auf Bestellung eines fakultativen Restrukturierungsbeauftragten auch darauf gerichtet sein kann, dem Restrukturierungsbeauftragten zusätzlich eine oder mehrere Aufgaben nach § 76 StaRUG zuzuweisen (vgl. zum Umfang Rn. 39). Es handelt sich insoweit um eine eingeschränkte Rechtsfolgenverweisung. Daraus folgt, dass das Gericht dem qualifizierten Antrag ohne Entschließungsermessen grundsätzlich gebunden zu folgen und die beantragten Aufgaben dem Restrukturierungsbeauftragten zu übertragen hat. Zweckmäßigkeitserwägungen und insbesondere die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2 StaRUG, ob die Voraussetzungen für die Bestellung eines obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten nach § 73 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder Abs. 2 StaRUG vorliegen, stehen dem Gericht nicht zu. Dies folgt bereits daraus, dass es in diesem Fall eines Antrages nach § 77 Abs. 2 StaRUG gar nicht bedürfte, weil das Gericht dann ohnehin einen obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten zu bestellen hätte. Es kann sich bei § 77 Abs. 2 StaRUG mithin nur um eine Rechtsfolgenverweisung handeln. 8 Eingeschränkt ist die Rechtsfolgenverweisungen aber insoweit, als dass es auch bei der nach § 77 Abs. 2 StaRUG antragsgebundenen Übertragung von Regel- und Ergänzungsaufgaben (vgl. § 76 StaRUG Rn. 1, 5, 32) nach § 76 StaRUG bei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Anordnung von Überwachungs-, Aufsichts- und Eingriffsmaßnahmen bleiben muss, weil insbesondere ein Gläubigerantrag nicht geeignet ist, allgemeine prozessuale Grundsätze, die nicht zuletzt auch dem Schutz des Schuldners dienen, außer Kraft zu setzen. Richtet sich der Antrag daher z. B. darauf, dem Restrukturierungsbeauftragten gemäß § 76 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) StaRUG die Kassenführungsbefugnis zu übertragen, ohne dass Gründe glaubhaft gemacht würden, die eine solche Maßnahme verhältnismäßig erscheinen lassen, hat das Gericht in geltungserhaltender Reduktion dem Antrag nur eingeschränkt stattzugeben und die nächst niedrigschwelligere Aufsichts- und Überwachungsmaßnahme (zur Rang- und Reihenfolge vgl. § 76 StaRUG Rn. 43) anzuordnen. In entsprechender Anwendung des § 78 Abs. 2 Halbs. 2 StaRUG, der Ausprägung allgemeiner verfahrensrechtlicher Grundsätze und vor allem des Grundsatzes der Transparenz und Nachvollziehbarkeit gerichtlicher Entscheidungen ist, hat das Gericht in diesem Fall die Abweichung zu begründen. 9 Die Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes macht es sinnvoll, dass der Antragsteller, der die Übertragung von Pflicht- und Ergänzungsaufgaben nach § 76 StaRUG auch auf den fakultativen Restrukturierungsbeauftragten gemäß § 77 Abs. 2 StaRUG beantragt, diesen Antrag begründet und dem Gericht substantiiert, jedenfalls nachvollziehbar erläutert, weshalb die Übertragung weiterer Aufgaben erforderlich, geboten und verhältnismäßig im engeren Sinne ist. Nur auf Grundlage einer solchen Begründung kann das Gericht, soweit es wie regelmäßig nicht über eigene Erkenntnisse aus dem Umfeld der bisher geführten Verhandlungen und vor allem der geschäftlichen Tätigkeit des Schuldners verfügt, entscheiden, ob der Antrag verhältnismäßig
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§§ 77–79 Bestellung auf Antrag, Bestellung und Rechtsstellung, Aufgaben
und diesem daher in gebundener Entscheidung und deshalb auch frei von Zweckmäßigkeitserwägungen zu folgen ist. Besonders weitgehende Eingriffe vor allem in die grundsätzliche Selbstverwaltungsbefugnis des Schuldners Kommen demnach insbesondere dann in Betracht, wenn Indizien dafür bestehen, dass der Schuldner das Verfahren nicht vorrangig im (Gesamt-)Gläubigerinteresse betreibt, sondern in Abwägung der Umstände nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Verfahren zur Schädigung einzelner oder mehrerer Gläubiger bzw. umgekehrt zur Bevorzugung Einzelner betrieben werden soll. Da nach § 78 Abs. 3 StaRUG auf die Rechtsstellung des fakultativen Re- 10 strukturierungsbeauftragten § 75 StaRUG entsprechende Anwendung findet, und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf den Umfang der antragsgebunden anzuordnenden Pflicht- und Ergänzungsaufgaben nach § 76 StaRUG auch einen effektiven Rechtsschutz erfordert, erstreckt sich die Verweisung auch auf das Beschwerderecht des § 75 Abs. 3 StaRUG, das sich insoweit auch auf die Übertragung einzelner Aufgaben auf Antrag nach § 77 Abs. 2 StaRUG erstreckt. Danach steht sowohl dem Antragsteller gegen die Ablehnung der Übertragung einzelner Aufgaben als auch dem Schuldner gegen die Übertragung einzelner Aufgaben auf Gläubigerantrag das Recht zur sofortigen Beschwerde offen. Nur diese Auslegung der Verweisungsnorm des § 78 Abs. 3 StaRUG führt zu einen Gleichlauf mit dem Rechtsschutzsystem des § 21 InsO, der gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 InsO dem Schuldner ebenfalls die sofortige Beschwerde gegen die Anordnung einzelner Sicherungsmaßnahmen eröffnet (vgl. Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 22 Rn. 26 ff.). Die Beschwerde ist allerdings auf die Geltendmachung eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beschränkt, bei dessen Anwendung den Gläubigerinteressen grundsätzlich Vorrang vor dem Selbstverwaltungsinteresse des Schuldners einzuräumen ist (vgl. § 76 StaRUG Rn. 43 f.), Weshalb eine Beschwerde nur im Ausnahmefall unter besonderen Umständen, die ein Ungleichgewicht zwischen dem Sicherungsbedürfnis der Gläubiger – gleich ob planbetroffenen oder nicht – und dem Schuldnerinteresse offenkundig erscheinen lassen. b) Antragsbefugnis Das einfache Antragsrecht, einen fakultativen Restrukturierungsbeauftragten 11 zu bestellen, steht gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 StaRUG zunächst dem Schuldner voraussetzungslos zu. Der qualifizierte Antrag nach § 77 Abs. 2 StaRUG, weitere Aufgaben nach § 76 StaRUG zuzuweisen, folgt dem Antragsrecht nach § 77 Abs. 1 StaRUG und ist an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft. Darüber hinaus besteht nach § 77 Abs. 1 Satz 2 StaRUG ein doppelt qualifi- 12 ziertes Antragsrecht auch der Gläubiger, nämlich einer im Sinne der Vorschrift qualifizierten Gläubigerminderheit, die sich zugleich mit dem Antrag zur Übernahme der mit der Bestellung verbundenen Kosten verpflichten muss. Mit der Bestellung verbundene Kosten sind das Honorar des Restrukturie459
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
rungsbeauftragten nach §§ 81, 83 StaRUG nebst Auslagen, die das Gericht nach Nr. 2513 und 9017 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz an den Restrukturierungsbeauftragter zu zahlen hat und von den antragstellenden Gläubigern zu erstatten sind. 13 Qualifiziert und damit antragsbefugt ist die Gläubigerminderheit, wenn sie in einer Gläubigergruppe mehr als 25 % der Stimmrechte, die auf die Gruppe entfallen oder voraussichtlich entfallen, vertreten. Für die Feststellung der Erfüllung des Quorums gelten dieselben Grundsätze, wie im Anwendungsbereich des § 74 Abs. 2 Satz 3 StaRUG (vgl. dort Rn. 29 f.). Es gilt daher ein großzügiger Feststellungsmaßstab und es ist im Zweifel von der Erfüllung des Quorums auszugehen. 14 Das Quorum von mehr als 25 % der Stimmrechte in nur einer Gläubigergruppe ist unabhängig davon erfüllt, wie viele Gruppen in dem Restrukturierungsplan (voraussichtlich) obligatorisch zu bilden oder dispositiv gebildet sind. Das Qualifikationserfordernis des § 77 Abs. 1 Satz 2 StaRUG bleibt daher hinter dem Qualifikationserfordernis des § 74 Abs. 3 Satz 3 StaRUG, der für einen das Gericht bindenden Vorschlag betreffend die Person des Restrukturierungsbeauftragten die qualifizierte Minderheit in jeder zu bildenden Gläubigergruppe verlangt, zurück. Dies ist nach der gesetzgeberischen Intention auch richtig, weil das Verlangen einer qualifizierten Minderheit ausschließlich dem Zweck dient, nicht einzelnen Gläubigern Obstruktionspotenzial dadurch zu ermöglichen, dass sie das Antragsrecht dazu nutzen, um den Sanierungsprozess zu verlangsamen oder zu stören (BT-Drucks. 19/24181, S. 175). 15 Vor dem Hintergrund dieser Zwecksetzung muss allerdings auch eine teleologische Extension der Vorschrift dahingehend eröffnet sein, dass unabhängig von der Gruppenbildung auch ein Quorum von 25 % aller Gläubiger für die Zulässigkeit des Antrages genügt. Andernfalls läge es nämlich – in den durch § 9 StaRUG gesetzten Grenzen (vgl. § 9 StaRUG Rn. 3) – in der Hand des Schuldners, durch geschickte Gruppenarchitektur die antragswilligen Gläubiger so zu minorisieren, dass das Quorum in keiner der Gruppen erreicht wird. Dieses Gestaltungspotenzial sollte erstens dem Schuldner nicht an die Hand gegeben werden und ist zweitens mit dem Zweck der qualifizierten Antragsvoraussetzung nicht vereinbar. 16 § 77 Abs. 1 Satz 2 StaRUG sagt nichts dazu, in welcher Form die Antragsvoraussetzungen und die Verpflichtung zur Kostenübernahme vorliegen müssen. 17 Hinsichtlich des Nachweises der Erfüllung des Quorums gelten die zu § 74 Abs. 3 Satz 3 StaRUG gemachten Ausführungen entsprechend (vgl. § 74 StaRUG Rn. 29). 18 Der Verpflichtung der antragstellenden Gläubiger zur Übernahme der Kosten kommt keine materiell-rechtliche Bedeutung zu, insbesondere wirkt die Verpflichtungserklärung nicht anspruchsbegründend. Die Kostentragungslast folgt nämlich aus der Kostenansatzentscheidung gemäß §§ 19, 25a Abs. 2 GKG
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§§ 77–79 Bestellung auf Antrag, Bestellung und Rechtsstellung, Aufgaben
i. V. m. § 82 Abs. 2 Satz 3 StaRUG, wonach die durch den Antrag auf Bestellung eines fakultativen Restrukturierungsbeauftragten entstandenen Kosten, soweit dieser nicht zugleich als obligatorischer Restrukturierungsbeauftragter tätig wird, den antragstellenden Gläubigern aufzuerlegen sind. Nach § 31 Abs. 1 GKG haften die antragstellenden Gläubiger als Gesamtschuldner. Die Kostentragungslast ist daher gesetzlich abschließend geregelt. Der Verpflichtungserklärung der Gläubiger kommt daher ausschließlich Warn- 19 funktion zu. Das Erfordernis, sich zur Übernahme der Kosten zu verpflichten dient dem Zweck, sicherzustellen, dass die Gläubiger sich der mit dem Antrag verbundenen Kostentragungslast bewusst sind. An die Erfüllung dieser Warnfunktion sind indes keine besonderen Formerfordernisse geknüpft, insbesondere müssen nicht in Ansehung eines jeden im Quorum vertretenen Gläubigers die Anforderungen an eine wirksame, gegenüber dem Restrukturierungsgericht abgegebene und diesem zugegangene Willenserklärung erfüllt sein. Vielmehr handelt es sich lediglich um eine Wissenserklärung, weshalb es für die Zulässigkeit des Antrages ausreicht, dass dem Gericht plausibel dargelegt wird, dass die im Quorum vertretenen Gläubiger über die Kostentragungslast aufgeklärt sind und sie diese zur Kenntnis genommen haben. Dies kann z. B. in Gestalt der Übermittlung einer dem Antrag beigefügten einfachen Gläubigerliste geschehen. c) Bestellungsverfahren und -zeitpunkt Da es sich bei der Bestellung des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten 20 um eine gebundene Entscheidung in einem Eilverfahren handelt, darf das Gericht die Beschlussfassung nicht unnötig hinauszögern und es hat den Bestellungsbeschluss grundsätzlich unverzüglich zu fassen. Einschränkungen ergeben sich allein aus dem Kostenrecht. Nach § 81 Abs. 5 21 StaRUG soll die Bestellung eines fakultativen Restrukturierungsbeauftragten erst nach Zahlung der Gerichtskosten und der (voraussichtlichen) Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten (vgl. §§ 80 – 83 StaRUG Rn. 71) erfolgen. Da es sich bei dem StaRUG nicht um eine Prozessordnung im Sinne des § 10 GKG handelt und damit das gerichtliche Tätigwerden nicht von der Zahlung der Kosten abhängig gemacht werden dürfte, war mit dem Inkrafttreten des StaRUG auch eine Änderung des GKG erforderlich. Diese findet sich in § 13a GKG, nach dessen Abs. 2 über den Antrag auf Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten oder eines Sanierungsmoderators erst nach Zahlung der Gerichtsgebühr für das Verfahren entschieden werden soll. Da die Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten vom Gericht gezahlt und von diesem als Auslage nach Nr. 9017 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz dem Kostenschuldner auferlegt wird (vgl. §§ 80 – 83 StaRUG Rn. 63, 71), ist auch die Vergütung von dieser Vorauszahlungspflicht erfasst. Die Festsetzung der Kosten zur Vorauszahlung durch die antragstellenden 22 Gläubiger setzt einen entsprechenden Kostenansatzbeschluss nach § 82 Abs. 2
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Nr. 3 StaRUG und dieser zunächst voraus, dass das Restrukturierungsgericht gemäß § 81 Abs. 4 StaRUG die Stundensätze bzw. nach § 83 StaRUG eine abweichende Vergütung und einen Höchstbetrag für das Honorar (Budget) festsetzt und den zu bestellenden Restrukturierungsbeauftragten sowie die antragstellenden Gläubiger als Auslagenschuldner anhört. 23 Insbesondere in großen Verfahren mit zahlreichen Planbetroffenen kann das Quorum eine erhebliche Zahl von Gläubigern umfassen, was die Anhörung eines jeden einzelnen Gläubigers nicht nur unpraktikabel, sondern möglicherweise sogar praktisch unmöglich macht. Aus Gründen der Praktikabilität sollte es den antragstellenden Gläubigern, die in aller Regel fachkundig vertreten sind, freistehen, einen Empfangsbevollmächtigten und Vertreter für die Anhörung zu bestellen, der ermächtigt wird, Erklärungen gegenüber dem Restrukturierungsgericht abzugeben. Unnötige Verzögerungen des Verfahrens, die bis zum Ausschluss der Bestellung auf Antrag führen können, werden dadurch vermieden. 24 Die Anhörung des Restrukturierungsbeauftragten und die Festsetzung der Stundensätze sowie des Budgets hat das Gericht sodann unverzüglich vorzunehmen, um ebenfalls unverzüglich über den Antrag auf Bestellung des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten entscheiden zu können. Beides in demselben Beschluss miteinander zu verbinden, ist indes nicht möglich, da auf Grundlage der Kostenentscheidung zunächst der Vorschuss eingezahlt werden muss, ehe der Bestellungsbeschluss ergehen kann. 25 Das Verfahren kann erheblich beschleunigt werden, wenn die Person des zu bestellenden Restrukturierungsbeauftragten, insbesondere weil ein bindender Vorschlag gemacht wird, feststeht und sich sämtliche antragstellenden Gläubiger (oder im Falle des Schuldnerantrages der Schuldner) gemäß § 83 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG mit den festzusetzenden Stundensätzen und einem Budget einverstanden erklären, oder, weitergehend, sogar gemäß § 83 Abs. 2 StaRUG mit dem vorzuschlagenden Restrukturierungsbeauftragten eine angemessene Vergütungsvereinbarung abgeschlossen und dem Gericht vorgelegt wird (vgl. dazu insg. §§ 80 – 83 StaRUG Rn. 7, 50). Ähnlich wie in Fällen der zivilprozessualen Klageerhebung kann in diesem Fall mit dem Antrag auf Bestellung des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten sogleich der Nachweis über die Einzahlung der Gerichtskosten nebst Auslagen nach Nr. 9017 des Kostenverzeichnisses zum GKG eingereicht werden. In diesem Fall kann das Gericht den Bestellungsbeschluss unverzüglich fassen. 3. Bestellung und Vorschlag zur Person a) Bestellung und nicht bindender Vorschlag 26 Gemäß § 78 Abs. 1 StaRUG findet auf die Bestellung des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten § 74 Abs. 1 StaRUG entsprechende Anwendung. Die Anforderungen an die Person des Restrukturierungsbeauftragten entsprechen daher den in § 74 Abs. 1 StaRUG definierten Anforderungen einschließlich 462
§§ 77–79 Bestellung auf Antrag, Bestellung und Rechtsstellung, Aufgaben
insbesondere der Unabhängigkeit des Restrukturierungsbeauftragten (vgl. § 74 StaRUG Rn. 4, 9 ff.). Dies schließt allerdings auch das einfache Vorschlagsrecht des Schuldners und der antragstellenden Gläubiger zur Person des Restrukturierungsbeauftragten und die Verpflichtung des Gerichts ein, einen solchen Vorschlag im Rahmen der Ausübung seines Auswahlermessens zu berücksichtigen (vgl. § 74 StaRUG Rn. 16 ff.; BT-Drucks. 19/24181, S. 175). b) Bindender Vorschlag zur Person Das Gesetz scheint einen bindenden Vorschlag des Schuldners zur Person 27 des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten nicht vorzusehen, dies sogar auch dann nicht, wenn der Schuldner selbst den Antrag auf Bestellung stellt. Das ist nicht sachgerecht und auch in der Gesetzesbegründung nicht erläutert, weshalb von einem gesetzgeberischen Versehen, einer planwidrigen Regelungslücke und damit einer analogen Anwendbarkeit des § 74 Abs. 2 Satz 2 StaRUG auch bei der Bestellung des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten auszugehen ist (ausführlich § 74 StaRUG Rn. 17 ff.). Für einen Gläubigervorschlag zur Person des Restrukturierungsbeauftragten 28 enthält § 78 Abs. 2 StaRUG demgegenüber eine eigenständige Regelung, wonach ein Gläubigervorschlag grundsätzlich dann bindend ist, wenn dieser von Gläubigern unterbreitet wird, die jede der voraussichtlich im Plan zu bildenden Gruppen repräsentieren und die vorgeschlagene Person nicht offensichtlich ungeeignet ist (vgl. zu letzterem Kriterium § 74 StaRUG Rn. 7). Das Quorum ist daher grundlegend anders geregelt, als in § 77 Abs. 1 Satz 2 StaRUG, da keine Mindestgläubigerzahl oder Mindestsumme erreicht, sondern schlicht jede Gruppe repräsentiert sein muss. Sieht der Plan (voraussichtlich) nur zwei Gruppen vor, so reicht grundsätzlich bereits der Vorschlag von zwei Gläubigern, nämlich von einem aus jeder Gruppe. Dies darf allerdings nicht zu missbräuchlichen Vorschlägen einladen, weshalb dem in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/24181, S. 175) noch einmal unterstrichenen Wortlaut der Repräsentanz einer jeden Gläubigergruppe im Rahmen der Auslegung und Gewichtung des Vorschlages besonderes Gewicht zukommt. Ist offenkundig, dass die Vorschlagenden nicht die Meinung der Gruppe repräsentieren, z. B. weil widerstreitende Vorschläge vorliegen oder sonst erkennbar ist, dass nicht der Wille der Gruppe repräsentiert wird oder werden soll, ist das Gericht an den Vorschlag nicht gebunden. Da das Gesetz hier aber bewusst eine niedrigschwellige Hürde für einen bindenden Vorschlag vorsieht, dürfen die Anforderungen an die Feststellung der Repräsentanz nicht überspannt werden und erfordert die Nichtbeachtung des Vorschlages konkrete, greifbare Anhaltspunkte für das Fehlen eines repräsentierten Gläubigerwillens in der jeweiligen Gruppe. Nichtsdestotrotz tun die vorschlagenden Gläubiger gut daran, die Repräsen- 29 tationsverhältnisse in der jeweiligen Gruppe darzustellen und so etwaigen Zweifeln bereits im Vorfeld zu begegnen.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
30 Steht die Gruppenbildung noch nicht fest, so gelten die für den bindenden Vorschlag nach § 74 Abs. 2 Satz 3 StaRUG gemachten Ausführungen entsprechend (vgl. § 74 StaRUG Rn. 29). 31 Da die originären Aufgaben des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten maßgeblich in der Begleitung und Moderation der Verhandlungen und in der Unterstützung des Schuldners bei der Erstellung des Restrukturierungskonzepts und des auf ihm beruhenden Plans bestehen, setzt die Auswahl der Person des Restrukturierungsbeauftragten voraus, dass absehbar die vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit nicht nur mit den Gläubigern, sondern vor allem auch mit dem Schuldner – freilich unter Wahrung der Neutralität, § 78 Abs. 3 StaRUG i. V. m. § 75 Abs. 4 Satz 2 StaRUG – möglich ist. Kann vor diesem Hintergrund der fakultative Restrukturierungsbeauftragte seine Aufgabe nicht erfüllen, lehnt der Schuldner die in Aussicht genommene Person grundsätzlich ab. Das Gesetz sieht deshalb vor, dass dem Schuldner ein zum Zweck der Verhandlungsförderung und -unterstützung bestellter Restrukturierungsbeauftragter hinsichtlich der Benennung der Person nicht aufgezwungen werden kann, nicht zuletzt deshalb, weil der Schuldner „Herr des Verfahrens“ bleiben soll (BT-Drucks. 19/24181, S. 175). Der Vorschlag der Gläubiger ist deshalb gemäß § 78 Abs. 2 Halbs. 1 StaRUG nicht verbindlich, wenn der Schuldner dem Vorschlag widerspricht. 32 Aus dem Widerspruchsrecht des Schuldners folgt, obwohl im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, dass das Restrukturierungsgericht verpflichtet ist, den Schuldner zu dem Vorschlag der Gläubiger anzuhören. Die Anhörung kann unter Setzung einer kurzen Frist von höchstens drei Tagen erfolgen, da es sich um eine Eilentscheidung handelt. 33 Das Widerspruchsrecht des Schuldners ist jedoch eng mit der Funktion des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten als Moderator zur Verhandlungsförderung und Unterstützung des Verhandlungsprozesses mit dem Ziel, einen gerechten Interessenausgleich unter den Beteiligten herbeizuführen, verbunden. Sobald dem fakultativen Restrukturierungsbeauftragten gemäß § 77 Abs. 2 StaRUG oder wegen des nachträglichen Eintretens der Bestellungsvoraussetzungen von Amts wegen nach § 73 Abs. 1 StaRUG unter Geltung des Grundsatzes der „Einheit des Amtes“ (vgl. § 73 StaRUG Rn. 3) auch Aufgaben nach § 76 StaRUG übertragen werden, entfällt das Widerspruchsrecht des Schuldners (BT-Drucks. 19/24181, S. 175). Es liegt damit in der Hand der Gläubiger, durch einen Antrag nach § 77 Abs. 2 StaRUG gleichzeitig das Widerspruchsrecht des Schuldners gegen einen Gläubigervorschlag nach § 78 Abs. 2 Halbs. 1 StaRUG auszuhebeln. 34 Weicht das Gericht von einem grundsätzlich bindenden Vorschlag, gleich ob von Schuldner- oder Gläubigerseite ab, so ist dies nach § 78 Abs. 2 Halbs. 2 StaRUG zu begründen.
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§§ 77–79 Bestellung auf Antrag, Bestellung und Rechtsstellung, Aufgaben
4. Rechtsstellung Gemäß § 78 Abs. 3 StaRUG gilt für die Rechtsstellung des fakultativen Re- 35 strukturierungsbeauftragten § 75 StaRUG entsprechend. Auf die dortige Kommentierung kann uneingeschränkt verwiesen werden. 5. Aufgaben Die originären Aufgaben des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten be- 36 schreibt § 77 Abs. 1 Satz 1 StaRUG in allgemeiner Form mit der Förderung der Verhandlungen zwischen den Verfahrensbeteiligten, konkretisiert durch § 79 StaRUG, wonach der Restrukturierungsbeauftragte den Schuldner und die Gläubiger bei der Ausarbeitung und Aushandlung des Restrukturierungskonzepts und des auf ihm basierenden Plans unterstützt. Es geht also für den fakultativen Restrukturierungsbeauftragten im Ausgangs- 37 punkt nicht darum, zum Schutz von Gläubigerinteressen den Schuldner zu überwachen oder die Voraussetzungen für Eingriffe in Gläubigerrechte zu prüfen, sondern im Interesse aller Beteiligten den Restrukturierungsprozess voranzubringen, Informationsasymmetrien auszugleichen und als Mediator oder Vermittler der verschiedenen Interessen zu fungieren, der mit seinem Know-how in Sanierungsfällen in der Lage ist, zu helfen, einen Interessenausgleich herzustellen (BT-Drucks. 19/24181, S. 175). Dabei ist der fakultative Restrukturierungsbeauftragte selbstverständlich zu jedem Zeitpunkt gemäß § 78 Abs. 3 StaRUG i. V. m. § 75 Abs. 4 Satz 2 StaRUG dem Neutralitätsgebot verpflichtet, weshalb auch aus der Tätigkeit als fakultativer Restrukturierungsbeauftragter keine die Unabhängigkeit beeinträchtigende Vorbefassung für die Ausweitung der Tätigkeit zum obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten oder in einem späteren Insolvenzverfahren als Insolvenzverwalter oder Sachwalter hergeleitet werden kann (ausführlich § 73 StaRUG Rn. 55). Dies auch deshalb nicht, weil mit der ausdrücklichen Beschränkung der Tätig- 38 keit des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten auf die Unterstützung bei der Erstellung und Verhandlung des Restrukturierungskonzepts ausdrücklich ausgeschlossen ist, dass der Restrukturierungsbeauftragte das Restrukturierungskonzept oder den Restrukturierungsplan selbst erstellt (BT-Drucks. 19/ 24181, 175); die Erteilung eines Auftrages zur Erstellung von Konzept oder Plan an den Restrukturierungsbeauftragten entsprechend § 284 Abs. 1 InsO ist ausgeschlossen. Dessen ungeachtet können dem Restrukturierungsbeauftragten nach § 77 39 Abs. 2 StaRUG im Rahmen eingeschränkter Rechtsfolgenverweisung aber sämtliche Aufgaben des obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten nach § 76 StaRUG übertragen werden (vgl. Rn. 7). Erfolgt die Übertragung von Ergänzungsaufgaben (vgl. § 76 StaRUG Rn. 32 ff.), so geht damit die Übertragung der Pflichtaufgaben des § 76 StaRUG einher (vgl. dort Rn. 30), auch ohne dass dies im Beschluss ausdrücklich klargestellt würde. Dies gebieten die gesetzliche Systematik und der Gläubigerschutz gleichermaßen. Insbe465
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
sondere z. B. die Ergänzungsaufgabe der Prüfung der wirtschaftlichen Lage des Schuldners nach § 76 Abs. 2 Nr. 2 lit. a) StaRUG kann ihre gläubigerschützende Funktion nur dann erfüllen, wenn mit der Feststellung bestimmter Prüfungsergebnisse und Umstände auch die Anzeigepflicht nach § 76 Abs. 1, 3 StaRUG zwingend verbunden ist. Im Anwendungsbereich des § 76 StaRUG bedarf es einer entsprechenden Anordnung nicht, da die Übertragung von Ergänzungsaufgaben ohne Bestehen des Pflichtaufgabenbereichs nicht denkbar ist. Im Anwendungsbereich des § 77 Abs. 2 StaRUG ist dieser Konnex vom Gesetzgeber offensichtlich übersehen worden, weshalb aus systematischen Gründen das zwingende Zusammenwirken von Pflicht- und Ergänzungsaufgaben klarzustellen ist. 40 Obgleich es damit im Beschluss nach § 77 Abs. 2 StaRUG der Übertragung der Pflichtaufgaben nicht ausdrücklich bedarf, ist aus Transparenzgründen die Klarstellung, dass ungeachtet der Nennung im Antrag von der Übertragung der Sonder-/Ergänzungsaufgaben auch die Übertragung der Pflichtaufgaben erfasst ist, wünschenswert und geboten, allerdings nicht konstitutiv. 41 Die isolierte Übertragung nur von Ergänzungsaufgaben ist daher aus systemischen und aus Gründen des gebotenen Gläubigerschutzes nicht möglich. 42 Hinsichtlich der dem Restrukturierungsbeauftragten zu übertragenden Ergänzungsaufgaben ist das Gericht grundsätzlich an den Antrag nach § 77 Abs. 2 StaRUG gebunden. Allerdings greift über die eingeschränkte Rechtsfolgenverweisung das Verhältnismäßigkeitsprinzip, dessen Anwendung dazu führt, dass im Ausnahmefall ggf. lediglich die nächst niedrigschwelligere Aufgabenzuweisung erfolgt (vgl. Rn. 10).
Abschnitt 3 – Vergütung §§ 80 – 83 Vergütung § 80 Vergütungsanspruch 1
Der Restrukturierungsbeauftragte hat nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen Anspruch auf Vergütung (Honorar und Auslagen). 2Vereinbarungen über die Vergütung sind nur dann wirksam, wenn die nachfolgenden Bestimmungen zum zulässigen Inhalt und zum Verfahren beachtet sind. § 81 Regelvergütung (1) Der Restrukturierungsbeauftragte erhält, soweit er persönlich tätig wird, ein Honorar auf der Grundlage angemessener Stundensätze.
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§§ 80–83 Vergütung
(2) Soweit der unterstützende Einsatz qualifizierter Mitarbeiter erforderlich ist, erhält der Restrukturierungsbeauftragte auch für deren Tätigkeit ein Honorar auf der Grundlage angemessener Stundensätze. (3) 1Bei der Bemessung der Stundensätze berücksichtigt das Restrukturierungsgericht die Unternehmensgröße, Art und Umfang der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Schuldners und die Qualifikation des Restrukturierungsbeauftragten sowie der qualifizierten Mitarbeiter. 2Im Regelfall beläuft sich der Stundensatz für die persönliche Tätigkeit des Restrukturierungsbeauftragten auf bis zu 350 Euro und für die Tätigkeit qualifizierter Mitarbeiter auf bis zu 200 Euro. (4) 1Mit der Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten setzt das Restrukturierungsgericht die Stundensätze fest. 2Zugleich bestimmt es auf der Grundlage von Stundenbudgets, die dem voraussichtlichen Aufwand und der Qualifikation des Beauftragten und der qualifizierten Mitarbeiter angemessen Rechnung tragen, einen Höchstbetrag für das Honorar. 3Dazu hört das Restrukturierungsgericht die zu bestellende Person und diejenigen an, die die Auslagen nach Nummer 9017 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz schulden (Auslagenschuldner). (5) 1Die Bestellung eines fakultativen Restrukturierungsbeauftragten soll erst nach Zahlung der Gerichtsgebühr für die Bestellung nach Nummer 2513 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz und eines Vorschusses auf die Auslagen nach Nummer 9017 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz erfolgen. 2Erfolgt eine Bestellung von Amts wegen, soll das Restrukturierungsgericht auch über jeden Antrag des Schuldners auf Inanspruchnahme eines Instruments des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens erst nach Zahlung der Gerichtsgebühr für die Bestellung nach Nummer 2513 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz und eines Vorschusses auf die Auslagen nach Nummer 9017 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz entscheiden. (6) 1Reichen die der Ermittlung des Höchstbetrags zugrunde gelegten Stundenbudgets für eine sachgerechte Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse nicht aus, legt der Beauftragte Grund und Ausmaß des Erhöhungsbedarfs unverzüglich dem Restrukturierungsgericht dar. 2Das Restrukturierungsgericht hat in diesem Fall nach Anhörung der Auslagenschuldner unverzüglich über eine Anpassung der Budgets zu entscheiden. 3Absatz 5 gilt entsprechend. (7) Für den Ersatz der Auslagen gelten § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und die §§ 6, 7 und 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes entsprechend. § 82 Festsetzung der Vergütung (1) Auf Antrag des Restrukturierungsbeauftragten setzt das Restrukturierungsgericht nach Beendigung des Amtes des Restrukturierungsbeauftragten die Vergütung durch Beschluss fest.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
(2) 1Das Restrukturierungsgericht entscheidet bei der Festsetzung der Vergütung nach Absatz 1 auch darüber, wer in welchem Umfang die Auslagen nach Nummer 9017 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz zu tragen hat. 2Die Auslagen sind dem Schuldner aufzuerlegen. 3Abweichend von Satz 2 sind die Auslagen bei Bestellung eines fakultativen Restrukturierungsbeauftragten auf Antrag von Gläubigern den antragstellenden Gläubigern aufzuerlegen, soweit sie nicht für Tätigkeiten entstehen, die das Restrukturierungsgericht dem Restrukturierungsbeauftragten von Amts wegen oder auf Antrag des Schuldners übertragen hat. (3) Gegen die Festsetzung des Stundensatzes nach § 81 Absatz 4, gegen die Bestimmung oder Anpassung des Höchstbetrags nach § 81 Absatz 4 und 6 und gegen die Festsetzung der Vergütung steht dem Restrukturierungsbeauftragten und jedem Auslagenschuldner die sofortige Beschwerde zu. (4) Auf Antrag des Restrukturierungsbeauftragten ist ein angemessener Vorschuss auszuzahlen, wenn ihm erhebliche Auslagen entstanden sind oder voraussichtlich entstehen werden oder wenn die zu erwartende Vergütung für bereits erbrachte Arbeiten einen Betrag von 10 000 Euro übersteigt. § 83 Vergütung in besonderen Fällen (1) 1In besonderen Fällen können Stundensätze als Grundlage für das Honorar festgesetzt werden, welche die Höchstbeträge des § 81 Absatz 3 übersteigen, insbesondere, wenn 1. alle voraussichtlichen Auslagenschuldner zustimmen, 2. sich ansonsten keine geeignete Person zur Übernahme des Amtes bereit erklärt oder 3. die dem Restrukturierungsbeauftragten übertragenen Aufgaben unter den besonderen Umständen der Restrukturierungssache den Aufgaben nahekommen, die einem Sachwalter in einem in Eigenverwaltung geführten Insolvenzverfahren übertragen sind, insbesondere, weil eine allgemeine Stabilisierungsanordnung ergeht oder weil in den Restrukturierungsplan mit Ausnahme der nach § 4 auszunehmenden Gläubiger alle oder im Wesentlichen alle Gläubiger und an dem Schuldner beteiligten Personen einbezogen werden. 2
Im Fall des Satzes 1 Nummer 3 kommt auch eine Vergütung nach anderen Grundsätzen, insbesondere eine Bemessung auf Grundlage des Wertes der in den Restrukturierungsplan einbezogenen Forderungen gegen den Schuldner oder des Unternehmensvermögens in Betracht. (2) Wenn der Restrukturierungsbeauftragte auf Antrag und auf Vorschlag aller voraussichtlichen Auslagenschuldner bestellt wird und der Restrukturierungsbeauftragte und sämtliche Auslagenschuldner eine Vereinbarung über die Vergütung vorlegen, hat das Gericht diese Vereinbarung der Bemessung der Vergütung zugrunde zu legen, wenn die Vereinbarung nicht zu einer unangemessenen Vergütung führt. 468
§§ 80–83 Vergütung
Übersicht 1. 2. 3.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Grundlagen des Vergütungsanspruchs ........................................ 4 Bestimmung der Regelvergütung ........................................... 11 a) Stundenverrechnungs- und Honorarhöchstsatz ............... 11 aa) Persönlichkeit des Amtes, Erforderlichkeit der Einbeziehung qualifizierter Dritter und Zeiterfassung ....................... 11 bb) Qualifizierte Mitarbeiter .............................. 18 cc) Stundenverrechnungssatz ................................. 20
4.
5.
6.
b) Stundenbudget ...................... c) Auslagen ................................ Vergütung in besonderen Fällen (§ 83 StaRUG) ............................. a) Systemische Einordnung ...... b) Sonderfälle ............................. c) Festsetzung nach Wertgebühren ................................ Festsetzung der Vergütung und Rechtsmittel ................................. a) Festsetzungsbeschluss .......... b) Kostenschuldner ................... c) Vergütungsvorschuss ............ d) Kostenvorschuss ................... Rechtsschutz – Sofortige Beschwerde und Vergütung in der Schwebezeit ..................................
31 44 45 45 50 54 59 59 63 67 71
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1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes Der Restrukturierungsbeauftragte hat freilich einen Anspruch auf Vergütung. 1 Der Gesetzgeber verfolgt mit den in §§ 80 – 83 StaRUG enthaltenen Vergütungsregelungen zweierlei Ziele: Zum einen soll durch die Festlegung verbindlicher Vergütungsvorschriften und die Festsetzung der Vergütung durch das Gericht sichergestellt werden, dass die Vergütungsregeln erstens nicht umgangen werden können und zweitens kein für den Schuldner prohibitiv wirkendes oder die Sanierungschancen gefährdendes Ausmaß erreichen (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 176). Der Vergütungsanspruch des Restrukturierungsbeauftragten richtet sich daher allein gegen die Staatskasse (BT-Drucks. 19/24181, S. 177). Zum anderen soll die öffentliche Hand aber zugleich davor geschützt werden, mit den Kosten in Vorleistung gehen zu müssen und unter Umständen den gegen den Auslagenschuldner bestehenden Ersatzanspruch später nicht realisieren zu können (BT-Drucks. 19/24181, S. 177). Aus diesem Grunde regelt § 13a GKG in Abweichung von dem Grundsatz des § 10 GKG, dass die Inanspruchnahme von Instrumenten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens sowie die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten oder eines Sanierungsmoderators erst nach Zahlung der Gerichtsgebühren erfolgen soll. Die verfahrensrechtlichen Regeln zur Vorschussleistung sind in § 81 Abs. 5 StaRUG enthalten. Inhaltlich sieht das Gesetz vor, dass die Vergütung des Restrukturierungsbe- 2 auftragten im Grundsatz als Zeithonorar mit einem ebenfalls grundsätzlich nach oben gedeckelten Stundenverrechnungssatz bemessen sein soll. Der Gesetzgeber sieht in der Tätigkeit des Restrukturierungsbeauftragten im Regelfall ein deutlich vom Sachwalter im eigenverwalteten Insolvenzverfahren abweichendes Aufgaben- und Tätigkeitsprofil, weshalb er die Anlehnung der
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Vergütung an diejenige des Sachwalters nur in den in § 83 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG geregelten Ausnahmefällen für gerechtfertigt hält. 3 Die Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten soll für alle Verfahrensbeteiligten vorhersehbar und verlässlich einzuschätzen sein, weshalb das Restrukturierungsgericht zeitgleich mit der Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten nicht nur die Stundensätze festzusetzen, sondern auch ein Stundenbudget festzuschreiben hat, das die Vergütungsansprüche des Restrukturierungsbeauftragten begrenzt. Die rückwirkende Erhöhung ist nicht möglich; zeichnet sich die Überschreitung des Stundenbudgets ab, so muss der Restrukturierungsbeauftragte rechtzeitig vorher begründet die Erweiterung beantragen. 2. Grundlagen des Vergütungsanspruchs 4 Der Restrukturierungsbeauftragte hat gemäß § 80 StaRUG Anspruch auf Vergütung. Der Vergütungsanspruch richtet sich ausschließlich gegen die Staatskasse (BT-Drucks. 19/24181, S. 177). Die Vergütung ist gemäß § 82 Abs. 1 StaRUG auf Antrag des Restrukturierungsbeauftragten durch Beschluss festzusetzen. 5 Die Vergütung ist dabei grundsätzlich, anders als im Insolvenzverfahren, nicht als Wertgebühr, sondern als zeitabhängige Vergütung ausgestaltet. Sie unterscheidet sich damit materiell-rechtlich eklatant von der Vergütung in Insolvenzverfahren und ist, dies verkennt die Gesetzesbegründung, jedenfalls in der Ausgestaltung der Regelvergütung nicht haftungs- und aufwandsangemessen. Die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/24181, S. 176) geht davon aus, dass sich die deutliche Abweichung der Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten von derjenigen des Sachwalters dadurch rechtfertige, dass mit Ausnahme des in § 83 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG genannten Sonderfalls die Aufgabenund Tätigkeitsprofile beider deutlich auseinanderfielen. Dabei übersieht der Gesetzgeber die erhebliche Reichweite und das erhebliche Haftungspotenzial, das auch in dem Regelfall der Bestellung des obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten mit dessen Tätigkeit verbunden ist, da diesen mitunter eine Quasi-Insolvenzverschleppungshaftung als Gesamtschuldner neben den geschäftsleitenden Organen trifft (ausführlich § 75 StaRUG Rn. 41). Die weiterhin bestehende Verpflichtung des Restrukturierungsbeauftragten, Unterlagen zur wirtschaftlichen Situation des Schuldners, zu den Krisenursachen und zu den beabsichtigten Restrukturierungsmaßnahmen anzufordern und auszuwerten, sowie daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen (vgl. § 76 StaRUG Rn. 13), macht die Überwachungsaufgabe auch des obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten ohne Ergänzungsaufgaben bereits zu einer dem Sachwalter weitgehend vergleichbaren, im Gläubigerinteresse tätigen und entsprechend haftbaren Gewährsträger für die ordnungsgemäße Abwicklung und die Integrität des Verfahrens (siehe dazu auch § 75 StaRUG Rn. 37). Dies kommt in dem Regel-Ausnahme-Prinzip der Vergütungsregelungen nach §§ 80 ff. StaRUG nicht hinreichend zum Ausdruck, was im Rahmen der Aus470
§§ 80–83 Vergütung
legung insbesondere des Tatbestandes des § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 StaRUG, der unter Berücksichtigung der dem Restrukturierungsbeauftragten übertragenen Aufgaben die Bemessung und Festsetzung der Vergütung in Anlehnung an die Sachwaltervergütung nach InsVV auch als Wertvergütung zulässt. Eine weitere Besonderheit des Festsetzungsverfahrens ergibt sich daraus, 6 dass der nach § 82 Abs. 1 StaRUG zu fassende Vergütungsbeschluss durch die bereits bei Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten nach § 81 Abs. 4 StaRUG getroffenen Entscheidungen gebunden ist, dem Gericht daher bei Festsetzung der Vergütung kein Ermessen mehr zusteht. Dies betrifft einmal die Höhe des Stundensatzes für die Tätigkeit des Restrukturierungsbeauftragten und des Stundensatzes für die Tätigkeit seiner qualifizierten Mitarbeiter, und betrifft zum anderen das Stundenbudget, das einen Höchstbetrag für die Vergütung festschreibt. Dieser darf, auch wenn der Restrukturierungsbeauftragte insgesamt einen höheren Zeitaufwand nachweist, nur unter den Voraussetzungen des § 81 Abs. 6 StaRUG überschritten werden, nämlich wenn vor Erreichen der bestimmten Höchstgrenze ein Erhöhungsbeschluss nach Anhörung der Auslagenschuldner (dazu Rn. 38) ergangen ist. Die Entscheidung über die tatsächliche Vergütungshöhe wird daher regelmäßig nicht bei der Festsetzung der Vergütung, sondern bereits bei Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten getroffen, wodurch sich das Vergütungssystem des Restrukturierungsrahmens auch verfahrensrechtlich grundlegend von demjenigen des Insolvenzverfahrens unterscheidet. Anders als im Insolvenzverfahren (BGH, ZIP 2017, 482) sind Vereinbarungen 7 über die Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten nicht per se nichtig. Vielmehr bestimmt § 80 Satz 2 StaRUG, dass Vergütungsvereinbarungen unter Beachtung der Bestimmungen zum zulässigen Inhalt und zum Verfahren möglich und damit von dem Restrukturierunggericht bei der Festsetzung der Vergütung nach § 82 Abs. 1 StaRUG zu berücksichtigen sind. Konkretisiert wird die Vorschrift durch § 83 Abs. 2 StaRUG, wonach eine Vereinbarung zwischen dem Restrukturierungsbeauftragten und sämtlichen, gesamtschuldnerisch haftenden Auslagenschuldnern, wenn der Beauftragte auch auf deren Antrag und Vorschlag bestellt worden ist, von dem Gericht bei der Bemessung der Vergütung zu berücksichtigen ist, wenn die Vereinbarung nicht zu einer unangemessenen Vergütung führt. Aus dem Wortlaut „wenn“ anstelle von „soweit“ folgt, dass eine geltungser- 8 haltende Reduktion einer unangemessenen Vergütungsvereinbarung nicht möglich ist. Das aber würde zu Widersprüchen führen, wenn das Restrukturierungsgericht über die Angemessenheit der Vergütungsvereinbarung erst im Zeitpunkt der Festsetzung nach § 82 Abs. 1 StaRUG entscheiden würde. An die Stelle der Vergütungsvereinbarung könnte nämlich dann nicht die Vergütung nach Stundensätzen gemäß § 81 Abs. 4 StaRUG treten, da es hierfür an der nach § 81 Abs. 4 Satz 2 StaRUG nötigen Festsetzung des Budgets fehlte. Aus dem Wortlaut des § 83 Abs. 2 StaRUG, wonach das Gericht die 471
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Vereinbarung bereits der Bemessung der Vergütung zugrunde zu legen hat, erfolgt indes, dass die Prüfung der Angemessenheit bereits im Rahmen der Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten und damit anstelle der Festsetzung des Stundensatzes gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 StaRUG und des Stundenbudgets gemäß § 81 Abs. 4 Satz 2 StaRUG erfolgt. 9 Die Festsetzung eines Höchstbetrages für die für Vergütung nach § 81 Abs. 4 Satz 2 StaRUG ist in Fällen der Vergütungsvereinbarung nach § 83 Abs. 2 StaRUG gerade nicht erforderlich, wie sich aus der gesetzlichen Systematik ergibt. Denn: § 81 StaRUG regelt die Regelvergütung, während § 83 StaRUG die Vergütung in besonderen Fällen regelt und in § 83 Abs. 2 StaRUG ausdrücklich vorschreibt, dass die Vereinbarung an die Stelle der Vergütungsbemessung nach den Regelvorschriften tritt. Daraus folgt, dass die Vergütungsvereinbarung gerade an die Stelle der Regelvergütung tritt, weshalb unter Ersetzung des § 81 Abs. 4 StaRUG im Falle einer Vergütungsvereinbarung lediglich auf deren Bestehen hinzuweisen ist. 10 Auch wenn sich der Vergütungsanspruch des Restrukturierungsbeauftragten ausschließlich gegen die Staatskasse richtet, so reicht diese die ihr entstandenen Kosten als Auslagen gemäß Nr. 9017 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz an den Kostenschuldner gemäß § 25a GKG durch. Um die Ausfallrisiken der Staatskasse zu reduzieren, regelt § 13 GKG in Abweichung von dem Grundsatz des § 10 GKG, dass das Gericht sein Tätigwerden im Grundsatz nicht von der Zahlung der Kosten abhängig machen darf, eine grundsätzliche Vorschusspflicht. Diese wird verfahrensrechtlich in § 81 Abs. 5 StaRUG umgesetzt. 3. Bestimmung der Regelvergütung a) Stundenverrechnungs- und Honorarhöchstsatz aa) Persönlichkeit des Amtes, Erforderlichkeit der Einbeziehung qualifizierter Dritter und Zeiterfassung 11 Wie die Insolvenzverwaltervergütung auch, ist die Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten personengebunden, weshalb § 81 Abs. 1 StaRUG regelt, dass der Restrukturierungsbeauftragte ein auf Grundlage angemessener Stundensätze bemessenes Honorar erhält, soweit er persönlich tätig wird. Der Gesetzgeber erkennt jedoch an, dass trotz der Zulassung nur natürlicher und nicht auch juristischer Personen zum Amt des Restrukturierungsbeauftragten sich in bestimmten Restrukturierungsvorhaben – und in der Praxis tatsächlich wohl in sämtlichen jedenfalls derjenigen Verfahren, für die der Restrukturierungsrahmen zugeschnitten ist – die dem Restrukturierungsbeauftragten übertragenen Aufgaben nicht von einer Person alleine bewältigt werden können, sondern größere Kapazität und interdisziplinäre Fachkenntnis erfordern (BT-Drucks. 19/24181, S. 176). Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit regelmäßig in nur knapper zur Verfügung stehender Zeit zu erbringen ist. 472
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Dementsprechend ordnet § 81 Abs. 2 StaRUG an, dass der Restrukturierungs- 12 beauftragte einen Anspruch auf Honorar nicht nur für seinen eigenen, sondern auch für den Zeitaufwand seiner qualifizierten Mitarbeiter hat, soweit deren unterstützender Einsatz erforderlich ist. Dem Kriterium der Erforderlichkeit kommt dabei keine besondere Bedeutung 13 zu. Insbesondere kann die Erforderlichkeit nicht mit dem Argument verneint werden, es handele sich um Tätigkeiten, die der Restrukturierungsbeauftragte in Person zu erbringen gehabt habe und deshalb nicht auf Mitarbeiter hätte delegieren dürfen. Dem unterschiedlichen Vergütungskonzept im Vergleich zur InsVV ist es geschuldet, dass eine Differenzierung nach delegationsfähigen und nicht delegationsfähigen Leistungen im Anwendungsbereich der §§ 80 ff. StaRUG nicht Platz greifen kann. Denn für die Vergütungshöhe ist es im besten Fall unerheblich, im Zweifelsfall reduziert sich die Höhe der Vergütung, wenn der Restrukturierungsbeauftragte Leistungen nicht selbst sondern durch qualifizierte Mitarbeiter erbringt, weil insgesamt lediglich der Zeitaufwand vergütet wird, gleich wer ihn erbringt. Da der Stundenverrechnungssatz der qualifizierten Mitarbeiter nach der gesetzlichen Grundkonzeption des § 81 Abs. 3 StaRUG aber regelmäßig geringer ausfallen wird, als derjenige des Restrukturierungsbeauftragten selbst, kommt eine Verlagerung von Tätigkeiten dem Kosteninteresse mutmaßlich eher entgegen. Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit beschränkt sich daher darauf, 14 dass lediglich solche Tätigkeiten nicht vergütet werden, die nicht vom Aufgabenbereich des Restrukturierungsbeauftragten gedeckt sind. Diese Diskussion ist im Rahmen der Zuschlagsrelevanz von Tätigkeiten des Sachwalters im Eigenverwaltungsverfahren schon einmal geführt worden (vgl. § 26a InsO Rn. 5 ff.); hier wie dort sollte bei der Bestimmung, welche Tätigkeit noch vom Aufgabenbereich gedeckt ist, ein großzügiger Maßstab angelegt werden, um einerseits zu verhindern, dass im Rahmen dynamischer Restrukturierungs- und Vergleichsverhandlungen im Randbereich der vergütungsrelevanten Tätigkeit der Restrukturierungsbeauftragte Gefahr läuft, für die erbrachten Tätigkeiten zwar nicht vergütet zu werden, aber gleichwohl nach § 75 Abs. 4 StaRUG aus dem Gesichtspunkt des objektiven Empfängerhorizonts der Gläubiger sehr wohl zu haften. Zum anderen sollte vermieden bleiben, dass der Restrukturierungsbeauftragte sich bei der Überprüfung komplexer wirtschaftlicher Zusammenhänge oder bei der Begleitung umfangreicher Verhandlungen infolge eines unklar abgegrenzten Randbereichs der Vergütungsrelevanz zurückzieht und sich auf einen eingeschränkten Aufgabenkreis zurückzieht. Daran schließt sich die Frage an, wie detailliert die zeitliche Erfassung zu er- 15 folgen hat. Zunächst sagt das Gesetz nichts zu der abzurechnenden Zeiteinheit. Der BGH hält die Abrechnung bei vereinbarten Zeithonoraren in Zeittakten grundsätzlich für unbedenklich und in der Sache auch gerechtfertigt, solange und soweit der vereinbarte Zeittakt die Interessen aller Beteiligten angemessen berücksichtigt (BGH, ZIP 2020, 716). Gerade bei komplexen wirtschaftlichen Zusammenhängen, wie sie im Restrukturierungsverfahren vorherrschen, bedarf 473
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
die Wiederaufnahme der Tätigkeit nach einer Unterbrechung zusätzlicher Einarbeitungszeit; die Abrechnung in Zeittakten veranlasst darüber hinaus auch den Schuldner dazu, angeforderte Unterlagen strukturiert und gesammelt und nicht jeden Vorgang einzelnen zur Prüfung vorzulegen. Grundsätzlich ist die Abrechnung in angemessenen Zeittakten daher auch bei der Bemessung des Honorars des Restrukturierungsbeauftragten indiziert. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Auslagenschuldner regelmäßig der Restrukturierungsschuldner ist (§ 25a Abs. 1 GKG), die Abrechnung des Honorars daher gegenüber einer im Geschäftsverkehr erfahrenen und damit in Bezug auf die Vorhersehbarkeit weniger schutzwürdigen Person im Vergleich insbesondere mit der Honorarabrechnung gegenüber Verbrauchern erfolgt, scheint eine Abrechnung im 15-Minuten-Takt jedenfalls angemessen und gerechtfertigt. 16 Um späteren Abrechnungsstreit zu vermeiden, sollte der Beschluss gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 StaRUG, mit dem die Höhe der Stundensätze festgesetzt wird, zugleich auch den maßgeblichen Abrechnungstakt bestimmen. Die Zeiterfassung des Restrukturierungsbeauftragten und seiner qualifizierten Mitarbeiter hat sich dann an diesem Abrechnungstakt zu orientieren. Die Erfassung der genauen Uhrzeiten der Tätigkeit ist allerdings nicht erforderlich; die Anforderungen an die ordnungsgemäße Erfassung des Zeithonorars sind erfüllt, soweit die Darstellung plausibel und nachvollziehbar ist. 17 Außerdem muss die Tätigkeit jedenfalls in allgemeiner Form beschrieben sein, um den Zweck erfüllen zu können, solche Tätigkeiten auszuscheiden, die unzweifelhaft nicht dem konkret übertragenen Aufgabenbereich des Restrukturierungsbeauftragten zuzuordnen sind. Darin erschöpft sich der Zweck allerdings auch. Mehr als die allgemeine Beschreibung, die für die Zuordnung zum Tätigkeitsbereich ausreichend ist, ist nicht geschuldet. Insbesondere muss nicht detailliert die jeweils konkrete Prüfungshandlung erfasst werden. bb) Qualifizierte Mitarbeiter 18 Bei der Bemessung des Stundenverrechnungssatzes des Restrukturierungsbeauftragten ist zu berücksichtigen, dass die gesonderte Vergütung des Zeitaufwandes von Mitarbeitern gemäß § 81 Abs. 2 StaRUG nur für qualifizierte Mitarbeiter erfolgt. Die Tätigkeit des Assistenz- und Büropersonals sowie der Zeitaufwand für einfache Hilfstätigkeiten wird nicht gesondert vergütet sondern ist mit der Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten abgegolten. 19 In der Sache kommt es daher nicht auf die Qualifikation der Mitarbeiter, sondern auf die von dem jeweiligen Mitarbeiter erbrachte Tätigkeit an. Auch die von einem qualifizierten Steuerfachgehilfen außerhalb seiner Qualifikation erbrachte einfache administrative Tätigkeit ist nicht gesondert vergütungsrelevant, während dessen Leistungen im Rahmen der Bilanzanalyse oder Auswertung des Zahlungsverkehrs und der Buchhaltung sehr wohl gesondert abrechenbar ist. Die Gesetzesbegründung spricht insoweit von „spezifisch im Rahmen der Restrukturierung zu erfüllenden Tätigkeiten, die besondere rechtliche oder betriebswirtschaftliche Kenntnisse voraussetzen“ (BT-Drucks. 19/ 474
§§ 80–83 Vergütung
24181, S. 176). Spezifisch sind die Kenntnisse immer dann, wenn sie entweder einem klassischen oder einem rechtspraktischen Ausbildungs- oder Anforderungsprofil entsprechen, das nicht akademischer Natur sein muss. Insbesondere im betriebswirtschaftlichen Bereich ist der Einsatz von Bankkaufleuten, Steuerfachwirten, Steuerfachgehilfen, Betriebswirten mit Abschluss unterhalb der/des Diplomkauffrau/Diplomkaufmanns, also zum Beispiel der Berufsakademie etc. jedenfalls ausreichend. Soweit die Gesetzesbegründung darüber hinaus verlangt, dass die fachspezifischen Kenntnisse auch aufgrund einer entsprechenden Ausbildung nachweislich vorliegen müssen, so dürfen an den Nachweis der Ausbildung aus rechtstatsächlichen Gründen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, da es den Ausbildungsberuf insbesondere der/des „Insolvenzsachbearbeiterin“/„Insolvenzsachbearbeiters“ nicht gibt und der Hintergrund der Berufsbildung dieser äußerst qualifizierten Berufsgruppe, die in der Begleitung und Betreuung von Restrukturierungs- und Insolvenzverfahren von unerlässlichem Wert ist, verschiedener kaum sein könnte. Bei einer Vielzahl von Mitarbeitern im sog. „Mittelbau“ handelt es sich um Quereinsteiger ohne zwingenden berufsspezifischen Ausbildungshintergrund, die ihre Fachkenntnisse aufgrund langjähriger Tätigkeit erworben haben. Der Nachweis einer solchen langjährigen Erfahrung in der Begleitung und Abwicklung insbesondere von Insolvenzverfahren und mithin einer ausschließlich in der Berufspraxis erworbenen Ausbildung ohne berufsspezifischen Abschluss muss für den Qualifikationsnachweis im Sinne des § 81 Abs. 2 StaRUG ohne Weiteres genügen. cc) Stundenverrechnungssatz Nach § 81 Abs. 3 Satz 2 StaRUG beläuft sich der Stundensatz für die persön- 20 liche Tätigkeit des Restrukturierungsbeauftragten im Regelfall auf bis zu 350 EUR und für die Tätigkeit qualifizierter Mitarbeiter auf bis zu 200 EUR. Untergrenzen sieht das Gesetz nicht vor. Bei der Bemessung der Stundensätze berücksichtigt das Restrukturierungsgericht gemäß § 81 Abs. 3 Satz 1 StaRUG die Unternehmensgröße, die Art und den Umfang der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Schuldners und die Qualifikation des Restrukturierungsbeauftragten sowie der qualifizierten Mitarbeiter. Nicht recht verständlich ist dabei das Kriterium der Qualifikation des Restruk- 21 turierungsbeauftragten, da das Restrukturierungsgericht gemäß § 74 Abs. 1 StaRUG zwingend eine im Allgemeinen geschäftskundige und im Einzelfall konkret geeignete Person zu bestellen hat (vgl. § 74 StaRUG Rn. 4 ff.). Den Stundenverrechnungssatz von der Qualifikation des Restrukturierungsbeauftragten abhängig zu machen, würde implizieren, dass es besser und schlechter geeignete Personen für die Tätigkeit im konkreten Einzelfall ergibt, die durch unterschiedliche Verrechnungssätze ausgeglichen wird. Allein dies ist mit § 74 Abs. 1 StaRUG nicht zu vereinbaren und darf daher nicht zu Unterschieden in der Vergütungsbemessung führen.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
22 Betreffend die Qualifikation der eingesetzten Mitarbeiter ist eine Differenzierung aber sehr wohl geboten, da für verschiedene Tätigkeiten verschiedene Mitarbeiter eingesetzt werden. Während für die Überprüfung z. B. komplexer Finanzierungsinstrumente der Einsatz auch von hochqualifizierten Anwaltskollegen und ggf. Partnern des Restrukturierungsbeauftragten in dessen Sozietät geboten sein kann und diese mit einem dem des Restrukturierungsbeauftragten vergleichbaren Stundensatz zu vergüten sind, sind zum Beispiel Buchhaltungskräfte selbstverständlich geringer zu entlohnen. Daraus folgt zugleich, dass auch für qualifizierte Mitarbeiter die Festsetzung von Stundensätzen in derselben Höhe wie für den Restrukturierungsbeauftragten persönlich möglich und gerechtfertigt ist, wenn deren Qualifikation vergleichbar und ihr Einsatz in spezifischen Bereichen der anstehenden Restrukturierung notwendig ist. Hierdurch wird keine Kostensteigerung gegenüber der Tätigkeit durch den Restrukturierungsbeauftragten selbst, wohl aber in spezifischen Teilbereichen eine Qualitäts- und Effizienzsteigerung bewirkt, weshalb eine solche Festsetzung in nämlicher Höhe im Interesse sämtlicher Verfahrensbeteiligten und insbesondere auch des Kostenschuldners liegt. 23 Schon vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich daher, im Rahmen der Festsetzung der Stundenverrechnungssätze gemäß § 81 Abs. 4 StaRUG deren jeweilige Höhe unabhängig davon festzusetzen, ob die betroffene Tätigkeit tatsächlich wird in Anspruch genommen werden müssen. Vielmehr bietet es sich an, für jeden absehbar möglichen Einsatzbereich die Stundenverrechnungssätze frühzeitig festzulegen, um spätere Erhöhungs- bzw. Ergänzungsbeschlüsse nach § 81 Abs. 6 StaRUG zu vermeiden. 24 Für die Bestimmung der Höhe der Stundenverrechnungssätze ist nach dem Wortlaut des Gesetzes daneben die Unternehmensgröße und sind die Art und der Umfang der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Schuldners zu berücksichtigen. 25 Für die Bestimmung der angemessenen Höhe einer Vergütung in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße hat sich in der jüngeren Vergangenheit für Zwecke der Festsetzung von Zuschlägen zur Insolvenzverwaltervergütung die Orientierung an den Größenklassen des § 267 HGB herausgebildet (LG Hannover, ZinsO 2019, 1027). Kleine Kapitalgesellschaften sind danach solche mit weniger als 4.840.000 EUR Bilanzsumme, 9.680.000 EUR Umsatzerlösen oder im Jahresdurchschnitt weniger als 50 Arbeitnehmern, wobei zwei der drei Merkmale nicht überschritten werden dürfen. Für mittelgroße Kapitalgesellschaften belaufen sich die Beträge auf 19.250.000 EUR Bilanzsumme, 38.500.000 EUR Umsatzerlöse und im Jahresdurchschnitt 250 Arbeitnehmer. Große Kapitalgesellschaften sind solche, die mindestens zwei der drei letztgenannten Kriterien überschreiten. 26 Bei der Bestimmung des Stundenverrechnungssatzes ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die dort genannten Beträge in § 81 Abs. 3 StaRUG als Regelfall-Beträge bezeichnet, während er in § 83 Abs. 1 Satz 1 StaRUG diese
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Stundensätze einerseits zwar als Höchstbeträge deklariert, andererseits aber eine Öffnungsklausel vorsieht, wonach die Höchstbeträge in besonderen Fällen überschritten werden können. Die Aufzählung in § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – 3 StaRUG ist dabei nicht abschließend, wie die Formulierung „insbesondere“ zeigt. Gerade auch in Ansehung der Unternehmensgröße ist nach § 83 Abs. 1 Satz 1 StaRUG daher die Überschreitung der in § 81 Abs. 3 StaRUG angegebenen Stundensätze ohne Weiteres möglich. Eine solche Überschreitung der in § 81 Abs. 3 StaRUG genannten Stunden- 27 sätze ist immer dann nicht nur möglich, sondern vielmehr geboten, wenn der in Ansehung der Unternehmensgröße zu erwartende Aufwand mit dem dort als Regelfall genannten Höchstsatz nicht angemessen vergütet ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in der insolvenzrechtlichen Vergütungsfestsetzung bereits die Begleitung der Fortführung einer kleinen Kapitalgesellschaft nennenswerte Zuschläge (größer 25 %) zu der Insolvenzverwaltervergütung rechtfertigt. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass der in § 81 Abs. 3 StaRUG vorgegebene Rahmen für die festzusetzenden Stundenhonorare sich zunächst auf kleine Kapitalgesellschaften bezieht und dieser Rahmen in Abhängigkeit von dem weiteren Merkmal der Art und des Umfangs der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Schuldners bei mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften gemäß § 83 Abs. 1 StaRUG regelmäßig überschritten werden muss, soweit in diesem Fall nicht ohnehin die Festsetzung nach Wertgebühren geboten ist (dazu Rn. 54). Hierfür spricht auch das erhebliche Haftungsrisiko, das mit der Tätigkeit des Restrukturierungsbeauftragten bereits im Rahmen seiner Pflichtaufgaben verbunden ist (vgl. Rn. 5). Bei mittelgroßen Gesellschaften sollten daher Stundenverrechnungssätze von 28 regelmäßig 500 EUR bis 750 EUR für den Restrukturierungsbeauftragten und bei großen Gesellschaften auch von bis zu 1.000 EUR als angemessen anerkannt und festgesetzt werden. Die Stundensätze für qualifizierte Mitarbeiter liegen unter Wahrung des in § 81 Abs. 3 Satz 2 StaRUG vorgegebenen Verhältnisses jeweils 40 % darunter. Auch bei kleinen Kapitalgesellschaften oder anders verfassten Schuldnern 29 entsprechender Größenordnung sollte jedoch eine merkliche Unterschreitung des Stundensatzes von 350 EUR nur im Ausnahmefall begründbar sein, da die am Verfahren Beteiligten Anspruch auf die Begleitung des Verfahrens durch eine qualifizierte Person haben und Stundensätze i. H. v. 350 EUR im Beratungssegment fach- und sachkundiger Restrukturierung bereits das untere Ende des Marktüblichen beschreiben. Der Restrukturierungsbeauftragte sollte für das Restrukturierungsmandat in dieser Eigenschaft aber nicht (deutlich) schlechter bezahlt werden, Als die aufseiten des Schuldners, der Planbetroffenen und sonstiger Gläubiger tätigen Berater, da sonst das Verhandlungsgleichgewicht und ein Begegnen auf Augenhöhe nicht gewährleistet sind und der Restrukturierungsbeauftragte zudem genötigt sein könnte, aus wirtschaftlichen Gründen mit Kapazitäten hauszuhalten, was den übrigen im Prozess tätigen Beratern Gestaltungspotenziale eröffnete. Es liegt daher im Interesse 477
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des Verfahrens, des Erreichens eines angemessenen und ausgeglichenen Verhandlungsergebnisses sowie eines erfolgreichen Verfahrensabschlusses, die Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten an marktüblichen Stundensätzen vor allem auch der im Verfahren im Übrigen beteiligten Berater auszurichten, Was eine Festsetzung unterhalb von 350 EUR nur im absoluten Ausnahmefall wird rechtfertigen können. 30 Neben der Bestimmung des Verrechnungssatzes in Abhängigkeit von der Größe des Unternehmens wird dieser auch durch die Art und den Umfang der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Schuldners bestimmt. Diese sind gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG bei Anzeige des Restrukturierungsvorhabens zwingend darzustellen (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 48). Das Ausmaß der wirtschaftlichen Schwierigkeiten wird im Regelfall allerdings lediglich Zuschlagsfunktion haben und nur in selten gelagerten Ausnahmefällen zu einer Reduktion des angemessenen Stundensatzes führen. Denn im Grundsatz ist davon auszugehen, dass sich der Restrukturierungsbeauftragte in jeder Restrukturierung zunächst umfänglich mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners vertraut machen muss, da die Darstellung des Restrukturierungskonzepts, im darstellenden Teil des Restrukturierungsplans umfassend zu erfolgen (vgl. § 6 StaRUG Rn. 7) und der Restrukturierungsbeauftragte sich hiermit auch vertraut zu machen hat (vgl. § 76 StaRUG Rn. 17). Im Grundsatz ist daher davon auszugehen, dass auch bei überschaubaren Krisenursachen, eng umgrenzten Restrukturierungsmaßnahmen und daher vordergründig wenig komplexer Restrukturierung ein erheblicher Aufwand des Restrukturierungsbeauftragten zur Plausibilisierung verbunden ist, weshalb auch vermeintlich wenig komplexe Restrukturierungen mit geringem Tiefgang einen Stundensatz unterhalb des für die jeweilige Größe des Unternehmens angemessenen Satzes nicht rechtfertigen. Kommt eine besondere Komplexität hinzu, zum Beispiel weil das Unternehmen über Tochtergesellschaften mit und ohne Cashpool, internationale Verflechtungen, komplexe Finanzierungsinstrumente etc. verfügt, so ist der Stundensatz jeweils angemessen zu erhöhen. b) Stundenbudget 31 Neben der Festsetzung der Stundensätze hat das Restrukturierungsgericht mit der Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten gemäß § 81 Abs. 4 Satz 2 StaRUG auch ein Stundenbudget und damit einen verbindlichen Höchstbetrag für das Honorar festzusetzen. 32 Dieser Höchstbetrag darf grundsätzlich nicht überschritten werden. Ist er erreicht und erbringt der Restrukturierungsbeauftragte selbst oder in Person seiner qualifizierten Mitarbeiter weitere Leistungen, so bleiben diese unbezahlt. Die rückwirkende Anhebung des Budgets ist nicht möglich (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 177). Geschützt ist der Restrukturierungsbeauftragte dadurch, dass er, reicht das auf der ursprünglichen Schätzung beruhende Budget nicht aus, nach § 81 Abs. 6 StaRUG die Erhöhung des Budgets beantragen kann. Dies
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muss er rechtzeitig vor Erreichen der ursprünglichen Budgetgrenze tun, um nicht (anteilig) auszufallen. Die Festsetzung eines Stundenbudgets bei Bestellung des Restrukturierungs- 33 beauftragten ist notwendigerweise eine grobe Schätzung. Weder das Restrukturierungsgericht noch der mit der Sache noch nicht befasste Restrukturierungsbeauftragte haben die Möglichkeit, den im konkreten Einzelfall anfallenden Aufwand verlässlich einzuschätzen. Dementsprechend kommt dem ursprünglichen Budget auch keinerlei Bindungswirkung zu, sondern erfüllt dieses den Zweck, die Höhe der Kostenfolgen des Verfahrens transparent zu gestalten und die Transparenz während des Verfahrens zu erhalten, um versteckte Kostensteigerungen auszuschließen, nicht jedoch eine Bindung auf Basis weitgehend abstrakter Aufwandsschätzungen ex ante herzustellen. Letzteres wäre auch nicht im Interesse des Verfahrens, da der Restrukturie- 34 rungsbeauftragte bei einer wie auch immer gearteten Bindung an die ursprüngliche Schätzung gehalten wäre, sein zeitliches Engagement signifikant zu reduzieren, wenn absehbar wird, dass das Budget nicht ausreicht und das Gericht – aus welchen Gründen auch immer – einer Budgeterhöhung nicht zustimmt. Eine Bindungswirkung an die ursprüngliche Budgetierung ist auch deshalb 35 ausgeschlossen, weil dies mit den Grundsätzen für Erstellung von Vergütungsprognosen (hier des Insolvenzverwalters) nicht vereinbar wäre. Danach steht dem Vergütungsberechtigten bei der Anstellung der Prognose ein weiter Beurteilungsspielraum zu, den er durch sorgfältige Ermittlung der Anknüpfungstatsachen und wirtschaftlichen Eckdaten nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Restrukturierungsbegleitung auszuüben hat. Er muss dabei von den im Zeitpunkt seiner Prüfung verfügbaren Erkenntnissen und Tatsachen und die tatsächlichen und rechtlichen Ungewissheiten einbeziehen, wobei Bewertungsschwierigkeiten und Schätzungsungenauigkeiten als einer solchen Prognoseberechnung immanent hinzunehmen sind (BGH, ZIP 2017, 1571, für die Vergütungsprognose i. R. d. Ermittlung und Anzeige der drohenden Masseunzulänglichkeit). Mehr als die der Anzeige des Restrukturierung beizufügenden Unterlagen liegen im Zeitpunkt der Entscheidung regelmäßig noch nicht vor; der Restrukturierungsbeauftragte wird regelmäßig überhaupt keine, das Gericht nur sehr eingeschränkte Möglichkeit gehabt haben, sich hiermit bereits vertieft zu beschäftigen. Die Prognose kann daher weitgehend allein auf Grundlage von Erfahrungswerten für Unternehmen der jeweiligen Größenklasse erfolgen. Hierzu bietet es sich an, dass der Restrukturierungsbeauftragte einen typisierten Aufgabenkatalog der regelmäßig in dem jeweiligen Aufgabenbereich anfallenden Tätigkeiten vorliegt und diesen mit der Schätzung eines wöchentlichen Stundenaufwandes für sich selbst und seiner qualifizierten Mitarbeiter hinterlegt. Dazu ist sodann gemäß § 81 Abs. 4 Satz 3 StaRUG auch der Auslagen- 36 schuldner, gemäß § 25a Abs. 1 GKG regelmäßig also der Restrukturierungsschuldner, und bei Antrag auf Bestellung eines fakultativen Restrukturie-
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rungsbeauftragten auf Antrag einer qualifizierten Gläubigerminderheit (vgl. §§ 77 – 79 StaRUG Rn. 38) sind diese anzuhören. Auch der Anhörung kommt dabei aber weitgehend nur die Funktion der Wahrung der Transparenz zu. Da es der Schätzung des Zeitaufwandes an einer die Vergütung begrenzenden Verbindlichkeit fehlt, ist auch ein Streit über die Angemessenheit der Aufwandsschätzung für die letztendliche Höhe der Vergütung erstens unerheblich, zweitens nicht zielführend und würde drittens nur Obstruktions- und Verzögerungspotenzial (vor allem für den Schuldner) eröffnen. Das Gericht ist daher nicht gehalten, auf Grundlage von im Rahmen der Anhörung erhobenen Einwendungen das Stundenbudget zu reduzieren, solange die Prognose des Restrukturierungsbeauftragten in sich plausibel scheint. Dessen praktische Erfahrungswerte stellen regelmäßig in diesem frühen Verfahrensstadium den einzig greifbaren Anhaltspunkt für die Bemessung dar. 37 Hinzu kommt, dass die Festsetzung eines zu hohen Budgets keinerlei Risiken birgt, da im Rahmen der Vergütungsfestsetzung nach § 82 Abs. 1 StaRUG selbstverständlich nur die tatsächlich geleisteten Stunden unabhängig von der Festsetzung des Höchstbetrages vergütet werden. Eine sich als zu großzügig herausstellende Schätzung des Zeitaufwandes hat daher keinerlei Einfluss auf die Höhe der Vergütung, entlastet allerdings das Verfahren, weil Erhöhungsanträge nach § 81 Abs. 6 StaRUG auf diese Weise entbehrlich werden. Das Gericht sollte daher darauf hinwirken, dass – auch im Interesse der Vorhersehbarkeit und Transparenz – die Schätzung eher zu großzügig als zu knapp bemessen wird. 38 Stellt sich heraus, dass das Budget tatsächlich zu knapp geschätzt und bemessen worden ist, so obliegt es dem Restrukturierungsbeauftragten, rechtzeitig vor Erreichen des Zeitkontingents und – so das Gesetz ausdrücklich – unverzüglich nach Feststellung, dass das Budget nicht ausreicht, gemäß § 81 Abs. 6 StaRUG die Anpassung des Budgets zu beantragen. Nach § 81 Abs. 6 Satz 1 StaRUG soll der Restrukturierungsbeauftragte im Rahmen seines Antrages Grund und Ausmaß des Erhöhungsbedarfs darlegen. 39 Sowohl das zeitliche Erfordernis der Unverzüglichkeit als auch das Begründungserfordernis dienen abermals (ausschließlich) dem Zweck der Erfüllung und Wahrung des Transparenzprinzips während des gesamten Verfahrens. Da der Schätzung keine materielle Bindungswirkung zukommen kann, vielmehr der Restrukturierungsbeauftragte nach § 80 StaRUG Anspruch auf Vergütung für die tatsächlich geleistete und noch zu leistende Tätigkeit hat, kann die Entscheidung über die Erhöhung des Budgets nicht von der Substantiierung der Begründung oder ihrer Plausibilität abhängig gemacht werden. Anfallender Aufwand ist zu bezahlen. Fehlt es nämlich der Schätzung an einer materiellen Bindungswirkung, kann die Erhöhung nicht von höheren Anforderungen abhängig gemacht werden als die Festsetzung des ursprünglichen Budgets. Maßstab für die Budgeterhöhung ist daher ebenfalls ausschließlich die aktualisierte Schätzung des im weiteren Verfahrensverlauf anfallenden Aufwandes.
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Die Zurückweisung der Erhöhung wegen fehlender Nachvollziehbarkeit oder Plausibilität der Begründung jedenfalls ist unzulässig. Einzig vorstellbar ist, dass aufgrund der Begründung die Besorgnis gerecht- 40 fertigt erscheint, dass der Restrukturierungsbeauftragte seine Aufgaben nicht mit der gebotenen Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit erfüllt, was die effiziente und kostenbewusste Verfahrensführung einschließt. In diesem Fall gäbe die Begründung ggf. Anlass für die Entlassung des Restrukturierungsbeauftragten aus wichtigem Grund nach § 75 Abs. 2 Satz 1 StaRUG. Das aber wird nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen möglich sein. Das Gericht hat nach der Anzeige den Kostenschuldner erneut anzuhören, 41 was Aufklärungsfunktion hat und die Vorhersehbarkeit der Kostenfolgen des Verfahrens erhalten soll, nicht aber die Entscheidung in der Sache beeinflussen kann (vgl. Rn. 36), und sodann unverzüglich über die Anpassung des Budgets zu entscheiden. Dabei steht dem Gericht kein Ermessen zu. Die Anpassung des Budgets ist vielmehr in gebundener Entscheidung vorzunehmen. Anderenfalls ergebe sich nämlich die Situation, dass der Restrukturierungs- 42 beauftragte, der e contrario § 80 Satz 1 StaRUG nicht verpflichtet ist, unentgeltlich tätig zu werden, seine Leistungen einzustellen berechtigt ist und seine Entlassung aus dem Amt gemäß § 75 Abs. 2 Satz 2 StaRUG aus wichtigen Grund beantragen kann. Dem Antrag wäre in Anlehnung an die Rechtsprechung zur Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Tätigkeit eines Mitglieds des Gläubigerausschusses z. B. in den Fällen der nicht ausreichenden Insolvenzmasse zum Abschluss einer angemessenen Haftpflichtversicherung (BGH, ZIP 2012, 876) sodann unverzüglich Folge zu leisten. Durch die Entlassung des Restrukturierungsbeauftragten aus dem Amt wer- 43 den aber weder die Gründe für die Bestellung eines obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten noch ein auf die Bestellung eines fakultativen Restrukturierungsbeauftragten gerichteter Antrag hinfällig. Es wäre daher unverzüglich ein neuer Restrukturierungsbeauftragter zu bestellen, für den sodann abermals ein Budget nach § 81 Abs. 4 StaRUG unabhängig von der nach § 81 Abs. 6 StaRUG geforderten Begründung festzusetzen wäre, das im Zweifel höher ausfällt als das Nachtragsbudget, weil mit der Bestellung eines neuen Restrukturierungsbeauftragten notwendigerweise Effizienzverluste verbunden sind. Auch dies spricht für die rein deklaratorische Bedeutung der Begründung im Sinne der Wahrung der Transparenz, nicht jedoch für einen Einfluss auf die Entscheidung des Gerichts über die Festsetzung des Nachtragsbudgets. c) Auslagen Nach § 81 Abs. 7 StaRUG hat der Restrukturierungsbeauftragte neben der 44 Vergütung Anspruch auf Ersatz seiner Auslagen nach den Vorschriften des JVEG.
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4. Vergütung in besonderen Fällen (§ 83 StaRUG) a) Systemische Einordnung 45 § 83 StaRUG sieht zwei Möglichkeiten von der Regelvergütung nach § 81 StaRUG abweichender Vergütungsfestsetzung vor, nämlich einmal nach § 83 Abs. 1 Satz 1 StaRUG die im Bemessungssystem verbleibende Erhöhung lediglich der Regelstundensätze des § 81 Abs. 3 StaRUG (vgl. Rn. 26 ff.) und zum anderen nach § 83 Abs. 1 Satz 2 StaRUG die Möglichkeit systemisch abweichender Vergütungsbemessung, insbesondere auch nach Wertgebühren vor. 46 Die für die abweichende Vergütungsfestsetzung in § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – 3 StaRUG genannten Fälle stellen, wie der Wortlaut „insbesondere“ zeigt, nicht abschließende Regelbeispiele dar. Die Erweiterung auf andere, ähnlich gelagerte Fälle unter Berücksichtigung insbesondere der Unternehmensgröße sowie des jeweiligen Tätigkeits- und Aufgabenspektrums ist daher möglich und geboten (vgl. Rn. 24 ff.). 47 Die systemisch abweichende Festsetzung der Vergütung nach Wertgebühren gemäß § 83 Abs. 1 Satz 2 StaRUG scheint demgegenüber auf die Fälle des § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StaRUG beschränkt zu sein. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass auch § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StaRUG selbst ein nicht abschließend bestimmtes Regelbeispiel darstellt, das in sich selbst erneut mit einer „Insbesondere“-Aufzählung Raum für die Erweiterung auf vergleichbare Fälle enthält, weshalb auch die Öffnungsklausel für die Festsetzung nach Wertgebühren nicht abschließend bestimmt sein kann. 48 Teleologisch kommt in § 83 Abs. 1 StaRUG zum Ausdruck, dass die Bemessung der Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten nach Stundensätzen zwar den Regelfall darstellen soll, allerdings nur solange gerechtfertigt ist, wie dessen Rechtsstellung und Aufgabenbereich nicht einem Gesamtverfahren ähnliche Züge annimmt. Je umfassender nämlich der Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Restrukturierungsbeauftragten, desto weniger aufwandsund sachgerecht, vor allem aber haftungsangemessen ist die Bemessung der Vergütung nach reinem Zeitaufwand. In dieser Abstufung, „geringe Aufsichtsund Überwachungsfunktion sowie gegenständlich beschränkter und erfassbarer Aufgabenbereich – Vergütung nur nach Zeitaufwand“ und „allgemeine Überwachungsfunktion, auf gegenständlich beschränkte Fragestellungen überschreitender Aufgabenbereich – Vergütung nach Wertgebühren“ spiegelt sich auch der Grundgedanke des gesamten präventiven Restrukturierungsrahmens wider, wonach der Schuldner grundsätzlich frei über die in Anspruch zu nehmenden Instrumente und damit auch den Grad der Notwendigkeit unabhängiger Überwachung entscheidet und je umfangreicher er in Rechte der Gläubiger einzugreifen beabsichtigt, desto weitreichender die Eingriffs- und Kontrollbefugnisse im Gläubigerinteresse. 49 Daraus folgt, dass nach dem Vergütungssystem die Bemessung und Festsetzung der Vergütung nach Stundensätzen, wobei sich deren Höhe vor allem auch nach der Größe des Unternehmens richtet (Rn. 24 f.), regelmäßig für Re482
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strukturierungsbeauftragte mit eingeschränktem Aufgabenbereich, also den sachverständigen und den planüberwachenden Restrukturierungsbeauftragten zur Anwendung kommen, während die Vergütung des obligatorischen und des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten grundsätzlich nach Wertgebühren festzusetzen sind (zur Abgrenzung der verschiedenen Restrukturierungsbeauftragten vgl. § 73 StaRUG Rn. 3). Letzteres ist in § 83 Abs. 1 Satz 2 StaRUG i. V. m. § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StaRUG ausdrücklich angelegt, da das Regelbeispiel des Nr. 3 auf die dem Sachwalter im Eigenverwaltungsverfahren vergleichbare Rechtsstellung abstellt und hierfür die allgemeine Stabilisierungsanordnung lediglich als weiteres Beispiel nennt. Der Gesetzgeber geht allerdings selbst davon aus, dass in den Fällen der Bestellung eines obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten nach § 73 Abs. 1 Nr. 1, 2, Abs. 2 StaRUG (vgl. dort Rn. 16) der Zuschnitt und die Wirkungen des Verfahrens „kaum mehr von den Wirkungen eines in Eigenverwaltung geführten Insolvenzverfahrens zu unterscheiden sind“ (BT-Drucks. 19/24181, S. 174). Das vom Gesetzgeber in § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StaRUG selbst genannte Regelbeispiel ist daher im Falle der Bestellung eines obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten (mit Ausnahme des nur planüberwachenden Restrukturierungsbeauftragten) regelmäßig erfüllt, weshalb die wertabhängige Vergütungsbemessung und -festsetzung in diesem Fall die Regel, nicht die Ausnahme darstellt. Dasselbe gilt für den fakultativen Restrukturierungsbeauftragten, weil auch diesem die Regelaufgaben des obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten weit überwiegend ebenfalls obliegen, dessen Aufgabenstellung und Haftungsrisiko daher vergleichbar ist (vgl. ausführlich §§ 77 – 79 StaRUG Rn. 39 f.). b) Sonderfälle Echte Sonderfälle, in denen von dem vorstehend (Rn. 45 ff.) wiedergegebenen 50 System abgewichen werden kann, also insbesondere höhere Stundensätze festzusetzen sind, sind zunächst mit den Regelbeispielen in § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 StaRUG beschrieben, wonach zunächst im Einvernehmen mit sämtlichen Auslagenschuldnern höhe Stundensätze vereinbart werden können. Es handelt sich damit um einen Sonderfall der Vergütungsvereinbarung (dazu bereits Rn. 7) nach § 83 Abs. 2 StaRUG. Damit gilt aber auch für die Vereinbarung dieser Stundensätze die Angemessenheitsprüfung des § 83 Abs. 2 StaRUG, die sich an den jedenfalls angemessenen Stundensätzen nach der Unternehmensgröße (Rn. 25) zu orientieren hat, wobei diese dort bereits für den Regelfall eröffneten Stundensätze aber im Falle der einvernehmlichen Vereinbarung auch überschritten werden können. Die Grenze der Angemessenheit dürfte nach allgemeinen Grundsätzen erst bei einer Überschreitung des dort zugrunde gelegten Rahmens von 100 % und mehr überschritten sein. Das Regelbeispiel des § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StaRUG dürfte kaum je praktisch 51 werden, weil dazu darzulegen wäre, das keine geeignete Person aus dem Kreis der beim Restrukturierungsgericht gelisteten Beauftragten (vgl. § 74 StaRUG Rn. 8) und auch sonst keine vom Schuldner oder den Gläubigern zu benen483
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
nende Person zur Übernahme des Amtes bereit sind. Da es sich aber um ein Regelbeispiel handelt, das die Bereitschaft des Restrukturierungsbeauftragten zur Amtsübernahme ausdrücklich nennt, gilt im umgekehrten Verhältnis, dass nicht nur dessen Bereitschaft, sondern auch die Akzeptanz eines Kandidaten, der möglicherweise bereit wäre, zum Regelstundensatz des § 81 Abs. 3 StaRUG tätig zu werden, durch den Schuldner und die Gläubiger zu beachten ist. Will das Gericht einen anderen als den präferierten Kandidaten bestellen, weil Letzterer die Übernahme des Amtes von der Bemessung und Festsetzung der Vergütung nach § 83 StaRUG abhängig macht, lehnen aber der Schuldner oder eine qualifizierte Gläubigerminderheit im Sinne des § 78 Abs. 2 StaRUG den alternativen Kandidaten ab, so liegt ein Fall besonderer Vergütung nach § 83 Abs. 1 Satz 1 StaRUG vor, weil kein geeigneter, von einer qualifizierten Zahl von Verfahrensbeteiligten akzeptierter Restrukturierungsbeauftragter zur Übernahme des Amtes bereit ist. 52 Das Gericht hat in solchem Fall sodann die Vergütung nach Maßgabe des § 83 Abs. 1 StaRUG zu bemessen und festzusetzen. 53 Während die Festsetzung der Vergütung auf Grundlage einer Vergütungsvereinbarung nach § 83 Abs. 2 StaRUG, solange diese nicht zu einer unangemessenen Vergütung führt, für das Gericht verbindlich ist und damit gebunden erfolgt (dazu ausführlich bereits Rn. 7), ist dem Gericht bei der Festsetzung einer abweichenden Vergütung nach dem Wortlaut des § 83 Abs. 1 StaRUG grundsätzlich ein Ermessen eingeräumt. Dieses Ermessen erstreckt sich allerdings lediglich auf das „Wie“, nicht auch auf das „Ob“ einer gesonderten Vergütung. Denn nach § 81 Abs. 3 StaRUG hat das Restrukturierungsgericht in gebundener Entscheidung bei der Vergütungsbemessung die dort genannten Umstände zu berücksichtigen. Diese Umstände sind es aber, die gerade die Abweichung der Vergütung nach dem Maßstab des § 83 StaRUG nicht nur rechtfertigen, sondern gebieten. Es steht dem Gericht daher nicht frei, die Bemessung und Festsetzung der Vergütung nach § 83 Abs. 1 StaRUG unter Hinweis z. B. darauf abzulehnen, dass das Unternehmen zwar die Größe einer mittelgroßen oder großen Gesellschaft habe, dass Gericht aber gleichwohl davon ausgehe, dass ein Stundensatz von 350 EUR angemessen sei, oder im Falle der Bestellung eines obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten nach § 73 Abs. 1 Nr. 1, 2, Abs. 2 StaRUG statt einer Wertgebühr die Festsetzung der Gebühren nach Stundensätzen für angemessen und ausreichend zu erklären. Letzteres wäre nur dann möglich, wenn auch dazu die Zustimmung aller Betroffenen in reziproker Anwendung des § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StaRUG vorliegt, denn selbstverständlich ist eine abweichende Vereinbarung von jeder im Regelfall anzuwendenden Vergütung möglich, auch soweit sich diese bereits nach § 83 Abs. 1 StaRUG bemisst. c) Festsetzung nach Wertgebühren 54 Die Bindung an das „Ob“, ohne dass dem Gericht insoweit ein Entschließungsermessen eingeräumt wäre, gilt auch bei der Festsetzung nach Wertgebühren 484
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gemäß § 83 Abs. 1 Satz 2 StaRUG insbesondere im Fall der Bestellung eines obligatorischen oder fakultativen Restrukturierungsbeauftragten. Die Ausgestaltung der Festsetzung nach Wertgebühren ist im Gesetz nicht 55 näher vorgegeben, sondern eröffnet Spielraum zwischen der Höhe der einbezogenen Forderungen oder des Vermögens des Schuldners. Die Gesetzesbegründung allerdings macht deutlich, was sich bereits aus der Ratio der Anwendung einer Bemessung nach dem Wert ergibt, dass nämlich ein dem Sachwalter im eigenverwalteten Insolvenzverfahren vergleichbares Tätigkeits- und Verantwortungsspektrum auch eine vergleichbare Vergütung nach sich ziehen muss (BT-Drucks. 19/24181, S. 178). Aus diesem Grund sollte die Bemessung und Festsetzung der Vergütung in diesem Fall in Anlehnung an die für den Sachwalter geltenden Vorschriften der InsVV einschließlich der für diesen bei vergleichbarer Tätigkeit festzusetzenden Zu- und Abschläge nach § 3 InsVV erfolgen. Der Rückgriff auf das RVG, das ebenfalls Wertgebühren kennt, ist insoweit ausgeschlossen. Die Anwendung des RVG im Bereich verwalterähnlichen Handels kommt nur in Betracht, wenn und soweit sich die Tätigkeit auf gegenständlich eng umgrenzte und konkret eingrenzbare Fragestellungen bezieht (BGH, 2021, 531), was gerade in Widerspruch zu der Ratio der Bemessung der Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten nach Wertgebühren steht. Ohne weitere Voraussetzungen und unbeschadet der Möglichkeit einer in 56 den Grenzen der Angemessenheit möglichen modifizierenden Vereinbarung (§ 83 Abs. 2 StaRUG) oder Zustimmung der Kostenschuldner zu einem darauf gerichteten Vorschlag des Restrukturierungsbeauftragten (§ 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StaRUG) hat das Gericht daher in den Fällen der Bestellung eines obligatorischen oder fakultativen Restrukturierungsbeauftragten die spätere Festsetzung der Vergütung gemäß § 82 Abs. 1 StaRUG auf Grundlage der für den Sachwalter geltenden Vorschriften der InsVV vorzunehmen. Das heißt, die Bemessung erfolgt nach dem Vermögen des Schuldners, nicht nach den einbezogenen Verbindlichkeiten. Bemessungsgrundlage ist das Gesamtvermögen, da dieses notwendiger Gegenstand der vom Restrukturierungsbeauftragten zu würdigenden Vergleichsrechnung (vgl. § 76 StaRUG Rn. 17 ff.) ist. Da die Festsetzung nach der InsVV erst bei Abschluss des Verfahrens möglich 57 ist, weil die zugrunde zu legende Berechnungsmasse vorher nicht bekannt und auch ungewiss ist, inwieweit Zuschläge entsprechend § 3 InsVV verwirklicht werden, sind bei Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten weder Stundensätze noch ein Stundenbudget nach § 81 Abs. 4 StaRUG festzulegen. Stattdessen sollte das Gericht, um dem Transparenzgebot Genüge zu tun (vgl. Rn. 36) in dem Beschluss darauf hinweisen, dass die Vergütungsbemessung und Festsetzung gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 StaRUG entsprechend den für den Sachwalter im eigenverwalteten Insolvenzverfahren geltenden Bestimmungen der InsVV auf der Bemessungsgrundlage des Vermögens des Schuldners erfolgt. Eine Vergütungsvereinbarung zwischen dem Restrukturierungsbeauftragten und dem Schuldner ist in diesem Fall nicht erforderlich, 485
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
schadet aber auch nicht. Nimmt eine solche lediglich auf die InsVV Bezug, erfolgt die Festsetzung der Vergütung nicht nach § 83 Abs. 2 StaRUG, sondern es bleibt bei der Regelfestsetzung nach Wertgebühren gemäß § 83 Abs. 1 Satz 2 StaRUG. 58 Ein Anwendungsbereich für die Bemessung der Wertvergütung nach der Höhe der Verbindlichkeiten ist demgegenüber nicht recht erkennbar und scheint nur in dem Fall möglich, dass im Rahmen eines eng umgrenzten Aufgabenbereichs mit einer klar abgrenzbaren Fragestellung wegen einer z. B. erheblichen auch haftungsrechtlichen Bedeutung von Amts wegen oder nach Zustimmung aller Kostenschuldner der sachverständige Restrukturierungsbeauftragte nach Wertgebühren vergütet wird und wegen des eng umgrenzten Aufgabenkreises die Vergütung nicht nach InsVV, sondern ausnahmsweise nach RVG erfolgt (vgl. Rn. 55). Gegenstandswert für das nach RVG zu ermittelnde Honorar ist in diesem Fall richtigerweise die Summe der Verbindlichkeiten, auf die sich die zu begutachtende Frage bezieht. 5. Festsetzung der Vergütung und Rechtsmittel a) Festsetzungsbeschluss 59 Der Vergütungsanspruch des Restrukturierungsbeauftragten richtet sich ausschließlich gegen die Staatskasse (BT-Drucks. 19/24181, S. 177). 60 Die Festsetzung der Vergütung erfolgt, wie im Insolvenzverfahren, nach § 82 Abs. 1 StaRUG auf Antrag des Restrukturierungsbeauftragten durch gerichtlichen Beschluss. Bei Abfassung des Beschlusses steht dem Gericht, ist die Regelvergütung nach § 81 Abs. 4 StaRUG festzusetzen, hinsichtlich Stundensätzen und Honorarhöchstbetrag kein Ermessen (mehr) zu, weil diese Entscheidung mit Bindungswirkung für den Beschluss gemäß § 81 Abs. 4 StaRUG bereits mit der Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten getroffen ist. Über den Höchstbetrag, ggf. in der (auch mehrfach) angepassten Höhe darf der Festsetzungsbeschluss nicht hinausgehen, auch wenn der Festsetzung des Budgets im laufenden Verfahren und für spätere Erhöhungen während des Verfahrens keine Bindungswirkung zukommt (vgl. Rn. 33). 61 Das Gericht prüft bei Abfassung des Festsetzungsbeschlusses daher lediglich noch die Plausibilität der Stundenaufstellungen des Beauftragten und seiner qualifizierten Mitarbeiter (vgl. Rn. 15 ff.) sowie die rechnerische Richtigkeit. Der Antrag auf Festsetzung der Vergütung muss sich demgemäß auch lediglich an dem Erfordernis einer Plausibilitätskontrolle messen lassen; eine minutengenaue Zeiterfassung mit detailliertem Tätigkeitsnachweis ist nicht erforderlich (vgl. ebenfalls Rn. 16). 62 Lediglich wenn die Bemessung der Vergütung nach Wertgebühren gemäß InsVV erfolgt, ist ein Festsetzungsermessen des Gerichts eröffnet, da in diesem Fall nach Bestimmung der Berechnungsmasse über die Gewährung und die Höhe möglicher Zuschläge nach § 3 InsVV zu befinden ist. Auf die Recht-
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§§ 80–83 Vergütung
sprechung zur Bestimmung der Vergütung des Sachwalters kann insoweit vollumfänglich zurückgegriffen werden. b) Kostenschuldner Kostenschuldner ist nach § 25a Abs. 1 GKG grundsätzlich der Restrukturie- 63 rungsschuldner. Der gegen die Staatskasse gerichtete Vergütungsanspruch des Restrukturierungsbeauftragten wird wie Auslagen der Staatskasse behandelt und ist dem Kostenschuldner gemäß Nr. 9017 des Kostenverzeichnisses zum GVG aufzuerlegen. Hinzu kommen die gerichtlichen Kosten des Verfahrens nach Nr. 2513 des Kostenverzeichnisses zum GVG, die pauschal 500 EUR betragen. Nach § 25a Abs. 2 GVG sind die Auslagen nach KV Nr. 9017 GKG allerdings 64 in dem Umfang von den die Bestellung eines fakultativen Restrukturierungsbeauftragten nach § 77 Abs. 1 Satz 2 StaRUG beantragenden Gläubigern (vgl. §§ 77 – 79 StaRUG Rn. 21) als Gesamtschuldner zu tragen, wie sie ihnen vom Gericht in dem Vergütungsbeschluss auferlegt werden. Gemäß § 82 Abs. 2 Satz 3 StaRUG sind die Auslagen, ist also die Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten den antragstellenden Gläubigern in dem Umfang aufzuerlegen, wie dem fakultativen Restrukturierungsbeauftragten nicht auch Aufgaben des obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten von Amts wegen übertragen wurden (zur Einheit des Amtes und zur Überschneidung von Aufgaben vgl. § 73 StaRUG Rn. 3, § 76 StaRUG Rn. 34 ff.). Soweit der fakultative Restrukturierungsbeauftragte Regel- oder Ergänzungs- 65 aufgaben (vgl. §§ 77 – 79 StaRUG Rn. 39) auch von Amts wegen erhält und des hierdurch zur Überschneidung von Aufgabenbereichen kommt, sind die Gläubiger Kostenträger nur insoweit, wie ausschließlich fakultative Aufgaben wahrgenommen werden. Es ist nämlich nicht Sinn der Verlagerung der Kostentragungslast den Schuldner in solchen Fällen von der Kostenpflicht zu entlasten, in denen die Bestellung von Amts wegen erfolgen muss, nur weil eine Bestellung auf Antrag vorausgegangen war. Die Kostengrundentscheidung kann gesondert ergehen oder mit dem Vergü- 66 tungsbeschluss verbunden werden. Da aber der Vergütungsanspruch des Restrukturierungsbeauftragten als gegen die Staatskasse gerichteter Anspruch nicht davon abhängig ist und gemacht werden darf, wer Kostenschuldner ist, ist die Zurückstellung des Vergütungsbeschlusses, bis über die Kostentragungslast ggf. im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens rechtskräftig entschieden ist, unzulässig. Der Restrukturierungsbeauftragte hat vielmehr Anspruch auf Entscheidung binnen angemessener Zeit. Dies folgt bereits aus dem Vorschussrecht nach § 82 Abs. 4 StaRUG. c) Vergütungsvorschuss Der Restrukturierungsbeauftragte hat, da Anspruch auf Festsetzung der Ver- 67 gütung erst nach Beendigung des Amtes besteht, Anspruch auf Auszahlung 487
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
eines Vorschusses immer dann, wenn er erhebliche Auslagen getätigt oder absehbar zu tätigen hat, oder die aufgelaufenen Vergütungsansprüche den Betrag in Höhe von 10.000,00 EUR netto erreichen. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der Vorschuss ermessensunabhängig zu gewähren, hat der Restrukturierungsbeauftragte also auch insoweit nur plausibel darzulegen, dass ein Honorarvolumen in Höhe von mindestens 10.000,00 EUR erreicht ist. Höhere Anforderungen als an den Vergütungsantrag (vgl. Rn. 61) sind keinesfalls zu stellen. 68 Der Vorschuss kann auch wiederholt geltend gemacht werden, wenn und soweit die erforderliche Höhe mehrfach erreicht wird. Auch die Zahlung des Vorschusses ist nicht davon abhängig, dass zuvor die Frage der Kostentragungslast geklärt bzw. rechtskräftig festgestellt wäre. 69 Auch für den Vorschuss gilt aber freilich die Honorarhöchstgrenze des § 81 Abs. 4 StaRUG, sodass selbstverständlich kein Vorschuss jenseits des Budgets beantragt, wohl aber mit dem Vorschussantrag natürlich zugleich der Antrag auf Erhöhung des Budgets verbunden werden kann. 70 Der Betrag wesentlicher Auslagen hängt nicht von einer entsprechenden Wertgrenze ab, darf diese daher erheblich unterschreiten, weil von dem Restrukturierungsbeauftragten zwar erwartet werden kann, dass er mit seiner Dienstleistung in Vorlage geht, nicht aber finanziell. Der Restrukturierungsbeauftragte ist nicht Vorfinanzierer des Schuldners. Dies gilt insbesondere im Falle z. B. der Übertragung umfangreicher Zustellungen, etwa des Restrukturierungsplans nebst Anlagen an eine Vielzahl von Planbetroffenen, was regelmäßig auch mit Kosten in fünf- oder sechststelliger Größenordnung verbunden sein kann. d) Kostenvorschuss 71 Der Gesetzgeber will verhindern, dass die Staatskasse das Risiko der Realisierung ihrer Auslagenersatzansprüche gegen den Schuldner oder gegen die kostentragungspflichtigen Gläubiger tragen muss und ggf. sogar ausfällt (BT-Drucks. 19/24181, S. 177). Aus diesem Grunde ordnet § 81 Abs. 5 StaRUG an, dass die Bestellung des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten erst erfolgen soll, wenn die Auslagen nach KV 9017 GKG, also das grundsätzlich nach § 81 Abs. 4 StaRUG mit der Bestellung festzusetzende Budget (Honorarhöchstbetrag) vom Kostenschuldner (antragstellender Restrukturierungsschuldner oder antragstellende Gläubiger) eingezahlt sind. 72 Hat die Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten von Amts wegen zu erfolgen, so darf die Bestellung zwar nicht hinausgezögert werden, bis der Kostenvorschuss eingezahlt ist, weil sie im Gläubigerinteresse erfolgt und dem Schuldner deshalb kein Verzögerungspotenzial an die Hand gegeben werden darf, allerdings ordnet § 81 Abs. 5 StaRUG an, dass in diesem Fall über jeden Antrag des Schuldners auf Inanspruchnahme eines Instruments (vgl.
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§§ 29, 30 StaRUG Rn. 16) erst nach Einzahlung des Kostenvorschusses entschieden werden soll. Materielle Grundlage für diese von dem Grundsatz des § 10 GKG abwei- 73 chende verfahrensrechtliche Behandlung entsprechender Anträge ist § 13a GKG, der ebenfalls mit dem SanInsFoG eingeführt wurde. Bereits für Zwecke der Bestimmung des Kostenschuldners des Vorschusses 74 hat das Gericht daher die nach § 82 Abs. 2 Satz 1 StaRUG zu treffende Kostengrundentscheidung vorweg zu nehmen. Die Bestimmung der Kostentragungspflicht in Bezug auf den Vorschuss hat jedoch keine präjudizielle und keine Bindungswirkung für die endgültige Kostenfestsetzung nach § 82 Abs. 2 StaRUG, sondern erfolgt nur vorläufig. Über die endgültige Kostentragungslast wird erst nach Beendigung des Amtes entschieden, weil erst dann der etwaig anzuwendende Aufteilungsmaßstab zwischen der Tätigkeit als fakultativem und obligatorischem Restruktrierungsbeauftragten feststeht. Zu viel gezahlte Vorschüsse sind zu erstatten, zu wenig gezahlte Beträge durch Gerichtskostenrechnung einzufordern. Die Bestimmung der Höhe des zu zahlenden Vorschusses richtet sich im 75 Rahmen der Regelvergütung nach § 81 Abs. 4 StaRUG nach dem festgesetzten Honorarhöchstbetrag. Wird dieser nach § 81 Abs. 6 StaRUG im laufenden Verfahren (auch mehrfach) erhöht, sind jeweils weitere Vorschüsse einzufordern. Ein Ermessen der Gerichtskasse, zunächst nur Teilbeträge des festgesetzten Honorarhöchstbetrages einzufordern, ist nach der eindeutigen Ratio des Gesetzes nicht eröffnet. Erfolgt die Bemessung der Vergütung gemäß § 83 StaRUG nach Wertgebühren, 76 also insbesondere nach InsVV, hat das Gericht nach Anhörung des Restrukturierungsbeauftragten den erforderlichen Vorschussbetrag zu schätzen. Die Schätzung erfolgt auf Grundlage der verfügbaren Erkenntnisse. Verändern sich diese im Laufe des Verfahrens, ist laufend zu prüfen, ob weitere Vorschüsse nacherhoben werden müssen. Eine Bindungswirkung oder eine vertrauensschützende Komponente kommt weder der ursprünglichen noch späteren Schätzungen zu. 6. Rechtsschutz – Sofortige Beschwerde und Vergütung in der Schwebezeit Nach § 82 Abs. 3 StaRUG ist gegen jedwede Entscheidung im Vergütungs- 77 verfahren die sofortige Beschwerde eröffnet (vgl. § 40 StaRUG). Dies gilt insbesondere für die Festsetzung des Stundensatzes und die Festsetzung der Vergütung selbst. Nicht genannt, in der Sache aber ebenfalls erfasst, da der Beschluss an die Stelle 78 der Festsetzung der Stundensätze tritt, ist die Bestimmung oder Ablehnung der Vergütungsbemessung nach Wertgebühren, insbesondere nach InsVV. Nach der hier vertretenen Auffassung von der fehlenden Bindungswirkung 79 der Festsetzung des Honorarhöchstbetrages und etwaiger Erhöhungen (vgl. 489
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Rn. 33) dürfte für die sofortige Beschwerde gegen die Bestimmung des Höchstbetrages regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Dieses dürfte nur dann eröffnet sein, wenn und soweit aus der Festsetzung zu folgern ist, dass das Gericht dem Höchstbetrag sehr wohl Bindungswirkung beimisst und erkennbar etwaig erforderlich werdende Erhöhungen materiell von der hierfür geltend gemachten Begründung abhängig machen will. In diesem Fall drohen sowohl für den Restrukturierungsbeauftragten wie auch für den Schuldner und sämtliche Planbetroffenen Nachteile, weil der Restrukturierungsbeauftragte im Falle der Ablehnung einer erforderlich werdenden Erhöhung zur Einstellung seiner Leistungen berechtigt ist und einen Anspruch auf Entlassung hat (Rn. 42). 80 Offen lässt das Gesetz die Frage, was in der Schwebezeit zwischen dem zeitgleich mit der Bestellung zu fassenden, aber angegriffenen Beschluss zur Bestimmung der Stundensätze und des Budgets bzw. zur Vergütungsbemessung nach Wertgebühren gemäß InsVV und der Rechtskraft einer Entscheidung im Beschwerdeverfahren gilt. 81 Grundsätzlich gilt zunächst, dass der Restrukturierungsbeauftragte wirksam bestellt ist, also er das Risiko trägt, dass die etwaig zu geringe Vergütungsfestsetzung im Beschwerdeverfahren bestätigt wird. Er hat dann das Amt zu den festgesetzten Honorarsätzen auszuführen, wobei sein Entlassungsanspruch im Falle einer abgelehnten Erhöhung eines (absehbar) erschöpften Budgets hiervon unberührt bleibt. 82 Dem Risiko des Tätigwerdens zu einem in seinen Augen zu geringen Stundensatzes oder zu Stundensätzen anstelle von Wertgebühren nach InsVV kann der Restrukturierungsbeauftragte nur dadurch entgehen, dass er das Amt nur unter dem Vorbehalt des Beschlusses bestimmter Vergütungsparameter annimmt. Dass dies grundsätzlich möglich ist, unterstellt das Gesetz in § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StaRUG mit der Annahme, dass sich aus der Liste der grundsätzlich übernahmebereiten potenziellen Restrukturierungsbeauftragten gerade keiner findet, der zu geringeren als den für angemessen gehaltenen Stundensätzen tätig wird. 83 Wie allerdings mit dieser Schwebezeit gerade in Fällen der Bestellung eines obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten umzugehen ist, lässt das Gesetz offen. Einen Grund für die Ablehnung insbesondere eines mit Bindungswirkung vorgeschlagenen (vgl. § 74 StaRUG Rn. 22, 27, 31) Restrukturierungsbeauftragten begründet ein angemessener Honorarvorbehalt des Kandidaten grundsätzlich zunächst nicht (vgl. dazu Rn. 51), weil damit Druck gegen auch berechtigte Honorarerwartungen aufgebaut werden könnten und ein „Race to the Bottom“ zu besorgen wäre. Es würde nämlich ein möglicher (Unter-)Bietwettbewerb eröffnet, mit dessen Hilfe etwaig auch Vorschläge strategisch unterlaufen werden könnten. Das nützte weder dem Verfahren noch wäre es der zu erwartenden Qualität der Arbeit des Restrukturierungsbeauftragten zuträglich.
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§§ 84–88 Öffentliche Restrukturierungssachen
Da das Verfahren allerdings insbesondere in den Fällen der Bestellung des 84 obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten weder einen Schwebezustand noch ein Abwarten mit der Bestellungsentscheidung verträgt, kann der Vorbehalt des Restrukturierungsbeauftragten nur dahingehend ausgelegt werden, dass dieser das Amt zunächst annimmt und wirksam bestellt, allerdings in der rechtskräftigen Ablehnung der von ihm im Beschwerdewege verfolgten Vergütung zwingend ein wichtiger Grund im Sinne des § 75 Abs. 2 StaRUG zu sehen und er auf eigenen Antrag sodann zwingend zu entlassen ist. Der Beauftragte trägt dann das Risiko, in der Zwischenzeit die Tätigkeit zu einer geringeren Vergütung erbracht zu haben, der Restrukturierungsschuldner trägt das Risiko der Verzögerung des Verfahrens durch die etwaig notwendig werdende Bestellung eines neuen Restrukturierungsbeauftragten. Schließt der Restrukturierungsbeauftragte die hier vorgeschlagene Auslegung 85 seines Vorbehalts allerdings von vorneherein oder auch auf Rückfrage des Gerichts ausdrücklich aus, so dürfte darin dann allerdings ein Bestellungshindernis zu sehen sein, weil der Kandidat dann gerade nicht im Sinne des § 74 Abs. 1 StaRUG zur Übernahme des Amtes bereit ist.
Kapitel 4 – Öffentliche Restrukturierungssachen §§ 84 – 88 Öffentliche Restrukturierungssachen § 84 Antrag und erste Entscheidung (1) 1In Verfahren über Restrukturierungssachen erfolgen öffentliche Bekanntmachungen nur, wenn der Schuldner dies beantragt. 2Der Antrag ist vor der ersten Entscheidung in der Restrukturierungssache zu stellen und kann nur bis zur ersten Entscheidung zurückgenommen werden. 3Auf den Antrag findet Artikel 102c § 5 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung entsprechende Anwendung. (2) 1Hat der Schuldner beantragt, dass in den Verfahren in der Restrukturierungssache öffentliche Bekanntmachungen erfolgen sollen, sind in der ersten Entscheidung, die in der Restrukturierungssache ergeht, anzugeben: 1. die Gründe, auf denen die internationale Zuständigkeit des Gerichts beruht, sowie 2. ob die Zuständigkeit auf Artikel 3 Absatz 1 oder Absatz 2 der Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren (ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 19; L 349 vom 21.12.2016, S. 6) in der jeweils geltenden Fassung beruht. 2
Öffentlich bekannt zu machen sind die in Artikel 24 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2015/848 genannten Angaben. 3Artikel 102c § 4 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung ist entsprechend anzuwenden. 491
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
§ 85 Besondere Bestimmungen (1) Öffentlich bekannt zu machen sind neben den in § 84 Absatz 2 Satz 2 genannten Angaben: 1. Ort und Zeit gerichtlicher Termine, 2. die Bestellung und Abberufung eines Restrukturierungsbeauftragten, 3. sämtliche gerichtliche Entscheidungen, die in der Restrukturierungssache ergehen. (2) 1Erfolgen öffentliche Bekanntmachungen nach Absatz 1, ist eine Zustellung von Ladungen zu Terminen gegenüber Aktionären, Kommanditaktionären und Inhabern von Schuldverschreibungen nicht erforderlich. 2Handelt es sich bei dem Schuldner um eine börsennotierte Aktiengesellschaft, findet § 121 Absatz 4a des Aktiengesetzes entsprechende Anwendung. § 86 Öffentliche Bekanntmachung; Verordnungsermächtigung (1) 1Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt durch eine zentrale und länderübergreifende Veröffentlichung im Internet; diese kann auszugsweise geschehen. 2Die Bekanntmachung gilt als bewirkt, sobald nach dem Tag der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind. (2) 1Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der zentralen und länderübergreifenden Veröffentlichung im Internet zu regeln. 2 Dabei sind insbesondere Löschungsfristen vorzusehen sowie Vorschriften, die sicherstellen, dass die Veröffentlichungen 1. unversehrt, vollständig, sachlich richtig und aktuell bleiben, 2. jederzeit ihrem Ursprung nach zugeordnet werden können. (3) Die öffentliche Bekanntmachung genügt zum Nachweis der Zustellung an alle Beteiligten, auch wenn dieses Gesetz neben ihr eine besondere Zustellung vorschreibt. § 87 Restrukturierungsforum; Verordnungsermächtigung (1) Planbetroffene können im Restrukturierungsforum des Bundesanzeigers andere Planbetroffene auffordern, das Stimmrecht im Rahmen einer Planabstimmung in bestimmter Weise auszuüben, eine Stimmrechtsvollmacht zu erteilen oder einen Vorschlag zur Änderung des vorgelegten Restrukturierungsplans zu unterstützen. (2) Die Aufforderung hat die folgenden Angaben zu enthalten: 1. den Namen und eine Anschrift des Planbetroffenen, 492
§ 89 Rechtshandlungen
2. den Schuldner, 3. das Restrukturierungsgericht und das Aktenzeichen der Restrukturierungssache, 4. den Vorschlag für die Stimmrechtsausübung, für die Stimmrechtsvollmacht oder zur Änderung des Plans und 5. den Tag der Versammlung der Planbetroffenen oder des Fristablaufs zur Annahme des Planangebots. (3) Die Aufforderung kann auf eine Begründung auf der Internetseite des Auffordernden und deren elektronische Adresse hinweisen. (4) Der Schuldner kann im Restrukturierungsforum des Bundesanzeigers auf eine Stellungnahme zu der Aufforderung auf seiner Internetseite hinweisen. (5) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die äußere Gestaltung des Restrukturierungsforums und weitere Einzelheiten insbesondere zu der Aufforderung, dem Hinweis, den Entgelten, zu Löschungsfristen, zum Löschungsanspruch, zu Missbrauchsfällen und zur Einsichtnahme zu regeln. § 88 Anwendbarkeit des Artikel s 102c des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung In öffentlichen Restrukturierungssachen ist Artikel 102c §§ 1, 2, 3 Absatz 1 und 3, die §§ 6, 15, 25 und 26 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung entsprechend anwendbar. Nach Art. 25 Abs. 3 SanInsFoG treten die §§ 84 – 88 StaRUG über öffentliche 1 Restrukturierungssachen erst mit Wirkung zum 17. Juli 2022 in Kraft. Die Kommentierung bleibt daher der nächsten Auflage vorbehalten.
Kapitel 5 – Anfechtungs- und Haftungsrecht § 89 Rechtshandlungen, die während der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache vorgenommen werden (1) Die Annahme eines sittenwidrigen Beitrags zur Insolvenzverschleppung oder einer Rechtshandlung, die mit dem Vorsatz einer Benachteiligung der Gläubiger vorgenommen wurde, kann nicht allein darauf gestützt werden, dass ein an der Rechtshandlung Beteiligter Kenntnis davon hatte, dass die Restrukturierungssache rechtshängig war oder dass der Schuldner Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens in Anspruch nahm. (2) Hebt das Gericht nach einer Anzeige der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Restrukturierungssache nicht nach § 33 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
auf, so gilt Absatz 1 auch für die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. (3) 1Hat der Schuldner eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nach § 32 Absatz 3 angezeigt, so gilt bis zur Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 33 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 jede Zahlung im ordnungsgemäßen Geschäftsgang, insbesondere Zahlungen, die für die Fortführung der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit und die Vorbereitung und Umsetzung des angezeigten Restrukturierungsvorhabens erforderlich sind, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters vereinbar. 2Das gilt nicht für Zahlungen, die bis zu der absehbar zu erwartenden Entscheidung des Restrukturierungsgerichts zurückgehalten werden können, ohne dass damit Nachteile für eine Fortsetzung des Restrukturierungsvorhabens verbunden sind. Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Ausschluss der Kenntnis als (alleinige) Anknüpfungstatsache ........... 3 a) Grundlagen der betroffenen Haftungstatbestände ............... 3 aa) Vorbemerkung ................ 3 bb) Sittenwidrige Sanierungskredite (§ 826 BGB) ....... 6 cc) Vorsatzanfechtung (§ 133 InsO, § 3 AnfG) ...................... 11
3.
dd) Gemeinsame Ableitung für eine allein durch die Kenntnis indizierte Tatbestandlichkeit .............. b) Gegenständlicher Anwendungsbereich ......................... c) Zeitlicher Anwendungsbereich ................................... Ausschluss der Notgeschäftsführung gemäß § 89 Abs. 3 StaRUG ........................................
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1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 § 89 Abs. 1, 2 StaRUG gehen auf Art. 17 und 18 der Richtlinie (RL [EU] 2019/1023) zurück, wonach bestimmte Rechtshandlungen, namentlich neue Finanzierungen, Zwischenfinanzierungen und Transaktionen, die angemessen und unmittelbar notwendig für die Aushandlung oder Umsetzung eines Restrukturierungsplans sind, im Mindestmaß derart geschützt werden müssen, dass allein an die Benachteiligung der Gesamtheit der Gläubiger durch die genannten Maßnahmen keine nachteiligen Rechtsfolgen anknüpfen dürfen (BT-Drucks. 19/24181, S. 181). Unter diesen Mindestvorgaben der Richtlinie wären Art. 17 und 18 im deutschen Recht nicht umsetzungsbedürftig gewesen, da es im deutschen Recht keine Anfechtungsnorm ergibt, die allein auf die Gläubigerbenachteiligung (§ 129 InsO) abstellt, sondern sämtliche Anfechtungsvorschriften weiterer Tatbestandsmerkmale voraussetzen. 2 Bei § 89 Abs. 1, 2 StaRUG handelt es sich daher allein um eine klarstellende Norm (BT-Drucks. 19/24181, S. 181), die der Gesetzgeber vor dem Hintergrund, dass das Recht der Insolvenzanfechtung und der Haftung wegen einer sittenwidrigen Gläubigerschädigung (§ 826 BGB) weitgehend durch die Rechtsprechung geprägt und auskonturiert ist, für geboten hielt. Die Norm 494
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stellt daher klar, dass allein die Kenntnis von der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache oder der Inanspruchnahme von Instrumenten dem Gläubiger haftungsrechtlich nicht zum Nachteil gereichen sollen. Dies gilt einerseits für einen sittenwidrigen Beitrag zur Insolvenzverschleppung im Sinne des § 826 BGB, andererseits für die Vorsatzanfechtung aus § 133 InsO und § 3 AnfG. Die Norm setzt damit die mit § 2 Abs. 1 Nr. 3 CoVInsAG (dazu ausführlich Hölzle/Schulenberg, ZIP 2020, 633) begonnene Tendenz fort, die Haftungsgefahr für Kreditgeber und Anfechtungrisiken für Geschäftspartner zu verringern (vgl. Thole, ZIP 2020, 1985, 1998) und so den Marktzugang des Schuldners auch nach Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens bestmöglich zu erhalten. Dies schließt indes nicht aus, dass die Haftung oder Anfechtung aus anderen Gesichtspunkten als allein der Kenntnis von der Einleitung des Verfahrens und aus anderen Tatbeständen als § 826 BGB oder § 133 InsO, § 3 AnfG gleichwohl durchgreift. 2. Ausschluss der Kenntnis als (alleinige) Anknüpfungstatsache a) Grundlagen der betroffenen Haftungstatbestände aa) Vorbemerkung § 89 Abs. 1, 2 StaRUG schließt die Kenntnis von der Einleitung des Verfahrens 3 oder der Inanspruchnahme von Instrumenten des StaRUG – bzw. nach Abs. 2 von dem Eintritt von Insolvenzgründen – als alleinige Anknüpfungstatsache für die haftungsrechtliche Verantwortung des Gläubigers wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung im Sinne des § 826 BGB oder einer vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 133 InsO, § 3 AnfG aus. In der Gesetzesbegründung heißt es, dass eine solche Haftung „nicht allein 4 durch die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache oder die Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungs-und Restrukturierungsrahmens“ zu begründen sein soll (BT-Drucks. 19/24181, S. 182). Die klarstellende Wirkung der Norm besteht daher darin, dass an die Kenntnis des Gläubigers von der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache oder der Inanspruchnahme der Instrumente nicht allein die Annahme geknüpft werden kann, dass der Schuldner mit dem Vorsatz handelte, seine Gläubiger zu benachteiligen, oder dass ein Beitrag zur Insolvenzverschleppung vorliegt (BT-Drucks. 19/24181, S. 181). Im Zusammenwirken mit anderen Umständen kann diese Erkenntnis aber 5 sehr wohl berücksichtigungsfähig bleiben und die tatbestandliche begründen, insbesondere wenn man im Rahmen des § 826 BGB das subjektive Element betrachtet (Thole, ZIP 2020, 1985, 1998). Es scheint daher sinnvoll, den Regelungsgegenstand der Norm in Relation zu den von ihr in Bezug genommenen Tatbeständen zu bestimmen. bb) Sittenwidrige Sanierungskredite (§ 826 BGB) Sanierungskredite sind Kredite, die einem in wirtschaftlichen Schwierigkeiten 6 befindlichen Kreditnehmer als Sanierungsbeitrag zu einem Zeitpunkt gewährt 495
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wird, zu dem die Sanierungsbedürftigkeit des Schuldners bereits festgestellt oder jedenfalls erkennbar ist (vgl. statt vieler Richter, in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 31 Rn. 81; Wallner/Neuhahn, NZI 2006, 553; siehe auch OLG Brandenburg, Urt. v. 27.8.2018 – 1 U 18/11, zitiert nach juris [Rn. 35]). Ob ein Sanierungskredit vorliegt bestimmt sich daher maßgeblich nach dem Zeitpunkt sowie dem Zweck der Kreditvergabe. 7 Wann ein Sanierungskredit in zeitlicher Hinsicht vorliegt, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich bestimmt. In älteren Entscheidungen wird auf den Begriff der „Insolvenzreife“ des Schuldners (vgl. BGH, WM 1959, 628; BGH, WM 1964, 674; BGH, WM 1971, 442) Bezug genommen, während in anderen Entscheidungen das Kriterium der „Sanierungsbedürftigkeit“ des Schuldners (BFH, NZI 1999, 39) betont wird. Danach läge ein Sanierungskredit vor, wenn die Kreditvergabe zu einem Zeitpunkt erfolgt, in welchem der Kreditnehmer ohne Stützungsmaßnahmen die für eine erfolgreiche Weiterführung des Betriebs und die Abdeckung der bestehenden Verpflichtungen erforderliche Betriebssubstanz nicht mehr erhalten kann (Osswald, NZI 2018, 825; Schönfelder, WM 2013, 112, 113). Zum Teil wird in der Rechtsprechung – maßgeblich im Zusammenhang mit der Frage, ob der Sanierungskredit als sittenwidrig zu qualifizieren ist – aber auch auf die „Gefahr eines baldigen Zusammenbruchs“ (BGH, ZIP 1984, 37), das Hinausschieben des „letztlich unvermeidlichen Konkurses“ (BGH, ZIP 1995, 630), das „Verschließen der Augen vor einer erkennbar hoffnungslosen Lage“ (BGH, WM 1985, 1136) oder darauf abgestellt, ob es schließlich absehbar war, dass die ergriffenen Stützungsmaßnahmen den Zusammenbruch „allenfalls verzögern, aber nicht auf die Dauer verhindern können“ (BGH, ZIP 1986, 14). 8 In seiner – soweit ersichtlich – jüngsten Entscheidung hat der BGH (ZIP 2017, 809) Abstand von dem Versuch einer formelhaften Erfassung des Sittenwidrigkeitsvorwurfes genommen und konstatiert, dass die Sittenwidrigkeit nicht pauschal beurteilt werden könne, sondern nur aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung des einzelnen Vertrages unter Berücksichtigung aller den Vertrag kennzeichnenden Umstände zu beurteilen sei. Die Grenze zwischen dem, was einer Bank bei Gewährung und Sicherung ihrer Kredite noch erlaubt sei, und dem, was „für den redlichen Verkehr unerträglich“ und deshalb sittlich unstatthaft sei, könne nicht mittels starrer Vorgaben gezogen werden. Diese Entscheidung liegt auf der Linie einer bereits im Jahre 2016 (BGH, NZI 2016, 659) eingeleiteten Rechtsprechung, wonach der Schutz der Gläubiger grundsätzlich in den insolvenzrechtlichen Vorschriften abschließend geregelt ist und Raum für die Anwendung des § 138 BGB hierneben nur unter besonderen begleitenden Umständen bestehe. 9 Für die Annahme eines sittenwidrigen Sanierungskredites bedarf es daher der Feststellung über reine Gläubigerbenachteiligung hinausgehende besondere Umstände (so ausdrücklich BGH, ZIP 2001, 1412), deren Verhinderung jeweils vom konkreten Schutzzweck der Norm gedeckt ist (BGH, DStR 2005, 1743; OLG Rostock, BKR 2004, 319). Darüber hinaus ist als zusätzliches objektives 496
§ 89 Rechtshandlungen
Tatbestandsmerkmal zu verlangen, dass die Bank durch die Gewährung des Sanierungskredites in besonders rücksichtsloser und eigensüchtiger Weise ihre eigene Stellung zum Nachteil anderer Gläubiger verbessert (BGH, NJW 1970, 657; BGH, ZIP 1984, 572; BGH, ZIP 1984, 37; vgl. auch Scheffler, BB 2006, 56), aus der Gewährung des sittenwidrigen Darlehens also konkrete Vorteile für das Kreditinstitut erwachsen, die bewusst zum Nachteil anderer Gläubiger realisiert werden sollen (so z. B. in dem Fall KG, ZIP 2016, 1451). Zieht die Bank aus den Geschäften keinen weiteren Eigennutz, als dass der gestützte Bankkunde seine Geschäfte führen kann, ist dies weder sittenwidrig noch hat sie irgendwen darüber aufzuklären, dass ihr gestützter Kunde kein vollstreckungsfähiges Vermögen mehr besitzt (BGH, ZIP 1984, 37). In subjektiver Hinsicht kommt hinzu, dass diese besonderen Umstände von 10 dem Kreditinstitut bzw. deren handelnden Mitarbeitern erkannt und bewusst in Kauf genommen worden sein müssen (BGH, ZIP 2013, 2466). Der BGH stellt jedoch gleichzeitig klar, dass es für ein billigendes Inkaufnehmen nicht ausreicht, wenn die relevanten Umstände lediglich objektiv erkennbar waren und sich dem Handelnden hätten aufdrängen müssen (BGH, ZIP 2013, 2466). Eine fahrlässige Außerachtlassung der entscheidenden Umstände ist nämlich gerade nicht ausreichend (BGH, WM 1985, 1136). Ebenso wenig ist für die Begründung eines Sittenwidrigkeitsvorwurfes ausreichend, dass das Kreditinstitut den Darlehensnehmer – auch über einen längeren Zeitraum – als „Sanierungsfall“ angesehen hat, da bei einer zu leichtfertigen Reduzierung der Anforderungen an den Sittenwidrigkeitsvorwurf die Grenzen zur Vorsatzanfechtung (§ 133 InsO) zu sehr verschwämmen (BGH, ZIP 2016, 1058). cc) Vorsatzanfechtung (§ 133 InsO, § 3 AnfG) Nach § 133 InsO ist eine Rechtshandlung grundsätzlich anfechtbar, die der 11 Schuldner mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der anderen Partei dieser Vorsatz bekannt war. Ein solcher Benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge seiner Rechtshandlung erkannt und gebilligt hat (BGH, ZIP 2021, 1447; BGH, ZIP 2003, 1509; BGH, ZIP 2005, 497; BGH, ZIP 2006, 1261; BGH, ZIP 2009, 922). Im Grundsatz reicht dabei irgendeine objektive Gläubigerbenachteiligung als Voraussetzung einer jeden Insolvenzanfechtung im Sinne des § 129 InsO aus (BGH, ZIP 2009, 1966). Diese Benachteiligung muss der Gläubiger – jedoch nicht in Ansehung bereits existenter, sondern auch in Ansehung möglicher zukünftiger Gläubiger – vorhergesehen und sich jedenfalls damit abgefunden (dolus eventualis) haben, was der Fall ist, wenn er weiß oder jedenfalls in Kauf nimmt, dass er neben dem Anfechtungsgegner nicht alle übrigen (auch künftigen) Gläubiger innerhalb angemessener Zeit befriedigen kann (vgl. Thole, in: Kayser/Thole, HK-InsO, § 133 Rn. 17).
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12 Die Kenntnis des Schuldners von dem Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit ist dabei ein anerkanntes Indiz, das den Schluss auf den Vorsatz als innere Tatsache zulässt (BGH, ZIP 2003, 1509; BGH, ZIP 2005, 497; BGH, ZIP 2006, 1261; BGH, ZIP 2008, 190; BGH, ZIP 2009, 922). Die Rechtsprechung hat dabei aber keinesfalls einen abschließenden Katalog von Indiztatsachen aufgestellt, sondern hält stets eine erschöpfende Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände für erforderlich (BGH, ZIP 1994, 44; BGH, ZIP 2008, 190; BGH, ZIP 2003, 1799). Mit seinem jüngsten Urteil vom 6.5.2021 (ZIP 2021, 1447) hat der BGH die Anforderungen an das subjektive Element verschärft und verlangt zusätzlich den aus objektiven Umständen abzuleitenden Nachweis, dass er jedenfalls billigend in Kauf genommen hat, seine Gläubiger auch künftig nicht befriedigen zu können. Es gilt daher nicht mehr uneingeschränkt, dass, weiß der Schuldner, dass er drohend oder bereits eingetreten zahlungsunfähig ist, daraus grundsätzlich der Rückschluss gezogen werden kann, dass ihm Umstände bekannt sind, die zwingend auf eine Benachteiligung der – auch künftigen – Gläubiger schließen lassen mussten (BGH, ZIP 2009, 189; BGH, ZIP 2009, 1966). Vielmehr muss auch dies aus weiteren Indizien hergeleitet werden (BGH, ZIP 2021, 1447). 13 Die auch schon vor diesem jüngsten Urteil anerkannte Fallgruppe, wonach der Schuldner nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handelt, wenn die Deckungshandlung Bestandteil eines ernsthaften Sanierungsversuchs auf Grundlage eines schlüssigen, von den erkennbaren tatsächlichen Gegebenheiten ausgehenden realistischen Sanierungskonzept ist, das auf der Seite des Schuldners zur Zeit der Rechtshandlung die ernsthafte und begründete Erwartung rechtfertigt, erfolgreich zu Ende gebracht werden zu können und damit die nachhaltige Bestandsfähigkeit des Schuldners zu sichern (BGH, ZIP 2013, 174; BGH, ZIP 2012, 137; BGH, ZIP 1999, 408; OLG Düsseldorf, ZInsO 2013, 1199) hat daher auch einmal beträchtlich an Bedeutung gewonnen. Es muss sich um ein geschlossenes Konzept zur Bereinigung der Verbindlichkeiten handeln (BGH, WM 2013, 763), weil (nur) in diesem Fall davon ausgegangen werden kann, dass durch die erfolgreiche Umsetzung des Konzepts die im Vergleich zur nächstbesten Handlungs- und Verwertungsalternative bestmögliche Beteiligung der Gläubiger am Residualvermögen des Schuldners verwirklicht und deshalb eine Benachteiligung der Gläubiger ausgeschlossen wird. dd) Gemeinsame Ableitung für eine allein durch die Kenntnis indizierte Tatbestandlichkeit 14 Wie aus diesem kurzen Abriss des Tatbestandes der Gewährung sittenwidriger Sanierungskredite und der Vorsatzanfechtung erkennbar ist, begründet die Kenntnis von der wirtschaftlichen Krise des Schuldners oder gar von dem Eintritt der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit letztlich nicht mehr als eine Indiztatsache, aus der auf das Vorliegen des eigentlich erforderlichen Tatbestandes geschlossen werden kann, wobei stets weitere Tatbestandsmerkmale,
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§ 89 Rechtshandlungen
wie die objektive Gläubigerbenachteiligung oder die rücksichtslose Verfolgung eigener Ziele hinzutreten müssen. § 89 Abs. 1, 2 StaRUG stellt mit seiner Feststellung, dass allein aufgrund der 15 Tatsache, dass das Restrukturierungsverfahren eingeleitet wurde, nicht auf eine Schädigung- oder Benachteiligungsabsicht geschlossen werden kann, somit einzig klar, dass eine von grundsätzlich vielen denkbaren Indiztatsachen nicht isoliert zur Begründung der Tatbestandsverwirklichung herangezogen werden darf; ein Vorgehen, das ohnehin gegen das Gebot der nötigen Gesamtwürdigung aller Umstände (vgl. Rn. 18) verstoßen würde. Der Anwendungsbereich der Norm ist vor dem Hintergrund der stark ausdifferenzierten Rechtsprechung zur Beweiswirkung der verschiedenen Indizien daher denkbar gering. b) Gegenständlicher Anwendungsbereich Der Anwendungsbereich des § 89 Abs. 1, 2 StaRUG beschränkt sich damit 16 auf die Klarstellung, dass auch nach dem durch die Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens oder die Inanspruchnahme von Instrumenten dokumentierten Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der hierdurch manifestierten Gefährdung der Gläubigerinteressen die Gesamtwürdigung aller Umstände für den Nachweis einer sittenwidrigen Gläubigerschädigung oder -benachteiligung erforderlich bleibt. Er verschließt damit lediglich die Tür zu einer vereinfachten Vermutungswirkung, wonach allein aus der Tatsache der Einleitung des Verfahrens und der Kenntnis hiervon auf einen entsprechenden Vorsatz geschlossen werden könnte. Hat der Schuldner nach § 33 Abs. 2 StaRUG die Zahlungsunfähigkeit oder 17 Überschuldung angezeigt und hebt das Restrukturierungsgericht die Restrukturierungssache nach § 83 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StaRUG dennoch nicht auf, weil es deren Abschluss in Ansehung des erreichten Verhandlungsstandes für die im Gläubigerinteresse bessere Alternative als die Überleitung in das Insolvenzverfahren hält, so gilt die Klarstellung des § 89 Abs. 1 StaRUG in derselben Weise mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kenntnis von der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung tritt. Die in § 89 Abs. 1, 2 StaRUG enthaltenen Klarstellungen sind im Sinne einer 18 konsistenten Gesamtauslegung des Gesetzes auch konsequent, weil der Schuldner mit der Anzeige der Restrukturierungssache eine Restrukturierungsplanung vorzulegen hat, aus der sich die realistische Aussicht auf die nachhaltige Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit des Schuldners als Restrukturierungsziel ergeben muss. Liegt eine solche Planung aber vor, gründet sie auf zutreffenden Tatsachen und ist nicht erkennbar, dass das Restrukturierungsziel infolge mangelnder Konsensfähigkeit oder aus anderen Gründen nicht realisierbar ist, so schließt das Bemühen des Schuldners um die Umsetzung dieses Konzepts nach den überkommenen Grundsätzen zum Fehlen eines Benachteiligungs-
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
vorsatzes bei ernsthaften Sanierungsbemühungen sowohl einen Benachteiligungsvorsatz als auch die Sittenwidrigkeit aus. 19 Gleichzeitig folgt daraus, dass es sowohl bei der Möglichkeit des Nachweises eines Vorsatzes als auch einer Benachteiligungsabsicht verbleibt, beruhte das Restrukturierungskonzept auf fehlerhaften Tatsachen, einer nicht vollständigen Ermittlung der Krisenursachen oder war es erkennbar nicht geeignet, das Restrukturierungsziel zu erreichen. Sobald und soweit nämlich für den Schuldner und/oder den oder die Gläubiger erkennbar ist, dass trotz der angestrebten Restrukturierung die Benachteiligung von Gläubigern beabsichtigte, notwendige oder auch nur vermeidbare Nebenfolge ist, genügt dies für die fortwährende Begründung der Tatbestandlichkeit von Haftungs- oder Anfechtungsansprüchen. Ergeben sich solche Umstände und sind sie belegbar, so werden Haftungs- und Anfechtungstatbestände durch § 89 Abs. 1, 2 StaRUG gerade nicht ausgeschlossen. Bei deren Beurteilung der Haftungsfrage darf dann selbstverständlich auch einfließen, dass der Gläubiger Kenntnis von der durch Einleitung des Restrukturierungsverfahrens manifestierten drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hatte (Thole, ZIP 2020, 1985, 1998), wenngleich auch die Rechtsfolgen nicht isoliert auf diesen Umstand gestützt werden dürfen. Dies dürften sie jedoch in keinem Falle. c) Zeitlicher Anwendungsbereich 20 Die Klarstellungswirkung des § 89 Abs. 1, 2 StaRUG bezieht sich nicht allein auf Leistungen im Zusammenhang mit der Erfüllung eines Restrukturierungsplans, sondern auf den gesamten Marktzutritt des Schuldners während des laufenden Restrukturierungsverfahrens. Geschäftspartner des Schuldners sollen durch § 89 Abs. 1, 2 StaRUG nach der Einleitung des Restrukturierungsverfahrens nicht davon abgeschreckt werden, ihre Geschäftsbeziehung zum Schuldner vorzuführen oder sich am Restrukturierungsplan zu beteiligen, weil sie die Anfechtbarkeit erhaltener Leistungen für den Fall des Scheiterns des Restrukturierungsvorhabens fürchten (BT-Drucks. 19/24181, S. 181). 21 Hierzu passt es nicht recht, dass § 89 Abs. 1 StaRUG die Kenntnisfiktion allein in Bezug auf die Kenntnis von der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache ausschließt. Hierdurch würde der Schuldner nämlich, will er die Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen nicht gefährden, genötigt, die Restrukturierungssache rechtshängig zu machen, ehe er in die wesentlichen und detaillierten Verhandlungen mit seinen Gläubigern und designiert Planbetroffenen eintritt. Das aber steht mit der Absicht des Gesetzes in Widerspruch, es dem Schuldner zu überlassen, wann und ob er überhaupt die Restrukturierungssache rechtshängig macht und welche Instrumente er tatsächlich in Anspruch zu nehmen gedenkt. Insbesondere wäre der Schuldner gehalten, auch ein Restrukturierungsvorhaben dem Gericht anzuzeigen, das vollständig privatautonom (vgl. §§ 17 – 19, 23 StaRUG Rn. 1) ohne Beteiligung des Gerichts durchgeführt werden soll.
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Um dies zu vermeiden, ist richtigerweise davon auszugehen, dass § 89 Abs. 1, 2 22 StaRUG in derselben Weise bereits ab faktischer Einleitung des Restrukturierungsvorhabens (vgl. ausführlich §§ 31, 33 StaRUG Rn. 5) Anwendung findet. Dem kann der Wortlaut der Norm nicht entgegenstehen, da es sich allein um eine deklaratorische Vorschrift handelt; tatbestandlich gelten dieselben Wirkungen eines ernsthaft betriebenen Sanierungsvorhabens, das die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Restrukturierungssache nach dem StaRUG erfüllt, jedoch bereits ab faktischer Einleitung der Restrukturierungssache, was einen entsprechenden Vorsatz ausschließt. Das Klarstellungsbedürfnis in Bezug auf möglicherweise verunsicherte Ge- 23 schäftspartner des Schuldners besteht aber ebenfalls in derselben Weise, weshalb die ausdrückliche Klarstellung, dass § 89 Abs. 1, 2 StaRUG bereits ab faktischer Einleitung des Verfahrens gilt. Schutzlücken werden hierdurch nicht provoziert, da auch die Verpflichtung 24 des Schuldners auf das Gläubigerinteresse bereits vom Zeitpunkt der faktischen Einleitung des Verfahrens an greift (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 9, § 32 StaRUG Rn. 7). 3. Ausschluss der Notgeschäftsführung gemäß § 89 Abs. 3 StaRUG Während der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache (§ 31 Abs. 3 25 StaRUG) tritt an die Stelle der Insolvenzantragspflichten nach § 15a InsO die Pflicht zur Anzeige des Eintritts von Insolvenzgründen gemäß § 32 Abs. 3 StaRUG (dort Rn. 46). Mit dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung greift für 26 Organe von Schuldnern in haftungsbeschränkender Rechtsform aber zugleich auch das Massesicherungsgebot des § 15b InsO (vgl. dort Rn. 6 ff.). Es dürfen nur noch solche Zahlungen ausgeführt werden, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind. Während des nach § 15a InsO maßgeblichen Antragszeitraums (unverzüglich bis max. drei Wochen bei Zahlungsunfähigkeit bzw. sechs Wochen bei Überschuldung) soll dies grundsätzlich anzunehmen sein, solange die Antragspflichtigen Maßnahmen zur nachhaltigen Beseitigung der Insolvenz oder zur Vorbereitung eines Insolvenzantrages mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters betreiben (§ 15b Abs. 2 Satz 2 InsO). Ist das maßgebliche Antragsdatum abgelaufen, ohne dass Insolvenzantrag gestellt worden ist, gelten Zahlungen als in der Regel nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar (§ 15b Abs. 3 InsO). Das Haftungsrisiko für Geschäftsleiter, wenn sie nach Eintritt der Insolvenzgründe keinen Antrag stellen, ist daher erheblich (vgl. § 15b InsO Rn. 23). Eine generelle Ausnahmevorschrift zum Ausschluss der Anwendbarkeit des 27 § 15b InsO während des anhängigen Restrukturierungsverfahrens enthält das StaRUG nicht. Zeigt der Schuldner daher gemäß §§ 32 Abs. 3, 42 Abs. 1 StaRUG den Eintritt von Insolvenzgründen an, so schließt sich daran im 501
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Grundsatz das Erfordernis des Übergangs in die Notgeschäftsführung im Sinne des § 15b InsO an. Dies ist allerdings nur dann sachgerecht, wenn das Restrukturierungsgericht nicht im Interesse der Gläubiger gemäß § 33 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 83) von der Möglichkeit Gebrauch macht, in Ansehung des erreichten Fortschritts der Restrukturierungssache von der Überleitung in das Insolvenzverfahren abzusehen und der Restrukturierungssache Fortgang zu gewähren. Wird die Restrukturierungssache fortgesetzt, weil das Restrukturierungsgericht die Voraussetzungen hierfür als gegeben ansieht und den rechtskräftigen Abschluss der Restrukturierungssache als die dem Gläubigerinteresse besser gerecht werdende Alternative im Vergleich zum Übergang in das Insolvenzverfahren ansieht, so könnte die gesetzliche Notwendigkeit, in die Notgeschäftsführung einzutreten, nicht nur die Realisierbarkeit des Restrukturierungsvorhabens, sondern auch die Fortführung des schuldnerischen Unternehmens insgesamt gefährden (BT-Drucks. 19/24181, S. 182). 28 § 89 Abs. 3 StaRUG enthält aus diesem Grunde zwar nicht einen vollständigen Ausschluss der Anwendbarkeit des § 15b InsO, jedoch in seinem Satz 1 eine unwiderlegliche Vermutung dafür, dass Zahlungen im ordnungsgemäßen Geschäftsgang mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters vereinbar sind und den Geschäftsleiter daher im Sinne des § 15b Abs. 2 Satz 1 InsO exkulpieren. Als Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, gelten danach insbesondere solche, die für die Fortführung der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit und die Vorbereitung und Umsetzung des angezeigten Restrukturierungsvorhabens erforderlich sind. 29 Hier enthält das Gesetz allerdings eine in der Gesetzesbegründung nicht weiter begründete Qualifikation gegenüber dem Tatbestand des § 15b Abs. 2 Satz 1 InsO. Während nach dem insolvenzrechtlichen Vorbild solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs dienen als grundsätzlich mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar gelten, ist dies nach § 89 Abs. 3 Satz 1 StaRUG nur in Ansehung solcher Zahlung der Fall, die für die Fortführung der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erforderlich sind. Das Kriterium der Erforderlichkeit ist dabei ein qualitatives Mehr gegenüber der bloßen Dienlichkeit. Die Qualifikation kommt auch in § 89 Abs. 3 Satz 2 StaRUG zum Ausdruck, wonach Zahlungen, die bis zu der absehbar zu erwartenden Entscheidung des Restrukturierungsgerichts zurückgehalten werden können, ohne dass damit Nachteile für die Fortsetzung des Restrukturierungsvorhabens verbunden sind, nicht geleistet werden dürfen. Augenscheinlich ist, dass hier nur auf die Nachteiligkeit für die Fortsetzung des Restrukturierungsvorhabens, nicht aber auch auf Nachteile für die Fortführung der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit abgestellt wird. Zwar ist Letztere in der Fortsetzung des Restrukturierungsvorhabens regelmäßig inkludiert, jedoch bedarf es für die Exkulpation nach § 89 Abs. 3 Satz 2 StaRUG einer besonderen Bezugnahme auf das Restrukturierungsziel und die Führung des Restrukturierungsvorhabens im Gläubigerinteresse.
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§ 89 Rechtshandlungen
Die mit dem Kriterium der Erforderlichkeit in § 89 Abs. 3 Satz 1 StaRUG 30 enthaltene Qualifikation des Exkulpationstatbestandes ist Ausdruck der besonderen, mit der normalen Insolvenzantragspflicht nur eingeschränkt vergleichbaren Situation, dass das Gericht der Restrukturierungssache nur dann Fortgang und Vorzug gegenüber der Einleitung eines Insolvenzverfahrens gewähren wird, wenn die Restrukturierungssache unmittelbar vor dem überwiegend wahrscheinlich erfolgreichen Abschluss steht. In seiner zeitlichen Erstreckung hat § 89 Abs. 3 StaRUG daher nur einen sehr eingeschränkten Anwendungsbereich. In der kurzen Zeitspanne bis zum erfolgreichen Abschluss der Restrukturie- 31 rungssache ist es dem Schuldner jedoch zumutbar, im Gesamtgläubigerinteresse all solche Zahlungen aufzuschieben, die für den Fortgang des Restrukturierungsvorhabens nicht notwendig sind. Denn scheitert dieses wider Erwarten doch noch, so muss im Gläubigerinteresse das Massesicherungsgebot gewahrt und im Interesse der künftigen Insolvenzmasse verhindert werden, dass in der Schwebezeit noch Zahlungen veranlasst werden, die der Schuldner zwar für dienlich hält, die aber gerade nicht zugleich erforderlich sind. Grundsätzlich ist dabei ein strenger Maßstab anzulegen, weil es anderenfalls der gesetzlichen Qualifikation und des in § 89 Abs. 3 Satz 1 StaRUG gegenüber § 15b Abs. 2 Satz 1 InsO abweichenden Wortlautes nicht bedurft hätte. Nicht erforderlich sind insbesondere, dies folgt aus § 89 Abs. 3 Satz 2 StaRUG, 32 sämtliche Zahlungen, die schadlos aufgeschoben werden können, bis das Restrukturierungsziel im Sinne der Rechtskraft des Restrukturierungsplans erreicht ist. Ebenfalls nicht notwendig ist aber z. B. auch jede Form von aufschiebbaren Investitionen, des Aufbaus nicht zwingend betriebsnotwendiger Lagerbestände und Vorräte, die Eingehung vermeidbarer bzw. aufschiebbarer Verbindlichkeiten ebenso wie die Änderung von Vertragsbedingungen zum Nachteil des Schuldners, durch welche Zahlungspflichten oder Fälligkeiten innerhalb des Restrukturierungszeitraums ausgelöst werden. Problematisch kann das Kriterium der Notwendigkeit bei Warenbestellungen 33 mit längerem Lieferungsziel werden, wenn nämlich Waren für einen Zeitraum nach Abschluss der Restrukturierungssache bestellt werden sollen. Die Notwendigkeit kann sich daraus ergeben, dass anderenfalls in der Zeit nach Abschluss des Restrukturierungsvorhabens Lieferengpässe entstehen können, durch welche die Unternehmensplanung und infolge dessen das Restrukturierungsziel im Sinne der nachhaltigen Bestandssicherung des Unternehmens negativ beeinträchtigt werden. Um in diesem Fall die Notwendigkeit zu begründen und die Exkulpation zu erreichen, muss der Konnex der ausgelösten Bestellungen zu der Unternehmensplanung hergestellt und dargelegt werden, dass ein Hinausschieben der Warenbestellung zu negativen Einflüssen geführt hätte, die das Restrukturierungsziel insgesamt gefährdet haben würden. Die Darlegungs- und Beweislast für die Notwendigkeit liegt, wie bei § 15b 34 Abs. 2 InsO auch, beim Geschäftsleiter.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
§ 90 Planfolgen und Planvollzug (1) Die Regelungen eines rechtskräftig bestätigten Restrukturierungsplans und Rechtshandlungen, die im Vollzug eines solchen Plans erfolgen, sind mit Ausnahme von Forderungen im Rang des § 39 Absatz 1 Nummer 5 der Insolvenzordnung und Sicherheitsleistungen, die nach § 135 der Insolvenzordnung oder § 6 des Anfechtungsgesetzes anfechtbar sind, bis zur nachhaltigen Restrukturierung einer Anfechtung nur zugänglich, wenn die Bestätigung auf der Grundlage unrichtiger oder unvollständiger Angaben des Schuldners erfolgte und dem anderen Teil dies bekannt war. (2) Sieht der gestaltende Teil des Restrukturierungsplans die Übertragung des gesamten schuldnerischen Vermögens oder wesentlicher Teile davon vor, gilt Absatz 1 nur, soweit sichergestellt wird, dass die Gläubiger, die nicht planbetroffen sind, sich gegenüber den Planbetroffenen vorrangig aus der dem Wert des Gegenstands der Übertragung angemessenen Gegenleistung befriedigen können. Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Anfechtungsausschluss in Ansehung des Planvollzugs .................... 3 a) Anfechtungsschutz und tatbestandlich erfasste Vollzugshandlungen .............................. 3 aa) Grundsätzliche Reichweite des Anfechtungsschutzes ........................... 3 bb) Tatbestandlich erfasste Vollzugshandlungen ....... 7 b) Anfechtungsschutz nur für die Überwindung der gegenwärtigen Krise ....................... 10 c) Ausschlusstatbestände .......... 12
3.
aa) Leistungen an Gesellschafter .......................... bb) Fehlerhafte Tatsachengrundlage ....................... d) Darlegungs- und Beweislast ... Übertragung wesentlichen Vermögens (§ 90 Abs. 2 StaRUG) und Gegenleistung ....................... a) Schutzgedanke und wesentliches Vermögen .................... b) Sicherstellung der vorrangigen Befriedigung .......................... aa) Grundlagen der Sicherstellung .......................... bb) Rechtsfolgen fehlender Sicherstellung ................ c) Angemessene Gegenleistung
12 13 17
21 21 29 29 38 40
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 § 90 StaRUG erhält den nach Art. 18 Abs. 5 der Richtlinie (RL [EU] 2019/ 1023) gebotenen Anfechtungsschutz für Rechtshandlungen, die in Vollzug eines rechtskräftig bestätigten Restrukturierungsplans vorgenommen werden (ausführlich Hölzle/Curtze, ZIP 2021, 1293). Diese sind, bis zur nachhaltigen Restrukturierung des Schuldners der Anfechtung grundsätzlich entzogen; die nachhaltige Restrukturierung setzt dabei voraus, dass es sich um dieselbe Krise handelt. Treten neue Krisenursachen ein, welche die mit dem abgeschlossenen Restrukturierungsvorhaben zu bewältigenden Krisenursachen unterbrechen, so ist nach Auffassung des Gesetzgebers ein Anfechtungsschutz
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§ 90 Planfolgen und Planvollzug
gegenüber den nicht in den Plan einbezogenen Gläubigern oder Neugläubigern nicht zu rechtfertigen (BT-Drucks. 19/24181, S. 182). Demselben Schutz der nicht in den Plan einbezogenen Gläubiger dient § 90 2 Abs. 2 StaRUG, wonach der Anfechtungsschutz im Falle der Veräußerung des wesentlichen schuldnerischen Vermögens im Rahmen des Vollzugs des Restrukturierungsplans, zum Beispiel wenn dieser eine übertragende Sanierung vorsieht, nur besteht, wenn die nicht Planbetroffenen aus einer angemessenen Gegenleistung vorrangig entschädigt werden. 2. Anfechtungsausschluss in Ansehung des Planvollzugs a) Anfechtungsschutz und tatbestandlich erfasste Vollzugshandlungen aa) Grundsätzliche Reichweite des Anfechtungsschutzes § 90 Abs. 1 StaRUG geht auf Art. 18 Abs. 5 der Richtlinie (RL [EU] 2019/ 3 1023) zurück, wonach die für die Umsetzung eines rechtskräftig bestätigten Restrukturierungsplans erforderlichen Transaktionen im Falle einer späteren Insolvenz des Schuldners nicht allein wegen einer mit ihrer Umsetzung verbundenen Gläubigerbenachteiligung für nichtig, anfechtbar oder nicht vollstreckbar erklärt werden dürfen. Es geht daher im Interesse der nicht planbetroffenen Gläubiger um den Schutz nur solcher Transaktionen, die zur Umsetzung eines objektiv nach den dafür vom Gesetz vorgegebenen Kriterien geprüften und bestätigten Plans erfolgen. Daraus wiederum folgt, dass der Anfechtungsschutz nach § 90 Abs. 1 StaRUG sich ausschließlich auf Maßnahmen erstreckt, die erstens im Restrukturierungsplan als Maßnahme zur Erreichung des Restrukturierungsziels angelegt und zweitens für die Umsetzung des Plans unmittelbar notwendig sind. Ein allenfalls mittelbarer, indirekter Zusammenhang zu der Umsetzung des Restrukturierungsplans genügt nicht; (Bork, in: Morgen, Präventive Restrukturierung, Art. 18 Rn. 12). Die Maßnahme muss daher für die Umsetzung des Plans erforderlich und darf nicht lediglich nur förderlich oder nützlich sein. Reine Begleitmaßnahmen aus Anlass des Abschlusses und der Umsetzung 4 des Restrukturierungsplans, die nicht der unmittelbaren Umsetzung zur Erreichung des Restrukturierungsziels dienen, sind daher anfechtungsrechtlich nicht geschützt, auch wenn sie im Restrukturierungsplan angelegt sind. Darüber hinaus müssen die Maßnahmen zur Umsetzung des Restrukturie- 5 rungsplans auch angemessen sein, wie sich aus dem Wortlaut des Art. 18 Abs. 5 RL ergibt. In dem Kriterium der Angemessenheit kommt erneut das allgemeine Verbot der Übersanierung (vgl. § 7 StaRUG Rn. 15) zum Ausdruck. Maßnahmen, die zwar zur Umsetzung des Restrukturierungsplans erforderlich sind, jedoch in ihrer wirtschaftlichen Wirkung eine Übersanierung bewirken würden, sind daher anfechtungsrechtlich nicht geschützt, auch wenn sie tauglicher Gegenstand des Restrukturierungsplans bleiben (vgl. AG Köln, ZIP 2021, 806). Getragen wird dieser Gedanke einerseits von dem Bedürfnis
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
eines Schutzes der nicht planbetroffenen Gläubiger, die durch die Umsetzung des Restrukturierungsplans und die Gewährung unangemessener Gegenleistungen an die Planbetroffenen oder andere Verfahrensbeteiligte nicht übervorteilt werden sollen, andererseits durch den dem Anfechtungsrecht in der allgemeinen Ausprägung der erforderlichen Gläubigerbenachteiligung (§ 129 InsO) und der besonderen Ausprägung des Bargeschäftseinwandes (§ 142 InsO) zugrunde liegenden Gedanken der ausgleichenden Gegenleistung. Wird der Restrukturierungsplan nämlich rechtskräftig bestätigt, so ist im Grundsatz davon auszugehen, dass die Gläubiger nur zu Zugeständnissen bereit sind, die durch die krisenbedingten Erfordernisse tatsächlich veranlasst sind und unverhältnismäßige Gegenleistungen des Schuldners nicht verlangt werden (können). Ist dies im Einzelfall anders, etwa weil ein Gläubiger eine besondere Machtstellung ausnutzt oder der Plan im Zusammenwirken zwischen Schuldner und besonderen Gläubigergruppen zum Nachteil der nicht Planbetroffenen umgesetzt werden soll, wobei unangemessene Gegenleistungen gewährt werden, so unterliegen diese in einem nachfolgenden Insolvenzverfahren nicht dem Anfechtungsschutz. 6 Weder die Richtlinie noch die Gesetzesbegründung formen das Kriterium der Erforderlichkeit und der Angemessenheit besonders aus, sodass die Konturierung dieser Kriterien, ähnlich wie im Anfechtungsrecht, der Rechtsprechung überantwortet bleibt. bb) Tatbestandlich erfasste Vollzugshandlungen 7 Neben der Beschränkung des Anfechtungsrechtsschutzes auf unmittelbar erforderliche und angemessene Vollzugshandlungen (vgl. Rn. 3 ff.) ist der Schutz beschränkt auf Rechtshandlungen zum tatsächlichen Vollzug des Plans. Dies sind sämtliche Rechtshandlungen, die die Umsetzung des Plans ermöglichen (BT-Drucks. 19/24181, S. 182). Hierunter fallen schuldrechtliche Erklärungen, die mit Wirkung auf die Rechtskraft des Plans abgegeben werden, so insbesondere (Teil-)Erlasse nach § 397 BGB, Stundungs- und Prolongationserklärungen ebenso wie die Zusage von Darlehen oder sonstigen Krediten (neue Finanzierung) im Sinne von § 12 StaRUG, aber auch sämtliche Erklärungen zur Änderung sachenrechtlicher Verhältnisse gemäß § 13 StaRUG sowie gesellschaftsrechtliche Maßnahmen nach § 7 Abs. 4 StaRUG. 8 In Bezug z. B. auf neue Finanzierungen sind daher die Auszahlung und kongruente Besicherung eines neuen Darlehens anfechtungsrechtlich geschützt, die spätere Rückführung indes nicht (BT-Drucks. 19/24181, S. 182). Sieht der Restrukturierungsplan einen Teilerlass der Planbetroffenen nach § 397 BGB und im Übrigen die ratierliche Rückführung des bestehen bleibenden Teils der Forderungen vor, so ist der Erlass anfechtungsrechtlich geschützt, die spätere Tilgung nicht. Die spätere Tilgung ist nämlich nicht mehr Gegenstand der zum Vollzug erforderlichen Leistung, denn erforderlich, um das Restrukturierungsziel zu erreichen, ist allein die Stundung. Aus diesem Grunde geht auch die Auffassung von Madaus (NZI Beilage 1/2021, S. 35, 36) fehl, 506
§ 90 Planfolgen und Planvollzug
§ 90 Abs. 1 StaRUG dahingehend auszulegen, das auch spätere Rückzahlungen geschützt sein müssen. Dies ist weder tatbestandlich noch systemisch zu rechtfertigen. Hinzu kommt, dass der Restrukturierungsplan als Sanierungsziel verbindlich und obligatorisch die nachhaltige Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit (§§ 30 Abs. 2 Nr. 1, 14 Abs. 1 StaRUG) vorgeben muss, weshalb eine Leistung, zu einem Zeitpunkt erbracht wird, zu dem feststeht, dass das (ursprüngliche) Restrukturierungsziel nicht mehr erreicht werden kann, gerade nicht mehr „in Vollzug eines solchen Plans“ erbracht wird. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen der Schuldner im Zeitpunkt der ggf. auch ratierlichen Rückzahlung in Vollzug des Plans gestundeter Forderungen erkennbar (erneut) zahlungsunfähig ist. Ein Anfechtungsschutz ist in diesem Fall nicht gegeben. Vereinfacht lässt sich zusammenfassen, dass nur diejenigen Rechtshandlungen 9 vom Anfechtungsschutz erfasst sind, die unmittelbar mit der Rechtskraft des Restrukturierungsplans bzw. des diesen bestätigenden Beschlusses ebenfalls Rechtswirkung erlangen. Jede Form zeitlich gestreckter Tatbestände, die sich aus verschiedenen, zeitlich nachgelagerten Elementen zusammensetzen, sind vom Schutz des § 90 Abs. 1 StaRUG ungeachtet dessen ausgenommen, ob der Rechtsgrund für den zeitlich gestreckten Tatbestand mit dem Restrukturierungsplan gelegt worden ist. b) Anfechtungsschutz nur für die Überwindung der gegenwärtigen Krise Das StaRUG folgt dem Rechtsgedanken: „Eine Krise – ein Verfahren!“ (vgl. 10 §§ 31, 33 StaRUG Rn. 106). Der Anfechtungsschutz erstreckt sich zeitlich daher allein bis zur nachhaltigen Restrukturierung, das heißt er endet mit Erreichen des Restrukturierungsziels, nämlich der Wiederherstellung der nachhaltigen Bestandsfähigkeit des Schuldners (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 48). Ist diese nach den Vorgaben des Restrukturierungsplans unmittelbar mit der Rechtskraft des Restrukturierungsplans erreicht, weil sämtliche Maßnahmen zur Wiederherstellung der nachhaltigen Ertragsfähigkeit unmittelbar Wirkung erlangen und weitere leistungswirtschaftliche Maßnahmen in den darstellenden Teil keinen Einzug gefunden haben, endet der Anfechtungsschutz bereits mit der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses. Anderenfalls, insbesondere wenn der Restrukturierungsplan auch operative 11 und leistungswirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen vorsieht, welche die mit dem Restrukturierungsplan umzusetzenden Maßnahmen flankieren sollen, oder die im Restrukturierungsplan vorgesehenen Maßnahmen zeitlich gestreckt sind (Prolongationen, Stundungen etc.) so ist für die Begründung des Anfechtungsschutzes festzustellen, ob ein nachfolgendes Insolvenzverfahren noch auf derselben Krise beruht, oder hierfür neue, den Kausalverlauf unterbrechende Krisenursachen ursächlich sind. In diesem Fall ist in Anlehnung an § 33 Abs. 2 Satz 2 StaRUG (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 111) grundsätzlich, aber widerleglich anzunehmen, dass innerhalb von drei Jahren nach Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses die nachhaltige Sanierung noch nicht erreicht war und es sich um dieselbe Krise handelt. 507
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c) Ausschlusstatbestände aa) Leistungen an Gesellschafter 12 An dem Schuldner beteiligte Personen sind von dem Anfechtungsschutz nicht erfasst. Sieht der Restrukturierungsplan Vollzugshandlungen von und gegenüber Gesellschaftern vor, so sind diese, erfüllen sie die Anfechtungstatbestände des § 135 InsO oder § 6 AnfG, nicht privilegiert. Dies gilt gleichermaßen für Tilgungsleistungen z. B. auf Gesellschafterdarlehen, auch wenn diese in demselben Umfang erfolgen, wie gegenüber fremden Gläubigern, oder die Besicherung neuer Gesellschafterdarlehen. Der Schutz der übrigen, nicht planbetroffenen Gläubiger erfordert, dass deren Interessen Vorrang vor einer anfechtungsrechtlichen Privilegierung der Gesellschafter behalten. bb) Fehlerhafte Tatsachengrundlage 13 Das Gesetz verfolgt ein strenges Transparenzprinzip mit umfassenden Offenbarungspflichten des Schuldners (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 91). 14 Erfolgt die Bestätigung des Restrukturierungsplans auf Grundlage unrichtiger oder unvollständiger Angaben des Schuldners, so besteht ein Anfechtungsschutz nicht. Hierbei ist unerheblich, ob die unrichtige oder nicht offenbarte Tatsache für die Bestätigung des Restrukturierungsplans kausal war oder nicht. Auch wenn die Bestätigung des Restrukturierungsplans auch bei Richtigstellung oder Offenbarung der unrichtig oder unvollständig gebliebenen Tatsachen erfolgt wäre, ändert dies nichts an dem entfallenden Anfechtungsschutz, weil das Gesetz keine Kausalität der Verletzung des Transparenzprinzips für den Erlass des Bestätigungsbeschlusses voraussetzt. Gleichermaßen ist unerheblich, ob der Transparenzverstoß vorsätzlich oder fahrlässig, wissentlich oder unwissentlich erfolgte. 15 Für den Entfall des Anfechtungsschutzes ist daher festzustellen, ob der Schuldner gegen die ihm im Gesetz auferlegten Mitteilung- und Offenbarungspflichten verstoßen oder dem Plan eine unrichtige Tatsachen Grundlage zugrunde gelegt hat. Unrichtig ist die Tatsachengrundlage auch dann, wenn sie in dem Sinne unvollständig ist, dass Umstände, die für die Beurteilung der Krisenursachen, der Vermögenssituation des Schuldners, der Befriedigungsaussichten der Gläubiger und der Chancen für die künftige Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit des Schuldners bei Betrachtung durch einen objektiven, neutralen Dritten abstrakt geeignet sein können, die Entscheidung über den Restrukturierungsplan oder sonstige zu leistende Beiträge zu beeinflussen. Auf eine konkrete oder tatsächliche Beeinflussung der Entscheidung kommt es nicht an. 16 Für den planbetroffenen Gläubiger, der auf die Anfechtungsfestigkeit der im Rahmen des Vollzugs vorgenommenen Rechtshandlungen vertraut, ist dies problematisch, weil er häufig nicht erkennen kann, ob der Restrukturierungsplan auf richtigen und vollständigen Angaben des Schuldners beruht. Er kann
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§ 90 Planfolgen und Planvollzug
daher häufig nicht erkennen, ob die im Rahmen des Vollzugs des Restrukturierungsplans erhaltene Leistung tatsächlich anfechtungsfest ist. Dies steht der Unanwendbarkeit des durch § 90 Abs. 1 StaRUG gewährleisteten Anfechtungsschutzes jedoch nicht entgegen, da zwar die Aussicht auf die Anfechtungsfestigkeit die Beteiligung auch risikoaverser Gläubiger erleichtern soll, der Ausschlusstatbestand aber gerade dem Schutz der nicht planbetroffenen Gläubiger dient, dieser also nicht mit einem Schutzargument zugunsten der Planbetroffenen unterlaufen werden kann. d) Darlegungs- und Beweislast Das Gesetz äußert sich zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht. 17 Es verbleibt damit bei dem allgemeinen zivilprozessualen Grundsatz, dass jede Partei grundsätzlich die für sie günstigen Umstände darzulegen und nötigenfalls zu beweisen hat. Daraus folgt:
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Will der Insolvenzverwalter in einem der Restrukturierung nachfolgenden Insolvenzverfahren Vollzugsleistungen unter dem Restrukturierungsplan anfechten, so hat er zunächst den vollständigen Anfechtungstatbestand darzulegen und nötigenfalls zu beweisen. Beruft sich der Anfechtungsgegner auf den Anfechtungsschutz nach § 90 19 Abs. 1 StaRUG, so hat er darzulegen und nötigenfalls zu beweisen, dass es sich (1) um eine Vollzugshandlung handelt, die (2) notwendig und angemessen war und (3) vor dem Erreichen der nachhaltigen Restrukturierung rechtswirksam worden ist. Dem Insolvenzverwalter steht dann der von ihm darzulegende und nötigen- 20 falls zu beweisende Gegenvortrag offen, dass die Bestätigung des Restrukturierungsplans (1) auf Grundlage unrichtiger oder unvollständiger Angaben des Schuldners erfolgte und dies (2) dem Anfechtungsgegner bekannt war. 3. Übertragung wesentlichen Vermögens (§ 90 Abs. 2 StaRUG) und Gegenleistung a) Schutzgedanke und wesentliches Vermögen Die Tatsache, dass der Restrukturierungsplan auch umfassende Reorganisa- 21 tionsmaßnahmen bis hin zur Übertragung des Unternehmens im Ganzen oder in wesentlichen Teilen vorsieht, also auch Instrument zur außerinsolvenzlichen Durchführung einer übertragenden Sanierung sein kann (vgl. §§ 2 – 4 StaRUG Rn. 4 f.; § 7 StaRUG Rn. 7), deren Vollzug nach § 90 Abs. 1 StaRUG dann anfechtungsrechtlich grundsätzlich geschützt wäre, führt im Zusammenwirken mit der Tatsache, dass es sich um ein teilkollektives Verfahren handelt, in dem der Schuldner den – möglicherweise auch eng umgrenzten – Kreis der Planbetroffenen gemäß § 8 StaRUG nur in den durch diese Norm gesetzten
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Grenzen frei bestimmen kann (vgl. § 8 StaRUG Rn. 4 ff.), dazu, dass eine solche anfechtungsrechtlich geschützte Verwertung des jedenfalls wesentlichen Teils des schuldnerischen Vermögens die Interessen der nicht planbetroffenen Gläubiger in ganz erheblicher Weise gefährdet (BT-Drucks. 19/24181, S. 182). Im Gesetzgebungsverfahren war deshalb vorgeschlagen worden, die (Teil-)Veräußerung des Unternehmens als zulässigen Gegenstand eines Restrukturierungsplans auszuschließen (vgl. Hölzle, ZIP 2020, 585); Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 RL ([EU] 2019/1023) hätte dem nationalen Gesetzgeber dies freigestellt. Der Gesetzgeber hat diesen Ruf zwar gehört, aber nur eingeschränkt, nämlich dergestalt umgesetzt, dass das mögliche Gestaltungspotenzial im Restrukturierungsplan zwar nicht begrenzt wurde, die Anfechtungsfestigkeit solcher das Gesamtvermögen betreffenden Maßnahmen in dem nach § 90 Abs. 1 StaRUG bestimmten Umfang jedoch von der Wahrung der berechtigten Interessen der nicht planbetroffenen Gläubiger abhängig gemacht wird. 22 Einen Hinweis darauf, wie die Bestimmung des Tatbestandsmerkmals des „gesamten schuldnerischen Vermögens“ oder „wesentlicher Teile davon“ auszuformen ist, enthält weder das Gesetz selbst noch die Gesetzesbegründung. Die Bestimmung muss daher nach dem Gesetzeszweck der Wahrung der Interessen der nicht am Restrukturierungsplan Beteiligten, also der nicht planbetroffenen Gläubiger erfolgen. 23 Dabei ist zunächst festzustellen, dass Referenzgröße lediglich das freie, nicht mit Sicherungsrechten belastete Vermögen des Schuldners und nicht dessen Gesamtvermögen ohne Berücksichtigung von Sicherungsrechten ist (vgl. Hölzle/ Curtze, ZIP 2021, 1293). Dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem Schutzzweck der Norm, die Befriedigungsaussichten der nicht planbetroffenen Gläubiger durch die Veräußerung des wesentlichen Vermögens nicht zu gefährden. Der Befriedigung der nicht planbetroffenen Gläubiger dient jedoch nur das freie Vermögen des Schuldners, weshalb allein dieses auch als Referenzgröße dienen kann. 24 Für die Bestimmung des für die „Wesentlichkeit“ maßgeblichen Anteils kann eine mögliche Anleihe bei § 179a AktG genommen werden, wonach ein Vertrag, durch den sich eine Aktiengesellschaft außerhalb der Anwendbarkeit des UmwG zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens verpflichtet, eines Beschlusses der Hauptversammlung bedarf. Die Vorschrift ist Ausdruck des allgemeinen verbandsrechtlichen Grundsatzes, dass die Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens von der organschaftlichen Vertretungsbefugnis nicht mehr gedeckt ist und deshalb eines Beschlusses der Gesellschafter bedarf; sie ist daher auf die GmbH ebenso wie auf Personengesellschaften entsprechend anwendbar (Stein, in: MünchKomm-AktG, § 179a Rn. 14). Im (entsprechenden) Anwendungsbereich des § 179a AktG soll von einer Verpflichtung zur Veräußerung des gesamten Gesellschaftsvermögens zunächst auf Grundlage einer quantitativen Betrachtung auszugehen sein, wenn Schwellenwerte zwischen 80 % und 95 % des Vermögens erreicht werden (vgl. Stein,
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in: MünchKomm-AktG, § 179a Rn. 18; Zetzsche, in: Kölner Komm-AktG, § 179a Rn. 72 ff. m. w. N.). Liegt bereits nach quantitativen Maßstäben eine Vermögensveräußerung im 25 Ganzen vor, so kommt es auf qualitative Maßstäbe nicht mehr an. Für die Anwendbarkeit des § 179a AktG ist daher nicht entscheidend, ob die Gesellschaft auch nach Veräußerung ihres gesamten Vermögens noch in der Lage wäre, mit dem rudimentären Restvermögen den bisherigen, satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand – wenn auch in vermindertem Umfang – selbst weiter zu betreiben (BGH, NJW 1982, 1703, 1704). Dies begründet der BGH damit, dass der Schutz der Aktionäre vor der Veräußerung des gesamten Vermögens nicht dem Erhalt des Haftungs- und Vollstreckungssubstrats diene, sondern die Gesellschafter dagegen sichere, dass die Gesellschaft ohne ihren Willen das Gesellschaftsvermögen als die Grundlage ihrer satzungsmäßigen Unternehmenstätigkeit völlig aus der Hand gibt (BGH, NJW 1982, 933). Der Zweck des § 179a AktG unterscheidet sich in diesem letzten Punkt von 26 der Ratio des § 90 Abs. 2 StaRUG. Denn hier steht in der Tat der Schutz des Haftungssubstrats zugunsten der nicht am Restrukturierungsplan beteiligten Gläubiger im Vordergrund. Daraus folgt, dass die qualitative Betrachtung zwar insoweit gilt, wie auch ohne Erfüllung des quantitativen Merkmals durch die Übertragung des in seiner Funktionalität wesentlichen Vermögens die Fähigkeit des Schuldners beeinträchtigt wird, aus seiner künftigen, dem bisherigen Satzungszweck entsprechenden Tätigkeit seinen in Zukunft fällig werdenden Verbindlichkeiten absehbar nachkommen zu können, selbst wenn das quantitative Merkmal nicht erfüllt ist. Umgekehrt bleibt es jedoch im Gleichlauf mit § 179a AktG dabei, dass der Anfechtungsschutz gemäß § 90 Abs. 2 StaRUG selbstverständlich dann nicht greift, wenn der Schuldner trotz Erfüllung des quantitativen Merkmals qualitativ noch in der Lage bleibt, seinen bisherigen Geschäftszweck in eingeschränktem Umfang weiter zu verfolgen. Hinzu kommt, dass die quantitative Schwelle im Anwendungsbereich des 27 § 90 Abs. 2 StaRUG deutlich niedriger angesetzt werden muss, als im Anwendungsbereich des § 179a AktG. Dies deshalb, weil im Rahmen des § 179a AktG ausschließlich eine Verpflichtung zur Übertragung des gesamten Vermögens der Gesellschaft tatbestandsmäßig ist, während für die Anwendbarkeit des § 90 Abs. 2 StaRUG bereits genügt, dass der Restrukturierungsplan die Übertragung „wesentlicher Teile davon“ vorsieht. Wird für die quantitative Betrachtung des gesamten Vermögens von einer Schwelle von 80 – 95 % ausgegangen, so muss die Schwelle für wesentliche Teile des Vermögens noch einmal deutlich niedriger angesetzt werden. Unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes erscheint insoweit die Wesentlichkeitsgrenze überschritten, wenn der Restrukturierungsplan die Übertragung von mehr als 50 % des Vermögens des Schuldners vorsieht. Hiervon unbeeinflusst ist die funktionale Wesentlichkeit, die gleichermaßen tatbestandsmäßig ist.
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Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
28 Bleibt, für die Anwendung der Prozentsätze die maßgebliche Bemessungsgrundlage zu bestimmen. Dies kann vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des § 90 Abs. 2 StaRUG nicht das gesamte Vermögen des Schuldners ungeachtet daran bestehender Sicherungsrechte sein, da die nicht planbetroffenen, nicht nachrangigen und ungesicherten Gläubiger, auf den Schutz deren Interessen § 90 Abs. 2 StaRUG abzielt, auf das mit Sicherungsrechten belastete Vermögen ohnehin keinen Zugriff nehmen können. Diese Vermögensgegenstände spielen für die (künftige) Befriedigungssituation der nicht planbetroffenen Gläubiger daher keine Rolle. Sachgerecht ist es daher, soll § 90 Abs. 2 StaRUG seinen Schutzzweck erfüllen, für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage ausschließlich auf das im Zeitpunkt der (faktischen) Einleitung des Restrukturierungsverfahrens vorhandene freie Vermögen des Schuldners, in insolvenzrechtlicher Terminologie also die „freie Masse“ abzustellen. b) Sicherstellung der vorrangigen Befriedigung aa) Grundlagen der Sicherstellung 29 § 90 Abs. 2 StaRUG verbietet nicht die Gestaltung eines durch den Restrukturierungsplan umzusetzenden Restrukturierungskonzepts, dass die Übertragung wesentlicher Teile des schuldnerischen Vermögens vorsieht. Die Norm stellt lediglich sicher, dass ein anfechtungsrechtlicher Schutz solcher Konzeptionen nur dann erreicht wird, wenn die Interessen der nicht planbetroffenen Gläubiger vorrangig gewahrt werden (dazu schon Hölzle, ZIP 2020, 585). Der Restrukturierungsplan muss für diesen Fall sowohl konstruktiv als auch faktisch sicherstellen, dass die vorrangige Befriedigung aus der für die Übertragung zu realisierenden angemessenen Gegenleistung gewährleistet ist. 30 Zunächst ist dabei festzuhalten, dass das Gesetz zwar vorgibt, dass die vorrangige Befriedigung aus der dem Wert des Gegenstandes der Übertragung angemessenen Gegenleistung zu erfolgen habe; dies erfordert er jedoch unter dem Gesichtspunkt des bezweckten Gläubigerschutzes keine Nämlichkeit. Es ist daher nicht erforderlich, dass der konkret realisierte Erlös zur vorrangigen Befriedigung der nicht planbetroffenen Gläubiger zur Verfügung gestellt wird. Deren vorrangige Befriedigung aus anderen, den Wert deckenden Sicherheiten kommt ebenso in Betracht, wenn und soweit damit keine faktische oder rechtliche Verschlechterung oder Gefährdung der Realisations- oder Befriedigungsaussichten verbunden ist; das Kriterium des Gläubigerinteresses ist in diesem Fall nicht beeinträchtigt, weshalb der Förderung der Vollzugsfähigkeit des Restrukturierungsplans durch Gewährleistung des Anfechtungsschutzes Vorrang vor einem sachlich nicht gerechtfertigten Nämlichkeitsgebot einzuräumen ist. 31 Wie die vorrangige Befriedigung der nicht planbetroffenen Gläubiger zu gewährleisten ist, sagt das Gesetz selbst nicht. Auch in der Gesetzesbegründung finden sich hierzu keine Hinweise. Allerdings verwendet der Tatbestand des § 90 Abs. 2 StaRUG den Begriff der Sicherstellung, weshalb es naheliegt,
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nach dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung von einer bewussten Verwendung dieses terminus technicus durch den Gesetzgeber auszugehen und deshalb für Zwecke der Ausgestaltung der Sicherstellung auf die Vorschriften der §§ 232 ff. BGB abzustellen. Nach § 232 Abs. 1 BGB kann die Sicherstellung insbesondere durch Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren, durch Verpfändung beweglicher Sachen, durch Bestellung von Grundpfandrechten erfolgen, oder, kann die Sicherheit nicht in dieser Weise geleistet werden, auch durch Stellung eines im Sinne des § 239 BGB tauglichen Bürgen. Nur diese, tatsächlich wertäquivalente und den haftungsrechtlichen Zugriff 32 ungeschmälert eröffnende Sicherstellung entspricht auch den an die Gewährleistung des Gläubigerinteresses zu stellenden Anforderungen nach § 64 Abs. 3 StaRUG und des für diesen Pate stehenden § 251 Abs. 3 InsO. Danach scheidet eine individuelle Schlechterstellung von Planbetroffenen durch den Restrukturierungs- bzw. Insolvenzplan aus, wenn im gestaltenden Teil des Planes Mittel für den Fall bereitgestellt werden, dass ein Betroffener seine Schlechterstellung nachweist. Hierbei ist unzweifelhaft, dass eine rein bilanzielle Rückstellungsbildung nicht genügt, sondern die für den Ausgleich erforderlichen Mittel tatsächlich zur separieren und zur jederzeitigen Auszahlung bereitzuhalten sind (vgl. §§ 64, 66 StaRUG Rn. 21; §§ 251, 253 InsO Rn. 23). Daraus folgt, dass der Restrukturierungsplan, will er den Anfechtungsschutz 33 gewährleisten, die in wertangemessener Höhe zwingend erforderliche Gegenleistung (Rn. 40 ff.) für die Übertragung des wesentlichen Vermögens zunächst nicht zur Finanzierung des Restrukturierungsplans selbst oder eine mögliche (Teil-)Befriedigung der Planbetroffenen sowie ebenfalls nicht für die Fortführung des Unternehmens einsetzen darf, sondern diese Gegenleistung, wenn auch nicht gegenständlich identisch, so jedenfalls aber wertäquivalent tatsächlich separieren oder die vorrangige Befriedigung der nicht Planbetroffenen in anderer, nach § 232 BGB zulässiger Art sicherstellen muss. Dies kann erheblichen Einfluss auf die nach § 6 Abs. 2 StaRUG obligatorische 34 Vergleichsrechnung (vgl. § 6 StaRUG Rn. 15) haben und zu einer Schlechterstellung der Planbetroffenen führen, was in Ansehung des Minderheitenschutzes nach § 64 StaRUG (§§ 64, 66 StaRUG Rn. 6 ff.) ein erhebliches Planvollzugs- und damit Transaktionsrisiko begründet. Denn wenn der Plan die Übertragung des wesentlichen Vermögens vorsieht und die hierfür vorgesehene wertangemessene Gegenleistung nicht für Zwecke der Befriedigung der Planbetroffenen eingesetzt werden darf, sondern hieraus vorrangig die nicht Planbetroffenen befriedigt werden müssen, so entstehen naheliegenderweise inkongruente Befriedigungsquoten für Gläubiger (insolvenzrechtlich) gleichen Ranges. Die nicht Planbetroffenen werden aus dem wesentlichen Vermögen zulasten der Planbetroffenen vorrangig befriedigt, wo in einem Insolvenzverfahren eine gleichrangige Befriedigung zwingend erfolgen müsste. Unter dem mit § 90 Abs. 2 StaRUG verfolgten Schutzzweck und der Notwendigkeit, missbräuchliche Plangestaltung auszuschließen, ist dies in der Sache richtig und geboten. Dass mit der anfechtungssicheren Ausgestaltung 513
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
solcher Restrukturierungspläne verbundene Planvollzugsrisiko muss aber allen Beteiligten bewusst sein und berücksichtigt werden. Aus diesem Grunde dürften entsprechende „Veräußerungs-“ oder „übertragende Sanierungspläne“ richtigerweise die Ausnahme bilden und vornehmlich in konsensualen Restrukturierungen zur Anwendung kommen. 35 Bislang nicht beantwortet ist damit aber noch die Frage, wie lange die Sicherheitsleistung in ihrer zeitlichen Erstreckung gewährleistet sein muss. Das Gesetz schweigt hierzu, ebenso wie die Gesetzesbegründung. Aus einer maximal gläubigerschützenden Perspektive schiene es zunächst nahezuliegen, auf den Bestand der Forderungen nicht planbetroffener Gläubiger im Zeitpunkt der Rechtskraft des den Restrukturierungsplan bestätigenden Beschlusses abzustellen und die Sicherheitsleistung so lange zu verlangen, bis die letzte dieser Forderungen befriedigt ist. Insbesondere in Bezug auf Dauerschuldverhältnisse (Miete, Pacht, langlaufende Darlehen) schiene dies jedoch in Ansehung der erheblichen Mittelbindung und eines daraus resultierenden zusätzlichen Finanzierungsbedarfs unangemessen und würde beachtliche Hürden für die Wiederherstellung der nachhaltigen Bestandsfähigkeit eines grundsätzlich überlebensfähigen Schuldners mit der Hilfe des Stabilisierungsund Restrukturierungsrahmens in nicht gerechtfertigter Weise aufbauen. 36 Es scheint daher angemessen, die Pflicht zur Sicherstellung zeitlich zu begrenzen, um die Architektur des Restrukturierungsplans und die Befriedigung der Planbetroffenen (ggf. nach einer entsprechenden Stundungsphase) hieran ausrichten zu können. Insoweit bietet sich erneut eine Anleihe im Aktienrecht, nämlich in § 303 Abs. 1 AktG an. Nach dieser, ebenfalls gläubigerschützenden Vorschrift, ist der Anspruch auf Sicherheitsleistung davon abhängig, dass sich der betroffene Gläubiger innerhalb von sechs Monaten bei der Gesellschaft meldet. Zwar kann im Anwendungsbereich des § 90 Abs. 2 StaRUG der Anspruch auf Sicherheitsleistung nicht davon abhängig gemacht werden, dass die nicht Planbetroffenen ein entsprechendes Sicherungsbedürfnis bei dem Schuldner anmelden, da es sich bei § 90 Abs. 2 StaRUG, anders als bei § 303 Abs. 1 AktG, nicht um eine individuell, sondern eine kollektiv gläubigerschützende Norm handelt; jedoch kann der dem § 303 Abs. 1 AktG zugrunde liegende Rechtsgedanke der Implementierung einer Ausschlussfrist in dem Sinne fruchtbar gemacht werden, dass die Sicherheit nach Ablauf von sechs Monaten nach vollständigem Vollzug der Übertragung des wesentlichen Vermögens und des Erhalts der Gegenleistung aufgelöst werden kann, meldet kein nicht planbetroffener Gläubiger ein zeitlich darüber hinausgehendes berechtigtes Sicherungsbedürfnis an. 37 Ähnlich wie im Anwendungsbereich des § 303 Abs. 1 AktG kann die Ausschlussfrist jedoch nur dann Wirkung entfalten, wenn die nicht planbetroffenen Gläubiger entsprechend informiert worden sind. Die Pflicht zur Sicherheitsleistung endet daher nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach Zugang (§ 130 BGB) bei sämtlichen nicht planbetroffenen Gläubigern. Dies stellt zwar eine Durchbrechung des auf fehlende Publizität ausgerichteten Restrukturierung 514
§ 90 Planfolgen und Planvollzug
dar, ist jedoch systemisch in der gerade an die nicht planbetroffenen Gläubiger adressierten Schutznorm des § 90 Abs. 2 StaRUG angelegt. Der diese begünstigende Schutz kann nicht aufgehoben werden, ohne dass sie hierüber informiert werden und die Möglichkeit erhalten, ihre berechtigten Schutzinteressen auch durchzusetzen. Werden die nicht planbetroffenen Gläubiger nicht informiert, endet die Pflicht zur Sicherstellung daher erst dann, wenn die letzte im Zeitpunkt der Rechtskraft des den Restrukturierungsplan bestätigenden Beschlusses dem Grunde nach bereits angelegte Verbindlichkeit vom Schuldner erfüllt worden ist. bb) Rechtsfolgen fehlender Sicherstellung Sieht der Restrukturierungsplan eine den Anforderungen des § 90 Abs. 2 38 StaRUG genügende Sicherheitsleistung nicht vor, so folgt daraus weder die Unwirksamkeit des Restrukturierungsplans noch ein Bestätigungs- oder Vollzugshindernis. Rechtsfolge ist allein, dass der Vollzug der vorgesehenen Vermögensübertragung in einem späteren Insolvenzverfahren anfechtungsrechtlich nicht privilegiert ist, sondern im Falle der Erfüllung eines Anfechtungstatbestandes auch der uneingeschränkten Anfechtbarkeit unterliegt. In Betracht kommt hierbei dann insbesondere die Anfechtung wegen einer vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung nach § 133 InsO, in dessen tatbestandlichem Anwendungsbereich die Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 90 Abs. 2 StaRUG die Benachteiligung der nicht planbetroffenen Gläubiger indiziert. Insoweit handelt es sich um eine neue, im Rahmen der Rechtsprechung zu § 133 InsO zu etablierende Fallgruppe. Aus diesem Grunde kann § 90 Abs. 2 StaRUG auch nicht als Schutzgesetz 39 im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB qualifiziert werden; dies ist nur bei Normen mit Ge- oder Verbotscharakter möglich, woran es bei § 90 Abs. 2 StaRUG fehlt. c) Angemessene Gegenleistung Bemessungsgrundlage für die Sicherheitsleistung ist der Betrag der dem Wert 40 des übertragenen Vermögens angemessenen Gegenleistung, wie sie im Restrukturierungsplan oder seinen Anlagen vorgesehen ist. Dies setzt voraus, dass der Restrukturierungsplan für die Weggabe des Ver- 41 mögens überhaupt eine Gegenleistung vorsieht. Leistung und Gegenleistung müssen dabei durch Parteivereinbarung miteinander verknüpft sein, was unmittelbar aus dem Begriff der Gegenleistung folgt (in diesem Sinne für das insolvenzanfechtungsrechtliche Bargeschäft BGH, ZIP 2016, 279). Fehlt es daran, scheidet eine anfechtungsrechtliche Privilegierung von vorneherein aus. Im Übrigen muss die Gegenleistung (wert)angemessen sein. Angemessen 42 sind Leistung und Gegenleistung dann, wenn sie sich nach objektiven Gesichtspunkten im Wesentlichen gleichwertig gegenüberstehen. Eine bloß subjektive Gleichwertigkeit genügt nicht. Freilich aber darf die dem Schuldner 515
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
zufließende Gegenleistung auch höherwertig sein. Abgestellt werden kann insoweit auf die überkommene Rechtsprechung zur Gleichwertigkeit im Rahmen des insolvenzrechtlichen Bargeschäfts nach § 142 InsO, weil der dort zugrunde liegende Gedanke von einer anfechtungsrechtlichen Irrelevanz der bloßen Umschichtung des Vermögens in seiner Zusammensetzung ohne Beeinträchtigung des Gesamtwertes (vgl. Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 142 Rn. 9) auch den hier verfolgten Schutzzweck deckt. 43 Problematisch kann die Feststellung der angemessenen Gegenleistung insbesondere dann sein, wenn die Übertragung des gesamten schuldnerischen Vermögens durch eine umwandlungsrechtliche Maßnahme, namentlich eine Spaltungsmaßnahme nach § 123 UmwG erfolgt. Unzweifelhaft liegt eine ausgleichende, angemessene Gegenleistung im Falle einer Aufspaltung gemäß § 123 Abs. 1 UmwG oder einer Abspaltung im Sinne des § 123 Abs. 2 UmwG nicht vor, weil in diesem Falle die Anteile oder Mitgliedschaften an dem aufnehmenden Rechtsträger nicht dem übertragenen Rechtsträger selbst, sondern dessen Anteilseignern gewährt werden. Die Befriedigungsaussichten der nicht planbetroffenen Gläubiger würden dadurch demnach erheblich verschlechtert, weil in das schuldnerische Vermögen eine Gegenleistung nicht erbracht wird. 44 Im Falle der Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG ist eine angemessene Gegenleistung demgegenüber denkbar, weil die im Gegenzug für die Übertragung des Vermögens gewährten Anteilsrechte dem übertragenen Schuldner selbst gewährt werden. Allerdings ist zu konstatieren, dass der haftungsrechtliche Zugriff für Gläubiger in Gesellschaftsanteile erstens schwerer zu bewerkstelligen ist als in Geld- oder sonstige körperliche Vermögensgegenstände, und dass zweitens der Wert der Geschäftsanteile maßgeblich durch die wirtschaftlichen Verhältnisse der aufnehmenden Gesellschaft im Übrigen und deren weitere Entwicklung bestimmt wird. Die nicht planbetroffenen Gläubiger, die an der Ausgliederung keine Gelegenheit erhalten haben, mitzuwirken, können daher mit dem Risiko der im Verhältnis zu materiellen Vermögensgegenständen äußerst volatilen Wertentwicklung von Gesellschaftsanteilen aus dem Gesichtspunkt des mit § 90 Abs. 2 StaRUG zu gewährleistenden Gläubigerschutzes nicht belastet werden. Eine anfechtungsrechtliche Privilegierung der Ausgliederungsmaßnahme, die einer Insolvenzanfechtung grundsätzlich zugänglich ist, weil die Gläubigerschutzvorschriften des Umwandlungsgesetzes keine das Anfechtungsrecht ausschließende Sonderregelung bilden (vgl. Brünkmans, in: MHdGesR., Bd. 8, § 45 Rn. 113), kann daher nur erreicht werden, wenn und soweit eine wertangemessene Sicherstellung aus dem übrigen Vermögen erfolgt. § 91 Berechnung von Fristen In die Fristen der §§ 3 bis 6a des Anfechtungsgesetzes sowie der §§ 88, 130 bis 136 der Insolvenzordnung wird die Zeit der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache nicht eingerechnet. 516
§ 91 Berechnung von Fristen
Übersicht 1. 2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1 Verlängerung des maßgeblichen Anfechtungszeitraums ................... 2
3.
Zeitliche Anwendungsschranken ........................................ 9
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes Die Gesamtheit der Gläubiger des Schuldners, gleich ob planbetroffen oder 1 nicht, soll nicht dadurch schlechter gestellt werden, dass der Schuldner sich entscheidet, statt eines nach Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit ebenfalls möglichen Insolvenzverfahrens (zunächst) ein Restrukturierungsverfahren durchzuführen bzw. zu versuchen. Aus diesem Grunde ordnet § 91 StaRUG an, dass bei der Berechnung der Anfechtungsfristen nach §§ 3 – 6a AnfG, §§ 130 – 136 InsO sowie der Rückschlagsperre nach § 88 InsO die Zeit der Rechtshängigkeit der Restrukturierung nicht eingerechnet wird. Die Norm enthält daher eine materielle Verlängerung der Anfechtungsfristen, richtiger: des für Rechtshandlungen maßgeblichen anfechtungsrelevanten Zeitraums. 2. Verlängerung des maßgeblichen Anfechtungszeitraums Nach § 91 StaRUG wird in die „Fristen“ der §§ 3 – 6a AnfG und §§ 130 – 136 2 InsO sowie der Rückschlagsperre nach § 88 InsO die Zeit der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache nicht eingerechnet. Der Begriff der Frist ist hierbei etwas unglücklich gewählt. Richtigerweise betrifft die Norm die Verlängerung des nach der jeweiligen Vorschrift maßgeblichen, vom Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrages an zurückgerechneten Anfechtungszeitraums; in der Gesetzesbegründung ist dies zutreffend auch so benannt (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 183). Durch die Norm soll eine Schlechterstellung der Gesamtheit der Gläubiger 3 in einem etwaigen späteren Insolvenzverfahren allein aufgrund der Dauer des präventiven Restrukturierungsverfahrens verhindert werden (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 183). Nach der gesetzlichen Formulierung werden die maßgeblichen Anfechtungs- 4 zeiträume um den Zeitraum der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache (§ 31 Abs. 3 StaRUG) verlängert. Systematisch ist im Falle eines nachfolgenden Insolvenzverfahrens daher wie 5 folgt vorzugehen: Zunächst ist der nach dem maßgeblichen Anfechtungstatbestand – bzw. der Rückschlagsperre des § 88 InsO – maßgebliche Anfechtungszeitraum nach den Vorschriften der Insolvenzordnung vom maßgeblichen Insolvenzantragszeitpunkt an zu bestimmen. Sodann ist die Dauer des Restrukturierungsverfahrens zu bestimmen. 517
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Den Endpunkt setzt die Aufhebung der Restrukturierungssache durch das Restrukturierungsgericht oder, soweit der Restrukturierungsplan im privatautonomen Verfahren nach §§ 17 ff. StaRUG einstimmig und ohne gerichtliche Bestätigung angenommen wurde und das Restrukturierungsvorhaben zu keinem Zeitpunkt rechtshängig gemacht worden ist, das Wirksamwerden des Plans. 6 Schwieriger ist die Bestimmung des Anfangszeitpunkts. Das Gesetz stellt vordergründig auch hier – ähnlich wie in § 32 StaRUG – auf die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache ab. Damit läge es aber abermals allein in der Hand des Schuldners und stünde zu seiner freien Disposition, in welchem Umfang die Rechte der Gläubiger, in diesem Fall durch Ausdehnung der Anfechtungszeiträume, gewahrt werden – ein aus der Anwendung des § 32 StaRUG bereits bekanntes Problem (vgl. ausführlich §§ 31, 33 StaRUG Rn. 6; § 32 StaRUG Rn. 5). Ähnlich wie dort ist daher auch hier, da es gleichermaßen um den Schutz der Gesamtheit der Gläubiger geht, nicht auf den zur Disposition des Schuldners stehenden Zeitpunkt der förmlichen Einleitung des Verfahrens durch Anzeige gegenüber dem Restrukturierung (§ 31 Abs. 3 StaRUG) abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt der faktischen Verfahrenseinleitung (§§ 31, 33 StaRUG Rn. 5, 9). Jedes andere Verständnis würde dem gebotenen Gläubigerschutz nicht gerecht. 7 Entsprechend § 187 Abs. 1 BGB zählt der Tag der faktischen Einleitung des Restrukturierungsverfahrens nicht mit, entsprechend § 188 Abs. 1 BGB der Tag der Beendigung des Verfahrens aber sehr wohl. 8 Ist die Dauer des Restrukturierungsverfahrens von seinem faktischen Beginn bis zu seinem Ende in vorstehender Weise bestimmt, so ist dieser Zeitraum dem maßgeblichen Anfechtungszeitraum in vollen Kalendertagen zuzuschlagen, wobei der erste Tag des Verlängerungszeitraums entsprechend § 190 BGB dem Tag entspricht, der dem letzten Tag des Anfechtungszeitraums vorangeht. 3. Zeitliche Anwendungsschranken 9 Das Gesetz schweigt zu der Frage, in welcher Nachlauffrist nach Beendigung eines Restrukturierungsverfahrens § 91 StaRUG anwendbar ist, ob also unerheblich ist, wie viel Zeit zwischen Beendigung des Restrukturierungsverfahrens und Einleitung eines nachfolgenden Insolvenzverfahrens verstrichen ist. 10 Dass der Zeitraum vollständig unbeachtlich wäre und auch in einem viele Jahre nach erfolgreichem Abschluss eines Restrukturierungsverfahrens eingeleiteten Insolvenzverfahren die Verlängerung der Anfechtungszeiträume gemäß § 91 StaRUG noch Platz greifen sollte, kann nicht als gesetzgeberischer Wille unterstellt werden. Die Gesetzesbegründung schweigt hierzu jedoch. 11 Die Lösung folgt allerdings aus einer systematischen Auslegung der Norm nach ihrer Stellung im Gesetz im Besonderen und der gesetzgeberischen Ratio im Allgemeinen. § 91 StaRUG findet sich in Kapitel 5 des Gesetzes über das
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§§ 92, 93 Beteiligungsrechte nach dem BetrVG, Gläubigerbeirat
Anfechtungs- und Haftungsrecht. In § 90 Abs. 1 StaRUG erhält das Gesetz bereits eine seiner anfechtungsrechtlichen Vorschriften begrenzende Anordnung dahingehend, dass die Sondervorschriften nur bis zur nachhaltigen Restrukturierung gelten (vgl. § 90 StaRUG Rn. 10). Hierin kommt der allgemeine dem Gesetz zugrunde liegende Grundsatz zum Ausdruck, dass sich der gesamte am Kriterium des Gläubigerinteresses ausgerichtete Anwendungsgehalt des Stabilisierungs- und Restrukturierungsverfahrens an dem Leitbild „Eine Krise – Ein Verfahren!“ orientiert (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 106). Der durch das Gesetz beabsichtigte Gläubigerschutz findet seine Grenze daher in der Überwindung der Krise durch das Erreichen des Restrukturierungsziels im Sinne der nachhaltigen Sicherung oder Wiederherstellung der Bestandspflege des Schuldners. Ist diese erreicht, besteht für den besonderen Gläubigerschutz nicht länger ein Bedürfnis. Das Stabilisierungs- und Restrukturierungsverfahren ist in diesem Fall endgültig abgeschlossen und entfaltet keine Nachwirkung mehr. Im Falle eines späteren Insolvenzverfahrens findet § 91 StaRUG daher nur dann 12 Anwendung, wenn das Insolvenzverfahren durch dieselbe Krise ausgelöst ist und nicht zwischenzeitlich neue, im Stabilisierungs- und Restrukturierungsverfahren nicht vorhersehbare Umstände hierfür ursächlich waren. Entsprechend § 33 Abs. 2 Satz 2 StaRUG ist in einem Zeitraum von drei Jahren nach Beendigung des Restrukturierungsverfahrens widerleglich davon auszugehen, dass der Anlass für die frühere Restrukturierung noch nicht bewältigt wurde, die Sanierung daher nicht nachhaltig gelungen (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 111) und § 91 StaRUG deshalb anwendbar ist. Im Interesse des Gläubigerschutzes sind an die Widerlegung dieser Vermutung 13 hohe Anforderungen zu stellen. Die Darlegung- und Beweislast hierfür trägt der Anfechtungsgegner.
Kapitel 6 – Arbeitnehmerbeteiligung; Gläubigerbeirat §§ 92, 93 Beteiligungsrechte nach dem BetrVG, Gläubigerbeirat § 92 Beteiligungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz Die Verpflichtungen des Schuldners gegenüber den Arbeitnehmervertretungsorganen und deren Beteiligungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz bleiben von diesem Gesetz unberührt. § 93 Gläubigerbeirat (1) 1Sollen in einer Restrukturierungssache mit Ausnahme der in § 4 genannten Forderungen die Forderungen aller Gläubiger durch einen Restrukturierungs519
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
plan gestaltet werden, und weist die Restrukturierungssache gesamtverfahrensartige Züge auf, kann das Gericht einen Gläubigerbeirat einsetzen. 2§ 21 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1a der Insolvenzordnung gilt entsprechend. 3In dem Beirat können auch nicht planbetroffene Gläubiger vertreten sein. (2) Ist ein Gläubigerbeirat eingerichtet, tritt an die Stelle des gemeinschaftlichen Vorschlags der Planbetroffenen nach § 74 Absatz 2 Satz 3 der einstimmige Beschluss des Gläubigerbeirats. (3) 1Die Mitglieder des Beirats unterstützen und überwachen den Schuldner bei seiner Geschäftsführung. 2Der Schuldner zeigt dem Beirat die Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens an. (4) 1Die Mitglieder des Gläubigerbeirates haben Anspruch auf Vergütung für ihre Tätigkeit und auf Erstattung angemessener Auslagen. 2Die Höhe der Vergütung richtet sich nach § 17 der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung. Übersicht 1.
2.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ................................... 1 Voraussetzungen für die Einsetzung ................................................ 4
3.
4.
Entsprechende Anwendung der insolvenzrechtlichen Vorschriften .......................................... 7 Klarstellung: Fortgeltung des BetrVG ......................................... 10
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes 1 Bei dem Rückforderungsverfahren handelt es sich in seinem regelmäßigen Anwendungsfall nicht um ein Gesamtverfahren, wenn der Schuldner auch gehalten ist, die Beschränkung des Verfahrens auf einzelne Gläubiger (Teilkollektivität) positiv herzuleiten und zu begründen (vgl. § 8 StaRUG Rn. 4 ff.). Da das Verfahren von dem Grundsatz geprägt ist, dass Entscheidungen von denjenigen getroffen werden sollen, die von diesen Entscheidungen betroffen sind, sollen auch keine Anreize geschaffen werden, nicht von den Entscheidungen Betroffene in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Der ursprüngliche Regierungsentwurf des Gesetzes (BT-Drucks. 19/24181) sah daher kein dem Gläubigerausschuss der Insolvenzordnung vergleichbares Gremium vor. 2 Erst der Regierungsentwurf hat anerkannt, dass das Verfahren im Ausnahmefall – insbesondere also, wenn eine Auswahlentscheidung im Sinne des § 8 StaRUG nicht begründbar ist – gesamtverfahrensartige Züge annehmen kann, weil sämtliche Gläubiger in den Plan einzubeziehen sind. In diesem Fall steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Restrukturierungsgerichts, entsprechend § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO einen Gläubigerbeirat einzusetzen, auf welchen die Vorschriften über den Gläubigerausschuss des Insolvenzverfahrens entsprechende Anwendung finden. 3 Eine Vorschrift entsprechend § 22a InsO, wonach die Einsetzung eines Gläubigerbeirates von Planbetroffenen oder dem Schuldner verlangt werden 520
§§ 92, 93 Beteiligungsrechte nach dem BetrVG, Gläubigerbeirat
könnte, existiert nicht. Die Entscheidung bleibt eine Ermessensentscheidung des Gerichts auch dann, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen. 2. Voraussetzungen für die Einsetzung Der Gläubigerbeirat kann im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts eingesetzt 4 werden, wenn mit Ausnahme der in § 4 StaRUG genannten Forderungen die Forderungen aller Gläubiger durch den Restrukturierungsplan gestaltet werden sollen und die Restrukturierungssache gesamtverfahrensartige Züge aufweist. Die Einsetzung des Gläubigerbeirates ist daher von zwei tatbestandlichen Anforderungen abhängig: Zunächst müssen alle Forderungen aller Gläubiger durch den Plan restrukturiert werden, womit der Restrukturierungsplan dem Insolvenzplan vergleichbare Wirkung erlangen soll. Gleichgültig ist, welcher Art der Eingriff in die Rechte der Gläubiger ist. Auch geringfügige Eingriffe, wie kurzzeitige Stundungen reichen aus. Darüber hinaus muss das Verfahren neben der Einbeziehung sämtlicher Forderungen sämtlicher Gläubiger zusätzlich gesamtverfahrensartige Züge aufweisen, was nach der Begründung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 19/ 24903, S. 179) nur dann der Fall ist, wenn eine Vielzahl von Gläubigern mit inhomogenen Interessen vertreten ist. Daran fehlt es, wenn sich die Gläubigerschaft ausschließlich aus wenigen Gläubigern mit vergleichbaren Interessen zusammensetzt. In diesem Fall ist ein Gremium, das insbesondere die Aufgabe des Ausgleichs und der Vermittlung zwischen den verschiedenen Interessen sowie die Unterstützung des Schuldners und des Restrukturierungsbeauftragten zur Aufgabe hat, tatsächlich nicht erforderlich. Leitlinie für die Ausübung des dem Gericht eingeräumten Ermessens ist daher, 5 ob die Beteiligung sämtlicher Gläubiger am Verfahren zu der Notwendigkeit der Berücksichtigung ungleichartiger Interessen führt, die verfahrenseffizient in dem Gremium des Gläubigerbeirats aufgefangen werden kann und damit das Verfahren insgesamt fördert und insbesondere einen Erörterungs- und Abstimmungstermin entlastet. Ein Antragsrecht des Schuldners oder der Planbetroffenen besteht nicht. Eben- 6 so wenig sind in der Vorschrift dem § 22a InsO vergleichbare Parameter enthalten, unter denen die Einsetzung eines Gläubigerbeirats in gebundener Entscheidung erfolgen muss. 3. Entsprechende Anwendung der insolvenzrechtlichen Vorschriften Entscheidet sich das Gericht, einen Gläubigerbeirat einzusetzen, so gelten 7 für diesen die Vorschriften der Insolvenzordnung, nämlich §§ 21 Abs. 2 Nr. 1a, 67 – 73 InsO entsprechend. Insbesondere aus dem Verweis in § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO auf § 67 Abs. 2 InsO 8 folgt, dass in den Gläubigerbeirat auch Arbeitnehmervertreter zu bestellen 521
Teil 2 – Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
sind, auch wenn Forderungen der Arbeitnehmer nach § 4 StaRUG nicht restrukturierungsfähig sind (BT-Drucks. 19/24903, S. 179). Getragen wird diese Pflicht zur Bestellung auch von Arbeitnehmervertretern einerseits durch die dem § 67 Abs. 3 InsO vergleichbare Vorschrift des § 93 Abs. 1 Satz 3 StaRUG, wonach im Beirat auch nicht planbetroffene Gläubiger vertreten sein können, sowie das Argument andererseits, dass ein gesamtverfahrensartige Züge aufweisender Restrukturierungsplan die Interessen der Arbeitnehmer auch dann wesentlich beeinträchtigen kann, wenn deren Ansprüche selbst nicht restrukturiert werden (können). 9 Im Übrigen gelten hinsichtlich der Besetzung dieselben Regeln wie bei der Besetzung eines Gläubigerausschusses im Insolvenzverfahren (vgl. § 22a InsO Rn. 72 ff.) und gelten auch für die Tätigkeit und die Aufgaben des Gläubigerbeirats die für den Gläubigerausschuss bestehenden Regeln der Insolvenzordnung entsprechend. 4. Klarstellung: Fortgeltung des BetrVG 10 Während die Insolvenzordnung auch für die arbeitsrechtliche Restrukturierung Erleichterungen enthält, ist dies in der Restrukturierung nach StaRUG nicht der Fall. Forderungen von Arbeitnehmern können nicht Restrukturierung werden, § 4 Satz 1 Nr. 1 StaRUG, und für sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen enthält das StaRUG keine Regelungen. Zwar können solche Maßnahmen Teil des Restrukturierungskonzepts und im darstellenden Teil des Restrukturierungsplans erläutert sein, jedoch nehmen sie nicht an der Gestaltungswirkung des Plans teil und sieht das Gesetz auch keinerlei Erleichterungen vor. Es bleibt daher bei der unveränderten Geltung und Anwendbarkeit sämtlicher individual- und kollektivarbeitsrechtlicher Vorschriften, wie sie auch außerhalb eines reglementierten Sanierungsverfahrens gelten. Die entsprechende Anwendung der §§ 120 ff. InsO scheidet daher aus. 11 Obwohl sich dies bereits aus dem Fehlen entsprechender Regelung im StaRUG ergibt, stellt § 92 StaRUG – und insoweit redundant – fest, dass die Verpflichtung des Schuldners gegenüber den Arbeitnehmervertretungsorganen und deren Beteiligungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz von der Restrukturierung nach dem StaRUG unberührt bleiben.
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Teil 3 – Sanierungsmoderation §§ 94 – 100 Sanierungsmoderation § 94 Antrag (1) Auf Antrag eines restrukturierungsfähigen Schuldners bestellt das Gericht eine geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zum Sanierungsmoderator. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner offensichtlich zahlungsunfähig ist. Handelt es sich bei dem Schuldner um eine juristische Person oder eine Person ohne Rechtspersönlichkeit, für deren Verbindlichkeiten keine natürliche Person als unmittelbarer oder mittelbarer Gesellschafter haftet, gilt Satz 2 auch bei einer offensichtlichen Überschuldung. (2) Im Antrag sind anzugeben: 1. der Gegenstand des Unternehmens und 2. die Art der wirtschaftlichen oder finanziellen Schwierigkeiten. Dem Antrag sind ein Verzeichnis der Gläubiger und ein Verzeichnis des Vermögens sowie die Erklärung des Schuldners beizufügen, nicht zahlungsunfähig zu sein. Handelt es sich bei dem Schuldner um eine juristische Person oder eine Person ohne Rechtspersönlichkeit, für deren Verbindlichkeiten keine natürliche Person als unmittelbarer oder mittelbarer Gesellschafter haftet, hat sich die Erklärung auch darauf zu erstrecken, dass keine Überschuldung vorliegt. (3) Der Antrag ist an das für Restrukturierungssachen zuständige Gericht zu richten. § 95 Bestellung (1) Die Bestellung des Sanierungsmoderators erfolgt für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten. Auf Antrag des Moderators, welcher der Zustimmung des Schuldners und der in die Verhandlungen einbezogenen Gläubiger bedarf, kann der Bestellungszeitraum um bis zu drei weitere Monate verlängert werden. Wird innerhalb dieses Zeitraums die Bestätigung eines Sanierungsvergleichs nach § 97 beantragt, verlängert sich die Bestellung bis zur Entscheidung über die Bestätigung des Vergleichs. (2) Die Bestellung wird nicht öffentlich bekannt gemacht.
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Teil 3 – Sanierungsmoderation
§ 96 Sanierungsmoderation (1) Der Sanierungsmoderator vermittelt zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern bei der Herbeiführung einer Lösung zur Überwindung der wirtschaftlichen oder finanziellen Schwierigkeiten. (2) Der Schuldner gewährt dem Moderator Einblick in seine Bücher und Geschäftsunterlagen und erteilt ihm die angeforderten zweckmäßigen Auskünfte. (3) Der Sanierungsmoderator erstattet dem Gericht über den Fortgang der Sanierungsmoderation monatlich schriftlich Bericht. Der Bericht enthält mindestens Angaben über 1. die Art und Ursachen der wirtschaftlichen oder finanziellen Schwierigkeiten; 2. den Kreis der in die Verhandlungen einbezogenen Gläubiger und sonstigen Beteiligten; 3. den Gegenstand der Verhandlungen und 4. das Ziel und den voraussichtlichen Fortgang der Verhandlungen. (4) Der Sanierungsmoderator zeigt dem Gericht eine ihm bekannt gewordene Zahlungsunfähigkeit des Schuldners an. Handelt es sich bei dem Schuldner um eine juristische Person oder um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, gilt dies auch für die Überschuldung des Schuldners. (5) Der Sanierungsmoderator steht unter der Aufsicht des Restrukturierungsgerichts. Das Restrukturierungsgericht kann den Sanierungsmoderator aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Vor der Entscheidung ist der Sanierungsmoderator zu hören. § 97 Bestätigung eines Sanierungsvergleichs (1) Ein Sanierungsvergleich, den der Schuldner mit seinen Gläubigern schließt und an dem sich auch Dritte beteiligen können, kann auf Antrag des Schuldners durch das Restrukturierungsgericht bestätigt werden. Die Bestätigung wird versagt, wenn das dem Vergleich zugrunde liegende Sanierungskonzept 1. nicht schlüssig ist oder nicht von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgeht oder 2. keine vernünftige Aussicht auf Erfolg hat. (2) Der Sanierungsmoderator nimmt zu den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 schriftlich Stellung. (3) Ein nach Absatz 1 bestätigter Sanierungsvergleich ist nur unter den Voraussetzungen des § 90 anfechtbar.
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§§ 94–100 Sanierungsmoderation
§ 98 Vergütung (1) Der Sanierungsmoderator hat Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Diese bemisst sich nach dem Zeit- und Sachaufwand der mit der Sanierungsmoderation verbundenen Aufgaben. (2) Die §§ 80 bis 83 finden entsprechende Anwendung. § 99 Abberufung (1) Der Sanierungsmoderator wird abberufen: 1. auf eigenen Antrag oder auf Antrag des Schuldners, 2. von Amts wegen, wenn dem Restrukturierungsgericht durch den Moderator die Insolvenzreife des Schuldners angezeigt wurde. (2) Wird der Moderator nach Absatz 1 Nummer 1 abberufen, bestellt das Gericht auf Antrag des Schuldners einen anderen Moderator. § 100 Übergang in den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (1) Nimmt der Schuldner Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens in Anspruch, bleibt der Sanierungsmoderator im Amt, bis der Bestellungszeitraum abläuft, er nach § 99 abberufen wird oder ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt wird. (2) Das Restrukturierungsgericht kann den Sanierungsmoderator zum Restrukturierungsbeauftragten bestellen. Übersicht 1.
Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes ...... 1
2.
Verzicht auf Einzelkommentierung ............................................. 4
1. Zusammenfassung des wesentlichen Regelungsgegenstandes Mit den §§ 94 – 100 StaRUG enthält das Gesetz neben den Stabilisierungsin- 1 strumenten einen weiteren verfahrensrechtlichen Rahmen, durch den der Schuldner bei dem Ziel, eine Einigung mit seinen Gläubigern zu erreichen, Unterstützung erlangen kann. Die Sanierungsmoderation besteht darin, dass ein Sanierungsmoderator als Vermittler zwischen den Interessen des Schuldners und der in die Sanierung einbezogenen Gläubiger bestellt wird. Wird ein Sanierungsvergleich ausgehandelt, kann dieser auf Antrag des Schuldners durch das Restrukturierungsgericht bestätigt werden. Die Sanierungsmoderation mutet zunächst als nicht besonders praxistaugliches 2 Instrumentarium an, weil in den wenigsten Fällen die förmliche Bestellung
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Teil 3 – Sanierungsmoderation
des Sanierungmoderators Vorteile gegenüber der professionellen Vorbereitung und Verhandlungsführung durch den versierten Restrukturierungsberater des Schuldners bieten wird. Die Praxistauglichkeit kann sich allerdings daraus ergeben, dass der ausgehandelte Sanierungsvergleich durch das Gericht bestätigt werden kann und sodann den Anfechtungsschutz nach § 90 StaRUG genießt. Die Versagung der Bestätigung des Sanierungsvergleichs ist nach § 97 Abs. 1 StaRUG in Anlehnung an § 63 Abs. 2 StaRUG (vgl. dort Rn. 40) nur dann möglich, wenn das dem Vergleich zugrunde liegende Sanierungskonzept nicht schlüssig ist oder nicht von tatsächlichen Gegebenheiten ausgeht oder keine vernünftige Aussicht auf Erfolg hat. Die Bestätigungsvoraussetzungen sind daher gering. 3 Ein auf diese Weise ausgehandelter Sanierungsvergleich zwischen dem Schuldner und (wenigen) Planbetroffenen kann sinnvolles Instrument für die Gestaltung insbesondere der Gewährung von Sanierungskrediten und deren Besicherung sein, da auf diese Weise für die beteiligten Kreditinstitute ein (anfechtungs-)rechtssicherer Rahmen hergestellt werden kann, der über die mit einem Sanierungsgutachten (IDW S11) erreichbare Rechtssicherheit deutlich hinausgeht. Die Anforderungen an den Nachweis der Schlüssigkeit des Sanierungskonzepts bleiben dabei deutlich hinter den Anforderungen – und den Kosten für die Erstellung – eines Sanierungsgutachtens zurück, weshalb das Verfahren nicht nur aus Gründen der Rechtssicherheit, sondern auch der Kosteneffizienz Mittel der Wahl sein kann. 2. Verzicht auf Einzelkommentierung 4 Da sich einerseits die Vorschriften der Sanierungsmoderation im Einzelnen an den Vorbildern in den übrigen Teilen des Gesetzes orientieren, weshalb in weiten Teilen auf die entsprechenden Kommentierungen an früherer Stelle verwiesen werden kann, und andererseits die Praxisrelevanz der Sanierungsmoderation bislang nicht einzuschätzen ist, wird hier noch auf eine detaillierte Kommentierung der §§ 94 – 100 StaRUG verzichtet. Sollte sich die Praxisrelevanz im vorbeschriebenen Sinne herauskristallisieren, wird die Einzelkommentierung mit der nächsten Auflage nachgeholt.
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B. Insolvenzordnung (InsO) § 10a InsO – Vorgespräch § 10a Vorgespräch (1) 1Ein Schuldner, der mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, hat an dem für ihn zuständigen Insolvenzgericht Anspruch auf ein Vorgespräch über die für das Verfahren relevanten Gegenstände, insbesondere die Voraussetzungen für eine Eigenverwaltung, die Eigenverwaltungsplanung, die Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses, die Person des vorläufigen Insolvenzverwalters oder Sachwalters, etwaige weitere Sicherungsanordnungen und die Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten. 2 Wenn der Schuldner nach Satz 1 keinen Anspruch auf ein Vorgespräch hat, liegt das Angebot eines Vorgesprächs im Ermessen des Gerichts. (2) Mit Zustimmung des Schuldners kann das Gericht Gläubiger anhören, insbesondere, um deren Bereitschaft für eine Mitgliedschaft in einem vorläufigen Gläubigerausschuss zu erörtern. (3) Die Abteilung, für die der Richter das Vorgespräch nach Absatz 1 Satz 1 führt, ist in den sechs Monaten nach dem Vorgespräch für das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners zuständig. Übersicht 1.
2.
Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG ...................................... 1 Anspruchsvoraussetzungen und Anspruchsgegenstand .................... 5 a) Anspruchsvoraussetzungen .... 5 b) Antrag .................................... 10 c) Anspruch auf unverzügliche Durchführung ....................... 15
3. 4.
d) Inhalt und Reichweite des Anspruchs ............................. e) Protokollierung ..................... Ansprache von Gläubigern (§ 10a Abs. 2 InsO) ..................... Zuständigkeit im Rahmen der Geschäftsverteilung (§ 10a Abs. 3 InsO) .....................
18 24 25
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1. Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG § 10a InsO statuiert einen Rechtsanspruch des mindestens zwei der drei 1 Größenkriterien des § 22a InsO erfüllenden Schuldners auf ein Vorgespräch mit dem zuständigen Insolvenzgericht. Die Vorschrift ist bisher ohne Vorbild. Sie ist dem Umstand geschuldet, dass die (verlässliche) Vorabstimmung mit dem Insolvenzgericht einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren für das Gelingen des Verfahrens ist (vgl. ESUG-Evaluationsbericht, S. 22, 56, 275). In der Mehrzahl der (erfolgreichen) Eigenverwaltungen seit Inkrafttreten des 2 ESUG war die Vorabstimmung mit dem Insolvenzgericht an der Tagesordnung. 527
§ 10a InsO – Vorgespräch
Diese dient nicht allein der Klärung von Fragen rund um die Bestellung des vorläufigen Sach- oder Insolvenzverwalters oder der Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses, sondern vor allem auch der Frage, welche Sonderermächtigungen zu welchem Zeitpunkt voraussichtlich benötigt werden, sodass auch das Insolvenzgericht ausreichend Gelegenheit hat, sich hierauf vorzubereiten. 3 Mit § 10a InsO zeichnet der Gesetzgeber allerdings nicht allein die gelebte Praxis nach, sondern leistet durch die Formulierung des Rechtsanspruchs des Schuldners gerade auch betreffend den Inhalt des Vorgesprächs einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Vorhersehbarkeit und Planbarkeit des Verfahrens und damit zur Stärkung des Vertrauens nicht nur des Schuldners, sondern aller beteiligten Stakeholder. Denn trotz des bereits mit dem ESUG erklärten Willens des Gesetzgebers, einerseits die Gläubigerautonomie zu stärken, andererseits auch die Vorhersehbarkeit des Verfahrens für den Schuldner zu erhöhen, ist vereinzelt nach wie vor Zurückhaltung bei den Gerichten zu verzeichnen, wenn im Rahmen von Vorgesprächen vor allem auch die Verwalterfrage erörtert werden soll. Die Mehrzahl der Gerichte und dort tätigen Richterinnen und Richter ist den Motiven des ESUG sehr aufgeschlossen; bis zuletzt waren aber auch Zitate zu vernehmen, wonach die Erörterung der Verwalterfrage zur sofortigen Beendigung des Gesprächs führen werde oder das Gericht keiner Nachhilfe bei der Auswahl des Verwalters bedürfe, es könne schon selbst einschätzen, wen es auswähle. Schließlich gibt es nach wie vor Gerichte, die einen (Schuldner-)Vorschlag zum Anlass nehmen, den genannten Kandidaten aus der Liste der in Betracht kommenden Verwalter von vorneherein auszuschließen. 4 Dass diese Praxis nicht gewollt, sondern auch das vorbereitende Verfahren nach der klar formulierten Vorstellung des Gesetzgebers ein in jeder Hinsicht kooperatives Verfahren zwischen Schuldner und Gericht ist, macht § 10a InsO deutlich. Die Vorschrift ist in unmittelbarem Kontext zu § 56 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 InsO zu lesen, wonach ein Verwalterkandidat nicht dadurch inhabil wird, dass er vom Schuldner vorgeschlagen worden ist. Dadurch dass dem Schuldner durch § 10a Abs. 1 InsO sogar ein Rechtsanspruch zugesprochen wird, die Verwalterfrage mit dem Gericht zu erörtern, folgt zwingend, dass der Schuldner dem Gericht Vorschläge unterbreiten und diese mit ihm besprechen können muss, ohne befürchten zu müssen, dass die genannten Kandidaten dadurch – offen oder in geheimem Vorbehalt – ihren aus der Listung bei Gericht sich ergebenden Anspruch auf faire und gleichmäßige Berücksichtigung innerhalb des Pools aller geeigneten Kandidaten einzubüßen. 2. Anspruchsvoraussetzungen und Anspruchsgegenstand a) Anspruchsvoraussetzungen 5 § 10a Abs. 1 InsO unterscheidet den gebundenen Rechtsanspruch des Schuldners auf ein Vorgespräch nach Satz 1 sowie das lediglich im Ermessen des Gerichts zu gewährende Vorgespräch nach Satz 2.
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2. Anspruchsvoraussetzungen und Anspruchsgegenstand
Der gebundene Anspruch auf Durchführung des Vorgesprächs steht nur 6 dem Schuldner zu, der mindestens zwei der drei Größenmerkmale des § 22a InsO erfüllt. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass ein Vorgespräch auf Antrag des Schuldners nur dann für das Gericht verpflichtend sein soll, wenn zwingend ein vorläufiger Gläubigerausschuss einzusetzen ist. Auf die Dispensmöglichkeit des § 22a Abs. 3 InsO kommt es dabei allerdings nicht an, da eine Vorwegnahme der rechtlichen Würdigung ausgeschlossen ist. Der Schuldner hat zur Begründung seines Anspruchs auf Durchführung eines 7 Vorgesprächs darzulegen, dass er die Größenkriterien erfüllt. Für die Inhaltsbestimmungen gelten die Ausführungen bei § 22a InsO (dort Rn. 26 ff.) entsprechend, weil es sich insoweit um eine Rechtsgrundverweisung handelt. Erfüllt der Schuldner die Größenkriterien nicht, so steht die Durchführung 8 des Vorgesprächs nach § 10a Abs. 1 Satz 2 InsO im Ermessen des Gerichts. Angesichts der vom Gesetzgeber herausgestellten Bedeutung des Vorgesprächs für das Gelingen vor allem eines auf die Fortführung und die (Teil-)Sanierung des Unternehmens ausgerichteten Insolvenzverfahrens ist im Grundsatz davon auszugehen, dass das Interesse des Schuldners an der Durchführung eines Vorgesprächs das ausschließlich in der Schonung des Geschäftsablaufs liegende Interesse des Gerichts sowie das Interesse daran, sich nicht vor Anhängigkeit eines Verfahrens mit Eventualitäten befassen zu müssen, überwiegt. Hinzu kommt, dass erstens der Gesetzgeber potenzielle Schuldner bereits mit dem ESUG zu einer frühzeitigen Insolvenzantragstellung veranlassen wollte, was durch die Gewährung eines Vorgesprächs als vertrauensbildende Maßnahme unterstützt wird. Außerdem handelt es sich bei dem Insolvenzverfahren um ein Gesamtvollstreckungsverfahren und damit um Ausübung des staatlichen Gewaltmonopols. Steht eine solche Eingriffsmaßnahme unmittelbar bevor, lässt sich daraus bereits ein Anspruch des Schuldners auf vorbereitende Gewährung rechtlichen Gehörs ableiten, was im Rahmen der Ermessensausübung des Gerichts ebenfalls zu berücksichtigen ist. Im Grundsatz ist daher davon auszugehen, dass bei ermessensgerechter Ent- 9 scheidung im Regelfall auch demjenigen Schuldner, der die Größenkriterien des § 22a InsO nicht erfüllt, jedenfalls dann ein Anspruch auf Durchführung eines Vorgesprächs zusteht, wenn im Rahmen des Insolvenzverfahrens die jedenfalls vorübergehende Fortführung eines werbenden Geschäftsbetriebes nicht von vorneherein ausgeschlossen ist. Die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände darzulegen, ist allerdings Sache des Schuldners. b) Antrag § 10a Abs. 1 InsO regelt lediglich den Rechtsanspruch des Schuldners, allerdings 10 nicht, wie und in welcher Form dieser Rechtsanspruch geltend zu machen ist. Über die Verweisungsnorm des § 4 InsO gilt daher § 129a ZPO, wonach der Anspruch in Form eines Antrages schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts geltend gemacht werden kann. Der
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§ 10a InsO – Vorgespräch
Antrag ist nach § 129a Abs. 2 ZPO unverzüglich dem Gericht zu übermitteln, an das er gerichtet ist. 11 Dem Antrag sind die erforderlichen Erklärungen oder Unterlagen beizufügen, aus denen sich ergibt, ob dem Schuldner ein Anspruch auf Durchführung des Vorgesprächs nach § 10a Abs. 1 Satz 1 InsO zusteht, oder ob die Durchführung des Gesprächs nach § 10a Abs. 1 Satz 2 InsO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts steht. 12 Die Darlegungslast liegt allein beim Schuldner. Der Amtsermittlungsgrundsatz greift (noch) nicht, da durch den Antrag auf Durchführung eines Vorgesprächs noch kein rechtsförmliches Verfahren eingeleitet wird. Das Gericht ist zu irgendwelchen Ermittlungs- oder Feststellungsmaßnahmen daher noch nicht verpflichtet. 13 Verweigert das Gericht das Vorgespräch entgegen § 10a Abs. 1 Satz 1 InsO oder unter pflichtwidriger Ermessensausübung nach § 10a Abs. 1 Satz 2 InsO, so steht dem Schuldner hiergegen, weil es sich nicht um eine Entscheidung in einem förmlichen Verfahren handelt, kein Beschwerderecht offen, wohl aber die Gehörsrüge entsprechend § 321a ZPO i. V. m. § 4 InsO. 14 Mit Eingang des Antrages bei Gericht ist ein AR-Aktenzeichen zu vergeben, durch das nicht zuletzt auch bei solchen Gerichten, bei welchen die geschäftsplanmäßige Zuständigkeit nicht nach Buchstaben, sondern nach Eingangsnummern geregelt ist, die Zuständigkeitsbestimmung erfolgt. c) Anspruch auf unverzügliche Durchführung 15 § 10a Abs. 1 InsO regelt allein den Anspruch auf Durchführung eines Vorgesprächs, nicht aber die konkrete Ausgestaltung, vor allem nicht in verfahrensrechtlicher Hinsicht. Die verfahrensrechtliche Behandlung liegt daher im Ermessen des Gerichts. 16 Dies gilt allerdings nicht hinsichtlich der Terminierung des Vorgesprächs. Diese hat unverzüglich zu erfolgen. Dies folgt einerseits aus dem Grundsatz, dass es sich bei dem Insolvenzeröffnungsverfahren um ein Eilverfahren handelt, was freilich auch bereits auf die Vorbereitung des Verfahrens ausstrahlt, andererseits aber vor allem aus der Tatsache des etwaigen Bestehens von Insolvenzantragspflichten. Ist der Schuldner verpflichtet, unverzüglich, Insolvenzantrag zu stellen, hat er aber Anspruch auf ein Vorgespräch, so darf er dieses abwarten. Daraus folgt aber im Umkehrschluss, dass das Insolvenzgericht zur unverzüglichen Terminierung verpflichtet ist. 17 In der Regel ist deshalb davon auszugehen, dass der Schuldner nicht nur Anspruch auf Durchführung des Vorgesprächs überhaupt, sondern Anspruch auf dessen unverzügliche Durchführung hat, was bedeutet, dass das Gespräch in der Regel innerhalb von längstens zwei Werktagen zu terminieren ist.
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2. Anspruchsvoraussetzungen und Anspruchsgegenstand
d) Inhalt und Reichweite des Anspruchs Das Vorgespräch dient nach § 10a Abs. 1 InsO der sachgerechten Vorbereitung 18 des (möglichen) Insolvenzverfahrens. Der Schuldner hat daher Anspruch auf Durchführung des Vorgesprächs nicht nur in allgemeiner, sondern vor allem auch in inhaltlich qualifizierter Form. Der Anspruch ist daher nicht beschränkt auf die Führung eines Gesprächs über die allgemeinen Folgen eines Insolvenzverfahrens, sondern erstreckt sich materiell auf alle für das Verfahren relevanten Gegenstände. Die in § 10a Abs. 1 InsO genannten Regelbeispiele sind nicht abschließend (BT-Drucks. 19/24181, S. 192 f.). Das Gericht darf das Gespräch über keinen für das Verfahren relevanten Ge- 19 genstand verweigern. Das schließt ein, dass der Anspruch des Schuldners auch den Anspruch auf inhaltliche Einlassung des Gerichts zu den angesprochenen, für das Verfahren relevanten Umständen umfasst. Insbesondere darf das Gericht daher auch die Frage nach der Person des Verwalters nicht abblocken, sondern ist verpflichtet, auch diese Frage ergebnisoffen mit dem Schuldner zu erörtern. Das Gericht ist allerdings nicht auf die vom Schuldner für erheblich gehaltenen 20 Umstände und die von diesem gestellten Fragen beschränkt, sondern kann das Vorgespräch auch nutzen, von ihm für verfahrensrelevant gehaltene Umstände und Fragen zu erörtern. Diesen darf sich dann auch der Schuldner selbstverständlich nicht entziehen und hat die angesprochenen Umstände wahrheitsgemäß und vollständig offenzulegen. Gegenstand der Erörterung müssen dabei die für die jeweils erhebliche Frage 21 maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen sein, bei der Frage der Erörterung der Person des Verwalters also z. B. die Eignungskriterien des § 56 InsO und die Definition eines möglichen konkreten Anforderungskatalogs im Sinne des § 56a InsO, wie er ggf. von einem vorläufigen Gläubigerausschuss ebenfalls aufgestellt werden könnte. Das Vorgespräch zeitigt allerdings keine materiell-rechtlichen Rechtsfolgen, 22 insbesondere keine Bindungswirkung für das Gericht. Das Gericht ist daher an die in dem Vorgespräch etwaig geäußerte Rechtsauffassung nicht gebunden. Auch erlangt der Schuldner durch etwaige Inhalte aus dem Vorgespräch keinen Anspruch auf Entscheidungen eines bestimmten Inhalts (BT-Drucks. 19/24181, S. 193) und grundsätzlich auch keinen dahingehenden Vertrauensschutz, soweit sich ein solcher nicht aus besonderen Begleitumständen ergibt. Allerdings sollte, da das Vorgespräch nach dem gesetzgeberischen Willen 23 ausdrücklich der Steigerung der Vorhersehbarkeit und damit der Steigerung des Vertrauens in das Verfahren dient, der Inhalt des Gesprächs eine gewisse Verlässlichkeit haben und das Gericht nicht ohne erkennbaren Grund und bei unveränderten Rahmenbedingungen von in dem Gespräch geäußerten Auffassungen abrücken und für den Schuldner überraschende Entscheidungen vermeiden. Aus diesem Grunde scheint es angemessen, beabsichtigt das Ge-
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§ 10a InsO – Vorgespräch
richt, von einer im Rahmen des Vorgesprächs geäußerten Rechtsauffassung abzuweichen, den Schuldner hierauf hinzuweisen und ggf., wenn auch mit sehr kurzer Frist, vorsorglich noch einmal anzuhören. Insoweit können die Grundsätze, wie sie für die gerichtliche Vorprüfung nach § 46 StaRUG gelten (vgl. §§ 46 – 48 StaRUG Rn. 32 ff.), mit Vorsicht entsprechend herangezogen werden. e) Protokollierung 24 Über das Vorgespräch ist, um dieses und dessen Inhalt aktenkundig zu machen, nach § 4 InsO i. V. m. § 159 Abs. 1 Satz 1 ZPO ein Protokoll aufzunehmen. Dies ist nicht zuletzt deshalb entscheidend, weil das Vorgespräch insbesondere bei der Frage, ob im Rahmen des § 22a Abs. 3 InsO oder des § 56a Abs. 1 InsO von der Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses und dessen Anhörung zur Person des Verwalters wegen der Besorgnis nachteiliger Veränderungen der Vermögenslage abgesehen werden darf, entscheidende Bedeutung haben kann und damit nicht zuletzt der Überprüfung der Ermessensentscheidung des Gerichts dient. Außerdem wird durch die Aufnahme des Protokolls auch vermieden, was gerade Sinn und Zweck der Schaffung des § 10a InsO war, dass für den Schuldner überraschende Entscheidungen getroffen werden. 3. Ansprache von Gläubigern (§ 10a Abs. 2 InsO) 25 Nach § 10a Abs. 2 InsO ist das Insolvenzgericht im Nachgang des Vorgesprächs berechtigt, bzw. kann vom Schuldner ermächtigt werden, bereits Gläubiger anzuhören. Aus der Formulierung, dass die Ansprache nur mit Zustimmung des Schuldners zulässig ist, folgt ohne Weiteres, dass der Inhalt des Vorgesprächs im Übrigen vertraulich ist und das Gericht ohne Zustimmung gerade nicht berechtigt ist, Dritten über die Tatsache oder gar den Inhalt des Vorgesprächs zu informieren. Auch auf Anfrage von Gläubigern ist das Gericht nicht berechtigt, Auskunft darüber zu erteilen, ob überhaupt ein Vorgespräch stattgefunden hat, geschweige denn, welchen Inhalt dieses hatte. Ein Akteneinsichtsrecht in die AR-Akte steht Gläubigern nicht zu. 26 Diese strenge Bindung an die Zustimmung des Schuldners ist auch erforderlich, da gerade die Ansprache von Gläubigern bei geplanten Unternehmensfortführungen sowohl tatsächlich als auch rechtlich sehr sensibel ist. Könnte die Geheimhaltung des Vorgesprächs nicht gewährleistet werden, würde dieses bei ad-hoc-pflichtigen Schuldnern bereits eine Ad-hoc-Pflicht auslösen, welche die qualifizierte Vorbereitung des Verfahrens im Gesamtgläubigerinteresse empfindlich stören kann. Die Selbstbefreiung von der Ad-hoc-Pflicht ist nämlich allein unter der Voraussetzung möglich, dass die Geheimhaltung gewährleistet werden kann. Dies hat das Gericht im Zusammenhang mit § 10a InsO zwingend zu beachten und zu beherzigen. 27 Andererseits kann die Ermächtigung des Gerichts, unmittelbar vor Antragstellung bereits Kontakt zu Gläubigern aufzunehmen, das Verfahren erleichtern
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4. Zuständigkeit im Rahmen der Geschäftsverteilung (§ 10a Abs. 3 InsO)
und beschleunigen und deshalb auch positiven Einfluss auf das Verfahren haben. Die Frage der Ansprache der Gläubiger ist daher mit dem Gericht offen zu erörtern und abzustimmen. Die Zustimmung des Schuldners kann dabei auch differenziert und muss nicht 28 pauschal erteilt werden. Insbesondere kann sie auf bestimmte Gläubiger, die in die Vorbereitung des Verfahrens einbezogen sind oder werden sollen, beschränkt und auch zeitlich eingeschränkt werden. So kann der Schuldner im Rahmen seiner erforderlichen Zustimmung bestimmen, zu welchem Zeitpunkt das Gericht frühestens welchen Gläubiger anzusprechen berechtigt sein soll. Im Rahmen einer effizienten und damit qualifizierten und verfahrensfördern- 29 den Vorbereitung sollten auch diese Absprachen vor allem zum Zeitpunkt der Ansprache ein hohes Maß an Verlässlichkeit haben, muss sich der Schuldner daher nicht nur darauf verlassen können, dass die betreffenden Gläubiger nicht vorzeitig, sollte sich aber auch darauf verlassen können, dass sie nicht verspätet angesprochen werden. § 10a Abs. 2 InsO ist damit noch einmal besondere Ausprägung des Kooperationsgrundsatzes zwischen Schuldner und Gericht in einem gut vorbereiteten Insolvenzverfahren. 4. Zuständigkeit im Rahmen der Geschäftsverteilung (§ 10a Abs. 3 InsO) Die Abteilung desjenigen Richters, der das Vorgespräch geführt hat, ist in den 30 nächsten sechs Monaten für einen eingehenden Insolvenzantrag zuständig. Unbeschadet der fehlenden Rechtswirkungen des Vorgesprächs hat dieses jedenfalls Einfluss auf die Geschäftsverteilung. Dies allerdings ist auch sinnvoll, um die mit der Etablierung des Vorgesprächs beabsichtigte Verlässlichkeit und Vorhersehbar herzustellen, was ohne eine gewisse Kontinuität nur deutlich schwerer zu erreichen wäre.
§ 13 Abs. 1 InsO – Eigenantrag des Schuldners bei laufendem Geschäftsbetrieb § 13 Eröffnungsantrag (1) 1Das Insolvenzverfahren wird nur auf schriftlichen Antrag eröffnet. 2Antragsberechtigt sind die Gläubiger und der Schuldner. 3Dem Antrag des Schuldners ist ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen. 4Wenn der Schuldner einen Geschäftsbetrieb hat, der nicht eingestellt ist, sollen in dem Verzeichnis besonders kenntlich gemacht werden 1. die höchsten Forderungen, 2. die höchsten gesicherten Forderungen, 3. die Forderungen der Finanzverwaltung,
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§ 13 Abs. 1 InsO – Eigenantrag des Schuldners bei laufendem Geschäftsbetrieb
4. die Forderungen der Sozialversicherungsträger sowie 5. die Forderungen aus betrieblicher Altersversorgung. 5
Der Schuldner hat in diesem Fall auch Angaben zur Bilanzsumme, zu den Umsatzerlösen und zur durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer des vorangegangenen Geschäftsjahres zu machen. 6Die Angaben nach Satz 4 sind verpflichtend, wenn 1. der Schuldner Eigenverwaltung beantragt, 2. der Schuldner die Merkmale des § 22a Absatz 1 erfüllt oder 3. die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses beantragt wurde. 7
Dem Verzeichnis nach Satz 3 und den Angaben nach Satz 4 und 5 ist die Erklärung beizufügen, dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind. (2) Der Antrag kann zurückgenommen werden, bis das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Antrag rechtskräftig abgewiesen ist.
(3) 1Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für die Antragstellung durch den Schuldner ein Formular einzuführen. 2Soweit nach Satz 1 ein Formular eingeführt ist, muss der Schuldner dieses benutzen. 3Für Verfahren, die von den Gerichten maschinell bearbeitet, und für solche, die nicht maschinell bearbeitet werden, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden. Übersicht 1. 2. 3. 4.
Bedeutung und Regelungstechnik der Norm ........................................ 1 Inhalt und Darstellung des Gläubigerverzeichnisses ....................... 10 Angabe der Größenklassen nach § 22a Abs. 1 InsO ........................ 16 Rechtsfolgen fehlender Angaben ... 20 a) Bedeutung .............................. 20
5.
b) Grundsätzliche Erwägungen ... c) Aufforderung zur Nachholung und Fristsetzung ...... d) Fehlen von „Soll-Angaben“ ... e) Fehlen von „MussAngaben“ ............................... Vollständigkeitserklärung des Schuldners ....................................
22 28 32 37 39
1. Bedeutung und Regelungstechnik der Norm 1 Das vom Gesetzgeber ausdrücklich formulierte Ziel des ESUG ist die Stärkung der Gläubigerautonomie und die frühzeitige Einbindung der Gläubiger und ihrer Interessen in den Ablauf des Insolvenzverfahrens. Dies setzt voraus, dass sich das Gericht möglichst schnell und effektiv einen Überblick über die Gläubigerstruktur des Insolvenzschuldners verschaffen kann. Es ist daher von zentraler Bedeutung, dass der Insolvenzschuldner, stellt er einen Eigenantrag, ein qualifiziertes Gläubigerverzeichnis einzureichen hat, das dem Gericht die Erfüllung der mit der gesteigerten Gläubigerautonomie einhergehenden Aufgaben überhaupt erst ermöglicht (zur Intention vgl. BT-Drucks. 17/5712, S. 23).
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1. Bedeutung und Regelungstechnik der Norm
Um dem gerecht zu werden, hat der Gesetzgeber § 13 Abs. 1 InsO um die 2 Sätze 3 bis 7 ergänzt und damit die Anforderungen, die an einen zulässigen Insolvenzantrag zu stellen sind, deutlich erhöht. In Heft 34/2012, III der ZInsO hat Martin Horstkotte, Insolvenzrichter am Amtsgericht BerlinCharlottenburg, berichtet, dass in den ersten Monaten des ESUG 91 % aller dort eingegangenen Eigenanträge unzulässig gewesen seien (vgl. dazu Cymutta, BB 2012, 3151). § 13 Abs. 1 Sätze 1 bis 7 InsO sehen ein abgestuftes System zur Qualifizierung 3 des Insolvenzantrages vor: Einfaches Gläubigerverzeichnis: Nach § 13 Abs. 1 Satz 3 InsO ist die Beifü- 4 gung eines Verzeichnisses der Gläubiger und ihrer Forderungen bei sämtlichen Eigenanträgen eines jeden Schuldners obligatorisch. Der Schuldner hat auch solche Forderungen in das Verzeichnis aufzunehmen, deren Berechtigung er dem Grunde oder der Höhe nach bestreitet (Gundlach, in: K. Schmidt, InsO, § 13 Rn. 16), sollte einen etwaigen Widerspruch aber bereits im Verzeichnis vermerken, da auch diese Information für die Besetzung eines effektiv arbeitenden vorläufigen Gläubigerausschusses von wesentlicher Bedeutung sein kann. Die bis zum Inkrafttreten des ESUG an vielen Insolvenzgerichten gelebte Praxis, den Antrag zunächst zuzulassen, und dem Schuldner sodann den gerichtlichen Fragebogen mit der Aufforderung, diesen zurückzusenden, zukommen zu lassen, hat daher keine gesetzliche Grundlage mehr. Die obligatorische Pflicht, bereits den Antrag mit einem qualifizierten Gläubigerverzeichnis zu versehen und die damit einhergegangene Notwendigkeit, die Antragsformulare der Justizverwaltung zu überarbeiten, hat zu einem nennenswerten Informationsgewinn beigetragen. Qualifiziertes Gläubigerverzeichnis mit „Soll-Angaben“: Unterhält der 5 Schuldner einen Geschäftsbetrieb, der noch nicht eingestellt ist, so ist das Gläubigerverzeichnis nach Sätzen 4 ff. zu qualifizieren, wobei es sich in diesem Fall um eine „Soll-Vorschrift“ handelt. Die Soll-Anordnung ist dabei, wie regelmäßig, im Sinne einer schuldnerischen Obliegenheit zu verstehen, auf die nur in – vom Schuldner substantiiert zu begründenden – Ausnahmefällen verzichtet werden kann (AG Mönchengladbach, ZIP 2013, 536; Anm. Cranshaw, jurisPRInsR 10/2013, Anm. 3). Eingestellt ist der Geschäftsbetrieb unter denselben Voraussetzungen, wie sie für § 22a Abs. 3 InsO (vgl. dort Rn. 38 ff.) gelten. In diesem Fall besteht die Obliegenheit nach Satz 4 daher nicht. Nach § 13 Abs. 1 Satz 4 InsO „sollen“ in dem Verzeichnis besonders kenntlich 6 gemacht werden 1. die höchsten Forderungen, 2. die höchsten gesicherten Forderungen, 3. die Forderungen der Finanzverwaltung,
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§ 13 Abs. 1 InsO – Eigenantrag des Schuldners bei laufendem Geschäftsbetrieb
4. die Forderungen der Sozialversicherungsträger sowie 5. die Forderungen aus betrieblicher Altersversorgung. 7 Nach § 13 Abs. 1 Satz 5 InsO hat der Schuldner in diesem Fall auch Angaben zur x
Bilanzsumme des vorangegangenen Geschäftsjahres,
x
zu den Umsatzerlösen des vorangegangenen Geschäftsjahres und
x
zur durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer des vorangegangenen Geschäftsjahres zu machen.
8 Die Angaben nach § 13 Abs. 1 Satz 5 InsO sind mit Blick auf die grundsätzliche Verpflichtung des Insolvenzgerichts, bei Erreichen der Größenklassen des § 22a Abs. 1 InsO einen obligatorischen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen, erforderlich. Das Gericht kann nämlich seinen verfahrensleitenden Pflichten nur und insoweit nachkommen, wie es mit den dafür erforderlichen Informationen ausgestattet wird. Der Charakter des Insolvenzeröffnungsverfahrens als Eilverfahren verbietet nämlich langatmige Ermittlungen vor Zulassung des Insolvenzantrages (zur Abgrenzung zwischen Zulassung und Zulässigkeit des Insolvenzantrages vgl. Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 21 Rn. 7 ff.). Darüber hinaus haben die Angaben nach Satz 5 auch über die grundsätzlich bestehende Obliegenheit hinaus unmittelbare Auswirkungen auf die Zulässigkeit des Antrages, da sie verpflichtend sind, erfüllt der Schuldner zwei der drei Größenmerkmale des § 22a Abs. 1 InsO. Auch in Eigenanträgen, in denen die Größenklassen nicht erreicht werden, die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses daher nicht obligatorisch ist, empfiehlt sich mit Blick auf die Prüfung der Zulässigkeit des Insolvenzantrages dringend die Angabe zu den Größenmerkmalen oder jedenfalls der ausdrückliche Hinweis, dass diese nicht erreicht werden. 9 Qualifiziertes Gläubigerverzeichnis mit „Muss-Angaben“: Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 6 InsO sind die Angaben nach Satz 4 – und damit zwingend auch die Angaben nach Satz 5! – verpflichtend, wenn 1. der Schuldner die Eigenverwaltung beantragt, 2. der Schuldner zwei der drei Merkmale des § 22a Abs. 1 (Größenklassen) erfüllt oder 3. die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses – vom Schuldner oder einem Gläubiger – beantragt wurde. 2. Inhalt und Darstellung des Gläubigerverzeichnisses 10 Seinem Zweck folgend, muss das Gläubigerverzeichnis Angaben zur Rechtsform, zu den Vertretungsverhältnissen und landungsfähige Anschriften der
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2. Inhalt und Darstellung des Gläubigerverzeichnisses
Gläubiger enthalten, sodass an ihrer Identität keine Zweifel bestehen (AG Mannheim, ZIP 2014, 484). § 13 Abs. 1 Satz 4 InsO verlangt vom Schuldner die besondere Kenntlichmachung der höchsten Forderungen, der höchsten gesicherten Forderungen, der Forderungen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherungsträger sowie der Forderungen aus betrieblicher Altersversorgung. Sinn und Zweck dieser besonderen Kennzeichnung der genannten Gläubiger- 11 gruppen zielt auf eine bereits bei Einleitung des Verfahrens vorzunehmende Offenlegung der bei der Bestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses zu berücksichtigenden Gläubiger (Gundlach, in: K. Schmidt, InsO, § 13 Rn. 18). Die genannten Informationen sind zu einer sachgerechten Auswahl und Besetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses erforderlich. Im Umkehrschluss folgt daraus aber nicht, dass die Obliegenheit des Schuldners nach § 13 Abs. 1 Satz 4 InsO bereits immer dann entfällt, wenn die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses nicht in Betracht kommt. Denn erstens hat die Entscheidung darüber nicht der antragstellende Schuldner zu treffen und zweitens dienen die Angaben über die mögliche Besetzung eines Gläubigerausschusses hinaus auch im Übrigen der Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrensablaufs, wie sich aus der Gesetzesbegründung unzweifelhaft ergibt (BT-Drucks. 17/5712, S. 23; so auch Römermann, NJW 2012, 645, 646). Durch die Pflicht zur Einreichung des Gläubigerverzeichnisses soll nämlich gerade die frühzeitige Einbindung der Gläubiger in das Verfahren ermöglicht werden. Das aber ist nicht nur für die aktive Beteiligung der Gläubiger am Verfahren, sondern z. B. auch für die rechtzeitige Mitteilung von Verfügungsbeschränkungen (§ 24 Abs. 1 i. V. m. §§ 81, 82 InsO; § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO) von wesentlicher Bedeutung. Die Anordnung des § 13 Abs. 1 Satz 4 InsO ist im Vorfeld nicht ohne Kritik 12 geblieben (z. B. Göb, NZG 2012, 371, 372), weil das Gesetz offenlasse, nach welchen Kriterien und welchem Maßstab die „höchsten“ Forderungen und die „höchsten gesicherten Forderungen“ zu bestimmen und von den übrigen Forderungen abzugrenzen seien; dies würde die Handhabung für die Rechtspraxis deutlich erschweren. Würde diese Kritik durchgreifen, gäbe es im Rahmen des § 13 Abs. 1 Satz 4 InsO tatsächlich ein Bestimmtheitsproblem, das daran zweifeln lassen könnte, ob der Antrag im Falle eines Verstoßes gegen die vom jeweiligen Insolvenzgericht bevorzugte Auslegung als unzulässig oder zurückgenommen behandelt werden könnte. Allein ein solches Problem stellt sich bei Lichte betrachtet nicht. Nach § 13 13 Abs. 1 Satz 3 InsO hat der einen Eigenantrag stellende Schuldner ein (vollständiges) Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen einzureichen. Auch wenn dabei die vollständige Bezifferung einschließlich Zinsen nicht erforderlich ist und die Forderungshöhe nötigenfalls geschätzt werden kann (BT-Drucks. 17/5712, S. 23), so ist die Aufgabe der Qualifizierung des Gläubigerverzeichnisses nach § 13 Abs. 1 Satz 4 InsO – anders als nach Satz 5 –
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§ 13 Abs. 1 InsO – Eigenantrag des Schuldners bei laufendem Geschäftsbetrieb
keine Aufgabe der Ergänzung, sondern allein eine Aufgabe der Kenntlichmachung und damit der Darstellung und der Gliederung des Gläubigerverzeichnisses (BT-Drucks. 17/5712, S. 23 r. Sp. unten: „besonders herauszuheben, damit das Gericht diese unschwer identifizieren kann“). Wie der Schuldner die Kenntlichmachung vornimmt, z. B. durch farbliche Hervorhebung, durch besondere Gliederung des Verzeichnisses etc., bleibt ihm überlassen und hat keine Auswirkung auf die Zulässigkeit des Antrages (Gundlach, in: K. Schmidt, InsO, § 13 Rn. 17). 14 Zu empfehlen und üblich ist inzwischen, dass das Gericht im Rahmen des Antrages nach § 13 Abs. 1 Sätze 3 ff. InsO ein nach Größenklassen gegliedertes Gläubigerverzeichnis verlangt, das neben den Gläubigern mit jeweils vollständiger (ladungsfähiger) Anschrift die Höhe der Forderung, deren Rechtsgrund und die Angabe verlangt, ob und welche Sicherungsrechte bestehen. In allen Bundesländern gibt es inzwischen von den jeweiligen Landesjustizverwaltungen bereitgestellte Antragsformulare, die nach einem einfachen und einem qualifizierten Gläubigerverzeichnis differenzieren und sich über die Homepages der Insolvenzgerichte abrufen lassen. Bei Verwendung dieser Formulare ist den Anforderungen des § 13 Abs. 1 Satz 4, 5 InsO jedenfalls Genüge getan. 15 Gegebenenfalls können und sollten in dem Verzeichnis noch diejenigen Gläubiger besonders kenntlich gemacht werden, die als Mitglieder eines vorläufigen Gläubigerausschusses (§ 22a InsO) in Betracht kommen und ggf. auch zur Übernahme des Amtes bereit sind. Will der Schuldner die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses erreichen, ist die Vorlage schriftlicher Erklärungen der Gläubiger, für einen vorläufigen Gläubigerausschuss zur Verfügung zu stehen, obligatorisch (vgl. § 22a InsO Rn. 21). Jedenfalls greift der Schuldner hierdurch einer Aufforderung durch das Gericht gemäß §§ 22a Abs. 4 InsO vor. 3. Angabe der Größenklassen nach § 22a Abs. 1 InsO 16 Anders als bei der Anordnung der Vorlage eines (qualifizierten) Gläubigerverzeichnisses nach § 13 Abs. 1 Satz 3, 4 InsO differenziert § 13 Abs. 1 Satz 5 InsO wegen der Verpflichtung zur Angabe der Größenklassen gemäß § 22a Abs. 1 InsO nicht. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes „hat“ der Schuldner die dort verlangten Angaben zur Größenklasse seines Unternehmens bereits immer dann zu machen, wenn die Qualifizierung des Gläubigerverzeichnisses nur erfolgen soll, wenn also der Geschäftsbetrieb i. S. d. Vorschrift noch nicht eingestellt ist. Es handelt sich damit bei einem jeden Insolvenzantrag über das Vermögen eines noch nicht eingestellten Geschäftsbetriebes (gleich welcher Rechtsform) um Pflichtangaben. 17 Die Angaben zur Größenklasse (zum Inhalt der Angaben bzw. zur Erfüllung der Größenklassen vgl. § 22a InsO Rn. 26 ff.) zum Pflichtinhalt zu erheben, ist aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes heraus tatsächlich unerlässlich, weil das Insolvenzgericht nur auf diese Weise beurteilen kann, ob gemäß § 22a
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3. Angabe der Größenklassen nach § 22a Abs. 1 InsO
InsO für das Gericht seinerseits die Verpflichtung besteht, von Amts wegen über die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses zu entscheiden. Lässt sich jedoch aus den vorhandenen Angaben bereits sicher herleiten, dass 18 zwei der drei Kennziffern des § 22a Abs. 1 InsO nicht vorliegen (können), bedarf es bei dem Gesetzeszweck entsprechender Auslegung des § 13 Abs. 1 Satz 6 InsO für die Zulässigkeit des Insolvenzantrages nicht mehr der Mitteilung auch der dritten Größe. Da nämlich für die Bestellung eines obligatorischen vorläufigen Gläubigerausschusses mindestens zwei der drei in § 22a Abs. 1 InsO genannten Größen vorliegen müssen, steht bereits fest, dass das Gericht einen obligatorischen Ausschuss nicht einzusetzen hat (AG Ludwigshafen, ZInsO 2012, 2057). Dem ist zuzustimmen. Sind zwei der drei anzugebenden Größen bekannt und kann das Gericht daraus eine zutreffende Subsumtion bereits vornehmen, würde der Zweck des Gesetzes, durch die Qualifizierung des Insolvenzantrages das Verfahren zu beschleunigen und erleichterte Wege in die Unternehmenssanierung zu eröffnen, konterkariert. Der weitergehende Zweck des § 13 Abs. 1 Satz 3 ff. InsO liegt in der besseren 19 und frühzeitigen Einbindung der Gläubiger in das Verfahren. Ist der Eigeninsolvenzantrag des Schuldners zulässig und ordnet das Insolvenzgericht Sicherungsmaßnahmen insbesondere nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO (vorläufige Insolvenzverwaltung) an, so folgt aus dieser Intention des Gesetzes, dass das Gericht zu Informationszwecken der Gläubiger bereits in dem Sicherungsbeschluss eine Aussage auch zu §§ 21 Abs. 2 Nr. 1a, 22a InsO trifft. Den Gläubigern wird der Sicherungsbeschluss zugestellt (§ 23 Abs. 1 InsO). Die Anordnung des § 22a Abs. 1 InsO, unter den dort genannten Voraussetzungen einen vorläufigen Gläubigerausschuss obligatorisch einzusetzen, dient der Wahrung der Gläubigerinteressen im Verfahren. Daraus folgt, dass die am Verfahren beteiligten Gläubiger einen Justizgewährleistungsanspruch darauf haben, dass das Insolvenzgericht eine Entscheidung nach §§ 21 Abs. 2 Nr. 1a, 22a Abs. 1 InsO tatsächlich trifft, das Vorliegen der Größenmerkmale und etwaiger Befreiungstatbestände nach § 22a Abs. 3 InsO also tatsächlich auch prüft. Als Folge daraus liegt es nahe, dass in dem Beschluss über die Anordnung der Sicherungsmaßnahmen auch das Ergebnis dieser Prüfung mitgeteilt wird, also für den Fall des Nichtvorliegens der Größenmerkmale z. B. nachrichtlich darauf hingewiesen wird, dass ein Einsetzungsbeschluss nicht zu fassen war, und in allen übrigen Fällen ein begründeter Beschluss mit der Anordnung der Sicherungsmaßnahmen verbunden oder gesondert gefasst, dann hierauf aber ebenfalls hingewiesen wird. Denn die Bestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses, der Beschluss nach §§ 21 Abs. 2 Nr. 1a, 22a Abs. 1 InsO ist weder veröffentlichungspflichtig noch, in Ermangelung einer Rechtsgrundlage veröffentlichungsfähig (vgl. Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 23 Rn. 3 f.). Dem aus §§ 22a Abs. 1 InsO und dem Normzweck des § 13 Abs. 1 Satz 4 ff. InsO folgenden Informationsanspruch der Gläubiger wird daher nur durch Aufnahme eines entsprechenden Hinweises in den Sicherungsbeschluss nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO Genüge getan.
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4. Rechtsfolgen fehlender Angaben a) Bedeutung 20 Die Rechtsfolgen eines i. S. d. § 13 Abs. 1 Satz 4 ff. InsO unvollständigen Antrages können für den antragstellenden Schuldner erheblich sein. Ist ein Antrag nämlich wegen Formverstoßes unzulässig, folgt daraus auch, dass er i. S. d. § 15a InsO „unrichtig“ ist, wie sich die Gesetzesbegründung ausdrückt (BT-Drucks. 17/5712, S. 23). Ein den Anforderungen an die Antragstellung nicht genügender Insolvenzantrag kann also auch die Antragspflicht nach § 15a InsO nicht wahren, weshalb hieraus ganz erhebliche Haftungsrisiken (z. B. § 64 GmbHG; § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a InsO) folgen können. 21 Dies ist bei der Auslegung des § 13 Abs. 1 Satz 4 ff. InsO und der daran zu stellenden Anforderungen zu berücksichtigen. b) Grundsätzliche Erwägungen 22 Aus der unterschiedlichen Regelungstechnik in § 13 Abs. 1 Satz 4 InsO, wonach die Qualifizierung des Gläubigerverzeichnisses bei noch nicht eingestelltem Geschäftsbetrieb nur (grundsätzlich) vorgenommen werden „soll“ und der ausdrücklichen Verpflichtung, solche Angaben in den in Satz 6 genannten Fällen und hinsichtlich der Angabe der Größenklassen zu machen, kommt zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber offenbar auch unterschiedliche Rechtsfolgen beabsichtigt, je nachdem ob es sich um „Muss“- oder um „Soll“Angaben handelt. 23 Da aber auch „Soll-Angaben“ nach § 13 Abs. 1 Satz 4 InsO grundsätzlich obligatorisch sind, dürfte vom Schuldner, der solche Angaben trotz stehenden Geschäftsbetrieben überhaupt nicht oder offenkundig unzureichend macht, zu verlangen sein, dass dieser für die Zulässigkeit seines Insolvenzantrages jedenfalls begründet, warum er von der Einreichung eines qualifizierten Gläubigerverzeichnisses ganz abgesehen hat, um sodann auf Grundlage dieser Substantiierung eine Entscheidung darüber zu treffen, ob ein Ausnahmetatbestand vorliegt (vgl. AG Mönchengladbach, ZIP 2013, 536). 24 Die Anforderungen an den Schuldner würden jedoch überspannt, wollte man ein in jedem Punkt vollständiges und richtiges Gläubigerverzeichnis verlangen. Dies ist gerade in laufenden Geschäftsbetrieben, bei denen jedes Verzeichnis über Vermögen und Schulden immer nur eine Momentaufnahme sein kann, kaum je zu erfüllen. Aus diesem Grunde stellt auch die Gesetzesbegründung klar, dass der Schuldner den Anforderungen des § 13 Abs. 1 Satz 4 ff. InsO genügt, wenn er trotz „gebührender Anstrengung“ einzelne Gläubiger oder einzelne Forderungen nicht angibt (BT-Drucks. 17/5712, S. 23). Nötigenfalls ist der Schuldner befugt, die Forderungshöhe zu schätzen; zur Angabe der Forderungen einschließlich Zinsen ist er grundsätzlich nicht verpflichtet (BT-Drucks., a. a. O.). Macht aber gerade der Zinsanspruch den wesentlichen Teil der Forderung aus, wie es insbesondere bei Steuerverbindlichkeiten oder
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Verbindlichkeiten gegenüber Sozialversicherungsträgern der Fall sein kann, gilt dies selbstverständlich nicht. Das Gläubigerverzeichnis hat nämlich in quantitativer und qualitativer Hinsicht 25 im Wesentlichen richtig zu sein. Daraus folgt, dass die zur Bestimmung der Gläubigerstruktur des Insolvenzschuldners insgesamt und die zur Einordnung aller Gläubiger in diese Struktur erforderlichen Angaben gemacht werden müssen. Jeder Gläubiger ist daher mit dem seine Forderung bestimmenden Teil der Gesamtforderung anzugeben, seien dies auch die Zinsen oder Säumniszuschläge; ebenso reicht die Angabe der überwiegenden Zahl der Gläubiger selbstverständlich nicht aus, wenn es sich in Anbetracht der Höhe oder Qualität (Sicherungsrechte) der Forderung um wesentliche Gläubiger handelt, die „vergessen“ werden. Ist das Ausbleiben einzelner oder mehrerer Angaben oder Verzeichnisse vom 26 Schuldner in dessen Insolvenzantrag hinreichend begründet oder entschuldigt und kann das Verzeichnis trotz der noch fehlenden Angaben seinen Zweck, dem Insolvenzgericht einen noch ausreichend verlässlichen Überblick über die Gläubigerstruktur zu vermitteln, noch erfüllen, so kommt eine (sofortige) Zurückweisung des Insolvenzantrages als unzulässig nicht in Betracht. Der Schuldner ist in diesem Fall aber im Rahmen der Erklärung nach § 13 Abs. 1 Satz 7 InsO verpflichtet, auf die teilweise Unvollständigkeit hinzuweisen und die Gründe hierfür anzugeben. Auch dies folgt aus der Formulierung der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/5712, S. 23), dass die Zulässigkeit eines Eröffnungsantrages nur dann nicht beeinträchtigt ist, wenn „trotz gebührender Anstrengung“ des Schuldners bei der Zusammenstellung des Verzeichnisses vereinzelte Gläubiger oder einzelne Forderungen im Verzeichnis fehlen. In Abstimmung mit dem Insolvenzgericht kann es darüber hinaus in größeren 27 und Großverfahren zur Entlastung der Gerichtsakte sinnvoll sein, auf die Vorlage eines vollständigen und detaillierten Gläubigerverzeichnisses insgesamt zu verzichten, wenn der Schuldner darlegt und nötigenfalls glaubhaft macht, dass er über eine funktionierende und aktuelle Buchführung verfügt, die einen jederzeitigen Zugriff auf vollständige Verzeichnisse und die Übermittlung der nötigen Informationen an den vorläufigen Insolvenzverwalter (i. d. R. unmittelbar in EDV-verwertbarer Form und nur auf elektronischem Wege) gestattet. Gleichzeitig müssen dann aber im Insolvenzantrag die zur Ermittlung der Gläubigerstruktur und zu einer repräsentativen Besetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses erforderlichen Angaben gemacht werden, um die mit §§ 13 Abs. 1 Satz 4 ff., 22a Abs. 1 InsO verfolgten Ziele zu erfüllen. c) Aufforderung zur Nachholung und Fristsetzung Fehlen in einem Eröffnungsantrag Angaben, die für einen ordnungsgemäßen 28 Ablauf des Insolvenzverfahrens zwingend erforderlich sind, führt dies grundsätzlich zur Unzulässigkeit des Insolvenzantrages. Das Insolvenzgericht darf einen unzulässigen Eröffnungsantrag allerdings nicht sofort zurückweisen.
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Vielmehr hat das Gericht gemäß § 13 Abs. 3 InsO den antragsstellenden Schuldner unverzüglich aufzufordern, den Mangel zu beheben. Zur Nachholung setzt das Gericht dem Antragssteller eine angemessene Frist. Der in der Praxis oftmals bemühte Rückgriff auf § 4 InsO i. V. m. § 139 ZPO ist in diesem Zusammenhang nicht mehr erforderlich (vgl. BT-Drucks. 18/10823, S. 26). 29 Das Insolvenzgericht hat die fehlenden Angaben oder Unterlagen in der Zwischenverfügung genau zu bezeichnen (BT-Drucks. 18/10823, S. 26). Die Nachholungsfrist ist grundsätzlich kurz zu bemessen (Vallender, MDR 2012, 61, 62; Frind, ZInsO 2011, 2249, 2254; Willemsen/Rechel, DB 2011, 834). Sie darf drei Wochen nicht übersteigen (BT-Drucks. 18/10823, S. 26). Die insolvenzgerichtliche Praxis gewährt regelmäßig Nachbesserungsfristen zwischen zwei und zehn Werktagen (vgl. BT-Drucks. 18/10823, S. 26; AG München, ZIP 2012, 789: drei Tage, dazu EWiR 2012, 465 [Hölzle]; AG Hamburg, ZIP 2013, 134: zehn Tage). Die konkrete Länge der Frist wird dabei letztlich von der vom Schuldner vorgetragenen Begründung für das Fehlen der Angaben abhängig zu machen sein. Ist das Fehlen nötiger Angaben völlig unentschuldigt oder unbegründet, so rechtfertigt dies eine deutlich kürzere Frist, als wenn der Schuldner substantiiert darlegt, aus welchen Gründen er zunächst von der Vorlage eines vollständigen Gläubigerverzeichnisses abgesehen hat oder absehen musste. Trägt der Schuldner verfahrensrechtlich berücksichtigungsfähige Gründe (nicht so im Sachverhalt der Entscheidung LG Mönchengladbach, ZIP 2013, 536) vor, so erfolgt die Fristsetzung unter Ausübung des gerichtlichen Ermessens in Ansehung der übrigen Verfahrenszwecke und etwaigen Risiken für die Gläubiger unter Berücksichtigung der vorgetragenen Hindernisse und der zu ihrer Beseitigung nötigen Zeit. 30 Der Schuldner kann sich gegen die Fristsetzung nicht mit dem Einwand verteidigen, die Unterlagen lägen ihm nicht vor oder seien, aus welchen Gründen auch immer, nicht verfügbar. Denn der Schuldner ist im Antragsverfahren nicht nur zur Offenbarung präsenten Wissens, sondern auch zur Informationsbeschaffung verpflichtet (Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 20 Rn. 16). 31 Verstreicht die Frist fruchtlos, so begründet dies keinen Fall mangelnder Mitwirkung des Schuldners, die nur zu Zwangsmaßnahmen berechtigt (vgl. BGH, ZInsO 2003, 217), sondern einen Fall der Unzulässigkeit des Antrages (BGH, ZInsO 2008, 887), weil dieser nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form genügt (AG Mönchengladbach, ZIP 2013, 536 m. Anm. Cranshaw, jurisPR-InsR 10/2013, Anm. 3; AG Hamburg, ZIP 2013, 134). Das Gericht hat den Eröffnungsantrag daher als unzulässig zurückzuweisen. Einer dagegen gerichteten Beschwerde des Schuldners kann nur abgeholfen werden, wenn und soweit der Schuldner innerhalb der von der Rechtsprechung statuierten Rechtsmittelbegründungsfrist von zwei Wochen (BGH, NZI 2010, 998) auch
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die zur Abweisung führenden Mängel beseitigt, also die geforderten Angaben nachholt (AG Hamburg, ZIP 2013, 134). d) Fehlen von „Soll-Angaben“ Ob das, auch das zunächst hinreichend entschuldigte, Fehlen eines (qualifi- 32 zierten) Gläubigerverzeichnisses oder der Größenklassenangaben nach fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist die Unzulässigkeit auch dann nach sich zieht, wenn es sich nur um nicht verpflichtende „Soll-Angaben“ handelt, kommt in der Gesetzesbegründung nicht klar zum Ausdruck. Der Rechtsausschuss des Bundestages (BT-Drucks. 17/7511, S. 33) unterstellt, 33 dass in dem Fall, in dem die Vorlage des qualifizierten Gläubigerverzeichnisses nicht verpflichtend ist, dieses für unmittelbar anstehende gerichtliche Entscheidungen nicht zwingend erforderlich sei, weshalb die Unzulässigkeit des Antrages aus dem Fehlen nicht abgeleitet werden könne. Das Fehlen der „Soll-Angaben“ bliebe damit – nach Auffassung des Rechtsausschusses – im Ergebnis sanktionslos. Dies scheint problematisch, weil die Gläubigerstruktur auch mit Blick auf 34 andere Verfahrensfragen als die Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses von erheblicher Bedeutung für den vorläufigen Insolvenzverwalter sein kann und in der Regel auch ist. Im Rahmen laufender Geschäftsbetriebe nämlich ist gerade dann, wenn keine Eigenverwaltung beantragt ist, der vorläufige Insolvenzverwalter in der Pflicht, die Lieferantenbeziehungen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes binnen kürzester Zeit zu stabilisieren. Dies ist nur unter erschwerten Bedingungen möglich, muss sich der vorläufige Verwalter die nötigen Informationen zu Gläubigern, deren Forderungen, etwaigen Sicherungsrechten etc. mühsam zusammensuchen (lassen). Es geht hierdurch nicht selten wertvolle Zeit verloren. Auf die Wirkungen der Zustellung des Beschlusses über die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen (§ 24 Abs. 1 i. V. m. §§ 81, 82 InsO; § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO) ist einleitend bereits hingewiesen worden (Rn. 11 a. E., 21). Darüber hinaus ist es erklärtes Ziel des Gesetzgebers, das Insolvenzplanver- 35 fahren zu stärken. Prädestiniert dafür sind – naheliegenderweise – Unternehmen, deren Geschäftsbetrieb noch nicht eingestellt ist. Auch hier erspart es dem Insolvenzverwalter bereits im Eröffnungsverfahren wertvolle Zeit und erleichtert die frühzeitige Weichenstellung, wenn bereits mit dem Antrag die dem Schuldner vorbereitend leicht mögliche und deshalb ohne Weiteres auch zumutbare Tätigkeit der Qualifizierung des Gläubigerverzeichnisses abverlangt wird. Alles in allem ist es deshalb sehr wohl Regelfolge eines auch nach Ablauf der 36 Nachfrist unvollständig bleibenden Insolvenzantrages, dass dieser unzulässig und deshalb zurückzuweisen ist. Alternativ kann das Gericht wegen der Verletzung der durch § 13 Abs. 1 Satz 4 ff. InsO konkretisierten Mitwirkungs-
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pflichten (§ 20 InsO) den Insolvenzantrag auch analog § 305 Abs. 3 InsO als zurückgenommen behandeln. Es gilt nämlich jedenfalls: Was von dem antragstellenden Verbraucher im Rahmen des § 305 Abs. 3 InsO verlangt werden kann, kann den Schuldner im Regelinsolvenzverfahren nicht überfordern. e) Fehlen von „Muss-Angaben“ 37 Dann gilt dasselbe aber in jedem Falle auch für das Fehlen von „Muss-Angaben“ nach § 13 Abs. 1 Satz 6. Fehlen „Muss-Angaben“ vollständig oder erkennbar in zumindest wesentlichen Teilen, ohne dass der Schuldner dies hinreichend entschuldigt und innerhalb einer angemessenen Frist (drei bis maximal fünf Werktage, vgl. AG München, ZIP 2012, 789, dazu EWiR 2012, 465 [Hölzle], ebenso Frind ZInsO 2011, 2249, 2252) Abhilfe schafft (Rn. 23), führt dies ipso iure zur Unzulässigkeit des Insolvenzantrages, der damit auch eine etwaige Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO nicht erfüllen kann. 38 Dies gilt nur dann nicht, wenn die Zwecke des § 13 Abs. 1 Satz 4 ff. InsO trotz des Fehlens der Angaben vollumfänglich erreicht werden, etwa weil nur ein Größenklassenmerkmal nicht mitgeteilt wird, sich aber aus dem Nichterreichen der übrigen beiden Merkmale zweifelsfrei ergibt, dass ein obligatorischer Gläubigerausschuss nicht einzurichten ist (AG Ludwigshafen, ZInsO 2012, 2057). 5. Vollständigkeitserklärung des Schuldners 39 Dem qualifizierten Gläubigerverzeichnis nach Satz 3 und den Angaben nach Sätzen 4 und 5 ist die Erklärung des Schuldners beizufügen, dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind. Ergänzt werden sollte die Erklärung, hat der Schuldner „Muss-“ oder „Soll-Angaben“ nicht vollständig gemacht, um einen entsprechenden Hinweis des Schuldners und eine substantiierte Begründung, die das Fehlen oder die Unvollständigkeit entschuldigt. Denn nur dann ist das Insolvenzgericht in der Lage, sein Ermessen hinsichtlich einer angemessenen Fristsetzung zur Beseitigung des Mangels in der Zulässigkeit auszuüben. Eine eidesstattliche Versicherung des Schuldners verlangt das Gesetz nicht. Zur Begründung verweist der Gesetzgeber (vgl. Begründung des Rechtsausschusses v. 27.10.2011 BT-Drucks. 17/7511, S. 33) auf die vergleichbare Regelung im Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Ebenso wie dort sei auch nach § 13 Abs. 1 Satz 7 InsO eine förmliche Versicherung an Eides statt nicht erforderlich, weil dies abschreckend wirken und den Schuldner von einer frühzeitigen Antragstellung abhalten könne. 40 Dabei übersieht der Gesetzgeber, dass die Sanktion im Verbraucherinsolvenzverfahren, macht der Schuldner unvollständige oder unrichtige Angaben, nach § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO die Versagung der Restschuldbefreiung ist. An einer solchen Sanktion fehlt es im Regelinsolvenzverfahren und bei einem Verstoß gegen § 13 Abs. 1 Satz 4 ff. InsO, was die Vorlage eines fehlerhaften Verzeich-
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nisses und dementsprechend auch einer fehlerhaften Erklärung nach § 13 Abs. 1 Satz 7 InsO zunächst sanktionslos erscheinen lässt. Dies ist besonders deshalb schwer nachvollziehbar, weil der Gesetzgeber in 41 der Gesetzesbegründung (nochmals BT-Ducks. 17/7511, S. 33) ausdrücklich auf die zentrale Bedeutung der verlangten Angaben für den weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens hinweist. Durch die Weglassung z. B. von großen, dem Schuldner aber nicht wohlgesonnenen Gläubigern, hat es der Schuldner mittelbar in der Hand, Einfluss auf die Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses und damit nicht zuletzt auf die Auswahl des Insolvenzverwalters zu nehmen (vgl. Hölzle, NZI 2011, 124, 126). Nicht zuletzt darauf sollte man es nicht ankommen lassen. Stellt sich das Gläubigerverzeichnis und deshalb auch die Versicherung nach 42 Satz 7 als falsch heraus, ohne dass der Schuldner hierfür beachtliche Entschuldigungsgründe vorzutragen in der Lage ist, so folgt daraus für eine vom Schuldner z. B. beantragte Eigenverwaltung, dass zu unterstellen ist, dass diese wegen der fehlenden Verlässlichkeit des Schuldners und der fehlenden Transparenz im Verfahren sowie wegen der daraus zu erwartenden Verzögerung zu Nachteilen für die Gläubiger und damit möglicherweise zu einer schwerwiegenden Pflichtverletzung i. S. d. § 270e Abs. 1 Nr. 1 InsO führt (AG Hamburg, ZIP 2013, 1684) und damit die Voraussetzungen für die Anordnung der Eigenverwaltung entfallen bzw. die Voraussetzung für die nachträgliche Aufhebung auch im Eröffnungsverfahren nach § 270e InsO vorliegen.
§ 15b InsO – Zahlungen und Verjährung § 15b Zahlungen bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung; Verjährung (1) Die nach § 15a Absatz 1 Satz 1 antragspflichtigen Mitglieder des Vertretungsorgans und Abwickler einer juristischen Person dürfen nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der juristischen Person keine Zahlungen mehr für diese vornehmen. Dies gilt nicht für Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind. (2) Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs dienen, gelten vorbehaltlich des Absatzes 3 als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar. Im Rahmen des für eine rechtzeitige Antragstellung maßgeblichen Zeitraums nach § 15a Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt dies nur, solange die Antragspflichtigen Maßnahmen zur nachhaltigen Beseitigung der Insolvenzreife oder zur Vorbereitung eines Insolvenzantrags mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters betreiben. Zahlungen, die im Zeitraum zwischen der Stellung des Antrags und der Eröffnung des Verfahrens geleistet werden, gelten auch dann als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und
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§ 15b InsO – Zahlungen und Verjährung
gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar, wenn diese mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters vorgenommen wurden. (3) Ist der nach § 15a Absatz 1 Satz 1 und 2 für eine rechtzeitige Antragstellung maßgebliche Zeitpunkt verstrichen und hat der Antragspflichtige keinen Antrag gestellt, sind Zahlungen in der Regel nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar. (4) Werden entgegen Absatz 1 Zahlungen geleistet, sind die Antragspflichtigen der juristischen Person zur Erstattung verpflichtet. Ist der Gläubigerschaft der juristischen Person ein geringerer Schaden entstanden, beschränkt sich die Ersatzpflicht auf den Ausgleich dieses Schadens. Soweit die Erstattung oder der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der juristischen Person erforderlich ist, wird die Pflicht nicht dadurch ausgeschlossen, dass dieselben in Befolgung eines Beschlusses eines Organs der juristischen Person gehandelt haben. Ein Verzicht der juristischen Person auf Erstattungs- oder Ersatzansprüche oder ein Vergleich der juristischen Person über diese Ansprüche ist unwirksam. Dies gilt nicht, wenn der Erstattungsoder Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht, wenn die Erstattungs- oder Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird oder wenn ein Insolvenzverwalter für die juristische Person handelt. (5) Absatz 1 Satz 1 und Absatz 4 gelten auch für Zahlungen an Personen, die an der juristischen Person beteiligt sind, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der juristischen Person führen mussten, es sei denn, dies war auch bei Beachtung der in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Sorgfalt nicht erkennbar. Satz 1 ist auf Genossenschaften nicht anwendbar. (6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch für die nach § 15a Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 zur Stellung des Antrags verpflichteten organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter. (7) Die Ansprüche aufgrund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren. Besteht zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung eine Börsennotierung, verjähren die Ansprüche in zehn Jahren. (8) Eine Verletzung steuerrechtlicher Zahlungspflichten liegt nicht vor, wenn zwischen dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nach § 17 oder der Überschuldung nach § 19 und der Entscheidung des Insolvenzgerichts über den Insolvenzantrag Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt werden, sofern die Antragspflichtigen ihren Verpflichtungen nach § 15a nachkommen. Wird entgegen der Verpflichtung nach § 15a ein Insolvenzantrag verspätet gestellt, gilt dies nur für die nach Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung fällig werdenden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis. Wird das Insolvenzverfahren nicht eröffnet und ist dies auf eine Pflichtverletzung der Antragspflichtigen zurückzuführen, gelten die Sätze 1 und 2 nicht.
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§ 15b InsO – Zahlungen und Verjährung
§ 276a Mitwirkung der Überwachungsorgane (1) Ist der Schuldner eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, so haben der Aufsichtsrat, die Gesellschafterversammlung oder entsprechende Organe keinen Einfluss auf die Geschäftsführung des Schuldners. Die Abberufung und Neubestellung von Mitgliedern der Geschäftsleitung ist nur wirksam, wenn der Sachwalter zustimmt. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Maßnahme nicht zu Nachteilen für die Gläubiger führt. (2) Ist der Schuldner als juristische Person verfasst, so haften auch die Mitglieder des Vertretungsorgans nach Maßgabe der §§ 60 bis 62. Bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit gilt dies für die zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter. Ist kein zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigter Gesellschafter eine natürliche Person, gilt dies für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung ermächtigten Gesellschafter. Satz 3 gilt sinngemäß, wenn es sich bei den organschaftlichen Vertretern um Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit handelt, bei denen keine natürliche Person zur organschaftlichen Vertretung ermächtigt ist, oder wenn sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt. (3) Die Absätze 1 und 2 finden im Zeitraum zwischen der Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung oder der Anordnung vorläufiger Maßnahmen nach § 270c Absatz 3 und der Verfahrenseröffnung entsprechende Anwendung. Übersicht 1.
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Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG ...................................... 1 Systematische Einordnung (Anknüpfung an die Insolvenzantragspflichten und die verlängerte Antragsfrist bei Überschuldung) ... 6 Anwendungsvorrang des § 276a InsO in der vorläufigen Eigenverwaltung .................................... 11 Massesicherungsgebot (§ 15b Abs. 1 InsO) und Normadressaten ........................... 13 a) Normadressaten .................... 13 b) Zahlungsverbot ab Eintritt der Insolvenzreife und Verschulden ................................. 16 Exkulpation: Zahlungen im ordnungsmäßigen Geschäftsgang (§ 15b Abs. 2, 3 InsO) ................. 23 a) Regelvermutung: Keine Exkulpation im Insolvenzverschleppungszeitraum (§ 15b Abs. 3 InsO) .............. 23
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b) Keine Exkulpation durch Folgepflicht (§ 15b Abs. 4 Satz 3 InsO) .......................... c) Exkulpation bei Wahrung des Gläubigerinteresses (§ 15b Abs. 2 InsO) .............. d) Exkulpation durch Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters ....................... Rechtsfolge ................................... a) Vermutung eines Gesamtgläubigerschadens in Höhe der Zahlungen ....................... b) Gegenbeweis eines geringeren Gesamtgläubigerschadens ................................. Unverzichtbarkeit der Ansprüche (§ 15b Abs. 4 Satz 4,5 InsO) ....... Besonderheiten für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 15b Abs. 8 InsO) ..................... Verjährung (§ 15b Abs. 7 InsO) ...
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§ 15b InsO – Zahlungen und Verjährung
1. Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG 1 § 15b InsO tritt an die Stelle des § 64 GmbHG a. F. als der bislang wichtigsten Haftungsnorm aus dem Gesamtkomplex der Geschäftsleiterhaftung in der Insolvenz (so Bitter, ZIP 2021, 321) sowie zugleich an die Stelle von dessen Parallelvorschriften in §§ 92 Abs. 2 AktG, § 130a Abs. 1, ggf. in Verbindung mit § 177 Satz 1 HGB, § 99 GenG. Die bisher auf die einzelnen gesellschaftsrechtlichen Kodifikationen verteilten Regelungen zu den Zahlungsverboten im Fall der Insolvenzreife von haftungsbeschränkten Rechtsträgern werden so zu einer allgemeinen und rechtsformneutralen Vorschrift zusammengefasst und in die Insolvenzordnung integriert (BT-Drucks. 19/24181, S. 193). Nach Ergänzung des Art. 103m EGInsO durch Art. 36 des am 17.8.2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlichten MoPeG (BGBl. I 2021, 3436) gilt § 15b InsO für sämtliche Zahlungen, die nach dem 31.12.2020 vorgenommen worden sind. Zahlungen bis 31.12.2020 unterliegen ungeachtet des Zeitpunkts der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dem alten Recht. 2 An dem Adressatenkreis, nämlich den nach § 15a InsO Antragspflichtigen in haftungsbeschränkender Rechtsform oder Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, bei denen nach § 15 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 InsO Insolvenzantragspflichten bestehen, sowie der grundsätzlichen Statuierung eines Zahlungsverbots nach Eintritt der Insolvenzreife ändert § 15b InsO nichts; das geltende Recht wird insoweit fortgeschrieben. Dasselbe gilt für die Definition des Begriffs der Zahlung, der entsprechend der masseschützenden Zielrichtung des Zahlungsverbots unverändert weit auszulegen ist (BT-Drucks. 19/24181, S. 194). 3 Neu ist die Konkretisierung des Maßstabes für die Privilegierung solcher Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind durch § 15b Abs. 2, 3 InsO sowie die ausdrückliche Normierung des Vorrangs des Massesicherungsgebots vor steuerrechtlichen Zahlungspflichten nach § 15b Abs. 8 InsO, der richtigerweise auf sozialversicherungsrechtliche Zahlungspflichten analog anzuwenden ist. Der Gesetzgeber folgt für die Privilegierung der zuerst von Bitter (in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 170; ähnlich Schmidt/Poertzgen, NZI 2013, 369, 372) vorgeschlagenen Abgrenzung zwischen dem in der Insolvenzreife sich pflichtgemäß und dem sich nicht pflichtgemäß verhaltenden Geschäftsführer, begründet nämlich unter Abkehr von dem bisherigen Primat der Notgeschäftsführung eine Vermutung für sorgfaltsgerechtes Verhalten hinsichtlich sämtlicher im ordentlichen Geschäftsgang erfolgender Zahlungen außerhalb einer Insolvenzverschleppung, wohingegen im Insolvenzverschleppungszeitraum eine grundsätzliche Vermutung für die Sorgfaltswidrigkeit einer jeden Zahlung, ungleich ob für die Fortführung des Geschäftsbetriebes erforderlich oder nicht, streitet. 4 In Ansehung der Rechtsfolge, geregelt in § 15b Abs. 4 InsO, entscheidet der Gesetzgeber den Theorienstreit, ob es sich bei dem Massesicherungsgebot um einen Schadensersatzanspruch oder einen Anspruch eigener Art handelt,
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2. Systematische Einordnung
bewusst nicht (BT-Drucks. 19/24181, S. 195). Vielmehr fasst der Gesetzgeber die hierzu vertretenen Auffassungen zu einer einheitlichen Rechtsfolge zusammen und sieht in den pflichtwidrig geleisteten Zahlungen einen Vermutungstatbestand für die Höhe des hierdurch eingetretenen Gesamtgläubigerschadens, weshalb der Anspruch nach wie vor auf den Ersatz sämtlicher Zahlungen gerichtet ist, wobei dem Ersatzverpflichteten nach § 15b Abs. 4 Satz 2 InsO aber der Gegenbeweis offensteht, dass der Gesamtgläubigerschaft ein geringerer Schaden entstanden ist. Ob in Ansehung dieser Rechtsfolgenbestimmung „alles beim Alten“ (so Gehrlein, DB 2020, 2393, 2399) bleibt oder tatsächlich eine Verschiebung der Haftungsmaßstäbe die Folge sein wird, wird im Wesentlichen davon abhängen, wie die Rechtsprechung das Beweismaß für den Gegenbeweis, dass der Gesamtgläubigerschaft ein geringerer Schaden entstanden ist, im Einzelnen ausformen wird (so Bitter, ZIP 2021, 321, 329). Jedenfalls unbeantwortet bleibt aber trotz der Konkretisierung des Sorgfalts- 5 maßstabes die in der Praxis wohl relevanteste Frage des Haftungsmaßstabes und der Notwendigkeit zum Übergang (sowie dessen Sinnhaftigkeit) in die Notgeschäftsführung während der Phase der Prüfung, ob bereits eine Insolvenzreife vorliegt oder nicht. Der Gesetzgeber scheint von der Vorstellung getragen zu sein, dass es ein Leichtes ist, diese Feststellung zu treffen. Dies ist in der Praxis aber mitnichten der Fall; insbesondere in komplexen Konzernstrukturen bedarf es häufig auch erheblicher Zeit, die Insolvenzreife – auch wenn sie rechtlich bereits seit geraumer Zeit besteht – festzustellen. Ist der Antragszeitraum aber im Zeitpunkt des Beginns der Bemühungen um die Feststellung bereits verstrichen, so kommt eine Privilegierung nach § 15b Abs. 3 InsO grundsätzlich nicht mehr in Betracht. Exkulpiert aber selbst der Übergang in die Notgeschäftsführung in dieser Zeit der Feststellung des objektiven Eintritts von Insolvenzgründen nach möglicherweise bereits abgelaufener Antragshöchstfrist aber nicht länger, so hat sich die Haftungssituation für die Geschäftsleiter erheblich verschärft. 2. Systematische Einordnung (Anknüpfung an die Insolvenzantragspflichten und die verlängerte Antragsfrist bei Überschuldung) Systematisch führt § 15b InsO zusammen, was zusammen gehört. Die Haf- 6 tungsandrohung wegen Verstoßes gegen das Massesicherungsgebot wird durch § 15b InsO erneut systemisch den Insolvenzantragspflichten (§ 15a InsO) zugeordnet. Dies entspricht dem Regelungszustand vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung und Vermeidung von Missbräuchen im GmbHRecht (MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 55 f.), durch welches die bis dorthin in den einzelnen gesellschaftsrechtlichen Kodifikation geregelten Insolvenzantragspflichten in § 15a InsO erstmals zusammengefasst wurden, die Zahlungsverbote nach Eintritt der Insolvenzreife jedoch in den jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Kodifikationen verblieben.
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7 Der Gesetzgeber stellt durch die systematische Zuordnung des § 15b InsO in den Regelungskontext des § 15a InsO zudem klar, dass es sich bei der Haftungsnorm um eine insolvenzrechtliche Vorschrift handelt, die damit auch die internationalinsolvenzrechtliche Anknüpfung der Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats der Verfahrenseröffnung klarstellt (BT-Drucks. 19/24181, S. 194). 8 Mit der Anknüpfung der Vermutung für die Erfüllung des geforderten Sorgfaltsmaßstabes an das pflichtgemäße oder pflichtwidrige Handeln des geschäftsleitenden Organs, an die Frage also, ob die grundsätzlich haftungsbewährte Zahlung innerhalb oder außerhalb des Zeitraums der Insolvenzverschleppung erfolgt, flankiert der Gesetzgeber zugleich den mit der Verlängerung der Insolvenzantragsfrist nach Eintritt der Überschuldung auf sechs Wochen in § 15a Abs. 1 Satz 2 InsO verfolgten Zweck, aussichtsreichen Sanierungsbemühungen (insbesondere auch durch ordentliche und gewissenhafte Vorbereitung eines präventiven Restrukturierungs- oder Eigenverwaltungsverfahrens (BT-Drucks. 19/24181, S. 193) den nötigen zeitlichen Spielraum zu eröffnen. Dieser Zweck wäre nicht erreichbar, wenn innerhalb des hierfür zur Verfügung stehenden sechswöchigen Zeitraums auf die Notgeschäftsführung umgestellt und so die Fortführung des grundsätzlich sanierungsfähig erscheinenden Unternehmens im gewöhnlichen Geschäftsgang gefährdet würde (BT-Drucks. 19/24181, S. 194). Die Insolvenzantragspflicht tritt – wie bisher – innerhalb des grundsätzlich eröffneten Drei- bzw. Sechs-Wochen-Zeitraums erst bzw. dann ein, wenn zu einem früheren Zeitpunkt feststeht, dass eine nachhaltige Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung nicht erwartet werden kann; mit diesem Zeitpunkt beginnt die Insolvenzverschleppung, wird kein Antrag gestellt, und endet damit auch die Privilegierung nach § 15b Abs. 2, 3 InsO. 9 Die Insolvenzantragspflichten nach § 15a InsO sind damit die Basis für die zentrale, nun die direkt hinter den Antragspflichten platzierte Haftungsnorm des § 15b InsO (Bitter, ZIP 2021, 321) und stellen auch in der Anwendung der Haftungsnorm die notwendige tatbestandlich Anknüpfung dadurch her, dass die haftungsrechtliche Privilegierung sorgfaltsgerechter Zahlungen künftig nicht mehr kategorial beschränkt, also z. B. Zahlungen für Dienstleistungen mangels einer mess- und verwertbaren massemehrenden Gegenleistung von der Privilegierung ausgenommen werden (vgl. BGH, ZIP 2017, 619), sondern am Pflichtenmaßstab der rechtzeitigen Insolvenzantragsstellung orientiert wird. 10 Die Annahme des Gesetzgebers aber, durch die Neufassung würden die engen Schranken aufgehoben, denen die Notgeschäftsführung nach der Rechtsprechung unter Geltung des alten Rechts unterlag (BT-Drucks. 19/24181, S. 194), ist in dieser Allgemeinheit nicht richtig. Der Gesetzgeber übersieht nämlich, dass es an einer Privilegierung in dem Zeitraum, der für die Feststellung des Bestehens einer Insolvenzreife erforderlich ist, fehlt. Zwar sind die Organe von Gesellschaften in haftungsbeschränkender Rechtsform grundsätzlich zur Selbstbeobachtung verpflichtet (vgl. ausführlich § 1 StaRUG Rn. 3), jedoch 550
3. Anwendungsvorrang des § 276a InsO in der vorläufigen Eigenverwaltung
ist die offenkundig vom Gesetzgeber zugrunde gelegte Annahme, der Eintritt vor allem einer Überschuldung lasse sich im gewöhnlichen Geschäftsgang laufend prüfen und mit einfachen betrieblichen Mitteln unschwer feststellen, praxisfern. Hierfür ist regelmäßig eine gezielte Prüfung erforderlich, die gerade in komplexeren Unternehmensstrukturen auch erhebliche Zeit in Anspruch nehmen kann. Kann nicht prima vista ausgeschlossen werden, dass die maßgebliche 6-Wochen-Frist bereits abgelaufen ist, sich das Unternehmen daher – in (indiziert verschuldeter) Unkenntnis der Organe – tatsächlich bereits in der Insolvenzverschleppung befindet, so greift die haftungsrechtliche Privilegierung gerade nicht, weil das Verschulden nach § 15b Abs. 3 InsO grundsätzlich indiziert ist (vgl. auch dazu § 1 StaRUG Rn. 27). Während des Prüfungszeitraums sieht sich das Organ daher regelmäßig einer kaum zu bewältigenden Haftungsgefahr und damit einer deutlichen Haftungsverschärfung im Vergleich zum früheren Recht gegenüber (vgl. Rn. 23 ff. und ausführlich Rn. 30; vgl. auch § 89 StaRUG Rn. 25 ff.). 3. Anwendungsvorrang des § 276a InsO in der vorläufigen Eigenverwaltung § 15b InsO findet während der vorläufigen Eigenverwaltung, d. h. vom Zeit- 11 punkt der Bestellung des vorläufigen Sachwalters bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Anwendung (BT-Drucks. 19/24181, S. 195). Hier gilt ein Anwendungsvorrang des § 276a Abs. 2, 3 InsO, der die Haftung nach §§ 60, 61 InsO auf das eigenverwaltende Organ des Schuldners erstreckt. Der Gesetzgeber folgt hier der auch bisher richtigen Auffassung von einer Verdrängung der Vorgängernormen, insbesondere des § 64 GmbHG a. F. durch die analoge Anwendung der §§ 60, 61 InsO im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren (vgl. ausführlich Hölzle, ZIP 2018, 1669). § 276a Abs. 2, 3 InsO ist damit zugleich Grundlage für die Annahme, dass der 12 Insolvenzschuldner seiner Obliegenheit, darzustellen, wie er die Fähigkeit, seinen insolvenzrechtlichen Verpflichtungen im Rahmen eines Eigenverwaltungsverfahrens gemäß § 270a Abs. 1 Nr. 4 InsO nachzukommen, sichergestellt hat, nur durch Bestellung des die insolvenzrechtliche Kompetenz verkörpernden Insolvenzpraktikers in das Organ gerecht werden kann. Anderenfalls würden die Steuerungsfunktion der Haftungsanordnung und die tatsächliche Allokation der Entscheidungskompetenz auseinanderfallen, was Fehlanreize begünstigt und den gesetzgeberisch mit § 276a Abs. 2, 3 InsO verfolgten Zweck konterkarierte. Der Nachweis insolvenzrechtlicher Kompetenz allein durch Bestellung eines Generalbevollmächtigten oder gar nur Mandatierung eines Beraters reicht daher nicht aus, eine schlüssige Eigenverwaltungsplanung darzulegen (ausführlich auch §§ 270, 270a InsO Rn. 41).
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4. Massesicherungsgebot (§ 15b Abs. 1 InsO) und Normadressaten a) Normadressaten 13 Die in Erfüllung des Gebots der Massesicherung in § 15b InsO zusammengefassten Zahlungsverbote richten sich an sämtliche nach § 15a InsO insolvenzantragspflichtige Gesellschaften, also vorrangig juristische Personen mit Ausnahme der Vereine und Stiftungen, für welche die Antragspflicht in § 42 Abs. 2 BGB geregelt ist, sowie Gesellschaften mit beschränkter Haftung ohne Rechtspersönlichkeit, für welche § 15a Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 InsO Insolvenzantragspflichten begründen. 14 § 15b InsO knüpft daher hinsichtlich der Normadressaten unmittelbaren das Bestehen von Insolvenzantragspflichten nach § 15a InsO an. 15 Haftungsadressaten des § 15b InsO sind, wie nach den Vorgängerregelungen auch, zunächst freilich die statutarisch bestellten Organe (Geschäftsführer, Vorstände), aber auch faktische Organe (BGH, ZIP 2019, 1659; BGH, ZIP 2008, 1026), Mitglieder eines gesetzlich verpflichtenden Aufsichtsrats (BGH, ZIP 2009, 860; OLG Düsseldorf, ZIP 2012, 2299; OLG Hamburg, ZIP 2015, 867) und, nach streitiger aber verbreiteter Auffassung (zum Streitstand Beck, GmbHR 2017, 181; ausführlich auch Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 64 Rn. 14), bei Führungslosigkeit der Gesellschaft im Sinne des § 15a Abs. 3 InsO auch die Gesellschafter. b) Zahlungsverbot ab Eintritt der Insolvenzreife und Verschulden 16 § 15b Abs. 1 Satz 1 InsO statuiert ein grundsätzliches Zahlungsverbot im Stadium der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, also ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Insolvenzreife. Damit knüpft die Vorschrift an den auf die einzelnen gesellschaftsrechtlichen Kodifikationen verteilten Rechtszustand vor dem 1.1.2021 an, ohne dass damit zunächst Änderungen im Haftungsmaßstab verbunden wären (BT-Drucks. 19/24181, S. 194). 17 Von dem Zahlungsverbot sind zunächst grundsätzlich sämtliche Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife erfasst. Der Begriff der Zahlung ist, wie auch in den bisherigen Regelungen (vgl. BGH, ZIP 2009, 956; BGH, ZIP 200, 184) und entsprechend der masseschützenden Zielrichtung des Zahlungsverbots weit auszulegen (BT-Drucks. 19/24181, S. 194). Von dem Begriff der Zahlung ist über die konkrete Geldleistung hinaus jede sonstige Schmälerung des zur Gläubigerbefriedigung geeigneten Aktivvermögens erfasst (mit Nachw. im Einzelnen z. B. Bitter, in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 112). Die Betrachtung hat dabei unter Beachtung eines grundsätzlichen Saldierungsverbots als Einzelbetrachtung zu erfolgen. Die haftungsrelevante Handlung liegt deshalb in jeder einzelnen Zahlung; der Ersatzanspruch ist nicht auf die Erstattung des Quotenschadens, sondern im Grundsatz auf die Summe aller Einzelzahlungen gerichtet (BGH, ZIP 2017, 1619). Hieran hat sich nichts geändert.
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§ 15b Abs. 1 Satz 2 InsO nimmt von dem Zahlungsverbot ebenfalls unter Fort- 18 setzung der Vorgängerregelungen solche Zahlungen aus, die mit der Sorgfalt eines ordnungsgemäßen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind. Damit macht der Gesetzgeber deutlich, dass es sich auch bei § 15b Abs. 1 InsO, 19 wie insbesondere bei der Vorgängerregelung des § 64 GmbHG a. F., um eine verschuldensabhängige Vorschrift handelt. Der Ersatzanspruch gegen das Organ setzt daher Verschulden hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale voraus, also nicht nur hinsichtlich der Zahlungen selbst, sondern insbesondere auch in Bezug auf die Insolvenzreife; einfache Fahrlässigkeit genügt (BGH, ZIP 2020, 1239; BGH, ZIP 2012, 1174). Aus § 15b Abs. 1 Satz 2 InsO folgt aber auch, dass zugunsten der Gesellschaft 20 die Pflichtwidrigkeit der Zahlung und das Verschulden des Geschäftsführers grundsätzlich vermutet werden, wenn eine vom Organ veranlasste Zahlung nach Eintritt der Insolvenzreife vorgenommen wurde (BGH, ZIP 2016, 1119; BGH, ZIP 2012, 1557; BGH, ZIP 2009, 860). Für den Beginn des mit der Ersatzpflicht des Organs bewehrten Zahlungs- 21 verbots genügt daher auch weiterhin der für das Organ erkennbare Eintritt der Insolvenzreife; die Beweislast für fehlende Erkennbarkeit trifft das Organ (BGH, ZIP 2000, 184). Die an den Nachweis der fehlenden Erkennbarkeit zu stellenden Anforderungen sind sehr streng, weil das Organ verpflichtet ist, für eine Organisation der Geschäftsabläufe zu sorgen, die ihm einen jederzeitigen Überblick über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft ermöglicht; dies gilt auch in Ansehung der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Überwachung im Rahmen der grundsätzlich anzuerkennenden Ressortverteilung zwischen mehreren Organen (BGH, ZIP 2019, 261). In Abweichung von den Vorgängerregelungen wird der Sorgfalts- und damit 22 der Verschuldensmaßstab des § 15b Abs. 1 InsO durch die Konkretisierung der gesetzlichen Vermutungen in § 15b Abs. 2, 3 InsO neu gefasst und systematisch neu ausgerichtet (vgl. Rn. 23 ff.). Wichtig ist allerdings festzuhalten, dass es sich sowohl bei § 15b Abs. 2 InsO als auch bei § 15b Abs. 3 InsO lediglich um gesetzliche Vermutungen und daher Annahmen für den Regelfall handelt; unter Berücksichtigung eines strengen Maßstabes sind im Einzelfall Abweichungen von dieser gesetzlichen Vermutung möglich und ist der Gegenbeweis eröffnet. 5. Exkulpation: Zahlungen im ordnungsmäßigen Geschäftsgang (§ 15b Abs. 2, 3 InsO) a) Regelvermutung: Keine Exkulpation im Insolvenzverschleppungszeitraum (§ 15b Abs. 3 InsO) § 15 Abs. 3 InsO statuiert eine gesetzliche Vermutung dahingehend, dass eine 23 haftungsrechtliche Privilegierung von Zahlungen, die im Zeitraum einer Insolvenzverschleppung, d. h. nach Ablauf des für eine rechtzeitige Antragstellung
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maßgeblichen Zeitpunkts, vorgenommen werden, in der Regel nicht in Betracht kommt (BT-Drucks. 19/24181, S. 194). Ist der für die rechtzeitige Antragstellung maßgebliche Zeitpunkt überschritten, besteht die primäre Pflicht des gewissenhaft und ordnungsgemäß handelnden Organs wenn nicht allein, so jedenfalls vorrangig darin, den überfälligen Insolvenzantrag zu stellen (vgl. BT-Drucks. 19/24181, S. 195). Lege artis handelt das Organ nämlich in dieser Situation nur noch durch Stellung des Insolvenzantrages, nicht mehr durch die mutmaßlich auch im Gläubigerinteresse betriebene Abwendung von Risiken für die Gläubigergemeinschaft im Rahmen der fortgesetzten Geschäftsleitung. Die Entscheidungsprärogative, welche Maßnahmen zur Wahrung der Gläubigerinteressen zu ergreifen sind, obliegt nämlich nach Eintritt der Insolvenzantragspflicht nicht mehr dem Organ, sondern allein dem dazu – in der jeweiligen Verfahrensart – berufenen Amtswalter. Dem Organ ist es nach Eintritt der Insolvenzantragspflicht vielmehr ausdrücklich verboten, das Unternehmen auf Kosten und Gefahr der Gläubigergesamtheit mit dem Risiko weiterer Massenminderungen fortzuführen (BGH, ZIP 2020, 1239; BGH, ZIP 2019, 1719; BGH, ZIP 2015, 1480). 24 Der maßgebliche Antragszeitpunkt bestimmt sich nach § 15a InsO. Die Antragsfrist des § 15a InsO beginnt daher mit dem objektiven Eintritt des jeweiligen Insolvenzgrundes unabhängig von subjektiven Merkmalen zu laufen (so zutreffend Klöhn, in: MünchKomm-InsO, § 15a Rn. 119). Die Frage der Erkennbarkeit des Eintritts des Insolvenzgrundes stellt sich erst auf der Verschuldensebene. 25 Der Insolvenzantrag ist nach Eintritt des Insolvenzgrundes grundsätzlich unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern zu stellen. Nach wie vor gewährt das Gesetz aber im Fall des Bestehens ernsthafter Aussichten auf nachhaltige Beseitigung (BGH, ZIP 2007, 1060) des Insolvenzgrundes innerhalb der Höchstfrist im Gläubigerinteresse eine Karenzperiode, weil es für die Befriedigung der Gläubigeransprüche vorteilhafter sein kann, die Insolvenz abzuwenden, als das Insolvenzverfahren durchzuführen. Im Fall des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO ist der Insolvenzantrag unverändert längstens innerhalb von drei Wochen, im Fall des Eintritts der Überschuldung im Sinne des § 19 InsO infolge der Verlängerung der Antragspflicht durch das SanInsFoG längstens nach Ablauf von sechs Wochen zu stellen. 26 Dogmatisch handelt es sich nicht um eine (disponible) Frist im prozessualen Sinn, sondern um eine nicht, auch nicht mit Zustimmung sämtlicher Gläubiger verlängerbare zeitliche Höchstbegrenzung im Rahmen der Ausübung des Ermessens, eine Sanierung noch zu versuchen (Klöhn, in: MünchKomm-InsO, § 15a Rn. 117). Stellt sich zu einem früheren Zeitpunkt als dem Ablauf der Karenzfrist heraus, dass keine Erfolgsaussichten (mehr) bestehen, den Insolvenzgrund innerhalb der Karenzfrist nachhaltig zu beseitigen, darf die Karenzfrist nicht ausgeschöpft werden, sondern ist der Insolvenzantrag umgehend zu stellen.
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Unverändert verbleibt es also dabei, dass die in § 15a InsO geregelten Höchst- 27 fristen nicht ausgeschöpft werden dürfen, wenn vor Ablauf der Fristen feststeht, dass eine nachhaltige Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit bzw. der Überschuldung innerhalb der Frist erwartet werden kann (vgl. BT-Drucks. 19/ 24181, S. 193). Da es sich bei § 15a InsO um eine ausschließlich gläubigerschützende Vorschrift handelt, ist für die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens, ob die nachhaltige Beseitigung des Insolvenzgrundes innerhalb der Karenzzeit noch erwartet werden kann, ausschließlich das Gläubigerinteresse maßgeblich. Zu beurteilen ist dies aus der Ex-ante-Perspektive aus der Sicht des Antragspflichtigen, der die Sanierung nicht länger versuchen darf, wenn feststeht oder sich abzeichnet, dass eine rechtzeitige Sanierung nicht ernstlich zu erwarten ist. Der Grad der Wahrscheinlichkeit hängt dabei vom Einzelfall und insbesondere von dem Risiko für die betroffenen Gläubiger ab. Je größer das Risiko einer Schädigung der Gläubiger(-gesamtheit) ist, umso gewissenhafter ist zu überlegen, ob dieses Risiko um der Aussichten und Vorzüge einer Sanierung willen in Kauf genommen werden kann und muss (BGHZ 75, 96, 111). Diese Aussichten ist der Geschäftsleiter darzulegen und nötigenfalls zu doku- 28 mentieren verpflichtet, weshalb der Beleg hinreichender Sanierungsaussichten jedenfalls das Vorhandensein eines entsprechenden Sanierungskonzepts bzw. -plans erfordert. Mit Ablauf der Karenzzeit, d. h. mit Ablauf von längstens drei (§ 17 InsO) bzw. 29 sechs (§ 19 InsO) Wochen nach objektivem Eintritt des Insolvenzgrundes, ist unbeschadet auch fortbestehender Sanierungsaussichten Insolvenzantrag zu stellen. Die Antragsfrist darf daher nicht mit der Frage des Bestehens einer positiven Fortführungsprognose verwechselt werden, die bereits den Tatbestand des § 19 Abs. 2 InsO entfallen und damit die Insolvenzantragspflicht und den Eintritt des Zahlungsverbots gar nicht erst entstehen lässt. Die Prüfung auch überwiegend wahrscheinlicher Aussichten auf die erfolgreiche Durchführung einer präventiven Restrukturierung nach StaRUG erfolgt daher ausschließlich auf Ebene des Tatbestands des § 19 Abs. 2 InsO und nicht (auch) im Tatbestand des § 15b InsO. Ist der Antragszeitraum verstrichen oder darf dieser ob der konkreten Um- 30 stände des Einzelfalls nicht ausgeschöpft werden, so tritt mit der sofortigen Insolvenzantragspflicht auch das Zahlungsverbot des § 15b Abs. 1 Satz 1 InsO in Kraft und kann die Exkulpation nach § 15b Abs. 1 Satz 2 InsO gemäß § 15b Abs. 3 InsO in aller Regel nicht (mehr) gelingen. Eine Exkulpation wäre nur noch unter Ausnahmebedingungen (BT-Drucks. 19/24181, S. 195) überhaupt denkbar; gerade die Pflichtenkollision zu anderen Leistungspflichten (Steuer, Sozialversicherung) ist kein solcher Ausnahmetatbestand (mehr). Auch die mutmaßlich notwendige Erfüllung von Zahlungspflichten zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes (typischerweise Strom, Gas, Wasser) ist von diesem Ausnahmetatbestand ausdrücklich nicht erfasst, weil es gerade nicht mehr in der Disposition des Geschäftsleiters liegt, den Antragszeitpunkt beliebig 555
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hinauszuschieben und mit dem Argument, die Fortführungsmöglichkeit im Gläubigerinteresse erhalten zu haben, Zugang zu einer Enthaftung zu erlangen. Einzige Handlungsoption des Geschäftsleiters lege artis ist die Stellung des Insolvenzantrages. Zu anderen gläubigerschützenden oder die Befriedigungsaussichten erhaltenden Maßnahmen ist der Geschäftsleiter nicht länger berechtigt. 31 Nicht gelöst ist für den Geschäftsleiter damit die mögliche Haftungsgefahr innerhalb des für die Feststellung des objektiven Eintritts von Insolvenzgründen erforderlichen Zeitraums. Dieser kann mitunter in Abhängigkeit von den konkreten Umständen des Einzelfalls, vor allem bei der Einbindung in komplexe Konzernverhältnisse und vor allem auch Cash-pool-Gestaltungen eine erhebliche Zeit in Anspruch nehmen und zu dem Ergebnis gelangen, dass die Antragshöchstfristen im Zeitpunkt der objektiven Feststellung bereits abgelaufen sind. Eine Exkulpation kommt dann nach § 15b Abs. 3 InsO grundsätzlich nicht mehr in Betracht, weshalb auch der Übergang zur überkommenen Notgeschäftsführung während des Feststellungszeitraums die Exkulpation grundsätzlich nicht bewirken kann. Den Geschäftsführer in dieser Phase aber allein darauf zu verweisen, dass die Exkulpation ausschließlich über die Darlegung und nötigenfalls den Beweis gelingen kann, dass der Eintritt der Insolvenzreife für ihn nicht erkennbar war, wäre nicht sachgerecht. 32 In Anlehnung an die allgemeine Systematik des § 15b InsO ist daher für die Bestimmung eines die gesetzliche Vermutung widerlegenden Ausnahmetatbestandes im Rahmen des § 15b Abs. 3 InsO ebenfalls darauf abzustellen, ob das handelnde Organ seine Geschäftsleitung erkennbar am Gläubigerinteresse orientiert und sich nach objektiven Maßstab aus der Ex-ante-Perspektive pflichtgemäß im Sinne der bestmöglichen Wahrung der Gläubigerinteressen verhalten hat. Dies ist trotz Verstreichens der Antragshöchstfrist ausnahmsweise anzunehmen, wenn und soweit bei ersten, sich im Rahmen einer ordnungsgemäßen Unternehmensorganisation ergebenden und potenziell erkennbaren Anzeichen, dass die Prüfung des etwaigen Eintritts von Insolvenzgründen unter Wahrung der größtmöglichen unternehmerischen Vorsicht veranlasst sein könnte, diese unverzüglich, sachgerecht eingeleitet sowie bestmöglich gefördert und beschleunigt wird. Der Ausnahmetatbestand ist einerseits zwar eng zu fassen, andererseits aber auch erforderlich, um die Fälle, die bislang mit der Notgeschäftsführung bewältigt werden konnten auch künftig im bestverstandenen Gläubigerinteresse handhaben zu können. 33 Ist der Ausnahmetatbestand erfüllt, so greift nach der gesetzlichen Systematik § 15b Abs. 2 Satz 1 InsO, ist der Geschäftsleiter daher zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes in ordnungsgemäßen Geschäftsgang berechtigt und für die in diesem Zusammenhang geleisteten Zahlungen exkulpiert (vgl. Rn. 35 ff.). Angesichts der unsicheren, auf einen nach der Gesetzesbegründung auf Ausnahmebedingungen beschränkten Tatbestand gründenden Rechtslage verbleiben aber erhebliche Unsicherheiten für das geschäftsleitende Organ
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und damit erhebliche Haftungsgefahren. Die Haftungssituation hat sich insoweit gegenüber den Vorgängerregelungen erheblich verschärft. b) Keine Exkulpation durch Folgepflicht (§ 15b Abs. 4 Satz 3 InsO) Das gläubigerschützende Zahlungsverbot steht ebenso wenig, wie es zur 34 Disposition der Geschäftsleitung steht, zur Disposition anderer Organe. Das Befolgen einer Gesellschafterweisung oder das Handeln in Ausübung eines Beschlusses anderer Organe exkulpieren den Geschäftsleiter nach § 15b Abs. 4 Satz 3 InsO ausdrücklich nicht, soweit die Realisation der Haftung zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist. Nur wenn höhere Zahlungen ausgeführt worden sind und grundsätzlich die Haftung des verantwortlichen Organs nach § 15b Abs. 1 Satz 1 InsO begründen, die Geltendmachung des Haftungsanspruchs aber für die Befriedigung sämtlicher Gläubiger nicht erforderlich ist, exkulpiert das Handeln in Ausübung der Folgepflicht in Höhe des überschießenden Teils. Dies ist in der Sache auch richtig, weil mit der Vollbefriedigung sämtlicher Gläubiger die Bindung an das Gläubigerinteresse entfällt und der Fokus der Treubindung der Geschäftsleiter wieder auf dem Gesellschaftersinteresse liegt (vgl. Vor § 32 StaRUG Rn. 7); haben diese aber zu der Zahlung angewiesen, liegt eine Pflichtverletzung nicht vor. c) Exkulpation bei Wahrung des Gläubigerinteresses (§ 15b Abs. 2 InsO) Das an das pflichtgemäße Verhalten des Geschäftsleiters anknüpfende Sorg- 35 faltskonzept des § 15b Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 InsO soll die ordnungsmäßige Fortführung des Geschäftsbetriebes so lange ermöglichen, wie dies im Gläubigerinteresse liegt. § 15b Abs. 2 InsO unterstreicht dogmatisch daher die Bindung der Geschäftsleiter ausschließlich an das Gläubigerinteresse jedenfalls vom Zeitpunkt des Eintritts der Insolvenzreife an (zur auch früheren Bindung der Geschäftsleiter an das Gläubigerinteresse bereits ab dem Zeitpunkt des Eintritts der drohenden Zahlungsunfähigkeit vgl. §§ 29, 30 StaRUG Rn. 9 ff.; § 32 StaRUG Rn. 5). Die Antragsfristen des § 15a InsO bestimmen die zeitliche Höchstgrenze im 36 Rahmen der pflichtgemäßen, am Gläubigerinteresse orientierten Ermessensausübung, ob für Sanierungsmaßnahmen noch eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht oder sogleich Insolvenzantrag zu stellen ist. Solange die pflichtgemäße Ermessensausübung das Betreiben von Sanierungsmaßnahmen anstelle der sofortigen Stellung des Insolvenzantrages zulässt, soll der Geschäftsleiter außerhalb der engen Grenzen der Notgeschäftsführung, wie sie bis zum 31.12.2020 gegolten haben, zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes im ordnungsgemäßen Geschäftsgang berechtigt bleiben (BT-Drucks. 19/24181, S. 194). Auch die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes im ordnungsgemäßen Geschäftsgang dient daher allein dem Gläubigerinteresse und keinem Selbstzweck.
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37 Nach § 15b Abs. 2 Satz 1, 2 InsO statuieren deshalb die gesetzliche Vermutung, dass Zahlungen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes, die sich innerhalb der pflichtgemäßen Ermessensausübung eines anstelle der sofortigen Insolvenzantragsstellung noch gestatteten Sanierungsversuchs bewegen mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind, soweit sie sich im ordnungsgemäßen Geschäftsgang halten. 38 Die Anwendung der gesetzlichen Vermutung zur Exkulpation setzt daher dreierlei voraus: (1) Das legitime Zuwarten mit dem Insolvenzantrag innerhalb der Antragshöchstfrist. (2) Die Zweckdienlichkeit der Zahlung zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes im maßgeblichen Zeitraum. (3) Die Zuordnung der Zahlung zum ordnungsgemäßen Geschäftsgang. 39 Der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes dient die Zahlung nur, wenn sie erforderlich ist, um innerhalb des ermessensgerecht maßgeblichen Zeitraums, bis die nachhaltige Überwindung der Insolvenzgründe voraussichtlich erreichbar ist, den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Zahlungen für Zeiträume, die den ermessensgerecht zugrunde zu legenden Zeithorizont überschreiten, dienen grundsätzlich nicht der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes im Gläubigerinteresse, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, welche die Notwendigkeit der Zahlung bereits zum konkreten Zeitpunkt für die Zukunft zwingend erfordern, weil anderenfalls die Fortführung auch innerhalb des maßgeblichen Zeitraums gefährdet wäre. Vergleichsmaßstab für die Beurteilung kann hier stets die Frage sein, ob auch ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Blick auf die Erreichbarkeit der Verfahrensziele die Zahlung ausgelöst haben würde. 40 Darüber hinaus muss es sich um Zahlung im ordnungsgemäßen Geschäftsgang handeln. Außerordentliche Geschäftsführungsmaßnahmen sind im Insolvenzantragszeitraum daher grundsätzlich auch dann nicht gerechtfertigt, wenn sich die geschäftsleitenden Organe noch innerhalb eines legitimen Sanierungsversuchs befinden und deshalb zur Insolvenzantragstellung konkret noch nicht verpflichtet sind. 41 Nicht bereits auf Ebene des § 15 Abs. 2 Satz 1, 2 InsO kann die Geschäftsleiter aber der Umstand exkulpieren, dass während der notwendigen Zeit für die Feststellung des objektiven Eintritts von Insolvenzgründen der Geschäftsbetrieb im ordnungsgemäßen Geschäftsgang hat aufrechterhalten werden sollen. Wie gesehen (Rn. 24), knüpft § 15 Abs. 1 Satz 1 InsO an das objektive und kenntnisunabhängige Vorliegen von Insolvenzgründen an. Da § 15 Abs. 2 Satz 1, 2 InsO die Exkulpation nur innerhalb der Höchstfristen ermöglicht, scheidet eine Exkulpation nach diesen Vorschriften auch dann aus, wenn die Höchstfristen im Zeitpunkt der erstmaligen Kenntniserlangung der geschäfts-
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6. Rechtsfolge
leitenden Organe von dem objektiven Eintritt des Insolvenzereignisses bereits abgelaufen waren. Die Exkulpation kann dann nur noch auf Verschuldensebene dadurch gelingen, dass der Haftungsschuldner dargelegt und nötigenfalls beweist, dass er von dem Eintritt des Insolvenzgrundes keine Kenntnis hat haben können (vgl. Rn. 21). Für die Bewältigung der Haftungsgefahren für das geschäftsleitende Organ während des für die Festellung der Insolvenzreife erforderlichen Zeitraums bietet das Gesetz gegenwärtig keine verlässliche Lösung an (vgl. Rn. 31 f.). d) Exkulpation durch Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters Hat das antragspflichtige Organ des Insolvenzschuldners Insolvenzantrag 42 gestellt, so hat es alles Erforderliche getan, seiner Antragspflicht aus § 15a InsO nachzukommen. Die Massesicherung wird nach Antragstellung nicht mehr durch § 15b InsO, sondern durch die nach § 21 InsO in pflichtgemäßem Ermessen anzuordnenden Sicherungsmaßnahmen gewährleistet. An die Stelle der Pflicht des Geschäftsleiters zur Wahrung der Gläubigerinte- 43 ressen tritt die Pflicht des regelmäßig zu bestellenden vorläufigen Insolvenzverwalters, sämtliche Maßnahmen im Eröffnungsverfahren am Massesicherungsgebot und später an den Zielen des Insolvenzverfahrens auszurichten. Diese Pflicht des vorläufigen Insolvenzverwalters ist nach §§ 21 Abs. 2 Nr. 1, 60 InsO ebenfalls haftungsbewehrt. Für eine daneben bestehende Haftung des Geschäftsleiters aus § 15b Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 InsO ist kein Raum. Obgleich das Zahlungsverbot auch nach Insolvenzantragstellung bis zur Er- 44 öffnung des Insolvenzverfahrens fortbesteht, bewirkt die Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters zu der Zahlung nach § 15b Abs. 2 Satz 3 InsO eine im Übrigen voraussetzungslose Exkulpation, weil sich die verhaltensversteuernde Haftungsanordnung aus §§ 21 Abs. 2 Nr. 1, 60 InsO und nicht länger aus § 15b Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 InsO ergibt (vgl. BT-Drucks. 19/24181, S. 195). 6. Rechtsfolge a) Vermutung eines Gesamtgläubigerschadens in Höhe der Zahlungen Mit der Schaffung des § 15b InsO entscheidet der Gesetzgeber den Theorien- 45 streit über die Rechtsnatur der Haftung wegen Verstoßes gegen das Massesicherungsgebot nicht (BT-Drucks. 19/24181, S. 195). Vielmehr werden die bisher vertretenen Theorien zu einem einheitlichen Ansatz verbunden. § 15b InsO dient nicht dem Ersatz eines Quotenschadens der Gläubiger, 46 sondern soll unter Beibehaltung der Einzelbetrachtung zunächst sämtliche Vermögensabflüsse ausgleichen, die unter Verstoß gegen das Zahlungsverbot erfolgt sind. Allerdings trägt der Gesetzgeber auch dem Umstand Rechnung, dass eine Erstattungspflicht des Haftungsschuldners ausnahmsweise nicht geboten ist, wenn die Zahlung im Gläubigerinteresse lag, weil sie bei unmittel-
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§ 15b InsO – Zahlungen und Verjährung
barer wirtschaftlicher Betrachtung nicht zu einer Verringerung des schuldnerischen Vermögens geführt hat. Maßstab ist auch hier daher das Gläubigerinteresse, dem der gesamte Normenkomplex der §§ 15a, 15b InsO untergeordnet ist. 47 Das Gesetz setzt diese Regelungtechnik in § 15b Abs. 4 Satz 1 InsO dadurch um, dass zunächst unter Beibehaltung der überkommenen Einzelbetrachtung (Rn. 4) die Summe sämtlicher nicht privilegierter Zahlungen einer Erstattungspflicht unterliegt, das Gesetz daher eine Vermutung des Eintritts eines Gesamtgläubigerschadens in Höhe der Summe der verbotswidrig geleisteten Zahlungen aufstellt (BT-Drucks. 19/24181, S. 195). Für die Gesellschaft (und den Insolvenzverwalter) streitet daher unverändert die Vermutung für die Pflichtwidrigkeit und des Verschuldens hinsichtlich sämtlicher vom Organ veranlassten Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife (vgl. BGH, ZIP 2016, 1119; BGH, ZIP 2012, 1557; BGH, ZIP 2009, 860). 48 Der Insolvenzverwalter genügt daher nach wie vor und unverändert seiner Darlegungs- und Beweislast, indem er lediglich den Eintritt der Insolvenzreife und die Ausführung der zur Erstattung verlangten Zahlungen aus dem Vermögen des Schuldners darlegt und nötigenfalls beweist. Mehr ist auch nach der Neufassung des § 15b InsO nicht geschuldet. Es kann daher auf die bislang insbesondere zu § 64 GmbHG a. F. entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden (vgl. statt Vieler Bitter, in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 186 ff.). b) Gegenbeweis eines geringeren Gesamtgläubigerschadens 49 Wird der Haftungsumfang grundsätzlich durch die Summe der Auszahlungen bestimmt, so steht dem Haftungsschuldner der Gegenbeweis offen, dass der Gesamtgläubigerschaft ein geringerer Schaden als die Summe sämtlicher Zahlungen entstanden ist. Dies knüpft an den so genannten bargeschäftsähnlichen Einwand bzw. die kompensierende Gegenleistung, wie in der BGH-Rechtsprechung entwickelt (vgl. zuletzt BGH, ZIP 2020, 2453), an. 50 An die Darlegungs- und Substantiierungslast des Haftungsschuldners sind hohe Anforderungen zu stellen. 51 Dies folgt bereits daraus, dass der Gesetzgeber mit der Anknüpfung der Exkulpation an das Pflichtwidrigkeitsmodell (Rn. 20) deutlich macht, dass die Interessen des pflichtwidrig handelnden Geschäftsleiters deutlich hinter die Interessen der Gesamtgläubigerschaft zurückzutreten haben und es allein in der Hand des Geschäftsleiters liegt, sich durch rechtzeitige Antragstellung aus der Haftungsmisere zu befreien. Dieser Grundgedanke des Gesetzgebers darf nicht durch die Statuierung zu geringer Anforderungen an die Darlegungsund Substantiierungslast unterlaufen werden. Insbesondere kann sich der Haftungsschuldner daher nicht durch die pauschale Behauptung, ein Schaden in Höhe der Zahlung sei nicht entstanden und das Angebot eines Sachver-
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6. Rechtsfolge
ständigenbeweises hierfür der Substantiierungslast entziehen (vgl. Bitter, ZIP 2021, 321, 329). Schon aus systematischen Gründen wird der Gegenbeweis nur unter strikter 52 Beachtung der Adäquanztheorie auf einer ersten Stufe und im Falle des Scheiterns der Entlastung auf dieser Stufe durch arithmetische Schadensermittlung auf einer zweiten Stufe geführt werden können. Von dem Zeitpunkt des Eintritts der Antragspflicht an ist bei unterstelltem 53 Verhalten lege artis die Ausführung von Zahlungen nur noch unter Beachtung des insolvenzrechtlichen Massesicherungsgebots nicht aus § 15b InsO, sondern vielmehr aus § 21 InsO möglich. Mit Eingang des Insolvenzantrages hat das Insolvenzgericht nämlich über die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen zu entscheiden und wird, soll das Unternehmen im Insolvenzeröffnungsverfahren fortgeführt werden, einen vorläufigen Insolvenzverwalter oder ggf. einen vorläufigen Sachwalter bestellen. Für die Bestimmung, ob Zahlungen im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, gilt dann aber ein anderer Haftungs- und Pflichtenmaßstab als derjenige aus § 15b InsO, nämlich derjenige aus §§ 60, 61 InsO. Dies zeigt einerseits die voraussetzungslose Privilegierung von Zahlungen mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters, die ihre Legitimation gerade in der an die Stelle des § 15b InsO tretenden Haftung nach § 60 InsO (BT-Drucks. 19/24181, S. 195) hat, ebenso wie der Anwendungsvorrang des § 276a Abs. 2, 3 InsO i. V. m. § 60 InsO. Mit Eintritt der Insolvenzantragspflicht tritt bei unterstellt pflichtgemäßer Antragstellung durch das hierzu verpflichtete Organ daher an die Stelle des Haftungsmaßstabs aus § 15b InsO also vorrangig derjenige aus § 60 InsO. Die Haftung nach § 60 InsO unterscheidet sich auch von der allgemeinen ge- 54 sellschaftsrechtlich Haftung, weil sie anderen Grundsätzen der Bestimmung des Pflichten- und Haftungsmaßstabs unterliegt. Insbesondere für die Bestimmung, ob eine Zahlung im ordentlichen Geschäftsgang erfolgt, gilt im Anwendungsbereich des § 60 InsO nicht die zu § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG entwickelte Business Judgement Rule, sondern der eigenständige insolvenzspezifische Haftungsmaßstab des ordentlich und gewissenhaft handelnden Insolvenzverwalters, der sein Handeln (ausschließlich) an den Zielen des Insolvenzverfahrens ausrichtet (BGH, ZIP 2020, 1080). Stellt das hierzu verpflichtete Organ jedoch pflichtwidrig keinen Insolvenz- 55 antrag, so vereitelt es damit die Verlagerung des Haftungsmaßstabes von § 15b InsO auf § 60 InsO. Schutzgut der §§ 15a, 15b InsO ist damit nicht allein die konkrete vermögensrechtliche Zusammensetzung der (künftigen) Insolvenzmasse im Interesse der Gläubiger, sondern auch die Wahrung der Allokation der Entscheidungskompetenzen zu dem insolvenzrechtlich allein dem Gläubigerinteresse verpflichteten Organ, allen voran dem vorläufigen Insolvenzverwalter. Vereitelt der Schuldner die Ausübung dieser Kompetenzen durch Unterlassen der Antragstellung, maßt der sich eine Entscheidungskompetenz an, die das Gesetz ihm nicht (mehr) zuweist. Dies liegt auf der Linie der jünge-
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§ 15b InsO – Zahlungen und Verjährung
ren BGH-Rechtsprechung, in welcher ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass der Schuldner nicht berechtigt ist, das Unternehmen auf Kosten und Gefahr der Gläubigergesamtheit mit dem Risiko weiterer Masseminderung fortzuführen (BGH, ZIP 2019, 1719; BGH, ZIP 2015, 1480). 56 Daraus folgt, dass für die Erbringung des Gegenbeweises, dass der Gesamtgläubigerschaft ein geringerer Schaden als die Summe sämtlicher Zahlungen entstanden ist, es auf der ersten Stufe den Nachweis erfordert, dass ein vorläufiger Insolvenzverwalter bei rechtzeitiger Antragstellung die Zahlung in derselben Weise (und auch unter Berücksichtigung künftiger Optionen z. B. aus §§ 103 ff. InsO, §§ 129 ff. InsO etc.) veranlasst bzw. ihr zugestimmt haben würde und die kompensierende Gegenleistung, die bei Ausführung der Zahlung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter zur (künftigen) Insolvenzmasse gelangt wäre, gleichfalls noch wertkongruent im Zeitpunkt der Antragstellung im Vermögen des Schuldners vorhanden, die Zahlung für den Schaden daher nicht adäquat kausal war. 57 Lässt sich dieser Nachweis nicht führen, obliegt es dem Haftungsschuldner auf der zweiten Stufe im Rahmen des Vollbeweises für den gesamten Insolvenzverschleppungszeitraum unter vollständiger Substantiierung des Beginns des Zeitpunkts der Insolvenzverschleppung arithmetisch darzulegen, welche konkret messbaren und nach wie vor für die Gläubigerbefriedigung zur Verfügung stehenden Vorteile nach den in der BGH-Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der kompensierenden Gegenleistung (vgl. BGH, ZIP 2020, 2453) durch die jeweils veranlasste Zahlung unmittelbar kausal bewirkt worden sind. 7. Unverzichtbarkeit der Ansprüche (§ 15b Abs. 4 Satz 4,5 InsO) 58 Da die Ansprüche aus § 15b InsO nicht der Disposition der Gesellschaftsorgane unterliegen, ist nach § 15b Abs. 4 Satz 4 InsO auch ein Verzicht der Gesellschaft auf die Erstattung-oder Ersatzansprüche oder ein Vergleich über diese Ansprüche unwirksam. Das gilt nach § 15b Abs. 4 Satz 5 InsO nicht, wenn der Haftungsschuldner zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen mit seinen Gläubigern vergleicht, wenn die Haftungsschuld in einem Insolvenzplan geregelt wird oder wenn ein Insolvenzverwalter für den Anspruchsberechtigten, also die juristische Person handelt. Gerade in letzterem Fall ist anzunehmen, dass der Vergleich das Gläubigerinteresse bestmöglich realisiert, weil der Insolvenzverwalter auf dieses verpflichtet und nicht zuletzt durch § 60 InsO zu dessen bestmöglicher Realisierung angehalten ist. 8. Besonderheiten für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 15b Abs. 8 InsO) 59 § 15b Abs. 8 InsO stellt – im Grunde redundant (vgl. Bitter, ZIP 2021, 321, 328) – klar, dass der sich im Rahmen der §§ 15a, 15b Abs. 2 Satz 1, 2 InsO
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9. Verjährung (§ 15b Abs. 7 InsO)
pflichtgemäß verhaltende Geschäftsleiter auch steuerliche Zahlungspflichten nicht zu erfüllen und insoweit keine steuerrechtliche Haftung zu besorgen hat. In Umkehr der geltenden Rechtsprechung stellt § 15b Abs. 8 InsO das Massessicherungsgebot ausdrücklich vor die steuerlichen Zahlungspflichten und kehrt damit zu einer systemkohärenten Einheit der Rechtsordnung zurück. Für die sozialversicherungsrechtlichen Pflichten des Schuldners insbesondere 60 aus § 266a StGB enthält § 15b InsO keine ausdrückliche Regelung. Da § 15b Abs. 8 InsO aber im Grundsatz redundant die sich aus der neuen Konzeption des § 15b Abs. 2, 3 InsO ohnehin ergebenden Systematik nur klarstellt, ist wegen der absolut identischen Interessenlage die analoge Anwendung des § 15b Abs. 8 InsO in Ansehung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nicht nur gerechtfertigt, sondern geboten (ebenso Bitter, ZIP 2021, 321, 328). 9. Verjährung (§ 15b Abs. 7 InsO) § 15b Abs. 7 InsO regelt die Verjährung der Ansprüche nach § 15b InsO. 61 Diese verjähren in fünf Jahren und bei einer Börsennotierung des Schuldners entsprechend § 93 Abs. 6 AktG in zehn Jahren. Die Verjährungsregelung entspricht damit derjenigen des § 43 Abs. 3 StaRUG. Auf die dortige Kommentierung (§ 43 StaRUG Rn. 36) kann ergänzend verwiesen werden.
§ 22a InsO – Vorläufiger Gläubigerausschuss § 22a Bestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses (1) Das Insolvenzgericht hat einen vorläufigen Gläubigerausschuss nach § 21 Absatz 2 Nummer 1a einzusetzen, wenn der Schuldner im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale erfüllt hat: 1. mindestens 6.000.000 Euro Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags im Sinne des § 268 Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs; 2. mindestens 12.000.000 Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag; 3. im Jahresdurchschnitt mindestens fünfzig Arbeitnehmer. (2) Das Gericht soll auf Antrag des Schuldners, des vorläufigen Insolvenzverwalters oder eines Gläubigers einen vorläufigen Gläubigerausschuss nach § 21 Absatz 2 Nummer 1a einsetzen, wenn Personen benannt werden, die als Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses in Betracht kommen und dem Antrag Einverständniserklärungen der benannten Personen beigefügt werden.
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§ 22a InsO – Vorläufiger Gläubigerausschuss
(3) Ein vorläufiger Gläubigerausschuss ist nicht einzusetzen, wenn der Geschäftsbetrieb des Schuldners eingestellt ist, die Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses im Hinblick auf die zu erwartende Insolvenzmasse unverhältnismäßig ist oder die mit der Einsetzung verbundene Verzögerung zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führt. (4) Auf Aufforderung des Gerichts hat der Schuldner oder der vorläufige Insolvenzverwalter Personen zu benennen, die als Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses in Betracht kommen. Übersicht 1. 2.
3.
4.
Gesetzeshistorie ............................. 1 Regelungssystematik: Arten von vorläufigen Gläubigerausschüssen ................................... 10 a) Grundlagen ............................ 10 b) Originärer Pflichtausschuss (Abs. 1) .................................. 16 c) Derivativer Pflichtausschuss (Abs. 2) .................................. 17 Absatz 1 – Größenklassen ........... 26 a) Vorbemerkung ...................... 26 b) Bilanzsumme (Abs. 1 Nr. 1) ... 31 c) Umsatzerlöse (Abs. 1 Nr. 2) ..................................... 32 d) Arbeitnehmerzahl (Abs. 1 Nr. 3) ..................................... 34 e) Keine Ermittlungsobliegenheiten des Insolvenzgerichts ... 35 Absatz 3 – Dispens vom (originären oder derivativen) Pflichtausschuss ........................................... 37 a) Vorbemerkung ...................... 37
5. 6.
7. 8. 9.
b) Eingestellter Geschäftsbetrieb .................................... 38 c) Nachteilige Veränderung der Vermögenslage ...................... 41 aa) Vorbemerkung .............. 41 bb) Fremdantrag .................. 46 cc) Eigenantrag ................... 47 d) Unverhältnismäßigkeit ......... 50 e) Rechtsmittel .......................... 60 Zeitpunkt der Einsetzung des Pflichtausschusses ....................... 61 Absätze 1 und 4 – Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses ....................................... 67 a) Vorbemerkung ...................... 67 b) Auswahl und Besetzung ....... 71 c) ABC möglicher Mitglieder ... 79 Rechte des vorläufigen Gläubigerausschusses ................................... 94 Beendigung des Amtes ................ 98 Schema 1: Vorläufiger Gläubigerausschuss ................................... 103
1. Gesetzeshistorie 1 § 22a InsO ist erst durch das ESUG eingeführt worden und war in der bis zum 29.2.2012 geltenden Fassung der InsO und der bis dortigen Insolvenzpraxis ohne Vorbild. Mit seiner Überschrift „Bestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses“ folgt er nicht der bis zum Inkrafttreten des ESUG und der auch gegenwärtig noch nicht vereinheitlichten Terminologie. Bis zur Einführung des § 22a InsO war von einem „vorläufigen Gläubigerausschuss“ die Rede, wenn dieser mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch das Insolvenzgericht – meist auf Anregung des (noch) vorläufigen Insolvenzverwalters – für die Zeit zwischen Eröffnung des Verfahrens und dem Berichtstermin (§§ 29 Abs. 1 Nr. 1, 156 ff. InsO) in der Regel zur Beschlussfassung bereits über wesentliche Verfahrenshandlungen (Veräußerung des Unternehmens etc.) eingesetzt worden ist. Der von § 22a InsO erfasste Regelungsgegen-
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1. Gesetzeshistorie
stand war demgegenüber als „vor-vorläufiger Gläubigerausschuss“ bekannt, mangels erkennbarer Rechtsgrundlage aber als Institution nicht etabliert. Dies änderte natürlich nichts daran, dass sich auch vor Einführung des § 22a InsO die vorläufigen Insolvenzverwalter mit den wesentlichen Gläubigern ins Benehmen gesetzt haben, wollten sie bereits im vorläufigen Verfahren wesentliche Verfahrenshandlungen durchführen oder solche unmittelbar mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens umsetzen (zum grundsätzlich während der vorläufigen Verwaltung bestehenden Verwertungsverbot, soweit nicht insbesondere verderbliche Ware betroffen ist, allerdings BGH, 14.12.2000 – IX ZB 105/00, ZIP 2001, 296; dagegen zur ggf. bestehenden Zustimmungspflicht zur Verwertung durch einen Absonderungsberechtigten BGH, Urt. v. 5.5.2011 – IX ZR 144/10, ZIP 2011, 1419). § 22a InsO verfolgt dabei jedoch vorrangig ein sehr viel weitergehendes Ziel, 2 nämlich die vom Gesetzgeber offen zu einem der Hauptanliegen des Gesetzes erklärte Stärkung der Gläubigerautonomie und die Vergrößerung des Einflusses der Gläubiger auf die Auswahl der Person des Insolvenzverwalters bereits im Insolvenzeröffnungsverfahren (BT-Drucks. 17/5712, S. 24). So heißt es dort: „Die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses schon im Eröffnungsverfahren und die Beteiligung dieses Ausschusses vor den Entscheidungen des Gerichts soll in Zukunft das Mittel sein, um einen frühzeitigen Einfluss der Gläubiger auf die Auswahl des (vorläufigen) Insolvenzverwalters, auf die Anordnung der Eigenverwaltung und auf die Bestellung des (vorläufigen) Sachwalters sicherzustellen.“
An der Praxistauglichkeit der Vorschrift wurde massive Kritik geübt (Vallender, 3 MDR 2012, 61, 63; Frind, ZinsO 2011, 2249, 2254 ff.; Zuleger, NZI 2011, 136; Riggert, NZI 2011, 121). In der Tat hebt auch der Evaluationsbericht zum ESUG hervor, dass das Gesetz 4 die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Beratern, Verwaltung, Sachwalter und Profi-Gläubigern nicht befriedigend adressiert. Der Einfluss einzelner Gläubiger erweise sich als tendenziell geeignet, ein vollständig unabhängiges Handeln des Sachwalters infrage zu stellen. Die Evaluationskommission hat daher vorgeschlagen, den Gerichten nicht nur explizit zu erlauben, sondern im Rahmen einer Soll-Vorgabe auch vorzugeben, die Sachwalter-Auswahlentscheidung vor einer Antragstellung mit dem Schuldner zu erörtern (ESUGEvaluationsbericht, S. 99 f.). In der Umsetzung dieses Vorschlages wurde § 10a InsO geschaffen. Zu weiteren Änderungen der §§ 22a, 56a InsO in Bezug auf ein Vorschlagsrecht des Gläubigerausschusses zur Person des Sach- oder Insolvenzverwalters sah sich der Gesetzgeber indes nicht veranlasst. Dieser Kritik gegenüber steht die Feststellung, dass das Organ des vorläufigen 5 Gläubigerausschusses sich in der Mehrzahl der Praxisfälle bewährt und als Instrument außerordentlich gut funktioniert hat. Aus der Stärkung des Gläubiger Einflusses, so der Befund der Evaluation, sind eher im geringeren Maße negative Folgen hinsichtlich der besorgten Unabhängigkeit der Insolvenz565
§ 22a InsO – Vorläufiger Gläubigerausschuss
verwalter oder auf die Geltendmachung von Ansprüchen erwachsen (ESUGEvaluationsbericht, S. 27). Es gilt gerade für diese, nach wie vor als zentrale Vorschrift des ESUG zu bezeichnende Regelung, dass ihre Praxistauglichkeit im besonderen Maße der Bereitschaft der handelnden Akteure unterliegt, sich dem „Geiste des ESUG“ unterzuordnen. Denn, dies ist unbestritten: das Missbrauchspotenzial ist enorm. 6 Hinzu kommt, dass die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses vor Benennung eines vorläufigen Insolvenzverwalters vor außerordentliche organisatorische Herausforderungen gestellt wird, wenn die ordnende und leitende Hand des vorläufigen Verwalters (noch) fehlt. Die Koordination, Organisation und Moderation der Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses kann nämlich vom Insolvenzgericht in der absoluten Mehrzahl der Fälle nicht geleistet werden. Den vorläufigen Gläubigerausschuss demgegenüber sich selbst zu überlassen, führte zu solch erheblichen Verzögerungen, dass nachteilige Auswirkungen für das Vermögen des Schuldners in aller Regel zu erwarten sind. In der Praxis ist daher bis dato zu beobachten, dass die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses erst nach der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters erfolgt, wenn nicht, regelmäßig ausgehend von der Schuldnerseite, bereits ein Gläubigerausschuss vorkonstituiert ist und dem Gericht gleichsam mundgerecht (aber prüfbar: vgl. AG Hamburg, ZIP 2013, 1135, wonach der Antrag unzulässig sein soll, wenn die vorgeschlagene Besetzung nicht repräsentativ ist) präsentiert wird. Rechtfertigung für dieses von der gesetzgeberischen Vorstellung in der zeitlichen Abfolge abweichende Vorgehen ist § 22a Abs. 3 InsO. Der vorläufige Gläubigerausschuss ist dann auf das Neubenennungsrecht nach §§ 21 Abs. 2 Nr. 1, 56a Abs. 3 Satz 2 InsO verwiesen. Ob sich diese vereinzelte Praxis in der Zukunft durch Etablierung der Vorgespräche nach § 10a InsO auch dort wird einschränken lassen, wo Gerichte bislang nicht zu einem Vorgespräch bereit waren, wird die weitere Praxis zeigen. Die offene Diskussion über die Einsetzung eines Gläubigerausschusses und vor allem die Person des Sach- oder Insolvenzverwalters gehörte schon bislang zur etablierten Praxis der ordnungsgemäßen Vorbereitung jedenfalls größerer Verfahren und fand bei vielen Gerichten ein offenes Ohr, wenn – gerade in Bezug auf die Verwalterauswahl – auch nicht bei allen Gerichten (vgl. § 10a InsO Rn. 3, 19). 7 Dass der Weg, den Ausschuss erst nach Bestellung des vorläufigen Verwalters einzusetzen, allerdings auch nicht grundsätzlich unzulässig ist, zeigt sich bereits daran, dass § 22a Abs. 4 InsO vorsieht, dass die Vorschläge zur Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses auch vom vorläufigen Insolvenzverwalter gemacht werden können. Das aber ist nur möglich, wenn dieser zuvor bestellt worden ist. Dieselbe Rechtsfolge ergibt sich darüber hinaus aus der Existenz der Vorschrift des § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO und dessen Gesetzesbegründung, wonach gerade diese Fälle abgefedert werden sollen. 8 Nicht hinwegtäuschen darf das aber darüber, dass in der Eröffnung dieser zeitlichen Abstufung auch erhebliches Missbrauchspotenzial liegen kann, wie 566
2. Regelungssystematik: Arten von vorläufigen Gläubigerausschüssen
einer früher Fall nach Inkrafttreten des ESUG, nämlich der Fall Q-Cells gezeigt hat: Hier ist eine von dem Vorschlag des vorkonstituierten vorläufigen Gläubigerausschuss abweichende Bestellungsentscheidung dadurch „gefestigt“ worden, dass der vorläufige Gläubigerausschuss durch das Gericht erst mehrere Wochen nach der Einsetzung des vorläufigen Verwalters erfolgt ist. Völlig unabhängig von der Person des bestellten Verwalters und dessen Qualifikation stand dadurch bereits der „normative Zwang des Faktischen“ einer Entscheidung des vorläufigen Gläubigerausschusses über die Ab- und die Neuwahl des ursprünglich in Aussicht genommenen Verwalters entgegen. Das Gericht ist nicht zuletzt über Art. 20 Abs. 3 GG verpflichtet, die Einset- 9 zungsentscheidung zu treffen. Da das Insolvenzeröffnungsverfahren Eilverfahren ist, ist auch diese Entscheidung (sehr) zeitnah zu treffen und darf das Insolvenzgericht die gesetzlich festgeschriebenen Rechte der Gläubiger nicht durch bloßen Zeitablauf obsolet machen und erledigen. Liegen dem Gericht sämtliche Informationen vor, die für die Ausübung der Ermessensentscheidung über das „Ob“ und das „mit wem“ erforderlich sind, so muss das Gericht zur Vermeidung von Amtshaftungsansprüchen grundsätzlich unverzüglich über die Bestellung des Ausschusses entscheiden. 2. Regelungssystematik: Arten von vorläufigen Gläubigerausschüssen a) Grundlagen § 22a InsO soll die Stärkung der Gläubigerautonomie dadurch gewährleisten, 10 dass in Verbindung mit der in § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO, der die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses im Insolvenzeröffnungsverfahren erst ermöglicht, ein solcher vorläufiger Gläubigerausschuss immer dann und grundsätzlich verpflichtend einzusetzen sein soll (vgl. BT-Drucks. 17/7511, S. 33), wenn das schuldnerische Unternehmen die – durch den Rechtsausschuss – an § 267 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 HGB angeglichenen Größenkriterien erfüllt, § 22a Abs. 1 InsO (vgl. allgemein zur Bildung und Kompetenz des vorläufigen Gläubigerausschusses Frind, BB 2013, 265 ff.). Das durch § 22a InsO geschaffene hohe Maß an Gläubigerautonomie (AG 11 Hamburg, ZIP 2011, 2372, zu einem Altfall [„Sietas“] aber bereits in Ansehung einer „gesetzlichen Vorwirkung“ des ESUG) stellt erhöhte Anforderungen an die Unabhängigkeit des vorgeschlagenen (vorläufigen) Insolvenzverwalters (vgl. AG Stendal, ZIP 2012, 1875; Schmidt/Hölzle, ZIP 2012, 2238) und an die Ausübung der gerichtlichen Aufsicht (AG Hamburg, ZIP 2012, 339 – „Sietas II“). § 22a InsO ist daher restriktiv auszulegen. Mit § 21 Abs. 2 Nr. 1a, 22a InsO sind nunmehr drei verschiedene Arten von 12 Gläubigerausschüssen bekannt: Der vorläufige Gläubigerausschuss des Insolvenzeröffnungsverfahrens (§§ 21 Abs. 2 Nr. 1a, 22a InsO), der Interimsausschuss (mit dieser Terminologie Frind, ZInsO 2011, 2249, 2250) in der Zeit zwischen Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der ersten Gläubigerver-
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§ 22a InsO – Vorläufiger Gläubigerausschuss
sammlung (§ 67 InsO) und der endgültige Gläubigerausschuss (§ 68 InsO) für das eröffnete Verfahren nach der ersten Gläubigerversammlung. Nur über die Einsetzung des endgültigen Gläubigerausschusses entscheiden die Gläubiger; die Einsetzung des Interimsausschusses obliegt allein dem gerichtlichen Ermessen. 13 Für den vorläufigen Gläubigerausschuss i. S. d. § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO ist zu differenzieren. §§ 21 Abs. 2 Nr. 1a, 22a InsO unterscheiden zwischen dem originären Pflichtausschuss nach § 22a Abs. 1 InsO, der allein in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße des Insolvenzschuldners und dem derivaten Pflichtausschuss, der erst auf Antrag eines Verfahrensbeteiligten verpflichtend einzurichten ist (so insgesamt Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 22a Rn. 4 ff.). 14 Auch wenn der derivative Pflichtausschuss nach den Worten des Gesetzes auf Antrag nur eingesetzt werden „soll“ und nicht muss, so gilt für § 22a Abs. 2 InsO doch dieselbe Verbindlichkeit wie für § 22a Abs. 1 InsO. Zwar legt der Gesetzeswortlaut „soll“ in Absatz 2 im Vergleich zu „hat“ in Absatz 1 nahe, dass hier ein Rest gerichtlichen Ermessens verbleibt. Jedoch ist dieses Ermessen gebunden und hat das Gericht dem Antrag grundsätzlich Folge zu leisten, wenn nicht besondere Umstände die Einsetzung eines Gläubigerausschusses verbieten. Dabei muss es sich um Gründe handeln, die über die Befreiungstatbestände in § 22a Abs. 3 InsO hinausgehen, da dieser auch auf den auf Antrag einzusetzenden Gläubigerausschuss Anwendung findet und damit die dort genannten Gründe bereits hinreichend berücksichtigt sind und nicht auch noch Einzug in die gebundene Ermessensentscheidung des Gerichts halten dürfen. 15 Auch bei dem auf Antrag eingesetzten vorläufigen Gläubigerausschuss nach § 22a Abs. 2 InsO handelt es sich deshalb um einen „Pflichtausschuss“. In Abgrenzung zu § 22a Abs. 1 InsO ist dieser aber abgeleitet von dem auf seine Einrichtung gerichteten Antrag, weshalb in der Terminologie die Bezeichnung „derivativer Pflichtausschuss“ richtig scheint. Die Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses ist damit in beiden Fällen grundsätzlich gleichermaßen verpflichtend. Ausnahmen regelt allein § 22a Abs. 3 InsO. Darüber hinaus ist ein freies gerichtliches Ermessen nur für die Einsetzung in weiteren, über die Pflichtausschüsse hinausgehenden Fällen (§ 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO, „fakultativer Gläubigerausschuss“), nicht aber für das Absehen von der Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses eröffnet. b) Originärer Pflichtausschuss (Abs. 1) 16 Die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses ist für das Insolvenzgericht bei dem Vorliegen von zwei der drei in Abs. 1 genannten Größenklassen obligatorisch. Dem Insolvenzgericht ist insoweit kein Entschließungsermessen eingeräumt, solange nicht der mit der Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses verbundene Zeit- und Kostenaufwand unverhältnismäßig erscheint (vgl. BT-Drucks. 17/7511 S. 33). Die Bedeutung des Verhältnismäßigkeits-
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2. Regelungssystematik: Arten von vorläufigen Gläubigerausschüssen
prinzips findet Ausdruck sowohl in der Festlegung der Größenklassen als auch in der Öffnungsklausel nach Abs. 3 (so Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 22a Rn. 6). c) Derivativer Pflichtausschuss (Abs. 2) Der derivative Pflichtausschuss ist unabhängig von dem Vorliegen der Größen- 17 klassen ebenfalls grundsätzlich obligatorisch einzusetzen, wenn der Schuldner, der vorläufige Insolvenzverwalter oder (irgend)ein Gläubiger dies beantragen. Der Antrag nach Abs. 2 ist zulässig, wenn er von einer dort genannten antrags- 18 berechtigten Person (Schuldner, vorläufiger Insolvenzverwalter, Gläubiger) gestellt wird. Der antragstellende Gläubiger muss seine Gläubigerstellung glaubhaft machen. Der Antrag kann allerdings auch bereits vor Stellung eines Insolvenzantrages 19 in Gestalt einer Schutzschrift und damit vorsorglich gestellt werden (vgl. Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 22a Rn. 7; zur Rechtslage vor ESUG bereits Bichlmeier DZWiR 2000, 62 ff.; Wehdeking, DZWiR 2005, 139, 140; Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, InsO, § 270 Rn. 9). Der Antrag auf Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses ist zwar Prozesshandlung in Gestalt der Erwirkungshandlung und als solche grundsätzlich bedingungsfeindlich. Das Gericht ist aus Art. 103 Abs. 1 GG allerdings verpflichtet, den Inhalt einer Schutzschrift zur Kenntnis zu nehmen (BGH, NJW 2003, 1257, 1258). Die in der dortigen Entscheidung genannten Gründe dafür, dass eine Schutzschrift im Wettbewerbsprozess noch keine Sachanträge erhalten könne, weil solche erst gestellt werden könnten, wenn der Antragsteller förmlich in das Verfahren einbezogen worden ist, greifen für den Fall des Insolvenzverfahrens nicht durch, weil das Antragsverfahren (noch) kontradiktorisches Verfahren ist, in das die Gläubiger formal überhaupt nicht einbezogen werden; dass ihnen aber dennoch ein Antragsrecht u. a. in § 22a Abs. 2 InsO eingeräumt wird, zeigt, dass es auf die zivilprozessuale Parteistellung für das Antragsrecht nicht ankommt. Dann kann aber das Fehlen der formalen Parteirolle wegen des noch nicht gestellten Insolvenzantrages und der noch fehlenden Einbeziehung des Gläubigers auch nicht die Unzulässigkeit der Schutzschrift begründen. In dem Antrag müssen geeignete Gläubigerausschussmitglieder in ausreichen- 20 der Anzahl und differenziert nach den für die Besetzung geltenden Regeln (vgl. § 67 InsO) benannt werden. Der Antragsteller muss deshalb mindestens zwei (BGH, ZIP 2009, 727), regelmäßig fünf (AG Ludwigshafen, NZI 2012, 850; Frind, in: HambKomm-InsO, § 67 Rn. 4) Mitglieder und aus Gründen der Verfahrenseffizienz – mit Ausnahme von Großverfahren – aber grundsätzlich auch nicht mehr Mitglieder vorschlagen. Dies sind: Je ein Vertreter für die absonderungsberechtigten Gläubiger, ein Vertreter der größten Gläubiger, ein Vertreter der Kleingläubiger, ein Vertreter der Arbeitnehmer und zur Vermeidung von Stimmpatt-Situationen ein weiterer, frei gewählter Gläubigervertreter. Wobei bei der Auswahl des letzten, keiner der verpflichtenden
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Repräsentanzen zuzuschreibenden Mitglieds darauf geachtet werden muss, dass keiner Gläubigergruppe auch unter Berücksichtigung der übrigen Umstände des Einzelfalls eine unzulässige Beherrschung des Gläubigerausschusses ermöglicht wird. 21 Werden in dem Antrag keine geeigneten Mitglieder benannt, ist der Antrag unzulässig (AG Hamburg, ZIP 2013, 1135) und vom Gericht nicht weiter zu beachten. Geeignet sind die benannten Mitglieder nur, wenn der Antragsteller dem Antrag bereits Einverständniserklärungen beifügt, in denen sich die benannten Personen zur Übernahme des Amtes bereit erklären oder deren Übernahmebereitschaft durch allgemeine Erklärung gegenüber dem Insolvenzgericht (so z. B. durch die Bundesagentur für Arbeit) bekannt ist. Nur so kann das Gericht diese Personen ohne Weiteres und unmittelbar bestellen, ohne dass es zu weiteren zeitlichen Verzögerungen kommt. Hält das Gericht eine von der Benennung abweichende Besetzung in Ausübung seines Ermessens für sinnvoll, hat dies auf die Zulässigkeit des Antrages keine Auswirkung, und ist das Gericht gehalten, eine entsprechende Entscheidung (unverzüglich) zu treffen. 22 Daraus folgt zugleich, dass keine Bindung des Gerichts an die Vorschläge des Antragstellers (Wortlaut: „in Betracht kommen“; für § 22a Abs. 4 vgl. BT-Drucks. 17/5712 S. 25; anderer aber abzulehnender Ansicht: HaarmeyerSchildt, in: MünchKomm-InsO, § 22a Rn. 41) besteht. Dem Gericht steht es in Ausübung seines Auswahlermessens frei, andere als die benannten Personen zu bestellen. Zur Auswahl dient das qualifizierte Gläubigerverzeichnis nach § 13 Abs. 1 InsO, das deshalb weitgehend vollständig vorliegen muss. Das Gericht hat bei der Auswahlentscheidung besondere Sorgfalt walten zu lassen. 23 Ändert das Gericht die Zusammensetzung eines bei Antragstellung vorkonstituierten vorläufigen Gläubigerausschusses, wird ein von diesem bereits gemachter Verwaltervorschlag obsolet. Dies hat schon in verschiedenen Praxisfällen zu gerichtlichen Missbräuchen geführt, da augenscheinlich nur deshalb ein zusätzliches Gläubigerausschussmitglied bestellt worden ist, um die Einstimmigkeit nach § 56a Abs. 2 InsO zu unterlaufen und einen unliebsamen – i. d. R. weil nicht von der örtlichen Liste stammenden – Verwalterkandidaten auszuschließen und in der Bestellung frei zu sein. Aus diesem Grunde ist eine solche abweichende, den Verwaltervorschlag des vorkonstituierten vorläufigen Gläubigerausschusses beeinflussende Entscheidung des Gerichts zumindest in entsprechender Anwendung des § 27 Abs. 2 Nr. 4 InsO begründungspflichtig. 24 Schließlich ist der Antrag eines Gläubigers unzulässig, da insolvenzzweckwidrig, wenn er offenkundig der Verfolgung verfahrensfremder Ziele dient. Das ist der Fall, wenn der Gläubiger mit seinem Antrag erkennbar vorrangig, wenn auch nicht notwendigerweise ausschließlich Individualinteressen verfolgt (so Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 22a Rn. 11). 25 Der vorsorglich nach § 22a Abs. 2 InsO von einem Gläubiger insbesondere durch Hinterlegung einer Schutzschrift gestellte Antrag auf Einsetzung eines
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3. Absatz 1 – Größenklassen
vorläufigen Gläubigerausschusses hat unmittelbare Rückwirkungen auf die Zulässigkeit des Insolvenzantrages. Mit dem Vorliegen eines zulässigen Antrages nach § 22a Abs. 2 InsO greift die Verweisung in § 13 Abs. 1 Satz 5 Nr. 3 InsO, wodurch der Schuldner verpflichtet wird, seinem Insolvenzantrag ein qualifiziertes Gläubigerverzeichnis beizufügen. Tut er dies nicht, wäre sein Antrag grundsätzlich als unzulässig zurückzuweisen, obwohl ihm die Qualifizierungsobliegenheit nicht bekannt sein konnte; die Schutzschrift ist ihm nämlich erst mit Stellung des Insolvenzantrages bekannt zu geben (vgl. OLGR Karlsruhe, 2007, 531). Für diesen Fall sollte dem Schuldner, der die Angaben nicht schon als „Soll-Angaben“ gemacht hat, eine kurz bemessene Frist (drei bis maximal fünf Werktage, vgl. AG München, ZIP 2012, 789, dazu EWiR 2012, 465 [Hölzle], ebenso Frind ZInsO 2011, 2249, 2252) gesetzt werden, die Angaben nachzuholen. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, deren Organe der Antragsverpflichtung nach § 15a InsO unterliegen. Kommt der Schuldner seiner Obliegenheit zur Nachholung der geschuldeten Angaben nicht nach, wird der Insolvenzantrag nachträglich unzulässig (a. A. Obermüller, ZInsO 2012, 18, 21). Die gegenteilige Auffassung kann nicht daraus gefolgert werden, dass es für die Entscheidung des Insolvenzgerichts, ob ein vorläufiger Pflichtausschuss eingesetzt werden muss, wegen des vorliegenden Antrages nach § 22a Abs. 2 InsO nicht mehr auf das Erreichen der Größenklassen ankomme. Denn das Gläubigerverzeichnis dient gerade auch der Auswahl der potenziellen Gläubigerausschussmitglieder, wobei das Gericht auf die Angaben angewiesen ist, um entscheiden zu können, ob die mit dem Antrag nach Absatz 2 Vorgeschlagenen zu einer repräsentativen Zusammensetzung des Gläubigerausschusses führen und insoweit keine Ermessensfehler bei der Besetzung eintreten. Im Übrigen wäre wenig nachvollziehbar, weshalb im Falle der bereits ursprünglichen Verpflichtung zur Vorlage eines qualifizierten Gläubigerverzeichnisses, also bereits bei Antragstellung, die Nichterfüllung zur Unzulässigkeit führt, während dies bei einer nachträglichen oder – im Falle einer Schutzschrift eines Gläubigers – sogar dem Schuldner nur nachträglich bekannt werdenden Verpflichtung nicht der Fall sein soll. 3. Absatz 1 – Größenklassen a) Vorbemerkung Die Feststellung, ob der Schuldner die für einen originären Pflichtausschuss 26 erhebliche Schwelle nach § 22a Abs. 1 InsO überschreitet, richtet sich nach den Verhältnissen des vorangegangenen Geschäftsjahres. Entscheidend sind die drei Größen „Bilanzsumme abzüglich eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrages nach § 268 Abs. 3 HGB“ (Nr. 1), „Umsatzerlöse in den letzten zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag“ (Nr. 2) und „Zahl der Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt größer 50“ (Nr. 3). Sobald zwei dieser drei Kriterien vorliegen, ist unbeschadet des Absatzes 3 ein originärer Pflichtausschuss einzusetzen.
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27 Jedes dieser Merkmale scheint für sich genommen einfach feststellbar zu sein. Es ist jedoch zu vergegenwärtigen, dass in aller Regel oder jedenfalls häufig der Jahresabschluss auf den dem Insolvenzantrag vorangegangenen Abschlussstichtag noch nicht vorliegt. Jedenfalls die Angaben zur Bilanzsumme und zu den Umsatzerlösen dürften daher nicht selten schwierig festzustellen sein. Die Prüfungstiefe, mit der die Insolvenzgerichte in der Praxis die Angaben des Schuldners überprüfen, ist sehr unterschiedlich. Während einige Gerichte die Angaben erfahrungsgemäß mehr oder minder ungeprüft oder nach einer kurzen Plausibilisierung übernehmen, stellen andere Gerichte hierzu und natürlich insbesondere in Grenzfällen konkrete Ermittlungen an (vgl. aber Rn. 35 [keine Einsetzung eines SV]). 28 Ob aber wegen der Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Angaben zu Größenklassen ausweislich des eindeutigen Wortlautes des Gesetzes auf den Vorjahresabschluss zurückgegriffen werden darf, der ggf. um Werte aus der laufenden Buchhaltung zu korrigieren bzw. anzupassen ist, mag zwar aus rechtsdogmatischer Sicht fraglich sein, stellt aber den einzig praxistauglichen Weg dar. Die Gesetzesbegründung jedenfalls verhält sich hierzu mit keinem Wort. Einzig in der Gesetzesbegründung zum qualifizierten Gläubigerverzeichnis (BT-Drucks. 17/5712, S. 23) weist der Gesetzgeber darauf hin, dass die Höhe der Forderungen nötigenfalls zu schätzen ist. Da § 13 Abs. 1 InsO und die Angaben nach § 22a Abs. 1 InsO aber demselben Ziel dienen, nämlich zunächst der Feststellung, ob die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses geboten, und sodann der Frage, wie dieser ordnungsmäßig zu besetzen ist, dürfte die Gesetzesbegründung zu § 13 Abs. 1 InsO, die ebenso auf die zentrale Bedeutung der Vorschrift für das Insolvenzverfahren hinweist, wie es die Begründung zu § 22a Abs. 1 InsO auch tut, auf § 22a Abs. 1 InsO zu übertragen und von einer Befugnis zur – begründeten – Schätzung auszugehen sein (ähnlich Obermüller, ZInsO 2012, 18, 19). 29 Ein Weiteres übersieht der Gesetzgeber jedoch: Der Aussagewert einer im Zeitpunkt der Antragstellung bereits vorliegen Vorjahresbilanz ist bei einem Unternehmen in der Krise, das möglicherweise bereits Sanierungsmaßnahmen eingeleitet und damit begonnen hat, diese auch umzusetzen, gering. Wird der Insolvenzantrag z. B. Anfang Dezember gestellt, so dürfte z. B. die Angabe zu den Umsatzerlösen der letzten zwölf Monate vor dem letzten Abschlussstichtag (31.12. des Vorjahres) nur eingeschränkt bis überhaupt nicht aussagekräftig sein. Man stelle sich nur vor, das Unternehmen habe bereits umsatzstarke aber defizitäre Betriebsteile abgestoßen oder geschlossen. 30 Als Kehrseite der Schätzungsbefugnis ist deshalb davon auszugehen, dass die Werte – soweit möglich – auf den Zeitpunkt des Insolvenzantrages fortzuschreiben und dem Gericht ebenfalls mitzuteilen sind (ebenso Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 22a Rn. 19). Rechtsgrundlage dafür ist § 22a Abs. 3 InsO, weil das Insolvenzgericht zu prüfen hat, ob die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses im Hinblick auf die zu erwartende Insolvenzmasse „unverhältnismäßig“ ist. Das aber ist nur anhand aktueller Zahlen möglich, nicht 572
3. Absatz 1 – Größenklassen
anhand der Werte des vorangegangenen Geschäftsjahres, das noch dazu wegen der Möglichkeit, ein kalenderabweichendes Wirtschaftsjahr zu bilden, der Disposition des Schuldners unterliegt. Das Gericht sollte idealerweise bei der Bereitstellung der Antragsformulare im Internet auf die vorstehenden, bzw. die in seinem Zuständigkeitsbereich angewandten Grundsätze hinweisen. b) Bilanzsumme (Abs. 1 Nr. 1) Maßgeblich ist die Bilanzsumme abzüglich eines auf der Aktivseite ausgewie- 31 senen Fehlbetrages nach § 268 Abs. 3 HGB (Abs. 1 Nr. 1). Liegt der Abschluss noch nicht vor, ist nötigenfalls die Entwurfsfassung unter Angabe etwaiger Korrekturbuchungen und deren Auswirkungen auf die Bilanzsumme einzureichen. Wie dargestellt, ist die Bilanzsumme nötigenfalls begründet und unter Angabe der zur Plausibilisierung der Schätzung erforderlichen Daten und Vorlage entsprechender Unterlagen zu schätzen. Liegt ein Zwischenabschluss auf den Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung vor, so ist dieser gegenüber auch einem vorliegenden Abschluss auf den letzten Bilanzstichtag vorrangig. Der Gesetzeswortlaut stellt zwar auf das vorangegangene Geschäftsjahr ab. Da die Anbindung eines obligatorischen vorläufigen Gläubigerausschusses an Größenklassen jedoch der Typisierung der Verfahrensgröße und damit der Gewährleistung der Effektivität und der (Kosten-)Rationalität des Verfahrens dient, kann sich das Insolvenzgericht nicht besseren Erkenntnissen verschließen. Maßgeblich ist allein die Erfüllung der Größenkriterien im Zeitpunkt der Antragstellung, wenn sie auf diesen Stichtag nachweisbar sind. Mit der Anknüpfung an das vorangegangene Geschäftsjahr hat der Gesetzgeber augenscheinlich ausschließlich beabsichtigt, den Schuldner von der Verpflichtung zu entbinden, für die Zulässigkeit seines Insolvenzantrages notwendigerweise Zwischenabschlüsse erstellen zu müssen. c) Umsatzerlöse (Abs. 1 Nr. 2) Die Umsatzerlöse der letzten zwölf Monate vor dem Abschlussstichtag, der 32 dem Insolvenzantrag vorausgeht, sind aus der schuldnerischen Buchhaltung (Summen- und Saldenlisten) unschwer zu ermitteln. Der in Abs. 1 Nr. 2 genannte Zeitraum ist als Referenzzeitraum allerdings untauglich. Durch das Abstellen auf die letzten zwölf Monate vor dem Abschlussstichtag, der dem Insolvenzantrag vorausgeht, bleibt das für die Durchführung des Verfahrens repräsentativste Wirtschaftsjahr der Insolvenzantragstellung und bleiben seit dem letzten Abschlussstichtag bereits eingeleitete und umgesetzte Restrukturierungsmaßnahmen und Geschäftsentwicklungen unberücksichtigt (so Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 22a Rn. 18). Dafür fehlt es an einer Rechtfertigung. Aus diesem Grunde ist die oben (Rn. 30) als Kehrseite der Schätzungsbefugnis 33 festgestellte Fortschreibungspflicht der Verzeichnisse als für die Angaben nach Abs. 1 Nr. 2 obligatorisch anzusehen. Entgegen dem Wortlaut des Gesetzes besteht daher eine Aktualisierungspflicht.
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§ 22a InsO – Vorläufiger Gläubigerausschuss
d) Arbeitnehmerzahl (Abs. 1 Nr. 3) 34 Der Jahresdurchschnitt der Zahl der im schuldnerischen Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmerzahl (Nr. 3) zu ermitteln, kann insbesondere bei Betrieben mit sehr starker Fluktuation, Saisonbetrieben etc. durchaus schwierig sein. Hier kann es nämlich zu Verschiebungen kommen, je nachdem wie großmaschig die Berechnungsgrundlage gewebt wird. Die Ermittlung der Zahl der Arbeitnehmer erfolgt im Grundsatz analog § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG, der eine Umrechnung von Teilzeitkräften auf volle Stellen vorsieht. Die von der Finanzverwaltung für § 13a Abs. 1 ErbStG bevorzugte Berechnungsmethode nach Köpfen (vgl. gleichlautender Erlass der Länder, BStBl. 2009 I S. 713 ff.) kann auf Abs. 1 Nr. 3 nicht übertragen werden, da die vom Rechtsausschuss noch deutlich angehobenen Größenkriterien Ausprägung des Effizienzgebots sind und Unternehmen unterhalb der genannten Größenkriterien aus der obligatorischen Einsetzung vorläufiger Gläubigerausschüsse gerade auszuklammern sind. Dem widerspräche eine nicht wirtschaftliche sondern undifferenziert nach Köpfen vorgenommene Betrachtung (so Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 22a Rn. 20). Schwankt die Zahl der Arbeitnehmer, wie typischerweise in Saisonbetrieben, ermittelt sich der Jahresdurchschnitt aus der Addition der (je nach Länge der jeweiligen Saison) wöchentlichen oder monatlichen Arbeitnehmerzahl im Jahresverlauf, geteilt durch 52 Wochen bzw. zwölf Monate. Da es aber auf tatsächliche Beschäftigungszahlen und nicht auf angemeldete Arbeitnehmer ankommt, sind selbstverständlich auch tatsächlich tätige aber nicht angemeldete Arbeitnehmer (Stichwort: „Schwarzarbeit“) zu berücksichtigen. e) Keine Ermittlungsobliegenheiten des Insolvenzgerichts 35 Ist dem Gericht nicht bekannt, ob das schuldnerische Unternehmen die Größenklassen des § 22a Abs. 1 InsO erreicht, wie dies bei einem Fremdantrag regelmäßig der Fall ist, und bereitet der Gläubiger den Antrag nicht unter Zuhilfenahme z. B. von (dann aber: älteren) Jahresabschlüssen aus dem Bundesanzeiger vor, ist das Gericht nicht gehalten, zunächst den Schuldner zur Größe seines Unternehmens anzuhören oder einen Sachverständigen mit der Beurteilung der Frage zu beauftragen, ob die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses als originärem Pflichtausschuss geboten ist (ebenso Obermüller, ZInsO 2012, 18, 19; a. A. Frind ZinsO 2011, 2249, 2253). Für die fehlende Pflicht zur Anhörung des Schuldners ergibt sich dies bereits daraus, dass der Schuldner vor Zulassung des Antrages noch nicht nach § 20 InsO mitwirkungsund auskunftsverpflichtet ist. Lässt das Gericht den Antrag aber bereits zu, so muss es auch dem Eilcharakter des Verfahrens (vgl. Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 21 Rn. 1) Rechnung tragen und eine Entscheidung auf Grundlage der ihm bekannten Informationen treffen. Die Amtsermittlungspflicht (§ 5 InsO) des Insolvenzgerichts erstreckt sich nämlich zunächst (nur) auf sämtliche Umstände, die der Haftungsverwirklichung zugunsten der Gläubiger dienen (Pape, in: Uhlenbruck, InsO, § 5 Rn. 22). Die Frage der Gläubigerbeteiligung, für die § 22a InsO vorrangig maßgeblich ist, betrifft die Haf-
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4. Absatz 3 – Dispens vom (originären oder derivativen) Pflichtausschuss
tungsverwirklichung demgegenüber aber nur mittelbar, nämlich in Bezug auf die an den Insolvenzverwalter zur optimalen Haftungsverwirklichung zu stellenden Anforderungen. Wenn dies auch von einem extensiven Verständnis des Wortlautes des § 5 Abs. 1 Satz 1 InsO noch gedeckt sein könnte, so scheitert die Einholung eines Sachverständigengutachtens insoweit aber regelmäßig jedenfalls an § 22a Abs. 3 InsO. Erlangt das Gericht spätere Kenntnis davon, dass zwei der drei Merkmale des 36 Abs. 1 erfüllt sind, hat es zu jedem Zeitpunkt im laufenden Insolvenzeröffnungsverfahren einen originären vorläufigen Pflichtausschuss einzusetzen (so Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 22a Rn. 22). 4. Absatz 3 – Dispens vom (originären oder derivativen) Pflichtausschuss a) Vorbemerkung Abs. 3 setzt der Pflicht zur Einsetzung eines vorläufigen Pflichtausschusses aus 37 dem Effizienzprinzip einerseits, aus dem Charakter des Eröffnungsverfahrens als Eilverfahren andererseits Grenzen. Da die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses nicht sinnvoll wäre, wenn diese Maßnahme im Hinblick auf das geringe Restvermögen des Insolvenzschuldners einen unverhältnismäßigen Aufwand an Zeit und Kosten verursacht, wenn die mit der Einsetzung verbundene Verzögerung zu einer Verminderung des Vermögens des Schuldners führt oder der Geschäftsbetrieb des Schuldners bereits eingestellt ist, sieht § 22a Abs. 3 InsO entsprechende Ausnahmen von der Pflicht zur Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses vor (BT-Drucks. 17/5712 S. 25). Die Anwendung des Abs. 3 ist obligatorisch. Aus dem Wortlaut „ist nicht einzusetzen“ folgt, dass die gesetzlich vorgesehenen Ausnahmen grundsätzlich kein (gebundenes) Ermessen des Gerichts begründen, von der Einsetzung eines originären oder derivativen Pflichtausschusses abzusehen, sondern dass die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses grundsätzlich unzulässig ist. Die Einsetzungssperre ist nicht auf den originären oder den derivativen Pflichtausschuss nach § 22a InsO beschränkt. § 22a Abs. 3 InsO enthält vielmehr den allgemeinen Rechtsgedanken einer vorrangigen Verfahrensökonomie, was auch die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses nach § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO als fakultativen Ausschuss ausschließt. Dies gilt jedenfalls für § 22a Abs. 3 Alt. 2, 3 InsO, eingeschränkt allerdings für die Alt. 1, weil hier nicht die Verfahrensökonomie im Vordergrund steht (dazu Rn. 38). Ist die Einsetzung unzulässig, besteht erst wieder die Möglichkeit, einen Interimsausschuss mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einzusetzen. Will das Gericht von dem Dispens nach § 22a Abs. 3 InsO Gebrauch machen, so hat dies Einfluss vor allem auch auf die Beteiligungsrechte der Gläubiger bei der Auswahl des Insolvenzverwalters, weshalb die Begründungspflicht des § 56a Abs. 3 S. 1 InsO hier analog gilt (vgl. §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 83).
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b) Eingestellter Geschäftsbetrieb 38 Der Gesetzgeber unterstellt typisiert, dass die wirtschaftliche Bedeutung eines Insolvenzverfahrens mit eingestelltem Geschäftsbetrieb gering und deshalb eine besondere Einflussnahme der Gläubiger auf die Auswahlentscheidung hinsichtlich der Person und die Unterstützung des vorläufigen Insolvenzverwalters entbehrlich ist. Die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses ist daher grundsätzlich nicht geboten, wenn der Geschäftsbetrieb des Schuldners bereits vollständig eingestellt ist (BT-Drucks. 17/5712 S. 25). Da es sich jedoch hierbei um eine typisierte Betrachtung hinsichtlich der Bedeutung des Verfahrens handelt und nicht die Verfahrensökonomie im Vordergrund steht, ist in dieser Fallgruppe des § 22a Abs. 3 InsO zwar ein Dispens vom Pflichtausschuss gegeben, bleibt aber die Einsetzung eines fakultativen Ausschusses gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO als Ermessensentscheidung des Gerichts, ggf. auch auf Anregung (nicht auf Antrag) des vorläufigen Insolvenzverwalters möglich, wenn die Bedeutung des Verfahrens dies rechtfertigt. 39 Geschäftsbetrieb i. S. d. Abs. 3 ist in Anlehnung an § 3 Abs. 1 Satz 2 InsO (dazu ausführlich Hölzle/Jacoby, ZIP 2021, 337) die wirtschaftliche und werbende Tätigkeit des Schuldners (Frind, ZinsO 2011, 2249, 2254). Die Einstellung des Geschäftsbetriebes setzt keinen förmlichen Einstellungsbeschluss voraus. Entscheidend sind allein die tatsächlichen Verhältnisse und ob sich das schuldnerische Unternehmen sich noch aktiv werbend am Markt betätigt. Reine Liquidationsmaßnahmen sind davon ausgenommen (OLG Düsseldorf, NZI 2000, 601; OLG Schleswig, NZI 2004, 264; OLG Karlsruhe, ZIP 2005, 1475), weshalb auch im Stadium der Ausproduktion oder Restverwertung ein „eingestellter Geschäftsbetrieb“ vorliegt (so Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 22a Rn. 24 ff.), was dann zwar den grundsätzlichen Dispens nach Absatz 3 eröffnet, jedoch – vor allem bei umfassender Ausproduktion – die Einsetzung eines fakultativen Ausschusses nach § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO rechtfertigt. 40 Ist der Geschäftsbetrieb bei Antragstellung noch werbend tätig, wird er aber mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters im Eröffnungsverfahren eingestellt, so war bei Erfüllung der Voraussetzungen nach Abs. 1, 2 zunächst ein vorläufiger Gläubigerausschuss obligatorisch einzusetzen, ist dieser aber mit der Einstellung des Geschäftsbetriebes zu entpflichten, also aufzulösen (Vallender, MDR 2012, 61, 63; Frind, ZinsO 2011, 2249, 2254). Die Fortsetzung kann nur als fakultativer Ausschuss nach § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO durch gesonderten Beschluss erfolgen (Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 22a Rn. 26). c) Nachteilige Veränderung der Vermögenslage aa) Vorbemerkung 41 Zunächst geht der Gesetzgeber davon aus, dass von einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners grundsätzlich nicht ausgegangen werden könne, wenn der Schuldner einen Eigenantrag stellt und die Angaben
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4. Absatz 3 – Dispens vom (originären oder derivativen) Pflichtausschuss
nach § 13 Abs. 1 InsO pflichtgemäß mache, weil es dem Gericht dann ein Leichtes sei, aus den Angaben die geeigneten Gläubiger zu identifizieren und einzusetzen (vgl. BT-Drucks. 17/5712, S. 25). Dies berücksichtigt nicht hinreichend, dass Verlustfortführungen in der Zeit der Antragsphase in aller Regel bei jeder auch noch so kleinen Verzögerung zu einer nachträglichen Veränderung der Vermögenslage führen (ähnlich Vallender, MDR 2012, 61, 63; Riggert, NZI 2011, 121, 123; Frind, ZInsO 2010, 1473, 1480). Nicht ohne Grund sind vorläufige Insolvenzverwalter gehalten und entspricht es auch gängiger Praxis, dass mit der Bestellung noch am selben Tag die nötigen ersten Schritte eingeleitet werden, gerade solche nachteiligen Veränderungen zu verhindern. Gerade dies beschreibt den Charakter des Insolvenzeröffnungsverfahrens als Eilverfahren. Dennoch darf das Argument der kurzzeitigen Verlustfortführung allein nicht dazu missbraucht werden, von der Einsetzung und Anhörung eines vorläufigen Gläubigerausschusses vor der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters abzusehen. Dies seit der Überarbeitung der InsO in der Fassung des ESUG durch das SanInsFoG gleich aus zwei weiteren Gründen: Zunächst hat der SanInsFoG-Gesetzgeber mit § 10a InsO ausdrücklich die 42 Möglichkeit eines Vorgesprächs etabliert, das vor allem der Vorbereitung der Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses und deren Beschleunigung (BT-Drucks. 19/24181, S. 192 f.) und ggf. der Erörterung von Vorschlägen zur Person des vorläufigen Insolvenzverwalters dienen soll (vgl. § 10a InsO Rn. 19). Hat ein solches Vorgespräch stattgefunden und sind darin bereits Gläubiger benannt worden, die sich zur Übernahme des Amts bereit erklärt haben, so dürfte kaum ein Fall denkbar sein, in dem die Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses zu nachteiligen Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners führt, welche es rechtfertigen würde, den vorläufigen Gläubigerausschuss nicht vor Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters einzusetzen. Hinzu kommt, dass nach der Neufassung des § 56a InsO das Insolvenzgericht 43 den vorläufigen Insolvenzverwalter ohne Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses erst nach Ablauf von zwei Werktagen einsetzen darf, weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass diese Zeit regelmäßig ausreicht, den vorläufigen Gläubigerausschuss zu konstituieren und anzuhören. Daraus folgt dann aber umgekehrt auch die Pflicht des Gerichts, den Ausschuss, soweit mit den vorhandenen Informationen möglich, innerhalb dieser Frist tatsächlich einzusetzen (vgl. §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 45, 81 ff.). Will das Gericht von der Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses aus 44 Gründen einer zu besorgenden nachteiligen Veränderung der Vermögenslage dennoch absehen, so gilt die Begründungspflicht des § 56a Abs. 3 Satz 1 InsO (vgl. §§ 56, 56a, 59 Rn. 83) im Anwendungsbereich des § 22a Abs. 3 InsO entsprechend, da die Begründungspflicht des § 56a Abs. 3 Satz 1 InsO leer liefe, könnte das Gericht dort zur Begründung schlicht darauf verweisen, dass eine Anhörung nicht möglich, weil die Pflicht zur Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses nach § 22a Abs. 3 InsO suspendiert war. Der Wille des 577
§ 22a InsO – Vorläufiger Gläubigerausschuss
Gesetzgebers, in diesem wesentlichen Bereich der Gläubigerautonomie nur bewusste und begründete Entscheidungen des Gerichts zuzulassen, ist nur unter Erstreckung der Begründungspflicht des § 56a Abs. 3 Satz 1 InsO auch auf § 22a InsO zu verwirklichen. 45 Hat ein Vorgespräch nach § 10a InsO nicht stattgefunden, ist das Gericht daher auf den Antrag nicht vorbereitet, so ist für die Anwendung des Absatzes 3 im Einzelnen danach zu differenzieren, ob ein Eigen- oder ein Fremdantrag vorliegt: bb) Fremdantrag 46 Bei Vorliegen eines Fremdantrages fehlt es gezwungenermaßen an einem Gläubigerverzeichnis nach § 13 Abs. 1 InsO. Dem Gericht ist daher die Einschätzung und Auswahl geeigneter Mitglieder eines Gläubigerausschusses, selbst wenn das Erreichen der Größenklasse nach § 22a Abs. 1 InsO bekannt sein sollte, mit der nötigen Gewissheit nicht möglich. Selbst wenn der Gläubiger – was nur ausnahmsweise und in größeren Verfahren vorkommen dürfte – übernahmebereite Mitglieder eines möglichen vorläufigen Gläubigerausschusses benennt und deren Einverständniserklärungen sogleich beifügt, muss dem Gericht immer noch die Einschätzung und die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens (Schmid-Burgk, in: MünchKomm-InsO, § 67 Rn. 10) möglich bleiben, ob es sich um einen repräsentativen und die Gesamtinteressen der Gläubigerschaft angemessen repräsentierenden Querschnitt durch die Gläubigerschaft handelt, der nicht zu einer Dominanz allein der Geld- und/oder Warenkreditgeber führt (vgl. bereits RegBegr. InsO, BT-Drucks. 12/2443, in: Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze [1999], S. 282; Kübler, in: Kübler/Prütting/Bork, § 67 Rn. 2 ff.) Fehlt dem Insolvenzgericht eine ausreichenden Informationsgrundlage über die (vollständigen) Verhältnisse des schuldnerischen Unternehmens, dürfte die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses auch bei konkretem Vorschlag durch den antragstellenden Gläubiger regelmäßig nicht in Betracht kommen, weil die Ermessensausübung unmöglich und die Einsetzung damit regelmäßig rechtswidrig ist. Das Gericht hat dann einen vorläufigen Insolvenzverwalter zu bestellen und die Gläubiger bzw. nachträglich auf Antrag nach § 22a Abs. 2 InsO (als solcher dürfte der ursprüngliche Hinweis/Antrag des antragstellenden Gläubigers auszulegen bzw. umzudeuten sein) zu bestellenden vorläufigen Gläubigerausschuss auf §§ 21 Abs. 1 Nr. 1, 56a Abs. 3 Satz 2 InsO zu verweisen (ähnlich Vallender, MDR 2012, 61, 63). Gleichzeitig ist der vorläufige Insolvenzverwalter aufzufordern, mitzuteilen, ob die Größenklassen zur Einsetzung eines Pflichtausschusses erreicht sind, und ob Gründe i. S. d. Abs. 3 bekannt sind. cc) Eigenantrag 47 Hat der Schuldner einen Eigenantrag gestellt, werden die Größenkriterien erreicht und hat der Schuldner die Angaben nach § 13 Abs. 1 InsO ord-
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4. Absatz 3 – Dispens vom (originären oder derivativen) Pflichtausschuss
nungsmäßig gemacht, ist das Gericht zwar immer noch der Notwendigkeit ausgesetzt, die in Betracht kommenden Gläubiger daraufhin abzufragen, ob Bereitschaft zu der Übernahme des Amtes besteht und der Gläubiger auch verfügbar ist. Bei dieser Aufgabe allerdings kann der Schuldner unterstützen und nach § 22a Abs. 4 Satz 1 InsO vom Gericht auch zur Unterstützung aufgefordert werden. Durch die Frist in § 56a Abs. 1 InsO von zwei Werktagen (vgl. §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 46) macht der Gesetzgeber deutlich, dass er davon ausgeht, dass das Gericht in der Lage ist – und er es als verpflichtet ansieht – diese Aufgabe, nämlich Feststellung der in Betracht kommenden Gläubiger, ggf. und soweit nicht vom Schuldner benannt Ermittlung von Ansprechpartner, Rufnummer, Versuch den Ansprechpartner zu erreichen, Erläuterung der Funktion des vorläufigen Gläubigerausschusses, Abstimmung der Bereitschaft und Anhalten, eine entsprechende schriftliche Zusage zu übermitteln, innerhalb dieser Frist auch zu erfüllen. Von einer Verzögerung allein aus dem Grund der erforderlichen Konstituierung des Ausschusses wird deshalb in aller Regel jedenfalls seit Inkrafttreten des SanInsFoG nicht mehr auszugehen sein (a. A. noch für das ESUG Steinwachs, ZInsO 2011, 410 f.; Riggert, NZI 2011, 121; Zuleger, NZI 2011, 136). Unproblematisch ist die Konstituierung des vorläufigen Gläubigerausschusses, 48 reicht der Schuldner – neben dem Verzeichnis nach § 13 Abs. 1 InsO – Zustimmungserklärungen der unter Zugrundelegung ordnungsmäßiger Ermessenskriterien in Betracht kommenden Gläubiger ein (vgl. zu § 22a Abs. 4 InsO). Weist das Gericht in seinen allgemeinen Verlautbarungen und in Erläuterungen zur Ausfüllung der Insolvenzantragsformulare darauf hin, dass es stets die Benennung von potenziellen Mitgliedern nach § 22a Abs. 4 InsO verlangt, ist es jedem Antragsteller möglich, sich darauf einzustellen. Gleichzeitig ist dem Gericht in diesem Fall die Ermessensausübung auf Grundlage des Verzeichnisses nach § 13 Abs. 1 InsO möglich. Hinsichtlich der benannten Personen besteht keinerlei Bindung des Gerichts 49 und die Nichtberücksichtigung benannter Personen stellt auch keinen Ermessensfehlgebrauch dar (Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, InsO, § 67 Rn. 16, 20; Schmidt-Burgk, in: MünchKomm-InsO, § 67 Rn. 10), weil es einen Anspruch auf Teilnahme am (vorläufigen) Gläubigerausschuss nicht gibt (die Nichtberücksichtigung im vorläufigen Gläubigerausschuss ist daher nicht beschwerdefähig, vgl. LG Kleve, ZIP 2013, 992). Allerdings dürfte – handelt es sich bei den benannten Personen, deren Zustimmungserklärungen vorliegen, um einen repräsentativen Schnitt durch die Gläubigergesamtheit, bei deren Berücksichtigung ein Ermessensfehler nicht festzustellen wäre – das Gericht nicht berechtigt sein, unter Hinweis darauf, dass es einzelne oder alle der Benannten – ohne hinreichenden Grund – nicht zu benennen beabsichtige, eine Verfahrensverzögerung i. S. d. § 22a Abs. 3 InsO anzunehmen und die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses zu versagen.
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§ 22a InsO – Vorläufiger Gläubigerausschuss
d) Unverhältnismäßigkeit 50 Schließlich soll ein vorläufiger Gläubigerausschuss nicht eingesetzt werden dürfen, wenn dies im Hinblick auf die zu erwartende Insolvenzmasse unverhältnismäßig ist. Unter der „zu erwartenden Insolvenzmasse“ wird aus zweierlei Gründen nur die freie Masse, als derjenige, nicht mit Aus- und Absonderungsrechten belastete Teil der Insolvenzmasse subsumiert werden können (ebenso Frind ZinsO, 2011, 2249, 2254): Zunächst steht nur dieser Teil der Masse zur Befriedigung der einfachen, ungesicherten Insolvenzgläubiger im Rang des § 38 InsO zur Verfügung, können also auch nur aus diesem Teil der Insolvenzmasse die Kosten für die Einrichtung eines vorläufigen Gläubigerausschusses bedient werden. Darüber hinaus greift die innere Ratio des § 22a InsO nur, soweit eine freie Masse verbleibt, die unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten die Einrichtung eines vorläufigen Gläubigerausschusses rechtfertigt. Aussonderungsberechtigte Gläubiger sind am Verfahren nicht beteiligt; die Verwertung erfolgt außerhalb des Insolvenzverfahrens durch sie selbst, was das Aussonderungsverfahren mit der Drittwiderspruchsklage des § 771 ZPO vergleichbar macht (so Runkel/Drees, Anwalts-Hdb. Insolvenzrecht, § 6 Rn. 19). Zur Wahrung von der Interessen aussonderungsberechtigter Gläubiger ist eine Beteiligung am Insolvenzverfahren nicht geboten und an einem vorläufigen Gläubigerausschuss wegen des fehlenden Verweises in § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO auf § 67 Abs. 3 InsO regelmäßig auch gar nicht möglich, soweit dem Gläubiger nicht auch eine persönliche Forderung gegen den Schuldner zusteht. 51 Zwar sollen nach § 67 Abs. 2 InsO (hier wieder i. V. m. § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO) auch die absonderungsberechtigten Gläubiger an einem (vorläufigen) Gläubigerausschuss beteiligt werden. Jedoch werden deren Interessen bereits über §§ 167-169 InsO effektiv geschützt, sodass für diese Gläubiger nur geringes Einflussnahmepotenzial verloren geht, kommt es nicht zur Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses. Da überdies die verbleibende Insolvenzmasse für die Befriedigungsaussichten der absonderungsberechtigten Gläubiger von nur untergeordneter Bedeutung ist, dürfen deren Rechte bei der Bestimmung, wie lange das Verhältnis von Aufwand und Nutzen eines vorläufigen Gläubigerausschusses i. S. d. § 22a Abs. 3 InsO gewahrt ist, nicht berücksichtigt werden. 52 Zu betrachten ist also allein die zu erwartende freie Masse. Wie aber soll diese aus dem – lediglich – vorliegenden Insolvenzantrag prospektiert werden? Die Angaben aus § 13 Abs. 1 InsO helfen dabei nur sehr bedingt weiter. Zwar sollen die größten gesicherten Gläubiger gesondert hervorgehoben werden. Da aber ein Vermögensverzeichnis nicht geschuldet ist, fehlt es für die Beurteilung der wirtschaftlichen Werthaltigkeit der Sicherheit auf der einen und der zu erwartenden Insolvenzmasse auf der anderen Seite an einer Relationsmöglichkeit. Die zur Prospektion der künftigen Insolvenzmasse erforderlichen Informationen liegen mit dem Insolvenzantrag in aller Regel nicht vor. Das Gericht wird deshalb in der Mehrzahl der Fälle nicht sinnvoll beurteilen
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4. Absatz 3 – Dispens vom (originären oder derivativen) Pflichtausschuss
können, ob der Aufwand an Zeit und Kosten in einem vertretbaren Verhältnis zu den Zielen steht (vgl. BT-Drucks. 17/5712, S. 25, l. Sp. oben). Anders wird dies nur dann zu beurteilen sein, wenn der Antragsteller sogleich 53 und nachvollziehbar auf Vermögenswerte hinweist, die der freien Masse zuzurechnen sein werden und diese Angabe nicht mit dem Verzeichnis der Sicherungsgläubiger kollidiert oder das Verfahren eine Größenordnung erreicht, in der allein aus den während der Fortführung unter Inanspruchnahme einer Insolvenzgeldvorfinanzierung zu erwartenden Erlösen sich eine freie Masse ergibt, die jedenfalls die Unverhältnismäßigkeit ausschließt. Angaben zu den im möglichen Insolvenzgeldzeitraum zu realisierenden Erlösen und Gewinnen können dem Gericht daher die nötige Datengrundlage vermitteln, eine Entscheidung über die Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme nach § 22a InsO zu treffen. Liegen die benötigten Informationen zu der (jedenfalls) zu erwartenden freien 54 Masse vor, so sind die zu erwartenden Kosten des vorläufigen Gläubigerausschusses vom Gericht zu schätzen und zu dem prospektierten Insolvenzergebnis in Relation zu setzen. Dabei sind sämtliche Aufgaben des vorläufigen Gläubigerausschusses, nicht nur die Mitwirkung bei der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters zu berücksichtigen. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass der vorläufige Ausschuss im Eröffnungsverfahren sehr viel häufiger tagt, als im eröffneten Verfahren (Frind, ZinsO 2011, 2249, 2255). Die Abgeltungswirkung des Pauschalbetrages für die Vergütung von vorläu- 55 figen Gläubigerausschussmitgliedern in Höhe von 500,00 € nach § 17 Abs. 2 Satz 1 InsVV bezieht sich nur auf die Bestimmung der Person des Verwalters; daneben bleiben die üblichen Stundensätze nach § 17 Abs. 1 InsVV (regelmäßige Höchstsatzgrenze 300,00 €/Std.) bestehen. Einzubeziehen sind weiterhin die Kosten einer angemessenen Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für die Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses und die dem vorläufigen Insolvenzverwalter auf dessen Vergütung zu gewährenden Zuschläge für die (regelmäßige) Organisation der Tätigkeit des vorläufigen Gläubigerausschusses und die Abstimmung mit diesem. Weder das Gesetz noch der Gesetzgeber nennen eine konkrete Verhältnis- 56 mäßigkeitsgrenze oder auch nur das Relationspaar anhand dessen die Verhältnismäßigkeit zu prüfen sein soll. Statt unmittelbar auf das Verhältnis der Kosten des vorläufigen Gläubigerausschusses zum prospektierten Insolvenzergebnis abzustellen (so aber AG Ludwigshafen, NZI 2012, 859: 7 %; Frind, ZInsO 2011, 2249, 2255: 5 %), ist der in Abs. 3 zum Ausdruck kommende Effizienzgedankens in den Vordergrund zu stellen und auf die bei Einrichtung eines vorläufigen Gläubigerausschusses zu erwartende Quotenverschlechterung für die Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) abzustellen; denn die Gläubiger, in deren Interesse der vorläufige Gläubigerausschuss ausschließlich installiert wird, sind an dem Insolvenzergebnis interessiert und nicht an der Höhe der Insolvenzmasse als solcher ohne Bezug zu den Verbindlichkeiten des Schuldners.
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§ 22a InsO – Vorläufiger Gläubigerausschuss
Bei niedrigen Quotenerwartungen bis 10 % ist eine Verschlechterung um 0,5 % bereits unverhältnismäßig; bei höheren Quoten von 10,01 % bis 25 % ist eine Quotenverschlechterung um mehr als 1 %, bei Quoten von 25,01 % bis 50 % eine Verschlechterung von 2,5 % und bei Quotenerwartungen >50 % eine Quotenverschlechterung von mehr als 5 % nicht verhältnismäßig (so Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 22a Rn. 27 ff.). 57 Bleibt die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit für das Insolvenzgericht unmöglich, so legt der Wortlaut des § 22a Abs. 3 InsO zunächst nahe, dass der Dispens von der Einrichtung eines (originären oder derivativen) Pflichtausschusses nur dann eröffnet ist, wenn und soweit sich einer der Ausnahmetatbestände des Abs. 3 belastbar subsumieren lässt. Dies wäre bei erstem Draufsehen auch rechtsdogmatisch richtig, da es sich um einen Ausnahmetatbestand handelt, auf den sich das Gericht beruft, und den es deshalb anhand seiner Tatbestandsmerkmale begründen muss. Das aber fällt schwer, wenn die nötigen Informationen zur Beurteilung fehlen. Das Gericht müsste diese, da es sich um die Feststellung von Umständen handelt, die für verfahrensleitende Maßnahmen im Aufgabenbereich des Gerichts erforderlich sind, zunächst nach § 5 Abs. 1 Satz 1 InsO ermitteln (Gerhardt, in: Jäger, InsO, § 5 Rn. 6). 58 Allerdings ist zu bedenken: Das Eröffnungsverfahren ist ein kontradiktorisches Verfahren. Zwar greift der Amtsermittlungsgrundsatz des § 5 Abs. 1 Satz 1 InsO, wonach das Gericht alle für das Insolvenzverfahren bedeutsamen Umstände von Amts wegen zu ermitteln hat, auch im Eröffnungsverfahren grundsätzlich uneingeschränkt (Ganter/Bruns, in: MünchKomm-InsO, § 5 Rn. 14); jedoch liegt der gesetzgeberische Zweck dieser Anordnung darin, eine glatte und beschleunigte Abwicklung des Verfahrens anzustreben (Gerhardt, in: Jäger, InsO, § 5 Rn. 2). Die Amtsermittlung findet deshalb dort ihre Grenzen, wo sie zu einer Verfahrensverzögerung führte, gerade auch weil dem Gericht keine erleichterten oder vereinfachten Mittel und Wege zur Feststellung der für die verfahrensleitenden Maßnahmen erforderlichen Umständen vorliegen. Aus diesem Grund findet der Amtsermittlungsgrundsatz seine Grenze auch dort, wo für einen Antrag bestimmte Zulässigkeitsvoraussetzungen vorgeschrieben sind, deren Nachweis oder Glaubhaftmachung Sache des Antragstellers ist (Gerhardt, in: Jäger, InsO, § 5 Rn. 11). Der Gesetzgeber hat mit dem Ausnahmetatbestand des § 22a Abs. 3 InsO insbesondere in der Fallgruppe der die Vermögenslage des Schuldners beeinträchtigenden Verzögerung deutlich gemacht, dass die frühzeitige Gläubigerbeteiligung nicht die Effizienz des Verfahrens nachhaltig beeinträchtigen soll. Dasselbe ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, in der es heißt, dass bei Vorliegen eines vollständigen Verzeichnisses nach § 13 Abs. 1 InsO die Entscheidung über die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses ohne Weiteres zu treffen sei und regelmäßig nicht zu einer Verzögerung führe (BT-Drucks. 17/5712, S. 25). Dass die Feststellung der vom Gesetzgeber im selben Atemzug für erforderlich gehaltenen Ausnahmen aber besonderen Schwierigkeiten unterliegen kann, hat er dabei offensichtlich übersehen und damit eine Regelungslücke geschaffen, die sich
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5. Zeitpunkt der Einsetzung des Pflichtausschusses
im Sinne einer am Gesetzeszweck orientierten Gesamtanalogie zu §§ 13 Abs. 1, 22a Abs. 4 InsO nur dahingehend schließen lässt, eine Beibringungspflicht des Antragstellers für alle zur Entscheidung des Gerichts erheblichen Umstände zu festzuschreiben. Der Gesetzgeber hat mit § 13 Abs. 1 InsO, ebenso wie mit § 22a Abs. 4 InsO, deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er den Antragssteller in der Pflicht und den Amtsermittlungsgrundsatz des § 5 InsO insoweit eingeschränkt sieht. Er hielt es nämlich für erforderlich, dass der Antragsteller als Zulässigkeitsvoraussetzung (§ 13 Abs. 1 InsO) oder nach Aufforderung durch das Gericht (§ 22a Abs. 4 InsO) zur Beibringung verpflichtet sein müsse, um dem Gericht die sachgerechte Entscheidung zu ermöglichen. Dann aber muss sich dieser Grundsatz auf alle für die sachgerechte Entscheidung erforderlichen Umstände beziehen. Folgt man einem so begründeten Beibringungsgrundsatz, so ist der Ausnahme- 59 tatbestand des § 22a Abs. 3 InsO bereits dann begründet, wenn dem Gericht die abschließende Beurteilung, ob eine der Ausnahmen vorliegt, nicht möglich ist. (Schon) in diesen Fällen wäre deshalb von der Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses verpflichtend abzusehen (Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 22a Rn. 21). Soll ein vorläufiger Gläubigerausschuss eingerichtet werden, ist deshalb die vollständige Beibringung aller für die Beurteilung erforderlichen Umstände durch den Antragsteller bereits mit dem Insolvenzantrag erforderlich. e) Rechtsmittel Die Entscheidung des Gerichts über die Einsetzung oder die Nichteinsetzung 60 eines vorläufigen Gläubigerausschusses ist nicht beschwerdefähig (LG DessauRoßlau, Beschl. v. 2.5.2012 – 1 T 116/12, nach juris; LG Kleve, Beschl. v. 4.4.2013 – 4 T 32/13, nach juris: Beschwerde nur gegen das „Ob“, nicht hinsichtlich der personellen Zusammensetzung; keine Beschwerde: Frind, in: HambKomm-InsO, § 22a Rn. 24). Dem steht die abschließende Enumeration in § 6 Abs. 1 InsO entgegen. Die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses nach § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO ist jedoch kein Sicherungsmittel i. S. d. § 21 Abs. 1 Satz 2 InsO, da sie der Auswahl und Unterstützung des vorläufigen Insolvenzverwalters, aber nicht der weiteren Sicherung der künftigen Insolvenzmasse dient. Die Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses ist daher ein selbst nicht rechtsmittelfähiger Annex zur Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters. 5. Zeitpunkt der Einsetzung des Pflichtausschusses Selbst wenn die Voraussetzungen für die Einsetzung eines originären oder 61 derivativen vorläufigen Pflichtgläubigerausschusses vorliegen und keiner der Ausnahmetatbestände des § 22a Abs. 3 InsO greift, ist damit noch nicht über den Zeitpunkt der Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses insbesondere im Verhältnis zum Zeitpunkt der Bestellung eines vorläufigen Insol-
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§ 22a InsO – Vorläufiger Gläubigerausschuss
venzverwalters entschieden. Grundsätzlich ist das Gericht verpflichtet, den entsprechenden Beschluss zu fassen, sobald die erforderlichen Informationen vorliegen (vgl. für den Eröffnungsbeschluss Keller, in: K. Schmidt, InsO, § 27 Rn. 53). Allerdings ist zwischen der Einsetzungsentscheidung und der Aufnahme der Amtsgeschäfte des vorläufigen Gläubigerausschusses und der Abhängigkeit weiterer Verfahrenshandlungen hiervon zu differenzieren. 62 Der Gesetzgeber sieht den Zweck des § 22a InsO darin, die Beteiligung der Gläubiger „vor den Entscheidungen des Gerichts“ (BT-Drucks. 17/5712, S. 24) sicherzustellen, und so den Gläubigereinfluss insbesondere auf die Wahl des vorläufigen Insolvenzverwalters zu stärken. In Vorschriften wie der Neufassung des § 56a Abs. 1 InsO und § 270b Abs. 3 InsO hat der SanInsFoG-Gesetzgeber diesen Willen ausdrücklich noch einmal bestärkt. In der Praxis ist die Erreichung dieses Zwecks in der Vielzahl der Fälle kaum zu erreichen. Liegen die sämtlichen Voraussetzungen für die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses zwar vor und sind auch entsprechende Personen benannt und zur Übernahme bereit, werden diese sich in aller Regel vor der Beschlussfassung noch nicht konstituiert oder auch nur ins Benehmen gesetzt haben (von Großverfahren einmal abgesehen). Erst mit der Einsetzung des vorläufigen Ausschusses könnte daher eine erste Koordination erfolgen. Bisher ist in der Praxis allerdings häufig davon ausgegangen worden, dass die Konstituierung des vorläufigen Gläubigerausschusses vor Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters erhebliche Zeit in Anspruch nehmen würde, wenn nicht der vorläufige Verwalter moderierend und organisierend zur Seite stehe. Aus diesem Grunde entsprach es gängiger Praxis, dass der vorläufige Gläubigerausschuss erst zeitgleich mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter eingesetzt wurde. 63 Um den Ausschuss allerdings nicht völlig ungehört zu lassen, war überdies dazu übergegangen worden, im Rahmen der Vorbereitung des Verfahrens Übernahmebereitschaftserklärungen der designierten Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses beizubringen und dem Insolvenzantrag beizufügen, in welchen sich die designierten Mitglieder nicht selten auch zur Person des vorläufigen Insolvenzverwalters oder jedenfalls zu den an diesen zu stellenden Anforderungen im Sinne des § 56a Abs. 1 InsO geäußert haben. Diese schriftliche Äußerung sämtlicher designierten Mitglieder genügte dann anstelle einer Einsetzung des Ausschusses und förmlichen Anhörung, obgleich es sich formal noch nicht um eine Anhörung handelte, war der Ausschuss doch noch nicht eingesetzt. 64 Obwohl § 22a InsO durch das SanInsFoG nicht geändert wurde, ist diese Praxis nach der Neufassung der §§ 56a Abs. 1, 270b Abs. 3 InsO in der Mehrzahl der Fälle nicht mehr möglich, jedenfalls vom Gesetzgeber nicht gewünscht. Der Gesetzgeber wollte den Einfluss des vorläufigen Gläubigerausschusses ausdrücklich stärken (BT-Drucks. 19/24181, S. 198, 206). Die Beschlussfassung über die Bestellung des vorläufigen Sach- oder Insolvenzverwalters darf nur noch erfolgen, wenn seit der Antragstellung mindestens zwei Werktage verstrichen sind oder innerhalb dieser Periode die Anhörung nicht möglich ist, 584
6. Absätze 1 und 4 – Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses
ohne das im Vermögen des Schuldners eine nachteilige, nicht anders abwendbare Veränderung eintritt. Der Gesetzgeber sieht den Zeitraum von zwei Werktagen als trotz der regelmäßigen Eilbedürftigkeit der Entscheidung angemessen und regelmäßig ausreichend an, den vorläufigen Gläubigerausschuss zu konstituieren und in dem Gremium einen Beschluss zu fassen (BT-Drucks. 19/24181, S. 198). Im Umkehrschluss bedeutet dies für § 22a InsO, dass das Gericht verpflichtet 65 ist, einen Pflichtausschuss unverzüglich, jedenfalls aber innerhalb des Zeitraums einzusetzen, der die Anhörung binnen zwei Werktagen möglich erscheinen lässt. Verzögert das Gericht die (mögliche) Einsetzung des Ausschusses, so verlängert sich auch die Karenzzeit bis zu einer zulässigen Beschlussfassung über die Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters entsprechend, da es nicht in der Dispositionsfreiheit des Gerichts liegt, durch die im Gesetz nicht ausdrücklich fristgebundene und deshalb verzögerte Einsetzung des Ausschusses die gesetzliche Anhörungsfrist zu unterlaufen. Dies wäre nicht zuletzt mit dem Rechtsstaatsgebot aus Art. 20 Abs. 3 GG nicht vereinbar. Es ist daher in Zukunft besonderer Wert darauf zu legen, dass der vorläufige 66 Gläubigerausschuss unverzüglich eingesetzt und eine Anhörung innerhalb von zwei Werktagen seit Eingang des Antrages bei Gericht ermöglicht wird. Kommt es bei der Einsetzung zu Verzögerungen, die ihre Ursache nicht in verfahrensbedingten Gründen (unzureichende Übernahmebereitschaftserklärungen, unzureichendes Gläubigerverzeichnis, Unerreichbarkeit der designierten Mitglieder), sondern in der Sphäre des Gerichts haben, so verlängert sich die Anhörungsfrist entsprechend, liegen nicht eindeutige Indizien vor, dass eine weitere Verzögerung zu irreversiblen Nachteilen im Vermögen des Schuldners führen wird. 6. Absätze 1 und 4 – Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses a) Vorbemerkung Das Gericht steht – originär oder derivativ – in der Pflicht, einen vorläufigen 67 Gläubigerausschuss einzusetzen, liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 22a InsO vor. War bislang die Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses im Wesent- 68 lichen auch dadurch bestimmt, dass § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO a. F. ausschließlich auf § 67 Abs. 2 InsO und nicht auch auf § 67 Abs. 3 InsO verwies, so ist dies durch das SanInsFoG geändert und der Verweis auch auf § 67 Abs. 3 InsO eingefügt worden. Zu Mitgliedern des vorläufigen Gläubigerausschusses dürfen damit nunmehr auch Personen bestellt werden, die nicht Gläubiger des Schuldners sind oder es mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden. Mit dem i. d. F des ESUG noch fehlenden Verweis auch auf § 67 Abs. 3 InsO war beabsichtigt worden, Berufsgläubigerausschüsse zu verhindern, worin die Gefahr des Entstehens lobbyistischer Verwalterstrukturen gesehen wurde.
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§ 22a InsO – Vorläufiger Gläubigerausschuss
Die Öffnung nunmehr auch für Nicht-Gläubiger ist maßgeblich dadurch motiviert, vorläufige Gläubigerausschüsse auch für Gewerkschaftsvertreter zu öffnen, die ohne den Verweis auf § 67 Abs. 3 InsO in vorläufigen Gläubigerausschüssen nur mit Gaststatus teilnehmen konnten. 69 Durch die Ergänzung des Verweises in § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO um den Verweis auch auf § 67 Abs. 3 InsO hat sich auch die Diskussion darum erledigt, ob ein Arbeitnehmervertreter bzw. ein Vertreter der Bundesagentur für Arbeit auch dann in den Ausschuss bestellt werden kann, wenn der Schuldner bis zur Antragstellung sämtliche Lohn- und Gehaltsverbindlichkeiten erfüllt hat. 70 Im Übrigen liegen die wesentlichen praktischen Probleme des § 22a Abs. 1 InsO nicht darin, dass ein vorläufiger Gläubigerausschuss einzurichten – und aus der Masse zu finanzieren – ist. Dies kann in vielen Fällen sinnvoll sein und, ist der Ausschuss qualifiziert besetzt, den vorläufigen Insolvenzverwalter bei seinen Sanierungsbemühungen sehr unterstützen. Allerdings ist es in der Praxis zunehmend schwierig geworden, übernahmebereite Mitglieder in ausreichender Anzahl zu finden – und dies auch noch in der zur Verfügung stehenden Zeit im Insolvenzeröffnungsverfahren. Ob die Erhöhung des Vergütungsrahmens von bisher 95 €/Std. auf jetzt einen Vergütungsrahmen von 50 – 300 €/Std gemäß § 17 Abs. 1 InsVV die Übernahmebereitschaft erhöhen wird, bleibt abzuwarten. b) Auswahl und Besetzung 71 Die Auswahl geeigneter Gläubigerausschussmitglieder aus der Gesamtgläubigerliste ist, im Ergebnis erleichtert durch Abs. 4, Ermessensfrage. Einen Anspruch einzelner Gläubiger auf Teilhabe und Ernennung gibt es nicht (Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 22a Rn. 42; Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, InsO, § 67 Rn. 16, 20). Die Besetzungsentscheidung des Insolvenzgerichts ist nicht beschwerdefähig (LG Kleve, ZIP 2013, 992). 72 Die Auswahl und das Finden übernahmebereiter Mitglieder bereiten in der Praxis jedoch nicht unerhebliche Probleme. Ob es jedoch Aufgabe des Insolvenzrichters und mit dem Charakter des Eröffnungsverfahrens als Eilverfahren vereinbar ist, sich anhand der Gläubigerliste z. B. im Internet die nötigen Kontaktdaten zu besorgen, die Gläubiger abzutelefonieren, sich durchzufragen, mit Glück jemanden zu finden, der eine entsprechende Entscheidung für das Unternehmen treffen kann, diesen um die schriftliche Erklärung der Übernahmebereitschaft anzuhalten und so die Voraussetzungen für die Erfüllung der verfahrensrechtlichen Vorgaben zu schaffen, ist mehr als fraglich und in der Praxis wohl auch noch nicht geschehen. 73 Für den Fall des derivativen Pflichtausschusses hat der Gesetzgeber dieses Problem geregelt und die Verpflichtung zur Einrichtung eines vorläufigen Gläubigerausschusses sogleich davon abhängig gemacht, dass die designierten Mitglieder gemeinsam mit dem Antrag benannt und ihre Zustimmungserklärungen in schriftlicher Form dem Gericht vorgelegt werden, § 22a Abs. 2 InsO.
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6. Absätze 1 und 4 – Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses
Wenn auch das Gericht an die Vorschläge nicht gebunden ist, was bereits in dem Wortlaut „in Betracht kommen“ zum Ausdruck kommt, macht erst diese Zulässigkeitsvoraussetzung die Vorschrift praxistauglich. Für den originären Pflichtausschuss hat der Gesetzgeber das Problem mut- 74 maßlich zwar auch erkannt, jedoch nicht in derselben Konsequenz geregelt. Nach § 22a Abs. 4 InsO kann das Gericht den Schuldner oder den vorläufigen Insolvenzverwalter, der ohne vorherige Gläubigerbeteiligung eingesetzt worden ist, auffordern, Personen zu benennen, die als Mitglieder eines vorläufigen Gläubigerausschusses in Betracht kommen. Unverständlicherweise scheint der Gesetzgeber hierbei davon auszugehen, dass dieses Recht in erster Linie für die Fälle der im freien Ermessen des Gerichts nach § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO eingesetzten vorläufigen Gläubigerausschüsse und nicht (auch) für die originären Pflichtausschüsse gilt (vgl. BT-Drucks. 17/7511, S. 33 r. Sp. unten). Da die Vorschrift des § 22a InsO systemkohärent und damit ganzheitlich 75 auszulegen ist, kann die Auslegung des § 22a Abs. 4 InsO sich nur an den übrigen Tatbeständen der Norm ausrichten. Dabei kommt insbesondere der Vorschrift des § 22a Abs. 3 InsO mit ihren unbestimmten Rechtsbegriffen herausragende Bedeutung zu. Handelt es sich um einen laufenden Geschäftsbetrieb, der Defizite erwirtschaftet, ist grundsätzlich jede – auch noch so kleine Verzögerung – mit Nachteilen für die Vermögenslage des Schuldners verbunden (Riggert, NZI 2011, 121, 123; Frind, ZInsO 2010, 1473, 1480). Aus diesem Grunde ist das Insolvenzgericht gehalten, will es die Regelungsabsicht des § 22a InsO nicht weitgehend leerlaufen lassen, von der Möglichkeit des § 22a Abs. 4 InsO umfassend Gebrauch zu machen. Das heißt, dass das Gericht mit den Angaben nach § 13 Abs. 1 InsO und, sobald es Kenntnis von der Erfüllung der Größenklassen erlangt, obligatorisch vom Schuldner die Benennung von möglichen Mitgliedern des vorläufigen Gläubigerausschusses verlangen sollte. Auch die Gesetzesbegründung scheint dies für möglich zu halten, da es dort – ungeachtet der Irrigkeit dieser Annahme – heißt, dass bei einem Eigenantrag des Schuldners eine Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses meist „zügig erfolgen“ könne, wenn der Schuldner seinem Antrag „ein vollständiges Verzeichnis seiner Gläubiger samt einer Kenntlichmachung der für die Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses in Frage kommenden Gläubiger beifügt“ (BT-Drucks. 17/5712, S. 25). Da § 22a Abs. 4 InsO den Schuldner (und alternativ: den vorläufigen Insolvenzverwalter) verpflichtet, nur solche Personen zu benennen, die als Mitglieder „in Betracht“ kommen, kann das Gericht verlangen, dass der Benennung sogleich schriftliche Erklärungen der Übernahmebereitschaft nach dem Vorbild des § 22a Abs. 2 InsO beigefügt werden. Für die Übernahme des Amtes kommt nämlich nur „in Betracht“, wer dazu auch bereit ist. Das Insolvenzgericht kann daher, gemeinsam mit den etwaigen „Hinweisen 76 zur Stellung von Eigenanträgen nach § 13 InsO“ oder – in Großverfahren – im Rahmen eines Vorgesprächs sogleich darauf hinweisen, dass in den Fällen originärer Pflichtausschüsse, d. h. bei Erfüllung der Größenklassen, dem In587
§ 22a InsO – Vorläufiger Gläubigerausschuss
solvenzantrag obligatorisch eine Liste potenzieller und zur Übernahme des Amtes bereiter Gläubigerausschussmitglieder nebst schriftlichen Zustimmungserklärungen beizufügen ist. Nur so kann das vom Gesetzgeber mit § 22a InsO verfolgte Ziel mit den praktischen Gegebenheiten und praktischen Schwierigkeiten einigermaßen verträglich in Einklang gebracht werden. In größeren Verfahren ist diese Vorgehensweise ohnehin üblich, werden nämlich dem Insolvenzantrag sogleich die Erklärungen der designierten und übernahmebereiten Ausschussmitglieder beigefügt. 77 Im Gesetz fehlt es an einer Regelung, welche Konsequenz an die Nichterfüllung der Auflage nach § 22a Abs. 4 InsO zu knüpfen ist. Zunächst dürfte eines außer Streit stehen: Fordert das Gericht zur Benennung übernahmebereiter Personen auf, erfolgt eine solche aber nicht oder in nicht geeigneter Weise, findet die Pflicht zur Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses ihr Ende (vgl. auch Rn. 57 ff. zu Absatz 3). Das Gericht kann nämlich nicht zu einer mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht erfüllbaren verfahrensleitenden Maßnahme verpflichtet werden. Da das Antragsverfahren überdies kontradiktorisches Verfahren ist, das neben dem – hier nur eingeschränkt greifenden – Amtsermittlungsgrundsatz von der Beibringungsmaxime geprägt ist, endet die Pflicht des Gerichts dort, wo ausdrücklich Dritte in die Pflicht genommen sind. Den Gläubigern bleibt ein Antrag nach § 22a Abs. 2 InsO („derivativer Pflichtausschuss“) in diesen Fällen unbenommen. 78 Als unmittelbare Konsequenz für den die Auflage nicht erfüllenden Schuldner dürfte darüber hinaus aber wohl zu gelten haben, dass die Nichterfüllung solcher Auflagen jedenfalls einen schwerwiegenden Umstand i. S. d. § 270e Abs. 1 Nr. 1 InsO begründet, der Nachteile für die Gläubiger erwarten lässt und somit der Anordnung der Eigenverwaltung entgegensteht (vgl. dazu AG Hamburg, ZIP 2013, 1684). Dies insbesondere deshalb, weil das Verhalten des Schuldners im Eröffnungsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen ist und die Verletzung von Verfahrenspflichten stets einen Umstand begründet, der Nachteile für die Gläubiger erwarten lässt und damit der Anordnung der Eigenverwaltung entgegensteht (zur Altfassung des § 270 InsO a. F.: Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, InsO, § 270 Rn. 27; ähnlich und mit Nachw. aus der Rspr. Wittig/Tetzlaff, in: MünchKomm-InsO, § 270 Rn. 40). Überdies hätte es anderenfalls der Schuldner in der Hand, durch die Nichterfüllung der Auflagen die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses zu verhindern und so eine Anhörung nach § 270 Abs. 2 InsO zu umgehen, befürchtet er, dass diese zu seinem Nachteil verlaufen könnte. c) ABC möglicher Mitglieder 79 Der Personenkreis, der zur zulässigen Besetzung vorläufiger Gläubigerausschüsse im Allgemeinen zur Verfügung steht, ist vom Gesetzgeber nur durch das Repräsentationsprinzip definiert, das allerdings durch einen Beschluss der Gläubigerversammlung über eine von § 67 Abs. 2 InsO abweichende Zusammensetzung außer Kraft gesetzt werden kann (AG Bremen, Beschl. v. 588
6. Absätze 1 und 4 – Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses
4.4.2019 – 500 IN 23/18, n. V.). Besteht Streit über die Zusammensetzung oder die Mitgliedschaft im Ausschuss, ist hierfür das Insolvenzgericht im Wege einer Annexkompetenz ausschließlich zuständig und ist dieser nicht vor den ordentlichen Gerichten auszutragen (BGH, ZIP 2021, 859). Eigentlich keiner Klarstellung bedarf die Tatsache, dass anders als für jedes 80 andere „Organ des Insolvenzverfahrens“, zu denen auch der vorläufige Gläubigerausschuss zählt, für dessen Mitglieder per definitionem nicht entsprechend § 56 InsO deren Unabhängigkeit zu verlangen ist. Der Gläubiger steht per se in einer Beziehung zum Schuldner, die dessen Unabhängigkeit ausschließt. Noch enger ist die Bindung bei Arbeitnehmern, die in § 67 Abs. 2 InsO sogar ausdrücklich zu „Soll-Mitgliedern“ erhoben werden. Allerdings muss das Gremium, das wesentlichen Einfluss nicht nur auf die Auswahl und die Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters hat, sondern auch wesentliche verfahrensleitende Entscheidungen mit verantwortet, gewährleisten, dass der (vorläufige) Insolvenzverwalter durch diese Einflussnahme des Gläubigerausschusses nicht selbst in seiner Unabhängigkeit nach § 56 InsO beeinträchtigt wird. Dabei folgt bereits aus dem Gesetz, dass der (vorläufige) Insolvenzverwalter selbstverständlich auch von den Gläubigern unabhängig zu sein hat (§ 56 Abs. 1 InsO). Sowohl bei der Frage der notwendigen Gläubigerstellung als auch unzulässiger 81 mittelbarer, die Unabhängigkeit beeinträchtigender Einflussnahmen (Verbot der mittelbaren Einflussnahme) kann es zu Grenzfällen kommen, die häufig schwer zu bestimmen sind. Einige typische Konstellationen sind daher hier gesondert herausgegriffen: Arbeitnehmer: In der Fassung, die § 67 Abs. 2 InsO bereits durch das ESUG 82 erhalten hat, ist die Beteiligung eines Vertreters der Arbeitnehmer als Mitglied des Gläubigerausschusses noch gestärkt worden, weil der ESUG-Gesetzgeber auf die früher geltende Formulierung verzichtet hat, dass die Arbeitnehmer, um Soll-Mitglied zu sein, über nicht unerhebliche Forderungen verfügen müssen. Aus dem nunmehr in § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO ergänzten Verweis auch auf § 67 Abs. 3 InsO folgt, dass die Diskussion noch einmal auch für den Fall entschärft wurde, dass bis zur Antragstellung sämtliche Lohn- und Gehaltsverbindlichkeiten erfüllt worden waren. Die Bestellung eines Arbeitnehmervertreters, ggf. auch neben einem Vertreter der Agentur für Arbeit ist damit unproblematisch und regelmäßig geboten. Agentur für Arbeit: Die Agentur für Arbeit unterhält bundesweit sog. „Fach- 83 kräfte Refinanzierung Insolvenzgeld“. Den meisten Insolvenzgerichten ist pauschal angezeigt worden, dass die Bundesagentur zur Übernahme von Gläubigerausschussmandaten in Person dieser Fachkräfte bereit ist. Leider kommen auch diese Fachkräfte zunehmend an die Kapazitätsgrenzen, weshalb eine Zusage mitunter nur noch in bedeutsamen Verfahren zu erlangen ist. Aufsichtsratsmitglieder: siehe „Gesellschafter und andere Organe“
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§ 22a InsO – Vorläufiger Gläubigerausschuss
85 Behörden: Behörden, allen voran Finanzämter, sind selbst weder juristische Person noch Gläubiger. Zum Mitglied des vorläufigen Gläubigerausschuss ist daher die übergeordnete juristische Person (vgl. dort) zu bestellen, also z. B. das Land, vertreten durch die entsprechende Behörde(-nkette). In diesem Sinne ist auch der BGH (ZIP 1994, 46) zu verstehen, der die Bestellung einer Behörde zum Ausschussmitglied für nichtig erklärt hat. 86 Berater des Schuldners (Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberater etc.): Problematisch ist die Bestellung von Beratern des Schuldners zu Mitgliedern des vorläufigen Gläubigerausschusses. Diese sind häufig Gläubiger oder können im Rahmen der „Gestaltung der Mitgliedschaft“ schnell und ohne Weiteres zu Gläubigern des Schuldners gemacht werden. Da die Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses auch nicht per se unabhängig i. S. d. § 56 InsO sein müssen, könnte zunächst auch wenig gegen deren Beteiligung am Ausschuss sprechen. Allerdings ist zu bedenken, dass der Berater qua des vormaligen oder geltenden Geschäftsbesorgungsvertrages verpflichtet ist, die Interessen seines Mandanten und dies auch unabhängig von seiner fachlich-sachlichen Überzeugung weisungsgetreu umzusetzen. Zwar verfolgt jedes Mitglied des Gläubigerausschusses auch eigene Interessen; bei der Person des Beraters sind dies aber die Interessen des Schuldners, dem eine entsprechende Einflussnahme insbesondere auf die Person des (vorläufigen) Insolvenzverwalters nach § 56 InsO verboten ist. Aus diesem Grunde gilt auch für den Berater des Schuldners dieselbe Argumentation wie für Gesellschafter und andere Organe des Schuldners (vgl. dort) und ist dessen Bestellung zum Mitglied des vorläufigen Gläubigerausschusses unzulässig. 87 Betriebsratsmitglieder: „Die Arbeitnehmerschaft“ ist grundsätzlich bei der Besetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses zu berücksichtigen, weshalb regelmäßig die/der Vorsitzende des Betriebsrats als gewählter Vertreter der Arbeitnehmer „geborenes“ Mitglied des vorläufigen Gläubigerausschusses ist. 88 Geschäftsführer: siehe „Gesellschafter und andere Organe“ 89 Gesellschafter und andere Organe: Gesellschafter sind mit ihren Forderungen regelmäßig Nachranggläubiger i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO und auch nicht zur Aus- oder Absonderung berechtigt (str., vgl. Bitter, ZIP 2013, 1497; dazu Hölzle, ZIP 2013, 1992). Der (vorläufige) Gläubigerausschuss hat die Rechtsmacht, über die Person des zu bestellenden (vorläufigen) Insolvenzverwalters zu beschließen. Der (vorläufige) Gläubigerausschuss unterstützt den vorläufigen Insolvenzverwalter bei seiner Arbeit und ist in Rechtsgeschäften mit wesentlicher Bedeutung z. T. auch berufen, seine Zustimmung zu erteilen oder zu versagen. Der vorläufige Gläubigerausschuss hat daher nennenswerten Einfluss nicht nur auf die Person des Insolvenzverwalters, sondern auch auf dessen Handlungen. Da der (vorläufige) Insolvenzverwalter aber unabhängig zu sein hat (§ 56 InsO), wäre es nicht zu vertreten, dass diese Unabhängigkeit, die ausschließlich ökonomisch-rationales Handeln des Insolvenzverwalters im Interesse der Insolvenzmasse gewährleisten soll, dadurch unterlaufen würde,
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6. Absätze 1 und 4 – Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses
dass in den Gläubigerausschuss Gesellschafter oder sonstige Organmitglieder des schuldnerischen Unternehmens berufen werden. Diesen würde nämlich sodann durch die sprichwörtliche Hintertür die Möglichkeit eröffnet, auf die in seiner Unabhängigkeit getroffenen Entscheidungen des (vorläufigen) Insolvenzverwalters im eigenen Interesse Einfluss zu nehmen (Verbot der mittelbaren Einflussnahme). Auch wenn es Situationen und Fallgestaltungen geben mag, in denen der Gesellschafter, weil er insbesondere in Konzernstrukturen für den Erhalt des Unternehmens wesentliche Assets zur Verfügung stellt, in die Verfahrensgestaltung einzubeziehen ist, so kann diese Einbeziehung nicht über eine formalisierte Einflussnahme über ein Mandat im Gläubigerausschuss abgebildet und manifestiert werden. Die Beteiligung von Organen des Schuldners, gleich welcher Art, ist daher zur Sicherung des Geltungsbereichs des § 56 InsO ermessensunabhängig unzulässig. Gewerkschaftsvertreter: Vertreter von Gewerkschaften können seit der Neu- 90 fassung des § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO durch das SanInsFoG ebenfalls zu Mitgliedern des vorläufigen Gläubigerausschusses bestellt werden. Auf die Gläubigerstellung kommt es nicht mehr an. Auf die Ersatzgestaltung, wonach den Vertretern der Gewerkschaften im vorläufigen Gläubigerausschuss ein ständiges Gastrecht eingeräumt wurde, muss daher nicht mehr ausgewichen werden. Juristische Personen: Die Bestellung juristischer Personen zu Mitgliedern eines 91 vorläufigen Gläubigerausschusses ist zulässig (BGH, ZIP 1994, 46; dazu EWiR 1994, 281 [Lüke]). Dies folgt schon daraus, dass anderenfalls der dogmatische Widerspruch entstünde, dass die großen Gläubiger regelmäßig in der Rechtsform der juristischen Person organisiert sind, die aber nicht bestellt werden darf, eines ihrer Organe oder ein sonstiger Vertreter der juristischen Person aber nicht Gläubiger ist und deshalb wegen des fehlenden Verweises auf § 67 Abs. 3 InsO gar nicht bestellt werden dürfte. Eine rechtsformabhängige Benachteiligung an der Teilhabe im vorläufigen Gläubigerausschuss wäre jedoch verfassungswidrig. Der Gefahr von Kontinuitätsdefiziten kann durch die Bestellung eines regelmäßigen Vertreters begegnet werden. Pensionssicherungsverein: Besteht absehbar eine Eintrittspflicht, ist der PSVaG 92 künftiger Gläubiger und damit mögliches Mitglied des vorläufigen Gläubigerausschusses. Tochter- und Schwestergesellschaften (bzw. deren Organe): Gerade in Konzern- 93 insolvenzen bestehen regelmäßig horizontale Schuldbeziehen zwischen Mutterund Tochtergesellschaften (Up- bzw. Downstream Loans) sowie vertikale Schuldbeziehungen zwischen Schwestergesellschaften (Sidestream Loans). Häufig sind die konzerninternen Leistungsbeziehungen für die Fortsetzung des insolventen Unternehmens von besonderer Bedeutung. Das könnte es rechtfertigen, Tochter- und Schwestergesellschaften (s. auch „Juristische Personen“), deren Gläubigerstellung feststeht, zu Mitgliedern des vorläufigen Gläubigerausschusses zu bestellen. Dem steht jedoch grundsätzlich das Verbot der mittelbaren Einflussnahme entgegen. Die Organe der Tochtergesellschaf-
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ten, jedenfalls soweit diese in der Rechtsform der KG oder der GmbH organisiert sind, unterliegen dem Weisungsrecht der Muttergesellschaft und der gesellschaftsrechtlichen Folgepflicht. Im Insolvenzeröffnungsverfahren werden diese gesellschaftsrechtlichen Weisungsrechte nicht vom vorläufigen Insolvenzverwalter ausgeübt und sind grundsätzlich auch nicht von dessen Zustimmung abhängig (§ 276a InsO ist im Eröffnungsverfahren, auch im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren noch nicht anwendbar, vgl. Undritz, in: K. Schmidt, InsO, § 276a Rn. 2 a. E.; anders für die vorläufige Eigenverwaltung im Schutzschirmverfahren Hölzle, ZIP 2012, 2427). Durch Ausübung des Weisungsrechts könnte damit der Insolvenzschuldner bei Bestellung der Tochtergesellschaft zum Mitglied des vorläufigen Gläubigerausschusses unmittelbar, bei Bestellung einer Schwestergesellschaft mittelbar, über die Muttergesellschaft Einfluss auf die Tätigkeit und das Stimmverhalten im vorläufigen Gläubigerausschuss nehmen. Dies verstößt gegen den Grundsatz, dass der (vorläufige) Insolvenzverwalter unabhängig vom Insolvenzschuldner seine Entscheidungen im Interesse der Verfahrensziele zu treffen hat (vgl. BGH, ZIP 2008, 884) und ist deshalb unzulässig. Wenn auch der Vorstand einer AG oder einer Genossenschaft bei Fehlen eines Beherrschungsvertrages nicht in derselben Weise der Folgepflicht unterliegen, so können auch Tochter- und Schwestergesellschaften in diesen Rechtsformen nicht zulässigerweise zu Mitgliedern des vorläufigen Gläubigerausschusses bestellt werden. Querfinanzierungen im Konzern sind bei Down- oder Sidestream-Finanzierungen regelmäßig bereits als Nachrangforderungen i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO zu qualifizieren. Es fehlt dann – vor Aufforderung zur Anmeldung solcher Forderungen zur Insolvenztabelle durch das Insolvenzgericht – an der für die Beteiligung im vorläufigen Gläubigerausschuss nötige Gläubigerstellung. Bei Upstream-Finanzierungen ist zwar grundsätzlich kein Nachrang i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO gegeben, ist aber stets die abstrakte Gefahr von Haftungsansprüchen zu befürchten (vgl. zuletzt BGH, ZIP 2013, 894; dazu EWiR 2013, 555 [Hölzle]). Im Interesse der Transparenz und der Objektivität sollte deshalb grundsätzlich davon auszugehen sein, dass jedenfalls wenn solche Haftungsansprüche nicht von vorneherein auszuschließen sind, die besondere Nähebeziehung der Tochtergesellschaft zu ihrer Muttergesellschaft durch die Einbindung in den Konzern und dessen Finanzmanagement (unabhängig von dem Bestehen eines Cash-Poolings, dann aber erst recht) nicht als Mitglieder eines vorläufigen Gläubigerausschusses in Betracht kommen. 7. Rechte des vorläufigen Gläubigerausschusses 94 Der vorläufige Gläubigerausschuss hat grundsätzlich dieselben Rechte, Pflichten und Aufgaben, wie der endgültige Gläubigerausschuss nach §§ 67, 69 InsO (vgl. zum Gläubigernutzen einer Mitgliedschaft Ehlers, BB 2013, 259). Die wesentliche Erweiterung der Befugnisse liegt in dem Recht zur Mitwirkung bei der Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters nach §§ 21 Abs. 2 Nr. 1a, 56a InsO (vgl. dazu die Ausführungen zu § 56a InsO).
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7. Rechte des vorläufigen Gläubigerausschusses
Selbstverständlich sollte dabei sein, dass diese Rechte aber nur durch einen 95 tatsächlich auch eingesetzten vorläufigen Gläubigerausschuss ausgeübt werden können. Ebenso, wie das Gericht grundsätzlich verpflichtet ist, auf zulässigen Antrag einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen, setzt umgekehrt die Ausübung der Rechte auch den Antrag und die tatsächliche Einsetzung voraus. Die zum Teil und insbesondere in Verfahren aus der Schifffahrtsbranche gelebte Praxis, dass der eine oder die wenigen ein Antragsverfahren dominierenden Gläubiger dem Gericht den Verwalter vorschlagen und dessen Einsetzung unter Hinweis darauf erwarten, dass die Bestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses lediglich unnötige Kosten verursache, das Gericht deshalb dem Vorschlag auch ohne die zur vermeintlichen Formalie degradierte Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses zu folgen habe, entspricht nicht der Vorstellung des Gesetzgebers. Sie steht ihr vielmehr diametral entgegen: Der vorläufige Gläubigerausschuss ist gemäß § 67 Abs. 1 InsO als Querschnitt aus der Gesamtgläubigerschaft zu bilden. Dabei sind auch die Kleingläubiger und auch solche Gläubiger zu berücksichtigen, die erst mit der Eröffnung (sicher) Gläubiger des Schuldners werden. Gleichzeitig verlangt § 56a Abs. 2 InsO für die Bindung an einen Verwaltervorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses aus gutem Grund Einstimmigkeit. Damit sollte gerade die Dominanz des vorläufigen Gläubigerausschusses durch die oder den Hauptoder Großgläubiger und ein bestimmender Einfluss desselben auf die Verwalterentscheidung vermieden werden (BT-Drucks. 17/5712, S. 26, vgl. auch §§ 56, 56a InsO Rn. 12 ff.). Umgekehrt regelt § 56 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 InsO, dass zwar auch der einzelne Gläubiger ein Vorschlagsrecht hat, das allein die Unabhängigkeit des vorgeschlagenen Verwalterkandidaten nicht ausschließt; allerdings ist dies eben auch nicht mehr als ein Vorschlagsrecht, das für das Gericht keinerlei Bindungswirkung entfaltet, sondern das Gericht lediglich veranlasst, den Vorschlag sach- und ermessensgerecht zu würdigen (in der Sache ebenso Ries, in: K. Schmidt, InsO, § 56a Rn. 23). Die Abweichung von dem Vorschlag eines Gläubigers durch das Gericht ist nicht begründungspflichtig; mit Blick auf das erklärte Ziel des ESUG-Gesetzgebers, die Transparenz und die Vorhersehbarkeit in Insolvenzverfahren zu fördern, scheint die Begründung einer abweichenden Entscheidung aber angezeigt, um dem Eindruck entgegenzuwirken, Antragsverfahren ohne Bestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses seien nach wie vor eine „Black Box“. Ungeklärt hat der Gesetzgeber allerdings die Frage gelassen, ob diese erweiter- 96 ten Befugnisse ausschließlich den Pflichtausschüssen, oder auch einem fakultativen Ausschuss zustehen, den das Gericht in eigenem Ermessen jederzeit einsetzen kann. Das Gesetz selbst differenziert in § 56a InsO nicht zwischen Pflichtaus- 97 schüssen und einem fakultativen Ausschuss, sondern spricht schlicht von „dem Gläubigerausschuss“. Dabei mag natürlich unterstellt werden, dass damit nur der Ausschuss gemeint ist, den der Gesetzgeber zur Mitwirkung im Insolvenz(eröffnungs)verfahren berufen hat, wovon dann nur die Pflichtausschüsse er-
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fasst wären (so offenbar Obermüller, ZInsO 2012, 18, 24). Allerdings gibt es für eine solche Unterteilung der Gläubigerausschüsse in Ausschüsse 1. und 2. Klasse weder eine Rechtfertigung, noch findet sich dafür im Gesetz eine Stütze. Im Gegenteil: § 22a InsO verweist ausdrücklich darauf, dass das Gericht einen vorläufigen Gläubigerausschuss nach § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO einzusetzen hat (Abs. 1) oder einen solchen einsetzen soll (Abs. 2). Es bleibt damit aber ebenso ausdrücklich dabei, dass es sich um einen Ausschuss nach § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO handelt, der gleichermaßen die Rechtsgrundlage für fakultative Ausschüsse bildet. Da aber auch § 56a InsO nicht auf § 22a InsO, sondern mit seinem Wortlaut mittelbar ausschließlich auf § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO verweist, sollte hier nicht künstlich aufgespalten werden. Entscheidet sich das Gericht wegen der Bedeutung des Verfahrens auch unterhalb der Schwelle des § 22a Abs. 1 InsO und auch ohne einen Antrag nach § 22a Abs. 2 InsO dazu, einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzurichten, so wird es hierfür seine Gründe haben; der Bedeutung dieser Entscheidung ist es dann aber auch angemessen, diesem Ausschuss selbstverständlich dieselben Rechte einzuräumen, wie einem Pflichtausschuss. Dies muss dem Insolvenzgericht bewusst sein, das damit eine verbindliche Einflussnahme des (vorläufigen) Gläubigerausschusses auf die Verwalterauswahl eröffnet. 8. Beendigung des Amtes 98 Bei § 21 Abs. 1 Nr. 1a InsO handelt es sich ausdrücklich um einen „vorläufigen“ Gläubigerausschuss. Es fragt sich deshalb, ob das Insolvenzgericht, war ein vorläufiger Gläubigerausschuss (als fakultativer oder als Pflichtausschuss) bestellt, im Eröffnungsbeschluss noch einmal tätig werden muss, oder ob der vorläufige Gläubigerausschuss des Eröffnungsverfahrens automatisch zu einem vorläufigen Gläubigerausschuss im eröffneten Verfahren für die Zeit bis zum Berichtstermin (§ 67 Abs. 1 InsO i. V. m. § 156 InsO) wird. 99 Inzwischen entspricht es, wie bereits in den Vorauflagen vertreten, wohl allgemeiner Meinung, dass das Amt des vorläufigen Gläubigerausschusses nach § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO, bei dessen Einsetzung es sich, anders als bei der Bestellung des vorläufigen Verwalters, nicht um eine Sicherungsmaßnahme nach § 21 InsO handelt, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens endet (Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 22a Rn. 49; Kübler, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO [2020], § 67 Rn. 14; Frind, ZInsO 2011, 2249; Obermüller, ZInsO 2012, 18, 21; a. A. Schmidt, in: HambKomm-InsO, § 67 Rn. 8). M. E. ergibt sich diese – zwingende – Rechtsfolge bereits daraus, dass das Eröffnungsverfahren und das eröffnete Verfahren unterschiedlichen Verfahrenszielen gehorchen und deshalb der Pflichten- und Aufgabenkatalog beider Verfahrensstadien nicht miteinander vergleichbar ist. Daraus mag sich (zugegeben: im Einzelfall) auch die Folge ergeben, dass für den vorläufigen Gläubigerausschuss geeignete und die Gläubigergesamtheit hinreichend repräsentierende Gläubiger für den endgültigen Ausschuss ggf. nicht mehr geeignet sind oder zusätzliche Mitglieder zu bestellen wären, was aber den Ausschuss unnötig aufblähte und nicht mehr
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8. Beendigung des Amtes
kosteneffizient wäre. Letzteres kann sich z. B. regelmäßig ergeben, weil Arbeitnehmer im vorläufigen Ausschuss im Falle einer Insolvenzgeldvorfinanzierung regelmäßig nicht repräsentiert sind (vgl. dazu oben zur Zusammensetzung), im Ausschuss im eröffneten Verfahren aber grundsätzlich Mitglied sein sollen. Gleichzeitig wechselt das Insolvenzverfahren von dem (noch weitgehend) 100 kontradiktorischen Verfahren in das eröffnete und nun nicht mehr kontradiktorisch geprägte Verfahren, das aus diesem Grunde auch anderen Verwaltungsmaximen unterliegt. Das Gericht ist daher gehalten, im Eröffnungsbeschluss über die Frage der Ein- 101 setzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses nach § 67 InsO erneut zu befinden und ggf. über dessen Zusammensetzung zu entscheiden. Eine „Zwangsfortsetzung“ des vorläufigen Ausschusses aus dem Eröffnungsverfahren in das eröffnete Verfahren jedenfalls gibt es nicht, weil der vorläufige Gläubigerausschuss seine wesentlichste Aufgabe, nämlich die Einflussnahme auf die Auswahl des (vorläufigen) Insolvenzverwalters und ggf. eine Stellungnahme zur Eigenverwaltung oder einen Beschluss nach § 270e InsO bereits erfüllt hat. Selbstverständlich ist das Gericht aber nicht daran gehindert, den vorläufigen Gläubigerausschuss des Eröffnungsverfahrens auch in das eröffnete Verfahren zu übertragen. Die Beschlussmuster der Gerichte sollten insoweit um eine obligatorische Aussage zum Schicksal des vorläufigen Gläubigerausschusses ergänzt werden. Der innere Grund für die Implementierung eines Pflichtausschusses ist mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erledigt, weshalb es auch eine Fortsetzung als „verlängerter Pflichtausschuss“ im eröffneten Verfahren nicht geben kann.
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§ 22a InsO – Vorläufiger Gläubigerausschuss
103 9. Schema 1: Vorläufiger Gläubigerausschuss Fremdantrag
Dem Ins.gericht sind die Kriterien nach § 22a Abs. 1 InsO bekannt
(zulässiger) Eigenantrag
Dem Ins.gericht sind die Kriterien nach § 22a Abs. 1 InsO unbekannt
Antrag nach §22a Abs. 2 InsO von -Schuldner -vorl. IV -(irgendeinem) Gläubiger
Größenkriterien nach § 22a Abs. 1 InsO werden nicht erreicht
Größenkriterien nach § 22a Abs. 1 InsO werden erreicht
§ 5 InsO (Amtsermittlung nicht anwendbar, deshalb keine eigene Ermittlungspflicht des Gerichts, weil immer Verzögerung zu befürchten)
kein Antrag oder Antrag unvollständig
Antrag (+) = „Soll-Vorschrift“, wenn Personen benannt und Einverständniserklärung dem Antrag bereits beigefügt sind
kein oblig. vorl. GA, aber eigenes Einsetzungsermessen des Gerichts nach § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO
§ 22a Abs. 3 InsO („ist nicht einzusetzen“ = nicht vor Bestellung vorl. IV)
Pot. Mitglieder des vorl. GA sind im Antrag benannt und Ermessenausübung ist mgl.
oder
Einsetzung nach § 22a Abs. 3 InsO unzulässig, wenn Geschäftsbetrieb eingestellt, Einsetzung unverhältnismäßig oder zeitliche Verzögerung masseschädlich ist
(Auch nach Fristsetzung i. S. d. § 22a Abs. 4 InsO) nicht benannt
sollte als oblig. Gerichtspraxis nach § 22a Abs. 4 InsO verlautbart werden
Einverständniserkl. liegt vor
Einverständniserkl. liegt nicht vor
Keine Einsetzung nach §22a InsO, da wenn keine Personen benannt oder keine EV-Erklärung abgegeben ist, die Person nicht i. S. d. Abs. 3 „in Betracht“ kommt
Einsetzung nach § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO oder nach Bestellung eines vorl. IV bleibt möglich vorl. GA nach § 22a InsO einzusetzen
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(wg. der Auswahl vgl. § 56a Abs. 3 InsO)
1. Zweck der Vorschrift
§ 26 Abs. 4 InsO – Vorschusspflicht § 26 Abweisung mangels Masse (1) 1Das Insolvenzgericht weist den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. 2Die Abweisung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a gestundet werden. 3Der Beschluss ist unverzüglich öffentlich bekannt zu machen. (2) 1Das Gericht hat die Schuldner, bei denen der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist, in ein Verzeichnis einzutragen (Schuldnerverzeichnis). 2 Die Vorschriften über das Schuldnerverzeichnis nach der Zivilprozessordnung gelten entsprechend; jedoch beträgt die Löschungsfrist fünf Jahre. (3) 1Wer nach Absatz 1 Satz 2 einen Vorschuss geleistet hat, kann die Erstattung des vorgeschossenen Betrages von jeder Person verlangen, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens pflichtwidrig und schuldhaft nicht gestellt hat. 2Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast. (4) 1Zur Leistung eines Vorschusses nach Absatz 1 Satz 2 ist jede Person verpflichtet, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts pflichtwidrig und schuldhaft keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. 2Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast. 3Die Zahlung des Vorschusses kann der vorläufige Insolvenzverwalter sowie jede Person verlangen, die einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner hat. Übersicht 1. 2.
Zweck der Vorschrift ..................... 1 Praktische Konsequenzen: Erweiterung des Sachverständigenauftrages .......................................... 6 a) Feststellung des Insolvenzzeitpunkts zur Bestimmung der Vorschusspflicht ............... 6
b) Aktivlegitimation des vorläufigen Insolvenzverwalters und Durchsetzungspflicht ...... 9 c) Prozesskostenhilfe ................ 12
1. Zweck der Vorschrift Der ESUG-Gesetzgeber sah die Gefahr, dass in masselosen Insolvenzverfahren, 1 die nicht zur Eröffnung gelangen, Vermögenswerte, die zur Gläubigerbefriedigung hätten eingesetzt werden können, ungenutzt zurückbleiben. Zu diesem Zweck hat er die Vorschusspflicht des § 26 Abs. 4 InsO eingefügt. Tatsächlich zeigt die Praxis der Insolvenzabwicklung, dass sich eine Vielzahl von Insolvenzverfahren erst nach und nach „entwickeln“. So erweisen sich z. B. Ansprüche, die im Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters bzw. Sachverständigen
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§ 26 Abs. 4 InsO – Vorschusspflicht
noch mit Erinnerungswerten angesetzt sind, tatsächlich als durchsetzbar und werthaltig, oder es tauchen weitere Ansprüche auf, die unbekannt waren. Letzteres gilt insbesondere für Anfechtungsansprüche. Häufig reichen die Zeit und die vorliegende Dokumentation im Insolvenzeröffnungsverfahren nicht aus, ein wirklich umfassendes Bild von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Insolvenzschuldners auch aus den zurückliegenden Jahren zu zeichnen. Als Folge daraus werden Anfechtungs- und Haftungsansprüche nicht selten mit Wertabschlägen und Korrekturfaktoren belegt, die Bewertungsunsicherheiten kompensieren. Insolvenzantragsverfahren, die mangels Masse nicht eröffnet werden, bergen daher immer die Gefahr, den eingetretenen Gläubigerschaden noch dadurch zu vertiefen, dass im Falle der Eröffnung ggf. durchsetzbare Ansprüche tatsächlich nicht realisiert werden (vgl. zu masselosen Verfahren, den damit verbundenen Gefahren und einem – wohl nicht durchsetzbaren – Vorschlag de lege ferenda Hollinderbäumer, BB 2013, 1223). 2 Der Gesetzgeber sah sich deshalb in der Sache zu Recht veranlasst, mit § 26 Abs. 4 InsO die bestehenden Vorschusspflichten zur Aufbringung der Massekosten (§ 54 InsO) auszudehnen. 3 Danach ist zur Leistung eines Verfahrenskostenvorschusses jede Person verpflichtet, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts pflichtwidrig und schuldhaft keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, ist also streitig, ob eine Insolvenzverschleppung i. S. d. § 15a InsO (ggf. i. V. m. Ansprüchen aus § 15b InsO) vorliegt, so trifft sie die Beweislast. 4 § 26 Abs. 4 InsO begründet also bereits für das Entstehen der Vorschusspflicht eine Beweislastumkehr (und nicht erst, wie im alten Recht, für die Erstattungsklage des Vorleistenden). Dies ermöglicht die Einziehung eines Vorschusses von dem Organ einer insolvenzantragsverpflichteten Gesellschaft, wenn auch ein entsprechender Schadensersatzprozess wegen der umgekehrten Darlegungs- und Beweislast möglicherweise verloren würde. 5 Zur Einziehung des Vorschusses ist nach dem Gesetzeswortlaut der vorläufige Insolvenzverwalter sowie jede Person berechtigt, die einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner hat. Die Gesetzesbegründung geht dabei davon aus, dass die Zahlung des Vorschusses „im Prozesswege“ verlangt werden kann (BT-Drucks. 17/5712, S. 25). Es handelt sich um einen bürgerlich-rechtlichen Anspruch, der nötigenfalls vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen ist. § 26 Abs. 4 InsO enthält daher keine Ermächtigungsgrundlage für das Insolvenzgericht die Vorschusspflicht festzusetzen und den Vorschuss bei dem Verpflichteten anzufordern (AG Hannover, ZIP 2019, 2363; a. A. hier noch in der Vorauflage).
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2. Praktische Konsequenzen: Erweiterung des Sachverständigenauftrages
2. Praktische Konsequenzen: Erweiterung des Sachverständigenauftrages a) Feststellung des Insolvenzzeitpunkts zur Bestimmung der Vorschusspflicht Die praktische Konsequenz mag man sich vor Augen führen: Der vorläufige 6 Insolvenzverwalter/Sachverständige stellt fest, dass das Vermögen der Insolvenzschuldnerin voraussichtlich nicht ausreichen wird, die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken. Da er vom Gericht jedoch aufgefordert worden ist, die Frage der Verfahrenskostendeckung (umfassend) sachverständig zu beurteilen, dürfte zum Regelinhalt dieses Auftrages bei grundsätzlich insolvenzantragsverpflichteten Gesellschaften (§ 15a InsO) auch die Feststellung etwaiger Vorschusspflichten gehören. Bei Insolvenzverfahren über die Vermögen natürlicher Personen ist dies mit Bezug auf § 1360a Abs. 4 BGB selbstverständlich. Warum für § 26 Abs. 4 InsO etwas anderes gelten sollte, ist nicht erkennbar. Da die Vorschussverpflichtung nach § 26 Abs. 4 InsO jedoch eine Insolvenz- 7 verschleppung voraussetzt, wird der Sachverständigenauftrag dadurch implizit deutlich ausgeweitet: Hatte der Sachverständige bislang zu beurteilen, ob im Vermögen der Insolvenzschuldnerin auf den Zeitpunkt der Erstattung des Gutachtens Insolvenzgründe (§§ 17 bis 19 InsO) vorliegen, so folgt aus § 26 Abs. 4 InsO – jedenfalls in den Fällen fehlender Massekostendeckung – die gleichzeitige Verpflichtung, als Sachverständiger den Zeitpunkt des Eintritts der Insolvenzgründe, jedenfalls aber den Umstand einer Insolvenzverschleppung sachverständig zu beurteilen. Im Klartext: Gerade in den Verfahren, in denen der Kostenaufwand zusätzlicher Feststellungen wenig gerechtfertigt ist und die Erstattung der Auslagen für den Sachverständigen zugunsten der Gerichtskasse aus der Insolvenzmasse fraglich ist, ist vom Sachverständigen ein zusätzlicher Aufwand geschuldet, den er im massereichen Insolvenzverfahren nicht zu erbringen verpflichtet ist, sondern, für den Fall dass dies zur Durchsetzung von Ansprüchen im Insolvenzverfahren von Bedeutung ist, dem Aufgabenbereich des später bestellten Insolvenzverwalters überlassen kann, der hierfür auch entsprechend aus der Insolvenzmasse vergütet wird. Die Praxis einiger Insolvenzgerichte, die auch bisher schon vom Sachverstän- 8 digen Ausführungen zum Zeitpunkt des Eintritts der Insolvenzantragspflicht verlangen, hat damit – vom Gesetzgeber offenbar ungewollt – gesetzliche Adelung erfahren. Jedenfalls in masselosen Insolvenzverfahren wird der Sachverständige solche Feststellungen in Zukunft zwingend zu treffen haben. b) Aktivlegitimation des vorläufigen Insolvenzverwalters und Durchsetzungspflicht Aber auch die Folgen aus einer solchen Feststellung sind nicht minder proble- 9 matisch (kritisch Zimmermann, ZInsO 2012, 396). Stellt nämlich der Sachverständige in einem masselosen Insolvenzverfahren fest, dass eine mögliche Insolvenzverschleppung vorliegt, was auch häufig, wenn nicht gar regelmäßig der Fall sein wird, so resultiert daraus die Verpflichtung des Organs zur Leis599
§ 26 Abs. 4 InsO – Vorschusspflicht
tung eines Kostenvorschusses. Mit dieser Verpflichtung des Organs korrespondiert das Recht des vorläufigen Insolvenzverwalters, die Ansprüche auf Einzahlung des Kostenvorschusses, so die Gesetzesbegründung, im Prozesswege geltend zu machen. 10 § 26 Abs. 4 Satz 3 InsO regelt dabei jedoch lediglich die Aktivlegitimation; in der Formulierung, dass der vorläufige Insolvenzverwalter die Einzahlung des Kostenvorschusses „verlangen kann“, liegt nicht die Einräumung eines Ermessens unter Opportunitätsgesichtspunkten. Besteht eine Vorschusspflicht und ist der vorläufige Insolvenzverwalter aktivlegitimiert, so lässt sich daraus zugleich die grundsätzliche Pflicht ableiten, die Ansprüche gegen das Organ auch tatsächlich durchzusetzen. Will sich der vorläufige Insolvenzverwalter nicht der späteren Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch Gläubiger und dem damit verbundenen Rechtfertigungszwang aussetzen, ist er daher nach dem Gesetzeswortlaut gezwungen, die Ansprüche auf Einzahlung eines Verfahrenskostenvorschusses auch effektiv zu verfolgen. Hiervon kann ihn auch das Insolvenzgericht nicht befreien, da es sich um eine Entscheidung aus dem Aufgabenkreis des vorläufigen Verwalters und in dessen Ermessen handelt, auf den das Insolvenzgericht im Aufsichtswege keinen Einfluss hat. 11 Dies wiederum bedeutet, dass, nähme man die Gesetzesbegründung wörtlich, der vorläufige Insolvenzverwalter das Organ auf die Einzahlung des Verfahrenskostenvorschusses regelmäßig klageweise in Anspruch nehmen müsste (für die Notwendigkeit der Durchsetzung auf dem zivilprozessualen Wege Voß, in: Graf-Schlicker, InsO, § 26 Rn. 17). c) Prozesskostenhilfe 12 Die Aufbringung der Verfahrenskosten dürfte dabei wohl durch die Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe zu gewährleisten sein. Zwar hat der BGH entschieden, dass Prozesskostenhilfe dem Insolvenzverwalter dann nicht zu gewähren ist, wenn auch bei Erfolg des Prozesses damit lediglich die Verfahrenskosten ganz oder teilweise gedeckt werden können (BGH, ZInsO 2012, 736), jedoch dürften diese Grundsätze auf die Geltendmachung eines Anspruches nach § 26 Abs. 4 InsO nicht übertragbar sein. Ist der vorläufige Insolvenzverwalter verpflichtet, einen Anspruch auf Einzahlung eines Verfahrenskostenvorschusses durchzusetzen, so kann ihm nicht entgegengehalten werden, dass damit lediglich die Verfahrenskosten gedeckt werden – dies wäre perplex und würde den Sinn und Zweck des Verfahrens gerade vereiteln. Problematisch ist aber, ob nicht nach § 116 Nr. 1 ZPO die übrigen Gläubiger für diesen Prozess vorschusspflichtig sind, wodurch der Zweck des § 26 Abs. 4 InsO restlos vereitelt würde. Allerdings dürfte von einer solchen Vorschusspflicht schon deshalb nicht auszugehen sein, weil die Gläubiger aus dem erfolgreichen Prozess zur Realisierung der Verfahrenskosten (des Insolvenzverfahrens) selbst noch mit keinerlei Rückfluss rechnen können, was die Zumutbarkeit wirtschaftlich entfallen lässt.
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2. Praktische Konsequenzen: Erweiterung des Sachverständigenauftrages
Als viel problematischer stellt sich dar, dass das Verfahren mit vorgeschaltetem 13 Prozesskostenhilfeverfahren und regelmäßig zu erwartenden zwei Instanzen in der ordentlichen Gerichtsbarkeit überschlägig sicherlich zwei und mehr Jahre in Anspruch nehmen wird. Während dieser Zeit kann das Insolvenzgericht über den Insolvenzantrag nicht entscheiden. Das Insolvenzeröffnungsverfahren, das kraft Gesetzes Eilverfahren ist, bliebe damit für zwei oder mehr Jahre in der Schwebe (wegen des Zeitlaufs ebenfalls kritisch Keller, in: K. Schmidt, InsO, § 26 Rn. 42). Der klageweise geltend zu machende Verfahrenskostenvorschuss hat diesen Zeitlauf und die damit verbundene Erhöhung der Kosten des Insolvenzeröffnungsverfahrens zu berücksichtigen und sogleich mit geltend zu machen. Dies würde in der Praxis dazu führen, dass masselose Insolvenzantragsverfahren 14 nicht nur die Verfahren mit der längsten Laufzeit, sondern auch die relativ teuersten Verfahren würden (mit dieser Kritik auch Zimmermann, ZInsO 2012, 396). Diese Folgen sind vom Gesetzgeber offenbar nicht im Ansatz gesehen und bedacht worden. Es stellt sich deshalb die Frage, wie im Rahmen einer dynamischen Gesetzesinterpretation die Folgen abgemildert werden können.
§ 26a InsO – Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters § 26a Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters (1) 1Wird das Insolvenzverfahren nicht eröffnet, setzt das Insolvenzgericht die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters gegen den Schuldner durch Beschluss fest. 2Der Beschluss ist dem vorläufigen Verwalter und dem Schuldner besonders zuzustellen. (2) Gegen den Beschluss steht dem vorläufigen Verwalter und dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. § 567 Absatz 2 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Übersicht 1. 2.
Festsetzung der Vergütung durch das Insolvenzgericht ...................... 1 Exkurs: Aktuelle Streitfragen der Vergütungsfestsetzung .................. 5 a) Grundlagen der Vergütung des (vorläufigen) Sachwalters ...................................... 5 b) Konkrete Ausfüllung des Regelaufgabenkatalogs des vorläufigen Sachwalters ........ 20 aa) Grundsatz ..................... 20 bb) Unternehmensfortführung .................. 29
cc) Liquiditätsüberwachung und Prüfung der Zahlungsfähigkeit ................ dd) Wahrung aller Gläubigerinteressen – Befassung mit Aus- und Absonderungsrechten ............. ee) Arbeitnehmerfragen ..... ff) Vorbereitung einer Sanierung ....................... c) Ableitungen für die festzusetzende Vergütung ..............
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§ 26a InsO – Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters
1. Festsetzung der Vergütung durch das Insolvenzgericht 1 § 26a InsO betrifft ausschließlich die Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters im mangels Masse nicht eröffneten Insolvenzverfahren. Wie im Rahmen der Erläuterung zu § 26 Abs. 4 InsO bereits dargestellt, hat der BGH mit Urteil v. 13.12.2007 (BGH, ZIP 2008, 228) dem Insolvenzgericht die Befugnis abgesprochen, im nicht eröffneten Insolvenzverfahren die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters im Beschlusswege festzusetzen. Der BGH ging vielmehr davon aus, dass dem vormaligen vorläufigen Insolvenzverwalter lediglich ein materiell-rechtlicher Vergütungsanspruch gegen den Schuldner zustehe, der im Zivilprozesswege und im ordentlichen Erkenntnisverfahren durchzusetzen sei. 2 Der Gesetzgeber hielt dies für völlig unpraktikabel, weil nicht nur die allgemeinen Zivilgerichte unverhältnismäßig belastet werden, sondern weil auch mangels regelmäßiger Befassung der allgemeinen Zivilrichter mit Bemessungsfragen im Rahmen der Insolvenzverwaltervergütung abweichende Entscheidungen gegenüber der bei den Insolvenzgerichten herrschenden Praxis an der Tagesordnung wären (BT-Drucks. 17/7511, S. 34). Dem ist nichts hinzuzufügen. 3 § 26a InsO ist daher uneingeschränkt zu begrüßen und stellt die Rechtslage vor der BGH-Entscheidung aus dem Jahr 2007 wieder her. 4 Die Festsetzung der Vergütung erfolgt durch Beschluss grundsätzlich gegenüber dem Insolvenzschuldner, weil dieser Schuldner der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters ist; ihm ist vor der Festsetzung rechtliches Gehör zu gewähren (Vuia, in: K. Schmidt, InsO, § 26a Rn. 6 ff.). Ausnahmsweise sind die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen dem Gläubiger aufzuerlegen und gegen ihn festzusetzen. Dies soll gemäß § 26a Abs. 2 InsO jedenfalls dann gelten, wenn den Gläubiger ein grobes Verschulden in Bezug auf die Unzulässigkeit oder Unbegründetheit eines gestellten Eröffnungsantrags trifft. Eine Kostentragungspflicht des Schuldners wäre insbesondere in den Fällen unbillig, in denen die Verfahrenseröffnung unterbleibt, weil ein Gläubiger einen offensichtlich unbegründeten Antrag gestellt hat und dies auch erkennen musste (BT-Drucks. 17/11268, S. 21). Erforderlich sind mithin Verfehlungen des Gläubigers von erheblichem Gewicht, sodass eine Kostentragungspflicht des Gläubigers nur in ganz engen Grenzen infrage kommt. 2. Exkurs: Aktuelle Streitfragen der Vergütungsfestsetzung a) Grundlagen der Vergütung des (vorläufigen) Sachwalters 5 Mit dem ESUG wurde das Instrument der vorläufigen Sachwaltung (§ 270a InsO a. F.) in die InsO eingeführt durch das SanInsFoG wurde das Institut auf Grundlage des ESUG-Evaluationsberichts durch Neufassung der §§ 270, 270a, 270b ff. InsO in wesentlichen Teilen neugefasst. Neben den Fragen, die
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2. Exkurs: Aktuelle Streitfragen der Vergütungsfestsetzung
sich im Rahmen der Abwicklung des Verfahrens und auch in materieller Hinsicht stellen, bildeten sich erste Kontroversen auch zu Fragen der Vergütung des vorläufigen Sachwalters (vgl. AG Göttingen, ZIP 2013, 36; keine entsprechende Anwendung § 11 InsVV) und insbesondere zu dem vergütungsfähigen Leistungs- und Tätigkeitsfeld des vorläufigen Sachwalters. Zwar hat der Gesetzgeber reagiert und inzwischen mit § 12a InsVV auch eine Vergütungsregelung für den vorläufigen Sachwalter geschaffen, jedoch stellt sich auch weiterhin die Frage, ob der Sachwalter, der im Grundsatz die Aufsicht über den eigenverwaltenden Schuldner zu führen hat, auch klassischerweise dem vorläufigen Insolvenzverwalter vorbehaltene und für diesen vergütungs-/zuschlagsrelevante Tätigkeiten – angefangen bei der Fortführung des schuldnerischen Unternehmens über sanierungsvorbereitende Maßnahmen bis hin zu der Abwicklung einer Vielzahl von Arbeits- und Beschäftigungsverhältnissen im Rahmen seines Vergütungsantrages – als Erhöhungsfaktoren für sich reklamieren kann. Die für die Eigenverwaltung im eröffneten Insolvenzverfahren geltenden 6 Grundsätze finden auch im Insolvenzeröffnungsverfahren und im Rahmen der vorläufigen Sachwaltung Anwendung. Es gelten damit die allgemeinen Grundsätze des § 21 InsO auch für die vor- 7 läufige Sachwaltung (so auch Hofmann, in: Kübler, HRI, § 6 Rn. 6 f.). Darüber hinaus ordnet § 274 Abs. 1 InsO, auf den auch § 270b InsO in seinem Abs. 1 verweist, an, dass der Sachwalter die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu prüfen und die Geschäftsführung zu überwachen hat. Nach § 275 InsO hat der Sachwalter die Ausgaben jeweils zu prüfen, zu qualifizieren und zu entscheiden, ob ihnen widersprochen oder zugestimmt wird und kann der Sachwalter nach § 275 Abs. 2 InsO vom Schuldner verlangen, dass der gesamte Zahlungsverkehr über ein beim Sachwalter eingerichtetes Sonderkonto abgewickelt wird. Aus der ausdrücklichen Kompetenzzuweisung der Überwachung des Ge- 8 schäftsbetriebes des Schuldners und des Zahlungsverhaltens folgt die unmittelbar mit der Kompetenzzuweisung verbundene Frage, welchem Zweck diese Überwachung im Insolvenzeröffnungsverfahren dient. Denn nur, wenn die Frage nach dem Zweck beantwortet ist, können die sich aus der Überwachungspflicht ableitenden Aufgaben- und Kompetenzzuweisungen verlässlich definiert werden. Die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung nach § 270b InsO fällt nach 9 ihrem Sachzusammenhang in die gerichtliche Ermessensentscheidung, welche Sicherungsmaßnahmen das Insolvenzgericht unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit in dem konkreten Insolvenzantragsverfahren anordnet. Der BGH (v. 18.7.2002, ZIP 2002, 1625) hat klargestellt, dass die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen in jedem Fall dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unterliegt. Soweit mildere Mittel einzeln oder zusammen den Sicherungszweck hinreichend erfüllen, sind sie regelmäßig einschneiden-
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§ 26a InsO – Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters
deren Maßnahmen vorzuziehen. Das die vorläufige Eigenverwaltung in diesen Sachzusammenhang fällt, ergibt sich insbesondere aus § 274 Abs. 3 InsO, wonach der Sachwalter, stellt er Umstände fest, die erwarten lassen, dass die Fortsetzung der (vorläufigen) Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird, dies dem Insolvenzgericht anzuzeigen hat. Der Begriff des Nachteils ist dabei im Interesse aller Verfahrensbeteiligten in einem umfassenden Sinne auszulegen und nicht allein auf die Quotenerwartung zu beziehen (vgl. Hölzle, ZIP 2012, 158, 159 f). 10 Solange solche Nachteile nicht drohen und sich hierfür keine Indizien ergeben, stellt die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung – selbstverständlich unter dem Vorbehalt, das ein darauf gerichteter Antrag gestellt ist – das mildeste Mittel dar und ist diese auch in Fortführungsfällen im Antragsverfahren als mildestes Mittel anzuordnen; die vorläufige Sachwaltung ist damit ein den Beurteilungsspielraum des Gerichts im Hinblick auf die Erforderlichkeit von Sicherungsmaßnahmen gemäß § 21 InsO einschränkendes Institut (so Hofmann, a. a. O., § 6 Rn. 5). 11 Der vorläufige Sachwalter tritt dabei ebenso wenig wie der nur mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestattete vorläufige Insolvenzverwalter nicht an die Stelle sondern an die Seite des Schuldners. Dabei ist vorrangiges Ziel der vorläufigen Eigenverwaltung, das Ansehen des Schuldners im Rechtsverkehr nicht unnötig zu beschädigen (so z. B. auch Vallender, in: Uhlenbruck, InsO, § 22 Rn. 15; Piepenburg/Minuth, a. a. O., § 11 Rn. 95 ff.). Zu Recht weist Vallender darauf hin, dass, wenn das Gesetz dem Schuldner ein gerichtliches Sanierungsverfahren zur Verfügung stellt, das es ihm erlaubt, rechtzeitig unter gerichtlicher Aufsicht durch einen Insolvenzplan oder auf sonstige Weise mit den Gläubigern eine einvernehmliche Schuldenregulierung herbeizuführen, die Insolvenzgerichte auch verpflichtet sind, dem Schuldner oder dem Schuldnerunternehmen einen sachgerechten Einstieg in dieses Verfahren zu ermöglichen (ähnlich Hölzle, NZI 2011, 124 m. w. N.). Schon zu Zeiten der Konkursordnung hat Mönning (Betriebsfortführung in der Insolvenz, 1997, Rn. 313 ff., 316 f.) nachgewiesen, dass sich eine Entmachtung der schuldnerischen Organe im Insolvenzeröffnungsverfahren als fortführungs- und sanierungsfeindlich erweisen kann, und dass im Grundsatz insbesondere bei dem Eigenantrag stellenden Schuldner von einem hohen Maß an Kooperationsbereitschaft ausgegangen werden kann. 12 Dies alles ändert jedoch nichts daran, dass sich auch der Aufgabenkatalog des vorläufigen Sachwalters bereits kraft Gesetzes auf die Aufgabenkreise Aufsicht, Sicherung und Gestaltung fokussiert, wie es auch beim sog. schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter der Fall ist (Hölzle, ZIP 2011, 1889 f.). Die Sicherungsfunktion, die dem Insolvenzantragsverfahren immanent ist und auch im Rahmen des Verfahrens über die Anordnung der vorläufigen Sachwaltung darin zum Ausdruck kommt, dass vorbehaltlich abweichender Sonderregelungen jede Sicherungsanordnung nach § 21 InsO (mit Ausnahme von § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO) sowie entsprechend § 277 InsO (vgl. Hofmann, a. a. O., § 6 Rn. 91 ff.) 604
2. Exkurs: Aktuelle Streitfragen der Vergütungsfestsetzung
möglich bleibt, verwirklicht sich nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip in der qualifizierten Aufsicht durch den vorläufigen Sachwalter, der gläubigerschädigende Verfügungen durch rechtzeitige Anzeige gegenüber dem Insolvenzgericht und Anregung weiterer Sicherungsmaßnahmen sowie durch Übernahme der Kassenführungsbefugnis zu verhüten hat. Die Insolvenzordnung kennt drei gleichberechtigte nebeneinanderstehende 13 Verfahrensziele: die Liquidation, die Sanierung des fortzuführenden Rechtsträgers im Insolvenzverfahren und die übertragende Sanierung (Vallender, a. a. O. § 22 Rn. 207). Dabei sieht die Insolvenzordnung vor, dass ein im Zeitpunkt der Antragstellung noch tätiger und deshalb lebender Geschäftsbetrieb bis zur Entscheidung der Gläubiger im Berichtstermin (§ 156 InsO) grundsätzlich fortzuführen ist (§ 158 Abs. 1 InsO). Daraus folgt, dass insbesondere jeder vorläufige Insolvenzverwalter, gleich mit welcher Rechtsmacht er im Einzelfall ausgestattet ist, also auch der lediglich mit einem Zustimmungsvorbehalt versehene schwache vorläufige Insolvenzverwalter zur mittelbaren Unternehmensfortführung verpflichtet ist (ausführlich Hölzle, ZIP 2011, 1889, 1890 f.). Da auch der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt selbst keine Verfügungsbefugnis über das schuldnerische Vermögen hat, ist er zu einer eigenverantwortlichen Unternehmensfortführung rechtlich nicht in der Lage, begründet aber gemeinsam mit dem Insolvenzschuldner ein Kooperationsverhältnis (Krebs, a. a. O., S. 116, 212, 303), das auf die gemeinsame Fortführung des Unternehmens ausgerichtet ist. Die Unternehmensfortführung im Insolvenzeröffnungsverfahren ist schon 14 deshalb verpflichtender Gegenstand eines jeden im Rahmen des gerichtlichen Sicherungsauftrages bestellten Organs des Insolvenzverfahrens, weil im Insolvenzantragsverfahren die Grundlagen für das letztendlich zu verwirklichende Insolvenzverfahrensziel geschaffen werden müssen (Gerhardt, in: Jaeger, InsO, § 22 Rn. 163 ff.). Daraus folgt, dass jedes Insolvenzverfahrensorgan – also ungeachtet der Rechtsmacht: jeder vorläufige Insolvenzverwalter aber auch der vorläufige Sachwalter – zunächst im Rahmen der Sicherungsfunktion des Insolvenzeröffnungsverfahrens die Voraussetzung dafür zu schaffen bzw. durch Überwachung zu erhalten hat, dass jedes der gleichrangig nebeneinanderstehenden Insolvenzziele sich potenziell im eröffneten Verfahren auch kann verwirklichen lassen. Diese unmittelbar aus der Bestellung des Organs folgende allgemeine Pflicht konkretisiert sich sodann zu einer qualifizierten Pflicht, die Sanierungsaussichten für das Schuldnerunternehmen zu prüfen und sämtliche Handlungen und Maßnahmen, die vorzunehmen und/oder zu genehmigen sind, an diesem qualifizierten Maßstab zu messen (insbesondere für den Sachwalter auch Piepenburg/Minuth, a. a. O., § 11 Rn. 24). Den Auftrag, die Verfahrensziele zu sichern, kann das im Antragsverfahren 15 bestellte Organ, kann also auch der vorläufige Sachwalter nur erfüllen, wenn ihm die Kompetenz zur Vornahme der dazu erforderlichen Schritte, also insbesondere die Prüfungs-, Verhandlungs- und Beteiligungskompetenz an den
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im Rechtssinne vom eigenverwalteten Schuldner vorzunehmenden Rechtshandlungen eingeräumt wird (in diesem Sinne Hölzle, ZIP 2011, 1889, 1892). 16 Allein die Tatsache, dass im Rahmen der vorläufigen Eigenverwaltung das Recht, über das Vermögen des Insolvenzschuldners zu verfügen, beim schuldnerischen Organ verbleibt, folgt daher nicht, dass der vorläufige Sachwalter keine auf das Vermögen bezogenen Kompetenzen und keine Beteiligungsrechte und -pflichten im Rahmen der Unternehmensfortführung und der damit in Zusammenhang stehenden Aufgaben hätte. Im Gegenteil: Auch die vorläufige Sachwaltung ist – allein aus dem Grund der Geltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips reduzierte – Sicherungsanordnung, was insbesondere in der Überwachungspflicht, dem Recht, die Kassenführungsbefugnis an sich zu ziehen und der entsprechenden Anwendung des § 277 InsO (vgl. Hofmann, a. a. O., § 6 Rn. 91 ff.) zum Ausdruck kommt. Diese Pflicht kann der vorläufige Sachwalter jedoch nur erfüllen, wenn damit die Kompetenz zur gestalterischen Beteiligung an allen verfahrensrelevanten Schritten und Maßnahmen ipso iure eingeräumt ist. Wenn auch der vorläufige Sachwalter nicht die rechtsverbindliche Erklärung abgibt, so ist er doch in den Willensbildungsprozess auf jeder Stufe maßgeblich einbezogen und ist er auch verpflichtet, sich in jeden Willensbildungsprozess einbeziehen zu lassen. Voraussetzung für eine erfolgreiche Sachwaltung ist daher ein hohes Maß an Kommunikation zwischen dem Sachwalter und dem Schuldner sowie den anderen Beteiligten (Piepenburg/Minuth, a. a. O., § 11 Rn. 98). Ohne eine solche Einbeziehung in die Innenorganisation und die Willensbildung im Insolvenz(-eröffnungs-)verfahren wäre die Überwachung des Schuldners nach §§ 274, 275 InsO schlicht unmöglich. 17 Der vorläufige Sachwalter ist damit ebenfalls durch Sonderverbindung mit dem Schuldner und den Insolvenzgläubigern verbunden und nimmt im Antragsverfahren im besonderen Umfang eigenes Vertrauen in Anspruch, was nicht zuletzt unabhängig von der Geltung der § 60, 61 InsO eine persönliche Haftung nach den Grundsätzen der §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB auslösen kann. 18 Auch mit der Anordnung der vorläufigen Sachwaltung ist daher eine gesetzliche Kompetenzzuweisung verbunden, die in der Natur des gesetzlichen Sicherungsauftrages, auch der vorläufigen Sachwaltung liegt. 19 Da insbesondere das unbestimmte Tatbestandsmerkmal des „Nachteils für die Gläubiger“ wie es in § 274 Abs. 3 InsO zum Maßstab für die Überwachungspflicht des (vorläufigen) Sachwalters erhoben wird, nicht ausschließlich an der Quantität, also der Quotenerwartung für die Gläubiger ausgerichtet ist, sondern qualitative Merkmale einschließt, ist hiervon auch die Überwachung des Erhalts der im Antragsverfahren noch gleichrangig nebeneinanderstehenden Verfahrensziele von Bedeutung. Aus der teleologischen Gesetzesinterpretation folgt daher die mittelbare Pflicht und mutatis mutandis auch die Kompetenz, gestaltend auf das Antragsverfahren und den Schuldner bzw. dessen Organe einzu-
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2. Exkurs: Aktuelle Streitfragen der Vergütungsfestsetzung
wirken, an Verhandlungen mit Gläubigern teilzunehmen und der bestmöglichen Erfüllung des Insolvenzzwecks (§ 1 InsO) Vorschub zu gewähren. b) Konkrete Ausfüllung des Regelaufgabenkatalogs des vorläufigen Sachwalters aa) Grundsatz Der so definierte Aufgaben- und Kompetenzkatalog des vorläufigen Sachwal- 20 ters im Insolvenzantragsverfahren lässt sich daher mit Blick auf im Antragsverfahren typischerweise auftretende Tätigkeitskomplexe wie folgt konkretisieren: Alle Regel- und Sonderaufgaben des vorläufigen Insolvenzverwalters sind Gegenstand auch der Tätigkeit des vorläufigen Sachwalters. Die Ermessensentscheidung des Gerichts, ob im Antragsverfahren ausschließ- 21 lich ein Sachverständiger, ein vorläufiger Sachwalter, ein vorläufiger Insolvenzverwalter nur mit Zustimmungsvorbehalt oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das schuldnerische Vermögen bestellt wird, ist an der Sicherungsfunktion des Insolvenzeröffnungsverfahrens ausgerichtet und steht unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit (m. w. N. Hölzle, ZIP 2011, 1889 f.; ebenso Hofmann, a. a. O., § 6 Rn. 5). Ungeachtet der Frage, auf welche konkrete Sicherungsmaßnahme sich das Insolvenzgericht im Rahmen seiner Ermessensentscheidung festlegt, folgen doch sämtliche Entscheidungen demselben Ziel und dem im Eröffnungsverfahren zu wahrenden Sicherungszweck. Daraus wiederum folgt ein Gleichlauf in der Definition des mit der Anordnung 22 zu erreichenden Ziels. Mit anderen Worten: Der vorläufige Sachwalter und der vorläufige Insolvenzverwalter haben dasselbe Verfahrensziel zu erreichen. Sie haben damit im Grundsatz dieselbe Aufgabe im Innenverhältnis; lediglich die zur Erfüllung der Aufgabe eingeräumte Rechtsmacht im Außenverhältnis ist abweichend geregelt (mehr „rechtliches Dürfen“ als „rechtliches Können“). Welche Rechtsmacht dem Sicherungsorgan im konkreten Fall qua gerichtlichen Beschlusses zugewiesen werden muss, entscheidet sich ausschließlich anhand der erwarteten Qualität des Kooperationsverhältnisses zwischen dem Sicherungsorgan (vorläufiger Insolvenzverwalter bzw. vorläufiger Sachwalter) und dem Insolvenzschuldner bzw. dessen Organ. Ist zu erwarten, dass beide kooperativ zusammenwirken und dass das Belassen der Rechtsmacht beim Schuldner bzw. seinen Organen den Sicherungszweck („Nachteile für die Gläubiger“) nicht beeinträchtigt, so verbietet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die Überleitung der Rechtsmacht auf das insolvenzinstitutionelle Sicherungsorgan. An dem Sicherungsorgan zugewiesenen Aufgabenkatalog ändert sich jedoch nichts. Der Unterschied liegt ausschließlich darin, dass das ohne Rechtsmacht zur eigenverantwortlichen Handlung mit Außenwirkung ausgestattete Organ die Verfahrensziele durch kooperative Einflussnahme auf die Organe des Insolvenzschuldners und durch Zusammenwirken mit diesen zu erreichen hat und erreichen muss, während bei einer erwarteten Störung dieses Kooperations-
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verhältnisses die Rechtsmacht abgestuft nach Zustimmungsvorbehalt und Übertragung der Verfügungsbefugnis anteilig oder vollständig auf das Sicherungsorgan übertragen wird. 23 Mit anderen Worten ausgedrückt heißt dies, dass der Aufgabenkatalog und das Ziel im Insolvenzantragsverfahren für einen jeden vom Insolvenzgericht bestellten Sachwalter oder Verwalter identisch ist, dass jedoch die Umsetzung einmal mittelbar in der kooperativen Verhandlungs- und Einflussnahmelösung auf das Organ des Schuldners und einmal unmittelbar durch Ausübung der eigenen Rechtsmacht erreicht werden muss. 24 Im Ergebnis folgt daraus aber, dass der vorläufige Sachwalter dieselben Regelund Sonderaufgaben zu erfüllen hat, wie der vorläufige Insolvenzverwalter. Der Zweck eines in vorläufiger Sachwaltung geführten Insolvenzantragsverfahrens ist kein anderer, als der Zweck des in vorläufiger Insolvenzverwaltung geführten Verfahrens. Beide Insolvenzverfahren sind gemäß § 1 InsO auf die bestmögliche Gläubigerbefriedigung ausgerichtet; in beiden Antragsverfahren sind die gleichrangig nebeneinanderstehenden Verfahrensziele nach Möglichkeit zu erhalten. In beiden Verfahren ist das gerichtlich bestellte insolvenzinstitutionelle Organ für die Erreichung der Insolvenzverfahrensziele in derselben Weise (mit-)verantwortlich. Es wäre daher auch nicht im Ansatz verständlich, woraus eine Inkongruenz im Aufgabenkatalog des insolvenzinstitutionellen Sicherungsorgans hergeleitet werden sollte, nur weil dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgend bei der Erreichung dieser Ziele mit einem höheren Kooperationsgrad des Schuldners gerechnet werden kann und deshalb der Gesetzgeber auf eine Verhandlungs- statt auf eine Eingriffslösung setzt. 25 Dass die (vorläufige) Sachwaltung dem Kooperationsprinzip folgt, kommt insbesondere auch in § 275 Abs. 1 Satz 2 InsO zum Ausdruck, wonach der Schuldner Verbindlichkeiten nicht eingehen soll, wenn der Sachwalter ihrer Eingehung widerspricht, auch wenn sie zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören. Der Gesetzgeber geht hier davon aus, dass der Insolvenzschuldner im kooperativen Zusammenwirken mit dem Sachwalter gemeinsam entscheidet, welche Maßnahme die Ziele des Verfahrens am besten zu fördern geeignet ist. 26 Der Unterschied liegt i. E. also lediglich in der gesetzlichen Zuweisung der Ausführungskompetenz, nicht jedoch in einem veränderten Aufgaben- und Zuständigkeitskatalog im Innenverhältnis. 27 Vergütungsrechtlich kommt der Umstand, dass der Sachwalter nur bei der Willensbildung mitwirkt, jedoch ihm die Ausführungshandlung nicht zugewiesen ist, worin eine Entlastung liegt, darin zum Ausdruck, dass die Vergütung regelmäßig nur mit 60 % der Vergütung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters festgesetzt wird. Hierbei handelt es sich um den Abschlag für das Auseinanderfallen von Innen- und Außenorganisation, nicht jedoch um einen Abschlag für einen eingeschränkten Aufgabenkatalog.
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2. Exkurs: Aktuelle Streitfragen der Vergütungsfestsetzung
Gilt für die Aufgabenzuweisung daher im Rahmen des Regelinsolvenzeröff- 28 nungsverfahrens und des Insolvenzeröffnungsverfahrens in vorläufiger Eigenverwaltung im Grundsatz nichts Abweichendes, so erübrigt sich eigentlich die Differenzierung nach Sonderaufwand des vorläufigen Insolvenzverwalters und die Überprüfung, ob dieser Sonderaufwand auch zugunsten eines vorläufigen Sachwalters zu einer Aufgaben- und entsprechenden (Innen-)Kompetenzzuweisung führt. Der Vollständigkeit halber sollen im Folgenden jedoch einzelne typische Sonderaufgaben noch einmal herausgegriffen werden. bb) Unternehmensfortführung Die Unternehmensfortführung bzw. die (un-)mittelbare Mitwirkung daran 29 gehört bereits nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Begleitung des Insolvenzeröffnungsverfahrens, gleich mit welcher Rechtsmacht ausgestattet, zum Aufgabenkreis eines jeden im Insolvenzeröffnungsverfahren bestellten Sicherungsorgans. Die Unternehmensleitung und die Fortführung eines Unternehmens setzt eine 30 Vielzahl von täglichen Entscheidungsprozessen, Prognoseentscheidungen und organisatorischen Maßnahmen voraus, die jeweils einzeln oder in ihrem Zusammenwirken ganz erheblichen Einfluss auf die Erfüllbarkeit der Insolvenzverfahrensziele und damit auf das Verfahren im Ganzen haben können. Die Willensbildung als laufender, nicht abgrenzbarer Prozess im Rahmen der 31 Unternehmensfortführung ist daher für das Erreichen und den Erhalt der potenziellen Verfahrensziele und der zu ihrer Erreichung umzusetzenden Maßnahmen von ganz entscheidender Bedeutung, weshalb der vorläufige Sachwalter in diesen Willlensbildungsprozess zwingend einbezogen ist. Dies gehört zu seinen Kernaufgaben der Beteiligung an der Innenorganisation des Insolvenzantragsverfahrens (Piepenburg/Minuth, a. a. O., § 11 Rn. 29 ff.; Hofmann, a. a. O., § 6 Rn. 82). Dass die Komplexität der Willensbildung im Rahmen der Unternehmensfort- 32 führung im Insolvenzeröffnungsverfahren ein vor allem der Innenorganisation des Verfahrens zugewiesener Prozess ist, zeigt sich insbesondere auch daran, dass auf solche Willensbildungsprozesse zu Recht die Business Judgement Rule auch für das (vorläufige) Verwalterhandeln und damit auch auf das Sachwalterhandeln anzuwenden ist (vgl. z. B. Berger/Frege/Nicht, NZI 2010, 321; Berger/Frege, ZIP 2008, 204). Aus der Einbeziehung des vorläufigen Sachwalters in die internen Organisa- 33 tionsprozesse und die Willensbildung im Rahmen des bestehenden Kooperationsverhältnisses folgt daher zwingend die Sonderaufgabe und der damit verbundene Sonderaufwand auch des vorläufigen Sachwalters im Rahmen einer Unternehmensfortführung nach denselben Regeln, wie sie auch für den vorläufigen Insolvenzverwalter gelten.
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§ 26a InsO – Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters
cc) Liquiditätsüberwachung und Prüfung der Zahlungsfähigkeit 34 Die Anordnung (nur) der vorläufigen Sachwaltung ist eine Ermessensentscheidung des Gerichts, die dem Verhältnismäßigkeitsprinzip folgt. Da die Kooperationsbereitschaft des Schuldners bzw. seiner Organe im Insolvenzantragsverfahren im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nur prospektiert werden kann, es sich zugleich jedoch um einen weichen Faktor handelt, der auch ständigen Änderungen unterworfen sein kann, erfordert die verlässliche Wahrung des Sicherungszwecks des Antragsverfahrens eine besondere Aufmerksamkeit des Sachwalters in Bezug auf die Notwendigkeit der Anordnung weitergehender Sicherungsmaßnahmen (z. B. entsprechend § 277 InsO). 35 Hinzu kommt, dass das Gesetz dem vorläufigen Sachwalter im Rahmen des sog. Schutzschirmverfahrens nach § 270d InsO in § 270d Abs. 4 Satz 1 InsO besondere und über § 274 InsO hinausgehende Mitteilungspflichten auferlegt, die eine zusätzliche laufende Liquiditätsüberwachung erfordern, da nämlich der vorläufige Sachwalter im Schutzschirmverfahren verpflichtet ist, dem Gericht den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit i. S. d. § 17 InsO unverzüglich anzuzeigen. 36 Im Regelinsolvenzeröffnungsverfahren ist der vorläufige Insolvenzverwalter nicht verpflichtet, zum genauen Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit Ermittlungen anzustellen und die Zahlungsunfähigkeit fortlaufend zu überwachen. Auch in der nichtqualifizierten vorläufigen Sachwaltung (allein) nach § 270b InsO besteht eine solche fortlaufende Ermittlungspflicht im Bezug auf den Insolvenzgrund des § 17 InsO nicht. Es handelt sich hierbei um eine qualifizierte Pflicht des vorläufigen Sachwalters im Schutzschirmverfahren nach § 270d InsO. 37 Jede qualifizierte Pflicht in besonderen Verfahrensarten führt jedoch auch zu einem besonderen Aufwand, der von dem Regelaufwand abweicht. Der Regelaufwand des vorläufigen Sachwalters definiert sich nach dem Verfahren des § 270a InsO. Wenn und soweit in der besonderen Verfahrensart des § 270d InsO besonderer Aufwand von dem vorläufigen Sachwalter geschuldet ist, handelt es sich dabei um eine Qualifizierung seiner Tätigkeit und damit um eine Ausdehnung seines Aufgaben- und Pflichtenkataloges. Dieser ist nicht deshalb allein Gegenstand der allgemeinen Überwachung mit dem Ziel der Sicherstellung der rechtzeitigen Anordnung etwaiger erforderlicher weiterer Sicherungsmaßnahme, sondern dient überdies der Einhaltung der besonderen Verfahrensziele des vorgelagerten Schutzschirmverfahrens nach § 270d InsO. dd) Wahrung aller Gläubigerinteressen – Befassung mit Aus- und Absonderungsrechten 38 Jedes vom Insolvenzgericht bestellte Sicherungsorgan ist verpflichtet, das IstVermögen des Insolvenzschuldners im Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung zu sichern, ungeachtet der daran etwaig bestehenden Dritt- und Fremdrechte.
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2. Exkurs: Aktuelle Streitfragen der Vergütungsfestsetzung
Die Sicherungsfunktion erstreckt sich auf das Interesse aller Gläubiger, also auch auf das Interesse der aus- und absonderungsberechtigten Gläubiger (vgl. z. B. BGH v. 6.4.2000, BGHZ 144, 192, 196; v. 21.1.2010, BGHZ 184, 101 Rn. 33). Ob diese Sicherungsziele durch Übertragung von abgestuften Mitverfügungs- 39 oder Verfügungsrechten auf das Sicherungsorgan oder allein durch Rückgriff auf eine Kooperationslösung erreicht werden oder erreichbar scheinen, spielt für die Definition des Aufgabenkataloges keine Rolle. Es folgt daraus, dass selbstverständlich auch der vorläufige Sachwalter mit 40 den ihm eingeräumten Kompetenzen auf Grundlage der kooperativen Einwirkung auf die Willensbildung des Schuldners bzw. seiner Organe den Sicherungsauftrag auch in Bezug auf aus- und absonderungsrechtsbehaftete Gegenstände und die daran berechtigten Gläubiger zu erfüllen hat. Droht eine Gefährdung der Rechte, also ein „Nachteil für die (absonderungsberechtigten) Gläubiger, hat der vorläufige Sachwalter dies anzuzeigen und ggf. die Anordnung weiterer Sicherungsmaßnahmen anzuregen, was abermals die Überwachung und die Beteiligung z. B. an Verwertungsentscheidungen und -verhandlungen denknotwendig voraussetzt. Die erhebliche Befassung mit Aus- und Absonderungsrechten stellt daher, 41 genau wie beim vorläufigen Insolvenzverwalter, auch beim vorläufigen Sachwalter eine aufwandserhöhende Tätigkeit dar, die zu seinem originären Pflichten- und Kompetenzbereich gehört. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass § 12a InsVV inzwischen für die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des vorläufigen Sachwalters mit Aus- und Absonderungsrechten belastete Gegenstände einbezieht, soweit der vorläufige Sachwalter hierauf erhebliche Tätigkeit entfaltet hat. Soweit die Einbeziehung der Aus- und Absonderungsrechte auf diese Weise die Berechnungsgrundlage bereits erhöht hat, kann ein zusätzlicher Zuschlag daher – nach den für die Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters geltenden Grundsätzen – nicht geltend gemacht werden. ee) Arbeitnehmerfragen Häufig lassen sich die Insolvenzverfahrensziele nur oder jedenfalls sehr viel 42 besser erreichen, wenn rechtzeitig die Unterstützung der Belegschaft gesichert und zum Beispiel liquiditätsmäßige Entlastungen durch Gewährleistung einer Insolvenzgeldvorfinanzierung geschaffen werden. Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen bedarf es im Grunde 43 keiner besonderen Erläuterung, dass es damit im Rahmen der internen Willensbildung, der Innenorganisation des Antragsverfahrens und der Pflicht zur kooperativen Mitgestaltung des Antragsverfahrens unter Ausrichtung des fortzuführenden Unternehmens an den Insolvenzverfahrenszielen auch zum Pflichtenkreis des vorläufigen Sachwalters gehört, sich in der Innenorganisation
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§ 26a InsO – Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters
mit den Arbeitnehmerfragen in demselben Umfang zu beschäftigen, wie es Aufgabe eines vorläufigen Insolvenzverwalters ist. Nochmals: Auf Ebene der Innenorganisation und der internen Willensbildung sowie der inneren Gestaltung des Insolvenzantragsverfahrens gibt es zwischen den verschiedenen Antragsverfahrensarten keine Unterschiede; die Unterschiede entstehen erst auf Ebene der Umsetzung der getroffenen Entscheidungen, also in der Vertretung nach außen. 44 Der reine Vertretungsakt jedoch ist nicht der den Aufwand und der die Erforderlichkeit besonderer Kompetenz begründende Umstand; dies ist vielmehr die interne Befassung mit den Problemen, die innere Willensbildung und die Ausarbeitung der letztendlich umzusetzenden Entscheidung. In diesen Prozess ist der vorläufige Sachwalter aber in derselben Weise eingebunden, wie ein vorläufiger Insolvenzverwalter auch. 45 Auch die besondere Befassung mit Arbeitnehmerfragen in großem Umfang begründet daher für den vorläufigen Sachwalter einen Sonderaufwand in dessen Aufgaben- und Kompetenzbereich. ff) Vorbereitung einer Sanierung 46 Die möglichen Insolvenzverfahrensziele der Liquidation, des Erhaltes des Rechtsträgers (Insolvenzplan) und der übertragenen Sanierung stehen im Insolvenzantragsverfahren, wie dargestellt, gleichberechtigt nebeneinander. Auf diese Ziele hinzuwirken, ist Aufgabe aller im Antragsverfahren beteiligten Personen. 47 Dies schließt die Vorbereitung von Sanierungsmaßnahmen im Grundsatz immer mit ein (Gerhardt, a. a. O, § 22 Rn. 163 ff.). Regelmäßig muss, damit im Berichtstermin (§ 156 InsO) über einen konkreten Sanierungsvorschlag abgestimmt werden kann, ein in den Strukturen vorgezeichnetes Sanierungskonzept bereits erarbeitet sein und müssen erste Sanierungsschritte bereits eingeleitet worden sein (Uhlenbruck, in: Kölner Schrift zur InsO [2000], S. 325, 338). Insbesondere hat dabei der vorläufige Sachwalter nicht nur die aus den allgemeinen Aufgaben erwachsende Pflicht, bei der internen Erarbeitung der vorbereitenden Sanierungsmaßnahmen vollumfänglich mitzuwirken, sondern steht dem vorläufigen Sachwalter unbeschadet einer ausdrücklichen Ermächtigungsgrundlage im Gesetz auch ein eigenes Insolvenzplaninitiativrecht zu (ausführlich Hölzle, ZIP 2012, 855 ff.). In der Gesetzesbegründung zum ESUG fehlt jeder Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber sich über die Frage der Ausdehnung der Initiativrechte zur Einreichung eines Insolvenzplans im Zusammenhang mit dem Schutzschirmverfahren und dem allgemeinen Verfahren der vorläufigen Sachwaltung und der Einbeziehung auch des vorläufigen Sachwalters in den Kreis der Planvorlageberechtigten überhaupt Gedanken gemacht hätte. Insbesondere ist der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen, dass die Beibehaltung des eingeschränkten Kreises der Planvorlageberechtigten auf eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung zurückgeht.
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2. Exkurs: Aktuelle Streitfragen der Vergütungsfestsetzung
Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber mit § 21 Abs. 2 Nr. 1a, §§ 22a, 56a, 270b 48 Abs. 3 InsO die Einflussnahme der Gläubiger bereits im Insolvenzeröffnungsverfahren bewusst hat stärken wollen. Einer solchen Stärkung der Gläubigerautonomie entspricht es, wenn den im vorläufigen Gläubigerausschuss repräsentierten Gläubigern auch das Recht zugestanden wird, zur Objektivierung des Schutzschirmverfahrens, zur Stärkung des Gläubigervertrauens und damit im Ergebnis zur Steigerung der Erfolgsaussichten des Insolvenzplans, den vorläufigen Sachwalter mehr als nur beratend die Planerstellung einzubeziehen und diesem den Auftrag zur vollständigen Mitwirkung oder alleinigen Planerstellung zu erteilen. Rechtsdogmatisch ist dieses Ergebnis durch eine teleologische Extension auf Grundlage einer dynamischen Gesetzesinterpretation des § 284 Abs. 1 Satz 1 InsO zu erreichen (Hölzle, ZIP 2012, 855, 859). Während die (nur) beratende Mitwirkung bei der Erstellung, Konzeption und 49 Architektur des Insolvenzplans zum originären Kompetenzbereich des vorläufigen Sachwalters gehört, woraus nicht folgt, dass diese Tätigkeit zum Regelumfang gehört und mit der Regelvergütung bereits abgegolten wäre, kann darüber hinaus der vorläufige Gläubigerausschuss den vorläufigen Sachwalter auch (konkludent) ermächtigen und beauftragen, den Insolvenzplan konkret mitzugestalten, ggf. sogar vollständig alleine auszuarbeiten und vorzulegen. Dies widerspricht keiner gesetzlichen Kompetenzzuweisung, sondern wird den zu erreichenden Verfahrenszielen einzig gerecht. c) Ableitungen für die festzusetzende Vergütung Aus den bis hierher getroffenen Feststellungen folgt unweigerlich, dass der 50 vorläufige Sachwalter im Rahmen der inneren Verfahrensabwicklung dieselben Aufgaben und Kompetenzen hat, wie der vorläufige Insolvenzverwalter. Der einzige Unterschied besteht in der Zuweisung der Rechtsmacht zur Umsetzung der verfahrensleitenden Entscheidungen nach außen und der Wahrnehmung der Verfügungsbefugnisse. Während die vorläufige Sachwaltung hier auf Kooperation und Ausübung der Verfügungsgewalt nur im Rahmen der Abstimmung mit dem Sachwalter setzt, ist die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung in ihren verschieden starken Ausprägungen jeweils Ausdruck eines Vertrauensdefizits oder, in Fällen fehlender Antragstellung auf Eigenverwaltung, fehlenden Selbstvertrauens des schuldnerischen Organs. Die Belassung der Verfügungsgewalt als Umsetzung der intern gebildeten 51 Entscheidung nach außen kommt vergütungsrechtlich darin zum Ausdruck, dass dem vorläufigen Sachwalter regelmäßig nur 60 % der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters zugesprochen werden. Dieser Abschlag ist gerechtfertigt, weil der vorläufige Sachwalter gerade nur in der Innenorganisation und in der Willlensbildung als dem zwar maßgeblichen und dem aufwendigen und haftungsrelevanten Prozess beteiligt ist, er jedoch die Umsetzung der Entscheidung nur zu überwachen, nicht jedoch aktiv vorzunehmen hat.
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§§ 56, 56a, 59 InsO – Auswahl und Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters
52 Dies hat allerdings keinen Einfluss auf die überkommene Vergütungspraxis, mit der regelmäßigen Vergütung nur den regelmäßig in einem „Normalantragsverfahren“ anfallenden Aufwand abzugelten. Besonderer Aufwand aus besonderen Sachverhaltskonstellationen rechtfertigt für den vorläufigen Sachwalter in demselben Umfang wie für den vorläufigen Insolvenzverwalter die Erhöhung der Vergütung. Da sich die Aufgabenkreise des vorläufigen Sachwalters und des vorläufigen Insolvenzverwalters in der Innenorganisation des Insolvenzantragsverfahrens zu 100 % decken, ist auch die gesamte Rechtsprechung zur Festsetzung von Zu- und Abschlägen auf die Vergütung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters gemäß § 3 InsVV uneingeschränkt auf die Ermittlung und Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Sachwalters zu übertragen (ebenso Hofmann, a. a. O., § 6 Rn. 82). Das Verfahrensziel ist identisch; ebenso der Aufgabenkreis, der zur Erreichung des Verfahrensziels bestimmt ist. Tätigkeiten in diesem Aufgabenkreis müssen daher verhältnismäßig identisch vergütet werden. Dies ist nur durch Übertragung der Vergütungsgrundsätze des Regelinsolvenzeröffnungsverfahrens auch auf das Insolvenzeröffnungsverfahren in vorläufiger Sachwaltung zu erreichen. 53 Einem Grund, besonderen Aufwand des vorläufigen Sachwalters, den dieser im Rahmen seines Aufgaben- und Kompetenzbereichs zu leisten verpflichtet ist, nicht auch gesondert zu vergüten, wie es für den vorläufigen Insolvenzverwalter der Fall ist, fehlt es an jeder Rechtfertigung.
§§ 56, 56a, 59 InsO – Auswahl und Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters § 56 Bestellung des Insolvenzverwalters (1) 1Zum Insolvenzverwalter ist eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. 2Wer als Restrukturierungsbeauftragter oder Sanierungsmoderator in einer Restrukturierungssache des Schuldners tätig war, kann, wenn der Schuldner mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, nur dann zum Insolvenzverwalter bestellt werden, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss zustimmt. 3Die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen kann auf bestimmte Verfahren beschränkt werden. 4Die erforderliche Unabhängigkeit wird nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die Person 1. vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen worden ist oder 2. den Schuldner vor dem Eröffnungsantrag in allgemeiner Form über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dessen Folgen beraten hat.
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§§ 56, 56a, 59 InsO – Auswahl und Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters
(2) 1Der Verwalter erhält eine Urkunde über seine Bestellung. 2Bei Beendigung seines Amtes hat er die Urkunde dem Insolvenzgericht zurückzugeben. § 56a Gläubigerbeteiligung bei der Verwalterbestellung (1) Vor der Bestellung des Verwalters ist dem vorläufigen Gläubigerausschuss Gelegenheit zu geben, sich zu den Anforderungen, die an den Verwalter zu stellen sind, und zur Person des Verwalters zu äußern, soweit dies nicht innerhalb von zwei Werktagen offensichtlich zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führt. (2) 1Das Gericht darf von einem einstimmigen Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses zur Person des Verwalters nur abweichen, wenn die vorgeschlagene Person für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist. 2Das Gericht hat bei der Auswahl des Verwalters die vom vorläufigen Gläubigerausschuss beschlossenen Anforderungen an die Person des Verwalters zugrunde zu legen. (3) 1Sieht das Gericht mit Rücksicht auf eine nachteilige Veränderung der Vermögenslage des Schuldners von einer Anhörung nach Absatz 1 ab, hat es seine Entscheidung schriftlich zu begründen. 2Der vorläufige Gläubigerausschuss kann in seiner ersten Sitzung einstimmig eine andere Person als die bestellte zum Insolvenzverwalter wählen. § 59 Entlassung des Insolvenzverwalters (1) 1Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. 2Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenzgläubigers erfolgen. 3Auf Antrag des Schuldners oder eines Insolvenzgläubigers erfolgt die Entlassung nur, wenn dies innerhalb von sechs Monaten nach der Bestellung beantragt wird und der Verwalter nicht unabhängig ist; dies ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. 4Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Verwalter zu hören. (2) 1Gegen die Entlassung steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. 2Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. 3 Hat die Gläubigerversammlung den Antrag gestellt, steht auch jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. Übersicht 1. 2.
Bedeutung der Vorschriften .......... 1 Anforderungen an die Person des Insolvenzverwalters (§ 56 Abs. 1 InsO) ......................... 8 a) Vorbemerkung ........................ 8 b) Übernahmebereitschaft ........ 10
c) Unabhängigkeit ..................... 13 aa) Grundfragen .................. 13 bb) Disponibilität der (ausschließlich fachlichen) Unabhängigkeit ............ 22
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§§ 56, 56a, 59 InsO – Auswahl und Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters
3.
4.
cc) Vortätigkeit als Restrukturierungsbeauftragter oder -moderator ............ d) Geschäftskunde ..................... e) Einzelfalleignung ................... f) Entlassung des Insolvenzverwalters (§ 59 InsO) .......... Vorschlagsrecht des vorläufigen Gläubigerausschusses (§ 56a InsO) ............................................ a) Vorbemerkung ...................... b) Vorschlag zum Anforderungsprofil ............................. c) Vorschlag zur Person des (vorläufigen) Insolvenzverwalters ............................... (Rechtswidriges) Übergehen des Vorschlags .............................. a) Möglichkeiten der Umgehung und grundsätzlicher Rechtsschutz ..................................... b) Ansätze zur Gewährleistung des Rechtsschutzes ............... aa) Nichtbeachtung von Vorschlägen und Weigerung der Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses ........... bb) Nachbenennung (obstruktiver) zusätzlicher Gläubigerausschussmitglieder ...........
5. 35 36 39 41
45 45
6.
49
54 63
63 7. 71
71 8. 74
(Rechtmäßiger) Dispens von der Pflicht zur Anhörung .................. 81 a) Nachteilige Veränderung der Vermögenslage ................ 81 b) Anhörung vor Bestellung des Insolvenzverwalters ........ 85 c) Anhörung vor Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters ............................... 87 Begründungspflicht des Gerichts und Neubenennungsrecht (§ 56a Abs. 3 InsO) ..................... 92 a) Neubenennungsrecht zur Wahrung der Gläubigerautonomie (§ 56a Abs. 3 Satz 2 InsO) .......................... 93 b) Reichweite des Neubenennungsrechts im Besonderen ............................ 97 c) Verfahren der Abwahl und Neubestellung ..................... 103 Kollisionen ................................. 115 a) Anhörung zur Person des vorläufigen und des endgültigen Insolvenzverwalters .................................. 115 b) Recht zur Abwahl durch die Gläubigerversammlung (§ 57 InsO) .......................... 119 Schema 2: Auswahl und Bestellung des (vorl.) Insolvenzverwalters (§§ 56, 56a InsO) .......... 125
1. Bedeutung der Vorschriften 1 In der Einleitung zur Gesetzesbegründung zum ESUG stellt der Gesetzgeber bereits im ersten Absatz und damit an sehr exponierter Stelle heraus, dass wesentliches Motiv für die Reform des Insolvenzrechts die Herstellung der internationalen Konkurrenzfähigkeit des Sanierungsstandortes Deutschland gewesen ist (dazu ausführlich: Hölzle, KTS 2011, 291 ff.). Insbesondere könne Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Insolvenzrechts im europäischen Vergleich nur dadurch hergestellt werden, dass der Ablauf des deutschen Insolvenzverfahrens für Schuldner und Gläubiger transparenter und berechenbar ausgestaltet, sowie insbesondere der Einfluss auf die Auswahl des Insolvenzverwalters verbessert werde (BT-Drucks. 17/5712, S. 1). 2 Der Gesetzgeber sieht sich jedoch vor dem gesetzgeberischen Dilemma, einerseits für den Schuldner einen entsprechenden Vertrauenstatbestand schaffen zu müssen, der ihn veranlasst, sich frühzeitig unter dem Schutzschild des in-
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1. Bedeutung der Vorschriften
solvenzrechtlichen Sanierungsverfahrens zu begeben, wozu auch das Recht zur Benennung eines Insolvenzverwalters – oder im Schutzschirmverfahren nach § 270d InsO zur Derogation des (vorläufigen) Sachwalters – gehört, muss aber andererseits die Gläubigerinteressen wahren und im Interesse des bestmöglichen Sanierungserfolges gläubigerseitig befürchtete „Moral-Hazard-Risiken“ ausschalten (vgl. z. B. Brennan, in: Ott/Schäfer, Effiziente Verhaltenssteuerung und Kooperation im Zivilrecht [1997], S. 289 ff.; ausführlich auch Eidenmüller, Sanierung zwischen Markt und Gesetz [habil. 1999], S. 478 ff.). Der Gesetzgeber ist dabei einen Mittelweg gegangen. Im Schutzschirmver- 3 fahren – bisher § 270b InsO a. F., nunmehr in § 270d InsO – hat der Schuldner das Recht, den im Rahmen der zugleich anzuordnenden vorläufigen Eigenverwaltung zu bestellenden vorläufigen Sachwalter grundsätzlich selbst zu bestimmen (sog. „mitgebrachter Sachwalter“). Dem Insolvenzgericht steht lediglich ein Recht zur Zurückweisung eines i. S. d. § 56 Abs. 1 InsO offensichtlich ungeeigneten Kandidaten zu. Im Regelinsolvenzeröffnungsverfahren bleibt dem Schuldner dagegen nur ein 4 Vorschlagsrecht. Zur ausdrücklichen Tadelung der vor Geltung des ESUG an einigen Insolvenzgerichten gelebten Praxis, wonach ein vom Schuldner in dessen Eigenantrag vorgeschlagener Kandidat allein durch diesen Vorschlag inhabil wurde, hat der Gesetzgeber in § 56 Abs. 1 Nr. 1 InsO ausdrücklich klargestellt, dass die erforderliche Unabhängigkeit des (vorläufigen) Insolvenzverwalters nicht schon und allein wegen eines vom Schuldner oder von einem Gläubiger gemachten Vorschlages in Frage und der vorgeschlagene Kandidat deshalb ausgeschlossen werden kann. Darüber hinaus soll das Vertrauen des Schuldners dadurch gestärkt werden, dass 5 er durchaus auch eine ihm bekannte Person vorschlägt, von der er sich im Vorfeld „in allgemeiner Form über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dessen Folgen“ hat beraten lassen. Die im Diskussionsentwurf des ESUG zunächst vorgesehene Einschränkung des § 56 E-InsO, wonach auch diejenige Person, die vorinsolvenzlich an der Erstellung eines Insolvenzplans mitgewirkt hat, für das Amt des Insolvenzverwalters nicht ausscheidet, ist vom Rechtsausschuss gestrichen worden. Der Rechtsausschuss hat darüber hinaus eine Trennung der allgemeinen An- 6 forderungen an die Person des Insolvenzverwalters, die nach wie vor in § 56 InsO geregelt sind, und den – verbindlichen – Vorschlagsrechten des vorläufigen Gläubigerausschusses vorgenommen. Die Regelungen dazu finden sich in dem durch das ESUG neu eingefügten § 56a InsO. Da dies ausschließlich die Vorschlagsrechte des vorläufigen Gläubigerausschusses betrifft, macht diese Trennung der Vorschriften auch durchaus Sinn. Im Rahmen des SanInsFoG ist durch Ergänzung des § 56 Abs. 1 InsO klar- 7 gestellt worden, dass auch ein vormals zum Restrukturierungsbeauftragten
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§§ 56, 56a, 59 InsO – Auswahl und Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters
oder Sanierungsmoderater Bestellter in einem nachfolgenden Insolvenzverfahren – jedenfalls mit Zustimmung des vorläufigen Gläubigerausschusses – zum Sach- oder Insolvenzverwalter bestellt werden kann (zum Zustimmungserfordernis vgl. auch § 73 StaRUG Rn. 55 ff.). Der Gesetzgeber adelt damit die Auffassung von dem zulässigen Verzicht der Gläubiger auf das Dogma auch der sachlich-fachlichen Unabhängigkeit (ausführlich Rn. 22). 2. Anforderungen an die Person des Insolvenzverwalters (§ 56 Abs. 1 InsO) a) Vorbemerkung 8 Die Anforderungen an die Person des (vorläufigen) Insolvenzverwalters sind in § 56 Abs. 1 InsO beschrieben und wurden auch durch das SanInsFoG nicht geändert. Der (vorläufige) Insolvenzverwalter muss x
eine natürliche Person (vgl. jetzt BGH, Beschl. v. 19.9.2013 – IX AR(VZ) 1/12) sein,
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die zur Übernahme des Amtes bereit und
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unabhängig von Gläubigern und Schuldner sowie
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grundsätzlich geschäftskundig und
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im Einzelfall für das konkrete Insolvenzverfahren geeignet
ist. Alle fünf Tatbestandsmerkmale müssen zur (grundsätzlich freien) Überzeugung des Gerichts erfüllt sein. Allerdings muss das Gericht, will es z. B. eine vorgeschlagene Person wegen Nichterfüllung der Kriterien nach § 56 Abs. 1 InsO ablehnen, die fehlende Eignung oder Unabhängigkeit anhand belastbarer Umstände darlegen. Die Darlegungslast in Bezug auf die konkrete Eignung des Vorgeschlagenen kann nicht, nur weil dieser dem Gericht von Person unbekannt ist, zur Gänze auf den Vorschlagenden abgewälzt werden; ein non liquet führt deshalb grundsätzlich dazu, dass von der Eignung bis zur Darlegung des Gegenteils auszugehen ist (vgl. Ries, in: K. Schmidt, InsO, § 56a Rn. 21). Dies kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Frage ausschließlich bei einem einstimmigen Vorschlag nach § 56a Abs. 2 InsO relevant wird, weil sämtliche sonst an das Gericht herangetragenen Vorschläge für das Gericht nicht verbindlich sind und dieses nicht in seiner Ermessensentscheidung einschränken. 9 Obwohl § 56 Abs. 1 InsO mit Ausnahme der Tolerierung eines vom Schuldner oder vom Gläubiger gemachten Vorschlages unverändert geblieben ist, hat das ESUG auch die Diskussion um die Eignung des Verwalters und dessen Unabhängigkeit noch einmal deutlich vorangetrieben. Allerdings hat die ESUG-Evaluation zutage gefördert, dass die Neuregelungen nicht dazu geführt haben, dass eine negative Beeinflussung der Unabhängigkeit des Verwalters festzustellen wäre (ESUG-Evaluationsbericht, S. 211). Daran wird auch § 10a
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2. Anforderungen an die Person des Insolvenzverwalters (§ 56 Abs. 1 InsO)
InsO nichts ändern. Im Gegenteil: Durch ein offenes Vorgespräch mit dem Gericht vor allem auch zur Person des Verwalters wird die Transparenz und damit das wechselseitige Vertrauen noch einmal erheblich gestärkt. Im Rahmen des Vorgesprächs sollte daher vor allem auf die Frage der Verwalterauswahl besonderes Gewicht gelegt und nicht, wie vor Inkrafttreten des § 10a InsO bei einigen Gerichten noch üblich, diese ausgespart werden. b) Übernahmebereitschaft Wird eine Person als möglicher (vorläufiger) Insolvenzverwalter vom Schuldner 10 oder von einem Gläubiger vorgeschlagen oder will das Gericht ihn aus eigenem Ermessen bestellen, so hat es festzustellen, ob die in Aussicht genommene Person zur Übernahme des Amtes bereit ist und verfügbar ist. Da jedoch keine verfahrensleitende Verpflichtung des Gerichts besteht, die Übernahmebereitschaft einer vom Schuldner oder von einem Gläubiger benannten Person erst zu erforschen und deshalb der Amtsermittlungsgrundsatz des § 5 Abs. 1 InsO insoweit nicht gilt, kann ein solcher Vorschlag nur dann als verbindlich angesehen werden, wenn es sich entweder um eine bei dem betreffenden Insolvenzgericht bereits gelistete Person handelt, die ihre Übernahmebereitschaft in allgemeiner Form dem Gericht gegenüber durch den Antrag auf Aufnahme in die Vorauswahlliste bereits angezeigt hat, oder dem Vorschlag eine schriftliche Erklärung des Vorgeschlagenen sogleich beigefügt wird. Dieses Tatbestandsmerkmal hat in der Praxis kaum je zu Problemen geführt.
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Aus Sicht des Vorgeschlagenen empfiehlt es sich, in dieser Erklärung sogleich 12 darauf hinzuweisen, dass auch das Tatbestandsmerkmal der Unabhängigkeit erfüllt ist, und er bislang nicht in einer über das in § 56 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 InsO genannte Maß hinausgehendem Umfang beraten hat. c) Unabhängigkeit aa) Grundfragen Die Anforderungen an die Unabhängigkeit der Person des (vorläufigen) Insol- 13 venzverwalters haben nicht nur im Vorfeld, nämlich bereits nach Bekanntwerden des Diskussions- und auch nach Veröffentlichung des Referentenentwurfs für lebhafte Diskussionen gesorgt (vgl. z. B. Frind, NZI 2010, 705), sondern haben auch nach Inkrafttreten des ESUG polarisiert. Um eines vorweg klarzustellen: Der Gesetzgeber hat keinen Zweifel daran 14 gelassen, dass er – mit gutem Grund – an dem Erfordernis der Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters festhält. Nur ein unabhängiger Insolvenzverwalter bietet Gewähr für eine ordnungsmäßige Abwicklung des Verfahrens und schafft so das nötige Vertrauen sowohl des Schuldners als auch und insbesondere der Gläubiger und des Gerichts in eine unbefangene und professionelle Insolvenzsachbearbeitung. Allerdings hat die ESUG-Evaluation ausdrücklich festgestellt, dass sich keine Beeinflussung der Unabhängigkeit der Insol-
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venzverwalter durch die durch das ESUG gestärkten Einflussnahmemöglichkeiten feststellen lässt und gesetzgeberischer Handlungsbedarf, insbesondere zur Rückkehr zur Vor-ESUG-Fassung des Gesetzes, nicht besteht (ESUGEvaluationsbericht, S. 220). 15 Für die Feststellung der Unabhängigkeit bleibt es daher bei den überkommenen Grundsätzen, wie sie insbesondere durch die Grundlagenentscheidung des BGH bereits aus dem Jahr 1991 (ZIP 1991, 324) gelegt wurden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Insolvenzverwalter dann nicht mehr die Gewähr für die Wahrung der gemeinsamen Gläubigerinteressen bietet, wenn aus der Sicht jedes unvoreingenommenen, sachlich abwägenden Insolvenzbeteiligten die Befürchtung nicht fernliegt, dass der Insolvenzverwalter sein Amt nicht ausschließlich dem Insolvenzzweck entsprechend führen werde (BGH, ZIP 1991, 324, Rn. 41). Maßgeblich sind insoweit die gesetzlichen Grundsätze, nach denen auch ein Richter entweder von Amts wegen ausgeschlossen wäre oder gegen ihn ein Befangenheitsgesuch wegen Interessenkollision erfolgreich gestellt werden könnte. Dabei ist es unerheblich, ob die Besorgnis der fehlenden Orientierung der Amtsführung am Insolvenzzweck aus der der Besorgnis der Gewährung unmittelbarer oder nur mittelbarer Eigenvorteile des designierten Verwalters herrührt oder es sich um die Besorgnis der Vorteilsgewährung gegenüber anderen Verfahrensbeteiligten handelt. Es reicht – wie bei anderen Amtsträgern auch – vielmehr aus, wenn objektiv die nicht fernliegende Möglichkeit einer Befangenheit besorgt werden muss. Der Begriff der Besorgnis ist dabei im Interesse der Funktionsfähigkeit der Insolvenzverwaltung grundsätzlich weit auszulegen, hat aber auch die Interessen des Verwalters (nicht zuletzt aus Art. 12 GG) zu berücksichtigen. Es genügt daher zwar nicht jede gegenwärtige oder vergangene, wirtschaftliche oder tatsächliche Verflechtung des Insolvenzverwalters mit dem Insolvenzschuldner oder einem Insolvenzgläubiger; soweit eine solche Verflechtung aber Umstände begründet, die es bei objektiver Betrachtung nicht fernliegend erscheinen lassen, dass der Insolvenzverwalter sich in der Amtsführung durch sie beeinflussen lassen wird, geht die Funktionsfähigkeit des Verfahrens den Interessen des Verwalters vor und ist die Unabhängigkeit gefährdet. 16 Aus dem Vorstehenden folgt aber zugleich, dass nicht jede Vorbefassung des Insolvenzverwalters und vor allem nicht eine jede Vorbefassung eines mit ihm zur gemeinsamen Berufsausübung verbundenen Dritten ohne Weiteres dessen Unabhängigkeit ausschließt. Zunächst ist die Vorbefassung selbst kein Tatbestandsmerkmal des § 56 InsO, sondern muss aus der Vorbefassung der Schluss auf die fehlende Unabhängigkeit gezogen werden können. Dazu ist die Feststellung erforderlich, dass aus der Vorbefassung bei objektiver Betrachtung die nicht fernliegende Möglichkeit begründet ist, dass der Verwalter sich hiervon in seiner Amtsführung beeinflussen lassen werde. Gerade bei wirtschaftlich für den Verwalter nicht maßgeblichen Beratungen durch mit ihm zur gemeinsamen Berufsausübung verbundene Dritte, insbesondere gegen-
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2. Anforderungen an die Person des Insolvenzverwalters (§ 56 Abs. 1 InsO)
über Gläubigern des Insolvenzschuldners, ist dieser Schluss regelmäßig nicht gerechtfertigt. Vor diesem Hintergrund begegnet die Vorschrift, dass die vorgeschlagene 17 Person ihre Unabhängigkeit nicht schon deshalb einbüßt, weil sie den Insolvenzschuldner im Vorfeld in „allgemeiner Form“ über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens beraten hat, auch keinen grundsätzlichen Bedenken, sondern spiegelt die Grundsätze, wie sie vom BGH unlängst entwickelt wurden, wider. Zwar verlangt die Beratung über die Folgen des Insolvenzverfahrens z. B. auch die Befassung mit Fragen der Gesellschafter-/Gesellschaftsfinanzierung, Insolvenzverschleppungsansprüchen, Haftungsansprüchen aus § 15b InsO und Anfechtungsansprüchen; daraus folgt aber noch nicht, dass sich ein Verwalteraspirant durch den Hinweis auf solche Ansprüche in einer Weise inhabil gemacht hat, die besorgen lässt, er werde solche Ansprüche nicht im Sinne des Insolvenzzwecks verfolgen. Dass die Modifikation des § 56 InsO durch das ESUG auch tatsächlich nicht dazu geführt hat, dass Ansprüche nicht hinreichend verfolgt würden, hat auch die ESUG-Evaluation bestätigt (ESUGEvaluationsbericht, S. 216). Ergeben sich für den Verwalteraspiranten allerdings strafrechtliche Implika- 18 tionen insbesondere aus§ 203 StGB, weil der Verwalteraspirant aus einer vorangegangenen anwaltlichen Tätigkeit für den Schuldner Kenntnis von z. B. gegen die Organe oder die Gesellschafter zu richtenden Anfechtungs- oder Haftungsansprüchen, die sich – aus welchen Gründen auch immer – aus den im Unternehmen verfügbaren Dokumentation nicht ohne Weiteres offenbaren, und würde sich für den Verwalteraspiranten die strafrechtlich relevante Frage stellen, ob er berechtigt ist, diese Kenntnisse im Interesse der Gläubiger und zulasten seines früheren Mandanten zu verwenden, so ist er verpflichtet, dies zu offenbaren. Der Umstand steht dann grundsätzlich seiner Unabhängigkeit entgegen. Es folgt daraus, dass nicht jede vorherige Kontaktaufnahme des Schuldners 19 oder seiner Berater zu dem Verwalteraspiranten die Unabhängigkeit des Verwalters besorgen lässt. Unschädlich ist eine Vorbefassung deshalb in aller Regel jedenfalls dann, wenn die Kontaktaufnahme im Zusammenhang mit der Frage des Schuldners nach der Übernahmebereitschaft in Bezug auf das Amt erfolgt ist und der Aspirant in diesem Zusammenhang den Ablauf des Verfahrens erläutert hat. Entscheidet sich der Schuldner sodann dafür, diesen Aspiranten vorzuschlagen, so steht das seiner Unabhängigkeit nicht entgegen. Geht der Kontakt über solcherlei Vorbefassung hinaus, ist dies dem Gericht offenzulegen und zu prüfen, ob tatsächlich eine Beeinflussung der Verfahrensführung im Sinne des § 1 InsO bei objektiver Betrachtung als naheliegend zu besorgen ist. Etwas anders gelagert sind die Fälle, in denen der (vorläufige) Insolvenzver- 20 walter von einem Gläubiger oder (einstimmig) von einem vorläufigen Gläubigerausschuss (§ 56a Abs. 1 InsO) vorgeschlagen wird. Der Gesetzgeber formu-
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liert ganz allgemein, dass er die Notwendigkeit sehe, „bei einem vom vorläufigen Gläubigerausschuss vorgeschlagenen Insolvenzverwalter besonders eingehend dessen Unabhängigkeit zu prüfen“ (BT-Drucks. 17/7511, S. 35). Allerdings ist gleichzeitig zu vergegenwärtigen, dass in dem Vorschlagsrecht gerade auch die Vorhersehbarkeit und Planbarkeit des Verfahrens als gleichfalls hochrangiges Verfahrensgut zum Ausdruck kommt, weshalb das Vorschlagsrecht nicht durch ein nur vorgeschobenes und undifferenziertes Unabhängigkeitsprimat ausgehebelt werden darf. Dies umso mehr, als die ESUG-Evaluation ergeben hat, dass Vorschlägen häufig gefolgt wurde, sich daraus aber nicht die Feststellung abgeleitet hat, dass die Unabhängigkeit der Verwalter und die Bereitschaft zur Durchsetzung von Haftungs- und Anfechtungsansprüchen gelitten hat (ESUG-Evaluationsbericht, S. 210 ff.). Aus diesem Grunde sind (begründete) Vorschläge von Gläubigern, auch wenn sie nicht in der Form des § 56a Abs. 1 InsO erfolgen, grundsätzlich berücksichtigungsfähig und dürfen unter Berücksichtigung der Zielbestimmungen des Gesetzgebers durch das Gericht nicht unbeachtet bleiben. Da die Wahl des Verwalters mit dem viel zitierten Ausspruch von Ernst Jaeger (Jaeger/Weber, KO, § 78 Rn. 7) die „Schicksalsfrage des Konkurses“ ist, bleibt es deshalb stets dabei, dass das Insolvenzgericht bei der Frage der Unabhängigkeit des Verwalters große Sorgfalt, aber auch größtmögliche Transparenz und Nachvollziehbarkeit seiner Entscheidungen wird walten lassen müssen, um eine möglichst breite Akzeptanz zu erreichen. 21 Das Insolvenzgericht hat daher, liegen Anhaltspunkte für die fehlende Unabhängigkeit vor, von Amts wegen einem Abhängigkeitsverdacht nachzugehen und den Sachverhalt zu ermitteln sowie im Falle der Bestätigung der Besorgnis den Insolvenzverwalter abzuberufen bzw. gar nicht erst zu bestellen (so wörtlich Graeber, in: MünchKomm-InsO, § 56 Rn. 25). Der Verwalter(-aspirant) hat seinerseits Umstände, die für die Beurteilung durch das Gericht maßgeblich sind, ungefragt, vollständig und transparent zu offenbaren (BGH, ZIP 1991, 324). Eine Bewertung, welche Umstände maßgeblich sind, steht dem Verwalter(-aspiranten) dabei nicht zu. Vielmehr hat er den vollständigen Sachverhalt zu offenbaren, um eine informierte Entscheidung des Gerichts zu ermöglichen. bb) Disponibilität der (ausschließlich fachlichen) Unabhängigkeit 22 Mit dem grundsätzlich unveränderten Anforderungskatalog an die Person des Insolvenzverwalters und insbesondere an dessen Unabhängigkeit ist jedoch noch nichts über die rechtliche Qualität dieses Anforderungskatalogs und insbesondere nichts über dessen Disponibilität gesagt. Für zum Teil hitzige Diskussionen bis hin zu dem auf Fachtagungen geäußerten Vorwurf der „krassen Gesetzeswidrigkeit“ hat vor diesem Hintergrund daher auch die dogmatische Untersuchung gesorgt, ob den Gläubigern des Insolvenzschuldners, ggf. mit oder ohne dessen Zustimmung (auf diesen Punkt hinweisend Bork, ZIP 2013, 145), das Recht zusteht, auf die – und nur auf die – sachlich-fachliche
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2. Anforderungen an die Person des Insolvenzverwalters (§ 56 Abs. 1 InsO)
Unabhängigkeit eines vorgeschlagenen Verwalters partiell zu verzichten und unter Wahrung der stets uneingeschränkt zu verlangenden Transparenz und der Nennung der Gründe und Motive auch einen fachlich vorbefassten Verwalterkandidaten mit Bindungswirkung für das Gericht in diesem Punkt vorzuschlagen (vgl. Schmidt/Hölzle, ZIP 2012, 2238; dazu Bork, ZIP 2013, 145; Vallender/Zipperer, ZIP 2013, 149; dazu wiederum Hölzle, ZIP 2013, 447; vgl. auch Frind, ZInsO 2013, 59). Die Diskussion fiel zeitlich mit dem als Katalysator wirkenden Beschluss des AG Stendal (ZIP 2012, 1875; dazu EWiR 2012, 705 [Schulte-Kaubrügger]) zusammen, wonach eine frühere Zusammenarbeit zwischen dem schuldnerischen Sanierungsberater und dem vorläufigen Sachwalter bereits ein die Unabhängigkeit ausschließendes Kriterium sei. Wenn dies in dieser verkürzten Aussage auch äußerst kritisch, wenn nicht gar als falsch zu bezeichnen ist, so ist der Beschluss in der Sache doch richtig, weil wesentliche Hinweise auf die fehlende Unabhängigkeit (Berater und Sachwalter haben dieselbe Anschrift, dieselbe Telefonnummer u. a.) sich aus dem wiedergegebenen Sachverhalt nicht entnehmen lassen, tatsächlich aber die Ablehnung des vorläufigen Sachwalters rechtfertigen (vgl. weitergehend auch AG Stendal, ZIP 2012, 2030 sowie im Nachgang LG Stendal, ZIP 2012, 2168). Ausgangspunkt der Überlegung ist, dass der Ausschluss eines fachlich vorbe- 23 fassten Verwalterkandidaten wegen dessen unterstellt fehlender Unabhängigkeit in manchen Fällen ggf. zu sehr typisiert (wie hier, allerdings in der Interpretation als zu weitgehend verstanden Schmidt/Hölzle, ZIP 2012, 2238). Es mag insbesondere in größeren Verfahren mit z. T. komplexen Sachverhaltsstrukturen dem Wunsch der Gläubigergesamtheit und der bestmöglichen Realisierung der vorrangigen Gläubigerinteressen entsprechen und dienlich sein, einen bereits vorbefassten, gerade deshalb aber eingearbeiteten und aus diesem Grund deutlich schneller handlungsfähigen Kandidaten vorzuschlagen. Ein dogmatisiertes Verständnis von der auch fachlichen Unabhängigkeit des Verwalters zum „Schutze der Gläubiger vor sich selbst“ stünde dem aber entgegen, stünde es den Gläubigern nicht frei, einen im Vorfeld wie auch immer tätig gewesenen Verwalterkandidaten vorzuschlagen. Denn eine fachliche Vorbefassung, z. B. im Rahmen der Erarbeitung eines 24 Restrukturierungskonzepts oder Insolvenzplans, begründet nicht stets die unwiderlegliche Befürchtung, der Verwalterkandidat könnte allein wegen seiner vorherigen Tätigkeit geneigt sein, einzelnen oder einigen Verfahrensbeteiligten, ihn selbst eingeschlossen, Sondervorteile zu gewähren. Dem steht nämlich entgegen, dass zunächst für jeden Kandidaten, der die allgemeinen Anforderungen (§ 56 Abs. 1 InsO) an einen Insolvenzverwalter erfüllt, die Vermutung der Professionalität und Neutralität streitet. Ob nämlich auch das Erfordernis der „Unabhängigkeit“ des Verwalters ein 25 Kriterium der objektiven Eignungsprüfung ist, bedarf differenzierter Betrachtung. Richtigerweise handelt es sich bei der Vorgabe, dass der Verwalter von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängig sein muss, um ein die objektivierbaren Anforderungen an die Eignung ergänzendes subjektives Ele623
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ment. Der Gesetzgeber hat nämlich erkannt, dass neben der generellen Eignung eines Kandidaten auch dessen Akzeptanz bei den Verfahrensbeteiligten für die erfolgreiche Bewältigung der mit der Abwicklung eines Insolvenzverfahrens verbundenen Aufgaben von herausragender Bedeutung ist. In der Regierungsbegründung zur InsO 1999 (BT-Drucks. 12/2443, S. 127, zu § 66 E-InsO, Wahl eines anderen Insolvenzverwalters) heißt es insoweit: „Dass der Insolvenzverwalter von den einzelnen Gläubigern und Gläubigergruppen unabhängig sein muss, besagt nicht, dass er sein Amt ausüben kann, wenn die Mehrheit der Gläubiger kein Vertrauen zu ihm hat. Vielmehr muss in einem Verfahren, dessen vorrangiges Ziel die Befriedigung der Gläubiger ist, eine so entscheidende Frage wie die Auswahl des Verwalters der Mitbestimmung der Gläubiger unterliegen. (…) In Satz 2 wird präzisiert, dass das Gericht die Bestellung des gewählten Verwalters nur dann versagen kann, wenn dieser für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist.“
26 Auch ein objektiv hervorragend qualifizierter Verwalter, der subjektiv keinen Rückhalt bei den Gläubigern und ggf. auch dem Schuldner hat und nicht deren Vertrauen genießt, wird zur bestmöglichen Abwicklung des konkreten Insolvenzverfahrens kaum ebenso in der Lage sein, wie ein ebenso qualifizierter Verwalter, der auf die Unterstützung und Mitwirkung der Mehrheit der Gläubiger zählen kann (Vallender, NZI 2010, 838). Dass es bei der Frage der sachlichfachlichen Unabhängigkeit im Wesentlichen um eine Frage des Vertrauens geht, zeigt sich vor allem auch daran, dass einerseits natürlich derjenige Verwalter, der einzelnen Gläubiger, dem Schuldner oder – unmittelbar oder mittelbar – sich selbst Sondervorteile gewährt, nach § 60 InsO persönlich haftet, entsprechenden Befürchtungen daher bereits auf der Rechtsfolgenseite begegnet, dies aber offenbar nicht für ausreichend gehalten wird, dass andererseits aber bereits die abstrakte Besorgnis, dass solche Sondervorteile gewährt werden könnten, ausreicht, die Unabhängigkeit des Kandidaten auszuschließen (Graeber, in: MünchKomm-InsO, § 56 Rn. 25). Wo aber bereits das Entstehen eines negativen Eindrucks ausreicht, um einen Verwalter abzulehnen, ohne dass es besonderer Anhaltspunkte für eine tatsächliche und objektive Beeinträchtigung der Gläubigerinteressen bedürfte, können nicht objektive Kriterien der sachlich-fachlichen Eignung betroffen sein, sondern stehen typisierte subjektive Merkmale im Mittelpunkt. Es geht letztlich allein um die negativen Auswirkungen eines Vertrauensverlusts und des Verlusts des Rückhalts des Kandidaten bei den Verfahrensbeteiligten, die sich potenziell negativ auf die Abwicklung des Insolvenzverfahrens auswirken können. 27 Zwar darf die Subjektivität des Eignungskriteriums „Unabhängigkeit“ nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch der Gesetzgeber es zu Recht für erforderlich hält, dass „bei einem vom vorläufigen Gläubigerausschuss vorgeschlagenen Insolvenzverwalter besonders eingehend dessen Unabhängigkeit zu prüfen“ ist (Beschlussempfehlung Rechtsausschuss, BT-Drucks. 17/7511, S. 35). Jedoch ist zu vergegenwärtigen, dass nicht jede fachliche Vorbefassung per se die Annahme begründet, der Verwalteraspirant könnte sich bei der Abwicklung des Verfahrens von sachfremden Erwägungen leiten lassen und geneigt sein, ein-
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2. Anforderungen an die Person des Insolvenzverwalters (§ 56 Abs. 1 InsO)
zelnen Verfahrensbeteiligten Sondervorteile zu gewähren. Dass dabei eine äußerst restriktive Auslegung insbesondere des § 56 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 InsO geboten ist und grundsätzlich jede Vorbefassung zumindest genauerer Beachtung durch das Insolvenzgericht bedarf, ist unbestritten. Die Richtigkeit der hier dargestellten Auffassung hat der Gesetzgeber jetzt 28 auch mit der Neufassung des § 56 Abs. 1 Satz 2 InsO bestätigt (vgl. dazu auch § 73 StaRUG Rn. 55). Danach kann auch zum Insolvenzverwalter bestellt werden, wer in einem vorangegangenen Restrukturierungsverfahren als Restrukturierungsbeauftragter oder -moderator tätig gewesen ist, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss zustimmt (Rn. 35), wobei die Möglichkeit der Bestellung nicht auf diejenigen Fälle beschränkt ist, in denen tatsächlich ein vorläufiger Gläubigerausschuss bestellt ist, weil es sich, wie hier gezeigt, um ein allgemeines Prinzip des Verzichts auf das Unabhängigkeitsdogma bei sachlichfachlicher Vorbefassung handelt (ausführlich auch § 73 StaRUG Rn. 56). Wichtig allerdings ist die Klarstellung, dass es bei der gesamten Diskussion aus- 29 schließlich um die Frage einer fachlich-sachlichen Vorbefassung geht (so auch Bork, ZIP 2013, 145). Selbstverständlich schließt jede persönliche Nähebeziehung die Unabhängigkeit des Verwalterkandidaten aus und steht dies zur uneingeschränkten Überprüfung durch das Gericht. Ob tatsächlich ausschließlich die sachlich-fachliche Unabhängigkeit betroffen 30 ist, und sich hieraus nicht möglicherweise doch der Eindruck ableitet, es könnte die Gefahr der Gewährung von Sondervorteilen an einzelne oder mehrere Verfahrensbeteiligte bestehen, ist deshalb durch das Gericht zu prüfen. Diese Prüfung ist nur möglich, wenn und soweit die die Unabhängigkeit potenziell oder tatsächlich, mittelbar oder unmittelbar ausschließenden Umstände vollumfänglich und vor allem ungefragt durch den betroffenen Verwalteraspiranten offenbart werden. Nochmals: Es geht um das Vertrauen in die Institution „Insolvenzverfahren“ und in die Person des Insolvenzverwalters. Der Schlüssel zum Vertrauen heißt Transparenz. Nur wenn die Transparenz gewahrt ist, ist eine seriöse Abwicklung gewährleistet und eine überzeugende Entscheidung möglich, die aus der Individualität des Einzelfalls heraus getroffen wird und daraus ihre Akzeptanz schöpft (so auch Vallender/Zipperer, ZIP 2013, 149, 153). Der Verwalterkandidat und bereits auch der vorschlagende (vorläufige) 31 Gläubigerausschuss haben daher dem Gericht gegenüber ungefragt sämtliche Umstände zu offenbaren, die potenziell geeignet sein könnten, seine – einschließlich der sachlich-fachlichen – Unabhängigkeit des Verwalters in Frage zu stellen. Das Gericht hat dann zu prüfen, ob die dargestellten Gründe ausschließlich sachlich-fachlicher Natur und als solche ggf. disponibel sind, oder ob es sich um eine derart enge Verbindung handelt, dass die Grenze zu einer persönlichen Abhängigkeit überschritten ist, was die Eignung des Kandidaten ausschließt (Frind, ZInsO 2013, 59, stellt deshalb zu Recht klar, dass die
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Unabhängigkeitsprüfung zu den Kernaufgaben des Gerichts gehört; dagegen ist nichts zu erinnern). 32 Dabei ist unbestritten, dass eine enge fachliche Verbindung auch zu einer persönlichen Bindung führen kann, welche die Unabhängigkeit vollständig gerichtlich überprüfbar ausschließt. War der vorgeschlagene Verwalter beispielsweise seit Jahren oder in bedeutendem wirtschaftlichen Umfang für den Schuldner beratend tätig, liegt die Vermutung nahe, dass die Verbindung nicht (mehr) ausschließlich sachlich-fachlicher Natur ist, sondern darüber hinaus eine die Schwelle zur persönlichen Bindung überschreitende Beziehung gewachsen ist. Auch die persönlichen Honorarinteressen des Verwalterkandidaten aus vorinsolvenzlichen Beratungen und damit einhergehende Anfechtungsfragen sind geeignet, persönliche Interessen zu begründen (vgl. Hölzle/ Pink, ZIP 2011, 360 ff.). Hier hat das Gericht zu entscheiden, ob der Einflussbereich so gering ist, dass er durch die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters (vgl. Graeber, in: MünchKomm-InsO, § 56 Rn. 155) zur Prüfung des betreffenden Umstands und zur Wahrung der grundsätzlich vom Gesetz gewährten und durch das ESUG gestärkten Gläubigerautonomie ausreichend ist, oder ob die Umstände ein solches Ausmaß annehmen, dass sie durch die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters nicht mehr in einer den effektiven Fortgang des Verfahrens gewährleistenden Art und Weise bewältigt werden können, und deshalb der vorgeschlagene Verwalterkandidat ausscheidet (wie hier Hölzle, ZIP 2013, 447). 33 Selbstverständlich ist deshalb ebenfalls: Verschweigt der Verwalteraspirant Umstände, die für die uneingeschränkte Prüfung durch das Gericht erforderlich wären, begründet dies allein den Verdacht fehlender Unabhängigkeit, der dann auch nicht mehr der Gläubigerdisposition unterliegen kann. Denn auch Letztere bedarf der Überprüfbarkeit der Motive der Gläubiger, weshalb die sachlichfachliche Vorbefassung nicht nur transparent zu offenbaren, sondern von jedem Mitglied des notwendigerweise einstimmig zustimmenden vorläufigen Gläubigerausschusses eine Begründung für die Entscheidung ggf. zu verlangen ist. 34 Dann aber gibt es keinen Grund, einen bereits in Grundfragen eines in Aussicht genommenen Insolvenzplans vorbefassten Verwalter auch tatsächlich zu bestellen. cc) Vortätigkeit als Restrukturierungsbeauftragter oder -moderator 35 War der Insolvenzverwalter zunächst als Restrukturierungsbeauftragter (§§ 73 ff. StaRUG) oder als Sanierungsmoderator (§§ 94 ff. StaRUG) in einer Restruktuierungssache des Schuldners tätig, die allerdings nicht erfolgreich abgeschlossen wurde, sondern mit der Insolvenz des Schuldners endete, liegt es aus Gründen der Verfahrenseffektivität nahe, dem bereits mit dem schuldnerischen Sachverhalt befassten Insolvenzverwalter einen Übergang in das Insolvenzverfahren zu ermöglichen. Diesen Aspekt der personellen Kontinuität beim Wechsel des Verfahrensrahmens sah auch der Gesetzgeber (BT-Drucks 19/
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2. Anforderungen an die Person des Insolvenzverwalters (§ 56 Abs. 1 InsO)
24181, S. 233). Gleichzeitig erkannte der Gesetzgeber aber, dass die Vortätigkeit – mit Blick auf mögliche Interessenkonflikte – einen Grund darstellen könnte, dem Insolvenzverwalter den Zugang zum Verwalteramt zu verweigern (BT-Drucks 19/24181, S. 233). Insoweit stehen sich die Gewährleistung der Verfahrenseffektivität und das Erfordernis der Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters in einem Spannungsverhältnis gegenüber, das es unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls aufzulösen gilt (vgl. BT-Drucks 19/24181, S. 233). Die diesbezügliche Entscheidung soll – soweit die Voraussetzungen des § 22a Abs. 1 InsO vorliegen – der vorläufige Gläubigerausschuss treffen. In allen anderen Fällen entscheidet das Gericht über den Wechsel in das Insolvenzverwalteramt nach den allgemeinen, hier dargestellten Erwägungen für die Ermessensausübung. Die grundsätzliche Möglichkeit eines Amtswechsels leitet der Gesetzgeber aus den bereits gesetzlich festgelegten Amtsübergangsvorschriften der InsO ab. So kann nach § 271 Satz 2 InsO der bisherige Insolvenzverwalter zum Sachwalter im Eigenverwaltungsverfahren bestellt werden und andersherum gemäß § 272 Abs. 3 InsO der bisherige Sachwalter zum Insolvenzverwalter im Regelverfahren (BT-Drucks 19/24181, S. 233), für die im Grunde dieselben Prinzipien gelten. d) Geschäftskunde Um geeignet zu sein, muss der (vorläufige) Insolvenzverwalter grundsätzlich 36 geschäftskundig sein. Dies hat noch nichts mit der besonderen Eignung zur Übernahme des konkreten Insolvenzverfahrens zu tun, sondern begründet die Anforderung an den Verwalter, allgemein in der Lage zu sein, das Amt eines Insolvenzverwalters mit seinen Verpflichtungen zu übernehmen, wozu rechtliche, insolvenzrechtliche, betriebswirtschaftliche Kenntnisse und die nötige Erfahrung gehören (vgl. Graeber, a. a. O., § 56 Rn. 17 ff.). Ergänzt wird dies um persönliche Anforderungen, die z. B. in der freiwilligen 37 Unterwerfung unter die Grundsätze ordnungsmäßiger Insolvenzverwaltung (GoI) z. B. des VID zum Ausdruck kommen. Die Prüfung der Geschäftskunde des Verwalteraspiranten unterliegt keinerlei 38 Derogationsbefugnis des Schuldners oder der Gläubiger. Die Entscheidung hat das Gericht stets aus eigenem Ermessen zu treffen. e) Einzelfalleignung Der designierte (vorläufige) Insolvenzverwalter muss schließlich im Einzelfall 39 für das konkrete Insolvenzverfahren geeignet sein. Auch hierüber entscheidet grundsätzlich das Insolvenzgericht unter Berücksichtigung des konkreten Insolvenzverfahrens, der Branche, der Zahl der Mitarbeiter, des zu erwartenden Arbeitsanfalls etc. im Verhältnis zu den ihm bekannten persönlichen und fachlichen Eignungen und Erfahrungen des Verwalters, der Organisationsstruktur und „Schlagkraft“ seines Büros und sonstigen für die Einzelfallentscheidung maßgeblichen Umständen. Dazu können insbesondere auch die Arbeitsbelas-
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tung aus anderen Verfahren und sich daraus ergebende Kapazitätsbeschränkungen gehören, weshalb es zur ständigen Praxis professioneller Verwalter gehört, nach Bestellung in einem Großverfahren den Gerichten, für die er regelmäßig tätig ist, seine vorübergehende Kapazitätsauslastung anzuzeigen. 40 Ist ein vorläufiger Gläubigerausschuss nach § 22a InsO bestellt, hat sich durch die Einführung des § 56a InsO eine bedeutende Änderung ergeben: Das Gericht hat bei seiner Entscheidung über die Eignung eines möglichen (vorläufigen) Insolvenzverwalters einen vom vorläufigen Gläubigerausschuss aufzustellenden Anforderungskatalog (dazu Frind, NZI 2012, 650) zugrunde zu legen. Der Gesetzgeber hat die Gläubigerautonomie damit soweit ausgedehnt, dass die Gläubiger nicht nur ein Benennungsrecht haben, sondern auch die Eignungsprüfung des Benannten an dem von ihnen aufgestellten Anforderungskatalog vorzunehmen oder dieser Katalog auch dann zugrunde zu legen ist, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss keine konkrete Person vorgeschlagen, sondern nur ein Anforderungsprofil vorgegeben hat. Dem vorläufigen Gläubigerausschuss steht es frei, eine kombinierte Stellungnahme sowohl zum Anforderungsprofil als auch zu einem konkreten Namensvorschlag zu unterbreiten (Ries, in: K. Schmidt, InsO, § 56a Rn. 12; Obermüller, ZInsO 2012, 18). § 56a Abs. 2 Satz 2 InsO bezieht sich dabei jedoch ausschließlich auf die Geeignetheitsprüfung und nicht auch auf die Prüfung der allgemeinen Geschäftskunde, die nach wie vor dem Vorbehalt der Eignungsprüfung durch das Insolvenzgericht obliegt. f) Entlassung des Insolvenzverwalters (§ 59 InsO) 41 Stand bislang das Recht, die Entlassung des Insolvenzverwalters zu beantragen, nur dem Gläubigerausschuss oder der Gläubigerversammlung zu, so hat das SanInsFoG § 59 InsO auch um ein Antragsrecht einzelner Gläubiger und des Schuldners selbst ergänzt. Die Änderung geht auf Art. 26 Abs. 1 lit. d) der RL [EU] 2019/1023 zurück. Danach muss einem jeden Gläubiger und dem Schuldner die Möglichkeit eingeräumt werden, die Entlassung des Verwalters (allein) wegen einer fehlenden Unabhängigkeit zu beantragen. Die fehlende Unabhängigkeit ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. 42 Das Antragsrecht ist zeitlich befristet und kann nur innerhalb von sechs Monaten nach der Bestellung geltend gemacht werden. Fraglich ist, ob hierfür auf die Bestellung in das konkrete Amt oder auf die erstmalige Bestellung abzustellen ist, ob also bei der üblichen Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters auch zum endgültigen Verwalter für die Berechnung der Sechs-MonatsFrist auf die erstmalige Bestellung zum vorläufigen Verwalter abzustellen ist oder die Frist mit der Eröffnung des Verfahrens und der Bestellung des Verwalters von Neuem zu laufen beginnt. 43 Da die zeitliche Begrenzung des Antragsrechts der Gewährleistung der Verfahrenseffizienz dient und verhindert werden soll, dass ein mit der Sache vertrauter Verwalter in einem bereits seit geraumer Zeit laufenden Verfahren aus-
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3. Vorschlagsrecht des vorläufigen Gläubigerausschusses (§ 56a InsO)
gewechselt und hierdurch die Kontinuität im Verfahren gefährdet wird, außerdem der Entlassungsantrag nicht zum Obstruktionsmittel einzelner Gläubiger mutieren darf, auf unliebsame, insbesondere Anfechtungsentscheidungen zu reagieren, spricht die Ratio der Norm für die Rückbeziehung des Fristbeginns auf die erstmalige Bestellung der Person ungeachtet des konkreten Amtes im konkreten Verfahrensstadium. Bei Bestellung derselben Person zum vorläufigen und zum endgültigen Insolvenzverwalter beginnt die (einmalige) Sechs-MonatsFrist daher bereits mit dessen Bestellung zum vorläufigen Verwalter zu laufen. § 59 Abs. 2 InsO eröffnet gegen die Ablehnung der Entlassung dem Antrag- 44 steller ein Beschwerderecht. 3. Vorschlagsrecht des vorläufigen Gläubigerausschusses (§ 56a InsO) a) Vorbemerkung Die maßgebliche Stärkung der Einflussnahme der Gläubiger auf die Auswahl 45 und die Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters hat der Gesetzgeber mit § 56a InsO geschaffen, der über § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO auch im Insolvenzeröffnungsverfahren entsprechende Anwendung findet. Nach § 56a Abs. 1 InsO hat das Insolvenzgericht vor der Bestellung des Insol- 46 venzverwalters dem vorläufigen Gläubigerausschuss Gelegenheit zu geben, sich zu den Anforderungen, die an den Verwalter zu stellen sind, und zur Person des Verwalters zu äußern, soweit dies nicht innerhalb der nächsten zwei Werktage offensichtlich zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führt. Die Beschränkung auf eine Äußerungsfrist von zwei Werktagen ist durch das SanInsFoG eingeführt worden; auch in der vorherigen Fassung war indes anerkannt, dass dem Gläubigerausschuss eine – auch sehr kurz bemessene – Frist zur Stellungnahme gesetzt werden kann, da es sich gerade bei dem Eröffnungsverfahren um ein Eilverfahren handelt. Äußert sich der Ausschuss innerhalb von zwei Werktagen nicht, ist das Gericht frei, den Verwalter zu bestellen, ohne das Ergebnis der Anhörung abzuwarten. Die Möglichkeiten der Einflussnahme der Gläubiger wurden vielfach begrüßt, 47 aber auch kritisch beurteilt (vgl. z. B. wegen potenziellen Korrumpierungsgefahren Gruber, NJW 2013, 584). Auch in der gerichtlichen Praxis ist z. T. ein zurückhaltender Umgang mit den durch das Gesetz eröffneten, das Gericht bindenden Möglichkeiten festzustellen, wobei Vorschlägen von Gläubigerausschüssen, wie auch die Evaluation festgestellt hat, überwiegend gefolgt wurde (ESUG-Evaluationsbericht, S. 210). Aus der Praxis sind, neben sehr vielen positiven Erfahrungen, auch einige negative Beispiele bekannt, in denen Verwaltervorschläge von Gläubigerausschüssen gezielt unterlaufen werden. Dabei geht es allerdings nicht allein um Blockadepositionen einzelner Insolvenzgerichte, sondern auch um Versuche der Berater- und Verwalterschaft, das ESUG in einer mit dem gesetzgeberischen Motiv nicht mehr vereinbaren Art und Weise „überzuinterpretieren“, wie nicht zuletzt der Sachverhalt aus
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§§ 56, 56a, 59 InsO – Auswahl und Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters
den Entscheidungen des AG Stendal (ZIP 2012, 1875; dazu EWiR 2012, 705 [Schulte-Kaubrügger]; dazu Rn. 22) zeigt. 48 Im Großen und Ganzen ist aber festzustellen, dass inzwischen in den Kreisen professioneller Berater, Verwalter und Gerichte ein weitgehend einheitliches Verständnis von einem gewissenhaften Umgang mit den Möglichkeiten zur Gestaltung der Vorhersehbarkeit und Transparenz des Verfahrens hergestellt ist, das auch durch die ESUG-Evaluation bestätigt wird. Innerhalb der Spannbreite zwischen dem Nötigen und dem Möglichen bleibt ein ausreichend großer Gestaltungsspielraum für Auslegung und Interpretation sowie die immer auch erforderliche Einzelfallgerechtigkeit, ohne dass Vorschlagsrechte auch nur annähernd in die Nähe eines Missbrauchsverdachts gerieten. b) Vorschlag zum Anforderungsprofil 49 § 56a Abs. 1 InsO weist das Insolvenzgericht an, grundsätzlich vor der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters dem vorläufigen Gläubigerausschuss Gelegenheit zu geben, sich zum Anforderungsprofil und zur Person zu äußern. Während für einen konkreten namentlichen Vorschlag zur Person des Verwalters ein einstimmig gefasster Beschluss des vorläufigen Gläubigerausschusses erforderlich ist, um die grundsätzliche Bindung des Gerichts zu erzeugen, genügt für die Bindung an ein vom vorläufigen Gläubigerausschuss definiertes Anforderungsprofil ein Mehrheitsbeschluss (BT-Drucks. 17/5712, S. 26), wie sich aus § 56a Abs. 2 Satz 2 InsO im Vergleich zu Abs. 2 Satz 1 und Abs. 1 ergibt (ebenso Ries, in: K. Schmidt, InsO, § 56a Rn. 15). Das vom vorläufigen Gläubigerausschuss definierte Anforderungsprofil genießt Vorrang und insoweit ebenfalls Bindungswirkung gegenüber einer möglicherweise abweichenden Meinung des Insolvenzrichters (Ries, a. a. O.; vgl. auch Frind, NZI 2012, 650). Ihre Grenze findet die Bindung an das Anforderungsprofil in der Vorgabe von Kriterien, deren Berücksichtigung einen Verstoß gegen die grundsätzlichen Anforderungen an die Eignung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters nach § 56 Abs. 1 InsO begründeten. Für den Mehrheitsbeschluss ist die Beschlussfähigkeit des Ausschusses und die Kopfmehrheit der anwesenden Mitglieder maßgeblich und ausreichend. 50 Das vom vorläufigen Gläubigerausschuss zu definierende Anforderungsprofil bezieht sich ausschließlich auf die Einzelfalleignung des in Aussicht genommenen Verwalteraspiranten. Die Disposition über die übrigen objektiven Eignungskriterien des § 56 Abs. 1 InsO ist dem vorläufigen Gläubigerausschuss auch im Rahmen des § 56a InsO entzogen. Wegen einer eingeschränkten Disposition über subjektive Eignungskriterien wegen einer sachlich-fachlichen Vorbefassung vgl. Rn. 22.
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3. Vorschlagsrecht des vorläufigen Gläubigerausschusses (§ 56a InsO)
Zu den Elementen, die zum Gegenstand der Formulierung des Anforderungs- 51 profils gemacht werden können, gehören z. B. x
Grundsätzliche Erfahrung in Verfahren der entsprechenden Größenordnung;
x
Konkrete Branchenerfahrung;
x
Ausstattung und Kapazitäten der Kanzlei, ggf. einschließlich internationaler Bezüge, Sprach- und Rechtskenntnissen;
x
Erfahrung betreffend konkrete Verfahrensziele: Sanierung, Liquidation, Insolvenzplan, z. B. in Ansehung der aktuellen Entwicklung auch mit gesellschaftsrechtlich motivierten Insolvenzplänen (§§ 217 Satz 2, 225a InsO);
x
Erfahrung mit bestimmten Gläubigergruppen und -formationen, wie z. B. Anleihegläubigern etc.;
x
Vernetzung und Kooperationsgeflecht;
x
Charakterliche Eignung, Verhandlungsgeschick etc.
Die Anforderungen müssen so formuliert sein und in Bezug auf ggf. eine kon- 52 kret benannte Person in nachprüf-, jedenfalls in plausibilisierbarer Weise dokumentiert werden, dass sie für das Gericht in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit handhabbar sind (Obermüller, ZInsO 2012, 18, 25; Frind, ZInsO 2011, 1913, 1920 f.). Um die klare Unterscheidung zwischen dem für das Anforderungsprofil ledig- 53 lich nötigen Mehrheitsbeschluss und der für einen konkreten Personenvorschlag nötigen Einstimmigkeit nicht zu verwässern, darf das Anforderungsprofil nicht derart verdichtet werden, dass es offensichtlich auf nur eine Person zugeschnitten ist. Dies käme einer Umgehung des Einstimmigkeitsprinzips für Personenvorschläge gleich. Die den Anforderungskatalog bildenden Umstände müssen daher abstrakt auf das Verfahren und dürfen nicht konkret auf die Person des Verwalters zugeschnitten sein. c) Vorschlag zur Person des (vorläufigen) Insolvenzverwalters Nach § 56a Abs. 2 InsO darf das Gericht von einem einstimmigen Vorschlag 54 des vorläufigen Gläubigerausschusses zur Person des Verwalters nur abweichen, wenn die vorgeschlagene Person für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist. Weicht das Gericht ab, besteht eine Begründungspflicht (§ 27 Abs. 2 Nr. 4 InsO). Wie soeben dargestellt, hat das Gericht auch nach Ablehnung der konkret vorgeschlagenen Person bei der Auswahl des Verwalters das vom vorläufigen Gläubigerausschuss darüber hinaus ausdrücklich oder in der Personenauswahl konkludent beschlossene Anforderungsprofil zugrunde zu legen. Die Einstimmigkeit des vorläufigen Gläubigerausschusses wird durch Ab- 55 stimmung gemäß §§ 21 Abs. 2 Nr. 1a, 72 InsO hergestellt. Vorausgesetzt
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§§ 56, 56a, 59 InsO – Auswahl und Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters
sind daher Beschlussfähigkeit des vorläufigen Gläubigerausschusses und Einstimmigkeit aller stimmberechtigten Anwesenden, wobei nach Kopf-, nicht nach Summenmehrheiten abgestimmt wird. Enthält sich ein anwesendes, stimmberechtigtes Mitglied, so ist keine Einstimmigkeit erreicht und ein verbindlicher Vorschlag nicht möglich. Zu der Frage, ob alle Mitglieder in der Sitzung anwesend sein müssen, vgl. Rn. 103 ff. 56 Für die Beschlussfassung hat der vorläufige Gläubigerausschuss zwei Werktage Zeit. Hierdurch pauschaliert der Gesetzgeber die schon bisher anerkannte kurze Fristsetzung, die sich in der Praxis als unproblematisch erwiesen hat. Gerade, wenn der Ausschuss im Rahmen eines Vorgesprächs nach § 10a InsO in Abstimmung mit dem Insolvenzgericht vorkonstituiert wurde, ist die Herbeiführung eines Beschlusses innerhalb dieser Frist unproblematisch möglich. 57 In der Praxis sind in der Vergangenheit allerdings auch verschiedene Fälle bekannt geworden, in denen ein präsumtiver, repräsentativ gebildeter und dem Insolvenzgericht mit der Antragstellung vorgeschlagener vorläufiger Gläubigerausschuss, der sich bereits auf einen geeigneten Verwalterkandidaten verständigt hat, im Antragsverfahren durch das Gericht in einem an Willkür grenzenden Beschluss um eine weitere Person ergänzt und dadurch die Einstimmigkeit ausgehebelt wurde, weil sich diese zusätzlich bestellte Person gegen oder jedenfalls nicht zum vorgeschlagenen Kandidaten geäußert hat. Der Weg für das Gericht, sodann im eigenen Ermessen einen Kandidaten – und sodann in allen bekannt gewordenen Fällen: von der eigenen Liste – zu bestellen, wurde hierdurch frei. Obwohl es sich in diesen Fällen erkennbar um die missbräuchliche Ausübung des Einsetzungsermessens bei der Bestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses handelt, ist es in der Praxis kaum bis überhaupt nicht möglich, hierauf angemessen zu reagieren (dazu Rn. 63 ff.). 58 Ob ein konkreter Vorschlag zur Person auch eine Definition des Anforderungsprofils voraussetzt, um für das Gericht maßgeblich zu sein, ist umstritten (dafür Frind, ZInsO 2011, 2249, 2257; dagegen Ries, in: K. Schmidt, InsO, § 56a Rn. 19 ff.). Für das Verlangen einer kumulativen Benennung von Verwalterprofil und Person spricht, dass anderenfalls eine vom konkreten Fall losgelöste Nennung eines bestimmten Kandidaten möglich wäre, die nicht objektivierbar an auf den Fall zugeschnittene Kriterien für die Auswahl gekoppelt ist. Andererseits hat sich bereits gezeigt, dass die Auswahl des Verwalters auch stark subjektiv geprägt und eine Frage des Vertrauens der Gläubiger in die Person des Verwalters ist (Rn. 26). Zu einer „Bestenauslese“ sind die Gläubiger daher nicht verpflichtet, zumal schon die Definition des „Besten für den Fall“ kaum greifbar wäre. Vielmehr steht es den Gläubigern, solange die grundsätzliche Eignung des vorgeschlagenen Kandidaten nicht in Frage steht, in Grenzen auch frei, unvernünftig zu sein. Die Bestellung z. B. externer Kandidaten, die weder auf der örtlichen Liste stehen, noch in der Nähe zum Sitz der Schuldnerin einen Kanzlei- oder gar ihren Wohnsitz unterhalten, ist daher selbstverständlich möglich (vgl. BT-Drucks. 17/5712, S. 26; zur schrumpfenden Bedeutung der Vorauswahlliste vgl. Landfermann, WM 2012, 821, 825). Eine 632
3. Vorschlagsrecht des vorläufigen Gläubigerausschusses (§ 56a InsO)
Doppelprüfung durch das Gericht, ob die benannte Person auch einem vom Gläubigerausschuss vorgegebenen Anforderungsprofil entspricht oder überhaupt ein Anforderungsprofil genannt ist, das die Namensnennung plausibilisiert, ist daher weder geboten noch zulässig. Solange die vorgeschlagene Person in jeder Hinsicht unabhängig und auch nicht sachlich-fachlich vorbefasst ist (vgl. Rn. 30 ff.), schulden die Gläubiger dem Gericht keine Plausibilisierung des Vorschlages. Dies darf jedoch über zwei Dinge nicht hinwegtäuschen: Erstens ist dem Ge- 59 richt selbstverständlich zuzugestehen, in der zur Verfügung stehenden knappen Zeit die Gläubiger zu deren Motiven für die Benennung der konkreten Person zu befragen, um etwaige Konflikte auszuschließen. Stellt sich heraus, dass der Vorschlag nicht an Verfahrenszielen sondern ausschließlich an persönlichen Opportunitäten ausgerichtet ist, darf ein Vorschlag ggf. auch umgangen werden (dazu Hölzle, in: Schilling [Hrsg.], FS Lissau [2012], S. 91, 95). Zweitens sieht, wenn auch die Definition eines Anforderungsprofils de iure nicht verlangt werden kann, die Praxis regelmäßig anders aus: Selbstverständlich wird in präsumtiven vorläufigen Gläubigerausschüssen auch über mögliche Kandidaten diskutiert und werden Argumente für und wider der in der Auswahl stehenden Kandidaten ausgetauscht. Ebenso wird dem Gericht gegenüber der Vorschlag in aller Regel auch erläutert und begründet; dies gehört zur Beraterpflicht. Dass sich die Begründung dann möglicherweise auch unter einen anderen, z. B. auf der örtlichen Liste stehenden Verwalterkandidaten subsumieren ließe, rechtfertigt jedoch selbstverständlich keine Abweichung von dem Vorschlag. Tatsächlich ist einem jeden vorläufigen Gläubigerausschuss aber dringend anzuraten, den Beschluss zu begründen. Ist der in Aussicht genommene Verwalterkandidat sachlich-fachlich vorbefasst, besteht aus Gründen der Transparenz und der gesteigerten Prüfungsverantwortlichkeit des Insolvenzgerichts demgegenüber eine Begründungspflicht. Dem vorläufigen Gläubigerausschuss steht es überdies frei, mehrere Vorschläge 60 zur Person des Verwalters zu machen, und diese z. B. mit einem Ranking in absteigender Reihenfolge zu versehen (Ries, in: K. Schmidt, InsO, § 56a Rn. 17; ebenso Frind, in: HambKomm-InsO, § 56a Rn. 22). Die Liste, die aus Praktikabilitätsgründen nicht mehr als drei Kandidaten enthalten sollte, kann sodann mit der Beschreibung eines allgemeinen Anforderungsprofils enden, das wiederum vom Insolvenzgericht nicht dazu herangezogen werden darf, z. B. den zweiten Kandidaten auf der Liste dem ersten mit vermeintlichen Sachargumenten vorzuziehen. Die vorgegebene Reihenfolge bleibt mit Ausnahme des Falles der Ungeeignetheit einzelner dort genannten Kandidaten, die zum Aufrücken der jeweils danach Genannten führt, für das Gericht verbindlich. Daraus folgt: Kann sich ein vorläufiger Gläubigerausschuss (§ 22a InsO) ein- 61 stimmig auf eine Person oder ein Ranking von Personen verständigen, die unter Berücksichtigung der übrigen Kriterien des § 56 Abs. 1 InsO als Insolvenzverwalter in Betracht kommt, so schlägt sie diese dem Insolvenzgericht vor und das Insolvenzgericht ist an diesen Vorschlag gebunden. 633
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62 Die Geeignetheit darf das Gericht nicht allein deshalb versagen, weil es den vorgeschlagenen Kandidaten nicht kennt. Zwar erfolgt die Auswahl und die Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters außerhalb des Spruchrichterprivilegs; jedoch reicht es aus, dass der Verwalterkandidat bei irgendeinem deutschen Insolvenzgericht gelistet ist und von dort Bestellungen erhalten hat. Bei der Aufnahme in die Vorauswahlliste handelt es sich um einen Justizverwaltungsakt, der die Prüfung der Eignung nach § 56 Abs. 1 InsO voraussetzt. Hat ein deutsches Insolvenzgericht die Aufnahme allerdings positiv beschieden, so führt dies zwar nicht automatisch zur Aufnahme in bei anderen Gerichten geführte Vorauswahllisten, weil dabei jeweils auch regionale Umstände eine Rolle spielen, jedoch ist damit die grundsätzliche Eignung verbindlich für sämtliche deutschen Insolvenzgerichte festgestellt. Es bleibt dann allein die Eignung für das konkret in Aussicht genommene Verfahren zu prüfen, wobei es auch insoweit dabei verbleibt, dass im Falle des non liquet dieses nicht zulasten des Vorgeschlagenen geht, sondern im Zweifel für den Kandidaten zu entscheiden ist. 4. (Rechtswidriges) Übergehen des Vorschlags a) Möglichkeiten der Umgehung und grundsätzlicher Rechtsschutz 63 Wenn auch im Grundsatz zunächst klarzustellen ist, dass das ESUG zwar seine Zeit brauchte, in den Köpfen der Berater, Richter, Verwalter und Schuldner anzukommen und seine Linie zu finden, so ist in der großen Mehrzahl der Verfahren doch festzustellen, dass inzwischen an den mit Abstand meisten Gerichten die vom Gesetzgeber gewünschte Einflussnahme der Gläubiger und Vorhersehbarkeit der nach ESUG geführten Antragsverfahren ernst genommen und i. S. d. Gesetzes umgesetzt wird. Dennoch sind, wie in anderen Bereichen auch, die Möglichkeiten, wie das Gericht die Bindung an einen Personenvorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses umgehen kann, vielfältig und in der Praxis auch vereinzelt „erprobt“. So kann das Insolvenzgericht den vorläufigen Gläubigerausschuss zeitlich erst deutlich nach der Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters bestellen, sodass wesentliche verfahrensleitende Entscheidungen bereits getroffen sind und der mit erheblicher zeitlicher Verzögerung eingesetzte Ausschuss dem normativen Zwang des Faktischen gehorchend daran gehindert ist, während des Rennens die sprichwörtlichen Pferde zu wechseln. Während dies – soweit bekannt – bislang wohl ein Einzelfall war, erfreut sich die Praxis, den präsumtiv gebildeten, allen Anforderungen an die Besetzung genügenden vorläufigen Gläubigerausschuss nach richterlichem Ermessen um ein Mitglied zu ergänzen, das sodann überraschenderweise den Vorschlag nicht mit trägt, sodass kein einstimmiges Votum mehr vorliegt. Das Gericht ist sodann in der Besetzungsentscheidung frei. Schließlich steht dem Gericht auch der geradlinige Weg offen, den Vorschlag oder das Anforderungsprofil sehenden Auges schlicht zu übergehen. 64 Wenn auch zu erwarten ist, dass sich solche Verhaltensweisen über kurz oder lang erledigen werden, so hilft dies natürlich den Betroffenen im Einzelfall 634
4. (Rechtswidriges) Übergehen des Vorschlags
nicht und stellt sich die Frage nach grundsätzlich eröffneten Rechtsschutzmöglichkeiten. Zunächst hat der Gesetzgeber eine formale Hürde zur Vermeidung gericht- 65 licher Obstruktion vorgesehen: Folgt das Insolvenzgericht dem Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses nicht oder legt es den von diesem formulierten Anforderungskatalog nicht, nicht vollständig oder nicht ausschließlich zugrunde, so hat es dies nach § 27 Abs. 2 Nr. 4 InsO zu begründen. Gleichzeitig liegt in einer solchen Nichtbeachtung eines grundsätzlich binden- 66 den Vorschlages zwar möglicherweise ein Verstoß gegen § 56a Abs. 2 InsO; ein Beschwerderecht oder eine sonstige Rechtsfolge hat das Gesetz daran jedoch nicht geknüpft. Die im DiskE-ESUG noch vorgesehene Beschwerdemöglichkeit (vgl. den Hinweis auf die Stellungnahme des BMJ bei Hirte/Knof/Mock, Das neue Insolvenzrecht nach dem ESUG [2012], 71 ff., 92) ist schon in den Regierungsentwurf nicht mehr übernommen worden. Auf die Wirksamkeit der Bestellung des vom Gericht ausgewählten (vorläufigen) Insolvenzverwalters hat ein solcher Verstoß daher keinen Einfluss. Eine Durchbrechung des § 6 Abs. 1 InsO, wonach die sofortige Beschwerde 67 gegen Beschlüsse des Insolvenzgerichts nur in den in der InsO ausdrücklich angeordneten Fällen eröffnet ist, ist nicht möglich (Schmidt, ZInsO 2012, 1107, 1108 f.; Frind, ZInsO 2013, 279, 284 ff.). Ein außerordentliches Beschwerderecht dürfte insoweit ebenfalls nicht gegeben sein, weil die Insolvenzordnung mit § 57 InsO eine Reaktionsmöglichkeit für die Gläubiger vorsieht und die Wahrung der Gläubigerautonomie damit institutionell abgesichert ist. Darüber hinaus würde mit der Zulassung einer außerordentlichen Beschwerde nicht nur die bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, ein Rechtsmittel nicht zuzulassen unterlaufen, sondern auch der Charakter des Insolvenzverfahrens als Eilverfahren, das insbesondere in den Handlungs- und Entscheidungszuständigkeiten zu Beginn des Verfahrens keine Vakanzen verträgt, gefährdet. Auch eine entsprechende Anwendung des § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO dürfte nicht 68 in Betracht kommen (vgl. dazu Rn. 87 ff.), da diese Vorschrift eine andere Ratio verfolgt. Dass das tatsächliche oder faktische Übergehen eines Vorschlages jedoch eine 69 Pflichtverletzung außerhalb des Spruchrichterprivilegs handelt, die Schadensersatzansprüche aus Amtspflichtverletzung begründet (vgl. BVerfG, NZI 2006, 453), bleibt davon unberührt. Jedoch dürfte bei der Auswahl eines geeigneten Insolvenzverwalters auch unter Abweichung von dem Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses kaum je ein – beweisbarer – Schaden eintreten, der zur Sanktionierung dieser Pflichtverletzung führen würde. Es bleibt damit nur das für die Betroffenen ernüchternde Fazit, dass bislang 70 jedenfalls eine in der Praxis taugliche Reaktionsmöglichkeit, einer zu ambitionierten Auslegung des Gesetzes durch das Insolvenzgericht zu begegnen, nicht zu geben scheint.
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§§ 56, 56a, 59 InsO – Auswahl und Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters
b) Ansätze zur Gewährleistung des Rechtsschutzes aa) Nichtbeachtung von Vorschlägen und Weigerung der Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses 71 Gegen die schlichte Nichtbeachtung eines Vorschlages oder die Nicht-Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses, um schon die Möglichkeit auszuschließen, dass ein zu beachtender Vorschlag gemacht wird, ist im Grunde nur ein Weg vorstellbar, der mit dem Charakter des Insolvenzeröffnungsverfahrens als Eilverfahren gerade noch vereinbar ist: 72 Da es sich bei der Entscheidung des Gerichts, einen vorläufigen Insolvenzverwalter einzusetzen, um einen Justizverwaltungsakt handelt, der wegen Verstoßes gegen § 56a Abs. 2 InsO ggf. rechtswidrig ist, ist hiergegen im Grundsatz die Geltendmachung eines öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruches, hergeleitet aus Art. 20 Abs. 3 GG i. V. m. § 1004 BGB analog (dazu BVerwGE 94, 100; 112, 308) im einstweiligen Verfügungsverfahren eröffnet (mit diesem Gedanken Hölzle in: Schilling [Hrsg.], FS Lissau [2012], S. 91, 98 f.). Der Folgenbeseitigungsanspruch setzt voraus, dass ein hoheitlicher Eingriff in ein subjektives Recht vorliegt, durch den ein rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist, der noch andauert und die Rückgängigmachung nicht unmöglich oder unzumutbar ist (Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 113 Rn. 212). Die vollziehende Gewalt ist bei Vorliegen dieser Voraussetzungen verpflichtet, die rechtswidrigen Folgen ihrer Amtshandlung zu beseitigen, das heißt, sie hat den Zustand wiederherzustellen, der vor der Amtshandlung bestand oder bestünde, wenn sie rechtmäßig gehandelt haben würde; dies würde aber die Bestellung des vorgeschlagenen Verwalterkandidaten zum Gegenstand haben, sodass in der Rechtsfolge des erfolgreich geltend gemachten öffentlichrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruches der rechtswidrig in einem nicht eröffneten freien gerichtlichen Ermessen bestellte vorläufige Verwalter aus dem Amt zu entlassen und der vom vorläufigen Gläubigerausschuss einstimmig vorgeschlagene Verwalter zu bestellen wäre. Da es sich bei dem Bestellungsbeschluss zwar um einen Justizverwaltungsakt handelt, § 23 Abs. 1 EGGVG jedoch eine abdrängende Sonderzuweisung zu den ordentlichen Gerichten enthält, ist für das einstweilige Verfügungsverfahren zur Geltendmachung des Folgenbeseitigungsanspruchs das Oberlandesgericht zuständig (§ 25 EGGVG). Dass mit dem einstweiligen Verfügungsverfahren die Hauptsache vorweggenommen wird, steht der Durchsetzung des Anspruchs nicht entgegen. Wegen des Eilcharakters des Insolvenzeröffnungsverfahrens und des Umstandes, dass die wesentlichen verfahrensleitenden Entscheidungen gerade zu Beginn des Insolvenzeröffnungsverfahrens getroffen werden, ist eine Vorwegnahme der Hauptsache hier geradezu notwendig. Innerhalb der Regeldauer eines Insolvenzeröffnungsverfahrens wäre eine Hauptsacheentscheidung gar nicht herbeizuführen, sodass die vom Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung für wesentlich gehaltenen Gläubigerbeteiligungsrechte unwiederbringlich verloren wären, würde keine Sachentscheidung im vorläufigen Rechtsschutz getroffen. Da überdies ein Ermessensspielraum nicht eröffnet ist, sondern 636
4. (Rechtswidriges) Übergehen des Vorschlags
einem Vorschlag nach § 56a Abs. 2 InsO ohne Doppelprüfung auch des Anforderungsprofils, einzig eingeschränkt durch die Überprüfung der Eignung i. S. d. § 56 Abs. 1 InsO zu folgen ist, werden auch die Anforderungen an das zur Entscheidung berufene Oberlandesgericht nicht überspannt. Es bleibt abzuwarten, ob ein solcher Versuch, im Ernstfall Rechtsschutz zu 73 erlangen, tatsächlich einmal von einem betroffenen Gläubiger unternommen wird. bb) Nachbenennung (obstruktiver) zusätzlicher Gläubigerausschussmitglieder Noch deutlich schwieriger wird die Situation, wenn das Gericht den präsum- 74 tiven vorläufigen Gläubigerausschuss tatsächlich bestellt, allerdings um ein nach eigenem Ermessen ausgewähltes Mitglied – und in den in der Praxis aufgetretenen Fällen für die Beteiligten überraschend – ergänzt, obwohl die Anzahl und Auswahl der präsumtiven Mitglieder ordnungs- und gesetzmäßig gewesen ist. Ebenso überraschend widersetzt sich dieses zusätzlich berufene Mitglied dann dem als Ergebnis der Vorberatungen unterbreiteten Personenvorschlag und verhindert damit die für die Bindung des Gerichts nach § 56a Abs. 2 InsO nötige Einstimmigkeit. Dass eine Bindung des Gerichts an die Vorschläge zur personellen Besetzung 75 nicht besteht, und es dem Gericht freisteht, andere als die vorgeschlagenen Mitglieder zu benennen, ist unbestritten (vgl. § 22a Rn. 22). Hierfür mag es auch gute Gründe geben, zum Beispiel wenn Missbräuche von Schuldner- und Beraterseite bei der Zusammensetzung und Gestaltung des präsumtiven Ausschusses zu befürchten oder sogar greifbar sind. Allerdings muss das Gericht sein Ermessen pflichtgemäß ausüben, was es ihm verbietet, den vorläufigen Gläubigerausschuss mit dem Ziel zu erweitern, einen nicht zu beanstandenden, aber missliebigen Vorschlag zu unterlaufen. Missbraucht das Gericht sein Ermessen, hilft auch der öffentlich-rechtliche 76 Folgenbeseitigungsanspruch nach vorstehend aa) nicht weiter, weil es nicht um die Überprüfung einer gebundenen Ermessensentscheidung geht, eine Ersetzung der Ermessensausübung (jedenfalls im einstweiligen Verfügungsverfahren) durch die übergeordnete Instanz daher unmöglich ist. Ist die Abgrenzung eines Missbrauchs von einer auf berechtigten Motiven 77 beruhenden Entscheidung auch immer schwierig und häufig kaum zu fassen, so scheint es doch geboten, eine Lösung zur Vermeidung solcher Missbräuche anzubieten. Diese kann in dem Ausschluss des Stimmrechts des nachberufenen Mitglieds 78 des vorläufigen Gläubigerausschusses für die Frage des Personenvorschlages gemäß den für § 72 InsO im Allgemeinen geltenden Grundsätzen (vgl. dazu Jungmann, in: K. Schmidt, InsO, § 72 Rn. 4 ff.) gesucht werden. Der Stimmrechtsausschluss folgt den in §§ 34 BGB, 47 Abs. 4 GmbHG, 43 Abs. 6 GenG
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§§ 56, 56a, 59 InsO – Auswahl und Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters
zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken (BGH, ZIP 1985, 423, 425). Zwar ist das nachberufene Mitglied weder von einem Insichgeschäft betroffen, noch Richter in eigener Sache, allerdings ist es – unterstellt man die missbräuchliche Motivation seiner Bestellung – als Vertreter nicht zu berücksichtigender Partikularinteressen bestellt worden und als solcher von der Mitwirkung an dem in dieser Sache zu treffenden Beschluss ausgeschlossen. Denn die Wahrnehmung der Rechte im Gläubigerausschuss folgt übergeordneten Verfahrenszielen und nicht den, für die Wahrnehmung des Stimmrechts in der Gläubigerversammlung grundsätzlich nicht zu beanstandenden Eigeninteressen (Jungmann, a. a. O., § 76 Rn. 15). Wird jedoch in dem Verhalten des nachberufenen Mitglieds im Rahmen der Beratungen offenbar, dass es sich mehr von z. B. lokalpatriotischen Motiven als von den übergeordneten Verfahrenszielen leiten lässt, ist ein Missbrauch nicht auszuschließen. Wie im Rahmen des § 56 Abs. 1 InsO aber auch reicht die abstrakte Gefahr einer Befangenheit aus, eine Ablehnung, hier: einen Stimmrechtsausschluss, zu rechtfertigen. In Übertragung dieser Grundsätze steht es dem vorläufigen Gläubigerausschuss offen, den Stimmrechtsausschluss (mit einfacher Mehrheit) zu beschließen; das Insolvenzgericht ist zur Entscheidung über diese Frage nicht befugt (Uhlenbruck, ZIP 2002, 1373, 1376 f.; Vallender, WM 2002, 2040, 2046; Jungmann, in: K. Schmidt, InsO, § 72 Rn. 6). Denn selbst wenn man dem Gericht die Kontrollbefugnis für eine formelle Ordnungsmäßigkeitskontrolle hinsichtlich der Beschlussfassung zugestehen wollte (so Frind, in: HambKomm-InsO, § 56a Rn. 20; Ries, in: K. Schmidt, InsO, § 56a Rn. 29), so ist diese Kontrolle darauf beschränkt, dass zuvor ein Beschluss über den Stimmrechtsausschluss im ordnungsmäßigen Geschäftsgang getroffen wurde. Eine materielle Kontrolle, ob der Stimmrechtsausschluss sachlich richtig war, obliegt dem Insolvenzgericht nicht. 79 Beschließt der vorläufige Gläubigerausschuss deshalb außerhalb der Aufsicht des Insolvenzgerichts den Stimmrechtsausschluss und wird der Beschluss zum Personenvorschlag im Übrigen einstimmig gefasst, so ist das Insolvenzgericht hieran gebunden, ohne die Möglichkeit zu haben, die Rechtmäßigkeit des Stimmrechtsausschlusses zu prüfen. Die Nachberufung des den Personenvorschlag obstruierenden Mitglieds läuft ins Leere; quid pro quo! 80 Auch hier stellt sich natürlich die Frage, ob ein solches Vorgehen eines vorläufigen Gläubigerausschusses jemals praktisch werden wird, jedoch zeigt sich, dass auch in der professionellen Beratung von (vorläufigen) Gläubigerausschüssen noch erhebliche Pionierarbeit geleistet werden kann. 5. (Rechtmäßiger) Dispens von der Pflicht zur Anhörung a) Nachteilige Veränderung der Vermögenslage 81 Wie bei der Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses auch (§ 22a Rn. 41 ff.) ist das Gericht von der Pflicht zur Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses zur Person des Insolvenzverwalters und zu dem An-
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5. (Rechtmäßiger) Dispens von der Pflicht zur Anhörung
forderungskatalog befreit, wenn die Anhörung „offensichtlich“ zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führt. Einer möglichen Befreiung von der Pflicht zur Anhörung wurden nunmehr 82 noch engere Grenzen gesetzt. Nach der Ergänzung des Gesetzgebers in § 56a Abs. 1 InsO soll eine Pflicht zur Anhörung nur dann nicht mehr bestehen, wenn ihre Durchführung offensichtlich innerhalb der nächsten zwei Werktage zu einer nachteiligen Veränderung führt. Mit der Regelung wird die Gläubigerbeteiligung bei der Verwalterbestellung gestärkt (BT-Drucks 19/24181, S. 234). Der Gesetzgeber geht grundsätzlich davon aus, dass ein Zuwarten von bis zu zwei Werktagen für Konstituierung und Beschlussfassung des vorläufigen Gläubigerausschusses ausreichend und trotz der in der Regel gegebenen Eilbedürftigkeit der Bestellungsentscheidung in vielen Fällen auch möglich ist (BT-Drucks 1924181, S. 234). Die Fristsetzung von zwei Werktagen dient daher vorrangig nicht nur der Beschleunigung des Verfahrens, sondern gerade auch der Fundamentierung, dass vor Ablauf der zwei Werktage eine Entscheidung ohne Anhörung gerade nicht getroffen werden darf. § 22a Abs. 3 InsO und § 56a Abs. 1 InsO bedingen sich allerdings zwangs- 83 läufig gegenseitig und führen notwendigerweise zu Redundanzen. Durfte das Gericht wegen der Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage davon absehen, vor der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen, so ist selbstverständlich auch dessen Anhörung nicht möglich. Wie im Rahmen des § 22a Abs. 3 InsO (dort Rn. 58, 64) erläutert ist dabei allerdings grundsätzlich nicht mehr davon auszugehen, dass bei der Fortführung von operativ defizitären Unternehmen in der Zeit der Antragsphase jede auch noch so kleine Verzögerung zu einer nachträglichen Veränderung der Vermögenslage führt (so aber noch unter Geltung des ESUG, Vallender, MDR 2012, 61, 63; Riggert, NZI 2011, 121, 123; Frind, ZInsO 2010, 1473, 1480). Denn mit der Einführung der Zwei-Werktages-Frist in § 56a Abs. 1 InsO macht der Gesetzgeber deutlich, dass er ein Zuwarten für diesen Zeitraum grundsätzlich für zumutbar und verhältnismäßig hält, um diesen wesentlichen Gesichtspunkt der Gläubigerautonomie wirksam zur Geltung zu bringen. Will das Gericht bereits von der Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses nach § 22a Abs. 3 InsO absehen und wird so auch die Möglichkeit einer Anhörung nach § 56a Abs. 1 InsO obsolet, so erstreckt sich die Begründungspflicht aus § 56a Abs. 3 Satz 1 InsO auch auf die Entscheidung nach § 22a Abs. 3 InsO (vgl. dort Rn. 37). Seit Inkrafttreten des SanInsFoG dürfte eine Ablehnung der Einsetzung und 84 Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses wegen einer zu besorgenden nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners aber jedenfalls immer dann ausgeschlossen sein, wenn ein Vorgespräch nach § 10a InsO stattgefunden hat und hierin auch die Frage der Einsetzung und Besetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses erörtert worden ist; dies umso deutlicher, wenn der Schuldner der Ansprache der Gläubiger nach § 10a Abs. 2 InsO zugestimmt hat. Denn in diesem Fall war das Gericht bereits vor Antrag639
§§ 56, 56a, 59 InsO – Auswahl und Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters
stellung in der Lage, sich über die ordnungsmäßige Besetzung des Ausschusses, die Auswahl der Mitglieder eine Meinung zu bilden und die Ansprache, wenn auch ggf. noch nicht durchzuführen, jedenfalls aber vorzubereiten. Zwei Werktage sollten dann jedoch immer ausreichend sein, den Ausschuss zu konstituieren und auch anzuhören. b) Anhörung vor Bestellung des Insolvenzverwalters 85 Der Fall der Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage dürfte bei der Bestellung des (endgültigen) Insolvenzverwalters im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 56a Abs. 1 InsO jedoch kaum je praktisch werden, da die Anhörung eines bereits im Eröffnungsverfahren gebildeten vorläufigen Gläubigerausschusses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Bestellung des Insolvenzverwalters keine nennenswerte Zeit in Anspruch nehmen wird (vgl. BT-Drucks. 17/5712, S. 26). Darüber hinaus, und dies sollte sich als gerichtliche Praxis herausbilden, kann dem vorläufigen Gläubigerausschuss bereits mit seiner Einsetzung die Auflage unter Fristsetzung erteilt werden, zu den Anforderungen und ggf. zu der Person des Insolvenzverwalters Stellung zu nehmen. Erfüllt der vorläufige Gläubigerausschuss die Auflage innerhalb der Frist, hat das Gericht die Anhörung durchgeführt und hat entsprechend zu entscheiden; kommt der vorläufige Gläubigerausschuss dieser Verpflichtung nicht nach, ist das Gericht in der Ausübung seines Ermessens erneut frei. 86 Darüber hinaus gilt allerdings, dass der vorläufige Gläubigerausschuss, der bereits zu der Person des vorläufigen Insolvenzverwalters angehört worden ist, nicht erneut auch zur Auswahl des Insolvenzverwalters angehört werden muss; zumindest dann nicht, wenn das Gericht dem Vorschlag gefolgt ist (vgl. Rn. 115 ff.). c) Anhörung vor Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters 87 Größere Bedeutung erlangt § 56a Abs. 1 Halbs. 2 InsO in den Fällen, in denen er kraft Verweisung aus § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO auch auf die Bestellung der Person des vorläufigen Insolvenzverwalters Anwendung findet. Soweit nämlich ein vorläufiger Gläubigerausschuss nach § 22a InsO als originärer oder derivativer vorläufiger Gläubigerausschuss bestellt ist (vgl. § 22a Rn. 12) oder das Gericht in eigenem Ermessen von der Einsetzungsbefugnis nach § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO Gebrauch macht, ist der vorläufige Ausschuss auch zu der Person des vorläufigen Insolvenzverwalters bzw. zu dem an diesen zu stellenden Anforderungsprofil anzuhören. In diesen Fällen jedoch ist das Zeitmoment, wie bei § 22a InsO beschrieben (dort Rn. 37 ff.), von besonderer Bedeutung. 88 Wie bei § 22a Abs. 3 InsO erläutert, wird im Regelfall auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 22a InsO nur eine zeitgleiche Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses mit der Benennung eines vorläufigen Insolvenzverwalters in Betracht kommen, um nachteilige Vermögensveränderungen von
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6. Begründungspflicht des Gerichts und Neubenennungsrecht (§ 56a Abs. 3 InsO)
vornherein zu verhüten. Eine vorherige Anhörung nach §§ 21 Abs. 2 Nr. 1, 56a Abs. 1 InsO kommt dann jedoch naturgemäß nicht mehr in Betracht, weil der vorläufige Insolvenzverwalter bereits in eigenem Auswahlermessen vom Insolvenzgericht bestellt wurde. Dieser zeitliche Ablauf hält sich nach den bisherigen Erfahrungen in der Praxis mit den Fällen präsumtiv gebildeter Gläubigerausschüsse, die zuvor angehört werden und Vorschläge zur Person des vorläufigen Insolvenzverwalters unterbreiten, die Waage. Letzteres setzt jedoch voraus, dass tatsächlich bereits bei Insolvenzantragstellung ein repräsentativ ausgewählter Gläubigerausschuss mit schriftlichen Zustimmungserklärungen jeder benannten Person, das Amt übernehmen zu wollen, bei Gericht vor- und sich einstimmig für einen Verwalterkandidaten ausspricht. Ist der Insolvenzantrag in dieser Weise vorbereitet, wie es bei den Großverfah- 89 ren, die seit Inkrafttreten des ESUG zum 1.3.2012 ausnahmslos der Fall gewesen ist, ist dem gesetzgeberischen Willen Rechnung zu tragen, und ist der einstimmig vorgeschlagene Kandidat vom Gericht zu bestellen, wenn dieser nicht (grundsätzlich) zu wenig geschäftserfahren oder (im Einzelfall) ungeeignet ist. Die Nachholung der Anhörung ist nicht erforderlich (anders gegenwärtig aber 90 noch die z. B. in der nordrhein-westfälischen Justiz verwendeten Formblätter). Es handelt sich, anders als bei der Entscheidung über das „Ob“ der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen i. S. d. § 21 InsO bei der Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses nicht um einen Fall der Gewährung rechtlichen Gehörs, die nachgeholt oder zeitgleich mit der angeordneten Maßnahme erfolgen könnte (vgl. dazu grundsätzlich Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 21 Rn. 15). Ist der vorläufige Insolvenzverwalter einmal eingesetzt, wird die Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses obsolet, da sie auf die Entscheidung des Gerichts ohnehin keinen Einfluss mehr nehmen kann. Insbesondere ist das Insolvenzgericht nicht verpflichtet, stellt es im Rahmen einer nachgeholten Anhörung fest, dass der von ihm bestellte vorläufige Verwalter nicht dem Anforderungsprofil entspricht oder nicht auf das Wohlwollen des vorläufigen Gläubigerausschusses trifft, den bestellten Verwalter von Amts wegen abzuberufen und den Wunschkandidaten zu bestellen. Die Anhörung würde daher ins Leere gehen und stellte einen Akt bloßer Förmelei dar, der rechtspraktisch und rechtsdogmatisch jedes Sinnes entbehrt. Unabhängig davon, dass die Nachholung der Anhörung ohne Wirkung auf das 91 Verfahren und vor allem die Person des vorläufigen Insolvenzverwalters bliebe, hat der Gesetzgeber genau diesen Fall gesehen und in § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO auch geregelt. Darüber hinaus zu gehen, fehlt es an einer Rechtfertigung. 6. Begründungspflicht des Gerichts und Neubenennungsrecht (§ 56a Abs. 3 InsO) Mit § 56a Abs. 3 Satz 1 InsO führt der Gesetzgeber für das Gericht, das von 92 einer Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses abgesehen hat, eine Begründungspflicht ein. Sie soll die Transparenz des Verfahrens fördern
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§§ 56, 56a, 59 InsO – Auswahl und Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters
(BT-Drucks 1924181, S. 234) und trägt damit gerade dem Umstand Rechnung, dass es in der Vergangenheit Verwalterbestellungen ohne Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses gegeben hat, die nunmehr erschwert werden sollen. Der Begründungszwang wirkt sich damit auch in den Wechselwirkungen zu § 22a Abs. 3 InsO aus, da der Begründungszwang nicht dadurch unterlaufen werden darf, dass aus Gründen der (vermeintlichen) Eilbedürftigkeit zwar nicht auf Anhörung des Gläubigerausschusses, sondern auf dessen Einsetzung vor Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters insgesamt verzichtet wird. Sieht das Gericht von der Einsetzung des Gläubigerausschusses vor der Bestellung des vorläufigen Verwalters aus Gründen der zu besorgenden nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners ab, so ist auch dies in analoger Anwendung des § 56a Abs. 3 Satz 1 InsO zu begründen. a) Neubenennungsrecht zur Wahrung der Gläubigerautonomie (§ 56a Abs. 3 Satz 2 InsO) 93 Hat das Insolvenzgericht den vorläufigen Gläubigerausschuss zeitgleich mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt oder gar, wie in der Praxis ebenfalls nicht unüblich, dem zunächst bestellten vorläufigen Insolvenzverwalter aufgegeben, binnen kurzer Frist geeignete Mitglieder eines vorläufigen Gläubigerausschusses zu benennen (§ 22a Abs. 4 InsO), um den vorläufigen Gläubigerausschuss sodann später zu berufen, verliert der Ausschuss sein Recht zur Einflussnahme auf die Person des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht (so angeregt von Steinwachs, ZInsO 2011, 410, 412; Frind, ZInsO 2011, 757, 762 f.). Dasselbe gilt, wenn der Ausschuss, obwohl eingesetzt, die Frist von zwei Werktagen nicht hat einhalten können und deshalb ein Vorschlag nicht (fristgerecht) unterbreitet wurde. Die Gläubigerautonomie bleibt in der Vorstellung des Gesetzgebers dadurch gewahrt, dass der vorläufige Gläubigerausschuss in seiner ersten, konstituierenden Sitzung gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO i. V. m. § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO eine andere Person zum vorläufigen Insolvenzverwalter wählen kann. Auch dieser Beschluss muss einstimmig erfolgen. Anders als bei dem erstmaligen Vorschlagsrecht (§ 56a Abs. 2 InsO), kann der vorläufige Gläubigerausschuss hier keine Namensliste mit Rangfolge beschließen, sondern hat eine konkrete Person zu wählen. Darin unterscheidet sich der Vorschlag von der Wahl. Im Übrigen gelten aber selbstverständlich auch für die gewählte Person die Anforderungen nach § 56 Abs. 1 InsO und sind diese in derselben Weise gerichtlich überprüfbar. 94 Die Einschränkung, dass dies nur in der ersten Sitzung des vorläufigen Gläubigerausschusses möglich ist, war dem Umstand geschuldet, dass es nötig erscheint, die Phase der Ungewissheit für den vom Gericht eingesetzten Verwalter möglichst kurz zu halten, da er sonst voraussichtlich verfahrensleitende Entscheidungen, die immer auch mit einem persönlichen Haftungsrisiko verbunden sind, voraussichtlich bis zu seiner Bestätigung bzw. bis er Rechtssicherheit erlangt hat, zurückhalten würde (ähnlich BT-Drucks. 17/7511, S. 35). Dies aber wäre den Sanierungschancen im Besonderen und der geordneten Verfahrensabwicklung im Allgemeinen abträglich. 642
6. Begründungspflicht des Gerichts und Neubenennungsrecht (§ 56a Abs. 3 InsO)
Soweit bekannt, ist von der Möglichkeit des § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO bislang 95 allerdings in der Praxis noch keinmal Gebrauch gemacht worden; jedoch hat z. B. in dem Insolvenzverfahren Solen AG (AG Meppen – 9 IN 74/13) die Gläubigerversammlung den vom vorläufigen Gläubigerausschuss, der auf Initiative der Schuldnerin präsumtiv konstituiert worden war, einstimmig vorgeschlagenen Verwalter ab- und eine andere Person zum Insolvenzverwalter gewählt (§ 57 InsO). Dies zeigt, dass zwar die nachträgliche Wahrnehmung der Gläubigerautonomie grundsätzlich möglich ist, in der Praxis jedoch sehr häufig an der tatsächlichen Hürde der bereits auf den Weg gebrachten verfahrensleitenden Entscheidungen scheitern dürfte. Im Rahmen der Erläuterungen zu § 22a Abs. 3 InsO (dort Rn. 61 ff.) ist die 96 Verzögerung einer vorherigen Anhörung auch damit begründet worden, dass eine zeitliche Verzögerung mit der einer Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters vorausgehenden Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses auch deshalb einhergehe, weil der nicht unter der leitenden, ordnenden und moderierenden Hand des vorläufigen Insolvenzverwalters sich konstituierende Gläubigerausschuss mehr Zeit benötige, als ein Ausschuss unter der (faktischen) Organisationshoheit des vorläufigen Insolvenzverwalters. Leiten sich aus diesem Gesichtspunkt aber faktische Rechtsbeeinträchtigungen ab, die die Gläubigerautonomie, wie sie vom Gesetzgeber vorgesehen ist, jedenfalls beschränken, so folgen daraus auch Pflichten. Der vorläufige Insolvenzverwalter soll seine Bestellung nicht dadurch unangreifbar machen können, dass er den – zeitgleich oder nachträglich – eingesetzten vorläufigen Gläubigerausschuss über dessen Rechte aus § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO im Unklaren lässt. Es gehört deshalb insoweit zum Pflichtenkatalog des vorläufigen Insolvenzverwalters, dass er mit der Ladung zur konstituierenden Sitzung des vorläufigen Gläubigerausschusses in die Tagesordnung auch den Punkt „Abstimmung über die Person des vorläufigen Insolvenzverwalters gemäß § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO“ aufnimmt. Tut er dies nicht, liegt hierin ein Pflichtverstoß, der an der Unbefangenheit und der Eignung des vorläufigen Insolvenzverwalters Zweifel begründet und ein aufsichtsrechtliches Einschreiten des Insolvenzgerichts bis hin zur Entlassung nach § 59 Abs. 1 InsO i. V. m. § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO gebieten kann, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss nach Kenntnis von der Rechtslage dies verlangt und zugleich einen abweichenden Vorschlag nach § 56a Abs. 1 InsO macht. Um mögliche Irritationen und Vertrauensverluste zu vermeiden, liegt es nahe, dass auch das Insolvenzgericht, dass den vorläufigen Gläubigerausschuss zur Person des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht angehört hat bzw. nicht hat anhören können, in dem Beschluss über dessen Einsetzung ebenfalls noch einmal auf § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO ausdrücklich hinweist (§ 4 InsO i. V. m. § 139 ZPO). b) Reichweite des Neubenennungsrechts im Besonderen Über das Vorstehende hinaus ist das Neubenennungsrecht des § 56a Abs. 3 97 Satz 2 InsO aber tatsächlich auf die Fälle des § 56a Abs. 1 InsO – ggf. i. V. m.
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§§ 56, 56a, 59 InsO – Auswahl und Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters
§ 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO – beschränkt. Verstößt das Gericht gegen § 56a Abs. 2 InsO, indem es den grundsätzlich bindenden Vorschlag oder den vom vorläufigen Gläubigerausschuss formulierten Anforderungskatalog übergeht, so führt dies nicht zu einer entsprechenden Anwendung des § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO. Die Ratio und der Zweck der Vorschrift liegen darin, sich die aus dem Charakter des Insolvenz(-eröffnungs-)verfahren gebotenen Einschränkungen und Begrenzungen der Gläubigerautonomie ergebenden Folgen abzumildern und eine dadurch bedingte Zuständigkeitsverschiebung revisibel zu gestalten. 98 Zweck des § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO ist es demgegenüber nicht, möglicherweise fehlerhafte Entscheidungen des Insolvenzgerichts zu sanktionieren und das Fehlen einer Beschwerdemöglichkeit zu substituieren. Eine solche hat der Gesetzgeber bewusst nicht vorgesehen, weshalb sie auch nicht durch die Hintertür des § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO eingeführt werden darf. Hierdurch würde nämlich die in der Zuständigkeit des Insolvenzgerichts verbleibende Eignungsprüfung auch im Falle eines einstimmigen Vorschlages ausgehöhlt, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss die Möglichkeit erhielte, einen von seinem Vorschlag abweichenden, begründeten Beschluss des Insolvenzgerichts durch Neubenennung nach § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO umzukehren. Im Übrigen stünde, dazu sogleich, auch dieser Beschluss des vorläufigen Gläubigerausschusses wieder unter dem Eignungsvorbehalt entsprechend § 56a Abs. 2 InsO, was zu einem nicht hinnehmbaren Schlagabtausch zwischen Insolvenzgericht und vorläufigem Gläubigerausschuss führte. 99 Schließlich fehlt es für eine analoge Anwendung des § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO an einer entsprechenden Regelungslücke, weil es der Gläubigerversammlung freisteht, nach § 57 InsO einen anderen Insolvenzverwalter zu wählen. 100 Ist § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO demgegenüber anwendbar, so sind die Gläubiger in ihrer Entscheidung so lange frei, als die von ihnen gewählte Person die Eignungskriterien des § 56 Abs. 1 InsO unter Berücksichtigung des Anforderungskataloges aus § 56a Abs. 2 Satz 2 InsO erfüllt. Auch wenn § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO eine (erneute) Eignungs- und Unabhängigkeitsprüfung nicht ausdrücklich vorsieht, so ergibt sich die Notwendigkeit dazu zum einen aus dem allgemeinen Anforderungskatalog des § 56 Abs. 1 InsO, zum anderen aus der Tatsache, dass § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO nur die Entscheidung des vorläufigen Gläubigerausschusses nach § 56a Abs. 1 InsO nachholt, der nachgeholte Beschluss aber nicht mit weitreichenderen Rechtsfolgen ausgestattet sein kann, als wäre er bereits ursprünglich getroffen worden. Überdies kommt in der Gesetzesbegründung deutlich zum Ausdruck, dass auch der Gesetzgeber nicht von einer vorbehaltlosen Neuwahl ausgeht, da es in der Begründung des Rechtsausschusses heißt: „Allgemein sieht der Ausschuss die Notwendigkeit, bei einem vom vorläufigen Gläubigerausschuss vorgeschlagenen Insolvenzverwalter besonders eingehend dessen Unabhängigkeit zu prüfen.“
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6. Begründungspflicht des Gerichts und Neubenennungsrecht (§ 56a Abs. 3 InsO)
Dass die Eignungsprüfung entsprechend § 56a Abs. 2 InsO auch im Falle der 101 Neubenennung nach § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO stattzufinden hat, folgt überdies aus § 57 Satz 3 InsO, der für die Neuwahl durch die Gläubigerversammlung eine entsprechende Befugnis und Pflicht zur Prüfung des Insolvenzgerichts ebenfalls vorsieht. Sind die allgemeinen und konkret an die gewählte Person zu stellenden An- 102 forderungen erfüllt, darf das Insolvenzgericht die Entlassung des vorherigen und die Bestellung des gewählten Verwalters nicht verweigern. Den Gläubigern steht es insoweit frei, auch wirtschaftlich unvernünftige Entscheidungen zu treffen und durch die Neuwahl zusätzliche Verfahrenskosten zu verursachen. Gibt es hierfür keinen sachlichen Grund, macht sich der vorläufige Gläubigerausschuss ggf. gegenüber der Gläubigergemeinschaft schadensersatzpflichtig. Dies jedoch ist kein Grund, den Vorschlag zurückzuweisen und entgegen diesem zu entscheiden. Die dem Gericht gesetzte Grenze findet sich auch insoweit in §§ 56a Abs. 2, 57 Satz 3 InsO, wonach der Vorschlag nur bei fehlender Eignung der Person zurückgewiesen werden darf. c) Verfahren der Abwahl und Neubestellung § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO regelt lediglich, dass es dem vorläufigen Gläubiger- 103 ausschuss freistehe, in seiner ersten Sitzung eine andere als die vom Insolvenzgericht eingesetzte Person zu wählen, regelt aber nicht das Verfahren. Auch die Gesetzesbegründung schweigt dazu. Wie dargestellt (vgl. Rn. 96), ist in der ersten Tagesordnung für die erste 104 Versammlung des vorläufigen Gläubigerausschusses – hat das Gericht diesen vor der Bestellung eines (vorläufigen) Insolvenzverwalters nicht angehört – die Möglichkeit der Wahl eines anderen (vorläufigen) Insolvenzverwalters ausdrücklich aufzunehmen (entsprechend § 74 Abs. 2 InsO). Für die Beschlussfassung gilt nicht § 72 InsO (i. V. m. § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO). 105 Danach wäre ein Beschluss des vorläufigen Gläubigerausschusses gültig, wenn die Mehrheit der Mitglieder an der Beschlussfassung teilgenommen hat und der Beschluss mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst worden ist. Hinsichtlich des erforderlichen Quorums ist § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO eindeutig: Verlangt wird Einstimmigkeit des Beschlusses. Ob daraus aber folgt, dass Einstimmigkeit der Stimmen der – mindestens mehrheitlich – anwesenden Mitglieder bedeutet, oder ob tatsächlich alle Mitglieder auch an der Beschlussfassung teilgenommen und für die neu zu benennende Person gestimmt haben müssen, lässt das Gesetz offen. Die Begründung des Rechtsausschusses zu § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO (BT- 106 Drucks. 17/7511, S. 35) weist ausdrücklich darauf hin, dass dem vorläufigen Gläubigerausschuss, der naturgemäß nur ein unvollkommenes Abbild der Gesamtgläubigerschaft darstellen könne, im Vergleich zur Gläubigerversammlung nur eine eingeschränkte Legitimation zukomme. Gerade aus diesem Grund
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§§ 56, 56a, 59 InsO – Auswahl und Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters
werde, anders als nach § 57 InsO, für die Wahlentscheidung auch Einstimmigkeit verlangt. Ferner sei ein einstimmiges Votum nötig, um zu verhindern, dass einzelne, besonders durchsetzungsstarke Mitglieder das Verfahren und damit auch die Wahl des Insolvenzverwalters dominierten. 107 Nimmt man diese in der Tat gewichtigen Bedenken des Gesetzgebers ernst und nimmt man hinzu, dass die ohnehin unvollkommene Legitimationsbasis weiter abschmilzt, und nehmen nicht einmal sämtliche Mitglieder des Gläubigerausschusses an der Abstimmung teil, so lässt sich der Wille des Gesetzgebers nur dann vollkommen umsetzen, wenn entgegen § 72 InsO für die Abstimmung nach § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO verlangt wird, dass sämtliche gerichtlich bestellten Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses in der ersten Versammlung anwesend und für den neu zu benennenden Kandidaten stimmen müssen, damit dieser wirksam gewählt ist (a. A. Ries, in: K. Schmidt, InsO, § 56a Rn. 18: Anwesenheit der Mehrheit der Mitglieder ausreichend). Etwas anderes gilt nur für Mitglieder, die ohnehin nicht stimmberechtigt sind, soweit der vorläufige Gläubigerausschuss vor der Beschlussfassung über die Benennung bzw. Ab- und Neuwahl des (vorläufigen) Insolvenzverwalters tatsächlich einen Beschluss über die Stimmberechtigung gefasst hat (vgl. Rn. 78 f.). Damit kommt auch nicht einzelnen Mitgliedern unangemessenes Obstruktionspotenzial zu, da es insoweit keinen Unterschied macht, ob das obstruierende Mitglied zur Abstimmung schlicht nicht erscheint, oder seine Zustimmung zur Wahl ausdrücklich versagt. Die Frage, ob der Ausschuss einen formal wirksamen Beschluss gefasst hat, ob also alle (stimmberechtigten) Mitglieder anwesend waren, unterliegt der insolvenzgerichtlichen Legalitätsprüfung (vgl. dazu Rn. 79). 108 Hat der vorläufige Gläubigerausschuss dem vom Insolvenzgericht eingesetzten (vorläufigen) Insolvenzverwalter ab- und eine andere Person, die geeignet ist, gewählt, so ist dem bislang eingesetzten (vorläufigen) Insolvenzverwalter, der bis zu einer Abberufung durch das Insolvenzgericht Verfahrensbeteiligter und als solcher auch zu hören ist, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (so für den vergleichbaren Fall ebenfalls Graeber, in: MünchKomm-InsO, § 57 Rn. 15). Die Wirksamkeit der Wahl hängt nicht davon ab, ob der Gewählte seine Bereitschaft zur Übernahme des Amtes bereits erklärt hat. Dies ist eine Frage der allgemeinen Bestellungsvoraussetzungen des § 56 Abs. 1 InsO, die vom Gericht zu prüfen sind. In der Praxis dürfte es sich aber empfehlen, dass der vorläufige Gläubigerausschuss sich zuvor der Übernahmewilligkeit des designierten Verwalters vergewissert und dem Gericht eine entsprechende Erklärung vorlegt, um unnötige Verfahrensverzögerungen und den „Verbrauch“ des nur einmaligen Wahlrechts in der ersten Gläubigerausschusssitzung zu vermeiden. 109 Wird vom vorläufigen Gläubigerausschuss ein anderer (vorläufiger) Verwalter gewählt, so ist dieser durch Beschluss des Insolvenzgerichts zu bestellen (Ries, in: K. Schmidt, InsO, § 56a Rn. 26). Dessen Amt beginnt allerdings erst mit der Annahme gegenüber dem Insolvenzgericht (OLG Karlsruhe, ZIP 1997, 1970; Frind, in: HambKomm-InsO, § 57 Rn. 12), wenn diese nicht bereits vor 646
6. Begründungspflicht des Gerichts und Neubenennungsrecht (§ 56a Abs. 3 InsO)
der Beschlussfassung antizipiert vorliegt. Das Amt des bisherigen Verwalters endet dann auch nicht automatisch bereits mit der Neubestellung, sondern erst mit dem Zugang der Annahmeerklärung gegenüber dem Insolvenzgericht (Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, InsO, § 57 Rn. 30). Eines ausdrücklichen Entlassungsbeschlusses bedarf es demgegenüber nicht (Graeber, in: MünchKommInsO, § 57 Rn. 36). Bis zur Annahme seiner Bestellung durch den neu gewählten Verwalter bleibt der bisherige Verwalter demgemäß im Amt und der neue Verwalter kann seine Befugnisse noch nicht ausüben. Es empfiehlt sich jedoch, dass beide etwaig in der Schwebezeit zu treffende Maßnahmen abstimmen, um spätere Differenzen über Art und Inhalt der Amtsführung in der Schwebezeit zu vermeiden. Von dem Beschluss über die Neubestellung und der Annahme durch den neu 110 bestellten Verwalter ist der bisherige Verwalter durch das Insolvenzgericht in Kenntnis zu setzen und aufzufordern, seine ihm etwaig ausgestellte Bestallungsurkunde unverzüglich im Original zurück zu reichen (Uhlenbruck, a. a. O., § 57 Rn. 31). Diese Mitteilungspflicht obliegt dem Insolvenzgericht zum einen als Reflex aus der Aufsichtspflicht aus § 58 Abs. 1 InsO, wonach das Gericht auch dafür Sorge zu tragen hat, dass der (vorläufige) Insolvenzverwalter keine von ihm aus Unkenntnis und deshalb unverschuldete Pflichtverstöße begeht, zum anderen aus einer Fürsorgepflicht aus dem (Amts)Treuhandverhältnis (die Rechtsprechung legt der Rechtsstellung des Insolvenzverwalters seit jeher die Theorie zugrunde, der Verwalter sei Amtstreuhänder, vgl. BGH, ZIP 1991, 324). Danach obliegt dem Gericht die Pflicht im Verhältnis zum Verwalter, diesen vor möglicherweise haftungsbewährten Handlungen (z. B. entsprechend § 179 BGB) zu bewahren. Mit dem Amtswechsel ist der bisherige Verwalter verpflichtet, die in Besitz 111 genommenen Massegegenstände an den neuen Verwalter herauszugeben. Diese Herausgabepflicht ist im Rahmen gerichtlicher Aufsicht nötigenfalls mit Zwangsgeld (§ 58 Abs. 3 InsO) durchsetzbar. Da dem bisherigen Verwalter aber eine Vergütung zusteht – berechnet unter Zugrundelegung einer einheitlichen Berechnungsmasse, die nötigenfalls zu schätzen ist, allerdings reduziert um einen Abschlag wegen der vorzeitigen Beendigung des Amtes – stellt sich die Frage, ob er bis zur Rechtskraft des Vergütungsbeschlusses und daraufhin erfolgter Entnahme aus der (vorläufig) verwalteten bzw. gesicherten Masse zur Zurückbehaltung jedenfalls in entsprechender Höhe gemäß § 273 BGB berechtigt ist (dagegen: LG Dessau-Roßlau, ZIP 2012, 2519: Angemessenheit einer 24-Std.-Frist mit Zwangsgeldandrohung für die Übertragung der Anderkontenguthaben). Davon könnte zum Schutze der Interessen des bisherigen Verwalters allenfalls in Bezug auf etwaige Guthaben auf bei ihm für den Schuldner geführten Ander- oder Sonderkonten, nicht aber in Bezug auf sonstige Gegenstände der Insolvenzmasse auszugehen sein, wenn nicht übergeordnete Belange des Insolvenzverfahrens dem entgegenstehen, z. B. die vorhandene Liquidität zur Fortführung des sanierungsfähigen Geschäftsbetriebs unaufschiebbar benötigt, die Realisierung der Vergütungsansprüche des bis-
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§§ 56, 56a, 59 InsO – Auswahl und Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters
herigen Verwalters dadurch aber nicht gefährdet wird. An (sächlichen) Gegenständen der Insolvenzmasse kann ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 2 BGB nämlich schon deshalb nicht entstehen, weil dies „Verwendungen auf den Gegenstand“ voraussetzte, die der vorläufige Verwalter nicht getätigt hat, weil die Sicherstellung allein kein Verwendung auf die Sache ist. 112 Aber auch hinsichtlich der Kontenguthaben ist ein solches Zurückbehaltungsrecht problematisch, weil es sich um einen künftigen Anspruch handelt, der jedenfalls erst mit Rechtskraft des Vergütungsbeschlusses fällig wird. Wegen nicht fälligen Forderungen kann ein Zurückbehaltungsrecht regelmäßig aber nicht ausgeübt werden. Ob die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts wegen des Anspruchs auf Festsetzung der Vergütung allein bereits angenommen werden kann, ist ebenfalls fraglich, setzt jedenfalls aber voraus, dass der abgesetzte Verwalter diese bereits beantragt hat. Denn anderenfalls läge es in seiner Hand, durch die Verzögerung des Vergütungsantrages das Zurückbehaltungsrecht zeitlich auszudehnen. 113 Im Ergebnis sollte aber, um die Interessen auch des abgewählten Verwalters zu schützen und Streit vorzubeugen, der neu eingesetzte Verwalter im Wege der gerichtlichen Aufsicht (§ 58 InsO) verpflichtet werden, den zur Erfüllung der Vergütungsansprüche des abgewählten Verwalters erforderlichen Betrag, der im Rang des § 54 InsO steht, zu separieren und bei Fälligkeit auszuzahlen. 114 Umgekehrt ist der bisherige Verwalter aus nachlaufenden Amtspflichten verpflichtet, seinen Vergütungsantrag unverzüglich einzureichen und ist das Insolvenzgericht gehalten, über den Vergütungsantrag kurzfristig zu entscheiden, um die Zeit doppelter Berechtigung an etwaigen Guthaben so weit als möglich abzukürzen. 7. Kollisionen a) Anhörung zur Person des vorläufigen und des endgültigen Insolvenzverwalters 115 Nach dem Gesetzeswortlaut ist der vorläufige Gläubigerausschuss im Verfahrensgang zweimal anzuhören, nämlich nach §§ 21 Abs. 2 Nr. 1, 56a Abs. 1 InsO einmal vor Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters und nach § 56a Abs. 1 InsO noch einmal vor Bestellung des (endgültigen) Insolvenzverwalters bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens. 116 Hat das Gericht den vorläufigen Insolvenzverwalter auf Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses bestellt oder hat der vorläufige Gläubigerausschuss diesen nach § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO benannt, so wäre die nochmalige Anhörung vor Bestellung des Insolvenzverwalters vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens reine Förmelei, haben sich nicht begründete Zweifel an der Richtigkeit der Wahlentscheidung ergeben. Solche müssten dann allerdings von Seiten des vorläufigen Gläubigerausschusses kommuniziert und begründet werden. Solange dies nicht geschieht, darf das Insolvenzgericht davon ausgehen,
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7. Kollisionen
dass die Wahlentscheidung getroffen ist und Bestand hat, weshalb eine neuerliche, zweite Anhörung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entbehrlich ist (ebenso die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/5712, S. 26). Allerdings sollte gleichzeitig davon auszugehen sein, dass nicht nur die zweite 117 Anhörung entbehrlich, sondern auch die Wahl des vorläufigen Gläubigerausschusses auch für das eröffnete Verfahren gleichermaßen verbindlich ist. Die Wahlentscheidung des vorläufigen Gläubigerausschusses bezieht sich daher nicht nur auf das Amt des vorläufigen Insolvenzverwalters, sondern auch auf das Amt des Insolvenzverwalters, sodass das Gericht auch im Eröffnungsbeschluss an das Ergebnis der Anhörung nach § 56a Abs. 1 InsO bzw. der Neubenennung nach § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO gebunden ist und nicht der Versuchung erliegen kann, im Eröffnungsbeschluss sodann wieder den „eigenen“ Kandidaten in der Hoffnung durchzusetzen, dass es im Berichtstermin an der erforderlichen Kopfmehrheit fehlt (so wohl zu Recht Obermüller, ZInsO 2012, 18, 24). Rechtsdogmatische Zweifel an dieser Bindung bei gleichzeitigem Dispens von 118 einer erneuten Anhörung ergeben sich auch nicht daraus, dass es sich bei dem vorläufigen Gläubigerausschuss nach § 22 Abs. 2 Nr. 1a InsO (ggf. i. V. m. § 22a InsO) und dem vorläufigen Gläubigerausschuss im Eröffnungsverfahren nach § 67 Abs. 1 InsO wegen der Beendigung des Amtes des vorläufigen Gläubigerausschusses im Eröffnungsverfahren mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens um verschiedene Organe handelt, zwischen denen keine zwingende Amtskontinuität besteht (vgl. § 22a Rn. 99). Sowohl aus dem Wortlaut der Gesetzesbegründung als auch aus der Systematik des § 56a Abs. 1 InsO ergibt sich nämlich, dass der vorläufige Gläubigerausschuss des Eröffnungsverfahrens zur Person des zu bestellenden Insolvenzverwalters anzuhören ist und nicht der vorläufige Ausschuss des eröffneten Insolvenzverfahrens (§ 67 Abs. 1 InsO), dass die Zuständigkeit für die Formulierung des Anforderungskataloges und ggf. die Auswahl des Insolvenzverwalters also dem vorläufigen Gläubigerausschuss des Eröffnungs-, nicht dem des eröffneten Insolvenzverfahrens zugewiesen ist. So sehr diese gesetzgeberische Konstruktion die nötige Differenzierung zwischen diesen Organen, ihrer Amtsstellung und ihrem Aufgabenkatalog vermissen lässt, so eindeutig ist die rechtliche Umsetzung. b) Recht zur Abwahl durch die Gläubigerversammlung (§ 57 InsO) Fraglich bleibt sodann, unterstellt man zunächst diese Bindung des Gerichts an 119 den vom vorläufigen Gläubigerausschuss bevorzugten vorläufigen Insolvenzverwalter auch im Eröffnungsbeschluss, wie sich das (Neu)Benennungsrecht nach § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO zu dem Recht der Gläubigerversammlung verhält, nach § 57 Abs. 1 Satz 1 InsO einen neuen Insolvenzverwalter zu wählen. Oder anders gefragt: Steht es der (ersten) Gläubigerversammlung frei, den vom Gericht befolgten einstimmigen Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses (§ 56a Abs. 1 InsO) oder die einstimmige Neuwahl durch den vorläufigen Gläubigerausschuss (§ 56a Abs. 3 Satz 2 InsO) erneut – grundlos – 649
§§ 56, 56a, 59 InsO – Auswahl und Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters
zu verwerfen und mit Kopf- und Summenmehrheit einen anderen Insolvenzverwalter zu wählen? 120 Das Gesetz schweigt zu einer etwaigen Kollision beider Vorschriften zueinander, nicht jedoch die Gesetzesbegründung. Der Gesetzgeber sieht § 57 Abs. 1 Satz 1 InsO insbesondere durch das Neubenennungsrecht des § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO nicht tangiert. In der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/5712, S. 26) heißt es: „Auch wenn ein Verwalter in dieser Weise auf Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses vom Gericht bestellt worden ist, bleibt es dabei, dass im eröffneten Verfahren die Gläubigerversammlung mit Summen- und Kopfmehrheit endgültig über die Person des Verwalters entscheidet (§ 57 InsO). Der vorläufige Gläubigerausschuss wird sich dessen bewusst sein und keine Person vorschlagen, bei der mit einer Abwahl durch die Gläubigerversammlung zu rechnen ist. Wegen der Befugnisse der Gläubigerversammlung nach § 57 InsO ist es entbehrlich, ein Rechtsmittel gegen die Bestellung des Verwalters nach Maßgabe des § 56 Abs. 3 InsO-E (Anm.: jetzt § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO) vorzusehen.“
121 Ob die vom Gesetzgeber gezogenen Schlussfolgerungen im Einzelnen richtig sind und die Realität hinreichend widerspiegeln, in der nämlich bis zur Entscheidung der Gläubigerversammlung alle wesentlichen verfahrensleitenden Entscheidungen im Grundsatz getroffen sind, sodass die Gläubigerversammlung nach § 57 InsO unter einem gewissen Zwang steht, den vom vorläufigen Gläubigerausschuss bestimmten (vorläufigen) Insolvenzverwalter zu bestätigen, darf bezweifelt werden. Ein Rechtsmittel gegen die Bestimmung durch den vorläufigen Gläubigerausschuss würde allerdings die Sach- und Rechtslage noch einmal derart verkomplizieren, womit der mit der Vorschrift beabsichtigte Nutzen vollends ad absurdum geführt würde. Es ist daher richtig, um lobbyistischen Strukturen bei der Besetzung vorläufiger Gläubigerausschüsse und von diesen zu benennenden Insolvenzverwaltern von vornherein eine Sanktion gegenüber zu stellen, richtig, § 57 Abs. 1 InsO auch auf den vom vorläufigen Gläubigerausschuss bestimmten (vorläufigen) Insolvenzverwalter anzuwenden. Dogmatisch folgt dieses Recht dabei bereits daraus, dass es sich um verschiedene Organe des Insolvenzverfahrens handelt, deren Rechte nur schwerlich wechselseitig durch Ausübung im Sinne einer konkurrierenden Auswahl suspendiert werden können. 122 Einzig könnte zu überlegen sein, ob eine Abwahl, da die Gläubigerversammlung im Vorfeld durch den (vorläufigen) Gläubigerausschuss repräsentiert worden ist, ausnahmsweise als begründete Abwahl verlangt werden kann (grundsätzlich ist eine Begründung für die Wahlentscheidung nach § 57 InsO gerade nicht erforderlich, vgl. Graeber, in: MünchKomm-InsO, § 57 Rn. 15). Dies würde vor willkürlichen oder missbräuchlichen Wahlentschließungen, die sich in Widerspruch zu der einmal – von den Repräsentanten der Gläubigerversammlung – getroffenen Entscheidung setzen, vermeiden. Zu rechtfertigen wäre eine solche teleologische Reduktion des § 57 Abs. 1 InsO mit der gesetzgeberischen Erwägung, dass eine Abwahl nur in der ersten Gläubigerversammlung, die
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7. Kollisionen
auf die Bestellung folgt, erfolgen darf. Darin, dass sich dieser Gedanke in § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO wiederfindet, kommt zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber dem Erfordernis der Rechtssicherheit und Verfahrenskontinuität einen hohen Stellenwert eingeräumt hat. Dass das aus der Gläubigerautonomie resultierende Recht der Gläubigergemeinschaft durch die Institutionalisierung eines vorläufigen Gläubigerausschusses und die Stärkung von dessen Rechten nunmehr „gedoppelt“ wird, soll nicht die für die Erreichung der Insolvenzziele (bestmögliche Gläubigerbefriedigung; Stärkung der Sanierungseignung der insolvenzrechtlichen Instrumente) unverzichtbare Kontinuität in der Verfahrensabwicklung willkürlich aufs Spiel setzen dürfen. Hinzu kommt, dass auch der Gesetzgeber anerkennt, dass es für den (vorläu- 123 figen) Insolvenzverwalter von großer Bedeutung ist, Rechtssicherheit in Bezug auf seine Bestellung zu haben (vgl. BT-Drucks. 17/7511, S. 35), da er bereits in frühen Verfahrensstadien Entscheidungen treffen muss, die nicht selten auch mit einem hohen Haftungsrisiko verbunden sind. Dies aber wird er regelmäßig nur tun, wenn und soweit er sich möglichst bald sicher sein kann, nicht trotz unbeanstandeter Tätigkeit das Amt zu verlieren. Sicherlich dürfen wegen der eingeschränkten Legitimation des vorläufigen 124 Gläubigerausschusses die Anforderungen an eine solche Begründung nicht zu streng sein. Entziehen nämlich mehr als die Hälfte der Gläubiger des Schuldners, die zugleich mehr als die Hälfte der Forderungen auf sich vereinen, dem vom vorläufigen Gläubigerausschuss bestimmten Insolvenzverwalter das Vertrauen, so fehlt es diesem an einer ausreichenden Handlungsgrundlage, das Insolvenzverfahren bestmöglich im gemeinsamen Gläubigerinteresse zu führen.
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§§ 56, 56a, 59 InsO – Auswahl und Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters
125 8. Schema 2: Auswahl und Bestellung des (vorl.) Insolvenzverwalters (§§ 56, 56a InsO) Auswahl und Bestellung des (vorl.) Insolvenzverwalters, §§ 56, 56a InsO
nat. Person
§ 56 Abs. 1 Satz 1 InsO (ggf. i. V. m. § 21 II 1 Nr. 1 InsO)
zur Übernahme bereit
bei nicht allg. gelisteten Verwaltern Zustimmungserklärung beizufügen
unabhängig von Gläubig. + Schuldn.
v. Schldn. vorgeschl. (§ 56 I S. 3 Nr. 1 InsO)
(grds.) geschäftskundig
allenf. allg. Beratung (§ 56 I S. 3 Nr. 2 InsO)
von Gl. vorgeschlagen (§ 56 I S. 3 Nr. 1 InsO)
(im Einzelfall) geignet
kein vorl. GA (§ 22a InsO) bestellt oder erst spätere Einsetzug
vorl. GA (§ 22a InsO) bestellt
Wegen zu befürchtender nachteiliger Veränderung der Vermögenslage keine vorherige Anhörung, § 56a I 2. Hs. InsO
vorl Gläubigerautonomie über § 56a III InsO: Entscheidung des Gerichts ist revisibel
Gericht bestellt Verwalter in eigenem Ermessen
Ab- bzw. Neuwahl nach § 57 InsO möglich
(analog §§ 57 S. 3, 56a II S. 1 InsO)
vorgeschl. Person ist auch nach Anforderungskatalog des vorl GA nicht geeignet oder nach Auffassung InsGericht nicht geschäftskundig
bei Einsetzung vorl GA: Frist zur Bestimmung Anforderungskatalog gem. § 56a II 2 InsO und zur Benennung
vorl. GA äußert sich nicht oder macht keinen Personenvorschlag
vorgeschl. Person erfüllt Kriterien § 56 I InsO unter Berücksichtigung § 56a II 2 InsO
(Begr.zwang § 27 II Nr. 5 Ins O)
Gericht bestellt (gebunden) vorgeschl. Verwalter
bei Verstoß kein Rechtsschutz vorgesehen. § 56a Abs. 3 InsO analog (-), da andere Ratio Amtspflichtverletzung (i. d. R. aber wohl ohne Schaden) es bleibt: § 57 InsO
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1. Gesetzeshistorie und legislativer Rahmen
§ 56b InsO – Verwalterbestellung bei Schuldnern derselben Unternehmensgruppe § 56b Verwalterbestellung bei Schuldnern derselben Unternehmensgruppe (1) 1Wird über das Vermögen von gruppenangehörigen Schuldnern die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt, so haben die angegangenen Insolvenzgerichte sich darüber abzustimmen, ob es im Interesse der Gläubiger liegt, lediglich eine Person zum Insolvenzverwalter zu bestellen. 2Bei der Abstimmung ist insbesondere zu erörtern, ob diese Person alle Verfahren über die gruppenangehörigen Schuldner mit der gebotenen Unabhängigkeit wahrnehmen kann und ob mögliche Interessenkonflikte durch die Bestellung von Sonderinsolvenzverwaltern ausgeräumt werden können. (2) 1Von dem Vorschlag oder den Vorgaben eines vorläufigen Gläubigerausschusses nach § 56a kann das Gericht abweichen, wenn der für einen anderen gruppenangehörigen Schuldner bestellte vorläufige Gläubigerausschuss eine andere Person einstimmig vorschlägt, die sich für eine Tätigkeit nach Absatz 1 Satz 1 eignet. 2Vor der Bestellung dieser Person ist der vorläufige Gläubigerausschuss anzuhören. 3Ist zur Auflösung von Interessenkonflikten ein Sonderinsolvenzverwalter zu bestellen, findet § 56a entsprechende Anwendung. Übersicht 1. 2. 3.
Gesetzeshistorie und legislativer Rahmen ........................................... 1 Normzweck .................................... 9 Koordinationspflicht i. R. d. Verwalterbestellung (Abs. 1) ............ 13 a) Begründung der Abstimmungspflicht und Pflichtenadressat ... 13 b) Inhalt und Reichweite der Abstimmungspflicht ............. 19 aa) Grundsatz ..................... 19 bb) Pflichtgemäße Ermessensausübung ................ 23
4.
cc) Kein Dispens bei zu besorgender Verzögerung ............................... dd) Ermessensnicht- und Ermessensfehlgebrauch .... c) Kollidierende Gläubigerausschussvoten (Abs. 2 Satz 1, 2) ................................ Beteiligung des (vorläufigen) Gläubigerausschusses bei der Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters ......................................
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1. Gesetzeshistorie und legislativer Rahmen § 56b InsO ist als Teil des Gesetzes zur Erleichterung und Bewältigung von 1 Konzerninsolvenzen (KIG) vom 13.4.2017 (BT-Drucks. 18/407; BGBl I 2017, 866) zum 21.4.2018 in Kraft getreten. Der erste Entwurf der Bundesregierung zur Einführung eines Konzerninsol- 2 venzrechts, namentlich eines Gesetzes zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen, stammt bereits aus dem Jahr 2013 (BR-Drucks. 663/13). Die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 8.3.2017 (BT-Drucks. 18/11436) basiert auf dem Gesetzentwurf vom 30.1.2014 (BT-Drucks. 18/407). 653
§ 56b InsO – Verwalterbestellung bei Schuldnern derselben Unternehmensgruppe
Die Verzögerung ging, anders als man vermuten möchte, maßgeblich nicht darauf zurück, dass der Gesetzentwurf erheblichen Anlass zur Diskussion gegeben hätte oder signifikanter Änderungsbedarf gesehen worden wäre (vgl. Wimmer, jurisPR-InsR 8/2017 Anm. 1), sondern vielmehr darauf, dass die Einführung des Konzerninsolvenzrechts mit der Reform des Anfechtungsrechts (BGBl. I 2017, S. 654 ff.; vgl. dazu Hölzle, ZIP 2015, 662) verbunden werden sollte. Bei Letzterer jedoch war der Widerstand erwartungsgemäß erheblich, weshalb beide Vorhaben in der 18. Legislaturperiode nicht mehr umsetzbar schienen. Im Jahr 2017 wurden sodann aber doch noch beide Gesetzesvorhaben beschlossen und damit die zweite und dritte Stufe der Insolvenzrechtsreform vollzogen. Das Gesetz zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung ist am 5.4.2017 in Kraft getreten und findet auf alle Insolvenzverfahren Anwendung, die nach dem 4.4.2017 eröffnet wurden (Art. 103j EGInsO). Das Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen wurde nur eine Woche später beschlossen. 3 Die zuletzt an dem Gesetzentwurf aus dem Jahre 2014 durch den Rechtsausschuss noch eingebrachten Änderungen waren marginal. Die anfangs breit geführte Diskussion in der Fachöffentlichkeit war in den letzten beiden Jahren, nicht zuletzt, weil andere Reformvorhaben deutlich mehr im Fokus standen, stark abgeebbt bis völlig verstummt, weshalb die lange Reifezeit des Gesetzes gerade eine solche nicht war: Der Entwurf ist durch Liegenbleiben nicht befördert, das Gesetz hierdurch nicht besser geworden. Allerdings: Da auch die Eingriffsintensität des Gesetzes, so die Erwartung, gering bleiben wird, wird sich auch der Schaden in Grenzen halten. 4 Das mit dem Gesetzentwurf verfolgte Ziel des Gesetzgebers hat MdB Prof. Hirte (Plenarprotokoll 18/221, S. 22346) im Rahmen der Plenardiskussion mehrfach treffend auf den Punkt gebracht: „Was das Gesellschaftsrecht zusammengeführt hat, soll das Insolvenzrecht nicht scheiden.“ In den Worten der Gesetzesbegründung liest sich dies so, dass der überkommene Grundsatz „eine Person – ein Vermögen – eine Insolvenz“ in den Fällen zu Nachteilen für die Aussicht der Gläubiger auf eine bestmögliche Befriedigung führen kann, in denen die zu einem Konzern zusammengeschlossenen Unternehmen eine wirtschaftliche Einheit bilden, weil betriebs- und finanzwirtschaftliche Funktionen der insgesamt verfolgten unternehmerischen Tätigkeit auf unterschiedliche Unternehmensträger verteilt sind und die fehlende insolvenzrechtliche Koordination der Einzelverfahren die Gefahr von Ineffizienzen in Gestalt suboptimaler Verwertungsergebnisse bewirke (BT-Drucks. 18/407, S. 15). Da mit der Einführung des Gesetzes zur vereinfachten Bewältigung von Konzerninsolvenzen aber zugleich die Grundsätze und Zielbestimmungen des geltenden Insolvenzrechts (§ 1 InsO) nicht infrage gestellt werden sollen und insbesondere das Gesetz, anders als vorstehendes Zitat aus der Gesetzesbegründung zunächst vermuten lassen könnte, keine Verfahrenskonsolidierung vorsieht (BT-Drucks. 18/407, S. 16; zur Kritik daran Humbeck, NZI 2013, 957), bleiben die materiell-rechtlichen Herausforderungen einer Konzerninsolvenz,
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1. Gesetzeshistorie und legislativer Rahmen
namentlich unternehmerisch rationale Vermögensverlagerungen, z. B. im Rahmen eines Cash-Poolings, vertraglicher oder gesetzlicher (z. B. § 303 AktG) Haftungsverbünde, einer Einkaufszentralisierung etc. ebenso wie dolose oder jedenfalls der gezielten Haftungsabschirmung und damit der Zurücksetzung der Gläubigerinteressen dienende Vermögensverlagerungen von dem Gesetz gleichsam ungelöst. Dies schließt steuerliche Probleme (insbesondere in Organschaftskaskaden, dazu Hölzle, ZIP 2016, 103) selbstverständlich ein. Der Entwurf beschränkt sich vielmehr auf die rein verfahrensrechtliche und damit formale Bewältigung von Konzerninsolvenzen, ohne den Werkzeugkoffer der materiellen Sanierungsmöglichkeiten zu erweitern. Der Gesetzgeber lässt es also damit bewenden, Gläubiger vor Vermögenseinbußen infolge ineffizienter Verfahrenskoordination zu schützen, schließt dabei aber gleichzeitig Verteilungseffekte zwischen den Gläubigern unterschiedlicher Konzerngesellschaften ausdrücklich aus (BT-Drucks. 18/407, S. 16; kritisch Siemon/Frind, NZI 2013, 1, 10 f.). Damit bleibt die häufig strategische Vermögensallokation im Konzern, die 5 für die kontrahierenden Gläubiger im Vorfeld schwer bis überhaupt nicht erkennbar ist, in der Insolvenz unbewältigt. Auch das Anfechtungsrecht hilft nicht, da in der konzernweit um sich greifenden Insolvenz auch die Anfechtungsansprüche zur Rückabwicklung gläubigerschädigender Vermögensverlagerungen Ansprüche nur im Rang einer Insolvenzforderung (§ 38 InsO) begründen und strategische Vermögensallokationen häufig einen Anfechtungstatbestand gar nicht erfüllen werden. Die durch eine Mehrfachberücksichtigung von Sicherungsnehmern nach § 43 InsO zulasten der übrigen Gläubiger eintretende Quotenverbesserung (Humbeck, NZI 2013, 957) wird nicht kompensiert. Der hinter diesen Folgen stehende ausdrückliche Wille des Gesetzgebers, der über dem gesamten Gesetzesvorhaben schwebt, wird von den das Konzerninsolvenzverfahren führenden oder den an diesem beteiligten Insolvenzverwaltern ebenso wie von einem etwaig eingesetzten Koordinationsverwalter bei der Erstellung eines Koordinationsplans zwingend zu beachten sein. Der gesetzgeberische, auf die ökonomische Institution eines pareto-effizienten Zustandes nach dem sog. Kaldor-Hicks-Kriterium zurückgreifende Ansatz, wonach ökonomische Effizienz eines Zustandes immer dann erreicht ist, wenn die Gewinner ihre Gewinne höher bewerten, als die Verlierer ihre Verluste (Cooter/Ulen, Law and Economics, S. 48; Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit, S. 51 ff.; vgl. auch Hölzle, Verstrickung durch Desinformation (Habil. 2011), S. 100 ff.), geht davon aus, dass durch das koordinierte Konzerninsolvenzverfahren der Gesamterlös im Vergleich zu einer unkoordinierten Abwicklung gesteigert wird, ohne dass dies eine Schlechterstellung von Gläubigern einzelner Konzerngesellschaften mit sich bringt (Die Gesetzesbegründung nimmt insoweit Anleihe bei Eidenmüller, ZHR 169 [2005], S. 528, 550 f.). Dies aber geht an der regelmäßigen Erwartung des Marktes und seiner Teilnehmer vorbei, bei der Kontrahierung mit einer konzernzugehörigen Gesellschaft auch auf die durch die Konzernzugehörigkeit vermittelte Solvenz und das dahinter stehende Vermögen zugreifen zu können. Das ist rechtspolitisch offenkundig 655
§ 56b InsO – Verwalterbestellung bei Schuldnern derselben Unternehmensgruppe
so gewollt und hinzunehmen. Im Ergebnis bleibt damit festzuhalten, dass bei dem jetzt geschaffenen Konzerninsolvenzrecht nicht die Erleichterung der Sanierung des Konzerns, sondern die Bewältigung der Sanierung einzelner Rechtsträger im Konzern im Mittelpunkt steht. Dadurch soll zwar gewährleistet werden, dass es nicht zu Effizienzverlusten insbesondere durch Abstimmungs- und Kommunikationsnotwendigkeiten kommt, jedoch geht der Anwendungsbereich des KIG hierüber auch nicht hinaus. 6 Eine wesentliche Verbesserung der Befriedigungsaussichten für die Gläubiger ist seit Inkrafttreten der Konzerninsolvenzrechtsnovelle im Vergleich zur vorher bestehenden Praxis der Bewältigung von Konzerninsolvenzen allerdings nicht zu beobachten. In der Mehrzahl der Fälle waren die Insolvenzgerichte und die an den Verfahren konzernzugehöriger Gesellschaften Beteiligten auch vor Inkrafttreten des KIG schon an einer verfahrensrechtlich konsolidierten Bewältigung, jedenfalls aber an einer engen Kooperation interessiert und dazu auch bereit (vgl. z. B. AG Köln, ZIP 2008, 423; AG Essen, ZIP 2009, 1826). Auch in der ESUG-Praxis gibt es – jedenfalls keine publik gewordenen – Beispielsfälle, in denen eine optimierte Verfahrensorganisation in einer Konzerninsolvenz an dem Widerstand des Insolvenzgerichts oder in den seltenen Fällen der Bestellung personenverschiedener Insolvenzverwalter für mehrere der konzernzugehörigen Gesellschaften an der fehlenden Bereitschaft der Verwalter zur Zusammenarbeit gescheitert wäre. Dies erkennt auch die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 18/407, S. 16) an, bemängelt aber – insoweit zu Recht –, dass die oftmals erfolgreichen Innovationen und Improvisationen der Praxis immer wieder auch an rechtliche Grenzen stoßen könnten und aufgrund fehlender rechtlicher Grundlagen mit Unsicherheiten behaftet seien. Insbesondere § 56b InsO schafft daher den Rahmen für eine institutionalisierte Abstimmung unter den beteiligten Insolvenzgerichten und adelt zugleich das bisher nur gewohnheitsrechtlich anerkannte Rechtsinstitut der Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters (dazu ausführlich Lissau/Hölzle, in: FS Pannen (2017), S. 465 ff.). 7 Wichtiger als für die praktische Bewältigung von Konzerninsolvenzen ist die Etablierung eines – nur verfahrensleitenden – Konzerninsolvenzrechts daher für die internationale Wahrnehmung des deutschen Insolvenzrechtsregimes. Durch die Errungenschaften des ESUG, namentlich die Etablierung der Eigenverwaltung und die Modernisierung des Insolvenzplanverfahrens unter Einbeziehung auch gesellschaftsrechtlichen Gestaltungspotenzials hat das deutsche Insolvenzrecht nachhaltig an Reputation gewonnen (so bereits Hölzle, ZIP 2017, 1307). Es gehört zu den führenden Insolvenzrechtsregimen in der Welt. In Ansehung eines derart weit entwickelten Insolvenzrechts dürfte ein leerer Blick als Antwort auf die Frage nach den Statuten für die Bewältigung von Konzerninsolvenzen in der Tat als unangemessen empfunden worden sein, weshalb der Antritt, hierfür ein Regelungskorsett zu schaffen, das nicht in das materielle Insolvenzrecht eingreift, durchaus gerechtfertigt war. In der inter-
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2. Normzweck
nationalen Akzeptanz der deutschen Insolvenzrechtsordnung ist dies honoriert worden. Zu einer weitergehenden Konsolidierung, insbesondere einer materiellen Kon- 8 solidierung, war der Gesetzgeber auch in der weiteren Entwicklung nicht bereit, wie das SanInsFoG zeigt, das die Regelungen des KIG unangetastet gelassen hat und weiteren Reformbedarf insoweit nicht gesehen hat. Dasselbe gilt für die vorinsolvenzliche Restrukturierung unter dem Regime des StaRUG, das ebenfalls keine materiellen Konsolidierungsvorschriften für im Konzern verbundene Unternehmen vorsieht. Einzig die Einbeziehung auch gruppeninterner Sicherheiten in § 223a InsO (vgl. §§ 217, 225a, 223a InsO Rn. 5) und in § 2 Abs. 4 StaRUG (vgl. §§ 2 – 4 StaRUG Rn. 31) stellt eine leichte Entwicklung in Richtung einer materiellen Konsolidierung dar. 2. Normzweck Der Gesetzgeber des KIG geht davon aus, dass die konzernförmige Verbindung 9 mehrerer rechtlich selbstständiger Unternehmen zu einer wirtschaftlichen Einheit die Grundlage für die Schaffung eines wirtschaftlichen Mehrwertes bildet, der die Summe der Einzelwerte übersteigt. Zum Erhalt dieser Werte bedürfe es einer abgestimmten Vorgehensweise bei der Bewältigung der einzelnen Insolvenzverfahren innerhalb des Konzernverbundes. Würden in den Verfahren unterschiedliche Personen als Insolvenzverwalter bestellt, sei ungeachtet des mit der stetigen Koordination einhergehenden erheblichen Aufwandes unvermeidbar, dass Lücken im Informationsfluss und Ineffizienzen im Abstimmungsvorgang entstünden. Eine bestmögliche Abstimmung der Einzelinsolvenzverfahren bei geringen Kommunikationserfordernissen ließe sich daher am ehesten erreichen, wenn dieselbe Person zum Insolvenzverwalter für die gruppenangehörigen Schuldner bestimmt werde (BT-Drucks. 18/407, S. 30). Die Bestellung derselben Person zum Insolvenzverwalter in allen oder mehreren Insolvenzverfahren gruppenangehöriger Schuldner dient daher der effizienten Verfahrensführung und damit der Vermeidung zusätzlicher Verluste für die Gläubiger. Zwar entspricht die Bestellung nur eines Insolvenzverwalters auch in mehreren 10 Insolvenzverfahren konzernangehörigen Gesellschaften der häufig gelebten Praxis vieler Insolvenzgerichte, allerdings fehlt es hierfür bislang an einer gesetzlichen Institutionalisierung bzw. einem hierfür bestehenden Rechtsrahmen. Dies gilt insbesondere, wenn mehrere Insolvenzgerichte beteiligt sind. Hier greift § 56b InsO ein, der die beteiligten Insolvenzgerichte zu einer Abstimmung über die Person des Insolvenzverwalters und insbesondere die Frage, ob ein einheitlicher Insolvenzverwalter für alle oder jedenfalls mehrere Insolvenzverfahren bestellt werden soll, verpflichtet. § 56b InsO flankiert damit die Möglichkeit, Konzerninsolvenzverfahren an einem einheitlichen Gruppengerichtsstand (§ 3a InsO) durchzuführen für den Fall, dass dies gerade nicht geschieht und will für ein Mindestmaß an koordinierter Abwicklung auch in
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§ 56b InsO – Verwalterbestellung bei Schuldnern derselben Unternehmensgruppe
diesem Fall Sorge tragen (Riedel, in: HK-InsO, § 56b Rn. 4). Mit der konkreten Prüfungsanweisung, die Frage der Bestellung nur einer Person in allen oder mehreren Insolvenzverfahren über die Vermögen gruppenangehöriger Schuldner zu prüfen, greift § 56b InsO in den Tatbestand des § 56 Abs. 1 InsO ein, da er eine mögliche Beeinträchtigung der Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters aus der Befassung mit mehreren Insolvenzverfahren im Konzernverbund hinter den Effizienzvorteilen einer einheitlichen Verwalterbestellung potenziell zurücktreten lässt. 11 Aus diesem Grund kommt § 56b InsO auch nicht nur lediglich deklaratorische Bedeutung zu, weil § 269b Satz 2 Nr. 3 InsO bereits eine entsprechende Anordnung zur Zusammenarbeit enthält (so aber Thole, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 269b Rn. 5). Die Pflicht zur Zusammenarbeit nach § 269b Satz 2 Nr. 3 InsO findet ihre Schranke in den materiellen Normbefehlen für das jeweilige, nach dem gesetzgeberischen Willen gerade nicht konsolidierten Verfahren. § 269b Satz 2 Nr. 3 InsO erschöpft sich daher wegen der stets individuell und verfahrensbezogen vorzunehmenden Verwalterauswahl in einer Informationspflicht gegenüber den übrigen beteiligten Insolvenzgerichten. § 56b InsO erweitert diese zu einer Kooperationspflicht und reduziert innerhalb eines jeden betroffenen Insolvenzverfahrens das Unabhängigkeitsmerkmal des § 56 Abs. 1 InsO mit Blick auf Effizienzsteigerungen unter Betrachtung der Konzernverbindung, wirkt daher materiell in das jeweilige Verfahren hinein. Darüber hinaus enthält der § 56b Abs. 2 InsO Regelungen zur Beteiligung der (vorläufigen) Gläubigerausschüsse und der Kollision entsprechender Gläubigerausschussvoten. 12 Nach dem Willen des Gesetzgebers finden die Effizienzvorteile durch Bestellung einer einheitlichen Person zum Insolvenzverwalter in jedenfalls mehreren Verfahren gruppenangehöriger Schuldner ihre Grenze erst dann, wenn auftretende Interessenkonflikte nicht mehr durch die gegenständlich beschränkte Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters sinnhaft aufgefangen werden können. Letzteres ist in einer Art Qualifizierung des Tatbestandes erst dann gegeben, wenn die Unabhängigkeit des Verwalters bei Bestellung in mehreren Verfahren „besonders“ gefährdet ist (BT-Drucks. 18/407, S. 30). Solange aber Interessenkonflikte durch die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters aufgefangen werden können und der Umfang der erforderlich werdenden Beauftragung des Sonderinsolvenzverwalters nicht außer Verhältnis zu den Vorteilen einer einheitlichen Verwalterbestellung steht, soll der einheitlichen Verwalterbestellung nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich der Vorzug eingeräumt werden. Damit adelt der Gesetzgeber zugleich das bislang in der InsO nicht geregelte, sondern lediglich gewohnheitsrechtlich anerkannte Institut des Sonderinsolvenzverwalters (ausführlich Lissau/Hölzle, in: FS Pannen (2017), S. 465 ff.).
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3. Koordinationspflicht i. R. d. Verwalterbestellung (Abs. 1)
3. Koordinationspflicht i. R. d. Verwalterbestellung (Abs. 1) a) Begründung der Abstimmungspflicht und Pflichtenadressat § 56b Abs. 1 InsO enthält einen Anordnungsbefehl dahingehend, dass sich 13 mehrere mit Insolvenzanträgen gruppenangehöriger Schuldner befasste Insolvenzgerichte untereinander über die Person des Insolvenzverwalters abzustimmen haben. Aufgrund der Verweisung in § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InsO, die hinsichtlich der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters auch auf § 56b InsO erstreckt wurde, gilt die Abstimmungspflicht sowohl bei der Bestellung eines vorläufigen wie auch bei der Bestellung eines endgültigen Insolvenzverwalters. Über § 274 InsO gilt dasselbe für die Bestellung eines vorläufigen oder endgültigen Sachwalters, werden einzelne oder alle Insolvenzverfahren gruppenangehöriger Schuldner in Eigenverwaltung geführt. Tatbestandlich setzt § 56b Abs. 1 InsO daher voraus, dass Insolvenzanträge 14 über verschiedene gruppenangehörige Unternehmen (§ 3e InsO) bei verschiedenen Insolvenzgerichten anhängig sind, also von der Möglichkeit, sämtliche Insolvenzanträge an einem Gruppengerichtsstand (§ 3a InsO) zu stellen, kein Gebrauch gemacht worden und auch vor Bestellung eines (vorläufigen) Insolvenzverwalters keine Verweisung nach § 3d InsO erfolgt ist. Der Vorteil der Entscheidung in einer Hand bei Begründung eines Gruppengerichtsstandes soll daher durch die Verpflichtung zur Abstimmung substituiert werden, wenn die Insolvenzanträge unter Verzicht auf die Möglichkeit der verfahrensrechtlichen Bündelung bei verschiedenen Insolvenzgerichten gestellt werden und dort verbleiben. Aus dieser Ratio folgt, dass § 56b InsO auch dann anwendbar ist, wenn ver- 15 schiedene Insolvenzanträge zwar bei demselben Insolvenzgericht, auch ohne dass es sich um einen Gruppengerichtsstand handelt, anhängig sind, infolge der Geschäftsverteilung und z. B. wegen des Fehlens einer Annex-Zuständigkeitsregelung im Geschäftsverteilungsplan verschiedene Insolvenzrichter zuständig sind. Auch diese unterliegen sodann einer Abstimmungspflicht. Die nach § 56b Abs. 1 InsO bestehende Abstimmungspflicht der Insolvenz- 16 gerichte untereinander ist unbedingt und unterliegt hinsichtlich des „Ob“ nicht dem Ermessen des jeweiligen Richters. Insbesondere sieht § 56b Abs. 1 InsO keine §§ 22a Abs. 3, 56a Abs. 1 InsO entsprechende Dispensmöglichkeit für den Fall vor, dass die Abstimmung zu einer Verzögerung bzw. zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage für die Insolvenzschuldner führt. Die Abstimmung unter den beteiligten Instanzgerichten ist daher in jedem Fall vor der Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters vorzunehmen. Dies ist auch sachgerecht, da eine Abstimmung unter den Insolvenzgerichten mit deutlich geringerem zeitlichen Aufwand möglich ist als die Bestellung, Einberufung des und Abstimmung mit dem (vorläufigen) Gläubigerausschuss, was Ratio der Befreiungsmöglichkeit in §§ 22a Abs. 3, 56a Abs. 1 InsO ist.
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§ 56b InsO – Verwalterbestellung bei Schuldnern derselben Unternehmensgruppe
17 Obgleich die Gesetzesbegründung davon ausgeht, für „den Gegenstand und den Ablauf des Entscheidungsprozesses einen stabilen Rechtsrahmen“ geschaffen zu haben (BT-Drucks. 18/407, S. 30), ist dies gerade nicht der Fall. Zum Ablauf des Entscheidungsprozesses sagt das Gesetz gar nichts. Der Gegenstand der Abstimmung wird demgegenüber zwar deutlicher definiert, insbesondere durch den Anordnungsbefehl, vorrangig über die Bestellung eines einheitlichen Insolvenzverwalters eine Abstimmung herbeizuführen, nennt hierfür aber keine typisierenden Kriterien und Leitlinien. Damit unterliegen Art und Inhalt der Abstimmung ebenso wie deren Intensität ausschließlich dem – jedenfalls aber unter Beachtung des Gesetzeszwecks sachgerecht auszuübenden – Ermessen bzw. der Bereitschaft des jeweiligen Richters hierzu. Beharren im wahrscheinlich wenig praktischen, aber denkbar schlechtesten Fall alle beteiligten Richter auf ihrer jeweiligen Vorauswahlliste, so wird die Abstimmung stets ergebnislos bleiben. § 56b InsO ist daher auch, soll dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, lediglich einen Programmsatz in das Gesetz geschrieben haben zu wollen, zugleich Anordnungsbefehl an die beteiligten Richter, nicht an der örtlichen Vorauswahlliste festzuhalten, sondern in Konzerninsolvenzverfahren eine konsolidierte Liste aller bei den beteiligten Insolvenzgerichten jeweils gelisteten Insolvenzverwalter (jedenfalls) zugrunde zu legen und daher zugleich eine Öffnungsklausel für sämtliche Vorauswahlmodelle, die an den Insolvenzgerichten praktiziert werden. Jeder bei einem der beteiligten Insolvenzgerichte für Verfahren der betreffenden Größenordnung gelistete Insolvenzverwalter hat ungeachtet des von einem anderen beteiligten Gericht örtlich angewendeten Vorauswahlmodells für alle konzernangehörigen Gesellschaften als ebenfalls vor Ort gelisteter Verwalter zu gelten. Nur unter dieser Prämisse kann dem Anwendungsbefehl des § 56b Abs. 1 InsO hinlänglich Geltung verschafft werden. 18 Normadressat ist der funktional nach § 18 RpflG und nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständige Richter. Dieser hat die Abstimmung höchstpersönlich durchzuführen. b) Inhalt und Reichweite der Abstimmungspflicht aa) Grundsatz 19 Bei der gemäß § 56b Abs. 1 InsO angeordneten Abstimmungspflicht über die Frage, ob in allen oder jedenfalls mehreren Verfahren über die Vermögen gruppenangehöriger Schuldner dieselbe Person zum Insolvenzverwalter zu bestellen ist, handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift, sondern eine gebundene Anordnung. 20 Nach dem Wortlaut des §§ 56b Abs. 1 InsO haben sich die beteiligten Insolvenzgerichte lediglich darüber abzustimmen, „ob“ es im Interesse der Gläubiger liegt, lediglich eine Person zum Insolvenzverwalter für alle oder jedenfalls mehrere beteiligte Insolvenzschuldner zu bestellen. Mit der Abstimmung über das „Ob“ ist jedoch zugleich auch eine Abstimmung über das „Wer“ verbunden.
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3. Koordinationspflicht i. R. d. Verwalterbestellung (Abs. 1)
§ 56b Abs. 1 InsO inkorporiert daher § 56 Abs. 1 InsO, erfordert deshalb eine Auseinandersetzung der Beteiligten Insolvenzgerichte mit den allgemeinen Anforderungen an die zu bestellende Person. Wie gesehen, spielt, soweit überhaupt, dabei jedoch die Listung in der örtlichen Liste keine Rolle, solange die in Aussicht genommene Person bei jedenfalls einem der beteiligten Insolvenzgerichte gelistet ist. Soweit die beteiligten Insolvenzgerichte in Erfüllung der Abstimmungspflicht zu dem Ergebnis kommen, dass es im Interesse der Gläubiger der Einzelinsolvenzverfahren liegt, dieselbe Person in allen oder mehreren Verfahren zum Insolvenzverwalter zu bestellen, so umfasst der Anordnungsbefehl des § 56b Abs. 1 InsO auch die Abstimmung über die konkret zu bestellende Person. Dies führt im Ergebnis zu der Anwendung eines Prioritätsprinzips: Ist in einem Insolvenzverfahren eines gruppenangehörigen Schuldners bereits ein (vorläufiger) Insolvenzverwalter bestellt und werden sodann weitere Insolvenzanträge bei anderen Gerichten, nämlich nicht im Gruppengerichtsstand gestellt, so verbleibt im Falle des ermessensrichtigen Ausgangs der Abstimmung dahingehend, dass dieselbe Person zum Verwalter in allen Verfahren zu bestellen ist, dass ermessensgerecht nur der bereits Bestellte auch in den übrigen Verfahren bestellt werden kann. Anderenfalls würde nämlich die Abberufung in dem Verfahren, in dem er bereits bestellt ist, in dessen Grundrecht aus Art. 12 GG eingreifen (Lissau/Hölzle, in: FS Pannen (2017), S. 465, 476). Anderes gilt nur dann, wenn der bereits bestellte Verwalter aus welchen Gründen auch immer in jedenfalls einem der übrigen Verfahren im Sinne des § 56 Abs. 1 InsO ungeeignet ist. Dessen ungeachtet spricht das Gesetz allerdings nur von einer Abstimmung, 21 nicht von einer Beschlussfassung unter den beteiligten Insolvenzgerichten. Daraus folgt, dass aus der Abstimmung eine wie auch immer geartete Bindungswirkung für die einzelnen Gerichte nicht erwächst. Insbesondere kann nicht durch Mehrheitsbeschluss der beteiligten Gerichte einem Insolvenzgericht aufgegeben werden, dieselbe Person zu bestellen, die auch von den übrigen Gerichten bestellt wird, weil dies für im Gläubigerinteresse geboten erachtet wird. Ein Eingriff in die autonome richterliche Entscheidung wird durch § 56b Abs. 1 InsO gerade nicht bewirkt. Teilt eines der beteiligten Insolvenzgerichte die Einschätzung der Übrigen nicht und hält es die Bestellung derselben Person wie in den übrigen Verfahren auch in dem bei ihm anhängigen Verfahren nicht für geboten, so mag die Ermessensentscheidung fehlerhaft sein und ggf. Amtshaftungsansprüche auslösen; ein Einfluss auf den Bestellungsakt selbst wird hierdurch jedoch nicht bewirkt. Insbesondere bleibt ein abweichender Bestellungsbeschluss wirksam. Jenseits einer gebundenen Entscheidung nach §§ 22a, 56a InsO verbleibt es 22 daher bei der freien richterlichen Entscheidung in sachgerecht ausgeübtem Ermessen, Letzteres beeinflusst durch den Gesetzeszweck des § 56b Abs. 1 InsO.
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bb) Pflichtgemäße Ermessensausübung 23 In der konkreten Anordnung des § 56b Abs. 1 InsO, dass die beteiligten Insolvenzgerichte sich darüber abzustimmen haben, ob dieselbe Person zum Insolvenzverwalter in allen oder mehreren Verfahren gruppenangehöriger Schuldner zu bestellen ist, bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass er dies im Grundsatz für wünschenswert und für den Regelfall hält. Anderenfalls würde er nämlich angeordnet haben, dass die Insolvenzgerichte sich ganz allgemein über die Person(en) des/der zu bestellenden Insolvenzverwalter(s) abzustimmen hätten. Dies kommt auch in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck, die bei der Bestellung derselben Person nicht nur von der „bestmöglichen“ Abstimmung spricht, sondern eine einheitliche Verwalterbestellung nur unter der qualifizierten Voraussetzung für nicht möglich hält, dass die Unabhängigkeit des Verwalters bei Bestellung in mehreren Verfahren „besonders“ gefährdet ist. Diese Gefahr bestehe insbesondere dann, wenn das Vermögen eines insolventen Unternehmens „im Wesentlichen“ aus nicht feststehenden Ansprüchen gegen andere gruppenangehörige Schuldner bestehe (BT-Drucks. 18/407, S. 30). 24 Dementsprechend heißt es gleichzeitig, dass die Bestellung einer Person zum Insolvenzverwalter für mehrere gruppenangehörige Schuldner dann ausscheiden müsse, wenn konzerninterne Interessenkonflikte die Unabhängigkeit des Verwalters gefährden und diesen Interessenkonflikten durch die Bestellung von Sonderinsolvenzverwaltern nicht ausreichend begegnet werden könne (BT-Drucks. 18/407, S. 30). In diesem Rangverhältnis kommt deutlich zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber der Bestellung derselben Person als Insolvenzverwalter in allen – sachlich ähnlich gelagerten – Insolvenzverfahren so lange den Vorrang gegenüber der Interessenkollisionen grundsätzlich vermeidenden Bestellung verschiedener Personen in jedem Verfahren einräumt, wie konzernbezogene Interessenkonflikte durch Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters ausgeräumt werden können. Dies ist bei der Ausübung des richterlichen Ermessens zu berücksichtigen. Die Auflösung eines Interessenkonflikts durch Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters setzt daher die Möglichkeit der Bestellung eines solchen voraus. 25 Wenn auch der Gesetzentwurf zur Insolvenzordnung vom 15. April 1992 (BT-Drucks. 12/2443, S. 20, 131) in § 77 RegE-InsO noch ausdrücklich die Möglichkeit der Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters vorsah, so ist diese Entwurfsregelung auf seinerzeitiges Betreiben des Rechtsausschusses jedoch nicht Gesetz geworden, da dieser die Regelung für so selbstverständlich hielt, dass sie als entbehrlich gestrichen werden könne (BT-Drucks. 12/7302, 162). Diese Selbstverständlichkeit gilt bis heute, weshalb es gewohnheitsrechtlich keinerlei Zweifel an der Zulässigkeit der Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters gibt (vgl. nur BGH, ZIP 2015, 1645; BGH, ZIP 2014, 2043; BGH, NZI 2010, 940; BGH, NZI 2006, 474). Als gesetzliche Grundlage für die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters kann hierbei entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Regeln der Pflegschaft auf die Vorschriften der §§ 1915,
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3. Koordinationspflicht i. R. d. Verwalterbestellung (Abs. 1)
1909, 1795 BGB i. V. m. § 56 InsO zurückgegriffen werden (Gerhardt, in: Jaeger, InsO, § 56 Rn. 76; Lissau/Hölzle, in: FS Pannen (2017), S. 465, 471). Ist das Institut der Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters als solches 26 unzweifelhaft zulässig, so ist tatbestandliche Grundvoraussetzung zunächst, dass der – bestellte oder zu bestellende – Insolvenzverwalter rechtlich oder tatsächlich an der Ausübung seines Amtes gehindert ist (BGH, NZI 2006, 474). Während eine tatsächliche Verhinderung unschwer festzustellen ist, ergibt sich eine rechtliche Verhinderung aus dem Bestellungserfordernis des §§ 56 Abs. 1 InsO der Unabhängigkeit und dessen Auslegung (Graeber/Pape, ZIP 2007, 991, 996; ebenso BGH, NZI 2007, 237). Fehlt es nämlich an der Unabhängigkeit und damit an der Bestellungsfähigkeit des Insolvenzverwalters, so ist dieser – obgleich im Amt – insoweit an der Ausübung seines Amtes rechtlich gehindert, da eine Rechtshandlung, die im Widerstreit mit dem Unabhängigkeitserfordernis steht, als insolvenzzweckwidrig zu qualifizieren und in der Rechtsfolge daraus nichtig ist (BGH, NZI 2013, 347). Das Tatbestandsmerkmal der Unabhängigkeit trägt dafür Sorge, dass der Insolvenzverwalter das ihm eingeräumte weite Ermessen und die weiten Handlungsspielräume ausschließlich im wohlverstandenen Gläubigerinteresse ausübt (wie hier Lissau/Hölzle, in: FS Pannen (2017), S. 465, 472). Eine rechtliche Verhinderung des Insolvenzverwalters im Sinne der Eingangs- 27 voraussetzungen für die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters liegt daher im ersten Prüfungsschritt immer dann vor, wenn und soweit die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters tatbestandlich gefährdet ist. Hierfür genügt grundsätzlich die abstrakte Besorgnis, dass Entscheidungen des Verwalters nicht ausschließlich im Gläubigerinteresse, sondern durch sonstige, verfahrensfremde Faktoren beeinflusst sein könnten (Zipperer, in: Uhlenbruck, InsO, § 56 Rn. 57). Verfahrensfremde Faktoren in diesem Sinne sind auch solche, die aus den Vermögensinteressen eines anderen gruppenangehörigen Schuldners resultieren. Liegt ein die Unabhängigkeit in diesem Sinne grundsätzlich ausschließender 28 Umstand vor, so ist weitere Voraussetzung für die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters, dass es sich um einen abgrenzbaren Teilbereich der Tätigkeit des Insolvenzverwalters handelt. Dies gilt deshalb, weil das Institut der Sonderinsolvenzverwaltung dem Zweck dient, einzelne Kollisionslagen nicht zu einem die Auswahlentscheidung im Sinne des § 56 Abs. 1 InsO bestimmenden Faktor zu machen, sondern der allgemeinen Auswahlentscheidung zur Bestellung des im konkreten Fall geeignetsten Verwalters als der viel zitierten „Schicksalsfrage der Insolvenz“ den Vorrang vor sachlich begrenzten Kollisionslagen einzuräumen. Letztere treten daher hinter der im Gesamtverfahrensinteresse zu treffenden Auswahlentscheidung als subsidiär zurück. Diese Subsidiarität setzt jedoch denknotwendig voraus, dass der im Verfahren zu bestellende Insolvenzverwalter die für seine Auswahl maßgeblichen Kriterien im Verfahren auch umsetzen, also die ihm durch die Insolvenzordnung zugewiesenen Kompetenzen, insbesondere die Verwaltungs- und Verfügungs663
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befugnis gemäß § 80 InsO grundsätzlich unbeschränkt ausüben kann. Würde der Umfang des absehbaren Konflikts oder die Anzahl der Kollisionslagen einen solch breiten Raum einnehmen, dass die umfassende Wahrnehmung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nicht mehr gesichert erschiene, ist für die Anordnung einer Sonderinsolvenzverwaltung kein Raum (Lissau/Hölzle, in: FS Pannen (2017), S. 465, 473). Dies entspricht der Gesetzesbegründung zu § 56b Abs. 1 InsO, welche die Bestellung von Sonderinsolvenzverwaltern für unzweckmäßig erachtet, wenn diese in einem Umfang erforderlich wäre, der außer Verhältnis zu den Vorteilen einer einheitlichen Verwalterbestellung steht (BT-Drucks. 18/407, S. 30). Die Gesetzesbegründung bleibt mit dem Begriff der „Unzweckmäßigkeit“ hinter der hier vertretenen Auffassung der Unzulässigkeit einer Sonderinsolvenzverwalterbestellung in diesem Fall zwar zurück, folgt aber demselben Rechtsgedanken. 29 Ist die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters daher nur in sachlich eng umgrenzten und umgrenzbaren Teilbereichen des Verwalterhandelns zulässig und möglich (BGH, ZIP 2014, 2043), was eine genaue Beschreibung und Definition des Aufgabenbereichs des Sonderinsolvenzverwalters voraussetzt (BGH, NZI 2002, 543, 546), so muss dies im Rahmen der Ermessensausübung bei Anwendung des § 56b Abs. 1 InsO Berücksichtigung finden. 30 Den abgrenzbaren Teilbereichen, für die die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters absehbar erforderlich wird, sind die Vorteile der Abwicklung des Konzerninsolvenzverfahrens, wenn auch in getrennten Gesellschaften, so doch in einer Hand gegenüberzustellen. Dabei ist im Rahmen der Ermessensentscheidung nicht nur der Wertvorteil aus der wirtschaftlichen Einbindung der jeweiligen Gesellschaft in den Konzernverbund und der hierdurch für das konkrete Verfahren zu realisierende Mehrwert zu berücksichtigen, sondern in Anwendung des rechtsökonomischen Kaldor-Hicks-Prinzips auch der Vorteil für die Gläubiger anderer gruppenzugehöriger Insolvenzverfahren zu berücksichtigen, wenn sich hierdurch Nachteile für das konkrete Insolvenzverfahren, in dem die Bestellungsentscheidung zu treffen ist, nicht ergeben. Das nach § 56b Abs. 1 InsO eröffnete Ermessen ist daher drittschützend und auch im Interesse der Gläubiger anderer gruppenzugehöriger Insolvenzverfahren auszuüben. 31 Der Gesetzgeber geht dabei grundsätzlich davon aus, dass die Vorteile die Nachteile überwiegen, weshalb das Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten der Bestellung ein und derselben Person als Insolvenzverwalter in allen – sachlich ähnlich gelagerten – Insolvenzverfahren streitet. Will der erkennende Richter in seinem Verfahren hiervon abweichen, weil er die Interessenkollision nicht mehr durch Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters für beherrschbar hält, so hat er dies im Grundsatz positiv zu begründen; dies auch, wenn § 56b Abs. 1 InsO anders als § 270b Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 InsO eine Begründungspflicht nicht ausdrücklich vorsieht. Die Begründungspflicht ist Teil der sachgerechten Ermessensausübung und deren Überprüfbarkeit.
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Um eine sachgerechte Ermessensentscheidung zu ermöglichen, haben die betei- 32 ligten Insolvenzschuldner bei Antragstellung mögliche Interessenskollisionen zu offenbaren. Dasselbe gilt selbstverständlich und in Anwendung der allgemeinen Prinzipien für bereits bestellte (vorläufige) Insolvenzverwalter während des gesamten Verfahrens (ähnlich Zipperer, ZIP 2013, 1007). cc) Kein Dispens bei zu besorgender Verzögerung Die Abstimmung unter den beteiligten Insolvenzgerichten ist nicht disponibel. 33 Insbesondere hat dieser auch dann zu erfolgen, wenn er hierdurch Verzögerungen bei der Bestellung und sogar nachteilige Veränderungen in der Vermögenslage des Insolvenzschuldners bzw. der Insolvenzschuldner zu besorgen sind. Eine §§ 22a Abs. 3, 56a Abs. 1 InsO entsprechende Befreiungsklausel enthält § 56b Abs. 1 InsO nicht. Dass dies auf ein Versehen des Gesetzgebers zurückgeht und deshalb eine analogiefähige Regelungslücke begründet, ist nicht anzunehmen. Vielmehr erfordert der Normzweck des § 56b Abs. 1 InsO, das Fehlen eines Antrages auf Begründung eines Gruppengerichtsstandes zu kompensieren, dass die Abstimmung in jedem Fall zu erfolgen hat. dd) Ermessensnicht- und Ermessensfehlgebrauch Verweigert ein beteiligtes Insolvenzgericht die Abstimmung über die Bestellung 34 ein und derselben Person in mehreren oder sämtlichen Insolvenzverfahren der Unternehmensgruppe oder übt ein Insolvenzgericht das ihm zustehende Ermessen fehlerhaft aus, so hat dies keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Bestellungsbeschlusses. Auch die Bestellung eines (vorläufigen) Insolvenzverwalters in einem Insolvenzverfahren über das Vermögen eines gruppenangehörigen Schuldners trotz unterlassener Abstimmung oder unter Missachtung der sachgemäßen Ermessensausübung ist wirksam. Ein isoliertes Beschwerderecht gegen die Auswahlentscheidung als solche steht keinem der Verfahrensbeteiligten zu. Der erkennende Richter setzt sich jedoch dem Risiko aus, bei Ermessensnicht- 35 oder Ermessensfehlgebrauch Amtshaftungsansprüche außerhalb des Spruchrichterprivilegs zu verwirklichen. Wenn gleich auch der Nachweis eines Schadens regelmäßig schwerlich gelingen wird. c) Kollidierende Gläubigerausschussvoten (Abs. 2 Satz 1, 2) Kommen die beteiligten Insolvenzgerichte im Rahmen der Abstimmung zu 36 dem Entschluss, dass die Bestellung derselben Person in allen oder jedenfalls mehreren Insolvenzverfahren gruppenangehöriger Schuldner ermessensgerecht geboten ist, so kann dies mit verbindlichen Gläubigerausschussvoten nach §§ 22a, 56a InsO kollidieren, wenn in verschiedenen Verfahren gruppenangehöriger Schuldner jeweils einstimmige Gläubigerausschussvoten zugunsten verschiedener Personen vorliegen. Die Bindungswirkung dieser Voten im jeweiligen Verfahren würde den jeweiligen Richter daran hindern, das Abstim-
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mungsergebnis im konkreten Verfahren umzusetzen. Dasselbe gilt für bindende Vorgaben zum Anforderungsprofil, wenn der im Rahmen der Abstimmung in Aussicht genommene Verwalter das von einem der beteiligten Gläubigerausschüsse formulierte Profil nicht erfüllt. 37 Der Gesetzgeber hat dieses Problem erkannt und in § 56b Abs. 2 Satz 1, 2 InsO eine Öffnungsklausel vorgesehen. Da § 56b Abs. 1 InsO dem Werterhalt im übergeordneten Konzerninteresse und gleichzeitig dem Interesse der Gläubiger des jeweiligen Insolvenzverfahrens dient, hält der Gesetzgeber eine Durchbrechung des Votums der einzelnen Gläubigerausschüsse für den Fall für gerechtfertigt, dass ein anderer Gläubigerausschuss ein einstimmiges Votum getroffen hat und dieser Verwalter zum Verwalter in sämtlichen oder mehreren Verfahren gruppenangehöriger Schuldner bestellt werden soll. Das einstimmige Votum des Gläubigerausschusses in einem anderen Verfahren eines gruppenangehörigen Schuldners soll als Legitimationsgrundlage genügen, da hierdurch der Gläubigerautonomie im Konzernkontext hinreichend Geltung verschafft werde (BT-Drucks. 18/407, S. 31). 38 Voraussetzung ist jedoch, dass der in Durchbrechung der Bindungswirkung zu bestellende Insolvenzverwalter jedenfalls durch ein einstimmiges Votum eines anderen Gläubigerausschusses in einem gruppenangehörigen Verfahren legitimiert ist. Reine Mehrheitsvoten oder die Bestimmung von Anforderungsprofilen genügen zur Durchbrechung eines einstimmigen Votums in einem anderen Verfahren nicht. Hat nur in einem von mehreren Insolvenzverfahren gruppenzugehöriger Schuldner ein Gläubigerausschuss ein einstimmiges Votum gefällt, und kommt die Abstimmung unter den Insolvenzgerichten zu dem Ergebnis, dass eine Person in allen oder mehreren Verfahren zu bestellen ist, so kann ermessensgerecht nur der durch das einzig vorliegende einstimmige Gläubigerausschussvotum legitimierte Verwalter auch in den übrigen Verfahren bestellt werden. 39 Vor der Bestellung des durch das Votum eines anderen Gläubigerausschusses legitimierten Verwalters ist der im konkret betroffenen Insolvenzverfahren bestellte (vorläufige) Gläubigerausschuss anzuhören, § 56b Abs. 2 Satz 2 InsO. Bindungswirkung kommt der Äußerung dieses Gläubigerausschusses dann freilich nicht zu. 4. Beteiligung des (vorläufigen) Gläubigerausschusses bei der Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters 40 Bei der Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters handelt es sich um eine Insolvenzverwalterbestellung in einem beschränkten Aufgabenkreis, ohne dass damit eine Teilentlassung des bisherigen Verwalters verbunden wäre (Lissau/Hölzle, in: FS Pannen (2017), S. 465, 474). Es liegt daher auf der Hand, dass die Kriterien für die Auswahl des zu bestellenden Sonderinsolvenzverwalters einschließlich der Anhörungspflichten und der Institutionen zur Wahrung der Gläubigerautonomie auch bei der Bestellung des Sonderinsolvenzverwalters
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4. Beteiligung des (vorläufigen) Gläubigerausschusses
Anwendung finden. § 56b Abs. 2 Satz 3 InsO stellt dies ausdrücklich klar. Da es sich bei der Sonderinsolvenzverwaltung um die ureigenste Interessenwahrung des konkreten Insolvenzverfahrens handelt, findet die Einschränkung des § 56b Abs. 2 Satz 1 InsO, nämlich die Öffnungsklausel für eine Durchbrechung eines verbindlichen Gläubigerausschussvotums selbstverständlich keine Anwendung (BT-Drucks. 18/407, S. 31; ebenso Riedel, in: HK-InsO, § 56b Rn. 12). Für die Anwendung des § 56b Abs. 2 Satz 3 InsO ist gleichgültig, in welchem 41 Verfahrensstadium und mit welchem Aufgabenkreis ein Sonderinsolvenzverwalter bestellt werden soll. § 56b Abs. 2 Satz 3 InsO gilt während der gesamten Verfahrensdauer. Da bei der Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters nachteilige Verzöge- 42 rungen oder Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners regelmäßig nicht zu erwarten sind, findet die Öffnungsklausel des § 56a Abs. 1 InsO im Rahmen des §§ 56b Abs. 2 Satz 3 InsO keine Anwendung. Die Anhörung des Gläubigerausschusses ist obligatorisch. Ein einstimmiges Votum des Gläubigerausschusses stets verbindlich, die Eignung des Vorgeschlagenen vorausgesetzt. Über die Verweisung in § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InsO gilt § 56b Abs. 2 InsO 43 auch bereits im Insolvenzeröffnungsverfahren. Es ist daher auch die Bestellung eines vorläufigen Sonderinsolvenzverwalters möglich. Und obwohl § 56b Abs. 2 Satz 3 InsO nur § 56a InsO in Bezug nimmt, ist aufgrund dieser Verweisung auch ein vorläufiger Gläubigerausschuss entsprechend § 22a Abs. 3 InsO anzuhören.
§ 210a InsO – Insolvenzplan bei Masseunzulänglichkeit § 210a Insolvenzplan bei Masseunzulänglichkeit Bei Anzeige der Masseunzulänglichkeit gelten die Vorschriften über den Insolvenzplan mit der Maßgabe, dass 1. an die Stelle der nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger die Massegläubiger mit dem Rang des § 209 Absatz 1 Nummer 3 treten und 2. an die Stelle der nachrangigen Insolvenzgläubiger die nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger treten. Das Anwendungsspektrum des Insolvenzplanverfahrens ist durch die Erstre- 1 ckung auch auf massearme Insolvenzverfahren deutlich erweitert worden. Vor Einführung des § 210a InsO wurde die Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens bei Massearmut zum Teil für unzulässig gehalten (LG Dresden, ZIP 2005, 1607). Durch die gesetzliche Klarstellung sollte Rechts- und Planungssicherheit für den Schuldner geschaffen werden (BT-Drucks. 17/5712, S. 29). 667
§ 210a InsO – Insolvenzplan bei Masseunzulänglichkeit
2 Ob Masseunzulänglichkeit vorliegt und der Anwendungsbereich des § 210a InsO damit eröffnet ist, entzieht sich ebenso wie im Anwendungsbereich des § 208 InsO selbst (vgl. dazu BGH, NZI 2010, 188, 189; BGH, ZIP 2010, 2356, 2357; Jungmann, in: K. Schmidt, InsO, § 208 Rn. 19 f.) einer materiell-rechtlichen Prüfung durch das Insolvenzgericht. Die Anwendungsvoraussetzungen des § 210a InsO sind daher rein formal zu betrachten: Hat der Insolvenzverwalter Masseunzulänglichkeit angezeigt, richtet sich das Insolvenzplanverfahren nach § 210a InsO, anderenfalls nicht (wenig überzeugend Zimmer, ZInsO 2012, 390). Hierdurch drohen auch keine Nachteile für die nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO), da ein etwaig doch verbleibender Überschuss nach Befriedigung aller Massekosten (§ 54 InsO) und Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO) in der Rangfolge des § 209 Abs. 1 InsO nicht an den Schuldner ausgezahlt, sondern auf die Forderungen im Rang des § 38 InsO ausgekehrt wird. 3 Aus der Klarstellung in § 210a Nr. 1 InsO, dass an die Stelle der nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) die Massegläubiger treten, folgt, dass auch das Initiativrecht, den Insolvenzverwalter mit der Erstellung eines Insolvenzplans zu beauftragen (§ 218 Abs. 2 InsO), auf die Massegläubiger übergeht. Da die Massegläubiger aber nach § 74 Abs. 1 InsO zur Teilnahme an der Gläubigerversammlung nicht berechtigt sind, verfügen sie prima vista nicht über das erforderliche Organ, dem Insolvenzverwalter einen entsprechenden Auftrag zu erteilen. Es fehlt in der gesetzgeberischen Konzeption an einer Abstimmung des § 210a InsO mit den übrigen Verfahrensregelungen zum Insolvenzplan. 4 Dementsprechend wird man davon auszugehen haben, dass für Zwecke der Wahrung des Initiativrechts der betroffenen Massegläubiger auf deren Antrag entsprechend §§ 74 Abs. 1 Satz 2, 218 Abs. 2 InsO eine besondere Massegläubigerversammlung einzuberufen ist, die über den Auftrag an den Insolvenzverwalter, einen Insolvenzplan zu erstellen, zu befinden hat. Dies würde sich auch konsequent in die Bestimmungen einfügen, wonach die Massegläubiger (§ 53 InsO) „an die Stelle“ der nicht nachrangigen Gläubiger (§ 38 InsO) und die nicht nachrangigen Gläubiger „an die Stelle“ der nachrangigen Gläubiger (§ 39 InsO) treten. 5 Letzteres ergibt sich nunmehr aus der Neufassung von § 210a Nr. 2 InsO durch das SanInsFoG. Mit der Regelung wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass die einfachen Insolvenzgläubiger vollumfänglich im Rang zurücktreten (BT-Drucks. 19/24181, S. 235). Die zuvor bestehende sprachliche Abweichung zwischen Nr. 1 und Nr. 2 führte in der Literatur zu Streit über die Befugnisse der Beteiligten im Planverfahren (vgl. ESUG-Evaluation ESUG, S. 184, m. w. N.). Die eindeutige Neufassung im Gesetz selbst hat den Streit nun abschließend geklärt: § 246 Nr. 2 InsO findet neben allen anderen für nachrangige Insolvenzgläubiger im Insolvenzplanverfahren geltenden Regelungen auf die der Rückstufung unterliegenden nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger Anwendung. Dies hat beispielsweise zur Folge, dass bei der Insolvenzplanerstel668
1. Gesetzeshistorie und Bedeutung
lung eine Gruppe für die nunmehr nachrangigen Insolvenzgläubiger nicht zwingend gebildet werden muss (vgl. §§ 222 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 225 InsO). Wegen des Stimmrechts der Massegläubiger im Erörterungs- und Abstim- 6 mungstermin stellen sich keine Probleme, weil § 235 Abs. 1 InsO ausdrücklich davon spricht, dass das „Stimmrecht der Beteiligten“ festzusetzen ist. Dazu gehören die Massegläubiger jedoch ohne Zweifel. Einzig die Zustellregelung des § 235 Abs. 3 InsO ist in Anwendung des § 210a Nr. 1 InsO auf die Massegläubiger an Stelle der Insolvenzgläubiger auszudehnen, was sich wiederum in die Neufassung des § 210a Nr. 2 InsO nahtlos einfügt. Wesentliche praktische Probleme bei der Umsetzung des § 210a InsO haben 7 sich in der Vergangenheit nicht ergeben; jedenfalls scheinen sie ohne Weiteres lösbar. Nach wie vor ist denn auch – soweit erkennbar – keine Entscheidung zu § 210a InsO veröffentlicht. Ob dies damit zusammenhängt, dass von der Möglichkeit, auch bei Masseunzulänglichkeit einen Insolvenzplan einzureichen, keinen Gebrauch gemacht wurde, oder ob solche Pläne schlicht nicht streitig geworden sind, bleibt offen.
Einführung der §§ 217 ff. InsO – Modernisierung des Insolvenzplanverfahrens Übersicht 1. 2.
Gesetzeshistorie und Bedeutung .... 1 Gegenstand der wesentlichen Neuregelungen ............................... 8
3.
Schema 3: Insolvenzplan und Rechtsschutz ................................ 14
1. Gesetzeshistorie und Bedeutung Der Gesetzgeber hat mit dem ESUG nicht allein den Zugang zur Eigenver- 1 waltung stärken wollen, sondern hielt es für geboten, sein Ziel, mit der Insolvenzordnung auch in Deutschland eine Sanierungskultur zu schaffen, durch die Modernisierung insbesondere auch des Insolvenzplanverfahrens zu verfolgen. Mit dem SanInsFOG, das auf die Evaluation des ESUG zurückgeht, wird dieser Weg konsequent weiter beschnitten. Die geringe Anzahl von Insolvenzplänen vor Einführung des ESUG und das als komplex wahrgenommene Verfahren sollten nach der Vorstellung des Gesetzgebers erleichtert und so für die Sanierungspraxis attraktiv gemacht werden (vgl. zu den Defiziten der InsO als Sanierungsordnung vor ESUG Eidenmüller, ZIP 2010, 649, 651 f.; Vallender, NZI 2010, 838; Hölzle, NZI 2010, 207). In der Gesetzesbegründung zum ESUG heißt es dementsprechend: „In dem 2 Gesetzentwurf zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen sind mehrere Reformvorhaben zum Insolvenzrecht zusammengefasst. Die Fortführung von sanierungsfähigen Unternehmen soll erleichtert und damit der Erhalt von Arbeitsplätzen ermöglicht werden. Schwerpunkt des Gesetzesentwurfs ist die Erleichterung der Sanierung von Unternehmen durch einen stärkeren Einfluss der Gläubiger auf die Auswahl des Insolvenzverwalters, durch Ausbau und Straffung des 669
Einführung der §§ 217 ff. InsO – Modernisierung des Insolvenzplanverfahrens
Insolvenzplanverfahrens, durch Vereinfachung des Zugangs zur Eigenverwaltung und durch eine größere Konzentration der Zuständigkeit der Insolvenzgerichte.“ 3 Letzterer Gesichtspunkt, der in § 2 des RefE-ESUG noch vorgesehen war, ist weder mit dem ESUG noch mit dem SanInsFOG, in dessen Rahmen die Konzentration erneut diskutiert worden war, umgesetzt worden; hierfür war der Widerstand der Länder zu groß. Die übrigen vom Gesetzgeber verfolgten Ansätze fanden sich bereits im ESUG jedoch wieder. Mit dem SansInsFOG wurde das Profil der durch das ESUG geschaffenen Neuregelungen noch einmal deutlich geschärft, die Tendenz des ESUG aber konsequent fortgesetzt. 4 Das deutsche Insolvenzrecht bot bis zum Inkrafttreten des ESUG weder innerhalb noch außerhalb des Insolvenzplanverfahrens eine Handhabe, die in einem Sanierungskonzept vorgesehenen Maßnahmen zur Umstrukturierung der Schuldnergesellschaft, aber auch finanzwirtschaftliche Maßnahmen wie Kapitalschnitte oder einfache Kapitalerhöhungen auch gegenüber den Gesellschaftern durchzusetzen (Madaus, Der Insolvenzplan [Habil 2010], S. 590). Zwar gab es rechtsdogmatische Ansätze, die auf der Grundlage von gesellschaftsrechtlichen Treupflichten die Gesellschafter einer sanierungsbedürftigen Gesellschaft bereits aus dem Gesichtspunkt der „Aufopferungspflicht“ auch im Recht vor Einführung des ESUG verpflichtet sahen, einer Sanierung zuzustimmen und sich in diesem Zug nötigenfalls auch von Gesellschaftsanteilen zu trennen (Bitter, ZGR 2010, 147 ff.); dies ist in vereinzelten Entscheidungen auch tatsächlich rechtspraktisch geworden (BGH, Urt. v. 20.3.1995 – II ZR 205/94, ZIP 1995, 819 [„Girmes“]; vgl. auch BGH, Urt. v. 19.10.2009 – II ZR 240/08, ZIP 2009, 2289 [Verfestigung des Grundsatzes: „Sanieren oder Ausscheiden“]; zuletzt auch LG Frankfurt/M., ZIP 2013, 1831 [„Suhrkamp“], aufgehoben durch OLG Frankfurt/M., ZIP 2013, 2018; dazu EWiR 2013, 589 [Hölzle]; zum Insolvenzantrag als Sanierungsoption und zur Folgepflicht der Geschäftsführer einer insolvenzbedrohten Gesellschaft auch Hölzle, ZIP 2013, 1846; in der Sache ebenso Meyer-Löwy/Pickerill, GmbHR 2013, 1065; a. A. aber abzulehnen OLG München, ZIP 2013, 1121 [n. rkr.]). Dabei handelte es sich jedoch zumeist um Einzelfallentscheidungen, in denen jeweils besondere Sachverhaltskonstellationen zu berücksichtigen waren. Eine generelle Akzeptanz, das Insolvenzplanverfahren als Sanierungsoption in Betracht zu ziehen, gab es nicht. Das Insolvenzplanverfahren blieb stattdessen vor Einführung des ESUG der Tradition deutscher Akkordverfahren verhaftet, die keine Reorganisationsverfahren, sondern vielmehr Liquidationsverfahren waren und allein der Vereinfachung der Insolvenzbewältigung dienten (Madaus, a. a. O., S. 590). Dies war auch wesentlicher Kritikpunkt an der InsO 1999 und dem Scheitern der InsO als Sanierungsverfahren (Vgl. z. B. Vallender, NZI 2010, 838, 841; Eidenmüller, ZIP 2010, 649; Bork, ZIP 2010, 397). 5 Zu den bedeutsamsten Änderungen der InsO bereits durch das ESUG gehört daher der Versuch, das Insolvenzplanverfahren zum einen praxistauglicher auszugestalten und dadurch seine Akzeptanz zu erhöhen und zum anderen darin, den Anwendungsbereich deutlich auszuweiten, indem auch die Rechte 670
2. Gegenstand der wesentlichen Neuregelungen
der Anteilsinhaber an dem Schuldner (Gesellschaftsrechte) ebenso wie Gesellschafterrechten (Entscheidungs- und Beschlusskompetenzen) in den Insolvenzplan (überwiegend entschädigungslos) einbezogen werden können (dazu ausführlich Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31). Welche Bedeutung und Reichweite die Eingriffsoptionen eines Insolvenzplans haben können, zeigt insbesondere der Fall „Suhrkamp“ (LG Frankfurt/M., ZIP 2013, 1720, aufgehoben durch OLG Frankfurt/M., ZIP 2013, 2018, dazu EWiR 2013, 579 [Frhr. v. Falkenhausen]; LG Frankfurt/M., ZIP 2013, 1831, dazu EWiR 2013, 589 [Hölzle]; Fölsing, ZInsO 2013, 1325), in dem der Minderheitsgesellschafter zur Verhinderung der Reorganisation der Anteilseignerebene im Rahmen eines im Schutzschirmverfahren vorgelegten Insolvenzplans versucht, mit einstweiligen Verfügungen Stimmverbote für das Planverfahren durchzusetzen. Seit Inkrafttreten des ESUG hat das Insolvenzplanverfahren als ernstzuneh- 6 mende Sanierungsoption seinen festen Platz auf der Werkbank der Restrukturierungs- und Gestaltungsinstrumente erhalten und ist aus der Praxis nicht mehr wegzudenken (vgl. Ehlers, BB 2013, 1539; weitergehend Hölzle, ZIP 2013, 1846). Dies zeigt sich auch in der ESUG-Evaluation, in welcher festgestellt wurde, dass die Eingriffsbefugnisse in Gesellschafterrechte nahezu einhellig begrüßt werden (ESUG-Evaluation, S. 182). Dazu haben nicht zuletzt die zwar wenigen, aber in der Öffentlichkeitswahrnehmung umso bedeutsameren „Leuchtturm-Verfahren“ beigetragen, die seit Inkrafttreten des ESUG als Insolvenzplanverfahren geführt worden sind (vgl. zu den bisher wichtigsten Praxisfällen Pleister, GWR 2013, 220; konkret zum Fall Pfleiderer Decher/ Voland, ZIP 2013, 103). Aber auch in kleineren, mittelständischen Insolvenzverfahren hat das Insolvenzplanverfahren nicht zuletzt durch die Möglichkeit, Sanierungsoptionen auch durch Share-Deal, statt nur durch Asset-Deal realisieren zu können, erheblich an Bedeutung (vgl. z. B. Kahlert/Gehrke, DStR 2013, 975; Nawroth/Wohlleber, ZInsO 2013, 1022) gewonnen und sind auch in solchen mittelständischen Verfahren nicht mehr wegzudenken. Gerade in Eigenverwaltungsverfahren ist der Insolvenzplan häufig das Mittel 7 der Wahl. Dies wird durch das SanInsFoG noch dadurch gestärkt, dass nach §§ 270a Abs. 1 Nr. 2, 270e Abs. 1 Nr. 3 InsO der Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung um eine Eigenverwaltungsplanung ergänzt werden muss, die im Grundsatz auf die Sanierung des Unternehmens ausgerichtet ist, wenn dies auch nicht zwingend ist (vgl. § 270a InsO Rn. 19, 33 ff.). 2. Gegenstand der wesentlichen Neuregelungen Der Normenbestand der §§ 217 ff. InsO zum Insolvenzplanverfahren ist nach 8 wie vor voluminös, was an der Umsetzung der beabsichtigten Vereinfachungstendenzen zunächst zweifeln lässt. Insgesamt neun Vorschriften kamen – neben Ergänzungen in verschiedenen bereits vorhandenen Normen – durch das ESUG noch neu hinzu. Das SanInsFoG hat dem noch einmal 14 Änderungs- und Ergänzungsziffern hinzugefügt. Bereits das ESUG hat in mehreren (wesentlichen) Punkten Überlegungen aufgegriffen, die bereits bei der Schaf671
Einführung der §§ 217 ff. InsO – Modernisierung des Insolvenzplanverfahrens
fung der InsO 1999 diskutiert und vorgeschlagen worden waren, seinerzeit aber nicht konsensfähig gewesen sind (Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 506). Der Gesetzgeber besinnt sich damit auf sein bei Schaffung der InsO verfolgtes ökonomisches Ziel zurück, wonach „in privatautonomen Verhandlungen und Austauschvorgängen, die einen solchen Plan legitimieren, […] das wirtschaftliche Optimum durch diejenige Lösung verwirklicht [wird], die mindestens einen Beteiligten besser und alle anderen Beteiligten nicht schlechter stellt als jede andere Lösung.“ (RegE-InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 77; dazu Hölzle, KTS 2011, 291, 295). Dieses Ziel wird jetzt durch weitere Stärkung des Insolvenzplanverfahrens durch das SanInsFoG noch einmal gestärkt. 9 Von redaktionellen Änderungen, Ergänzungen bei den Ladungs- und Zustellungsvorschriften und sonstigen Folgeänderungen abgesehen, besteht der wesentliche Reforminhalt des Insolvenzplanverfahrens in der Ergänzung und Neufassung folgender Vorschriften: Vorschrift
Regelungsgegenstand (ESUG/SanInsFoG)
§ 210a InsO
Zulässigkeit des Insolvenzplans auch bei massearmen Insolvenzverfahren mit entsprechender Anwendung der Ausschüttungsregeln auf die sonstigen Masseverbindlichkeiten (ESUG)
§§ 217 Abs. 1, 222 Abs. 1 Nr. 4, 225a, 238a, 245 Abs. 3, 246a, 254 Abs. 4 InsO
Einbeziehung der Gesellschafts- und der Gesellschafterrechte in den Insolvenzplan nebst Annexregelungen einschließlich der Zulässigkeit eines Debt-Equity-Swap (ESUG)
§§ 217 Abs. 2, 220 Abs. 3, 222 Abs. 1 S. 2 Nr. 5, 223a, 230 Abs. 4, 238b, 245 Abs. 2 Nr. 2a InsO
Einbeziehung gruppeninterner Drittsicherheiten in die Regelungswirkung und damit in den Gestaltungsbereich des Insolvenzplans (SanInsFoG)
§ 220 Abs. 2 InsO
Obligatorische Ausgestaltung der Vergleichsrechnung und grundsätzliche Ausrichtung der Vergleichsrechnung an der Unternehmensfortführung (SanInsFoG)
§§ 221, 248a InsO
Korrektur offensichtlicher Fehler und nachträgliche Änderung sowie Bestätigung des Insolvenzplans (ESUG).
§ 245 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, S. 2 f. InsO
Wertausgleichspflicht (insbesondere von) am Schuldner beteiligten Personen für das Behaltendürfen der Beteiligung (SanInsFoG)
§ 245a InsO
Berücksichtigung des Status quo bei der Beurteilung einer Schlechterstellung in Verfahren über das Vermögen natürlicher Personen (SanInsFoG)
§§ 229, 254b, 259a, 259b InsO
Erstreckung des Insolvenzplans auf sämtliche bekannten Gläubiger, auch soweit die Forderung nicht angemeldet ist; Rechtsfolgen für Gläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben (ESUG)
672
2. Gegenstand der wesentlichen Neuregelungen Vorschrift
Regelungsgegenstand (ESUG/SanInsFoG)
§ 231 InsO
Beschleunigung des Verfahrens durch Frist für die gerichtliche Entscheidung: zwei Wochen (ESUG)
§§ 251, 253 InsO
Minderheiten- und Rechtsschutz sowie Begrenzungen des Rechtsschutzes (ESUG)
§ 254a InsO
Formerleichterungen; Fiktion der Einhaltung der nötigen Form (ESUG)
Darüber hinaus hat das ESUG das Insolvenzplanverfahren auch erheblich 10 dadurch aufgewertet, dass durch Änderung des § 18 Abs. 1 Nr. 2 RPflG das Insolvenzplanverfahren vollständig in die richterliche Zuständigkeit verlagert wurde. Dies wird der deutlich gesteigerten Bedeutung des Verfahrens gerecht und hat sich in der Praxis als bedeutsam erwiesen, wie nicht zuletzt wegweisende Entscheidungen wie diejenige des BGH v. 26.4.2018 (BGH, ZIP 2018, 1141) deutlich vor Augen führen. Bereits das ESUG hat das Insolvenzplanverfahren daher umfassend praxistauglich aufgestellt. Eine maßgebliche Überarbeitung hat das Insolvenzplanverfahren im Rahmen des SanInsFoG sodann noch einmal einerseits durch die dem StaRUG entsprechende Möglichkeit (vgl. §§ 2 – 4 StaRUG Rn. 31), auch konzerninterne Drittsicherheiten einzubeziehen, sowie durch die ebenfalls dem StaRUG kongruente Ergänzung der Vorgaben zur Ausgestaltung der Vergleichsrechnung (vgl. § 6 StaRUG Rn. 15) im Plan erfahren. Unbeantwortet gelassen hatte das ESUG die Frage, ob in der vorläufigen Eigen- 11 verwaltung (§ 270b InsO) auch der vorläufige Sachwalter ermächtigt werden kann, den Insolvenzplan auszuarbeiten und vorzulegen (dafür Hölzle, ZIP 2012, 855, 858 ff.; dagegen Undritz, in: K. Schmidt, InsO, § 270b Rn. 9). Der Gesetzgeber des SanInsFoG hat an dieser Stelle nun nachgebessert, ist mit der Neufassung des § 284 InsO den besseren Argumenten gefolgt und hat nun ausdrücklich die ergänzende Möglichkeit eröffnet, dass bereits der vorläufige Gläubigerausschuss den vorläufigen Sachwalter mit der Ausarbeitung und Vorlage eines Insolvenzplans beauftragt. Auch der Umstand, dass bereits der ESUG-Gesetzgeber auch die sich aus der 12 Entscheidung des BGH in dem Insolvenzverfahren „Phoenix Kapitaldienst“ (BGH, ZIP 2009, 480) ergebenden Konsequenzen einer Regelung zugeführt und ausdrücklich vorgesehen hat, dass ein Insolvenzplan nicht zwingend der Beendigung des Insolvenzverfahrens zu dienen bestimmt sein muss, sondern sich auch die Notwendigkeit und Vorteilhaftigkeit ausschließlich „verfahrensleitender Insolvenzpläne“ ergeben kann, wie sie seit Inkrafttreten des ESUG in §§ 217 Abs. 1 Satz 1, 258 Abs. 1 InsO ausdrücklich vorgesehen ist. Von dieser Möglichkeit ist in der Praxis bereits umfassend Gebrauch gemacht worden, um z. B. Teilbetriebsveräußerungen durch einen Insolvenzplan rechtssicher gestalten zu können.
673
Einführung der §§ 217 ff. InsO – Modernisierung des Insolvenzplanverfahrens
13 Eine vollständige Kommentierung des Insolvenzplanverfahrens und aller seiner Implikationen würden den Rahmen des vorliegenden Praxisleitfadens sprengen. Aus diesem Grunde beschränkt sich die nachfolgende Darstellung auf die mit dem ESUG in Kraft getretenen Neuerungen und die durch das SanInsFoG dazu ergangenen Modifikationen und Ergänzungen. Sie greift dazu die praxisrelevantesten Problemfelder heraus. Soweit sich Überschneidungen zum StaRUG ergeben, wird ergänzend auch auf die dortigen Ausführungen verwiesen. 14 3. Schema 3: Insolvenzplan und Rechtsschutz Planinitiative durch Schuldner
originärer Schuldnerplan, § 218 I 1, 2. Alt InsO
derivativer Schuldnerplan, § 270b I 1 InsO
Vorlage des Insolvenzplans
gerichtl. Vorprüfung
Planinitiative durch Verwalter
derivativer Verwalterplan, § 218 II InsO
gerichtliche Vorprüfung des Plans, § 231 InsO (Frist: 2 Wochen!)
Form + Anlagen, §§ 218, 219 InsO
offensichtl. nicht annahmefähig
Abstimmung über den Plan
Abstimmung n. Gruppen mit Kopf- + Summenmehrheit, §§ 244, 246a InsO
„best interest test“, § 245 I Nr. 2, II
Obstruktionsverbot, § 245 InsO
„absolute priority rule“, § 245 I Nr. 1 InsO
originärer Verwalterplan, § 218 I 1, 1. Alt InsO
Zuleitung zur Stellungnahme, § 232 InsO (Frist: 2 Wochen!)
Erörterungs- und/oder Abstimmungstermin, §§ 235, 241, 242 InsO
ggf. Verbindung mit Prüfungstermin, § 236 InsO
Rechtsschutz: Minderheitenschutz, § 251 InsO
Beschwerde, § 254 InsO
nachtr. Planberichtigung, § 248a InsO
Widerspruch schriftl. oder zu Protokoll
Eilverfahren, § 253 Abs. 4 InsO auf Antrag des Verwalters
Kein Kompensationsfonds, § 251 III InsO
674
Niederlegung des Plans mit Anlagen, § 234 InsO
Beschlussfassung
Gesellschafter, § 245 Abs. 3 InsO
gerichtliche Planbestätigung, § 248 InsO
Verletzung „best interest test“ und Glaubhaftmachung im Abst.termin
ggf. Moratorium für Verwertung und Verteilung, § 233 InsO
offensichtl. nicht erfüllbar
i.E. Einflussnahme nur jenseits der Grenze des § 199 InsO
Rechtsschutz
Initiative
ggf. Abgeltung, Fortführungsmehrwert, § 245 II 2 InsO
§§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO
§§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO – Einbeziehung von Gesellschafts- und Gesellschafterrechten einschließlich Debt-Equity-Swap § 217 Grundsatz (1) 1Die Befriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger und der Insolvenzgläubiger, die Verwertung der Insolvenzmasse und deren Verteilung an die Beteiligten sowie die Verfahrensabwicklung und die Haftung des Schuldners nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens können in einem Insolvenzplan abweichend von den Vorschriften dieses Gesetzes geregelt werden. 2Ist der Schuldner keine natürliche Person, so können auch die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen in den Plan einbezogen werden. (2) Der Insolvenzplan kann ferner die Rechte der Inhaber von Insolvenzforderungen gestalten, die diesen aus einer von einem verbundenen Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes als Bürge, Mitschuldner oder aufgrund einer anderweitig übernommenen Haftung oder an Gegenständen des Vermögens dieses Unternehmens (gruppeninterne Drittsicherheit) zustehen. § 223a Gruppeninterne Drittsicherheiten 1
Ist im Insolvenzplan nichts anderes bestimmt, so wird das Recht eines Insolvenzgläubigers aus einer gruppeninternen Drittsicherheit (§ 217 Absatz 2) durch den Insolvenzplan nicht berührt. 2Wird eine Regelung getroffen, ist der Eingriff angemessen zu entschädigen. 3§ 223 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 gilt entsprechend. § 225a Rechte der Anteilsinhaber
(1) Die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen bleiben vom Insolvenzplan unberührt, es sei denn, dass der Plan etwas anderes bestimmt. (2) 1Im gestaltenden Teil des Plans kann vorgesehen werden, dass Forderungen von Gläubigern in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner umgewandelt werden. 2Eine Umwandlung gegen den Willen der betroffenen Gläubiger ist ausgeschlossen. 3Insbesondere kann der Plan eine Kapitalherabsetzung oder -erhöhung, die Leistung von Sacheinlagen, den Ausschluss von Bezugsrechten oder die Zahlung von Abfindungen an ausscheidende Anteilsinhaber vorsehen. (3) Im Plan kann jede Regelung getroffen werden, die gesellschaftsrechtlich zulässig ist, insbesondere die Fortsetzung einer aufgelösten Gesellschaft oder die Übertragung von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten.
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§§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO
(4) 1Maßnahmen nach Absatz 2 oder 3 berechtigen nicht zum Rücktritt oder zur Kündigung von Verträgen, an denen der Schuldner beteiligt ist. 2Sie führen auch nicht zu einer anderweitigen Beendigung der Verträge. 3Entgegenstehende vertragliche Vereinbarungen sind unwirksam. 4Von den Sätzen 1 und 2 bleiben Vereinbarungen unberührt, welche an eine Pflichtverletzung des Schuldners anknüpfen, sofern sich diese nicht darin erschöpft, dass eine Maßnahme nach Absatz 2 oder 3 in Aussicht genommen oder durchgeführt wird. (5) 1Stellt eine Maßnahme nach Absatz 2 oder 3 für eine am Schuldner beteiligte Person einen wichtigen Grund zum Austritt aus der juristischen Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit dar und wird von diesem Austrittsrecht Gebrauch gemacht, so ist für die Bestimmung der Höhe eines etwaigen Abfindungsanspruches die Vermögenslage maßgeblich, die sich bei einer Abwicklung des Schuldners eingestellt hätte. 2Die Auszahlung des Abfindungsanspruches kann zur Vermeidung einer unangemessenen Belastung der Finanzlage des Schuldners über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren gestundet werden. 3Nicht ausgezahlte Abfindungsguthaben sind zu verzinsen. § 245 Obstruktionsverbot (1) Auch wenn die erforderlichen Mehrheiten nicht erreicht worden sind, gilt die Zustimmung einer Abstimmungsgruppe als erteilt, wenn 1. die Angehörigen dieser Gruppe durch den Insolvenzplan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne einen Plan stünden, 2. die Angehörigen dieser Gruppe angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt werden, der auf der Grundlage des Plans den Beteiligten zufließen soll, und 3. die Mehrheit der abstimmenden Gruppen dem Plan mit den erforderlichen Mehrheiten zugestimmt hat. (2) 1Für eine Gruppe der Gläubiger liegt eine angemessene Beteiligung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 vor, wenn nach dem Plan 1. kein anderer Gläubiger wirtschaftliche Werte erhält, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen, 2. weder ein Gläubiger, der ohne einen Plan mit Nachrang gegenüber den Gläubigern der Gruppe zu befriedigen wäre, noch der Schuldner oder eine an ihm beteiligte Person einen durch Leistung in das Vermögen des Schuldners nicht vollständig ausgeglichenen wirtschaftlichen Wert erhält und 3. kein Gläubiger, der ohne einen Plan gleichrangig mit den Gläubigern der Gruppe zu befriedigen wäre, bessergestellt wird als diese Gläubiger. 2 Handelt es sich bei dem Schuldner um eine natürliche Person, deren Mitwirkung bei der Fortführung des Unternehmens infolge besonderer, in der Person des
676
§§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO
Schuldners liegender Umstände unerlässlich ist, um den Planmehrwert zu verwirklichen, und hat sich der Schuldner im Plan zur Fortführung des Unternehmens sowie dazu verpflichtet, die wirtschaftlichen Werte, die er erhält oder behält, zu übertragen, wenn seine Mitwirkung aus von ihm zu vertretenden Gründen vor Ablauf von fünf Jahren oder einer kürzeren, für den Planvollzug vorgesehenen Frist endet, kann eine angemessene Beteiligung der Gläubigergruppe auch dann vorliegen, wenn der Schuldner in Abweichung von Satz 1 Nummer 2 wirtschaftliche Werte erhält. 3Satz 2 gilt entsprechend für an der Geschäftsführung beteiligte Inhaber von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten. (2a) Wird die erforderliche Mehrheit in der nach § 222 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 zu bildenden Gruppe nicht erreicht, gelten die Absätze 1 und 2 für diese Gruppe nur, wenn die für den Eingriff vorgesehene Entschädigung die Inhaber der Rechte aus der gruppeninternen Drittsicherheit für den zu erleidenden Rechtsverlust angemessen entschädigt. (3) Für eine Gruppe der Anteilsinhaber liegt eine angemessene Beteiligung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 vor, wenn nach dem Plan 1. kein Gläubiger wirtschaftliche Werte erhält, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen, und 2. kein Anteilsinhaber, der ohne einen Plan den Anteilsinhabern der Gruppe gleichgestellt wäre, bessergestellt wird als diese. Übersicht 1. 2.
3.
4.
Vorbemerkung ............................... 1 Gestaltung von gruppeninternen Drittsicherheiten (§§ 217 Abs. 2 u. a. InsO) ...................................... 5 Verfahrensrechtliche Einbeziehung von Gesellschafterrechten in den Plan .................................... 10 a) (Formale) Beteiligung der Gesellschafter ........................ 10 b) Stimmrecht der Gesellschafter und Rechtsschutz .................. 14 Materiell-rechtliche Einbeziehung von Gesellschafterrechten in den Plan ............................................... 24 a) Grundlagen und § 217 Abs. 1 Satz 2 InsO als „Soll-Vorschrift“ ................................... 24 b) Der Eingriff in Gesellschafterrechte und die „Absolute Priority Rule“ des § 245 Abs. 2 InsO ........................... 35
5. 6.
c) Abgrenzung von Gesellschafterrechten und Gesellschafterforderungen ........................... 37 ABC zulässiger Gestaltungsmaßnahmen ................................. 41 Sonderfall: Debt-Equity-Swap .... 76 a) Ablauf .................................... 78 b) Keine Differenzhaftung ........ 90 c) Anrechnungsbetrag bei der Einbringung – Nennwert vs. Teilwert .................................. 93 d) Praktische Umsetzung ....... 101 e) Haftung aus dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Neugründung ...................... 103 f) Berücksichtigung von Sicherheiten ......................... 111
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§§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO
1. Vorbemerkung 1 Wesentliches Anliegen des Gesetzgebers im Rahmen der durch das ESUG bewältigten Insolvenzrechtsreform, und insoweit hat sich der Gesetzgeber seinerzeit zu einem Paradigmenwechsel bewegen lassen (vgl. Braun/Heinrich, NZI 2011, 505; K. Schmidt, BB 2011, 1603), ist die Ausdehnung des Insolvenzplanverfahrens auch auf die grundsätzlich nicht massebefangenen Gesellschaftsund Gesellschafterrechte (zur Frage der Organverantwortung und -zuständigkeit für die Nutzung des darin liegenden Sanierungspotenzials Hölzle, ZIP 2013, 1846; ebenso Meyer-Löwy/Pickerill, GmbHR 2013, 1065; a. A. aber abzulehnen OLG München, ZIP 2013, 1121 [n. rkr.]). Das Insolvenzplanverfahren hat damit ein bis zum Inkrafttreten des ESUG unbekanntes, inzwischen aber vielfach und auch prominent genutztes Gestaltungspotenzial (vgl. schon früh nach Inkrafttreten des ESUG Pleister, GWR 2013, 220) erreicht, worin der wesentliche Mehrwert der durch das ESUG bewirkten Insolvenzrechtsreform im Insolvenzplanverfahren liegt. Das SanInsFoG hat dieses Gestaltungspotenzial mit Blick auf Konzernstrukturen noch einmal gefestigt und erweitert, indem es nunmehr durch § 217 Abs. 2 InsO auch die Einbeziehung konzerninterner Drittsicherheiten in den Gestaltungsrahmen eröffnet. Der Gesetzgeber hat mit dieser Neufassung im Wesentlichen das Ziel verfolgt, den Sanierungsstandort Deutschland im europäischen Vergleich wieder konkurrenzfähig zu machen (Hölzle, KTS 2011, 291, 293 ff.), was ihm gelungen ist, wie die internationale Anerkennung des deutschen Insolvenzrechtsregimes zeigt. 2 Gleichzeitig hat der ESUG-Gesetzgeber mit der Ergänzung des Wortlautes des § 217 Abs. 1 Satz 1 InsO um das Wort „Verfahrensabwicklung“ auch klargestellt, dass der Insolvenzplan nicht zwingend eine verfahrensbeendende Wirkung haben muss (so LG Frankfurt/M., NZI 2008, 110; offengelassen BGH, NZI 2009, 230), sondern auch als verfahrensleitender Plan z. B. die Rechte von Absonderungsberechtigten oder auch gesellschaftsrechtliche Maßnahmen verfahrensbegleitend regeln kann, ohne dass das Verfahren durch den Plan beendet würde (ebenso Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 217 Rn. 14). Dieses Instrument wurde u. a. in prominenten Verfahren genutzt, um z. B. Teilbetriebsveräußerungen durch umwandlungsrechtliche Ausgliederungsmaßnahmen rechts- und haftungssicher (so z. B. in dem vor dem Amtsgericht Hamburg geführten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Windenergieanlagenherstellers Senvion GmbH) umzusetzen. 3 Gerade die Einbeziehung von Gesellschaftsrechten aber war die einschneidenste Änderung in den Vorschriften zum Insolvenzplan, die vor Inkrafttreten des ESUG in der gesellschaftsrechtlichen Fachliteratur erstaunlich wenig diskutiert wurde. Umso mehr haben gesellschaftsrechtliche Vertreter im Rahmen der Reform durch das SanInsFoG versucht, eine Wiederholung der Geschichte und die Einbeziehung von Gesellschafterrechten in das Restrukturierungsverfahren nach StaRUG auf Grundlage des insolvenzrechtlichen Vorbilds zu verhindern (vgl. z. B. Schäfer, ZIP 2020, 2164; Korch, NZG 2020, 1299) – im Ergebnis erfolglos (vgl. §§ 2 – 4 StaRUG Rn. 28). Die Anerkennung, die das 678
2. Gestaltung von gruppeninternen Drittsicherheiten (§§ 217 Abs. 2 u. a. InsO)
Instrument der Einbeziehung von Gesellschafterrechten in das Planverfahren in der Praxis erfahren hat, gibt der weitgehend inhaltsgleichen Übernahme auch in das StaRUG uneingeschränkt recht. Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung wurde zunächst zwar kontrovers 4 diskutiert (Madaus, Der Insolvenzplan, S. 595 ff.; Verse, ZGR 2010, 299, 309; ausführlich auch Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 5 ff.; Wertenbruch, ZIP 2013, 1693), ist zwischenzeitlich, wie die Ausformung im StaRUG zeigt, aber weitgehend anerkannt. Insoweit soll es hier aber mit dem mehr rechtssoziologischen Hinweis sein Bewenden haben, dass der Grund dafür, dass sich die bereits in der Insolvenzrechtsreform 1994 (Übergang von der KO zur InsO mit Wirkung ab dem 1.1.1999) vorgetragenen insbesondere verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine solche Einbeziehung in der Reform durch das ESUG nicht mehr haben durchsetzen können, in einem sich ändernden Rechtsbild von der Gesellschafterrolle, in der Entwicklung der betrieblichen Finanzierungslehre und darüber hinaus in einer Verschiebung des systematischen Grundverständnisses von Gesellschafts- und Insolvenzrecht liegt (K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1607). 2. Gestaltung von gruppeninternen Drittsicherheiten (§§ 217 Abs. 2 u. a. InsO) Mit § 217 Abs. 2 InsO erweitert der Gesetzgeber die gegenständliche Rege- 5 lungsreichweite von Insolvenzplänen, mit dem Ziel Gruppensanierungen zu erleichtern (BT-Drucks. 19/24181, S. 235). In Fällen konzernintegrierter Insolvenzschuldner besteht oftmals das Bedürfnis, auch gruppenintern gestellte Sicherheiten in die Restrukturierung einzubeziehen, um den Wert der Gruppe zu erhalten und Folgeinsolvenzen von Gruppengesellschaften zu verhindern (BT-Drucks. 19/24181, S. 235). Die Neuregelung erlaubt es nunmehr, von gruppenangehörigen Unternehmen gestellte Sicherheiten in die Regelungswirkung des Plans einzubeziehen und damit die Rechte der Gläubiger umfassend im Rahmen eines einheitlichen Insolvenzplans zu gestalten, unabhängig davon, von welcher gruppenangehörigen Gesellschaft (zur Definition vgl. §§ 2 – 4 StaRUG Rn. 32 f.) dem Gläubiger Sicherheiten gestellt wurden. Bei § 217 Abs. 2 InsO handelt es sich allerdings um eine rein verfahrens- 6 rechtliche Regelung, die ohne materielle Auswirkung auf die Rechte der Sicherungsnehmer von Drittsicherheiten bleibt. Die Vorschrift beschränkt sich daher auf die Konsolidierung der Verwertungsrechte ähnlich § 166 InsO durch den Insolvenzplan, die nicht nur die Zustimmung der betroffenen konzernangehörigen Gesellschaft nach § 230 Abs. 4 InsO, sondern vor allem nach § 223a InsO die wertkongruente Entschädigung des drittgesicherten Gläubigers erfordert. Dieser darf durch die Einbeziehung der Drittsicherheit daher nicht schlechter gestellt werden, als er bei (freier) Verwertung der Drittsicherheit außerhalb des Insolvenzverfahrens stünde, weshalb ein kompensationsloser Eingriff in die (teil-)wertige Sicherheit nicht zulässig ist und im Rahmen der Geltendmachung einer individuellen Schlechterstellung nach § 251 InsO der 679
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Bestätigung des Insolvenzplans entgegenstünde (zu den Einzelheiten der Berechnung der Entschädigung vgl. bereits §§ 2 – 4 StaRUG Rn. 34 ff.). Die Grundlagen für den Eingriff und die konkreten Maßnahmen sind gemäß §§ 223a Satz 3, 223 Abs. 2 InsO im Insolvenzplan darzustellen und zu erläutern. 7 Für die Drittsicherheitengläubiger, in deren Rechte eingegriffen wird, ist nach § 222 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 InsO eine eigene Beteiligtengruppe zu bilden, was richtig ist, weil sie systematisch zwischen den Absonderungsberechtigten und den ungesicherten Insolvenzgläubigern stehen, es sich im Grunde nämlich um ein erweitertes, an dem Vermögen eines Dritten bestehendes Absonderungsrecht handelt, das der Schuldner durch § 217 Abs. 2 InsO abzulösen berechtigt ist. Das Stimmrecht der drittgesicherten Gläubiger in ihrer Gruppe richtet sich gemäß § 238b InsO nach dem Teilwert der Drittsicherheit, also dem aus ihr zu erwartenden, vom Schuldner zu leistenden Befriedigungsbeitrag. 8 Die Qualifikation des § 217 Abs. 2 InsO als Ablöserecht ähnlich dem § 268 BGB kann nicht zu unterschätzende Probleme im Rahmen der Vergleichsrechnung mit sich bringen (vgl. § 220 InsO Rn. 9 ff.). Aus diesem Grunde sieht § 220 Abs. 3 InsO in seiner Neufassung ausdrücklich vor, dass im Falle eines Eingriffs in gruppeninterne Sicherheiten die Darstellung auch der Verhältnisse des die Sicherheit gewährenden verbundenen Unternehmens und die Auswirkung des Plans auf dieses Unternehmen einzubeziehen sind. Nur so ist es den Gläubigern möglich, die Sachgerechtigkeit des Eingriffs und der hierfür zu leistenden Entschädigung zu prüfen. Der Schuldner ist daher gehalten, nach dem Grundsatz des §§ 220 Abs. 2 Satz 1 InsO sämtliche für die Entscheidungsbildung der Gläubiger maßgeblichen Umstände transparent offenzulegen. 9 Ausgangspunkt dieser Darstellung ist, dass der Schuldner, will er den Zugriff des Gläubigers auf gruppeninternen Drittsicherheiten verhindern, diesen Zugriff wertkongruent entschädigen muss. Die Entschädigung hat er im Rahmen des Insolvenzplans (zunächst) aus seinem Vermögen zu leisten. Da die Verhinderung der Verwertung der gruppeninternen Sicherheit sich aber zunächst nicht auf die Insolvenzmasse im Verfahren über das Vermögen des konkreten Schuldners auswirkt, führt die Entschädigung grundsätzlich zu einer Verringerung der Insolvenzmasse und damit zu einer Quotenverschlechterung für die Gläubiger. Hierzu muss sich der Insolvenzplan verhalten. Der Vermögensabfluss kann zum Beispiel dadurch kompensiert werden, dass die sicherheitengebende gruppenangehörige Gesellschaft für die Befreiung aus der Sicherheit eine entsprechende Entschädigung in Geld in die Insolvenzmasse leistet, der Verzicht auf die Verwertung damit lediglich der Sicherung der konkreten Zusammensetzung des Vermögens des gruppenangehörigen Sicherheitengebers, nicht jedoch dem Erhalt seines Wertes nach dient. Ebenso ist die Kompensation dadurch darstellbar, dass die Vermeidung der Verwertung der Sicherheit der Vermeidung des Eintritts von Insolvenzgründen im Vermögen des gruppenangehörigen Sicherheitengebers selbst und so dem (mittelbaren) Werterhalt auf Ebene des Schuldners dient. In diesem Fall muss der (mittelbare) Wert680
3. Verfahrensrechtliche Einbeziehung von Gesellschafterrechten in den Plan
erhalt sich jedoch in konkreten Befriedigungsaussichten der Gläubiger widerspiegeln, um eine Schlechterstellung zu vermeiden. Dies ist z. B. im Rahmen einer durch den Insolvenzplan intendierten Gesamtveräußerung der schuldnerischen Gesellschaft einschließlich in ihrer Existenz zu schützenden Tochtergesellschaften der Fall, wenn Letztere die Sicherheiten gestellt haben. 3. Verfahrensrechtliche Einbeziehung von Gesellschafterrechten in den Plan a) (Formale) Beteiligung der Gesellschafter Die Einbeziehung (aller) gesellschaftsrechtlich zulässigen Maßnahmen (§ 225a 10 Abs. 3 InsO) in den Insolvenzplan sowie die Übertragung von Eingriffsbefugnissen auch auf das grundsätzlich nicht insolvenzbefangene Vermögen der Gesellschafter in Bezug auf die Mitgliedschaftsrechte erfordert eine Beteiligung der Anteilsinhaber auch auf verfahrensrechtlicher Seite, nämlich bei der Beschlussfassung über den Plan (inwieweit eine Beschlussfassung der Gesellschafter auch im Vorfeld eines Eigenantrages mit dem Ziel, das Planverfahren einzuleiten, notwendig ist, ist umstritten, vgl. LG Frankfurt/M., ZIP 2013, 1831; dazu EWiR 2013, 589 [Hölzle]; OLG München, ZIP 2013, 1121 [n. rkr.]; vgl. auch Hölzle, ZIP 2013, 1846; ebenso Meyer-Löwy/Pickerill, GmbHR 2013, 1065). Der Gesetzgeber sieht die Rechtfertigung der Einbeziehung von Mitgliedschafts- und Anteilsrechten in den Insolvenzplan dabei im Wesentlichen darin, dass für die Anteilsinhaber in § 222 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 InsO eine eigene Gruppe zu bilden ist, diese daher an der Abstimmung über den Plan (§ 235 InsO) einerseits teilnehmen, andererseits den Anteilsinhabern für den Fall, dass ihre Anteile noch werthaltig sein sollten, nach § 251 Abs. 3 InsO für etwaige Eingriffe eine Entschädigung zuzusprechen ist. Gleichzeitig geht der Gesetzgeber jedoch davon aus, dass grundsätzlich die Wertlosigkeit der Anteile unterstellt werden müsse und der Plan daher einen finanziellen Ausgleich für Eingriffe regelmäßig nicht vorzusehen habe. Der verfassungsrechtlich gebotene Eigentumsschutz der betroffenen Anteilsinhaber werde durch die Regelung zum Minderheitenschutz (§§ 245, 251 InsO) und durch das gegebene Rechtsmittel gegen die Planbestätigung (§ 253 InsO) hinreichend gewährleistet (BT-Drucks. 17/5712, S. 31 f.). Die formelle Einbeziehung der Gesellschafter in die Beschlussfassung wird 11 durch § 222 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 InsO gewährleistet, wonach für die am Schuldner beteiligten Personen eine eigenständige Gruppe zu bilden ist, wenn deren Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte in den Plan einbezogen werden. Die Regelung beinhaltet allerdings nicht die Anordnung, dass für die Gesellschafter nur eine Gruppe gebildet werden dürfte. Vielmehr verbleibt es bei der allgemeinen Vorschrift des § 222 Abs. 1, 2 InsO, wonach Gruppen für Beteiligte unterschiedlicher Rechtsstellung in den Grenzen des Willkürverbots gebildet werden können. Soweit es unter den Gesellschaftern sachgerechte Differenzierungsgründe gibt, ist hiervon auch im Rahmen der Gruppe der Gesellschafter Gebrauch zu machen. 681
§§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO
12 Eine Einbeziehung von Anteils- und Mitgliedschaftsrechten in den Insolvenzplan i. S. d. §§ 217 Abs. 1 Satz 2, 222 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, 225a InsO liegt nicht nur dann vor, wenn der Insolvenzplan einen unmittelbaren Eingriff in die Anteilseigner- und Eigenkapitalstruktur sowie in die Anteilsrechte vorsieht, sondern bereits dann, wenn in die den Anteilseignern grundsätzlich vorbehaltenen Beschlusskompetenzen gesellschaftsrechtlicher Art eingegriffen wird. Diese sind Ausfluss der Anteilsrechte und untrennbar mit diesen verbunden, weshalb jeder Eingriff in den Gesellschaftern vorbehaltenen Kompetenzbereich zu seiner Rechtfertigung der formalen Einbeziehung der Gesellschafter in die Abstimmung über den Insolvenzplan bedarf. Eine Gruppe für die Anteilsinhaber ist deshalb immer schon dann zu bilden, wenn durch den bestätigten Insolvenzplan Beschlüsse ersetzt werden (§ 254a Abs. 2 InsO), die außerhalb des Insolvenz- und des Insolvenzplanverfahrens der Gesellschafterversammlung vorbehalten wären, was z. B. bereits für den Fortsetzungsbeschluss (vgl. § 225a Abs. 3 InsO) einer kraft Gesetzes aufgelösten (vgl. z. B. § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG) Gesellschaft gilt (so auch Thies, in: HambKommInsO, § 222 Rn. 13). 13 Zum Abstimmungstermin (§ 238 Abs. 1 InsO) sind nach § 241 Abs. 2 InsO grundsätzlich alle stimmberechtigten Beteiligten zu laden. Dies gilt jedoch nicht für Aktionäre oder Kommanditaktionäre. Für diese reicht es aus, den Termin öffentlich bekannt zu machen. Für börsennotierte Gesellschaften findet dabei § 121 Abs. 4a AktG entsprechende Anwendung. Dasselbe gilt für die Übersendung von Unterlagen nach § 252 Abs. 2 InsO. b) Stimmrecht der Gesellschafter und Rechtsschutz 14 Nach § 238a Abs. 1 InsO richtet sich das Stimmrecht der Anteilsinhaber allein nach deren jeweiliger Beteiligung am gezeichneten Kapital oder am Vermögen des Schuldners, wobei Stimmrechtsbeschränkungen, Sonder- oder Mehrheitsstimmrechte grundsätzlich außer Betracht bleiben. Maßgeblich ist nach der gesetzgeberischen Vorstellung allein die nominale Beteiligung am statutarischen Kapital der Gesellschaft. 15 Beteiligen sich die Anteilsinhaber nicht an der Abstimmung, so wird deren Zustimmung nach § 246a InsO fingiert. 16 Die „Suhrkamp“-Entscheidung des LG Frankfurt/M. (ZIP 2013, 1831; dazu EWiR 2013, 589 [Hölzle]; LG aufgehoben durch OLG Frankfurt/M., ZIP 2013, 2018) hat allerdings die Diskussion aufgeworfen, ob das Abstimmverhalten der Gesellschafter untereinander innerhalb der Plangruppe des § 222 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 InsO ggf. durch die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht überlagert und so ein Gesellschafter verpflichtet werden kann, für oder gegen den Plan zu stimmen. Zuzugeben ist dem LG Frankfurt, dass § 238a Abs. 1 InsO zunächst nur das Außenverhältnis und die nominelle Beteiligung der Gesellschafter in der Abstimmung über den Plan nach § 238 InsO betrifft und damit noch nichts über das Innenverhältnis und etwaige Bindungen bei
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3. Verfahrensrechtliche Einbeziehung von Gesellschafterrechten in den Plan
der Willensbildung gesagt ist (die Berücksichtigung befürwortend deshalb auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 238a Rn. 2). Allerdings würde eine solche Bindung an die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht bei dieser nicht Halt machen können. Als nächstes stünden gesellschaftsrechtliche Stimmbindungs-, Poolund sonstige Vereinbarungen unter den Gesellschaftern bis hin zu satzungsmäßigen Mehrheitserfordernissen auf dem Prüfstand. Für das Insolvenzgericht wären solche Beschränkungen im Innenverhältnis, die sich unmittelbar auf das Abstimmergebnis der Gruppe auswirken, kaum zu handhaben. Zudem wäre auch die Grenzziehung unklar: § 238a Abs. 1 InsO stellt ausdrücklich klar, dass Stimmrechtsbeschränkungen, Sonder- oder Mehrstimmrechte außer Betracht zu bleiben haben. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu, dass das Stimmrecht innerhalb der Abstimmungsgruppe im Insolvenzplan nicht zwingend den Stimmrechten nach Maßgabe des jeweils einschlägigen Gesellschaftsrechts entsprechen muss (vgl. BT-Drucks. 17/5712, S. 33). Der Gesetzgeber stellt daher nicht allein auf gesetzliche oder satzungsgemäße Stimmrechte ab, die ihre Bedeutung verlieren, sondern bezieht das gesamte „einschlägige Gesellschaftsrecht“ mit ein. Dazu gehören auch und gerade die aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht entwickelten Grundsätze. Diese kann daher keinen Maßstab für eine gesellschaftsrechtliche Derogation des Abstimmverhaltens schaffen, die insolvenzrechtlich in irgendeiner Weise verbindlich wäre. Der Gesetzgeber rechtfertigt diese vom Gesellschaftsrecht ausdrücklich ab- 17 weichende insolvenzrechtliche Maßgeblichkeit allein der nominellen Beteiligung damit, dass im Insolvenzverfahren lediglich noch die Kapitalbeteiligung relevant sein könne, wozu zu ermitteln sei, welcher Anteil am Rechtsträger dem einzelnen Anteilsinhaber zusteht (BT-Drucks. 17/5712, S. 33). Dies ist insoweit richtig, als dass sich auch eine etwaig nach § 251 Abs. 3 InsO festzusetzende Entschädigung ausschließlich nach der Beteiligung am Vermögen des Schuldners und nicht nach den durch diese Beteiligung ggf. durch Sondervereinbarungen vermittelten Einflussnahmerechten richtet. Unstreitig vermitteln daher z. B. stimmrechtslose Vorzugsaktien dieselbe nach dem Nennbetrag ermittelte Beteiligung in der Gruppe der Gesellschafter, wie reguläre Aktien, verlieren aber selbstverständlich auch ihren (finanziellen) Vorzug. Der rechtspraktische Wert dieser Diskussion ist in der Praxis jedoch gering, 18 da die Beteiligungsrechte der Gesellschafter häufig leerlaufen, was durch bisher auch im Einflussbereich des § 225a InsO umgesetzte Insolvenzpläne bereits eindrucksvoll belegt haben. Wie in den Vorbildern des englischen und auch des US-amerikanischen 19 Chapter 11-Verfahrens auch, ist die Durchführung eines Debt-Equity-Swaps im Rahmen eines Insolvenzplans von der Zustimmung der Alt-Gesellschafter de facto unabhängig (ebenso K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1607; Hölzle, KTS 2011, 291, 322; a. A. J. Schmidt, GWR 2010, 568). Zwar ist nach § 222 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 InsO für die Anteilseigner eine eigene Gläubigergruppe zu bilden und ist dieser nach § 238a InsO ein Stimmrecht nach Maßgabe (allein) ihrer Beteiligung am gezeichneten Kapital eingeräumt; jedoch werden die Gesell683
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schafter im Insolvenzplanverfahren wie nach-nachrangige Gläubiger behandelt (§ 199 Satz 2 InsO) und wird insbesondere das Obstruktionsverbot des § 245 InsO durch Neufassung des § 245 Abs. 3 InsO auf die Gesellschafter erstreckt. Danach gilt die Zustimmung der Gruppe der Anteilseigner gemäß § 245 Abs. 1 InsO als erteilt, wenn (1.) kein Gläubiger wirtschaftliche Werte erhält, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen und (2.) kein Anteilsinhaber, der ohne einen Plan den Anteilsinhabern der Gruppe gleichgestellt wäre, bessergestellt wird als diese. Die Voraussetzung des § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wonach eine Schlechterstellung durch den Plan nicht eintreten darf, dürfte in Gestalt der Anteilsinhaber stets erfüllt sein, da die Beteiligung in der Alternative der sanierenden Übertragung oder der Zerschlagung wirtschaftlich unterginge, was sogar einen Totalverlust im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens rechtfertigt (Brinkmann, WM 2011, 97, 99; für den Vergleichsmaßstab Regelabwicklung auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 245 Rn. 35). Insbesondere steht den Anteilseignern kein Anteil an dem durch den Insolvenzplan im Vergleich zur Liquidation des Unternehmens realisierten Fortführungswert zu, weil sie sich nämlich durch die Aufnahme von Fremdkapital der insolvenzrechtlichen Vorrangregel unterworfen haben, weshalb die Beachtung des Obstruktionsverbotes zur Wahrung ihrer Interessen ausreichend ist (so zu Recht Eidenmüller, ZIP 2010, 649, 657). 20 Ob sämtliche Anteilseigner vor dem Hintergrund der maßgeblichen wirtschaftlichen Betrachtung im Vergleich zur Regelabwicklung gleichbehandelt werden müssen, wie es § 245 Abs. 3 Nr. 2 InsO nahezulegen scheint und im Grundsatz auch aus § 226 Abs. 1 InsO folgt, ist streitig (dafür Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 33; dagegen Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 245 Rn. 35). Richtigerweise kann jedoch die unterschiedliche Ausprägung in der konkreten Beteiligung auch Grundlage für eine unterschiedliche Behandlung der Gesellschafter(-stämme) im Insolvenzplan sein. Es kommen dieselben Grundsätze zur Anwendung, wie sie für die weitere Differenzierung der Gläubigergruppen nach § 222 Abs. 2 InsO nach gleichgerichteten wirtschaftlichen Interessen maßgeblich sind. So kann z. B. ein außerhalb des Insolvenzverfahrens etwaig zulässiger Bezugsrechtsausschluss für einzelne Gesellschafter auch eine Ungleichbehandlung im Insolvenzplan rechtfertigen, weil eine Schlechterstellung gegenüber dem gesellschaftsrechtlichen Statut ohne Insolvenzverfahren, wie es § 245 Abs. 3 Nr. 2 InsO verlangt, damit nicht verbunden ist. Es entscheidet daher die wirtschaftliche Betrachtung und der fiktive Vergleichsfall der Behandlung außerhalb eines Insolvenzverfahrens über die Reichweite des zur Eröffnung des Obstruktionsverbots (§ 245 InsO) erforderlichen Gleichbehandlungsgebots. Bestätigt wird diese Rechtsauffassung durch die Neufassung des § 245 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2, 3 InsO, wonach die Mitwirkung eines an dem Schuldner beteiligten Anteilseigners bei der Fortführung des Unternehmens, die unerlässlich ist, um den Planmehrwert zu verwirklichen, insolvenzrechtlich der Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Beteiligung sein kann. Dies impliziert, dass eine Differenzierung nach Anteilseignern, deren Mitwirkung unerlässlich ist, und solchen, die lediglich kapitalistisch beteiligt sind, möglich 684
4. Materiell-rechtliche Einbeziehung von Gesellschafterrechten in den Plan
sein muss. Soweit eine Ungleichbehandlung vorgesehen wird, sind aber wegen §§ 222 Abs. 2, 226 Abs. 1 InsO jedenfalls unterschiedliche Gläubigergruppen für die Gesellschafter mit unterschiedlichen Rechten zu bilden (so auch Simon/ Merkelbach, NZG 2012, 121, 127). Soweit die Alt-Gesellschafter oder einzelne von ihnen für sich reklamieren, 21 dass die Anteile – ohne Berücksichtigung eines Fortführungswertes – (noch) nicht wertlos gewesen seien und ihnen deshalb im Plan eine Abfindung zuzugestehen sei, so kann der Plan vorsehen, dass die zur Leistung solcher Abfindungen etwaig erforderlichen Mittel zunächst zurück gestellt werden (§ 251 Abs. 3 InsO); ihre vermeintlichen Rechte können die Gläubiger dann jedoch allein und ausschließlich außerhalb des Plans geltend machen (§ 251 Abs. 3 Satz 2 InsO). Die Rechtskraft des Insolvenzplans und damit auch die Vollziehbarkeit und die Umsetzung der in seinem gestaltenden Teil beschlossenen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen wird durch die Reklamation von Abfindungsansprüchen durch alle oder einzelne obstruierende Gesellschafter daher nicht gehindert. Das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegen die Bestätigung des In- 22 solvenzplans ist darüber hinaus durch die Neufassung des § 243 InsO deutlich eingeschränkt worden. Insbesondere die Zulassungshürde des § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO, wonach der Gesellschafter glaubhaft machen muss, dass er durch den Plan wesentlich schlechter gestellt wird, als er ohne einen Plan stünde, dürfte für den Alt-Gesellschafter schwer zu nehmen sein (vgl. zum eingeschränkten Rechtsschutz auch Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 519; in Ansätzen dazu auch LG Frankfurt/M., ZIP 2013, 1831 [„Suhrkamp“]; dazu EWiR 2013, 589 [Hölzle]; LG aufgehoben durch OLG Frankfurt/M., ZIP 2013, 2018). Der Gesetzgeber geht im Übrigen grundsätzlich davon aus, dass die Anteile der 23 Gesellschafter in der Regel wertlos sind, weshalb im Falle der Einbeziehung von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten eine Entschädigung für die Anteilsinhaber wohl vorgesehen werden kann, im Regelfall aber nicht vorgesehen werden muss, vgl. § 225a Abs. 2 Satz 3 Alt. 5 InsO (BT-Drucks. 17/5712, S. 31 f.). Der Nachweis des Gegenteils ist durch den Gesellschafter zu führen. 4. Materiell-rechtliche Einbeziehung von Gesellschafterrechten in den Plan a) Grundlagen und § 217 Abs. 1 Satz 2 InsO als „Soll-Vorschrift“ Ausgangspunkt der Einbeziehung der Gesellschafts- und Gesellschafter- 24 rechte in den Insolvenzplan sind § 217 Abs. 1 Satz 2 InsO, wonach auch die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen in den Plan einbezogen werden können, und § 225a Abs. 3 InsO, wonach im Plan jede Regelung getroffen werden kann, die gesellschaftsrechtlich zulässig ist. Das dadurch mit dem ESUG veränderte Rollenverständnis der vom Insolvenzverfahren Betroffenen durch Einbeziehung auch der Gesellschaftsrechte ist geradezu revolutionär (K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1605). Wenn 685
§§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO
aus Sicht der Gesellschafter und des Managements auch eine noch stärkere Orientierung des Insolvenzverfahrens am US-amerikanischen Vorbild der Prevoted Bankruptcy wünschenswert wäre (Madaus, NZI 2011, 622), so liegt der wesentliche Grund für die Einbeziehung der Gesellschaftsrechte vor allem in dem praktischen Bedürfnis nach einem koordinierten Abwicklungs- und Sanierungsverfahren durch Mitwirkung der Gesellschafter am Insolvenzplanverfahren, da sich gerade die Gesellschafter in der Vergangenheit als Sanierungshemmer erwiesen haben (so auch Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 19 ff.) 25 Ist der Schuldner keine natürliche Person, so sieht § 217 Abs. 1 InsO vor dem soeben geschilderten Hintergrund vor, dass auch die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen in den Plan einbezogen werden können. Die „Kann-Vorschrift“ des § 217 Abs. 1 InsO ist zu Recht, aber ohne dass dies wahrnehmbar diskutiert worden wäre, durch § 245 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2, 3 InsO zu einer „Soll-Vorschrift“ aufgewertet worden. Danach genügt ein Insolvenzplan nämlich nur noch dann der absoluten Vorrangregel des § 245 Abs. 2 InsO, wenn die Geschäftsanteile gerade nicht entschädigungslos bei den bisherigen Anteilseignern verbleiben. Sollen diese Anteilseigner werden, muss der durch die insolvenzplangestützte Sanierung realisierbare (zukünftige) Sanierungsmehrwert durch die Anteilseigner entschädigt werden. Fehlt es hieran, findet das Obstruktionsverbot keine Anwendung und kann der Plan nur noch mit der Zustimmung sämtlicher Gläubigergruppen angenommen werden (siehe Rn. 35; vgl. auch § 8 StaRUG Rn. 21; §§ 25 – 28 StaRUG Rn. 33 ff.). 26 In der inhaltlichen Ausgestaltung konkretisiert § 225a InsO die Grundsatzregel des § 217 Abs. 1 InsO und ordnet in dem als Generalklausel zu verstehenden Absatz 3 an, dass im Insolvenzplan jede Regelung getroffen werden kann, die gesellschaftsrechtlich zulässig ist, insbesondere die Fortsetzung einer aufgelösten Gesellschaft oder die Übertragung von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten (für die Anwendung auf Personengesellschaften im Vergleich zur GmbH und AG ausführlich Wertenbruch, ZIP 2013, 1693). Da es sich um eine „Insbesondere“-Aufzählung handelt, verbleibt es bei dem Grundsatz, dass der Insolvenzplan keinen gesellschaftsrechtlichen Beschränkungen unterliegt, also jede gesellschaftsrechtlich zulässige Maßnahme grundsätzlich auch im Rahmen eines Insolvenzplans beschlossen werden kann. Dies beschränkt sich nicht auf einen Eingriff in den durch die Beteiligung vermittelten wirtschaftlichen Wert (das Anteilsrecht), sondern auch auf die durch diesen Anteil vermittelten Teilhabe- und Teilnahmerechte (das Mitgliedschaftsrecht), wie in der zweigliedrigen Formulierung des Tatbestandes deutlich zum Ausdruck kommt (so auch Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 5 f.). Nach Absatz 1 des § 225a InsO bleiben die Anteils- und Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen nur dann vom Insolvenzplan unberührt, wenn der Plan nichts anderes vorsieht. Gemäß § 225a Abs. 2 InsO kann im gestaltenden Teil des Insolvenzplans (auch bzw. abermals: insbesondere) vorgesehen werden, dass Forderungen von Gläubigern in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am
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4. Materiell-rechtliche Einbeziehung von Gesellschafterrechten in den Plan
Schuldner umgewandelt werden. Eine Umwandlung gegen den Willen der betroffenen Gläubiger ist ausgeschlossen. Insbesondere kann der Plan eine Kapitalherabsetzung oder -erhöhung die Leistung von Sacheinlagen, den Ausschluss von Bezugsrechten oder die Zahlung von Abfindungen an ausscheidende Anteilsinhaber vorsehen, womit der mechanische Ablauf eines Debt-Equity-Swaps hinreichend beschrieben und dessen Zulässigkeit ausdrücklich vorausgesetzt ist. Der Gesetzgeber ergeht sich bei der Aufzählung der möglichen gesellschafts- 27 rechtlichen Maßnahmen nicht in Detailregelungen, sondern belässt es bei einer allgemeinen Anordnung, was der Gestaltungsfreiheit des Insolvenzplanverfahrens entgegen kommt und die konkrete Ausgestaltung der Fantasie des Planarchitekten überlässt. Mit der Anordnung der grundsätzlichen Zulässigkeit einer Regelung aller ge- 28 sellschaftsrechtlich zulässigen Maßnahmen auch im Insolvenzplan ist allerdings noch nichts über die auch insolvenzrechtliche Zulässigkeit einer solchen Maßnahme gesagt, ob nämlich für die insolvenzrechtliche Eröffnung einer gesellschaftsrechtlich zulässigen Maßnahme als Regelungsgegenstand innerhalb des Insolvenzplans ein insolvenzrechtlicher Massebezug oder jedenfalls ein mittelbarer Zusammenhang zu dem dem Plan zugrundeliegenden (Sanierungs-)Konzept besteht, aus dem die Regelungsbedürftigkeit in insolvenzrechtlicher Hinsicht folgt. Grundlage für die Beantwortung dieser Frage ist die von Weber (KTS 1970, 73, 29 77 ff.) begründete sog. Verdrängungslehre. Zu klären ist nämlich das Verhältnis von § 225a Abs. 3 InsO zu der Grundaussage, dass für die Definition des insolvenzrechtlichen Eingriffsbereichs zwischen Eigenkapital (grundsätzlich ausschließlich dem Schuldnerbereich zuzuordnen) und Fremdkapital (grundsätzlich ausschließlich dem Verdrängungsbereich und damit der Verwalterbefugnis zuzuordnen) bzw. zwischen Massezugehörigkeit und Einflussnahme auf die Insolvenzmasse und insolvenzfreiem Bereich zu unterscheiden ist. Würde die gesellschaftsrechtliche Anordnung des § 225a Abs. 3 InsO auch insolvenzrechtlich durchgreifen, so hätte die Verdrängungslehre im Insolvenzplanverfahren keinen bestimmenden Einfluss mehr. Dies alleine wäre nicht schlimm und für sich kein Grund, eine abweichende Auffassung zu vertreten; die Rechtspraxis muss sich hierüber nur klarwerden. Mit der Verzahnung des Insolvenzrechts mit dem Gesellschaftsrecht hat sich 30 der Gesetzgeber von der Einbeziehung nur massezugehöriger Rechte in das Insolvenzverfahren distanziert. Motivation hierfür war nicht nur die Vermeidung von Obstruktionspotenzialen durch die von der Sanierung ohne solche Eingriffsbefugnisse (allein) partizipierenden Gesellschafter, sondern auch die Förderung von Sanierungsmaßnahmen durch eine auch finanzwirtschaftliche Sanierung im Allgemeinen (BT-Drucks. 17/5712, S. 30). Das Angebot an Gläubiger aber, z. B. ihre Forderungen in Eigenkapital zu wandeln und damit die Quotenaussicht gegen Geschäftschancen in der Zukunft zu tauschen,
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muss häufig auch mit dem Sanierungskonzept zwar nicht unmittelbar, wohl aber dem Vertrauen derjenigen Gläubiger, die zu einer Beteiligung an dem Konzept bewegt werden sollen, geschuldeten sonstigen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen flankiert werden. Dazu können der Austausch des Managements ebenso gehören, wie die Bildung und Besetzung eines Beirates, der Erlass oder die Änderung einer Geschäftsordnung, Sitzverlegungen etc. Würden sämtliche solcher Maßnahmen stets auf den Prüfstand ihres Massebezuges gestellt werden, würde dies die Praktikabilität des § 225a Abs. 3 InsO deutlich und in einem vom Gesetzgeber ganz offensichtlich nicht gewollten Umfange einschränken. Dementsprechend findet sich auch in der Gesetzesbegründung kein Hinweis auf eine solche insolvenzrechtliche Limitierung des gesellschaftsrechtlich zulässigen Handlungsspielraums. 31 Wenn und soweit der Gesetzgeber anordnet, dass eine jede gesellschaftsrechtlich zulässige Maßnahme im Insolvenzplan vorgesehen werden kann, so stellt er damit zugleich klar, dass eine unmittelbare Masseauswirkung dieser Maßnahme für ihre Zulässigkeit nicht erforderlich ist; anderenfalls er dies – jedenfalls im Rahmen der SanInsFoG-Reform – würde klargestellt haben. Darüber hinaus hebt die Gesetzesbegründung schon des ESUG hervor, dass die Grenze zwischen Eigenkapital und Fremdkapital, zwischen Beteiligung an einer Gesellschaft und Forderung gegen eine Gesellschaft in der jüngeren Entwicklung fließend ist (BT-Drucks. 17/5712, S. 30). Damit bricht der Gesetzgeber in diesem Bereich ausdrücklich mit den vor Inkrafttreten des ESUG überkommenen Grundsätzen der Kompetenzzuweisung und der Verdrängungslehre. 32 Ein Grund, warum diese grundsätzliche Neuordnung des Verhältnisses des Insolvenzrechts zum Gesellschaftsrecht auf den finanzwirtschaftlichen Bereich, also auf eigenkapitalrelevante Maßnahmen beschränkt bleiben sollte, ist weder erkennbar noch kommt er in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck. Vielmehr liegt der durch das ESUG vorgenommenen Neuordnung ein Paradigmenwechsel zugrunde, den es auf das gesamte Recht der Kompetenzkollisionen auszudehnen gilt. Dementsprechend sind dem Regelungsbereich des Insolvenzplanverfahrens auch solche Maßnahmen, die keinen unmittelbaren Einfluss auf die Finanzverfassung der Gesellschaft haben und bislang ausschließlich dem Schuldnerbereich zuzuordnen waren, nicht entzogen. Daraus folgt, dass der gesamte, z. B. nach § 46 GmbHG dem Aufgabenkreis der Gesellschafter zugewiesene Kompetenzkatalog, auch soweit er nicht bereits durch Zugehörigkeit zum Verdrängungsbereich der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters unterliegt, Gegenstand einer Regelung im Insolvenzplan sein kann. Ob die Maßnahme Auswirkungen auf die Insolvenzmasse hat, ist gleichgültig (so auch Haas, NZG 2012, 961, 965; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 34; beide mit Bezugnahme auf Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 22, 25 f.). 33 Obwohl in der Literatur auch bereits vor Einführung des ESUG diskutiert (vgl. z. B. Hölzle, FR 2006, 447; Brinkmann, WM 2011, 97, 102; Drouven, ZIP 2009, 1052; Wallner, ZInsO 2010, 1419), hat der Gesetzgeber auch das 688
4. Materiell-rechtliche Einbeziehung von Gesellschafterrechten in den Plan
SanInsFoG nicht genutzt, das Umwandlungsrecht in § 225a InsO gesondert aufzugreifen (vgl. schon Madaus, ZIP 2012, 2133, 2135 ff.). Das bedeutet jedoch nicht, dass umwandlungsrechtliche Maßnahmen im Rahmen eines Insolvenzplans ausgeschlossen blieben. Im Gegenteil: Neben Verschmelzung und Formwechsel kann sich vor allem die Ausgliederung als sinnvolle und vorteilhafte Alternative zum Asset-Deal erweisen (dazu Hölzle/Kahlert, ZIP 2017, 510; Kahlert/Gehrke, DStR 2013, 975) und ist ebenfalls von der Ausweitung des Verdrängungsbereichs erfasst (siehe ausführlich Rn. 41 ff.). Für das Insolvenzplanverfahren bedeutet dies, dass in Erweiterung der Ver- 34 drängungslehre Webers (a. a. O.) künftig zwischen zwei verschiedenen Verdrängungsbereichen zu differenzieren ist: Außerhalb des Insolvenzplanverfahrens bleibt es bei der überkommenen Verdrängungslehre. Durch die Gestaltungsfreiheit des Insolvenzplanverfahrens (§§ 217, 225a InsO) wird jedoch der Verdrängungsbereich zulasten des Schuldnerbereichs deutlich ausgedehnt und entsteht ein „Verdrängungsbereich II“, der bisher den schuldnerischen Organen vorbehaltene Kompetenzen zwar nicht dem Insolvenzverwalter (§ 80 InsO greift nicht), wohl aber der über den Insolvenzplan beschließenden Beteiligtenversammlung (Gläubiger und am Schuldner beteiligte Personen) zuweist. b) Der Eingriff in Gesellschafterrechte und die „Absolute Priority Rule“ des § 245 Abs. 2 InsO Der Gesetzgeber hat die absolute Vorrangregel des § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO 35 in Bezug auf die Position der Gesellschafter im Insolvenzverfahren einerseits durch die Neufassung von Nr. 2 selbst, andererseits durch die Ergänzung des §§ 245 Abs. 2 um Satz 2 und 3 neu gefasst und klargestellt, dass der Sanierungs- und Fortführungsmehrwert, der durch den Insolvenzplan realisiert wird, nicht entschädigungslos beim Schuldner belassen werden darf. Der Schuldner ist vielmehr verpflichtet, diesen Fortführungsmehrwert, das heißt die (künftige) Aufwertung des Eigenkapitals auszugleichen, anderenfalls das Obstruktionsverbot nach § 245 Abs. 1 InsO wegen Verstoßes gegen die Absolute Priority Rule keine Anwendung findet. Die Vorschrift entspricht ihrem Wortlaut nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG, 36 weshalb zur Vermeidung von Wiederholungen auf die dortige Kommentierung ergänzend verwiesen wird (vgl. §§ 25 – 28 StaRUG Rn. 33 ff.). Genau wie dort setzt auch die Anwendung des Obstruktionsverbots nach § 245 InsO obgleich der Planmehrwert (zum Teil) beim Schuldner belassen wird, voraus, dass nach den konkreten Umständen des Einzelfalls die Beiträge des Schuldners nicht substituierbar sind und dass die Mitwirkung des Schuldners daher für die Realisierung des Planmehrwerts unerlässlich erscheint (BT-Drucks. 19/24181, S. 201). Genau wie § 28 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG ist auch § 245 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 – 3 InsO äußerst restriktiv auszulegen.
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c) Abgrenzung von Gesellschafterrechten und Gesellschafterforderungen 37 Mit der Feststellung, dass der Verdrängungsbereich II eine jede gesellschaftsrechtlich zulässige Maßnahme erfasst, ohne dass es eines Massebezuges bedürfte, ist noch nichts darüber gesagt, welche Rechte der Gesellschafter damit im gegenständlich-sachlichen Anwendungsbereich erfasst sind. 38 Die Anteilseigener einer Gesellschaft treten dieser häufig in verschiedenster Funktion gegenüber, nämlich in Ausübung ihrer mit dem Anteil verbundenen Rechte einerseits, als Gläubiger andererseits. Letzteres nicht nur wegen z. B. der Gesellschaft gewährten Darlehen oder Sicherheiten, sondern auch wegen Forderungen aus Aufwandserstattung (z. B. § 110 HGB), Miete etc. 39 Die Abgrenzung danach, ob der Anspruch causa societatis oder causa mutui entstanden ist (so Madaus, ZIP 2010, 1214, 1216, 1220) ist hierfür ungeeignet, da z. B. Abfindungsansprüche ausgeschiedener Gesellschafter oder auch Aufwendungsersatzansprüche nicht in der Gruppe der Anteilsinhaber (Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, §§ 225a Rn. 19), sondern bei den nicht nachrangigen (§ 38 InsO) oder den nachrangigen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) Gläubigern zu berücksichtigen. Hinzu kommt, dass z. B. auch Gesellschafterdarlehen infolge der durch das MoMiG (Gesetz zur Modernisierung und zur Vermeidung von Missbräuchen im GmbH-Recht, vgl. dazu Hölzle, GmbHR 2007, 729) vollzogenen Reform des Eigenkapitalersatzrechts im Falle der Insolvenz als typisiert gesellschaftsrechtlich subordiniert behandelt werden. Dies ist nur auf der Grundlage einer gesellschaftsrechtlichen causa (dazu ausführlich Hölzle, ZIP 2009, 1939; ders., ZIP 2010, 913; ders., ZIP 2011, 650) möglich, was aber nicht zur Folge haben kann, dass durch mit der gesellschaftsrechtlichen Qualifizierung der Ansprüche die Wertung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO unterlaufen wird und die Ansprüche in der Plangruppe der Anteilseigner nach § 222 Abs. 1 Nr. 4 InsO einzuordnen wären. 40 Richtiges Abgrenzungskriterium ist daher, worauf Spliedt (in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 19) zu Recht hinweist, das gesellschaftsrechtliche Abspaltungsverbot (vgl. K. Schmidt, GesR, § 19 III 4): Von § 225a InsO sind nur diejenigen Rechtspositionen erfasst, die von der Mitgliedschaft nicht getrennt werden können. Was abgespalten werden kann, ist in einer gesonderten Gläubigergruppe zu regeln, soweit Eingriffe erfolgen sollen. 5. ABC zulässiger Gestaltungsmaßnahmen 41 Die Aufzählung im Insolvenzplan möglicher gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen in § 225a Abs. 3 InsO ist nicht abschließend. Eine umfassende Aufzählung der dem Verdrängungsbereich II zuzuordnenden Maßnahmen ist daher nicht möglich. 42 Das Insolvenzrecht überlagert das Gesellschaftsrecht mit § 225a InsO vollständig. Eine gesellschaftsrechtliche Beschlusskontrolle auf Grundlage von Stimmbindungen, gesellschaftsrechtlicher Treuepflicht, Gleichbehandlung oder sonst
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5. ABC zulässiger Gestaltungsmaßnahmen
wichtigen Gründen ist ausgeschlossen und wird ausschließlich durch das insolvenzrechtliche Instrumentarium zur Beschlusskontrolle (§§ 245, 251, 253 InsO) ersetzt (so jetzt auch OLG Frankfurt/M., ZIP 2013, 2018 [„Suhrkamp“]; ebenso Hölzle, EWiR 2013, 589; Haas, NZG 2012, 961, 965; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 638; K. Schmidt, BB 2011, 1603 ff.; a. A. Müller, KTS 2012, 419, 441 f.; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125; Madaus, ZIP 2012, 2133). Zu den regelmäßig in einem das schuldnerische Unternehmen auch auf gesell- 43 schaftsrechtlicher Seite restrukturierenden Insolvenzplan erforderlichen Maßnahmen gehören insbesondere die nachfolgenden, wobei auch diese Aufzählung nicht abschließend ist: Anteilsübertragung/-abtretung (Schuldner): Der Insolvenzplan kann vorsehen, 44 dass einzelne oder sämtliche Gesellschafter ihre Geschäftsanteile an dem Schuldner anteilig oder vollständig an Dritte abtreten (BT-Drucks. 17/5712, S. 32: grundlegende Umgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Strukturen aus außerhalb eines Debt-Equity-Swaps), seien es Gläubiger (unechter Debt to Equity Swap), Investoren oder sonstige Dritte. Die Zustimmung der AltAnteilsinhaber dazu ist nicht erforderlich. Die Rechte der Alt-Gesellschafter sollen auch insoweit durch deren Beteiligung an der Abstimmung über den Insolvenzplan hinreichend gewahrt sein. Dabei ist zu beachten, dass eine Ersetzung der Zustimmung der Gruppe der 45 Anteilsinhaber (§ 222 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 InsO) nur möglich ist, wenn alle Anteilsinhaber verhältnismäßig gleich gezwungen werden, Anteile zu übertragen, da anderenfalls das Gleichbehandlungsgebot (§ 226 InsO) und die Besserstellung einzelner Gesellschafter der Anwendung des Obstruktionsverbotes nach § 245 Abs. 3 Nr. 2 InsO der Anteilsübertragung entgegenstünden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die unterschiedliche Behandlung auch außerhalb des Insolvenzverfahrens gesellschaftsrechtlich zulässig wäre und wegen § 226 InsO für die Gesellschafter unterschiedliche Beteiligungsgruppen im Planverfahren gebildet werden (ebenso Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 35). Die nötigen Erklärungen der Alt-Gesellschafter gelten mit der Bestätigung 46 des Insolvenzplans als in der dafür erforderlichen Form abgegeben (§ 254a Abs. 1 InsO); und zwar auch dann, wenn der betreffende Gesellschafter dem Plan nicht zugestimmt hat. Sollen die Anteile der Alt-Gesellschafter nur anteilig übertragen werden, so 47 kann der Insolvenzplan vorher die Neuordnung, Teilung oder Zusammenlegung von Geschäftsanteilen im Wege einer Satzungsänderung vorsehen und sodann die durch Teilung oder Zusammenlegung neu geschaffenen Anteile übertragen. Auch insoweit gilt die nötige Form nach § 254a Abs. 1 InsO als gewahrt.
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48 Auch wegen der zwangsweisen Abtretung von Geschäftsanteilen gilt, dass der Insolvenzplan zwar vorsehen kann, dass hierfür eine Abfindung gezahlt wird (§ 225a Abs. 2 Satz 3 Alt. 5 InsO), eine solche aber grundsätzlich nicht vorsehen muss. Vielmehr geht der Gesetzgeber davon aus, dass wegen der grundsätzlichen Wertlosigkeit der Anteile nach dem Maßstab des § 199 Satz 2 InsO eine Entschädigung im Regelfall nicht zu zahlen ist (vgl. Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 518). 49 Fühlen sich die Gesellschafter durch die entschädigungslose Zwangsabtretung benachteiligt und halten sie ihre vermögensmäßigen Ansprüche im Verhältnis zur Regelabwicklung im Liquidationsverfahren für nicht hinreichend gewahrt, so können sie entsprechende Entschädigungsansprüche grundsätzlich nur außerhalb des Insolvenzplanverfahrens geltend machen (§ 251 Abs. 3 Satz 2 InsO) und die Umsetzung des Plans und damit den mit seiner Bestätigung wirksam werdenden Vollzug der Abtretung jedoch grundsätzlich nicht verhindern. 50 Anteilsübertragung/-abtretung (Tochtergesellschaften): Die Möglichkeit, Anteilsübertragungen vorzusehen, bezieht sich nicht allein auf die Anteile an der schuldnerischen Gesellschaft, sondern auch auf Anteile an Tochtergesellschaften des Schuldners (BT-Drucks. 17/5712, S. 32; Thies, in: HambKommInsO, § 225a Rn. 48 f.). Einer solchen Klarstellung hätte es indes nicht bedurft, da es sich dabei um eine Verwertungshandlung in Bezug auf das schuldnerische Vermögen handelt, die auch vor Inkrafttreten des ESUG möglich war. 51 Ausschluss von Gesellschaftern: Der Plan kann auch den Ausschluss von Gesellschaftern vorsehen. Dies kann durch Einziehung des Geschäftsanteils ebenso erfolgen, wie durch eine Kapitalherabsetzung auf null mit anschließender Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts (vgl. § 225a Abs. 2 Satz 3 InsO; Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 16; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 14, 39; a. A. Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt-Equity-Swap [Diss. 2013], S. 139 f.). Dass den Alt-Gesellschaftern keine Beteiligungsoption an der nachfolgenden Kapitalerhöhung in Gestalt der Gewährung eines Bezugsrechts einzuräumen ist, folgt bereits daraus, dass es keinen Unterschied machen kann, ob die Anteile durch Abtretung auf einen Dritten übertragen werden oder im Wege einer Kapitalherabsetzung auf null mit anschließender Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts für die Alt-Gesellschafter (vgl. zum Ablauf BGHZ 142, 167, 169 f.) untergehen. Der Bezugsrechtsausschluss begegnet jedoch grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, soweit der beteiligungswillige und auch leistungsfähige Alt-Gesellschafter ausgeschlossen werden soll (vgl. K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2088; Madaus, ZGR 2011, 749, 761 f.; Urlaub, ZIP 2011, 1040, 1044; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125 f.; Müller, KTS 2012, 419, 441 f.; Hölzle, KTS 2011, 291, 321 f.; ders., in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 39). In der Gestaltungspraxis ist dem beteiligungswilligen Gesellschafter, der nachgewiesenermaßen (§ 230 Abs. 3 InsO) zur Leistung der Bareinlage (vgl. Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 39) wirtschaftlich 692
5. ABC zulässiger Gestaltungsmaßnahmen
in der Lage ist, aus Gründen der Gestaltungssicherheit ein Bezugsrecht einzuräumen. Aufsichtsrat (in der GmbH)/Beirat: Nach § 52 Abs. 1 GmbHG kann auch für 52 die GmbH durch Anordnung in der Satzung ein Aufsichtsrat bestellt werden, für den die Vorschriften des AktG weitgehend entsprechend gelten. Unterhalb dieser Schwelle kann die Satzung für die interne Willensbildung auch die Schaffung eines Beirates vorsehen, der formal kein Organ der Gesellschaft, aber satzungsgemäß in die interne Willensbildung einzubeziehen ist. Beteiligen sich im Rahmen einer insolvenzrechtlichen Restrukturierung Gläubiger an dem Unternehmen, sei es im Wege eines Debt-Equity-Swap, sei es durch Anteilsübertragung oder auf sonstige Weise, können diese Gläubiger ein großes Interesse daran haben, auch auf die operative Geschäftsführung gesteigerten Einfluss auszuüben. Im Insolvenzplan kann demgemäß durch Satzungsänderung die Schaffung eines Aufsichtsrats oder die Installation eines Beirates ohne Weiteres vorgesehen werden. Debt-Equity-Swap: dazu sogleich ausführlich, siehe Rn. 76 ff.
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Feststellung von Jahresabschlüssen: Während für die Aufstellung des Jahres- 54 abschlusses ohnehin der Insolvenzverwalter zuständig ist (§ 155 InsO), ist über § 225a Abs. 3 InsO auch die Fassung des Feststellungsbeschlusses im Insolvenzplan möglich. Firma: Die Firma der Gesellschaft ist Gegenstand der Regelung der Satzung 55 (vgl. z. B. § 3 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG). Die Änderung der Firma ist daher eine Satzungsänderung. Satzungsänderungen (vgl. dort) fallen in den Anwendungsbereich des § 225a Abs. 3 InsO, weshalb auch die Änderung der Firma Gegenstand einer Regelung im Insolvenzplan sein kann. Fortsetzungsbeschluss: Personen- ebenso wie Kapitalgesellschaften gelten als 56 mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst (§ 131 Abs. 1 HGB; § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG; § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG; § 101 GenG); sie werden kraft des Eröffnungsbeschlusses zur Liquidationsgesellschaft. Soll der Geschäftsbetrieb fortgesetzt und das restrukturierte Unternehmen saniert werden, ist ein Fortsetzungsbeschluss erforderlich, durch den die Gesellschaft wieder zu einer werbenden Gesellschaft wird. Dieser Umstand begründete vor Inkrafttreten des ESUG erhebliches Obstruktionspotenzial für die Alt-Gesellschafter, weil diese den Fortsetzungsbeschluss schlicht verweigern konnten. Da der Insolvenzplan insoweit gemäß § 249 InsO unter die Bedingung eines wirksamen Fortsetzungsbeschlusses zu stellen war, konnte der Plan ohne Mitwirkung der Gesellschafter nicht bestätigt werden. Dem hat das ESUG durch die Einführung des § 225a Abs. 3 InsO und der Formfiktion des § 254a Abs. 1 InsO abgeholfen. Der Fortsetzungsbeschluss kann im Insolvenzplan (form)wirksam gefasst werden. Geschäftsanteil (Abtretung und Einziehung): siehe „Anteilsübertragung 57 (Schuldner)“
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58 Geschäftsanteil (Teilung, Zusammenlegung): Auch die Teilung und Zusammenlegung von Geschäftsanteilen ist durch Festsetzung im Insolvenzplan möglich. Die Form gilt nach § 254a Abs. 1 InsO als gewahrt. Zu Einzelheiten siehe „Anteilsübertragung (Schuldner)“. 59 Geschäftsführer (Abberufung, Neubestellung): siehe Organe 60 Geschäftsordnung: Der Insolvenzplan kann ebenso vorsehen, dass für die Organe des Schuldners eine Geschäftsordnung erlassen wird. Dies kann insbesondere im Zusammenhang mit einem Debt-Equity-Swap Sinn machen, wenn die Gläubiger ihren Einfluss über einen bestehenden oder zu installierenden Beirat auch im Tagesgeschäft sichern und Zustimmungserfordernisse für die Geschäftsführung im Innenverhältnis festschreiben wollen; siehe auch „Aufsichtsrat (in der GmbH)/Beirat“ 61 Grundlagengeschäfte: siehe „Satzungsänderung“ 62 Kaduzierung: Der Insolvenzplan kann auch die Kaduzierung (§ 21 GmbHG) von Geschäftsanteilen vorsehen, wenn einzelne Gesellschafter ihrer Verpflichtung zur Leistung der Stammeinlage nicht oder nicht vollständig nachgekommen sind. Dies kann insbesondere wegen der weiteren Rechtsfolgen der Haftung von Rechtsvorgängern (§ 22 GmbHG) oder der Mithaft der übrigen Gesellschafter für die rückständige Stammeinlage (§ 24 GmbHG) von praktischem Nutzen sein. Der Fristsetzung gegenüber dem säumigen Gesellschafter nach § 21 Abs. 1 GmbHG bedarf es nicht. Die Frist soll den säumigen Gesellschafter vor dem vorschnellen Ausschluss aus der Gesellschaft schützen und ihn in die Lage versetzen, diesen durch fristgerechte Leistung der säumigen Einlage abzuwenden. Eine Abwendungsbefugnis für den Verlust des Geschäftsanteils gibt es im Insolvenzplanverfahren aber ohnehin nicht, da der Plan nach § 225a Abs. 3 InsO die Einziehung des Geschäftsanteils jedenfalls vorsehen kann. Wo die mit der Frist zu eröffnende und bezweckte Abwendungsbefugnis aber ins Leere läuft, ist auch die Frist entbehrlich. Der Nachteil für den säumigen Gesellschafter liegt einzig darin, dass das aus seiner Säumnis folgende Recht zu seiner vom Regelgesellschafter abweichenden Behandlung auch die Rechtfertigung für die Herausnahme aus der Gruppe der übrigen Gesellschafter und für die Einordnung in eine eigene Gruppe liefert (§ 222 Abs. 1 InsO). Da es im Insolvenzplanverfahren jedoch nur ein Gleichbehandlungsgebot innerhalb der jeweilige Gruppe (§ 226 Abs. 1 InsO), nicht aber ein allgemeines, gruppenübergreifendes Gleichbehandlungsgebot gibt (vgl. Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 226 Rn. 1), eröffnet die Säumnis mit der Stammeinlage eine Ungleichbehandlung dieses Gesellschafters gegenüber den übrigen Gesellschaftern. Eine Überprüfung findet dann erst im Rahmen des Obstruktionsverbots (§ 245 Abs. 2 Nr. 3 InsO) statt. Im Übrigen hat der säumige Gesellschafter ausreichend Gelegenheit, auf eine abweichende Behandlung im Plan zu reagieren. Der Insolvenzplan ist nach § 234 InsO auf der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts niederzulegen. Nach § 235 Abs. 2 InsO wird die Bestimmung des Erörterungsund Abstimmungstermins öffentlich bekannt gemacht und dabei darauf hin-
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gewiesen, dass der Plan auf der Geschäftsstelle eingesehen werden kann. Die Änderung des Plans und der Gruppeneinteilung ist im Abstimmungstermin noch möglich, § 240 InsO, weshalb der säumige Gesellschafter seine auf die Säumnis zurückgehende abweichende Behandlung mit ausreichender Frist durch Zahlung vor dem Erörterungs- und Abstimmungstermin auch im Insolvenzverfahren abwenden kann. Nachschüsse: Soweit die Satzung des Schuldners Nachschusspflichten auch 63 grundsätzlich beschränkt haftender Gesellschafter (vgl. z. B. §§ 27 f. GmbHG; für PersG: BGH, ZIP 2009, 864; für Genossenschaft: BGH, WuM 2008, 736) vorsieht, kann ein zu deren Anforderung nötiger Gesellschafterbeschluss im Insolvenzplan gefasst werden. Auf satzungsgemäße Mehrheitserfordernisse kommt es nicht an (vgl. § 238a Abs. 1 Satz 2 InsO). Organe: In dem Insolvenzplan kann auch die Abberufung und Neubestellung 64 von Organen, soweit gesellschaftsrechtlich zulässig, vorgesehen werden. Fiel in die Zuständigkeit des Insolvenzverwalters bislang ausschließlich das Recht, Anstellungsverträge mit Organen zu beenden, nicht aber das Recht, Organe abzuberufen oder zu bestellen bzw. solche Änderungen zum Handelsregister anzumelden, so ist diese Kompetenz nunmehr vom Verdrängungsbereich II, also von der verdrängenden Kompetenzzuweisung an die Beteiligtenversammlung, die über den Insolvenzplan abstimmt, ohne Weiteres gedeckt. Mit der Bestätigung des Insolvenzplans werden die im Plan vorgesehene Abberufung eines Organs und eine etwaig gleichzeitige Neubestellung wirksam. Die Anmeldung zum Handelsregister kann der Insolvenzverwalter vornehmen (§ 254a Abs. 2 InsO). Die gesellschaftsrechtliche Abberufung hat keinen Einfluss auf den bestehenden Dienstvertrag mit dem Organ. Da diese auch von § 116 InsO nicht erfasst werden (vgl. OLG Hamm, ZInsO 2001, 43; Ahrendt, in: HambKomm-InsO, § 116 Rn. 6), muss der Insolvenzverwalter eine Kündigung nach § 113 Satz 1 InsO in der Höchstfrist von drei Monaten (§ 113 Satz 2 InsO) aussprechen. Die Bezüge bis zum Auslauf der Kündigungsfrist sind Masseverbindlichkeiten, Ersatzansprüche wegen der vorzeitigen Beendigung gegenüber einer Mindestvertragslaufzeit sind gemäß § 113 Satz 3 InsO Insolvenzforderung im Rang des § 38 InsO bei einem Fremdgeschäftsführer und im Range des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer (vgl. § 39 Abs. 5 InsO). Prokura: Die Erteilung von Prokura ist keine gesellschaftsrechtliche Maß- 65 nahme, sondern ein Akt der Geschäftsführung. Bei der Prokura i. S. d. §§ 49 ff. HGB handelt es sich um eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht mit gesetzlich bestimmtem Umfang. Maßnahmen der Geschäftsführung sind allerdings von § 225a Abs. 3 InsO nicht erfasst, weshalb die Einräumung von Prokura im Rahmen des Insolvenzplans nicht wirksam möglich ist. Satzungsänderung: Unabhängig von gesellschaftsvertraglichen Mehrheitser- 66 fordernissen (vgl. § 238a InsO), Sonderstimmrechten o. Ä. sind im Rahmen des Insolvenzplans auch Satzungsänderungen jeder Art möglich. Eine inhalt-
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liche Begrenzung des Katalogs möglicher Satzungsänderungen gibt es nicht. Insbesondere ist, wie einleitend erläutert, ein Massebezug für die Satzungsänderung nicht erforderlich. Auch Grundlagengeschäfte (dazu K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 46 Rn. 2, 4, 178 ff.) sind hiervon nicht ausgenommen. Die Grenzen der Satzungsfreiheit für Zuständigkeitsverlagerungen (vgl. z. B. § 45 GmbHG), die bei einer die Gesellschafterversammlung bis zur Bedeutungslosigkeit aushöhlenden Selbstentmündigung grundsätzlich überschritten ist und den individuellen Kernbereich der Gesellschafterversammlung schützen soll (vgl. K. Schmidt, a. a. O., Rn. 10), gelten hier in Ansehung der Stimmrechtsausübung gerade nicht (so auch Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 27). Das Gesellschaftsrecht wird insoweit vom Insolvenzrecht überlagert. Selbstverständlich ist aber, da der Rahmen des Zulässigen durch die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit bestimmt wird, dass auch der Insolvenzplan nicht in der inhaltlichen Gestaltung der Satzung frei ist. Diese muss den gesellschaftsrechtlichen Anforderungen an die Grenzen der Satzungsfreiheit genügen. Andererseits folgt aus der nur inhaltlichen Bindung an das Gesellschaftsrecht, dass für die Beschlussfassung über die Satzung auch gesellschaftsrechtliche Mehrheitserfordernisse und Quoren außer Betracht bleiben. Die Regularien der Abstimmung, das Erreichen nötiger Quoren und die Frage der Wirksamkeit eines Beschlusses richtet sich ausschließlich nach Insolvenzrecht, hier insbesondere nach §§ 245, 251, 253 InsO (so jetzt auch OLG Frankfurt/M., ZIP 2013, 2018 [„Suhrkamp“]). 67 Teilung von Geschäftsanteilen: siehe „Geschäftsanteil (Teilung/Zusammenlegung)“ 68 Umwandlung: Das Umwandlungsrecht (§§ 2 ff. UmwG) ist weder vom ESUG-, noch vom SanInsFoG-Gesetzgeber besonders in den Blick genommen worden. Bereits vor Inkrafttreten des ESUG ist das Umwandlungsrecht als Gestaltungsinstrument in der Krise und der Insolvenz diskutiert worden (Hölzle, FR 2006, 447; Brinkmann, WM 2011, 97, 102; Drouven, ZIP 2009, 1052; Wallner, ZInsO 2010, 14.19). Dass der Insolvenzplan nunmehr auch eine Umwandlung als gesellschaftsrechtliche Maßnahme unabhängig von der Beschlussfassung in einer Gesellschafterversammlung grundsätzlich vorsehen kann, steht außer Zweifel (vgl. z. B. Madaus, ZIP 2012, 2133; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 45 f.). Auch die umwandlungsrechtlich der Beteiligung von insolventen Rechtsträgern entgegengebrachten Bedenken greifen bei einer Umwandlung im Rahmen eines Insolvenzplans nicht durch, wenn und soweit die insolvente Gesellschaft durch den Plan uno actu bilanziell saniert und deren Fortsetzung beschlossen wird (OLG Bremen, ZIP 2016, 1480; vgl. auch Madaus, ZIP 2012, 2133, 2135 ff.). Auch die Ausgliederung als Alternative zum Asset-Deal ist dank § 225a Abs. 3 InsO nunmehr möglich (dazu Kahlert/Gehrke, DStR 2013, 975). 69 Der Vorteil einer solchen Plangestaltung kann darin liegen, dass Gegenstand einer Ausgliederung (zur Aufnahme) nicht nur Vermögensgegenstände, sondern auch Rechtsverhältnisse, insbesondere z. B. Mietverhältnisse, des übertragenden Rechtsträgers sein können (BGH, ZIP 2003, 2155). 696
5. ABC zulässiger Gestaltungsmaßnahmen
Die Annahme eines entsprechenden Insolvenzplans unter Beteiligung der 70 Gesellschafter ersetzt die gemäß §§ 13 Abs. 1, 125 Satz 1 UmwG erforderliche Beschlussfassung der Gesellschafter über die Umwandlungsmaßnahme (Simon/ Brünkmans, ZIP 2014, 657, 660). Gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG findet nach Maßgabe des Ausgliederungsvertrags/-plans eine Gesamtnachtrechtsnachfolge statt. Im Ausgliederungsvertrag/-plan lässt sich also auch regeln, dass dem Unternehmen des übertragenden Rechtsträgers zuzuordnende Verträge, Dauerschuldverhältnisse und sonstige Rechtsstellungen (Listungen, Konzessionen, Genehmigungen etc.) mit übergehen. Da hierdurch Interessen der Gläubiger der beteiligten Rechtsträger berührt 71 werden, schreibt das Umwandlungsgesetz in § 133 Abs. 1 UmwG (grundsätzlich) eine gesamtschuldnerische Haftung aller beteiligten Rechtsträger für die Altverbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers für einen Zeitraum von fünf Jahren vor. Nach der gegenwärtig wohl herrschenden Auffassung in der Literatur (Kallmeyer/Kocher, UmwG Anl. 2 Rn. 23 f.; Brünkmans, Münch. Hdb GesR, Bd. 8, § 46 Rn. 98; Hölzle/Kahlert, ZIP 2017, 510; Kahlert/ Gehrke, DStR 2013, 975, 977 f.; Becker, ZInsO 2013, 1885, 1890 f.; Brünkmans, ZInsO 2014, 2533, 2552; Brünkmans/Thole/Brünkmans, § 31 Rn. 515; Kübler/ Prütting/Bork/Spahlinger, InsO, § 225a Rn. 84; Simon/Brünkmans, ZIP 2014, 657, 664; Madaus, in: Kübler, HRI, § 33 Rn. 22) findet die Nachhaftung aus § 133 UmwG bei der Umwandlung im Insolvenzverfahren allerdings keine Anwendung. Es sollen hier dieselben Grundsätze Anwendung finden, wie sie für die Nicht-Anwendung von § 25 HGB, § 75 AO und § 613a Abs. 2 BGB bei Unternehmensverkäufen im Insolvenzverfahren gelten. Dies ist auch richtig: Für die Anwendbarkeit des § 133 UmwG auf Spaltungen 72 im Rahmen eines Insolvenzplans fehlt es nach der Ratio der Norm an einem Rechtsschutzbedürfnis. Legitimation der Haftung nach § 133 UmwG ist, dass die an Spaltung beteiligten Rechtsträger Vermögen und Verbindlichkeiten nach freiem Ermessen zwischen sich aufteilen können. Hieraus können sich für die Gläubiger Risiken ergeben, weil ihnen insoweit ein Widerspruchsrecht nicht zusteht, also eine Trennung von Vermögen und Verbindlichkeiten ohne Beteiligung der Gläubiger bei einer Spaltung außerhalb des Insolvenzverfahrens möglich ist. Für die Gläubiger wird für den auf fünf Jahre begrenzten Haftungszeitraum die Fiktion nicht erfolgter Ausgliederung und damit die Wahrung ihres „haftungsrechtlichen Besitzstandes“ begründet. Diese Ratio trägt die Anwendung des § 133 UmwG auf durch Insolvenzplan initiierte Spaltungen aber gerade nicht. Denn in diesem Fall greift erstens der Gedanke, den Gläubigern fehle es an 73 einem Widerspruchsrecht, nicht. Es sind nämlich die Gläubiger selbst, die die Spaltung beschließen, da der Insolvenzplan auf Grundlage des Gläubigerwillens (§§ 244 f. InsO) zustande kommt. Da den Gläubigern das Unternehmen infolge der Insolvenzeröffnung wirtschaftlich zuzurechnen ist, haben die Gesellschafterinteressen und -rechte hinter den Gläubigerrechten zurückzutreten. Dieses in §§ 217 Satz 2, 225a InsO zum Ausdruck kommende Prinzip wirkt auf 697
§§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO
die Ratio des § 133 UmwG zurück, weshalb den Gläubigern nicht ein Sicherungsmittel als Ausgleich für die Umsetzung einer Gestaltung gewährt werden muss, die sie selbst auf Grundlage der Vergleichsrechnung des Insolvenzplans als diejenige mit den höchsten Befriedigungschancen erkannt und gewählt haben. Zweitens ergibt sich der zwingende Ausschluss der Anwendbarkeit des § 133 UmwG aus §§ 89, 91 InsO, wonach Vollstreckungen für Insolvenzgläubiger in die Insolvenzmasse untersagt und ein Rechtserwerb an Gegenständen der Masse unwirksam ist, sowie aus §§ 187 ff. InsO, wonach die Befriedigung der Insolvenzgläubiger wegen ihrer Insolvenzforderungen nach Verwertung der Insolvenzmasse ausschließlich auf Grundlage des Verteilungsverzeichnisses erfolgt. Würde die Haftung nach § 133 UmwG zugelassen, so würde den Gläubigern ein doppelter Zugriff auf die (vormalige) Insolvenzmasse (erneut) eröffnet, nämlich zunächst durch die Verwertung im Rahmen des Insolvenzverfahrens, sei es auch unter Verwendung einer gesellschaftsrechtlichen Reorganisationsmaßnahme in Form der Spaltung, und im Anschluss noch einmal durch Zugriff auf den Erwerber in Gestalt des aufnehmenden Unternehmens. Dieser Zugriff erstreckte sich auf dasselbe Vermögen, das bereits einer insolvenzrechtlichen Verwertung zugeführt worden ist, weshalb er an einer erweiterten Auslegung der §§ 89, 91, 187 ff. InsO scheitern muss. Dass nämlich gerade eine solche nicht gerechtfertigte doppelte Gläubigerbegünstigung ausgeschlossen werden soll, hat der BGH (ZIP 2014, 29) für § 25 HGB ausdrücklich klargestellt. 74 Versammlung (Gesellschafter-; oder Haupt-): Die Durchführung einer Gesellschafter- oder Hauptversammlung zur Fassung gesetzlich vorgeschriebener Beschlüsse (z. B. Feststellung des Jahresabschlusses; siehe dort) ist entbehrlich, da sämtliche Beschlüsse der Gesellschafterversammlung im Insolvenzplan nach § 254a Abs. 1 InsO formwirksam substituiert werden können. An die Stelle der Gesellschafter- bzw. Hauptversammlung tritt im Insolvenzverfahren die Beteiligtenversammlung nach §§ 235 ff. InsO. 75 WpÜG: Handelt es sich bei dem Schuldner um eine börsennotierte Aktiengesellschaft (Börsennotierung erfordert eine Notierung im geregelten Markt; die Notierung im Freiverkehr reicht nicht aus), so würden grundsätzlich auch bei einer Anteilsübertragung im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens die Regularien des WpÜG gelten. Erlangt ein Gläubiger z. B. im Rahmen eines Debt-Equity-Swap mindestens 30 % der Stimmrechte an dem Schuldner und erwirbt er somit i. S. d. § 29 Abs. 2 WpÜG die Kontrolle über das Unternehmen, so wäre er grundsätzlich verpflichtet, den übrigen Aktionären ein Übernahmeangebot zu unterbreiten. Der Gesetzgeber hat es versäumt, die Vorschriften des Insolvenzplanverfahrens mit denen des WpÜG zu verzahnen. Das WpÜG dient dem Schutz der Kleinaktionäre; das Insolvenzverfahren dem Schutz der gesamten Gläubigerschaft. Die Interessen des Eigenkapitals treten im Insolvenzverfahren allerdings notwendigerweise hinter den Interessen des Fremdkapitals zurück, wie sich eindeutig aus §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 44a, 199 InsO ergibt. Der Minderheitenschutz im Insolvenzplanverfahren wird überdies durch §§ 251, 253 InsO abschließend (vgl. OLG Frankfurt/M., ZIP 698
6. Sonderfall: Debt-Equity-Swap
2013, 2018 [„Suhrkamp“]) geregelt. Der Schutzzweck des WpÜG muss daher hinter den insoweit vorrangigen Schutzzielen des Insolvenz- und des Insolvenzplanverfahrens zurücktreten. Für die Anwendung des WpÜG verbleibt daher kein Raum (i. E. so auch Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 519; Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 45). Äußerst vorsorglich ist der Planverfasser jedoch gehalten, im Falle der Tatbestandserfüllung einen Antrag auf Befreiung von der Angebotspflicht nach § 37 WpÜG zu stellen. 6. Sonderfall: Debt-Equity-Swap Der Debt-Equity-Swap ist keine Erfindung des ESUG. Zwar fehlt es in Bezug 76 auf § 225a Abs. 2 Satz 1 InsO, der die Zulässigkeit der Umwandlung von Forderungen von Gläubigern in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner ausdrücklich vorsieht, an einer Vorgängerregelung, jedoch war der Debt-Equity-Swap selbstverständlich auch vor Einführung dieser mehr klarstellenden Klausel als Sanierungsmittel bekannt und als Gestaltungsinstrument im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens grundsätzlich auch möglich (z. B. K. Schmidt, in: Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 372 ff.). Das ESUG hat jedoch zunächst einmal zwei wesentliche Risiken des Debt-Equity-Swaps als Gestaltungsmittel im alten Recht beseitigt. Nämlich: die Blockademacht der Altgesellschafter ist zum einen durch deren Einbeziehung als Gläubigergruppe, die dem Obstruktionsverbot des § 245 InsO unterliegt, und zum anderen durch die Möglichkeit des Bezugsrechtsausschlusses nach § 225a Abs. 2 Satz 3 Alt. 4 InsO erheblich zurückgedrängt; andererseits besteht das bisher überbordende Risiko der Differenzhaftung im Falle eines Scheiterns der Sanierung nach der Neufassung des § 254 Abs. 4 InsO nicht mehr. Die nach wie vor geringe praktische Bedeutung des Debt-Equity-Swaps in der 77 Sanierungs- und Insolvenzplanpraxis, wo der Swap bislang in wenigen größeren Verfahren zur Anwendung gekommen ist (vgl. Pleister, GWR 2013, 220; konkret zum Fall Pfleiderer Decher/Voland, ZIP 2013, 103), hat den SanInsFoGGesetzgeber weder dazu veranlasst, insoweit Änderungen des § 225a InsO zu erwägen, noch davon abgehalten, eine entsprechende Möglichkeit auch im StaRUG vorzusehen (vgl. § 7 StaRUG Rn. 12, § 67 StaRUG Rn. 18). a) Ablauf In der Regel erfolgt, da der Debt-Equity-Swap als Sanierungsmittel zunächst 78 eine Buchsanierung voraussetzt, eine Kapitalherabsetzung – im Insolvenzfall im Regelfall auf null –, die regelmäßig im vereinfachten Verfahren nach §§ 58a ff. GmbHG durchgeführt wird (Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541; zum D-E-S bei der GmbH & Co KG vgl. K. Schmidt, ZGR 2012, 566). Im Anschluss wird eine Kapitalerhöhung beschlossen (sog. Kapitalschnitt). Die Kapitalerhöhung erfolgt als Sachkapitalerhöhung durch „Einbringung“ 79 der in Eigenkapital umzuwandelnden Forderungen der Gläubiger (vgl. BGHZ
699
§§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO
110, 47, 60 f.; BGHZ 113, 335, 341 f.; BGHZ 118, 83, 93 f.; BGHZ 125, 141; BGH, NJW 2006, 1736, 1737). Die Einbringung der Gläubigerforderung vollzieht sich rechtstechnisch entweder im Wege des Verzichts (§ 387 BGB) oder durch Abtretung der Forderung an die Gesellschaft mit der Rechtsfolge des Erlöschens der Forderung durch Konfusion (ausführlich Cahn/Simon/ Theiselmann, Corporate Finance Law [CFL] 2010, 238 ff.). Die Tatsache, dass sich die Forderung gegen die Gesellschaft selbst richtet, hindert ihre Einlagefähigkeit nicht (BGHZ 110, 47, 60). 80 Vor Inkrafttreten des MoMiG waren eigenkapitalersetzende Forderungen i. S. d. §§ 32a, b GmbHG a. F. (bis einschließlich 31.12.2008) nicht einlagefähig (m. w. N. Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 5 Rn. 28). Daran ist für Gesellschafterforderungen i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO festzuhalten (a. A. Zeidler, in: Michalski, GmbHG, § 5 Rn. 93 f.; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 21; K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 580 f.). Es ist nämlich zu vergegenwärtigen, dass eine Beteiligung auch der Alt-Gesellschafter an der einer Kapitalherabsetzung nachfolgenden Kapitalerhöhung im Rahmen eines Verfahrens nach § 225a Abs. 2 InsO zu einem insolvenzrechtlichen Wertungswiderspruch führen würde. Während nämlich Drittgläubiger ihre Forderungen zum Nennwert umwandeln können und hierfür Gesellschaftsanteile erhalten, können die Alt-Gesellschafter mit ihren i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangigen Forderungen im Rahmen des Debt-Equity-Swaps nicht gleichrangig behandelt werden. Dies ist unabhängig davon, dass seit Inkrafttreten des MoMiG Forderungen aus einem Gesellschafterdarlehen nach der Rechtsprechung des BGH nicht mehr in der Durchsetzung blockiert, sondern eben nur nachrangig sind (BGH, ZIP 2009, 662). Die insolvenzrechtliche Rangordnung stellt nämlich nicht auf die Durchsetzbarkeit der Forderung ab, sondern regelt die Befriedigungsreihenfolge. Aus diesem Grunde ist eine wertkongruente Behandlung nicht nachrangiger und nachrangiger Insolvenzforderungen mit der Nominale ausgeschlossen. Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn man entgegen der hier vertretenen Ansicht die Einbringung nur in Höhe des Teilwerts (also regelmäßig der Quotenerwartung) und nicht der Nominale zulässt. Da nämlich auf die nachrangigen Insolvenzforderungen im Rang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO regelmäßig überhaupt keine Quote entfällt, könnten diese Forderungen nur mit einem Einbringungswert von Null belegt werden, was ihre Einlagefähigkeit ausschließt (i. E. ebenso Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 21). Ob die Einlagefähigkeit einer Forderung aus Gesellschafterdarlehen aber bereits aus formalen oder erst aus materiellen Gründen ausscheidet, ist für die Praxis gleichgültig. Sie ist jedenfalls nicht möglich. 81 Die Beteiligung der Alt-Gesellschafter an einem Debt-Equity-Swap im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens ist daher ausgeschlossen. Den Alt-Gesellschaftern sollte jedoch die Beteiligung an der Kapitalerhöhung durch Bareinlage aus dem Gesichtspunkt des Schutzes der Anteils- und Mitgliedschaftsrechte aus Art. 14 Abs. 1 GG ermöglicht werden (Hölzle, KTS 2011, 291, 321 f.; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 14). 700
6. Sonderfall: Debt-Equity-Swap
Wegen § 254a Abs. 2 Satz 3 InsO bedarf der Debt-Equity-Swap im Insolvenz- 82 plan der Einhaltung keiner weiteren Formerfordernisse. Der Debt-Equity-Swap bedarf der ausdrücklichen Zustimmung der betroffenen, 83 ihre Forderungen in Anteilsrechte umwandelnden Gläubiger (§ 225a Abs. 2 Satz 2 InsO). Die noch im ursprünglichen Diskussionsentwurf zum ESUG vom 29.6.2010 vorgesehene Änderung des § 230 InsO, wonach dem § 230 Abs. 2 InsO der Satz angefügt werden sollte: Die Zustimmung des Gläubigers, der keine persönliche Haftung übernehmen soll, gilt als erteilt, wenn (1.) der Insolvenzverwalter oder der Schuldner ihm die geplante Maßnahme schriftlich erläutert und ihn dabei aufgefordert hat, binnen einer Frist von mindestens zwei Wochen seine Zustimmung zu erklären, und (2.) der Gläubiger innerhalb der Frist nicht schriftlich geantwortet hat, obwohl er beide Aufforderungen auf die Rechtsfolge eines solchen Verhaltens hingewiesen worden ist.“
war bereits im Referentenentwurf vom 25.1.2011 und im nachfolgenden Regierungsentwurf vom 23.2.2011 (BT-Drucks. 17/5712) nicht mehr vorgesehen. Dem Vernehmen nach waren die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine solche Zwangsumwandlung, wie sie beispielsweise im britischen Recht vorgesehen ist (vgl. Bork, Sanierungsrecht in Deutschland und England [2011], Rn. 15.26 f., erforderliches Quorum: 75 %) zu groß. Wird der Debt-Equity-Swap im Verfahren der erleichterten Kapitalherab- 84 setzung nach §§ 58a ff. GmbHG bzw. §§ 229 ff. AktG durchgeführt, so ist in der Literatur bislang weitgehend unbeachtet geblieben, dass eine Kapitalherabsetzung unter das Mindeststamm- bzw. -grundkapital kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung in § 58a Abs. 4 Satz 1 GmbHG bzw. in § 229 Abs. 3 AktG i. V. m. § 228 Abs. 1 AktG grundsätzlich nur in Verbindung mit einer Barkapitalerhöhung zulässig ist. Da die Einlage von Forderungen aber Sacheinlage ist, wäre eine vereinfachte Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung ausschließlich im Wege des Swaps nicht möglich (dazu demnächst Falot, Der Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren [Diss. 2013/14], noch nicht erschienen), sondern es müsste zwingend eine gemischte Bar-/Sachkapitalerhöhung erfolgen. Jedenfalls das Mindeststamm- bzw. -grundkapital ist nämlich grundsätzlich in bar aufzubringen. Ein etwaig überschießender Kapitalerhöhungsbetrag kann sodann durch Sacheinlage (vgl. Priester, in: Scholz, GmbHG, § 58a Rn. 40; Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 228 Rn. 7 f.), also unproblematisch auch im Swap aufgebracht werden. Der Gesetzgeber hat im Zuge der Eröffnung des Debt-Equity-Swap im In- 85 solvenzplanverfahren offensichtlich übersehen, dass jedenfalls für diesen besonderen Fall der Sachkapitalerhöhung eine Befreiung von §§ 58a Abs. 4 Satz 1 GmbHG, 228 Abs. 1 AktG sinnvoll und nötig gewesen wäre. Jedenfalls lässt sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen, dass dem Ausschluss einer ausschließlichen Wiederherstellung auch der Mindestkapitaleinlage durch Debt-Equity-Swap eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers zugrunde liegt.
701
§§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO
86 §§ 58a Abs. 4 Satz 1 GmbHG, 228 Abs. 1 AktG dienen dem Gläubigerschutz. Durch die Vorschriften soll sichergestellt werden, dass das gesetzlich vorgeschriebene Mindestkapital nicht durch stets mit Bewertungsrisiken behaftete Sacheinlagen aufgebracht und damit die Gefahr begründet wird, dass der reale Wert der Einlage das Mindestkapital unterschreitet. Außerhalb eines Insolvenzverfahrens ist dieser Gläubigerschutz gerechtfertigt und zwingend zu berücksichtigen. Ob dem aber auch im Insolvenz(plan)verfahren Geltung zukommt, darf bezweifelt werden. Der Schutz der Alt-Gläubiger vollzieht sich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens in der insolvenzrechtlichen Verteilungsordnung. Durch den Debt-Equity-Swap werden die daran nicht teilnehmenden Alt-Gläubiger zudem wirtschaftlich begünstigt, weil die swappenden Gläubiger mit ihren grundsätzlich quotenberechtigten Forderungen freiwillig in den Rang des § 199 Satz 2 InsO zurücktreten und somit an dem Verteilungsverfahren nicht weiter teilnehmen. Sie tauschen die Quotenaussicht zum Vorteil der übrigen Gläubiger in eine künftige Gewinnerwartung. Ein Schutz der Alt-Gläubiger durch die Vorschriften über die vereinfachte Kapitalherabsetzung ist daher nicht von Nöten. 87 Auch die etwaigen Neugläubiger der Gesellschaft bedürften jedoch keines besonderen Schutzes durch Aufbringung des Mindestkapitals in bar. Durch den Debt-Equity-Swap kann eine Vermögensunterdeckung, d. h. ein bilanzieller Eigenkapitalausweis oberhalb der tatsächlich durch Aktivvermögen gedeckten Kapitalziffer nicht erfolgen (dazu ausführlich Rn. 93 ff.). Das Risiko einer Täuschung der Neugläubiger und des Rechtsverkehrs wird nicht begründet, weil diese regelmäßig die Bonität der Gesellschaft nicht nach dem historisch eingetragenen Satzungskapital, sondern nach dem aktuellen Eigenkapital beurteilen (so Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 24; Schall, ZGR 2009, 126 ff.). 88 Wenn aber im Rahmen eines im Insolvenzplanverfahren durchgeführten DebtEquity-Swaps weder der Schutz der Alt- noch derjenige der Neu-Gläubiger der Gesellschaft eine Barkapitalerhöhung bis zur Höhe der Mindestkapitalziffer erfordern und liegt nach einem Blick in die Gesetzesbegründung zur § 225a InsO nahe, dass der Gesetzgeber eine Befreiung von §§ 58a Abs. 4 Satz 1 GmbHG, 228 Abs. 1 AktG schlicht übersehen hat, so ist der Anwendungsbereich dieser Vorschriften teleologisch zu reduzieren und sind diese auf den Fall des Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren nach § 225a Abs. 2 InsO nicht anzuwenden. Eine entsprechende Klarstellung des Gesetzgebers wäre jedoch mehr als wünschenswert. 89 Folgt man der hier vertretenen Auffassung von einer gebotenen teleologischen Reduktion der §§ 58a Abs. 4 Satz 1 GmbHG, 228 Abs. 1 AktG für den Fall des Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren mit der Folgen von deren Unanwendbarkeit nicht, wäre eine Kapitalerhöhung ausschließlich im Wege des Swaps rechtlich unzulässig, und wäre ein Plan, der einen Debt-Equity-Swap ohne Barkapitalerhöhung auf die Mindestkapitalziffer vorsähe, nicht annahme-
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6. Sonderfall: Debt-Equity-Swap
fähig i. S. d. § 231 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Er müsste durch das Gericht zurückgewiesen werden. b) Keine Differenzhaftung Nach geltendem GmbH-Recht ist eine Unter-Pari-Emission, also die Ausgabe 90 von Gesellschaftsanteilen im Wege der (Sach-)Kapitalerhöhung zu einem Wert oberhalb des Wertes des eingelegten Vermögensgegenstandes, unzulässig (BGHZ 68, 191, 195) und führt nach (dennoch erfolgter) Eintragung der Kapitalerhöhung (jedenfalls) zu Differenzhaftungsansprüchen der Gesellschaft gegen ihre(n) Gesellschafter, § 19 GmbHG (Winter/Westermann, in: Scholz, GmbHG, § 5 Rn. 34; Ulmer, in: Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, § 5 Rn. 186). Dies hat der BGH mit seinem Beschluss vom 22.3.2010 (ZIP 2010, 978) für die verdeckte (gemischte) Sacheinlage noch einmal eindrucksvoll bestätigt, in dem er zu § 19 Abs. 4 GmbHG in der seit dem 1.11.2008 (MoMiG) geltenden Fassung ausführt, dass auf den Teil der Gegenleistung der Gesellschaft, der den Nominalbetrag der Bareinlage übersteigt, §§ 30, 31 GmbHG Anwendung finden können, wenn im Zeitpunkt der verdeckten gemischten Sachkapitalerhöhung eine Unterbilanz bestand oder die Gesellschaft sogar bilanziell überschuldet war. Für den Debt-Equity-Swap ist dieses Haftungsrisiko, das der Praktikabilität 91 des Debt-Equity-Swaps als Sanierungsmittel bislang weitgehend entgegenstand, mit dem Haftungsausschluss in § 254 Abs. 4 InsO beseitigt. Diese Maßnahme war als Flankenschutz für die Praktikabilität des Debt-Equity-Swap als insolvenz-gesellschaftsrechtliches Gestaltungsinstrument zwingend geboten. Dementsprechend hat der Gesetzgeber des StaRUG in § 67 Abs. 5 StaRUG (dort Rn. 18) einen entsprechenden Haftungsausschluss ebenfalls vorgesehen. Ist der Insolvenzschuldner eine Personengesellschaft, so haften die im Wege 92 eines Debt-Equity-Swap eintretenden Neu-Gesellschafter grundsätzlich nach Gesellschaftsrecht (§§ 128, 130 HGB) auch für die Altschulden unbeschränkt persönlich (Wertenbruch, ZIP 2013, 1693, 1695). Nach § 227 Abs. 2 InsO schlägt allerdings die schuldbefreiende Regelungswirkung des gestaltenden Teils des Insolvenzplans auch auf diese persönliche Haftungsebene durch, sodass eine Haftung für Alt-Verbindlichkeiten nicht besteht. c) Anrechnungsbetrag bei der Einbringung – Nennwert vs. Teilwert Der Gesetzgeber hat § 254 Abs. 4 InsO offenbar die Bedeutung beigemessen, 93 dass zwar eine Anrechnung der eingebrachten Forderungen (nur) zum Teilwert erfolgen solle, dass aber der spätere Streit über die Richtigkeit der Bewertung der eingebrachten Forderungen vermieden bleiben und dem Inferenten so Rechtssicherheit gewährt werden soll. Anderenfalls hätte es nicht des Hinweises in der Gesetzesbegründung auf die Einholung eines Wertgutachtens (BT-Drucks. 17/5712, S. 31 f., 36) zur Bestimmung des Anrechnungsbetrages bedurft. Dementsprechend wird bislang in der zu dieser Frage vorhandenen Literatur im Anschluss an die herrschende Meinung (BGH, GmbHR 2002, 703
§§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO
1193; Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992; Müller, KTS 2012, 419, 445; Priester, DB 2010, 1445) zur Bemessung des Anrechnungswertes einer einzulegenden Forderung vertreten, dass die Einbringung der Forderungen zum Nennwert praktisch ausgeschlossen (Urlaub, ZIP 2011, 1040, 1044) und eine entsprechende Wertberichtigung der Forderungen im Insolvenzplan in jedem Fall erforderlich sei (K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 573; ders., BB 2011, 1603, 1608; Meyer/ Degener, BB 2011, 846, 849; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 642; Urlaub, ZIP 2011, 1040, 1044 f.). Mag diese Aussage auf den ersten Blick auch das leitgebende Motiv des Gesetzgebers für sich haben, so ist sie in dieser Absolutheit jedoch nicht vertretbar (Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238 ff.; Weber/Schneider, ZInsO 2012, 374, 376; Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 51; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 24). 94 Sinn und Zweck der Kapitalaufbringungs- und der Kapitalerhaltungsregeln ist nach der ständigen und über Jahre stetig weiter ausdifferenzierten Rechtsprechung des BGH der Schutz des Rechtsverkehrs und der mit dem in haftungsbeschränkender Rechtsform am Markt auftretenden Gesellschaft in Geschäftsbeziehung tretenden Gläubiger (Hölzle, ZIP 2009, 1939; Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992, 993). Diese sollen ob der ihnen nur eingeschränkt zur Verfügung stehenden Möglichkeit, Einsicht in die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse ihres Geschäftspartners nehmen zu können, jedenfalls darauf vertrauen dürfen, dass das statutarische Stammkapital wirksam aufgebracht, im Unternehmen erhalten und die Gesellschaft nicht insolvenzreif, das ausgewiesene und aufzubringende Stammkapital also tatsächlich durch Vermögen gedeckt ist. 95 Übertragen auf den Fall der Sachkapitalerhöhung scheint dies zunächst unproblematisch zu erfordern, dass der Kapitalerhöhungsbetrag wirksam aufzubringen ist. Dem ist jedoch nicht so, da es im Vermögen der Gesellschaft und dessen handelsbilanzieller Abbildung im Falle des Debt-Equity-Swaps lediglich zu einem bloßen Passivtausch kommt, der die Gefahr einer Aufblähung der Bilanz und der Vorspiegelung eines in Wahrheit nicht gegebenen Verlustdeckungspotenzials gar nicht in sich trägt und bereits buchhalterisch nicht begründen kann (instruktiv Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238 ff.; in der Sache zustimmend auch Spliedt, GmbHR 2012, 462 ff.; ders., in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 24). Folgendes, stark vereinfachtes Bilanzbeispiel verdeutlicht dies: Aktiva
Passiva
AV
40
EK
30
UV
60
Verbdl.
120
n. d. EK Fehlbetr.
50 150
150
(Anm.: Die Darstellung nach Ausweis des statutarischen Kapitals auf der Passivseite und des nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrages auf der Aktivseite ist nicht üblich und hier nur aus darstellerischen Gründen gewählt, weil dadurch die vermögensrechtlichen Auswirkungen des D-E-S auf Ebene des Eigenkapitals deutlicher hervorgehoben werden können.)
704
6. Sonderfall: Debt-Equity-Swap
Kommt es nun im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens für diese stark über- 96 schuldete Beispielsgesellschaft zu einem Debt-Equity-Swap und werden Gläubigerforderungen in Höhe von 100 zum Debt-Equity-Swap zur nominalen Anrechnung zugelassen, so wird zunächst im Rahmen eines Kapitalschnitts das Stammkapital auf null herabgesetzt. Der Buchungssatz lautet (Förschle/ Hoffmann, in: Beck’scher Bilanzkommentar, § 272 Rn. 31 ff.): Stammkapital 30 an Rücklage aus Kapitalherabsetzung 30 Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag reduziert sich hierdurch 97 auf 20. Im nächsten Schritt verzichten die Gläubiger der Gesellschaft in Höhe von 100 auf ihre Forderungen oder treten diese mit der Rechtsfolge ihres Untergangs im Wege der Konfusion an die Gesellschaft ab. Der Buchungssatz lautet: Verbindlichkeiten 100 an Eigenkapital 100 Hierdurch wird der verbliebene nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag 98 in Höhe von 20 vollständig ausgeglichen und es wird ein neues Stammkapital in Höhe von 80 aufgebracht. Die (vereinfachte) Bilanz stellt sich wie folgt dar: Aktiva
Passiva
AV
40
EK
80
UV
60
Verbdl.
20
n. d. EK Fehlbetr. 0 100
100
Daraus aber wird deutlich, dass auch die Festsetzung des Anrechnungsbe- 99 trages zur Nominale ihre Grenze in den tatsächlichen Bilanzwerten des (noch) vorhandenen Gesellschaftsvermögens findet und der Anrechnungsbetrag nicht gleich dem neu auszuweisenden Kapital ist, weil durch die Einbringung buchhalterisch zunächst immer der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag, also frühere Verluste ausgeglichen werden. Diese früheren Verluste sind aber gerade Abbild der Verbindlichkeiten, die jetzt zur Umwandlung in Eigenkapital verwendet werden, also mit diesen vollständig kongruent sind. Der bloße Passivtausch im Rahmen des Debt-Equity-Swaps führt deshalb stets dazu, dass das neu ausgewiesene Kapital auch durch Vermögen tatsächlich gedeckt ist; mit anderen Worten: die eingetragene Kapitalerhöhung entspricht dem Reinvermögenszuwachs (Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 24). Die durch eine Nominalwertanrechnung befürchtete „Täuschung des Rechtsverkehrs“ (so Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992, 993) gibt es daher nicht. Auch die grundsätzlich berechtigte Auffassung, wonach die Kapitalerhöhung 100 gerade (auch) darauf abzielt – über den Erhalt des gebundenen Kapitals hinaus –, eine effektive Mehrung des Gesellschaftsvermögens herbeizuführen (Kleindiek, ZGR 2011, 334, 346), steht dem in dieser besonderen Konstellation nicht entgegen. Denn leitendes Motiv auch für diese Auffassung ist der Gläubigerschutz, da die Gläubiger auf eine entsprechende Kapitalzuführung sollen ver705
§§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO
trauen dürfen. Der Debt-Equity-Swap aber gefährdet diese Gläubigerinteressen in keiner Weise. Ganz im Gegenteil: Durch den Debt-Equity-Swap treten die ihre Forderungen einbringenden Gläubiger freiwillig in den Rang des § 199 Satz 2 InsO zurück. Dies grundsätzlich zum Vorteil aller übrigen sowohl gegenwärtigen als auch zukünftigen Gläubiger, weil sie die swappenden als konkurrierende Gläubiger verlieren (Löbbe, in: Hoffmann-Becking/Hüffer/ Reichert, S. 423, 427), die ihre gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen gegen eine bloße Geschäftschance eintauschen (Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238 ff.), die sich nur realisieren kann, wenn und soweit sämtliche Gläubiger befriedigt oder jedenfalls aus dem Gesellschaftsvermögen zu befriedigen sind. Bilanziell ist die Vermögensmehrung daher tatsächlich in nomineller Höhe abgebildet und bildet auch den Maßstab für die künftige Kapitalbindung, die durch das MoMiG wieder deutlich auf die bilanzielle Betrachtungsweise zurückgeführt worden ist (RegE-MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 v. 25.7.2007; dazu ausführlich Hölzle, GmbHR 2007, 729). Die (bilanzielle) Kapitalbindung der Gesellschafter in der Zukunft ist aber Spiegelbild des vermögensrechtlichen Gläubigerschutzes, weshalb eine bilanzielle Vermögensmehrung beim reinen Passivtausch von Fremd- in Eigenkapital ausreichend ist. d) Praktische Umsetzung 101 Ungeachtet der dogmatischen Richtigkeit der Anrechnung der einzulegenden Forderung zur Nominale, ist in der Praxis der sicherste Weg zu gehen und ist die bislang wohl herrschende Meinung auch auf den Debt-Equity-Swap im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens anzuwenden. Nur hierdurch bleiben Zeitverluste durch langwierige Beschwerde- und Obstruktionsverfahren vermieden. Tatsächlich ist in den bislang bekannten größeren Verfahren, in denen es zu einem Debt-Equity-Swap kam oder kommen soll, auch so verfahren worden. 102 Die Befolgung des Gebots des sichersten Weges führt dann zwangsläufig zu einer Anrechnung der Forderung nur zum Teilwert und damit zu der Notwendigkeit der Wertfestsetzung und ihrer Erläuterung (so auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 25). Maßgeblich ist der Wert der Forderung im Zeitpunkt der Anmeldung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister (Veil, in: Scholz, GmbHG, § 5 Rn. 58), wobei im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens jedenfalls von der Quotenerwartung bei hypothetisch optimaler Verwertung zuzüglich des Wertes von für die Forderung unanfechtbar bestellten Sicherheiten (zu deren Bewertung Eckert/Harig, ZInsO 2012, 2318, 2323; vgl. auch Rn. 111 ff.) auszugehen ist (Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 25 m. w. N.). e) Haftung aus dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Neugründung 103 Der Ausschluss der Haftung für eine Unter-Pari-Emission ändert nichts an der Tatsache, dass bei ausschließlich wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine reale Einlageleistung auf den Kapitalerhöhungsbetrag nicht stattgefunden 706
6. Sonderfall: Debt-Equity-Swap
hat, sondern sich die Kapitalerhöhung letztlich aus dem bilanziellen Wegfall ohnehin wertloser Verbindlichkeiten speist. Gerade diese wirtschaftliche Betrachtungsweise hat der II. Zivilsenat des BGH 104 (ZIP 2003, 1790, dazu EWiR 2003, 967 (Keil); BGH, ZIP 2003, 251; zuletzt BGH, ZIP 2011, 1761) aber zum Ausgangspunkt seiner Rechtsprechung gemacht, als er die „wirtschaftliche Neugründung“ einer Gesellschaft in Fällen der Mantelverwendung und der Vorratsgründung den Kapitalaufbringungsvorschriften unterwarf (ausführlich Herresthal/Servatius, ZIP 2012, 197 ff.). Wäre der Tatbestand der wirtschaftlichen Neugründung auf den Debt-Equity- 105 Swap nach einem Kapitalschnitt im Rahmen eines Insolvenzplans zu übertragen, so ist fraglich, ob die an der Bewertungsvorschrift des § 9 GmbHG orientierte Haftungsnorm des § 254 Abs. 4 InsO auch eine Haftung wegen der fehlenden, jedenfalls fehlend nachgewiesenen Kapitalaufbringung insgesamt erfasst (dazu ausführlich und hier nur auszugsweise wiedergegeben Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 54 ff.). Tatbestandlich erfordert eine wirtschaftliche Neugründung i. S. d. Rechtspre- 106 chung des BGH, dass (1.) eine unternehmenslose Gesellschaft wiederbelebt wird durch (2.) Ausstattung mit einem neuen Unternehmen bei gleichzeitigem Eintritt (3.) neuer Gesellschafter und (4.) der Auswechslung der Geschäftsführung (BGH, ZIP 2003, 251; statt vieler Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 3 Rn. 10 ff.). All diese Tatbestandsmerkmale ließen sich unter den hier zu beurteilenden Fall subsumieren, da eine nach § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG kraft Gesetzes aufgelöste Gesellschaft durch Fortsetzungsbeschluss wiederbelebt, rechtlich also neu gegründet und im Wege einer finanz- und leistungswirtschaftlichen Sanierung neu aufgestellt wird, was nicht selten einer weitgehenden Neugestaltung des unternehmerischen Rahmens gleich kommt. Durch den Kapitalschnitt werden die Gesellschafter ausgetauscht, was in aller Regel auch einen Wechsel in der Geschäftsführung nach sich zieht, insbesondere, wenn es in den Augen der Gläubiger bzw. Investoren um die Auswechslung der „insolvenzverursachenden Geschäftsführer“ geht. Mit der Anmeldung der Fortsetzung der Gesellschaft und der Kapitalerhöhung 107 zum Handelsregister gerät das Registergericht damit ggf. in die Pflicht, die Anmeldung als wirtschaftliche Neugründung zu qualifizieren und – unbeschadet einer nach Vorstehendem nicht erforderlichen Werthaltigkeitsprüfung der eingebrachten Forderungen – eine vollständige Gründungsprüfung zu verlangen. Die Verzichtbarkeit einer solchen registergerichtlichen Prüfung folgt aller- 108 dings aus der Ratio der Vorschriften über die wirtschaftliche Neugründung, die nach der Auffassung des BGH einzig gläubigerschützende Zwecke verfolgt und die Umgehung der Kapitalaufbringungsvorschriften verhindern soll. Da eine solche Umgehung jedoch im Fall des Debt-Equity-Swaps nicht droht, weil es wegen der im Falle des Passivtauschs gewährleisteten Vermögensdeckung nicht auch zu einer materiellen Unter-Pari-Emission kommt, besteht nach 707
§§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO
dem Sinn und Zweck des Rechtsinstituts der „wirtschaftlichen Neugründung“ im konkreten Fall kein Anwendungsbedarf. 109 Ein weiteres Problem ergibt sich im Zusammenhang mit der Eintragung, weil der Geschäftsführer nach § 8 GmbHG bei Anmeldung der Fortsetzung der Gesellschaft und der Kapitalerhöhung zu versichern hat, dass die Stammeinlagen bzw. die im Rahmen der Sachgründung eingebrachten Gegenstände zu seiner endgültig freien Verfügung stehen. Das aber ist bei einer formellen Unter-Pari-Emission weder möglich noch richtig, weil er über die eingebrachten Forderungswerte, die anderenfalls nur mit einer Insolvenzquote bedient worden wären, gerade nicht in nominaler Höhe verfügen kann. Um hier Haftungsgefahren für den Geschäftsführer nach § 9a GmbHG und § 11 Abs. 2 GmbHG analog (BGH, ZIP 2011, 1761) einerseits und Eintragungshindernisse andererseits zu vermeiden, sollte eine modifizierte Erklärung des Geschäftsführers zum Handelsregister empfohlen und akzeptiert werden, nämlich die Erklärung, dass das zur Deckung der neu aufgebrachten Stammeinlagen erforderliche Vermögen der Gesellschaft zu seiner freien Verfügung steht und den Wert des Stammkapitals tatsächlich deckt. Inhaltlich könnte die Erklärung wie folgt gefasst werden: „Die Gesellschaft hat einen Kapitalschnitt durch vereinfachte Kapitalherabsetzung auf Null und anschließende Kapitalerhöhung mit einem neuen Nennkapital in Höhe von (…) beschlossen. Das neu gebildete Stammkapital ist durch Einbringung von Forderungen im Wege der Sacheinlage vollzogen worden (Debt-Equity-Swap). Das zur Deckung des neu gebildeten Kapitals vorhandene Vermögen steht zu meiner freien Verfügung.“
110 Unter den hier genannten Voraussetzungen und Modifikationen erweisen sich die Regeln zum Debt-Equity-Swap im neuen Recht als praxistauglich und sind uneingeschränkt zu begrüßen (zu den damit leider nicht abgestimmten steuerlichen Folgen des Debt-Equity-Swaps vgl. Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31 Rn. 60 sowie Kahlert, in: Kübler, HRI, § 57 Rn. 112). f) Berücksichtigung von Sicherheiten 111 Kritik hat die hier vertretene Auffassung von der Einlagefähigkeit der Gläubigerforderung im Debt-Equity-Swap zur Nominale erfahren, weil hierdurch der Wert von für die Forderung bestellten Sicherheiten unbeachtet bliebe. Soweit nämlich jeder Gläubiger im Rang des § 38 InsO seine Forderung zur Nominale einbringen könne, führe diese zu einer Sozialisierung von Absonderungsrechten, da die Einbringung der Forderung des gesicherten Gläubigers gegen Gewährung von Anteilsrechten letztlich einem Verzicht auf die Sicherheit zugunsten der Gläubigergesamtheit gleichkomme (so insbesondere Brinkmann, Bespr. Kübler, HRI, in ZIP 2012, 1935). 112 Dieses Problem stellt sich tatsächlich nur dann, wenn der Planarchitekt der hier vertretenen Auffassung von der Nominalanrechnung folgt. In diesem Fall jedoch steht es dem Gläubiger frei, nur mit dem nach Verwertung des Absonderungsrechts unbesichert verbleibenden, überschießenden Teil seiner 708
6. Sonderfall: Debt-Equity-Swap
Forderung an einem Debt-Equity-Swap teilzunehmen. Da der Swap nur mit Zustimmung des Gläubigers möglich ist, steht es ihm auch frei, nur mit dem ungesicherten Teil seiner Forderung zu swappen. Allerdings kann im Plan selbstverständlich vorgesehen werden, dass die Möglichkeit des Swaps nur solchen Gläubigern angeboten wird, die mit ihrer gesamten Forderung an dem Swap teilnehmen. In diesem Fall wäre der Gläubiger gefordert, sich zu entscheiden. Da es jedoch keinen Anspruch auf Teilhabe an dem Debt-EquitySwap gibt (Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 31), bestehen auch keine Bedenken dagegen, dass im Plan entsprechende Opfer von den swappenden Gläubigern erwartet werden. In der Sache scheint dies auch richtig: Die swappenden Gläubiger entscheiden sich, ihre Erlöse- bzw. Quotenerwartung gegen ein unternehmerisches Risiko und eine Gewinnoption einzutauschen. Dies verlangt eine konsequente Gläubigerentscheidung, welche den regelmäßig kompromisslosen Wechsel von der Fremd- auf die Eigenkapitalseite gebietet. Geht der Planarchitekt demgegenüber den sicheren Weg und sieht er eine An- 113 rechnung der einzubringenden Forderung nur zum Teilwert vor, bestimmt sich der Teilwert nach dem Wert der unanfechtbar bestellten Sicherheit aus dem Vermögen des Schuldners (Absonderungsrecht) und der Quotenerwartung, wobei die Quote auf den Nominalbetrag bis zur vollständigen Befriedigung der Forderung geltend gemacht werden kann (Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 254 Rn. 9 a. E.). Hat der Gläubiger seine auf diese Art bewertete Forderung eingebracht, so 114 erlischt sie. Da die Besicherung von Einlageforderungen wegen des Verbots der Einlagerückgewähr (§ 30 GmbHG, § 57 AktG) unzulässig ist, setzt sich die Sicherheit auch nicht im Wege der Surrogation an der Einlageforderung fort. Der Vermögensgegenstand ist frei von Absonderungsrechten und steht dem Gesellschaftsvermögen zur Verfügung. Problematischer war dies für Drittsicherheiten, die dem Gläubiger nicht aus 115 dem Gesellschaftsvermögen, sondern von dritter Seite (Alt-Gesellschafter etc.) zur Verfügung gestellt worden sind. Diese Fälle haben für den Planarchitekten insbesondere Bedeutung, wenn es sich um Sicherheiten aus einem Konzernverbund (z. B. Grundschulden oder Garantien von Tochter- und Schwestergesellschaften) handelt und der unkoordinierte Zugriff auf diese von dritter Seite gestellten Sicherheiten vermieden bleiben soll, um den Zusammenbruch des Gesamtkonzerns zu verhindern. War die Gestaltung solcher Drittsicherheiten im Konzernverbund bislang 116 nur unter besonderen Schwierigkeiten und mit viel gestalterischem Geschick möglich, so ist die Einbeziehung der Drittsicherheiten seit Inkrafttreten des SanInsFoG gemäß § 217 Abs. 2 InsO (vgl. Rn. 5) ausdrücklich möglich.
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§ 220 InsO – Darstellender Teil
§ 220 InsO – Darstellender Teil § 220 Darstellender Teil (Vergleichsrechnung) (1) Im darstellenden Teil des Insolvenzplans wird beschrieben, welche Maßnahmen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens getroffen worden sind oder noch getroffen werden sollen, um die Grundlagen für die geplante Gestaltung der Rechte der Beteiligten zu schaffen. (2) 1Der darstellende Teil muss alle sonstigen Angaben zu den Grundlagen und den Auswirkungen des Plans enthalten, die für die Entscheidung der Beteiligten über die Zustimmung zum Plan und für dessen gerichtliche Bestätigung erheblich sind. 2Er enthält insbesondere eine Vergleichsrechnung, in der die Auswirkungen des Plans auf die voraussichtliche Befriedigung der Gläubiger dargestellt werden. 3 Sieht der Plan eine Fortführung des Unternehmens vor, ist für die Ermittlung der voraussichtlichen Befriedigung ohne Plan in der Regel zu unterstellen, dass das Unternehmen fortgeführt wird. 4Dies gilt nicht, wenn ein Verkauf des Unternehmens oder eine anderweitige Fortführung aussichtslos ist. (3) Sieht der Insolvenzplan Eingriffe in die Rechte von Insolvenzgläubigern aus gruppeninternen Drittsicherheiten (§ 217 Absatz 2) vor, sind in die Darstellung auch die Verhältnisse des die Sicherheit gewährenden verbundenen Unternehmens und die Auswirkungen des Plans auf dieses Unternehmen einzubeziehen. Übersicht 1.
2.
3.
Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG ...................................... 1 Grundsätzliche Anforderungen an den darstellenden Teil .................................................. 5 Inhalt der Vergleichsrechnung (Kongruenzgebot) .............................................. 9
4.
a) Vergleich mit (sämtlichen) alternativen Verwertungsoptionen .................................. 9 b) Kongruenzgebot ................... 13 c) Nachweis inkongruenter Verwertungschancen (Gebot des Dual Track?) ................... 19 Gruppeninterne Drittsicherheiten (§ 220 Abs. 3 InsO) ..................... 25
1. Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG 1 Die erste Änderung des § 220 InsO durch das SanInsFoG, wonach der Plan durch Ersetzung des Wortes „soll“ durch das Wort „muss“ eine Vergleichsrechnung enthalten muss, die sämtliche Auswirkungen des Plans auf die voraussichtliche Befriedigung der Gläubiger darstellt, ist durch die aktuelle Rechtsprechung des BGH, insbesondere dessen Beschluss vom 26. April 2018 (ZIP 2018, 1141; vgl. zuvor bereits BGH, NZI 2015, 697) veranlasst und enthält damit lediglich eine Klarstellung (BT-Drucks. 19/24181, S. 200). 2 Daneben wird § 220 Abs. 2 InsO in seinem Wortlaut parallel zu § 6 StaRUG gefasst und ordnet nunmehr an, dass im Falle der Fortführung des Unter-
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2. Grundsätzliche Anforderungen an den darstellenden Teil
nehmens als Regelungsgegenstand des Insolvenzplans auch im Rahmen der Vergleichsrechnung grundsätzlich die Fortführung zu unterstellen ist, soweit diese nicht überwiegend wahrscheinlich aussichtslos ist (vgl. dazu bereits ausführlich § 6 StaRUG Rn. 15 ff.). Diese Änderung verfolgt das Ziel zu verhindern, dass die Befriedigungsquote im Plan künstlich klein gerechnet (BT-Drucks. 19/24181, S. 200) und so das Stimmrecht der Gläubiger über die Brücke der §§ 251, 253 InsO entwertet wird. Diese Änderung ergeht auf eine Empfehlung der Evaluationskommission zurück (ESUG-Evaluationsbericht, S. 191). Zudem ist mit § 220 Abs. 3 InsO die Klarstellung ergänzt worden, dass für 3 den Fall des Eingriffs in gruppeninterne Drittsicherheiten auch die Verhältnisse des die Sicherheiten gewährenden Unternehmens und die Auswirkung des Plans auf dieses Unternehmen in den darstellenden Teil einzubeziehen sind. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf die Änderungen durch 4 das SanInsFoG. Im Übrigen ist auf die gängigen Kommentierungen zu § 220 InsO zu verweisen. 2. Grundsätzliche Anforderungen an den darstellenden Teil Wie § 220 Abs. 1 InsO in seiner nunmehr geltenden Fassung klarstellt, muss 5 der darstellende Teil des Insolvenzplans alle Angaben zu den Grundlagen und den Auswirkungen des Plans enthalten, die für die Entscheidung der Gläubiger über die Zustimmung zum Plan und für dessen etwaige Bestätigung durch das Insolvenzgericht erheblich sind (BGH, ZIP 2018, 1141). Darzustellen sind daher sämtliche Umstände, die tatsächlich oder potenziell, unmittelbar oder mittelbar geeignet sind, Befriedigungsrelevanz zu haben. Es handelt sich nicht länger nur um eine Soll-Vorschrift, die zwar auch bisher schon als obligatorischer Planinhalt zu werten war (BGH, NZI 2015, 697), sondern nunmehr klarstellend um eine Muss-Vorschrift, was die Erfüllung des in § 220 Abs. 1 InsO zum Ausdruck kommenden Gebots der Planklarheit als zwingenden Inhalt des Insolvenzplans im Sinne des § 250 Nr. 1 InsO klarstellt. Der konkrete, zu erstrebende Umfang der zu verlangenden Darstellung ist 6 im Gesetz zu Recht nicht geregelt, da dieser vom Umfang und der jeweiligen wirtschaftlichen Bedeutung des Unternehmens, dem Ausmaß der beabsichtigten Maßnahmen und den konkreten, durch den Plan ausgelösten Folgen abhängig ist (BGH, ZIP 2010, 1499). Die Darstellung hat dabei in einer Tiefe zu erfolgen, die aus dem objektivierten Empfängerhorizont des durchschnittlichen Planbetroffenen ausreichend ist, um eine informierte Entscheidung zu treffen und so die Grundlage für die Abstimmung oder jedenfalls für Nachfragen und die Möglichkeit einer sachgerechten Erörterung zu schaffen (BGH, ZIP 2010, 341). Somit sind sämtliche Angaben zu den Umständen erforderlich, die potenziell Einfluss auf die Befriedigungschancen der Gläubiger in dem vorgeschlagenen Planszenario ebenso wie in dem Alternativszenario der Vergleichsrechnung haben können (BGH, ZIP 2010, 1499). 711
§ 220 InsO – Darstellender Teil
7 Die Regelungen des Insolvenzplans sind zwar grundsätzlich auslegungsfähig (BGH, ZIP 2006, 39), müssen aber in sich widerspruchsfrei sein, weshalb mehrdeutige und folglich irreführende Regelungen, die einen falschen Eindruck erwecken können, gegen den Grundsatz der Planklarheit verstoßen. Der Plan erfordert eine widerspruchsfreie Konzeption und muss seinem Inhalt nach so gefasst werden, dass er weder Widersprüche noch Zweifel aufkommen lässt, welche den Gegenstand und Umfang der Rechte der Planbetroffenen betreffen oder etwa die künftige Vollstreckbarkeit (§ 257 InsO) beeinträchtigen können. Ist das Gebot der Planklarheit verletzt, leidet der Plan an einem Darstellungsmangel (BGH, ZIP 2018, 1141; BGH, ZIP 2014, 330), was ein Planbestätigungshindernis nach § 250 Nr. 1 InsO begründet. 8 Anders als im Restrukturierungsverfahren erfasst der Insolvenzplan grundsätzlich das gesamte, dem Insolvenzbeschlag unterliegende Vermögen des Schuldners (§ 35 InsO) und, dem Charakter des Insolvenzverfahrens als Gesamtvollstreckungsverfahren geschuldet, notwendigerweise auch sämtliche Gläubiger (§ 254b InsO). Der darstellende Teil und die Vergleichsrechnung haben sich daher notwendigerweise auf das gesamte Vermögen und sämtliche Gläubiger zu erstrecken, was den darstellenden Teil des Insolvenzplans von dem darstellenden Teil des Restrukturierungsplans unterscheidet (vgl. aber § 6 StaRUG Rn. 23; vgl. auch Vor § 32 StaRUG Rn. 28). Die Anforderungen an die Darstellung des Sanierungskonzepts können im Insolvenzplan daher hinter den Anforderungen an die Darstellung des Sanierungs-/Restrukturierungskonzepts im Restrukturierungsplan nach StaRUG zurückbleiben, ohne allerdings das Gebot der Planklarheit zu verletzten. 3. Inhalt der Vergleichsrechnung (Kongruenzgebot) a) Vergleich mit (sämtlichen) alternativen Verwertungsoptionen 9 § 220 Abs. 2 Satz 1 – 2 InsO stellt klar, dass das Kernelement des darstellenden Teils die Vergleichsrechnung ist. Es sind also die Befriedigungsaussichten der Planbetroffenen bei unterstellter Umsetzung des in Aussicht genommenen Planszenarios mit den hypothetischen Befriedigungsaussichten im Regelabwicklungsszenario durch Verwertung des schuldnerischen Vermögens ohne Insolvenzplan (vgl. § 1 InsO) zu vergleichen. Mit anderen Worten: Es ist nachvollziehbar darzustellen, wie sich die Befriedigungsaussichten der Gläubiger bei Annahme des Insolvenzplans und bei dessen Ablehnung voraussichtlich darstellen, wie also der Plan ihre Befriedigungsaussichten verändert (BGH, ZIP 2018, 1141). 10 Das Planinitiativrecht richtet sich nach § 218 InsO; allein der Planinitiator bestimmt die von der Regelabwicklung abweichenden Maßnahmen zur Gestaltung der Gläubigerbefriedigung nach §§ 1, 217 InsO. Dementsprechend ist grundsätzlich die wirtschaftliche Auswirkung dieser Maßnahmen mit dem den Gläubigern garantierten Ergebnis in der Regelabwicklung zu vergleichen (BGH, ZIP 2007, 923). Während es deshalb für die Anwendung des Obstruk-
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3. Inhalt der Vergleichsrechnung (Kongruenzgebot)
tionsverbots nach § 245 InsO und des Minderheitenschutzes nach § 251 InsO allein auf den Vergleich der Befriedigungssituation des betreffenden Gläubigers unter Vollzug des konkreten Insolvenzplans mit den Befriedigungsaussichten in der Regelabwicklung nach § 1 InsO (Verwertung des schuldnerischen Vermögens ohne Insolvenzplan) ankommt, der Vergleich mit einem alternativen Planszenario daher grundsätzlich ausgeschlossen ist (vgl. m. w. N. Haas, in: Kayser/Thole, HK-InsO, § 245 Rn. 8), gilt für den darstellenden Teil etwas anderes. §§ 245, 251, 253 InsO dienen der Wahrung der individuellen Gläubigerinteressen, weil die Mehrheitsentscheidung keine Legitimationsgrundlage darstellt, einzelnen oder mehreren Gläubigern den in der Regelabwicklung garantierten Residualwert ihrer Forderung zu entziehen. Dort ist daher allein der Vergleich mit diesem Residualwert unabhängig davon geschuldet, ob das Planergebnis im Rahmen einer weniger invasiven Maßnahme durch einen Alternativplan noch hätte gesteigert werden können. Der Zweck des § 220 InsO liegt demgegenüber aber gerade nicht in der Ge- 11 währleistung dieses Individualrechtsschutzes, sondern darin, der Gläubigerversammlung die Entscheidungsgrundlage für die Entscheidung über die Annahme oder die Ablehnung des Plans oder auch die Beauftragung z. B. des Insolvenzverwalters mit der Erstellung eines alternativen Insolvenzplans zu schaffen. Danach sind alle diejenigen Angaben unerlässlich, welche die Gläubiger für ihr sachgerechtes Urteil über den Insolvenzplan, gemessen an ihren eigenen Interessen, benötigen (BGH NZI 2015, 697). Aus diesem Grunde erfordert § 220 Abs. 2 InsO nicht nur die umfassende Darstellung, welche Maßnahmen der Insolvenzverwalter in der Regelabwicklung ergreifen wird (BGH NZI 2015, 697), sondern auch möglicher alternativer Planszenarien und der Gründe dafür, warum diese verworfen worden sind. Nur so kann die Gläubigerversammlung eine informierte Entscheidung darüber treffen, ob der Insolvenzplan Ihre Interessen bestmöglich zur Geltung bringt (in diesem Sinne auch Haas, in: Kayser/Thole, HK-InsO, § 220 Rn. 2; Spliedt, in. K. Schmidt, InsO, § 220 Rn. 6). Im darstellenden Teil des Insolvenzplans sind die Auswirkungen der im konkret 12 vorgelegten Insolvenzplan beschriebenen Maßnahmen daher mit sämtlichen in Betracht kommenden, alternativen Verwertungsmöglichkeiten zu vergleichen und ist zu beschreiben, warum von diesen kein Gebrauch gemacht worden ist. Insbesondere, wenn der Insolvenzplan zwar ein besseres Ergebnis als das Ergebnis in der Regelverwertung bewirkt, jedoch hinter dem erreichbaren Maximalergebnis zurückbleibt, ist dies für die Gläubiger nachvollziehbar zu begründen. Nur so können diese eine Entscheidung darüber treffen, ob ein alternatives Planszenario angestrebt werden soll. b) Kongruenzgebot Bei Bildung der Vergleichspaare gilt nach § 220 Abs. 2 Satz 3 – 4 InsO grund- 13 sätzlich das Kongruenzgebot, wonach für unterschiedliche Abwicklungsalternativen (Regelverwertung oder Insolvenzplan) grundsätzlich keine unterschied713
§ 220 InsO – Darstellender Teil
lichen Verwertungschancen unterstellt werden dürfen. Es darf also vorbehaltlich substantiierter Begründung nicht unterstellt werden, dass durch den Insolvenzplan mittelbar oder unmittelbar Vorteile erzielt werden, die im Rahmen der Regelverwertung nicht erreichbar wären. Insbesondere darf der Insolvenzplan grundsätzlich daher z. B. nicht unterstellen, dass für die Fortsetzung des Geschäftsbetriebes wesentliche Lieferanten oder sonstige Vertragspartner im Rahmen der insolvenzplangestützten Fortführung zur weiteren Belieferung bereit sind, dies aber im Rahmen einer übertragenden Sanierung nicht wären. 14 Der Gesetzgeber folgt mit § 220 Abs. 2 Satz 3 – 4 InsO dem Vorschlag der ESUG-Evaluationskommission (ESUG-Evaluationsbericht, S. 189 ff., 191), wonach eine Zweifelsfallregelung geschaffen wird, dass die im Plan zugrunde gelegte Fortführung des Unternehmens auch außerhalb des Plans realisierbar ist. Die zwingende gesetzliche Vorgabe zur Durchführung eines M&A-Prozesses hielt die Evaluationskommission für zu weitgehend (ESUG-Evaluationsbericht, S. 191); dem scheint der Gesetzgeber mit dem Rückgriff auf die dort vorgeschlagene Zweifelsfallregelung gefolgt zu sein. 15 Dementsprechend hebt der Gesetzgeber – wie auch in § 6 Abs. 2 StaRUG (vgl. dort Rn. 19) – in § 220 Abs. 2 Satz 3 InsO ausdrücklich hervor, dass in einem Alternativszenario grundsätzlich nicht die Liquidation des Unternehmens unterstellt werden darf, wenn der Insolvenzplan selbst dessen Fortführung vorsieht. Richtigerweise wird die Vorschrift aber selbstverständlich so gelesen werden müssen, dass auch in dem dargestellten Alternativszenario die Fortführung des Unternehmens nur „insoweit“ zu unterstellen ist, wie dies auch im Insolvenzplan vorgesehen ist. Beinhaltet das dem Plan zugrundeliegende Fortführungskonzept nämlich zum Beispiel die Teilschließung des Unternehmens oder die Schließung von Teilbetrieben, so darf diese selbstverständlich auch in der Alternativbetrachtung zugrunde gelegt werden. Dies jedoch jeweils nur in derselben Verwertungsform; sieht der Insolvenzplan also den Verkauf von Betriebsteilen vor, so ist auch für die Alternativbetrachtung die Verkaufsfähigkeit zu unterstellen und kann nicht im Vergleichsszenario auf die Liquidation abgestellt werden. Der Gesetzgeber ist hier entsprechend restriktiv, weil er Gestaltungsspielräume zulasten der Gläubiger und das „künstliche Kleinrechnen der Befriedigungsquote“ (BT-Drucks. 19/24181, S. 200) ausdrücklich verhindern möchte. 16 Die fehlende Schlechterstellung der Gläubiger durch den Insolvenzplan gegenüber der Regelabwicklung muss sich daher im Grundsatz aus anderen Umständen als einer nur im Planszenario überhaupt erreichbaren Verwertbarkeit des Unternehmens ergeben, soweit sich Letztere nicht besonders und nachvollziehbar begründen lässt (dazu Rn. 19 ff.). 17 Die Regelung zielt dabei allerdings insbesondere auf solche Konstellationen ab, in denen das Unternehmen – jedenfalls zum Teil – in der Hand der bisherigen Gesellschafter gehalten, also ohne Veräußerungsprozess unter Erhalt des Rechtsträgers fortgeführt werden soll. Liegt dem Insolvenzplan demgegenüber
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3. Inhalt der Vergleichsrechnung (Kongruenzgebot)
ein Veräußerungskonzept nach § 225a InsO, also durch Übertragung (sämtlicher) Geschäftsanteile oder wie in der Praxis häufig durch Kapitalschnitt und Zulassung nur eines Investors zur Übernahme der neu geschaffenen Gesellschaftsanteile zugrunde, und ist diese Übertragung des zu erhaltenden Rechtsträgers auf einen Investor Ergebnis eines (ergebnisoffenen) Veräußerungsprozesses, so kann in der Alternativbetrachtung regelmäßig unterstellt werden, dass eine Veräußerung außerhalb des Insolvenzplans nicht oder jedenfalls nicht mit demselben Erfolg möglich ist. Dies folgt vor allem aus zwei Gründen: Erstens wird der Veräußerungsweg über im Rahmen eines Insolvenzplans umsetzbare gesellschaftsrechtliche Maßnahmen nur dann gewählt, wenn es hierfür sachliche Rechtfertigungsgründe gibt, da der Weg deutlich langwieriger und regelmäßig auch kostenintensiver ist als eine übertragende Sanierung. Gründe können der Erhalt nicht übertragbarer Vertragsverhältnisse (Filialisten, Lizenzen etc.) oder andere, an den Rechtsträger gekoppelte Umstände sein. Zweitens werden die Investoren in einem ergebnisoffenen Investorenprozess auf den Übertragungsweg per Insolvenzplan nur dann bieten, wenn sie selbst hierin Vorteile erblicken, anderenfalls auf einer übertragenden Sanierung bestehen. Der Erhalt von Geboten (nur) auf den Insolvenzplan indiziert daher die fehlende Veräußerlichkeit des (Teil-)Unternehmens in der Regelabwicklung insbesondere im Wege der übertragenden Sanierung. Ist ein Veräußerungsprozess (M&A-Prozess) ergebnisoffen durchgeführt 18 worden, genügt der darstellende Teil des Insolvenzplans daher den Anforderungen des § 220 Abs. 2 Satz 3, 4 InsO, wenn nachvollziehbar dargestellt wird, weshalb der Weg der gesellschaftsrechtlichen Übertragung nach §§ 217 Abs. 1 Satz 2 225a InsO gewählt und das im Rahmen dieses Prozesses für die Gläubiger vorteilhafteste (nicht notwendig höchstpreisigste) Angebot angenommen und zur Grundlage des Plans gemacht worden ist. c) Nachweis inkongruenter Verwertungschancen (Gebot des Dual Track?) Nach § 220 Abs. 2 Satz 4 InsO ist ein Abstellen auf Liquidationswerte im 19 Vergleichsszenario trotz unterstellter Fortführung im Insolvenzplan nur dann zulässig, wenn der Verkauf des Unternehmens oder eine anderweitige Fortführung aussichtslos ist. Hierfür ist der Planinitiator darlegungsverpflichtet. Zweifel gehen zu seinen Lasten. Dies gilt nicht, wenn das zugrunde liegende Planszenario bereits Ergebnis eines M&A-Prozesses ist (vgl. Rn. 17). Die Gesetzesbegründung des SanInsFoG zu § 220 Abs. 2 InsO ist äußerst 20 knapp gehalten, nimmt Bezug auf den ESUG-Evaluationsbericht und führt zur Begründung im Übrigen lediglich an, dass das künstliche Kleinrechnen von Befriedigungsquoten vermieden werden soll (BT-Drucks. 19/24181, S. 200). Da der Wortlaut und das Ziel der Vorschrift jeweils demjenigen des § 6 Abs. 2 StaRUG entsprechen, kann für die teleologische Auslegung der Norm ergänzend auf die Begründung des SanInsFoG zu § 6 Abs. 2 StaRUG zurückgegriffen werden (BT-Drucks. 19/24181, S. 116).
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§ 220 InsO – Darstellender Teil
21 Danach gilt dann aber, dass wegen des ausnahme- und gläubigerschützenden Charakters der Norm – jedenfalls unter Beachtung des Gebots der transaktionssicheren Gestaltung des Plans – regelmäßig eine allein gutachterliche Feststellung, dass im gegebenen Marktumfeld die Verkaufsfähigkeit des Unternehmens oder seiner Teile außerhalb der vorgelegten Insolvenzplanlösung nicht gegeben ist, nicht ausreichen dürfte. 22 Die Gesetzesbegründung zu § 6 Abs. 2 StaRUG verlangt ausdrücklich, dass die Annahme der Aussichtslosigkeit der anderweitigen Fortführung oder des Verkaufs des Unternehmens einer „fundierten Begründung“ bedarf (BT-Drucks. 19/24181, S. 116). Schon der Gesetzestext, der die „Aussichtslosigkeit“ verlangt, aber auch der Wortsinn des Wortes „fundiert“ in der Gesetzesbegründung legen nahe, dass die Begründung entsprechend substantiiert und validiert sein muss. Dies ist durch eine (allein) theoretische Betrachtung der Marktverhältnisse und der Fortführungs- bzw. Verwertungsaussichten regelmäßig nur schwer möglich. Soweit bereits vor Inkrafttreten des SanInsFoG richtigerweise für die sachgerechte Darstellung von Verwertungsalternativen im darstellenden Teil eines Insolvenzplans die Durchführung eines Verkaufsprozesses (sog. „dual track“) verlangt worden ist (vgl. ausführlich Hölzle, in: Kübler, HRI [3. Aufl. 2018], § 30 Rn. 48 ff.), so gilt dies nach § 220 Abs. 2 Satz 4 InsO – und entsprechend auch nach § 6 Abs. 2 StaRUG (vgl. dort Rn. 20) – de lege lata umso mehr, jedenfalls für den Fall, dass im Rahmen der Vergleichsrechnung nach § 220 Abs. 2 Satz 4 InsO von dem Kongruenzgebot abgewichen werden soll. Denn hier ist es an dem Planinitiator, einen Ausnahmetatbestand fundiert darzulegen, wobei nach der gesetzlichen Regelvermutung das Gegenteil, nämlich die Veräußerlichkeit bereits indiziert ist. 23 Für den Ausschluss der Fortführungsfähigkeit im Regelabwicklungsszenario, für welche der Gesetzgeber deren „Aussichtslosigkeit“ verlangt, ist daher im absoluten Regelfall der Nachweis eines ergebnislos durchgeführten Verkaufsprozesses erforderlich („obligatorischer Dual Track“). Dem steht auch nicht die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/24181, S. 200) entgegen, die auf den ESUG-Evaluationsbericht Bezug nimmt, der wiederum einen obligatorischen M&A-Prozess für zu weitgehend hält. Denn die dortigen Ausführungen beziehen sich auf die Frage, was als Pflichtinhalt des darstellenden Teils nach § 220 Abs. 2 InsO zu verlangen ist. Insoweit hat sich der Gesetzgeber für die von der Kommission vorgeschlagene Vermutungswirkung entschieden, die sich in dem Kongruenzgebot ausdrückt. Im vorliegenden Anwendungsbereich des § 220 Abs. 2 Satz 4 InsO geht es aber gerade um die Frage der Anforderungen an den Nachweis, der ein Abrücken von dieser Vermutungswirkung eröffnet und Ausnahmen hiervon zulässt. Für eine solche Ausnahme aber ist jedenfalls die Validierung der Aussichtslosigkeit einer alternativen Verwertungsform durch für eine solche Verwertung ergebnislos gebliebenen M&A-Prozess erforderlich. 24 Unbeeinträchtigt hiervon bleibt die grundsätzliche Empfehlung und das grundsätzliche Erfordernis eines M&A-Prozesses (Dual Track) im Rahmen 716
4. Gruppeninterne Drittsicherheiten (§ 220 Abs. 3 InsO)
eines Fortführungs-Insolvenzplans, der den Rechtsträger in der Hand des bisherigen Gesellschafters erhalten soll (vgl. dazu ausführlich nochmals Hölzle, in: Kübler, HRI [3. Aufl. 2018], § 30 Rn. 48 ff.). 4. Gruppeninterne Drittsicherheiten (§ 220 Abs. 3 InsO) Nach § 217 Abs. 2 InsO ist durch das SanInsFoG nunmehr auch der Eingriff 25 in gruppeninterne Drittsicherheiten eröffnet und können die Rechte aus diesen in seinen Anwendungsbereich einbezogen werden. Nach § 223a Satz 2 InsO ist ein solcher Eingriff durch angemessene Entschädigung zu kompensieren. § 217 Abs. 2 InsO beinhaltet daher mehr eine verfahrensrechtliche als eine materiell-rechtliche Eingriffsbefugnis, ermöglicht nämlich die koordinierte Verwertung bestellter Sicherheiten in einer Hand und soll so die unkoordinierte Zerschlagung von Unternehmensgruppen zum Nachteil aller betroffenen Gläubiger verhindern (vgl. zum Ganzen auch die entsprechende Regelung in § 2 Abs. 4 StaRUG und die Ausführung zu §§ 2 – 4 StaRUG Rn. 31, sowie § 6 StaRUG Rn. 28). § 220 Abs. 3 InsO dient der Information der an dem Vermögen eines ver- 26 bundenen Unternehmens gesicherten Gläubiger. Das verbundene Unternehmen selbst kann, muss aber keine Tochtergesellschaft der Insolvenzschuldnerin sein. Ist es keine Tochtergesellschaft, fallen die Anteile an diesem Unternehmen nicht in die Insolvenzmasse (§ 35 InsO) der Insolvenzschuldnerin. Das verbundene Unternehmen ist damit am Insolvenzverfahren nicht beteiligt. Weder der Bericht des Insolvenzverwalters (§ 156 InsO) noch der darstellende Teil des Plans müssten sich daher zu dem verbundenen Unternehmen, seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und den Auswirkungen der Insolvenz auf dieses Unternehmen verhalten, würde § 220 Abs. 3 InsO nicht eine entsprechende Darstellungspflicht anordnen. Nur auf Grundlage dieser Darstellung ist es den an dem Drittvermögen gesicherten Gläubigern möglich, die Angemessenheit und Sachgerechtigkeit der im Plan vorgesehenen Entschädigung zu beurteilen. Für die Darstellungstiefe und den auch insoweit bestehenden Begründungs- 27 zwang gelten die vorstehenden Ausführungen (Rn. 9 ff.) entsprechend. Da die Entschädigung nach § 223a Abs. 2 InsO aus der Insolvenzmasse vor- 28 rangig zu erbringen ist, wird die Einbeziehung gruppeninterner Drittsicherheiten der Vergleichsrechnung des Plans regelmäßig nur dann standhalten, wenn sich aus der durch die Einbeziehung vermiedenen Zerschlagung des verbundenen Unternehmens in den Befriedigungsaussichten für die Gläubiger unmittelbar messbare Vorteile ergeben. Das Erhaltungsinteresse allein genügt dafür nicht, da der Insolvenzplan die Gläubiger nun einmal nicht schlechter stellen darf, als diese in der regelhaften Zerschlagung des Unternehmens stünden.
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§§ 221 Satz 2, 248a InsO – Plankorrektur und nachträgliche Planbestätigung
§§ 221 Satz 2, 248a InsO – Plankorrektur und nachträgliche Planbestätigung § 221 Gestaltender Teil 1
Im gestaltenden Teil des Insolvenzplans wird festgelegt, wie die Rechtsstellung der Beteiligten durch den Plan geändert werden soll. 2Der Insolvenzverwalter kann durch den Plan bevollmächtigt werden, die zur Umsetzung notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und offensichtliche Fehler des Plans zu berichtigen. § 248a Gerichtliche Bestätigung einer Planberichtigung (1) Eine Berichtigung des Insolvenzplans durch den Insolvenzverwalter nach § 221 Satz 2 bedarf der Bestätigung durch das Insolvenzgericht. (2) Das Gericht soll vor der Entscheidung über die Bestätigung den Insolvenzverwalter, den Gläubigerausschuss, wenn ein solcher bestellt ist, die Gläubiger und die Anteilsinhaber, sofern ihre Rechte betroffen sind, sowie den Schuldner hören. (3) Die Bestätigung ist auf Antrag zu versagen, wenn ein Beteiligter durch die mit der Berichtigung einhergehende Planänderung voraussichtlich schlechtergestellt wird, als er nach den mit dem Plan beabsichtigten Wirkungen stünde. (4) Gegen den Beschluss, durch den die Berichtigung bestätigt oder versagt wird, steht den in Absatz 2 genannten Gläubigern und Anteilsinhabern sowie dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. § 253 Absatz 4 gilt entsprechend 1 Die Praktikabilität des Insolvenzplanverfahrens kann dadurch gehindert werden und ist in der Vergangenheit dadurch gehindert worden, dass etwaige Formunzulänglichkeiten oder sonstige Ungenauigkeiten oder Auslassungen notwendige Eintragungen verhindert haben oder es an der eindeutigen Darstellung des beabsichtigten Regelungsinhalts fehlte. 2 In diesem Fall war es vor Inkrafttreten des ESUG nötig, eine erneute Gläubigerversammlung einzuberufen, die über die notwendigen Korrekturen und ggf. auch nur Klarstellungen zu befinden hatte. 3 Dies hat der Gesetzgeber – zu Recht – als unnötige Förmelei empfunden, weshalb er in § 221 Satz 2 InsO Abhilfe geschaffen und geregelt hat, dass der gestaltende Teil des Insolvenzplans vorsehen kann, dass zur Umsetzung des von den Gläubigern beschlossenen Planinhaltes der Insolvenzverwalter ermächtigt wird, Korrekturen vorzunehmen und umzusetzen und dadurch dem im Plan zum Ausdruck kommenden Willen der Beteiligten Ausdruck zu verleihen (vgl. BT-Drucks. 17/7511, S. 35). Vorbild für diese Regelung sind die in Notarverträgen üblichen Vollmachten für die Notariatsfachangestellten
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§§ 221 Satz 2, 248a InsO – Plankorrektur und nachträgliche Planbestätigung
ggf. erforderlich werdende ergänzende Erklärungen im Namen der Beteiligten abzugeben. § 248a InsO ordnet dabei als Schutzinstrumentarium jedoch an, dass eine 4 solche Korrektur der (erneuten) Bestätigung des Insolvenzgerichts bedarf, um sicherzustellen, dass die Grenzen der Befugnis des Insolvenzverwalters eingehalten werden (BT-Drucks. 17/7511, S. 36). Die Kompetenzen und Befugnisse des Insolvenzverwalters richten sich dabei 5 zunächst nach der ihm im gestaltenden Teil ausdrücklich erteilten Vollmacht, deren Inhalt und Reichweite. Eine Begrenzung ergibt sich jedoch daraus, dass die Vollmacht nicht auch auf solche Regelungen erstreckt werden kann, die dem Kernbereich der Gläubigerzuständigkeit vorbehalten sind. Wesentliche, auf die Planarchitektur, die Planziele und die zur Erreichung der Ziele vereinbarten Maßnahmen Einfluss nehmende Änderungen dürfen daher nicht der einseitigen Änderungskompetenz des Insolvenzverwalters übertragen werden. Vielmehr wird der Kompetenzrahmen, wie bereits im Wortlaut der Norm zum Ausdruck kommt, durch die Beseitigung offensichtlicher Unrichtigkeiten oder Auslassungen gesteckt. Die Formulierung im Wortlaut des § 221 Satz 2 InsO, wonach „offensicht- 6 liche Fehler“ korrigiert werden können, enthält eine Anleihe bei vergleichbaren Vorschriften anderer Verfahrensordnungen, wie z. B. in § 319 ZPO oder § 129 AO (offenbare Unrichtigkeiten), die durch „Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten“ definiert sind. Ein ähnlicher Rahmen ist auch hier zu ziehen, um eine schädliche Einflussnahme auf die Gläubigerautonomie im Insolvenzplanverfahren zu vermeiden. Dies kommt letztlich auch in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck, die an verschiedenen Stellen darauf hinweist, dass die Änderungsbefugnis der Umsetzung des im Insolvenzplan bereits zum Ausdruck kommenden Willens der Gläubiger dient. Das Insolvenzgericht hat nach § 248a Abs. 2 InsO vor der Entscheidung 7 grundsätzlich („soll“) einen etwaig bestellten Gläubigerausschuss sowie die Gläubiger und ggf. die Anteilsinhaber, die von der Korrektur betroffen sind, zu hören. Eine allgemeine Anhörungspflicht über die konkret Betroffenen hinaus, verlangt das Gesetz hingegen nicht. Etwas unklar in der Formulierung sind die Voraussetzungen, unter denen 8 nach § 248a Abs. 3 InsO die Bestätigung der Korrektur auf Antrag eines Betroffenen zu versagen ist. Demnach hat die Versagung zu erfolgen, wenn der Betroffene „durch die mit der Berichtigung einhergehende Planänderung voraussichtlich schlechter gestellt wird, als er nach den mit dem Plan beabsichtigten Wirkungen stünde“. Versteht man die Korrekturbefugnis dahin, dass ohnehin nur eine Klarstellung 9 bzw. Ergänzung des Plans zum Vollzug der ohnehin bereits beabsichtigten Wirkungen und des im Plan jedenfalls angedeuteten Gläubigerwillens in Betracht kommt, ist die vom Gesetzgeber in § 248a Abs. 3 InsO gebildete Ver-
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§§ 229, 254b, 259a, b InsO – Gläubiger ohne Anmeldung zur Tabelle
gleichsgruppe letztlich identisch, weil durch Korrektur ausdrücklich festgeschrieben wird, was ursprünglich gewollt war. 10 Die Begründung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 17/7511, S. 36) bezieht als Vergleichs- und Referenzmaßstab demgegenüber die Schlechterstellung des Betroffenen gegenüber dem „ursprünglich vorgelegten Plan“ ein. 11 Wenn und soweit aber der ursprünglich vorgelegte Plan nicht dem Willen der Gläubiger entsprach, wie er im Plan im Übrigen seine Andeutung findet, was Voraussetzung für die Korrektur einer offenbaren Unrichtigkeit ist, so ist wenig nachvollziehbar, wie sich ein Gläubiger auf diesen falsch dokumentierten Willen soll berufen und darauf ein schützenswertes Vertrauen soll stützen können. 12 § 248a Abs. 3 InsO ist daher dahingehend auszulegen, dass eine Schlechterstellung im dort gemeinten Sinne nicht ausschließlich anhand des Vergleichspaares „Wirkungen des fehlerhaft dokumentierten Plans – Wirkungen des wirklich Gewollten“ zu bilden ist, sondern dass festzustellen ist, inwieweit durch die falsche Dokumentation tatsächlich ein schutzwürdiges Vertrauen des Beteiligten dahingehend begründet worden ist, dass dieser aufgrund der unzureichenden oder unvollständigen Dokumentation im Insolvenzplan unverschuldet einem Irrtum über Inhalt und/oder Reichweite des Planes unterlegen und dieser Irrtum auch kausal für sein Abstimmverhalten war. 13 Ist dies in entsprechender Anwendung des § 251 Abs. 2 InsO glaubhaft gemacht, so ist die Bestätigung der Korrektur zu versagen und ggf. eine zweite Gläubigerversammlung zur Neubeschlussfassung über den Insolvenzplan einzuberufen. Letzteres bleibt unzweifelhaft möglich. In der neuen Beschlussfassung gelten dann die Regeln des § 245 InsO, sodass der Betroffene mit Ausnahme einer Verfahrensverzögerung nicht sehr viel erreichen dürfte.
§§ 229, 254b, 259a, b InsO – Gläubiger ohne Anmeldung zur Tabelle § 229 Vermögensübersicht, Ergebnis- und Finanzplan 1 Sollen die Gläubiger aus den Erträgen des vom Schuldner oder von einem Dritten fortgeführten Unternehmens befriedigt werden, so ist dem Insolvenzplan eine Vermögensübersicht beizufügen, in der die Vermögensgegenstände und die Verbindlichkeiten, die sich bei einem Wirksamwerden des Plans gegenüberstünden, mit ihren Werten aufgeführt werden. 2Ergänzend ist darzustellen, welche Aufwendungen und Erträge für den Zeitraum, während dessen die Gläubiger befriedigt werden sollen, zu erwarten sind und durch welche Abfolge von Einnahmen und Umgaben die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens während dieses Zeitraums gewährleistet werden soll. 3Dabei sind auch die Gläubiger zu berücksichtigen,
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§§ 229, 254b, 259a, b InsO – Gläubiger ohne Anmeldung zur Tabelle
die zwar ihre Forderungen nicht angemeldet haben, jedoch bei der Ausarbeitung des Plans bekannt sind. § 254b Wirkung für alle Beteiligten Die §§ 254 und 254a gelten auch für Insolvenzgläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben, und für Beteiligte, die dem Insolvenzplan widersprochen haben. § 259a Vollstreckungsschutz (1) 1Gefährden nach der Aufhebung des Verfahrens Zwangsvollstreckungen einzelner Insolvenzgläubiger, die ihre Forderungen bis zum Abstimmungstermin nicht angemeldet haben, die Durchführung des Insolvenzplans, kann das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben oder längstens für drei Jahre untersagen. 2Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Schuldner die tatsächlichen Behauptungen, die die Gefährdung begründen, glaubhaft macht. (2) Ist die Gefährdung glaubhaft gemacht, kann das Gericht die Zwangsvollstreckung auch einstweilen einstellen. (3) Das Gericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn ab, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist. § 259b Besondere Verjährungsfrist (1) Die Forderung eines Insolvenzgläubigers, die nicht bis zum Abstimmungstermin angemeldet worden ist, verjährt in einem Jahr. (2) Die Verjährungsfrist beginnt, wenn die Forderung fällig und der Beschluss rechtskräftig ist, durch den der Insolvenzplan bestätigt wurde. (3) Die Absätze 1 und 2 sind nur anzuwenden, wenn dadurch die Verjährung einer Forderung früher vollendet wird als bei Anwendung der ansonsten geltenden Verjährungsvorschriften. (4) Die Verjährung einer Forderung eines Insolvenzgläubigers ist gehemmt, solange wegen Vollstreckungsschutzes nach § 259a nicht vollstreckt werden darf. Die Hemmung endet drei Monate nach Beendigung des Vollstreckungsschutzes Übersicht 1.
2.
Das Problem nachträglicher Forderungsanmeldungen im Planverfahren ................................. 1 Wirkungen und Folgen der Planerstreckung .............................. 6
3. 4.
Vollstreckungsschutz .................. 15 Besondere Verjährung ................. 23
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§§ 229, 254b, 259a, b InsO – Gläubiger ohne Anmeldung zur Tabelle
1. Das Problem nachträglicher Forderungsanmeldungen im Planverfahren 1 Das grundsätzliche Regelungsziel des Insolvenzplans besteht darin, die in der Insolvenzmasse verfügbaren Mittel auf die Gläubiger in der im Plan vorgesehenen Art und Weise zu verteilen und hinsichtlich des verbleibenden Schuldenbestandes eine Schuldbefreiung zu erlangen. Dies auf dem Wege des Insolvenzplans und nicht im Regelinsolvenzverfahren zu betreiben, kann viele Gründe haben. An erster Stelle steht natürlich der beabsichtigte Erhalt des Unternehmens, bei dem die Gläubigerbefriedigung auch aus künftigen Erträgen erfolgen kann (sog. Earn-out-Plan). Der Vorteil gegenüber einem Asset-Deal kann in dem Erhalt von wichtigen Vertragsbeziehungen liegen. 2 Da der Insolvenzplan aber die vorhandenen Mittel in jedem Fall derart auf die Gläubiger verteilen muss, dass diese durch den Plan jedenfalls nicht schlechter gestellt werden (vgl. § 251 Abs. 1 InsO), ist der bekannte Schuldenstand nach Person und Forderungshöhe der jeweiligen Gläubiger für dem Plan zugrunde liegenden Rechnungen und die spätere Erfüllung des Plans von zentraler Bedeutung. Im Insolvenzplanverfahren ist es daher im Verhältnis zur Abwicklung im Regelinsolvenzverfahren umso schwieriger, mit nachträglichen Forderungsanmeldungen und auch mit solchen Gläubigern umzugehen, die ihre Forderungen mit dem Ziel, nach der Planbestätigung und der Aufhebung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner vorzugehen, überhaupt nicht anmelden. 3 Der in der Vergangenheit hin und wieder unternommene Versuch, im Insolvenzplan eine Präklusionsvorschrift vorzusehen, wonach Gläubiger ihre Forderungen gegen den Schuldner, die nicht bis zu einem bestimmten Stichtag angemeldet sind, nicht mehr geltend machen können, war auch Gegenstand der Diskussion im Gesetzgebungsverfahren. Der Vorschlag, eine Präklusionswirkung festzuschreiben, ist jedoch aus verfassungsrechtlichen Gründen verworfen worden. Spätestens seit der klaren vom BGH (ZIP 2015, 1346; zuvor bereits ZIP 2012, 1359) erklärten Unzulässigkeit einer solchen gewillkürten Präklusion sind solche Klauseln jedenfalls unzulässig und stehen der Annahme des Plans durch das Insolvenzgericht entgegen (Schultze/Tögel, ZIP 2011, 1250; Schreiber/Flitsch, BB 2005, 1173; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 259b Rn. 6). Die §§ 254b, 259a, b InsO stellen ein abschließendes Regelungskonzept dar. 4 Die fehlende Präklusionsmöglichkeit stellt sich insbesondere in zweierlei Hinsicht als problematisch dar: Zum einen kann im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Insolvenzplan die Passivseite der Tabelle nicht festgeschrieben werden, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass Gläubiger einzelne Forderungen nachmelden oder bislang nicht bekannte Gläubiger sich am Verfahren innerhalb der Frist des § 259b Abs. 1 InsO noch beteiligen. Dies führt dazu, dass eine konkrete Quotenerwartung entweder nicht berechnet werden kann, oder, bei Auslobung einer festen Quote, das schuldnerische Unternehmen das Risiko der Nachmeldungen und der zusätzlichen Leistungspflicht auf solche Forderungen
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1. Das Problem nachträglicher Forderungsanmeldungen im Planverfahren
trägt. Diesem Problem kann durch Regelung nur einer variablen Quote in dem Plan begegnet werden, die allerdings einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben muss (vgl. dazu die Ausführungen bei § 71 StaRUG Rn. 6). Im Rahmen der Ermittlung der variablen Quote kann den Gläubigern mit bereits zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen unter Berücksichtigung entsprechender Rückstellungen im Plan eine Sofort- oder Vorabquote bereits unmittelbar nach Rechtskraft ausgezahlt werden. Die Verteilung der zurückgehaltenen Mittel erfolgt sodann erst nach Eintritt der Verjährungsfrist des § 259b InsO auf Grundlage der dann festgeschriebenen Tabelle. Zum anderen ist die fehlende Gewissheit über die Passivseite problematisch, wenn durch den Insolvenzplan die Übertragung des Unternehmens auf einen Investor als Folge eines Verkaufsprozesses, z. B. im Wege eines Kapitalschnitts erfolgt. Der Investor wird regelmäßig den Anspruch erheben, das Unternehmen schuldenfrei und vor allem frei von dem Risiko etwaiger Nachforderungen aus der Zeit vor der Übernahme durch ihn zu übernehmen. Da jedoch nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens der Schuldner selbst grundsätzlich wieder passiv legitimiert ist (ArbG Düsseldorf, Urt. v. 18.4.2017 – 14 Ca 5371/14, juris), sind die Ansprüche von Nachzüglern im Wege der auf die Zahlung der Quote (§ 254b InsO) gerichteten Leistungsklage gegen den vormaligen Insolvenzschuldner geltend zu machen. Dem kann z. B. dadurch begegnet werden, dass das nach den Festsetzungen des Insolvenzplans der Gläubigerbefriedigung dienende Vermögen dem (vormaligen) Insolvenzverwalter fiduziarisch zu Vollrecht übertragen (BGH, ZIP 2018, 1141) und dieser mit der Vornahme der Gläubigerbefriedigung und der Ausschüttungen beauftragt wird. Gleichzeitig wird die Insolvenzschuldnerin bereits mit dem Zeitpunkt der Übertragung des Vermögens auf den Insolvenzverwalter als Treuhänder vollständig entschuldet, stimmen nämlich die Gläubiger zu, ihre Rechte nur noch gegen den Treuhänder verfolgen zu können (pactum de non petendo im Verhältnis zur Schuldnerin). Dies schließt dann nach Maßgabe des Gleichbehandlungsgebots innerhalb der Gruppe (§ 226 Abs. 1 InsO) die Nachzügler ein. Auf diese Weise kann der sanierte Schuldner von dem Risiko nachlaufender Insolvenzforderungen freigehalten werden. Von §§ 254b, 259a, b InsO nicht berührt und sehr wohl zulässig ist allerdings 5 eine dem § 189 InsO entsprechende Ausschlussfrist im Plan für solche Forderungen, die im Verfahren bereits angemeldet waren. Die §§ 254b, 259a InsO sollen verhindern, dass Gläubiger, die ihre Rechte im Verfahren nicht geltend gemacht und sich an diesem nicht beteiligt haben, nicht vor Ablauf eines Jahres präkludiert werden. Hat ein Gläubiger sich demgegenüber am Verfahren beteiligt und ist ihm bekannt, dass seine Forderung bestritten oder, z. B. mangels Feststellung des Ausfalls noch nicht endgültig festgestellt ist, so ist ihm unter Abwägung gegen die Interessen des Schuldners und der übrigen Gläubiger, möglichst schnell Rechtssicherheit und eine klare Verteilungslage herzustellen,
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§§ 229, 254b, 259a, b InsO – Gläubiger ohne Anmeldung zur Tabelle
die Verfolgung seiner Rechte entsprechend § 189 InsO zumutbar (BGH, ZIP 2010, 1499). 2. Wirkungen und Folgen der Planerstreckung 6 Durch den Regelungskomplex der §§ 229 Satz 3, 254b, 259a, 259b InsO werden die Wirkungen des Insolvenzplans auf sämtliche Gläubiger erstreckt, auch soweit diese ihre Forderungen nicht zur Insolvenztabelle angemeldet oder sie sich sonst nicht am Verfahren beteiligt haben. Dies in zweierlei Hinsicht: Handelt es sich um einen Earn-out-Insolvenzplan, bei dem die Gläubiger aus den Erträgen des vom Schuldner oder von einem Dritten fortgeführten Unternehmens befriedigt werden sollen, so hat der Planersteller dem Insolvenzplan nach § 229 InsO eine Vermögensübersicht, einen Ergebnis- und einen Finanzplan beizufügen. Nach der Ergänzung durch § 229 Satz 3 InsO bereits durch das ESUG sind dabei auch diejenigen Gläubiger zu berücksichtigen, die zwar ihre Forderungen nicht angemeldet haben, jedoch bei der Ausarbeitung des Plans bekannt sind. 7 Materiell-rechtlich ist dies richtig, weil Gläubiger durch die Nicht-Beteiligung an dem Verfahren nicht ihre materiellen Rechte, sondern allein ihre verfahrensmäßigen Beteiligungsrechte einbüßen (Rn. 3). Die Forderungen auch der nicht am Verfahren beteiligten Gläubiger bleiben nach Maßgabe der auch auf sie erstreckten Regelungswirkung des Plans gegen den Schuldner durchsetzbar (BGH, ZIP 2015, 1346). 8 Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Sanierung des Unternehmens nicht auf der Erwartung aufbaut, es würden sich nicht sämtliche (bekannten) Gläubiger am Insolvenzverfahren beteiligen und ihre Forderungen zur Tabelle anmelden. Die nachhaltige Sanierung des Unternehmens soll nicht auf solchen Zufälligkeiten und nicht gerechtfertigten Vermögensvorteilen aus Versäumnissen der Gläubiger aufbauen. Schuldner und Insolvenzverwalter sind daher verpflichtet, valide Planungen unter Einbeziehung aller bekannten Gläubiger aufzustellen und zur Grundlage des Insolvenzplans zu machen. 9 Im Ergebnis ist damit gewährleistet, dass es bei der Erfüllung des Plans nicht zu „bösen Überraschungen“ kommt, weil sich nach Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens Gläubiger melden und Zahlung aus dem schuldnerischen Vermögen verlangen, die in der Ertragsplanung nicht berücksichtigt waren und deshalb das Scheitern des Plans droht. 10 Hat ein sorgfältiger Planersteller auch vor Inkrafttreten des ESUG jede bekannte Forderung bei der Planung vorsorglich berücksichtigt, so ist die mit § 229 InsO erfolgte Klarstellung dennoch uneingeschränkt zu begrüßen und wohl auch erforderlich, um die Auswirkungen auf einen etwaig erforderlich werdenden Vollstreckungsschutzantrag tatbestandlich anknüpfen zu können (dazu Rn. 15).
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3. Vollstreckungsschutz
Zugleich wird in §§ 254b, 259a, b InsO klargestellt, dass sich die Wirkungen 11 des Plans auch auf sämtliche Gläubiger erstrecken, die ihre Forderungen nicht zur Insolvenztabelle angemeldet haben. Dabei kann es sich sowohl um gänzlich unbekannte Gläubiger handeln, als auch um solche, die aus möglicherweise opportunistischen Erwägungen ihre Forderungen nicht zur Tabelle angemeldet haben. Solchen Tendenzen soll von vornherein das Wasser dadurch abgegraben 12 werden, dass der Schuldner nach § 259a Abs. 1 InsO in Bezug auf die Forderungen eines solchen Gläubigers für maximal drei Jahre Vollstreckungsschutz beantragen kann. Zwar gelten die Wirkungen des Plans nach § 254b InsO auch für sämtliche 13 Gläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben, sodass ein im Plan vorgesehener Verzicht auch diese betrifft. In der Plangestaltung sind Nachmeldungen von Gläubigern immer schwierig zu handhaben, da die zur Verfügung stehenden Finanzmittel festgeschrieben sind, jedoch eine Änderung der zu berücksichtigen Passiva letztlich nicht vorhersehbar ist (dazu Rn. 4, vgl. ausführlich auch Küpper/Heinze, ZInsO 2013, 471). Obgleich dieses Problem dem ESUG-Gesetzgeber bekannt war, hat er sich 14 der BGH-Rechtsprechung angeschlossen und sich für ein von gewillkürten Präklusionsklauseln abweichendes Regelungskonzept entschieden: Zunächst gelten die Festsetzungen des Insolvenzplans für alle, also auch für die nicht zur Tabelle angemeldeten Forderungen, § 254b InsO. Auch der Gläubiger, der am Planverfahren nicht teilnimmt, erhält daher bestenfalls die Quote, nicht aber den vollen Gegenwert seines Anspruchs. Auch sämtliche sonstigen Regelungs- und Gestaltungswirkungen des Plans gelten inter omnes und sind unabhängig davon, ob sich ein Gläubiger an dem Planverfahren beteiligt hat. Dies gilt insbesondere auch für die Befreiungswirkung des § 227 InsO einschließlich der Befreiung gegenüber persönlich haftenden Gesellschaftern nach § 227 Abs. 2 InsO und auch für solche Gestaltungswirkungen, die von einer konkreten Regelung im Plan unabhängig sind, so insbesondere den vorbehaltlich entgegenstehender Regelung im Plan mit diesem ipso iure verbundenen Erlass nachrangiger Forderungen nach § 225 Abs. 1 InsO. 3. Vollstreckungsschutz § 259a InsO greift sodann in die vor Inkrafttreten des ESUG noch bestehende 15 Möglichkeit des am Planverfahren mangels Anmeldung seiner Forderung nicht teilnehmenden Gläubigers ein, seinen Anspruch auf die Quote (§ 254b InsO) gegen den Schuldner nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens zu vollstrecken. Es stünde solchen Gläubigern nämlich grundsätzlich frei, nach Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens die auch für sie geltenden Planregelungen zwangsweise gegen den Schuldner durchzusetzen, was insbesondere dann zu Problemen führt, wenn die dafür erforderlichen
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§§ 229, 254b, 259a, b InsO – Gläubiger ohne Anmeldung zur Tabelle
Mittel in den Planrechnungen nicht berücksichtigt worden sind bzw. nicht hatten berücksichtigt werden können. Daran können Insolvenzpläne insgesamt scheitern. 16 Würde eine solche Vollstreckung die Erfüllung und Durchführung des Insolvenzplans und damit das Sanierungsziel gefährden, was der Schuldner zur Zulässigkeit seines Antrages glaubhaft zu machen hat, so ist nach § 259a InsO Vollstreckungsschutz auszusprechen. Es handelt dabei der Sache nach um ein über die Beendigung des Insolvenzverfahrens hinausgehendes Vollstreckungsmoratorium zur Sicherung der Erfüllung der mit dem Insolvenzplan beabsichtigten Regelungsziele. Der Vollstreckungsschutz kann für maximal drei Jahre ausgesprochen werden. An die Glaubhaftmachung durch den Schuldner sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen, da im Grundsatz davon auszugehen ist, dass das Planvollzugs- und Planerfüllungsinteresse als Kollektivinteresse Vorrang vor individuellen Befriedigungsinteressen genießt. 17 § 259a Abs. 2 InsO sieht zugunsten des Schuldners zudem die Möglichkeit vor, einstweiligen Vollstreckungsschutz zu erlangen, was insbesondere bei kurzfristig bevorstehenden Quotenauszahlungen von Bedeutung ist. Die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist bereits dann zu gewähren, wenn der Schuldner glaubhaft macht, dass durch die Vollstreckung die Planziele gefährdet werden. Eine Sicherheitsleistung durch den Schuldner ist weder erforderlich noch geboten oder zulässig, weil auch die für eine Sicherheitsleistung notwendigen Mittel in den dem Insolvenzplan zugrundeliegenden Planungen nicht vorgesehen sind und auch das Verlangen nach einer Sicherheitsleistung daher dieselbe, die Planziele gefährdende Wirkung haben könnte. Die Ratio des § 259a InsO würde hierdurch unterlaufen. Im Übrigen gebietet auch die Interessenlage zwischen den Parteien keine abweichende Entscheidung. Dem Gläubiger hätte es freigestanden, sich an dem Insolvenzplanverfahren frühzeitig zu beteiligen. Einschränkung, die sich aus der verspäteten Anmeldung seiner Forderung zur Insolvenztabelle ergeben, sind jedenfalls anteilig auch seiner eigenen Risikosphäre zuzuordnen. Der zu gewährende Vollstreckungsschutz ist daher auch Ausfluss des Verlusts der verfahrensmäßigen Beteiligungsrechte des betreffenden Gläubigers. 18 Die Glaubhaftmachung der Gefährdung der Planziele durch den Schuldner setzt voraus, dass der Schuldner darlegt und begründet, dass die im Vollstreckungswege beizutreibende Forderung aus dem Cash Flow nicht bedient werden kann und/oder sonstige nicht zu vermeidende Nachteile in Bezug auf die Fortführung des Unternehmens entstehen würden. 19 Gefahren in diesem Sinne können jedoch nicht allein aus Vollstreckungshandlungen von Gläubigern zur Durchsetzung von (Alt-)Forderungen drohen, sondern z. B. auch durch Aufrechnungserklärungen, die sicher geglaubte Mittelzuflüsse, die in die Finanz- und Ertragsplanung des Unternehmens Einzug gehalten haben und dort benötigt werden, vereiteln. Mit seinem Urteil vom 19.5.2011 (ZIP 2011, 1271) hat der BGH festgestellt, dass ein bei Er-
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4. Besondere Verjährung
öffnung des Insolvenzverfahrens bestehendes Aufrechnungsrecht auch dann erhalten bleibt, wenn die aufgerechnete Gegenforderung nach einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan als erlassen gilt. Ist dieses Aufrechnungsrecht bei der Plangestaltung übersehen und z. B. ein 20 Vorsteuererstattungsanspruch in die Liquiditätsplanung einbezogen worden, der nun durch die Aufrechnung gefährdet ist, so steht dieses Aufrechnungsrecht einer Vollstreckungsmaßnahme i. S. d. § 259a Abs. 1 InsO gleich. Um den Insolvenzplan nicht zu gefährden, ist eine solche erweiterte Auslegung des Vollstreckungsbegriffs auf einseitige Erklärungen des Gläubigers, die zur Befriedigung seiner Insolvenzforderung führen, entsprechend anwendbar. Der gesetzgeberische Wille, die Sanierungsaussichten und die Durchführung des Insolvenzplans nicht durch solche nachträglichen Maßnahmen von Gläubigern, die sich am Insolvenzplanverfahren nicht beteiligt haben, zu gefährden, ist insoweit eindeutig. Dies ändert nichts daran, dass es bei der vom BGH (a. a. O.) festgestellten 21 Aufrechnungsmöglichkeit verbleibt, wenn der Insolvenzgläubiger am Insolvenzplanverfahren teilgenommen hat und es dem Planersteller nicht gelungen ist, diesen – wie der BGH vorschlägt – zu einem Verzicht auf sein Aufrechnungsrecht zu bewegen. Regelmäßig wird dem Schuldner der Nachweis der Gefährdung der Planziele 22 nur durch Vorlage eines Liquiditätsplanes gelingen, aus dem sich die drohende Gefahr in Gestalt einer Liquiditätsunterdeckung ableiten lässt. Auf eine Gefährdung der Planziele durch die Vollstreckung einer Forderung, die entgegen § 229 Satz 3 InsO nicht in die Planungsrechnungen aufgenommen wurde, wird sich der Schuldner demgegenüber allerdings nur dann erfolgreich berufen können, wenn er zugleich darlegt und glaubhaft macht, warum die Forderung ihm bei Erstellung der Planungsrechnungen nicht bekannt sein und deshalb nicht berücksichtigt werden konnte. Hat der Planersteller es fahrlässig versäumt, eine Forderung, die hätte bekannt sein können, in den Planungsrechnungen zu berücksichtigen, so ist er mit dem späteren Antrag auf Vollstreckungsschutz wegen der Geltendmachung dieser Forderung präkludiert. Anderes gilt nur dann, wenn die Forderung z. B. rechtlich als nachrangig (§ 39 InsO) qualifiziert und aus diesem Grunde nicht berücksichtigt wurde, sich diese rechtliche Qualifikation aber später nicht bestätigt, sondern die Forderung entgegen der Erwartung im Rang des § 38 InsO doch zu berücksichtigen ist. 4. Besondere Verjährung Der Vollstreckungsschutz nach § 259a InsO kann für maximal drei Jahre an- 23 geordnet werden. Innerhalb der Laufzeit dieses Moratoriums muss das schuldnerische Unternehmen Rechtssicherheit erlangen können, dass der Insolvenzplan endgültig erfüllt bzw. erfüllbar ist und die Rechte aller Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) vollumfänglich erledigt sind (in diesem Sinne auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 259b Rn. 1).
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§ 231 Abs. 1 Satz 2 InsO – Verfahrensbeschleunigung
24 Da die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht in die Laufzeit der Verjährung nach § 194 BGB eingreift, wäre diese Sicherheit erst mit Eintritt auch der spätesten möglichen Verjährung aller bei Insolvenzeröffnung bestehenden Ansprüche erreichbar. Um dem entgegenzuwirken, hat der Gesetzgeber mit § 259b InsO eine besondere Verjährung für Insolvenzforderungen geschaffen, die im Planverfahren nicht angemeldet worden sind. Maßgeblicher Zeitpunkt ist derjenige der letzten Änderungsmöglichkeit des Plans im Erörterungs- und Abstimmungstermin (§ 240 InsO). 25 Die Verjährungsfrist beträgt maximal ein Jahr, soweit nicht die zivilrechtliche Verjährung kürzer ist, und ist somit kürzer als die Höchstlaufzeit des Moratoriums nach § 259a InsO; die Anordnung des Moratoriums hemmt jedoch den Lauf der Verjährung (§ 259b Abs. 4 Satz 1 InsO). 26 Die Verjährung nach § 259b InsO hindert lediglich die Durchsetzung der Ansprüche gegenüber dem Insolvenzschuldner selbst. Auf die Geltendmachung von für die Forderung bestellten Drittsicherheiten, die nicht aus dem Vermögen des Schuldners stammen, hat § 259b InsO keinen Einfluss. Es verbleibt insoweit vielmehr bei dem Grundsatz des § 254 Abs. 2 InsO, wonach der Gläubiger trotz der Erlasswirkung des Insolvenzplans (§ 227 Abs. 1 InsO) nicht gehindert ist, Drittsicherheiten uneingeschränkt geltend zu machen (so auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 259b Rn. 1).
§ 231 Abs. 1 Satz 2 InsO – Verfahrensbeschleunigung § 231 Zurückweisung des Plans (1) 1Das Insolvenzgericht weist den Insolvenzplan von Amts wegen zurück, 1. wenn die Vorschriften über das Recht zur Vorlage und den Inhalt des Plans, insbesondere zur Bildung von Gruppen, nicht beachtet sind und der Vorlegende den Mangel nicht beheben kann oder innerhalb einer angemessenen, vom Gericht gesetzten Frist nicht behebt, 2. wenn ein vom Schuldner vorgelegter Plan offensichtlich keine Aussicht auf Annahme durch die Beteiligten oder auf Bestätigung durch das Gericht hat oder 3. wenn die Ansprüche, die den Beteiligten nach dem gestaltenden Teil eines vom Schuldner vorgelegten Plans zustehen, offensichtlich nicht erfüllt werden können. 2Die Entscheidung des Gerichts soll innerhalb von zwei Wochen nach Vorlage des Plans erfolgen. (2) Hatte der Schuldner in dem Insolvenzverfahren bereits einen Plan vorgelegt, der von den Beteiligten abgelehnt, vom Gericht nicht bestätigt oder vom Schuldner nach der öffentlichen Bekanntmachung des Erörterungstermins zurückgezogen worden ist, so hat das Gericht einen neuen Plan des Schuldners zurückzuweisen,
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§ 231 Abs. 1 Satz 2 InsO – Verfahrensbeschleunigung
wenn der Insolvenzverwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses, wenn ein solcher bestellt ist, die Zurückweisung beantragt. (3) Gegen den Beschluss, durch den der Plan zurückgewiesen wird, steht dem Vorlegenden die sofortige Beschwerde zu. § 231 InsO ordnet die Vorprüfung des Insolvenzplans durch das Insolvenzge- 1 richt an, bevor dieser zur Stellungnahme den Beteiligten zugeleitet (§ 231 InsO) und auf der Geschäftsstelle zur Einsichtnahme niedergelegt (§ 234 InsO) wird. Nach der Ergänzung des § 234 InsO um einen Abs. 4 durch das SanInsFoG kann der Plan den in § 234 Abs. 1, 2 InsO Genannten bereits vor dem Abschluss der Vorprüfung nach § 231 InsO zur Stellungnahme zugeleitet werden. Ergeben sich daraus Erkenntnisse, auf welche das Gericht die Zurückweisung des Plans stützen möchte, so ist dem Planinitiator und den Übrigen zur Stellungnahme Berechtigten erneut rechtliches Gehör mit einer Höchstfrist von einer Woche zu gewähren. Funktional zuständig für die Vorprüfung wie für das gesamte Insolvenzplan- 2 verfahren einschließlich der Durchführung des Erörterungs- und Abstimmungstermins (§ 235 InsO) ist der Insolvenzrichter (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 RpflG). § 231 Abs. 1 Satz 2 InsO bewirkt die Beschleunigung des Insolvenzverfahrens 3 dadurch, dass dem Insolvenzgericht vorgegeben wird, über die Annahme/ Zurückweisung des Insolvenzplans binnen zwei Wochen zu entscheiden. Zwar fehlt es hier an einer allgemeinen Rechtsfolge für den Fall, dass das Gericht die Frist (unentschuldigt) überschreitet. Jedoch gilt § 198 GVG in der seitdem seit Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 2.12.2011 (BGBl. 2011, S. 2302) geltenden Fassung, da es sich bei der Vorlage des Insolvenzplanes mit dem impliziten Antrag, diesen nach § 231 InsO anzunehmen, um ein Gerichtsverfahren i. S. d. § 198 Abs. 6 Nr. 1 Halbs. 3 GVG handelt. Damit steht es dem Antragsteller aber auch jedem sonst Verfahrensbeteiligten frei, die Verzögerungsrüge zu erheben und sich für den Fall der Fristüberschreitung durch das Gericht die Geltendmachung von dadurch eintretenden (Verzögerungs-)Schäden vorzubehalten. Die Gerichte sollten daher tunlichst geneigt sein, die Frist, wo dies möglich 4 ist, einzuhalten. Im Rahmen des Umfangs der Überprüfung nach § 231 InsO, ob der Plan an- 5 zunehmen oder zurückzuweisen ist, hat der ESUG-Gesetzgeber klargestellt, dass insbesondere die Gruppenbildung nach § 222 InsO der Prüfung zu unterziehen ist. Das Gericht hat dabei jeden rechtlichen Gesichtspunkt in die Vorprüfung einzubeziehen und jedes etwaige Vollzugshemmnis für den Plan von Amts wegen zu beachten. Dazu gehören neben der unzulässigen Gruppenbildung insbesondere auch die Prüfung der Vorlageberechtigung gem. § 218 InsO (zur Vorlageberechtigung des vorläufigen Sachwalters vgl. Einf. §§ 217 ff. InsO Rn. 11), rechtswidrige Anordnungen (wie z. B. Ausschlussklauseln, vgl. Rn. 3 ff.), Eintragungshindernisse (Handelsregister, Grundbücher etc.) oder 729
§§ 251, 253 InsO – Minderheiten- und Rechtsschutz
sonst rechtsunwirksame oder unerfüllbare Regelungen. Von der Unerfüllbarkeit soll das Insolvenzgericht allerdings nur in extremen Ausnahmefällen ausgehen, da die Gläubigerautonomie insoweit Vorrang genießt (OLG Dresden, NZI 2000, 436; LG Bielefeld, ZInsO 2002, 198). 6 Das Gericht ist im Rahmen der Vorprüfung darüber hinaus nicht berufen, die Zweckmäßigkeit und die Wirtschaftlichkeit des Plans zu prüfen und auch nicht befugt, den Minderheitenschutz vorweg zu nehmen (so auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 231 Rn. 9 f). Dementsprechend ist das Insolvenzgericht im Rahmen der nur summarischen Vorprüfung (vgl. Thies, in: HambKommInsO, § 231 Rn. 26) auch nicht berechtigt, die Vergleichsberechnung in Frage zu stellen und den Plan zurück zu weisen, weil bestimmte Aktiva in der Vergleichsberechnung keine Berücksichtigung gefunden haben. Dies kann insbesondere bei der Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung von Ansprüchen aus Insolvenzanfechtung (§§ 129 ff. InsO) eine Rolle spielen, die der Insolvenzverwalter nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens im Anschluss an die Bestätigung des Insolvenzplans nur dann weiterzuverfolgen berechtigt ist, wenn sie bei der Bestätigung des Plans bereits rechtshängig waren (BGH, GmbHR 2013, 529). 7 Aus diesem Grunde ist zu differenzieren: Verhält sich der Insolvenzplan in der Vergleichsberechnung und den weiteren Regelungen zu Anfechtungsansprüchen und anderen Sonderaktiva überhaupt nicht, so stellt dies keinen Grund für die Zurückweisung des Plans dar, da die Gläubiger im Abstimmungstermin zu entscheiden haben, ob sie die Vergleichsberechnung akzeptieren oder den Plan ablehnen. Gläubigern, die mit dem unausgesprochenen Verzicht auf solche Ansprüche nicht einverstanden sind, steht der Weg über §§ 251, 253 InsO offen, der ebenfalls in der Vorprüfung nach § 231 InsO nicht vorwegzunehmen ist. Sieht der Insolvenzplan demgegenüber z. B. einen Vorbehalt für den Insolvenzverwalter vor, Sonderaktiva auch nach Bestätigung des Insolvenzplans noch geltend machen zu können, so ist dies eine unzulässige Regelung, die wohlmöglich nur dazu dienen soll, die Gläubiger über den wahren Inhalt der Vergleichsberechnung im Unklaren zu lassen. Wegen eines solchen rechtswidrigen Planinhalts ist der Plan von Amts wegen zurückzuweisen.
§§ 251, 253 InsO – Minderheiten- und Rechtsschutz § 251 Minderheitenschutz (1) Auf Antrag eines Gläubigers oder, wenn der Schuldner keine natürliche Person ist, einer am Schuldner beteiligten Person ist die Bestätigung des Insolvenzplans zu versagen, wenn 1. der Antragsteller dem Plan spätestens im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll widersprochen hat und
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§§ 251, 253 InsO – Minderheiten- und Rechtsschutz
2. der Antragsteller durch den Plan voraussichtlich schlechtergestellt wird, als er ohne einen Plan stünde. (2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Antragsteller spätestens im Abstimmungstermin glaubhaft macht, dass er durch den Plan voraussichtlich schlechtergestellt wird. (3) 1Der Antrag ist abzuweisen, wenn im gestaltenden Teil des Plans Mittel für den Fall bereitgestellt werden, dass ein Beteiligter eine Schlechterstellung nachweist. 2 Ob der Beteiligte einen Ausgleich aus diesen Mitteln erhält, ist außerhalb des Insolvenzverfahrens zu klären. § 253 Rechtsmittel (1) Gegen den Beschluss, durch den der Insolvenzplan bestätigt oder durch den die Bestätigung versagt wird, steht den Gläubigern, dem Schuldner und, wenn dieser keine natürliche Person ist, den am Schuldner beteiligten Personen die sofortige Beschwerde zu. (2) Die sofortige Beschwerde gegen die Bestätigung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer 1. dem Plan spätestens im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll widersprochen hat, 2. gegen den Plan gestimmt hat und 3. glaubhaft macht, dass er durch den Plan wesentlich schlechtergestellt wird, als er ohne einen Plan stünde, und dass dieser Nachteil nicht durch eine Zahlung aus den in § 251 Absatz 3 genannten Mitteln ausgeglichen werden kann. (3) Absatz 2 Nummer 1 und 2 gilt nur, wenn in der öffentlichen Bekanntmachung des Termins (§ 235 Absatz 2) und in den Ladungen zum Termin (§ 235 Absatz 3) auf die Notwendigkeit des Widerspruchs und der Ablehnung des Plans besonders hingewiesen wurde. (4) 1Auf Antrag des Insolvenzverwalters weist das Landgericht die Beschwerde unverzüglich zurück, wenn das alsbaldige Wirksamwerden des Insolvenzplans vorrangig erscheint, weil die Nachteile einer Verzögerung des Planvollzugs nach freier Überzeugung des Gerichts die Nachteile für den Beschwerdeführer überwiegen; ein Abhilfeverfahren nach § 572 Absatz 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung findet nicht statt. 2Dies gilt nicht, wenn ein besonders schwerer Rechtsverstoß vorliegt. 3Weist das Gericht die Beschwerde nach Satz 1 zurück, ist dem Beschwerdeführer aus der Masse der Schaden zu ersetzen, der ihm durch den Planvollzug entsteht; die Rückgängigmachung der Wirkungen des Insolvenzplans kann nicht als Schadensersatz verlangt werden. 4Für Klagen, mit denen Schadensersatzan-
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§§ 251, 253 InsO – Minderheiten- und Rechtsschutz
sprüche nach Satz 3 geltend gemacht werden, ist das Landgericht ausschließlich zuständig, das die sofortige Beschwerde zurückgewiesen hat. Übersicht 1.
Beschränkungen des Rechtsschutzes ......................................... 1 a) Vorbemerkung ........................ 1 b) Glaubhaftmachung der voraussichtlichen Schlechterstellung .................................... 6 c) Materielle Schlechterstellung und Erheblichkeitsschwelle .................................. 11
2.
3.
Ausgleich außerhalb des Insolvenzplanverfahrens (§ 251 Abs. 3 InsO) ............................................ Sofortige Beschwerde (§ 253 InsO) ................................. a) Grundlagen ............................ b) Sofortige Zurückweisung der Beschwerde (§ 253 Abs. 4 InsO) .....................................
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1. Beschränkungen des Rechtsschutzes a) Vorbemerkung 1 Mit der Modernisierung und der Straffung des Insolvenzplanverfahrens gingen mit Inkrafttreten des ESUG auch – zunächst moderate – Beschränkungen des Minderheiten- und des Rechtsschutzes einher. Der Gesetzgeber hat die in §§ 251, 253 InsO etablierten Regelungen auch in §§ 64, 66 StaRUG übernommen, die in weiten Teilen parallel laufen (vgl. daher auch die Kommentierung dort, §§ 64, 66 StaRUG Rn. 3 ff., 23 ff.). 2 Nach § 251 Abs. 1 InsO ist die Bestätigung des Insolvenzplans auf Antrag eines Gläubigers oder eines Gesellschafters, also eines am Plan Beteiligten und von dem Plan Betroffenen zu versagen, wenn (1.) der Antragsteller dem Plan spätestens im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll widersprochen hat und (2.) der Antragsteller durch den Plan voraussichtlich schlechtergestellt wird, als er ohne einen Plan stünde. Am Plan nicht beteiligt sind Aussonderungs- und Massegläubiger, weshalb diesen das Widerspruchsrecht nicht zusteht. Andererseits ist aber auch die Festsetzung eines Stimmrechts für das Widerspruchsrecht ebenfalls nicht erforderlich; daran fehlt es z. B., wenn in die Rechtsstellung des Beteiligten vermeintlich nicht eingegriffen wird (§§ 237 Abs. 2, 238 Abs. 2, 238a Abs. 2 InsO). Insoweit hat sich gegenüber der Rechtslage vor Inkrafttreten des ESUG nichts geändert. 3 Eine Beschränkung ergibt sich jedoch aus der Neufassung des § 251 Abs. 2 InsO, wonach der Antrag nur zulässig ist, wenn der Antragsteller spätestens im Abstimmungstermin glaubhaft gemacht hat, dass er durch den Plan voraussichtlich schlechtergestellt wird. Da es sich um eine materielle Antragsvoraussetzung und nicht um eine Frist i. S. d. § 233 ZPO handelt, ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand weder in direkter noch in analoger Anwendung möglich (Braun, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 251 Rn. 2; Sinz, in: MünchKomm-InsO, § 251 Rn. 11).
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1. Beschränkungen des Rechtsschutzes
Da der Widerspruch gegen den Plan „spätestens“ im Abstimmungstermin 4 erhoben und die Schlechterstellung glaubhaft gemacht werden muss, ist die Anwesenheit im Termin nicht erforderlich, sondern kann die Glaubhaftmachung auch vor Durchführung des Termins schriftsätzlich erfolgen. Unzulässig wegen eines rechtsmissbräuchlichen venire contra factum proprium ist der Widerspruch allerdings, wenn der Beteiligte dem Plan zugestimmt hat (ebenso Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 251 Rn. 4; a. A. Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 251 Rn. 12). Ebenso unzulässig wegen eines fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses wäre der vorsorglich, bereits vor Niederlegung des Plans erhobene Widerspruch (Burmeister/Schmidt-Hern, in: Kübler, HRI, § 43 Rn. 44). Ob neben dem Schutzantrag nach § 251 Abs. 1 InsO der ausdrücklich erhobene 5 Widerspruch tatsächlich weitere Zulässigkeitsvoraussetzung ist (so m. E. zu Recht Thies, in: HambKomm-InsO, § 251 Rn. 8; Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 251 Rn. 4; Burmeister/Schmidt-Hern, in: Kübler, HRI, § 43 Rn. 39; a. A. Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 251 Rn. 5), ist streitig. Was der Gesetzgeber seit der Neufassung des § 251 Abs. 2 InsO mit dem zeitgleich zu erhebenden Schutzantrag und dem parallelen Widerspruch (noch) bezweckt, wird zwar nicht ganz klar, jedoch lässt die ausdrückliche Aufzählung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für einen Antrag nach § 251 Abs. 1 InsO keinen Spielraum für einen Verzicht auf den Widerspruch. Dies umso weniger, als auch die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde gegen den Bestätigungsbeschluss nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 InsO ebenfalls ausdrücklich voraussetzt, dass der Beschwerdeführer dem Plan spätestens im Abstimmungstermin widersprochen hat. Wollte man auf den Widerspruch verzichten, weil dieser neben dem Antrag nach § 251 Abs. 1 InsO bloße Förmelei sei, so müsste auch der Wortlaut des § 253 Abs. 2 Nr. 2 InsO dahingehend interpretiert werden, dass der Gesetzgeber als Zulässigkeitsvoraussetzung trotz des entgegenstehenden Wortlautes auch den allein gestellten Zurückweisungsantrag nach § 251 Abs. 1 InsO genügen lässt. b) Glaubhaftmachung der voraussichtlichen Schlechterstellung Nicht ganz nachvollziehbar und nach wie vor nicht verbindlich geklärt ist, 6 warum in § 251 Abs. 2 InsO von der „voraussichtlichen Schlechterstellung“ die Rede ist, während die Zulässigkeit der Beschwerde gegen den Bestätigungsbeschluss nach § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO nur zulässig ist, soweit der Antragsteller glaubhaft macht, dass er durch den Plan „wesentlich schlechtergestellt“ wird. Für beide Verfahrensschritte ungleiche Zulässigkeitsvoraussetzungen aufzu- 7 stellen, erschließt sich nicht. Dadurch wäre nämlich der Antrag auf Versagung des Bestätigungsbeschlusses unter geringeren Voraussetzungen zulässig, als die Beschwerde gegen den Bestätigungsbeschluss. Der dadurch gegebene Anreiz für das Gericht, im Falle einer nicht wesentlichen Beeinträchtigung i. S. d. § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO den grundsätzlich möglicherweise zulässigen Antrag des Gläubigers – mit welcher Begründung auch immer – in dem Bewusstsein 733
§§ 251, 253 InsO – Minderheiten- und Rechtsschutz
zurückzuweisen, dass die Beschwerde hiergegen unzulässig sein wird, ist nicht von der Hand zu weisen. Eine gesonderte Anfechtung des Zurückweisungsbeschlusses, der mit dem Bestätigungsbeschluss verbunden werden kann, ist nicht möglich; anfechtbar ist nur der Bestätigungsbeschluss selbst, wofür dann § 253 InsO gilt (vgl. Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 251 Rn. 28 f.). 8 Da überdies die zur Begründung der Erheblichkeitsschwelle in § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO von der Gesetzesbegründung vorgebrachten Argumente, wonach nämlich insbesondere die Beschwerde solcher Personen ausgeschlossen werden soll, die eine kleine Forderung nur zu dem Zweck erworben haben, gegen den Insolvenzplan zu opponieren und sich ihr Obstruktionspotenzial ggf. abkaufen zu lassen, und durch solches Verhalten den Sanierungserfolg ganz erheblich gefährden können (vgl. BT-Drucks. 17/5712, S. 35 f.), hier wie dort greifen, ist eine teleologische Erweiterung des § 251 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 InsO dahingehend, dass auch hier eine „wesentliche Schlechterstellung“ glaubhaft gemacht werden muss, möglich und sinnvoll. 9 Da sich in der Begründung zur Neufassung des § 251 Abs. 2 InsO kein Wort zu der Frage der Erheblichkeitsschwelle findet, dürfte insoweit und trotz der wortgleichen Übernahme unter Beibehaltung dieser – dort aber ebenso wenig erläuterten – Differenzierung auch in §§ 64, 66 StaRUG (vgl. §§ 64, 66 StaRUG Rn. 7 ff.) von einem gesetzgeberischen Redaktionsversehen auszugehen sein. Dies eröffnet dann die hier vertretene Übertragung der Erheblichkeitsschwelle des § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO in analoger Anwendung auch auf § 251 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 InsO und damit den Gleichlauf in den Zulässigkeitsvoraussetzungen des Versagungsantrages einerseits und der Beschwerde gegen den Bestätigungsbeschluss andererseits. 10 Der Antragsteller muss die voraussichtliche (wesentliche) Schlechterstellung glaubhaft machen. Dies entbindet das Gericht partiell vom Amtsermittlungsgrundsatz des § 5 InsO und beschränkt diesen auf die vom Antragsteller glaubhaft gemachten Tatsachen und Schlussfolgerungen (BGH, WM 2012, 1640; BGH, NZI 2011, 410; Burmeister/Schmdit-Hern, in: Kübler, HRI, § 43 Rn. 49 ff.). Bei der Amtsermittlung gibt es zwar keine verfahrensrechtliche Beweislast, wohl aber eine materiell-rechtliche. Zweifel gehen zulasten des Antragstellers, weil die Wahrscheinlichkeit einer Schlechterstellung dann nicht überwiegt (Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 251 Rn. 28). c) Materielle Schlechterstellung und Erheblichkeitsschwelle 11 Die Prüfung einer (voraussichtlich wesentlichen) Schlechterstellung erfordert eine ausschließlich wirtschaftliche Betrachtungsweise anhand eines Vergleichs zwischen dem Planergebnis und dem hypothetischen Ergebnis der Regelabwicklung (Liquidation); ein abweichendes Planszenario kann nicht zum Prüfungsmaßstab erhoben werden. Ob das stets auf einer Prognose beruhende Planergebnis tatsächlich realisierbar ist, ist nicht Gegenstand der gerichtlichen Prüfung, Das Risiko, dass sich im Nachhinein entgegen der gerichtlichen Pro-
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1. Beschränkungen des Rechtsschutzes
gnose doch eine Schlechterstellung ergibt, trägt der Antragsteller (Burmeister/ Schmidt-Hern, in: Kübler, HRI, § 43 Rn. 59; Sinz, in: MünchKomm-InsO, § 251 Rn. 15; BGH, ZIP 2005, 1648, 1650). In die Prognose muss darüber hinaus das gesamte Abwicklungsszenario einbezogen werden; dies schließt insbesondere im Falle der Liquidation zu erfüllende Masseverbindlichkeiten (Löhne, Mieten etc. im Auslauf der Kündigungsfrist) ebenso ein, wie die wirtschaftliche Betrachtung der Realisierbarkeit von Masseansprüchen (Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 251 Rn. 6 ff.). Für den Gläubiger, der die Schlechterstellung glaubhaft zu machen hat, sind die Anforderungen an die Vergleichsberechnung nur schwer zu erfüllen. Für den Fall, dass der Schuldner eine natürliche Person ist, legt der Gesetz- 12 geber mit der zusätzlichen Regelung in § 251 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 InsO fest, dass § 245a InsO entsprechend anwendbar ist. Die Vermutungsregeln in § 245a InsO soll die Prüfung einer voraussichtlichen Schlechterstellung bei Insolvenzplänen natürlicher Personen auch im Rahmen von Minderheitenschutzanträgen erleichtern (BT-Drucks. 19/24181, S. 202). Um Beschwerden gegen den Planbestätigungsbeschluss (§ 253 Abs. 1 InsO; zur 13 Anwendbarkeit auch auf den Versagungsantrag nach § 251 Abs. 1 InsO vgl. Rn. 6 ff.) von Gläubigern mit Kleinstforderungen von vorneherein abzuschneiden und damit „räuberischen Obstruktionsabsichten“ den Boden zu entziehen, hat der Gesetzgeber im ESUG die Einführung einer Erheblichkeitsschwelle vorgesehen. Die Beschwerde gegen den Planbestätigungsbeschluss ist seither nur noch dann zulässig, wenn der Gläubiger geltend macht, durch den Plan „wesentlich“ schlechtergestellt zu werden, als er ohne den Plan stünde. Die Einführung der Erheblichkeitsschwelle als solche ist uneingeschränkt zu 14 begrüßen. Eidenmüller (Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz [Habil. 1999] S. 91 f.) hat bereits im Jahr 1999 vorgeschlagen, für die Anwendung des Obstruktionsverbotes – und dieselben Grundsätze gelten hier entsprechend – eine eindeutige Schlechterstellung des betroffenen Gläubigers zu verlangen. Durch die Einführung einer solchen Erheblichkeitsschwelle erübrigen sich zwar die hochproblematischen und dogmatisch kaum fassbaren Vergleichsrechnungen nicht; jedoch wird der damit verbundene Kontrollaufwand durch Erweiterung des Bewertungsspielraumes und Qualifizierung der Schlechterstellung reduziert und wird die Gefahr von Verfahrensverzögerungen herabgesetzt. Gleichzeitig dürfte die Gefahr der Versagung der Bestätigung des Insolvenzplans bei einer wesentlichen Schlechterstellung eines Gläubigers als Sanktionsandrohung gegen diskriminierende Insolvenzpläne nach wie vor ausreichen (so ausdrücklich Hölzle, in: Kübler, HRI, § 30 Rn. 25 ff.). In der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/5712, S. 35) geht der Gesetzgeber 15 davon aus, dass eine wesentliche Schlechterstellung i. S. d. Tatbestandes bei Überschreiten einer Schwelle von 10 % (Minderergebnis aus dem Plan gegen-
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§§ 251, 253 InsO – Minderheiten- und Rechtsschutz
über der Regelliquidation) gegeben sein. Die Unbeachtlichkeit von Schlechterstellungen unterhalb dieser Erheblichkeitsschwelle hält der Gesetzgeber unter Hinweis auf eine Entscheidung des BVerfG (ZIP 2010, 237) für gerechtfertigt. Da jede konkrete Festsetzung von Erheblichkeitsschwellen Diskussionsanlass in die eine oder andere Richtung geben kann, muss sich in der Praxis herausbilden, ob diese Schwelle tatsächlich in jeden Fall für maßgeblich gehalten werden kann. 16 Über §§ 6 Abs. 1, 4 InsO gelten auch für das Beschwerdeverfahren nach § 253 Abs. 1 InsO die Vorschriften der ZPO. Obwohl es sich bei der Beschwerde nach § 253 InsO nicht um eine Beschwerde in Kostensachen handelt, sollte vor dem Hintergrund der Gesetzesbegründung, Beschwerden von Kleinstgläubigern ausschließen zu wollen, § 567 Abs. 2 ZPO entsprechend angewendet und die Beschwerde nur dann als zulässig behandelt werden, wenn die Schlechterstellung absolut mindestens 200,00 € beträgt. 17 Damit ist allerdings noch nichts über die Maßgeblichkeit auch einer relativen Schlechterstellung gesagt. Jedenfalls sollte das Tatbestandsmerkmal der „wesentlichen“ Schlechterstellung nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ als erhebliche Schlechterstellung verstanden werden (dazu Hölzle, in: Kübler, HRI, § 30 Rn. 25 ff.), wodurch ähnlich den aus dem Aktienrecht bekannten als missbräuchlich eingestuften Aktionärsklagen (vgl. Hüffer, AktG, § 245 Rn. 25) vorangegangene Verhaltensweisen des Beschwerdeführers in die Beurteilung einbezogen werden können (so i. E. auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 253 Rn. 11). Der vom Gesetzgeber verfolgte ökonomische Ansatz (vgl. Braun/ Heinrich, NZI 2011, 505) jedenfalls steht einem solchen Verständnis nicht entgegen. 18 Die mit der Einführung der Erheblichkeitsschwelle verbundenen Unwägbarkeiten belasten allerdings im Ergebnis zunächst nicht mehr die Gläubigergesamtheit, sondern den obstruierenden Gläubiger, da dieser die eindeutige bzw. wesentliche Schlechterstellung im Versagungsantrags- und Beschwerdeverfahren glaubhaft machen muss, soll sein Antrag bzw. seine Beschwerde nicht als unzulässig zurückgewiesen werden. Schon allein daraus folgt eine Entlastung des Insolvenzplanverfahrens von störendem Obstruktionspotenzial. 2. Ausgleich außerhalb des Insolvenzplanverfahrens (§ 251 Abs. 3 InsO) 19 Darüber hinaus hat der Gesetzgeber mit § 251 Abs. 3 InsO, auf den in § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO verwiesen wird, die Möglichkeit geschaffen, trotz möglicher Zweifel an der Schlechterstellung einzelner Gläubiger die Durchführung des Insolvenzplans und die Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses zu sichern und den sich insoweit anbahnenden Streit außerhalb des Insolvenzverfahrens auszufechten. 20 Nach § 251 Abs. 3 InsO kann der Insolvenzplan einen entsprechenden „Rücklagefonds“ vorsehen, in dem Mittel zum Ausgleich einer etwaigen Schlechterstellung einzelner oder mehrerer Gläubiger bereithält. Wie bei § 251 Abs. 1 736
2. Ausgleich außerhalb des Insolvenzplanverfahrens (§ 251 Abs. 3 InsO)
InsO geht es dabei jeweils um eine individuelle Schlechterstellung ausschließlich des antragstellenden bzw. beschwerdeführenden Beteiligten, nicht aber etwa um die mögliche Schlechterstellung einer Gläubigergruppe. Ob eine Schlechterstellung tatsächlich vorliegt und dem Antragsteller bzw. Beschwerdeführer ein Ausgleich aus dem Rücklagenfonds tatsächlich zu zahlen ist, ist dann außerhalb des Insolvenzplanverfahrens vor den ordentlichen Gerichten im Klagewege zu klären. Der Bestätigung des Insolvenzplans steht ein solches Verfahren nicht entgegen. Hat der Insolvenzplan von dieser Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch gemacht, 21 sind sowohl ein Zurückweisungsantrag nach § 251 InsO als auch eine Beschwerde gegen den Bestätigungsbeschluss nach § 253 InsO als unzulässig zurückzuweisen und ist der Beteiligte auf die Geltendmachung von Ansprüchen auf Entschädigungszahlung aus dem Fonds zu verweisen. Der Rücklagenfonds dient der Bereitstellung von „Mitteln für den Fall, dass 22 ein Beteiligter seine Schlechterstellung nachweist“. Aus diesem Grunde hängt die Art der bereit zu stellenden Mittel von dem Inhalt der möglichen Schlechterstellung ab. Der Rücklagenfonds i. S. d. § 251 Abs. 3 InsO muss daher nicht zwingend immer nur Geldmittel bereitstellen, sondern kann z. B. im Falle von Insolvenzverfahren über das Vermögen von Kapitalgesellschaften, bei denen ein Debt-Equity-Swap vorgesehen ist, weiteres genehmigtes Kapital vorhalten (vgl. z. B. § 55a GmbHG), um weiteren, z. B. vom Bezugsrecht zunächst ausgeschlossenen Beteiligten im Rahmen des Ausgleichsverfahrens Gesellschaftsanteile zuweisen zu können. Das Gesetz sagt zur Höhe der im Plan bereit zu stellenden Mittel nichts. Die 23 Beurteilung, ob die bereit gestellten Mittel ausreichen, die Geltendmachung der Minderheitenrechte im Plan selbst auszuschließen und die Beteiligten auf die Geltendmachung außerhalb des Plans zu verweisen, ist in das Ermessen des Gerichts gestellt. Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter bzw. Planinitiator jedoch auffordern, zur Berechnungsgrundlage vorzutragen. Dabei sind die möglichen Individualansprüche aller Antragsteller (nach § 251 Abs. 1 InsO) zwar zu berücksichtigen (ausführlich Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 251 Rn. 20 f.), jedoch darf der Insolvenzplan entsprechend der inzwischen wohl allgemeinen Meinung (Thies, in: HambKomm-InsO, § 251 Rn. 18; Jaffé, in: Frankfurter Kommentar, § 251 Rn. 20; Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 251 Rn. 7) eine pauschale Rückstellung vorsehen, die sich der Höhe nach an der Summe der möglichen Individualrisiken zu orientieren hat, jedoch das Obsiegen des Einen auch durch das Unterliegen eines anderen Antragstellers ausgleichen kann. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei § 251 Abs. 3 InsO um einen Individualanspruch handelt, weil dieser auch beim Antragsteller kaum konkret bezifferbar und deshalb selbst mit Prognoseunsicherheiten belegt ist. Diese müssen sich aber i. S. d. auch vom Gesetzgeber gesehenen übergeordneten Planvollzugsinteressen in einem auf die Prognoseunsicherheiten zurückgehenden Pauschalisierungsrecht wiederfinden.
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§§ 251, 253 InsO – Minderheiten- und Rechtsschutz
24 Bereitzustellen sind die Mittel nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/ 5712, S. 35) durch Bildung einer Rückstellung im Plan, durch Bankbürgschaft oder in ähnlicher Weise. Die Verwendung des Begriffs der Rückstellung ist dabei etwas missverständlich. Selbstverständlich muss die Unternehmens- und Ertragsplanung entsprechende Rückstellungen vorsehen, jedoch ist die im Insolvenz- und deshalb auch Insolvenzplanverfahren stets im Vordergrund stehende Gläubigerbefriedigung (§§ 1, 217 InsO) nicht zuletzt auch liquiditätsgetrieben. Den ausgeschüttet werden i. S. d. § 188 InsO kann nur, was auch tatsächlich im Unternehmen an Liquidität zur freien Verfügung steht. Aus diesem Grunde reicht es nicht aus, sieht der Plan eine Befriedigung der Gläubiger aus künftigen Erträgen vor (sog. Earn-out-Plan), wenn im Rahmen der Unternehmens- und Ertragsplanung entsprechende Rückstellungen eingestellt werden, die sich (ausschließlich) auf das Ergebnis auswirken. Vielmehr sind die zur Leistung eines etwaigen Ausgleichs nach § 251 Abs. 3 InsO erforderlichen Mittel tatsächlich zu separieren und zur jederzeitigen Auszahlung bereit zu halten. Den Gläubigern, die sich bereits ihre Minderheitenschutzrechte im Insolvenzplanverfahren zwangsweise auszahlen lassen müssen, ist nicht auch noch zumutbar, die wirtschaftlichen Risiken im Zusammenhang mit der künftigen Liquiditätsdeckung des Schuldners zu tragen. 25 Das ändert aber natürlich nichts daran, dass gleichwohl auch bilanziell eine Rückstellung in Höhe der bereitgestellten Mittel passiviert werden darf, die sich auf das Ergebnis auswirkt. Die Rückstellung ist mit dem Abschluss bzw. der rechtskräftigen Abweisung sämtlicher auf Ausgleich gerichteten außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahren endgültig aufzulösen. Erledigen sich die Ausgleichsverfahren nach und nach, ist eine jeweils anteilige Auflösung der Rückstellung vorzunehmen. Unabhängig von dem Zeitpunkt der Auflösung der Rückstellung sind die frei werdenden Mittel im Insolvenzplan stets als im Rahmen einer Nachtragsverteilung auszuschütten vorzusehen. Die dem Haftungsfonds zuzuführenden Beträge sind aus der zur Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung stehenden Masse aufzubringen. Sie mindern damit im Zeitpunkt der Rückstellungsbildung nicht nur das bilanzielle Ergebnis der Schuldnerin, sondern auch die tatsächlich zur Auszahlung kommende Quote. Die Planlaufzeit und die Laufzeit eines möglichen im Plan vorgesehenen Earnout, d. h. die Befriedigung der Gläubiger aus künftigen Erträgen, müssen jedoch nicht auf die Laufzeit etwaiger Ausgleichsverfahren abgestimmt sein. Enden die Ausgleichsverfahren nach der Planlaufzeit bzw. der Laufzeit eines Earn-out, kämen die aus der Auflösung der Rückstellung herrührenden bilanziellen Gewinne und die frei werdende Liquidität ausschließlich dem Schuldner zugute, obwohl sie zulasten der Gläubiger angespart worden sind. Den Planarchitekten könnte dies zwar zu einer möglichst großzügigen Rückstellungsbildung veranlassen, was im Interesse der ausgleichsberechtigten Gläubiger wäre, jedoch wäre er ebenso gehalten, die Ausgleichsforderungen so vehement als möglich abzuwehren. Verlierer wären in jedem Fall die regulären, ihre Befriedigung aus den Regelungen des Plans erzielenden Gläubiger.
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3. Sofortige Beschwerde (§ 253 InsO)
Fehlt im Insolvenzplan eine Regelung, wonach der nicht verwendete Anteil 26 aus dem Rücklagenfonds nach § 251 Abs. 3 InsO ggf. im Wege einer Nachtragsverteilung an die im Insolvenzplan mit einer Quote berücksichtigten Gläubiger ausgeschüttet wird, so scheidet nicht nur die Anwendung des Obstruktionsverbots gemäß § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO aus, weil hierdurch dem Schuldner versteckt wirtschaftliche Werte potenziell zugewiesen werden, sondern fehlt es bereits an der Annahmefähigkeit des Plans i. S. d. § 231 Abs. 1 Nr. 1 InsO, weil die Vorschriften über „den Inhalt“ des Plans nicht beachtet sind. Nach § 217 Abs. 1 Satz 1 InsO kann durch den Plan nämlich die Befriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger und der Insolvenzgläubiger, die Verwertung der Insolvenzmasse und deren Verteilung an die Beteiligten geregelt werden. Kein tauglicher Regelungsgegenstand ist das im Verhältnis zu den Beteiligten entschädigungslose Belassen von Vermögenswerten beim Schuldner. Das Insolvenzgericht hat in diesem Fall daher nach § 231 Abs. 1 Nr. 1 InsO eine Frist zur Nachbesserung des Plans in diesem Punkt zu setzen, ehe es ihn zur Stellungnahme gemäß § 232 InsO zuleitet und ihn auf der Geschäftsstelle zur Einsichtnahme niederlegt (§ 234 InsO). 3. Sofortige Beschwerde (§ 253 InsO) a) Grundlagen Gegen die im Insolvenzverfahren gefassten Beschlüsse des Insolvenzgerichts 27 findet die sofortige Beschwerde nur in den im Gesetz ausdrücklich genannten Fällen statt, § 6 InsO. Nach § 253 Abs. 1 InsO ist die sofortige Beschwerde gegen den Planbestätigungsbeschluss des Insolvenzgerichts eröffnet, allerdings gemäß § 253 Abs. 2 InsO von besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen abhängig. Danach ist die sofortige Beschwerde nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer 28 (Abs. 2) 1. dem Plan spätestens im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll widersprochen hat, 2. gegen den Plan gestimmt hat und 3. glaubhaft macht, dass er durch den Plan wesentlich schlechtergestellt wird, als er ohne einen Plan stünde, und dass dieser Nachteil nicht durch eine Zahlung aus den in § 251 Abs. 3 genannten Mitteln ausgeglichen werden kann. Ob für den nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 InsO erforderlichen Widerspruch i. S. d. 29 § 251 Abs. 1 InsO auch der bloße Schutzantrag nach § 251 Abs. 1 InsO ausreicht, ohne dass dem Plan auch widersprochen worden wäre, ist fraglich (vgl. Rn. 5), aber wohl zu verneinen. Darüber hinaus ist erforderlich, dass der Beschwerdeführer gegen den Plan 30 gestimmt hat. Dadurch soll widersprüchliches Verhalten des Beschwerdeführers
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ausgeschlossen werden. Anders als für den Antrag nach § 251 Abs. 1 InsO (vgl. Rn. 4) ist daher für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde erforderlich, dass der Beschwerdeführer im Erörterungs- und Abstimmungstermin (§ 235 InsO) tatsächlich anwesend oder ordnungsgemäß vertreten gewesen ist. 31 Allerdings gelten die beiden vorgenannten Beschränkungen zum Schutze der Gläubiger nur, wenn in der öffentlichen Bekanntmachung des Termins (§ 235 Abs. 2 InsO) und in den Ladungen (§ 235 Abs. 3 InsO) ausdrücklich auf die Notwendigkeit des Widerspruchs und der Ablehnung des Plans hingewiesen worden ist. 32 Schließlich erfordert die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde eine qualifizierte Schlechterstellung des Beschwerdeführers in quantitativer oder qualitativer Hinsicht (vgl. Rn. 11 ff.). § 245a InsO ist auch an dieser Stelle entsprechend anwendbar (vgl. § 253 Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 2 InsO), sollte der Schuldner eine natürliche Person sein. 33 Ist die sofortige Beschwerde zulässig, so unterliegt der Insolvenzplan im Ganzen der verfahrens- und materiell-rechtlichen Überprüfung durch das Landgericht. Die Überprüfung ist daher nicht auf das Entstehen individueller Nachteile für den beschwerdeführenden Gläubiger beschränkt. b) Sofortige Zurückweisung der Beschwerde (§ 253 Abs. 4 InsO) 34 Ist die sofortige Beschwerde gegen den Insolvenzplan zulässig und ist damit grundsätzlich seine vollständige Überprüfung eröffnet, ist damit für den Beschwerdeführer die letzte Hürde noch nicht genommen. Die seinerzeitige Überarbeitung des Regierungsentwurfs zum ESUG durch den Rechtsausschuss (BT-Drucks. 17/7511), die auch damals sehr kurzfristig vor der Beschlussfassung über das ESUG im Bundestag erfolgt ist, hat noch zu einer wesentlichen Einschränkung des Rechtsschutzes durch Einfügung eines § 253 Abs. 4 InsO nach dem Vorbild der zur Abwehr „räuberischer Aktionärsklagen“ in § 246a AktG geschaffenen Regelung geführt. 35 Der Gesetzgeber hielt es nicht zu Unrecht für erforderlich, die in § 251 Abs. 3 InsO bereits vorgesehenen Beschränkungen der Rechtsschutzmöglichkeiten wegen überwiegend finanzieller Nachteile auch auf sonstige, nicht finanzielle Nachteile auszuweiten. § 253 Abs. 4 InsO ist dabei aber selbstverständlich nicht auf diese sonstigen Nachteile beschränkt, sondern findet neben §§ 251 Abs. 3, 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO auf behauptete finanzielle Nachteile ebenso Anwendung (vgl. BT-Drucks. 17/7511, S. 36). Nach dem Vorbild der im Aktienrecht mit § 246a AktG geschaffenen Möglichkeit, „räuberischen Aktionärsklagen“ die Vollzugshemmung abzusprechen, soll entsprechendes Missbrauchspotenzial, in dem sich Beteiligte nicht gerechtfertigte Sondervorteile durch die Blockade der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses zu erschleichen versuchen, auch im Insolvenzplanverfahren ausgeschlossen werden.
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3. Sofortige Beschwerde (§ 253 InsO)
Droht eine Blockade der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses und werden 36 die Planziele dadurch gefährdet, kann der Insolvenzverwalter durch Einlegung entweder beim Insolvenz- oder beim Landgericht als Beschwerdegericht einen Antrag auf sofortige Zurückweisung der Beschwerde nach § 254 Abs. 4 InsO stellen, um einem der möglichen Rechtsverletzung des Beschwerdeführers vorrangigen Vollzugsinteresse des Insolvenzplans Geltung zu verschaffen. Mit Eingang des Antrages des Insolvenzverwalters, der auch vorsorglich im 37 Rahmen einer Schutzschrift unter dann ausführlicher, abstrakter Darstellung des etwaige Beschwerdeinteressen überwiegenden Vollzugsinteresses eingereicht werden kann, wird das Abhilfeverfahren des § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO ausgeschlossen und ist die Sache unverzüglich dem Landgericht vorzulegen bzw. sind vom Landgericht als Beschwerdegericht die Akten entsprechend § 541 ZPO unverzüglich anzufordern (BT-Drucks. 17/7511, S. 36). Der Rechtsweg wird also dadurch verkürzt, dass eine unmittelbare Entscheidung durch das Landgericht ohne vorherigen Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts stattfindet. Für die Regelung des § 253 Abs. 4 InsO hat der durch das UMAG (Gesetz v. 38 22.9.2005, BGBl. I S. 2802) eingeführte § 246a AktG Pate gestanden. Ähnlich wie für § 246a AktG (vgl. Hüffer, in: MünchKomm-AktG, § 246a Rn. 2) war auch für die Einführung des § 253 Abs. 4 InsO die gesetzgeberische Vorstellung von einer Gesamtkonzeption zur Vermeidung einer missbräuchlichen Ausnutzung von Obstruktionspotenzial bei gleichzeitiger Beibehaltung grundsätzlich gegebener Beschwerderechte ausschlaggebend. Mit dieser Konzeption macht der Gesetzgeber einen wesentlichen Fortschritt bei der Beschränkung solcher Obstruktions- und daraus folgenden Missbrauchspotenzialen. Voraussetzung für den Antrag nach § 253 Abs. 4 InsO ist lediglich ein ent- 39 sprechender Antrag des Insolvenzverwalters vorsorglich vor oder nach Eingang einer Beschwerde eines Beteiligten gegen den insolvenzgerichtlichen Bestätigungsbeschluss (§ 252 InsO). Das Landgericht würdigt sodann in freier Überzeugung (§ 286 ZPO), ob das 40 alsbaldige Wirksamwerden des Insolvenzplans (das Vollzugsinteresse) die Nachteile für den Beschwerdeführer überwiegen. Maßgeblich ist hierbei im Grundsatz alleine das Vollzugsinteresse und sind nicht materiell-rechtliche Erwägungen. Da die Beschwerde des Antragstellers nach § 253 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. § 251 Abs. 3 InsO nur zulässig ist, wenn der Nachteil nicht bereits aus einem nach § 251 Abs. 3 InsO gebildeten Rücklagenfonds ausgeglichen werden kann, ist bei der Überzeugungsbildung über die Angemessenheit eines solchen Ausgleichs regelmäßig nicht zu befinden. Fragen finanzieller Nachteile können daher im Beschlussverfahren nach § 253 Abs. 4 InsO nur dann eine Rolle spielen, wenn ein Rücklagenfonds nach § 251 Abs. 3 InsO nicht gebildet worden oder nach der Überzeugung des Gerichts nicht mit ausreichenden Mitteln zur Abwendung der zu erwartenden Nachteile ausgestattet ist.
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§§ 251, 253 InsO – Minderheiten- und Rechtsschutz
41 Wesentlich für die vom Landgericht vorzunehmende Abwägung zwischen behaupteten Nachteilen und dem Vollzugsinteresse ist das Maß der Gefährdung des Plan- und des Sanierungsziels im Falle einer Verzögerung. Maßgeblich ist dabei allerdings allein die Verzögerung, die sich aus dem Beschwerdeverfahren selbst, also dem notwendigen Zeitablauf bis zum voraussichtlichen Erlass einer Beschwerdeentscheidung ergibt (BVerfG, ZIP 2021, 46). 42 Dabei ist zu bedenken, dass eine Vielzahl von Sanierungsmaßnahmen erst mit der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses und der Aufhebung des Insolvenzverfahrens umgesetzt werden können. Wird die Rechtskraft hinausgezögert, setzt sich die möglicherweise anhaltende Verlustfortführung im nach wie vor eröffneten Insolvenzverfahren mit der Folge der Entstehung von Masseverbindlichkeiten fort. Ungeachtet dessen, dass jede Verlustfortführung immer einen beachtlichen Umstand in der Abwägung darstellt (dazu schon § 22a Rn. 41 ff.), kann die Gefahr des Eintritts der Masseunzulänglichkeit z. B. das gesamte Sanierungsziel gefährden. Da regelmäßig bei einer Verzögerung der Rechtskraft des Insolvenzplans überdies mit Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung der Lieferanten- und der Kundenbeziehungen zu rechnen ist, dürfte im Rahmen von Fortführungsplänen das Vollzugsinteresse dem Rechtsschutzinteresse zunächst grundsätzlich überwiegen, soweit der Beschwerdeführer nicht erhebliche Rechtsverstöße und eine damit einhergehende beachtliche individuelle Beeinträchtigung geltend macht. Dieser tendenziell anzunehmende Vorrang des Vollzugsinteresses vor dem Aufschubinteresse des Beschwerdeführers folgt aus der Formulierung der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/ 7511, S. 36, dass „bei schweren Rechtsverstößen […] die Abwägung allerdings zugunsten des Beschwerdeführers ausfallen (Abs. 4 Satz 2) [muss].“ Der Gesetzgeber bringt mit der ausdrücklichen Anordnung für den Fall schwerer Rechtsverstöße in § 253 Abs. 4 Satz 2 InsO zum Ausdruck, dass das Aufschubinteresse eines einzelnen Gläubigers nur dann das Vollzugsinteresse der solidarisierten Gläubigergemeinschaft, die positiv für den Plan votiert hat, soll überwiegen können, wenn und soweit eine Rechtsverletzung von erheblichem Gewicht festzustellen ist. Da der Beschwerdeführer bereits für die Zulässigkeit der Beschwerde darlegen muss, dass er durch den Insolvenzplan erheblich schlechtergestellt wird, als er in der Regelabwicklung stünde, gleichzeitig aber die sofortige Beschwerde die Rechtmäßigkeitsprüfung des Insolvenzplans im Ganzen unabhängig von individuellen Rechtsverletzungen des Beschwerdeführers zum Gegenstand hat, hat auch die Abwägung des Vollzugs- gegen das Aufschubinteresse sich an diesen beiden Maßstäben zu orientieren: Es muss sowohl eine objektive Rechtsverletzung von erheblichem Gewicht vorliegen, durch die der Beschwerdeführer in seinen individuellen Rechten verletzt wird. Steht z. B. die gerügte Rechtsverletzung nicht in kausalem Zusammenhang mit den behaupteten Nachteilen, muss die Schwere des Rechtsverstoßes umso mehr ins Gewicht fallen, um zu einem das Vollzugsinteresse überwiegenden Aufschubinteresse zu gelangen. Sind demgegenüber die behaupteten Nachteile in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung ganz erheblich, so kann bereits ein deutlich geringer zu gewichtender Rechtsverstoß die Zurückweisung eines 742
3. Sofortige Beschwerde (§ 253 InsO)
vom Insolvenzverwalter gestellten Antrages nach § 253 Abs. 4 InsO rechtfertigen. Da das Insolvenzgericht nach freier Überzeugung entscheidet, kommt es in 43 nicht ganz unerheblichem Maße auf den Vortrag beider Parteien und die jeweilige Glaubhaftmachung der das jeweilige Interesse begründenden Umstände an. Weist das Gericht auf Antrag des Insolvenzverwalters die Beschwerde zurück, 44 so ist in einem Hauptsacheverfahren außerhalb des Insolvenzplans zu klären, ob und inwieweit dem Beschwerdeführer der aus dem Vollzug des Insolvenzplans entstehende Schaden zu ersetzen ist. Einen entsprechenden Schadensersatzanspruch begründet § 253 Abs. 4 Satz 3 InsO unmittelbar, wobei dieser Schadensersatzanspruch ausschließlich auf Zahlung in Geld gerichtet und die Naturalrestitution (§ 249 Satz 1 BGB) in Gestalt der Rückabwicklung des Insolvenzplans ausdrücklich ausgeschlossen ist. Die Bestätigung des Insolvenzplans und der Sanierungserfolg werden durch den außerhalb des Insolvenzplanverfahrens geltend zu machenden Schadensersatzanspruch daher nicht berührt. Bei der Bemessung des Schadensersatzes ist (selbstverständlich) der dem 45 Gläubiger aus dem Vollzug des Insolvenzplans zufließende und/oder noch zu erwartende Vorteil entsprechend zu berücksichtigen. Die Erfüllung des Schadensersatzanspruchs ist unabhängig von dem Rücklagen- 46 fonds nach § 251 Abs. 3 InsO. Sollte der Gläubiger mit einem Schadensersatzanspruch durchdringen, so kann dies die Ertrags- und Liquiditätsplanungen, die im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens aufgestellt worden sind, ganz empfindlich beeinträchtigen und nicht zuletzt eine Folgeinsolvenz verursachen. Zeichnen sich (zulässige) Beschwerden gegen den Insolvenzplan ab, ist der vorausschauende Planarchitekt daher gehalten, auch hierfür entsprechende Vorsorge zu treffen; verpflichtend ist dies jedoch nicht.
§ 254a InsO – Formerfordernisse § 254a Rechte an Gegenständen. Sonstige Wirkungen des Plans (1) Wenn Rechte an Gegenständen begründet, geändert, übertragen oder aufgehoben oder Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung abgetreten werden sollen, gelten die in den Insolvenzplan aufgenommenen Willenserklärungen der Beteiligten als in der vorgeschriebenen Form abgegeben. (2) 1Wenn die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen in den Plan einbezogen sind (§ 225a), gelten die in den Plan aufgenommenen Beschlüsse der Anteilsinhaber oder sonstigen Willenserklärungen der Beteiligten als in der vorgeschriebenen Form abgegeben. 2Gesellschaftsrechtlich erforderliche Ladungen, Bekanntmachungen und sonstige Maßnahmen zur Vorbe743
§ 254a InsO – Formerfordernisse
reitung von Beschlüssen der Anteilsinhaber gelten als in der vorgeschriebenen Form bewirkt. 3Der Insolvenzverwalter ist berechtigt, die erforderlichen Anmeldungen beim jeweiligen Registergericht vorzunehmen. (3) Entsprechendes gilt für die in den Plan aufgenommenen Verpflichtungserklärungen, die einer Maßnahme nach Absatz 1 oder 2 zugrunde liegen. 1 Eine deutliche Erleichterung in Bezug auf die Formalia des Insolvenzplans beinhaltet bereits seit Inkrafttreten des ESUG zum 1.3.2012 § 254a InsO. Danach gelten sämtliche Erklärungen und Beschlüsse, die im Rahmen des Insolvenzplans abgegeben werden, als in der erforderlichen Form abgegeben. Dies entbindet den Planarchitekten von der Notwendigkeit z. B. für Kapitalgesellschaften die Bestätigung des Insolvenzplans von einem vorherigen Fortsetzungsbeschluss abhängig zu machen. Dieser kann im Insolvenzplan selbst gefasst werden und gilt sodann als in der nötigen Form abgegeben. Dies begründet eine deutliche Erleichterung und ist uneingeschränkt zu begrüßen. Die Anmeldung der formgerecht gefassten Beschlüsse zum Handelsregister ist sodann durch den Insolvenzverwalter vorzunehmen. 2 Die Erleichterung erstreckt sich nicht ausschließlich auf die Form der Beschlussfassung selbst, sondern nach § 254a Abs. 2 InsO auch auf sonstige (auch satzungsrechtliche) Formalia, wie erforderliche Ladungen, Bekanntmachungen etc. 3 Der Insolvenzverwalter ist ausdrücklich berechtigt, die entsprechenden Eintragungsanträge bei den jeweiligen Registern zu stellen. Ob damit auch ein Verzicht auf die Eintragungsformalia, nämlich insbesondere die Beglaubigung des Eintragungsantrages verbunden ist, ist unklar. Da es insoweit aber an einer ausdrücklichen Erleichterung der gegebenen Formvorschriften fehlt, bedarf es für den Eintragungsantrag nach wie vor der notariellen Beglaubigung und kann auf etwaige Publizitätserfordernisse selbst ebenfalls nicht verzichtet werden. 4 Nach § 254a Abs. 3 InsO gilt die Fiktion der Formwirksamkeit auch für in den Plan aufgenommene Verpflichtungserklärungen, die einer Maßnahme nach Abs. 1 oder 2, also einer Änderung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts sowie Verfügung über Geschäftsanteile zugrunde liegen. Insbesondere sind damit auch sämtliche Verpflichtungserklärungen nach § 230 Abs. 3 InsO erfasst. 5 In Verbindung mit § 257 Abs. 2 InsO kann damit aus solchen Erklärungen gegen den die Verpflichtung Übernehmenden unmittelbar aus dem Insolvenzplan jederzeit vollstreckt werden.
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Vorbemerkung §§ 270 ff.
Vorbemerkung §§ 270 ff. Neufassung der Regelungen zum Eigenverwaltungsverfahren Vor Inkrafttreten des ESUG spielte die Eigenverwaltung keine signifikante 1 Rolle. Zwar hat sich auch nach Inkrafttreten des ESUG die absolute Zahl der Eigenverwaltungsverfahren nicht signifikant erhöht, jedoch ist festzustellen, dass insbesondere bei den Insolvenzverfahren über das Vermögen größerer Unternehmen (>= 500 Beschäftigte oder > 149 Mio. EUR Jahresumsatz) die Zahl der Eigenverwaltungsverfahren überproportional vertreten ist. Seit dem Jahr 2017 werden deutlich mehr als die Hälfte der größten Insolvenzverfahren des Jahres in Eigenverwaltung abgewickelt. Dieses Bild wird durch die statistischen Erhebungen, wie sie in der ESUG-Evaluation wiedergegeben sind, bestätigt (ESUG-Evaluationsbericht, S. 8 ff.). Die Zahlen zeigen, dass die Eigenverwaltung aus der Sanierungslandschaft 2 trotz der absolut geringen Fallzahlen nicht wegzudenken ist, sondern die bedeutende Verfahrensform und das Mittel der Wahl in der Bewältigung von Großinsolvenzen darstellt. Dennoch kam die ESUG-Evaluation zu dem Ergebnis, dass ein gesetzgeberi- 3 sches Nachsteuern im Sinne einer stärkeren Begrenzung des Zugangs zur Eigenverwaltung im eröffneten Verfahren, aber auch im Eröffnungsverfahren, mit dem Ziel der Ausklammerung ungeeigneter Verfahren empfehlenswert sei (ESUG-Evaluationsbericht, S. 79). Der Gesetzgeber ist dabei der von der Evaluationskommission dargestellten Option 5 gefolgt, den Zugang zur (vorläufigen) Eigenverwaltung verlässlich nur bei Vorliegen gewisser Umstände zu gewähren, wobei zu den möglichen Mindestanforderungen nach Auffassung der Kommission die Eigenverwaltungswürdigkeit des Schuldners sowie die stärkere Ausrichtung des Verfahrens auf die Erfolgsaussichten der Eigenverwaltung im Sinne einer konkreten Verfahrens- und Sanierungsplanung einschließlich der Notwendigkeit einer belastbaren Liquiditätsplanung gehören. Ferner müsse die insolvenzrechtliche Expertise sichergestellt sein. Die Eigenverwaltungswürdigkeit des Schuldners fehlt, wenn objektiv feststellbare, die Gläubigerinteressen bei typisierter Betrachtung beeinträchtigenden Umstände vorliegen. Bei der Definition solcher Umstände knüpft der Gesetzgeber an die Vorschläge der ESUG-Evaluationskommission an, nämlich insbesondere die Verletzung von Buchführung- und Bilanzierungspflichten, die Verletzung der Insolvenzantragspflicht sowie das Bestehen von Rückständen bei den Sozialversicherungsbeiträgen oder Steuerzahlungen (ESUG-Evaluationsbericht, S. 80). Damit, dass der Gesetzgeber diesen Empfehlungen gefolgt ist, hat er die Eigen- 4 verwaltung noch deutlicher auf gut vorbereitete Verfahren mit deutlicher Vorstellung von den mit dem Verfahren zu erreichenden Zielen fokussiert und das Verfahren so noch einmal deutlich professionalisiert.
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§§ 270, 270a InsO – Grundsatz; Antrag, Eigenverwaltungsplanung
5 Unglücklich ist, dass der Gesetzgeber nicht nur in der Gesetzesbegründung durchgängig das Gegensatzpaar Eigenverwaltung vs. Regelverfahren verwendet, sondern dies auch im Gesetz selbst, zum Beispiel in § 270a Abs. 1 Nr. 5 InsO tut. Tatsächlich ist das richtige Gegensatzpaar Eigenverwaltung vs. fremdverwaltetes Insolvenzverfahren, da der Begriff des Regelverfahrens die regelhafte Verwertung des schuldnerischen Vermögens im Sinne des § 1 Satz 1 InsO und damit den Gegensatz zum Insolvenzplanverfahren beschreibt. 6 Insgesamt ist aber festzuhalten, dass der Gesetzgeber mit der Abkehr von dem unbestimmten Nachteilsbegriff in § 270 Abs. 2 InsO a. F. (i. d. F. des ESUG) und dessen Ersetzung durch die Vorlage einer Eigenverwaltungsplanung und die Erklärung des Schuldners zur Eigenverwaltungswürdigkeit nicht hat erschweren, sondern lediglich vorhersehbarer gestalten wollen. Mit der Neufassung der §§ 270 ff. InsO soll Schuldnern einerseits eine rechts- und planungssichere Option für den Zugang zum Verfahren geboten werden. Andererseits soll dieser Zugang aber über Voraussetzungen vermittelt werden, welche prima facie die Annahme rechtfertigen, dass die beantragte Eigenverwaltung an den Interessen der Gläubigerschaft ausgerichtet werden wird (BT-Drucks. 19/24181, S. 202). 7 Insgesamt spiegeln insbesondere die an die Eigenverwaltungsplanung gestellten Anforderungen nur dasjenige wider, was schon bisher den Grundsätzen guter Eigenverwaltung entsprach und in gut vorbereiteten, professionellen Eigenverwaltungsverfahren ohnehin dem Standard entsprach. Ein erschwerter Zugang in denjenigen Verfahren, die auch auf vor der Neufassung den Schwerpunkt der Verfahren bildeten, ist daher mit dem Inkrafttreten des SanInsFoG nicht verbunden. Dort wo die neugefassten Voraussetzungen ein Erschwernis darstellen, ist dies völlig berechtigt, weil dann in der Tat zu hinterfragen ist, ob es sich um ein für die Eigenverwaltung geeignetes Unternehmen handelt, was sodann im Rahmen einer Einzelfallprüfung zu erfolgen hat, die § 270b Abs. 2 InsO eröffnet. 8 Die Neufassung der Zugangsvoraussetzungen in den §§ 270 ff. InsO ist daher in der Sache uneingeschränkt zu begrüßen. Im Einzelnen bestehende Anwendungsfragen wird die Rechtsprechung sehr schnell einer Lösung zuführen und dabei auf schon bisher entwickelte Grundsätze zu den §§ 270 ff. InsO a. F. zurückgreifen können.
§§ 270, 270a InsO – Grundsatz; Antrag, Eigenverwaltungsplanung § 270 Grundsatz (1) 1Der Schuldner ist berechtigt, unter der Aufsicht eines Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen, wenn das Insolvenzgericht in dem Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Eigenverwaltung 746
§§ 270, 270a InsO – Grundsatz; Antrag, Eigenverwaltungsplanung
anordnet. 2Für das Verfahren gelten die allgemeinen Vorschriften, soweit in diesem Teil nichts anderes bestimmt ist. (2) Die Vorschriften dieses Teils sind auf Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 304 nicht anzuwenden. § 270a Antrag, Eigenverwaltungsplanung (1) Der Schuldner fügt dem Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung eine Eigenverwaltungsplanung bei, welche umfasst: 1. einen Finanzplan, der den Zeitraum von sechs Monaten abdeckt und eine fundierte Darstellung der Finanzierungsquellen enthält, durch welche die Fortführung des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes und die Deckung der Kosten des Verfahrens in diesem Zeitraum sichergestellt werden soll, 2. ein Konzept für die Durchführung des Insolvenzverfahrens, welches auf Grundlage einer Darstellung von Art, Ausmaß und Ursachen der Krise das Ziel der Eigenverwaltung und die Maßnahmen beschreibt, welche zur Erreichung des Ziels in Aussicht genommen werden, 3. eine Darstellung des Stands von Verhandlungen mit Gläubigern, den am Schuldner beteiligten Personen und Dritten zu den in Aussicht genommenen Maßnahmen, 4. eine Darstellung der Vorkehrungen, die der Schuldner getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, insolvenzrechtliche Pflichten zu erfüllen, und 5. eine begründete Darstellung etwaiger Mehr- oder Minderkosten, die im Rahmen der Eigenverwaltung im Vergleich zu einem Regelverfahren und im Verhältnis zur Insolvenzmasse voraussichtlich anfallen werden. (2) Des Weiteren hat der Schuldner zu erklären, 1. ob, in welchem Umfang und gegenüber welchen Gläubigern er sich mit der Erfüllung von Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen, Pensionszusagen oder dem Steuerschuldverhältnis, gegenüber Sozialversicherungsträgern oder Lieferanten in Verzug befindet, 2. ob und in welchen Verfahren zu seinen Gunsten innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Antrag Vollstreckungs- oder Verwertungssperren nach diesem Gesetz oder nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz angeordnet wurden und 3. ob er für die letzten drei Geschäftsjahre seinen Offenlegungspflichten, insbesondere nach den §§ 325 bis 328 oder 339 des Handelsgesetzbuchs nachgekommen ist.
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§§ 270, 270a InsO – Grundsatz; Antrag, Eigenverwaltungsplanung
Übersicht 1.
2. 3.
Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG ...................................... 1 Grundsatz; Antragserfordernis und Zeitpunkt des Antrages .......... 9 Eigenverwaltungsplanung und Eigenverwaltungswürdigkeit statt fehlender Nachteilhaftigkeit ....................................... 15 a) Umgestaltung des gesetzgeberischen Konzepts ........... 15 b) Eigenverwaltungsplanung ..... 19 aa) Gegenstand der Eigenverwaltungsplanung ...... 19 bb) Finanzplan (§ 270a Abs. 1 Nr. 1 InsO) ....... 24
cc) Eigenverwaltungskonzept (§ 270a Abs. 1 Nr. 2 InsO) ................... dd) Darstellung des Verhandlungsstandes (§ 270a Abs. 1 Nr. 3 InsO) ....... ee) Sicherstellung der Erfüllung der insolvenzrechtlichen Pflichten (§ 270a Abs. 1 Nr. 4 InsO) ....... ff) Darstellung der Mehrund Minderkosten (§ 270a Abs. 1 Nr. 5 InsO) ............................. c) Eigenverwaltungswürdigkeit (§ 270a Abs. 2 InsO) ............
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1. Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG 1 Für die finanzwirtschaftliche Sanierung gilt, was auch für die leistungswirtschaftliche Sanierung unbestritten ist: Die Erfolgsaussichten steigen, je früher das Verfahren eingeleitet und der Zugriff auf die sanierungsrechtlichen Institutionen eröffnet wird (siehe § 1 StaRUG Rn. 12; vgl. z. B. auch Hess, Sanierungshandbuch, Kap. 1 Rn. 202 ff.; Kraus/Buschmann, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung/Sanierung/Insolvenz, S. 135 ff.; mit Blick auf die den Rahmen der Früherkennung dominierende Informationsasymmetrie Wilden, in: Buth/ Hermanns, a. a. O., S. 48 ff.). Die InsO war bereits 1999 angetreten, Schuldner zu frühzeitigen Insolvenzanträgen zu veranlassen, ist mit diesem Ansinnen aber gescheitert (Vallender, NZI 2010, 838, 841). Angesichts von vor Inkrafttreten des ESUG durchschnittlich erst zehn Monate nach Eintritt der materiellen Insolvenzreife gestellter Insolvenzanträge (Kirstein, ZInsO 2006, 966, 967) war man in der Tat verleitet, den dolos handelnden Geschäftsführer zum Regelfall und zum Archetypen der gesetzgeberischen Regelungsvorstellung zu machen. Wenn auch nach Inkrafttreten des ESUG eine grundsätzliche Trendwende hin zu einer früheren Antragstellung nicht grundlegend zu erkennen ist, so hat aber das Institut der Eigenverwaltung doch erheblich zur Förderung des Sanierungsgedankens der Insolvenzordnung beigetragen. Berater und Geschäftsführer sind nicht nur gehalten, sondern zunehmend auch bereit, in die Sanierungsüberlegungen frühzeitig auch die Insolvenzoption einzubeziehen (dazu § 1 StaRUG Rn. 13 und Vorbm. 17, 24 zu § 32 StaRUG; vgl. ähnlich auch bereits Ehlers, BB 2013, 1539; weitergehend Hölzle, ZIP 2013, 1846; ebenso Meyer-Löwy/Pickerill, GmbHR 2013, 1065). 2 Trotz des nicht zu bestreitenden Erfolges, der das Institut der Eigenverwaltung seit Inkrafttreten des ESUG auszeichnet, sah sich der Gesetzgeber nach der ESUG-Evaluation gehalten, den institutionellen Rahmen an die Erfahrungen
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1. Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG
aus der Praxis anzupassen und um die Fehlvorstellungen bei Abfassung des ESUG (siehe Vorbm. §§ 270 ff. InsO Rn. 3) zu korrigieren. Wenn sich auch an dem bereits durch das ESUG grundsätzlich umgekehrten 3 Regel-Ausnahme-Verhältnis, wonach im Falle eines vom Schuldner gestellten Eigenverwaltungsantrages dieses grundsätzlich auch anzuordnen ist, nichts geändert hat, so nimmt das Gesetz nunmehr in der Praxis beobachtete Missstände auf und konzentriert die Eigenverwaltung auf diejenigen Unternehmen, für welche das Institut im Sinne der Förderung der Gesamtgläubigerinteressen eine sinnhafte Option darstellt. Gleichzeitig sollen Missbrauchsfälle verhindert und bereits im Zugang zur Eigenverwaltung ausgeschlossen werden. Der Gesetzgeber sucht dieses Ziel im Wesentlichen durch die Neufassung des 4 § 270a InsO zu erreichen, der nunmehr im Rahmen des Antrages auf Anordnung der Eigenverwaltung nach § 270f Abs. 1 InsO einerseits die Vorlage einer Eigenverwaltungsplanung verlangt, andererseits in § 270a Abs. 2 InsO die Voraussetzung dafür schafft, dass das Gericht die Eigenverwaltungswürdigkeit des Schuldners beurteilen kann. Ist die Eigenverwaltungsplanung des Schuldners vollständig und schlüssig, sind keine Umstände bekannt, aus denen sich ergibt, dass die Eigenverwaltungsplanung in wesentlichen Punkten auf unzutreffenden Tatsachen beruht, und erweist sich der Schuldner überdies als eigenverwaltungswürdig, so ist die Eigenverwaltung nach wie vor in gebundener Entscheidung, ohne dass ein Ermessen des Gerichts bestünde, anzuordnen. Während bislang in § 270 InsO a. F. (i. d. F des ESUG) neben dem Grundsatz, 5 dass der Schuldner in der Eigenverwaltung berechtigt ist, unter der Aufsicht eines Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen, auch das Antragserfordernis und die Anhörung des Gläubigerausschusses geregelt war, beschränkt § 270 InsO sich nunmehr auf die Festschreibung des Grundsatzes, dass die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis im Falle der Anordnung der Eigenverwaltung durch das Insolvenzgericht beim Schuldner verbleibt. § 270a InsO regelt sodann, welche Unterlagen und Erklärungen dem Antrag des Schuldners beizufügen sind. Die vormals in § 270 Abs. 2 InsO a. F. (i. d. F des ESUG) geregelten Voraus- 6 setzungen für die Anordnung der Eigenverwaltung sind nunmehr auf insgesamt drei Vorschriften wie folgt verteilt: InsO a. F. (i. d. F. des ESUG)
Regelungsgegenstand
InsO n. F. Regelungsgegenstand (i. d. F. SanInsFoG)
§ 270 I
Grundsatz zur Verwaltungs- § 270 und Verfügungsbefugnis
Grundsatz zur Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis
§ 270 II Nr. 1
Antragserfordernis
Antragserfordernis
§ 270f I
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§§ 270, 270a InsO – Grundsatz; Antrag, Eigenverwaltungsplanung InsO a. F. (i. d. F. des ESUG)
Regelungsgegenstand
InsO n. F. Regelungsgegenstand (i. d. F. SanInsFoG)
§ 270 II Nr. 2
Keine Nachteile für die Gläubiger
§§ 270a, 270b I, II
schlüssige und auf zutreffenden Tatsachen beruhende Eigenverwaltungsplanung sowie Eigenverwaltungswürdigkeit des Schuldners
§ 270 III
§ 270b III Anhörung des Gläubigerausschusses, Vermutung der fehlenden Nachteiligkeit bei einstimmigem Beschluss
Anhörung des Gläubigerausschusses innerhalb von 2 Werktagen; Bindungswirkung des Gerichts an einstimmigen Beschluss
§ 270 IV
Begründungspflicht bei Ablehnung
§ 270b IV
Begründungspflicht bei Bestellung eines vorl. Insolvenzverwalters
7 Die Zersplitterung der Voraussetzungen für die Anordnung der vorläufigen und der endgültigen Eigenverwaltung ergibt sich daraus, dass die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung lediglich Reflex des auf die Anordnung der Eigenverwaltung bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens gerichteten Antrages ist. Dies ist auch richtig. Der Schuldner beantragt nicht die Einleitung eines Eröffnungsverfahrens, sondern die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Für diesen Antrag wird die Verfahrensform durch den Antrag bestimmt. Der Antrag richtet sich nach § 270f InsO. Die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren nach Eingang eines auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gerichteten Antrages liegt grundsätzlich im Ermessen des Gerichts (vgl. Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 21 Rn. 9). Hat der Insolvenzschuldner die Eröffnung des Verfahrens in Eigenverwaltung beantragt, ist dieses Ermessen des Gerichts unter den Voraussetzungen des § 270b Abs. 1 InsO eingeschränkt, weil sodann nach § 270c Abs. 3 InsO grundsätzlich von der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters abzusehen und stattdessen ein vorläufiger Sachwalter zu bestellen ist. 8 § 270a InsO gibt dem Schuldner lediglich auf, welche Anlagen und Erklärungen er seinem auf Eröffnung des Verfahrens in Eigenverwaltung gerichteten Antrag beizufügen hat. Die Norm stellt damit eine spezialgesetzliche Ergänzung zu §§ 13, 13a InsO dar, die lediglich die formellen Anforderungen an den Antrag nach § 270f Abs. 1 InsO festschreibt. Systematisch handelt es sich bei § 270a InsO daher eher um weitere Absätze des § 270f InsO. § 270b InsO schließlich enthält unter Bezugnahme auf die in § 270a InsO geforderten Informationen die Ermächtigungs- und die Rechtsgrundlage für das Absehen von der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters und stattdessen der Bestellung lediglich eines vorläufigen Sachwalters. § 270b InsO enthält damit lediglich die Voraussetzungen für den Anwendungsausschluss des § 21 Abs. 2 Nr. 2 750
2. Grundsatz; Antragserfordernis und Zeitpunkt des Antrages
InsO. Wie bisher bleibt es daher dabei, dass die vorläufige Eigenverwaltung nicht angeordnet wird, sondern es sich bei dem vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren lediglich um eine Vorwirkung des auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gerichteten Antrages handelt, der unter den in §§ 270a, b InsO genannten Voraussetzungen die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters ausschließt (zu der Möglichkeit im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren Sicherungsmaßnahmen anzuordnen, vgl. § 270c InsO Rn. 12). 2. Grundsatz; Antragserfordernis und Zeitpunkt des Antrages § 270 InsO enthält weiterhin – aber auch nur noch – den Grundsatz, dass die 9 Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abweichend von § 80 Abs. 1 InsO beim Schuldner belassen werden und lediglich die Aufsicht durch einen Sachwalter im Rahmen des Eröffnungsbeschlusses angeordnet werden kann. Für die Aufsicht durch den Sachwalter gelten weiterhin die §§ 274, 275 InsO, woraus folgt, dass ein Widerspruch des Sachwalters gegen einzelne Geschäfte des eigenverwaltenden Schuldners im Außenverhältnis unbeachtlich ist und auch die gegen den Widerspruch des Sachwalters vollzogene Rechtshandlung des Schuldners im Außenverhältnis wirksam bleibt. Dies ist Ausprägung des Grundsatzes der eigenverantwortlichen Führung des Verfahrens durch den Schuldner, der gerade in den typischen Eigenverwaltungsfällen der Unternehmensfortführung wesentliche Grundlage des Verfahrens ist. Hierzu passt auch, dass § 270 Abs. 2 InsO die Anordnung der Eigenverwaltung 10 in Verbraucherinsolvenzverfahren nach §§ 304 ff. InsO ausschließt. Die Eigenverwaltung wird nur auf Antrag angeordnet. Antragsberechtigt bei 11 Einleitung des Verfahrens ist allein der Schuldner, wie sich aus dem – systematisch in der Neuregelung etwas verunglückt – erst in § 270f Abs. 1 InsO geregelten Antragserfordernis ergibt. Bei dem Antrag nach § 270f Abs. 1 InsO handelt es sich um einen eigenständigen Antrag, dessen Zulässigkeit zwar die Existenz eines auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gerichteten Antrag nach § 13 Abs. 1 Satz 1 InsO voraussetzt, der aber nicht zwingend mit diesem verbunden werden muss. Zwar wird der Schuldner in Fällen eines Eigeninsolvenzantrages diesen, beabsichtigt er, das Verfahren in Eigenverwaltung zu führen, mit dem Antrag nach § 270f Abs. 1 InsO verbinden; allerdings steht es ihm auch frei, den Antrag zu jedem späteren Zeitpunkt während des Eröffnungsverfahrens, erst am Ende des Eröffnungsverfahrens mit Blick auf die bevorstehende Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder auch erst im eröffneten Insolvenzverfahren mit dem Ziel der Überleitung des als fremdverwaltetes Insolvenzverfahren eröffneten Verfahrens in ein Eigenverwaltungsverfahren (zum Begriffspaar Fremd- vs. Eigenverwaltung siehe Vorbm. §§ 270 ff. InsO Rn. 5) zu stellen. Die Verfahrensformen der Fremd- und der Eigenverwaltung sind daher in jedem Verfahrensstadium – das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Eigenverwaltung vorausgesetzt – durchlässig. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit der 751
§§ 270, 270a InsO – Grundsatz; Antrag, Eigenverwaltungsplanung
nachträglichen Anordnung der Eigenverwaltung im eröffneten Verfahren nach § 271 InsO. 12 Ebenso wenig setzt der Antrag auf Eröffnung des Verfahrens in Eigenverwaltung nach § 270f Abs. 1 InsO voraus, dass der Insolvenzantrag als Eigenantrag des Schuldners gestellt worden ist. Auch wenn der Insolvenzantrag durch einen Gläubiger, also als Fremdantrag gestellt wird, steht es dem Schuldner frei, die Eröffnung des Verfahrens in Eigenverwaltung zu beantragen und die nach § 270a InsO erforderlichen Unterlagen und Erklärungen einzureichen. In solchem Fall wird das Gericht aber in besonderer Weise zu prüfen haben, ob sich der Insolvenzschuldner ggf. einer Insolvenzverschleppung schuldig gemacht hat, weil in diesem Fall die Anordnung der Eigenverwaltung entsprechend § 270b Abs. 2 InsO i. V. m. § 270e Abs. 1 Nr. 1 InsO (vgl. § 270b InsO Rn. 49 ff.) nicht erfolgen dürfte (ähnlich AG Köln, ZIP 2017, 889). Grundsätzlich steht es dem Schuldner allerdings frei, den Antrag auf Eröffnung des Verfahrens in Eigenverwaltung auch unter die innerprozessuale Bedingung zu stellen, dass ein Insolvenzantrag gestellt wird. Ein solcher Antrag könnte dann z. B. im Rahmen einer Schutzschrift bei Gericht für den Fall hinterlegt werden, dass etwa ein Gläubiger im Rahmen von Sanierungsverhandlungen mit der Stellung eines Insolvenzantrages droht und auf diese Weise dem Schuldner zuvorkommen will. 13 Den einzigen Fall, in dem das Recht, den Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung zu stellen, nicht allein dem Schuldner zusteht, regelt § 271 InsO. Ist das Verfahren nämlich als fremdverwaltetes Insolvenzverfahren eröffnet worden, so steht auch der Gläubigerversammlung das Recht zu, den Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung zu stellen. Voraussetzung für die Anordnung ist allerdings, dass der Schuldner zustimmt, da eine Eigenverwaltung gegen den Willen des Schuldners nicht vorstellbar ist. Die Gläubigerversammlung trifft die Entscheidung mit einfacher (Summen-)Mehrheit. Weiterer Zulässigkeitsvoraussetzungen, insbesondere der Vorlage der in § 270a InsO geforderten Unterlagen bedarf es nicht, weil die Gläubigerversammlung ihre Entscheidung auf Grundlage des Berichts des Insolvenzverwalters nach § 156 InsO trifft und daher die umfassende Information der Gläubiger zu unterstellen ist. Ein Ermessen steht dem Gericht nicht zu. Beschließt die Gläubigerversammlung mit Zustimmung des Schuldners die Eigenverwaltung, so hat das Gericht diese anzuordnen. Die Wirkungen, insbesondere der Rückfall der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis von dem Insolvenzverwalter zurück auf den Schuldner treten allerdings nicht bereits mit Beschlussfassung durch die Gläubigerversammlung, sondern erst mit Wirksamwerden des Beschlusses über die Anordnung der Eigenverwaltung in Kraft. 14 Wird das Verfahren von einem fremd- in ein eigenverwaltetes Verfahren überführt, kann der bisherige Insolvenzverwalter in reziprok-analoger Anwendung des § 272 Abs. 3 InsO zum Sachwalter bestellt werden.
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3. Eigenverwaltungsplanung und Eigenverwaltungswürdigkeit
3. Eigenverwaltungsplanung und Eigenverwaltungswürdigkeit statt fehlender Nachteilhaftigkeit a) Umgestaltung des gesetzgeberischen Konzepts Zu einem in der Praxis bedeutsamen Gestaltungsinstrument wurde die Eigen- 15 verwaltung erst durch die Neufassung der maßgeblichen Vorschriften durch das ESUG (vgl. Vorbm. §§ 270 ff. InsO Rn. 1 f.). Der Zugang zur Eigenverwaltung wurde dabei durch das Merkmal des Fehlens von Nachteilen für die Gläubiger geregelt (BT-Drucks. 19/24181, S. 202). Bei diesen Nachteilen musste es sich um solche handeln, die eigenverwaltungsspezifisch sind, also gerade daraus resultieren, dass das Verfahren in Eigenverwaltung geführt wird (deshalb sehr zweifelhaft AG Köln, ZIP 2015, 440). Der unbestimmte Rechtsbegriff des Nachteils für die Gläubiger begünstigte nicht zuletzt deshalb aber einen breiten Auslegungsspielraum und damit verbunden auch Rechtsunsicherheit in der Praxis (vgl. z. B. AG Aachen, ZInsO 2018, 272; AG Bremen, ZInsO 2018, 193; AG Köln, ZInsO 2018, 743; AG Essen, ZInsO 2015, 1981; AG Freiburg, ZInsO 2015, 1167; AG Essen, ZIP 2015, 841; LG Halle, ZIP 2014, 2355; AG Hamburg, ZIP 2013, 1684; AG Köln, ZIP 2013, 1390). Besonders plastisch wurde diese Rechtsunsicherheit vor allem auch an widerstreitenden Entscheidungen ein und desselben Gerichts im Abstand von nur rund zwei Monaten (vgl. AG Hamburg, NZI 2014, 566 im Verhältnis zu AG Hamburg, NZI 2014, 269). Dieser Rechtsunsicherheit wollte der Gesetzgeber des SanInsFoG begegnen 16 und Schuldnern eine rechts- und planungssichere Option im Rahmen des Zugangs zur Eigenverwaltung zur Verfügung stellen, andererseits aber gewährleisten, dass die Eigenverwaltung prima facie an den Gesamtgläubigerinteressen ausgerichtet wird und missbräuchliche Eigenverwaltungen vermieden bleiben. Motiv der Neufassung des Zugangs zur Eigenverwaltung ist es daher, die Eigen- 17 verwaltung auf diejenigen, gut vorbereiteten Fälle zu fokussieren, für die sie sich in der Praxis als geeignet erwiesen hat: Die jedenfalls interimistische Fortführung – ggf. auch in Vorbereitung einer beabsichtigten (Teil-)Liquidation (vgl. AG Bremen, ZInsO 2018, 193) – von Unternehmen, die über eine geordnete Unternehmensorganisation und ein klares, am Gläubigerinteresse orientiertes Verfahrenskonzept verfügen, das mit der Eigenverwaltung umgesetzt werden soll. Erreicht wird dieses Ziel durch die Anknüpfung der Eingangsvoraussetzungen an eine Eigenverwaltungsplanung (§ 270a Abs. 1 InsO) einerseits, und die Eigenverwaltungswürdigkeit (§ 270a Abs. 2 InsO) des Schuldners andererseits. Das Erfordernis der Vorlage einer Eigenverwaltungsplanung dient dabei zu- 18 nächst dazu, den Schuldner anzuhalten, die Eigenverwaltung sorgfältig vorbereiten und die Vorbereitung ordnungsgemäß zu dokumentieren, um sich dabei der Sinnhaftigkeit und der Realisierbarkeit des Eigenverwaltungsvorhabens bewusst zu werden. Tut er dies, soll ihm hierdurch der rechtssichere 753
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Weg, der frei von den mit dem Nachteilsbegriff verbundenen Auslegungsspielräumen ist, eröffnet werden (zur gebundenen Entscheidung des Gerichts vgl. § 270b InsO Rn. 5 ff.). Gleichzeitig wird der Schuldner, und dies dient der Förderung der Ernsthaftigkeit der Eigenverwaltung, an dieser Planung im weiteren Verfahrensverlauf gemessen und er muss damit rechnen, dass erhebliche Abweichungen von der Planung, die auf unvorhersehbaren Umständen beruhen, auch die Aufhebung der Eigenverwaltung nach sich ziehen können (BT-Drucks. 19/24181, S. 203 f.). Die Planbarkeit der Verfahrensoption für den Schuldner wird daher in der durch die vom Schuldner vorgelegte Planung hergestellten Vorhersehbarkeit des Verfahrensablaufs für die Gläubiger gespiegelt. b) Eigenverwaltungsplanung aa) Gegenstand der Eigenverwaltungsplanung 19 Der Begriff der Eigenverwaltung ist ein Sammelbegriff für die vom Schuldner nach § 270a Abs. 1 Nr. 1 – 5 InsO seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung beizufügenden Unterlagen. 20 Die Unterlagen sind vom Schuldner in eigener Obliegenheit zu erstellen und dem Antrag als Zulässigkeitsvoraussetzung beizufügen. Voraussetzung ist dabei nicht, dass der Schuldner die Unterlagen selbst erstellt hat; selbstverständlich darf er sich hierzu fremder Hilfe bedienen (BT-Drucks. 19/24181, S. 204). 21 Die Eigenverwaltungsplanung besteht demnach aus insgesamt fünf Bestandteilen, zu denen sich der Antrag verhalten muss, auch wenn im Einzelfall keine Angaben zu dem konkreten Erfordernis gemacht werden können: x
Einem Finanzplan für den Zeitraum von (mindestens) sechs Monaten unter fundierter Angabe der Finanzierungsquellen, wonach die für die Umsetzung des Eigenverwaltungskonzepts nötige Liquidität gesichert ist (Abs. 1 Nr. 1).
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Einem Eigenverwaltungskonzept, das auf Grundlage der Darstellung von Art, Ausmaß und Ursachen der Krise das Ziel des Eigenverwaltungsverfahrens und die zu seiner Erreichung angestrebten Maßnahmen beschreibt (Abs. 1 Nr. 2).
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Die überblicksartige Darstellung des Verhandlungsstands mit (wesentlichen) Gläubigern (Abs. 1 Nr. 3).
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Die Darstellung der Vorkehrungen, die der Schuldner getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, die ihm obliegenden insolvenzrechtlichen Pflichten zu erfüllen (Abs. 1 Nr. 4).
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Die Darstellung des Verfahrenskostenkonzepts in Gestalt einer begründeten Darstellung der Mehr- oder Minderkosten, die im Rahmen der Eigenverwaltung im Vergleich zu einem fremdverwalteten Insolvenzverfahren zulasten der Insolvenzmasse voraussichtlich anfallen werden (Abs. 1 Nr. 5).
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3. Eigenverwaltungsplanung und Eigenverwaltungswürdigkeit
Fehlt es an einer dieser Angaben insgesamt, ist der Eigenverwaltungsantrag 22 bereits unzulässig, da es sich in diesem Fall nicht um einen Mangel der Planung im Sinne des § 270b Abs. 1 Satz 2 InsO handelt, da der Begriff des Mangels bereits semantisch voraussetzt, dass die Erfüllung der zugrunde liegenden Obliegenheit jedenfalls versucht worden ist. Soweit einzelne Umstände nicht vorliegen, z. B. noch keine Verhandlungen mit Gläubigern geführt sind, hat der Schuldner auch dies zu erklären, im Rahmen des Antrages dann also insoweit einen „Negativtest“ abzugeben. Unbeachtlich ist, in welcher Form der Schuldner die Eigenverwaltungspla- 23 nung vorlegt. Auch wenn das Gesetz davon spricht, dass der Schuldner dem Antrag die Eigenverwaltungsplanung „beizufügen“ hat, so können einzelne Bestandteile der Eigenverwaltungsplanung auch in dem Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung selbst enthalten und mit diesem verbunden sein. Die Darstellung in einem gesonderten oder in einem zusammenhängenden Dokument ist nicht geschuldet. Im Beschleunigungsinteresse des Verfahrens sollte der Schuldner jedoch um eine möglichst übersichtliche Darstellung bemüht sein. bb) Finanzplan (§ 270a Abs. 1 Nr. 1 InsO) Der Schuldner hat mit dem Antrag auf Eröffnung des Verfahrens in Eigen- 24 verwaltung einen Finanzplan nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vorzulegen, der (mindestens) den Zeitraum von sechs Monaten abdeckt und eine fundierte Darstellung der Finanzierungsquellen enthält, durch welche der im Verfahren nötige Liquiditätsbedarf in diesem Zeitraum sichergestellt werden soll. Der im Verfahren erforderliche Liquiditätsbedarf wird dabei durch das Gesetz 25 mit der für die Fortführung des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes und die Deckung der Kosten des Verfahrens nötigen Liquidität beschrieben. Die Gesetzesbegründung spricht von der „Durchfinanzierung der Fortführung des Geschäftsbetriebes“ (BT-Drucks. 19/24181, S. 204). Allein dies ist durch den vorzulegenden Finanzplan nicht geschuldet. Vielmehr muss sich der Finanzplan an dem Eigenverwaltungskonzept orientieren und belegen, dass neben der Deckung der Kosten des Verfahrens auch die Umsetzung des mit dem Eigenverwaltungsverfahren zu erreichenden Ziels liquiditätsmäßig sichergestellt ist. Das Eigenverwaltungsziel muss aber nicht zwingend in der Fortführung des Unternehmens, der Gesamtsanierung oder sonst der Aufrechterhaltung sämtlicher Geschäftsbereiche bestehen, sondern kann explizit die Nichterfüllung wesentlicher Verträge, die Schließung einzelner Teilbetriebe oder auch die Liquidation des Unternehmens insgesamt vorsehen (dazu Rn. 33), was jeweils mit grundlegend anderen Implikationen für die Finanzplanung verbunden ist. Darüber hinaus dürfen verfahrensrechtliche Besonderheiten, wie z. B. die Inanspruchnahme des Insolvenzgeldes selbstverständlich in dem Finanzplan verarbeitet werden.
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§§ 270, 270a InsO – Grundsatz; Antrag, Eigenverwaltungsplanung
26 Der Finanzplan hat daher nicht, wie der Gesetzeswortlaut vermuten lassen könnte, am Maßstab der vorinsolvenzlichen Kosten des laufenden Geschäftsbetriebes die unveränderte Fortführung des Unternehmens zu unterstellen, sondern ist detailliert auf die geplanten Maßnahmen im Insolvenzverfahren und das mit diesem verfolgte Ziel auszurichten. Es handelt sich daher um eine nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen (BT-Drucks. 19/24181, S. 204) zu erstellende integrierte Finanz- und Ertragsplanung unter Berücksichtigung der bereits mit Einleitung des Verfahrens umsetzbaren Maßnahmen. Da das Gesetz ausdrücklich eine fundierte Darstellung verlangt, sind die wesentlichen Planungsprämissen und -parameter anzugeben und genügt der Schuldner mit der Vorlage einer nicht kommentierten Planung dem Erfordernis einer fundierten Finanzplanung nicht (ähnlich §§ 14, 15 StaRUG Rn. 10). Vielmehr müssen die in der Planung verarbeiteten und abgeleiteten Zahlen und Ergebnisse für einen sachkundigen Dritten aus der Planung selbst heraus plausibilisierbar und – ggf. unter Heranziehung weiterer Unterlagen – prüfbar sein. Dies folgt nicht zuletzt daraus, dass das Gericht nach § 270c Abs. 1 Nr. 2 InsO berechtigt ist, den Sachwalter zu beauftragen, die Vollständigkeit und Geeignetheit der Rechnungslegung und Buchführung als Grundlage insbesondere für die Finanzplanung zu prüfen. 27 Die Plausibilisierung der Finanzplanung setzt notwendigerweise voraus, was der Gesetzeswortlaut und die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/24181, S. 204) noch einmal gesondert herausstellen, dass die Finanzierungsquellen fundiert dargestellt werden. Die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/24181, S. 204) will hierdurch sicherstellen, dass die Finanzierung des Eigenverwaltungsverfahrens nicht durch die Veräußerung fortführungsnotwendigen Vermögens dargestellt wird und so dem Eigenverwaltungsziel entgegenläuft. Das dürften aber die selteneren, weil sich bereits in der Nähe des Missbrauchs bewegenden Fälle sein. Vielmehr folgt aus dem Erfordernis der fundierten Darstellung der Finanzierungsquellen, dass soweit die Finanzierung nicht aus Erträgen des operativen Geschäftsbetriebs, sondern vor allem aus Darlehensmitteln oder sonstigen Finanzierungsquellen sichergestellt werden soll, dies gesondert darzustellen und zu erläutern und die Gewährung dieser Finanzierungsquellen gesondert zu plausibilisieren ist. 28 Dabei ist ausdrücklich nicht Voraussetzung, dass die Darlehnsmittel bereits gewährt sein müssen oder dem Schuldner bereits ein rechtssicherer Anspruch auf Abruf der Darlehnsmittel zusteht (BT-Drucks. 19/24181, S. 204). Die Gesetzesbegründung allerdings nennt als Beispiel die Gewährung unechter Massedarlehen, deren Inanspruchnahme von der Voraussetzung der Antragstellung abhängt, oder auch echte Massedarlehen, deren Auszahlung noch unter dem Vorbehalt der Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten steht, und leitet daraus ab, dass die Gewährung der Darlehnsmittel „überwiegend wahrscheinlich“ sein muss. Letzteres wird der Praxis allerdings nicht gerecht und dürfte in der Mehrzahl der Fälle plausibel bereits im Zeitpunkt der Antragstellung nicht darstellbar sein.
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3. Eigenverwaltungsplanung und Eigenverwaltungswürdigkeit
Die Verhandlung über die Gewährung echter oder auch unechter Massedar- 29 lehen kann häufig zielführend erst aufgenommen werden, wenn der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt und die vorläufige Eigenverwaltung – untechnisch gesprochen (vgl. § 270b InsO Rn. 1) – „angeordnet“ ist. Dies nicht zuletzt, weil die handelnden Akteure, die häufig nicht zuletzt Katalysator und Garant des nötigen Vertrauens der Gläubiger sind, unter Berücksichtigung von § 270 Abs. 1 Nr. 4 InsO regelmäßig erst mit Einleitung des Verfahrens in die erforderliche Verhandlungsposition eingerückt sind (vgl. dazu Rn. 41 ff., 47). Hinzu kommt, dass die Zuständigkeiten auf Ebene der maßgeblichen Kreditgeber mit Einleitung des Insolvenzverfahrens wechseln und die Verhandlung von echten oder unechten Massekrediten deshalb auch auf Kreditgeberseite häufig erst mit tatsächlicher Einleitung des Verfahrens möglich ist. Soll die Eigenverwaltung daher nicht auf Fälle beschränkt werden, in denen 30 echte oder unechte Massedarlehen entweder nicht erforderlich oder im seltenen Ausnahmefall bereits vor Antragstellung weitgehend endverhandelt sind, was dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, so ist das in der Gesetzesbegründung genannte Erfordernis der „überwiegenden Wahrscheinlichkeit“ nicht wörtlich in das Tatbestandsmerkmal des § 270a Abs. 1 Nr. 1 InsO der Notwendigkeit der Darstellung derjenigen Finanzierungsquellen hineinzulesen, durch welche die Deckung der Kosten „sichergestellt werden soll“, sondern ist gerade dem in dieser Gesetzesformulierung zum Ausdruck kommenden prognostischen Element Rechnung zu tragen. Dies dadurch, dass bei Berücksichtigung verfahrensüblicher Finanzierungsquellen, wie insbesondere unechter Massedarlehen, aber auch bei Berücksichtigung von echten Massedarlehen, die keinen außer Verhältnis zum bisherigen finanziellen Engagement der finanzierenden Gläubiger stehenden Umfang erreichen, von rationalem Verhalten der Gläubiger ausgegangen und die Finanzierungsquelle der Finanzplanung zugrunde gelegt werden darf, solange keine Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die erforderlichen Finanzmittel nicht zur Verfügung stehen werden. Es handelt sich in diesem Fall dann auch nicht um einen Mangel der Planung im Sinne des § 270b Abs. 1 Satz 2 InsO, der ein nur befristetes Absehen von der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters rechtfertigen würde, sondern vielmehr um einen Umstand, dem durch Beauftragung des Sachwalters gemäß § 270c Abs. 1 Nr. 1 InsO durch das Gericht zu begegnen ist, dem Gericht darüber Bericht zu erstatten, ob die Eigenverwaltungsplanung (weiterhin) durchführbar erscheint. (Nur) auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die Beurteilung des Eigenverwaltungs- und Finanzierungskonzepts differenziert und unter Berücksichtigung der dem Verfahren immanenten Dynamik erfolgt, nämlich auch berücksichtigt, wie sich die Liquiditätssituation im Verfahren entwickelt. Letzteres ist vor allem deshalb wichtig und richtig, weil die seriöse Finanzplanung unter Berücksichtigung nennenswerter Sicherheitsabschläge und Puffer erstellt wird, die sich im Verfahren nicht selten als zu großzügig herausstellen und der tatsächliche Liquiditätsbedarf daher nicht selten entweder geringer oder die Gewährung eines Massedarlehens erst zu 757
§§ 270, 270a InsO – Grundsatz; Antrag, Eigenverwaltungsplanung
einem späteren Zeitpunkt erforderlich ist. Auf diese Umstände muss im Verfahren reagiert werden können, weshalb die enge Einbindung des Sachwalters durch gesonderten Auftrag nach § 270c Abs. 1 Nr. 1 InsO und damit die Verlagerung von einer das Institut unzulässig beschränkenden Wahrscheinlichkeitsprüfung in eine dynamische Erfüllungsprüfung der richtige Weg zur durchgängigen Wahrung der Gläubigerinteressen ist. cc) Eigenverwaltungskonzept (§ 270a Abs. 1 Nr. 2 InsO) 31 Ähnlich dem Restrukturierungskonzept in der präventiven Restrukturierung (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 48) setzt nunmehr auch die Einleitung eines Eigenverwaltungsverfahrens voraus, dass der Schuldner ein Eigenverwaltungskonzept vorlegt, dass auf Grundlage der Darstellung von Art, Ausmaß und Ursachen der Krise das Ziel der Eigenverwaltung und die Maßnahmen beschreibt, welche zur Erreichung des Ziels in Aussicht genommen werden sollen. 32 Der Zweck der Darstellung des Eigenverwaltungsziels liegt allerdings, anders als im präventiven Restrukturierungsverfahren, nicht darin, den beteiligten Gläubigern vor allem die Sanierungsbedürftigkeit, die Sanierungsfähigkeit und die Sanierungseignung der in Aussicht genommenen Maßnahmen und damit die Rechtfertigung der vorgeschlagenen Eingriffe in ihre Rechtspositionen zu beschreiben und prüfbar zu erläutern, sondern vielmehr dazu, den Schuldner dazu anzuleiten, sich der Sinnhaftigkeit und der Realisierbarkeit des Eigenverwaltungsvorhabens zu versichern (BT-Drucks. 19/24181, S. 203). Das Erfordernis, ein schlüssiges Eigenverwaltungskonzept vorzulegen, dient daher vorrangig der Konzentration des Eigenverwaltungsverfahrens auf gut vorbereitete Verfahren, in welchen die Eigenverwaltung einen über den reinen Selbstzweck und den Willen, die sprichwörtlichen Zügel in der Hand zu behalten, hinausgehenden Zweck verfolgt. Dieser Zweck muss nicht eigenverwaltungsspezifisch in dem Sinne sein, dass er in einem fremdverwalteten Insolvenzverfahren nicht erreichbar wäre. Vielmehr reicht es unter Heranziehung der in § 270e InsO zum Ausdruck kommenden Wertung aus, dass die Führung des Verfahrens in Eigenverwaltung die Erreichbarkeit des mit dem Verfahren verfolgten Ziels jedenfalls nicht erschwert und den Interessen der Gläubiger nicht entgegensteht. Denn der Gesetzgeber wollte mit der Abkehr von dem unbestimmten Tatbestandsmerkmal des Fehlens eines Nachteils für die Gläubiger nicht den Zugang zur Eigenverwaltung insgesamt erschweren, sondern lediglich fokussieren und planbarer gestalten. Dass das Verfahrensziel aber nur in der Eigenverwaltung zu erreichen wäre oder die Eigenverwaltung notwendig vorteilhafter für die Gläubiger sein müsste, lässt sich daraus gerade nicht ableiten. 33 Das Eigenverwaltungsziel muss daher auch nicht zwingend in der (Teil-)Sanierung des Unternehmens bestehen und schon gar nicht den Erhalt des Rechtsträgers vorsehen, ist deshalb auch nicht zwingend auf die Vorlage eines Insolvenzplans fixiert, sondern kann selbstverständlich auch eine (teil-)übertragende Sanierung oder sogar die Liquidation des Unternehmens vorsehen (so 758
3. Eigenverwaltungsplanung und Eigenverwaltungswürdigkeit
ausdrücklich BT-Drucks. 19/24181, S. 204; vgl. dazu auch bereits AG Bremen, ZInsO 2018, 193). Maßgeblich ist nach diesem Gesetzeszweck daher allein, dass die Eigenverwaltung einem definierten Ziel dient, dessen Fokus sich im Rahmen des dynamischen Verfahrens auch – etwa in Abhängigkeit von dem Ausgang eines M&A/Verkaufs-Prozesses – im laufenden Verfahren maßgeblich verschieben kann. Die Darstellung des Eigenverwaltungsziels darf daher in der Darstellungstiefe 34 hinter der notwendigen Darstellung des Restrukturierungsziels im darstellenden Teil eines Restrukturierungsplans (vgl. § 6 StaRUG Rn. 7) deutlich zurückbleiben, weil die Darstellung des Eigenverwaltungsziels anderen Zwecken dient und sich deshalb gerade nicht an den Mindestanforderungen für Sanierungskonzepte, wie sie der BGH (vgl. auch dazu § 6 StaRUG Rn. 8) im Gläubigerschutzinteresse entwickelt hat, orientieren muss. Zudem hängen die Art und der Detaillierungsgrad der Darstellung notwendig 35 von der Größe des Unternehmens ab (BT-Drucks. 19/24181, S. 204). Die Darstellungstiefe muss eine Schlüssigkeitsprüfung erlauben, auf deren Grundlage nachvollziehbar ist, dass die Beantragung der Eigenverwaltung über einen bloßen Selbstzweck (im Schuldnerinteresse) hinausgeht und ein – orientiert am Gesamtgläubigerinteresse (vgl. §§ 270e, 272 InsO Rn. 8 ff.) – legitimes Ziel verfolgt. Außerdem muss sich aus dem Konzept plausibel ergeben, dass die zur Erreichung des Eigenverwaltungsziels in Aussicht genommenen Maßnahmen geeignet sind, dieses Ziel auch zu erreichen. Mehr als die Möglichkeit einer Plausibilisierung der Erreichbarkeit des Eigen- 36 verwaltungsziels ist jedoch nicht geschuldet. Insbesondere muss nicht das Maß einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Erreichbarkeit des Eigenverwaltungsziels erfüllt sein. Dies nicht zuletzt deshalb, weil es sich bei einem Insolvenzverfahren stets um ein äußerst dynamisches Verfahren handelt, dessen Entwicklung im Vorfeld in der für eine überwiegende Wahrscheinlichkeit nötigen Detailschärfe in aller Regel nicht vorhergesehen werden kann. dd) Darstellung des Verhandlungsstandes (§ 270a Abs. 1 Nr. 3 InsO) Mit der Konzentration des Eigenverwaltungsverfahrens auf gut vorbereitete 37 Verfahren geht einher, dass regelmäßig vorausgesetzt werden kann, dass der Schuldner mit der Beantragung der Eigenverwaltung seine wesentlichen Gläubiger nicht überrascht, sondern dem in aller Regel Verhandlungen – auch zur Vermeidung einer Insolvenz – vorausgegangen sind. Dieser typisierten Betrachtung trägt § 270a Abs. 1 Nr. 3 InsO dadurch Rechnung, dass der Schuldner den Stand der geführten Verhandlungen mit Beteiligten im Rahmen der Eigenverwaltungsplanung anzugeben hat. Die Darstellung des Verhandlungsstandes soll dem Gericht lediglich einen Ein- 38 druck von den tatsächlichen Rahmenbedingungen im Umfeld des Schuldners vermitteln (BT-Drucks. 19/24181, S. 205), muss deshalb keinerlei Details
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§§ 270, 270a InsO – Grundsatz; Antrag, Eigenverwaltungsplanung
enthalten und gerade auch nicht darlegen, welcher Gläubiger zu welchen Sanierungsbeiträgen bereit oder nicht bereit war und deshalb möglicherweise eine (Mit-)Ursache für die Notwendigkeit der Stellung des Insolvenzantrages gelegt hat. Gleichzeitig ermöglicht die Darstellung des Verhandlungsstandes dem Gericht die Einschätzung und Vorausschau, ob die Führung des Verfahrens in Eigenverwaltung kontrovers werden oder von den wesentlichen Gläubigern konstruktiv unterstützt wird. 39 Die Voraussetzung der Mitteilung des Verhandlungsstandes bezieht sich daher nicht allein auf konkrete Verhandlungen in Bezug auf die Einleitung des Insolvenzverfahrens und die dabei zu wählende Verfahrensform, sondern vor allem auch auf vorangegangene Verhandlungen, hauptsächlich zur Vermeidung des Insolvenzantrages, oder in Bezug auf die zu wählende Verfahrensart, nämlich insbesondere die Auswahl zwischen einer präventiven Restrukturierung oder der Stellung eines Insolvenzantrages. Darüber hinaus sind auch Verhandlungen mit solchen Beteiligten darzustellen, die nicht Insolvenz- oder z. B. Absonderungsgläubiger sind oder werden, sondern beabsichtigen, sich etwaig anderweitig am Verfahren zu beteiligen. Dies können Erwerbsinteressenten, potenzielle Darlehensgeber etc. sein. All diese Informationen sind für das Gericht im Interesse des Verständnisses der Rahmenbedingungen, in denen sich das Verfahren bewegt, von wesentlicher Bedeutung. Aus diesem Grunde muss der Schuldner allerdings auch nicht jede Information gegenüber auch noch so unbedeutenden Gläubigern darstellen, sondern kann sich auf den Stand der Verhandlungen mit den für den Verlauf und die Gestaltung des Verfahrens bedeutenden Beteiligten beschränken. Die Bedeutung kann sich dabei aus tatsächlichen, aber auch aus rechtlichen Umständen ergeben. So z. B., wenn ein – auch nach der Forderungshöhe unbedeutender – Gläubiger begründet die Aufhebung der Eigenverwaltung nach § 270e Abs. 2 Satz 1 InsO betreiben könnte und eine entsprechende Absicht in den Verhandlungen mit dem Schuldner bereits im Vorfeld zum Ausdruck gebracht hat. Auf solche Umstände wäre selbstverständlich zwingend hinzuweisen. 40 Die tatsächliche Einbeziehung der wesentlichen Gläubiger im Vorfeld der Insolvenzantragsstellung und die Führung von Verhandlungen mit diesen ist allerdings kein Kriterium der Eigenverwaltungswürdigkeit nach § 270a Abs. 2 InsO, weshalb das gänzliche Unterlassen solcher Verhandlungen im Vorfeld nicht Voraussetzung für den Eigenverwaltungsantrag ist. § 270a Abs. 1 Nr. 3 InsO verlangt lediglich die Darstellung des Verhandlungsstandes, nicht das tatsächliche Führen von Verhandlungen. Der Schuldner darf seine Gläubiger daher auch überraschen und büßt dadurch die Eigenverwaltungswürdigkeit, treten nicht sonstige Umstände hinzu, nicht ein. Allerdings hat der Schuldner, auch wenn keine Verhandlungen geführt wurden, dies im Antrag zwingend ebenfalls anzugeben (BT-Drucks. 19/24181, S. 205).
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3. Eigenverwaltungsplanung und Eigenverwaltungswürdigkeit
ee) Sicherstellung der Erfüllung der insolvenzrechtlichen Pflichten (§ 270a Abs. 1 Nr. 4 InsO) Wie in der präventiven Restrukturierung nach § 31 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG (vgl. 41 §§ 31, 33 StaRUG Rn. 57) hat auch der eigenverwaltungswillige Schuldner gemäß § 270a Abs. 1 Nr. 4 InsO im Rahmen der Eigenverwaltungsplanung darzustellen, welche Vorkehrungen er getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, die mit dem Verfahren und vor allem dem Belassen der Verwaltungsund Verfügungsbefugnis bei ihm verbundenen insolvenzrechtlichen Pflichten zu erfüllen. Bei diesen Pflichten geht es um die Wahrung der in § 1 InsO definierten Verfahrenszielbestimmung einerseits, um die Wahrung der gesamtheitlichen und individuellen Rechte sämtlicher Verfahrensbeteiligten, gleich welcher Rechtsstellung (vgl. zur Pflicht, vor allem auch die Rechte der Aus- und Absonderungsberechtigten zu wahren, Hölzle, in: Vallender/Undritz, Praxis des Insolvenzrechts, Kap. 5 Rn. 188 ff.), andererseits. Im fremdverwalteten Insolvenzverfahren wird die Fähigkeit zur Erfüllung der mit den Aufgaben eines Insolvenzverwalters verbundenen Pflichten dadurch gewährleistet, dass an die Person des Insolvenzverwalters die in § 56 Abs. 1 InsO definierten Anforderungen (vgl. §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 8 ff.) zu stellen sind. Verbleibt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des 42 Schuldners bei diesem, so hat der Schuldner die wesentlichen Aufgaben, die im Gläubigerinteresse sonst dem Insolvenzverwalter obliegen, selbst zu erfüllen. An der Ausrichtung des Verfahrens ausschließlich am Gläubigerinteresse ändert sich freilich nichts. Das Gesetz setzt daher zu Recht voraus, dass der Schuldner sowohl im Eröffnungs- als auch im eröffneten Verfahren zu jedem Zeitpunkt die nötige Expertise gewährleisten muss, die bei ihm verbliebene Verwaltungsund Verfügungshoheit ausschließlich im Interesse des Insolvenzverfahrensziels auszuüben. Dabei ist von besonderer Bedeutung, dass der Verbleib der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nicht schlicht einen Verzicht auf Eingriffsmaßnahmen darstellt, sondern gleichfalls einen der Insolvenzverwalterbestellung vergleichbaren hoheitlichen Übertragungsakt beinhaltet, durch den die im Insolvenzverfahren im Gläubigerinteresse bestehenden Pflichten dem Schuldner zur Erfüllung überantwortet werden (vgl. ausführlich Hölzle, ZIP 2018, 1669, zugleich Bespr. v. BGH, ZIP 2018, 977). Daraus allerdings folgt, dass der Schuldner mit konkretem Bezug auf die ihm 43 an Stelle des Insolvenzverwalters durch die Insolvenzordnung auferlegten Pflichten nachweisen muss, dass er über eine der Eignung nach § 56 Abs. 1 InsO vergleichbare Expertise verfügt. Aus dem Gesetzeswortlaut des § 270a Abs. 1 Nr. 4 InsO folgt, dass der 44 Schuldner seine Fähigkeit sicherzustellen hat, „seine“ rechtlichen Pflichten zu erfüllen. Ist der Schuldner als juristische Person oder als Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit organisiert, so sind diese Pflichten durch seine für ihn handelnden Organe zu erfüllen (siehe dazu auch AG Bremen, ZInsO 2018, 193). Die Gesetzesbegründung geht darüber hinaus davon aus, dass, verfügt
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§§ 270, 270a InsO – Grundsatz; Antrag, Eigenverwaltungsplanung
der Schuldner selbst oder in Person seiner Organe nicht über die nötige Expertise, er diese auch durch die Bestellung von Generalbevollmächtigten oder die Beauftragung von Beratern gewährleisten kann (BT-Drucks. 19/24181, S. 205). Sie verweist dazu auf eine (vergütungsrechtliche) Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2016 (ZIP 2016, 1981), in welcher der BGH ausführt, dass es unerheblich sei, ob der Schuldner in seinem Organ selbst über die nötige Expertise verfüge, oder sich diese durch die Beauftragung von Beratern beschaffe. Tatsächlich sagt dieser Beschluss des BGH allerdings nichts dazu, in welcher Form der Berater beschäftigt sein muss. 45 Die Gesetzesbegründung geht deshalb in der Annahme fehl, es genüge die Beauftragung eines Generalbevollmächtigten oder die bloße Mandatierung eines Beraters, da hierdurch nicht zuletzt widerstreitende gesetzgeberische Ziele begründet würden und damit eine Perplexität des Gesetzes bestünde. Dass dies gewollt ist, kann dem Gesetzgeber allerdings nicht unterstellt werden. Denn im Widerspruch zu dem Hinweis, dass die Gewährleistung der nötigen Expertise auch durch Generalbevollmächtigte oder Berater erfolgen könne, steht der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers, die bislang bestehende Haftungslücke in der Eigenverwaltung dadurch zu schließen, dass die Haftung nach §§ 60, 61 InsO in Anlehnung an das Urteil des BGH vom 26.4.2018 (ZIP 2018, 977; dazu ausführlich Hölzle, ZIP 2018, 1669) durch § 276a Abs. 2 InsO auch auf das eigenverwaltende Organ erstreckt wird. Dadurch sollen Verhaltensanreize gesetzt und die mit der Haftungsandrohung verbundene Steuerungswirkung gerade auch auf die Organe von Rechtsträgern in haftungsbeschränkender Rechtsform in der Eigenverwaltung erstreckt werden (BT-Drucks. 19/24181, S. 209). 46 Damit ist es nicht zu vereinbaren, die am Maßstab des § 56 Abs. 1 InsO ausgerichtete Kompetenzgewährleistung in Gestalt nur eines Generalbevollmächtigten oder Beraters genügen zu lassen. 47 Die insolvenzrechtliche Pflichtenbindung des geschäftsleitenden Organs entspringt nicht aus dem Verhältnis des Eigenverwalters zur Gesellschaft, sondern aus seiner besonderen, durch die Insolvenzordnung gesetzlich definierten Rechtsposition im Insolvenzverfahren (so auch Madaus, KTS 2015, 115). Das eigenverwaltende Organ wird mit Einleitung des Insolvenzverfahrens janusköpfig tätig, nämlich einmal als gesellschaftsrechtlicher Repräsentant und zum anderen als Organ der Rechtspflege (Ries, in: FS Pannen [2017], S. 667, 672 f.), dem hoheitliche Befugnisse übertragen sind (BVerfG, ZIP 2016, 321). Als Folge dieser ausschließlich insolvenzrechtlichen Pflichtenbindung handeln die Geschäftsleiter als Eigenverwalter nach § 276a Abs. 1 Satz 1 InsO auch außerhalb des gesellschaftsrechtlichen Systems von Folgepflicht und Weisungsgebundenheit und sind deshalb, ebenso wie der Insolvenzverwalter, als weisungsfrei handelnder Amtswalter tätig. Als solcher unterliegt der Geschäftsleiter, und nicht der Generalbevollmächtigte, der Aufsicht des (vorläufigen) Sachwalters gemäß § 274 Abs. 2 InsO, wobei Letzterer wiederum der Aufsicht des Insolvenzgerichts unterliegt. Eine effektive Aufsicht setzt allerdings eine 762
3. Eigenverwaltungsplanung und Eigenverwaltungswürdigkeit
eindeutige Allokation der Pflichten sowie die Feststellung voraus, dass diese in ihrem Kernbereich nicht delegationsfähig sind. Das Zusammenwirken von Pflicht und Aufsicht ist notwendiges Korrektiv für die Übertragung hoheitlicher Zwangsvollstreckungsbefugnisse auf den Amtswalter und damit zugleich Grundlage der Gewährleistung eines gesetzmäßigen Ablaufs des Insolvenzverfahrens (so ausdrücklich BVerfG, ZIP 2016, 321). Daraus folgt dann aber zwingend, dass das Amt des eigenverwaltenden Geschäftsleiters, insolvenzrechtlich des „Eigenverwalters“, ebenso wie das Amt des Insolvenzverwalters in seinem Kernbereich ein höchstpersönliches, an die natürliche Person des Geschäftsleiters anknüpfendes Amt ist und die insolvenzspezifischen Kardinalpflichten daraus ebenso wenig wie in der Fremdverwaltung die Pflichten des Insolvenzverwalters delegationsfähig sind. In diesem Sinne stellt auch der BGH (ZIP 2018, 977) das Handeln des Eigen- 48 verwalters „gleich einem Insolvenzverwalter“ in den Vordergrund seiner Erwägungen. Selbst wenn daher im Innenverhältnis, wie regelmäßig, das gemeinsame Verständnis bestehen oder sogar verschriftlicht sein sollte, dass der Handlungs- oder Generalbevollmächtigte für die Übernahme der insolvenzrechtlichen Aufgaben verantwortlich zeichnet, läge hierin eine insolvenzrechtlich unzulässige Delegation, die wegen der Gefahr des Unterlaufens des Korrektivs von Amtsgewalt und Aufsicht gerade nicht mehr die Gewähr für einen gesetzmäßigen Verfahrensablauf bietet, weil der Berater weder einer Aufsicht unterliegt, noch weisungsfrei tätig wird. Hinzu kommt ein Auseinanderfallen des insolvenzrechtlichen Entscheidungsträgers und des Haftungsadressaten, was im Hinblick auf die mit der Haftungsandrohung intendierte Verhaltenssteuerung ebenfalls an dem gesetzgeberischen Ziel vorbeiläuft. Begreift man also nun die Amtsstellung des Eigenverwalters als eine insolvenz- 49 rechtlich zugewiesene Rechtsposition, die gleich derjenigen des Insolvenzverwalters an die natürliche Person geknüpft ist, so folgt aus der Verknüpfung der Haftung aus § 276a Abs. 2 i. V. m. §§ 60, 61 InsO mit dem Träger der insolvenzrechtlichen Amtswalterkompetenz eine persönliche Haftung ausschließlich des geschäftsleitenden Organs, die nicht ohne Weiteres auf nachgeordnete, in die Erfüllung der Amtspflichten eingeschaltete Personen verlagert werden kann. Im Falle einer Pflichtverletzung haftet der Handlungs- und Generalbevollmächtigte, da nicht selbst Adressat der höchstpersönlichen Amtswalterpflichten, daher zunächst und ggf. ausschließlich im Innenverhältnis aus dem bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrag, der darüber hinaus regelmäßig zudem Haftungsbeschränkungen vorsieht. Eine reine Innenhaftung hat der BGH (ZIP 2018, 977), dessen Entscheidung für die Erstreckung der Haftung in § 276a Abs. 2 InsO Pate gestanden hat, deshalb als gerade nicht ausreichend erachtet (wie hier insgesamt Hölzle, ZIP 2018, 1669). Ist aber die Haftungserstreckung auf den Berater oder den Generalbevoll- 50 mächtigten nicht möglich, so ist eine praktische Konkordanz zwischen den beiden gesetzgeberischen Zielen, „Schließung der Haftungslücke“ und „Nachweis der Expertise auch in Gestalt von Beratern“ herzustellen, die eindeutig 763
§§ 270, 270a InsO – Grundsatz; Antrag, Eigenverwaltungsplanung
zugunsten des höherrangigen gesetzgeberischen Ziels der Schließung der Haftungslücke ausfällt. 51 Aus diesem Grund erfordert § 270a Abs. 1 Nr. 4 InsO den Nachweis einer an § 56 Abs. 1 InsO angelehnten insolvenzspezifischen Expertise im Organ des Schuldners selbst. Diese Expertise kann, verfügen die (operativen) Geschäftsführer nicht auch über hinreichende insolvenzrechtliche Kenntnisse und Erfahrung allein durch Bestellung eines Insolvenzgeschäftsführers („CIO“ – Chief Insolvency Officer) hergestellt werden. 52 Im Rahmen der Vorlage der Eigenverwaltungsplanung ist daher regelmäßig zu verlangen – und von den Gerichten zu prüfen –, dass das geschäftsführende Organ des Schuldners um (jedenfalls) eine in Insolvenzsachen erfahrene Person ergänzt wird, die Gewähr dafür bietet, dass die insolvenzrechtlichen Vorschriften und Zielbestimmungen bei Führung des Verfahrens eingehalten werden. Fehlt es daran, ist die Eigenverwaltungsplanung regelmäßig nicht schlüssig. ff) Darstellung der Mehr- und Minderkosten (§ 270a Abs. 1 Nr. 5 InsO) 53 Die Eigenverwaltung unter dem ESUG stand in dem Verruf, häufig deutlich teurer zu sein, als ein fremdverwaltetes Insolvenzverfahren, weil sie vermeintlich zu einer Selbstbedienungsmentalität der beteiligten Berater verleitet habe. Demgegenüber wurde aber ebenso konsentiert, dass das Vorhandensein insolvenzrechtlicher Expertise bei dem Schuldner für das Gelingen der Eigenverwaltung und das Vertrauen der Stakeholder unerlässlich ist, dass sich daher Mehrkosten aus der Verdopplung der Funktionsträger (Eigenverwalter und Sachwalter) daher häufig nur schwer vermeiden ließen (ESUG-Evaluationsbericht, S. 74 f.). 54 Obgleich die ESUG-Evaluationskommission empfohlen hat, tendenziell davon abzusehen, die Kostenfrage schon beim Zugang der Eigenverwaltung regulieren zu wollen (ESUG-Evaluationsbericht, S. 80), hat der Gesetzgeber mit § 270a Abs. 1 Nr. 5 InsO die begründete Darstellung etwaiger Mehr- oder Minderkosten, die im Rahmen der Eigenverwaltung im Vergleich zu einem fremdverwalteten Insolvenzverfahren und im Verhältnis zur Insolvenzmasse voraussichtlich anfallen werden, zum Pflichtbestandteil des Eigenverwaltungskonzepts erhoben. 55 Dabei verlangt § 270a Abs. 1 Nr. 5 InsO zunächst nur die begründete Darstellung etwaiger Mehr- oder Minderkosten. Er verlangt aber nicht, dass die Kosten des Eigenverwaltungsverfahrens die Kosten des fremdverwalteten Insolvenzverfahrens nicht wesentlich übersteigen dürfen. Dieses Erfordernis folgt erst aus § 270b Abs. 2 InsO, wonach in diesem Fall die Bestellung eines vorläufigen Sachwalters anstelle eines vorläufigen Insolvenzverwalters nur erfolgt, wenn dennoch zu erwarten ist, dass der Schuldner die Geschäftsführung an den Interessen der Gläubiger auszurichten bereit und in der Lage ist (vgl. § 270b InsO Rn. 50 ff., 54).
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3. Eigenverwaltungsplanung und Eigenverwaltungswürdigkeit
Obgleich es in der Gesetzesbegründung heißt, dass die mit der Eigenver- 56 waltung voraussichtlich verbundenen Kosten dargelegt werden müssen (BT-Drucks. 19/24181, S. 205), setzt § 270a Abs. 1 Nr. 5 InsO darüber hinaus weder die konkrete Darlegung der zu erwartenden Kosten in absoluten Zahlen noch einen konkreten Quotenvergleich voraus. Zunächst heißt es in der Gesetzesbegründung ebenfalls, dass lediglich eine Darlegung „zu den Kostenimplikationen der Eigenverwaltung im Vergleich zum Regelverfahren erfolgen“ muss (BT-Drucks. 19/24181, S. 202). Darüber hinaus ist im Zeitpunkt der Antragstellung regelmäßig noch nicht ansatzweise abschätzbar, wie sich das Verfahren entwickelt. Daher kann weder zu sonstigen, mit der Eigenverwaltung etwaig verbundenen Quotenvorteilen für die Gläubiger, die im Rahmen der Kostenimplikation gleichfalls berücksichtigt werden dürfen (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 205), noch vor allem zu der zugrunde zu legenden Berechnungsmasse für die Sachwalter- und – soweit nach dem Mandatsvertrag auch für deren Vergütung relevant – die Eigenverwaltervergütung sowie etwaig zu verwirklichenden Zuschlagstatbeständen nach oder entsprechend § 3 InsVV eine seriöse Einschätzung abgegeben werden. Die Darstellung etwaiger Mehr- oder Minderkosten ist daher systematisch 57 darauf beschränkt, die Kostenimplikationen strukturell darzustellen und darzulegen, ob systemisch-strukturell mit erheblichen Mehrkosten zu rechnen ist (ebenso bereits richtig AG Hamburg, ZIP 2019, 978). Zu diesem Zweck hat der die Eigenverwaltung beantragende Schuldner ins- 58 besondere die im Zusammenhang mit der Sicherstellung seiner insolvenzrechtlichen Expertise (Rn. 41) getroffenen Mandats- und Honorarvereinbarungen offenzulegen und strukturell zu erläutern, auf welchem Vergütungskonzept die Beauftragung basiert. Soll die Vergütung zeitabhängig gezahlt werden, so sollte jedenfalls eine Aufwandsschätzung vorgenommen werden, die darstellt mit welcher Teamgröße, welchen Qualifikationen und dafür zugrunde gelegten Stundenverrechnungs- oder Tagessätzen und welchem erwarteten Zeitaufwand zu rechnen ist. Dass insbesondere der Zeitaufwand dabei nicht sicher vorher gesehen werden kann, ist naheliegend; aus diesem Grund sollte regelmäßig davon ausgegangen werden, dass jedenfalls in den ersten drei Monaten des Insolvenzeröffnungsverfahrens – je nach Unternehmensgröße – bei den wesentlichen Kompetenzträgern von einer jedenfalls halbtägigen, wenn nicht ganztägigen Tätigkeit je Werktag (Montag bis Samstag) auszugehen ist. Daneben haben sich in der Praxis Sachnähere und daher richtigere Vergütungs- 59 modelle etabliert, die an der InsVV orientiert sind und wesentliche Mehrbelastungen System systemisch-strukturell verhindern (vgl. dazu nochmals AG Hamburg, ZIP 2019, 978). Hat der Schuldner die insolvenzrechtliche Expertise auf Grundlage einer an der InsVV orientierten Mandatsvereinbarung sichergestellt und folgt diese Vereinbarung am Markt üblichen Gepflogenheiten, die wesentliche Mehrbelastungen strukturell ausschließen, so genügt der Schuldner mit der Offenlegung dieser Vereinbarung der Verpflichtung aus § 270a Abs. 1 Nr. 5 InsO uneingeschränkt. Zugleich stellt der Schuldner damit 765
§§ 270, 270a InsO – Grundsatz; Antrag, Eigenverwaltungsplanung
sicher, dass wegen der Kostenfrage die vorläufige Eigenverwaltung nicht nach § 270b Abs. 2 InsO zur Ermessensfrage wird, sondern es bei der gebundenen Entscheidung nach § 270b Abs. 1 InsO verbleibt (vgl. § 270b InsO Rn. 43 ff.), weil das Entstehen wesentlicher Mehrkosten strukturell ausgeschlossen ist. Von einer wesentlichen Kostenüberschreitung wäre im Übrigen auszugehen, wenn die Mehrkosten sich auf mindestens 30 % belaufen (AG Freiburg, ZinsO 2015, 1167). c) Eigenverwaltungswürdigkeit (§ 270a Abs. 2 InsO) 60 Mit § 270a Abs. 2 InsO hat der Gesetzgeber im Interesse der weiteren Professionalisierung der Eigenverwaltung und der sachgerechten Beschränkung des Zugangs (vgl. ESUG-Evaluationsbericht, S. 79) eine der Stabilisierungswürdigkeit nach § 51 Abs. 2 StaRUG (vgl. §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 78 ff.) vergleichbare Voraussetzung der Eigenverwaltungswürdigkeit geschaffen. 61 Die in § 270a Abs. 2 InsO genannten Voraussetzungen der Eigenverwaltungswürdigkeit korrespondieren mit den Tatbestandsmerkmalen des § 270b Abs. 2 InsO, unter denen die vorläufige Eigenverwaltung nur in Betracht kommt, wenn zur Überzeugung des Gerichts zu erwarten ist, dass der Schuldner trotz des Vorliegens dieser Umstände bereit und in der Lage ist, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubiger auszurichten (vgl. § 270b InsO Rn. 35 ff., 50 ff.). Aus dem gebundenen Zugang zur vorläufigen Eigenverwaltung wird in diesem Fall eine Ermessensentscheidung des Gerichts. Für den Schuldner ist im Interesse der Planbarkeit und der Vorhersehbarkeit des Verfahrens die Darlegung der Eigenverwaltungswürdigkeit nach § 270a Abs. 2 InsO daher von besonderer Bedeutung. 62 Bei der Darlegung der hierfür erforderlichen Umstände handelt es sich jedoch um rein tatsächliche Merkmale, hinsichtlich derer dem Schuldner keinerlei Darstellungs- oder Gestaltungsspielraum zusteht. Auf die Gründe für das Vorliegen einer der dort genannten Tatsachen kommt es erst im Rahmen der Ermessensausübung durch das Gericht gemäß § 270b Abs. 2 InsO an (vgl. dort Rn. 53). Diese sollten deshalb zwar vom Schuldner ebenfalls dargestellt werden, dürfen aber nicht den Aussagegehalt der mitzuteilenden Umstände relativieren oder zu verschleiern versuchen. Die Angaben nach § 270a Abs. 2 InsO sollten darstellerisch und gestalterisch deutlich hervorgehoben und für das Gericht klar abgegrenzt und erkennbar hervorgehoben werden, da es sich um einen Teil der verfahrensrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen handelt. 63 Der Schuldner hat daher, gleich ob im Rahmen einer Anlage zum Antrag oder im Antrag selbst, klar und unmissverständlich darzustellen, x
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ob, in welchem Umfang und gegenüber welchen Gläubigern er sich mit der Erfüllung von Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen, Pensionszusagen oder dem Steuerschuldverhältnis, gegenüber Sozialversicherungsträgern oder Lieferanten in Verzug befindet (Abs. 2 Nr. 1),
3. Eigenverwaltungsplanung und Eigenverwaltungswürdigkeit
x
ob und in welchen Verfahren zu seinen Gunsten innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Antrag Vollstreckungs- oder Verwertungssperren nach diesem Gesetz oder nach dem StaRUG angeordnet wurden und
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ob er für die letzten drei Geschäftsjahre seinen Offenlegungspflichten, insbesondere nach den §§ 324 – 328 oder 339 des Handelsgesetzbuchs, nachgekommen ist.
Auch für die Eigenverwaltung greift der Gesetzgeber daher den Grundsatz 64 „Eine Krise – ein Verfahren“ (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 106; vgl. auch Hölzle/ Curtze, ZIP 2021, 1293) auf. Daneben kommt es darauf an, dass der Schuldner insbesondere solchen Verpflichtung nachgekommen ist, die in besonderer Weise erkennen lassen, inwieweit er gewillt ist, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubiger auszurichten. Dies steht prima facie in Zweifel (BT-Drucks. 19/24181, S. 205), wenn er insbesondere solche Beträge nicht zahlt, die dem Gemeinwesen zuzuordnen sind oder gar einer quasi-treuhänderischen Bindung unterliegen, wie Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung, einbehaltene Lohn- oder abzuführende Umsatzsteuer. Auch die Verletzung der handelsrechtlichen Offenlegungspflichten, die maßgeblich im Gläubigerinteresse bestehen, kehrt die Darlegungslast um. Aus der jeweiligen Formulierung, die mit dem Wort „ob“ beginnt, folgt, dass 65 der Schuldner auch dann verpflichtet ist, entsprechende Angaben zu machen, wenn die genannten Umstände nicht vorliegen, also im Rahmen des Antrages auch das „Negativattest“ geschuldet ist.
§ 270b InsO – Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung § 270b Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung (1) 1Das Gericht bestellt einen vorläufigen Sachwalter, auf den die §§ 274 und 275 anzuwenden sind (vorläufige Eigenverwaltung), wenn 1. die Eigenverwaltungsplanung des Schuldners vollständig und schlüssig ist und 2. keine Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass die Eigenverwaltungsplanung in wesentlichen Punkten auf unzutreffenden Tatsachen beruht. 2
Weist die Eigenverwaltungsplanung behebbare Mängel auf, kann das Gericht die vorläufige Eigenverwaltung einstweilen anordnen; in diesem Fall setzt es dem Schuldner eine Frist zur Nachbesserung, die 20 Tage nicht übersteigt. (2) Sind nach dem gemäß § 270a Absatz 1 Nummer 1 übermittelten Finanzplan die Kosten der Eigenverwaltung und der Fortführung des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs nicht gedeckt, übersteigen die nach § 270a Absatz 1 Nummer 5 ausgewiesenen voraussichtlichen Kosten der Eigenverwaltung in wesentlicher Weise die voraussichtlichen Kosten des Regelverfahrens oder sind Umstände bekannt, aus denen sich ergibt, dass 767
§ 270b InsO – Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung
1. Zahlungsrückstände gegenüber Arbeitnehmern oder erhebliche Zahlungsrückstände gegenüber den weiteren in § 270a Absatz 2 Nummer 1 genannten Gläubigern bestehen, 2. zugunsten des Schuldners in den letzten drei Jahren vor der Stellung des Antrags Vollstreckungs- oder Verwertungssperren nach diesem Gesetz oder nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz angeordnet worden sind oder 3. der Schuldner in einem der letzten drei Jahre vor der Antragstellung gegen die Offenlegungsverpflichtungen, insbesondere nach den §§ 325 bis 328 oder 339 des Handelsgesetzbuchs verstoßen hat, erfolgt die Bestellung des vorläufigen Sachwalters nur, wenn trotz dieser Umstände zu erwarten ist, dass der Schuldner bereit und in der Lage ist, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubiger auszurichten. (3) 1Einem vorläufigen Gläubigerausschuss ist vor Erlass der Entscheidung nach Absatz 2 Gelegenheit zur Äußerung zu geben. 2Ohne Äußerung des Gläubigerausschusses darf eine Entscheidung nur ergehen, wenn seit der Antragstellung zwei Werktage vergangen sind oder wenn offensichtlich mit nachteiligen Veränderungen der Vermögenslage des Schuldners zu rechnen ist, die sich nicht anders als durch Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters abwenden lassen. 3An einen die vorläufige Eigenverwaltung unterstützenden einstimmigen Beschluss des vorläufigen Gläubigerausschusses ist das Gericht gebunden. 4Stimmt der vorläufige Gläubigerausschuss einstimmig gegen die vorläufige Eigenverwaltung, unterbleibt die Anordnung. (4) 1Bestellt das Gericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter, sind die Gründe hierfür schriftlich darzulegen. 2§ 27 Absatz 2 Nummer 4 gilt entsprechend. Übersicht 1.
2.
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Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG ...................................... 1 Gebundener Zugang zur vorläufigen Eigenverwaltung (§ 270b Abs. 1 InsO) ................................... 5 a) Objektive Antrags- und Anordnungsvoraussetzungen ...... 5 b) Vollständige und schlüssige Eigenverwaltungsplanung (Nr. 1) .................................... 12 c) Nicht in wesentlichen Punkten unrichtig (Nr. 2) ............. 16 d) Nachbesserungsfrist und einstweilige vorläufige Eigenverwaltung (Abs. 1 Satz 2) ... 23
3.
Ermessensgebundener Zugang zur vorläufigen Eigenverwaltung (§ 270b Abs. 2 InsO) ................... 30 a) Ermessensabhängiger Zugang zur vorläufigen Eigenverwaltung ........................................ 30 b) Drohende Masseunzulänglichkeit oder Mehrkosten (§ 270b Abs. 2 Alt. 1 InsO) ... 35 aa) Drohende Masseunzulänglichkeit .................... 36 bb) Verfahrenskosten .......... 43 c) Widerlegung indizierter Eigenverwaltungsunwürdigkeit (§ 270b Abs. 2 2. Alt. (Nr. 1 – 3) InsO) .................. 50
1. Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG
4.
d) Keine analoge oder extensive Anwendung des § 270b Abs. 2 InsO auf andere Fälle (insbesondere § 270e InsO) ........... 58 Anhörung des Gläubigerausschusses (§ 270b Abs. 3 InsO) .... 62 a) Bindungswirkung eines einstimmigen Votums ................ 62 b) Pflicht zur Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses ................................ 67
5.
c) (Erweiterter) Gegenstand der Anhörung ........................ 73 d) Keine Anhörungspflicht bei Besorgung erheblicher Vermögensnachteile .................... 78 Begründungspflicht bei ablehnender Entscheidung und Abweichung von einem Vorschlag zur Person des Verwalters (§ 270b Abs. 4 InsO) ................................ 86
1. Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG § 270b Abs. 1 InsO enthält die Klammerdefinition der vorläufigen Eigenver- 1 waltung. Danach besteht diese – wie bisher – darin, dass das Gericht einen vorläufigen Sachwalter bestellt, auf den die §§ 274, 275 InsO anzuwenden sind. Anders als die amtliche Überschrift vermuten lässt, wird die vorläufige Eigenverwaltung daher rechtsdogmatisch nicht angeordnet, sondern besteht in dem Ausschluss der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters als Sicherungsmaßnahme gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO. Insoweit enthält die Neufassung durch das SanInsFoG gegenüber der Fassung des ESUG noch keine Neuerungen. § 270b InsO trägt sodann zweierlei Umständen Rechnung: Zum einen soll 2 der Schuldner, ist er im Sinne des § 270a Abs. 2 InsO typisiert eigenverwaltungswürdig und hat er eine nach § 270a Abs. 1 InsO vollständige, schlüssige und nicht auf unzutreffenden Tatsachen beruhende Eigenverwaltungsplanung seinem Antrag beigefügt, sicheren Zugang zum Eigenverwaltungsverfahren erlangen. In diesem Fall ist der Zugang zur vorläufigen Eigenverwaltung, anders als nach § 270 Abs. 2 InsO a. F. (i. d. F. des ESUG) nicht länger von der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs des „Nachteils“ abhängig, sondern erfolgt ermessensunabhängig durch gebundene Bestellung eines vorläufigen Sachwalters. Zum anderen soll, liegen typisiert Umstände vor, die nicht ohne Weiteres er- 3 warten lassen, dass der Schuldner bereit oder in der Lage ist, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubiger auszurichten, der Zugang zur Eigenverwaltung zwar nicht per se ausgeschlossen, das Gericht aber gehalten sein, unter Ermittlung sämtlicher relevanten Umstände eine Gesamtwürdigung des Sachverhalts vorzunehmen (BT-Drucks. 19/24181, S. 204 f.) und nur auf dieser Grundlage den Zugang zur Eigenverwaltung gewähren, wenn dennoch zu erwarten ist, dass die Interessen der Gläubiger gewahrt werden. In Fällen prima facie in Frage stehender Eigenverwaltungswürdigkeit kehrt sich daher die Darlegungslast um und der Zugang zur Eigenverwaltung ist nicht länger gebunden, sondern als Ermessensentscheidung ausgestaltet.
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§ 270b InsO – Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung
4 Unverändert ist der vorläufige Gläubigerausschuss vor einer Entscheidung anzuhören. Neu ist allerdings, dass die Entscheidung des Gerichts nur ergehen darf, wenn seit der Anhörung zwei Werktage vergangen sind, oder wenn offensichtlich mit nachteiligen Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners zu rechnen ist, die sich nicht anders als durch Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters abwenden lässt. Auch der Maßstab für die Verpflichtung des Gerichts zur Einbindung des vorläufigen Gläubigerausschusses ist daher strenger geworden, weil die Anwendbarkeit des insoweit fortbestehenden Nachteilsbegriffs noch einmal deutlich eingeschränkt wurde. 2. Gebundener Zugang zur vorläufigen Eigenverwaltung (§ 270b Abs. 1 InsO) a) Objektive Antrags- und Anordnungsvoraussetzungen 5 § 270b InsO unterscheidet zwischen objektiven und subjektiven Anordnungsvoraussetzungen, wobei § 270b Abs. 1 InsO mit den objektiven Antragsvoraussetzungen des § 270a Abs. 1 InsO und § 270b Abs. 2 InsO mit den subjektiven Antragsvoraussetzungen des § 270a Abs. 2 InsO korrespondiert. 6 Liegen die objektiven Antragsvoraussetzungen des § 270a Abs. 1 InsO vor, hat der Schuldner also eine vollständige und schlüssige (§ 270b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO) Eigenverwaltungsplanung vorgelegt, die nicht in wesentlichen Punkten auf unzutreffenden Tatsachen beruht (§ 270b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO), so hat das Gericht – mit den Worten der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/24181, S. 205) – die vorläufige Eigenverwaltung anzuordnen. Ein Beurteilungsspielraum steht dem Gericht nicht zu. Der Zugang zur Eigenverwaltung ist für den Schuldner in diesem Fall rechtssicher – und damit unter Erreichung des gesetzgeberischen Motivs vorhersehbar – ausgestaltet. 7 Rechtsdogmatisch beinhaltet die „Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung“ nach § 270b Abs. 1 InsO einen Anwendungsausschluss in Bezug auf § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO einerseits, und die Ermächtigungsgrundlage für die Bestellung eines vorläufigen Sachwalters andererseits, dessen Rechtsstellung sich grundsätzlich an derjenigen des Sachwalters (§§ 274, 275 InsO) orientiert, allerdings um besondere Aufgaben nach § 270c InsO ergänzt werden kann. 8 Die bisher streitige Frage, ob das Gericht berechtigt war, zur Feststellung einer etwaigen Nachteilhaftigkeit der Eigenverwaltung i. S. d. § 270 Abs. 2 InsO a. F. (i. d. F. des ESUG; vgl. dazu ablehnend die Vorauflage, §§ 270, 270a Rn. 71), und heute berechtigt ist, zur Aufklärung des Sachverhalts in Bezug auf das Vorliegen der objektiven Anordnungsvoraussetzungen nach § 270b Abs. 1 InsO, einen Sachverständigen zu bestellen, hat der Gesetzgeber klar im Sinne der hier schon in der Vorauflage vertretenen Auffassung beantwortet: Ohne die positive Kenntnis, also das Bestehen präsenten Wissens in Bezug auf die in § 270b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 InsO genannten Umstände, insbesondere also das Beruhen der Eigenverwaltungsplanung in wesentlichen Punkten auf unzutreffenden Tatsachen darf das Gericht den Zugang zur Eigenverwaltung nicht 770
2. Gebundener Zugang zur vorläufigen Eigenverwaltung
versagen oder auch nur mit dem Ziel der vorherigen Bestellung eines Sachverständigen zurückstellen (BT-Drucks. 19/24181, S. 205). Der Amtsermittlungsgrundsatz gilt insoweit nicht. Die Ermächtigungsgrundlage zur Bestellung des vorläufigen Sachwalters bein- 9 haltet vor dem Hintergrund des Verbots, zunächst (nur) einen Sachverständigen zu bestellen daher auch ein Anordnungsgebot gegenüber dem Gericht. Dem Gericht steht damit nicht nur wegen des Ausschlusses der Anwendbarkeit des § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO kein Auswahl-, sondern auch kein Entschließungsermessen zu. Der vorläufige Sachwalter ist zu bestellen. Dies schließt allerdings nicht aus, dass der vorläufige Sachwalter zugleich als 10 Sachverständiger gemäß § 5 InsO beauftragt wird, zu den ansonsten erforderlichen Umständen (Vorliegen des Insolvenzgrundes, Deckung der Verfahrenskosten) Ermittlungen anzustellen und Stellung zu nehmen. Eingeschränkt wird der Anspruch des Schuldners auf gebundenen Zugang 11 zur Eigenverwaltung nach § 270b Abs. 1 InsO allein durch die Pflicht des Gerichts, einen eingesetzten oder nach § 22a InsO noch einzusetzenden vorläufigen Gläubigerausschuss vor Erlass der Entscheidung anzuhören, wobei dessen einstimmiges Votum für das Gericht bindend ist (Rn. 63). Dies auch, insoweit geht § 270b Abs. 3 InsO über die Vorgängernorm in § 270 Abs. 2 InsO a. F. (i. d. F. des ESUG) hinaus, im Falle der einstimmigen Ablehnung der Eigenverwaltung durch den vorläufigen Gläubigerausschuss. b) Vollständige und schlüssige Eigenverwaltungsplanung (Nr. 1) § 270b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO verlangt als Anordnungsvoraussetzung eine 12 vollständige und schlüssige Eigenverwaltungsplanung. Er differenziert damit nach einer Zulässigkeits- und einer Begründetheitsprüfung. Die Vollständigkeit bezieht sich auf die nach § 270a Abs. 1 Nr. 1 – 5 InsO vorge- 13 gebenen Pflichtinhalte der Eigenverwaltungsplanung, weshalb der Antrag Angaben zu diesen auch insoweit enthalten muss, wie die betreffenden Umstände nicht vorliegen („Negativattest“, vgl. bereits §§ 270, 270a InsO Rn. 22). Die Eigenverwaltungsplanung muss daher jeden in § 270a Abs. 1 InsO genannten Pflichtbestandteil aufgreifen und hierzu überhaupt Angaben enthalten. Ist die Eigenverwaltungsplanung unvollständig, fehlen also Angaben zu einzelnen Pflichtbestandteilen im Sinne des § 270a Abs. 1 Nr. 1 – 5 InsO gänzlich, so ist der Antrag bereits unzulässig, weil es sich bei der Vollständigkeit um ein formelles Antragserfordernis handelt. Die inhaltliche Prüfung der Eigenverwaltungsplanung erfolgt auf Ebene der 14 Schlüssigkeit, die Merkmal der Begründetheitsprüfung ist. Dies bedeutet aber nicht, dass das Gericht gehalten oder auch nur berechtigt wäre, die Eigenverwaltungsplanung im Sinne einer Anordnungsvoraussetzung auch einer inhaltlichen Prüfung zu unterziehen. Das Merkmal der „Schlüssigkeit“ wird nämlich durch die eingeschränkte Prüfungskompetenz des Gerichts gemäß § 270b
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§ 270b InsO – Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO relativiert. Schlüssig ist die Eigenverwaltungsplanung in Abgrenzung von der Prüfung der negativen Anordnungsvoraussetzung des § 270b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO daher bereits dann, wenn sie nicht nur in Erfüllung der formellen Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 270b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO jeden Pflichtbestandteil der Planung im Sinne des § 270a Abs. 1 Nr. 1 – 5 InsO benennt, sondern sich zu jedem dieser Pflichtbestandteile auch inhaltlich und in sich nicht widersprüchlich tatsächlich verhält, die Planung also überhaupt einen einer Plausibilitätsprüfung zugänglichen Inhalt hat. Dies ist bereits der Fall, wenn die zur Plausibilisierung der Pflichtangaben prima vista erforderlichen Unterlagen entweder bereits Bestandteil derselben sind oder sich jedenfalls aus ihr ergeben und von einem sachkundigen Dritten identifiziert und ohne Weiteres angefordert werden können, also z. B. der Finanzplan (§ 270a Abs. 1 Nr. 1 InsO) nicht allein in der nicht prüfbaren Zusammenstellung von Zahlen besteht, sondern auch die zugrundeliegenden Planungsprämissen erläutert und, soweit auf Vergangenheitswerte rekurriert wird, die Quelle (insbesondere frühere Jahresabschlüsse) angegeben und zur Vorlage bereitgehalten werden (vgl. dazu bereits §§ 270, 270a InsO Rn. 26 ff.). 15 Auch die Schlüssigkeitsprüfung ist daher vorrangig eine inhaltlich-formale Prüfung, weil der Schuldner mit der Vorlage einer plausibilisierungsfähigen Eigenverwaltungsplanung den Anforderungen an die Schlüssigkeitsprüfung bereits genügt. Die Sachprüfung, nämlich die Plausibilisierung selbst, ist im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung nach § 270b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO durch das Gericht weder geboten, noch überhaupt zulässig. c) Nicht in wesentlichen Punkten unrichtig (Nr. 2) 16 Auch § 270b Abs. 1 Satz Nr. 2 InsO gestattet dem Gericht keine über die Schlüssigkeitsprüfung nach Nr. 1 (Rn. 14) hinausgehende Plausibilisierung der Eigenverwaltungsplanung des Schuldners. Die Einschränkung des gebundenen Zugangs zur (vorläufigen) Eigenverwaltung soll vielmehr lediglich verhindern, dass das Gericht gehalten ist, sehenden Auges den Zugang zu einer vom Schuldner nicht zu beanspruchenden, weil auf einer in wesentlichen Punkten unrichtigen Planung beruhenden vorläufigen Eigenverwaltung zu gewähren (vgl. den in diesem Sinne identischen und von denselben Erwägungen getragenen Tatbestand des § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 StaRUG, dazu §§ 49 – 51, 54, 56 StaRUG Rn. 70). 17 Dies bringt das Gesetz mit der Formulierung zum Ausdruck, dass die betreffenden Umstände, welche die Unrichtigkeit der Planung in wesentlichen Punkten berühren, dem Gericht bekannt sein müssen. Es muss daher offenkundig (BT-Drucks. 19/24181, S. 205) sein, dass die vorgelegte Eigenverwaltungsplanung nicht von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgeht. Offenkundigkeit ist hierbei im Sinne des § 291 ZPO zu verstehen, bezieht sich daher, wie auch im Wortlaut der Norm zum Ausdruck kommt, nur auf Tatsachen (vgl. z. B. Huber, in Musielak/Voit, ZPO, § 291 Rn. 1 f.), die entweder allgemein aus zuverlässigen Quellen bekannt oder wahrnehmbar oder dem Gericht 772
2. Gebundener Zugang zur vorläufigen Eigenverwaltung
bzw. dem erkennenden Richter aus dienstlicher, nicht privater Wahrnehmung bekannt sind. Rechts- oder Erfahrungssätze können nicht offenkundig sein, weshalb eine Eigenverwaltungsplanung im Sinne des § 270b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO nicht aufgrund von Erfahrungssätzen und (auch überwiegenden) Wahrscheinlichkeiten zurückgewiesen werden darf. Hier unterscheidet sich § 270b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO z. B. von § 231 Abs. 1 Nr. 2 InsO, wonach ein Insolvenzplan zurückgewiesen werden kann, wenn er offensichtlich keine Aussicht auf Annahme durch die Beteiligten hat. Die Ablehnung einer (vorläufigen) Eigenverwaltung demgegenüber kann die zwar auf zutreffenden Tatsachen beruhende, aber aufgrund von Erfahrungswerten überwiegend wahrscheinlich nicht umsetzbare Eigenverwaltungsplanung nicht rechtfertigen. Die Plausibilitätsprüfung der Eigenverwaltungsplanung nämlich ist, wie sich 18 aus der gesetzlichen Systematik ergibt, nicht dem Gericht im Rahmen der Zulassung der vorläufigen Eigenverwaltung, sondern der gesonderten Prüfung durch den vorläufigen Sachwalter überantwortet (BT-Drucks. 19/24181, S. 205). Aus § 270c Abs. 1 Nr. 1 InsO ergibt sich nämlich, dass die Plausibilisierung der Planung und die Prüfung, ob diese tatsächlich von zutreffenden Gegebenheiten ausgeht, dem vorläufigen Sachwalter zur Prüfung zu übertragen ist. Dies aber setzt die Bestellung des vorläufigen Sachwalters voraus, die damit der Sachprüfung und Plausibilisierung vorgreiflich ist. Daraus folgt, dass jede Form der weiteren Untersuchung der tatsächlichen 19 Gegebenheiten im Rahmen der Zulassungsprüfung nach § 270b Abs. 1 InsO unzulässig ist. Genügen die bekannten Tatsachen nicht zur Überzeugungsbildung des Gerichts, so ist von der Anordnung einer vorläufigen Insolvenzverwaltung abzusehen und ein vorläufiger Sachwalter zu bestellen. Kenntnis in diesem Sinne kann das Gericht – wohl eher im Ausnahmefall – 20 durch Angaben des Schuldners selbst, insbesondere aber durch Eingaben von Gläubigern erhalten. Wie bereits in der Vergangenheit üblich, können Gläubiger daher nach wie vor versuchen, die Anordnung einer Eigenverwaltung durch die Hinterlegung einer Schutzschrift bei Gericht zu verhindern (zur allgemeinen Zulässigkeit von Schutzschriften im Insolvenzeröffnungsverfahren vgl. § 22a InsO Rn. 19). Allerdings ist ein Vortrag zu etwaigen Nachteilen künftig unbeachtlich (vgl. Rn. 50 ff., 60 f.), weil sich allein Umstände im Sinne des § 270b InsO auswirken können und die Schutzschrift des Gläubigers sich daher konkret hierzu verhalten muss. Zudem muss sich die Kenntnis des Gerichts auf in wesentlichen Punkten un- 21 richtige Tatsachen beziehen. Dadurch wird ausgeschlossen, dass kleinere Ungenauigkeiten oder unterschiedliche Auffassungen über den erforderlichen Detaillierungsgrad als Einfallsschranke für die Zurückweisung des Eigenverwaltungsantrages des Schuldners verwendet – oder gar missbraucht – werden. In wesentlichen Punkten unrichtig ist die Eigenverwaltungsplanung daher nur dann, wenn Umstände betroffen sind, die sich, wären sie zutreffend dargestellt, auf die Anordnung oder Aufrechterhaltung der Eigenverwaltung poten-
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§ 270b InsO – Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung
ziell auswirken können. Vornehmlich ist für die Beurteilung der Wesentlichkeit daher auf die Aufhebungsgründe des § 270e Abs. 1 Nr. 1, 3 InsO abzustellen. Ist die Subsumtion unter einen der dortigen Tatbestände unter Berücksichtigung der zutreffenden Umstände objektiv nicht absolut fernliegend, handelt es sich um einen wesentlichen Umstand im Sinne des § 270b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO. Die tatsächliche Erfüllung eines die Aufhebung der vorläufigen Eigenverwaltung rechtfertigenden Tatbestandes ist demgegenüber nicht erforderlich, da es nicht der Beurteilungsprärogative des Schuldners obliegt, die Tatbestandserfüllung vorwegzunehmen und die Darstellung des Sachverhalts auf Grundlage einer eigenen rechtlichen Würdigung zu selektieren. 22 Auf die Gründe, weshalb die Eigenverwaltungsplanung auf in wesentlichen Punkten unrichtigen Tatsachen beruht, kommt es nicht an. Es ist also unerheblich, ob den Schuldner hieran ein Verschulden trifft. Da es sich um ein objektives Tatbestandsmerkmal handelt, ist das Gericht nicht gehalten, die Fehlerursachen zu ermitteln. Diese können allerdings bei der ermessensgerechten Beurteilung, ob eine Nachbesserungsfrist nach § 270b Abs. 1 Satz 2 InsO gesetzt werden kann und soll, berücksichtigungsfähig sein. d) Nachbesserungsfrist und einstweilige vorläufige Eigenverwaltung (Abs. 1 Satz 2) 23 Genügt die Eigenverwaltungsplanung nicht den Anforderungen an die Vollständigkeit oder Schlüssigkeit, weist sie also objektive Mängel auf, so begründet der Antrag nach § 270f Abs. 1 InsO keinen Anspruch des Schuldners auf Zugang zu der (vorläufigen) Eigenverwaltung nach § 270b Abs. 1 Satz 1 InsO (vgl. Rn. 6). 24 Umgekehrt ist das Gericht in diesem Fall allerdings auch nicht verpflichtet, den Antrag zurückzuweisen. Vielmehr eröffnet § 270b Abs. 1 Satz 2 InsO dem Gericht einen Ermessensspielraum, ob es die Mängel der Eigenverwaltungsplanung für so erheblich hält, dass sie den Zugang zur Eigenverwaltung ausschließen, oder ob es sich um voraussichtlich kurzfristig behebbare Mängel handelt, die der Eignung des Schuldners, das Verfahren in Eigenverwaltung zu führen, ex ante nicht entgegenstehen. Das Gesetz will dem Schuldner auf diese Weise die Möglichkeit zur Nachbesserung der Eigenverwaltungsplanung geben (BT-Drucks. 19/24181, S. 205). 25 Da der Gesetzgeber mit der Verpflichtung zur Vorlage einer Eigenverwaltungsplanung den Zugang zur Eigenverwaltung aber gerade auf gut vorbereitete Verfahren beschränken wollte, Mängel der Planung daher eigentlich ausgeschlossen sein sollten, dürfte die Notwendigkeit zur Nachbesserung und damit die Öffnung der Nachbesserungsfrist nur im Ausnahmefall in Betracht kommen, z. B. wenn der Schuldner selbst die kurzfristige Nachreichung von Unterlagen zur Ergänzung (nicht zur erstmaligen Erfüllung) der Pflichtbestandteile der Eigenverwaltungsplanung ankündigt. Insoweit kann § 270b Abs. 1 Satz 2 InsO als Brückenschlag zwischen den widerstreitenden Obliegenheiten
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2. Gebundener Zugang zur vorläufigen Eigenverwaltung
des Schuldners, einerseits die Eigenverwaltung sachgerecht vorbereiten und die hierfür erforderliche Dokumentation aufbereiten, andererseits die etwaig bereits eingetretene Insolvenzantragspflicht aus § 15a InsO unverzüglich erfüllen zu müssen, verstanden werden. Der Schuldner wird so davor bewahrt, eine in der Sache gerechtfertigte Eigenverwaltung der Angst vor einer etwaig nicht mehr „unverzüglichen“ und damit haftungsbewährten Antragstellung opfern zu müssen. Maßgeblich für die Ermessensausübung ist allerdings, da der Schuldner den 26 rechtssicheren Zugang zur (vorläufigen) Eigenverwaltung für sich gerade nicht eröffnet hat, allein die Beurteilung anhand des (Gesamt-)Gläubigerinteresses. Das Eigeninteresse des Schuldners daran, das Verfahren in Eigenverwaltung zu führen, tritt hierhinter zurück. Im Rahmen der Ausübung des sachgerechten Ermessens durch das Gericht, ob eine Nachbesserungsfrist zu gewähren ist, sind daher vorrangig die folgenden Umstände zu berücksichtigen: (1) Stellung des Insolvenzantrages aufgrund einer bereits eingetretenen Antragspflicht (§ 15a InsO) oder lediglich aufgrund eines Antragsrechts, wobei in diesem Fall der Würdigung der Gründe für den konkreten Antragszeitpunkt vor pflichtgemäßer Erstellung der Eigenverwaltungsplanung besondere Bedeutung zukommt. (2) Erheblichkeit der Mängel insbesondere in Bezug auf Umfang und Reichweite, die eine kurzfristige Behebung innerhalb der hierfür zur Verfügung stehenden Zeit überhaupt möglich erscheinen lassen. (3) Ungefragte Offenbarung der noch mangelbehafteten Eigenverwaltungsplanung durch den Schuldner deutlich hervorgehoben bereits im Antrag selbst anstelle des Vertrauens darauf, das Gericht werde nicht so genau hinsehen und den Mangel ggf. nicht bemerken oder rügen. (4) Ursächlichkeit des Mangels unter besonderer Berücksichtigung am Maßstab der daraus abzuleitenden Fähigkeit und der vermeintlichen Bereitschaft des Schuldners, das Verfahren im Interesse der Gläubiger zu führen. (5) Potenzieller Einfluss und Auswirkungen des Mangels auf die Verfahrensführung und das Gläubigerinteresse bis zu seiner Behebung. Kommt das Gericht zu dem Abwägungsergebnis, dass auch in Ansehung der 27 Mängel die einstweilige Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung mit dem Gläubigerinteresse vereinbar ist, so kann es die vorläufige Eigenverwaltung einstweilen anordnen und dem Schuldner eine Frist von längstens 20 Tagen setzen, die Mängel zu beheben. Die Dauer der innerhalb dieses Höchstrahmens konkret zu setzenden Frist liegt im Ermessen des Gerichts insbesondere unter Berücksichtigung der Ermessenserwägung zu vorstehend (2). In dem Beschluss sollte, da die vorläufige Eigenverwaltung ermessensunab- 28 hängig nach § 270e Abs. 1 Nr. 2 InsO aufzuheben ist, behebt der Schuldner die Mängel nicht innerhalb der Frist, aus Gründen der Transparenz und der
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§ 270b InsO – Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung
Vorhersehbarkeit für die Gläubiger ausdrücklich auf die nur einstweilige Anordnung und auf die Rechtsfolge der Aufhebung der Eigenverwaltung bei Fristversäumnis hingewiesen und die Bestellung des vorläufigen Sachwalters im Beschluss deshalb auch als bislang nur „einstweilige Bestellung“ bezeichnet werden. 29 Ebenfalls wegen der ermessensunabhängigen Verpflichtung zur Aufhebung der vorläufigen Eigenverwaltung nach § 270e Abs. 1 Nr. 2 InsO scheidet auch die Möglichkeit einer Fristverlängerung über die Höchstfrist des § 270b Abs. 1 Satz 2 InsO von 20 Tagen hinaus aus. Hat das Gericht allerdings zunächst eine kürzere Frist als 20 Tage gesetzt, so kann es – unter erneuter Ermessensausübung – bis zum Erreichen der 20-Tages-Höchstfrist eine Fristverlängerung gewähren und so einer etwaigen Dynamik im Eröffnungsverfahren Rechnung tragen. 3. Ermessensgebundener Zugang zur vorläufigen Eigenverwaltung (§ 270b Abs. 2 InsO) a) Ermessensabhängiger Zugang zur vorläufigen Eigenverwaltung 30 Während § 270b Abs. 1 InsO dem professionell vorbereiteten Verfahren des eigenverwaltungswürdigen Schuldners einen rechtssicheren, ermessenunabhängigen und damit vorhersehbaren Zugang zur vorläufigen Eigenverwaltung gewährt, kehrt sich aus diesen Anforderungen die Darlegungslast um, sind diese Voraussetzungen nicht uneingeschränkt erfüllt. § 270b Abs. 2 InsO regelt daher diejenigen Fälle, die prima facie nahelegen, dass die Durchführung des Verfahrens nicht im Interesse der Gläubiger liegen würde. In diesem Fall soll die vorläufige Eigenverwaltung nur dann angeordnet werden, wenn eine Gesamtwürdigung der Umstände ergibt, dass die Eigenverwaltung trotz des Vorliegens dieser Sachverhalte im Interesse der Gläubiger liegt (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 205). 31 Die Gesetzesbegründung bringt damit zum Ausdruck, was der Gesetzeswortlaut nicht so klar benennt: Während es im Gesetzestext heißt, dass zu erwarten sein muss, dass der Schuldner bereit und in der Lage ist, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubiger auszurichten, geht die Gesetzesbegründung mit der nötigen Feststellung, dass die Eigenverwaltung im Interesse der Gläubiger liegen muss, darüber deutlich hinaus. Der Gesetzestext ist mit Blick auf den Schuldner formuliert, die Gesetzesbegründung mit Blick auf die Gläubiger. Während aber das Schuldnerinteresse an einem rechtssicheren Zugang zum Verfahren in § 270b Abs. 1 InsO abgebildet ist, trägt § 270b Abs. 2 InsO dem Gläubigerinteresse und dem Ziel des Gesetzgebers Rechnung, in prima facie ungeeigneten Fällen den Zugang zur Eigenverwaltung aus Gründen des Gläubigerschutzes zu begrenzen. Richtigerweise ist daher § 270b Abs. 2 InsO vorrangig gläubigerorientiert und damit im Sinne der Formulierung der Gesetzesbegründung auszulegen, wonach tatsächlich festzustellen sein
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3. Ermessensgebundener Zugang zur vorläufigen Eigenverwaltung
muss, dass die Eigenverwaltung im Interesse der Gläubiger liegt. Die Feststellung eines allein voluntativen Elements auf Schuldnerseite reicht nicht aus. Mit § 270b Abs. 2 InsO kehrt der Gesetzgeber daher zu der Rechtslage zurück, 32 wie sie vor Inkrafttreten des ESUG zum 1.3.2012 gegolten hat, wonach die Eigenverwaltung nur angeordnet werden konnte, wenn sie im Interesse der Gläubiger lag. Dass sie nur lediglich nicht nachteilhaft für die Gläubiger ist, wie dies § 270 Abs. 2 InsO a. F. (i. d. F. des ESUG) verlangt hat, genügte und genügt auch nach § 270b Abs. 2 InsO nicht. Bei der Feststellung der in § 270b Abs. 2 InsO genannten Umstände ist das 33 Gericht nicht wie in Abs. 1 auf die Verwertung allein der ihm bekannten Umstände beschränkt. Vielmehr greift hier der Amtsermittlungsgrundsatz des § 5 InsO und hat das Gericht sämtliche relevanten Umstände zu ermitteln und seiner Entscheidung zugrunde zu legen (BT-Drucks. 19/24181, S. 205). Dies gilt sowohl zulasten wie auch zugunsten des Schuldners. Die Entscheidung des Gerichts muss das Ergebnis einer Gesamtabwägung aller relevanten Umstände sein, wobei der Amtsermittlungsgrundsatz allein durch die Eilbedürftigkeit des Insolvenzeröffnungsverfahrens auf ein in diesem Verfahrensstadium leistbares Maß beschränkt wird. Der Schuldner ist daher jedenfalls durch das Gericht anzuhören und ihm ist 34 Gelegenheit zu geben, zu den betreffenden Umständen Stellung zu nehmen. Die Hürde allerdings, zur freien Überzeugung des Gerichts darzulegen und nötigenfalls glaubhaft zu machen, dass trotz der in § 270b Abs. 2 InsO genannten Umstände die Eigenverwaltung im Interesse der Gläubiger liegt und nicht lediglich für diese nicht nachteilig ist, ist allerdings sehr hoch. b) Drohende Masseunzulänglichkeit oder Mehrkosten (§ 270b Abs. 2 Alt. 1 InsO) § 270b Abs. 2 InsO kennt in seiner 1. Alt. zwei Gründe, die typisiert die Be- 35 sorgnis rechtfertigen, dass die Führung des Verfahrens in Eigenverwaltung nicht im Interesse der Gläubiger liegt. aa) Drohende Masseunzulänglichkeit Zunächst fällt hierunter nach dem Wortlaut des Gesetzes die drohende Masse- 36 unzulänglichkeit des Verfahrens im Sinne des § 208 InsO, soweit sich aus dem vorgelegten Finanzplan ergibt, dass die Kosten der Eigenverwaltung und der Fortführung des Geschäftsbetriebes nicht gedeckt sind. Dieses zunächst sehr weit gefasst scheinende Tatbestandsmerkmal bedarf vor 37 dem Hintergrund der gesetzgeberischen Ratio einer Einschränkung gleich in mehrfacher Hinsicht. Zunächst darf eine Masseunzulänglichkeit, die im Finanzplan zwar abgebildet 38 ist, die allerdings durch eine im Rahmen des § 270a Abs. 1 Nr. 1 InsO berück-
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§ 270b InsO – Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung
sichtigungsfähige, wenn auch noch nicht rechtssicher begründete Finanzierungsquelle (vgl. §§ 270, 270a InsO Rn. 28 ff.) geschlossen werden soll, der Anordnung der Eigenverwaltung nicht entgegenstehen. Anderenfalls nämlich dürften nur bereits im Antragszeitpunkt für mindestens sechs Monate durchfinanzierte Eigenverwaltungen tatsächlich angeordnet werden, was nicht nur völlig praxisfern ist, sondern die Eigenverwaltung auch in die Zeit lange vor dem ESUG zurückversetzen würde. Zudem lässt sich ein solcher Wille des Gesetzgebers weder aus der Gesetzesbegründung noch aus den Ergebnissen der ESUG-Evaluation ableiten, die der Neufassung der §§ 270 ff. InsO ausdrücklich zugrunde liegt (BT-Drucks. 19/24181, S. 202). 39 Darüber hinaus muss selbstverständlich nur derjenige Teil des Geschäftsbetriebes finanziert werden können, der nach dem Eigenverwaltungskonzept tatsächlich fortgeführt werden soll. Der Finanzplan darf daher auf Grundlage des Eigenverwaltungskonzepts selbstverständlich die Schließung einzelner Geschäftsbereiche, auch durch rein faktische Einstellung der weiteren Finanzierung, vorsehen. Auch soweit dies die Masseunzulänglichkeit auslöst und die weitere Fortführung allein durch die Sicherstellung der Begleichung von Neumasseverbindlichkeiten (§ 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 InsO) gewährleistet wird, ist dies eigenverwaltungsunschädlich. Anderenfalls wäre die Inaussichtnahme eines Insolvenzplans bei Masseunzulänglichkeit nach § 210a InsO in der Eigenverwaltung stets ausgeschlossen. Das aber lässt sich dem Gesetz ebenfalls nicht entnehmen. 40 Aus letzterem Umstand folgt zudem, dass es ein allgemeines Dogma des Masseunzulänglichkeitsverbots in der Eigenverwaltung nicht gibt und sich auch mit dem Ziel, für die Eigenverwaltung ungeeigneten Unternehmen den Zugang zu versagen nicht vereinbaren lässt. Droht die Masseunzulänglichkeit des Verfahrens, treten an die Stelle der Insolvenzgläubiger die Massegläubiger, wie der Gesetzgeber des SanInsFoG nicht zuletzt mit der Klarstellung in § 210a Nr. 1 InsO (vgl. dort Rn. 3) noch einmal deutlich gemacht hat. Ist die Masseunzulänglichkeit bei Einleitung des Verfahrens nicht auszuschließen oder möglicherweise sogar absehbar, so sind zwei Fragen zu stellen: Handelt es sich um eine eigenverwaltungsspezifische Masseunzulänglichkeit, die also maßgeblich durch die mit der Eigenverwaltung ausgelösten Kosten oder deren Fälligkeitszeitpunkte ausgelöst ist? Nur wenn dies der Fall ist, handelt es sich um einen Umstand im Sinne des gesetzgeberischen Motivs, der zunächst unterstellen lässt, dass die Eigenverwaltung nicht im Interesse der Gläubiger liegt. 41 Ist der drohende Eintritt der Masseunzulänglichkeit aber unabhängig von der Verfahrensform, also nicht eigenverwaltungsspezifisch, so ist die weitere Frage zu stellen, ob Gründe erkennbar sind, welche die Annahme prima facie rechtfertigen, dass in der Eigenverwaltung schlechtere Aussichten bestehen, die Masseunzulänglichkeit zu beseitigen, oder die Massegläubiger in der Eigenverwaltung mit geringeren Quoten rechnen können. Nur dann liegt die Eigenverwaltung prima facie nicht im Interesse der Massegläubiger.
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3. Ermessensgebundener Zugang zur vorläufigen Eigenverwaltung
Beide Fälle dürften aber nur in seltenen Ausnahmen vorliegen, weshalb der 42 Tatbestandsalternative der fehlenden Deckung der Kosten der Eigenverwaltung und der Fortführung des Geschäftsbetriebes insgesamt wenig praktische Bedeutung beigemessen werden darf, soll der gesetzgeberische Zweck nicht fehl- und überinterpretiert werden. bb) Verfahrenskosten Der zweite, in § 270b Abs. 2 Alt. 1 InsO genannte Grund für den allein er- 43 messensabhängigen Zugang zur Eigenverwaltung betrifft die voraussichtlich wesentliche Überschreitung der Verfahrenskosten des Eigenverwaltungsverfahrens im Vergleich zu den Kosten eines fremdverwalteten Verfahrens. Danach soll die Eigenverwaltung nur angeordnet werden können, wenn trotz einer Überschreitung der voraussichtlichen Kosten eines fremdverwalteten Verfahrens durch die in der Eigenverwaltungsplanung nach § 270a Abs. 1 Nr. 5 InsO prognostizierten Kosten der Eigenverwaltung zu erwarten ist, dass die Eigenverwaltung im Interesse der Gläubiger liegt. Der Begriff der Kosten ist dabei zunächst nicht ausschließlich durch den an- 44 fallenden finanziellen Aufwand definiert. Dem Aufwand dürfen nämlich ausdrücklich auch sonstige erwartbare Vorteile der Eigenverwaltung, die sich nicht unmittelbar in dem Aufwand abbilden, berücksichtigt werden (BT-Drucks. 19/ 24181, S. 206). Es darf also im Rahmen einer Gesamtabwägung der zu erwartenden Vor- und Nachteile konsolidiert werden. Dies ist auch richtig und entspricht der bisherigen Rechtsprechung (vgl. in- 45 struktiv AG Hamburg, ZRI 2020, 451 [Bonita]; AG Hamburg, ZIP 2019, 978 [Senvion]). So können etwaige Mehrkosten im Sinne einer am Wirtschaftlichkeitsgebot orientierten aus der Ex-ante-Perspektive vorzunehmenden Gesamtbetrachtung des Einzelfalls ohne Weiteres kompensiert werden, wenn und soweit die Eigenverwaltung professionell vorbereitet und begründet und ein Vergütungsexzess nicht absehbar ist. Letzteres ist insbesondere dann ausgeschlossen, wenn die Bemessung der Vergütung des CIO (vgl. §§ 270, 270a InsO Rn. 41) an der InsVV ausgerichtet ist. Erst wenn unter Vornahme der Gesamtbetrachtung und nach Berücksichtigung 46 kompensierender Vorteile die voraussichtlichen Kosten der Eigenverwaltung die Kosten eines fremdverwalteten Insolvenzverfahrens, bei welchen selbstverständlich ebenfalls sämtliche vom Insolvenzverwalter typischerweise delegierten und nach § 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV delegationsfähigen oder nach § 5 Abs. 1 InsVV gesondert abrechenbaren Beratungsleistungen ebenfalls kostensteigernd zu berücksichtigen sind, um mehr als 30 % übersteigen, ist eine tatbestandliche Kostenüberschreitung „in wesentlicher Weise“ anzunehmen (AG Freiburg, NZI 2015, 605). Dies alles kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine seriöse Kosten- 47 vorausschau im Zeitpunkt der Antragstellung, die einen arithmetischen Kostenvergleich ermöglichte, regelmäßig ausgeschlossen ist. Nahezu sämtliche für die 779
§ 270b InsO – Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung
Kostenvorausschau nötigen Parameter sind, gleich welches Vergütungsmodell für den CIO zur Anwendung gelangt (vgl. dazu §§ 270, 270a InsO Rn. 57 ff.), im Zeitpunkt der Antragstellung unbekannt. Dies gilt für die maßgebliche Berechnungsmasse nach InsVV ebenso wie für mögliche Zu- und Abschlagsfaktoren nach § 3 InsVV. Auch eine verlässliche Zeitaufwandsschätzung ist regelmäßig ausgeschlossen (vgl. dazu auch §§ 80 – 83 StaRUG Rn. 31 ff.). Dasselbe gilt für die vergleichsweise heranzuziehende Vergütung des hypothetisch zu bestellenden vorläufigen und des endgültigen Insolvenzverwalters. 48 Jeder arithmetische Kostenvergleich ist daher mit dem offenkundigen Makel einer lediglich zu schaffenden Scheingenauigkeit behaftet und ist offensichtlich ungeeignet, Mehr- oder Minderkosten in einer Weise abzubilden, die es gestatten würde darauf verfahrensleitende Entscheidungen zu stützen. 49 Bei der Vermeidung von Kostenüberschreitungen „in wesentlicher Weise“ verfolgt der Gesetzgeber daher, wie auch bisher schon die Rechtsprechung (ausdrücklich AG Hamburg, ZRI 2020, 451 [Bonita]) das Ziel, Kostenexzesse zu vermeiden. Auch bei der Prüfung einer Kostenüberschreitung im Sinne des § 270b Abs. 2 Alt. 1 2. Fall InsO kann es daher, wie schon bei der Darstellung des Kostenvergleichs in der Eigenverwaltungsplanung nach § 270a Abs. 1 Nr. 5 InsO (vgl. §§ 270, 270a InsO Rn. 53 ff.) allein auf strukturelle und systemische Kostenüberschreitungen ankommen, die eine wesentliche, nicht durch anderweitige Effekte kompensierbare Kostensteigerung besorgen lassen. Dies ist auch deshalb richtig, weil die Entscheidung über den Zugang der Eigenverwaltung nicht von Umständen abhängig gemacht werden kann, die der Schuldner nicht darzulegen verpflichtet ist. Beschränkt sich aber die Kostendarstellung im Rahmen der Eigenverwaltungsplanung auf einen systemischstrukturellen Kostenvergleich, so darf die Anordnungsentscheidung nicht auf eine scheingenaue, offenkundig für die konkrete Kostenvorausschau systematisch ungeeignete und deshalb keinesfalls belastbare arithmetischen Kostengegenüberstellung gestützt werden. c) Widerlegung indizierter Eigenverwaltungsunwürdigkeit (§ 270b Abs. 2 2. Alt. (Nr. 1 – 3) InsO) 50 In der 2. Alt. des Tatbestandes des § 270b Abs. 2 InsO greift der Gesetzgeber die Tatbestandsmerkmale der indizierten Eigenverwaltungsunwürdigkeit des Schuldners nach § 270a Abs. 2 InsO auf (vgl. §§ 270, 270a InsO Rn. 60 ff.) und stellt die Anordnung der Eigenverwaltung bei Erfüllung der abschließend enumerierten Tatbestände in das sachgerechte Ermessen des Gerichts, ob trotz der gegebenen Kontraindikation nach der Gesamtwürdigung aller Umstände davon ausgegangen werden kann, dass die Eigenverwaltung im Interesse der Gläubiger liegt (vgl. §§ 270, 270a InsO Rn. 17). Dabei sind unter Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes alle relevanten Umstände zu ermitteln und zugrunde zu legen (vgl. aber Rn. 59; BT-Drucks. 19/24181, S. 205). Der Prüfung und Ermessensentscheidung nach § 270b Abs. 2 InsO vorgreiflich ist jedoch die Anhörung eines eingesetzten oder einzusetzenden vorläufigen 780
3. Ermessensgebundener Zugang zur vorläufigen Eigenverwaltung
Gläubigerausschusses (§ 22a InsO), da dessen einstimmiges Votum für oder gegen die Anordnung der Eigenverwaltung für das Gericht bindend ist (Rn. 62), es einer Ermessensentscheidung in diesem Fall daher nicht bedarf bzw. diese gar nicht zulässig ist. Kontraindiziert ist die Anordnung der Eigenverwaltung danach, wenn Zah- 51 lungsrückstände gegenüber den in §§ 270b Abs. 2 Alt. 2, 270a Abs. 2 Nr. 1 InsO besonders geschützten, weil regelmäßig auch von treuhandähnlichen Konstellationen betroffenen Gläubigern (Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung, Lohn- oder Umsatzsteuer) bestehen (Nr. 1), in den letzten drei Jahren Vollstreckungs- oder Verwertungssperren nach der InsO oder dem StaRUG angeordnet wurden (Nr. 2), weil innerhalb dieser Frist grundsätzlich zu vermuten ist, dass die Krise dann nicht nachhaltig überwunden wurde und der Grundsatz „Eine Krise – Ein (selbstverwaltetes) Verfahren“ der Anordnung der Eigenverwaltung dann prima facie entgegensteht (vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 106) oder der Schuldner in den letzten drei Jahren vor Antragstellung gegen seine handelsrechtlichen Offenlegungspflichten verstoßen hat (Nr. 3), da dies einen mangelnden Willen zur Erfüllung der im Gläubigerinteresse geschuldeten Transparenz erkennen lässt. Die jeweilige Tatbestandserfüllung der Kontraindikationen muss festgestellt 52 sein. Dies bedeutet, dass die Rückstände nach Nr. 1 im Sinne eines Verzugs nach § 276 BGB festgestellt sein müssen, die Vollstreckungs- und Verwertungssperren nach Nr. 2 tatsächlich angeordnet worden sein müssen und allein z. B. die Rechtshängigkeit einer Restrukturierungssache ohne Erlass einer Stabilisierungsanordnung (§ 49 StaRUG) oder die Bestellung nur eines Sachverständigen im Insolvenzeröffnungsverfahren ohne die Anordnung auch von allgemeinen (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO) der besonderen (§ 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO) Verwertungssperren nicht ausreicht sowie die ggf. verlängerte Veröffentlichungsfrist nach Nr. 3 tatsächlich abgelaufen ist, wobei nicht erforderlich ist, dass durch das zuständige Bundesamt für Justiz bereits ein Zwangsgeld angedroht, festgesetzt oder bezahlt worden ist. Ist die Erfüllung des Tatbestandes festzustellen, so hat das Gericht im Rahmen 53 der Ausübung des Ermessens zu ermitteln, ob die Anordnung der Eigenverwaltung trotz der genannten Umstände im Interesse der Gläubiger liegt; dass der Schuldner nur bereit und in der Lage ist, die Eigenverwaltung an den Gläubigerinteressen auszurichten, ist Grundvoraussetzung hierfür, genügt allein aber nicht (Rn. 23 ff.). Es ist daher trotz der Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes vor allem mit 54 Rücksicht auf die Eilbedürftigkeit der Entscheidung Sache des Schuldners zur Überzeugung des Gerichts darzulegen, dass die Eigenverwaltung im Interesse der Gesamtgläubigerschaft liegt. Dabei kommt es allerdings allein auf eine ex ante Betrachtung mit Blick auf das anzuordnende Verfahren an. Die in § 270b Abs. 2 Alt. 2 Nr. 1 – 3 InsO genannten Kontraindikationen projzieren das zurückliegende Verhalten des Schuldners in die Zukunft und schlussfolgern
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§ 270b InsO – Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung
daraus auf eine typisiert nicht im Gläubigerinteresse liegende Verfahrensführung. Dem Schuldner ist es daher möglich, diese typisierte Schlussfolgerung insbesondere dadurch zu entkräften, dass er insbesondere nachweist, dass die Ursachen für die Pflichtverletzungen in der Vergangenheit mit Blick auf das Verfahren durch organisatorische und personelle Maßnahmen beseitigt sind (BT-Drucks. 19/24181, S 205). Dabei ist darauf abzustellen, ob diese Maßnahmen geeignet erscheinen, gerade die insolvenzspezifischen Pflichten zu erfüllen und voraussichtlich werden gewährleisten können, dass die Besonderheiten der Unternehmensfortführung im Insolvenz(-eröffnungs-)verfahren ordnungsgemäß beachtet werden. Insbesondere, wenn mit Blick auf das Verfahren die Geschäftsführung des Schuldners um einen langjährig erfahrenen Insolvenzverwalter ergänzt wird, der Gewähr für die ordnungsmäßige Abwicklung auch des Eigenverwaltungsverfahrens im Gläubigerinteresse bietet, treten vergangene Umstände dahinter deutlich zurück (so ausdrücklich AG Bremen, ZInsO 2018, 193). Lässt daher die Darstellung des Schuldners zu den Maßnahmen, die er im Sinne des § 270a Abs. 1 Nr. 4 InsO getroffen hat, um die Erfüllung seiner insolvenzrechtlichen Pflichten sicherzustellen, auch erwarten, dass die aus dem Verhalten der Vergangenheit abzuleitende Indikation keine Auswirkung auf die Führung des Verfahrens haben wird, lassen sich die Tatbestandsalternativen des § 270b Abs. 2 Alt. 2 Nr. 1 – 3 InsO hierdurch grundsätzlich entkräften. Dies gilt insbesondere im Fall der Bestellung eines erfahrenen CIO (vgl. §§ 270, 270a Rn. 41). Ebenso spielen Kontraindikationen aus der Vergangenheit nur eine untergeordnete Rolle, soweit diese z. B. aus der Einbindung des Schuldners in einen Konzern und die hierdurch außerhalb des konkreten Rechtsträgers beeinflusste Verwaltung und Steuerung veranlasst waren, insbesondere Zahlungsrückstände bei Einbindung in einen vom konkreten Schuldner nicht gesteuerten Cashpool entstanden sind. Für die Ausübung des Ermessens nach § 270b Abs. 2 Alt. 2 InsO kommt es allein auf die Erwartung an, ob der konkrete Rechtsträger und der konkreten Geschäftsführung, wie ggf. auch mit Blick auf das Verfahren bestellt, in der Lage sein wird, die Interessen der Gläubiger zu wahren und so die Kontraindikationen zu entkräften. 55 Dessen ungeachtet bleibt aber möglich, dass die Pflichtverletzungen des Schuldners in der Vergangenheit das Vertrauen wesentlicher Stakeholder derart beeinträchtigt hat, dass diese zu einer Unterstützung der (beabsichtigten) Fortführung des Unternehmens in Rahmen einer Eigenverwaltung nicht bereit sind und deshalb im Falle der Anordnung der Eigenverwaltung das Eigenverwaltungskonzept sich als nicht umsetzbar erweisen würde (so zu § 270 InsO a. F. [i. d. F. des ESUG] AG Köln, ZIP 2013, 1390, unter Hinweis auf Hölzle, ZIP 2012, 158). In diesem Fall wirken die Versäumnisse der Vergangenheit eigenverwaltungsspezifisch auch in die Zukunft fort, sodass ein Umstand, der allein die Versagung der Eigenverwaltung nicht rechtfertigen könnte, in Kombination mit einem Versäumnis im Sinne der §§ 270a Abs. 2, 270b Abs. 2 Alt. 2 InsO die Ermessensabwägung zulasten des Schuldners beeinflussen kann. 782
3. Ermessensgebundener Zugang zur vorläufigen Eigenverwaltung
Will der Schuldner seine Eigenverwaltungswürdigkeit trotz des Vorliegens 56 eines kontraindizierenden Umstandes zur Überzeugung des Gerichts darlegen, so sind hierfür regelmäßig die nachfolgenden Ermessenserwägungen von Bedeutung, zu denen der Schuldner obligatorisch vortragen und an welchen das Gericht seine Entscheidung ausrichten sollte: x
Transparente und darstellerisch deutlich hervorgehobene Offenbarung der Umstände im Sinne des § 270a Abs. 2 InsO im Rahmen des Antrages sowie ggf. proakive Ansprache des Gerichts im Rahmen eines Vorgesprächs nach § 10a InsO (vgl. bereits §§ 270, 270a InsO Rn. 62).
x
Nachvollziehbare Darstellung der Gründe und Ursachen für die Pflichtverletzungen in der Vergangenheit.
x
Ausmaß und Dauer der Pflichtverletzungen in der Vergangenheit (einmaliges bzw. kurzzeitiges Versäumnis unmittelbar vor Antragstellung oder systemische Verletzung der Gläubigerinteressen über einen längeren Zeitraum).
x
Gewicht der Pflichtverletzung, nämlich lediglich (behebbarer) Organisations- oder Überwachungsmangel oder bewusste Entscheidung bzw. bewusstes Inkaufnehmen, gegen Pflichten zu verstoßen (dem lauteren Schuldner den Zugang zur Eigenverwaltung zu versagen, ist regelmäßig nicht indiziert).
x
Substantiierte, plausibilisierbare Darstellung sämtlicher Maßnahmen zur Gewährleistung der Pflichterfüllung in der Zukunft, insbesondere organisatorischer und personeller Natur, die erwarten lassen, dass die Versäumnisse der Vergangenheit jedenfalls mit Blick auf die insolvenzspezifischen Pflichten während des Verfahrens nicht nachhaltig fortwirken.
x
Insbesondere Bestellung eines in der Abwicklung von Insolvenzverfahren erfahrenen CIO.
x
Unterstützung der Eigenverwaltungsplanung durch wesentliche Stakeholder oder bekannter Widerstand für die Umsetzung der Eigenverwaltungsplanung bedeutsamer Gläubiger, insbesondere auch erklärte Bereitschaft zur (Beteiligung an einer) Finanzierung des Eigenverwaltungskonzepts.
x
Nach der Eigenverwaltungsplanung angestrebtes Ziel des Verfahrens, wobei die Fortführung oder Durchführung eines Investorenprozesses ein deutlich höheres Maß an unternehmerischer (nicht insolvenzrechtlicher) Verlässlichkeit erfordert, als eine angestrebte Liquidation.
Kommt das Gericht ermessensgerecht zu der Entscheidung, die beantragte 57 Eigenverwaltung abzulehnen, so ist diese Entscheidung nach § 270b Abs. 4 Satz 1 InsO zu begründen. Die Begründungstiefe ist davon abhängig, in welchem Umfang und mit welcher Substanz der Schuldner zu den vorstehend wiedergegebenen Erwägungen für die Ermessensausübung vorgetragen hat.
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§ 270b InsO – Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung
Fehlt es an einem Vortrag vollständig und fehlen auch Indizien, die das Gericht zur dann obligatorischen Amtsermittlung veranlassen müssen, so darf das Gericht allein auf die aus der Erfüllung eines der Tatbestandsmerkmale des § 270b Abs. 2 Alt. 2 InsO abzuleitende Indizwirkung abstellen, da die Amtsermittlung im beschleunigten Insolvenzeröffnungsverfahren nicht anlasslos ausgelöst wird. Je detaillierter und substantiierter allerdings der Vortrag des Schuldners, desto umfassender auch die Befassungspflicht des Gerichts mit diesem Vortrag und desto umfassender auch die Begründungspflicht im Ablehnungsfall. d) Keine analoge oder extensive Anwendung des § 270b Abs. 2 InsO auf andere Fälle (insbesondere § 270e InsO) 58 Die mit § 270b Abs. 2 InsO verbundene Beschränkung des Zugangs zur vorläufigen Eigenverwaltung für den Schuldner stellt ist für diesen nur schwer zu überwinden, weil an die Überzeugungsbildung des Gerichts hohe Anforderungen zu stellen sind (vgl. Rn. 53 f.). Als Ausnahmevorschrift mit erheblichem Eingriffsgehalt ist die Norm daher restriktiv auszulegen und grundsätzlich nicht analogiefähig. 59 Dennoch stellt sich die Frage, ob eine vorläufige Eigenverwaltung, die nach § 270e InsO unverzüglich wieder aufzuheben wäre, überhaupt erst anzuordnen ist, auch wenn der betreffende Aufhebungsgrund kein Pendant in § 270b Abs. 2 InsO findet. Es stellt sich also die Frage, ob der Rechtsgedanke des § 270b Abs. 2 InsO eine erweiterte Auslegung oder gar analoge Anwendung der Norm in allen in § 270e InsO genannten Aufhebungsgründen rechtfertigt. 60 Diese Frage ist im Grundsatz allerdings mit einem klaren Nein zu beantworten. Dies gleich aus mehrfachen Gründen: Zunächst hat der Gesetzgeber in § 270b Abs. 2 InsO nicht auf § 270e InsO Bezug genommen, sondern die Fälle, in denen prima vista soll unterstellt werden können, dass die Eigenverwaltung nicht im Interesse der Gläubiger liegt, eigenständig geregelt. Zudem würde die entsprechende Anwendung auch des § 270e Abs. 2 InsO, in dem ein absonderungsberechtigter oder Insolvenzgläubiger glaubhaft macht, dass die Voraussetzungen der (vorläufigen) Eigenverwaltung nicht vorliegen und diese für ihn nachteilig ist, im Rahmen des § 270b Abs. 2 InsO dazu führen, dass das in § 270e Abs. 2 Satz 3 InsO eröffnete Recht, die Entscheidung des Insolvenzgerichts mit der sofortigen Beschwerde anzugreifen, unterlaufen würde. Schließlich setzt § 270e InsO nicht nur einen über den für § 270b Abs. 2 InsO erforderlichen Grad der richterlichen Überzeugung hinausgehenden Überzeugungsgrad voraus, weil es dort nicht genügt, dass nur Umstände bekannt sind, sondern müssen sich auch die aus solchen Umständen zu ziehenden rechtlichen Schlüsse bereits „erwiesen“ haben (vgl. §§ 270e, 272 InsO Rn. 12). Zudem ist die Darlegungslast eine grundlegend andere: Während in § 270b Abs. 2 InsO den Schuldner die Darlegungslast trifft, seine Geschäftsführung dennoch am Gläubigerinte-
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4. Anhörung des Gläubigerausschusses (§ 270b Abs. 3 InsO)
resse ausrichten zu können und zu wollen, erfordert § 270e InsO den Nachweis zulasten des Schuldners. Beide Vorschriften haben daher einen systemisch unterschiedlichen Ausgangspunkt, was es verbietet, § 270e InsO im Analogiewege in § 270b Abs. 2 InsO zu inkorporieren. Dies führt dazu, dass insbesondere die in § 270e Abs. 1 Nr. 1 InsO enthaltene 61 Generalklausel nicht auf § 270b Abs. 2 InsO übertragen werden kann, also auch eine Insolvenzverschleppung mangels ausdrücklicher Nennung in § 270b Abs. 2 InsO keinen Grund darstellt, die beantragte Eigenverwaltung zu versagen, solange keine Rückstände gegenüber den dort explizit genannten Gläubigern bestehen. Zwar ist die rechtzeitige Antragstellung im Gläubigerinteresse nicht nur geboten, sondern gerade in deren Interesse statuiert und bringt der Schuldner durch eine Insolvenzverschleppung zum Ausdruck, dass er nicht gewillt ist, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubiger auszurichten, wie es Motiv für § 270b Abs. 2 InsO ist (BT-Drucks. 19/24181, 205 f.). Allerdings verträgt sich die Anordnungsentscheidung im Eilverfahren nicht mit der anderenfalls gegebenen Notwendigkeit, den Zeitpunkt des Eintritts der Insolvenzreife im nötigen Überzeugungsgrad festzustellen. Die Anordnungsentscheidung kann mit dieser Feststellungslast nicht belastet werden. Für den Schuldner ist es in diesem Fall Risiko genug, dass der Sachwalter gemäß § 270c Abs. 1 InsO mit einer entsprechenden Berichterstattung beauftragt werden kann und nach Feststellung etwaiger Pflichtverletzungen die Aufhebung des Verfahrens unmittelbar droht (vgl. §§ 270e, 272 InsO Rn. 47). 4. Anhörung des Gläubigerausschusses (§ 270b Abs. 3 InsO) a) Bindungswirkung eines einstimmigen Votums Wie nach § 270 Abs. 2 InsO a. F. (i. d. F. des ESUG) ordnet § 270b Abs. 3 62 InsO an, dass ein vorläufiger Gläubigerausschuss vor Beschlussfassung des Gerichts anzuhören ist. Gelangt der vorläufige Gläubigerausschuss zu einem einstimmigen Votum, ist dieses für das Gericht bindend, sowohl im Falle der Unterstützung als auch im Falle der Ablehnung der Eigenverwaltung. Einstimmig ist das Votum nur, wenn alle stimmberechtigten Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses an der Sitzung teilgenommen und abgestimmt haben; die Einstimmigkeit nur der teilnehmenden Mitglieder bei Fehlen eines oder mehrerer Mitglieder genügt nicht (vgl. §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 105). Dass das einstimmige Votum des vorläufigen Gläubigerausschusses auch im Falle der Ablehnung der Eigenverwaltung für das Gericht bindend ist, stellt eine Neuerung gegenüber der Vorgängerregelung dar. Der Gesetzgeber hat mit § 270b Abs. 3 InsO nämlich nicht schlicht die be- 63 stehende Regelung des § 270 Abs. 2 InsO a. F. (i. d. F. des ESUG) übernommen, sondern die Einflussnahmemöglichkeit des vorläufigen Gläubigerausschusses bewusst noch gestärkt (BT-Drucks. 19/24181, S. 206). Dies allerdings nicht nur durch die Berücksichtigung auch eines ablehnenden einstimmigen Votums sondern vor allem durch die Einschränkung der Möglichkeiten für
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das Gericht, einen Beschluss ohne die vorherige Anhörung zu fassen, nämlich, wie in der Praxis regelmäßig zu beobachten war, den Ausschuss gleichzeitig mit oder erst nach der Bestellung des vorläufigen Sach- oder Insolvenzverwalters einzusetzen (vgl. § 22a InsO Rn. 61 ff.). 64 Unklar ist nach der gesetzlichen Formulierung, ob die Anhörungspflicht des vorläufigen Gläubigerausschusses nur im Fall des ermessensgebundenen Zugangs zur Eigenverwaltung nach § 270b Abs. 2 InsO zu erfolgen hat, oder auch im Fall des gebundenen Zugangs nach § 270b Abs. 1 InsO. In letzterem hätte nur das ablehnende Votum des vorläufigen Gläubigerausschusses Einfluss auf die Entscheidung des Gerichts, da der Zugang ohnehin ermessensunabhängig zu gewähren ist, die einstimmige Beschlussfassung des vorläufigen Gläubigerausschusses für die Eigenverwaltung daher keine Abweichung bedeutet. Der Wortlaut des § 270b Abs. 3 Satz 1 InsO lässt zunächst vermuten, dass ein ablehnendes Votum des vorläufigen Gläubigerausschusses im Falle des gebundenen Zugangs nach § 270b Abs. 1 InsO diesen nicht verhindern kann, da das Gesetz die Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses nur vor Erlass der Entscheidung nach Abs. 2 anordnet. Dies allerdings stünde im Widerspruch zu der Gesetzesbegründung, wonach § 270b Abs. 3 InsO sich an der Regelung des § 270 Abs. 3 InsO a. F. (i. d. F. des ESUG) orientiert, die Einflussnahme des vorläufigen Gläubigerausschusses aber insbesondere durch die erstmalige Regelung gestärkt wird, dass bei einem einstimmigen Votum des vorläufigen Gläubigerausschusses gegen die vorläufige Eigenverwaltung, die Anordnung unterbleibt (BT-Drucks. 19/24181, S. 206). 65 Dass ein einstimmiges ablehnendes Votum des vorläufigen Gläubigerausschusses die Eigenverwaltung allein bei Vorliegen einer schlüssigen Eigenverwaltungsplanung nicht Soll verhindern können, wäre auch mit der gesetzlichen Systematik und der Orientierung auch des eigenverwalteten Insolvenzverfahrens an § 1 InsO nicht vereinbar. Das Verfahren ist im Gläubigerinteresse zu führen; haben die Gläubiger das Vertrauen in den Schuldner verloren, so fehlt die Grundlage für Führung des Verfahrens in der Obhut des Schuldners. 66 Sowohl teleologisch als auch systematisch ist daher die Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses (ggf. analog) § 270b Abs. 3 InsO unabhängig davon geboten, ob der gebundene oder lediglich der ermessensabhängige Zugang zur Eigenverwaltung eröffnet ist. b) Pflicht zur Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses 67 Diese zuletzt genannte Praxis ist jedenfalls seit Inkrafttreten des SanInsFoG nicht mehr vom Gesetz getragen, da das Gericht den Beschluss ohne Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses nur noch dann treffen darf, wenn seit der Antragstellung zwei Werktage vergangen sind oder nachteilige Veränderungen der Vermögenslage des Schuldners drohen, die sich nicht anders als durch Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters abwenden lassen.
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4. Anhörung des Gläubigerausschusses (§ 270b Abs. 3 InsO)
Die Frist von zwei Werktagen sieht der Gesetzgeber regelmäßig als ausreichend 68 und trotz der Eilbedürftigkeit der Entscheidung als zumutbar an, um den vorläufigen Gläubigerausschuss zu konstituieren und dort eine Beschlussfassung herbeizuführen (BT-Drucks. 19/24181, S. 198, zu § 56a InsO). Das Gericht ist daher zur unverzüglichen Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses und zur Ermöglichung einer Anhörung innerhalb der zweitägigen Karenzspanne verpflichtet (siehe § 22a InsO Rn. 61 ff.). Kommt das Gericht dem nicht nach, verzögert es also aus Gründen, die nicht 69 im Verfahren (unzureichende Übernahmebereitschaftserklärungen, unzureichendes Gläubigerverzeichnis, Unerreichbarkeit der designierten Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses), sondern in der Sphäre des Gerichts begründet sind, die Einsetzung des Ausschusses, so verlängert sich nicht zuletzt unter Beachtung des Rechtsstaatsgebots aus Art. 20 Abs. 3 GG die Karenzzeit des § 270b Abs. 3 InsO bis zu einer zulässigen Beschlussfassung über den Eigenverwaltungsantrag entsprechend (vgl. auch dazu § 22a InsO Rn. 61 ff.). Berücksichtigt das Gericht die Verlängerung der Karenzzeit allerdings nicht 70 oder entscheidet es aus anderen Gründen ohne die vorherige Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses, so kann dies nicht ohne Konsequenzen bleiben. Für den Fall des Übergehens der Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses zur Person des zu bestellenden Verwalters hat der Gesetzgeber in § 56a Abs. 3 InsO eine Reaktionsmöglichkeit des vorläufigen Gläubigerausschusses geschaffen. Dieser hat das Recht, in seiner ersten Sitzung eine andere Person als die vom Gericht bestellte mit Bindungswirkung als Insolvenzverwalter vorzuschlagen. Da die Anhörung nach § 270b Abs. 3 InsO auch die Anhörung zur Person des Sachwalters umfasst (Rn. 74), liegt es nahe, § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO entsprechend auch auf die Anhörung zur Verfahrensform anzuwenden. Die Sach- und Interessenlage ist dieselbe; dass der Gesetzgeber eine Reaktionsmöglichkeit des übergangenen vorläufigen Gläubigerausschusses bewusst nicht vorgesehen hätte, kommt in der Gesetzesbegründung nicht zum Ausdruck. Daraus folgt: Wird der vorläufige Gläubigerausschuss nicht unverzüglich ein- 71 gesetzt und angehört oder unterbleibt die Anhörung aus anderen Gründen, so kann dieser in seiner ersten Sitzung analog § 56a Abs. 3 Satz 2 InsO mit Bindungswirkung für das Gericht einen einstimmigen Beschluss auch zur Verfahrensform fassen, also eine angeordnete vorläufige Eigenverwaltung aufheben lassen oder die unterbliebene Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung herbeiführen. Da es sich bei § 270b Abs. 3 InsO aber um eine Vorschrift zum Schutz der 72 Gläubigerautonomie und zur Stärkung des Einflusses der Gläubiger auf das Verfahren handelt, ist eine entsprechende Analogie zugunsten des Schuldners, z. B. analog § 270e Abs. 2 Satz 3 InsO die sofortige Beschwerde zu eröffnen, trifft das Gericht die Entscheidung, ohne zuvor den vorläufigen Gläubiger-
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§ 270b InsO – Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung
ausschuss anzuhören, nicht veranlasst. Geschützte Rechtspositionen des Schuldners sind insoweit nicht betroffen. c) (Erweiterter) Gegenstand der Anhörung 73 Inhaltlich hat sich die Anhörung zunächst darüber zu verhalten, ob die Gläubiger die Eigenverwaltung unterstützen oder diese ablehnen. 74 Darüber hinaus ist das Gericht grundsätzlich auch verpflichtet, den vorläufigen Gläubigerausschuss zu der Person des vorläufigen Sachwalters (§ 270b InsO) anzuhören (zu § 270 InsO a. F. [i. d. F. des ESUG] die Vorauflage §§ 270, 270a InsO Rn. 64 ff.; ebenso Hofmann, in: Kübler, HRI, § 6 Rn. 24). 75 § 270b Abs. 1 InsO verweist auf § 274 InsO. In dessen Absatz 1 wiederum wird vollumfänglich auf §§ 56 ff. InsO und damit auch auf § 56a InsO verwiesen. Nach § 56a Abs. 1 InsO besteht daher auch eine Anhörungspflicht in Bezug auf die Person des vorläufigen Sachwalters, der vom vorläufigen Gläubigerausschuss einstimmig (vgl. §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 54 ff.) bestimmt oder für den durch Mehrheitsbeschluss des vorläufigen Gläubigerausschusses jedenfalls der Eignungs- und Anforderungskatalog festgelegt werden kann. 76 Auf die Pflicht Anhörung auch zur Person des vorläufigen Sachwalters weist auch der Verweis auf § 27 Abs. 2 Nr. 4 InsO in § 270b Abs. 4 Satz 2 InsO hin, der nur für den Fall der Nichtberücksichtigung eines Vorschlages des vorläufigen Gläubigerausschusses zur Person des Sachwalters überhaupt einen Anwendungsbereich hat. Dieses Verständnis setzt zwar voraus, dass der Verweis auf § 27 Abs. 2 Nr. 4 InsO nicht lediglich dahingehend zu verstehen ist, dass die Gründe für die Abweichung von einem einstimmigen Votum des Gläubigerausschusses zur Verfahrensform im Beschluss anzugeben sind. Dieses Verständnis aber liegt auf der Hand, da eine Öffnungsmöglichkeit, von einem einstimmigen Votum des vorläufigen Gläubigerausschusses zur Verfahrensform abzuweichen, in § 270b Abs. 3 InsO überhaupt nicht eröffnet ist. Der Verweis auf § 27 Abs. 2 Nr. 4 InsO bliebe daher ohne Anwendungsbereich, würde er nicht auf seinen originären Zweck, die Gründe für die Ablehnung einer vom (vorläufigen) Gläubigerausschuss benannten Person anzugeben, erstreckt. Etwas anderes ist auch der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen, die sich zu dieser Verweisungsnorm überhaupt nicht verhält. 77 Keiner Anhörung zur Person des Verwalters bedarf es allerdings im Schutzschirmverfahren nach § 270d InsO, wenn der Schuldner von seinem Benennungsrecht Gebrauch macht. Das Recht des Schuldners im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens nach § 270d Abs. 2 Satz 2 InsO, den Sachwalter „mitzubringen“, geht als spezielleres Recht dem allgemeinen Benennungsrecht des vorläufigen Gläubigerausschusses vor (so für § 270b InsO a. F. [i. d. F. des ESUG] bereits Desch, BB 2011, 841, 842). In § 270d Abs. 2 InsO sind nämlich die Voraussetzungen, unter denen das Gericht die vom Schuldner benannte Person ablehnen und eine andere Person zum vorläufigen Sachwalter bestellen darf, gesondert geregelt. Nur wenn die vom Schuldner benannte 788
4. Anhörung des Gläubigerausschusses (§ 270b Abs. 3 InsO)
Person „offensichtlich ungeeignet“ ist oder sonst die Kriterien des § 56 InsO nicht erfüllt, ist das Gericht berechtigt, den Vorschlag des Schuldners zu übergehen und den vorläufigen Gläubigerausschuss anzuhören. d) Keine Anhörungspflicht bei Besorgung erheblicher Vermögensnachteile § 270b Abs. 3 Satz 2 InsO enthält eine Öffnungsklausel, wonach der Beschluss 78 auch vor Ablauf von zwei Werktagen ergehen kann, wenn anderenfalls offensichtlich mit einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners zu rechnen ist, die nicht anders als durch Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters abzuwenden ist. Dies ist nach § 270b Abs. 4 InsO gesondert zu begründen. Der Dispens von der Anhörungspflicht bei nachteiliger Veränderung der 79 Vermögenslage ist aus § 56 Abs. 1 InsO, der in gleicher Weise durch das SanInsFoG ergänzt wurde, bekannt. Gegenüber der Öffnungsklausel in § 22a Abs. 3 InsO (vgl. dort Rn. 41 ff.), ist der Tatbestand insbesondere des § 270b Abs. 3 Satz 2 InsO besonders qualifiziert. Allein eine zu besorgende nachteilige Veränderung der Vermögenslage reicht nicht aus. Diese muss erstens offensichtlich und darf zweitens nicht anders, als durch Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters abwendbar sein. Offensichtlich ist die nachteilige Veränderung der Vermögenslage nur dann, 80 wenn kein begründeter Zweifel daran besteht, dass ohne die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters innerhalb der folgenden zwei Werktage das Vermögen des Schuldners in einer die Quotenerwartung der Gläubiger erkennbar beeinträchtigenden Weise beeinflusst werden wird. Allgemeine Erfahrungswerte reichen hierzu nicht aus. Das Tatbestandsmerkmal der Offensichtlichkeit knüpft, dies gebietet bereits das einheitliche Verständnis der Norm, erneut an das für die Offenkundigkeit im Sinne des § 291 ZPO erforderliche Maß an Gewissheit an (vgl. Rn. 17). Allgemeine Erfahrungswerte reichen dabei nicht aus, sondern die Gewissheit muss an konkrete Tatsachen anknüpfen, die eine solche nachteilige Veränderung erwarten lassen. Bei der Beurteilung der nachteiligen Veränderung muss das Gericht zudem 81 sämtliche Umstände in Betracht ziehen, die einer solchen Veränderung entgegenwirken können. Liegen insbesondere die Voraussetzungen einer gebundenen Entscheidung 82 nach § 270b Abs. 1 InsO vor, hat also der Schuldner eine vollständige und schlüssige Eigenverwaltungsplanung vorgelegt, so hat er in Erfüllung der Voraussetzung des § 270a Abs. 1 Nr. 4 InsO auch dargelegt, welche Maßnahmen er getroffen hat, um seinen Verpflichtungen nach der InsO nachzukommen. Das schließt im Grundsatz aus, dass vom Zeitpunkt der Antragstellung an noch nachteilige Veränderungen in der Vermögenslage durch den Schuldner selbst veranlasst werden. Im Grundsatz ist in diesem Fall eine nachteilige
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§ 270b InsO – Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung
Veränderung der Vermögenslage durch Handlungen des Schuldners nicht zu besorgen. 83 Da das Gericht aber, wie in der Formulierung, dass die Nachteile sich „nur“ durch die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters abwenden lassen dürfen, zum Ausdruck kommt, auch sämtliche alternativen Sicherungsmöglichkeiten vorrangig in Betracht zu ziehen hat, ist in aller Regel auch eine negative Beeinflussung des Vermögens durch Maßnahmen von Gläubigern nicht zu besorgen. Diese lassen sich nämlich durch andere Maßnahmen als die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters effektiv abwehren. Als vorgreifliche Maßnahme kommt vor allem die Anordnung von Vollstreckungsverboten oder einer Verwertungsermächtigung nach §§ 270c Abs. 3 Satz 1, 21 Abs. 2 Nr. 3, 5 InsO in Betracht. Diese Maßnahmen setzen weder die Bestellung eines vorläufigen Sach- oder Insolvenzverwalters voraus und sind wegen der uneingeschränkten Verweisung in § 270c Abs. 3 Satz 1 InsO auch verfahrensformunabhängig, beeinflussen die Entscheidung des vorläufigen Gläubigerausschusses daher nicht. 84 Die Öffnungsklausel des § 270b Abs. 3 Satz 2 InsO hat nach alledem einen extrem kleinen Anwendungsbereich, trifft nämlich allein die Fälle, in denen nur die Anordnung eines Verfügungsverbots nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO offensichtlich drohende Vermögensverschlechterungen abwenden kann. Solche Fälle sind allerdings nur dann vorstellbar, wenn der Schuldner seine Fähigkeit, die im Zusammenhang mit der Führung des Verfahrens in Eigenverwaltung verbundenen Verpflichtungen zu erfüllen, nicht gehörig nachgewiesen hat. Denn nur dann ist mit der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters eine mögliche Sicherungsmaßnahme verbunden, die nicht anderweitig ebenso effektiv erreicht werden kann, da das Verfügungsverbot die einzige nur mit der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters erreichbare Sicherungsmaßnahme ist. Alle übrigen Maßnahmen kann das Gericht, auch im Vorfeld der Bestellung eines vorläufigen Sachwalters auch isoliert anordnen. 85 Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, noch vielmehr wenn die Voraussetzungen des § 270b Abs. 1 InsO für eine gebundene Entscheidung vorliegen, um einen massiven Eingriff in die Rechte des Schuldners handelt, der dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen muss. Das Gericht hat sich daher des mildesten verfügbaren Mittels zu bedienen und die Rechte des Schuldners und des vorläufigen Gläubigerausschusses bestmöglich zu wahren. 5. Begründungspflicht bei ablehnender Entscheidung und Abweichung von einem Vorschlag zur Person des Verwalters (§ 270b Abs. 4 InsO) 86 Folgt das Gericht dem Antrag des Schuldners, das Verfahren in Eigenverwaltung zu führen und demgemäß im Eröffnungsverfahren nur einen vorläufigen Sachwalter zu bestellen, nicht, sondern bestellt es einen vorläufigen Insolvenzverwalter, so ist dieser Beschluss gemäß § 270b Abs. 4 Satz 1 InsO zu begrün-
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5. Begründungspflicht bei ablehnender Entscheidung
den. Der Umfang der Begründungspflicht hängt wesentlich von der Qualität, der Substanz und dem Umfang der zur Begründung des Antrages vorgetragenen Umstände ab (vgl. bereits Rn. 26, 54). Das Gericht ist gehalten, zunächst rechtlich zu begründen, weshalb die Abweichung von dem Antrag überhaupt eröffnet ist (Votum des vorläufigen Gläubigerausschusses, gebundene Entscheidung nach Abs. 1 oder Ermessensentscheidung nach Abs. 2), um sodann ggf. die tragenden Ermessenserwägungen darzulegen und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes darzustellen, weshalb vorgreifliche Sicherungsmaßnahmen nicht ein ebenso geeignetes Mittel dargestellt haben würden. Die Begründung muss deshalb in dieser Ausführlichkeit erfolgen, weil sie 87 Grundlage für die Gläubigerversammlung ist, über die nachträgliche Anordnung der Eigenverwaltung nach § 271 InsO zu beschließen (BT-Drucks. 19/24181, S. 206). Obliegt es in diesem Fall aber ausnahmsweise dem Gericht und nicht dem Insolvenzverwalter, bzw. in der Eigenverwaltung dem Schuldner, die sachgerechte Entscheidungsgrundlage für die Gläubigerversammlung herzustellen, so sind an die Begründung des Beschlusses dieselben Anforderungen zu stellen, wie an den Bericht nach § 156 InsO, der die Grundlage für die Entscheidung nach § 157 InsO darstellt. Unabhängig von der Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung hat 88 das Gericht zudem gemäß § 270b Abs. 4 Satz 2 InsO in dem Beschluss, und zwar auch in dem Beschluss, mit welchem dem Antrag stattgegeben und ein vorläufiger Sachwalter bestellt wird, die Gründe anzugeben, weshalb es von einem einstimmigen Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses zur Person des Sachwalters, oder alternativ, zur Person des vorläufigen Insolvenzverwalters bei Zurückweisung des Eigenverwaltungsantrages abweicht. Der Verweis auf § 27 Abs. 2 Nr. 4 InsO in § 270b Abs. 4 Satz 2 InsO kann seinen Zweck nur dann erfüllen, wenn die Begründungspflicht für die Nichtberücksichtigung eines Vorschlages zur Person unabhängig davon besteht, ob dem Eigenverwaltungsantrag stattgegeben wurde oder nicht.
§ 270c InsO – Vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren § 270c Vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren (1) Das Gericht kann den vorläufigen Sachwalter beauftragten, Bericht zu erstatten über 1. die vom Schuldner vorgelegte Eigenverwaltungsplanung, insbesondere, ob diese von den erkannten und erkennbaren tatsächlichen Gegebenheiten ausgeht, schlüssig ist und durchführbar erscheint, 2. die Vollständigkeit und Geeignetheit der Rechnungslegung und Buchführung als Grundlage für die Eigenverwaltungsplanung, insbesondere für die Finanzplanung,
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§ 270c InsO – Vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren
3. das Bestehen von Haftungsansprüchen des Schuldners gegen amtierende oder ehemalige Mitglieder der Organe. (2) Der Schuldner hat dem Gericht und dem vorläufigen Sachwalter unverzüglich wesentliche Änderungen mitzuteilen, welche die Eigenverwaltungsplanung betreffen. (3) 1Das Gericht kann vorläufige Maßnahmen nach § 21 Absatz 1 und 2 Satz 1 Nummer 1a, 3 bis 5 anordnen. 2Ordnet das Gericht die vorläufige Eigenverwaltung nach § 270b Absatz 1 Satz 2 an, kann es zudem anordnen, dass Verfügungen des Schuldners der Zustimmung durch den vorläufigen Sachwalter bedürfen. (4) 1Auf Antrag des Schuldners hat das Gericht anzuordnen, dass der Schuldner Masseverbindlichkeiten begründet. 2Soll sich die Ermächtigung auf Verbindlichkeiten erstrecken, die im Finanzplan nicht berücksichtigt sind, bedarf dies einer besonderen Begründung. 3§ 55 Absatz 2 gilt entsprechend. (5) Hat der Schuldner den Eröffnungsantrag bei drohender Zahlungsunfähigkeit gestellt und die Eigenverwaltung beantragt, sieht das Gericht jedoch die Voraussetzungen der Eigenverwaltung als nicht gegeben an, so hat es seine Bedenken dem Schuldner mitzuteilen und diesem Gelegenheit zu geben, den Eröffnungsantrag vor der Entscheidung über die Eröffnung zurückzunehmen. Übersicht 1.
2. 3. 4.
Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG ...................................... 1 Gesonderte Berichtspflicht (§ 270c Abs. 1 InsO) ..................... 4 Offenbarungspflicht des Schuldners (§ 270c Abs. 2 InsO) ............. 8 Anordnung von Sicherungsmaßnahmen (§ 270c Abs. 3 InsO) ..... 12 a) Grundsätzliche Anordnung von Sicherungsmaßnahmen ... 12 b) Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts und „starke vorläufige Sachwaltung“ ....... 14
5. 6.
c) Wegfall der Voraussetzungen für den Zustimmungsvorbehalt ......................................... d) Kein Zustimmungsvorbehalt außerhalb der einstweiligen vorläufigen Sachwaltung ....... Begründung von Masseverbindlichkeiten (§ 270c Abs. 4 InsO) ... „Goldene Brücken“: Möglichkeit der Rücknahme des Insolvenzantrags bei fehlenden Eigenverwaltungsvoraussetzungen ............
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1. Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG 1 § 270c InsO nimmt in seinem Abs. 5 unverändert die bisherige Regelung des § 270a Abs. 2 InsO a. F. (i. d. F. des ESUG) auf, wonach der Schuldner auf Bedenken hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anordnung der Eigenverwaltung hinzuweisen und ihm Gelegenheit zu geben ist, den Eröffnungsantrag zurückzunehmen. Auch § 270c Abs. 4 Satz 1 InsO enthält eine insoweit bekannte Regelung, als auf Antrag des Schuldners dieser in gebundener Entscheidung zu ermächtigen ist, mit Wirkung für das eröffnete Verfahren Masseverbindlichkeiten entsprechend § 55 Abs. 2 InsO zu begrün-
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2. Gesonderte Berichtspflicht (§ 270c Abs. 1 InsO)
den. Dies entspricht der bisher für das Schutzschirmverfahren geregelten und auf die vorläufige Eigenverwaltung insgesamt entsprechend angewendeten Vorschrift des § 270b Abs. 3 InsO a. F. (i. d. F. des ESUG). Diese Ermächtigung wird dann jedoch in § 270c Abs. 4 Satz 2 InsO neuerdings dahingehend eingeschränkt, dass die Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten, die in dem der Eigenverwaltungsplanung (vgl. §§ 270, 270a InsO Rn. 24 ff.) zugrunde liegenden Finanzplan nicht enthalten sind, nur aufgrund besonderer Begründung und nur im Ermessen des Gerichts erteilt werden kann. Im Übrigen konkretisiert § 270c InsO die Befugnisse des Insolvenzgerichts 2 in der vorläufigen Eigenverwaltung und die dem vorläufigen Sachwalter zu übertragenden Kompetenzen. Hinsichtlich des Verweises auf § 21 Abs. 2 Nr. 1a, 3 – 5 InsO und damit die Möglichkeit, Sicherungsmaßnahmen anzuordnen, entspricht § 270c Abs. 3 Satz 1 InsO der Praxis auch vor Inkrafttreten des SanInsFoG. Auch was die mögliche Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts angeht, wurde dies zu Recht auch vor dem 1.1.2021 für zulässig gehalten (vgl. die Vorauflage §§ 270, 270a InsO Rn. 15 f.; ebenso AG Düsseldorf, ZInsO 2014, 2389; a. A. AG Hannover, ZIP 2015, 1893), wird jetzt aber durch § 270c Abs. 3 Satz 2 InsO eingeschränkt. § 270c Abs. 1, 2 InsO sind in dem Gesetz vor Inkrafttreten des SanInsFoG 3 ohne Vorbild. Die Vorschriften tragen dem Umstand Rechnung, dass der Schuldner eine umfangreiche Eigenverwaltungsplanung vorzulegen hatte, die Grundlage für die (gebundene) Entscheidung des Gerichts ist, keinen vorläufigen Insolvenzverwalter zu bestellen. Es bedarf daher einer Rechtsgrundlage einerseits für die vollumfängliche Prüfung und Plausibilisierung dieser Planung, andererseits einer Verpflichtung des Schuldners, etwaige Änderungen jederzeit mitzuteilen. 2. Gesonderte Berichtspflicht (§ 270c Abs. 1 InsO) Nach § 270b Abs. 1 Satz 1 InsO gelten für den vorläufigen Sachwalter die 4 §§ 274, 275 InsO entsprechend. Nach § 274 Abs. 2 Satz 1 InsO hat der Sachwalter die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu prüfen und die Geschäftsführung sowie die Ausgaben für die Lebensführung zu überwachen. Bereits die Überprüfung der wirtschaftlichen Lage des Schuldners erfordert im Grundsatz eine detaillierte Auseinandersetzung des vorläufigen Sachwalters mit der Eigenverwaltungsplanung des Schuldners. Da aus dem Recht des vorläufigen Sachwalters, nach § 270e Abs. 1 Nr. 4 InsO, die Aufhebung der vorläufigen Eigenverwaltung zu beantragen, auch die Amtspflicht folgt, dies zu tun, stellt er Umstände fest, die den Tatbestand eines Aufhebungsgrundes überwiegend wahrscheinlich erfüllen (vgl. §§ 270e, 272 InsO Rn. 47), hätte es der Konkretisierung dieser Pflicht des vorläufigen Sachwalters in § 270c Abs. 1 InsO nicht bedurft. Die Vorschrift ist insoweit redundant. Sie geht in ihrer Zwecksetzung, wonach sich die Beauftragung mit einer besonderen Berichterstattung insbesondere dann anbietet, wenn Zweifel bestehen, ob die
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vorläufige Eigenverwaltung nach § 270e Abs. 1 Nr. 1 InsO aufzuheben ist (vgl. BT-Drucks. 19/24181, S. 206), nicht hinaus. 5 Die Bedeutung des § 270c Abs. 1 InsO ist daher in erster Linie nicht materiellrechtlich einzuordnen, sondern allein verfahrensrechtlich. Während die vom vorläufigen Sachwalter festgestellten Umstände nach § 274 Abs. 3 InsO nur anlassbezogen zu berichten sind, wenn diese nach Auffassung des vorläufigen Sachwalters erwarten lassen, dass die Fortsetzung der Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird, bewirkt die Anordnung einer besonderen Berichtspflicht nach § 270c Abs. 1 InsO, dass der vorläufige Sachwalter in jedem Fall zur Validität der Eigenverwaltungsplanung (Nr. 1), zur Vollständigkeit und Geeignetheit der Rechnungslegung und Buchführung (Nr. 2) und zu dem Bestehen von Haftungsansprüchen gegen amtierende oder ehemalige Mitglieder der Organe des Schuldners (Nr. 3) zu berichten und hierzu gerade auch in dem Fall Stellung zu nehmen hat, dass Auffälligkeiten nicht festzustellen sind. 6 Die besondere Beauftragung des vorläufigen Sachwalters nach § 270c Abs. 1 InsO kann daher insbesondere auch als vertrauensbildende Maßnahme, als Kommunikationsinstrument gegenüber wesentlichen Gläubigern und nicht zuletzt als Entscheidungsgrundlage für das Gericht und die Beteiligten im weiteren Verlauf des Verfahrens sinnvoll sein. Insbesondere, wenn die Eigenverwaltung erkennbar nicht von sämtlichen Gläubigern vorbehaltlos getragen wird, kann die Beauftragung des vorläufigen Sachwalters mit der besonderen Berichtspflicht nach § 270c Abs. 1 InsO sinnvoll sein. 7 Im Rahmen der Anordnung sollte das Gericht deutlich machen, ob es sich um eine einmalige Prüfung und Feststellung handelt, oder ob der vorläufige Sachwalter insbesondere mit der Prüfung nach § 270c Abs. 1 Nr. 1, 2 InsO fortlaufend beauftragt ist, also nicht nur die Validität der Eigenverwaltungsplanung und der Buchführung des Schuldners zu einem bestimmten Stichtag zu überprüfen, sondern auch deren Fortschreibung fortlaufend zu überwachen hat. Letzteres dürfte in aller Regel sinnvoll sein. 3. Offenbarungspflicht des Schuldners (§ 270c Abs. 2 InsO) 8 Wie nach § 32 Abs. 2 StaRUG (vgl. dort Rn. 22) trifft auch den Schuldner in der vorläufigen Eigenverwaltung nach § 270c Abs. 2 InsO die Verpflichtung, dem Gericht und dem vorläufigen Sachwalter unverzüglich wesentliche Änderung mitzuteilen, welche die Eigenverwaltungsplanung betreffen. 9 Wie in der präventiven Restrukturierung auch obliegt es nicht dem Schuldner, zu beurteilen, welche Änderungen wesentlich sind und welche nicht (vgl. § 32 StaRUG Rn. 25). Grundsätzlich erstreckt sich die Obliegenheit, Veränderungen in den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten mitzuteilen, auf sämtliche Umstände, die Einzug in die Eigenverwaltungsplanung gefunden haben. Die Entscheidung, ob es sich um eine wesentliche Änderung handelt und welche Folgerungen daraus zu ziehen sind, obliegt allein der Beurtei794
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lungsprärogative des Gerichts. Der Schuldner ist daher nicht berechtigt, die Veränderung von Umständen, die er selbst für unerheblich hält, nicht mitzuteilen und zurückzuhalten. Gleichermaßen ist die Obliegenheit zur Mitteilung von Veränderungen nicht auf solche Umstände beschränkt, die Einzug in die Eigenverwaltungsplanung gehalten haben. Vielmehr beschreibt die Eigenverwaltungsplanung inhaltlich den Mindestrahmen innerhalb dessen jede Veränderung zu berichten ist. Ergeben sich darüber hinaus Umstände, die in die ursprüngliche Planung nicht aufgenommen oder in ihr erwähnt worden waren, die jedoch bei abstrakt-genereller Beurteilung durch einen objektiven Dritten Auswirkung auf den Fortgang des Verfahrens, die Befriedigungsaussichten der Gläubiger oder die künftige Eröffnung des Verfahrens in der Verfahrensform der Eigenverwaltung haben können, so ist der Schuldner selbstverständlich auch zur Offenbarung dieser Umstände verpflichtet. Bei der Beurteilung durch das Gericht insbesondere der Frage der Wesent- 10 lichkeit sind allerdings die unterschiedlichen Zwecksetzungen der Restrukturierungsplanung nach StaRUG und der Eigenverwaltungsplanung nach § 270a Abs. 1 Nr. 1 InsO (vgl. §§ 270, 270a InsO Rn. 32) zu berücksichtigen. Dies wirkt sich allerdings erst im Rahmen der Rechtsfolgenbetrachtung insbesondere nach § 270e Abs. 1 Nr. 3 InsO aus. Als Grundsatz wird statuiert werden können, dass ein Umstand, der nicht 11 die Aufhebung des Verfahrens nach § 270e InsO rechtfertigt, in der Regel auch nicht erheblich im Sinne des § 270c Abs. 2 InsO ist. 4. Anordnung von Sicherungsmaßnahmen (§ 270c Abs. 3 InsO) a) Grundsätzliche Anordnung von Sicherungsmaßnahmen Bei der vorläufigen Eigenverwaltung handelt es sich nicht um ein besonderes 12 (Insolvenz-)Verfahren, sondern um ein Insolvenzeröffnungsverfahren, in dem lediglich die Möglichkeit der Anordnung von Verfügungsbeschränkungen und der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO grundsätzlich ausgeschlossen ist (vgl. § 270b InsO Rn. 7). Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die übrigen Sicherungsmaßnahmen aus dem Katalog des § 21 Abs. 2 InsO grundsätzlich angeordnet werden können. Dem trägt § 270c Abs. 3 Satz 1 InsO durch die – insoweit deklaratorische – Anordnung und Verweisung auf § 21 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 1a, 3 – 5 InsO Rechnung. Das Gericht kann daher unter Berücksichtigung des im Anwendungsbereich 13 des § 21 InsO grundsätzlich geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die genannten Sicherungsanordnungen treffen. Regelmäßig wird der Schuldner hierzu im Rahmen seines Antrages bereits entsprechende Anregungen formulieren.
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§ 270c InsO – Vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren
b) Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts und „starke vorläufige Sachwaltung“ 14 Neu in diesem Zusammenhang ist jedoch die Anordnung des § 270c Abs. 3 Satz 2 InsO, wonach das Insolvenzgericht auch eine sog. „starke vorläufige Sachwaltung“ anordnen, nämlich bestimmen kann, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Sachwalters wirksam sind. Tatbestandliche Voraussetzung hierfür ist, dass das Gericht infolge festgestellter Mängel der Eigenverwaltungsplanung dem Schuldner nach § 270b Abs. 1 Satz 2 InsO (vgl. dort Rn. 23) eine Frist zur Behebung der Mängel und die vorläufige Eigenverwaltung daher nur einstweilen angeordnet hat. Die nur einstweilige Anordnung und die deshalb absehbare Möglichkeit, dass die vorläufige Eigenverwaltung wieder aufgehoben und ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird, rechtfertigen es nach der Vorstellung des Gesetzgebers (BT-Drucks. 19/24181, S. 206), dass in der Schwebezeit Verfügungen über das Vermögen des Schuldners durch diesen nur mit Zustimmung des vorläufigen Sachwalters möglich sind, die vorläufige Sachwaltung also entsprechend einer vorläufigen Insolvenzverwaltung mit Zustimmungsvorbehalt ausgestaltet und insoweit als „starke vorläufige Sachwaltung“ zu bezeichnen ist. 15 Es gelten in diesem Fall dieselben Regeln, wie für die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 InsO. Auf die gängigen Kommentare und die hierzu ergangene Rechtsprechung kann verwiesen werden. c) Wegfall der Voraussetzungen für den Zustimmungsvorbehalt 16 Aus der Beschränkung der Möglichkeit zur Anordnung der starken vorläufigen Sachwaltung auf den Fall der nur einstweiligen Bestellung eines vorläufigen Sachwalters nach § 270b Abs. 1 Satz 2 InsO folgt, dass die Rechtsgrundlage für die Anordnung des Zustimmungsvorbehalts mit Erfüllung der Nachbesserungspflicht durch den Schuldner (innerhalb der Frist) entfällt. Damit wird der angeordnete Zustimmungsvorbehalt jedoch nicht ipso iure unwirksam und der Schuldner ist nicht automatisch berechtigt, wieder zustimmungsfrei über sein Vermögen zu verfügen. 17 Bei der Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts handelt es sich um einen Akt der Zwangsvollstreckung im kollektiven Gläubigerinteresse. Ebenso wenig wie die Rücknahme des Eröffnungsantrages oder dessen Erledigungserklärung nicht automatisch zum Erlöschen der angeordneten Sicherungsmaßnahmen führen, sondern deren Aufhebung durch Beschluss erforderlich bleibt (BGH NZI 2008, 550), ist auch bei Erfüllung der Nachbesserungspflicht als actus contrarius wegen Wegfalls der Anordnungsvoraussetzungen die Aufhebung des Zustimmungsvorbehalts durch Beschluss erforderlich. Bis zum Wirksamwerden des Beschlusses bleibt die Sicherungsmaßnahme in Kraft. Dies ist schon aus Gründen der Transparenz und der Rechtssicherheit erforderlich, da, solange
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4. Anordnung von Sicherungsmaßnahmen (§ 270c Abs. 3 InsO)
der Sicherungsbeschluss nicht aufgehoben ist, die Gläubiger auf diesen vertrauen dürfen. Anders verhält es sich, wenn das Insolvenzverfahren, gleich in welcher Ver- 18 fahrensform, eröffnet wird. Mit der Eröffnungsentscheidung werden vorläufige Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO unwirksam, ohne dass es eines besonderen Aufhebungsbeschlusses bedürfte. Dasselbe gilt, wenn der Schuldner seiner Nachbesserungspflicht nicht, nicht fristgemäß oder nicht genügend nachkommt und das Insolvenzgericht deshalb die einstweilige vorläufige Sachwaltung durch Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters (mit Zustimmungsvorbehalt oder Verfügungsverbot) aufhebt; die Sicherungsmaßnahme geht sodann in der Anordnung der weiteren Sicherungsmaßnahmen unmittelbar nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO auf. d) Kein Zustimmungsvorbehalt außerhalb der einstweiligen vorläufigen Sachwaltung Im Umkehrschluss folgt aus § 270c Abs. 3 InsO, dass die Anordnung eines 19 Zustimmungsvorbehaltes, d. h. die Ausgestaltung der vorläufigen Sachwaltung als starker vorläufigen Sachwaltung außerhalb der einstweiligen Anordnung nach § 270b Abs. 1 Satz 2 InsO grundsätzlich nicht (länger) in Betracht kommt. Dies kommt auch in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck, die in der Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots einen mit dem Erhalt der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners nicht zu vereinbarenden Widerspruch sieht (BT-Drucks. 19/24181, S. 206). Daraus folgt, dass der Grundsatz des § 270b Abs. 1 InsO, wonach der Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung grundsätzlich eine Sperre für die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters auslöst (vgl. § 270b InsO Rn. 7), sich auf den Anwendungsbereich des § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO insgesamt erstreckt, nämlich auch die Anordnung von Verfügungsbeschränkungen im Grundsatz ausschließt. Der gesetzgeberische Wille ist klar zum Ausdruck gebracht. Die analoge Erstreckung der Verweisungsnorm des § 270c Abs. 3 Satz 1 InsO auch auf § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO scheidet daher im Grundsatz aus. Anders dürfte dies nur in eng umrissenen Ausnahmefällen zu beurteilen sein, 20 in denen der Schuldner selbst zur Vermeidung einer anderenfalls erforderlichen Aufhebung der Eigenverwaltung nach § 270e InsO um Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts zugunsten des vorläufigen Sachwalters bittet. Wie in der Begründung des Gesetzgebers zu § 270c Abs. 3 Satz 2 InsO zum Ausdruck kommt, ist die Norm Ausfluss der typisierten Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und dient damit in erster Linie dem Schutz der Interessen des Schuldners vor zu weiterreichenden vollstreckungsrechtlichen Eingriffen. Ist es allerdings der Schuldner selbst, der die Anordnung eines Zustimmungsvorbehaltes begehrt, so wird der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht tangiert. In diesem Fall ist eine teleologische Reduktion des § 270c Abs. 3
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§ 270c InsO – Vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren
Satz 2 InsO und damit eine teleologische Extension der Verweisungsnorm des § 270c Abs. 3 Satz 1 InsO ausnahmsweise möglich. 5. Begründung von Masseverbindlichkeiten (§ 270c Abs. 4 InsO) 21 Bislang in § 270b Abs. 3 InsO a. F. (i. d. F. des ESUG) geregelt und von der Mehrzahl der Amtsgerichte auch außerhalb des Schutzschirmverfahrens in der vorläufigen Eigenverwaltung entsprechend angewendet (vgl. die Vorauflage §§ 270, 270a InsO Rn. 20 f. m. w. N.), hatte das Gericht auf Antrag des Schuldners anzuordnen, dass dieser entsprechend § 55 Abs. 2 InsO mit Wirkung für das eröffnete Insolvenzverfahren Masseverbindlichkeiten begründet (vgl. BGH, ZIP 2018, 2488). 22 Dieser Grundsatz ist nunmehr in § 270c Abs. 4 Satz 1, 3 InsO unverändert enthalten. § 270c Abs. 4 Satz 2 InsO stellt sodann klar, dass die gebundene Entscheidung ohne Ermessen des Insolvenzgerichts nach § 270c Abs. 4 Satz 1 InsO sich ausschließlich auf solche aufzuwertenden Verbindlichkeiten erstreckt, die in dem der Eigenverwaltungsplanung beizufügenden Finanzplan berücksichtigt und in diesem enthalten sind. Ist dies nicht der Fall, so kann der Aufwertung nach § 270c Abs. 4 Satz 2 InsO nur aufgrund besonderer Begründung und im sachgerechten Ermessen des Gerichts erlassen werden. 23 Die Lektüre der Gesetzesbegründung legt nahe, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, die Beschränkung der Aufwertung von Verbindlichkeiten in den Rang einer künftigen Masseverbindlichkeit auf solche, die im Finanzplan berücksichtigt sind, stelle eine Einschränkung gegenüber der bis zum 31.12.2020 geltenden Rechtslage nach dem ESUG dar. Dies kommt vor allem auch darin zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber ausdrücklich klarstellt, dass künftig nur noch Einzelermächtigungen und – der daraus zu implizierende Gegensatz – keine Pauschalermächtigungen mehr in Betracht kämen (BT-Drucks. 19/24181, S. 206 f.). 24 Entgegen dieser Vorstellung des Gesetzgebers bildet § 270c Abs. 4 Satz 2 InsO nichts anderes ab, als bei sachgerechter (entsprechender) Anwendung des § 270b Abs. 3 InsO a. F. (i. d. F. des ESUG) auch bisher gegolten hat. Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2002, 3326; ebenso Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 21 Rn. 67; AG Montabaur, ZIP 2013, 899) waren pauschale Globalermächtigungen auch bislang unwirksam. Zudem war das Insolvenzgericht auch bisher gehalten, eine Liquiditätsprüfung zu verlangen, aus der sich ergibt, dass die zu begründenden Masseverbindlichkeiten im eröffneten Verfahren auch erfüllbar sind (vgl. die Vorauflage §§ 270, 270a Rn. 24; § 270b Rn. 42 ff.). Nichts anderes verlangt § 270c Abs. 4 Satz 2 InsO. 25 Von dem Verbot der Pauschalermächtigung nicht erfasst ist aber nach wie vor die Möglichkeit der individualisierten Gruppenermächtigung. Danach ist es ausreichend, dass die von dem Aufwertungsbeschluss [künftig] erfassten Gläubiger allein durch ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten und im Zeitpunkt der Begründung der Verbindlichkeit konkretisierbaren Gläubigergruppe 798
5. Begründung von Masseverbindlichkeiten (§ 270c Abs. 4 InsO)
individualisier- und bestimmbar sind. Die Individualisierbarkeit im Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses ist nicht erforderlich. Der BGH (NZI 2011, 143; ZInsO 2015, 261) verlangt für die Aufwertung, dass „(…) im Voraus genau festgelegte Verpflichtungen (…)“ im Aufwertungsbeschluss bezeichnet werden. Dies erfordert eine Bestimmbarkeit im Zeitpunkt der Entstehung der Verbindlichkeit, nicht jedoch eine Individualisierbarkeit im Zeitpunkt des Erlasses des Aufhebungsbeschlusses. Die Anforderungen des BGH dienen dem Zweck, aufgewertete Verbindlichkeiten eindeutig individualisieren zu können, um insoweit Rechts- und Verkehrssicherheit herzustellen. Dies ist aber auch im Rahmen einer Gruppenermächtigung möglich, wenn die Zugehörigkeit zu der Gruppe und damit die Begünstigung durch den Aufwertungsbeschluss zum Zeitpunkt der Entstehung der Verbindlichkeit zweifelsfrei feststellbar ist. Diese Auffassung wird bestätigt auch durch das jüngste Urteil des BGH (ZIP 2018, 2488) zur Begründung von Masseverbindlichkeiten durch den Schuldner in der vorläufigen Eigenverwaltung, wonach sich die Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten auf „im Voraus – einzeln oder der Art nach – genau festgelegte Verpflichtungen“ beziehen muss. Gerade die Eröffnung der Konkretisierung auch ihrer Art nach zielt auf die Möglichkeit von Gruppenermächtigungen. Ergänzend zu berücksichtigen ist allerdings der Wille des SanInsFoG-Gesetz- 26 gebers, ein Unterlaufen der Liquiditätsplanung, die Bestandteil der Eigenverwaltungsplanung ist, zu verhindern. Auch dies ist im Falle einer konkretisierbaren Gruppenermächtigung aber gewährleistet, da in der Liquiditätsplanung die jeweiligen Lieferanten, Dienstleister etc. nicht individualisiert und namentlich bezeichnet werden, sondern dort ebenfalls in Leistungs- und Bezugsgruppen zusammengefasst werden. Hierauf darf der Aufwertungsantrag entsprechend Bezug nehmen. Ungeachtet, ob als Einzel- oder als Gruppenermächtigung verfasst, ist der 27 Aufwertungsbeschluss auch in der Höhe der maximal begründeten Masseverbindlichkeiten zu beschränken. Auch dies war schon bislang Voraussetzung. Die beantragte Höhe der Aufwertung darf die in der Liquiditätsplanung berücksichtigten Verbindlichkeiten grundsätzlich nicht überschreiten. Ist die genaue Höhe noch nicht bezifferbar und deshalb auch in der Liquiditätsplanung nicht genau, sondern allenfalls mit einem Erwartungswert erfasst, so ist hierauf gesondert hinzuweisen und dies gesondert zu begründen. Der Aufwertung nach § 270c Abs. 4 Satz 2 InsO auf Grundlage gesonderter Begründung steht dann nichts im Wege. Dies gilt insbesondere für die Aufwertung der an die InsVV angelehnten Vergütungsansprüche des Eigenverwalters/CIO (vgl. §§ 270, 270a InsO Rn. 58), soweit sich diese systembedingt noch nicht genau vorhersehen lassen. Die fehlende Bestimmbarkeit der Höhe im Antragszeitpunkt steht der Schutzbedürftigkeit des Eigenverwalters, die eigenen Vergütungsansprüche nicht im Rang der Insolvenzforderung (§ 38 InsO) wiederzufinden, nicht entgegen und gebietet daher vielmehr die Aufwertung (so instruktiv AG Hamburg, ZRI 2020, 451; AG Hamburg, ZIP 2019, 978). 799
§ 270c InsO – Vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren
28 Keine inhaltliche Änderung ist mit der Neufassung des § 270c Abs. 4 InsO verbunden, soweit es um das Verbot der rückwirkenden Aufwertung geht. Die Aufwertung kann stets nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen. Die rückwirkende Aufwertung einer bereits im Rang der Insolvenzforderung entstandenen Verbindlichkeit in den Rang einer künftigen Masseverbindlichkeit ist nicht möglich/z. B. AG Köln, ZIP 2018, 2234; AG Montabaur, ZIP 2013, 899). 6. „Goldene Brücken“: Möglichkeit der Rücknahme des Insolvenzantrags bei fehlenden Eigenverwaltungsvoraussetzungen 29 § 270c Abs. 5 InsO nimmt unverändert den bisherigen § 270 Abs. 2 InsO a. F. (i. d. F. des ESUG) auf. 30 Danach ist dem Schuldner Mitteilung zu machen und Gelegenheit zu geben, den Insolvenzantrag zurückzunehmen, wenn er x
den Insolvenzantrag als Eigenantrag
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wegen (lediglich) drohender Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) gestellt hat und
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das Gericht dem Antrag auf (vorläufige) Eigenverwaltung nicht stattgeben will.
31 Durch diese Maßnahme soll das Vertrauen des Schuldners in diese Institution der InsO und dessen Eignung als Sanierungsinstrument noch einmal gestärkt und dieser motiviert werden, den Insolvenzantrag frühzeitig zu stellen. Tut er dies nämlich bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit, so soll er Gewähr dafür haben, das (vorläufige) Insolvenzverfahren auch in Eigenverwaltung abwickeln zu dürfen, um so nicht der Befürchtung nachgeben zu müssen, mit dem Insolvenzantrag die „Herrschaft im eigenem Hause“ zu verlieren. 32 Dem Insolvenzschuldner, der den frühzeitigen Insolvenzantrag wegen (nur) drohender Zahlungsunfähigkeit stellt (§ 18 InsO) werden daher die sprichwörtlichen „goldenen Brücken“ gebaut. 33 Diese Intention des Gesetzes macht es jedoch erforderlich, zu differenzieren: Im Insolvenzeröffnungsverfahren, also unmittelbar nach Antragstellung durch den Insolvenzschuldner wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und gleichzeitiger Stellung des Antrages auf (vorläufige) Eigenverwaltung dürfte das Gericht, liegen nicht offensichtlich die Insolvenzantragsgründe der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder der Überschuldung (§ 19 InsO) vor, zunächst an die Angaben des Schuldners, nur drohend zahlungsunfähig zu sein, gebunden sein. Eine Überprüfungsmöglichkeit jedenfalls steht dem Gericht in diesem Verfahrensstadium in der gebotenen Eile regelmäßig nicht zur Seite. Da das Gericht als Grundlage seiner Entscheidung nur „bekannte Umstände“ würdigen darf (§ 270b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO, vgl. dort Rn. 17) und sich die
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6 „Goldene Brücken“: Möglichkeit der Rücknahme des Insolvenzantrags
vorherige Einholung eines Sachverständigengutachtens (§ 5 Abs. 1 Satz 2 InsO) verbietet (§ 270b InsO Rn. 19), sind für die Frage, ob dem Schuldner Gelegenheit zur Rücknahme seines Antrages zu geben ist, dessen Angaben grundsätzlich ungeprüft zugrunde zu legen, solange und soweit diese nicht offenkundig unzutreffend sind. Im Stadium des Insolvenzeröffnungsverfahrens ist dies für den Schuldner je- 34 doch von nicht nennenswerter Bedeutung, da er auch nach Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters seinen als Eigenantrag gestellten Insolvenzantrag ohne entsprechenden Hinweis des Gerichts jederzeit zurücknehmen kann. Problematisch wird dies für den Schuldner erst dann, wenn das Insolvenzge- 35 richt auf seinen wegen drohender Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) gestellten Insolvenzantrag zunächst entsprechend reagiert und ebenfalls antragsgemäß einen vorläufigen Sachwalter, diesen jedoch parallel auch zum Sachverständigen bestellt. Legt nun der Sachverständige sein Gutachten vor, und kommt er darin zu dem Ergebnis, dass der Insolvenzschuldner – jedenfalls zu diesem Zeitpunkt – zahlungsunfähig (§ 17 InsO) oder überschuldet (§ 19 InsO) ist und zudem Erkenntnisse – auch aus den Feststellungen des Sachverständigen – vorliegen, die nach § 270f InsO i. V. m. §§ 270b, e InsO der Eröffnung des Verfahrens in Eigenverwaltung entgegenstehen, so hat das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren durch Beschluss zu eröffnen und einen Insolvenzverwalter zu bestellen, ohne dem Schuldner in dieser Situation einen Hinweis nach § 270c Abs. 5 InsO erteilen und Gelegenheit zur Rücknahme des Insolvenzantrages geben zu müssen. Die Voraussetzung des § 270c Abs. 5 InsO liegen in diesem Fall nicht vor.
§ 270d InsO – Schutzschirmverfahren § 270d Schutzschirmverfahren (1) 1Hat der Schuldner mit dem Antrag eine mit Gründen versehene Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalts oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation vorgelegt, aus der sich ergibt, dass drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, aber keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist, so bestimmt das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans. 2Die Frist darf höchstens drei Monate betragen. (2) 1Der Aussteller der Bescheinigung nach Absatz 1 darf nicht zum vorläufigen Sachwalter bestellt werden. 2Der Schuldner kann dem Gericht Vorschläge für die Person des vorläufigen Sachwalters unterbreiten. 3Das Gericht kann von einem Vorschlag des Schuldners nur abweichen, wenn die vorgeschlagene Person offensichtlich für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist; dies ist vom Gericht schriftlich zu begründen. 801
§ 270d InsO – Schutzschirmverfahren
(3) Das Gericht hat Maßnahmen nach § 21 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 anzuordnen, wenn der Schuldner dies beantragt. (4) 1Der Schuldner oder der vorläufige Sachwalter haben dem Gericht den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen. 2Nach Aufhebung der Anordnung nach Absatz 1 oder nach Ablauf der Frist entscheidet das Gericht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Übersicht 1.
2. 3. 4. 5.
6.
7. 8.
Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG ...................................... 1 Zweck der Vorschrift ..................... 4 Antrag und Zeitpunkt der Antragstellung ............................................ 6 Antragsvoraussetzungen ............. 10 Person des Ausstellers der Bescheinigung ................................... 18 a) Qualifikation und Erfahrungsnachweis ....................... 19 b) Unabhängigkeit ..................... 25 (Pflicht-)Inhalt der Bescheinigung .............................................. 32 a) Grundlagen ............................ 32 b) Angaben zum Sanierungskonzept .................................. 35 c) Fristbestimmung – Notwendigkeit einer Liquiditätsvorschau ................................. 41 d) Zusammenfassung des materiellen und formellen Pflichtinhalts .................................... 46 Aktualität der Bescheinigung ...... 50 Rechtsfolge des Antrages ............ 55 a) Zulässiger Antrag .................. 55
aa) Grundlagen ................... 55 bb) Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses ......................... 58 cc) Sicherungsmaßnahmen ................................ 61 dd) Einsetzung eines vorläufigen Sachwalters ..... 64 ee) Berichtspflichten und Bestellung eines Sachverständigen .................. 78 ff) Frist zur Vorlage des Insolvenzplans .............. 90 gg) Veröffentlichung des Beschlusses .................... 93 b) Unzulässiger Antrag ............. 95 9. Beendigung des Schutzschirmverfahrens ..................................... 99 a) Beendigung durch Eröffnungsbeschluss .................... 100 b) Beendigung vor Verfahrenseröffnung (Ablauf der Frist zur Vorlage des Plans) ........ 102 10. Exkurs: Haftung des Ausstellers der Bescheinigung für eine fehlerhafte Bescheinigung ................... 110
1. Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG 1 § 270d InsO übernimmt überwiegend wortgleich die bisherige Vorschrift des § 270b InsO a. F. (i. d. F. des ESUG) und setzt damit das sog. Schutzschirmverfahren fort (BT-Drucks. 19/24181, S. 207). Neuerungen oder Änderungen des Schutzschirmverfahrens gegenüber der Vorgängerfassung sind daher vom Gesetzgeber weder beabsichtigt noch veranlasst. Für die Auslegung des § 270d InsO ist daher nach wie vor auf die Gesetzesbegründung zum ESUG zurückzugreifen. 2 § 270b InsO a. F. (i. d. F. des ESUG) war ein zentraler Baustein der ESUG-Reform und stellte dem Schuldner in dem Zeitraum zwischen Antragstellung und
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2. Zweck der Vorschrift
Verfahrenseröffnung erstmals ein eigenständiges Sanierungsverfahren zur Verfügung, wie es sich in der Gesetzesbegründung zum ESUG (BR-Drucks. 127/ 11, S. 61) las. Tatsächlich stellt das Schutzschirmverfahren lediglich ein Moratorium dar, während dessen der Schuldner die Sanierung unter dem Schutzmantel der Insolvenzordnung vorbereiten kann. Abgeschlossen wird die Sanierung erst, wenn sie denn gelingt, nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, weshalb § 270d InsO tatsächlich lediglich eine sanierungsvorbereitende (Desch, BB 2011, 841; Hofmann, NZI 2010, 798) Ausprägung des Insolvenz(-eröffnungs-)verfahrens, aber eben immer noch ein förmliches Insolvenzverfahren ist. Dass der Gesetzgeber das Schutzschirmverfahren in § 270d InsO unverändert 3 und ohne Anpassung der Zugangsvoraussetzungen neben der qualitativ stärker fokussierten isolierten Eigenverwaltung hat bestehen lassen, überrascht angesichts der Ergebnisse der ESUG-Evaluation (ESUG-Evaluationsbericht, S. 104 ff.), die zu dem Ergebnis gekommen ist, dass das Schutzschirmverfahren die an es gestellten Erwartungen nicht erfüllt hat, weshalb die Evaluierungskommission empfohlen hat, auf das Verfahren insgesamt zu verzichten (ESUGEvaluationsbericht, S. 107). 2. Zweck der Vorschrift Das Schutzschirmverfahren ist nicht als vollständiges Moratorium (kein Kün- 4 digungsschutz für Verträge, kein Schutz vor Fälligstellung durch Gläubiger, vgl. BT-Drucks. 17/5712, S. 40), wohl aber als Vollstreckungsschutzverfahren für die Dauer des Insolvenzeröffnungsverfahrens ausgestaltet, während dessen der Schuldner unter dem Schutz der InsO und etwaig anzuordnender Sicherungsmaßnahmen (nunmehr in § 270c Abs. 3 InsO) die nötige Zeit erhalten soll, einen Sanierungsplan aufzustellen und diesen in dem rechtlichen Kleid des Insolvenzplans bei Gericht einzureichen. Das Verfahren stellt dabei nach Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) eine Alternative zu der präventiven Restrukturierung nach StaRUG dar (zu der Entscheidung zwischen beiden Verfahrensalternativen im Gläubigerinteresse vgl. § 1 StaRUG Rn. 13; Vorbm. § 32 StaRUG Rn. 23 ff.). Ein solches Verfahren, dass die Vorbereitung eines „Prepacked Plan“ bereits unter dem Schutzschirm der InsO erlaubt, war bis zum Inkrafttreten des ESUG in der InsO ohne Vorbild. Pate gestanden für das Schutzschirmverfahren haben neben der britischen Administration Procedure vor allem das US-amerikanische Chapter 11-Verfahren. Der Gesetzgeber hielt es für nötig, dem Schuldner das erforderliche Vertrauen in das Verfahren dadurch zu erleichtern, dass die Eigenverwaltung, der Insolvenzplan und die von ihm selbst getroffene Auswahl des (vorläufigen) Sachwalters gewährleistet würden. In der Gesetzesbegründung des ESUG (BT-Drucks. 17/ 5712, S. 40) heißt es insoweit: „Mit § 270b InsO wird dem Schuldner im Zeitraum zwischen Eröffnungsantrag und Verfahrenseröffnung ein eigenständiges Sanierungsverfahren zur Verfügung gestellt. Wenn lediglich eine drohende Zahlungsunfähigkeit oder eine Überschuldung vorliegt, der Schuldner aber nicht zahlungsunfähig ist, kann er mit dem Verfahren des § 270b InsO Rechtssicherheit erhalten. Er hat
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§ 270d InsO – Schutzschirmverfahren die Chance, im Schutz eines besonderen Verfahrens in Eigenverwaltung einen Sanierungsplan zu erstellen, der anschließend durch einen Insolvenzplan umgesetzt werden soll. Damit wird das Vertrauen der Schuldner in das Insolvenzverfahren gestärkt und gleichzeitig ein Anreiz geschaffen, frühzeitig einen Eröffnungsantrag zu stellen, um rechtzeitig die Weichen für eine Sanierung des schuldnerischen Unternehmens zu stellen.“
5 Trotz der starken Ausrichtung des Verfahrens an den Schuldnerinteressen, spielt auch die frühzeitige und in der Regel noch vor Antragstellung gebotene Einbeziehung der Gläubiger und Kooperation mit den Gläubigern für das Gelingen des Verfahrens eine große Rolle. Dies nicht zuletzt, weil auch im Schutzschirmverfahren die Letztentscheidungskompetenz bei diesen verbleibt. Dies nicht nur bei der Abstimmung über den vorzulegenden Insolvenzplan, sondern auch in Bezug auf die Frage, ob das Schutzschirmverfahren überhaupt durchgeführt werden soll. Nach § 270e Abs. 1 Nr. 4 Alt. 2 InsO ist das Schutzschirmverfahren nämlich aufzuheben, wenn der Gläubigerausschuss dies – ohne jede nötige Begründung – beantragt. Der Gesetzgeber sieht das Schutzschirmverfahren nach wie vor als ein Kooperationsverfahren (vgl. zu Kooperationspflichten bei der Sanierung von Unternehmen ausführlich Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz [Habil. 1999]) zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern und hat es vor allem solchen Schuldnern zugedacht, „die sich in Abstimmung und mit Unterstützung ihrer zentralen Gläubiger in einem Insolvenzverfahren sanieren wollen“ (BT-Drucks. 17/5712, S. 40). Dass eine solche Kooperation und ein solcher Konsens zwischen Gläubiger und Schuldner bei der Einleitung eines Insolvenzverfahrens wünschenswert und in anderen Rechtsordnungen mit einer ausgeprägten Sanierungskultur (vgl. Vallender, NZI 2010, 838) auch realisierbar ist, steht außer Frage. Die Wahrnehmung des Insolvenzverfahrens in Deutschland war bis zum Inkrafttreten des ESUG jedoch (noch) eine andere (vgl. z. B. Eidenmüller, ZIP 2010, 649, 651 f.; Andres/Grund, NZI 2007, 137, 138). Dass ferner das ESUG angetreten ist, gerade diese Missstände zu beseitigen, und die InsO von ihrem Stigma, Zerschlagungsordnung zu sein, zu befreien, ist ebenso richtig. Durch das SanInsFoG wird dieser Weg nun weiter beschritten und der Sanierungsgedanke des Insolvenzrechts weiter gestärkt, auch wenn mit dem StaRUG ein außerinsolvenzliches Sanierungsverfahren hinzukommt, das das Potenzial hat, die Wahrnehmung der InsO als Sanierungsordnung zu gefährden (vgl. Hölzle, ZIP 2017, 1307; ders., ZIP 2020, 585). 3. Antrag und Zeitpunkt der Antragstellung 6 Das Schutzschirmverfahren wird nur auf Antrag des Schuldners eingeleitet. Der Insolvenzantrag des Schuldners muss daher nicht nur nach § 270f InsO den Antrag auf Eröffnung des Verfahrens in Eigenverwaltung enthalten, sondern unter Hinweis auch auf § 270d InsO um den Antrag ergänzt werden, eine gerichtliche Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans zu bestimmen (zur Fristbemessung vgl. Rn. 92).
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4. Antragsvoraussetzungen
Das Gesetz und weder die Gesetzesbegründung des ESUG noch diejenige 7 des SanInsFoG verhalten sich allerdings dazu, wann der Schuldner den Antrag nach § 270d Abs. 1 InsO zu stellen hat bzw. wie lange er diesen stellen darf. Das könnte nahelegen, dass der Antrag zu jedem Zeitpunkt des laufenden Insolvenzeröffnungsverfahrens gestellt werden kann. Dafür spräche, dass es sich um einen eigenständigen Antrag auf Durchführung des Eröffnungsverfahrens in einer besonderen Verfahrensart handelt, der von dem Eröffnungsantrag und dem Antrag auf Eigenverwaltung unabhängig ist (Undritz, in: K. Schmidt, InsO, § 270b Rn. 2). Die Ziele und die gesetzliche Systematik des Schutzschirmverfahrens verbieten 8 jedoch einen späteren Wechsel in diese Art des vorgelagerten Sanierungsvorbereitungsverfahrens. Ist einmal ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und sind entsprechende Sicherungsanordnungen nach §§ 21, 22 InsO getroffen, so ist der Weg in das Schutzschirmverfahren verschlossen und ein nachträglicher Antrag unzulässig. Die Fristbestimmung zur Vorlage eines Insolvenzplans, die Ersetzung des vorläufigen Insolvenzverwalters durch einen vom Schuldner benannten vorläufigen Sachwalter und das Ziel, in kooperativem Zusammenwirken zwischen dem Schuldner und seinen zentralen Gläubigern eine Sanierungsstrategie zu entwickeln, verlieren ihren Sinn, wenn das Insolvenzverfahren einmal als fremdverwaltetes Insolvenzeröffnungsverfahren in Gang gesetzt ist. Obwohl dies dem Wortlaut der Norm nicht unmittelbar zu entnehmen ist, ist § 270d InsO insoweit teleologisch zu reduzieren. Dasselbe gilt, wenn das Verfahren als isoliertes Eigenverwaltungsverfahren 9 nach §§ 270a, b InsO eingeleitet ist. Der wesentliche Unterschied des Schutzschirmverfahrens gegenüber dem isolierten Eigenverwaltungsverfahren besteht einerseits darin, dass dem Schuldner die Frist zur Einreichung eines Insolvenzplans gesetzt wird, was für die Einreichung eines solchen Plans aber freilich nicht erforderlich ist. Diese steht dem Schuldner jederzeit frei. Andererseits, und dies war in der Vergangenheit häufig das ausschlaggebende Kriterium für die Wahl dieses Verfahrens, steht es dem Schuldner frei, den Sachwalter „mitzubringen“, darf nämlich das Gericht von einem Vorschlag des Schuldners nur aus den im Gesetz genannten Gründen abweichen (vgl. Rn. 64). Ist das Verfahren aber einmal als isoliertes Eigenverwaltungsverfahren eingeleitet und ein vorläufiger Sachwalter bestellt, kann dieser nur noch aus wichtigem Grund entlassen werden (§§ 274 Abs. 1, 59 Abs. 1 InsO), weshalb das Vorschlagsrecht des Schuldners hierhinter zurücktreten muss. Einen Mehrwert oder überhaupt einen verfahrensrechtlichen Unterschied hat das Schutzschirm- gegenüber dem isolierten Eigenverwaltungsverfahren nach Einleitung nicht mehr, weshalb eine spätere Antragstellung auch in diesem Fall ausgeschlossen bleibt. 4. Antragsvoraussetzungen Das Schutzschirmverfahren steht grundsätzlich jedem Insolvenzschuldner, 10 gleich welcher Rechtsform und damit Kapital- und Personengesellschaften ebenso offen wie natürlichen Personen. 805
§ 270d InsO – Schutzschirmverfahren
11 Der Antrag auf Durchführung des Schutzschirmverfahrens ist dabei nur zulässig, wenn der Schuldner den Insolvenzantrag als Eigenantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung stellt. Liegen konkurrierende Insolvenzanträge des Schuldners und eines Gläubigers und der Gläubigerantrag wegen glaubhaft gemachter Zahlungsunfähigkeit vor, so ist der Schutzschirmantrag unzulässig. Zum einen ist das Gericht nicht berufen, vor der Entscheidung über den Schutzschirmantrag sachverständig prüfen zu lassen, ob die Glaubhaftmachung des Gläubigers sich bestätigt (vgl. BT-Drucks. 17/5712, S. 41, l. Sp. oben), zum anderen verliert das Schutzschirmverfahren bei konkurrierenden Schuldner- und Gläubigeranträgen das in der Gesetzesbegründung als wesentlich herausgestellte konsensuale Element. 12 Da es sich bei dem Schutzschirmverfahren nach § 270d InsO insbesondere in der Fassung des SanInsFoG um eine besondere Ausprägung des Eigenverwaltungsverfahrens handelt (so auch Undritz, in: K. Schmidt, InsO, § 270b a. F. Rn. 7 im Anschluss an Hölzle, ZIP 2012, 855) und die Unterschiede – mit Ausnahme des „mitgebrachten Sachwalters“ zwischen Schutzschirm und isolierter Eigenverwaltung weitgehend aufgehoben wurden (vgl. Frind, ZIP 2021, 171), muss der Schutzschirmantrag sämtliche Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 270a InsO erfüllen, insbesondere also eine vollständige und schlüssige Eigenverwaltungsplanung enthalten (vgl. §§ 270, 270a InsO Rn. 15 ff.). 13 Da der Schutzschirmantrag zudem auf die Abwicklung des Insolvenzverfahrens im Insolvenzplanverfahren (§ 1 Satz 1 InsO) ausgerichtet ist, setzt das Schutzschirmverfahren voraus, dass der Schuldner einen Insolvenzplan jedenfalls zur Sanierung von Teilen seines Unternehmens („Teilsanierungsplan“) anstrebt. Aus diesem Grunde ist, obwohl im Tatbestand nicht ausdrücklich genannt, zwingende Voraussetzung für den Eintritt in das Schutzschirmverfahren, dass der Schuldner einen noch nicht eingestellten Geschäftsbetrieb unterhält und im Rahmen des als Bestandteil der Eigenverwaltungsplanung vorzulegenden Eigenverwaltungskonzepts jedenfalls die Teilsanierung des Unternehmens als Ziel darstellt. Tatbestandliche Anknüpfung hierfür ist das in § 270d Abs. 1 Satz 1 InsO ausdrücklich genannte Erfordernis, dass die Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos sein darf, was nur bei einem werbenden Geschäftsbetrieb der Fall sein kann und nur bei einem auf die Sanierung jedenfalls von Teilen des Geschäftsbetriebs ausgerichteten Verfahren Sinn macht. 14 Im geschriebenen Tatbestand setzt § 270d Abs. 1 InsO für den Eintritt in das Schutzschirmverfahren voraus, dass der Schuldner lediglich drohend zahlungsunfähig oder überschuldet und eben die Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Eine im Antragszeitpunkt bereits vorliegende Zahlungsunfähigkeit schließt das Schutzschirmverfahren aus, die nachträglich eintretende beendet es aber nicht (mehr) automatisch, was einer durch den Rechtsausschuss (BT-Drucks. 17/7511, S. 37) noch eingebrachten Änderung des Gesetzesentwurfs des ESUG zu verdanken ist. Ist der Schuldner bereits vor Antragstellung einmal zahlungsunfähig gewesen und hat er diese Zahlungsunfähigkeit durch ein kurzfristiges Moratorium beseitigt, so bleibt der Schutzschirmantrag un806
4. Antragsvoraussetzungen
zulässig, wenn das Moratorium kurz nach der Antragstellung ausläuft und nicht sämtliche Gläubiger ausdrücklich bestätigt haben, einer Verlängerung zuzustimmen (AG Erfurt, ZInsO 2012, 944; dazu Siemon, ZInsO 2012, 1045; vgl. auch Frind, ZInsO 2012, 1099). Stellt der Schuldner den Antrag auf Durchführung des Verfahrens in Eigen- 15 verwaltung ergänzt um den Schutzschirmantrag nach § 270d InsO, so werden die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 270b Abs. 1 Satz 1 InsO um die weiteren, ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale des fehlenden Eintritts der Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO und der Ausrichtung der Eigenverwaltungsplanung jedenfalls auf eine Teilsanierung des noch werbenden Geschäftsbetriebes ergänzt, die in der isolierten Eigenverwaltung gerade nicht Voraussetzung ist (vgl. §§ 270, 270a InsO Rn. 33). Die Antragsvoraussetzungen, nämlich die Tatsache, dass der Schuldner nicht 16 zahlungsunfähig i. S. d. § 17 InsO, der Geschäftsbetrieb nicht eingestellt, die Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos und im Rahmen eines jedenfalls (Teilsanierungs-)Insolvenzplans angestrebt ist, müssen durch Bescheinigung einer fachkundigen Stelle nachgewiesen werden, wobei fachkundige Stelle ein „insolvenzerfahrener“ Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder eine ähnliche Person sein kann. Die Erweiterung um „ähnliche Personen“ dient dabei im Wesentlichen dem Erhalt der Europarechtskonformität dadurch, dass auch vergleichbare Qualifikationen aus anderen EU-Staaten anzuerkennen sind. Die Bescheinigung muss in formell und materiell genügender Form gemeinsam mit dem Antrag dem Gericht vorgelegt werden. Um Form und Inhalt einer solchen Bescheinigung ranken sich jedoch nach wie vor vielfältige Probleme. Fehlt es an einer formell und materiell genügenden Bescheinigung, ist der Antrag auf Durchführung des Verfahrens als Schutzschirmverfahren unzulässig (AG Erfurt, ZInsO 2012, 1045; AG München, ZIP 2012, 1308). Da es sich bei dem Schutzschirmantrag indes um einen von dem Insolvenzantrag und von dem Antrag, das Verfahren in Eigenverwaltung zu eröffnen, unabhängigen Antrag handelt, bleiben diese beiden Anträge von der Unzulässigkeit des Schutzschirmantrages infolge fehlender oder unzureichender Bescheinigung nach § 270d Abs. 1 Satz 1 InsO unberührt. Das Insolvenzgericht hat daher nach wie vor über den Eröffnungsantrag und darüber zu entscheiden, ob nach § 270b Abs. 1 InsO (nur) ein vorläufiger Sachwalter bestellt werden soll. Eine dem § 270c Abs. 5 InsO entsprechende Vorschrift kennt § 270d InsO 17 nicht. Will das Insolvenzgericht den Schutzschirmantrag zurückweisen, so muss es den Schuldner hierauf nicht gesondert hinweisen und ihm auch keine Gelegenheit geben, den Antrag zurückzunehmen. Jedoch soll das Insolvenzgericht, sofern der Charakter des Eröffnungsverfahrens als Eilverfahren dies zulässt, dem Schuldner regelmäßig Gelegenheit geben, die Bescheinigung innerhalb kurz bemessener Frist nachzubessern (so auch Schmidt/Linker, ZIP 2012, 963, 964). Was für die Zulässigkeit des Insolvenzantrages insgesamt gilt (vgl. § 13 InsO Rn. 28), kann für die Ergänzung des Antrages, das Verfahren in einer
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§ 270d InsO – Schutzschirmverfahren
besonderen Verfahrensart zu führen, nicht an strengere Maßstäbe geknüpft werden. 5. Person des Ausstellers der Bescheinigung 18 Schon vor Inkrafttreten des ESUG war kontrovers diskutiert worden, welche Anforderungen an die Person des Ausstellers der Bescheinigung zu stellen sind (vgl. dazu ausführlich bereits Hölzle, ZIP 2012, 158 ff.; Buchalik, ZInsO 2012, 349; Schmidt/Linker, ZIP 2012, 963). Auch heute sind längst nicht alle Zweifelsfragen geklärt; der Fundus an Entscheidungen ist nach wie vor begrenzt. a) Qualifikation und Erfahrungsnachweis 19 Das Gesetz spricht von einem insolvenzerfahrenen Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwalt oder einer ähnlichen Person. Die Berufsträgereigenschaft allein ist daher weder ausreichend noch erforderlich, weil es über die Öffnung für „sonstige Personen“ außerhalb der ausdrücklich benannten Berufsträgereigenschaften, wozu neben berufsrechtlichen Qualifikationen aus anderen EU-Mitgliedstaaten sicherlich z. B. auch vereidigte Buchprüfer gehören, im Schwerpunkt auf die Erfahrung in Insolvenzsachen ankommt. In der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/5712, S. 62) heißt es insoweit lediglich zu den sonstigen, ähnlich qualifizierten Personen: „auch diese Personen müssen jedoch über Erfahrung in Insolvenzsachen verfügen“ (kritisch zu den gesetzlichen Vorgaben Hirte, ZInsO 2011, 401). 20 Ein gesetzliches Leitbild für den Nachweis besonderer Erfahrungen in Insolvenzsachen gibt es nur an einer Stelle, nämlich in der Fachanwaltsordnung (FAO) für Rechtsanwälte und dem dortigen Anforderungskatalog an die theoretischen Kenntnisse und die praktischen Erfahrungen des Fachanwalts für Insolvenzrecht. Dass sich diese Anforderungen aber unreflektiert verallgemeinern ließen, dürfte nur schwerlich anzunehmen sein, zumal es für den Inhalt der Bescheinigung nur auf einen Ausschnitt aus dem erforderlichen Wissens- und Erfahrungsspektrum ankommt, das wiederum für die Erlangung der Qualifikation eines „Fachanwalts für Insolvenzrecht“ rechtspraktisch nicht gesondert nachgewiesen werden muss. 21 Mangels klar definierbarer Referenzkennzahlen muss der die Bescheinigung ausstellende Berater dem Gericht gegenüber seine Erfahrung in Insolvenzsachen im Allgemeinen und bei der Ermittlung von Insolvenzgründen sowie der Beurteilung von Sanierungskonzepten im Besonderen konkret nachweisen. Da es sich bei dem Erfordernis der Vorlage einer (ordnungsmäßigen) Bescheinigung um eine Zulässigkeitsvorrausetzung handelt und der Beschluss des Gerichts im Eilverfahren getroffen wird, ist das Gericht hier zu eigenen Nachforschungen hinsichtlich der Qualifikation des Ausstellers nach § 5 Abs. 1 InsO nicht verpflichtet (ebenso Gutmann/Laubereau, ZInsO 2012, 1861; Undritz, in: K. Schmidt, InsO § 270b Rn. 6; a. A. Vallender, GmbHR 2012,
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5. Person des Ausstellers der Bescheinigung
450), sondern darf auf die ihm bekannten und bekannt gemachten Tatsachen zurückgreifen (gerade dies ist von dem dem Gericht zustehenden Beurteilungsund Ermessensspielraum gedeckt, vgl. Ganter, in: MünchKomm-InsO, § 5 Rn. 20; Gerhardt, in: Jaeger, InsO, § 5 Rn. 2). Sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht glaubhaft gemacht, ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen. Es obliegt daher dem Schuldner bzw. dem Aussteller der Bescheinigung, der Bescheinigung einen entsprechenden Erfahrungsnachweis des nicht gerichtsbekannten Ausstellers sogleich beizufügen, der sich inhaltlich an den konkreten Zielen und dem Zweck der Bescheinigung orientiert. Trotz des allgemeinen Wortlauts des Gesetzes, wonach die Erfahrung „in In- 22 solvenzsachen“ nachzuweisen ist, wird es dabei ausschließlich auf die konkrete Erfahrung in der Feststellung von Insolvenzgründen und der Beurteilung von Sanierungsaussichten für Unternehmen der betroffenen Größenklasse ankommen. Ein Rechtsanwalt z. B., der bislang ausschließlich als Insolvenzverwalter/Treuhänder in Verbraucherinsolvenzverfahren tätig gewesen (und ggf. darüber auch Fachanwalt für Insolvenzrecht geworden) ist, dürfte damit nicht die für die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 270d Abs. 1 InsO z. B. für ein mittelständisches produzierendes Unternehmen mit 500 Mitarbeitern erforderliche Erfahrung nachweisen können. Vielmehr muss sich der Erfahrungsnachweis nach der Intention des Gesetzes beziehen auf die betriebswirtschaftlichen und rechtlichen, praktisch erworbenen Fertigkeiten zur Aufstellung von Überschuldungsbilanzen und Liquiditätsplänen nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen sowie die Erstellung und Beurteilung von Sanierungskonzepten, wobei sicherlich der Sanierungsstandard des IdW S6 ein Leitbild (vgl. die dazu einschlägige Rechtsprechung, z. B. BGH, ZIP 2013, 894, dazu EWiR 2013, 555 [Hölzle], OLG Köln, GmbHR 2010, 251, mit Anm. Blöse, GmbHR 2010, 254; dazu auch Gehle, DB 2010, 1051; siehe auch § 6 StaRUG Rn. 8) darstellt. Zwar verlangt der ESUG-Gesetzgeber (BT-Drucks. 17/5712, S. 62) aus Kosten- 23 gründen und um auch kleineren Unternehmen den Eintritt in das Verfahren zu eröffnen, ausdrücklich kein „umfassendes Sanierungsgutachten“ als Inhalt der Bescheinigung, jedoch kann die Sanierungseignung eines Unternehmens nur dann zuverlässig beurteilt werden, wenn der Beurteilende über die hinlängliche Erfahrung im Umgang mit dem jedenfalls später zu erstellenden Sanierungsgutachten verfügt. Im Übrigen ist bereits der Ansatz des Gesetzgebers fraglich, weil im weiteren Verlauf des Verfahrens die Arbeit zur Ermittlung der Krisenursachen, zur Erarbeitung des Leitbilds des sanierten Unternehmens und zur Feststellung der geeigneten Sanierungsmaßnahmen im Rahmen der Erstellung des Insolvenzplans ohnehin geleistet werden muss. Die Kosten dafür fallen deshalb in jedem Falle an. Der Umfang der Tätigkeit ist dabei immer an der Größe des Unternehmens auszurichten, was auch bereits bei der Erstellung auch eines vorgreiflichen, der Bescheinigung zugrunde liegenden Sanierungskonzepts gelte.
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§ 270d InsO – Schutzschirmverfahren
24 Weder einem jeden Fachanwalt für Insolvenzrecht, noch viel weniger einem jeden Steuerberater, auch nicht dem Fachberater für Sanierung und Insolvenzverwaltung (Deutscher Steuerberaterverband, DStV), ist vor diesem Hintergrund die erforderliche Erfahrung zu unterstellen. Bei Letzteren folgt dies schon daraus, dass der Titel ausschließlich an den erfolgreichen Abschluss einer theoretischen Ausbildung anknüpft und keinerlei praktische Erfahrung oder Tätigkeit in diesem Tätigkeitsfeld erfordert. Gerade die praktische Erfahrung aber ist bei der Beurteilung von Sanierungsaussichten unerlässlich. b) Unabhängigkeit 25 Schließlich wird der Aussteller der Bescheinigung über § 270d Abs. 1 InsO zum – jedenfalls mittelbar – Verfahrensbeteiligten, da er mit seiner Bescheinigung wesentlichen Einfluss auf den möglichen Ablauf des Insolvenz(-eröffnungs-)verfahrens nimmt. Damit ist auch der Aussteller der Bescheinigung, wie jeder andere Verfahrensbeteiligte auch, den vorrangigen Zielen der InsO und des Insolvenzverfahrens unterworfen. 26 Vor diesem Hintergrund liegt die Überlegung nahe, an den Aussteller der Bescheinigung dieselben Anforderungen an dessen Unabhängigkeit zu stellen, wie an einen (vorläufigen) Insolvenzverwalter auch. Eine Regelung dazu fehlt im Gesetz allerdings ebenso wie eine Stellungnahme in der Gesetzesbegründung. 27 Dieses Fehlen einer gesetzlichen Aussage über die Anforderungen an die Person des Ausstellers und dessen Unabhängigkeit provoziert die Frage nach einer entsprechenden Anwendung des § 56 InsO (dafür bereits Hölzle, ZIP 2012, 158, 161 f.; dem folgend AG München, ZIP 2012, 789, dazu EWiR 2012, 465 [Hölzle]; AG München, ZIP 2012, 1308; Pape, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 270b Rn. 42; a. A. Buchalik, ZInsO 2012, 349, 351; Schmidt/Linker, ZIP 2012, 963, 964; Undritz, in: K. Schmidt, InsO, § 270b Rn. 6 a. E.). 28 Das Schutzschirmverfahren nach §§ 270, 270a, 270b, 270c, 270d InsO dient der (frühzeitigen) Erarbeitung eines Insolvenzplans unter dem Schutze eines Moratoriums. Der Insolvenzplan ist eine von dem Regelverfahren der Liquidation abweichende Art der Verwertung des schuldnerischen Vermögens im Interesse der Gläubiger (§ 1 InsO). Eine Schlechterstellung von Gläubigern, also die Reduzierung der Befriedigungsaussichten im Insolvenzplanverfahren gegenüber der Regelabwicklung, ist wegen § 245 InsO grundsätzlich nur bei Zustimmung aller betroffenen Insolvenzgläubiger möglich. Soll die Sanierung im Insolvenzplanverfahren unter Inanspruchnahme solch weitergehender Zugeständnisse der Gläubiger durchgeführt werden, so müsste sich bereits die Bescheinigung über die Sanierungseignung des Unternehmens zu der Frage des zu erwartenden Zustimmungsquorums substantiiert verhalten. Schweigt die Bescheinigung dazu, ist zu unterstellen, dass der Insolvenzplan zu einer Quotenverbesserung für die einfachen, ungesicherten Gläubiger im Rang des
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6. (Pflicht-)Inhalt der Bescheinigung
§ 38 InsO führt und somit eine Ersetzung der Zustimmung nach § 245 InsO im Falle der Verweigerung der Zustimmung durch die Gruppe möglich wäre. Damit ist die Bescheinigung nach §§ 270d Abs. 1 Satz 1 InsO als Zulässig- 29 keitsvoraussetzung für das auf die Erarbeitung eines Insolvenzplans angelegte Schutzschirmverfahren maßgeblich nicht nur im Schuldner- sondern gerade auch im Gläubigerinteresse abzugeben. Der Versuch einer nicht offensichtlich aussichtslosen Sanierung, deren Möglichkeit bescheinigt wird, muss nämlich vor dem hier geschilderten Hintergrund grundsätzlich geeignet sein, die Befriedigungsaussichten aller Gläubiger insgesamt zu verbessern, jedenfalls aber gegenüber der Regelliquidation nicht zu verschlechtern. Auch das Schutzschirmverfahren als ein dem Insolvenzplan vorgeschaltetes Vehikel zur effizienteren Erreichung der Verfahrensziele ist ein Verfahren nach § 1 InsO, das dem Gebot der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung gehorcht und unterliegt. Die nach § 1 InsO verlangte bestmögliche Gläubigerbefriedigung soll insbesondere dadurch gewährleistet werden, dass das Verfahren dem Schuldner den Anreiz zu einer frühzeitigen Antragstellung vermittelt; es lässt sich insoweit von einer verfahrensrationalen Auslegung des Schutzschirmverfahrens sprechen. Eine Tätigkeit auch im Gläubigerinteresse setzt aber allenthalben eine neu- 30 trale Begutachtung unabhängig von Mandanteninteressen und -zielen voraus. Das aber lässt sich nur gewährleisten, wenn der Aussteller der Bescheinigung nicht im Vorfeld beratend für den Schuldner tätig gewesen ist. Aus diesem Grunde muss die Unabhängigkeit des Ausstellers der Bescheinigung in derselben Weise institutionalisiert sein, wie diejenige des (vorläufigen) Insolvenzverwalters. Die im Gesetz zu dieser Frage sich offenbarende Regelungslücke dürfte deshalb als planwidrig zu gelten haben, was angesichts der vergleichbaren Interessenlage die analoge Anwendung des § 56 InsO auf die Person des Ausstellers nicht nur rechtfertigt, sondern sogar gebietet (vgl. nochmals Hölzle, ZIP 2012, 158, 161 f.; dem folgend AG München, ZIP 2012, 789, dazu EWiR 2012, 465 [Hölzle]; AG München, ZIP 2012, 1308; Pape, in: Kübler/ Prütting/Bork, InsO, § 270b Rn. 42; a. A. Buchalik, ZInsO 2012, 349, 351; Schmidt/Linker, ZIP 2012, 963, 964; Undritz, in: K. Schmidt, InsO, § 270b Rn. 6 a. E.). Der erforderliche Qualifikations- und Erfahrungsnachweis des Ausstellers ist 31 daher um eine für die Zulässigkeit des Antrages obligatorische Negativerklärung nach § 56 InsO zu ergänzen. Insbesondere z. B. der langjährige Steuerberater des Schuldners scheidet damit als Aussteller der Bescheinigung zwangsläufig ebenso aus (AG München, ZIP 2012, 1308), wie andere Mitglieder seiner Sozietät. 6. (Pflicht-)Inhalt der Bescheinigung a) Grundlagen Das Schutzschirmverfahren des § 270d InsO war einer der Eckpfeiler der Re- 32 form des Sanierungsstatuts in Deutschland durch das ESUG (so auch der 811
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ESUG-Evaluationsbericht, S. 100). Der Gesetzgeber war deshalb um ein praxistaugliches Verfahren bemüht, für das die Eingangshürden nicht zu hoch liegen (Schmidt/Linker, ZIP 2012, 963), das aber dennoch nicht der nötigen Effizienz entbehrt und auch dem Regime der Gläubigerautonomie (vgl. § 270d Abs. 4 Satz 2 InsO) gehorcht. Dem schon vor Inkrafttreten des SanInsFoG berechtigten Bestrebungen (vgl. die Vorauflage § 270b InsO Rn. 32), trotz der auch hohen Schuldnerautonomie in diesem Verfahren missbräuchlichen Anträgen die Grundlage zu entziehen, trägt der Gesetzgeber nunmehr mit den deutlich konturierten Zugangsvoraussetzungen nach § 270a InsO, die auch im Schutzschirmverfahren nach § 270d InsO zu erfüllen sind, Rechnung. 33 Dies auch zu Recht. Denn nur, wenn das Verfahren auch weiterhin als ernsthaftes Sanierungsverfahren wahrgenommen wird, werden auch die Gläubiger das nötige Vertrauen entwickeln, an einem solchen Verfahren aktiv mitzuwirken. Das aber wiederum ist Zulässigkeitsvoraussetzung für den Antrag (vgl. Rn. 4 f.; siehe auch Rn. 37). 34 Die Bescheinigung muss daher einen gewissen Kanon an Pflichtinhalten erfüllen, um dem Gericht die Aufgabenerfüllung zu ermöglichen. Der Aussteller der Bescheinigung muss für deren Inhalt einstehen und die Richtigkeit versichern. Das entlastet zugleich das Gericht davon, den Inhalt der Bescheinigung seinerseits überprüfen lassen zu müssen, was mit dem Eilcharakter des Verfahrens nicht vereinbar wäre. Das Gericht ist auf eine Schlüssigkeits- und Plausibilitätsprüfung beschränkt (Undritz, in: K. Schmidt, InsO, § 270b Rn. 8). Die Bestellung eines Sachverständigen zur Überprüfung des Inhalts der Bescheinigung ist daher grundsätzlich unzulässig (Desch, BB 2011, 841; Schmidt/ Linker, ZIP 2012, 963, 964; Vallender, GmbHR 2012, 450, 453; a. A. Frind, ZInsO 2011, 656, 660; Obermüller, ZInsO 2011, 1809, 1818; Buchalik, ZInsO 2012, 349, 352). b) Angaben zum Sanierungskonzept 35 Der Gesetzgeber hat im Interesse niedriger Eintrittshürden klargestellt, dass er es nicht für erforderlich hält, dass zum Zwecke der Ausstellung der Bescheinigung bereits ein vollständiges Sanierungsgutachten, z. B. nach IDW S6, vorgelegt wird (BT-Drucks. 17/5712, S. 40). Er wollte damit auch kleinen Unternehmen den Eintritt in das Verfahren ermöglichen und die kostenaufwändige Erstellung eines solchen Gutachtens vermeiden. 36 Allerdings stellt der Gesetzgeber ebenso klar, dass die Bescheinigung mit Gründen versehen sein muss (BT-Drucks. 17/5712, S. 40). Wie detailliert diese Begründung sein muss, erschließt sich ausschließlich aus dem Zweck, der mit der Bescheinigung nach § 270d Abs. 1 InsO erreicht werden soll. Die Begründung der Bescheinigung ist dabei auch losgelöst von dem Eigenverwaltungskonzept (§ 270a Abs. 1 Nr. 1 InsO) zu beurteilen. Insbesondere kann Letzteres nicht die substantiierte Begründung der Bescheinigung ersetzen. Vielmehr
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6. (Pflicht-)Inhalt der Bescheinigung
baut das Konzept im Grunde erst auf der Bescheinigung auf, welche die Grundlage für die Beurteilung der Erfüllbarkeit des Konzepts liefert. Bei dem Schutzschirmverfahren handelt es sich grundsätzlich um ein kon- 37 sensuales Sanierungsverfahren, das auf Kooperation angelegt ist. Wenn ein bereits vorinsolvenzlich erreichter Konsens auch nicht Eintrittsvoraussetzung für das Verfahren ist (vgl. Rn. 4 f.), so ist die angestrebte Sanierung im Insolvenzplanverfahren jedoch von vornherein offensichtlich aussichtslos, wenn der Insolvenzplan im Sinne z. B. des § 231 Abs. 1 Nr. 2 InsO keine Aussicht auf Annahme durch die Gläubiger hat. Das Gericht ist daher berufen, bereits im Antragsverfahren nach § 270d Abs. 1 InsO auch die Voraussetzungen für die Annahme des Insolvenzplans nach § 231 InsO summarisch vorzuprüfen. Das aber ist nur möglich, wenn die Bescheinigung nach § 270d Abs. 1 Satz 1 InsO sich zu dem angestrebten Planinhalt und der beabsichtigten Sanierungsstrategie verhält, was dann im Rahmen der Darstellung des Eigenverwaltungskonzepts aufgegriffen werden kann. Diese bereits in einer die Vorprüfung erlaubenden Validität darzustellen, ver- 38 langt jedoch eine jedenfalls (1.) vorläufige Krisenursachenanalyse, verlangt nach der (2.) Definition des Leitbildes des sanierten Unternehmens und nach (3.) einer ersten Einschätzung, auf welchem Wege die Wiederherstellung der nachhaltigen Ertragsfähigkeit des Unternehmens erreicht werden soll. Die Ähnlichkeit zu den Anforderungen an die Darstellung des Sanierungskonzepts nach § 270a Abs. 1 Nr. 1 InsO verwundert nicht, da die konzeptionellen Grundlagen freilich dieselben sind. Damit ist aber jedenfalls die Gliederung eines Sanierungsgutachtens nach 39 dem Standard IDW S6 in ihren Grundzügen auch der Bescheinigung nach § 270d Abs. 1 InsO zugrunde zu legen, müssen sich mindestens ihre Inhalte im Wesentlichen auch in der Bescheinigung wiederfinden (ebenso Undritz, in: K. Schmidt, InsO, § 270b Rn. 2; Hölzle, ZIP 2012, 855); dabei sind die Komplexität des Schuldnerunternehmens und die Gläubigerstruktur zu berücksichtigen (Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 693, 696). Fehlt es daran, ist dem Gericht weder die sachgerechte Bemessung der Frist zur Vorlage des Insolvenzplans (§ 270d Abs. 1 Satz 1 InsO) noch die summarische Vorprüfung nach § 231 Abs. 1 InsO möglich, sodass ihm eine Beurteilung, ob die Sanierung offensichtlich aussichtslos ist, in einem wesentlichen Punkt unmöglich bleibt. Da insoweit aber, ähnlich wie im Anwendungsbereich des § 22a Abs. 3 InsO (vgl. dort Rn. 35) der Beibringungsgrundsatz dem Amtsermittlungsgrundsatz vorgeht, ist ein Schutzschirmantrag wegen materiell unzureichender Bescheinigung nach § 270d Abs. 1 InsO zurückzuweisen, wenn diese nicht bereits die Grundstruktur der beabsichtigten Sanierung erkennen lässt. Dabei ist selbstverständlich, dass es sich nicht um eine bereits vertiefte Dar- 40 stellung eines Sanierungskonzepts handeln muss. Vielmehr reicht es aus, wenn die Grundzüge, wie sie Eingang in eine integrierte Ertrags- und Liquiditätsplanung halten müssen, plausibel dargestellt werden. Die Darstellung in der
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§ 270d InsO – Schutzschirmverfahren
Bescheinigung entfaltet auch keine Bindungswirkung für die spätere Sanierung. Im Verlauf der Entwicklung des konkreten Sanierungskonzepts kann, darf und regelmäßig muss von der Grundstruktur auch wieder abgewichen und ein anderes Konzept zugrunde gelegt werden. Dies ändert aber freilich nichts daran, dass unabhängig von der fehlenden Bindungswirkung der Bescheinigung Änderungen in dem Eigenverwaltungskonzept nach § 270c Abs. 2 InsO jederzeit mitgeteilt werden müssen. Welche Auswirkungen dies auf den Inhalt der Bescheinigung hat, ist allerdings unerheblich, da diese mit der Zulassung des Schutzschirmverfahrens ihre Bedeutung für den weiteren Verfahrensverlauf verliert. c) Fristbestimmung – Notwendigkeit einer Liquiditätsvorschau 41 Darüber hinaus dient der Inhalt der Bescheinigung nach § 270d Abs. 1 Satz 1 InsO auch als Referenzmaßstab für die Ausübung des dem Insolvenzgericht eingeräumten Ermessens bei der Bestimmung des maximal dreimonatigen Zeitraums, der dem Schuldner zur Vorlage eines Insolvenzplans eingeräumt werden muss, § 270d Abs. 1 InsO. 42 Da das Schutzschirmverfahren einen werbenden Geschäftsbetrieb voraussetzt, ist die Ausübung dieses Ermessens dem Insolvenzgericht objektiv nur dann und insoweit möglich, als das Insolvenzgericht in die Lage versetzt wird, zu prüfen, wie lange das Unternehmen auch unter Vollstreckungsschutz in der Lage ist, seinen Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Das wiederum ist nur durch Vorlage eines jedenfalls den maximalen Zeitraum des Schutzschirmverfahrens (drei Monate) zuzüglich desjenigen maximalen Zeitraums bis zur Abstimmung über den Insolvenzplan (drei Monate) umfassenden Liquiditätsplans möglich. Denn nur wenn die Liquidität (ohne Berücksichtigung der Bedienung von Insolvenzforderungen selbstverständlich!) für diesen bis zu sechs Monate währenden Zeitraum mindestens gesichert ist, hat das Schutzschirmverfahren überhaupt Aussicht auf Erfolg. Die Bescheinigung muss daher selbst oder in der Anlage zwingend eine Liquiditätsvorausschau für mindestens die auf den Antrag folgenden sechs Monate enthalten, soll sie dem Gericht die nötige Entscheidungsgrundlage liefern. Auch das Fehlen einer solchen Liquiditätsplanung führt zur Unzulässigkeit und zur Zurückweisung des Antrages. 43 Sieht die Liquiditätsplanung besondere Einflussfaktoren vor, so soll in der Bescheinigung, um die Überprüfung durch das Gericht zu erleichtern, darauf ausdrücklich hingewiesen werden. Besondere Einflussfaktoren in diesem Sinne sind z. B. die Inanspruchnahme einer Insolvenzgeldvorfinanzierung (§ 188 Abs. 4 SGB III), die Aufnahme neuer Kreditmittel zur Überbrückung z. B. als Massekredit (vgl. § 270c Abs. 4 Satz 3 InsO i. V. m. § 55 Abs. 2 InsO), die Inanspruchnahme von Lieferantenkrediten etc. Hängt die Liquiditätsplanung und damit die Fortführungsfähigkeit des Unternehmens von solchen Einflussfaktoren ab, so sind diese für die Beurteilung der Frage, ob die Sanierung nicht „offensichtlich aussichtslos“ ist, von zentraler Bedeutung.
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6. (Pflicht-)Inhalt der Bescheinigung
Da es sich insoweit aber um eine Zulässigkeitsvoraussetzung für das vom 44 Schuldner angestrebte Verfahren handelt, kann das Gericht sich für die Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht allein auf die in den Liquiditätsplan inkorporierte Aussage des Schuldners verlassen, solche Leistungen in Anspruch nehmen zu können oder gar nur zu wollen. Die Prüfung wird dem Gericht vielmehr nur ermöglicht, wenn entsprechende Erklärungen der die Leistung erbringenden Dritten der Bescheinigung sogleich beigefügt sind (in vergleichbarem Sinne auch AG Erfurt, ZInsO 2012, 944, das zum Beleg fortwährender Stundung die ausdrückliche Zustimmung aller Gläubiger verlangt). Der Gesetzgeber, der den nötigen Pflichtinhalt der Bescheinigung überhaupt nicht geregelt hat, hat die Notwendigkeit solcher ergänzender Erklärungen entweder bewusst der Bestimmung durch die Rechtsprechung überlassen oder aber übersehen. In beiden Fällen ist der Weg für eine Analogie zu § 230 Abs. 3 InsO, wonach dem Insolvenzplan Erklärungen Dritter beizufügen sind, die für den Fall der Bestätigung des Plans Verpflichtungen übernommen haben, frei. Denn neben der bestehenden Regelungslücke ist bei analoger Anwendung der Vorschriften über den Insolvenzplan immer auch eine vergleichbare Interessenslage gegeben, da das gesamte Schutzschirmverfahren ausgerichtetes Verfahren angelegt ist. Der Bescheinigung müssen also ggf. entsprechende Anlagen, für den Fall einer 45 Insolvenzgeldvorfinanzierung also z. B. in Gestalt einer vorläufigen Zustimmungserklärung der zuständigen Agentur für Arbeit, jedenfalls aber der vorfinanzierenden Bank, beigefügt sein, da anderenfalls die verpflichtend beizufügende Liquiditätsplanung nicht valide ist und damit die Bescheinigung nach § 270d Abs. 1 InsO in materieller Hinsicht ungenügend ist. d) Zusammenfassung des materiellen und formellen Pflichtinhalts Zusammenfassend gehören zum Pflichtinhalt der Bescheinigung, die in Teilen 46 mit dem Eigenverwaltungskonzept nach § 270a Abs. 1 Nr. 1 InsO identisch ist, durch dieses aber nicht ersetzt werden kann, sondern vielmehr für die Plausibilisierung des Eigenverwaltungskonzepts vorgreiflich ist, in materieller Hinsicht daher x
die jedenfalls vorläufige Darstellung der Krisenursachen,
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die Darstellung des mit dem beabsichtigten Insolvenzplan zu erreichenden Sanierungsziels und daraus folgend das voraussichtliche Regelungsziel des Insolvenzplans (Leitbild des sanierten Unternehmens),
x
die im Plan zur Erreichung dieses Ziel voraussichtlich vorzuschlagenden Maßnahmen, also die Regelungsstruktur des Insolvenzplans (Sanierungsmaßnahmen),
x
eine Liquiditätsplanung über mind. sechs Monate, gerechnet ab dem Antragszeitpunkt und
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x
Plananlagen nach § 230 Abs. 3 InsO analog, wenn die Liquiditätsplanung oder der Insolvenzplan die Inanspruchnahme von Beiträgen Dritter vorsehen.
47 In formeller Hinsicht setzt eine ordnungsmäßige Bescheinigung voraus, dass x
der Aussteller die nötige berufliche Qualifikation aufweist,
x
die Erfahrung in der Erstellung von Sanierungskonzepten und der Prüfung von Insolvenzgründen gerichtsbekannt oder mit Vorlage der Bescheinigung nachgewiesen ist,
x
der Aussteller unabhängig i. S. d. § 56 InsO ist und der Bescheinigung eine entsprechende Erklärung beifügt.
48 Es gilt der Beibringungs-, nicht der Amtsermittlungsgrundsatz. Fehlt eine der vorgenannten Voraussetzungen bereits bei Antragstellung, ist der Antrag zurückzuweisen, wenn der Antragsteller bzw. der Aussteller der Bescheinigung nicht innerhalb kurz zu bemessender Frist Abhilfe schaffen (Schmidt/Linker, ZIP 2012, 963, 964; a. A. Frind, ZInsO 2012, 540). Das Gericht hat im Falle der Zurückweisung des Antrages nach § 270d InsO sodann lediglich über den Verzicht auf die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 270b InsO zu entscheiden. 49 Nicht nur vor diesem Hintergrund des insolvenzrechtlich gebotenen Pflichtinhalts einer Bescheinigung nach § 270d Abs. 1 InsO, sondern bereits deshalb, weil wesentliche Aussagen, die zum Pflichtinhalt der Bescheinigung zählen, sich nicht in der Bescheinigung selbst sondern in den Anlagen befinden, begegnet das vom Institut der Wirtschaftsprüfer herausgegebene Muster einer Bescheinigung nach § 270d Abs. 1 InsO gemäß dem Standard IDW S9 (abgedruckt z. B. in ZInsO 2012, 536) erheblichen Vorbehalten und Bedenken (Frind, ZInsO 2012, 540; Krauss/Lenger/Radner, ZInsO 2012, 587; ähnlich Undritz, in: K. Schmidt, InsO, § 270b Rn. 5). 7. Aktualität der Bescheinigung 50 Zuletzt bleibt die Frage zu klären, wie alt die Bescheinigung sein darf, oder besser: wie aktuell die Bescheinigung sein muss, um den Anforderungen an § 270d Abs. 1 InsO zu genügen. 51 Bei einem werbenden Geschäftsbetrieb handelt es sich um ein dynamisches Gebilde, das stetigen Änderungen unterworfen ist. Damit sind auch die Schwierigkeiten bei der Erstellung von Ertrags- und Liquiditätsvorschauen und auch von Sanierungskonzepten untrennbar verbunden. Dem Schuldner kann deshalb sicherlich nicht zugemutet werden, die Bescheinigung auf den Stichtag der Insolvenzantragstellung vorlegen zu müssen. Dies wäre angesichts des hier verlangten Pflichtinhalts auch weitgehend unmöglich.
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8. Rechtsfolge des Antrages
Dennoch ist die Bescheinigung und ist ihr Inhalt wesentlicher und das Eröff- 52 nungsverfahren bestimmender Faktor, weshalb gewährleistet sein muss, dass die bescheinigten Voraussetzungen auf den Insolvenzantragsstichtag (noch) vorliegen. Eine außerordentliche Belastung des Schuldners ist mit diesem grundsätzlichen Postulat nur sehr bedingt verbunden, weil dieser – einmal unterstellt es handelt sich um das Organ einer Kapital- oder sonst haftungsbegrenzenden Gesellschaft – in der Krise und damit der Sanierungssituation ohnehin zur gesteigerten Beobachtung und Überwachung des Unternehmens und zur Fortschreibung von Liquiditäts- und Ertragsplänen verpflichtet ist (m. w. N. Bork, ZIP 2011, 101 ff.). Das Intervall, in dem solche Fortschreibungen zu geschehen haben, hängt dabei von den Besonderheiten des Unternehmens, seines Gegenstandes und vor allem des Dynamisierungsgrades der Geschäftsvorfälle ab. Ein Unternehmen mit hohen Umschlagszahlen und kurzen Forderungslaufzeiten wird die Aktualisierung der Liquiditäts- und Ertragsvorschau in kürzeren Intervallen vornehmen müssen, als ein Unternehmen mit wenigen großvolumigen, dafür aber mittelfristig angelegten Geschäftsvorfällen. Dessen ungeachtet muss die Bescheinigung aber auch objektiv und ohne Ansehung der Besonderheiten des konkreten Unternehmens geeignet sein, die Verhältnisse des Unternehmens im Zeitpunkt des Insolvenzantrages und der Entscheidung des Gerichts abzubilden. Aus diesem Grunde ist davon auszugehen, dass dem Schuldner zumutbar, dem 53 Gericht aber objektiv noch ausreichend, eine Bescheinigung ist, die im Regelfall nicht älter als eine Woche sein sollte, wobei auf den bisherigen Turnus der Aktualisierung insbesondere der Liquiditätsplanung hinzuweisen ist, um dem Gericht eine Einschätzung der subjektiven Aktualität zu ermöglichen. Ist die Bescheinigung älter, so ist nicht zwingend eine vollständige Neuer- 54 stellung nötig, sondern ist ihr eine ergänzende Erklärung des Ausstellers beizufügen, dass sich an den bestimmenden Faktoren der Sanierungsfähigkeit und des Vorliegens lediglich einer drohenden Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung aufgrund aktueller Validierung nichts geändert hat. Darüber hinaus ist der Liquiditätsplan fortzuschreiben und mitzuteilen, ob und inwieweit sich betreffend die vom ursprünglichen Liquiditätsplan umfassten aber bereits abgelaufenen Zeiträume Abweichungen ergeben haben und welche Folgen sich daraus für die Fortschreibung und die Aussagekraft des Planes im Übrigen ergeben. 8. Rechtsfolge des Antrages a) Zulässiger Antrag aa) Grundlagen Genügt der Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Verfahrens in Eigen- 55 verwaltung den Anforderungen des § 270a InsO i. V. m. § 270b Abs. 1 Satz 1 InsO und ist der Schuldner weder bereits zahlungsunfähig im Sinne des § 17 InsO noch die (Teil-)Sanierung des Unternehmens offensichtlich aussichtslos, 817
§ 270d InsO – Schutzschirmverfahren
was sich aus einer vom Schuldner vorgelegten, den formellen und materiellen Anforderungen genügenden Bescheinigung nach § 270d Abs. 1 InsO ergibt, so wird das Eröffnungsverfahren in der besonderen Verfahrensart des Schutzschirmverfahrens geführt, woraus ein eingeschränkter Ermessensspielraum des Insolvenzgerichts in verschiedener Hinsicht folgt. 56 Soweit nicht ein vorsorglicher Widerspruch eines bereits eingesetzten vorläufigen Gläubigerausschusses (§ 22a InsO) entsprechend § 270e Abs. 1 Nr. 4 Alt. 2 InsO bzw. eines Gläubigers entsprechend § 270e Abs. 2 InsO einschließlich hinreichender Glaubhaftmachung bei Gericht eingegangen ist, x
bestellt das Gericht an Stelle eines vorläufigen Insolvenzverwalters einen vorläufigen Sachwalter nach § 270b InsO, wobei es von einem Vorschlag des Schuldners nur abweichen darf, wenn die vorgeschlagene Person „offensichtlich ungeeignet“ ist (§ 270d Abs. 2 Satz 3 InsO), und
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setzt dem Schuldner eine maximal dreimonatige Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans.
57 Die Pflicht des vorläufigen Insolvenzverwalters zur Fortführung des schuldnerischen Unternehmens (vgl. Hölzle, ZIP 2011, 1889) gilt für den Schuldner in Eigenverwaltung dabei selbstverständlich erst recht, da der Antrag mit bestehenden Sanierungsaussichten begründet worden und auf die Sanierung des Unternehmens angelegt ist. Sollen bereits im Schutzschirmverfahren Unternehmensteile abgestoßen oder der Geschäftsbetrieb teilweise eingestellt werden, so wäre eine solche Maßnahme gesondert zu beantragen und vom Insolvenzgericht zu genehmigen. bb) Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses 58 Allein der Umstand, dass das Eröffnungsverfahren als Schutzschirmverfahren geführt wird, begründet keine Verpflichtung zur Errichtung eines vorläufigen Gläubigerausschusses. Die Gesetzesbegründung geht vielmehr davon aus, dass das Schutzschirmverfahren ohne Weiteres auch möglich ist, soweit ein vorläufiger Gläubigerausschuss nicht bestellt wurde (BT-Drucks. 17/7511, S. 37). 59 Im Übrigen gelten aber die Voraussetzungen des § 22a InsO für die Frage der Einsetzung eines originären oder derivativen Pflicht- oder auch eines fakultativen vorläufigen Ausschusses unmittelbar. Weder ergibt sich aus dem Gesetz, dass im Rahmen des Schutzschirmverfahrens Besonderheiten gelten, noch würde § 270e Abs. 1 Nr. 4 Alt. 2 InsO Sinn machen, ginge der Gesetzgeber davon aus, dass im Schutzschirmverfahren ein vorläufiger Gläubigerausschuss nicht einzusetzen sein sollte (Koch, in: Kübler, HRI, § 7 Rn. 80; Undritz, in: K. Schmidt, InsO, § 270b Rn. 10; a. A. Frind, ZIP 2012, 1380, 1384).
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8. Rechtsfolge des Antrages
Das Vorschlagsrecht des Schuldners verdrängt jedoch als spezielleres Recht 60 das allgemeine Vorschlagsrecht des vorläufigen Gläubigerausschusses nach § 56a InsO. cc) Sicherungsmaßnahmen Für die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen gelten die allgemeinen Regeln 61 (vgl. § 270c InsO Rn. 12). Nach § 270c Abs. 3 InsO kann das Gericht, wie im vorläufigen Insolvenzverfahren auch, ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Antrages vorläufige Maßnahmen nach § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1a, 3 bis 5 InsO anordnen. Maßnahmen nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO (Einstellung der Zwangsvollstre- 62 ckung, vgl. dazu Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 21 Rn. 68 ff.) sind nach § 270d Abs. 3 InsO anzuordnen, wenn der Schuldner dies beantragt. Ein Ermessen steht dem Gericht in diesem Fall nicht zu. Die Möglichkeit der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen insbesondere in 63 Gestalt des Vollstreckungsschutzes und der Anordnung nach § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO, wonach Gegenstände, an denen im eröffneten Verfahren Absonderungsrechte bestehen, vom Unternehmen genutzt werden können (vgl. Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 21 Rn. 74 ff.), schaffen die Grundlage für das sanierungsvorbereitende Moratorium und gehören daher zu dem (häufig) notwendigen Kern des Verfahrens. dd) Einsetzung eines vorläufigen Sachwalters Ist der Antrag zulässig, so bestellt das Gericht einen vorläufigen Sachwalter, 64 dessen Rechtsstellung sich nach § 270b Abs. 1 InsO richtet. Wegen der in § 270c Abs. 3 InsO ausgenommenen Verweisung auf § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO ist die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters im Schutzschirmverfahren unzulässig. Zu einem grundsätzlichen Umdenken zwang das ESUG die Fachwelt dadurch, 65 dass das Gericht von einem Vorschlag des Schuldners zur Person des Sachwalters nur in Ausnahmefällen abweichen darf. Gerade das Recht, den (vorläufigen) Sachwalter „mitzubringen“, ist für das Schutzschirmverfahren in der Wahrnehmung von zentraler Bedeutung (ESUG-Evaluationsbericht, S. 100). Allerdings darf der Blick nicht allein auf die Incentivierung des Schuldners 66 gerichtet werden, sondern es müssen neben den objektiv bestimmbaren Interessen der Gläubiger auch subjektive Vertrauenshemmnisse im Auge behalten werden (ausführlich Hölzle, NZI 2010, 207 ff.; ders., NZI 2011, 124, 130). Im ersten Schritt folgt aus dieser Berücksichtigung auch des Gläubigerver- 67 trauens, dass auch der „mitgebrachte Sachwalter“ die nötige Unabhängigkeit wahren muss. § 270d Abs. 2 InsO ordnet zwar ausdrücklich an, dass die Person des vorläufigen Sachwalters vom Schuldner vorgeschlagen werden darf, dass
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§ 270d InsO – Schutzschirmverfahren
dieser aber zunächst einmal mit dem Aussteller der Bescheinigung personenverschieden sein muss; eine Klarstellung, die ebenfalls dem Rechtsausschuss zu verdanken ist. Damit soll noch einmal herausgestellt werden, dass die nach §§ 270b Abs. 1, 274, 56 InsO stets und auch im Falle des „mitgebrachten Sachwalters“ umso mehr geforderte Unabhängigkeit nicht mehr gegeben ist, wenn dieser bereits die Bescheinigung ausgestellt hat (BT-Drucks. 17/7511, S. 37) und damit im Vorfeld in einem über das nach § 56 Abs. 1 Nr. 2 InsO tolerierte Maß hinausgehenden Umfang für den Schuldner tätig gewesen ist. 68 Aus der allgemeinen Geltung des § 56 InsO folgt dann aber auch, was ohnehin selbstverständlich sein sollte, dass die Person des Ausstellers der Bescheinigung von dem vorläufigen Sachwalter nicht nur personen-, sondern grundsätzlich auch sozietätsverschieden sein muss (Buchalik, ZInsO 2012, 349; 351; Frind, ZInsO 2012, 540). Dass diesem Gesichtspunkt aus Sicht des Gesetzgebers ganz besondere Bedeutung zukommt, zeigt sich in der Gesetzesbegründung noch an anderer Stelle, nämlich bereits in der Einleitung zur Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 17/7511, S. 4), wo es heißt: „Eine solche Bindung des Insolvenzgerichts darf nicht dazu führen, dass in Einzelfällen Verwalter bestellt werden, denen nicht die für ihr Amt unerlässliche Unabhängigkeit zukommt.“ Ein strenger Prüfungsmaßstab des Gerichts dürfte deshalb dem an verschiedenen Stellen und eindringlich geäußerten Willen des Gesetzgebers entsprechen. 69 Im Übrigen gelten auch für den „mitgebrachten Sachwalter“ die Auswahlund Bestellungskriterien wie für jeden anderen Sach- und Insolvenzverwalter auch (vgl. §§ 56, 56a Rn 7 ff.). Daraus folgt aber zugleich, dass auch ein im Vorfeld als Restrukturierungsbeauftragter tätig gewesener Aspirant zum vorläufigen Sachwalter bestellt werden kann (vgl. §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 34; § 73 StaRUG Rn. 55). 70 Dass § 270d Abs. 2 InsO ein Recht des Gerichts zur Ablehnung des vom Schuldner vorgeschlagenen vorläufigen Sachwalters nur für den Fall der offensichtlichen Ungeeignetheit der Person begründet, bedeutet nicht, dass die übrigen Kriterien des § 56 Abs. 1 InsO außer Kraft gesetzt wären. Insbesondere muss der Vorgeschlagene (selbstverständlich) zur Übernahme des Amtes bereit sein – und dies regelmäßig dem Gericht bereits abstrakt oder konkret angezeigt haben – und neben der vorzunehmenden Eignungsprüfung auch, vom Gericht uneingeschränkt überprüfbar, geschäftskundig und persönlich geeignet sein. Insoweit gelten für die Auswahl und Bestellung im Rahmen des § 270d Abs. 2 InsO keine Besonderheiten. 71 Bleibt die Frage zu klären, wann das Gericht von der offensichtlichen Ungeeignetheit eines vom Schuldner vorgeschlagenen vorläufigen Sachwalters ausgehen darf. 72 Trotz Kritik aus der Fachöffentlichkeit (vgl. m. w. N. Hölzle, NZI 2011, 124, 130 f.; Hölzle/Pink, ZIP 2011, 360) hat der Gesetzgeber davon abgesehen, die mögliche Auswahl auf gerichtsbekannte, insbesondere auf bei dem zu820
8. Rechtsfolge des Antrages
ständigen Insolvenzgericht bereits gelistete Verwalter zu beschränken, was dem englischen Modell der vom Schuldner autonom vorzunehmenden Auswahl des Administrators aus den zum (anerkannten) Beruf durch Prüfung Zugelassenen nahegekommen wäre (vgl. Hölzle, KTS 2011, 291, 305 ff.). Dem ist, unterstellt man ein bewusstes Handeln des Gesetzgebers, wohl der gesetzgeberische Wille zu entnehmen, dass ein Kandidat nicht schon deshalb als ungeeignet gilt, weil er dem Gericht bzw. dem erkennenden Richter nicht (persönlich) bekannt ist. Demgegenüber impliziert das Recht zur Ablehnung eines offensichtlich un- 73 geeigneten Kandidaten aber nicht nur die Berechtigung des Richters zur Nachfrage, um sich jedenfalls ein Bild von der Eignung des Vorgeschlagenen zu machen, sondern gerade auch die Pflicht dazu. Das stellt das Gericht aber erneut vor das Problem, in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit des Insolvenzeröffnungsverfahrens ggf. Nachforschungen anstellen zu müssen, was dem Verfahrensziel abermals abträglich sein dürfte. Will man auch hier ähnlich der Argumentation zu § 22a Abs. 3 InsO (vgl. dort Rn. 35, 52 ff.) davon ausgehen, dass die mangels hinreichender Information fehlende Überprüfungsmöglichkeit des Gerichts tendenziell zu einer ablehnenden Entscheidung führen muss, weil insoweit wegen des Charakters der Vorschrift des § 270d Abs. 2 InsO, überwiegend dem Schuldnerinteresse zu dienen, von der Geltung des der Amtsermittlung vorgehenden Beibringungsgrundsatzes auszugehen ist, so würde jedenfalls ausgeschlossen, dass der Schuldner sich auf eine Person bezieht, der es an dem nötigen Erfahrungshorizont und der erforderlichen Fachkenntnis vollständig fehlt. So kann die Ablehnung eines vom Schuldner vorgeschlagenen Kandidaten z. B. dann erfolgen, wenn dieser bei dem betreffenden Insolvenzgericht in der Vergangenheit tätig war, allerdings von der Liste der Insolvenzverwalter bei dem Gericht auf Veranlassung des Gerichts gestrichen worden ist (AG Hamburg, ZInsO 2013, 1533). Ob sich das Delisting bei einem Gericht auch für andere Gerichte als berücksichtigungsfähig darstellt, hängt von den Gründen für das Delisting ab, soweit diese bekannt sind. Prima facie jedenfalls ist von einer Erstreckung des Delisting bei einem Gericht auch auf andere Gerichte nicht auszugehen, weil das Delisting z. B. auf rein regionale Gründe (keine ortsnahe Präsenz etc.) zurückgehen kann. Der Schuldner würde durch ein solches Verständnis des § 270d Abs. 2 InsO 74 auch nicht über Gebühr belastet, da es für ihn ein Leichtes ist, die Eignung des vorgeschlagenen Kandidaten, auch wenn dieser dem Gericht unbekannt ist, in geeigneter Weise gemeinsam mit seinem Antrag oder besser und in der Praxis geläufiger: im Rahmen eines rechtzeitigen Vorgesprächs mit dem Gericht, darzulegen. Dies kann z. B. durch eine Referenzliste bisheriger Erfahrungen, den ergänzenden Nachweis theoretischer Kenntnisse oder in sonst vergleichbarer Weise geschehen. Alternativ sollte dem Schuldner das Recht eingeräumt werden, wie an einigen Insolvenzgerichten üblich, nicht nur einen Kandidaten, sondern ggf. bis zu drei mögliche Kandidaten, auch in einer vorgegebenen Reihenfolge zu benennen, sodass er sich nicht dem Risiko aussetzt,
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§ 270d InsO – Schutzschirmverfahren
hält das Gericht den Wunschkandidaten für ungeeignet oder lehnt es ihn aus anderen Gründen ab, die Auswahl vollends dem vorläufigen Gläubigerausschuss oder dem Insolvenzgericht in freiem Ermessen überlassen zu müssen. Es würde dann, bestehen in der Person des ersten benannten Kandidaten Bestellungshindernisse, der zweite Kandidat zu bestellen sein. Die „Wunschliste“ des Schuldners darf dabei natürlich keine unendliche sein, sondern sollte auf das Recht, maximal drei Kandidaten in vorgegebener Reihenfolge zu benennen, begrenzt sein. Für jeden Kandidaten gelten sodann die vorstehend wiedergegebenen Grundsätze. 75 Soweit das Gericht keinen Anlass hat, an den derart dargelegten Erfahrungsund Kenntnisnachweisen zu zweifeln, hat das Gericht den Vorgeschlagenen, das Vorliegen der übrigen Kriterien vorausgesetzt, auch tatsächlich einzusetzen. Es bliebe aber vermieden, dass dem zuständigen Insolvenzrichter, der insoweit außerhalb des Spruchrichterprivilegs handelt, zugemutet würde, eine ihm vollends unbekannte Person, ohne dass ihm irgendwelche Informationen zu dieser zur Verfügung gestellt werden, implizit als geeignet behandeln bzw. dessen Eignung unterstellen muss, wo sonst herausgehobene Anforderungen an die Eignung und die personelle wie sachliche Ausstattung des Insolvenzverwalters und seines Büros gestellt werden. Dies würde weder der Bedeutung des Amtes des vorläufigen Sachwalters und der damit verbundenen Verantwortung, noch den Anforderungen an die vom Insolvenzgericht nach §§ 270b Abs. 1, 274 Abs. 1, 58 InsO zu führende Aufsicht gerecht. 76 Nur unter Zugrundelegung dieser hier vertretenen Auffassung, wonach bei dem Vorschlag eines beim zuständigen Insolvenzgericht nicht gelisteten oder sonst dem Richter bekannten Insolvenzverwalters dem Antrag ein Eignungsnachweis in Bezug auf den Vorgeschlagenen beigefügt werden muss, soll der vorgeschlagene Kandidat nicht übergangen werden, bleiben inkonsistente Lösungen und daraus folgende Wertungswidersprüche vermieden und wird auch dem nötigen Gläubigervertrauen Rechnung getragen. 77 Übergeht das Insolvenzgericht den Vorschlag des Schuldners, hat es dies gemäß § 270d Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 InsO gesondert zu begründen. Die Entscheidung ist nicht beschwerdefähig (AG Hamburg, ZInsO 2013, 1533). ee) Berichtspflichten und Bestellung eines Sachverständigen 78 Nach §§ 270b Abs. 1, 274 Abs. 1, 58 Abs. 1 Satz 2 InsO führt das Insolvenzgericht über den (vorläufigen) Sachwalter Aufsicht in derselben Weise, wie über einen Insolvenzverwalter. Wie im regulären Insolvenzeröffnungsverfahren hat und kann das Insolvenzgericht dem vorläufigen Sachwalter daher Berichtspflichten auferlegen und ihm aufgeben, in regelmäßigen Abständen von üblicherweise vier Wochen zum Stand des Verfahrens zu berichten, und muss nicht allein wegen der formal zu setzenden Frist zur Vorlage des Insolvenzplans auf eine Zwischenberichterstattung verzichten. Darüber hinaus kann das Insolvenzgericht selbstverständlich auch den vorläufigen Sachwalter im Schutz-
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8. Rechtsfolge des Antrages
schirmverfahren entsprechend § 270c Abs. 1 InsO mit den besonderen (redundanten) Berichtspflichten (vgl. § 270c InsO Rn. 4) beauftragen. Aber auch wenn das nicht geschieht kann und wird das Insolvenzgericht von dem vorläufigen Sachwalter nach §§ 270d Abs. 2, 270b, 270c InsO regelmäßige Sachstandsberichte verlangen, was sich bereits unmittelbar aus § 58 Abs. 1 Satz 2 InsO ergibt, der über §§ 270b Abs. 1, 274 Abs. 1 InsO in Verweis genommen und deshalb ohne Weiteres anwendbar ist. Darüber hinaus ist der vorläufige Sachwalter aus §§ 270b Abs. 1, 274 Abs. 3 79 InsO – und insoweit im Gleichklang mit aber unabhängig von einer Beauftragung nach § 270c Abs. 1 InsO (vgl. dort Rn. 4) – verpflichtet, auch außerhalb des Berichtstums außerordentlich und ungefragt über sämtliche Erkenntnisse und Umstände zu berichten, die (abstrakt) geeignet sind, das Entstehen von Nachteilen für die Gläubiger aus der Fortsetzung der Eigenverwaltung zu besorgen. Problematischer ist demgegenüber die Frage, ob das Insolvenzgericht, was in 80 der Sache durchaus zur Erreichung der Verfahrensziele und zur Stärkung des Vertrauens aller Beteiligten förderlich sein kann, berechtigt ist, neben dem vorläufigen Sachwalter auch einen Sachverständigen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 InsO zu bestellen, um die übrigen Verfahrens- und Eröffnungsvoraussetzungen festzustellen (zur Unzulässigkeit der Bestellung eines Sachverständigen zur Überprüfung des Inhalts der Bescheinigung vgl. Rn. 34). Die Gesetzesbegründung zum ESUG scheint auf den ersten Blick davon 81 auszugehen, dass dies unzulässig ist. So heißt es in den Erläuterungen zu § 270b Abs. 2 InsO a. F. (BT-Drucks. 17/5712, S. 40 f.): „Für die Dauer der gerichtlich bestimmten Frist kann weder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt werden, noch kann dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt oder können seine Verfügungen unter Zustimmungsvorbehalt gestellt werden. Aber auch in der Phase bis zur Entscheidung des Gerichts über den Antrag nach § 270b InsO ist das Gericht durch Absatz 2 Satz 3 gehindert, einen Sachverständigen oder vorläufigen Insolvenzverwalter zu bestellen.“
Dieser Passage der Gesetzesbegründung kann jedoch tatsächlich nicht das – 82 über den ausdrücklichen Wortlaut hinausgehende – Verständnis beigemessen werden, dass während des gesamten Eröffnungsverfahrens unter dem Schutzschirm des § 270d InsO die – ergänzende – Bestellung eines Sachverständigen unzulässig ist. Zunächst verhält sich weder das Gesetz noch die ESUG-Gesetzesbegründung 83 im Rahmen der Regelungen zum Schutzschirmverfahren zu dessen Verhältnis zu den allgemeinen Eröffnungsvoraussetzungen. Auch das Schutzschirmeröffnungsverfahren nach § 270d InsO ist im Kern ein Insolvenzeröffnungsverfahren infolge eines Insolvenzantrages nach § 11 InsO in dessen Verlauf als Voraussetzung für einen Eröffnungsbeschluss (§ 27 InsO) das Vorliegen eines Eröffnungsgrundes nach § 16 InsO und der Nachweis der Massekostendeckung
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§ 270d InsO – Schutzschirmverfahren
nach § 26 InsO erforderlich sind. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass das Gericht nach § 270d Abs. 4 Satz 2 InsO nach Aufhebung der Anordnung oder nach Ablauf der gesetzten Frist über „die Eröffnung des Insolvenzverfahrens“ entscheidet. Darin liegt ein Verweis auf die allgemeinen Vorschriften. 84 Das Insolvenzgericht trifft im Eröffnungsverfahren grundsätzlich eine Ermittlungspflicht. Es steht ihm dabei ein gewisser Beurteilungsspielraum (Ganter, in: MünchKomm-InsO. § 5 Rn. 20) bzw. ein Ermessen (Gerhardt, in: Jaeger, InsO, § 5 Rn. 2) zu, welche Umstände es bei der Ermittlung für erheblich halten darf. Die Ermittlung der Eröffnungsvoraussetzungen (Insolvenzgrund; Massekostendeckung) gehört aber jedenfalls dazu, weshalb insoweit kein berechtigter Zweifel an der Befugnis zur Bestellung eines Sachverständigen neben dem vorläufigen Sachwalter bestehen kann. Wie im regulären Eröffnungsverfahren auch kann das Gericht nämlich nicht darauf verwiesen werden, den Angaben des Antragstellers „blind“ vertrauen zu müssen. Zwar mögen die Regelvoraussetzungen, insbesondere die Verfahrenskostendeckung (§ 26 Abs. 1 InsO) bei einem Unternehmen, dessen Sanierung als nicht offensichtlich aussichtslos bescheinigt ist, regelmäßig vorliegen, jedoch kann dies bei der Feststellung der Insolvenzgründe schon problematischer werden. Das Insolvenzgericht ist daher gehalten, für Zwecke seines Eröffnungsbeschlusses ausdrücklich und in originärer Zuständigkeit festzustellen, ob im Zeitpunkt der Eröffnungsentscheidung und damit zu einem von der Bescheinigung nach § 270d Abs. 1 InsO nicht mehr erfassten Zeitraum, tatsächlich Insolvenzeröffnungsgründe und falls ja, welche vorliegen. 85 Nicht erstreckt werden darf der Sachverständigenauftrag aber auf die Überprüfung des Pflichtinhalts der Bescheinigung und auf den Fortbestand der Sanierungsaussichten oder auf die Frage, ob aus der Eigenverwaltung ggf. Nachteile für die Gläubiger drohen. Insbesondere die letztgenannten Umstände unterliegen nämlich der Mitteilungspflicht durch den vorläufigen Sachwalter nach §§ 270b Abs. 1, 274 Abs. 2, 3 InsO und ggf. einem gesonderten Prüfungsund Berichtsauftrag nach § 270c Abs. 1 InsO und damit der Aufsicht des Insolvenzgerichts nach § 58 InsO. Die Vorschriften zur Aufsicht über den Verwalter sind jedoch leges speciales zur allgemeinen Amtsermittlungspflicht, was eine vorgreifliche Sachverständigenbestellung verbietet. 86 Regelmäßig ist, was aus Gründen der Verfahrenseffizienz richtig ist, der vorläufige Sachwalter auch zum Sachverständigen zu bestellen, wie es in der Praxis der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters absolut üblich ist. 87 Reicht der Sachverständige sein Eröffnungsgutachten vor Ablauf der dem Schuldner gesetzten Frist zur Erstellung des Insolvenzplans ein, so ist das Gericht (noch) nicht berechtigt, das Insolvenzverfahren zu eröffnen, auch wenn das Vorliegen der allgemeinen Eröffnungsvoraussetzungen hierdurch festgestellt ist. Dies folgt aus einem Umkehrschluss aus § 270d Abs. 4 Satz 2 InsO, wonach das Insolvenzgericht erst nach Ablauf der Frist über die Eröffnung entscheidet. Die vorzeitige Eröffnungsentscheidung würde die dem
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Schuldner gesetzte Frist unzulässig abkürzen und von der vom Sachverständigen benötigten Zeit, die Eröffnungsvoraussetzungen festzustellen, abhängig gemacht, was im Gesetz keine Grundlage findet. Stellt der vorläufige Sachwalter, gleich ob in dieser Funktion oder in der 88 Funktion als Sachverständiger Umstände fest, die nahelegen, dass die für die Einleitung des Schutzschirmverfahrens erforderlichen Voraussetzungen, insbesondere das Fortbestehen aussichtsreicher Sanierungschancen nachträglich weggefallen sind – oder bereits anfänglich nicht vorgelegen haben – so ist das Insolvenzgericht hierauf unverzüglich hinzuweisen. Das Gericht wird dann zu entscheiden haben, ob die dargelegten Umstände die Aufhebung der vorläufigen Eigenverwaltung vor allem nach § 270e Abs. 1 Nr. 3 InsO – oder aus einem anderen Aufhebungsgrund – rechtfertigen. Hierin liegt eine Neuerung des § 270d InsO i. d. F. des SanInsFoG gegenüber dem § 270b InsO a. F. i. d. F. des ESUG. Während es nämlich auch nach Inkrafttreten des ESUG keine ausdrückliche Möglichkeit der Aufhebung der vorläufigen Eigenverwaltung gab (vgl. aber AG Bremen, ZInsO 2018, 193), ist diese mit § 270e InsO zwischenzeitlich – zu Recht – geschaffen worden. Die isolierte Aufhebung des Schutzschirmverfahrens unter Beibehaltung der 89 vorläufigen Eigenverwaltung kommt demgegenüber, anders als § 270d Abs. 4 Satz 2 Alt. 1 InsO vermuten lassen könnte, nicht in Betracht, da nach Bestellung des vorläufigen Sachwalters ggf. auf Vorschlag des Schuldners das Schutzschirmverfahren keine besonderen verfahrensrechtlichen Regeln mehr bereithält. Bei der Formulierung handelt es sich lediglich um die wortgleiche Übernahme der Formulierung aus dem vormaligen § 270b Abs. 4 Satz 2 Alt. 1 InsO a. F. (i. d. F. des ESUG), die neben § 270e InsO keinen eigenständigen Anwendungsbereich mehr hat. Die Aufhebung der Anordnung nach Abs. 1 bestünde nämlich allein darin, die Fristsetzung zur Vorlage eines Insolvenzplans aufzuheben; dies allerdings würde nicht zum Nachteil des Schuldners, sondern allein der Gläubiger gereichen, weshalb mit dieser Maßnahme der Zweck einer Reaktion auf bzw. Sanktion wegen zwischenzeitlich weggefallener Voraussetzungen geradezu konterkariert würde (im Einzelnen Rn. 99, 102 ff.). ff) Frist zur Vorlage des Insolvenzplans Das Gesetz begrenzt lediglich den Maximalzeitraum, der dem Schuldner für 90 die Vorlage des Insolvenzplans zu gewähren ist. Eine Verlängerung der Frist ist nicht möglich. Innerhalb dieser rechtlichen Grenzen ist dem Gericht Ermessen eingeräumt, welche Frist es dem Schuldner gewährt. Zu den für die Ermessensausübung maßgeblichen Determinanten schweigt die Gesetzesbegründung. Diese sind aus dem Sinn und Zweck des Verfahrens und den widerstreitenden Interessen der Verfahrensbeteiligten abzuleiten. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Schuldner im Rahmen der 91 Vorbereitung der Bescheinigung nach § 270d Abs. 1 InsO ebenso wie im Zusammenhang mit der Erarbeitung des Eigenverwaltungskonzepts nach § 270a
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§ 270d InsO – Schutzschirmverfahren
Abs. 1 Nr. 2 InsO bereits wesentliche Vorbereitungen auch für die Erstellung des Insolvenzplans hat leisten müssen. Bei der Bestimmung der Frist muss das Gericht daher nicht davon ausgehen, dass die wirtschaftlichen Grunddaten des Unternehmens und die grundsätzliche Sanierungsstrategie aus erst noch festzustellenden Krisenursachen noch entwickelt werden müssen, sondern darf unterstellen, dass die Basis vollständig gelegt ist (vgl. Rn. 5 f.). Demgegenüber wäre es für die Sanierungschancen abträglich, wenn der Schuldner unnötig unter zusätzlichen zeitlichen Druck gesetzt würde, ohne dass damit eine Reduzierung des Gefährdungspotenzials für die Gläubiger effektiv verbunden ist. 92 Wesentlicher Bestimmungsfaktor ist daher das für die Gläubiger mit der Dauer des Eröffnungsverfahrens verbundene Risiko. Dieses bildet sich im Wesentlichen auch in der vorzulegenden Liquiditätsplanung ab. Je komfortabler die Liquiditätssituation des schuldnerischen Unternehmens noch ist bzw. sich entwickelt, desto großzügiger kann das Gericht bei der Bestimmung der Frist sein. Da regelmäßig die Deckung der Verfahrens- und der operativen Kosten für die Dauer von sechs Monaten gewährleistet sein muss (§ 270a Abs. 1 Nr. 1 InsO, vgl. §§ 270, 270a InsO Rn. 24 ff.), ist in der Regel davon auszugehen, dass die dreimonatige Frist zur Vorlage des Insolvenzplans auch gewährt werden kann. Hiervon sollte nur im Ausnahmefall nach unten abgewichen werden, Wenn und soweit nämlich aus besonderen Umständen zu schlussfolgern ist, dass die vorzeitige Vorlage des Insolvenzplans für das Erreichen des Eigenverwaltungsziels geboten oder erforderlich erscheint. gg) Veröffentlichung des Beschlusses 93 Für kontroverse Diskussionen hat die Frage gesorgt, ob der Beschluss über die Anordnung der vorläufigen Sachwaltung nach § 23 Abs. 1 InsO öffentlich bekannt zu machen ist (vgl. Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 23 Rn. 4). 94 Nach § 23 Abs. 1 InsO ist die Anordnung von Verfügungsbeschränkungen gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO und die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters öffentlich bekannt zu machen. Die Bestellung eines vorläufigen Sachwalters ist keine Sicherungsmaßnahme in diesem Sinne. Ähnlich wie isolierte Verfügungsbeschränkungen nicht bekannt zu machen sind (AG Düsseldorf, ZIP 2011, 443), fehlt es damit auch für die Veröffentlichung der Anordnung einer vorläufigen Eigenverwaltung an einer Rechtsgrundlage. Die Anordnung ist daher weder veröffentlichungspflichtig, noch veröffentlichungsfähig (Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 23 Rn. 4; a. A. Buchalik, ZInsO 2012, 349; Desch, BB 2011, 841). Auch für die Auffassung des AG Göttingen (ZIP 2012, 2360), die öffentliche Bekanntmachung stehe im Ermessen des Gerichts, fehlt es daher an einer Rechtsgrundlage. b) Unzulässiger Antrag 95 Ist der Schutzschirmantrag unzulässig, z. B. weil keine den formellen und materiellen Anforderungen genügende Bescheinigung nach § 270d Abs. 1
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Satz 1 InsO beigefügt und auch nicht innerhalb kurz bemessener Frist (vgl. Rn. 17, 48) Abhilfe geschaffen worden ist, ist der Schutzschirmantrag zurückzuweisen (vgl. AG Erfurt, ZInsO 2012, 944). Da der Antrag nach § 270d Abs. 1 InsO jedoch von dem Antrag auf Eröff- 96 nung des Insolvenzverfahrens und von dem Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung unabhängig ist, hat das Gericht auch bei Unzulässigkeit des Schutzschirmantrages selbst über die beiden übrigen Anträge noch zu entscheiden. Liegen die Voraussetzungen insbesondere des § 270b Abs. 1 InsO vor, so ist dennoch lediglich ein vorläufiger Sachwalter zu bestellen und kein vorläufiges Insolvenzeröffnungsverfahren in Fremdverwaltung einzuleiten. Ein Hinweis entsprechend § 270c Abs. 5 InsO, dass das Gericht den Schutzschirmantrag zurückzuweisen beabsichtigt, um dem Schuldner Gelegenheit zu geben, den Insolvenzantrag zurückzunehmen, ist nicht zu erteilen. Dazu fehlt es an einer entsprechenden Regelung. Ein solcher Hinweis ist erst dann geschuldet, wenn das Gericht auch den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung für unzulässig oder unbegründet hält und auch diesen zurückzuweisen beabsichtigt. Die analoge Anwendung des § 270c Abs. 5 InsO insbesondere auf Fälle, in 97 denen der Schutzschirmantrag mangels hinreichender Bescheinigung nach § 270d Abs. 1 Satz 1 InsO unzulässig ist, kommt mangels Planwidrigkeit einer etwaigen Regelungslücke und mangels vergleichbarer Interessenslage ebenfalls nicht in Betracht. § 270c Abs. 5 InsO dient dazu, dem Schuldner den Weg in das Insolvenzverfahren dadurch zu eröffnen, dass an Stelle der Bestellung eines Insolvenzverwalters die vorläufige Eigenverwaltung angeordnet wird und der Schuldner damit „Herr im eigenen Haus“ bleibt. Das Schutzschirmverfahren geht darüber insoweit hinaus, als dass zugleich eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans gesetzt wird und der Schuldner die Person des Sachwalters grundsätzlich mit Bindungswirkung für das Gericht vorschlagen kann. Da jedoch auch im regulären vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren die vorbereitende Erstellung eines Insolvenzplans möglich bleibt, der ebenfalls mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingereicht werden kann und der Schuldner überdies nicht gehindert ist, einen Sachwalter-Kandidaten vorzuschlagen, sind die Beschränkungen, die aus der Zurückweisung (nur) des Schutzschirmantrages folgen, nicht so einschneidend, dass besondere Hinweispflichten des Gerichts festzuschreiben wären. Einen besonderen Vertrauensschutz in die Einleitung des Insolvenzeröffnungsverfahrens als Schutzschirmverfahren gibt es nicht. Ist der Schutzschirmantrag zurückgewiesen, trifft das Gericht seine Entschei- 98 dungen im regulären Insolvenzeröffnungsverfahren mit Antrag auf Eigenverwaltung, also nach §§ 5 Abs. 1, 21, 270f, 270a, 270b InsO.
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§ 270d InsO – Schutzschirmverfahren
9. Beendigung des Schutzschirmverfahrens 99 Das Schutzschirmverfahren endet durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss nach § 26 InsO oder durch Aufhebung nach bzw. entsprechend (vgl. Rn. 88 ff.) § 270e InsO. a) Beendigung durch Eröffnungsbeschluss 100 Reicht der Insolvenzschuldner den Insolvenzplan innerhalb der vom Gericht bestimmten Frist ein, so eröffnet das Insolvenzgericht – entsprechende Feststellungen zu den allgemeinen Eröffnungsvoraussetzungen des ggf. parallel eingesetzten Sachverständigen vorausgesetzt (vgl. Rn. 80 ff.) – das Insolvenzverfahren durch Beschluss und bestimmt mit dem Termin zur Gläubigerversammlung sogleich einen Erörterungs- und Abstimmungstermin nach § 235 InsO. Dies beschreibt den Regelfall. Gleichzeitig ordnet das Insolvenzgericht gemäß § 270f InsO die Eigenverwaltung an und bestellt in der Regel den vorläufigen zum endgültigen Sachwalter. Die Personenidentität ergibt sich zwar nicht aus dem Gesetz, entspricht aber bei ordnungsmäßigem Verlauf des Eröffnungsverfahrens in aller Regel einer verfahrens- und kostenrationalen Ausübung des gerichtlichen Ermessens bei der Auswahl und Bestellung des Sachwalters (vgl. zur Stellung des vorläufigen Insolvenzverwalters als grundsätzlich geborenem Insolvenzverwalter BVerfG NZI 2006, 453; OLG Köln, NJW-RR 1987, 123). 101 Eine Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses nach § 56a InsO zu der Person des Sachwalters oder den an sie zu stellenden Anforderungen muss nicht erfolgen. Zwar sieht das Gesetz in § 270d Abs. 2 InsO nur vor, dass der Schuldner mit seinem Antrag einen Vorschlag zur Person des vorläufigen Sachwalters machen kann, von dem das Gericht nicht abweichen darf; jedoch erstreckt sich der Vorrang des § 270d Abs. 2 InsO als speziellere Norm vor dem Recht des vorläufigen Gläubigerausschusses aus § 56a InsO (vgl. dazu Rn. 58 ff.) auch auf die Bestellung des Sachwalters bei Eröffnung des Verfahrens. Dies ergibt sich aus zweierlei: Zum einen ist der vorläufige Gläubigerausschuss vor der Eröffnung des Verfahrens nicht anzuhören, wenn er bereits im Eröffnungsverfahren angehört worden ist. Entfällt die Anhörungspflicht im Eröffnungsverfahren, weil § 56a InsO als allgemeine von einer spezielleren Vorschrift überlagert wird, so kann die Anhörungspflicht nicht wieder aufleben, weil damit das Spezialitätsverhältnis unterlaufen würde. Zum anderen ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des § 270d Abs. 2 InsO und dem allgemeinen Gebot der Verfahrenseffizienz, dass der einmal bestellte vorläufige Sachwalter, der regelmäßig insbesondere auch in die Erstellung des Insolvenzplans eingebunden worden ist, auch zum endgültigen Sachwalter bestellt worden ist. Das setzt allerdings voraus, dass die Person auch im Zeitpunkt der Eröffnungsentscheidung aus dem Kenntnis- und Erkenntnishorizont des Gerichts nach wie vor nicht offensichtlich ungeeignet ist (vgl. AG Stendal, ZIP 2012, 1875).
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9. Beendigung des Schutzschirmverfahrens
b) Beendigung vor Verfahrenseröffnung (Ablauf der Frist zur Vorlage des Plans) § 270d Abs. 4 Satz 2 InsO erhält die wörtliche Übernahme des § 270b Abs. 4 102 Satz 2 InsO a. F. (i. d. F. des ESUG). Danach entscheidet das Insolvenzgericht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach Aufhebung der Anordnung nach Abs. 1 oder nach Ablauf der gesetzten Frist zur Vorlage des Insolvenzplans. Dies scheint zunächst nahezulegen, dass bei Wegfall der Voraussetzungen 103 für die Einleitung eines Schutzschirmverfahrens auch die SchutzschirmAnordnung isoliert aufgehoben werden könnte. Das allerdings ist gerade nicht möglich. Die Formulierung der Norm stammt noch aus der Zeit des ESUG, das keine explizite Möglichkeit der Aufhebung einer vorläufigen Eigenverwaltung vorsah, sondern eine Entscheidung über die Fortsetzung des Verfahrens in Eigenverwaltung grundsätzlich erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ermöglichte (vgl. aber AG Bremen, ZInsO 2018, 193). Mit dem Inkrafttreten des SanInsFoG wurden die Unterschiede zwischen der isolierten Eigenverwaltung und dem Schutzschirmverfahren aber nivelliert. Die Besonderheit des Schutzschirmverfahrens liegt nunmehr ausschließlich darin, dass eine Frist zur Vorlage des Insolvenzplans gesetzt wird, was mehr einen vertrauensbildenden, kommunikativen Effekt als eine materiell-rechtliche Wirkung hat, weil der Insolvenzplan auch im isolierten Eigenverwaltungsverfahren mit der Eröffnung des Verfahrens vorgelegt werden kann, sowie darin, dass der Schuldner den für das Gericht bindenden und das Vorschlagsrecht des vorläufigen Gläubigerausschusses zurückdrängenden Vorschlag zur Person des „mitgebrachten Sachwalters“ unterbreiten kann. Im Übrigen richtet sich das Schutzschirmverfahren aber vollständig an den §§ 270a bis 270c InsO aus, woraus folgt, dass auch die Aufhebungsgründe des § 270e InsO im Schutzschirmverfahren uneingeschränkt anwendbar sind. Für die isolierte Aufhebung nur der Fristsetzung zur Vorlage des Insolvenz- 104 plans, was nach dem Wortlautverständnis des § 270d Abs. 4 Satz 2 Alt. 1 InsO einziger Gegenstand einer Maßnahme zur Aufhebung der Anordnung nach Abs. 1 sein könnte, ist aber kein Raum. Diese würde nämlich keine Sanktion für den Schuldner darstellen, sondern lediglich die berechtigten Interessen der Gläubiger an einer stringenten, zielorientierten und beschleunigten Verfahrensführung beeinträchtigen, weil der Schuldner dann nicht mehr der Frist zur Vorlage des Plans unterlegen wäre. Durch die Aufhebung der Fristsetzung würde der Zweck der Maßnahme daher geradezu konterkariert. § 270d Abs. 4 Satz 2 Alt. 1 InsO ist daher unter Berücksichtigung der Gesetzes- 105 historie als Verweis auf die Aufhebungsgründe nach § 270e InsO zu lesen. Liegen die Voraussetzungen für die Aufhebung der Eigenverwaltung vor, ist auch das Schutzschirmverfahren als besondere Form der vorläufigen Eigenverwaltung aufzuheben.
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§ 270d InsO – Schutzschirmverfahren
106 Noch nichts gesagt ist damit aber für den Fall des § 270d Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 InsO, dass die Frist abläuft, ohne dass der Schuldner den Insolvenzplan vorgelegt hat. Liegen zu diesem Zeitpunkt die allgemeinen Eröffnungsvoraussetzungen der §§ 26, 27 InsO vor – insbesondere weil der Sachverständige sein Eröffnungsgutachten bereits eingereicht hat – So hat das Gericht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und über die Anordnung der Eigenverwaltung nach § 270f InsO zu entscheiden. Dabei hat besondere Berücksichtigung zu finden, ob das Versäumnis der Frist zur Vorlage des Insolvenzplans einen Grund im Sinne des § 270b InsO, ein Eröffnungsverfahren nicht in vorläufiger Eigenverwaltung zu führen oder eine solche nach § 270e InsO wieder aufzuheben, darstellt. In diesem Fall ist das Verfahren als fremdverwaltetes Insolvenzverfahren zu eröffnen. Die Vorlage eines Insolvenzplans steht dem Schuldner auch in diesem Verfahren weiterhin frei. 107 Ist das Fristversäumnis hinlänglich entschuldigt, begründet es insbesondere keinen Verstoß gegen insolvenzrechtliche Pflichten und ist das formulierte Eigenverwaltung Ziel, insbesondere die angestrebte Sanierung nach wie vor erreichbar, so ist das Verfahren als Eigenverwaltungsverfahren nach § 270 InsO zu eröffnen. Das Fristversäumnis allein ist in Ansehung möglicher Versagungsgründe nicht tatbestandlich im Sinne des § 270f InsO i. V. m. §§ 270b, 270e InsO. 108 Liegen die Allgemeinen Eröffnungsvoraussetzungen für das Insolvenzverfahren zum Zeitpunkt des Ablaufs der Frist zur Vorlage des Insolvenzplans noch nicht vor, so hat das Insolvenzgericht zu entscheiden, wie das vorläufige Insolvenzverfahren fortzusetzen ist. Eine Eröffnungsentscheidung kommt zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch nicht in Betracht. Die mögliche Entscheidung besteht daher allein darin, das Verfahren als isoliertes Eigenverwaltungsverfahren fortzusetzen, was keinerlei Beschluss erfordert, oder die vorläufige Eigenverwaltung nach § 270e InsO aufzuheben und einen vorläufigen Insolvenzverwalter zu bestellen. 109 Letzteres kommt insbesondere nach § 270 Abs. 1 Nr. 3 InsO in Betracht, weil das Versäumnis der Frist zur Vorlage des Insolvenzplans indiziert, dass die Eigenverwaltung, insbesondere die angestrebte Sanierung aussichtslos geworden ist. Das Gericht darf dies bei Fristversäumnis im Regelfall unterstellen. Es ist zu weiteren Amtsermittlungen im Sinne des § 5 InsO nicht verpflichtet und darf der Entscheidung allein das präsente, aktenkundige Wissen zugrunde legen. Dem Schuldner steht es demgemäß jedoch frei, rechtzeitig vor Ablauf der Frist, wenn auch nicht den Insolvenzplan vorzulegen, so jedenfalls aber die Gründe darzulegen, weshalb das Eigenverwaltungsziel und die Sanierung des Unternehmens nach wie vor aussichtsreich und erreichbar sind. Hält das Insolvenzgericht diese Gründe unter sachgerechter Ermessensausübung für plausibel, so fehlt es auch bei Fristversäumnis an einem Aufhebungsgrund für die vorläufige Eigenverwaltung und das Verfahren ist als isoliertes vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren fortzusetzen. Die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast liegt allerdings allein beim Schuldner.
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10. Exkurs: Haftung des Ausstellers
10. Exkurs: Haftung des Ausstellers der Bescheinigung für eine fehlerhafte Bescheinigung Nur am Rande stellt sich für die Insolvenzabwicklungspraxis die Frage, inwie- 110 weit der Aussteller der Bescheinigung für eine fehlerhafte Bescheinigung haftet. Da mit dem bescheinigten Inhalt ganz erhebliche verfahrensleitende Disposi- 111 tionen verbunden sind, hat eine fehlerhafte Bescheinigung auch ganz erhebliches schadensstiftendes Potenzial. Genannt seien beispielhaft nur das Verstreichen des Insolvenzgeldvorfinanzierungszeitraums bis zur Feststellung, dass der vorgeschlagene Sanierungsweg von vornherein untauglich war, möglicherweise vom Schuldner in Eigenverwaltung getroffene irreversible Dispositionen, welche die Gläubigerbefriedigung gefährden sowie eine Vielzahl anderer, hier nicht aufzuzählender Kausalverläufe. Da die Bescheinigung auf die Vorlage bei Dritten ausgerichtet und nur zu 112 diesem Zwecke erstellt ist, ist die Haftung aus § 311 Abs. 3 InsO i. V. m. § 280 Abs. 1 InsO ebenso begründet, wie aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Für eine mögliche Exkulpation des Ausstellers kommt es maßgeblich auch 113 auf den Umfang an, in dem er die Sanierungsvorprüfung vorgenommen hat. Obwohl der Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung kein vollständiges Sanierungsgutachten verlangt, tut der Aussteller der Bescheinigung im eigenen Interesse gut daran, die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen auf eine valide und dokumentierbare Datengrundlage zu stellen. Scheitert nämlich z. B. der Insolvenzplan, weil sich herausstellt, dass das Unter- 114 nehmen nicht sanierungsfähig war, so ist zunächst widerleglich zu vermuten, dass bereits die Bescheinigung inhaltlich falsch gewesen ist, was grundsätzlich eine Haftung des Ausstellers nach sich zieht. Für die Exkulpation ist dann aber der Umfang der vorgenommenen Prüfung nachzuweisen. Und da Maßstab für Sanierungsprüfungen – auch in Haftungsfragen – grundsätzlich der Sanierungsstandard IDW S6 ist (vgl. nur OLG Köln, GmbHR 2010, 251), dürfte ein jeder Berater, der sich mit Bescheinigungen nach § 270d Abs. 1 InsO befasst, gut daran tun, jedenfalls eine summarische Sanierungsprüfung nach diesem Sanierungsstandard durchzuführen und zur Grundlage der Bescheinigung zu machen. Jedenfalls die üblichen Haftungsfreizeichnungsklauseln (auch in den AGB 115 der Steuerberater), wonach die Bescheinigung nicht zur Vorlage bei Dritten oder dazu jedenfalls nur nach ausdrücklicher Zustimmung dient, für das Ergebnis wegen der fehlenden Prüfbarkeit der Eingangsdaten keine Haftung übernommen wird oder die Haftung insgesamt begrenzt wird, sind im Anwendungsbereich des § 270d InsO vollends wirkungslos. Die Bescheinigung nach § 270d Abs. 1 InsO dient ihrem inneren Zweck nach gerade der Vorlage bei Dritten und ist bekanntermaßen als Zulässigkeitsvoraussetzung für ein besonderes Sanierungsverfahren, was den Aussteller der Bescheinigung in die 831
§§ 270e, 272 InsO – Aufhebung der (vorläufigen) Eigenverwaltung
Rolle des neutralen Gutachters drängt, der jedem Verfahrensbeteiligten gegenüber jedenfalls nach § 311 Abs. 3 BGB in Verbindung mit den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (vgl. insoweit zu den sog. „Gutachterfällen“ bereits BGH, ZIP 1996, 1664) haftet. Für die im Innenverhältnis ggf. vereinbarten Haftungsbeschränkungen ist wegen des Normzwecks und der Bedeutung der Bescheinigung für das Verfahren davon auszugehen, dass § 334 BGB als konkludent mit der Übernahme der Geschäftsbesorgung abbedungen gilt. Jedenfalls die Begrenzung auf eine Haftung unterhalb der Vermögensschadenhaftpflicht-Mindestversicherung dürfte daher unwirksam sein.
§§ 270e, 272 InsO – Aufhebung der (vorläufigen) Eigenverwaltung § 270e Aufhebung der vorläufigen Eigenverwaltung (1) Die vorläufige Eigenverwaltung wird durch Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters aufgehoben, wenn 1. der Schuldner in schwerwiegender Weise gegen insolvenzrechtliche Pflichten verstößt oder sich auf sonstige Weise zeigt, dass er nicht bereit oder in der Lage ist, seine Geschäftsführung am Interesse der Gläubiger auszurichten, insbesondere, wenn sich erweist, dass a) der Schuldner die Eigenverwaltungsplanung in wesentlichen Punkten auf unzutreffende Tatsachen gestützt hat oder seinen Pflichten nach § 270c Absatz 2 nicht nachkommt, b) die Rechnungslegung und Buchführung so unvollständig oder mangelhaft sind, dass sie keine Beurteilung der Eigenverwaltungsplanung, insbesondere des Finanzplans, ermöglichen, c) Haftungsansprüche des Schuldners gegen amtierende oder ehemalige Mitglieder seiner Organe bestehen, deren Durchsetzung in der Eigenverwaltung erschwert werden könnte, 2. Mängel der Eigenverwaltungsplanung nicht innerhalb der gemäß § 270b Absatz 1 Satz 2 gesetzten Frist behoben werden, 3. die Erreichung des Eigenverwaltungsziels, insbesondere eine angestrebte Sanierung sich als aussichtslos erweist, 4. der vorläufige Sachwalter dies mit Zustimmung des vorläufigen Gläubigerausschusses oder der vorläufige Gläubigerausschuss dies beantragt, 5. der Schuldner dies beantragt. (2) 1Die vorläufige Eigenverwaltung wird durch Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters zudem aufgehoben, wenn ein absonderungsberechtigter
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§§ 270e, 272 InsO – Aufhebung der (vorläufigen) Eigenverwaltung
Gläubiger oder Insolvenzgläubiger die Aufhebung beantragt und glaubhaft macht, dass die Voraussetzungen für eine Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung nicht vorliegen und ihm durch die Eigenverwaltung erhebliche Nachteile drohen. 2 Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Schuldner zu hören. 3Gegen die Entscheidung steht dem Gläubiger und dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. (3) Zum vorläufigen Insolvenzverwalter kann der bisherige vorläufige Sachwalter bestellt werden. (4) 1Dem vorläufigen Gläubigerausschuss ist vor Erlass der Entscheidung nach Absatz 1 Nummer 1 oder 3 Gelegenheit zur Äußerung zu geben. 2§ 270b Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. 3Bestellt das Gericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter, sind die Gründe hierfür schriftlich darzulegen. 4§ 27 Absatz 2 Nummer 4 gilt entsprechend. § 272 Aufhebung der Anordnung (1) Das Insolvenzgericht hebt die Anordnung der Eigenverwaltung auf, wenn 1. der Schuldner in schwerwiegender Weise gegen insolvenzrechtliche Pflichten verstößt oder sich auf sonstige Weise zeigt, dass er nicht bereit oder in der Lage ist, seine Geschäftsführung am Interesse der Gläubiger auszurichten; dies gilt auch dann, wenn sich erweist, dass a) der Schuldner die Eigenverwaltungsplanung in wesentlichen Punkten auf unzutreffende Tatsachen gestützt hat, b) die Rechnungslegung und Buchführung so unvollständig oder mangelhaft sind, dass sie keine Beurteilung der Eigenverwaltungsplanung, insbesondere des Finanzplans, ermöglichen, c) Haftungsansprüche des Schuldners gegen amtierende oder ehemalige Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs bestehen, deren Durchsetzung in der Eigenverwaltung erschwert werden könnte, 2. die Erreichung des Eigenverwaltungsziels, insbesondere eine angestrebte Sanierung sich als aussichtslos erweist, 3. dies von der Gläubigerversammlung mit der in § 76 Absatz 2 genannten Mehrheit und der Mehrheit der abstimmenden Gläubiger beantragt wird, 4. dies von einem absonderungsberechtigten Gläubiger oder von einem Insolvenzgläubiger beantragt wird, die Voraussetzungen der Anordnung der Eigenverwaltung des § 270f Absatz 1 in Verbindung mit § 270b Absatz 1 Satz 1 weggefallen sind und dem Antragsteller durch die Eigenverwaltung erhebliche Nachteile drohen, 5. dies vom Schuldner beantragt wird.
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§§ 270e, 272 InsO – Aufhebung der (vorläufigen) Eigenverwaltung
(2) 1Der Antrag eines Gläubigers ist nur zulässig, wenn die in Absatz 1 Nummer 4 genannten Voraussetzungen glaubhaft gemacht werden. 2Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Schuldner zu hören. 3Gegen die Entscheidung steht dem Gläubiger und dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. (3) Zum Insolvenzverwalter kann der bisherige Sachwalter bestellt werden. Übersicht 1.
2. 3.
Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG ...................................... 1 Aufhebung der (vorläufigen) Eigenverwaltung ............................. 5 Persönliche und sachliche Aufhebungsgründe (§§ 270e Abs. 1, 272 Abs. 1 InsO) ............................ 8 a) Systematisierung der Aufhebungsgründe nach Abs. 1 Nr. 1 und Entscheidungsgrundlagen ............................... 8 b) Regelbeispiele der §§ 270e Abs. 1 Nr. 1, 272 Abs. 1 Nr. 1 InsO ............................. 15 aa) Unzutreffende Tatsachen und Verletzung der Mitteilungspflicht (lit. a) .... 17 bb) Mangelhafte Buchführung bzw. Rechnungslegung (lit. b) ................ 22 cc) Erschwerung der Durchsetzung von Haftungsansprüchen (lit. c) ......... 28
4.
5. 6. 7.
8.
9.
Aufhebung nach einstweiliger Zulassung der vorläufigen Eigenverwaltung (§ 270e Abs. 1 Nr. 2 InsO) ............................................ Unerreichbarkeit des Eigenverwaltungsziels ................................ Aufhebung auf begründungsfreien Antrag ........................................... Aufhebung auf begründungspflichtigen Antrag ........................ a) Begründeter Antrag und individuelle Schlechterstellung ........................................ b) Sofortige Beschwerde ........... Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses und Begründungspflicht ............................................ Keine die Unabhängigkeit ausschließende Vorbefassung des (vorläufigen) Sachwalters i. S. d. § 56 InsO ......................................
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1. Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG 1 Die Insolvenzordnung in der Fassung des ESUG sah in § 272 InsO a. F. lediglich eine Regelung für die Aufhebung der Eigenverwaltung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor. Ein Verweis in § 270a InsO a. F. (i. d. F. des ESUG) auch auf § 272 InsO a. F. (i. d. F. des ESUG) fehlte. Dennoch war davon auszugehen, dass im Falle nachträglichen Bekanntwerdens erheblicher Nachteile im Zusammenhang mit der Fortsetzung des Insolvenzeröffnungsverfahrens in vorläufiger Eigenverwaltung die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters und die Fortsetzung des Eröffnungsverfahrens als fremdverwaltetes Verfahren möglich war (so ausdrücklich AG Bremen, ZInsO 2018, 195). 2 Der Gesetzgeber des SanInsFoG hat diese Lücke nunmehr geschlossen und in § 270e InsO die Möglichkeit der Beendigung der vorläufigen Eigenverwaltung durch Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters ausdrücklich eröffnet. 834
2. Aufhebung der (vorläufigen) Eigenverwaltung
§ 272 InsO, der die Aufhebung der Eigenverwaltung nach Eröffnung des Verfahrens regelt, übernimmt in seiner Neufassung neben der Formulierung des § 272 InsO a. F. (i. d. F. des ESUG) insbesondere wortgleich auch die Aufhebungsgründe des § 270e InsO. Die Aufhebungsgründe knüpfen an § 270b InsO sowohl in objektiver Hin- 3 sicht (Eigenverwaltungtauglichkeit) als auch in subjektiver Hinsicht (Eigenverwaltungswürdigkeit) an. Daneben bleibt der Nachteilsbegriff insoweit erhalten, als die Aufhebung der (vorläufigen) Eigenverwaltung auf Antrag eines absonderungsberechtigten oder eines ungesicherten Gläubigers nach wie vor möglich bleibt, wenn dieser das Fehlen der Eigenverwaltungsvoraussetzungen und darüber hinaus glaubhaft macht, dass durch die Fortsetzung der Eigenverwaltung erhebliche Nachteile in Bezug auf seine individuellen (Vermögens-)Interessen zu besorgen sind. Neu ist überdies, dass der vorläufige Sachwalter ein eigenes Initiativrecht zur 4 Beantragung der „Aufhebung“ der vorläufigen Eigenverwaltung hat, das er – zur Wahrung der Gläubigerautonomie (BT-Drucks. 19/24181, S. 207) – nach Konsultation des vorläufigen Gläubigerausschusses ausüben kann. Aus dem Initiativrecht folgt zugleich die Amtspflicht des vorläufigen Sachwalters, nach Feststellung entsprechender Gründe die Beendigung der (vorläufigen) Sachwaltung auch tatsächlich zu betreiben und die Bestellung eines (vorläufigen) Insolvenzverwalters zu beantragen. 2. Aufhebung der (vorläufigen) Eigenverwaltung Nach § 270e Abs. 1 InsO ist die vorläufige Eigenverwaltung durch Bestellung 5 eines vorläufigen Insolvenzverwalters bei Erfüllung eines der in § 270e Abs. 1 InsO genannten Tatbestandes „durch Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters“ aufzuheben. In der Formulierung kommt zum Ausdruck, was systematisch richtig ist: Bei der vorläufigen Eigenverwaltung handelt es sich nicht um eine gesonderte Verfahrensart, sondern lediglich um ein Insolvenzeröffnungsverfahren, für welches die Anwendbarkeit des § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO ausnahmsweise ausgeschlossen ist (vgl. §§ 270b InsO Rn. 7). § 270e Abs. 1 InsO regelt daher die Rückausnahme zu der Ausnahmevorschrift des §§ 270b Abs. 1 InsO und stellt die Anwendbarkeit des § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO wieder her. Die Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO sowie die Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts oder eines Verfügungsverbots unterliegen daher den allgemeinen, im Insolvenzeröffnungsverfahren mit absehbarer Fremdverwaltung geltenden Maßstäben, insbesondere daher auch der Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. Hölzle, in: K. Schmidt, InsO, § 21 Rn. 10 ff.). Eines gesonderten Aufhebungsbeschlusses in Bezug auf die vorläufige Eigen- 6 verwaltung bedarf es, weil diese auch nicht gesondert angeordnet wird, nicht.
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§§ 270e, 272 InsO – Aufhebung der (vorläufigen) Eigenverwaltung
Die Beendigung der Verfügungsbefugnis des Schuldners über das der Insolvenzmasse zugehörige Vermögen erfolgt allein durch Anordnung der im Ermessen des Gerichts gebotenen Sicherungsmaßnahmen. 7 Anders ist dies nach § 272 Abs. 1 InsO im eröffneten Insolvenzverfahren, da die Eigenverwaltung nach § 270f Abs. 1 InsO mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens angeordnet wird. Rechtsfolge der Anordnung nach § 270f Abs. 1 InsO ist das fortbestehende Verfügungsrecht des Schuldners nach § 270 Abs. 1 Satz 1 InsO lediglich unter der Aufsicht eines Sachwalters. Die Anordnung der Eigenverwaltung setzt als actus contrarius auch deren Aufhebung voraus, liegen die Voraussetzungen des § 272 Abs. 1 InsO vor. Die Verfügungsbefugnis des Schuldners endet daher unabhängig von der Bestellung eines Insolvenzverwalters und dem Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gemäß § 80 Abs. 1 InsO auf diesen bereits mit der Aufhebung der Eigenverwaltung. Die Beschlüsse über die Aufhebung der Eigenverwaltung und die Bestellung eines Insolvenzverwalters können jedoch miteinander verbunden werden. 3. Persönliche und sachliche Aufhebungsgründe (§§ 270e Abs. 1, 272 Abs. 1 InsO) a) Systematisierung der Aufhebungsgründe nach Abs. 1 Nr. 1 und Entscheidungsgrundlagen 8 §§ 270e Abs. 1 Nr. 1, 272 Abs. 1 Nr. 1 InsO tragen dem Umstand Rechnung, dass auch das in (vorläufiger) Eigenverwaltung geführte Insolvenzverfahren ein ausschließlich im Gesamtgläubigerinteresse geführtes Verfahren ist. Dies kommt in der Formulierung des Gesetzes zum Ausdruck, dass die Aufhebung dann geboten ist, wenn sich zeigt, dass der Schuldner nicht bereit oder nicht in der Lage ist, seine Geschäftsführung am Interesse der Gläubiger auszurichten. Zu diesem Zweck nennen §§ 270e Abs. 1 Nr. 1, 272 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht abschließende Regelbeispiele (BT-Drucks. 19/24181, S. 207), unter denen die Annahme einer nicht am Gläubigerinteresse ausgerichteten Geschäftsführung indiziert ist. 9 Systematisch beinhalten die Regelbeispiele der §§ 270e Abs. 1 Nr. 1 lit. a) bis c), 272 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) bis c) InsO daher den Rückschluss aus äußeren Umständen und Indiztatsachen entweder auf einen inneren Tatbestand („bereit“) oder die objektive Fähigkeit („in der Lage“) des Schuldners. Diese gesetzliche Systematik ist vor allem aus dem Anfechtungsrecht bekannt, wo aus äußeren Umständen auf die Kenntnis (§§ 130, 131 InsO) oder auf den Vorsatz (§ 133 InsO) geschlossen werden kann. 10 Die Differenzierung zwischen dem inneren Tatbestand („bereit“) und der objektiven Fähigkeit („in der Lage“) zeigt, dass die Aufhebungsgründe sowohl subjektiv als auch objektiv indiziert sein können, was seine Entsprechung in der Differenzierung des § 270b InsO zwischen der Eigenverwaltungstauglichkeit und der Eigenverwaltungswürdigkeit des Schuldners befindet. Daraus folgt 836
3. Persönliche und sachliche Aufhebungsgründe (§§ 270e Abs. 1, 272 Abs. 1 InsO)
zugleich, dass bei Vorliegen objektiver Umstände, welche die Eigenverwaltungsfähigkeit und -tauglichkeit in Frage stellen die subjektiven Hintergründe hierfür unerheblich sind, es also auf ein Verschulden des Schuldners oder die Entschuldbarkeit nicht ankommt. Allein das objektive Vorliegen der Umstände rechtfertigt für sich allein den Übergang in das fremdverwaltete Verfahren. Maßgebliches Leitmotiv für die Auslegung ist das Gesamtgläubigerinteresse, 11 also das Ziel der gleichmäßigen, an der insolvenzrechtlichen Befriedigungsordnung ausgerichteten Wahrung der Gläubigerinteressen nach dem Leitbild des § 1 InsO. Nur wenn und soweit der Schuldner bereit und in der Lage ist, seine Geschäftsführung, vor allem aber die Ausrichtung und Organisation des Insolvenzverfahrens an diesem Leitbild zu orientieren und sie ihm unterzuordnen, ist es gerechtfertigt, die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das dem Insolvenzbeschlag unterliegende Vermögen bei ihm zu belassen. Nach der jüngeren Rechtsprechung des BGH (ZIP 2020, 1080) ist daher Maßstab aller unternehmerischen Entscheidung des Schuldners der Insolvenzzweck der bestmöglichen gemeinschaftlichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger sowie das von den Gläubigern gemeinschaftlich beschlossene Verfahrensziel – Abwicklung des Unternehmens, Veräußerung oder Insolvenzplan – als Mittel der Zweckerreichung. Der dem Schuldner dabei zustehende Ermessensspielraum ist überschritten, wenn die Maßnahme aus der Perspektive ex ante angesichts der mit ihr verbundenen Kosten, Aufwendungen und Risiken im Hinblick auf die Pflicht des Schuldners, die Masse zu sichern und zu wahren, nicht mehr vertretbar ist. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Fortführung des Unternehmens keinen Selbstzweck darstellt, sondern ebenfalls dem Zweck des § 1 InsO untergeordnet ist (BGH, ZIP 2020, 1080). Außerdem ist eine jede Entscheidung auf angemessenere Informationsgrundlage zu treffen, was insbesondere den Aufhebungsgrund der §§ 270 Abs. 1 Nr. 1 lit. b), § 272 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) InsO erklärt. Während die Zurückweisung eines Eigenverwaltungsantrages nach § 270b InsO 12 voraussetzt, dass dies rechtfertigende Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung „bekannt“ sind (vgl. § 270b InsO Rn. 50 ff.), setzen §§ 270e Abs. 1 Nr. 1, 272 Abs. 1 Nr. 1 InsO voraus, dass entsprechende Umstände „erwiesen“ sind. Dabei ist unerheblich, ob sich nachträglich erweist, dass die Umstände bereits anfänglich vorgelegen haben, oder ob sie nachträglich eingetreten sind. Die Zulassung der zunächst vorläufigen Eigenverwaltung nach § 270b InsO hat daher keine präjudizielle Wirkung für die spätere Aufhebung. Mit der tatbestandlichen Anforderung des „Erwiesen seins“ nimmt der Gesetz- 13 geber Bezug auf die freie richterliche Beweiswürdigung nach § 286 ZPO. Es muss daher zur Überzeugung des Gerichts feststehen, dass entweder die als Regelbeispiele formulierten Indiztatsachen oder andere Umstände vorliegen, die auf die fehlende Bereitschaft oder die fehlende Fähigkeit des Schuldners, die Geschäftsführung an den Gesamtgläubigerinteressen auszurichten, schließen lassen. Es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz; Anknüpfungstatsachen hat das 837
§§ 270e, 272 InsO – Aufhebung der (vorläufigen) Eigenverwaltung
Insolvenzgericht grundsätzlich selbst zu ermitteln (vgl. BGHZ 37, 389). Das Gericht kann mit oder ohne entsprechenden Anlass zu diesem Zweck allerdings den vorläufigen Sachwalter nach § 270c Abs. 1 InsO (vgl. dort Rn. 4) mit entsprechenden Prüfungshandlungen und der Berichterstattung beauftragen (BT-Drucks. 19/24181, S. 207). Aus der ausdrücklichen Kompetenzzuweisung in den Aufgabenbereich des vorläufigen Sachwalters folgt aber zugleich, dass die isolierte Beauftragung eines Sachverständigen nach § 5 InsO zur Beurteilung der Aufhebungsgründe unzulässig ist (es gilt Entsprechendes wie bei § 270d InsO, vgl. dort Rn. 80 ff.; vgl. zu ganz parallelen Erwägungen außerdem § 73 StaRUG Rn. 8). 14 Aus der impliziten Bezugnahme auf § 286 ZPO und der Ausgestaltung der in §§ 270e Abs. 1 Nr. 1, 272 Abs. 1 Nr. 1 InsO genannten denn Umstände lediglich als Regelbeispiele folgt zugleich, dass eine Beweisantizipation allein aus der Aktenkundigkeit tatbestandlicher Umstände nicht ausreicht, da der Gegenbeweis nach allgemeinen zivilprozessualen Regeln bis zur abschließenden Beweiswürdigung stets offenstehen muss. Die Vorabwürdigung eines etwaig beantragten Gegenbeweises ist unzulässig (vgl. z. B. Prütting, in: MünchKommZPO, § 284 Rn. 100). Werden Umstände im Sinne der §§ 270e Abs. 1 Nr. 1, 272 Abs. 1 Nr. 1 InsO aktenkundig, ist dem Schuldner daher rechtliches Gehör zu gewähren und Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Dies kann mit kurzer Frist erfolgen und führt In diesem Fall in auch insbesondere dann nicht zu Verzögerungen, wenn die Frist an der Anhörungsfrist für den vorläufigen Gläubigerausschuss nach § 270e Abs. 4 Satz 2 InsO ausgerichtet wird. Das Gericht trifft seine Entscheidung sodann unter abschließender und umfassender Würdigung sämtlicher ihm bekannt gewordenen Umstände in freier Überzeugungsbildung nach Maßgabe des § 286 ZPO. b) Regelbeispiele der §§ 270e Abs. 1 Nr. 1, 272 Abs. 1 Nr. 1 InsO 15 §§ 270e Abs. 1 Nr. 1, 272 Abs. 1 Nr. 1 InsO enthalten in ihren jeweiligen Buchstaben a) bis c) (widerlegliche) Regelbeispiele, aus welchen entweder auf die innere Tatsache fehlender Bereitschaft oder die äußere und sodann von einem Verschulden oder der Entschuldbarkeit unabhängige Tatsache fehlender Fähigkeit der Ausrichtung des Verfahrens an den Gesamtgläubigerinteressen (vgl. Rn. 8 ff.) geschlossen werden kann (BT-Drucks. 19/24181, S. 207). 16 Die möglichen Aufhebungsgründe gehen daher über die genannten Regelbeispiele hinaus. Bei der Bestimmung weiterer, unbenannter Aufhebungsgründe ist auf die vorstehend wiedergegebenen Leitlinien für die Ausrichtung der Geschäftsführung zurückzugreifen (Rn. 11) und kann insbesondere auch auf eine Gesamtanalogie zu den genannten Regelbeispielen zur Begründung zurückgegriffen werden.
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3. Persönliche und sachliche Aufhebungsgründe (§§ 270e Abs. 1, 272 Abs. 1 InsO)
aa) Unzutreffende Tatsachen und Verletzung der Mitteilungspflicht (lit. a) Während die Zurückweisung des Antrages auf Eigenverwaltung im Insolvenz- 17 eröffnungsverfahren oder bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur auf in diesem Zeitpunkt bekannte Umstände gestützt werden kann (vgl. § 270b InsO Rn. 17), eröffnen §§ 270e Abs. 1 Nr. 1 lit. a), 272 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) InsO die Reaktion auf das nachträgliche Bekanntwerden oder den nachträglichen Eintritt von Umständen, deren Vorliegen dazu führt, dass die Eigenverwaltungsplanung in wesentlichen Punkten auf unzutreffende Tatsachen gestützt ist. Die Planung kann sich also als ursprünglich falsch oder als nachträglich wegen einer Veränderung wesentlicher Umstände nicht mehr zutreffend herausstellen. Insbesondere die zweitgenannte Alternative wird dadurch flankiert, dass zu- 18 sätzlich ein Verstoß gegen die Erfüllung der Obliegenheiten des Schuldners aus § 270c Abs. 2 InsO genannt wird, wonach der Schuldner sämtliche wesentlichen Veränderungen unverzüglich mitzuteilen hat. Die ausdrückliche Nennung der Mitteilungspflicht als Aufhebungsgrund 19 bewirkt allerdings auch, dass allein ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht die Aufhebung der Eigenverwaltung rechtfertigt, ungeachtet der Tatsache, ob die nicht mitgeteilten Umstände nach der Würdigung des Gerichts eine wesentliche, die Aufhebung der Eigenverwaltung rechtfertigende Veränderung der tatsächlichen Umstände dargestellt hätten. Hier kommt die Unterscheidung zwischen inneren und äußeren Aufhebungstatsachen zum Tragen. Der Schuldner, der seine Mitteilungspflichten verletzt, bringt hierdurch zum Ausdruck, dass er nicht bereit ist, die Geschäftsführung an den Interessen der Gläubiger auszurichten. Hierfür ist es unerheblich, ob die veränderten Umstände, deren Mitteilung er unterlassen hat, tatsächlich geeignet sind, die Fähigkeit, die Geschäftsführung an den Gläubigerinteressen auszurichten und das Eigenverwaltungsziel zu erreichen, infrage zu stellen. Außerdem würde die Berücksichtigung der Frage, ob es sich um eine wesent- 20 liche Veränderung handelt, deren Mitteilung unterlassen wurde, die Entscheidung darüber, welche Umstände wesentlich sind und welche nicht, der Entscheidungsprärogative des Schuldners unterwerfen. Diese Entscheidung steht ihm allerdings nicht zu. Die Entscheidung darüber, welche Umstände wesentlich sind, unterliegt allein der freien Beweiswürdigung des Gerichts und darf daher nicht durch eine vom Schuldner vorgenommene Vorauswahl determiniert werden. Der Schuldner hat daher im Grundsatz sämtliche Veränderungen von Umständen mitzuteilen, die aus einer objektiven Ex-ante-Betrachtung heraus unmittelbar oder mittelbar Einzug in die Eigenverwaltungsplanung, gleich in welcher Form, gehalten haben oder diese, ohne bereits in ihr berücksichtigt worden zu sein, tatsächlich oder potenziell, mittelbar oder unmittelbar beeinflussen können.
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§§ 270e, 272 InsO – Aufhebung der (vorläufigen) Eigenverwaltung
21 Im Übrigen kann für die Bestimmung unzutreffender Tatsachen auf die Ausführungen bei § 270b InsO (dort Rn. 16 ff.) verwiesen werden. bb) Mangelhafte Buchführung bzw. Rechnungslegung (lit. b) 22 §§ 270e Abs. 1 Nr. 1 lit. b), 272 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) InsO tragen dem Umstand Rechnung, dass das Belassen der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das dem Insolvenzbeschlag unterliegende Vermögen und das Belassen der maßgeblichen geschäftsleitenden Entscheidungen beim Schuldner angesichts der Qualifizierung des Insolvenzverfahrens als Gesamtvollstreckungsverfahren ein dem Schuldner eingeräumtes Privileg begründet, das einer sicheren Entscheidungsgrundlage dafür bedarf, ob das schuldnerische Unternehmen eigenverwaltungstauglich und der Schuldner bzw. dessen Organe eigenverwaltungswürdig sind. Darüber hinaus muss sichergestellt sein, dass der Schuldner seine Geschäftsleitung an dem Insolvenzzweck der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung ausrichtet. Das aber ist allein auf Grundlage angemessener und vollständiger Information möglich (BGH, ZIP 2020, 1080). 23 Sind die Rechnungslegung und die Buchführung des Schuldners daher so unvollständig oder mangelhaft, dass sie keine Beurteilung der Eigenverwaltungsplanung, insbesondere des Finanzplans ermöglichen, so fehlt es an einer solchen Entscheidungsgrundlage, weshalb es an einer Legitimation für das Belassen der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis beim Schuldner fehlt. 24 Das Maß einer nicht genügenden oder der mangelhaften kaufmännischen Rechnungslegung des Schuldners ist bereits dann erfüllt, wenn die Buchführung in wesentlichen Punkten nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) genügt. 25 Dies ist dann der Fall, wenn der Schuldner keinen in kaufmännischer Art und Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unterhält, der sich in Bezug auf die Buchführung dem Ziel unterordnet, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln und die Geschäftsvorfälle im Unternehmen für einen sachkundigen Dritten nachvollziehbar und rekonstruierbar zu dokumentieren. Maßstab für die Beurteilung der Reichweite der vorzuhaltenden Aufzeichnungen ist § 238 HGB (BGH, NZI 2019, 351). 26 Obwohl es sich bei den GoB um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, können sowohl aus dem Handelsgesetzbuch (insbesondere §§ 238, 239, 246, 252 HGB) als auch aus der Abgabenordnung (§§ 145 – 147 AO) Konkretisierungen abgeleitet werden. So hat die Buchhaltung nach den Grundsätzen der Richtigkeit (§ 239 Abs. 2 HGB), der Willkürfreiheit (§ 239 Abs. 2 HGB), der Klarheit (§ 238 Abs. 1 Satz 2 HGB und § 243 Abs. 2 HGB), der Vollständigkeit (§ 239 Abs. 2 HGB und § 246 Abs. 1 HGB) sowie der Stetigkeit und der Vorsicht zu erfolgen und gemäß § 238 Abs. 1 HGB muss sie so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens 840
3. Persönliche und sachliche Aufhebungsgründe (§§ 270e Abs. 1, 272 Abs. 1 InsO)
vermitteln kann. Darüber hinaus sind auch nicht explizit gesetzlich kodifizierte GoB (oft: „Handelsbräuche“) zu befolgen, wie insbesondere der Grundsatz der Methodenbestimmtheit, der Wesentlichkeit und das Belegprinzip. Der Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung muss 27 darüber hinaus aber auch den Rückschluss rechtfertigen, dass die Ableitung einer verlässlichen Eigenverwaltungsplanung und eines verlässlichen Finanzplans aus Gründen eines nicht validen Rückgriffs auf Vergangenheitswerte nicht möglich ist. Dies hängt jeweils vom Einzelfall ab und ist Frage der Beweiswürdigung. Insbesondere werden durch dieses Kausalitätserfordernis aber solche Fälle als Ausschlusstatbestand ausgeschieden, in denen die verlässliche Vorausschau für Zwecke des Eigenverwaltungsverfahrens trotz erkannter Mängel in der Buchführung möglich ist, weil das insolvenzbezogene Rechenwerk selbstständig aufgesetzt wird oder bereits selbstständig aufgesetzt worden ist. Bei der Beurteilung der Kausalität können ihrerseits Indizien eine Rolle spielen und der Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden, wie z. B. die Bewilligung eines Massekredits durch Verfahrensbeteiligte. Diese werden hierzu nämlich nur dann bereit sein, wenn der Kreditgewährung eine Planung zugrunde liegt, welche die Risikoeinschätzung hinsichtlich eines künftigen Ausfalls – in den Grenzen des verfahrensrechtlich Leistbaren – ermöglicht. cc) Erschwerung der Durchsetzung von Haftungsansprüchen (lit. c) Nach § 280 InsO obliegt dem Sachwalter die Geltendmachung (lediglich) der 28 Haftungsansprüche nach den §§ 92, 93 InsO sowie die Geltendmachung der Insolvenzanfechtung nach den §§ 129 ff. InsO. Uneinheitlich wurde in der Vergangenheit der Umgang mit gesellschaftsrechtlichen Haftungsansprüchen insbesondere aus Verstößen gegen das Massesicherungsgebot (§ 64 GmbHG a. F., jetzt: § 15b InsO) gehandhabt. Auch häufig wurde der Sachwalter über den ausdrücklichen gesetzlichen Anwendungsbereich des § 280 InsO hinaus aus Gründen der Transparenz und der Objektivität mit der Verfolgung auch solcher gesellschaftsrechtlichen Ansprüche (überobligatorisch) beauftragt. Wünschenswert wäre gewesen, hätte der SanInsFoG-Gesetzgeber die Aktiv- 29 legitimation für die Geltendmachung und Durchsetzung der Ansprüche aus dem neugefassten § 15b InsO dem Sachwalter zugewiesen. Dies wäre eine erhebliche vertrauenssteigernde Maßnahme im Eigenverwaltungsverfahren gewesen. Stattdessen hat der Gesetzgeber sich darauf beschränkt, in § 270c Abs. 1 Nr. 3 30 InsO die Möglichkeit vorzusehen, dass das Gericht den (vorläufigen) Sachwalter mit der Prüfung des Bestehens solcher Haftungsansprüche und der Berichterstattung hierüber beauftragt. Im Umkehrschluss folgt aus § 270c Abs. 1 Nr. 3 InsO zugleich, dass Ansprüche aus § 15b InsO von der Aktivlegitimation nach § 280 InsO gerade nicht erfasst sind. Dies schließt allerdings nach wie vor und insoweit unverändert zu der bis zum 31 31.12.2020 geltenden Rechtslage nicht aus, dass der Sachwalter mit der Gel841
§§ 270e, 272 InsO – Aufhebung der (vorläufigen) Eigenverwaltung
tendmachung der Ansprüche gesondert beauftragt und die Ansprüche ihm in fiduziarischer Vollrechtsabtretung zur Einziehung übertragen werden (zur Zulässigkeit einer solchen Abtretung zur Einziehung im Gläubigerinteresse vgl. die entsprechenden Ausführungen zur möglichen Gestaltung im Rahmen eines Insolvenzplans in BGH, ZIP 2018, 1141). Die Abtretung muss durch den Schuldner erklärt werden und sollte als außerordentliche Maßnahme durch den (vorläufigen) Gläubigerausschuss beschlossen werden. 32 Findet Übertragung der Ansprüche zur Prüfung, Geltendmachung und ggf. (streitigen) Durchsetzung auf den (vorläufigen) Sachwalter nicht statt und ergeben sich Umstände, die objektiv besorgen lassen, dass die Realisierung dieser Ansprüche zugunsten der Insolvenzmasse erschwert werden könnte, so stellt dies einen gewichtigen Aufhebungsgrund dar. 33 Anders als für die übrigen Tatbestände ist hier nicht erforderlich, dass erwiesen ist, dass die Realisierung der Ansprüche tatsächlich erschwert würde. Vielmehr reicht, wie die Formulierung im Konjunktiv zeigt, dass die erschwerte Realisierung aus dem Blickwinkel eines neutralen, objektiven, sachkundigen Dritten nicht auszuschließen ist. Der Schuldner ist insoweit nicht schutzwürdig. Ihm steht mit der Übertragung der Ansprüche zur Realisierung auf den (vorläufigen) Sachwalter eine verlässliche Möglichkeit zur Seite, jede Gefährdung der Realisierung von vorneherein auszuschließen. Macht er hiervon nicht Gebrauch, so stellt dies allein noch kein Indiz dar, vermindert aber seine Schutzwürdigkeit und lässt das Schutzinteresse der Gläubigergemeinschaft deutlich hervortreten. 34 Die Besorgnis der erschwerten Realisierbarkeit kann sich sowohl aus tatsächlichen als auch aus rechtlichen Gründen ergeben. Die Realisierbarkeit ist daher jedenfalls erschwert, wenn zu besorgen ist, dass ein Organ gegen sich selbst vorgehen müsste, wenn die nicht vollständige Sachverhaltsaufklärung zu besorgen ist oder durch gesellschaftsrechtliche Maßnahmen (wie z. B. Entlastungsbeschlüsse) Abwehrstrategien drohen, die eine Interessenkollision der das Verfahren führenden Organe jedenfalls nicht von vorneherein ausgeschlossen erscheinen lassen. 35 Da es sich gerade bei der Realisierung von Haftungsansprüchen um ein für das Vertrauen der Verfahrensbeteiligten in das Institut der Eigenverwaltung wesentliches Datum handelt, das auch in der Vergangenheit zu erheblicher Polarisierung beigetragen hat, ist in diesem Punkt auch vor dem Hintergrund der für den Schuldner eröffneten Möglichkeit der Übertragung der Ansprüche auf den Sachwalter ein strenger Auslegungsmaßstab geboten. 4. Aufhebung nach einstweiliger Zulassung der vorläufigen Eigenverwaltung (§ 270e Abs. 1 Nr. 2 InsO) 36 Ist die vorläufige Eigenverwaltung wegen zwar erkannten aber behebbar erscheinenden Mängeln nach § 270b Abs. 1 Satz 2 InsO nur einstweilen zugelassen worden, und wurde dem Schuldner die längstens 20 Tage umfassende Frist zur Behebung der Mängel gesetzt (vgl. § 270b InsO Rn. 23), so ist es an 842
5. Unerreichbarkeit des Eigenverwaltungsziels
dem Schuldner, die Mängel fristgerecht zu beseitigen und eine vollständige und schlüssige Eigenverwaltungsplanung fristgerecht vorzulegen. Die 20-Tage-Frist ist nicht verlängerbar. Verstreicht die Frist, ohne dass der Schuldner die ergänzte oder nachgebes- 37 serte Eigenverwaltungsplanung zu den Akten gereicht hat, so ist ohne Ermessen des Gerichts in gebundener Entscheidung ein vorläufiger Insolvenzverwalter zu bestellen, wenn dies auch ohne den Eigenverwaltungsantrag des Schuldners der Fall gewesen wäre. Es gelten demgemäß die allgemeinen Anordnungsvoraussetzungen und Verhältnismäßigkeitserwägungen des § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO. Die vorherige Anhörung des Schuldners ist in diesem Fall nicht erforderlich. Da es sich um eine Besonderheit des Insolvenzeröffnungsverfahrens handelt, 38 hat § 270e Abs. 1 Nr. 2 InsO keine Entsprechung in § 272 InsO. 5. Unerreichbarkeit des Eigenverwaltungsziels Nach §§ 270e Abs. 1 Nr. 3, 272 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist ein (vorläufiger) Insol- 39 venzverwalter zu bestellen und die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners dementsprechend zu beenden, sobald sich die Erreichbarkeit des Eigenverwaltungsziels als aussichtslos herausstellt. Das Eigenverwaltungsziel muss dabei nicht zwingend in der (Teil-)Sanierung und (Teil-)Fortführung des Unternehmens bestehen – anders nur im Fall des Schutzschirmverfahrens nach § 270d InsO (dort Rn. 13) –, sondern kann sich auf jedes in der Eigenverwaltungsplanung zugrunde gelegte Eigenverwaltungsziel beziehen. An die Feststellung der Unerreichbarkeit sind hohe Anforderungen zu stellen. 40 Dies kommt insbesondere darin zum Ausdruck, dass diese Tatbestandsalternative noch einmal herausstellt, dass die Unerreichbarkeit erwiesen sein muss. Erwiesen ist die Unerreichbarkeit des Eigenverwaltungsziels allerdings erst dann, wenn das Erreichen des Ziels endgültig gescheitert ist. Die Verweigerung der Mitwirkung für das Erreichen des Ziels wesentlicher Gläubiger oder sonstiger Verfahrensbeteiligter ist unerheblich, solange es sich nicht um eine endgültige Verweigerung handelt, die nicht noch überwindbar erscheint, oder aber die fehlende Mitwirkungsbereitschaft insbesondere im Rahmen eines Insolvenzplans durch Mehrheitsentscheidung überwunden werden kann (die zu § 33 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG angestellten Erwägungen gelten hier entsprechend, vgl. §§ 31, 33 StaRUG Rn. 100). Ungeachtet dieser strengen Anforderungen unterliegt auch die Definition des 41 Eigenverwaltungsziels der Dynamik des Verfahrens. Dies bedeutet, dass das bei Antragstellung in der Eigenverwaltungsplanung definierte Eigenverwaltungsziel durch die Planung nicht unveränderlich festgeschrieben ist, sondern das Eigenverwaltungsziel im Verlaufe des Verfahrens auch (mehrfach oder sukzessive) den veränderten Rahmenbedingungen, veränderten Umständen und im Laufe des Verfahrens gewonnenen Erkenntnissen (z. B. aus der Durchführung eines Investorenprozesses) angepasst werden kann. Anderenfalls näm843
§§ 270e, 272 InsO – Aufhebung der (vorläufigen) Eigenverwaltung
lich wäre die Eigenverwaltung nur dann eröffnet, wenn der genaue Verfahrensverlauf und vor allem das Ergebnis der Verfahrensführung und des regelmäßig durchzuführenden Investorenprozesses bereits bei Einleitung des Verfahrens verlässlich vorhergesehen werden könnten. Das aber ist in aller Regel nicht der Fall. Dem Gesetzgeber kann jedoch nicht unterstellt werden, den Zugang zur Eigenverwaltung an der Praxis vorbei entsprechend beschränkt haben zu wollen, ohne hierauf in der Gesetzesbegründung ausdrücklich hinzuweisen. 42 Dem Schuldner steht es daher frei, durch Anzeige nach § 270c Abs. 2 InsO das Eigenverwaltungsziel während des Verfahrens an die veränderten Umstände anzupassen oder auch vollständig neu zu fassen. Dies kann auch mehrfach oder sukzessive erfolgen. Maßgeblich ist allein, dass der Schuldner jeweils im Sinne des § 270c Abs. 2 InsO unverzüglich reagiert und mögliche Auswirkungen auf das (erreichbare) Eigenverwaltungziel dem Gericht jeweils zur Kenntnis bringt. 43 Die Beurteilung des Vorliegens eines Aufhebungsgrundes nach §§ 270e Abs. 1 Nr. 3, 272 Abs. 1 Nr. 2 InsO hat sich daher jeweils ausschließlich an dem aktuellen, auf Grundlage der jüngsten diesbezüglichen Mitteilung des Schuldners nach § 270c Abs. 2 InsO zu bestimmenden Eigenverwaltungziel zu orientieren. 44 Da das Eigenverwaltungsverfahren auch nicht zwingend auf die (Teil-)Sanierung des Unternehmens ausgerichtet sein muss (§§ 270, 270a InsO Rn. 33), kann das Eigenverwaltungsziel sich im Verlaufe des Verfahrens auch von einer (Teil-)Sanierung hin zu einer Liquidation verändern, ohne dass dies einen Aufhebungsgrund rechtfertigten würde. Maßgeblich ist auch insoweit allein die unverzügliche Mitteilung des Schuldners sowie das Vorliegen etwaiger anderer Aufhebungsgründe. 6. Aufhebung auf begründungsfreien Antrag 45 Die Fortsetzung der Eigenverwaltung gegen den Willen des Schuldners ist zwecklos. Aus diesem Grund sehen §§ 270e Abs. 1 Nr. 5, 272 Abs. 1 Nr. 5 InsO vor, dass die (vorläufige) Eigenverwaltung auf Antrag des Schuldners zwingend aufzuheben ist. Der Antrag muss freilich nicht begründet werden. 46 Dasselbe Antragsrecht steht in der vorläufigen Eigenverwaltung nach § 270e Abs. 1 Nr. 4 InsO dem vorläufigen Sachwalter mit Zustimmung des vorläufigen Gläubigerausschusses und dem vorläufigen Gläubigerausschuss ohne Beteiligung des vorläufigen Sachwalters zu. Auch dieser Antrag muss nicht begründet werden. Die Vorschrift ist Ausprägung der hohen Gläubigerautonomie einerseits (BT-Drucks. 19/24181, S. 207) und stärkt andererseits die Position des vorläufigen Sachwalters, die nicht länger nur auf die Mitteilungspflichten nach § 284 InsO beschränkt ist, sondern ein eigenes Initiativrecht begründet. 47 Da der vorläufige Sachwalter sein Amt ausschließlich im Gläubigerinteresse und nach Maßgabe der auch für den Insolvenzverwalter geltenden Ermessens-
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7. Aufhebung auf begründungspflichtigen Antrag
spielräume (vgl. BGH, ZIP 2020, 1080) auszuüben hat, erfolgt aus dem Recht des vorläufigen Sachwalters, die Aufhebung der vorläufigen Eigenverwaltung unter dem Vorbehalt der Befassung des vorläufigen Gläubigerausschusses zu beantragen, auch die Pflicht, dies zu tun, stellt der Umstände fest, welche im Fall der Fortsetzung des vorläufigen Eigenverwaltungsverfahrens den Eintritt von Nachteilen für die Gläubiger(-gemeinschaft) besorgen lässt. Ein Entschließungsermessen steht dem vorläufigen Sachwalter nur insoweit zu, als die Vorteile der Fortsetzung der vorläufigen Eigenverwaltung gegen die Nachteile abzuwägen sind; ergibt die Abwägungsentscheidung aber ein Überwiegen der Nachteile, so hat er in gebundener Entscheidung die Aufhebung zu betreiben. Da der vorläufige Sachwalter allerdings ausschließlich dem Gesamtgläubigerinteresse verpflichtet ist, tritt diese Pflicht zum Tätigwerden nicht bereits bei zu besorgenden Nachteilen für einzelne Gläubiger ein, sondern erst dann, wenn das Gesamtgläubigerinteresse betroffen ist. Einzelne Gläubiger (und Absonderungsberechtigte) sind insoweit auch nicht schutzwürdig, da diesen ein eigenes Antragsrecht (§§ 270e Abs. 2, 272 Abs. 1 Nr. 4 InsO) zusteht. Ungeachtet der Pflicht des vorläufigen Sachwalters, seine Aufhebungsent- 48 scheidung an den Verfahrenszielen auszurichten, bedarf der Antrag keiner Begründung. Die Verfügungsbefugnis des Schuldners ist vielmehr durch das Gericht in gebundene Entscheidung zu beenden, beantragen der Gläubigerausschuss oder der vorläufige Sachwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses die Aufhebung der vorläufigen Eigenverwaltung. Dasselbe gilt im eröffneten Verfahren nach § 272 Abs. 1 Nr. 3 InsO, wenn die Gläubigerversammlung dies mit der in § 76 Abs. 2 InsO genannten Mehrheit und der Mehrheit der abstimmenden Gläubiger beantragt. Zum Schutz vor der missbräuchlichen Instrumentalisierung des Aufhebungsantrages ist in der Gläubigerversammlung daher Kopf- und Summenmehrheit erforderlich. Weder der vorläufige Gläubigerausschuss noch die Gläubigerversammlung sind 49 an ein vorheriges (zustimmendes) Votum nach § 270b Abs. 3 InsO gebunden. Auch die initiale Zustimmung zur (vorläufigen) Eigenverwaltung des vorläufigen Gläubigerausschusses präjudiziert daher nicht die Möglichkeit eines späteren Aufhebungsantrages nach § 270e Abs. 1 Nr. 4 InsO. Letzterer ist gerade Ausprägung des Grundsatzes der Gläubigerautonomie, jederzeit auf bessere oder schlicht andere Erkenntnisse reagieren zu können. Würde die initiale Entscheidung eine endgültige Festlegung bedeuten, würde dies die Bereitschaft von Gläubigerausschussmitgliedern zur Zustimmung voraussichtlich erheblich beschränken, was nicht im Interesse der Schuldner wäre. Eine Bindungswirkung ist daher klar abzulehnen. 7. Aufhebung auf begründungspflichtigen Antrag a) Begründeter Antrag und individuelle Schlechterstellung Da der (vorläufige) Gläubigerausschuss auch nicht das Recht und die Legitima- 50 tion hat, verbindlich über den Eingriff in individuelle Rechtspositionen ein-
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§§ 270e, 272 InsO – Aufhebung der (vorläufigen) Eigenverwaltung
zelner Verfahrensbeteiligter zu entscheiden, hat ein für das Gericht bindendes Votum des vorläufigen Gläubigerausschusses nach § 270b Abs. 3 InsO auch keine irreversible Bindungswirkung gegenüber einzelnen Gläubigern, deren Rechtsposition durch die (Fortsetzung der vorläufigen) Eigenverwaltung beeinträchtigt wird. 51 Aus diesem Grund sehen §§ 270e Abs. 2, 272 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 InsO vor, dass jeder der Gläubiger und jeder Absonderungsberechtigte zu jedem Zeitpunkt die Aufhebung der Eigenverwaltung bzw. die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters beantragen kann, soweit glaubhaft gemacht wird, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung (§ 270b InsO) nicht vorliegen und ihm durch die Eigenverwaltung erhebliche Nachteile drohen. Es handelt sich hierbei um eine individuelle Schutznorm, die dem Beispiel des § 251 InsO folgt. An den Nachweis des erheblichen Nachteils sind daher dieselben Anforderungen zu stellen, wie im Anwendungsbereich des § 251 InsO (vgl. §§ 251, 253 InsO Rn. 11). 52 Da die Aufhebung der Eigenverwaltung bzw. die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters erhebliche Auswirkungen nicht nur für den Schuldner sondern auch für die übrigen – der Verfahrensform ggf. zustimmenden – Gläubiger hat, sind an die Glaubhaftmachung hohe Anforderungen zu stellen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil sämtliche Gläubiger im Insolvenzverfahren eine Solidargemeinschaft bilden, die das grundsätzliche Zurücktreten individueller hinter den Solidarinteressen nicht nur rechtfertigt, sondern gebietet. Bei der Gläubigergemeinschaft handelt es sich um eine zivilrechtliche Sonderverbindung, die untereinander schuldrechtliche Rücksichtnahmepflichten auslöst. Bei der Beurteilung des individuellen Nachteils ist dieser daher gegen etwaige Vorteile aus der Fortsetzung des eigenen Verwaltungsverfahrens für die Gläubigergesamtheit abzuwägen. Nur wenn das Abwägungsergebnis zugunsten der Individualinteressen ausfällt, ist der Nachteil hinreichend glaubhaft gemacht. 53 Bei den Nachteilen muss es sich demgemäß auch um eigenverwaltungsspezifische Nachteile, also um solche Nachteile handeln, die gerade aus der Führung des Verfahrens in Eigenverwaltung resultieren und deren Eintritt bei Wechsel in die Verfahrensform des fremdverwalteten Verfahrens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen bleibt. Nur in diesem Fall nämlich drohen die Nachteile „durch die Eigenverwaltung“. 54 Nach ausdrücklicher Anordnung in §§ 270e Abs. 2 Satz 2, 272 Abs. 2 Satz 2 InsO ist der Schuldner zu dem Aufhebungsantrag eines (absonderungsberechtigten) Gläubigers zu hören. Vor dem Hintergrund der notwendigen Abwägungsentscheidung im Verhältnis zum Gesamtgläubigerinteresse ist es überdies ratsam, auch den Gläubigerausschuss anzuhören, damit das Gericht eine ermessensgerechte Entscheidung treffen kann. Da es sich angesichts der vorgetragenen zu besorgenden Nachteile individueller Vermögensinteressen
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8. Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses und Begründungspflicht
um eine Eilentscheidung handelt, ist die Setzung einer kurzen Anhörungsfrist in Anlehnung an § 270b Abs. 3 Satz 2 InsO von zwei Werktagen ausreichend. b) Sofortige Beschwerde Bei der Aufhebungsentscheidung oder der Zurückweisung des Antrages auf 55 begründete Aufhebung durch einen (absonderungsberechtigten) Gläubiger handelt es sich um die einzig beschwerdefähige Aufhebungsentscheidung im Anwendungsbereich der §§ 270e, 272 InsO. Für sämtliche übrigen Entscheidungen ist die Beschwerde nicht eröffnet. Die mögliche Korrektur der gerichtlichen Entscheidung ist vielmehr ausschließlich über § 271 InsO durch Beschluss der Gläubigerversammlung vorgesehen. 8. Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses und Begründungspflicht Im Insolvenzeröffnungsverfahren ist dem vorläufigen Gläubigerausschuss 56 gemäß § 270e Abs. 4 InsO vor Erlass einer Aufhebungsentscheidung nach § 270e Abs. 1 Nr. 1, 3 InsO in der Frist des § 270b Abs. 3 Satz 2 InsO von zwei Werktagen Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Die Entscheidung darf erst nach Ablauf dieser Zwei-Tages-Frist ergehen, es sei denn eine erhebliche nachteilige Veränderung der Vermögenslage des Schuldners ist offensichtlich nur durch die unverzügliche Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters zu vermeiden. Es gelten dieselben Grundsätze wie im Anwendungsbereich des § 270b Abs. 3 Satz 2 InsO (dort Rn. 79 ff.). Die Stellungnahme des vorläufigen Gläubigerausschusses ist für das Gericht 57 nicht bindend. Ein Verweis auf § 270b Abs. 3 Satz 3 InsO fehlt. Bei Vorliegen der Aufhebungsgründe zur Überzeugung des Gerichts ist die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters daher auch dann möglich, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss sich initial einstimmig und auch im Rahmen der Anhörung nach § 270e Abs. 4 Satz 1 InsO für die vorläufige Eigenverwaltung ausgesprochen hat. Allerdings wird das Gericht die fortwährende Zustimmung des Gläubigerausschusses im Rahmen seiner Überzeugungsbildung und vor allem vor dem Hintergrund, dass die Regelbeispiele lediglich widerlegliche Indiztatsachen darstellen, zu berücksichtigen haben. Diesem Umstand trägt auch die Anordnung nach § 270e Abs. 4 Satz 3, 4 InsO 58 Rechnung, wonach die Bestellung eines (vorläufigen) Insolvenzverwalters zu begründen ist. Das Gericht ist daher gehalten, die zu seiner Überzeugungsbildung herangezogenen Umstände und die maßgeblichen Ermessenserwägungen ausführlich darzustellen. Dies dient nicht zuletzt dem Zweck, der Gläubigerversammlung eine Entscheidung nach § 271 InsO zu ermöglichen (BT-Drucks. 19/24181, S. 207). Im eröffneten Insolvenzverfahren ist die vorherige Anhörung des Gläubiger- 59 ausschusses nicht erforderlich. Auch hier erfolgt eine mögliche Korrektur ausschließlich über die nachträgliche (erneute) Anordnung nach § 271 InsO.
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§§ 270f, 271 InsO – (Nachträgliche) Anordnung der Eigenverwaltung
9. Keine die Unabhängigkeit ausschließende Vorbefassung des (vorläufigen) Sachwalters i. S. d. § 56 InsO 60 Wird die Verfahrensreform vom eigenverwalteten in ein fremdverwaltetes Verfahren überführt, so kann nach §§ 270e Abs. 3, 272 Abs. 3 InsO der bisherige (vorläufige) Sachwalter zum (vorläufigen) Insolvenzverwalter bestellt werden. Die vorherige Tätigkeit als (vorläufiger) Sachwalter stellt somit nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung keinen die Unabhängigkeit ausschließenden Umstand dar. Mit dieser gesetzlichen Klarstellung adelt der Gesetzgeber nicht zuletzt die Auffassung von der Verzichtbarkeit auf das Unabhängigkeitskriterium im Falle einer ausschließlich sachlich-fachlichen Vorbefassung des Verwalters (vgl. Hölzle, ZIP 2013, 447, im Nachgang zu Schmidt/ Hölzle, ZIP 2012, 2238). 61 Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Bestellung des bisherigen (vorläufigen) Sachwalters zum (vorläufigen) Insolvenzverwalter zwar nicht zwingend, aus Sachgründen aber häufig naheliegend (vgl. BVerfG NZI 2006, 453, Rn. 39) ist, der üblichen Praxis entspricht und sowohl sinnvoll als auch im Sinne der Verfahrenseffizienz zweckmäßig (vgl. OLG Köln, NJW-RR 1987, 123, 124) ist.
§§ 270f, 271 InsO – (Nachträgliche) Anordnung der Eigenverwaltung § 270f Anordnung der Eigenverwaltung (1) Die Eigenverwaltung wird auf Antrag des Schuldners angeordnet, es sei denn, eine vorläufige Eigenverwaltung wäre nach § 270b nicht anzuordnen oder nach § 270e aufzuheben. (2) 1Anstelle eines Insolvenzverwalters wird ein Sachwalter bestellt. 2Die Forderungen der Insolvenzgläubiger sind beim Sachwalter anzumelden. 3Die §§ 32 und 33 sind nicht anzuwenden. (3) § 270b Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. § 271 Nachträgliche Anordnung 1
Beantragt die Gläubigerversammlung mit der in § 76 Absatz 2 genannten Mehrheit und der Mehrheit der abstimmenden Gläubiger die Eigenverwaltung, so ordnet das Gericht diese an, sofern der Schuldner zustimmt. 2Zum Sachwalter kann der bisherige Insolvenzverwalter bestellt werden.
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2. Anordnung der Eigenverwaltung i. R. d. Eröffnungsbeschlusses
Übersicht 1.
2. 3.
Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG ...................................... Anordnung der Eigenverwaltung i. R. d. Eröffnungsbeschlusses ....... Voraussetzungen für die Anordnung der Eigenverwaltung ............. a) Gebundene vs. Ermessensentscheidung ...........................
1 4 4. 7 5. 7
b) Keine Aufhebungsgründe (§ 270e InsO) ........................ c) Keine einstweilige Anordnung der Eigenverwaltung ............. d) Begründungspflicht .............. Nachträgliche Anordnung (§ 271 InsO) ................................. Anhörung des (vorläufigen) Gläubigerausschusses ...................
14 17 26 30 34
1. Zusammenfassung der wesentlichen Neuerungen durch das SanInsFoG § 270f InsO enthält das Antragserfordernis für die Eigenverwaltung, das 1 auch Grundlage für das Absehen von der Bestellung eines Insolvenzverwalters nach § 270b Abs. 1 InsO im Eröffnungsverfahren ist. Er ist zugleich Grundlage für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Hierzu stellt er neben dem Antragserfordernis keine eigenständigen Anordnungsvoraussetzungen auf, sondern nimmt auf das Vorliegen der Voraussetzungen für die vorläufige Eigenverwaltung im Eröffnungsverfahren nach § 270b InsO und die Gründe für die Beendigung der vorläufigen Eigenverwaltung nach § 270e InsO Bezug. Die Anordnung der Eigenverwaltung erfolgt daher, wenn wie Voraussetzungen für eine vorläufige Eigenverwaltung (noch immer) vorliegen und diese nicht zwischenzeitlich nach § 270e InsO aufzuheben gewesen wäre. Durch die Verweisung auf § 270b Abs. 3 InsO wird sichergestellt, dass der 2 Gläubigerausschuss vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ebenfalls anzuhören ist. Die Verweisungsnorm des § 270f Abs. 3 InsO ist aber insoweit redaktionell missglückt, als anzunehmen ist, dass nicht auf § 270b Abs. 2 und 3 InsO, sondern auf dessen Abs. 3 und 4 hätte verwiesen werden sollen (Rn. 27). § 271 InsO entspricht unverändert § 271 InsO i. d. F. des ESUG und regelt 3 den einzigen Fall der Anordnung der Eigenverwaltung unabhängig von einem Antrag des Schuldners durch Beschluss der Gläubigerversammlung, der allerdings nur mit Zustimmung des Schuldners gefasst werden kann. 2. Anordnung der Eigenverwaltung i. R. d. Eröffnungsbeschlusses Nach §§ 27 Abs. 1 Satz 2, 270 Abs. 1 InsO i. V. m. § 270f InsO ordnet das 4 Gericht die Eigenverwaltung auf Antrag des Schuldners im Rahmen des Eröffnungsbeschlusses mit der Folge des Verbleibs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis beim Schuldner an. Anders als die vorläufige Eigenverwaltung, bei der es sich lediglich um den 5 Ausschluss der Anwendbarkeit bestimmter Sicherungsmaßnahmen und da-
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§§ 270f, 271 InsO – (Nachträgliche) Anordnung der Eigenverwaltung
mit nicht um die Anordnung einer bestimmten Verfahrensform handelt (vgl. § 270b InsO Rn. 7), wird die Eigenverwaltung im Rahmen des Eröffnungsbeschlusses daher tatsächlich als besondere Verfahrensform angeordnet. 6 Der Antrag nach § 270f InsO ist allerdings nicht an die Eröffnungsentscheidung gebunden. Er kann zu jedem Zeitpunkt im Verfahren nachgeholt werden. Die Verfahrensformen des fremdverwalteten und des eigenverwalteten Insolvenzverfahrens sind insoweit durchlässig und lassen einen Wechsel der Verfahrensform zu jedem Zeitpunkt im Verfahren zu, solange nur die Voraussetzungen für die Anordnung vorliegen (vgl. bereits §§ 270, 270a InsO Rn. 11). 3. Voraussetzungen für die Anordnung der Eigenverwaltung a) Gebundene vs. Ermessensentscheidung 7 Die Anordnung der Eigenverwaltung ist an die Voraussetzung geknüpft, dass die objektive Eigenverwaltungstauglichkeit und die subjektive Eigenverwaltungswürdigkeit des Schuldners vorliegen. § 270f InsO statuiert diese Voraussetzungen aber nicht eigenständig neu, sondern nimmt hierzu Bezug auf §§ 270b 270e InsO. Es handelt sich dabei um eine Rechtsgrundverweisung (dazu aber Rn. 23). 8 Auch für die Anordnungsentscheidung im Rahmen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist daher zwischen einer gebundenen und einer ermessensabhängigen Entscheidung des Gerichts zu differenzieren. 9 Liegen im Zeitpunkt der Eröffnungsentscheidung die Voraussetzungen des § 270b Abs. 1 InsO vor, hat der Schuldner also eine schlüssige Eigenverwaltungsplanung vorgelegt und sind keine Umstände bekannt, aus denen sich ergibt, dass die Eigenverwaltungsplanung in wesentlichen Punkten auf unzutreffenden Tatsachen beruht, so ist die Eigenverwaltung ermessenunabhängig anzuordnen. 10 Ergibt sich aus den im Zeitpunkt der Entscheidung bekannten Tatsachen, dass neben den Anordnungsvoraussetzungen des § 270b Abs. 1 InsO auch eine der Tatbestandsalternativen des § 270b Abs. 2 InsO erfüllt ist, so hat der Schuldner keinen Anspruch auf gebundene Anordnung der Eigenverwaltung, sondern diese steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Die Kriterien für die Ermessensausübung sind auch hier dieselben, wie im originären Anwendungsbereich des § 270b Abs. 2 InsO (vgl. dort Rn. 30). 11 Im Übrigen kann für die Prüfung der jeweiligen Tatbestandserfüllung auf die Ausführungen zu § 270b InsO (dort Rn. 35 ff.) verwiesen werden. 12 Da § 270f InsO allerdings nicht auch auf § 270a InsO verweist, trifft das Gericht seine Entscheidung auf Grundlage der mit dem Antrag eingereichten Eigenverwaltungsplanung. Die Vorlage einer neuen, auf den Tag der Eröffnung aktualisierten Eigenverwaltungsplanung ist weder geschuldet, noch erforderlich. Da der Schuldner während des gesamten Eröffnungsverfahrens nach § 270c
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3. Voraussetzungen für die Anordnung der Eigenverwaltung
Abs. 2 InsO verpflichtet ist, alle wesentlichen Änderungen mitzuteilen, liegt auf den Eröffnungszeitpunkt eine in allen wesentlichen Punkten fortgeschriebene Eigenverwaltungsplanung vor, auf deren Grundlage das Gericht die Entscheidung trifft. Es gilt für die Beurteilung der Schlüssigkeit der fortgeschriebenen Planung derselbe strenge Kenntnis- und Beurteilungsmaßstab wie im originären Anwendungsbereich des § 270b Abs. 1 InsO (vgl. dort Rn. 14). Dies folgt aus der negativen Formulierung in § 270f Abs. 1 InsO, wonach die Eigenverwaltung grundsätzlich anzuordnen ist, „es sei denn“ die Versagungs- oder Aufhebungsgründe liegen vor. Aus dieser gesetzlichen Formulierung folgt die Beibehaltung des bisherigen Regel-Ausnahme-Verhältnisses des § 270 Abs. 1 InsO a. F. (i. d. F. des ESUG), wonach im Grundsatz von der Anordnung der Eigenverwaltung auszugehen war, es sei denn es waren Umstände bekannt, die Nachteile für die Gläubiger erwarten ließen (dazu ausführlich die Vorauflage, §§ 270, 270a Rn. 5 ff.). Hat der Schuldner bislang einen Antrag auf Eigenverwaltung gestellt, stellt er diesen also nachträglich unmittelbar vor Eröffnung des Verfahrens oder auch nach dessen Eröffnung, so handelt es sich um einen erstmaligen Antrag, auf den § 270a InsO unmittelbar anwendbar, dem dann also auch (erstmals) eine aktuelle Eigenverwaltungsplanung beizufügen ist.
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b) Keine Aufhebungsgründe (§ 270e InsO) Neben der Prüfung der gebundenen oder ermessenabhängigen Anordnungs- 14 voraussetzungen ist im Rahmen der Eröffnungsentscheidung zudem zu prüfen, ob Aufhebungsgründe im Sinne des § 270e InsO vorliegen. Auch hierbei handelt es sich um eine Rechtsgrundverweisung, aufgrund derer der Tatbestand des § 270e InsO vollständig in § 270f InsO inkorporiert wird. Inhaltlich kann daher zunächst jedenfalls auf § 270e Abs. 1 InsO verwiesen werden. Für die Beurteilung, ob Aufhebungsgründe vorliegen, stellt das Gericht auf die 15 nach § 270c Abs. 2 InsO „fortgeschriebene“ Eigenverwaltungsplanung ab. Neben den in § 270e Abs. 1 InsO genannten Gründen kann die Eigenverwal- 16 tung nach § 270f Abs. 1 InsO aber auch dann nicht angeordnet werden, wenn ein zulässiger und begründeter Antrag nach § 270e Abs. 2 InsO eines Absonderungsberechtigten oder eines ungesicherten Gläubigers vorliegt, der darauf gerichtet ist, das Verfahren nicht in Eigenverwaltung, sondern als fremdverwaltetes Verfahren zu eröffnen. § 270f Abs. 1 InsO differenziert nicht nach den in § 270e InsO enthaltenen Aufhebungsgründen. Für die Versagung der Anordnung der Eigenverwaltung ist daher unerheblich, ob es sich um antragsgebundene oder nicht antragsgebundene Aufhebungsgründe handelt. c) Keine einstweilige Anordnung der Eigenverwaltung Die Verweisungstechnik des § 270f InsO ist etwas undurchsichtig und unklar. 17 Während § 270f Abs. 1 InsO für die Anordnungsvoraussetzungen auf § 270b
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§§ 270f, 271 InsO – (Nachträgliche) Anordnung der Eigenverwaltung
InsO in Gänze, also dessen Abs. 1 und Abs. 2 zu verweisen scheint, enthält § 270f Abs. 3 InsO eine Verweisung nur auf § 270b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und Abs. 3 InsO. Auf § 270b Abs. 1 Satz 2 InsO, der die Möglichkeit einer einstweiligen vorläufigen Eigenverwaltung vorsieht, enthält die Eigenverwaltungsplanung aus Sicht des Gerichts behebbare Mängel (vgl. § 270b InsO Rn. 23), wird daher ausdrücklich nicht verwiesen. 18 Sind Mängel in der Eigenverwaltungsplanung allerdings behebbar, hat der Schuldner Anspruch auf ermessensgerechte Entscheidung. In diesem Fall liegt daher kein Grund vor, aus dem die Eigenverwaltung nicht (zunächst) anzuordnen wäre, weshalb der Ausnahmetatbestand des § 270f Abs. 1 InsO nicht erfüllt zu sein scheint. Und dies unabhängig davon, ob es sich um behebbare Mängel einer erstmals mit einem nachträglichen Antrag vorgelegte Eigenverwaltungsplanung oder um behebbare Mängel einer Aktualisierung nach § 270c Abs. 2 InsO handelt. 19 Allerdings ginge ein Verweis auch auf § 270b Abs. 1 Satz 2 InsO für die Eröffnungsentscheidung bereits systematisch fehl. § 270b Abs. 1 Satz 2 InsO bewirkt, dass im Falle behebbar erscheinender Mängel die vorläufige Eigenverwaltung einstweilen angeordnet, also von der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters einstweilen abgesehen werden kann. Dem Gläubigerinteresse wird im Rahmen dieses Verzichts auf die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen durch § 270c Abs. 2 Satz 3 InsO dadurch Rechnung getragen, dass das Gericht für den Schwebezeitraum, in welchem der Schuldner Zeit zur Nachbesserung der Eigenverwaltungsplanung hat, die starke vorläufige Eigenverwaltung anordnet, also den vorläufigen Sachwalter mit einem Zustimmungsvorbehalt ausstattet (vgl. § 270c InsO Rn. 14). Damit ist die Rechtslage bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht vergleichbar. 20 Das Insolvenzeröffnungsverfahren dient der Sicherung des Vermögens des Schuldners vor einer nachteiligen Veränderung für die notwendige Dauer der Feststellung der Eröffnungsvoraussetzungen. Es handelt sich noch um ein kontradiktorisches, nicht um ein gesamtvollstreckungsrechtliches Verfahren. Die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen unterliegt daher dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und bedarf jeweils einer Einzelprüfung und entsprechender Legitimation. 21 Mit der Verfahrenseröffnung geht daher nach §§ 27 Abs. 1 Satz 1, 80 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den Insolvenzverwalter über. Hierbei handelt es sich um keine Sicherungsmaßnahme, sondern um die (gesamt-)vollstreckungsrechtliche Folge der Verfahrenseröffnung. Diese gesetzliche Rechtsfolge der Verfahrenseröffnung bleibt einzig im Fall der Anordnung der Eigenverwaltung nach §§ 27 Abs. 1 Satz 2, 270 InsO vermieden, ohne dass dadurch der gesamtvollstreckungsrechtliche Charakter des Verfahrens beeinflusst würde. Das Gläubigerinteresse wird mit der Eröffnung nach § 1 InsO zum Leitprinzip und wesentlichem Gegenstand des Verfahrens und nicht mehr allein zu einem Schutzgut, das lediglich Ein-
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3. Voraussetzungen für die Anordnung der Eigenverwaltung
griffe in die Rechtsposition des Schuldners legitimiert. Daraus folgt, dass die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur beim Schuldner belassen werden kann, wenn keine Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass das Verfahren nicht am Leitbild des § 1 InsO ausgerichtet wird. Weist die Eigenverwaltungsplanung aber Mängel auf, so ist gerade dies nicht gewährleistet. Und da mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch keine zusätzlichen 22 Sicherungsmaßnahmen, wie z. B. die partielle oder vorübergehende Zuweisung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zum Sachwalter oder eines Zustimmungsvorbehalts nach dem Vorbild des § 270c Abs. 3 Satz 2 InsO möglich sind, kommt die einstweilige Anordnung der Eigenverwaltung im Eröffnungsbeschluss nicht in Betracht. § 270f Abs. 3 InsO hat als die speziellere Verweisungsnorm daher Vorrang 23 vor der allgemeinen Rechtsgrundverweisung des § 270f Abs. 1 InsO und schränkt diese daher insoweit ein, als eine im Eröffnungsverfahren ermessensgerecht gebotene Zulassung der einstweiligen vorläufigen Eigenverwaltung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung nicht zu legitimieren vermag und § 270b Abs. 1 Satz 2 InsO von der allgemeinen Rechtsgrundverweisung daher ausgeschlossen ist. Daraus folgt zugleich, dass die Anforderungen an die Eigenverwaltungsplanung 24 bei einem nachträglichen Antrag auf Eigenverwaltung höher sind, als wenn der Schuldner diesen Antrag bereits mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbindet, da auch kleine Mängel, gleich ob behebbar oder nicht, der Anordnung der Eigenverwaltung entgegenstehen. Allerdings tritt im Anwendungsbereich des § 270f Abs. 1 InsO – bis zur 25 Grenze des Rechtsmissbrauchs – kein Antragsverbrauch ein. Wird der erst nachträglich gestellte Antrag wegen Mängeln zurückgewiesen, die behebbar sind, so steht es dem Schuldner frei, nach Behebung der Mängel den Antrag erneut zu stellen. Einzig in der Zwischenzeit verbleibt es bei dem fremdverwalteten Verfahren. d) Begründungspflicht § 270f Abs. 3 InsO verweist nicht auch auf § 270b Abs. 4 InsO. Auch han- 26 delt es sich bei der in § 270b Abs. 4 InsO angeordneten Begründungspflicht für den Fall, dass das Gericht dem Eigenverwaltungsantrag nicht folgt, sondern einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt, auch nicht um eine Anordnungsvoraussetzung im Sinne des § 270b Abs. 2 InsO, weshalb § 270b Abs. 4 InsO auch nicht von der allgemeinen Rechtsgrundverweisung des § 270f Abs. 1 InsO erfasst ist. Dennoch heißt es in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/24181, S. 208), 27 dass durch die Begründungspflicht des Gerichts im Fall einer ablehnenden Entscheidung es der Gläubigerversammlung ermöglicht wird, auf Basis der
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§§ 270f, 271 InsO – (Nachträgliche) Anordnung der Eigenverwaltung
Begründung zu entscheiden, ob eine nachträgliche Anordnung der Eigenverwaltung gemäß § 271 InsO beantragt werden soll. Der Gesetzgeber scheint daher davon auszugehen, dass auch die ablehnende Entscheidung im Rahmen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einer Begründungspflicht unterliegt. Bei dem fehlenden Verweis in § 270f Abs. 3 InsO auch auf § 270b Abs. 4 InsO handelt es sich daher offenkundig um ein gesetzgeberisches Versehen. Überwiegend wahrscheinlich ist die Verweisung lediglich redaktionell in der Weise missglückt, dass die Verweisung auf § 270b Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und 4 hätte erfolgen sollen, da der Verweis auf Abs. 2 neben der allgemeinen Rechtsgrundverweisung in § 270f Abs. 1 InsO keinerlei eigenständigen Zweck erfüllt. Weder in der Gesetzesbegründung noch sonst in den Materialien findet sich ein Hinweis darauf, warum auf § 270b Abs. 2 InsO noch einmal hätte gesondert verwiesen werden sollen. Demgegenüber weist die Gesetzesbegründung aber deutlich darauf hin, dass sowohl § 270b Abs. 3 InsO als auch dessen Abs. 4 hatten in Bezug genommen werden sollen. 28 Die entsprechende Anwendung des § 270b Abs. 4 InsO folgt darüber hinaus allerdings auch bereits aus § 4 InsO i. V. m. § 329 ZPO, wonach Beschlüsse aus dem Rechtsgrund der Gewährung rechtlichen Gehörs grundsätzlich zu begründen sind (Musielak, in: Musielak/Voit, ZPO, § 329 Rn. 5). Hinzu kommt eine grundsätzliche Begründungspflicht dann, wenn die Beschlüsse einem Rechtsmittel unterliegen. Dies ist bei der Zurückweisung des Antrages auf Anordnung der Eigenverwaltung durch das Gericht zwar nicht der Fall; allerdings stellt der Gesetzgeber mit dem Verweis auf § 271 InsO deutlich heraus, dass die Begründung Entscheidungsgrundlage für die Revision der gerichtlichen Entscheidung durch die Gläubigerversammlung ist. Für die Erfüllung des gesetzgeberischen Zwecks der Begründung kommt es allerdings nicht darauf an, ob die Revisibilität der gerichtlichen Entscheidung im Rahmen eines Rechtsmittels oder eines anderen, wie hier eines Beschlussverfahrens eröffnet ist. 29 Die Begründungspflicht einer den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung zurückweisenden Entscheidung folgt daher aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen und ist daher wegen des Vorliegens einer offensichtlichen Regelungslücke und einer vergleichbaren Interessenlage analog § 270b Abs. 4 InsO zwingend. 4. Nachträgliche Anordnung (§ 271 InsO) 30 § 271 InsO ist durch die SanInsFoG-Reform unverändert geblieben. Danach ist die nachträgliche Anordnung der Eigenverwaltung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss der Gläubigerversammlung nach wie vor möglich. Da eine Eigenverwaltung gegen den Willen des Schuldners allerdings sinnlos ist, bedarf es für die Wirksamkeit des Beschlusses der Zustimmung des Schuldners. Handelt es sich bei dem Schuldner um eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, gilt § 15 Abs. 1 InsO analog, sodass jedes vertretungsberechtigte Organ oder jeder persönlich haftende Gesellschafter die Zustimmung aussprechen kann. Analog § 15 Abs. 2 Satz 3 854
5. Anhörung des (vorläufigen) Gläubigerausschusses
InsO sollten die übrigen Mitglieder des Vertretungsorgans bzw. die übrigen persönlich haftenden Gesellschafter aber jedenfalls gehört werden, soweit dies möglich ist. Anderenfalls gilt § 10 Abs. 2 InsO. § 271 InsO stellt damit den einzigen Tatbestand dar, unter dem die Eigenver- 31 waltung ohne zugrunde liegenden Antrag des Schuldners angeordnet werden kann. Um die Beschlusskompetenz ordnungsgemäß ausüben zu können, bedarf die 32 Gläubigerversammlung einer entsprechenden Entscheidungsgrundlage. Diese ergibt sich einerseits aus dem Bericht des Insolvenzverwalters nach § 156 InsO, andererseits und im Besonderen aber auch aus der Begründung des Beschlusses, mit dem ein etwaiger Antrag des Schuldners auf Anordnung der Eigenverwaltung zurückgewiesen worden ist. Das Gericht hat damit im Rahmen der Begründung eine wesentliche Informationsfunktion gegenüber der Gläubigerversammlung, weshalb an die Begründung des zurückweisenden Beschlusses dieselben Anforderungen zu stellen sind, wie an den Bericht des Insolvenzverwalters nach § 156 InsO. Abweichend von der im Allgemeinen ausreichenden Mehrheit für Beschlüsse 33 der Gläubigerversammlung ist die Beschlussfassung über der die Anordnung der Eigenverwaltung nur mit qualifizierter, nämlich mit Kopf- und Summenmehrheit möglich. Hierdurch soll die Dominanz einzelner (Groß-)Gläubiger ausgeschlossen werden. 5. Anhörung des (vorläufigen) Gläubigerausschusses Nach § 270f Abs. 3 InsO findet § 270b Abs. 3 InsO jedenfalls entsprechende 34 Anwendung, unabhängig davon, ob die Verweisung redaktionell richtig auf Abs. 3 und 4 statt auf Abs. 2 und 3 hätte lauten sollen. Danach ist vor der Entscheidung über die Anordnung der Eigenverwaltung 35 im Rahmen des Eröffnungsbeschlusses (oder zu einem späteren Zeitpunkt) der (vorläufige) Gläubigerausschuss anzuhören. Das einstimmige Votum des (vorläufigen) Gläubigerausschusses ist für das Gericht bindend, gleichviel ob der Gläubigerausschuss der Anordnung zustimmt oder diese ablehnt (BT-Drucks. 19/24181, S. 208). Für die Einstimmigkeit gelten die bei § 270b Abs. 3 InsO gemachten Ausführungen entsprechend (vgl. § 270b InsO Rn. 63). Die Anhörung des (vorläufigen) Gläubigerausschusses hat daher in jedem Fall 36 stattzufinden, wenn die Anordnung erstmalig erfolgt und nicht bereits eine vorläufige Eigenverwaltung vorangegangen war. Fraglich ist, ob die Anhörung verpflichtend auch dann erfolgen muss, wenn 37 der vorläufige Gläubigerausschuss bereits im Rahmen der Zulassung der vorläufigen Eigenverwaltung angehört worden war und ein (bindendes) Votum abgegeben oder hierauf ausdrücklich verzichtet hat. Grundsätzlich stellt sich die
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§§ 270f, 271 InsO – (Nachträgliche) Anordnung der Eigenverwaltung
nochmalige Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses wie auch bei der Frage der Auswahl des Insolvenzverwalters (vgl. §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 113) als reine Förmelei und damit als verzichtbar dar, soweit sich nicht aus besonderen Umständen ergibt, dass das ursprüngliche Votum möglicherweise keinen Bestand hat, zum Beispiel weil zwischenzeitlich eine Nachbesetzung oder sonstige Veränderungen in der personellen Zusammensetzung des Gläubigerausschusses stattgefunden hat. 38 Dies gilt mit Bezug auf die Eigenverwaltung umso mehr, als nach der Neufassung des § 270e Abs. 1 Nr. 4 Alt. 2 InsO der vorläufige Gläubigerausschuss ein eigenes, begründungsfreies Antragsrecht (vgl. §§ 270e, 272 InsO Rn. 45) hat, die vorläufige Eigenverwaltung aufheben und einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen zu lassen. Hätten sich nach einem ursprünglichen Votum des vorläufigen Gläubigerausschusses Veränderungen in den entscheidungsbestimmenden Umständen ergeben, so kann daher angenommen werden, dass der Gläubigerausschuss diese zum Anlass genommen haben würde, die Aufhebung zu beantragen. Dass dies unterblieben ist, indiziert daher bei einem nach wie vor personenidentisch besetzten Ausschuss, dass sich an dem ursprünglichen Votum nichts geändert hat. Die Anhörung darf in diesem Fall daher unterbleiben, weil die fortgesetzte Zustimmung als indiziert gelten kann. 39 Im Zweifel ist aber davon auszugehen, dass die nochmalige Anhörung unproblematisch in der regelmäßig unmittelbar vor Eröffnung des Verfahrens letzten Sitzung des vorläufigen Gläubigerausschusses durchgeführt werden kann und sollte. Das Protokoll ist dem Gericht obligatorisch ohnehin zu übermitteln, sodass das Gericht hierauf ohne Weiteres Bezug nehmen kann. Im Übrigen müssen die bisherigen Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses ihre Übernahmebereitschaft für das Amt im Gläubigerausschuss ohnehin gegenüber dem Gericht noch einmal bestätigen. Auch in dieser Bestätigung bzw. Übernahmebereitschaftserklärung kann noch einmal auf die Zustimmung zur (fortgesetzten) Eigenverwaltung hingewiesen werden, sodass eine eindeutige Aktenlage unabhängig von der Annahme einer Anhörungspflicht hergestellt werden kann und sollte. 40 Das einstimmige, das Gericht bindende Votum des (vorläufigen) Gläubigerausschusses für die Eigenverwaltung bindet die Gläubigerversammlung nicht. Dieser steht es nach § 272 Abs. 1 Nr. 3 InsO frei, die Anordnung der Eigenverwaltung durch einen mit qualifizierter Mehrheit zu fassenden Beschluss (vgl. §§ 270e, 272 InsO Rn. 49) aufheben zu lassen.
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Anhang
Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz – StaRUG) Art. 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2020, BGBl I, 3256
Teil 1 Krisenfrüherkennung und Krisenmanagement §1 Krisenfrüherkennung und Krisenmanagement bei haftungsbeschränkten Unternehmensträgern (1) 1Die Mitglieder des zur Geschäftsführung berufenen Organs einer juristischen Person (Geschäftsleiter) wachen fortlaufend über Entwicklungen, welche den Fortbestand der juristischen Person gefährden können. 2Erkennen sie solche Entwicklungen, ergreifen sie geeignete Gegenmaßnahmen und erstatten den zur Überwachung der Geschäftsleitung berufenen Organen (Überwachungsorganen) unverzüglich Bericht. 3Berühren die zu ergreifenden Maßnahmen die Zuständigkeiten anderer Organe, wirken die Geschäftsleiter unverzüglich auf deren Befassung hin. (2) Bei Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit im Sinne von § 15a Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 der Insolvenzordnung gilt Absatz 1 entsprechend für die Geschäftsleiter der zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter. (3) Weitergehende Pflichten, die sich aus anderen Gesetzen ergeben, bleiben unberührt. Teil 2 Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen Kapitel 1 Restrukturierungsplan Abschnitt 1 Gestaltung von Rechtsverhältnissen §2 Gestaltbare Rechtsverhältnisse (1) Auf der Grundlage eines Restrukturierungsplans können gestaltet werden: 1. Forderungen, die gegen eine restrukturierungsfähige Person (Schuldner) begründet sind (Restrukturierungsforderungen), und
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2. die an Gegenständen des schuldnerischen Vermögens bestehenden Rechte, die im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zur Absonderung berechtigen würden, es sei denn, es handelt sich bei ihnen um Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Absatz 17 des Kreditwesengesetzes oder um Sicherheiten, die dem Betreiber eines Systems nach § 1 Absatz 16 des Kreditwesengesetzes zur Absicherung seiner Ansprüche aus dem System oder der Zentralbank eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder der Europäischen Zentralbank gestellt wurden (Absonderungsanwartschaften). (2) 1Beruhen Restrukturierungsforderungen oder Absonderungsanwartschaften auf einem mehrseitigen Rechtsverhältnis zwischen dem Schuldner und mehreren Gläubigern, so sind auch Einzelbestimmungen in diesem Rechtsverhältnis durch den Restrukturierungsplan gestaltbar. 2Satz 1 gilt auch für die Bedingungen von Schuldtiteln im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 3 des Wertpapierhandelsgesetzes und von Verträgen, die zu gleichlautenden Bedingungen mit einer Vielzahl von Gläubigern geschlossen wurden. 3Beruhen Restrukturierungsforderungen oder Absonderungsanwartschaften auf unterschiedlichen Rechtsverhältnissen und haben die Inhaber der Forderungen oder Anwartschaften untereinander und mit dem Schuldner Vereinbarungen über die Durchsetzung der gegenüber diesem bestehenden Forderungen oder Anwartschaften und das relative Rangverhältnis der aus der Durchsetzung resultierenden Erlöse getroffen, so sind auch die Bedingungen dieser Vereinbarung durch den Plan gestaltbar. (3) Ist der Schuldner eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, können auch die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der an dem Schuldner beteiligten Personen durch den Restrukturierungsplan gestaltet, sonstige gesellschaftsrechtlich zulässige Regelungen getroffen sowie Anteils- und Mitgliedschaftsrechte übertragen werden. (4) 1Der Restrukturierungsplan kann auch die Rechte der Inhaber von Restrukturierungsforderungen gestalten, die diesen aus einer von einem verbundenen Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes als Bürge, Mitschuldner oder aufgrund einer anderweitig übernommenen Haftung oder an Gegenständen des Vermögens dieses Unternehmens zustehen (gruppeninterne Drittsicherheit); der Eingriff ist durch eine angemessene Entschädigung zu kompensieren. 2Satz 1 Halbsatz 2 gilt entsprechend für eine Beschränkung der persönlichen Haftung eines persönlich haftenden Gesellschafters eines als Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit verfassten Schuldners. (5) 1Maßgeblich für die Absätze 1 bis 4 sind die Rechtsverhältnisse zum Zeitpunkt der Unterbreitung des Planangebots (§ 17), im Fall einer Abstimmung im gerichtlichen Planabstimmungsverfahren zum Zeitpunkt der Antragstellung (§ 45). 2Erwirkt der Schuldner vorher eine Stabilisierungsanordnung (§ 49), tritt an die Stelle des Planangebots oder des Antrags der Zeitpunkt der Erstanordnung.
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§3 Bedingte und nicht fällige Restrukturierungsforderungen; Forderungen aus gegenseitigen Verträgen (1) Restrukturierungsforderungen sind auch dann gestaltbar, wenn sie bedingt oder noch nicht fällig sind. (2) Restrukturierungsforderungen aus gegenseitigen Verträgen sind nur insoweit gestaltbar, als die dem anderen Teil obliegende Leistung bereits erbracht ist. §4 Ausgenommene Rechtsverhältnisse 1
Einer Gestaltung durch einen Restrukturierungsplan sind unzugänglich:
1. Forderungen von Arbeitnehmern aus oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, einschließlich der Rechte aus Zusagen auf betriebliche Altersversorgung, 2. Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen und 3. Forderungen nach § 39 Absatz 1 Nummer 3 der Insolvenzordnung. 2
Handelt es sich bei dem Schuldner um eine natürliche Person, gilt dies auch für Forderungen und Absonderungsanwartschaften, die mit dessen unternehmerischer Tätigkeit in keinem Zusammenhang stehen. Abschnitt 2 Anforderungen an den Restrukturierungsplan §5 Gliederung des Restrukturierungsplans
1 Der Restrukturierungsplan besteht aus einem darstellenden und einem gestaltenden Teil. 2Er enthält mindestens die nach der Anlage zu diesem Gesetz erforderlichen Angaben. 3Dem Restrukturierungsplan sind die nach den §§ 14 und 15 erforderlichen Anlagen beizufügen.
§6 Darstellender Teil (1) 1Der darstellende Teil beschreibt die Grundlagen und die Auswirkungen des Restrukturierungsplans. 2Der darstellende Teil enthält alle Angaben, die für die Entscheidung der von dem Plan Betroffenen über die Zustimmung zum Plan und für dessen gerichtliche Bestätigung erheblich sind, einschließlich der Krisenursachen und der zur Krisenbewältigung vorzunehmenden Maßnahmen. 3Soweit Restrukturierungsmaßnahmen vorgesehen sind, die nicht
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über den gestaltenden Teil des Plans umgesetzt werden können oder sollen, sind sie im darstellenden Teil gesondert hervorzuheben. (2) 1Der darstellende Teil enthält insbesondere eine Vergleichsrechnung, in der die Auswirkungen des Restrukturierungsplans auf die Befriedigungsaussichten der Planbetroffenen dargestellt werden. 2Sieht der Plan eine Fortführung des Unternehmens vor, ist für die Ermittlung der Befriedigungsaussichten ohne Plan zu unterstellen, dass das Unternehmen fortgeführt wird. 3Dies gilt nicht, wenn ein Verkauf des Unternehmens oder eine anderweitige Fortführung aussichtslos ist. (3) Sieht der Restrukturierungsplan Eingriffe in die Rechte von Gläubigern aus gruppeninternen Drittsicherheiten (§ 2 Absatz 4) vor, sind in die Darstellung auch die Verhältnisse des die Sicherheit gewährenden verbundenen Unternehmens und die Auswirkungen des Plans auf dieses Unternehmen einzubeziehen. §7 Gestaltender Teil (1) Der gestaltende Teil des Restrukturierungsplans legt fest, wie die Rechtsstellung der Inhaber der Restrukturierungsforderungen, der Absonderungsanwartschaften, der Rechte aus gruppeninternen Drittsicherheiten und der Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte (Planbetroffenen) durch den Plan geändert werden soll. (2) 1Soweit Restrukturierungsforderungen oder Absonderungsanwartschaften gestaltet werden, ist zu bestimmen, um welchen Bruchteil diese gekürzt, für welchen Zeitraum sie gestundet, wie sie gesichert und welchen sonstigen Regelungen sie unterworfen werden sollen. 2Satz 1 gilt entsprechend für die Gestaltung der Rechte aus gruppeninternen Drittsicherheiten (§ 2 Absatz 4). (3) Soweit vertragliche Nebenbestimmungen oder Vereinbarungen nach § 2 Absatz 2 gestaltet werden, legt der gestaltende Teil fest, wie diese abgeändert werden sollen. (4) 1Restrukturierungsforderungen können auch in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte an dem Schuldner umgewandelt werden. 2Eine Umwandlung gegen den Willen der betroffenen Gläubiger ist ausgeschlossen. 3Insbesondere kann der Plan eine Kapitalherabsetzung oder -erhöhung, die Leistung von Sacheinlagen, den Ausschluss von Bezugsrechten oder die Zahlung von Abfindungen an ausscheidende an dem Schuldner beteiligte Personen vorsehen. 4 Der Plan kann vorsehen, dass Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte übertragen werden. 5Im Übrigen kann jede Regelung getroffen werden, die gesellschaftsrechtlich zulässig ist. 6§ 225a Absatz 4 und 5 der Insolvenzordnung ist entsprechend anzuwenden.
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§8 Auswahl der Planbetroffenen 1
Die Auswahl der Planbetroffenen hat nach sachgerechten Kriterien zu erfolgen, die im darstellenden Teil des Plans anzugeben und zu erläutern sind. 2Die Auswahl ist sachgerecht, wenn 1. die nicht einbezogenen Forderungen auch in einem Insolvenzverfahren voraussichtlich vollständig erfüllt würden, 2. die in der Auswahl angelegte Differenzierung nach der Art der zu bewältigenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Schuldners und den Umständen angemessen erscheint, insbesondere, wenn ausschließlich Finanzverbindlichkeiten und die zu deren Sicherung bestellten Sicherheiten gestaltet werden oder die Forderungen von Kleingläubigern, insbesondere Verbrauchern, Klein- und Kleinstunternehmen oder mittleren Unternehmen, unberührt bleiben oder 3. mit Ausnahme der in § 4 genannten Forderungen sämtliche Forderungen einbezogen werden. §9 Einteilung der Planbetroffenen in Gruppen (1) 1Bei der Festlegung der Rechte der Planbetroffenen im Restrukturierungsplan sind Gruppen zu bilden, soweit Planbetroffene mit unterschiedlicher Rechtsstellung betroffen sind. 2Es ist zu unterscheiden zwischen 1. den Inhabern von Absonderungsanwartschaften, 2. den Inhabern von Forderungen, die im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens als nicht nachrangige Insolvenzforderungen geltend zu machen wären, nebst darauf entfallender Zinsen und Säumniszuschläge (einfache Restrukturierungsgläubiger), 3. den Inhabern von Forderungen, die im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach § 39 Absatz 1 Nummer 4, 5 oder Absatz 2 der Insolvenzordnung als nachrangige Insolvenzforderungen anzumelden wären (nachrangige Restrukturierungsgläubiger), wobei für jede Rangklasse eine Gruppe zu bilden ist, und 4. den Inhabern von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten. 3
Sieht der gestaltende Teil des Restrukturierungsplans Eingriffe in die Rechte von Gläubigern aus gruppeninternen Drittsicherheiten vor, bilden die davon betroffenen Gläubiger eigenständige Gruppen.
(2) 1Die Gruppen können nach Maßgabe wirtschaftlicher Interessen in weitere Gruppen unterteilt werden. 2Sie müssen sachgerecht voneinander abgegrenzt werden. 3Die Kriterien für die Abgrenzung sind im Plan anzugeben. 4Klein-
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gläubiger sind im Rahmen der nach Absatz 1 zu bildenden Gruppen zu eigenständigen Gruppen zusammenzufassen. § 10 Gleichbehandlung von Planbetroffenen (1) Innerhalb jeder Gruppe sind allen Planbetroffenen gleiche Rechte anzubieten. (2) 1Eine unterschiedliche Behandlung der Planbetroffenen in einer Gruppe ist nur mit Zustimmung aller Planbetroffenen, zu deren Lasten die unterschiedliche Behandlung geht, zulässig. 2In diesem Fall ist dem Restrukturierungsplan die zustimmende Erklärung eines jeden Planbetroffenen, zu dessen Lasten die unterschiedliche Behandlung geht, beizufügen. (3) Jedes Abkommen des Schuldners oder Dritter mit einzelnen Planbetroffenen, durch das diesen für ihr Verhalten bei Abstimmungen oder sonst im Zusammenhang mit dem Restrukturierungsverfahren ein nicht im Plan vorgesehener Vorteil gewährt wird, ist nichtig. § 11 Haftung des Schuldners 1
Ist im Restrukturierungsplan nichts anderes bestimmt, wird der Schuldner mit der im gestaltenden Teil vorgesehenen Befriedigung der Gläubiger von seinen restlichen Verbindlichkeiten gegenüber diesen aus den in den Plan einbezogenen Restrukturierungsforderungen und Absonderungsanwartschaften befreit. 2Handelt es sich bei dem Schuldner um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, so gilt Satz 1 entsprechend für die persönliche Haftung der unbeschränkt haftenden Gesellschafter. § 12 Neue Finanzierung 1
In den Restrukturierungsplan können Regelungen zur Zusage von Darlehen oder sonstigen Krediten aufgenommen werden, die zur Finanzierung der Restrukturierung auf der Grundlage des Plans erforderlich sind (neue Finanzierung). 2Als neue Finanzierung gilt auch deren Besicherung. § 13 Änderung sachenrechtlicher Verhältnisse
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Sollen Rechte an Gegenständen begründet, geändert, übertragen oder aufgehoben werden, so können die erforderlichen Willenserklärungen der Beteiligten in den gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans aufgenommen werden. 2Sind im Grundbuch eingetragene Rechte an einem Grundstück oder
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an eingetragenen Rechten betroffen, so sind diese Rechte unter Beachtung des § 28 der Grundbuchordnung genau zu bezeichnen. 3Für Rechte, die im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen sind, gilt Satz 2 entsprechend. § 14 Erklärung zur Bestandsfähigkeit; Vermögensübersicht; Ergebnisund Finanzplan (1) Dem Restrukturierungsplan ist eine begründete Erklärung zu den Aussichten darauf beizufügen, dass die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners durch den Plan beseitigt wird und dass die Bestandsfähigkeit des Schuldners sicher- oder wiederhergestellt wird. (2) 1Dem Restrukturierungsplan ist eine Vermögensübersicht beizufügen, in der die Vermögensgegenstände und die Verbindlichkeiten, die sich bei Wirksamwerden des Plans gegenüberstünden, mit ihren Werten aufgeführt sind. 2 Zudem ist aufzuführen, welche Aufwendungen und Erträge für den Zeitraum, während dessen die Gläubiger befriedigt werden sollen, zu erwarten sind und durch welche Abfolge von Einnahmen und Ausgaben die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens während dieses Zeitraums gewährleistet werden soll. 3Dabei sind neben den Restrukturierungsforderungen auch die vom Plan unberührt bleibenden Forderungen sowie die künftig nach dem Plan zu begründenden Forderungen zu berücksichtigen. § 15 Weitere beizufügende Erklärungen (1) Handelt es sich bei dem Schuldner um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, so ist dem Restrukturierungsplan eine Erklärung der Personen beizufügen, die nach dem Plan persönlich haftende Gesellschafter des Unternehmens sein sollen, dass sie zur Fortführung des Unternehmens auf der Grundlage des Plans bereit sind. (2) Sollen Gläubiger Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte oder Beteiligungen an einer juristischen Person, einem nicht rechtsfähigen Verein oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit übernehmen, so ist dem Restrukturierungsplan die Zustimmungserklärung eines jeden dieser Gläubiger beizufügen. (3) Hat ein Dritter für den Fall der Bestätigung des Restrukturierungsplans Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern übernommen, so ist dem Plan die Erklärung des Dritten beizufügen. (4) Sieht der Restrukturierungsplan Eingriffe in die Rechte von Gläubigern aus gruppeninternen Drittsicherheiten vor, so ist dem Plan die Zustimmung des verbundenen Unternehmens beizufügen, das die Sicherheit gestellt hat.
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§ 16 Checkliste für Restrukturierungspläne 1
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz macht eine Checkliste für Restrukturierungspläne bekannt, welche an die Bedürfnisse von kleinen und mittleren Unternehmen angepasst ist. 2Die Checkliste wird auf der Internetseite www.bmjv.bund.de veröffentlicht. Abschnitt 3 Planabstimmung Unterabschnitt 1 Planangebot und Planannahme § 17 Planangebot (1) 1Das an die Planbetroffenen gerichtete Angebot des Schuldners, den Restrukturierungsplan anzunehmen (Planangebot), hat den deutlichen Hinweis darauf zu enthalten, dass der Plan im Fall seiner mehrheitlichen Annahme und gerichtlichen Bestätigung auch gegenüber Planbetroffenen wirksam wird, die das Angebot nicht annehmen. 2Dem Planangebot ist der vollständige Restrukturierungsplan nebst Anlagen sowie eine Darstellung der bereits angefallenen und der noch zu erwartenden Kosten des Restrukturierungsverfahrens einschließlich der Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten beizufügen. (2) Aus dem Planangebot muss hervorgehen, mit welchen Forderungen oder Rechten der jeweilige Planbetroffene in den Restrukturierungsplan einbezogen ist, welchen Gruppen der Planbetroffene zugeordnet ist und welche Stimmrechte die ihm zustehenden Forderungen und Rechte gewähren. (3) Hat der Schuldner vor Abgabe des Planangebots nicht allen Planbetroffenen Gelegenheit zur gemeinschaftlichen Erörterung des Plans oder des Restrukturierungskonzepts gegeben, das durch den Plan umgesetzt werden soll, hat das Planangebot den Hinweis darauf zu enthalten, dass auf Verlangen eines Planbetroffenen oder mehrerer Planbetroffener eine Versammlung der Planbetroffenen zwecks Erörterung des Plans abgehalten wird. (4) 1Sofern im Verhältnis zu einzelnen Planbetroffenen nichts anderes vereinbart ist, unterliegt das Planangebot der Schriftform. 2Bestimmt der Schuldner im Planangebot keine andere Form, unterliegt auch die Planannahme der Schriftform.
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§ 18 Auslegung des Planangebots Im Zweifel ist anzunehmen, dass das Planangebot unter der Bedingung steht, dass sämtliche Planbetroffene zustimmen oder dass der Plan gerichtlich bestätigt wird. § 19 Annahmefrist 1
Für die Annahme des Restrukturierungsplans setzt der Schuldner eine Frist. Die Frist beträgt mindestens 14 Tage. 3Sie kann kürzer sein, wenn dem Plan ein Restrukturierungskonzept zugrunde liegt, das allen Planbetroffenen seit mindestens 14 Tagen in Textform zugänglich gemacht ist. 2
§ 20 Abstimmung im Rahmen einer Versammlung der Planbetroffenen (1) 1Der Schuldner kann den Restrukturierungsplan im Rahmen einer Versammlung der Planbetroffenen zur Abstimmung stellen. 2Die Einberufung erfolgt schriftlich. 3Die Einberufungsfrist beträgt 14 Tage. 4Räumt der Schuldner die Möglichkeit einer elektronischen Teilnahme ein, beträgt die Frist sieben Tage. 5Der Einberufung ist der vollständige Restrukturierungsplan nebst Anlagen beizufügen. (2) Das Planangebot kann vorsehen, dass Planbetroffene auch ohne Anwesenheit an dem Versammlungsort teilnehmen und sämtliche oder einzelne ihrer Rechte ganz oder teilweise im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können (elektronische Teilnahme). (3) 1Den Vorsitz der Versammlung führt der Schuldner. 2Er hat jedem Planbetroffenen auf Verlangen Auskunft über den Restrukturierungsplan und die für die sachgemäße Beurteilung des Plans relevanten Verhältnisse sowie im Fall des § 2 Absatz 4 Satz 1 jeder betroffenen Tochtergesellschaft zu erteilen. 3 Planbetroffene haben das Recht, Vorschläge zur Abänderung des Plans zu unterbreiten. 4Die Vorschläge sind dem Schuldner mindestens einen Tag vor dem Beginn der Versammlung in Textform zugänglich zu machen. (4) In der Versammlung kann auch dann über den Plan abgestimmt werden, wenn dieser aufgrund der Erörterungen in der Versammlung inhaltlich in einzelnen Punkten abgeändert wird. (5) 1Jede Gruppe der Planbetroffenen stimmt gesondert ab. 2Im Übrigen legt der Schuldner die Modalitäten der Abstimmung fest. 3Üben Planbetroffene ihr Stimmrecht elektronisch aus, ist diesen der Zugang der elektronisch abgegebenen Stimme elektronisch zu bestätigen. 4Die Stimmabgabe ist auch ohne Teilnahme an der Versammlung bis zum Ende der Abstimmung möglich.
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§ 21 Erörterung des Restrukturierungsplans (1) Findet eine Abstimmung im Rahmen einer Versammlung der Planbetroffenen nicht statt, ist unter den Voraussetzungen des § 17 Absatz 3 auf Verlangen eines Planbetroffenen eine Versammlung der Planbetroffenen zur Erörterung des Plans abzuhalten. (2) 1Die Einberufung erfolgt schriftlich. 2Die Frist zur Einberufung beträgt mindestens 14 Tage. 3Räumt der Schuldner die Möglichkeit einer elektronischen Teilnahme ein, beträgt die Frist sieben Tage. (3) § 20 Absatz 3 gilt entsprechend. (4) 1Findet die Versammlung nach Ablauf einer zur Planannahme gesetzten Frist statt, verlängert sich diese bis zum Ablauf des Tags der Versammlung oder bis zu dem Termin, den der Schuldner bis zum Ende der Versammlung bestimmt. 2Hatte sich ein Planbetroffener bereits zum Planangebot erklärt, entfällt die Bindung an diese Erklärung, wenn er sich binnen der verlängerten Frist erneut erklärt. § 22 Dokumentation der Abstimmung (1) 1Der Schuldner dokumentiert den Ablauf des Planannahmeverfahrens und hält das Ergebnis der Abstimmung nach Ablauf der Annahmefrist oder nach Durchführung der Abstimmung unverzüglich schriftlich fest. 2Ist die Auswahl der Planbetroffenen, deren Einteilung in Gruppen oder die Zuweisung von Stimmrechten streitig geworden, ist dies in der Dokumentation zu vermerken. (2) Die Dokumentation ist den Planbetroffenen unverzüglich zugänglich zu machen. § 23 Gerichtliches Planabstimmungsverfahren Der Schuldner kann den Restrukturierungsplan in einem gerichtlichen Verfahren zur Abstimmung stellen, welches nach den §§ 45 und 46 durchzuführen ist; die §§ 17 bis 22 finden in diesem Fall keine Anwendung.
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Unterabschnitt 2 Stimmrecht und erforderliche Mehrheiten § 24 Stimmrecht (1) Das Stimmrecht richtet sich 1. bei Restrukturierungsforderungen nach deren Betrag, soweit sich aus Absatz 2 nichts anders ergibt, 2. bei Absonderungsanwartschaften und gruppeninternen Drittsicherheiten nach deren Wert und 3. bei Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten nach dem Anteil am gezeichneten Kapital oder Vermögen des Schuldners; Stimmrechtsbeschränkungen, Sonder- oder Mehrstimmrechte bleiben außer Betracht. (2) Für Zwecke der Bestimmung des Stimmrechts, das Restrukturierungsforderungen gewähren, werden angesetzt: 1. bedingte Forderungen mit dem ihnen unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts zukommenden Wert; 2. unverzinsliche Forderungen mit dem Betrag, der sich in Anwendung des § 41 Absatz 2 der Insolvenzordnung durch Abzinsung auf den Tag der Planvorlage ergibt; 3. Forderungen, die auf Geldbeträge unbestimmter Höhe gerichtet oder in ausländischer Währung oder einer Rechnungseinheit ausgedrückt sind, mit dem nach § 45 der Insolvenzordnung zu bestimmenden Wert; 4. auf wiederkehrende Leistungen gerichtete Forderungen mit dem nach Maßgabe des § 46 der Insolvenzordnung bestimmten Wert. (3) 1Durch Absonderungsanwartschaften oder gruppeninterne Drittsicherheiten gesicherte Forderungen vermitteln in einer Gruppe von Restrukturierungsgläubigern nur insoweit ein Stimmrecht, wie der Schuldner für die gesicherten Forderungen auch persönlich haftet und der Inhaber der Absonderungsanwartschaft auf diese verzichtet oder mit einer abgesonderten Befriedigung ausfallen würde. 2Solange der Ausfall nicht feststeht, ist die Forderung mit dem mutmaßlichen Ausfall zu berücksichtigen. (4) 1Ist das auf eine Forderung oder ein Recht entfallende Stimmrecht streitig, kann der Schuldner der Abstimmung das Stimmrecht zugrunde legen, das er den Planbetroffenen zugewiesen hat. 2In der Dokumentation der Abstimmung vermerkt er, dass, inwieweit und aus welchem Grund das Stimmrecht streitig ist.
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§ 25 Erforderliche Mehrheiten (1) Zur Annahme des Restrukturierungsplans ist erforderlich, dass in jeder Gruppe auf die dem Plan zustimmenden Gruppenmitglieder mindestens drei Viertel der Stimmrechte in dieser Gruppe entfallen. (2) 1Planbetroffene, denen eine Forderung oder ein Recht gemeinschaftlich zusteht, werden bei der Abstimmung als ein Planbetroffener behandelt. 2Entsprechendes gilt, wenn an einem Recht ein Pfandrecht oder ein Nießbrauch besteht. § 26 Gruppenübergreifende Mehrheitsentscheidung (1) Wird in einer Gruppe die nach § 25 erforderliche Mehrheit nicht erreicht, gilt die Zustimmung dieser Gruppe als erteilt, wenn 1. die Mitglieder dieser Gruppe durch den Restrukturierungsplan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden als sie ohne einen Plan stünden, 2. die Mitglieder dieser Gruppe angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt werden, der auf der Grundlage des Plans den Planbetroffenen zufließen soll (Planwert), und 3. die Mehrheit der abstimmenden Gruppen dem Plan mit den erforderlichen Mehrheiten zugestimmt hat; wurden lediglich zwei Gruppen gebildet, genügt die Zustimmung der anderen Gruppe; die zustimmenden Gruppen dürfen nicht ausschließlich durch Anteilsinhaber oder nachrangige Restrukturierungsgläubiger gebildet sein. (2) Wird die nach § 25 erforderliche Mehrheit in einer Gruppe nicht erreicht, die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 zu bilden ist, so gelten Absatz 1, § 27 Absatz 1 und § 28 für diese Gruppe nur, wenn die vorgesehene Entschädigung die Inhaber der Rechte aus der gruppeninternen Drittsicherheit für den zu erleidenden Rechtsverlust oder den Verlust der Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters angemessen entschädigt. § 27 Absolute Priorität (1) Eine Gruppe von Gläubigern ist angemessen am Planwert beteiligt, wenn 1. kein anderer planbetroffener Gläubiger wirtschaftliche Werte erhält, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen, 2. weder ein planbetroffener Gläubiger, der ohne einen Plan in einem Insolvenzverfahren mit Nachrang gegenüber den Gläubigern der Gruppe zu befriedigen wäre, noch der Schuldner oder eine an dem Schuldner betei-
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ligte Person einen nicht durch Leistung in das Vermögen des Schuldners vollständig ausgeglichenen wirtschaftlichen Wert erhält und 3. kein planbetroffener Gläubiger, der in einem Insolvenzverfahren gleichrangig mit den Gläubigern der Gruppe zu befriedigen wäre, bessergestellt wird als diese Gläubiger. (2) Für eine Gruppe der an dem Schuldner beteiligten Personen liegt eine angemessene Beteiligung am Planwert vor, wenn nach dem Plan 1. kein planbetroffener Gläubiger wirtschaftliche Werte erhält, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen, und 2. vorbehaltlich des § 28 Absatz 2 Nummer 1 keine an dem Schuldner beteiligte Person, die ohne Plan den Mitgliedern der Gruppe gleichgestellt wäre, einen wirtschaftlichen Wert behält. § 28 Durchbrechung der absoluten Priorität (1) 1Der angemessenen Beteiligung einer Gruppe von planbetroffenen Gläubigern am Planwert steht es nicht entgegen, wenn eine von § 27 Absatz 1 Nummer 3 abweichende Regelung nach der Art der zu bewältigenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten und nach den Umständen sachgerecht ist. 2Eine von § 27 Absatz 1 Nummer 3 abweichende Regelung ist nicht sachgerecht, wenn auf die überstimmte Gruppe mehr als die Hälfte der Stimmrechte der Gläubiger der betroffenen Rangklasse entfällt. (2) Einer angemessenen Beteiligung einer Gruppe von planbetroffenen Gläubigern am Planwert steht es nicht entgegen, wenn der Schuldner oder eine an dem Schuldner beteiligte Person entgegen § 27 Absatz 1 Nummer 2 am Unternehmensvermögen beteiligt bleibt, sofern 1. die Mitwirkung des Schuldners oder der an dem Schuldner beteiligten Person an der Fortführung des Unternehmens infolge besonderer, in seiner Person liegender Umstände unerlässlich ist, um den Planwert zu verwirklichen, und sich der Schuldner oder die an dem Schuldner beteiligte Person im Plan zu der erforderlichen Mitwirkung sowie zur Übertragung der wirtschaftlichen Werte für den Fall verpflichtet, dass seine Mitwirkung aus von ihm zu vertretenden Gründen vor dem Ablauf von fünf Jahren oder einer kürzeren, für den Planvollzug vorgesehenen Frist endet oder 2. die Eingriffe in die Rechte der Gläubiger geringfügig sind, insbesondere, weil die Rechte nicht gekürzt werden und deren Fälligkeiten um nicht mehr als 18 Monate verschoben werden.
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Kapitel 2 Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumente Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen Unterabschnitt 1 Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens; Verfahren § 29 Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens (1) Zur nachhaltigen Beseitigung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 18 Absatz 2 der Insolvenzordnung können die in Absatz 2 genannten Verfahrenshilfen des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens (Instrumente) in Anspruch genommen werden. (2) Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens im Sinne des Absatzes 1 sind: 1. die Durchführung eines gerichtlichen Planabstimmungsverfahrens (gerichtliche Planabstimmung), 2. die gerichtliche Vorprüfung von Fragen, die für die Bestätigung des Restrukturierungsplans erheblich sind (Vorprüfung), 3. die gerichtliche Anordnung von Regelungen zur Einschränkung von Maßnahmen der individuellen Rechtsdurchsetzung (Stabilisierung) und 4. die gerichtliche Bestätigung eines Restrukturierungsplans (Planbestätigung). (3) Soweit sich aus den Bestimmungen dieses Gesetzes nichts Abweichendes ergibt, kann der Schuldner die Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens unabhängig voneinander in Anspruch nehmen. § 30 Restrukturierungsfähigkeit (1) 1Die Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens können vorbehaltlich des Absatzes 2 von jedem insolvenzfähigen Schuldner in Anspruch genommen werden. 2Für natürliche Personen gilt dies nur, soweit sie unternehmerisch tätig sind. (2) Die Bestimmungen dieses Kapitels sind auf Unternehmen der Finanzbranche im Sinne des § 1 Absatz 19 des Kreditwesengesetzes nicht anzuwenden.
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§ 31 Anzeige des Restrukturierungsvorhabens (1) Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens ist die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens bei dem zuständigen Restrukturierungsgericht. (2) 1Der Anzeige sind beizufügen: 1. der Entwurf eines Restrukturierungsplans oder, sofern ein solcher nach dem Stand des angezeigten Vorhabens noch nicht ausgearbeitet und ausgehandelt werden konnte, ein Konzept für die Restrukturierung, welches auf Grundlage einer Darstellung von Art, Ausmaß und Ursachen der Krise das Ziel der Restrukturierung (Restrukturierungsziel) sowie die Maßnahmen beschreibt, welche zur Erreichung des Restrukturierungsziels in Aussicht genommen werden, 2. eine Darstellung des Stands von Verhandlungen mit Gläubigern, an dem Schuldner beteiligten Personen und Dritten zu den in Aussicht genommenen Maßnahmen und 3. eine Darstellung der Vorkehrungen, welche der Schuldner getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, seine Pflichten nach diesem Gesetz zu erfüllen. 2
Der Schuldner hat bei der Anzeige zudem anzugeben, ob die Rechte von Verbrauchern oder von mittleren, kleinen oder Kleinstunternehmen berührt werden sollen, insbesondere, weil deren Forderungen oder Absonderungsanwartschaften durch einen Restrukturierungsplan gestaltet oder die Durchsetzung dieser Forderungen durch eine Stabilisierungsanordnung vorübergehend gesperrt werden sollen. 3Anzugeben ist auch, ob damit zu rechnen ist, dass das Restrukturierungsziel nur gegen den Widerstand einer nach Maßgabe des § 9 zu bildenden Gruppe durchgesetzt werden kann. 4Des Weiteren sind frühere Restrukturierungssachen unter Angabe des befassten Gerichts und Aktenzeichens anzugeben. (3) Mit der Anzeige wird die Restrukturierungssache rechtshängig. (4) Die Anzeige verliert ihre Wirkung, wenn 1. der Schuldner die Anzeige zurücknimmt, 2. die Entscheidung über die Planbestätigung rechtskräftig wird, 3. das Gericht die Restrukturierungssache nach § 33 aufhebt oder 4. seit der Anzeige sechs Monate oder, sofern der Schuldner die Anzeige zuvor erneuert hat, zwölf Monate vergangen sind.
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§ 32 Pflichten des Schuldners (1) 1Der Schuldner betreibt die Restrukturierungssache mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführers und wahrt dabei die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger. 2Insbesondere unterlässt er Maßnahmen, welche sich mit dem Restrukturierungsziel nicht vereinbaren lassen oder welche die Erfolgsaussichten der in Aussicht genommenen Restrukturierung gefährden. 3Mit dem Restrukturierungsziel ist es in der Regel nicht vereinbar, Forderungen zu begleichen oder zu besichern, die durch den Restrukturierungsplan gestaltet werden sollen. (2) 1Der Schuldner teilt dem Gericht jede wesentliche Änderung mit, welche den Gegenstand des angezeigten Restrukturierungsvorhabens und die Darstellung des Verhandlungsstands betrifft. 2Hat der Schuldner eine Stabilisierungsanordnung nach § 49 erwirkt, teilt er auch unverzüglich wesentliche Änderungen mit, welche die Restrukturierungsplanung betreffen. 3Ist ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt, bestehen die Pflichten nach den Sätzen 1 und 2 auch gegenüber dem Restrukturierungsbeauftragten. (3) 1Während der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache ist der Schuldner verpflichtet, dem Restrukturierungsgericht den Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Absatz 2 der Insolvenzordnung unverzüglich anzuzeigen. 2Handelt es sich bei dem Schuldner um eine juristische Person oder um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, für deren Verbindlichkeiten keine natürliche Person als unmittelbarer oder mittelbarer Gesellschafter haftet, steht der Zahlungsunfähigkeit eine Überschuldung im Sinne des § 19 Absatz 2 der Insolvenzordnung gleich. (4) Der Schuldner ist verpflichtet, dem Gericht unverzüglich anzuzeigen, wenn das Restrukturierungsvorhaben keine Aussicht auf Umsetzung hat, insbesondere, wenn infolge der erkennbar gewordenen ernsthaften und endgültigen Ablehnung des vorgelegten Restrukturierungsplans durch Planbetroffene nicht davon ausgegangen werden kann, dass die für eine Planannahme erforderlichen Mehrheiten erreicht werden können. § 33 Aufhebung der Restrukturierungssache (1) Das Restrukturierungsgericht hebt die Restrukturierungssache von Amts wegen auf, wenn 1. der Schuldner einen Insolvenzantrag stellt oder über das Vermögen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet ist, 2. das Restrukturierungsgericht für die Restrukturierungssache unzuständig ist und der Schuldner innerhalb einer vom Restrukturierungsgericht ge-
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setzten Frist keinen Verweisungsantrag gestellt oder die Anzeige zurückgenommen hat oder 3. der Schuldner in schwerwiegender Weise gegen seine Pflichten zur Mitwirkung und Auskunftserteilung gegenüber dem Gericht oder einem Restrukturierungsbeauftragten verstößt. (2) 1Das Gericht hebt die Restrukturierungssache ferner auf, wenn 1. der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nach § 32 Absatz 3 angezeigt hat oder andere Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass der Schuldner insolvenzreif ist; von einer Aufhebung der Restrukturierungssache kann abgesehen werden, wenn die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mit Blick auf den erreichten Stand in der Restrukturierungssache offensichtlich nicht im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger liegen würde; von einer Aufhebung kann auch abgesehen werden, wenn die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung aus der Kündigung oder sonstigen Fälligstellung einer Forderung resultiert, die nach dem angezeigten Restrukturierungskonzept einer Gestaltung durch den Plan unterworfen werden soll, sofern die Erreichung des Restrukturierungsziels überwiegend wahrscheinlich ist, 2. sich aufgrund einer Anzeige nach § 32 Absatz 4 oder aus sonstigen Umständen ergibt, dass das angezeigte Restrukturierungsvorhaben keine Aussicht auf Umsetzung hat, 3. ihm Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass der Schuldner in schwerwiegender Weise gegen die ihm nach § 32 obliegenden Pflichten verstoßen hat, oder 4. in einer früheren Restrukturierungssache a) der Schuldner eine Stabilisierungsanordnung oder eine Planbestätigung erwirkt hat oder b) eine Aufhebung nach Nummer 3 oder nach Absatz 1 Nummer 3 erfolgt ist. 2
Satz 1 Nummer 4 ist nicht anwendbar, wenn der Anlass für die frühere Restrukturierungssache infolge einer nachhaltigen Sanierung bewältigt wurde. 3 Sind seit dem Ende des Anordnungszeitraums oder der Entscheidung über den Antrag auf Planbestätigung in der früheren Restrukturierungssache weniger als drei Jahre vergangen, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine nachhaltige Sanierung nicht erfolgt ist. 4Der Inanspruchnahme von Instrumenten des Restrukturierungsrahmens steht ein in Eigenverwaltung geführtes Insolvenzverfahren gleich. (3) Eine Aufhebung der Restrukturierungssache unterbleibt, solange das Gericht von einer Aufhebung einer Stabilisierungsanordnung gemäß § 59 Absatz 3 abgesehen hat.
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(4) Gegen die Aufhebung der Restrukturierungssache nach den Absätzen 1 bis 3 steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. § 34 Restrukturierungsgericht; Verordnungsermächtigung (1) 1Für Entscheidungen in Restrukturierungssachen ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Oberlandesgericht seinen Sitz hat, als Restrukturierungsgericht für den Bezirk des Oberlandesgerichts ausschließlich zuständig. 2Ist dieses Amtsgericht nicht für Regelinsolvenzsachen zuständig, so ist das Amtsgericht zuständig, das für Regelinsolvenzsachen am Sitz des Oberlandesgerichts zuständig ist. (2) 1Die Landesregierungen werden ermächtigt, zur sachdienlichen Förderung oder schnelleren Erledigung von Restrukturierungssachen durch Rechtsverordnung 1. innerhalb eines Bezirks die Zuständigkeit eines anderen, für Regelinsolvenzsachen zuständigen Amtsgerichts zu bestimmen oder 2. die Zuständigkeit eines Restrukturierungsgerichts innerhalb eines Landes zusätzlich auf den Bezirk eines oder mehrerer weiterer Oberlandesgerichte zu erstrecken. 2
Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. 3Mehrere Länder können die Errichtung gemeinsamer Abteilungen eines Amtsgerichts für Restrukturierungssachen oder die Ausdehnung von Gerichtsbezirken für Restrukturierungssachen über die Landesgrenzen hinaus vereinbaren. § 35 Örtliche Zuständigkeit 1
Örtlich zuständig ist ausschließlich das Restrukturierungsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. 2Liegt der Mittelpunkt einer wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort, so ist ausschließlich das Restrukturierungsgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt. § 36 Einheitliche Zuständigkeit Für alle Entscheidungen und Maßnahmen in der Restrukturierungssache ist die Abteilung zuständig, die für die erste Entscheidung zuständig war.
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§ 37 Gruppen-Gerichtsstand (1) Auf Antrag eines Schuldners, der einer Unternehmensgruppe im Sinne des § 3e der Insolvenzordnung angehört (gruppenangehöriger Schuldner), erklärt sich das angerufene Restrukturierungsgericht für Restrukturierungssachen anderer gruppenangehöriger Schuldner (Gruppen-Folgeverfahren) für zuständig, wenn dieser Schuldner einen zulässigen Antrag in der Restrukturierungssache gestellt hat und er nicht offensichtlich von untergeordneter Bedeutung für die gesamte Unternehmensgruppe ist. (2) § 3a Absatz 1 Satz 2 bis 4, Absatz 2, die §§ 3b, 3c Absatz 1, § 3d Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 und § 13a der Insolvenzordnung gelten entsprechend. (3) Auf Antrag des Schuldners erklärt sich unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 das für Gruppen-Folgeverfahren in Restrukturierungssachen zuständige Gericht als Insolvenzgericht auch für Gruppen-Folgeverfahren in Insolvenzsachen nach § 3a Absatz 1 der Insolvenzordnung für zuständig. § 38 Anwendbarkeit der Zivilprozessordnung 1
Für Verfahren in Restrukturierungssachen gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. 2 § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können. § 39 Verfahrensgrundsätze (1) 1Das Restrukturierungsgericht hat von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für das Verfahren in der Restrukturierungssache von Bedeutung sind, soweit in diesem Gesetz nichts Abweichendes bestimmt ist. 2Es kann zu diesem Zweck insbesondere Zeugen und Sachverständige vernehmen. (2) Der Schuldner hat dem Restrukturierungsgericht die Auskünfte zu erteilen, die zur Entscheidung über seine Anträge erforderlich sind, und es auch sonst bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. (3) 1Die Entscheidungen des Restrukturierungsgerichts können ohne mündliche Verhandlung ergehen. 2Findet eine mündliche Verhandlung statt, so ist § 227 Absatz 3 Satz 1 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.
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§ 40 Rechtsmittel (1) 1Die Entscheidungen des Restrukturierungsgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. 2Die sofortige Beschwerde ist bei dem Restrukturierungsgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung. (3) 1Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. 2Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen. § 41 Zustellungen (1) 1Zustellungen erfolgen von Amts wegen, ohne dass es einer Beglaubigung des zuzustellenden Schriftstücks bedarf. 2Sie können dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift des Zustellungsadressaten zur Post gegeben wird; § 184 Absatz 2 Satz 1, 2 und 4 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 3Soll die Zustellung im Inland bewirkt werden, gilt das Schriftstück drei Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt. (2) 1An Personen, deren Aufenthalt unbekannt ist, wird nicht zugestellt. Haben sie einen zur Entgegennahme von Zustellungen berechtigten Vertreter, so wird dem Vertreter zugestellt. 2
(3) Beauftragt das Gericht den Schuldner mit der Zustellung, erfolgt diese nach Maßgabe der §§ 191 bis 194 der Zivilprozessordnung. Unterabschnitt 2 Restrukturierungsrecht § 42 Anzeige von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung; Strafvorschrift (1) 1Während der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache ruht die Antragspflicht nach § 15a Absatz 1 bis 3 der Insolvenzordnung und § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. 2Die Antragspflichtigen sind jedoch verpflichtet, dem Restrukturierungsgericht den Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Absatz 2 der Insolvenzordnung oder einer Überschuldung im Sinne des § 19 Absatz 2 der Insolvenzordnung ohne schuldhaftes Zögern anzuzeigen.
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(2) Die Stellung eines den Anforderungen des § 15a der Insolvenzordnung genügenden Insolvenzantrags gilt als rechtzeitige Erfüllung der Anzeigepflicht nach Absatz 1 Satz 2. (3) 1Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 2 den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung nicht oder nicht rechtzeitig anzeigt. 2Handelt der Täter fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. 3Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden auf Vereine und Stiftungen, für die die Pflicht nach Absatz 1 Satz 1 gilt. (4) Wenn die Anzeige der Restrukturierungssache nach § 31 Absatz 4 ihre Wirkung verliert, leben die nach Absatz 1 Satz 1 ruhenden Antragspflichten wieder auf. § 43 Pflichten und Haftung der Organe (1) 1Handelt es sich bei dem Schuldner um eine juristische Person oder um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit im Sinne des § 15a Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 der Insolvenzordnung, wirken dessen Geschäftsleiter darauf hin, dass der Schuldner die Restrukturierungssache mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters betreibt und die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger wahrt. 2Für die Verletzung dieser Pflicht haften sie dem Schuldner in Höhe des den Gläubigern entstandenen Schadens, es sei denn sie haben die Pflichtverletzung nicht zu vertreten. (2) 1Ein Verzicht des Schuldners auf Ansprüche nach Absatz 1 Satz 2 oder ein Vergleich über diese Ansprüche ist unwirksam, soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist. 2Dies gilt nicht, wenn sich der Ersatzpflichtige zur Abwendung eines Insolvenzverfahrens über sein Vermögen mit seinen Gläubigern vergleicht, wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird oder wenn für den Ersatzberechtigten ein Insolvenzverwalter handelt. (3) 1Ansprüche nach Absatz 1 Satz 2 verjähren in fünf Jahren. 2Ist der Schuldner zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung eine börsennotierte Gesellschaft, verjähren die Ansprüche in zehn Jahren. § 44 Verbot von Lösungsklauseln (1) 1Die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache oder die Inanspruchnahme von Instrumenten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens durch den Schuldner ist ohne Weiteres kein Grund 1. für die Beendigung von Vertragsverhältnissen, an denen der Schuldner beteiligt ist,
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2. für die Fälligstellung von Leistungen oder 3. für ein Recht des anderen Teils, die diesem obliegende Leistung zu verweigern oder die Anpassung oder anderweitige Gestaltung des Vertrags zu verlangen. 2
Sie berühren ohne Weiteres auch nicht die Wirksamkeit des Vertrags.
(2) Dem Absatz 1 entgegenstehende Vereinbarungen sind unwirksam. (3) 1Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Geschäfte nach § 104 Absatz 1 der Insolvenzordnung und Vereinbarungen über das Liquidationsnetting nach § 104 Absatz 3 und 4 der Insolvenzordnung und Finanzsicherheiten im Sinne von § 1 Absatz 17 des Kreditwesengesetzes. 2Dies gilt auch für Geschäfte, die im Rahmen eines Systems nach § 1 Absatz 16 des Kreditwesengesetzes der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen unterliegen. Abschnitt 2 Gerichtliche Planabstimmung § 45 Erörterungs- und Abstimmungstermin (1) 1Auf Antrag des Schuldners bestimmt das Restrukturierungsgericht einen Termin, in dem der Restrukturierungsplan und das Stimmrecht der Planbetroffenen erörtert werden und anschließend über den Plan abgestimmt wird. 2 Die Ladungsfrist beträgt mindestens 14 Tage. (2) Dem Antrag ist der vollständige Restrukturierungsplan nebst Anlagen beizufügen. (3) 1Die Planbetroffenen sind zu dem Termin zu laden. 2Die Ladung enthält den Hinweis darauf, dass der Termin und die Abstimmung auch dann durchgeführt werden können, wenn nicht alle Planbetroffenen teilnehmen. 3Das Gericht kann den Schuldner mit der Zustellung der Ladungen beauftragen. (4) 1Auf das Verfahren finden die §§ 239 bis 242 der Insolvenzordnung sowie die §§ 24 bis 28 dieses Gesetzes entsprechende Anwendung. 2Ist streitig, welches Stimmrecht die Forderung, die Absonderungsanwartschaft, die gruppeninterne Drittsicherheit oder das Anteils- oder Mitgliedschaftsrecht einem Planbetroffenen gewährt und lässt sich darüber keine Einigung zwischen den Beteiligten erzielen, legt das Gericht das Stimmrecht fest. § 46 Vorprüfungstermin (1) 1Auf Antrag des Schuldners bestimmt das Gericht einen gesonderten Termin zur Vorprüfung des Restrukturierungsplans vor dem Erörterungs- und
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Abstimmungstermin. 2Gegenstand dieser Vorprüfung kann jede Frage sein, die für die Bestätigung des Restrukturierungsplans erheblich ist, insbesondere, 1. ob die Auswahl der Planbetroffenen und die Einteilung der Planbetroffenen in Gruppen den Anforderungen der §§ 8 und 9 entspricht, 2. welches Stimmrecht eine Restrukturierungsforderung, eine Absonderungsanwartschaft oder ein Anteils- oder Mitgliedschaftsrecht gewährt oder 3. ob dem Schuldner die Zahlungsunfähigkeit droht. 3
§ 45 Absatz 3 gilt entsprechend. 4Die Ladungsfrist beträgt mindestens sieben Tage. (2) Das Ergebnis der Vorprüfung fasst das Gericht in einem Hinweis zusammen. (3) Das Gericht kann einen Vorprüfungstermin auch von Amts wegen bestimmen, wenn dies zweckmäßig ist. Abschnitt 3 Vorprüfung § 47 Antrag 1 Auf Antrag des Schuldners führt das Restrukturierungsgericht auch dann eine Vorprüfung durch, wenn der Restrukturierungsplan nicht im gerichtlichen Verfahren zur Abstimmung gebracht werden soll. 2Gegenstand einer solchen Vorprüfung kann jede Frage sein, die für die Bestätigung des Restrukturierungsplans erheblich ist. 3Neben den in § 46 Absatz 1 Satz 2 genannten Gegenständen können dies insbesondere auch die Anforderungen sein, die an das Planabstimmungsverfahren nach den §§ 17 bis 22 zu stellen sind.
§ 48 Verfahren (1) Die von der Vorprüfungsfrage berührten Planbetroffenen sind anzuhören. (2) 1Das Ergebnis der Vorprüfung fasst das Gericht in einem Hinweis zusammen. 2Der Hinweis soll innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung oder, sofern ein Anhörungstermin stattfindet, innerhalb von zwei Wochen nach diesem Termin ergehen. 3Für die Ladung zu dem Anhörungstermin gelten § 45 Absatz 3 und § 46 Absatz 1 Satz 3 entsprechend.
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Abschnitt 4 Stabilisierung § 49 Stabilisierungsanordnung (1) Soweit dies zur Wahrung der Aussichten auf die Verwirklichung des Restrukturierungsziels erforderlich ist, ordnet das Restrukturierungsgericht auf Antrag des Schuldners an, dass 1. Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner untersagt oder einstweilen eingestellt werden (Vollstreckungssperre) und 2. Rechte an Gegenständen des beweglichen Vermögens, die im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens als Ab- oder Aussonderungsrecht geltend gemacht werden könnten, von dem Gläubiger nicht durchgesetzt werden dürfen und dass solche Gegenstände zur Fortführung des Unternehmens des Schuldners eingesetzt werden können, soweit sie hierfür von erheblicher Bedeutung sind (Verwertungssperre). (2) 1Forderungen, die nach § 4 einer Gestaltung durch einen Restrukturierungsplan unzugänglich sind, bleiben von einer Anordnung nach Absatz 1 und deren vertragsrechtlichen Wirkungen unberührt. 2Die Anordnung kann sich im Übrigen gegen einzelne, mehrere oder alle Gläubiger richten. (3) Die Anordnung nach Absatz 1 kann auch das Recht von Gläubigern zur Durchsetzung von Rechten aus gruppeninternen Drittsicherheiten (§ 2 Absatz 4) sperren. § 50 Antrag (1) Der Schuldner hat die beantragte Stabilisierungsanordnung nach § 49 Absatz 1 ihrem Inhalt, dem Adressatenkreis und der Dauer nach zu bezeichnen. (2) Der Schuldner fügt dem Antrag eine Restrukturierungsplanung bei, welche umfasst: 1. einen auf den Tag der Antragstellung aktualisierten Entwurf des Restrukturierungsplans oder ein auf diesen Tag aktualisiertes Konzept für die Restrukturierung nach § 31 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2. einen Finanzplan, der den Zeitraum von sechs Monaten umfasst und eine fundierte Darstellung der Finanzierungsquellen enthält, durch welche die Fortführung des Unternehmens in diesem Zeitraum sichergestellt werden soll; dabei bleiben Finanzierungsquellen außer Betracht, die sich mit dem Restrukturierungsziel nicht vereinbaren lassen.
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(3) Des Weiteren hat der Schuldner zu erklären, 1. ob, in welchem Umfang und gegenüber welchen Gläubigern er sich mit der Erfüllung von Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen, Pensionszusagen oder dem Steuerschuldverhältnis, gegenüber den Sozialversicherungsträgern oder Lieferanten in Verzug befindet, 2. ob und in welchen Verfahren zu seinen Gunsten innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Antrag Vollstreckungs- oder Verwertungssperren nach diesem Gesetz oder nach § 21 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder 5 der Insolvenzordnung angeordnet wurden und 3. ob er für die letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre seinen Verpflichtungen aus den §§ 325 bis 328 oder aus § 339 des Handelsgesetzbuchs nachgekommen ist. § 51 Voraussetzungen der Stabilisierungsanordnung (1) 1Die Stabilisierungsanordnung ergeht, wenn die von dem Schuldner vorgelegte Restrukturierungsplanung vollständig und schlüssig ist und keine Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass 1. die Restrukturierungsplanung oder die Erklärungen zu § 50 Absatz 3 in wesentlichen Punkten auf unzutreffenden Tatsachen beruht oder beruhen, 2. die Restrukturierung aussichtslos ist, weil keine Aussicht darauf besteht, dass ein das Restrukturierungskonzept umsetzender Plan von den Planbetroffenen angenommen oder vom Gericht bestätigt werden würde, 3. der Schuldner noch nicht drohend zahlungsunfähig ist oder 4. die beantragte Anordnung nicht erforderlich ist, um das Restrukturierungsziel zu verwirklichen. 2
Schlüssig ist die Planung, wenn nicht offensichtlich ist, dass sich das Restrukturierungsziel nicht auf Grundlage der in Aussicht genommenen Maßnahmen erreichen lässt. 3Weist die Restrukturierungsplanung behebbare Mängel auf, erlässt das Gericht die Anordnung für einen Zeitraum von höchstens 20 Tagen und gibt dem Schuldner auf, die Mängel innerhalb dieses Zeitraums zu beheben. (2) Sind Umstände bekannt, aus denen sich ergibt, dass 1. erhebliche Zahlungsrückstände gegenüber den in § 50 Absatz 3 Nummer 1 genannten Gläubigern bestehen oder 2. der Schuldner für mindestens eines der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre gegen die Offenlegungspflichten nach den §§ 325 bis 328 oder nach § 339 des Handelsgesetzbuchs verstoßen hat, erfolgt die Stabilisierungsanordnung nur, wenn trotz dieser Umstände zu erwarten ist, 883
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dass der Schuldner bereit und in der Lage ist, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubigergesamtheit auszurichten. Dies gilt auch, wenn zugunsten des Schuldners in den letzten drei Jahren vor der Stellung des Antrags die in § 49 Absatz 1 genannten Vollstreckungs- oder Verwertungssperren oder vorläufige Sicherungsanordnungen nach § 21 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 oder 5 der Insolvenzordnung angeordnet wurden, sofern nicht der Anlass dieser Anordnungen durch eine nachhaltige Sanierung des Schuldners bewältigt wurde. (3) Liegt zum Zeitpunkt der Stabilisierungsanordnung kein Restrukturierungsplan vor, kann das Gericht dem Schuldner eine Frist setzen, binnen derer der Restrukturierungsplan vorzulegen ist. (4) 1Die Stabilisierungsanordnung ist allen Gläubigern, die von ihr betroffen sind, zuzustellen. 2In öffentlichen Restrukturierungssachen (§ 84) kann auf eine Zustellung verzichtet werden, wenn sich die Anordnung mit Ausnahme der in § 4 genannten Gläubiger gegen alle Gläubiger richtet. (5) 1Das Restrukturierungsgericht entscheidet über den Antrag auf Erlass der Stabilisierungsanordnung durch Beschluss. 2Soweit das Gericht den Antrag zurückweist, steht dem Schuldner gegen den Beschluss die sofortige Beschwerde zu. § 52 Folgeanordnung, Neuanordnung Unter den Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 und 2 kann eine Stabilisierungsanordnung auf weitere Gläubiger erstreckt, inhaltlich erweitert oder zeitlich verlängert werden (Folgeanordnung) oder, sofern die Anordnungsdauer bereits überschritten ist, erneuert werden (Neuanordnung). § 53 Anordnungsdauer (1) Die Stabilisierungsanordnung kann für eine Dauer von bis zu drei Monaten ergehen. (2) 1Folge- oder Neuanordnungen können nur im Rahmen der Anordnungshöchstdauer nach Absatz 1 ergehen, es sei denn, 1. der Schuldner hat den Gläubigern ein Planangebot unterbreitet und 2. es sind keine Umstände bekannt, aus denen sich ergibt, dass mit einer Planannahme innerhalb eines Monats nicht zu rechnen ist. 2
In diesem Fall verlängert sich die Anordnungshöchstdauer um einen Monat und die Anordnung richtet sich ausschließlich gegen Planbetroffene.
(3) 1Hat der Schuldner die gerichtliche Bestätigung des von den Planbetroffenen angenommenen Restrukturierungsplans beantragt, können Folge- oder 884
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Neuanordnungen bis zur Rechtskraft der Planbestätigung, höchstens aber bis zum Ablauf von acht Monaten nach dem Erlass der Erstanordnung ergehen. 2 Dies gilt nicht, wenn der Restrukturierungsplan offensichtlich nicht bestätigungsfähig ist. (4) Absatz 3 ist nicht anzuwenden, wenn der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten vor der ersten Inanspruchnahme von Instrumenten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union in das Inland verlegt wurde und keine öffentlichen Bekanntmachungen nach den §§ 84 bis 86 erfolgen. § 54 Folgen der Verwertungssperre (1) 1Ist eine Verwertungssperre ergangen, sind dem Gläubiger die geschuldeten Zinsen zu zahlen und der durch die Nutzung eintretende Wertverlust ist durch laufende Zahlungen an den Gläubiger auszugleichen. 2Dies gilt nicht, soweit nach der Höhe der Forderung und der sonstigen Belastung des Gegenstands mit einer Befriedigung des Gläubigers aus dem Verwertungserlös nicht zu rechnen ist. (2) Zieht der Schuldner nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarungen mit dem Berechtigten Forderungen ein, die zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten sind, oder veräußert oder verarbeitet er bewegliche Sachen, an denen Rechte bestehen, die im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens als Ausoder Absonderungsrechte geltend gemacht werden könnten, sind die dabei erzielten Erlöse an den Berechtigten auszukehren oder unterscheidbar zu verwahren, es sei denn, der Schuldner trifft mit dem Berechtigten eine anderweitige Vereinbarung. § 55 Vertragsrechtliche Wirkungen (1) 1Ist der Schuldner zum Zeitpunkt der Stabilisierunganordnung einem Gläubiger etwas aus einem Vertrag schuldig, so kann der Gläubiger nicht allein wegen der rückständigen Leistung eine ihm im Anordnungszeitraum obliegende Leistung verweigern oder Vertragsbeendigungs- oder -abänderungsrechte geltend machen; unberührt bleibt das Recht des Gläubigers, die Erbringung des Teils der ihm obliegenden Gegenleistung zu verweigern, der auf die rückständige Leistung des Schuldners entfällt. 2Ergehen Folge- oder Neuanordnungen, ist der Zeitpunkt der Erstanordnung maßgeblich. (2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner für die Fortführung des Unternehmens nicht auf die dem Gläubiger obliegende Leistung angewiesen ist. (3) 1Ist der Gläubiger vorleistungspflichtig, hat er das Recht, die ihm obliegende Leistung gegen Sicherheitsleistung oder Zug um Zug gegen die dem 885
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Schuldner obliegende Leistung zu erbringen. 2Absatz 1 berührt nicht das Recht von Darlehensgebern, den Darlehensvertrag vor der Auszahlung des Darlehens wegen einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners oder der Werthaltigkeit der für das Darlehen gestellten Sicherheit zu kündigen (§ 490 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). 3Satz 2 gilt auch für andere Kreditzusagen. § 56 Finanzsicherheiten, Zahlungs- und Abwicklungssysteme, Liquidationsnetting (1) 1Die Stabilisierungsanordnung berührt nicht die Wirksamkeit von Verfügungen über Finanzsicherheiten nach § 1 Absatz 17 des Kreditwesengesetzes und die Wirksamkeit der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren, die in Systeme nach § 1 Absatz 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden. 2 Dies gilt auch dann, wenn ein solches Rechtsgeschäft des Schuldners am Tag der Anordnung getätigt und verrechnet oder eine Finanzsicherheit bestellt wird und der andere Teil nachweist, dass er die Anordnung weder kannte noch hätte kennen müssen; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Anordnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes. (2) 1Von der Stabilisierungsanordnung und ihren Wirkungen bleiben Geschäfte, die den Gegenstand einer Vereinbarung über das Liquidationsnetting im Sinne von § 104 Absatz 3 und 4 der Insolvenzordnung bilden können, sowie Vereinbarungen über das Liquidationsnetting unberührt. 2Die aus dem Liquidationsnetting resultierende Forderung kann einer Vollstreckungssperre und, im Rahmen des nach Absatz 1 Zulässigen, auch einer Verwertungssperre unterworfen werden. § 57 Haftung der Organe 1
Handelt es sich bei dem Schuldner um eine juristische Person oder um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit im Sinne des § 15a Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 der Insolvenzordnung und erwirkt er aufgrund vorsätzlich oder fahrlässig unrichtiger Angaben eine Stabilisierungsanordnung, ist der Geschäftsleiter den davon betroffenen Gläubigern zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese durch die Anordnung erleiden. 2Dies gilt nicht, wenn ihn kein Verschulden trifft. 3Die Sätze 1 und 2 gelten auch für den Ersatz des Schadens, der einem Gläubiger aus einer nicht ordnungsgemäßen Auskehrung oder Verwahrung der Erlöse nach § 54 Absatz 2 entsteht. 4Für Ansprüche nach den Sätzen 1 und 3 gilt § 43 Absatz 3 entsprechend.
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§ 58 Insolvenzantrag Das Verfahren über den Antrag eines Gläubigers, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners zu eröffnen, wird für die Anordnungsdauer ausgesetzt. § 59 Aufhebung und Beendigung der Stabilisierungsanordnung (1) Das Restrukturierungsgericht hebt die Stabilisierungsanordnung auf, wenn 1. der Schuldner dies beantragt, 2. die Anzeige nach § 31 Absatz 4 ihre Wirkungen verloren hat oder wenn die Voraussetzungen einer Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 31 Absatz 4 Nummer 3, § 33 vorliegen, 3. der Schuldner es versäumt, dem Gericht nach Ablauf einer zu diesem Zweck eingeräumten angemessenen Frist den Entwurf eines Restrukturierungsplans zu übermitteln oder 4. Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass der Schuldner nicht bereit und in der Lage ist, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubigergesamtheit auszurichten, insbesondere weil a) die Restrukturierungsplanung in wesentlichen Punkten auf unzutreffenden Tatsachen beruht oder b) die Rechnungslegung und Buchführung des Schuldners so unvollständig oder mangelhaft sind, dass sie eine Beurteilung der Restrukturierungsplanung, insbesondere des Finanzplans, nicht ermöglichen. (2) Die Stabilisierungsanordnung wird wegen der in Absatz 1 Nummer 2 und 4 genannten Gründe auch auf Antrag eines von der Anordnung betroffenen Gläubigers aufgehoben, wenn dieser das Vorliegen des Beendigungsgrunds glaubhaft macht. (3) 1Das Restrukturierungsgericht kann von einer Aufhebung absehen, wenn die Fortdauer der Stabilisierungsanordnung geboten erscheint, um im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger einen geordneten Übergang in ein Insolvenzverfahren zu gewährleisten. 2Das Gericht setzt dem Schuldner eine Frist von höchstens drei Wochen, innerhalb derer er dem Gericht die Beantragung eines Insolvenzverfahrens nachzuweisen hat. 3Nach Ablauf dieser Frist ist die Stabilisierungsanordnung aufzuheben. (4) Die Stabilisierungsanordnung endet, wenn der Restrukturierungsplan bestätigt ist oder die Planbestätigung versagt wird.
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Abschnitt 5 Planbestätigung Unterabschnitt 1 Bestätigungsverfahren § 60 Antrag (1) 1Auf Antrag des Schuldners bestätigt das Gericht den von den Planbetroffenen angenommenen Restrukturierungsplan durch Beschluss. 2Der Antrag kann auch im Erörterungs- und Abstimmungstermin gestellt werden. 3Ist die Planabstimmung nicht im gerichtlichen Verfahren (§ 45) erfolgt, hat der Schuldner dem Antrag auf Bestätigung des Restrukturierungsplans neben dem zur Abstimmung gestellten Plan und seinen Anlagen die Dokumentation über das Abstimmungsergebnis sowie sämtliche Urkunden und sonstigen Nachweise beizufügen, aus denen sich ergibt, wie die Abstimmung durchgeführt wurde und zu welchem Ergebnis sie geführt hat. (2) 1Handelt es sich bei dem Schuldner um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder um eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, bedarf der Antrag auf Bestätigung eines Restrukturierungsplans, der die persönlich haftenden Gesellschafter nicht von deren Haftung für die durch den Plan gestalteten Forderungen und Rechte befreit, der Zustimmung aller persönlich haftenden Gesellschafter. 2Dies gilt nicht, soweit es sich bei den persönlich haftenden Gesellschaftern 1. um juristische Personen handelt oder 2. um Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit handelt, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist und kein persönlich haftender Gesellschafter selbst eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit ist, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt. § 61 Anhörung 1 Vor der Entscheidung über die Bestätigung des Restrukturierungsplans kann das Gericht die Planbetroffenen anhören. 2Ist die Planabstimmung nicht im gerichtlichen Verfahren erfolgt, hat das Gericht einen Termin zur Anhörung der Planbetroffenen durchzuführen. 3§ 45 Absatz 3 und § 46 Absatz 1 Satz 4 gelten entsprechend.
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§ 62 Bedingter Restrukturierungsplan Ist im Restrukturierungsplan vorgesehen, dass vor dessen Bestätigung bestimmte Leistungen erbracht oder andere Maßnahmen verwirklicht werden sollen, wird der Plan nur bestätigt, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind und Versagungsgründe nicht vorliegen. § 63 Versagung der Bestätigung (1) Die Bestätigung des Restrukturierungsplans ist von Amts wegen zu versagen, wenn 1. der Schuldner nicht drohend zahlungsunfähig ist; 2. die Vorschriften über den Inhalt und die verfahrensmäßige Behandlung des Restrukturierungsplans sowie über die Annahme des Plans durch die Planbetroffenen in einem wesentlichen Punkt nicht beachtet worden sind und der Schuldner den Mangel nicht beheben kann oder innerhalb einer angemessenen, vom Restrukturierungsgericht gesetzten Frist nicht behebt oder 3. die Ansprüche, die den Planbetroffenen durch den gestaltenden Teil des Plans zugewiesen werden, und die durch den Plan nicht berührten Ansprüche der übrigen Gläubiger offensichtlich nicht erfüllt werden können. (2) Sieht der Restrukturierungsplan eine neue Finanzierung vor, ist die Bestätigung zu versagen, wenn das dem Plan zugrunde liegende Restrukturierungskonzept unschlüssig ist oder wenn Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass das Konzept nicht von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgeht oder keine begründete Aussicht auf Erfolg vermittelt. (3) 1Ist die Planabstimmung nicht im gerichtlichen Verfahren erfolgt, gehen Zweifel an der ordnungsgemäßen Annahme des Restrukturierungsplans durch die Planbetroffenen zulasten des Schuldners. 2Besteht Streit über das einem Planbetroffenen zustehende Stimmrecht, legt das Gericht seiner Entscheidung das nach Maßgabe des § 24 zu bestimmende Stimmrecht zugrunde. (4) Die Bestätigung ist auch zu versagen, wenn die Annahme des Restrukturierungsplans unlauter herbeigeführt worden ist, insbesondere durch Begünstigung eines Planbetroffenen. § 64 Minderheitenschutz (1) 1Auf Antrag eines Planbetroffenen, der gegen den Restrukturierungsplan gestimmt hat, ist die Bestätigung des Plans zu versagen, wenn der Antragsteller durch den Restrukturierungsplan voraussichtlich schlechter gestellt wird als
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er ohne den Plan stünde. 2Hat der Schuldner gegen den Inhaber einer Absonderungsanwartschaft eine Vollstreckungs- oder Verwertungssperre erwirkt, die diesen an der Verwertung der Anwartschaft hinderte, bleiben Minderungen im Wert der Anwartschaft, die sich während der Dauer der Anordnung ergeben, für die Bestimmung der Stellung des Berechtigten ohne Plan außer Betracht, es sei denn, die Wertminderung hätte sich auch ohne die Anordnung ergeben. (2) 1Der Antrag nach Absatz 1 ist nur zulässig, wenn der Antragsteller bereits im Abstimmungsverfahren dem Plan widersprochen und geltend gemacht hat, dass er durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt wird als er ohne Plan stünde. 2Ist die Planabstimmung in einem gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermin erfolgt, muss der Antragsteller spätestens in diesem Termin glaubhaft machen, durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt zu werden. (3) 1Der Antrag nach Absatz 1 ist abzuweisen, wenn im gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans Mittel für den Fall bereitgestellt werden, dass ein Planbetroffener eine Schlechterstellung nachweist. 2Ob der Antragsteller einen Ausgleich aus diesen Mitteln erhält, ist außerhalb der Restrukturierungssache zu klären. (4) 1Hat weder eine Versammlung der Planbetroffenen (§ 20) noch ein Erörterungs- und Abstimmungstermin (§ 45) stattgefunden, gilt Absatz 2 Satz 1 nur, wenn im Planangebot besonders auf das Erfordernis der Geltendmachung der voraussichtlichen Schlechterstellung durch den Plan im Abstimmungsverfahren hingewiesen wurde. 2Hat eine Versammlung der Planbetroffenen stattgefunden, gilt Absatz 2 Satz 1 nur, wenn in dem Einberufungsschreiben besonders auf das Erfordernis der Geltendmachung der voraussichtlichen Schlechterstellung durch den Plan im Abstimmungsverfahren hingewiesen wurde. 3Absatz 2 Satz 2 gilt nur, wenn in der Ladung besonders auf das Erfordernis der Glaubhaftmachung der voraussichtlichen Schlechterstellung durch den Plan spätestens im Erörterungs- und Abstimmungstermin hingewiesen wurde. § 65 Bekanntgabe der Entscheidung (1) Wird die Entscheidung über den Antrag auf Bestätigung des Restrukturierungsplans nicht im Anhörungstermin oder im Erörterungs- und Abstimmungstermin verkündet, ist sie in einem alsbald zu bestimmenden besonderen Termin zu verkünden. (2) 1Wird der Restrukturierungsplan bestätigt, so ist den Planbetroffenen unter Hinweis auf die Bestätigung ein Abdruck des Plans oder eine Zusammenfassung seines wesentlichen Inhalts zuzusenden; für an dem Schuldner beteiligte Aktionäre oder Kommanditaktionäre gilt dies nicht. 2Börsennotierte Gesellschaften haben eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts des Plans über ihre Internetseite zugänglich zu machen. 3Die Übersendung eines Abdrucks des
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Plans oder eine Zusammenfassung seines wesentlichen Inhalts nach Satz 1 kann unterbleiben, wenn der vor der Abstimmung übersendete Plan unverändert angenommen wurde. § 66 Sofortige Beschwerde (1) 1Gegen den Beschluss, durch den der Restrukturierungsplan bestätigt wird, steht jedem Planbetroffenen die sofortige Beschwerde zu. 2Dem Schuldner steht die sofortige Beschwerde zu, wenn die Bestätigung des Restrukturierungsplans abgelehnt worden ist. (2) Die sofortige Beschwerde gegen die Bestätigung des Restrukturierungsplans ist nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer 1. dem Plan im Abstimmungsverfahren widersprochen hat (§ 64 Absatz 2), 2. gegen den Plan gestimmt hat und 3. glaubhaft macht, dass er durch den Plan wesentlich schlechter gestellt wird als er ohne den Plan stünde und dass dieser Nachteil nicht durch eine Zahlung aus den in § 64 Absatz 3 genannten Mitteln ausgeglichen werden kann. (3) 1Absatz 2 Nummer 1 und 2 gilt nur, wenn im Einberufungsschreiben oder in der Ladung zum Termin auf die Notwendigkeit des Widerspruchs und der Ablehnung des Plans besonders hingewiesen wurde. 2Hat weder eine Versammlung der Planbetroffenen (§ 20) noch ein Erörterungs- und Abstimmungstermin (§ 45) stattgefunden, so gilt Absatz 2 Nummer 1 und 2 nur, wenn im Planangebot auf die Notwendigkeit des Widerspruchs und der Ablehnung des Plans besonders hingewiesen wurde. (4) Auf Antrag des Beschwerdeführers ordnet das Gericht die aufschiebende Wirkung der Beschwerde an, wenn der Vollzug des Restrukturierungsplans mit schwerwiegenden, insbesondere nicht rückgängig zu machenden Nachteilen für den Beschwerdeführer einhergeht, die außer Verhältnis zu den Vorteilen des sofortigen Planvollzugs stehen. (5) 1Das Beschwerdegericht weist die Beschwerde gegen die Bestätigung des Restrukturierungsplans auf Antrag des Schuldners unverzüglich zurück, wenn die alsbaldige Rechtskraft der Planbestätigung vorrangig erscheint, weil die Nachteile eines verzögerten Planvollzugs die Nachteile für den Beschwerdeführer überwiegen; ein Abhilfeverfahren findet nicht statt. 2Dies gilt nicht, wenn ein besonders schwerer Rechtsverstoß vorliegt. 3Weist das Beschwerdegericht die Beschwerde nach Satz 1 zurück, ist der Schuldner dem Beschwerdeführer zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der ihm durch den Planvollzug entsteht; die Rückgängigmachung der Wirkungen des Restrukturierungsplans kann nicht als Schadensersatz verlangt werden. 4Für Klagen, mit denen
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Schadensersatzansprüche nach Satz 3 geltend gemacht werden, ist das Landgericht ausschließlich zuständig, das die Beschwerde zurückgewiesen hat. Unterabschnitt 2 Wirkungen des bestätigten Plans; Überwachung der Planerfüllung § 67 Wirkungen des Restrukturierungsplans (1) 1Mit der Bestätigung des Restrukturierungsplans treten die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen ein. 2Dies gilt auch im Verhältnis zu Planbetroffenen, die gegen den Plan gestimmt haben oder die an der Abstimmung nicht teilgenommen haben, obgleich sie ordnungsgemäß an dem Abstimmungsverfahren beteiligt worden sind. (2) Handelt es sich bei dem Schuldner um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, wirkt eine Befreiung des Schuldners von Verbindlichkeiten auch zugunsten seiner persönlich haftenden Gesellschafter, sofern im Restrukturierungsplan nichts anderes bestimmt ist. (3) 1Die Rechte der Restrukturierungsgläubiger gegen Mitschuldner und Bürgen des Schuldners sowie die Rechte der Gläubiger an Gegenständen, die nicht zum Vermögen des Schuldners gehören, oder aus einer Vormerkung, die sich auf solche Gegenstände bezieht, werden mit Ausnahme der nach § 2 Absatz 4 gestalteten Rechte aus gruppeninternen Drittsicherheiten von dem Restrukturierungsplan nicht berührt. 2Der Schuldner wird jedoch durch den Plan gegenüber dem Mitschuldner, Bürgen oder sonstigen Rückgriffsberechtigten befreit wie gegenüber dem Gläubiger. (4) Ist ein Gläubiger weitergehend befriedigt worden, als er es nach dem Restrukturierungsplan zu beanspruchen hat, so begründet dies keine Pflicht zur Rückgewähr des Erlangten. (5) Werden Restrukturierungsforderungen in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte an dem Schuldner umgewandelt, kann der Schuldner nach der gerichtlichen Bestätigung des Restrukturierungsplans keine Ansprüche wegen einer Überbewertung der Forderungen im Plan gegen die bisherigen Gläubiger geltend machen. (6) Mit der rechtskräftigen Bestätigung des Restrukturierungsplans gelten Mängel im Verfahren der Planabstimmung sowie Willensmängel von Planangebot und Planannahme als geheilt. § 68 Sonstige Wirkungen des Restrukturierungsplans (1) Wenn Rechte an Gegenständen begründet, geändert, übertragen oder aufgehoben oder Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haf-
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tung abgetreten werden sollen, gelten die in den Restrukturierungsplan aufgenommenen Willenserklärungen der Planbetroffenen und des Schuldners als in der vorgeschriebenen Form abgegeben. (2) 1Die in den Restrukturierungsplan aufgenommenen Beschlüsse und sonstigen Willenserklärungen der Planbetroffenen und des Schuldners gelten als in der vorgeschriebenen Form abgegeben. 2Gesellschaftsrechtlich erforderliche Ladungen, Bekanntmachungen und sonstige Maßnahmen zur Vorbereitung von Beschlüssen der Planbetroffenen gelten als in der vorgeschriebenen Form bewirkt. (3) Entsprechendes gilt für die in den Restrukturierungsplan aufgenommenen Verpflichtungserklärungen, die einer Maßnahme nach Absatz 1 oder Absatz 2 zugrunde liegen. § 69 Wiederaufleben gestundeter oder erlassener Forderungen (1) 1Sind aufgrund des gestaltenden Teils des Restrukturierungsplans einbezogene Restrukturierungsforderungen gestundet oder teilweise erlassen worden, so wird die Stundung oder der Erlass für den Gläubiger hinfällig, gegenüber dem der Schuldner mit der Erfüllung des Plans erheblich in Rückstand gerät. 2 Ein erheblicher Rückstand ist erst anzunehmen, wenn der Schuldner eine fällige Verbindlichkeit nicht bezahlt hat, obwohl der Gläubiger ihn schriftlich gemahnt und ihm dabei eine mindestens zweiwöchige Nachfrist gesetzt hat. (2) Wird vor vollständiger Erfüllung des Restrukturierungsplans über das Vermögen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet, so ist die Stundung oder der Erlass im Sinne des Absatzes 1 für alle Gläubiger hinfällig. (3) 1Im Restrukturierungsplan kann etwas von Absatz 1 oder 2 Abweichendes vorgesehen werden. 2Jedoch kann von Absatz 1 nicht zum Nachteil des Schuldners abgewichen werden. § 70 Streitige Forderungen und Ausfallforderungen (1) Streitige Restrukturierungsforderungen unterliegen der auf sie anwendbaren Regelung des Restrukturierungsplans in der Höhe, in der sie später festgestellt sind, nicht aber über den Betrag hinaus, der dem Plan zugrunde gelegt wurde. (2) 1Ist eine Restrukturierungsforderung im Abstimmungsverfahren bestritten worden oder steht die Höhe der Ausfallforderung des Inhabers einer Absonderungsanwartschaft noch nicht fest, so ist ein Rückstand mit der Erfüllung des Restrukturierungsplans im Sinne des § 69 Absatz 1 nicht anzunehmen, wenn der Schuldner die Forderung bis zur endgültigen Feststellung in der Höhe berücksichtigt, die der Entscheidung über das Stimmrecht bei der Ab-
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stimmung über den Plan entspricht. 2Ist keine Entscheidung des Restrukturierungsgerichts über das Stimmrecht getroffen worden, so hat das Restrukturierungsgericht auf Antrag des Schuldners oder des Gläubigers nachträglich festzustellen, in welchem Ausmaß der Schuldner die Forderung vorläufig zu berücksichtigen hat. (3) 1Ergibt die endgültige Feststellung der Forderung, dass der Schuldner zu wenig gezahlt hat, so hat er das Fehlende nachzuzahlen. 2Ein erheblicher Rückstand mit der Erfüllung des Restrukturierungsplans ist erst anzunehmen, wenn der Schuldner das Fehlende nicht nachzahlt, obwohl der Gläubiger ihn schriftlich gemahnt und ihm dabei eine mindestens zweiwöchige Nachfrist gesetzt hat. (4) Ergibt die endgültige Feststellung der Forderung, dass der Schuldner zu viel gezahlt hat, so kann er den Mehrbetrag nur insoweit zurückfordern, als dieser auch den nicht fälligen Teil der Forderung übersteigt, die dem Gläubiger nach dem Restrukturierungsplan zusteht. § 71 Vollstreckung aus dem Restrukturierungsplan (1) 1Aus dem rechtskräftig bestätigten Restrukturierungsplan können die Restrukturierungsgläubiger, deren Forderungen im Bestätigungsbeschluss nicht als bestritten ausgewiesen sind, wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben. 2§ 202 der Insolvenzordnung gilt entsprechend. (2) Absatz 1 gilt auch für die Zwangsvollstreckung gegen einen Dritten, der durch eine dem Restrukturierungsgericht eingereichte schriftliche Erklärung für die Erfüllung des Plans neben dem Schuldner ohne Vorbehalt der Einrede der Vorausklage Verpflichtungen übernommen hat. (3) Macht ein Gläubiger die Rechte geltend, die ihm im Fall eines erheblichen Rückstands des Schuldners mit der Erfüllung des Plans zustehen, so hat er zur Erteilung der Vollstreckungsklausel für diese Rechte und zur Durchführung der Vollstreckung die Mahnung und den Ablauf der Nachfrist glaubhaft zu machen, jedoch keinen weiteren Beweis für den Rückstand des Schuldners zu führen. (4) Bestand für die einer Planregelung unterliegende Forderung bereits ein vollstreckbarer Titel, tritt der rechtskräftig bestätigte Restrukturierungsplan an dessen Stelle; die weitere Vollstreckung aus dem früheren Titel ist insoweit unzulässig.
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§ 72 Planüberwachung (1) Im gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans kann vorgesehen werden, dass die Erfüllung der den Gläubigern nach dem gestaltenden Teil zustehenden Ansprüche überwacht wird. (2) Die Überwachung ist einem Restrukturierungsbeauftragten zu übertragen. (3) Stellt der Restrukturierungsbeauftragte fest, dass Ansprüche, deren Erfüllung überwacht wird, nicht erfüllt werden oder nicht erfüllt werden können, so hat er dies unverzüglich dem Restrukturierungsgericht und den Gläubigern anzuzeigen, denen nach dem gestaltenden Teil des Plans Ansprüche gegen den Schuldner zustehen. (4) Das Restrukturierungsgericht beschließt die Aufhebung der Überwachung, wenn 1. die Ansprüche, deren Erfüllung überwacht wird, erfüllt sind oder wenn gewährleistet ist, dass sie erfüllt werden, 2. seit dem Eintritt der Rechtskraft des Restrukturierungsplans drei Jahre verstrichen sind oder 3. das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgewiesen wird. Kapitel 3 Restrukturierungsbeauftragter Abschnitt 1 Bestellung von Amts wegen § 73 Bestellung von Amts wegen (1) 1Das Restrukturierungsgericht bestellt einen Restrukturierungsbeauftragten, wenn 1. im Rahmen der Restrukturierung die Rechte von Verbrauchern oder mittleren, kleinen oder Kleinstunternehmen berührt werden sollen, weil deren Forderungen oder Absonderungsanwartschaften durch den Restrukturierungsplan gestaltet werden sollen oder die Durchsetzung solcher Forderungen oder Absonderungsanwartschaften durch eine Stabilisierungsanordnung gesperrt werden soll, 2. der Schuldner eine Stabilisierungsanordnung beantragt, welche sich mit Ausnahme der nach § 4 ausgenommenen Forderungen gegen alle oder im Wesentlichen alle Gläubiger richten soll,
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3. der Restrukturierungsplan eine Überwachung der Erfüllung der den Gläubigern zustehenden Ansprüche vorsieht (§ 72). 2 Das Gericht kann im Einzelfall von einer Bestellung absehen, wenn die Bestellung zur Wahrung der Rechte der Beteiligten nicht erforderlich oder offensichtlich unverhältnismäßig ist.
(2) 1Eine Bestellung erfolgt auch, wenn absehbar ist, dass das Restrukturierungsziel nur gegen den Willen von Inhabern von Restrukturierungsforderungen oder Absonderungsanwartschaften erreichbar ist, ohne deren Zustimmung zum Restrukturierungsplan eine Planbestätigung allein unter den Voraussetzungen des § 26 möglich ist. 2Dies gilt nicht, wenn an der Restrukturierung allein Unternehmen des Finanzsektors als Planbetroffene beteiligt sind. 3Den Unternehmen des Finanzsektors stehen Planbetroffene gleich, die als Rechtsnachfolger in die von Unternehmen des Finanzsektors begründeten Forderungen eingetreten sind oder die mit Forderungen aus geld- oder kapitalmarktgehandelten Instrumenten betroffen werden. 4Den geld- und kapitalmarktgehandelten Instrumenten stehen nicht verbriefte Instrumente gleich, die zu gleichlautenden Bedingungen ausgegeben wurden. (3) Das Gericht kann einen Restrukturierungsbeauftragten bestellen, um Prüfungen als Sachverständiger vorzunehmen, insbesondere 1. zu den Bestätigungsvoraussetzungen nach § 63 Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 und § 64 Absatz 1 oder 2. zur Angemessenheit der Entschädigung bei einem Eingriff in gruppeninterne Drittsicherheiten oder einer Beschränkung der Haftung von unbeschränkt haftenden Gesellschaftern. § 74 Bestellung (1) Zum Restrukturierungsbeauftragten ist ein für den jeweiligen Einzelfall geeigneter, in Restrukturierungs- und Insolvenzsachen erfahrener Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt oder eine sonstige natürliche Person mit vergleichbarer Qualifikation zu bestellen, die von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängig ist und die aus dem Kreis aller zur Übernahme des Amtes bereiten Personen auszuwählen ist. (2) 1Das Restrukturierungsgericht berücksichtigt bei der Auswahl eines Restrukturierungsbeauftragten nach § 73 Absatz 1 und 2 Vorschläge des Schuldners, der Gläubiger und der an dem Schuldner beteiligten Personen. 2Hat der Schuldner die Bescheinigung eines in Restrukturierungs- und Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers, Rechtsanwalts oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation vorgelegt, aus der sich ergibt, dass der Schuldner die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 und 2 erfüllt, kann das Gericht vom Vorschlag des Schuldners nur dann abweichen, wenn die vorgeschla-
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gene Person offensichtlich ungeeignet ist; dies ist zu begründen. 3Wenn Planbetroffene, auf welche in jeder der nach § 9 gebildeten oder zu bildenden Gruppen von Inhabern von Restrukturierungsforderungen und Absonderungsanwartschaften mehr als 25 Prozent des Stimmrechts entfallen oder voraussichtlich entfallen werden, einen gemeinschaftlichen Vorschlag unterbreiten und wenn keine Bindung des Gerichts nach Satz 2 besteht, kann das Gericht vom gemeinsamen Vorschlag der Planbetroffenen nur dann abweichen, wenn die vorgeschlagene Person offensichtlich ungeeignet ist; dies ist zu begründen. (3) Folgt das Restrukturierungsgericht einem Vorschlag des Schuldners nach Absatz 2 Satz 2 oder der Planbetroffenen nach Absatz 2 Satz 3, kann es einen weiteren Restrukturierungsbeauftragten bestellen und diesem dessen Aufgaben übertragen; dies gilt nicht für die Aufgaben nach § 76 Absatz 2 Nummer 1 Halbsatz 1 und 2. § 75 Rechtsstellung (1) 1Der Restrukturierungsbeauftragte steht unter der Aufsicht des Restrukturierungsgerichts. 2Das Gericht kann jederzeit einzelne Auskünfte oder einen Bericht über den Sachstand verlangen. (2) 1Das Restrukturierungsgericht kann den Restrukturierungsbeauftragten aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. 2Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Restrukturierungsbeauftragten, des Schuldners oder eines Gläubigers erfolgen. 3Auf Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers erfolgt die Entlassung nur, wenn der Beauftragte nicht unabhängig ist; dies ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. 4Vor der Entscheidung ist der Restrukturierungsbeauftragte zu hören. (3) 1Gegen die Entlassung steht dem Beauftragten die sofortige Beschwerde zu. 2Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. (4) 1Der Restrukturierungsbeauftragte erfüllt seine Aufgaben mit der gebotenen Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit. 2Er nimmt seine Aufgaben unparteiisch wahr. 3Verletzt er die ihm obliegenden Pflichten in schuldhafter Weise, ist er den Betroffenen zum Schadensersatz verpflichtet. 4Die Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des Schadens, der aus einer Pflichtverletzung des Restrukturierungsbeauftragten entstanden ist, richtet sich nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. 5Der Anspruch verjährt spätestens in drei Jahren nach der Beendigung der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache. 6Ist eine Planüberwachung angeordnet, tritt an die Stelle des Endes der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache der Abschluss der Planüberwachung.
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§ 76 Aufgaben (1) Stellt der Restrukturierungsbeauftragte Umstände fest, die eine Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 33 rechtfertigen, hat er diese dem Restrukturierungsgericht unverzüglich mitzuteilen. (2) Liegen die Voraussetzungen von § 73 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 oder Absatz 2 vor, 1. steht dem Restrukturierungsbeauftragten die Entscheidung darüber zu, wie der Restrukturierungsplan zur Abstimmung gebracht wird; erfolgt die Abstimmung nicht im gerichtlichen Verfahren, leitet der Beauftragte die Versammlung der Planbetroffenen und dokumentiert die Abstimmung; der Beauftragte prüft die Forderungen, Absonderungsanwartschaften, gruppeninternen Drittsicherheiten und Anteils- und Mitgliedschaftsrechte der Planbetroffenen; ist eine Restrukturierungsforderung, Absonderungsanwartschaft oder gruppeninterne Drittsicherheit oder ein Anteils- und Mitgliedschaftsrecht dem Grunde oder der Höhe nach streitig oder zweifelhaft, weist er die anderen Planbetroffenen darauf hin und wirkt auf eine Klärung des Stimmrechts im Wege einer Vorprüfung nach den §§ 47 und 48 hin, 2. kann das Gericht dem Beauftragten die Befugnis übertragen, a) die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu prüfen und dessen Geschäftsführung zu überwachen, b) von dem Schuldner zu verlangen, dass eingehende Gelder nur von dem Beauftragten entgegengenommen und Zahlungen nur von dem Beauftragten geleistet werden können, 3. kann das Gericht dem Schuldner aufgeben, dem Beauftragten Zahlungen anzuzeigen und Zahlungen außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs nur zu tätigen, wenn der Beauftragte zustimmt. (3) Wird zugunsten des Schuldners eine Stabilisierungsanordnung erlassen, 1. prüft der Beauftragte fortlaufend, ob die Anordnungsvoraussetzungen fortbestehen und ob ein Aufhebungsgrund vorliegt; zu diesem Zweck untersucht der Beauftragte die Verhältnisse des Schuldners; 2. steht dem Beauftragten das Recht zu, die Gründe für die Aufhebung der Anordnung geltend zu machen. (4) 1Legt der Schuldner einen Restrukturierungsplan zur Bestätigung vor, nimmt der Beauftragte Stellung zur Erklärung nach § 14 Absatz 1. 2Erfolgt die Bestellung des Beauftragten vor der Planabstimmung, ist die Stellungnahme den Planbetroffenen als weitere Anlage beizufügen. 3Der Bericht nach Satz 1 stellt auch die Zweifel am Bestehen oder an der Höhe einer Restruktu-
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rierungsforderung, einer Absonderungsanwartschaft, einer gruppeninternen Drittsicherheit oder eines Anteils- und Mitgliedschaftsrechts nach Absatz 2 Nummer 1 Halbsatz 4 oder einen diesbezüglichen Streit dar. (5) Der Schuldner ist verpflichtet, dem Beauftragten die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, ihm Einsicht in die Bücher und Geschäftspapiere zu gewähren und ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. (6) 1Das Restrukturierungsgericht kann den Restrukturierungsbeauftragten beauftragen, die dem Gericht obliegenden Zustellungen durchzuführen. 2Zur Durchführung der Zustellung und zur Erfassung in den Akten kann der Beauftragte sich Dritter, insbesondere auch eigenen Personals, bedienen. 3Er hat die von ihm nach § 184 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung angefertigten Vermerke unverzüglich zu den Gerichtsakten zu reichen. Abschnitt 2 Bestellung auf Antrag § 77 Antrag (1) 1Auf Antrag des Schuldners bestellt das Restrukturierungsgericht einen Restrukturierungsbeauftragten zur Förderung der Verhandlungen zwischen den Beteiligten (fakultativer Restrukturierungsbeauftragter). 2Gläubigern steht dieses Recht gemeinschaftlich zu, wenn auf sie mehr als 25 Prozent der Stimmrechte in einer Gruppe entfallen oder voraussichtlich entfallen werden und wenn sie sich zur gesamtschuldnerischen Übernahme der Kosten der Beauftragung verpflichten. (2) Der Antrag kann darauf gerichtet sein, dem Beauftragten zusätzlich eine oder mehrere Aufgaben nach § 76 zuzuweisen. § 78 Bestellung und Rechtsstellung (1) Auf die Bestellung des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten findet § 74 Absatz 1 entsprechende Anwendung. (2) Wird von Gläubigern, die zusammen alle voraussichtlich in den Restrukturierungsplan einbezogenen Gruppen repräsentieren, ein Vorschlag zur Person des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten gemacht, kann das Gericht von diesem nur dann abweichen, wenn die Person offensichtlich ungeeignet ist oder, falls der Beauftragte lediglich zum Zwecke der Förderung der Verhandlungen zwischen den Beteiligten bestellt werden soll, der Schuldner dem Vorschlag widerspricht; eine Abweichung ist zu begründen. (3) Auf die Rechtsstellung des fakultativen Restrukturierungsbeauftragten findet § 75 entsprechende Anwendung.
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§ 79 Aufgaben Der fakultative Restrukturierungsbeauftragte unterstützt den Schuldner und die Gläubiger bei der Ausarbeitung und Aushandlung des Restrukturierungskonzepts und des auf ihm basierenden Plans. Abschnitt 3 Vergütung § 80 Vergütungsanspruch 1
Der Restrukturierungsbeauftragte hat nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen Anspruch auf Vergütung (Honorar und Auslagen). 2Vereinbarungen über die Vergütung sind nur dann wirksam, wenn die nachfolgenden Bestimmungen zum zulässigen Inhalt und zum Verfahren beachtet sind. § 81 Regelvergütung (1) Der Restrukturierungsbeauftragte erhält, soweit er persönlich tätig wird, ein Honorar auf der Grundlage angemessener Stundensätze. (2) Soweit der unterstützende Einsatz qualifizierter Mitarbeiter erforderlich ist, erhält der Restrukturierungsbeauftragte auch für deren Tätigkeit ein Honorar auf der Grundlage angemessener Stundensätze. (3) 1Bei der Bemessung der Stundensätze berücksichtigt das Restrukturierungsgericht die Unternehmensgröße, Art und Umfang der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Schuldners und die Qualifikation des Restrukturierungsbeauftragten sowie der qualifizierten Mitarbeiter. 2Im Regelfall beläuft sich der Stundensatz für die persönliche Tätigkeit des Restrukturierungsbeauftragten auf bis zu 350 Euro und für die Tätigkeit qualifizierter Mitarbeiter auf bis zu 200 Euro. (4) 1Mit der Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten setzt das Restrukturierungsgericht die Stundensätze fest. 2Zugleich bestimmt es auf der Grundlage von Stundenbudgets, die dem voraussichtlichen Aufwand und der Qualifikation des Beauftragten und der qualifizierten Mitarbeiter angemessen Rechnung tragen, einen Höchstbetrag für das Honorar. 3Dazu hört das Restrukturierungsgericht die zu bestellende Person und diejenigen an, die die Auslagen nach Nummer 9017 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz schulden (Auslagenschuldner). (5) 1Die Bestellung eines fakultativen Restrukturierungsbeauftragten soll erst nach Zahlung der Gerichtsgebühr für die Bestellung nach Nummer 2513 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz und eines Vorschusses auf
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die Auslagen nach Nummer 9017 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz erfolgen. 2Erfolgt eine Bestellung von Amts wegen, soll das Restrukturierungsgericht auch über jeden Antrag des Schuldners auf Inanspruchnahme eines Instruments des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens erst nach Zahlung der Gerichtsgebühr für die Bestellung nach Nummer 2513 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz und eines Vorschusses auf die Auslagen nach Nummer 9017 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz entscheiden. (6) 1Reichen die der Ermittlung des Höchstbetrags zugrunde gelegten Stundenbudgets für eine sachgerechte Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse nicht aus, legt der Beauftragte Grund und Ausmaß des Erhöhungsbedarfs unverzüglich dem Restrukturierungsgericht dar. 2Das Restrukturierungsgericht hat in diesem Fall nach Anhörung der Auslagenschuldner unverzüglich über eine Anpassung der Budgets zu entscheiden. 3Absatz 5 gilt entsprechend. (7) Für den Ersatz der Auslagen gelten § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und die §§ 6, 7 und 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes entsprechend. § 82 Festsetzung der Vergütung (1) Auf Antrag des Restrukturierungsbeauftragten setzt das Restrukturierungsgericht nach Beendigung des Amtes des Restrukturierungsbeauftragten die Vergütung durch Beschluss fest. (2) 1Das Restrukturierungsgericht entscheidet bei der Festsetzung der Vergütung nach Absatz 1 auch darüber, wer in welchem Umfang die Auslagen nach Nummer 9017 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz zu tragen hat. 2Die Auslagen sind dem Schuldner aufzuerlegen. 3Abweichend von Satz 2 sind die Auslagen bei Bestellung eines fakultativen Restrukturierungsbeauftragten auf Antrag von Gläubigern den antragstellenden Gläubigern aufzuerlegen, soweit sie nicht für Tätigkeiten entstehen, die das Restrukturierungsgericht dem Restrukturierungsbeauftragten von Amts wegen oder auf Antrag des Schuldners übertragen hat. (3) Gegen die Festsetzung des Stundensatzes nach § 81 Absatz 4, gegen die Bestimmung oder Anpassung des Höchstbetrags nach § 81 Absatz 4 und 6 und gegen die Festsetzung der Vergütung steht dem Restrukturierungsbeauftragten und jedem Auslagenschuldner die sofortige Beschwerde zu. (4) Auf Antrag des Restrukturierungsbeauftragten ist ein angemessener Vorschuss auszuzahlen, wenn ihm erhebliche Auslagen entstanden sind oder voraussichtlich entstehen werden oder wenn die zu erwartende Vergütung für bereits erbrachte Arbeiten einen Betrag von 10 000 Euro übersteigt.
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§ 83 Vergütung in besonderen Fällen (1) 1In besonderen Fällen können Stundensätze als Grundlage für das Honorar festgesetzt werden, welche die Höchstbeträge des § 81 Absatz 3 übersteigen, insbesondere, wenn 1. alle voraussichtlichen Auslagenschuldner zustimmen, 2. sich ansonsten keine geeignete Person zur Übernahme des Amtes bereit erklärt oder 3. die dem Restrukturierungsbeauftragten übertragenen Aufgaben unter den besonderen Umständen der Restrukturierungssache den Aufgaben nahekommen, die einem Sachwalter in einem in Eigenverwaltung geführten Insolvenzverfahren übertragen sind, insbesondere, weil eine allgemeine Stabilisierungsanordnung ergeht oder weil in den Restrukturierungsplan mit Ausnahme der nach § 4 auszunehmenden Gläubiger alle oder im Wesentlichen alle Gläubiger und an dem Schuldner beteiligten Personen einbezogen werden. 2
Im Fall des Satzes 1 Nummer 3 kommt auch eine Vergütung nach anderen Grundsätzen, insbesondere eine Bemessung auf Grundlage des Wertes der in den Restrukturierungsplan einbezogenen Forderungen gegen den Schuldner oder des Unternehmensvermögens in Betracht. (2) Wenn der Restrukturierungsbeauftragte auf Antrag und auf Vorschlag aller voraussichtlichen Auslagenschuldner bestellt wird und der Restrukturierungsbeauftragte und sämtliche Auslagenschuldner eine Vereinbarung über die Vergütung vorlegen, hat das Gericht diese Vereinbarung der Bemessung der Vergütung zugrunde zu legen, wenn die Vereinbarung nicht zu einer unangemessenen Vergütung führt. Kapitel 41) Öffentliche Restrukturierungssachen § 84 Antrag und erste Entscheidung
(1) 1In Verfahren über Restrukturierungssachen erfolgen öffentliche Bekanntmachungen nur, wenn der Schuldner dies beantragt. 2Der Antrag ist vor der ersten Entscheidung in der Restrukturierungssache zu stellen und kann nur bis zur ersten Entscheidung zurückgenommen werden. 3Auf den Antrag findet Artikel 102c § 5 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung entsprechende Anwendung.
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Die §§ 84 – 88 treten gemäß Art. 25 Abs. 3 Nr. 1 SanInsFoG am 17.7.2022 in Kraft.
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(2) 1Hat der Schuldner beantragt, dass in den Verfahren in der Restrukturierungssache öffentliche Bekanntmachungen erfolgen sollen, sind in der ersten Entscheidung, die in der Restrukturierungssache ergeht, anzugeben: 1. die Gründe, auf denen die internationale Zuständigkeit des Gerichts beruht, sowie 2. ob die Zuständigkeit auf Artikel 3 Absatz 1 oder Absatz 2 der Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren (ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 19; L 349 vom 21.12.2016, S. 6) in der jeweils geltenden Fassung beruht. 2
Öffentlich bekannt zu machen sind die in Artikel 24 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2015/848 genannten Angaben. 3Artikel 102c § 4 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung ist entsprechend anzuwenden. § 85 Besondere Bestimmungen (1) Öffentlich bekannt zu machen sind neben den in § 84 Absatz 2 Satz 2 genannten Angaben: 1. Ort und Zeit gerichtlicher Termine, 2. die Bestellung und Abberufung eines Restrukturierungsbeauftragten, 3. sämtliche gerichtliche Entscheidungen, die in der Restrukturierungssache ergehen. (2) 1Erfolgen öffentliche Bekanntmachungen nach Absatz 1, ist eine Zustellung von Ladungen zu Terminen gegenüber Aktionären, Kommanditaktionären und Inhabern von Schuldverschreibungen nicht erforderlich. 2Handelt es sich bei dem Schuldner um eine börsennotierte Aktiengesellschaft, findet § 121 Absatz 4a des Aktiengesetzes entsprechende Anwendung. § 86 Öffentliche Bekanntmachung; Verordnungsermächtigung (1) 1Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt durch eine zentrale und länderübergreifende Veröffentlichung im Internet; diese kann auszugsweise geschehen. 2Die Bekanntmachung gilt als bewirkt, sobald nach dem Tag der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind. (2) 1Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der zentralen und länderübergreifenden Veröffentlichung im Internet zu regeln. 2 Dabei sind insbesondere Löschungsfristen vorzusehen sowie Vorschriften, die sicherstellen, dass die Veröffentlichungen 1. unversehrt, vollständig, sachlich richtig und aktuell bleiben,
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2. jederzeit ihrem Ursprung nach zugeordnet werden können. (3) Die öffentliche Bekanntmachung genügt zum Nachweis der Zustellung an alle Beteiligten, auch wenn dieses Gesetz neben ihr eine besondere Zustellung vorschreibt. § 87 Restrukturierungsforum; Verordnungsermächtigung (1) Planbetroffene können im Restrukturierungsforum des Bundesanzeigers andere Planbetroffene auffordern, das Stimmrecht im Rahmen einer Planabstimmung in bestimmter Weise auszuüben, eine Stimmrechtsvollmacht zu erteilen oder einen Vorschlag zur Änderung des vorgelegten Restrukturierungsplans zu unterstützen. (2) Die Aufforderung hat die folgenden Angaben zu enthalten: 1. den Namen und eine Anschrift des Planbetroffenen, 2. den Schuldner, 3. das Restrukturierungsgericht und das Aktenzeichen der Restrukturierungssache, 4. den Vorschlag für die Stimmrechtsausübung, für die Stimmrechtsvollmacht oder zur Änderung des Plans und 5. den Tag der Versammlung der Planbetroffenen oder des Fristablaufs zur Annahme des Planangebots. (3) Die Aufforderung kann auf eine Begründung auf der Internetseite des Auffordernden und deren elektronische Adresse hinweisen. (4) Der Schuldner kann im Restrukturierungsforum des Bundesanzeigers auf eine Stellungnahme zu der Aufforderung auf seiner Internetseite hinweisen. (5) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die äußere Gestaltung des Restrukturierungsforums und weitere Einzelheiten insbesondere zu der Aufforderung, dem Hinweis, den Entgelten, zu Löschungsfristen, zum Löschungsanspruch, zu Missbrauchsfällen und zur Einsichtnahme zu regeln. § 88 Anwendbarkeit des Artikel s 102c des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung In öffentlichen Restrukturierungssachen ist Artikel 102c §§ 1, 2, 3 Absatz 1 und 3, die §§ 6, 15, 25 und 26 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung entsprechend anwendbar.
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Kapitel 5 Anfechtungs- und Haftungsrecht § 89 Rechtshandlungen, die während der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache vorgenommen werden (1) Die Annahme eines sittenwidrigen Beitrags zur Insolvenzverschleppung oder einer Rechtshandlung, die mit dem Vorsatz einer Benachteiligung der Gläubiger vorgenommen wurde, kann nicht allein darauf gestützt werden, dass ein an der Rechtshandlung Beteiligter Kenntnis davon hatte, dass die Restrukturierungssache rechtshängig war oder dass der Schuldner Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens in Anspruch nahm. (2) Hebt das Gericht nach einer Anzeige der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Restrukturierungssache nicht nach § 33 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 auf, so gilt Absatz 1 auch für die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. (3) 1Hat der Schuldner eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nach § 32 Absatz 3 angezeigt, so gilt bis zur Aufhebung der Restrukturierungssache nach § 33 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 jede Zahlung im ordnungsgemäßen Geschäftsgang, insbesondere Zahlungen, die für die Fortführung der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit und die Vorbereitung und Umsetzung des angezeigten Restrukturierungsvorhabens erforderlich sind, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters vereinbar. 2Das gilt nicht für Zahlungen, die bis zu der absehbar zu erwartenden Entscheidung des Restrukturierungsgerichts zurückgehalten werden können, ohne dass damit Nachteile für eine Fortsetzung des Restrukturierungsvorhabens verbunden sind. § 90 Planfolgen und Planvollzug (1) Die Regelungen eines rechtskräftig bestätigten Restrukturierungsplans und Rechtshandlungen, die im Vollzug eines solchen Plans erfolgen, sind mit Ausnahme von Forderungen im Rang des § 39 Absatz 1 Nummer 5 der Insolvenzordnung und Sicherheitsleistungen, die nach § 135 der Insolvenzordnung oder § 6 des Anfechtungsgesetzes anfechtbar sind, bis zur nachhaltigen Restrukturierung einer Anfechtung nur zugänglich, wenn die Bestätigung auf der Grundlage unrichtiger oder unvollständiger Angaben des Schuldners erfolgte und dem anderen Teil dies bekannt war. (2) Sieht der gestaltende Teil des Restrukturierungsplans die Übertragung des gesamten schuldnerischen Vermögens oder wesentlicher Teile davon vor, gilt Absatz 1 nur, soweit sichergestellt wird, dass die Gläubiger, die nicht planbetroffen sind, sich gegenüber den Planbetroffenen vorrangig aus der dem Wert
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des Gegenstands der Übertragung angemessenen Gegenleistung befriedigen können. § 91 Berechnung von Fristen In die Fristen der §§ 3 bis 6a des Anfechtungsgesetzes sowie der §§ 88, 130 bis 136 der Insolvenzordnung wird die Zeit der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache nicht eingerechnet. Kapitel 6 Arbeitnehmerbeteiligung; Gläubigerbeirat § 92 Beteiligungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz Die Verpflichtungen des Schuldners gegenüber den Arbeitnehmervertretungsorganen und deren Beteiligungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz bleiben von diesem Gesetz unberührt. § 93 Gläubigerbeirat (1) 1Sollen in einer Restrukturierungssache mit Ausnahme der in § 4 genannten Forderungen die Forderungen aller Gläubiger durch einen Restrukturierungsplan gestaltet werden, und weist die Restrukturierungssache gesamtverfahrensartige Züge auf, kann das Gericht einen Gläubigerbeirat einsetzen. 2§ 21 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1a der Insolvenzordnung gilt entsprechend. 3In dem Beirat können auch nicht planbetroffene Gläubiger vertreten sein. (2) Ist ein Gläubigerbeirat eingerichtet, tritt an die Stelle des gemeinschaftlichen Vorschlags der Planbetroffenen nach § 74 Absatz 2 Satz 3 der einstimmige Beschluss des Gläubigerbeirats. (3) 1Die Mitglieder des Beirats unterstützen und überwachen den Schuldner bei seiner Geschäftsführung. 2Der Schuldner zeigt dem Beirat die Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens an. (4) 1Die Mitglieder des Gläubigerbeirates haben Anspruch auf Vergütung für ihre Tätigkeit und auf Erstattung angemessener Auslagen. 2Die Höhe der Vergütung richtet sich nach § 17 der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung.
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Teil 3 Sanierungsmoderation § 94 Antrag (1) Auf Antrag eines restrukturierungsfähigen Schuldners bestellt das Gericht eine geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zum Sanierungsmoderator. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner offensichtlich zahlungsunfähig ist. Handelt es sich bei dem Schuldner um eine juristische Person oder eine Person ohne Rechtspersönlichkeit, für deren Verbindlichkeiten keine natürliche Person als unmittelbarer oder mittelbarer Gesellschafter haftet, gilt Satz 2 auch bei einer offensichtlichen Überschuldung. (2) Im Antrag sind anzugeben: 1. der Gegenstand des Unternehmens und 2. die Art der wirtschaftlichen oder finanziellen Schwierigkeiten. Dem Antrag sind ein Verzeichnis der Gläubiger und ein Verzeichnis des Vermögens sowie die Erklärung des Schuldners beizufügen, nicht zahlungsunfähig zu sein. Handelt es sich bei dem Schuldner um eine juristische Person oder eine Person ohne Rechtspersönlichkeit, für deren Verbindlichkeiten keine natürliche Person als unmittelbarer oder mittelbarer Gesellschafter haftet, hat sich die Erklärung auch darauf zu erstrecken, dass keine Überschuldung vorliegt. (3) Der Antrag ist an das für Restrukturierungssachen zuständige Gericht zu richten. § 95 Bestellung (1) Die Bestellung des Sanierungsmoderators erfolgt für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten. Auf Antrag des Moderators, welcher der Zustimmung des Schuldners und der in die Verhandlungen einbezogenen Gläubiger bedarf, kann der Bestellungszeitraum um bis zu drei weitere Monate verlängert werden. Wird innerhalb dieses Zeitraums die Bestätigung eines Sanierungsvergleichs nach § 97 beantragt, verlängert sich die Bestellung bis zur Entscheidung über die Bestätigung des Vergleichs. (2) Die Bestellung wird nicht öffentlich bekannt gemacht.
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§ 96 Sanierungsmoderation (1) Der Sanierungsmoderator vermittelt zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern bei der Herbeiführung einer Lösung zur Überwindung der wirtschaftlichen oder finanziellen Schwierigkeiten. (2) Der Schuldner gewährt dem Moderator Einblick in seine Bücher und Geschäftsunterlagen und erteilt ihm die angeforderten zweckmäßigen Auskünfte. (3) Der Sanierungsmoderator erstattet dem Gericht über den Fortgang der Sanierungsmoderation monatlich schriftlich Bericht. Der Bericht enthält mindestens Angaben über 1. die Art und Ursachen der wirtschaftlichen oder finanziellen Schwierigkeiten; 2. den Kreis der in die Verhandlungen einbezogenen Gläubiger und sonstigen Beteiligten; 3. den Gegenstand der Verhandlungen und 4. das Ziel und den voraussichtlichen Fortgang der Verhandlungen. (4) Der Sanierungsmoderator zeigt dem Gericht eine ihm bekannt gewordene Zahlungsunfähigkeit des Schuldners an. Handelt es sich bei dem Schuldner um eine juristische Person oder um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, gilt dies auch für die Überschuldung des Schuldners. (5) Der Sanierungsmoderator steht unter der Aufsicht des Restrukturierungsgerichts. Das Restrukturierungsgericht kann den Sanierungsmoderator aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Vor der Entscheidung ist der Sanierungsmoderator zu hören. § 97 Bestätigung eines Sanierungsvergleichs (1) Ein Sanierungsvergleich, den der Schuldner mit seinen Gläubigern schließt und an dem sich auch Dritte beteiligen können, kann auf Antrag des Schuldners durch das Restrukturierungsgericht bestätigt werden. Die Bestätigung wird versagt, wenn das dem Vergleich zugrunde liegende Sanierungskonzept 1. nicht schlüssig ist oder nicht von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgeht oder 2. keine vernünftige Aussicht auf Erfolg hat. (2) Der Sanierungsmoderator nimmt zu den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 schriftlich Stellung.
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(3) Ein nach Absatz 1 bestätigter Sanierungsvergleich ist nur unter den Voraussetzungen des § 90 anfechtbar. § 98 Vergütung (1) Der Sanierungsmoderator hat Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Diese bemisst sich nach dem Zeit- und Sachaufwand der mit der Sanierungsmoderation verbundenen Aufgaben. (2) Die §§ 80 bis 83 finden entsprechende Anwendung. § 99 Abberufung (1) Der Sanierungsmoderator wird abberufen: 1. auf eigenen Antrag oder auf Antrag des Schuldners, 2. von Amts wegen, wenn dem Restrukturierungsgericht durch den Moderator die Insolvenzreife des Schuldners angezeigt wurde. (2) Wird der Moderator nach Absatz 1 Nummer 1 abberufen, bestellt das Gericht auf Antrag des Schuldners einen anderen Moderator. § 100 Übergang in den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (1) Nimmt der Schuldner Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens in Anspruch, bleibt der Sanierungsmoderator im Amt, bis der Bestellungszeitraum abläuft, er nach § 99 abberufen wird oder ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt wird. (2) Das Restrukturierungsgericht kann den Sanierungsmoderator zum Restrukturierungsbeauftragten bestellen. Teil 4 Frühwarnsysteme § 101 Informationen zu Frühwarnsystemen Informationen über die Verfügbarkeit der von öffentlichen Stellen bereitgestellten Instrumentarien zur frühzeitigen Identifizierung von Krisen werden vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz unter seiner Internetadresse www.bmjv.bund.de bereitgestellt.
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§ 102 Hinweis- und Warnpflichten Bei der Erstellung eines Jahresabschlusses für einen Mandanten haben Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Rechtsanwälte den Mandanten auf das Vorliegen eines möglichen Insolvenzgrundes nach den §§ 17 bis 19 der Insolvenzordnung und die sich daran anknüpfenden Pflichten der Geschäftsleiter und Mitglieder der Überwachungsorgane hinzuweisen, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und sie annehmen müssen, dass dem Mandanten die mögliche Insolvenzreife nicht bewusst ist. Anlage (zu § 5 Satz 2) Notwendige Angaben im Restrukturierungsplan Neben den sich aus den §§ 5 bis 15 ergebenden Angaben hat der Restrukturierungsplan mindestens die folgenden Angaben zu enthalten: 1. Firma oder Namen und Vornamen, Geburtsdatum, Registergericht und Registernummer, unter der der Schuldner in das Handelsregister eingetragen ist, Geschäftszweig oder Beschäftigung, gewerbliche Niederlassungen oder Wohnung des Schuldners und bei mehreren Niederlassungen die Hauptniederlassung; 2. die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Schuldners zum Zeitpunkt der Vorlage des Restrukturierungsplans, einschließlich einer Bewertung der Vermögenswerte, eine Beschreibung der wirtschaftlichen Situation des Schuldners und der Position der Arbeitnehmer sowie eine Beschreibung der Ursachen und des Umfangs der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Schuldners; 3. die Planbetroffenen, die entweder namentlich zu benennen oder unter hinreichend konkreter Bezeichnung der Forderungen oder Rechte zu beschreiben sind; 4. die Gruppen, in welche die Planbetroffenen für die Zwecke der Annahme des Restrukturierungsplans unterteilt wurden, und die auf deren Forderungen und Rechte entfallenden Stimmrechte; 5. die Gläubiger, Inhaber von Absonderungsanwartschaften sowie Inhaber von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten, die nicht in den Restrukturierungsplan einbezogen wurden, zusammen mit einer Erläuterung der Gründe für die unterbliebene Einbeziehung; eine Beschreibung unter Bezugnahme auf Kategorien gleichartiger Gläubiger, Inhaber von Absonderungsanwartschaften sowie Inhaber von Anteils- oder Mitgliedschafts-
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rechten genügt, wenn dadurch die Überprüfung der sachgerechten Abgrenzung nach § 8 nicht erschwert wird; 6. Name und Anschrift des Restrukturierungsbeauftragten, sofern ein solcher bestellt ist; 7. die Auswirkungen des Restrukturierungsvorhabens auf die Beschäftigungsverhältnisse sowie Entlassungen und Kurzarbeiterregelungen und die Modalitäten der Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmervertretung; 8. sofern der Restrukturierungsplan eine neue Finanzierung (§ 12) vorsieht, die Gründe für die Erforderlichkeit dieser Finanzierung.
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Insolvenzordnung (InsO) vom 5. Oktober 1994, BGBl I, 2866, zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. Mai 2021, BGBl I, 850
Übersicht Erster Teil:
Allgemeine Vorschriften ............................................. §§ 1 – 10a
Zweiter Teil:
Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Erfasstes Vermögen und Verfahrensbeteiligte ....................................................................... Eröffnungsvoraussetzungen und Eröffnungsverfahren ............................................. Insolvenzmasse. Einteilung der Gläubiger .............................................. Insolvenzverwalter. Organe der Gläubiger ..................................................
Erster Abschnitt: Zweiter Abschnitt: Dritter Abschnitt: Dritter Teil: Erster Abschnitt: Zweiter Abschnitt: Dritter Abschnitt: Vierter Teil: Erster Abschnitt: Zweiter Abschnitt: Dritter Abschnitt: Fünfter Teil: Erster Abschnitt: Zweiter Abschnitt: Dritter Abschnitt: Sechster Teil: Erster Abschnitt: Zweiter Abschnitt: Dritter Abschnitt: Siebter Teil:
Erster Abschnitt: Zweiter Abschnitt:
§§ 11 – 79 §§ 11 – 34 §§ 35 – 55 §§ 56 – 79
Wirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens .................................................. §§ 80 – 147 Allgemeine Wirkungen .............................................. §§ 80 – 102 Erfüllung der Rechtsgeschäfte. Mitwirkung des Betriebsrats .................................... §§ 103 – 128 Insolvenzanfechtung ................................................ §§ 129 – 147 Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse ........................................................ Sicherung der Insolvenzmasse ................................. Entscheidung über die Verwertung ......................... Gegenstände mit Absonderungsrechten .................
§§ 148 – 173 §§ 148 – 155 §§ 156 – 164 §§ 165 – 173
Befriedigung der Insolvenzgläubiger. Einstellung des Verfahrens .................................... Feststellung der Forderungen ................................. Verteilung ................................................................. Einstellung des Verfahrens ......................................
§§ 174 – 216 §§ 174 – 186 §§ 187 – 206 §§ 207 – 216
Insolvenzplan .......................................................... Aufstellung des Plans ............................................... Annahme und Bestätigung des Plans ...................... Wirkungen des bestätigten Plans. Überwachung der Planerfüllung .............................
§§ 217 – 269 §§ 217 – 234 §§ 235 – 253 §§ 254 – 269
Koordinierung der Verfahren von Schuldnern, die derselben Unternehmensgruppe angehören .................................. §§ 269a – 269i Allgemeine Bestimmungen.................................... §§ 269a – 269c Koordinationsverfahren......................................... §§ 269d – 269i
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InsO Achter Teil:
Eigenverwaltung ..................................................... §§ 270 – 285
Neunter Teil:
Restschuldbefreiung .............................................. §§ 286 – 303a
Zehnter Teil:
Verbraucherinsolvenzverfahren ............................ §§ 304 – 311
Elfter Teil: Erster Abschnitt: Zweiter Abschnitt:
Besondere Arten des Insolvenzverfahrens ........... §§ 315 – 334 Nachlassinsolvenzverfahren .................................... §§ 315 – 331 Insolvenzverfahren über das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft ....................... § 332 Insolvenzverfahren über das gemeinschaftlich verwaltete Gesamtgut einer Gütergemeinschaft ................................................... §§ 333 – 334
Dritter Abschnitt:
Zwölfer Teil: Erster Abschnitt: Zweiter Abschnitt: Dritter Abschnitt: Dreizehnter Teil:
Internationales Insolvenzrecht ............................. Allgemeine Vorschriften .......................................... Ausländisches Insolvenzverfahren .......................... Partikularverfahren über das Inlandsvermögen ......................................................
§§ 335 – 358 §§ 335 – 342 §§ 343 – 353 §§ 354 – 358
Inkrafttreten ....................................................................... § 359
Erster Teil Allgemeine Vorschriften §1 Ziele des Insolvenzverfahrens 1
Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. 2Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien. §2 Amtsgericht als Insolvenzgericht (1) Für das Insolvenzverfahren ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Landgericht seinen Sitz hat, als Insolvenzgericht für den Bezirk dieses Landgerichts ausschließlich zuständig. (2) 1Die Landesregierungen werden ermächtigt, zur sachdienlichen Förderung oder schnelleren Erledigung der Verfahren durch Rechtsverordnung andere oder zusätzliche Amtsgerichte zu Insolvenzgerichten zu bestimmen und die Bezirke der Insolvenzgerichte abweichend festzulegen. 2Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. (3) 1Rechtsverordnungen nach Absatz 2 sollen je Bezirk eines Oberlandesgerichts ein Insolvenzgericht bestimmen, an dem ein Gruppen-Gerichtsstand
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nach § 3a begründet werden kann. 2Die Zuständigkeit des bestimmten Insolvenzgerichts kann innerhalb eines Landes auch über den Bezirk eines Oberlandesgerichts erstreckt werden. §3 Örtliche Zuständigkeit (1) 1Örtlich zuständig ist ausschließlich das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. 2Liegt der Mittelpunkt einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort, so ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt. (2) Hat der Schuldner in den letzten sechs Monaten vor der Antragstellung Instrumente gemäß § 29 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes in Anspruch genommen, ist auch das Gericht örtlich zuständig, das als Restrukturierungsgericht für die Maßnahmen zuständig war. (3) Sind mehrere Gerichte zuständig, so schließt das Gericht, bei dem zuerst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt worden ist, die übrigen aus. § 3a Gruppen-Gerichtsstand (1) 1Auf Antrag eines Schuldners, der einer Unternehmensgruppe im Sinne von § 3e angehört (gruppenangehöriger Schuldner), erklärt sich das angerufene Insolvenzgericht für die Insolvenzverfahren über die anderen gruppenangehörigen Schuldner (Gruppen-Folgeverfahren) für zuständig, wenn in Bezug auf den Schuldner ein zulässiger Eröffnungsantrag vorliegt und der Schuldner nicht offensichtlich von untergeordneter Bedeutung für die gesamte Unternehmensgruppe ist. 2Eine untergeordnete Bedeutung ist in der Regel nicht anzunehmen, wenn im vorangegangenen abgeschlossenen Geschäftsjahr die Zahl der vom Schuldner im Jahresdurchschnitt beschäftigten Arbeitnehmer mehr als 15 Prozent der in der Unternehmensgruppe im Jahresdurchschnitt beschäftigten Arbeitnehmer ausmachte und 1. die Bilanzsumme des Schuldners mehr als 15 Prozent der zusammengefassten Bilanzsumme der Unternehmensgruppe betrug oder 2. die Umsatzerlöse des Schuldners mehr als 15 Prozent der zusammengefassten Umsatzerlöse der Unternehmensgruppe betrugen. 3
Haben mehrere gruppenangehörige Schuldner zeitgleich einen Antrag nach Satz 1 gestellt oder ist bei mehreren Anträgen unklar, welcher Antrag zuerst gestellt worden ist, ist der Antrag des Schuldners maßgeblich, der im vergangenen abgeschlossenen Geschäftsjahr die meisten Arbeitnehmer beschäftigt hat; die anderen Anträge sind unzulässig. 4Erfüllt keiner der gruppenangehörigen Schuldner die Voraussetzungen des Satzes 2, kann der Gruppen-Gerichtsstand
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jedenfalls bei dem Gericht begründet werden, das für die Eröffnung des Verfahrens für den gruppenangehörigen Schuldner zuständig ist, der im vorangegangenen abgeschlossenen Geschäftsjahr im Jahresdurchschnitt die meisten Arbeitnehmer beschäftigt hat. (2) Bestehen Zweifel daran, dass eine Verfahrenskonzentration am angerufenen Insolvenzgericht im gemeinsamen Interesse der Gläubiger liegt, kann das Gericht den Antrag nach Absatz 1 Satz 1 ablehnen. (3) Das Antragsrecht des Schuldners geht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter und mit der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergeht, auf diesen über. (4) Auf Antrag des Schuldners erklärt sich unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 das für Gruppen-Folgeverfahren zuständige Gericht, sofern es nach § 34 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes für Entscheidungen in Restrukturierungssachen zuständig ist, als Restrukturierungsgericht auch für Gruppen-Folgeverfahren in Insolvenzsachen nach Absatz 1 für zuständig. § 3b Fortbestehen des Gruppen-Gerichtsstands Ein nach § 3a begründeter Gruppen-Gerichtsstand bleibt von der Nichteröffnung, Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens über den antragstellenden Schuldner unberührt, solange an diesem Gerichtsstand ein Verfahren über einen anderen gruppenangehörigen Schuldner anhängig ist. § 3c Zuständigkeit für Gruppen-Folgeverfahren (1) Am Gericht des Gruppen-Gerichtsstands ist für Gruppen-Folgeverfahren die Abteilung zuständig, die für das Verfahren zuständig ist, in dem der Gruppen-Gerichtsstand begründet wurde. (2) Der Antrag auf Eröffnung eines Gruppen-Folgeverfahrens kann auch bei dem nach § 3 Absatz 1 zuständigen Gericht gestellt werden. § 3d Verweisung an den Gruppen-Gerichtsstand (1) 1Wird die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines gruppenangehörigen Schuldners bei einem anderen Insolvenzgericht als dem Gericht des Gruppen-Gerichtsstands beantragt, kann das angerufene Gericht das Verfahren an das Gericht des Gruppen-Gerichtsstands verweisen. 2Eine Verweisung hat auf Antrag zu erfolgen, wenn der Schuldner unverzüglich nachdem er Kenntnis von dem Eröffnungsantrag eines Gläubigers erlangt hat,
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einen zulässigen Eröffnungsantrag bei dem Gericht des Gruppen-Gerichtsstands stellt. (2) 1Antragsberechtigt ist der Schuldner. 2§ 3a Absatz 3 gilt entsprechend. (3) Das Gericht des Gruppen-Gerichtsstands kann den vom Erstgericht bestellten vorläufigen Insolvenzverwalter entlassen, wenn dies erforderlich ist, um nach § 56b eine Person zum Insolvenzverwalter in mehreren oder allen Verfahren über die gruppenangehörigen Schuldner zu bestellen. § 3e Unternehmensgruppe (1) Eine Unternehmensgruppe im Sinne dieses Gesetzes besteht aus rechtlich selbständigen Unternehmen, die den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen im Inland haben und die unmittelbar oder mittelbar miteinander verbunden sind durch 1. die Möglichkeit der Ausübung eines beherrschenden Einflusses oder 2. eine Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung. (2) Als Unternehmensgruppe im Sinne des Absatzes 1 gelten auch eine Gesellschaft und ihre persönlich haftenden Gesellschafter, wenn zu diesen weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft zählt, an der eine natürliche Person als persönlich haftender Gesellschafter beteiligt ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt. §4 Anwendbarkeit der Zivilprozessordnung 1
Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. 2§ 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können. § 4a Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens (1) 1Ist der Schuldner eine natürliche Person und hat er einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt, so werden ihm auf Antrag die Kosten des Insolvenzverfahrens bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung gestundet, soweit sein Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen wird, um diese Kosten zu decken. 2 Die Stundung nach Satz 1 umfasst auch die Kosten des Verfahrens über den Schuldenbereinigungsplan und des Verfahrens zur Restschuldbefreiung. 3Der
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Schuldner hat dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Versagungsgrund des § 290 Absatz 1 Nummer 1 vorliegt. 4Liegt ein solcher Grund vor, ist eine Stundung ausgeschlossen. (2) 1Werden dem Schuldner die Verfahrenskosten gestundet, so wird ihm auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt trotz der dem Gericht obliegenden Fürsorge erforderlich erscheint. 2§ 121 Abs. 3 bis 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. (3) 1Die Stundung bewirkt, dass 1. die Bundes- oder Landeskasse a) die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten, b) die auf sie übergegangenen Ansprüche des beigeordneten Rechtsanwalts nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen den Schuldner geltend machen kann; 2. der beigeordnete Rechtsanwalt Ansprüche auf Vergütung gegen den Schuldner nicht geltend machen kann. 2 Die Stundung erfolgt für jeden Verfahrensabschnitt besonders. 3Bis zur Entscheidung über die Stundung treten die in Satz 1 genannten Wirkungen einstweilig ein. 4§ 4b Abs. 2 gilt entsprechend.
§ 4b Rückzahlung und Anpassung der gestundeten Beträge (1) 1Ist der Schuldner nach Erteilung der Restschuldbefreiung nicht in der Lage, den gestundeten Betrag aus seinem Einkommen und seinem Vermögen zu zahlen, so kann das Gericht die Stundung verlängern und die zu zahlenden Monatsraten festsetzen. 2§ 115 Absatz 1 bis 3 sowie § 120 Absatz 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. (2) 1Das Gericht kann die Entscheidung über die Stundung und die Monatsraten jederzeit ändern, soweit sich die für sie maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. 2Der Schuldner ist verpflichtet, dem Gericht eine wesentliche Änderung dieser Verhältnisse unverzüglich anzuzeigen. 3§ 120a Absatz 1 Satz 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 4Eine Änderung zum Nachteil des Schuldners ist ausgeschlossen, wenn seit der Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind.
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§ 4c Aufhebung der Stundung Das Gericht kann die Stundung aufheben, wenn 1. der Schuldner vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Angaben über Umstände gemacht hat, die für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die Stundung maßgebend sind, oder eine vom Gericht verlangte Erklärung über seine Verhältnisse nicht abgegeben hat; 2. die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Stundung nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind; 3. der Schuldner länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages schuldhaft in Rückstand ist; 4. der Schuldner keine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich nicht um eine solche bemüht oder eine zumutbare Tätigkeit ablehnt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend; 5. die Restschuldbefreiung versagt oder widerrufen wird. § 4d Rechtsmittel (1) Gegen die Ablehnung der Stundung oder deren Aufhebung sowie gegen die Ablehnung der Beiordnung eines Rechtsanwalts steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. (2) 1Wird die Stundung bewilligt, so steht der Staatskasse die sofortige Beschwerde zu. 2Diese kann nur darauf gestützt werden, dass nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners die Stundung hätte abgelehnt werden müssen. §5 Verfahrensgrundsätze (1) 1Das Insolvenzgericht hat von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. 2Es kann zu diesem Zweck insbesondere Zeugen und Sachverständige vernehmen. (2) 1Sind die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar und ist die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering, wird das Verfahren schriftlich durchgeführt. 2Das Insolvenzgericht kann anordnen, dass das Verfahren oder einzelne seiner Teile mündlich durchgeführt werden, wenn dies zur Förderung des Verfahrensablaufs angezeigt ist. 3Es kann diese
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Anordnung jederzeit aufheben oder ändern. 4Die Anordnung, ihre Aufhebung oder Abänderung sind öffentlich bekannt zu machen. (3) 1Die Entscheidungen des Gerichts können ohne mündliche Verhandlung ergehen. 2Findet eine mündliche Verhandlung statt, so ist § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden. (4) 1Tabellen und Verzeichnisse können maschinell hergestellt und bearbeitet werden. 2Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über die Führung der Tabellen und Verzeichnisse, ihre elektronische Einreichung sowie die elektronische Einreichung der dazugehörigen Dokumente und deren Aufbewahrung zu treffen. 3Dabei können sie auch Vorgaben für die Datenformate der elektronischen Einreichung machen. 4 Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. (5) 1Insolvenzverwalter sollen ein elektronisches Gläubigerinformationssystem vorhalten, mit dem jedem Insolvenzgläubiger, der eine Forderung angemeldet hat, alle Entscheidungen des Insolvenzgerichts, alle an das Insolvenzgericht übersandten Berichte, welche nicht ausschließlich die Forderungen anderer Gläubiger betreffen, und alle die eigenen Forderungen betreffenden Unterlagen in einem gängigen Dateiformat zur Verfügung gestellt werden können. 2Hat der Schuldner im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Merkmale erfüllt, muss der Insolvenzverwalter ein elektronisches Gläubigerinformationssystem vorhalten und die in Satz 1 genannten Dokumente unverzüglich zum elektronischen Abruf zur Verfügung stellen. 3Den Einsichtsberechtigten stellt der Verwalter die für den Zugang erforderlichen Daten unverzüglich zur Verfügung. §6 Sofortige Beschwerde (1) 1Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. 2Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung. (3) 1Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. 2Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen. §7 (weggefallen)
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§8 Zustellungen (1) 1Die Zustellungen erfolgen von Amts wegen, ohne dass es einer Beglaubigung des zuzustellenden Schriftstücks bedarf. 2Sie können dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift des Zustellungsadressaten zur Post gegeben wird; § 184 Abs. 2 Satz 1, 2 und 4 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 3Soll die Zustellung im Inland bewirkt werden, gilt das Schriftstück drei Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt. (2) 1An Personen, deren Aufenthalt unbekannt ist, wird nicht zugestellt. 2 Haben sie einen zur Entgegennahme von Zustellungen berechtigten Vertreter, so wird dem Vertreter zugestellt. (3) 1Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter beauftragen, die Zustellungen nach Absatz 1 durchzuführen. 2Zur Durchführung der Zustellung und zur Erfassung in den Akten kann er sich Dritter, insbesondere auch eigenen Personals, bedienen. 3Der Insolvenzverwalter hat die von ihm nach § 184 Abs. 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung angefertigten Vermerke unverzüglich zu den Gerichtsakten zu reichen. §9 Öffentliche Bekanntmachung (1) 1Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt durch eine zentrale und länderübergreifende Veröffentlichung im Internet*); diese kann auszugsweise geschehen. 2Dabei ist der Schuldner genau zu bezeichnen, insbesondere sind seine Anschrift und sein Geschäftszweig anzugeben. 3Die Bekanntmachung gilt als bewirkt, sobald nach dem Tag der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind. (2) 1Das Insolvenzgericht kann weitere Veröffentlichungen veranlassen, soweit dies landesrechtlich bestimmt ist. 2Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der zentralen und länderübergreifenden Veröffentlichung im Internet zu regeln. 3Dabei sind insbesondere Löschungsfristen vorzusehen sowie Vorschriften, die sicherstellen, dass die Veröffentlichungen 1. unversehrt, vollständig und aktuell bleiben, 2. jederzeit ihrem Ursprung nach zugeordnet werden können. (3) Die öffentliche Bekanntmachung genügt zum Nachweis der Zustellung an alle Beteiligten, auch wenn dieses Gesetz neben ihr eine besondere Zustellung vorschreibt. *) www.insolvenzbekanntmachungen.de
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§ 10 Anhörung des Schuldners (1) 1Soweit in diesem Gesetz eine Anhörung des Schuldners vorgeschrieben ist, kann sie unterbleiben, wenn sich der Schuldner im Ausland aufhält und die Anhörung das Verfahren übermäßig verzögern würde oder wenn der Aufenthalt des Schuldners unbekannt ist. 2In diesem Fall soll ein Vertreter oder Angehöriger des Schuldners gehört werden. (2) 1Ist der Schuldner keine natürliche Person, so gilt Absatz 1 entsprechend für die Anhörung von Personen, die zur Vertretung des Schuldners berechtigt oder an ihm beteiligt sind. 2Ist der Schuldner eine juristische Person und hat diese keinen organschaftlichen Vertreter (Führungslosigkeit), so können die an ihm beteiligten Personen gehört werden; Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend. § 10a Vorgespräch (1) 1Ein Schuldner, der mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, hat an dem für ihn zuständigen Insolvenzgericht Anspruch auf ein Vorgespräch über die für das Verfahren relevanten Gegenstände, insbesondere die Voraussetzungen für eine Eigenverwaltung, die Eigenverwaltungsplanung, die Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses, die Person des vorläufigen Insolvenzverwalters oder Sachwalters, etwaige weitere Sicherungsanordnungen und die Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten. 2Wenn der Schuldner nach Satz 1 keinen Anspruch auf ein Vorgespräch hat, liegt das Angebot eines Vorgesprächs im Ermessen des Gerichts. (2) Mit Zustimmung des Schuldners kann das Gericht Gläubiger anhören, insbesondere, um deren Bereitschaft für eine Mitgliedschaft in einem vorläufigen Gläubigerausschuss zu erörtern. (3) Die Abteilung, für die der Richter das Vorgespräch nach Absatz 1 Satz 1 führt, ist in den sechs Monaten nach dem Vorgespräch für das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners zuständig.
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Zweiter Teil Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Erfasstes Vermögen und Verfahrensbeteiligte Erster Abschnitt Eröffnungsvoraussetzungen und Eröffnungsverfahren § 11 Zulässigkeit des Insolvenzverfahrens (1) 1Ein Insolvenzverfahren kann über das Vermögen jeder natürlichen und jeder juristischen Person eröffnet werden. 2Der nicht rechtsfähige Verein steht insoweit einer juristischen Person gleich. (2) Ein Insolvenzverfahren kann ferner eröffnet werden: 1. über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit (offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, Partnerschaftsgesellschaft, Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts, Partenreederei, Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung); 2. nach Maßgabe der §§ 315 bis 334 über einen Nachlass, über das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft oder über das Gesamtgut einer Gütergemeinschaft, das von den Ehegatten oder Lebenspartnern gemeinschaftlich verwaltet wird. (3) Nach Auflösung einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zulässig, solange die Verteilung des Vermögens nicht vollzogen ist. § 12 Juristische Personen des öffentlichen Rechts (1) Unzulässig ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen 1. des Bundes oder eines Landes; 2. einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht eines Landes untersteht, wenn das Landesrecht dies bestimmt. (2) Hat ein Land nach Absatz 1 Nr. 2 das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer juristischen Person für unzulässig erklärt, so können im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung dieser juristischen Person deren Arbeitnehmer von dem Land die Leistungen verlangen, die sie im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach den Vorschriften des Dritten Buches Sozialgesetzbuch über das Insolvenzgeld von der Agentur für Arbeit und nach den Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom Träger der Insolvenzsicherung beanspruchen könnten.
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§ 13 Eröffnungsantrag (1) 1Das Insolvenzverfahren wird nur auf schriftlichen Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind die Gläubiger und der Schuldner. 3Dem Antrag des Schuldners ist ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen. 4 Wenn der Schuldner einen Geschäftsbetrieb hat, der nicht eingestellt ist, sollen in dem Verzeichnis besonders kenntlich gemacht werden 2
1. die höchsten Forderungen, 2. die höchsten gesicherten Forderungen, 3. die Forderungen der Finanzverwaltung, 4. die Forderungen der Sozialversicherungsträger sowie 5. die Forderungen aus betrieblicher Altersversorgung. 5 Der Schuldner hat in diesem Fall auch Angaben zur Bilanzsumme, zu den Umsatzerlösen und zur durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer des vorangegangenen Geschäftsjahres zu machen. 6Die Angaben nach Satz 4 sind verpflichtend, wenn
1. der Schuldner Eigenverwaltung beantragt, 2. der Schuldner die Merkmale des § 22a Absatz 1 erfüllt oder 3. die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses beantragt wurde. 7 Dem Verzeichnis nach Satz 3 und den Angaben nach den Sätzen 4 und 5 ist die Erklärung beizufügen, dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind.
(2) Der Antrag kann zurückgenommen werden, bis das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Antrag rechtskräftig abgewiesen ist. (3) Ist der Eröffnungsantrag unzulässig, so fordert das Insolvenzgericht den Antragsteller unverzüglich auf, den Mangel zu beheben und räumt ihm hierzu eine angemessene Frist ein. (4) 1Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für die Antragstellung durch den Schuldner ein Formular einzuführen. 2Soweit nach Satz 1 ein Formular eingeführt ist, muss der Schuldner dieses benutzen. 3Für Verfahren, die von den Gerichten maschinell bearbeitet, und für solche, die nicht maschinell bearbeitet werden, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.
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§ 13a Antrag zur Begründung eines Gruppen-Gerichtsstands (1) In einem Antrag nach § 3a Absatz 1 sind anzugeben: 1. Name, Sitz, Unternehmensgegenstand sowie Bilanzsumme, Umsatzerlöse und die durchschnittliche Zahl der Arbeitnehmer des letzten Geschäftsjahres der anderen gruppenangehörigen Unternehmen, die nicht lediglich von untergeordneter Bedeutung für die Unternehmensgruppe sind; für die übrigen gruppenangehörigen Unternehmen sollen entsprechende Angaben gemacht werden, 2. aus welchen Gründen eine Verfahrenskonzentration am angerufenen Insolvenzgericht im gemeinsamen Interesse der Gläubiger liegt, 3. ob eine Fortführung oder Sanierung der Unternehmensgruppe oder eines Teils davon angestrebt wird, 4. welche gruppenangehörigen Unternehmen Institute im Sinne des § 1 Absatz 1b des Kreditwesengesetzes, Finanzholding-Gesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 3a des Kreditwesengesetzes, Kapitalverwaltungsgesellschaften im Sinne des § 17 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuches, Zahlungsdienstleister im Sinne des § 1 Absatz 1 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes oder Versicherungsunternehmen im Sinne des § 7 Nummer 33 des Versicherungsaufsichtsgesetzes sind, und 5. die gruppenangehörigen Schuldner, über deren Vermögen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt oder ein Verfahren eröffnet wurde, einschließlich des zuständigen Insolvenzgerichts und des Aktenzeichens. (2) 1Dem Antrag nach § 3a Absatz 1 ist der letzte konsolidierte Abschluss der Unternehmensgruppe beizufügen. 2Liegt ein solcher nicht vor, sind die letzten Jahresabschlüsse der gruppenangehörigen Unternehmen beizufügen, die nicht lediglich von untergeordneter Bedeutung für die Unternehmensgruppe sind. 3 Die Jahresabschlüsse der übrigen gruppenangehörigen Unternehmen sollen beigefügt werden. § 14 Antrag eines Gläubigers (1) 1Der Antrag eines Gläubigers ist zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft macht. 2Der Antrag wird nicht allein dadurch unzulässig, dass die Forderung erfüllt wird. (2) Ist der Antrag zulässig, so hat das Insolvenzgericht den Schuldner zu hören. (3) 1Wird die Forderung des Gläubigers nach Antragstellung erfüllt, so hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens zu tragen, wenn der Antrag als unbegründet abgewiesen wird. 2Der Schuldner hat die Kosten auch dann zu tragen, 925
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wenn der Antrag eines Gläubigers wegen einer zum Zeitpunkt der Antragstellung wirksamen nichtöffentlichen Stabilisierungsanordnung nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz abgewiesen wird und der Gläubiger von der Stabilisierungsanordnung keine Kenntnis haben konnte. § 15 Antragsrecht bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit (1) 1Zum Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit ist außer den Gläubigern jedes Mitglied des Vertretungsorgans, bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien jeder persönlich haftende Gesellschafter, sowie jeder Abwickler berechtigt. 2Bei einer juristischen Person ist im Fall der Führungslosigkeit auch jeder Gesellschafter, bei einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft zudem auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Antragstellung berechtigt. (2) 1Wird der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans, allen persönlich haftenden Gesellschaftern, allen Gesellschaftern der juristischen Person, allen Mitgliedern des Aufsichtsrats oder allen Abwicklern gestellt, so ist er zulässig, wenn der Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht wird. 2Zusätzlich ist bei Antragstellung durch Gesellschafter einer juristischen Person oder Mitglieder des Aufsichtsrats auch die Führungslosigkeit glaubhaft zu machen. 3Das Insolvenzgericht hat die übrigen Mitglieder des Vertretungsorgans, persönlich haftenden Gesellschafter, Gesellschafter der juristischen Person, Mitglieder des Aufsichtsrats oder Abwickler zu hören. (3) 1Ist bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend für die organschaftlichen Vertreter und die Abwickler der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter. 2Entsprechendes gilt, wenn sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt. § 15a Antragspflicht bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit (1) 1Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. 2Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. 3Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein
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persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. (2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt. (3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis. (4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag 1. nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder 2. nicht richtig stellt. (5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. (6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde. (7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden. § 15b Zahlungen bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung; Verjährung (1) 1Die nach § 15a Absatz 1 Satz 1 antragspflichtigen Mitglieder des Vertretungsorgans und Abwickler einer juristischen Person dürfen nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der juristischen Person keine Zahlungen mehr für diese vornehmen. 2Dies gilt nicht für Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind. (2) 1Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs dienen, gelten vorbehaltlich des Absatzes 3 als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar. 2Im Rahmen des für eine rechtzeitige Antragstellung maßgeblichen Zeitraums nach § 15a Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt 927
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dies nur, solange die Antragspflichtigen Maßnahmen zur nachhaltigen Beseitigung der Insolvenzreife oder zur Vorbereitung eines Insolvenzantrags mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters betreiben. 3 Zahlungen, die im Zeitraum zwischen der Stellung des Antrags und der Eröffnung des Verfahrens geleistet werden, gelten auch dann als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar, wenn diese mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters vorgenommen wurden. (3) Ist der nach § 15a Absatz 1 Satz 1 und 2 für eine rechtzeitige Antragstellung maßgebliche Zeitpunkt verstrichen und hat der Antragspflichtige keinen Antrag gestellt, sind Zahlungen in der Regel nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar. (4) 1Werden entgegen Absatz 1 Zahlungen geleistet, sind die Antragspflichtigen der juristischen Person zur Erstattung verpflichtet. 2Ist der Gläubigerschaft der juristischen Person ein geringerer Schaden entstanden, beschränkt sich die Ersatzpflicht auf den Ausgleich dieses Schadens. 3Soweit die Erstattung oder der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der juristischen Person erforderlich ist, wird die Pflicht nicht dadurch ausgeschlossen, dass dieselben in Befolgung eines Beschlusses eines Organs der juristischen Person gehandelt haben. 4Ein Verzicht der juristischen Person auf Erstattungs- oder Ersatzansprüche oder ein Vergleich der juristischen Person über diese Ansprüche ist unwirksam. 5 Dies gilt nicht, wenn der Erstattungs- oder Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht, wenn die Erstattungs- oder Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird oder wenn ein Insolvenzverwalter für die juristische Person handelt. (5) 1Absatz 1 Satz 1 und Absatz 4 gelten auch für Zahlungen an Personen, die an der juristischen Person beteiligt sind, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der juristischen Person führen mussten, es sei denn, dies war auch bei Beachtung der in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Sorgfalt nicht erkennbar. 2Satz 1 ist auf Genossenschaften nicht anwendbar. (6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch für die nach § 15a Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 zur Stellung des Antrags verpflichteten organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter. (7) 1Die Ansprüche aufgrund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren. 2Besteht zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung eine Börsennotierung, verjähren die Ansprüche in zehn Jahren. (8) 1Eine Verletzung steuerrechtlicher Zahlungspflichten liegt nicht vor, wenn zwischen dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nach § 17 oder der Überschuldung nach § 19 und der Entscheidung des Insolvenzgerichts über den Insolvenzantrag Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt werden, sofern die Antragspflichtigen ihren Verpflichtungen nach § 15a nachkommen. 2Wird entgegen der Verpflichtung nach § 15a ein
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Insolvenzantrag verspätet gestellt, gilt dies nur für die nach Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung fällig werdenden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis. 3Wird das Insolvenzverfahren nicht eröffnet und ist dies auf eine Pflichtverletzung der Antragspflichtigen zurückzuführen, gelten die Sätze 1 und 2 nicht. § 16 Eröffnungsgrund Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt voraus, dass ein Eröffnungsgrund gegeben ist. § 17 Zahlungsunfähigkeit (1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit. (2) 1Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. 2Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. § 18 Drohende Zahlungsunfähigkeit (1) Beantragt der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist auch die drohende Zahlungsunfähigkeit Eröffnungsgrund. (2) 1Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. 2In aller Regel ist ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen. (3) Wird bei einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans, allen persönlich haftenden Gesellschaftern oder allen Abwicklern gestellt, so ist Absatz 1 nur anzuwenden, wenn der oder die Antragsteller zur Vertretung der juristischen Person oder der Gesellschaft berechtigt sind. § 19 Überschuldung (1) Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund. (2) 1Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. 2Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich
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entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu berücksichtigen. (3) 1Ist bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. 2Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. § 20 Auskunfts- und Mitwirkungspflicht im Eröffnungsverfahren. Hinweis auf Restschuldbefreiung (1) 1Ist der Antrag zulässig, so hat der Schuldner dem Insolvenzgericht die Auskünfte zu erteilen, die zur Entscheidung über den Antrag erforderlich sind, und es auch sonst bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. 2 Die §§ 97, 98, 101 Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 gelten entsprechend. (2) Ist der Schuldner eine natürliche Person, so soll er darauf hingewiesen werden, dass er nach Maßgabe der §§ 286 bis 303a Restschuldbefreiung erlangen kann. § 21 Anordnung vorläufiger Maßnahmen (1) 1Das Insolvenzgericht hat alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Antrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten. 2 Gegen die Anordnung der Maßnahme steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. (2) 1Das Gericht kann insbesondere 1. einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen, für den § 8 Absatz 3 und die §§ 56 bis 56b, 58 bis 66 und 269a entsprechend gelten; 1a. einen vorläufigen Gläubigerausschuss einsetzen, für den § 67 Absatz 2, 3 und die §§ 69 bis 73 entsprechend gelten; zu Mitgliedern des Gläubigerausschusses können auch Personen bestellt werden, die erst mit Eröffnung des Verfahrens Gläubiger werden; 2. dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen oder anordnen, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind;
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3. Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner untersagen oder einstweilen einstellen, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind; 4. eine vorläufige Postsperre anordnen, für die die §§ 99, 101 Abs. 1 Satz 1 entsprechend gelten; 5. anordnen, dass Gegenstände, die im Falle der Eröffnung des Verfahrens von § 166 erfasst würden oder deren Aussonderung verlangt werden könnte, vom Gläubiger nicht verwertet oder eingezogen werden dürfen und dass solche Gegenstände zur Fortführung des Unternehmens des Schuldners eingesetzt werden können, soweit sie hierfür von erheblicher Bedeutung sind; § 169 Satz 2 und 3 gilt entsprechend; ein durch die Nutzung eingetretener Wertverlust ist durch laufende Zahlungen an den Gläubiger auszugleichen. Die Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen besteht nur, soweit der durch die Nutzung entstehende Wertverlust die Sicherung des absonderungsberechtigten Gläubigers beeinträchtigt. Zieht der vorläufige Insolvenzverwalter eine zur Sicherung eines Anspruchs abgetretene Forderung anstelle des Gläubigers ein, so gelten die §§ 170, 171 entsprechend. 2
Die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen berührt nicht die Wirksamkeit von Verfügungen über Finanzsicherheiten nach § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes und die Wirksamkeit der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren, die in Systeme nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden. 3Dies gilt auch dann, wenn ein solches Rechtsgeschäft des Schuldners am Tag der Anordnung getätigt und verrechnet oder eine Finanzsicherheit bestellt wird und der andere Teil nachweist, dass er die Anordnung weder kannte noch hätte kennen müssen; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Anordnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.
(3) 1Reichen andere Maßnahmen nicht aus, so kann das Gericht den Schuldner zwangsweise vorführen und nach Anhörung in Haft nehmen lassen. 2Ist der Schuldner keine natürliche Person, so gilt entsprechendes für seine organschaftlichen Vertreter. 3Für die Anordnung von Haft gilt § 98 Abs. 3 entsprechend. § 22 Rechtsstellung des vorläufigen Insolvenzverwalters (1) 1Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, so geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über. 2In diesem Fall hat der vorläufige Insolvenzverwalter: 1. das Vermögen des Schuldners zu sichern und zu erhalten;
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2. ein Unternehmen, das der Schuldner betreibt, bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortzuführen, soweit nicht das Insolvenzgericht einer Stilllegung zustimmt, um eine erhebliche Verminderung des Vermögens zu vermeiden; 3. zu prüfen, ob das Vermögen des Schuldners die Kosten des Verfahrens decken wird; das Gericht kann ihn zusätzlich beauftragen, als Sachverständiger zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen. (2) 1Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, ohne dass dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird, so bestimmt das Gericht die Pflichten des vorläufigen Insolvenzverwalters. 2Sie dürfen nicht über die Pflichten nach Absatz 1 Satz 2 hinausgehen. (3) 1Der vorläufige Insolvenzverwalter ist berechtigt, die Geschäftsräume des Schuldners zu betreten und dort Nachforschungen anzustellen. 2Der Schuldner hat dem vorläufigen Insolvenzverwalter Einsicht in seine Bücher und Geschäftspapiere zu gestatten. 3Er hat ihm alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen; die §§ 97, 98, 101 Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 gelten entsprechend. § 22a Bestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses (1) Das Insolvenzgericht hat einen vorläufigen Gläubigerausschuss nach § 21 Absatz 2 Nummer 1a einzusetzen, wenn der Schuldner im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale erfüllt hat: 1. mindestens 6 000 000 Euro Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags im Sinne des § 268 Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs; 2. mindestens 12 000 000 Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag; 3. im Jahresdurchschnitt mindestens fünfzig Arbeitnehmer. (2) Das Gericht soll auf Antrag des Schuldners, des vorläufigen Insolvenzverwalters oder eines Gläubigers einen vorläufigen Gläubigerausschuss nach § 21 Absatz 2 Nummer 1a einsetzen, wenn Personen benannt werden, die als Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses in Betracht kommen und dem Antrag Einverständniserklärungen der benannten Personen beigefügt werden. (3) Ein vorläufiger Gläubigerausschuss ist nicht einzusetzen, wenn der Geschäftsbetrieb des Schuldners eingestellt ist, die Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses im Hinblick auf die zu erwartende Insolvenzmasse unverhältnismäßig ist oder die mit der Einsetzung verbundene Verzögerung zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führt.
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(4) Auf Aufforderung des Gerichts hat der Schuldner oder der vorläufige Insolvenzverwalter Personen zu benennen, die als Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses in Betracht kommen. § 23 Bekanntmachung der Verfügungsbeschränkungen (1) 1Der Beschluss, durch den eine der in § 21 Abs. 2 Nr. 2 vorgesehenen Verfügungsbeschränkungen angeordnet und ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird, ist öffentlich bekannt zu machen. 2Er ist dem Schuldner, den Personen, die Verpflichtungen gegenüber dem Schuldner haben, und dem vorläufigen Insolvenzverwalter besonders zuzustellen. 3Die Schuldner des Schuldners sind zugleich aufzufordern, nur noch unter Beachtung des Beschlusses zu leisten. (2) Ist der Schuldner im Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- oder Vereinsregister eingetragen, so hat die Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts dem Registergericht eine Ausfertigung des Beschlusses zu übermitteln. (3) Für die Eintragung der Verfügungsbeschränkung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister und im Register über Pfandrechte an Luftfahrzeugen gelten die §§ 32, 33 entsprechend. § 24 Wirkungen der Verfügungsbeschränkungen (1) Bei einem Verstoß gegen eine der in § 21 Abs. 2 Nr. 2 vorgesehenen Verfügungsbeschränkungen gelten die §§ 81, 82 entsprechend. (2) Ist die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergegangen, so gelten für die Aufnahme anhängiger Rechtsstreitigkeiten § 85 Abs. 1 Satz 1 und § 86 entsprechend. § 25 Aufhebung der Sicherungsmaßnahmen (1) Werden die Sicherungsmaßnahmen aufgehoben, so gilt für die Bekanntmachung der Aufhebung einer Verfügungsbeschränkung § 23 entsprechend. (2) 1Ist die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergegangen, so hat dieser vor der Aufhebung seiner Bestellung aus dem von ihm verwalteten Vermögen die entstandenen Kosten zu berichtigen und die von ihm begründeten Verbindlichkeiten zu erfüllen. 2Gleiches gilt für die Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.
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§ 26 Abweisung mangels Masse (1) 1Das Insolvenzgericht weist den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. 2Die Abweisung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a gestundet werden. 3Der Beschluss ist unverzüglich öffentlich bekannt zu machen. (2) 1Das Gericht ordnet die Eintragung des Schuldners, bei dem der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist, in das Schuldnerverzeichnis nach § 882b der Zivilprozessordnung an und übermittelt die Anordnung unverzüglich elektronisch dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung. 2§ 882c Abs. 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. (3) 1Wer nach Absatz 1 Satz 2 einen Vorschuss geleistet hat, kann die Erstattung des vorgeschossenen Betrages von jeder Person verlangen, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens pflichtwidrig und schuldhaft nicht gestellt hat. 2Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast. (4) 1Zur Leistung eines Vorschusses nach Absatz 1 Satz 2 ist jede Person verpflichtet, die entgegen den Vorschriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts pflichtwidrig und schuldhaft keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. 2Ist streitig, ob die Person pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifft sie die Beweislast. 3Die Zahlung des Vorschusses kann der vorläufige Insolvenzverwalter sowie jede Person verlangen, die einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner hat. § 26a Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters (1) Wird das Insolvenzverfahren nicht eröffnet, setzt das Insolvenzgericht die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters durch Beschluss fest. (2) 1Die Festsetzung erfolgt gegen den Schuldner, es sei denn, der Eröffnungsantrag ist unzulässig oder unbegründet und den antragstellenden Gläubiger trifft ein grobes Verschulden. 2In diesem Fall sind die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters ganz oder teilweise dem Gläubiger aufzuerlegen und gegen ihn festzusetzen. 3Ein grobes Verschulden ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Antrag von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Gläubiger dies erkennen musste. 4Der Beschluss ist dem vorläufigen Verwalter und demjenigen, der die Kosten des vorläufigen Insolvenzverwalters zu tragen hat, zuzustellen. 5Die Vorschriften 934
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der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen gelten entsprechend. (3) 1Gegen den Beschluss steht dem vorläufigen Verwalter und demjenigen, der die Kosten des vorläufigen Insolvenzverwalters zu tragen hat, die sofortige Beschwerde zu. 2§ 567 Absatz 2 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. § 27 Eröffnungsbeschluss (1) 1Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so ernennt das Insolvenzgericht einen Insolvenzverwalter. 2§ 270 bleibt unberührt. (2) Der Eröffnungsbeschluss enthält: 1. Firma oder Namen und Vornamen, Geburtsdatum, Registergericht und Registernummer, unter der der Schuldner in das Handelsregister eingetragen ist, Geschäftszweig oder Beschäftigung, gewerbliche Niederlassung oder Wohnung des Schuldners; 2. Namen und Anschrift des Insolvenzverwalters; 3. die Stunde der Eröffnung; 4. die Gründe, aus denen das Gericht von einem einstimmigen Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses zur Person des Verwalters abgewichen ist; dabei ist der Name der vorgeschlagenen Person nicht zu nennen; 5. eine abstrakte Darstellung der für personenbezogene Daten geltenden Löschungsfristen nach § 3 der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet vom 12. Februar 2002 (BGBl. I S. 677), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 13. April 2007 (BGBl. I S. 509) geändert worden ist. (3) Ist die Stunde der Eröffnung nicht angegeben, so gilt als Zeitpunkt der Eröffnung die Mittagsstunde des Tages, an dem der Beschluss erlassen worden ist. § 28 Aufforderungen an die Gläubiger und die Schuldner (1) 1Im Eröffnungsbeschluss sind die Gläubiger aufzufordern, ihre Forderungen innerhalb einer bestimmten Frist unter Beachtung des § 174 beim Insolvenzverwalter anzumelden. 2Die Frist ist auf einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen und höchstens drei Monaten festzusetzen. (2) 1Im Eröffnungsbeschluss sind die Gläubiger aufzufordern, dem Verwalter unverzüglich mitzuteilen, welche Sicherungsrechte sie an beweglichen Sachen oder an Rechten des Schuldners in Anspruch nehmen. 2Der Gegenstand, an dem das Sicherungsrecht beansprucht wird, die Art und der Entstehungsgrund des Sicherungsrechts sowie die gesicherte Forderung sind zu bezeichnen. 3Wer die
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Mitteilung schuldhaft unterlässt oder verzögert, haftet für den daraus entstehenden Schaden. (3) Im Eröffnungsbeschluss sind die Personen, die Verpflichtungen gegenüber dem Schuldner haben, aufzufordern, nicht mehr an den Schuldner zu leisten, sondern an den Verwalter. § 29 Terminbestimmungen (1) Im Eröffnungsbeschluss bestimmt das Insolvenzgericht Termine für: 1. eine Gläubigerversammlung, in der auf der Grundlage eines Berichts des Insolvenzverwalters über den Fortgang des Insolvenzverfahrens beschlossen wird (Berichtstermin); der Termin soll nicht über sechs Wochen und darf nicht über drei Monate hinaus angesetzt werden; 2. eine Gläubigerversammlung, in der die angemeldeten Forderungen geprüft werden (Prüfungstermin); der Zeitraum zwischen dem Ablauf der Anmeldefrist und dem Prüfungstermin soll mindestens eine Woche und höchstens zwei Monate betragen. (2) 1Die Termine können verbunden werden. 2Das Gericht soll auf den Berichtstermin verzichten, wenn die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar sind und die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering ist. § 30 Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses (1) Die Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts hat den Eröffnungsbeschluss sofort öffentlich bekannt zu machen. (2) Den Gläubigern und Schuldnern des Schuldners und dem Schuldner selbst ist der Beschluss besonders zuzustellen. (3) (aufgehoben) § 31 Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregister Ist der Schuldner im Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- oder Vereinsregister eingetragen, so hat die Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts dem Registergericht zu übermitteln: 1. im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses; 2. im Falle der Abweisung des Eröffnungsantrags mangels Masse eine Ausfertigung des abweisenden Beschlusses, wenn der Schuldner eine juristische 936
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Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit ist, die durch die Abweisung mangels Masse aufgelöst wird. § 32 Grundbuch (1) Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist in das Grundbuch einzutragen: 1. bei Grundstücken, als deren Eigentümer der Schuldner eingetragen ist; 2. bei den für den Schuldner eingetragenen Rechten an Grundstücken und an eingetragenen Rechten, wenn nach der Art des Rechts und den Umständen zu befürchten ist, dass ohne die Eintragung die Insolvenzgläubiger benachteiligt würden. (2) 1Soweit dem Insolvenzgericht solche Grundstücke oder Rechte bekannt sind, hat es das Grundbuchamt von Amts wegen um die Eintragung zu ersuchen. 2Die Eintragung kann auch vom Insolvenzverwalter beim Grundbuchamt beantragt werden. (3) 1Werden ein Grundstück oder ein Recht, bei denen die Eröffnung des Verfahrens eingetragen worden ist, vom Verwalter freigegeben oder veräußert, so hat das Insolvenzgericht auf Antrag das Grundbuchamt um Löschung der Eintragung zu ersuchen. 2Die Löschung kann auch vom Verwalter beim Grundbuchamt beantragt werden. § 33 Register für Schiffe und Luftfahrzeuge 1
Für die Eintragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in das Schiffsregister, das Schiffsbauregister und das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen gilt § 32 entsprechend. 2Dabei treten an die Stelle der Grundstücke die in diese Register eingetragenen Schiffe, Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge, an die Stelle des Grundbuchamts das Registergericht. § 34 Rechtsmittel (1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. (2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. (3) 1Sobald eine Entscheidung, die den Eröffnungsbeschluss aufhebt, Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekannt zu machen. 2§ 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. 3Die Wirkungen der Rechts-
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handlungen, die vom Insolvenzverwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, werden durch die Aufhebung nicht berührt. Zweiter Abschnitt Insolvenzmasse. Einteilung der Gläubiger § 35 Begriff der Insolvenzmasse (1) Das Insolvenzverfahren erfasst das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). (2) 1Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. 2§ 295a gilt entsprechend. 3Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an. (3) 1Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. 2Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären. (4) 1Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. 2Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen. § 36 Unpfändbare Gegenstände (1) 1Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. 2Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850k, 851c und 851d der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. (2) Zur Insolvenzmasse gehören jedoch 1. die Geschäftsbücher des Schuldners; gesetzliche Pflichten zur Aufbewahrung von Unterlagen bleiben unberührt; 2. die Sachen, die nach § 811 Abs. 1 Nr. 4 und 9 der Zivilprozessordnung nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen. (3) Sachen, die zum gewöhnlichen Hausrat gehören und im Haushalt des Schuldners gebraucht werden, gehören nicht zur Insolvenzmasse, wenn ohne
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weiteres ersichtlich ist, dass durch ihre Verwertung nur ein Erlös erzielt werden würde, der zu dem Wert außer allem Verhältnis steht. (4) 1Für Entscheidungen, ob ein Gegenstand nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Vorschriften der Zwangsvollstreckung unterliegt, ist das Insolvenzgericht zuständig. 2Anstelle eines Gläubigers ist der Insolvenzverwalter antragsberechtigt. 3Für das Eröffnungsverfahren gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. § 37 Gesamtgut bei Gütergemeinschaft (1) 1Wird bei dem Güterstand der Gütergemeinschaft das Gesamtgut von einem Ehegatten allein verwaltet und über das Vermögen dieses Ehegatten das Insolvenzverfahren eröffnet, so gehört das Gesamtgut zur Insolvenzmasse. 2Eine Auseinandersetzung des Gesamtguts findet nicht statt. 3Durch das Insolvenzverfahren über das Vermögen des anderen Ehegatten wird das Gesamtgut nicht berührt. (2) Verwalten die Ehegatten das Gesamtgut gemeinschaftlich, so wird das Gesamtgut durch das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Ehegatten nicht berührt. (3) Absatz 1 ist bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Ehegatten, der das Gesamtgut allein verwaltet, der überlebende Ehegatte, an die Stelle des anderen Ehegatten die Abkömmlinge treten. (4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Lebenspartner entsprechend. § 38 Begriff der Insolvenzgläubiger Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger). § 39 Nachrangige Insolvenzgläubiger (1) 1Im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger werden in folgender Rangfolge, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge, berichtigt: 1. die seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Zinsen und Säumniszuschläge auf Forderungen der Insolvenzgläubiger; 2. die Kosten, die den einzelnen Insolvenzgläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren erwachsen;
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3. Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten; 4. Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners; 5. nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen. 2
Satz 1 Nummer 5 ist nicht anzuwenden, wenn eine staatliche Förderbank oder eines ihrer Tochterunternehmen einem Unternehmen, an dem die staatliche Förderbank oder eines ihrer Tochterunternehmen beteiligt ist, ein Darlehen gewährt oder eine andere einer Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung vorgenommen hat. (2) Forderungen, für die zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren vereinbart worden ist, werden im Zweifel nach den in Absatz 1 bezeichneten Forderungen berichtigt. (3) Die Zinsen der Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger und die Kosten, die diesen Gläubigern durch ihre Teilnahme am Verfahren entstehen, haben den gleichen Rang wie die Forderungen dieser Gläubiger.
(4) 1Absatz 1 Nr. 5 gilt für Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. 2Erwirbt ein Gläubiger bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung Anteile zum Zweck ihrer Sanierung, führt dies bis zur nachhaltigen Sanierung nicht zur Anwendung von Absatz 1 Nr. 5 auf seine Forderungen aus bestehenden oder neu gewährten Darlehen oder auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen. (5) Absatz 1 Nr. 5 gilt nicht für den nicht geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 4 Satz 1, der mit 10 Prozent oder weniger am Haftkapital beteiligt ist. § 40 Unterhaltsansprüche 1
Familienrechtliche Unterhaltsansprüche gegen den Schuldner können im Insolvenzverfahren für die Zeit nach der Eröffnung nur geltend gemacht werden, soweit der Schuldner als Erbe des Verpflichteten haftet. 2§ 100 bleibt unberührt.
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§ 41 Nicht fällige Forderungen (1) Nicht fällige Forderungen gelten als fällig. (2) 1Sind sie unverzinslich, so sind sie mit dem gesetzlichen Zinssatz abzuzinsen. 2Sie vermindern sich dadurch auf den Betrag, der bei Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur Fälligkeit dem vollen Betrag der Forderung entspricht. § 42 Auflösend bedingte Forderungen Auflösend bedingte Forderungen werden, solange die Bedingung nicht eingetreten ist, im Insolvenzverfahren wie unbedingte Forderungen berücksichtigt. § 43 Haftung mehrerer Personen Ein Gläubiger, dem mehrere Personen für dieselbe Leistung auf das Ganze haften, kann im Insolvenzverfahren gegen jeden Schuldner bis zu seiner vollen Befriedigung den ganzen Betrag geltend machen, den er zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens zu fordern hatte. § 44 Rechte der Gesamtschuldner und Bürgen Der Gesamtschuldner und der Bürge können die Forderung, die sie durch eine Befriedigung des Gläubigers künftig gegen den Schuldner erwerben könnten, im Insolvenzverfahren nur dann geltend machen, wenn der Gläubiger seine Forderung nicht geltend macht. § 44a Gesicherte Darlehen In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft kann ein Gläubiger nach Maßgabe des § 39 Abs. 1 Nr. 5 für eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens oder für eine gleichgestellte Forderung, für die ein Gesellschafter eine Sicherheit bestellt oder für die er sich verbürgt hat, nur anteilsmäßige Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen, soweit er bei der Inanspruchnahme der Sicherheit oder des Bürgen ausgefallen ist. § 45 Umrechnung von Forderungen 1 Forderungen, die nicht auf Geld gerichtet sind oder deren Geldbetrag unbestimmt ist, sind mit dem Wert geltend zu machen, der für die Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschätzt werden kann. 2Forderungen, die in
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ausländischer Währung oder in einer Rechnungseinheit ausgedrückt sind, sind nach dem Kurswert, der zur Zeit der Verfahrenseröffnung für den Zahlungsort maßgeblich ist, in inländische Währung umzurechnen. § 46 Wiederkehrende Leistungen 1
Forderungen auf wiederkehrende Leistungen, deren Betrag und Dauer bestimmt sind, sind mit dem Betrag geltend zu machen, der sich ergibt, wenn die noch ausstehenden Leistungen unter Abzug des in § 41 bezeichneten Zwischenzinses zusammengerechnet werden. 2Ist die Dauer der Leistungen unbestimmt, so gilt § 45 Satz 1 entsprechend. § 47 Aussonderung 1
Wer auf Grund eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen kann, dass ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört, ist kein Insolvenzgläubiger. 2Sein Anspruch auf Aussonderung des Gegenstands bestimmt sich nach den Gesetzen, die außerhalb des Insolvenzverfahrens gelten. § 48 Ersatzaussonderung 1 Ist ein Gegenstand, dessen Aussonderung hätte verlangt werden können, vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner oder nach der Eröffnung vom Insolvenzverwalter unberechtigt veräußert worden, so kann der Aussonderungsberechtigte die Abtretung des Rechts auf die Gegenleistung verlangen, soweit diese noch aussteht. 2Er kann die Gegenleistung aus der Insolvenzmasse verlangen, soweit sie in der Masse unterscheidbar vorhanden ist.
§ 49 Abgesonderte Befriedigung aus unbeweglichen Gegenständen Gläubiger, denen ein Recht auf Befriedigung aus Gegenständen zusteht, die der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen (unbewegliche Gegenstände), sind nach Maßgabe des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung zur abgesonderten Befriedigung berechtigt. § 50 Abgesonderte Befriedigung der Pfandgläubiger (1) Gläubiger, die an einem Gegenstand der Insolvenzmasse ein rechtsgeschäftliches Pfandrecht, ein durch Pfändung erlangtes Pfandrecht oder ein gesetzliches Pfandrecht haben, sind nach Maßgabe der §§ 166 bis 173 für Hauptforderung, Zinsen und Kosten zur abgesonderten Befriedigung aus dem Pfandgegenstand berechtigt. 942
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(2) 1Das gesetzliche Pfandrecht des Vermieters oder Verpächters kann im Insolvenzverfahren wegen der Miete oder Pacht für eine frühere Zeit als die letzten zwölf Monate vor der Eröffnung des Verfahrens sowie wegen der Entschädigung, die infolge einer Kündigung des Insolvenzverwalters zu zahlen ist, nicht geltend gemacht werden. 2Das Pfandrecht des Verpächters eines landwirtschaftlichen Grundstücks unterliegt wegen der Pacht nicht dieser Beschränkung. § 51 Sonstige Absonderungsberechtigte Den in § 50 genannten Gläubigern stehen gleich: 1. Gläubiger, denen der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs eine bewegliche Sache übereignet oder ein Recht übertragen hat; 2. Gläubiger, denen ein Zurückbehaltungsrecht an einer Sache zusteht, weil sie etwas zum Nutzen der Sache verwendet haben, soweit ihre Forderung aus der Verwendung den noch vorhandenen Vorteil nicht übersteigt; 3. Gläubiger, denen nach dem Handelsgesetzbuch ein Zurückbehaltungsrecht zusteht; 4. Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände, soweit ihnen zoll- und steuerpflichtige Sachen nach gesetzlichen Vorschriften als Sicherheit für öffentliche Abgaben dienen. § 52 Ausfall der Absonderungsberechtigten 1
Gläubiger, die abgesonderte Befriedigung beanspruchen können, sind Insolvenzgläubiger, soweit ihnen der Schuldner auch persönlich haftet. 2Sie sind zur anteilsmäßigen Befriedigung aus der Insolvenzmasse jedoch nur berechtigt, soweit sie auf eine abgesonderte Befriedigung verzichten oder bei ihr ausgefallen sind. § 53 Massegläubiger Aus der Insolvenzmasse sind die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten vorweg zu berichtigen. § 54 Kosten des Insolvenzverfahrens Kosten des Insolvenzverfahrens sind: 1. die Gerichtskosten für das Insolvenzverfahren;
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2. die Vergütungen und die Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses. § 55 Sonstige Masseverbindlichkeiten (1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten: 1. die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören; 2. aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss; 3. aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse. (2) 1Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. 2Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat. (3) 1Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. 2 Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben. (4) 1Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. 2Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich: 1. sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben, 2. bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern, 3. die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und 4. die Lohnsteuer.
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Dritter Abschnitt Insolvenzverwalter. Organe der Gläubiger § 56 Bestellung des Insolvenzverwalters (1) 1Zum Insolvenzverwalter ist eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. 2Wer als Restrukturierungsbeauftragter oder Sanierungsmoderator in einer Restrukturierungssache des Schuldners tätig war, kann, wenn der Schuldner mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, nur dann zum Insolvenzverwalter bestellt werden, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss zustimmt. 3Die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen kann auf bestimmte Verfahren beschränkt werden. 4Die erforderliche Unabhängigkeit wird nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die Person 1. vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen worden ist oder 2. den Schuldner vor dem Eröffnungsantrag in allgemeiner Form über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dessen Folgen beraten hat. (2) 1Der Verwalter erhält eine Urkunde über seine Bestellung. 2Bei Beendigung seines Amtes hat er die Urkunde dem Insolvenzgericht zurückzugeben. § 56a Gläubigerbeteiligung bei der Verwalterbestellung (1) Vor der Bestellung des Verwalters ist dem vorläufigen Gläubigerausschuss Gelegenheit zu geben, sich zu den Anforderungen, die an den Verwalter zu stellen sind, und zur Person des Verwalters zu äußern, soweit dies nicht innerhalb von zwei Werktagen offensichtlich zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führt. (2) 1Das Gericht darf von einem einstimmigen Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses zur Person des Verwalters nur abweichen, wenn die vorgeschlagene Person für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist. 2Das Gericht hat bei der Auswahl des Verwalters die vom vorläufigen Gläubigerausschuss beschlossenen Anforderungen an die Person des Verwalters zugrunde zu legen. (3) 1Sieht das Gericht mit Rücksicht auf eine nachteilige Veränderung der Vermögenslage des Schuldners von einer Anhörung nach Absatz 1 ab, hat es seine Entscheidung schriftlich zu begründen. 2Der vorläufige Gläubigerausschuss kann in seiner ersten Sitzung einstimmig eine andere Person als die bestellte zum Insolvenzverwalter wählen.
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§ 56b Verwalterbestellung bei Schuldnern derselben Unternehmensgruppe (1) 1Wird über das Vermögen von gruppenangehörigen Schuldnern die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt, so haben die angegangenen Insolvenzgerichte sich darüber abzustimmen, ob es im Interesse der Gläubiger liegt, lediglich eine Person zum Insolvenzverwalter zu bestellen. 2Bei der Abstimmung ist insbesondere zu erörtern, ob diese Person alle Verfahren über die gruppenangehörigen Schuldner mit der gebotenen Unabhängigkeit wahrnehmen kann und ob mögliche Interessenkonflikte durch die Bestellung von Sonderinsolvenzverwaltern ausgeräumt werden können. (2) 1Von dem Vorschlag oder den Vorgaben eines vorläufigen Gläubigerausschusses nach § 56a kann das Gericht abweichen, wenn der für einen anderen gruppenangehörigen Schuldner bestellte vorläufige Gläubigerausschuss eine andere Person einstimmig vorschlägt, die sich für eine Tätigkeit nach Absatz 1 Satz 1 eignet. 2Vor der Bestellung dieser Person ist der vorläufige Gläubigerausschuss anzuhören. 3Ist zur Auflösung von Interessenkonflikten ein Sonderinsolvenzverwalter zu bestellen, findet § 56a entsprechende Anwendung. § 57 Wahl eines anderen Insolvenzverwalters 1
In der ersten Gläubigerversammlung, die auf die Bestellung des Insolvenzverwalters folgt, können die Gläubiger an dessen Stelle eine andere Person wählen. 2 Die andere Person ist gewählt, wenn neben der in § 76 Abs. 2 genannten Mehrheit auch die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger für sie gestimmt hat. 3Das Gericht kann die Bestellung des Gewählten nur versagen, wenn dieser für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist. 4Gegen die Versagung steht jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. § 58 Aufsicht des Insolvenzgerichts (1) 1Der Insolvenzverwalter steht unter der Aufsicht des Insolvenzgerichts. 2 Das Gericht kann jederzeit einzelne Auskünfte oder einen Bericht über den Sachstand und die Geschäftsführung von ihm verlangen. (2) 1Erfüllt der Verwalter seine Pflichten nicht, so kann das Gericht nach vorheriger Androhung Zwangsgeld gegen ihn festsetzen. 2Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von fünfundzwanzigtausend Euro nicht übersteigen. 3 Gegen den Beschluss steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. (3) Absatz 2 gilt entsprechend für die Durchsetzung der Herausgabepflichten eines entlassenen Verwalters.
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§ 59 Entlassung des Insolvenzverwalters (1) 1Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. 2Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenzgläubigers erfolgen. 3Auf Antrag des Schuldners oder eines Insolvenzgläubigers erfolgt die Entlassung nur, wenn dies innerhalb von sechs Monaten nach der Bestellung beantragt wird und der Verwalter nicht unabhängig ist; dies ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. 4Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Verwalter zu hören. (2) 1Gegen die Entlassung steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. 2 Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. 3Hat die Gläubigerversammlung den Antrag gestellt, steht auch jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. § 60 Haftung des Insolvenzverwalters (1) 1Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. 2Er hat für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen. (2) Soweit er zur Erfüllung der ihm als Verwalter obliegenden Pflichten Angestellte des Schuldners im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit einsetzen muss und diese Angestellten nicht offensichtlich ungeeignet sind, hat der Verwalter ein Verschulden dieser Personen nicht gemäß § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu vertreten, sondern ist nur für deren Überwachung und für Entscheidungen von besonderer Bedeutung verantwortlich. § 61 Nichterfüllung von Masseverbindlichkeiten 1
Kann eine Masseverbindlichkeit, die durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden ist, aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden, so ist der Verwalter dem Massegläubiger zum Schadenersatz verpflichtet. 2Dies gilt nicht, wenn der Verwalter bei der Begründung der Verbindlichkeit nicht erkennen konnte, dass die Masse voraussichtlich zur Erfüllung nicht ausreichen würde. § 62 Verjährung 1 Die Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des Schadens, der aus einer Pflichtverletzung des Insolvenzverwalters entstanden ist, richtet sich nach den Rege-
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lungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Der Anspruch verjährt spätestens in drei Jahren von der Aufhebung oder der Rechtskraft der Einstellung des Insolvenzverfahrens an. 3Für Pflichtverletzungen, die im Rahmen einer Nachtragsverteilung (§ 203) oder einer Überwachung der Planerfüllung (§ 260) begangen worden sind, gilt Satz 2 mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Aufhebung des Insolvenzverfahrens der Vollzug der Nachtragsverteilung oder die Beendigung der Überwachung tritt. 2
§ 63 Vergütung des Insolvenzverwalters (1) 1Der Insolvenzverwalter hat Anspruch auf Vergütung für seine Geschäftsführung und auf Erstattung angemessener Auslagen. 2Der Regelsatz der Vergütung wird nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Insolvenzverfahrens berechnet. 3Dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäftsführung des Verwalters wird durch Abweichungen vom Regelsatz Rechnung getragen. (2) Sind die Kosten des Verfahrens nach § 4a gestundet, steht dem Insolvenzverwalter für seine Vergütung und seine Auslagen ein Anspruch gegen die Staatskasse zu, soweit die Insolvenzmasse dafür nicht ausreicht. (3) 1Die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters wird gesondert vergütet. Er erhält in der Regel 25 Prozent der Vergütung des Insolvenzverwalters bezogen auf das Vermögen, auf das sich seine Tätigkeit während des Eröffnungsverfahrens erstreckt. 3Maßgebend für die Wertermittlung ist der Zeitpunkt der Beendigung der vorläufigen Verwaltung oder der Zeitpunkt, ab dem der Gegenstand nicht mehr der vorläufigen Verwaltung unterliegt. 4Beträgt die Differenz des tatsächlichen Werts der Berechnungsgrundlage der Vergütung zu dem der Vergütung zugrunde gelegten Wert mehr als 20 Prozent, so kann das Gericht den Beschluss über die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Vergütung des Insolvenzverwalters ändern. 2
§ 64 Festsetzung durch das Gericht (1) Das Insolvenzgericht setzt die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters durch Beschluss fest. (2) 1Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen und dem Verwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubigerausschuss bestellt ist, den Mitgliedern des Ausschusses besonders zuzustellen. 2Die festgesetzten Beträge sind nicht zu veröffentlichen; in der öffentlichen Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, dass der vollständige Beschluss in der Geschäftsstelle eingesehen werden kann.
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(3) 1Gegen den Beschluss steht dem Verwalter, dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. 2§ 567 Abs. 2 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. § 65 Verordnungsermächtigung Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, die Vergütung und die Erstattung der Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters und des Insolvenzverwalters sowie das hierfür maßgebliche Verfahren durch Rechtsverordnung zu regeln. § 66 Rechnungslegung (1) Der Insolvenzverwalter hat bei der Beendigung seines Amtes einer Gläubigerversammlung Rechnung zu legen. (2) 1Vor der Gläubigerversammlung prüft das Insolvenzgericht die Schlussrechnung des Verwalters. 2Es legt die Schlussrechnung mit den Belegen, mit einem Vermerk über die Prüfung und, wenn ein Gläubigerausschuss bestellt ist, mit dessen Bemerkungen zur Einsicht der Beteiligten aus; es kann dem Gläubigerausschuss für dessen Stellungnahme eine Frist setzen. 3Der Zeitraum zwischen der Auslegung der Unterlagen und dem Termin der Gläubigerversammlung soll mindestens eine Woche betragen. (3) 1Die Gläubigerversammlung kann dem Verwalter aufgeben, zu bestimmten Zeitpunkten während des Verfahrens Zwischenrechnung zu legen. 2Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend. (4) Der Insolvenzplan kann eine abweichende Regelung treffen. § 67 Einsetzung des Gläubigerausschusses (1) Vor der ersten Gläubigerversammlung kann das Insolvenzgericht einen Gläubigerausschuss einsetzen. (2) 1Im Gläubigerausschuss sollen die absonderungsberechtigten Gläubiger, die Insolvenzgläubiger mit den höchsten Forderungen und die Kleingläubiger vertreten sein. 2Dem Ausschuss soll ein Vertreter der Arbeitnehmer angehören. (3) Zu Mitgliedern des Gläubigerausschusses können auch Personen bestellt werden, die keine Gläubiger sind.
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§ 68 Wahl anderer Mitglieder (1) 1Die Gläubigerversammlung beschließt, ob ein Gläubigerausschuss eingesetzt werden soll. 2Hat das Insolvenzgericht bereits einen Gläubigerausschuss eingesetzt, so beschließt sie, ob dieser beibehalten werden soll. (2) Sie kann vom Insolvenzgericht bestellte Mitglieder abwählen und andere oder zusätzliche Mitglieder des Gläubigerausschusses wählen. § 69 Aufgaben des Gläubigerausschusses 1
Die Mitglieder des Gläubigerausschusses haben den Insolvenzverwalter bei seiner Geschäftsführung zu unterstützen und zu überwachen. 2Sie haben sich über den Gang der Geschäfte zu unterrichten sowie die Bücher und Geschäftspapiere einsehen und den Geldverkehr und -bestand prüfen zu lassen. § 70 Entlassung 1 Das Insolvenzgericht kann ein Mitglied des Gläubigerausschusses aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. 2Die Entlassung kann von Amts wegen, auf Antrag des Mitglieds des Gläubigerausschusses oder auf Antrag der Gläubigerversammlung erfolgen. 3Vor der Entscheidung des Gerichts ist das Mitglied des Gläubigerausschusses zu hören; gegen die Entscheidung steht ihm die sofortige Beschwerde zu.
§ 71 Haftung der Mitglieder des Gläubigerausschusses 1 Die Mitglieder des Gläubigerausschusses sind den absonderungsberechtigten Gläubigern und den Insolvenzgläubigern zum Schadenersatz verpflichtet, wenn sie schuldhaft die Pflichten verletzen, die ihnen nach diesem Gesetz obliegen. 2 § 62 gilt entsprechend.
§ 72 Beschlüsse des Gläubigerausschusses Ein Beschluss des Gläubigerausschusses ist gültig, wenn die Mehrheit der Mitglieder an der Beschlussfassung teilgenommen hat und der Beschluss mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst worden ist.
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§ 73 Vergütung der Mitglieder des Gläubigerausschusses (1) 1Die Mitglieder des Gläubigerausschusses haben Anspruch auf Vergütung für ihre Tätigkeit und auf Erstattung angemessener Auslagen. 2Dabei ist dem Zeitaufwand und dem Umfang der Tätigkeit Rechnung zu tragen. (2) § 63 Abs. 2 sowie die §§ 64 und 65 gelten entsprechend. § 74 Einberufung der Gläubigerversammlung (1) 1Die Gläubigerversammlung wird vom Insolvenzgericht einberufen. 2Zur Teilnahme an der Versammlung sind alle absonderungsberechtigten Gläubiger, alle Insolvenzgläubiger, der Insolvenzverwalter, die Mitglieder des Gläubigerausschusses und der Schuldner berechtigt. (2) 1Die Zeit, der Ort und die Tagesordnung der Gläubigerversammlung sind öffentlich bekannt zu machen. 2Die öffentliche Bekanntmachung kann unterbleiben, wenn in einer Gläubigerversammlung die Verhandlung vertagt wird. § 75 Antrag auf Einberufung (1) Die Gläubigerversammlung ist einzuberufen, wenn dies beantragt wird: 1. vom Insolvenzverwalter; 2. vom Gläubigerausschuss; 3. von mindestens fünf absonderungsberechtigten Gläubigern oder nicht nachrangigen Insolvenzgläubigern, deren Absonderungsrechte und Forderungen nach der Schätzung des Insolvenzgerichts zusammen ein Fünftel der Summe erreichen, die sich aus dem Wert aller Absonderungsrechte und den Forderungsbeträgen aller nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger ergibt; 4. von einem oder mehreren absonderungsberechtigten Gläubigern oder nicht nachrangigen Insolvenzgläubigern, deren Absonderungsrechte und Forderungen nach der Schätzung des Gerichts zwei Fünftel der in Nummer 3 bezeichneten Summe erreichen. (2) Der Zeitraum zwischen dem Eingang des Antrags und dem Termin der Gläubigerversammlung soll höchstens drei Wochen betragen. (3) Wird die Einberufung abgelehnt, so steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu.
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§ 76 Beschlüsse der Gläubigerversammlung (1) Die Gläubigerversammlung wird vom Insolvenzgericht geleitet. (2) Ein Beschluss der Gläubigerversammlung kommt zustande, wenn die Summe der Forderungsbeträge der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der Forderungsbeträge der abstimmenden Gläubiger beträgt; bei absonderungsberechtigten Gläubigern, denen der Schuldner nicht persönlich haftet, tritt der Wert des Absonderungsrechts an die Stelle des Forderungsbetrags. § 77 Feststellung des Stimmrechts (1) 1Ein Stimmrecht gewähren die Forderungen, die angemeldet und weder vom Insolvenzverwalter noch von einem stimmberechtigten Gläubiger bestritten worden sind. 2Nachrangige Gläubiger sind nicht stimmberechtigt. (2) 1Die Gläubiger, deren Forderungen bestritten werden, sind stimmberechtigt, soweit sich in der Gläubigerversammlung der Verwalter und die erschienenen stimmberechtigten Gläubiger über das Stimmrecht geeinigt haben. 2Kommt es nicht zu einer Einigung, so entscheidet das Insolvenzgericht. 3Es kann seine Entscheidung auf den Antrag des Verwalters oder eines in der Gläubigerversammlung erschienenen Gläubigers ändern. (3) Absatz 2 gilt entsprechend 1. für die Gläubiger aufschiebend bedingter Forderungen; 2. für die absonderungsberechtigten Gläubiger. § 78 Aufhebung eines Beschlusses der Gläubigerversammlung (1) Widerspricht ein Beschluss der Gläubigerversammlung dem gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger, so hat das Insolvenzgericht den Beschluss aufzuheben, wenn ein absonderungsberechtigter Gläubiger, ein nicht nachrangiger Insolvenzgläubiger oder der Insolvenzverwalter dies in der Gläubigerversammlung beantragt. (2) 1Die Aufhebung des Beschlusses ist öffentlich bekannt zu machen. 2Gegen die Aufhebung steht jedem absonderungsberechtigten Gläubiger und jedem nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. 3Gegen die Ablehnung des Antrags auf Aufhebung steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu.
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§ 79 Unterrichtung der Gläubigerversammlung 1
Die Gläubigerversammlung ist berechtigt, vom Insolvenzverwalter einzelne Auskünfte und einen Bericht über den Sachstand und die Geschäftsführung zu verlangen. 2Ist ein Gläubigerausschuss nicht bestellt, so kann die Gläubigerversammlung den Geldverkehr und -bestand des Verwalters prüfen lassen. Dritter Teil Wirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Erster Abschnitt Allgemeine Wirkungen § 80 Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts (1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.
(2) 1Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. 2Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt. § 81 Verfügungen des Schuldners (1) 1Hat der Schuldner nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über einen Gegenstand der Insolvenzmasse verfügt, so ist diese Verfügung unwirksam. 2 Unberührt bleiben die §§ 892, 893 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken und §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen. 3Dem anderen Teil ist die Gegenleistung aus der Insolvenzmasse zurückzugewähren, soweit die Masse durch sie bereichert ist. (2) 1Für eine Verfügung über künftige Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis des Schuldners oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge gilt Absatz 1 auch insoweit, als die Bezüge für die Zeit nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens betroffen sind. 2Das Recht des Schuldners zur Abtretung dieser Bezüge an einen Treuhänder mit dem Ziel der gemeinschaftlichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger bleibt unberührt. (3) 1Hat der Schuldner am Tag der Eröffnung des Verfahrens verfügt, so wird vermutet, dass er nach der Eröffnung verfügt hat. 2Eine Verfügung des Schuld-
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ners über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes nach der Eröffnung ist, unbeschadet der §§ 129 bis 147, wirksam, wenn sie am Tag der Eröffnung erfolgt und der andere Teil nachweist, dass er die Eröffnung des Verfahrens weder kannte noch kennen musste. § 82 Leistungen an den Schuldner 1
Ist nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Erfüllung einer Verbindlichkeit an den Schuldner geleistet worden, obwohl die Verbindlichkeit zur Insolvenzmasse zu erfüllen war, so wird der Leistende befreit, wenn er zur Zeit der Leistung die Eröffnung des Verfahrens nicht kannte. 2Hat er vor der öffentlichen Bekanntmachung der Eröffnung geleistet, so wird vermutet, dass er die Eröffnung nicht kannte. § 83 Erbschaft. Fortgesetzte Gütergemeinschaft (1) 1Ist dem Schuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Erbschaft oder ein Vermächtnis angefallen oder geschieht dies während des Verfahrens, so steht die Annahme oder Ausschlagung nur dem Schuldner zu. 2 Gleiches gilt von der Ablehnung der fortgesetzten Gütergemeinschaft. (2) Ist der Schuldner Vorerbe, so darf der Insolvenzverwalter über die Gegenstände der Erbschaft nicht verfügen, wenn die Verfügung im Falle des Eintritts der Nacherbfolge nach § 2115 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Nacherben gegenüber unwirksam ist. § 84 Auseinandersetzung einer Gesellschaft oder Gemeinschaft (1) 1Besteht zwischen dem Schuldner und Dritten eine Gemeinschaft nach Bruchteilen, eine andere Gemeinschaft oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, so erfolgt die Teilung oder sonstige Auseinandersetzung außerhalb des Insolvenzverfahrens. 2Aus dem dabei ermittelten Anteil des Schuldners kann für Ansprüche aus dem Rechtsverhältnis abgesonderte Befriedigung verlangt werden. (2) 1Eine Vereinbarung, durch die bei einer Gemeinschaft nach Bruchteilen das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit ausgeschlossen oder eine Kündigungsfrist bestimmt worden ist, hat im Verfahren keine Wirkung. 2Gleiches gilt für eine Anordnung dieses Inhalts, die ein Erblasser für die Gemeinschaft seiner Erben getroffen hat, und für eine entsprechende Vereinbarung der Miterben.
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§ 85 Aufnahme von Aktivprozessen (1) 1Rechtsstreitigkeiten über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für den Schuldner anhängig sind, können in der Lage, in der sie sich befinden, vom Insolvenzverwalter aufgenommen werden. 2Wird die Aufnahme verzögert, so gilt § 239 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung entsprechend. (2) Lehnt der Verwalter die Aufnahme des Rechtsstreits ab, so können sowohl der Schuldner als auch der Gegner den Rechtsstreit aufnehmen. § 86 Aufnahme bestimmter Passivprozesse (1) Rechtsstreitigkeiten, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner anhängig sind, können sowohl vom Insolvenzverwalter als auch vom Gegner aufgenommen werden, wenn sie betreffen: 1. die Aussonderung eines Gegenstands aus der Insolvenzmasse, 2. die abgesonderte Befriedigung oder 3. eine Masseverbindlichkeit. (2) Erkennt der Verwalter den Anspruch sofort an, so kann der Gegner einen Anspruch auf Erstattung der Kosten des Rechtsstreits nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. § 87 Forderungen der Insolvenzgläubiger Die Insolvenzgläubiger können ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen. § 88 Vollstreckung vor Verfahrenseröffnung (1) Hat ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt, so wird diese Sicherung mit der Eröffnung des Verfahrens unwirksam. (2) Die in Absatz 1 genannte Frist beträgt drei Monate, wenn ein Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 304 eröffnet wird.
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§ 89 Vollstreckungsverbot (1) Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger sind während der Dauer des Insolvenzverfahrens weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig. (2) 1Zwangsvollstreckungen in künftige Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis des Schuldners oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge sind während der Dauer des Verfahrens auch für Gläubiger unzulässig, die keine Insolvenzgläubiger sind. 2Dies gilt nicht für die Zwangsvollstreckung wegen eines Unterhaltsanspruchs oder einer Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung in den Teil der Bezüge, der für andere Gläubiger nicht pfändbar ist. (3) 1Über Einwendungen, die auf Grund des Absatzes 1 oder 2 gegen die Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckung erhoben werden, entscheidet das Insolvenzgericht. 2Das Gericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen oder nur gegen Sicherheitsleistung fortzusetzen sei. § 90 Vollstreckungsverbot bei Masseverbindlichkeiten (1) Zwangsvollstreckungen wegen Masseverbindlichkeiten, die nicht durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden sind, sind für die Dauer von sechs Monaten seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unzulässig. (2) Nicht als derartige Masseverbindlichkeiten gelten die Verbindlichkeiten: 1. aus einem gegenseitigen Vertrag, dessen Erfüllung der Verwalter gewählt hat; 2. aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Verwalter kündigen konnte; 3. aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der Verwalter für die Insolvenzmasse die Gegenleistung in Anspruch nimmt. § 91 Ausschluss sonstigen Rechtserwerbs (1) Rechte an den Gegenständen der Insolvenzmasse können nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht wirksam erworben werden, auch wenn keine Verfügung des Schuldners und keine Zwangsvollstreckung für einen Insolvenzgläubiger zugrunde liegt.
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(2) Unberührt bleiben die §§ 878, 892, 893 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, § 3 Abs. 3, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken, § 5 Abs. 3, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen und § 20 Abs. 3 der Schiffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung. § 92 Gesamtschaden 1
Ansprüche der Insolvenzgläubiger auf Ersatz eines Schadens, den diese Gläubiger gemeinschaftlich durch eine Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlitten haben (Gesamtschaden), können während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. 2Richten sich die Ansprüche gegen den Verwalter, so können sie nur von einem neu bestellten Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. § 93 Persönliche Haftung der Gesellschafter Ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien eröffnet, so kann die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. § 94 Erhaltung einer Aufrechnungslage Ist ein Insolvenzgläubiger zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes oder auf Grund einer Vereinbarung zur Aufrechnung berechtigt, so wird dieses Recht durch das Verfahren nicht berührt. § 95 Eintritt der Aufrechnungslage im Verfahren (1) 1Sind zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen noch aufschiebend bedingt oder nicht fällig oder die Forderungen noch nicht auf gleichartige Leistungen gerichtet, so kann die Aufrechnung erst erfolgen, wenn ihre Voraussetzungen eingetreten sind. 2 Die §§ 41, 45 sind nicht anzuwenden. 3Die Aufrechnung ist ausgeschlossen, wenn die Forderung, gegen die aufgerechnet werden soll, unbedingt und fällig wird, bevor die Aufrechnung erfolgen kann. (2) 1Die Aufrechnung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Forderungen auf unterschiedliche Währungen oder Rechnungseinheiten lauten, wenn diese Währungen oder Rechnungseinheiten am Zahlungsort der Forderung, gegen die aufgerechnet wird, frei getauscht werden können. 2Die Umrechnung erfolgt
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nach dem Kurswert, der für diesen Ort zur Zeit des Zugangs der Aufrechnungserklärung maßgeblich ist. § 96 Unzulässigkeit der Aufrechnung (1) Die Aufrechnung ist unzulässig, 1. wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist, 2. wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat, 3. wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat, 4. wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet. (2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes. § 97 Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners. (1) 1Der Schuldner ist verpflichtet, dem Insolvenzgericht, dem Insolvenzverwalter, dem Gläubigerausschuss und auf Anordnung des Gerichts der Gläubigerversammlung über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben. 2Er hat auch Tatsachen zu offenbaren, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen. 3 Jedoch darf eine Auskunft, die der Schuldner gemäß seiner Verpflichtung nach Satz 1 erteilt, in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten gegen den Schuldner oder einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen des Schuldners nur mit Zustimmung des Schuldners verwendet werden. (2) Der Schuldner hat den Verwalter bei der Erfüllung von dessen Aufgaben zu unterstützen.
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(3) 1Der Schuldner ist verpflichtet, sich auf Anordnung des Gerichts jederzeit zur Verfügung zu stellen, um seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten zu erfüllen. 2Er hat alle Handlungen zu unterlassen, die der Erfüllung dieser Pflichten zuwiderlaufen. § 98 Durchsetzung der Pflichten des Schuldners (1) 1Wenn es zur Herbeiführung wahrheitsgemäßer Aussagen erforderlich erscheint, ordnet das Insolvenzgericht an, dass der Schuldner zu Protokoll an Eides statt versichert, er habe die von ihm verlangte Auskunft nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig erteilt. 2Die §§ 478 bis 480, 483 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. (2) Das Gericht kann den Schuldner zwangsweise vorführen und nach Anhörung in Haft nehmen lassen, 1. wenn der Schuldner eine Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung oder die Mitwirkung bei der Erfüllung der Aufgaben des Insolvenzverwalters verweigert; 2. wenn der Schuldner sich der Erfüllung seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflichten entziehen will, insbesondere Anstalten zur Flucht trifft, oder 3. wenn dies zur Vermeidung von Handlungen des Schuldners, die der Erfüllung seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflichten zuwiderlaufen, insbesondere zur Sicherung der Insolvenzmasse, erforderlich ist. (3) 1Für die Anordnung von Haft gelten die § 802g Abs. 2, §§ 802h und 802j Abs. 1 der Zivilprozessordnung entsprechend. 2Der Haftbefehl ist von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen für die Anordnung von Haft nicht mehr vorliegen. 3Gegen die Anordnung der Haft und gegen die Abweisung eines Antrags auf Aufhebung des Haftbefehls wegen Wegfalls seiner Voraussetzungen findet die sofortige Beschwerde statt. § 99 Postsperre (1) 1Soweit dies erforderlich erscheint, um für die Gläubiger nachteilige Rechtshandlungen des Schuldners aufzuklären oder zu verhindern, ordnet das Insolvenzgericht auf Antrag des Insolvenzverwalters oder von Amts wegen durch begründeten Beschluss an, dass die in dem Beschluss bezeichneten Unternehmen bestimmte oder alle Postsendungen für den Schuldner dem Verwalter zuzuleiten haben. 2Die Anordnung ergeht nach Anhörung des Schuldners, sofern dadurch nicht wegen besonderer Umstände des Einzelfalls der Zweck der Anordnung gefährdet wird. 3Unterbleibt die vorherige Anhörung des Schuldners, so ist dies in dem Beschluss gesondert zu begründen und die Anhörung unverzüglich nachzuholen.
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(2) 1Der Verwalter ist berechtigt, die ihm zugeleiteten Sendungen zu öffnen. Sendungen, deren Inhalt nicht die Insolvenzmasse betrifft, sind dem Schuldner unverzüglich zuzuleiten. 3Die übrigen Sendungen kann der Schuldner einsehen. 2
(3) 1Gegen die Anordnung der Postsperre steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. 2Das Gericht hat die Anordnung nach Anhörung des Verwalters aufzuheben, soweit ihre Voraussetzungen fortfallen. § 100 Unterhalt aus der Insolvenzmasse (1) Die Gläubigerversammlung beschließt, ob und in welchem Umfang dem Schuldner und seiner Familie Unterhalt aus der Insolvenzmasse gewährt werden soll. (2) 1Bis zur Entscheidung der Gläubigerversammlung kann der Insolvenzverwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses, wenn ein solcher bestellt ist, dem Schuldner den notwendigen Unterhalt gewähren. 2In gleicher Weise kann den minderjährigen unverheirateten Kindern des Schuldners, seinem Ehegatten, seinem früheren Ehegatten, seinem Lebenspartner, seinem früheren Lebenspartner und dem anderen Elternteil seines Kindes hinsichtlich des Anspruchs nach den §§ 1615l, 1615n des Bürgerlichen Gesetzbuchs Unterhalt gewährt werden. § 101 Organschaftliche Vertreter. Angestellte (1) 1Ist der Schuldner keine natürliche Person, so gelten die §§ 97 bis 99 entsprechend für die Mitglieder des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans und die vertretungsberechtigten persönlich haftenden Gesellschafter des Schuldners. 2 § 97 Abs. 1 und § 98 gelten außerdem entsprechend für Personen, die nicht früher als zwei Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus einer in Satz 1 genannten Stellung ausgeschieden sind; verfügt der Schuldner über keinen Vertreter, gilt dies auch für die Personen, die an ihm beteiligt sind. 3 § 100 gilt entsprechend für die vertretungsberechtigten persönlich haftenden Gesellschafter des Schuldners. (2) § 97 Abs. 1 Satz 1 gilt entsprechend für Angestellte und frühere Angestellte des Schuldners, sofern diese nicht früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag ausgeschieden sind. (3) Kommen die in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen ihrer Auskunfts- und Mitwirkungspflicht nicht nach, können ihnen im Fall der Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Kosten des Verfahrens auferlegt werden.
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§ 102 Einschränkung eines Grundrechts Durch § 21 Abs. 2 Nr. 4 und die §§ 99, 101 Abs. 1 Satz 1 wird das Grundrecht des Briefgeheimnisses sowie des Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 Grundgesetz) eingeschränkt. Zweiter Abschnitt Erfüllung der Rechtsgeschäfte. Mitwirkung des Betriebsrats § 103 Wahlrecht des Insolvenzverwalters (1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen. (2) 1Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. 2 Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. 3Unterlässt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen. § 104 Fixgeschäfte, Finanzleistungen, vertragliches Liquidationsnetting (1) 1War die Lieferung von Waren, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, genau zu einer festbestimmten Zeit oder innerhalb einer festbestimmten Frist vereinbart und tritt die Zeit oder der Ablauf der Frist erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein, so kann nicht Erfüllung verlangt, sondern nur eine Forderung wegen Nichterfüllung geltend gemacht werden. 2Dies gilt auch für Geschäfte über Finanzleistungen, die einen Markt- oder Börsenpreis haben und für die eine bestimmte Zeit oder eine bestimmte Frist vereinbart war, die nach der Eröffnung des Verfahrens eintritt oder abläuft. 3Als Finanzleistungen gelten insbesondere 1. die Lieferung von Edelmetallen, 2. die Lieferung von Finanzinstrumenten oder vergleichbaren Rechten, soweit nicht der Erwerb einer Beteiligung an einem Unternehmen zur Herstellung einer dauernden Verbindung beabsichtigt ist, 3. Geldleistungen, a) die in ausländischer Währung oder in einer Rechnungseinheit zu erbringen sind oder
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b) deren Höhe unmittelbar oder mittelbar durch den Kurs einer ausländischen Währung oder einer Rechnungseinheit, durch den Zinssatz von Forderungen oder durch den Preis anderer Güter oder Leistungen bestimmt wird, 4. von Nummer 2 nicht ausgeschlossene Lieferungen und Geldleistungen aus derivativen Finanzinstrumenten, 5. Optionen und andere Rechte auf Lieferungen nach Satz 1 oder auf Lieferungen, Geldleistungen, Optionen und Rechte im Sinne der Nummern 1 bis 5, 6. Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Absatz 17 des Kreditwesengesetzes. 4
Finanzinstrumente im Sinne von Satz 3 Nummer 2 und 4 sind die in Anhang I Abschnitt C der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349; L 74 vom 18.3.2015, S. 38; L 188 vom 13.7.2016, S. 28; L 273 vom 8.10.2016, S. 35), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2016/1034 (ABl. L 175 vom 30.6.2016, S. 8) geändert worden ist, genannten Instrumente. (2) 1Die Forderung wegen Nichterfüllung bestimmt sich nach dem Marktoder Börsenwert des Geschäfts. 2Als Markt- oder Börsenwert gilt 1. der Markt- oder Börsenpreis für ein Ersatzgeschäft, das unverzüglich, spätestens jedoch am fünften Werktag nach der Eröffnung des Verfahrens abgeschlossen wird, oder 2. falls kein Ersatzgeschäft nach Nummer 1 abgeschlossen wird, der Marktoder Börsenpreis für ein Ersatzgeschäft, das am zweiten Werktag nach der Verfahrenseröffnung hätte abgeschlossen werden können. 3 Sofern das Marktgeschehen den Abschluss eines Ersatzgeschäfts nach Satz 2 Nummer 1 oder 2 nicht zulässt, ist der Markt- und Börsenwert nach Methoden und Verfahren zu bestimmen, die Gewähr für eine angemessene Bewertung des Geschäfts bieten.
(3) 1Werden Geschäfte nach Absatz 1 durch einen Rahmenvertrag oder das Regelwerk einer zentralen Gegenpartei im Sinne von § 1 Absatz 31 des Kreditwesengesetzes zu einem einheitlichen Vertrag zusammengefasst, der vorsieht, dass die einbezogenen Geschäfte bei Vorliegen bestimmter Gründe nur einheitlich beendet werden können, gilt die Gesamtheit der einbezogenen Geschäfte als ein Geschäft im Sinne des Absatzes 1. 2Dies gilt auch dann, wenn zugleich andere Geschäfte einbezogen werden; für letztere gelten die allgemeinen Bestimmungen. (4) 1Die Vertragsparteien können abweichende Bestimmungen treffen, sofern diese mit den wesentlichen Grundgedanken der jeweiligen gesetzlichen Rege-
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lung vereinbar sind, von der abgewichen wird. 2Sie können insbesondere vereinbaren, 1. dass die Wirkungen nach Absatz 1 auch vor der Verfahrenseröffnung eintreten, insbesondere bei Stellung des Antrags einer Vertragspartei auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das eigene Vermögen oder bei Vorliegen eines Eröffnungsgrundes (vertragliche Beendigung), 2. dass einer vertraglichen Beendigung auch solche Geschäfte nach Absatz 1 unterliegen, bei denen die Ansprüche auf die Lieferung der Ware oder die Erbringung der Finanzleistung vor der Verfahrenseröffnung, aber nach dem für die vertragliche Beendigung vorgesehenen Zeitpunkt fällig werden, 3. dass zwecks Bestimmung des Markt- oder Börsenwerts des Geschäfts a) der Zeitpunkt der vertraglichen Beendigung an die Stelle der Verfahrenseröffnung tritt, b) die Vornahme des Ersatzgeschäfts nach Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 bis zum Ablauf des 20. Werktags nach der vertraglichen Beendigung erfolgen kann, soweit dies für eine wertschonende Abwicklung erforderlich ist, c) anstelle des in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannten Zeitpunkts ein Zeitpunkt oder Zeitraum zwischen der vertraglichen Beendigung und dem Ablauf des fünften darauf folgenden Werktags maßgeblich ist. (5) Der andere Teil kann die Forderung wegen Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. § 105 Teilbare Leistungen 1
Sind die geschuldeten Leistungen teilbar und hat der andere Teil die ihm obliegende Leistung zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits teilweise erbracht, so ist er mit dem der Teilleistung entsprechenden Betrag seines Anspruchs auf die Gegenleistung Insolvenzgläubiger, auch wenn der Insolvenzverwalter wegen der noch ausstehenden Leistung Erfüllung verlangt. 2 Der andere Teil ist nicht berechtigt, wegen der Nichterfüllung seines Anspruchs auf die Gegenleistung die Rückgabe einer vor der Eröffnung des Verfahrens in das Vermögen des Schuldners übergegangenen Teilleistung aus der Insolvenzmasse zu verlangen. § 106 Vormerkung (1) 1Ist zur Sicherung eines Anspruchs auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück des Schuldners oder an einem für den Schuldner eingetragenen Recht oder zur Sicherung eines Anspruchs auf Än-
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derung des Inhalts oder des Ranges eines solchen Rechts eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen, so kann der Gläubiger für seinen Anspruch Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen. 2Dies gilt auch, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber weitere Verpflichtungen übernommen hat und diese nicht oder nicht vollständig erfüllt sind. (2) Für eine Vormerkung, die im Schiffsregister, Schiffsbauregister oder Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen ist, gilt Absatz 1 entsprechend. § 107 Eigentumsvorbehalt (1) 1Hat vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Schuldner eine bewegliche Sache unter Eigentumsvorbehalt verkauft und dem Käufer den Besitz an der Sache übertragen, so kann der Käufer die Erfüllung des Kaufvertrages verlangen. 2Dies gilt auch, wenn der Schuldner dem Käufer gegenüber weitere Verpflichtungen übernommen hat und diese nicht oder nicht vollständig erfüllt sind. (2) 1Hat vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Schuldner eine bewegliche Sache unter Eigentumsvorbehalt gekauft und vom Verkäufer den Besitz an der Sache erlangt, so braucht der Insolvenzverwalter, den der Verkäufer zur Ausübung des Wahlrechts aufgefordert hat, die Erklärung nach § 103 Abs. 2 Satz 2 erst unverzüglich nach dem Berichtstermin abzugeben. 2Dies gilt nicht, wenn in der Zeit bis zum Berichtstermin eine erhebliche Verminderung des Wertes der Sache zu erwarten ist und der Gläubiger den Verwalter auf diesen Umstand hingewiesen hat. § 108 Fortbestehen bestimmter Schuldverhältnisse (1) 1Miet- und Pachtverhältnisse des Schuldners über unbewegliche Gegenstände oder Räume sowie Dienstverhältnisse des Schuldners bestehen mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. 2Dies gilt auch für Miet- und Pachtverhältnisse, die der Schuldner als Vermieter oder Verpächter eingegangen war und die sonstige Gegenstände betreffen, die einem Dritten, der ihre Anschaffung oder Herstellung finanziert hat, zur Sicherheit übertragen wurden. (2) Ein vom Schuldner als Darlehensgeber eingegangenes Darlehensverhältnis besteht mit Wirkung für die Masse fort, soweit dem Darlehensnehmer der geschuldete Gegenstand zur Verfügung gestellt wurde. (3) Ansprüche für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der andere Teil nur als Insolvenzgläubiger geltend machen.
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§ 109 Schuldner als Mieter oder Pächter (1) 1Ein Miet- oder Pachtverhältnis über einen unbeweglichen Gegenstand oder über Räume, das der Schuldner als Mieter oder Pächter eingegangen war, kann der Insolvenzverwalter ohne Rücksicht auf die vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung kündigen; die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. 2Ist Gegenstand des Mietverhältnisses die Wohnung des Schuldners, so tritt an die Stelle der Kündigung das Recht des Insolvenzverwalters zu erklären, dass Ansprüche, die nach Ablauf der in Satz 1 genannten Frist fällig werden, nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. 3Kündigt der Verwalter nach Satz 1 oder gibt er die Erklärung nach Satz 2 ab, so kann der andere Teil wegen der vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses oder wegen der Folgen der Erklärung als Insolvenzgläubiger Schadenersatz verlangen. (2) 1Waren dem Schuldner der unbewegliche Gegenstand oder die Räume zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens noch nicht überlassen, so kann sowohl der Verwalter als auch der andere Teil vom Vertrag zurücktreten. 2Tritt der Verwalter zurück, so kann der andere Teil wegen der vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses als Insolvenzgläubiger Schadenersatz verlangen. 3 Jeder Teil hat dem anderen auf dessen Verlangen binnen zwei Wochen zu erklären, ob er vom Vertrag zurücktreten will; unterlässt er dies, so verliert er das Rücktrittsrecht. § 110 Schuldner als Vermieter oder Verpächter (1) 1Hatte der Schuldner als Vermieter oder Verpächter eines unbeweglichen Gegenstands oder von Räumen vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Miet- oder Pachtforderung für die spätere Zeit verfügt, so ist diese Verfügung nur wirksam, soweit sie sich auf die Miete oder Pacht für den zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Kalendermonat bezieht. 2Ist die Eröffnung nach dem fünfzehnten Tag des Monats erfolgt, so ist die Verfügung auch für den folgenden Kalendermonat wirksam. (2) 1Eine Verfügung im Sinne des Absatzes 1 ist insbesondere die Einziehung der Miete oder Pacht. 2Einer rechtsgeschäftlichen Verfügung steht eine Verfügung gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt. (3) 1Der Mieter oder der Pächter kann gegen die Miet- oder Pachtforderung für den in Absatz 1 bezeichneten Zeitraum eine Forderung aufrechnen, die ihm gegen den Schuldner zusteht. 2Die §§ 95 und 96 Nr. 2 bis 4 bleiben unberührt.
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§ 111 Veräußerung des Miet- oder Pachtobjekts 1
Veräußert der Insolvenzverwalter einen unbeweglichen Gegenstand oder Räume, die der Schuldner vermietet oder verpachtet hatte, und tritt der Erwerber anstelle des Schuldners in das Miet- oder Pachtverhältnis ein, so kann der Erwerber das Miet- oder Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen. 2Die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist. § 112 Kündigungssperre Ein Miet- oder Pachtverhältnis, das der Schuldner als Mieter oder Pächter eingegangen war, kann der andere Teil nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht kündigen: 1. wegen eines Verzugs mit der Entrichtung der Miete oder Pacht, der in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag eingetreten ist; 2. wegen einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners. § 113 Kündigung eines Dienstverhältnisses 1
Ein Dienstverhältnis, bei dem der Schuldner der Dienstberechtigte ist, kann vom Insolvenzverwalter und vom anderen Teil ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung gekündigt werden. 2Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. 3Kündigt der Verwalter, so kann der andere Teil wegen der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses als Insolvenzgläubiger Schadenersatz verlangen. § 114 (weggefallen) § 115 Erlöschen von Aufträgen (1) Ein vom Schuldner erteilter Auftrag, der sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht, erlischt durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. (2) 1Der Beauftragte hat, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist, die Besorgung des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Insolvenzverwalter anderweitig Fürsorge treffen kann. 2Der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend. 3Mit seinen Ersatzansprüchen aus dieser Fortsetzung ist der Beauftragte Massegläubiger. 966
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(3) 1Solange der Beauftragte die Eröffnung des Verfahrens ohne Verschulden nicht kennt, gilt der Auftrag zu seinen Gunsten als fortbestehend. 2Mit den Ersatzansprüchen aus dieser Fortsetzung ist der Beauftragte Insolvenzgläubiger. § 116 Erlöschen von Geschäftsbesorgungsverträgen 1
Hat sich jemand durch einen Dienst- oder Werkvertrag mit dem Schuldner verpflichtet, ein Geschäft für diesen zu besorgen, so gilt § 115 entsprechend. 2 Dabei gelten die Vorschriften für die Ersatzansprüche aus der Fortsetzung der Geschäftsbesorgung auch für die Vergütungsansprüche. 3Satz 1 findet keine Anwendung auf Zahlungsaufträge sowie auf Aufträge zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen und Aufträge zur Übertragung von Wertpapieren; diese bestehen mit Wirkung für die Masse fort. § 117 Erlöschen von Vollmachten (1) Eine vom Schuldner erteilte Vollmacht, die sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht, erlischt durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. (2) Soweit ein Auftrag oder ein Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 115 Abs. 2 fortbesteht, gilt auch die Vollmacht als fortbestehend. (3) Solange der Bevollmächtigte die Eröffnung des Verfahrens ohne Verschulden nicht kennt, haftet er nicht nach § 179 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. § 118 Auflösung von Gesellschaften 1
Wird eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst, so ist der geschäftsführende Gesellschafter mit den Ansprüchen, die ihm aus der einstweiligen Fortführung eilbedürftiger Geschäfte zustehen, Massegläubiger. 2Mit den Ansprüchen aus der Fortführung der Geschäfte während der Zeit, in der er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne sein Verschulden nicht kannte, ist er Insolvenzgläubiger; § 84 Abs. 1 bleibt unberührt. § 119 Unwirksamkeit abweichender Vereinbarungen Vereinbarungen, durch die im Voraus die Anwendung der §§ 103 bis 118 ausgeschlossen oder beschränkt wird, sind unwirksam.
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§ 120 Kündigung von Betriebsvereinbarungen (1) 1Sind in Betriebsvereinbarungen Leistungen vorgesehen, welche die Insolvenzmasse belasten, so sollen Insolvenzverwalter und Betriebsrat über eine einvernehmliche Herabsetzung der Leistungen beraten. 2Diese Betriebsvereinbarungen können auch dann mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden, wenn eine längere Frist vereinbart ist. (2) Unberührt bleibt das Recht, eine Betriebsvereinbarung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. § 121 Betriebsänderungen und Vermittlungsverfahren Im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Unternehmers gilt § 112 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes mit der Maßgabe, dass dem Verfahren vor der Einigungsstelle nur dann ein Vermittlungsversuch vorangeht, wenn der Insolvenzverwalter und der Betriebsrat gemeinsam um eine solche Vermittlung ersuchen. § 122 Gerichtliche Zustimmung zur Durchführung einer Betriebsänderung (1) 1Ist eine Betriebsänderung geplant und kommt zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat der Interessenausgleich nach § 112 des Betriebsverfassungsgesetzes nicht innerhalb von drei Wochen nach Verhandlungsbeginn oder schriftlicher Aufforderung zur Aufnahme von Verhandlungen zustande, obwohl der Verwalter den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend unterrichtet hat, so kann der Verwalter die Zustimmung des Arbeitsgerichts dazu beantragen, dass die Betriebsänderung durchgeführt wird, ohne dass das Verfahren nach § 112 Abs. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes vorangegangen ist. 2§ 113 Abs. 3 des Betriebsverfassungsgesetzes ist insoweit nicht anzuwenden. 3Unberührt bleibt das Recht des Verwalters, einen Interessenausgleich nach § 125 zustande zu bringen oder einen Feststellungsantrag nach § 126 zu stellen. (2) 1Das Gericht erteilt die Zustimmung, wenn die wirtschaftliche Lage des Unternehmens auch unter Berücksichtigung der sozialen Belange der Arbeitnehmer erfordert, dass die Betriebsänderung ohne vorheriges Verfahren nach § 112 Abs. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes durchgeführt wird. 2Die Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlussverfahren gelten entsprechend; Beteiligte sind der Insolvenzverwalter und der Betriebsrat. 3Der Antrag ist nach Maßgabe des § 61a Abs. 3 bis 6 des Arbeitsgerichtsgesetzes vorrangig zu erledigen. (3) 1Gegen den Beschluss des Gerichts findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht nicht statt. 2Die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht findet statt, wenn sie in dem Beschluss des Arbeitsgerichts zugelassen wird; § 72 968
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Abs. 2 und 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes gilt entsprechend. 3Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung des Arbeitsgerichts beim Bundesarbeitsgericht einzulegen und zu begründen. § 123 Umfang des Sozialplans (1) In einem Sozialplan, der nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgestellt wird, kann für den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen, ein Gesamtbetrag von bis zu zweieinhalb Monatsverdiensten (§ 10 Abs. 3 des Kündigungsschutzgesetzes) der von einer Entlassung betroffenen Arbeitnehmer vorgesehen werden. (2) 1Die Verbindlichkeiten aus einem solchen Sozialplan sind Masseverbindlichkeiten. 2Jedoch darf, wenn nicht ein Insolvenzplan zustande kommt, für die Berichtigung von Sozialplanforderungen nicht mehr als ein Drittel der Masse verwendet werden, die ohne einen Sozialplan für die Verteilung an die Insolvenzgläubiger zur Verfügung stünde. 3Übersteigt der Gesamtbetrag aller Sozialplanforderungen diese Grenze, so sind die einzelnen Forderungen anteilig zu kürzen. (3) 1Sooft hinreichende Barmittel in der Masse vorhanden sind, soll der Insolvenzverwalter mit Zustimmung des Insolvenzgerichts Abschlagszahlungen auf die Sozialplanforderungen leisten. 2Eine Zwangsvollstreckung in die Masse wegen einer Sozialplanforderung ist unzulässig. § 124 Sozialplan vor Verfahrenseröffnung (1) Ein Sozialplan, der vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, jedoch nicht früher als drei Monate vor dem Eröffnungsantrag aufgestellt worden ist, kann sowohl vom Insolvenzverwalter als auch vom Betriebsrat widerrufen werden. (2) Wird der Sozialplan widerrufen, so können die Arbeitnehmer, denen Forderungen aus dem Sozialplan zustanden, bei der Aufstellung eines Sozialplans im Insolvenzverfahren berücksichtigt werden. (3) 1Leistungen, die ein Arbeitnehmer vor der Eröffnung des Verfahrens auf seine Forderung aus dem widerrufenen Sozialplan erhalten hat, können nicht wegen des Widerrufs zurückgefordert werden. 2Bei der Aufstellung eines neuen Sozialplans sind derartige Leistungen an einen von einer Entlassung betroffenen Arbeitnehmer bei der Berechnung des Gesamtbetrags der Sozialplanforderungen nach § 123 Abs. 1 bis zur Höhe von zweieinhalb Monatsverdiensten abzusetzen.
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§ 125 Interessenausgleich und Kündigungsschutz (1) 1Ist eine Betriebsänderung (§ 111 des Betriebsverfassungsgesetzes) geplant und kommt zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat ein Interessenausgleich zustande, in dem die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, namentlich bezeichnet sind, so ist § 1 des Kündigungsschutzgesetzes mit folgenden Maßgaben anzuwenden: 1. es wird vermutet, dass die Kündigung der Arbeitsverhältnisse der bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb oder einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, bedingt ist; 2. die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird. 2
Satz 1 gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. (2) Der Interessenausgleich nach Absatz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 des Kündigungsschutzgesetzes. § 126 Beschlussverfahren zum Kündigungsschutz (1) 1Hat der Betrieb keinen Betriebsrat oder kommt aus anderen Gründen innerhalb von drei Wochen nach Verhandlungsbeginn oder schriftlicher Aufforderung zur Aufnahme von Verhandlungen ein Interessenausgleich nach § 125 Abs. 1 nicht zustande, obwohl der Verwalter den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend unterrichtet hat, so kann der Insolvenzverwalter beim Arbeitsgericht beantragen festzustellen, dass die Kündigung der Arbeitsverhältnisse bestimmter, im Antrag bezeichneter Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt und sozial gerechtfertigt ist. 2Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten nachgeprüft werden. (2) 1Die Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlussverfahren gelten entsprechend; Beteiligte sind der Insolvenzverwalter, der Betriebsrat und die bezeichneten Arbeitnehmer, soweit sie nicht mit der Beendigung der Arbeitsverhältnisse oder mit den geänderten Arbeitsbedingungen einverstanden sind. 2§ 122 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 gilt entsprechend. (3) 1Für die Kosten, die den Beteiligten im Verfahren des ersten Rechtszuges entstehen, gilt § 12a Abs. 1 Satz 1 und 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes entsprechend. 2Im Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten die Vorschriften 970
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der Zivilprozessordnung über die Erstattung der Kosten des Rechtsstreits entsprechend. § 127 Klage des Arbeitnehmers (1) 1Kündigt der Insolvenzverwalter einem Arbeitnehmer, der in dem Antrag nach § 126 Abs. 1 bezeichnet ist, und erhebt der Arbeitnehmer Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst oder die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist, so ist die rechtskräftige Entscheidung im Verfahren nach § 126 für die Parteien bindend. 2Dies gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung wesentlich geändert hat. (2) Hat der Arbeitnehmer schon vor der Rechtskraft der Entscheidung im Verfahren nach § 126 Klage erhoben, so ist die Verhandlung über die Klage auf Antrag des Verwalters bis zu diesem Zeitpunkt auszusetzen. § 128 Betriebsveräußerung (1) 1Die Anwendung der §§ 125 bis 127 wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Betriebsänderung, die dem Interessenausgleich oder dem Feststellungsantrag zugrunde liegt, erst nach einer Betriebsveräußerung durchgeführt werden soll. 2An dem Verfahren nach § 126 ist der Erwerber des Betriebs beteiligt. (2) Im Falle eines Betriebsübergangs erstreckt sich die Vermutung nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder die gerichtliche Feststellung nach § 126 Abs. 1 Satz 1 auch darauf, dass die Kündigung der Arbeitsverhältnisse nicht wegen eines Betriebsübergangs erfolgt. Dritter Abschnitt Insolvenzanfechtung § 129 Grundsatz (1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten. (2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich. § 130 Kongruente Deckung (1) 1Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, 971
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1. wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder 2. wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte. 2
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit). (2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen. (3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahe stand (§ 138), wird vermutet, dass sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte. § 131 Inkongruente Deckung (1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, 1. wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, 2. wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder 3. wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, dass sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) 1Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. 2Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahe stand (§ 138), wird vermutet, dass sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
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§ 132 Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen (1) Anfechtbar ist ein Rechtsgeschäft des Schuldners, das die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt, 1. wenn es in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit des Rechtsgeschäfts der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der andere Teil zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder 2. wenn es nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der andere Teil zur Zeit des Rechtsgeschäfts die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte. (2) Einem Rechtsgeschäft, das die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt, steht eine andere Rechtshandlung des Schuldners gleich, durch die der Schuldner ein Recht verliert oder nicht mehr geltend machen kann oder durch die ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen ihn erhalten oder durchsetzbar wird. (3) § 130 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. § 133 Vorsätzliche Benachteiligung (1) 1Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. 2Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. (2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre. (3) 1Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. 2Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte. (4) 1Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahe stehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. 2Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag
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früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war. § 134 Unentgeltliche Leistung (1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden. (2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar. § 135 Gesellschafterdarlehen (1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 oder für eine gleichgestellte Forderung 1. Sicherung gewährt hat, wenn die Handlung in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, oder 2. Befriedigung gewährt hat, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist. (2) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, mit der eine Gesellschaft einem Dritten für eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens innerhalb der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Fristen Befriedigung gewährt hat, wenn ein Gesellschafter für die Forderung eine Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete; dies gilt sinngemäß für Leistungen auf Forderungen, die einem Darlehen wirtschaftlich entsprechen. (3) 1Wurde dem Schuldner von einem Gesellschafter ein Gegenstand zum Gebrauch oder zur Ausübung überlassen, so kann der Aussonderungsanspruch während der Dauer des Insolvenzverfahrens, höchstens aber für eine Zeit von einem Jahr ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht geltend gemacht werden, wenn der Gegenstand für die Fortführung des Unternehmens des Schuldners von erheblicher Bedeutung ist. 2Für den Gebrauch oder die Ausübung des Gegenstandes gebührt dem Gesellschafter ein Ausgleich; bei der Berechnung ist der Durchschnitt der im letzten Jahr vor Verfahrenseröffnung geleisteten Vergütung in Ansatz zu bringen, bei kürzerer Dauer der Überlassung ist der Durchschnitt während dieses Zeitraums maßgebend. (4) § 39 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.
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§ 136 Stille Gesellschaft (1) 1Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, durch die einem stillen Gesellschafter die Einlage ganz oder teilweise zurückgewährt oder sein Anteil an dem entstandenen Verlust ganz oder teilweise erlassen wird, wenn die zugrunde liegende Vereinbarung im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts oder nach diesem Antrag getroffen worden ist. 2Dies gilt auch dann, wenn im Zusammenhang mit der Vereinbarung die stille Gesellschaft aufgelöst worden ist. (2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn ein Eröffnungsgrund erst nach der Vereinbarung eingetreten ist. § 137 Wechsel- und Scheckzahlungen (1) Wechselzahlungen des Schuldners können nicht auf Grund des § 130 vom Empfänger zurückgefordert werden, wenn nach Wechselrecht der Empfänger bei einer Verweigerung der Annahme der Zahlung den Wechselanspruch gegen andere Wechselverpflichtete verloren hätte. (2) 1Die gezahlte Wechselsumme ist jedoch vom letzten Rückgriffsverpflichteten oder, wenn dieser den Wechsel für Rechnung eines Dritten begeben hatte, von dem Dritten zu erstatten, wenn der letzte Rückgriffsverpflichtete oder der Dritte zu der Zeit, als er den Wechsel begab oder begeben ließ, die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder den Eröffnungsantrag kannte. 2§ 130 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für Scheckzahlungen des Schuldners. § 138 Nahe stehende Personen (1) Ist der Schuldner eine natürliche Person, so sind nahe stehende Personen: 1. der Ehegatte des Schuldners, auch wenn die Ehe erst nach der Rechtshandlung geschlossen oder im letzten Jahr vor der Handlung aufgelöst worden ist; 1a. der Lebenspartner des Schuldners, auch wenn die Lebenspartnerschaft erst nach der Rechtshandlung eingegangen oder im letzten Jahr vor der Handlung aufgelöst worden ist; 2. Verwandte des Schuldners oder des in Nummer 1 bezeichneten Ehegatten oder des in Nummer 1a bezeichneten Lebenspartners in auf- und absteigender Linie und voll- und halbbürtige Geschwister des Schuldners oder des in Nummer 1 bezeichneten Ehegatten oder des in Nummer 1a be-
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zeichneten Lebenspartners sowie die Ehegatten oder Lebenspartner dieser Personen; 3. Personen, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Schuldner leben oder im letzten Jahr vor der Handlung in häuslicher Gemeinschaft mit dem Schuldner gelebt haben sowie Personen, die sich auf Grund einer dienstvertraglichen Verbindung zum Schuldner über dessen wirtschaftliche Verhältnisse unterrichten können; 4. eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, wenn der Schuldner oder eine der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen Mitglied des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans, persönlich haftender Gesellschafter oder zu mehr als einem Viertel an deren Kapital beteiligt ist oder auf Grund einer vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen oder dienstvertraglichen Verbindung die Möglichkeit hat, sich über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners zu unterrichten. (2) Ist der Schuldner eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, so sind nahe stehende Personen: 1. die Mitglieder des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans und persönlich haftende Gesellschafter des Schuldners sowie Personen, die zu mehr als einem Viertel am Kapital des Schuldners beteiligt sind; 2. eine Person oder eine Gesellschaft, die auf Grund einer vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen oder dienstvertraglichen Verbindung zum Schuldner die Möglichkeit haben, sich über dessen wirtschaftliche Verhältnisse zu unterrichten; 3. eine Person, die zu einer der in Nummer 1 oder 2 bezeichneten Personen in einer in Absatz 1 bezeichneten persönlichen Verbindung steht; dies gilt nicht, soweit die in Nummer 1 oder 2 bezeichneten Personen kraft Gesetzes in den Angelegenheiten des Schuldners zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. § 139 Berechnung der Fristen vor dem Eröffnungsantrag (1) 1Die in den §§ 88, 130 bis 136 bestimmten Fristen beginnen mit dem Anfang des Tages, der durch seine Zahl dem Tag entspricht, an dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Insolvenzgericht eingegangen ist. 2Fehlt ein solcher Tag, so beginnt die Frist mit dem Anfang des folgenden Tages. (2) 1Sind mehrere Eröffnungsanträge gestellt worden, so ist der erste zulässige und begründete Antrag maßgeblich, auch wenn das Verfahren auf Grund eines späteren Antrags eröffnet worden ist. 2Ein rechtskräftig abgewiesener Antrag wird nur berücksichtigt, wenn er mangels Masse abgewiesen worden ist.
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§ 140 Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung (1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. (2) 1Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. 2 Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt. (3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht. § 141 Vollstreckbarer Titel Die Anfechtung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass für die Rechtshandlung ein vollstreckbarer Schuldtitel erlangt oder dass die Handlung durch Zwangsvollstreckung erwirkt worden ist. § 142 Bargeschäft (1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte. (2) 1Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. 2Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. 3Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.
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§ 143 Rechtsfolgen (1) 1Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muss zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. 2Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. 3Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen. (2) 1Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. 2Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muss, dass die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt. (3) 1Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. 2Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. 3 Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt. § 144 Ansprüche des Anfechtungsgegners (1) Gewährt der Empfänger einer anfechtbaren Leistung das Erlangte zurück, so lebt seine Forderung wieder auf. (2) 1Eine Gegenleistung ist aus der Insolvenzmasse zu erstatten, soweit sie in dieser noch unterscheidbar vorhanden ist oder soweit die Masse um ihren Wert bereichert ist. 2Darüber hinaus kann der Empfänger der anfechtbaren Leistung die Forderung auf Rückgewähr der Gegenleistung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. § 145 Anfechtung gegen Rechtsnachfolger (1) Die Anfechtbarkeit kann gegen den Erben oder einen anderen Gesamtrechtsnachfolger des Anfechtungsgegners geltend gemacht werden. (2) Gegen einen sonstigen Rechtsnachfolger kann die Anfechtbarkeit geltend gemacht werden:
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1. wenn dem Rechtsnachfolger zur Zeit seines Erwerbs die Umstände bekannt waren, welche die Anfechtbarkeit des Erwerbs seines Rechtsvorgängers begründen; 2. wenn der Rechtsnachfolger zur Zeit seines Erwerbs zu den Personen gehörte, die dem Schuldner nahe stehen (§ 138), es sei denn, dass ihm zu dieser Zeit die Umstände unbekannt waren, welche die Anfechtbarkeit des Erwerbs seines Rechtsvorgängers begründen; 3. wenn dem Rechtsnachfolger das Erlangte unentgeltlich zugewendet worden ist. § 146 Verjährung des Anfechtungsanspruchs (1) Die Verjährung des Anfechtungsanspruchs richtet sich nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. (2) Auch wenn der Anfechtungsanspruch verjährt ist, kann der Insolvenzverwalter die Erfüllung einer Leistungspflicht verweigern, die auf einer anfechtbaren Handlung beruht. § 147 Rechtshandlungen nach Verfahrenseröffnung 1
Eine Rechtshandlung, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist und die nach § 81 Abs. 3 Satz 2, §§ 892, 893 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken und §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen wirksam ist, kann nach den Vorschriften angefochten werden, die für die Anfechtung einer vor der Verfahrenseröffnung vorgenommenen Rechtshandlung gelten. 2Satz 1 findet auf die den in § 96 Abs. 2 genannten Ansprüchen und Leistungen zugrunde liegenden Rechtshandlungen mit der Maßgabe Anwendung, dass durch die Anfechtung nicht die Verrechnung einschließlich des Saldenausgleichs rückgängig gemacht wird oder die betreffenden Zahlungsaufträge, Aufträge zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträge zur Übertragung von Wertpapieren unwirksam werden.
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Vierter Teil Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse Erster Abschnitt Sicherung der Insolvenzmasse § 148 Übernahme der Insolvenzmasse (1) Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat der Insolvenzverwalter das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen sofort in Besitz und Verwaltung zu nehmen. (2) 1Der Verwalter kann auf Grund einer vollstreckbaren Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses die Herausgabe der Sachen, die sich im Gewahrsam des Schuldners befinden, im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen. 2§ 766 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Vollstreckungsgerichts das Insolvenzgericht tritt. § 149 Wertgegenstände (1) 1Der Gläubigerausschuss kann bestimmen, bei welcher Stelle und zu welchen Bedingungen Geld, Wertpapiere und Kostbarkeiten hinterlegt oder angelegt werden sollen. 2Ist kein Gläubigerausschuss bestellt oder hat der Gläubigerausschuss noch keinen Beschluss gefasst, so kann das Insolvenzgericht Entsprechendes anordnen. (2) Die Gläubigerversammlung kann abweichende Regelungen beschließen. § 150 Siegelung 1
Der Insolvenzverwalter kann zur Sicherung der Sachen, die zur Insolvenzmasse gehören, durch den Gerichtsvollzieher oder eine andere dazu gesetzlich ermächtigte Person Siegel anbringen lassen. 2Das Protokoll über eine Siegelung oder Entsiegelung hat der Verwalter auf der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen. § 151 Verzeichnis der Massegegenstände (1) 1Der Insolvenzverwalter hat ein Verzeichnis der einzelnen Gegenstände der Insolvenzmasse aufzustellen. 2Der Schuldner ist hinzuzuziehen, wenn dies ohne eine nachteilige Verzögerung möglich ist. (2) 1Bei jedem Gegenstand ist dessen Wert anzugeben. 2Hängt der Wert davon ab, ob das Unternehmen fortgeführt oder stillgelegt wird, sind beide Werte 980
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anzugeben. 3Besonders schwierige Bewertungen können einem Sachverständigen übertragen werden. (3) 1Auf Antrag des Verwalters kann das Insolvenzgericht gestatten, dass die Aufstellung des Verzeichnisses unterbleibt; der Antrag ist zu begründen. 2Ist ein Gläubigerausschuss bestellt, so kann der Verwalter den Antrag nur mit Zustimmung des Gläubigerausschusses stellen. § 152 Gläubigerverzeichnis (1) Der Insolvenzverwalter hat ein Verzeichnis aller Gläubiger des Schuldners aufzustellen, die ihm aus den Büchern und Geschäftspapieren des Schuldners, durch sonstige Angaben des Schuldners, durch die Anmeldung ihrer Forderungen oder auf andere Weise bekannt geworden sind. (2) 1In dem Verzeichnis sind die absonderungsberechtigten Gläubiger und die einzelnen Rangklassen der nachrangigen Insolvenzgläubiger gesondert aufzuführen. 2Bei jedem Gläubiger sind die Anschrift sowie der Grund und der Betrag seiner Forderung anzugeben. 3Bei den absonderungsberechtigten Gläubigern sind zusätzlich der Gegenstand, an dem das Absonderungsrecht besteht, und die Höhe des mutmaßlichen Ausfalls zu bezeichnen; § 151 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. (3) 1Weiter ist anzugeben, welche Möglichkeiten der Aufrechnung bestehen. 2 Die Höhe der Masseverbindlichkeiten im Falle einer zügigen Verwertung des Vermögens des Schuldners ist zu schätzen. § 153 Vermögensübersicht (1) 1Der Insolvenzverwalter hat auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine geordnete Übersicht aufzustellen, in der die Gegenstände der Insolvenzmasse und die Verbindlichkeiten des Schuldners aufgeführt und einander gegenübergestellt werden. 2Für die Bewertung der Gegenstände gilt § 151 Abs. 2 entsprechend, für die Gliederung der Verbindlichkeiten § 152 Abs. 2 Satz 1. (2) 1Nach der Aufstellung der Vermögensübersicht kann das Insolvenzgericht auf Antrag des Verwalters oder eines Gläubigers dem Schuldner aufgeben, die Vollständigkeit der Vermögensübersicht eidesstattlich zu versichern. 2Die §§ 98, 101 Abs. 1 Satz 1, 2 gelten entsprechend.
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§ 154 Niederlegung in der Geschäftsstelle Das Verzeichnis der Massegegenstände, das Gläubigerverzeichnis und die Vermögensübersicht sind spätestens eine Woche vor dem Berichtstermin in der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen. § 155 Handels- und steuerrechtliche Rechnungslegung (1) 1Handels- und steuerrechtliche Pflichten des Schuldners zur Buchführung und zur Rechnungslegung bleiben unberührt. 2In Bezug auf die Insolvenzmasse hat der Insolvenzverwalter diese Pflichten zu erfüllen. (2) 1Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnt ein neues Geschäftsjahr. 2Jedoch wird die Zeit bis zum Berichtstermin in gesetzliche Fristen für die Aufstellung oder die Offenlegung eines Jahresabschlusses nicht eingerechnet. (3) 1Für die Bestellung des Abschlussprüfers im Insolvenzverfahren gilt § 318 des Handelsgesetzbuchs mit der Maßgabe, dass die Bestellung ausschließlich durch das Registergericht auf Antrag des Verwalters erfolgt. 2Ist für das Geschäftsjahr vor der Eröffnung des Verfahrens bereits ein Abschlussprüfer bestellt, so wird die Wirksamkeit dieser Bestellung durch die Eröffnung nicht berührt. Zweiter Abschnitt Entscheidung über die Verwertung § 156 Berichtstermin (1) 1Im Berichtstermin hat der Insolvenzverwalter über die wirtschaftliche Lage des Schuldners und ihre Ursachen zu berichten. 2Er hat darzulegen, ob Aussichten bestehen, das Unternehmen des Schuldners im Ganzen oder in Teilen zu erhalten, welche Möglichkeiten für einen Insolvenzplan bestehen und welche Auswirkungen jeweils für die Befriedigung der Gläubiger eintreten würden. (2) 1Dem Schuldner, dem Gläubigerausschuss, dem Betriebsrat und dem Sprecherausschuss der leitenden Angestellten ist im Berichtstermin Gelegenheit zu geben, zu dem Bericht des Verwalters Stellung zu nehmen. 2Ist der Schuldner Handels- oder Gewerbetreibender oder Landwirt, so kann auch der zuständigen amtlichen Berufsvertretung der Industrie, des Handels, des Handwerks oder der Landwirtschaft im Termin Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden.
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§ 157 Entscheidung über den Fortgang des Verfahrens 1
Die Gläubigerversammlung beschließt im Berichtstermin, ob das Unternehmen des Schuldners stillgelegt oder vorläufig fortgeführt werden soll. 2Sie kann den Verwalter beauftragen, einen Insolvenzplan auszuarbeiten, und ihm das Ziel des Plans vorgeben. 3Sie kann ihre Entscheidungen in späteren Terminen ändern. § 158 Maßnahmen vor der Entscheidung (1) Will der Insolvenzverwalter vor dem Berichtstermin das Unternehmen des Schuldners stilllegen oder veräußern, so hat er die Zustimmung des Gläubigerausschusses einzuholen, wenn ein solcher bestellt ist. (2) 1Vor der Beschlussfassung des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, vor der Stilllegung oder Veräußerung des Unternehmens hat der Verwalter den Schuldner zu unterrichten. 2Das Insolvenzgericht untersagt auf Antrag des Schuldners und nach Anhörung des Verwalters die Stilllegung oder Veräußerung, wenn diese ohne eine erhebliche Verminderung der Insolvenzmasse bis zum Berichtstermin aufgeschoben werden kann. § 159 Verwertung der Insolvenzmasse Nach dem Berichtstermin hat der Insolvenzverwalter unverzüglich das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwerten, soweit die Beschlüsse der Gläubigerversammlung nicht entgegenstehen. § 160 Besonders bedeutsame Rechtshandlungen (1) 1Der Insolvenzverwalter hat die Zustimmung des Gläubigerausschusses einzuholen, wenn er Rechtshandlungen vornehmen will, die für das Insolvenzverfahren von besonderer Bedeutung sind. 2Ist ein Gläubigerausschuss nicht bestellt, so ist die Zustimmung der Gläubigerversammlung einzuholen. 3Ist die einberufene Gläubigerversammlung beschlussunfähig, gilt die Zustimmung als erteilt; auf diese Folgen sind die Gläubiger bei der Einladung zur Gläubigerversammlung hinzuweisen. (2) Die Zustimmung nach Absatz 1 ist insbesondere erforderlich, 1. wenn das Unternehmen oder ein Betrieb, das Warenlager im Ganzen, ein unbeweglicher Gegenstand aus freier Hand, die Beteiligung des Schuldners an einem anderen Unternehmen, die der Herstellung einer dauernden Verbindung zu diesem Unternehmen dienen soll, oder das Recht auf den Bezug wiederkehrender Einkünfte veräußert werden soll;
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2. wenn ein Darlehen aufgenommen werden soll, das die Insolvenzmasse erheblich belasten würde; 3. wenn ein Rechtsstreit mit erheblichem Streitwert anhängig gemacht oder aufgenommen, die Aufnahme eines solchen Rechtsstreits abgelehnt oder zur Beilegung oder zur Vermeidung eines solchen Rechtsstreits ein Vergleich oder ein Schiedsvertrag geschlossen werden soll. § 161 Vorläufige Untersagung der Rechtshandlung 1
In den Fällen des § 160 hat der Insolvenzverwalter vor der Beschlussfassung des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung den Schuldner zu unterrichten, wenn dies ohne nachteilige Verzögerung möglich ist. 2Sofern nicht die Gläubigerversammlung ihre Zustimmung erteilt hat, kann das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners oder einer in § 75 Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Mehrzahl von Gläubigern und nach Anhörung des Verwalters die Vornahme der Rechtshandlung vorläufig untersagen und eine Gläubigerversammlung einberufen, die über die Vornahme beschließt. § 162 Betriebsveräußerung an besonders Interessierte (1) Die Veräußerung des Unternehmens oder eines Betriebs ist nur mit Zustimmung der Gläubigerversammlung zulässig, wenn der Erwerber oder eine Person, die an seinem Kapital zu mindestens einem Fünftel beteiligt ist, 1. zu den Personen gehört, die dem Schuldner nahe stehen (§ 138), 2. ein absonderungsberechtigter Gläubiger oder ein nicht nachrangiger Insolvenzgläubiger ist, dessen Absonderungsrechte und Forderungen nach der Schätzung des Insolvenzgerichts zusammen ein Fünftel der Summe erreichen, die sich aus dem Wert aller Absonderungsrechte und den Forderungsbeträgen aller nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger ergibt. (2) Eine Person ist auch insoweit im Sinne des Absatzes 1 am Erwerber beteiligt, als ein von der Person abhängiges Unternehmen oder ein Dritter für Rechnung der Person oder des abhängigen Unternehmens am Erwerber beteiligt ist. § 163 Betriebsveräußerung unter Wert (1) Auf Antrag des Schuldners oder einer in § 75 Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Mehrzahl von Gläubigern und nach Anhörung des Insolvenzverwalters kann das Insolvenzgericht anordnen, dass die geplante Veräußerung des Unternehmens oder eines Betriebs nur mit Zustimmung der Gläubigerversammlung zulässig ist, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass eine Veräußerung an einen anderen Erwerber für die Insolvenzmasse günstiger wäre.
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(2) Sind dem Antragsteller durch den Antrag Kosten entstanden, so ist er berechtigt, die Erstattung dieser Kosten aus der Insolvenzmasse zu verlangen, sobald die Anordnung des Gerichts ergangen ist. § 164 Wirksamkeit der Handlung Durch einen Verstoß gegen die §§ 160 bis 163 wird die Wirksamkeit der Handlung des Insolvenzverwalters nicht berührt. Dritter Abschnitt Gegenstände mit Absonderungsrechten § 165 Verwertung unbeweglicher Gegenstände Der Insolvenzverwalter kann beim zuständigen Gericht die Zwangsversteigerung oder die Zwangsverwaltung eines unbeweglichen Gegenstands der Insolvenzmasse betreiben, auch wenn an dem Gegenstand ein Absonderungsrecht besteht. § 166 Verwertung beweglicher Gegenstände (1) Der Insolvenzverwalter darf eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht besteht, freihändig verwerten, wenn er die Sache in seinem Besitz hat. (2) Der Verwalter darf eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, einziehen oder in anderer Weise verwerten. (3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung 1. auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten des Betreibers oder des Teilnehmers eines Systems nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem System besteht, 2. auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten der Zentralbank eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums oder zu Gunsten der Europäischen Zentralbank besteht, und 3. auf eine Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes. § 167 Unterrichtung des Gläubigers (1) 1Ist der Insolvenzverwalter nach § 166 Abs. 1 zur Verwertung einer beweglichen Sache berechtigt, so hat er dem absonderungsberechtigten Gläubiger auf 985
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dessen Verlangen Auskunft über den Zustand der Sache zu erteilen. 2Anstelle der Auskunft kann er dem Gläubiger gestatten, die Sache zu besichtigen. (2) 1Ist der Verwalter nach § 166 Abs. 2 zur Einziehung einer Forderung berechtigt, so hat er dem absonderungsberechtigten Gläubiger auf dessen Verlangen Auskunft über die Forderung zu erteilen. 2Anstelle der Auskunft kann er dem Gläubiger gestatten, Einsicht in die Bücher und Geschäftspapiere des Schuldners zu nehmen. § 168 Mitteilung der Veräußerungsabsicht (1) 1Bevor der Insolvenzverwalter einen Gegenstand, zu dessen Verwertung er nach § 166 berechtigt ist, an einen Dritten veräußert, hat er dem absonderungsberechtigten Gläubiger mitzuteilen, auf welche Weise der Gegenstand veräußert werden soll. 2Er hat dem Gläubiger Gelegenheit zu geben, binnen einer Woche auf eine andere, für den Gläubiger günstigere Möglichkeit der Verwertung des Gegenstands hinzuweisen. (2) Erfolgt ein solcher Hinweis innerhalb der Wochenfrist oder rechtzeitig vor der Veräußerung, so hat der Verwalter die vom Gläubiger genannte Verwertungsmöglichkeit wahrzunehmen oder den Gläubiger so zu stellen, wie wenn er sie wahrgenommen hätte. (3) 1Die andere Verwertungsmöglichkeit kann auch darin bestehen, dass der Gläubiger den Gegenstand selbst übernimmt. 2Günstiger ist eine Verwertungsmöglichkeit auch dann, wenn Kosten eingespart werden. § 169 Schutz des Gläubigers vor einer Verzögerung der Verwertung 1 Solange ein Gegenstand, zu dessen Verwertung der Insolvenzverwalter nach § 166 berechtigt ist, nicht verwertet wird, sind dem Gläubiger vom Berichtstermin an laufend die geschuldeten Zinsen aus der Insolvenzmasse zu zahlen. 2 Ist der Gläubiger schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Grund einer Anordnung nach § 21 an der Verwertung des Gegenstands gehindert worden, so sind die geschuldeten Zinsen spätestens von dem Zeitpunkt an zu zahlen, der drei Monate nach dieser Anordnung liegt. 3Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit nach der Höhe der Forderung sowie dem Wert und der sonstigen Belastung des Gegenstands nicht mit einer Befriedigung des Gläubigers aus dem Verwertungserlös zu rechnen ist.
§ 170 Verteilung des Erlöses (1) 1Nach der Verwertung einer beweglichen Sache oder einer Forderung durch den Insolvenzverwalter sind aus dem Verwertungserlös die Kosten der Feststellung und der Verwertung des Gegenstands vorweg für die Insolvenzmasse 986
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zu entnehmen. 2Aus dem verbleibenden Betrag ist unverzüglich der absonderungsberechtigte Gläubiger zu befriedigen. (2) Überlässt der Insolvenzverwalter einen Gegenstand, zu dessen Verwertung er nach § 166 berechtigt ist, dem Gläubiger zur Verwertung, so hat dieser aus dem von ihm erzielten Verwertungserlös einen Betrag in Höhe der Kosten der Feststellung sowie des Umsatzsteuerbetrages (§ 171 Abs. 2 Satz 3) vorweg an die Masse abzuführen. § 171 Berechnung des Kostenbeitrags (1) 1Die Kosten der Feststellung umfassen die Kosten der tatsächlichen Feststellung des Gegenstands und der Feststellung der Rechte an diesem. 2Sie sind pauschal mit vier vom Hundert des Verwertungserlöses anzusetzen. (2) 1Als Kosten der Verwertung sind pauschal fünf vom Hundert des Verwertungserlöses anzusetzen. 2Lagen die tatsächlich entstandenen, für die Verwertung erforderlichen Kosten erheblich niedriger oder erheblich höher, so sind diese Kosten anzusetzen. 3Führt die Verwertung zu einer Belastung der Masse mit Umsatzsteuer, so ist der Umsatzsteuerbetrag zusätzlich zu der Pauschale nach Satz 1 oder den tatsächlich entstandenen Kosten nach Satz 2 anzusetzen. § 172 Sonstige Verwendung beweglicher Sachen (1) 1Der Insolvenzverwalter darf eine bewegliche Sache, zu deren Verwertung er berechtigt ist, für die Insolvenzmasse benutzen, wenn er den dadurch entstehenden Wertverlust von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an durch laufende Zahlungen an den Gläubiger ausgleicht. 2Die Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen besteht nur, soweit der durch die Nutzung entstehende Wertverlust die Sicherung des absonderungsberechtigten Gläubigers beeinträchtigt. (2) 1Der Verwalter darf eine solche Sache verbinden, vermischen und verarbeiten, soweit dadurch die Sicherung des absonderungsberechtigten Gläubigers nicht beeinträchtigt wird. 2Setzt sich das Recht des Gläubigers an einer anderen Sache fort, so hat der Gläubiger die neue Sicherheit insoweit freizugeben, als sie den Wert der bisherigen Sicherheit übersteigt. § 173 Verwertung durch den Gläubiger (1) Soweit der Insolvenzverwalter nicht zur Verwertung einer beweglichen Sache oder einer Forderung berechtigt ist, an denen ein Absonderungsrecht besteht, bleibt das Recht des Gläubigers zur Verwertung unberührt.
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(2) 1Auf Antrag des Verwalters und nach Anhörung des Gläubigers kann das Insolvenzgericht eine Frist bestimmen, innerhalb welcher der Gläubiger den Gegenstand zu verwerten hat. 2Nach Ablauf der Frist ist der Verwalter zur Verwertung berechtigt. Fünfter Teil Befriedigung der Insolvenzgläubiger. Einstellung des Verfahrens Erster Abschnitt Feststellung der Forderungen § 174 Anmeldung der Forderungen (1) 1Die Insolvenzgläubiger haben ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden. 2Der Anmeldung sollen die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Abdruck beigefügt werden. 3Zur Vertretung des Gläubigers im Verfahren nach diesem Abschnitt sind auch Personen befugt, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes). (2) Bei der Anmeldung sind der Grund und der Betrag der Forderung anzugeben sowie die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung, eine vorsätzliche pflichtwidrige Verletzung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht oder eine Steuerstraftat des Schuldners nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung zugrunde liegt. (3) 1Die Forderungen nachrangiger Gläubiger sind nur anzumelden, soweit das Insolvenzgericht besonders zur Anmeldung dieser Forderungen auffordert. 2 Bei der Anmeldung solcher Forderungen ist auf den Nachrang hinzuweisen und die dem Gläubiger zustehende Rangstelle zu bezeichnen. (4) 1Die Anmeldung kann durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments erfolgen, wenn der Insolvenzverwalter der Übermittlung elektronischer Dokumente ausdrücklich zugestimmt hat. 2Als Urkunde im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 kann in diesem Fall auch eine elektronische Rechnung übermittelt werden. 3Auf Verlangen des Insolvenzverwalters oder des Insolvenzgerichts sind Ausdrucke, Abschriften oder Originale von Urkunden einzureichen. § 175 Tabelle (1) 1Der Insolvenzverwalter hat jede angemeldete Forderung mit den in § 174 Abs. 2 und 3 genannten Angaben in eine Tabelle einzutragen. 2Die Tabelle ist mit den Anmeldungen sowie den beigefügten Urkunden innerhalb des ersten
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Drittels des Zeitraums, der zwischen dem Ablauf der Anmeldefrist und dem Prüfungstermin liegt, in der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen. (2) Hat ein Gläubiger eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, aus einer vorsätzlich pflichtwidrig verletzten gesetzlichen Unterhaltspflicht oder aus einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung angemeldet, so hat das Insolvenzgericht den Schuldner auf die Rechtsfolgen des § 302 und auf die Möglichkeit des Widerspruchs hinzuweisen. § 176 Verlauf des Prüfungstermins 1
Im Prüfungstermin werden die angemeldeten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach geprüft. 2Die Forderungen, die vom Insolvenzverwalter, vom Schuldner oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten werden, sind einzeln zu erörtern. § 177 Nachträgliche Anmeldungen (1) 1Im Prüfungstermin sind auch die Forderungen zu prüfen, die nach dem Ablauf der Anmeldefrist angemeldet worden sind. 2Widerspricht jedoch der Insolvenzverwalter oder ein Insolvenzgläubiger dieser Prüfung oder wird eine Forderung erst nach dem Prüfungstermin angemeldet, so hat das Insolvenzgericht auf Kosten des Säumigen entweder einen besonderen Prüfungstermin zu bestimmen oder die Prüfung im schriftlichen Verfahren anzuordnen. 3Für nachträgliche Änderungen der Anmeldung gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. (2) Hat das Gericht nachrangige Gläubiger nach § 174 Abs. 3 zur Anmeldung ihrer Forderungen aufgefordert und läuft die für diese Anmeldung gesetzte Frist später als eine Woche vor dem Prüfungstermin ab, so ist auf Kosten der Insolvenzmasse entweder ein besonderer Prüfungstermin zu bestimmen oder die Prüfung im schriftlichen Verfahren anzuordnen. (3) 1Der besondere Prüfungstermin ist öffentlich bekannt zu machen. 2Zu dem Termin sind die Insolvenzgläubiger, die eine Forderung angemeldet haben, der Verwalter und der Schuldner besonders zu laden. 3§ 74 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. § 178 Voraussetzungen und Wirkungen der Feststellung (1) 1Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein 989
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erhobener Widerspruch beseitigt ist. 2Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen. (2) 1Das Insolvenzgericht trägt für jede angemeldete Forderung in die Tabelle ein, inwieweit die Forderung ihrem Betrag und ihrem Rang nach festgestellt ist oder wer der Feststellung widersprochen hat. 2Auch ein Widerspruch des Schuldners ist einzutragen. 3Auf Wechseln und sonstigen Schuldurkunden ist vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle die Feststellung zu vermerken. (3) Die Eintragung in die Tabelle wirkt für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern. § 179 Streitige Forderungen (1) Ist eine Forderung vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden, so bleibt es dem Gläubiger überlassen, die Feststellung gegen den Bestreitenden zu betreiben. (2) Liegt für eine solche Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vor, so obliegt es dem Bestreitenden, den Widerspruch zu verfolgen. (3) 1Das Insolvenzgericht erteilt dem Gläubiger, dessen Forderung bestritten worden ist, einen beglaubigten Auszug aus der Tabelle. 2Im Falle des Absatzes 2 erhält auch der Bestreitende einen solchen Auszug. 3Die Gläubiger, deren Forderungen festgestellt worden sind, werden nicht benachrichtigt; hierauf sollen die Gläubiger vor dem Prüfungstermin hingewiesen werden. § 180 Zuständigkeit für die Feststellung (1) 1Auf die Feststellung ist im ordentlichen Verfahren Klage zu erheben. 2Für die Klage ist das Amtsgericht ausschließlich zuständig, bei dem das Insolvenzverfahren anhängig ist oder anhängig war. 3Gehört der Streitgegenstand nicht zur Zuständigkeit der Amtsgerichte, so ist das Landgericht ausschließlich zuständig, zu dessen Bezirk das Insolvenzgericht gehört. (2) War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so ist die Feststellung durch Aufnahme des Rechtsstreits zu betreiben. § 181 Umfang der Feststellung Die Feststellung kann nach Grund, Betrag und Rang der Forderung nur in der Weise begehrt werden, wie die Forderung in der Anmeldung oder im Prüfungstermin bezeichnet worden ist.
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§ 182 Streitwert Der Wert des Streitgegenstands einer Klage auf Feststellung einer Forderung, deren Bestand vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden ist, bestimmt sich nach dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist. § 183 Wirkung der Entscheidung (1) Eine rechtskräftige Entscheidung, durch die eine Forderung festgestellt oder ein Widerspruch für begründet erklärt wird, wirkt gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern. (2) Der obsiegenden Partei obliegt es, beim Insolvenzgericht die Berichtigung der Tabelle zu beantragen. (3) Haben nur einzelne Gläubiger, nicht der Verwalter, den Rechtsstreit geführt, so können diese Gläubiger die Erstattung ihrer Kosten aus der Insolvenzmasse insoweit verlangen, als der Masse durch die Entscheidung ein Vorteil erwachsen ist. § 184 Klage gegen einen Widerspruch des Schuldners (1) 1Hat der Schuldner im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) eine Forderung bestritten, so kann der Gläubiger Klage auf Feststellung der Forderung gegen den Schuldner erheben. 2War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so kann der Gläubiger diesen Rechtsstreit gegen den Schuldner aufnehmen. (2) 1Liegt für eine solche Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vor, so obliegt es dem Schuldner binnen einer Frist von einem Monat, die mit dem Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren mit dem Bestreiten der Forderung beginnt, den Widerspruch zu verfolgen. 2Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt ein Widerspruch als nicht erhoben. 3Das Insolvenzgericht erteilt dem Schuldner und dem Gläubiger, dessen Forderung bestritten worden ist, einen beglaubigten Auszug aus der Tabelle und weist den Schuldner auf die Folgen einer Fristversäumung hin. 4Der Schuldner hat dem Gericht die Verfolgung des Anspruchs nachzuweisen. § 185 Besondere Zuständigkeiten 1
Ist für die Feststellung einer Forderung der Rechtsweg zum ordentlichen Gericht nicht gegeben, so ist die Feststellung bei dem zuständigen anderen Gericht zu betreiben oder von der zuständigen Verwaltungsbehörde vorzu-
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nehmen. 2§ 180 Abs. 2 und die §§ 181, 183 und 184 gelten entsprechend. 3Ist die Feststellung bei einem anderen Gericht zu betreiben, so gilt auch § 182 entsprechend. § 186 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (1) 1Hat der Schuldner den Prüfungstermin versäumt, so hat ihm das Insolvenzgericht auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. 2 § 51 Abs. 2, § 85 Abs. 2, §§ 233 bis 236 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. (2) 1Die den Antrag auf Wiedereinsetzung betreffenden Schriftsätze sind dem Gläubiger zuzustellen, dessen Forderung nachträglich bestritten werden soll. 2 Das Bestreiten in diesen Schriftsätzen steht, wenn die Wiedereinsetzung erteilt wird, dem Bestreiten im Prüfungstermin gleich. Zweiter Abschnitt Verteilung § 187 Befriedigung der Insolvenzgläubiger (1) Mit der Befriedigung der Insolvenzgläubiger kann erst nach dem allgemeinen Prüfungstermin begonnen werden. (2) 1Verteilungen an die Insolvenzgläubiger können stattfinden, sooft hinreichende Barmittel in der Insolvenzmasse vorhanden sind. 2Nachrangige Insolvenzgläubiger sollen bei Abschlagsverteilungen nicht berücksichtigt werden. (3) 1Die Verteilungen werden vom Insolvenzverwalter vorgenommen. 2Vor jeder Verteilung hat er die Zustimmung des Gläubigerausschusses einzuholen, wenn ein solcher bestellt ist. § 188 Verteilungsverzeichnis 1
Vor einer Verteilung hat der Insolvenzverwalter ein Verzeichnis der Forderungen aufzustellen, die bei der Verteilung zu berücksichtigen sind. 2Das Verzeichnis ist auf der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen. 3 Der Verwalter zeigt dem Gericht die Summe der Forderungen und den für die Verteilung verfügbaren Betrag aus der Insolvenzmasse an; das Gericht hat die angezeigte Summe der Forderungen und den für die Verteilung verfügbaren Betrag öffentlich bekannt zu machen.
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§ 189 Berücksichtigung bestrittener Forderungen (1) Ein Insolvenzgläubiger, dessen Forderung nicht festgestellt ist und für dessen Forderung ein vollstreckbarer Titel oder ein Endurteil nicht vorliegt, hat spätestens innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung dem Insolvenzverwalter nachzuweisen, dass und für welchen Betrag die Feststellungsklage erhoben oder das Verfahren in dem früher anhängigen Rechtsstreit aufgenommen ist. (2) Wird der Nachweis rechtzeitig geführt, so wird der auf die Forderung entfallende Anteil bei der Verteilung zurückbehalten, solange der Rechtsstreit anhängig ist. (3) Wird der Nachweis nicht rechtzeitig geführt, so wird die Forderung bei der Verteilung nicht berücksichtigt. § 190 Berücksichtigung absonderungsberechtigter Gläubiger (1) 1Ein Gläubiger, der zur abgesonderten Befriedigung berechtigt ist, hat spätestens innerhalb der in § 189 Abs. 1 vorgesehenen Ausschlussfrist dem Insolvenzverwalter nachzuweisen, dass und für welchen Betrag er auf abgesonderte Befriedigung verzichtet hat oder bei ihr ausgefallen ist. 2Wird der Nachweis nicht rechtzeitig geführt, so wird die Forderung bei der Verteilung nicht berücksichtigt. (2) 1Zur Berücksichtigung bei einer Abschlagsverteilung genügt es, wenn der Gläubiger spätestens innerhalb der Ausschlussfrist dem Verwalter nachweist, dass die Verwertung des Gegenstands betrieben wird, an dem das Absonderungsrecht besteht, und den Betrag des mutmaßlichen Ausfalls glaubhaft macht. 2In diesem Fall wird der auf die Forderung entfallende Anteil bei der Verteilung zurückbehalten. 3Sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 bei der Schlussverteilung nicht erfüllt, so wird der zurückbehaltene Anteil für die Schlussverteilung frei. (3) 1Ist nur der Verwalter zur Verwertung des Gegenstands berechtigt, an dem das Absonderungsrecht besteht, so sind die Absätze 1 und 2 nicht anzuwenden. 2 Bei einer Abschlagsverteilung hat der Verwalter, wenn er den Gegenstand noch nicht verwertet hat, den Ausfall des Gläubigers zu schätzen und den auf die Forderung entfallenden Anteil zurückzubehalten. § 191 Berücksichtigung aufschiebend bedingter Forderungen (1) 1Eine aufschiebend bedingte Forderung wird bei einer Abschlagsverteilung mit ihrem vollen Betrag berücksichtigt. 2Der auf die Forderung entfallende Anteil wird bei der Verteilung zurückbehalten.
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(2) 1Bei der Schlussverteilung wird eine aufschiebend bedingte Forderung nicht berücksichtigt, wenn die Möglichkeit des Eintritts der Bedingung so fern liegt, dass die Forderung zur Zeit der Verteilung keinen Vermögenswert hat. 2In diesem Fall wird ein gemäß Absatz 1 Satz 2 zurückbehaltener Anteil für die Schlussverteilung frei. § 192 Nachträgliche Berücksichtigung Gläubiger, die bei einer Abschlagsverteilung nicht berücksichtigt worden sind und die Voraussetzungen der §§ 189, 190 nachträglich erfüllen, erhalten bei der folgenden Verteilung aus der restlichen Insolvenzmasse vorab einen Betrag, der sie mit den übrigen Gläubigern gleichstellt. § 193 Änderung des Verteilungsverzeichnisses Der Insolvenzverwalter hat die Änderungen des Verzeichnisses, die auf Grund der §§ 189 bis 192 erforderlich werden, binnen drei Tagen nach Ablauf der in § 189 Abs. 1 vorgesehenen Ausschlussfrist vorzunehmen. § 194 Einwendungen gegen das Verteilungsverzeichnis (1) Bei einer Abschlagsverteilung sind Einwendungen eines Gläubigers gegen das Verzeichnis bis zum Ablauf einer Woche nach dem Ende der in § 189 Abs. 1 vorgesehenen Ausschlussfrist bei dem Insolvenzgericht zu erheben. (2) 1Eine Entscheidung des Gerichts, durch die Einwendungen zurückgewiesen werden, ist dem Gläubiger und dem Insolvenzverwalter zuzustellen. 2Dem Gläubiger steht gegen den Beschluss die sofortige Beschwerde zu. (3) 1Eine Entscheidung des Gerichts, durch die eine Berichtigung des Verzeichnisses angeordnet wird, ist dem Gläubiger und dem Verwalter zuzustellen und in der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen. 2Dem Verwalter und den Insolvenzgläubigern steht gegen den Beschluss die sofortige Beschwerde zu. 3Die Beschwerdefrist beginnt mit dem Tag, an dem die Entscheidung niedergelegt worden ist. § 195 Festsetzung des Bruchteils (1) 1Für eine Abschlagsverteilung bestimmt der Gläubigerausschuss auf Vorschlag des Insolvenzverwalters den zu zahlenden Bruchteil. 2Ist kein Gläubigerausschuss bestellt, so bestimmt der Verwalter den Bruchteil. (2) Der Verwalter hat den Bruchteil den berücksichtigten Gläubigern mitzuteilen. 994
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§ 196 Schlussverteilung (1) Die Schlussverteilung erfolgt, sobald die Verwertung der Insolvenzmasse mit Ausnahme eines laufenden Einkommens beendet ist. (2) Die Schlussverteilung darf nur mit Zustimmung des Insolvenzgerichts vorgenommen werden. § 197 Schlusstermin (1) 1Bei der Zustimmung zur Schlussverteilung bestimmt das Insolvenzgericht den Termin für eine abschließende Gläubigerversammlung. 2Dieser Termin dient 1. zur Erörterung der Schlussrechnung des Insolvenzverwalters, 2. zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlussverzeichnis und 3. zur Entscheidung der Gläubiger über die nicht verwertbaren Gegenstände der Insolvenzmasse. (2) Zwischen der öffentlichen Bekanntmachung des Termins und dem Termin soll eine Frist von mindestens einem Monat und höchstens zwei Monaten liegen. (3) Für die Entscheidung des Gerichts über Einwendungen eines Gläubigers gilt § 194 Abs. 2 und 3 entsprechend. § 198 Hinterlegung zurückbehaltener Beträge Beträge, die bei der Schlussverteilung zurückzubehalten sind, hat der Insolvenzverwalter für Rechnung der Beteiligten bei einer geeigneten Stelle zu hinterlegen. § 199 Überschuss bei der Schlussverteilung 1
Können bei der Schlussverteilung die Forderungen aller Insolvenzgläubiger in voller Höhe berichtigt werden, so hat der Insolvenzverwalter einen verbleibenden Überschuss dem Schuldner herauszugeben. 2Ist der Schuldner keine natürliche Person, so hat der Verwalter jeder am Schuldner beteiligten Person den Teil des Überschusses herauszugeben, der ihr bei einer Abwicklung außerhalb des Insolvenzverfahrens zustünde.
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§ 200 Aufhebung des Insolvenzverfahrens (1) Sobald die Schlussverteilung vollzogen ist, beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens. (2) 1Der Beschluss und der Grund der Aufhebung sind öffentlich bekannt zu machen. 2Die §§ 31 bis 33 gelten entsprechend. § 201 Rechte der Insolvenzgläubiger nach Verfahrensaufhebung (1) Die Insolvenzgläubiger können nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ihre restlichen Forderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen. (2) 1Die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind, können aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben. 2Einer nicht bestrittenen Forderung steht eine Forderung gleich, bei der ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. 3 Der Antrag auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung aus der Tabelle kann erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gestellt werden. (3) Die Vorschriften über die Restschuldbefreiung bleiben unberührt. § 202 Zuständigkeit bei der Vollstreckung (1) Im Falle des § 201 ist das Amtsgericht, bei dem das Insolvenzverfahren anhängig ist oder anhängig war, ausschließlich zuständig für Klagen: 1. auf Erteilung der Vollstreckungsklausel; 2. durch die nach der Erteilung der Vollstreckungsklausel bestritten wird, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eingetreten waren; 3. durch die Einwendungen geltend gemacht werden, die den Anspruch selbst betreffen. (2) Gehört der Streitgegenstand nicht zur Zuständigkeit der Amtsgerichte, so ist das Landgericht ausschließlich zuständig, zu dessen Bezirk das Insolvenzgericht gehört. § 203 Anordnung der Nachtragsverteilung (1) Auf Antrag des Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen ordnet das Insolvenzgericht eine Nachtragsverteilung an, wenn nach dem Schlusstermin 996
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1. zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden, 2. Beträge, die aus der Insolvenzmasse gezahlt sind, zurückfließen oder 3. Gegenstände der Masse ermittelt werden. (2) Die Aufhebung des Verfahrens steht der Anordnung einer Nachtragsverteilung nicht entgegen. (3) 1Das Gericht kann von der Anordnung absehen und den zur Verfügung stehenden Betrag oder den ermittelten Gegenstand dem Schuldner überlassen, wenn dies mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit des Betrags oder den geringen Wert des Gegenstands und die Kosten einer Nachtragsverteilung angemessen erscheint. 2Es kann die Anordnung davon abhängig machen, dass ein Geldbetrag vorgeschossen wird, der die Kosten der Nachtragsverteilung deckt. § 204 Rechtsmittel (1) 1Der Beschluss, durch den der Antrag auf Nachtragsverteilung abgelehnt wird, ist dem Antragsteller zuzustellen. 2Gegen den Beschluss steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. (2) 1Der Beschluss, durch den eine Nachtragsverteilung angeordnet wird, ist dem Insolvenzverwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubiger die Verteilung beantragt hatte, diesem Gläubiger zuzustellen. 2Gegen den Beschluss steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. § 205 Vollzug der Nachtragsverteilung 1
Nach der Anordnung der Nachtragsverteilung hat der Insolvenzverwalter den zur Verfügung stehenden Betrag oder den Erlös aus der Verwertung des ermittelten Gegenstands auf Grund des Schlussverzeichnisses zu verteilen. 2 Er hat dem Insolvenzgericht Rechnung zu legen. § 206 Ausschluss von Massegläubigern Massegläubiger, deren Ansprüche dem Insolvenzverwalter 1. bei einer Abschlagsverteilung erst nach der Festsetzung des Bruchteils, 2. bei der Schlussverteilung erst nach der Beendigung des Schlusstermins oder 3. bei einer Nachtragsverteilung erst nach der öffentlichen Bekanntmachung bekannt geworden sind, können Befriedigung nur aus den Mitteln verlangen, die nach der Verteilung in der Insolvenzmasse verbleiben.
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Dritter Abschnitt Einstellung des Verfahrens § 207 Einstellung mangels Masse (1) 1Stellt sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens heraus, dass die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken, so stellt das Insolvenzgericht das Verfahren ein. 2Die Einstellung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a gestundet werden; § 26 Abs. 3 gilt entsprechend. (2) Vor der Einstellung sind die Gläubigerversammlung, der Insolvenzverwalter und die Massegläubiger zu hören. (3) 1Soweit Barmittel in der Masse vorhanden sind, hat der Verwalter vor der Einstellung die Kosten des Verfahrens, von diesen zuerst die Auslagen, nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu berichtigen. 2Zur Verwertung von Massegegenständen ist er nicht mehr verpflichtet. § 208 Anzeige der Masseunzulänglichkeit (1) 1Sind die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt, reicht die Insolvenzmasse jedoch nicht aus, um die fälligen sonstigen Masseverbindlichkeiten zu erfüllen, so hat der Insolvenzverwalter dem Insolvenzgericht anzuzeigen, dass Masseunzulänglichkeit vorliegt. 2Gleiches gilt, wenn die Masse voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die bestehenden sonstigen Masseverbindlichkeiten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. (2) 1Das Gericht hat die Anzeige der Masseunzulänglichkeit öffentlich bekannt zu machen. 2Den Massegläubigern ist sie besonders zuzustellen. (3) Die Pflicht des Verwalters zur Verwaltung und zur Verwertung der Masse besteht auch nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit fort. § 209 Befriedigung der Massegläubiger (1) Der Insolvenzverwalter hat die Masseverbindlichkeiten nach folgender Rangordnung zu berichtigen, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge: 1. die Kosten des Insolvenzverfahrens; 2. die Masseverbindlichkeiten, die nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet worden sind, ohne zu den Kosten des Verfahrens zu gehören;
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3. die übrigen Masseverbindlichkeiten, unter diesen zuletzt der nach den §§ 100, 101 Abs. 1 Satz 3 bewilligte Unterhalt. (2) Als Masseverbindlichkeiten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 gelten auch die Verbindlichkeiten 1. aus einem gegenseitigen Vertrag, dessen Erfüllung der Verwalter gewählt hat, nachdem er die Masseunzulänglichkeit angezeigt hatte; 2. aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte; 3. aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit für die Insolvenzmasse die Gegenleistung in Anspruch genommen hat. § 210 Vollstreckungsverbot Sobald der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat, ist die Vollstreckung wegen einer Masseverbindlichkeit im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 unzulässig. § 210a Insolvenzplan bei Masseunzulänglichkeit Bei Anzeige der Masseunzulänglichkeit gelten die Vorschriften über den Insolvenzplan mit der Maßgabe, dass 1. an die Stelle der nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger die Massegläubiger mit dem Rang des § 209 Absatz 1 Nummer 3 treten und 2. an die Stelle der nachrangigen Insolvenzgläubiger die nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger treten. § 211 Einstellung nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (1) Sobald der Insolvenzverwalter die Insolvenzmasse nach Maßgabe des § 209 verteilt hat, stellt das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren ein. (2) Der Verwalter hat für seine Tätigkeit nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit gesondert Rechnung zu legen. (3) 1Werden nach der Einstellung des Verfahrens Gegenstände der Insolvenzmasse ermittelt, so ordnet das Gericht auf Antrag des Verwalters oder eines Massegläubigers oder von Amts wegen eine Nachtragsverteilung an. 2§ 203 Abs. 3 und die §§ 204 und 205 gelten entsprechend.
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§ 212 Einstellung wegen Wegfalls des Eröffnungsgrunds 1
Das Insolvenzverfahren ist auf Antrag des Schuldners einzustellen, wenn gewährleistet ist, dass nach der Einstellung beim Schuldner weder Zahlungsunfähigkeit noch drohende Zahlungsunfähigkeit noch, soweit die Überschuldung Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist, Überschuldung vorliegt. 2Der Antrag ist nur zulässig, wenn das Fehlen der Eröffnungsgründe glaubhaft gemacht wird. § 213 Einstellung mit Zustimmung der Gläubiger (1) 1Das Insolvenzverfahren ist auf Antrag des Schuldners einzustellen, wenn er nach Ablauf der Anmeldefrist die Zustimmung aller Insolvenzgläubiger beibringt, die Forderungen angemeldet haben. 2Bei Gläubigern, deren Forderungen vom Schuldner oder vom Insolvenzverwalter bestritten werden, und bei absonderungsberechtigten Gläubigern entscheidet das Insolvenzgericht nach freiem Ermessen, inwieweit es einer Zustimmung dieser Gläubiger oder einer Sicherheitsleistung gegenüber ihnen bedarf. (2) Das Verfahren kann auf Antrag des Schuldners vor dem Ablauf der Anmeldefrist eingestellt werden, wenn außer den Gläubigern, deren Zustimmung der Schuldner beibringt, andere Gläubiger nicht bekannt sind. § 214 Verfahren bei der Einstellung (1) 1Der Antrag auf Einstellung des Insolvenzverfahrens nach § 212 oder § 213 ist öffentlich bekannt zu machen. 2Er ist in der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen; im Falle des § 213 sind die zustimmenden Erklärungen der Gläubiger beizufügen. 3Die Insolvenzgläubiger können binnen einer Woche nach der öffentlichen Bekanntmachung schriftlich Widerspruch gegen den Antrag erheben. (2) 1Das Insolvenzgericht beschließt über die Einstellung nach Anhörung des Antragstellers, des Insolvenzverwalters und des Gläubigerausschusses, wenn ein solcher bestellt ist. 2Im Falle eines Widerspruchs ist auch der widersprechende Gläubiger zu hören. (3) Vor der Einstellung hat der Verwalter die unstreitigen Masseansprüche zu berichtigen und für die streitigen Sicherheit zu leisten. § 215 Bekanntmachung und Wirkungen der Einstellung (1) 1Der Beschluss, durch den das Insolvenzverfahren nach §§ 207, 211, 212 oder 213 eingestellt wird, und der Grund der Einstellung sind öffentlich be-
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kannt zu machen. 2Der Schuldner, der Insolvenzverwalter und die Mitglieder des Gläubigerausschusses sind vorab über den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Einstellung (§ 9 Abs. 1 Satz 3) zu unterrichten. 3§ 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. (2) 1Mit der Einstellung des Insolvenzverfahrens erhält der Schuldner das Recht zurück, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen. 2Die §§ 201, 202 gelten entsprechend. § 216 Rechtsmittel (1) Wird das Insolvenzverfahren nach §§ 207, 212 oder 213 eingestellt, so steht jedem Insolvenzgläubiger und, wenn die Einstellung nach § 207 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. (2) Wird ein Antrag nach §§ 212 oder 213 abgelehnt, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Sechster Teil Insolvenzplan Erster Abschnitt Aufstellung des Plans § 217 Grundsatz (1) 1Die Befriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger und der Insolvenzgläubiger, die Verwertung der Insolvenzmasse und deren Verteilung an die Beteiligten sowie die Verfahrensabwicklung und die Haftung des Schuldners nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens können in einem Insolvenzplan abweichend von den Vorschriften dieses Gesetzes geregelt werden. 2Ist der Schuldner keine natürliche Person, so können auch die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen in den Plan einbezogen werden. (2) Der Insolvenzplan kann ferner die Rechte der Inhaber von Insolvenzforderungen gestalten, die diesen aus einer von einem verbundenen Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes als Bürge, Mitschuldner oder aufgrund einer anderweitig übernommenen Haftung oder an Gegenständen des Vermögens dieses Unternehmens (gruppeninterne Drittsicherheit) zustehen.
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§ 218 Vorlage des Insolvenzplans (1) 1Zur Vorlage eines Insolvenzplans an das Insolvenzgericht sind der Insolvenzverwalter und der Schuldner berechtigt. 2Die Vorlage durch den Schuldner kann mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden. 3Ein Plan, der erst nach dem Schlusstermin beim Gericht eingeht, wird nicht berücksichtigt. (2) Hat die Gläubigerversammlung den Verwalter beauftragt, einen Insolvenzplan auszuarbeiten, so hat der Verwalter den Plan binnen angemessener Frist dem Gericht vorzulegen. (3) Bei der Aufstellung des Plans durch den Verwalter wirken der Gläubigerausschuss, wenn ein solcher bestellt ist, der Betriebsrat, der Sprecherausschuss der leitenden Angestellten und der Schuldner beratend mit. § 219 Gliederung des Plans 1
Der Insolvenzplan besteht aus dem darstellenden Teil und dem gestaltenden Teil. 2Ihm sind die in den §§ 229 und 230 genannten Anlagen beizufügen. § 220 Darstellender Teil
(1) Im darstellenden Teil des Insolvenzplans wird beschrieben, welche Maßnahmen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens getroffen worden sind oder noch getroffen werden sollen, um die Grundlagen für die geplante Gestaltung der Rechte der Beteiligten zu schaffen. (2) 1Der darstellende Teil muss alle sonstigen Angaben zu den Grundlagen und den Auswirkungen des Plans enthalten, die für die Entscheidung der Beteiligten über die Zustimmung zum Plan und für dessen gerichtliche Bestätigung erheblich sind. 2Er enthält insbesondere eine Vergleichsrechnung, in der die Auswirkungen des Plans auf die voraussichtliche Befriedigung der Gläubiger dargestellt werden. 3Sieht der Plan eine Fortführung des Unternehmens vor, ist für die Ermittlung der voraussichtlichen Befriedigung ohne Plan in der Regel zu unterstellen, dass das Unternehmen fortgeführt wird. 4Dies gilt nicht, wenn ein Verkauf des Unternehmens oder eine anderweitige Fortführung aussichtslos ist. (3) Sieht der Insolvenzplan Eingriffe in die Rechte von Insolvenzgläubigern aus gruppeninternen Drittsicherheiten (§ 217 Absatz 2) vor, sind in die Darstellung auch die Verhältnisse des die Sicherheit gewährenden verbundenen Unternehmens und die Auswirkungen des Plans auf dieses Unternehmen einzubeziehen.
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§ 221 Gestaltender Teil 1
Im gestaltenden Teil des Insolvenzplans wird festgelegt, wie die Rechtsstellung der Beteiligten durch den Plan geändert werden soll. 2Der Insolvenzverwalter kann durch den Plan bevollmächtigt werden, die zur Umsetzung notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und offensichtliche Fehler des Plans zu berichtigen. § 222 Bildung von Gruppen (1) 1Bei der Festlegung der Rechte der Beteiligten im Insolvenzplan sind Gruppen zu bilden, soweit Beteiligte mit unterschiedlicher Rechtsstellung betroffen sind. 2Es ist zu unterscheiden zwischen 1. den absonderungsberechtigten Gläubigern, wenn durch den Plan in deren Rechte eingegriffen wird; 2. den nicht nachrangigen Insolvenzgläubigern; 3. den einzelnen Rangklassen der nachrangigen Insolvenzgläubiger, soweit deren Forderungen nicht nach § 225 als erlassen gelten sollen; 4. den am Schuldner beteiligten Personen, wenn deren Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte in den Plan einbezogen werden; 5. den Inhabern von Rechten aus gruppeninternen Drittsicherheiten. (2) 1Aus den Beteiligten mit gleicher Rechtsstellung können Gruppen gebildet werden, in denen Beteiligte mit gleichartigen wirtschaftlichen Interessen zusammengefasst werden. 2Die Gruppen müssen sachgerecht voneinander abgegrenzt werden. 3Die Kriterien für die Abgrenzung sind im Plan anzugeben. (3) 1Die Arbeitnehmer sollen eine besondere Gruppe bilden, wenn sie als Insolvenzgläubiger mit nicht unerheblichen Forderungen beteiligt sind. 2Für Kleingläubiger und geringfügig beteiligte Anteilsinhaber mit einer Beteiligung am Haftkapital von weniger als 1 Prozent oder weniger als 1 000 Euro können besondere Gruppen gebildet werden. § 223 Rechte der Absonderungsberechtigten (1) 1Ist im Insolvenzplan nichts anderes bestimmt, so wird das Recht der absonderungsberechtigten Gläubiger zur Befriedigung aus den Gegenständen, an denen Absonderungsrechte bestehen, vom Plan nicht berührt. 2Eine abweichende Bestimmung ist hinsichtlich der Finanzsicherheiten im Sinne von § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes sowie der Sicherheiten ausgeschlossen, die 1. dem Betreiber oder dem Teilnehmer eines Systems nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem System oder
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2. der Zentralbank eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder der Europäischen Zentralbank gestellt wurden. (2) Soweit im Plan eine abweichende Regelung getroffen wird, ist im gestaltenden Teil für die absonderungsberechtigten Gläubiger anzugeben, um welchen Bruchteil die Rechte gekürzt, für welchen Zeitraum sie gestundet oder welchen sonstigen Regelungen sie unterworfen werden sollen. § 223a Gruppeninterne Drittsicherheiten 1
Ist im Insolvenzplan nichts anderes bestimmt, so wird das Recht eines Insolvenzgläubigers aus einer gruppeninternen Drittsicherheit (§ 217 Absatz 2) durch den Insolvenzplan nicht berührt. 2Wird eine Regelung getroffen, ist der Eingriff angemessen zu entschädigen. 3§ 223 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 gilt entsprechend. § 224 Rechte der Insolvenzgläubiger Für die nicht nachrangigen Gläubiger ist im gestaltenden Teil des Insolvenzplans anzugeben, um welchen Bruchteil die Forderungen gekürzt, für welchen Zeitraum sie gestundet, wie sie gesichert oder welchen sonstigen Regelungen sie unterworfen werden sollen. § 225 Rechte der nachrangigen Insolvenzgläubiger (1) Die Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger gelten, wenn im Insolvenzplan nichts anderes bestimmt ist, als erlassen. (2) Soweit im Plan eine abweichende Regelung getroffen wird, sind im gestaltenden Teil für jede Gruppe der nachrangigen Gläubiger die in § 224 vorgeschriebenen Angaben zu machen. (3) Die Haftung des Schuldners nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens für Geldstrafen und die diesen in § 39 Abs. 1 Nr. 3 gleichgestellten Verbindlichkeiten kann durch einen Plan weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden. § 225a Rechte der Anteilsinhaber (1) Die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen bleiben vom Insolvenzplan unberührt, es sei denn, dass der Plan etwas anderes bestimmt.
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(2) 1Im gestaltenden Teil des Plans kann vorgesehen werden, dass Forderungen von Gläubigern in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner umgewandelt werden. 2Eine Umwandlung gegen den Willen der betroffenen Gläubiger ist ausgeschlossen. 3Insbesondere kann der Plan eine Kapitalherabsetzung oder -erhöhung, die Leistung von Sacheinlagen, den Ausschluss von Bezugsrechten oder die Zahlung von Abfindungen an ausscheidende Anteilsinhaber vorsehen. (3) Im Plan kann jede Regelung getroffen werden, die gesellschaftsrechtlich zulässig ist, insbesondere die Fortsetzung einer aufgelösten Gesellschaft oder die Übertragung von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten. (4) 1Maßnahmen nach Absatz 2 oder 3 berechtigen nicht zum Rücktritt oder zur Kündigung von Verträgen, an denen der Schuldner beteiligt ist. 2Sie führen auch nicht zu einer anderweitigen Beendigung der Verträge. 3Entgegenstehende vertragliche Vereinbarungen sind unwirksam. 4Von den Sätzen 1 und 2 bleiben Vereinbarungen unberührt, welche an eine Pflichtverletzung des Schuldners anknüpfen, sofern sich diese nicht darin erschöpft, dass eine Maßnahme nach Absatz 2 oder 3 in Aussicht genommen oder durchgeführt wird. (5) 1Stellt eine Maßnahme nach Absatz 2 oder 3 für eine am Schuldner beteiligte Person einen wichtigen Grund zum Austritt aus der juristischen Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit dar und wird von diesem Austrittsrecht Gebrauch gemacht, so ist für die Bestimmung der Höhe eines etwaigen Abfindungsanspruches die Vermögenslage maßgeblich, die sich bei einer Abwicklung des Schuldners eingestellt hätte. 2Die Auszahlung des Abfindungsanspruches kann zur Vermeidung einer unangemessenen Belastung der Finanzlage des Schuldners über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren gestundet werden. 3Nicht ausgezahlte Abfindungsguthaben sind zu verzinsen. § 226 Gleichbehandlung der Beteiligten (1) Innerhalb jeder Gruppe sind allen Beteiligten gleiche Rechte anzubieten. (2) 1Eine unterschiedliche Behandlung der Beteiligten einer Gruppe ist nur mit Zustimmung aller betroffenen Beteiligten zulässig. 2In diesem Fall ist dem Insolvenzplan die zustimmende Erklärung eines jeden betroffenen Beteiligten beizufügen. (3) Jedes Abkommen des Insolvenzverwalters, des Schuldners oder anderer Personen mit einzelnen Beteiligten, durch das diesen für ihr Verhalten bei Abstimmungen oder sonst im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren ein nicht im Plan vorgesehener Vorteil gewährt wird, ist nichtig.
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§ 227 Haftung des Schuldners (1) Ist im Insolvenzplan nichts anderes bestimmt, so wird der Schuldner mit der im gestaltenden Teil vorgesehenen Befriedigung der Insolvenzgläubiger von seinen restlichen Verbindlichkeiten gegenüber diesen Gläubigern befreit. (2) Ist der Schuldner eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, so gilt Absatz 1 entsprechend für die persönliche Haftung der Gesellschafter. § 228 Änderung sachenrechtlicher Verhältnisse 1
Sollen Rechte an Gegenständen begründet, geändert, übertragen oder aufgehoben werden, so können die erforderlichen Willenserklärungen der Beteiligten in den gestaltenden Teil des Insolvenzplans aufgenommen werden. 2Sind im Grundbuch eingetragene Rechte an einem Grundstück oder an eingetragenen Rechten betroffen, so sind diese Rechte unter Beachtung des § 28 der Grundbuchordnung genau zu bezeichnen. 3Für Rechte, die im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen sind, gilt Satz 2 entsprechend. § 229 Vermögensübersicht. Ergebnis- und Finanzplan 1
Sollen die Gläubiger aus den Erträgen des vom Schuldner oder von einem Dritten fortgeführten Unternehmens befriedigt werden, so ist dem Insolvenzplan eine Vermögensübersicht beizufügen, in der die Vermögensgegenstände und die Verbindlichkeiten, die sich bei einem Wirksamwerden des Plans gegenüberstünden, mit ihren Werten aufgeführt werden. 2Ergänzend ist darzustellen, welche Aufwendungen und Erträge für den Zeitraum, während dessen die Gläubiger befriedigt werden sollen, zu erwarten sind und durch welche Abfolge von Einnahmen und Ausgaben die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens während dieses Zeitraums gewährleistet werden soll. 3Dabei sind auch die Gläubiger zu berücksichtigen, die zwar ihre Forderungen nicht angemeldet haben, jedoch bei der Ausarbeitung des Plans bekannt sind. § 230 Weitere Anlagen (1) 1Ist im Insolvenzplan vorgesehen, dass der Schuldner sein Unternehmen fortführt, und ist der Schuldner eine natürliche Person, so ist dem Plan die Erklärung des Schuldners beizufügen, dass er zur Fortführung des Unternehmens auf der Grundlage des Plans bereit ist. 2Ist der Schuldner eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, so ist dem Plan eine entsprechende Erklärung der Personen beizufügen, die
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nach dem Plan persönlich haftende Gesellschafter des Unternehmens sein sollen. 3Die Erklärung des Schuldners nach Satz 1 ist nicht erforderlich, wenn dieser selbst den Plan vorlegt. (2) Sollen Gläubiger Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte oder Beteiligungen an einer juristischen Person, einem nicht rechtsfähigen Verein oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit übernehmen, so ist dem Plan die zustimmende Erklärung eines jeden dieser Gläubiger beizufügen. (3) Hat ein Dritter für den Fall der Bestätigung des Plans Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern übernommen, so ist dem Plan die Erklärung des Dritten beizufügen. (4) Sieht der Insolvenzplan Eingriffe in die Rechte von Gläubigern aus gruppeninternen Drittsicherheiten vor, so ist dem Plan die Zustimmung des verbundenen Unternehmens beizufügen, das die Sicherheit gestellt hat. § 231 Zurückweisung des Plans (1) 1Das Insolvenzgericht weist den Insolvenzplan von Amts wegen zurück, 1. wenn die Vorschriften über das Recht zur Vorlage und den Inhalt des Plans, insbesondere zur Bildung von Gruppen, nicht beachtet sind und der Vorlegende den Mangel nicht beheben kann oder innerhalb einer angemessenen, vom Gericht gesetzten Frist nicht behebt, 2. wenn ein vom Schuldner vorgelegter Plan offensichtlich keine Aussicht auf Annahme durch die Beteiligten oder auf Bestätigung durch das Gericht hat oder 3. wenn die Ansprüche, die den Beteiligten nach dem gestaltenden Teil eines vom Schuldner vorgelegten Plans zustehen, offensichtlich nicht erfüllt werden können. 2 Die Entscheidung des Gerichts soll innerhalb von zwei Wochen nach Vorlage des Plans erfolgen.
(2) Hatte der Schuldner in dem Insolvenzverfahren bereits einen Plan vorgelegt, der von den Beteiligten abgelehnt, vom Gericht nicht bestätigt oder vom Schuldner nach der öffentlichen Bekanntmachung des Erörterungstermins zurückgezogen worden ist, so hat das Gericht einen neuen Plan des Schuldners zurückzuweisen, wenn der Insolvenzverwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses, wenn ein solcher bestellt ist, die Zurückweisung beantragt. (3) Gegen den Beschluss, durch den der Plan zurückgewiesen wird, steht dem Vorlegenden die sofortige Beschwerde zu.
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§ 232 Stellungnahmen zum Plan (1) Wird der Insolvenzplan nicht zurückgewiesen, so leitet das Insolvenzgericht ihn zur Stellungnahme, insbesondere zur Vergleichsrechnung, zu: 1. dem Gläubigerausschuss, wenn ein solcher bestellt ist, dem Betriebsrat und dem Sprecherausschuss der leitenden Angestellten; 2. dem Schuldner, wenn der Insolvenzverwalter den Plan vorgelegt hat; 3. dem Verwalter, wenn der Schuldner den Plan vorgelegt hat. (2) Das Gericht kann auch der für den Schuldner zuständigen amtlichen Berufsvertretung der Industrie, des Handels, des Handwerks oder der Landwirtschaft oder anderen sachkundigen Stellen Gelegenheit zur Äußerung geben. (3) 1Das Gericht bestimmt eine Frist für die Abgabe der Stellungnahmen. 2 Die Frist soll zwei Wochen nicht überschreiten. (4) 1Das Gericht kann den in den Absätzen 1 und 2 Genannten den Plan bereits vor der Entscheidung nach § 231 zur Stellungnahme zuleiten. 2Enthält eine daraufhin eingehende Stellungnahme neuen Tatsachenvortrag, auf den das Gericht eine Zurückweisungsentscheidung stützen will, hat das Gericht die Stellungnahme dem Planvorleger und den anderen nach Absatz 1 zur Stellungnahme Berechtigten zur Stellungnahme binnen einer Frist von höchstens einer Woche zuzuleiten. § 233 Aussetzung von Verwertung und Verteilung 1 Soweit die Durchführung eines vorgelegten Insolvenzplans durch die Fortsetzung der Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse gefährdet würde, ordnet das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners oder des Insolvenzverwalters die Aussetzung der Verwertung und Verteilung an. 2Das Gericht sieht von der Aussetzung ab oder hebt sie auf, soweit mit ihr die Gefahr erheblicher Nachteile für die Masse verbunden ist oder soweit der Verwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung die Fortsetzung der Verwertung und Verteilung beantragt.
§ 234 Niederlegung des Plans Der Insolvenzplan ist mit seinen Anlagen und den eingegangenen Stellungnahmen in der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen.
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Zweiter Abschnitt Annahme und Bestätigung des Plans § 235 Erörterungs- und Abstimmungstermin (1) 1Das Insolvenzgericht bestimmt einen Termin, in dem der Insolvenzplan und das Stimmrecht der Beteiligten erörtert werden und anschließend über den Plan abgestimmt wird (Erörterungs- und Abstimmungstermin). 2Der Termin soll nicht über einen Monat hinaus angesetzt werden. 3Er kann gleichzeitig mit der Einholung der Stellungnahmen nach § 232 anberaumt werden. (2) 1Der Erörterungs- und Abstimmungstermin ist öffentlich bekannt zu machen. 2Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der Plan und die eingegangenen Stellungnahmen in der Geschäftsstelle eingesehen werden können. 3§ 74 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. (3) 1Die Insolvenzgläubiger, die Forderungen angemeldet haben, die absonderungsberechtigten Gläubiger, der Insolvenzverwalter, der Schuldner, der Betriebsrat und der Sprecherausschuss der leitenden Angestellten sind besonders zu laden. 2Mit der Ladung ist ein Abdruck des Plans oder eine Zusammenfassung seines wesentlichen Inhalts, die der Vorlegende auf Aufforderung einzureichen hat, zu übersenden. 3Sind die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen in den Plan einbezogen, so sind auch diese Personen gemäß den Sätzen 1 und 2 zu laden; dies gilt nicht für Aktionäre oder Kommanditaktionäre. 4§ 8 Absatz 3 gilt entsprechend. 5Für börsennotierte Gesellschaften findet § 121 Absatz 4a des Aktiengesetzes entsprechende Anwendung; sie haben eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts des Plans über ihre Internetseite zugänglich zu machen. § 236 Verbindung mit dem Prüfungstermin 1
Der Erörterungs- und Abstimmungstermin darf nicht vor dem Prüfungstermin stattfinden. 2Beide Termine können jedoch verbunden werden. § 237 Stimmrecht der Insolvenzgläubiger
(1) 1Für das Stimmrecht der Insolvenzgläubiger bei der Abstimmung über den Insolvenzplan gilt § 77 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 Nr. 1 entsprechend. 2 Absonderungsberechtigte Gläubiger sind nur insoweit zur Abstimmung als Insolvenzgläubiger berechtigt, als ihnen der Schuldner auch persönlich haftet und sie auf die abgesonderte Befriedigung verzichten oder bei ihr ausfallen; solange der Ausfall nicht feststeht, sind sie mit dem mutmaßlichen Ausfall zu berücksichtigen.
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(2) Gläubiger, deren Forderungen durch den Plan nicht beeinträchtigt werden, haben kein Stimmrecht. § 238 Stimmrecht der absonderungsberechtigten Gläubiger (1) 1Soweit im Insolvenzplan auch die Rechtsstellung absonderungsberechtigter Gläubiger geregelt wird, sind im Termin die Rechte dieser Gläubiger einzeln zu erörtern. 2Ein Stimmrecht gewähren die Absonderungsrechte, die weder vom Insolvenzverwalter noch von einem absonderungsberechtigten Gläubiger noch von einem Insolvenzgläubiger bestritten werden. 3Für das Stimmrecht bei streitigen, aufschiebend bedingten oder nicht fälligen Rechten gelten die §§ 41, 77 Abs. 2, 3 Nr. 1 entsprechend. (2) § 237 Abs. 2 gilt entsprechend. § 238a Stimmrecht der Anteilsinhaber (1) 1Das Stimmrecht der Anteilsinhaber des Schuldners bestimmt sich allein nach deren Beteiligung am gezeichneten Kapital oder Vermögen des Schuldners. 2 Stimmrechtsbeschränkungen, Sonder- oder Mehrstimmrechte bleiben außer Betracht. (2) § 237 Absatz 2 gilt entsprechend. § 238b Stimmrecht der Berechtigten aus gruppeninternen Drittsicherheiten Sieht der Plan Eingriffe in Rechte aus gruppeninternen Drittsicherheiten vor, richtet sich das Stimmrecht nach dem Befriedigungsbeitrag, der aus der Geltendmachung der Rechte aus der Drittsicherheit mutmaßlich zu erwarten ist. § 239 Stimmliste Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hält in einem Verzeichnis fest, welche Stimmrechte den Beteiligten nach dem Ergebnis der Erörterung im Termin zustehen. § 240 Änderung des Plans 1
Der Vorlegende ist berechtigt, einzelne Regelungen des Insolvenzplans auf Grund der Erörterung im Termin inhaltlich zu ändern. 2Über den geänderten Plan kann noch in demselben Termin abgestimmt werden.
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§ 241 Gesonderter Abstimmungstermin (1) 1Das Insolvenzgericht kann einen gesonderten Termin zur Abstimmung über den Insolvenzplan bestimmen. 2In diesem Fall soll der Zeitraum zwischen dem Erörterungstermin und dem Abstimmungstermin nicht mehr als einen Monat betragen. (2) 1Zum Abstimmungstermin sind die stimmberechtigten Beteiligten und der Schuldner zu laden. 2Dies gilt nicht für Aktionäre oder Kommanditaktionäre. 3 Für diese reicht es aus, den Termin öffentlich bekannt zu machen. 4Für börsennotierte Gesellschaften findet § 121 Absatz 4a des Aktiengesetzes entsprechende Anwendung. 5Im Fall einer Änderung des Plans ist auf die Änderung besonders hinzuweisen. § 242 Schriftliche Abstimmung (1) Ist ein gesonderter Abstimmungstermin bestimmt, so kann das Stimmrecht schriftlich ausgeübt werden. (2) 1Das Insolvenzgericht übersendet den stimmberechtigten Beteiligten nach dem Erörterungstermin den Stimmzettel und teilt ihnen dabei ihr Stimmrecht mit. 2Die schriftliche Stimmabgabe wird nur berücksichtigt, wenn sie dem Gericht spätestens am Tag vor dem Abstimmungstermin zugegangen ist; darauf ist bei der Übersendung des Stimmzettels hinzuweisen. § 243 Abstimmung in Gruppen Jede Gruppe der stimmberechtigten Beteiligten stimmt gesondert über den Insolvenzplan ab. § 244 Erforderliche Mehrheiten (1) Zur Annahme des Insolvenzplans durch die Gläubiger ist erforderlich, dass in jeder Gruppe 1. die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger dem Plan zustimmt und 2. die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der Ansprüche der abstimmenden Gläubiger beträgt. (2) 1Gläubiger, denen ein Recht gemeinschaftlich zusteht oder deren Rechte bis zum Eintritt des Eröffnungsgrunds ein einheitliches Recht gebildet haben, werden bei der Abstimmung als ein Gläubiger gerechnet. 2Entsprechendes gilt, wenn an einem Recht ein Pfandrecht oder ein Nießbrauch besteht.
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(3) Für die am Schuldner beteiligten Personen gilt Absatz 1 Nummer 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Summe der Ansprüche die Summe der Beteiligungen tritt. § 245 Obstruktionsverbot (1) Auch wenn die erforderlichen Mehrheiten nicht erreicht worden sind, gilt die Zustimmung einer Abstimmungsgruppe als erteilt, wenn 1. die Angehörigen dieser Gruppe durch den Insolvenzplan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne einen Plan stünden, 2. die Angehörigen dieser Gruppe angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt werden, der auf der Grundlage des Plans den Beteiligten zufließen soll, und 3. die Mehrheit der abstimmenden Gruppen dem Plan mit den erforderlichen Mehrheiten zugestimmt hat. (2) 1Für eine Gruppe der Gläubiger liegt eine angemessene Beteiligung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 vor, wenn nach dem Plan 1. kein anderer Gläubiger wirtschaftliche Werte erhält, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen, 2. weder ein Gläubiger, der ohne einen Plan mit Nachrang gegenüber den Gläubigern der Gruppe zu befriedigen wäre, noch der Schuldner oder eine an ihm beteiligte Person einen durch Leistung in das Vermögen des Schuldners nicht vollständig ausgeglichenen wirtschaftlichen Wert erhält und 3. kein Gläubiger, der ohne einen Plan gleichrangig mit den Gläubigern der Gruppe zu befriedigen wäre, bessergestellt wird als diese Gläubiger. 2
Handelt es sich bei dem Schuldner um eine natürliche Person, deren Mitwirkung bei der Fortführung des Unternehmens infolge besonderer, in der Person des Schuldners liegender Umstände unerlässlich ist, um den Planmehrwert zu verwirklichen, und hat sich der Schuldner im Plan zur Fortführung des Unternehmens sowie dazu verpflichtet, die wirtschaftlichen Werte, die er erhält oder behält, zu übertragen, wenn seine Mitwirkung aus von ihm zu vertretenden Gründen vor Ablauf von fünf Jahren oder einer kürzeren, für den Planvollzug vorgesehenen Frist endet, kann eine angemessene Beteiligung der Gläubigergruppe auch dann vorliegen, wenn der Schuldner in Abweichung von Satz 1 Nummer 2 wirtschaftliche Werte erhält. 3Satz 2 gilt entsprechend für an der Geschäftsführung beteiligte Inhaber von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten. (2a) Wird die erforderliche Mehrheit in der nach § 222 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 zu bildenden Gruppe nicht erreicht, gelten die Absätze 1 und 2 1012
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für diese Gruppe nur, wenn die für den Eingriff vorgesehene Entschädigung die Inhaber der Rechte aus der gruppeninternen Drittsicherheit für den zu erleidenden Rechtsverlust angemessen entschädigt. (3) Für eine Gruppe der Anteilsinhaber liegt eine angemessene Beteiligung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 vor, wenn nach dem Plan 1. kein Gläubiger wirtschaftliche Werte erhält, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen, und 2. kein Anteilsinhaber, der ohne einen Plan den Anteilsinhabern der Gruppe gleichgestellt wäre, bessergestellt wird als diese. § 245a Schlechterstellung bei natürlichen Personen 1
Ist der Schuldner eine natürliche Person, ist für die Prüfung einer voraussichtlichen Schlechterstellung nach § 245 Absatz 1 Nummer 1 im Zweifel davon auszugehen, dass die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Schuldners zum Zeitpunkt der Abstimmung über den Insolvenzplan für die Verfahrensdauer und den Zeitraum, in dem die Insolvenzgläubiger ihre restlichen Forderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen können, maßgeblich bleiben. 2Hat der Schuldner einen zulässigen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt, ist im Zweifel zudem anzunehmen, dass die Restschuldbefreiung zum Ablauf der Abtretungsfrist des § 287 Absatz 2 erteilt wird. § 246 Zustimmung nachrangiger Insolvenzgläubiger Für die Annahme des Insolvenzplans durch die nachrangigen Insolvenzgläubiger gelten ergänzend folgende Bestimmungen: 1. Die Zustimmung der Gruppen mit einem Rang hinter § 39 Abs. 1 Nr. 3 gilt als erteilt, wenn kein Insolvenzgläubiger durch den Plan besser gestellt wird als die Gläubiger dieser Gruppen. 2. Beteiligt sich kein Gläubiger einer Gruppe an der Abstimmung, so gilt die Zustimmung der Gruppe als erteilt. § 246a Zustimmung der Anteilsinhaber Beteiligt sich keines der Mitglieder einer Gruppe der Anteilsinhaber an der Abstimmung, so gilt die Zustimmung der Gruppe als erteilt.
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§ 247 Zustimmung des Schuldners (1) Die Zustimmung des Schuldners zum Plan gilt als erteilt, wenn der Schuldner dem Plan nicht spätestens im Abstimmungstermin schriftlich widerspricht. (2) Ein Widerspruch ist im Rahmen des Absatzes 1 unbeachtlich, wenn 1. der Schuldner durch den Plan voraussichtlich nicht schlechter gestellt wird, als er ohne einen Plan stünde, und 2. kein Gläubiger einen wirtschaftlichen Wert erhält, der den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigt. § 248 Gerichtliche Bestätigung (1) Nach der Annahme des Insolvenzplans durch die Beteiligten (§§ 244 bis 246a) und der Zustimmung des Schuldners bedarf der Plan der Bestätigung durch das Insolvenzgericht. (2) Das Gericht soll vor der Entscheidung über die Bestätigung den Insolvenzverwalter, den Gläubigerausschuss, wenn ein solcher bestellt ist, und den Schuldner hören. § 248a Gerichtliche Bestätigung einer Planberichtigung (1) Eine Berichtigung des Insolvenzplans durch den Insolvenzverwalter nach § 221 Satz 2 bedarf der Bestätigung durch das Insolvenzgericht. (2) Das Gericht soll vor der Entscheidung über die Bestätigung den Insolvenzverwalter, den Gläubigerausschuss, wenn ein solcher bestellt ist, die Gläubiger und die Anteilsinhaber, sofern ihre Rechte betroffen sind, sowie den Schuldner hören. (3) Die Bestätigung ist auf Antrag zu versagen, wenn ein Beteiligter durch die mit der Berichtigung einhergehende Planänderung voraussichtlich schlechtergestellt wird, als er nach den mit dem Plan beabsichtigten Wirkungen stünde. (4) 1Gegen den Beschluss, durch den die Berichtigung bestätigt oder versagt wird, steht den in Absatz 2 genannten Gläubigern und Anteilsinhabern sowie dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. 2§ 253 Absatz 4 gilt entsprechend. § 249 Bedingter Plan 1
Ist im Insolvenzplan vorgesehen, dass vor der Bestätigung bestimmte Leistungen erbracht oder andere Maßnahmen verwirklicht werden sollen, so darf der Plan nur bestätigt werden, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind. 2Die 1014
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Bestätigung ist von Amts wegen zu versagen, wenn die Voraussetzungen auch nach Ablauf einer angemessenen, vom Insolvenzgericht gesetzten Frist nicht erfüllt sind. § 250 Verstoß gegen Verfahrensvorschriften Die Bestätigung ist von Amts wegen zu versagen, 1. wenn die Vorschriften über den Inhalt und die verfahrensmäßige Behandlung des Insolvenzplans sowie über die Annahme durch die Beteiligten und die Zustimmung des Schuldners in einem wesentlichen Punkt nicht beachtet worden sind und der Mangel nicht behoben werden kann oder 2. wenn die Annahme des Plans unlauter, insbesondere durch Begünstigung eines Beteiligten, herbeigeführt worden ist. § 251 Minderheitenschutz (1) Auf Antrag eines Gläubigers oder, wenn der Schuldner keine natürliche Person ist, einer am Schuldner beteiligten Person ist die Bestätigung des Insolvenzplans zu versagen, wenn 1. der Antragsteller dem Plan spätestens im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll widersprochen hat und 2. der Antragsteller durch den Plan voraussichtlich schlechtergestellt wird, als er ohne einen Plan stünde; ist der Schuldner eine natürliche Person, gilt § 245a entsprechend. (2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Antragsteller spätestens im Abstimmungstermin glaubhaft macht, dass er durch den Plan voraussichtlich schlechtergestellt wird. (3) 1Der Antrag ist abzuweisen, wenn im gestaltenden Teil des Plans Mittel für den Fall bereitgestellt werden, dass ein Beteiligter eine Schlechterstellung nachweist. 2Ob der Beteiligte einen Ausgleich aus diesen Mitteln erhält, ist außerhalb des Insolvenzverfahrens zu klären. § 252 Bekanntgabe der Entscheidung (1) 1Der Beschluss, durch den der Insolvenzplan bestätigt oder seine Bestätigung versagt wird, ist im Abstimmungstermin oder in einem alsbald zu bestimmenden besonderen Termin zu verkünden. 2§ 74 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.
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(2) 1Wird der Plan bestätigt, so ist den Insolvenzgläubigern, die Forderungen angemeldet haben, und den absonderungsberechtigten Gläubigern unter Hinweis auf die Bestätigung ein Abdruck des Plans oder eine Zusammenfassung seines wesentlichen Inhalts zu übersenden. 2Sind die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen in den Plan einbezogen, so sind auch diesen die Unterlagen zu übersenden; dies gilt nicht für Aktionäre oder Kommanditaktionäre. 3Die Übersendung eines Abdrucks des Plans oder einer Zusammenfassung seines wesentlichen Inhalts nach den Sätzen 1 und 2 kann unterbleiben, wenn ein Abdruck des Plans mit der Ladung nach § 235 Absatz 2 Satz 2 übersendet und der Plan unverändert angenommen wurde. 4 § 8 Absatz 3 gilt entsprechend. 5Börsennotierte Gesellschaften haben eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts des Plans über ihre Internetseite zugänglich zu machen. § 253 Rechtsmittel (1) Gegen den Beschluss, durch den der Insolvenzplan bestätigt oder durch den die Bestätigung versagt wird, steht den Gläubigern, dem Schuldner und, wenn dieser keine natürliche Person ist, den am Schuldner beteiligten Personen die sofortige Beschwerde zu. (2) Die sofortige Beschwerde gegen die Bestätigung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer 1. dem Plan spätestens im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll widersprochen hat, 2. gegen den Plan gestimmt hat und 3. glaubhaft macht, dass er durch den Plan wesentlich schlechtergestellt wird, als er ohne einen Plan stünde, und dass dieser Nachteil nicht durch eine Zahlung aus den in § 251 Absatz 3 genannten Mitteln ausgeglichen werden kann; ist der Schuldner eine natürliche Person, gilt § 245a entsprechend. (3) Absatz 2 Nummer 1 und 2 gilt nur, wenn in der öffentlichen Bekanntmachung des Termins (§ 235 Absatz 2) und in den Ladungen zum Termin (§ 235 Absatz 3) auf die Notwendigkeit des Widerspruchs und der Ablehnung des Plans besonders hingewiesen wurde. (4) 1Auf Antrag des Insolvenzverwalters weist das Landgericht die Beschwerde unverzüglich zurück, wenn das alsbaldige Wirksamwerden des Insolvenzplans vorrangig erscheint, weil die Nachteile einer Verzögerung des Planvollzugs nach freier Überzeugung des Gerichts die Nachteile für den Beschwerdeführer überwiegen; ein Abhilfeverfahren nach § 572 Absatz 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung findet nicht statt. 2Dies gilt nicht, wenn ein besonders schwerer Rechtsverstoß vorliegt. 3Weist das Gericht die Beschwerde nach Satz 1 zurück, ist dem Beschwerdeführer aus der Masse der Schaden zu ersetzen, der ihm
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durch den Planvollzug entsteht; die Rückgängigmachung der Wirkungen des Insolvenzplans kann nicht als Schadensersatz verlangt werden. 4Für Klagen, mit denen Schadensersatzansprüche nach Satz 3 geltend gemacht werden, ist das Landgericht ausschließlich zuständig, das die sofortige Beschwerde zurückgewiesen hat. Dritter Abschnitt Wirkungen des bestätigten Plans. Überwachung der Planerfüllung § 254 Allgemeine Wirkungen des Plans (1) Mit der Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans treten die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen für und gegen alle Beteiligten ein. (2) 1Die Rechte der Insolvenzgläubiger gegen Mitschuldner und Bürgen des Schuldners sowie die Rechte dieser Gläubiger an Gegenständen, die nicht zur Insolvenzmasse gehören, oder aus einer Vormerkung, die sich auf solche Gegenstände bezieht, werden mit Ausnahme der nach § 223a gestalteten Rechte aus gruppeninternen Drittsicherheiten (§ 217 Absatz 2) durch den Plan nicht berührt. 2Der Schuldner wird jedoch durch den Plan gegenüber dem Mitschuldner, dem Bürgen oder anderen Rückgriffsberechtigten in gleicher Weise befreit wie gegenüber dem Gläubiger. (3) Ist ein Gläubiger weitergehend befriedigt worden, als er nach dem Plan zu beanspruchen hat, so begründet dies keine Pflicht zur Rückgewähr des Erlangten. (4) Werden Forderungen von Gläubigern in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner umgewandelt, kann der Schuldner nach der gerichtlichen Bestätigung keine Ansprüche wegen einer Überbewertung der Forderungen im Plan gegen die bisherigen Gläubiger geltend machen. § 254a Rechte an Gegenständen. Sonstige Wirkungen des Plans (1) Wenn Rechte an Gegenständen begründet, geändert, übertragen oder aufgehoben oder Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung abgetreten werden sollen, gelten die in den Insolvenzplan aufgenommenen Willenserklärungen der Beteiligten als in der vorgeschriebenen Form abgegeben. (2) 1Wenn die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen in den Plan einbezogen sind (§ 225a), gelten die in den Plan aufgenommenen Beschlüsse der Anteilsinhaber oder sonstigen Willenserklärungen der Beteiligten als in der vorgeschriebenen Form abgegeben. 2Gesellschaftsrechtlich erforderliche Ladungen, Bekanntmachungen und sonstige Maßnahmen zur Vorbereitung von Beschlüssen der Anteilsinhaber gelten als in der vorgeschriebenen Form bewirkt. 3Der Insolvenzverwalter ist berechtigt, die 1017
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erforderlichen Anmeldungen beim jeweiligen Registergericht vorzunehmen. (3) Entsprechendes gilt für die in den Plan aufgenommenen Verpflichtungserklärungen, die einer Maßnahme nach Absatz 1 oder 2 zugrunde liegen. § 254b Wirkung für alle Beteiligten Die §§ 254 und 254a gelten auch für Insolvenzgläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben, und für Beteiligte, die dem Insolvenzplan widersprochen haben. § 255 Wiederauflebensklausel (1) 1Sind auf Grund des gestaltenden Teils des Insolvenzplans Forderungen von Insolvenzgläubigern gestundet oder teilweise erlassen worden, so wird die Stundung oder der Erlass für den Gläubiger hinfällig, gegenüber dem der Schuldner mit der Erfüllung des Plans erheblich in Rückstand gerät. 2Ein erheblicher Rückstand ist erst anzunehmen, wenn der Schuldner eine fällige Verbindlichkeit nicht bezahlt hat, obwohl der Gläubiger ihn schriftlich gemahnt und ihm dabei eine mindestens zweiwöchige Nachfrist gesetzt hat. (2) Wird vor vollständiger Erfüllung des Plans über das Vermögen des Schuldners ein neues Insolvenzverfahren eröffnet, so ist die Stundung oder der Erlass für alle Insolvenzgläubiger hinfällig. (3) 1Im Plan kann etwas anderes vorgesehen werden. 2Jedoch kann von Absatz 1 nicht zum Nachteil des Schuldners abgewichen werden. § 256 Streitige Forderungen. Ausfallforderungen (1) 1Ist eine Forderung im Prüfungstermin bestritten worden oder steht die Höhe der Ausfallforderung eines absonderungsberechtigten Gläubigers noch nicht fest, so ist ein Rückstand mit der Erfüllung des Insolvenzplans im Sinne des § 255 Abs. 1 nicht anzunehmen, wenn der Schuldner die Forderung bis zur endgültigen Feststellung ihrer Höhe in dem Ausmaß berücksichtigt, das der Entscheidung des Insolvenzgerichts über das Stimmrecht des Gläubigers bei der Abstimmung über den Plan entspricht. 2Ist keine Entscheidung über das Stimmrecht getroffen worden, so hat das Gericht auf Antrag des Schuldners oder des Gläubigers nachträglich festzustellen, in welchem Ausmaß der Schuldner vorläufig die Forderung zu berücksichtigen hat. (2) 1Ergibt die endgültige Feststellung, dass der Schuldner zuwenig gezahlt hat, so hat er das Fehlende nachzuzahlen. 2Ein erheblicher Rückstand mit der Erfüllung des Plans ist erst anzunehmen, wenn der Schuldner das Fehlende
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nicht nachzahlt, obwohl der Gläubiger ihn schriftlich gemahnt und ihm dabei eine mindestens zweiwöchige Nachfrist gesetzt hat. (3) Ergibt die endgültige Feststellung, dass der Schuldner zu viel gezahlt hat, so kann er den Mehrbetrag nur insoweit zurückfordern, als dieser auch den nicht fälligen Teil der Forderung übersteigt, die dem Gläubiger nach dem Insolvenzplan zusteht. § 257 Vollstreckung aus dem Plan (1) 1Aus dem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan in Verbindung mit der Eintragung in die Tabelle können die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind, wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben. 2Einer nicht bestrittenen Forderung steht eine Forderung gleich, bei der ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. 3§ 202 gilt entsprechend. (2) Gleiches gilt für die Zwangsvollstreckung gegen einen Dritten, der durch eine dem Insolvenzgericht eingereichte schriftliche Erklärung für die Erfüllung des Plans neben dem Schuldner ohne Vorbehalt der Einrede der Vorausklage Verpflichtungen übernommen hat. (3) Macht ein Gläubiger die Rechte geltend, die ihm im Falle eines erheblichen Rückstands des Schuldners mit der Erfüllung des Plans zustehen, so hat er zur Erteilung der Vollstreckungsklausel für diese Rechte und zur Durchführung der Vollstreckung die Mahnung und den Ablauf der Nachfrist glaubhaft zu machen, jedoch keinen weiteren Beweis für den Rückstand des Schuldners zu führen. § 258 Aufhebung des Insolvenzverfahrens (1) Sobald die Bestätigung des Insolvenzplans rechtskräftig ist und der Insolvenzplan nicht etwas anderes vorsieht, beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens. (2) 1Vor der Aufhebung hat der Verwalter die unstreitigen fälligen Masseansprüche zu berichtigen und für die streitigen oder nicht fälligen Sicherheit zu leisten. 2Für die nicht fälligen Masseansprüche kann auch ein Finanzplan vorgelegt werden, aus dem sich ergibt, dass ihre Erfüllung gewährleistet ist. (3) 1Der Beschluss enthält den Zeitpunkt der Aufhebung, der frühestens zwei Tage nach der Beschlussfassung liegen soll. 2Der Beschluss und der Grund der Aufhebung sind öffentlich bekannt zu machen. 3Der Schuldner, der Insolvenzverwalter und die Mitglieder des Gläubigerausschusses sind vorab über den Zeitpunkt der Aufhebung zu unterrichten. 4Die §§ 31 bis 33 gelten entsprechend. 5Ist der Zeitpunkt der Aufhebung nicht angegeben, wird die Auf-
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hebung wirksam, sobald nach dem Tag der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind. § 259 Wirkungen der Aufhebung (1) 1Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens erlöschen die Ämter des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses. 2Der Schuldner erhält das Recht zurück, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen. (2) Die Vorschriften über die Überwachung der Planerfüllung bleiben unberührt. (3) 1Einen anhängigen Rechtsstreit, der die Insolvenzanfechtung zum Gegenstand hat, kann der Verwalter auch nach der Aufhebung des Verfahrens fortführen, wenn dies im gestaltenden Teil des Plans vorgesehen ist. 2In diesem Fall wird der Rechtsstreit für Rechnung des Schuldners geführt, wenn im Plan keine abweichende Regelung getroffen wird. § 259a Vollstreckungsschutz (1) 1Gefährden nach der Aufhebung des Verfahrens Zwangsvollstreckungen einzelner Insolvenzgläubiger, die ihre Forderungen bis zum Abstimmungstermin nicht angemeldet haben, die Durchführung des Insolvenzplans, kann das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben oder längstens für drei Jahre untersagen. 2Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Schuldner die tatsächlichen Behauptungen, die die Gefährdung begründen, glaubhaft macht. (2) Ist die Gefährdung glaubhaft gemacht, kann das Gericht die Zwangsvollstreckung auch einstweilen einstellen. (3) Das Gericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn ab, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist. § 259b Besondere Verjährungsfrist (1) Die Forderung eines Insolvenzgläubigers, die nicht bis zum Abstimmungstermin angemeldet worden ist, verjährt in einem Jahr. (2) Die Verjährungsfrist beginnt, wenn die Forderung fällig und der Beschluss rechtskräftig ist, durch den der Insolvenzplan bestätigt wurde. (3) Die Absätze 1 und 2 sind nur anzuwenden, wenn dadurch die Verjährung einer Forderung früher vollendet wird als bei Anwendung der ansonsten geltenden Verjährungsvorschriften.
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(4) 1Die Verjährung einer Forderung eines Insolvenzgläubigers ist gehemmt, solange wegen Vollstreckungsschutzes nach § 259a nicht vollstreckt werden darf. 2Die Hemmung endet drei Monate nach Beendigung des Vollstreckungsschutzes. § 260 Überwachung der Planerfüllung (1) Im gestaltenden Teil des Insolvenzplans kann vorgesehen werden, dass die Erfüllung des Plans überwacht wird. (2) Im Falle des Absatzes 1 wird nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens überwacht, ob die Ansprüche erfüllt werden, die den Gläubigern nach dem gestaltenden Teil gegen den Schuldner zustehen. (3) Wenn dies im gestaltenden Teil vorgesehen ist, erstreckt sich die Überwachung auf die Erfüllung der Ansprüche, die den Gläubigern nach dem gestaltenden Teil gegen eine juristische Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit zustehen, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegründet worden ist, um das Unternehmen oder einen Betrieb des Schuldners zu übernehmen und weiterzuführen (Übernahmegesellschaft). § 261 Aufgaben und Befugnisse des Insolvenzverwalters (1) 1Die Überwachung ist Aufgabe des Insolvenzverwalters. 2Die Ämter des Verwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses und die Aufsicht des Insolvenzgerichts bestehen insoweit fort. 3§ 22 Abs. 3 gilt entsprechend. (2) 1Während der Zeit der Überwachung hat der Verwalter dem Gläubigerausschuss, wenn ein solcher bestellt ist, und dem Gericht jährlich über den jeweiligen Stand und die weiteren Aussichten der Erfüllung des Insolvenzplans zu berichten. 2Unberührt bleibt das Recht des Gläubigerausschusses und des Gerichts, jederzeit einzelne Auskünfte oder einen Zwischenbericht zu verlangen. § 262 Anzeigepflicht des Insolvenzverwalters 1
Stellt der Insolvenzverwalter fest, dass Ansprüche, deren Erfüllung überwacht wird, nicht erfüllt werden oder nicht erfüllt werden können, so hat er dies unverzüglich dem Gläubigerausschuss und dem Insolvenzgericht anzuzeigen. 2 Ist ein Gläubigerausschuss nicht bestellt, so hat der Verwalter an dessen Stelle alle Gläubiger zu unterrichten, denen nach dem gestaltenden Teil des Insolvenzplans Ansprüche gegen den Schuldner oder die Übernahmegesellschaft zustehen.
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§ 263 Zustimmungsbedürftige Geschäfte 1
Im gestaltenden Teil des Insolvenzplans kann vorgesehen werden, dass bestimmte Rechtsgeschäfte des Schuldners oder der Übernahmegesellschaft während der Zeit der Überwachung nur wirksam sind, wenn der Insolvenzverwalter ihnen zustimmt. 2§ 81 Abs. 1 und § 82 gelten entsprechend. § 264 Kreditrahmen
(1) 1Im gestaltenden Teil des Insolvenzplans kann vorgesehen werden, dass die Insolvenzgläubiger nachrangig sind gegenüber Gläubigern mit Forderungen aus Darlehen und sonstigen Krediten, die der Schuldner oder die Übernahmegesellschaft während der Zeit der Überwachung aufnimmt oder die ein Massegläubiger in die Zeit der Überwachung hinein stehen lässt. 2In diesem Fall ist zugleich ein Gesamtbetrag für derartige Kredite festzulegen (Kreditrahmen). 3 Dieser darf den Wert der Vermögensgegenstände nicht übersteigen, die in der Vermögensübersicht des Plans (§ 229 Satz 1) aufgeführt sind. (2) Der Nachrang der Insolvenzgläubiger gemäß Absatz 1 besteht nur gegenüber Gläubigern, mit denen vereinbart wird, dass und in welcher Höhe der von ihnen gewährte Kredit nach Hauptforderung, Zinsen und Kosten innerhalb des Kreditrahmens liegt, und gegenüber denen der Insolvenzverwalter diese Vereinbarung schriftlich bestätigt. (3) § 39 Abs. 1 Nr. 5 bleibt unberührt. § 265 Nachrang von Neugläubigern 1
Gegenüber den Gläubigern mit Forderungen aus Krediten, die nach Maßgabe des § 264 aufgenommen oder stehen gelassen werden, sind nachrangig auch die Gläubiger mit sonstigen vertraglichen Ansprüchen, die während der Zeit der Überwachung begründet werden. 2Als solche Ansprüche gelten auch die Ansprüche aus einem vor der Überwachung vertraglich begründeten Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Gläubiger nach Beginn der Überwachung kündigen konnte. § 266 Berücksichtigung des Nachrangs (1) Der Nachrang der Insolvenzgläubiger und der in § 265 bezeichneten Gläubiger wird nur in einem Insolvenzverfahren berücksichtigt, das vor der Aufhebung der Überwachung eröffnet wird. (2) In diesem neuen Insolvenzverfahren gehen diese Gläubiger den übrigen nachrangigen Gläubigern im Range vor.
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§ 267 Bekanntmachung der Überwachung (1) Wird die Erfüllung des Insolvenzplans überwacht, so ist dies zusammen mit dem Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens öffentlich bekannt zu machen. (2) Ebenso ist bekannt zu machen: 1. im Falle des § 260 Abs. 3 die Erstreckung der Überwachung auf die Übernahmegesellschaft; 2. im Falle des § 263, welche Rechtsgeschäfte an die Zustimmung des Insolvenzverwalters gebunden werden; 3. im Falle des § 264, in welcher Höhe ein Kreditrahmen vorgesehen ist. (3) 1§ 31 gilt entsprechend. 2Soweit im Falle des § 263 das Recht zur Verfügung über ein Grundstück, ein eingetragenes Schiff, Schiffsbauwerk oder Luftfahrzeug, ein Recht an einem solchen Gegenstand oder ein Recht an einem solchen Recht beschränkt wird, gelten die §§ 32 und 33 entsprechend. § 268 Aufhebung der Überwachung (1) Das Insolvenzgericht beschließt die Aufhebung der Überwachung, 1. wenn die Ansprüche, deren Erfüllung überwacht wird, erfüllt sind oder die Erfüllung dieser Ansprüche gewährleistet ist oder 2. wenn seit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens drei Jahre verstrichen sind und kein Antrag auf Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens vorliegt. (2) 1Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen. 2§ 267 Abs. 3 gilt entsprechend. § 269 Kosten der Überwachung 1
Die Kosten der Überwachung trägt der Schuldner. 2Im Falle des § 260 Abs. 3 trägt die Übernahmegesellschaft die durch ihre Überwachung entstehenden Kosten.
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Siebter Teil Koordinierung der Verfahren von Schuldnern, die derselben Unternehmensgruppe angehören Erster Abschnitt Allgemeine Bestimmungen § 269a Zusammenarbeit der Insolvenzverwalter 1
Die Insolvenzverwalter gruppenangehöriger Schuldner sind untereinander zur Unterrichtung und Zusammenarbeit verpflichtet, soweit hierdurch nicht die Interessen der Beteiligten des Verfahrens beeinträchtigt werden, für das sie bestellt sind. 2Insbesondere haben sie auf Anforderung unverzüglich alle Informationen mitzuteilen, die für das andere Verfahren von Bedeutung sein können. § 269b Zusammenarbeit der Gerichte 1 Werden die Insolvenzverfahren über das Vermögen von gruppenangehörigen Schuldnern bei verschiedenen Insolvenzgerichten geführt, sind die Gerichte zur Zusammenarbeit und insbesondere zum Austausch der Informationen verpflichtet, die für das andere Verfahren von Bedeutung sein können. 2Dies gilt insbesondere für:
1. die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen, 2. die Eröffnung des Verfahrens, 3. die Bestellung eines Insolvenzverwalters, 4. wesentliche verfahrensleitende Entscheidungen, 5. den Umfang der Insolvenzmasse und 6. die Vorlage von Insolvenzplänen sowie sonstige Maßnahmen zur Beendigung des Insolvenzverfahrens. § 269c Zusammenarbeit der Gläubigerausschüsse (1) 1Auf Antrag eines Gläubigerausschusses, der in einem Verfahren über das Vermögen eines gruppenangehörigen Schuldners bestellt ist, kann das Gericht des Gruppen-Gerichtsstands nach Anhörung der anderen Gläubigerausschüsse einen Gruppen-Gläubigerausschuss einsetzen. 2Jeder Gläubigerausschuss oder vorläufige Gläubigerausschuss eines gruppenangehörigen Schuldners, der nicht von offensichtlich untergeordneter Bedeutung für die gesamte Unternehmensgruppe ist, stellt ein Mitglied des Gruppen-Gläubigerausschusses. 3Ein weiteres 1024
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Mitglied dieses Ausschusses wird aus dem Kreis der Vertreter der Arbeitnehmer bestimmt. (2) 1Der Gruppen-Gläubigerausschuss unterstützt die Insolvenzverwalter und die Gläubigerausschüsse in den einzelnen Verfahren, um eine abgestimmte Abwicklung dieser Verfahren zu erleichtern. 2Die §§ 70 bis 73 gelten entsprechend. 3Hinsichtlich der Vergütung gilt die Tätigkeit als Mitglied im Gruppen-Gläubigerausschuss als Tätigkeit in dem Gläubigerausschuss, den das Mitglied im Gruppen-Gläubigerausschuss vertritt. (3) Dem Gläubigerausschuss steht in den Fällen der Absätze 1 und 2 ein vorläufiger Gläubigerausschuss gleich. Zweiter Abschnitt Koordinationsverfahren § 269d Koordinationsgericht (1) Wird über die Vermögen von gruppenangehörigen Schuldnern die Eröffnung von Insolvenzverfahren beantragt oder wurden solche Verfahren eröffnet, kann das für die Eröffnung von Gruppen-Folgeverfahren zuständige Gericht (Koordinationsgericht) auf Antrag ein Koordinationsverfahren einleiten. (2) 1Antragsberechtigt ist jeder gruppenangehörige Schuldner. 2§ 3a Absatz 3 findet entsprechende Anwendung. 3Antragsberechtigt ist auch jeder Gläubigerausschuss oder vorläufige Gläubigerausschuss eines gruppenangehörigen Schuldners auf der Grundlage eines einstimmigen Beschlusses. § 269e Verfahrenskoordinator (1) 1Das Koordinationsgericht bestellt eine von den gruppenangehörigen Schuldnern und deren Gläubigern unabhängige Person zum Verfahrenskoordinator. 2Die zu bestellende Person soll von den Insolvenzverwaltern und Sachwaltern der gruppenangehörigen Schuldner unabhängig sein. 3Die Bestellung eines gruppenangehörigen Schuldners ist ausgeschlossen. (2) Vor der Bestellung des Verfahrenskoordinators gibt das Koordinationsgericht einem bestellten Gruppen-Gläubigerausschuss Gelegenheit, sich zu der Person des Verfahrenskoordinators und den an ihn zu stellenden Anforderungen zu äußern. § 269f Aufgaben und Rechtsstellung des Verfahrenskoordinators (1) 1Der Verfahrenskoordinator hat für eine abgestimmte Abwicklung der Verfahren über die gruppenangehörigen Schuldner zu sorgen, soweit dies im 1025
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Interesse der Gläubiger liegt. 2Zu diesem Zweck kann er insbesondere einen Koordinationsplan vorlegen. 3Er kann diesen in den jeweiligen Gläubigerversammlungen erläutern oder durch eine von ihm bevollmächtigte Person erläutern lassen. (2) 1Die Insolvenzverwalter und vorläufigen Insolvenzverwalter der gruppenangehörigen Schuldner sind zur Zusammenarbeit mit dem Verfahrenskoordinator verpflichtet. 2Sie haben ihm auf Aufforderung insbesondere die Informationen mitzuteilen, die er für eine zweckentsprechende Ausübung seiner Tätigkeit benötigt. (3) Soweit in diesem Teil nichts anderes bestimmt ist, gelten für die Bestellung des Verfahrenskoordinators, für die Aufsicht durch das Insolvenzgericht sowie für die Haftung und Vergütung § 27 Absatz 2 Nummer 4 und die §§ 56 bis 60, 62 bis 65 entsprechend. § 269g Vergütung des Verfahrenskoordinators (1) 1Der Verfahrenskoordinator hat Anspruch auf Vergütung für seine Tätigkeit und auf Erstattung angemessener Auslagen. 2Der Regelsatz der Vergütung wird nach dem Wert der zusammengefassten Insolvenzmassen der in das Koordinationsverfahren einbezogenen Verfahren über gruppenangehörige Schuldner berechnet. 3Dem Umfang und der Schwierigkeit der Koordinationsaufgabe wird durch Abweichungen vom Regelsatz Rechnung getragen. 4Die §§ 64 und 65 gelten entsprechend. (2) Die Vergütung des Verfahrenskoordinators ist anteilig aus den Insolvenzmassen der gruppenangehörigen Schuldner zu berichtigen, wobei im Zweifel das Verhältnis des Werts der einzelnen Massen zueinander maßgebend ist. § 269h Koordinationsplan (1) 1Zur abgestimmten Abwicklung der Insolvenzverfahren über das Vermögen von gruppenangehörigen Schuldnern können der Verfahrenskoordinator und, wenn ein solcher noch nicht bestellt ist, die Insolvenzverwalter der gruppenangehörigen Schuldner gemeinsam dem Koordinationsgericht einen Koordinationsplan zur Bestätigung vorlegen. 2Der Koordinationsplan bedarf der Zustimmung eines bestellten Gruppen-Gläubigerausschusses. 3Das Gericht weist den Plan von Amts wegen zurück, wenn die Vorschriften über das Recht zur Vorlage, den Inhalt des Plans oder über die verfahrensmäßige Behandlung nicht beachtet worden sind und die Vorlegenden den Mangel nicht beheben können oder innerhalb einer angemessenen vom Gericht gesetzten Frist nicht beheben.
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(2) 1In dem Koordinationsplan können alle Maßnahmen beschrieben werden, die für eine abgestimmte Abwicklung der Verfahren sachdienlich sind. 2 Insbesondere kann der Plan Vorschläge enthalten: 1. zur Wiederherstellung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der einzelnen gruppenangehörigen Schuldner und der Unternehmensgruppe, 2. zur Beilegung gruppeninterner Streitigkeiten, 3. zu vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Insolvenzverwaltern. (3) 1Gegen den Beschluss, durch den die Bestätigung des Koordinationsplans versagt wird, steht jedem Vorlegenden die sofortige Beschwerde zu. 2Die übrigen Vorlegenden sind in dem Verfahren zuzuziehen. § 269i Abweichungen vom Koordinationsplan (1) 1Der Insolvenzverwalter eines gruppenangehörigen Schuldners hat im Berichtstermin den Koordinationsplan zu erläutern, wenn dies nicht durch den Verfahrenskoordinator oder eine von diesem bevollmächtigte Person erfolgt. 2 Der Insolvenzverwalter hat im Anschluss an die Erläuterung zu begründen, von welchen im Plan beschriebenen Maßnahmen er abweichen will. 3Liegt zum Zeitpunkt des Berichtstermins noch kein Koordinationsplan vor, so kommt der Insolvenzverwalter seinen Pflichten nach den Sätzen 1 und 2 in einer Gläubigerversammlung nach, für die das Insolvenzgericht alsbald einen Termin bestimmt. (2) Auf Beschluss der Gläubigerversammlung ist der Koordinationsplan einem vom Insolvenzverwalter auszuarbeitenden Insolvenzplan zugrunde zu legen. Achter Teil Eigenverwaltung § 270 Grundsatz (1) 1Der Schuldner ist berechtigt, unter der Aufsicht eines Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen, wenn das Insolvenzgericht in dem Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Eigenverwaltung anordnet. 2Für das Verfahren gelten die allgemeinen Vorschriften, soweit in diesem Teil nichts anderes bestimmt ist. (2) Die Vorschriften dieses Teils sind auf Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 304 nicht anzuwenden.
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§ 270a Antrag; Eigenverwaltungsplanung (1) Der Schuldner fügt dem Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung eine Eigenverwaltungsplanung bei, welche umfasst: 1. einen Finanzplan, der den Zeitraum von sechs Monaten abdeckt und eine fundierte Darstellung der Finanzierungsquellen enthält, durch welche die Fortführung des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes und die Deckung der Kosten des Verfahrens in diesem Zeitraum sichergestellt werden soll, 2. ein Konzept für die Durchführung des Insolvenzverfahrens, welches auf Grundlage einer Darstellung von Art, Ausmaß und Ursachen der Krise das Ziel der Eigenverwaltung und die Maßnahmen beschreibt, welche zur Erreichung des Ziels in Aussicht genommen werden, 3. eine Darstellung des Stands von Verhandlungen mit Gläubigern, den am Schuldner beteiligten Personen und Dritten zu den in Aussicht genommenen Maßnahmen, 4. eine Darstellung der Vorkehrungen, die der Schuldner getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, insolvenzrechtliche Pflichten zu erfüllen, und 5. eine begründete Darstellung etwaiger Mehr- oder Minderkosten, die im Rahmen der Eigenverwaltung im Vergleich zu einem Regelverfahren und im Verhältnis zur Insolvenzmasse voraussichtlich anfallen werden. (2) Des Weiteren hat der Schuldner zu erklären, 1. ob, in welchem Umfang und gegenüber welchen Gläubigern er sich mit der Erfüllung von Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen, Pensionszusagen oder dem Steuerschuldverhältnis, gegenüber Sozialversicherungsträgern oder Lieferanten in Verzug befindet, 2. ob und in welchen Verfahren zu seinen Gunsten innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Antrag Vollstreckungs- oder Verwertungssperren nach diesem Gesetz oder nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz angeordnet wurden und 3. ob er für die letzten drei Geschäftsjahre seinen Offenlegungspflichten, insbesondere nach den §§ 325 bis 328 oder 339 des Handelsgesetzbuchs nachgekommen ist. § 270b Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung (1) 1Das Gericht bestellt einen vorläufigen Sachwalter, auf den die §§ 274 und 275 anzuwenden sind (vorläufige Eigenverwaltung), wenn
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1. die Eigenverwaltungsplanung des Schuldners vollständig und schlüssig ist und 2. keine Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass die Eigenverwaltungsplanung in wesentlichen Punkten auf unzutreffenden Tatsachen beruht. 2
Weist die Eigenverwaltungsplanung behebbare Mängel auf, kann das Gericht die vorläufige Eigenverwaltung einstweilen anordnen; in diesem Fall setzt es dem Schuldner eine Frist zur Nachbesserung, die 20 Tage nicht übersteigt. (2) Sind nach dem gemäß § 270a Absatz 1 Nummer 1 übermittelten Finanzplan die Kosten der Eigenverwaltung und der Fortführung des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs nicht gedeckt, übersteigen die nach § 270a Absatz 1 Nummer 5 ausgewiesenen voraussichtlichen Kosten der Eigenverwaltung in wesentlicher Weise die voraussichtlichen Kosten des Regelverfahrens oder sind Umstände bekannt, aus denen sich ergibt, dass 1. Zahlungsrückstände gegenüber Arbeitnehmern oder erhebliche Zahlungsrückstände gegenüber den weiteren in § 270a Absatz 2 Nummer 1 genannten Gläubigern bestehen, 2. zugunsten des Schuldners in den letzten drei Jahren vor der Stellung des Antrags Vollstreckungs- oder Verwertungssperren nach diesem Gesetz oder nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz angeordnet worden sind oder 3. der Schuldner in einem der letzten drei Jahre vor der Antragstellung gegen die Offenlegungsverpflichtungen, insbesondere nach den §§ 325 bis 328 oder 339 des Handelsgesetzbuchs verstoßen hat,
erfolgt die Bestellung des vorläufigen Sachwalters nur, wenn trotz dieser Umstände zu erwarten ist, dass der Schuldner bereit und in der Lage ist, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubiger auszurichten. (3) 1Einem vorläufigen Gläubigerausschuss ist vor Erlass der Entscheidung nach Absatz 2 Gelegenheit zur Äußerung zu geben. 2Ohne Äußerung des Gläubigerausschusses darf eine Entscheidung nur ergehen, wenn seit der Antragstellung zwei Werktage vergangen sind oder wenn offensichtlich mit nachteiligen Veränderungen der Vermögenslage des Schuldners zu rechnen ist, die sich nicht anders als durch Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters abwenden lassen. 3An einen die vorläufige Eigenverwaltung unterstützenden einstimmigen Beschluss des vorläufigen Gläubigerausschusses ist das Gericht gebunden. 4Stimmt der vorläufige Gläubigerausschuss einstimmig gegen die vorläufige Eigenverwaltung, unterbleibt die Anordnung. (4) 1Bestellt das Gericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter, sind die Gründe hierfür schriftlich darzulegen. 2§ 27 Absatz 2 Nummer 4 gilt entsprechend.
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§ 270c Vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren (1) Das Gericht kann den vorläufigen Sachwalter beauftragten, Bericht zu erstatten über 1. die vom Schuldner vorgelegte Eigenverwaltungsplanung, insbesondere, ob diese von den erkannten und erkennbaren tatsächlichen Gegebenheiten ausgeht, schlüssig ist und durchführbar erscheint, 2. die Vollständigkeit und Geeignetheit der Rechnungslegung und Buchführung als Grundlage für die Eigenverwaltungsplanung, insbesondere für die Finanzplanung, 3. das Bestehen von Haftungsansprüchen des Schuldners gegen amtierende oder ehemalige Mitglieder der Organe. (2) Der Schuldner hat dem Gericht und dem vorläufigen Sachwalter unverzüglich wesentliche Änderungen mitzuteilen, welche die Eigenverwaltungsplanung betreffen. (3) 1Das Gericht kann vorläufige Maßnahmen nach § 21 Absatz 1 und 2 Satz 1 Nummer 1a, 3 bis 5 anordnen. 2Ordnet das Gericht die vorläufige Eigenverwaltung nach § 270b Absatz 1 Satz 2 an, kann es zudem anordnen, dass Verfügungen des Schuldners der Zustimmung durch den vorläufigen Sachwalter bedürfen. (4) 1Auf Antrag des Schuldners hat das Gericht anzuordnen, dass der Schuldner Masseverbindlichkeiten begründet. 2Soll sich die Ermächtigung auf Verbindlichkeiten erstrecken, die im Finanzplan nicht berücksichtigt sind, bedarf dies einer besonderen Begründung. 3§ 55 Absatz 2 gilt entsprechend. (5) Hat der Schuldner den Eröffnungsantrag bei drohender Zahlungsunfähigkeit gestellt und die Eigenverwaltung beantragt, sieht das Gericht jedoch die Voraussetzungen der Eigenverwaltung als nicht gegeben an, so hat es seine Bedenken dem Schuldner mitzuteilen und diesem Gelegenheit zu geben, den Eröffnungsantrag vor der Entscheidung über die Eröffnung zurückzunehmen. § 270d Vorbereitung einer Sanierung; Schutzschirm (1) 1Hat der Schuldner mit dem Antrag eine mit Gründen versehene Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalts oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation vorgelegt, aus der sich ergibt, dass drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, aber keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist, so bestimmt das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans. 2Die Frist darf höchstens drei Monate betragen.
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(2) 1Der Aussteller der Bescheinigung nach Absatz 1 darf nicht zum vorläufigen Sachwalter bestellt werden. 2Der Schuldner kann dem Gericht Vorschläge für die Person des vorläufigen Sachwalters unterbreiten. 3Das Gericht kann von einem Vorschlag des Schuldners nur abweichen, wenn die vorgeschlagene Person offensichtlich für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist; dies ist vom Gericht schriftlich zu begründen. (3) Das Gericht hat Maßnahmen nach § 21 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 anzuordnen, wenn der Schuldner dies beantragt. (4) 1Der Schuldner oder der vorläufige Sachwalter haben dem Gericht den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen. 2Nach Aufhebung der Anordnung nach Absatz 1 oder nach Ablauf der Frist entscheidet das Gericht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 270e Aufhebung der vorläufigen Eigenverwaltung (1) Die vorläufige Eigenverwaltung wird durch Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters aufgehoben, wenn 1. der Schuldner in schwerwiegender Weise gegen insolvenzrechtliche Pflichten verstößt oder sich auf sonstige Weise zeigt, dass er nicht bereit oder in der Lage ist, seine Geschäftsführung am Interesse der Gläubiger auszurichten, insbesondere, wenn sich erweist, dass a) der Schuldner die Eigenverwaltungsplanung in wesentlichen Punkten auf unzutreffende Tatsachen gestützt hat oder seinen Pflichten nach § 270c Absatz 2 nicht nachkommt, b) die Rechnungslegung und Buchführung so unvollständig oder mangelhaft sind, dass sie keine Beurteilung der Eigenverwaltungsplanung, insbesondere des Finanzplans, ermöglichen, c) Haftungsansprüche des Schuldners gegen amtierende oder ehemalige Mitglieder seiner Organe bestehen, deren Durchsetzung in der Eigenverwaltung erschwert werden könnte, 2. Mängel der Eigenverwaltungsplanung nicht innerhalb der gemäß § 270b Absatz 1 Satz 2 gesetzten Frist behoben werden, 3. die Erreichung des Eigenverwaltungsziels, insbesondere eine angestrebte Sanierung sich als aussichtslos erweist, 4. der vorläufige Sachwalter dies mit Zustimmung des vorläufigen Gläubigerausschusses oder der vorläufige Gläubigerausschuss dies beantragt, 5. der Schuldner dies beantragt. (2) 1Die vorläufige Eigenverwaltung wird durch Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters zudem aufgehoben, wenn ein absonderungsberechtigter 1031
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Gläubiger oder Insolvenzgläubiger die Aufhebung beantragt und glaubhaft macht, dass die Voraussetzungen für eine Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung nicht vorliegen und ihm durch die Eigenverwaltung erhebliche Nachteile drohen. 2Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Schuldner zu hören. 3Gegen die Entscheidung steht dem Gläubiger und dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. (3) Zum vorläufigen Insolvenzverwalter kann der bisherige vorläufige Sachwalter bestellt werden. (4) 1Dem vorläufigen Gläubigerausschuss ist vor Erlass der Entscheidung nach Absatz 1 Nummer 1 oder 3 Gelegenheit zur Äußerung zu geben. 2§ 270b Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. 3Bestellt das Gericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter, sind die Gründe hierfür schriftlich darzulegen. 4§ 27 Absatz 2 Nummer 4 gilt entsprechend. § 270f Anordnung der Eigenverwaltung (1) Die Eigenverwaltung wird auf Antrag des Schuldners angeordnet, es sei denn, eine vorläufige Eigenverwaltung wäre nach § 270b nicht anzuordnen oder nach § 270e aufzuheben. (2) 1Anstelle eines Insolvenzverwalters wird ein Sachwalter bestellt. 2Die Forderungen der Insolvenzgläubiger sind beim Sachwalter anzumelden. 3Die §§ 32 und 33 sind nicht anzuwenden. (3) § 270b Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. § 270g Eigenverwaltung bei gruppenangehörigen Schuldnern 1
Wird die Eigenverwaltung oder die vorläufige Eigenverwaltung bei einem gruppenangehörigen Schuldner angeordnet, unterliegt der Schuldner den Kooperationspflichten des § 269a. 2Dem eigenverwaltenden Schuldner stehen nach Verfahrenseröffnung die Antragsrechte nach § 3a Absatz 1, § 3d Absatz 2 und § 269d Absatz 2 Satz 2 zu. § 271 Nachträgliche Anordnung 1
Beantragt die Gläubigerversammlung mit der in § 76 Absatz 2 genannten Mehrheit und der Mehrheit der abstimmenden Gläubiger die Eigenverwaltung, so ordnet das Gericht diese an, sofern der Schuldner zustimmt. 2Zum Sachwalter kann der bisherige Insolvenzverwalter bestellt werden.
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§ 272 Aufhebung der Anordnung (1) Das Insolvenzgericht hebt die Anordnung der Eigenverwaltung auf, wenn 1. der Schuldner in schwerwiegender Weise gegen insolvenzrechtliche Pflichten verstößt oder sich auf sonstige Weise zeigt, dass er nicht bereit oder in der Lage ist, seine Geschäftsführung am Interesse der Gläubiger auszurichten; dies gilt auch dann, wenn sich erweist, dass a) der Schuldner die Eigenverwaltungsplanung in wesentlichen Punkten auf unzutreffende Tatsachen gestützt hat, b) die Rechnungslegung und Buchführung so unvollständig oder mangelhaft sind, dass sie keine Beurteilung der Eigenverwaltungsplanung, insbesondere des Finanzplans, ermöglichen, c) Haftungsansprüche des Schuldners gegen amtierende oder ehemalige Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs bestehen, deren Durchsetzung in der Eigenverwaltung erschwert werden könnte, 2. die Erreichung des Eigenverwaltungsziels, insbesondere eine angestrebte Sanierung sich als aussichtslos erweist, 3. dies von der Gläubigerversammlung mit der in § 76 Absatz 2 genannten Mehrheit und der Mehrheit der abstimmenden Gläubiger beantragt wird, 4. dies von einem absonderungsberechtigten Gläubiger oder von einem Insolvenzgläubiger beantragt wird, die Voraussetzungen der Anordnung der Eigenverwaltung des § 270f Absatz 1 in Verbindung mit § 270b Absatz 1 Satz 1 weggefallen sind und dem Antragsteller durch die Eigenverwaltung erhebliche Nachteile drohen, 5. dies vom Schuldner beantragt wird. (2) 1Der Antrag eines Gläubigers ist nur zulässig, wenn die in Absatz 1 Nummer 4 genannten Voraussetzungen glaubhaft gemacht werden. 2Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Schuldner zu hören. 3Gegen die Entscheidung steht dem Gläubiger und dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. (3) Zum Insolvenzverwalter kann der bisherige Sachwalter bestellt werden. § 273 Öffentliche Bekanntmachung Der Beschluss des Insolvenzgerichts, durch den nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Eigenverwaltung angeordnet oder die Anordnung aufgehoben wird, ist öffentlich bekannt zu machen.
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§ 274 Rechtsstellung des Sachwalters (1) Für die Bestellung des Sachwalters, für die Aufsicht des Insolvenzgerichts sowie für die Haftung und die Vergütung des Sachwalters gelten § 27 Absatz 2 Nummer 4, § 54 Nummer 2 und die §§ 56 bis 60, 62 bis 65 entsprechend. (2) 1Der Sachwalter hat die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu prüfen und die Geschäftsführung sowie die Ausgaben für die Lebensführung zu überwachen. 2Das Gericht kann anordnen, dass der Sachwalter den Schuldner im Rahmen der Insolvenzgeldvorfinanzierung, der insolvenzrechtlichen Buchführung und der Verhandlungen mit Kunden und Lieferanten unterstützen kann. 3 § 22 Abs. 3 gilt entsprechend. (3) 1Stellt der Sachwalter Umstände fest, die erwarten lassen, dass die Fortsetzung der Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird, so hat er dies unverzüglich dem Gläubigerausschuss und dem Insolvenzgericht anzuzeigen. 2Ist ein Gläubigerausschuss nicht bestellt, so hat der Sachwalter an dessen Stelle die Insolvenzgläubiger, die Forderungen angemeldet haben, und die absonderungsberechtigten Gläubiger zu unterrichten. § 275 Mitwirkung des Sachwalters (1) 1Verbindlichkeiten, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, soll der Schuldner nur mit Zustimmung des Sachwalters eingehen. 2Auch Verbindlichkeiten, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, soll er nicht eingehen, wenn der Sachwalter widerspricht. (2) Der Sachwalter kann vom Schuldner verlangen, dass alle eingehenden Gelder nur vom Sachwalter entgegengenommen und Zahlungen nur vom Sachwalter geleistet werden. § 276 Mitwirkung des Gläubigerausschusses 1 Der Schuldner hat die Zustimmung des Gläubigerausschusses einzuholen, wenn er Rechtshandlungen vornehmen will, die für das Insolvenzverfahren von besonderer Bedeutung sind. 2§ 160 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, § 161 Satz 2 und § 164 gelten entsprechend.
§ 276a Mitwirkung der Überwachungsorgane (1) 1Ist der Schuldner eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, so haben der Aufsichtsrat, die Gesellschafterversammlung oder entsprechende Organe keinen Einfluss auf die Geschäftsführung des Schuldners. 2Die Abberufung und Neubestellung von Mitgliedern der Ge-
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schäftsleitung ist nur wirksam, wenn der Sachwalter zustimmt. 3Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Maßnahme nicht zu Nachteilen für die Gläubiger führt. (2) 1Ist der Schuldner als juristische Person verfasst, so haften auch die Mitglieder des Vertretungsorgans nach Maßgabe der §§ 60 bis 62. 2Bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit gilt dies für die zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter. 3Ist kein zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigter Gesellschafter eine natürliche Person, gilt dies für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung ermächtigten Gesellschafter. 4Satz 3 gilt sinngemäß, wenn es sich bei den organschaftlichen Vertretern um Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit handelt, bei denen keine natürliche Person zur organschaftlichen Vertretung ermächtigt ist, oder wenn sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt. (3) Die Absätze 1 und 2 finden im Zeitraum zwischen der Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung oder der Anordnung vorläufiger Maßnahmen nach § 270c Absatz 3 und der Verfahrenseröffnung entsprechende Anwendung. § 277 Anordnung der Zustimmungsbedürftigkeit (1) 1Auf Antrag der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht an, dass bestimmte Rechtsgeschäfte des Schuldners nur wirksam sind, wenn der Sachwalter ihnen zustimmt. 2§ 81 Abs. 1 Satz 2 und 3 und § 82 gelten entsprechend. 3Stimmt der Sachwalter der Begründung einer Masseverbindlichkeit zu, so gilt § 61 entsprechend. (2) 1Die Anordnung kann auch auf den Antrag eines absonderungsberechtigten Gläubigers oder eines Insolvenzgläubigers ergehen, wenn sie unaufschiebbar erforderlich ist, um Nachteile für die Gläubiger zu vermeiden. 2Der Antrag ist nur zulässig, wenn diese Voraussetzung der Anordnung glaubhaft gemacht wird. (3) 1Die Anordnung ist öffentlich bekannt zu machen. 2§ 31 gilt entsprechend. 3 Soweit das Recht zur Verfügung über ein Grundstück, ein eingetragenes Schiff, Schiffsbauwerk oder Luftfahrzeug, ein Recht an einem solchen Gegenstand oder ein Recht an einem solchen Recht beschränkt wird, gelten die §§ 32 und 33 entsprechend. § 278 Mittel zur Lebensführung des Schuldners (1) Der Schuldner ist berechtigt, für sich und die in § 100 Abs. 2 Satz 2 genannten Familienangehörigen aus der Insolvenzmasse die Mittel zu entnehmen, die unter Berücksichtigung der bisherigen Lebensverhältnisse des Schuldners eine bescheidene Lebensführung gestatten.
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(2) Ist der Schuldner keine natürliche Person, so gilt Absatz 1 entsprechend für die vertretungsberechtigten persönlich haftenden Gesellschafter des Schuldners. § 279 Gegenseitige Verträge 1
Die Vorschriften über die Erfüllung der Rechtsgeschäfte und die Mitwirkung des Betriebsrats (§§ 103 bis 128) gelten mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Insolvenzverwalters der Schuldner tritt. 2Der Schuldner soll seine Rechte nach diesen Vorschriften im Einvernehmen mit dem Sachwalter ausüben. 3Die Rechte nach den §§ 120, 122 und 126 kann er wirksam nur mit Zustimmung des Sachwalters ausüben. § 280 Haftung. Insolvenzanfechtung Nur der Sachwalter kann die Haftung nach den §§ 92 und 93 für die Insolvenzmasse geltend machen und Rechtshandlungen nach den §§ 129 bis 147 anfechten. § 281 Unterrichtung der Gläubiger (1) 1Das Verzeichnis der Massegegenstände, das Gläubigerverzeichnis und die Vermögensübersicht (§§ 151 bis 153) hat der Schuldner zu erstellen. 2Der Sachwalter hat die Verzeichnisse und die Vermögensübersicht zu prüfen und jeweils schriftlich zu erklären, ob nach dem Ergebnis seiner Prüfung Einwendungen zu erheben sind. (2) 1Im Berichtstermin hat der Schuldner den Bericht zu erstatten. 2Der Sachwalter hat zu dem Bericht Stellung zu nehmen. (3) 1Zur Rechnungslegung (§§ 66, 155) ist der Schuldner verpflichtet. 2Für die Schlussrechnung des Schuldners gilt Absatz 1 Satz 2 entsprechend. § 282 Verwertung von Sicherungsgut (1) 1Das Recht des Insolvenzverwalters zur Verwertung von Gegenständen, an denen Absonderungsrechte bestehen, steht dem Schuldner zu. 2Kosten der Feststellung der Gegenstände und der Rechte an diesen werden jedoch nicht erhoben. 3Als Kosten der Verwertung können nur die tatsächlich entstandenen, für die Verwertung erforderlichen Kosten und der Umsatzsteuerbetrag angesetzt werden. (2) Der Schuldner soll sein Verwertungsrecht im Einvernehmen mit dem Sachwalter ausüben. 1036
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§ 283 Befriedigung der Insolvenzgläubiger (1) 1Bei der Prüfung der Forderungen können außer den Insolvenzgläubigern der Schuldner und der Sachwalter angemeldete Forderungen bestreiten. 2Eine Forderung, die ein Insolvenzgläubiger, der Schuldner oder der Sachwalter bestritten hat, gilt nicht als festgestellt. (2) 1Die Verteilungen werden vom Schuldner vorgenommen. 2Der Sachwalter hat die Verteilungsverzeichnisse zu prüfen und jeweils schriftlich zu erklären, ob nach dem Ergebnis seiner Prüfung Einwendungen zu erheben sind. § 284 Insolvenzplan (1) 1Ein Auftrag der Gläubigerversammlung zur Ausarbeitung eines Insolvenzplans ist an den Sachwalter oder an den Schuldner zu richten. 2Der vorläufige Gläubigerausschuss kann einen Auftrag zur Ausarbeitung eines Insolvenzplans an den vorläufigen Sachwalter oder den Schuldner richten. 3Wird der Auftrag an den Schuldner gerichtet, so wirkt der vorläufige Sachwalter oder der Sachwalter beratend mit. (2) Eine Überwachung der Planerfüllung ist Aufgabe des Sachwalters. § 285 Masseunzulänglichkeit Masseunzulänglichkeit ist vom Sachwalter dem Insolvenzgericht anzuzeigen. Neunter Teil Restschuldbefreiung § 286 Grundsatz Ist der Schuldner eine natürliche Person, so wird er nach Maßgabe der §§ 287 bis 303a von den im Insolvenzverfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern befreit. § 287 Antrag des Schuldners (1) 1Die Restschuldbefreiung setzt einen Antrag des Schuldners voraus, der mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden soll. 2Wird er nicht mit diesem verbunden, so ist er innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis gemäß § 20 Abs. 2 zu stellen. 3Der Schuldner hat dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Fall des § 287a Absatz 2 Satz 1
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Nummer 1 oder 2 vorliegt. 4Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erklärung nach Satz 3 hat der Schuldner zu versichern. (2) 1Dem Antrag ist die Erklärung des Schuldners beizufügen, dass dieser seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder auf an deren Stelle tretende laufende Bezüge für den Zeitraum von drei Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abtretungsfrist) an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt. 2Ist dem Schuldner auf Grundlage eines nach dem 30. September 2020 gestellten Antrags bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt worden, so beträgt die Abtretungsfrist in einem erneuten Verfahren fünf Jahre; der Schuldner hat dem Antrag eine entsprechende Abtretungserklärung beizufügen. (3) Vereinbarungen des Schuldners sind insoweit unwirksam, als sie die Abtretungserklärung nach Absatz 2 vereiteln oder beeinträchtigen würden. (4) Die Insolvenzgläubiger, die Forderungen angemeldet haben, sind bis zum Schlusstermin zu dem Antrag des Schuldners zu hören. § 287a Entscheidung des Insolvenzgerichts (1) 1Ist der Antrag auf Restschuldbefreiung zulässig, so stellt das Insolvenzgericht durch Beschluss fest, dass der Schuldner Restschuldbefreiung erlangt, wenn er den Obliegenheiten nach den §§ 295 und 295a nachkommt und die Voraussetzungen für eine Versagung nach den §§ 290, 297 bis 298 nicht vorliegen. 2Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen. 3Gegen den Beschluss steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. (2) 1Der Antrag auf Restschuldbefreiung ist unzulässig, wenn 1. dem Schuldner in den letzten elf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag Restschuldbefreiung erteilt oder wenn ihm die Restschuldbefreiung in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag nach § 297 versagt worden ist oder 2. dem Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag Restschuldbefreiung nach § 290 Absatz 1 Nummer 5, 6 oder 7 oder nach § 296 versagt worden ist; dies gilt auch im Falle des § 297a, wenn die nachträgliche Versagung auf Gründe nach § 290 Absatz 1 Nummer 5, 6 oder 7 gestützt worden ist. 2
In diesen Fällen hat das Gericht dem Schuldner Gelegenheit zu geben, den Eröffnungsantrag vor der Entscheidung über die Eröffnung zurückzunehmen.
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§ 287b Erwerbsobliegenheit des Schuldners Ab Beginn der Abtretungsfrist bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens obliegt es dem Schuldner, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen. § 288 Bestimmung des Treuhänders 1
Der Schuldner und die Gläubiger können dem Insolvenzgericht als Treuhänder eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete natürliche Person vorschlagen. 2 Wenn noch keine Entscheidung über die Restschuldbefreiung ergangen ist, bestimmt das Gericht zusammen mit der Entscheidung, mit der es die Aufhebung oder die Einstellung des Insolvenzverfahrens wegen Masseunzulänglichkeit beschließt, den Treuhänder, auf den die pfändbaren Bezüge des Schuldners nach Maßgabe der Abtretungserklärung (§ 287 Absatz 2) übergehen. § 289 Einstellung des Insolvenzverfahrens Im Fall der Einstellung des Insolvenzverfahrens kann Restschuldbefreiung nur erteilt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 verteilt worden ist und die Einstellung nach § 211 erfolgt. § 290 Versagung der Restschuldbefreiung (1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn 1. der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist, 2. der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden, 3. (weggefallen)
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4. der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, dass er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat, 5. der Schuldner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat, 6. der Schuldner in der nach § 287 Absatz 1 Satz 3 vorzulegenden Erklärung und in den nach § 305 Absatz 1 Nummer 3 vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat, 7. der Schuldner seine Erwerbsobliegenheit nach § 287b verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. (2) 1Der Antrag des Gläubigers kann bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung nach § 211 Absatz 1 schriftlich gestellt werden; er ist nur zulässig, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird. 2Die Entscheidung über den Versagungsantrag erfolgt nach dem gemäß Satz 1 maßgeblichen Zeitpunkt. (3) 1Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hat, die sofortige Beschwerde zu. 2Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen. § 291 (weggefallen) § 292 Rechtsstellung des Treuhänders (1) 1Der Treuhänder hat den zur Zahlung der Bezüge Verpflichteten über die Abtretung zu unterrichten. 2Er hat die Beträge, die er durch die Abtretung erlangt, und sonstige Leistungen des Schuldners oder Dritter von seinem Vermögen getrennt zu halten und einmal jährlich auf Grund des Schlussverzeichnisses an die Insolvenzgläubiger zu verteilen, sofern die nach § 4a gestundeten Verfahrenskosten abzüglich der Kosten für die Beiordnung eines Rechtsanwalts berichtigt sind. 3§ 36 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 gilt entsprechend. 4 Der Treuhänder kann die Verteilung längstens bis zum Ende der Abtretungsfrist aussetzen, wenn dies angesichts der Geringfügigkeit der zu verteilenden Beträge angemessen erscheint; er hat dies dem Gericht einmal jährlich unter Angabe der Höhe der erlangten Beträge mitzuteilen. 1040
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(2) 1Die Gläubigerversammlung kann dem Treuhänder zusätzlich die Aufgabe übertragen, die Erfüllung der Obliegenheiten des Schuldners zu überwachen. 2 In diesem Fall hat der Treuhänder die Gläubiger unverzüglich zu benachrichtigen, wenn er einen Verstoß gegen diese Obliegenheiten feststellt. 3Der Treuhänder ist nur zur Überwachung verpflichtet, soweit die ihm dafür zustehende zusätzliche Vergütung gedeckt ist oder vorgeschossen wird. (3) 1Der Treuhänder hat bei der Beendigung seines Amtes dem Insolvenzgericht Rechnung zu legen. 2Die §§ 58 und 59 gelten entsprechend, § 59 jedoch mit der Maßgabe, dass die Entlassung auch wegen anderer Entlassungsgründe als der fehlenden Unabhängigkeit von jedem Insolvenzgläubiger beantragt werden kann und dass die sofortige Beschwerde jedem Insolvenzgläubiger zusteht. § 293 Vergütung des Treuhänders (1) 1Der Treuhänder hat Anspruch auf Vergütung für seine Tätigkeit und auf Erstattung angemessener Auslagen. 2Dabei ist dem Zeitaufwand des Treuhänders und dem Umfang seiner Tätigkeit Rechnung zu tragen. (2) § 63 Abs. 2 sowie die §§ 64 und 65 gelten entsprechend. § 294 Gleichbehandlung der Gläubiger (1) Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger in das Vermögen des Schuldners sind in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist nicht zulässig. (2) Jedes Abkommen des Schuldners oder anderer Personen mit einzelnen Insolvenzgläubigern, durch das diesen ein Sondervorteil verschafft wird, ist nichtig. (3) Eine Aufrechnung gegen die Forderung auf die Bezüge, die von der Abtretungserklärung erfasst werden, ist nicht zulässig. § 295 Obliegenheiten des Schuldners 1
Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist 1. eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen; 2. Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie
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Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen; 3. jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfassten Bezüge und kein von Nummer 2 erfasstes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen; 4. Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen; 5. keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen. 2
Auf Antrag des Schuldners stellt das Insolvenzgericht fest, ob ein Vermögenserwerb nach Satz 1 Nummer 2 von der Herausgabeobliegenheit ausgenommen ist. § 295a Obliegenheiten des Schuldners bei selbständiger Tätigkeit (1) 1Soweit der Schuldner eine selbständige Tätigkeit ausübt, obliegt es ihm, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, als wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. 2Die Zahlungen sind kalenderjährlich bis zum 31. Januar des Folgejahres zu leisten. (2) 1Auf Antrag des Schuldners stellt das Gericht den Betrag fest, der den Bezügen aus dem nach Absatz 1 zugrunde zu legenden Dienstverhältnis entspricht. 2Der Schuldner hat die Höhe der Bezüge, die er aus einem angemessenen Dienstverhältnis erzielen könnte, glaubhaft zu machen. 3Der Treuhänder und die Insolvenzgläubiger sind vor der Entscheidung anzuhören. 4Gegen die Entscheidung steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. § 296 Verstoß gegen Obliegenheiten (1) 1Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn der Schuldner in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist eine seiner Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; im Fall des § 295 Satz 1 Nummer 5 bleibt einfache Fahrlässigkeit außer Betracht.
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InsO 2 Der Antrag kann nur binnen eines Jahres nach dem Zeitpunkt gestellt werden, in dem die Obliegenheitsverletzung dem Gläubiger bekannt geworden ist. 3Er ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 glaubhaft gemacht werden.
(2) 1Vor der Entscheidung über den Antrag sind der Treuhänder, der Schuldner und die Insolvenzgläubiger zu hören. 2Der Schuldner hat über die Erfüllung seiner Obliegenheiten Auskunft zu erteilen und, wenn es der Gläubiger beantragt, die Richtigkeit dieser Auskunft an Eides statt zu versichern. 3Gibt er die Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung ohne hinreichende Entschuldigung nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist ab oder erscheint er trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne hinreichende Entschuldigung nicht zu einem Termin, den das Gericht für die Erteilung der Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung anberaumt hat, so ist die Restschuldbefreiung zu versagen. (3) 1Gegen die Entscheidung steht dem Antragsteller und dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. 2Die Versagung der Restschuldbefreiung ist öffentlich bekannt zu machen. § 297 Insolvenzstraftaten (1) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn der Schuldner in dem Zeitraum zwischen Schlusstermin und Aufhebung des Insolvenzverfahrens oder in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt wird. (2) § 296 Absatz 1 Satz 2 und 3, Absatz 3 gilt entsprechend. § 297a Nachträglich bekannt gewordene Versagungsgründe (1) 1Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn sich nach dem Schlusstermin oder im Falle des § 211 nach der Einstellung herausstellt, dass ein Versagungsgrund nach § 290 Absatz 1 vorgelegen hat. 2Der Antrag kann nur binnen sechs Monaten nach dem Zeitpunkt gestellt werden, zu dem der Versagungsgrund dem Gläubiger bekannt geworden ist. 3Er ist nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 vorliegen und dass der Gläubiger bis zu dem gemäß Satz 1 maßgeblichen Zeitpunkt keine Kenntnis von ihnen hatte. (2) § 296 Absatz 3 gilt entsprechend.
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§ 298 Deckung der Mindestvergütung des Treuhänders (1) 1Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag des Treuhänders, wenn die an diesen abgeführten Beträge für das vorangegangene Jahr seiner Tätigkeit die Mindestvergütung nicht decken und der Schuldner den fehlenden Betrag nicht einzahlt, obwohl ihn der Treuhänder schriftlich zur Zahlung binnen einer Frist von mindestens zwei Wochen aufgefordert und ihn dabei auf die Möglichkeit der Versagung der Restschuldbefreiung hingewiesen hat. 2Dies gilt nicht, wenn die Kosten des Insolvenzverfahrens nach § 4a gestundet wurden. (2) 1Vor der Entscheidung ist der Schuldner zu hören. 2Die Versagung unterbleibt, wenn der Schuldner binnen zwei Wochen nach Aufforderung durch das Gericht den fehlenden Betrag einzahlt oder ihm dieser entsprechend § 4a gestundet wird. (3) § 296 Abs. 3 gilt entsprechend. § 299 Vorzeitige Beendigung Wird die Restschuldbefreiung nach den §§ 296, 297, 297a oder 298 versagt, so enden die Abtretungsfrist, das Amt des Treuhänders und die Beschränkung der Rechte der Gläubiger mit der Rechtskraft der Entscheidung. § 300 Entscheidung über die Restschuldbefreiung (1) 1Das Insolvenzgericht entscheidet nach dem regulären Ablauf der Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung. 2Der Beschluss ergeht nach Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters oder Treuhänders und des Schuldners. 3Eine nach Satz 1 erteilte Restschuldbefreiung gilt als mit Ablauf der Abtretungsfrist erteilt. (2) 1Wurden im Insolvenzverfahren keine Forderungen angemeldet oder sind die Insolvenzforderungen befriedigt worden und hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten berichtigt, so entscheidet das Gericht auf Antrag des Schuldners schon vor Ablauf der Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung. 2Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. 3Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 ist vom Schuldner glaubhaft zu machen. 4Wird die Restschuldbefreiung nach Satz 1 erteilt, so gelten die §§ 299 und 300a entsprechend. (3) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn die Voraussetzungen des § 290 Absatz 1, des § 296 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 3, des § 297 oder des § 297a vorliegen, oder auf Antrag des Treuhänders, wenn die Voraussetzungen des § 298 vorliegen.
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(4) 1Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen. 2Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der bei der Anhörung nach Absatz 1 oder Absatz 2 die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt oder der das Nichtvorliegen der Voraussetzungen einer vorzeitigen Restschuldbefreiung nach Absatz 2 geltend gemacht hat, die sofortige Beschwerde zu. § 300a Neuerwerb im laufenden Insolvenzverfahren (1) 1Wird dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt, gehört das Vermögen, das der Schuldner nach Ende der Abtretungsfrist oder nach Eintritt der Voraussetzungen des § 300 Absatz 2 Satz 1 erwirbt, nicht mehr zur Insolvenzmasse. 2 Satz 1 gilt nicht für Vermögensbestandteile, die auf Grund einer Anfechtung des Insolvenzverwalters zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden oder die auf Grund eines vom Insolvenzverwalter geführten Rechtsstreits oder auf Grund Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters zur Insolvenzmasse gehören. (2) 1Bis zur rechtskräftigen Erteilung der Restschuldbefreiung hat der Verwalter den Neuerwerb, der dem Schuldner zusteht, treuhänderisch zu vereinnahmen und zu verwalten. 2Nach rechtskräftiger Erteilung der Restschuldbefreiung findet die Vorschrift des § 89 keine Anwendung. 3Der Insolvenzverwalter hat bei Rechtskraft der Erteilung der Restschuldbefreiung dem Schuldner den Neuerwerb herauszugeben und über die Verwaltung des Neuerwerbs Rechnung zu legen. (3) 1Der Insolvenzverwalter hat für seine Tätigkeit nach Absatz 2, sofern Restschuldbefreiung rechtskräftig erteilt wird, gegenüber dem Schuldner Anspruch auf Vergütung und auf Erstattung angemessener Auslagen. 2§ 293 gilt entsprechend. § 301 Wirkung der Restschuldbefreiung (1) 1Wird die Restschuldbefreiung erteilt, so wirkt sie gegen alle Insolvenzgläubiger. 2Dies gilt auch für Gläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben. (2) 1Die Rechte der Insolvenzgläubiger gegen Mitschuldner und Bürgen des Schuldners sowie die Rechte dieser Gläubiger aus einer zu ihrer Sicherung eingetragenen Vormerkung oder aus einem Recht, das im Insolvenzverfahren zur abgesonderten Befriedigung berechtigt, werden durch die Restschuldbefreiung nicht berührt. 2Der Schuldner wird jedoch gegenüber dem Mitschuldner, dem Bürgen oder anderen Rückgriffsberechtigten in gleicher Weise befreit wie gegenüber den Insolvenzgläubigern. (3) Wird ein Gläubiger befriedigt, obwohl er auf Grund der Restschuldbefreiung keine Befriedigung zu beanspruchen hat, so begründet dies keine Pflicht zur Rückgewähr des Erlangten. 1045
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(4) 1Ein allein aufgrund der Insolvenz des Schuldners erlassenes Verbot, eine gewerbliche, geschäftliche, handwerkliche oder freiberufliche Tätigkeit aufzunehmen oder auszuüben, tritt mit Rechtskraft der Erteilung der Restschuldbefreiung außer Kraft. 2Satz 1 gilt nicht für die Versagung und die Aufhebung einer Zulassung zu einer erlaubnispflichtigen Tätigkeit. § 302 Ausgenommene Forderungen Von der Erteilung der Restschuldbefreiung werden nicht berührt: 1. Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat, oder aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden ist; der Gläubiger hat die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Absatz 2 anzumelden; 2. Geldstrafen und die diesen in § 39 Abs. 1 Nr. 3 gleichgestellten Verbindlichkeiten des Schuldners; 3. Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden. § 303 Widerruf der Restschuldbefreiung (1) Auf Antrag eines Insolvenzgläubigers widerruft das Insolvenzgericht die Erteilung der Restschuldbefreiung, wenn 1. sich nachträglich herausstellt, dass der Schuldner eine seiner Obliegenheiten vorsätzlich verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger erheblich beeinträchtigt hat, 2. sich nachträglich herausstellt, dass der Schuldner während der Abtretungsfrist nach Maßgabe von § 297 Absatz 1 verurteilt worden ist, oder wenn der Schuldner erst nach Erteilung der Restschuldbefreiung wegen einer bis zum Ende der Abtretungsfrist begangenen Straftat nach Maßgabe von § 297 Absatz 1 verurteilt wird oder 3. der Schuldner nach Erteilung der Restschuldbefreiung Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat, die ihm nach diesem Gesetz während des Insolvenzverfahrens obliegen. (2) 1Der Antrag des Gläubigers ist nur zulässig, wenn er innerhalb eines Jahres nach der Rechtskraft der Entscheidung über die Restschuldbefreiung gestellt wird; ein Widerruf nach Absatz 1 Nummer 3 kann bis zu sechs Monate nach
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rechtskräftiger Aufhebung des Insolvenzverfahrens beantragt werden. 2Der Gläubiger hat die Voraussetzungen des Widerrufsgrundes glaubhaft zu machen. 3 In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 hat der Gläubiger zudem glaubhaft zu machen, dass er bis zur Rechtskraft der Entscheidung keine Kenntnis vom Widerrufsgrund hatte. (3) 1Vor der Entscheidung sind der Schuldner und in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 3 auch der Treuhänder oder Insolvenzverwalter zu hören. 2 Gegen die Entscheidung steht dem Antragsteller und dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. 3Die Entscheidung, durch welche die Restschuldbefreiung widerrufen wird, ist öffentlich bekannt zu machen. § 303a Eintragung in das Schuldnerverzeichnis 1
Das Insolvenzgericht ordnet die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nach § 882b der Zivilprozessordnung an. 2Eingetragen werden Schuldner,
1. denen die Restschuldbefreiung nach den §§ 290, 296, 297 oder 297a oder auf Antrag eines Insolvenzgläubigers nach § 300 Absatz 3 versagt worden ist, 2. deren Restschuldbefreiung widerrufen worden ist. 3
Es übermittelt die Anordnung unverzüglich elektronisch dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Absatz 1 der Zivilprozessordnung. 4§ 882c Absatz 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Zehnter Teil Verbraucherinsolvenzverfahren § 304 Grundsatz (1) 1Ist der Schuldner eine natürliche Person, die keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat, so gelten für das Verfahren die allgemeinen Vorschriften, soweit in diesem Teil nichts anderes bestimmt ist. 2Hat der Schuldner eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt, so findet Satz 1 Anwendung, wenn seine Vermögensverhältnisse überschaubar sind und gegen ihn keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. (2) Überschaubar sind die Vermögensverhältnisse im Sinne von Absatz 1 Satz 2 nur, wenn der Schuldner zu dem Zeitpunkt, zu dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wird, weniger als 20 Gläubiger hat.
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§ 305 Eröffnungsantrag des Schuldners (1) Mit dem schriftlich einzureichenden Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder unverzüglich nach diesem Antrag hat der Schuldner vorzulegen: 1. eine Bescheinigung, die von einer geeigneten Person oder Stelle auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners ausgestellt ist und aus der sich ergibt, dass eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsantrag erfolglos versucht worden ist; der Plan ist beizufügen und die wesentlichen Gründe für sein Scheitern sind darzulegen; die Länder können bestimmen, welche Personen oder Stellen als geeignet anzusehen sind; 2. den Antrag auf Erteilung von Restschuldbefreiung (§ 287) oder die Erklärung, dass Restschuldbefreiung nicht beantragt werden soll; 3. ein Verzeichnis des vorhandenen Vermögens und des Einkommens (Vermögensverzeichnis), eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts dieses Verzeichnisses (Vermögensübersicht), ein Verzeichnis der Gläubiger und ein Verzeichnis der gegen ihn gerichteten Forderungen; den Verzeichnissen und der Vermögensübersicht ist die Erklärung beizufügen, dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind; 4. einen Schuldenbereinigungsplan; dieser kann alle Regelungen enthalten, die unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen sowie der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Schuldners geeignet sind, zu einer angemessenen Schuldenbereinigung zu führen; in den Plan ist aufzunehmen, ob und inwieweit Bürgschaften, Pfandrechte und andere Sicherheiten der Gläubiger vom Plan berührt werden sollen. (2) 1In dem Verzeichnis der Forderungen nach Absatz 1 Nr. 3 kann auch auf beigefügte Forderungsaufstellungen der Gläubiger Bezug genommen werden. 2 Auf Aufforderung des Schuldners sind die Gläubiger verpflichtet, auf ihre Kosten dem Schuldner zur Vorbereitung des Forderungsverzeichnisses eine schriftliche Aufstellung ihrer gegen diesen gerichteten Forderungen zu erteilen; insbesondere haben sie ihm die Höhe ihrer Forderungen und deren Aufgliederung in Hauptforderung, Zinsen und Kosten anzugeben. 3Die Aufforderung des Schuldners muss einen Hinweis auf einen bereits bei Gericht eingereichten oder in naher Zukunft beabsichtigten Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens enthalten. (3) 1Hat der Schuldner die amtlichen Formulare nach Absatz 5 nicht vollständig ausgefüllt abgegeben, fordert ihn das Insolvenzgericht auf, das Fehlende unverzüglich zu ergänzen. 2Kommt der Schuldner dieser Aufforderung nicht binnen eines Monats nach, so gilt sein Antrag auf Eröffnung des Insolvenz-
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verfahrens als zurückgenommen. 3Im Falle des § 306 Abs. 3 Satz 3 beträgt die Frist drei Monate. (4) 1Der Schuldner kann sich vor dem Insolvenzgericht von einer geeigneten Person oder einem Angehörigen einer als geeignet anerkannten Stelle im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 vertreten lassen. 2Für die Vertretung des Gläubigers gilt § 174 Abs. 1 Satz 3 entsprechend. (5) 1Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Verbraucherinsolvenzverfahrens für die Beteiligten Formulare für die nach Absatz 1 Nummer 1 bis 4 vorzulegenden Bescheinigungen, Anträge und Verzeichnisse einzuführen. 2Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Schuldner ihrer bedienen. 3Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren maschinell bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht maschinell bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden. § 305a Scheitern der außergerichtlichen Schuldenbereinigung Der Versuch, eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung herbeizuführen, gilt als gescheitert, wenn ein Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt, nachdem die Verhandlungen über die außergerichtliche Schuldenbereinigung aufgenommen wurden. § 306 Ruhen des Verfahrens (1) 1Das Verfahren über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ruht bis zur Entscheidung über den Schuldenbereinigungsplan. 2Dieser Zeitraum soll drei Monate nicht überschreiten. 3Das Gericht ordnet nach Anhörung des Schuldners die Fortsetzung des Verfahrens über den Eröffnungsantrag an, wenn nach seiner freien Überzeugung der Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich nicht angenommen wird. (2) 1Absatz 1 steht der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nicht entgegen. 2 Ruht das Verfahren, so hat der Schuldner in der für die Zustellung erforderlichen Zahl Abschriften des Schuldenbereinigungsplans und der Vermögensübersicht innerhalb von zwei Wochen nach Aufforderung durch das Gericht nachzureichen. 3§ 305 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend. (3) 1Beantragt ein Gläubiger die Eröffnung des Verfahrens, so hat das Insolvenzgericht vor der Entscheidung über die Eröffnung dem Schuldner Gelegenheit zu geben, ebenfalls einen Antrag zu stellen. 2Stellt der Schuldner einen Antrag, so gilt Absatz 1 auch für den Antrag des Gläubigers. 3In diesem Fall hat der Schuldner zunächst eine außergerichtliche Einigung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 zu versuchen. 1049
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§ 307 Zustellung an die Gläubiger (1) 1Das Insolvenzgericht stellt den vom Schuldner genannten Gläubigern den Schuldenbereinigungsplan sowie die Vermögensübersicht zu und fordert die Gläubiger zugleich auf, binnen einer Notfrist von einem Monat zu den in § 305 Abs. 1 Nr. 3 genannten Verzeichnissen und zu dem Schuldenbereinigungsplan Stellung zu nehmen; die Gläubiger sind darauf hinzuweisen, dass die Verzeichnisse beim Insolvenzgericht zur Einsicht niedergelegt sind. 2Zugleich ist jedem Gläubiger mit ausdrücklichem Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 308 Abs. 3 Satz 2 Gelegenheit zu geben, binnen der Frist nach Satz 1 die Angaben über seine Forderungen in dem beim Insolvenzgericht zur Einsicht niedergelegten Forderungsverzeichnis zu überprüfen und erforderlichenfalls zu ergänzen. 3Auf die Zustellung nach Satz 1 ist § 8 Abs. 1 Satz 2, 3, Abs. 2 und 3 nicht anzuwenden. (2) 1Geht binnen der Frist nach Absatz 1 Satz 1 bei Gericht die Stellungnahme eines Gläubigers nicht ein, so gilt dies als Einverständnis mit dem Schuldenbereinigungsplan. 2Darauf ist in der Aufforderung hinzuweisen. (3) 1Nach Ablauf der Frist nach Absatz 1 Satz 1 ist dem Schuldner Gelegenheit zu geben, den Schuldenbereinigungsplan binnen einer vom Gericht zu bestimmenden Frist zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies auf Grund der Stellungnahme eines Gläubigers erforderlich oder zur Förderung einer einverständlichen Schuldenbereinigung sinnvoll erscheint. 2Die Änderungen oder Ergänzungen sind den Gläubigern zuzustellen, soweit dies erforderlich ist. 3Absatz 1 Satz 1, 3 und Absatz 2 gelten entsprechend. § 308 Annahme des Schuldenbereinigungsplans (1) 1Hat kein Gläubiger Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan erhoben oder wird die Zustimmung nach § 309 ersetzt, so gilt der Schuldenbereinigungsplan als angenommen; das Insolvenzgericht stellt dies durch Beschluss fest. 2Der Schuldenbereinigungsplan hat die Wirkung eines Vergleichs im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung. 3Den Gläubigern und dem Schuldner ist eine Ausfertigung des Schuldenbereinigungsplans und des Beschlusses nach Satz 1 zuzustellen. (2) Die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und auf Erteilung von Restschuldbefreiung gelten als zurückgenommen. (3) 1Soweit Forderungen in dem Verzeichnis des Schuldners nicht enthalten sind und auch nicht nachträglich bei dem Zustandekommen des Schuldenbereinigungsplans berücksichtigt worden sind, können die Gläubiger von dem Schuldner Erfüllung verlangen. 2Dies gilt nicht, soweit ein Gläubiger die Angaben über seine Forderung in dem beim Insolvenzgericht zur Einsicht niedergelegten Forderungsverzeichnis nicht innerhalb der gesetzten Frist ergänzt hat, 1050
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obwohl ihm der Schuldenbereinigungsplan übersandt wurde und die Forderung vor dem Ablauf der Frist entstanden war; insoweit erlischt die Forderung. § 309 Ersetzung der Zustimmung (1) 1Hat dem Schuldenbereinigungsplan mehr als die Hälfte der benannten Gläubiger zugestimmt und beträgt die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der Ansprüche der benannten Gläubiger, so ersetzt das Insolvenzgericht auf Antrag eines Gläubigers oder des Schuldners die Einwendungen eines Gläubigers gegen den Schuldenbereinigungsplan durch eine Zustimmung. 2Dies gilt nicht, wenn 1. der Gläubiger, der Einwendungen erhoben hat, im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern nicht angemessen beteiligt wird oder 2. dieser Gläubiger durch den Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich wirtschaftlich schlechter gestellt wird, als er bei Durchführung des Verfahrens über die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Erteilung von Restschuldbefreiung stünde; hierbei ist im Zweifel zugrunde zu legen, dass die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Schuldners zum Zeitpunkt des Antrags nach Satz 1 während der gesamten Dauer des Verfahrens maßgeblich bleiben. (2) 1Vor der Entscheidung ist der Gläubiger zu hören. 2Die Gründe, die gemäß Absatz 1 Satz 2 einer Ersetzung seiner Einwendungen durch eine Zustimmung entgegenstehen, hat er glaubhaft zu machen. 3Gegen den Beschluss steht dem Antragsteller und dem Gläubiger, dessen Zustimmung ersetzt wird, die sofortige Beschwerde zu. 4§ 4a Abs. 2 gilt entsprechend. (3) Macht ein Gläubiger Tatsachen glaubhaft, aus denen sich ernsthafte Zweifel ergeben, ob eine vom Schuldner angegebene Forderung besteht oder sich auf einen höheren oder niedrigeren Betrag richtet als angegeben, und hängt vom Ausgang des Streits ab, ob der Gläubiger im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern angemessen beteiligt wird (Absatz 1 Satz 2 Nr. 1), so kann die Zustimmung dieses Gläubigers nicht ersetzt werden. § 310 Kosten Die Gläubiger haben gegen den Schuldner keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die ihnen im Zusammenhang mit dem Schuldenbereinigungsplan entstehen.
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§ 311 Aufnahme des Verfahrens über den Eröffnungsantrag Werden Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan erhoben, die nicht gemäß § 309 durch gerichtliche Zustimmung ersetzt werden, so wird das Verfahren über den Eröffnungsantrag von Amts wegen wieder aufgenommen. §§ 312 – 314 (weggefallen) Elfter Teil Besondere Arten des Insolvenzverfahrens Erster Abschnitt Nachlassinsolvenzverfahren § 315 Örtliche Zuständigkeit 1 Für das Insolvenzverfahren über einen Nachlass ist ausschließlich das Insolvenzgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser zur Zeit seines Todes seinen allgemeinen Gerichtsstand hatte. 2Lag der Mittelpunkt einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Erblassers an einem anderen Ort, so ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt.
§ 316 Zulässigkeit der Eröffnung (1) Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Erbe die Erbschaft noch nicht angenommen hat oder dass er für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. (2) Sind mehrere Erben vorhanden, so ist die Eröffnung des Verfahrens auch nach der Teilung des Nachlasses zulässig. (3) Über einen Erbteil findet ein Insolvenzverfahren nicht statt. § 317 Antragsberechtigte (1) Zum Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über einen Nachlass ist jeder Erbe, der Nachlassverwalter sowie ein anderer Nachlasspfleger, ein Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, und jeder Nachlassgläubiger berechtigt.
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(2) 1Wird der Antrag nicht von allen Erben gestellt, so ist er zulässig, wenn der Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht wird. 2Das Insolvenzgericht hat die übrigen Erben zu hören. (3) Steht die Verwaltung des Nachlasses einem Testamentsvollstrecker zu, so ist, wenn der Erbe die Eröffnung beantragt, der Testamentsvollstrecker, wenn der Testamentsvollstrecker den Antrag stellt, der Erbe zu hören. § 318 Antragsrecht beim Gesamtgut (1) 1Gehört der Nachlass zum Gesamtgut einer Gütergemeinschaft, so kann sowohl der Ehegatte, der Erbe ist, als auch der Ehegatte, der nicht Erbe ist, aber das Gesamtgut allein oder mit seinem Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Nachlass beantragen. 2 Die Zustimmung des anderen Ehegatten ist nicht erforderlich. 3Die Ehegatten behalten das Antragsrecht, wenn die Gütergemeinschaft endet. (2) 1Wird der Antrag nicht von beiden Ehegatten gestellt, so ist er zulässig, wenn der Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht wird. 2Das Insolvenzgericht hat den anderen Ehegatten zu hören. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten für Lebenspartner entsprechend. § 319 Antragsfrist Der Antrag eines Nachlassgläubigers auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist unzulässig, wenn seit der Annahme der Erbschaft zwei Jahre verstrichen sind. § 320 Eröffnungsgründe 1
Gründe für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über einen Nachlass sind die Zahlungsunfähigkeit und die Überschuldung. 2Beantragt der Erbe, der Nachlassverwalter oder ein anderer Nachlasspfleger oder ein Testamentsvollstrecker die Eröffnung des Verfahrens, so ist auch die drohende Zahlungsunfähigkeit Eröffnungsgrund. § 321 Zwangsvollstreckung nach Erbfall Maßnahmen der Zwangsvollstreckung in den Nachlass, die nach dem Eintritt des Erbfalls erfolgt sind, gewähren kein Recht zur abgesonderten Befriedigung.
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§ 322 Anfechtbare Rechtshandlungen des Erben Hat der Erbe vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus dem Nachlass Pflichtteilsansprüche, Vermächtnisse oder Auflagen erfüllt, so ist diese Rechtshandlung in gleicher Weise anfechtbar wie eine unentgeltliche Leistung des Erben. § 323 Aufwendungen des Erben Dem Erben steht wegen der Aufwendungen, die ihm nach den §§ 1978, 1979 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aus dem Nachlass zu ersetzen sind, ein Zurückbehaltungsrecht nicht zu. § 324 Masseverbindlichkeiten (1) Masseverbindlichkeiten sind außer den in den §§ 54, 55 bezeichneten Verbindlichkeiten: 1. die Aufwendungen, die dem Erben nach den §§ 1978, 1979 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aus dem Nachlass zu ersetzen sind; 2. die Kosten der Beerdigung des Erblassers; 3. die im Falle der Todeserklärung des Erblassers dem Nachlass zur Last fallenden Kosten des Verfahrens; 4. die Kosten der Eröffnung einer Verfügung des Erblassers von Todes wegen, der gerichtlichen Sicherung des Nachlasses, einer Nachlasspflegschaft, des Aufgebots der Nachlassgläubiger und der Inventarerrichtung; 5. die Verbindlichkeiten aus den von einem Nachlasspfleger oder einem Testamentsvollstrecker vorgenommenen Rechtsgeschäften; 6. die Verbindlichkeiten, die für den Erben gegenüber einem Nachlasspfleger, einem Testamentsvollstrecker oder einem Erben, der die Erbschaft ausgeschlagen hat, aus der Geschäftsführung dieser Personen entstanden sind, soweit die Nachlassgläubiger verpflichtet wären, wenn die bezeichneten Personen die Geschäfte für sie zu besorgen gehabt hätten. (2) Im Falle der Masseunzulänglichkeit haben die in Absatz 1 bezeichneten Verbindlichkeiten den Rang des § 209 Abs. 1 Nr. 3. § 325 Nachlassverbindlichkeiten Im Insolvenzverfahren über einen Nachlass können nur die Nachlassverbindlichkeiten geltend gemacht werden. 1054
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§ 326 Ansprüche des Erben (1) Der Erbe kann die ihm gegen den Erblasser zustehenden Ansprüche geltend machen. (2) Hat der Erbe eine Nachlassverbindlichkeit erfüllt, so tritt er, soweit nicht die Erfüllung nach § 1979 des Bürgerlichen Gesetzbuchs als für Rechnung des Nachlasses erfolgt gilt, an die Stelle des Gläubigers, es sei denn, dass er für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. (3) Haftet der Erbe einem einzelnen Gläubiger gegenüber unbeschränkt, so kann er dessen Forderung für den Fall geltend machen, dass der Gläubiger sie nicht geltend macht. § 327 Nachrangige Verbindlichkeiten (1) Im Rang nach den in § 39 bezeichneten Verbindlichkeiten und in folgender Rangfolge, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge, werden erfüllt: 1. die Verbindlichkeiten gegenüber Pflichtteilsberechtigten; 2. die Verbindlichkeiten aus den vom Erblasser angeordneten Vermächtnissen und Auflagen; 3. (weggefallen) (2) 1Ein Vermächtnis, durch welches das Recht des Bedachten auf den Pflichtteil nach § 2307 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgeschlossen wird, steht, soweit es den Pflichtteil nicht übersteigt, im Rang den Pflichtteilsrechten gleich. 2Hat der Erblasser durch Verfügung von Todes wegen angeordnet, dass ein Vermächtnis oder eine Auflage vor einem anderen Vermächtnis oder einer anderen Auflage erfüllt werden soll, so hat das Vermächtnis oder die Auflage den Vorrang. (3) 1Eine Verbindlichkeit, deren Gläubiger im Wege des Aufgebotsverfahrens ausgeschlossen ist oder nach § 1974 des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem ausgeschlossenen Gläubiger gleichsteht, wird erst nach den in § 39 bezeichneten Verbindlichkeiten und, soweit sie zu den in Absatz 1 bezeichneten Verbindlichkeiten gehört, erst nach den Verbindlichkeiten erfüllt, mit denen sie ohne die Beschränkung gleichen Rang hätte. 2Im Übrigen wird durch die Beschränkung an der Rangordnung nichts geändert.
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§ 328 Zurückgewährte Gegenstände (1) Was infolge der Anfechtung einer vom Erblasser oder ihm gegenüber vorgenommenen Rechtshandlung zur Insolvenzmasse zurückgewährt wird, darf nicht zur Erfüllung der in § 327 Abs. 1 bezeichneten Verbindlichkeiten verwendet werden. (2) Was der Erbe auf Grund der §§ 1978 bis 1980 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Masse zu ersetzen hat, kann von den Gläubigern, die im Wege des Aufgebotsverfahrens ausgeschlossen sind oder nach § 1974 des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem ausgeschlossenen Gläubiger gleichstehen, nur insoweit beansprucht werden, als der Erbe auch nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ersatzpflichtig wäre. § 329 Nacherbfolge Die §§ 323, 324 Abs. 1 Nr. 1 und § 326 Abs. 2, 3 gelten für den Vorerben auch nach dem Eintritt der Nacherbfolge. § 330 Erbschaftskauf (1) Hat der Erbe die Erbschaft verkauft, so tritt für das Insolvenzverfahren der Käufer an seine Stelle. (2) 1Der Erbe ist wegen einer Nachlassverbindlichkeit, die im Verhältnis zwischen ihm und dem Käufer diesem zur Last fällt, wie ein Nachlassgläubiger zum Antrag auf Eröffnung des Verfahrens berechtigt. 2Das gleiche Recht steht ihm auch wegen einer anderen Nachlassverbindlichkeit zu, es sei denn, dass er unbeschränkt haftet oder dass eine Nachlassverwaltung angeordnet ist. 3Die §§ 323, 324 Abs. 1 Nr. 1 und § 326 gelten für den Erben auch nach dem Verkauf der Erbschaft. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für den Fall, dass jemand eine durch Vertrag erworbene Erbschaft verkauft oder sich in sonstiger Weise zur Veräußerung einer ihm angefallenen oder anderweitig von ihm erworbenen Erbschaft verpflichtet hat. § 331 Gleichzeitige Insolvenz des Erben (1) Im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Erben gelten, wenn auch über den Nachlass das Insolvenzverfahren eröffnet oder wenn eine Nachlassverwaltung angeordnet ist, die §§ 52, 190, 192, 198, 237 Abs. 1 Satz 2 entsprechend für Nachlassgläubiger, denen gegenüber der Erbe unbeschränkt haftet.
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(2) 1Gleiches gilt, wenn ein Ehegatte der Erbe ist und der Nachlass zum Gesamtgut gehört, das vom anderen Ehegatten allein verwaltet wird, auch im Insolvenzverfahren über das Vermögen des anderen Ehegatten und, wenn das Gesamtgut von den Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet wird, auch im Insolvenzverfahren über das Gesamtgut und im Insolvenzverfahren über das sonstige Vermögen des Ehegatten, der nicht Erbe ist. 2Satz 1 gilt für Lebenspartner entsprechend. Zweiter Abschnitt Insolvenzverfahren über das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft § 332 Verweisung auf das Nachlassinsolvenzverfahren (1) Im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft gelten die §§ 315 bis 331 entsprechend für das Insolvenzverfahren über das Gesamtgut. (2) Insolvenzgläubiger sind nur die Gläubiger, deren Forderungen schon zur Zeit des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft als Gesamtgutsverbindlichkeiten bestanden. (3) 1Die anteilsberechtigten Abkömmlinge sind nicht berechtigt, die Eröffnung des Verfahrens zu beantragen. 2Sie sind jedoch vom Insolvenzgericht zu einem Eröffnungsantrag zu hören. Dritter Abschnitt Insolvenzverfahren über das gemeinschaftlich verwaltete Gesamtgut einer Gütergemeinschaft § 333 Antragsrecht. Eröffnungsgründe (1) Zum Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Gesamtgut einer Gütergemeinschaft, das von den Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet wird, ist jeder Gläubiger berechtigt, der die Erfüllung einer Verbindlichkeit aus dem Gesamtgut verlangen kann. (2) 1Antragsberechtigt ist auch jeder Ehegatte. 2Wird der Antrag nicht von beiden Ehegatten gestellt, so ist er zulässig, wenn die Zahlungsunfähigkeit des Gesamtgutes glaubhaft gemacht wird; das Insolvenzgericht hat den anderen Ehegatten zu hören. 3Wird der Antrag von beiden Ehegatten gestellt, so ist auch die drohende Zahlungsunfähigkeit Eröffnungsgrund. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten für Lebenspartner entsprechend.
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§ 334 Persönliche Haftung der Ehegatten (1) Die persönliche Haftung der Ehegatten oder Lebenspartner für die Verbindlichkeiten, deren Erfüllung aus dem Gesamtgut verlangt werden kann, kann während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter oder vom Sachwalter geltend gemacht werden. (2) Im Falle eines Insolvenzplans gilt für die persönliche Haftung der Ehegatten oder Lebenspartner § 227 Abs. 1 entsprechend. Zwölfter Teil Internationales Insolvenzrecht Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften § 335 Grundsatz Das Insolvenzverfahren und seine Wirkungen unterliegen, soweit nichts anderes bestimmt ist, dem Recht des Staats, in dem das Verfahren eröffnet worden ist. § 336 Vertrag über einen unbeweglichen Gegenstand 1
Die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf einen Vertrag, der ein dingliches Recht an einem unbeweglichen Gegenstand oder ein Recht zur Nutzung eines unbeweglichen Gegenstandes betrifft, unterliegen dem Recht des Staats, in dem der Gegenstand belegen ist. 2Bei einem im Schiffsregister, Schiffsbauregister oder Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragenen Gegenstand ist das Recht des Staats maßgebend, unter dessen Aufsicht das Register geführt wird. § 337 Arbeitsverhältnis Die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf ein Arbeitsverhältnis unterliegen dem Recht, das nach der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. L 177 vom 4.7.2008, S. 6) für das Arbeitsverhältnis maßgebend ist.
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§ 338 Aufrechnung Das Recht eines Insolvenzgläubigers zur Aufrechnung wird von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht berührt, wenn er nach dem für die Forderung des Schuldners maßgebenden Recht zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Aufrechnung berechtigt ist. § 339 Insolvenzanfechtung Eine Rechtshandlung kann angefochten werden, wenn die Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung nach dem Recht des Staats der Verfahrenseröffnung erfüllt sind, es sei denn, der Anfechtungsgegner weist nach, dass für die Rechtshandlung das Recht eines anderen Staats maßgebend und die Rechtshandlung nach diesem Recht in keiner Weise angreifbar ist. § 340 Organisierte Märkte. Pensionsgeschäfte (1) Die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Rechte und Pflichten der Teilnehmer an einem organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes unterliegen dem Recht des Staats, das für diesen Markt gilt. (2) Die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf Pensionsgeschäfte im Sinne des § 340b des Handelsgesetzbuchs sowie auf Schuldumwandlungsverträge und Aufrechnungsvereinbarungen unterliegen dem Recht des Staats, das für diese Verträge maßgebend ist. (3) Für die Teilnehmer an einem System im Sinne von § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes gilt Absatz 1 entsprechend. § 341 Ausübung von Gläubigerrechten (1) Jeder Gläubiger kann seine Forderungen im Hauptinsolvenzverfahren und in jedem Sekundärinsolvenzverfahren anmelden. (2) 1Der Insolvenzverwalter ist berechtigt, eine in dem Verfahren, für das er bestellt ist, angemeldete Forderung in einem anderen Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners anzumelden. 2Das Recht des Gläubigers, die Anmeldung abzulehnen oder zurückzunehmen, bleibt unberührt. (3) Der Verwalter gilt als bevollmächtigt, das Stimmrecht aus einer Forderung, die in dem Verfahren, für das er bestellt ist, angemeldet worden ist, in einem anderen Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners auszuüben, sofern der Gläubiger keine anderweitige Bestimmung trifft.
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§ 342 Herausgabepflicht. Anrechnung (1) 1Erlangt ein Insolvenzgläubiger durch Zwangsvollstreckung, durch eine Leistung des Schuldners oder in sonstiger Weise etwas auf Kosten der Insolvenzmasse aus dem Vermögen, das nicht im Staat der Verfahrenseröffnung belegen ist, so hat er das Erlangte dem Insolvenzverwalter herauszugeben. 2 Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung gelten entsprechend. (2) 1Der Insolvenzgläubiger darf behalten, was er in einem Insolvenzverfahren erlangt hat, das in einem anderen Staat eröffnet worden ist. 2Er wird jedoch bei den Verteilungen erst berücksichtigt, wenn die übrigen Gläubiger mit ihm gleichgestellt sind. (3) Der Insolvenzgläubiger hat auf Verlangen des Insolvenzverwalters Auskunft über das Erlangte zu geben. Zweiter Abschnitt Ausländisches Insolvenzverfahren § 343 Anerkennung (1) 1Die Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens wird anerkannt. Dies gilt nicht,
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1. wenn die Gerichte des Staats der Verfahrenseröffnung nach deutschem Recht nicht zuständig sind; 2. soweit die Anerkennung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere soweit sie mit den Grundrechten unvereinbar ist. (2) Absatz 1 gilt entsprechend für Sicherungsmaßnahmen, die nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens getroffen werden, sowie für Entscheidungen, die zur Durchführung oder Beendigung des anerkannten Insolvenzverfahrens ergangen sind. § 344 Sicherungsmaßnahmen (1) Wurde im Ausland vor Eröffnung eines Hauptinsolvenzverfahrens ein vorläufiger Verwalter bestellt, so kann auf seinen Antrag das zuständige Insolvenzgericht die Maßnahmen nach § 21 anordnen, die zur Sicherung des von einem inländischen Sekundärinsolvenzverfahren erfassten Vermögens erforderlich erscheinen.
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(2) Gegen den Beschluss steht auch dem vorläufigen Verwalter die sofortige Beschwerde zu. § 345 Öffentliche Bekanntmachung (1) 1Sind die Voraussetzungen für die Anerkennung der Verfahrenseröffnung gegeben, so hat das Insolvenzgericht auf Antrag des ausländischen Insolvenzverwalters den wesentlichen Inhalt der Entscheidung über die Verfahrenseröffnung und der Entscheidung über die Bestellung des Insolvenzverwalters im Inland bekannt zu machen. 2§ 9 Abs. 1 und 2 und § 30 Abs. 1 gelten entsprechend. 3Ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bekannt gemacht worden, so ist die Beendigung in gleicher Weise bekannt zu machen. (2) 1Hat der Schuldner im Inland eine Niederlassung, so erfolgt die öffentliche Bekanntmachung von Amts wegen. 2Der Insolvenzverwalter oder ein ständiger Vertreter nach § 13e Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 des Handelsgesetzbuchs unterrichtet das nach § 348 Abs. 1 zuständige Insolvenzgericht. (3) 1Der Antrag ist nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Verfahrenseröffnung vorliegen. 2Dem Verwalter ist eine Ausfertigung des Beschlusses, durch den die Bekanntmachung angeordnet wird, zu erteilen. 3Gegen die Entscheidung des Insolvenzgerichts, mit der die öffentliche Bekanntmachung abgelehnt wird, steht dem ausländischen Verwalter die sofortige Beschwerde zu. § 346 Grundbuch (1) Wird durch die Verfahrenseröffnung oder durch Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 343 Abs. 2 oder § 344 Abs. 1 die Verfügungsbefugnis des Schuldners eingeschränkt, so hat das Insolvenzgericht auf Antrag des ausländischen Insolvenzverwalters das Grundbuchamt zu ersuchen, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die Art der Einschränkung der Verfügungsbefugnis des Schuldners in das Grundbuch einzutragen: 1. bei Grundstücken, als deren Eigentümer der Schuldner eingetragen ist; 2. bei den für den Schuldner eingetragenen Rechten an Grundstücken und an eingetragenen Rechten, wenn nach der Art des Rechts und den Umständen zu befürchten ist, dass ohne die Eintragung die Insolvenzgläubiger benachteiligt würden. (2) 1Der Antrag nach Absatz 1 ist nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Verfahrenseröffnung vorliegen. 2Gegen die Entscheidung des Insolvenzgerichts steht dem ausländischen Verwalter die sofortige Beschwerde zu. 3Für die Löschung der Eintragung gilt § 32 Abs. 3 Satz 1 entsprechend.
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(3) Für die Eintragung der Verfahrenseröffnung in das Schiffsregister, das Schiffsbauregister und das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. § 347 Nachweis der Verwalterbestellung. Unterrichtung des Gerichts (1) 1Der ausländische Insolvenzverwalter weist seine Bestellung durch eine beglaubigte Abschrift der Entscheidung, durch die er bestellt worden ist, oder durch eine andere von der zuständigen Stelle ausgestellte Bescheinigung nach. 2 Das Insolvenzgericht kann eine Übersetzung verlangen, die von einer hierzu im Staat der Verfahrenseröffnung befugten Person zu beglaubigen ist. (2) Der ausländische Insolvenzverwalter, der einen Antrag nach den §§ 344 bis 346 gestellt hat, unterrichtet das Insolvenzgericht über alle wesentlichen Änderungen in dem ausländischen Verfahren und über alle ihm bekannten weiteren ausländischen Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. § 348 Zuständiges Insolvenzgericht. Zusammenarbeit der Insolvenzgerichte (1) 1Für die Entscheidungen nach den §§ 344 bis 346 ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk die Niederlassung oder, wenn eine Niederlassung fehlt, Vermögen des Schuldners belegen ist. 2§ 3 Absatz 3 gilt entsprechend. (2) Sind die Voraussetzungen für die Anerkennung eines ausländischen Insolvenzverfahrens gegeben oder soll geklärt werden, ob die Voraussetzungen vorliegen, so kann das Insolvenzgericht mit dem ausländischen Insolvenzgericht zusammenarbeiten, insbesondere Informationen weitergeben, die für das ausländische Verfahren von Bedeutung sind. (3) 1Die Landesregierungen werden ermächtigt, zur sachdienlichen Förderung oder schnelleren Erledigung der Verfahren durch Rechtsverordnung die Entscheidungen nach den §§ 344 bis 346 für die Bezirke mehrerer Insolvenzgerichte einem von diesen zuzuweisen. 2Die Landesregierungen können die Ermächtigungen auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. (4) 1Die Länder können vereinbaren, dass die Entscheidungen nach den §§ 344 bis 346 für mehrere Länder den Gerichten eines Landes zugewiesen werden. 2 Geht ein Antrag nach den §§ 344 bis 346 bei einem unzuständigen Gericht ein, so leitet dieses den Antrag unverzüglich an das zuständige Gericht weiter und unterrichtet hierüber den Antragsteller.
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§ 349 Verfügungen über unbewegliche Gegenstände (1) Hat der Schuldner über einen Gegenstand der Insolvenzmasse, der im Inland im Grundbuch, Schiffsregister, Schiffsbauregister oder Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen ist, oder über ein Recht an einem solchen Gegenstand verfügt, so sind die §§ 878, 892, 893 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, § 3 Abs. 3, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken und § 5 Abs. 3, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen anzuwenden. (2) Ist zur Sicherung eines Anspruchs im Inland eine Vormerkung im Grundbuch, Schiffsregister, Schiffsbauregister oder Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen, so bleibt § 106 unberührt. § 350 Leistung an den Schuldner 1
Ist im Inland zur Erfüllung einer Verbindlichkeit an den Schuldner geleistet worden, obwohl die Verbindlichkeit zur Insolvenzmasse des ausländischen Insolvenzverfahrens zu erfüllen war, so wird der Leistende befreit, wenn er zur Zeit der Leistung die Eröffnung des Verfahrens nicht kannte. 2Hat er vor der öffentlichen Bekanntmachung nach § 345 geleistet, so wird vermutet, dass er die Eröffnung nicht kannte. § 351 Dingliche Rechte (1) Das Recht eines Dritten an einem Gegenstand der Insolvenzmasse, der zur Zeit der Eröffnung des ausländischen Insolvenzverfahrens im Inland belegen war, und das nach inländischem Recht einen Anspruch auf Aussonderung oder auf abgesonderte Befriedigung gewährt, wird von der Eröffnung des ausländischen Insolvenzverfahrens nicht berührt. (2) Die Wirkungen des ausländischen Insolvenzverfahrens auf Rechte des Schuldners an unbeweglichen Gegenständen, die im Inland belegen sind, bestimmen sich, unbeschadet des § 336 Satz 2, nach deutschem Recht. § 352 Unterbrechung und Aufnahme eines Rechtsstreits (1) 1Durch die Eröffnung des ausländischen Insolvenzverfahrens wird ein Rechtsstreit unterbrochen, der zur Zeit der Eröffnung anhängig ist und die Insolvenzmasse betrifft. 2Die Unterbrechung dauert an, bis der Rechtsstreit von einer Person aufgenommen wird, die nach dem Recht des Staats der Verfahrenseröffnung zur Fortführung des Rechtsstreits berechtigt ist, oder bis das Insolvenzverfahren beendet ist.
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(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners durch die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 343 Abs. 2 auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht. § 353 Vollstreckbarkeit ausländischer Entscheidungen (1) 1Aus einer Entscheidung, die in dem ausländischen Insolvenzverfahren ergeht, findet die Zwangsvollstreckung nur statt, wenn ihre Zulässigkeit durch ein Vollstreckungsurteil ausgesprochen ist. 2§ 722 Abs. 2 und § 723 Abs. 1 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. (2) Für die in § 343 Abs. 2 genannten Sicherungsmaßnahmen gilt Absatz 1 entsprechend. Dritter Abschnitt Partikularverfahren über das Inlandsvermögen § 354 Voraussetzungen des Partikularverfahrens (1) Ist die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das gesamte Vermögen des Schuldners nicht gegeben, hat der Schuldner jedoch im Inland eine Niederlassung oder sonstiges Vermögen, so ist auf Antrag eines Gläubigers ein besonderes Insolvenzverfahren über das inländische Vermögen des Schuldners (Partikularverfahren) zulässig. (2) 1Hat der Schuldner im Inland keine Niederlassung, so ist der Antrag eines Gläubigers auf Eröffnung eines Partikularverfahrens nur zulässig, wenn dieser ein besonderes Interesse an der Eröffnung des Verfahrens hat, insbesondere, wenn er in einem ausländischen Verfahren voraussichtlich erheblich schlechter stehen wird als in einem inländischen Verfahren. 2Das besondere Interesse ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen. (3) 1Für das Verfahren ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk die Niederlassung oder, wenn eine Niederlassung fehlt, Vermögen des Schuldners belegen ist. 2§ 3 Absatz 3 gilt entsprechend. § 355 Restschuldbefreiung. Insolvenzplan (1) Im Partikularverfahren sind die Vorschriften über die Restschuldbefreiung nicht anzuwenden. (2) Ein Insolvenzplan, in dem eine Stundung, ein Erlass oder sonstige Einschränkungen der Rechte der Gläubiger vorgesehen sind, kann in diesem
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Verfahren nur bestätigt werden, wenn alle betroffenen Gläubiger dem Plan zugestimmt haben. § 356 Sekundärinsolvenzverfahren (1) 1Die Anerkennung eines ausländischen Hauptinsolvenzverfahrens schließt ein Sekundärinsolvenzverfahren über das inländische Vermögen nicht aus. 2 Für das Sekundärinsolvenzverfahren gelten ergänzend die §§ 357 und 358. (2) Zum Antrag auf Eröffnung des Sekundärinsolvenzverfahrens ist auch der ausländische Insolvenzverwalter berechtigt. (3) Das Verfahren wird eröffnet, ohne dass ein Eröffnungsgrund festgestellt werden muss. § 357 Zusammenarbeit der Insolvenzverwalter (1) 1Der Insolvenzverwalter hat dem ausländischen Verwalter unverzüglich alle Umstände mitzuteilen, die für die Durchführung des ausländischen Verfahrens Bedeutung haben können. 2Er hat dem ausländischen Verwalter Gelegenheit zu geben, Vorschläge für die Verwertung oder sonstige Verwendung des inländischen Vermögens zu unterbreiten. (2) Der ausländische Verwalter ist berechtigt, an den Gläubigerversammlungen teilzunehmen. (3) 1Ein Insolvenzplan ist dem ausländischen Verwalter zur Stellungnahme zuzuleiten. 2Der ausländische Verwalter ist berechtigt, selbst einen Plan vorzulegen. 3§ 218 Abs. 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. § 358 Überschuss bei der Schlussverteilung Können bei der Schlussverteilung im Sekundärinsolvenzverfahren alle Forderungen in voller Höhe berichtigt werden, so hat der Insolvenzverwalter einen verbleibenden Überschuss dem ausländischen Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens herauszugeben. Dreizehnter Teil Inkrafttreten § 359 Verweisung auf das Einführungsgesetz Dieses Gesetz tritt an dem Tage in Kraft, der durch das Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung bestimmt wird.
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Stichwortverzeichnis
Aktualität (der Bescheinigung, § 270d InsO) § 270d InsO Rn. 50 ff. Abberufung des Restrukturierungsbeauftragten § 75 Rn. 12 ff. Absolute Priorität §§ 25 – 28 Rn. 20 ff.; – Durchbrechung §§ 25 – 28 Rn. 28 ff. Absonderungsanwartschaften §§ 2 – 4 Rn. 17 ff., § 7 Rn. 7, § 11 Rn. 6 Abstimmung § 20 Rn. 1 ff. – Dokumentation § 22 Rn. 1 ff. Abstimmungsprozess, Schutz § 10 Rn. 5 f. Amtsermittlung – Inhalt der Bescheinigung § 270d InsO Rn. 85 – vorläufiger Gläubigerausschuss, Größenklasse § 22a InsO Rn. 35 f. – vorläufiger Gläubigerausschuss, Unverhältnismäßigkeit § 22a InsO Rn. 50 ff. Amtsermittlungsgrundsatz § 39 Rn. 1 ff. Anfechtungsausschluss § 90 Rn. 3 ff. – Übertragung wesentlichen Vermögens § 90 Rn. 21 ff. Anfechtungszeitraum § 91 Rn. 1 ff. Anhörung (vorläufiger Gläubigerausschuss) – Anhörungspflicht §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 45 ff. – Dispens von der Pflicht zur Anhörung §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 81 ff. – Eigenverwaltung § 270b InsO Rn. 67 ff.
– mehrfache Anhörung (Kollisionen) §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 115 ff. – Missbrauch und Rechtsschutz §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 63 ff. – Schutzschirmverfahren, Auswahl Sachwalter § 270d InsO Rn. 57 – Schutzschirmverfahren, Aufhebung § 270d InsO Rn. 102 – vor Bestellung Insolvenzverwalter §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 54 ff.; Rn. 85 f. – vor Bestellung vorläufiger Insolvenzverwalter §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 54 ff.; Rn. 87 ff. Anleihen §§ 2 – 4 Rn. 22 ff. Anteilseigner §§ 2 – 4 Rn. 28 ff. – Durchbrechung der absoluten Priorität §§ 25 – 28 Rn. 33 ff. – Einbeziehung § 8 Rn. 21 ff. Antrag auf Einsetzung Gläubigerausschuss § 22a InsO Rn. 17 ff. Anzeigepflicht § 42 Rn. 1 ff. – Anzeigefrist § 42 Rn. 12 f. – Haftung § 42 Rn. 20 ff. – Strafvorschriften § 42 Rn. 19 Arbeitnehmer §§ 2 – 4 Rn. 14 Arbeitnehmer, Mitglied im vorläufigen Gläubigerausschuss § 22a InsO Rn. 82 Auslegungsprimat Vor § 1 Rn. 1 ff. Aussteller der Bescheinigung nach § 270d InsO § 270d InsO Rn. 18 ff. – Qualifikation und Nachweis § 270d InsO Rn. 19 ff. – Unabhängigkeit § 270d InsO Rn. 25 ff.
1067
Stichwortverzeichnis
Befreiung vom vorläufigen Pflichtgläubigerausschuss – eingestellter Geschäftsbetrieb § 22a InsO Rn. 38 ff. – nachteilige Veränderung der Vermögenslage § 22a InsO Rn. 41 ff. – Rechtsmittel § 22a InsO Rn. 60 – Unverhältnismäßigkeit § 22a InsO Rn. 50 ff. Beibringungsgrundsatz siehe Amtsermittlung Berichtigung des Insolvenzplans siehe Planberichtigung Bescheinigung nach § 270d InsO – Alter der Bescheinigung § 270d InsO Rn. 50 ff. – Anlage (notwendige) § 270d InsO Rn. 45 f. – Aussteller siehe dort – Beibringungsgrundsatz § 270d InsO Rn. 39 – gerichtliche Prüfung des Inhalts § 270d InsO Rn. 34; 78 ff. – Haftung des Ausstellers § 270d InsO Rn. 110 ff. – Liquiditätsplan § 270d InsO Rn. 41 ff. – Pflichtinhalt (formell) § 270d InsO Rn. 32 ff.; 47 – Pflichtinhalt (materiell) § 270d InsO Rn. 32 ff.; 46 – Pflichtinhalt (Zweck) § 270d InsO Rn. 35 f. – Zulässigkeitsvoraussetzung § 270d InsO Rn. 16 Beobachtungspflicht siehe Krisenfrüherkennung Beschwerde gegen den Insolvenzplan, sofortige Zurückweisung §§ 251, 253 InsO Rn. 34 ff. Bestandssicherung §§ 14, 15 Rn. 4 ff.
1068
Beteiligungsrechte siehe Anteilseigner Bestimmtheitsgebot für Eingriffe § 7 Rn. 10 f. Betrachtungszeitpunkt für Bestimmung der Rechtsverhältnisse §§ 2 – 4 Rn. 45 ff. Betriebsverfassungsgesetz, Fortgeltung §§ 92, 93 Rn. 10 f.
Chapter 11-Verfahren
§§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 16: § 270d Rn. 4 Checkliste für Restrukturierungspläne § 16 Rn. 1 ff.
Darstellender Teil (des Insolvenzplans) § 220 InsO Rn. 1 ff. – Vergleichsrechnung § 220 InsO Rn. 9 ff. – Gruppeninterne Drittsicherheiten § 220 InsO Rn. 25 ff. Darstellender Teil (des Restrukturierungsplans) § 6 Rn. 1 ff – Begründungszwang § 6 Rn. 26 ff. – Drittsicherheiten § 6 Rn. 28 ff. – Planklarheit § 6 Rn. 5 ff. – Vergleichspaarbildung § 6 Rn. 15 ff. Debt-Equity-Swap §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 76 ff. – Anmeldung zum Handelsregister §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 102, 107 – Anrechnungsbetrag §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 93 ff. – Barkapitalerhöhungsbetrag §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 84
Stichwortverzeichnis
– Berücksichtigung von Sicherheiten §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 111 ff. – Bezugsrechtsausschluss (Altgesellschafter) §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 20 – Differenzhaftung §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 90 ff. – Stimmrechtsbeschränkung §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 14 – wirtschaftliche Neugründung §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 103 ff. – WpÜG §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 75 Differenzhaftung (Debt-EquitySwap) §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 90 ff. Dokumentation § 22 Rn. 1 ff. – Bekanntgabe § 22 Rn. 17 ff. – Beweiskraft § 22 Rn. 15 f. – Dokumentationspflicht § 22 Rn. 1 ff. Dual Track § 6 Rn. 15 ff. Drittsicherheiten, gruppeninterne §§ 2 – 4 Rn. 31, § 6 Rn. 28 ff. – Darstellung der Verhältnisse des verbundenen Unternehmens (Restrukturierungsplan) § 6 Rn. 28 ff. – Kompensationsanspruch bei Eingriffen §§ 2 – 4 Rn. 35 ff. – im Insolvenzplan §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 5 ff.
Eigenantrag
§ 13 Abs. 1 InsO
Eigenverwaltung, Vorbemerkung §§ 270 ff. InsO Rn. 1 ff.; §§ 270, 270a Rn. 1 ff. – Antrag §§ 270, 270a InsO Rn. 1 ff. – Begründung von Masseverbindlichkeiten § 270c InsO Rn. 21 ff. – Darstellung der Mehr- und Minderkosten §§ 270, 270a InsO Rn. 53 ff. – Darstellung des Verhandlungsstandes §§ 270, 270a InsO Rn. 37 ff. – Eigenverwaltungskonzept §§ 270, 270a InsO Rn. 31 ff. – Eigenverwaltungsplanung §§ 270, 270a InsO Rn. 19 ff. – Eigenverwaltungswürdigkeit §§ 270, 270a InsO Rn. 60 ff. – Finanzplan §§ 270, 270a InsO Rn. 24 ff. – Organhaftung in der Eigenverwaltung §§ 270, 270a InsO Rn. 47 ff. – Rücknahme des Insolvenzantrags § 270c InsO Rn. 29 ff. – Sicherstellung der Erfüllung der insolvenzrechtlichen Pflichten §§ 270, 270a InsO Rn. 41 ff. – nachträgliche Anordnung §§ 270f, 271 InsO Rn. 30 ff. – Überblick über die Neufassung Vorbemerkung §§ 270 ff. InsO Rn. 1 ff. Einberufung § 20 Rn. 7 ff.; § 21 Rn. 5 ff. Eingestellter Geschäftsbetrieb siehe Befreiung vom vorläufigen Pflichtgläubigerausschuss
Rn. 1 ff.
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Stichwortverzeichnis
Einverständniserklärung möglicher Mitglieder des Gläubigerausschusses § 22a InsO Rn. 21 Entschädigung (benachteiligter Gläubiger im Insolvenzplan) §§ 251, 253 InsO Rn. 19 ff. Erhebliche Schlechterstellung (des Gläubigers im Insolvenzplan) §§ 251, 253 InsO Rn. 11 ff. Erörterungs- und Abstimmungstermin § 45 Rn. 1 ff. Erörterungsversammlung § 21 Rn. 1 ff.
Finanzierung, neue § 12 Rn. 1 ff. Forderung – Ausfall- § 70 Rn. 1 ff. – streitige § 24 Rn. 4 ff.; § 70 Rn. 1 ff. Formerfordernisse § 254a InsO Rn. 1 ff. Frist zur Vorlage des Insolvenzplans § 270d InsO Rn. 90 ff. Geschäftsanteile der Schuldnerin, Abtretung §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 44 ff. Geschäftsanteile, Tochtergesellschaften §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 50 Geschäftsführer (Abberufung im Insolvenzplan) §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 64 Gesellschafter im Insolvenzplan – ABC zulässiger Maßnahmen §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 41 ff. – Abgrenzung Gesellschafterforderungen §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 37 ff. – Debt-Equity-Swap §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 76 ff.
1070
– formale Beteiligung §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 10 ff. – gesellschafterliche Treuepflicht §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 42 – materiell-rechtliche Einbeziehung §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 24 ff. – Stimmrecht und Rechtsschutz §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 14 ff. – „Suhrkamp“-Entscheidung §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 16 Gestaltender Teil § 7 Rn. 1 ff. – Bestimmtheitsgebot § 7 Rn. 10 f. – gesellschaftsrechtliche Maßnahmen § 7 Rn. 12 ff. – Verbot der Übersanierung § 7 Rn. 15 ff. Gesamtgläubigerinteresse Vor § 1 Rn. 6 ff. Gruppenbildung § 9 Rn. 1 ff. – Kleingläubiger § 9 Rn. 10 ff. – Pflichtgruppen § 9 Rn. 3 ff. – Untergruppen § 9 Rn. 13 Gläubigerausschuss, vorläufiger § 22a InsO Rn. 10 ff. – ABC möglicher Mitglieder § 22a InsO Rn. 79 ff. – Amtsermittlung, Größenkriterien § 22a InsO Rn. 35 – Anzahl der Mitglieder § 22a InsO Rn. 20 – Arbeitnehmer als Mitglied § 22a InsO Rn. 82 – Auswahlentscheidung, Mitglieder § 22a InsO Rn. 22 – Beendigung § 22a InsO Rn. 98 ff.
Stichwortverzeichnis
– Beibringungsgrundsatz § 22a InsO Rn. 35, 59 – Besetzung/Mitglieder § 22a InsO Rn. 67 ff. – derivativer Pflichtausschuss § 22a InsO Rn. 17 ff. – Dispens/Befreiung vom Pflichtausschuss § 22a InsO Rn. 37 ff. – Effizienzprinzip § 22a InsO Rn. 37 – Einverständniserklärungen der Mitglieder § 22a InsO Rn. 21 – fakultativer Gläubigerausschuss § 22a InsO Rn. 15 – Größenkriterien § 22a InsO Rn. 10 ff. – Größenkriterien, Ermittlung durch das Gericht § 22a InsO Rn. 35 f. – Größenkriterien, Schätzungsbefugnis § 22a InsO Rn. 28 – Interimsausschuss § 22a InsO Rn. 12 – juristische Personen als Mitglied § 22a InsO Rn. 91 – originärer Pflichtausschuss § 22a InsO Rn. 16 – Rechte/Mitwirkung § 22a InsO Rn. 94 ff. – Rechtsmittel § 22a InsO Rn. 60 – Schutzschrift, Antrag auf Einsetzung § 22a InsO Rn. 19 – verfahrensfremde Ziele § 22a InsO Rn. 24 – Verhältnismäßigkeitsgrenze § 22a InsO Rn. 50 ff. – Verzicht auf Unabhängigkeit des Verwalters siehe – Zustimmung zu sachlich vorbefasstem Verwalter – vorkonstituierter vorläufiger Gläubigerausschuss § 22a InsO Rn. 23
– Vorschlagsrecht im Schutzschirmverfahren § 270d InsO Rn. 60 – Vorschlagsrecht Insolvenzverwalter (Anforderungsprofil) § 56, 56a, 59 InsO Rn. 49 ff. – Vorschlagsrecht Insolvenzverwalter (Person) § 56. 56a, 59 InsO Rn. 54 ff. – Vorschlagsrecht Sachwalter § 270b InsO Rn. 63 ff. – Zeitpunkt der Einsetzung § 22a InsO Rn. 61 ff. – Zustimmung zu sachlich vorbefasstem Verwalter § 56, 56a, 59 InsO Rn. 20 Gläubigerautonomie, gesetzgeberisches Ziel § 22a InsO Rn. 2 siehe auch Gläubigerausschuss, vorläufiger Gläubigerbeirat §§ 92, 93 Rn. 1 ff. – entsprechende Anwendung der insolvenzrechtlichen Vorschriften §§ 92, 93 Rn. 7 ff. – Voraussetzungen für die Einsetzung §§ 92, 93 Rn. 4 ff. – Vorschlagsrecht § 74 Rn. 31 ff. Gläubigerstruktur § 22a InsO Rn. 1 Gläubigerverzeichnis § 13 Abs. 1 InsO Rn. 1 ff. – Fehlen von Angaben § 13 Abs. 1 InsO Rn. 20 ff. – Fristsetzung zur Nachbesserung § 13 Abs. 1 InsO Rn. 28 ff. – Größenklassen nach § 22a Abs. 1 InsO § 13 Abs. 1 InsO Rn. 16 ff. – Inhalt/Darstellung § 13 Abs. 1 InsO Rn. 10 ff. – „Muss-Angaben“, Fehlen § 13 Abs. 1 InsO Rn. 37 ff. – „Soll-Angaben“, Fehlen § 13 Abs. 1 InsO Rn. 32 ff. – Vollständigkeitserklärung § 13 Abs. 1 InsO Rn. 39 ff.
1071
Stichwortverzeichnis
– qualifiziertes Gläubigerverzeichnis § 13 Abs. 1 InsO Rn. 5 Gleichbehandlung § 10 Rn. 1 ff. Gleichbehandlungsgebot Vor § 1 Rn. 7 Größenklassen, Angabe im Eigenantrag § 13 Abs. 1 InsO Rn. 16 ff. Gruppen-Gerichtsstand § 37 Rn. 1 ff.
Haftung (der Organe)
§ 57 Rn. 1 ff. Haftung (des Ausstellers der Bescheinigung § 270b InsO) § 270d InsO Rn. 110 ff. Haftung (des Gerichts bei Übergehen eines Vorschlags) §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 69 Haftung (des Organs in der Eigenverwaltung) §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 45 Haftung (des persönlich haftenden Gesellschafters) §§ 2 – 4 Rn. 42 ff. Haftung (des Schuldners) § 11 Rn. 1 ff. Haftung § 43 Rn. 1 ff. Handelsregister – Anmeldung Debt-Equity-Swap, Anmeldung zum Handelsregister §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 102, 107 – Anmeldung durch Insolvenzverwalter § 254a InsO Rn. 1
Insolvenzmasse/freie Masse siehe Befreiung vom vorläufigen Pflichtgläubigerausschuss Insolvenzplan – ABC zulässiger Gestaltungsmaßnahmen (Gesellschaftsrecht) §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 41 ff.
1072
– Abberufung von Geschäftsführern §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 64 – Abtretung von Geschäftsanteilen §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 44 ff. – Ausgleich außerhalb des Plans §§ 251, 253 InsO Rn. 19 ff. – bei Masseunzulänglichkeit § 210a InsO Rn. 1 ff. – Berücksichtigung von Gesellschaftersicherheiten §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 111 ff. – Debt-Equity-Swap §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 76 ff. – Gesellschafter siehe Gesellschafter im Insolvenzplan – Gesellschafterforderungen §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 37 ff. – gesellschaftsrechtliche Treuepflicht §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 42 – Gruppenbildung §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 11 – Minderheitenschutz §§ 251, 253 InsO Rn. 1 ff. – Obstruktionsverbot (Gesellschafter) §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 35 f. – Rechtsschutz §§ 251, 253 InsO Rn. 1 ff. – Satzungsänderung §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 66 – Stimmrechtsbeschränkungen §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 14 – Umwandlungsrecht §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 68 ff.
Stichwortverzeichnis
– Verdrängungslehre §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 29 – Zurückweisung § 231 InsO Rn. 1 ff. Insolvenzverschleppung siehe Vorschusspflicht Insolvenzverwalter §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 1 ff. – Anforderungen im Allgemeinen §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 8 ff. – Eignung im Einzelfall §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 39 f. – Geschäftskunde §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 36 ff. – Neubenennung nach § 56a Abs. 3 §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 92 ff. – Übergehen des Vorgeschlagenen §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 63 ff. – Unabhängigkeit §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 13 ff. – Unabhängigkeit, Disponibilität §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 22 ff. – Verfahren bei Abwahl/Neubenennung §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 93 ff. – Vergütung (Einbeziehung von Absonderungsrechten) § 26a InsO Rn. 41 – Vorschlagsrecht des vorläufigen Gläubigerausschusses (Anforderungsprofil) § 56. 56a, 59 InsO Rn. 49 ff. – Vorschlagsrecht des vorläufigen Gläubigerausschusses (Person) § 56. 56a, 59 InsO Rn. 54 ff. – Vortätigkeit als Restrukturierungsbeauftragter oder Sanierungsmoderator §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 35 Interessenwahrungspflicht § 32 Rn. 7 ff. – Durchbrechung der Folgepflicht § 32 Rn. 21 f.
– Exkulpation Vorbemerkung § 32 Rn. 50 ff. – Gegenstand § 32 Rn. 23 ff. – Grundlagen § 32 Rn. 7 ff. – Leitlinien der Ermessensausübung § 32 Rn. 26 ff. – subjektiver Anwendungsbereich § 32 Rn. 19 Intercreditor- und Konsortialvereinbarungen §§ 2 – 4 Rn. 22
Kettenrestrukturierung, Verbot §§ 31, 33 Rn. 106 ff. Kleingläubiger – Majorisierungsschutz § 9 Rn. 10 ff. Kooperationsverfahren § 270d InsO Rn. 5 Korrektur des Insolvenzplans siehe Planberichtigung Krisenfrüherkennung § 1 Rn. 1 ff. – Beobachtungspflicht § 1 Rn. 3 ff. – Berichts- und Befassungspflicht § 1 Rn. 14 ff. – Sanierungspflicht § 1 Rn. 9 ff. – Subsidiarität § 1 Rn. 19 Krisenmanagement § 1 Rn. 1 ff.
Liquiditätsplan (Bescheinigung § 270b InsO) § 270d InsO Rn. 41 ff. Lösungsklauseln §§ 44, 45 Rn. 1 ff.
Massesicherungsgebot
§ 15b InsO Rn. 13 ff. – Anwendungsvorrang des § 276a InsO § 15b InsO Rn. 11 f. – Besonderheiten für Ansprüche aus Steuerschuldverhältnis § 15b InsO Rn. 59 f. – Exkulpation § 15b InsO Rn. 23 ff. – Normadressaten § 15b InsO Rn. 13
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Stichwortverzeichnis
– Rechtsfolge § 15b InsO Rn. 45 ff. – Systematik § 15b InsO Rn. 6 ff. – Unverzichtbarkeit § 15b InsO Rn. 58 – Verjährung § 15b InsO Rn. 61 – Verschulden § 15b InsO Rn. 18 ff. – Zahlungsverbot § 15b InsO Rn. 16 f. Minderheitenschutz im Insolvenzplan §§ 251. 253 InsO Rn. 1 ff. Missbrauchspotential, vorläufiger Gläubigerausschuss § 22a InsO Rn. 5; §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 57 Mitgebrachter Sachwalter § 270d InsO Rn. 67 Mitglieder vorläufiger Gläubigerausschuss, ABC § 22a InsO Rn. 79 ff. Mitwirkung der Gläubiger siehe Gläubigerausschuss, vorläufiger Moratorium § 270d InsO Rn. 4
Nachteilige Veränderung der Vermögenslage siehe auch Befreiung vom vorläufigen Pflichtgläubigerausschuss Nebenbestimmungen, schuldvertragliche §§ 2 – 4 Rn. 22 ff. Neubenennung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 93 ff. – Beschränkung auf Fälle fehlender Anhörung §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 97 ff. – Verfahren Abwahl und Neubestellung §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 103 ff. Notgeschäftsführung, Ausschluss der § 89 Rn. 25 ff.
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Obstruktionsverbot (Gesellschafter) §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 35 f. Offensichtliche Fehler (des Insolvenzplans) §§ 221, 248a InsO Rn. 6 ff. Offensichtliche Ungeeignetheit siehe Ungeeignetheit des Sachwalters
Planangebot
§§ 17 – 19, 23 Rn. 1 ff. – Annahmefrist §§ 17 – 19, 23 Rn. 34 ff. – Anwendungsausschluss §§ 17 – 19, 23 Rn. 42 ff. – Form §§ 17 – 19, 23 Rn. 29 ff. – Gegenstand §§ 17 – 19, 23 Rn. 14 – Gesellschafterbeschluss §§ 17 – 19, 23 Rn. 12 f. – Grundsatz der Mündlichkeit §§ 17 – 19, 23 Rn. 23 ff. – Planannahme §§ 17 – 19, 23 Rn. 34 ff. – Rechtsnatur §§ 17 – 19, 23 Rn. 6 ff. – Transparenzgebot §§ 17 – 19, 23 Rn. 23 ff. Planberichtigung (Insolvenzplan) §§ 221, 248a InsO Rn. 1 ff. Planbestätigung (Restrukturierungsplan) – Anhörung §§ 60, 61, 65 Rn. 20 ff. – Antrag §§ 60, 61, 65 Rn. 5 ff. – Bestätigungsbeschluss §§ 60, 61, 65 Rn. 26 ff. – Minderheitenschutz §§ 64, 66 Rn. 2 ff. – sofortige Beschwerde §§ 64, 66 Rn. 23 ff. – Versagungsgründe § 63 Rn. 1 ff.
Stichwortverzeichnis
– Wirkung § 67 Rn. 3 ff.; § 68 Rn. 1 ff.; § 69 Rn. 1 ff.; § 70 Rn. 1 ff. – Zustimmungspflicht §§ 60, 61, 65 Rn. 15 ff. Planbetroffenenversammlung § 20 Rn. 1 ff. – Einberufung § 20 Rn. 7 ff. – Form § 20 Rn. 12 ff. – Frist § 20 Rn. 19 ff. – Sitzungsleitung § 20 Rn. 29 ff. – Vertretung § 20 Rn. 25 ff. Planbetroffene § 8 Rn. 1 ff. – Gleichbehandlung § 10 Rn. 1 ff. Planklarheit, Gebot § 6 Rn. 5 ff. Planüberwachung § 72 Rn. 1 ff. – Aufhebung § 72 Rn. 5 ff. – durch Restrukturierungsbeauftragten § 72 Rn. 3 f.; § 73 Rn. 32 f. Prepacked Plan § 270d InsO Rn. 4 Prozesskostenhilfe siehe Vorschusspflicht
Rechtsmittel § 40 Rn. 1 ff. Rechtsschutz gegen den Insolvenzplan §§ 251, 253 InsO Rn. 1 ff.; 27 ff. Restrukturierungsbeauftragter §§ 73 – 83 – Anforderungen an die Person § 74 Rn. 4 ff. – Aufgaben § 76 Rn. 1 ff, 5 ff., 32 ff.; §§ 77 – 79 Rn. 36 ff. – Aufsicht § 75 Rn. 3 ff. – Bestellung § 73 Rn. 1 ff.; § 74 Rn. 1 ff. – Bestellung auf Antrag §§ 77 – 79 Rn. 4 ff. – Entlassung § 75 Rn. 12 ff. – Haftung § 75 Rn. 33 ff. – Rechtsstellung § 75 Rn. 1 ff., §§ 77 – 79 Rn. 35
– Sachverständiger § 73 Rn. 51 ff. – Unabhängigkeit § 74 Rn. 9 ff. – Vergütung §§ 80 – 83 – Vorschlagsrecht § 74 Rn. 13 ff., §§ 77 – 79 Rn. 26 ff. Restrukturierungsfähigkeit §§ 29, 30 Rn. 5 ff. Restrukturierungsforderung §§ 2 – 4 Rn. 11 ff. Restrukturierungsgericht § 34 Rn. 1 ff. – örtliche Zuständigkeit § 35 Rn. 1 ff. Restrukturierungssache §§ 31, 33 Rn. 1 ff. – Anzeige §§ 31, 33 Rn. 38 ff. – Aufhebung §§ 31, 33 Rn. 71 ff. Restrukturierungsplan – Auswahl der Planbetroffenen § 8 Rn. 1 ff. – Begründungszwang § 6 Rn. 26 f. – beizufügende Erklärungen §§ 14, 15 Rn. 4 ff. – Bestätigung siehe Planbestätigung – Bestimmtheitsgebot § 7 Rn. 10 f. – Darstellender Teil § 6 Rn. 1 ff. – Gebot der Planklarheit § 6 Rn. 5 ff. – gestaltbare Rechtsverhältnisse §§ 2 – 4 Rn. 10 ff. – Gestaltender Teil § 7 Rn. 1 ff. – Gestaltungsfreiheit §§ 2 – 4 Rn. 4 ff. – Gliederung § 5 Rn. 1 ff. – Pflichtinhalte § 6 Rn. 22 ff. – Planüberwachung § 72 Rn. 1 ff. – Verbot der Übersanierung § 7 Rn. 15 ff – Vollstreckung § 71 Rn. 1 ff.
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Stichwortverzeichnis
Richtlinie über präventive Restrukturierungsverfahren Vor § 1 Rn. 1 ff. Rücknahme des Insolvenzantrages § 270c InsO Rn. 29 ff. Sachverständiger – im Schutzschirmverfahren § 270d InsO Rn. 80 ff. Sachwalter (auch vorläufiger) – Berichtspflichten (Sachstand) § 270c InsO Rn. 4 ff. – im Schutzschirmverfahren § 270d InsO Rn. 64 ff.; 78 f. – Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses § 270b InsO Rn. 63 ff. Sanierungskredite, sittenwidrige § 89 Rn. 6 ff. Sanierungsmoderation §§ 94 – 100 Rn. 1 ff. Sanierungspflicht § 1 Rn. 9 ff. Schätzung (Größenangaben, Gläubigerverzeichnis) § 22a InsO Rn. 28 Schlechterstellungsverbot §§ 25 – 28 Rn. 16 ff. Schuldner – Auskunfts- und Mitwirkungspflicht § 76 Rn. 45 f Schutzschirm, Schutzschirmverfahren – Antragsvoraussetzungen § 270d InsO Rn. 10 ff. – Aussteller der Bescheinigung § 270d InsO Rn. 18 ff. – Beendigung des Verfahrens durch Eröffnungsbeschluss § 270d InsO Rn. 100 f. – Beendigung des Verfahrens vor Verfahrenseröffnung § 270d InsO Rn. 102 ff. – Berichtspflichten des vorläufigen Sachwalters § 270d InsO Rn. 78 ff.
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– Bescheinigung als Zulässigkeitsvoraussetzung § 270d InsO Rn. 32 ff. – Bestellung eines Sachverständigen § 270d InsO Rn. 80 ff. – Frist zur Vorlage des Plans § 270d InsO Rn. 90 ff. – Haftung des Ausstellers der Bescheinigung § 270d InsO Rn. 110 ff. – Inhalt der Bescheinigung § 270d InsO Rn. 32 ff.; – Rechtsfolge/Ablauf § 270d InsO Rn. 55 ff. – Sicherungsmaßnahmen § 270d InsO Rn. 61 ff. – vorläufiger (mitgebrachter) Sachwalter § 270d InsO Rn. 65 – Veröffentlichung des Beschlusses § 270d InsO Rn. 93 f. – Zeitpunkt des Antrages § 270d InsO Rn. 7 ff. Schutzschrift – vorläufiger Gläubigerausschuss § 22a InsO Rn. 19 Stabilisierungsanordnung §§ 49 – 51, 54, 56 Rn. 1 ff. – Anhörung §§ 49 – 51, 54, 56 Rn. 84 – Anordnung §§ 49 – 51, 54, 56 Rn. 32 f. – Anordnungsdauer §§ 52, 53 Rn. 25 ff. – Anordnungsvoraussetzungen §§ 49 – 51, 54, 56 Rn. 57 ff. – Antrag §§ 49 – 51, 54, 56 Rn. 34 ff. – Aufhebung §§ 58, 59 Rn. 6 ff. – Folgeanordnung §§ 52, 53 Rn. 10 ff. – Haftung § 57 Rn. 1 ff.
Stichwortverzeichnis
– Neuanordnung §§ 52, 53 Rn. 10 ff. – Rechtsmittel §§ 49 – 51, 54, 56 Rn. 32 f. – Separationspflicht §§ 49 – 51, 54, 56 Rn. 27 ff. – Stabilisierungsfähigkeit §§ 49 – 51, 54, 56 Rn. 5 ff. – Stabilisierungswürdigkeit §§ 49 – 51, 54, 56 Rn. 54 – Verhältnismäßigkeit §§ 52, 53 Rn. 5 ff. – Verwertungssperre §§ 49 – 51, 54, 56 Rn. 18 ff – Vollstreckungssperre §§ 49 – 51, 54, 56 Rn. 13 ff. – Zustellung §§ 49 – 51, 54, 56 Rn. 85 Stimmrecht § 24 Rn. 1 ff. – Ersetzung §§ 25 – 28 Rn. 10 ff. – Festsetzung §§ 25 – 28 Rn. 4 ff. – Stimmverbote §§ 25 – 28 Rn. 24 ff. Stimmrechtsersetzung §§ 25 – 28 Rn. 10 ff. – Schlechterstellungsverbot §§ 25 – 28 Rn. 16 ff. „Suhrkamp“-Entscheidung §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 16
Teilkollektivität Vor § 1 Rn. 8 f. Transparenzgebot § 32 Rn. 22 ff. Übernahmebereitschaft des Insolvenzverwalters siehe Insolvenzverwalter – Anforderungen im Allgemeinen Übersichten – Insolvenzplan und Rechtsschutz – Schema 3 Einführung der §§ 217 ff. InsO Rn. 14 – Insolvenzverwalter – Schema 2 §§ 56, 56a, 59 InsO Rn. 125
– vorläufiger Gläubigerausschuss Schema 1 § 22a InsO Rn. 103 Unabhängigkeit – des Ausstellers der Bescheinigung § 270d InsO Rn. 25 ff. – des Insolvenzverwalters siehe Insolvenzverwalter – des Restrukturierungsbeauftragten siehe Restrukturierungsbeauftragter Unbekannte Gläubiger (im Insolvenzplan) §§ 229, 254b, 259a, b InsO Rn. 4 ff. Ungeeignetheit des Sachwalters, offensichtliche § 270d InsO Rn. 70 ff. Unternehmensgröße siehe Größenklassen Unverhältnismäßigkeit siehe Befreiung vom vorläufigen Pflichtgläubigerausschuss Unternehmensgruppe § 37 Rn. 25 ff. – Verwalterbestellung § 56b InsO Rn. 1 ff.
Verbot der Übersanierung
§7 Rn. 15 ff. Verfahrensbeendigung §§ 31, 33 Rn. 71 ff. – Aufhebung der Restrukturierungssache §§ 31, 33 Rn. 80 ff. – Rechtsmittel §§ 31, 33 Rn. 113 ff. – Wegfall der Rechtshängigkeit §§ 31, 33 Rn. 71 ff. Verfahrenseinleitung – faktische §§ 31, 33 Rn. 5 ff. – förmliche §§ 31, 33 Rn. 5 ff. Verfahrensgrundsätze § 39 Rn. 1 ff. Vergleichsrechnung § 6 Rn. 15 ff. Vergütung (des Restrukturierungsbeauftragten) §§ 80 – 83 Rn. 1 ff. – Auslagen §§ 80 – 83 Rn. 44
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Stichwortverzeichnis
– Festsetzung §§ 80 – 83 Rn. 59 ff. – Kostenschuldner §§ 80 – 83 Rn. 63 ff. – Kostenvorschuss §§ 80 – 83 Rn. 71 ff. – Mitarbeiter §§ 80 – 83 Rn. 18 f. – Rechtsschutz §§ 80 – 83 Rn. 77 ff. – Regelvergütung §§ 80 – 83 Rn. 11 ff – Sonderfälle §§ 80 – 83 Rn. 50 ff. – Stundenbudget §§ 80 – 83 Rn. 31 ff. – Stundenverrechnungs- und Honorarhöchstsatz §§ 80 – 83 Rn. 11 ff., 20 ff. – Vergütungsvorschuss §§ 80 – 83 Rn. 67 ff. – Wertgebühren §§ 80 – 83 Rn. 54 ff. Vergütung (im Insolvenzverfahren) – vorläufiger Sachwalter § 26a InsO Rn. 5 ff. – vorläufiger Verwalter ohne Eröffnung § 26a InsO Rn. 1 ff. Vergütungsfestsetzung (bei Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens) § 26a InsO Rn. 1 ff. – Arbeitnehmerfragen § 26a InsO Rn. 42 ff. – Befassung mit Aus- und Absonderungsrechten § 26a InsO Rn. 41 – Grundlagen § 26a InsO Rn. 14 ff. – Liquiditätsüberwachung und Prüfung der Zahlungsunfähigkeit § 26a InsO Rn. 34 ff. – Regelaufgabenkatalog § 26a InsO Rn. 20 ff. – Unternehmensfortführung § 26a InsO Rn. 29 ff. – Vorbereitung einer Sanierung § 26a InsO Rn. 46 ff.
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Verjährung (nicht angemeldeter Forderungen im Insolvenzverfahren) §§ 229, 254b, 259a, b InsO Rn. 23 ff. Vermögens- und Restrukturierungsplanung §§ 14, 15 Rn. 5 ff. Verwalterbestellung bei Schuldnern derselben Unternehmensgruppe – Koordinationspflicht § 56b InsO Rn. 13 ff. – kollidierende Gläubigerausschussvoten § 56b InsO Rn. 36 Vollständigkeitserklärung siehe Gläubigerverzeichnis Vollstreckung § 71 Rn. 1 ff. Vollstreckungsverbot (nach Bestätigung des Insolvenzplans) §§ 229, 254b, 259a, b InsO Rn. 15 ff. Vorgespräch § 10a InsO Rn. 1 ff. – Anspruchsgegenstand § 10a InsO Rn. 18 ff. – Anspruchsvoraussetzungen § 10a InsO Rn. 5 ff. – Protokollierung § 10a InsO Rn. 24 ff. – Zuständigkeit § 10a InsO Rn. 30 Vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren § 270c InsO Rn. 1 ff. – Aufhebung §§ 270e, 272 InsO Rn. 5 ff. – Aufhebungsgründe §§ 270e, 272 InsO Rn. 8 ff. – Anhörung des Gläubigerausschusses § 270b InsO Rn. 62 ff. – gesonderte Berichtspflicht § 270c InsO Rn. 4 ff. – Verfahrenskosten § 270b InsO Rn. 43 ff. – Begründungspflicht bei ablehnender Entscheidung § 270b InsO Rn. 86 f.
Stichwortverzeichnis
– Begründungspflicht bei Abweichung von einem Vorschlag zur Person des Verwalters § 270b InsO Rn. 88 – drohende Masseunzulänglichkeit § 270b InsO Rn. 36 ff. – ermessensabhängiger Zugang § 270b InsO Rn. 30 ff. – gebundener Zugang § 270b InsO Rn. 5 ff. – Eigenverwaltungsplanung § 270b InsO Rn. 12 ff. – Offenbarungspflicht des Schuldners § 270c InsO Rn. 8 ff. – Anordnungsvoraussetzungen § 270b InsO Rn. 5 ff. – Anordnung von Sicherungsmaßnahmen § 270c InsO Rn. 12 ff. – starke vorläufige Sachwaltung § 270c InsO Rn. 14 f. – Begründung von Masseverbindlichkeiten § 270c InsO Rn. 21 ff. – Rücknahme des Insolvenzantrags § 270c InsO Rn. 29 ff. – Widerlegung indizierter Eigenverwaltungsunwürdigkeit § 270b InsO Rn. 49 ff. Vorprüfung §§ 46 – 48 Rn. 1 ff.; § 231 InsO Rn. 1 ff. – Gegenstand §§ 46 – 48 Rn. 14 ff. – Vorprüfungsantrag §§ 46 – 48 Rn. 8 ff. – Vorprüfungsverfahren §§ 46 – 48 Rn. 21 ff. – im Insolvenzverfahren § 231 InsO Rn. 1 ff. Vorsatzanfechtung § 89 Rn. 11 ff. Vorschusspflicht § 26 Abs. 4 InsO Rn. 1 ff.
– Aktivlegitimation § 26 Abs. 4 InsO Rn. 9 – Durchsetzungspflicht § 26 Abs. 4 InsO Rn. 10 f. – Erweiterung des Sachverständigenauftrags § 26 Abs. 4 InsO Rn. 6 ff. – Prozesskostenhilfe § 26 Abs. 4 InsO Rn. 12 ff.
Wiederaufleben gestundeter und erlassener Forderungen § 69 Rn. 1 ff. Wirkungen des bestätigten Plans (Restrukturierungsplan) – Wiederaufleben gestundeter und erlassener Forderungen § 69 Rn. 1 ff. Wirkungen des Insolvenzplans (auch gegenüber Gläubigern ohne Anmeldung zur Tabelle) §§ 229, 254b, 259a, b InsO Rn. 6 ff. Wirtschaftliche Neugründung (Debt-Equity-Swap) §§ 217, 223a u. a., 225a, 245 u. a. InsO Rn. 103 ff.
Zeitpunkt des Schutzschirmantrages § 270d InsO Rn. 6 ff. Zielbestimmung des Restrukturierungsverfahrens §§ 29, 30 Rn. 14 f. Zurückweisung des Insolvenzplans (Prüfungsfrist) § 231 InsO Rn. 1 ff. Zuständigkeit – doppelte Konzentrationswirkung § 34 Rn. 4 f. – Einheitliche § 38 Rn. 1 ff. – Gruppengerichtsstand § 37 Rn. 1 ff. – Zuständigkeitsverknüpfung § 35 Rn. 3 Zustellungen § 41 Rn. 1 ff.
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