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German Pages 202 [205] Year 2015
Wilken/Schaumann/Zenker Anleihen in Restrukturierung und Insolvenz
ZIP Praxisbuch 11
Anleihen in Restrukturierung und Insolvenz 2015
von RA Dr. Oliver Wilken, Köln RA Dr. Michael Schaumann, Köln RA Dr. Michael Zenker, Köln
RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH Köln
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Vorwort Anleihen haben in jüngerer Vergangenheit erheblich an Bedeutung gewonnen – ökonomisch, politisch und rechtlich. Am stärksten von dieser Entwicklung sind die unmittelbar Beteiligten – Emittent und Anleger – betroffen. Aus anwaltlicher Perspektive sind die Verfasser an den Implikationen für die Beratungspraxis interessiert. Mit dem am 5.8.2009 in Kraft getretenen Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (SchVG) sowie dem am 1.3.2012 in Kraft getretenen Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) hat der Gesetzgeber neue Instrumente zur Restrukturierung von Anleihen geschaffen. Das vergleichsweise junge Recht wurde zügig Gegenstand obergerichtlicher Rechtsprechung und vitaler wissenschaftlicher Diskussion. Gleichzeitig sah und sieht sich die Beratungspraxis mit einer Welle von Anleiherestrukturierungen konfrontiert. Es ist somit an ihr, die neuen rechtlichen Grundlagen aufzugreifen und zielorientierten Lösungen zuzuführen. Hierzu möchten die Verfasser mit diesem Werk einen Beitrag leisten. Dabei werden bestehende Rechtsunsicherheiten, aber auch rein praktische Handlungsschwierigkeiten identifiziert und Lösungsansätze aufgezeigt. Die Ausführungen befinden sich auf dem Stand Mai 2015. Hinweise, Anregungen und Kritik sind den Autoren jederzeit willkommen. Die Autoren danken in besonderem Maße Frau Ramona Stebner für die Betreuung des Manuskripts.
Köln, im Juni 2015
Dr. Oliver Wilken Dr. Michael Schaumann Dr. Michael Zenker
V
Inhaltsverzeichnis Rn.
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Vorwort ............................................................................................................ V Literaturverzeichnis ..................................................................................... XV A. Ausgangslage/Wirtschaftlicher Status Quo ............................. 1 ........ 1 I.
Die Mittelstandsanleihe – the rise and fall .................................. 2 ........ 1
II. Anleiherestrukturierung ............................................................. 13 ........ 3 III. Anleihemodalitäten und Rechtsnatur der Anleihe ................... 1. Modalitäten von Unternehmensanleihen in der Praxis ..... 2. Rechtsnatur von „Anleihen“ .............................................. a) Rechtsqualität der Anleihegläubigerrechte, insbesondere Zahlungsansprüche ............................... b) Einordnung in der Rechtsprechung ............................
22 ........ 5 25 ........ 5 33 ........ 7
IV. Regelungsmaterien zur Anpassung von Anleihen .................... 1. SchVerschrG ........................................................................ 2. SchVG .................................................................................. 3. Übersicht ............................................................................. a) 1. Abschnitt (§§ 1 – 4 SchVG) ..................................... b) 2. Abschnitt (§§ 5 – 22 SchVG) ................................... c) 3. Abschnitt (§§ 23, 24 SchVG) ..................................
44 47 53 59 60 64 74
35 ........ 8 38 ........ 8 ...... ...... ...... ...... ...... ...... ......
10 10 11 12 12 13 14
B. Anleihen in der Restrukturierung .......................................... 76 ...... 15 I.
Grundlagen, insbesondere Zeitplan und strategische Überlegungen ............................................................................. 1. Sanierungserleichterung durch das SchVG ........................ 2. Zeitplan und insolvenzrechtliche Implikationen .............. 3. Case Study: Debt-to-Equity-Swap ..................................... 4. Schaubild: Zeitplan einer Anleiherestrukturierung mit Debt-to-Equity-Swap ...................................................
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...... ...... ...... ......
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94 ...... 20
II. Anwendungsvoraussetzungen des SchVG ................................ 95 1. Sachlicher Anwendungsbereich .......................................... 98 a) Wahl deutschen Rechts ............................................... 99 b) Inhaltsgleiche Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen ..................................................... 101 aa) Allgemeines ....................................................... 102 bb) In Schuldverschreibungen verbriefte Versprechen ....................................................... 106
...... 20 ...... 21 ...... 21 ...... 21 ...... 22 ...... 23
VII
Inhaltsverzeichnis Rn.
2. 3. 4.
5.
cc) Schuldverschreibungen aus „Gesamtemissionen“ ......................................... dd) Inhaltsgleichheit ................................................ Örtlicher Anwendungsbereich ......................................... Zeitlicher Anwendungsbereich ........................................ Optionales Gläubigerorganisationsrecht in §§ 5 – 21 SchVG ................................................................. a) § 5 SchVG als Grundnorm ........................................ b) Ermächtigungslösung des § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG ............................................ c) Ausgestaltung der Ermächtigung in Anleihebedingungen .................................................. d) Problem: Anwendbarkeit einzelner Vorschriften trotz fehlendem Opt-In? .......................................... aa) § 19 SchVG ........................................................ bb) Bestellung eines gemeinsamen Vertreters trotz fehlender Regelung in Anleihebedingungen? .... Möglichkeiten der Erweiterung des Anwendungsbereiches aus Alt-Anleihen gemäß § 24 Abs. 2 SchVG ..... a) Materielle Anforderungen an die Altanleihe ............ b) Möglichkeit der Verknüpfung des Opt-In-Beschlusses mit weiteren Beschlüssen? ......
III. Restrukturierungsmöglichkeiten nach dem SchVG ............... 1. Materielle Anforderungen an Mehrheitsbeschlüsse ........ a) Verbot der Verpflichtung zur Leistung (§ 5 Abs. 1 Satz 3 SchVG) ......................................... b) Gleichbehandlungsgebot (§ 5 Abs. 2 Satz 2 SchVG) ......................................... 2. Beschlussgegenstände nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 – 10 SchVG ................................... a) Veränderung der Fälligkeit von Zinszahlungen sowie Hauptforderung .............................................. b) Verringerung von Hauptforderung und/oder Zinsforderung(en) ..................................................... c) Zinsausschluss ............................................................ d) Nachrang von Forderung .......................................... e) Austausch und Freigabe von Sicherheiten ............... f) Änderung der Währung ............................................. g) Verzicht auf Kündigungsrechte (§ 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 SchVG) ............................... h) Schuldnerersetzung (§ 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 9 SchVG) ............................... i) Änderung oder Aufhebung von Nebenbestimmungen (§ 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 10 SchVG) ...
VIII
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...... ...... ...... ......
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35 36 36 37 38
178 ...... 38 182 ...... 39 184 ...... 40
Inhaltsverzeichnis Rn.
3.
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Insbesondere: Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital ....................................................................... 190 ...... 41 a) Kein unmittelbarer Debt-to-Equity-Swap ............... 191 ...... 41 b) Lösung de lege lata: Einräumung von Erwerbsrechten ................................................... 196 ...... 42
IV. Flankierende Kapitalmaßnahmen auf Seiten des Emittenten, insbesondere (aktienrechtliche) Sachkapitalerhöhung ........... 1. Generelle Ausgangslage .................................................... 2. Materielle Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss und vorgreifliche Berichtspflichten ..................... 3. Konkrete Gestaltung der Sachkapitalerhöhung .............. a) Sachkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss .... b) Kombinierte Bar- und Sachkapitalerhöhung ............ c) Nachlaufende Barkapitalerhöhung mit Bezugsrecht zugunsten der Alt-Gesellschafter ............................. d) Sonstige Strukturen mit Hilfe des Genehmigten Kapitals ....................................................................... V. Ablauf Gläubigerversammlung/Abstimmung ohne Versammlung ................................................................... 1. Einberufung der Gläubigerversammlung (§ 9 SchVG) ..... a) Person des Einberufenden ........................................ b) Beschluss des Vertretungsorgans (als Kollegialorgan) ................................................... 2. Einberufungsfrist und Anmeldemodalitäten (§ 10 SchVG) ..................................................................... a) Einberufungsfrist ....................................................... b) Anmeldeerfordernis ................................................... c) Legitimationsnachweis (§ 10 Abs. 3 SchVG) .......... aa) Form der Legitimation ..................................... bb) Zeitpunkt ........................................................... cc) Praxistipp: Fakultative Anmeldung ................. 3. Ort der Gläubigerversammlung (§ 11 SchVG) ............... 4. Ausgestaltung der Einberufung und Bekanntmachung (§ 12 SchVG) ..................................................................... a) Inhalt der Einberufung (§ 12 Abs. 1 SchVG) .......... aa) Bezeichnung der Schuldverschreibungen ........ bb) Firma und Sitz ................................................... cc) Ort und Zeitpunkt ............................................ dd) Teilnahmebedingungen .................................... ee) Person des Einberufenden ................................ ff) Tagesordnung .................................................... b) Bekanntmachung der Einberufung (§ 12 Abs. 2 SchVG) ..................................................
202 ...... 43 202 ...... 43 205 212 215 217
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44 46 47 47
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55 55 56 56 56 56 57 57
260 ...... 57
IX
Inhaltsverzeichnis Rn.
5.
6.
7.
8.
X
Publikationspflicht im Internet (§ 12 Abs. 3 SchVG) .................................................. d) Kosten der Bekanntmachung (§ 12 Abs. 2 Satz 3 SchVG) ....................................... Tagesordnung (§ 13 SchVG) ............................................ a) Bekanntmachungspflicht (§ 13 Abs. 2 Satz 1 SchVG) ....................................... b) Ergänzung der Tagesordnung und deren Bekanntmachung (§ 13 Abs. 3 Satz 1 SchVG) ........ c) Gegenanträge (§ 13 Abs. 4 SchVG) ......................... d) Berichtspflichten des Einberufenden? ...................... aa) Aktien- und umwandlungsrechtliche Berichtspflichten ............................................... bb) Berichtspflichten gegenüber der schuldverschreibungsrechtlichen Gläubigerversammlung? ................................... Vertretung der Gläubiger (§ 14 SchVG) ......................... a) Form der Bevollmächtigung (§ 14 Abs. 2 Satz 1 SchVG) ....................................... b) Hinweispflichten in der Einberufung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 SchVG) ....................................... c) Möglichkeit der Stimmrechtsvertretung (§ 14 Abs. 2 Satz 2 SchVG) ....................................... Durchführung der Gläubigerversammlung (§§ 15, 16 SchVG) ............................................................. a) Vorsitz (§ 15 Abs. 1 SchVG) .................................... b) Aufgaben und Rechte des Versammlungsleiters (§ 15 Abs. 2 SchVG) .................................................. aa) Ordnungsmaßnahmen ...................................... bb) Behandlung von Verfahrensanträgen ............... c) Informationsrechte der Gläubiger (§ 16 Abs. 1 SchVG) .................................................. aa) Generelles Informationsrecht der Gläubiger ........................................................... bb) Auskunftsverweigerungsrecht des Schuldners ................................................... cc) Frage- und Redezeitbeschränkungen; begrenzte Protokollierung ............................... d) Beschlussbeurkundung in der Versammlungsniederschrift ............................................................... Beschlussfähigkeit, Beschlussmehrheiten und Abstimmung ...................................................................... a) „Erste“ Gläubigerversammlung ................................ b) „Zweite“ Gläubigerversammlung ..............................
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c)
264 ...... 58 267 ...... 59 268 ...... 59 271 ...... 60 274 ...... 61 276 ...... 61 280 ...... 62 281 ...... 62
284 ...... 63 291 ...... 65 292 ...... 65 294 ...... 65 296 ...... 66 299 ...... 66 300 ...... 66 303 ...... 67 307 ...... 68 309 ...... 69 312 ...... 69 313 ...... 70 315 ...... 70 320 ...... 71 324 ...... 72 325 ...... 72 325 ...... 72 333 ...... 74
Inhaltsverzeichnis Rn.
Bekanntmachung der Beschlussfassung und sonstige Transparenzpflichten im Nachgang zur Gläubigerversammlung (§ 17 SchVG) ............................................. a) Publikationspflichten nach § 17 SchVG ................... b) Zugänglichmachen des Teilnehmerverzeichnisses ..... c) Abschrift der notariellen Niederschrift .................... 10. Vollzug von Gläubigerbeschlüssen .................................. 11. Abstimmung ohne Versammlung (§ 18 SchVG) ............
Seite
9.
VI. Prospekterfordernisse .............................................................. 1. Einleitung .......................................................................... 2. Prospektpflicht nach § 3 Abs. 1 WpPG ........................... 3. Lösungsansatz: Umtausch der Anleihen in Erwerbsrechte ............................................................... 4. Zusammenfassung ............................................................. VII. Kündbarkeit von Anleihen und die daraus resultierenden Gefahren ........................................................... 1. Ausgangslage ..................................................................... 2. Überblick ........................................................................... 3. Kündbarkeit von Anleihen ............................................... a) Vertragliche Kündigungsrechte ................................ aa) Insbesondere: Vorliegen einer „allgemeinen Schuldenregelung“ ...................... bb) Würdigung in der Rechtsprechung .................. b) Gesetzliche Kündigungsrechte ................................. c) Rechtsfolgen einer wirksamen Kündigung .............. 4. Zusammenfassung – Praxishinweis .................................. VIII. Rechtsschutz gegen Restrukturierungsbeschlüsse ............... 1. Einleitung .......................................................................... 2. Anfechtungsklage des Anleihegläubigers ........................ a) Anfechtungsgegenstand ............................................ b) Anfechtungsgründe ................................................... c) Anfechtungsbefugnis ................................................. aa) Anfechtungsbefugnis bei Teilnahme an Abstimmung (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 SchVG) ........ bb) Anfechtungsbefugnis bei Nichtteilnahme an Abstimmung (§ 20 Abs. 2 Nr. 2 SchVG) ........ cc) Keine Anfechtungsbefugnis aufgrund Missbrauchs des Anfechtungsrechts? .............. d) Anfechtungsfrist ........................................................ e) Anfechtungsklage ...................................................... aa) Anfechtungsgegner (§ 20 Abs. 3 Satz 2 SchVG) .............................. bb) Zuständigkeit ....................................................
338 338 342 345 346 351
...... ...... ...... ...... ...... ......
75 75 76 77 77 78
357 ...... 79 357 ...... 79 360 ...... 80 365 ...... 81 372 ...... 82 373 374 379 381 382
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83 83 84 84 85
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403 403 413 414 416 424
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89 89 92 92 92 95
427 ...... 95 433 ...... 96 434 ...... 97 435 ...... 97 437 ...... 98 438 ...... 98 439 ...... 98
XI
Inhaltsverzeichnis Rn.
3.
4.
5.
cc) Wirkung der Klageerhebung ............................ dd) Klageverfahren .................................................. Nichtige Beschlüsse und deren prozessuale Behandlung im SchVG ........................................................................... a) Abgrenzung von Nichtigkeit zur „bloßen“ Anfechtbarkeit ........................................................... b) Prozessuale Behandlung nichtiger Beschlüsse ......... Freigabeverfahren des Emittenten ................................... a) Formelle Voraussetzungen ....................................... b) Beschlussvoraussetzungen ........................................ aa) Unzulässigkeit oder offensichtliche Unbegründetheit – § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG i. V. m. § 246a Abs. 2 Nr. 1 AktG ................... bb) Überwiegendes Vollzugsinteresse – § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG i. V. m. § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG ................................. Exkurs: Aktienrechtliches Beschlusskontroll- und Freigabeverfahren ..............................................................
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443 ...... 99 447 ...... 99 451 .... 100 453 457 461 464 469
.... .... .... .... ....
100 101 102 102 103
471 .... 104
473 .... 104 479 .... 105
C. Anleihen in der Insolvenz ...................................................... 482 .... 107 I.
Überblick .................................................................................. 487 .... 107
II. Internationale Aspekte ............................................................. 495 .... 109 III. § 19 SchVG-Versammlung ....................................................... 1. Anwendungsbereich .......................................................... a) Einberufung ohne Ermächtigung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG? .......................................... b) Einberufungspflicht des Insolvenzgerichts .............. c) Keine Pflicht zur Wahl eines gemeinsamen Vertreters ................................................................... 2. Ablauf einer Versammlung ............................................... a) Vorbereitung der Gläubigerversammlung ................ aa) Einberufungszeitpunkt ..................................... bb) Einberufungsfrist .............................................. cc) Einberufungsverfahren ..................................... (1) Regelungsregime für die Einberufung ...... (2) Einladungsinhalt ........................................ dd) Einberufungsort ................................................ b) Durchführung der Gläubigerversammlung .............. aa) Tagesordnungspunkte ...................................... (1) Zulässigkeit von Weisungsbeschlüssen als Annexkompetenz ................................. (2) Sonstige Beschlussgegenstände ................ bb) Versammlungsleitung der Gläubigerversammlung nach § 19 Abs. 2 SchVG ............ XII
498 .... 109 499 .... 110 500 .... 110 503 .... 111 512 514 515 515 517 522 522 523 527 528 529
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113 113 114 114 114 115 115 116 117 117 117
530 .... 117 532 .... 118 534 .... 118
Inhaltsverzeichnis Rn.
3.
cc) Beschlussfähigkeit ............................................. (1) Mehrheitserfordernisse ............................. (2) Beurkundungserfordernisse ...................... dd) Kosten der Insolvenzgläubigerversammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG ........................ c) Beschlusskontrolle ..................................................... aa) Kontrolle der Bestellung des gemeinsamen Vertreters ........................................................... (1) Meinungsbild ............................................. (2) Urteil des LG Leipzig ............................... bb) Stellungnahme ................................................... (1) Wortlaut und Systematik des § 19 Abs. 1, 2 SchVG ................................ (2) Erhebliche Rechtsunsicherheiten bei Unterwerfung unter die schuldverschreibungsrechtliche Beschlusskontrolle ........... cc) Sonstige Beschlüsse nach Insolvenzeröffnung ........................................................... Stellung des gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren ............................................................ a) Rechtsmacht des gemeinsamen Vertreters ............... aa) Geltendmachung von Rechten ......................... bb) Weitere Rechtsmacht ........................................ b) Vergütung des gemeinsamen Vertreters .................. aa) Masseverbindlichkeit oder Insolvenzforderung? ......................................... (1) Vorinsolvenzliche Sachverhalte ................ (2) Sachverhalte nach Insolvenzeröffnung .... bb) Höhe der Vergütung ......................................... cc) Festsetzung der Vergütung .............................. c) Ende des Amtes des gemeinsamen Vertreters nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG ..........................................
IV. Restrukturierungsmöglichkeiten im Insolvenzverfahren ....... 1. Insolvenzplanverfahren ..................................................... a) Gestaltung und Umsetzung eines Insolvenzplans ..... b) Besonderheiten bei Anleihen .................................... c) Exkurs: Debt-to-Equity-Swap im Insolvenzplan .... 2. Anpassung nach SchVG .................................................... a) Möglichkeiten der Anpassung .................................. b) Anlass für eine Anpassung ........................................ c) Anwendungsfall: Debt-to-Equity-Swap ...................
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535 .... 119 537 .... 120 538 .... 120 541 .... 120 544 .... 121 546 546 548 549
.... .... .... ....
121 121 122 122
550 .... 123
551 .... 123 558 .... 125 561 562 563 566 572
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126 126 126 127 128
574 575 577 587 590
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128 128 129 132 133
593 .... 133 595 597 598 605 610 616 617 621 623
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134 134 134 136 138 140 140 142 142
V. Anleihen in der Insolvenzabwicklung ..................................... 629 .... 144 1. Anmeldung von Forderungen zur Insolvenztabelle ....... 631 .... 144 a) Mit einem gemeinsamen Vertreter ........................... 632 .... 144
XIII
Inhaltsverzeichnis Rn.
2.
3.
b) Ohne einen gemeinsamen Vertreter ......................... c) Besonderheiten bei der Forderungsprüfung ............ Teilnahme und Abstimmung in Gläubigerversammlungen ................................................. a) Mit einem gemeinsamen Vertreter ........................... b) Ohne einen gemeinsamen Vertreter ......................... Feststellung zur Insolvenztabelle und Quotenausschüttung ........................................................ a) Mit einem gemeinsamen Vertreter ........................... b) Ohne einen gemeinsamen Vertreter ......................... aa) Maßnahmen nach Doppelfeststellung ............. bb) Vermeidung Doppelfeststellung ...................... cc) Weitere Besonderheiten ...................................
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635 .... 145 640 .... 147 645 .... 148 647 .... 148 648 .... 149 653 654 656 658 663 669
.... .... .... .... .... ....
150 150 151 151 152 154
D. Anhang .................................................................................................. 155 I.
Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen – Schuldverschreibungsgesetz (SchVG 2009) ......................................... 155
II. Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen (SchVerschrG 1899) ...................................... 168 III. Muster Depotnachweis und Sperrvermerk .......................................... 178 Stichwortverzeichnis ................................................................................... 179
XIV
Literaturverzeichnis Kommentare, Handbücher, Monographien Beyer Das Transparenzgebot und die rechtlichen Grenzen der Anpassung von Emissionsbedingungen bei Schuldverschreibungen, 2012 Blersch/Goetsch/Haas (Hrsg.) Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, Band II, SchVG (Stand: Oktober 2012) (zit.: Bearbeiter, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG) Baums/Cahn (Hrsg.) Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, 2004 (zit.: Bearbeiter, in: Baums/Cahn) Bork/Hölzle (Hrsg.) Handbuch Insolvenzrecht, 1. Aufl., 2014 (zit.: Bearbeiter, in: Bork/Hölzle/Bearbeiter, Insolvenzrecht) Braun (Hrsg.) Insolvenzordnung – Kommentar, 6. Aufl., 2014 (zit.: Braun/Bearbeiter, InsO) Friedl/Hartwig-Jacob (Hrsg.) Frankfurter Kommentar zum Schuldverschreibungsgesetz, 1. Aufl., 2012 (zit.: Bearbeiter, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG) Gottwald (Hrsg.) Insolvenzrechts-Handbuch, 4. Aufl., 2010 (zit.: Bearbeiter, in: Gottwald, InsOHdb) Hüffer Aktiengesetz, 11. Aufl., 2014 Kreft (Hrsg.) Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 7. Aufl., 2014 (zit.: Kreft/Bearbeiter, InsO) Kübler/Prütting/Bork (Hrsg.) InsO – Kommentar zur Insolvenzordnung, Stand: 62. Erg.-Lfg., 2015 (zit.: Kübler/Prütting/Bork Bearbeiter, InsO) Langenbucher/Bliesener/Spindler (Hrsg.) Bankrechts-Kommentar, 1. Aufl., 2012 (zit.: Bearbeiter, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, BankrechtsKommentar) Leber Der Schutz und die Organisation der Obligationäre nach dem Schuldverschreibungsgesetz, 2012 XV
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Lürken Einberufung einer weiteren Anleihegläubigerversammlung im Insolvenzverfahren zur Bestellung eines gemeinsamen Vertreters, Anmerkung zu OLG Zweibrücken, Beschluss vom 20.3.2013 – 3 W 9/13, GWR 2013, 499 Maier-Reimer Fehlerhafte Gläubigerbeschlüsse nach dem Schuldverschreibungsgesetz, NJW 2010, 1317 Meyer-Löwy/Fritz Zahlungsfähigkeit und positive Fortführungsprognose auch bei Vorlage eines Scheme of Arrangement, ZInsO 2011, 662 Moser Keine gerichtliche Ermächtigung zur Einberufung einer zweiten Versammlung nach dem SchVG, Anmerkung zu BGH, Beschluss vom 2.12.2014 – II ZB 2/14, BB 2015, 722 Otto Gläubigerversammlungen nach dem SchVG – Ein neues Tätigkeitsgebiet für Notare, DNotZ 2012, 809 Paulus Anmerkung zum Beschluss des OLG Frankfurt a. M. vom 27.3.2012, Az. 5 AktG 3/11 – Zur Auslegung des § 24 Abs. 2 SchVG 2009, EWiR 2012, 259 Paulus Schuldverschreibungen, Restrukturierungen, Gefährdungen, WM 2012, 1109 Penzlin/Klerx Das Schuldverschreibungsgesetz – Insolvenzrechtliche Sonderregelung für Anleihegläubiger, ZInsO 2004, 311 Rubner Der gemeinsame Vertreter der Anleihegläubiger, NJW-Spezial 2014, 15 Schaumann/Zenker Beschwerde gegen Wahl eines gemeinsamen Vertreters für Schuldverschreibungsgläubiger, Anmerkung zu LG Leipzig, Urteil vom 16.01.2015, EWiR 2015, 225 Schlitt/Schäfer Die Restrukturierung von Anleihen nach dem neuen Schuldverschreibungsgesetz, AG 2009, 477 Seibt/Westpfahl Auf dem Weg zum „Neuen Sanierungsgesellschaftsrecht“?, ZIP 2013, 2333 Seibt/Schwarz Anleihekündigung in Sanierungssituationen, ZIP 2015, 401
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XXI
A. Ausgangslage/Wirtschaftlicher Status Quo Die wirtschaftliche Mechanik einer Anleihe ist denkbar simpel und ent- 1 spricht derjenigen eines klassischen Kredits. Besonderheiten ergeben sich aus der Finanzierung über den Kapitalmarkt: Der Emittent der Anleihe bietet sich dem Kapitalmarkt als „Kreditnehmer“ an. Dabei werden Anleihevolumen (korrespondierend der Darlehensvaluta), Zins und Tilgung definiert. Der Anleger kann nunmehr einen prozentualen Nominalwert des Anleihevolumens zeichnen und wird somit zumindest wirtschaftlich Darlehensgeber des Emittenten. In Bezug auf Zins und Tilgung ist der Anleger Gläubiger des Emittenten entsprechend seiner Zeichnung des Anleihevolumens. I. Die Mittelstandsanleihe – the rise and fall Sinnbildlich für die Dynamik am Anleihemarkt steht die sog. „Mittelstands- 2 anleihe“. An ihrer jüngsten Entwicklung lässt sich der Zyklus einer Anleihe bis zur Restrukturierung im Zeitraffer exemplifizieren. In der ökonomischen Bedeutung von Anleihen für den deutschen Mittel- 3 stand markiert der 15.9.2008 „die Stunde Null“.1) Nach namhaften Autoren der Wirtschaftswoche ist die Bankenkrise die „Wurzel 4 des Booms“ für Mittelstandsanleihen.2) Diese rasante Entwicklung der Mittelstandsanleihe ist im Wesentlichen auf vier Faktoren zurückzuführen: Zum einen wurde seitens des Mittelstands eine deutlich restriktivere Kredit- 5 vergabepraxis der Bankhäuser registriert. Der Investitions- und demnach auch der Fremdkapitalbedarf des Marktes bestanden indes unvermindert. Auch die Solvenz etablierter Kapitalgeber konnte zumindest nicht mehr ungefragt unterstellt werden. Aus Unternehmensperspektive war eine Alternative zu der klassischen Kreditfinanzierung gesucht und in der Mittelstandsanleihe gefunden. Zumal eine Mittelstandsanleihe im Unterschied zum traditionellen Bankkredit keine Bereitstellung von Sicherheiten zur Voraussetzung hat. Spiegelbildlich begab sich die Anlegerseite begünstigt durch die drastischen 6 Zinseinbußen post „Lehman“ auf die Suche nach neuen ertragsreichen Anlagealternativen. Auch diese Hoffnung wurde durch die Mittelstandsanleihe genährt. Schließlich verbriefen diese ihren Anlegern – bedingt durch ein vergleichsweise hohes Ausfallrisiko – einen durch Zins und Tilgung fixierten Kapitaldienst zwischen fünf und acht Prozent.3) ___________ 1) 2)
3)
Die Lehman Brothers Holding hat am 15.9.2008 einen Insolvenzantrag gestellt. Vgl. Reimann, „Bekannte Marken könnten Anleger frustrieren“, in: Wirtschaftswoche, Online-Ausgabe v. 9.8.2012, http://www.wiwo.de/finanzen/boerse/mittelstandsanleihenbekannte-marken-koennten-anleger-frustrieren/6956896.html. Nach einer Marktanalyse von Creditreform betrug der durchschnittliche Kupon im Jahr 2013 sogar 7,5 %, Creditreform Mittelständische Anleihemärkte in Deutschland 2010 – 2013, abrufbar unter: http://www.creditreform-rating.de.
1
A. Ausgangslage/Wirtschaftlicher Status Quo
7 In rechtspolitischer Hinsicht versprach das am 5.8.2009 in Kraft getretene „Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen“ (SchVG) den Anlegern eine erhöhte Transparenz im Anleihenmarkt.4) Ferner wurde die Möglichkeit auf Anlegerseite die Anleihebedingungen einer einmal emittierten Anleihe nachträglich zu modifizieren und diese ggf. zu restrukturieren merklich erweitert. 8 Die deutschen Börsenplätze machten den Handel mit Mittelstandsanleihen in der Folge praktikabel und schufen entsprechend spezialisierte Marktsegmente. Bereits 2010 eröffnete an der Börse Stuttgart das Marktsegment „Bondm“. Es folgten die Frankfurter Wertpapierbörse im „Entry Standard“, die Börse Düsseldorf mit „der Mittelstandsmarkt“, die Börse HamburgHannover mit der „Mittelstandsbörse Deutschland“ sowie die Börse München mit dem Marktsegment „m:access“. Mit diesen spezialisierten Marktsegmenten wurde auf Anlegerseite Aufmerksamkeit und Transparenz erhöht und auf Emittentenseite erleichterter Kapitalmarkzugang geschaffen. 9 Unter diesen Voraussetzungen entwickelte sich das Volumen der Mittelstandsanleihen von EUR 50 Mio. am 1.3.2010 auf EUR 5.050,96 Mio. zum 21.10.2013. Nach Angaben von Creditreform wurden bis zum Jahr 2013 106 Anleihen von insgesamt 95 Emittenten ausgegeben.5) Der Markt für mittelständische Anleihen hat sich somit in nur drei Jahren – zugegebenermaßen von einem sehr niedrigen Niveau6) – verzwölffacht. 10 Auf den Rausch folgt die Ernüchterung: Denn genau wie der klassische Bankkredit kann auch die Anleihe notleidend werden, mit der Folge, dass Zins und Tilgung für die Anleger ausfallen. Laut Creditreform sind bis Ende 2013 bereits elf Unternehmen, die dem Segment Mittelstand zuzuordnen sind, mit einem Gesamtemissionsvolumen in Höhe von rd. EUR 531 Mio. ausgefallen. Mit – soweit ersichtlich – weiteren Insolvenzen von 10 weiteren Emittenten in diesem Segment im Jahr 2014 mit einem Emissionsvolumen in Höhe von ca. EUR 370 Mio. sind in Summe bereits von mittelständischen Unternehmen emittierte Anleihen in Höhe von über EUR 900 Mio. ausgefallen. Auch die Börsen haben auf diese Entwicklung reagiert und teilweise bereits die speziellen Segmente geschlossen. 11 Die auch aufgrund gesetzlicher Publikationspflichten unter Beobachtung der Öffentlichkeit geführten Restrukturierungsverhandlungen – insoweit unterscheidet sich die Anleihe deutlich vom klassischen Bankkredit – führen nicht ___________ 4)
5) 6)
2
Vgl. Begr. RegE Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung, BT-Drucks. 16/12814, S. 1. Creditreform Mittelständische Anleihemärkte in Deutschland 2010 – 2013, S. 10, abrufbar unter: http://www.creditreform-rating.de. Im Jahr 2010 bestand der Markt aus 9 Anleihen, vgl. Creditreform Mittelständische Anleihemärkte in Deutschland 2010 – 2013, S. 11, abrufbar unter: http://www.creditreformrating.de.
II. Anleiherestrukturierung
selten dazu, dass nicht nur Anleihegläubiger – etwa wegen einer Verschlechterung der Vermögenslage – kündigen, sondern sich auch wichtige Kunden und Lieferanten zurückziehen, so dass in einigen Fällen eine Insolvenz nicht zu vermeiden ist. So haben zahlreiche Emittenten mittlerweile die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt, weshalb die „Mittelstandsanleihen“ es aufgrund der Ausfälle der Anleger bereits zu trauriger Berühmtheit gebracht hat. Vor diesem Hintergrund titelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung schon im 12 vergangenen Winter: „Der Markt für Mittelstandsanleihen ist tot“.7) Ob es sich bei der aktuellen Entwicklung tatsächlich um das Ende des Anlagemodells Mittelstandsanleihe handelt oder, ob am Ende einer Katharsis ein solider, etablierter Markt verbleibt,8) vermögen die Verfasser nicht einzuschätzen. Allerdings kommt es in dieser Frage wohl schon mittelfristig zum Schwur: Schließlich werden nach Angaben von Scope Ratings bis 2018 Mittelstandsanleihen im Gesamtvolumen von bis zu EUR Mrd. 5,4 fällig.9) II. Anleiherestrukturierung Geprägt durch die negative Entwicklung erhalten Restrukturierungen von 13 Anleihen – und dies nicht reduziert auf die Mittelstandsanleihe – erhöhte Aufmerksamkeit. Den Emittenten wird zunehmend bewusst, dass Anleihen immer häufiger wie ein „Damoklesschwert“ über einem Unternehmen hängen, wenn die Fälligkeit einer Zinszahlung oder gar der gesamten Anleihe naht. Dies gilt insbesondere, wenn sich Anleiheschuldner in einer operativen Sanierungsphase befinden und die notwendige Liquidität fehlt, um Forderungen aus fälligen Anleihen – oder in Extremfällen sogar Zinsen – vollumfänglich zu bedienen.10)
___________ 7) Mohr, „Der Markt für Mittelstandsanleihen ist tot“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Online-Ausgabe v. 10.12.2014, http://www.faz.net/aktuell/finanzen/anleihen-zinsen/ boersen-steigen-aus-handel-mit-mittelstandsanleihen-aus-13314141.html; ebenso jüngst Dohms, „Junkfood für Anleger“, in: DIE ZEIT v. 3.6.2015, S. 23. 8) So Eric Leupold – seinerseits verantwortlich für das Marktsegment der Deutschen Börse AG gegenüber der DIE WELT –, in: Seibel/Zschäpitz, „Die bittere Serie der deutschen Milchmädchen-Crashs“, in: DIE WELT, Online-Ausgabe v. 10.1.2015, http://www.welt.de/finanzen/article136218552/Die-bittere-Serie-der-deutschenMilchmaedchen-Crashs.html. 9) Scope Ratings, Refinancing Risk Emerging in the German SME Bond Market, vom 7.10.2014, abrufbar unter: http://www.scoperatings.com. 10) In besonderen Fällen stellt sich sogar die Frage, welchen Hintergrund die Finanzierungsentscheidung des Emittenten bei der Emission einer (Mittelstands-)Anleihe hatte: Die Diskussion, ob zum Zeitpunkt der Mittelaufnahme überhaupt sichergestellt erschien, dass die Anleihe – zumindest mit überwiegender Wahrscheinlichkeit – bei Endfälligkeit vollständig erfüllt oder refinanziert werden könnte, ist noch nicht geführt. Die Frage, welche rechtlichen Schlussfolgerungen – etwa im Hinblick auf die (insolvenzrechtliche) Fortbestehensprognose – aus einer absehbar oder sogar „nahezu unzweifelhaft“ fehlenden Refinanzierbarkeit zum Zeitpunkt der Endfälligkeit der Anleihe zu ziehen sind, muss in Einzelfällen gestellt und beantwortet werden.
3
A. Ausgangslage/Wirtschaftlicher Status Quo
14 Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung gewinnt die Frage nach der Gestaltung und Umsetzung einer Restrukturierung als Insolvenzvermeidung erhöhte Bedeutung. Kerninstrument der Restrukturierung von Anleihen als Schuldverschreibungen ist das SchVG, das – unter bestimmten Bedingungen – die Restrukturierung von Anleihen durch Mehrheitsentscheid der Anleihegläubiger ermöglicht.11) 15 Auch vor dem Jahr 2009 war eine Restrukturierung von Anleihen gesetzlich vorgesehen. Das „alte“ Schuldverschreibungsgesetz aus dem Jahr 1899 („Gesetz betreffend gemeinsamer Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen“ [nachfolgend „SchVerschrG“]) kannte bereits entsprechende rechtliche Instrumente. Im Gegensatz zum SchVG hatte das SchVerschrG allerdings einen sehr engen territorialen Anwendungsbereich12) und materiell eng gefasste Kompetenzen der Gläubigerversammlung,13) weshalb es in den über 100 Jahren seines Bestehens nur geringe praktische Bedeutung erlangte. 16 Das SchVG macht eine Anpassung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsbeschluss der Gläubiger möglich, wenn die Anleihebedingungen diese Möglichkeit vorsehen. Die Anleihegläubiger können auf diesem Wege durch Mehrheitsbeschluss in einem besonderen Maße in die Anleihe eingreifen und diese restrukturieren, etwa durch Kürzung der Hauptforderung (sog. „Haircut“) oder durch Umwandlung der Anleihestücke in Gesellschaftsanteile (sog. „Debt-to-Equity-Swap“). Gerade diese Möglichkeiten waren nach dem SchVerschrG unmöglich.14) 17 Doch auch die vielfältigen rechtlichen Instrumente einer Anleiherestrukturierung bedürfen der Umsetzung. Wird dem Emittenten deutlich, dass er die Anleihe bei Endfälligkeit oder bereits Zinsen nicht wird zahlen können, muss er sich mit einer Restrukturierung auseinander setzen, um eine Insolvenz zu vermeiden. 18 Die Restrukturierung einer Unternehmensanleihe ist komplex und trotz der „neuen“ Instrumente nach SchVG häufig nicht erfolgreich. Rückt der Fälligkeitstermin der begebenen Anleihe näher – und wird die erhebliche finanzielle Belastung des die Anleihe begebenden Unternehmens im Liquiditätsplan aktuell –, bleibt ohne Gegenmaßnahmen nicht selten nur der Gang zum Insolvenzgericht. 19 Um eine Insolvenz zu vermeiden, bedarf es – neben der Zustimmung der Anleihegläubiger – einer detaillierten Planung des Sanierungsprozesses. Oft vernachlässigt wird dabei – aufgrund der Erfahrungen aus den Verhandlungen mit der Hausbank –, dass der Restrukturierungsprozess viele Monate dauern ___________ 11) 12) 13) 14)
4
BGBl I 2009, 2512. Dazu etwa Vogel, S. 253 ff. Vgl. Simon, S. 57 ff. § 12 Abs. 3 SchVerschrG. Kritisch insbesondere zur fehlenden Möglichkeit eines Debt-to-Equity-Swaps Bredow/Vogel, ZBB 2008, 221, 223.
III. Anleihemodalitäten und Rechtsnatur der Anleihe
kann und für diese Zeit aus insolvenzrechtlicher Sicht sichergestellt sein muss, dass der Emittent durchfinanziert ist. Scheitert die außergerichtliche Sanierung, bedeutet dies allerdings nicht 20 zwingend die Abwicklung des Emittenten. Das deutsche Insolvenzrecht ermöglicht, besonders seit den Änderungen durch das ESUG, umfangreiche Sanierungsmaßnahmen auch innerhalb der Insolvenz und im Rahmen eines Insolvenzplans umzusetzen. Allerdings sind auch die dort einzuhalten Schritte nicht trivial und bedürfen – neben der fachkundigen Erstellung eines Insolvenzplans – einer sorgfältigen Planung. Der Restrukturierungsprozess einer Anleihe muss im Ergebnis heute zweistu- 21 fig erfolgen. Natürlich ist der „Königsweg“ eine außergerichtliche Sanierung, die deshalb auch das Hauptaugenmerk einer Sanierung sein sollte. Allerdings sollte in einem zweiten Schritt auch eine Sanierung mit einem Insolvenzplan im Auge behalten werden, um nicht Gefahr zu laufen, etwa durch eine Abwicklung Unternehmens-/Firmenwerte des Emittenten zu vernichten. III. Anleihemodalitäten und Rechtsnatur der Anleihe Nachstehende Ausführungen beschränken sich auf die Restrukturierung von 22 Unternehmensanleihen als klassische „Anleihen im engeren Sinne“. Insofern muss zwischen dem im SchVG verwendeten Anleihebegriff und den ureigenen Eigenschaften einer „klassischen Unternehmensanleihe“ unterschieden werden. Das SchVG verwendet den Begriff der Anleihe, sofern die in Frage stehenden 23 Papiere als Schuldverschreibungen i. S. d. § 1 Abs. 1 SchVG anzusehen sind.15) Auf die vom SchVG weiterhin erfassten Wertpapiere neben Anleihen im enge- 24 ren Sinne wird in dieser Darstellung nicht vertieft eingegangen. Im Folgenden wird unter dem Begriff der Anleihe, die hier zu betrachtete Anleihe im engeren Sinne verstanden. 1. Modalitäten von Unternehmensanleihen in der Praxis Unter einer klassischen „Anleihe“ wird allgemein die Kapitalaufnahme eines 25 Unternehmens (oder eines Staats) gegen Emission einer Mehrheit vertretbarer und verzinslicher begebener Schulverschreibungen verstanden.16) Gemeinsames, strukturbildendes Merkmal einer Anleihe ist die Unterteilung in umlauffähige Schuldverschreibungen und entsprechende Gläubigerrechte. Typischerweise haben Unternehmensanleihen – mit Ausnahme sog. „Hyb- 26 ridanleihen“, die oftmals eine jahrzehntelange Laufzeit haben – eine Laufzeit zwischen zwei und sieben Jahren, nach deren Ablauf eine (Rück-)Zahlung des Nennwerts der Anleihen zu einem Fälligkeitstermin erfolgt. In der Regel ___________ 15) Vgl. etwa § 4 SchVG. 16) Schmidtbleicher, S. 12 m. w. N.
5
A. Ausgangslage/Wirtschaftlicher Status Quo
wird zusätzlich ein jährlicher Zinscoupon gewährt, der einen jährlichen Zinsanspruch bis zum Ende der Laufzeit einräumt. Unterschiede können sich insbesondere in folgenden Aspekten – die neben Laufzeitlänge und Zinshöhe von Relevanz sind – ergeben: x
Umfang der Besicherung
x
Nachrang im Insolvenzfalle
x
Börsennotierung
x
Rechtsform des Emittenten
x
Regelung von Kündigungsrechten
x
Anwendbarkeit des SchVG (bei Anleihen, die am oder nach dem 5.8.2009 begeben worden sind)
x
Anwendbarkeit der §§ 5 – 21 SchVG
x
Vertragsvertreter
27 Sämtliche dieser Parameter sind bei der Restrukturierung von Anleihen zu berücksichtigen, insbesondere bei der außerinsolvenzlichen Sanierung. So mag die Frage der Nachrangigkeit bzw. die einer Besicherung erheblichen Einfluss auf die Bestimmung des tatsächlichen Werts einer Anleihe bzw. die Realisierbarkeit eines Forderungsverzichts haben. Dies wird besonders bei einer Restrukturierung im Wege eines Insolvenzplans deutlich, in dem die Nachrangigkeit einer Anleiheforderung (nach Maßgabe des § 39 Abs. 2 InsO) u. a. ganz erheblichen Einfluss auf die Frage haben wird, ob Anleihegläubiger voraussichtlich einem Insolvenzplan zustimmen, der ihre Forderung in erheblichem Maße beschneidet. 28 Die Börsennotierung entscheidet darüber, ob und inwieweit Emittenten zur Veröffentlichung von Ad-hoc-Mitteilungen nach Maßgabe von § 15 WpHG bzw. zur Veröffentlichung wesentlicher Informationen nach den Freiverkehrsordnungen derjenigen Börsen, an denen die Papiere gehandelt werden, verpflichtet sind.17) 29 Dabei ist zu beachten ist, dass die Rechtsform des Emittenten auf die wertpapierrechtliche bzw. börsenrechtliche Mitteilungspflichten betreffend Insiderinformationen grundsätzlich keinen Einfluss hat. So ist etwa auch eine GmbH, die Anleihen zum Regulierten Markt (als Teil des Organisierten
___________ 17) Vgl. etwa § 19 Abs. 1 lit. c) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutsche Börse AG für den Freiverkehr an der Frankfurter Wertpapierbörse (Stand: 26.7.2013), wonach Emittenten von Anleihen, die im Entry Standard notiert sind, dazu verpflichtet sind, wesentliche Informationen, die sie oder die Wertpapiere unmittelbar betreffen, zu veröffentlichen.
6
III. Anleihemodalitäten und Rechtsnatur der Anleihe
Markts i. S. v. § 2 Abs. 5 WpHG) zugelassen hat, zur Veröffentlichung von Ad-hoc-Mitteilungen nach § 15 Abs. 1 WpHG verpflichtet.18) In Anleihebedingungen variiert zudem die Ausgestaltung von Kündigungs- 30 rechten, nach denen die Anleihegläubiger bei Vorliegen bestimmter Ereignisse zur Kündigung der von ihnen gehaltenen Anleihestücke berechtigt sind.19) So finden sich in der Praxis Anleihebedingungen, die einen umfassenden Kündigungskatalog vorsehen, jedoch auch solche, die zu Kündigungsrechten schweigen oder ein Kündigungsrecht explizit ausschließen. Auch ist denkbar, dass eine Anleihe nur die Möglichkeit einer sog. Gesamtkündigung vorsieht, bei der eine Kündigung der (gesamten) Anleihe nur dann möglich ist, wenn ein bestimmtes Quorum der Gläubiger kündigt. Von besonderer Relevanz ist schließlich die Frage, ob die Anleihebedingungen 31 die Anwendbarkeit der §§ 5 – 21 SchVG, die eine Beschlussfassung zu Änderung von Anleihebedingung durch Mehrheitsbeschluss ermöglichen, vorsehen. Ist dies nicht der Fall, wird eine außerinsolvenzlichen Restrukturierung von Anleihen nach dem SchVG regelmäßig ausscheiden. Von Relevanz ist schließlich, ob durch die Anleihebedingungen bereits ein 32 gemeinsamer Vertreter nach Maßgabe des § 8 SchVG benannt worden ist. Dieser kann als „Repräsentant“ der Anleihegläubiger sofort als Gesprächspartner mit einem Emittenten fungieren (wobei im Hinblick auf materielle Beschlüsse die Beschränkung von § 8 Abs. 2 Satz 2 SchVG zu beachten ist). 2. Rechtsnatur von „Anleihen“ Trotz eingehender Darstellungen im Schrifttum lohnt an dieser Stelle ein 33 Blick auf die Rechtsnatur der Anleihe im engeren Sinne.20) Dies gilt insbesondere deshalb, da die Frage der Rechtsnatur einer Anleihe (bzw. die aus dem Anleiheverhältnis entstehenden Anleiherechte) einzelne Aspekte eines Restrukturierungsprozesses mitzubestimmen vermag. So ist die Frage der Rechtsnatur einer Anleihe etwa bei Auseinandersetzungen 34 über die Kündbarkeit von Anleihen von besonderer Bedeutung.21) So kann die zutreffende rechtliche Qualifikation Einfluss auf die Bewertung haben, ob und inwieweit Anleihegläubiger Kündigungsrechte bei Einleitung eines Restrukturierungsprozesses (insbesondere nach dem SchVG) haben können.22) ___________ 18) So führte etwa die Notiz der Hypothekenanleihen der DEIKON GmbH im Regulierten Markt dazu, dass die DEIKON GmbH Ad-hoc-pflichtig i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG wurde. 19) Zu Kündigungsrechten zugunsten der Emittenten vgl. Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 3 Rn. 128 ff. 20) Vgl. etwa Schmidtbleicher, S. 12 ff. 21) Vgl. zuletzt etwa OLG Frankfurt/M. ZIP 2014, 2176, dazu EWiR 2014, 771 (Just); LG Bonn ZIP 2014, 1073. 22) Siehe Abschnitt B.VII.
7
A. Ausgangslage/Wirtschaftlicher Status Quo
a) Rechtsqualität der Anleihegläubigerrechte, insbesondere Zahlungsansprüche 35 Die Frage der Rechtsnatur einer Anleihe bzw. der durch sie verkörperten Anleihegläubigerrechte wird im Schrifttum uneinheitlich beurteilt. Die Diskussionen werden insbesondere deshalb mit einem gewissen Nachdruck geführt, da im einschlägigen, früheren Schrifttum häufig – en passant – von einem „verbrieften Rückzahlungsanspruch“ oder gar von einer „verbrieften Darlehensforderung“ die Rede ist.23) 36 Die Schuldverschreibung verbrieft nach zutreffender herrschender Ansicht tatsächlich keine Rückzahlungsforderungen und insbesondere keine solchen aus einem Darlehen.24) Bezüglich letzterem fehlt es im Rahmen einer Anleiheemission bereits an einem Vertrag, der überhaupt als Darlehensvertrag qualifiziert und aus dem ein Rückzahlungsanspruch hergeleitet werden könnte. Auch im ursprünglichen Begebungsvertrag mit dem Zeichner der Schuldverschreibung ist, ebenso wie im Vorgang der Anleiheemission an sich, kein Darlehensvertrag zu sehen.25) 37 Vielmehr verbrieft die Schuldverschreibung, die Forderung aus einem abstrakten Schuldversprechen i. S. d. § 780 BGB.26) Es ist letztlich ein Wertpapier, das von jeglichen Kausalgeschäften gelöst ist. Schuldverschreibungen enthalten daher (unabhängig von einer Eigen- oder Fremdemission) keinen „Rückzahlungsanspruch“, sondern eine abstrakte Forderung, die ausschließlich von den Anleihebedingungen gestaltet wird. Mag die Anleihe wirtschaftlich betrachtet für den Emittenten wie ein Darlehen wirken, ist dies rechtlich jedenfalls nicht so.27) b) Einordnung in der Rechtsprechung 38 Die vorstehende Einordnung wurde auch vom LG Frankfurt/M. in seiner Entscheidung vom 25.4.2014 vorgenommen,28) in der sich die Rechtsprechung – im Zusammenhang mit der Kündigung von Anleihestücken – eingehender mit der Rechtsqualität einer Anleihe auseinandergesetzt hat. ___________ 23) Vgl. Horn, ZHR, 173 (2009), 12 (16) m. w. N.; kritisch Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 bei Fn. 24. 24) Vgl. Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn. 11; Schmidtbleicher, S. 13. 25) Zutreffend Schmidtbleicher, S. 13. 26) Staudinger/Marburger, BGB, § 793 Rn. 6 und § 780 Rn. 36; Habersack, in: MünchKommBGB, § 780 Rn. 25; Maier-Reimer, in: Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S. 129, 134 ff.; Schmidtbleicher, S. 13 m. w. N. Vgl. zuletzt auch BGH, NJW 2014, 3362, 3365. 27) Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn. 11 bei Fn. 24; Schmidtbleicher, S. 16. 28) LG Frankfurt/M., v. 25.4.2014 – 2-18 O 429/13 – bislang unveröffentlicht.
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III. Anleihemodalitäten und Rechtsnatur der Anleihe
Im konkreten Verfahren hatte ein Anleihegläubiger nach Ankündigung der 39 finanziellen Restrukturierung des Emittenten (und der Einberufung der Anleihegläubigerversammlung nach dem SchVG) die gehaltenen Anleihestücke gekündigt und auf die Zahlung des Nennbetrags der von ihm gehaltenen Anleihestücke geklagt. Entsprechende Verfahren sind typischerweise bei der Restrukturierung von Anleihen zu führen, da naturgemäß ein gewisser Prozentsatz der Anleihegläubiger versucht, sich der finanziellen Restrukturierung ihrer Forderung durch Kündigung ihrer Anleihe zu entziehen.29) Die Kündigung wurde – neben vertraglichen Kündigungsrechten – auf § 490 BGB sowie § 314 BGB gestützt. Das LG Frankfurt/M. lehnte sowohl eine Anwendung von § 314 BGB als auch 40 § 490 BGB mit der Begründung ab, dass weder § 314 BGB noch § 490 BGB auf eine Inhaberschuldverschreibung anwendbar seien. Vielmehr stellen die Regelungen der §§ 793 ff. BGB abschließende Spezialanwendungen dar, die die allgemeinen Vorschriften der §§ 314, 490 BGB verdrängen.30) Des Weiteren handele es sich bei Inhaberschuldverschreibungen nicht um 41 Dauerschuldverhältnisse, wie es für eine Anwendung der §§ 314, 490 BGB vorauszusetzen sei. Denn eine Schuldverschreibung verbriefe nur eine Forderung des Inhabers gegen den Aussteller der Urkunde und begründe nicht fortgesetzt neue wechselseitige Pflichten der Parteien des Vertrags.31) Dies sei aber gerade das rechtliche Charakteristikum bzw. das Wesen eines Dauerschuldverhältnisses. Im Urteil wurde somit – im Einklang mit der herrschenden Meinung – zu- 42 treffend die Forderung aus der Inhaberschuldverschreibung nicht als Darlehensrückzahlungsanspruch, sondern als abstraktes Schuldversprechen qualifiziert. Das OLG Frankfurt/M. setzte sich in der Berufungsinstanz nicht mehr ein- 43 gehend mit der Rechtsnatur der Anleihe auseinander, sondern bejahte die Kündbarkeit von Anleihen im konkreten Fall auf Grundlage eines vertraglichen Kündigungsrechts. Es erachtete jedoch § 314 BGB für grundsätzlich anwendbar bzw. ließ die Anwendbarkeit von § 490 BGB offen.32) Zur Frage der Kündbarkeit von Anleihen siehe eingehend Abschnitt B.VII.
___________ 29) Siehe hierzu Rn. 374 ff. 30) LG Frankfurt/M., v. 25.4.2014 – 2-18 O 429/13 – bislang unveröffentlicht. 31) So schon Maier-Reimer in: Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S. 135 ff. 32) OLG Frankfurt/M. ZIP 2014, 2176, dazu EWiR 2014, 771 (Just).
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A. Ausgangslage/Wirtschaftlicher Status Quo
IV. Regelungsmaterien zur Anpassung von Anleihen 44 Das SchVG ist heute die materielle Grundlage für die Änderung von Anleihebedingungen, welche die (vertragliche) Grundlage begebener Anleihen darstellen. 45 Das SchVG hält Regelungen hinsichtlich des Inhalts von Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen bereit, regelt weiterhin die Vergemeinschaftung von Inhabern gleichlautender Schuldverschreibungen einschließlich verfahrensrechtlicher Vorgaben und schafft mit dem Institut des gemeinsamen Vertreters die Möglichkeit einer Vertretung für die Inhaber solcher Schuldverschreibungen. 46 Das SchVG ist jedoch nicht die erste Regelungsmaterie, die die Restrukturierung von Anleihen betrifft. 1. SchVerschrG 47 Vielmehr hatte der Gesetzgeber bereits im Jahre 1899 mit dem SchVerschrG den Teilbereich der Vergemeinschaftung von Rechten der Anleihegläubiger (nebst der Schaffung einer Vertretungsmöglichkeit) reglementiert. 48 Gleichwohl hatte das SchVerschrG in der Praxis kaum Bedeutung erlangt – und zwar trotz des erkannten praktischen Bedürfnisses, die Wahrnehmung von Rechten aus gleichlautenden Schuldverschreibungen zu regeln. Dies lag vor allem an zwei Faktoren: 49 Zunächst war der Anwendungsbereich des SchVerschrG auf Emittenten mit Sitz im Inland beschränkt. Es entsprach (und entspricht teilweise auch heute noch) der Finanzierungspraxis deutscher Unternehmen, Anleihen (i) aus steuerlichen Gründen und (ii) zur Senkung von Finanzierungskosten über ausländische Tochtergesellschaften zu emittieren (für deren Schulden Mutterunternehmen oder sonstige Konzerngesellschaft sodann typischerweise als Garanten einstehen).33) 50 Das SchVerschrG war nach seinem Wortlaut nicht auf Anleihen ausländischer Emittenten anwendbar. Eine entsprechende Anwendung wurde unter Verweis auf den entgegenstehenden Willen des Gesetzgebers ausdrücklich abgelehnt.34) Bereits aufgrund des Erfordernisses eines Inlandssitzes des Emittenten unterfielen die meisten Schuldverschreibungen dem SchVerschrG gerade nicht.35) 51 Neben des eingeschränkten persönlichen Anwendungsbereichs führten auch die vom SchVerschrG statuierten Eingriffsvoraussetzungen sowie die materiell fehlenden Eingriffsmöglichkeiten dazu, dass eine Begebung von Anleihen zumeist nicht unter dem Regime des SchVerschrG, sondern über auslän___________ 33) Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, Einl. SchVG Rn. 4. 34) Vgl. Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, Einl. SchVG Rn. 4 m. w. N. 35) Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, Einl. SchVG Rn. 4.
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IV. Regelungsmaterien zur Anpassung von Anleihen
dischen Rechtsordnungen (über Finanzierungstöchter) erfolgte.36) So setzte das SchVerschrG voraus, dass auf Seiten des Emittenten eine Zahlungseinstellung oder eine Insolvenz drohten, die mit einem Beschluss der Anleihegläubiger in einer Gläubigerversammlung dann abgewendet werden konnten (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 SchVerschrG). Dieses späte Eingreifen des SchVerschrG führte jedoch dazu, dass es für eine sinnvolle und nachhaltige Sanierung des Schuldners häufig bereits zu spät war.37) Des Weiteren waren die materiellen Befugnisse der Gläubigerversammlung 52 unter dem SchVerschrG im Vergleich zum SchVG sehr beschränkt: So konnte nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SchVerschrG eine Ermäßigung des Zinsfußes oder Stundung der Anleiheforderung begrenzt auf maximal drei Jahre beschlossen werden. Instrumentarien wie Forderungsverzichte im Hinblick auf die Hauptforderung oder eine Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital waren unter dem SchVerschrG nicht möglich.38) 2. SchVG Das SchVG ist am 5.8.2009 als Artikel 1 des Gesetzes zur Neuregelung der 53 Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen, zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen der Anleger aus Falschberatung vom 31.7.2009 in Kraft39) und an die Stelle des SchVerschrG getreten.40) Ziel dieses Gesetzes war – neben der Beseitigung der Unzulänglichkeiten des 54 SchVerschrG – das deutsche Anleiherecht attraktiver auszugestalten und insbesondere auch ausländische Emittenten dazu anzuhalten, ihre Anleihen deutschem Recht zu unterwerfen. Während letztgenanntes Ziel der „Gewinnung“ ausländischer Emittenten zur Unterstellung begebener Anleihen unter deutsches Recht (bislang) nicht als erreicht angesehen werden kann,41) gehen jedoch nationale Unternehmen zunehmend dazu über, die Anwendbarkeit des (optionalen) Gläubigerorganisationsrecht der §§ 5 – 21 SchVG in ihren Anleihebedingungen und somit auch die Möglichkeit der Restrukturierung dieser Anleihen qua Mehrheitsbeschluss zu verankern. Im Gegensatz zum SchVerschrG ist die Anwendbarkeit des SchVG nicht auf 55 Emittenten mit Sitz im Inland beschränkt (vgl. § 1 Abs. 1 SchVG). Zudem wird durch das SchVG ausdrücklich festgeschrieben, dass Klauseln in Anleihebedingungen die Mehrheitsentscheidungen von Anleihegläubiger vorsehen, zu___________ 36) Hierzu vertieft Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, Einl. SchVG Rn. 5. Vgl. zu den nach SchVerschrG zulässigen (und unzulässigen) Sanierungsmaßnahmen im Überblick, Schneider, in: Baums/Cahn. Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S. 69 76 f. 37) Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, Einl. SchVG Rn. 5. 38) Vgl. Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), Einl. Rn. 6. 39) BGBl I 2009, 2512. 40) Vgl. jedoch die Übergangsbestimmung des § 24 Abs. 1 Satz 2 SchVG. 41) Zu den Gründen Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, Einl. SchVG Rn. 31.
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lässig sind – es obliegt jedoch den Anleihebedingungen ob und in welchem Umfang der Schuldner von dieser Möglichkeit Gebrauch macht.42) Im Gegensatz dazu galt das SchVerschrG ex lege auch ohne gesonderte Ermächtigung. 56 Des Weiteren setzt das SchVG nicht mehr voraus, dass der Emittent Restrukturierungsmaßnahmen lediglich zur Abwendung einer Zahlungseinstellung oder eines Insolvenzverfahren einleiten darf, um eine Mehrheitsentscheidung der Gläubiger herbeizuführen. Vielmehr hat der Emittent jederzeit – sogar vor Eintritt in eine Sanierungssituation – die Möglichkeit, eine Restrukturierung begebener Anleihen einzuleiten.43) 57 Schließlich sieht das SchVG – im Gegensatz zum SchVerschrG – ein Verfahrensrecht vor, welches gewährleistet, dass die Gläubiger Mehrheitsentscheidungen auf Grundlage hinreichender Information sowie in einen geordneten, der aktienrechtlichen Hauptversammlung vergleichbaren Procedere (einschließlich Rechtsverfolgung wegen Beschlussmängeln) treffen können.44) 58 Trotz der – grundsätzlich gelungenen – Neukodifikation des Schuldverschreibungsrechts sind auch im sechsten Jahr nach Inkrafttreten des SchVG nach wie vor zahlreiche virulente Fragestellungen im Zusammenhang mit der Restrukturierung von deutschem Recht unterstehenden Anleihen ungeklärt. Auf diese Fragestellungen wird im Zuge dieser Darstellung eingegangen. 3. Übersicht 59 Das SchVG ist in drei Abschnitte untergliedert: Der 1. Abschnitt (§§ 1 – 4 SchVG) enthält allgemeine Vorschriften, die für sämtliche Schuldverschreibungen i. S. d. § 1 Abs. 1 SchVG gelten (sofern die Schuldverschreibungen nicht nach § 1 Abs. 2 SchVG von der Anwendbarkeit des SchVG ausgenommen sind). Der 2. Abschnitt (§§ 5 – 22 SchVG) enthält in den §§ 5 – 21 SchVG das (optionale) materielle Gläubigerorganisationsrecht sowie in § 22 SchVG die Möglichkeit, die Geltung dieser Regelungen auch für Mitverpflichtete vorzusehen. Der 3. Abschnitt (§§ 23, 24 SchVG) enthält Bußgeldvorschriften und Übergangsbestimmungen. a) 1. Abschnitt (§§ 1 – 4 SchVG) 60 Im ersten Abschnitt normiert § 1 SchVG den Geltungsbereich des SchVG. Die §§ 2 – 4 SchVG normieren einen knappen Bestand zwingender Regelungen, die bei Anwendbarkeit des SchVG gelten: ___________ 42) Siehe dazu Rn. 123 ff. 43) Vgl. Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 5 Rn. 52. 44) Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, Einl. SchVG Rn. 12.
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IV. Regelungsmaterien zur Anpassung von Anleihen
§ 2 SchVG regelt das sog. „Skripturprinzip“, wonach die Anleihebedingun- 61 gen (i) in der Urkunde oder (ii) – dies ist der Regelfall bei der Verwendung der heute üblichen Globalurkunde – bei Ausschluss umlauffähiger Urkunden in einer gesonderten Urkunde verbrieft sein müssen. § 3 SchVG normiert das Gebot der Transparenz des Leistungsversprechens. 62 Dieses „Gebot“ ist bei der Restrukturierung von Anleihen in der bisherigen Praxis, soweit ersichtlich, lediglich im Zusammenhang mit eventuellen vertraglichen Kündigungsrechten virulent geworden. Eine vertiefte Darstellung einschließlich der Zusammenhänge mit dem AGB-Recht soll hier nicht erfolgen.45) Die wichtigste zwingende Norm des Schuldverschreibungsrechts enthält 63 § 4 SchVG über die kollektive Bindung der Gläubiger.46) Nach § 4 SchVG können Anleihebedingungen während der Laufzeit der Anleihe nur (i) durch gleichlautenden Vertrag mit sämtlichen Gläubigern oder nach Abschnitt 2 des SchVG, in welchem Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger geregelt sind, geändert werden (§ 4 Satz 1 SchVG). Zudem normiert § 4 SchVG die Pflicht des Anleiheschuldners, alle Gläubiger gleich zu behandelt (§ 4 Satz 2 SchVG).47) b) 2. Abschnitt (§§ 5 – 22 SchVG) Der 2. Abschnitt (§§ 5 – 22 SchVG), der das neue freiwillige Gläubigerorga- 64 nisationsrecht beinhaltet, ist das Kernstück des neuen Schuldverschreibungsgesetzes.48) Zentrale Norm ist § 5 SchVG, der u. a. die zulässigen Beschlussgegenstände konkretisiert.49) Optiert der Emittent für die Anwendbarkeit der §§ 5 ff. SchVG, gelten die 65 §§ 5 – 21 SchVG für Regelungen über Mehrheitsbeschlüsse grundsätzlich zwingend, wobei Anleihebedingungen teilweise von den Vorgaben der §§ 5 ff. SchVG abweichen können (d. h. bestimmte mögliche Beschlussinhalte ausschließen) bzw. der Emittent für bestimmte Regelungen optieren (z. B. Festlegung des Abstimmungsforums) kann. Im Rahmen eines Restrukturierungsprozesses ist zu beachten, dass bei Optie- 66 rung für die §§ 5 ff. SchVG ein Verbot der Verschlechterung zulasten der Anleihegläubiger über die gesetzlichen Regelungen hinaus besteht (§ 5 Abs. 1 Satz 2 SchVG). Komplementiert wird dies durch das Verbot von Mehrheitsbeschlüssen, die den Anleihegläubigern zusätzliche Leistungsverpflichtungen aufbürden (§ 5 Abs. 1 Satz 3 SchVG), so dass es den Anleihegläubigern nicht durch Mehrheitsbeschluss auferlegt werden kann, weiteres Fremdkapital zur Verfügung zu stellen.50) ___________ 45) Siehe dazu eingehend Beyer, Das Transparenzgebot und die rechtlichen Grenzen der Anpassung von Emissionsbedingungen bei Schuldverschreibungen, 2012. 46) Vgl. Horn, BKR 2009, 446, 448. 47) Weiterführend Horn, BKR 2009, 446, 448 ff. 48) Vgl. Horn, BKR 2009, 446, 448. 49) Hierzu vertieft Abschnitt B.III. 50) Siehe Rn. 150 ff.
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A. Ausgangslage/Wirtschaftlicher Status Quo
67 § 6 SchVG regelt das Stimmrecht der Anleihegläubiger sowohl bei Abstimmungen in einer Gläubigerversammlung nach Maßgabe der §§ 9 ff. SchVG als auch bei einer Abstimmung ohne Versammlung (§ 18 SchVG). 68 §§ 7, 8 SchVG regeln das Institut des „gemeinsamen Vertreters“, welches den Anleihegläubigern erlaubt, Gläubigerrechte in einer Person zu zentralisieren. Die Koordinierung der Gläubigerrechte durch einen gemeinsamen Vertreter kann im Restrukturierungsprozess und insbesondere auch im Insolvenzverfahren von Vorteil sein. 69 Die §§ 9 – 17 SchVG regeln die Durchführung einer Gläubigerversammlung sowie deren Beschlussfassung.51) 70 § 18 SchVG normiert die Möglichkeit, eine Gläubigerabstimmung auch ohne Versammlung durchzuführen. Dies mag im Einzelfall im Restrukturierungsprozess – nicht zuletzt aus Kostengründen – opportun sein, hat sich jedoch in der bisherigen Restrukturierungspraxis noch nicht bewährt.52) 71 In § 19 SchVG finden sich Sonderregelungen für den Fall der Insolvenzeröffnung.53) 72 § 20 SchVG regelt den Rechtschutz gegen Beschlüsse der Gläubigerversammlung. Dieses Rechtsschutzverfahren hat naturgemäß eine erhebliche Relevanz, insbesondere auch für die zeitliche Taktung im Rahmen eines Restrukturierungsprozesses, da Änderungen von Anleihebedingungen nach § 21 SchVG – der hierzu nähere Regelungen trifft – eines Vollzuges bedürfen.54) 73 Schließlich normiert § 22 SchVG, dass Anleihebedingungen die Geltung der §§ 5 – 21 SchVG auch für mitverpflichtete Dritte vorsehen können. Dies ist vor allem im Hinblick auf Garantien der Muttergesellschaft des Emittenten (beispielsweise einer ausländischen Finanzierungstochter) von Bedeutung. c) 3. Abschnitt (§§ 23, 24 SchVG) 74 § 23 SchVG enthält Bußgeldvorschriften, die einerseits im Zusammenhang der Stimmrechtsvorschrift des § 6 SchVG Ordnungswidrigkeiten normiert, andererseits versäumte Offenlegungspflichten des Wahlvertreters nach § 7 Abs. 1 SchVG sanktioniert.55) 75 § 24 SchVG normiert schließlich Übergangsvorschriften, auf die im Rahmen dieser Darstellung bündig eingegangen wird.56) ___________ 51) 52) 53) 54) 55) 56)
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Siehe Abschnitt B.V. Siehe Rn. 351 ff. Siehe eingehend Abschnitt C.III. Siehe Rn. 346 ff. Hierzu Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 23 Rn. 1 ff. Siehe Rn. 118 f., 136 ff.
B. Anleihen in der Restrukturierung I. Grundlagen, insbesondere Zeitplan und strategische Überlegungen 1. Sanierungserleichterung durch das SchVG Bei der finanziellen Restrukturierung von Unternehmen im Allgemeinen und 76 bei Restrukturierungen von Anleihen im Besonderen kommt der zeitlichen Planung eine besondere Bedeutung zu. Dies gilt besonders deshalb, da die Notwendigkeit der Änderung von Anleihebedingungen regelmäßig erst in der Krise des Unternehmens bewusst wird – und die erforderlichen Maßnahmen nach dem neuen SchVG grundsätzlich auch umfassend ermöglicht sind.57) Die Krise des Unternehmens führt allerdings dazu, dass die Möglichkeiten einer finanziellen Restrukturierung in zeitlicher Hinsicht begrenzt sind, und zwar, da das Unternehmen mit zunehmenden Zeitablauf regelmäßig in Liquiditätsschwierigkeiten gerät. Es ist zu befürchten, dass ein Unternehmen während der Sanierung zahlungsunfähig wird. 2. Zeitplan und insolvenzrechtliche Implikationen In der Krise haben die Geschäftsführungsorgane des zu sanierenden Unter- 77 nehmens erhöhte Sorgfaltspflichten. Eine Hauptpflicht ist die Überwachung des Eintritts der Insolvenzgründe. Tritt im Rahmen der Sanierung Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder Überschuldung (§ 19 InsO) ein, hat die Geschäftsführung unverzüglich Insolvenzantrag zu stellen (§ 15a InsO). Während der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit relativ eindeutig zu ermitteln 78 ist, bereitet die Feststellung der Überschuldung größere Probleme. Ist der Emittent nach Aufstellung einer insolvenzrechtlichen Überschuldungsbilanz – wie meist im Rahmen einer Krise – überschuldet, liegt eine rechtliche Überschuldung nach § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO trotzdem nicht vor, wenn die Fortführung des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Diese sog. „positive Fortführungsprognose“ bestimmt den Zeitplan einer Sanierung, da ein Insolvenzantrag über das Vermögen des Emittenten zu stellen ist, wenn die positive Fortführungsprognose nicht mehr bejaht werden kann. Eine positive Fortführungsprognose setzt in subjektiver Hinsicht einen Fort- 79 führungswillen und in objektiver Hinsicht Fortführungsfähigkeit des Unternehmens voraus.58) Gegenstand der Fortführungsprognose in erster Linie eine Prognose über die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit in einem be___________ 57) Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 59. 58) Vgl. BGH WM 2013, 802, 804; BGH ZIP 2010, 2400 = WM 2010, 2313, 2314, dazu EWiR 2011, 353 (Freitag); BGH ZIP 2006, 2171 = NZI 2007, 44; OLG Hamburg ZIP 2010, 2448, 2449; OLG Schleswig ZIP 2010, 516 = NZI 2010, 492, 493, dazu EWiR 2010, 567 (Schodder); Schmerbach, in: Frankfurter Kommentar zur InsO, § 19 Rn. 33 f. m. w. N.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
stimmten Prognosezeitraum.59) Diese Prognose muss anhand eines aufgestellten Finanzplans bzw. Sanierungskonzepts erfolgen, der nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen erstellt und auf einem für einen sachverständigen Dritten nachvollziehbaren Unternehmenskonzept beruht. Als Prognosezeitraum wird – von Einzelfällen abgesehen – ein Zeitraum von ein bis zwei Jahren als ausreichend betrachtet, wobei es ausreicht, wenn in die Planung nur das laufende und das nachfolgende Geschäftsjahr einbezogen wird.60) Ergibt sich objektiv aus dem Finanzplan, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit mittelfristig die fälligen Verpflichtungen erfüllt werden können, ist die Gesellschaft durchfinanziert und eine positive Fortführungsprognose zu bejahen. 80 Üblicherweise wird in einer Krise der Finanzplan allerdings nur eine Zahlungsfähigkeit im gesamten Planungszeitraum ergeben, wenn Sanierungsbeiträge Dritter, wie der Anleihegläubiger, berücksichtigt werden. Bedarf die Durchfinanzierung des Emittenten im Planungszeitraum etwa der Zuführung von Fremd- oder Eigenkapital oder Forderungsverzicht, so stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen derartige Beiträge im Rahmen der Fortführungsprognose berücksichtigt werden dürfen.61) Sicher nicht berücksichtigt werden Beiträge Dritter, wenn diese bereits ihre Zustimmung verweigert haben. 81 Die Rechtsprechung hat sich noch nicht final zu der Berücksichtigung von Beiträgen Dritter eingelassen. Sie stellt allerdings generell hohe Anforderungen an das Sanierungskonzept. So wird verlangt, dass das Sanierungskonzept nicht zu vage und die Mitwirkungsbereitschaft des Dritten hinreichend belegt sein muss.62) Im Ergebnis muss sich aus dem Konzept eine realistische Perspektive für eine Durchfinanzierung im Planungszeitraum ergeben, die mehr als nur eine Hoffnung ist.63) Teilweise wird gefordert, dass die Beiträge Dritter bereits rechtsverbindlich vereinbart sein müssen.64) Dies überzeugt nicht. Vielmehr müssen die Beträge Dritter zum Zeitpunkt der Prognose mit
___________ 59) Vgl. BGH ZIP 1992, 1382 = NJW 1992, 2891, 2894 (Dornier); BGH ZIP 2010, 2400 = WM 2010, 2313, 2314, dazu EWiR 2011, 353 (Freitag); BGH ZIP 2006, 2171 = NZI 2007, 44; OLG Hamburg ZInsO 2013, 2447, 2449; OLG Hamburg ZIP 2010, 2447, 2449; OLG Schleswig ZIP 2010, 516 = NZI 2010, 492, 493, dazu EWiR 2010, 567 (Schodder); OLG Naumburg GmbHR 2004, 361, 362; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, § 19 Rn. 45 f. m. w. N. 60) OLG Hamburg ZInsO 2013, 2447, 2449. 61) Dazu IDW ES 11, Rn. 64; siehe auch Sikora, ZInsO, 2010, 1761, 1772; Kreft/Kirchhof, InsO, § 19 Rn. 10; Haußer/Heeg, ZIP 2010, 1427, 1430; Aleth/Harlfinger, NZI 2011, 166, 171 ff.; Uhlenbruck/Gundlach, in: Gottwald, InsOHdb, § 6 Rn. 42 m. w. N. 62) BGH ZIP 2004, 1049 = NZG 2004, 619, 620. 63) OLG Stuttgart BeckRS 2007, 16286; OLG Koblenz ZIP 2006, 952 = NZG 2006, 583 f.; OLG Köln ZInsO 2009, 1402. 64) Sikora, ZInsO, 2010, 1761, 1772; Kreft/Kirchhof, InsO, § 19 Rn. 10; Haußer/Heeg, ZIP 2010, 1427, 1430.
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I. Grundlagen, insbesondere Zeitplan und strategische Überlegungen
überwiegender Wahrscheinlichkeit erbracht werden.65) Im Ergebnis muss die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit innerhalb des Prognosezeitraums wahrscheinlicher sein als der Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit.66) Aufgrund der Komplexität der Verhandlungen mit Anleihegläubigern und 82 der Umsetzung der Beschlüsse ist es für die zeitliche Planung einer finanziellen Restrukturierung eines Anleiheemittenten mitentscheidend, in welchem Umfang Anleihegläubiger an den ausstehenden Verbindlichkeiten des Anleiheemittenten beteiligt sind oder ob auch andere Gläubigergruppen an der finanziellen Restrukturierung teilhaben. Wird im Rahmen des Restrukturierungsprozesses deutlich, dass vor Umsetzung der Sanierungsbeiträge der Anleihegläubiger Zahlungsunfähigkeit eintritt oder die Anleihegläubiger nicht mehr bereit sind, die Sanierung zu unterstützen, wird man nicht mehr von einer positiven Fortführungsprognose ausgehen können. Trotz dieser Risiken ist es gleichsam nicht möglich, einen allgemeingültigen Zeitplan für eine Anleiherestrukturierung aufzustellen. Dazu sind die Ausgangslagen bei zu sanierenden Anleiheemittenten in der Praxis zu verschieden und die entscheidenden Faktoren zu unterschiedlich. Wichtig für die Sanierung ist die frühzeitige Aufstellung eines Zeitplans auf Ba- 83 sis des Sanierungskonzepts unter Berücksichtigung der insolvenzrechtlichen Implikationen. Dabei kann auch die Verteilung der Anleihestücke eine immense Bedeutung auf den zeitlichen Ablauf eines Restrukturierungsprozesses haben, sofern es sich um eine publikumsplatzierte Anleihen handelt. Dies gilt in zeitlicher Hinsicht schon deshalb, weil bei einer publikumsplatzierten Anleihe, im Gegensatz zu einer Anleihe, bei denen nur wenige Gläubiger existierten, die Erreichung des für einen Mehrheitsbeschluss erforderlichen Quorums von 50 % der ausstehenden Schuldverschreibung sehr unwahrscheinlich ist. Dies bedeutet, dass in der Regel somit eine zweite Gläubigerversammlung abzuhalten sein wird, deren Vorbereitung schon von Gesetzes wegen (vgl. § 10 Abs. 1 SchVG hinsichtlich der Einberufungsdauer) eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Berücksichtigt werden müssen auch Verhandlungen mit sonstigen Gläubi- 84 gern. Im Gegensatz zu der institutionalisierten Zustimmung nach dem SchVG, die in der Regel schon impliziert, dass „ein Sanierungskonzept steht“, lässt sich mit daneben existierenden Individualgläubigern ein Sanierungskonzept flexibel verhandeln, so dass in der Regel Verhandlungen mit diesen Gläubigern bereits abgeschlossen sein müssen, bevor man zur SchVGGläubigerversammlung einlädt. Dabei kann es sinnvoll sein, dass vorab zu ___________ 65) So auch IDW ES 11 Rn. 62; dazu Aleth/Harlfinger, NZI 2011, 166, 171 ff.; Nerlich/ Römermann/Mönning, InsO, 26. EL 2014, § 19 Rn. 19; Uhlenbruck/Gundlach, in: Gottwald, InsOHdb, § 6 Rn. 42; Nickert, in: Nickert/Lamberti, Überschuldungs- und Zahlungsfähigkeitsprüfung im Insolvenzrecht, Rn. 321 ff.; Meyer-Löwy/Fritz, ZInsO 2011, 662, 665. 66) IDW ES 11 Rn. 62.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
den Beschlüssen über Sanierungsbeiträge ein gemeinsamer Vertreter nach § 7 SchVG bestellt wird (bzw. als Vertragsvertreter nach § 8 SchVG ggf. bereits bestellt ist), der einerseits als Interessenorgan der Gläubiger, andererseits aber auch als Verhandlungspartner des Emittenten agieren kann, um eine Sanierungsstrategie zu entwickeln. Ein solcher gemeinsamer Vertreter sollte nach Möglichkeit frühzeitig in den Prozess eingebunden sein, um die Interessen der Anleihegläubiger zu wahren und damit die Akzeptanz einer avisierten Beschlussfassung mit einer notwendigen Gläubigermehrheit herzustellen. 85 Einfluss auf die Taktung des Prozesses der Anleiherestrukturierung hat auch die Frage, welche Restrukturierungsmaßnahmen vorgesehen sind. So ist etwa beim Debt-to-Equity-Swap zu berücksichtigen, dass flankierende Kapitalmaßnahmen in der Regel auf der Gesellschaftsebene erfolgen müssen und es ggf. einer Gesellschafter- oder sogar Hauptversammlung bedarf. So ist, um den Gläubigern den Wechsel ins Eigenkapital zu ermöglichen, in der Regel zumindest eine (Sach-)Kapitalerhöhung vonnöten, wenn nicht gar eine vorherige Kapitalherabsetzung. 86 Es ist weiterhin zu berücksichtigen, dass jedenfalls bei einem Debt-to-EquitySwap, aber auch bei einer eventuellen Ausgabe einer neuen Anleihe (als neues Wertpapier für den Umtausch der Altanleihe), eine Prospektpflicht nach dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) ausgelöst werden kann. Ein solcher Prospekt muss von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gebilligt werden. In der Praxis wählt man bislang – nicht zuletzt zur Vermeidung eines öffentlichen Angebots und damit einer Prospektplicht bei Einladung zu den Gläubigerversammlungen – meist eine „Umwegstruktur“, der zufolge den Anleihegläubigern ein Wahlrecht eingeräumt wird, ob diese ein Erwerbsrecht zum Bezug von Gesellschaftsanteilen ausüben oder eine Barabfindung aus der Verwertung der aufgrund nicht ausgeübter Erwerbsrechte nicht bezogenen Gesellschaftsanteile beziehen wollen.67) 87 Auch berücksichtigt werden muss in einem Zeitplan die Möglichkeit der Anfechtung der Beschlüsse der Gläubigerversammlung (§ 20 SchVG). Zwar sieht das SchVG ein an das Aktienrecht angelehntes Freigabeverfahren vor (§ 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG); allerdings ist die Umsetzung der Sanierung regelmäßig – die Erhebung von Anfechtungsklagen unterstellt – für die Dauer des Freigabeverfahrens von rund drei Monaten ab dem Zeitpunkt der Antragstellung behindert, da die Sanierungssituation auch Anreize für die Erhebung missbräuchlicher Anfechtungsklagen gibt.68) In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass das Freigabeverfahren nicht praktikabel für eine Anleiherestrukturierung ist, da das Interesse des überstimmten Gläubigers auf den Schutz seines Vermögens und gerade nicht – wie bei einem Aktionär – auf ___________ 67) Mit diesem Hinweis Seibt/Westpfahl, ZIP 2013, 2333, 2338. 68) Seibt/Westpfahl, ZIP 2013, 2333, 2338; mit diesem Hinweis auch Leuering, NZI 2009, 638, 640.
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I. Grundlagen, insbesondere Zeitplan und strategische Überlegungen
die Aufhebung des Beschlusses gerichtet ist.69) De lege lata ist dies allerdings zu berücksichtigen. Kann zu einem Zeitpunkt in der Restrukturierung die überwiegende Wahr- 88 scheinlichkeit der Umsetzung des Sanierungskonzepts nicht mehr bejaht werden, muss der Emittent von einer negativen Fortführungsprognose ausgehen und – zur Vermeidung von Haftungsgefahren – einen Insolvenzantrag stellen (§ 15a InsO), sofern er dazu verpflichtet ist. 3. Case Study: Debt-to-Equity-Swap Im Folgenden soll verdeutlicht werden, wie komplex eine außergerichtliche 89 Restrukturierung aus zeitlicher Sicht sein kann. Ausgangspunkt ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft, die Anleihen emittiert hat, die in den Anwendungsbereich des SchVG fallen. Wird vom Vorstand eine Krise erkannt und somit der Sanierungsbedarf deut- 90 lich, hat der Vorstand zuvor erst die sog. „Pflicht zur Sanierung“ zu beachten. Dafür hat er in die Vorbereitungs- und Verhandlungsphase einzutreten. Es gilt zunächst, die IST-Situation zu erfassen und schnellstmöglich ein Sanierungsgutachten zu erstellen. Meist wird das ein Gutachten sein, welches durch sachverständige Berater nach dem Standard IDW-S6 erstellt wird. Parallel muss ein Sanierungskonzept erarbeitet werden. Nach Fertigstellung des Sanierungskonzepts – oder besser bereits parallel zu 91 dessen Erstellung – muss der Vorstand umgehend mit den Gläubigern Verhandlungen beginnen, um eine Einigung hinsichtlich des Sanierungskonzepts zu erzielen. Hilfreich kann es sein, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits ein gemeinsamer Vertreter der Anleihegläubiger bestellt ist, da dieser bei den Verhandlungen mit den weiteren Gläubigern die Interessen der Anleihegläubiger (gebündelt) vertreten kann. Dies kann zu einem späteren Zeitpunkt in den Versammlungen die Wahrscheinlichkeit der Zustimmung der Anleihegläubiger erhöhen. Nachdem hier eine Einigung erzielt worden ist, schließt die Vorbereitungs- und Verhandlungsphase mit dem Abschluss einer Restrukturierungsvereinbarung. Daran anschließend beginnt die Einberufungs- und Freigabephase. Das in 92 der Restrukturierungsvereinbarung festgelegte Sanierungskonzept mit einem Debt-to-Equity-Swap schafft den Rahmen für die Einladungen und Beschlussvorschläge zur Haupt- sowie zur Gläubigerversammlung nach SchVG. Ist eine Kapitalherabsetzung und eine anschließende Kapitalerhöhung geplant, bedarf es zunächst der Zustimmung der Hauptversammlung und anschließend einer Zustimmung der Anleihegläubiger. Da ein Quorum von 50 % der ausstehenden Schuldverschreibungen in einer ersten Gläubigerversammlung selten erreicht wird, wird im Regelfall erst die zweite Gläubigerversammlung ___________ 69) Arbeitskreis Reform Schuldverschreibungsrecht, ZIP 2014, 845, 846.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
beschlussfähig sein. Sind die positiven Beschlüsse gefasst, ist die Anfechtungsfrist bei Haupt- und Gläubigerversammlungsbeschlüssen nach AktG und SchVG zu beachten. Wird – wie gerade bei börsennotierten Aktiengesellschaften schwer zu vermeiden – innerhalb der Anfechtungsfrist Anfechtungsklage erhoben, werden Freigabeverfahren nach dem AktG bzw. dem SchVG durchzuführen sein, die nach Antragstellung üblicherweise 3 Monate dauern (vgl. § 246a Abs. 3 Satz 6 AktG). 93 Enden die Freigabeverfahren mit Freigabebeschlüssen, kann ein notwendiger Prospekt nach dem WpPG gebilligt werden und die Bezugsfrist für die Erwerbsrechte beginnen. Nach Abschluss der Bezugsfrist kann die Kapitalherabsetzung und die Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage in das Handelsregister eingetragen werden, womit die Sanierung beendet ist. 4. Schaubild: Zeitplan einer Anleiherestrukturierung mit Debt-to-Equity-Swap Zeitplan Debt-to-Equity-Swap
94
Erkennen der Krise und des Sanierungsbedarf
Beginn der Verhandlung mit Gläubigern
Einberufung 1. GV
ca. 3–6 Monate Vorbereitungs- und Verhandlungsphase
Beginn Entwicklung eines Sanierungskonzepts
Abschluss einer Restrukturierungsvereinbarung mit Festlegung der Sanierungsbeiträge
in der Regel: Einberufung 2. GV und Einberufung ao HV zur Freigabebeschlüsse Beschlussfassung über Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung
ca. 6 Monate
ca. 1 Monat
Einberufungs- und Freigabephase
1. GV (Restrukturierungskonzept) + nur final, wenn Beschlussquoten erreicht, andernfalls erneute Einberufung zur 2. GV notwendig
Billigung des Wertpapierprospektes durch BaFin und danach Bezugsangebot/ Lauf der Bezugsfrist
2. GV (Restrukturierungskonzept) und ao HV zur Beschlussfassung über Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung
Umsetzungsphase
Finalisierung Zeichnungsprozess und danach Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung ins HR (Closing)
II. Anwendungsvoraussetzungen des SchVG 95 Die Erfolgsaussichten einer außergerichtlichen Restrukturierung von Anleihen hängen zentral davon ab, ob und inwieweit das SchVG Anwendung findet. 96 Daher sollen nachstehend der sachliche, örtliche und zeitliche Anwendungsbereich des SchVG im Allgemeinen sowie die Anwendbarkeitsvoraussetzungen des optionalen Gläubigerorganisationsrechts der §§ 5 ff. SchVG im Besonderen dargestellt werden. 97 Des Weiteren werden die Voraussetzungen eines sog. „Opt-In-Beschlusses“ nach § 24 Abs. 2 SchVG aufgezeigt, mit dem das SchVG auf Anleihen, die vor dem 5.8.2009 ausgegeben wurden („Altanleihen“), zur Anwendung gebracht werden kann.
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II. Anwendungsvoraussetzungen des SchVG
1. Sachlicher Anwendungsbereich Das SchVG findet gemäß § 1 Abs. 1 SchVG Anwendung auf inhaltsgleiche 98 Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen, die nach deutschem Recht begeben worden sind. Der sachliche Anwendungsbereich des SchVG bestimmt sich somit zum einen durch die Wahl des deutschen Rechts und zum anderen, ob die in Frage stehenden Papiere „inhaltsgleiche Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen“ darstellen.70) a) Wahl deutschen Rechts Das SchVG gilt für „nach deutschem Recht begebene“ Schuldverschreibungen. 99 Der Anwendungsbereich des SchVG bestimmt sich somit nach der Wahl des deutschen Rechts als Wertpapierrechtsstatut. Das SchVG gilt daher sowohl für Anleihen inländischer Schuldner als auch für Anleihen ausländischer Schuldner. Der Sitz des Emittenten ist für die Frage der Anwendbarkeit des SchVG ohne Belang. Die Tatsache, dass einzelne Bestimmungen der Anleihebedingungen (z. B. 100 Nachrangklauseln)71) dem ausländischem Recht unterworfen werden, steht der Anwendbarkeit des SchVG nach zutreffender Ansicht nicht entgegen.72) Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Wertpapierrechtsstatut nur einer Rechtsordnung zugewiesen werden kann – eine Teilverweisung auf ausländisches Recht in einzelnen Klauseln von Anleihebedingungen ändert das Wertpapierrechtsstatut jedoch nicht, solange die Substanz der im Wertpapier verbrieften Forderung davon nicht berührt wird.73) b) Inhaltsgleiche Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen Des Weiteren muss es sich für die Anwendung des SchVG bei den zu re- 101 strukturierenden Schuldverschreibungen um „inhaltsgleiche Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen“ handeln. ___________ 70) Mangels Relevanz für die Praxis der Restrukturierung von Unternehmensanleihen sollen die Ausnahmen vom sachlichen Anwendungsbereich gemäß § 1 Abs. 2 SchVG hier nicht näher betrachtet werden. Vgl. hierzu Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn. 129 ff. 71) Vgl. den Sachverhalt in der Entscheidung LG Frankfurt/M. ZIP 2011, 2306, dazu EWiR 2012, 61 (Armbrüster). 72) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 1 Rn. 4; Keller, BKR 2012, 15, 16; Lürken, GWR 2012, 227. A. A. LG Frankfurt/M. im Rahmen der Anwendung von § 24 Abs. 2 SchVG (vgl. ZIP 2011, 2306, 2307) sowie ZIP 2012, 474, 475; dieser Auffassung ist das OLG Frankfurt nicht gefolgt (ZIP 2012, 725, 726). Eingehend zur Problematik Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 1 Rn. 4 bei Fn. 2. 73) Zutreffend Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 1 Rn. 4 bei Fn. 2. Vgl. hierzu auch BGHZ 164, 361, 366 = ZIP 2005, 2303.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
aa) Allgemeines 102 Das SchVG findet grundsätzlich auf Schuldverschreibungen jeglicher Rechtsform Anwendung, d. h. auf Inhaberschuldverschreibungen, auf Orderschuldverschreibungen und auf Namensschuldverschreibungen.74) Soweit die weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 SchVG erfüllt sind, werden alle drei Rechtsformen von Schuldverschreibungen im Anwendungsbereich des SchVG erfasst.75) 103 Übliche Rechtsform für Anleihen, die nach § 1 Abs. 1 SchVG in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, ist die Inhaberschuldverschreibung.76) Bei dieser Schuldverschreibung verspricht der Aussteller die Leistung dem jeweiligen Inhaber des Papiers (§ 793 Abs. 1 Satz 1 BGB).77) 104 Ohne Relevanz für die Anwendbarkeit des SchVG ist neben der Rechtsform der Verbriefung (i) die Art der Verbriefung (d. h. Verbriefung in einer Sammel-, Global- oder Einzelurkunden),78) (ii) die Art der Verwahrung der Schuldverschreibungen79) sowie der Umstand, ob die Schuldverschreibungen börsennotiert sind oder nicht.80) Auch die Art des Schuldners ist grundsätzlich nicht relevant für die Anwendbarkeit des SchVG – mit Ausnahme von Anleihen der öffentlichen Hand, Anleihen des Eurowährungsgebiets sowie gedeckte Schuldverschreibungen im Sinne des Pfandbriefgesetzes (vgl. § 1 Abs. 2 SchVG).81) 105 Im Gegensatz zum SchVerschrG sieht das SchVG auch keine „materielle Schranke“ für seine Anwendbarkeit vor. Das SchVerschrG setzte noch vor___________ 74) Bei sämtlichen Formen handelt es sich nach herrschender Meinung um Wertpapiere, d. h. um Urkunden, ohne deren Innehabung das daran verbriefte Recht nicht geltend gemacht werden kann, vgl. Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn. 47 m. w. N. 75) Herrschende Meinung, vgl. BGH ZIP 2014, 1876, 1879, dazu EWiR 2014, 611 (MüllerEising); etwa Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn. 47; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 1 Rn. 12. Differenzierend in Bezug auf Namensschuldverschreibungen Preuße/ Preuße, SchVG, § 1 Rn. 25, der eine Anwendbarkeit des SchVG verneint, sofern die Namensschuldverschreibungen nicht auf den Namen einer Wertpapiersammelbank ausgestellt sind. Dem ist zuzugeben, dass Namensschuldverschreibungen in der herkömmlichen Praxis nicht als Gesamtemission ausgegeben werden. Richtigerweise ändert dies jedoch grundsätzlich nichts am Charakter der Namensschuldverschreibung als Schuldverschreibung i. S. d. § 1 Abs. 1 SchVG. 76) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 1 Rn. 13. 77) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 1 Rn. 12. 78) Eingehend Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn. 61 ff. 79) Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn. 64 f. 80) Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn. 66. 81) Vgl. eingehend zu den Ausnahmen nach § 1 Abs. 2 SchVG etwa Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 1 Rn. 22 ff.
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II. Anwendungsvoraussetzungen des SchVG
aus, dass die nach dem SchVerschrG beschlossenen Maßnahmen der Gläubiger zur Abwendung einer Zahlungseinstellung oder eines Insolvenzverfahrens erfolgen (vgl. § 11 Abs. 1 SchVerschrG). Nach dem SchVG ist es einem Emittenten hingegen jederzeit möglich, Beschlüsse nach dem SchVG durch die Anleihegläubiger herbeizuführen, so dass bereits frühzeitig im Sanierungsprozess die Restrukturierung emittierter Anleihen über das SchVG betrieben werden kann.82) bb) In Schuldverschreibungen verbriefte Versprechen Der wesentliche Inhalt der Schuldverschreibungsurkunde besteht in dem Ver- 106 sprechen des Ausstellers, dem Verfügungsberechtigten gegenüber eine Leistung zu erbringen. Dabei verbriefen Schuldverschreibungen ausschließlich schuldrechtliche Forderungsrechte, nicht jedoch Mitgliedschaftsrechte (wie etwa Aktien und Interimsscheine) oder dingliche Rechte (wie etwa Grundschuldbriefe).83) Das SchVG selbst trifft im Hinblick auf die Art der Versprechen keine näheren Beschränkungen. Bei den in Form von Schuldverschreibungen verbrieften Versprechen handelt 107 es sich in der Regel um Zahlungsversprechen, die im Rahmen einer Fremdkapitalaufnahme eingegangen werden.84) Die geschuldete Leistung besteht dabei im Kern aus (i) einem zukünftigen Zahlungsanspruch und (ii) der Verzinsung dieses Zahlungsanspruches.85) Um eine adäquate Finanzierungsfunktion zu erlangen, werden von einem 108 Emittenten typischerweise hunderte oder mehrere tausend gleichlautende Schuldverschreibungen ausgestellt, um in der Summe den gewünschten Betrag zu erlangen. Dieser setzt sich schlussendlich aus Zahlungen von Investoren zum Erwerb einzelner oder mehrerer Schuldverschreibungen zusammen. Steht bei den verbrieften Leistungsversprechen eine solche Fremdkapitalaufnahme im Vordergrund, wird von „Anleihen im engeren Sinne“ gesprochen.86) Die in Form von Schuldverschreibungen verbrieften Versprechen müssen je- 109 doch nicht immer aus einer „Anleihe im engeren Sinne“ stammen. In der
___________ 82) Zu den diesbezüglichen praktischen Problemen im SchVerschrG Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, Einl. Rn. 5. 83) Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn. 10. Bliesener/ Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 1 Rn. 12. 84) Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn. 11. 85) Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn.11 mit dem zutreffenden Verweis, dass es sich bei dem Zahlungsanspruch nicht um einen „Rückzahlungsanspruch“ handelt. 86) Begriff bei Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn. 10.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
Praxis kommen verstärkt auch andere Leistungsgegenstände in Frage, die in Form von Schuldverschreibungen i. S. d. § 1 Abs. 1 SchVG verbrieft werden können und damit dem Anwendungsbereich des SchVG unterfallen.87) 110 Sofern als Schuldverschreibungen i. S. d. § 1 Abs. 1 SchVG ausgestaltet, können dem SchVG etwa unterfallen: x
verbriefte Derivate i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 1 – 5 WpHG, § 1 Abs. 11 Satz 3 KWG;88)
x
Genussscheine als verbriefte Form von Genussrechten;89)
x
Commercial Papers;
x
forderungsbesicherte Schuldverschreibungen.
111 Keine Schuldverschreibungen i. S. d. § 1 Abs. 1 SchVG sind hingegen Schuldscheindarlehen90) oder Investmentanteilscheine91). cc) Schuldverschreibungen aus „Gesamtemissionen“ 112 Nach § 1 Abs. 1 SchVG hängt die Anwendbarkeit des SchVG von dem Umstand ab, dass die Schuldverschreibungen aus einer Gesamtemission entstammen müssen. 113 Das SchVG definiert den Begriff der Gesamtemission selbst nicht.92) Allgemein wird unter Gesamtemission die Ausgabe einer größeren Zahl von im Wesentlichen gleichartigen Schuldverschreibungen verstanden, bei denen die Möglichkeit, diese am Kapitalmarkt zu platzieren, nicht ausgeschlossen ist.93) Nicht vom Anwendungsbereich erfasst sind somit einzeln verbriefte Forderungen nach dem Leitbild des § 793 BGB.94) ___________ 87) Zur Anwendbarkeit des SchVG auf Bucheffekten bzw. Wertrechte vgl. Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn. 68 ff. 88) Auf Derivate findet das SchVG nur Anwendung, wenn das Leistungsversprechen in Form einer Schuldverschreibung i. S. v. §§ 793 ff. BGB verbrieft ist. Bei den als Schuldverschreibung verbrieften Derivaten unterscheidet Praxis und Literatur die Erscheinungsform Aktienanleihe, Optionsscheine und Zertifikate. Diese Gestaltungsformen erfüllen allesamt den Schuldverschreibungsbegriff des § 1 Abs. 1 SchVG. 89) Vgl. BGH ZIP 2014, 1876, 1878, dazu EWiR 2014, 611 (Müller-Eising). 90) So ausdrücklich Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn. 44; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 1 Rn. 19. 91) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 1 Rn. 20. 92) Die Gesetzesbegründung verweist lediglich auf § 151 StGB. Auch in den mittlerweile aufgehobenen §§ 795, 808a BGB fand sich der Begriff der Gesamtemission, vgl. Bliesener/ Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 1 Rn. 13. 93) Preuße/Preuße, SchVG, § 1 Rn. 3. 94) Siehe Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn. 42.
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II. Anwendungsvoraussetzungen des SchVG
dd) Inhaltsgleichheit Des Weiteren hängt die Anwendbarkeit des SchVG von dem Merkmal der 114 „Inhaltsgleichheit“ ab. Inhaltsgleich sind Schuldverschreibungen aus einer Gesamtemission, wenn sie auf denselben Bedingungen beruhen und gleiche Rechte für alle Schuldverschreibungen vorsehen.95) Dagegen bedeutet „inhaltgleich“ nicht, dass alle Schuldverschreibungen einer Gesamtemission inhaltlich kongruent sein müssen.96) Nach der Gesetzesbegründung soll eine Inhaltsgleichheit i. S. v. § 1 Abs. 1 SchVG vielmehr dann vorliegen, solange die Schuldverschreibungen (aus einer Gesamtemission) untereinander austauschbar bleiben.97) Relevant wird die Differenzierung zwischen Identität und Austauschbarkeit 115 insbesondere bei der – in der Praxis häufig vorkommenden – Aufstockung von Schuldverschreibungsemissionen, d. h. der Erhöhung des ursprünglichen Emissionsvolumens.98) So wird eine aufgestockte Tranche ggf. einen abweichenden Emissionspreis sowie einen abweichenden Verzinsungsbeginn aufweisen. Dies führt jedoch nicht zu einer Verneinung der „Inhaltsgleichheit“ der „alten“ und „neuen“ Schuldverschreibungen zueinander, da es sich bei Abweichungen im Emissionspreis sowie bei einem späteren Verzinsungsbeginn lediglich um eine „technische“ Folge des späteren Emissionszeitpunktes handelt.99) Rechtlich beruhen die aufgestockten Tranchen auf den gleichen Bedingungen und sehen daher gleiche Rechte für alle Teilschuldverschreibungen vor. Sie sind untereinander austauschbar und damit inhaltsgleich i. S. d. § 1 Abs. 1 SchVG.100) 2. Örtlicher Anwendungsbereich Eine räumliche Geltungsbeschränkung findet sich im SchVG im Gegensatz 116 zum SchVerschrG nicht mehr. Das SchVG ist vielmehr für alle nach deutschem Recht begebenen Schuldverschreibungen anwendbar. Die Wahl des deutschen Rechts als Wertpapierrechtsstatut ist alleinig relevant für die Bestimmung des örtlichen Anwendungsbereichs des SchVG.101) Das SchVG ist selbst dann anwendbar, wenn die Geltung deutschen Rechts 117 nicht – wie üblich – in den Anleihebedingungen vereinbart worden ist. Viel___________ 95) Vgl. RegE, BT-Drucks. 16/12814, S. 16; Veranneman/Oulds, SchVG, § 1 Rn. 30; Preuße/ Preuße, SchVG, § 1 Rn. 7; Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn. 114 m. w. N. 96) Veranneman/Oulds, SchVG, § 1 Rn. 31; Preuße/Preuße, SchVG, § 1 Rn. 8.; Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn. 115. 97) RegE, BT-Drucks. 16/12814, S. 16. 98) Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn. 116. 99) Zutreffend Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn. 117. 100) Vgl. RegE, BT-Drucks. 16/12814, S. 18; Preuße/Preuße, SchVG, § 1 Rn. 9 m. w. N. 101) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 1 Rn. 3; Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 1 Rn. 3.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
mehr reicht es aus, dass eine Auslegung der Anleihebedingungen ergibt, dass die Anleihe deutschem Recht unterstehen soll.102) 3. Zeitlicher Anwendungsbereich 118 Der zeitliche Anwendungsbereich des SchVG ergibt sich aus der Übergangsvorschrift des § 24 Abs. 1 SchVG. Danach gilt das SchVG für alle Schuldverschreibungen, die ab dem Tag des Inkrafttretens des Gesetzes, dem 5.8.2009, begeben worden sind. Auf alle vor diesem Datum ausgegebenen Schuldverschreibungen findet nach § 24 Abs. 1 Satz 2 SchVG das SchVerschrG grundsätzlich weiterhin Anwendung. 119 Gemäß § 24 Abs. 2 SchVG können die Anleihegläubiger jeder vor dem 5.8.2009 begebenen Schuldverschreibungen mit Zustimmung des Schuldners durch einen sog. „Opt-In-Beschluss“ die Vorschriften des SchVG zur Anwendung bringen.103) 4. Optionales Gläubigerorganisationsrecht in §§ 5 – 21 SchVG 120 Sofern die Anwendbarkeitsvoraussetzungen des SchVG nach § 1 SchVG gegeben sind, finden die §§ 2 – 4 SchVG Anwendung. a) § 5 SchVG als Grundnorm 121 Für eine Änderung der Anleihebedingungen durch Beschluss der Gläubiger stellt jedoch § 5 SchVG die zentrale Norm des schuldverschreibungsrechtlichen Gläubigerorganisationsrechts dar.104) 122 § 5 SchVG regelt die materiellen Voraussetzungen für einen Gläubigerbeschluss (§ 5 Abs. 1 SchVG) sowie die Rechtsfolgen eines solchen Gläubigerbeschlusses (§ 5 Abs. 2 SchVG). Darüber hinaus bestimmt § 5 SchVG die wesentlichen Gegenstände eines die Anleihebedingungen ändernden Gläubigerbeschlusses (§ 5 Abs. 3 SchVG), die dafür erforderlichen Mehrheiten (§ 5 Abs. 4 SchVG) sowie die möglichen Abstimmungsverfahren (§ 5 Abs. 6 SchVG). b) Ermächtigungslösung des § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG 123 § 5 SchVG (sowie die §§ 6 – 21 SchVG) gilt nicht automatisch. Vielmehr können nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG Anleihebedingungen ihre Anpassung durch Mehrheitsbeschlüsse der Anleihegläubiger vorsehen, müssen dies aber ___________ 102) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 1 Rn. 3. Denkbar ist dies etwa dann, wenn die Anleihe – ohne ausdrückliche Rechtswahlklausel – das SchVG in Bezug nimmt. 103) Siehe sogleich unter Rn. 136 ff. 104) Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 5.
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II. Anwendungsvoraussetzungen des SchVG
nicht.105) Emittenten von Schuldverschreibungen ist es nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG anheimgestellt, ob die Anleihebedingungen der von ihnen begebenen Schuldverschreibungen während ihrer Laufzeit der Änderung durch Mehrheitsbeschluss unterliegen sollen oder nicht (sog. „optionales Gläubigerorganisationsrecht“).106) Emittenten von Anleihen müssen daher ausdrücklich in den Anleihebedin- 124 gungen vorsehen, dass deren Änderung durch Mehrheitsbeschluss den Gläubigern möglich sein soll.107) Sehen die Anleihebedingungen die Möglichkeit der Änderung von Anleihebedingungen nicht vor, hat der Emittent sich verbindlich dafür entschieden, dass Änderungen der Anleihebedingungen durch Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger nach dem in den §§ 5 – 21 SchVG zur Verfügung gestellten Gläubigerorganisationsrecht nicht möglich sein sollen (sog. „Nulloption“).108) c) Ausgestaltung der Ermächtigung in Anleihebedingungen Hinsichtlich der Ausgestaltung der erforderlichen Ermächtigung nach § 5 125 Abs. 1 Satz 1 SchVG hat sich noch keine einheitliche Praxis herausgebildet. Die Rechtsprechung hat die Frage der notwendigen Ausgestaltung der Ermächtigung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG, soweit ersichtlich, bislang noch nicht ausdrücklich aufgegriffen. Nach Ansicht des Schrifttums sind keine überhöhten Anforderungen an die Ausgestaltung der Ermächtigung zu stellen.109) In der Praxis sind Pauschalverweisungen auf die §§ 5 – 21 SchVG ebenso wie 126 „knappe“ Formulierungen, wie zum Beispiel „die Gläubiger können nach Maßgabe des Gesetzes über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen von 2009 (Schuldverschreibungsgesetz – SchVG) durch Mehrheitsbeschluss Änderungen der Anleihebedingungen zustimmen (…) (§ 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG)“, bereits verwandt und als ausreichend erachtet worden.110) Ebenfalls in der Praxis verbreitet ist eine Ausgestaltung von Anleihebedin- 127 gungen dergestalt, dass mit §§ 5 – 21 SchVG konforme Klauseln verwendet werden. In dieser Gestaltungsvariante mögen die Anleihebedingungen das Gesetz teilweise wortwörtlich wiederholen, teilweise die nach § 5 Abs. 3 SchVG zulässigen Beschlussgegenstände ggf. auslassen bzw. von gesetzlich vorgese___________ 105) Vgl. zum rechtspolitischen Hintergrund der Ermächtigungslösung und der damit verbundenen Abkehr vom Regelungssystem des SchVerschrG, wonach die Gläubigerversammlung und mit ihr die Mehrheitsbeschlussfähigkeit ipso iure vorgesehen war, ohne dass es einer gesonderten Ermächtigung in den Anleihebedingungen bedurfte Friedl/ Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 2 ff. 106) Begriff bei Horn, BKR 2009, 449. 107) Bzw. ein gemeinsamer Vertreter i. S. d. § 7 SchVG bestellt werden kann. 108) Vgl. Preuße/Vogel, SchVG, § 5 Rn. 13; Horn, BKR 2009, 449. 109) Vgl. etwa Preuße/Vogel, SchVG, § 5 Rn. 15; Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 10. 110) Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 10 m. w. N.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
henen Optionen Gebrauch machen, wie etwa das Abstimmungsverfahren für eine Gläubigerabstimmung nach § 5 Abs. 6 SchVG verbindlich festlegen.111) d) Problem: Anwendbarkeit einzelner Vorschriften trotz fehlendem Opt-In? 128 Sofern sich ein Emittent durch fehlende Ermächtigung in den Anleihebedingungen gegen eine Anwendbarkeit der §§ 5 – 21 SchVG entschieden hat, stellt sich in der Praxis die Frage, ob vereinzelte Vorschriften der §§ 5 – 21 SchVG gleichwohl zur Anwendung gebracht werden können. 129 Diese Problematik stellt sich insbesondere in Bezug auf die Anwendbarkeit von § 19 SchVG (Insolvenzverfahren) und der in § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG vorgesehenen obligatorischen Anleihegläubigerversammlung, die durch das Insolvenzgericht einzuberufen ist.112) aa) § 19 SchVG113) 130 § 19 SchVG trifft für Schuldverschreibungen nach § 1 Abs. 1 SchVG besondere Regelungen für den Fall der Insolvenzeröffnung über das Vermögen eines Emittenten. Für die Taktung des Restrukturierungsprozesses in der Insolvenz ist dabei insbesondere von Bedeutung, dass das Insolvenzgericht nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG eine Gläubigerversammlung zur Bestellung eines gemeinsamen Vertreters einzuberufen hat, der die Rechte der Anleihegläubiger im Insolvenzverfahren – sofern er gewählt wird – ausschließlich wahrnimmt (§ 19 Abs. 3 SchVG). 131 Die Frage, ob § 19 SchVG auch dann Anwendung findet, wenn die Anleihebedingungen eines Emittenten keine Ermächtigung zur Anwendung des optionalen Organisationsrechts der §§ 5 ff. SchVG enthalten, wurde im Schrifttum bislang nur selten diskutiert und dabei überwiegend bejaht.114) 132 Dem ist – trotz des Standorts der Regelung im „optionalen Gläubigerorganisationsrecht“ der §§ 5 – 21 SchVG – zuzustimmen. Sinn und Zweck der Ein___________ 111) Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 10 m. w. N. 112) Weitergehend wird vertreten, dass auch ohne Ermächtigung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG die Anleihegläubiger ex lege zu Mehrheitsentscheidungen im Hinblick auf (i) die Beschlussfassung nach § 5 Abs. 5 Satz 2 SchVG (Recht zur Entziehung der Wirkung einer Gesamtkündigung durch Mehrheitsbeschluss) sowie (ii) im Zusammenhang mit Beschlüssen betreffend einen Vertragsvertreter i. S. v. § 8 SchVG, vgl. Veranneman/ Veranneman, SchVG, § 5 Rn. 14; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/ Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 5 Rn. 54. Diese – vertretbaren – Ausnahmen spielten indes in der bisherigen Praxis der Anleiherestrukturierung soweit ersichtlich keine Rolle. 113) Zur Regelung des § 19 SchVG eingehend Abschnitt C.III. 114) Vgl. Veranneman/Veranneman, SchVG, § 5 Rn. 14; Brenner, NZI 2014, 789, 790; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 5 Rn. 54.
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II. Anwendungsvoraussetzungen des SchVG
berufung einer Gläubigerversammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG ist es, den Anleihegläubigern die Möglichkeit zu bieten, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen, der die Rechte der Anleihegläubiger im Insolvenzverfahren bündelt und somit zur effizienten Durchführung des Insolvenzverfahrens (insbesondere der Forderungsanmeldung) beiträgt. Dieser Effizienzgedanke gilt für sämtliche Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen – und kann gerade nicht von einer Entscheidung des Emittenten hinsichtlich der Anwendbarkeit der §§ 5 – 21 SchVG abhängen. bb) Bestellung eines gemeinsamen Vertreters trotz fehlender Regelung in Anleihebedingungen? Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG können Anleihebedingungen vorsehen, dass 133 die Gläubiger derselben Anleihe nach Maßgabe der §§ 5 ff. SchVG durch Mehrheitsbeschluss Änderungen der Anleihebedingungen zustimmen und zur Wahrnehmung ihrer Rechte einen gemeinsamen Vertreter für alle Anleihegläubiger bestellen. § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG unterscheidet somit zwischen zwei Arten von Befugnissen der Gläubiger.115) Aufgrund dieser Differenzierung zwischen einem Mehrheitsbeschluss zur Än- 134 derung von Anleihebedingungen einerseits und der Bestellung eines gemeinsamen Vertreters andererseits kann ein gemeinsamer Vertreter nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG grundsätzlich nicht bestellt werden, wenn Anleihebedingungen lediglich die Möglichkeit zur Fassung von Mehrheitsbeschlüssen vorsehen, nicht jedoch die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters zulassen. In diesem Fall sprechen jedoch gute Gründe dafür, in der nicht vorgesehen 135 Beschlussfassung über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreter in den Anleihebedingungen keine „Sperrwirkung“ dahingehend anzunehmen, dass nicht durch Mehrheitsbeschluss eine Änderung der Anleihebedingungen dergestalt erfolgen kann, dass künftig die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters nach Maßgabe von § 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 SchVG zugelassen wird. 5. Möglichkeiten der Erweiterung des Anwendungsbereiches aus Alt-Anleihen gemäß § 24 Abs. 2 SchVG § 24 Abs. 2 SchVG ermöglicht es Gläubigern von Schuldverschreibungen, die 136 vor dem 5.8.2009 ausgegeben wurden, das SchVG mittels Opt-In-Beschluss zur Anwendung zu bringen. Voraussetzung ist – neben der Erfüllung nachstehender materieller Anforde- 137 rungen – (i) ein Beschluss der Gläubiger mit qualifizierter Mehrheit und (ii) die entsprechende Zustimmung des Schuldners (vgl. § 24 Abs. 2 Satz 1 SchVG).116) ___________ 115) Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 15. 116) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG) § 19 Rn. 8.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
a) Materielle Anforderungen an die Altanleihe 138 Zusätzlich muss die Altanleihe die Kriterien des § 1 Abs. 1 SchVG erfüllen, d. h. deutschem Recht unterliegen und sich aus inhaltsgleichen Schuldverschreibungen zusammensetzen.117) Dies hat der BGH in seiner Entscheidung vom 1.7.2014 ausdrücklich festgestellt und die restriktive Rechtsprechung des OLG Frankfurt/M. verworfen.118) 139 Das OLG Frankfurt/M. hatte mit einem Beschluss vom 27.3.2012 entschieden, dass das SchVG nach § 24 Abs. 2 SchVG nur für solche (Alt-)Schuldverschreibungen zur Anwendung gebracht werden kann, für die (i) bislang das SchVerschrG galt oder (ii) anderweitig in den Anleihebedingungen die Zulässigkeit einer Mehrheitsentscheidung der Anleihegläubiger geregelt war.119) Dies hatte zur Folge, dass Anleihen von Emittenten, die ihren Sitz im Ausland hatten, praktisch nicht für das SchVG optieren konnten. 140 Es bleibt zu hoffen, dass diese sehr restriktive Sichtweise des OLG Frankfurt/M. – die im herrschenden Schrifttum auf erhebliche Kritik stieß120) – vor dem Hintergrund der Entscheidung des BGH auch von diesem grundsätzlich aufgegeben wird. 141 Ob dies der Fall sein wird, bleibt für die Praxis abzuwarten. Das OLG Frankfurt/M. hat schließlich für alle Altanleihen ausländischer Schuldner im – für die Restrukturierungspraxis enorm bedeutenden – Freigabeverfahren (vgl. § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG i. V. m. § 246a AktG)121) eine Monopolkompetenz als Eingangs- und Letztinstanz.122) b) Möglichkeit der Verknüpfung des Opt-In-Beschlusses mit weiteren Beschlüssen? 142 Soll ein Opt-In-Beschluss nach Maßgabe von § 24 Abs. 2 SchVG gefasst werden, ist in einem zeitkritischen Restrukturierungsprozess zumeist beabsichtigt, die materiellen Vorschriften des SchVG unmittelbar zur Anwendung ___________ 117) Vgl. aus dem Schrifttum Hartwig-Jacob/Friedl in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 24 Rn. 13; Baums/Schmidtbleicher, ZIP 2012, 204, 206; Keller, BKR 2012, 15, 17; Paulus, WM 2012, 1109, 1112. Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 7; a. A. Leber, S. 146 ff. 118) BGH ZIP 2014, 1876, dazu EWiR 2014, 611 (Müller-Eising). In diese Richtung bereits OLG Schleswig ZIP 2014, 221. Zuletzt bestätigt durch BGH ZIP 2015, 473, 474, dazu EWiR 2015, 239 (Just/Maiwald). 119) OLG Frankfurt/M. ZIP 2012, 725. 120) Vgl. etwa Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 24 Rn. 6; Friedl, BB 2012, 1309; Lürken, GWR 2012, 277; Paulus, EWiR 2012, 259 f. 121) Siehe hierzu eingehend Rn. 461 ff. 122) Vgl. Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 24 Rn. 6.
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III. Restrukturierungsmöglichkeiten nach dem SchVG
zu bringen um notwendige Sanierungsbeschlüsse (etwa zur Änderung der Anleihebedingungen) herbeizuführen. Zwar sind Opt-In-Beschluss und die darauf aufbauenden Sanierungsbeschlüsse 143 formell getrennte Beschlüsse;123) dies hindert jedoch nach allgemeiner Meinung im Schrifttum nicht, einen Opt-In-Beschluss nach § 24 Abs. 2 SchVG und sich daran anschließenden Beschlüsse nach dem SchVG in derselben Gläubigerversammlung zu fassen.124) Dabei wird teils die Intention des Gesetzgebers, die Gläubigerversammlung möglichst rasch und ohne unnötigen organisatorischen Aufwand in die Lage zu versetzen, Entscheidungen von großer finanzieller Tragweite treffen zu können, zur Begründung angeführt. Zutreffend wird jedoch angenommen, dass die Wirksamkeit der Ausführungs- 144 beschlüsse (d. h. beschlossene Änderungen der Anleihebedingungen und/oder die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters) erst dann eintreten kann, nachdem der Grundlagenbeschluss (d. h. der Opt-In-Beschluss nach § 24 Abs. 2 SchVG) vollends wirksam geworden ist. Dies bedeutet, dass der Beschluss über die Änderung von Anleihebedingungen bzw. über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters unter den Vorbehalt gestellt werden muss, dass der Opt-In-Beschluss vollzogen ist.125) III. Restrukturierungsmöglichkeiten nach dem SchVG Nach § 4 Satz 1 SchVG können Anleihebedingungen nur durch gleichlauten- 145 den Vertrag des Schuldners mit sämtlichen Gläubigern oder nach Abschnitt 2 des SchVG (Beschlüsse der Gläubiger) geändert werden. Wie bereits skizziert, enthalten die §§ 5 – 21 SchVG Vorschriften zur Änderung 146 der Anleihebedingungen durch Beschlussfassungen der Anleihegläubiger. Zu Recht werden diese Vorschriften im Schrifttum als „Kernregeln“ des Schuldverschreibungsrechts dargestellt, da die in § 4 SchVG aufgezeigte Alternative
___________ 123) Vgl. statt vieler Hartwig-Jacob/Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 24 Rn. 22. 124) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 24 Rn. 7; Hartwig-Jacob/Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 24 Rn. 28; Otto, DNotZ 2012, 809; Kusserow, WM 2011, 1645, 1647. Zur Frage, ob die Beschlussfassungen in einem Abstimmungsverfahren zur Beschlussfassung gestellt werden können oder ob zwei getrennte Abstimmungsverfahren zu initiieren sind vgl. eingehend Hartwig-Jacob/Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 24 Rn. 23 ff. 125) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 24 Rn. 7; a. A. etwa Hartwig-Jacob/Friedl in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 24 Rn. 30, der von einer Wirksamkeit des Opt-In-Beschluss unmittelbar mit der Fassung des Beschlusses ausgeht (und nicht erst mit Umsetzung des Beschlusses in der Urkunde i. S. v. § 2 S. 3 SchVG). Hartwig-Jacob/Friedl fordern jedoch gleichsam, dass der Beschluss weder von Anfang an nichtig noch durch Anfechtungsurteil für nichtig erklärt worden ist.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
eines gleichlautenden Vertrags mit allen Gläubigern bei einer publikumsplatzierten Anleihe in der Praxis keine Option zur Restrukturierung ist.126) 147 Innerhalb des 2. Abschnitts ist § 5 SchVG die Zentralnorm, in der die materiellen Vorschriften zu den Befugnissen der Gläubigermehrheit enthalten sind. 148 Die Änderung der Anleihebedingungen kann indes nicht einseitig durch einen Mehrheitsbeschluss der Gläubiger erfolgen, sondern bedarf zwingend einer korrespondierenden Willenserklärung des Emittenten.127) Keiner Zustimmung des Emittenten bedarf hingegen die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters.128) 1. Materielle Anforderungen an Mehrheitsbeschlüsse 149 Hat der Emittent von der Ermächtigung zur Anwendung der §§ 5 – 21 SchVG hingegen Gebrauch gemacht und ist somit die Grundvoraussetzung für die Herbeiführung von Gläubigerbeschlüssen erfüllt, normieren § 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 SchVG sowie § 5 Abs. 2 Satz 2 SchVG weitere (materielle) Mindestanforderungen an Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger.129) Diese sind neben den Verfahrensvoraussetzungen der §§ 9 – 17 des SchVG einzuhalten.130) a) Verbot der Verpflichtung zur Leistung (§ 5 Abs. 1 Satz 3 SchVG) 150 Den Anleihegläubigern darf nach § 5 Abs. 1 Satz 3 SchVG nicht mittels Mehrheitsbeschluss eine Verpflichtung zur Leistung auferlegt werden. Diese Regelung entspricht dem Grundverständnis von Finanzanlagen; danach haben Anleihegläubiger als Fremdkapitalgeber ggf. zwar Kapitalverluste zu tragen, sie
___________ 126) Vgl. Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 4 Rn. 18. 127) BGH ZIP 2015, 473, 477, dazu EWiR 2015, 239 (Just/Maiwald). Vgl. etwa Bliesener/ Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 5 Rn. 59; Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 911. Zur Ausgestaltung der Zustimmungserklärung vgl. Hartwig-Jacob/Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 21. 128) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 5 Rn. 61. 129) Zur Fragestellung, inwiefern Beschlüsse der Gläubigerversammlung einer weiteren Beschlusskontrolle im Hinblick auf materielle Anforderungen unterliegen siehe Rn. 421 f. 130) Keine materielle Anforderung betreffend Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger normiert § 5 Abs. 1 Satz 2 SchVG. Danach müssen in Anleihebedingungen die gesetzlichen Mindestvoraussetzungen des SchVG eingehalten werden, sofern der Emittent von der Ermächtigung des § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG Gebrauch gemacht hat. Abweichungen in Anleihebedingungen zu Lasten der Anleihegläubiger sind nur dann zulässig, wenn dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Eine solche zulässige Abweichung zulasten der Gläubiger stellt die Regelung in § 5 Abs. 6 Satz 2 SchVG, wonach die doppelte Möglichkeit zur Abstimmung in einer Präsenzversammlung und in einem Verfahren ohne Abstimmung auf eine dieser Alternativen beschränkt werden kann, siehe hierzu Preuße/ Vogel, SchVG, § 5 Rn. 17 bei Fn. 25.
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III. Restrukturierungsmöglichkeiten nach dem SchVG
übernehmen aber keine weiteren (Leistungs-)Pflichten, insbesondere keine Nachschusspflichten.131) Das Verbot der Begründung von Leistungspflichten durch Mehrheitsbe- 151 schluss ist nach zutreffendem Verständnis jedoch einschränkend dahingehend zu verstehen, dass lediglich einseitige finanzielle Verpflichtungen hiervon erfasst werden. Speziell werden die in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 SchVG vorgesehenen Maßnahmen, die Umwandlung bzw. der Umtausch der Anleihe in andere Rechte, nicht vom Verbot der Verpflichtung zur Leistung erfasst. Für die Restrukturierungspraxis ist insbesondere festzuhalten, dass die beim 152 Umtausch der Anleihe in Anteile der Gesellschaft (sog. Debt-to-Equity-Swap) entstehenden gesetzlichen Folgepflichten dieser Umwandlung, wie etwa der Differenzhaftung für Aktien, keinen Verstoß gegen das Verbot der Verpflichtung zur Leistung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 SchVG begründen.132) b) Gleichbehandlungsgebot (§ 5 Abs. 2 Satz 2 SchVG) Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger müssen nach § 5 Abs. 2 Satz 2 SchVG 153 schließlich für alle Gläubiger gleiche Bedingungen vorsehen. Eine Entscheidung der Gläubigerversammlung, die dieses Gebot nicht befolgt, ist unwirksam.133) Die Unwirksamkeit hängt nicht von der Anfechtung des Beschlusses ab.134) 154 Eine aufgrund eines solchen Beschlusses erfolgte Änderung der Anleihebedingungen, die eine Ungleichbehandlung der Anleihegläubiger vorsieht, kann nicht – auch nicht bei formell ordnungsgemäßem Vollzug nach Maßgabe von § 21 SchVG – wirksam werden.135) Das SchVG kennt zum Verbot der Ungleichbehandlung durch Mehrheitsbe- 155 schluss eine Ausnahme, und zwar, wenn die benachteiligten Gläubiger ihrer Benachteiligung ausdrücklich zustimmen (§ 5 Abs. 2 Satz 2 SchVG).136) Eine solche individuelle Zustimmung zur Benachteiligung dürfte bei einer publikumsplatzierten Unternehmensanleihe ausscheiden.
___________ 131) Vgl. etwa Preuße/Vogel, SchVG, § 5 Rn. 20; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 5 Rn. 44. 132) Vgl. etwa Preuße/Vogel, SchVG, § 5 Rn. 22; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 5 Rn. 45. 133) BGH ZIP 2014, 1876, 1878 f., dazu EWiR 2014, 611 (Müller-Eising); aus dem Schrifttum etwa Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 5 Rn. 46. Eingehend zum Gleichbehandlungsbehandlungsgebot Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 4 Rn. 58 ff. 134) BGH ZIP 2014, 1876, 1878 f. 135) BGH ZIP 2014, 1876, 1879. 136) Vgl. hierzu BGH ZIP 2014, 1876, 1879.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
2. Beschlussgegenstände nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 – 10 SchVG 156 § 5 Abs. 3 Satz 1 SchVG zählt eine Reihe von Restrukturierungsmaßnahmen auf, denen die Gläubiger mittels Mehrheitsbeschluss zustimmen können. Die Aufzählung ist dabei eine Konkretisierung der in § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG abstrakt beschriebenen Befugnis der Gläubiger zur Fassung von Mehrheitsbeschlüssen und soll insbesondere der Klarstellung dienen.137) 157 Dementsprechend sind die Regelungen in § 5 Abs. 3 SchVG auch nur eine beispielhafte Aufzählung („insbesondere“) der Restrukturierungsmaßnahmen, die dem Emittent – sofern sie für eine Änderung der Anleihebedingungen qua Mehrheitsbeschluss nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG optiert hat – ein „umfassendes Restrukturierungsprogramm“ an die Hand gibt.138) a) Veränderung der Fälligkeit von Zinszahlungen sowie Hauptforderung 158 Ein Instrument im Rahmen einer Anleiherestrukturierung ist die Veränderung der Fälligkeit von Zahlungen. Es besteht sowohl die Möglichkeit, die Fälligkeit von Zinsen (§ 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 SchVG) als auch die Fälligkeit der Hauptforderung, d. h. dem Anspruch auf Zahlung des Anleihenennbetrags am Ende der Laufzeit der Anleihe (§ 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 SchVG), zu ändern. 159 In Restrukturierungssituationen wird dabei zumeist die Veränderung der Fälligkeit der Hauptforderung seitens des Emittenten vorgeschlagen. In der Regel wird diese als Stundung beschlossen werden, so dass die Fälligkeit der Hauptforderung hinausgeschoben und so eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit beseitigt wird.139) 160 Die Tatsache, dass eine Stundung der Hauptforderung (in Kombination ggf. mit einer Reduzierung des Zinssatzes) häufig in Restrukturierungsfällen angestoßen wird, mag insbesondere mit der Tatsache zusammenhängen, dass ein solches Hinausschieben der Fälligkeit im Vergleich etwa zu einem (Teil-)Verzicht auf Gläubigerrechte Anleihegläubigern als „geringeres Übel“ erscheint und insofern die Verkaufbarkeit eines entsprechenden Restrukturierungskonzepts in der Regel hoch sein dürfte. 161 Die Veränderung der Fälligkeit von Zahlungen ist dabei jedenfalls während der Laufzeit der Anleihe und ohne Zeitbeschränkung möglich.140) Dies ergibt sich bereits aus § 4 Satz 1 SchVG, wonach Änderungen der Anleihebedin___________ 137) Vgl. RegE, BT-Drucks. 16/12814, S. 18; Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 34. 138) Begriff bei Preuße/Vogel, SchVG, § 5 Rn. 29. 139) Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 37. Zur Stundung der Hauptforderung auf unbestimmte Zeit sowie der damit einhergehende Rechte der Gläubiger nach §§ 316, 315 BGB (vgl. Friedl/Schmidtbleicher, ebenda). 140) Vgl. Preuße/Vogel, SchVG, § 5 Rn. 31.
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III. Restrukturierungsmöglichkeiten nach dem SchVG
gungen während der Laufzeit einer Anleihe nach Abschnitt 2 des Schuldverschreibungsgesetzes geändert werden können. Der BGH geht sogar noch über den Wortlaut des § 4 SchVG hinaus und 162 lässt eine Laufzeitverlängerung der Anleihe auch dann zu, wenn diese bereits fällig geworden ist.141) Dieses (extensive) Verständnis des BGH ist trotz des Wortlauts des § 4 Satz 1 SchVG zutreffend. Der Gesetzgeber wollte mit dem neuen Schuldverschreibungsrecht Emittenten ein umfangreiches Restrukturierungsprogramm an die Hand geben. Diesem Grundgedanken würde es widersprechen, wenn man Emittent und Anleihegläubigern das Recht verwehrt, Zinszahlungen oder auch die (Rück-)Zahlung der Hauptforderung nicht auch nach Fälligwerden der Forderung(en) zu stunden. b) Verringerung von Hauptforderung und/oder Zinsforderung(en) Neben der Veränderung der Fälligkeit bzw. der Stundung von Haupt- und/ 163 oder Zinsforderungen sieht das SchVG in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SchVG die Möglichkeit der Verringerung der Hauptforderung (sog. „Haircut“) bzw. in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 SchVG die Verringerung von Zinsforderungen vor. Zu beachten ist dabei, dass nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SchVG lediglich ein 164 teilweiser Verzicht auf die Hauptforderung herbeigeführt werden kann. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift in der Zusammenschau mit § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SchVG, nach dem ein vollständiger Verzicht auf Zinszahlungen beschlossen werden kann. Trotz Ausgestaltung als Regelbeispiel in § 5 Abs. 3 Nr. 1 – 10 SchVG wird 165 damit deutlich, dass jedenfalls ein Totalverzicht auf die Hauptforderung nicht möglich sein soll. Insofern kann darin eine dem SchVG immanente Grenze hinsichtlich des Beschlussumfangs gesehen werden, dessen Verstoß richtigerweise eine Anfechtbarkeit nach § 20 SchVG nach sich zieht.142) Nichtig ist der Beschluss jedoch nach zutreffendem Verständnis auch in diesem Fall nicht. Zulässig bleibt jedoch eine Verringerung der Hauptforderung auf einen ge- 166 ringeren Nennbetrag. Im Schrifttum wird die Zulässigkeit der Verringerung der Hauptforderung auf einen Nennbetrag „nahe null“ für zulässig erachtet;143) hinsichtlich der Grenze, wann eine Verringerung der Hauptforderung „nahe null“ vorliegt, bestehen weder im Schrifttum noch in der Rechtsprechung klare Grenzen. Denkbarer Ansatzpunkt für eine zulässige Verringerung könnte eine hypo- 167 thetische Insolvenzquote sein. Eine unzulässig hohe Verringerung der Hauptforderungen wäre danach dann zu bejahen, wenn die Anleiheforderung auf ___________ 141) BGH ZIP 2014, 1876 ff., dazu EWiR 2014, 611 (Müller-Eising). 142) Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 40. 143) Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 40.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
einen niedrigeren Wert herabgesetzt würde, als der Anleihegläubiger in einem hypothetischen Insolvenzszenario im Falle einer Regelinsolvenz auf seine Anleihe erhalten würde. 168 Eine „reine“ Verringerung der Hauptforderung ist in der Restrukturierungspraxis selten und in der Regel nicht erfolgversprechend, da zumeist der Wunsch der Anleihegläubiger besteht, für den (Teil-)Forderungsverzicht ins Eigenkapital zu wechseln, um im Falle einer Sanierung an der Gesundung des Unternehmens zu partizipieren.144) Dementsprechend werden Forderungsverzichte, insbesondere bei Anleihen börsennotierter Aktiengesellschaften, regelmäßig als Umwandlung (von Teilen) der Anleihe in Eigenkapital ausgestaltet.145) c) Zinsausschluss 169 Im Gegensatz zum Totalverzicht auf die Hauptforderung können Gläubiger einen Ausschluss auf Zinszahlungen beschließen (§ 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Alt. 3 SchVG), und zwar gleichgültig, ob ein solcher Ausschluss permanenter Natur bis zum Ende der Laufzeit der Anleihe oder lediglich vorübergehender Natur (etwa eine Aussetzung von Zinszahlungen für eine Zinsperiode) ist. 170 In der bisherigen Restrukturierungspraxis spielte der (künftige) Ausschluss von Zinsen keine entscheidende Rolle. Vielmehr wird häufiger die Stundung von Zinsen bzw. die Reduzierung künftiger Zinssätze beschlossen. d) Nachrang von Forderung 171 Auch können Anleihegläubiger durch Mehrheitsbeschluss nach Maßgabe des § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SchVG beschließen, dass ihre Forderungen im Falle eines Insolvenzverfahrens nach § 39 Abs. 2 InsO im Rang hinter die Forderungen von Insolvenzgläubigern und nachrangigen Insolvenzgläubigern nach § 39 Abs. 1 InsO zurücktreten. Eine solche Nachrangabrede hat für den Emittenten den Vorteil, dass die Forderungen aus der Anleihe für die Beurteilung einer Überschuldung im Sinne der InsO unberücksichtigt bleiben.146) 172 Entgegen teilweise vertretener Ansicht in der Literatur147) zeigt jedoch die Praxis, dass die Beschlussfassung über einen (nachträglichen) Nachrang, jeden___________ 144) Denkbar ist auch, insbesondere bei nicht börsennotierten Gesellschaften, als Gegenleistung für den Verzicht den Anleihegläubigern einen Besserungsschein für den Fall der wirtschaftlichen Gesundung des Emittenten zuzugestehen, vgl. Preuße/Vogel, SchVG, § 5 Rn. 33; Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 40. 145) So etwa bei der Restrukturierung der Anleihen der SolarWorld AG im Jahre 2013, vgl. hierzu das von der SolarWorld AG ausgegebene Informationsmemorandum (abrufbar unter http://www.solarworld.de/fileadmin/sites/sw/ir/pdf/informationsmemorandum.pdf). 146) Vgl. Preuße/Vogel, SchVG, § 5 Rn. 33; Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 40. 147) Vgl. Preuße/Vogel, SchVG, § 5 Rn. 33; Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 40.
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III. Restrukturierungsmöglichkeiten nach dem SchVG
falls bei publikumsplatzierten Anleihen, bislang kein gängiges Restrukturierungsinstrument nach dem SchVG geworden ist. Dies mag insbesondere bei publikumsplatzierten Anleihen daran liegen, dass bei zumeist ohnehin finanziell angeschlagenen Unternehmen ein solcher Nachrang gegenüber den Anleihegläubigern kaum „verkaufsfähig“ ist und damit den sowohl den restrukturierenden Emittenten als auch seine Berater davon zurückschrecken lässt, einen Nachrang der Anleihe als Restrukturierungsmaßnahme vorzuschlagen. e) Austausch und Freigabe von Sicherheiten Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SchVG ist es Anleihegläubigern möglich, qua 173 Mehrheitsbeschluss den Austausch oder die Freigabe von Sicherheiten zu beschließen. Entsprechende Maßnahmen kommen vor allem in Konstellationen in Betracht, in denen die Muttergesellschaft oder operative Gesellschaften im Konzernverbund Garantiegeber einer ausländischen Finanzierungstochter sind, der als Anleiheemittent fungiert.148) Im Falle der Änderungen der Garantieabrede muss für diesen Beschluss nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SchVG eine Einbeziehung der Garantin nach § 22 SchVG hinsichtlich der Regelungen der §§ 5 – 21 SchVG erfolgt sein.149) Neben Garantien ist als Sicherheit überdies auch die Einräumung (bzw. Frei- 174 gabe) von Realsicherheiten denkbar. Im Falle der Anleiheemission seitens Immobiliengesellschaften kommt etwa die Bestellung von Grundschulden (über einen Sicherheitentreuhänder) in Betracht.150) In der bisherigen Praxis der Anleiherestrukturierung spielte eine Beschlussfassung über den Austausch und Freigabe von Sicherheiten, soweit ersichtlich, noch keine nennenswerte Rolle.151) Zu beachten ist, dass vom Austausch und der Freigabe von Sicherheiten nach 175 § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SchVG der sachverwandte, jedoch gleichwohl dogmatisch zu trennende Verzicht auf schuldrechtliche Abreden zwischen den Parteien – etwa hinsichtlich Finanzkennzahlen (Financial Covenants) – zu unterscheiden ist.152) Entsprechende schuldrechtliche Abreden können wie Sicherheiten zu Gunsten 176 der Gläubiger wirken. Sie finden sich in Anleihebedingungen etwa in Form von Negativerklärungen, in denen seitens des Emittenten versichert wird, dass künftigen Gläubigern keine Sicherheiten zur Verfügung gestellt werden ___________ Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 67. Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 67. Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 67. In der finanziellen Restrukturierung der SolarWorld AG wurden u. a. für den Umtausch der beiden im Jahre 2010 und 2011 emittierten Anleihen jeweils neue besicherte Anleihen mit einem reduzierten Nennwert ausgegeben. Dogmatisch war dies jedoch nicht als Beschlussfassung nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SchVG anzusehen. 152) Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 68.
148) 149) 150) 151)
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B. Anleihen in der Restrukturierung
oder zumindest vor der Gewährung von Sicherheiten den Anleihegläubigern wenigstens gleichwertige Sicherheiten angeboten werden. Nach zutreffender Ansicht sind solche schuldrechtlichen Abreden nicht als Sicherheiten i. S. d. § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SchVG zu qualifizieren, sondern als Nebenbestimmungen i. S. d. § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 10 SchVG.153) f) Änderung der Währung 177 Kein genuines Sanierungsinstrument, sondern vielmehr eine weitere Möglichkeit der Anpassung von Anleihebedingungen durch einen Mehrheitsbeschluss ist die Möglichkeit zur Änderung der Währung nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 SchVG. Diese Regelungsmöglichkeit ist angelehnt an die in Anleihebedingungen internationaler Anleihen übliche Mehrheitsklausel zur Änderung der Währung.154) Für Unternehmensanleihen eines inländischen Emittenten dürfte diese Änderungsmöglichkeit keine Relevanz entfalten. g) Verzicht auf Kündigungsrechte (§ 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 SchVG) 178 Auch ist es nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 SchVG Anleihegläubigern möglich, durch Mehrheitsbeschluss auf Kündigungsrechte zu verzichten oder diese gegenständlich zu beschränken. Diese Möglichkeit ist in der Praxis von erheblicher Relevanz, da in Sanierungssituationen Anleihegläubiger häufig versuchen, die von ihnen gehaltenen Anleihestücke nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften oder durch vertraglich eingeräumte Kündigungsrechte zu kündigen und den Nennwert der von ihnen gehaltenen Anleihestücke zu fordern. 179 § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 SchVG stellt klar, dass eine nachträgliche Beschränkung des Kündigungsrechts durch Mehrheitsbeschluss möglich ist. Entgegen teilweise vertretener Ansicht beschränkt sich die Möglichkeit der Anleihegläubiger, auf Kündigungsrechte qua Mehrheitsbeschluss zu verzichten, rich___________ 153) Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 68; a. A. Preuße/Vogel, SchVG, § 5 Rn. 38, der diese Abreden als Sicherheiten qualifiziert. Für die Praxis sollte sich hieraus kein Unterschied ergeben, da die Änderung entsprechender Bestimmungen – auch wenn sie als Nebenbestimmungen i. S. d. § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 10 SchVG zu qualifizieren sind – nach im Schrifttum vertretener Auffassung als „wesentliche Änderungen“ i. S. d. § 5 Abs. 4 Satz 2 SchVG anzusehen sind, so dass auch für den Beschluss über die Änderung entsprechender schuldrechtlicher Vereinbarungen die Anforderungen für die Beschlussmehrheit (mindestens 75 % der teilnehmenden Stimmrechte) sowie die Beschlussquoren (50 % der ausstehenden Schuldverschreibungen in der ersten Gläubigerversammlung; 25 % der ausstehenden Schuldverschreibungen in einer evtl. zweiten Gläubigerversammlung) gelten, vgl. Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 68 sowie Rn. 83 ff. Die Zugrundelegung eines anderen Ergebnisses, d. h. dass Ausreichenlassen einer einfachen Mehrheit bei jeglichen Nebenbestimmungen i. S. d. § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 10 SchVG, kann mangels einschlägiger Rechtsprechung einem Restrukturierungsprozess de lege lata nicht zugrunde gelegt werden (so jedoch Preuße/Vogel, SchVG, § 5 Rn. 52). Siehe auch sogleich Rn. 184 ff. 154) Vgl. Preuße/Vogel, SchVG, § 5 Rn. 39.
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III. Restrukturierungsmöglichkeiten nach dem SchVG
tigerweise nicht auf den Verzicht auf vertraglich eingeräumte Kündigungsrechte.155) Vielmehr sollte es den Anleihegläubigern unbenommen sein, auch auf gesetz- 180 liche Kündigungsrechte, sofern man diese für anwendbar erachtet, zu verzichten. Der Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 SchVG differenziert gerade nicht zwischen vertraglichen und gesetzlichen Kündigungsrechten. Eine Differenzierung zwischen vertraglichen oder gesetzlichen Kündigungsrechten würde auch eine erhebliche Rechtsunsicherheit nach sich ziehen; so könnte der bloße Ausschluss vertraglicher Kündigungsrechte dazu führen, dass Anleihegläubiger nach positiver, für alle Gläubiger verbindlicher Beschlussfassung der Anleihegläubiger versuchen, auf der Basis vermeintlich zustehender gesetzlicher Kündigungsrechte sich einer Restrukturierung zu entziehen.156) Zu beachten ist, dass Financial Covenants (ebenso wie z. B. Drittverzugsklau- 181 seln) oftmals als Kündigungsrechte zugunsten der Anleihegläubiger ausgestaltet sind. Der Verzicht auf entsprechende Kündigungsrechte durch einen Gläubigerbeschluss ist nach Maßgabe des § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 SchVG naturgemäß zulässig. Ein entsprechender Beschluss entfaltet nach (insoweit zutreffender) Ansicht des OLG Frankfurt/M. bereits ab dem Zeitpunkt der Beschlussfassung der Gläubigerversammlung – und nicht erst ab Vollzug nach Maßgabe des § 21 SchVG – verbindliche Wirkung.157) h) Schuldnerersetzung (§ 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 9 SchVG) In den Anleihebedingungen selbst finden sich häufig Mechanismen, mit denen 182 ein in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 9 SchVG vorgesehener Schuldnerwechsel bereits in die ursprünglichen Anleihebedingungen implementiert wird, etwa die Ersetzung durch eine andere Konzerngesellschaft, soweit die Muttergesellschaft als Garantin fungiert. Entsprechende Klauseln, in denen eine solche Schuldnerersetzung auch ohne Mehrheitsbeschluss umgesetzt werden kann, sind unbedenklich und marktüblich.158) Gleichwohl ist es Anleihegläubigern nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 9 SchVG 183 möglich, eine Ersetzung des Anleiheschuldners auch zu beschließen. Als oftmals bereits in den Anleihebedingungen vorgezeichnete Gründe für einen Schuldnerwechsel kommen z. B. Änderungen in der steuerlichen Gesetzgebung des Emittenten oder generelle Umstrukturierungen im Konzern, dem der Emittent angehört, in Betracht.159) Theoretisch denkbar ist auch eine Beschlussfassung, die eine Ersetzung durch einen (neuen) Schuldner außerhalb ___________ 155) In diese Richtung jedoch Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 72. 156) Vgl. OLG Frankfurt/M. ZIP 2014, 2176 ff., dazu EWiR 2014, 771 (Just). 157) Vgl. OLG Frankfurt/M. ZIP 2014, 2176, 2180, dazu EWiR 2014, 771 (Just). 158) Vgl. Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 73. 159) Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 73.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
des Konzernverbunds vorsieht. In der Restrukturierungspraxis spielte eine solche Vorgehensweise bislang keine Rolle. i) Änderung oder Aufhebung von Nebenbestimmungen (§ 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 10 SchVG) 184 Ebenso können in den Anleihebedingungen die Gläubiger gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 10 SchVG ermächtigt werden, jegliche Art von Nebenbestimmungen durch Mehrheitsbeschluss in den Anleihebedingungen zu ändern. Unter den Begriff der Nebenbestimmungen fallen insbesondere genuine Nebenverpflichtungen des Emittenten, d. h. alle vom Emittenten in den Anleihebedingungen übernommenen Handlungs- oder Unterlassungspflichten, die nicht Zahlungsoder Lieferpflichten sind.160) 185 Für die Praxis von Relevanz ist dabei die Abgrenzung von vertraglichen Nebenbestimmungen gegenüber den Beschlussgegenständen nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 – 9 SchVG. Dies gilt deshalb, da Beschlussgegenstände nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 – 9 SchVG (i) einer qualifizierten Mehrheit i. S. v. § 5 Abs. 4 Satz 2 SchVG bedürfen und (ii) eben diese Beschlussgegenstände in einer sog. zweiten Gläubigerversammlung gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 SchVG einem Beschlussquorum von 25 % der ausstehenden Schuldverschreibungen unterliegen, während Beschlussgegenstände nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 10 SchVG grundsätzlich (i) der einfachen Beschlussmehrheit nach § 5 Abs. 4 Satz 1 SchVG sowie (ii) keinem Beschlussquorum in einer zweiten Versammlung (vgl. § 15 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 SchVG) unterliegen. 186 Im Schrifttum ist umstritten, ob die Einordnung einer Bestimmung unter § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 10 SchVG zur Folge hat, dass all jene Nebenbestimmungen stets mit grundsätzlich einfacher Mehrheit i. S. d. § 5 Abs. 4 Satz 1 SchVG (bzw. ohne Beschlussquorum in einer zweiten Gläubigerversammlung nach § 15 Abs. 3 Satz 3 SchVG) beschlossen werden können.161) 187 Richtigerweise wird man nicht davon ausgehen können, dass die Änderungen von Nebenbestimmungen stets mit einfacher Mehrheit beschlossen werden kann. Speziell kann der Wortlaut des § 5 Abs. 4 Satz 2 SchVG keine abschließende Klärung herbeiführen, da dieser zwischen (i) normierten Fällen der qualifizierten Mehrheit, namentlich die Regelbeispiele in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 – 9 SchVG und (ii) sonstigen „wesentlichen Änderungen“ der Anleihebedingungen unterscheidet und beide Fälle einem qualifizierten Mehrheitserfordernis unterwirft.162)
___________ 160) Vgl. Preuße/Vogel, SchVG, § 5 Rn. 47. 161) In diesem Sinne etwa Preuße/Vogel, SchVG, § 5 Rn. 52. a. A. Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 86. 162) Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 73.
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III. Restrukturierungsmöglichkeiten nach dem SchVG
Festzustellen ist, dass es Nebenbestimmungen gibt – wie etwa die aufgezeigten 188 Financial Covenants, deren Verletzung oftmals auch vertragliche Kündigungsrechte begründen – die offensichtlich „wesentlich“ sind. Insofern wird zutreffend festgestellt, dass die Änderung entsprechender Covenants in vielerlei Hinsicht ähnliche Folgen haben wie eine Änderung der Anleihebedingungen nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 4, 6 und 8 SchVG.163) Aber auch Nebenbestimmungen, die in keinem Verhältnis zu den Regelbeispielen in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 – 9 SchVG stehen, können „wesentliche Änderungen“ der Anleihebedingungen darstellen; dies gilt etwa, wenn die Anleihebedingungen im Hinblick auf das geltende Abstimmungsverfahren geändert werden sollen (etwa von einer Abstimmung ohne Versammlung nach § 18 SchVG hin zu einer Gläubigerversammlung nach Maßgabe der §§ 9 ff. SchVG). Letztlich dürften die vorgesehenen Änderungen von Nebenbestimmungen in 189 einem Sanierungsprozess – z. B. die Abänderung von Financial Covenants – typischerweise „wesentliche Änderungen“ darstellen, so dass im Restrukturierungsprozess von der Geltung qualifizierter Beschlussmehrheiten (bzw. – quoren in einer zweiten Versammlung nach § 15 Abs. 3 Satz 3 SchVG) ausgegangen werden sollte. 3. Insbesondere: Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital Neben den dargestellten Restrukturierungsmöglichkeiten sieht das SchVG 190 auch die Umwandlung bzw. den Umtausch von Schuldverschreibungen in Gesellschaftsanteile („Debt-to-Equity-Swap“) bzw. andere Wertpapiere vor, § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 SchVG. a) Kein unmittelbarer Debt-to-Equity-Swap Die Gestaltungsmöglichkeiten zur Umsetzung eines Debt-to-Equity-Swaps 191 sind nach dem SchVG prinzipiell offen gehalten; gleichwohl verbietet sich de lege lata in Fällen, in denen ein Debt-to-Equity-Swap in Betracht kommt (insbesondere bei börsennotierten Aktiengesellschaften), eine echte, unmittelbare Umwandlung von Anleihen in Gesellschaftsanteile. Einem unmittelbaren Debt-to-Equity-Swap, in denen Anleiheinhaber unmit- 192 telbar Gesellschafter werden, stehen insbesondere drei Gründe entgegen: (1) Zunächst äußern gewichtige Stimmen verfassungsrechtliche Bedenken an 193 der mit einem unmittelbaren Debt-to-Equity-Swap einhergehenden Zwangsvergesellschaftung im Hinblick auf die in Art. 9 Abs. 1 GG als Grundrecht verankerte negative Vereinigungsfreiheit.164) Diesen verfassungsrechtlichen Bedenken soll hier nicht nachgegangen werden, da sich de lege lata ein unmit___________ 163) Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 88. 164) Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 44 ff.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
telbarer Debt-to-Equity-Swap sowohl aus prospektrechtlichen wie auch kapitalgesellschaftsrechtlichen Regelungen verbietet. 194 (2) Prospektrechtlich ist de lega lata von einem prospektauslösenden, öffentlichen Angebot i. S. d. § 2 Nr. 4 WpPG bereits bei Veröffentlichung der Einladung zu der (ersten, vgl. § 15 Abs. 3 Satz 1 SchVG ) Anleihegläubigerversammlung, die über den Beschlussvorschlag der Gesellschaft über den Umtausch der Schuldverschreibungen in neue Aktien beschließen soll, auszugehen. Die Erstellung eines solchen Prospekts während eines laufenden Restrukturierungsprozesses ist indes kaum realisierbar.165) 195 (3) Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass ein unmittelbarer Debt-toEquity-Swap, bei dem die Anleiheinhaber im Rahmen der notwendigen Sachkapitalerhöhung unmittelbar ihre Anleiheforderungen in die Gesellschaft einbringen, bei Restrukturierung von publikumsplatzierten Anleihen einer Aktiengesellschaft zu kapitalgesellschaftsrechtlichen Friktionen führt. Beispielsweise ist bei börsennotierten Anleihen mit ggf. zigtausenden Gläubigern die Voraussetzung des § 183 AktG, der unter anderem die Nennung des Sacheinlegers fordert, nicht realisierbar. b) Lösung de lege lata: Einräumung von Erwerbsrechten 196 Zur Lösung der vorgenannten Probleme hat sich die Einräumung von Erwerbsrechten auf (neue) Aktien und die Einschaltung einer Abwicklungsstelle – in der Regel ein inländisches Kreditinstitut – herausgebildet. 197 Bei einem Debt-to-Equity-Swap und einem diesbezüglichem Beschluss stimmen die Anleihegläubiger zunächst der Übertragung ihrer Anleihen (typischerweise unter der aufschiebenden Bedingung der Vollziehbarkeit des Beschlusses nach § 21 SchVG sowie der Vollziehbarkeit der von der Hauptversammlung beschlossenen Kapitalmaßnahmen) auf eine Abwicklungsstelle zu, die – aufschiebend bedingt – zur Inhaberin sämtliche Anleihestücke wird und diese dann bei Durchführung der Sachkapitalerhöhung in die Schuldnerin einbringt.166) 198 Für die Übertragung ihrer Anleihestücke werden den Anleihegläubigern Erwerbsrechte zugebucht, aufgrund derer sie während der Erwerbsfrist, die in der Regel zeitnah nach Vollziehbarkeit der Restrukturierungsbeschlüsse der Anleihegläubiger sowie den Beschlüssen zu den Kapitalmaßnahmen erfolgt, ___________ 165) Siehe Rn. 366. 166) Alternativ käme in Betracht, auf Seiten des Emittenten die Ausgabe von Optionsund/oder Wandelschuldverschreibungen – unter Ausschluss des Bezugsrechts der Gesellschafter des Emittenten und bei gleichzeitiger Schaffung eines bedingten Kapitals – zu beschließen. Die Options- und/oder Wandelschuldverschreibungen selbst könnten wiederum die bestehende Anleihe ersetzen und ggfs. im Tausch gegen die bestehende Anleihe ausgegeben werden. Auch auf diesem Wege würde kein unmittelbarer Debt-to-EquitySwap vollzogen, sondern vielmehr ein „Swap höherer Stufe“, und zwar in Form eines sogennanten „dualistischen“ Debt-to-Debt- und Debt-to-Equity-Swap, vgl. dazu sogleich unter Rn. 214 und die Fallkonstellation bei SINGULUS TECHNOLOGIES AG, bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 24.4.2015.
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IV. Flankierende Kapitalmaßnahmen auf Seiten des Emittenten
für einen Erwerb von Aktien optieren können. Optieren Anleihegläubiger für den Erwerb der Aktien, werden diese seitens der Abwicklungsstelle, die die neuen Aktien zeichnet, auf die Anleihegläubiger übertragen. Entscheiden sich Anleihegläubiger gegen den Erwerb der Aktien und üben dementsprechend ihr Erwerbsrecht nicht aus, werden die nicht erworbenen Aktien seitens der Abwicklungsstelle (bestmöglich) veräußert und der Erlös den entsprechenden Anleihegläubigern zugebucht. Eine solche Lösung über die Einräumung von Erwerbsrechten – zusätzlich 199 zur Einschaltung einer Abwicklungsstelle, die als Sacheinleger fungiert – hat sich in der Praxis bewährt und ist von der Rechtsprechung bislang unbeanstandet geblieben.167) Auf diesem Wege werden eventuelle verfassungsrechtliche Implikationen 200 umgangen, da auch der nicht abstimmende bzw. dissentierende Anleihegläubiger die individuelle Entscheidung darüber behält, ob er Gesellschafter wird oder nicht. Die prospektrechtlichen Implikationen werden ebenfalls abgeschwächt, da erst zum Zeitpunkt des Beginns der Erwerbsfrist für die neuen Aktien ein solcher Prospekt vorzuliegen hat.168) Die Einschaltung einer Abwicklungsstelle, auf die die Anleihen nach Wirk- 201 samwerden der Beschlussfassungen übertragen werden, gewährleistet schließlich, dass die kapitalgesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen, insbesondere die Voraussetzungen des § 183 AktG, gewahrt bleiben. IV. Flankierende Kapitalmaßnahmen auf Seiten des Emittenten, insbesondere (aktienrechtliche) Sachkapitalerhöhung 1. Generelle Ausgangslage Generell bestehen in der Praxis Schwierigkeiten, die auf der Emittentenseite 202 – flankierend zu der Anpassung der Schuldverschreibung – erforderlichen Kapitalmaßnahmen reibungslos umzusetzen. Dies liegt zu einem guten Teil daran, dass die Kapitalmaßnahmen in der Regel die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erfordern und der Minderheitenschutz – sei es in Form von Berichtspflichten, sei es in Form von der Wahrung des grundsätzlichen Bezugsrechts – besondere Sorgfalt und Abwägungen voraussetzen.169) Daneben spielen aber auch noch allgemeine kapitalmarktrechtliche Aspekte eine ___________ 167) Vgl. OLG Köln ZIP 2014, 268 ff. 168) Dazu sogleich Rn. 368. 169) Ausgespart bleiben soll im Folgenden die Frage, ob vorgreiflich – das heißt vor Beschlussfassung und vor Durchführung einer Kapitalerhöhung – eine Kapitalherabsetzung auf Seiten des Emittenten angezeigt ist. Dies ist bei dem Verlust des hälftigen Grund bzw. Stammkapitals i. S. v. §§ 92 Abs. 1 AktG, 49 Abs. 3 GmbHG wirtschaftlich nahezu unerlässlich. Die ggfs. vorzuschaltende Kapitalherabsetzung wird nahezu ausnahmslos als sog. vereinfachte Kapitalherabsetzung i. S. v. §§ 229 ff. AktG, 58a ff. GmbHG beschlossen und durchgeführt. Die Durchführung einer solchen vereinfachten Kapitalherabsetzung gestaltet sich – als bilanziell wirkende Maßnahme – relativ einfach.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
Rolle: Zu welchem Zeitpunkt wird dem Kapitalmarkt ein sog. „öffentliches“ Bezugsangebot unterbreitet, mit der Folge, dass sodann – unmittelbar – Prospektpflichten entstehen. Die Verletzung von Prospektpflichten im Zuge der Unterbreitung eines öffentlichen Angebotes i. S. v. § 2 Nr. 4 WpPG kann eine Untersagungsverfügung seitens der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nach sich ziehen.170) 203 Parallel zu diesen Themenkreisen stellt sich die Frage, ob man sämtlichen Problemen dadurch aus dem Weg gehen kann, dass eine „einfache“, klassische Barkapitalerhöhung mit Bezugsrechten auf der Emittentenseite beschlossen und durchgeführt wird. So ließen sich – theoretisch relativ einfach – liquide Mittel beschaffen, mittels derer die notleidenden Finanzverbindlichkeiten erfüllt werden können. Möglicherweise könnten dann sogar die Finanzverbindlichkeiten – zugunsten des Emittenten – mit einem gewissen Abschlag befriedigt werden. 204 In diesem Zusammenhang hat sich mittlerweile die Rechtsauffassung herausgebildet, die im Grundsatz die Notwendigkeit einer vorgreiflichen Barkapitalerhöhung befürwortet.171) Erst wenn „nicht hinreichend gesichert erscheine“, dass eine hinreichende Barkapitalerhöhungssumme gezeichnet werde – und wenn somit „nur“ auf dem Weg der Sachkapitalerhöhung mit Bezugsrechtausschluss eine Sanierung finalisierbar erscheine –, sei eine vorgreifliche Barkapitalerhöhung nicht zu ermöglichen. Welcher Maßstab an die Eintrittswahrscheinlichkeit, dass eine vorgreifliche Barkapitalerhöhung unzureichend bleibt, zu stellen ist, ist bislang noch offen. Man wird auf den generellen Bewertungs- bzw. Ermessensspielraum, der die Rechtsprechung und Literatur dem Leitungsorgan bei der Begründung eines Bezugsrechtsausschlusses einräumt, zurückzugreifen haben. Wichtig ist, dass nicht maßgebend ist, ob der ins Auge gefasste Sachinferent sein Konzept als das ausschließlich zu verfolgende betrachtet; maßgeblich ist allein die Sichtweise und Perspektive des Leitungsorgans. 2. Materielle Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss und vorgreifliche Berichtspflichten 205 Voraussetzung eines Bezugsrechtsausschlusses der Alt-Gesellschafter ist ein sachlicher Grund. Der sachliche Grund kann nur in der Verfolgung des Gesellschaftsinteresses liegen und gliedert sich auf in:172) (1) Geeignetheit des Bezugsrechtsausschlusses, das beabsichtigte Ziel zu erreichen, d. h. das konkrete Gesellschaftsinteresse zu verwirklichen; ___________ 170) Zur Prospektpflicht siehe Abschnitt B.VI. 171) Vgl. Hüffer, AktG, § 183 Rn. 35 m. w. N. 172) Vgl. zu Nachstehendem insbesondere Spindler/Stilz/Servatius, AktG, § 186 Rn. 43 ff. m. w. N.
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IV. Flankierende Kapitalmaßnahmen auf Seiten des Emittenten
(2) Erforderlichkeit des Bezugsrechtsausschlusses, das beabsichtigte Ziel zu erreichen, d. h. das konkrete Gesellschaftsinteresse zu verwirklichen; (3) Angemessenheit des Bezugsrechtsausschlusses (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne). Der Begriff des Gesellschaftsinteresses ist weit auszulegen und orientiert sich 206 an dem satzungsgemäßen Unternehmensgegenstand.173) Nicht maßgeblich ist – nach wenngleich strittiger und teils differenzierter Ansicht – das Konzerninteresse.174) Dies bedeutet, dass insbesondere das Interesse nachgeordneter Gesellschaften nicht herangezogen werden kann, um – auf der Ebene der Muttergesellschaft – ein Gesellschaftsinteresse zu formulieren bzw. zu substantiieren. Generell ist anerkannt, dass der Sanierungszweck ein hinreichendes Gesell- 207 schafsinteresse darstellen kann.175) Geeignet ist der Bezugsrechtsausschluss, wenn mit ihm das beabsichtige Ziel 208 generell erreicht werden kann. Erforderlich ist der Bezugsrechtsausschluss, wenn er entweder (i) die einzige zur Disposition stehende Maßnahme ist oder (ii) – bei mehreren zur Disposition stehenden Maßnahmen – der Bezugsrechtsausschluss das dem konkret verfolgten Zweck am besten zu fördernde Mittel erscheint. Im letzten Fall ist insbesondere zu prüfen und auch zwingend auszuschließen, ob bzw. „dass“ der Zweck der Kapitalmaßnahme (insbesondere die Sanierung der Gesellschaft herbeizuführen) nicht auch durch eine Barkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss verfolgt werden kann. Die Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) ist gegeben, wenn 209 das mit dem Bezugsrechtsausschluss verfolgte Gesellschaftsinteresse höher zu bewerten ist als das (rechtlich eingeschränkte) Interesse des grundsätzlich bezugsberechtigten Alt-Gesellschafters. Bei der Verhältnismäßigkeit ist insbesondere zu prüfen, ob die – im Sinne der „Erforderlichkeit“ – zweitbeste Lösung erhebliche Nachteile zulasten der Alt-Gesellschafter vermeidet und daher vorzugswürdig erscheint. Ferner ist auch zu prüfen, ob eine flankierende Barkapitalerhöhung – neben der Sachkapitalerhöhung und unter Ausschluss des Sachinferenten – angezeigt und möglich ist, sodass die Folgen des Bezugsrechtsausschlusses für die Alt-Gesellschafter gelindert werden können. Die besonderen Erfordernisse des Bezugsrechtsausschlusses führen dazu, 210 dass das Leitungsorganeinen schriftlichen Bericht über die Gründe für den
___________ 173) Vgl. insbesondere BGHZ 71, 40 ff. 174) Dies gilt jedenfalls für den einfach-faktischen Konzern; vgl. im Einzelnen Spindler/Stilz/ Servatius, AktG, § 186 Rn. 46 – generell das Konzerninteresse als Beurteilungsmaßstab ablehnend Hüffer, AktG, § 186 Rn. 26 m. w. N. 175) Vgl. etwa Spindler/Stilz/Servatius, AktG, § 186 Rn. 45, sowie Ekkenga, ZGR 2009, 581 ff.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
Bezugsrechtsausschluss zu verfassen hat. In diesem Bericht ist – neben den Gründen für den Bezugsrechtsausschluss – auch der vorgeschlagene Ausgabekurs der neuen Gesellschaftsanteile darzulegen und zu begründen.176) 211 Die Gründe und die Abwägungen, die den Bezugsrechtsausschluss betreffen, sind – speziell für den Bereich der Aktiengesellschaft als Emittent/Zielgesellschaft – vollständig und umfassend in dem schriftlichen Bericht des Vorstandes darzulegen. Der Bericht muss auch in seinem wesentlichen Bestandteil mit der Einladung zur Hauptversammlung – handelt es sich um eine Aktiengesellschaft als Emittent/Zielgesellschaft – bekannt gemacht werden. Nachträgliche Ergänzungen und/oder Änderungen des Vorstandsberichtes sind nicht zulässig und begründen ggf. einen Anfechtungsgrund. Vor diesem Hintergrund haben die materiellen Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss zur Folge, dass vorgreiflich – in dem schriftlichen Vorstandsbericht – umfassend und hinreichend alle Gründe und Abwägungen des Vorstands festzuhalten sind. 3. Konkrete Gestaltung der Sachkapitalerhöhung 212 Die Einbringung der Forderung im Zuge des sog. Debt-to-Equity-Swap in die Gesellschaft erfolgt typischerweise in Form der Sachkapitalerhöhung. Vor allem bei mittelständischen Gesellschaften, insbesondere soweit diese die Rechtsform der GmbH oder der GmbH & Co. KG haben, kommt auch die Einlage der Forderung in die Kapitalrücklage – unter Wahrung der Beteiligungsproportionalität im Übrigen – in Betracht. 213 Die Einlagefähigkeit von Forderungen ist gesellschaftsrechtlich wie steuerrechtlich anerkannt.177) 214 Die Einlage einer Forderung kann auf zwei Wegen erfolgen: Entweder erfolgt die Einlage in Form der Übertragung der Forderung, und zwar mit unmittelbar einhergehender Konfusion, oder im Wege des Verzichts auf die Forderung bzw. Teile der Forderung. Im letzteren Fall stellt sich – in Anbetracht der grundsätzlichen Globalverbriefung der Forderung, insbesondere bei der hier in Frage stehenden Anleiheforderung, wenn diese börsennotiert ist – die Frage, ob eine Restrukturierung „in der Urkunde“, d. h. ein Verzicht „aus“ der global verbrieften und girosammelverwahrten Anleiheforderung überhaupt möglich ist. Dies ist in der Praxis bislang meist gerade nicht voll-
___________ 176) Zu den Berichtspflichten im Einzelnen Spindler/Stilz/Servatius, AktG, § 186 Rn. 25 – 34 m. w. N. 177) Vgl. BGHZ 110, 47, 60 = ZIP 1990, 156; BGHZ 113, 335, 341 = ZIP 1991, 511; Hüffer, AktG, § 27 AktG Rn. 16; zur steuerlichen Einlagefähigkeit vgl. nur BFH ZIP 2001, 1588.
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IV. Flankierende Kapitalmaßnahmen auf Seiten des Emittenten
zogen worden; in der Praxis ist bislang vorwiegend ein „dualistischer“ Debtto-Debt- und Debt-to-Equity-Swap vollzogen worden.178) a) Sachkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss Die Sachkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss hat neben den vorerwähn- 215 ten formellen Voraussetzungen die vorerwähnten hohen materiellen Anforderungen zu erfüllen. Der Bezugsrechtsausschluss muss im Gesellschaftsinteresse liegen und insoweit geeignet, erforderlich und angemessen sein, und zwar im Verhältnis zu den Nachteilen für die betroffenen Alt-Gesellschafter. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen unterliegt einer gerichtlichen Über- 216 prüfung, wobei im Detail noch ungeklärt ist, inwieweit dem Leitungsorgan ein Beurteilungsspielraum einzuräumen ist. Richtigerweise wird man dem Leitungsorganeinen (gerichtsfreien) Beurteilungsspielraum zumindest dergestalt zuzubilligen haben, dass bereits die aus allgemeiner Interessenabwägung abgeleiteten Erwägungen hinreichend sein müssen, insbesondere um die Verhältnismäßigkeit des Bezugsrechtsausschlusses zu begründen. Es kann schließlich nicht sein, dass das Leitungsorgan erst noch weitere, tatsächliche Versuche unternehmen muss, um seine Erwägungen – tatsächlich – zu unterlegen und ggf. darlegen und beweisen zu können. Die Darlegungs- und Beweislast ist zugunsten des Leitungsorgans nur eingeschränkt. b) Kombinierte Bar- und Sachkapitalerhöhung Eine kombinierte Bar- und Sachkapitalerhöhung kann – als milderes Mittel 217 gegenüber der „isolierten“ Sachkapitalerhöhung mit vollständigem Bezugsrechtsausschluss – in Betracht kommen. Dies hängt davon ab, ob und inwieweit der Sachinferent (Investor) bereit ist, eine Aufrechterhaltung der Beteiligungsquote der Alt-Gesellschafter zu akzeptieren. ___________ 178) Vgl. insbesondere die Fallkonstellationen bei SolarWorld AG, bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 28.6.2013; ferner die – sich an die SolarWorld-Konstellation anlehnende – Sanierung der 3W Power S. A., bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 20.3.2014. Im Einzelnen ist bei jeder Struktur, die von dem Modell des „dualistischen“ Debt-to-Debtund Debt-to-Equity-Swaps abweichen will, insbesondere auf zwei Aspekte zu achten: 1. Zunächst ist zu beachten, dass der Sachinferent im Rahmen des kapitalgesellschaftlichen (Sach-)Kapitalerhöhungsbeschlusses namentlich und im Übrigen hinreichend identifizierbar zu bezeichnen ist; aufzunehmen ist nach Maßgabe von § 183 Abs. 1 AktG bzw. § 56 Abs. 1 GmbHG die Person, von der die Gesellschaft den Gegenstand erwirbt. Speziell im Fall des Auseinanderfallens von Zeichner (z. B. begleitendes Finanzinstitut) und leistender Person (d. h. konkreter Anleiheinhaber) ist dies die letztgenannte Person, die die Sacheinlage (Anleiheforderung) für den Zeichner leistet (vgl. zum Ganzen Spindler/Stilz/ Servatius, AktG, § 183 Rn. 16; Bayer, GmbHR 2004, 445, 454). Eine namentliche Benennung des Sachinferenten ist bei girosammelverwahrten, börsennotierten Anleihen und weitgehend anonymen Anleihegläubiger damit praktisch unmöglich. 2. Ferner ist prospektrechtlich darauf zu achten, dass keine Struktur gewählt wird, die – obwohl die Altanleihe formal als solches aufrechterhalten wird – faktisch eine „Neuemission“ der Anleihe begründet. Dies könnte insbesondere der Fall werden, wenn nahezu sämtliche oder sogar sämtliche essentialia negotii der Altanleihe im Zuge der Restrukturierung geändert werden.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
218 Regelmäßig wird der Sachinferent dazu gerade nicht bereit sein: Der Sachinferent legt typischerweise nur einen Teil seiner (Gesamt-)Forderung ein und er behält regelmäßig einen signifikanten Nominalbetrag seiner Anleihe. Somit stellt die „Übernahme“ der Zielgesellschaft im Zuge der isolierten Sachkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss zugleich eine Sicherstellung seiner Fremdkapital-Position dar und die Eigenkapital-Position beinhaltet ein zusätzliches „Upside-Potential.“ 219 Zu Vereinfachungszwecken ist bei der Wahl einer kombinierten Bar- und Sachkapitalerhöhung angezeigt, diese in einem Beschluss zu fassen. Dies führt dazu, dass kein Bezugsrechtsausschluss vorliegt. Werden dagegen beide Kapitalerhöhungen separiert und in zwei Beschlüssen gefasst, liegt ein sog. gekreuzter Bezugsrechtsausschluss vor, der rechtlich problematischer ist.179) c) Nachlaufende Barkapitalerhöhung mit Bezugsrecht zugunsten der Alt-Gesellschafter 220 Erwähnt sei noch, dass in manchen Konstellationen eine nachgelagerte, aber rechtlich selbständige Barkapitalerhöhung in Betracht kommt. Im Rahmen einer solchen nachgelagerten und rechtlich selbständigen Barkapitalerhöhung kann insbesondere ein Bezugsrecht ausschließlich den Alt-Gesellschaftern eingeräumt werden. Dies kann und soll dazu führen, dass die Folgen einer vorangehenden Sachkapitalerhöhung (unter Bezugsrechtsausschluss) gelindert werden. 221 Eine solche Struktur führt jedoch nicht dazu, dass die Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss im Rahmen der vorgreiflichen (isolierten) Sachkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss entfallen. Lediglich im Rahmen der Verhältnismäßigkeit kann – vorsichtig – Berücksichtigung finden, dass „immerhin“ eine nachgelagerte Barkapitalerhöhung den Alt-Gesellschaftern erlaubt bzw. „erlauben soll“, ihre Beteiligungsquote, soweit die nachgelagerte Barkapitalerhöhungssumme „reicht“, aufrechtzuerhalten. Es darf aber insoweit nicht übersehen werden, dass die nachgelagerte Barkapitalerhöhung rechtlich selbständig ist und auch einem rechtlich eigenen Schicksal folgen kann; sie kann isoliert – und zwar unabhängig von dem Beschluss über die Sachkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss – angefochten werden, unabhängig und isoliert für nichtig erklärt werden, und der Beschluss kann – wenn auch weitgehend theoretisch – nachträglich (isoliert und unabhängig von dem Beschluss über die Sachkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss) wieder aufgehoben werden. d) Sonstige Strukturen mit Hilfe des Genehmigten Kapitals 222 Generell sind auch Gestaltungen des Debt-to-Equity-Swaps mit Hilfe des Genehmigten Kapitals denkbar.
___________ 179) Vgl. etwa Spindler/Stilz/Servatius, AktG, § 186 Rn. 63 i. V. m. Rn. 45a.
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V. Ablauf Gläubigerversammlung/Abstimmung ohne Versammlung
Dabei kann auch im Rahmen eines Genehmigten Kapitals grundsätzlich das 223 Bezugsrecht der Alt-Gesellschafter zugunsten des Sachinferenten ausgeschlossen werden. Formell setzt das Genehmigte Kapital allerdings voraus, dass ein schriftlicher Bericht über den Grund des Bezugsrechtsausschlusses erstattet wird (vgl. z. B. § 203 Abs. 1 Satz 1, § 203 Abs. 2 Satz 2 AktG). Für die Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses akzeptiert die Rechtsprechung, dass die mit dem Genehmigten Kapital verfolgte Maßnahme generell–abstrakt umschrieben wird. Dieses setzt naturgemäß voraus, dass zum Zeitpunkt des Hauptversammlungsbeschlusses noch keine konkrete Planung über die Kapitalmaßnahme existiert. Folglich scheidet die Möglichkeit, mit der Hilfe des Genehmigten Kapitals einen Debt-to-Equity-Swap durchzuführen, immer dann aus, wenn eine solche in Augenschein genommene Kapitalmaßnahme bereits hinreichend konkretisiert ist.180) Das Vorstehende führt dazu, dass typischerweise ein Debt-to-Equity-Swap 224 nicht mithilfe des Genehmigten Kapitals vollzogen werden kann. Dies gilt jedenfalls insoweit, dass – naheliegende – Anfechtungsgefahren und Anfechtungsrisiken nicht von vornherein in Kauf genommen werden sollen. V. Ablauf Gläubigerversammlung/Abstimmung ohne Versammlung Das SchVG hat im Vergleich zum SchVerschrG das Verfahren der Gläubiger- 225 abstimmung neu geregelt und „an das moderne und bewährte Recht der Hauptversammlung bei der Aktiengesellschaft angelehnt“.181) In der Praxis werden Gläubigerversammlungen nach dem SchVG daher grundsätzlich wie Hauptversammlungen nach dem AktG vorbereitet und durchgeführt. Nachstehend sollen praktische Fragen im Zusammenhang mit der Einberufung, 226 Durchführung und Beschlussfassung von Gläubigerversammlungen nach §§ 9 ff. SchVG näher betrachtet werden. Darüber hinaus wird auf das bislang dem deutschen Schuldverschreibungsrecht unbekannte Verfahren nach § 18 SchVG, der „Abstimmung ohne Versammlung“, in gebotener Kürze eingegangen. 1. Einberufung der Gläubigerversammlung (§ 9 SchVG) § 9 SchVG bildet den Einstieg in die verfahrensrechtlichen Normen der Gläu- 227 bigerversammlung und regelt die Einberufungskompetenz. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SchVG wird die Gläubigerversammlung entweder vom Anleiheschuldner oder von einem gemeinsamen Vertreter nach § 7 SchVG (Wahlvertreter) oder § 8 SchVG (Vertragsvertreter) einberufen. Da eine finanzielle Restrukturierung fast ausnahmslos auf Betreiben des An- 228 leiheschuldners (typischerweise des Emittenten) durchgeführt und damit auch ___________ 180) Vgl. LG München AG 2001, 319; dazu etwa auch Cahn, ZHR 163 (1999), 554, 559 ff. 181) RegBegr., BT-Drucks. 16/12814, S. 1.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
die Einberufung der Gläubigerversammlung durch den Emittenten erfolgen wird, soll im Rahmen dieser Darstellung auf eine nähere Erläuterung einer Einberufung durch den gemeinsamen Vertreter ebenso verzichtet werden wie auf die Einberufung auf ein Minderheitsverlangen der Gläubiger (§ 9 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 – 4 SchVG).182) a) Person des Einberufenden 229 Im Regelfall wird es sich bei (inländischen) Emittenten von Anleihen um Kapitalgesellschaften in Form der AG oder der GmbH handeln. Jedoch haben in der Vergangenheit auch Personenhandelsgesellschaften (in Form der GmbH & Co. KG)183) bzw. eingetragene Vereine184) bereits Anleihen emittiert. 230 Eine Regelung über die Einberufungszuständigkeit, wie sie § 121 Abs. 2 AktG für die Hauptversammlung regelt (Einberufung durch den Vorstand als Kollegialorgan), enthält das SchVG nicht. Dementsprechend folgert die zutreffende herrschende Ansicht, dass sich die Einberufungskompetenz nach allgemeinem Vertretungsrecht richtet, so dass grundsätzlich jeder im Außenverhältnis ausreichend Vertretungsberechtigte befugt ist, eine Gläubigerversammlung nach dem SchVG einzuberufen.185) Dies bedeutet zunächst, dass – zumindest theoretisch – auch Prokuristen und ggf. Handlungsbevollmächtigte wirksam zu einer Gläubigerversammlung einberufen könnten. Ferner bedeutet die Anwendung des allgemeinen Vertretungsrechts, dass die Wirksamkeit der Einberufung zu einer Gläubigerversammlung – bei entsprechender Vertretungsmacht des einberufenden Mitglieds des Vertretungsorgans – nicht von einem Beschluss des Vertretungsorgans als Kollegialorgan abhängt.186) b) Beschluss des Vertretungsorgans (als Kollegialorgan) 231 Gleichwohl ist – nicht zuletzt mangels einschlägiger Rechtsprechung – de lege lata zur Vermeidung von Anfechtungsrisiken anzuraten, dass der Einberufung zur Gläubigerversammlung ein Beschluss des Kollegialorgans (bei einer AG somit ein Vorstandsbeschluss entsprechend § 121 Abs. 2 AktG) zugrunde gelegt wird. Die Einholung eines solchen Vorstandsbeschlusses sollte grundsätzlich unproblematisch möglich sein. ___________ 182) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 9 Rn. 9. Zur Anwendbarkeit des § 9 Abs. 2 SchVG auf die Einberufung einer zweiten Versammlung nach § 15 Abs. 3 Satz 2 SchVG siehe BGH ZIP 2015, 473 ff., dazu EWiR 2015, 239 (Just/Maiwald). Hierzu vertieft Rn. 336. 183) Etwa die Bastei Lübbe GmbH & Co. KG bzw. die Günther Zamek Produktions- und Handelsgesellschaft mbH & Co. KG. 184) So der Fußballclub Gelsenkirchen-Schalke 04 e. V. 185) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 9 Rn. 6. a. A. wohl Veranneman/Backmann, SchVG, § 9 Rn. 4, der darauf hinweist, dass das vertretungsberechtigte Organ zur Einberufung einer Gläubigerversammlung befugt sei. 186) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 9 Rn. 6.
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V. Ablauf Gläubigerversammlung/Abstimmung ohne Versammlung
2. Einberufungsfrist und Anmeldemodalitäten (§ 10 SchVG) § 10 SchVG regelt die Frist für die Einberufung der Gläubigerversammlung 232 (§ 10 Abs. 1 und Abs. 2 SchVG) sowie die Ausgestaltung der für die Versammlungsteilnahme und Stimmrechtsabgabe notwendigen Legitimation (§ 10 Abs. 3 SchVG). a) Einberufungsfrist Nach § 10 Abs. 1 SchVG beträgt die Mindesteinberufungsfrist für eine Gläubi- 233 gerversammlung 14 Tage. Das SchVG enthält keine näheren Angaben dazu, wie die Einberufungsfrist zu berechnen ist. Eine Regelung, wie sie das Aktienrecht in § 121 Abs. 7 AktG etwa für die Fristberechnung vorsieht,187) findet sich im SchVG nicht. Eine analoge Anwendung des § 121 Abs. 7 AktG wird für das SchVG seitens des herrschenden Schrifttums mangels planwidriger Regelungslücke abgelehnt;188) vielmehr soll sich die Fristberechnung nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 186 ff. BGB richten.189) Dementsprechend sind weder der Tag der Veröffentlichung der Einberufung noch der Versammlungstag mitzuzählen.190) Auch wenn keine gefestigte Rechtsprechung zu dieser Frage besteht, ist be- 234 reits zur Vermeidung von Anfechtungsrisiken besteht, ein anderes Ergebnis nicht zugrunde zu legen.191) Zwischen dem Tag der Veröffentlichung der Einberufung sowie dem Tag sowie der Gläubigerversammlung müssen – sofern nicht ein Anmeldeerfordernis nach § 10 Abs. 2 SchVG vorliegt (dazu sogleich) – daher 14 volle Tage liegen. Die Bemessung der Frist sollte sich dabei bereits aus Vorsichtsgründen nach der letzten obligatorischen (SchVG oder Anleihebedingungen) Form der Bekanntmachung richten. Bei Bemessung der Frist ist unbedingt die Vorlaufzeit im Bundesanzeiger, in 235 dem die Einladung zur Gläubigerversammlung in jedem Falle zu veröffentlichen ist (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 SchVG) zu beachten. Hier ist bereits aus Vorsichtsgründen ein hinreichender Puffer von zwei bis (idealerweise) drei Werktagen zwischen der Eingabe zum Bundesanzeiger und vorgesehenem Veröffentlichungstag einzukalkulieren. ___________ 187) Nach § 121 Abs. 7 AktG ist der Tag der Hauptversammlung bei der Berechnung von Fristen und Terminen, die von der Versammlung aus zurückberechnet werden, nicht mitzurechnen. 188) Vgl. Veranneman/Backmann, SchVG, § 10 Rn. 2; Preuße/Schindele, SchVG, § 10 Rn. 2; Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 10 Rn. 3; Bliesener/ Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 10 Rn. 2. 189) Preuße/Schindele, SchVG, § 10 Rn. 2 Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 10 Rn. 3. 190) So etwa Veranneman/Backmann, § 10 Rn. 2; Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 10 Rn. 3. 191) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 10 Rn. 3.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
b) Anmeldeerfordernis 236 Ein gesetzliches Anmeldeerfordernis für die Teilnahme an einer Gläubigerversammlung sieht das SchVG nicht vor. § 10 Abs. 2 Satz 1 SchVG ermöglicht Emittenten jedoch, in den Anleihebedingungen eine Anmeldeobliegenheit einzuführen. Praktisch haben von dieser Möglichkeit – im Gegensatz zur üblichen Praxis börsennotierter Aktiengesellschaften bei der Einberufung zur Hauptversammlung – nur wenige Emittenten Gebrauch gemacht.192) 237 Sofern Anleihegläubiger einem Anmeldeerfordernis nach § 10 Abs. 2 SchVG nicht nachgekommen sind, ist zur Vermeidung von Anfechtungsrisiken diesen Anleihegläubigern grundsätzlich kein Zutritt zur Gläubigerversammlung zu gewähren.193) 238 Zu beachten ist, dass soweit die Anleihebedingungen ein Anmeldeerfordernis vorsehen, sich die Einberufungsfrist um die Anmeldefrist verlängert. Der Tag der Versammlung wird ersetzt durch den Tag bis zu dessen Ablauf sich die Gläubiger angemeldet haben müssen.194) c) Legitimationsnachweis (§ 10 Abs. 3 SchVG) 239 Das SchVG setzt voraus, dass Anleihegläubiger, die ihre Rechte in einer Anleihegläubigerversammlung ausüben wollen, sich zu legitimieren haben. § 10 Abs. 3 SchVG regelt daher nicht das „Ob“ der Obliegenheit zur Legitimation, sondern konkretisiert – vorbehaltlich näherer Regelungen in den Anleihebedingungen – „wie“ eine Legitimation inhaltlich zu erfolgen hat.195) aa) Form der Legitimation 240 Sofern in den Anleihebedingungen selbst keine Legitimationsanforderungen festgelegt werden, ordnet § 10 Abs. 3 Satz 2 SchVG an, dass für in Sammelurkunden verbriefte Schuldverschreibungen ein in Textform (§ 126b BGB) erstellter Nachweis des depotführenden Institutes, bei dem der entsprechende Anteil „verwahrt“ wird, ausreicht.
___________ 192) Ein Anmeldeerfordernis sah etwa die von der Q-Cells SE emittierte Wandelanleihe 2010/2015 (ISIN: DE000A1E8HF6) vor. Anders hingegen Wasmann/Steber (ZIP 2014, 2005, 2007), die bei der Gläubigerversammlung nach dem SchVG nachdem ein Anmeldeerfordernis „üblich“ sein soll. Diese Annahme lässt sich empirisch nicht belegen. 193) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 10 Rn. 4. 194) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 10 Rn. 5. 195) Vgl. Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 10 Rn. 6.
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V. Ablauf Gläubigerversammlung/Abstimmung ohne Versammlung
bb) Zeitpunkt Der Legitimationsnachweis muss sich grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Ab- 241 stimmung beziehen.196) Da typischerweise ein genau auf den Versammlungszeitpunkt nicht erbracht werden kann, behilft sich die Praxis zulässigerweise mit dem Erfordernis eines sog. „Sperrvermerks“. Dieser Vermerk des depotführenden Instituts bestätigt, dass die von Anleihegläubigern gehaltenen Schuldverschreibungen (mindestens) vom Ausstellungstag des Besonderen Nachweises – typischerweise Stichtag des Depotauszuges197) – bis zum Ende der Gläubigerversammlung beim depotführenden Institut gesperrt gehalten werden. cc) Praxistipp: Fakultative Anmeldung Speziell bei breit gestreuten Anleihen stellt sich in der Praxis oftmals die 242 Frage, inwiefern dem berechtigten Interesse des Einberufenen (sowie dem Versammlungsleiter) an einer beherrschbaren Legitimationsprüfung Genüge getan werden kann, sofern die Anleihebedingungen kein obligatorisches Anmeldeerfordernis vorsehen. Erfahrungsgemäß lässt sich diese Problematik handhaben, indem man in der 243 Einberufung zur Gläubigerversammlung eine fakultative Anmeldung vorsieht. Dies bedeutet, dass man um frühzeitige Anmeldung bittet (nebst Legitimationsnachweis), die Teilnahme jedoch nicht von einer solchen Anmeldung abhängig macht. 3. Ort der Gläubigerversammlung (§ 11 SchVG) Nach § 11 Satz 1 SchVG soll die Versammlung bei einem Emittenten mit 244 Sitz im Inland am Satzungssitz des Emittenten stattfinden.198) Als bloße ___________ 196) RegE SchVG, BT-Drucks. 16/12814, S. 21 („im Zeitpunkt der Abstimmung“); Bliesener/ Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 10 Rn. 16. Während im Aktienrecht mit § 123 Abs. 3 Satz 3 AktG eine Vorschrift eingeführt wurde, die das Teilnahme- und Stimmrecht von einem Halten der Aktien an einem bestimmten Stichtag (Record-Date) im Falle einer börsennotierten Aktiengesellschaft abhängig macht, fehlt eine entsprechende Regelung im SchVG – und zwar durch bewusste Nichtregelung seitens des Gesetzgebers, vgl. Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 10 Rn. 8. Im Schrifttum ist die Möglichkeit der Festlegung eines Record Dates umstritten (bejahend etwa Schlitt/Schäfer, AG 2009, 481, Simon, CFI 2010, 162; Veranneman/Backmann, SchVG, § 10 Rn. 9; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 10 Rn. 16; ablehnend Preuße/Vogel, SchVG, § 6 Rn. 12; ähnlich Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 10 Rn. 8). In jedem Fall scheint– de lege lata – das „willkürliche“ Setzen eines Record-Dates im Hinblick auf die Vorgaben des SchVG, insbesondere § 5 Abs. 1 Satz 2 SchVG (Abweichen zulasten der Gläubiger außerhalb der §§ 5 – 21 ff. AktG), problematisch und mit Anfechtungsrisiken behaftet. 197) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 10 Rn. 15. 198) Preuße/Schindele, § 11 Rn. 3; Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 11 Rn. 2; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 11 Rn. 1.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
Sollvorschrift ist es dem Einberufenen nach dem Gesetzeswortlaut jedoch grundsätzlich möglich, einen anderen Ort als den Satzungssitz (bzw. als die in § 11 Sätze 2 und 3 SchVG bezeichneten Orte) zu wählen. 245 Gleichsam wird in der Literatur vertreten, dass von einer Einberufung am Satzungssitz (bzw. sofern die Möglichkeit nach § 11 Sätze 2 und 3 SchVG eröffnet sind, von den dort bezeichneten Orten) nur dann abgewichen werden kann, wenn überwiegende Sachargumente für einen anderen Ort sprechen.199) Dabei wird insbesondere betont, dass die Vorschrift sich an den Vorgaben des § 121 Abs. 5 AktG orientieren will. Nach § 121 Abs. 5 Satz 1 AktG soll die Hauptversammlung am Sitz der Gesellschaft stattfinden, nach § 121 Abs. 5 Satz 2 AktG kann sie, sofern (i) die Aktien der Gesellschaft an einer deutschen Börse zum Handel an einem regulierten Markt200) zugelassen sind und (ii) die Satzung nichts Abweichendes bestimmt. 246 In der aktienrechtlichen Literatur wird die Abweichung vom Satzungssitz unter engen Voraussetzungen für möglich erachtet, und zwar, wenn Sachgründe bestehen, nach denen die Wertung des § 121 Abs. 5 Satz 1 AktG im Einzelfall schlechterdings nicht zutrifft, etwa bei Fehlen eines geeigneten Versammlungsraums am Satzungssitz.201) Der BGH verlangt – restriktiv – für Zulässigkeit der Abweichung vom Satzungssitz, dass ein anderer Versammlungsort für sämtliche Gesellschafter günstiger ist als der Satzungssitz und dass dies eindeutig feststeht.202) Die Unzulässigkeit des Versammlungsorts stellt im Aktienrecht einen Anfechtungsgrund gem. § 243 Abs. 1 AktG dar.203) 247 Überträgt man diese Rechtsprechung auf das SchVG wäre eine Abweichung vom Satzungssitz bei publikumsplatzierten Anleihen – vorbehaltlich der Regelungen des § 11 Sätze 2 und 3 SchVG nicht möglich. Inwiefern die willkürliche Wahl eines Drittortes ohne sachliche Rechtfertigung Auswirkungen auf die Beschlussfassungen der Gläubigerversammlung haben (und deren Anfechtbarkeit begründen), wurde für das SchVG von der Rechtsprechung soweit ersichtlich noch nicht aufgegriffen. 248 Gleichwohl ist jedoch angesichts des aktienrechtlichen Meinungsbilds und der Orientierung des § 11 SchVG an § 121 Abs. 5 AktG bereits aus Vorsichtsgründen von einer Vorrangigkeit des Satzungssitzes für die Gläubigerversammlung auszugehen. Dies gilt auch dann, wenn die Anleihen an einer inländischen Börse im Freiverkehr gehandelt werden und somit zumindest nach dem Wortlaut der Regelung in § 11 Satz 2 SchVG auf den Sitz der ___________ 199) Preuße/Schindele, § 11 Rn. 5; Veranneman/Backmann, SchVG, § 11 Rn. 5; Bliesener/ Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 11 Rn. 2; Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 11 Rn. 5. 200) Eine Einbeziehung in den Freiverkehr i. S. d. § 48 BörsG genügt hingegen nicht, vgl. Spindler/Stilz/Rieckers, AktG, § 121 Rn. 71 m. w. N. 201) Hüffer, AktG, § 121 Rn. 12. 202) BGH AG 1985, 188, 189; OLG Dresden AG 2001, 489. 203) Vgl. Hüffer, AktG, § 121 Rn. 12 m. w. N.
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V. Ablauf Gläubigerversammlung/Abstimmung ohne Versammlung
Wertpapierbörse ausgewichen werden kann. Insofern ist bislang nicht gesichert, ob für den Handel i. S. d. § 11 Satz 2 SchVG eine Notierung in einem Segment des Freiverkehrs ausreicht204) oder ob – wie es die aktienrechtliche Regelung des § 121 Abs. 5 Satz 2 AktG vorsieht – eine Zulassung zum regulierten Markt zu fordern ist.205) Nur wenn die Anleihen an einem regulierten Markt zugelassen sind, kann daher letztlich ein „Ausweichen“ an den Sitz der Wertpapierbörse, an dem die Anleihen zum regulierten Markt zugelassen sind, in Betracht gezogen werden. Unabhängig davon kann eine Gläubigerversammlung gemäß § 11 Satz 3 249 SchVG an einem nach § 30a Abs. 2 WpHG frei wählbaren Ort innerhalb der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums stattfinden. Angesichts einer vorgesehenen Mindeststückelung von EUR 100.000 (bzw. EUR 50.000 bei Schuldtiteln, die vor dem 31.10.2010 ausgegeben wurden) sowie einer notwendigen Zulassung der Schuldverschreibungen zu einem organisierten Markt i. S. d. § 2 Abs. 5 WpHG dürfte eine Anwendung von § 11 Satz 3 SchVG bei publikumsplatzierten Unternehmensanleihen in der Regel ausscheiden. Hat der Emittent seinen Satzungssitz im Ausland, ist er bei der Wahl seines 250 Versammlungsortes frei.206) 4. Ausgestaltung der Einberufung und Bekanntmachung (§ 12 SchVG) Regelungsgegenstand des § 12 SchVG ist die Art und Weise der Einberufung 251 der Gläubigerversammlung. § 12 Abs. 1 SchVG normiert in der Einberufung zu treffende Angaben, wobei diese Vorschrift den Inhalt der Einberufung nur unvollständig regelt. § 12 Abs. 2 und 3 SchVG regeln die Art und Weise der Bekanntmachung der Einberufung. Die Bekanntmachungspflicht der Einberufung (sowie der Tagesordnung nach 252 § 13 Abs. 2 SchVG) deckt sich mit der Bekanntmachungspflicht nach § 30b Abs. 2 WpHG, die Emittenten von Schuldtiteln obliegt, für die die Bundesrepublik der Herkunftsstaat i. S. d. § 2 Abs. 6 WpHG ist.207) a) Inhalt der Einberufung (§ 12 Abs. 1 SchVG) Nach § 12 Abs. 1 SchVG muss in der Einberufung die Firma, der Sitz des 253 Schuldners, die Zeit und der Ort der Gläubigerversammlung sowie die Bedingungen angeben werden, von denen die Teilnahme an der Gläubigerver___________ 204) So i. E. Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 11 Rn. 5; Veranneman/ Backmann, SchVG, § 11 Rn. 3. 205) So Preuße/Schindele, SchVG, § 11 Rn. 6 unter Verweis auf die aktienrechtliche Regelung. 206) Preuße/Schindele, SchVG, § 11 Rn. 8; Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 11 Rn. 6. 207) Veranneman/Backmann, SchVG, § 12 Rn. 4; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 12 Rn. 12.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
sammlung und die Ausübung des Stimmrechts abhängen. Daneben sind jedoch weitere Angaben in der Einberufung erforderlich; insofern regelt § 12 Abs. 1 SchVG den Inhalt der Einberufung nach zutreffendem Verständnis nur unvollständig.208) Zur Vermeidung von Anfechtungsrisiken209) sind nachstehende Angaben – die teilweise über die in § 12 Abs. 1 SchVG genannten Angaben hinausgehen – daher mindestens in die Einberufung aufzunehmen: aa) Bezeichnung der Schuldverschreibungen 254 In der Einberufung sind die Schuldverschreibungen, über die eine Gläubigerversammlung abgehalten werden soll, durch Angabe der auf der Sammelurkunde oder in den Anleihebedingungen enthaltenen Bezeichnung und der Wertpapierkennnummer sowie der ISIN (International Securities Identification Number) aufzuführen.210) bb) Firma und Sitz 255 Die Einberufung hat Angaben zur Firma (§ 17 Abs. 2 HGB) einschließlich Rechtsformzusatz sowie zum Sitz des Schuldners zu enthalten. Bei der Angabe des Sitzes ist sowohl für eine deutsche (Kapital-)Gesellschaft als auch für eine ausländische Gesellschaft der Satzungssitz anzugeben.211) cc) Ort und Zeitpunkt 256 § 12 Abs. 1 SchVG fordert zudem die Angabe des genauen Ortes der Gläubigerversammlung mit entsprechender vollständiger Anschrift.212) Überdies muss der Zeitpunkt der Gläubigerversammlung angegeben werden und zwar nach Datum und der Stunde des Beginns.213) Angaben zur voraussichtlichen Dauer der Gläubigerversammlung sind hingegen in der Einberufung nicht vonnöten.214) dd) Teilnahmebedingungen 257 Nach § 12 Abs. 1 SchVG müssen die Bedingungen, von denen die Teilnahme und die Ausübung des Stimmrechts abhängen, in der Einladung angegeben werden. Dies umfasst nach zutreffendem Verständnis auch die gesetzlichen ___________ 208) Zutreffend Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, BankrechtsKommentar, Kap. 17 (SchVG), § 12 Rn. 2. 209) Vgl. Preuße/Schindele, SchVG, § 12 Rn. 6; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 12 Rn. 10. 210) Vgl. Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 12 Rn. 7. 211) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 12 Rn. 2. 212) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 12 Rn. 3. 213) Veranneman/Backmann, SchVG, § 12 Rn. 2; Preuße/Schindele, SchVG, § 12 Rn. 2; Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 12 Rn. 2. 214) Preuße/Schindele, SchVG, § 12 Rn. 3.
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Vorgaben über die Legitimation von Anleihegläubigern215) bzw. – sofern in den Anleihebedingungen enthalten – weiterer Detailregelungen zur Legitimation. Sofern die Anleihebedingungen ein Anmeldeerfordernis vorsehen (vgl. § 10 Abs. 2 SchVG), sind Ausführungen zu diesem Erfordernis ebenso aufzunehmen wie zu etwaigen weitergehenden spezifizierten Regelungen in den Anleihebedingungen.216) ee) Person des Einberufenden Ferner muss sich aus der Einberufung ergeben, wer die Versammlung einbe- 258 rufen hat. Zwar ist dieses Erfordernis lediglich bei Einberufung durch eine qualifizierte Gläubigerminderheit aufgrund gerichtlicher Ermächtigung in § 9 Abs. 2 Satz 3 SchVG ausdrücklich angeordnet. Um jedoch den Gläubigern die Prüfung zu ermöglichen, ob eine Einberufung durch eine befugte Stelle (Emittent oder gemeinsamer Vertreter) erfolgt ist, ist nach zutreffender Ansicht in sämtlichen Fällen die Person des Einberufenden in der Einberufung zu nennen.217) ff) Tagesordnung Mit der Einberufung zur Gläubigerversammlung ist eine Tagesordnung mit 259 Beschlussvorschlägen bekannt zu machen (vgl. § 13 SchVG). Auch wenn das SchVG Einberufung und Tagesordnung als zwei unterschiedliche Dokumente ansieht,218) die nach denselben Vorschriften bekannt zu machen sind (vgl. § 13 Abs. 2 Satz 2 SchVG für die Bekanntmachung der Tagesordnung), werden in der Praxis diese Dokumente in einer einheitlichen Bekanntmachung zusammengefasst.219) b) Bekanntmachung der Einberufung (§ 12 Abs. 2 SchVG) Die Einberufung ist nach § 12 Abs. 2 Satz 1 SchVG unverzüglich im Bundes- 260 anzeiger öffentlich bekanntzumachen. Diese Bekanntmachungspflicht ist an § 30b Abs. 2 Nr. 1 WpHG angelehnt, jedoch gilt sie für alle dem SchVG unterfallenden Anleihen und somit auch für Anleihen, die lediglich im Freiverkehr notiert bzw. gar nicht an einer Börse gehandelt werden. ___________ 215) Vgl. Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 12 Rn. 4. 216) Vgl. Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 12 Rn. 6. 217) Preuße/Schindele, SchVG, § 12 Rn. 5. Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 12 Rn. 8. 218) Vgl. hierzu den ausdrücklichen Hinweis von Schindele (in: Preuße, SchVG, § 13 Rn. 4), wonach die Tagesordnung nicht „in“ sondern „mit“ der Tagesordnung bekannt zu machen ist. 219) Vgl. Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 12 Rn. 9.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
261 Im Unterschied zur Publikationspflicht nach dem SchVerschrG reicht eine einmalige Publikation im Bundesanzeiger zur Wahrung der Bekanntmachungspflicht aus.220) Dem Merkmal der Unverzüglichkeit in § 12 Abs. 2 Satz 1 SchVG kommt nach zutreffender herrschender Ansicht keine eigenständige Bedeutung zu.221) 262 Über die Veröffentlichungspflicht nach § 12 Abs. 2 Satz 1 SchVG steht es den Anleiheemittenten frei, in den Anleihebedingungen weitere Formen der Bekanntmachung der Einberufung vorzusehen. Des Weiteren steht es den Emittenten frei, auch ohne entsprechende Erwähnung in Anleihebedingungen die Einberufung durch weitere Kanäle als den Bundesanzeiger zu verbreiten. Dies mag sich insbesondere vor dem Hintergrund des notwendigen Mindestquorums zur Beschlussfähigkeit von 50 % (§ 15 Abs. 3 Satz 1 SchVG) bzw. 25 % (§ 15 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 SchVG) in einer zweiten Gläubigerversammlung, sofern Beschlüsse nach Maßgabe der § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 – 9 SchVG gefasst werden, besonders anbieten. 263 Sehen die Anleihebedingungen zusätzliche Bekanntmachungswege vor, sind diese unbedingt einzuhalten. Das Außerachtlassen eines obligatorischen Bekanntmachungsweges kann zur Anfechtbarkeit der Beschlussfassungen führen.222) Zudem ist bislang ungeklärt, ob bei Versäumung der Bekanntmachung der Einberufung über einen obligatorischen Bekanntmachungsweg, die Frist des § 10 Abs. 1 SchVG überhaupt zu laufen beginnt. Bei der Vorbereitung der Einberufung sollte daher bereits aus Vorsichtsgründen davon ausgegangen werden, dass die Einberufungsfrist erst mit Veröffentlichung im letzten Bekanntmachungsorgan – sei es von Gesetzes wegen oder sei es in den Anleihebedingungen vorgesehen – zu laufen beginnt. c) Publikationspflicht im Internet (§ 12 Abs. 3 SchVG) 264 Darüber hinaus trifft Emittenten nach § 12 Abs. 3 SchVG eine erweiterte Publikationspflicht zur Veröffentlichung der Einberufung sowie der genauen Bedingungen, von denen die Versammlungsteilnahme und die Ausübung des
___________ 220) Die Pflicht zur zweifachen Publikation ergab sich aus § 6 Abs. 1 SchVerschrG. 221) Veranneman/Backmann, SchVG, § 12 Rn. 4; Preuße/Schindele, SchVG, § 12 Rn. 7; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 12 Rn. 11; a. A. Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 12 Rn. 11. 222) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 12 Rn. 12; Bliesener/ Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 12 Rn. 13.
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V. Ablauf Gläubigerversammlung/Abstimmung ohne Versammlung
Stimmrechts abhängen,223) auf ihrer Internetseite bzw. sofern eine solche (ausnahmsweise) nicht vorhanden sein sollte, auf der in den Anleihebedingungen bestimmten Internetseite. Über den Verweis in § 13 Abs. 2 Satz 2 SchVG gilt diese Publikationspflicht auch für die Tagesordnung. Die Publikationspflicht des § 12 Abs. 3 SchVG beginnt mit dem Tag der 265 Einberufung und endet am Tag der Gläubigerversammlung und verpflichtet nur den Emittenten, selbst wenn der gemeinsame Vertreter der Einberufende ist.224) Daraus ergibt sich, dass die Publikationspflicht nach § 12 Abs. 3 SchVG selbst keine Voraussetzung für den Beginn der Einberufungsfrist nach § 10 Abs. 1 SchVG. Ansonsten hätte es der Emittent in der Hand, eine vom gemeinsamen Vertreter einberufene Versammlung – die möglicherweise gar nicht im Sinne des Emittenten steht – mit einem Makel zu behaften, indem die Einstellung auf die Internetseite des Emittenten (oder einer anderen Internetseite, i. S. v. § 12 Abs. 3 SchVG) verzögert wird. Gleichsam sollte zur Vermeidung von Prozessrisiken darauf geachtet werden, 266 dass die Obliegenheit des § 12 Abs. 3 SchVG, die taggleiche Veröffentlichung der Einberufung auf der Internetseite des Emittenten, eingehalten wird. d) Kosten der Bekanntmachung (§ 12 Abs. 2 Satz 3 SchVG) Die Kosten der Bekanntmachung der Einberufung sind nach § 12 Abs. 2 267 Satz 3 SchVG in jedem Fall von dem Emittenten zu tragen. Dies gilt auch bei Einberufung durch den gemeinsamen Vertreter bzw. zur Einberufung ermächtigter Gläubiger.225) Deren Kostenerstattungs- oder Freistellungsansprüche reduzieren sich jedoch nach zutreffender Ansicht auf die Kosten der Bekanntmachung in gesetzlichen oder in den Anleihebedingungen vorgesehenen Veröffentlichungskanälen.226) Für die Kosten von Veröffentlichungen in Kanälen, die weder gesetzlich noch in den Anleihebedingungen vorgesehen sind, muss der Emittent hingegen nicht einstehen. 5. Tagesordnung (§ 13 SchVG) Der jeweils Einberufende der Gläubigerversammlung hat nach § 13 Abs. 1 268 SchVG eine Tagesordnung zu erstellen. Die Tagesordnung muss die jeweiligen ___________ 223) Zum Inhalt der Publikationspflicht der § 12 Abs. 3 SchVG betreffend Stimmabgabe und Stimmenzählung nach § 16 Abs. 2 SchVG vgl. die Ausführungen bei Preuße/ Kirchner, SchVG, § 16 Rn. 43. Vgl. auch Kusserow (WM 2011, 1645, 1650), der vertritt, dass auch die Methodik der Stimmauszählung (Additions- oder Subtraktionsverfahren) nach § 12 Abs. 3 SchVG zu veröffentlichen ist. Dem kann nicht gefolgt werden, da damit das Recht des Versammlungsleiters zur Festlegung der Art der Stimmauszählung – sofern die Anleihebedingungen nicht ausnahmsweise hierzu eine Regelung treffen – verkürzt würde. Vgl. zur Stimmauszählung eingehend Preuße/Kirchner, SchVG, § 16 Rn. 53 ff. 224) Vgl. Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 12 Rn. 15. 225) Vgl. Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 12 Rn. 15. 226) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 12 Rn. 15.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
Beschlussgegenstände enthalten. Ferner hat der Einberufene zu jedem dieser Beschlussgegenstände einen Beschlussvorschlag zu unterbreiten.227) Sofern die Anpassung von Anleihebedingungen beschlossen werden soll, besteht überdies die Pflicht, den neuen Wortlaut der Anleihebedingungen anzugeben.228) 269 Im Gegensatz zur teilweisen Berichtspflicht bezüglich einzelner Tagesordnungspunkte bei aktienrechtlichen Hauptversammlungen (beispielsweise die Berichtspflicht bei einem Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG), besteht im Rahmen der Tagesordnung im SchVG nach zutreffendem Verständnis keine Begründungs- oder Berichtspflicht.229) Gleichsam wird es sich in der Regel anbieten, die Notwendigkeit einer Beschlussfassung zu erläutern, um die Anleihegläubiger zur Zustimmung zu bewegen. 270 Das SchVG normiert – wie auch das Aktienrecht – nichts zu der Frage, inwiefern der Einberufende in der Gläubigerversammlung einen von dem Beschlussvorschlag abweichenden Beschlussantrag stellen darf. Richtigerweise ist ein solches Abweichen nur dann zulässig, wenn sachliche Gründe für ein solches bestehen.230) a) Bekanntmachungspflicht (§ 13 Abs. 2 Satz 1 SchVG) 271 Der Einberufende hat nach § 13 Abs. 2 SchVG die Tagesordnung mit den Beschlussvorschlägen gemeinsam mit der Einberufung, d. h. grundsätzlich 14 Tage vor der Versammlung,231) bekanntzumachen. Verlängert sich durch ein obligatorisches Anmeldeerfordernis die Einberufungsfrist, gilt dies auch entsprechend für die Bekanntmachung der Tagesordnung (vgl. § 13 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 12 Abs. 2 SchVG), die in der Praxis ohnehin in der Regel zusammengefasst mit der Einberufung in einem Dokument bekannt gemacht wird. 272 Auch für die Bekanntmachung der Tagesordnung gelten die Veröffentlichungspflichten des § 12 Abs. 2 und 3 SchVG, d. h. es ist (i) eine (einmalige )Veröffentlichung im Bundesanzeiger (sowie ggf. in weiteren Veröffentlichungsforen, die die Anleihebedingungen vorsehen) und (ii) eine Publikation auf der Internetseite der Emittenten vonnöten. 273 Die ordnungsgemäße Bekanntmachung der Tagesordnung nebst Beschlussvorschlägen ist von entscheidender Bedeutung, da § 13 Abs. 2 Satz 3 SchVG anordnet, dass über vorschriftwidrig bekanntgemachte Beschlussgegenstände ___________ 227) Anders die teilweise Praxis der Insolvenzgerichte bei Einberufung zu einer Gläubigerversammlung nach § 19 SchVG, vgl. etwa AG Düsseldorf, AZ: 502 IN 118/14. 228) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 13 Rn. 2. 229) Vgl. Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 13 Rn. 4. Zur Berichtspflicht im SchVG siehe auch sogleich Rn. 284 ff. 230) Vgl. Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 13 Rn. 5; ähnlich Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 13 Rn. 4. 231) Siehe bereits Rn. 233 ff.
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V. Ablauf Gläubigerversammlung/Abstimmung ohne Versammlung
keine Beschlüsse gefasst werden können. Sollte eine Beschlussfassung gleichwohl erfolgen, kann dies zur Anfechtbarkeit der gefassten Beschlüsse nach § 20 SchVG führen.232) b) Ergänzung der Tagesordnung und deren Bekanntmachung (§ 13 Abs. 3 Satz 1 SchVG) Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SchVG können Gläubiger, deren Schuldverschreibun- 274 gen zusammen 5 % des ausstehenden Nennbetrages der Anleihe erreichen, verlangen, dass neue Gegenstände zur Beschlussfassung bekannt gemacht werden. Ergänzungsverlangen spielten – im Gegensatz zu Gegenanträgen nach § 13 275 Abs. 4 SchVG – bislang in der Praxis der Restrukturierung keine prominente Rolle und sollen auch hier nicht näher betrachtet werden.233) c) Gegenanträge (§ 13 Abs. 4 SchVG) Nach § 13 Abs. 4 SchVG können Anleihegläubiger Gegenanträge zu existieren- 276 den Beschlussvorschlägen ankündigen und diese veröffentlichen lassen. Die angekündigten Gegenanträge sind – vergleichbar mit den Gegenanträgen bei einer aktienrechtlichen Hauptversammlung – Beschlussanträge und können seitens des jeweiligen Gläubigers vorab nur angekündigt werden.234) In der Versammlung selbst muss der Antrag dementsprechend noch gestellt werden. Im Unterschied zum Aktienrecht müssen entsprechende Gegenanträge nach dem SchVG nicht begründet werden (vgl. § 126 Abs. 1 Satz 1 AktG).235) Rechtzeitig angekündigte Gegenanträge sind von dem Emittenten im Internet 277 unter seiner Adresse (oder einer sonst in den Anleihebedingungen festgelegten Internetseite) zu veröffentlichen. Die Nichtveröffentlichung eines rechtzeitig angekündigten Gegenantrages ist nach teilweise im Schrifttum vertretener Ansicht für die verpflichteten Emittenten sanktionslos,236) gleichwohl sollte – mangels einschlägiger Rechtsprechung zu eventuellen Sanktionen – sowie zur Außendarstellung der Emittenten der aus § 13 Abs. 4 SchVG resultierenden Obliegenheit nachgekommen werden. Es bleibt – trotz der Regelung des § 13 Abs. 4 SchVG – Anleihegläubigern 278 unbenommen, in der Versammlung auch ohne vorherige Ankündigung einen ___________ 232) Preuße/Schindele, SchVG, § 12 Rn. 5; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/ Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 13 Rn. 8 zur Anwendung von § 13 Abs. 2 Satz 3 SchVG auf Ergänzungsverlangen vgl. Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 13 Rn. 7. 233) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 13 Rn. 9. 234) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 13 Rn. 16. 235) Vgl. Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 13 Rn. 17 sowie Bliesener/ Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 13 Rn. 9, die überdies zutreffend darauf hinweisen, dass § 5 Abs. 1 Satz 2 SchVG die Einführung einer solchen Begründungspflicht für Gegenanträge verbietet. 236) So Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 13 Rn. 16.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
Gegenantrag zu stellen.237) Auch bleibt es Gläubigern unbenommen, auf einen zuvor veröffentlichten Beschlussantrag in der Versammlung keinen Antrag folgen zu lassen.238) 279 In der Praxis finden sich bei der Restrukturierung von Anleihen insbesondere Gegenanträge im Zusammenhang mit der Person eines zu bestellenden gemeinsamen (Wahl-)Vertreters nach § 7 SchVG. Hier kündigen Anleihegläubiger des Öfteren Alternativvorschläge hinsichtlich der Person des gemeinsamen Vertreters an bzw. unterbreiten diese ad-hoc in der Gläubigerversammlung. d) Berichtspflichten des Einberufenden? 280 Es stellt sich des Weiteren die Frage, ob der zur Gläubigerversammlung Einberufende im Rahmen der Bekanntmachung der Tagesordnung gesonderten und eigenständigen Berichtspflichten unterliegt. Es lässt sich – mit dem Schrifttum – in der Tat eine Analogie zu den aktien- und umwandlungsrechtlichen Berichtspflichten diskutieren.239) aa) Aktien- und umwandlungsrechtliche Berichtspflichten 281 Das Aktienrecht sieht – insbesondere bei der Vorbereitung der Beschlussfassung der Hauptversammlung über Kapital- bzw. Strukturmaßnahmen – verschiedene Berichtspflichten vor, die seitens der Gesellschaft bzw. seitens ihrer Leitungsorgane zu erfüllen sind. 282 Beispielhaft seien genannt: x
Bericht des Vorstands nach § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG über den Grund für einen teilweisen oder vollständigen Ausschluss des Bezugsrechts bei einer Kapitalerhöhung240)
x
Bericht des Vorstands nach § 293a AktG, wenn ein Unternehmensvertrag geschlossen wird und dafür gemäß § 293 AktG die Zustimmung der Hauptversammlung erforderlich ist241)
x
Bericht des Hauptaktionärs bei einem Squeeze-Out nach § 327c Abs. 2 AktG, in dem die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen des Ausschlusses und die Angemessenheit der angebotenen Barabfindung dargelegt werden242)
___________ 237) Preuße/Schindele, SchVG, § 13 Rn. 8; Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 13 Rn. 19. 238) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 13 Rn. 19. 239) Vgl. etwa auch Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 16 Rn. 4. 240) Hierzu Peifer, in: MünchKomm-AktG, § 186 Rn. 65 ff. Zur Berichtspflicht bei vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG vgl. Peifer, in: MünchKommAktG, § 186 Rn. 89. 241) Hierzu Hüffer, AktG, § 293a Rn. 7 ff. 242) Hierzu Hüffer, AktG, § 327c Rn. 3.
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V. Ablauf Gläubigerversammlung/Abstimmung ohne Versammlung
Auch das Umwandlungsrecht normiert Berichtspflichten, die die Leitungs- 283 organe der an der Umwandlung beteiligten Rechtsträger zu erfüllen haben (vgl. für die Verschmelzung § 8 UmwG, für Spaltungsvorgänge § 127 UmwG sowie für die formwechselnde Umwandlung § 192 UmwG). bb) Berichtspflichten gegenüber der schuldverschreibungsrechtlichen Gläubigerversammlung? Das SchVG selbst sieht keine ausdrücklichen Berichtspflichten vor, die im 284 Vorfeld einer Gläubigerversammlung zu erfüllen wären. Vielmehr normiert das SchVG lediglich Informationsrechte zugunsten der Anleihegläubiger in der Gläubigerversammlung (vgl. § 16 Abs. 1 SchVG). Im Aktienrecht wird jedoch nach obergerichtlicher Rechtsprechung vertreten, 285 dass über die gesetzlich geregelten Fälle aus einer Gesamtanalogie der Vorschriften zu den einzelnen Berichten genuin ungeschriebene Berichtspflichten bestehen können.243) Eine entsprechende (Gesamt-)Analogie zu aktienrechtlichen Vorschriften und 286 damit eine Berichtspflicht ist im SchVG jedoch abzulehnen.244) Für eine Berichtspflicht fehlt im SchVG – im Gegensatz zum Aktienrecht – zunächst der gesetzliche Ausgangspunkt, d. h. eine spezielle Berichtspflicht für irgendeine zu beschließende Maßnahme. Dies bedeutet, dass eine Übertragung der aktienrechtlichen Berichtspflichten auf das SchVG eine mehrfache Analogie darstellen würde.245) Zunächst würde im Wege einer Gesamtanalogie aus speziellen aktienrechtlichen Berichtspflichten eine allgemeine Berichtspflicht erzeugt, um diese dann analog auf das SchVG bzw. die diesbezügliche Gläubigerversammlung anzuwenden.246) Eine solche Gesamtanalogie mag im Aktienrecht vertretbar sein, da die speziellen Berichtspflichten einen Anhaltspunkt bieten, in welchen Fällen und in welcher Ausgestaltung auch eine ungeschriebene Berichtspflicht bestehen kann.247) Da dem SchVG indes jedweder Anhaltspunkt fehlt, (i) bei welchen Maßnahmen die Berichtspflicht überhaupt, dem Grunde nach, zu bejahen wäre und (ii) wie eine solche Berichtspflicht dann zu erfüllen wäre, wird die Einführung von Berichtspflichten im SchVG zutreffend nicht als bloße Analogie, sondern als gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung qualifiziert. Es würde dadurch ein neues Rechtsinstitut geschaffen und nicht ein bestehendes extendiert.248) ___________ 243) Vgl. OLG Frankfurt/M. AG 1999, 378 ff.; OLG München AG 1996, 327 ff. 244) Gegen eine Analogie zu aktienrechtlichen Berichtspflichten auch Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 16 Rn. 4; in diese Richtung auch Wasmann/ Steber, ZIP 2014, 2005, 2010. 245) Zutreffend Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 16 Rn. 4. 246) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 16 Rn. 4. 247) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 16 Rn. 4. 248) Im Ergebnis ebenso Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 16 Rn. 4.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
287 Zudem resultieren Berichtspflichten – insbesondere diejenigen im Aktienrecht – grundsätzlich aus der generellen Rechenschaftspflicht des Leitungsorgans gegenüber der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft. Zwischen Parteien einer rein schuldrechtlichen Verbindung – wie im Falle der Anleihegläubiger zum Emittenten – besteht eine solche Rechenschaftspflicht jedoch grundsätzlich nicht. Insbesondere liegen im Verhältnis von Anleihegläubiger und Emittent nicht die Voraussetzungen des § 259 BGB vor.249) 288 Die Verneinung einer „quasi-verbandsrechtlichen“ Berichtspflicht hat auch zur Folge, dass im Vorfeld der Gläubigerversammlung keine Unterlagen beigebracht werden müssen, etwa im Zusammenhang mit Sanierungsbemühungen erstellte Sanierungsgutachten.250) 289 Vielmehr gilt folgendes: Welche Unterlagen zur Verfügung zu stellen und auf der Internetseite des Schuldners den Gläubigern zugänglich zu machen sind, regelt § 13 SchVG abschließend. Darüber hinaus bestehen keine Bekanntmachungspflichten. Gleichwohl ist es dem Emittenten naturgemäß unbenommen – und strategisch auch sachgerecht –, zur Werbung für die Zustimmung zu den Beschlussvorschlägen über den Stand der Sanierung im Vorfeld zu informieren.251) 290 Auch in der Versammlung müssen Unterlagen, die nicht bereits nach § 13 SchVG zugänglich gemacht werden müssen, nicht ausgelegt werden. Dies folgt schon aus dem Mündlichkeitsgrundsatz des § 16 Abs. 1 SchVG. Danach ist es zwar denkbar, bestimmte Unterlagen (auszugsweise) vorzulesen bzw. zu zitieren – keinesfalls kann aber zum Beispiel die Verlesung eines vollständigen Sanierungsgutachtens verlangt werden.252) In der Praxis dürfte sich eine eventuelle Verlesung auf einige wenige Passagen reduzieren, da allerhöchstens Exzerpte aus einem Sanierungsgutachten zur sachgemäßen Beurteilung der Tagesordnung bzw. der Beschlussvorschläge erforderlich sein dürften. Jedoch wird auch insoweit regelmäßig eine Verlesung bereits deshalb ausscheiden, da zumeist sämtliche wirtschaftliche Eckdaten im Rahmen einer Präsentation seitens des Vorstands vorab so hinreichend dargestellt werden, dass eine genügende Information zur Entscheidung gewährleistet ist.253)
___________ 249) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 16 Rn. 4. 250) Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2010. 251) Vgl. etwa die Informationsmemoranda in den finanziellen Restrukturierungen der Centrosolar AG (abrufbar unter http://www.centrosolar-group.com/fileadmin/ user_upload/downloads/cs-group/restrukturierung/anleihe/CS_Infomemo_2013-0412_clean.pdf, zuletzt abgerufen am 7.4.2015) und der SolarWorld AG (abrufbar unter http://www.solarworld.de/fileadmin/sites/sw/ir/pdf/informationsmemorandum.pdf). 252) Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2010 unter Hinweis auf OLG Köln ZIP 2014, 268. 253) Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2010.
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V. Ablauf Gläubigerversammlung/Abstimmung ohne Versammlung
6. Vertretung der Gläubiger (§ 14 SchVG) Das Gesetz stellt in § 14 Abs. 1 Satz 1 SchVG ausdrücklich klar, dass die 291 Vertretung von Anleihegläubigern in der Gläubigerversammlung rechtsgeschäftlich möglich ist. Der Stellvertreter kann dabei die dem Anleihegläubiger zukommende Rechtsposition (einschließlich der Stimmberechtigung) vollumfänglich wahrnehmen.254) a) Form der Bevollmächtigung (§ 14 Abs. 2 Satz 1 SchVG) Nach § 14 Abs. 2 SchVG bedürfen die Vollmacht sowie eventuelle Weisungen 292 des Vollmachtgebers lediglich der Textform (§ 126b BGB). Von dieser Regelung kann nach zutreffender Auffassung nicht zum Nachteil der Anleihegläubiger (etwa durch Vorsehen der Schriftform in den Anleihebedingungen [§ 126 BGB]) abgewichen werden.255) Eine solche Abweichung stellt eine nicht vom SchVG vorgesehene Abweichung zulasten der Anleihegläubiger dar und ist nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 Satz 2 SchVG unzulässig. Möglich ist es jedoch, nach Maßgabe von § 14 Abs. 1 Satz 3 SchVG sowohl in 293 Anleihebedingungen als auch in der konkreten Einberufung Voraussetzungen aufzustellen, die eine wirksame Vertretung gewährleisten sollen. Auch hier können vor dem Hintergrund des § 5 Abs. 1 Satz 2 SchVG jedoch nur solche Anforderungen gestellt werden, die für die Identitätsfeststellung und Legitimation des Vertreters unabdingbar sind. Dies ist dann der Fall, wenn festgestellt werden kann, dass (i) der Vertretene teilnahme- und stimmberechtigt ist, (ii) der Vertreter ordnungsgemäß bevollmächtigt wurde sowie (iii) dessen Identität überprüfbar ist.256) Die Legitimation von gesetzlichen und organschaftlichen Vertretern erfolgt durch übliche Unterlagen (bei einer deutschen GmbH z. B. durch Vorlage des Handelsregisterauszuges).257) b) Hinweispflichten in der Einberufung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 SchVG) Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 SchVG muss die Einberufung auf die Möglichkeit der 294 Vertretung durch einen Bevollmächtigten ausdrücklich hinweisen. Zudem muss die Einberufung die Voraussetzungen für die wirksame Vertretung auflisten. Die Einberufung hat daher die für den Identitätsnachweis und die Legitimation erforderlichen Voraussetzungen verständlich und vollständig darzulegen. Emittenten von Schuldverschreibungen, deren Herkunftsstaat i. S. d. § 2 295 Abs. 6 WpHG die Bundesrepublik Deutschland ist, haben zudem darauf zu ___________ 254) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 14 Rn. 1. 255) Preuße/Kirchner, SchVG, § 14 Rn. 13; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/ Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 14 Rn. 4; a. A. Veranneman/ Gärtner, SchVG, § 14 Rn. 7. 256) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 14 Rn. 5. 257) Veranneman/Gärtner, SchVG, § 14 Rn. 9.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
achten, dass die Voraussetzungen des § 30a Abs. 1 Nr. 6 WpHG gewahrt bleiben. Nach § 30a Abs. 1 Nr. 6 WpHG muss der Emittent sicherstellen, dass jeder stimmberechtigten Person zusammen mit der Einberufung zur Gläubigerversammlung oder nach deren Anberaumung auf Verlangen rechtzeitig in Textform ein Formular für die Erteilung einer Vollmacht für die Gläubigerversammlung übermittelt wird. Das alleinige Einstellen auf der Internetpräsenz der Emittenten genügt den Voraussetzungen des § 30a Abs. 1 Nr. 6 WpHG nicht.258) c) Möglichkeit der Stimmrechtsvertretung (§ 14 Abs. 2 Satz 2 SchVG) 296 § 14 Abs. 2 Satz 2 SchVG setzt voraus, dass das Stimmrecht im Rahmen einer Gläubigerversammlung auch durch einen vom Schuldner benannten Stimmrechtsvertreter ausgeübt werden kann. In einem solchen Fall regelt § 14 Abs. 2 Satz 2 SchVG – der § 134 Abs. 3 Satz 5 AktG nachgebildet ist – das der Schuldner die Vollmachtserklärung drei Jahre nachprüfbar festzuhalten hat. 297 Mit der herrschenden Meinung im Aktienrecht ist davon auszugehen, dass von dem Schuldner benannte Stimmrechtsvertreter das Stimmrecht nur aufgrund ausdrücklicher Weisungen ausüben können.259) 298 Eine vergleichbare Regelung wie in § 135 AktG zum Depotstimmrecht findet sich im SchVG nicht. Die Bevollmächtigung von Kreditinstituten zur Teilnahme und Abstimmung unterliegt daher den allgemeinen Regeln.260) 7. Durchführung der Gläubigerversammlung (§§ 15, 16 SchVG) 299 Die Durchführung der Gläubigerversammlung ist im SchVG nur rudimentär in § 15 SchVG und § 16 SchVG geregelt. Aufgrund dieser unvollständigen Regelungen stellen sich in der Praxis zahlreiche Fragen, die zunehmend auch ins Blickfeld des Schrifttums geraten sind.261) a) Vorsitz (§ 15 Abs. 1 SchVG) 300 Nach § 15 Abs. 1 SchVG führt der Einberufende den Vorsitz in der Gläubigerversammlung, sofern nicht das Gericht einen anderen Vorsitzenden bestimmt hat. Sofern der Schuldner die Gläubigerversammlung nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SchVG einberufen hat, führt dieser somit auch den Vorsitz. Wird die Gläubigerversammlung durch den Schuldner einberufen, ist gesetzlich berufener Versammlungsleiter das Geschäftsführungsorgan ___________ 258) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 14 Rn. 9. 259) Spindler/Stilz/Rieckers, AktG, § 134, Rn. 55 m. w. N. Für das SchVG Veranneman/ Gärtner, SchVG, § 14 Rn. 10; a. A. Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/ Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 14 Rn. 5. 260) Vgl. Preuße/Schindele, SchVG, § 14 Rn. 6; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 14 Rn. 5. 261) Vgl. Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005 ff.
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V. Ablauf Gläubigerversammlung/Abstimmung ohne Versammlung
und nicht das Aufsichtsorgan.262) Interessenskonflikte nimmt der Gesetzgeber angesichts des klaren Wortlauts bewusst in Kauf.263) Die teilweise vertretene Ansicht, dass die Leitung der Gläubigerversammlung – mangels möglicher Neutralität – nicht durch ein Leitungsorgan des Schuldners erfolgen kann, ist mit dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 SchVG nicht vereinbar und abzulehnen. Eventuelle Verstöße gegen die notwendige Neutralität der Versammlungsführung, etwa die Ergreifung unzulässiger Ordnungsmaßnahmen, können zur Anfechtbarkeit gefasster Beschlüsse führen.264) Nicht abschließend geklärt ist, inwiefern der Schuldner verpflichtet ist, die 301 Leitung der Versammlung durch die Leitungsorgane höchstpersönlich wahrnehmen zu lassen. Es wird vertreten, dass ein einberufender Schuldner (wie auch ein ggf. einberufender gemeinsamer Vertreter) über eine Delegationsbefugnis auf Dritte verfügt. Eine Delegationsbefugnis wird daraus gefolgert, dass der Einberufende (als Schuldner) typischerweise eine juristische Person ist und der gemeinsame Vertreter jedenfalls eine juristische Person sein kann. Dies spreche dafür, dass der Gesetzgeber keinen Wert auf eine höchstpersönliche Aufgabenwahrnehmung (durch eine natürliche Person) lege.265) Über eine entsprechende Konstellation, in denen eine genuin schuldnerfremde Person (bzw. ein im Verhältnis zum gemeinsamen Vertreter fremder Dritter) den Versammlungsvorsitz wahrgenommen hat, wurde bislang noch nicht entschieden. In der Praxis die Versammlungsleitung sollte dringendst durch das Leitungsorgan des Einberufenden erfolgen. Sofern der gesetzlich bestimmte Vorsitzende durch ein Kollegialorgan ver- 302 treten wird, bietet es sich an und ist weitgeübte Praxis, dass ein Mitglied des vertretungsberechtigten Kollegialorgans die Leitungsfunktion wahrnimmt, während die anderen Mitglieder – ohne selbst aktiv zu werden – anwesend sind, die Leitungsmaßnahmen billigen und sich diese vorsorglich zu eigen machen.266) b) Aufgaben und Rechte des Versammlungsleiters (§ 15 Abs. 2 SchVG) Das SchVG selbst hält sich wie das AktG auch mit der Beschreibung der 303 Aufgaben und Rechten des Versammlungsleiters zurück. In § 15 Abs. 2 SchVG ist lediglich ausgeführt, dass er – neben der Regelung, 304 dass er den Vorsitz führt (§ 15 Abs. 1 SchVG) – ein Teilnehmerverzeichnis ___________ 262) Veranneman/Gärtner, SchVG, § 15 Rn. 1; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 15 Rn. 2; Wasmann/ Steber, ZIP 2014, 2005, 2006; a. A. Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 15 Rn. 6. 263) Vgl. Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2006. 264) Preuße/Kirchner, SchVG, § 15 Rn. 7. 265) Vgl. Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2006. 266) Otto, DNotZ 2012, 809, 816; Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2006.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
aufzustellen hat. Zusätzlich obliegt es ihm, sofern eine Beschlussfassung mangels Erreichung des notwendigen Beschlussquorums von 50 % der ausstehenden Schuldverschreibungen (§ 15 Abs. 3 Satz 1 SchVG) scheitert, eine „zweite Versammlung“ nach § 15 Abs. 2 Satz 3 SchVG einzuberufen,267) in der hinsichtlich des notwendigen Beschlussquorums gilt, dass entweder kein Beschlussquorum (§ 15 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 SchVG) oder ein Beschlussquorum von lediglich 25 % der ausstehenden Schuldverschreibungen (§ 15 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 SchVG) besteht. 305 Die Rechte und Pflichten des Versammlungsleiters gehen jedoch über diese im SchVG normierten Rechte und Pflichten hinaus. So hat der Versammlungsleiter die Gläubigerversammlung zu leiten und verfügt dabei über alle organisatorischen Rechte, die zur sachgerechten Durchführung der Versammlung erforderlich sind; zudem hat der Versammlungsleiter für einen geordneten Ablauf Sorge zu tragen.268) Die dem Amt des Versammlungsleiters immanenten Rechte werden durch das für den Versammlungsort geltende Hausrecht ergänzt.269) 306 Eine umfassende Darstellung der Aufgaben des Versammlungsleiters sowohl vor als auch während der Gläubigerversammlung sowie denkbare Problemstellungen während der Durchführung der Gläubigerversammlung sollen hier nicht erfolgen.270) Vielmehr beschränken sich nachstehende Ausführungen auf Problemstellungen, die sich in der Praxis gezeigt haben bzw. auf denkbare künftige Problemstellungen im Zusammenhang mit der Versammlungsleitung bzw. Durchführung der Gläubigerversammlung. aa) Ordnungsmaßnahmen 307 Bei der Durchführung der Gläubigerversammlung geht es fast ausnahmslos um Situationen, in denen sich Emittenten in einer finanziellen Krise bzw. in einer Sanierungssituation befinden. Dementsprechend bedeuten die umzusetzenden Beschlussfassungen zumeist für die Anleihegläubiger einen Verlust eingesetzten Kapitals bzw. zumindest eine Unsicherheit bei einem Debt-toEquity-Swap. Es ist daher nicht auszuschließen, dass eine Gläubigerversammlung „emotional aufgeladen“ ist und dementsprechend seitens des Vorsitzenden Ordnungsmaßnahmen vonnöten werden.
___________ 267) Zur zweiten Versammlung nach § 15 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 SchVG siehe sogleich Rn. 333 ff. 268) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 15 Rn. 10. 269) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 15 Rn. 10 m. w. N. auch zum SchVerschrG. 270) Vgl. hierzu etwa die umfassenden Ausführungen bei Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 15 Rn. 11 ff.
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V. Ablauf Gläubigerversammlung/Abstimmung ohne Versammlung
Diese kann er dann ergreifen, wenn es für einen ordnungsgemäßen Ablauf 308 der Versammlung oder der Tagesordnungspunkte erforderlich ist.271) Insofern gelten die für die Hauptversammlung der AG entwickelten Regeln.272) Stets hat der Vorsitzende darauf zu achten, dass die verfügte Ordnungsmaßnahme verhältnismäßig ist.273) bb) Behandlung von Verfahrensanträgen Hinsichtlich der Behandlung von Verfahrensanträgen kann sich grundsätzlich 309 an den Maßstäben zu Verfahrensanträgen in der aktienrechtlichen Hauptversammlung orientiert werden.274) Zu beachten sind einige wichtige Unterschiede. So kann anders als die Haupt- 310 versammlung die Gläubigerversammlung den Vorsitzenden (mangels Kompetenz) nicht abwählen.275) Anders als im Aktienrecht, in dem die Bestimmung des Leiters der Hauptversammlung der Gesellschaft überlassen bleibt, die dies entweder in der Satzung regeln oder durch die Hauptversammlung beschließen lassen kann, ist die Bestimmung des Vorsitzenden der Gläubigerversammlung im Gesetz abschließend geregelt. Abweichende Regelungen in Anleihebedingungen existieren in der Praxis – soweit ersichtlich – bislang nicht. Ein Antrag auf Abwahl des Vorsitzenden ist daher unmittelbar zurückzuweisen, 311 ohne dass der Vorsitzende darüber abstimmen lassen müsste.276) c) Informationsrechte der Gläubiger (§ 16 Abs. 1 SchVG) Gemäß § 16 Abs. 1 SchVG ist der Schuldner verpflichtet, jedem Gläubiger 312 auf Verlangen in der Gläubigerversammlung Auskunft zu erteilen, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung eines Gegenstandes der Tagesordnung oder eines Vorschlages zur Beschlussfassung erforderlich ist.
___________ 271) Veranneman/Gärtner, SchVG, § 15 Rn. 3; Preuße/Preuße, SchVG § 15 Rn. 5 f.; Bliesener/ Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 15 Rn. 4; Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2007. 272) U. a. sind Rüge und Abmahnung denkbar ebenso wie die individuelle Begrenzung der Rede- und Fragezeit des Gläubigers sowie die Entziehung des Wortes und nach vorheriger Androhung die Weisung aus dem Saal. Vgl. Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2007 m. w. N. zur aktienrechtlichen Hauptversammlung. 273) Veranneman/Gärtner, SchVG, § 15 Rn. 3; Preuße/Preuße, SchVG, § 15 Rn. 6; Bliesener/ Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 15 Rn. 4; Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2007 m. w. N. zur aktienrechtlichen Hauptversammlung. 274) Vgl. Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2007 m. w. N. 275) Veranneman/Gärtner, SchVG, § 15 Rn. 3; Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2007 m. w. N. 276) Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2007.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
aa) Generelles Informationsrecht der Gläubiger 313 Aus dieser Auskunftspflicht ergibt sich das Fragerecht der Gläubiger und somit auch das Rederecht auf der Gläubigerversammlung.277) Bei dem Frageund Rederecht handelt es sich um ein individuelles Informationsrecht des Anleihegläubigers, welches durch die Anleihebedingungen nicht abbedungen werden kann. 314 Indes ist zu beachten, dass Auskunft grundsätzlich nur verlangt werden kann, soweit dies zur sachgemäßen Beurteilung eines Gegenstandes der Tagesordnung oder eines Vorschlages zur Beschlussfassung erforderlich ist. Auch wenn sich eine ähnliche Formulierung in § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG findet und sich in der Hauptversammlung die Auskunft auf alle „Angelegenheiten der Gesellschaft“ zu beziehen hat, wird zu Recht angenommen, dass dies für die Gläubigerversammlung nach SchVG zu weit geht.278) Das Auskunftsrecht ist richtigerweise auf solche Angelegenheiten des Schuldners zu beschränken, die seine Bonität im Umgang mit der Anleihe betreffen.279) bb) Auskunftsverweigerungsrecht des Schuldners 315 Es fragt sich – trotz der sachlich begrenzten Reichweite des Auskunftsrechts –, inwiefern dem Schuldner darüber hinaus ein Auskunftsverweigerungsrecht zusteht. § 16 Abs. 1 SchVG selbst enthält neben der Eingrenzung auf erforderliche sachgemäße Beurteilung eines Tagesordnungspunktes und eines Beschlussantrages keine Begrenzung des Fragerechts; dementsprechend werden Auskunftsverweigerungsrechte in der Gläubigerversammlung vom herrschenden Schrifttum abgelehnt.280) 316 Eine Ausnahme wird vertreten im Hinblick auf die in § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG und § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AktG normierten Auskunftsverweigerungsrechte.281) 317 Im Falle des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG darf der Vorstand in der Hauptversammlung die Auskunft verweigern, soweit die Erteilung der Auskunft nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet ist, der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen. Die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf die schuld-
___________ 277) 278) 279) 280) 281)
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Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2008 m. w. N. Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2009. Wasmann/Steber, ZIP, 2014, 2005, 2009. Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2009. Etwa Veranneman/Gärtner, SchVG, § 16 Rn. 8 ff.; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 16 Rn. 8; Wasmann/ Steber, ZIP 2014, 2005, 2009.
V. Ablauf Gläubigerversammlung/Abstimmung ohne Versammlung
verschreibungsrechtliche Gläubigerversammlung ist zu bejahen.282) Ratio des Auskunftsverweigerungsrechts des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG ist u. a., dass die Weitergabe der vom Aktionär verlangten Information an Dritte, die nicht an der Hauptversammlung teilnehmen, zu einem Nachteil für die Gesellschaft oder für einen mit ihr verbundenes Unternehmen führen kann.283) Diese Interessenlage besteht auch bei einer Gläubigerversammlung nach dem 318 SchVG. Auch hier ist damit zu rechnen, dass bei der Offenbarung von Informationen gegenüber der in der Versammlung anwesenden Gläubigern, diese Informationen in der Folge an die breite Öffentlichkeit dringen. Solche Informationen, an denen ein gerechtfertigtes Geheimhaltungsinteresse besteht, können daher in der Versammlung zurückgehalten werden.284) Auch hinsichtlich des Auskunftsverweigerungsrechts nach § 131 Abs. 3 319 Satz 1 Nr. 5 AktG ist eine analoge Anwendbarkeit im SchVG zu bejahen.285) Nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AktG besteht ein Auskunftsverweigerungsrecht dann, soweit sich der Vorstand durch die Erteilung der Auskunft strafbar machen würde.286) cc) Frage- und Redezeitbeschränkungen; begrenzte Protokollierung Wie bei der aktienrechtlichen Hauptversammlung ist auch für die Gläubiger- 320 versammlung nach dem SchVG von der Möglichkeit des Vorsitzenden auszugehen, das Frage- und Rederecht der Gläubiger zeitlich zu beschränken.287) Dies erfolgt in der Praxis in der Weise, dass der Vorsitzende wie in der Hauptversammlung auch einen zeitlichen Rahmen für die Ausübung des Rede- und Fragerechts gibt.288) In der Praxis stellt sich bisweilen die Frage, ob Gläubiger, denen nach ihrer 321 Ansicht seitens der Schuldnerin die vollständige Beantwortung ihrer Frage verweigert wurde, Anspruch darauf haben, dass die Frage und der Grund, aufgrund denen die Beantwortung verweigert worden ist, in die nach ___________ 282) Etwa Veranneman/Gärtner, SchVG, § 16 Rn. 8 ff.; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 16 Rn. 8; Wasmann/ Steber, ZIP 2014, 2005, 2009. 283) Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2009. 284) Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2009. 285) Etwa Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 16 Rn. 8. 286) Zu den entstehenden Konflikten im Zusammenhang mit der Ad-hoc Publizitätspflicht Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2009. 287) Veranneman/Gärtner, SchVG, § 15 Rn. 3; Preuße/Preuße, SchVG, § 15 Rn. 5; Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 15 Rn. 15; Bliesener/ Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 15 Rn. 4; Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2010; a. A. Arbeitskreis Reform des SchVG, ZIP 2014, 845, 847. 288) Vgl. Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2011.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
§ 16 Abs. 3 Satz 1 SchVG anzufertigende notarielle Niederschrift über die Versammlung aufgenommen wird.289) 322 Nach zutreffender Ansicht besteht ein solches Recht der Gläubiger nicht, da das SchVG eine § 131 Abs. 5 AktG entsprechende Regelung nicht enthält.290) Eine analoge Anwendung von § 131 Abs. 5 AktG kommt nicht in Betracht, da das Auskunftsrecht des Gläubigers in § 16 Abs. 1 SchVG eine eigenständige und abschließende Regelung erfahren hat.291) 323 Der betroffene Gläubiger ist somit gehalten, im Rahmen einer Anfechtungsklage, die auf die Verweigerung von Auskünften durch den Schuldner in der Gläubigerversammlung gestützt wird, den Nachweis der unzureichenden Auskunft und/oder der unberechtigten Auskunftsverweigerung mit den sonstigen ihm zur Verfügung stehenden Beweismitteln zu führen.292) Eine freiwillige Aufnahme von (un-)beantworteten Fragen und Antworten ist rechtlich nicht zu beanstanden – über sie sollte vom Notar nach Rücksprache mit dem Vorsitzenden nach Zweckmäßigkeit entschieden werden. d) Beschlussbeurkundung in der Versammlungsniederschrift 324 Zu beachten ist, dass für die Wirksamkeit der gefassten Beschlüsse nach § 16 Abs. 3 Satz 1 SchVG erforderlich ist, dass diese durch eine in der Versammlung aufgenommene Niederschrift beurkundet werden.293) Findet die Versammlung im Inland statt, muss die Niederschrift nach § 16 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 SchVG von einem Notar aufgenommen werden.294) 8. Beschlussfähigkeit, Beschlussmehrheiten und Abstimmung a) „Erste“ Gläubigerversammlung 325 Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 SchVG ist die Gläubigerversammlung nur beschlussfähig, wenn die Anwesenden wertmäßig mindestens die Hälfte der ausstehenden Schuldverschreibungen vertreten. Es ist nach § 15 Abs. 3 Satz 5 SchVG möglich, in den Anleihebedingungen ein höheres Quorum festzulegen. Hiervon wird in der Praxis kein Gebrauch gemacht. 326 Zur Ermittlung des Quorums bleiben nach § 15 Abs. 3 Satz 4 SchVG Schuldverschreibungen unberücksichtigt, deren Stimmrecht ruht. Das Stimmrecht aus ___________ 289) 290) 291) 292) 293)
Zu § 16 Abs. 3 SchVG siehe sogleich Rn. 324. Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2011. Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2011. Wasmann/Steber, ZIP 2014 2005, 2011. Zum Inhalt der Niederschrift siehe Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 16 Rn. 29 ff. m. w. N. 294) Zur Beurkundung bei einer im Ausland stattfindenden Gläubigerversammlung Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 16 Rn. 33. Zur Frage, ob die notarielle Beurkundung im Rahmen der Gläubigerversammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG ersetzt werden kann, siehe Rn. 539 f.
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V. Ablauf Gläubigerversammlung/Abstimmung ohne Versammlung
den Schuldverschreibungen ruht in den nach § 6 Abs. 1 Satz 2 SchVG beschriebenen Konstellationen – das heißt grundsätzlich dann, soweit die Gefahr besteht, dass der Emittent das Stimmrecht in ihrem Sinne ausübt oder ausüben lassen könnte.295) Die Feststellung der Beschlussfähigkeit obliegt dem Versammlungsleiter.296) 327 Wird das Beschlussquorum nicht erreicht, können keine Beschlüsse gefasst werden. Dies ist bei publikumsplatzierten Anleihen der Regelfall, da gerade bei diesen weitgestreuten Anleihen das notwendige Beschlussquorum von 50 % nahezu immer nicht erreicht wird. Gleichwohl kann (und sollte) sich die Gläubigerversammlung mit den Tages- 328 ordnungspunkten befassen – der Emittent kann eine beschlussunfähige Versammlung als Informationsveranstaltung nutzen. Ein solcher Verlauf sollte seitens der einberufenden Emittenten antizipiert werden. Geleitet wird die Abstimmung über die Beschlussanträge von dem Vorsitzen- 329 den. Dieser legt auch die Form der Stimmabgabe fest – vorbehaltlich einer (regelmäßig nicht vorliegenden) Regelung in den Anleihebedingungen oder eines ggf. gefassten Beschlusses der Gläubigerversammlung.297) Auch legt der Vorsitzende im Rahmen seiner Leitungsbefugnis die Art der Stimmauszählung fest.298) Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 SchVG entscheiden die Gläubiger grundsätzlich mit 330 einfacher Mehrheit der an der Abstimmung teilnehmenden Stimmrechte. Nach § 5 Abs. 4 Satz 2 SchVG bedürfen Beschlüsse, durch welche der wesentliche Inhalt der Anleihebedingungen geändert wird, allerdings der Mehrheit einer von mindestens 75 % der teilnehmenden Stimmrechte (qualifizierte Mehrheit). Aus § 5 Abs. 4 SchVG ergibt sich nicht, ob Enthaltungen zu den an der „Ab- 331 stimmung teilnehmenden Stimmrechten“ gehören. Die besseren Gründe sprechen gegen eine Berücksichtigung von Enthaltungen als „teilnehmende Stimmrechte“.299) So werden etwa bei der aktienrechtlichen Hauptversammlung Stimmenthaltungen bei den „abgegebenen Stimmen“ im Rahmen des
___________ 295) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 15 Rn. 36. 296) Veranneman/Gärtner, SchVG, § 15 Rn. 7; Preuße/Kirchner, SchVG, § 15 Rn. 5; Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 15 Rn. 36; Wasmann/Steber, ZIP 2014 2005, 2011; a. A. Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 15 Rn. 12 mit dem Argument, dass sich eine fehlende Beschlussfähigkeit bereits aus dem SchVG ergebe und eine Feststellung durch den Vorsitzenden somit lediglich deklaratorisch sei. 297) Vgl. Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 16 Rn. 25. 298) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 16 Rn. 26. 299) Vgl. zur Problematik Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2012.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
§ 133 AktG nach allgemeiner Meinung nicht mitgezählt.300) Dies sollte auch für die Gläubigerversammlung gelten. 332 Nach der Durchführung der Abstimmung und der Auszählung der Stimmen stellt der Vorsitzende das Beschlussergebnis fest. Die Feststellung des Vorsitzenden über die Beschlussfassung werden in die notarielle Niederschrift aufgenommen (§ 16 Abs. 3 Satz 3 SchVG i. V. m. § 130 Abs. 2 Satz 1 AktG). b) „Zweite“ Gläubigerversammlung 333 Wird die mangelnde Beschlussfähigkeit der „ersten“ Gläubigerversammlung festgestellt, kann der Vorsitzende eine weitere „zweite“ Gläubigerversammlung zum Zweck der erneuten Beschlussfassung einberufen (§ 15 Abs. 3 Satz 2 SchVG). Diese „zweite“ Versammlung ist grundsätzlich nach § 15 Abs. 3 Satz 3 SchVG beschlussfähig (d. h. es besteht kein Beschlussquorum). 334 Werden jedoch Beschlüsse gefasst, zu deren Wirksamkeit eine qualifizierte Mehrheit i. S. d. § 5 Abs. 4 Satz 2 SchVG notwendig ist – wie dies i. d. R. bei der einzuberufenden Gläubigerversammlung in Sanierungskonstellationen der Fall sein wird301) – ist ein Beschlussquorum von mindestens 25 % der ausstehenden Schuldverschreibungen zur Beschlussfähigkeit vonnöten (§ 15 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 SchVG). 335 Für die zweite Versammlung gelten hinsichtlich der Einberufung die gleichen Verfahrensregelungen wie bei der Einberufung zu einer ersten Gläubigerversammlung, insbesondere die §§ 10, 12 und § 13 SchVG. Einberufungsberechtigt zu einer zweiten Versammlung ist derjenige, der auch die erste Versammlung einberufen hat.302) 336 Im Zusammenhang mit der Einberufungskompetenz zu einer zweiten Versammlung hatte der BGH sich jüngst mit der Frage zu befassen, ob eine Gläubigerminderheit gemäß § 9 Abs. 2 SchVG zur Einberufung einer zweiten Versammlung gem. § 15 Abs. 3 Satz 2 SchVG ermächtigt werden kann, wenn (i) eine zuvor einberufene Gläubigerversammlung mangels Erreichen des Quorums von 50 % nicht beschlussfähig war und (ii) der Versammlungsleiter die Einberufung einer zweiten Versammlung ablehnte.303) Dies hat der BGH unter Verweis auf Wortlaut und Regelungssystematik abgelehnt;304) auch eine entsprechende Anwendung von § 9 Abs. 2 SchVG komme nicht in ___________ 300) Siehe statt vieler Hüffer, AktG, § 133 Rn. 12. 301) Eine Ausnahme ist die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters ohne über die gesetzlichen Rechte hinausgehende Befugnisse (sog. „schwacher“ gemeinsamer Vertreter). Vgl. hierzu etwa die Gläubigerversammlung der SolarWorld AG vom 11.7.2013. 302) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 15 Rn. 13. 303) BGH ZIP 2015, 473, 475, dazu EWiR 2015, 239 (Just/Maiwald). 304) BGH ZIP 2015, 473, 475. So schon die Vorinstanz, vgl. OLG Schleswig ZIP 2014, 221, 224 f.
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V. Ablauf Gläubigerversammlung/Abstimmung ohne Versammlung
Betracht.305) Damit ist klargestellt, dass die Entscheidung, ob eine zweite Versammlung stattfinden soll, alleinig im Ermessen des Vorsitzenden der (ersten) Gläubigerversammlung steht. Festzuhalten ist, dass sich die vorgenannte Rechtsprechung nur in den Kon- 337 stellationen auswirkt, in denen Beschlüsse gefasst werden sollen, deren Umsetzung keine Zustimmung des Schuldners erfordern, somit insbesondere Beschlüsse im Zusammenhang mit der Bestellung und den Aufgaben eines gemeinsamen Vertreters. Für Beschlüsse zur nachträglichen Änderung der Anleihebedingungen, die stets der Zustimmung des Schuldners bedürfen, ist das Verlangen einer Gläubigerminderheit gemäß § 9 Abs. 2 SchVG bei bereits geäußerter Verweigerung der Zustimmung bereits nicht berechtigt bzw. rechtsmissbräuchlich.306). 9. Bekanntmachung der Beschlussfassung und sonstige Transparenzpflichten im Nachgang zur Gläubigerversammlung (§ 17 SchVG) a) Publikationspflichten nach § 17 SchVG Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 SchVG hat der Schuldner die Beschlüsse der Gläu- 338 biger auf seine Kosten in geeigneter Form öffentlich bekannt zu machen – und zwar auch dann, wenn der Schuldner nicht zur Gläubigerversammlung einberufen hat.307) Die Bekanntmachungspflicht nach § 17 Abs. 1 SchVG bezieht sich dabei lediglich auf die Beschlüsse der Gläubiger, nicht auch auf die Anleihebedingungen der betreffenden Anleihen (sei es in ursprünglicher oder in geänderter Fassung infolge der Beschlüsse der Gläubiger).308) Schuldner mit Sitz im Inland müssen nach § 17 Abs. 1 Satz 2 SchVG die Be- 339 schlüsse durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger bekanntmachen. Auch können die Anleihebedingungen die Veröffentlichung in weiteren Medien vorsehen.309) Sofern es sich bei den betroffenen Anleihen um zugelassene Wertpapiere i. S. v. § 30e Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG handelt (in der Praxis eher selten der Fall), ist die nach § 30e Abs. 1 WpHG (Medienbündel und Unternehmensregister) vorgeschriebene Veröffentlichung ausreichend.310) ___________ 305) BGH ZIP 2015, 473, 475. 306) Ebenso Preuße/Schindele, SchVG § 9 Rn. 11; Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 9 Rn. 33; Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 910 f.; Moser, BB 2015, 719, 722. 307) Preuße/Kirchner, SchVG, § 17 Rn. 3. 308) Zutreffend Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, BankrechtsKommentar, Kap. 17 (SchVG), § 17 Rn. 6; Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2012; a. A. Preuße/Kirchner, SchVG, § 17 Rn. 4. 309) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 17 Rn. 5. 310) Vgl. Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 17 Rn. 5; Wasmann/ Steber, ZIP 2014, 2005, 2012.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
340 Nach Maßgabe von § 17 Abs. 2 SchVG muss der Schuldner zudem (i) die Beschlüsse der Gläubiger sowie im Falle von Gläubigerbeschlüssen, die die Anleihebedingungen ändern, (ii) den Wortlaut der ursprünglichen Anleihebedingungen bekannt machen. Sowohl die Beschlüsse als auch die ursprünglichen Anleihebedingungen hat der Schuldner insofern vom Tag nach der Gläubigerversammlung an für die Dauer von mindestens einen Monat auf seiner Internetseite oder – soweit eine solche nicht vorhanden ist – auf der in den Anleihebedingungen festgelegten Internetseite der Öffentlichkeit zugänglich machen. Ob das öffentliche Zugänglichmachen der neuen Anleihebedingungen ebenfalls vonnöten ist, ist im Schrifttum umstritten;311) in der Praxis ist eine solche Veröffentlichung der geänderten, neuen Anleihebedingungen unschädlich und üblich. 341 Eine Verletzung der Pflichten nach § 17 SchVG berechtigt nicht zur Anfechtung der in der Anleihegläubigerversammlung gefassten Beschlüsse.312) Indes sollte auf eine unverzügliche Veröffentlichung der Bekanntmachungspflichten des § 17 SchVG geachtet werden, da an die Bekanntmachung der Beginn der Anfechtungsfrist des § 20 Abs. 3 Satz 1 SchVG anknüpft (und diese mithin zuvor grundsätzlich nicht in Gang gesetzt wird).313) b) Zugänglichmachen des Teilnehmerverzeichnisses 342 Nach § 15 Abs. 2 Satz 3 SchVG ist das Teilnehmerverzeichnis nach Unterzeichnung durch den Vorsitzenden unverzüglich allen Gläubigern zugänglich zu machen, sodass die Gläubiger das Abstimmungsergebnis innerhalb der Anfechtungsfrist nach § 20 Abs. 3 Satz 1 SchVG prüfen können.314) 343 Dieser Pflicht ist Genüge getan, wenn den Gläubigern rechtzeitig innerhalb der Anfechtungsfrist diese Prüfung ermöglicht wird.315) Ein Zugänglichmachen bereits während der Versammlung oder vor der Abstimmung ist, anders als in der Hauptversammlung der AG, nicht erforderlich.316) Auch besteht
___________ 311) Zu Recht ablehnend Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2012 m. w. N., auch zur Gegenansicht. 312) Allgemeine Meinung, vgl. statt vieler Preuße/Kirchner, SchVG, § 17 Rn. 4. Indes mag eine unterlassene Veröffentlichung Schadensersatzansprüche begründen, siehe Bliesener/ Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 17 Rn. 11. 313) Vgl. Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 31. 314) Vgl. Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2012. 315) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 15 Rn. 33; Bliesener/ Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 15 Rn. 7. 316) Veranneman/Gärtner, SchVG, § 15 Rn. 4; Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 15 Rn. 33; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 17 Rn. 7; Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2012.
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V. Ablauf Gläubigerversammlung/Abstimmung ohne Versammlung
keine Pflicht, nach Ablauf der Anfechtungsfrist das Teilnehmerverzeichnis noch vorzuhalten.317) Die Frage, wie der Versammlungsleiter das Verzeichnis zugänglich zu machen 344 hat, lässt § 15 Abs. 2 Satz 3 SchVG offen. Der Gesetzgeber selbst regt die Möglichkeit an, das Teilnehmerverzeichnis auf der Internetpräsenz des Emittenten einzustellen. Dies wird jedoch im Hinblick auf datenschutzrechtliche Aspekte zu Recht als fragwürdig bezeichnet wird.318) Zwar ist denkbar, hier einen Sicherungsmechanismus wie etwa einen Passwortschutz einzuführen.319) Es sollte jedoch ebenfalls ausreichen, wenn der Versammlungsleiter das Teilnehmerverzeichnis auf Anforderung eines Gläubigers an diesen versendet oder versenden lässt.320) c) Abschrift der notariellen Niederschrift Nach § 16 Abs. 3 Satz 4 SchVG hat jeder Gläubiger, der in der Gläubigerver- 345 sammlung erschienen oder durch Bevollmächtigten vertreten war, das Recht, binnen eines Jahres nach dem Tag der Versammlung vom Schuldner eine Abschrift der notariellen Niederschrift (nebst deren Anlagen) zu verlangen. Dabei genügt die Übermittlung einer einfachen Abschrift.321) 10. Vollzug von Gläubigerbeschlüssen Gläubigerbeschlüsse bedürfen nicht in sämtlichen Fällen zu ihrer Wirksamkeit 346 des Vollzugs. So bedürfen etwa ablehnende oder feststellende Beschlüsse ebensowenig des Vollzugs wie der Beschluss über die Bestellung des gemeinsamen Vertreters der Gläubiger.322) Änderungen der Anleihebedingungen – dies sind in der Praxis die wesent- 347 lichen Beschlüsse einer Anleiherestrukturierung – bedürfen hingegen zur Wirksamkeit des Vollzugs, vgl. § 2 Satz 3 SchVG sowie § 4 Satz 1 SchVG. Sind die Anleihebedingungen in einer Sammelurkunde (Globalurkunde) verbrieft – wie bei börsennotierten Anleihen – regelt § 21 Abs. 1 SchVG den Vollzug der Änderung der Anleihebedingungen. Der Vollzug hat in diesem Fall in der Weise zu erfolgen, dass die maßgebliche 348 Sammelurkunde ergänzt oder verändert wird (§ 21 Abs. 1 Satz 1 SchVG). Hierzu hat der Versammlungsleiter – in der Regel somit die Geschäftsleitung des Schuldners – den in der notariellen Niederschrift dokumentierten Be___________ 317) Zutreffend Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2012. 318) Hierzu Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 15 Rn. 34. 319) Vgl. Preuße/Kirchner, SchVG, § 15 Rn. 11; Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 15 Rn. 34. 320) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 15 Rn. 34. 321) Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2013. 322) Wasmann/Steber, ZIP 2014, 2005, 2013.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
schlussinhalt an die Wertpapiersammelbank mit dem Ersuchen zu übermitteln, die eingereichten Dokumente den vorhandenen Dokumenten in geeigneter Form beizufügen, vgl. § 21 Abs. 1 Satz 2 SchVG. 349 Zudem hat der Versammlungsleiter gegenüber der Wertpapiersammelbank zu versichern, dass der Beschluss vollzogen werden darf (§ 21 Abs. 1 Satz 3 SchVG). Dies ist nur dann der Fall, wenn kein Vollzugshindernis besteht. Ein Vollzugshindernis besteht dann, wenn innerhalb der Anfechtungsfrist des § 20 Abs. 3 Satz 1 SchVG eine Anfechtungsklage gegen die Beschlussfassung erhoben wurde und (i) noch nicht rechtskräftig abgewiesen bzw. anderweitig erledigt wurde oder (ii) kein positiver Beschluss in einem Freigabeverfahren ergangen ist.323) 350 § 21 Abs. 2 SchVG trifft eine Regelung zum Vollzug von Beschlüssen, mit denen Gläubiger einen gemeinsamen Vertreter zum Handeln bevollmächtigen bzw. ermächtigen. Von einer solchen Bevollmächtigung bzw. Ermächtigung darf der gemeinsame Vertreter erst dann Gebrauch machen, wenn der Beschluss, mit dem diese erteilt wird, vollzogen werden darf. Der gemeinsame Vertreter unterliegt somit für den Gebrauch der Vollmacht oder Ermächtigung im Grundsatz mindestens einer einmonatigen Wartefrist, namentlich der Anfechtungsfrist des § 20 Abs. 3 Satz 1 SchVG.324) 11. Abstimmung ohne Versammlung (§ 18 SchVG) 351 Neben der Abstimmung und der Fassung von Mehrheitsbeschlüssen durch die Gläubiger im Rahmen von Gläubigerversammlungen sieht das SchVG in § 18 SchVG auch ein bislang unbekanntes Abstimmungsverfahren, die sog. „Abstimmung ohne Versammlung“, vor. 352 Bei Erlass des SchVG war die Abstimmung ohne Versammlung ohne gesetzliches Vorbild. Ratio des neuen SchVG ist die Vergrößerung des Handlungsspielraums der Gläubiger von Unternehmensanleihen entsprechend international üblicher Standards und das Versetzen der Gläubiger in die Lage, auf informierter Grundlage möglichst in kurzer Zeit und ohne unnötigen organisatorischen Aufwand Entscheidungen über die Anleihe zu treffen.325) Dieser Gedanke liegt der Abstimmung ohne Versammlung zugrunde.326) 353 Die Möglichkeit, eine Abstimmung ohne Versammlung abzuhalten, mag in der Theorie tatsächlich zu einem erheblichen Kosten- und Zeitersparnis führen. ___________ 323) Dazu Abschnitt B.VIII. Auch innerhalb der Anfechtungsfrist kann nach zutreffender Ansicht ein vollzugsbedürftiger Beschluss nicht vollzogen werden, siehe dazu Rn. 446. 324) Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 21 Rn. 23. Zu den Rechtsfolgen bei Verstoß gegen § 21 Abs. 2 SchVG vgl. Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 21 Rn. 25. 325) Vgl. eingehend zur Abstimmung ohne Versammlung Bertelmann/Schönen, ZIP 2014, 353 ff. 326) Bertelmann/Schönen, ZIP 2014, 353.
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VI. Prospekterfordernisse
Auch mag die Abstimmung ohne Versammlung ein flexibleres Handlungsinstrument in Fällen nur geringfügiger Anpassung der Anleihebedingungen bieten als eine Gläubigerversammlung nach §§ 9 ff. SchVG. Bei der Restrukturierung publikumsplatzierter Unternehmensanleihen hat sich 354 dieses Verfahren angesichts einer Vielzahl ungeklärter rechtlicher und praktischer Fragen (noch) nicht bewährt. Von der Durchführung einer Abstimmung ohne Versammlung sollte bei einer geplanten Anleiherestrukturierung daher im Grundsatz abgesehen werden, sofern der Emittent nicht durch Festlegung des Verfahrens in den Anleihebedingungen zur Durchführung einer Abstimmung ohne Versammlung „gezwungen“ ist. Erste Erfahrungen in der Beratungspraxis zeigen, dass dem Schuldner – entge- 355 gen dem grundsätzlich begrüßenswerten Effizienzgedanken – doch ein nicht unerheblicher Kosten- und Zeitaufwand durch die Durchführung des Verfahrens nach § 18 SchVG entsteht. Auch aus diesem Grunde sollten Beschlüsse der Gläubiger, jedenfalls bei der 356 Restrukturierung breit gestreuter, publikumsplatzierter Unternehmensanleihen, auf „normalem“ Wege über eine Gläubigerversammlung nach Maßgabe der §§ 9 ff. SchVG gefasst werden. Dafür spricht insbesondere auch, dass die oftmals beschlussunfähige „erste“ Präsenzversammlung nutzbar gemacht werden kann, um Gläubiger für die Restrukturierung der Anleihe zu gewinnen; diese Präsenzversammlung kann mithin als Informationsveranstaltung durchgeführt werden. VI. Prospekterfordernisse 1. Einleitung Die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital kann nicht nur Bestandteil, 357 sondern sogar „Herzstück“ einer finanziellen Restrukturierung sein. Insbesondere institutionelle Gläubiger, die sich unterhalb des Nennwerts in eine Anleihe eingekauft haben, haben regelmäßig ein erhebliches Interesse daran, mit ihren Verbindlichkeiten – zumindest teilweise – in eine Anteilseignerposition zu wechseln. Ein solcher Debt-to-Equity-Swap hat für eine Aktiengesellschaft – von der zum Zwecke des folgenden Darstellung ausgegangen wird – erhebliche Vorteile, bedeutet ein solcher Wechsel ins Eigenkapital eine Entlastung von Verbindlichkeiten aus der Anleihe. Bei einem Debt-to-Equity-Swap nach Maßgabe von § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 358 SchVG legen Anleihegläubiger ihre Forderungen aus den Schuldverschreibungen (Hauptforderung sowie Zinsen, typischerweise zu einem bestimmten Stichtag) gegen den Emittent als Sacheinlage ein und erhalten im Gegenzug (neue) Aktien an dem Emittenten. Die Umsetzung eines solchen Debt-toEquity-Swaps benötigt – wie gezeigt – neben der notwendigen Beschlussfassung der Anleihegläubigerversammlung auch eines Beschlusses der Hauptversammlung hinsichtlich der Sachkapitalerhöhung.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
359 Speziell im Hinblick auf die zeitliche Umsetzung der Gesamttransaktion (einschließlich der Ausgabe neuer Aktien) stellt sich die Frage, ob und vor allem zu welchem Zeitpunkt für die zuzuteilenden Aktien ein von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) nach Maßgabe von § 13 WpPG zu billigender Wertpapierprospekt vorliegen muss. 2. Prospektpflicht nach § 3 Abs. 1 WpPG 360 Nach § 3 Abs. 1 WpPG dürfen Wertpapiere in Deutschland erst dann öffentlich angeboten werden, nachdem der Anbieter der Wertpapiere zuvor einen von der BaFin vorab zu billigenden Wertpapierprospekt nach den Vorgaben des WpPG sowie der EU-Prospektverordnung veröffentlicht hat. 361 Beim „Umtausch“ von Anleihen in Aktien stellt sich die Frage, ob und inwiefern im Laufe des Restrukturierungsprozesses ein „öffentliches Angebot“ nach Maßgabe von § 2 Nr. 4 WpPG vorliegt, welches somit eine grundsätzliche Prospektpflicht nach § 3 Abs. 1 WpPG auslöst. Ein „Öffentliches Angebot“ ist nach § 2 Nr. 4 Halbs. 1 WpPG eine Mitteilung an das Publikum in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Wertpapiere enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, über den Kauf und die Zeichnung dieser Wertpapiere zu entscheiden. 362 Nach bisheriger Verwaltungspraxis der BaFin stellt – im Einklang mit der herrschenden Meinung im Schrifttum327) – die Veröffentlichung der Einladung zu der (ersten, vgl. § 15 Abs. 3 Satz 1 SchVG ) Anleihegläubigerversammlung, die über den Beschlussvorschlag der Gesellschaft über den (unmittelbaren) Umtausch der Schuldverschreibungen in neue Aktien beschließen soll, ein prospektauslösendes, öffentliches Angebot i. S. d. § 2 Nr. 4 WpPG dar. 363 Dagegen verneinen Teile des Schrifttums das Vorliegen eines „öffentlichen Angebots“ und damit einer Prospektpflicht nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 WpPG bei einem Debt-to-Equity-Swap nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 SchVG.328) Dies überzeugt grundsätzlich, da es nach zutreffendem Verständnis bei einem Debt-to-Equity-Swap nach Maßgabe des § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 SchVG bereits an einer individuellen Anlageentscheidung eines jeden Anleihegläubigers fehlt – diese ist jedoch kennzeichnend für das Vorliegen eines öffentlichen Angebots. Die fehlende „individuelle Anlageentscheidung“ ergibt sich bereits aus der Verbindlichkeit des Mehrheitsbeschlusses für sämtliche Anleihegläubiger (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 SchVG). So vermag ein Beschluss der Gläubigerversammlung (im Rahmen einer sog. zweiten Gläubigerversammlung nach Maßgabe von § 15 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 SchVG) unter Umständen bereits mit Stimmrechten von 18,75 % der ausstehenden Schuldverschreibungen ge___________ 327) Vgl. etwa Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 64: vgl. auch Becker/Pospiech, NJW-Spezial 2014, 591. 328) Cahn/Hutter/Kaulomo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309, 1313 ff.
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VI. Prospekterfordernisse
fasst werden. Allein dieser geringe Prozentsatz zur Manifestierung einer Kollektiventscheidung rechtfertigt es, hier eine Parallele zu den ähnlich gelagerten umwandlungsrechtlichen Umtauschtransaktionen der Verschmelzung oder Spaltung zu ziehen; bei diesen wird im Hinblick auf die fehlende individuelle Willenserklärung des einzelnen Anlegers ein Prospekterfordernis abgelehnt.329) Dieses – im Hinblick auf die Transaktionssicherheit wünschenswerte – Ergeb- 364 nis einer fehlenden Prospektpflicht nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 WpPG330) lässt sich jedoch de lege lata einer finanziellen Restrukturierung nicht zugrunde legen. De lege ferenda wäre zu wünschen, dass für den Debt-toEquity-Swap nach dem SchVG eine Ausnahme von der Prospektpflicht ausdrücklich geregelt wird.331) 3. Lösungsansatz: Umtausch der Anleihen in Erwerbsrechte In Anbetracht der bisherigen Verwaltungspraxis muss derzeit von einem Pros- 365 pekterfordernis beim (unmittelbaren) Debt-to-Equity-Swap nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 SchVG ausgegangen werden – und zwar bereits mit der Einladung zur Anleihegläubigerversammlung. Demzufolge muss zu diesem Zeitpunkt auch ein gebilligter Prospekt gemäß § 3 Abs. 1 WpPG vorliegen, sofern nicht ein Befreiungstatbestand nach § 3 Abs. 2 WpPG vorliegt. Dies wird bei einer breit gestreuten Unternehmensanleihe regelmäßig nicht der Fall sein. Die Erstellung eines solchen Prospekts bis zu diesem Zeitpunkt ist jedoch 366 kaum realisierbar, da – neben zeitlichen Aspekten – die für die Prospektbilligung beizubringenden Unterlagen (etwa testierte Jahres und- Konzernabschlüsse) zu diesem Zeitpunkt der finanziellen Restrukturierung kaum vorliegen werden. Praktisch bietet sich für die Durchführung eines Debt-to-Equity-Swaps – 367 wie bereits dargestellt – eine Lösung über die Gewährung von Erwerbsrechten, die zum Bezug neuer Aktien berechtigen, an; gegen solche Erwerbsrechte können die Anleihegläubiger ihre Anleihen in einem ersten Schritt eintauschen.332) Eine solche Gewährung von Erwerbsrechten ist nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 SchVG, der auch den Umtausch von Schuldverschreibungen in „andere Wertpapiere“ bzw. „andere Leistungsversprechen“ eröffnet, möglich. Über die Einräumung von Erwerbsrechten zugunsten der Anleihegläubiger, die 368 erst ab einem bestimmen künftigen Zeitpunkt zum Erwerb von Wertpapieren berechtigten, ist gesichert, dass die Anleihegläubiger bei der Beschlussfas___________ 329) Vgl. Cahn/Hutter/Kaulomo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309, 1314 m. w. N. 330) Unberührt bliebe davon eine Prospektpflicht nach § 3 Abs. 4 WpPG im Hinblick auf einen Börsenzulassungsprospekt. Allerdings ist eine solche Zulassung rechtlich gem. § 69 Abs. 1 und 2 BörsZulV erst binnen eines Jahres zu beantragen, vgl. hierzu Cahn/ Hutter/Kaulomo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309, 1315. 331) So bereits Cahn/Hutter/Kaulomo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309, 1315 f. 332) Vgl. Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 52.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
sung über den Debt-to-Equity-Swap selbst noch keine konkrete Anlageentscheidung in Bezug auf den Erwerb von Aktien an dem Emittenten treffen. Vielmehr wird diese Entscheidung auf den Zeitpunkt verlagert, an dem die Erwerbsrechte seitens der Anleihegläubiger erstmals ausübbar sind. Mit der Einräumung von Erwerbsrechten hat der Anleihegläubiger die Wahl, ob er für die Hingabe seiner Schuldverschreibungen neue Aktien des Emittenten bezieht oder diese zu seinen Gunsten verwerten lässt. Auch hat der Weg über frei ausübbare Erwerbsrechte den „Charme“, dass ein offener Konflikt zur verfassungsrechtlich verankerten negativen Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG vermieden wird.333) 369 In einer solchen Struktur, die bereits mehrfach praktisch umgesetzt wurde, liegt erst im Beginn der Erwerbsfrist das öffentliche Angebot i. S. v. § 2 Nr. 4 WpPG. Somit wäre folglich auch erst zu diesem (späteren) Zeitpunkt ein Prospekt zu veröffentlichen. 370 Aus prospektrechtlicher Sicht wird durch die Einräumung von Erwerbsrechten der Restrukturierungsprozess somit erheblich entspannt – insbesondere da typischerweise die Beschlussfassungen sowohl der Gläubigerversammlung wie auch der Hauptversammlung, die über die Sachkapitalerhöhung beschließt, angefochten werden. So können von der Einladung zur Gläubigerversammlung an bis zum Beginn der Erwerbsfrist unter Umständen mehrere Monate vergehen, in denen etwaige Anfechtungsklagen gegen die Beschlussfassung der Anleihegläubigerversammlung und/oder der Hauptversammlung die Restrukturierung verzögern können. Hier muss die (faktische) Vollziehbarkeit der Beschlüsse von Gläubiger- und Hauptversammlung erst durch Freigabeverfahren nach Maßgabe von § 246a AktG (i. V. m. § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG)334) bzw. auf andere Weise (z. B. durch Bewirken einer Klagerücknahme seitens anfechtender Anleihegläubiger oder Aktionäre) erreicht werden. 371 Zudem erhöht die Verlagerung der Prospektpflicht auf das Ende eines Restrukturierungsprozesses die Wahrscheinlichkeit einer positiven Billigungsentscheidung der BaFin; typischerweise wird erst mit dem „nahezu sicheren“ Erfolg einer finanziellen Restrukturierung der Abschlussprüfer den – für die Prospektbilligung grundsätzlich notwendigen – Bestätigungsvermerk für den letzten Jahresabschluss erteilen.335) 4. Zusammenfassung 372 Nach derzeitiger Verwaltungspraxis liegt bereits in der Einladung zur Anleihegläubigerversammlung, die über einen (unmittelbaren) Debt-to-Equity-Swap beschließt, ein prospektpflichtiges öffentliches Angebot i. S. v. § 3 Abs. 1 WpPG. Diese Prospektpflicht kann nach zeitlich nach hinten verlagert wer___________ 333) Vgl. Friedl/Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 5 Rn. 52. 334) Hierzu sogleich Rn. 461 ff. 335) Zutreffend Becker/Pospiech, NJW-Spezial 2014, 591, 592.
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VII. Kündbarkeit von Anleihen und die daraus resultierenden Gefahren
den, sofern nicht unmittelbar der Tausch in Aktien, sondern in Erwerbsrechte beschlossen wird, die ihrerseits ab Beginn der Erwerbsfrist – die etwa nach Abschluss eventueller Freigabeverfahren terminiert werden kann – zum Bezug neuer Aktien berechtigen. VII. Kündbarkeit von Anleihen und die daraus resultierenden Gefahren Im Rahmen der Restrukturierung von Anleihen ist die Problematik der Wirk- 373 samkeit von individuellen336) Anleihekündigungen ein zu beachtender „Nebenkriegsschauplatz“, der unter Umständen auf die Erfolgsaussichten eines Restrukturierungsprozesses erheblichen Einfluss entwickeln kann.337) 1. Ausgangslage In Restrukturierungsprozessen, an denen Anleihegläubiger beteiligt sind, 374 werden – zumeist auf Geheiß des Emittenten – Beschlussfassungen der Anleihegläubiger nach dem SchVG zur Restrukturierung von Anleihen eingeleitet. Diesen Maßnahmen ist gemein, dass sie für den individuellen Anleihegläubi- 375 ger einen finanziellen Einschnitt bedeuten.338) Typischerweise kündigt daher bei Ankündigung eines Restrukturierungsprozesses ein Teil der Anleihegläubiger die von ihnen gehaltenen Anleihestücke und verlangen die Zahlung des vollen Nennbetrags. Aus der Gruppe deser kündigenden Anleihegläubiger versucht wiederum ty- 376 pischerweise ein Teil, (nach vorangegangener außergerichtlicher Zahlungsaufforderung) den vollen Nennbetrag der Anleihe einzuklagen und sich auf diesem Wege der Restrukturierung zu entziehen.339) Die Motivationslage der kündigenden (und ggf. auch klagenden) Anleihe- 377 gläubiger ist dabei von ganz unterschiedlicher Natur: Viele Anleihegläubiger, die Anleihestücke zu einem Preis gekauft haben, der annähernd dem Nennwert entspricht – somit typischerweise dann, wenn der Emittent sich noch nicht in einer Krise befand – möchten an einer Restrukturierung nicht teilhaben, sondern schlicht „ihr Geld zurück“. Andere wiederum nutzen die Krise eines Unternehmens – von der die interessierte Öffentlichkeit typischerweise über Unternehmensmitteilungen bzw. Ad-hoc-Mitteilungen weiß – dazu, ___________ 336) Zur Problematik der in Anleihebedingungen selten vorgesehenen Gesamtkündigung siehe etwa Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), §§ 5 Rn. 63 ff. 337) So etwa im Rahmen der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit. 338) Denkbar ist, dass bei einem (ggf. auch teilweisen) „Debt-to-Equity-Swap“ der Wert der den einzelnen Anleihegläubigern zugeteilten Gesellschaftsanteilen (d. h. typischerweise Aktien) langfristig – sofern das Unternehmen dauerhaft erfolgreich saniert ist – den Wert des umgewandelten Fremdkapitals übersteigt. 339) Vgl. etwa den zugrundeliegenden Sachverhalt LG Frankfurt/M. v. 25.4.2014 (Az.: 2-18 O 429/13) – bislang unveröffentlicht.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
Anleihen erst zu einem Preis unter dem Nennbetrag zu erwerben, um sie dann zu kündigen (und den Nennbetrag zur Rückzahlung zu verlangen). Die Betrachtung der individuellen Erwerbssituation der Anleihegläubiger ist einerseits in tatsächlicher Hinsicht von Interesse, andererseits aber auch im Rahmen der Subsumtion unter denkbare Kündigungsgründe von Belang (etwa bei einer Interessenabwägung im Rahmen von § 314 BGB). 378 Empirisch belastbare Richtwerte im Hinblick auf das Kündigungsvolumen nach erfolgter Ankündigung eines finanziellen Restrukturierungsbedarfs gibt es aufgrund der Unterschiedlichkeit der Restrukturierungsprozesse nicht. Auch aufgrund der bislang noch weitgehend ungesicherten Rechtslage ist die Kündigungsbereitschaft bislang vergleichsweise gering,340) vermag jedoch – gerade bei einem hohen Anleihevolumen – ein signifikantes Maß zu erreichen. Gerade im Falle drohender Illiquidität kann die durch wirksame Kündigungen begründete Fälligkeit von Anleihestücken das „Fass zum Überlaufen bringen“ und eine Insolvenzreife begründen. 2. Überblick 379 Die Frage, ob und inwiefern Anleihen kündbar sind, wird im Schrifttum und in der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet.341) Zwischenzeitlich existiert ein reges Meinungsbild in der landgerichtlichen Rechtsprechung; so haben etwa die Landgerichte Bonn342), Köln343) sowie Frankfurt/M.344) allesamt die Frage der Kündbarkeit von Anleihen erörtert. 380 Obergerichtlich hat sich bislang nur das OLG Frankfurt/M. zu der Frage der Kündbarkeit von Anleihen geäußert.345) 3. Kündbarkeit von Anleihen 381 Bei der Frage der Kündbarkeit von Anleihen ist zwischen x
vertraglich eingeräumten Kündigungsrechten und
x
gesetzlichen Kündigungsrechten (§§ 314, 490 BGB)
zu unterscheiden. ___________ 340) In der Praxis bislang zwischen ca. 1 % und ca. 15 % des gesamten ausstehenden Anleihevolumens. 341) Vgl. zuletzt Schwarz/Seibt, ZIP 2015, 401 ff. 342) LG Bonn ZIP 2014, 1073; LG Bonn, v. 17.9.2014 (Az.: 9 O 153/14) – bislang unveröffentlicht. 343) LG Köln BeckRS 2012, 06655. 344) Vgl. beispielhaft LG Frankfurt/M. v. 22.1.2014 (Az.: 2-17 O 104/13) sowie LG Frankfurt/M., v. 25.4.2014 (Az.: 2-18 O 429/13) – jeweils bislang unveröffentlicht. 345) OLG Frankfurt/M. ZIP 2014, 2176 ff., dazu EWiR 2014, 771 (Just); OLG Frankfurt/M., v. 17.9.2014 – 4 U 22/14, zitiert nach juris.
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VII. Kündbarkeit von Anleihen und die daraus resultierenden Gefahren
a) Vertragliche Kündigungsrechte Anleihebedingungen enthalten in der Regel ein Recht zugunsten der Anleihe- 382 gläubiger, bei Eintritt bestimmter, vorher definierter Ereignisse die von ihnen gehaltenen Schuldverschreibungen fristlos zu kündigen. So sehen Anleihebedingungen regelmäßig ein außerordentliches Kündigungsrecht zugunsten eines jeden Anleihegläubigers bei Eintritt eines Ereignisses vor, das eine drohende oder bereits eingetretene finanzielle Krise des Emittenten anzeigt.346) Hierzu zählen vor allem der Verzug eines Emittenten mit der Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen aus der Anleihe oder dem Verzug bzw. die Kündigung von Verbindlichkeiten aus anderen Finanzierungsinstrumenten (ggf. auch aus anderen Anleihen) durch deren jeweilige Gläubiger (sog. Drittverzugsklausel oder Cross-Default-Klausel).347) Auch die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen oder die Liquidation des Emittenten oder ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kann (und wird) als außerordentlicher Kündigungsgrund in den Anleihebedingungen festgelegt.348) Sofern ein solcher, vertraglicher Kündigungsgrund gegeben ist, wird ein Gericht 383 einer Klage auf Zahlung des Nennbetrags der Anleihe (ggf. zuzüglich aufgelaufener Zinsen) nach zuvor erfolgter Kündigung der Anleihestücke in der Regel stattgeben. Gegenteilige Rechtsprechung, die trotz zweifelsfreiem Vorliegen eines vertraglichen Kündigungsrechts eine Klage abgewiesen hätte (etwa bei eingetretenem Verzug mit Zinszahlungen), ist bislang – soweit ersichtlich – nicht ergangen. Sofern es sich um Kündigungsrechte handelt, die keinen unmittelbaren Kontext zur Restrukturierung haben, ist eine Kündigung, ggf. vorbehaltlich weiterer (formeller) Voraussetzungen349), grundsätzlich wirksam. aa) Insbesondere: Vorliegen einer „allgemeinen Schuldenregelung“ In Anleihebedingungen findet sich häufig die Regelung, dass Anleihegläubiger 384 zur Kündigung der von ihnen gehaltenen Anleihestücke berechtigt sein sollen, sofern der Emittent eine „allgemeine Schuldenregelung“ anbietet oder trifft. Diese Regelung findet sich zumeist unter der Überschrift bzw. im Zusammenhang mit vertraglichen Kündigungsrechten, die im Falle eines Insolvenzantrags, sei es ein Eigen- oder ein Fremdantrag, den Anleihegläubigern ein Kündigungsrecht zugestehen. Bei Einleitung eines Restrukturierungsprozesses oder spätestens bei der Ver- 385 öffentlichung der Einladung zu einer Gläubigerversammlung nach dem SchVG,
___________ 346) 347) 348) 349)
Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 3 Rn. 119. Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 3 Rn. 119. Hartwig-Jacob, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 3 Rn. 119. Zum Beispiel im Hinblick auf den vertraglichen Kündigungsadressat oder formelle Voraussetzungen (Depotnachweis etc.).
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B. Anleihen in der Restrukturierung
in der Beschlüsse über die Restrukturierung von Finanzverbindlichkeiten gefasst werden sollen, berufen sich kündigende Anleihegläubiger oftmals auf diesen Kündigungsgrund. 386 Insofern stellt sich die Frage, ob ein Restrukturierungskonzept bzw. eine Beschlussfassung nach dem SchVG, deren Vollzug dazu führt, dass Anleiheforderungen reduziert bzw. eine Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital stattfindet, eine „allgemeine Schuldenregelung“ im Sinne der Anleihebedingungen darstellt. bb) Würdigung in der Rechtsprechung 387 Während die mit der Frage befassten Landgerichte zumeist das Vorliegen einer „allgemeinen Schuldenregelung“ verneinten350), hat das OLG Frankfurt/M. in der Einladung zur Gläubigerversammlung nach dem SchVG (und den in der Einladung enthaltenen Beschlussvorschlägen) das Angebot einer allgemeinen Schuldenregelung gesehen und somit im Grundsatz einen vertraglichen Kündigungsgrund angenommen.351) 388 Die Annahme, dass in der Einladung zur Gläubigerversammlung, in der die Anleihegläubiger über Restrukturierungsmaßnahmen beschließen sollen, das Angebot einer allgemeinen Schuldenregelung zu sehen ist, überzeugt indes nicht.352) Speziell ist es widersprüchlich, wenn einerseits die Anleihebedingungen eine Restrukturierung von Schuldverschreibungen durch das SchVG und speziell nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG zulassen, andererseits die Durchführung eines entsprechen Verfahrens ein Kündigungsrecht auf Basis eines unbestimmten Rechtsbegriffs – wie dem Begriff der „allgemeinen Schuldenregelung“ – auslösen und damit den Erfolg einer Restrukturierung von Anleihen gefährden würde.353) b) Gesetzliche Kündigungsrechte 389 Typischerweise berufen sich Anleihegläubiger in „Kündigungsprozessen“ neben vertraglichen Kündigungsrechten auch auf gesetzliche Kündigungsrechte, insbesondere auf § 314 Abs. 1 BGB sowie § 490 BGB. Die grundsätzliche Anwendbarkeit von § 314 Abs. 1 BGB auf Schuldverschreibungen wird nach herrschender Ansicht bejaht.354) Dagegen soll eine (analoge) Anwendung von ___________ 350) Vgl. etwa LG Frankfurt/M. v. 22.1.2014 (Az.: 2-17 O 104/13) als Vorinstanz zu OLG Frankfurt/M. v. 17.9.2014 (Az.: 4 U 22/14) sowie LG Frankfurt/M. v. 25.4.2014 (Az.: 2-18 O 429/13) als Vorinstanz zu OLG Frankfurt/M. ZIP 2014, 2176 ff., dazu EWiR 2014, 771 (Just). 351) Vgl. OLG Frankfurt/M. ZIP 2014, 2176 ff., dazu EWiR 2014, 771 (Just); gegen die Entscheidung wurde Revision eingelegt (XI ZR 488/14), die zurzeit noch anhängig ist. 352) Zutreffend Seibt/Schwarz, ZIP 2015, 401, 405. 353) Seibt/Schwarz, ZIP 2015, 401, 407 ff. 354) Vgl. Seibt/Schwarz, ZIP 2015, 401, 405.
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VII. Kündbarkeit von Anleihen und die daraus resultierenden Gefahren
§ 490 BGB auf die Kündigung von Schuldverschreibungen nach herrschender Ansicht ausscheiden.355) Im Hinblick auf das Vorliegen allgemeiner Kündigungsgründe ergeben sich in 390 den Kündigungsprozessen in der Regel folgende Fragen und Problemstellungen, die bislang noch nicht abschließend durch die Rechtsprechung geklärt sind: Ungeklärt ist, ob die enumerative Regelung vertraglicher Kündigungsgründe 391 den Rückgriff auf die allgemeinen Kündigungsgründe ausschließt,356) ebenso wie die Frage, ob Schuldverschreibungen in §§ 793 ff. BGB eine abschließende Regelung erfahren haben, die die Geltendmachung gesetzlicher Kündigungsrechte ausschließt.357) In diesem Zusammenhang ist höchstrichterlich auch nicht geklärt, ob zwischen Anleihegläubiger und Emittent überhaupt ein kündbares „Dauerschuldverhältnis“ i. S. v. § 314 Abs. 1 BGB besteht.358) Trotz dieser ungeklärten Fragen ist seitens der Gerichte eine begrüßenswerte 392 Tendenz auszumachen, bei Vorliegen von vertraglichen Kündigungsgründen gesetzliche Kündigungsgründe – wenn auch mit teils unterschiedlicher dogmatischer Begründung – zu verneinen.359) Teile der landgerichtlichen Rechtsprechung gehen sogar darüber hinaus und 393 verneinen die Anwendbarkeit gesetzlicher Kündigungsrechte insgesamt. Dabei werden als Begründungstopoi etwa die abschließende Regelung der §§ 793 ff. BGB360) sowie die fehlende Eigenschaft von Anleihen als „Dauerschuldverhältnis“ i. S. v. § 314 BGB angeführt.361) Auch letzteres überzeugt, da eine Schuldverschreibung nur eine Forderung des Inhabers gegen den Aussteller der Urkunde verbrieft und nicht fortgesetzt neuentstehende, wechselseitige Pflichten der Parteien des Vertrags begründet. Dies ist aber gerade das rechtliche Charakteristikum und das Wesen eines Dauerschuldverhältnisses.362) Im Falle von § 490 BGB kann für die Nichtanwendbarkeit zusätzlich die fehlen- 394 de Eigenschaft von Schuldverschreibungen als Darlehen herangezogen wer-
___________ 355) Vgl. Seibt/Schwarz, ZIP 2015, 401, 407 m. w. N; offen OLG Frankfurt/M. ZIP 2014, 2176, 2177 f., dazu EWiR 2014, 771 (Just). 356) In diese Richtung OLG Frankfurt/M. ZIP 2014, 2176, 2177 f., dazu EWiR 2014, 771 (Just). 357) Vgl. Seibt/Schwarz, ZIP 2015, 401, 408 m. w. N. 358) Ablehnend etwa Maier-Reimer, in: Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S. 129, 135 f. Siehe auch Seibt/Schwarz, ZIP 2015, 401, 408 m. w. N. 359) Vgl. OLG Frankfurt/M. ZIP 2014, 2176, 2177 f., dazu EWiR 2014, 771 (Just). 360) LG Frankfurt/M. v. 25.4.2014 (Az.: 2-18 O 429/13) – bislang unveröffentlicht. 361) So LG Frankfurt/M. v. 25.4.2014 (Az.: 2-18 O 429/13) – bislang unveröffentlicht. Vgl. Seibt/Schwarz, ZIP 2015, 401, 408. 362) LG Frankfurt/M. v. 25.4.2014 (Az.: 2-18 O 429/13) – bislang unveröffentlicht.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
den.363) Der BGH hat jüngst bekräftigt, dass Inhaberschuldverschreibungen abstrakte Schuldversprechen i. S. v. § 780 BGB als dogmatisches Grundmodell zu Grunde liegen.364) 395 Das OLG Frankfurt/M. hat als – soweit ersichtlich – bislang einziges Oberlandesgericht über die Wirksamkeit der Kündigung von Inhaberschuldverschreibungen entschieden und jedenfalls im Grundsatz einen Rückgriff auf § 314 BGB bejaht. Es verneinte jedoch die Anwendbarkeit der §§ 314, 490 BGB in dem konkret entschiedenen Fall, da dort die Anleihebedingungen einen umfassenden Katalog von Kündigungsrechten enthielten.365) Dogmatisch wurde dieser Ausschluss damit begründet, dass die Anleihebedingungen die Kündigungsrechte in zulässiger Weise konkretisierten und begrenzten.366) 396 Nach Ansicht des OLG Frankfurt/M. können Kündigungsgründe hinsichtlich bestimmter Umstände (z. B. Zahlungsverzug, wesentliche Vermögensverschlechterung) enumerativ und abschließend in Anleihebedingungen geregelt werden, so dass andere Ereignisse, die thematisch ebenfalls auf das Vorliegen entsprechender Umstände deuten können, kein Kündigungsrecht nach den allgemeinen Vorschriften begründen. 397 Sofern der Anwendungsbereich des § 314 Abs. 1 BGB für eröffnet erachtet wird, ist im Rahmen der notwendigen Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass eine Kündigungsmöglichkeit in der laufenden Sanierung dem Sinn und Zweck des SchVG widerspricht. Dementsprechend wird nach zutreffendem Verständnis – selbst bei Anwendbarkeit des § 314 Abs. 1 BGB – eine Interessenabwägung im Rahmen des § 314 Abs. 1 BGB in der Regel zu Lasten des klagenden Anleihegläubigers (und damit zur Ablehnung des Kündigungsgrundes) führen.367) c) Rechtsfolgen einer wirksamen Kündigung 398 Ebenfalls bislang nicht hinreichend geklärt sind die Rechtsfolgen einer wirksamen Anleihekündigung. Nach richtiger Ansicht führt die Kündigung lediglich zur sofortigen Fälligkeit der Anleiheforderungen, nicht jedoch dazu, ___________ 363) So die herrschende Ansicht, vgl. Seibt/Schwarz, ZIP 2015, 401, 408 m. w. N. Vgl. auch BGH ZIP 2014, 1778 = NJW 2014, 3362, 3364. Zur Rechtsnatur der Anleihe siehe bereits Rn. 33 ff. 364) BGH ZIP 2014, 1778 = NJW 2014, 3362, 3364. 365) OLG Frankfurt/M. ZIP 2014, 2176, 2177 f., dazu EWiR 2014, 771 (Just). Die Anwendbarkeit von § 490 BGB wurde hingegen vom OLG Frankfurt/M. offengelassen (ZIP 2014, 2176, 2178). 366) OLG Frankfurt/M. ZIP 2014, 2176, 2177 f., dazu EWiR 2014, 771 (Just). 367) Vgl. etwa LG Frankfurt/M., v. 22.1.2014 – 2-17 O 104/13 – bislang unveröffentlicht. Nur vereinzelnd wurde bislang erörtert, ob einer Kündigung der Einwand von Treu und Glauben nach § 242 BGB entgegengesetzt werden kann (ablehnend LG Bonn ZIP 2014, 1073). Dieser Einwand liegt jedoch gerade dann nahe, wenn eine Kündigung gerade im Hinblick auf die Restrukturierung eines Unternehmens – einschließlich der Durchführung von Gläubigerversammlungen nach dem SchVG – erfolgt.
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VIII. Rechtsschutz gegen Restrukturierungsbeschlüsse
dass die Anleihestücke aus der Anleiheemission ausscheiden.368) Letzteres wäre mit der wertpapierrechtlichen Verbriefung sowie der Tatsache, dass es sich bei Inhaberschuldverschreibungen um börsengehandelte Wertpapiere handelt, nicht vereinbar. Zudem streitet der Wortlaut von § 5 Abs. 2 Satz 1 SchVG dafür, dass auch Gläubiger, deren Anleihen gekündigt sind, von Mehrheitsbeschlüssen nach Maßgabe des SchVG erfasst werden. Die Rechtsfolge der „sofortigen Fälligkeit“ führt dazu, dass auch die gekündig- 399 ten Anleihestücke an einer Restrukturierung nach dem SchVG teilnehmen, mithin von den Beschlüssen einer Gläubigerversammlung nach Maßgabe der §§ 5 ff. SchVG erfasst werden. Ob der Emittent sich bei Umsetzung der Beschlüsse ggf. Schadensersatzansprüchen aussetzt,369) ist noch nicht höchstrichterlich geklärt. 4. Zusammenfassung – Praxishinweis Hinsichtlich der Frage der Kündbarkeit von Anleihen lässt sich in der Recht- 400 sprechung derzeit noch kein gefestigtes Meinungsbild feststellen. Es ist jedoch eine begrüßenswerte Tendenz der Gerichte erkennbar, einen Rückgriff auf gesetzliche Kündigungsrechte jedenfalls dann nicht zuzulassen, wenn die Anleihebedingungen über einen umfassenden Katalog von Kündigungsrechten verfügen. Gleichwohl ist – angesichts bestehender Rechtsunsicherheiten und nicht ge- 401 festigter Rechtsprechung, insbesondere auch in Bezug auf die Rechtsfolgen einer wirksamen Kündigung – dem Thema „Kündbarkeit von Anleihen“ im Restrukturierungsprozess besondere Aufmerksamkeit zu widmen und bei der Ausgestaltung der Anleiherestrukturierung zu berücksichtigen. So mag es sich – je nach Ausgestaltung der Anleihebedingungen sowie der 402 Gläubigerstruktur – insbesondere anbieten, im Restrukturierungsprozess die Gläubigerversammlung notfalls flankierend zu „materiellen“ Restrukturierungsbeschlüssen, über einen Kündigungsverzicht abstimmen zu lassen. VIII. Rechtsschutz gegen Restrukturierungsbeschlüsse 1. Einleitung Sowohl die Beschlüsse der Gläubigerversammlung wie auch die Beschlüsse 403 einer eventuellen Hauptversammlung – sofern flankierende Kapitalmaßnahmen bei einer Aktiengesellschaft – beschlossen werden (z. B. bei einem Debt-toEquity-Swap) unterliegen einer gerichtlichen Kontrolle; dies ist auf der Zeitachse der Restrukturierung zu berücksichtigen. ___________ 368) Insofern zutreffend LG Bonn ZIP 2014, 1073, 1076, dazu EWiR 2014, 481 (Paulus); a. A. wohl OLG Frankfurt/M. ZIP 2014, 2176, 2181, dazu EWiR 2014, 771 (Just). 369) So LG Bonn ZIP 2014, 1073, 1076.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
404 Für das SchVG regelt § 20 SchVG die Anfechtung von Gläubigerbeschlüssen. Die Beschlusskontrolle ist ein Novum des neuen Schuldverschreibungsrechts; das SchVerschrG (aus dem Jahr 1899) enthielt keine vergleichbare Regelung.370) 405 Unter Geltung des SchVerschrG konnte jeder Beteiligte die Unwirksamkeit eines gegen das Gesetz verstoßenden Beschlusses durch Einrede oder im Wege einer Leistungsklage bzw. Feststellungsklage (gemäß § 256 ZPO) geltend machen.371) Für die Geltendmachung dieser Rechte war keine Ausschlussfrist vorgesehen.372) Zudem hatte eine solche Einrede bzw. eine solche Klage nur unmittelbare Auswirkungen auf das Rechtsverhältnis der beteiligten Parteien (inter partes). Die Rechtsverhältnisse der anderen Schuldverschreibungsgläubiger zum Schuldner blieben von der Einrede bzw. von der Klage unberührt. Diese unbefriedigende Situation einer potentiell unterschiedlichen Wirkung der Beschlüsse wurde aufgrund des geringen Anwendungsbereichs des SchVerschrG in der Praxis nicht virulent.373) 406 § 20 SchVG beinhaltet demgegenüber das Recht eines jeden Schuldverschreibungsgläubigers einen Beschluss anzufechten. Bei erfolgreicher Klage wird der Beschluss für nichtig erklärt; das Urteil entfaltet eine Gestaltungswirkung inter omnes, d. h. für und gegen alle Schuldverschreibungsgläubiger sowie den Schuldner selbst. 407 Diese dem Aktienrecht nachempfundene Beschlusskontrolle wurde bereits während des Gesetzgebungsverfahrens kritisiert.374) Speziell im Hinblick auf die mit dem Anfechtungsrecht einhergehende Vollzugssperre (vgl. § 21 SchVG), erkannte das Schrifttum ein erhebliches Missbrauchspotenzial für opponierende Anleihegläubiger. Etwa könnten einzelne Anleihegläubiger durch Erhebung von Klagen die Durchführung von Gläubigerbeschlüssen blockieren (oder zumindest verzögern). Dies könne im Hinblick auf die Tatsache, dass die Beschlüsse gerade in Krisensituationen gefasst werden, erhebliche Risiken für einen Sanierungsprozess nach sich ziehen.375) 408 Diese Annahme hat sich in der Praxis (annähernd sechs Jahre nach Inkrafttreten des SchVG) zumindest teilweise bestätigt. Speziell im Zusammenhang mit Opt-In-Beschlüssen nach § 24 Abs. 2 SchVG wurden in der Vergangenheit Anfechtungsklagen erhoben (prominent in den Verfahren über die Beschlussfassungen der Gläubigerversammlungen der Q-Cells SE sowie der Pfleiderer ___________ 370) Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 1. 371) Vgl. Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 1 m. w. N. 372) Preuße/Vogel, SchVG, § 20 Rn. 4; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 1. 373) Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 1. 374) Vgl. die Nachweise bei Schlitt/Schäfer, AG 2009, 477, 483; Preuße/Vogel, SchVG, § 20 Rn. 6. 375) Vgl. z. B. Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 82.
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VIII. Rechtsschutz gegen Restrukturierungsbeschlüsse
AG, die Grundlage der – zwischenzeitlich überholten – Rechtsprechung des LG Frankfurt/M. sowie OLG Frankfurt/M. zur Anwendbarkeit des SchVG auf Auslandsanleihen waren).376) Auch bei Anleiherestrukturierungen die von Anfang an dem SchVG unterlagen, wurden Beschlüsse der Anleihegläubigerversammlung angefochten.377) Dennoch ist ein nachhaltiger „Trend“ dahingehend, dass einzelne Anleihegläubiger systematisch eine Restrukturierung durch Erhebung von Anfechtungsklagen gegen Beschlüsse der Anleihegläubigerversammlung blockieren, nicht zu erkennen.378) Mit der Einführung eines einstufigen Freigabeverfahrens hat sich das Blockade- 409 potenzial einzelner Schuldverschreibungsgläubiger zudem verringert. Gleichwohl muss bei der Restrukturierung von Anleihen die Zeit einkalkuliert werden, ein entsprechendes Rechtsschutzverfahren (Freigabeverfahren) durchzuführen. Dies gilt insbesondere dann, wenn begleitende Kapitalmaßnahmen durch die 410 Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft (nachfolgend als Emittent unterstellt) beschlossen werden sollen. Auch hier muss mit einer Anfechtung der Beschlüsse durch opponierende Aktionäre nach Maßgabe von § 246 AktG gerechnet werden, die – bis zu einer eventuellen Freigabeentscheidung nach § 246a AktG oder anderweitiger Erledigung – zumindest zu einer „faktischen“ Registersperre führt. Das zuständige Registergericht wird die (aktienrechtlichen) Kapitalmaßnahmen regelmäßig nicht eintragen, sofern nicht ein stattgebender Freigabeschluss vorliegt, der für das Registergericht bindend ist (§ 246a Abs. 3 Satz 4 AktG). Sofern die Anleihegläubigerversammlung und die Hauptversammlung zur Be- 411 schließung flankierender Kapitalmaßnahmen – wie regelmäßig – eng hintereinander geschaltet sind, werden etwaige Rechtsstreite bzw. Freigabeverfahren parallel durchzuführen sein. Hierbei ist mit einer Zeitspanne von der Beschlussfassung der Versammlungen bis zu einer positiven Beschlussfassung der Oberlandesgerichte in den Freigabeverfahren von 4 – 5 Monaten auszugehen.379) Nachstehend wird das schuldverschreibungsrechtliche Klageverfahren nach 412 § 20 SchVG sowie das in § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG i. V. m. § 246a AktG vor-
___________ 376) Vgl. OLG Frankfurt/M. ZIP 2012, 725 ff., dazu EWiR 2012, 259 (Paulus); LG Frankfurt/M. ZIP 2011, 2306 ff., dazu EWiR 2012, 61 (Armbrüster). 377) Vgl. OLG Köln ZIP 2014, 268. 378) Ungeklärt ist in diesem Zusammenhang, welche Pflichtenkollision und welcher Interessenwiderstreit sich ergibt, wenn eine Person zugleich eine Stellung als Schuldverschreibungsgläubiger und als Gesellschafter (insbesondere Aktionär) einnimmt: Wäre ein jeweils isolierter Rechtsschutz treuwidrig? 379) Im Verfahren zur Restrukturierung der Finanzverbindlichkeiten der SolarWorld AG ergingen die positiven Freigabebeschlüsse hinsichtlich (i) der Beschlussfassung der Gläubigerversammlung am 6.8.2013 und (ii) den Beschlussfassungen der Hauptversammlung über die Kapitalherabsetzung und anschließende Kapitalerhöhung jeweils am 13.1.2014 (OLG Köln ZIP 2014, 258 ff. sowie ZIP 2014, 263 ff.).
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B. Anleihen in der Restrukturierung
gesehene Freigabeverfahren dargestellt. Das Verfahren der aktienrechtlichen Beschlusskontrolle (einschließlich des diesbezüglichen Freigabeverfahrens) soll nicht vertieft betrachtet werden. 2. Anfechtungsklage des Anleihegläubigers 413 § 20 SchVG eröffnet die Möglichkeit für jeden Anleihegläubiger, Beschlüsse gerichtlich im Wege einer Anfechtungsklage überprüfen zu lassen. a) Anfechtungsgegenstand 414 Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SchVG ist Anfechtungsgegenstand „ein Beschluss der Gläubiger“. Ein Beschluss der Gläubiger kann (i) in einer Gläubigerversammlung gemäß § 16 Abs. 3 SchVG gefasst oder (ii) ohne Abhalten einer Gläubigerversammlung nach § 18 SchVG in einer Abstimmung ohne Versammlung zustande kommen. Notwendig ist in jedem Fall das Vorliegen eines Beschlusses, d. h. eine durch Niederschrift festgestellte Äußerung der Gesamtheit der Gläubiger; hierunter können negative oder ablehnende Beschlüsse fallen.380) 415 Als Beschlüsse i. S. d. § 20 Abs. 1 Satz 1 SchVG sind auch nichtige Beschlüsse zu qualifizieren.381) Mit der Einführung der Anfechtungsklage in das SchVG wurde nicht zugleich geregelt, dass es nur anfechtbare und keine nichtigen Gläubigerbeschlüsse gibt; vielmehr sind auch im Schuldverschreibungsrecht nichtige Beschlüsse denkbar.382) b) Anfechtungsgründe 416 Voraussetzung für die (erforderliche) Anfechtung eines Gläubigerbeschlusses ist das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes. Nach § 20 Abs. 1 SchVG kann ein Beschluss wegen Verletzung des Gesetzes oder der Anleihebedingungen angefochten werden. Dabei sind sowohl materielle als auch verfahrensrechtliche Rechtsverletzungen denkbar.383) 417 Die Bandbreite möglicher Gesetzesverletzungen kann naturgemäß nicht umfassend dargestellt werden.384) Vielmehr beschränken sich nachfolgende Ausführungen auf generelle Hinweise, die bei der Vorbereitung einer Gläubigerversammlung – insbesondere im Hinblick auf die Vermeidung von Verfahrensfehlern – zu beachten sind.
___________ 380) Kein Beschluss i. S. d. § 20 Abs. 1 Satz 1 SchVG ist hingegen z. B. das Minderheitsverlangen nach § 13 Abs. 3 SchVG. 381) Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 15. 382) Vgl. etwa Maier-Reimer, NJW 2010, 1317, 1319 Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 15. 383) Vgl. RegE, BT-Drucks. 16/12814, S. 26. 384) Dazu im Einzelnen Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 18 ff.
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VIII. Rechtsschutz gegen Restrukturierungsbeschlüsse
Bei der Vorbereitung von Gläubigerversammlungen ist besonders sorgsam dar- 418 auf zu achten, dass nicht lediglich die verfahrensrechtliche Normen der §§ 10, 12, 13 SchVG gewahrt, sondern auch eventuelle verfahrensrechtliche Vorgaben der Anleihebedingungen eingehalten werden, da deren Verletzung nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 20 Abs. 1 Satz 1 SchVG ebenfalls die Anfechtbarkeit gefasster Beschlüsse begründen können. Es ist daher zum Beispiel bei einem Restrukturierungsprozess nach dem SchVG zu prüfen, ob in den Anleihebedingungen eine Vorgabe hinsichtlich des Verfahren der Gläubigerabstimmung existiert (Gläubigerversammlung nach §§ 9 ff. SchVG oder Abstimmung ohne Versammlung nach § 18 SchVG). Auch ist beispielsweise zu prüfen, ob die Anleihebedingungen ein Anmeldeerfordernis vorsehen, welches u. a. eine Verlängerung der Einladungsfrist nach sich zieht (vgl. § 10 Abs. 2 SchVG). In der Gläubigerversammlung selbst ist vor allem darauf zu achten, dass keine 419 Informationsmängel begründet werden, die zur Anfechtbarkeit von Beschlussfassungen führen. Ein Informationsmangel kann dann vorliegen, wenn zu erteilende Informationen unrichtig oder unvollständig sind; auch eine nicht berechtigte Verweigerung von Informationen kann zur Anfechtbarkeit eines Beschlusses führen. Es ist daher – soweit als möglich schon vor der Gläubigerversammlung – zu prüfen, auf welche Informationen die Gläubiger einen Anspruch haben. Im Hinblick auf einen Debt-to-Equity-Swap (§ 5 Abs. 3 Nr. 5 SchVG) ist zu 420 beachten, dass die diesbezüglichen Beschlussfassungen – die Beschlussfassung der Anleihegläubigerversammlung sowie die Beschlussfassung der Hauptversammlung über notwendige Kapitalmaßnahmen – Gegenstand zweier unterschiedlicher Beschlusskontrollverfahren sind, bei denen auch eine unterschiedliche Gerichtszuständigkeit bestehen kann.385) Auch in materieller Hinsicht sind die Beschlusskontrollverfahren des SchVG und des AktG sorgsam voneinander abzugrenzen und ggf. bestehende Rechtsverletzungen strikt voneinander zu trennen; insbesondere schlagen Rechtsverletzungen auf der Ebene der Hauptversammlung nicht ohne weiteres auf die Ebene der Gläubigerversammlung durch.386) ___________ 385) Beispielhaft sei hier der Restrukturierungsprozess der in Bonn ansässigen SolarWorld AG erwähnt. Während die Anfechtungsklagen gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung vom 7.8.2013 aufgrund § 246 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 148 Abs. 2 Satz 3 AktG i. V. m. § 1 Nr. 9 der Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit zur Entscheidung in gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten und in Angelegenheiten der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (KonzentrationsVO Gesellschaftsrecht) vom 8.7.2010 dem LG Köln zugewiesen wurden, fehlte eine solche Zuweisung bei den Anfechtungsklagen gegen die Beschlüsse der schuldverschreibungsrechtlichen Gläubigerversammlung vom 6.8.2013; über letztere hatte somit das LG Bonn zu entscheiden. Eine analoge Anwendung des § 1 Nr. 9 KonzentrationsVO Gesellschaftsrecht kommt nach Ansicht des OLG Köln hinsichtlich der Anfechtungsklage gegen die Beschlussfassung einer Gläubigerversammlung nach dem SchVG nicht in Betracht; siehe ergänzend auch sogleich, Rn. 439 ff. 386) Zur Trennung zwischen Rechtsverletzungen im SchVG und im AktG vgl. OLG Köln ZIP 2014, 268, 270 dort insbesondere Rn. 44.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
421 Nach richtiger Ansicht unterliegen Beschlussfassungen der Gläubigerversammlung nur einer eingeschränkten (materiellen) Inhaltskontrolle.387) Die im Aktienrecht geltenden Kriterien einer Inhaltskontrolle, d. h. der objektive Nutzen sowie die Geeignetheit, Erforderlichkeit sowie die Verhältnismäßigkeit, sind als ungeschriebene Grundsätze nicht auf das Schuldverschreibungsrecht übertragbar.388) Die aktienrechtlichen Grundsätze finden ihre Rechtsgrundlage in der Mitgliedschaft und der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht der Aktionäre. Entsprechende Treuepflichten, die aus der Mitgliedschaft resultieren, bestehen für Anleihegläubiger grundsätzlich nicht.389) Auch verzichtet das SchVG auf das Erfordernis, dass ein Beschluss zur „Wahrung der gemeinsamen Interessen der Gläubiger“ gefasst werden muss, wie es z. B. § 1 Abs. 1 Satz 1 SchVerschrG (noch) verlangt.390) 422 Richtigerweise bedarf daher ein Mehrheitsbeschluss weder einer sachlichen Rechtfertigung noch unterliegt er im Grundsatz inhaltlichen Schranken. Die materiellen Voraussetzungen von Gläubigerbeschlüssen sind im SchVG – im Sinne einer Negativabgrenzung – enumerativ und abschließend geregelt. So dürfen Mehrheitsbeschlüsse (i) keine Verpflichtung zur Leistung begründen (§ 5 Abs. 1 Satz 3 SchVG), (ii) zu Lasten der Gläubiger von den §§ 5 – 21 SchVG nur dann abweichen, wenn dies im SchVG vorgesehen ist (§ 5 Abs. 1 Satz 2 SchVG) und (iii) keine ungleichen Bedingungen für Gläubiger vorsehen (§ 5 Abs. 2 Satz 2 SchVG). Darüber hinaus unterliegen Gläubigerbeschlüsse jedoch keinerlei materiellen Voraussetzung – insbesondere keiner Prüfung der Geeignetheit, Erforderlichkeit und/oder Angemessenheit.391)
___________ 387) So Veranneman/Veranneman, SchVG, § 15 Rn. 13; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 19; Simon, CFI 2010, 159, 161; in diese Richtung auch Maier-Reimer, NJW 2010, 1317, 1321; a. A. Baums, ZBB 2009, 1, 6; Horn, ZHR 173 (2009), 12, 61, die von einer Inhaltskontrolle nach aktienrechtlichen Maßstäben ausgehen. Differenzierend etwa Preuße/Vogel, SchVG, § 20 Rn. 31, der sich für eine restriktive Handhabung der Grundsätze die im Aktienrecht gelten, ausspricht. Weiterführend Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 34 ff. 388) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 19; zu den aktienrechtlichen Grundsätzen der materiellen Beschlusskontrolle siehe statt vieler Hüffer, AktG, § 243 Rn. 21. 389) Vgl. Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 19; zur Diskussion einer möglichen Treuepflicht der Gläubiger untereinander bei Ausübung von Kündigungsrechten, vgl. Rn. 397 und dortige Fn. 390) Vgl. Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 20. 391) Grundsätzlich zu bejahen ist die Anwendbarkeit der allgemeinen Missbrauchskontrolle nach § 138 BGB auf Beschlussfassungen der Schuldverschreibungsgläubiger, vgl. Bliesener/ Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 21. Indes ist in der Praxis – soweit ersichtlich – noch keine (einzige) Entscheidung ergangen, in denen eine missbräuchliche Beschlussfassung nach § 138 BGB festgestellt oder qualifiziert diskutiert wurde.
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VIII. Rechtsschutz gegen Restrukturierungsbeschlüsse
Letztlich wird sich somit regelmäßig die gerichtliche Überprüfung der Gläu- 423 bigerbeschlüsse auf die Einhaltung verfahrensrechtlicher Normen beschränken. Die materiellen Voraussetzungen sind typischerweise gewahrt.392) c) Anfechtungsbefugnis Die Anfechtungsbefugnis ist in § 20 Abs. 2 SchVG geregelt. Die Anfechtungs- 424 befugnis hat materiell-rechtlichen Charakter und ist Begründetheitserfordernis der Anfechtungsklage.393) Dritte sind ebensowenig anfechtungsbefugt wie der Schuldner selbst.394) 425 Letzteres bedeutet, dass der Schuldner von ihm nicht erwünschte Beschlüsse, die nicht seiner Zustimmung bedürfen – zum Beispiel die Wahl eines aus Sicht des Schuldners ungeeigneten gemeinsamen Vertreters – nur abwenden kann, indem er versucht, einen neutralisierenden Aufhebungsbeschluss fassen zu lassen.395) Die Anfechtungsbefugnis unterliegt weiteren Voraussetzungen, die davon 426 abhängen, ob der Anleihegläubiger an der Abstimmung teilgenommen hat (dazu unter aa) oder nicht (dazu unter bb). Diese in § 20 Abs. 2 SchVG vorgesehenen Einschränkungen der Anfechtungsbefugnis dienen – wie im Aktienrecht, dessen Regelung in § 245 Nr. 1, 2 AktG in § 20 Abs. 2 SchVG nachempfunden ist – dem Zweck, das Anfechtungsrecht der Anleihegläubiger angemessen zu beschränken. aa) Anfechtungsbefugnis bei Teilnahme an Abstimmung (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 SchVG) Voraussetzung der Anfechtungsbefugnis nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 SchVG ist, dass 427 der Gläubiger „an der Abstimmung“ teilgenommen hat. Umstritten ist der Begriff der Teilnahme „an der Abstimmung“.396) Teilweise 428 wird vertreten, dass das bloße Erscheinen auf der Gläubigerversammlung
___________ 392) Insbesondere stellt eine mögliche Differenzhaftung bei einem Debt-to-Equity-Swap keine Verpflichtung zur Leistung i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 3 SchVG dar – und kann insoweit keinen Anfechtungsgrund darstellen. Unter das Verbot der Verpflichtung zur Leistung durch Beschlussfassung fallen nur einseitige und zusätzliche Verpflichtungen der Anleihegläubiger (z. B. Beschlussfassung über Nachschüsse der Anleihegläubiger), vgl. bereits Rn. 152. 393) Vgl. Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 42. Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 22. Die Einordnung entspricht derjenigen im Aktienrecht, vgl. Hüffer, AktG, § 245 Rn. 2. 394) Vgl. Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 42. 395) Vgl. Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 42. 396) Hierzu Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 43.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
noch keine Teilnahme „an der Abstimmung“ und damit keine Anfechtungsbefugnis begründe.397) Dieser Auffassung ist zuzustimmen, da sie dem Willen des Gesetzgebers entspricht.398) 429 Nur derjenige ist anfechtungsbefugt, der bei der Beschlussfassung mit „Ja“ bzw. „Nein“ gestimmt oder sich enthalten hat. Die bloße Anwesenheit bei einer Präsenzversammlung oder die Eintragung in das Teilnehmerverzeichnis bei einer Abstimmung ohne Versammlung ist dagegen nicht ausreichend. 430 Der Gläubiger muss nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 SchVG zudem fristgerecht Widerspruch gegen den angefochtenen Beschluss erklärt haben. 431 Der Gläubiger muss den Widerspruch zur Niederschrift (vgl. § 16 Abs. 3 SchVG) erklären. Dabei ist anzugeben, gegen welchen Beschluss oder welche Beschlüsse sich der Widerspruch richtet, wobei auch ein genereller Widerspruch – wie bei der aktienrechtlichen Hauptversammlung – gegen alle Beschlüsse zulässig ist.399) Der Widerspruch ist gegenüber dem Versammlungsleiter, dem Protokollführer oder gegenüber dem beurkundenden Notar zu erklären, die dafür sorgen müssen, dass der Widerspruch in der Niederschrift vermerkt wird. Die Beweislast für die Widerspruchserklärung trifft den Gläubiger. 432 Schließlich muss der anfechtende Anleihegläubiger seine Anleihestücke (i) – bei Abstimmung in einer Gläubigerversammlung – bereits vor der Bekanntmachung der Einberufung der Versammlung bzw. (ii) – bei einer Abstimmung ohne Versammlung – bereits vor der Aufforderung zur Stimmabgabe erworben haben.400) bb) Anfechtungsbefugnis bei Nichtteilnahme an Abstimmung (§ 20 Abs. 2 Nr. 2 SchVG) 433 Sofern der Gläubiger nicht an der Abstimmung teilgenommen hat, besteht eine Anfechtungsbefugnis lediglich dann, wenn (i) der Gläubiger nicht zur Abstimmung zugelassen wurde (§ 20 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 SchVG), (ii) wenn die Versammlung nicht ordnungsgemäß einberufen worden ist (§ 20 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 SchVG) oder (iii) wenn ein Gegenstand der Beschlussfassung nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist (§ 20 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 3 SchVG).
___________ 397) RegE, BT-Drucks. 16/12814, S. 26; Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 20 Rn. 12; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 47; a. A. Preuße/Vogel, SchVG, § 20 Rn. 22, der das bloße Erscheinen bei der Gläubigerversammlung ausreichen lässt. 398) Zutreffend Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 47. 399) Vgl. Preuße/Vogel, SchVG, § 20 Rn. 36. 400) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 28.
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VIII. Rechtsschutz gegen Restrukturierungsbeschlüsse
cc) Keine Anfechtungsbefugnis aufgrund Missbrauchs des Anfechtungsrechts? In der Literatur finden sich bisweilen Überlegungen, das Anfechtungsrecht 434 bei Rechtsmissbrauch einzuschränken. Im Ausgangspunkt kommt zwar eine Übertragung der aktienrechtlichen Grundsätze, denen zufolge bei Rechtsmissbrauch eine Anfechtungsbefugnis verneint wird,401) auch im Hinblick auf die Beschlusskontrolle nach dem SchVG in Betracht. Dennoch wird der Einwand des Rechtsmissbrauchs in der Praxis – wie schon im Aktienrecht – „blanke Theorie“ bleiben. d) Anfechtungsfrist Die Anfechtungsklage ist innerhalb eines Monats nach Bekanntmachung des 435 Beschlusses zu erheben (§ 20 Abs. 3 Satz 1 SchVG). Wie im Aktienrecht ist diese Frist eine zwingende materielle Ausschlussfrist einzuordnen.402) Dies bedeutet, dass eine verspätete Klage als unbegründet abzuweisen ist.403) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Maßgabe der §§ 233 ff. ZPO ist nicht möglich.404) Im Gegensatz zum Aktienrecht ist für den Beginn der Klagefrist nicht auf die 436 Beschlussfassung, sondern auf die Bekanntmachung der Beschlussfassung nach § 17 Abs. 1 SchVG abzustellen.405) Die Bekanntmachung nach § 17 Abs. 1 SchVG hat „unverzüglich“ nach der Gläubigerversammlung zu erfolgen; eine schnellstmögliche Bekanntmachung liegt im laufenden Restrukturierungsprozess daher im besonderen Interesse des Emittenten. Überdies sind die Beschlüsse nach Maßgabe von § 17 Abs. 2 SchVG im Internet zu veröffentlichen. Solange die Bekanntmachung i. S. d. § 17 Abs. 1 SchVG nicht erfolgt ist – und zwar in sämtlichen nach Gesetz oder Anleihebedingungen vorgesehenen Medien – beginnt die Anfechtungsfrist nicht zu laufen. Für die Berechnung der Anfechtungsfrist gelten die allgemeinen Vorschriften des §§ 187 ff. BGB.406)
___________ 401) Hierzu eingehend Hüffer, AktG, § 245 Rn. 22 ff. 402) Allgemeine Meinung, vgl. statt vieler Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/ Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 31. Zum Aktienrecht siehe Hüffer, AktG, § 246 Rn. 20. 403) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 31. 404) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 31. 405) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 31; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 66 f. A. A. Preuße/Vogel, SchVG, § 20 Rn. 48, der trotz des klaren Wortlauts auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung für den Beginn der Anfechtungsfrist abstellt. 406) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 32.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
Die Anfechtungsgründe müssen in ihrem wesentlichen tatsächlichen Kern innerhalb der Anfechtungsfrist dargelegt werden.407) e) Anfechtungsklage 437 Parteien der Anfechtungsklage sind der anfechtende Anleihegläubiger und der Schuldner. Das Anfechtungsurteil entfaltet inter omnes-Wirkung. Trotz fehlender Regelung im SchVG (etwa durch Verweis auf die aktienrechtliche Vorschrift des § 248 AktG) findet eine Rechtskrafterstreckung für und gegen alle Gläubiger statt.408) aa) Anfechtungsgegner (§ 20 Abs. 3 Satz 2 SchVG) 438 Nach § 20 Abs. 3 Satz 2 SchVG ist die Klage gegen den Schuldner zu richten, selbst wenn die Klage im Ausnahmefall zur Unterstützung des Schuldners erhoben wird. Eine solche Klage ist zum Bespiel denkbar bei der Anfechtung des Beschlusses zur Bestellung eines dem Schuldner missliebigen gemeinsamen Vertreters. bb) Zuständigkeit 439 Sofern der Schuldner seinen Sitz im Inland hat, ist nach § 20 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 SchVG grundsätzlich das Landgericht am Sitz des Schuldners ausschließlich zuständig. Hat der Schuldner seinen Sitz im Ausland, ist das LG Frankfurt/M. nach § 20 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 SchVG ausschließlich zuständig. Aufgrund der ausschließlichen Zuständigkeit finden abweichende Gerichtsstandsvereinbarungen in Anleihebedingungen keine Anwendung.409) 440 Sachlich zuständig ist das Landgericht. Nach § 20 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 SchVG i. V. m. § 246 Abs. 3 Satz 2 AktG entscheidet die Kammer für Handelssachen, sofern bei dem zuständigen Landgericht eine solche gebildet ist. 441 Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit ist zu beachten, dass nach § 20 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 SchVG i. V. m. § 246 Abs. 3 Satz 3 AktG sowie § 148 Abs. 2 Satz 3, 4 AktG die örtliche Zuständigkeit einem Landgericht für die Bezirke mehrerer Landgerichte übertragen werden kann. ___________ 407) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 33. 408) So die herrschende Ansicht, vgl. Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 78; Maier-Reimer, NJW 2010, 1316, 1321; Baums, ZBB 2009, 1, 3; Horn, ZHR 173 (2009), 12, 62; Schmidtbleicher, S. 191 f.; a. A. Preuße/Vogel, SchVG, § 20 Rn. 3; Bliesener/ Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 40, mit der Begründung, dass das SchVG – im Gegensatz zum Aktiengesetz – keine Rechtskrafterstreckung anordne. Dies überzeugt nicht, wollte der Gesetzgeber doch die Anfechtungsklage an das AktG anlehnen. Zudem hätte der Gesetzgeber auch den unter dem SchVerschrG 1899 geltenden Rechtsschutz erhalten können, sofern nur eine inter partes-Wirkung vorgesehen werden sollte. Auch wäre bei einer Wirkung inter partes die Vollzugssperre des § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG, die insgesamt auf den angefochtenen Beschluss Bezug nimmt, widersprüchlich. 409) Vgl. Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 69.
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VIII. Rechtsschutz gegen Restrukturierungsbeschlüsse
Voraussetzung für eine solche Zuständigkeit ist, dass die Landesregierungen 442 (bzw. die Landesjustizverwaltungen) eine „Konzentration“ für Anfechtungsklagen nach § 20 SchVG durch Rechtsverordnungen beschlossen haben. Dies ist nicht immer der Fall. cc) Wirkung der Klageerhebung Im SchVG ist die Wirkung einer erhobenen Anfechtungsklage nicht geregelt, 443 so dass die Rechtswirkungen unter Heranziehung aktienrechtlicher Anfechtungsregelungen herzuleiten sind.410) Dies bedeutet, dass ein Beschluss der Gläubiger zunächst wirksam, jedoch unter 444 den Voraussetzungen von § 20 SchVG anfechtbar ist. Sofern der Beschluss nicht angefochten wird, wird er mit Ablauf der Anfechtungsfrist endgültig wirksam.411) Wird ein Beschluss der Anleihegläubiger angefochten, sieht § 20 Abs. 3 445 Satz 4 SchVG vor, dass der Beschluss vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die Anfechtungsklage nicht vollzogen werden darf, es sei denn, das zuständige Oberlandesgericht beschließt in einem Freigabeverfahren nach § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG i. V. m. § 246a AktG, dass die Klage dem Vollzug des Beschlusses nicht entgegensteht. Über den (insoweit unvollständigen) Wortlaut des § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG hinaus, führt auch eine anderweitige Erledigung der Klage – etwa eine Klagerücknahme – dazu, dass die angefochtene Beschlussfassung der Gläubiger vollzogen werden kann.412) Unklar ist, ob in der Zeit zwischen Beschlussfassung und Erhebung einer 446 Anfechtungsklage ebenfalls eine Vollzugssperre besteht. Das SchVG regelt diese Frage nicht. Teilweise wird daher vertreten, dass eine Vollzugssperre zwischen Beschlussfassung und Erhebung der Anfechtungsklage im Hinblick auf die gefassten Beschlüsse der Gläubiger nicht bestünde.413) Diese Ansicht kann nicht überzeugen, da sonst die Beschlusskontrolle leerlaufen würde. dd) Klageverfahren Die schuldverschreibungsrechtliche Anfechtungsklage ist ein Urteilsverfahren, 447 auf das die Vorschriften der ZPO Anwendung finden.414) Die mündliche Verhandlung über die Anfechtungsklage darf frühestens nach 448 Ablauf der einmonatigen Anfechtungsfrist stattfinden (§ 20 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 SchVG i. V. m. § 246 Abs. 3 Satz 4 AktG); dadurch wird sicherge___________ 410) Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 71. 411) Vgl. Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 71; Maier-Reimer, NJW 2010, 1316, 1321. 412) Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 72. 413) In diese Richtung Veranneman/Gärtner, SchVG, § 20 Rn. 15. 414) Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 75.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
stellt, dass die gewünschte Prozessverbindung (§ 246 Abs. 3 Satz 6 AktG) bereits vor dem ersten Termin erfolgen kann. 449 Aufgrund der Verweisung von § 20 Abs. 3 Satz 3, Halbs. 2 SchVG auf § 246 Abs. 3 Satz 5 AktG kann die Schuldnerin unmittelbar nach Ablauf der Monatsfrist die anhängigen Klagen vor Zustellung einsehen und sich von der Geschäftsstelle Auszüge und Abschriften erteilen lassen. Dies bedeutet eine erhebliche Zeitersparnis für den Emittenten, da bereits mit Ablauf der Klagefrist ein eventueller Freigabeantrag – sofern der Inhalt eventueller Klagen nicht bereits zuvor antizipiert werden konnte – vorbereitet werden kann. 450 Im Rahmen einer Restrukturierung hat das Anfechtungsverfahren (isoliert als Hauptsacheverfahren betrachtet) in aller Regel keine besondere Relevanz. So kann in aller Regel im Zuge der Restrukturierung der Ausgang eines Beschlusskontrollverfahrens – ggf. mit Berufung und Revision – nicht abgewartet werden. Vielmehr ist, um die Beschlüsse nach Maßgabe von § 21 SchVG zeitnah und zur Abwendung der Insolvenzgefahr zu vollziehen, ein Freigabeverfahren nach Maßgabe des § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG einzuleiten. Scheitert der Freigabeantrag, scheitert in der Regel auch die Anleiherestrukturierung, sofern nicht auf anderem Wege mit Anfechtungsklägern eine Einigung gefunden wird.415) Regelmäßig muss der Emittent sodann und unverzüglich auch Insolvenzantrag stellen. 3. Nichtige Beschlüsse und deren prozessuale Behandlung im SchVG 451 Für das SchVG ist anerkannt, dass ein Beschluss der Gläubiger nicht nur anfechtbar, sondern auch nichtig sein kann. So hat der BGH nach Maßgabe von § 5 Abs. 2 Satz 2 SchVG einen Beschluss als nichtig angesehen, der nicht die gleichen Bedingungen für alle Schuldverschreibungsgläubiger einer Anleihe vorsieht.416) 452 Gleichwohl ist im Schrifttum wie in der Rechtsprechung noch nicht hinreichend geklärt, ab welcher Grenzlinie – in Abgrenzung zu einem „bloß“ anfechtbaren Beschluss – ein nichtiger Beschluss vorliegt. a) Abgrenzung von Nichtigkeit zur „bloßen“ Anfechtbarkeit 453 Die Nichtigkeit von Beschlüssen wird im SchVG nicht ausdrücklich geregelt; vergleichbare Regelungen zu den §§ 241 f. AktG existieren nicht. 454 Der BGH hat bislang offengelassen, ob und inwieweit man sich zur Bestimmung, ob ein Beschluss der Gläubigerversammlung nichtig ist, an den Nichtigkeitsgründen des § 241 AktG orientieren kann. ___________ 415) Zu den Rechtswirkungen eines Anfechtungsurteils vgl. Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 78 ff. 416) BGH ZIP 2014, 1876 ff., dazu EWiR 2014, 611 (Müller-Eising).
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VIII. Rechtsschutz gegen Restrukturierungsbeschlüsse
Im Hinblick auf die Abgrenzung von Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründen 455 im SchVG bleibt die weitere Rechtsentwicklung abzuwarten. Nach zutreffendem Verständnis sollte jedenfalls pauschale Übertragung der 456 aktienrechtlichen Regelungen zur Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen nicht erfolgen. Das Schuldverschreibungsrecht kennt Verweisungen in das Aktienrecht (vgl. § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG), verweist aber hinsichtlich der Nichtigkeit von Beschlüssen gerade nicht auf das AktG. Das Fehlen einer solchen Verweisung spricht dafür, dass das SchVG grundsätzlich enumerativ und abschließend die Nichtigkeit von Beschlüssen regelt.417) Hierfür spricht auch, dass der BGH die Nichtigkeit eines Beschlusses ausdrücklich auf die Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 2 SchVG stützt. b) Prozessuale Behandlung nichtiger Beschlüsse Von der Frage der materiellen Nichtigkeit eines Beschlusses zu trennen ist 457 die Frage, wie nichtige Beschlüsse prozessual zu behandeln sind. Mangels ausdrücklicher Regelungen zur Nichtigkeit von Beschlüssen sieht das SchVG keine weiteren Rechtsbehelfe – neben der Anfechtungsklage – zur Verfolgung nichtiger Beschlüsse vor. Im Schrifttum wird folgerichtig weder eine spezielle Nichtigkeitsklage noch eine allgemeine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit für statthaft erachtet.418) Daher ist auch für die Geltendmachung der Nichtigkeit von Beschlüssen grund- 458 sätzlich die Anfechtungsklage als statthafter Rechtsbehelf heranzuziehen. Dogmatisch lässt sich dies damit begründen, dass die Anfechtungsgründe des § 20 SchVG, d. h. die Verletzung des Gesetzes oder der Anleihebedingungen, auch alle denkbaren Nichtigkeitsgründe erfassen.419) Bislang noch nicht hinreichend geklärt ist die Frage, welche Rechtswirkungen 459 nichtige Beschlüsse entfalten können, sofern deren Rechtswidrigkeit nicht mit der Anfechtungsklage geltend gemacht wurde. Speziell fragt sich, ob entsprechende Beschlüsse nach Ablauf der Anfechtungsfrist Rechtswirksamkeit entfalten. Dies wird teilweise im Schrifttum angenommen.420) Der BGH hat die Frage der Wirkungen eines nichtigen Beschlusses ausdrück- 460 lich bislang nur für einen Beschluss, der gegen § 5 Abs. 2 Satz 2 SchVG ver___________ 417) Eine Ausnahme hiervon sollte für Beschlüsse gemacht werden, die an einem derart schwerwiegenden Mängeln leiden, dass ihnen jedwede Rechtswirkung versagt bleiben muss. Hierunter sind etwa „Schein- oder Nichtbeschlüsse“ zu fassen, z. B. wenn die Gläubiger ohne Ermächtigung in den Anleihebedingungen einen Mehrheitsbeschluss fassen, vgl. Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 16. 418) Vgl. Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 10. 419) So auch Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 10. 420) Vgl. Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 10.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
stößt, entschieden und klargestellt, dass dieser auch nicht durch formell ordnungsgemäßen Vollzug wirksam werden kann. Es bleibt abzuwarten, ob sich dieses Verständnis auch allgemein hinsichtlich nichtiger Gläubigerbeschlüsse durchsetzt. Nichts anderes erscheint letztlich richtig. 4. Freigabeverfahren des Emittenten 461 Die in § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG angeordnete Vollzugssperre führt bei anhängiger Anfechtungsklage dazu, dass sämtliche Handlungen zur Umsetzung von Gläubigerbeschlüssen, insbesondere die Umsetzung beschlossener Änderungen der Anleihebedingungen, zu unterbleiben haben.421) Mit Erhebung der Anfechtungsklage können daher die für den Fortbestand des Schuldners möglicherweise existenziellen Beschlüsse blockiert werden. Dies begründet die Gefahr, dass opponierende Anleihegläubiger das ihnen zustehende Anfechtungsrecht missbrauchen und den Vollzug von Gläubigerbeschlüssen verhindern.422) 462 Dementsprechend sieht das SchVG in § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG ein dem aktienrechtlichen Freigabeverfahren nachempfundenes Verfahren vor. Sofern das zuständige Oberlandesgericht (auf entsprechenden Antrag) entscheidet, dass die Anfechtungsklage dem Vollzug des angefochtenen Beschlusses nicht entgegensteht, kann der Schuldner den Beschluss nach Maßgabe von § 21 SchVG (trotz erhobener Anfechtungsklage) umsetzen. Eine etwa beschlossene Änderung der Anleihebedingungen bleibt bei Freigabe trotz eventueller Fehler des Beschlusses wirksam, und zwar insbesondere selbst dann, wenn der Anfechtungsklage (später) durch rechtskräftiges Urteil stattgegeben wird.423) 463 Das Freigabeverfahren nach dem SchVG ist ein eigenständiges Verfahren; die Regelungen der ZPO sind anwendbar. a) Formelle Voraussetzungen 464 Die Einleitung des Freigabeverfahrens erfolgt ausschließlich auf Antrag des Schuldners. Anleihegläubiger, die etwa mit der Anfechtung durch Mitgläubiger nicht einverstanden sind, sind nicht zur Einleitung eines Freigabeverfahrens berechtigt.424) 465 Antragsbefugt ist der Schuldner nur dann, wenn eine Anfechtungsklage erhoben worden ist. Gerichtet ist der Antrag auf Feststellung, dass die Erhebung der (jeweiligen) Anfechtungsklage dem Vollzug des Beschlusses nicht entgegen___________ 421) Preuße/Vogel, SchVG, § 20 Rn. 54; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 82. 422) Vgl. Preuße/Vogel, SchVG, § 20 Rn. 55; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 82. 423) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 20 Rn. 45. 424) Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 84.
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VIII. Rechtsschutz gegen Restrukturierungsbeschlüsse
steht, wobei sich das Freigabeverfahren gegen alle erhobenen Anfechtungsklagen zu richten hat.425) Nach § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG ist für das Freigabeverfahren erst- und letzt- 466 instanzlich dasjenige Oberlandesgericht zuständig, das dem Gericht, welches für die Anfechtungsklage zuständig ist, übergeordnet ist. Zwar können die Zuständigkeiten zwischen dem aktienrechtlichen und der schuldverschreibungsrechtlichen Anfechtungsklage in der Hauptsache auseinanderfallen; im jeweiligen Freigabeverfahren wird nach § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG regelmäßig dieselbe erst- und letztinstanzliche Zuständigkeit desselben Oberlandesgerichts gegeben sein.426) Das Freigabeverfahren kann als Eilverfahren durchgeführt werden, sodass in 467 dringenden Fällen auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werden kann (§ 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG i. V. m. § 246a Abs. 3 Satz 2 AktG); hiervon wird in der Praxis regelmäßig Gebrauch gemacht427). Der Beschluss soll spätestens drei Monate nach Einreichen des Freigabeantra- 468 ges ergehen. Verzögerungen sind durch einen unanfechtbaren Beschluss des zuständigen Oberlandesgerichts zu begründen (§ 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG i. V. m. § 246a Abs. 3 Satz 6 AktG). b) Beschlussvoraussetzungen Der Beschluss über den Freigabeantrag ergeht gemäß § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG 469 i. V. m. § 246a Abs. 2 AktG, wenn (i) die Anfechtungsklage unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, (ii) der Kläger nicht nachweisbar seit Einberufung der Gläubigerversammlung, deren Beschluss angefochten worden ist (bei der Abstimmung ohne Versammlung: seit der Aufforderung zur Stimmgabe), Teilschuldverschreibungen im (Nenn-)Wert von EUR 1.000,00 an der Anleihe hält oder (iii) bei einer Abwägung der alsbaldige Vollzug des Beschlusses i. S. v. § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG vorrangig erscheint. Nachstehend sollen nur der erste sowie der dritte Grund der Freigabe einer 470 näheren Betrachtung unterzogen, da der zweite Grund – der fehlende Nachweis eines anteiligen Betrags von EUR 1.000,00 – praktisch selten vorliegt. Für die Bemessung des Betrags von EUR 1.000,00 ist der Nennwert der Teil-
___________ 425) Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 84 f. 426) Vgl. die Konstellation in der finanziellen Restrukturierung der SolarWorld AG. Während für das schuldverschreibungsrechtliche Anfechtungsverfahren das LG Bonn zuständig war, hatte über das aktienrechtliche Anfechtungsverfahren erstinstanzlich das LG Köln zu entscheiden. Für die durchgeführten Freigabeverfahren war sowohl im Hinblick auf das schuldverschreibungsrechtliche Verfahren nach § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG i. V. m. § 246a AktG als auch auf das aktienrechtliche Verfahren nach § 246a AktG das OLG Köln zuständig (vgl. OLG Köln ZIP 2014, 263 ff. sowie ZIP 2014, 268 ff.). 427) So etwa in den Verfahren OLG Köln ZIP 2014, 263 ff. sowie OLG Köln ZIP 2014, 268 ff.
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B. Anleihen in der Restrukturierung
schuldverschreibung(en) maßgeblich, die der Gläubiger hält.428) Bei Unternehmensanleihen ist regelmäßig die kleinste Stückelung EUR 1.000,00, so dass bereits mit dem Halten einer (einzigen) Teilschuldschreibung das Quorum des § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG i. V. m. § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG eingehalten wird. Ausnahmen sind denkbar bei Unternehmensanleihen, die in geringerer Stückelung ausgegeben worden sind.429) aa) Unzulässigkeit oder offensichtliche Unbegründetheit – § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG i. V. m. § 246a Abs. 2 Nr. 1 AktG 471 Soweit ersichtlich, ist bislang noch keine Entscheidung im schuldverschreibungsrechtlichen Freigabeverfahren ergangen, die einen Beschluss aufgrund der Unzulässigkeit und/oder der offensichtlichen Unbegründetheit einer Anfechtungsklage freigegeben hat. 472 Im Schrifttum haben sich, insbesondere hinsichtlich des Merkmals der „offensichtlichen Unbegründetheit“, noch keine klaren und einheitlichen Beurteilungsmaßstäbe herausgebildet. Nach herrschender Ansicht im Aktienrecht – die grundsätzlich auch für das SchVG herangezogen werden kann – kommt es nicht auf die leichte Erkennbarkeit der fehlenden Begründetheit an, sondern auf die Eindeutigkeit der Sach- und Rechtslage.430) bb) Überwiegendes Vollzugsinteresse – § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG i. V. m. § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG 473 Der in der Praxis relevanteste Grund der Freigabe ist das überwiegende Vollzugsinteresse i. S. v.§ 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG i. V. m. § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG. 474 Nach Maßgabe des § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG i. V. m. § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG ergeht ein Freigabebeschluss, wenn der alsbaldige Vollzug des Mehrheitsbeschlusses vorrangig erscheint, weil die vom Antragsteller dargelegten wesentlichen Nachteile für den Schuldner nach freier Überzeugung des Gerichts die Nachteile für den bzw. die Antragsgegner überwiegen, es sei denn, es liegt eine besondere Schwere des Rechtsverstoßes vor.431) 475 In einer Restrukturierung, in der eine nicht zeitnahe Umsetzung von Beschlüssen regelmäßig dazu führt, dass eine Insolvenz eines Emittenten unvermeidbar ist, schlägt diese Abwägung– vorbehaltlich eines besonders schweren Rechtsverstoßes – nahezu ausnahmslos zugunsten einer positiven Freigabeentscheidung aus. So ist zu berücksichtigen, dass die Anleihegläubiger in einer Re___________ 428) Veranneman/Gärtner, SchVG, § 20 Rn. 17; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 90. 429) Beispielhaft ist hier die Wandelschuldverschreibung 2010/2015 der ehemaligen Q-Cells SE zu nennen: Deren Gesamtnennwert betrug 128.747.003,34, eingeteilt in 29.394.293 (Teil-)Schuldverschreibungen zu einem Nominalwert von je EUR 4,38. 430) Vgl. Hüffer, in: MünchKomm-AktG, § 246a Rn. 20 m. w. N. 431) Vgl. Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 20 Rn. 91.
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VIII. Rechtsschutz gegen Restrukturierungsbeschlüsse
strukturierungssituation von der Beschlussfassung bzw. ihrem Vollzug selbst profitieren. Nur bei erfolgreicher Restrukturierung wird die sonst drohende, unmittelbare Insolvenz des Schuldners vermieden. Überdies ist festzuhalten, dass ein Freigabeverfahren nach dem SchVG gerade 476 nicht Beschlussfassungen von Mitgliedern eines Verbandes betrifft (und somit keine Mitgliedschaftsrechte berührt). Im Kern geht es ausschließlich um ein schuldrechtliches Rechtsverhältnis. Die Verletzung der daraus resultierenden Gläubigerrechte ist nahezu immer rein kommerziell, und es erscheint keine Konstellation denkbar, in welcher die Verletzung nicht im Wege des Schadensersatzes nach § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG i. V. m. § 246a Abs. 4 AktG hinreichend kompensiert werden kann. Die Interessenabwägung wird deshalb in aller Regel zugunsten des antrag- 477 stellenden Schuldners auszugehen haben, so dass ein Freigabebeschluss somit (jedenfalls) wegen des überwiegenden Vollzugsinteresses gemäß § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG i. V. m. § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG zu ergehen hat. Ausnahmen sind insbesondere dann denkbar, wenn die Gläubigerversamm- 478 lung Schein- oder Nichtbeschlüsse fasst.432) In diesen Fällen kann von einem „besonders schweren Rechtsverstoß“ i. S. d. § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG i. V. m. § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG ausgegangen werden, in dem ein Freigabebeschluss nicht ergehen kann bzw. darf. 5. Exkurs: Aktienrechtliches Beschlusskontroll- und Freigabeverfahren Sofern der Emittent eine Aktiengesellschaft ist und zur finanziellen Restruktu- 479 rierung ein Debt-to-Equity-Swap umgesetzt werden soll, müssen in der Regel (flankierende) Kapitalmaßnahmen von der Hauptversammlung beschlossen.433) Hinsichtlich dieser Beschlüsse können Aktionäre ebenfalls Anfechtungs- 480 bzw. Nichtigkeitsklagen erheben, die im Hinblick auf die Durchführung der Kapitalmaßnahmen jedenfalls eine „faktische Registersperre“ entfalten. Das aktienrechtliche Beschlusskontrollverfahren wird parallel zu dem Be- 481 schlusskontrollverfahren nach dem SchVG durchgeführt. Sofern aktienrechtliche Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklagen gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung erhoben werden, wird hinsichtlich dieser Klagen die Durchführung eines Freigabeverfahrens nach Maßgabe des § 246a AktG erforderlich.
___________ 432) Denkbar ist ein „besonders schwerer Rechtsverstoß“ auch dann, wenn gegen ausdrückliche Verbote im SchVG verstoßen wird (z. B. eine unzulässige Verpflichtung zur Leistung i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 3 SchVG beschlossen wird). 433) Siehe Abschnitt B.IV.
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C. Anleihen in der Insolvenz Die außergerichtliche Restrukturierung von Anleihen nach dem SchVG ist 482 komplex und risikoreich. Die hohe Komplexität führt dazu, dass der einzelne Sanierungsschritt und 483 dessen Umsetzung nicht selten am „seidenen Faden“ hängen. Droht die Sanierung zu scheitern, wird der Schuldner (der Emittent) – in aller Regel – in Folge des Wegfalls der positiven Fortführungsprognose (§ 19 Abs. 1 Halbs. 2 InsO) und/oder aufgrund des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) insolvenzantragspflichtig. Im Insolvenzverfahren stellt sich die Frage, ob und wie der begonnene Sanie- 484 rungsprozess fortgesetzt werden kann. Darüber hinaus stellt sich – sofern noch keine Sanierungsmaßnahmen in Angriff genommen wurden – die Frage, wie die Anleihe in der Insolvenz zu behandeln ist und ob es diesbezüglich Sonderregelungen gibt. Zentrale Vorschrift ist in diesem Zusammenhang § 19 SchVG. Die Restrukturierung von Schuldverschreibungen im „Lebendgeschäft“ – außer- 485 halb des Insolvenzverfahrens – ist, wie erwähnt, kompliziert. In der Insolvenz kommen noch die Vorschriften der InsO hinzu und es entstehen weitere Wechselwirkungen mit dem SchVG. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich unter der Annahme, dass 486 das SchVG auf die Anleihe anwendbar434) ist, auf das SchVG und nur – sofern ausdrücklich darauf hingewiesen wird – auf das alte SchVerschrG.435) I. Überblick § 19 Abs. 1 Satz 1 SchVG normiert den Vorrang der InsO im Insolvenzver- 487 fahren. § 19 Abs. 2 – 5 SchVG bestimmt Ausnahmen von diesem Grundsatz.436) Der Vorrang ist insbesondere im Hinblick auf Zahlungsansprüche (wie etwa Zinsen) zu beachten, die die (Anleihe-)Gläubiger nach Insolvenzeröffnung nach den Regelungen der Insolvenzordnung (§§ 87, 174 ff. InsO) geltend machen können (dazu unter Rn. 629 ff.). Der Vorrang gilt naturgemäß nur im Regelungsbereich der InsO. So enthält 488 die InsO etwa keine Bestimmungen zur Beschlussfassung von Anleihegläubigern außerhalb von (Insolvenz-)Gläubigerversammlungen i. S. d. § 156 InsO. Der Grundsatz der Anwendung der InsO wird durch die Regelungen in § 19 Abs. 2 – 5 SchVG – insbesondere hinsichtlich der Besonderheiten der Bestellung ___________ 434) Dazu ausführlich Rn. 95 ff. 435) Dazu u. a. Penzlin/Klerx, ZInsO 2004, 311; mit § 19 SchVG sind im Wesentlichen §§ 18, 19 und 19a SchVerschrG mit den notwendigen Modifikationen zusammengefasst, vgl. Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 2. 436) Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 4 f.; Begründung RegE BT-Drucks. 16/12814, S. 25.
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C. Anleihen in der Insolvenz
eines gemeinsamen Vertreters der Anleihegläubiger im Insolvenzverfahren – aufgeweicht.437) 489 Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters – wegen § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG – in der Regel die erste (und in der Praxis meist auch die letzte) Entscheidung, die der individuelle Anleihegläubiger nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Anleiheschuldners zu treffen hat. 490 Wird nach § 19 Abs. 2 SchVG in der dafür vorgesehenen Gläubigerversammlung durch Mehrheitsbeschluss ein gemeinsamer Vertreter der Anleihegläubiger im Insolvenzverfahren bestellt (Besonderheiten dazu unten unter Rn. 498 ff.), so soll nach der gesetzlichen Regelung dieser allein berechtigt und verpflichtet sein, die Rechte der Gläubiger im Insolvenzverfahren geltend zu machen (§ 19 Abs. 3 SchVG). 491 Die Rechte und Pflichten nach § 19 Abs. 3 SchVG umfassen insbesondere die Anmeldung der Anleiheforderungen zur Insolvenztabelle (§ 174 InsO) sowie die Vertretung der Anleihegläubiger bei Abstimmungen in (Insolvenz-)Gläubigerversammlungen (dazu unter Rn. 629 ff.). 492 Ob die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren allerdings opportun ist, ist differenziert zu beantworten. 493 Außerhalb des Insolvenzverfahrens sind die Vorteile der Bestellung eines gemeinsamen Vertreters als „Schnittstelle“ zwischen Gläubigern und dem Emittenten evident. So steht der Emittent typischerweise bei der Begebung einer Anleihe nicht bloß einigen wenigen Anleihegläubigern, sondern einer Vielzahl von individuellen Anleihegläubigern gegenüber. Eine Verhandlung mit jedem einzelnen Gläubiger ist insofern bereits aus praktischen Gründen nicht möglich. Ebenso können Mitwirkungs- bzw. Kontrollrechte bereits aus Praktikabilitätsgründen häufig nicht adäquat durch den individuellen Anleihegläubiger ausgeübt werden, zumal dem gemeinsamen Vertreter diesbezüglich weitergehende Rechte zustehen (vgl. § 7 Abs. 5 SchVG). Insbesondere dieser Aspekt der Verfahrenserleichterung für sämtliche Parteien lässt die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters in Restrukturierungssituationen oftmals hilfreich erscheinen.438) 494 Im Insolvenzverfahren birgt die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters sowohl Chancen als auch Risiken. Speziell im Regelinsolvenzverfahren ohne Insolvenzplan erscheint die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters oftmals als effizientes – und damit begrüßenswertes – Mittel zur kollektiven Wahrnehmung von Gläubigerrechten; dies gilt insbesondere bei Anleihen mit einer breiten Streuung, da es zu einer Stimmbündelung der Gläubigerinteressen ___________ 437) Zur Rechtsfigur des gemeinsamen Vertreters siehe sogleich unter I.2. Vertiefend Leber, S. 198 ff. Zum gemeinsamen Vertreter nach dem SchVerschrG vgl. Vogel, S. 185 ff. 438) Veranneman/Veranneman, SchVG, §§ 7, 8 Rn. 2.
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II. Internationale Aspekte
kommt.439) Ein wesentliches Risiko bei der Bestellung des gemeinsamen Vertreters ist begründet in den Unklarheiten in Bezug auf die Beschlusskontrolle. Es ist nach wie vor ungeklärt, ob sich die Beschlusskontrolle nach Insolvenzrecht oder nach Schuldverschreibungsrecht richtet.440) Wünschenswert ist, dass der Gesetzgeber dazu eine klärende Aussage trifft. II. Internationale Aspekte Wird über das Vermögen eines Emittenten im Inland das Insolvenzverfahren 495 eröffnet, ist gemäß Art. 4 EuInsVO (bzw. § 335 InsO) das deutsche Insolvenzrecht anwendbar; insofern bestimmt das Insolvenzstatut (lex fori concursus) die Restrukturierungsmöglichkeiten im Insolvenzverfahren.441) § 19 SchVG ist nach allgemeiner Meinung eine insolvenzrechtliche Regelung 496 (und damit Teil der lex fori concursus). § 19 SchVG findet daher nur Anwendung, wenn der Mittelpunkt der wirtschaftlichen Interessen (center of main interests = COMI) im Inland liegt (Art. 3 EuInsVO) und im Inland entweder ein Insolvenzverfahren442) oder ein Partikular- oder Sekundärinsolvenzverfahren eröffnet wird (§§ 354, 356 InsO; Art. 3 EuInsVO).443) Insofern kann § 19 SchVG auch auf einen ausländischen Schuldner Anwendung finden, wenn das SchVG anwendbar ist. Nicht zur Anwendung kommt § 19 SchVG, wenn ein Insolvenzverfahren im Ausland eröffnet wird oder eine Schuldverschreibung nach ausländischem Recht begeben wurde, d. h. das SchVG nicht anwendbar ist.444) Nach § 19 Abs. 1 Satz 2 SchVG bleibt die Anwendung von § 340 InsO unbe- 497 rührt.445) III. § 19 SchVG-Versammlung Vor dem Hintergrund der rudimentären Regelungen zum Verhältnis von In- 498 solvenz- und Schuldverschreibungsrecht stellen sich die Fragen nach dem (sachlichen) Anwendungsbereich von § 19 SchVG (dazu unter 1.), dem Ablauf der Gläubigerversammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG (dazu unter 2.) ___________ 439) Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 24. 440) Zur statthaften Beschlusskontrolle hinsichtlich des Beschlusses über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG siehe zuletzt LG Leipzig ZIP 2015, 285. Eingehend dazu Rn. 544 ff. 441) Dazu und zu den Möglichkeiten der Restrukturierung von nach ausländischen Recht begebenen Anleihen, vgl. Thole, in: Festschrift Schütze, S. 601, 602. 442) Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 3; Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 13. 443) Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 13; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 10. 444) Dazu ausführlich Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 13. 445) Dazu und zu einer vertiefenden Analyse der Vorschrift, vgl. Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 14 ff; auch Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 15; Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 4; Thole, ZIP 2014, 293, 295.
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C. Anleihen in der Insolvenz
sowie der Rechtsstellung des gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren (dazu unter 3.). 1. Anwendungsbereich 499 Nach § 19 Abs. 2 SchVG kann nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Mehrheitsbeschluss der Anleihegläubiger ein gemeinsamer Vertreter bestellt werden. § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG sieht vor, dass eine Gläubigerversammlung zum Zweck der Wahl eines gemeinsamen Vertreters – im eröffneten (nicht: im vorläufigen) Insolvenzverfahren446) – vom Insolvenzgericht einzuberufen ist, sofern ein solcher noch nicht bestellt ist. Abweichend von der Regelung des § 9 Abs. 1 SchVG liegt die ausschließliche Einberufungskompetenz für eine solche Versammlung beim Insolvenzgericht.447) a) Einberufung ohne Ermächtigung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG? 500 In der Praxis stellt sich oftmals die Frage, ob eine Gläubigerversammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG auch dann einzuberufen ist, wenn die Anleihebedingungen die Möglichkeit eines Mehrheitsbeschlusses der Anleihegläubiger (nach dem SchVG) nicht gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG vorsehen.448) Die herrschende Literatur befürwortet die Einberufungskompetenz unabhängig davon.449) Auch in der Praxis der Insolvenzgerichte scheint sich dieses Verständnis durchzusetzen.450) 501 Mangels ausdrücklicher Klärung durch die Rechtsprechung ist die Rechtslage, ob § 19 SchVG auch ohne ausdrückliche Ermächtigung in den Anleihebedingungen die Einberufung ermöglicht, derzeit noch unklar.451) Bei fehlender Ermächtigung ist die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters in einer nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG einberufenen Gläubigerversammlung somit mit Risiken behaftet. 502 Es verbleibt bei einer solchen Ausgangslage insbesondere die Unsicherheit, ob entweder der designierte gemeinsame Vertreter, die individuellen Anleihegläubiger oder keiner deren Rechte im Insolvenzverfahren geltend machen ___________ 446) Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 19 Rn. 2; Thole, ZIP 2014, 293, 295; dies gilt auch dann, wenn dem Schuldner ein Verfügungsverbot auferlegt wurde, mithin ein sog. starker vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde, vgl. Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 13. 447) Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 9. Diese ausschließliche Zuständigkeit zur Einberufung der Gläubigerversammlung bestand auch nach dem SchVerschrG, vgl. § 18 Abs. 2 SchVerschrG. 448) Siehe dazu bereits Rn. 130 ff. 449) Vgl. die Nachweise bei Rn. 131. 450) Trotz fehlendem Verweis auf die §§ 5 ff. SchVG in den Anleihebedingungen hatte jüngst etwa das Amtsgericht Tostedt im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schneekoppe GmbH (Akt.: 22 IN 158/14) eine Versammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG einberufen. 451) Siehe dazu bereits Rn. 130 ff.
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III. § 19 SchVG-Versammlung
kann. Dies kann bei Abstimmungen über einen Insolvenzplan gravierende Folgen haben, da hier typischerweise eine zeitkritische Entscheidung unerlässlich ist. Es erscheint daher gerade in Verfahren, in denen ein Insolvenzplan zur Diskussion steht, sinnvoll, in der Versammlung darauf hinzuwirken, dass kein gemeinsamer Vertreter bestellt wird und die Gläubiger individuell ihre Rechte im Insolvenzverfahren geltend machen.452). b) Einberufungspflicht des Insolvenzgerichts Die Einberufung einer Versammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG ist nach 503 dem Wortlaut zwingend, wenn vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Emittenten noch kein gemeinsamer Vertreter für die Gläubiger der Anleihe bestellt worden und § 19 SchVG anwendbar ist.453) Das Insolvenzgericht hat insoweit eine Amtspflicht zur Einberufung.454) Ist bereits ein gemeinsamer Vertreter bestellt, „kann“ das Insolvenzgericht 504 von der Einberufung einer Gläubigerversammlung absehen, muss es jedoch nicht. Wird keine Gläubigerversammlung einberufen, erfährt der bereits bestellte gemeinsame Vertreter mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Rechtsmachtzuwachs mit der Folge, dass er gemäß § 19 Abs. 3 SchVG die Rechte und Pflichten der Anleihegläubiger im Insolvenzverfahren wahrzunehmen hat.455) Trotz dieses durch § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG eingeräumten Ermessens wird 505 das Insolvenzgericht die Einberufung einer Gläubigerversammlung in einem solchen Fall in der Regel – bereits zur Masseschonung – unterlassen. Etwas anderes kann gelten, wenn es aus dem Kreise der Anleihegläubiger Kritik an und/ oder Gegenkandidaten für den gemeinsamen Vertreter gibt, die eine erneute Abstimmung sinnvoll erscheinen lassen. Die Feststellung, ob ein gemeinsamer Vertreter bereits für eine Anleihe bestellt ist, kann das Insolvenzgericht durch einen Blick in die Anleihebedingungen bzw. in die beim Bundesanzeiger gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 SchVG bekannt gemachten Beschlüsse treffen. Eine Einberufungspflicht des Insolvenzgerichts soll allerdings im Wege teleo- 506 logischer Reduktion nicht bestehen, wenn die Anleihe einen Rangrücktritt entsprechend § 39 Abs. 2 InsO aufweist und feststeht, dass die Anleihegläubiger im Insolvenzverfahren keine Quote erhalten werden.456) Begründet ___________ 452) Anders nach Kuder/Obermüller (ZInsO 2009, 2025, 2028) die der Auffassung sind, dass auch die Nichtbestellung anfechtbar sei. 453) Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 9. 454) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 19 Rn. 11; Thole, ZIP 2014, 293, 296. 455) Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 6. 456) LG Bonn ZIP 2014, 983, dazu EWiR 2014, 395 (Friedl); Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 9; Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 19 Rn. 17 f.; Penzlin/Klerx, ZInsO 2004, 311, 312 (zu SchVerschrG); Thole, ZIP 2014, 293, 296; Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 911; im Ergebnis auch Thole, ZIP 2014, 293, 296 f.; a. A. Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 22 ff.
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wird dies damit, dass bei nachrangigen Forderungen eine Anmeldung nur nach Aufforderung durch das Gericht stattfindet (§ 174 Abs. 3 InsO); dies setzt eine Vollbefriedigung der übrigen Gläubiger voraus. Eine Vollbefriedigung ist in der Regel aber nicht zu erwarten, sodass die Vertreterbestellung über die Gläubigerversammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG reiner Formalismus wäre.457) Zu beachten ist allerdings, dass der Nachrang einzelner Anleihegläubiger einer Anleiheserie nicht dazu führt, dass keine Einberufungspflicht besteht.458) 507 Etwas Anderes soll nur dann gelten, wenn im Insolvenzverfahren eine Abstimmung über einen Insolvenzplan in Betracht kommt, da in diesem Falle nach § 237 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 77 InsO nachrangige Gläubiger auch bei der Abstimmung stimmberechtigt sind.459) Diese Ansicht lässt allerdings außer Acht, dass die Forderungen der nachrangigen Gläubiger grundsätzlich – vorbehaltlich einer anderen Planregelung – als erlassen gelten und deshalb die Gläubiger nachrangiger Forderungen nicht als Gruppe teilnehmen (§§ 222 Abs. 1 Satz 2, 225 Abs. 1 InsO), sofern nicht eine Vollbefriedigung in Betracht kommt oder die nachrangigen Gläubiger im Insolvenzplan nach den Planregelungen noch berücksichtigt werden sollen.460) 508 Es stellt sich weiterhin die Frage einer Einberufungspflicht, wenn bei einer Anleihe, die zur Zeit des Regimes des SchVerschrG emittiert wurde, zwar ein gemeinsamer Vertreter bestellt wurde, allerdings vor einem „Opt In“Beschluss.461) Schon im SchVerschrG war nämlich das Institut des gemeinsamen Vertreters vorgesehen. Dieser hatte eine vergleichbare „Vermittlungsund Koordinierungsfunktion“ wie der gemeinsame Vertreter nach dem SchVG, war jedoch von Gesetzes wegen mit weniger Rechten ausgestattet. 509 Wurde ein gemeinsamer Vertreter nach dem SchVerschrG bestellt und im Nachgang in einer Gläubigerversammlung nach § 24 Abs. 2 SchVG ein „Opt in“-Beschluss gefasst, muss sich das Insolvenzgericht die Frage stellen, ob ein nach dem Regelungsregime des SchVerschrG bestellter gemeinsamer Vertreter ipso iure ein gemeinsamer Vertreter nach dem SchVG wird. Die Folge wäre, dass auch für einen gemeinsamen Vertreter nach SchVerschrG ein Rechtsmachtzuwachs (nach § 19 Abs. 3 SchVG) anzunehmen wäre. Würde das Insolvenzgericht dies bejahen, wäre ein gemeinsamer Vertreter i. S. d. § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG für die Anleihe bestellt und das Insolvenzgericht könnte von der Einberufung einer Gläubigerversammlung absehen.
___________ Penzlin/Klerx, ZInsO 2004, 311, 312. Dazu ausführlich Thole, ZIP 2014, 293, 296 f. Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 9. Dazu ausführlich Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 19 Rn. 18; auch Thole, ZIP 2014, 293, 296 f. 461) Dazu unter Rn. 136 ff.
457) 458) 459) 460)
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III. § 19 SchVG-Versammlung
Die besseren Gründe sprechen gegen eine solche „Wandlung“ des gemeinsa- 510 men Vertreters nach dem SchVerschrG zu einem gemeinsamen Vertreter nach dem SchVG. Die Anleihegläubiger treffen mit ihrer Entscheidung, ein neues Regelungsregime anzuwenden, keine Entscheidung darüber, ob auch die handelnden Personen weiter für die Anleihegläubiger unter diesem Regelungsregime Rechte für die Anleihegläubiger wahrnehmen sollen. Anleihegläubigern bleibt es unbenommen, einen gemeinsamen Vertreter der 511 Altanleihen nach vollzogenem „Opt-In“-Beschluss auch zu einem gemeinsamen Vertreter nach dem SchVG zu wählen. Sofern dies jedoch nicht erfolgt ist, hat das Insolvenzgericht davon auszugehen, dass kein gemeinsamer Vertreter i. S. d. § 19 Abs. 2 Satz 1 SchVG existiert. Das Insolvenzgericht sollte daher, wenn kein gemeinsamer Vertreter nach dem SchVG bestellt wurde – insbesondere wenn nur ein gemeinsamer Vertreter nach dem SchVerschrG bestellt wurde – von seinem Einberufungsrecht nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG Gebrauch machen. c) Keine Pflicht zur Wahl eines gemeinsamen Vertreters Die Gläubigerversammlung ist in der nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG einzu- 512 berufenden Gläubigerversammlung nicht verpflichtet, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen.462) Es bleibt den Anleihegläubigern unbenommen, eine Bestellung zu beschließen oder ihre Rechte nach Maßgabe der Insolvenzordnung im Insolvenzverfahren eigenständig wahrzunehmen. Sofern in der Versammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG kein gemeinsamer Vertreter bestellt wurde, ist es den Gläubigern unbenommen, im Anschluss nach den Vorschriften des SchVG erneut eine Versammlung einzuberufen, um diesen doch zu bestellen.463) Die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters bietet sich insbesondere in den 513 Fällen an, in denen eine Abwicklung des Insolvenzschuldners vorgesehen ist. Problematisch können sich die Rechtsunsicherheiten bei der Bestellung eines gemeinsamen Vertreters indes dann auswirken, wenn ein Insolvenzplanverfahren durchgeführt werden soll. Hier kann die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters unter Umständen zu Verfahrensverzögerungen führen. 2. Ablauf einer Versammlung Steht für das Insolvenzgericht fest, dass eine Gläubigerversammlung nach 514 § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG einzuberufen ist, müssen die gesetzlichen Vorgaben ___________ 462) Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 5; Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 24. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist eine Bestellung jedoch in aller Regel „wünschenswert“ BT-Drucks. 16/12814, S. 25. 463) OLG Zweibrücken ZInsO 2013, 2119; so auch Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 12; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 31; Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 911; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, BankrechtsKommentar, Kap. 17 (SchVG), § 19 Rn. 27.
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C. Anleihen in der Insolvenz
für den Ablauf der Versammlung eingehalten werden. Die Einberufungszuständigkeit liegt ausschließlich beim Insolvenzgericht.464) Die Versammlung bedarf der Vorbereitung und muss ordnungsgemäß durchgeführt werden; die Beschlüsse der Gläubigerversammlung können einer gerichtlichen Kontrolle unterzogen werden. a) Vorbereitung der Gläubigerversammlung aa) Einberufungszeitpunkt 515 Das SchVG bestimmt im Gegensatz zum SchVerschrG nicht ausdrücklich, zu welchem Zeitpunkt die Gläubigerversammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG einzuberufen ist. War in § 18 Abs. 3 SchVerschrG noch ausdrücklich geregelt, das die Einberufung „unverzüglich“ zu erfolgen hatte, so fehlt in § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG eine entsprechende Regelung. 516 Es entspricht allerdings allgemeiner Meinung, dass die Einberufung der Gläubigerversammlung i. S. d. § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG ebenfalls „unverzüglich“ nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen soll.465) Dies ist auch sachgerecht, da nur mit einer zügigen Einberufung Klarheit geschaffen wird, wer für die Anleihegläubiger handeln kann. Auch ist zu berücksichtigen, dass in Insolvenzverfahren die wesentlichen Entscheidungen am Anfang des Verfahrens getroffen werden; daher ist die unverzügliche Einberufung sachgerecht. bb) Einberufungsfrist 517 Neben der fehlenden Regelung zum Zeitpunkt der Einberufung fehlt es auch an einer ausdrücklich geregelten Frist. In Frage kommt zunächst eine Bezugnahme auf die Einberufungsfrist nach dem SchVG gemäß § 10 Abs. 1 SchVG.466) Alternativ könnte auch die Vorschrift des § 75 Abs. 2 InsO – mit einer Regelung, dass die Frist höchstens drei Wochen betragen soll – Anwendung finden.467) 518 Im Ergebnis ist die Annahme der zweiwöchigen Einberufungsfrist des § 10 Abs. 1 SchVG vorzugswürdig. Es ist nicht gerechtfertigt – auch nicht im Sinne einer im Insolvenzverfahren wünschenswerten Beschleunigung – die Vorschrift des § 75 Abs. 2 InsO heranzuziehen. Gegen die Anwendung von § 75 Abs. 2 InsO spricht insbesondere der Wortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 2 ___________ 464) Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 25. 465) Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 9; Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 26; Kuder/ Obermüller, ZInsO 2009, 2025, 2027; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/ Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 19 Rn. 10; Thole, ZIP 2014, 293, 296; im Ergebnis ebenso Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 19 Rn. 14 f. 466) Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 26; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 19 Rn. 10. 467) Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 25.
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III. § 19 SchVG-Versammlung
SchVG, der hinsichtlich der Geltung der Einberufungsvorschriften auf die „Vorschriften dieses Gesetzes“ verweist. Die Einberufungsfrist beträgt somit gemäß § 10 Abs. 1 SchVG mindestens 519 14 Tage; diese Frist ist – wie bereits erläutert – als Zwischenfrist anzusehen.468) Für die Fristberechnung dürfen daher weder der Tag der Veröffentlichung der Einberufung noch der Tag der Gläubigerversammlung mitgezählt werden.469) Daneben sind die Besonderheiten der konkreten Anleihebedingungen zu be- 520 achten: Ist in den Anleihebedingungen etwa eine längere Frist oder ein Anmeldeerfordernis zur Teilnahme an Anleihegläubigerversammlungen normiert, ist dies auch bei der Versammlung nach § 19 SchVG zu beachten (§ 10 Abs. 2 SchVG). Sehen die Anleihebedingungen ein Anmeldeerfordernis vor, verlängert sich nach § 10 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 10 Abs. 1 SchVG die Einberufungsfrist somit regelmäßig auf 17 Tage. Beruft das Insolvenzgericht nicht „unverzüglich“ eine Gläubigerversammlung 521 ein, so können die Gläubiger gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 SchVG verlangen, dass der Emittent die Versammlung einberuft oder nach § 9 Abs. 2 SchVG vorgehen.470) Da die Einberufung nach § 19 Abs. 2 SchVG eine Amtspflicht des Insolvenzgerichts ist, muss davon ausgegangen werden, dass es die Versammlung beim Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen einberuft. cc) Einberufungsverfahren (1) Regelungsregime für die Einberufung Gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG ist die Gläubigerversammlung nach Insol- 522 venzeröffnung nach den Vorschriften „dieses Gesetzes“ – d. h. dem SchVG – einzuberufen. Gleichwohl wird in der Literatur vertreten, dass das Insolvenzgericht zur besseren Orientierung und angesichts der Tatsache, dass es sich dann auf „bekanntem Terrain“ befände, nach insolvenzrechtlichen Vorschriften einberufen sollte.471) Dem kann jedoch angesichts des klaren Wortlautes des § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG nicht gefolgt werden.472) Der Einladungsinhalt richtet sich somit nach § 12 Abs. 1 SchVG.
___________ 468) Dazu oben Rn. 234. 469) So auch Schmidtbleicher, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 10 Rn. 3. Zu den notwendigen Abstimmungen mit den Veröffentlichungszeiten des Bundesanzeigers vgl. Veranneman/Backmann, SchVG, § 10 Rn. 2. 470) Dazu ausführlich Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 19 Rn. 16; mit dem Hinweis, dass die Gläubiger nur das Insolvenzgericht (klageweise) verpflichten können Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 24. 471) Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 10. 472) So etwa Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 19 Rn.10 m. w. N.
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(2) Einladungsinhalt 523 In der Einberufung sind die Firma, der Sitz des Schuldners, die Zeit und der Ort der Gläubigerversammlung sowie die Bedingungen anzugeben, von denen die Teilnahme an der Gläubigerversammlung und die Ausübung des Stimmrechts abhängen. Ebenso ist nach § 13 SchVG eine Tagesordnung beizufügen sowie auf etwaige Legitimationsnachweise nach § 10 Abs. 2, 3 SchVG zu verweisen.473) Nicht genannt werden müsste nach SchVG indes die genaue Anschrift bzw. die Vertretungsberechtigung; für die Anschrift ist die Nennung jedoch nach § 9 InsO normiert und wird überdies hinsichtlich der Vertretungsberechtigung über den Wortlaut des § 9 InsO hinaus angenommen.474) 524 In der Einladung ist zusätzlich noch auf die Vertretungsregelung des § 14 Abs. 1 Satz 2 SchVG hinzuweisen, da es dem Anleihegläubiger unbenommen ist, sich auch in der Gläubigerversammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG eines Vertreters zur Teilnahme zu bedienen. 525 Zu Klarstellungszwecken sollte zudem in der Einladung ein Hinweis auf die Stimmrechtsregelung in § 6 SchVG erfolgen, auch wenn dies von Gesetzes wegen nicht geboten ist. Nach der Grundregel des § 6 Abs. 1 Satz 1 SchVG bemisst sich das Stimmrecht der Gläubiger in der Schuldverschreibungsgläubigerversammlung nach der Maßgabe des Nennwerts an den von ihnen gehaltenen, ausstehenden Schuldverschreibungen. Ein Hinweis ist deshalb sachdienlich, da Anleihegläubiger – angesichts des Generalverweises des § 19 SchVG auf die InsO – auf die Idee kommen könnten, dass nur bei bereits erfolgter Anmeldung der Forderung zur Tabelle gemäß § 174 InsO eine Teilnahme an der Schuldverschreibungsgläubigerversammlung erfolgen kann. Dies ist nach zutreffendem Verständnis nicht erforderlich. 526 Da das SchVG für die Gläubigerversammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG gilt, gilt es auch im Hinblick auf die Veröffentlichungen.475) Somit ist die Einladung zur Gläubigerversammlung im Bundesanzeiger (§ 12 Abs. 2 Satz 1 SchVG), in der in § 12 Abs. 3 SchVG vorgesehenen Stelle im Internet – typischerweise die Homepage des Emittenten – sowie – sofern dies vorgesehen ist – in den in den Anleihebedingungen genannten Veröffentlichungsmedien zu veröffentlichen. Ferner hat zusätzlich nach § 19 Abs. 5 SchVG eine Bekanntmachung im Internet (www.insolvenzbekanntmachung.de) zu erfolgen (§ 9 InsO).
___________ 473) Dazu Thole, ZIP 2014, 293, 296. 474) Kübler/Prütting/Bork/Prütting, InsO, § 9 Rn. 14; Braun/Böhner, InsO, § 9 Rn. 7. 475) So auch Thole, ZIP 2014, 293, 296.
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III. § 19 SchVG-Versammlung
dd) Einberufungsort In Abweichung von § 11 SchVG kann neben dem Sitz des Emittenten im In- 527 solvenzverfahren auch der Ort des (Insolvenz-)Gerichts als Ort der Versammlung in Betracht kommen.476) b) Durchführung der Gläubigerversammlung Die Durchführung der Gläubigerversammlung richtet sich, soweit § 19 Abs. 2 528 Satz 2 SchVG nichts anderes bestimmt, nach dem SchVG (nach den „Vorschriften dieses Gesetzes“). aa) Tagesordnungspunkte Nach dem Gesetzeswortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG ist für die Ver- 529 sammlung nur ein Tagesordnungspunkt vorgesehen, nämlich die Entscheidung der Anleihegläubiger über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters zur Wahrnehmung der Rechte der Anleihegläubiger im Insolvenzverfahren. Ob neben diesem zwingenden Tagesordnungspunkt noch weitere Tagesordnungspunkte zulässig sind, ist nach dem Wortlaut der Vorschrift unklar. Die Tatsache, dass das Insolvenzgericht zum „Zweck“ der Vertreterbestellung einberuft, scheint dafür zu sprechen, dass in der Gläubigerversammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG nur über die Bestellung des gemeinsamen Vertreters abgestimmt werden soll. (1) Zulässigkeit von Weisungsbeschlüssen als Annexkompetenz Die Möglichkeit, Rechte im Insolvenzverfahren auf unterschiedliche Weise 530 auszuüben, führt zu der Frage, ob dem gemeinsamen Vertreter nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG durch die Gläubigerversammlung Weisungen erteilt werden können. Dies mag insbesondere erwägenswert sein, wenn ein Großteil der Gläubiger ein bestimmtes (Abstimmungs-)Verhalten vom gemeinsamen Vertreter auf insolvenzrechtlichen Gläubigerversammlungen wünscht. Grundsätzlich ist in Bezug auf Weisungen zu beachten, dass der gemeinsame 531 Vertreter im Außenverhältnis mit einer umfassenden Rechtsmacht nach § 19 Abs. 3 SchVG ausgestattet wird. Dieses rechtliche „Können“ entbindet den gemeinsamen Vertreter jedoch nicht davon, die im Innenverhältnis erteilten Weisungen der Gläubigerversammlung zu befolgen, vgl. § 7 Abs. 2 Satz 2 SchVG. Diese Weisungskompetenz gegenüber dem gemeinsamen Vertreter behält die Anleihegläubigerversammlung auch nach der Insolvenzeröffnung
___________ 476) Dazu Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 18; Thole, ZIP 2014, 293, 296 m. w. N.
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C. Anleihen in der Insolvenz
und kann dem gemeinsamen Vertreter somit Weisungen erteilen.477) Dies spricht dafür, dass – schon aus Gründen der Verfahrensökonomie – entsprechende (Mehrheits-)Beschlüsse zur Anweisung des gemeinsamen Vertreters auch in der Gläubigerversammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG gefasst werden können. Erreicht werden könnte – sofern dies das Insolvenzgericht nach Vorabstimmung nicht eigenständig veranlasst – die Aufnahme eines solchen Tagesordnungspunktes in der Gläubigerversammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG über das Recht auf Ergänzung der Tagesordnung nach § 13 Abs. 3 SchVG. (2) Sonstige Beschlussgegenstände 532 Fraglich ist, ob über weitere – von der Bestellung und Anweisung des gemeinsamen Vertreters losgelöste – Beschlussgegenstände (Tagesordnungspunkte) in der Gläubigerversammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG abgestimmt werden kann. Dies ist zu verneinen: Der Wortlaut lässt keine Zweifel, dass die Versammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG der reibungslosen Abwicklung des Insolvenzverfahrens dient und auf den gesetzlichen Beschlussgegenstand beschränkt ist. 533 Sollten es notwendig werden, dass neben der Bestellung eines gemeinsamen Vertreters – und einzelnen Weisungen, die mit der Bestellung im Zusammenhang stehen – weitere Beschlüsse gefasst werden, ist es den Gläubigern unbenommen, zeitlich nach der Gläubigerversammlung gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG weitere Versammlungen der Anleihegläubiger einzuberufen.478) Solche Versammlungen richten sich dann aber allein nach dem SchVG.479) Unklar ist in diesem Zusammenhang, ob die Beschlussgegenstände solcher, weiterer Versammlungen aufgrund bzw. nach der Insolvenzeröffnung beschränkt sind.480) bb) Versammlungsleitung der Gläubigerversammlung nach § 19 Abs. 2 SchVG 534 Für die Versammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG obliegt die Versammlungsleitung dem Insolvenzgericht.481) Funktionell zuständig ist für die Ver___________ 477) Allgemeine Meinung im Schrifttum Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 12; Kuder/ Obermüller, ZInsO 2009, 2025, 2027; Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 34; Horn, BKR 2014, 449, 451; mit dem Hinweis, dass Weisungen nur in folgenden Versammlungen erteilt werden können Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 19 Rn. 24. 478) Hierzu Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 12; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 30 ff. 479) Dazu OLG Zweibrücken ZInsO 2013, 2119. 480) So etwa Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 14; Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 28; Horn, BKR 2014, 449, 451; a. A. Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 19 Rn. 20; dazu ausführlich Rn. 558 ff., 618 ff. 481) Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 11.
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III. § 19 SchVG-Versammlung
sammlungsleitung nach der Grundregel des §§ 3 Nr. 2 lit. e), 18 RPflG der Rechtspfleger.482) Es handelt sich bei der Leitung einer Versammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG nicht um eine Angelegenheit, die nach § 18 Abs. 1 RPflG zwingend dem Richter vorbehalten ist. Gleichwohl ist es dem Insolvenzrichter im Hinblick auf die Komplexität einzelner Verfahren bzw. Verfahrensbereiche unbenommen, gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 RPflG die Leitung der Schuldverschreibungsgläubigerversammlung zu übernehmen. cc) Beschlussfähigkeit Grundsätzlich bedarf es für die Beschlussfähigkeit in Gläubigerversammlungen 535 nach dem SchVG bestimmter Beschlussquoren (vgl. § 15 Abs. 3 SchVG). Anders ist dies in der Versammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG: Hier gilt die Verweisung auf die Insolvenzordnung (§ 19 Abs. 1 Satz 1 SchVG). Für das Beschlussquorum sind daher die insolvenzrechtlichen Vorgaben für die Insolvenzgläubigerversammlung in §§ 74 ff InsO (analog) maßgeblich, mit der Folge, dass nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Beschlussquorum somit nicht von der Mindestzahl von Köpfen und/oder Quoren abhängt, sondern die Beschlussfähigkeit bereits mit der Anwesenheit eines (einzigen) Gläubigers die Beschlussfähigkeit gegeben ist.483) Stimmrechte sollten allerdings im Gegensatz zu der Regelung in § 77 Abs. 1 Satz 1 InsO nicht nur solche Forderungen haben, die bereits zur Insolvenztabelle angemeldet worden sind; die Stimmrechte sollten sich – wie auch außerhalb der Insolvenz – an der jeweiligen Beteiligungshöhe des (Anleihe-)Gläubigers orientieren.484) Es spricht viel dafür, dass das Vorstehende auch für etwaige weitere Gläubi- 536 gerversammlungen gilt, die zwar während des Insolvenzverfahrens, aber nach den Regularien des SchVG stattfinden.485) Unbeeinflusst davon sind naturgemäß die insolvenzspezifischen Gläubigerversammlungen nach der InsO (§ 77 InsO). Hier sind Gläubiger nur stimmberechtigt, wenn ihre Forderungen angemeldet und nicht bestritten sind bzw. deren Stimmrecht positiv festgestellt wurde. ___________ 482) Vgl. für die Versammlung nach § 19 SchVG ausdrücklich Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 10; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 20, 27, 29. 483) Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 15; Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 7; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 38. Sofern de lege ferenda auch über schuldverschreibungsspezifische Gegenstände in einer Schuldverschreibungsgläubigerversammlung beschlossen werden soll, sollten dabei die allgemeinen Regelungen des § 5 Abs. 4 SchVG (hinsichtlich des Mehrheitserfordernisses) bzw. § 15 SchVG (hinsichtlich der Beschlussquoren) gelten. Dies gebietet insbesondere § 225a Abs. 2 Satz 2 InsO, der bei Geltung der insolvenzrechtlichen Beschlusskontrolle theoretisch ausgehöhlt werden könnte. 484) Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 9; so auch Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 15; erst recht muss die Forderung eines einzelnen Gläubigers nicht festgestellt sein; regelmäßig folgt die Anmeldung und Prüfung der Forderungen nach der Versammlung nach § 19 SchVG. 485) a. A. Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 15.
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C. Anleihen in der Insolvenz
(1) Mehrheitserfordernisse 537 Für die Bestellung des gemeinsamen Vertreters nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG genügt nach § 76 Abs. 2 InsO die einfache Mehrheit der anwesenden Gläubiger.486) Nach § 76 Abs. 2 InsO bestimmt sich die Mehrheit nach den Forderungsnennbeträgen.487) (2) Beurkundungserfordernisse 538 Grundsätzlich bedarf nach § 16 Abs. 3 Satz 1 SchVG der Beschluss einer Gläubigerversammlung zu seiner Wirksamkeit der Beurkundung durch eine über die Verhandlung aufgenommene Niederschrift. Diese ist nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SchVG durch einen Notar aufzunehmen. 539 Zur Gläubigerversammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG, die durch das Insolvenzgericht einberufen, geleitet und protokolliert wird, wird vertreten, dass zur Kostenvermeidung und Verfahrensbeschleunigung die Protokollierung durch das Insolvenzgericht in entsprechender Anwendung des § 127a BGB analog ausreiche.488) Die analoge Anwendung des § 127a BGB wäre in der Sache zu begrüßen. Die außerhalb des Insolvenzverfahrens angeordnete notarielle Beurkundung gemäß § 16 Abs. 3 SchVG dient der Rechtssicherheit, welcher auch durch gerichtliche Protokollierung genügt ist. 540 Aber: Bis dieser Umstand nicht durch den Gesetzgeber oder die Rechtsprechung geklärt ist, kann die Praxis mit diesem Restrisiko nicht leben. Daher ist grundsätzlich „immer“ die flankierende notarielle Beurkundung angezeigt. dd) Kosten der Insolvenzgläubigerversammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG 541 Die Kostenlast für die Gläubigerversammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG ist im Gesetz nicht geregelt. Grundsätzlich sind die Kosten einer Gläubigerversammlung gemäß § 9 Abs. 4 SchVG vom Anleiheschuldner zu tragen, selbst wenn die Einberufung der Gläubigerversammlung nicht auf ihn zurückgeht.489) 542 Die Kosten für die Versammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG im Insolvenzverfahren sind ebenfalls vom Emittenten zu tragen; diese sind – in entsprechender Anwendung von § 54 Abs. 1 InsO –, nicht zuletzt wegen der Einberufung durch das Insolvenzgericht, wie Gerichtskosten zu behandeln und ___________ 486) Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 911. 487) Thole, ZIP 2014, 293, 297. 488) Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 12; Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 15; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 39; Thole, ZIP 2014, 293, 296; im Ansatz anders Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 19 Rn. 17. 489) Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 9 Rn. 23.
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demnach Masseverbindlichkeiten.490) Für die Kosten für weitere Versammlungen, die etwa der Willensbildung der Anleihegläubiger dienen, sprechen die besseren Argumente dafür, dass diese Kosten nur als (nachrangige) Insolvenzforderungen geltend gemacht werden können, da diese der Rechtsverfolgung der Anleihegläubiger im Insolvenzverfahren dienen.491) Umstritten ist auch die Kostentragung für die Vergütung und die Auslagen 543 des gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren.492) c) Beschlusskontrolle Die Einzelheiten der Beschlusskontrolle sind gesetzlich nicht geregelt und 544 bislang auch in Rechtsprechung und Literatur nicht final geklärt. Jüngst hat sich das LG Leipzig als – soweit ersichtlich – erstes Gericht zu der Problematik geäußert. Kernpunkt der Diskussion ist die Frage, welche Reichweite § 19 Abs. 1 Satz 1 545 SchVG hat: Können Beschlüsse der Gläubiger nach Insolvenzeröffnung nach § 78 InsO mit der sofortigen Beschwerde oder nach § 20 SchVG mit der Anfechtungsklage überprüft werden? aa) Kontrolle der Bestellung des gemeinsamen Vertreters (1) Meinungsbild Nach namhafter Literatur unterliegt die Bestellung des gemeinsamen Vertreters 546 nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SchVG der Anfechtung nach dem SchVG, und zwar mit der Möglichkeit der Erhebung einer Anfechtungsklage nach § 20 SchVG.493) Begründet wir dies damit, dass es sich bei der Entscheidung für die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG um einen Beschluss innerhalb einer separaten Gläubigerversammlung handelt, die selbst nicht Teil der Insolvenzgläubigerversammlung ist. Dementsprechend müsste sich ein solcher Beschluss auch am Regime des Schuldverschreibungsgesetzes messen lassen, sodass gegen einen solchen Beschluss Anfechtungsklage nach § 20 Abs. 1 SchVG erhoben werden müsse. Zudem passe vor dem Hintergrund der Antragsberechtigung in § 78 InsO die von der Gegenmeinung angeführte insolvenzrechtliche Beschlusskontrolle nicht auf die Versammlung ___________ 490) Statt vieler Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 11; Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 27; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 34. 491) So zu den Kosten weiterer Schuldverschreibungsgläubigerversammlungen, Veranneman/ Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 13; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 35; im Ergebnis auch Thole, ZIP 2014, 293, 298 f.; a. A. wohl Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 19 Rn. 41 f. pauschal für alle Versammlung nach Insolvenzeröffnung bis zur Anzeige der Masseunzulänglichkeit. 492) Dazu siehe Rn. 572 ff. 493) Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 17; Kuder/Obermüller, ZInsO 2009, 2025, 2028; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 42; Horn, BKR 2014, 449, 451; implizit auch Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 19 Rn. 33.
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C. Anleihen in der Insolvenz
nach § 19 SchVG.494) Wichtige Konsequenz dieser Ansicht ist, dass – sofern eine Anfechtungsklage erhoben wird – der in der Gläubigerversammlung gewählte gemeinsame Vertreter erst nach rechtskräftiger (positiver) Entscheidung bzw. Freigabe nach § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG i. V. m. § 246a AktG handlungsfähig ist.495) 547 Nach anderer Ansicht soll die Beschlusskontrolle über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters hingegen über die insolvenzrechtliche Beschlusskontrolle des § 78 InsO erfolgen. Speziell sprächen Wortlaut, Gesetzesbegründung und Systematik dafür, dass nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens § 78 InsO anzuwenden sei.496) Auch sei die insolvenzrechtliche Beschlusskontrolle deshalb vorzugswürdig, da die Anwendbarkeit von § 20 SchVG der Gläubigergleichbehandlung im Insolvenzverfahren sowie dem Bestreben nach einer zügigen Durchführung des Insolvenzverfahrens entgegenstehen kann.497) (2) Urteil des LG Leipzig 548 Mit Datum vom 16.1.2015 hat das LG Leipzig498) als – soweit ersichtlich – erstes Gericht zu der Frage Stellung genommen, welchem Rechtsschutzregime der Beschluss zur Bestellung eines gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG unterfällt. Ein Gläubiger hatte gegen die Bestellung Anfechtungsklage gemäß § 20 SchVG erhoben. Im Ergebnis sieht das LG Leipzig den Rechtsschutz gegen die Beschlussfassung zur Bestellung eines gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG nach den Bestimmungen der InsO – namentlich § 78 InsO (analog) – als statthaft an.499) Das Gericht begründet diese Auffassung damit, dass § 19 Abs. 2 – 5 SchVG keinen Verweis auf § 20 SchVG enthalten würden, sodass im Insolvenzverfahren der in § 19 Abs. 1 SchVG niedergelegte Grundsatz gelte, dass die Beschlüsse der Gläubiger nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens den Bestimmungen der Insolvenzordnung unterliegen. bb) Stellungnahme 549 Wie das LG Leipzig bereits überzeugend entschieden hat, sprechen die besseren Gründe dafür, die Bestellung des gemeinsamen Vertreters nach § 19 Abs. 2 ___________ 494) Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 43. 495) Kuder/Obermüller, ZInsO 2009, 2025, 2028, die § 246a AktG ohne nähere Begründung auch auf die Vertreterbestellung anwenden. 496) Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 31; Leber, S. 291 f.; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 19 Rn. 19; Schaumann/Zenker EWiR 2015, 225; Thole, ZIP 2014, 293, 297 m. w. N. 497) Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 31; Leber, S. 291 f. 498) LG Leipzig ZIP 2015, 285. 499) Zuletzt Thole, ZIP 2014, 293, 297 m. w. N.
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III. § 19 SchVG-Versammlung
Satz 2 SchVG bzw. damit im Zusammenhang stehende Weisungsbeschlüsse der insolvenzrechtlichen Beschlusskontrolle des § 78 InsO zu unterwerfen. (1) Wortlaut und Systematik des § 19 Abs. 1, 2 SchVG Für diese Auffassung spricht in erster Linie der Wortlaut des § 19 Abs. 1 550 SchVG. Danach soll sich mit der Insolvenzeröffnung die Beschlussfassung nach der insolvenzrechtlichen Beschlusskontrolle richten („so unterliegen Beschlüsse der Gläubiger den Bestimmungen der Insolvenzordnung“). Es ist nicht einzusehen, aus welchem Grund die insolvenzrechtliche Beschlusskontrolle von diesem Generalverweis nicht erfasst werden soll, zumal § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG hinsichtlich der Einberufungsmodalitäten einen Rückverweis auf das SchVG vornimmt. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass bereits in der Gesetzesbegründung klargestellt wurde, dass ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens grundsätzlich die Bestimmungen der InsO anzuwenden sind.500) (2) Erhebliche Rechtsunsicherheiten bei Unterwerfung unter die schuldverschreibungsrechtliche Beschlusskontrolle Neben den systematischen Argumenten sprechen allerdings auch praktische 551 Gründe für die Statthaftigkeit der insolvenzrechtlichen Beschlusskontrolle. So führt die Erhebung einer Anfechtungsklage nach § 20 Abs. 1 SchVG gegen den Bestellungsbeschluss zu einer Handlungssperre für den gemeinsamen Vertreter und damit zu einem Suspensiveffekt, der dem Eilcharakter des Insolvenzverfahrens widerspricht.501) Konsequenz des Suspensiveffekts bei Anwendung des § 20 SchVG wäre 552 nämlich, dass bei Erhebung der Anfechtungsklage gegen einen Bestellungsbeschluss (bzw. auch bei einem Beschluss, der die Bestellung ablehnt), die Bestellung des gemeinsamen Vertreters bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Bestellung bzw. einer Freigabe nach § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG, § 246a AktG nicht vollzogen werden dürfte, wobei das Auftreten des gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren den Vollzug voraussetzt. Der gemeinsame Vertreter könnte vor Freigabe bzw. Entscheidung die Rechte der Insolvenzgläubiger im Insolvenzverfahren nicht wahrnehmen. Diese Konsequenz wäre noch zu verschmerzen, wenn vor dem Hintergrund 553 einer solchermaßen angenommenen Vollzugssperre die individuellen Schuldverschreibungsgläubiger weiterhin als Insolvenzgläubiger zur Wahrnehmung ihrer eigenen Rechte berufen wären. Dies wird von den Befürwortern der ___________ 500) BT-Drucks. 16/12814, S. 25. 501) Es wird nicht vertreten, dass für den Bestellungsbeschluss des gemeinsamen Vertreters nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG eine Ausnahme von der gesetzlich durch § 20 Abs. 3 Satz 4 normierten Vollzugssperre – die für den gemeinsamen Vertreter eine Handlungssperre begründet – existieren soll. Dies wäre inkonsequent und wäre mit der Systematik des Schuldverschreibungsrechts auch nicht zu vereinbaren.
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C. Anleihen in der Insolvenz
Anwendung des § 20 SchVG jedoch ausdrücklich abgelehnt mit der Folge, dass durch die Vollzugssperre weder der gewählte gemeinsame Vertreter noch die einzelnen Anleihegläubiger bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung bzw. einer Freigabe ihre Rechte im Insolvenzverfahren geltend machen können.502) Zur Begründung wird – insoweit konsequent unter dem Aspekt der „verdrängenden“ Rechtsmacht des § 19 Abs. 3 SchVG – ausgeführt, dass schon der Umstand eines – wenn auch angefochtenen – Bestellungsbeschlusses die Anleihegläubiger von der Teilnahme ausschließe.503) 554 Einige Befürworter dieser Ansicht, die die Beschlussfassung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG hinsichtlich seiner Kontrolle dem SchVG unterwerfen wollen, gehen teilweise noch weiter: So soll nach Kuder/Obermüller selbst der Beschluss, keinen gemeinsamen Vertreter zu bestellen, ebenfalls der Anfechtung nach § 20 SchVG unterfallen.504) Folgt man dieser Ansicht, fragt sich, ob mit der Anfechtung eines Beschlusses, einen gemeinsamen Vertreter nicht zu bestellen, ebenfalls eine Suspensivwirkung verknüpft ist; dies wäre ggf. mit der bedenklichen Konsequenz verbunden, dass zunächst weder der individuelle Anleihegläubiger noch der gemeinsame Vertreter zur Geltendmachung von Rechten befugt wäre. 555 Mag eine (temporäre) „Handlungsstarre“ bei einer Abwicklung im Regelinsolvenzverfahren noch handhabbar sein, da z. B. eine nachträgliche Anmeldung von Forderungen später im Insolvenzverfahren möglich ist, wäre dies bei Abstimmung über einen Insolvenzplan verheerend. So würden Anleihegläubiger – entsprechende Anleihevolumina vorausgesetzt – bei der Abstimmung über einen Insolvenzplan trotz maßgeblichem Bestandteil einer Gläubigergruppe i. S. d. § 222 InsO nicht abstimmen können, sofern sich der Planersteller nicht sogar entschließt, eine eigene Gläubigergruppe für Anleihegläubiger zu bilden.505) Zur Annahme eines Insolvenzplans ist nach § 244 Abs. 1 Nr. 1 InsO allerdings erforderlich, dass in jeder Gruppe die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger dem Plan zustimmt. Stimmt eine Gruppe nicht zu, kommt es darauf an, ob die Mehrheit der Gruppen dem Plan zustimmt bzw. die weiteren Voraussetzungen des § 245 InsO vorliegen. Würden auf diese Weise allerdings Anleihegläubiger von der Möglichkeit der Abstimmung ausgeschlossen, ergäben sich erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit dieses Vorgehens. Die Folge könnte ___________ 502) Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 31; Kuder/Obermüller, ZInsO 2009, 2025, 2028. Kritisch zu dieser Konsequenz Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 19 Rn. 33. 503) Kuder/Obermüller, ZInsO 2009, 2025, 2028. 504) Kuder/Obermüller, ZInsO 2009, 2025, 2028; dem folgend Maier-Reimer, NJW 2010, 1317, 1319. Diese Auffassung entspricht der Rechtslage im Aktienrecht (allerdings in Kombination mit einer positiven Beschlussfeststellungsklage, vgl. Hüffer, AktG, § 246 Rn. 42). 505) Etwa weil der Planersteller für die Anleihegläubiger einen Debt-to-Equity Swap vorsehen will. Vgl. dazu Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 222 Rn. 162 auch zur Frage, inwiefern Gläubiger unterschiedlicher Anleihen in einer Gruppe zusammengefasst werden können.
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III. § 19 SchVG-Versammlung
sein, dass ein Insolvenzgericht einen Abstimmungs- und Erörterungstermin nicht stattfinden lässt, bis über die Wirksamkeit der Bestellung des gemeinsamen Vertreters entschieden wurde bzw. ein Freigabeverfahren durchgeführt worden ist. Die dargelegten Probleme stellen sich nicht bei der (analogen) Anwendung 556 des § 78 InsO. Wird in der Gläubigerversammlung beantragt, den Beschluss aufzuheben, entscheidet das Gericht. Gegen diesen (zustimmenden oder ablehnenden) Beschluss ist die sofortige Beschwerde statthaft, deren Einlegung keine aufschiebende Wirkung zukommt. Somit wäre der gemeinsame Vertreter sofort handlungsfähig. Das überzeugt. Im Ergebnis sprechen daher sowohl die Gesetzessystematik sowie auch die 557 praktischen Argumente für die Anwendung der insolvenzrechtlichen Beschlusskontrolle. Da eine Suspensivwirkung der Anfechtungsklage die Gefahr birgt, dass Sanierungen im Insolvenzverfahren letztlich scheitern, fügt sich die Anwendung des § 78 InsO besser in das Insolvenzverfahren ein. Zeitliche Verzögerungen bedeutet in vielen Fällen, dass nur noch die Abwicklung und nicht mehr die Sanierung möglich bleibt.506) cc) Sonstige Beschlüsse nach Insolvenzeröffnung Wenig Beachtung gefunden hat bisher die Frage, welche Art der Beschlusskon- 558 trolle Beschlüsse der Anleihegläubiger in Gläubigerversammlungen unterliegen, die keine Versammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG sind. Vorgelagert hierzu ist die Frage, welche Beschlüsse im Insolvenzverfahren – neben der Bestellung des gemeinsamen Vertreters – überhaupt noch gefasst werden können.507) Unterstellt man, dass auch im Insolvenzverfahren der Katalog der Einzel- 559 beschlüsse nach § 5 SchVG möglich bleiben soll, scheint auf den ersten Blick viel dafür zu sprechen, dass dann insoweit auch die Beschlusskontrolle nach § 78 InsO gelten muss. Eine solche Schlussfolgerung verkennt allerdings den exponierten Charakter des 560 § 19 SchVG. Der Zweck der Versammlung gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG erschöpft sich darin, einen reibungslosen Ablaufs des Insolvenzverfahrens zu ermöglichen. Beschlüsse nach § 5 SchVG hat § 19 SchVG nicht im Blick. Daher gilt folgendes: Die schuldverschreibungsrechtliche Beschlusskontrolle ist für die Umsetzung von Maßnahmen nach § 5 Abs. 3 SchVG besser geeignet, da hier in besonderem Maße in Gläubigerrechte eingegriffen wird.
___________ 506) Schaumann/Zenker, EWiR 2015, 225, 226. 507) Dazu ausführlich Rn. 618 ff.
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C. Anleihen in der Insolvenz
3. Stellung des gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren 561 Ist ein gemeinsamer Vertreter bestellt, fragt sich, welche Handlungen dieser vornehmen kann und wie er vergütet wird.508) a) Rechtsmacht des gemeinsamen Vertreters 562 Die Rechtsmacht des gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren regelt § 19 Abs. 3 SchVG. aa) Geltendmachung von Rechten 563 Nach § 19 Abs. 3 SchVG ist der gemeinsame Vertreter der Anleihegläubiger allein berechtigt und verpflichtet, deren Rechte im Insolvenzverfahren geltend zu machen. Ein zuvor bestellter gemeinsamer Vertreter erfährt somit qua Gesetzes einen Rechtsmachtzuwachs, ohne dass es eines gesonderten Beschlusses der Gläubiger bedarf.509) Ein nach Insolvenzeröffnung bestellter gemeinsamer Vertreter hat die Rechte aus § 19 Abs. 3 SchVG mit Rechtskraft seiner Bestellung inne. 564 Sofern ein gemeinsamer Vertreter bestellt ist, sperrt er im Außenverhältnis die Anleihegläubiger von der selbstständigen Geltendmachung ihrer individuellen Rechte im Insolvenzverfahren („allein berechtigt und verpflichtet“).510) § 19 Abs. 3 SchVG weicht somit von der in § 7 Abs. 2 Satz 3 SchVG für Gläubigerversammlungen außerhalb des Insolvenzverfahrens geltenden Möglichkeit ab, dass individuelle Anleihegläubiger ihre Rechte auch selbstständig geltend machen können.511) 565 Diese exklusive Zuweisung von Rechten im Insolvenzverfahren ist grundsätzlich zu begrüßen, da durch die Konzentration von Rechten beim gemeinsamen Vertreter einerseits Klarheit darüber besteht, welche Person zur Vornahme insolvenzspezifischer Handlung berechtigt ist, andererseits eine höhere Effizienz bei der Durchführung des Insolvenzverfahrens durch einen – in der Regel – „erfahrenen“ gemeinsamen Vertreter zu erwarten ist.512) Dem Willen der Anleihegläubiger kann dabei durch interne Weisungen, die auch für den gemeinsamen Vertreter im Insolvenzverfahren bindend sind, gewährleistet werden.513) So ist es den Anleihegläubigern unbenommen, den gemeinsamen ___________ 508) Gemeinsamer Vertreter kann eine vom Insolvenzschuldner abhängige Person sein (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SchVG). Ausgeschlossen ist allerdings die Bestellung des Insolvenzverwalters selbst zum gemeinsamen Vertreter (vgl. insoweit nur Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 19 Rn. 23). 509) Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 6. 510) Vgl. Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 50; Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 32. 511) Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 6. 512) Vgl. Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 6. 513) Siehe dazu Rn. 530 f.
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Vertreter im Innenverhältnis auf dem Beschlusswege anzuweisen, z. B. einem Insolvenzplan zuzustimmen bzw. die Zustimmung zu verweigern. bb) Weitere Rechtsmacht Ob der gemeinsame Vertreter im Insolvenzverfahren über das Vorstehende 566 hinausgehende Rechte hat bzw. haben kann, ist unklar. Zunächst stellt sich die Frage, ob § 19 Abs. 3 SchVG nur das rechtliche 567 „Können“ im Außenverhältnis oder auch das rechtliche „Dürfen“ im Innenverhältnis beschreibt. Man kann zwar erwägen, dass mit dem Rechtsmachtzuwachs nach § 19 Abs. 3 568 SchVG der gemeinsame Vertreter sämtliche Rechte – nicht nur die insolvenzspezifischen, sondern auch solche nach § 5 SchVG – im Außenverhältnis ausüben kann, die vormals den individuellen Gläubigern bzw. der Gläubigerversammlung vorbehalten waren. Es entspricht in diesem Zusammenhang allgemeiner Meinung, dass der gemeinsame Vertreter außerinsolvenzlich – sofern er hierzu von der Gläubigerversammlung mit entsprechender Mehrheit ermächtigt wurde – für die Gläubiger auch die qualifizierten Maßnahmen nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 – 9 SchVG vornehmen kann.514) Für das Insolvenzverfahren ließe sich nunmehr daran denken, dass wegen des Rechtsmachtzuwachses des § 19 Abs. 3 SchVG eine Ermächtigung der Gläubigerversammlung – jedenfalls für das Außenverhältnis – nicht mehr zwingend vonnöten wäre. Mit anderen Worten: Der gemeinsame Vertreter wäre im Insolvenzverfahren – im Außenverhältnis – nicht mehr von der Zustimmung der Gläubigerversammlung abhängig, wenn die Anleihebedingungen mit Beschlüssen nach § 5 SchVG angepasst werden sollen. Diese Auslegung geht allerdings zu weit. § 19 Abs. 3 SchVG meint insofern nur insolvenzspezifische Rechte. Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass der gemeinsame Vertreter im Insol- 569 venzverfahren im Außenverhältnis („rechtliches Können“) hinsichtlich der insolvenzspezifischen Rechte umfassend berechtigt und verpflichtet ist, sämtliche Rechte der Gläubiger im Insolvenzverfahren geltend zu machen.515) Davon umfasst ist die Anmeldung zur Insolvenztabelle. Ebenfalls von der Vertretungsmacht umfasst sind nach dem Wortlaut sämtliche Beschlüsse zur Abstimmung in (Insolvenz-)Gläubigerversammlungen. Diese Rechtsmacht im Außenverhältnis gilt auch, wenn es zu einer Anpassung 570 der Anleihebedingungen im Rahmen eines Insolvenzplans kommen soll, da
___________ 514) Veranneman/Fürmaier, SchVG, §§ 7, 8 Rn. 21 zur Vertretung bei Maßnahmen nach § 5 Abs. 3 SchVG; Preuße/Nesselroth, SchVG, § 7 Rn. 45. 515) Rubner, NJW-Spezial 2014, 15, 16; Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 3.
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C. Anleihen in der Insolvenz
es sich bei der Abstimmung im Erörterungs- und Abstimmungstermin um die Geltendmachung insolvenzspezifischer Rechte handelt.516) Nicht von der Rechtsmacht umfasst sind allerdings Maßnahmen, die Beschlüsse außerhalb eines Insolvenzplans nach § 5 Abs. 3 SchVG voraussetzen. 571 Eine umfassende Rechtsmacht im Innenverhältnis („rechtliches Dürfen“) ist damit allerdings nicht verbunden.517) Ist der gemeinsame Vertreter ohne Weisung bestellt und handelt er ohne Weisung der Gläubiger, läuft er Gefahr, sich ggf. schadensersatzpflichtig zu machen.518) b) Vergütung des gemeinsamen Vertreters 572 Aus § 7 Abs. 6 SchVG ergibt sich der Anspruch des gemeinsamen Vertreters auf eine angemessene Vergütung. Außerhalb der Insolvenz werden die Kosten und Aufwendungen durch den Emittenten getragen. Bei dem Anspruch nach § 7 Abs. 6 SchVG soll es sich in diesem Zusammenhang um einen gesetzlich angeordneten Aufwendungsersatzanspruch gegen den Emittenten handeln.519) 573 Es dürfte unstreitig sein, dass eine solche angemessene Vergütung auch für einen gemeinsamen Vertreter im Insolvenzverfahren anfällt, der in einer Versammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG bestellt wurde bzw. der im Insolvenzverfahren nunmehr nach vorangegangener außerinsolvenzlicher Bestellung tätig wird.520) aa) Masseverbindlichkeit oder Insolvenzforderung? 574 Unklar ist, ob der Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertreters als Masseverbindlichkeit oder nur als einfache bzw. gar nachrangige Insolvenzforderung einzuordnen ist.521) (1) Vorinsolvenzliche Sachverhalte 575 Einigkeit dürfte dahingehend bestehen, dass der noch nicht befriedigte Vergütungsanspruch eines gemeinsamen Vertreters, der im Insolvenzverfahren nach vorhergehender außergerichtlicher Bestellung fortexistiert, Insolvenz___________ 516) Für einen Debt-to-Equity-Swap nach § 5 Abs. 3 Nr. 5 SchVG gilt wegen des expliziten Wortlautes des § 225a InsO eine weitere Besonderheit: Hier kann der gemeinsame Vertreter die individuelle Zustimmungserklärung der individuellen Anleihegläubiger nicht kraft seines Amtes und der ihm gemäß § 19 Abs. 3 SchVG gewährten Rechtsmacht ersetzen; dazu ausführlich Rn. 611 f. 517) Rubner, NJW-Spezial 2014, 15, 16; Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 34. 518) Mit diesem Hinweis auch Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 34; so auch Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 32. 519) Antoniadis, NZI 2014, 785, 787; Veranneman/Fürmaier, SchVG, §§ 7, 8 Rn. 73. 520) Vgl. Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 27. 521) Vgl. zum Streitstand Rn. 578 ff.
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forderungen gemäß § 38 InsO ist.522) Die Vergütung ist in diesem Fall für anspruchsbegründende Tatsache entstanden, die materiell-rechtlich vor Insolvenzeröffnung abgeschlossen waren. Im Einzelfall könnte auch für vorinsolvenzlich abgeschlossene Sachverhalte 576 eine Masseverbindlichkeit entstehen. Dann müsste allerdings z. B. ein (starker) vorläufiger Insolvenzverwalter eine Verpflichtung begründet haben oder eine gerichtliche Einzelermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten vorliegen. (2) Sachverhalte nach Insolvenzeröffnung Für die Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters nach Insolvenzeröffnung trifft 577 das SchVG und auch die InsO keine ausdrückliche Regelung.523) Deshalb bleibt es grundsätzlich bei der Regelung des § 7 Abs. 6 SchVG mit der Verpflichtung des Emittenten, die Kosten zu tragen. Diese Regelung ist auch nicht dispositiv, da gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 SchVG eine Abweichung der §§ 5 – 21 SchVG zu Lasten der Anleihegläubiger unzulässig ist. Der Vergütungsanspruch ist deshalb nach herrschender Meinung eine Masse- 578 verbindlichkeit.524) Dem hat sich auch bereits die Praxis angeschlossen.525) Für eine Einordnung als Masseverbindlichkeit spricht zunächst, dass aus Sicht des Gesetzgebers eine Bestellung eines gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren aus Effektivitätsgesichtspunkten wünschenswert ist.526) Diesem gesetzgeberischen „Leitbild“ könnte nicht entsprochen werden, müsste sich der gemeinsame Vertreter mit einer einfachen Insolvenzforderung als Vergütung begnügen. Unabhängig von dem grundlegenden Verständnis, dass eine Behandlung der 579 Vergütungsansprüche als Masseverbindlichkeiten sinnvoll erscheint, bedarf es – mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung – einer Begründung auf Grundlage der §§ 54, 55 InsO, denn nach § 53 InsO sind nur Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) und sonstige Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO) vorweg aus der Insolvenzmasse zu befriedigen. ___________ 522) So auch Antoniadis, NZI 2014, 785, 787; Horn, BKR 2014, 449, 452; Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 35. 523) Vgl. Brenner, NZI 2014, 789, 790. 524) Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 7; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 19 Rn. 26; im Ergebnis ebenso Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 19 Rn. 41; Preuße/ Scherber, SchVG, § 19 Rn. 35; Thole, ZIP 2014, 293, 299; a. A. Cranshaw, BKR 2008, 504, 510; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 49; noch weiter geht Antoniadis, NZI 2014, 785, 788 f., der sogar von nachrangigen Insolvenzforderungen ausgeht. 525) In diesem Sinne etwa AG Esslingen – 5 IN 301/13; AG München – 1501 IN 4203/13; AG Amberg – 261 IN 515/12, jeweils zit. nach Brenner, NZI 2014, 789, 792 Fn. 13. 526) RegE BT-Drucks. 16/12814, S. 25; Penzlin/Klerx, ZInsO 2004, 311, 314.
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580 Grundlage für die Frage der Einordnung als Insolvenzforderung oder Masseverbindlichkeit ist das Rechtsverhältnis der Beteiligten. Aufgrund seiner Wahrnehmung von Rechten und Pflichten der Anleihegläubiger besteht nach herrschender Meinung zwischen dem gemeinsamen Vertreter und den Anleihegläubigern ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß §§ 675 ff. BGB, den der Emittent als Vertreter ohne Vertretungsmacht für die Anleihegläubiger abschließt.527) Im Ergebnis ist der gemeinsame Vertreter deshalb weisungsabhängig und nur den Interessen der Anleihegläubiger verpflichtet. Dies hat zur Folge, dass der gemeinsame Vertreter nicht die Geschäfte des Emittenten wahrnimmt. Bei der gesetzlichen Kostentragungspflicht handelt es sich – mangels eines zwischen dem Emittenten und dem gemeinsamen Vertreter bestehenden Rechtsverhältnisses – um einen gesetzlich angeordneten Aufwendungsersatzanspruch gegen den Emittenten.528) 581 Anknüpfungspunkt ist somit keine Handlung des Emittenten oder – im Insolvenzverfahren – des Insolvenzverwalters, sondern eine gesetzliche Anordnung. Vor diesem Hintergrund fragt es sich, wie und ob eine Einordnung als Masseverbindlichkeit möglich ist: 582 Einerseits wird die Einordnung als Masseverbindlichkeit mit einer Analogie zu § 54 Nr. 2 InsO begründet.529) Nach § 54 Nr. 2 InsO sind die Vergütungen und Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses Kosten des Insolvenzverfahrens und damit Masseverbindlichkeiten. Begründet wird die Analogie mit dem erklärten Wunsch des Gesetzgebers, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen, der es rechtfertigt, diesen den Personen in § 54 Nr. 2 InsO im Rahmen einer Analogie gleich zu stellen. Diese Erklärung trägt nicht, da sämtliche Personen in § 54 Nr. 2 InsO für sämtliche Gläubiger tätig werden und nicht – wie der gemeinsame Vertreter – nur für eine Gläubigergruppe. 583 Überzeugender als eine Analogie zu § 54 Nr. 2 InsO ist eine Anwendung des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind solche Verbindlichkeiten Masseverbindlichkeiten, die durch die Handlung des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Masseverbindlichkeiten können nach dieser Vorschrift auf zwei unterschiedliche Arten entstehen: 584 Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 InsO können Masseverbindlichkeiten durch Handlungen des Insolvenzverwalters entstehen. Im Regelfall wird diese Vor___________ 527) Wöckener, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 7 Rn. 27; Veranneman/Veranneman, SchVG, § 7, 8 Rn. 41, 43; Horn, BKR 2014, 449, 450 f.; der Gesetzgeber geht von einem Auftragsverhältnis aus, vgl. BT-Drucks. 16/12814, S. 20. 528) Antoniadis, NZI 2014, 785, 787; Veranneman/Veranneman, SchVG, §§ 7, 8 Rn. 73. 529) Brenner, NZI 2014, 789793 f.; Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 7; Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 35.
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III. § 19 SchVG-Versammlung
schrift nicht eingreifen, da die Vergütungspflicht des Emittenten nicht durch eine Handlung des Insolvenzverwalters, sondern aufgrund eines gesetzlichen Aufwendungsersatzanspruches entsteht. Es ist allerdings nicht zu verkennen, dass in vielen Fällen der Insolvenzverwalter die Vergütungsfrage mit dem gemeinsamen Vertreter anhand einer Vergütungsvereinbarung regelt. In diesem Fall greift die Vorschrift direkt ein. Ob und unter welchen Umständen der Insolvenzverwalter nach dem Insolvenzzweck berechtigt ist, eine solche, individuelle Vereinbarung abzuschließen, ist eine Frage des Einzelfalls. Aufgrund der erklärten Präferenz des Gesetzgebers zur Bestellung eines gemeinsamen Vertreters und der Tatsache, dass dessen Mitwirken bei der Anmeldung der Forderungen sowie der Steuerung und Kommunikation mit den Anleihegläubiger zur effizienten und rechtssicheren Durchführung eines Insolvenzverfahrens beiträgt, spricht vieles für die Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung.530) Ohne eine solche Vereinbarung wird eine Masseverbindlichkeit aufgrund § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 InsO allerdings nicht begründet. Nach der hier vertretenen Ansicht wird bei einem nach Verfahrenseröffnung 585 bestellten gemeinsamen Vertreter sowie bei einem bereits vorinsolvenzlich existierenden gemeinsamen Vertreter eine Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO begründet.531) Die Bestellung des gemeinsamen Vertreters liegt im Interesse der Verwaltung der Insolvenzmasse wegen des in § 19 SchVG niedergelegten Zwecks der Koordination der Anleihegläubiger zur effektiven Umsetzung des Insolvenzverfahrens.532) Dies ist unabhängig davon, ob es sich um einen nach Verfahrenseröffnung bestellten oder bereits vorinsolvenzlich existierenden gemeinsamen Vertreter handelt. Die Gegenansicht, die in dem Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertreters 586 auch für die Tätigkeit nach Insolvenzeröffnung eine Insolvenzforderung sieht,533) überzeugt aufgrund der obigen Ausführungen nicht. Auch das von Antoniadis534) ins Felde geführte Argument, dass § 55 Abs. 1 Alt. 2 InsO nicht anwendbar sei, da die Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters nicht im Interesse oder mutmaßlichen Willen des Insolvenzverwalters sei, überzeugt nicht, da nach der hier vertretenen Ansicht nicht das Interesse des Insolvenzverwalters, sondern der Bezug zur Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse maßgeblich ist.
___________ 530) Ausführlich dazu Brenner, NZI 2014, 789, 792; siehe auch Horn, BKR 2014, 449, 453. 531) So auch Brenner, NZI 2014, 789, 792; Horn, BKR 2014, 449, 453. 532) Horn, BKR 2014, 449, 453 mit Verweis auf die Argumentation von Thole, ZIP 2014, 293, 299. 533) So Cranshaw, BKR 2008, 504, 510; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 49; noch weitergehend Antoniadis, NZI 2014, 785, 788 f., der von nachrangigen Insolvenzforderungen ausgeht. 534) Antoniadis, NZI 2014, 785, 787.
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C. Anleihen in der Insolvenz
bb) Höhe der Vergütung 587 Nach § 7 Abs. 6 SchVG hat der Emittent die Kostenaufwendungen zu tragen, die durch die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters entstehen, einschließlich der Kosten einer angemessenen Vergütung des gemeinsamen Vertreters. Weder im Gesetz noch in der Gesetzesbegründung finden sich allgemeingültige Kriterien zur Höhe einer „angemessenen“ Vergütung. 588 Überzeugend ist, die Vergütung von den entfaltenden Tätigkeiten, den sich stellenden Schwierigkeiten sowie davon abhängig zu machen, dass dem gemeinsamen Vertreter nach Abzug aller Kosten eine seinen individuellen Fähigkeiten entsprechende persönliche Vergütung verbleibt.535) Angemessen scheint in diesem Zusammenhang, sich bei der Bemessung der angemessenen Vergütung an den marktüblichen Stundensätzen zu orientieren, die ein sachkundiger Interessenvertreter – z. B. ein Rechtsanwalt oder ein Wirtschaftsprüfer – mit vergleichbarer Erfahrung und Spezialkenntnissen verlangen würde.536) Eine solche einzelfallabhängige, vom konkreten Tätigkeitsumfang abhängige Vergütung erscheint sachgerecht. Praktisch bietet sich eine stundenbasierte Honorierung für die tatsächlich erbrachten Leistungen an. Eine entsprechende Vergütungsvereinbarung kann der Insolvenzverwalter mit dem gewählten gemeinsamen Vertreter abschließen, sofern – dafür spricht viel – der Abschluss einer solchen Vereinbarung dem Insolvenzzweck entspricht und zur effizienten und rechtssicheren Durchführung des Insolvenzverfahrens beiträgt.537) Ebenfalls denkbar ist im Einzelfall eine Pauschalvereinbarung.538) Dies gilt insbesondere für den Fall, dass die Insolvenzmasse in einem Regelverfahren abgewickelt wird und kein Insolvenzplan zur Wahl steht. In diesem Fall kann die Abwicklung Jahre dauern. Eine Vergütung nach Stunden könnte in diesem Fall – aufgrund der Dauer des Verfahrens – den Vergütungsrahmen sprengen. Ferner sind die Aufwendungen zu ersetzen (§ 7 Abs. 6 SchVG). 589 Zur Bemessung der angemessenen Vergütung sollte nicht auf die streitwertbezogene Regelung des RVG Rückgriff genommen werden.539) So kann nicht etwa ein Streitwert in der Höhe des Gesamtemissionsvolumens angesetzt werden. Im Regelfall könnten die daraus resultierenden exorbitanten Honorare in keinem Verhältnis zur Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters stehen. Im Ergebnis ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der Emittent auch nur eine Kostentragungspflicht für die angemessene Vergütung hat. Sollte eine unangemessene Vergütung vereinbart werden, könnten ggf. Regress___________ 535) Veranneman/Veranneman, SchVG, § 7, 8 Rn. 76. 536) Veranneman/Veranneman, SchVG, §§ 7, 8 Rn. 76; Leber, Der Schutz und die Organisation der Obligationäre nach dem Schuldverschreibungsgesetz, S. 205; ähnlich Preuße/ Nesselroth, SchVG, § 7 Rn. 91. 537) Ausführlich dazu Brenner, NZI 2014, 789, 792; siehe auch Horn, BKR 2014, 449, 453. 538) Brenner, NZI 2014, 789, 790. 539) Für eine Zulässigkeit einer RVG-Vergütung, berechnet nach dem Nominalwert, spricht sich ohne jegliches Problembewusstsein Brenner, NZI 2014, 789, 791 aus.
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III. § 19 SchVG-Versammlung
ansprüche entstehen, die der Insolvenzverwalter nicht zu bedienen braucht bzw. von diesem im Wege des Regresses540) – ggf. durch Zurückhaltung der Quotenzahlung – gegenüber den Anleihegläubigern geltend gemacht werden könnten. cc) Festsetzung der Vergütung Das SchVG regelt auch nicht, wie die Vergütung des gemeinsamen Vertreters 590 festzusetzen ist. Teile der Literatur, setzen – ohne nähere Begründung – eine Festsetzung im Bestellungsbeschluss voraus.541) Die besseren Gründe sprechen indes dafür, eine solche Festsetzung der Ver- 591 gütung nicht zwingend im Bestellungsbeschluss vornehmen zu müssen. Im Gesetz findet sich für ein solches Festsetzungserfordernis keinerlei Anhaltspunkt. Da der Schuldner die Kosten des gemeinsamen Vertreters nach § 7 Abs. 6 SchVG zu tragen hat, ist nicht einzusehen, weshalb die Schuldverschreibungsgläubiger neben seiner Bestellung auch über die Höhe seiner Vergütung entscheiden sollten. Vielmehr sollten Bestellung und Vergütung voneinander getrennt werden. Während die Bestellung selbstverständlich im Rahmen einer Gläubigerversammlung erfolgen sollte, sollte die eigentliche Vergütungsabrede zwischen dem zur Kostentragung verpflichteten Emittenten bzw. dem Insolvenzverwalter sowie dem bestellten gemeinsamen Vertreter bilateral erfolgen. Eine entsprechende Verständigung über die Modalitäten der Vergütung mag 592 dabei auch im Vorfeld einer Anleihegläubigerversammlung mit dem potentiellen Kandidaten für das Amt des gemeinsamen Vertreters für den Fall seiner Bestellung getroffen werden. c) Ende des Amtes des gemeinsamen Vertreters nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG Das Amt des gemeinsamen Vertreters nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG endet 593 zumindest mit der Abberufung. Unabhängig von der Frage, ob die Gläubiger im Insolvenzverfahren nur einen gemeinsamen Vertreter bestellen können, sollte es als actus contrarius für die Gläubigerversammlung zumindest möglich sein, den gemeinsamen Vertreter abzuberufen oder neu zu bestellen.542) Daneben hat der gemeinsame Vertreter auch ein Niederlegungsrecht.543) Sofern im Insolvenzplan die Fortsetzung der Gesellschaft des Emittenten 594 sowie die Fortexistenz der Anleihe beschlossen werden, spricht vieles dafür, dass auch der nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG bestellte Vertreter weiterhin im Amt bleibt. Außerhalb des Insolvenzverfahrens hat dieser allerdings – vorbe___________ 540) Dazu Veranneman/Veranneman, SchVG, § 7, 8 Rn. 77. 541) Veranneman/Veranneman, SchVG, §§ 7, 8 Rn. 77; Leber, S. 205. 542) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 19 Rn. 27. 543) Zum nach allgemeiner Ansicht bestehenden Niederlegungsrecht des gemeinsamen Vertreters vgl. statt vieler Veranneman/Veranneman, SchVG, § 7, 8 Rn. 70 f.
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C. Anleihen in der Insolvenz
haltlich einer expliziten Weisung oder Bevollmächtigung – nur Informationsrechte, da die insolvenzspezifischen Rechte nach § 19 Abs. 3 SchVG mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr geltend gemacht werden können. IV. Restrukturierungsmöglichkeiten im Insolvenzverfahren 595 Generell sollte sich der Emittent – möglichst frühzeitig prophylaktisch und schon zu einem Zeitpunkt, zu dem das Insolvenzverfahren noch nicht akut droht – mit den Möglichkeiten der Restrukturierung im Insolvenzverfahren befassen. 596 Wird das Insolvenzverfahren als Regelinsolvenzverfahren mit dem Ziel der Abwicklung durchgeführt, sind die Anleihegläubiger regelmäßig – wie andere Insolvenzgläubiger – darauf beschränkt, ihre Forderungen (ggf. durch den gemeinsamen Vertreter) zur Insolvenztabelle anzumelden. Eine aktive Teilnahme ist nur möglich, wenn über einen Insolvenzplan abgestimmt werden soll, da in diesem Fall auch die Anleihegläubiger (ggf. durch den gemeinsamen Vertreter) – wie die sonstigen Insolvenzgläubiger – mit ihrem Stimmrecht an der Sanierung mitwirken. 1. Insolvenzplanverfahren 597 Eine Sanierung des Emittenten im Insolvenzverfahren ist durch einen Insolvenzplan möglich. Dabei haben der Emittent (bzw. Schuldner) und der Insolvenzverwalter544) ein Planinitiativrecht (§ 218 Abs. 1 InsO). Darüber hinaus kann auch die Gläubigerversammlung den Insolvenzverwalter mit der Erstellung eines Insolvenzplans beauftragen (§ 218 Abs. 2 InsO). Der Insolvenzplan kann u. a. verbindliche Regelungen enthalten, inwieweit auch die Anleihe restrukturiert wird. Dabei sind im Insolvenzplan insbesondere die Restrukturierungsoptionen denkbar und gangbar, die die Anleihegläubiger auch außerhalb des Insolvenzverfahrens (durch Mehrheitsbeschluss nach § 5 Abs. 3 SchVG) beschließen könnten.545) a) Gestaltung und Umsetzung eines Insolvenzplans 598 Ein Insolvenzplan besteht nach § 219 InsO aus zwei Teilen, nämlich (i) dem darstellenden Teil und (ii) dem gestaltenden Teil. Darüber hinaus sind dem Insolvenzplan unter bestimmten Voraussetzungen nach §§ 229, 230 InsO eine Vermögensübersicht, eine Vergleichsrechnung sowie sonstige Plananlagen beizufügen.546) Dabei soll der darstellende Teil des Insolvenzplans die Gläu___________ 544) In der Eigenverwaltung kann unter bestimmten Voraussetzungen auch der Sachwalter einen Insolvenzplan vorlegen, vgl. Wienberg/Dellit, in: Bork/Hölzle, Insolvenzrecht, Kap. 12, Rn. 180 m. w. N.; dazu ausführlich Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 218 Rn. 104 ff. 545) Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 64. 546) Ausführlich zur Aufstellung und dem Inhalt eines Insolvenzplans vgl. Rendels/Zabel, S. 45 ff.
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IV. Restrukturierungsmöglichkeiten im Insolvenzverfahren
biger informieren, während der gestaltende Teil die Wirkungen regelt, die mit Rechtskraft des Insolvenzplans eintreten sollen (§§ 254, 254a InsO). Nach § 254b InsO treten dabei die Wirkungen auch für Insolvenzgläubiger ein, die ihre Forderungen nicht zur Insolvenztabelle angemeldet haben und solche, die dem Insolvenzplan widersprochen haben. Der Insolvenzplan ist dem Insolvenzgericht zur Prüfung vorzulegen. Das 599 Gericht prüft den Plan von Amts wegen nach den in § 231 Abs. 1 Nr. 1 – 3 InsO niedergelegten Kriterien. Die in § 231 Abs. 1 Nr. 1 – 3, Abs. 2 InsO niedergelegten sachlichen Zurückweisungsgründe sind insofern abschließend.547) Sofern der Plan vom Insolvenzgericht nicht zurückgewiesen wird, leitet das 600 Insolvenzgericht diesen zur Stellungnahme an den Gläubigerausschuss, den Betriebsrat, den Sprecherausschuss der leitenden Angestellten, den Schuldner (sofern der Insolvenzverwalter den Plan vorgelegt hat) und den Insolvenzverwalter (sofern der Schuldner den Plan vorgelegt hat) weiter (§ 232 Abs. 1, 3 InsO). Hierbei bestimmt es eine Frist zur Stellungnahme. Die Frist soll zwei Wochen nicht überschreiten. Zusätzlich bestimmt das Insolvenzgericht einen Erörterungs- und Abstimmungstermin (§ 235 InsO), der allerdings nicht vor dem ersten Prüfungstermin stattfinden soll, allerdings mit diesem verbunden werden darf (§ 236 InsO). Der Erörterungs- und Abstimmungstermin ist nach § 235 Abs. 2 Satz 1 InsO öffentlich bekannt zu machen. Im Erörterungs- und Abstimmungstermin hat das Gericht zunächst die Teil- 601 nahmeberechtigung zu prüfen und die Stimmrechte festzustellen.548) Die Abstimmung erfolgt nach § 243 InsO in im Insolvenzplan festgelegten Gruppen. Ein Insolvenzplan ist angenommen, wenn die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger in der jeweiligen Gruppe dem Plan zustimmt (Kopfmehrheit) und diese zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Forderungsbeträge einer Gruppe (Summenmehrheit) aufeinander vereinen (§ 244 Abs. 1 InsO). Bei Anteilseignern ist die Mehrheit der Beteiligungssumme maßgebend (§ 244 Abs. 1 InsO). Sollten nicht in sämtlichen Gruppen die (Summen- und Kopf-)Mehrheiten erreicht werden, gilt die Zustimmung als erteilt, wenn (i) die Angehören der überstimmten Gruppe durch den Insolvenzplan nicht schlechter gestellt werden, wie sie ohne den Plan stünden, (ii) die Angehörigen einer Gruppe angemessen an dem wirtschaftlichen Wert549) beteiligt werden, der auf Grundlage des Plans den Beteiligten zufließen soll und (iii) die Mehrheit der abstimmenden Gruppen dem Plan zugestimmt hat (Obstruktionsverbot, § 245 Abs. 1 ___________ 547) LG München I ZVI 2003, 473; dazu auch Thies, in: Hamburger Kommentar InsO, § 231 Rn. 26; Kreft/Flessner, InsO, § 231 Rn. 11 f.; Wienberg/Dellit, in: Bork/Hölzle, Insolvenzrecht, Kap. 12, Rn. 187. 548) Dazu Wienberg/Dellit, in: Bork/Hölzle, Insolvenzrecht, Kap. 12, Rn. 198 ff. (vertiefend zu den Stimmrechten der einzelnen Beteiligten), Rn. 207 ff. 549) Die angemessene Beteiligung bemisst sich bei Gläubigern nach 245 Abs. 2 InsO und bei Anteilseignern nach § 245 Abs. 3 InsO.
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C. Anleihen in der Insolvenz
InsO). Auch wenn die Anleihebedingungen im Rahmen eines Insolvenzplans geändert werden sollen, gelten nicht die Bestimmungen des SchVG über die Gläubigerversammlung, sondern die allgemeinen Regelungen des Insolvenzrechts über die Abstimmung mit Mehrheitserfordernissen und Obstruktionsverbot.550) 602 Nach Annahme des Insolvenzplans durch die Beteiligten (§§ 244 – 246a InsO) und der Zustimmung des Schuldners bedarf es der gerichtlichen Bestätigung des Plans (§ 248 Abs. 1 InsO). Sind im Insolvenzplan aufschiebende Bedingungen geregelt, kann die Bestätigung erst erfolgen, sobald die aufschiebenden Bedingungen eingetreten sind (§ 249 InsO). Das Gericht hat den Plan zu versagen, wenn gegen Verfahrensvorschriften verstoßen wurde (§ 250 InsO). Auf Antrag eines Beteiligten ist die Bestätigung des Plans gemäß § 251 Abs. 1 InsO zu versagen, wenn der jeweilige Beteiligte dem Plan (i) im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll widersprochen hat und er (ii) durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt wird, als er ohne Plan stünde, was er im Termin glaubhaft zu machen hat (§ 251 Abs. 2 ). Hier besteht allerdings die Möglichkeit, im gestaltenden Teil des Plans Mittel für den Fall bereitzustellen, dass ein Beteiligter eine Schlechterstellung nachweist (§ 251 Abs. 3 InsO).551) 603 Gegen die Bestätigung des Insolvenzplans ist als Rechtsmittel nach Bekanntgabe (§§ 248, 252 InsO) die sofortige Beschwerde statthaft. Die sofortige Beschwerde ist nur zulässig, wenn (i) dem Plan im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll widersprochen wurde, (ii) der Gläubiger gegen den Plan gestimmt hat und (iii) glaubhaft macht, dass er durch den Plan wesentlich schlechter gestellt wird als ohne Plan und diese Schlechterstellung nicht durch die zurückgestellten Mittel ausgeglichen werden kann (§ 253 Abs. 2 InsO). Legt ein Gläubiger eine sofortige Beschwerde ein, kann der Insolvenzverwalter beim Landgericht beantragen, dass die sofortige Beschwerde unverzüglich zurückgewiesen wird (§ 253 Abs. 4 InsO).552) Er ist dann allerdings aus der Insolvenzmasse für den Schaden zu entschädigen, der ihm durch den unverzüglichen Planvollzug entsteht (§ 253 Abs. 4 Satz 3 InsO). 604 Mit Rechtskraft des Insolvenzplans treten die Wirkungen des gestaltenden Teils ein (§§ 254, 254a InsO). b) Besonderheiten bei Anleihen 605 Im Insolvenzplanverfahren sind einige Besonderheiten zu beachten, wenn der Schuldner Anleihen emittiert hat. 606 Zunächst ist festzuhalten, dass das Insolvenzplanverfahren die Möglichkeit bietet, im gestaltenden Teil (§ 221 InsO) auch die Rechtsstellung der Anleihe___________ 550) Leuering, NZI 2009, 638, 640. 551) Dazu Lehmann/Rühle, NZI 2015, 151. 552) Zum beschleunigten Zurückweisungsverfahren Lehmann/Rühle, NZI 2014, 889.
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IV. Restrukturierungsmöglichkeiten im Insolvenzverfahren
gläubiger zu modifizieren, unabhängig davon, ob in den Anleihebedingungen die Anwendung der §§ 5 ff. SchVG vorgesehen oder das SchVG überhaupt anwendbar ist oder nicht.553) Die Wirkungen eines Insolvenzplans gelten für alle Gläubiger und nach § 254b InsO auch für solche, die ihre Forderung nicht angemeldet haben.554) Wird im Rahmen des Insolvenzplans in die Anleiheforderungen eingegriffen, bedeutet dies eine Abweichung auf den Anspruch auf Auszahlung einer Quote.555) Bei der Abstimmung über einen Insolvenzplan, der die Änderungen der Anlei- 607 hebedingungen zum Gegenstand hat, kommt es auch nicht auf die Mehrheitsverhältnisse des § 5 Abs. 4 Satz 2 SchVG (3/4-Merheit) an, sondern sämtliche Maßnahmen können nach den von der InsO (§ 244 InsO) vorgegebenen Mehrheitserfordernissen umgesetzt werden. Dies geht sogar so weit, dass materiellrechtliche Änderungen ohne Zustimmung der Anleihegläubiger umgesetzt werden könnten, wenn in der Mehrzahl der jeweiligen Gruppen die Mehrheit erreicht wird oder die Zustimmung in den Gruppen aufgrund des Obstruktionsverbots (§ 245 InsO) als erteilt gilt.556) Darüber hinaus darf kein erfolgreicher Minderheitenschutzantrag (§ 251 InsO) gestellt werden. Die Anleihegläubiger einer Schuldverschreibungsgattung sind in diesem Zu- 608 sammenhang regelmäßig (aber nicht gesetzlich zwingend) einer Gruppe (§ 222 Abs. 2 InsO) zuzuordnen.557) Bei der Abstimmung über einen Insolvenzplan (§ 244 InsO) durch einen gemeinsamen Vertreter zählt der Nennbetrag und die Zahl der Anleihegläubiger, die die Anleihe insgesamt halten.558) Unabhängig davon, ob sie in einer gesonderten Gruppe zusammengefasst 609 sind, müssen den Gläubigern einer Anleihe die gleichen Rechte angeboten werden (§ 19 Abs. 4 SchVG). § 19 Abs. 4 SchVG regelt die Gleichbehandlung der Anleihegläubiger in einem Insolvenzplan und soll angesichts der vergleichbaren Regelung in § 226 InsO nur klarstellenden Charakter haben.559) Es soll sich dabei nach einer Ansicht um eine Handlungsanweisung an den gemeinsamen Vertreter handeln, nur Insolvenzplänen zuzustimmen, die gleiche Be___________ Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 63; Thole, ZIP 2014, 293, 299. Dazu Thole, in: Festschrift Schütze, S. 601, 608. Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 63. Thole, ZIP 2014, 293, 299. Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 19 Rn. 32; Leuering, NZI 2009, 638, 640, Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 18; Thole, ZIP 2014, 293, 299. 558) Dazu Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 19 Rn. 22. 559) So Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 19 Rn. 33; Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 19 Rn. 34; Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 36; anders Thole, ZIP 2014, 293, 299, der diese keineswegs nur als deklaratorisch, allerdings neben den § 226 Abs. 1 InsO und § 245 Abs. 2 Nr. 3 InsO als bedeutungslos bezeichnet. 553) 554) 555) 556) 557)
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C. Anleihen in der Insolvenz
dingungen für alle (Anleihe-)Gläubiger vorsehen.560) Die Folge ist allerdings, dass Anleihegläubigern für den (unwahrscheinlichen) Fall, dass sie in unterschiedlichen Gruppen zusammengefasst werden, trotzdem gleiche Rechte zugestanden werden müssen. Es spricht allerdings vieles dafür, dass § 19 Abs. 4 SchVG noch weiter geht als die insolvenzrechtliche Spezialregelung. So muss davon ausgegangen werden, dass – im Falle der Nichtbestellung eines gemeinsamen Vertreters – im Insolvenzplan auch den Anleihegläubigern gleiche Rechte angeboten werden müssen, die ihre Forderungen nicht oder nicht wirksam zur Insolvenztabelle angemeldet haben. c) Exkurs: Debt-to-Equity-Swap im Insolvenzplan 610 Weitere Besonderheiten bestehen, wenn der Insolvenzplan einen Debt-toEquity-Swap vorsieht. Auch ein Debt-to-Equity-Swap561) ist in einem Insolvenzplan möglich, wobei dieser wegen der gesetzlichen Anordnung, dass eine Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital nicht gegen den Willen der betroffenen Gläubiger ausgeschlossen ist (§ 225a Abs. 2 Satz 2 InsO), der Zustimmung sämtlicher (Anleihe-)Gläubiger bedarf und dem Insolvenzplan diese Zustimmung als Anlage beigefügt werden muss (§ 230 Abs. 2 InsO).562) 611 Fraglich ist, ob die Anleihegläubiger durch Mehrheitsbeschluss die Zustimmung (nach § 230 Abs. 2 InsO) für sämtliche Gläubiger erteilen können. Dafür spricht, dass nach den Regelungen des SchVG ein zwangsweiser Debt-toEquity-Swap möglich ist und deshalb unverständlich wäre, warum dies im Insolvenzverfahren nicht mehr möglich sein soll.563) Die Folge wäre, dass der kollektive Wille (Beschluss) der Gläubiger für die Zustimmung nach § 230 Abs. 2 InsO ausreicht. Sofern ein gemeinsamer Vertreter bestellt ist, würde dieser im Außenverhältnis sogar die Zustimmungserklärung nach § 230 Abs. 2 InsO für sämtliche Gläubiger abgeben können, sofern ein entsprechender Weisungsbeschluss (mit der Mehrheit des § 5 Abs. 3 SchVG) gefasst wurde.564) 612 Diese weite Auslegung der Befugnisse des gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren scheint sehr ambitioniert, ist der gemeinsame Vertreter doch (lediglich) berufen, die Rechte und Pflichten der Anleihegläubiger im Insolvenzverfahren wahrzunehmen. Das von dieser Rechtsmacht auch die Möglichkeit umfasst sein soll, die Anleihegläubiger in eine Mitgliedschaftsposition zu ___________ 560) Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 36; Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 18. 561) Zu den Besonderheiten eines Debt-to-Equity-Swap von Anleihen außerhalb des Insolvenzverfahren siehe Rn. 190 f. 562) Es ist darauf hinzuweisen, dass eine Umwandlung gegen den Willen der Gläubiger nur in engen Grenzen möglich ist, weshalb meist auch im Insolvenzplan eine Lösung über Erwerbsrechte gewählt wird. Dazu auch Thole, ZIP 2014, 293, 299; Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 912. 563) Dazu und zum Folgenden Thole, ZIP 2014, 293, 300. 564) So Thole, ZIP 2014, 293, 300.
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IV. Restrukturierungsmöglichkeiten im Insolvenzverfahren
„drängen“, ist zweifelhaft. Hier mag die Anwendung des SchVG parallel zu einem Insolvenzplan ein besseres Ergebnis liefern.565) In der Praxis wird die Problematik des § 225a Abs. 2 Satz 2 InsO regelmäßig 613 dadurch umgangen, dass den Anleihegläubigern kein direktes Umwandlungsangebot gemacht, sondern den Gläubigern im Insolvenzplan ein Erwerbsrecht eingeräumt wird.566) Sofern das Erwerbsrecht nicht ausgeübt wird, muss den Gläubigern regelmäßig eine Insolvenzquote angeboten werden, da der Insolvenzplan andernfalls am insolvenzrechtlichen Schlechterstellungsgebot scheitern würde.567) Auf diese Weise können die Gläubiger entscheiden, ob sie eine Quotenauszahlung oder Mitgliedschaftsrechte erhalten.568) Parallel bedarf es für einen Debt-to-Equity-Swap der gesellschaftsrechtlichen 614 Maßnahmen, die nach § 225a Abs. 3 InsO auch im gestaltenden Teil des Insolvenzplans geregelt werden können. So kann der Insolvenzplan auch die Kapitalherabsetzung (§§ 229 ff. AktG, §§ 58a ff. GmbHG) mit anschließender Kapitalerhöhung durch Sacheinlage (der Forderungen) vorsehen.569) Das regelmäßig mit einer Sacheinlage einhergehende Risiko einer Differenzhaftung, durch eine Differenz zwischen dem zum Zeitpunkt der Sacheinlage angegebenen Wert der einzubringenden Forderung und dem wahren Wert, ist im Rahmen eines Insolvenzplans ausgeschlossen (§ 254 Abs. 4 InsO). Daneben ist zu berücksichtigen, dass in der Vorlage eines Insolvenzplans, der 615 die Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital vorsieht, ein öffentliches Angebot (§ 2 Nr. 4 WpPG) gesehen werden kann mit der Folge, dass ein Wertpapierprospekt nach WpPG veröffentlicht werden muss.570) Die Gewährung von Erwerbsrechten hat dabei prospektrechtliche Vorteile, da erst die Ausübungsmöglichkeit der Erwerbsrechte etwaige Prospekterfordernisse als öffentliches Angebot auslöst.571) Vorsorglich muss dieser Aspekt rechtzeitig mit der BaFin abgestimmt werden.
___________ 565) Dazu Abschnitt Rn. 623 ff. 566) So etwa im Fall Centrosolar, vgl. Thole, ZIP 2014, 2365, 2370. Zu beachten ist, dass bei der Einräumung von Erwerbsrechten grundsätzlich zur technischen Abwicklung eine Abwicklungsstelle eingeschaltet werden muss, die die Forderungen der Gläubiger einlegt und im Anschluss daran Mitgliedschaftsrechte oder eine Quotenzahlung an die Gläubiger verteilt. 567) Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 912; a. A. Thole, ZIP 2014, 2365, 2370. 568) Dazu Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 912 f. 569) Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 81 ff. 570) Dazu Thole, ZIP 2014, 2365, 2372 f. 571) Sofern bereits im Insolvenzplan für die Gläubiger direkt eine Umwandlung vorgesehen ist, kann argumentiert werden, dass bereits mit der Niederlegung des Plans prospektrechtlich ein öffentliches Angebot vorliegt.
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C. Anleihen in der Insolvenz
2. Anpassung nach SchVG 616 Es stellt sich die Frage, ob und inwieweit Änderungen der Anleihebedingungen nach den schuldverschreibungsrechtlichen Regelungen (§ 5 SchVG) auch nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens noch möglich sind. a) Möglichkeiten der Anpassung 617 Zunächst wäre dafür Voraussetzung, dass nach der Versammlung gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG noch weitere Versammlungen einberufen werden können. Nach „altem“ Schuldverschreibungsrecht war dies möglich: Nach dem SchVerschrG musste das Insolvenzgericht über die erste Versammlung hinaus weitere Versammlungen einberufen, wenn der Insolvenzverwalter, der Gläubigerausschuss oder die Aufsichtsbehörde dies verlangten (§ 18 Abs. 4 SchVerschrG). Diese Regelung hat im SchVG keinen Niederschlag mehr gefunden, da aus Sicht des Insolvenzgerichts nach Bestellung eines gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren grundsätzlich kein Bedarf für eine weitere Versammlung mehr besteht.572) Daraus zu schließen, dass es keine weitere Versammlungen mehr geben darf, wäre zu kurz gegriffen, da auch noch weiterer Abstimmungsbedarf im Rahmen von Versammlungen entstehen kann, deren Durchführung sich nach SchVG richtet.573) Das OLG Zweibrücken hat zwischenzeitlich entschieden, dass die Möglichkeit der Einberufung von weiteren Versammlungen nach Verfahrenseröffnung – im konkreten Fall nach § 9 Abs. 2 SchVG – möglich ist.574) Die Kosten weiterer Versammlungen – außer der Versammlungen nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG – sind von dem Emittenten zu tragen (§§ 9 Abs. 4, 18 Abs. 6 SchVG), allerdings sind diese keine Gerichtskosten mehr nach § 54 Nr. 1 InsO.575) 618 In einem weiteren Schritt stellt sich die Frage, ob nach Insolvenzeröffnung überhaupt Beschlüsse nach § 5 SchVG gefasst werden können. Überwiegend wird vertreten, dass Beschlüsse der Anleihegläubiger, die über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG oder „Hilfsbeschlüsse“ dazu hinausgehen, insbesondere solche, die materiell in die Anleihebedingungen eingreifen, nach Insolvenzeröffnung unzulässig sind.576) Für eine Beschränkung soll schon die Gesetzesbegründung zum SchVG sprechen, derzufolge die Beschlussgegenstände des § 5 Abs. 3 Satz 1 SchVG durch § 19 ___________ 572) Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 12. 573) Nach Ansicht von Thole, ZIP 2014, 293, 297 nur für die Bestellung, Abberufung oder Anweisung des gemeinsamen Vertreters zulässig. 574) OLG Zweibrücken BB 2014, 84. 575) Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 13. 576) So Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 19 Rn. 30; Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 14; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 36; Thole, ZIP 2014, 293, 295; Preuße/ Scherber, SchVG, § 19 Rn. 28; Horn, BKR 2014, 449, 451; a. A. Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 913; Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 19 Rn. 20.
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IV. Restrukturierungsmöglichkeiten im Insolvenzverfahren
Abs. 2 Satz 1 SchVG eingeschränkt sein sollen.577) Die Folge wäre, dass die Anleihegläubiger im Rahmen einer Gläubigerversammlung nach SchVG im Insolvenzverfahren nur noch über die Bestellung des gemeinsamen Vertreters (sowie evtl. Weisungsbeschlüsse) entscheiden könnten, jedoch nicht mehr über die sonstigen, insbesondere in § 5 Abs. 3 SchVG vorgesehenen Maßnahmen, die einer qualifizierten Mehrheit i. S. d. § 5 Abs. 4 Satz 2 SchVG bedürfen.578) Diese enge Auslegung von § 19 Abs. 2 Satz 1 SchVG greift allerdings zu 619 kurz. So spricht der generelle und übergreifende gesetzgeberische Wille, auch eine Sanierung im Insolvenzverfahren zuzulassen, dafür, einen Beitrag der Anleihegläubiger durch Änderung der Anleihebedingungen nach § 5 SchVG auch noch nach Insolvenzeröffnung zuzulassen.579) Speziell spricht die Gesetzesbegründung des ESUG580) gegen eine Einschränkung der Beschlussgegenstände nach Insolvenzeröffnung. Somit existieren zwei divergierende Regierungsbegründungen. Letzterer ist zu folgen. Anknüpfungspunkt ist der neu eingeführte § 225a InsO, der Regelungen zu den Rechten von Anteilsinhabern im Insolvenzverfahren enthält. Wie bereits ausgeführt, regelt § 225a Abs. 2 Satz 2 InsO für einen Debt-to-Equity-Swap, dass dieser nicht ohne Zustimmung eines Gläubigers umgesetzt werden darf. Die Gesetzesbegründung des ESUG nennt als Ausnahme zu diesem Grundsatz einen Mehrheitsbeschluss nach Maßgabe des § 5 Abs. 3 Nr. 5 SchVG. Die explizite Nennung des schuldverschreibungsrechtlichen Mehrheitsbeschlusses spricht für den Willen des Gesetzgebers, die noch in der Regierungsbegründung zum SchVG vertretene strenge Linie – den „Numerus Clausus“ der Beschlussgegenstände einer Gläubigerversammlung nach § 19 SchVG – aufweichen zu wollen.581) Darüber hinaus spricht für die Zulässigkeit auch die bereits erwähnte Ent- 620 scheidung des OLG Zweibrücken, nach der eine Einberufung einer schuldverschreibungsrechtlichen Gläubigerversammlung auch nach Insolvenzeröffnung möglich sein soll.582) Diese Entscheidung kann dahingehend interpretiert werden, dass auch – wenn schon eine „reguläre“ Schuldverschreibungsgläubigerversammlung einberufen werden kann – materielle Beschlüsse nach Maßgabe des § 5 SchVG möglich sind. Die Tatsache, dass mit Insolvenzeröffnung die Anleiheforderungen fällig sind (§ 41 InsO), lässt sich hiergegen nicht anführen, da die Fälligkeit von Anleihen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht dazu führt, dass die Anleihebedingungen nach Maßgabe der §§ 5 ff. SchVG nicht geändert werden könnten.583) Dabei ist zu berücksichtigen, dass ___________ 577) Begründung RegE BT-Drucks.16/12814, S. 25. 578) Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 14; Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 28. 579) Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 912 f.; Lürken, GWR 2013, 499; Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 19 Rn. 20. 580) Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 7.12.2011, BGBl I 2011, 2582 (ESUG). 581) Dazu ausführlich Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 912 m. w. N. 582) Thole, ZIP 2014, 2365, 2368. 583) BGH ZIP 2014, 1876, dazu EWiR 2014, 611 (Müller-Eising).
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C. Anleihen in der Insolvenz
es, da eine Änderung der Anleihebedingung grundsätzlich nach § 4 SchVG durch Rechtsgeschäft erfolgt, nach Insolvenzeröffnung der Zustimmung des Insolvenzverwalters bedarf.584) b) Anlass für eine Anpassung 621 Neben der Frage der Zulässigkeit der Änderung der Anleihebedingungen nach Schuldverschreibungsrecht im Insolvenzverfahren ist ebenfalls relevant, in welchen Konstellationen die Anleihegläubiger veranlasst sein sollten, die Anleihebedingungen nach Insolvenzeröffnung zu ändern. So würde es verwundern, wenn die Anleihegläubiger in ihrer Position als Insolvenzgläubiger etwa auf einen Teil der Forderung verzichten und somit ihre Quote reduzieren würden. 622 Die Relevanz einer Änderung der Anleihebedingungen nach Maßgabe der §§ 5 ff. SchVG im Insolvenzverfahren stellt sich primär bei einem Debt-toEquity-Swap. c) Anwendungsfall: Debt-to-Equity-Swap 623 Der Debt-to-Equity-Swap ist zwar auch in einem Insolvenzplanverfahren möglich; allerdings ist im Insolvenzplan die Umwandlung gegen den Willen des individuell betroffenen Gläubigers unzulässig (§ 225a Abs. 2 Satz 2 InsO) und die Zustimmung kann nach der hier vertretenen Ansicht auch nicht durch Mehrheitsbeschluss nach SchVG ersetzt werden.585) Anders ist dies bei einem Debt-to-Equity-Swap nach § 5 Abs. 3 Nr. 5 SchVG, der auch durch Mehrheitsbeschluss der Anleihegläubiger – ohne individuelle Zustimmung – zulässig sein soll, wenn die Umwandlung in Aktien erfolgt und die Aktien frei handelbar sind.586) Dies ist im Gegensatz zum Insolvenzplan ein gravierender Vorteil. In der Praxis wirkt sich dieser Vorteil in der Regel nicht aus, da regelmäßig im Insolvenzplan keine direkte Umwandlung vorgesehen ist, sondern den Gläubigern ein Erwerbsrecht eingeräumt wird. 624 Der Unterschied eines Debt-to-Equity-Swap im Insolvenzplan und im Rahmen der Anpassung nach § 5 SchVG wird bei der (monetären) Kompensation für die Gläubiger deutlich, die ein Erwerbsrecht nicht ausüben. Muss in einem Insolvenzplan den Gläubigern, die die Zustimmung nach § 225a Abs. 2 Satz 2 InsO nicht erteilen, eine Insolvenzquote angeboten werden, ist es nach dem SchVG möglich, den Gläubigern den Erlös aus der Verwertung der Erwerbs-
___________ 584) Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 19 Rn. 20. 585) Dazu Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 912; a. A. Thole, ZIP 2014, 2365, 2368. 586) Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 912 m. w. N. zur herrschenden Meinung.
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IV. Restrukturierungsmöglichkeiten im Insolvenzverfahren
rechte zukommen zu lassen.587) Dies führt zu erheblichen Liquiditätsvorteilen im Rahmen einer Sanierung, da keine Liquiditätsreserven für Gläubiger vorgehalten werden müssen, die keine Umwandlung wünschen. Es stellt sich die Frage, ob die Vorteile eines Insolvenzplanverfahrens und 625 dem schuldverschreibungsrechtlichen Debt-to-Equity-Swap verknüpft werden können.588) Es überzeugt – wie bereits ausgeführt – insofern, dass ein Debt-to-Equity-Swap nach § 5 Abs. 3 Nr. 5 SchVG auch nach Insolvenzeröffnung außerhalb eines Insolvenzplans zulässig ist. Die Vorteile des Debtto-Equity-Swaps nach SchVG könnten über eine Planbedingung (§ 249 InsO) mit einem Insolvenzplan verzahnt werden, während die gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen im Insolvenzplan umgesetzt werden.589) Ob dies allerdings bedeutet, dass die Anleihegläubiger nicht mehr am Planverfahren beteiligt werden, hängt vom Einzelfall und der Gestaltung des Plans ab.590) Es wäre allerdings zu beachten, dass – sofern Beschlüsse der Anleihegläubigerversammlung überprüft werden sollen – die Anfechtungsklage nach § 20 SchVG statthaft ist, was zu erheblichen Zeitverzögerungen führen kann.591) Insofern wären hier die Vorteile der alternativen Kompensation mit der längeren Dauer des Prozesses abzuwägen. Unklar ist auch, ob bei einem den Insolvenzplan flankierenden Beschluss für 626 einen Debt-to-Equity-Swap die Gefahr einer Differenzhaftung besteht. Im Insolvenzplan ist diese bei einem Debt-to-Equity-Swap nach § 254 Abs. 4 InsO ausgeschlossen. Bei einem Debt-to-Equity-Swap nach SchVG sprechen die besseren Argumente auch im Insolvenzverfahren für eine Differenzhaftung.592) Zu beachten ist weiterhin, dass sich die Unterschiede zwischen genuinen in- 627 solvenzrechtlichen und schuldverschreibungsrechtlichen Themen bei der Bemessung der notwendigen Mehrheiten und bei den Beschlussquoren fortsetzen. Diese Differenzierung wird typischerweise in eventuellen weiteren Schuldverschreibungsgläubigerversammlungen nach der (Insolvenz-)Gläubiger___________ 587) Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 913; a. A. Thole, ZIP 2014, 2365, 2368, der argumentiert, dass sich die Anleihegläubiger auch mit der Begründung, nach Maßgabe des SchVG nur aus dem Erlös des Erwerbsrechts und damit schlechter als ohne den Insolvenzplan befriedigt zu werden, durch Rechtsmittel gegen den Plan wehren können. Auch bei einem Debt-toEquity-Swap nach SchVG bedarf es bei der Einräumung von Erwerbsrechten grundsätzlich zur technischen Abwicklung eine Abwicklungsstelle, die zunächst die Forderungen der Gläubiger einlegt und im Anschluss daran Mitgliedschaftsrechte oder eine Barabfindung an die Gläubiger verteilt. 588) Dazu grundlegend Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 913. 589) Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 912; Thole, ZIP 2014, 2365, 2368. 590) Dazu ausführlich Thole, ZIP 2014, 2365, 2368 f. 591) Dies ist anders, wenn Komponenten des Insolvenzplans überprüft werden sollen. Dazu Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 913; Thole, ZIP 2014, 2365, 2369. 592) A. A. Thole, ZIP 2014, 2365, 2370, der darauf hinweist, dass in der Praxis die Anleiheforderungen üblicherweise auf eine Abwicklulngsstelle übertragen werden, diese Regelung Bestandteil des Insolvenzplans ist und deshalb eine Differenzhaftung nach § 254 Abs. 4 InsO ausgeschlossen ist.
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C. Anleihen in der Insolvenz
versammlung deutlich. Während für die Mehrheitserfordernisse bzgl. insolvenzspezifischer Beschlussfassungen § 76 InsO gilt, bleibt es bei im Kern anleihespezifischen Beschlussfassungen bei der Regelung des § 5 Abs. 4 SchVG. Auch ist aus praktischer Hinsicht zu beachten, dass – im Rahmen einer Schuldverschreibungsgläubigerversammlung – die nötigen Beschlussquoren erreicht werden müssen. 628 Wie auch beim Insolvenzplan ist zu berücksichtigen, dass in der Veröffentlichung von Beschlussvorschlägen, die die Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital vorsehen, nach bisheriger Praxis der BaFin ein öffentliches Angebot (§ 2 Nr. 4 WpPG) gesehen werden kann, mit der Folge, dass auch hier ein Wertpapierprospekt nach WpPG veröffentlicht werden muss.593) V. Anleihen in der Insolvenzabwicklung 629 Die Abwicklung von Anleihen in der Insolvenz hängt wesentlich davon ab, ob ein gemeinsamer Vertreter existiert, der i. S. v. § 19 Abs. 3 SchVG die Rechte der (Anleihe-)Gläubiger im Insolvenzverfahren ausschließlich wahrnimmt. Wird ein gemeinsamer Vertreter im Insolvenzverfahren bestellt, wird durch die Konzentration der Befugnisse die Effizienz in der Abwicklung erheblich gesteigert. Ist kein gemeinsamer Vertreter bestellt, so nehmen die Gläubiger ihre Rechte selbständig wahr.594) Dies wiederum führt zu zahlreichen praktischen und rechtlichen Schwierigkeiten. 630 Die wesentlichen Rechte der Anleihegläubiger im Insolvenzverfahren sind (1.) die Anmeldung von Forderungen zur Insolvenztabelle, (2.) die Teilnahme und Abstimmung in Gläubigerversammlungen sowie (3.) die Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle und die anschließende Quotenausschüttung. 1. Anmeldung von Forderungen zur Insolvenztabelle 631 Insolvenzgläubiger haben ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter anzumelden (§ 174 Abs. 1 Satz 1 InsO). Der Anmeldung sollen die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Abdruck beigefügt werden (§ 174 Abs. 1 Satz 1 InsO). Die Forderungen werden anschließend im Prüfungstermin geprüft und können dabei vom Insolvenzverwalter, vom Schuldner oder einem Insolvenzgläubiger bestritten werden (§ 176 InsO). a) Mit einem gemeinsamen Vertreter 632 Existiert ein gemeinsamer Vertreter im Insolvenzverfahren, so ist er verpflichtet, die Rechte sämtlicher Anleihegläubiger im Insolvenzverfahren geltend zu machen. Dazu gehört auch die Anmeldung des Gesamtnennbetrages ___________ 593) Dazu Thole, ZIP 2014, 2365, 2372 m. w. N. Ausführlich dazu Rn. 357 ff. 594) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 19 Rn. 28 ff.
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V. Anleihen in der Insolvenzabwicklung
der Schuldverschreibung für sämtliche Anleihegläubiger. Im Gegensatz zur gesetzlichen Regelung in § 174 Abs. 1 Satz 1 InsO hat der gemeinsame Vertreter in diesem Fall die Schuldurkunde nicht vorzulegen (§ 19 Abs. 3 Halbs. 2 SchVG).595) Der gemeinsame Vertreter ist für die ordnungsgemäße und fristgemäße Anmeldung verantwortlich, sofern er die Rechte und Pflichten der (Anleihe-)Gläubiger wahrnimmt. Auf der anderen Seite ist der einzelne Gläubiger bei Bestellung eines gemeinsamen Vertreters auch nicht mehr befugt, eigene Rechte geltend zu machen.596) Der gemeinsame Vertreter meldet faktisch jede Forderung einzeln an und 633 nicht eine sich aus der Addition ergebende Gesamtsumme zur Insolvenztabelle mit der Folge, dass die Forderungen ihre Selbständigkeit behalten.597) Die wirksame Bestellung des gemeinsamen Vertreters führt dazu, dass dieser 634 rechtmäßig die Anleiheforderung(en) zur Insolvenztabelle anmelden kann. Etwas anderes kann gelten, wenn gegen die Bestellung des gemeinsamen Vertreters Rechtsmittel eingelegt wurden.598) b) Ohne einen gemeinsamen Vertreter Wird kein gemeinsamer Vertreter bestellt, ist jeder Anleihegläubiger selbst 635 dafür verantwortlich, seine Gläubigerstellung nachzuweisen und die Forderung ordnungsgemäß nach den Vorschriften der InsO zur Insolvenztabelle anzumelden. In diesem Fall ist der Insolvenzverwalter unter Umständen mit einer Vielzahl von Anmeldungen konfrontiert. Es stellt sich die Frage, welche Unterlagen ein Anleihegläubiger zur Forde- 636 rungsanmeldung vorlegen muss. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Anmeldung ein Abdruck der Urkunde beizufügen ist, aus der sich die (Anleihe-)Forderung ergibt (§ 174 Abs. 1 Satz 2 InsO).599) In Frage kommt hier die Vorlage eines Depotauszuges oder die Vorlage der Schuldurkunde, da die Anleihegläubiger individuell – anders als ein gemeinsamer Vertreter gem. § 19 Abs. 3 Halbs. 2 SchVG – nicht davon befreit sind, die Schuldurkunde vorzulegen. Das Fehlen einer entsprechenden Regelung könnte dafür sprechen, dass im Umkehrschluss eine Schuldurkunde gerade vorgelegt werden muss.600) Dies würde ___________ 595) Dazu Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 8. 596) Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 19 Rn. 22 spricht insofern von einer „Sperrfunktion“. 597) Kuder/Obermüller, ZInsO 2009, 2025, 2027; Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 19 Rn. 24; so auch zum SchVerschrG Penzlin/Klerx, ZInsO 2004, 311, 313. 598) Dazu Rn. 544 ff. 599) Dazu Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 19 Rn. 29; Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 8; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 57. 600) So Kuder/Obermüller, ZInsO 2009, 2025, 2029; Tetzlaff, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 88 Rn. 104.
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C. Anleihen in der Insolvenz
allerdings dazu führen, dass mit einem Depotauszug der Nachweis der Forderungsinhaberschaft nicht geführt werden kann, da es sich dabei nicht um eine „Schuldurkunde“ i. S. d. § 19 Abs. 3 Halbs. 2 SchVG handeln dürfte. Die Folge wäre, dass Anleihegläubiger zur ordnungsgemäßen Anmeldung faktisch nicht in der Lage sein würden, da sie nicht ohne weiteres Zugriff auf die Schuldurkunde (Globalurkunde in Sammelverwahrung) haben. 637 Bei den Gegenargumenten ist zu berücksichtigen, dass der Begriff der Urkunde in § 174 InsO weit zu verstehen ist und jegliche Unterlagen umfasst, aus denen sich der Nachweis der angemeldeten Forderung ergibt.601) Die Feststellung von Forderungen, für die eine Schuldurkunde ausgestellt ist, setzt die Vorlage des Originals im Prüfungstermin deshalb gerade nicht voraus.602) Ebensowenig zielführend ist es, wenn von jedem Anleihegläubiger verlangt wird, dass er zumindest eine Kopie der Sammelurkunde (§ 9a Abs. 1 Satz 1 DepotG) vorlegt, da dies nur die Existenz der Anleihe, nicht allerdings die individuelle Inhaberschaft nachweist.603) 638 Vor diesem Hintergrund ist deshalb im Ergebnis überzeugend, einen aktuellen Depotauszug der jeweiligen Depotbank als Nachweis der Inhaberschaft einer in einer Globalurkunde verbrieften Teilschuldverschreibung ausreichen zu lassen. Der aktuelle Depotauszug sollte den Anleihegläubiger als Inhaber bezeichnen sowie die Anschrift des Inhabers, ISIN bzw. WKN und die Anzahl sowie den Gesamtnennwert der vom jeweiligen Gläubiger gehaltenen Wertpapiere angeben. Dabei sollte ein Depotauszug der Depotbank in Textform (§ 126b BGB) ausreichen.604) Für die Stimmabgabe sollte zusätzlich zum Nachweis der Inhaberschuld die Notwendigkeit eines Sperrvermerks in Betracht gezogen werden.605) 639 Wenig überzeugend ist in diesem Zusammenhang die Ansicht, dass die Clearstream Banking AG im Insolvenzverfahren die gesamte Anleiheforderung geltend macht und diese wie ein gemeinsamer Vertreter anmeldet.606) Dies widerspricht der Möglichkeit der Entscheidung der Gläubiger durch Anmeldung zu entscheiden, ob sie an einem Insolvenzverfahren teilnehmen wollen oder nicht.
___________ 601) K. Schmidt/Jungmann, InsO, § 174 Rn. 22; Preß/Henningsmeier, in: Hamburger Kommentar InsO, § 174 Rn. 12. 602) BGH ZIP 2006, 192 Rn. 9 f., dazu EWiR 2006, 177 (Köster/Ahrendt); Kreft/Depré, InsO, § 174 Rn. 16. 603) So aber Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 19 Rn. 29. 604) Zu beachten sind allerdings die Besonderheiten bei der Prüfung und Feststellung der Forderungen, dazu Rn. 640. 605) Zum Sperrvermerk siehe Rn. 651 f. 606) Vgl. den Ausgangspunkt der Diskussion bei Kuder/Obermüller, ZInsO 2009, 2025, 2029; dazu auch Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 8.
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V. Anleihen in der Insolvenzabwicklung
c) Besonderheiten bei der Forderungsprüfung Nach Vorlage der benötigten Nachweise in Form von Urkunden (in der Regel 640 der Depotauszug) spricht rechtlich kein Grund gegen die Feststellung der jeweils durch die Anleihegläubiger angemeldeten Forderungen. Diese „frühe“ Feststellung der Forderungen zur Insolvenztabelle birgt gleichwohl Risiken. Hintergrund der vorgenannten Risiken ist der Umstand, dass die Teilschuld- 641 verschreibungen – sofern der Handel nicht ausgesetzt wurde – regelmäßig noch (an der Börse) gehandelt werden können und sich daher der Inhaber der jeweiligen Teilschuldverschreibungen jederzeit ändern kann. Die Anmeldung und Feststellung für den ehemaligen Inhaber würde die weitere Übertragung auch nicht sperren. Darüber hinaus entspricht es allgemeiner Meinung, dass die Feststellung einer Forderung gem. § 178 Abs. 3 InsO einer erneuten Anmeldung durch den Rechtsnachfolger nicht entgegensteht.607) Sollte eine bereits zur Insolvenztabelle angemeldete Anleiheforderung auch zur 642 Tabelle festgestellt worden sein, bestünde bei Doppelanmeldung durch den Erwerber bzw. Rechtsnachfolger das Risiko einer doppelten Feststellung (Doppelfeststellungsrisiko). Zu einer Doppelfeststellung käme es dann, wenn sowohl der Veräußerer als auch der Erwerber von Teilschuldverschreibungen Forderungen aus der Anleihe zur Insolvenztabelle anmelden und beide im Hinblick auf ein und dieselbe Forderung zur Insolvenztabelle festgestellt würden. Die Praxis begegnet der Vermeidung dieses Risikos auf zwei Wegen:608) Zu- 643 nächst wird nach Wegen gesucht, die einmal festgestellten Forderungen von der Ausschüttung auszuschließen. Weiterhin gehen Insolvenzverwalter in der Praxis – unabhängig von der Frage der rechtlichen Zulässigkeit – dazu über, Anleiheforderungen zunächst (vorläufig) zu bestreiten und erst im Zusammenhang mit der Ausschüttung im Rahmen eines standardisierten Prozesses festzustellen. Teilweise stellen die Insolvenzverwalter die Forderungen der Anleihegläubiger aufschiebend bedingt auf ein Ereignis fest, das die Ausschüttung rechtfertigt. Dies kann die Umbuchung in eine Sonder-ISIN/ Sonder-WKN sein (dazu ausführlich unter Rn. 663 ff.). Dieser Weg ist rechtlich vorzugswürdig, ist aber komplexer als das (vorläufige) Bestreiten. Praxistipp: Es empfiehlt sich – sofern kein gemeinsamer Vertreter bestellt wird –, umgehend nach Insolvenzeröffnung die Anleihegläubiger durch ein Informationsschreiben oder eine Veröffentlichung auf der Website des Emittenten über die Forderungsanmeldung zu informieren. Dies gilt in der Praxis insbesondere, wenn der Insolvenzverwalter – wie hier dargestellt – entscheidet, die Forderungen (vorläufig) zu bestreiten.
___________ 607) Uhlenbruck/Sinz, InsO, § 177 Rn. 14 f. 608) Dazu ausführlich Rn. 656 f.
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C. Anleihen in der Insolvenz
644 Für das (vorläufige) Bestreiten der Forderungen der Anleihe kann aus Sicht des Insolvenzverwalters auch sprechen, dass regelmäßig zahllose Anleihegläubiger ihre Forderung zu Insolvenztabelle anmelden, ohne abzuwarten, ob in der Versammlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG ein gemeinsamer Vertreter bestellt wird. Der Grund dafür kann das Ziel einer umfassenden Rechtswahrung, die Vermeidung von Kosten einer nachträglich Anmeldung (§ 177 InsO) oder schlicht die Unkenntnis von der (bevorstehenden) Wahl eines gemeinsamen Vertreters sein.609) 2. Teilnahme und Abstimmung in Gläubigerversammlungen 645 Die Abstimmung in Gläubigerversammlungen und damit die Mitbestimmung bei der Insolvenzabwicklung ist zentrales Gläubigerrecht. Gläubigerversammlungen werden vom Insolvenzgericht einberufen (§ 74 Abs. 1 Satz 1 InsO). Nach § 74 Abs. 1 Satz 2 InsO sind bei einer Gläubigerversammlung neben dem Insolvenzverwalter und dem Schuldner die absonderungsberechtigten Gläubiger, die Insolvenzgläubiger und die Mitglieder des Gläubigerausschusses teilnahmeberechtigt. 646 Um an Abstimmungen in Gläubigerversammlungen teilnehmen zu können, muss ein Gläubiger ein Stimmrecht haben. Grundsätzlich haben solche Forderungen, die zur Insolvenztabelle angemeldet wurden und weder vom Insolvenzverwalter noch von einem stimmberechtigten Gläubiger bestritten wurden (§ 77 Abs. 1 Satz 1 InsO), ein Stimmrecht. Nachrangige Gläubiger sind nicht stimmberechtigt (§ 77 Abs. 1 InsO). a) Mit einem gemeinsamen Vertreter 647 Der gemeinsame Vertreter hat ein Stimmrecht, sofern die gesamte Anleiheforderung angemeldet und festgestellt wurde. Das Stimmrecht des gemeinsamen Vertreters in einer (Insolvenz-)Gläubigerversammlung richtet sich wegen der einheitlichen Geltendmachung der Rechte sämtlicher (Anleihe-)Gläubiger nach dem Gesamtnennbetrag der Anleiheserie und nicht nur nach der Anzahl der Gläubiger, die bei der Versammlung nach § 19 SchVG abgestimmt haben.610) Der gemeinsame Vertreter kann seine Stimme nur einheitlich abgeben.611) Kommt es bei einer Versammlung – wie beim Erörterungs- und Abstimmungstermin – auf Kopf- oder Summenmehrheit an, übt der gemeinsame Vertreter für jeden Anleihegläubiger sein Stimmrecht aus, gibt also faktisch zahlreiche Stimmen ab.612) ___________ 609) Dazu ausführlich Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 19 Rn. 26 ff. 610) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 19 Rn. 22. 611) Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 17 (SchVG), § 19 Rn. 33. 612) Paul, in: Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, SchVG, § 19 Rn. 31.
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V. Anleihen in der Insolvenzabwicklung
b) Ohne einen gemeinsamen Vertreter Existiert kein gemeinsamer Vertreter, hat jeder (Anleihe-)Gläubiger ein eigenes 648 Stimmrecht, wenn seine Forderung ordnungsgemäß angemeldet und festgestellt wurde. Soweit – wie oben dargestellt – der Insolvenzverwalter in der Praxis aufgrund 649 des Doppelfeststellungsrisikos613) die Forderungen der Anleihegläubiger (zunächst) bestreitet, muss das Stimmrecht der Gläubiger positiv festgestellt werden. Der Insolvenzgläubiger einer bestrittenen Forderung ist dann stimmberechtigt, soweit sich in der Gläubigerversammlung der Verwalter und die erschienenen stimmberechtigten Gläubiger über das Stimmrecht geeinigt haben. Kommt es nicht zu einer solchen Einigung, so entscheidet das Insolvenzgericht (§ 77 Abs. 2 InsO). Um im Termin ihre Gläubigerstellung nachzuweisen, müssen die Gläubiger 650 einerseits durch Vorlage entsprechender Dokumente nachweisen, dass sie zum Zeitpunkt der Teilnahme an der Gläubigerversammlung Gläubiger sind und sich andererseits für den Zutritt zum Versammlungsort nochmals persönlich ausweisen (durch ein Ausweisdokument). Dabei können die Anleihegläubiger nicht auf die zur Forderungsanmeldung eingereichten Dokumente verweisen, da der Insolvenzverwalter nicht sicherstellen kann, dass die Anleihe in der Zwischenzeit nicht auf eine dritte Partei übertragen wurde. Es sollte zur jeweiligen Gläubigerversammlung sichergestellt sein, dass der 651 erschienene (Anleihe-)Gläubiger noch Inhaber der Teilschuldverschreibung ist, um – sollte keine Einigung über das Stimmrecht möglich sein – über das Stimmrecht entschieden werden kann (§ 77 Abs. 2 InsO). Dazu bietet sich neben der Vorlage eines aktuellen Depotauszuges oder Depotnachweises zum Nachweis der Inhaberschaft die Vorlage eines sog. Sperrvermerks an.614) Ein Sperrvermerk ist eine Erklärung der Depotbank, dass die von dem Anlei- 652 hegläubiger gehaltenen Wertpapiere für den Zeitraum ab Ausstellung bis zu einem späteren Zeitpunkt (für das Stimmrecht bietet sich der Ablauf des Tages der Versammlung an) bei der Depotbank gesperrt gehalten und nicht übertragen werden können. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass in der Gläubigerversammlung nur der wirkliche Inhaber einer Teilschuldverschreibung ein Stimmrecht ausübt. So wird eine Entscheidungsgrundlage geschaffen, damit sich zunächst die Beteiligten über das Stimmrecht einigen oder das Insolvenzgericht über das Stimmrecht entscheiden kann.
___________ 613) Dies gilt in der Praxis im Fall des (vorläufigen) Bestreitens der Forderung und für den alternativen Fall der Feststellung als aufschiebend bedingte Forderung (§ 77 Abs. 3 InsO); dazu unter Rn. 642 ff. 614) Siehe Anlage 3 für ein Muster eines Depotnachweis und Sperrvermerks.
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C. Anleihen in der Insolvenz Praxistipp: Es empfiehlt sich, vor der jeweiligen Gläubigerversammlung ein Informationsschreiben zur Abstimmung in Gläubigerversammlungen an die Anleihegläubiger zu versenden und als Orientierungshilfe ein Musterformular für einen Depotnachweis und Sperrvermerk beizufügen.
3. Feststellung zur Insolvenztabelle und Quotenausschüttung 653 Nachdem die Insolvenzgläubiger ihre Forderungen gemäß § 174 Abs. 1 InsO beim Insolvenzverwalter angemeldet und entsprechende Urkunden vorgelegt haben, stellt sich für den die Forderung grundsätzlich prüfenden Insolvenzverwalter die Frage, ob er die Forderung feststellen kann. Die Prüfung der Forderungen erfolgt im Prüfungstermin und die jeweilige Forderung kann vom Insolvenzverwalter, vom Schuldner oder einem Insolvenzgläubiger bestritten werden (§ 176 InsO). a) Mit einem gemeinsamen Vertreter 654 Wenn ein gemeinsamer Vertreter im Insolvenzverfahren wirksam bestellt ist und die Rechte nach § 19 Abs. 3 SchVG innehat, spricht von Seiten des Insolvenzverwalters nichts gegen die Feststellung der Forderung, wenn die Anmeldung und die vorgelegten Unterlagen die Feststellung rechtfertigen. Allenfalls sind jeweils Gegenansprüche und ggf. Aufrechnungsmöglichkeiten zu berücksichtigen.615) 655 Die Ausschüttung der Insolvenzquote sollte nach Feststellung der gesamten Teilschuldverschreibung grundsätzlich über die Clearstream Banking AG erfolgen, da der Insolvenzverwalter regelmäßig die einzelnen Gläubiger nicht individuell kennt. Die Clearstream Banking AG würde die Ausschüttung der Insolvenzquote über die Depotbanken an die Gläubiger vornehmen, die im Zeitpunkt der Ausschüttung Inhaber der Forderungen sind.616) Die Quotenzahlung wird dann – ähnlich einer Dividendenausschüttung oder einer Zinszahlung – den jeweiligen Depots gutgeschrieben. Darüber hinaus ist zu beachten, dass auch der gemeinsame Vertreter nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG zur Entgegennahme von Zahlungen berechtigt ist.617) Praxistipp: Sofern die Clearstream Banking AG in die Abwicklung einbezogen werden soll, empfiehlt es sich, früh die Bereitschaft zur Mitwirkung und den Prozess der Abwicklung abzustimmen.
___________ 615) Penzlin/Klerx, ZInsO 2004, 311, 313. 616) Die Clearstream Banking AG als Wertpapiersammelbank verteilt dazu die Beträge an die jeweiligen Banken, die wiederum ihren Kunden die Beträge gutschreiben; dazu Kuder/ Obermüller, ZInsO 2009, 2025, 2029; Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 8; Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 57. 617) Friedl, in: Frankfurter Kommentar zum SchVG, § 19 Rn. 53.
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V. Anleihen in der Insolvenzabwicklung
b) Ohne einen gemeinsamen Vertreter Existiert kein gemeinsamer Vertreter, muss bei der Ausschüttung sicherge- 656 stellt sein, dass der jeweilige Gläubiger Inhaber der Forderung ist. Wie bereits dargelegt, bestreiten in der Praxis die Insolvenzverwalter zunächst 657 regelmäßig die Forderung der individuellen Anleihegläubiger,618) da die Schuldverschreibungen im Zeitpunkt der Anmeldung regelmäßig noch (an der Börse) gehandelt werden (können) und sich deshalb jederzeit der Inhaber der jeweiligen Teilschuldverschreibungen ändern kann. Wenn eine angemeldete Anleiheforderung dessen ungeachtet zu diesem frühen Zeitpunkt schon zur Tabelle festgestellt ist, besteht das Risiko einer doppelten Anmeldung und Feststellung zur Insolvenztabelle. aa) Maßnahmen nach Doppelfeststellung Der Insolvenzverwalter hat eine gesetzliche Pflicht und ein eigenes Interesse 658 daran, die Doppelfeststellung zu vermeiden, da die Feststellung von Forderungen in einem Umfang, der über den Gesamtnennbetrag der Anleihe hinaus geht, eine Haftung des Insolvenzverwalters auslösen kann (§ 60 InsO). Die Haftung kann deshalb entstehen, da sowohl der ursprüngliche Inhaber der Teilschuldverschreibung aufgrund der Rechtskraftwirkung seiner Tabelleneintragung als rechtskräftiges Urteil, als auch der neue Inhaber der Teilschuldverschreibung aufgrund seiner nachträglichen Anmeldung bei der Ausschüttung zu berücksichtigen sind; dies verringert die Quote für die übrigen Insolvenzgläubiger. Hat der Insolvenzverwalter bereits Forderungen aus Teilschuldverschreibung 659 zur Insolvenztabelle festgestellt, die über den Gesamtnennbetrag hinausgehen, fragt sich zunächst, ob dem Insolvenzverwalter noch Handlungsmöglichkeiten offen stehen, um dem Problem der doppelten Berücksichtigung (erst) bei der Verteilung – und nicht bereits (wie in der Praxis üblich durch Bestreiten/ oder die aufschiebend bedingte Feststellung)bei der Feststellung der Forderung – zu begegnen: Zunächst besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Vollstreckungsabwehr- 660 klage nach § 767 ZPO gegen den Veräußerer mit dem Ziel, an diesen keine Quote ausschütten zu müssen.619) Die in diesem Zusammenhang geltend gemachte Einwendung gegen die festgestellte Forderung wäre der Wechsel in der Inhaberschaft der Anleiheforderung. Diese Einwendung müsste für die Vollstreckungsabwehrklage nach der Feststellung entstanden sein (§ 767 Abs. 2 ZPO, § 178 Abs. 3 InsO). Die (nahezu unlösbare) Herausforderung des Insolvenzverwalters ist dabei die Substantiierung des Vortrages, wann welche Teilschuldverschreibung übertragen wurde. Aufgrund der „anonymisierten“ ___________ 618) Dazu oben Rn. 643 f. 619) BGH ZIP 1991, 456, 457 Rn. 3; Schmidt/Brinkmann, in: MünchKomm-ZPO, § 767 Rn. 74.
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C. Anleihen in der Insolvenz
Übertragung der Teilschuldverschreibungen am Kapitalmarkt ist es für den Insolvenzverwalter (faktisch) unmöglich aufzuklären, welcher Inhaber einer Teilschuldverschreibung welche Teilschuldverschreibung an welchen Erwerber veräußert hat. Insofern ist dem Doppelfeststellungsrisiko mit der Vollstreckungsabwehrklage nur bedingt zu begegnen. 661 Neben einer Vollstreckungsgegenklage könnte der Insolvenzverwalter sich zur Vermeidung einer Doppelausschüttung darauf berufen, dass er nur gegen Aushändigung der Urkunde leisten muss (§ 797 BGB).620) Da gemäß § 797 BGB der Aussteller einer Schuldverschreibung nur gegen Aushändigung der Schuldverschreibung zur Leistung (der Quote) verpflichtet ist, wäre in einem Urteil grundsätzlich eine Leistungspflicht nur gegen Aushändigung der Schuldverschreibung zu tenorieren. Da § 797 BGB auch im Hinblick auf in Globalurkunden verbriefte Schuldverschreibungen Anwendung findet, hätte der Emittent bei Leistung grundsätzlich einen Anspruch auf Übertragung des jeweiligen Miteigentumsanteils an der Globalurkunde Zug um Zug.621) So bestünde die Möglichkeit, dass der Insolvenzverwalter nur „Zug um Zug“ gegen Herausgabe der Teilschuldverschreibung die Quote ausschüttet. Er würde so sicherstellen, dass nur tatsächliche Inhaber der Teilschuldverschreibung eine Quote erhalten. Unabhängig von den praktischen Herausforderungen bei einer großen Anzahl von (Anleihe-)Gläubigern muss berücksichtigt werden, dass die Feststellung zur Insolvenztabelle gerade keinen Vorbehalt oder eine „Zug um Zug“-Verurteilung vorsieht, sondern nach Feststellung der Forderung grundsätzlich vorbehaltlos ist.622) 662 Wie sich zeigt, sind die Handlungsmöglichkeiten nach Feststellung nicht effizient. Es ist somit festzuhalten, dass – wie in der Praxis – der Insolvenzverwalter bereits bei der Prüfung und Feststellung von Forderungen das Risiko einer doppelten Feststellung zur Insolvenztabelle vermeiden sollte, um ein etwaiges Haftungsrisiko zu minimieren. bb) Vermeidung Doppelfeststellung 663 Das Doppelfeststellungsrisiko durch die mehrfache Berücksichtigung des einzelnen Anleihestücks als anonymem Wertpapier kann auf verschiedene Weise ausgeschlossen bzw. reduziert werden. Dabei bieten sich unterschiedliche Möglichkeiten an: 664 Zunächst kann der Insolvenzverwalter versuchen, darauf hinzuwirken, dass vor Feststellung der Forderungen einen Handelbarkeit der Anleihe durch ein sog. Delisting der Anleihe – soweit möglich – eingestellt wird. Die Folge des Delistings wäre, dass die Handelbarkeit der Teilschuldverschreibungen ein___________ 620) BGH NJW 2008, 3144, 3145; Habersack, in: MünchKomm-BGB, § 797 Rn. 2. 621) Vgl. BGH BB 2004, 1763; OLG Frankfurt/M. BeckRS 2008, 12042. 622) Anders nach RGZ 37, 1, das bei einem Wechselfall vor Leistung die Herausgabe der Urkunde verlangt; in diesem Sinne auch Uhlenbruck/Sinz, InsO, § 178 Rn. 6.
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V. Anleihen in der Insolvenzabwicklung
geschränkt ist und die Anleihe nicht mehr anonym über die Börse übertragen werden kann. Ein Delisting kann sich etwa anbieten, wenn das schuldnerische Unternehmen abgewickelt wird. Soll allerdings z. B. das Unternehmen über einen Insolvenzplan restrukturiert werden und soll die Anleihe ggf. als Finanzierungsinstrument weiter (restrukturiert) Bestand haben, bietet sich ein Delisting nicht an. Darüber hinaus ist das Delisting ein erheblicher Eingriff in die Rechte der Anleihegläubiger, die gerade eine börsennotierte Forderung erworben haben, um diese handeln zu können. Eine weitere Möglichkeit ist die Übertragung der Teilschuldverschreibung 665 auf den Insolvenzverwalter. Der Insolvenzverwalter könnte eine Feststellung davon abhängig machen, dass die Gläubiger ihre Teilschuldverschreibung auf ihn übertragen (797 BGB).623) Da eine wirksame Übertragung nur möglich ist, wenn der Übertragende zuvor materieller Inhaber war, kann anschließend eine Ausschüttung stattfinden. Dabei ist allerdings aus praktischer Sicht zu bedenken, dass in diesem Fall eine Ausschüttung an die Anleihegläubiger nicht – wie sonst üblich – über die Clearstream Banking AG vorgenommen werden kann, sondern durch Direktzahlung durch den Insolvenzverwalter erfolgen muss. Dies kann zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand führen. Auch ist eine Restrukturierung der Anleihe in einem Insolvenzplan dann nicht mehr denkbar, da die Restrukturierung nicht mehr den Anleihegläubigern zugute kommen würde. Eine weitere und in der Praxis praktizierte Möglichkeit, eine Doppelausschüt- 666 tung zu vermeiden, ist die Umbuchung der Teilschuldverschreibungen in eine neue Wertpapierkennnummer (Sonder-ISIN/Sonder-WKN). In diesem mit der Clearstream Banking AG sowie der Zahlstelle abzustimmenden Verfahren wird eine Feststellung der angemeldeten Forderung sowie eine Ausschüttung nur vorgenommen, wenn die Teilschuldverschreibung vorher durch den Inhaber in eine Sonder-ISIN/Sonder-WKN umgebucht wurde. Dafür müssen die Gläubiger ihre Depotbank anweisen (ggf. durch ein vom Insolvenzverwalter bereitgestelltes Formular)624) die Teilschuldverschreibungen in eine SonderISIN/Sonder-WKN umzubuchen und dort bis zu einem bestimmten Zeitpunkt oder Ereignis gesperrt zu halten. Eine Handelbarkeit der Teilschuldverschreibungen unter der Sonder-ISIN/Sonder-WKN an der Börse ist nicht vorgesehen, damit der Insolvenzverwalter sichergehen kann, dass der anmeldende Gläubiger Inhaber ist und bleibt, weshalb sich das Problem der Doppel___________ 623) Mit diesem Vorschlag Penzlin/Klerx, ZInsO 2004, 311, 313 (zum SchVerschrG); dagegen Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 8. 624) Das Formular sollte eine Erklärung enthalten, die Clearstream Banking AG anzuweisen und zu ermächtigen, dem Insolvenzverwalter unmittelbar, über die Zahlstelle oder über die Depotbank, die für die Ausschüttung der Insolvenzquote erforderlichen Informationen (insbesondere Namen, Vornamen und Wohnort des jeweiligen Anleihegläubigers und den Nennwert der von dem Anleihegläubiger gehaltenen Teilschuldverschreibung sowie die Anzahl der in dem Depot der Depotbank bei der Clearstream Banking AG in die SonderWKN eingebuchten Teilschuldverschreibungen) börsentäglich (u. a. unter Befreiung vom Bankgeheimnis) mitzuteilen.
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C. Anleihen in der Insolvenz
anmeldung (im Wesentlichen) nicht stellt. Vor Ausschüttung sollte der Insolvenzverwalter die zu Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen sowie die unter der Sonder-ISIN/Sonder-WKN umgebuchten Teilschuldverschreibungen abgleichen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass nur die Inhaber von Teilschuldverschreibungen mit zur Tabelle festgestellten Forderungen eine Ausschüttung erhalten. Praxistipp: Das konkrete Procedere muss im Vorfeld mit der Zahlstelle und der Clearstream Banking AG im Detail abgestimmt werden.
667 Eine Alternative zur sehr aufwändigen Umbuchung in eine Sonder-ISIN/ Sonder-WKN ist erneut die Nutzung eines Sperrvermerks der Depotbank des jeweiligen Gläubigers.625) Dabei muss darauf geachtet werden, dass dieser sich zeitlich bis zum letzten möglichen Ausschüttungszeitpunkt erstreckt. In diesem Fall ist allerdings eine Ausschüttung über die Clearstream Banking AG nicht möglich, da sich seitens der Clearstream Banking AG der gesperrte Bestand an Teilschuldverschreibungen nicht ersehen lässt. 668 Teilweise wird vertreten, dass hinsichtlich der Anmeldung und Feststellung von Forderungen Nr. 14 Abs. 1 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte Anwendung finden soll.626) Dies bedeutet, dass (i) die Wertpapiersammelbank für die Einlösung von Wertpapieren bei Fälligkeit sorgt und (ii) der Insolvenzverwalter schuldbefreiend an die Wertpapiersammelbank leisten kann. Sofern die Ansicht allerdings so weit geht, dass eine Anmeldung der Forderung der Anleihegläubiger durch die Wertpapiersammelbank erfolgt oder eine Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle nicht nötig sein soll, wird dem hier nicht gefolgt. Sofern kein gemeinsamer Vertreter bestellt ist, obliegt es jedem Gläubiger selbst, seine Rechte im Insolvenzverfahren geltend zu machen oder eben nicht. cc) Weitere Besonderheiten 669 Besonderheiten können sich ergeben, wenn (Anleihe-)Gläubiger Zinsen unterschiedlich berechnen und zur Insolvenztabelle angemeldet haben. Dies zwingt den Insolvenzverwalter ggf. dazu, (Teil-)Ausschüttungen selbst (und nicht über die Clearstream Banking AG) vorzunehmen, was u. a. zu steuerlichen Fragestellungen in Bezug auf den Einbehalt von Kapitalertragsteuer durch den Insolvenzverwalter führen kann.
___________ 625) Zum Sperrvermerk siehe auch Rn. 651 f. 626) Kuder/Obermüller, ZInsO 2009, 2025, 2029; Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 8; Tetzlaff, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 88 Rn. 104.
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D. Anhang I. Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen – Schuldverschreibungsgesetz (SchVG 2009)
Inhaltsübersicht Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften § 1 Anwendungsbereich § 2 Anleihebedingungen § 3 Transparenz des Leistungsversprechens § 4 Kollektive Bindung Abschnitt 2 Beschlüsse der Gläubiger § 5 Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger § 6 Stimmrecht § 7 Gemeinsamer Vertreter der Gläubiger § 8 Bestellung des gemeinsamen Vertreters in den Anleihebedingungen § 9 Einberufung der Gläubigerversammlung § 10 Frist, Anmeldung, Nachweis § 11 Ort der Gläubigerversammlung § 12 Inhalt der Einberufung, Bekanntmachung § 13 Tagesordnung § 14 Vertretung § 15 Vorsitz, Beschlussfähigkeit § 16 Auskunftspflicht, Abstimmung, Niederschrift § 17 Bekanntmachung von Beschlüssen § 18 Abstimmung ohne Versammlung § 19 Insolvenzverfahren § 20 Anfechtung von Beschlüssen § 21 Vollziehung von Beschlüssen § 22 Geltung für Mitverpflichtete
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D. Anhang
Abschnitt 3 Bußgeldvorschriften; Übergangsbestimmungen § 23 Bußgeldvorschriften § 24 Übergangsbestimmungen
Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften § 1 Anwendungsbereich (1) Dieses Gesetz gilt für nach deutschem Recht begebene inhaltsgleiche Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (Schuldverschreibungen). (2) Dieses Gesetz gilt nicht für die gedeckten Schuldverschreibungen im Sinne des Pfandbriefgesetzes sowie nicht für Schuldverschreibungen, deren Schuldner der Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land oder eine Gemeinde ist oder für die der Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land oder eine Gemeinde haftet. Für nach deutschem Recht begebene Schuldverschreibungen, deren Schuldner ein anderer Mitgliedstaat des Euro-Währungsgebiets ist, gelten die besonderen Vorschriften der §§ 4a bis 4i und 4k des Bundesschuldenwesengesetzes entsprechend. § 2 Anleihebedingungen Die Bedingungen zur Beschreibung der Leistung sowie der Rechte und Pflichten des Schuldners und der Gläubiger (Anleihebedingungen) müssen sich vorbehaltlich von Satz 2 aus der Urkunde ergeben. Ist die Urkunde nicht zum Umlauf bestimmt, kann in ihr auch auf außerhalb der Urkunde niedergelegte Anleihebedingungen Bezug genommen werden. Änderungen des Inhalts der Urkunde oder der Anleihebedingungen nach Abschnitt 2 dieses Gesetzes werden erst wirksam, wenn sie in der Urkunde oder in den Anleihebedingungen vollzogen worden sind. § 3 Transparenz des Leistungsversprechens Nach den Anleihebedingungen muss die vom Schuldner versprochene Leistung durch einen Anleger, der hinsichtlich der jeweiligen Art von Schuldverschreibungen sachkundig ist, ermittelt werden können. § 4 Kollektive Bindung Bestimmungen in Anleihebedingungen können während der Laufzeit der Anleihe durch Rechtsgeschäft nur durch gleichlautenden Vertrag mit sämtlichen Gläubigern oder nach Abschnitt 2 dieses Gesetzes geändert werden (kollektive Bindung). Der Schuldner muss die Gläubiger insoweit gleich behandeln.
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I. Schuldverschreibungsgesetz (SchVG 2009)
Abschnitt 2 Beschlüsse der Gläubiger § 5 Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger (1) Die Anleihebedingungen können vorsehen, dass die Gläubiger derselben Anleihe nach Maßgabe dieses Abschnitts durch Mehrheitsbeschluss Änderungen der Anleihebedingungen zustimmen und zur Wahrnehmung ihrer Rechte einen gemeinsamen Vertreter für alle Gläubiger bestellen können. Die Anleihebedingungen können dabei von den §§ 5 – 21 zu Lasten der Gläubiger nur abweichen, soweit es in diesem Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Eine Verpflichtung zur Leistung kann für die Gläubiger durch Mehrheitsbeschluss nicht begründet werden. (2) Die Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger sind für alle Gläubiger derselben Anleihe gleichermaßen verbindlich. Ein Mehrheitsbeschluss der Gläubiger, der nicht gleiche Bedingungen für alle Gläubiger vorsieht, ist unwirksam, es sei denn, die benachteiligten Gläubiger stimmen ihrer Benachteiligung ausdrücklich zu. (3) Die Gläubiger können durch Mehrheitsbeschluss insbesondere folgenden Maßnahmen zustimmen: 1. der Veränderung der Fälligkeit, der Verringerung oder dem Ausschluss der Zinsen; 2. der Veränderung der Fälligkeit der Hauptforderung; 3. der Verringerung der Hauptforderung; 4. dem Nachrang der Forderungen aus den Schuldverschreibungen im Insolvenzverfahren des Schuldners; 5. der Umwandlung oder dem Umtausch der Schuldverschreibungen in Gesellschaftsanteile, andere Wertpapiere oder andere Leistungsversprechen; 6. dem Austausch und der Freigabe von Sicherheiten; 7. der Änderung der Währung der Schuldverschreibungen; 8. dem Verzicht auf das Kündigungsrecht der Gläubiger oder dessen Beschränkung; 9. der Schuldnerersetzung; 10. der Änderung oder Aufhebung von Nebenbestimmungen der Schuldverschreibungen. Die Anleihebedingungen können die Möglichkeit von Gläubigerbeschlüssen auf einzeln benannte Maßnahmen beschränken oder einzeln benannte Maßnahmen von dieser Möglichkeit ausnehmen.
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D. Anhang
(4) Die Gläubiger entscheiden mit der einfachen Mehrheit der an der Abstimmung teilnehmenden Stimmrechte. Beschlüsse, durch welche der wesentliche Inhalt der Anleihebedingungen geändert wird, insbesondere in den Fällen des Absatzes 3 Nummer 1 bis 9, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit einer Mehrheit von mindestens 75 Prozent der teilnehmenden Stimmrechte (qualifizierte Mehrheit). Die Anleihebedingungen können für einzelne oder alle Maßnahmen eine höhere Mehrheit vorschreiben. (5) Ist in Anleihebedingungen bestimmt, dass die Kündigung von ausstehenden Schuldverschreibungen nur von mehreren Gläubigern und einheitlich erklärt werden kann, darf der für die Kündigung erforderliche Mindestanteil der ausstehenden Schuldverschreibungen nicht mehr als 25 Prozent betragen. Die Wirkung einer solchen Kündigung entfällt, wenn die Gläubiger dies binnen drei Monaten mit Mehrheit beschließen. Für den Beschluss über die Unwirksamkeit der Kündigung genügt die einfache Mehrheit der Stimmrechte, es müssen aber in jedem Fall mehr Gläubiger zustimmen als gekündigt haben. (6) Die Gläubiger beschließen entweder in einer Gläubigerversammlung oder im Wege einer Abstimmung ohne Versammlung. Die Anleihebedingungen können ausschließlich eine der beiden Möglichkeiten vorsehen. § 6 Stimmrecht (1) An Abstimmungen der Gläubiger nimmt jeder Gläubiger nach Maßgabe des Nennwerts oder des rechnerischen Anteils seiner Berechtigung an den ausstehenden Schuldverschreibungen teil. Das Stimmrecht ruht, solange die Anteile dem Schuldner oder einem mit ihm verbundenen Unternehmen (§ 271 Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs) zustehen oder für Rechnung des Schuldners oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens gehalten werden. Der Schuldner darf Schuldverschreibungen, deren Stimmrechte ruhen, einem anderen nicht zu dem Zweck überlassen, die Stimmrechte an seiner Stelle auszuüben; dies gilt auch für ein mit dem Schuldner verbundenes Unternehmen. Niemand darf das Stimmrecht zu dem in Satz 3 erster Halbsatz bezeichneten Zweck ausüben. (2) Niemand darf dafür, dass eine stimmberechtigte Person bei einer Gläubigerversammlung oder einer Abstimmung nicht oder in einem bestimmten Sinne stimme, Vorteile als Gegenleistung anbieten, versprechen oder gewähren. (3) Wer stimmberechtigt ist, darf dafür, dass er bei einer Gläubigerversammlung oder einer Abstimmung nicht oder in einem bestimmten Sinne stimme, keinen Vorteil und keine Gegenleistung fordern, sich versprechen lassen oder annehmen.
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§ 7 Gemeinsamer Vertreter der Gläubiger (1) Zum gemeinsamen Vertreter für alle Gläubiger kann jede geschäftsfähige Person oder eine sachkundige juristische Person bestellt werden. Eine Person, welche 1. Mitglied des Vorstands, des Aufsichtsrats, des Verwaltungsrats oder eines ähnlichen Organs, Angestellter oder sonstiger Mitarbeiter des Schuldners oder eines mit diesem verbundenen Unternehmens ist, 2. am Stamm- oder Grundkapital des Schuldners oder eines mit diesem verbundenen Unternehmens mit mindestens 20 Prozent beteiligt ist, 3. Finanzgläubiger des Schuldners oder eines mit diesem verbundenen Unternehmens mit einer Forderung in Höhe von mindestens 20 Prozent der ausstehenden Anleihe oder Organmitglied, Angestellter oder sonstiger Mitarbeiter dieses Finanzgläubigers ist oder 4. auf Grund einer besonderen persönlichen Beziehung zu den in den Nummern 1 bis 3 aufgeführten Personen unter deren bestimmendem Einfluss steht, muss den Gläubigern vor ihrer Bestellung zum gemeinsamen Vertreter die maßgeblichen Umstände offenlegen. Der gemeinsame Vertreter hat die Gläubiger unverzüglich in geeigneter Form darüber zu unterrichten, wenn in seiner Person solche Umstände nach der Bestellung eintreten. (2) Der gemeinsame Vertreter hat die Aufgaben und Befugnisse, welche ihm durch Gesetz oder von den Gläubigern durch Mehrheitsbeschluss eingeräumt wurden. Er hat die Weisungen der Gläubiger zu befolgen. Soweit er zur Geltendmachung von Rechten der Gläubiger ermächtigt ist, sind die einzelnen Gläubiger zur selbständigen Geltendmachung dieser Rechte nicht befugt, es sei denn, der Mehrheitsbeschluss sieht dies ausdrücklich vor. Über seine Tätigkeit hat der gemeinsame Vertreter den Gläubigern zu berichten. (3) Der gemeinsame Vertreter haftet den Gläubigern als Gesamtgläubigern für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben; bei seiner Tätigkeit hat er die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Die Haftung des gemeinsamen Vertreters kann durch Beschluss der Gläubiger beschränkt werden. Über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gläubiger gegen den gemeinsamen Vertreter entscheiden die Gläubiger. (4) Der gemeinsame Vertreter kann von den Gläubigern jederzeit ohne Angabe von Gründen abberufen werden. (5) Der gemeinsame Vertreter der Gläubiger kann vom Schuldner verlangen, alle Auskünfte zu erteilen, die zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben erforderlich sind.
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(6) Die durch die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters der Gläubiger entstehenden Kosten und Aufwendungen, einschließlich einer angemessenen Vergütung des gemeinsamen Vertreters, trägt der Schuldner. § 8 Bestellung des gemeinsamen Vertreters in den Anleihebedingungen (1) Ein gemeinsamer Vertreter der Gläubiger kann bereits in den Anleihebedingungen bestellt werden. Mitglieder des Vorstands, des Aufsichtsrats, des Verwaltungsrats oder eines ähnlichen Organs, Angestellte oder sonstige Mitarbeiter des Schuldners oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens dürfen nicht bereits in den Anleihebedingungen als gemeinsamer Vertreter der Gläubiger bestellt werden. Ihre Bestellung ist nichtig. Dies gilt auch, wenn die in Satz 1 genannten Umstände nachträglich eintreten. Aus den in § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 bis 4 genannten Personengruppen kann ein gemeinsamer Vertreter der Gläubiger bestellt werden, sofern in den Emissionsbedingungen die maßgeblichen Umstände offengelegt werden. Wenn solche Umstände nachträglich eintreten, gilt § 7 Absatz 1 Satz 3 entsprechend. (2) Mit der Bestellung ist der Umfang der Befugnisse des gemeinsamen Vertreters zu bestimmen. Zu einem Verzicht auf Rechte der Gläubiger, insbesondere zu den in § 5 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 9 genannten Entscheidungen, kann der Vertreter nur auf Grund eines Beschlusses der Gläubigerversammlung ermächtigt werden. In diesen Fällen kann die Ermächtigung nur im Einzelfall erteilt werden. (3) In den Anleihebedingungen kann die Haftung des gemeinsamen Vertreters auf das Zehnfache seiner jährlichen Vergütung begrenzt werden, es sei denn, dem gemeinsamen Vertreter fällt Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last. (4) Für den in den Anleihebedingungen bestellten gemeinsamen Vertreter gilt § 7 Absatz 2 bis 6 entsprechend. § 9 Einberufung der Gläubigerversammlung (1) Die Gläubigerversammlung wird vom Schuldner oder von dem gemeinsamen Vertreter der Gläubiger einberufen. Sie ist einzuberufen, wenn Gläubiger, deren Schuldverschreibungen zusammen 5 Prozent der ausstehenden Schuldverschreibungen erreichen, dies schriftlich mit der Begründung verlangen, sie wollten einen gemeinsamen Vertreter bestellen oder abberufen, sie wollten nach § 5 Absatz 5 Satz 2 über das Entfallen der Wirkung der Kündigung beschließen oder sie hätten ein sonstiges besonderes Interesse an der Einberufung. Die Anleihebedingungen können vorsehen, dass die Gläubiger auch aus anderen Gründen die Einberufung verlangen können. (2) Gläubiger, deren berechtigtem Verlangen nicht entsprochen worden ist, können bei Gericht beantragen, sie zu ermächtigen, die Gläubigerversammlung einzuberufen. Das Gericht kann zugleich den Vorsitzenden der Ver-
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sammlung bestimmen. Auf die Ermächtigung muss in der Bekanntmachung der Einberufung hingewiesen werden. (3) Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Sitz hat oder mangels eines Sitzes im Inland das Amtsgericht Frankfurt a. M. Gegen die Entscheidung des Gerichts ist die Beschwerde statthaft. (4) Der Schuldner trägt die Kosten der Gläubigerversammlung und, wenn das Gericht dem Antrag nach Absatz 2 stattgegeben hat, auch die Kosten dieses Verfahrens. § 10 Frist, Anmeldung, Nachweis (1) Die Gläubigerversammlung ist mindestens 14 Tage vor dem Tag der Versammlung einzuberufen. (2) Sehen die Anleihebedingungen vor, dass die Teilnahme an der Gläubigerversammlung oder die Ausübung der Stimmrechte davon abhängig ist, dass sich die Gläubiger vor der Versammlung anmelden, so tritt für die Berechnung der Einberufungsfrist an die Stelle des Tages der Versammlung der Tag, bis zu dessen Ablauf sich die Gläubiger vor der Versammlung anmelden müssen. Die Anmeldung muss unter der in der Bekanntmachung der Einberufung mitgeteilten Adresse spätestens am dritten Tag vor der Gläubigerversammlung zugehen. (3) Die Anleihebedingungen können vorsehen, wie die Berechtigung zur Teilnahme an der Gläubigerversammlung nachzuweisen ist. Sofern die Anleihebedingungen nichts anderes bestimmen, reicht bei Schuldverschreibungen, die in einer Sammelurkunde verbrieft sind, ein in Textform erstellter besonderer Nachweis des depotführenden Instituts aus. § 11 Ort der Gläubigerversammlung Die Gläubigerversammlung soll bei einem Schuldner mit Sitz im Inland am Sitz des Schuldners stattfinden. Sind die Schuldverschreibungen an einer Wertpapierbörse im Sinne des § 1 Absatz 3e des Kreditwesengesetzes zum Handel zugelassen, deren Sitz innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, so kann die Gläubigerversammlung auch am Sitz dieser Wertpapierbörse stattfinden. § 30a Absatz 2 des Wertpapierhandelsgesetzes bleibt unberührt. § 12 Inhalt der Einberufung, Bekanntmachung (1) In der Einberufung müssen die Firma, der Sitz des Schuldners, die Zeit und der Ort der Gläubigerversammlung sowie die Bedingungen angeben werden, von denen die Teilnahme an der Gläubigerversammlung und die Ausübung des Stimmrechts abhängen. (2) Die Einberufung ist unverzüglich im Bundesanzeiger öffentlich bekannt zu machen. Die Anleihebedingungen können zusätzliche Formen der öffent-
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lichen Bekanntmachung vorsehen. Die Kosten der Bekanntmachung hat der Schuldner zu tragen. (3) Der Schuldner hat die Einberufung und die genauen Bedingungen, von denen die Teilnahme an der Gläubigerversammlung und die Ausübung des Stimmrechts abhängen, vom Tag der Einberufung an bis zum Tag der Gläubigerversammlung im Internet unter seiner Adresse oder, wenn eine solche nicht vorhanden ist, unter der in den Anleihebedingungen festgelegten Internetseite den Gläubigern zugänglich zu machen. § 13 Tagesordnung (1) Zu jedem Gegenstand, über den die Gläubigerversammlung beschließen soll, hat der Einberufende in der Tagesordnung einen Vorschlag zur Beschlussfassung zu machen. (2) Die Tagesordnung der Gläubigerversammlung ist mit der Einberufung bekannt zu machen. § 12 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend. Über Gegenstände der Tagesordnung, die nicht in der vorgeschriebenen Weise bekannt gemacht sind, dürfen Beschlüsse nicht gefasst werden. (3) Gläubiger, deren Schuldverschreibungen zusammen 5 Prozent der ausstehenden Schuldverschreibungen erreichen, können verlangen, dass neue Gegenstände zur Beschlussfassung bekannt gemacht werden; § 9 Absatz 2 bis 4 gilt entsprechend. Diese neuen Gegenstände müssen spätestens am dritten Tag vor der Gläubigerversammlung bekannt gemacht sein. (4) Gegenanträge, die ein Gläubiger vor der Versammlung angekündigt hat, muss der Schuldner unverzüglich bis zum Tag der Gläubigerversammlung im Internet unter seiner Adresse oder, wenn eine solche nicht vorhanden ist, unter der in den Anleihebedingungen festgelegten Internetseite den Gläubigern zugänglich machen. § 14 Vertretung (1) Jeder Gläubiger kann sich in der Gläubigerversammlung durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Hierauf ist in der Einberufung der Gläubigerversammlung hinzuweisen. In der Einberufung ist auch anzugeben, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um eine wirksame Vertretung zu gewährleisten. (2) Die Vollmacht und Weisungen des Vollmachtgebers an den Vertreter bedürfen der Textform. Wird ein vom Schuldner benannter Stimmrechtsvertreter bevollmächtigt, so ist die Vollmachtserklärung vom Schuldner drei Jahre nachprüfbar festzuhalten.
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§ 15 Vorsitz, Beschlussfähigkeit (1) Der Einberufende führt den Vorsitz in der Gläubigerversammlung, sofern nicht das Gericht einen anderen Vorsitzenden bestimmt hat. (2) In der Gläubigerversammlung ist durch den Vorsitzenden ein Verzeichnis der erschienenen oder durch Bevollmächtigte vertretenen Gläubiger aufzustellen. Im Verzeichnis sind die Gläubiger unter Angabe ihres Namens, Sitzes oder Wohnorts sowie der Zahl der von jedem vertretenen Stimmrechte aufzuführen. Das Verzeichnis ist vom Vorsitzenden der Versammlung zu unterschreiben und allen Gläubigern unverzüglich zugänglich zu machen. (3) Die Gläubigerversammlung ist beschlussfähig, wenn die Anwesenden wertmäßig mindestens die Hälfte der ausstehenden Schuldverschreibungen vertreten. Wird in der Gläubigerversammlung die mangelnde Beschlussfähigkeit festgestellt, kann der Vorsitzende eine zweite Versammlung zum Zweck der erneuten Beschlussfassung einberufen. Die zweite Versammlung ist beschlussfähig; für Beschlüsse, zu deren Wirksamkeit eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist, müssen die Anwesenden mindestens 25 Prozent der ausstehenden Schuldverschreibungen vertreten. Schuldverschreibungen, deren Stimmrechte ruhen, zählen nicht zu den ausstehenden Schuldverschreibungen. Die Anleihebedingungen können jeweils höhere Anforderungen an die Beschlussfähigkeit stellen. § 16 Auskunftspflicht, Abstimmung, Niederschrift (1) Der Schuldner hat jedem Gläubiger auf Verlangen in der Gläubigerversammlung Auskunft zu erteilen, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung eines Gegenstands der Tagesordnung oder eines Vorschlags zur Beschlussfassung erforderlich ist. (2) Auf die Abgabe und die Auszählung der Stimmen sind die Vorschriften des Aktiengesetzes über die Abstimmung der Aktionäre in der Hauptversammlung entsprechend anzuwenden, soweit nicht in den Anleihebedingungen etwas anderes vorgesehen ist. (3) Jeder Beschluss der Gläubigerversammlung bedarf zu seiner Gültigkeit der Beurkundung durch eine über die Verhandlung aufgenommene Niederschrift. Findet die Gläubigerversammlung im Inland statt, so ist die Niederschrift durch einen Notar aufzunehmen; bei einer Gläubigerversammlung im Ausland muss eine Niederschrift gewährleistet sein, die der Niederschrift durch einen Notar gleichwertig ist. § 130 Absatz 2 bis 4 des Aktiengesetzes gilt entsprechend. Jeder Gläubiger, der in der Gläubigerversammlung erschienen oder durch Bevollmächtigte vertreten war, kann binnen eines Jahres nach dem Tag der Versammlung von dem Schuldner eine Abschrift der Niederschrift und der Anlagen verlangen.
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§ 17 Bekanntmachung von Beschlüssen (1) Der Schuldner hat die Beschlüsse der Gläubiger auf seine Kosten in geeigneter Form öffentlich bekannt zu machen. Hat der Schuldner seinen Sitz im Inland, so sind die Beschlüsse unverzüglich im Bundesanzeiger zu veröffentlichen; die nach § 30e Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes vorgeschriebene Veröffentlichung ist jedoch ausreichend. Die Anleihebedingungen können zusätzliche Formen der öffentlichen Bekanntmachung vorsehen. (2) Außerdem hat der Schuldner die Beschlüsse der Gläubiger sowie, wenn ein Gläubigerbeschluss die Anleihebedingungen ändert, den Wortlaut der ursprünglichen Anleihebedingungen vom Tag nach der Gläubigerversammlung an für die Dauer von mindestens einem Monat im Internet unter seiner Adresse oder, wenn eine solche nicht vorhanden ist, unter der in den Anleihebedingungen festgelegten Internetseite der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. § 18 Abstimmung ohne Versammlung (1) Auf die Abstimmung ohne Versammlung sind die Vorschriften über die Einberufung und Durchführung der Gläubigerversammlung entsprechend anzuwenden, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist. (2) Die Abstimmung wird vom Abstimmungsleiter geleitet. Abstimmungsleiter ist ein vom Schuldner beauftragter Notar oder der gemeinsame Vertreter der Gläubiger, wenn er zu der Abstimmung aufgefordert hat, oder eine vom Gericht bestimmte Person. § 9 Absatz 2 Satz 2 ist entsprechend anwendbar. (3) In der Aufforderung zur Stimmabgabe ist der Zeitraum anzugeben, innerhalb dessen die Stimmen abgegeben werden können. Er beträgt mindestens 72 Stunden. Während des Abstimmungszeitraums können die Gläubiger ihre Stimme gegenüber dem Abstimmungsleiter in Textform abgeben. In den Anleihebedingungen können auch andere Formen der Stimmabgabe vorgesehen werden. In der Aufforderung muss im Einzelnen angegeben werden, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die Stimmen gezählt werden. (4) Der Abstimmungsleiter stellt die Berechtigung zur Stimmabgabe anhand der eingereichten Nachweise fest und erstellt ein Verzeichnis der stimmberechtigten Gläubiger. Wird die Beschlussfähigkeit nicht festgestellt, kann der Abstimmungsleiter eine Gläubigerversammlung einberufen; die Versammlung gilt als zweite Versammlung im Sinne des § 15 Absatz 3 Satz 3. Über jeden in der Abstimmung gefassten Beschluss ist eine Niederschrift aufzunehmen; § 16 Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Jeder Gläubiger, der an der Abstimmung teilgenommen hat, kann binnen eines Jahres nach Ablauf des Abstimmungszeitraums von dem Schuldner eine Abschrift der Niederschrift nebst Anlagen verlangen.
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(5) Jeder Gläubiger, der an der Abstimmung teilgenommen hat, kann gegen das Ergebnis schriftlich Widerspruch erheben binnen zwei Wochen nach Bekanntmachung der Beschlüsse. Über den Widerspruch entscheidet der Abstimmungsleiter. Hilft er dem Widerspruch ab, hat er das Ergebnis unverzüglich bekannt zu machen; § 17 gilt entsprechend. Hilft der Abstimmungsleiter dem Widerspruch nicht ab, hat er dies dem widersprechenden Gläubiger unverzüglich schriftlich mitzuteilen. (6) Der Schuldner hat die Kosten einer Abstimmung ohne Versammlung zu tragen und, wenn das Gericht einem Antrag nach § 9 Absatz 2 stattgegeben hat, auch die Kosten des Verfahrens. § 19 Insolvenzverfahren (1) Ist über das Vermögen des Schuldners im Inland das Insolvenzverfahren eröffnet worden, so unterliegen die Beschlüsse der Gläubiger den Bestimmungen der Insolvenzordnung, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist. § 340 der Insolvenzordnung bleibt unberührt. (2) Die Gläubiger können durch Mehrheitsbeschluss zur Wahrnehmung ihrer Rechte im Insolvenzverfahren einen gemeinsamen Vertreter für alle Gläubiger bestellen. Das Insolvenzgericht hat zu diesem Zweck eine Gläubigerversammlung nach den Vorschriften dieses Gesetzes einzuberufen, wenn ein gemeinsamer Vertreter für alle Gläubiger noch nicht bestellt worden ist. (3) Ein gemeinsamer Vertreter für alle Gläubiger ist allein berechtigt und verpflichtet, die Rechte der Gläubiger im Insolvenzverfahren geltend zu machen; dabei braucht er die Schuldurkunde nicht vorzulegen. (4) In einem Insolvenzplan sind den Gläubigern gleiche Rechte anzubieten. (5) Das Insolvenzgericht hat zu veranlassen, dass die Bekanntmachungen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zusätzlich im Internet unter der durch § 9 der Insolvenzordnung vorgeschriebenen Adresse veröffentlicht werden. § 20 Anfechtung von Beschlüssen (1) Ein Beschluss der Gläubiger kann wegen Verletzung des Gesetzes oder der Anleihebedingungen durch Klage angefochten werden. Wegen unrichtiger, unvollständiger oder verweigerter Erteilung von Informationen kann ein Beschluss der Gläubiger nur angefochten werden, wenn ein objektiv urteilender Gläubiger die Erteilung der Information als wesentliche Voraussetzung für sein Abstimmungsverhalten angesehen hätte. Die Anfechtung kann nicht auf die durch eine technische Störung verursachte Verletzung von Rechten, die nach § 18 auf elektronischem Wege wahrgenommen worden sind, gestützt werden, es sei denn, dem Schuldner ist grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorzuwerfen.
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(2) Zur Anfechtung ist befugt 1. jeder Gläubiger, der an der Abstimmung teilgenommen und gegen den Beschluss fristgerecht Widerspruch erklärt hat, sofern er die Schuldverschreibung vor der Bekanntmachung der Einberufung der Gläubigerversammlung oder vor der Aufforderung zur Stimmabgabe in einer Abstimmung ohne Versammlung erworben hatte; 2.
jeder Gläubiger, der an der Abstimmung nicht teilgenommen hat, wenn er zur Abstimmung zu Unrecht nicht zugelassen worden ist oder wenn die Versammlung nicht ordnungsgemäß einberufen oder zur Stimmabgabe nicht ordnungsgemäß aufgefordert worden ist oder wenn ein Gegenstand der Beschlussfassung nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist.
(3) Die Klage ist binnen eines Monats nach der Bekanntmachung des Beschlusses zu erheben. Sie ist gegen den Schuldner zu richten. Zuständig für die Klage ist bei einem Schuldner mit Sitz im Inland ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Sitz hat, oder mangels eines Sitzes im Inland das Landgericht Frankfurt a. M.; § 246 Absatz 3 Satz 2 bis 6 des Aktiengesetzes gilt entsprechend. Vor einer rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts darf der angefochtene Beschluss nicht vollzogen werden, es sei denn, ein Senat des dem nach Satz 3 zuständigen Gericht im zuständigen Rechtszug übergeordneten Oberlandesgerichts stellt auf Antrag des Schuldners nach Maßgabe des § 246a des Aktiengesetzes fest, dass die Erhebung der Klage dem Vollzug des angefochtenen Beschlusses nicht entgegensteht; § 246a Absatz 1 Satz 1 und 2, Absatz 2 und 3 Satz 1 bis 4 und 6, Absatz 4 des Aktiengesetzes gilt entsprechend. § 21 Vollziehung von Beschlüssen (1) Beschlüsse der Gläubigerversammlung, durch welche der Inhalt der Anleihebedingungen abgeändert oder ergänzt wird, sind in der Weise zu vollziehen, dass die maßgebliche Sammelurkunde ergänzt oder geändert wird. Im Fall der Verwahrung der Sammelkurkunde durch eine Wertpapiersammelbank hat der Versammlungs- oder Abstimmungsleiter dazu den in der Niederschrift dokumentierten Beschlussinhalt an die Wertpapiersammelbank zu übermitteln mit dem Ersuchen, die eingereichten Dokumente den vorhandenen Dokumenten in geeigneter Form beizufügen. Er hat gegenüber der Wertpapiersammelbank zu versichern, dass der Beschluss vollzogen werden darf. (2) Der gemeinsame Vertreter darf von der ihm durch Beschluss erteilten Vollmacht oder Ermächtigung keinen Gebrauch machen, solange der zugrunde liegende Beschluss noch nicht vollzogen werden darf. § 22 Geltung für Mitverpflichtete Die Anleihebedingungen können vorsehen, dass die §§ 5 – 21 für Rechtsgeschäfte entsprechend gelten, durch welche andere Personen als der Schuldner 166
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für die Verpflichtungen des Schuldners aus der Anleihe Sicherheiten gewährt haben (Mitverpflichtete). In diesem Fall müssen die Anleihebedingungen Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger unter Benennung der Rechtsgeschäfte und der Mitverpflichteten ausdrücklich vorsehen.
Abschnitt 3 Bußgeldvorschriften; Übergangsbestimmungen § 23 Bußgeldvorschriften (1) Ordnungswidrig handelt, wer 1. entgegen § 6 Absatz 1 Satz 3 erster Halbsatz Schuldverschreibungen überlässt, 2. entgegen § 6 Absatz 1 Satz 4 das Stimmrecht ausübt, 3. entgegen § 6 Absatz 2 einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt oder 4. entgegen § 6 Absatz 3 einen Vorteil oder eine Gegenleistung fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. (2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 7 Absatz 1 Satz 2 einen maßgeblichen Umstand nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig offenlegt. (3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro geahndet werden. § 24 Übergangsbestimmungen (1) Dieses Gesetz ist nicht anzuwenden auf Schuldverschreibungen, die vor dem 5.8.2009 ausgegeben wurden. Auf diese Schuldverschreibungen ist das Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4134-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 53 des Gesetzes vom 5.10.1994 (BGBl. I S. 2911) geändert worden ist, weiter anzuwenden, soweit sich aus Absatz 2 nichts anderes ergibt. (2) Gläubiger von Schuldverschreibungen, die vor dem 5.8.2009 ausgegeben wurden, können mit Zustimmung des Schuldners eine Änderung der Anleihebedingungen oder den Austausch der Schuldverschreibungen gegen neue Schuldverschreibungen mit geänderten Anleihebedingungen beschließen, um von den in diesem Gesetz gewährten Wahlmöglichkeiten Gebrauch machen zu können. Für die Beschlussfassung gelten die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend; der Beschluss bedarf der qualifizierten Mehrheit.
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II. Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen (SchVerschrG 1899)
Inhaltsübersicht § 1 – 26 §1 (1) Sind von jemand, der im Inland seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung hat, im Inland Schuldverschreibungen mit im voraus bestimmten Nennwerten ausgestellt, die nach dem Verhältnis dieser Werte den Gläubigern gleiche Rechte gewähren, und betragen die Nennwerte der ausgegebenen Schuldverschreibungen zusammen mindestens dreihunderttausend Deutsche Mark und die Zahl der ausgegebenen Stücke mindestens dreihundert, so haben die Beschlüsse, welche von einer Versammlung der Gläubiger aus diesen Schuldverschreibungen zur Wahrung ihrer gemeinsamen Interessen gefaßt werden, nach Maßgabe dieses Gesetzes verbindliche Kraft für alle Gläubiger der bezeichneten Art. (2) Die Versammlung kann insbesondere zur Wahrnehmung der Rechte der Gläubiger einen gemeinsamen Vertreter für diese bestellen. (3) Eine Verpflichtung zu Leistungen kann für die Gläubiger durch Beschluß der Gläubigerversammlung nicht begründet werden. §2 Sinkt der Gesamtbetrag der im Umlauf befindlichen Schuldverschreibungen unter einhunderttausend Deutsche Mark oder sinkt die Zahl der im Umlauf befindlichen Stücke unter einhundert, so ist dies von dem Schuldner unverzüglich im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Von dem auf die Bekanntmachung folgenden Tag an können Gläubigerversammlungen auf Grund dieses Gesetzes nicht mehr abgehalten werden; mit dem bezeichneten Zeitpunkt erlischt das Amt eines von der Gläubigerversammlung bestellten Vertreters der Gläubiger. §3 (1) Die Versammlung wird durch den Schuldner berufen. (2) Die Versammlung ist zu berufen, wenn Gläubiger, deren Schuldverschreibungen zusammen den zwanzigsten Teil des Gesamtbetrags der im Umlauf befindlichen Schuldverschreibungen erreichen, oder ein von der Gläubigerversammlung bestellter Vertreter der Gläubiger die Berufung schriftlich unter Angabe des Zweckes und der Gründe verlangen. (3) Die Kosten der Berufung und Abhaltung der Versammlung trägt, soweit nicht in diesem Gesetz ein anderes vorgeschrieben ist, der Schuldner. §4 (1) Wird einem nach § 3 Abs. 2 gestellten Verlangen nicht entsprochen, so kann das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Wohnsitz oder 168
II. Schuldverschreibungen (SchVerschrG 1899)
seine gewerbliche Niederlassung hat, die Antragsteller ermächtigen, die Versammlung zu berufen. Hat in dem Zeitpunkt, in welchem der Antrag gestellt werden soll, der Schuldner im Inland weder einen Wohnsitz noch eine gewerbliche Niederlassung, so ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk er zuletzt seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung gehabt hat. (2) Wird der Antrag von Gläubigern gestellt, so haben diese ihre Schuldverschreibungen bei der Reichsbank, bei einem Notar oder bei einer anderen durch die Landesregierung dazu für geeignet erklärten Stelle zu hinterlegen. (3) Wird die Ermächtigung zur Berufung der Gläubigerversammlung erteilt, so kann das Gericht zugleich über den Vorsitz in der Versammlung Bestimmung treffen. Das Gericht entscheidet darüber, ob die durch den Antrag sowie die durch die Berufung und Abhaltung der Versammlung entstehenden Kosten von den Antragstellern oder von dem Schuldner zu tragen sind. (4) Vor der Verfügung, durch welche über den Antrag auf Ermächtigung zur Berufung der Gläubigerversammlung oder über die Tragung der Kosten entschieden wird, ist, soweit tunlich, der Schuldner und, wenn ein Vertreter der Gläubiger bestellt ist, auch dieser zu hören. Gegen die Verfügung findet die sofortige Beschwerde statt. §5 (1) Steht der Schuldner oder sein Geschäftsbetrieb unter staatlicher Aufsicht, so hat das Gericht vor der in § 4 Abs. 4 bezeichneten Verfügung auch die Aufsichtsbehörde zu hören. (2) Die Aufsichtsbehörde kann die Gläubigerversammlung auf Kosten des Schuldners berufen oder die Berufung durch den Schuldner anordnen. (3) Sie hat das Recht, einen Vertreter in die Versammlung zu entsenden. §6 (1) Die Berufung der Gläubigerversammlung erfolgt durch mindestens zweimalige Bekanntmachung im Bundesanzeiger und in den sonstigen Blättern, durch welche für den Bezirk des in § 4 bezeichneten Gerichts die Eintragungen in das Handelsregister bekanntgemacht werden. An die Stelle der letzteren Blätter treten, wenn der Schuldner eine Aktiengesellschaft, eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder eine eingetragene Genossenschaft ist, die für die Veröffentlichungen der Gesellschaft oder der Genossenschaft bestimmten Blätter. (2) Die Frist zwischen der letzten Bekanntmachung und dem Tag der Versammlung ist so zu bemessen, daß mindestens zwei Wochen für die in § 10 Abs. 2 vorgesehene Hinterlegung der Schuldverschreibungen frei bleiben. (3) In dem Fall des § 4 muß bei der Berufung auf die gerichtliche Ermächtigung Bezug genommen werden.
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§7 (1) Der Zweck der Versammlung soll bei der Berufung bekanntgemacht werden. Jedem Gläubiger ist auf Verlangen eine Abschrift der Anträge zu erteilen. (2) Über Gegenstände, die nicht gemäß § 6 Abs. 1, 2 ihrem wesentlichen Inhalt nach angekündigt sind, können Beschlüsse nicht gefaßt werden. (3) Die Vorschriften der §§ 3, 4 des § 5 Abs. 1, 2 und des § 6 Abs. 3 finden auf die Ankündigung von Gegenständen zur Beschlußfassung einer Versammlung entsprechende Anwendung. §8 Bei dem Beginn der Versammlung ist ein Verzeichnis der erschienenen Gläubiger oder Vertreter von Gläubigern mit Angabe ihres Namens und Wohnorts sowie des Betrags der von jedem vertretenen Schuldverschreibungen aufzustellen. Das Verzeichnis ist sofort nach der Aufstellung, spätestens aber vor der ersten Abstimmung zur Einsicht aufzulegen; es ist von dem Vorsitzenden zu unterzeichnen. §9 (1) Jeder Beschluß der Versammlung bedarf zu seiner Gültigkeit der Beurkundung durch ein über die Verhandlung notariell aufgenommenes Protokoll. (2) In dem Protokoll sind der Ort und der Tag der Verhandlung, der Name des Notars sowie die Art und das Ergebnis der Beschlußfassungen anzugeben. (3) 1Das nach § 8 aufgestellte Verzeichnis der Teilnehmer der Versammlung sowie die Belege über die ordnungsmäßige Berufung der Versammlung sind dem Protokoll beizufügen. 2Die Beifügung der Belege über die Berufung der Versammlung kann unterbleiben, wenn die Belege unter Angabe ihres Inhalts in dem Protokoll aufgeführt werden. (4) 1Das Protokoll muß von dem Notar vollzogen werden. 2Die Zuziehung von Zeugen ist nicht erforderlich. § 10 (1) Die Beschlüsse bedürfen, soweit nicht in diesem Gesetz ein anderes vorgeschrieben ist, der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Die Mehrheit wird nach den Beträgen der Schuldverschreibungen berechnet. Bei Gleichheit der Stimmen entscheidet die Zahl der Gläubiger. (2) Gezählt werden nur die Stimmen derjenigen Gläubiger, welche ihre Schuldverschreibungen spätestens am zweiten Tag vor der Versammlung bei der Reichsbank, bei einem Notar oder bei einer anderen durch die Landesregierung dazu für geeignet erklärten Stelle hinterlegt haben. (3) Das Stimmrecht kann durch einen Bevollmächtigten ausgeübt werden. Für die Vollmacht ist die schriftliche Form erforderlich und genügend. 170
II. Schuldverschreibungen (SchVerschrG 1899)
(4) Der Schuldner ist für die in seinem Besitz befindlichen Schuldverschreibungen nicht stimmberechtigt. Soweit ihm an den Schuldverschreibungen ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht zusteht, ist er auf Verlangen des Eigentümers verpflichtet, die Schuldverschreibungen bei einer der in Absatz 2 bezeichneten Stellen in der Weise zu hinterlegen, daß, unbeschadet der Fortdauer des Pfandrechts oder Zurückbehaltungsrechts, dem Eigentümer die Ausübung des Stimmrechts ermöglicht wird; die Kosten der Hinterlegung hat der Eigentümer zu tragen und vorzuschießen. § 11 (1) Die Aufgabe oder Beschränkung von Rechten der Gläubiger, insbesondere die Ermäßigung des Zinsfußes oder die Bewilligung einer Stundung, kann von der Gläubigerversammlung höchstens für die Dauer von drei Jahren und nur zur Abwendung einer Zahlungseinstellung oder des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners beschlossen werden. Wird binnen drei Jahren nach einem solchen Beschluß das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird die Aufgabe oder Beschränkung der Rechte allen Gläubigern gegenüber hinfällig. (2) Der Beschluß, durch welchen Rechte der Gläubiger aufgegeben oder beschränkt werden, bedarf einer Mehrheit von mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen. Die Mehrheit muß mindestens die Hälfte des Nennwerts der im Umlauf befindlichen Schuldverschreibungen und, wenn dieser nicht mehr als zwölf Millionen Deutsche Mark beträgt, mindestens zwei Drittel des Nennwerts erreichen; beträgt der Nennwert der im Umlauf befindlichen Schuldverschreibungen weniger als sechzehn Millionen, aber mehr als zwölf Millionen Deutsche Mark, so muß die Mehrheit acht Millionen Deutsche Mark erreichen. (3) In diesen Fällen bleiben bei der Berechnung des Nennwerts der umlaufenden Schuldverschreibungen die im Besitz des Schuldners befindlichen Schuldverschreibungen, für welche das Stimmrecht nach § 10 Abs. 4 ausgeschlossen ist, außer Ansatz. (4) Der Schuldner ist verpflichtet, in der Gläubigerversammlung Auskunft über den Betrag der im Umlauf befindlichen, zum Stimmen berechtigenden Schuldverschreibungen zu erteilen. (5) Kommt in der Gläubigerversammlung zwar die nach Absatz 2 Satz 1 erforderliche Mehrheit, nicht aber die nach Absatz 2 Satz 2 erforderliche Mehrheit zustande, so hat der Schuldner, wenn die Versammlung dies mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschließt oder ein etwa bestellter Vertreter es schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe verlangt, alsbald eine zweite Versammlung zum Zwecke der erneuten Beschlußfassung zu berufen. Die zweite Versammlung beschließt mit einer Mehrheit von mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen ohne Rücksicht
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auf den Betrag der von dieser Mehrheit vertretenen Schuldverschreibungen. Sie darf nicht vor dem Ablauf der ersten Versammlung berufen werden. § 12 (1) Ein Beschluß der in § 11 bezeichneten Art muß für alle Gläubiger die gleichen Bedingungen festsetzen. Die Festsetzung ungleicher Bedingungen ist nur mit ausdrücklicher Einwilligung der zurückgesetzten Gläubiger zulässig. Jedes sonstige Abkommen des Schuldners oder eines Dritten mit einem Gläubiger, durch welches dieser begünstigt werden soll, ist nichtig. Ein Beschluß der Versammlung, der durch Begünstigung einzelner Gläubiger zustande gebracht ist, hat den übrigen Gläubigern gegenüber keine verbindliche Kraft. (2) Der Schuldner hat den Beschluß in der in § 6 Abs. 1 bezeichneten Weise bekanntzumachen. (3) Auf die dem Nennwert der Schuldverschreibungen entsprechenden Kapitalansprüche kann durch Beschluß der Versammlung nicht verzichtet werden. § 13 (1) Steht der Schuldner oder sein Geschäftsbetrieb unter staatlicher Aufsicht, so ist zu einem Beschluß der in § 11 bezeichneten Art die Bestätigung durch die Aufsichtsbehörde erforderlich. (2) Die Aufsichtsbehörde hat die Erteilung sowie die Versagung der Bestätigung öffentlich bekanntzumachen. § 14 (1) Beschließt die Versammlung die Bestellung eines Vertreters der Gläubiger, so muß zugleich der Umfang seiner Befugnisse bestimmt werden. (2) Soweit der Vertreter zur Geltendmachung von Rechten der Gläubiger ermächtigt ist, kann durch Beschluß der Gläubigerversammlung die Befugnis der einzelnen Gläubiger zur selbständigen Geltendmachung ausgeschlossen werden. Der Beschluß unterliegt den Vorschriften des § 11 Abs. 2 bis 4, des § 12 Abs. 2 und des § 13. (3) Zum Verzicht auf Rechte der Gläubiger ist der Vertreter nur auf Grund eines ihn hierzu im einzelnen Fall besonders ermächtigenden Beschlusses der Gläubigerversammlung befugt. Der Beschluß unterliegt den Vorschriften der §§ 11 bis 13. (4) Führt der Vertreter für die Gesamtheit der Gläubiger einen Rechtsstreit, so hat er in diesem die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Für die Kosten des Rechtsstreits, welche den Gläubigern zur Last fallen, haftet der Schuldner, unbeschadet seines Rückgriffs gegen die Gläubiger. (5) Sind mehrere Vertreter bestellt, so können sie, falls nicht ein anderes bestimmt ist, ihre Befugnisse nur in Gemeinschaft ausüben.
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II. Schuldverschreibungen (SchVerschrG 1899)
(6) Ein Vertreter kann, unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßige Vergütung, von der Gläubigerversammlung jederzeit abberufen werden. Der Beschluß bedarf einer Mehrheit von drei Viertel der abgegebenen Stimmen; die Mehrheit muß, wenn dem Vertreter nach Maßgabe des Absatzes 2 die ausschließliche Geltendmachung von Rechten der Gläubiger übertragen ist, mindestens die Hälfte des Nennwerts der im Umlauf befindlichen Schuldverschreibungen betragen; die Vorschriften des § 11 Abs. 3, 4 und des § 12 Abs. 2 finden Anwendung. Ist der Vertreter durch das Gericht bestellt (§ 14a Abs. 3), so steht die Befugnis zur Abberufung dem Gericht zu. § 14a (1) Als Vertreter soll nicht bestellt werden: 1. wer dem Vorstand, dem Aufsichtsrat, dem Verwaltungsrat oder einem ähnlichen Organ des Schuldners oder eines Kreditgebers des Schuldners angehört; 2. wer zu dem Schuldner in Kreditbeziehungen steht; 3. auf wen der Schuldner oder ein Gläubiger des Schuldners maßgebenden Einfluß hat. (2) Eine Minderheit, die den zwanzigsten Teil des Nennwerts der im Umlauf befindlichen Schuldverschreibungen erreicht, ist berechtigt, gegen die Auswahl des Vertreters bei dem Amtsgericht des Sitzes (Wohnsitzes) des Schuldners Widerspruch zu erheben. Der Widerspruch kann nur darauf gegründet werden, daß die Vorschrift des Absatzes 1 verletzt sei. Er kann nur binnen zwei Wochen nach der Versammlung erhoben werden. Über den Widerspruch entscheidet das Gericht nach Anhörung der Beteiligten; die Entscheidung unterliegt nicht der Beschwerde. Wird dem Widerspruch stattgegeben, so hat das Gericht nach Anhörung der amtlichen Vertretung des Handelsstands einen anderen Vertreter zu bestellen. Die Bestellung ist endgültig. (3) Die durch die Tätigkeit des Vertreters entstehenden Aufwendungen hat der Schuldner zu tragen. Er hat auch die Tätigkeit des Vertreters angemessen zu vergüten. § 15 (1) Ist der Schuldner eine Gesellschaft oder juristische Person, deren Mitglieder in Versammlungen Beschlüsse fassen, so ist jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes bestellte Vertreter der Gläubiger befugt, den Mitgliederversammlungen beizuwohnen und sich an den Beratungen zu beteiligen. (2) Soweit nach den Gesetzen Schriftstücke, die sich auf die Verhandlungen in der Mitgliederversammlung oder auf die Vermögenslage oder den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft beziehen, den Gesellschaftern mitzuteilen
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D. Anhang
sind, hat die Mitteilung in gleicher Weise auch an den Vertreter der Gläubiger zu erfolgen. (3) Zur Vorbereitung eines Beschlusses der in § 11 bezeichneten Art hat der Schuldner dem Vertreter der Gläubiger auf dessen Verlangen laufend die Einsicht in seine Bücher und Schriften zu gestatten sowie alle Aufklärungen und Nachweise zu geben, welche die sorgfältige Erfüllung der dem Vertreter obliegenden Interessenwahrnehmung erfordert. § 16 (1) Die Befugnisse und Verpflichtungen eines Vertreters, dessen Bestellung gemäß § 1189 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder auf Grund einer bei Ausgabe der Schuldverschreibungen in verbindlicher Weise getroffenen Festsetzung erfolgt, werden durch die nach diesem Gesetz vorgenommene Bestellung eines Vertreters nicht berührt. (2) Die Rechte, welche nach den Vorschriften des § 3 und des § 7 Abs. 3 einem von der Gläubigerversammlung bestellten Vertreter hinsichtlich der Berufung der Versammlung und der Ankündigung von Gegenständen zur Beschlußfassung zustehen, können auch von einem Vertreter der in Absatz 1 bezeichneten Art geltend gemacht werden. (3) Ist eine Mitwirkung der Gläubiger erforderlich, um an Stelle eines weggefallenen Vertreters der in Absatz 1 bezeichneten Art einen neuen Vertreter zu bestellen, so kann eine Gläubigerversammlung mit verbindlicher Kraft für alle Gläubiger über die Bestellung beschließen. Der Beschluß bedarf einer Mehrheit von mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen, soweit nicht in verbindlicher Weise andere Festsetzungen getroffen sind; die Vorschriften des § 12 Abs. 2 und des § 13 finden Anwendung. (4) Auf Antrag von Gläubigern, deren Schuldverschreibungen zusammen den fünften Teil des Gesamtbetrags der im Umlauf befindlichen Schuldverschreibungen erreichen, kann das Gericht, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, den Vertreter abberufen. Unter den gleichen Voraussetzungen kann das Gericht an Stelle eines weggefallenen Vertreters einen neuen Vertreter bestellen. Zuständig ist das in § 4 bezeichnete Amtsgericht. Vor der Verfügung, durch die über den Antrag entschieden wird, ist, soweit tunlich, der Schuldner und im Falle der Abberufung des Vertreters auch dieser zu hören. Gegen die Verfügung findet die sofortige Beschwerde statt. Das Amtsgericht kann vor der Entscheidung über den Antrag auf Abberufung eines Vertreters eine einstweilige Anordnung erlassen. (5) Auf die Eintragung des Wegfalls eines Vertreters sowie auf die Eintragung eines neuen Vertreters an Stelle des weggefallenen findet die Vorschrift des § 43 Abs. 1 der Grundbuchordnung keine Anwendung. Im Falle des Absatzes 4 ist das Amtsgericht befugt, das Grundbuchamt um die Eintragung zu ersuchen.
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II. Schuldverschreibungen (SchVerschrG 1899)
§ 17 (1) Die Vorschriften des § 16 finden auch auf einen Vertreter Anwendung, der für die Besitzer von Schuldverschreibungen vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Gemäßheit des bisherigen Rechts bestellt worden ist oder nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs bis zu dem Zeitpunkt, in welchem das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, in Gemäßheit des Landesrechts durch Eintragung in das Hypothekenbuch oder ein ähnliches Buch bestellt wird. (2) Ein solcher Vertreter steht im Sinne des § 43 Abs. 2 der Grundbuchordnung einem nach § 1189 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellten Vertreter gleich. Dasselbe gilt in Ansehung eines durch die Gläubigerversammlung bestellten Vertreters. (3) Wird an Stelle eines weggefallenen Vertreters der in Absatz 1 bezeichneten Art nach dem Zeitpunkt, in welchem das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, gemäß § 16 ein neuer Vertreter bestellt, so kann die Eintragung dieses Vertreters in das Grundbuch (§ 1189 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) auf dieselbe Weise wie die Bestellung herbeigeführt werden, ohne Unterschied, ob der weggefallene Vertreter in das Hypothekenbuch oder ein ähnliches Buch eingetragen war oder nicht. § 18 (1) Ist über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet, so gelten in Ansehung der Versammlung der in § 1 bezeichneten Gläubiger die folgenden besonderen Vorschriften. (2) Die Versammlung wird von dem Insolvenzgericht einberufen und geleitet. (3) Unverzüglich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist eine Versammlung der Gläubiger einzuberufen, um über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren zu beschließen; die Berufung kann unterbleiben, wenn schon vorher von einer Versammlung über die Bestellung eines solchen Vertreters Beschluß gefaßt worden ist. (4) Das Insolvenzgericht hat außer den Fällen des § 3 Abs. 2 eine Versammlung der Gläubiger einzuberufen, wenn dies von dem Insolvenzverwalter, dem Gläubigerausschuß (§ 67 der Insolvenzordnung) oder der Aufsichtsbehörde verlangt wird. (5) Die Stelle, bei welcher die Gläubiger die Schuldverschreibungen zu hinterlegen haben, wird durch das Insolvenzgericht bestimmt. (6) Die Vorschriften des § 5 Abs. 1 und 2 und des § 13 sind nicht anzuwenden. § 19 Werden im Insolvenzverfahren die Forderungen aus den Schuldverschreibungen durch den von der Gläubigerversammlung bestellten Vertreter der Gläubiger angemeldet, so bedarf es der Beifügung der Schuldverschreibungen nicht. 175
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Zur Erhebung der bei einer Verteilung auf die Schuldverschreibungen fallenden Beträge ist die Vorlegung der Schuldverschreibungen erforderlich; auf die Erhebung findet die Vorschrift des § 14 Abs. 2 keine Anwendung. § 19a (1) In einem Insolvenzplan sind allen in § 1 bezeichneten Gläubigern gleiche Rechte anzubieten. (2) Die Vorschriften des § 11 Abs. 1 und des § 12 Abs. 3 sind nicht anzuwenden. § 20 Die in diesem Gesetz der Gläubigerversammlung und dem Vertreter der Gläubiger eingeräumten Befugnisse können durch Festsetzung in den Schuldverschreibungen nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden. § 21 § 22 (1) Wer in der Bekanntmachung, die gemäß § 2 erlassen wird, oder in der Auskunft, die gemäß § 11 Abs. 4 in der Gläubigerversammlung erteilt wird, unwahre Angaben über Tatsachen macht, deren Mitteilung ihm nach den bezeichneten Vorschriften obliegt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe … bestraft. (2) … § 23 (1) Ordnungswidrig handelt, wer 1. Schuldverschreibungen, die sich im Besitz des Schuldners befinden, einem anderen zu dem Zweck überläßt, das Stimmrecht entgegen § 10 Abs. 4 an Stelle des Schuldners auszuüben, 2. die Schuldverschreibungen zu dem in Nummer 1 bezeichneten Zweck benutzt, 3. besondere Vorteile als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er bei einer Abstimmung in der Gläubigerversammlung nicht oder in einem bestimmten Sinn stimme oder 4. besondere Vorteile als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß jemand bei einer Abstimmung in der Gläubigerversammlung nicht oder in einem bestimmten Sinn stimme. (2) Ordnungswidrig handelt auch, wer als Schuldner von Schuldverschreibungen vorsätzlich oder leichtfertig gegen die in § 2 Satz 1 vorgeschriebene Pflicht zur Bekanntmachung verstößt.
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(3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Deutsche Mark geahndet werden. § 23a (1) Ist der Schuldner eine unter staatlicher Aufsicht stehende Körperschaft des öffentlichen Rechts, so kann die Versammlung der Gläubiger in den Fällen der §§ 3, 4 nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde berufen werden. (2) … § 24 (1) Auf Schuldverschreibungen des Reichs, eines Landes oder von Gemeinden oder Gemeindeverbänden finden die Vorschriften dieses Gesetzes keine Anwendung. (2) Die Landesgesetze können bestimmen, daß die bezeichneten Vorschriften auch auf Schuldverschreibungen von Gemeinden oder Gemeindeverbänden Anwendung finden. § 25 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Versammlung und Vertretung der Pfandgläubiger einer Eisenbahn oder Kleinbahn in dem zur abgesonderten Befriedigung dieser Gläubiger aus den Bestandteilen der Bahneinheit bestimmten Verfahren. § 26 (1) Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch in Kraft. (2) Es findet auch auf die vorher ausgegebenen Schuldverschreibungen Anwendung.
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III. Muster Depotnachweis und Sperrvermerk
Depotnachweis und Sperrvermerk An:
[Insolvenzschuldnerin/Insolvenzgericht/Insolvenzverwalter]
Von: [Depotführende Bank]
[Datum]
Hiermit bestätigen wir, dass zum heutigen Tag für
[Name und Adresse des Anleihegläubigers]
bei uns ein Depot besteht. In diesem Depot befinden sich [Anzahl] Stück der [Name der Anleihe, ISIN, WKN] mit einem Nominalbetrag von jeweils [Nominalbetrag].
Wir bestätigen, dass sämtliche im Depot gehaltenen [Anzahl] Stück der [Name der Anleihe, ISIN, WKN] bis zum Ablauf des [Datum des Termins der Gläubigerversammlung, bei der abgestimmt werden soll] gesperrt sind und nicht übertragen werden können. Mit Ablauf des [Datum des Termins der Gläubigerversammlung, bei der abgestimmt werden soll] verliert die Sperre ihre Gültigkeit.
[Unterschrift/Stempel der depotführenden Bank]
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Stichwortverzeichnis
Abstimmung ohne Versammlung
Einberufung (Gläubigerversamm-
226, 351 ff., 414 Anfechtung, Anfechtungsklage 87, 92, 300, 323, 370, 415, 437 ff., 447 – Anfechtungsbefugnis 424 ff. – Anfechtungsfrist 92, 341 ff., 435 – Bekanntmachung 436 – Beschlüsse 349, 459 ff. – faktische Registersperre 410, 480 – Konzentration 441 – missbräuchliche 87, 407 ff. – Suspensivwirkung 557 – Vollzugssperre 407, 446, 461, 553 – Zuständigkeit 439 ff. Anleihe – Begriff, Rechtsnatur 22 f., 33 ff. – Kündigung 373 ff. – Laufzeit 26, 161 f. – Nennwert 26, 158, 375 ff. Anleihebedingungen 7, 30 ff., 236 ff. – allgemeine Schuldenregelung 384 ff. – Änderung 124, 147, 154, 161, 268, 340, 347, 461, 607, 616 – Bekanntmachung 263 ff., 338 ff. – Kündigungsrechte 30, 39, 179 ff., 383 ff.
lung) 227 ff., 242 ff., 522 ff. – Bekanntmachungspflicht 251 f., 260 ff., 271 – Frist 232, 263, 517 ff. – Inhalt 253 ff., 523 ff. – Insolvenz 499 ff. – Kosten 267, 338, 539 – Person des Einberufenden 258 – Tagesordnung s. dort – Teilnahmebedingungen 257 – Zeitpunkt 256, 515 f. Erörterungs- und Abstimmungstermin 570, 600 f., 647
Barkapitalerhöhung
203 ff., 217 ff.
– anfechtbare 221 – nachgelagerte 220 Berichtspflichten 205, 215, 269, 280 ff. Beschlusskontrolle 404 ff., 420, 434, 446, 546 ff.
Debt-to-Equity-Swap
85, 152, 190 ff., 212 ff., 357 ff., 479 – Erwerbsrechte 196 ff., 365 ff. – Insolvenz 610 ff., 623 ff.
Forderungsanmeldung
132, 491, 631 ff. – Depotauszug 636 ff. – Doppelfeststellung 642, 649, 658 ff. Fortführungsprognose – negative 88, 483 – positive 78 ff. Freigabeverfahren 87, 92 f., 141, 349, 370 ff., 409 ff., 450, 464 ff. – überwiegendes Vollzugsinteresse 473 ff. – Zuständigkeit 466
Gegenantrag
276 ff. – Antragstellung 276, 438 – Veröffentlichungspflicht 276 f. Gläubiger – Auskunftsrecht 312, 322 – Gegenantrag s. dort – Gleichbehandlungsgebot 153 ff. – Kündigungsrechte 30 ff. – Nachschusspflichten 150 – Stimmrecht 67, 326 ff., 525, 596 – Stimmrechtsvertreter 296 ff. – Vertreter, gemeinsamer s. dort
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Stichwortverzeichnis
Gläubigerbeschluss 87, 92, 226, 268 ff., 414 – anfechtbarer 87, 92, 341, 404, 410, 414 ff., 451 ff., 544 ff. – Bekanntmachung 338 f., 436, 505 – Beschlussfähigkeit 83, 262, 304, 325, 327, 535 – Beurkundung 324 – nichtiger 415, 451 ff. – Vollzug 346 ff., 446, s. a. Nichtigkeitsklage Gläubigerorganisationsrecht 64, 96, 120 ff., 131 f. Gläubigerversammlung 69, 225 ff., 418 ff. – Anmeldung, fakultative 242 ff. – Anmeldeerfordernis 236, 242 – Auskunft, Auskunftsverweigerung 315 ff., 419 – Berichtspflichten 280 ff., s. a. dort – Beschlüsse s. Gläubigerbeschluss – beschlussfähige 325, 334 – beschlussunfähige 328 – Durchführung 299 ff. – Einberufung s. dort – „erste“ 325 ff. – Gegenantrag s. dort – in der Insolvenz 488, 491, 530 ff. – Insolvenzplan 597 – Kosten 70, 541 f. – Legitimationsnachweis 239 ff., 523, 650 – Mehrheitsbeschluss 16, 63 ff., 123 ff., 147 ff., 422, 537 – notarielle Niederschrift 345, 348 – Ort 244 ff., 256 – Protokollierung 320 – Redezeitbeschränkung 320 – Stimmrecht 326, 651 – Stimmrechtsvertreter 296 ff. – Tagesordnung s. dort – Teilnehmerverzeichnis 304, 342 ff.
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– Versammlungsleiter s. dort – „zweite“ 83, 92, 185, 333 ff. Gleichbehandlungsgebot 153 ff.
Hauptforderung – Fälligkeit 153 ff. – Haircut 16, 163 – Stundung 159 f.
Inhaltskontrolle 421 Insolvenzplan 20 f., 502, 597 ff. – Debt-to-Equity-Swap 610 ff., 623 ff. – Differenzhaftung 626 – Erörterungs- und Abstimmungstermin 600 ff. – Erwerbsrecht 613 – Forderungsverzicht 27 – gestaltender Teil 598, 606, 614 – Mehrheitserfordernis 607 – nachrangige Gläubiger 507 – sofortige Beschwerde 603 – Widerspruch 602 Insolvenzstatut 495 Insolvenztabelle 491, 631 ff. – Prüfung und Feststellung 640 ff., s. a. Forderungsanmeldung Insolvenzverfahren 487 ff. – Ausland 496 – Partikular- 496 – Sekundär- 496 – Vertreter, gemeinsamer 629 ff. – vorläufiges 499 Kapitalmaßnahmen s. Barkapitalerhöhung; Sachkapitalerhöhung Kündigung – außerordentliche 382 – gesetzliche 389 ff. – vertragliche 382 ff. – wirksame 395, 398 ff.
Stichwortverzeichnis
Nachrang 100, 171 Nichtigkeitsklage 457, 480 f. – faktische Registersperre 480, s. a. Anfechtungsklage Niederschrift, notarielle 321, 324, 332, 345 ff., 414, 538 ff. – Abschrift 345 – Widerspruch 431 ff.
Sitz des Emittenten 99, 244 f., 253, 255, 439, 523 – Ausland 50 f., 139 – Inland 49 f., 55, 244 Stellvertreter 291 ff. – Legitimation 293 – Stimmrechtsvertreter 296 ff. – Vollmacht 292 f.
Opt-In-Beschluss
Tagesordnung (Gläubigerversamm-
97, 119, 136, 142 ff., 408, 508, 511
Prospektpflicht
86, 194, 202, 359 ff., 615, 628
Sachkapitalerhöhung
202 ff., 358 – Bezugsrechtsausschluss 215 ff., s. a. Debt-to-Equity-Swap Sanierung 76 ff., 557 – außergerichtliche 20 f. – detaillierte Planung 19 – Fortführungsprognose 78 ff., 483 – Zeitplan 81 ff., 94 Sanierungsgutachten, -konzept 79 ff., 90 ff., 288, 290 Schuldnerwechsel 182 f. Schuldverschreibungen 14, 25, 36 ff., 60 ff. – ausländisches Recht 496 – ausstehende 92 – börsennotierte 104 – Dauerschuldverhältnis 41 ff., 393 – Gesamtemissionen 45, 53, 112 – inhaltsgleiche 101, 114 – International Securities Identification Number (ISIN), Wertpapierkennnummer (WKN) 254, 638, 666 – Rückzahlung 36 f. – Sammelurkunde 240, 254, 347 f.
lung) 259, 268 ff., 529 ff. – Bekanntmachung 271 ff. – Berichtspflicht 269, 280 ff. – Beschlussantrag, -vorschlag 268, 270, 278, 315 – Beschlussgegenstände 268 – Ergänzung 274 ff., 531 – Gegenantrag s. dort
Versammlungsleiter
301 ff. – Abwahl 310 f. – Pflichten und Rechte 303 ff. Versammlungsort 246, 250, 305, 527 Vertreter, gemeinsamer 32, 84, 279, 438, 490 ff., 503 ff., 647 ff. – Bestellung 84, 134, 489 ff., 499 ff., 512 – Forderungsanmeldung 632 ff., 654 ff. – handlungsunfähiger 546, 557 – Insolvenzverfahren 561 ff, 629 ff. – Kosten 543, 572 ff. – Rechte und Pflichten 305, 491, 504, 562 ff. – Vergütung 572 ff. Vollzugssperre 407, 446, 461, 553
Zinszahlung – – – – –
13, 487, 669 Fälligkeit 158 ff. Kündigung 383 Stundung 162 f. Verringerung 163 vollständiger Verzicht 164
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