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German Pages 108 Year 2008
RKW Edition
Heiner Mählck
PPS-Management
2., überarbeitete Auflage
Ein Erlebnis-, Ergebnis- und Erfolgsbericht aus der Praxis für die Praxis
Verlag Wissenschaft & Praxis
RKW-Edition
Heiner Mählck
PPS-Management Ein Erlebnis-, Ergebnis und Erfolgsbericht aus der Praxis für die Praxis
2., überarbeitete Auflage
Verlag Wissenschaft & Praxis
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN 978-3-89673-456-3
© Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2008 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. 07045/930093 Fax 07045/930094
Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Druck und Bindung: Esser printSolutions GmbH, Bretten
5
Inhaltsverzeichnis Vorwort ........................................................................................................ 7 1 Die PPS-Experten ...................................................................................... 9 2 Die Grundlagen des PPS-Managements .................................................. 13 2.1 Warum brauchen wir eine PPS? ....................................................... 15 2.2 Die PPS-Herausforderungen ............................................................. 15 2.3 Was ist PPS? ..................................................................................... 19 2.4 Die Hauptfunktionen der PPS (mit zugeordneten ausgewählten Methoden) .................................... 20 2.5 Die Praxis in MRP I und MRP II im Rahmen des Ressourcenmanagements ........................................ 27 3 Von der traditionell verstandenen PPS-Welt in das PPS-Management: Die Gestaltung des PPS-Managements .................................................... 33 3.1 Das Auftragszentrum ........................................................................ 38 3.2 Das PPS-Management im Auftragszentrum in der Praxis................... 41 4 Das PPS-Management in modernen Produktionssystemen...................... 47 4.1 Die PPS-Management-Vision ............................................................ 50 4.2 Das PPS-Management-Controlling als Regelungssystem zur Realisierung der PPS-Management-Vision .................................. 50 4.3 Die PPS-Management-Kennzahlen ................................................... 52 4.4 Das Arbeiten mit den PPS-Management-Kennzahlen im PPS-Management-Controlling ...................................................... 54 4.5 Die Kennzahl der Mitarbeiterqualifikation im PPS-Management....... 59 4.6 Die Zusammenarbeit innerhalb des PPS-Managements .................... 62 4.6.1 Die Zusammenarbeit im PPS-Management innerhalb der Produktionsprogrammplanung .......................................... 62
6
INHALTSVERZEICHNIS
4.6.2 Die Zusammenarbeit im PPS-Management innerhalb der Mengenplanung und der Auftragsveranlassung ................. 65 4.6.3 Die Zusammenarbeit im PPS-Management innerhalb der Termin- und Kapazitätsplanung sowie der Auftragsüberwachung ............................................................. 75 5 Die Optimierungsansätze für das PPS-Management ............................... 81 5.1 Die Einführung neuer EDV-gestützter PPS-Systeme........................... 82 5.2 Durchführen von Prozessoptimierungen im PPS-Management ......... 86 5.3 Praktizieren des KVP im PPS-Management ....................................... 92 5.4 Verbessern der internen Kunden-Lieferanten-Beziehungen im PPS-Management ........................................................................ 94 6 Praxisberichte zum PPS-Management ..................................................... 99 6.1 GfA – Gesellschaft für Antriebstechnik ............................................. 99 6.2 Feinguss Blank GmbH: Der konsequente Weg zur Erfüllung der terminlichen Kundenanforderungen ......................................... 103 Literaturverzeichnis .................................................................................. 107
7
Vorwort Seit Jahren bildet das RKW Arbeitsvorbereiter, Fertigungsplaner und andere Führungskräfte aus der Produktion in dem Fachgebiet Produktionsplanung und -steuerung (PPS) weiter. Die sich dynamisierenden Marktgeschehnisse mit dem daraus resultierenden organisatorischen Auswirkungen in den Unternehmen haben dazu geführt, dass der bewährte Fachlehrgang mit zertifiziertem Abschluss zum PPS-Fachmann abgelöst wurde durch den RKW-Lehrgang „PPS-Management“ mit den Bausteinen 1. Die Grundlagen der PPS/des PPS-Managements 2. Die Gestaltung des PPS-Managements 3. Das PPS-Management in modernen Produktionssystemen 4. Die Optimierungsansätze für das PPS-Management Diese 4 Bausteine stellen lediglich Orientierungshilfen bei der Durchführung dieses Praxisseminars dar. Inhaltlich wird der Seminarablauf im Wesentlichen von den Erwartungen, Wünschen und Anforderungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer geprägt. Dabei steht neben der Vermittlung neuer PPS-Erkenntnisse im Zusammenhang mit Organisationsformen und -prinzipien, wie z. B. •
Gruppenarbeit
•
Fertigungssegmentierung
•
One piece flow (ein Stück fließt)-Prinzip
•
Fraktale
•
Supply chain management
•
Customer relationship management,
insbesondere der aktive Wissens- und Erfahrungstransfer in der praktischen PPS-Arbeit im Vordergrund des Seminargeschehens. Begleitet wird der Fachlehrgang PPS-Management durch konkrete PPS-Aufgaben, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zwischen den Präsenzphasen als Projektarbeit in ihrem Unternehmen vor Ort durchführen, dokumentieren und im Seminarverlauf präsentieren. Die Erlebnisse, Ergebnisse und Erfolge aus diesem Fachlehrgang PPS-Management stellen die Inhalte dieses Fachbuches dar und sollen helfen, Ideen, Anregungen und konkrete Verbesserungshinweise für die Optimierung der eigenen PPS-Welt im Unternehmen zu finden. Die vorgestellten Berichte, Beispiele und Darstellungen sind alle-
8
VORWORT
samt in der Praxis erprobt und damit für den eigenen PPS-Anwendungsbereich unter Berücksichtigung der aufgezeigten Rahmenbedingungen übertragbar. Die Rückbesinnung auf menschliche und zwischenmenschliche Tugenden, wie z. B. Kreativität, Kompetenz, Kommunikation, Kooperation und Koordination, mit der notwendigen, aber auch hinreichenden EDV-Unterstützung innerhalb der PPS kommen in den Darstellungen besonders zum Ausdruck, um die komplexen Herausforderungen der Produktionsplanung und -steuerung im Käufermarkt der Zukunft erfolgreich managen zu können. Einfache, leicht verständliche, intelligente Lösungen mit einer hohen Transparenz und Nachvollziehbarkeit für die PPS-Anwenderinnen und Anwender sowie deren unternehmensinterne Kunden kennzeichnen die Methoden und Werkzeuge des PPS-Managements. In diesem Sinne soll mit dem PPS Management ein etwas anderes Verständnis für die ansonsten traditionell erlebte PPS-Welt im Unternehmen vermittelt werden. Dementsprechend ist das „PPS-Management“ kein neues Grundlagenwerk innerhalb der großen Publikationslandschaft der PPS, sondern ein Erlebnis-, Ergebnis- und Erfolgsbericht aus der Praxis für die Praxis mit Tipps und Tricks. Entdecken und Heben Sie die verborgenen Schätze in Ihrer PPS-Welt durch ein aktiv, kreativ und konstruktiv geführtes PPS-Management.
9
1 Die PPS-Experten Den gewandelten Anforderungen käufermarktorientierter Organisationsformen folgend haben sich auch die Anwendungen von Produktionsplanungs- und steuerungssystemen verändert. Die Zeiten von mehreren Monaten im Voraus feststehender Produktionsprogramme sind vorbei, stattdessen werden die meisten Unternehmen mit sehr kurzen Lieferzeiten für kundenindividuell zu gestaltende Produkte konfrontiert. Dies bedeutet in aller Konsequenz die wirtschaftliche Produktion von Erzeugnissen mit der Losgröße 1. Für all diese Erzeugnisse gilt es nach wie vor, die notwendigen Ressourcen zur Produktion verfügbar zu haben, d. h. auch in Zukunft die klassischen Kernfunktionen der Produktionsplanung und -steuerung praxisgerecht anzuwenden. In diesem Zusammenhang sind nicht nur für moderne Produktionssysteme die Fragen der richtigen, praxisgerechten Nutzung von Produktionsplanungs- und -steuerungssystemen zu beantworten. Die Merkmalsausprägungen zur Beschreibung und Einordnung einer Organisationsform (siehe Bild 1) sind oftmals nicht mehr eindeutig und ausschließlich zuzuordnen, um diese Organisationsform dann den klassischen Gegebenheiten eines Auftrags- (Bild 2), Varianten-, Rahmenauftrags- oder Lagerfertigers zurechnen zu können. Viele Unternehmen arbeiten entsprechend ihrer Erzeugnisstruktur sowohl als Auftrags- als auch als Varianten-, Rahmenauftrags- oder auch als Lagerfertiger unter einem Dach. Dementsprechend sind alle Varianten mit den jeweiligen Bezügen zu den Merkmalsausprägungen PPS-mäßig abzubilden und durch die beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Unternehmen zu beherrschen. Diesen Menschen obliegt die Aufgabe, die dargestellten PPS-Herausforderungen zu managen, d. h. im Sinne des Begriffes Management erfolgreich zu bearbeiten. Sie sind die PPSExperten, die in Beziehung zu den jeweiligen Kundenauftragsvarianten die Methoden und Werkzeuge zu den Auftragsbearbeitungsmerkmalen auswählen, anwenden und bewerten müssen und zwar in einer Unternehmensumgebung, die von rascher Schnelllebigkeit, hoher Veränderungsenergie und zusätzlichen organisatorischen Herausforderungen, wie z. B. die Erfüllung von Qualitätsanforderungen geprägt ist. Demzufolge sind auch die Aufgaben des PPS-Managements rasch, mit hoher Reagibilität und praxisgerechter Kreativität zu bewältigen, was wiederum durch einfache, praxiserprobte und intelligente Hilfsmittel, Methoden und Werkzeuge der PPS zu den jeweiligen Auftragsbearbeitungsmerkmalen unterstützt wird.
DIE PPS-EXPERTEN
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Tipps und Tricks zu den PPS-Kernfunktionen aus der PPS-Praxis für die PPSPraktiker ergänzen das PPS-Management genauso wie die PPS-Erlebnis-, Ergebnis- und Erfolgsberichte aus unterschiedlichen Unternehmen mit verschiedenen Auftragsbearbeitungsmerkmalen.
Auftragsbearbeitungsmerkmale
Merkmalsausprägungen
1
Auftragsauslösungsart
Produktion auf Bestellung mit Einzelaufträgen
Produktion auf Bestellung mit Rahmenaufträgen
Kundenanonyme Vorproduktion/ kundenauftragsbezogene Endproduktion
2
Erzeugnisspektrum
Erzeugnisse nach Kundenspezifikation
Typisierte Erzeugnisse mit kundenspezifischen Varianten
Standarderzeugnisse Standarderzeugnisse mit Varianten ohne Varianten
3
Erzeugnisstruktur
4
Ermittlung des Erzeugnis-/ Komponentenbedarfs
5
Auslösung des Sekundärbedarfs
auftragsorientiert
teilw. auftragsorientiert/ teilw. periodenorientiert
periodenorientiert
6
Beschaffungsart
weitgehender Fremdbezug
Fremdbezug in größerem Umfang
Fremdbezug unbedeutend
7
Bevorratung
keine Bevorratung von Bedarfspositionen
Bevorratung von Bedarfspositionen auf unteren Strukturebenen
Bevorratung von Bedarfspositionen auf oberen Strukturebenen
Bevorratung von Erzeugnissen
8
Fertigungsart
Einmalfertigung
Einzel- und Kleinserienfertigung
Serienfertigung
Massenfertigung
9
Ablaufart in der Teilefertigung
Werkstattfertigung
Inselfertigung
Reihenfertigung
Fließfertigung
10
Ablaufart in der Montage
Baustellenmontage
Gruppenmontage
Reihenmontage
Fließmontage
11
Fertigungsstruktur
Fertigung mit hohem Strukturierungsgrad
Fertigung mit mittlerem Strukturierungsgrad
Fertigung mit geringem Strukturierungsgrad
12
Kundenänderungseinflüsse während der Fertigung
Änderungseinflüsse in größerem Umfang
Änderungseinflüsse gelegentlich
Änderungseinflüsse unbedeutend
Mehrteilige Erzeugnisse mit komplexer Struktur bedarfsorientiert auf Erzeugnisebene
Mehrteilige Erzeugnisse mit einfacher Struktur
Teilw. erwartungs-/ teilw. bedarfsorientiert auf Komponentenebene
Produktion auf Lager
Geringteilige Erzeugnisse
erwartungsorien- erwartungsorien- verbrauchstiert auf Kompo- tiert auf Erorientiert auf nentenebene zeugnisebene Erzeugnisebene
Bild 1: Die Auftragsbearbeitungsmerkmale mit ihren jeweiligen Ausprägungen /1/
DIE PPS-EXPERTEN
Auftragsbearbeitungsmerkmale
11
Merkmalsausprägungen
1
Auftragsauslösungsart
Produktion auf Bestellung mit Einzelaufträgen
Produktion auf Bestellung mit Rahmenaufträgen
Kundenanonyme Vorproduktion/ kundenauftragsbezogene Endproduktion
2
Erzeugnisspektrum
Erzeugnisse nach Kundenspezifikation
Typisierte Erzeugnisse mit kundenspezifischen Varianten
Standarderzeugnisse Standarderzeugnisse mit Varianten ohne Varianten
3
Erzeugnisstruktur
Mehrteilige Erzeugnisse mit komplexer Struktur bedarfsorientiert auf Erzeugnisebene
Mehrteilige Erzeugnisse mit einfacher Struktur
Teilw. erwartungs-/ teilw. bedarfsorientiert auf Komponentenebene
Produktion auf Lager
Geringteilige Erzeugnisse
4
Ermittlung des Erzeugnis-/ Komponentenbedarfs
erwartungsorien- erwartungsorien- verbrauchstiert auf Kompo- tiert auf Erorientiert auf nentenebene zeugnisebene Erzeugnisebene
5
Auslösung des Sekundärbedarfs
auftragsorientiert
teilw. auftragsorientiert/ teilw. periodenorientiert
periodenorientiert
6
Beschaffungsart
weitgehender Fremdbezug
Fremdbezug in größerem Umfang
Fremdbezug unbedeutend
7
Bevorratung
keine Bevorratung von Bedarfspositionen
Bevorratung von Bedarfspositionen auf unteren Strukturebenen
Bevorratung von Bedarfspositionen auf oberen Strukturebenen
Bevorratung von Erzeugnissen
8
Fertigungsart
Einmalfertigung
Einzel- und Kleinserienfertigung
Serienfertigung
Massenfertigung
9
Ablaufart in der Teilefertigung
Werkstattfertigung
Inselfertigung
Reihenfertigung
Fließfertigung
10
Ablaufart in der Montage
Baustellenmontage
Gruppenmontage
Reihenmontage
Fließmontage
11
Fertigungsstruktur
Fertigung mit hohem Strukturierungsgrad
Fertigung mit mittlerem Strukturierungsgrad
Fertigung mit geringem Strukturierungsgrad
12
Kundenänderungseinflüsse während der Fertigung
Änderungseinflüsse in größerem Umfang
Änderungseinflüsse gelegentlich
Änderungseinflüsse unbedeutend
Bild 2: Der Auftragsbearbeitungstyp des Auftragsfertigers /1/
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2 Die Grundlagen des PPS-Managements So unterschiedlich die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten der einzelnen Arbeitsvorbereiter, Fertigungsplaner und -steuerer bzw. Produktionsplaner und -steuerer ausgeprägt sind, so verschieden sind auch ihre Anforderungen, Erwartungen und Ideen bezogen auf das PPS-Management (Bild 3). Dieser Sachverhalt resultiert zusätzlich aus der von ihnen betreuten Fertigungsart, wobei die Erzeugnisse sowohl in der Einmal- sowie in der Einzel- und Kleinserie als auch in der Serien- und Massenfertigung hergestellt werden. Dieser jeweiligen Fertigungsart entsprechend sind dem jeweiligen Unternehmen weitere Auftragsbearbeitungsmerkmale zugeordnet, deren Bewertung in den ausgewiesenen Merkmalsausprägungen pro Auftragsbearbeitungsmerkmal den unternehmensspezifischen PPS-Typus ergibt, wie z. B. den des Auftragsfertigers. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass in einem Unternehmen mehrere PPS-Typen gleichzeitig operieren (vgl. Kapitel 1).
DIE GRUNDLAGEN DES PPS-MANAGEMENTS
14
Kennzahlen
Verbesserungen
Wissens- und Erfahrungstransfer
Durchführen unterschiedlicher Soll-, Ist Auswertungen
Positive Veränderungen am Arbeitsplatz
Austauschen von Erfahrungen
Fragen verschiedener Auslastungen
Anregungen für Verbesserungen der AV
Freisetzen von Kapazitäten
Verringern der Umlaufbestände
Verbessern der Nutzung des EDVgestützten Systems Unser Ziel im PPSManagement
Was kann man anders machen?
Bearbeiten der Erwartungen, Anforderungen und Ideen zu 100 % bis 31.12.200x Optimierung des Ablaufs in AV und Produktion Systembedingte Koordination und Steuerung der internationalen Fertigungsstätten
Das richtige Material am richtigen Ort
Lösung zur Engpassermittlung
Worauf muss ich bei der Auswahl eines PPS-Systems achten?
Koordinieren der Abläufe mit hoher Lieferschwierigkeit
Verbesserte Kapazitätsplanung
Basis für die Auswahl eines neuen PPS-Systems
Prozesse
Kernfunktion der PPS
Auswahl PPSSystem
Bild 3: Welche Erwartungen, Anforderungen, Ideen habe ich an den Fachlehrgang PPS-Management?
DIE GRUNDLAGEN DES PPS-MANAGEMENTS
2.1
15
Warum brauchen wir eine PPS?
Die elementare Frage nach dem „Warum?“ steht ganz allgemein zu Beginn jeder einzuführenden Innovationsmaßnahme im Unternehmen. Ihre Beantwortung soll bei den betroffenen Beteiligten die Notwendigkeit aufzeigen, dass sie an ihrem Arbeitsplatz technisch, organisatorisch und persönlich, z. B. im Zusammenhang mit zusätzlichen Weiterbildungsaktivitäten, etwas zu verändern haben. Mit der Erzeugung von Akzeptanz durch die sinnhafte und für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nachvollziehbare Beantwortung dieser Frage wird das Veränderungsklima und die damit einhergehende Veränderungsenergie bei den Beschäftigten geschaffen, die als Erfolgsfaktoren bei der prozesssicheren Implementierung von Innovationen mit Nachhaltigkeit grundlegend wichtig sind. In diesem Kontext sind auch die Vorstellungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Beantwortung, z. B. der Frage „Warum brauchen wir eine Innovation im PPS Management?“, einzubeziehen (vgl. Bild 4 und Bild 5).
2.2
Die PPS-Herausforderungen
Die Beantwortung der Frage „Warum brauchen wir eine (Innovation in) PPS?“ ergibt sich auch aus den PPS-Herausforderungen. Die immer stärker auf die Befriedigung der Kundenwünsche ausgerichtete Unternehmensorganisation bedingt eine Erneuerung im Denken und Handeln zur Planung und Steuerung der Produktion. Dabei stehen die Herausforderungen •
der Erfüllung der mit dem Kunden vereinbarten (Produkt-)Qualität (Q)
•
die Realisierung eines hohen Lieferservicegrades (L)
•
die Senkung der (Herstell-)Kosten (K) sowie
•
die Erreichung einer hohen Flexibilität und Arbeitszufriedenheit bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (A)
im Mittelpunkt der Innovationen zum PPS Management. Dementsprechend sind zur vereinfachten Lösung dieser kundenrelevanten Herausforderungen spezielle Beschreibungen, Methoden, Werkzeuge oder Hilfsmittel des kreativ und konstruktiv geführten PPS-Managements mit einer Q-, L-, K- oder/und A-Schatztruhe gekennzeichnet, um durch eine unternehmensspezifische Anwendung dieser Beschreibungen, Methoden, Werkzeuge oder Hilfsmittel
QLKA Die PPS-Schatztruhe zur Entdeckung von Qualitäts-, Lieferservice-, Kosten- oder/ und Arbeitszufriedenheitsschätze
16
DIE GRUNDLAGEN DES PPS-MANAGEMENTS
die verborgenen Qualitäts-, Lieferservice-, Kosten- oder/und Arbeitszufriedenheitsschätze leichter entdecken und heben zu können. Mit diesen Darstellungen wird eine PPS-Schatzkarte zur Verfügung gestellt, die – wenn sie richtig gelesen, bearbeitet und gemanagt wird – unentdeckte und deshalb brachliegende Potenziale zur messbaren Verbesserung der Zustände und Fähigkeiten in der PPS-Welt hervorbringt.
KUNDENRELEVANT Hohe Auslastung der Maschinen und Anlagen
1. Hoher Lieferservicegrad KUNDENRELEVANT 2. Hohe Flexibilität
Geringe Durchlaufzeit
SICH WIDERSPRECHENDE PPS-HERAUSFORDERUNGEN
3. Geringe (Herstell)Kosten KUNDENRELEVANT
Niedrige Bestandskosten
Hohe Materialverfügbarkeit
4. Hohe vereinbarte Qualität mit geringstem Aufwand KUNDENRELEVANT
Bild 4: Die PPS-Herausforderungen in der Praxis
DIE GRUNDLAGEN DES PPS-MANAGEMENTS
1. Termineinhaltung
2. Überprüfen der Ressourcen bei der Auftragsannahme mit Bezug zu: Mensch, Maschine, Material in allen Funktionen der Auftragsbearbeitung
ªLieferterminüberwachung 2. Überblick über Aufträge behalten
4. Aufzeichnen von Fehlern (Ausschussmengen) zur Ermittlung von Verbesserungspotenzialen
ªFehlererfassung 3. Kostenüberwachung
ªAbweichungen Plan-ISTkosten 3. Produktivität überwachen unter Nutzung der Betriebsdatenerfassung (BDE)
ªRüstzeitermittlung ªAusfallzeit der Maschinen und deren Ursachen
Bestandsführung Materialdisposition
in Abhängigkeit von ªBestandswerte ªMindestbestand ªBestelllosgröße ªWiederbeschaffungszeiten ªReichweiten ªUmschlagshäufigkeiten
Bild 5: Warum brauchen wir eine PPS? – eine Darstellung aus Sicht der Praktiker mit Bezug zu den PPS-Herausforderungen
17
18
DIE GRUNDLAGEN DES PPS-MANAGEMENTS
Agieren statt – auf die Kundenwünsche zu – reagieren ist dabei das Motto einer kreativen PPS-Arbeit mit Zukunftsperspektive. Die sich daraus direkt abzuleitende Aufgabe der PPS ist die Gewährleistung der JiT-Fähigkeit für jeden Kundenauftrag, wobei die Erreichung dieses hohen messbaren Anspruches von der Erfüllung der 4KO-Kriterien KOordination – KOmmunikation – KOoperation – KOmpetenz im Unternehmen abhängig ist.
DAS RICHTIGE PRODUKT
(Produktionsprogrammplanung)
Das richtige Material Die richtige Maschine (Das richtige Betriebsmittel)
(Mengenplanung) (Termin,Kapazitätsplanung)
Die „richtigen“ Menschen
(Termin-, Kapazitätsplanung)
Produktionsplanung
Die richtige Information ZUM RICHTIGEN ZEITPUNKT
Auftragsveranlassung und Auftragsüberwachung
AM RICHTIGEN ORT IN DER RICHTIGEN QUALITÄT
Produktionssteuerung
IN DER RICHTIGEN MENGE Koordination Kommunikation
Die Ko-Kriterien der PPS
Kooperation Kompetenz
Bild 6: Unser Auftrag der PPS ist die Gewährleistung der JiT-Fähigkeit
Begleitet wird die Sicherstellung des JiT-Erfolges durch die Messung und Visualisierung zugehöriger Kennzahlen innerhalb eines PPS-Management Controlling (vgl. Kapitel 4.2).
DIE GRUNDLAGEN DES PPS-MANAGEMENTS
2.3
19
Was ist PPS?
PPS heißt Produktionsplanung und -steuerung. Wenn die PPS innerhalb der Welt der Produktion systematisch durchgeführt werden soll, ist dazu ein System erforderlich, das sowohl Verbindungen zur Technologiewelt der Produktion knüpfen muss als auch die Hauptfunktionen der PPS übersichtlich, anwenderorientiert und praxisgerecht abbildet.
TECHNOLOGIE - Welt
PPS - WELT mit ihren Hauptfunktionen
Konstruktion Zeichnungen
- Absatzplanung
Stücklisten
- Mengenplanung
Arbeitsvorbereitung Arbeitspläne
- Terminplanung
(Vertrieb) - Produktionsprogrammplanung
Fertigung CNC - Daten
- Kapazitätsplanung - Auftragsveranlassung
Qualitätsmanagement Prüfpläne
STAMMDATEN
KUNDENAUFTRAGSNEUTRAL
- Auftragsüberwachung mit BDE
AUFTRAGS- und BEWEGUNGSDATEN KUNDENAUFTRAGS-BEZOGEN
Bild 7: Die Welt der Produktion
20
DIE GRUNDLAGEN DES PPS-MANAGEMENTS
Die Technologiewelt ist bestimmt durch die Erzeugung kundenauftragsneutraler Stammdaten, die in Zeichnungen, Stücklisten, Arbeitsplänen, CNCProgrammen und Prüfplänen abgelegt sind. Diese Stammdaten werden bei der Auftragsbearbeitung in der PPS-Welt abgerufen, um in Abhängigkeit des jeweiligen Kundenauftrages daraus die notwendigen Planungsdaten für Material, Maschinen- und Personalkapazitäten und daraus die Terminierung der Auftragsbearbeitung zu erzeugen. Mit der Verfügbarkeit dieser Ressourcen wird der Auftrag freigegeben bzw. zur Produktion veranlasst und innerhalb der Produktionssteuerung überwacht. Aus den Technologieinformationen werden somit kundenauftragsbezogene Daten im PPS-System generiert, die sich in Belegen wie Fertigungspapieren, Picklisten, Bestellanforderungen, Materialentnahmescheinen o. ä darstellen. Derartige Belege sind sehr übersichtlich und nach einem festgelegten Standard zu gestalten, um ihre Lesbarkeit und Verständlichkeit bei den Beschäftigten in der Produktion sicherzustellen. Klar durchstrukturierte Belege, die wirklich nur die wichtigsten Informationen für die jeweiligen Anwender enthalten, tragen zu einer fehlerfreien und damit JiT-garantierten Produktion bei.
2.4
Die Hauptfunktionen der PPS (mit zugeordneten ausgewählten Methoden)
Eine wirklich gelebte PPS-Welt beginnt zumindest für die Fertigungsarten der Serien- und Massenfertigung bereits im Vertrieb. Das berechtigte Anliegen des Vertriebes besteht darin, möglichst viele Erzeugnisse zu verkaufen und an den Kunden zu liefern. Die damit einhergehende Herausforderung für das PPSManagement ist die Erfüllung der zwischen dem Vertrieb und dem Kunden vereinbarten Anforderungen, bezogen •
auf die Produktqualität,
•
auf die zu produzierende Menge
•
auf die Termineinhaltung,
also auf die Realisierung der JiT-Fähigkeit in der Kundenauftragsbearbeitung. Ohne eine Koordination der Aktivitäten in Kooperation mit dem Kunden, dem Vertrieb und dem PPS-Management ist dieser Auftrag der PPS nicht zu verwirklichen. Instrumentell bedeutet diese Zusammenarbeit die Abstimmung des Absatzplans, erstellt durch den Vertrieb, mit dem Produktionsprogrammplan bzw. die Abklärung der gewünschten zu produzierenden Erzeugnisse mit den durch die vorhandenen Materialien und Kapazitäten tatsächlich produzierbaren Fertigprodukten. Eine entscheidende Voraussetzung dafür ist das
DIE GRUNDLAGEN DES PPS-MANAGEMENTS
21
Herbeiführen eines gemeinsamen Verständnisses, z. B. für die Definition des Begriffes Liefertermin und für die Sensibilisierung im Vertrieb, dass kein verbindlicher Liefertermin ohne Rücksprache mit dem PPS-Management mit dem Kunden vereinbart werden darf. Der Liefertermin bezeichnet die Anlieferung der Fertigware tagesgenau beim Kunden. In der Praxis lassen sich in einem Unternehmen je nach Interessenslage drei und mehr Definitionen für ein und denselben Begriff des Liefertermins finden: •
Liefertermin als taggenauen Zeitpunkt der Bereitstellung des Fertigproduktes aus der Produktion für den Versand.
•
Liefertermin als taggenauen Zeitpunkt der Bereitstellung des Fertigproduktes im Versand zur Auslieferung an den Kunden.
•
Liefertermin als Zeitpunkt der taggenauen Anlieferung des Fertigproduktes beim Kunden.
Der Grund für die Existenz von drei und mehr Bestimmungen eines Begriffes im Unternehmen liegt in der fehlenden Koordination und Kommunikation zwischen den betroffenen Funktionsbereichen, die im Auftragsbearbeitungsprozess integriert sind. Prozessorientiertes Denken und Handeln, funktionsund hierarchieübergreifend sind die Kennzeichen, die innerhalb der Organisation bei den beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Auftragsbearbeitung abzufordern sind. Nur dadurch lassen sich Verschwendungen in der Kundenauftragsbearbeitung vermeiden. Unterstützt wird das prozessorientiert auszuführende PPS-Management in seinen Hauptfunktionen durch unterschiedliche Methoden und Hilfsmittel (Bild 8).
DIE GRUNDLAGEN DES PPS-MANAGEMENTS
22
HAUPTFUNKTIONEN DER PPS
-
Absatzplanung
-
Produktionsprogrammplanung
METHODEN DER PPS
-
Mengenangabe vom Vertrieb Kundenbezogen
-
Prognoserechnungen arithmetische Mittelwertbildung gleitende Mittelwertbildung exponentielle Glättung 1. Ordnung
-
Bedarfsgesteuert Auftragsbezogen (deterministisch) Brutto-/Nettobedarfsermittlung
-
Verbrauchsgesteuert Bestellpunktverfahren Bestellrhythmusverfahren Meldebestand (stochastisch) KANBAN Konsignationslager
-
MRP I
-
Rückwärtsterminierung Vorwärtsterminierung Mittelpunktsterminierung
Mengenplanung
Terminplanung
-
Maschinenbezogene Daten te, tR, Anzahl Schichten, tV Kapazitätsplanung
Simulationen, Kapazitätsbedarf Kapazitätsbestand Kapazitätsabgleich
-
Auftragsveranlassung
Auftragsüberwachung
-
Kundenauftrag Lagerauftrag (Kanban) MRP II
BDE: Auftragsrückmeldung - Stückzahl - Ausschuss - IST-Termin Arbeitsgang - IST-Termin Auftrag - Personal - Rüstzeit - Störzeiten (MDE)
Bild 8: Die Hauptfunktionen der PPS mit zugeordneten Methoden
DIE GRUNDLAGEN DES PPS-MANAGEMENTS
23
Für die Erstellung von Absatzplänen stehen Prognosemodelle zur Verfügung. Alle Modelle können bei der Ermittlung von Prognosedaten logischerweise nur auf Vergangenheitswerte, z. B. von verkauften Erzeugnissen zurückgreifen, auf deren Grundlage dann die zukünftig zu erwartenden Verkaufszahlen vorhergesagt werden. Die Methode der exponentiellen Glättung 1. Ordnung berücksichtigt bei der Berechnung der Prognose für die zukünftige Zeitperiode die tatsächlich abgesetzte, d. h. verkaufte Stückzahl eines Erzeugnisses der gegenwärtigen Periode sowie den ermittelten Prognosewert der verkaufbaren Erzeugnisse der gegenwärtigen Periode. Mit dem Einsatz des Glättungsfaktors wird entweder die tatsächliche Menge abgesetzter Erzeugnisse der gegenwärtigen Periode (∆ =>1) oder der Prognosewert der gegenwärtigen Periode (∆ =>0) für die Ermittlung des Absatzes der zukünftigen Periode stärker berücksichtigt. Die Erfahrungswerte aus dem PPS-Management ergeben einen ∆-Wert zwischen 0,2 und 0,3.
Yt+1 = Yt + ∆ . ( Yt – Yt )
Yt+1 =
Prognosewert für die nächste Periode
Yt
=
Tatsächlicher Wert der Gegenwärtigen Periode
Yt
=
Ehemaliger Prognosewert der Gegenwärtigen Periode
∆
=
Glättungsfaktor (0 < ∆ < 1)
Bild 9: Die Ermittlung des Prognosewertes aus der exponentiellen Glättung 1. Ordnung
DIE GRUNDLAGEN DES PPS-MANAGEMENTS
24
Die Anwendung des Prognosemodells der exponentiellen Glättung K 1. Ordnung bezieht sich auf die einzelnen Erzeugnisse eines gesamten Produktes bzw. Produktionsprogramms. Das bedeutet, dass pro Erzeugnis diese Prognose pro Zeitperiode zu ermitteln und dabei die Einstellung des Glättungsfaktors ∆ pro Erzeugnis zu überwachen ist. Aufgrund der unterschiedlichen, schwankenden Absatzzahlen einzelner Erzeugnisse innerhalb eines Erzeugnisspektrums ist eine Prognose, bezogen auf den Absatz des gesamten Erzeugnisspektrums pro Zeitperiode, unzulässig. Die eingestellten ∆-Werte in den Prognoserechnungen pro Erzeugnis sind mindestens alle 3 Monate zu überprüfen. Die Qualität der berechneten Prognose pro Erzeugnis lässt sich mit der Kennzahl QABS = prognostizierter Absatz [%] tatsächlicher Absatz nachweisen. Die ermittelten Abweichungen von der Idealkennzahl QABS = 1 pro Erzeugnis sind Chancen für eine Optimierung des Prognoseverfahrens, z. B. hinsichtlich der Anpassung des Glättungsfaktors ∆. Die Qualität der Koordination und Kooperation zwischen Vertrieb, Kunden und PPS-Management zur Erreichung der JiT-Fähigkeit ist über die Kennzahlen LTT =
Summe eingehaltene vereinbarte Termine (tagesgenau) (Liefertermintreue) Summe aller vereinbarten Termine [%]
L
KLTT = Summe aller eingehaltenen Kundenwunschtermine (tagesgenau) (Kundenliefertermintreue) Summe aller Kundenwunschtermine [%] z. B. monatlich zu erfassen und als Wert prozentual in einem Balkendiagramm zu visualisieren. Auch hier stellen die eventuellen Abweichungen von den Idealkennzahlen LTT = 1, KLTT = 1 Möglichkeiten zur Verbesserung der internen Kunden-Lieferantenbeziehungen zwischen Vertrieb und PPSManagement zur Erfüllung der Kundenwünsche dar. In der Einmalfertigung sowie Einzel- und Kleinserienfertigung (vgl. Bild 2) ist es aufgrund der rein kundenauftragsorientierten Produktion kaum machbar, einen Absatzplan zu erstellen. Auf Lager zu produzierende Komponenten einer Anlage oder eines Einzelerzeugnisses mit hoher Fertigungstiefe als Ergebnis eines vom Vertrieb erstellten Absatzplans für die Fertigprodukte können nur dann einigermaßen risikolos als Auftrag veranlasst werden, wenn sie als Standard, z. B. im Rahmen einer Plattformstrategie eingesetzt werden. In die-
DIE GRUNDLAGEN DES PPS-MANAGEMENTS
25
sem Fall werden diese Komponenten in einer Serie gefertigt. Sie bekommen das Bestimmungskennzeichen Ax, d. h. sie stellen einen hohen Bestandswert (A) bei einer hohen Verbrauchshäufigkeit (x) dar (vgl. Bild 33). Für AZausgewiesene Erzeugnisse, d. h. für Erzeugnisse mit einem hohen Bestandswert A und einer niedrigen Verbrauchshäufigkeit Z lässt sich im Allgemeinen kein Absatzplan mit einer hohen Prognosequalität QABS erstellen. Ansonsten gelten für alle PPS-Typen mit ihren verschiedenen Merkmalsausprägungen die Hauptfunktionen der PPS gleichermaßen, die sich in die Bereiche 1. Planung und 2. Steuerung (Bild 7) aufteilen lassen und denen die in Bild 8 ausgewählten Methoden zugeordnet werden können. 1. Planung •
Produktionsprogrammplanung
•
Mengenplanung
•
Terminplanung
•
Kapazitätsplanung
2. Steuerung •
Auftragsveranlassung
•
Auftragsüberwachung (mit dem Einsatz der Betriebsdatenerfassung, BDE)
Im Bereich der Planung werden die Ressourcen für die Produktion des Kundenauftrags bereitgestellt (Plan). Im Bereich der Steuerung wird der Einsatz dieser Ressourcen überwacht (IST). Eine mögliche Abweichung von „Plan“ zu „IST“ bietet wiederum die Chance der Verbesserung des PPS-Managements im Kundenauftragsbearbeitungsprozess. In der Praxis nehmen die Produktionsplaner nach wie vor vielfach nur die Aufgabe der Mengenplanung gemäß dem MRP I (Material Requirement Planning)-Prinzip wahr. Obwohl in den EDV-gestützten PPS-Systemen die Funktionen zur Durchführung einer Kapazitätsplanung mit der Darstellung von Kapazitätsbedarfen, Kapazitätsbeständen und Kapazitätsabgleichen – abgebildet in der MRP II-(Manufacturing Resource Planning)Vorgehensweise – vorhanden sind, wird in den Unternehmen oftmals gegen unendliche Kapazitäten geplant. Die damit in der Praxis erscheinenden Auslastungskennzahlen von weit über 100 % für einige Maschinen bzw. Anlagen werden zwar als Engpässe erkannt, aber nicht konsequenterweise in das Ressourcenmanagement integriert. Als Folge daraus resultieren eine disharmonische Produktionsorganisation mit nicht eingehaltenen Lieferterminen, einer chaotischen Zurufsteuerungskultur und unzufriedene „Mitarbeiter“ und Kunden. In einem abgestimmten Zusammenspiel zwischen den verfügbaren Ressourcen von Materi-
DIE GRUNDLAGEN DES PPS-MANAGEMENTS
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al, Maschinen- und Personalkapazitäten sowie den notwendigen zusätzlichen Informationen für die Terminierung von Aufträgen liegt die Kunst des PPSManagements. Dabei steht von vornherein fest, dass die Verantwortlichkeit für die Funktionalität dieses Managements nicht von einem EDV-gestützten PPS-System übernommen werden kann, sondern nur von den betroffenen Beteiligten selbst. Die betroffenen Beteiligten in der Kundenauftragsbearbeitung arbeiten in Anlehnung an die Definition zum Begriff „Produktionsorganisation von REFA 1979“ in den Funktionen (Bild 10): 1. Entwicklung, Konstruktion 2. Arbeitsvorbereitung 3. Fertigung und Montage 4. Versand.
Unternehmensleitung
Einkauf
Vertrieb
Produktion
Entwicklung Konstruktion
Personalwesen
Arbeitsvorbereitung
Qualität
Finanz- und Rechnungswesen
Fertigung und Montage
Marketing
Versand
Verwaltungsbereich Technischer Bereich
Bild 10: Organisationsstruktur eines Mittelbetriebes /nach 2/
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Gemäß dieser Definition ist das Ressourcenmanagement auf alle diese vier Funktionen anzuwenden, d. h. eine Mengen-, Kapazitäts- und Terminplanung mit der nachfolgenden Produktionssteuerung auf diese Funktionen abzubilden. Die gelebte PPS-Praxis ist heute vielfach nur auf eine Fertigungsplanung und -steuerung beschränkt.
2.5
Die Praxis in MRP I und MRP II im Rahmen des Ressourcenmanagements
In der EDV-gestützten PPS-Welt sind die Möglichkeiten für die Umsetzung des Ressourcenmanagements im Rahmen der Produktionsplanung unter Anwendung des MRP II-Prinzips gegeben. Durch die Erweiterung des allein auf die Materialverfügbarkeitsprüfung ausgelegten MRP I-Prinzips auf die MRP II Vorgehensweise lassen sich Verfügbarkeitsprüfungen von Personal- und Maschinenkapazitäten und damit eine auf alle Ressourcen abgestimmte Terminierung der Aufträge durchführen. Bei MRP II handelt es sich nicht um ein EDV-System oder um ein Programmpaket, sondern um ein Konzept zur optimalen Planung der für die Produktion in einem Unternehmen notwendigen Ressourcen, wie Material, Mitarbeiter, Maschinen, Produktionsfläche etc. Selbstverständlich werden in diesem Konzept Werkzeuge, wie z. B. die Datenverarbeitung mit speziellen Programmpaketen eingesetzt, um Informationen schnell und korrekt zu verarbeiten. Trotzdem sind die Mitarbeiter und das PPS-Management für den Erfolg von MRP II der entscheidende Faktor. Das MRP II-Konzept hat als wesentliche Eigenschaft eine klar gegliederte Struktur (Bild 11). Diese besteht aus einer aufeinander abgestimmten Planungshierarchie, die eingeteilt wird in die Ebene der Unternehmensführung, der operationalen Planungsebene und der Steuerungsebene. Jede dieser Planungsebenen beinhaltet Planungsfunktionen mit unterschiedlichen, auf das Gesamtunternehmensziel abgestimmten Zielsetzungen. So werden auf der Unternehmensführungsebene innerhalb der Unternehmensplanung die strategischen Ziele, wie z. B. Märkte, Produktspektrum, etc. festgelegt. Das Ziel der Absatzplanung ist es, den in der Zukunft zu erwartenden Bedarf zu ermitteln, während die Produktionsprogrammplanung die zur Herstellung dieses künftigen Bedarfs notwendigen Ressourcen, also Mitarbeiter, Maschinen, Material zu planen und sicherzustellen hat. Nur dann, wenn ein mit den Ressourcen ausgeglichener Produktionsplan vorliegt, macht es überhaupt erst Sinn, den Produktionsplan, der ja den Bedarf
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des Marktes abdecken soll, auf der darunter liegenden operationalen Planungsebene weiter zu verfeinern. Das Ergebnis dieser Feinplanung nach Endprodukten und genauen Terminen wird Master Production Schedule (MPS) genannt. Es ist der für alle Betriebsfunktionen absolut verbindliche Plan für das, was produziert wird (Bild 12). Der MPS wird also im MRP II-Konzept nicht als Plan des künftigen Bedarfs betrachtet, sondern stellt eine, mit allen Betriebsfunktionen abgestimmte, und für diese auch absolut verbindliche Zusage dar, bestimmte Produkte in einer bestimmten Menge, zu einem bestimmten Zeitpunkt fertig zu stellen. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil dieser die Basis für die weiteren Planungsfunktionen, wie Mengenplanung und Kapazitätsplanung ist.
Unternehmensplanung Unternehmensführung
Absatzplanung Produktionsprogrammplanung
Planung
Bedarf Mittel
Stücklisten
Terminplanung
Produkte
Bestandsdaten
Mengenplanung
Material
Arbeitspläne
Steuerung
Ziele
Kapazitätsplanung
Kapazität
Materialbeschaffung
Kaufteile
Fertigungs-/Montagesteuerung
Stunden
Distribution
Kunden
Bild 11: Die Struktur des MRP II-Systems (Manufacturing Resource Planning)
DIE GRUNDLAGEN DES PPS-MANAGEMENTS
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Produktionsplan
erzwingt
Nachfrage / Bedarf
stößt an
Masterplan
Bild 12: Beziehungen zum Masterplan in MRP II
Auf der untersten Ebene, der Steuerungsebene, befinden sich die Funktionen Materialbeschaffung und als Abschluss der gesamten logistischen Kette zum Kunden der Versand. Aus dieser Struktur der Planungsebenen ergibt sich bereits, dass jede Planungsebene unterschiedlich große Planungshorizonte abdeckt und die Planung auf der jeweiligen Ebene unterschiedlich häufig wiederholt wird. Da die Planungen, wie oben bereits erwähnt, aufeinander abgestimmt und als verbindlich abgezeichnet werden müssen, gehören auch regelmäßige Besprechungen mit festgelegtem funktions- und hierarchieübergreifend organisiertem Teilnehmerkreis sowie einer Tagesordnung zu MRP II. Eine weitere, sehr wesentliche Eigenschaft des MRP II-Konzeptes ist der klar strukturierte Informationsweg. Eine exakte Datenbasis ist hierbei voll in den Informationsfluss eingebunden. Der Informationsfluss ist nicht nur in einer Hauptrichtung orientiert, sondern es wird über Informationsrückkopplungen Engpasssituationen, Planungsabweichungen, Ergebnisse, IST-Zustände, etc. zurückgemeldet. Man bezeichnet deshalb MRP II auch als CLOSED-LOOPSystem. Funktionale Abläufe in einem Unternehmen sind ständigen Störungen unterworfen. Außerdem ist das Funktionieren vielfach von Mitarbeitern mit all ihren menschlichen Stärken und Schwächen abhängig. Daher ist es äußerst wichtig, dass man das Funktionieren des Informations- und Materialflusses ständig beobachtet und ggf. korrigiert und es liegt nahe, das Funktionieren dieser operationalen Planungs- und Durchführungsabläufe anhand von spezifischen Kriterien zu messen. Hierfür wurden Kriterien entwickelt, die, im Gegensatz zu den traditionellen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen nicht die betriebswirtschaftliche Effizienz messen, sondern eine Aussage über die Effizienz der operationalen Planungs- und Steuerungsabläufe machen.
DIE GRUNDLAGEN DES PPS-MANAGEMENTS
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So wird z. B. mit der QABS-Kennzahl (s. o.) die Qualität der operationalen Leistung der Absatzplanung daran gemessen, mit welcher Genauigkeit der tatsächliche Bedarf vorhergesagt wurde. Als weiteres Beispiel sei die Leistung der Fertigungsterminplanung genannt. Hier wird gemessen, wie viel Prozent der für einen bestimmten Zeitraum geplanten Produkte aus dem Produktionsplan tatsächlich fertig gestellt wurden. Fertigungsterminplanung = fertig gestellte Einheiten [%] geplante Einheiten In ähnlicher Form sind für alle wesentlichen Planungs- und Steuerungsfunktionen entsprechende Leistungskriterien definiert. Der Gesamtdurchschnitt dieser Leistungsfaktoren dient dann neben anderen Faktoren zur Einordnung des Unternehmens in eine der vier Leistungsklassen, die mit den Buchstaben A bis D gekennzeichnet sind (Bild 13).
Klasse A
Leistung 90 % oder besser
B
80 % oder besser
C
70 % oder besser
D
unter 70
%
Eigenschaften Closed-Loop MRP II-System vorhanden. Das Management benutzt formale Informationswege. Alle Bereiche über 90 %. Formales System vorhanden jedoch noch nicht effektiv. Management ist nicht voll integriert. MRP wird noch nicht effektiv zur Prioritätenplanung verwendet. Teilsysteme sind nicht vorhanden oder verknüpft. Formales System nicht vorhanden oder arbeitet nicht. Schlechte Genauigkeit der Daten. Management nicht involviert.
Bild 13: MRP II-Leistungsklassen
DIE GRUNDLAGEN DES PPS-MANAGEMENTS
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In einem Unternehmen, das den Status MRP II-Class „A“ erreicht hat, sind alle genannten MRP II-Kriterien realisiert und die operationalen Funktionen arbeiten mit einem Leistungsgrad von 90 % und besser. MRP II-Class „A“ ist nicht ein einmaliges Ereignis, sondern die ausdrückliche Verpflichtung des Managements zur weiteren kontinuierlichen Verbesserung aller operationalen Funktionen in den Planungsund Steuerungsprozessen der Produktion. QLKA
Die Einführung von Manufacturing Resource Planning (MRP II) trägt dazu bei, dass die einzelnen Funktionsbereiche eines Unternehmens besser miteinander operieren. MRP II ist das Ergebnis einer unternehmensweit ganzheitlichen Betrachtungsweise aller mit dem Produktionsprozess verbundenen Aktivitäten, ausgehend von einer langfristigen Planung über die dispositiven Maßnahmen bis hin zur operativen Ebene. Miteinander vernetzte Regelkreise sowie ein permanenter Soll/Ist-Abgleich definierter Leistungskennzahlen über alle Ebenen sorgt für die notwendige Managementinformation für ein umfassendes PPS Management-Controlling. Das Erreichen des Class-A-Status setzt die Erfüllung der umfangreichen Checklistenpunkte-Kennzahlen voraus (Bild 14), die detaillierte technische Fragen, Angaben bezüglich der Datenintegrität, Fragen hinsichtlich Schulung und Training sowie zur umfassenden Nutzung des Systems enthält. Um die vollen 100 % der Checkliste zu erreichen, muss ein geschlossener MRP II-Regelkreis mit vollständig integrierten Elementen der Planung, Disposition, Steuerung und des Controllings existieren. Das Management trifft sämtliche Entscheidungen aufgrund des formalen Systems, wobei alle Kriterien, wie z. B. Lagerbestände, Produktionszeiten, Liefertermintreue zwischen 90 % und 100 % Erfüllung liegen. Dass insgesamt nur wenige der MRP II-Anwender das Ziel Class A erreichen, liegt daran, dass das MRP II-Konzept oftmals nicht mit voller Konsequenz umgesetzt wird. Das Wichtigste bei der Einführung eines MRP II-Systems ist die zielgerechte Schulung und Motivation der Mitarbeiter. Ein weiterer wichtiger Baustein zum Erfolg ist die aktive Einbeziehung der Geschäftsführung, die gleichermaßen als Projektinitiator und Controllinginstanz fungiert.
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Die A B C D Checkliste Technische Fragen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
JA
Perioden für Primärbedarfsplanung (MPS) und Materialbedarfsplanung (MRP) in Wochen oder kleiner. Primärbedarfsplanung (MPS) und Materialbedarfsplanung (MRP) wird wöchentlich oder häufiger durchgeführt. Das System sieht die Möglichkeit fest eingeplanter Aufträge und die Zusammenfassung gleicher Bedarfe vor. Das Ergebnis der Primärbedarfsplanung wird kontrolliert und, wenn notwendig, korrigiert. Entscheidungen werden nicht automatisch getroffen. Das System verfügt über eine Kapazitätsgrob- und -feinplanung. Das System verfügt über eine tägliche Prioritätsliste. Das System verfügt über INPUT/OUTPUT Kontrolle.
NEIN
Fragen zur Datenintegrität 8. Die Bestandsgenauigkeit ist 95 % oder besser 9. Die Stücklisten-/Rezepturengenauigkeit ist 98% oder besser 10. Die Genauigkeit der Arbeitspläne ist 95 % oder besser
Schulung und Training 11. Anfangstraining von mind. 80 % aller betroffenen Mitarbeiter 12. Planung und Durchführung eines permanenten MRP II-Weiterbildungsprogramms
Fragen zur Benutzung des Systems 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24.
25.
Die Fehlmengenliste ist nicht mehr existent, d. h. es gibt keine Auftragsrückstände Die Einhaltung der Liefertermintreue durch die Lieferanten ist 95 % oder besser Die Beschaffungsplanung erstreckt sich über die festgelegte Wiederbeschaffungszeit hinaus Termineinhaltung der Herstellungsaufträge 95 % oder besser Die Genauigkeit der Primärbedarfsplanung (MPS) 95 % oder besser Es finden regelmäßig (1x monatlich) Besprechungen über die Produktionsplanung mit der Geschäftsführung, der Produktion, dem Verkauf, Marketing, Finanzwesen, Entwicklung und Materialwirtschaft statt. Es gibt schriftliche Anweisungen für die Primärbedarfsplanung, nach welcher entsprechend gearbeitet wird Das implementierte System wird sowohl für die gesamte Planung als auch für die Bestellabwicklung genützt. Die MRP II Philosophie wird von allen Führungskräften in der Produktion, im Verkauf, Marketing, Finanzwesen, der Entwicklung, der Materialwirtschaft und der Geschäftsführung verstanden. Das gesamte Management benutzt die MRP II Philosophie für die Planung und Regelung aller Geschäftsplanungsaktivitäten. Technische Änderungen werden termingemäß und ohne jegliche Zeitverzögerung implementiert. Gleichzeitige Verbesserungen wurden zumindest in zwei der drei folgenden Bereiche erreicht Bestände Produktivität Lieferservicegrad MRP II wird auch für die Finanzplanung angewendet.
Klassifiaktion Class Class Class Class
A B C D
90 - 100 % 70 - 90 % 50 - 70 % < 50 %
= = = =
23 -25 18 - 22 13 - 17 12
Fragen Fragen Fragen Fragen
Bild 14: Die ABCD-Checkliste des MRP II-Systems
DIE GRUNDLAGEN DES PPS-MANAGEMENTS
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Durch konsequente Einhaltung des MRP II-Konzeptes und somit auch die Realisierung des Class-A-Ziels sind folgende wirtschaftliche Vorteile zu erzielen /3/: •
Liefertermintreue über 98 %
•
Bestandsreduzierung bis zu 30 %
•
Fehlteilereduzierung bis zu 80 %
•
Überstundenabbau bis zu 10 %
•
Produktivitätssteigerung bis zu 10 %
•
Reduzierung der Beschaffungskosten bis zu 5 %
•
Reduzierung der Verschrottungskosten bis zu 10 %
•
Verbesserung der Plan-Genauigkeit bis zu 96 %.
35
3 Von der traditionell verstandenen PPS-Welt in das PPS-Management: Die Gestaltung des PPS-Managements Bezug nehmend auf die Definition des Begriffes „Produktion“ (Bild 10) ist das PPS-Management keine Einzelaufgabe ausgewiesener PPS-Fachleute. Das PPS-Management ist eine Gemeinschaftsaufgabe aller an der Produktion beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das PPS-Management ist dann erfolgreich, wenn die in Wechselbeziehung zueinander stehenden Funktionen der Produktion ihre Kompetenzen, ihr Wissen, ihre Erfahrungen und ihre Ziele kommunizieren, koordinieren und in diesem Sinne kooperieren und bedient sich methodisch für die Grobplanung und -steuerung aller Aufträge der Anwendung des MRP II-Systems. Das PPS Management
Entwicklung/ Konstruktion Versand
Arbeitsvorbereitung
Kommunikation Koordination Kooperation Kompetenz
Montage
Fertigung
Einkauf
PPS
Bild 15: Das PPS-Management als Gemeinschaftsaufgabe des Unternehmens
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DIE GESTALTUNG DES PPS-MANAGEMENTS
Konsequenterweise müssten im Sinne einer so verstandenen PPS KL Stücklisten, Arbeits- und ggf. auch Prüfpläne für die Funktionsbereiche der Entwicklung, Konstruktion, der Arbeitsvorbereitung und des Versands geschrieben werden, um die Ressourcenverfügbarkeit mit einer dazugehörigen Terminierung pro Auftragsdurchlauf entlang der Prozesskette der Kundenauftragsbearbeitung sicher planen zu können. Dabei muss das EDVgestützte PPS-System die Grobplanung von zentraler Stelle über einen Zeitraum von z. B. 2 Wochen Auftragsvorschau übernehmen, die Feinplanung ist von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Funktionsbereichen der Produktion durchzuführen, um die vom Kunden geforderte Flexibilität z. B. in der Reihenfolgeplanung zu produzierender Aufträge zu erhalten. Die im Bild 8 dargestellten Methoden der PPS können fast uneingeschränkt in den benannten Funktionen der Produktion gemäß Bild 10 eingesetzt werden. In der Praxis wird davon leider zu wenig Gebrauch gemacht. Arbeitspläne in der Entwicklung und Konstruktion mit der Vorgabe von (Standard-)Bearbeitungszeiten für z. B. die Zeichnungserstellung oder eine Kapazitätsplanung im Bereich der Arbeitsvorbereitung mit einer darauf abgestimmten Erstellung von Fertigungspapieren zum richtigen Zeitpunkt erscheinen in der gelebten PPSWelt doch eher als Ausnahme. Die dadurch verpassten Chancen, mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit in den Planungs- und Steuerungsprozessen der Produktion zu bekommen, sollten für das verantwortliche PPSManagement Motivation genug sein, um diese versteckten PPS-Schätze zu heben. Ein wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit der Feinplanung ist LA die Visualisierung der (MRP II-)Planungsergebnisse und -erfolge in den einzelnen Funktionsbereichen der Produktion. Die Qualität der PPSArbeit vor Ort lässt sich einfach und anschaulich an der Erreichung der JiTFähigkeit in den Bereichen Entwicklung, Konstruktion, Arbeitsvorbereitung, Einkauf, Fertigung, Montage und Versand messen. Die Erreichung einer Termintreue von 100 % in jedem dieser Bereiche bedeutet eine 100%ige Liefertermintreue für die Ablieferung des Erzeugnisses an den Kunden. Die aktuelle, tagesgenaue Einhaltung des vereinbarten Termins lässt sich z. B. mit Hilfe der „Ampel“ visualisieren (vgl. Bild 16) •
Aufträge im grünen Bereich bedeuten „im Termin“
•
Aufträge im gelben Bereich bedeuten z. B. Terminverzug < 2AT
•
Aufträge im roten Bereich bedeuten z. B. Terminverzug > 2AT.
DIE GESTALTUNG DES PPS-MANAGEMENTS
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LTT = ? VERTRIEB
ROT GELB GRüN
ENTWICKLUNG KONSTRUKTION
ROT GELB GRüN
MONTAGE
LTT=?
FERTIGUNG
ROT GELB GRüN
AV/EINKAUF
ROT GELB GRüN
LTT = ?
LTT=? ROT GELB GRüN
VERSAND
LTT = ?
Kunde LTT = Liefertermintreue
Abweichung der LTT > 2 AT
(ROT)
Abweichung der LTT 1 – 2 AT
(GELB)
LTT JiT (Just in time)
(GRÜN)
Bild 16: Der Prozess der Auftragsbearbeitung: Die Steuerung der Aufträge mit der „Ampel“
„Mit dieser Ampelsteuerung“ durch den gesamten Prozess der Kundenauftragsbearbeitung wird nicht nur die aktuelle Terminsituation der freigegebenen Aufträge bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern direkt aufgezeigt, sondern auch der PPS-Auftrag in den Funktionen direkt sichtbar: alle Aufträge sollen im grünen JiT-Zeitbereich stehen. Zudem lassen sich dort die Engpässe in der Auftragsbearbeitung identifizieren, wo die meisten Aufträge in der roten Zeitzone liegen. Dort ist dann mit einer verbesserten Termin- und Kapazi-
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DIE GESTALTUNG DES PPS-MANAGEMENTS
tätsplanung der Engpass aufzulösen, so dass der gesamte Produktionsprozess geglättet und harmonisiert wird. Bei einer Reduzierung der gelben Zeitzone von max. zwei auf einen Arbeitstag ergeben sich zusätzlich verkürzte Durchlaufzeiten und verringerte Umlaufbestände in der Produktion, was wiederum den Anforderungen der Kunden nach kurzen Lieferzeiten entgegenkommt. Die in der roten Zeitzone liegenden Aufträge sind die Rückstände in der Produktion. Die Analyse der Ursachen für die vorliegenden Zeitverzögerungen in funktionsübergreifend zusammengesetzten Verbesserungsgruppen stellen erste Ansätze für die Realisierung einer rückstandsfreien Produktion dar. Die Visualisierung der Anzahl rückständiger Aufträge im jeweiligen Funktionsbereich ist ein motivierendes Moment für die Beschäftigten, um das verständliche Ziel der rückstandsfreien Produktion erreichen zu können. Die Möglichkeiten dieser Zielerreichung liegen ursächlich nicht unbedingt im Verantwortungsbereich der Funktion selbst, in der diese Rückstände ausgewiesen werden. Die Ursachen lassen sich gemeinhin nur unter Veranschaulichung der Beziehungen und Abhängigkeiten im gesamten Kundenauftragsbearbeitungsprozess aufzeigen und über das Erlebbarmachen interner Kunden-Lieferantenbeziehungen zwischen den Funktionsbereichen nachhaltig beseitigen (vgl. Kapitel 5.3).
3.1
Das Auftragszentrum
Die Grobplanung der Aufträge über einen Zeithorizont von z. B. 2 Kalenderwochen sollte zentral z. B. von der Arbeitsvorbereitung oder von einem Produktionsplanungs- und -steuerungszentrum wahrgenommen werden. Dieses so genannte Auftragszentrum oder diese Auftragsleitstelle vertritt sozusagen die Interessen des Kunden im Unternehmen. Die Hauptaufgaben der Mitarbeiter im Auftragszentrum sind •
Koordination und Abstimmung der Angebotsbearbeitung bis zur Bestätigung des Auftrages.
•
Auflösung der Aufträge mit Termin- und Kapazitätsplanung für Konstruktion, Arbeitsvorbereitung, Fertigung, Montage und Versand bei QLKA der Angebots- wie bei der Auftragsbearbeitung.
•
Auftragsfortschrittskontrolle in Konstruktion, Fertigung und Montage einschließlich Störungsbearbeitung und bereichsübergreifende Umplanung.
•
Lager- und Materialwirtschaft.
DIE GESTALTUNG DES PPS-MANAGEMENTS
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So bietet das Auftragszentrum die Möglichkeit, schon von der Bearbeitung des Angebots an, terminkritische Materialien und Kapazitäten im Betrieb frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu agieren. Als ihr Kennzeichen kann die Integration von Aufgaben der Angebotserstellung und der Koordinierung verschiedener Aufträge angesehen werden. Damit wird an zentraler Stelle das frühzeitige Management sämtlicher auftragsbedingter Terminierungen in Konstruktion, Arbeitsvorbereitung, Fertigung, Montage, Versand und der rechzeitigen Beschaffung von Zukaufteilen ermöglicht. Bei der Bestätigung des Auftrages können sofort die wichtigsten Maßnahmen getroffen werden, um eine verzögerungsfreie Produktion zu gewährleisten: •
Die Auflösung des Auftrags in Fremdbeschaffungsteile und Eigenfertigungsteile.
•
Die Bestimmung der Baugruppen zur Neukonstruktion und die Weitergabe in die Konstruktion.
•
Die Bestimmung der notwendigen Materialien für die Fertigung und die Beschaffung terminkritischer Komponenten.
•
Die parallele Disposition von Material und Kapazität.
Im Gegensatz zur traditionellen Fertigungssteuerung werden im Auftragszentrum nur noch die nach Auftragsbestätigung und Kapazität errechneten Ecktermine für die einzelnen Bereiche überwacht und übergreifende Veränderungen bearbeitet. Die Feinsteuerung und dezidierte Arbeitsgangkontrolle wird aus diesem Bereich gänzlich herausgenommen und in die operativen Bereiche der Konstruktion, Arbeitsvorbereitung, Fertigung, Montage und in den Versand, z. B. unter Anwendung der „Ampel“-Steuerung, delegiert. Die Organisation der zentralen Grobplanung und -steuerung im Auftragszentrum arbeitet nach dem Zugprinzip und der Methode der Bewertung interner Kunden-Lieferanten-Beziehungen. Im Auftragszentrum werden die Kundenaufträge unter Berücksichtigung der verfügbaren Ressourcen pro Funktionsbereich nach den MRP II-Prinzipien durch die Prozesskette der Kundenauftragsbearbeitung durchterminiert. Dabei entscheiden die jeweiligen Funktionsbereichsleiter über die Machbarkeit des geplanten Termins. Da eine diesbezügliche funktionsübergreifend organisierte Produktionsbesprechung täglich stattfindet, kann mit dem Kunden nach spätestens einem Arbeitstag ein verbindlicher Liefertermin vereinbart werden. Dem Auftragszentrum fällt die Aufgabe zu, die vereinbarten Ecktermine zu überwachen und ggf. die Arbeitsergebnisse aus den einzelnen Funktionsbereichen abzufordern. Zusätzlich bewertet das Auftragszentrum die JiT-Qualität bzw. -Fähigkeit seiner internen Lieferanten.
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DIE GESTALTUNG DES PPS-MANAGEMENTS
Bei konsequenter Planung, Steuerung und Überwachung des Auftragsdurchlaufes durch das Auftragszentrum und durch die intensive Zusammenarbeit mit der Auftragsführung ist zu erwarten, dass /5/ •
die Auftragsklarstellung eines jeden Auftrages systematisch bei Auftragseingang unter voller Mitwirkung der einzelnen Funktionsbereiche erfolgt.
•
die Termin- und Kapazitätsplanung alle an der Durchführung der Aufträge beteiligten Funktionsbereiche des Unternehmens einschließt.
•
die Abhängigkeiten der Arbeiten zwischen den Bereichen terminlich berücksichtigt sind.
•
die Auslastung der Konstruktion, der Arbeitsvorbereitung, der Fertigung und der Montage jederzeit aktuell erkennbar ist.
•
eine frühzeitige und gezielte Vorabfestlegung und Bestellung von terminkritischem Material erfolgt.
•
die Gesamtdurchlaufzeiten abgekürzt werden können.
•
die Durchführung der Arbeiten koordiniert verläuft.
•
die Auswirkungen von Terminüberschreitungen einzelner Funktionsbereiche, Abteilungen und Gruppen sofort aufgezeigt werden können.
•
die Liefertermineinhaltung nachhaltig verbessert wird.
•
viele Terminbesprechungen entfallen können bzw. effizienter werden.
•
eine neue, verbesserte Ablauforganisation vorliegt, mit der viele heute vorhandene Reibungsverluste vermieden werden können.
•
viele manuell geführten Listen und Aufschreibungen entfallen können, insbesondere für - die Terminplanung und -verfolgung - Konstruktionsstunden und dadurch auch der damit verbundene Mehraufwand vermieden werden kann.
DIE GESTALTUNG DES PPS-MANAGEMENTS
3.2
41
Das PPS-Management im Auftragszentrum in der Praxis
In einer praktischen Anwendung wurde eine rein verrichtungsorientierte Organisation durch ein Auftragszentrum abgelöst. Die Ausgangssituation in dem Gießereiunternehmen gestaltete sich derart, dass die eingehenden Aufträge zum Giessen eingeplant wurden, ohne die nachfolgenden Arbeitsvorgänge in der mechanischen Bearbeitung oder in der weiteren Fremdbearbeitung terminlich zu berücksichtigen. Nach der Durchführung des Gießprozesses wurden die Aufträge gesondert in der Arbeitsvorbereitung der mechanischen Bearbeitung und anschließend wiederum gesondert für die externe Bearbeitung geplant und gesteuert. Die Folge dieser zerstückelten, nicht prozessorientierten Planung waren nicht aufeinander abgestimmte Kapazitäten, die zu wechselnden Engpässen und damit zu langen Durchlaufzeiten mit einer unbefriedigenden Liefertermintreue führten (Bild 17). Mit der Einführung des Auftragszentrums, das räumlich gesehen in der Nähe der Produktion angesiedelt wurde, konnte durch die Zusammenlegung der Verantwortlichkeiten der Arbeitsvorbereitung für das Gießen, die mechanische und die Fremdbearbeitung eine Durchterminierung alle Aufträge erreicht werden. Die zentrale organisierte Grobplanung der Aufträge über alle Funktionen hinweg befindet sich in diesem Beispiel gedanklich am Ende der Prozesskette vor dem Versand (Bild 18). Die Gesamtauftragsverantwortlichkeit wird vom Auftragszentrum wahrgenommen. Die Produktionssteuerung erfolgt so, dass die jeweils nachgelagerten Bearbeitungsbereiche die produzierten Arbeitsergebnisse aus den jeweils vorgelagerten Bereichen ziehen sollen, d. h., dass zur Einhaltung der jeweiligen abgestimmten Liefertermine pro Funktionsbereich z. B. die mechanische Bearbeitung die gegossenen Teile zum Termin aus der Gießerei abfordern muss. Unterstützt wird das Auftragszentrum durch eine selbst gestaltete Plantafel, die den jeweiligen Auftragsfortschritt auch mit der Kennzeichnung „grün - gelb - rot“ gemäß der Ampelsteuerung auf LA den Auftragskarten visualisiert (Bild 19). In der täglichen Produktionsbesprechung an dieser Plantafel entscheiden im Auftragszentrum Fertigungsleiter, AV-Leiter, Meister aus der Gießerei und dem Werkzeugbau gemeinsam über kurzfristige Planungsverschiebungen immer unter dem Aspekt der höchstmöglichen Liefertermineinhaltung für alle zur Produktion freigegebenen Aufträge.
DIE GESTALTUNG DES PPS-MANAGEMENTS
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Kunde
Vertrieb
Gießerei geplant Material-, Informationsfluss
AV
AV externe Bearbeitung Material-, Informationsfluss
Gießen
Mechanische Bearbeitung
Externe Bearbeitung geplant
Externe Material-, Bearbeitung Informations-
Material-, Informationsfluss
AV Mechanische Bearbeitung
mechanische Bearbeitung geplant
Versand
fluss
Kunde
Bild 17: Praxisbeispiel Kundenauftragsbearbeitung Zustand vorher: Keine Gesamtverantwortlichkeit in der Kundenauftragsbearbeitung infolge einer zerstückelten, unkoordinierten Produktionsplanung und -steuerung
DIE GESTALTUNG DES PPS-MANAGEMENTS
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Kunde
Externe Bearbeitung
Material-, Informationsfluss
Mechanische Bearbeitung Material-, Informationsfluss
Vertrieb Plantafel AV/ Auftragszentrum
Gießen Material-, Informationsfluss
Versand Material-, Informationsfluss
Kunde
Bild 18: Praxisbeispiel Kundenauftragsbearbeitung Zustand nachher: Einrichten einer zentralen Grobplanung für die Kundenaufträge im Auftragszentrum (AZ) mit der Gesamtverantwortung für die Auftragsbearbeitung im AZ und der Wahrnehmung der Terminverantwortlichkeit pro Bearbeitungsbereich durch die Anwendung des Zugprinzips.
DIE GESTALTUNG DES PPS-MANAGEMENTS
44
Auftragsinformation KW X
KW Y
MO DI
MI
G1
DO FR MO DI
KW X
MI
Praktizieren des Zugprinzips
G2
...... MO DI
MI
MB 1 MB 2
G3
MB 3
G4
MB 4
Legende: =
Auftragspapier mit Terminkennzeichnung schwarz - grau - gepunktet
G
=
Gießmaschine
MB
=
Maschine für die mechanische Bearbeitung
KW
=
Kalenderwoche
Bild 19: Einrichten einer Plantafel im Auftragszentrum: Kommunizieren des täglichen Auftragsfortschritts an der Plantafel im Team
Mit der Einrichtung eines zentral organisiertem Auftragszentrums für die Grobplanung und -steuerung der Produktion gemäß der Handlungsanleitung in Bild 20 und unter Beachtung der •
Koordination von Kapazitäten und Terminen im Gesamtprozess
•
Kommunikation in morgendlichen Produktionsbesprechungen mit der Teilnahme aller betroffenen Funktionsbereiche
•
Kooperation zwischen den Funktionsbereichen im Sinne gelebter interner Kunden-Lieferanten-Beziehungen
DIE GESTALTUNG DES PPS-MANAGEMENTS
•
45
Kompetenz der Funktionsbereiche bezogen auf ihre selbstständig durchzuführende Feinplanung und eigenverantwortlich zu managende Termintreue wurden folgende Ergebnisse in der Praxis erzielt: 1. Reduzierung der Durchlaufzeit der Gesamtauftragsbearbeitung um 76 %. 2. Verbesserung der Liefertermintreue von ca. 60 % auf mehr als 97 %. 3. Senkung der Bestandswerte um 45 %. 4. Verringerung der Qualitätskosten um insgesamt 40 %, z. B. durch Reduktion von Ausschuss, Nacharbeit und Senkung der internen und externen Reklamationen.
DIE GESTALTUNG DES PPS-MANAGEMENTS
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Handlungsanleitung für die Einrichtung eines Auftragszentrums bei Fa. XYZ GmbH Projektarbeit: - Formulieren des Projektauftrages durch Projektleiter / Geschäftsführer - Zusammenstellen des Projektteams - Benennen eines Projektleiters - Erfassen der IST-Situation: Darstellen des Geschäftsprozesses der Kundenauftragsbearbeitung - Erarbeiten des SOLL-Ablaufes des Geschäftsprozesses der Kundenauftragsbearbeitung - Entscheiden über die Einführung des AZ durch die Geschäftsführung - Vereinbaren der Ziele, die mit dem AZ erreicht werden sollen - Erstellen des Projektplans mit Meilensteinen zur Umsetzung des AZ und des SOLL-Ablaufes des Geschäftsprozesses der Kundenauftragsbearbeitung - Zusammenstellen der Anforderungen an das AZ incl. der Personalkapazitäten für das AZ - Gestalten des AZ (Räumlichkeiten, Zusammensetzung, Lage im Betrieb) - Beschreibung der Verantwortlichkeiten und Aufgaben des AZ - Einführen des AZ als organisatorische Drehscheibe der Kundenauftragsbearbeitung
Bild 20: Handlungsanleitung für die Einrichtung eines Auftragszentrums (AZ)
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4 Das PPS-Management in modernen Produktionssystemen Unter dem Begriff „moderne Produktionssysteme“ lassen sich die unterschiedlichsten Prinzipien technischer und organisatorischer Innovationen unterordnen. In der Bezeichnung „modern“ steckt auch das Wort „Mode“, was kritische PPS-Experten oftmals dazu veranlasst hat, durchzuführende Veränderungen innerhalb der PPS „als einer Modeerscheinung folgend“ zu bezeichnen. Im Zusammenhang mit modernen Produktionssystemen werden immer wieder Begrifflichkeiten und Beschreibungen genannt, wie: •
Die wirtschaftliche Produktion der Losgröße 1 nach dem one piece flowPrinzip.
•
Kleine Organisationseinheiten, in denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Teamarbeit auch überfachliche Aufgaben aus den Bereichen des Qualitätsmanagements, der Arbeitsvorbereitung, der PPS und/oder der Instandhaltung eigenverantwortlich und selbstständig wahrnehmen.
•
Optimierte Material-, Informations- und Belegflüsse als Ergebnis von Reorganisationsmaßnahmen nach dem Prinzip der Fertigungssegmentierung oder nach der Einrichtung von Fraktalen.
•
Kundenorientierung und Prozessoptimierung in allen Funktionsbereichen der Kundenauftragsbearbeitung.
•
Messbare und damit gelebte interne Kunden-Lieferantenbeziehungen.
•
Transparente, für die beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erkennbare und nachvollziehbare Abläufe bzw. Prozesse.
•
Die konkrete Umsetzung der Anforderungen an eine lernende Organisation, in der die Lerngeschwindigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter größer ist als die Änderungsgeschwindigkeit des Marktes.
•
Agieren statt Reagieren.
•
Positives Denken in Lösungen bei den Beschäftigten.
•
Die Annahme von für unmöglich gehaltenen Anforderungen mit der Erarbeitung und Umsetzung von Maßnahmen zu deren Realisierung in „small good steps“.
•
Die Übertragung höchstmöglicher Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit in die operative Ebene.
48
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
•
Die Akzeptanz des Null-Fehler-Prinzips mit der systematischen, konsequenten, kontinuierlichen und disziplinierten Bearbeitung und Bewertung dieser Herausforderung.
•
Die wahrhaftige Umsetzung des Anspruches der kontinuierlichen Verbesserung von Produkten und Prozessen, d. h. der Zustände und Fähigkeiten des Unternehmens in Technik, Organisation und Personal (TOPModell).
•
Ein gelebtes und erlebtes Zusammenspiel von Vision, Mission, Strategie, Ziele und Maßnahmen – top down und bottom up.
Nach Ansicht praxiserprobter PPS-Experten sind moderne Produktionssysteme dadurch gekennzeichnet, dass kontinuierliche Verbesserungen in Technik, Organisation und Personal einer Produktion durch die aktive Einbindung der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit nachhaltiger Wirkung durchgeführt werden (vgl. auch Kapitel 5). Dieser kontinuierliche Verbesserungsprozess bildet die kulturelle Grundlage im Unternehmen dafür, dass die Lerngeschwindigkeit in der Organisation größer werden kann als die Änderungsgeschwindigkeit seines Umfeldes, d. h. des Marktes bzw. der Kunden. In wirklich modernen Produktionssystemen steht das ständige Agieren statt des kontinuierlichen Reagierens im Vordergrund. Die zum Erreichen dieser Herausforderung nutzbaren Methoden, Instrumente und Hilfsmittel müssen demnach für die zu beteiligenden Akteure einfach, verständlich, nachvollziehbar und akzeptabel sein, so dass dieses Agieren statt des Reagierens für sie erlebbar wird. Einfach machen und einfach machen stehen als Motto über den modernen Produktionssystemen der Zukunft. Einfach machen bedeutet die Anwendung möglichst einfacher Methoden, Instrumente und A Hilfsmittel. Einfach machen verfolgt im Sinne des „Learning by doing“ das o. a. Ziel, den Markt- bzw. den Kundenanforderungen zur Erhaltung der Wettbewerbssicherheit und damit der persönlichen Arbeitsplatz- und Existenzsicherheit aktiv folgend bzw. sie sogar agierend mitgestalten zu können. Moderne Produktionssysteme sind demnach keine technischen Wunderwerke. Sie sind geprägt durch eine Unternehmenskultur, in der kontinuierliche Verbesserungen in Technik, Organisation und Personal für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machbar und erlebbar werden. Aktiv betriebene Kommunikation – nicht nur über E-Mails – funktions- bzw. bereichsübergreifende Koordination und Kooperation in gemeinsamer Verantwortlichkeit für das erfolgreiche Ergebnis der Kundenauftragsbearbeitung sind grundlegende Eigenschaften moderner Produktionssysteme. Die Realisierung dieser Eigenschaften im Tagesgeschäft macht die Aufgabe bzw. den Auftrag des PPS-
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
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Managements zur Erreichung der JiT-Fähigkeit für alle Kundenaufträge zu 100 % lösbar. Die Installation eines Auftragszentrums (vgl. Kapitel 3.2) ist in diesem Sinne sicherlich ein erster Schritt zur Verwirklichung eines modernen Produktionssystems. Technik Organisation Personal - Flexibilität - Verlässliche Planung - Transparenz - Kommunikation - Visualisierung - Gruppenarbeit - Gelebter KvP - Qualität , Termineinhaltung - Zielvereinbarung mit Einhaltung (intern/extern) - Durchgängige Prozesse (Prozessorientierung)
X X
X X X
X
X X X X
X X X X X X X X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
- Spezielle Zuordnung der Aufgabengebiete: Erstellen von Verantwortungsbeschreibungen - Kennzahlenermittlung - Qualifikationsmatrix (gepflegt und aktualisiert) auch für Führungskräfte - Schlanke Produktionsabläufe mit kurzen DLZ und niedrigen Umlaufbeständen (one Piece Flow) - KANBAN - Motivierte, zufriedene, kompetente Mitarbeiter - Informationen fließen - Führen der MA mit Überzeugung ohne Druck - Einfache verständliche Methoden und Hilfsmittel - Auf das Wesentliche konzentriert: Hohe Wertschöpfung am Produkt
X
- Überwachungsfreie Produktion - Kostengünstige Produktion - Interne Kunden-,Lieferantenbeziehungen
X X
X
X X
X
X
X
X
X X
X X
Bild 21: Wodurch sind moderne Produktionssysteme gekennzeichnet?
50
4.1
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
Die PPS-Management-Vision
Der Erfolg des PPS-Managements in modernen Produktionssystemen lässt sich nur an quantifizierbaren Zielen messen, denn was ich nicht messen kann, kann ich auch nicht managen. Jedes mit Kennzahlen aufgebaute Zielsystem in der Produktion orientiert sich an der Vision und der strategischen Ausrichtung des Unternehmens. Wenn der Blick von der erhofften Zukunft des Unternehmens (= Vision) z. B. die Erzielung der Marktführerschaft in der Branche sein soll und diese Vision z. B. strategisch mit den kürzesten Lieferzeiten und der besten Produktqualität zu realisieren ist, könnte die Vision des PPS-Managements lauten: •
Schaffen von Transparenz in der Produktion: Verwirklichen der „gläsernen“ Produktion oder
•
Visualisieren des Material-, Informations- und Belegflusses an definierten Prozesskopplungspunkten entlang des Wertschöpfungsprozesses oder sehr einfach:
•
Sichtbarmachen des Materialflusses zur Gewährleistung der JiT-Fähigkeit.
4.2
Das PPS-Management-Controlling als Regelungssystem zur Realisierung der PPS-Management-Vision
Die Umsetzung dieser Vision in die betriebliche Wirklichkeit kann auf unterschiedliche Art und Weise erreicht werden. Egal nach welchen Prinzipien die jeweilige Organisation strategisch und dann operativ auf diese Herausforderung auszurichten ist, ist parallel zu diesem Prozess immer ein Kennzahlencontrollingsystem zu installieren, das den Erfolg der getroffenen und durchgeführten Maßnahmen sichtbar macht. Ein PPS-Management-Controlling, basierend auf Kennzahlen, wird benötigt, •
um zu wissen, ob die Produktionsprozesse zur Realisierung der PPSVision tatsächlich verbessert werden.
•
um das richtige Verbesserungspotenzial anhand von Zahlen, Daten, Fakten zu erkennen.
•
um die Verbesserungen ggf. in die richtige Richtung zu bringen.
•
um die PPS-Verbesserungen besser managen zu können.
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
Fertigungslinie 1
Produkt 1
Fertigungslinie 2
Produkt 2
Fertigungslinie 3
Produkt 3
Fertigungslinie 4
Fertigungslinie 5
Produkt 4
Produkt 5
PPSManagement
Die ausgewählten Produktionskennzahlen - Termintreue - Gesamtanlageneffektivität (vgl. Kap. 4.6.3) - Produktivität - Ausschuss - SOS (Sicherheit - Ordnung - Sauberkeit)
tägliche Messung mit anschließendem KVP pro Fertigungslinie
Bild 22: Anwenden des PPS Management Controlling pro Fertigungslinie anhand ausgewählter Produktionskennzahlen (Praxisbeispiel)
51
52
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
Das PPS-Management-Controlling kann in der folgenden Vorgehensweise eingeführt werden: QLKA
•
Festlegen der zu erfassenden Produktionskennzahlen.
•
Vorbereiten der Grafiken zur Kennzahlenerfassung.
•
Aufbauen der Visualisierungslandschaft.
•
Erfassen der Produktionskennzahlen vor Ort durch die MA in vorbereiteten Diagrammen (vgl. Bild 23).
•
Zusammenfassen der Daten wöchentlich, monatlich durch Mittelwertbildung mit Visualisierung zur Bewertung des jeweiligen Trends.
•
Vereinbaren von Zielen in den Produktionskennzahlen nach ca. 2 - 3 Monaten Datenerfassung.
•
Auswerten der erfassten Daten mit der Vereinbarung/Festlegung von Maßnahmen zur Zielerreichung durch die Experten vor Ort incl. Visualisierung und Verfolgung der Umsetzung.
•
Arbeiten mit den Produktionskennzahlen im Rahmen des PPS-Managements zur Verbesserung der Zustände und Fähigkeiten im Prozess der Kundenauftragsbearbeitung.
4.3
Die PPS-Management-Kennzahlen
In einer „gläsernen“ Produktion oder im Rahmen sichtbar gemachter Material-, Informations-, Belegflüsse im Wertschöpfungsprozess sind zur Messbarmachung kurzer Lieferzeiten und hoher Produktqualitäten beispielhaft folgende Kennzahlen innerhalb des PPS-Management-Controllings zu führen, zu visualisieren sowie zu bewerten und auszuwerten. 1.
Liefertermintreue, bezogen auf die bearbeiteten Aufträge täglich in %.
2.
Rückstände nicht termingerecht bearbeiteter Aufträge täglich in Stück.
3.
Anzahl der Rüstvorgänge und Höhe der Rüstzeiten täglich in Stück bzw. in Stunden.
4.
Durchschnittliche Abweichung von te Soll und te Ist gemäß Arbeitsplan täglich in %.
5.
Ausschuss/Fehler täglich in Stück.
6.
Nacharbeit täglich in Stunden.
7.
Anzahl externer Reklamationen monatlich in Stück.
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
53
8.
Anzahl interner Reklamationen, z. B. vom internen Lieferanten wöchentlich in Stück.
9.
Höhe des Qualifikationsniveaus der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halbjährlich in Punkten (vgl. Bild 25).
10. Anzahl umgesetzter Verbesserungen monatlich in Stück (vgl. Kapitel 5.2). 11. Produzierte Herstellkosten täglich in Euro. Bezug nehmend auf die PPS Herausforderungen in der Praxis (Bild 4) kann man diese PPS-Kennzahlen in vier Kennzahlengruppen einordnen. Tabelle A1 PPS Kennzahl/Messgröße
PPS-Kennzahlengruppe
• Ausschuss / Fehler • Nacharbeit • Anzahl externer Reklamationen • Anzahl interner Reklamationen
Qualität (Abkürzung: Q)
• Liefertermintreue • Rückstände
Lieferservicegrad (Abkürzung: L)
• Herstellkosten • Durchschnittliche Abweichung von te SOLL und te IST
Kosten (Abkürzung: K)
• Höhe des Qualifikationsniveaus der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter • Anzahl umgesetzter Verbesserungen • Anzahl Rüstvorgänge und Höhe der Rüstzeiten
Flexibilität / Arbeitszufriedenheit (Abkürzung: A)
Die PPS-Management-Kennzahlen lassen sich in allen Funktionen und über alle Ebenen der Organisation einfach einführen.
54
4.4
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
Das Arbeiten mit den PPS-Management-Kennzahlen im PPS-Management-Controlling
Die Erfassung und Darstellung im PPS-Management Controlling sowie die Bewertung und Auswertung sollen durch die Mitar- Q L K A beiterinnen und Mitarbeiter in der Produktion selbstständig und eigenverantwortlich durchgeführt werden. Auf der einen Seite dokumentieren sie damit den Erfolg ihrer Produktionsarbeit, auf der anderen Seite geben sie den jeweiligen internen Lieferanten eine Rückkopplung über die Qualität ihrer Lieferantentätigkeit. Das PPS-Management sieht sich in diesem Kontext auch als Dienstleister für die Produktion, d. h. sie stellen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den einzelnen Gruppen z. B. die notwendigen Formblätter (vgl. Bild 23) zur Datenerfassung zur Verfügung und unterstützen sie bei der Auswertung dieser Aufschreibungen im Zusammenhang mit der Erarbeitung und Umsetzung daraus abzuleitender Verbesserungsmaßnahmen. Die Kultur dieser Zusammenarbeit ist geprägt durch eine kontinuierliche Verbesserung der Kennzahlen hin zur Zielerreichung sowie durch eine ständige Optimierung der Produktions-, Planungs- und Steuerungsergebnisse durch die gelebte „interne“ Kunden-Lieferantenbeziehungen zwischen dem PPS-Management und den anderen Funktionen der Produktion (vgl. Bild 15). Das Moderne innerhalb dieser Kooperation ist die Delegation eines Teils des PPSManagement Controllings in die operative Ebene der Organisation innerhalb eigenverantwortlich arbeitender Gruppen. Die Herausbildung derartiger Gruppen kann sowohl aus einer vorgeschalteten Reorganisation der Produktion in Fertigungssegmenten bzw. -linien (vgl. Bild 22), in Fraktalen, in Fertigungs- und Montageinseln erfolgen als auch aus der bestehenden Organisation z. B. durch die Bestimmung erhöhter Eigenverantwortlichkeit in den natürlichen Arbeitsgruppen des AZ bzw. der Arbeitsvorbereitung, der Gießerei, der mechanischen Bearbeitung oder des Versandes (vgl. Bild 18) abgeleitet werden. Wichtig dabei ist, dass die Erfassung, die Darstellung sowie die Be- und Auswertung der Zahlen, Daten, Fakten durch das PPS-Management für die Akteure einfach gemacht wird und die Werker in der Produktion diese Erfassung, Darstellung, Be- und Auswertung einfach machen. Folgende Tipps zur Visualisierung haben sich aus der Praxis ergeben: 1.
Die Erfassung und Darstellung der Zahlen, Daten, Fakten (ZDF) in Balkendiagrammen ist anschaulicher als die Eintragung der ZDF in Wertetabellen.
2.
Arbeiten mit Farben, die der Kennzahlengruppe fest zugeordnet sind, wie z. B.:
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
55
Tabelle A2 PPS-Kennzahlengruppe
Farbliche Darstellung der jeweiligen PPS-Kennzahl/Messgröße im Balkendiagramm
Qualität (Q)
grün
Lieferservicegrad (L)
blau
Kosten (K)
schwarz
Flexibilität / Arbeitszufriedenheit
gelb
3.
Beschränken auf das Wesentliche, d. h. Starten z. B. mit jeweils einer Produktionskennzahl aus jeder Kennzahlengruppe.
4.
Auswählen der PPS-Management-Kennzahlen, die durch die Werker auch in Kooperation mit dem PPS-Management selbstständig und eigenverantwortlich zu beeinflussen, zu bewerten und auszuwerten sind.
5.
Darstellen der erfassten Zahlen, Daten, Fakten als Durchschnittswerte über definierte Zeitperioden, wie z. B. Monat oder Quartal, um den Trend aufzeigen und bewerten zu können.
56
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
Bild 23: Vorbereitetes Formblatt zur Erfassung ausgewählter Produktionskennzahlen mit Praxisbeispiel
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
57
Das Controlling des PPS-Managements durch die eigenverantwortlich agierenden und arbeitenden Gruppen ist denkbar einfach (vgl. Bild 24). Die Produktionszahl LTT, d. h. der Wert der termingerecht bearbeiteten Aufträge im Verhältnis zur Summe aller bearbeiteten Aufträge wird täglich in Prozent erfasst und im Balkendiagramm in blauer Farbe dargestellt. Bei einer Abweichung dieses aktuellen Wertes vom Zielwert von z. B. 90 % werden die dafür ausschlaggebenden Ursachen artikel- bzw. auftragsbezogen ermittelt. Die Ursachen der festgestellten Lieferterminabweichungen werden ermittelt und die vereinbarten Maßnahmen für die Verbesserung der Liefertermintreue in das bereitgestellte Formblatt „Maßnahmen zur Verbesserung der Termintreue“ eingetragen. Den Verbesserungsmaßnahmen werden Verantwortlichkeiten und Termine zur Umsetzung aus der Gruppe zugeordnet. Die konkrete Umsetzung dieser Maßnahmen wird die Gruppe zur Erreichung der Zielvereinbarung von 90 % Termintreue für alle bearbeiteten Aufträge voranbringen. Die Umsetzung dieser erarbeiteten und dokumentierten Verbesserungsmaßnahmen kann entweder durch die Mitglieder der Gruppe selbst oder durch interne Lieferanten, z. B. aus dem PPS-Management, durchgeführt werden. Dabei ist die disziplinierte, konsequente und kontinuierliche Arbeit mit den Zahlen, Daten und Fakten unter Nutzung der in der Organisation umfassend vorhandenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten möglichst aller Beschäftigten der wesentliche Erfolgsfaktor für ein herausragendes PPSManagement zur Realisierung der PPS-Management-Vision.
58
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
Termintreue (%)
90% 80%
Ziel
? blau
blau
blau
blau
Tag 1
2
3
31
Maßnahme zur Verbesserung der Termintreue
Auftragsnr.
Ursache
Maßnahme
Verantwortlich
Termin
2 3 1 1 4
1 – Kein Personal 2 – Kein Material 3 – Maschine defekt 4 – Gruppengespräch 5 – Instandhaltung 6 – Reparaturmaßnahme
Umsetzungen der Maßnahmen zur Verbesserung der Termintreue mit zugeordneter Verantwortlichkeit und mit Termin
Bild 24: Der Regelkreis zum PPS-Management Controlling
Die Potenziale der direkten Einbindung eigenverantwortlich arbeitender Gruppen in das PPS-Management-Controlling liegen •
in einer verstärkten Identifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihren Ausführungsprozessen.
•
in der Darstellung ihrer Arbeitserfolge mit den daraus von ihnen zu ermittelnden Maßnahmen für Verbesserungen.
KA
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
59
•
in der Erhöhung der Wertschätzung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch unterstützt durch ihre Integration in den Prozess der Be- und Auswertung ihrer erfassten Zahlen, Daten, Fakten.
•
in der erhöhten Akzeptanz und Motivation gegenüber Innovationen im Arbeitsprozess infolge einer kontinuierlich gesteigerten gemeinsamen Veränderungsenergie in der Gruppe.
•
erfahrungsgemäß in einem Anstieg der Produktivität um ca. 5 % allein durch die Selbstaufschreibung und die tägliche Visualisierung der Arbeitsergebnisse durch die betroffenen Beteiligten..
4.5
Die Kennzahl der Mitarbeiterqualifikation im PPS-Management
Das Arbeiten mit der Kennzahl „Mitarbeiterqualifikation“ lässt sich A mit der Erarbeitung einer auf die Gruppe bezogenen Qualifikationsmatrix sehr einfach und praxisgerecht handhaben. Die fachlichen, methodischen und sozialen Anforderungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gruppe werden in Kooperation mit der Führungskraft dargestellt und in das vorbereitete Schema der Qualifikationsmatrix eingetragen (vgl. Bild 25). Die Mitglieder der Gruppe führen eine Selbstbewertung hinsichtlich ihrer Erfüllung dieser Anforderungen nach einem vorgegebenen Bewertungsschlüssel durch. Als Ergebnis entsteht das Qualifikationsprofil des einzelnen Mitarbeiters. Mit einer Fremdbewertung des jeweiligen Gruppenmitarbeiters durch den Gruppenleiter (die Führungskraft) ergibt sich ein zweites Qualifikationsprofil des Mitarbeiters. Die möglichen Unterschiede zwischen der Selbst- und der Fremdbewertung sowie der qualifikatorischen Zielorientierung sind innerhalb eines Personalgespräches abzuklären und ggf. durch vereinbarte Weiterbildungsmaßnahmen aufzuheben. Auch bei der Kennzahl der Mitarbeiterqualifikation lässt sich über den ermittelten Zahlenwert des Qualifikationsstandes sowohl pro Mitarbeiter als auch für die gesamte Gruppe eine Zielvereinbarung schließen, die sich über den verabredeten Zeitraum der Verbesserung auch controllen lässt (vgl. Bild 26). Das Arbeiten mit der Qualifikationsmatrix lässt sich auf alle Gruppen der Produktion und der Administration incl. der Gruppe der Führungskräfte (vgl. Bild 27) anwenden.
60
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
Qualifikationsmatrix: mit Bezug zum PPS-Management
Anforderungen - Fachlich Beherrschen des PPS-Basiswissens Kennen des Fertigungs-, Montageprozesses Lesen von Zeichnungen und Arbeitsplänen Bedienen von mehr als 3 Maschinen Einrichten/Rüsten der Maschinen
Bewertungsschema: 4 = Sehr Gut 3 = Gut 2 = Befriedigend 1 = zu Verbessern MA1/FK
MA2/FK
MA3/FK
Ziel
3 2
3 3
3 3
4 1 1
3 2 2
3 3 3
1 3
3 4
3 3
2 3
1 3
3 3
4 2 3 2 2 3
4 2 2 2 3 3
3 3 3 3 3 3
- Methodisch Beherrschen von Problemlösungstechniken Analysieren der Kennzahlen des PPSManagements Präsentieren von Gruppenerfolgen Moderieren des KVP in der Gruppe
- Sozial Teamfähig Kritikfähig Konfliktfähig Kommunikationsfähig Flexibel einsetzbar Mitarbeiten in funktionsübergreifend zusammengesetzten Verbesserungsgruppen
Auswertung
36/40 45
Bild 25: Das Qualifikationsniveau als eine Kennzahl zur Mitarbeiterzufriedenheit
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
61
44
36 03.05.200x
31.07.200x
30.09.200x
31.12.200x
Bild 26: Ziel: Erhöhen des Qualifikations-Niveaus des MA 1 von 36 auf z. B. 44 bis 31. 12.200x in den 8 eingekreisten Anforderungen zur Erreichung des Qualifikationsziels von 3 für jede Anforderung in kleinen Schritten Anforderung
Zuordnung
Beherrschen der PPS-Welt
fachlich
Identifikation mit der Arbeit / Produkt
fachlich
Kostenbewusstsein
fachlich
Zielorientiertes Arbeiten
methodisch
Organisationstalent
methodisch
Entscheidungsfreudigkeit
methodisch
Umgang mit Mitarbeitern, Führungsstil
sozial
Verantwortungsbewusstsein
sozial
Fairness
sozial
Hilfsbereitschaft
sozial
Flexibilität
sozial
Ein guter PPS-Manager als Unternehmer ist jemand, der etwas unternimmt
Bild 27: Der PPS Manager als Unternehmer: Eine Zusammenfassung der Anforderungen an PPS-Manager
62
4.6
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
Die Zusammenarbeit innerhalb des PPS-Managements
Die Integration abgestimmter PPS-Managementaufgaben in die operative Ebene verlangt einfache verständliche Hilfsmittel für die eigenverantwortlich arbeitenden Gruppen, z. B. zur Wahrnehmung der Feinplanung und Feinsteuerung ihrer Aufträge. Die Feinplanung innerhalb der Produktionsplanung setzt auf verfügbare Material- und Kapazitätsressourcen und damit auf die zur Produktion freigegebenen Aufträge innerhalb des Master Production Schedules (MPS, vgl. Kapitel 2.5) auf. In der täglichen PPS-Praxis tritt dieser Idealzustand allerdings nur selten auf. MRP II-Bewertungen mit Class C oder D, unzureichende Zielerfüllungsgrade innerhalb des PPS-Management-Controlling oder eine in der operativen Ebene spürbare Disharmonie im Produktionsablauf, in dem Materialien, Belege und Informationen mehr stehen als fließen, sind messbare Kriterien für die Prozessunsicherheit innerhalb der PPS-Managements. Demzufolge ist die wechselseitige Weiterentwicklung und nachweisbare Verbesserung der o. a. Kriterien innerhalb des PPS-Managements in Zusammenarbeit mit den eigenverantwortlich arbeitenden Gruppen in Entwicklung/Konstruktion, Arbeitsvorbereitung, Einkauf, Fertigung, Montage und Versand eine notwendige Voraussetzung zur Erreichung von Lieferzeiten und Produktqualitäten mit dem Gütesiegel „best in class“. 4.6.1
Die Zusammenarbeit im PPS-Management innerhalb der Produktionsprogrammplanung
Mit der Bereitstellung eines prozesssicheren MPS, z. B. über einen Zeitraum von 1 - 2 Wochen wären die ersten Ansätze für eine beruhigte und damit harmonische Arbeit in den Funktionsbereichen gegeben. Für unregelmäßig wiederkehrende Aufträge des Kunden hat es sich auf Seiten des PPSManagements bewährt, dass die Disposition für den Kunden durch das PPSManagement als zusätzliche Dienstleistung übernommen wird. Dazu müssen die Verbrauchszahlen des Kunden an die Produktionsplanung und -steuerung täglich kommuniziert werden. Die Bestandsführung ist dann für die Produkte des Kunden durch das PPS-Management einfach machbar. Diese Vorgehensweise beugt einer spontanen Auftragsfreigabe aufgrund einer vergessenen Nachbestellung des Kunden vor. Die Vorhersehbarkeit des Termins und der Stückzahlmenge bei Kundenabrufaufträgen stellt oftmals eine besondere Herausforderung dar. Die Spontaneität des Abrufes seitens des Kunden verursacht beim Lieferanten ungewollte Spitzen im Kapazitätsgebirge, die zu einer Unruhe im Betrieb führen. Eine Datenanalyse von geplanten Abrufzahlen des
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
63
Kunden und tatsächlich abgerufenen Erzeugnissen über mehrere unterschiedliche Erzeugnisse, für verschiedene Kunden und über einen Zeitraum von 9 Monaten hatte eine durchschnittliche Abweichung von ± 10 % ergeben. Eine Überbevorratung dieser Abruferzeugnisse um ca. 10 % hätte dementsprechend für eine beruhigte Produktion und damit zu mehr Produktivität geführt. Gemäß der Andlerschen Losgrößenformel wären mit dieser Bestandserhöhung von ca. 10 % die Bestandswerte lediglich um 2,5 % gestiegen /4/. Eine Maßnahme zur Vorbeugung ungewöhnlich hoher BestellzahL len des Kunden bezogen auf bestehende Verträge ist die Vereinbarung so genannter Lieferantenparameter zwischen dem Kunden und dem Einkauf. Die frühzeitige Abklärung der Lieferkonditionen bei der Bestellung von überdurchschnittlich hohen Stückzahlmengen des Kunden ist eine wichtige Komponente nicht nur für die prozesssichere Erstellung des MPS, sondern auch für die materialflussoptimierte Herstellung der Erzeugnisse. Die o. a. Übernahme der Dispositionskompetenz für den Kunden durch das PPSManagement unterstützt die Erreichung dieser Produktionsausrichtung. Die Lieferantenparameter regeln auf vertraglicher Ebene die Zusammenarbeit zwischen den Produktbedarfen des Kunden und den logistischen Möglichkeiten zur Bedarfserfüllung seitens des Lieferanten. Dabei können die Produktbedarfe des Kunden z. B. in Form von Abrufzahlen im Zusammenhang mit Rahmenverträgen eingefordert werden. Die Lieferantenparameter geben dem Lieferanten in diesem Fall die Möglichkeit, in Anbetracht seiner bestehenden logistischen und dispositiven Möglichkeiten auf die oft kurzfristig eingehenden Abrufe adäquat reagieren zu können. Die folgende Darstellung beschreibt ein mögliches Schema für die Festlegung von Lieferantenparametern: Schema für die Festlegung von Lieferantenparametern 1.
Bestellungen und Auftragsannahme
1.1 gemäß den Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen 1.2 z. B. gemäß der vom VDA empfohlenen Bedingungen in ihrer jeweiligen gültigen Fassung 1.3 gemäß den zwischen den Vertragspartnern am ... schriftlich vereinbarten Bedingungen
64
2.
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
Festlegen der AX-Teile (Beispiel)
Lieferanteil bezogen auf eine Gesamtlieferung Fertigungslosgröße: Mindestbestand: Wiederbeschaffungszeit 3.
Lieferprogramm-Einteilung
4 Kalenderwochen = 2. bis 4. Folgemonat = ab 5. Monat = 4.
fester Liefertermin Produktionsfreigabe als Vorschau
Anlieferungsfrequenz
Täglich Wöchentlich Monatlich 5.
O O O
Reaktionszeit bei (Beispiel)
Bedarfserhöhung um 25 %: Bedarfserhöhung um 50 %: Einzelauftrag: Neuteil: 6.
2 Wochen 4 Wochen 6 Wochen 10 Wochen
Über- und Unterlieferanten
(mengenmäßig und terminlich) bei AX-Teilen: bei Einzelaufträgen: 7.
60 % 10.000 Stück 15.000 Stück 6 Wochen
Menge z. B. 0% +/- 5 %
Termin z. B. 0% 0%
Datenaustausch
Beide Vertragspartner verpflichten sich zu einem regelmäßigen Datenaustausch bei: – Auslaufteil – Zeichnungsänderung – Normung.
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
4.6.2
65
Die Zusammenarbeit im PPS-Management innerhalb der Mengenplanung und der Auftragsveranlassung
Die Anforderung der Fertigung und Montage an die Funktion der PPS ist denkbar einfach: Bereitstellen der richtigen Materialien zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Menge und in der richtigen Qualität. Die Umsetzung dieses Anspruches in der betrieblichen Praxis in Kooperation zwischen der Materialwirtschaft der PPS und des Einkaufs erscheint demgegenüber schon schwieriger. Die Bestätigung der vorhandenen Verfügbarkeit des Materials durch das EDV-gestützte PPS-Modul der Materialwirtschaft wird dann ad absurdum geführt, wenn die Materialbereitstellung in der Fertigung bzw. Montage in das leere Lagerfach greift, wo eigentlich der verfügbar ausgewiesene Bestand des Artikels lagern sollte. Ungeplante Entnahmen, undiszipliniertes Zu- und Abbuchen von Teilen, Baugruppen oder gar Erzeugnissen können u. a. die Ursachen für die Abweichungen von Beständen zwischen der Materialwirtschaft und der Lagerwirtschaft sein. Insbesondere dann wird es besonders ärgerlich, wenn ein teures Fertigteil deshalb nicht termingetreu an den Kunden ausgeliefert werden kann, wenn ein vergleichsweise sehr preisgünstiges Zukaufteil oder Eigenfertigungsteil als Fehlbestand ausgewiesen wird. Gerade in solchen Fällen sehnen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Wertschöpfungsprozess danach, dieses Fehlteil wie im Supermarkt einkaufen bzw. für ihre Materialbevorratung beschaffen zu können. Bei der Erarbeitung der Kanban-Methode zur Realisierung eines LA vereinfachten Materialflusses im Unternehmen flossen die Prinzipien und Aspekte des Einkaufens in einem Supermarkt ein. Für ein verbessertes Verständnis der Kanban-Abläufe ist es dementsprechend hilfreich, die Zustände und Abläufe über das Einkaufen in einem Supermarkt zu analysieren. In einem Supermarkt sind die folgenden Gegebenheiten realisiert: •
Die Produkte liegen übersichtlich an einem festen Lagerort im Regal.
•
Die Lagerorte sind nach einem festgelegten Standard beschriftet.
•
Die Produkte sind verfügbar.
•
Die Produkte sind in Produktgruppen eingeteilt und für den Kunden leicht zu finden.
•
Die Regalfächer werden kontinuierlich aufgefüllt.
•
Die Produkte lagern sauber und ordentlich.
•
Die Produkte sind einfach aus dem Regal zu entnehmen.
•
Je nach Bedarf sind einfache Hilfsmittel zur Entnahme der Produkte oder zum Wiegen und Verpacken einzelner Produkte bereitgestellt.
66
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
•
Die Durchlaufzeit zur Füllung des Warenkorbs ist kurz.
•
Die Transportwege zu den Produktgruppen sind gekennzeichnet.
•
Menschen mit geringen Lesefähigkeiten können im Supermarkt einkaufen.
•
Der Durchlauf durch den Supermarkt ist einfach organisiert.
Diese Materialbeschaffung nach dem Supermarktprinzip stand Pate bei der Konzeption des selbststeuernden Regelkreises mit Kanban. Kanban bedeutet Karte und verfolgt das Ziel, im Rahmen der Kooperation zwischen der PPSFunktion Mengenplanung und z. B. der Fertigung und Montage für ausgewiesene Teile, die Disposition in die Verantwortung der operativen Ebene zu legen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Fertigung und Montage sehen den Verbrauch dieser Teile und bestellen ihre Teile mit der Kanban/Karte beim internen oder externen Lieferanten direkt nach. Sie holen sich praktisch ihre Teile vom internen bzw. externen Lieferanten. Im Zusammenhang mit der Konzeption dieser selbststeuernden Kanban-Kreisläufe unterscheidet man generell zwischen einem Einkarten- und einem Zweikartensystem. Entsprechend der im Bild 28 dargestellten Prinzipskizze zum Kanban-System beschreibt der mit „T“ gekennzeichneten Kreislauf den Transport neuer Teile in das Kundenregal. In dem mit „P“ beschriebenen Kanban-Kreislauf werden die Teile entsprechend den Informationen auf dem P-Kanban beim externen Lieferanten produziert und in das Lieferantenregal eingelagert. Der Austausch des P-Kanbans durch den T-Kanban im Lieferantenregal setzt die notwendige P-Karte frei und stellt damit einen Produktionsauftrag für den Lieferanten dar. Auf dem P-Kanban stehen die notwendigen Auftragsinformationen für den Lieferanten. Für eine Reduzierung der Umlaufbestandswerte in diesem doppelten Kanban-Kreislauf kann auf das Lieferantenregal verzichtet werden. Durch den damit verbundenen Verzicht auf das Lieferantenregal reduziert sich das Materialbeschaffungssystem auf ein 1-Karten-System, wobei der Lieferant seine Teile direkt in das Kundenregal einlagert. Eine schnelle Zulieferung der Teile mit kurzen Wiederbeschaffungszeiten durch den Lieferanten ist dafür eine unabdingbare Voraussetzung.
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
T
Kasse
67
T
Kundenregal T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
T
TransportKanbanKreislauf
T
T T
Austausch P-Karte durch T-Karte
Lieferantenregal P
P
P
P
P
P
P
P
P
P
ProduktionsKanbanKreislauf
P
P Lieferant
P
Legende: T
- Ware mit Karte - Karte - Ware
Bild 28: Das Supermarktprinzip, gesteuert mit dem 2-Karten(Kanban)-Kreislauf
Immer dann, wenn größere Entfernungen (> 50 km) bei der Anlieferung von Teilen zu überbrücken sind und/oder die Anlieferfrequenz der Teile vergleichsweise gering ist (z. B. eine Lieferung pro Woche), wird das 2-KartenSystem eingesetzt.
68
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
Auf dem Transport- bzw. Produktions-Kanban sollten folgende Informationen enthalten sein: •
Artikelnummer des mit Kanban zu steuernden Teiles.
•
Artikelbezeichnung.
•
Losgröße der zu liefernden Menge in Abhängigkeit der Wiederbeschaffungszeit und ggf. Anzahl der zu liefernden Menge pro Behälter.
•
Lagerort des Artikels.
•
Nummer und Anzahl der umlaufenden Kanban-Karten z. B. 2/10:2. Kanban von insgesamt 10 umlaufenden Kanbans.
•
Skizze/Zeichnung des zu liefernden Artikels.
Folgende Voraussetzungen für die Einrichtung von Kanban-Kreisläufen im Rahmen der Mengenplanung durch die operative Ebene der Fertigung und Montage müssen erfüllt sein: •
Eine hohe kanbanausgerichtete Mitarbeiterqualifikation und -motivation.
•
Ein hohes Maß an Einsatzflexibilität, verbunden mit einem ausgeprägten „Gruppendenken“ und die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung.
•
Eine disziplinierte Arbeitsweise bezogen auf die Einhaltung der KanbanRegeln.
•
Niedrige Ausschussraten mit Qualitätsüberwachung durch Selbstkontrolle am Arbeitsplatz.
•
Hohe Verfügbarkeit und geringe Umrüstzeiten der Betriebseinrichtungen.
•
Eine weitestgehend harmonisierte Fertigung und Montage.
•
Keine starken Produktionsschwankungen.
•
Bei der Planung des Materialflusses zwischen dem Erzeuger (Fertigung) und dem Verbraucher (Montage) ist eine Kanban-Route festzulegen, die diesen Fluss widerspiegelt. Dazu müssen bestimmte Bereitstellplätze („Bahnhof“, vgl. Bild 30), z. B. auch an der Schnittstelle zwischen Erzeuger und Verbraucher, vorgesehen und visualisiert werden, damit durch Kanban keine Verwirrung bei der Materialhandhabung entsteht. Die Pufferbestände für die Teile vor der Montage werden durch den Verbraucher verantwortlich verwaltet.
•
Kanban eignet sich am besten für Wiederholfertigung, d. h. für die Produkte, die kontinuierlich in hoher Stückzahl gefertigt werden. Für Waren, die seltener verlangt werden, sowie für hochwertige oder sperrige
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
69
Güter ist beispielsweise eine bedarfsorientierte Produktion mit PPSUnterstützung besser geeignet (vgl. auch Bild 33). •
Wenn saisonal kleinere Stückzahlen für Produkttypen hergestellt werden, die normalerweise in großen Stückzahlen produziert werden, sollte die Produktion frühzeitig durch den Vertrieb informiert werden.
•
Wenn sich die Absatzmengen ändern oder wenn Verbesserungsmaßnahmen durchgeführt werden, muss das Kanban-System aktualisiert werden. Zahl und Losgröße der Kanban-Karten sind zu überprüfen, damit die Produktion mit einem möglichst geringen Lagerbestand auskommt.
Für eine prozesssichere Funktionalität der Kanban-Kreisläufe sind von den beteiligten Mitarbeiterinnen Mitarbeitern die folgenden Regeln einzuhalten: •
Jeder Verbraucher hat die von ihm zu bearbeitenden Teile vom jeweiligen Pufferlager abzuholen bzw. mittels eines Transportsystems abholen zu lassen. Diese Holpflicht steht im Gegensatz zu der in anderen PPSSystemen üblicherweise anzutreffenden Bringpflicht, bei der eine Fertigungsstelle die von ihr erstellten Teile an das in der Materialflussfolge an nächster Stelle stehende Arbeitssystem befördern muss.
•
Jeder Verbraucher darf nur so viele Materialien (Behälter) dem Pufferlager entnehmen bzw. entnehmen lassen, wie er gerade benötigt.
•
Jeder Erzeuger darf im Sinne einer „Produktion auf Abruf“ erst dann mit der Teileerstellung beginnen, wenn eine Entnahme im Pufferlager erfolgt ist bzw. ihm ein (Produktions-)Kanban zugeht.
•
Jeder Erzeuger hat genau die Teilemenge wieder bereitzustellen, die gemäß den von den Behältern entfernten Kanbans vom Pufferlager entnommen wurde.
•
Es dürfen nur qualitativ einwandfreie Teile („Gutteile“) an das Pufferlager weitergegeben werden.
Diese Regeln sollen einen kontinuierlichen Materialfluss bei niedrigen Lagerbestandswerten sicherstellen. Das Kanban-Prinzip lässt sich auch auf die Planung und Steuerung LK der Materialwirtschaft bzw. auf die Auftragsveranlassung für Eigenfertigungsteile übertragen. Die dargestellte Bildfolge veranschaulicht den Regelkreis der Auftragsveranlassung und Auftragsüberwachung für Eigenfertigungsteile innerhalb eines Betriebes, der zu 100 % nach dem Kanban-Prinzip organisiert ist.
70
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
1. Lagern der zu bevorratenden Teile mit Darstellung des Produktions-Kanbans am Mindestbestand
2. Layout des Produktions-Kanbans
3. Einsteuern des Produktions-Kanbans in die Fertigung nach dem Prinzip „First in – First out“
4. Anzeigen des Produktions-Kanbans an der Fertigungsmaschine
5. Einordnen der in die Behälter produzierten Teile/Produkte am festen Lagerort mit Positionierung des Produktions-Kanbans am Mindestbestand
Bild 29: Praxisbeispiel für die Produktion von Eigenfertigungsteilen nach dem Kanban-Prinzip
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
71
Das dargestellte Dreieck ist in diesem Fall der Produktions-Kanban. Der in der unteren Spitze des Produktions-Kanban dargestellte Sicherheitsbestand löst beim Erreichen dieses Bestellpunktes den Auftrag zur Eigenfertigung gemäß den Informationen auf dem Produktions-Kanban aus. Der Produktions-Kanban wird auf einer Auftragsrutsche in der Nähe der Maschine gesteckt, auf der das Eigenfertigungsteil zu produzieren ist. Der Werker an der Maschine hat in einer vorher abgestimmten Zeitperiode dieses Eigenfertigungsteil herzustellen und danach an den gekennzeichneten Lagerplatz zurückzustellen, wobei er die Platzierung des Dreiecks auf der Höhe des Sicherheitsbestandes zu beachten hat. Für die prozesssichere Funktionalität dieses selbststeuernden Regelkreises gilt auch hier die disziplinierte und konsequente Einhaltung der vorab festgelegten und geschulten Regeln des Kanban-Prinzips. In der betrieblichen Praxis findet man mittlerweile unterschiedliche Arten von Kanbans zur Steuerung des Materialflusses durch die operative Ebene. Im Bild Nr. 30 übernimmt innerhalb des 2-Behälter-Systems der beschriftete Behälter die Kartenfunktion. In diesem Praxisbeispiel entnimmt die Montage aus dem Kanban-Lager kundenauftragsbezogen die Teile 4711 bzw. 4712 als Zukaufteilbzw. als Eigenfertigungsteil. Sind aus dem Behälter 4711 alle Teile entnommen worden, rutscht automatisch der zweite volle Behälter im Kanban-Lager nach. Der leere Behälter für das Teil 4711 wandert auf einen gekennzeichneten Kanban-Bahnhof für den externen Lieferanten, der in einem vereinbarten Zeitraum den vollen Behälter mit dem produzierten Teil 4711 an den entsprechend gekennzeichneten Lagerplatz des Kanban-Lagers stellen muss. Eine gleichartige Ablauforganisation ergibt sich für die (Nach)Produktion des Eigenfertigungsteils 4712. Die Maschine MC 007 stellt dabei „die Fabrik“ des internen Lieferanten zur Herstellung des Teils 4712 dar. In einem anderen Praxisbeispiel (Bild 31) symbolisiert das zu produzierende Erzeugnis selber den Produktions-Kanban. In diesem Falle werden die leeren Gasflaschen 1mal pro Woche vom gekennzeichneten Lagerplatz „leer“ zur Befüllung vom externen Lieferanten abgeholt und nach einer Woche abgefüllt in der richtigen Mange an den richtigen Lagerplatz „voll“ geliefert. Dieser Ablauf funktioniert ohne Einflussnahme der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens. Ähnliche Strukturen des Supermarktprinzips existieren auch bei der Bevorratung von Lägern für Schrauben und anderen DIN-Teilen oder für Läger mit häufig gebrauchten Elektronikteilen, bei denen der externe Lieferant selbstständig und eigenverantwortlich die Materialbewirtschaftung dieser Teile nach einem kombinierten Bestellrhythmus/Bestellpunktverfahren übernimmt: Nachlieferung der Teile in abgestimmten Zeitperioden mit Befüllung der Lagerorte entsprechend der Anzahl der verbrauchten Teile.
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
72
FERTIGUNG
KANBAN-LAGER
kundenauftrags-anonyme Fertigung
MONTAGE kundenauftragsbezogene Montage
4711 4711 4712 4712
Bahnhof "Eigenfertigung"
MC 007: interner Lieferant
4712
Bahnhof Fremdfertigung
4711 4711
externer Lieferant
Lieferant
Bild 30: Das 2-Behälter-System für die Produktion von Eigenfertigungs- und Fremdfertigungsteilen (Zukaufteilen) im selbststeuernden Regelkreis
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
LEER
1
73
VOLL
3
2
3
4
4
1
1
3
3
4
4 1 Woche später
Bild 31: Die Mengenplanung von Gasflaschen in einem selbststeuernden Regelkreis
Zur Vorbereitung der Übernahme von PPS-Kompetenz innerhalb der Mengenplanung und Auftragsveranlassung durch die operative Ebene müssen die Kanban-fähigen Teile identifiziert werden. Mit Bezug zu der Auswertung der ABC-xyz-Analyse für 5 Teile in Bild 32 eigenen sich die Teile 1, 3 und 5 für eine verbrauchsgesteuerte Disposition (v) nach den Kanban-Prinzipien. Ihre Einordnung nach den ABC-, xyz-Kriterien entstammt dem Bild 33, nach dem z. B. das Teil 5 als CX-Teil einem vergleichsweise hohen Verbrauch x bei einem niedrigen Bestandswert C ausweist.
74
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
Position Bezeichnung
Verbrauch pro Jahr in Stück
Preis je Einheit €
Verbrauch pro Jahr in €
Verbrauchswert in %
A,B oder C-Teile
Teil 1
190
0,70
133
10
B (x) (V)
Teil 2
24
5,20
124,80
9,4
B (Z) (b)
Teil 3
70
1,20
84,00
6,32
C (Y) (V)
Teil 4
36
24,90
896,00
67,43
A (Y) (b)
Teil 5
140
0,65
91,00
6,85
C (x) (V)
€ 1.329,20
100 %
460 Stück
Bild 32: ABC-xyz-Analyse zur Identifikation Kanban-fähiger Teile
Wertigkeit
A
B
C
X
V
V
V
Y
b
V
V
Z
b
b
V
Kanbanfähige Teile
Verbrauch/ Umschlagshäufigkeit
Dispositionsart: b edarfsgesteuert v erbrauchsgesteuert
unter Beachtung der Wiederbeschaffungszeit
Bild 33: Die Darstellung Kanban-fähiger Teile in der ABC-xyz-Analyse
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
75
Die Auswertung der ABC-, xyz-Analyse sagt aus, dass die Teile 1, 3 und 5 insgesamt einen Anteil am Gesamtverbrauch von 87 % aller Teile bei einem Bestandswert von ca. 23 % am Gesamtwert aller Teile besitzen. Der hohe Verbrauchsanteil dieser Teile bei einem vergleichsweise niedrigen Kostenanteil an den Gesamtkosten aller Teile macht eine verbrauchsgesteuerte Disposition möglich. Das Risiko des Aufbaus zu hoher Bestandswerte für die Teile 1, 3 und 5 ist zum einen durch ihren hohen bzw. mittleren Verbrauch und zum anderen durch ihren verhältnismäßig geringen Preis pro Einheit stark eingeschränkt. Selbst bei einer Fehldisposition von 100 % innerhalb der selbststeuernden Regelkreise nach dem Kanban-Prinzip würde nach der Andlerschen Losgrößenformel eine Bestandswerteerhöhung von 25 % die Folge sein. Die Kosten für eine Nachdisposition dieser Teile aufgrund einer fehlenden Materialverfügbarkeit würden diese Bestandswerte bei weitem übertreffen. Die Teile 2 und 4 dieses Beispiels werden mit erhöhter Konzentration innerhalb der Mengenplanung nach der Brutto-Nettobedarfsermittlung beschafft (vgl. Bild 34). Datum
Zugänge
22.03.
Bestand 0 Zugang 20
Abgänge/ Frei verfügbarer Reservierungen Bestand 20
23.04.
Reservierung 10
10
15.06
Abgang 5
5
20.08.
Zugang 20
21.09. 15.11.
25 Abgang 21
Zugang 20
4 24
Bild 34: Brutto-, Nettobedarfsermittlung für Teil Nr. 4 bei einer Wiederbeschaffungszeit von ca.10 Wochen
4.6.3
Die Zusammenarbeit im PPS-Management innerhalb der Terminund Kapazitätsplanung sowie der Auftragsüberwachung
Die einfache Gestaltung und Umsetzung der Termin- und Kapazitätsplanung baut auf eine Strukturstückliste und auf einen übersichtlichen Arbeitsplan auf. Dabei liefert die Struktur der Stückliste nicht nur zusätzliche Informationen für die Auswahl Kanban-fähiger Teile oder Baugruppen z. B. bei dem Nachweis der Mehrfachverwendung von Teilen oder Baugruppen, sondern auch einen Überblick über die Arbeitsvorgangsfolge als Input für eine übersichtli-
76
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
che Arbeitsplanerstellung. Die Festlegung der permanenten Verfügbarkeit bestimmter Teile und Baugruppen pro Strukturebene der Stückliste bestimmt unter Berücksichtigung vorhandener endlicher Kapazitäten für Maschine und Personal sowie unter Beachtung von Durchführungs- und Übergangszeiten zwischen den einzelnen Arbeitsvorgängen auch die Durchlaufzeit der Kundenauftragsbearbeitung. Je mehr Teile bzw. Baugruppen im Bestand frei verfügbar sind, d. h. je geringer die Fertigungstiefe innerhalb der Struktur verwurzelt ist, desto kürzer ist die Durchlaufzeit des Auftrages bzw. desto schneller können Erzeugnisse an den Kunden geliefert werden. Bei L einer ständigen Bevorratung der Teile 1 und 5 auf Lager verkürzt sich gemäß Bild 35 die Durchlaufzeit der Auftragsbearbeitung für die 100 E1Erzeugnisse z. B um 2 Arbeitstage. Eine disziplinierte BDE-Rückmeldung aller angeführten Arbeitsvorgänge unter Angabe von Gut- und Schlechtstückzahlen durch die Werker ist die notwendige Voraussetzung für die Bewertung der Arbeitsqualität der Planer und Steuerer im PPS-Management. Nach Angaben von PPS-Fachleuten ist ein übersichtlicher Arbeitsplan unter Beachtung der folgenden Kriterien zu gestalten: •
Darstellen des Arbeitsplans auf einer Seite (one page standard).
•
Arbeiten mit Fotos.
•
Einbeziehen von so vielen Informationen wie nötig.
•
Herausheben der markanten Punkte für die Fertigung bzw. Montage.
•
Unterscheiden zwischen Arbeitsplan und Einrichteplan.
•
Einarbeiten von Start- und Endterminen pro Arbeitsvorgang mit Möglichkeiten zur Gegenzeichnung durch den Werker: Nutzen des Arbeitsplans auch als auftragsbezogenen Fertigungsplan.
Die Zusammenarbeit im PPS-Management mit Bezug zur Kapazitätsplanung bezieht sich auf die Erfassung und Darstellung der Auslastung von Personalund Maschinenkapazitäten. Mit der Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Betrieb und unter Berücksichtigung von Arbeitszeiten, Urlaubszeiten und durchschnittlichen Gesundheitsquoten lässt sich über alle betrieblichen Funktionen die theoretisch zur Verfügung stehende Personalkapazität pro Tag praktisch schon über einen Zeitraum von einem Jahr vorherbestimmten. Mit den Werten aus dem Absatz- und dem Produktionsprogrammplan sind somit zumindest Abschätzungen hinsichtlich ausreichend verfügbarer Personalkapazitäten frühzeitig, d. h. über einen Zeitraum von 1-3 Monaten möglich.
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
77
Kunde
Endtermin: 02.04. Versand zum Kunden
31.03.
100
E1 1
1
BG 1
1
2
BG 3
1
T1
1
3
BG 6
T3
1
E BG T
-
T1: T2: T3: T4: T5:
400 200 400 100 100
25.03. 1
2
T2
T3
23.03.
1
T1
E1: 100 BG1: 100 BG2: 100 BG3: 100 BG4: 100 BG5: 100 BG6: 100
BG 5
1
T4
27.03.
1
BG 4
1
T1
29.03.
BG 2
T5
Starttermin: 21.03. Terminplanung
Mengenübersichtsstückliste
Erzeugnis Baugruppe Teil
Bild 35: Strukturstückliste mit zugeordneter Terminplanung für eine Kundenauftragsbearbeitung
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
78
Mit der täglichen Erfassung und Darstellung der Gesamtanlageneffektivität (GAE-Rate) pro Maschine im direkten Wertschöpfungsprozess durch die Maschinenbediener (s. u.) werden die Grundlagen geschaffen, um mit der Auswertung dieser erfassten Auslastungs- und Leistungsgrade der Maschinen Daten für eine verbesserte Maschinenkapazitätsplanung zu erhalten. Das maximale Kapazitätsangebot bzw. die beste Planbelegungszeit pro Maschine beträgt 24 Stunden pro Tag bzw. 168 Stunden pro Woche. Eine weitere Möglichkeit zur Erzielung einer verbesserten Kapazitätsplanung besteht in der Auswertung der im Arbeitsplan vorgegebenen Durchführungszeiten und den tatsächlich benötigten Zeiten in der Arbeit vor Ort (vgl. auch die PPS-Kennzahl/Messgröße der durchschnittlichen Abweichung von te SOLL und te IST im Kapitel 4.3). Die Ermittlung der Übereinstimmung von Vorgabezeiten und Ausführungszeiten lässt sich auch auf die indirekt wertschöpfenden Funktionen innerhalb des Auftragsbearbeitungsprozesses anwenden. K
Die Herausforderung des PPS-Managements besteht darin, bei entsprechendem Auftragseingang eine möglichst hohe Gesamtanlageneffektivität bei hoher Liefertermintreue zu erreichen. Dies bedeutet im direkten Wertschöpfungsprozess bei bedienerintensivem Maschinenbetrieb eine optimale Koordination von Personal- und Maschinenkapazitäten. In einer weitestgehend überwachungsfreien Produktion mit einem entsprechend hohen Automatisierungsgrad sind die Maschinenlaufzeiten von den Personalanwesenheitszeiten weitestgehend entkoppelt. Derartige Anlagen sind wirtschaftlich im Allgemeinen nur in der Fertigungsart Serien- und Massenfertigung einzusetzen. Nichtsdestotrotz sollten auch in der Einzel- und Kleinserienfertigung Überlegungen angestellt werden, die sowohl auf eine Erhöhung der Gesamtanlageneffektivität als auch auf eine Trennung von Personal- und Maschinenzeiten hinzielen. Die Gesamtanlageneffektivität berechnet sich nach dem folgenden Schema und lässt sich unter Nutzung des Formblatts gemäß Bild 23 in der PPS-Kennzahlengruppe „Kosten“ täglich visualisieren sowie be- und auswerten. Aus den ausgewerteten GAE-Raten, den Abweichungen zwischen geplanten und realisierten Personalkapazitäten bzw. geplanter und realisierter Durchführungszeit sowie der Qualitätsbewertung der Absatz- und/oder Produktionsprogrammpläne (vgl. Kapitel 2.4) sind innerhalb des PPS-Managements Verbesserungsmaßnahmen herausarbeiten, die entsprechend ihrer Umsetzung zu einer Optimierung der Termin- und Kapazitätsplanung führen werden. Die Gesamtanlageneffektivität errechnet sich aus dem Produkt von Gesamtnutzungsgrad, Leistungsgrad und Qualitätsgrad /6/ zu: GAE
=
Gesamtnutzungsgrad x Leistungsgrad x Qualitätsgrad
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
79
Der Gesamtnutzungsgrad der Maschine bzw. der Anlage ist das Verhältnis der Maschinenlaufzeit zur Planbelegungszeit. Als Formel dargestellt ergibt sich: Gesamtnutzungsgrad = Maschinenlaufzeit ./. Planbelegungszeit Die Planbelegungszeit für eine Maschine oder eine Anlage durch das PPSManagement ergibt sich aus der Gesamtarbeitszeit eines festgelegten Zeitraums (z. B. eines Monats oder einer Woche) minus der nötigen Zeit für die Durchführung vorbeugender Instandhaltungsarbeiten. Planbelegungszeit = Gesamtarbeitszeit – Zeit für vorbeugende Instandhaltung. Die Maschinenlaufzeit ist die tatsächliche Zeit, in der die Maschine bzw. Anlage Teile produziert. Deshalb sind Ausfallzeiten durch Störungen sowie durch Rüst- und Werkzeugwechselzeiten in der Maschinenlaufzeit nicht zu berücksichtigen. Maschinenlaufzeit = Planbelegungszeit – Ausfälle – Rüst- und Werkzeugwechselzeiten Eine Anlage, die z. B. für eine 48h-Woche benötigt wird, hat folgenden Gesamtnutzungsgrad: Geplantes vorbeugendes Instandhaltungsprogramm: Verluste durch Anlagenausfälle: Werkzeugwechselzeiten:
4 Stunden pro Woche 5 Stunden pro Woche 6 Stunden pro Woche
Der Gesamtnutzungsgrad beträgt in diesem Fall Gesamtnutzungsgrad
= = =
(48-4-5-6) / (48-4) 33 / 44 75 %
Verluste in Bezug auf den Leistungsgrad entstehen, wenn die Maschine bzw. Anlage nicht mit der vorgesehenen Taktgeschwindigkeit läuft. Der prozentuale Anteil der Verluste in Bezug auf den Leistungsgrad wird errechnet, indem die tatsächliche Produktionsrate durch die theoretisch mögliche Produktionsrate geteilt wird. Leistungsgrad =
tatsächliche Produktionsrate (Leistung) / theoretisch mögliche Produktionsrate (Leistung)
Wenn eine Flaschenabfüllanlage 100 Flaschen in der Minute abfüllen kann, im Durchschnitt aber nur 80 Flaschen pro Minute abfüllt, dann liegt der Leistungsgrad bei
80
DAS PPS-MANAGEMENT IN MODERNEN PRODUKTIONSSYSTEMEN
Leistungsgrad = =
80 / 100 80 %
Der Leistungsgrad zeigt den prozentualen Anteil der Kapazitätsverluste an Maschinen und Anlagen an, der als Ergebnis von Leerlauf, Kurzstillständen und verringerter Taktgeschwindigkeit entsteht. Verluste durch Qualitätsmängel entstehen, wenn die Maschinen bzw. Anlagen Ausschuss oder Nacharbeit produzieren. Der Qualitätsgrad wird errechnet, indem die Anzahl der gefertigten Teile abzüglich Ausschuss und Nacharbeit in Bezug zur Gesamtheit der gefertigten Teile gesetzt wird. Qualitätsgrad = Anzahl der gefertigten Teile – Ausschussteile – Teile zur Nacharbeit / Anzahl der gefertigten Teile Produziert die Abfüllanlage 800 Flaschen, von denen 20 Flaschen Ausschuss sind, berechnet sich der Qualitätsgrad wie folgt: Qualitätsgrad = (800 - 20) / 800 = 780 / 800 = 98 % Nach der Berechnung der drei Komponenten lässt sich die GAE-Rate wie folgt errechnen: GAE
= Gesamtnutzungsgrad x Leistungsgrad x Qualitätsgrad
Bezogen auf das Beispiel: GAE
= Gesamtnutzungsgrad x Leistungsgrad x Qualitätsgrad = 0,75 x 0,80 x 0.98 = 0,588 oder 58,8 %
Andersherum betrachtet heißt das, dass die GAE-Rate derselben Anlage 41,2 % höher liegen könnte, wenn die Verlustquellen beseitigt werden. In diesem Beispiel ist zuerst darauf zu achten, die Verluste in Bezug auf den Gesamtnutzungsgrad, die durch Ausfälle bzw. Werkzeugwechselzeiten entstehen, zu reduzieren. Im oben genannten Beispiel wird die GAE mit 58,8 % errechnet. Basierend auf international gesammelten Erfahrungswerten sind die Idealbedingungen wie folgt: - Gesamtnutzungsgrad - Leistungsgrad - Qualitätsgrad
> 90 % > 95 % > 99 %
Diese ergibt eine GAE-Rate von > 85 %.
81
5 Die Optimierungsansätze für das PPS-Management Jede Optimierung muss das Ziel verfolgen, Arbeitsvorgänge jedweder Art einfacher, schneller, kostengünstiger durchführen zu können. Dabei hat jede Optimierung immer auch eine Veränderung zur Folge: •
eine Veränderung in der vorhandenen Technik.
•
eine Veränderung in den vorhandenen Abläufen bzw. Prozessen.
•
eine Veränderung in der verfügbaren Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Optimierungen und die damit verbundenen Veränderungen können nur dann erfolgreich umgesetzt werden, wenn sie von den sachlichen Gegebenheiten und/oder von den Menschen akzeptiert sind. Eine technische Optimierung funktioniert nur dann, wenn die technischen Verbindungen, d. h. die Schnittstellen zwischen technischer Innovation und bestehender technischer Installation aufeinander abgestimmt sind. Eine organisatorische Optimierung funktioniert nur dann, wenn die organisatorischen Verbindungen, d. h. die Schnittstellen zwischen organisatorischer Innovation und bestehender Organisation aufeinander abgestimmt sind. Eine personenbezogene Optimierung z. B. im Rahmen einer Qualifizierung funktioniert nur dann, wenn die betroffenen Personen den Sinn und Zweck dieser gewünschten bzw. notwendigen Veränderung verstehen und dem auch zustimmen. Das Besondere von Optimierungen besteht darin, dass sie nicht nur technischer, organisatorischer oder personenbezogener Art sind, sondern dass technische Veränderungen auch mit organisatorischen und personenbezogenen Veränderungen gekoppelt sein können. Die Installation eines Roboters an einer Maschine innerhalb der Fertigung oder die Erweiterung des CAD-Systems innerhalb der Konstruktion hat immer auch eine organisatorische Veränderung z. B. in der Arbeitsplanerstellung und Kapazitätsplanung bzw. in der Ablauforganisation der Zeichnungserstellung zur Folge. Jede dieser Optimierungen benötigt zudem eine personalbezogene Veränderung hinsichtlich der Weiterqualifizierung der Einrichter für die Programmierung des Roboters bzw. des Konstrukteurs für die prozesssichere Bedienung des CAD-Moduls.
82
5.1
DIE OPTIMIERUNGSANSÄTZE FÜR DAS PPS-MANAGEMENT
Die Einführung neuer EDV-gestützter PPS-Systeme
Bei der Optimierung der PPS im Unternehmen steht oftmals die Implementierung bzw. die Erneuerung eines EDV-gestützten PPS-Systems im Vordergrund der betrieblichen Interessen. Gerade bei der Durchführung derartig intensiver und durch alle Funktionen des PPS-Managements durchgreifender Veränderungen müssen neben der rein technischen Installation die organisatorischen und personalbezogenen Maßnahmen in einem zugrunde liegenden Projektplan eingebunden sein. „Erst organisieren – dann automatisieren“ heißt die Losung und die Lösung für derartige Erneuerungen. Hinter dieser Losung verbirgt sich der Aspekt, dass die PPS-Management-Prozesse klar strukturiert, transparent und für die beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nachvollziehbar durchorganisiert sein sollen, so dass diese Prozesse mit der Unterstützung der EDV dann einfacher, schneller und kostengünstiger bearbeitet werden können. Vor der konkreten Planung zur Einführung neuer EDV-gestützter PPS-Systeme sollten demzufolge die folgenden Vorarbeiten durchgeführt werden: •
Zusammenstellen der PPS-Prozesse mit den verwendeten Methoden, Instrumenten und Hilfsmitteln (vgl. eigenes QM-System gemäß DIN EN ISO 9001:2000).
•
Visualisieren des Material-, Informations- und Belegflusses durch jeden Funktionsbereich des PPS-Managements, z. B. gemäß dem standardisierten Strukturelement in Bild 36.
•
Aufzeigen der aktuellen Schwachstellen in der PPS-Organisation.
•
Eliminieren der Schwachstellen unter Beteiligung der betroffenen Mitarbeiter.
•
Gewinnen der Mitarbeiter für den PPS-Veränderungsprozess: Mobilisieren ihrer Veränderungsenergie durch die Beantwortung der Fragen: - Warum brauchen wir ein neues PPS-System? - Welchen Nutzen hat jeder Mitarbeiter durch das neue PPS-System?
DIE OPTIMIERUNGSANSÄTZE FÜR DAS PPS-MANAGEMENT
Material: … Information: …
83
Material: … Teilprozessschritt
Belege: …
Information: … Belege: …
1. Vertrieb 2. Entwicklung und Konstruktion 3. Arbeitsvorbereitung 4. Disposition 5. Einkauf 6. Fertigung 7. Montage 8. Versand
Bild 36: Standardisiertes Strukturelement eines Teilprozessschrittes zur Darstellung von umfangreichen Prozessen, wie z. B. dem der Kundenauftragsbearbeitung mit 8 Elementen
Mit der Optimierung der organisatorischen Abläufe im PPS-Management und mit der Beantwortung der Fragen zur Mobilisierung der Veränderungsenergie bei den betroffenen Beteiligten kann die Projektarbeit zur Planung, Auswahl, Einführung und Optimierung eines neuen EDV-gestützten PPS-Systems gestartet werden. Die Durchführung einer diesbezüglichen Projektarbeit wurde im Rahmen einer Workshoparbeit von PPS-Experten wie folgt beschrieben:
DIE OPTIMIERUNGSANSÄTZE FÜR DAS PPS-MANAGEMENT
84
Start
Ernennen des Projektleiters
Bilden des PPS-Teams
Definieren der Ziele
Erstellen des Projektplans
Erstellen des Lastenheftes
Festlegen der Bereiche/Abteilungen Beschreiben der Anforderungen an das Systempro Bereich/Abteilung: Schreiben des Pflichtenheftes
Klären der technischen Voraussetzungen Einholen von Infos über PPS-Systeme
1
Auswahl nach Kompetenz: fachlich,methodisch, sozial Mitarbeiter mit einbeziehen
Kosten- und Zeitersparnis
Transparente Prozesse
Durchlaufzeit verringern
Terminerfüllungsgrad auf 100 % erhöhen
Planungssicherheit erhöhen
Bestände reduzieren für Rohund Fertigteile
Verantwortlichkeiten / Termine festlegen
Bessere Koordination
Planen und Auswählen
Durchführen einer Teamarbeit Versand
QS
Lagerwirtschaft Wareneingang
Fertigung
Auftragsbearbeitung
Disposition
Montage
Konstruktion
Geringer Auf- Schneller Zugriff Übersicht Aufzeigen von Leichte wand für auf einzelne über VerbesserungsHandhabung Systempflege Informationen Materialfluss potenzialen
Hardware + Software .....beim PPS-Anbieter
Referenzen
Prüfung möglicher PPS-Systeme gegen den Anforderungskatalog/ das Pflichtenheft 2
Bild 37: Durchführen der Projektarbeit: Planen, Auswählen, Einführen und Optimieren eines EDV-gestützten PPS-Systems
DIE OPTIMIERUNGSANSÄTZE FÜR DAS PPS-MANAGEMENT
1
2
Ermitteln der Kosten
Angebote vergleichen
Treffen der Auswahl
Entscheidung, welches System eingeführt wird.
Einführen des neuen EDV-gestützten PPS-Systems
85
Verträge ausarbeiten und unterschreiben
Stammdaten einpflegen.
Schulen der Mitarbeiter
Durchführen des Testlaufes / unterschiedlicher Testläufe Einführen und Optimieren
Scharf schalten des Systems
Messen der Ergebnisse
Ergebniskontrolle gegen Anforderungskatalog/ Pflichtenheft
Prüfen und Bewerten der Ergebnisse
Controllen der Projektergebnisse und Visualisieren der Projekterfolge
Ständiges Optimieren der PPS-Funktionalität
Durchführen von Prozessoptimierungen im PPS-Management
Ausweisen der Einsparungen in Euro
Praktizieren des KVP im PPS Management
Verbessern der internen und externen Kunden-/Lieferantenbeziehungen
Bild 37a: Durchführen der Projektarbeit: Planen, Auswählen, Einführen und Optimieren eines EDV-gestützten PPS-Systems
86
5.2
DIE OPTIMIERUNGSANSÄTZE FÜR DAS PPS-MANAGEMENT
Durchführen von Prozessoptimierungen im PPS-Management
Der Anspruch einer kontinuierlichen Verbesserung der Zustände und Fähigkeiten im PPS-Management verlangt eine analytische Vorgehensweise mit dem Einsatz verständlicher und nachvollziehbarer Methoden. Eine Grundvoraussetzung zur Analyse und Verbesserung der ablaufenden Prozesse in der Kundenauftragsbearbeitung ist eine Zusammenstellung dieser Prozesse selbst sowohl innerhalb der Funktionsbereiches des PPS-Managements LK als auch zwischen den Funktionsbereichen selbst. Die Suche nach den unnötigen Verschwendungen im zu analysierenden Prozess gestaltet sich dann sehr einfach. Als nachvollziehbares Beispiel aus dem Alltagsleben soll der Prozess eines unangemeldeten Arztbesuches nach Verschwendungen oder nach Ansätzen für Optimierungen untersucht werden. Die Darstellung im Prozessflussdiagramm nach der Methode von Ishiwata /7/ zeigt, dass sich dieser Arztbesuch aus insgesamt 21 Aktivitäten zusammensetzt, von den 9 Aktivitäten reine Transportvorgänge, 7 Aktivitäten Wartevorgänge und lediglich 5 Aktivitäten Bearbeitungen am Patienten im Sinne einer direkten Wertschöpfung am „Produkt Patient“ beschreiben. Dieser fiktive Arztbesuch dauert insgesamt 93 Minuten, von denen insgesamt 71,5 Minuten, also fast 77 % der Gesamtzeit für die indirekten Wertschöpfungsaktivitäten bzw. Verschwendungen von Transport und Warten aufgewendet werden. Die Darstellung des Prozessprofils in der Arztpraxis im Materialflussdiagramm macht die Verschwendungen offensichtlich. Die Vorgehensweise der Prozessoptimierung geschieht in zwei Richtungen: a)
Die senkrecht ausgerichtete Verbesserung:
Welche dargestellten Aktivitäten im Prozess- bzw. im Materialflussdiagramm sind unnötig und können von vornherein vermieden werden, oder wie können die Aktivitäten von der Anzahl 21 auf z. B. 15 reduziert werden? b)
Die horizontal ausgerichtete Verbesserung:
Welche dargestellten Aktivitäten im Prozess- bzw. im Materialflussdiagramm können einfacher und schneller ausgeführt werden, oder wie können die Vorgangszeiten von 21,5 Minuten auf z. B. 15 Minuten oder die Wartezeiten von 69,5 Minuten auf z. B. 30 Minuten reduziert werden?
DIE OPTIMIERUNGSANSÄTZE FÜR DAS PPS-MANAGEMENT
87
Legende: Bearbeiten Transportieren Prüfen
Direkte Wertschöpfung
Warten
Lfd. Nr.
Aktivität
Hilfsmittel
1
Transport Eingang Rezeption
zu Fuß
2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
Warten an Rezeption Anmelden Transport Wartezimmer Warten im Wartezimmer Transport Sprechzimmer Arzt
Analysieren Untersuchungsergebnisse
Transport Rezeption Bearbeiten Termin Transport Ausgang
Zeit Entfernung (Min.) (m) 0,5
10
1,5
---
Karte
0,5
---
zu Fuß
0,2
7
30
---
0,3
8
10
---
5
---
0,3
8
zu Fuß
Warten im Sprechzimmer Bearbeiten Med. gerät durch Arzt Transportieren zu Fuß Wartezimmer Warten im Wartezimmer Transport zu Fuß EKG Warten EKG Durchführen EKG EKG Transport zu Fuß Wartezimmer Warten Transport zu Fuß Sprechzimmer Warten
Indirekte Wertschöpfung bzw. Verschwendung
15 0,1
5
5
---
10
---
0,1
5
5
---
0,2
8
3
---
Protokolle
5
---
zu Fuß
0,2
8
PC
1
---
zu Fuß
0,1
10
93 min
69 m
5 21,5 min
9 2 min / 69 m
0
Bild 38: Prozessablauf Arztbesuch: Prozessflussdiagramm
7 69,5 min
DIE OPTIMIERUNGSANSÄTZE FÜR DAS PPS-MANAGEMENT
88
15.
Küche
WC
EKG 14.
13.
12.
Wartezimmer
11.
10.
4. 9.
5.
Rezeption 3.
20. 2.
Ultraschall
19.
1. 17.
Sprechzimmer Sprechzimmer
Behandlungszimmer
2
1
6. 7. 16.
1 18. 8.
21.
Bild 39: Prozessablauf Arztpraxis: „Material“ Flussdiagramm
Nach der Zusammenstellung der ablaufenden Prozesse im PPS-Management kann jeder dieser Prozesse mit der beschriebenen Methode analysiert und ggf. verbessert werden. Das Besondere dieser Methode ist die Auflistung aller im Prozess durchgeführten Aktivitäten. Neben den im Arbeitsplan ausgewiesenen Bearbeitungsvorgängen werden auch die nicht direkt wertschöpfenden bzw. verschwenderischen Aktivitäten des Transportierens, Wartens und Prüfens anschaulich dargestellt und bewertet.
DIE OPTIMIERUNGSANSÄTZE FÜR DAS PPS-MANAGEMENT
89
Wie in den meisten PPS-Managementprozessen liegt auch in dem Beispiel mit dem Arztbesuch der Anteil der direkten Wertschöpfung am Produkt bzw. am Patienten mit 23 % weit unterhalb des Anteils der indirekt wertschöpfenden bzw. verschwenderischen Aktivitäten am Gesamtprozess. Dementsprechend sind die Potenziale für Prozessoptimierungen bzw. für das Heben weiterer verborgener Q-, L-, K-, A-Schätze im Unternehmen sehr hoch. An einem 2. Beispiel aus der Praxis der Fertigung eines Bolzens wird diese Aussage bestätigt. Die Erfahrungen aus der betrieblichen Praxis mit der Anwendung der Ishiwata-Methode ergeben, dass eine erste Prozessanalyse für einen einfach überschaubaren Prozess erstellt werden sollte. Dazu eignen sich z. B. die Prozesse •
der Wareneingangsprüfung
•
der Fertigung von Erzeugnissen mit einem hohen Umsatzanteil (A-Erzeugnisse)
•
des Rüstens von Maschine, ggf. Engpassmaschinen
•
der Ersatzteil-Auftragsbearbeitung
•
des Warenausgangs.
Als beispielhaftes Ergebnis einer Prozessanalyse mit den daraus abgeleiteten Prozessoptimierungen konnten bei einem Anlagenbauer die Durchlaufzeiten für die Auslieferung lagerhaltiger Ersatzteile von durchschnittlich 4 Arbeitstagen auf 1 Arbeitstag reduziert werden. Die Materialflussdarstellungen mit den daraus abgeleiteten Prozessoptimierungen für die Kleinserienfertigung von Erzeugnissen führten in einem mittelständischen Unternehmen mit der Anwendung der beschriebenen Methode zu folgenden messbaren Verbesserungen: •
Verkürzen der Transportwege für die Bereitstellung des Rohmaterials von 628 m auf 100m
•
Verringern der Produktionsfläche von 225 qm auf 100 qm
•
Reduzieren der Palettenplätze von 50 auf 20
•
Verkürzen der Zykluszeit für die Produktion der Anlagen von 120 Min. auf 100 Min.
•
Erhöhen der Leistung pro Tag von 7 auf 10 Anlagen.
Die Durchführung von Prozessanalysen und -optimierungen im PPS-Management mit der Darstellung des Materialflusses in der Prozessbearbeitung lassen die PPS-Management Vision (vgl. Kapitel 4.1) ein Stück Realität werden.
90
DIE OPTIMIERUNGSANSÄTZE FÜR DAS PPS-MANAGEMENT
Art des Arbeitsschrittes Bearbeitung Transport Prüfung Lagerung
Symbol
○ □ ▽
Bild 40: Prozessanalyse zur Herstellung von Bolzen vor der Durchführung von Verbesserungsmaßnahmen /7/
DIE OPTIMIERUNGSANSÄTZE FÜR DAS PPS-MANAGEMENT
Bild 41: Prozessanalyse zur Herstellung von Bolzen (nach Abschluss der Verbesserungsmaßnahmen) /7/
91
92
5.3
DIE OPTIMIERUNGSANSÄTZE FÜR DAS PPS-MANAGEMENT
Praktizieren des KVP im PPS-Management
Die praktische Umsetzung mit dem Nachweis der FunktionaliQLKA tät des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses ist nicht nur eine Forderung bei der Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen wie z. B. der DIN EN ISO 9001:2000 oder der TS 16949, sondern ein MussKriterium innerhalb des Pflichtenheftes zur Wettbewerbssicherung eines Unternehmens. Auch für die praktikable Handhabung des KVP gilt im Wesentlichen einfach machen und einfach machen. Mit der Anwendung der „grünroten Kartenmethode“ des KVP wird nicht nur diese doppelte Herausforderung erfüllt, sondern auch der Begriff „Kontinuität“ des KVP in der Praxis umgesetzt. Die grün-rote Kartenmethode des KVP ist in jedem Funktionsbereich des PPS-Managements einsetzbar und funktioniert nach dem im Bild 42 dargestellten Ablaufplan. Die Vorteile dieser KVP-Methode liegen darin, dass •
die am KVP beteiligten Personen in ihrer Gruppe zwischen den einzelnen Phasen des Prozesses jeweils 24 Stunden Zeit haben, um den nächsten KVP-Prozessschritt vordenken und vorplanen zu können.
•
jeder Beschäftigte einer Gruppe aktiv und sichtbar am KVP teilnehmen und teilhaben kann.
•
die täglichen Arbeitsergebnisse an der Visualisierungstafel der grün/roten Kartenmethode des KVP dokumentiert werden (Bild 43).
•
der Umsetzungsgrad der grünen Lösung durch die entsprechende Überdeckung der roten Problemkarte direkt ablesbar ist.
•
die Anzahl der umgesetzten Verbesserungsvorschläge, d. h. die grüne Lösungskarte überdeckt die rote Problemkarte, vollständig zu erkennen ist.
•
anhand der zusammengehefteten und im KVP-Ordner abgelegten grünroten Kartenpaare monatlich gezählt und im Balkendiagramm dargestellt werden kann (vgl. auch Kapitel 4.4).
•
rote Problem- mit grünen Lösungskarten, die im eigenen Funktionsbereich nicht umgesetzt werden können, von der Gruppe direkt an die Visualisierungstafel für die grün/rote Kartenmethode dem zuständigen verantwortlichen Bereich weitergeleitet werden können und damit die internen Kunden-Lieferantenbeziehungen zusätzlich erlebbar werden.
•
die Anwendung der grün/roten Kartenmethode in jedem Funktionsbereich der Organisation ca. 4mal pro Jahr problemlos durchgeführt werden kann.
DIE OPTIMIERUNGSANSÄTZE FÜR DAS PPS-MANAGEMENT
•
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der kontinuierliche Verbesserungsprozess auf ein bestimmtes Thema fokussiert, dokumentiert und damit visualisiert werden kann, wie z. B. auf den Schwerpunkt der Entwicklung eines ausgewählten internen Lieferanten (siehe Kapitel 5.4) oder auf das Thema SOS: Sicherheit – Ordnung – Sauberkeit im eigenen Funktionsbereich.
Die grün/rote Kartenmethode des KVP P1
L 1/1
L 1/2
P2
L 2/1
L 2/2
P3
L 3/1
P4
L 4/1
L 1/3
Verantwortlich Termin
Anzahl umgesetzter Verbesserungsvorschläge
L 4/2
Ziel 3
KVPOrdner
Mai Entwicklung/ Konstruktion
AV
PPS
Einkauf
Fertigung/ Montage
Juni
Juli Monat
Versand
QM
Bild 43: Visualisierungstafel der grün/roten Kartenmethode des KVP: P = Problemkarte / L = Lösungskarte
In der Praxis hat sich diese grün/rote Kartenmethode des KVP derart bewährt, dass nach einer Schulung der Methode von ca. 2 Stunden die Gruppen vollständig eigenverantwortlich und selbstständig KVP praktizieren konnten und dabei erstaunliche Ergebnisse erzielten. So wurden in einer Fertigungsgruppe mit der Anwendung der grün-roten Kartenmethode des KVP innerhalb von 3 Monaten 46 Verbesserungsvorschläge umgesetzt, die eine nachweisbare Einsparung von € 30.000,- erbrachten. Der zusätzliche Aspekt der Weitergabe von grün/roten Kartenpaaren an die zuständigen Funktionsbereiche mit einer Rückkopplung der Umsetzung dieser Kartenpaare an den internen Liefe-
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DIE OPTIMIERUNGSANSÄTZE FÜR DAS PPS-MANAGEMENT
ranten unterstützt nicht nur die internen Kunden-Lieferantenbeziehungen innerhalb des PPS-Managements, sondern auch das prozessorientierte Denken und Handeln in jedem betroffenen Bereich. Kommunikation, Koordination und Kompetenz mit Beziehung zum JiT-Auftrag des PPS-Managements (vgl. Bild 6) werden dadurch in der gesamten Organisation zu gelebten und erlebten Elementen einer konstruktiven Kooperation hierarchie- und funktionsübergreifend.
5.4
Verbessern der internen Kunden-LieferantenBeziehungen im PPS-Management
Die Gesamtprozessoptimierung in der KundenauftragsbearbeiQLA tung kann trotz durchgeführter Prozessanalysen und KVPs letztendlich nur dann nachhaltig wirkungsvoll sein, wenn die internen KundenLieferantenbeziehungen entlang des Prozesses gelebt werden. Da jeder Funktionsbereich einer Organisation Kunde und Lieferant zugleich ist, ergibt sich eine Vielzahl von Vereinbarungen zwischen Kunden und Lieferanten. Ähnlich der Bewertung externer Lieferanten macht es Sinn, auch die Qualität der internen Beziehungen messbar und damit bewertbar zu machen. Dabei gibt es sowohl die Möglichkeit, den eigenen Bewertungsmaßstab als Lieferant auszuarbeiten und dem internen Kunden z. B. 1mal pro Monat zur Bewertung zu übergeben (vgl. Bild 44) als auch die Alternative, die Lieferantenbewertung durch den Kunden nach seinen eigenen erarbeiteten Kriterien vornehmen zu lassen (vgl. Bild 45). Das Arbeiten mit bewertbaren internen KundenLieferanten-Beziehungen setzt das Vorhandensein einer Unternehmenskultur voraus, die durch die folgenden Attribute moderner Produktionssysteme charakterisiert werden kann: •
ein positives Kritik- und Konfliktverständnis als Basis für die Erarbeitung von Verbesserungsmaßnahmen im internen Kundenauftragsbearbeitungsprozess.
•
ein hohes Maß an Veränderungsenergie bei allen Beschäftigten.
•
gegenseitiges Vertrauen und gegenseitige Wertschätzung hierarchie- und funktionsübergreifend.
•
positives Denken in Lösungen.
•
Fehler werden verstanden als Chancen für zusätzliche Optimierungen.
•
Umsetzen von Verbesserungsmaßnahmen unter Beteiligung möglichst vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Visualisierung von Ergebnissen und Erfolgen.
DIE OPTIMIERUNGSANSÄTZE FÜR DAS PPS-MANAGEMENT
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Abteilungsbezogener Bewertungskatalog aus der Fertigung (Spritzguss) Name und Abteilung des internen Kunden -----------------------------------------------------------------------------------------------------Artikel-Nr. __________________________
JA
NEIN
Es wurde der richtige Artikel geliefert
Der Artikel liegt in seinen Toleranzgrenzen
Der Artikel ist sauber nachgearbeitet
Die Verpackung entspricht den Vorschriften
Es wurde die richtige Stückzahl geliefert
Artikel ist in der richtigen Variante geliefert worden
Artikel ist in der richtigen Farbe geliefert worden und Einfärbung ist i. O.
Richtige Kennzeichnung der Paletten
Der interne Kunde reagiert unmittelbar auf telef. oder pers. Anfragen
Bei Problemen liefert der interne Kunde immer einen Ansprechpartner
Der Umgangston ist sachlich und freundlich Die Abfuhr aus der Bereitstellung erfolgt regelmäßig ohne Palettenstau
Bild 44: Praxisbeispiel für die Messung der internen Kunden-Lieferantenbeziehung aus dem Bereich Fertigung (Spritzguss) für seine internen Kunden
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Anforderungskatalog Vertrieb an: PPS Management
1
2
3
Zeitnahes Zurückmelden der einzelnen Produktionsschritte
x
x
Abhaken der Fixterminliste spät. 1 Woche vor Versand
x
x
Verlässlichkeit der Lieferzeitübersicht
x
Einhalten der zugesagten Fixtermine (Export: bis 13.oo Uhr im Versand) Antworten auf Terminanfragen innerhalb von max. 3 Stunden
x x
x
Spätestens 3 Tage vor Versand Info, wenn der Termin nicht klappt
x
Aktives Verfolgen von Terminen (nicht: „sprich mich nächste Woche noch mal an“)
x
Kommunikation mit WE/Versand bei eiligen Aufträgen v. Heimarbeiter
x
Ersatzlieferungen innerhalb v. max. 2 Wochen (bei Bedarf eher)
x
Vermeiden der Formulierung „klappt voraussichtlich“
x
x
Flexibilität
x
Artikeltexte durchgängig in allen Sprachen pflegen
x
Artikelnummern pflegen (Texte, Gewichte) Falsche Preisfindung bei Änderungen muss ausgeschlossen werden
4
x x
„WIR“-Gefühl für Aufträge Bemerkung: Verantwortlichkeitsgefühl zur Einhaltung der Zusagen fehlt
x x
x
Bewertung: 1 = findet nicht statt, funktioniert nicht 2 = funktioniert ab und zu, eher selten 3 = funktioniert regelmäßig, kann evtl. optimiert werden 4 = funktioniert gut, kein Verbesserungsbedarf
x x x x
Bild 45: Praxisbeispiel für die Messung der internen Kunden-Lieferanten-Beziehung zwischen Vertrieb und PPS-Management
In einer solchen Unternehmensumgebung kann das konkrete Arbeiten mit internen Kunden-Lieferantenbeziehungen wie folgt durchgeführt werden: Zusammenstellen von maximal 20 Bewertungskriterien durch den internen Kunden bzw. durch den internen Lieferanten selbst. Bewerten der Kriterien durch den internen Kunden 1mal pro Monat z. B. nach dem Schulnotensystem oder anderen Bewertungskriterien (vgl. Bilder 44 und 45). Vereinbaren eines messbaren Ziels zwischen dem internen Kunden und dem internen Lieferanten auf der Basis der Bewertung gemäß Punkt 2, wie z. B.
DIE OPTIMIERUNGSANSÄTZE FÜR DAS PPS-MANAGEMENT
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Verbessern der internen Kunden-Lieferanten-Beziehung zwischen Entwicklung/Konstruktion und Fertigung von durchschnittlich 3 (befriedigend) auf 2,5 (gut minus) bis 31.12.200x. Aufarbeiten der schlecht bewerteten Kriterien im Rahmen einer Verbesserungsgruppe zwischen dem internen Lieferanten und seinen Kunden mit der Festlegung weiterführender Maßnahmen zur schrittweisen Optimierung. Beleben der internen Kunden-Lieferanten-Beziehung im Sinne des KVP z. B. durch den Einsatz der grün/roten Kartenmethode (vgl. Kapitel 5.3) Standardisieren dieser Vorgehensweise mit dem Start dieses Prozesses von Punkt 2 1mal pro Monat.
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6 Praxisberichte zum PPS-Management 6.1
GfA – Gesellschaft für Antriebstechnik
Innovationen durch Veränderungen im PPS-Management Made in Germany Das Unternehmen Die Düsseldorfer GFA – Gesellschaft für Antriebstechnik fertigt seit 1954 in Düsseldorf Antriebe für Industrietore. Sie setzt auf eigene inländische Produktion und sorgfältig ausgewählte Zulieferer. Der marktführende Hersteller von Industrietorantrieben ist diesem Grundsatz treu geblieben und blickte in 2004 auf eine 50-jährige Unternehmensgeschichte zurück. Die GFA ist zertifiziert nach DIN EN ISO 9001:2000. Die Auftragsbearbeitung Die GFA produziert mit 160 Mitarbeitern über 60.000 Elektromaten pro Jahr nach der dargestellten Auftragsbearbeitungsstruktur. Der Auslöser zur Unternehmensveränderung In vielen Branchen ist eine Verbesserung der Produkte, gleichzeitig aber auch ein Preisverfall zu beobachten. Hintergrund hierfür ist der Kampf um Marktanteile. Nur der Anbieter kann seine Produkte verkaufen, der im Vergleich zur Konkurrenz preiswerter anbietet. Die Preise werden daher vom Markt und nicht vom Anbieter festgelegt. Dies gilt auch für die Produkte der GfA. Ziele der GfA Um die angestrebte Umsatzrendite zu erreichen, musste die GfA eine Vielzahl von Zielen erreichen. -
Ausbau der Marktwirtschaft
-
Deutliche Stückzahlsteigerung um über 10 % pro Jahr bei gleicher Personalstärke.
-
Erhöhung der Liefertreue und Reduzierung von Sonderkosten, wie Expressfahrten, Schnellschüssen, etc.
-
Erfassen und Reduzieren von Qualitätskosten, wie Reklamationskosten, Ausschuss, etc.
PRAXISBERICHTE ZUM PPS-MANAGEMENT
100
Auftragsbearbeitungsmerkmale Merkmalausprägungen 1
Auftragsauslösungsart
Kundenanonyme Vorproduktion Auftragsbezogene Endproduktion Produktion auf Lager
2
Erzeugnisspektrum
Erzeugnisse nach Kundenspezifikation Typisierte Erzeugnisse mit kundenspezifischen Varianten Standarderzeugnisse mit Varianten Standarderzeugnisse ohne Varianten
3
Erzeugnisstruktur
Mehrteilige Erzeugnisse mit einfacher Struktur
4
Ermittlung des Erzeugnis-/ Komponentenbedarfs
Teilweise erwartungs-, teilweise bedarfsorientiert auf Komponentenebene Verbrauchsorientiert auf Erzeugnisebene
5
Auslösung des Sekundärbedarfs
Verbrauchsorientiert
6
Beschaffungsart
Fremdbezug unbedeutend
7
Bevorratung
Bevorratung von Bedarfspositionen auf unteren Strukturebenen Bevorratung von Erzeugnissen
8
Fertigungsart
Einzelfertigung, Serienfertigung
9
Ablauf in der Teilefertigung
Werkstattfertigung
10 Ablaufart in der Montage
Gruppenmontage
11 Fertigungsstruktur
Fertigung in mittlerem und geringem Strukturierungsgrad
12 Kundenänderungseinflüsse während der Fertigung
Änderungseinflüsse unbedeutend
Bild 46: Auftragsbearbeitungsstruktur der Firma GfA
PRAXISBERICHTE ZUM PPS-MANAGEMENT
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Der Veränderungsprozess Das war die Geburtsstunde eines Informationsmarktes. Es war QLKA ein Tag, an dem in der GfA auf ungewohnte Weise gearbeitet wurde. Im Mittelpunkt stand das Thema Gruppenarbeit. Um Gruppenarbeit erfolgreich im Unternehmen zu praktizieren, ist eine gute Vorbereitung wichtig. Für die erste Vorbereitung war ein Prozessteam aus verschiedenen Mitarbeitern der GfA zuständig unter Mithilfe eines externen Beraters. Gemeinsam wurden Themen der Gruppenarbeit, Vorzüge und Gestaltungsmöglichkeiten diskutiert. Dabei ging es insbesondere um •
die kritische Hinterfragung und Verbesserung von Strukturen, Abläufen und Prozessen.
•
die Entwicklung der Zusammenarbeit in der GfA sowie
•
die Erarbeitung effektiver Instrumentarien für die Gruppenarbeit.
Damit soll eine Stärkung der Kundenorientierung erreicht werden, die langfristig den Erfolg der GfA sichert. Die Ergebnisse dieser Vorbereitungen wurden dann auf einem Informationsmarkt vorgestellt. Da das angestrebte Ziel nur gemeinsam zu erreichen war, war die Teilnahme eines jeden Mitarbeiters besonders wichtig. Es war ein Tag •
der Information
•
mit vielen Aktionen
•
zum Anfassen
•
über den man noch viel reden wird
•
der sicherlich Spaß gemacht hat.
Wir sind davon überzeugt, dass dieser Entwicklungs- und Veränderungsprozess langfristig Verbesserungen bringen wird und hoffen, mit diesem Tag den Startschuss gegeben zu haben. Heute blicken wir auf vier erfolgreiche Jahre zurück, in denen wir durch die Einführung neuer PPS-Managementmethoden in der Liefertreue, Effektivität und Qualität permanent Verbesserungen erzielen konnten. Durch diese Maßnahmen hat sich die GfA weltweit noch mehr als guter Lieferant für Liefertreue und Qualität behaupten können. Unsere Mitarbeiter sind stolz, beim Erfolg der GfA mithelfen zu dürfen. Genau das ist der Garant dafür, der Zukunft optimistisch entgegen zu sehen.
PRAXISBERICHTE ZUM PPS-MANAGEMENT
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Anhand ausgewerteter Grafiken erkennt man den positiven Verlauf seit der Einführung neuer PPS-Management-Maßnahmen und -Methoden. Liefertreue: Im Jahr 2000 Jan. bis Mai 2004
71,6 % 97,2 %
Montagestunden je Elektromat in der gesamten Montage: Im Jahr 2000 1,48 Std. bis Mai 2004 1,04 Std. Arbeitszeit in der Produktion (inkl. Fremdarbeit ) pro versendetem Antrieb: im Dezember 1998 4,58 Std. im Mai 2004 2,36 Std. Qualitätsanforderung: Reklamationsquote Q1 = Anzahl Reklamationen im Verhältnis zu verkauften Elektromaten IST 2003 2,73 % Ziel 2004