Die Europäische Gesellschaft: Prinzipien, Gestaltungsmöglichkeiten und Grundfragen aus der Praxis 9783504381288

Die Einführung der Europäischen (Aktien-)Gesellschaft erleichtert deutschen, europaweit agierenden Unternehmen die grenz

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German Pages 372 [371] Year 2005

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Die Europäische Gesellschaft: Prinzipien, Gestaltungsmöglichkeiten und Grundfragen aus der Praxis
 9783504381288

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Lutter/Hammelhaff (Hrsg) Die Europäische Gesellschaft

Die Europäische Gesellschaft Prinzipien, Gestaltungsmöglichkeiten und Grundfragen aus der Praxis herausgegeben von

Prof. Dr. Dres. h.c. Marcus Lutter und Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Hammelhoff Mit Beiträgen von

Prof. Dr. Walter Bayer

Prof. Dr. Hartmut Oetker

Universitätsprofessor, Jena Richter am Thüringer OLG Mitglied des ThüringerVerfGH

Richter am Thüringer OLG

Prof. Dr. Holger Reiseher LLM. V\nn Arbor) Universitätsprofessor, Bonn

Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Hammelhoff Rektor der Universität Heidelberg Richter am Obenandesgericht aD.

Prof. Dr. Detlef Kleindiek Universitätsprofessor, Sielefeld

Prof. Dr. Dres. h.c. Marcus Lutter em. Universitätsprofessor, Bonn Rechtsanwalt, Ber1in

Dr.Silja Maul Rechtsanwältin, Frankfurt am Main

Prof. Dr. Hanno Merkt LLM. (Chicago) Universitätsprofessor, Freiburg

Universitätspro~or,Jena

Prof. Dr. Harald Schaumburg Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht. Bonn Honorarprofessor der Universität zu Köln

Dr. Christoph H. Seibt LLM. (Yale) Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Harnburg

Prof. Dr. Gerald Spindler Universitätsp~or,Göffingen

Dr. Christoph Teichmann Privatdozent. Heidelberg

Dr. Jochen Vetter Rechtsanwalt, Düsseldorf

Dr. Martin Wenz Wiss. Assistent. Ludwig-Maximilians-Universität München

2005

oUs

Verlag Dr.OttoSchmidt Köln

Inhalt

Einleitung (Lutter/Hommelhoff) ....................................................................

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Normenhierarchie für die Europäische Gesellschaft (Hommelhoff) ............

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Die Gründung einer Europäischen Gesellschaft mit Sitz in Deutschland (Bayer) ..............................................................................................................

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Satzung und Satzungsgestaltung in der Europäischen Gesellschaft deutschen Rechts (Seibt) .................................................................................

67

Die Eintragung der Europäischen Gesellschaft im Handelsregister (Kleindiek) ........................................................................................................

95

Minderheitenschutz bei der Gründung einer Europäischen Gesellschaft (Vetter) .............................................................................................................. 111 Die Finanzverfassung der Europäischen Gesellschaft (Fleischer) ................. 169 Die Europäische Gesellschaft als börsennotierte Gesellschaft (Merkt) ....... 179 Die monistische Verfassung der Europäischen Gesellschaft (Teichmann) .. 195 Die Hauptversammlung der Europäischen Gesellschaft und Anfechtungsklagen gegen ihre Beschlüsse (Spindler) .................................... 223 Das Konzernrecht der Europäischen Gesellschaft (Maul) ............................. 249 Einsatzmöglichkeiten der Europäischen Gesellschaft im Konzern (Maul/Wenz) .................................................................................................... 261 Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gesellschaft (Oetker) ............................................................................................................ 277 Steuer und Europäische Gesellschaft (Schaumburg) ..................................... 319 Stichwortverzeichnis ...................................................................................... 357

V

Einleitung Marcus Lutter und Peter Hommelhoff 1. Die Europäische (Aktien-)Gesellschaft gibt es wirklich – vor genau 44 Jahren hat Marcus Lutter am ersten Kongress zum Projekt einer solchen Europäischen Gesellschaft in Paris teilgenommen und vor wenigen Wochen wurde die erste Europäische Aktiengesellschaft in Österreich ins Register eingetragen. Deutschland hat sich noch über den 8. Oktober und mithin über das Inkrafttreten der europäischen SE-Verordnung hinaus Zeit genommen. Aber seit dem 23. Dezember 2004 ist auch bei uns das nationale Begleitgesetz, das „Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG)“ in Kraft. Und nun können auch hier in Deutschland Europäische Gesellschaften – so der offizielle Titel der neuen Rechtsform – gegründet werden. Das macht es dringend notwendig, das ganze neue Rechtsgebäude systematisch und praktisch auszumessen. Das geschieht in diesem Buch, das die Referate des 2-tägigen Bonner Symposions vom November 2004 wiedergibt. Die reiche und vielfältige Diskussion ist nicht gesondert dokumentiert, sondern wurde von den Referenten in die Druckfassung ihrer Beiträge aufgenommen. 2. Das Projekt einer Europäischen (Aktien-)Gesellschaft hat sich im Laufe der 44 Jahre seines Werdens sehr verändert. War der erste offizielle Entwurf von 1975 noch ein vollständiges Aktiengesetz mit 284 Artikeln und einer integrierten Mitbestimmung und Betriebsverfassung, so hat die verabschiedete SEVerordnung vom 8. Oktober 2001 gerade noch 70 Artikel. Das hängt mit der ganz und gar entscheidenden Veränderung des Konzeptes seit 1975 zusammen. Der Entwurf von 1975 war nämlich ein autonomes Gebilde, das mit seinen Regeln alle Geschehnisse zwischen Gründung und Auflösung abbilden wollte. Sein berühmter Artikel 7 Abs. 1 lautete daher: „Vorbehaltlich entgegenstehender Vorschriften sind die von dem Statut behandelten Gegenstände selbst hinsichtlich der Rechtsfragen, die nicht ausdrücklich geregelt werden, der Anwendung des Rechts der Mitgliedstaaten entzogen. Ist eine Rechtsfrage nicht ausdrücklich geregelt, wird sie entschieden a) nach den allgemeinen Grundsätzen, auf denen dieses Statut beruht; b) falls diese allgemeinen Grundsätze keine Lösung der Rechtsfrage bieten, nach den gemeinsamen Regeln oder den gemeinsamen allgemeinen Grundsätzen der Rechte der Mitgliedstaaten.“

Aber auch schon damals gab es dann den Absatz 2 dieses Artikels, der lautete: „2. Die in dem vorliegenden Statut nicht behandelten Gegenstände werden nach dem im Einzelfall anwendbaren Recht der Mitgliedstaaten beurteilt.“

Lutter/Hommelhoff

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Einleitung

Diese Vorschrift wurde zum Schlüssel der Änderungen des Konzeptes und der immer neuen Veränderungen der Entwürfe in den Jahren seit 1975; denn die Idee der Vollständigkeit wurde mehr und mehr aufgegeben und immer weitere Stücke wurden aus dem europäischen Text herausgebrochen und dem nationalen Recht zugewiesen. Heute kann man mit aller Vorsicht sagen, dass allenfalls 40 % des Rechtes einer bestimmten SE europäisch sind, die anderen 60 % sind nationales Recht – teils der Begleitgesetze, teils des rein nationalen, teils des europäisch „infizierten“, also des angeglichenen nationalen Aktienrechts. Auf diese Weise hat sich die Analyse aus dem 1. Bonner Symposion zur SE von 1990 verwirklicht: Nur der Rumpf der europäischen SE-Schiffe ist einheitlich blau gestrichen, die Aufbauten aber leuchten in den nationalen Farben der 25 EU- und drei RWS-Mitglieder. 3. Damit ist nun der Standort-Wettbewerb unter den 28 Nationen, in denen eine SE gegründet werden kann, voll eröffnet. Denn niemand ist gehindert, seine SE in Brüssel, Dublin, Posen oder Prag zu errichten, wenn er denn meint, dass europäisches Verordnungs-Recht plus nationales belgisches oder irisches oder polnisches oder tschechisches Recht zur besten Mischung führen. Es ist also nicht nur die leidige Mitbestimmung, die zur Standortwahl drängt. Auch die englische und die italienische Gesellschaft, die zusammen eine SE bilden wollen, können und müssen sich entscheiden, ob sie den gemeinsamen Sitz statt in Rom oder London eben in Brüssel oder Dublin nehmen wollen, um damit künftig zu 60 % belgischem oder irischem nationalen Recht zu unterliegen. 4. Das hier dokumentierte Symposion vom Dezember 2004 in Bonn ist zu reichen Erträgen gelangt. Denn die Vertreter der Wissenschaft sind den Angehörigen der beratenden Praxis begegnet und ihren offenbar aus einer Fülle von Mandantengesprächen gewonnen Fragen. Darüber hinaus konnten Eckpunkte zur Mitbestimmung in der SE, zur börsennotierten SE und zum Steuerrecht für diese Rechtsform erarbeitet werden. Gerade für letzteres, das Steuerrecht, steht die seit 14 Jahren überfällige Umsetzung der steuerlichen Fusionsrichtlinie von 1990 an, aber auch, wie man aus Brüssel hört, die Verbesserung eben dieser Richtlinie. Denn natürlich muss die schon 1990 festgelegte steuerliche Neutralität auch für grenzüberschreitende Gründungen oder Sitzverlegungen einer SE gesichert sein, soll die neue Rechtsform aus den Büchern herauskommen und zur Realität werden. 5. In den Diskussionen zu den Referaten sind eine Fülle von Schwierigkeiten und Unsicherheiten zutage getreten; das gilt namentlich im Steuerrecht der SE, in dem ein ganzes Minenfeld aufgespürt wurde. Aber das darf uns in Deutschland nicht zu einer breiten Reserve und einer übertriebenen Skepsis gegenüber der SE verführen, so verständlich sie auch sein möge. Im Gegenteil muss das Ziel vor allem der Praxis sein, für die neue Rechtsform den Sitz in Deutschland praktikabel zu gestalten – so wie das in diesem Buch etwa für die Ausgestaltung der Satzung oder die Einsatzmöglichkeiten der SE im Konzern unternommen worden ist. Anderenfalls drohen Gefahren: sobald die Euro2

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Einleitung

päische Gesellschaft in Form der Holding- oder Verschmelzungs-SE ihren Sitz erst in Amsterdam oder London genommen hat, wird dort dann auch die Beratung in ihrer ganzen Breite und Fülle stattfinden und eben nicht in Deutschland. Auf allen Ebenen sind daher Akteure zur Überprüfung und zum Handeln aufgerufen: in Deutschland vor allem der Steuergesetzgeber, um das Angebot an Rechtsformen für die Wirtschaftspraxis effektiv um die SE zu erweitern; aufgerufen sind hier aber auch die Gewerkschaften zu verantwortungsbewusstem und maßvollem Verhalten bei den SE-Mitbestimmungs-Vereinbarungen. Denn es geht um nichts Geringeres als den Standort Deutschland im Europäischen Binnenmarkt. Wir haben es ganz weithin selbst in der Hand, ob er im Standortwettbewerb wettbewerbsfähig bleibt. 6. Diese Überlegungen gelten um so mehr, als der SE, kaum dass es sie gibt, schon ein neuer Wettbewerber vor der Tür steht: die Europäische Kommission hat den Vorschlag einer Richtlinie für grenzüberschreitende Fusionen nationaler Gesellschaften in der EU vorgelegt mit einem etwas weniger strengen Mitbestimmungs-Regime als es für die SE gilt. Damit kann das Jahrzehnte währende Anliegen der Praxis für eine solche internationale Strukturveränderung künftig auch in anderer Form als durch Gründung einer SE verwirklicht werden. Um so mehr gilt es, die Vorteile der SE herauszuarbeiten, zu betonen und zu nutzen. Immerhin gilt für sie zu 40 % einheitliches und unmittelbar geltendes europäisches Recht, während für nationale Aktiengesellschaften auch nach einer internationalen Fusion zu 100 % nationales Recht anzuwenden ist. 7. So bleibt uns vor allem, dem europäischen Flaggschiff einen guten Stapellauf und eine frohe, glückliche und erfolgreiche Fahrt zu wünschen.

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Normenhierarchie für die Europäische Gesellschaft Peter Hommelhoff Inhaltsübersicht I. Zum Regelungsrahmen des SE-Gemeinschaftsrechts .................... 6 1. Bedeutung des Regelungsrahmens .......................................... 6 2. Zur näheren Bestimmung des Regelungsrahmens ......................... 9 3. Einzelne Beispiele ......................... 11 II. Gemeinschaftsrecht und das subsidiär anwendbare nationale Sitzstaatsrecht .................................. 1. Normative Struktur der Verweisungstechnik ........................... 2. Normenhierarchie des Art. 9 SEVO ............................................. 3. Lückenfüllung auf Verordnungsebene .............................................

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III. „Doppelt geschichtete“ Satzungsfreiheit ............................................... 17 1. Satzungsfreiheit auf Verordnungsebene .................................... 17 2. Satzungsfreiheit und -strenge im nationalen Aktienrecht ........... 18 IV. Art und Umfang der Verweisung ..... 19 1. Problemfall Konzernrecht ............ 19 2. Zur Einbeziehung von Richterrecht ............................................... 20 V. Auslegungsfragen .............................. 21 1. Auslegungszuständigkeiten ......... 21 2. Auslegungsgrundsätze .................. 22 VI. Schluss .............................................. 22

Mit der Normenhierarchie für die Europäische Gesellschaft (SE) ist die zentrale Bestimmung des Art. 9 der SE-Verordnung mit ihrem abgestuften System der auf die SE anwendbaren Rechtsquellen angesprochen. Diese kunstvoll aufgeschichtete Normenpyramide verdient aus doppeltem Grund geschärfte Aufmerksamkeit: Zum einen bildet sie das rechtliche Fundament, auf dem jede einzelne SE aufbauen muss; und zum anderen war gerade die Bestimmung des Art. 9 SE-VO rechtspolitisch so stark umstritten, dass sie im Verlaufe des europäischen Rechtsetzungsverfahrens immer wieder abgeändert worden ist1. Im Vergleich zur Entwurfsfassung 1989 sticht im endgültig verabschiedeten Verordnungstext ein doppelter Verzicht markant hervor: Weder die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsgesellschaftsrechts finden sich in Art. 9 SE-VO noch die allgemeinen Regelungen und Grundsätze des Gesellschaftsrechts der Mitgliedstaaten. Dass sie nicht länger Teil der Normenpyramide sein sollten, erklärt der 9. Erwägungsgrund zur SE-Verordnung damit, bei der Angleichung des nationalen Gesellschaftsrechts seien mittlerweile so beachtliche Fortschritte erzielt worden, dass überall dort auf das Aktienrecht des Sitzmitgliedstaates verwiesen werden könne, wo es für das Funktionieren der SE keiner einheitlichen Gemeinschaftsregelung bedürfe. Aber die so begründete Reduktion im Rahmen des Art. 9 SE-VO anzuwendender Rechtsquellen hat die Handhabbarkeit dieser Bestimmung offenbar nicht wesentlich erleichtert;

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Die Entstehungsgeschichte des Art. 9 SE-VO wird zuletzt referiert von C. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht, 2005 (im Druck), Teil 2, Abschnitt E, IV 2.

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Normenhierarchie für die Europäische Gesellschaft

das belegen die bislang publizierten Grundlagenaufsätze2, die Art. 9 als besonders schwierige Bestimmung erscheinen lassen. Dies hat Konsequenzen in der Unternehmenspraxis: Leichte Handhabbarkeit und Rechtsgewissheit des SERechts werden die Wahl dieser Rechtsform des Gemeinschaftsrechts im Wettbewerb mit den nationalen Formen sogar bei den wohl beratenen Großunternehmen und Konzernen beeinflussen. Deshalb soll an dieser Stelle erneut der Versuch unternommen werden, die Normenpyramide des Art. 9 Abs. 1 SE-VO zu durchdringen.

I. Zum Regelungsrahmen des SE-Gemeinschaftsrechts Als supranationale Rechtsform ist die SE eine genuine Schöpfung des europäischen Gemeinschaftsrechts; auf der Grundlage des EG-Vertrages, insbesondere seines Art. 308 von den Organen der Gemeinschaft kreiert, existiert die SE durch und durch auf der Grundlage jener Regelungen, die das europäische Sekundärrecht in der SE-Verordnung und in der Richtlinie zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer speziell für diese Rechtsform geschaffen hat. Die SE ist ausschließlich und ohne jene Einschränkung gemeinschaftsrechtlich radiziert und legitimiert. Das gilt auch für das auf die einzelne SE je anwendbare nationale Recht ihres Sitzmitgliedstaates.

1. Bedeutung des Regelungsrahmens a) Mitgliedstaatliches Recht, das auf die SE Anwendung findet, kommt allein deshalb zum Zuge, weil das Gemeinschaftsrecht dies anordnet. Das gilt zum einen für jenes Nationalrecht, mit dem der mitgliedstaatliche Gesetzgeber Regelungsaufträge3 des Gemeinschaftsrechts zur SE im Sinne des Art. 9 Abs. 1 lit. c i SE-VO ausführt – so wie etwa der deutsche in §§ 20 ff. SEEG zum monistischen System in Erfüllung des Auftrags aus Art. 43 Abs. 2 SE-VO4. Gleichermaßen wurzelt im Gemeinschaftsrecht aber zum anderen jenes nationale Aktienrecht, das gemäß Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO im Sitzmitgliedstaat der SE auf diese Anwendung findet. Insoweit hat sich der Gemeinschaftsge-

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Brandt/Scheifele, DStR 2002, 547 ff.; Casper in FS Ulmer, 2003, S. 51 ff.; Lächler/ Oplustil, NZG 2005, 381 ff.; Wagner, NZG 2002, 985 ff.; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 395 ff. Auch die ersten zur SE erschienenen Dissertationen widmen sich jeweils ausführlich der Frage des Regelungskonzepts der SE-Verordnung: Brandt, Die Hauptversammlung der SE, 2004, S. 23 ff.; Scheifele, Die Gründung der SE, 2004, S. 19 ff. Zum Gesetzgebungsinstrument des Regelungsauftrags grundlegend Beier, Der Regelungsauftrag als Gesetzgebungsinstrument im Gesellschaftsrecht, 2002, S. 5 ff.; passim, speziell im Gemeinschaftsrecht S. 253 ff. Entgegen ihrem scheinbaren Wortlaut enthalten Artt. 39 Abs. 5, 43 Abs. 4 SE-VO nicht nur Regelungsermächtigungen, sondern weitergehend zugleich Regelungsverpflichtungen; dazu Bungert/Beier, EWS 2002, 1, 3; Hommelhoff, AG 2001, 279, 284; Lutter, BB 2002, 1, 4; Neye/C. Teichmann, AG 2003, 169, 175; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 441 f.

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Normenhierarchie für die Europäische Gesellschaft

setzgeber, wie namentlich der Vergleich mit den vollregelnden Entwürfen zur SE-VO zeigt, einer eigenen Regelung enthalten und stattdessen seine Regelungskompetenz zu bestimmten Materien und in bestimmten Grenzen an die mitgliedstaatlichen Gesetzgeber delegiert. Mithin ist das auf die einzelne SE anwendbare nationale Aktienrecht abgeleitet legitimiertes Recht und nicht länger, wie bei seiner Anwendung auf nationale Aktiengesellschaften, genuin mitgliedstaatliches Recht.5 Diesen grundlegenden Unterschied kann und darf auch nicht die Vorgabe aus Art. 10 SE-VO verwischen, welche Gleichbehandlung von SE und AG im einzelnen Mitgliedstaat anordnet. Man lasse sich vom Bild der Dampfer (heute wohl besser: Flaggschiffe) mit national unterschiedlich angemalten Schornsteinen6 nicht täuschen: Die Gesetzgebungsorgane der Gemeinschaft können, wenn sie nur wollen, frei und jederzeit für einheitlich eingefärbte Schornsteine sorgen; die Entscheidung darüber, ob und inwieweit auf die SE anwendbares Nationalrecht durch Gemeinschaftsrecht ersetzt werden soll, liegt ausschließlich bei den Gemeinschaftsorganen. b) Als Kreation des Gemeinschaftsrechts nimmt die SE in gleicher Weise wie die mitgliedstaatlichen Rechtsformen am Rechts- und Geschäftsverkehr teil, bewegt sich vielfältig in ihrem rechtlichen Umfeld: schließt Verträge mit Arbeitnehmern, Kunden, Lieferanten und Kreditgebern, hat Steuern7 und Sozialabgaben zu entrichten, agiert als Kapitalnachfrager auf den Eigen- und Fremdkapitalmärkten. Kurzum: im rechtlichen Umfeld ihres Sitzmitgliedstaates ist die SE ein normales Rechtssubjekt; in diese Normalität positioniert sie Art. 1 Abs. 3 SE-VO: „Die SE besitzt Rechtspersönlichkeit“8. Für die SE erwächst aus diesem Nebeneinander von mitgliedstaatlichem und Gemeinschaftsrecht eine Grundfrage zur Abgrenzung: Inwieweit unterliegt die SE dem Gemeinschaftsrecht (diesem unmittelbar oder aus diesem abgeleiteten mitgliedstaatlichem Recht) und inwieweit unterliegt sie genuin mitgliedstaatlichem Recht? Diese Grundfrage hatte schon der Gemeinschaftsgesetzgeber mit seiner Festlegung zu beantworten, was in Abgrenzung gegenüber dem eigenen Regelungsbereich der Mitgliedstaaten in den Regelungsrahmen des Gemeinschaftsrechts fallen sollte. Hierzu hat sich der Gesetzgeber ausweislich des Verordnungstextes nebst Erwägungsgründen offenbar von einer Faustformel zur Bestimmung des gemeinschaftsrechtlichen Regelungsrahmens leiten lassen9: In ihn fallen sämtliche Regelungskomplexe, die typischerweise zur Ordnung von Gesellschaften notwendig sind, um das Gesamtsystem „Gesellschaft“ in Funktion zu versetzen und zu halten; in diesen Rahmen zählen: die

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C. Teichmann, German Law Journal (2003) Vol 04, No. 4, 309, 329 ff. (www.german lawjournal.com). So Lutter, AG 1990, 413, 414; ders. ZGR 2003, 591, 591. Ruhwinkel, Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft (SE) durch Verschmelzung oder durch Anteilstausch, 2004, und demnächst Eggers, Die Gründung einer SE und ihre Sitzverlegung aus ertragssteuerlicher Sicht, 2005. Dazu C. Teichmann (Fn. 1), Teil 2, Abschnitt E., IV. 2. d). S. dazu auch Brandt/Scheifele, DStR 2002, 547, 550 f.; Wagner, NZG 2002, 985, 988; Casper (Fn. 2), S. 51, 66.

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Normenhierarchie für die Europäische Gesellschaft

Gründungs- und Ordnungsvorschriften, Bestimmungen zum Gläubigerschutz und zum Schutz der Gesellschafter einschließlich der Rechnungslegung sowie die Regelung der Liquidation. Indes – eine solche Faustformel darf die Abgrenzungsschwierigkeiten im einzelnen nicht vernebeln; man nehme als Beispiel nur den Gläubigerschutz durch Insolvenzecht: liegt er innerhalb oder außerhalb des SE-Regelungsrahmens? Rechtskategorial betrachtet ist klar zwischen Gesellschaftsrecht auf der einen Seite und Insolvenzrecht auf der anderen zu trennen. Aber funktional vom Schutz der Gesellschaftsgläubiger her gesehen gehören die relevanten Bestimmungen beider Rechtsmaterien in ein Gesamtsystem: Der Gläubigerschutz in der Gründungsphase ist mit dem in der bestehenden Gesellschaft (Kapitalerhaltung, Direktoren- und Geschäftsführerhaftung) und mit dem Gläubigerschutz in der Gesellschaftskrise10 und Insolvenz funktional vielfältig verknüpft und vernetzt. So dient im englischen Recht die wrongful tradingHaftung auch dazu, das Fehlen eines gesetzlichen Mindesteigenkapitals auszugleichen11, während im deutschen Recht die Existenzvernichtungshaftung darauf angelegt ist, die demnächst wohl zu erwartende Abschwächung des Gläubigerschutzes bei der Gesellschaftsgründung12 funktional auszutarieren13. Wie zwischen dem gemeinschaftsrechtlichen Regelungsrahmen der SE und dem allgemeinen Recht der Mitgliedstaaten abzugrenzen ist, bemisst sich nach Gemeinschaftsrecht, nicht hingegen nach mitgliedstaatlichem Recht, aber auch nicht nach den Regeln des Internationalen Gesellschaftsrechts14. Dies folgt schlicht aus dem Vorrang des Gemeinschaftsrechts zur Regelung der SE in ihren Existenz- und in ihren Aktionsbedingungen. c) Weil es eine im unvollkommenen Binnenmarkt mitsamt seinen Spannungen zwischen den Regelungskompetenzen der Mitgliedstaaten15 und denen der Gemeinschaft angelegte Grundfrage ist, welcher Gesetzgeber inwieweit berufen ist, die Rechtsgrundlagen der SE und ihren Rechtsrahmen zu regeln, deshalb ist die Frage nach dem Regelungsrahmen der SE-Verordnung zunächst und vor allem eine solche der Sachlogik. Trotz der fundamentalen Bedeutung dieser Frage hat sie in den Wortlaut der SE-Verordnung nur ganz verdeckt in

__________ 10 Hierzu demnächst Drenckhan, Gläubigerschutz in der Krise der GmbH, 2005. 11 Näher Höfling, Das englische internationale Gesellschaftsrecht, 2002, S. 185 ff.; Rehm in Eidenmüller (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 2004, § 10 Rz. 43; Weller, Europäische Rechtsformwahlfreiheit und Gesellschafterhaftung, 2004, S. 112 f.; Davies in Gower and Davies’ Principles of Modern Company Law, 7th ed. 2003, p. 230; ders., AG 1998, 346, 352 f.; a. A. Mülbert, Der Konzern 2004, 151, 155. 12 Zur aktuellen Diskussion vgl. Kallmeyer, GmbHR 2004, 377; Wachter, GmbHR 2004, 88. 13 Dazu grundlegend Röhricht in FS 50 Jahre BGH, 2000, S. 83 ff.; Weller (Fn. 11), S. 123 ff. 14 Dazu Lächler/Oplustil, NZG 2005, 381, 382. 15 Hierzu in den Auswirkungen auf das Gesellschaftsrecht grundlegend C. Teichmann (Fn. 1), passim.

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Normenhierarchie für die Europäische Gesellschaft

Art. 9 Abs. 1 lit. c Eingang gefunden „… die nicht durch diese Verordnung geregelten Bereiche“. Derart randständig verlautbart spricht man dem Regelungsrahmen (oder: -bereich) vereinzelt jede Bedeutung ab16: Für seine Bestimmung bestehe unter der SE-Verordnung in ihrer verabschiedeten Fassung kein Bedürfnis; die Reichweite der Verordnung ergebe sich letztlich aus der Summe der einzelnen europäischen Vorschriften, nicht aber aus einem allgemein zu bestimmenden Regelungsbereich der Verordnung. In der Tat: Für die rechtsanwendende Praxis scheint es prima vista ohne Belang, ob eine auf die SE anzuwendende Bestimmung aus dem mitgliedstaatlichen Recht, insbesondere aus dessen Aktienrecht, deshalb Anwendung findet, weil dies auf einem Anwendungsbefehl des Gemeinschaftsrechts beruht oder aber auf der unmittelbar eigenen Regelungszuständigkeit der Mitgliedstaaten. Allerdings: ob der Regelungsrahmen der SE-Verordnung wirklich ohne jeden praktischen Belang ist, lässt sich erst feststellen, wenn die Fragen der SENormenhierarchie im einzelnen ausgemessen sind. Daher soll zunächst von der sachlogisch bedingten Relevanz des Regelungsrahmens ausgegangen werden.

2. Zur näheren Bestimmung des Regelungsrahmens a) Welche Vorstellungen die Organe des Gemeinschaftsgesetzgebers zum Regelungsrahmen des SE-Gemeinschaftsrechts und zu seiner Ausfüllung geleitet haben, könnte die jahrzehntelange Entstehungsgeschichte der SE-Verordnung erhellen. Zu Beginn war diese nämlich vom Gedanken der Vollregelung getragen: „Die Regelung des Statuts ist auf ihrem Gebiet, d. h. in den Fragen des Gesellschaftsrechts, als vollständige gemeint“17. Aufschluss über den SERegelungsrahmen scheint mithin der Volltext der ursprünglichen Entwürfe zur SE-Verordnung zu versprechen, namentlich der von 1970. Aber auch insoweit sollte man behutsame Vorsicht walten lassen. Man nehme nur das Konzernrecht der SE: Im Ursprungsentwurf von 1970 und auch im geänderten Entwurf von 1975 war die sog. organische Konzernverfassung geregelt18; Konzernrecht lag mithin innerhalb des Regelungsrahmens. Spätere Entwürfe und auch die schlussendlich verabschiedete SE-Verordnung haben auf die Übernahme der organischen Konzernverfassung ebenso verzichtet, wie die EG-Kommission davon Abstand genommen hat, das Projekt einer 9. Konzernrechts-Richtlinie fortzuführen19. Was aber folgt daraus für die SEVerordnung: Liegt das Konzernrecht außerhalb ihres Regelungsrahmens, oder

__________ 16 In diesem Sinne Leupold, Europäische Aktiengesellschaft und Portugal, 1993, S. 22 ff.; C. Teichmann (Fn. 1), Teil 2, Abschnitt E., IV. 2. d). 17 Von Caemmerer in FS Kronstein, 1967, S. 171, 194. 18 Zu ihr näher Geßler in Lutter (Hrsg.), Die Europäische Aktiengesellschaft, 2. unveränd. Aufl. 1978, S. 275 ff. 19 Zu den Motiven für die Projektaufgabe Forum Europaeum Konzernrecht, ZGR 1998, 672, 681 ff.

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ist das Konzernrecht innerhalb des Gemeinschaftsrechts bloß ungeregelt geblieben? – Oder das Betriebsverfassungsrecht der SE: Auch dies, ursprünglich enthalten20, ist im Verlaufe der weiteren Gesetzgebungsarbeiten aus dem Verordnungstext gestrichen worden. Liegt das Betriebsverfassungsrecht für die SE damit außerhalb des gemeinschaftsrechtlichen Regelungsrahmens? Für eine solche Sehweise streitet die gesellschaftsrechtsferne Richtlinie zum Europäischen Betriebsrat21; dagegen aber könnte die Tatsache sprechen, dass die Informations- und Konsultationsrechte der Arbeitnehmer in der SE Regelungsgegenstand der SE-Mitbestimmungsrichtlinie sind (Auffangregelung Teil II nach Art. 7 SE-Richtlinie)22. Aus alledem ist zu folgern: Der Entstehungsgeschichte des SE-Gemeinschaftsrechts lassen sich für dessen Regelungsrahmen bloße, wenn auch gewichtige, Anhaltspunkte entnehmen, aber keine definitiven Grenzsteine. b) Als nächstes könnte man den Regelungsrahmen des SE-Gemeinschaftsrecht über die Kernbereiche des europäischen Gesellschaftsrechts zu erschließen versuchen, wie jene im Regelungsprogramm des Gemeinschaftsgesetzgebers deutlich werden, das in EG-Rechtstexten seinen Niederschlag gefunden hat23: in den Verordnungen zur EWIV24, zur SE, zur Europäischen Genossenschaft25, aber auch zum Europäischen Verein26 sowie im Programm für die gesellschaftsrechtlichen Richtlinien – sei dies schon umgesetzt oder noch im Werde-

__________ 20 Zu diesem Regelungskomplex näher Gitter/Heinze in Lutter (Fn. 18), S. 405 ff. 21 Richtlinie 94/45/EG des Rates v. 22.9.1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrates oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen, ABl. EG Nr. L 254 v. 30.9.1996, S. 64 ff. Umgesetzt in Deutschland in dem Gesetz über Europäische Betriebsräte (EBRG) v. 28.10.1996, BGBl. I, S. 1548 ff. Vgl. hierzu Blanke, Europäisches Betriebsräte-Gesetz, EBRG-Kommentar, 1999, S. 60 ff. 22 Im Einzelnen dazu Oetker, in diesem Band S. 277 ff. 23 S. dazu schon Brandt/Scheifele, DStR 2002, 547, 551. 24 Verordnung des Rates v. 25.7.1985 (2137/85) über die Schaffung einer Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV), ABl. EG Nr. L 199 v. 31.7.1985, S. 1 ff.; das zugehörige Ausführungsgesetz für Deutschland: Gesetz zur Ausführung der EWGVerordnung über die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIVG) v. 14.4.1988, BGBl. I, S. 514 ff.; vgl. zur EWIV: Meyer-Landrut, Die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung, 1988; von Rechenberg, ZGR 1992, 299 ff.; Neye, DB 1997, 861 ff. 25 Verordnung des Rates v. 22.7.2003 (1435/2003) über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE), ABl. EG Nr. L 207 v. 18.8.2003, S. 1 ff.; nebst der Richtlinie des Rates v. 22.7.2003 (73/2003) zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Genossenschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer, ABl. EG Nr. L 207 v. 18.8.2003, S. 25 ff.; vgl. zur Europäischen Genossenschaft Schulze (Hrsg.), Handbuch der Europäischen Genossenschaft (SCE), 2004; ders. NZG 2004, 792 ff.; vgl. weiterhin die Monographien von T. Fischer, Die Europäische Genossenschaft, 1995, und Hagen-Eck, Die Europäische Genossenschaft, 1995. 26 Geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Gegenseitigkeitsgesellschaft, KOM (93) 252 endg.- SYN 390, ABl. EG Nr. C 236 v. 31.8.1993, S. 40 ff.; vgl. hierzu J. Wagner, Der Europäische Verein, 2000.

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gang. Vor allem hierin kommt zum Ausdruck, was nach der Vorstellung der europäischen Gesetzgebungsorgane notwendig zu regeln ist, um eine Gesellschaft von Gesetzes wegen funktionsfähig innerhalb des Rechts- und Geschäftsverkehrs im Europäischen Binnenmarkt zu machen und zu erhalten. Zu Einzelheiten gleich näher.

3. Einzelne Beispiele Wie schon gesagt: Der SE-Regelungsrahmen ist gemeinschaftsrechtlich zu erschließen. Zu seiner Eingrenzung auf mitgliedstaatliche Nationalrechte zurückzugreifen, ist ausgeschlossen27. Allenfalls mögen gemeinsame Prinzipien und Grundsätze auf der Ebene der Mitgliedstaaten vereinzelte Anhaltspunkte, gewisse Fingerzeige dazu liefern, was auf der Gemeinschaftsebene bei funktionaler Betrachtung zum Regelungsrahmen des SE-Gemeinschaftsrechts zählen könnte. Zu ihm haben sich die EG-Gesetzgebungsorgane autoritativ in Erwägungsgrund 20 zur SE-Verordnung geäußert. Danach sind von dieser nicht erfasst und liegen somit außerhalb des Regelungsrahmens das Steuer-, Wettbewerbs- und Insolvenzrecht sowie der gewerbliche Rechtsschutz. Konsequent ist damit ein Zentralbefund zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger auf der Gemeinschaftsebene festzuhalten: Wie schon im Richtlinienbereich zur Harmonisierung der nationalen Unternehmensrechte so hat das EG-Recht auch für seine supranationalen Organisationsformen nicht jene funktionalen Verknüpfungen zwischen Gesellschafts- und Insolvenzrecht aufgegriffen, welche die modernen Entwicklungen im Unternehmensrecht der Mitgliedstaaten kennzeichnen28. Manche, vor allem England29 und wohl auch Frankreich gefolgt von Deutschland, sind auf diesem Feld ein ganzes Stück weiter vorangeschritten. – Im Übrigen zählen in den Regelungsrahmen des SE-Gemeinschaftsrechts neben den arbeitnehmerbezogenen Unterrichtungs-, Anhörungsund Mitbestimmungsrechten nach der SE-Richtlinie die folgenden Regelungsbereiche30: a) Das Gründungsrecht der SE (arg. Titel II, Artt. 15 ff. SE-VO)31 unter Einschluss des Binnenmarkt-spezifischen Rechts der Sitzverlegung (arg. Art. 8 SE-VO)32 sowie das Liquidationsrecht dieser supranationalen Rechtsform

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27 Vgl. hierzu bereits Ficker in FS Sanders, 1972, S. 37, 45; aus dem neuern Schrifttum Brandt/Scheifele, DStR 2002, 547, 550; Lächler/Oplustil, NZG 2005, 381, 382; für den EUV: J. Wagner (Fn. 26), S. 54. 28 S. o. Fn. 11 und zu den kollisionsrechtlichen Folgefragen Weller (Fn. 11), S. 223 ff. 29 Insbesondere mit dem insolvenzrechtlich qualifizierten Institut des wrongful trading (vgl. die Analyse dieses Instituts bei Habersack/Verse, ZHR 168 [2004], 174 ff. und Hirt, ECFR 2004, 71 ff.). 30 Zur Bestimmung des Regelungsrahmens ganz allgemein vgl. bereits von Caemmerer (Fn. 17), S. 171, 195; Lindacher in Lutter (Fn. 18), S. 1, 5 ff.; aus dem neueren Schrifttum Brandt/Scheifele, DStR 2002, 547, 550 f.; Casper (Fn. 2), S. 51, 66; J. Wagner, NZG 2002, 985, 988. 31 Zum Gründungsrecht monographisch Scheifele (Fn. 2). 32 Zum Binnenmarktbezug der Sitzverlegung jüngst C. Teichmann (Fn. 1), Teil 2, Abschnitt C. V. 3.

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(Art. 63 SE-VO); für Letzteres nimmt das Gemeinschaftsrecht freilich im Wege der dynamischen Verweisung33 Nationalrecht der Mitgliedstaaten in seinen Dienst. Mit dieser Verweisung sind zwei Aspekte verbunden: Zum einen fungiert in den Sitzmitgliedstaaten deren aktienrechtliches Liquidationsrecht aufgrund abgeleiteter Legitimation34 jeweils als Liquidationsrecht der in ihnen domizilierenden SEs. Und zum anderen hat der Gemeinschaftsgesetzgeber die Mitgliedstaaten in Art. 63 SE-VO ermächtigt, ihr Liquidationsrecht auch mit Wirkung für die SEs in ihrem Gebiet abzuändern. Freilich wird die Gemeinschaft auf diese möglichen Abänderungen so lange keinen Einfluss ausüben, wie das Projekt einer Liquidationsrichtlinie nicht zum Abschluss gebracht ist35. b) Grundsätzlich Gleiches gilt gemäß Artt. 4 f. SE-VO für die Finanz- und Kapitalverfassung: Sie gehört in den Regelungsrahmen des SE-Gemeinschaftsrechts, aber auch für sie nimmt die SE-Verordnung mitgliedstaatliches Nationalrecht über eine dynamische Verweisung in den Dienst- allerdings begrenzt durch die gemeinschaftsrechtliche Vorgaben aus Art. 4 Abs. 1 und 2 SE-VO. Hieraus verdient namentlich das Mindesteigenkapital von 120 000 Euro für die aktuelle Diskussion um die Reform des institutionellen Gläubigerschutzes36 Beachtung: So sinnentleert scheint die gesetzliche Vorgabe eines Mindesthaftkapitals im Gesellschaftsrecht doch nicht zu sein; Sinn und Zweck des Art. 4 Abs. 2 SE-VO sollten in die rechtspolitische Debatte um die Aufbringung eines gesetzlichen Mindestkapitals künftig mit einbezogen werden. c) Das Organisationsrecht der SE fällt nach Titel III in den Regelungsrahmen der Verordnung. Neben eigenständigen Regelungen für das dualistische und das monistische Verwaltungssystem ruft die SE-Verordnung das Recht der Mitgliedstaaten in unterschiedlicher Weise zur Ergänzung seiner Regelungen auf: durch dynamische Verweisungen auf deren Aktienrecht (wie etwa in Art. 51 SE-VO), durch Ermächtigungen für SE-spezifische Bestimmungen im nationalen Recht (wie z. B. in Art. 48 Abs. 1 Unterabs. 2 SE-VO) sowie durch Regelungsaufträge an die Mitgliedstaaten wie die bereits erwähnten aus Artt. 39 Abs. 5, 43 Abs. 4 SE-VO37. In diesem mixtum compositum wird es besonders deutlich: All’ diese Regelungen zur Organisationsverfassung der SE sind unabhängig davon, ob sie der Verordnung angehören oder dem nationalen Recht, durch das Gemeinschaftsrecht legitimiert, zählen in dessen Regelungsrahmen.

__________ 33 Zur dynamischen Verweisung vgl. Fuß in FS Paulick, 1973, S. 293, 295; Hörnig, DVBl. 1979, 307 ff.; Ossenbühl, DVBl. 1967, 401 ff.; Schenke, NJW 1980, 743 ff. 34 S. schon oben bei I. a), S. 6. 35 Die Arbeiten an einer Liquidationsrichtlinie sind über einen Vorentwurf bislang nicht hinaus gekommen (dazu Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2000, S. 516 ff.); ob sie je wieder aufgenommen werden, erscheint zweifelhaft. 36 Dazu zuletzt Mülbert, Der Konzern 2004, 151 ff.; Schön, Der Konzern 2004, 162 ff. 37 Zum obligatorischen Regelungsauftrag in diesen Bestimmungen oben Fn. 4.

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d) Für das Recht der Rechnungslegung gilt, was oben (I. 3. a), S. 11) schon für das Liquidationsrecht festgestellt wurde: Zwar gehört auch die Rechnungslegung der SE zum Regelungsrahmen des Gemeinschaftsrechts (arg. Artt. 61 f. SE-VO), zur inhaltlichen Ausfüllung jedoch nimmt dies das Recht der Mitgliedstaaten in seinen Dienst – allerdings mit der bereichspezifischen Besonderheit, dass das je mitgliedstaatliche Recht der Rechnungslegung trotz all’ seiner Unterschiede in Umsetzung vielfältiger Richtlinienvorgaben durch und durch vom Gemeinschaftsrecht geprägt ist. e) Ob das Konzernrecht der SE innerhalb oder außerhalb des gemeinschaftsrechtlichen Regelungsrahmens liegt, wird im deutschen Schrifttum kontrovers diskutiert38. Es kann hier nicht der Ort sein, diese Diskussion in aller Intensität fortzuführen. Deshalb an dieser Stelle bloß drei knappe Thesen: (1) Wesentlich ist, ob das geltende Gemeinschaftsrecht überhaupt die Rechtskategorie des Konzerngesellschaftsrechts kennt; das ist außerhalb der Rechnungslegung aus bekannten Gründen (verwiesen sei nur noch einmal auf das Schicksal der neunten Richtlinie)39 nicht der Fall. Deshalb stellt sich (2) allein die materiellrechtliche Frage, ob die einzelnen Wirkungen des deutschen Konzernrechts (die Ermächtigungen wie die aus § 308 Abs. 1, 2 oder § 311 Abs. 1 AktG, die Privilegierungen wie die aus § 291 Abs. 3 oder § 311 Abs. 2 AktG, die Schutzmechanismen wie die aus §§ 300 ff. oder §§ 312 ff. AktG) jeweils mit dem Gemeinschaftsrecht der SE vereinbar sind40. Daraus folgt (3) im Rückschluss: Jene Regelungskomplexe, die im deutschen Gesellschaftsrecht dessen Konzernrecht als konfliktspezifisches Sonderrecht41 umfasst, zählen auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts in dessen Regelungsrahmen.

__________ 38 Konzernrechtliche Vorschriften liegen innerhalb des Regelungsrahmens nach Hommelhoff, AG 2003, 179, 180; Maul, Die faktisch abhängige SE (Societas Europaea), 1998, S. 22; dies. in Theisen/Wenz (Hrsg.), Die Europäische Aktiengesellschaft, 2002, S. 399, 408; Lächler/Oplustil, NZG 2005, 381, 385 f.; im Ergebnis wohl auch Brandi, NZG 2003, 889, 890 f. und Wagner, NZG 2002, 985, 988. Die entgegengesetzte Auffassung vertreten Habersack, ZGR 2003, 724, 740; Veil, WM 2003, 2169, 2172 f.; Ebert, BB 2003, 1854, 1859, die hierfür die Erwägungsgründe 15 bis 17 der Verordnung, die auf die Vorschriften und allgemeinen Grundsätze des Internationalen Privatrechts hinweisen, anführen. Jaecks/Schönborn, RIW 2003, 254, 257 verfolgen eine vermittelnde Lösung, indem sie das Konzernrecht zwar zum Regelungsrahmen der Verordnung rechnen, die Generalverweisungsnorm des Art. 9 Abs. 1 lit. c aber ausnahmsweise als Gesamtverweisungsnorm begreifen. Nach C. Teichmann (Fn. 1), Teil 2, Abschnitt E. IV. 2. d) kommt der Kategorie des „Regelungsbereichs“ keine eigene Aussagekraft zu, weshalb die konzernrechtlichen Fragen jeweils bei Anwendung der konkret einschlägigen Norm der SE-Verordnung zu lösen seien (namentlich Art. 5 für Eingriffe in das Kapital der abhängigen Gesellschaft und Art. 39 Abs. 1 für die Eigenverantwortlichkeit des Vorstands gegenüber Weisungen des herrschenden Unternehmens). 39 Dazu oben bei Fn. 19. 40 Ausweislich § 49 SE-AG hat der deutsche Gesetzgeber die Vereinbarkeit bejaht; hierauf hat sich die Praxis auszurichten (konsequent Maul, in diesem Band S. 250 ff.). Aber damit ist die rechtswissenschaftliche Kontroverse noch nicht beendet. 41 Grundlegend BGHZ 69, 334, 338 – VEBA/Gelsenberg.

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f) Einige Schwierigkeiten bereitet es schließlich, das Kapitalmarktrecht, insbesondere das Übernahmerecht, soweit es die börsennotierte SE erfasst, dem Regelungsrahmen zuzuordnen42. Diese Schwierigkeiten rühren aus der doppelten Zielsetzung des Kapitalmarktrechts43 her – aus seinem Funktionenschutz für den Kapitalmarkt auf der einen Seite und aus seinem Individualschutz für den einzelnen Kapitalanleger auf der anderen. Beim Individualschutz sind die kapitalmarktrechtlichen Mechanismen verwoben mit denen des Gesellschaftsrechts – insbesondere bei den Informationsrechten der Aktionäre als Kapitalanleger44. Deshalb lässt sich im Kapitalmarktrecht trennen zwischen den rein marktrechtlichen Regelungskomplexen einerseits und den hinüber zum Gesellschaftsrecht offenen Komplexen andererseits. Diese Trennung ist im Gemeinschaftsrecht bereits in den Richtlinien zum Kapitalmarktrecht angelegt. Konsequent zählen die gesellschaftsrechtlich ausgerichteten Regelungskomplexe des Kapitalmarktrechts in den Regelungsrahmen des SE-Gemeinschaftsrechts wie z. B. die Kompetenzregeln für Abwehrmaßnahmen oder die Bestimmungen zum Squeeze- oder Sell-out45.

II. Gemeinschaftsrecht und das subsidiär anwendbare nationale Sitzstaatsrecht Wie schon voranstehend mehrfach angedeutet, beschränkt sich der Regelungsrahmen des Gemeinschaftsrechts zur SE nicht auf den Verordnungstext. Diesen hat der Verordnungsgeber mit der Begründung in Erwägungsgrund 9 bewusst lückenhaft gehalten, die Angleichung der nationalen Gesellschaftsrechte in den Mitgliedstaaten sei bereits ein großes Stück vorangekommen. Hieraus ergeben sich Konsequenzen für die

1. Normative Struktur der Verweisungstechnik Nach den vorangegangen Entwürfen zur SE-Verordnung waren Lücken in deren Regelungen nach den allgemeinen Grundsätzen zu füllen, auf denen die Verordnung beruht, also durch die noch zu ermittelnden Grundsätze des geschriebenen und des ungeschriebenen Gemeinschaftsgesellschaftsrechts46.

__________ 42 Vgl. hierzu Casper (Fn. 2), S. 51, 66, der ohne weitere Begründung das Kapitalmarktrecht aus dem Regelungsrahmen der SE herausnimmt; Lächler/Oplustil, NZG 2005, 381, 386 f. 43 Berding, WM 2002, 1149, 1154 ff.; Fleischer, NZG 2002, 545 ff.; Hopt, ZHR 166 (2002), 383, 386; Kleindiek, ZGR 2002, 546 ff.; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, 2002, Rz. 1.37 f.; Merkt/Rossbach, JuS 2003, 217, 220. 44 Dazu u. a. Hommelhoff, ZGR 1993, 452, 453 ff.; s. weiterhin die Diskussion zur Konkurrenz von Pflichtangebot und gesellschaftsrechtlichen Mechanismen des Individual- und Minderheitenschutzes: Seibt/Heiser, ZHR 165 (2001), 466 ff.; Kleindiek, ZGR 2002, 546 ff.; C. Teichmann, AG 2004, 67 ff. 45 Für die Übernahmerichtlinie Mülbert, NZG 2004, 633, 637 f.; auf den Regelungsrahmen der SE übertragen Lächler/Oplustil, NZG 2005, 381, 386 f. 46 Grundlegend hierzu Lindacher in Lutter (Fn. 18), S. 1, 9 f.

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Abweichend hiervon gibt die Verordnung in ihrer endgültig verabschiedeten Fassung nunmehr für die Lückenfüllung in Art. 9 Abs. 1 lit. c i und ii vor, hierfür sei das nationale Gesellschaftsrecht des Sitzstaates der einzelnen SE heranzuziehen. Zum Zusammenspiel zwischen Gemeinschafts- und mitgliedstaatlichem Recht bedient sich die SE-Verordnung daher mit Blick auf den Entstehungsprozess dieser Gesellschaftsform einer Verweisungstechnik folgender Strukturierung: –

vor der SE-Gründung anwendbares Recht: Die Gründungsgesellschaften beschließen nach nationalem Recht (Art. 18 SE-VO);



auf die entstehende SE in der Gründungsphase anwendbares Recht: Auf sie findet mitgliedstaatliches Nationalrecht des künftigen Sitzstaates Anwendung (Art. 15 SE-VO)



auf die eingetragene und damit entstandene SE anwendbares Recht: Für sie gelten primär die Spezialverweisungen der Verordnung (z. B. Art. 5 für das Kapital, Art. 51 zur Organhaftung, Art. 53 für Ablauf und Organisation der Hauptversammlung); nachgeordnet und ergänzend sodann die allgemeine Verweisungsnorm in Art. 9 SE-VO. Dieser Nachhang folgt aus dem methodischen Spezialitätsgrundsatz47, wie ermittelbar auch in Art. 9 Abs. 1 lit. a SE-VO zum Ausdruck kommt.

2. Normenhierarchie des Art. 9 SEVO Die allgemeine Verweisungsnorm hat die in ihr enthaltenen Rechtsquellen zwar kunstvoll zu einer Pyramide aufgeschichtet; dennoch sind deren Stufen klar nachvollziehbar: –

Das Fundament bilden die Regelungen der SE-Verordnung;



auf der ersten Stufe finden sich jene Bestimmungen in der Satzung der SE, mit denen der Satzungsgeber von der ihm in der Verordnung ausdrücklich erteilten Regelungsermächtigung tatsächlich Gebrauch gemacht hat;



die zweite Stufe setzt sich aus den mitgliedstaatlichen Vorschriften des speziellen SE-Ausführungsgesetzes im Sitzstaat der einzelnen SE zusammen;



auf der dritten Stufe finden sich die mitgliedstaatlichen Vorschriften des allgemeinen Aktienrechts im Sitzstaat der SE, die auf diese anzuwenden sind;



auf der vierten Stufe kommen schließlich jene anderen Satzungsbestimmungen der einzelnen SE zum Zuge, die nach dem Aktienrecht des Sitzstaates zulässig sind.

__________ 47 Allgemein hierzu Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 88 ff.; speziell zur SE Brandt/Scheifele, DStR 2002, 547, 553.

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Zu dieser Rechtsquellenpyramide drei Kommentare: (1) Da die Grundsätze und Prinzipien des Gemeinschaftsgesellschaftsrechts keine eigene Hierarchiestufe bilden, hat dieser Verzicht zur absehbaren Folge, dass die Gerichte einschließlich vor allem des EuGH keinen Anschub erhalten, solche Grundsätze und Prinzipien auszuformulieren. Mithin geht Rechtssicherheit beim SE-Recht vor Rechtsfortbildung. Das muss bei dieser neuen supranationalen Rechtsform, die um ihre Nutzung in der Unternehmenspraxis noch werben muss, kein Nachteil sein. Denn wie aus dem Wettbewerb der Gesellschaftsrechtsordnungen in den USA bekannt, sind Vorhersehbarkeit und Verlässlichkeit48 Regelungs- und Behandlungsprinzipien, die dort dem Gesellschaftsrecht Delawares besondere Attraktivität verliehen haben49. (2) Gemeinschaftsrechtlich legitimierte Satzungsbestimmungen einer SE gehen dem mitgliedstaatlichen Gesellschaftsrecht vor – sowohl dem speziellen Gesetzesrecht zur Ausführung der SE-Verordnung, als auch dem allgemeinen Aktienrecht. Daraus folgt zweierlei: Zum einen schützt das Gemeinschaftsrecht den SE-Satzungsgeber an bestimmten Stellen (z. B. zur Beschlussfassung der Leitungsorgane, Art. 50 SE-VO) gegenüber mitgliedstaatlichen Einschränkungen der statutarischen Gestaltungsfreiheit. Zum anderen verleiht das Gemeinschaftsrecht dem SE-Satzungsgeber an bestimmten Stellen die Rechtsmacht, mitgliedstaatliches Recht selbst dann zu derogieren, wenn dies zwingend ausgestaltet ist. (3) Klärungsbedürftig ist der Status der Vereinbarung, welche die SE-Leitung und die Arbeitnehmer auf Basis der SE-Richtlinie über die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer treffen können. Eine solche Vereinbarung hat jedenfalls Vorrang vor der Satzung der SE; ordnet doch Art. 12 Abs. 4 SE-VO an, dass im Konfliktfall die Satzung und nicht etwa die Beteiligungs-Vereinbarung anzupassen sei. Umgekehrt wird man aus ebendieser Vorschrift schließen dürfen, dass die Vereinbarung in Materien des Gesellschaftsrechts nur dort eingreifen darf, wo Satzungsautonomie besteht (und zwar auf der ersten und der vierten der oben genannten Stufen: von der SE-VO einerseits und vom mitgliedstaatlichen Recht andererseits gewährte Satzungsautonomie), hinter zwingendes Gesetzesrecht aber zurücktreten muss.

3. Lückenfüllung auf Verordnungsebene Wenn aber, wie gesagt, die Eigenregelungen der SE-Verordnung bewusst und gewollt lückenhaft ausgestaltet sind und diese Lücken nicht im Rückgriff auf allgemeine Grundsätze und Prinzipien des Gemeinschaftsgesellschaftsrechts geschlossen werden können, so scheint alles dafür zu sprechen, dass Lücken auf der Verordnungsebene durch mitgliedstaatliches Nationalrecht zu schlie-

__________ 48 Romano, I Journal of Law, Economics and Organization (1985), 225 ff.; dies., The Genius of American Corporate Law, 1993. 49 S. dazu den instruktiven Bericht von C. Teichmann (Fn. 1), Teil 2, Abschnitt F. I.

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ßen sind. Aber stets und ausnahmslos? Oder ist vor dem Rückgriff auf Nationalrecht zu prüfen, ob der Lückenschluss auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts durch analoge Anwendung von Verordnungsbestimmungen vollzogen werden kann? Eine Antwort ist in Einzelschritten zu suchen: a) Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO enthält kein generelles Analogieverbot; ausgeschlossen ist vielmehr allein der Analogieschluss aus allgemeinen Prinzipien wegen der mit einem solchen Prinzipien-geleiteten Schluss verbundenen Rechtsunsicherheit und Unvorhersehbarkeit. Nicht verboten ist dagegen der Analogieschluss aus bestimmten Einzelregeln der SE-Verordnung50. b) Ein Lückenschluss im Wege der Analogie kommt allein für solche Lücken innerhalb der SE-Verordnung in Betracht, die analogieschlussfähig sind. Diese Möglichkeit bemisst sich danach, ob der europäische Gesetzgeber eine abschließende Eigenregelung treffen wollte – sei es als Vollregelung oder als Teilregelung nach Art. 9 Abs. 1 lit. c vor i SE-VO. Und umgekehrt: der Analogieschluss ist dort verwehrt, wo der Gemeinschaftsgesetzgeber keine Eigenregelung treffen, sondern die Lücke den einzelnen Mitgliedstaaten zur jeweiligen Ausfüllung (in abgeleiteter Legitimation) überlassen wollte51. c) Ist unter diesen Voraussetzungen der Analogieschluss auf der gemeinschaftsrechtlichen Ebene der Verordnung geboten, so ist dieser wohl nach jenen Regeln zu vollziehen, wie sie u. a. aus der deutschen Methodenlehre bekannt sind52. Allerdings sind für die Lückenschließung allein Bestimmungen aus der SE-Verordnung heranziehbar, nicht hingegen Regelungen aus gesellschaftsrechtlichen Richtlinien. Ihr Gehalt soll ausweislich Erwägungsgrund 9 zur SEVerordnung über das transformierte Nationalrecht der Mitgliedstaaten zum Zuge kommen.

III. „Doppelt geschichtete“ Satzungsfreiheit Satzung und Satzungsfreiheit sind in der Rechtsquellenpyramide des Art. 9, wie oben auf S. 15 f. gezeigt, auf zwei Stufen anzutreffen: auf der zweiten die Satzungsfreiheit des Gemeinschaftsrechts und auf der vierten die des jeweiligen Nationalrechts der Mitgliedstaaten53.

1. Satzungsfreiheit auf Verordnungsebene Ob dem Satzungsgeber auf der Ebene der SE-Verordnung tatsächlich Gestaltungsfreiheit eröffnet ist, scheint nach der Regelung in Art. 9 Abs. 1 lit. b

__________

50 Zutreffend Casper (Fn. 2), S. 51, 56 ff. 51 Casper (Fn. 2), S. 51, 57 f. 52 Casper (Fn. 2), S. 51, 58 f.; zu den Analogievoraussetzungen im Gemeinschaftsrecht allgemein, vgl. Anweiler, Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, 1997, S. 318 ff.; Bleckmann, ZGR 1992, 364, 367 ff. 53 Dazu schon Hommelhoff in FS Ulmer (Fn. 2), S. 267, 271 ff.

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SE-VO überaus zweifelhaft. Denn nach dem Wortlaut dieser Bestimmung ist Satzungsfreiheit grundsätzlich ausgeschlossen und nur dann und nur insoweit gegeben, wie die SE-Verordnung Satzungsregelungen zulässt – und zwar ausdrücklich. Dabei sind vom Wortlaut dieser Regelung nicht bloß Abweichungen von SE-Bestimmungen erfasst, sondern darüber hinaus auch Ergänzungen. Im Bereich der Eigenregelungen innerhalb der SE-Verordnung54 geht mithin die gemeinschaftsrechtliche Satzungsstrenge noch über die des deutschen Aktienrechts ein ganzes Stück hinaus – es sei denn, bei der Interpretation des Art. 9 Abs. 1 lit. b SE-VO würde sich zum „ausdrücklich zulässt“ künftig eine großzügigere Linie durchsetzen. Aber wie auch immer: Die Legitimation für die gemeinschaftsrechtliche Satzungsstrenge in der SE wird man wohl in der Kapitalmarkt-Eignung dieser Gesellschaftsform zu suchen haben.

2. Satzungsfreiheit und -strenge im nationalen Aktienrecht Wenn und soweit das SE-Gemeinschaftsrecht innerhalb seines Regelungsrahmens mitgliedstaatliches Nationalrecht jeweils in seinen Dienst nimmt55, gilt dies Recht mit samt all’ seinen mitgliedstaatsspezifischen Freiheiten, Einschränkungen und Unfreiheiten zur Gestaltung der SE-Satzung und ihrer flexiblen Abänderbarkeit. Hier auf der vierten Stufe der Rechtsquellenhierarchie trifft die Satzungsstrenge im Recht des Sitzmitgliedstaates die in ihm domizilierenden Europäischen und nationalen Aktiengesellschaften in gleicher Weise. Überall dort, wo die SE-Verordnung auf das Aktienrecht der Mitgliedstaaten verweist, schlägt deren jeweiliges Regelungskonzept voll durch: Autonomie und Gestaltungsfreiheit oder staatliche Rechtsvorsorge; das gilt sowohl für das allgemeine Aktienrecht als auch für das spezielle SE-Ausführungsrecht. Somit kontrastieren die deutsche Satzungsstrenge und ihre Abschwächung im österreichischen Recht56 gegen die große Geschmeidigkeit z. B. des niederländischen57 und insbesondere des englischen Rechts58. Und ein wenig abstrakter formuliert: Über welche statutarische Gestaltungsfreiheit die Initiatoren einer SE verfügen, bestimmt sich EU-weit unterschiedlich nach dem Gesellschaftsrecht ihres Sitzlandes. Allein die gemeinschaftsrechtlichen Eigenregelungen, denen die SE unterworfen ist, sind EU-weit gleichmäßig satzungsstreng. Somit pflanzt sich im Wettbewerb der Gesellschaftsrechtsordnungen59 der Nachteil, dem die deutsche AG in all’ ihrer Satzungsstrenge ausgesetzt ist, ungeschmälert

__________ 54 55 56 57

Hierzu oben II. 2., S. 15 f. Oben I. 1., S. 6 ff. Doralt in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2000, § 23 Rz. 211. Timmerman, Gestaltungsfreiheit im niederländischen Recht, in Lutter/Wiedemann (Hrsg.), Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, 1997, S. 215 ff.; Van Schilfgaarde/ Winter, Van de BV en de NV, 2003, Nr. 8; Meinema, Dwingend Recht voor de besloten vennootschap, 2003. 58 Rajak, Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht des Vereinigten Königreichs in Lutter/Wiedemann (Fn. 57), S. 187 ff.; Davies (Fn. 11), S. 294 ff. 59 Zur Bedeutung der SE im Wettbewerb der Rechtsordnungen Enriques, ZGR 2004, 735 ff.

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auf die SE mit Sitz in Deutschland fort; auch das ist im Standortwettbewerb ein Datum zu Lasten Deutschlands.

IV. Art und Umfang der Verweisung Soweit die SE-Verordnung auf mitgliedstaatliches Recht verweist, ruft das Gemeinschaftsrecht nach fast einhellig vertretener Ansicht deren Sachrecht auf60, also die einzelnen Regelungen des Aktienrechts in den Mitgliedstaaten, aber nicht deren Internationales Gesellschaftsrecht61. Gegen dessen Einbeziehung in die Verweisung werden im wesentlichen zwei Argumente ins Feld geführt: Wollte man zwischen Gemeinschafts- und nationalem Sachrecht tatsächlich noch das Internationale Gesellschaftsrecht einschieben, so würde die Bestimmung des auf die SE anwendbaren Rechts unnötig verkompliziert und verunsichert. Außerdem bestimme nach dem Konzept der SE-Verordnung diese selbst über das anwendbare Recht der Mitgliedstaaten nicht etwa deren Internationales Privatrecht. Insbesondere dies Argument trifft. Deshalb umfassen die Verweisungen in der SE-Verordnung keine Gesamtnormverweisung, sondern eben bloß eine Sachnormverweisung.

1. Problemfall Konzernrecht Konsequent kann das deutsche Internationale Gesellschaftsrecht keinen Beitrag leisten, um den umstrittenen Problemkomplex der konzernverflochtenen SE62 zu lösen. Dies muss allein auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts unternommen werden. Zu ihm ist noch einmal in Erinnerung zu rufen63: Das SEGemeinschaftsrecht kennt keine Sonderregelungen zum Konzern; der Gesamtkomplex bemisst sich nach den Regeln für die „normale SE“. Das führt zu folgenden Einzelaussagen64: a) In der faktisch konzernabhängigen SE darf die herrschende Obergesellschaft die Leitung der abhängigen zu keiner nachteiligen Maßnahme und zu keinem nachteiligen Rechtsgeschäft veranlassen – zumindest dann nicht, wenn der Nachteil nicht sofort vollständig ausgeglichen wird. Denn das Privileg eines zeitlich gestreckten Ausgleichs (§ 311 Abs. 1 AktG) gilt nicht für die konzernabhängige SE. Ob weitergehend sogar jede Nachteils-Veranlassung (unabhängig

__________ 60 Casper (Fn. 2), S. 51, 66; Brandt/Scheifele, DStR 2002, 547, 553; Lächler/Oplustil, NZG 2005, 381, 383 f.; Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2000, Rz. 1110. 61 So aber C. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht (Fn. 1), Teil 2, Abschnitt E. IV. 2., der in Art. 9 vor allem den Auftrag zur Gleichbehandlung der SE mit nationalen AG sieht und daher bei Behandlung einer SE – ebenso wie bei einer nationalen AG – für grenzüberschreitend gelagerte Sachverhalte die Prüfungsstufe des Internationalen Gesellschaftsrechts vorschaltet; gegen diesen Lächler/Oplustil, NZG 2005, 381, 383 f. 62 S. die Nachweise oben Fn. 38. 63 S. oben I. 3. e), S. 13. 64 Zur abweichenden überwiegenden Lehre Maul, in diesem Band S. 250 ff.

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von ihrem Ausgleich) verboten ist oder ob sich die geschmeidige RozenblumFormel65 auf die konzernabhängige SE übertragen lässt, bedarf noch weiterer Erörterung. Andererseits steht nichts entgegen, das Schutzsystem der §§ 312 ff. AktG mit dem Abhängigkeitsbericht in seinem Zentrum auf die faktisch abhängige SE anzuwenden. Die Tatsache, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber keinen Anlass gesehen hat, den Konzerngefahren mit einem eigenen qualifizierten Schutzprogramm zu begegnen, kann es für europäische Aktiengesellschaften mit Sitz in Deutschland nicht verwehren, sie wie eine deutsche Aktiengesellschaft qualifiziert zu schützen. b) Privilegierungen zu Lasten konzernabhängiger Gesellschaften sind mithin im Gemeinschaftsrecht ausgeschlossen, zugelassen hingegen zusätzliche qualifizierte Schutzmechanismen. Nach diesem Argumentationsmuster ist ebenfalls für den Vertragskonzern zu verfahren: In der konzernabhängigen SE kann deren Leitungsorgan ebenso wenig den Weisungen der herrschenden Obergesellschaft unterstellt werden (§ 308 Abs. 1 AktG), wie das Recht der Kapitalerhaltung in ihr nicht über § 291 Abs. 3 AktG aufgebrochen werden kann. Konsequent kann die abhängige SE keinen Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag abschließen. Anders wiederum die Situation in der herrschenden SE; sie ist durchaus in der Lage, einen Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag abzuschließen. Die Verlustausgleichspflicht aus § 302 Abs. 1 AktG kompensiert lediglich eine Reihe von Vorteilen für die herrschende SE und belastet allenfalls ihr Vermögen, lässt jedoch die Organisationsverfassung dieser Gesellschaft ebenso unberührt wie deren Kapitalverfassung.

2. Zur Einbeziehung von Richterrecht Erfasst die gemeinschaftsrechtliche Verweisung auf Nationalrecht über das geschriebene Gesetzesrecht hinaus auch dessen ungeschriebenes Richterrecht66 – wie etwa die Grundsätze für eigenkapitalersetzende Aktionärsdarlehen67 oder die Existenzvernichtungshaftung68? Der Wortlaut des Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO scheint eine enge Auslegung anzuraten; sie ließe sich überdies mit der Notwendigkeit begründen, Ausländern schnell und verlässlich Klarheit über das anwendbare Nationalrecht zu verschaffen. Aber andererseits ist auch ungeschriebenes Richterrecht zumeist gesetzlich rückgebunden

__________ 65 S. Forum Europaeum Konzernrecht, ZGR 1998, 672, 705 ff. 66 Zu dieser Frage schon Brandt/Scheifele, DStR 2002, 547, 553; Casper (Fn. 2), S. 51, 68 f.; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 398 f. 67 Bayer in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2003, § 57 Rz. 157 ff.; Henze in Großkomm. AktG, 4. Aufl. 2001, § 57 Rz. 98; Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 57 Rz. 16 ff. 68 Grundlegend Röhricht (Fn. 13), S. 83 ff., und die bislang ergangenen Entscheidungen des BGH, BGHZ 149, 10 ff. – Bremer Vulkan; BGHZ 150, 61 ff. – Ausfallhaftung; BGHZ 151, 181 ff. – Kindl Backwaren Vertriebs-GmbH (KBV); Urt. v. 13.12.2004 – II ZR 206/02, DStR 2005, 162 – Autohaus; Urt. v. 13.13.2004 – II ZR 256/02, DStR 2005, 340.

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und damit richterrechtlich ausgeformtes Gesetzesrecht. Daneben wäre es auf der Ebene des mitgliedstaatlichen, vielfältig durch die Gerichte fortgebildeten Nationalrechts willkürlich, zwischen analog angewendetem Gesetzesrecht und aus Prinzipien gewonnenem Richterrecht zu trennen. Beides geht, wie der Bundesgerichtshof unlängst in seiner Fortschreibung der „Holzmüller“Doktrin im „Gelatine“-Fall69 gezeigt hat, fließend ineinander über. Im Fazit ist Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO deshalb zu lesen: „den geschriebenen und ungeschriebenen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten …“

V. Auslegungsfragen Das Neben- und Ineinander von Gemeinschafts- und mitgliedstaatlichem Recht im Statut der Europäischen Gesellschaft wirft zunächst Fragen der Auslegungszuständigkeit und danach die Frage nach den Auslegungsgrundsätzen auf.

1. Auslegungszuständigkeiten Hinsichtlich der Zuständigkeit für die Auslegung des auf die SE anwendbaren Rechts ist zwischen dem der Gemeinschaft und dem der Mitgliedstaaten zu unterscheiden. Insbesondere für die Bestimmungen der SE-Verordnung sind alle befassten Gerichte bis hinauf zum EuGH zur Auslegung berufen, die nationalen Gerichte als funktionale Europagerichte. Angesichts der großen Zahl in absehbarer Zukunft zu erwartender Verfahren könnte es sich rechtspolitisch wohl empfehlen, beim Europäischen Gericht Erster Instanz eine spezielle Kammer für Gesellschaftsrecht einzurichten. Für in der SE-Verordnung verwiesenes Nationalrecht stellt sich dagegen die Frage, ob in letzter Instanz der EuGH zu seiner Auslegung berufen ist. Für eine solche Zuständigkeit könnten die gemeinschaftsrechtliche Legitimation70 streiten, auf der insbesondere die Anwendung mitgliedstaatlichen Aktienrechts auf die SE beruht, sowie die systematischen Verknüpfungen zwischen Gemeinschafts- und mitgliedstaatlichem Recht im Statut der SE.71 Dagegen ist jedoch ins Feld zu führen: Durch die gemeinschaftsrechtliche Verweisung ändert Nationalrecht mitnichten seinen Rechtscharakter in Gemeinschaftsrecht; dies nimmt mitgliedstaatliches Recht betont als Nationalrecht in Dienst, ändert aber an seinem Charakter nichts. Im Übrigen verweist das Gemein-

__________ 69 BGH, Urt. v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, NJW 2004, 1860 und die ersten Stellungnahmen aus der Literatur: Fleischer, NJW 2004, 2335 ff.; Fuhrmann, AG 2004, 339 ff.; Götze, NZG 2004, 585 ff.; Liebscher, ZGR 2005, 1 ff.; Simon, DStR 2004, 1482 ff. und 1528 ff.; Weißhaupt, AG 2004, 585 ff. 70 S. oben I., S. 6 ff. 71 Für eine gemeinschaftsrechtliche Bindung der Auslegung nationalen Rechts daher C. Teichmann, German Law Journal (2003) Vol 04, No. 4, 309, 329 ff. (www. germanlawjournal.com) und Scheifele (Fn. 2), S. 65 f.

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schaftsrecht dynamisch72: Die Zuständigkeiten für Gesetzgebung und Rechtsfortbildung für das nationale Aktienrecht bleiben trotz der Verweisung, auch soweit es die Europäischen Aktiengesellschaften in deren Sitzland betrifft, unverändert auf der mitgliedstaatlichen Ebene. – Für Deutschland hat all’ dies zur Konsequenz: Für das in der SE-Verordnung verwiesene Aktienrecht bleibt der Bundesgerichtshof die letzte Auslegungsinstanz; dieser hat insoweit weder ein Vorlagerecht zum EuGH noch gar eine Vorlagepflicht.

2. Auslegungsgrundsätze Hinter der so begründeten gespaltenen Auslegungszuständigkeit verbirgt sich zudem eine gespaltene Methodik zur Auslegung des auf die Europäische Aktiengesellschaft anzuwendenden Rechts: Während die SE-Verordnung und ihre Bestimmungen nach den Auslegungsprinzipien des Gemeinschaftsrechts73 zu interpretieren sind, ist das verwiesene Recht nach mitgliedstaatlichen Prinzipien auszulegen – in Deutschland also nach dem Savigny’schen Auslegungskanon. Bei der Interpretation des auf eine SE anzuwendenden Rechts müssen die nationalen Gerichte, z. B. die Land- und Oberlandesgerichte, in ihrer Eigenschaft als funktionale Europagerichte u. U. mit jeweils unterschiedlichen Auslegungsmethoden arbeiten. Dabei ist ihnen namentlich eine gesamtsystematische Interpretation zwischen Gemeinschafts- und verwiesenem Nationalrecht versagt. Beide Regelungskomplexe sind auch bei ihrer Anwendung auf dieselbe SE streng voneinander getrennt zu halten. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage ganz wesentlich von der etwa eines mitbestimmten Konzerns in Deutschland: hier sind die konzernrechtlichen Bestimmungen im Mitbestimmungsgesetz auch aus dessen Kontext heraus zu interpretieren74.

VI. Schluss Kehren wir zum Abschluss noch einmal zur Ausgangsfrage zurück: Ist der gemeinschaftsrechtliche Regelungsrahmen relevant? Aus dem Blickwinkel der Praxis geschaut wird die Frage zu verneinen sein: Relevant ist er allenfalls beim Konzernrecht in der SE, aber auch dort nur in der Form des Rückschlusses auf den Regelungsrahmen75. Andere Problemfelder wie etwa das Insolvenzoder das Kapitalmarktrecht lassen sich nicht deduktiv vom Regelungsrahmen her erschließen, sondern nur induktiv aus den einzelnen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts. Indes – trotz fehlender praktischer Relevanz ist der Rege-

__________ 72 Zur dynamischen Verweisung oben Fn. 33. 73 Zur Auslegungsmethodik im (sekundären) Gemeinschaftsrecht, vgl. z. B. Anweiler (Fn. 52), S. 141 ff.; Bleckmann, ZGR 1992, 364 ff.; Everling in FS Lutter, 2000, S. 31 ff.; Grundmann/Riesenhuber, JuS 2001, 529 ff. 74 Raiser, Mitbestimmungsgesetz, Kommentar, 4. Aufl. 2002, § 5 Rz. 10 ff.; Uwe H. Schneider in Fabricius (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Mitbestimmungsgesetz, Loseblatt 1992, § 5 Rz. 27 ff. 75 S. oben I. 3. e), S. 13.

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lungsrahmen für die rechtsdogmatische Erfassung der SE-Rechtsquellen und ihre Behandlung unverzichtbar; verbindet sich mit ihm doch eine Frage von enormer Grundsätzlichkeit – nämlich die nach den Legitimationsgrundlagen des SE-Rechts und nach den Regelungszuständigkeiten im unvollkommenen Binnenmarkt der Europäischen Union: Sollten deren Gesetzgebungsorgane im Verlaufe der Zeit die Überzeugung gewinnen, die national buntscheckige Flotte Europäischer Gesellschaften müsste stärker vereinheitlicht werden, so können die Organe die Unitarisierung dieser supranationalen Gesellschaftsform jederzeit in Angriff nehmen.

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Die Gründung einer Europäischen Gesellschaft mit Sitz in Deutschland* Walter Bayer Inhaltsübersicht I. Einführung und Überblick ............... 1. Numerus clausus der Gründungsformen ................................. a) Primäre Gründungsformen ...... b) Sekundäre SE-Gründung .......... 2. Begrenzter Zugang zur SEGründung ...................................... 3. Anforderungen an die Gründungsgesellschafter im Rahmen der primären SE-Gründung nach Art. 2 Abs. 1–4 SE-VO .................. II. Verschmelzungs-SE (Artt. 17–31 SE-VO) ............................................... 1. Einführung und Überblick ........... 2. Ausgewählte Einzelfragen ............ a) Einspruchsrecht (Art. 19 SE-VO) ....................................... b) Verschmelzungsplan ................ aa) Inhaltliche Übereinstimmung/Sprache .............. bb) Form ..................................... cc) Mindestinhalt ..................... dd) Abschließende Regelung? ... ee) Nachgründung, Sperrfrist ... c) Verschmelzungsbericht ............ d) Verschmelzungsprüfung und Prüfbericht ................................ e) Offenlegung des Verschmelzungsplans ................................. f) Hauptversammlung .................. g) Kapitalerhöhung bei aufnehmender AG ......................... h) Gläubigerschutz ........................ i) Minderheitenschutz und Registereintragung .................... j) Rechtswirkungen der Verschmelzung nach erfolgter Eintragung der SE .....................

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k) Bestandsschutz .......................... 44 3. Vereinfachtes Verfahren bei Verschmelzung Tochter auf Mutter ........................................... 45 III. Holding-SE ........................................ 1. Einführung und Überblick ........... 2. Das Verfahren der Errichtung einer Holding-SE im Überblick .... a) BeschlussvorbereitungsPhase .......................................... b) Anteilstausch-Phase ................. c) Gründungsverfahren nach AktG .......................................... d) Mitbestimmungsvereinbarung/Auffanglösung .............. e) Schlusseintragungen und Bekanntmachungen .................. 3. Ausgewählte Einzelfragen ............ a) Gründungsplan .......................... b) Offenlegung des Gründungsplans ........................................... c) Gründungsprüfung und Prüfbericht ................................. d) Gesellschafterversammlung ..... e) Gründung durch Einbringung der Anteile ................................. aa) Wahlrecht der Anteilsinhaber (Art. 33 Abs. 1 SE-VO) .................................. bb) Einbringung der Anteile ...... cc) Gründungsverfahren nach §§ 30 ff. AktG ...................... f) Anwendbarkeit des WpÜG? ..... aa) Generelle Anwendbarkeit des WpÜG ............................ bb) Auflösung des Konkurrenzverhältnisses zum Gesellschaftsrecht .........................

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Die Vortragsform wurde beibehalten. Meiner Mitarbeiterin Jessica Schmidt LL.M. danke ich für die Aufbereitung des Materials und zahlreiche wertvolle Anregungen. Das Registerverfahren, der Minderheitenschutz sowie die Satzungsgestaltung werden hier ausgelassen; insoweit wird auf die Beiträge von Kleindiek (in diesem Band S. 95 ff.), Vetter (in diesem Band S. 111 ff.) und Seibt (in diesem Band S. 67 ff.) verwiesen.

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Die Gründung einer Europäischen Gesellschaft IV. Tochter-SE (Artt. 35, 36 SE-VO) ...... 58 V. Errichtung einer SE durch Umwandlung einer Aktiengesellschaft (Art. 37 SE-VO) ................................. 1. Einführung und Überblick ........... 2. Ausgewählte Einzelfragen ............ a) Umwandlungsplan ................... b) Umwandlungsbericht ............... c) Offenlegung ............................... d) Umwandlungsprüfung ..............

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e) Umwandlungsbeschluss, Art. 32 Abs. 7 SE-VO ................ aa) Einberufung der Hauptversammlung und Vorabinformation .......................... bb) Durchführung der Hauptversammlung ....................... cc) Beschlussfassung ................. f) Gründungsbericht und Gründungsprüfung .................... g) Rechtmäßigkeitskontrolle ........ h) Rechtsfolgen ..............................

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I. Einführung und Überblick Eine SE kann nur im Rahmen der Umstrukturierung bereits bestehender Unternehmen errichtet werden, nicht dagegen in Form einer originären Unternehmensgründung. Sie ist daher keine Rechtsform für Existenzgründer, die auf der grünen Wiese ein neues Unternehmen errichten wollen, sondern als Vehikel für Umstrukturierungs- und Kooperationsmaßnahmen konzipiert.

1. Numerus clausus der Gründungsformen Die SE-VO gibt einen numerus clausus von Gründungsformen vor, wobei zwischen primärer und sekundärer SE-Gründung differenziert werden kann: a) Primäre Gründungsformen Die vier primären Gründungsformen sind in Art. 2 Abs. 1–4 SE-VO aufgelistet: Danach kann eine SE errichtet werden im Wege der Verschmelzung zur Aufnahme oder zur Neugründung, als Holding- oder als Tochter-SE und schließlich durch formwechselnde Umwandlung. b) Sekundäre SE-Gründung Eine bereits bestehende SE kann nach Art. 3 Abs. 2 SE-VO im Wege der sekundären Gründung eine Tochter-SE errichten, und zwar entweder im Wege der Neugründung (Art. 15 Abs. 1 SE-VO i. V. m. §§ 23 ff. AktG) oder auch im Wege der Ausgliederung nach dem Umwandlungsgesetz (Art. 15 Abs. 1 SE-VO i. V. m. § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG).1 Der Auffassung, wonach die sekundäre SEGründung nur mittels Aktienzeichnung und anschließender Leistung einer

__________ 1

Die weiteren Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 3 SE-VO müssen in dieser Konstellation der Ein-Personen-Gründung nicht vorliegen: Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Art. 15 SE-VO Rz. 2 ff.

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Bar- oder Sacheinlage erfolgen könne,2 ist nicht zu folgen; vielmehr kommt für eine SE mit Sitz in Deutschland über Art. 15 Abs. 1 SE-VO generell das für deutsche Aktiengesellschaften maßgebliche Recht zur Anwendung, soweit die SE-VO keine abweichende Regelung enthält, was hier der Fall ist. Der numerus clausus des § 1 UmwG steht ebenfalls nicht entgegen; denn eine deutsche SE gilt als AG und kann folglich nach den Vorschriften über die AG-Umwandlung auch Ausgliederungen nach § 123 UmwG vornehmen.3 Wenn daher Hommelhoff von „Ausgründung“ spricht,4 ist diese Formulierung entgegen mancher unberechtigten Kritik5 weder missverständlich noch gar fehlerhaft, sondern trifft voll ins Schwarze. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die sekundäre SE-Gründung nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 SE-VO auch dann zulässig ist, wenn der Sitzstaat der künftigen Tochter-SE die 1-Personen-AG nicht gestattet, wie dies – anders als für Deutschland (vgl. § 2 AktG) – z. B. für das britische Recht der Fall ist.6 Zweifelhaft und umstritten ist, ob darüber hinaus eine sekundäre SE-Gründung aufgrund der Verweisungsnorm des Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO auch durch nach nationalem Recht zulässige Spaltungsvorgänge möglich ist. Für eine bereits existierende „deutsche“ SE würden sich damit über § 123 UmwG neben der Ausgliederung zusätzlich auch die Varianten der Aufspaltung und der Abspaltung eröffnen. Der in Art. 2 SE-VO normierte numerus clausus der Gründungsformen steht der Zulässigkeit derartiger Umstrukturierungsvorgänge jedenfalls nicht entgegen: Art. 2 SE-VO betrifft nämlich nur die Neugründung einer SE durch nationale Gesellschaften.7 Ebenso wenig entfaltet Art. 66 SE-VO insoweit eine Sperrwirkung, denn es handelt sich hier nur um eine Art „Mindestnorm“.8 Zu erwägen wäre allenfalls eine Sperrwirkung des Art. 3 SE-VO, der die Gründung einer Tochter-SE durch eine SE offenbar abschließend regeln will. Eine Tochter-SE entsteht jedoch nur im Falle einer Ausgliederung, so dass lediglich diese Variante nicht von der Verweisungsnorm des Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO erfasst ist9. Im Falle einer Auf- oder Abspaltung

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Hirte, NZG 2002, 1, 4, 10; Thoma/Leuering, NJW 2002, 1449, 1451 Fn. 33; Schindler, Die europäische Aktiengesellschaft: gesellschafts- und steuerrechtliche Aspekte, 2002, S. 40. Richtig Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE), 2004, S. 438, 442. So auch Kloster, EuZW 2003, 293, 296; ders., Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse, 2004, S. 478. Hommelhoff, AG 2001, 279, 280. Hirte, NZG 2002, 1, 4 Fn. 36; Mahi, Die Europäische Aktiengesellschaft. Societas Europaea – SE, 2004, S. 26 Fn. 183; Schindler (Fn. 2), S. 40 Fn. 270. Vgl. s. 1(1), (3A) sowie s. 24 CA 1985. Kalss in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Rz. 42; vgl. auch Kalss/ Zollner, RdW 2004, 587, 588; Oplustil/M. Schneider, NZG 2003, 13, 17. Oplustil/Schneider, NZG 2003, 13, 16; ihnen folgend Kalss/Zollner, RdW 2004, 587, 588; ähnlich auch Brandt, Die Hauptversammlung der europäischen Aktiengesellschaft (SE), 2004, S. 154 f.; vgl. weiter Kalss in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Rz. 45. A. A. offenbar jedoch Oplustil/M. Schneider, NZG 2003, 13, 17, und wohl auch Vossius in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Loseblatt, § 20 UmwG Rz. 423.

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entsteht hingegen gerade keine Tochtergesellschaft, so dass Art. 3 SE-VO insofern auch keine Sperrwirkung entfalten kann.10 Die Errichtung einer weiteren SE durch eine bereits bestehende SE kann somit gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO i. V. m. § 123 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Abs. 2 Nr. 2 UmwG auch im Wege der Auf- oder Abspaltung zur Neugründung erfolgen.11 Ebenso zulässig ist gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO i. V. m. § 123 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Abs. 2 Nr. 1 UmwG die Beteiligung einer SE (sowohl als aufnehmende als auch als übertragende Gesellschaft) an einer Auf- oder Abspaltung zur Aufnahme.12 Derartige Vorgänge dürfen aber in jedem Fall erst nach Ablauf einer zweijährigen Sperrfrist nach Eintragung der SE erfolgen; ob man dies aus Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO i. V. m. § 141 UmwG13 oder aus einer analogen Anwendung des Art. 66 Abs. 1 SE-VO herleitet14, ist i.E. ohne Bedeutung. Lässt man die Beteiligung einer SE an Spaltungsvorgängen zu, so stellt sich jedoch die weitere Frage, ob Zielgesellschaft bei solchen Vorgängen nur eine SE oder AG sein kann oder ob auch andere Rechtsformen, die nach nationalem Recht übernehmender oder neuer Rechtsträger sein können, in Betracht kommen.15 Daraus, dass Art. 66 SE-VO nur die Rückumwandlung einer SE in eine AG vorsieht, wird teilweise geschlossen, dass jedenfalls auch die Spaltung zur Neugründung nur rechtsformkongruent zulässig sein könne, d. h. dass Zielgesellschaft nur eine SE oder AG sein könne.16 Es ist jedoch bereits äußerst fraglich, ob Art. 66 Abs. 1 SE-VO hinsichtlich der zulässigen Möglichkeiten des Formwechsels abschließend ist.17 Eine Übertragung des „Gebots der Rechts-

__________ 10 Vgl. hinsichtlich der Spaltung zur Neugründung: Kalss in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Rz. 42; vgl. ferner auch Oplustil/M. Schneider, NZG 2003, 13, 17. 11 So i.E. auch Arlt/Grechenig/Kalss in Oplustil/C.Teichmann (Hrsg.), The European Company – all over Europe, 2004, S. 1, 22; Kalss in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Rz. 42, 44; Kalss/Greda, GesRZ 2004, 91, 100; Kalss/Zollner, RdW 2004, 587, 589; Oplustil/M. Schneider, NZG 2003, 13, 17; Vossius in Widmann/ Mayer, Umwandlungsrecht, Loseblatt, § 20 UmwG Rz. 423. 12 So i.E. auch Arlt/Grechenig/Kalss in Oplustil/C.Teichmann (Fn. 11), S. 1, 22; Kalss in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Rz. 42, 44; Kalss/Greda, GesRZ 2004, 91, 100; Kalss/Zollner, RdW 2004, 587, 589; Oplustil/M. Schneider, NZG 2003, 13, 17; Vossius, in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Loseblatt, § 20 UmwG Rz. 423. 13 So Oplustil/M. Schneider, NZG 2004, 13, 17. 14 So Kalss in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Rz. 47; Kalss/Zollner, RdW 2004, 587, 589; für eine analoge Anwendung der 2-Jahres-Frist im Parallelfall der Beteiligung einer SE an einer Verschmelzung auch Karollus in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 120 Rz. 18. 15 Gem. §§ 124, 3 Abs. 1 UmwG können übernehmender oder neuer Rechtsträger sein: AG, KGaA, GmbH, eG, genossenschaftlicher Prüfungsverband, OHG, KG und PartGG. Ein e.V. oder VVaG kann hingegen nicht übernehmender oder neuer Rechtsträger sein (§ 149 Abs. 2 bzw. § 151 UmwG). Vgl. Stengel/Schwanna in Semler/Stengel, UmwG, 2003, § 124 Rz. 9. 16 So Kalss in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Rz. 47 und § 33 Rz. 21; Kalss/Zollner, RdW 2004, 587, 589. 17 Für eine abschließende Regelung: Kalss in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, § 33 SEG Rz. 7; Kalss/Zollner, RdW 2004, 587, 589; Mahi (Fn. 5), S. 120 Fn. 522; dagegen: Brandt (Fn. 8), S. 155; Happ in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 226 Rz. 4 Fn. 5;

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formkongruenz“, das manche Autoren dieser Vorschrift entnehmen wollen, auch auf die Fälle der Spaltung zur Neugründung erscheint daher schon deshalb zweifelhaft. Überdies könnte eine solche Beschränkung auch problemlos dadurch umgangen werden, dass die durch Spaltung entstehende AG sogleich weiter in eine GmbH etc. umgewandelt wird.18 Eine SE kann sich daher als übertragender Rechtsträger auch an einer Ab- oder Aufspaltung beteiligen, bei der als Zielgesellschaft nicht eine SE oder AG, sondern eine andere nach nationalem Recht zulässige Rechtsform entsteht19; wenn Zielgesellschaft keine SE ist, entfaltet überdies auch Art. 3 Abs. 2 SE-VO keine Sperrwirkung, so dass auch eine Ausgliederung möglich sein dürfte.20

2. Begrenzter Zugang zur SE-Gründung Im In- und Ausland vielfach kritisiert ist der sehr begrenzte Zugang zur SE:21 Allein Aktiengesellschaften – sowie nach Art. 3 Abs. 1 SE-VO auch bereits bestehende SE22 – können uneingeschränkt an allen Varianten der primären SE-Gründung teilnehmen; exklusiv vorbehalten ist ihnen die SE-Gründung durch Verschmelzung und durch formwechselnde Umwandlung. Für GmbHs ist nur die Holding- und die Tochter-SE eröffnet, für alle anderen Rechtsformen nur die Tochter-SE. KMU werden daher von einer SE-Gründung nicht nur durch das hohe Mindestkapital von 120 000 Euro, sondern auch dadurch abgeschreckt, dass sie regelmäßig erst eine zeitaufwändige und kostenintensive Zwischenumwandlung in eine nach der SE-VO zugelassene Gründungsgesellschaftsform vornehmen müssen. Vorteilhaft – weil schneller und billiger – könnte insoweit der im Schrifttum empfohlene Erwerb einer bereits existierenden Vorrats-SE sein.23

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Karollus in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 120 Rz. 18; Oplustil/M. Schneider, NZG 2003, 13, 16; Vossius in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Loseblatt, § 20 UmwG Rz. 425. Oplustil/M. Schneider, NZG 2003, 13, 17; ähnlich für den Fall der Umwandlung auch Brandt (Fn. 8), S. 155; Mahi (Fn. 5), S. 120 Fn. 522; dass eine faktische Umgehung derart einfach möglich ist, geben übrigens auch Kalss in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Rz. 47; Kalss/Zollner, RdW 2004, 587, 589 offen zu. Oplustil/M. Schneider, NZG 2003, 13, 17; A. Teichmann in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 124 Rz. 6; vgl. auch Scheifele (Fn. 3), S. 443. So i.E. auch Oplustil/M. Schneider, NZG 2003, 13, 17; A. Teichmann in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 124 Rz. 6. S. etwa Cerioni (2004) 25 Co Law 228, 233 f.; Hirte, NZG 2002, 1, 4; Hommelhoff, AG 2001, 279, 280; Lange, EuZW 2003, 301 f.; Neun in Theisen/Wenz (Hrsg.), Die Europäische Aktiengesellschaft, 2002, S. 51, 62; Schulz/Geismar, DStR 2001, 1078, 1082. C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 410; ausf. Kalss in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Rz. 33 ff. Bestehende SE können folglich zwischen primärer und sekundärer SE-Gründung wählen, wobei die jeweiligen Gründungsvoraussetzungen zu beachten sind: Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Art. 15 SE-VO Rz. 4. Lange, EuZW 2003, 301 f.; Kallmeyer, AG 2003, 197 f.

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3. Anforderungen an die Gründungsgesellschafter im Rahmen der primären SE-Gründung nach Art. 2 Abs. 1–4 SE-VO Als Gründungsgesellschafter kommen im Rahmen der primären SE-Gründung nach Art. 2 Abs. 1-4 SE-VO nur Gesellschaften in Betracht, die nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet wurden. Diese Voraussetzung ist zwingend. Weiterhin müssen die Gründungsgesellschafter ihren aktuellen Satzungssitz und auch ihre Hauptverwaltung in der Gemeinschaft haben. Da indes die SE-VO auch in den EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen gilt, spricht viel dafür, dass der Begriff der Gemeinschaft auch diese Staaten mitumfasst. Hat ein Unternehmen in der Gemeinschaft zwar seinen Sitz, aber nicht seine Hauptverwaltung, so kann es sich an einer SE-Gründung dennoch beteiligen, wenn der Sitzstaat der künftigen SE von dem Optionsrecht nach Art. 2 Abs. 5 SE-VO Gebrauch gemacht hat und die weiteren Voraussetzungen der Vorschrift erfüllt sind. Deutschland hat indes auf die Ausübung der Option verzichtet, da hierfür kein praktisches Bedürfnis festgestellt wurde und ein Auseinanderfallen von Satzungssitz und Hauptverwaltung deutschen Unternehmen nach der lex lata grundsätzlich nicht gestattet ist.24 Eine primäre SE-Gründung erfordert stets einen Bezug zu mindestens zwei Mitgliedstaaten: So ist Voraussetzung für die Verschmelzungs-SE, dass mindestens zwei der beteiligten Aktiengesellschaften dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen. Bei der Holding- und bei der Tochter-SE ist die Mehrstaatlichkeit etwas gelockert: Hier müssen entweder mindestens zwei der Gründungsgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten stammen oder seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaates unterliegende Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben.25 Die SE-Gründung durch Umwandlung hat zur Voraussetzung, dass die formwechselnde Aktiengesellschaft seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende Tochtergesellschaft besitzt. Diese Voraussetzungen müssen nur im Zeitpunkt der Gründung vorliegen; eine Perpetuierung der Mehrstaatlichkeit ist nicht erforderlich.26

__________ 24 Hierzu Hommelhoff/C.Teichmann, SZW 2002, 1, 7; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 65; Neye/C. Teichmann, AG 2003, 169, 170; C. Teichmann, ZIP 2002, 1109, 1110; ders., ZGR 2002, 383, 414; ders. in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 573, 579; ders. in Oplustil/C. Teichmann (Fn. 11), S. 107, 111. 25 Nicht zu folgen ist Hommelhoff, nach dem es genügen soll, wenn eine der Gründungsgesellschaften eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedsstaat hat (AG 2001, 279, 281). Dagegen spricht der eindeutige Wortlaut des Art. 2 Abs. 2 SE-VO, der einer teleologischen Reduktion bereits deshalb nicht zugänglich ist, weil der Normzweck gerade die Erfüllung der WortlautVoraussetzungen erfordert. Wie hier Hirte, NZG 2002, 1, 3; Schwarz, ZIP 2001, 1847, 1850. 26 Wie hier Kalss in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Rz. 5; Scheifele (Fn. 3), S. 126 f.; Thoma/Leuering, NJW 2002, 1149, 1151 Fn. 34; vgl. auch Neun in Theisen/ Wenz (Fn. 21), S. 51, 64.

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Im Rahmen der gelockerten Mehrstaatlichkeit ergibt sich ein Auslegungsproblem: Denn die Begriffe „Tochtergesellschaft“ und „Zweigniederlassung“ sind in der SE-VO nicht definiert. Bezüglich der Tochtergesellschaft könnte man daran denken, Art. 3 der steuerlichen Mutter-Tochter-RiLi27 anzuwenden.28 Aufgrund des fehlenden systematischen Zusammenhangs überzeugt dieser Ansatz jedoch nicht. Näher liegt der von verschiedenen Autoren befürwortete Rückgriff auf Art. 2 lit. c der SERiLi:29 Danach ist Tochtergesellschaft ein Unternehmen, auf das von der anderen Gesellschaft ein beherrschender Einfluss i. S. d. Art. 3 Abs. 2–7 der RiLi über den Europäischen Betriebsrat30 ausgeübt wird. Diese Definition soll indes nach Art. 2 der SE-RiLi nur „für die Zwecke dieser RiLi“ gelten.31 Daher dürfte die Auffassung vorzuziehen sein, die sich an der Begriffsbestimmung von Art. 1 der Bilanz-RiLi32 orientiert, wobei allerdings auch die Zurechnungen nach Art. 2 zu berücksichtigen sind. Dieses Abstellen auf die Bilanz-RiLi hat den Charme, dass es die systematische Einheitlichkeit des europäischen Gesellschaftsrechts befördert und den zentralen Aspekt der Tochtereigenschaft hervorhebt, nämlich die Kontrollausübung durch die Mutter.33 Auch die Zweigniederlassung ist europarechtlich nicht definiert; die 11. RiLi setzt diesen Begriff vielmehr voraus.34 Das Schrifttum versteht darunter eine

__________ 27 RL 90/43/EWG des Rates v. 23.7.1990, ABl. EG Nr. L 225/6 v. 20.8.1990, geändert durch RL 2003/123/EG des Rates v. 22.12.2003, ABl. EG Nr. L 7/41 v. 13.1.2004. 28 So Wenz, Die Societas Europaea (SE), 1993, S. 52; Buchheim, Europäische Aktiengesellschaft und grenzüberschreitende Konzernverschmelzung: der aktuelle Entwurf der Rechtsform aus betriebswirtschaftlicher Sicht, 2001, S. 135 Fn. 167. 29 So Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 64; Oplustil (2003) 4 GLJ 107, 110. 30 Richtlinie 94/45/EG des Rates v. 22.9.1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eine zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen, ABl. EG Nr. L 254/64 v. 30.9.1994; geändert durch Richtlinie 97/74/EG des Rates v. 15.12.1997 zur Ausdehnung der Richtlinie 94/45 EG über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen auf das Vereinigte Königreich, ABl. EG Nr. L 10/22 v. 16.1.1998. 31 Abl. daher auch Kalss in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Rz. 6; Scheifele (Fn. 3), S. 121 f. 32 Siebente Richtlinie 83/349/EWG des Rates v. 13.6.1983 auf Grund von Art. 54 Abs. 3 Buchstabe g des Vertrags über den konsolidierten Abschluss, ABl. EG Nr. L 193/1 v. 18.7.1983; umgesetzt in nationales Recht mit dem Durchführungsgesetz zur vierten, siebenten und achten Richtlinie v. 19.12.1985, BGBl. I 1985, S. 2355 ff. Die 7. RL wurde geändert durch RL 89/666/EWG v. 21.12.1989, ABl. EG Nr. L 395/36 v. 30.12.1989 (sog. Zweigniederlassungs-RL); RL 90/604/EWG v. 8.11.1990, ABl. EG Nr. L 317/57 v. 16.11.1990 (sog. GmbH & Co. KG Richtlinie); RL 90/605/EWG v. 8.11.1990, ABl. EG Nr. L 317/60 v. 16.11.1990 (sog. Mittelstandsrichtlinie); RL 2001/65/EG v. 27.9.2001, ABl. EG Nr. L 283/28 v. 27.10.2001 (sog. „fair-value“Richtlinie); RL 2003/51/EG v. 18.6.2003, ABl. EG Nr. L 178/16 v. 17.7.2003. 33 Wie hier auch Kalss in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Rz. 8; Scheifele (Fn. 3), S. 121 f. 34 Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2003, Rz. 127.

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räumlich und organisatorisch von der Hauptniederlassung getrennte Einrichtung, die über eine gewisse organisatorische Selbständigkeit, eine Geschäftsführung und ein abgesondertes Geschäftsvermögen verfügt.35 Zu Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ36 hat der EuGH in gleicher Weise entschieden.37 Diese restriktive Auslegung erscheint auch hier sachgerechter als die zur lückenlosen Durchsetzung der Niederlassungsfreiheit erforderliche weite Definition von Art. 43 Abs. 1 Satz 2 EG.38 Im Schrifttum umstritten ist letztlich auch noch die Frage, wann die ZweiJahres-Frist erfüllt sein muss. Richtigerweise sollte es ausreichen, wenn dies im Zeitpunkt der Anmeldung der Eintragung der SE der Fall ist. Denn allein zu diesem Zeitpunkt wird die Frist von der zuständigen Stelle kontrolliert.39 In der Praxis werden bereits Überlegungen angestellt, wie die zweijährige Sperrfrist unterlaufen werden kann: So wird etwa vorgeschlagen, eine ausländische AG als Tochter neu zu gründen, diese dann auf die deutsche AG zu verschmelzen und somit eine SE im Wege der Verschmelzung zu gründen.40 Diese Umgehung des Art. 2 Abs. 4 SE-VO hat zu der These geführt, dass die Errichtung einer SE im Wege der Konzernverschmelzung generell unzulässig sei,41 doch steht dieser Auffassung eindeutig die Regelung in Art. 31 SE-VO entgegen.42 Überlegenswert ist allein, der Gründung einer SE durch Aufnahme einer noch nicht zwei Jahre alten ausländischen Tochter die Anerkennung zu versagen.

II. Verschmelzungs-SE (Artt. 17–31 SE-VO) 1. Einführung und Überblick Bei der Verschmelzungs-SE ist im Hinblick auf das anwendbare Recht zunächst Art. 15 Abs. 1 von Art. 18 SE-VO abzugrenzen: Soweit sich die Gründung noch

__________ 35 Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl. 2004, § 12 Rz. 2 m. w. N.; vgl. zur RiLi auch Habersack (Fn. 34), Rz. 127. 36 Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen v. 27.9.1968 (konsolidierte Fassung), ABl. EG Nr. C 27/1 v. 26.1.1998; seit 1.3.2002 ist an dessen Stelle zwar die EuGVVO getreten (Verordnung [EG] Nr. 44/2001 des Rates v. 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. EG Nr. L 12/1 v. 16.1.2001), diese enthält jedoch in Art. 5 Abs. 5 dieselbe Vorschrift. 37 EuGH v. 22.11.1978 – Rs. 33/78 – Somafer v. Saar-Ferngas, Slg. 1978, 2183. 38 Wie hier auch Kalss in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Rz. 10; ausf. Scheifele (Fn. 3), S. 123 f. 39 So zutreffend Scheifele (Fn. 3), S. 125, gegen Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 64. 40 Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 63; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 410 ff. 41 Hirte, NZG 2002, 1, 3. 42 Wie hier C.Teichmann, ZGR 2002, 383, 412; Casper in FS Ulmer, 2003, S. 51, 64; Kalss in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Rz. 16.

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in der Sphäre der jeweiligen Gründungsgesellschaft abspielt, gilt deren nationales Recht in Ergänzung zur vorrangigen Regelung der SE-VO; betrifft der Gründungsvorgang dagegen bereits die künftige SE, dann findet nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO das Recht an deren Sitz Anwendung.43 Das Gründungsverfahren ist dem Modell nachgebildet, das wir von der 3. und 6. RiLi her kennen: (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12) (13) (14) (15) (16) (17) (18)

Verschmelzungsplan Verschmelzungsbericht Publizität Beginn der Verhandlungen mit den Arbeitnehmern Verschmelzungsprüfung Ggf. Zustimmung des Aufsichtsrates Ggf. Kartellverfahren Ggf. Nachgründungsbericht Verschmelzungsbeschluss Ggf. Kapitalerhöhung bei Verschmelzung zur Aufnahme Gläubigerschutz Spezieller Schutz der Anleihegläubiger Schutz der Minderheitsaktionäre Rechtmäßigkeitskontrolle Eintragung Publizität der erfolgten Verschmelzung Rechtsfolgen Bestandsschutz

2. Ausgewählte Einzelfragen Betrachten wir uns nunmehr für die Konstellation einer deutschen AG als beteiligte Gründungsgesellschaft einige ausgewählte Einzelfragen etwas näher: a) Einspruchsrecht (Art. 19 SE-VO) Deutschland hat (etwa im Gegensatz zu Großbritannien44) von der Option eines behördlichen Einspruchs nach Art. 19 SE-VO keinen Gebrauch gemacht.45

__________ 43 S. zur Abgrenzung auch Hommelhoff/C. Teichmann, SZW 2002, 1, 8; Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Art. 15 SE-VO Rz. 5 ff.; Mahi (Fn. 5), S. 36; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 66; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 416; ausführlich Scheifele (Fn. 3), S. 37 ff. 44 S. r. 60 European Public Limited-Liability Company Regulations 2004 (SI 2004/2326). 45 Dazu C. Teichmann, ZIP 2002, 1109, 1112; ders. ZGR 2002, 383, 432; ders. in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 573, 582 f. Ebenso hat auch Österreich verzichtet: Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Art. 19 SE-VO.

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b) Verschmelzungsplan aa) Inhaltliche Übereinstimmung/Sprache Das „Herzstück“46 des europäischen Verschmelzungsrechts ist sowohl nach der 3. RiLi als auch nach der SE-VO der Verschmelzungsplan, den die Leitungsoder Verwaltungsorgane der Gründungsgesellschaften nach Art. 20 Abs. 1 SE-VO aufzustellen haben und der inhaltlich übereinstimmen muss, was sich nicht nur aus der Natur der Sache, sondern ausdrücklich auch aus Art. 26 Abs. 3 SE-VO („gleich lautender Verschmelzungsplan“) ergibt. Dagegen ist weder ein gemeinsamer Verschmelzungsplan47 noch gar ein Verschmelzungsvertrag nach dem Modell von § 4 UmwG erforderlich.48 Die SE-VO trifft insoweit eine abschließende Regelung und verbietet daher – anders als im Rahmen der Umsetzung von Art. 5 der 3. RiLi das deutsche UmwG – weitergehende Anforderungen.49 Die anlässlich der verschmelzenden Errichtung einer SE notwendigen schuldrechtlichen Vereinbarungen müssen indes nicht zwingend in einem separaten Vertrag („Combination Agreement“) festgelegt werden.50 Denn es steht den Gründungsgesellschaften frei, über die Mindestanforderungen der SE-VO hinaus auch einen Verschmelzungsvertrag abzuschließen.51 Das Problem, dass die Verschmelzungspläne zwar inhaltlich übereinstimmen müssen, aber regelmäßig in unterschiedlichen Sprachen abgefasst sind, lässt sich dadurch lösen, dass eine zweisprachige Fassung zur Abstimmung vorgelegt und bei der Registereintragung die Version des Sitzstaates für maßgeblich erklärt wird. Gleiches gilt auch im Falle eines Verschmelzungsvertrages. bb) Form Eine Formvorschrift findet sich in der SE-VO nicht. Dennoch hält die überwiegende Auffassung zu Recht eine notarielle Beurkundung für erforderlich.52 Dogmatisch folgt dieses Ergebnis durch den Verweis von Art. 18 SE-VO auf das deutsche Recht und damit auf § 6 UmwG. Diese Vorschrift erfasst im Rahmen einer entsprechenden Anwendung nicht nur den Verschmelzungsvertrag, sondern auch den Verschmelzungsplan, was bereits daraus folgt, dass auch die

__________ 46 So zutreffend Kloster, EuZW 2003, 293, 295. 47 So aber Scheifele (Fn. 3), S. 141 f. 48 Verfehlt daher § 17 öSEG, wo vom „Verschmelzungsvertrag“ gesprochen wird. Dazu nur Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, § 17 SEG Rz. 1, 2. 49 Wie hier Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, § 17 SEG Rz. 2; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 418 ff.; s. auch Casper (Fn. 42), S. 51, 68; Heckschen, DNotZ 2003, 251, 257; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 79; unter Vorbehalt auch Mahi (Fn. 5), S. 36. 50 So aber offenbar Scheifele (Fn. 3), S. 152. 51 Richtig Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, § 17 SEG Rz. 5. 52 Heckschen, DNotZ 2003, 251, 257 ff.; Lutter/Drygala in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 6 Rz. 11; Mahi (Fn. 5), S. 38; Scheifele (Fn. 3), S. 175; Schindler (Fn. 2), S. 25; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 420 f.; Vossius in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Loseblatt, § 20 UmwG Rz. 426 Fn. 1; ebenso für Österreich auch Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, § 17 Rz. 6 m. w. N.

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3. RiLi diesen Begriff benutzt und § 6 UmwG hierauf aufbaut. Anders wäre nur dann zu entscheiden, wenn Art. 20 SE-VO hinsichtlich der Form eine abschließende Regelung enthielte,53 wofür indes keine zwingende Gründe sprechen. Allerdings ist es möglich, dass der EuGH diese Streitfrage künftig anders entscheiden wird. Daher ist es nicht zu kritisieren, dass im SEAG54 auf eine Regelung verzichtet wurde. Denn wäre Art. 20 SE-VO abschließend, dann läge nicht von vielen Autoren geforderte Klarstellung,55 sondern eine europarechtswidrige Formvorschrift vor; verneint man hingegen den abschließenden Charakter der VO, dann lässt sich das Formerfordernis ebenso zweifelsfrei aus § 6 UmwG begründen. Ungeachtet des grundsätzlichen Streits über die Zulässigkeit von Auslandsbeurkundungen bei innerstaatlichen Verschmelzungen56 sollten allerdings aufgrund der supranationalen Rechtsform der SE keine Bedenken bestehen, wenn die Beurkundung in dem Mitgliedstaat vorgenommen wird, in dem die künftige SE ihren Sitz haben wird; ebenso wäre wohl auch die Beurkundung des Verschmelzungsplans im Mitgliedstaat des Verschmelzungspartners ohne weiteres zu gestatten.57 Inwieweit eine Auslandsbeurkundung darüber hinaus auch in den übrigen Mitgliedstaaten eröffnet ist, bedarf noch sorgfältiger Prüfung; die Auffassungen hierzu sind im Schrifttum geteilt.58 Ebenso wie im Rahmen der innerstaatlichen Verschmelzung im Hinblick auf den Verschmelzungsvertrag (vgl. § 4 Abs. 2 UmwG)59 ist auch hier die Nachbeurkundung zulässig, wenn zunächst lediglich über den Entwurf des Verschmelzungsplans Beschluss gefasst wurde.60

__________ 53 So Schulz/Eicker, Intertax 2001, 332, 335; Schulz/Geismar, DStR 2001, 1078, 1080; offen Schwarz, ZIP 2001, 1847, 1858 unter Hinweis auf die weggefallene ausdrückliche Formvorschrift des Art. 18 Abs. 2 SE-VO 1991. 54 Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates v. 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) – (SE-Ausführungsgesetz – SEAG), Art. 1 des Gesetzes zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG), BGBl. I 2004, S. 3675. 55 So Heckschen, DNotZ 2003, 251, 259; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 91; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 462. 56 Hierzu nur Lutter/Drygala in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 6 Rz. 7 ff. m. w. N.; eine gute aktuelle Übersicht über den Meinungsstand findet sich auch bei Brück, DB 2004, 2409 ff. 57 So auch Brandt/Scheifele, DStR 2002, 547, 554; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 93; Scheifele (Fn. 3), S. 176; a. A. jedoch Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, § 17 Rz. 6, der eine ausländische Beurkundung nur im Falle der Gleichwertigkeit für ausreichend erachtet. 58 Brandt/Scheifele, DStR 2002, 547, 554 und Scheifele (Fn. 3), S. 176, halten die Beurkundung in irgendeinem Mitgliedsstaat der EU für ausreichend; enger hingegen Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 93, der nur im Falle einer Beurkundungspflicht in mehreren Ländern die Beurkundung in einem dieser Länder ausreichend lassen will. 59 S. nur Lutter/Drygala in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 4 Rz. 14 ff. und § 6 Rz. 4. 60 Ebenso Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 92; C. Teichmann, ZGR 2003, 367, 374 Fn. 29; Scheifele (Fn. 3), S. 175; für Österreich auch Hügel in Kalss/Hügel, SEKomm., 2004, § 17 SEG Rz. 6.

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cc) Mindestinhalt Der zwingende Mindestinhalt des Verschmelzungsplans ergibt sich aus Art. 20 Abs. 1 SE-VO, wobei ergänzend aus Art. 11 SE-VO der zwingende Firmenzusatz „SE“ zu beachten ist. Entgegen manchen Stimmen in der Literatur61 ist § 4 AktG somit nicht einschlägig; das nationale Firmenrecht kommt im Übrigen ergänzend über Art. 15 Abs. 1 SE-VO sowie nach Abschluss der Gründung über Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO zur Anwendung.62 Der statutarische Sitz der SE und der Sitz ihrer Hauptverwaltung müssen sich nach Art. 7 Satz 1 SE-VO im selben Mitgliedstaat befinden. Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten nach Satz 2 zu einer Regelung ermächtigt, wonach auch der Ort von Satzungs- und Hauptverwaltungssitz übereinstimmen müssen. Deutschland hat von dieser Ermächtigung in § 2 SEAG Gebrauch gemacht. Dies führt allerdings dazu, dass die Rechtslage für die SE mit Sitz in Deutschland strenger ist als für eine deutsche Aktiengesellschaft; denn für § 5 Abs. 2 AktG reicht zum einen als Anknüpfungspunkt für den Satzungssitz neben der Hauptverwaltung auch ein Betriebsort aus, zum anderen wird eine solche Übereinstimmung nur für den Regelfall, also nicht ausnahmslos, vorgeschrieben. Der DiskE vom 28.2.200363 hatte sich denn auch noch wortgleich an das Aktienrecht angelehnt;64 indes waren im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens Zweifel an der Europarechtskonformität einer solchen Regelung aufgekommen,65 die zwar wenig durchschlagend erscheinen,66 jedoch das BMJ veranlassten, von seiner ursprünglichen Linie abzuweichen. Österreich hat hingegen die aktienrechtliche Parallelregelung übernommen.67 Spätere Verstöße gegen Art. 7 SE-VO gelten nach § 52 Abs. 1 Satz 1 SEAG als Mangel der Satzung i. S. v. § 262 AktG und können bei Aufrechterhaltung des

__________ 61 S. Mahi (Fn. 5), S. 39; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 82; vgl. auch Torggler, ecolex 2001, 442, 444, der § 4 öAktG anwenden will. 62 Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2004, Rz. 1026; Hirte, NZG 2002, 1, 4; Mahi (Fn. 5), S. 39; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 82; Torggler, ecolex 2001, 442, 444; Wenger, RWZ 2001, 317, 318. 63 Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Einführung der Europäischen Aktiengesellschaft, abgedruckt in AG 2003, 204 ff. und als Sonderbeilage zu NZG 2003 Heft 7. 64 Vgl. Brandt, NZG 2002, 991, 994; Ihrig/Wagner, BB 2003, 969, 971; Neye/C. Teichmann, AG 2003, 169, 171; C. Teichmann, ZIP 2002, 1109, 1111; ders. in Theisen/ Wenz (Fn. 21), S. 573, 581; Waclawik, DB 2004, 1191, 1192. 65 Insbesondere Stellungnahme des Handelsrechtsausschuss des DAV zum DiskE, abgedruckt in NZG 2004, 75, 76 (zu § 2 SEAG). 66 So auch Brandt, NZG 2002, 991, 994; Ihrig/Wagner, BB 2003, 969, 971; Neye/ C. Teichmann, AG 2003, 169, 173; C. Teichmann, ZIP 2002, 1109, 1111; ders. in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 573, 581; Waclawik, DB 2004, 1191, 1192. 67 § 5 Abs. 1 öSEG lautet: „Die Satzung der Europäischen Gesellschaft (SE) hat als Sitz den Ort im Inland zu bestimmen, wo die Gesellschaft einen Betrieb hat oder wo sich die Geschäftsleitung befindet oder die Verwaltung geführt wird. Von dieser Vorschrift darf aus wichtigem Grund abgewichen werden.“ § 4 öAktG lautet: „Als Sitz der Aktiengesellschaft ist der Ort, wo die Gesellschaft einen Betrieb hat, oder der Ort zu bestimmen, wo sich die Geschäftsleitung befindet oder die Verwaltung geführt wird. Von dieser Vorschrift darf aus wichtigem Grund abgewichen werden.“

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rechtswidrigen Zustands zur Auflösung der SE führen; 64 SE-VO gibt hierfür die Ermächtigung.68 Im Anschluss an die EuGH-Entscheidungen Centros69, Überseering70 und Inspire Art71 ist sowohl im deutschen als auch im ausländischen Schrifttum die These aufgestellt worden, dass die Artt. 7 und 64 der SE-VO gegen die Niederlassungsfreiheit verstoßen.72 Ich kann mich dieser Auffassung nicht anschließen.73 Denn für den europäischen Gesetzgeber gelten andere Maßstäbe als für Beschränkungen, die aus der Sphäre der einzelnen Mitgliedstaaten stammen.74 Zu weitgehend ist allerdings die Behauptung von Ulmer, wonach die Niederlassungsfreiheit für die SE generell nicht gelte, weil diese Rechtsform keine Gesellschaft i. S. v. Art. 48 Abs. 2 des EG-Vertrages sei.75 In der Daily Mail-Entscheidung76 hat der EuGH indes zutreffend ausgeführt, dass Gesellschaften aus der Niederlassungsfreiheit nicht mehr Rechte herleiten können, als ihnen die Rechtsordnung gewährt, nach der sie ins Leben gerufen wurden. In Überseering und Inspire Art wurde dieser Rechtssatz vom EuGH nochmals bekräftigt. Daraus folgt aber, dass der europäische Gesetzgeber auch die Rahmenbedingungen der von ihm originär geschaffenen SE in eigener Verantwortung festlegen kann. Zum zentralen Bestandteil des Verschmelzungsplans zählt das Umtauschverhältnis der Aktien, das unter Berücksichtigung der Unternehmenswerte der beteiligten Gründungsgesellschaften nach gleichartigen Maßstäben zu ermitteln ist.77 Für Spitzenbeträge kann eine Ausgleichsleistung vorgesehen werden,

__________ 68 Hierzu C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 458; ders. in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 573, 608. 69 EuGH v. 9.3.1999 – C-212/97, Slg. 1999, I-1459 – Centros Ltd v. Erhvervs- og Selskabsstyrelsen. 70 EuGH v. 5.11.2002 – C-208/00, Slg. 2002, I-9919 – Überseering BV v. Nordic Construction Company Baumanagement GmbH (NCC). 71 EuGH v. 30.9.2003 – C-167/01, Slg. 2003, I-10155 – Kamer van Koophandel en Fabrieken voor Amsterdam v. Inspire Art Ltd. 72 Wooldridge (2004) 25 Co Law 121; Wymeersch (2003) 40 CMLR 661, 693; Ziemons, ZIP 2003, 1913, 1918; wohl auch Kübler, ZHR 167 (2003), 222, 228; zumindest für möglich hält dies auch Andenas (2003) 119 LQR 221, 226; zweifelnd auch Paefgen, GmbHR 2004, 463, 475. 73 Abl. auch Eidenmüller, JZ 2004, 24, 31; Greda in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, § 5 SEG Rz. 17; Kalss/Greda, GesRZ 2004, 91, 94; Schäfer, NZG 2004, 785, 788; Schindler, WBl. 2004, 253, 254; C. Teichmann (2003) 4 GLJ 309, 315; ders., ZGR 2003, 367, 400; Thömmes, ET 2004, 22, 27; Wenz, ET 2004, 4, 9; Zimmer, ZHR 168 (2004), 355, 364 f. 74 Ausf. Eidenmüller, JZ 2004, 24, 31; Schäfer, NZG 2004, 785, 788; Schindler, WBl. 2004, 253, 254; Zimmer, ZHR 168 (2004), 355, 364 f.; vgl. auch Leible, ZGR 2004, 531, 539 ff. 75 Ulmer, NJW 2004, 1201, 1210; dagegen zu Recht bereits Eidenmüller, JZ 2004, 24, 31; Ziemons, ZIP 2003, 1913, 1918. 76 EuGH v. 27.9.1988 – Rs. C-81/87, Slg. 1988, 5483 – The Queen v. H. M. Treasury and Commissioners of Inland Revenue, ex parte Daily Mail and General Trust plc. 77 Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 75 ff. und 82; Scheifele (Fn. 3), S. 154 ff.

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die auch ohne ausdrückliche Regelung in der SE-VO nach Maßgabe der 3. RiLi und durch den Verweis von Art. 18 SE-VO auf § 68 Abs. 3 UmwG in bar zu erfolgen hat, jedoch 10 % des Gesamtnennbetrages der gewährten Aktien nicht übersteigen darf.78 Zweifelhaft ist, wann bei der Übertragung der Aktien das Verfahren nach §§ 71 ff. UmwG zur Anwendung kommt und folglich ein Treuhänder zu bestellen ist: Teilweise wird dieser Sachverhalt dem Bereich der künftigen SE zugeordnet, so dass die Vorschriften nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO nur zu beachten sind, wenn die SE deutschem Recht unterliegt.79 Richtigerweise bezweckt die Regelung indes den Schutz der Aktionäre des übertragenden Rechtsträgers und findet daher gem. Art. 18 SE-VO nur auf deutsche Gründungsgesellschaften Anwendung.80 Insoweit ist eine Aufnahme in den Verschmelzungsplan erforderlich, nicht dagegen im Hinblick auf den ausländischen Verschmelzungspartner.81 Der Verschmelzungsplan muss schließlich die Rechte benennen, welche die SE den „mit Sonderrechten ausgestatteten Aktionären“ und „Inhabern anderer Wertpapiere als Aktien“ gewährt. Erfasst werden somit alle Vergünstigungen bei der Stimmrechtsausübung wie auch im Rahmen der Gewinnverwendung, darüber hinaus Schuldverschreibungen und Genussrechte. Die Rechtslage ist im Kern – wenn auch nicht in allen Details – vergleichbar mit der Regelung in § 5 Abs. 1 Nr. 7 UmwG. Bestandteil des Verschmelzungsplans ist auch die Satzung der SE, die – ebenso wie im Falle der innerstaatlichen Verschmelzung zur Neugründung (vgl. §§ 37, 74 UmwG)82 – von den Leitungsorganen der Gründungsgesellschaften festgestellt83 und als Teil der SE-Gründung von den Aktionären mitbeschlossen wird. dd) Abschließende Regelung? Wenden wir uns daher der Frage zu, ob der Katalog des Art. 20 Abs. 1 Satz 2 SE-VO den Mindestinhalt des Verschmelzungsplans abschließend regelt oder ob über den Verweis in Art. 18 SE-VO das Recht einer jeden Gründungsgesellschaft weitergehende Erfordernisse verlangen darf. Die ganz h. M. nimmt hier

__________ 78 So i.E. auch Mahi (Fn. 5), S. 39; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 82; Scheifele (Fn. 3), S. 158. 79 Vgl. Sagasser/Swienty, DStR 1991, 1188, 1193 zu Art. 11a Abs. 1 SE-VOE 1991 (diese Norm entspricht dem heutigen Art. 15 Abs. 1 SE-VO). 80 Richtig Mahi (Fn. 5), S. 40; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 83; Scheifele (Fn. 3), S. 158. 81 Wie hier Scheifele (Fn. 3), S. 158. 82 Grunewald in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 74 Rz. 2; Schröer in Semler/Stengel, UmwG, 2003, § 37 Rz. 1. 83 Für die SE: Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 87; Scheifele (Fn. 3), S. 164; a. A. jedoch scheinbar Kersting, DB 2001, 2079, 1081, der offenbar der Auffassung ist, dass die Satzungsfeststellung im Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung liegt.

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den Standpunkt ein, dass die SE-VO eine abschließende Regelung enthält,84 so dass aus deutscher Sicht insbesondere keine Verpflichtung besteht, über die Folgen der Verschmelzung für die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen zu informieren.85 ee) Nachgründung, Sperrfrist Zu beachten sind indes für deutsche Gründungsgesellschaften die Regelungen in §§ 67 und 76 UmwG, d. h. das Erfordernis der Nachgründung bei Aufnahme durch eine deutsche AG sowie die zweijährige Sperrfrist für eine übertragende deutsche AG.86 Für die Bemessung der zweijährigen Nachgründungsfrist kann jedoch nicht der Abschluss des (nicht vorhandenen) Verschmelzungsvertrages maßgeblich sein. Ich möchte auch entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung nicht auf den Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Verschmelzungsplans abstellen,87 sondern nach dem Vorbild des § 76 UmwG auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung. c) Verschmelzungsbericht Im Gegensatz zu früheren Entwürfen der SE-VO ist heute ein Verschmelzungsbericht nicht ausdrücklich vorgeschrieben. Schwarz hat daraus gefolgert, dass eine solche Berichterstattung nicht notwendig sei.88 Mit der h. M. habe ich indes keine Bedenken, für eine deutsche Gründungsgesellschaft § 8 UmwG zur Anwendung bringen.89 Denn der Wegfall der ausdrücklichen Anordnung war deshalb unschädlich, weil Art. 18 SE-VO umfassend auf das mit der 3. RiLi in Einklang stehende nationale Recht verweist und somit über Art. 9 der FusionsRiLi der Verschmelzungsbericht sichergestellt ist.90 Darüber hinaus geht auch Art. 31 der SE-VO von einer solchen Berichterstattung aus. Der Verschmelzungsbericht ist auch bei der Sitzverlegung nach Art. 8 Abs. 3 SE-VO und bei der SE-Gründung durch Umwandlung nach Art. 37 Abs. 4 SE-VO vorgesehen und gehört heute bei Umstrukturierungen von Aktiengesellschaften zum Grundbestand des Europäischen Rechts. Zweifelhaft ist allein, ob die in § 8 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 UmwG vorgesehene gemeinsame Berichterstattung auch dann möglich ist, wenn das Recht der

__________ 84 Casper (Fn. 42), S. 51, 68; Heckschen, DNotZ 2003, 251, 257; Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, § 17 SEG Rz. 13; Mahi (Fn. 5), S. 37; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 79; Scheifele (Fn. 3), S. 172; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 420. 85 Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 79. Scheifele (Fn. 3), S. 171. 86 So auch Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 112 f.; Scheifele (Fn. 3), S. 177 f. 87 So aber Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 112 f.; Scheifele (Fn. 3), S. 178. 88 Schwarz, ZIP 2001, 1847, 1851; so offenbar auch Bungert/Beier, EWS 2002, 1, 7. 89 Grundmann (Fn. 62), Rz. 1028; Mahi (Fn. 5), S. 41 f.; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 93 f.; Scheifele (Fn. 3), S. 178; Schindler (Fn. 2), S. 25; Schulz/Eicker, Intertax 2001, 332, 335; Schulz/Geismar, DStR 2001, 1078, 1080; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 423. 90 So richtig Mahi (Fn. 5), S. 41; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 93 f.; Scheifele (Fn. 3), S. 178.

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anderen Gründungsgesellschaft diese Möglichkeit nicht ausdrücklich vorsieht, was schon deshalb in Betracht zu ziehen ist, weil die 3. RiLi hierzu keine Aussage trifft. Im Schrifttum wird die Frage kontrovers beantwortet;91 der Praxis ist zumindest vorläufig zu raten, den sicheren Weg zu wählen und zwei separate Verschmelzungsberichte vorzulegen. Unbedenklich zulässig ist dagegen die Anwendung des § 8 Abs. 3 UmwG, so dass also für die deutsche Gründungsgesellschaft auf den Verschmelzungsbericht verzichtet werden kann; erforderlich hierfür ist indes nicht die Zustimmung aller Anteilsinhaber beider Gründungsgesellschaften, sondern wegen der beschränkten Inlandswirkung nur die Zustimmung aller Aktionäre der deutschen AG.92 d) Verschmelzungsprüfung und Prüfbericht Zur Verschmelzungsprüfung enthält die SE-VO in Art. 22 nur eine rudimentäre Regelung zur Prüferbestellung und zum Auskunftsrecht der Prüfer. Die ungeschickte sprachliche Fassung von Satz 1 hat zu der kuriosen Auffassung geführt, dass die Prüfung nicht nur durch unabhängige, sondern auch durch abhängige Sachverständige (!) erfolgen dürfe.93 Indes zielt die Vorschrift nicht auf die Alternative abhängiger oder unabhängiger Prüfer, sondern möchte allein die separate wie auch die gemeinsame Verschmelzungsprüfung gestatten.94 Im Übrigen gelten für Deutschland die §§ 60, 73, 9–12 UmwG; im Hinblick auf das Barabfindungsgebot tritt ergänzend § 7 Abs. 3 SEAG hinzu.95 e) Offenlegung des Verschmelzungsplans Entgegen vereinzelten Stimmen im Schrifttum96 ergibt sich aus Art. 21 SE-VO nicht die Verpflichtung, den Verschmelzungsplan vollständig oder auch nur teilweise offenzulegen.97 Vielmehr beschränkt sich die SE-VO auf einzelne Informationen zu den beteiligten Gründungsgesellschaften und überlässt es dem nationalen Recht, „weitere Auflagen“ zu machen. Dies bedeutet, dass über den Verweis in Art. 18 SE-VO hinaus das Recht jeder Gründungsgesellschaft weite-

__________ 91 Generell gegen eine gemeinsame Berichterstattung etwa Mahi (Fn. 5), S. 42. Dagegen halten Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 95 und Scheifele (Fn. 3), S. 179, eine gemeinsame Berichterstattung zumindest dann für zulässig, wenn alle beteiligten Rechtsordnungen eine solche gestatten. 92 So auch Scheifele (Fn. 3), S. 180 f.; i.E. (allerdings mit zweifelhafter Begründung) auch Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 94. 93 Schwarz, ZIP 2001, 1847, 1851. 94 Zutreffend Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 108; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 423. 95 Vgl. Mahi (Fn. 5), S. 42; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 105 ff.; Scheifele (Fn. 3), S. 191 ff. 96 S. etwa Vossius in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Loseblatt, § 20 UmwG Rz. 409 und 426; Buchheim (Fn. 28), S. 197 ff. 97 Richtig Scheifele (Fn. 3), S. 185; s. auch Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 114.

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re Anforderungen stellen kann.98 Deutschland hat hiervon jedoch keinen Gebrauch gemacht,99 sondern konkretisiert mit § 5 SEAG allein den für Art. 21 SE-VO maßgeblichen Zeitpunkt und belässt es im Übrigen bei der Regelung des § 61 UmwG, wonach der Verschmelzungsplan oder sein Entwurf vor der Einberufung der Hauptversammlung beim Handelsregister einzureichen und dann bekannt zu machen ist.100 f) Hauptversammlung Kommen wir nun zur Hauptversammlung, die nach Art. 23 SE-VO dem Verschmelzungsplan zustimmen muss. Sowohl für die Vorbereitung als auch für die Durchführung und die Beschlussfassung gelten nach Art. 18 SE-VO uneingeschränkt die Vorschriften des deutschen Aktien- und Umwandlungsrechts, d. h. §§ 121 ff., 129 ff. AktG, 63 ff. UmwG. Eine Besonderheit findet sich allerdings in Art. 23 Abs. 2 Satz 2 SE-VO: Danach kann sich – aus deutscher Sicht – die Hauptversammlung das Recht vorbehalten, die Eintragung der SE davon abhängig zu machen, dass eine vom Vorstand getroffene Vereinbarung über die künftige Arbeitnehmermitbestimmung zuvor von ihr genehmigt wird, was nach Sinn und Zweck der Regelung nur im Rahmen einer weiteren Hauptversammlung erfolgen kann und somit die Gründung der SE deutlich verzögern würde. Unklar und streitig ist zudem, welche Mehrheitserfordernisse an eine solchen Genehmigungsbeschluss zu stellen sind.101 Daher könnte man daran denken, bereits im Rahmen der Satzung – die Teil des Verschmelzungsplans ist (vgl. Art. 20 Abs. 1 Satz 2 lit. h SE-VO) – eine Regelung zur Mitbestimmung zu treffen, die vom Vorstand jedenfalls nicht überschritten werden darf. Dieser Ausweg ist indes versperrt: Denn steht die getroffene Vereinbarung im Widerspruch zur Satzung, so ist letztere zu ändern, d. h. die Mitbestimmungsregelung geht vor (vgl. Art. 12 Abs. 4 SE-VO).102 Sollte daher nicht bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Verschmelzungsplan das spätere Mitbestimmungsmodell vorliegen, dann eröffnet allein der Entscheidungsvorbehalt nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 SE-VO den Aktionären die Möglichkeit, von der SE-Gründung Abstand zu neh-

__________ 98 Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 114; C. Teichmann, ZIP 2002, 1109, 1112; ders. in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 573, 583. 99 Dazu Neye/C. Teichmann, AG 2003, 169, 173; C. Teichmann, ZIP 2002, 1109, 1112; ders. in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 573, 583; vgl. auch RegE zum SEEG, Begründung, BT-Drucks. 15/3405, S. 32. 100 Dazu Neye/C. Teichmann, AG 2003, 169, 173; C. Teichmann, ZIP 2002, 1109, 1112; ders. in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 573, 583. 101 Qualifizierte Mehrheit: Oplustil (2003) 4 GLJ 107, 118 (allerdings bezogen auf den entsprechenden Zustimmungsvorbehalt bei der Holding-Gründung); einfache Mehrheit: Scheifele (Fn. 3), S. 217. 102 Dazu Blanquet, ZGR 2002, 20, 56 f.; Köstler in Simons/Kluge (Eds.), The European Company – Prospects for board-level representation, 2004, S. 11, 13; Schindler (Fn. 2), S. 12; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 430; Veelken in GS Blomeyer, 2004, S. 491, 514 f.

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men. Ein solches Letztentscheidungsrecht muss den Aktionären als den Eigentümern der AG verbleiben und kann nicht auf die Verwaltung delegiert werden. g) Kapitalerhöhung bei aufnehmender AG Im Falle einer Verschmelzung durch Aufnahme wird im Regelfall eine Kapitalerhöhung bei der aufnehmenden Gesellschaft notwendig sein. Da es sich insoweit um einen Vorgang handelt, der noch der jeweiligen Gründungsgesellschaft zuzuordnen ist, kommen über Art. 18 SE-VO die jeweiligen nationalen Vorschriften zur Anwendung, d. h. bei einer deutschen AG die §§ 66 ff. UmwG, §§ 182 ff. AktG.103 h) Gläubigerschutz Nach Art. 24 Abs. 1 lit. a SE-VO findet zum Schutz der Interessen der Gläubiger das Recht des Mitgliedsstaats Anwendung, das jeweils für die sich verschmelzenden Gesellschaften gilt – allerdings „unter Berücksichtigung des grenzüberschreitenden Charakters der Verschmelzung“104. Interpretiert man Art. 24 Abs. 1 lit. a SE-VO als bloße Verweisung auf das mitgliedsstaatliche Recht, so wären die Gläubiger gem. § 22 UmwG nur dadurch geschützt, dass sie binnen sechs Monaten nach Eintragung der Verschmelzung ihren Anspruch schriftlich anmelden und ggf. Sicherheitsleistung verlangen können. Ein derartiger nachgeordneter Schutz wurde jedoch vom deutschen Gesetzgeber nicht für ausreichend erachtet.105 Für den Fall, dass der Sitz der künftigen SE im Ausland liegt, wurde deshalb in § 8 SEAG eine spezielle Regelung eingefügt, wonach den Gläubigern Sicherheit zu leisten ist, falls sie nicht Befriedigung verlangen können. Ein solches Recht besteht jedoch nur, wenn der Gläubiger glaubhaft machen kann, dass durch die Verschmelzung die Erfüllung seiner Forderung gefährdet wird (§ 8 Satz 1 i. V. m. § 13 Abs. 1 Satz 2 SEAG) und nur im Hinblick auf solche Forderungen, die vor oder bis zu 15 Tage nach Offenlegung des Verschmelzungsplans entstanden sind (§ 8 Satz 1 i. V. m. § 13 Abs. 2 SEAG).106

__________ 103 Vgl. Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 116 f. 104 Was genau mit dieser Formulierung gemeint ist, ist umstritten. Schindler (Fn. 2), S. 28, ist der Auffassung, dass dies bedeutet, dass es zu einer Kumulierung der zu beachtenden Vorschriften kommt, wobei die jeweils strengste Vorschrift anzuwenden ist. Der Wortlaut des Art. 24 Abs. 1 lit. a SE-VO („jeweils“) sowie praktische Erwägungen sprechen jedoch eher für die Auffassung von Scheifele (Fn. 3), S. 223 ff., wonach sich der Gläubigerschutz für jede Gründungsgesellschaft gesondert bestimmt, es aber zu einer materiellrechtlichen Anpassung des mitgliedsstaatlichen Sachrechts kommt. 105 Vgl. RegE, Begründung, BT-Drucks. 15/3405, S. 33 f. 106 Die 15-Tages-Frist wurde in Anlehnung an § 15 Abs. 2 HGB geschaffen, vgl. Neye/ C. Teichmann, AG 2003, 169, 175.

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Diese Regelung ist indes unter zwei Gesichtspunkten äußerst problematisch: Zum einen ist sie rechtspolitisch fragwürdig, weil eine derartige Vorverlagerung des Gläubigerschutzes angesichts der europaweiten Gewährleistung der Durchsetzungen von Forderungen durch die EuGVVO107 nicht gerechtfertigt erscheint108 und zudem erhebliche Kosten sowie Rechtsunsicherheit entstehen109. Zum anderen bestehen schwer wiegende Bedenken hinsichtlich der Regelungskompetenz des deutschen Gesetzgebers110: Aus Wortlaut und Systematik des Art. 24 Abs. 1 SE-VO (insbesondere im Vergleich zu Art. 24 Abs. 2 SE-VO) ergibt sich unzweifelhaft, dass hinsichtlich des Gläubigerschutzes den Mitgliedsstaaten gerade keine Regelungskompetenz eingeräumt werden sollte, sondern die regulären nationalen Schutzvorschriften zur Anwendung gelangen sollten – wenn auch „unter Berücksichtigung des grenzüberschreitenden Charakters“. Diese „Option zur Präzisierung“ im Rahmen der Rechtsanwendung dürfte der deutsche Gesetzgeber wohl überschritten haben. i) Minderheitenschutz und Registereintragung Von besonderer Bedeutung sowohl in der Sache als auch in der rechtstechnischen Ausgestaltung sind einerseits das Verfahren der Registereintragung und andererseits der Minderheitenschutz. Insofern verweise ich auf die nachfolgenden Referate von Kleindiek (S. 95 ff.) und Vetter (S. 111 ff.). j) Rechtswirkungen der Verschmelzung nach erfolgter Eintragung der SE Mit dem Tag der Eintragung in das nationale Register des Sitzlandes (in Deutschland also das Handelsregister, § 3 SEAG) erlangt die SE Rechtspersönlichkeit (Art. 16 Abs. 1 SE-VO). Die Rechtsfolgen der Verschmelzung sind in Art. 29 SE-VO geregelt und entsprechen im Wesentlichen denjenigen des § 20 UmwG111. Auch im Falle der Verschmelzung zur SE tritt ipso iure Gesamtrechtsnachfolge ein (vgl. Art. 29 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 lit. a SE-VO). Allerdings enthält Art. 29 Abs. 3 SE-VO einen Vorbehalt zugunsten besonderer Formalitätsanforderungen des nationalen Rechts. Falls solche bestehen, sind sie entweder von den sich verschmelzenden Gesellschaften oder von der SE selbst

__________ 107 Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates v. 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. EG Nr. L 12/1 v. 16.1.2001. 108 Vgl. Ihrig/Wagner, BB 2003, 969, 973; Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft, Stellungnahme zum RefE, S. 5 f. (abrufbar unter www.dai.de/internet/dai/dai-2-0. nsf/dai_publikationen.htm); s. ferner auch Brandt, DStR 2003, 1208, 1214, sowie die Stellungnahme des Bundesrates BT-Drucks. 15/3656, S. 4. 109 Vgl. Handelsrechtsausschuss des DAV, ZIP 2004, 1779; Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft (Fn. 108), S. 5 f.; s. ferner auch Brandt, DStR 2003, 1208, 1214. 110 Vgl. dazu Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2004, 75, 78; DNotV, Stellungnahme zum DiskE, S. 12 (abrufbar unter www.dnotv.de); Ihrig/Wagner, BB 2003, 969, 973; Scheifele (Fn. 3), S. 227; Schindler, ecolex 2001, 1, 7; vgl. auch Mahi (Fn. 5), S. 51. 111 § 20 UmwG setzt Art. 19 Fusions-RiLi um.

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(nach deren Eintragung) zu erfüllen. In Deutschland ist hier etwa an den öffentlichen Glauben des Grundbuchs (§ 892 BGB) zu denken.112 Ferner ordnet Art. 29 Abs. 4 SE-VO ausdrücklich an, dass sich die Gesamtrechtsnachfolge auch auf die Rechte der Arbeitnehmer erstreckt.113 k) Bestandsschutz Art. 30 SE-VO enthält für die Verschmelzungsgründung eine besondere Bestandsschutzvorschrift, deren genauer Gehalt jedoch im Schrifttum unterschiedlich interpretiert wird114. Bei näherer Betrachtung nimmt die SE-VO hier jedoch eine vollkommen logische Differenzierung vor: Art. 30 Abs. 1 SE-VO regelt (nur) die Nichtigkeitserklärung mit Wirkung ex tunc und schließt eine solche generell aus, sobald eine SE eingetragen ist. Art. 30 Abs. 2 SE-VO hingegen betrifft die Frage einer Auflösung mit Wirkung ex nunc und lässt eine solche zumindest für den Fall eines völligen Fehlens einer Kontrolle nach Art. 25 und 26 SE-VO zu.115 Fraglich könnte insofern allenfalls sein, wie die Verwendung des Wortes „kann“ zu verstehen ist. Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift, der Vergleich mit der Parallelregelung in Art. 34 Abs. 2 SCE-VO116 sowie die eindeutige Intention des Gemeinschaftsgesetzgebers, eine abschließende Regelung zu schaffen, sprechen m. E. gegen die Annahme einer Regelungsermächtigung an den nationalen Gesetzgeber117. Vielmehr dürfte damit gemeint sein, dass das Fehlen einer Rechtmäßigkeitskontrolle nur dann einen Auflösungsgrund darstellt, wenn das nationale Recht einen solchen vorsieht.118 Da dies in Deutschland nicht der Fall ist119, kann eine „deutsche“ SE nach ihrer Eintragung de lege lata in keinem

__________ 112 Vgl. Scheifele (Fn. 3), S. 292; Vossius in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Loseblatt, § 20 UmwG Rz. 430 (beide jeweils mit weiteren Beispielen). 113 S. dazu ausführlich: Köstler in Köstler/Jaeger (Hrsg.), Die Europäische Aktiengesellschaft, 2002, S. 7, 13; Scheifele (Fn. 3), S. 293 ff.; Vossius in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Loseblatt,§ 20 UmwG Rz. 431 ff. 114 S. die unterschiedlichen Interpretationen bei Bungert/Beier, EWS 2002, 1, 7; Cerioni (2004) 25 Co Law 259, 265; Mahi (Fn. 5), S. 118; Scheifele (Fn. 3), S. 299 ff.; Schindler (Fn. 2), S. 31. 115 Vgl. Schindler (Fn. 2), S. 31; Scheifele (Fn. 3), S. 299 ff. 116 Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates v. 22.7.2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE), ABl. EG Nr. L 207/1 v. 18.8.2003. Art. 34 Abs. 2 SCE-VO lautet: „Das Fehlen einer Kontrolle der Rechtsmäßigkeit der Verschmelzung gemäß den Artikeln 29 und 30 ist ein Grund für die Auflösung der SCE gemäß Art. 74.“ 117 Ausführlich Scheifele (Fn. 3), S. 301 ff.; i.E. gegen eine Regelungskompetenz auch Mahi (Fn. 5), S. 118; Zweifel auch bei Bungert/Beier, EWS 2002, 1, 7. Für die Annahme einer Regelungskompetenz des nationalen Gesetzgebers jedoch offenbar Cerioni (2004) 25 Co Law 259, 265. 118 Ebenso Scheifele (Fn. 3), S. 303. 119 Vgl. § 262 Abs. 1 AktG; die Auflösung wegen Fehlens einer Rechtmäßigkeitskontrolle gehört auch nicht zu den „anderen Auflösungsgründen“ i. S. d. § 262 Abs. 2 AktG (vgl. zu diesen etwa Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 262 Rz. 24).

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Fall mehr aufgelöst werden.120 Nicht ausgeschlossen ist es allerdings, dass der deutsche Gesetzgeber vor dem Hintergrund der SE eine generelle Regelung in das Aktiengesetz aufnimmt.

3. Vereinfachtes Verfahren bei Verschmelzung Tochter auf Mutter Einzugehen ist schließlich noch kurz auf die Erleichterungen, die Art. 31 SE-VO bei Mutter-Tochter-Verschmelzungen gewährt. Im Fall der Verschmelzung einer 100%igen Tochter auf die Mutter ist nach Art. 31 Abs. 1 Satz 1 SE-VO eine Verschmelzungsprüfung nicht erforderlich und im Verschmelzungsplan müssen die Angaben nach Art. 20 Abs. 1 Satz 2 lit. b, c und d SE-VO nicht gemacht werden. Gem. Art. 31 Abs. 1 Satz 2 SE-VO i. V. m. § 8 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 UmwG ist in dieser Konstellation darüber hinaus auch der Verschmelzungsbericht entbehrlich.121 Weiterhin finden sich in Art. 32 Abs. 2 Satz 1 SE-VO eine Sonderregelung für den Fall eines up-stream-mergers, bei dem die Mutter zwar nicht 100 %, aber mind. 90 % der Anteile an der Tochter hält. Die Entbehrlichkeit bestimmter Berichte steht jedoch unter dem Vorbehalt nationalen Rechts,122 und da das deutsche Recht derartige Erleichterungen nicht kennt, ist die Vorschrift für Deutschland letztlich ohne Bedeutung.123 Ebenso wenig Bedeutung hat in Deutschland Art. 31 Abs. 2 Satz 2 SE-VO: Diese Ermächtigung, die auf einem Wunsch Schwedens beruht, betrifft nämlich nur Konstellationen, in denen Aktien Mehrfachstimmrechte verleihen; solche Stimmrechte sind jedoch in Deutschland gem. § 12 Abs. 2 AktG unzulässig.124

III. Holding-SE 1. Einführung und Überblick Bei der Gründungsform der Holding-SE bringen die Gesellschafter der Gründungsgesellschaften mehrheitlich ihre Anteile in die neue SE ein und erhalten dafür im Tausch Aktien der SE. Es handelt sich also um eine Sachgründung,

__________ 120 Ebenso Scheifele (Fn. 3), S. 303. 121 Mahi (Fn. 5), S. 46; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 94; Scheifele (Fn. 3), S. 284 f.; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 433. 122 Ebenso Scheifele (Fn. 3), S. 288; abzulehnen ist hingegen die Auffassung, dass Art. 31 Abs. 2 Satz 1 SE-VO ein Mitgliedsstaatenwahlrecht enthalte (so aber Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, § 20 SEG Rz. 2; Schindler [Fn. 2], S. 29; ders., WBl. 2004, 253, 263); dies lässt sich so aus dem Wortlaut der Norm nicht entnehmen (vgl. „vorgesehen ist“). 123 Vgl. ausführlich Scheifele (Fn. 3), S. 288. 124 Vgl. Scheifele (Fn. 3), S. 289; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 433; ders. in Theisen/ Wenz (Fn. 21), S. 573, 584.

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bei der die Gründungsgesellschaften zu Tochtergesellschaften der Holding-SE werden.125 Im Gegensatz zur Verschmelzung ist die Frage nach dem anwendbaren Recht bei der Holding-Gründung schwieriger zu beantworten: Denn die allgemeine Verweisungsvorschrift des Art. 15 Abs. 1 SE-VO gilt auch hier nur für die Endphase der Gründung, also insoweit die Sphäre der künftigen SE betroffen ist. Eine Parallelvorschrift zu Art. 18 SE-VO fehlt hingegen. Es sollte indes kein Zweifel bestehen, dass in Ergänzung der Regelungen in der SE-VO auf jede Gründungsgesellschaft deren Heimatrecht Anwendung finden muss, soweit es nicht im Widerspruch zur 3. RiLi steht. Ob man dies dogmatisch auf allgemeine Grundsätze des harmonisierten europäischen Gesellschaftsrechts zurückführt126 oder zu diesem Ergebnis im Wege einer lückenfüllenden analogen Anwendung des Art. 18 SE-VO gelangt127 – was m. E. näher liegt – macht in der Sache keinen Unterschied. Anwendbar sind damit auf eine deutsche Gründungsgesellschaft in erster Linie die Verschmelzungsvorschriften des UmwG,128 im Übrigen die allgemeinen Vorschriften des Aktien- oder GmbH-Gesetzes.129

2. Das Verfahren der Errichtung einer Holding-SE im Überblick Das Verfahren zur Errichtung einer Holding-SE lässt sich im Wesentlichen in die folgenden fünf Phasen einteilen130:

__________ 125 Ausf. zur Holding-SE: Mahi (Fn. 5), S. 53 ff.; Marsch-Barner in Lutter (Hrsg.), HoldingHandbuch, 4. Aufl. 2004, § 15, S. 933 ff.; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 128 ff.; Scheifele (Fn. 3), S. 305 ff.; für Österreich auch Hügel in Kalss/Hügel, SEKomm., 2004, §§ 25, 26 SEG Rz. 1 ff. 126 So C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 434. 127 Heckschen, DNotZ 2003, 251, 261; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 139; Scheifele (Fn. 3), S. 46 f., 311. 128 Abw. Heckschen, DNotZ 2003, 251, 261, der die Holding-Bildung als eine Art der Ausgliederung ansieht und deshalb über Art. 18 SE-VO analog die nationalen Vorschriften über die Ausgliederung anwenden will (d. h. in Deutschland §§ 123 ff. UmwG, wobei allerdings § 125 UmwG weitgehend aufs Verschmelzungsrecht verweist). Dagegen spricht jedoch nicht nur der Wortlaut des Art. 18 SE-VO, sondern auch die Tatsache, dass bei der Gründung einer Holding-SE im Gegensatz zu einer Ausgliederung gerade kein Vermögen übertragen wird (letzteres betont etwa Scheifele [Fn. 3], S. 47 Fn. 116, S. 306). Für eine Anwendung der Verschmelzungsvorschriften spricht hingegen die weitgehende Parallelität des Verfahrens bei Holding- und Verschmelzungsgründung, die vom Verordnungsgeber auch bewusst so ausgestaltet wurde (vgl. Scheifele, [Fn. 3] 2004, S. 47, 311; C. Teichmann, ZGR 2003, 367, 389 f.; ähnlich auch Oplustil [2003] 4 GLJ 107, 109). Daher wie hier auch Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 139 f.; Oplustil (2003) 4 GLJ 107, 109; Scheifele (Fn. 3), S. 47; i.E. (Anwendung des nationalen Verschmelzungsrechts) auch Marsch-Barner in Lutter (Fn. 125), § 15 Rz. 59; Schindler (Fn. 2), S. 35; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 434; ders., ZGR 2003, 367, 389 ff.). 129 Ebenso für Österreich Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, §§ 25, 26 SEG Rz. 4. 130 Vgl. auch Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, §§ 25, 26 SEG Rz. 6.

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a) Beschlussvorbereitungs-Phase In der ersten Phase (Beschlussvorbereitungs-Phase) erfolgt zunächst die Aufstellung des Gründungsplans – einschließlich des darin enthaltenen Gründungsberichts (Art. 32 Abs. 2 SE-VO, Art. 34 SE-VO i. V. m. § 9 Abs. 1 SEAG, Art. 18 SE-VO analog i. V. m. § 6 UmwG) – und dessen Prüfung durch Sachverständige (Art. 32 Abs. 4 und 5 SE-VO, Art. 34 SE-VO i. V. m. §§ 9 Abs. 2, 7 Abs. 3 SEAG, §§ 9–12 UmwG, §§ 319, 320 HGB). Danach wird der Gründungsplan offengelegt (Art. 32 Abs. 3 SE-VO, Art. 34 SE-VO i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 3 SEAG, § 61 UmwG, § 10 HGB) und die Gesellschafter- bzw. Hauptversammlung jeder Gründungsgesellschaft fasst einen Gründungsbeschluss (Art. 32 Abs. 6 SE-VO, § 10 Abs. 1 SEAG, Art. 18 SE-VO analog i. V. m. § 13 Abs. 3 Satz 1 UmwG). b) Anteilstausch-Phase Die anschließende Anteilstausch-Phase erfolgt in zwei Etappen: Die erste Tranche erfolgt innerhalb einer Frist von drei Monaten durch Abschluss von Anteilseinbringungsverträgen zwischen den Anteilsinhabern der Gründungsgesellschaften und der (künftigen) Holding-SE (Art. 33 Abs. 1 SE-VO). Sind die Bedingungen für die Gründung einer Holding-SE gem. Art. 33 Abs. 2 SE-VO erfüllt, so wird dies zunächst offen gelegt (Art. 33 Abs. 3 Satz 1 SE-VO), bevor im Rahmen einer zweiten Tranche diejenigen Anteilsinhaber der Gründungsgesellschaften, die ihre Anteile nicht bereits umgetauscht hatten, über eine Frist von einem weiteren Monat verfügen, um dies zu tun (Art. 33 Abs. 3 Satz 2 SE-VO). c) Gründungsverfahren nach AktG Die dritte Phase der Holding-Gründung besteht aus dem über Art. 15 Abs. 1 SE-VO zur Anwendung kommenden Gründungsverfahren nach §§ 33 ff. AktG. d) Mitbestimmungsvereinbarung/Auffanglösung In einer vierten Phase erfolgt dann der Abschluss einer Mitbestimmungsvereinbarung oder ggf. ein Mitbestimmungsverzicht gem. Art. 3 Abs. 6 SE-RiLi (Art. 12 Abs. 2 SE-VO). Kommt es hierüber zu keiner Einigung, so gilt ggf. die Auffanglösung (Art. 7 Abs. 1 Satz 2 lit. b SE-RiLi, §§ 22 Abs. 1 Nr. 2, 34 Abs. 1 Nr. 3 SEBG). e) Schlusseintragungen und Bekanntmachungen Die abschließende fünfte Phase des Gründungsverfahrens bildet die Eintragung der Holding-SE in das Handelsregister (Art. 12 Abs. 1 SE-VO, § 3 SEAG) und deren Offenlegung (Art. 15 Abs. 2, 13 SE-VO) sowie informatorische Bekanntmachung im Amtsblatt (Art. 14 SE-VO).

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3. Ausgewählte Einzelfragen a) Gründungsplan Von den Leitungs- bzw. Verwaltungsorganen der beteiligten Gründungsgesellschaften ist nach Art. 32 Abs. 2 Satz 1 SE-VO ein gleich lautender Gründungsplan zu erstellen, d. h. es ist ebenso wie bei der Verschmelzung kein gemeinsamer Plan aufzustellen,131 doch dürfen sich die beiderseitigen Pläne inhaltlich nicht widersprechen. Der Gründungsplan bedarf – ebenso wie der Verschmelzungsplan – der notariellen Beurkundung; dies folgt aus Art. 18 SE-VO analog i. V. m. § 6 UmwG.132 Zur Problematik der Auslandsbeurkundung kann auf die Ausführungen zur Verschmelzungs-SE verwiesen werden. Der Mindestinhalt folgt aus Art. 32 Abs. 2 Satz 2 und 3 SE-VO: Auffällig ist, dass hier – anders als bei der Verschmelzung – der Gründungsbericht ausdrücklich zum Teil des Gründungsplans erklärt wird. Warum dieser Weg gewählt wurde, ist nicht ersichtlich; doch hat diese Konstruktion Konsequenzen, auf die später noch zurückzukommen sein wird. Hervorzuheben ist, dass im Gründungsplan ein Mindestprozentsatz der einzubringenden Anteile anzugeben ist, der mehr als 50 % der „ständigen Stimmrechte“ betragen muss. Mit dieser Mindestquote die Konzeption der HoldingSE als Konzernspitze deutlich. Stimmrechtslose Vorzugsaktien werden nicht berücksichtigt, wohl aber eigene Aktien der Gründungsgesellschaften, da diesen nur vorübergehend das Stimmrecht entzogen ist (vgl. § 71b AktG), sie jedoch nach erfolgtem Aktientausch grundsätzlich wieder stimmberechtigt werden.133 Zulässig ist nur die Festlegung einer Mindest-, nicht dagegen einer Höchstgrenze; denn keinem Gesellschafter der Gründungsgesellschaften darf die Möglichkeit entzogen werden, seine Anteile gegen Aktien der SE zu tauschen. Nicht vorgeschrieben ist, dass die Mindesteinbringungsquote für beide Gründungsgesellschaften gleich sein muss.134 Die weiteren Angaben orientieren sich am Verschmelzungsplan. Problematisch ist jedoch die Festlegung des Grundkapitals in der Satzung. Denn die

__________ 131 So aber Scheifele (Fn. 3), S. 312; wie hier Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, §§ 25, 26 SEG Rz. 9; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 417. 132 Oplustil (2003) 4 GLJ 107, 113; Scheifele (Fn. 3), S. 326; i.E. für eine notarielle Beurkundung (allerdings mit abweichender Begründung) auch: Heckschen, DNotZ 2003, 251, 263; a. A. allerdings Marsch-Barner in Lutter (Fn. 125), § 15 Rz. 42. Eine ausdrückliche Verweisung auf die entsprechende Anwendung des nationalen Gründungsrechts enthält insoweit übrigens § 26 öSEG; vgl. dazu Hügel in Kalss/ Hügel, SE-Komm., 2004, §§ 25, 26 SEG Rz. 9. 133 Vgl. Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 71b Rz. 3; Oechsler in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2003, § 71b Rz. 8 f. Daher i.E. ebenso Oplustil (2003) 4 GLJ 107, 112; Scheifele (Fn. 3), S. 320. 134 So auch Scheifele (Fn. 3), S. 320.

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Höhe des Grundkapitals steht erst dann fest, wenn die 2. Stufe des Gründungsverfahrens abgeschlossen ist. Eine solche Stufengründung ist dem deutschen Recht fremd. Soweit die Holding-SE ihren Sitz in Deutschland hat, kann daher das nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO maßgebliche Gründungsrecht der Aktiengesellschaft nur modifiziert angewendet werden. Denn anders als etwa das österreichische Recht135 hat der deutsche Gesetzgeber trotz eindringlicher Mahnungen – etwa des Handelsrechtsausschusses des DAV136 – auf eine Regelung verzichtet, durch die ein vorläufiges Grundkapital ausdrücklich anerkannt wird. In der Sache geht hieran jedoch kein Weg vorbei. Nach § 9 Abs. 1 SEAG i. V. m. Art. 34 SE-VO hat der Gründungsplan weiterhin ein Barabfindungsangebot für alle dem Zustimmungsbeschluss widersprechenden Aktionäre zu enthalten, sofern die Holding-SE ihren Sitz im Ausland haben soll oder ihrerseits abhängig ist. Ist die Gründungsgesellschaft eine GmbH, so gilt dieser Konzerneingangsschutz nicht; der Gesetzgeber geht davon aus, dass sich die Gesellschafter einer GmbH durch entsprechende vertragliche Gestaltungen selbst ausreichend schützen können.137 b) Offenlegung des Gründungsplans Die durch Art. 32 Abs. 3 SE-VO angeordnete und durch § 9 Abs. 3 Satz 3 SEAG nur im Hinblick auf das Abfindungsangebot inhaltlich ergänzte Offenlegung des Gründungsplans erfolgt im Verfahren gem. Art. 3 der 1. RiLi. Danach muss der Gründungsplan hinterlegt oder eingetragen werden. Diesem Erfordernis der Publizitäts-RiLi entspricht es, wenn in analoger Anwendung des § 61 UmwG der Gründungsplan beim Handelsregister eingereicht und dies anschließend gem. § 10 HGB bekannt gemacht wird.138 Fraglich ist, ob auch der Gründungsbericht als Teil des Gründungsplans offenzulegen ist. Dies wird etwa von Kalss im Wege einer teleologischen Reduktion des Art. 32 Abs. 3 SE-VO und mit dem Argument verneint, bei der Errichtung einer Holding-SE bestehe kein weitergehendes Informationsinteresse als im Falle der Verschmelzung.139 Ob sich diese Auffassung, die gewiss den Wortlaut und die Systematik des Art. 32

__________ 135 Vgl. § 25 Abs. 3 öSEG: „Der Text der durch notarielle Beurkundung festzustellenden Satzung hat mit dem Text der in den Gründungsplan aufzunehmenden Fassung der Satzung (Art. 32 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 lit. h der Verordnung) übereinzustimmen. Im Gründungsplan ist es jedoch für die Bestimmung der Höhe des Grundkapitals ausreichend, dass der für die Gründung erforderliche Mindestbetrag und der Höchstbetrag angegeben werden, der bei Einbringung sämtlicher Anteile in die Europäische Gesellschaft (SE) erreicht würde.“ 136 Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2004, 75, 78. 137 Vgl. RegE zum SEEG, Begründung, BT-Drucks. 15/3405, S. 34; ausführlich zu diesen Erwägungen C. Teichmann, AG 2004, 67, 76 f.; kritisch dazu: Ihrig/Wagner, BB 2004, 1749, 1752; Waclawik, DB 2004, 1191, 1194. 138 Auch insoweit enthält § 26 Abs. 1 öSEG einen ausdrücklichen Verweis. Vgl. zur Problematik Scheifele (Fn. 3), S. 327. 139 Kalss, ZGR 2003, 593, 630; zust. Scheifele (Fn. 3), S. 328.

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SE-VO gegen sich hat, im Übrigen aber sachlich überzeugt, in der Praxis durchsetzen wird, bleibt noch abzuwarten.140 c) Gründungsprüfung und Prüfbericht In die gleiche Richtung geht die weitere Frage, ob die in Art. 32 Abs. 4 Satz 1 SE-VO angeordnete Prüfung des Gründungsplans sich auch auf den Gründungsbericht erstreckt. Eine solche Erstreckung wird im Rahmen des deutschen Verschmelzungsrechts von der h. M. mit der Begründung verneint, dass nach dem Wortlaut der 3. RiLi und auch des § 9 UmwG nur der Verschmelzungsplan bzw. -vertrag Prüfungsgegenstand sei, nicht aber der Verschmelzungsbericht.141 Diese Auffassung ist indes nicht unbestritten; im Interesse eines wirksamen Minderheitenschutzes wird von einigen Autoren gefordert, dass zumindest die Richtigkeit der vom Vorstand gemachten Angaben vom Verschmelzungsprüfer zu testieren sei. Eine solche Prüfung hätte nämlich den positiven Effekt, dass die Aussagen im Verschmelzungsbericht einer besseren Kontrolle unterzogen wären.142 Nunmehr stellt sich die Problematik im Rahmen der Holding-SE in voller Schärfe; die bisherige Mindermeinung hat hier unzweifelhaft die SE-VO auf ihrer Seite. Wer eine solche erweiterte Prüfung zugleich für sachgerecht hält, wird daher zumindest an dieser Stelle eine teleologische Reduktion ablehnen.143 Zu ergänzen ist, dass nach § 9 Abs. 2 i. V. m. § 7 Abs. 3 SEAG die Gründungsprüfung auch die Angemessenheit der Barabfindung umfasst.144 d) Gesellschafterversammlung Die Gesellschafterversammlung der GmbH bzw. die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft muss der Errichtung einer Holding-SE zustimmen. Diese in Art. 32 Abs. 6 Satz 1 SE-VO getroffene Regelung hat im Schrifttum teils große Verwunderung, teils auch Kritik ausgelöst.145 Speziell wurde der Einwand erhoben, dass ein Schutzbedürfnis der Anteilsinhaber bereits deshalb zu verneinen sei, weil die Gründungsgesellschaften fortbestehen und auch kein Ge-

__________ 140 Abl. Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, §§ 25, 26 Rz. 18; i. d. S. auch Mahi (Fn. 5), S. 59; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 138 f. 141 Zeidler in Semler/Stengel, UmwG, 2003, § 9 Rz. 18; Lutter/Drygala in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 9 Rz. 12 m. w. N. 142 Bayer, AG 1988, 323, 328; Priester, ZGR 1990, 420, 430. 143 Für Erstreckung der Gründungsprüfung auf den Gründungsbericht: Mahi (Fn. 5), S. 57; Marsch-Barner in Lutter (Fn. 125), § 15 Rz. 45; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 137; Scheifele (Fn. 3), S. 333; für Österreich auch Hügel in Kalss/Hügel, SEKomm., 2004, §§ 25, 26 SEG Rz. 16. 144 Dazu Mahi (Fn. 5), S. 58. 145 Scheifele (Fn. 3), S. 335 f. m. w. N.

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sellschaftsvermögen in die Holding transferiert werde; weiterhin sei kein Gesellschafter gezwungen, seine Anteile in Aktien der SE umzutauschen.146 Diese Sichtweise verkennt indes, dass sowohl das Verbleiben in einer nun konzernierten Tochtergesellschaft als auch das Überwechseln in eine neue Rechtsform, die häufig ihren Sitz im Ausland haben wird, massiv in die Rechtsstellung der Gesellschafter der Gründungsgesellschaften eingreift. Daher muss auch ihnen und nicht allein der Verwaltung die letzte Entscheidungskompetenz zufallen. Rechtspolitische Kritik ist daher nicht angebracht.147 Für die Vorbereitung und Durchführung der Gesellschafterversammlung sind die Verschmelzungsvorschriften des UmwG sowie ergänzend die allgemeinen Vorschriften des Aktien- und GmbH-Rechts maßgeblich. Die nach der SE-VO ungeklärte Frage nach der für die Zustimmung erforderlichen Mehrheit hat § 10 Abs. 1 SEAG nunmehr entschieden und damit einen heftigen Meinungsstreit beendet. In konsequenter Anlehnung an das Verschmelzungsrecht148 und auch in Übereinstimmung mit der neuen Rechtsprechung des BGH149 zur Holzmüller-Problematik150 wird vom Gesetzgeber eine qualifizierte Beschlussmehrheit gefordert. Insoweit besteht Übereinstimmung mit der Rechtslage in Österreich.151 Dass diese Regelung mangels ausdrücklicher Ermächtigung in der SE-VO vom EuGH verworfen werden könnte, ist zwar denkbar, im Gegensatz zu manchen Stimmen im Schrifttum m. E. jedoch schon deshalb nicht zu befürchten, weil sich das gleiche Ergebnis auch unter ausschließlichem Rückgriff auf das bisherige harmonisierte europäische Gesellschaftsrecht rechtfertigen lässt und § 10 Abs. 1 SEAG insoweit nur deklaratorischen Charakter hat. e) Gründung durch Einbringung der Anteile Betrachten wir uns nunmehr die Aufbringung des Gründungskapitals der Holding-SE etwas genauer: aa) Wahlrecht der Anteilsinhaber (Art. 33 Abs. 1 SE-VO) Art. 33 Abs. 1 SE-VO normiert ein Wahlrecht der Anteilsinhaber: Sie können frei entscheiden, ob sie sich an der mehrheitlich beschlossenen Umstrukturierung beteiligen und Aktien der SE erwerben wollen oder nicht. Die frühere

__________ 146 Vgl. Casper (Fn. 42), S. 51, 61; Mahi (Fn. 5), S. 63; Marsch-Barner in Lutter (Fn. 125), § 15 Rz. 64; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 142; Oplustil (2003) 4 GLJ 107, 117. 147 Wie hier auch Heckschen, DNotZ 2003, 251, 262; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 435; vgl. auch Schindler (Fn. 2), S. 35; Schulz/Geismar, DStR 2001, 1078, 1081. 148 Vgl. § 65 UmwG. 149 BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, NJW 2004, 1860 = NZG 2004, 571 – Gelatine. 150 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 – Holzmüller. 151 § 26 Abs. 2 öSEG.

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Idee eines Zwangsumtausches152 wurde damit aufgegeben. Selbst Anteilsinhaber, die dem Gründungsplan zugestimmt haben, sind nicht verpflichtet, Aktien der SE zu erwerben. Umgekehrt können auch Gesellschafter, die dagegen gestimmt haben, ihre Anteile in Aktien der SE umtauschen.153 Das Wahlrecht wird dadurch ausgeübt, dass der Anteilsinhaber gem. Art. 33 Abs. 1 Satz 1 SE-VO mitteilt, dass er beabsichtige, seinen Anteil in die SE einzubringen. Entgegen dem ersten Eindruck handelt es sich hierbei keineswegs um eine unverbindliche Absichtserklärung. Die Mitteilung schafft vielmehr den Rechtsgrund für die anschließende, nach den Regeln einer Sacheinlage vorzunehmende tatsächliche Einbringung des Anteils. Beides154 muss binnen einer Frist von drei Monaten erfolgen,155 gerechnet ab dem Zeitpunkt, zu dem der Gründungsplan endgültig festgelegt worden ist, d. h. regelmäßig ab dem Zeitpunkt der Zustimmung der Hauptversammlung. Handelt es sich somit bei der Mitteilung um eine rechtsverbindliche Erklärung des Anteilsinhabers, so ist doch fraglich, ob es sich um ein Angebot handelt, das noch angenommen werden muss, oder bereits um die Annahme eines schon vorliegenden Angebots. Letztere Variante hätte den Vorzug der Beschleunigung des Verfahrens. Allerdings ist es im Regelfall rechtskonstruktiv nicht möglich, in dem beiderseits verabschiedeten Gründungsplan ein an alle

__________ 152 So noch Art. 29 Abs. 1 SE-VOE 1970 und 1975 sowie Art. 31 Abs. 1 SE-VOE 1989; vgl. dazu Scheifele (Fn. 3), S. 356 f., sowie früher Ficker, NJW 1970, 1569, 1570; Walther, AG 1972, 99, 101; Wolff, AG 1970, 247, 248; zur Beseitigung des Zwangsumtausches im SE-VO-E 1991 s. etwa Hommelhoff, AG 1990, 422, 424; TrojanLimmer, RIW 1991, 1010, 1014. 153 So auch Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, §§ 25, 26 SEG Rz. 29; Scheifele (Fn. 3), S. 358; Schindler (Fn. 2), S. 35. 154 So auch Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, §§ 25, 26 SEG Rz. 30; MarschBarner in Lutter (Fn. 125), § 15 Rz. 65, 67; anders hingegen Scheifele (Fn. 3), S. 362, nach dessen Auffassung es genügt, wenn die Anteilsinhaber sich innerhalb der 3-Monats-Frist schuldrechtlich zur Einbringung der Anteile verpflichten. 155 Im Schrifttum ist umstritten, ob die Länge der Umtauschfrist für die erste Tranche von 3 Monaten zwingend ist oder zur Disposition der Parteien steht. Einigkeit scheint nur insoweit zu bestehen, dass es sich jedenfalls um eine Mindestfrist handeln dürfte, d. h. dass eine Verkürzung nicht in Betracht kommt. Hügel in Kalss/ Hügel, SE-Komm., 2004, §§ 25, 26 Rz. 30 hält jedoch eine Verlängerung für zulässig: Die Praxis im Fall von Übernahmeangeboten zeige, dass eine solche Verlängerungsmöglichkeit überaus zweckmäßig sei und die Interessen der Aktionäre, des Unternehmens und der Gläubiger stünden dem nicht entgegen. Demgegenüber sehen Oplustil (2003) 4 GLJ 107, 118 und Scheifele (Fn. 3), S. 363, die 3-MonatsFrist jedoch als eine zwingende Vorgabe an. Diese Auffassung erscheint vorzugswürdig: Selbst wenn eine Verlängerungsmöglichkeit unter praktischen Gesichtspunkten durchaus sinnvoll erschiene, sieht die SE-VO hier gerade keine Möglichkeit zu Abweichungen vor (wo solche möglich sind, verweist die SE-VO stets auf die Satzung oder normiert eine „Kann-Regelung“). Zudem können sowohl die Aktionäre als auch die Gläubiger durchaus ein Interesse daran haben, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt Klarheit darüber herrscht, ob es zur Holdinggründung kommt oder nicht – insbesondere da es sich hier ja um grenzüberschreitende Sachverhalte handelt.

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Gesellschafter gerichtetes verbindliches Angebot zum Erwerb ihrer Anteile im Tausch gegen Aktien der SE zu sehen.156 Denn die Anteile sind in die SE – und zwar in ihrem Stadium als Vorgesellschaft157 – einzubringen, d. h. auch der Einbringungsvertrag ist zwischen den Vertretungsorganen der künftigen SE und den Sacheinlegern abzuschließen.158 Nimmt man hinzu, dass die Mitteilung des Anteilsinhabers nach Art. 33 Abs. 1 SE-VO nicht an die Vor-SE, sondern an die jeweilige Gründungsgesellschaft zu richten ist, so dürfte es sich doch um ein verbindliches Angebot des Anteilsinhabers handeln, das von seiner jetzigen Gesellschaft anschließend an die Vertretungsorgane der Vor-SE übermittelt und auch angenommen wird. Eine andere Beurteilung ist indes möglich, wenn etwa den Anteilsinhabern von der künftigen Holding-SE ein individuelles oder auch nur ein öffentliches Angebot zur Übernahme ihrer Anteile unterbreitet wird;159 dann kann die Mitteilung auch als Annahme dieses verbindlichen Angebots angesehen werden. Generell gilt indes, dass das Angebot jedenfalls konkludent aufschiebend bedingt ist durch den Erwerb der Mindesteinbringungsquote, nicht dagegen zusätzlich durch eine nachfolgende Ratifikation im Falle eines Entscheidungsvorbehalts nach Art. 32 Abs. 6 Satz 2 SE-VO.160 Vielmehr beginnt hier die 3-Monats-Frist des Art. 33 SE-VO überhaupt erst mit der Genehmigung der Mitbestimmungsregelung durch die Gesellschafterversammlung.161 Bei der Einbringung von GmbH-Anteilen ist hinsichtlich des schuldvertraglichen Vertrages die Form des § 15 Abs. 4 GmbHG beachten.162 bb) Einbringung der Anteile Nach Art. 33 Abs. 2 SE-VO ist die 1. Stufe der SE-Gründung erfolgreich abgeschlossen, wenn die Gesellschafter der Gründungsgesellschaften innerhalb der 3-Monats-Frist ihre Anteile im Umfang der Mindesteinbringungsquote an die SE übertragen haben163 und alle übrigen Bedingungen erfüllt sind, z. B. eine

__________ 156 So aber Scheifele (Fn. 3), S. 361 f. 157 Ausf. zur SE-Vorgesellschaft: Kersting, DB 2001, 2079 ff.; Schäfer, NZG 2004, 785, 790 f.; Schindler (Fn. 2), S. 17 ff.; aus österreichischer Sicht: Greda in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, § 2 SEG Rz. 16 ff.; Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Art. 16 SE-VO Rz. 1 ff. 158 Richtig Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, §§ 25, 26 SEG Rz. 29 a. E. 159 S. dazu auch Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, §§ 25, 26 SEG Rz. 29. 160 So aber Oplustil (2003) 4 GLJ 107, 119. 161 Richtig Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 146; Scheifele (Fn. 3), S. 362 f.; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 436. 162 Für eine notarielle Beurkundung auch Heckschen, DNotZ 2003, 251, 262; MarschBarner in Lutter (Fn. 125), § 15 Rz. 66 (die allerdings beide auf § 15 Abs. 3 GmbHG abstellen); ebenso auch Mahi (Fn. 5), S. 64 (diese stellt nur allgemein auf § 15 GmbHG ab, ohne sich auf einen bestimmten Absatz festzulegen). 163 Wie hier Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, §§ 25, 26 Rz. 30 Fn. 25; MarschBarner in Lutter (Fn. 125), § 15 Rz. 67; abw. Scheifele (Fn. 3), S. 362: Nur Mitteilung; Einbringung bis zur Eintragung.

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kartellrechtliche Freigabe erteilt ist.164 Bei der GmbH ist § 15 Abs. 3 GmbHG zu beachten. Die 2. Stufe beginnt mit der Offenlegung, dass die Voraussetzungen des Art. 33 Abs. 2 SE-VO erfüllt sind. Nunmehr können sich die restlichen Anteilsinhaber binnen einer Frist von einem Monat nochmals zur Einbringung ihrer Anteile in die Holding-SE entschließen. Mit dieser, der „Zaunkönigvorschrift“ des § 16 Abs. 2 WpÜG vergleichbaren Regelung, wird sowohl dem Interesse der Anteilsinhaber Rechnung getragen, nach erfolgreicher SE-Gründung nicht in der Tochter zurückbleiben zu müssen, als auch dem Interesse der Holding, die Tochter ohne Rücksicht auf verbleibende Minderheitsgesellschafter kontrollieren zu können. Insbesondere ist ein solcher Aktientausch aus der Sicht der Holding-SE einem Ausscheiden gegen Barabfindung vorzuziehen, sei es sogleich nach § 9 SEAG, sei es zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines Squeeze out. cc) Gründungsverfahren nach §§ 30 ff. AktG Weiterhin ist aber auch erforderlich, dass alle nach dem Recht des Sitzes der künftigen SE erforderlichen Gründungsvoraussetzungen beachtet werden, d. h. bei einer Holding-SE mit Sitz in Deutschland die Gründungsvorschriften der §§ 30 ff. AktG i. V. m. Art. 15 Abs. 1 SE-VO. Erforderlich ist danach die Erstellung eines Gründungsberichts165 durch die Gründer, d. h. – entsprechend der Regelung in § 36 Abs. 2 UmwG166 – durch die Vertretungsorgane der Gründungsgesellschaften,167 sowie die Durchführung einer Gründungsprüfung durch Vorstand und Aufsichtsrat der SE im dualistischen System bzw. durch den Verwaltungsrat bei monistischer Struktur168 sowie stets – weil Sacheinlage – durch einen sachverständigen Gründungsprüfer.169 Diese Voraussetzungen entfallen keineswegs deshalb, weil bereits auf der Ebene der Gründungsgesellschaften in Vorbereitung auf die Beschlussfassung über den Gründungsplan ein Gründungsbericht erstellt und eine Gründungsprüfung vorgenommen wurde. Vielmehr sind die Sphäre der Gründungsgesellschaften und die Sphäre der neu errichteten Holding-SE streng zu trennen.

__________ 164 Beispiel nach Marsch-Barner in Lutter (Fn. 125), § 15 Rz. 67. 165 Mahi (Fn. 5), S. 65; Marsch-Barner in Lutter (Fn. 125), § 15 Rz. 72; Neun in Theisen/ Wenz (Fn. 21), S. 51, 147 f.; Oplustil (2003) 4 GLJ 107, 115, 121; ebenso für Österreich auch Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, §§ 25, 26 SEG Rz. 38; Schindler (Fn. 2), S. 34. 166 Dazu Grunewald in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 36 Rz. 13; Bärwaldt in Semler/ Stengel, UmwG, 2003, § 36 Rz. 44 ff. 167 Vgl. Marsch-Barner in Lutter (Fn. 125), § 15 Rz. 72; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 151; Scheifele (Fn. 3), S. 368 f. 168 S. Marsch-Barner in Lutter (Fn. 125), § 15 Rz. 77; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 151; Scheifele (Fn. 3), S. 368, 370. 169 Marsch-Barner in Lutter (Fn. 125), § 15 Rz. 77; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 151; Scheifele (Fn. 3), S. 368, 370.

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Ausreichend ist es, wenn diese Gründungsvoraussetzungen nach dem Recht des Sitzes der SE bis zum Zeitpunkt der Eintragung erfüllt sind, also nach erfolgreichem Abschluss auch der 2. Stufe.170 Hinzuweisen ist im Übrigen darauf, dass Art. 15 Abs. 1 SE-VO auch auf §§ 30 ff. AktG verweist. § 75 Abs. 2 UmwG, wonach Gründungsbericht und Gründungsprüfung entbehrlich sind, wenn eine Kapitalgesellschaft übertragender Rechtsträger ist, ist nicht direkt anwendbar. Zu erwägen wäre eine analoge Anwendung. Die der Vorschrift zugrunde liegende Wertung, dass im Fall einer Kapitalgesellschaft als übertragendem Rechtsträger die Kapitalaufbringung bereits durch die speziellen (nationalen) Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften gesichert ist171, passt jedoch im Falle der Gründung einer Holding-SE nicht: Das Grundkapital der Holding-SE wird nämlich durch die Anteilsinhaber der Gründungsgesellschaften aufgebracht, die Kapitalaufbringung bei den Gründungsgesellschaften ist demgemäß nur indirekt von Belang172 und nicht notwendig auf die Kapitalaufbringung der SE abgestimmt, insbesondere nicht bei einer ausländischen „GmbH“ als Gründungsgesellschaft. f) Anwendbarkeit des WpÜG? Ich überspringe wieder die Eintragung der Holding-SE und den Minderheitenschutz, indem ich auf die nachfolgenden Referate von Kleindiek (S. 95 ff.) und Vetter (S. 111 ff.) verweise, und wende mich abschließend der Frage zu, ob im Falle einer deutschen börsennotierten Gründungsgesellschaft ein Übernahmeangebot gem. § 29 WpÜG zu unterbreiten ist. Bei der Gründung einer HoldingSE stellt sich die Frage nach der Anwendbarkeit des WpÜG im Falle der SEGründung mit besonderer Schärfe und soll daher auch in diesem Zusammenhang diskutiert werden. Dasselbe Konkurrenzproblem kann sich jedoch auch bei der Verschmelzung ergeben. aa) Generelle Anwendbarkeit des WpÜG Bereits die Frage nach der generellen Anwendbarkeit des WpÜG bei der Gründung einer SE ist im Schrifttum heftig umstritten. Von einigen Autoren wird sie prinzipiell verneint.173 Teilweise wird argumentiert, dass schon gar keine Übernahmesituation vorliege, weil der Übertragungsvorgang von den Gründungsgesellschaften gemeinsam ausgeht und nicht von einer Bietergesellschaft

__________ 170 So zutreffend Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, §§ 25, 26 SEG Rz. 35 ff.; § 27 SEG Rz. 6; unklar Marsch-Barner in Lutter (Fn. 125), § 15 Rz. 69 ff. 171 S. Diekmann in Semler/Stengel, UmwG, 2003, § 75 Rz. 4; Winter in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 58 Rz. 7. 172 Ebenso Scheifele (Fn. 3), S. 369; vgl. auch Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 148. 173 Brandt, NZG 2002, 991, 995; Marsch-Barner in Lutter (Fn. 125), § 15 Rz. 95; so auch noch Ihrig/Wagner, BB 2003, 969, 973.

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allein.174 Jedenfalls aber sei bei der Holding-Gründung die „Zaunkönigregel“ des Art. 33 Abs. 3 Satz 2 SE-VO als abschließende Regelung zu verstehen.175 Überdies sei bei der Holding-Gründung die Preiskontrolle in Form einer Überprüfung der Bewertungsrelationen bereits durch Art. 32 Abs. 4 und 5 SE-VO geregelt; diese Normen würden die Vorschriften des WpÜG verdrängen.176 Schließlich bedürften die Aktionäre eines zusätzlichen Schutzes durch das WpÜG auch gar nicht, da sie ja entweder in der Gründungsgesellschaft verbleiben oder deren Abfindungsangebot annehmen und ausscheiden könnten.177 Die wohl überwiegende Meinung geht demgegenüber jedoch von einer grundsätzlichen Anwendbarkeit des WpÜG im Falle der SE-Gründung aus178, wenn diese auch teilweise auf bestimmte Konstellationen eingeschränkt wird179. Es wird argumentiert, dass Art. 33 SE-VO nur die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen für die Entstehung der Holding-SE regele und man daher daraus keineswegs den Ausschluss einer übernahmerechtlichen Angebotspflicht nach Kontrollerwerb ableiten könne.180 Überdies würden die Vorschriften der SE-VO zum Anteilstausch die Anwendung des WpÜG auch keineswegs überflüssig machen: Nach § 31 Abs. 2 WpÜG181 muss die Gegenleistung nämlich in Geld oder liquiden Aktien bestehen, während die Aktionäre nach der SE-VO nur die Möglichkeit haben, ihre Aktien in diejenigen der SE umzutauschen, welche aber freilich nicht liquide sind, weil die SE noch nicht existiert und ihre Aktien noch nicht börsennotiert sind.182 Ferner mache auch das in § 9 SEAG normierte Austrittsrecht einen Schutz der Aktionäre durch die Vorschriften des WpÜG keineswegs obsolet: zwar dienten beide Instrumente dem Minderheitenschutz, in ihrer Ausgestaltung seien sie jedoch sehr verschieden.183 Wesentliche Unterschiede bestehen vor allem hinsichtlich des Rechtsschutzes (einen individuellen Rechtsschutz wie bei § 9 SEAG gibt es im Übernahme-

__________ 174 Brandt, NZG 2002, 991, 995; vgl. auch Oplustil (2003) 4 GLJ 107, 125. 175 Ihrig/Wagner, BB 2003, 969, 973; vgl. auch Ihrig/Wagner, BB 2004, 1749, 1753, dort allerdings beschränken sie den abschließenden Charakter des Art. 33 Abs. 3 Satz 2 SE-VO nur noch auf den Schutz der in den Gründungsgesellschaften verbliebenen Anteilsinhaber. 176 Brandt, NZG 2002, 991, 995; vgl. auch Oplustil (2003) 4 GLJ 107, 125. 177 Marsch-Barner in Lutter (Fn. 125), § 15 Rz. 95. 178 Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2004, 75, 79; ders., NZG 2004, 957, 958; C. Teichmann, AG 2004, 67, 77 ff.; Thoma/Leuering, NJW 2002, 1449, 1453. 179 Vgl. Ihrig/Wagner, BB 2004, 1749, 1753; Kalss, ZGR 2003, 593, 638 ff.; Oplustil (2003) 4 GLJ 107, 125 f. 180 Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2004, 75, 79. 181 Ähnlich auch die neue Übernahme-RL (Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142/12 v. 30.4.2004): Nach Art. 5 Abs. 1 kann der Bieter zwar als Gegenleistung Wertpapiere, eine Geldleistung oder eine Kombination aus beiden anbieten; nach Art. 5 Abs. 2 muss die angebotene Gegenleistung aber jedenfalls dann, wenn sie nicht aus liquiden Wertpapieren besteht, wahlweise einen Geldbetrag umfassen. Vgl. Oplustil (2003) 4 GLJ 107, 125. 182 Oplustil (2003) 4 GLJ 107, 125 f. 183 C. Teichmann, AG 2004, 67, 83.

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recht nicht) sowie hinsichtlich der Preisbildung (anders als im WpÜG184 kann bei der Barabfindung der Preis für einen eventuellen Vorerwerb von Aktien kaum berücksichtigt werden).185 Einige Autoren wollen aber dennoch die Anwendbarkeit des WpÜG auf bestimmte Konstellationen beschränken. Ihrig/ Wagner etwa sind der Ansicht, dass Art. 33 Abs. 3 Satz 2 SE-VO die Anwendung des WpÜG nur auf eine neu gegründete börsennotierte inländische SE zulasse, nicht hingegen zugunsten der in einer börsennotierten Gründungsgesellschaft verbliebenen Aktionäre.186 Ähnlich differenziert Oplustil: Auch seiner Ansicht nach trifft nur die eingetragene Holding-SE eine Angebotspflicht an die nicht umtauschenden Aktionäre, nicht hingegen die Gründungsgesellschaften oder einen die Kontrolle erlangenden Aktionär.187 bb) Auflösung des Konkurrenzverhältnisses zum Gesellschaftsrecht Bejaht man im Grundsatz die parallele Anwendbarkeit von SE-VO, Barabfindungsangebot nach § 9 SEAG und WpÜG (egal, ob generell oder nur für bestimmte Konstellationen), so ergeben sich in der Praxis nicht unerhebliche Probleme: Folge einer kumulativen Anwendung ist nämlich die Doppelung von Verfahrens-, Informations- und Abfindungsregeln.188 Der DAV hat daher vorgeschlagen, diese Problematik schlicht durch eine komplette Streichung der Barangebotspflicht in § 9 SEAG zu lösen.189 Zumindest aber solle sich der Gesetzgeber im SEAG klar zur Frage der Anwendbarkeit des WpÜG und zum Konkurrenzverhältnis äußern.190 Teichmann hingegen sieht die Befreiung nach § 37 WpÜG als das adäquate Instrument zur Koordinierung beider Materien: Wenn die Interessen der Minderheitsaktionäre durch ein gesellschaftsrechtliches Austrittsrecht (wie § 9 SEAG) hinreichend geschützt werden, so tendiere das Ermessen gegen Null; folglich sei in diesen Fällen die Befreiung zwingend zu erteilen.191 Im Interesse der Rechtssicherheit würde es sich aber dennoch empfehlen, den Fall der gesellschaftsrechtlich gewährten Barabfindung in die Liste der Befreiungstatbestände des § 9 AngebotsVO aufzunehmen.192 Ähnlich geht auch Kalss davon aus, dass die bestehenden Rege-

__________ 184 Nach § 31 Abs. 1 WpÜG i. V. m. § 4 AngebotsVO muss der im Pflichtangebot offerierte Preis mindestens den Wert der höchsten Gegenleistung erreichen, die der Bieter in den letzten drei Monaten vor Veröffentlichung der Angebotsunterlage für Aktien der Gesellschaft gezahlt hat. 185 C. Teichmann, AG 2004, 67, 80 ff., 83. 186 Ihrig/Wagner, BB 2004, 1749, 1753. 187 Vgl. Oplustil (2003) 4 GLJ 107, 125 f.; allerdings hält Oplustil eine Angebotspflicht eines die Kontrolle erlangenden Aktionärs zumindest für erwägenswert, wenn die Aktien der SE mit dem Moment ihrer Entstehung an der Börse notiert werden. 188 Vgl. C. Teichmann, AG 2004, 67, 79; s. ferner auch Kalss, ZGR 2003, 593, 638 ff.; Thoma/Leuering, NJW 2002, 1449, 1453. 189 Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2004, 75, 79; vgl. ders., NZG 2004, 957, 958. 190 Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2004, 75, 79; ders., NZG 2004, 957, 958. 191 C. Teichmann, AG 2004, 67, 82 f. 192 C. Teichmann, AG 2004, 67, 82 f.

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lungen (etwa die Befreiung vom Pflichtangebot nach § 35 Abs. 3 WpÜG) durchaus eine sinnvolle Koordinierung beider Materien zuließen.193 Dieser Auffassung möchte ich mich anschließen.

IV. Tochter-SE (Artt. 35, 36 SE-VO) Das Gegenstück zur Holding-SE ist die Errichtung einer gemeinsamen TochterSE nach den Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 3 SE-VO. Im Schrifttum ist die Erwartung geäußert worden, dass es sich vielleicht um die wichtigste Variante einer SE-Gründung handeln könnte;194 angesichts der breiten Verwendungsmöglichkeiten für die verschiedenartigsten joint-ventures mit grenzüberschreitendem Bezug ist diese Einschätzung nicht ganz unberechtigt.195 Der Verweis in Art. 36 SE-VO ist vielfach missverstanden worden,196 doch wiederholt er nur die ebenfalls für die Verschmelzungs- und Holding-SE geltende Regel, wonach – bei fehlender vorrangiger Regelung durch die SE-VO – auf das Gründungsverfahren das nationale Recht der jeweiligen Gründungsgesellschaften Anwendung findet (vgl. Art. 18 SE-VO), allerdings nur insoweit, als noch nicht die Sphäre zur künftigen SE überschritten ist: Ab diesem Zeitpunkt gilt dann gem. Art. 15 Abs. 1 SE-VO das Recht am Sitz der künftigen SE.197 Aus der Sicht einer deutschen Gründungsgesellschaft ergeben sich somit keine besonderen Probleme; allein bei der Übertragung eines wesentlichen Teils des Vermögens einer Aktiengesellschaft kann nach den Holzmüller-/GelatineEntscheidungen des BGH198 die Beteiligung der Hauptversammlung erforderlich werden, und zwar nicht im Hinblick auf die Errichtung der Tochter-SE als solche, sondern allein hinsichtlich der Vermögensausstattung.199 Auf eine Tochter-SE mit Sitz in Deutschland finden sodann die allgemeinen Gründungsvorschriften des deutschen Aktiengesetzes Anwendung; in Betracht kommen sowohl eine Bar- als auch eine Sachgründung.200 Dagegen scheidet

__________ 193 Vgl. Kalss, ZGR 2003, 593, 643, 646. 194 So Schnyder in FS Druey, 2002, S. 569, 577. 195 Ebenso Kalss, ZGR 2003, 593, 615; C. Teichmann, ZGR 2003, 367, 397; Wenz, AG 2003, 185, 193. 196 Beispielhaft Bungert/Beier, EWS 2002, 1, 8. 197 So richtig Scheifele (Fn. 3), S. 386, 390; vgl. auch Kalss in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Rz. 27. Nicht erwähnt (aber wohl stillschweigend vorausgesetzt) wird die – kumulative – Anwendung von Art. 15 Abs. 1 SE-VO in den Ausführungen von C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 438 oder Heckschen, DNotZ 2003, 251, 263; vgl. auch Sanna, ELR 2002, 2, 7. 198 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 – Holzmüller; BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, NJW 2004, 1860 = NZG 2004, 571 – Gelatine. 199 Zutreffend Heckschen, DNotZ 2003, 251, 263; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 438. 200 C. Teichmann, ZGR 2003, 367, 395 f.; Kalss, ZGR 2003, 593, 615; Sanna, ELR 2002, 2, 7.

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wegen Art. 2 Abs. 3 SE-VO eine Errichtung im Wege der Spaltung durch Ausgliederung gem. §§ 123 Abs. 3 Nr. 2, 124 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 UmwG aus: Zum einen, weil in diesem Fall nur ein Rechtsträger beteiligt wäre, zum anderen, weil die Errichtung der Tochter-SE „durch Zeichnung ihrer Aktien“ zu erfolgen hat, also nicht durch gesetzlichen Erwerb (wie bei der Spaltung) entstehen kann.201 Entgegen prominenten Stimmen im Schrifttum202 dürfte die Errichtung einer Tochter-SE auch dann nicht als unzulässige Umgehung der Verschmelzungsoder Holdingsgründungsformen zu qualifizieren sein, wenn auf diese Weise das aufwendigere und umständlichere Verfahren der Gründung einer Verschmelzungs- oder Holding-SE vermieden werden soll.203 Eine Erstreckung der Gründungsvorschriften der Artt. 17 ff. bzw. Artt. 32 ff. SE-VO auf die Tochter-SE kommt daher generell nicht in Betracht.204

V. Errichtung einer SE durch Umwandlung einer Aktiengesellschaft (Art. 37 SE-VO) 1. Einführung und Überblick Die Errichtung einer SE durch Umwandlung ähnelt in der 1. Phase rechtstechnisch sehr stark der Holding-Gründung,205 dogmatisch stellt sie jedoch einen identitätswahrenden Formwechsel nach dem Muster der §§ 190 ff. UmwG dar:206 Denn die AG wechselt lediglich ihr „Rechtskleid“, eine Vermögensübertragung findet hingegen nicht statt.207 Rechtspolitisch war diese Gründungsvariante der SE lange Zeit heftig umstritten; Bedenken wurden insbesondere im Hinblick auf eine mögliche „Flucht aus der Mitbestimmung“ geäußert.208 Eine Einigung war indes durch den Einbau zahlreicher Schutzvorkehrungen möglich: so werden die Arbeitnehmerschutzrechte nach Art. 37 Abs. 9 SE-VO erhalten, für das jeweilige Mitbestimmungsorgan kann nach Art. 37 Abs. 8 SE-VO ein Vetorecht eingeräumt werden,209 und insbesondere ist auch eine zeitgleiche Verlegung des Satzungssitzes der SE (Art. 8 SE-VO)

__________ 201 202 203 204 205 206

Richtig Scheifele (Fn. 3), S. 390 f. S. etwa Hommelhoff/C. Teichmann, SZW 2002, 1, 9. Wie hier auch Bungert/Beier, EWS 2002, 1, 8. Ebenso Scheifele (Fn. 3), S. 394 f. Richtig Heckschen, DNotZ 2003, 251, 263. S. auch Hirte, NZG 2002, 1, 3; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 439; Thoma/ Leuering, NJW 2002, 1449, 1452. 207 Zum österreichischen Recht: Kalss in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Vor § 17 SEG Rz. 30–32. 208 Ausf. Scheifele (Fn. 3), S. 398 f. m. w. N. 209 Trotz heftiger Kritik durch den DGB hat der deutsche Gesetzgeber von dieser Option – die auf Drängen der deutschen Seite in die SE-VO aufgenommen wurde – jedoch keinen Gebrauch gemacht; vgl. hierzu etwa Brandt, NZG 2002, 991, 995; C. Teichmann in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 573, 589; ders., ZGR 2002, 383, 441.

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nicht möglich (Art. 37 Abs. 3 SE-VO).210 Parallel hierzu sind auch die Bestimmungen der SE-RiLi besonders streng.211 Soweit die künftige SE betroffen ist, gilt auch hier unproblematisch Art 15 Abs. 1 SE-VO.212 Ebenso wie bei der Holdinggründung (oben III. 1., S. 46) fehlt indes eine Regelung im Hinblick auf das neben Art. 37 SE-VO auf die Gründungsgesellschaft anwendbare Recht. Jedoch kann auch hier Art. 18 SE-VO analog herangezogen werden; auf eine deutsche AG können somit die §§ 190 ff. UmwG in sachgerechter Weise ergänzend angewendet werden.213 Diskutiert wird allerdings auch eine – vorrangige – analoge Anwendung der Vorschriften zur Verschmelzungs- bzw. Holdinggründung214 oder auch der Vorschriften zur Sitzverlegung (Art. 8 SE-VO).215 Mit Teichmann ist indes davon auszugehen, dass die Regelung in Art. 37 SE-VO bewusst lückenhaft gehalten wurde, weil der europäische Gesetzgeber davon ausging und auch davon ausgehen durfte, dass diese Lücken durch das nationale Recht der (hier einzigen) Gründungsgesellschaft geschlossen werden.216 Auch erscheint der Rückgriff auf das nationale Umwandlungsrecht (Formwechsel) sachgerechter als die Heranziehung der komplexeren Vorschriften der Verschmelzung oder der systematisch fernliegenderen Vorschriften zur Sitzverlegung. Das Gründungsverfahren im Überblick: (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12)

Umwandlungsplan Umwandlungsbericht Offenlegung des Umwandlungsplans Beteiligung der Arbeitnehmer Umwandlungsprüfung Umwandlungsbeschluss Gründungsbericht und Gründungsprüfung Rechtmäßigkeitskontrolle Eintragung Publizität Rechtsfolgen Minderheitenschutz

__________ 210 211 212 213 214

S. hierzu Blanquet, ZGR 2002, 20, 46. Dazu ausf. Oetker, in diesem Band S. 277. Ausf. Scheifele (Fn. 3), S. 424 ff. I.E. ebenso Mahi (Fn. 5), S. 71 f.; teilweise auch Scheifele (Fn. 3), S. 403 ff. So etwa im Hinblick auf den Inhalt des Umwandlungsplans gem. Art. 20 Abs. 1 Satz 2 SE-VO: Scheifele (Fn. 3), S. 405 ff. m. w. N. 215 So Kalss, ZGR 2003, 593, 613. 216 C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 440.

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2. Ausgewählte Einzelfragen a) Umwandlungsplan Aus Art. 37 Abs. 4 SE-VO folgt nur, dass das Leitungs- oder Verwaltungsorgan der AG einen „Umwandlungsplan“ zu erstellen hat, der in der Frist des Art. 37 Abs. 5 SE-VO und im Verfahren nach Art. 3 der 1. RiLi offen zu legen ist. Zum Inhalt des Umwandlungsplans macht die SE-VO keine Ausführungen. In lückenfüllender Ergänzung bietet sich hier für eine deutsche AG an, sich an § 194 Abs. 1 UmwG zu orientieren.217 Ebenso wie im Falle der Verschmelzungs- und der Holding-SE bedarf der Umwandlungsplan sinnvollerweise analog § 6 UmwG der notariellen Beurkundung; hierfür sprechen das Bedürfnis nach materieller Richtigkeitsgewähr sowie auch der Schutz der Beteiligten (Belehrung).218 b) Umwandlungsbericht Das Leitungs- oder Verwaltungsorgan der AG muss nach Art. 37 Abs. 4 SE-VO weiterhin einen Umwandlungsbericht erstellen, in dem die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte der Umwandlung erläutert und begründet sowie die Auswirkungen, die der Rechtsformwechsel für die Aktionäre und die Arbeitnehmer hat, dargestellt werden. Für eine deutsche AG kann insoweit auf die Rechtslage gem. § 192 Abs. 1 UmwG zurückgegriffen werden.219 Somit kann unter den Voraussetzungen des § 192 Abs. 3 UmwG auch auf den Umwandlungsbericht verzichtet werden.220 Dass der Bericht auch arbeitnehmerrelevante Informationen enthält, ist kein Gegenargument221; denn diese Informationen richten sich nicht an die Arbeitnehmer, sondern an die Aktionäre, so dass diese auf die Berichterstattung auch verzichten können. c) Offenlegung Der Umwandlungsplan ist gem. Art. 37 Abs. 5 SE-VO mindestens einen Monat vor der Hauptversammlung, die über die Umwandlung zu beschließen hat, offenzulegen, wobei das Verfahren nach Art. 3 der Publizitäts-RiLi zu beachten ist. Hier kann auf die Ausführungen zum Verschmelzungsvertrag verwiesen

__________ 217 So auch Mahi (Fn. 5), S. 73; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 157; zumindest teilweise auch Scheifele (Fn. 3), S. 406 ff. 218 Wie hier Heckschen, DNotZ 2003, 251, 264; Scheifele (Fn. 3), S. 408; a. A. Mahi (Fn. 5), S. 73. 219 Ebenso Kalss, ZGR 2003, 593, 613; Mahi (Fn. 5), S. 74; ähnlich auch Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 158. 220 Nur i.E. übereinstimmend auch Scheifele (Fn. 3), S. 409 f.; abweichend Mahi (Fn. 5), S. 74; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 160. 221 So aber Mahi (Fn. 5), S. 74.

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werden (oben II. 2. e), S. 40 f.). Zur Anwendung kommt auch hier das Verfahren gem. § 61 UmwG analog.222 d) Umwandlungsprüfung Art. 37 Abs. 6 SE-VO ordnet an, dass vor der Hauptversammlung von einem oder mehreren unabhängigen Sachverständigen gemäß der Kapital-RiLi sinngemäß zu bescheinigen ist, dass die Gesellschaft über Nettovermögenswerte mindestens in Höhe ihres Kapitals zuzüglich der kraft Gesetzes oder Statut nicht ausschüttungsfähigen Rücklagen verfügt. Im Gegensatz zu Verschmelzungs- und Holdinggründung erfolgt also lediglich eine Werthaltigkeitsprüfung zur Sicherung der Reinvermögensdeckung.223 Eine Prüfung eines Umtauschverhältnisses kommt hier von vornherein nicht in Betracht, da hier kein Anteilstausch i. e. S. erfolgt.224 Prüfer können nur unabhängige Sachverständige sein, die nach den nationalen Durchführungsbestimmungen zu Art. 10 Fusions-RiLi auch Verschmelzungsprüfer sein können.225 Sie sind nach den entsprechenden Umsetzungsvorschriften durch ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde des Sitzstaates der sich umwandelnden Gesellschaft zu bestellen, d. h. in Deutschland gelten die §§ 60, 10, 11 UmwG i. V. m. §§ 319 Abs. 1–3 HGB.226 e) Umwandlungsbeschluss, Art. 32 Abs. 7 SE-VO Gem. Art. 32 Abs. 7 Satz 1 SE-VO stimmt die Hauptversammlung der betreffenden Gesellschaft dem Umwandlungsplan zu und genehmigt die Satzung der SE. aa) Einberufung der Hauptversammlung und Vorabinformation Hinsichtlich der Einberufung der Hauptversammlung sowie der Vorabinformation der Aktionäre enthält die SE-VO keine Regelung. Gem. Art. 18 SE-VO analog ist auch insofern auf nationales Recht zurückzugreifen. Für die Einberufung der Hauptversammlung einer deutschen Gründungsgesellschaft gelten somit die §§ 121 ff. AktG.227 Zum Zwecke der Vorabinformation der Aktionäre ist zudem der Umwandlungsbericht von den Einberufung der Hauptversammlung an in den Geschäftsräumen der AG zur Einsicht auszulegen; auf

__________ 222 C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 439; i.E. auch Scheifele (Fn. 3), S. 410. 223 Mahi (Fn. 5), S. 74; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 160; Scheifele (Fn. 3), S. 412. 224 Vgl. Mahi (Fn. 5), S. 74; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 160; Schindler (Fn. 2), S. 39. 225 Vgl. Mahi (Fn. 5), S. 74; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 160; Scheifele (Fn. 3), S. 413. 226 Mahi (Fn. 5), S. 74; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 160; Scheifele (Fn. 3), S. 413 f. 227 I.E. ebenso Mahi (Fn. 5), S. 74; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 162; Scheifele (Fn. 3), S. 417; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 440.

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Verlangen ist den Aktionären kostenlos eine Abschrift zu erteilen.228 Nach richtiger Ansicht ergibt sich diese Auslegungspflicht aus Art. 18 SE-VO analog i. V. m. §§ 238, 230 Abs. 2 UmwG.229 bb) Durchführung der Hauptversammlung Mangels Regelung in der SE-VO selbst richtet sich ferner auch die Durchführung der Hauptversammlung ausschließlich nach nationalem Recht. Bei einer deutschen AG ist somit gem. Art. 18 SE-VO analog i. V. m. § 239 UmwG der Umwandlungsbericht in der Hauptversammlung auszulegen; außerdem hat zu deren Beginn eine mündliche Erläuterung des Entwurfs des Umwandlungsbeschlusses durch den Vorstand zu erfolgen.230 cc) Beschlussfassung Im Gegensatz zu Einberufung, Vorabinformation und Durchführung der Hauptversammlung ist die Beschlussfassung in der SE-VO selbst ausdrücklich geregelt. Nach Art. 37 Abs. 7 Satz 2 SE-VO erfolgt sie nach Maßgabe der einzelstaatlichen Durchführungsbestimmungen zu Art. 7 Fusions-RiLi. Aufgrund dieses ausdrücklichen Verweises ist hier hinsichtlich des Mehrheitserfordernisses bei einer deutschen AG auf § 65 Abs. 1 Satz 1 UmwG (und nicht etwa auf § 193 UmwG) abzustellen.231 Der Beschluss bedarf somit gem. § 65 Abs. 1 Satz 1 UmwG i. V. m. § 133 Abs. 1 AktG einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals plus einer einfachen Stimmenmehrheit. Die Satzung kann aber auch eine andere Kapitalmehrheit oder weitere Erfordernisse bestimmen, § 65 Abs. 1 Satz 2 UmwG.232 Im Falle der Existenz mehrerer Aktiengattungen bedarf es eines entsprechenden Sonderbeschlusses der Aktionäre jeder Gattung, § 65 Abs. 2 UmwG.233 Hinzuweisen ist schließlich darauf, dass der Beschluss bei einer deutschen AG gem. § 13 Abs. 3 Satz 1 UmwG notariell zu beurkunden ist.234

__________ 228 I.E. ebenso Kalss, ZGR 2003, 593, 613; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 162; Scheifele (Fn. 3), S. 417 f.; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 440. 229 Ebenso Kalss, ZGR 2003, 593, 613; Mahi (Fn. 5), S. 75. 230 Ebenso Mahi (Fn. 5), S. 76; i.E. auch Scheifele (Fn. 3), S. 418 f. (dieser wendet jedoch § 64 UmwG an). 231 Ebenso Heckschen, DNotZ 2003, 251, 264; Kalss, ZGR 2003, 593, 614; Mahi (Fn. 5), S. 76; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 163; Scheifele (Fn. 3), S. 419; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 439. 232 Vgl. Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 163. 233 Mahi (Fn. 5), S. 76 f.; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 163; Scheifele (Fn. 3), S. 419. 234 Mahi (Fn. 5), S. 77; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 163; Scheifele (Fn. 3); i.E. auch Heckschen, DNotZ 2003, 251, 264 (allerdings leitet dieser die Beurkundungspflicht unzutreffenderweise aus Art. 15 Abs. 1 SE-VO i. V. m. § 130 AktG ab).

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f) Gründungsbericht und Gründungsprüfung Im Hinblick auf die Anwendbarkeit der allgemeinen Verweisungsnorm des Art. 15 Abs. 1 SE-VO stellt sich die Frage, ob auch bei der Umwandlungsgründung das in den mitgliedsstaatlichen Vorschriften auf der Basis von Art. 10 Kapital-RiLi vorgesehene besondere Gründungsprozedere von Gründungsbericht (in Deutschland: § 32 AktG) und Gründungsprüfung (in Deutschland: §§ 33 ff. AktG) zur Anwendung kommt. Dagegen könnte sprechen, dass in Art. 37 Abs. 6 SE-VO bereits auf der Ebene der Verordnung selbst eine Werthaltigkeitsprüfung geregelt ist. Anders als die Holding- und Verschmelzungsprüfung dient diese auch nicht lediglich dem a-priori-Schutz der Anteilsinhaber durch frühzeitige Information über die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses, sondern primär der Kapitalaufbringung.235 Andererseits ordnet Art. 13 der Kapital-RiLi (und in deren Umsetzung § 197 UmwG) an, dass auch bei einem Formwechsel in eine neue Rechtsform die Gründungsvorschriften anzuwenden sind. Dadurch sollen Umgehungen vermieden und bei der Umwandlung ein gleichwertiger Kapitalschutz wie bei der Neugründung gewährleistet werden.236 Gem. Art. 15 Abs. 1 SE-VO i. V. m. § 197 UmwG237 wird man daher auch bei der SE-Gründung durch Umwandlung die Einhaltung der Vorschriften über Gründungsbericht und Gründungsprüfung fordern müssen.238 g) Rechtmäßigkeitskontrolle Anders als bei der Verschmelzungs- und Holdinggründung enthält die SE-VO im Hinblick auf die Gründung einer SE durch Umwandlung keinerlei Vorgaben über eine Rechtmäßigkeitskontrolle oder die Voraussetzungen für die Eintragung. Der Umfang der Rechtmäßigkeitskontrolle richtet sich mithin gem. Art. 15 Abs. 1 SE-VO nach nationalem Recht239, wobei das Registergericht aber jedenfalls insbesondere auch die Einhaltung der sich aus der SE-VO selbst ergebenden Gründungsvoraussetzungen zu überprüfen hat240. Hinsichtlich der Modalitäten der Eintragung sei wiederum auf das Referat von Kleindiek (S. 95 ff.) verwiesen, hinsichtlich des Minderheitenschutzes auf dasjenige von Vetter (S. 111 ff.).

__________ 235 Vgl. Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 165 f. 236 Vgl. Decher in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 197 Rz. 1; Meister/Klöcker in Kallmeyer, UmwG, 2. Aufl. 2001, § 197 Rz. 2, 5; Stratz, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, 3. Aufl. 2001, § 197 Rz. 3; s. auch Scheifele (Fn. 3), S. 424 f. 237 Entgegen Scheifele (Fn. 3), S. 425 Fn. 178, führt die Anwendung des § 197 UmwG auch keineswegs in eine Sackgasse. Zwar ordnet § 197 UmwG die Anwendung der Gründungsvorschriften der Zielrechtsform an, hier also der SE. Die SE ist jedoch gem. Art. 10 SE-VO wie eine nationale Aktiengesellschaft zu behandeln. 238 I.E. ebenso Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 165 f.; Scheifele (Fn. 3), S. 425. 239 Mahi (Fn. 5), S. 77; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 166 f.; Scheifele (Fn. 3), S. 430 f. 240 Scheifele (Fn. 3), S. 430.

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h) Rechtsfolgen Gem. Art. 37 Abs. 2 SE-VO hat die Umwandlung unbeschadet des Art. 12 SE-VO weder die Auflösung der Gesellschaft noch die Gründung einer neuen juristischen Person zur Folge. Die sich umwandelnde Gesellschaft bleibt also in ihrer rechtlichen Identität erhalten und wechselt quasi nur ihr „Rechtskleid“241 (sog. „Identitätshypothese“242). Die in Art. 37 Abs. 9 SE-VO ausdrücklich angeordnete Weitergeltung sämtlicher Rechtsbeziehungen in Bezug auf die Arbeitsbedingungen in der sich umwandelnden Gesellschaft ist daher an sich eine Selbstverständlichkeit. Dieser rein deklaratorische „Programmsatz“243 ist somit wohl nur vor dem Hintergrund der im Falle der Umwandlung besonders gefürchteten „Flucht aus der Mitbestimmung“ zu verstehen.244

__________ 241 Vgl. Mahi (Fn. 5), S. 70; Neun in Theisen/Wenz (Fn. 21), S. 51, 166 f.; Scheifele (Fn. 3), S. 431; Vossius in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Loseblatt, § 20 UmwG Rz. 456. 242 So treffend Vossius in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Loseblatt, § 20 UmwG Rz. 456. 243 Vgl. Köstler in Köstler/Jaeger (Fn. 113), S. 7, 17; Scheifele (Fn. 3), S. 432; Vossius in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Loseblatt, § 20 UmwG Rz. 456. 244 Vgl. Grundmann (Fn. 62), Rz. 1032; Scheifele (Fn. 3), S. 432.

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Satzung und Satzungsgestaltung in der Europäischen Gesellschaft deutschen Rechts Christoph H. Seibt Inhaltsübersicht I. Grundlegung: Satzungsstrenge und Gestaltungsermächtigungen bei der Europäischen Gesellschaft .. 67 II. Einzelfragen zu den Gestaltungsspielräumen ...................................... 1. Wahlrecht zwischen monistischem und dualistischem System ........................................... 2. Satzungsgestaltung in der mitbestimmten SE ............................. 3. Gestaltungsspielräume in der SE mit dualistischem Leitungssystem ........................................... a) Amtszeit der Organmitglieder . b) Wiederbestellung von Organmitgliedern ................................ c) Beschlussfähigkeit und Beschlussfassung der Organe ....... d) Sonstige Gestaltungsspielräume ........................................ aa) Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans .................. bb) Zustimmungsvorbehalte .... e) Gestaltungsermächtigungen ohne Anwendungsmöglichkeit in der deutschen SE ........... 4. Gestaltungsspielräume in der SE mit monistischem Leitungssystem ........................................... a) Verwaltungsrat in seiner Gesamtheit ............................... aa) Anzahl und Bestellung der Verwaltungsratsmitglieder . bb) Bestellung der Verwaltungsratsmitglieder ............. cc) Innere Ordnung des Verwaltungsrats ........................

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b) Geschäftsführende Direktoren ........................................... aa) Anzahl und Organzugehörigkeit, Bestellungszeitraum ............................... bb) Innenverhältnis zwischen Verwaltungsrat und geschäftsführenden Direktoren ..................................... cc) Berichtspflichten ................. dd) Einzelgeschäftsführung und Einzelvertretung .......... ee) Abberufung .......................... c) Ausschüsse ................................ d) Umsetzung eines CEO- oder Co-CEO-Modells ....................... aa) Stärkung des Organs Verwaltungsrat .......................... bb) Stärkung des Verwaltungsratsvorsitzenden .................. cc) Stärkung der Stellung der geschäftsführenden Direktoren ..................................... e) Übersicht über Gestaltungsermächtigungen beim Leitungssystem ......................... III. Vier Grundtypen der Leitungsstruktur in der SE ............................. 1. Dualistisches Modell .................... 2. Monistisches Modell mit internen geschäftsführenden Direktoren ..................................... 3. Monistisches Modell mit externen geschäftsführenden Direktoren ..................................... 4. Monistisches Modell für Konzerntochter .............................

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I. Grundlegung: Satzungsstrenge und Gestaltungsermächtigungen bei der Europäischen Gesellschaft Der Erfolg oder Misserfolg der Europäischen Gesellschaft (kurz: SE) deutschen Rechts wird zu einem erheblichen Maße davon bestimmt werden, in welchem Umfang dort Freiheiten für die Satzungsgestaltung insbesondere im Zusammenhang mit der Ausformung des Leitungssystems bestehen. Für die deutsche Aktiengesellschaft gilt bekanntlich der Grundsatz der Satzungsstrenge, deren beide Ausprägungen in § 23 Abs. 5 AktG niedergelegt sind: (1) Abweichungen von den Vorschriften des Aktiengesetzes in der Satzung sind unzulässig, es sei denn, das Gesetz lässt sie ausdrücklich zu. (2) Ergänzungen der gesetzlichen Regelung durch die Satzung sind zulässig, es sei denn, das Gesetz enthält eine abschließende Regelung. Dieser formale Regelungsansatz der Satzungsstrenge enthält allerdings keine Aussage über die tatsächliche Gestaltungsfreiheit der Anteilseigner deutscher Aktiengesellschaften, die sich alleine aus einer Durchmusterung der aktienrechtlichen Vorschriften ergibt1. Nahezu sämtliche Normen, die den Zuständigkeitsbereich der Organe, ihre Zusammensetzung und innere Organisation regeln, sind zwingender Natur2. Dies gilt in ganz besonderen Maße für Unternehmen, die der Unternehmensmitbestimmung unterfallen. Für eine in Deutschland als Sitzstaat gegründete SE gilt der Grundsatz der Satzungsstrenge in doppelter Hinsicht: Zunächst unterliegt die SE gemäß Art. 9 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 (SE-VO)3 den Bestimmungen einer Satzung nur, „sofern die [SE-VO] dies ausdrücklich zulässt“. Darüber hinaus unterliegt die SE in Bezug auf Aspekte, die von der SE-VO nicht oder nur teilweise geregelt sind, dem deutschen Aktienrecht – und damit § 23 Abs. 5 AktG – (Art. 9 Abs. 1 lit. c ii SE-VO) sowie den Bestimmungen ihrer Satzung unter den gleichen Voraussetzungen wie eine nach deutschem Recht gegründete Aktiengesellschaft (Art. 9 Abs. 1 lit. c iii SE-VO)4. Der europarechtliche Grundsatz der Satzungsstrenge dient offenbar der „juristischen Einheitlichkeit der europäischen Unternehmen“ in den nationalstaatlichen Rechtsformen der SE (Erwägungsgrund 65), insbesondere von kapi-

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Vgl. die gegliederte Übersicht erlaubter Abweichungen und Ergänzungen im Aktienrecht bei Röhricht in Großkomm.AktG, 4. Aufl. 1997, § 23 Rz. 177 ff. Vgl. Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 23 Rz. 36; Wiesner in MünchHdb.GesR, Band 4: AG, 2. Aufl. 1999, § 6 Rz. 10. ABl. EG Nr. L 294 v. 10.11.2001, S. 1 ff. Vgl. Kallmeyer, AG 2003, 197, 198; Hommelhoff in FS Ulmer, 2003, S. 267, 276; Wagner, NZG 2002, 985, 989. „(6) Die juristische Einheitlichkeit der europäischen Unternehmen muss ihrer wirtschaftlichen weitestgehend entsprechen. Neben den bisherigen Gesellschaftsformen nationalen Rechts ist daher die Schaffung von Gesellschaften vorzusehen, deren Struktur und Funktionsweise durch eine in allen Mitgliedstaaten unmittelbar geltende gemeinschaftliche Verordnung geregelt werden.“

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Satzung und Satzungsgestaltung

talmarktnahen SE6. Eine an sich dann gebotene Differenzierung der Normenkataloge für kapitalmarktorientierte und nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen trifft die SE-VO allerdings nicht und wird daher nur unvollständig und in der EU uneinheitlich durch Verweis auf das einzelstaatliche Recht erreicht7. Anders als § 23 Abs. 5 AktG erlaubt Art. 9 Abs. 1 lit. b SE-VO Satzungsbestimmungen nur bei deren ausdrücklicher Zulassung durch die SE-VO. Nicht genannt ist dagegen die Möglichkeit ergänzender Regelungen in der Satzung, wenn die Auslegung einer Verordnungsbestimmung ergibt, dass diese nicht abschließend ist. Daraus kann allerdings nicht geschlossen werden, dass der europäische Grundsatz der Satzungsstrenge die Satzungsautonomie noch stärker einschränkt als das deutsche Aktiengesetz8. Denn in den Fällen, in denen die Verordnung einen Bereich nicht abschließend regelt, kommt gemäß Art. 9 Abs. 1 lit. c ii und iii SE-VO das nationale Aktienrecht zur Anwendung, dass seinerseits Ergänzungen durch die Satzung in Fällen nicht abschließender Regelung durch das Gesetz zulässt. Enthält weder die SE-VO noch das deutsche Aktiengesetz eine abschließende Regelung, dürfte somit im Ergebnis wie im deutschen Aktienrecht ein verdeckter Regelungsfreiraum für ergänzende Satzungsbestimmungen bestehen. Die in der SE-VO enthaltenen Gestaltungsermächtigungen zugunsten des Satzungsgebers können – in Folge von Hommelhoff9 – eingeteilt werden in solche (i) mit Regelungsauftrag und (ii) ohne Regelungsauftrag. Für einen Teil der Gestaltungsermächtigungen ohne Regelungsauftrag ist Voraussetzung, dass das deutsche Recht für Aktiengesellschaften dieselbe Regelung zulässt (Gleichlaufprinzip). Hieraus kann allerdings nicht gefolgert werden, dass der nationale Gesetzgeber darin gehindert ist, die SE attraktiver auszugestalten als die nationale Aktiengesellschaft10. Dies ergibt sich aus Folgendem: Ein Gleichlauf mit dem nationalen Aktiengesetz ist vom europäischen Verordnungsgeber nur bei bestimmten Gestaltungsermächtigungen vorgesehen, aber eben nicht in allen Fällen. Auch das in Art. 10 SE-VO normierte Gebot, die SE in jedem Mitgliedstaat wie eine nationale Aktiengesellschaft zu behandeln, gilt nur „vorbehaltlich der Bestimmungen dieser Verordnung“. Art. 10 SE-VO sowie diejenigen Gestaltungsermächtigungen, die einen Gleichlauf mit nationalem Recht vor-

__________ 6 Hommelhoff (Fn. 4), S. 267, 273. 7 Zur erweiterten Satzungsfreiheit bei nicht börsennotierten Unternehmen im deutschen Recht vgl. § 67 Abs. 6 AktG (Einsichtsrecht in Aktienregister), § 134 Abs. 1 Satz 2 AktG (Höchststimmrechte). 8 So Hommelhoff (Fn. 4), S. 267, 272: dieses umfassende Regelungsverbot der SE-VO könne nur durch eine restriktive Interpretation für verordnungsergänzende Satzungsregelungen aufgeschlossen werden; auch Wagner, NZG 2002, 985, 988 stellt fest, dass sich eine gemeinschaftsrechtliche Satzungsautonomie nicht erst durch Auslegung ergeben könne. 9 Hommelhoff (Fn. 4), S. 267, 274; vgl. auch Brandt/Scheifele, DStR 2002, 547, 555; Wagner, NZG 2002, 985, 989. 10 So aber Hommelhoff (Fn. 4), S. 267, 275.

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aussetzen, sind vielmehr vor dem Hintergrund des Erwägungsgrundes 5 der SE-VO zu lesen, wonach die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, dafür zu sorgen, dass die auf die SE anwendbaren Bestimmungen nicht zu einer Diskriminierung dadurch führen, dass die SE ungerechtfertigterweise anders behandelt wird als die nationale Aktiengesellschaft. Art. 10 SE-VO ist demzufolge nicht als Anordnung des Gleichlaufprinzips, sondern als Diskriminierungsverbot zu verstehen. Davon zu unterscheiden ist die in der Regierungsbegründung zum SE-Ausführungsgesetz (SEAG) ausdrücklich genannte rechtspolitische Intention des deutschen Gesetzgebers, bei Ausübung der ihm eröffneten Regelungsermächtigungen einen möglichst weitgehenden Gleichlauf mit dem allgemeinen Aktienrecht herzustellen11. An der Umsetzung des Zieles ist der Gesetzgeber allerdings dann gehindert, wenn der Regelungsbereich in der SE-VO abweichend vom deutschen Recht abschließend geregelt ist. Zur Beurteilung derjenigen Fälle, in denen sich aus dem Wortlaut der SE-VO nicht eindeutig ergibt, ob Grenzen der Satzungsfreiheit, die im nationalen Recht bestehenden, auch auf die SE Anwendung finden, ist daher entscheidend, ob die SE-VO für einen Bereich eine – ggf. durch Auslegung zu ermittelnde – abschließende Sachregelung enthält oder ob eine Regelungslücke besteht, die zur Anwendung der Verweisung auf das nationale Recht führt. Enthält die SE-VO zu einer Rechtsfrage keine Regelung, muss es sich allerdings nicht zwangsläufig um eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke handeln; vielmehr kann auch eine bewusste, d. h. abschließende Nichtregelung vorliegen12. Die in der SE-VO enthaltenen Gestaltungsermächtigungen (in der hier vorgeschlagenen Differenzierung) können tabellarisch wie folgt zusammengefasst werden: Gestaltungsermächtigungen (Art. 9 Abs. 1 lit. b SE-VO) Ermächtigungen mit Regelungsauftrag an Satzungsgeber

Ermächtigungen ohne Regelungsauftrag an Satzungsgeber

– Gleichlauf der Satzung mit Mitbestimmungsvereinbarung (Art. 12 Abs. 4 UAbs. 1 SE-VO

Gleichlauferfordernis mit nationaler AG

Kein Gleichlauferfordernis mit nationaler AG

– Wahl des Leitungssystems (dualistisch/ monistisch) (Art. 38 lit. b SE-VO)

– Bestellung der Mitglieder des Leitungsorgans durch HV (Art. 39 Abs. 2 UAbs. 2 SE-VO)

– Bestellung der Mitglieder des ersten Aufsichtsorgans in Satzung (Art. 40 Abs. 2 Satz 2 SE-VO)

__________ 11 Vgl. die Regierungsbegründung zur gesetzlichen Grundkonzeption, BT-Drucks. 15/3405, S. 31. 12 Wagner, NZG 2002, 985, 989.

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Satzung und Satzungsgestaltung Gestaltungsermächtigungen (Art. 9 Abs. 1 lit. b SE-VO) Ermächtigungen mit Regelungsauftrag an Satzungsgeber

Ermächtigungen ohne Regelungsauftrag an Satzungsgeber

– Mitgliederzahl des Leitungsorgans (Art. 39 Abs. 4 Satz 1 SE-VO)

Gleichlauferfordernis mit nationaler AG

Kein Gleichlauferfordernis mit nationaler AG

– Mitgliederzahl des Aufsichtsorgans (Art. 40 Abs. 3 Satz 1 SE-VO)

– Gesellschaft/juristische Person als Mitglied eines Organs (Art. 47 Abs. 1 UAbs. 1 SE-VO)

– Bestellung der Mitglieder des ersten Verwaltungsorgans in Satzung (Art. 43 Abs. 3 Satz 2 SE-VO)

– Mitgliederzahl des Verwaltungsorgans (Art. 43 Abs. 2 UAbs. 1 Satz 1 SE-VO) – Amtsdauer der Organmitglieder (Art. 46 Abs. 1 SE-VO) – Festlegung der zustimmungsbedürftigen Geschäfte (Art. 48 Abs. 1 UAbs. 1, Abs. 2 SE-VO) – Festlegung von Verfahren und Fristen für Aktionärsantrag auf Ergänzung der HV-Tagesordnung bei Fehlen einzelstaatlicher Regelung (Art. 56 Satz 2 SE-VO)

– Eignungsvoraussetzungen für Organmitglieder der Anteilseignerseite (Art. 47 Abs. 3 SE-VO)

– Sitzungsfrequenz des Verwaltungsorgans (Art. 44 Abs. 1 SE-VO)

– Beschlusszuständigkeit des HV durch Satzungsregelung (Art. 52 Satz 2 SE-VO)

– Einschränkungen für Wiederbestellung von Organmitgliedern (Art. 46 Abs. 2 SE-VO)

– Erleichterte HV-Einberufung durch Aktionärsminderheit (Art. 55 Abs. 1 2. Hs. SE-VO)

– Beschlussfähigkeit und Mehrheitserfordernis bei Organbeschlüssen (Art. 50 Abs. 1 SE-VO)

– Erleichterte Ergänzung der HV-Tagesordnung durch Aktionärsminderheit (Art. 56 Satz 3 SE-VO)

– Zweitstimmrecht des Organvorsitzenden (Art. 50 Abs. 2 SE-VO)

Die SE-VO enthält für die SE keine Bestimmungen über den notwendigen Mindestinhalt der Satzung. Über die Verweise in Art. 9 Abs. 1 lit. b ii sowie in Art. 15 Abs. 1 SE-VO kommt der Katalog des § 23 Abs. 3 AktG zur Anwendung. Die nationalen Vorschriften der Mitgliedsstaaten betreffend den notwendigen Inhalt der Satzung von Aktiengesellschaften sind ihrerseits aufgrund der Zweiten Gesellschaftsrechtlichen EU-Richtlinie13 harmonisiert. Für die SE ergeben sich über den Katalog in § 23 Abs. 3 AktG hinaus zusätzlich notwendige Inhalte der Satzung aus den Gestaltungsermächtigungen der SE-VO mit Regelungsauftrag.

__________ 13 Zweite Richtlinie des Rates v. 13.12.1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Abs. 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (77/91/EWG), ABl. EG Nr. L 026 v. 31.1.1977.

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II. Einzelfragen zu den Gestaltungsspielräumen Im Folgenden sollen Einzelfragen zu den Gestaltungsspielräumen näher betrachtet werden, nämlich (i) zu dem durch die Satzung auszuübenden Wahlrecht zwischen dem monistischen und dualistischen Leitungssystem (II.1.), (ii) zu den in der Satzung zu verankernden Mitbestimmungsvereinbarungen (II.2.), (iii) zu den Gestaltungsspielräumen im dualistischen Leitungssystem (II.3.) und (iv) zu den Gestaltungsspielräumen im monistischen Verwaltungssystem (II.4).

1. Wahlrecht zwischen monistischem und dualistischem System Die zentrale und wesentliche Gestaltungsermächtigung der SE-VO, aus der sich für Gesellschaften mit Sitz in Deutschland ein wesentlicher – und gleichzeitig entscheidender – Zugewinn an Flexibilität ergibt, ist die in Art. 38 SE-VO eröffnete freie Wahl zwischen dem dualistischen Verwaltungssystem mit einem Leitungs- und einem Aufsichtsorgan und dem monistischen Verwaltungssystem mit einem einheitlichen Verwaltungsorgan. Diese Wahl ist zwingend in der Satzung der SE zu treffen; es handelt sich um eine Gestaltungsermächtigung verbunden mit einem obligatorischen Regelungsauftrag14.

2. Satzungsgestaltung in der mitbestimmten SE Aus den Vorschriften zur Unternehmensmitbestimmung ergeben sich im deutschen wie im europäischen Recht zahlreiche Grenzen der Satzungsgestaltung. Die größere Flexibilität in der SE im Vergleich zur deutschen Aktiengesellschaft manifestiert sich diesbezüglich in der Möglichkeit einer freiwilligen Verhandlungslösung mit den Arbeitnehmern. Zwischen den Gründungsgesellschaften und dem besonderen Verhandlungsgremium nach den §§ 4 ff. SE-Beteiligungsgesetz kann sowohl die vollständige Mitbestimmungsfreiheit einer nach nationalem Recht zwingend mitbestimmten Gesellschaft als auch die Anwendung einer gesetzlichen Mitbestimmungsform auf eine an sich mitbestimmungsfreie Gesellschaft sowie Zwischenformen (also Herauf- oder Herabstufung der an sich anwendbaren Mitbestimmungsregimes sowie Verzicht oder freiwillige Bestellung eines Arbeitsdirektors) vereinbart werden15. Daneben sind zahlreiche Gestaltungsvarianten denkbar, beispielsweise die Verlagerung der Unternehmensmitbestimmung in einen besonderen Arbeitnehmer-

__________ 14 Hommelhoff (Fn. 4), S. 267, 274. 15 Vgl. § 21 Abs. 3 SE-Beteiligungsgesetz; hierzu u. a. Seibt, AG 2005, Heft 11; Köstler, ZGR 2003, 800 ff.; Nagel/Köklü, ZESAR 2004, 175, 177 f.; Reichert/Brandes, ZGR 2003, 767, 772 ff. Zum nach deutschem Recht begrenzten Spielraum für privatautonome Mitbestimmungsvereinbarungen Seibt in Willemsen/Hohenstatt/ Schweibert/Seibt, Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen, 2. Aufl. 2003, F 13–15.

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ausschuss oder beratende Gremien nichtorganschaftlicher Natur16 oder die Verlagerung und Konzentration der Unternehmensmitbestimmung aus der Holding-SE in die operativen Gesellschaften (bzw. umgekehrt)17. Wird eine freiwillige Vereinbarung über die Mitbestimmung geschlossen, darf die Satzung der SE zu keinem Zeitpunkt im Widerspruch zu der ausgehandelten Vereinbarung stehen. Wird nach Satzungserlass eine neue Vereinbarung ausgehandelt, die im Widerspruch zur geltenden Satzung steht, ist die Satzung – soweit erforderlich – zu ändern (vgl. Art. 12 Abs. 4 SE-VO). Kommt eine freiwillige Vereinbarung nicht zustande, setzt die gesetzliche Auffangregelung, derzufolge die Mitbestimmung bei der umgewandelten Gesellschaft (Gründung durch Umwandlung) bzw. in der Gründungsgesellschaft mit dem höchsten Mitbestimmungsniveau (andere Gründungsformen) maßgeblich ist (vgl. § 35 SE-Beteiligungsgesetz), der Satzungsfreiheit zwingende Grenzen. Eine gewisse Gestaltungsfreiheit bleibt in diesen Fällen jedoch über die Organisation und Besetzung von Aufsichts- bzw. Verwaltungsratsausschüssen18. In der Rechtsliteratur finden sich dann auch verschiedene Vorschläge zur Einrichtung von Planungs- und Exekutivausschüssen unter ausschließlicher oder überwiegender Besetzung mit Vertretern der Anteilseignerseite, wobei das allgemeine Missbrauchsverbot oder das allgemeine Diskriminierungsverbot der Vermeidung der Unternehmensmitbestimmung Grenzen setzt19. Die Entscheidung über die Bildung und Besetzung von Ausschüssen steht jedoch allein dem betreffenden Aufsichts- bzw. Verwaltungsorgan als Autonomiebereich, nicht dem Satzungsgeber zu.

3. Gestaltungsspielräume in der SE mit dualistischem Leitungssystem Wählt der Satzungsgeber das dualistische Modell, beschränkt sich der Zugewinn an Gestaltungsfreiheit gegenüber der deutschen Aktiengesellschaft auf drei Bereiche, in denen die SE-VO direkt eine als abschließend zu beurteilende und nicht an den Gleichlauf mit nationalem Recht geknüpfte Gestaltungsermächtigung enthält, nämlich (i) die Amtszeit der Organmitglieder, (ii) die Frage der Wiederbestellung von Organmitgliedern und (iii) die Fragen der Beschlussfähigkeit und Beschlussfassung der Organe. Ansonsten bestehen dieselben Gestaltungsspielräume wie bei der deutschen Aktiengesellschaft. Dies hat seinen Grund darin, dass Mitgliedstaaten wie Deutschland, deren Aktienrecht das dualistische System bereits kennen, durch die SE-VO nicht ermächtigt sind, spezielle Vorschriften in Bezug auf die SE zu

__________ 16 Hierzu Seibt, AG 2005, Heft 11, und für das nationale Recht Berliner Netzwerk Corporate Governance, AG 2004, 200 f. 17 Seibt, AG 2005, Heft 11. 18 Reichert/Brandes, ZGR 2003, 767, 793; Gruber/Weller, NZG 2003, 297, 300. 19 Teichmann, BB 2004, 53, 57; zur Ausschussbesetzung Seibt (Fn. 15), F 57; ders. in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 2004, § 76 BetrVG 1952 Rz. 32, § 25 MitbestG Rz. 5.

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schaffen (Art. 39 Abs. 5 SE-VO). Daher beschränken sich die Regelungen in §§ 15 bis 19 SEAG auf einige punktuelle Regelungen, die das Ziel verfolgen, einen möglichst weitgehenden Gleichlauf mit dem nationalen Aktienrecht herzustellen20. a) Amtszeit der Organmitglieder Nach Art. 46 Abs. 1 SE-VO werden die Mitglieder der Organe der Gesellschaft für einen in der Satzung festgelegten Zeitraum bestellt, der sechs Jahre nicht überschreiten darf. Die Amtszeit der Mitglieder des Aufsichts- und Leitungsorgans kann also abweichend von den § 84 Abs. 1, § 102 Abs. 1 AktG nach der freien Entscheidung des Satzungsgebers bis zu sechs Jahre betragen. Die SE-VO enthält keine Ermächtigung des nationalen Gesetzgebers, von dieser Regelung abzuweichen21. Art. 46 Abs. 1 SE-VO ist als Gestaltungsermächtigung mit Regelungsauftrag formuliert. Daraus ergibt sich als weitere Differenz zwischen SE und deutscher Aktiengesellschaft, dass die Amtszeit der Organmitglieder zwingend in der Satzung der SE festgelegt werden muss. Dabei muss die Satzung nicht eine bestimmte Amtszeit generell für alle Mitglieder des Organs festlegen, sondern sie kann sich auch darauf beschränken, eine Höchstdauer zu bestimmen und die Festlegung der individuellen Amtszeit in diesem Rahmen dem Bestellungsorgan zu überlassen22. Die Satzung kann – wie bei der deutschen Aktiengesellschaft23 – auch unterschiedlich lange Amtszeiten für gewählte und entsandte Aufsichtsratsmitglieder oder ein turnusgemäßes Ausscheiden von Aufsichtsratsmitgliedern (sog. „staggered board“) vorsehen. Unzulässig ist jedoch die Festlegung unterschiedlich langer Amtszeiten für Anteilseigervertreter und Arbeitnehmervertreter in einer SE, die nach der Auffangregelung der Richtlinie 2001/86/EG hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer („SE-Richtlinie“)24 mitbestimmt ist (Verletzung des Grundsatzes der Gleichberechtigung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsorgan)25.

__________ 20 Vgl. Ihrig/Wagner, BB 2004, 1749, 1753; Neye/C.Teichmann, AG 2003, 169, 176; Hoffmann-Becking, ZGR 2004, 355, 363. 21 Demgegenüber sieht § 46 des Österr. Gesetz über das Statut der Europäischen Gesellschaft (Societas Europaea) vor, dass die Mitglieder des Verwaltungsrats „für einen in der Satzung festgelegten Zeitraum, der fünf Jahre nicht überschreiten darf“, bestellt werden. 22 So auch Hoffmann-Becking, ZGR 2004, 355, 364. 23 Vgl. Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 102 Rz. 4; Semler in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 102 Rz. 15, 17. 24 ABl. EG Nr. L 294 v. 10.11. 2001, S. 22 ff. 25 Vgl. für die deutsche Aktiengesellschaft Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004 § 102 Rz. 4; Semler in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 102 Rz. 16.

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b) Wiederbestellung von Organmitgliedern Nach Art. 46 Abs. 2 SE-VO kann die Möglichkeit zur Wiederbestellung von Organmitgliedern in der Satzung eingeschränkt werden. Dies ist für den Vorstand einer deutschen Aktiengesellschaft nicht möglich, denn die Entscheidung über die Amtszeit und Wiederbestellung der Vorstandsmitglieder ist allein Sache des Aufsichtsrats26. Hier stellt sich die Frage, ob diese Vorgabe in ergänzender Anwendung des deutschen Rechts (Stichwort: Gleichlaufprinzip) auch für das Leitungsorgan (sprich: Vorstand) in der dualistisch organisierten SE gilt. Der Rückgriff auf deutsches Recht ist aber nach Art. 9 Abs. 1 lit. b ii und iii) SE-VO nur dann zulässig, wenn Art. 46 Abs. 2 SE-VO für die Möglichkeit zur Einschränkung der Wiederbestellung durch die Satzung keine abschließende Regelung trifft. Diese Frage ist durch Auslegung der Verordnungsbestimmung zu beantworten27. Der Wortlaut der Norm, der Umstand, dass hier eben gerade kein Gleichlauf mit nationalem Aktienrecht angeordnet ist, und die systematische Stellung des Art. 46 Abs. 2 SE-VO im Abschnitt „Gemeinsame Vorschriften für das monistische und das dualistische System“ sprechen für eine abschließende Regelung, die sich auf die Mitglieder aller Organe einer SE bezieht und auch die Ermächtigung zur statuarischen Einschränkbarkeit umfasst. Danach kann auch beim Leitungsorgan einer SE deutscher Prägung die Möglichkeit zur Wiederbestellung in der Satzung eingeschränkt werden, beispielsweise auf eine einmalige Wiederbestellung mit dem Ziel, eine innovationsfeindliche Personalkonsistenz zu vermeiden. c) Beschlussfähigkeit und Beschlussfassung der Organe Gemäß Art. 50 Abs. 1 SE-VO kann die Satzung für die Beschlussfähigkeit und die Beschlussfassung der Organe der SE interne Regeln bestimmen, die von der subsidiär geltenden Regelung der SE-VO – nämlich Beschlussfähigkeit bei Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder und Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit – abweichen. Uneingeschränkt gilt dies allerdings nur für die SE ohne Unternehmensmitbestimmung (vgl. Art. 50 Abs. 3 SE-VO). Auch das nationale Aktienrecht ermächtigt in diesem Bereich zu Satzungsgestaltungen, setzt jedoch anders als die SE-VO Grenzen, von denen fraglich ist, ob sie auch für die SE mit Sitz in Deutschland gelten: Gemäß § 108 Abs. 2 Satz 2 AktG kann die Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats durch die Satzung bestimmt werden. Es muss jedoch in jedem Fall die gesetzliche Mindestteilnahme von drei Mitgliedern bestehen. Die Beschlussfähigkeit kann nicht von der Teilnahme einer bestimmten Person, beispielsweise des Aufsichtsratsvorsit-

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26 Mertens in KölnKomm.AktG, 2. Aufl. 1996, § 84 Rz. 17; Hefermehl/Spindler in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 84 Rz. 31. 27 Vgl. Wagner, NZG 2002, 985, 988. Auch in der Regierungsbegründung zur gesetzlichen Grundkonzeption des SEAG wird darauf hingewiesen, dass die Abgrenzung der Regelungen in der SE-VO vom deutschen Recht eine Frage der Auslegung europäischen Rechts ist, die in die alleinige Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs fällt, vgl. BT-Drucks. 15/3405, S. 31.

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zenden oder seines Stellvertreters, abhängig gemacht werden28. Teilweise wird eine Satzungsregelung für unzulässig gehalten, die die Teilnahme aller Mitglieder an der Beschlussfassung verlangt29. Für gesetzlich vorgesehene Beschlussfassungen darf die Satzung keine andere als die einfache Mehrheit vorsehen, da dem Aufsichtsrat mit der Statuierung qualifizierter Mehrheitserfordernisse die Entscheidung über positive Beschlussanträge und damit die Wahrnehmung seiner gesetzlichen Funktionen unzulässig erschwert würde30. Abweichende Mehrheitserfordernisse bei der Beschlussfassung darf die Satzung demzufolge nur für satzungsmäßig erforderliche Beschlüsse vorsehen31. Die Satzung kann zwar bestimmen, dass der Aufsichtsratsvorsitzende oder sein Stellvertreter das Recht zum Stichentscheid bei Stimmengleichheit haben. Dagegen kann einzelnen Personen kein Vetorecht eingeräumt werden32. Noch weitergehende Einschränkungen gelten für den mitbestimmten Aufsichtsrat33. Beim Vorstand gilt etwas anderes: Hier setzt § 77 Abs. 1 AktG Grenzen. Danach kann die Satzung nicht bestimmen, dass ein oder mehrere Vorstandsmitglieder Meinungsverschiedenheiten im Vorstand gegen die Mehrheit seiner Mitglieder entscheiden. Es kann jedoch die mehrheitliche Beschlussfassung vorgesehen und auch das Mehrheitserfordernis (einfache oder qualifizierte Mehrheit) geregelt werden. Für die Beschlussfassung im Vorstand sind sowohl Stichentscheid bei Stimmengleichstand als auch Vetorechte zugunsten einzelner Vorstandsmitglieder zulässig34. Es stellt sich die Frage, ob die im deutschen Aktienrecht geltenden Gestaltungsgrenzen für die Beschlussfassung in Aufsichtsrat und Vorstand auch für die SE gelten. Art. 50 Abs. 1 SE-VO sieht jedenfalls keine Begrenzung der Satzungsautonomie vor. Für die Beantwortung dieser Frage ist daher entscheidend, ob Art. 50 Abs. 1 SE-VO eine abschließende Regelung enthält oder ob eine teilweise Regelungslücke besteht, die gemäß Art. 9 Abs. 1 lit. b ii und iii SE-VO durch die Anwendung des nationalen Rechts zu schließen ist. Ohne Zweifel lässt sich zunächst feststellen, dass die gesetzliche Auffangregelung in Art. 50 Abs. 1 lit. a und b SE-VO bezüglich der Quoren für Beschlussfassung und Beschlussfähigkeit abschließend ist. Auch die Ermächtigung zur Abweichung in der Satzung ist eine in der SE-VO ausdrücklich enthaltene Regelung, die den Rückgriff auf nationales Recht insoweit verschließt. Etwas anderes

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28 Semler in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 108 Rz. 48; Mertens in KölnKomm.AktG, 2. Aufl. 1996, § 108 Rz. 63. 29 Mertens in KölnKomm.AktG, 2, Aufl. 1996, § 108 Rz. 63; a. A. Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 108 Rz. 10; Hoffmann-Becking in MünchHdb.GesR, Band 4: AG, 2. Aufl. 1999, § 31 Rz. 50. 30 Mertens in KölnKomm.AktG, 2. Aufl. 1996, § 108 Rz. 46. 31 Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 108 Rz. 7; Mertens in KölnKomm.AktG, 2. Aufl. 1996, § 108 Rz. 46; Semler in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 108 Rz. 132. 32 Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 108 Rz. 8; Semler in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004 § 108 Rz. 132. 33 Semler in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 108 Rz. 131. 34 Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 77 Rz. 11 f.; Hefermehl/Spindler in MünchKomm. AktG, 2. Aufl. 2004, § 77 Rz. 17.

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könnte jedoch für die Grenzen dieser Gestaltungsermächtigung gelten. Aus dem Schweigen der SE-VO zu etwaigen Grenzen der Regelungsmöglichkeiten könnte einerseits geschlossen werden, dass es sich hierbei im Sinne größtmöglicher Satzungsfreiheit um eine bewusste – und damit abschließende – Nichtregelung handelt. Andererseits könnte es sich um eine durch Heranziehung der nationalen Grundsätze ausfüllungsbedürftige Regelungslücke handeln. Für die Annahme einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke spricht, dass auch in der SE für die Regelung von Beschlussfassung und Beschlussfähigkeit gewisse zwingende Grenzen gelten müssen, die sich aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen, beispielsweise dem Gebot der Funktionsfähigkeit der Organe, ergeben. Daraus, dass diese Schranken nicht ausdrücklich in Art. 50 Abs. 1 SE-VO normiert sind, folgt jedoch noch nicht zwangläufig, dass die im nationalen Aktienrecht geltenden Grenzen Anwendung finden. Bei Bejahung einer abschließenden Regelung wären die zwingenden Grenzen vielmehr auf der Ebene des europäischen Rechts durch Auslegung der SE-VO (und subsidiär im Wege einer wertenden Rechtsvergleichung der EU-Mitgliedsstaatenrechte) zu bestimmen. In der Regierungsbegründung geht der deutsche Gesetzgeber selbst davon aus, dass Art. 50 Abs. 1 SE-VO den Bereich der Bestimmung abweichender Quoren für Beschlussfähigkeit und Beschlussfassung in der Satzung abschließend regelt35. Dem ist zuzustimmen. Würde man nämlich ergänzend die im deutschen Recht geltenden Schranken heranziehen, dürfte für gesetzlich vorgesehene Beschlussfassungen im Aufsichtsorgan nicht von der gesetzlichen Auffangregelung der einfachen Mehrheit abgewichen werden. Dies würde dem Wortlaut von Art. 50 Abs. 1 SE-VO, der für alle Organe der SE abweichende Regelungen in der Satzung zulässt, klar widersprechen. Gegen die Heranziehung nationaler Beschränkungen der Satzungsfreiheit spricht des weiteren der Umkehrschluss aus zahlreichen anderen Gestaltungsermächtigungen in der SE-VO, die die Satzungsfreiheit ausdrücklich nur unter den national geltenden Bedingungen gewähren. Daraus folgt, dass die Grenzen zulässiger Quoren durch Auslegung der SE-VO selbst zu ermitteln sind. Jedenfalls dürfte nach dem Wortlaut von Art. 50 Abs. 1 SE-VO die Statuierung qualifizierter Mehrheitserfordernisse (und zwar bis zur Einstimmigkeit) für sämtliche – auch gesetzliche – Entscheidungsbefugnisse aller nicht mitbestimmten Organe zulässig sein. Fraglich bleibt, ob Art. 50 Abs. 1 SE-VO alle Aspekte der Beschlussfähigkeit und Beschlussfassung oder nur die Frage der erforderlichen Quoren abschließend regeln will36. Bei einer einschränkenden Auslegung im letzteren Sinne wäre möglicherweise für die Frage der Zulässigkeit von Vetorechten auf das nationale Recht zurückzugreifen. Gegen eine Differenzierung spricht jedoch,

__________ 35 Vgl. Regierungsbegründung zu § 35 SEAG, BT-Drucks. 15/3405, S. 38. 36 Diesen Zweifel äußert auch die Regierungsbegründung zu § 35 SEAG, BT-Drucks. 15/3405, S. 38.

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dass auch durch Quoren und Anwesenheitserfordernisse faktisch Vetorechte geschaffen werden können, diese Aspekte mithin eng verknüpft sind. Die Frage, ob in der SE die Einräumung von Vetorechten zugunsten einzelner Mitglieder des Aufsichtsorgans zulässig ist, sollte daher ebenfalls auf der Ebene des europäischen Rechts einheitlich (und eben nicht durch Rückgriff auf das jeweilige nationale Recht!) beantwortet werden. Hier spricht – nicht nur in der mitbestimmten SE (vgl. § 38 Abs. 1 SE-Beteiligungsgesetz) – das Gebot einer effektiven Aufsicht durch gleichberechtigte Organmitglieder allerdings gegen die Zulässigkeit von Vetorechten im Aufsichtsorgan (sprich: Aufsichtsrat). d) Sonstige Gestaltungsspielräume Die übrigen in der SE-VO und dem SEAG enthaltenen Gestaltungsermächtigungen zugunsten des Satzungsgebers sind im nachfolgenden Abschnitt e) tabellarisch aufgeführt und entsprechen dem deutschen Aktienrecht. Nur einige Detailfragen sollen hier angesprochen werden: aa) Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans Das Aufsichtsorgan besteht im gesetzlichen Regelfall aus drei Mitgliedern. In der Satzung kann eine höhere Zahl festgesetzt werden (vgl. Art. 40 Abs. 3 Satz 1 SE-VO i. V. m. § 17 SEAG). Die Zahl muss jedoch durch drei teilbar sein und darf die in § 17 SEAG je nach Grundkapital gestaffelten Höchstzahlen nicht überschreiten. Diese Regelung einschließlich der Höchstzahlen ist inhaltlich identisch mit der Vorschrift für den Aufsichtsrat in § 95 AktG. Einschränkungen ergeben sich für die mitbestimmte SE: Mitbestimmungsrechtliche Vorschriften, die zu einer anderen zahlenmäßigen Zusammensetzung des Aufsichtsorgans führen, bleiben unberührt (§ 17 Abs. 3 SEAG). Die Bedeutung dieser Vorgabe für die Größe des Aufsichtsorgans bleibt unklar. Das SE-Beteiligungsgesetz enthält nämlich für die Größe des Aufsichtsrats keine Vorgaben, sondern regelt nur den Anteil der Arbeitnehmervertreter, aus dem sich allerdings das Erfordernis einer geraden oder durch drei teilbaren Anzahl von Mitgliedern ergeben kann. Fraglich bleibt jedoch, ob auch die nach der gesetzlichen Auffangregelung maßgeblichen nationalen Mitbestimmungsvorschriften über die Organgröße (z. B. § 7 Abs. 1 MitbestG) beibehalten werden müssen. Dies ließe sich nach dem Gesetzeswortlaut insbesondere für Umwandlungsfälle annehmen, für die § 35 Abs. 1 SE-Beteiligungsgesetz bestimmt, dass die bisherige „Regelung zur Mitbestimmung“ erhalten bleibt37. Gegen diese Auslegung lässt sich jedoch argumentieren, dass die SE-VO den nationalen Gesetzgeber lediglich zur Festlegung von Mindest- und Höchstzahlen für die Mitglieder des Aufsichtsorgans ermächtige und nach der SE-Richtlinie zur Beteiligung der Arbeitnehmer nur der Anteil der Arbeitnehmervertreter, nicht jedoch deren absolute Zahl zu übernehmen sei (vgl. Teil 3 lit. a Satz 2 i. V. m.

__________ 37 So wohl Reichert/Brandes, ZGR 2003, 767, 775.

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Teil 3 lit. b des Anhangs zur SE-Richtlinie)38. Dementsprechend heißt es auch in der Regierungsbegründung zum sachnahen § 35 Abs. 2 SE-Beteiligungsgesetz (der allerdings nicht Umwandlungs-, sondern andere Gründungsfälle regelt), das Abstellen auf den Anteil habe zur Folge, dass die bisherige Zahl der Arbeitnehmersitze nicht garantiert ist. In diesem Sinne sollte auch § 35 Abs. 1 SE-Beteiligungsgesetz und die dortige Anordnung „Regelung der Mitbestimmung“ verordnungs- und richtlinienkonform in der Weise interpretiert werden, dass das Kontinuitätsprinzip nur das Verfahren zur Auswahl der Arbeitnehmervertreter (Wahl, Bestellung, Empfehlung, Ablehnungsrecht) und die anteilsmäßige Besetzung des Aufsichtsorgans betrifft39. bb) Zustimmungsvorbehalte Gemäß Art. 48 Abs. 1 SE-VO werden in der Satzung der SE die Arten von Geschäften aufgeführt, für die das Aufsichtsorgan dem Leitungsorgan seine Zustimmung erteilen muss. Es handelt sich um eine Gestaltungsermächtigung mit obligatorischem Regelungsauftrag. Die Mitgliedsstaaten können jedoch vorsehen, dass das Aufsichtsorgan selbst bestimmte Arten von Geschäften von seiner Zustimmung abhängig machen kann (Art. 48 Abs. 1 Satz 2 SE-VO). Von dieser Ermächtigung hat der deutsche Gesetzgeber Gebrauch gemacht und in § 19 SEAG bestimmt, dass „das Aufsichtsorgan (…) selbst bestimmte Arten von Geschäften von seiner Zustimmung abhängig machen [kann]“. Diese Ergänzung erfolgt in dem Bestreben, einen möglichst weitgehenden Gleichlauf mit dem deutschen Aktiengesetz herzustellen40: Dort heißt es in § 111 Abs. 4 AktG, dass die „Satzung oder der Aufsichtsrat (…) zu bestimmen [hat], dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen“. Unklar bleibt nun jedoch für die SE, ob die Satzung in jedem Fall einen Zustimmungskatalog enthalten muss, der darüber hinaus durch das Aufsichtsorgan ergänzt werden kann, oder ob der Zustimmungskatalog alternativ in der Satzung oder durch das Aufsichtsorgan festgesetzt werden kann. Die Formulierung in der SE-VO, dass die Mitgliedsstaaten „jedoch“ eine Festlegung durch das Aufsichtsorgan selbst vorsehen können, und dem rechtspolitischen Bestreben des deutschen Gesetzgebers, eine Deckung mit dem allgemeinen Aktienrecht herzustellen, sprechen für die zweite Interpretation, d. h. dass entweder die Satzung oder der Aufsichtsrat Zustimmungsvorbehalte festsetzen müssen41.

__________ 38 39 40 41

Ihrig/Wagner, BB 2004, 1749, 1755. So jetzt auch Müller-Bonanni/Melot de Beauregard, GmbHR 2005, 195, 197. Vgl. Regierungsbegründung zu § 19 SEAG, BT-Drucks. 15/3405, S. 36. Vgl. Hoffmann-Becking, ZGR 2004, 355, 365 f.

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e) Gestaltungsermächtigungen ohne Anwendungsmöglichkeit in der deutschen SE Einige in der SE-VO eröffnete Gestaltungsspielräume bestehen nicht für den Satzungsgeber einer SE mit Sitz in Deutschland, weil sie vom europäischen Verordnungsgeber ausdrücklich an die Bedingung eines Gleichlaufs mit nationalem Aktienrecht geknüpft sind42. Dies betrifft vor allem (i) die Zulässigkeit der Wahl von Mitgliedern des Leitungsorgans durch die Hauptversammlung (Art. 39 Abs. 2 Unterabs. 2 SE-VO) und (ii) die Zulässigkeit von juristischen Personen als Organmitglieder (Art. 47 SE-VO).

4. Gestaltungsspielräume in der SE mit monistischem Leitungssystem Die Gestaltungsspielräume in der SE mit monistischem Leitungssystem unterscheiden sich von denjenigen bei dualistisch strukturierten Gesellschaften insbesondere (i) bezüglich der Organisation des einheitlichen Verwaltungsorgans (Verwaltungsrat) in seiner Gesamtheit, (ii) bezüglich der Bestellung von geschäftsführenden Direktoren und der Ausgestaltung des Verhältnisses von Verwaltungsrat zu jenen, (iii) in geringem Umfang bezüglich der Arbeit in Verwaltungsratsausschüssen und damit als Folge (iv) bezüglich der Möglichkeit zur Umsetzung eines CEO oder Co-CEO-Modells. a) Verwaltungsrat in seiner Gesamtheit aa) Anzahl und Bestellung der Verwaltungsratsmitglieder Der Verwaltungsrat besteht gemäß § 23 Abs. 1 SEAG aus drei Mitgliedern. Von dieser gesetzlichen Regelgröße kann in der Satzung – innerhalb der im SEAG festgelegten Mindest- und Höchstzahlen (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 SEAG) nach oben oder nach unten abgewichen werden. So muss der Verwaltungsrat bei Gesellschaften mit einem Grundkapital von mehr als 3 Mio. Euro oder bei mitbestimmten Gesellschaften mindestens aus drei Personen bestehen. bb) Bestellung der Verwaltungsratsmitglieder Die Mitglieder des ersten Verwaltungsrats können in der Satzung bestellt werden; im übrigen werden die Verwaltungsratsmitglieder von der Hauptversammlung bestellt (Art. 43 Abs. 3 SE-VO). Es besteht jedoch auch im monistischen System die Möglichkeit, bestimmten Aktionären in der Satzung ein Entsenderecht einzuräumen, das jedoch auf ein Drittel der Verwaltungsratsmitglieder beschränkt sein muss (vgl. § 28 SEAG i. V. m. § 101 Abs. 2 AktG).

__________ 42 Vgl. Nagel, NZG 2004, 833, 835 und DB 2004, 1299 f.; Brandt, NZG 2002, 991, 993.

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cc) Innere Ordnung des Verwaltungsrats Die innere Ordnung des Verwaltungsrats kann in der Satzung weitgehend frei gestaltet werden. Die Satzung kann Einzelfragen der Geschäftsordnung bindend regeln (§ 34 Abs. 2 Satz 2 SEAG), die Sitzungsfrequenz festlegen, die jedoch die gesetzliche Mindestfrequenz von drei Monaten nicht unterschreiten darf (Art. 44 Abs. 1 SE-VO), und nähere Bestimmungen zur Wahl eines Stellvertreters des Verwaltungsratsvorsitzenden treffen (vgl. § 34 Abs. 1 SEAG). In der Satzung kann also z. B. geregelt werden, dass ein Mitglied des Verwaltungsrats zu einem Chairman Nonexecutives (funktional vergleichbar einem Vorsitzenden des Aufsichtsrats) bestellt wird. Im Vereinigten Königreich haben die meisten börsennotierten Unternehmen einen sog. Senior Independent Director als erfahrene Vertrauensperson der nicht geschäftsführenden Direktoren43. In den USA verlangen die Listing-Vorschriften der NYSE seit 2002, dass sich die nicht geschäftsführenden Direktoren regelmäßig in Abwesenheit des Managements treffen und ein nicht-geschäftsführender Direktor das Treffen leitet44. Die Zulässigkeit der statutarischen Regelung eines Chairman Nonexecutives (der kein Co-Chairman z. B. mit Zweitstimmrecht ist) ergibt sich aus der Überlegung, dass auch ein Verwaltungsrat-Ausschuss gebildet werden könnte, der nur aus nicht geschäftsführenden Direktoren besteht und für den ein Vorsitzender bestellt werden kann. Des weiteren stehen zur Disposition des Satzungsgebers insbesondere die gesetzlichen Regeln über die Beschlussfähigkeit und die Beschlussfassung des Verwaltungsrats (Art. 50 Abs. 1 SE-VO) und das Zweitstimmrecht des Verwaltungsratsvorsitzenden bei Stimmengleichheit, letzteres jedoch nur unter der Voraussetzung, dass im Verwaltungsrat keine paritätische Mitbestimmung besteht (Art. 50 Abs. 2 SE-VO). Ausdrücklich klargestellt hat der deutsche Gesetzgeber, dass die Satzungsfreiheit sich nicht nur auf die Quoren der Beschlussfassung, sondern auch auf Regelungen über eine Beschlussfassung im Schriftwege oder durch technische Kommunikationsmittel bezieht (§ 35 Abs. 3 SEAG)45. Fraglich ist, ob die Satzungsfreiheit zur Regelung von Beschlussfähigkeit und Beschlussfassung die Einräumung von Vetorechten zugunsten eines oder mehrerer Mitglieder des Verwaltungsorgans umfasst, oder ob hier – ähnlich wie für das Aufsichtsorgan im dualistischen Modell – aus übergeordneten Grundsätzen Grenzen bestehen, die durch Auslegung des europäischen Rechts (und nicht durch Verweis auf das entsprechende nationale Recht) zu bestimmen sind. Ausgangpunkt für die Bestimmung von Regelungsschranken im monistischen Modell ist, dass der Verwaltungsrat anders als der Vorstand der Aktiengesell-

__________ 43 Vgl. Section A 3.3 des Combined Code on Corporate Governance of July 2003. 44 Section 303 A.03 NYSE Corporate Governance Listing Standards. 45 Vgl. Regierungsbegründung zu § 35 SEAG, BT-Drucks. 15/3405, S. 38.

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schaft bzw. das Leitungsorgan in der dualistischen SE zugleich als Kontrollorgan der Geschäftsleitung fungiert. Nach deutschem Rechtsverständnis setzt eine effektive Aufsicht unabhängige Organmitglieder mit gleichem Stimmrecht voraus46. Dass dieses Prinzip nach deutscher Ansicht auch in der SE zu beachten ist, kommt in § 40 Abs. 1 Satz 2 SEAG zum Ausdruck, demzufolge die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungsrats aus nicht geschäftsführenden Mitgliedern bestehen muss. Daraus lässt sich schließen, dass ein Vetorecht jedenfalls nicht zugunsten eines Verwaltungsratsmitglieds eingeräumt werden kann, das zugleich geschäftsführender Direktor ist. Anderenfalls würde der Sinn und Zweck des vom Gesetz ausdrücklich vorgeschriebenen zahlenmäßigen Übergewichts der nicht geschäftsführenden Verwaltungsratsmitglieder ausgehöhlt, das es dem Verwaltungsrat insgesamt ermöglichen soll, die geschäftsführenden Mitglieder jederzeit – insbesondere bei den nach dem „Vier-AugenPrinzip“ zu treffenden Entscheidungen, nämlich Beschluss über die Billigung des Jahresabschlusses (§ 47 Abs. 1 Satz 1 SEAG) und Prüfung des konzernrechtlichen Abhängigkeitsberichts (§ 49 Abs. 1 SEAG i. V. m. § 312 AktG) – zu überstimmen47. Das Gebot einer effektiven Überwachung spricht jedoch entsprechend der für den Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft geltenden Erwägungen auch gegen Vetorechte zugunsten von nicht geschäftsführenden Verwaltungsmitgliedern. Die Unternehmensleitung soll effektiv durch die in der Satzung bestimmte Anzahl von Verwaltungsratsmitgliedern und nicht faktisch durch eine einzelne Person überwacht werden. In der mitbestimmten SE steht darüber hinaus der Grundsatz der Gleichberechtigung von Anteilseigner- und Arbeitnehmervertretern im Verwaltungsorgan der Zulässigkeit von Vetorechten entgegen (vgl. Teil 3 des Anhangs zur SE-Richtlinie). Sind demzufolge Vetorechte im Verwaltungsorgan unzulässig, darf auch die Beschlussfähigkeit nicht von der Anwesenheit bestimmter Personen abhängig gemacht werden48, da ein solches Erfordernis faktisch einem Vetorecht gleichkommt49. Anders ist die Frage zu entscheiden, ob Vetorechte für Entscheidungen eingeräumt werden können, die allein die geschäftsführenden Direktoren treffen. Entsprechend der für den Vorstand in der Aktiengesellschaft geltenden Erwägungen ist dies zu bejahen. Die Zulässigkeit von Vetorechten für Geschäftsführungsentscheidungen folgt aus der Regelform der Gesamtgeschäftsführung durch die geschäftsführenden Direktoren (vgl. § 40 Abs. 2 Satz 2 SEAG). Würde die Satzung gar keine Bestimmung treffen, könnte jeder geschäftsführende Direktor eine positive Entscheidung bereits durch bloße Stimmenthaltung blockieren. Die Zulassung von Mehrheitsentscheidungen unter Einräumung von Vetorechten entfernt sich von dieser Regelform weniger weit als die un-

__________ 46 47 48 49

Vgl. Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl. 2002, Rz. 691. C. Teichmann, BB 2004, 53, 55. A. A. Eder, NZG 2004, 544. Vgl. für die deutsche Aktiengesellschaft Semler in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 108 Rz. 48; Mertens in KölnKomm.AktG, 2. Aufl. 1996, § 108 Rz. 63.

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eingeschränkte Gestattung von Mehrheitsentscheidungen50. Auch das Prinzip der Gleichbehandlung der Arbeitnehmervertreter steht nicht entgegen, da Arbeitnehmervertreter nicht zu geschäftsführenden Direktoren bestellt werden können51. b) Geschäftsführende Direktoren aa) Anzahl und Organzugehörigkeit, Bestellungszeitraum § 40 Abs. 1 SEAG sieht vor, dass der Verwaltungsrat einen oder mehrere geschäftsführende Direktoren bestellt, bei denen es sich entweder um Mitglieder des Verwaltungsrats oder um externe Dritte handeln kann. Die Regelungen über die Bestellung eines oder mehrerer geschäftsführender Direktoren können in der Satzung getroffen werden. Die einzigen Vorgaben des Gesetzes an den Satzungsgeber bestehen darin, dass (i) wenigstens ein geschäftsführender Direktor bestellt werden muss und (ii) die Zahl der nicht-geschäftsführenden Mitglieder des Verwaltungsrats größer sein muss als die Zahl der geschäftsführenden Mitglieder. In der Satzung kann daher frei geregelt werden, wie viele geschäftsführende Direktoren bestellt werden und ob diese dem Verwaltungsrat angehören sollen oder nicht. Möglich ist beispielsweise die Bestellung nur eines geschäftsführenden Direktors, bei dem es sich um einen externen Dritten handelt. Unterliegt die SE kraft Gesetzes der Mitbestimmung, müssen mindestens zwei geschäftsführende Direktoren bestellt werden, von denen einer für den Bereich Arbeit und Soziales zuständig ist (vgl. § 38 Abs. 2 SE-Beteiligungsgesetz)52. Die Bestellungszeit für die geschäftsführenden Direktoren kann in der Satzung (Höchstzeitraum: 6 Jahre) festgelegt werden53. bb) Innenverhältnis zwischen Verwaltungsrat und geschäftsführenden Direktoren Weitgehend frei ist der Satzungsgeber in der Gestaltung des Verhältnisses zwischen dem Verwaltungsorgan und den geschäftsführenden Direktoren54. Die Gestaltungsfreiheit ist jedoch dadurch begrenzt, dass der Verwaltungsrat sich

__________ 50 Vgl. für die deutsche Aktiengesellschaft Hefermehl/Spindler in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 77 Rz. 19. 51 Vgl. Kallmeyer, ZIP 2003, 1531, 1534; Ihrig/Walter, BB 2004, 1749, 1758; Seibt, Stellungnahme vor dem Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum SEEG, NZA 2004, Heft 21 S. IX, XIII (Änderung von § 40 SEAG-E). 52 Für die Auslegung der vergleichbaren Normen in § 33 MitBestG, § 13 MontanMitBestG und die Satzungsspielräume Seibt in Henssler/Willemsen/Kalb (Fn. 19), § 33 MitBestG Rz. 8 f. 53 Vgl. § 40 Abs. 1 Satz 5 SEAG, Art. 46 Abs. 1 SE-VO. 54 Hierzu Eder, NZG 2004, 544.

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der ihm zwingend zugewiesenen Aufgabe der Unternehmensleitung nicht entziehen kann (vgl. § 40 Abs. 2 Satz 2 SEAG)55. Gemäß § 22 Abs. 1 SEAG leitet der Verwaltungsrat die Gesellschaft, bestimmt die Grundlinien ihrer Tätigkeit und überwacht deren Umsetzung. Demgegenüber führen die geschäftsführenden Direktoren gemäß § 40 Abs. 2 SEAG die Geschäfte der Gesellschaft. Über die Abgrenzung von laufenden Geschäften und Unternehmensleitung kann die Satzung keine Regelung treffen56. Dies steht zwar erläuternden Satzungsbestimmungen nicht entgegen, darf aber nicht den Blick darauf verstellen, dass bei einer Fehlbeurteilung des Leitungs- oder Geschäftsführungscharakters bestimmter Maßnahmen die Satzungsbestimmung keine Bindungswirkung entfaltet und daher sowohl der Verwaltungsrat als auch der geschäftsführende Direktor nach § 93 Abs. 2 AktG haftet, wenn er eine ihm gesetzlich zugewiesene Funktion irrtümlich nicht wahrnimmt bzw. zu Unrecht wahrnimmt. Der Verwaltungsrat hat also – vorbehaltlich des Katalogs zustimmungspflichtiger Geschäfte nach Art. 48 Abs. 2 SEAG – eigenverantwortlich darüber zu entscheiden, ob er eine aktive Rolle auch in der laufenden Geschäftsführung der Gesellschaft übernimmt, oder ob er sich auf die Festlegung der großen Leitlinien beschränkt, zu denen insbesondere die Unternehmensplanung, die Unternehmenskoordination, die Unternehmenskontrolle und die Besetzung der Führungsstellen zählen57. Im übrigen ist der Verwaltungsrat – insofern abweichend vom dualistischen System – frei, Maßnahmen der Geschäftsführung auch von sich aus und gegen den Willen der geschäftsführenden Direktoren zu beschließen und durchzusetzen. Grenzen ergeben sich lediglich aus der gesetzlichen Vertretungsbefugnis der geschäftsführenden Direktoren (§ 41 Abs. 1 SEAG)58. Abgesichert ist diese weitgehende Geschäftsführungsbefugnis des Verwaltungsrats durch die in § 44 Abs. 2 SEAG niedergelegte Weisungsbefugnis des Verwaltungsrats und die Befugnis, den geschäftsführenden Direktoren eine Geschäftsordnung zu geben (§ 40 Abs. 4 Satz 1 SEAG). Aus der Leitungsverantwortung des Verwaltungsrats folgt sogar die Pflicht, in die Geschäftsordnung klare Handlungsanweisungen aufzunehmen, in welchen Fällen sie den Verwaltungsrat zu konsultieren haben59, und zwar über entsprechende Satzungsregelungen (Art. 48 Abs. 1 SE-VO) hinaus. Gegen eine intensive Einmischung des Verwaltungsrats in die laufende Geschäftsführung könnte allenfalls der Wortlaut von Art 43 Abs. 1 Satz 2 SE-VO sprechen, wonach ein Mitgliedstaat vorsehen kann, dass ein oder

__________ 55 Merkt, ZGR 2003, 650, 662. 56 Kallmeyer, ZIP 2003, 1531, 1532; a. A. Merkt, ZGR 2003, 650, 661 f. im Anschluss an Bungert/Beier, EWS 2002, 1, 4, wonach Art. 48 Abs. 1 SE-VO insoweit detaillierte Angaben verlange. 57 Vgl. für die deutsche Aktiengesellschaft Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 76 Rz. 8 m. w. N.; siehe auch Fleischer, ZIP 2003, 1 ff. (Planungs- und Steuerungsverantwortung, Organisationsverantwortung, Finanzverantwortung und Informationsverantwortung). 58 Kallmeyer, ZIP 2003, 1531, 1532. 59 Merkt, ZGR 2003, 650, 662 f.

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mehrere Geschäftsführer die laufenden Geschäfte „in eigener Verantwortung“ führen. Diese aus § 76 AktG bekannte Formulierung wird dort gemeinhin im Sinne von weisungsunabhängiger Amtsführung verstanden60. Dies wird sich indes mit Blick auf die ausdrückliche Regelung des § 44 Abs. 2 SEAG nicht halten lassen. cc) Berichtspflichten Die Berichterstattung durch die geschäftsführenden Direktoren erfolgt gemäß § 40 Abs. 6 SEAG an den Verwaltungsrat in entsprechender Anwendung von § 90 AktG, jedoch kann auch hier die Satzung (und als ihre Grundlage die Mitbestimmungsvereinbarung) oder die Geschäftsordnung etwas anderes bestimmen61. dd) Einzelgeschäftsführung und Einzelvertretung Die Satzung kann Abweichungen von dem gesetzlichen Grundsatz der gemeinschaftlichen Geschäftsführung und der gemeinschaftlichen Vertretung durch die geschäftsführenden Direktoren vorsehen (§ 40 Abs. 2 Satz 2 2. Hs., § 41 Abs. 3 und 4 SEAG). Dies entspricht § 77 Abs. 1 Satz 2, § 78 Abs. 3 und 4 AktG. ee) Abberufung Das SEAG bestimmt in § 40 Abs. 5, dass die geschäftsführenden Direktoren jederzeit durch Beschluss des Verwaltungsrats abberufen werden können. Jedoch kann die Satzung anderes regeln, insbesondere erschwerte Voraussetzungen für die Abberufung vorsehen (z. B. Erfordernis des Vorliegens eines wichtigen Grundes). c) Ausschüsse Im SEAG ist ausdrücklich bestimmt, dass der Verwaltungsrat aus seiner Mitte einen oder mehrere Ausschüsse bestellen kann, namentlich, um seine Verhandlungen und Beschlüsse vorzubereiten oder die Ausführung seiner Beschlüsse zu überwachen. Zugleich zählt das Gesetz einzelne Befugnisse des Verwaltungsrats auf, die nicht auf einen Ausschuss übertragen werden dürfen (vgl. § 34 Abs. 4 SEAG). Hierzu gehört insbesondere die Leitung der Gesellschaft, die Bestimmung der Grundlinien ihrer Tätigkeit und die Überwachung seiner Umsetzung gemäß § 22 Abs. 1 SEAG. Im deutschen Aktienrecht gilt, dass der Aufsichtsrat über die Bildung und Besetzung von Ausschüssen autonom entscheidet. Hierzu kann die Satzung

__________ 60 Hüffer, AktG, 6. Aufl., 2004, § 76 Rz. 10. 61 Ausführlich zum Informationsfluss im dualistischen und monistischen Leitungssystem Seibt/Wilde in Hommelhoff/Hopt/von Werder, Handbuch Corporate Governance, 2003, S. 377 ff.

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keine Vorgaben machen62. Die Satzung darf in die Organisationsfreiheit des Aufsichtsrats insoweit nicht eingreifen. Anderes gilt für Verfahrensvorschriften für die Ausschussarbeit. Soweit nicht in die Rechte des Aufsichtsrats zur Bildung und Besetzung von Ausschüssen eingegriffen wird, kann die Satzung bestimmte Regelungen über das Verfahren und die Beschlussfassung der Aufsichtsratsausschüsse treffen63. Dieselben Grundsätze dürften angesichts der Organisationsautonomie des Verwaltungsrats, die in der SE-VO zum Ausdruck kommt, auch in der SE gelten64. Möglich sind in der Satzung (und auch in der Mitbestimmungsvereinbarung65) demzufolge nur Verfahrensregeln für die Ausschussarbeit sowie Formulierungen, die keinen Zwang zur Bildung eines Aus-schusses nach sich ziehen, jedoch eine Übertragung bestimmter Befugnisse auf den Ausschuss für den Fall vorsehen, dass ein solcher vom Verwaltungsrat gebildet wird66. Die Befugnisse, die auf einen Ausschuss übertragen werden dürfen, ergeben sich im Umkehrschluss aus der Aufzählung der zwingend vom Verwaltungsrat auszuübenden Aufgaben (vgl. § 34 Abs. 4 SEAG). Übertragbar sind demnach beispielsweise die Abberufung der geschäftsführenden Direktoren, der Erlass einer Geschäftsordnung für die geschäftsführenden Direktoren und die Entgegennahme der Berichterstattung durch jene. Auch Weisungsbefugnisse gegenüber den geschäftsführenden Direktoren könnten eingeräumt werden67. Nicht in der Aufzählung unübertragbarer Befugnisse des Verwaltungsrats enthalten ist auch § 40 Abs. 1 SEAG, der für die Ausgestaltung der Bezüge der geschäftsführenden Direktoren, die Kreditgewährung an geschäftsführende Direktoren sowie deren Befreiung vom Wettbewerbsverbot die §§ 87 bis 89 AktG für anwendbar erklärt. Daraus folgt, dass wie in der Aktiengesellschaft auch die Festlegung der Vergütung für die geschäftsführenden Direktoren als Inhalt des Anstellungsvertrags einem Personalausschuss übertragen werden kann. d) Umsetzung eines CEO- oder Co-CEO-Modells Aufgrund der vorstehend genannten Gestaltungsspielräume lassen sich in der SE mit monistischem Leitungssystem sowohl das in der US-amerikanischen Unternehmenspraxis weit verbreitete CEO-Modell, bei dem der Vorsitzende des Verwaltungsrats gleichzeitig Vorsitzender der Geschäftsleitung (also der

__________ 62 Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 107 Rz. 16; Schmiedermair/Kolb in BeckHdb. AG, 2004, § 7 Rz. 176 ff.; Hoffmann-Becking in MünchHdb.GesR, Band 4: AG, 2. Aufl. 1999, § 32 Rz. 14 f. 63 Schmiedermair/Kolb in BeckHdb. AG, 2004, § 7 Rz. 180; Siebel in Semler, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 2. Aufl. 2004, § 6 Rz. 51; Mertens in KölnKomm.AktG, 2. Aufl. 1996, § 107 Rz. 122. 64 Eder, NZG 2004, 544, 546; a. A. C. Teichmann, BB 2004, 53. 65 Seibt, AG 2005, Heft 11. 66 Eder, NZG 2004, 544, 546. 67 Eder, NZG 2004, 544, 546.

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geschäftsführenden Direktoren) ist, als auch das durchaus in den USA in Sondersituationen genutzte Co-CEO-Modell (z. B. Dell Computer), bei dem zwei Executive Directors gleichberechtigt diese Doppelfunktion einnehmen, umsetzten. Die Regierungsbegründung zum SEAG führt nur aus, dass eine gesetzliche Zuweisung der Geschäftsführung an den Vorsitzenden des Verwaltungsrats nicht sinnvoll erscheint, da hiermit eine besondere Machtfülle entsteht68. Eine satzungsmäßige Zuweisung der Geschäftsführung an den Vorsitzenden des Verwaltungsrat wird hierdurch nicht ausgeschlossen. Zur weiteren Stärkung der Position eines CEO/Chairman of the Board böten sich folgende Regelungen an: aa) Stärkung des Organs Verwaltungsrat Eine starke Stellung des Verwaltungsratsvorsitzenden lässt sich zunächst mittelbar durch die Stärkung des Verwaltungsrats als Gesamtorgan bewirken69. Dies ist zum einen dadurch möglich, dass in der Satzung als Amtszeit für seine Mitglieder grundsätzlich ein Zeitraum von sechs Jahren festgelegt wird. Des weiteren ist es möglich, erschwerte Erfordernisse für die Abberufung von Verwaltungsratsmitgliedern durch Hauptversammlungsbeschluss vorzusehen, beispielsweise in Form eines doppelten Mehrheitserfordernisses von 90 % der abgegebenen Stimmen und 90 % des vertretenen gezeichneten Kapitals70. bb) Stärkung des Verwaltungsratsvorsitzenden Bereits nach dem gesetzlichen Regelfall hat der Verwaltungsratsvorsitzende in Abstimmungen des Verwaltungsrats bei Stimmengleichheit ein Zweitstimmrecht (vgl. Art. 50 Abs. 2 SE-VO), was durchaus in der Satzung noch einmal ausdrücklich klargestellt werden kann71. Darüber hinaus kann in der Satzung als reine Verfahrensregelung bestimmt werden, dass das Zweitstimmrecht des Verwaltungsratsvorsitzenden auch für Beschlussfassungen in Verwaltungsratsausschüssen gilt72. Wird der Verwaltungsratsvorsitzende zum Ausschussvorsitzenden gewählt, ist auf diese Weise sichergestellt, dass er auch im Rahmen der Ausschussarbeit den Stichentscheid hat. Darüber hinaus ist – wie bereits ausgeführt – die Einräumung eines Vetorecht zugunsten des Vorsitzenden der geschäftsführenden Direktoren (oder beim

__________ 68 Vgl. Regierungsbegründung zu § 40 SEAG, BT-Drucks. 15/3405, S. 39. – § 50 Abs. 2 des Österr. Gesetz über das Statut der Europäischen Gesellschaft (Societas Europaea) verbietet demgegenüber die Bestellung eines geschäftsführenden Direktors als Vorsitzenden des Verwaltungsrats; im Vereinigten Königreich untersagt Section A.2.1 des Combined Code on Corporate Governance die Personenidentität zwischen CEO und Chairman of the Board; in Frankreich besteht gemäß Art. L 225-51-1 Code de Commerce ein Wahlrecht, die Ämter des Président und des Directeur Géneral durch dieselbe oder zwei verschiedene Personen zu besetzen. 69 Eder, NZG 2004, 544, 545. 70 Eder, NZG 2004, 544, 545. 71 Eder, NZG 2004, 544, 545. 72 Eder, NZG 2004, 544, 545.

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Co-CEO-Modell: beider Co-Vorsitzenden einzeln oder gemeinsam) für Entscheidungen möglich, die nur die geschäftsführenden Mitglieder des Verwaltungsrats unter sich treffen, bei denen die Aufsichtsfunktion des Organs mithin nicht tangiert ist. cc) Stärkung der Stellung der geschäftsführenden Direktoren In der Satzung kann ferner festgeschrieben werden, dass der Verwaltungsratsvorsitzende stets auch zum geschäftsführenden Direktor zu bestellen ist und dann die satzungsmäßige Bezeichnung „Vorsitzender der Geschäftsleitung“ trägt73. Die Satzung kann auch für den Verwaltungsratsvorsitzenden ein Vorschlagsrecht hinsichtlich eines zweiten geschäftsführenden Direktors vorsehen. Zur Umsetzung eines Co-CEO-Modells kann die Satzung regeln, dass in jedem Fall zwei Verwaltungsratsmitglieder zu geschäftsführenden Direktoren zu bestellen sind und diese beiden die satzungsmäßige Bezeichnung „Co-Vorsitzende der Geschäftsleitung“ oder „Co-CEO“ tragen. Die Stellung der geschäftsführenden Direktoren ist nach der gesetzlichen Regelung infolge der uneingeschränkten Weisungsgebundenheit und der jederzeitigen Abberufungsmöglichkeit wesentlich schwächer ausgestaltet als die Stellung des Vorstands in der Aktiengesellschaft. Die Satzung kann die Stellung der geschäftsführenden Direktoren stärken und insoweit eine Annäherung an das dualistische System herbeiführen74. Dies geschieht zunächst durch die satzungsmäßige Abweichung von der jederzeitigen Abberufungsmöglichkeit. Die Satzung kann beispielsweise regeln, dass die geschäftsführenden Direktoren nur durch einen einstimmigen Beschluss des Verwaltungsrats oder nur aus wichtigem Grund abberufen werden können. Des weiteren bietet sich die Einräumung der Befugnis zu Einzelgeschäftsführung und Einzelvertretung an. Eine weitere Stärkung der geschäftsführenden Direktoren lässt sich dadurch erreichen, dass der Katalog der Arten von Geschäften, die eines ausdrücklichen Beschlusses des Verwaltungsorgans bedürfen, möglichst eng gefasst wird75. e) Übersicht über Gestaltungsermächtigungen beim Leitungssystem Die jeweiligen Gestaltungsermächtigungen bei der SE mit dualistischem und monistischem Leitungssystem können tabellarisch wie folgt zusammengefasst werden76:

__________ 73 Eder, NZG 2004, 544, 545; Kallmeyer, ZIP 2003, 1531, 1534; vgl. hierzu die Regierungsbegründung zu § 40 SEAG, BT-Drucks. 15/3405, S. 39. 74 Ihrig/Wagner, BB 2004, 1749, 1758; Kallmeyer, ZIP 2003, 1531, 1533. 75 Eder, NZG 2004, 544, 546. 76 Bei Gestaltungsermächtigungen mit * besteht Gleichlauf mit deutschem Aktienrecht.

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Satzung und Satzungsgestaltung Gestaltungsermächtigungen im dualistischen Leitungssystem Sachverhalt

SEVO

SE AG

– Gleichlauf der Satzung mit Mitbestimmungsvereinbarung



– Mitgliederzahl des Leitungsorgans*





– Mitgliederzahl des Aufsichtsorgans*





– Amtsdauer der Organmitglieder – Einschränkung der Wiederbestellung von Organmitgliedern

Gestaltungsermächtigungen im monistischen Leitungssystem AktG Sachverhalt

SEVO

– Gleichlauf der Satzung mit Mitbestimmungsvereinbarung



– Mitgliederzahl des Verwaltungsorgans





– Amtsdauer der Organmitglieder





– Einschränkung der Wiederbestellung von Mitgliedern des Verwaltungsorgans





– Entsenderecht für Mitglieder des Aufsichtsorgans*

SE AG





– Entsenderecht für Mitglieder des Verwaltungsorgans

– Eignungsvoraussetzungen für Mitglieder des Aufsichtsorgans (Anteilseignervertreter)*



– Eignungsvoraussetzungen für Mitglieder des Verwaltungsorgans (Anteilseignervertreter)



– Festlegung der zustimmungspflichtigen Geschäfte zugunsten des Aufsichtssorgans*



– Festlegung der zustimmungspflichtigen Geschäfte zugunsten des Verwaltungsorgans



– Abweichung zur Gesamtgeschäftsführung der Mitglieder des Leitungsorgans*



– Abweichung zur Gesamtgeschäftsführung der geschäftsführenden Direktoren



– Abweichung zur Gesamtvertretung der Mitglieder des Leitungsorgans*



– Abweichung zur Gesamtvertretung der geschäftsführenden Direktoren



– Geschäftsordnung für das Leitungsorgan*



– Geschäftsordnung für Verwaltungsorgan



– Innere Ordnung des Aufsichtsorgans (Vorsitzender, Stellvertreter)*



– Innere Ordnung des Verwaltungsorgans (Vorsitzender, Stellvertreter)



– Teilnahmerecht von Dritten im Aufsichtsorgan bei Verhinderung von Organmitgliedern*



– Teilnahmerecht von Dritten im Verwaltungsorgan bei Verhinderung von Organmitgliedern



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Satzung und Satzungsgestaltung Gestaltungsermächtigungen im dualistischen Leitungssystem Sachverhalt

SEVO

SE AG

Gestaltungsermächtigungen im monistischen Leitungssystem AktG Sachverhalt

SEVO

– Beschlussfähigkeit und Mehrheitserfordernis bei Organbeschlüssen



– Beschlussfähigkeit und Mehrheitserfordernis bei Organbeschlüssen



– Zweitstimmrecht des Organvorsitzenden*



– Zweitstimmrecht für Vorsitzenden des Verwaltungsorgans



SE AG

– Form der Beschlussfassung im Aufsichtsorgan*



– Form der Beschlussfassung im Verwaltungsorgan



– Erfordernisse für Abberufung von der HV gewählten Mitgliedern des Aufsichtsorgans*



– Erfordernisse für Abberufung von der HV gewählten Mitgliedern des Verwaltungsorgans



– Sitzungsfrequenz des Verwaltungsorgans



– Bestellung von geschäftsführenden Direktoren



– Geschäftsordnung für geschäftsführende Direktoren



– Beschränkung der Abberufungsfähigkeit von geschäftsführenden Direktoren



– Informations- und Berichtspflichten der geschäftsführenden Direktoren gegenüber Verwaltungsorgan



III. Vier Grundtypen der Leitungsstruktur in der SE Vor dem Hintergrund der ersten Beratungsmandate lässt sich prognostizieren, dass sich vier Grundtypen einer Leitungsstruktur in der SE deutschen Rechts entwickeln werden77:

__________ 77 Die in den Schemata dieses Abschnitts verwandten Zeichen stehen für:  = Vorstandsmitglied, geschäftsführender Direktor;  = Anteilseignervertreter;  = Arbeitnehmervertreter; VV = Vorstandsvorsitzender; GD = geschäftsführende Direktoren; VGL = Vorsitzender der Geschäftsleitung; VRV = Verwaltungsrats-Vorsitzender.

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Satzung und Satzungsgestaltung

1. Dualistisches Modell Bei der dualistisch strukturierten SE wird bei börsennotierten Unternehmen, die gegenüber der deutschen Aktiengesellschaft größere Freiheit bei der Formulierung des Niveaus der Unternehmensmitbestimmung und damit die Umsetzung der Mitbestimmungsvereinbarung in der Satzung im Vordergrund stehen78. Demgegenüber wird insbesondere bei mittelständischen SE oder Mehrparteien-Gemeinschaftsunternehmen die gegenüber der Aktiengesellschaft größere Gestaltungsfreiheit bei der Ausgestaltung der Beschlussfassungen in Vorstand und Aufsichtsrat von Bedeutung sein (z. B. Zulässigkeit von Vetorechten von einzelnen Aktionärsgruppen zurechenbaren Organmitgliedern).

Vorstand

Aufsichtsrat

VV

Arbeitsdirektor

AR-Ausschüsse

2. Monistisches Modell mit internen geschäftsführenden Direktoren Durchaus diverse Aktionärsgruppen präferieren für nicht der Unternehmensmitbestimmung unterliegende Unternehmen (bzw. bei geeigneten Mitbestimmungsvereinbarungen79) die Wahl eines monistischen Leitungssystems, bei denen die geschäftsführenden Direktoren dem Kreis der Verwaltungsratsmitglieder angehören. Damit sollen bei gleichzeitiger Funktionstrennung von Geschäftsführung einerseits und Leitung und Überwachung andererseits die strukturellen Informationsdefizite des dualistischen Leitungsmodells überwunden und eine Stärkung der mittel- und langfristigen Strategieentwicklung erreicht werden. Wie bereits dargestellt, bietet die monistisch organisierte SE Raum zur Umsetzung aus der Unternehmenspraxis der USA bekannter CEObzw. Co-CEO-Modelle (vgl. unter II.4.d). Übrigens ist international das CEO-Modell auf dem Rückzug: Im Vereinigten Königreich ist die Personenidentität zwischen CEO und Chairman of the Board durch den Combined Code untersagt worden80. Auch das französische Modell des Président Directeuer Général ist jüngst streitig geworden, mit der Folge, dass im vergangenen Jahr durch gesetzliche Änderungen erstmals die Möglichkeit für französische Aktiengesellschaften eingeführt wurde, die Ämter des Président und des Directeur Général durch zwei verschiedene Personen

__________ 78 Hierzu ausführlich Seibt, AG 2005, Heft 11. 79 Hierzu Seibt, AG 2005, Heft 11. 80 Section A.2.1 of the Combined Code on Corporate Governance of July 2003.

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Satzung und Satzungsgestaltung

besetzen zu können81. Das österreichische SE-Umsetzungsgesetz verbietet die Bestellung eines geschäftsführenden Direktors als Vorsitzenden des Verwaltungsrats82.

VGL

GD

Arbeitsdirektor

Verwaltungsrat

Verwaltungsrat-Auschüsse

3. Monistisches Modell mit externen geschäftsführenden Direktoren Das monistische Leitungssystem der SE kann aber auch in der Weise statutarisch ausgestaltet werden, dass ausschließlich externe, dem Verwaltungsrat nicht angehörende geschäftsführende Direktoren zu bestellen sind (vgl. § 40 Abs. 1 SEAG). Der grundlegende Unterschied zum dualistischen Modell besteht in der Verantwortlichkeit des Gesamt-Verwaltungsrats für die Geschäftsleitung und der uneingeschränkten Weisungsgebundenheit der externen geschäftsführenden Direktoren. Gerade bei mittelständischen Familienunternehmen kann es sich anbieten, aus dem Kreis der Familienaktionäre Personen in den Verwaltungsrat zu bestellen, die über besondere Sachkunde verfügen, ohne sich jedoch mit dem Tagesgeschäft befassen zu wollen. Für das Tagesgeschäft werden dann externe Manager berufen. Die Familienaktionäre können sich durch einen Sitz im Verwaltungsrat eine erheblich größere Nähe zur Geschäftsleitung bewahren, als dies durch einen Sitz im Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft möglich ist83. Aufgrund der Weisungsabhängigkeit der externen geschäftsführenden Direktoren vom Verwaltungsrat wird dieses Modell für börsennotierte Unternehmen im Regelfall ausscheiden.

__________ 81 Art. L 225-51-1 Code de Commerce. 82 § 50 Abs. 2 des Gesetz über das Statut der Europäischen Gesellschaft (Societas Europaea). 83 Vgl. Kallmeyer, ZIP 2003, 1531, 1534.

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Satzung und Satzungsgestaltung

VRV GD Verwaltungsrat Arbeitsdirektor Verwaltungsrat-Auschüsse

4. Monistisches Modell für Konzerntochter Schließlich wird sich als ein vierter Grundtyp die SE als Tochterunternehmen europaweit tätiger Konzerne herausbilden. Entscheidet sich die Konzernleitung, in den einzelnen Mitgliedstaaten nicht nur Zweigniederlassungen zu errichten, sondern ein Netz rechtlich selbständiger Tochtergesellschaften zu schaffen, bietet die dem Satzungsgeber eröffnete Wahl zwischen dem monistischem und dem dualistischen System die Möglichkeit, alle Konzerngesellschaften einheitlich, beispielsweise nach dem Board-System, zu organisieren. Dadurch werden die Steuerung und Kontrolle der Konzerngesellschaften wesentlich erleichtert84. Auch kleine Tochtergesellschaften, für die bisher praktisch in Deutschland nur die Rechtsform der GmbH in Frage kam, können als SE organisiert werden85. Die freie Ausgestaltung des Verhältnisses von Verwaltungsrat zu geschäftsführenden Direktoren erlaubt es für diese Fälle, die Führung der täglichen Geschäfte der Tochtergesellschaft einem einzigen geschäftsführenden Direktor zu überlassen. Der für die Unternehmensleitung und Überwachung zuständige Verwaltungsrat der Tochtergesellschaft könnte faktisch in der Konzernzentrale „sitzen“ und von dort aus dem geschäftsführenden Direktor Anweisungen erteilen86. Beträgt das Grundkapital der Tochtergesellschaft nicht mehr als 3 Mio. Euro, kann auch dieser Verwaltungsrat nur aus einer einzigen Person bestehen. In diesem Fall darf jedoch der geschäftsführende Direktor nicht selbst Mitglied des Verwaltungsrats sein, denn auch hier gilt die gesetzliche Vorgabe, dass dem Verwaltungsrat mehr nicht geschäftsführende Mitglieder als geschäftsführende Mitglieder angehören müssen87. Die beiden Alternativen stellen sich schematisch wie folgt dar:

__________ 84 85 86 87

Kallmeyer, AG 2003, 197, 201. Neye/C. Teichmann, AG 2003, 169, 177; vgl. auch Kallmeyer, ZIP 2003, 1531, 1535. C. Teichmann, BB 2004, 53, 54. Merkt, ZGR 2003, 650, 676; C. Teichmann, BB 2004, 53 Fn. 16.

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Satzung und Satzungsgestaltung

Verwaltungsrat

GD

GD/ VGL

Verwaltungsrat

Die Freiheiten, die dem geschäftsführenden Direktor vor Ort überlassen werden, richten sich ganz nach dem Führungsmaximen der Konzernmutter. Diese weitgehenden Gestaltungsspielräume bestehen bei der Wahl einer Gesellschaft mit dualistischem System als Rechtsform der Tochtergesellschaft nicht. Vorstand bzw. Leitungsorgan genießen anders als die geschäftsführenden Direktoren im monistischen Modell eine große Unabhängigkeit; sie sind weder weisungsgebunden, noch können sie kurzfristig und ohne Grund abberufen werden.

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Die Eintragung der Europäischen Gesellschaft im Handelsregister Detlef Kleindiek Inhaltsübersicht I. Einleitung ......................................... 95 II. Normative Grundlagen .................... 95 III. Anmeldung ....................................... 97 1. Zuständiges Gericht ..................... 97 2. Zur Anmeldung berufene Personen ........................................ 97 a) Gründer ..................................... 97 b) Organmitglieder ........................ 99 3. Inhalt ............................................. 99 4. Form ............................................ 101

IV. Prüfung und Entscheidung des Registergerichts .............................. 1. Grundlagen .................................. 2. Beteiligung der Arbeitnehmer .... a) Eintragungsvoraussetzungen .. b) Nachweis bei Anmeldung ...... c) Folgen voreiliger Eintragung .. 3. Gestuftes Kontrollverfahren bei Verschmelzungsgründungen ...... 4. Eintragungsverfügung .................

102 102 102 102 103 104 107 108

V. Eintragung ....................................... 108 VI. Bekanntmachung der Eintragung .. 109

I. Einleitung Mit der Eintragung der SE in das nach dem Recht des Sitzstaates bestimmte Register wird der Prozess der SE-Gründung abgeschlossen. Folgerichtig werden die im Registerverfahren zu überprüfenden Eintragungsvoraussetzungen vom Gründungsrecht der SE geprägt, das – je nach der gewählten Gründungsmodalität – durch eine eigentümliche Gemengelage zwischen europäischem Recht und nationalem Recht gekennzeichnet ist. Dies ist in diesem Beitrag nicht erneut zu entfalten.1 Die folgenden Ausführungen bemühen sich vielmehr um einen Überblick über die gemeinschafts- und nationalrechtlichen Rechtsvorgaben zur (Erst-)Eintragung der SE mit Sitz in Deutschland. Ausgewählten Einzelfragen, die im deutschen Aktien- und Umwandlungsrecht keine Entsprechung haben, wird etwas näher nachzugehen sein.

II. Normative Grundlagen Die maßgeblichen Normen für die Eintragung der SE mit Sitz in Deutschland finden sich in der SE-Verordnung (SE-VO)2, vor allem aber im nationalen Recht. „Einstiegsnorm“ ist Art. 12 Abs. 1 SE-VO, der die Eintragung im Sitzstaat in ein nach dem Recht des Sitzstaates bestimmtes Register vorsieht.

__________ 1 2

Zur Gründung der SE eingehend Bayer, in diesem Band S. 25 ff. Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates v. 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. EG Nr. L 294 v. 10.11. 2001, S. 1.

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Die Eintragung im Handelsregister

Diese Eintragung muss den Anforderungen der 1. Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (Publizitätsrichtlinie)3 entsprechen. Jene Richtlinienvorgaben sind hierzulande u. a. in den Bestimmungen der §§ 36 ff. AktG umgesetzt worden.4 Folgerichtig hat der deutsche Gesetzgeber in der knapp gehaltenen Bestimmung des § 3 SE-Ausführungsgesetz (SEAG)5 festgestellt, die SE werde gemäß den für die Aktiengesellschaften geltenden Vorschriften im Handelsregister eingetragen.6 Weil die SE-VO auch ein monistisches Verwaltungssystem vorsieht, das dem deutschen Aktienrecht unbekannt ist, werden die Bestimmungen der §§ 36 ff. AktG durch § 21 SEAG ergänzt, der Sonderregelungen für die Anmeldung und Eintragung der SE mit monistischem System enthält. Zu den für die Aktiengesellschaften geltenden Eintragungsvorschriften zählen auch die Bestimmungen der Handelsregisterverordnung (HRV)7. Der Gesetzgeber des SE-Einführungsgesetzes (SEEG)8 hat hier ebenfalls klarstellende Ergänzungen vorgenommen und die SE sowie die zur Vertretung der SE befugten Stellen, die in das Handelsregister einzutragen sind, ausdrücklich in die Vorschriften der HRV aufgenommen; die Einzelheiten ergeben sich aus Art. 7 SEEG.9 Die – im Zuge des Eintragungsverfahrens zu überprüfenden – Voraussetzungen der Eintragung einer SE sind – den unterschiedlichen Gründungsmodalitäten der SE folgend – zu einem Teil in der SE-VO selbst normiert. Zum anderen Teil ergeben sie sich aus dem für die Gründung von Aktiengesellschaften mit Sitz in Deutschland geltenden Recht, das Art. 15 Abs. 1 SE-VO – vorbehaltlich der Bestimmungen der SE-VO – auf die Gründung einer „deutschen“ SE für anwendbar erklärt. Damit kommen auf die Entstehung einer SE mit Sitz in Deutschland die Bestimmungen des Aktiengesetzes über die Gründung der Gesellschaft (§§ 23 ff. AktG) sowie – in Abhängigkeit von der gewählten Gründungsmodalität – die einschlägigen Regelungen des Umwandlungsgesetzes zur Anwendung. Einen gänzlich neuen Aspekt bringt die Vorschrift des Art. 12 Abs. 2 SE-VO in das Eintragungsverfahren ein, der die Eintragung der SE davon abhängig macht,

__________ 3 4 5 6 7 8 9

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Richtlinie 68/151 EWG v. 9.3.1968, ABl. EG Nr. L 065 v. 14. 3.1968, S. 8; zuletzt geändert durch Richtlinie 2003/58/EG v. 15.7.2003, ABl. EG Nr. L 221 v. 4.9.2003, S. 13. Zur Umsetzung der Publizitätsrichtlinie s. das Gesetz v. 15.8.1969, BGBl. I, S. 1146; zu den registerrechtlichen Aspekten der Umsetzung etwa Gustavus, BB 1969, 1335. Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates v. 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft = Art. 1 des Gesetzes zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) v. 22.12.2004, BGBl. I, S. 3675. Zur Eintragung einer AG im Handelsregister s. zuletzt Terbrack, Rpfleger 2003, 225. Verordnung über die Eintragung und Führung des Handelsregisters v. 12.8.1937; Text u. a. abgedruckt bei Baumbach/Hueck, HGB, 31. Aufl. 2003, Anhang 4. S. Fn. 5. S. dazu auch die Begründung zu Art. 7 Regierungsentwurf (RegE) SEEG, BT-Drucks. 15/3405, S. 59.

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Die Eintragung im Handelsregister

dass die Verfahrensvorgaben der Arbeitnehmerbeteiligungs-Richtlinie (SE-RL)10 eingehalten worden sind. Schließlich sichert die SE-VO in Artt. 13 und 14 die Transparenz und Publizität der SE, wobei wiederum auf die Vorgaben der 1. Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie Bezug genommen wird.

III. Anmeldung Über § 38 Abs. 1 Satz 1 AktG ist die ordnungsgemäße Anmeldung der (ordnungsgemäß errichteten) SE Voraussetzung für ihre Eintragung.

1. Zuständiges Gericht Die Anmeldung ist bei dem für die Eintragung zuständigen Gericht zu erklären. Nach § 4 SEAG ist für die Eintragung das nach § 125 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) bestimmte Gericht zuständig. Sachlich zuständig ist somit das Amtsgericht als Registergericht. In der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung des § 125 FGG ist für die Führung des Handelsregisters das Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Landgericht seinen Sitz hat, für den Bezirk dieses Landgerichts zuständig. Die jeweilige Landesregierung kann durch Rechtsverordnung die Führung anderen oder zusätzlichen Amtsgerichten übertragen und die Bezirke der Registergerichte abweichend festlegen, wenn dies einer schnelleren und rationelleren Führung des Registers dient.11 Örtlich zuständig ist entsprechend § 14 AktG das Registergericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat.12

2. Zur Anmeldung berufene Personen Zur Anmeldung der SE verpflichtet sind – entsprechend § 36 Abs. 1 AktG – die Gründer und die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats, in der SE mit monistischem System die Mitglieder des Verwaltungsrats und die geschäftsführenden Direktoren (§ 21 Abs. 1 SEAG). a) Gründer Im deutschen Aktienrecht sind Gründer der Gesellschaft die Aktionäre, die die Satzung festgestellt haben: § 28 AktG. Die Gründung der SE durch natürliche

__________ 10 Richtlinie 2001/86/EG des Rates v. 8.10.2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer, ABl. EG Nr. L 294 v. 10.11.2001, S. 22. 11 Eine Übersicht über die Handhabung dieser Konzentrationsvorschrift findet sich bei Keidel/Krafka/Willer, Registerrecht, 6. Aufl. 2003, Rz. 13. 12 Vgl. Ihrig/Wagner, NZG 2004, 1749, 1750 sowie die Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins zum Diskussionsentwurf eines SEAusführungsgesetzes, NZG 2004, 75, 76.

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Personen ist nicht möglich; Initiatoren der SE-Gründung sind in allen Gründungsarten des Art. 2 SE-VO die dort aufgeführten Gesellschaften, die bei Anmeldung der SE durch ihre Vertretungsorgane repräsentiert werden. Die Gründung durch Verschmelzung (Art. 2 Abs. 1 SE-VO) richtet sich gem. Art. 18 SE-VO für den innerhalb der Gründungsgesellschaften angesiedelten (ersten) Verfahrensabschnitt13, soweit Artt. 17 ff. SE-VO keine speziellen Regelungen bereithalten, nach dem Verschmelzungsrecht des Mitgliedsstaats, dessen Recht die jeweilige Gründungsgesellschaft unterliegt. Auf der zweiten Stufe der Gründung – der Entstehung der SE – kommt indes über Art. 15 Abs. 1 SE-VO das für Aktiengesellschaften geltende Recht des Sitzstaates der SE zur Anwendung. § 36 Abs. 1 AktG, aber (für das deutsche Verschmelzungsrecht) auch §§ 16 Abs. 1 und 38 UmwG, führen insoweit zur Anmeldung durch die Vertretungsorgane der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften. Die Gründung einer Holding-SE (Art. 2 Abs. 2 SE-VO) setzt nach Art. 33 Abs. 2 SE-VO voraus, dass von den Gesellschaftern der beteiligten Gesellschaften ein Mindestprozentsatz ihrer Anteile in die Holding eingebracht wird. Deshalb ist die Frage aufgeworfen worden, ob in dieser Gründungsmodalität nicht die Gesellschafter der Ausgangsgesellschaften als Gründer anzusehen sind.14 Der Konzeption der SE-VO entspricht das aber kaum:15 Sie spricht wiederholt (Artt. 2 Abs. 2, 32, 33 und 34) von den die Gründung einer Holding-SE „anstrebenden Gesellschaften“ und weist in Art. 33 Abs. 3 jeder dieser Gesellschaften die Verpflichtung zu, die Tatsache der Einbringung des Mindestprozentsatzes der Gesellschaftsanteile nach Maßgabe von Art. 3 der 1. Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie offen zu legen. Die Zuständigkeit für die Anmeldung der Holding-SE zur Eintragung im Handelsregister ist dementsprechend zu verorten; die Vertretungsorgane der beteiligten Gesellschaften sind zur Anmeldung berufen. Bei Gründung einer Tochter-SE (Art. 2 Abs. 3 SE-VO) sind die Muttergesellschaften als Gründer anzusehen; im Registerverfahren werden sie von ihren Vertretungsorganen repräsentiert. Bei der SE-Gründung durch Umwandlung (Art. 2 Abs. 4 SE-VO) einer bestehenden deutschen AG16 ist der Formwechsel (gem. §§ 198, 246 Abs. 1 UmwG) ebenfalls durch das Vertretungsorgan der formwechselnden Gesellschaft an-

__________ 13 Zum „gestuften Verfahren“ bei der SE-Gründung durch Verschmelzung s. auch unten III. 3 und IV. 3, S. 100, 107. Zur Gründung durch Verschmelzung auch Bayer, in diesem Band S. 32 ff. 14 Nachw. bei Neye/C. Teichmann, AG 2003, 169, 173 f.; im Zusammenhang mit der Gründerhaftung s. auch Kersting, DB 2001, 2079, 2083; Schäfer, NZG 2004, 785, 791. 15 In diesem Sinne schon C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 436 Fn. 201, sowie die Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins zum Diskussionsentwurf eines SE-Ausführungsgesetzes, NZG 2004, 75, 78. 16 Nach Art. 37 Abs. 3 SE-VO darf der Sitz der Gesellschaft anlässlich der Umwandlung nicht in einen anderen Mitgliedstaat verlegt werden.

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zumelden, also durch die Mitglieder des Vorstands der bestehenden Aktiengesellschaft. b) Organmitglieder Was die den Organmitgliedern der neu gegründeten SE obliegende Anmeldepflicht betrifft, so ergeben sich in einer dualistisch strukturierten SE keine Abweichungen gegenüber dem deutschen Aktienrecht. Zur Anmeldung der Gesellschaft sind folglich entsprechend § 36 Abs. 1 AktG alle Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats verpflichtet. Wurde für die SE eine monistische Leitungsstruktur vorgesehen, so weist § 21 Abs. 1 SEAG – neben den Gründern – den Mitgliedern des Verwaltungsrates und den geschäftsführenden Direktoren die Anmeldepflicht zu.

3. Inhalt Art. 15 Abs. 1 SE-VO verweist auf das für Aktiengesellschaften des Sitzstaates der künftigen SE einschlägige Gründungsrecht (hierzulande also u. a. auf §§ 23 ff. AktG).17 Sachlich übereinstimmend enthält § 3 SEAG – für die Eintragung der SE mit Sitz in Deutschland – eine Verweisung auf die für die Eintragung von Aktiengesellschaften maßgeblichen Normen, also auf §§ 36 ff. AktG. Somit gelten für den Inhalt der Anmeldung einer SE die Vorgaben aus § 37 AktG und § 24 HRV zu den dort verlangten „Erklärungen“, „Versicherungen“ „Angaben“ und „Nachweisen“ einschließlich der beizufügenden Anlagen grundsätzlich entsprechend.18 Für die SE mit monistischer Leitungsstruktur werden die (auf die dualistisch verfasste Aktiengesellschaft zugeschnittenen) Bestimmungen des § 37 AktG lediglich durch die Regelungen in § 21 Abs. 2 SEAG modifiziert:19 Verpflichtung der Mitglieder des Verwaltungsrats und der geschäftsführenden Direktoren zur Abgabe jener Versicherungen, die in der dualistisch strukturierten Gesellschaft den Vorstandsmitgliedern obliegen (§ 21 Abs. 2 Satz 1 SEAG statt § 37 Abs. 2 Satz 1 AktG); Angabe der Vertretungsbefugnis der geschäftsführenden Direktoren (§ 21 Abs. 2 Satz 2 SEAG statt § 37 Abs. 3 AktG); Beifügung der Urkunden über die Bestellung des Verwaltungsrats und der geschäftsführenden Direktoren sowie der Prüfberichte der Mitglieder des Verwaltungsrats (§ 21 Abs. 2 Satz 3 SEAG gegenüber § 37 Abs. 4 Nr. 3 und Nr. 4 AktG); Zeichnung der Namensunterschrift der geschäftsführenden Direktoren zur Aufbewahrung beim Gericht (§ 21 Abs. 2 Satz 4 SEAG statt § 37 Abs. 5 AktG). Die in Art. 15 Abs. 1 SE-VO enthaltene Verweisung auf das nationale Gründungsrecht des Sitzstaates der künftigen SE steht freilich unter dem Vorbehalt

__________ 17 S. schon oben II., S. 95 ff. 18 Zu Einzelheiten s. etwa Pentz in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2000, § 37 Rz. 12 ff.; Röhricht in Großkomm.AktG, 4. Aufl. 1996, § 37 Rz. 8 ff. 19 S. Begründung zu § 21RegE SEAG, BT-Drucks. 15/3405, S. 36.

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(spezifischer) Bestimmungen der SE-VO. Diese macht – für die jeweiligen Modalitäten der SE-Gründung in unterschiedlichem Umfang – ihrerseits Vorgaben, deren Einhaltung bei der Anmeldung der SE nachzuweisen und vom Registergericht im Eintragungsverfahren zu überprüfen sind. Bei der Gründung durch Verschmelzung ist gem. Art. 18 SE-VO auf den innerhalb der Gründungsgesellschaften angesiedelten (ersten) Verfahrensabschnitt20, soweit Artt. 17 ff. SE-VO keine speziellen Regelungen bereithalten, jeweils das (in Umsetzung der 3. Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie harmonisierte) Verschmelzungsrecht desjenigen Mitgliedsstaats anzuwenden, dessen Recht die betreffende Gründungsgesellschaft unterliegt. Für Gründungsgesellschaften, die dem deutschen Recht unterworfen sind, ist somit das Verschmelzungsrecht des UmwG einschließlich der danach erforderlichen Registeranmeldungen zu beachten. Auf dieser ersten Stufe des Gründungsverfahrens durch Verschmelzung haben die jeweils zuständigen nationalen Behörden die Rechtmäßigkeit der Verschmelzung nach dem jeweiligen Recht des Mitgliedstaates zu prüfen. Hierüber stellen sie den Gesellschaften gem. Art. 25 Abs. 2 SE-VO eine entsprechende Bescheinigung aus; in Deutschland obliegt diese Aufgabe gem. § 4 SEAG dem nach § 125 Abs. 1 und 2 FGG zuständigen Registergericht. Im zweiten Verfahrensschritt, zu dem die Eintragung der SE in das Register des Sitzstaates gehört, sind der dort zuständigen Stelle – hierzulande: dem Registergericht21 – mit der Anmeldung der SE die Bescheinigungen nach Art. 25 Abs. 2 SE-VO und eine Ausfertigung des (gleich lautenden) Verschmelzungsplans22 sowie die Niederschriften über die Zustimmung der Hauptversammlungen vorzulegen, Art. 26 Abs. 2 SE-VO. Im Falle der Holding-Gründung kann die SE nach Art. 33 Abs. 5 SE-VO erst dann eingetragen werden, wenn die Vorgaben aus Artt. 32 und 33 Abs. 2 SE-VO „nachweislich erfüllt“ sind. Dementsprechend sind mit der Anmeldung einer Holding-SE zum Handelsregister einzureichen: der von den Leitungsoder Verwaltungsorganen der die Gründung anstrebenden Gesellschaften erstellte (gleich lautende) Gründungsplan mit Gründungsbericht, Art. 32 Abs. 2 SE-VO; die Nachweise über die Offenlegung des Gründungsplans nach Maßgabe von Art. 32 Abs. 3 SE-VO; der Prüfungsbericht der unabhängigen Sachverständigen über den Gründungsplan, Art. 32 Abs. 4 und 5 SE-VO; die Niederschriften über die Zustimmungsbeschlüsse der Hauptversammlungen, Art. 33 Abs. 6 SE-VO; für jede beteiligte Gesellschaft ein Nachweis darüber, dass innerhalb der Dreimonatsfrist Anteile in Höhe des im Gründungsplan festgelegten Mindestsatzes umgetauscht worden sind, Art. 33 Abs. 2 SE-VO. Gem. § 10 Abs. 2 SEAG haben die Vertretungsorgane der Holding-SE bei der Anmeldung zudem zu erklären, dass eine Klage gegen die Wirksamkeit der

__________ 20 Zum „gestuften Verfahren“ bei der SE-Gründung durch Verschmelzung s. schon oben III. 2. a), S. 97 ff. sowie unten IV. 3, S. 107 f. 21 S. oben III. 1, S. 97. 22 Dazu C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 417 ff.

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Zustimmungsbeschlüsse nicht oder nicht fristgemäß erhoben oder eine solche Klage rechtskräftig abgewiesen oder zurückgenommen worden ist (sog. Negativerklärung nach dem Vorbild von § 16 Abs. 2 UmwG).23 Über Art. 15 Abs. 1 SE-VO finden im Übrigen – wie schon skizziert – die Vorschriften des AktG zur (Sach-)Gründung Anwendung.24 Für die Gründung einer Tochter-SE enthält die SE-Verordnung keine speziellen Vorgaben. Auch hier verweist die SE-VO (Art. 36) für die vorbereitenden Organisationsakte in den beteiligten Gesellschaften auf das jeweilige nationale Recht, während für die zweite Gründungsphase über Art. 15 Abs. 1 SE-VO das Recht des Sitzstaates der (künftigen) SE maßgeblich ist, hierzulande also die Gründungsvorschriften der §§ 23 ff. AktG. Bei der Gründung durch Umwandlung sind der Anmeldung nach den Vorgaben der SE-VO beizufügen: der von dem Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Gesellschaft erstellte Umwandlungsplan sowie der Umwandlungsbericht (für den die SE-VO – anders als das deutschen Umwandlungsrecht, § 192 Abs. 3 UmwG – keine Verzichtsmöglichkeit vorsieht), Art. 37 Abs. 4 SE-VO; die Nachweise über die Offenlegung des Umwandlungsplans nach Maßgabe von Art. 37 Abs. 5 SE-VO; die Bescheinigung über die durchgeführte Kapitalprüfung, Art. 37 Abs. 6 SE-VO; die Niederschrift der Zustimmung der Hauptversammlung der formwechselnden Aktiengesellschaft, Art. 37 Abs. 7 SE-VO. Im Übrigen sind, wiederum über Art. 15 Abs. 1 SE-VO, § 37 AktG, § 21 Abs. 2 SEAG sowie §§ 199, 246 Abs. 3 UmwG zu beachten. In allen Gründungsmodalitäten ist im Übrigen Art. 12 Abs. 2 SE-VO zu beachten, der die Eintragung der SE von der Beachtung der Verfahrensvorgaben der SE-Richtlinie über die Arbeitnehmerbeteiligung abhängig macht; hierauf – und auf die danach im Zuge der Registeranmeldung einzureichenden Dokumente – ist sogleich gesondert einzugehen.25

4. Form Gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB sind die Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister sowie die Unterschriftszeichnungen in öffentlich beglaubigter Form (§ 129 BGB; §§ 39, 40 BeurkG) einzureichen. Der Anmeldung sind die notwendigen Schriftstücke in Urschrift, Ausfertigung oder öffentlich beglaubigter Abschrift beizufügen (§ 37 Abs. 6 AktG). Weitere Einzelheiten müssen an dieser Stelle nicht referiert werden.

__________ 23 Vgl. dazu Neye/C. Teichmann, AG 2003, 169, 173. 24 S. auch den Hinweis in der Begründung zu § 10 RegE SEAG, BT-Drucks. 15/3405, S. 34. 25 S. unten IV. 2, S. 102 ff.

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IV. Prüfung und Entscheidung des Registergerichts Nach dem Eingang der Anmeldung hat das Gericht zu prüfen, ob die SE die Voraussetzungen der Registereintragung erfüllt. Diese Prüfung des Registergerichts bezieht sich nicht nur auf die formellen, sondern auch auf die materiellen Eintragungsvoraussetzungen.26

1. Grundlagen Entsprechend § 38 Abs. 1 Satz 1 AktG ist zu prüfen, ob die SE ordnungsgemäß errichtet und angemeldet worden ist. Ist dies nicht der Fall, so hat das Registergericht die Eintragung abzulehnen (§ 38 Abs. 1 Satz 2 AktG). Die in § 38 Abs. 2 AktG darüber hinaus eröffnete Möglichkeit zur Ablehnung der Eintragung u. a. für den Fall, dass die Gründungsprüfer erklären, der Prüfungsbericht der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sei unrichtig, unvollständig oder nicht gesetzeskonform, wird durch § 21 Abs. 3 SEAG für die monistisch strukturierte SE um den Fall des mangelhaften Prüfungsberichts der Mitglieder des Verwaltungsrats ergänzt. Maßstab für die Prüfung durch das Registergericht sind die Vorgaben der SE-VO sowie des (über Art. 15 Abs. 1 SE-VO anwendbaren) nationalen Rechts. Die SE-VO selbst macht in Artt. 27 Abs. 2 und 33 Abs. 5 die Eintragung der SE im Falle der Verschmelzungs- bzw. Holding-Gründung explizit von den in Artt. 25 und 26 bzw. Artt. 32 und 33 Abs. 2 normierten, oben skizzierten27 Voraussetzungen abhängig.

2. Beteiligung der Arbeitnehmer Für alle Gründungsmodalitäten sind die Bestimmungen des Art. 12 Abs. 2 SE-VO von Bedeutung, welcher die Eintragung der SE in das Handelsregister an die Erfüllung weiterer Kautelen knüpft, die sich aus den Vorgaben der (das SE-Statut ergänzenden) Richtlinie über die Arbeitnehmerbeteiligung (SE-RL)28 ergeben.29 a) Eintragungsvoraussetzungen Nach Art. 12 Abs. 2 SE-VO kann eine SE erst dann eingetragen werden, wenn –

entweder das besondere Verhandlungsgremium mit den zuständigen Organen der beteiligten Gesellschaften eine (schriftliche) Vereinbarung über die Arbeitnehmermitbestimmung gem. Art. 4 SE-RL ausgehandelt hat,

__________

26 Weiterführend zur Prüfungskompetenz des Registergerichts im Allgemeinen etwa Ammon, DStR 1993, 1025, 1029; Keidel/Krafka/Willer (Fn. 11), Rz. 153 ff. u. 1319 ff.; Pentz in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2000, § 38 Rz. 17. 27 S. III. 3, S. 99 ff. 28 S. Fn. 10. 29 Hierzu auch Oetker, in diesem Band S. 277 ff.

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oder vom besonderen Verhandlungsgremium beschlossen wurde, keine Verhandlungen zur Mitbestimmung aufzunehmen oder bereits begonnene Verhandlungen abzubrechen und die Beteiligungsvorschriften der Mitgliedstaaten, in denen die SE Arbeitnehmer beschäftigt, zur Anwendung gelangen zu lassen (Art. 3 Abs. 6 SE-RL),



oder die Verhandlungsfrist nach Art. 5 SE-RL, in der eine Einigung über die Mitbestimmung herbeigeführt werden muss, erfolglos abgelaufen ist.

Ergänzend hierzu ordnet Art. 12 Abs. 4 SE-VO an, dass die Satzung der SE zu keinem Zeitpunkt im Widerspruch zu der ausgehandelten Vereinbarung stehen darf. Steht eine neue gemäß der Arbeitnehmerbeteiligungs-Richtlinie geschlossene Vereinbarung im Widerspruch zur geltenden Satzung, so ist letztere – soweit erforderlich – zu ändern. Da die Verordnung über das Statut der Europäischen Gesellschaft gem. Art. 249 Satz 2 EG unmittelbar geltendes Recht in jedem Mitgliedstaat ist, korrespondiert mit jenen Vorgaben des Art. 12 Abs. 2 SE-VO eine Prüfungspflicht der für die Eintragung der SE zuständigen Stelle. In der Verordnung ist eine entsprechende Prüfpflicht zwar nur für eine Gründungsmodalität ausdrücklich normiert: Art. 26 Abs. 3 weist im Falle der SE-Gründung durch Verschmelzung der für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Verschmelzung im künftigen Sitzstaat zuständigen Behörde die Aufgabe zu, auch zu überprüfen, ob eine Vereinbarung über die Arbeitnehmerbeteiligung abgeschlossen ist. Daraus ist aber nicht etwa zu schließen, dass die Vorgaben aus Art. 12 Abs. 2 SE-VO bei einer der übrigen Gründungsmodalitäten einen geringeren Stellenwert hätten. Vielmehr dient Art. 26 Abs. 3 SE-VO der Klarstellung, dass die Prüfungskompetenz hier nicht schon auf der ersten Stufe des Verschmelzungsprozesses, sondern allein auf dessen zweiter Stufe, d. h. dem – wie Art. 26 Abs. 1 SE-VO formuliert – „Verfahrensabschnitt der Durchführung der Verschmelzung und der Gründung der SE“, liegt. b) Nachweis bei Anmeldung Der deutsche Gesetzgeber hat – anders als § 2 Abs. 2 des österreichischen SE-Gesetzes30 – davon abgesehen, die auf Art 12 Abs. 2 SE-VO bezogene Prüfungspflicht des Registergerichts durch flankierende Regelungen zu unterstützen, in denen den anmeldepflichtigen Personen die Vorlage einschlägiger Urkunden und Versicherungen ausdrücklich auferlegt wird. Der Nachweis über den Abschluss der Vereinbarung zur Arbeitnehmerbeteiligung wird sich durch Vorlage der schriftlichen Vereinbarung leicht führen lassen. Die Beschlussfassung des besonderen Verhandlungsgremiums, keine Verhandlungen zur Mitbestimmung aufzunehmen oder bereits begonnene Verhandlungen abzubrechen, kann durch Vorlage der entsprechenden Niederschrift

__________ 30 Gesetz über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SEG), BGBl. (Österreich) I Nr. 67 v. 24.6.2004.

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dokumentiert werden, die nach § 17 Nr. 2 des SE-Beteiligungsgesetzes (SEBG)31 ohnehin zu erstellen ist. Schwieriger gestaltet sich der Nachweis über den fruchtlosen Ablauf der in Art. 5 der Arbeitnehmerbeteiligungs-Richtlinie vorgesehenen Frist: Nach jener Richtlinienbestimmung beginnen die Verhandlungen mit der Einsetzung des besonderen Verhandlungsgremiums und können bis zu sechs Monaten dauern; die Parteien können einvernehmlich beschließen, die Verhandlungen über diesen Zeitraum hinaus bis zu insgesamt einem Jahr ab Einsetzung des Gremiums fortzusetzen. „Einsetzung“ bezeichnet dabei – in der schlüssigen Interpretation des § 20 Abs. 1 Satz 2 SEBG – den Tag, zu dem zur konstituierenden Sitzung des besonderen Verhandlungsgremiums eingeladen worden ist. Es bietet sich an, zur Glaubhaftmachung des ergebnislosen Ablaufs der bezeichneten Frist die Vorlage einer entsprechenden Versicherung der Mitglieder des Leitungs- oder Verwaltungsorgans der an der SE-Gründung beteiligten Gesellschaften zu verlangen. Diese – von § 2 Abs. 5 SEBG als „Leitungen“ bezeichneten – Organe sind die Verhandlungspartner des besonderen Verhandlungsgremiums (vgl. § 4 Abs. 1 SEBG); ihre Mitglieder sind, wie schon erörtert32, auch zum Vollzug der Anmeldung der SE berufen. Das Registergericht kann jedenfalls im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 12 FGG) Aufklärung und nähere Angaben zum fruchtlosen Fristablauf fordern, außer durch Abgabe entsprechender Versicherungen der Leitungsoder Verwaltungsorgane auch etwa durch Vorlage der einschlägigen Verhandlungsprotokolle. c) Folgen voreiliger Eintragung Mit welchen Konsequenzen ist zu rechnen, wenn die Eintragung der SE vollzogen wird, obwohl die Voraussetzungen nach Art. 12 Abs. 2 der SE-VO nicht erfüllt sind, die Einhaltung der Verfahrensvorgaben der Arbeitnehmerbeteiligungs-Richtlinie also nicht nachgewiesen ist? Im widrigsten Falle könnte hier möglicherweise die Amtslöschung nach §§ 142, 143 FGG drohen, wenn die Eintragung als „wegen Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig“ anzusehen wäre.33 Freilich ist zu differenzieren: War eine Vereinbarung zwar abgeschlossen worden oder hatte das Verhandlungsgremium nach Art. 6 Abs. 3 SE-RL Beschluss gefasst, wurden Vereinbarung bzw. Beschlussniederschrift dem Registergericht im Eintragungsverfahren aber nicht vorgelegt, so lässt sich dies unschwer nachholen. Fehlt es an einer solchen Vereinbarung oder Beschlussfassung und wurde die SE vor Ablauf der in Art. 5 SE-RL gefassten Frist eingetragen, so erledigt sich der hiermit verbundene Eintragungsmangel durch bloßes Zuwarten: mit erfolglosem Ablauf der Frist ist den Vorgaben aus Art. 12 Abs. 2 SE-VO

__________ 31 Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft = Art. 2 des Gesetzes zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) v. 22.12.2004, BGBl. I, S. 3675. 32 S. oben III. 2. a), S. 97 ff. 33 In diesem Sinne Oetker, in diesem Band S. 277 ff.

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Rechnung getragen. Praktisch wird die aufgeworfene Frage nach einer drohenden Amtslöschung mithin allenfalls dort, wo das besondere Verhandlungsgremium überhaupt nicht eingesetzt und deshalb die Frist im Sinne von Art. 5 SE-RL gar nicht erst in Gang gesetzt worden ist. § 142 FGG wird indes, was die „Löschung“ der Eintragung einer Aktiengesellschaft betrifft, von den speziellen Bestimmungen der §§ 144 Abs. 1, 144a FGG i. V. m. §§ 275, 276 bzw. § 262 Abs. 1 Nr. 5 AktG verdrängt.34 Während die in § 144a Abs. 1 Satz 2 FGG genannten Mängel der Satzung – bei rechtskräftiger Feststellungsverfügung des Registergerichts – zum Eintritt eines Auflösungstatbestandes führen (§ 262 Abs. 1 Nr. 5 AktG), spricht § 144 Abs. 1 FGG zwar davon, dass die Gesellschaft (bei Vorliegen eines Satzungsmangels, welcher die Klage auf Nichtigerklärung gem. §§ 275, 276 AktG eröffnet) „als nichtig gelöscht werden“ kann. Auch die Eintragung eines solchen Löschungsvermerks führt aber noch nicht etwa zum „Erlöschen“ der Gesellschaft, sondern allein zu ihrer Auflösung (§ 277 AktG). Hier wie dort kann die Gesellschaft bei Beseitigung des für die Auflösung ursächlichen Mangels fortgesetzt werden.35 Vor diesem Hintergrund ist zu fragen, ob das Registergericht auch dann die Auflösung einer SE herbeiführen kann, wenn die Gesellschaft eingetragen worden war, obwohl das besondere Verhandlungsgremium – entgegen den Vorgaben der Arbeitnehmerbeteiligungs-Richtlinie – erst gar nicht eingesetzt worden war. Die in §§ 144 Abs. 1, 144a FGG aufgelisteten Löschungs- bzw. Auflösungsvoraussetzungen, die ausnahmslos an bestimmte Mängel der Satzung der Gesellschaft anknüpfen, erfassen diesen Fall nicht. Art. 12 Abs. 2 SE-VO macht die Eintragung der SE aber von der Einhaltung der Verfahrensvorgaben der Richtlinie abhängig („kann erst eingetragen werden, wenn…“). Zudem verlangt Art 12 Abs. 2 SE-RL von den Mitgliedstaaten, geeignete Maßnahmen für den Fall der Nichteinhaltung der Richtlinie vorzusehen; sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren bestehen, mit denen die Erfüllung der sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen durchgesetzt werden kann. Angesicht des erkennbar hohen Stellenwertes, den der europäische Gesetzgeber der Arbeitnehmerbeteiligung ausweislich der Erwägungsgründe der Richtlinie (die im Übrigen als „untrennbare Ergänzung“ der SE-Verordnung konzipiert ist36) hat zubilligen wollen, sowie der zentralen Bedeutung jener Regelungsgegenstände, die Art. 4 Abs. 2 SE-RL und § 21 SEBG für die Vereinbarung zwischen dem besonderen Verhandlungsgremium und den Leitungen der Gesellschaften vorsehen, ist – bei wertender Betrachtung – allemal zu fragen, ob nicht auch der Verstoß gegen die Vorgabe aus Art. 12 Abs. 2 SE-VO als ein so wesentlicher Mangel anzusehen ist, dass

__________ 34 S. zum Verhältnis der §§ 142, 144, 144a FGG Winkler in Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl. 2003, § 142 Rz. 6 und § 144 Rz. 5 f. 35 Zu den Voraussetzungen einer solchen Fortsetzung etwa Hüffer in MünchKomm. AktG, 2. Aufl. 2001, § 274 Rz. 11 f. 36 So ausdrücklich Erwägungsgrund 19 der SE-VO.

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das Registergericht analog § 144a FGG die Auflösung der Gesellschaft herbeiführen kann. Im Falle der Gründung durch Verschmelzung ordnet Art. 30 SE-VO ausdrücklich an, dass die Verschmelzung nach der Eintragung zwar nicht mehr für nichtig erklärt werden kann, das Fehlen einer Rechtmäßigkeitskontrolle nach Artt. 25 und 26 der SE-VO37 aber einen Grund für die Auflösung der SE darzustellen vermag. Wenn – entgegen Art. 7 SE-VO – Sitz und Hauptverwaltung der SE auseinander fallen, so gilt dies nach § 52 SEAG als ein Satzungsmangel i. S. d. § 262 Abs. 1 Nr. 5 AktG, der zur Eröffnung des Auflösungsverfahrens nach § 144a FGG – und damit zu einer von Art. 64 SE-VO verlangten Sanktion – führt.38 – Gute Gründe sprechen dafür, an dieses Regelungsmuster anzuknüpfen. In analoger Anwendung des § 144a FGG wäre der Gesellschaft dann zunächst unter Fristsetzung aufzugeben, das Verhandlungsgremium einzusetzen und für die Umsetzung der Vorgaben aus Art 12 Abs. 2 SE-VO zu sorgen. Damit wären jedenfalls die drohenden Folgen einer Eintragung unter Verstoß gegen Art. 12 Abs. 2 SE-VO doch sehr viel weniger dramatisch, als es auf den ersten Blick den Anschein haben mag. Das würde im Übrigen selbst dann gelten, wenn man die hier erwogene Analogie zu § 144a FGG verwerfen und statt dessen die Amtslöschung nach § 142 FGG eröffnen wollte.39 Das aktienrechtliche Schrifttum lässt die Amtslöschung einer AG nach § 142 FGG ausnahmsweise zu, nämlich wenn die Anmeldung ohne oder gar gegen den Willen einzelner nach § 36 Abs. 1 AktG dazu berufener Personen erfolgt ist.40 Wollte man dem (kaum überzeugend) den Fall der Eintragung einer SE unter Missachtung des Art. 12 Abs. 2 SE-VO gleichstellen, könnte das doch jedenfalls nicht bedeuten, dass die SE (gleich einer „Scheingesellschaft“) mit Eintragung des Löschungsvermerks als rechtlich nicht existent zu betrachten wäre. Auch die „Löschung“ der SE nach § 142 FGG könnte vielmehr nur zur Auflösung der Gesellschaft und ihrer Überleitung in das Abwicklungsstadium führen, wo wiederum die Möglichkeit zur Behebung des Eintragungshindernisses offen stehen müsste. Da auch im Verfahren nach § 142 FGG den Beteiligten noch vor der Löschungsverfügung die Chance einzuräumen ist, den zur Unzulässigkeit der Eintragung führenden

__________ 37 Nach Art. 27 Abs. 2 SE-VO gleichfalls Eintragungsvoraussetzung: „Die SE kann erst nach Erfüllung sämtlicher in den Artt. 25 und 26 vorgesehener Formalitäten eingetragen werden“. 38 Auch hier stellt sich im Übrigen eine Analogiefrage, nämlich wenn – entgegen Art. 12 Abs. 4 SE-VO – die Satzung der SE im Widerspruch zur ausgehandelten Vereinbarung über die Arbeitnehmerbeteiligung steht und diese Diskrepanz nicht durch Satzungsänderung behoben wird. 39 So wohl Oetker, in diesem Band S. 277 ff. 40 Vgl. etwa Pentz in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2000, § 39 Rz. 26; Röhricht in Großkomm.AktG, 4. Aufl. 1996, § 36 Rz. 22; ebenso das GmbH-rechtliche Schrifttum: s. nur Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl. 2000, Anh. § 77 Rz. 19 m. w. N.

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Mangel zu beseitigen,41 dürfte sich der rechtspraktische Unterschied gegenüber einer analogen Anwendung des § 144a FGG letztlich in Grenzen halten. Insgesamt müssen die hier angesprochenen Fragen gegenwärtig freilich als noch ungeklärt gelten.

3. Gestuftes Kontrollverfahren bei Verschmelzungsgründungen Aus den spezifischen Eintragungsvoraussetzungen der einzelnen Gründungsmodalitäten42 sei hier eine Problematik herausgegriffen, die sich bei Gründung einer SE durch Verschmelzung ergibt. Wie schon erwähnt,43 liegt den einschlägigen Bestimmungen in Art. 15 Abs. 1, Artt. 17 ff. SE-VO das Konzept eines „gestuften Verfahrens“ zugrunde, das dem grenzüberschreitenden Charakter der Verschmelzung Rechnung trägt:44 Der ersten Stufe sind die in den sich verschmelzenden Gesellschaften angesiedelten Verfahrensabschnitte zuzuordnen, insbesondere die Aufstellung des Verschmelzungsplans, die Publizität des Verschmelzungsvorhabens und die Zustimmungsbeschlüsse der Hauptversammlungen. Für diese Stufe sind, soweit die SE-VO selbst keine Vorgaben trifft, nach Art. 18 SE-VO die für die Verschmelzung von Aktiengesellschaften geltenden Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaats anzuwenden, dessen Recht die jeweilige Gründungsgesellschaft unterliegt. Die Rechtmäßigkeit der auf jener Stufe angesiedelten Abschnitte des Verschmelzungsverfahrens wird nach den Rechtsvorschriften des jeweiligen Mitgliedstaates kontrolliert. Die nach nationalem Recht jeweils zuständige Behörde stellt gem. Art. 25 Abs. 2 SE-VO eine Bescheinigung aus, aus der „zweifelsfrei“ hervorzugehen hat, dass die der Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten durchgeführt wurden. Demgegenüber sind die auf der zweiten Verfahrensstufe angesiedelten Vorgänge – die SE-VO spricht vom „Verfahrensabschnitt der Durchführung der Verschmelzung und der Gründung der SE“ (Art. 26 Abs. 1 SE-VO) – von der nach dem Recht des künftigen Sitzstaats zuständigen Behörde zu kontrollieren, der die soeben erwähnten „nationalen“ Bescheinigungen (i. S. d. Art. 25 Abs. 2 SE-VO) durch jede der sich verschmelzenden Gesellschaften vorzulegen sind. Die Rechtmäßigkeit der SE-Gründung auf dieser (zweiten) Stufe bemisst sich – vorbehaltlich spezifischer Bestimmungen in der SE-VO – nach dem für Aktiengesellschaften geltenden Gründungsrecht des Sitzstaates (Art. 15 Abs. 1 SE-VO), was von der zuständigen Behörde jenes Staates (hierzulande: von den Registergerichten) zu kontrollieren ist.

__________ 41 S. Winkler in Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl. 2003, § 142 Rz. 27 m. w. N. 42 S. oben III. 3, S. 99 ff., und IV. 1, S. 102. 43 S. oben III. 2. a), S. 97 ff., und III. 3, S. 99 ff. 44 Dazu schon C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 416 f.

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Der SE-VO liegt, was die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verfahrensabschnitte der SE-Gründung durch Verschmelzung betrifft, also offenbar ein vom Gedanken der Arbeitsteilung geprägtes Modell zugrunde. Das spricht gegen eine Kompetenz der Kontrollinstanz des Sitzstaates, die Rechtmäßigkeit der in den einzelnen sich verschmelzenden Gesellschaften angesiedelten Verfahrensabschnitte auch ihrerseits zu überprüfen. Sie hat die nationalen Bescheinigungen offenbar nur entgegenzunehmen – wobei das deutsche Registergericht bei Vorlage fremdsprachiger Bescheinigungen entsprechend § 142 Abs. 3 ZPO die Beibringung einer Übersetzung verlangen kann. Und doch ist eine solche Interpretation des Verordnungskonzepts Einwänden ausgesetzt: Denn aus der „nationalen“ Bescheinigung muss die Durchführung der einschlägigen Rechtshandlungen und Formalitäten ja „zweifelsfrei“ hervorgehen. Was also, wenn der Registerrichter des Sitzstaates der künftigen SE (oder die sonst hier zuständige Behörde) begründete „Zweifel“ an der ordnungsgemäßen Durchführung der Vorgänge in einer der beteiligten Gesellschaften hat? Hier wird man die Berechtigung, die Eintragung zu versagen, schwerlich verneinen können – zumal Art. 27 Abs. 2 SE-VO die Erfüllung (auch) aller in Art. 25 SE-VO vorgesehenen Formalitäten zur Eintragungsvoraussetzung erklärt und das Fehlen einer Rechtmäßigkeitskontrolle auf der ersten oder zweiten Stufe nach Art. 30 Unterabs. 2 einen Grund für die Auflösung der SE darstellen kann.

4. Eintragungsverfügung Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Eintragung der SE keine Hindernisse entgegenstehen, so erlässt es nach § 25 Abs. 1 HRV die Eintragungsverfügung.45 In dieser hat der Richter den Wortlaut der Eintragung festzustellen und zugleich den (darüber hinausgehenden) Wortlaut der öffentlichen Bekanntmachung zu verfügen, § 27 HRV. Ebenso ist die Benachrichtigung der Beteiligten gemäß § 130 Abs. 2 FGG anzuordnen.

V. Eintragung Die Eintragung der neu gegründeten SE im Handelsregister erfolgt gem. § 3 Abs. 3 HRV in der Abteilung B. Für den Inhalt der Eintragung gilt § 39 AktG entsprechend, für die monistisch strukturierte SE modifiziert durch § 21 Abs. 4 SEAG: In der Eintragung sind die geschäftsführenden Direktoren (sowie deren Vertretungsbefugnis) anzugeben, nicht aber die Mitglieder des Verwaltungsrats, da nur die geschäftsführenden Direktoren die SE nach außen vertreten können (§ 41 SEAG).46

__________ 45 Allgemein dazu Ammon, DStR 1993, 1025, 1029; Keidel/Krafka/Willer (Fn. 11), Rz. 175. 46 Vgl. Begr. zu § 21 Abs. 4 RegE SEAG, BT-Drucks. 15/3405, S. 36.

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VI. Bekanntmachung der Eintragung Art. 13 SE-VO verpflichtet zur Offenlegung bestimmter Urkunden und Angaben gemäß der 1. Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (Publizitätsrichtlinie) nach Maßgabe der Rechtsvorschriften des Sitzstaates; auch die Eintragung einer SE ist offen zu legen (Art. 15 Abs. 2 SE-VO). Diesen Publizitätserfordernissen kommt das deutsche Gesellschaftsrecht durch die Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister sowie der Bekanntmachung sowohl der Eintragung als auch zusätzlicher Angaben gem. § 40 AktG nach. Für die monistisch strukturierte SE greift dabei ergänzend § 21 Abs. 5 SEAG ein: Danach sind in der Bekanntmachung der Eintragung die Zahl der Mitglieder des Verwaltungsrates und der geschäftsführenden Direktoren oder die Regeln aufzunehmen, nach denen diese Zahl festgesetzt wird; außerdem Name, Beruf und Wohnort der Mitglieder des ersten Verwaltungsrats. Das Registergericht muss die Eintragung der SE entsprechend § 10 Abs. 1 Satz 1 HGB im Bundesanzeiger und in mindestens einem nach § 11 Abs. 1 HGB bestimmten weiteren Blatt bekannt machen. Neben diese „nationale Publizität“ tritt die Bekanntmachung der Eintragung der SE im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften gem. Art. 14 Abs. 1 SE-VO. Damit ist sichergestellt, dass jede in einem Mitgliedsstaat gegründete SE in einem zentralen Publizitätsorgan veröffentlicht wird. Die Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften kommt – im Vergleich zur nationalen Publizität nach Maßgabe von § 40 AktG und § 21 Abs. 5 SEAG – mit deutlich weniger Informationen aus. Gem. Art. 14 Abs. 1 SE-VO werden die Firma der SE, Nummer, Datum und Ort der Eintragung in das Handelsregister veröffentlicht sowie die Datum, Ort und Titel der Veröffentlichung im Bundesanzeiger; außerdem sind Sitz und Geschäftszweig der SE bekannt zu machen. Die Beschränkung auf die notwendigsten Informationen und Verweisung auf die Fundstelle in den Amtsblättern der Mitgliedsstaaten ist sinnvoll, um das Amtsblatt der EG nicht unnötig zu überfrachten. Für den Teilnehmer am Rechtsverkehr ist klar, wo er weitere Informationen über die SE findet. Nach der flächendeckenden Einführung des elektronischen Handelsregisters47 werden diese Informationen leicht zugänglich sein. Der Vollständigkeit halber ist schließlich anzumerken, dass Art. 14 Abs. 3 SE-VO das Registergericht verpflichtet, die erforderlichen Angaben innerhalb eines Monats nach der Eintragung der SE im Handelsregister und Bekanntmachung an das Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften zu übermitteln.

__________ 47 Dazu etwa Keidel/Krafka/Willer (Fn. 11), Rz. 7; Scholz, EuZW 2004, 172.

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Minderheitenschutz bei der Gründung einer Europäischen Gesellschaft Jochen Vetter Inhaltsübersicht I. Überblick ........................................ 1. Die Instrumente des Minderheitenschutzes bei Strukturmaßnahmen ................................ 2. Die vom Gesetzgeber bei der Gründung einer SE vorgesehenen Instrumente des Minderheitenschutzes ............................ a) Verschmelzung ....................... b) Gründung einer Holding-SE ... c) Gründung einer Tochter-SE ... d) Umwandlung in eine SE ......... e) Sitzverlegung der SE ............... II. Verschmelzung ............................... 1. Gesellschafterbeschluss und Information der Gesellschafter .. 2. Verbesserung des Umtauschverhältnisses (§ 6 SEAG) ............ a) Wirtschaftliche Bedeutung ..... b) Beschränkung auf die übertragende deutsche Gesellschaft ....................................... c) Begrenzung durch Art. 25 Abs. 3 Satz 1 der SE-VO ......... d) Verzicht auf Erfordernis des Widerspruchs, Inter-omnesWirkung .................................. e) Begrenzung durch Kapitalerhaltungsgrundsätze ............. f) Bedeutung für bewertungsbezogene Informationsmängel ..................................... g) Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre des ausländischen Partners ................ aa) Gemeinsamer Vertreter .... bb) Deutsches Spruchverfahren für Aktionäre ausländischer Gesellschaften h) Fazit ......................................... i) Behandlung der Bewertungsrüge außerhalb des Spruchverfahrens ................................ aa) Freiwilliges Spruchverfahren .................................

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bb) Berücksichtigung des Schadensersatzanspruchs nach § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG ............................... cc) Rechtlicher Maßstab für Unangemessenheit des Umtauschverhältnisses .... (1) Bestehen eines Beurteilungsspielraums ....... (2) Materiellrechtlicher Maßstab für die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses bei Verträgen zwischen unabhängigen Dritten .. 3. Austrittsrecht gegen Barabfindung (§ 7 SEAG) .................. a) Überblick, Normzweck .......... b) Wirtschaftliche Bedeutung ..... c) Begrenzung durch Kapitalerhaltungsgrundsätze .............. aa) Begrenzung der Barabfindung nach deutschem Recht .................................. bb) Auswirkungen auf die SE mit Sitz im Ausland .......... d) Überprüfung der Höhe der Barabfindung ........................... e) Behandlung der Bewertungsrüge im Freigabeverfahren ...... 4. Pflichtangebot nach § 35 WpÜG .......................................... a) Verschmelzung der deutschen AG auf eine SE mit Sitz im Ausland .................................... b) Verschmelzung auf SE mit Sitz in Deutschland ................ III. Gründung einer Holding-SE ........... 1. Überblick ..................................... 2. Gesellschafterbeschluss und Information der Gesellschafter .. a) Gesellschafterbeschluss, Informationsgewährung .......... b) Eröffnung des Freigabeverfahrens? ..............................

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Minderheitenschutz bei der Gründung 3. Verbesserung des Umtauschverhältnisses (§ 11 SEAG) .......... a) Regelungsinhalt ...................... b) Berechtigung jedes Gesellschafters .................................. c) Überprüfung des Umtauschverhältnisses im Spruchverfahren ................................. d) Anfechtung des Zustimmungsbeschlusses zum Gründungsplan mit der Bewertungsrüge? ..................... 4. Austrittsrecht gegen Barabfindung (§ 9 SEAG) ................. a) Überblick ................................ b) Rechtspolitische Bewertung .. c) Überprüfung der Angemessenheit der Abfindung ............ 5. Übernahmeangebot und Pflichtangebot nach dem WpÜG ..........

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IV. Sitzverlegung .................................. 163 1. Überblick .................................... 163

2. Überprüfung der Angemessenheit der Abfindung ...................... 164 V. Zusammenfassung/Thesen ............ 1. Verschmelzung ........................... a) Verbesserung des Umtauschverhältnisses ............................ b) Austrittsrecht gegen Barabfindung ................................. c) Resümee .................................. d) Pflichtangebot nach § 35 WpÜG ...................................... 2. Gründung einer Holding-SE ....... a) Freigabeverfahren .................... b) Verbesserung des Umtauschverhältnisses ............................ c) Austrittsrecht gegen Barabfindung ................................. d) Pflichtangebot nach § 35 WpÜG ...................................... e) Resümee .................................. 3. Sitzverlegung ............................... 4. Kapitalerhaltung .........................

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I. Überblick 1. Die Instrumente des Minderheitenschutzes bei Strukturmaßnahmen Bei gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen kennt das deutsche Gesellschaftsrecht im Wesentlichen die folgenden Instrumente zum Schutz von Minderheitsaktionären1: –

Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses und Möglichkeit von Minderheitsaktionären, diesen anzufechten: Die Reichweite dieses Rechtsschutzinstruments hängt maßgeblich davon ab, welchen formalen und materiellen Anforderungen der Gesellschafterbeschluss genügen muss und deren Verletzung entsprechend im Wege der Anfechtungsklage geltend gemacht werden kann (Stichworte: Inhaltskontrolle, sachliche Rechtfertigung und Bewertungsrüge). Die Anfechtungsklage führt zu einer Alles-oder-nichts-

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Minderheitenschutz wird hier bewusst nicht in einem institutionellen, sondern einem praktischen Sinne verstanden: Behandelt werden Instrumente, die typischerweise von opponierenden Minderheitsgesellschaftern eingesetzt werden, auch wenn sie teilweise auch die Gesellschaftermehrheit schützen oder auch dem Mehrheitsgesellschafter offenstehen. Die Darstellung orientiert sich bewusst an den mit den Instrumenten verbundenen unterschiedlichen Rechtsbehelfen und nicht etwa an der chronologischen Abfolge im Rahmen der Transaktion (vorbereitende Information, Mitwirkung bei Entscheidungsfindung, Vermögensschutz durch Anpassung des Umtauschverhältnisses und Austrittsrecht, Rechtsschutz gegen unrechtmäßiges Verhalten).

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Lösung, indem die Maßnahme entweder insgesamt durchgeführt werden kann oder zu unterbleiben hat. Um den Gesellschaftern eine sinnvolle Ausübung ihres Stimmrechts zu ermöglichen, sieht das Gesetz regelmäßig besondere Informationspflichten der Verwaltung bzw. Informationsrechte der Gesellschafter vor – diesem Zweck dienen beispielsweise bei der Verschmelzung die Anforderungen an den Verschmelzungsvertrag gem. § 5 UmwG und der Verschmelzungsbericht nach § 8 UmwG, daneben häufig die Unterstützung durch externe Sachverständige, die die von der Verwaltung vorgesehene Maßnahme autonom überprüfen und deren Prüfungsergebnis den Gesellschaftern vor ihrer Beschlussfassung vorgelegt wird (Beispiel: Umwandlungsprüfung gem. §§ 9 ff. UmwG). –

Anspruch auf Ausgleich der erlittenen rechtswidrigen Benachteiligung und Geltendmachung dieses Anspruchs im Wege des Spruchverfahrens: Beispiele sind die Verbesserung des Umtauschverhältnisses bei der Verschmelzung (§ 15 UmwG) oder die Verbesserung des Beteiligungsverhältnisses beim Formwechsel (§ 196 UmwG). Der Vorteil dieses Rechtsschutzinstruments ist, dass die Wirksamkeit der Maßnahme an sich unberührt bleibt und der Streit über den Nachteilsausgleich das Wirksamwerden der Maßnahme nicht verzögert. Konsequenz ist, dass diejenigen Rechtsmängel, die einem gesonderten Nachteilsausgleich und dessen Überprüfung im Spruchverfahren zugänglich sind, die Anfechtung des zugrundeliegenden Gesellschafterbeschlusses nicht rechtfertigen können (vgl. §§ 14 Abs. 2, 195 Abs. 2 UmwG).



Schadensersatz: Gegen rechtswidrige Maßnahmen, die nicht auf einem Gesellschafterbeschluss beruhen und bei denen auch kein Nachteilsausgleich im Wege des Spruchverfahrens vorgesehen ist, sind die Minderheitsaktionäre auf präventive Unterlassungsansprüche, die allerdings häufig praktisch nicht effektiv durchsetzbar sind, und nachträgliche Schadensersatzansprüche angewiesen. Wichtigstes Beispiel ist die rechtswidrige Ausnutzung eines genehmigten Kapitals. Als subsidiärer Rechtsbehelf steht der Schadensersatzanspruch auch dann zur Verfügung, wenn mit einer Anfechtungsklage wegen zwischenzeitlich eingetretener Bestandskraft die eigentlich beabsichtigte Verhinderung der Maßnahme nicht mehr möglich ist (Beispiel: § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG).



Austrittsrecht widersprechender Minderheitsgesellschafter: Hierbei handelt es sich vom Grundsatz her – anders als bei den zuvor genannten Schutzinstrumenten – nicht um einen Schutz vor rechtswidriger Benachteiligung, sondern vor einer als unzumutbar angesehenen Veränderung der Mitgliedschaft. Der einzelne Minderheitsaktionär hat das Recht, sich unabhängig von der Rechtswidrigkeit der betreffenden Maßnahme gegen diese dadurch zu schützen, dass er aus seiner Gesellschaft austritt, indem er der Gesellschaft oder dem Mehrheitsgesellschafter seine Anteile gegen eine angemessene Abfindung andient. Die Überprüfung der Angemessenheit der Vetter

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Abfindung erfolgt auch hier im Spruchverfahren mit der Folge, dass der Streit über die Angemessenheit der Abfindung das Wirksamwerden der Maßnahme unberührt lässt. Beispiele sind die umwandlungsrechtlichen Austrittsrechte bei der Verschmelzung auf einen Rechtsträger anderer Rechtsform und dem Formwechsel (§§ 29, 207 UmwG) sowie die Verpflichtung zur Gewährung einer Abfindung beim Abschluss von Unternehmensverträgen nach § 305 AktG. –

Pflichtangebot: In der Wirkungsweise dem gesellschaftsrechtlichen Austrittsrecht sehr ähnlich ist das kapitalmarktrechtliche Pflichtangebot des § 35 WpÜG, das Minderheitsaktionären den Austritt aus der Gesellschaft in dem Fall ermöglicht, dass ein Dritter die Kontrolle über die börsennotierte Aktiengesellschaft erworben hat.

Minderheitenschutz ist nie umsonst zu erlangen. Mit ihm sind stets unmittelbare Auswirkungen und Risiken für die an der Maßnahme beteiligten Unternehmen und gegebenenfalls die Mitgesellschafter verbunden. Die unmittelbare Auswirkung hängt vom jeweiligen Instrument des Minderheitenschutzes ab: Bei der Anfechtungsklage droht die Vernichtung des Beschlusses und damit das Scheitern des gesamten Vorhabens. Beim Nachteilsausgleich, dem Austrittsrecht und dem Pflichtangebot drohen finanzielle Lasten. Abgesehen von diesen unmittelbaren, aus der Art des Anspruchs und des Rechtsschutzes folgenden Auswirkungen sind auch mittelbare Konsequenzen zu beachten: Unabhängig vom tatsächlichen Ausgang einer Anfechtungsklage kann schon die Dauer des Verfahrens dazu führen, dass eine Maßnahme gar nicht erst ergriffen wird.2 Aus diesem Grund ist die Eröffnung eines Freigabeverfahrens gem. §§ 16 UmwG, 319 Abs. 6, 327e Abs. 2 AktG für die Praxis von solch erheblicher Bedeutung und wird die Erstreckung dieses Eilverfahrens auf andere Strukturmaßnahmen zu recht intensiv diskutiert.3 Unabhängig von dem tatsächlichen Ausgang des Spruchverfahrens und der gewährten Verbesserung des Umtauschverhältnisses oder der Höhe der Barabfindung kann schon das theoretisch bestehende Risiko im Hinblick auf die Liquiditätsbelastung der Gesellschaft oder die Veränderung der wirtschaftlichen Grundlagen der Transaktion

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So ist etwa das Risiko der zeitlichen Verzögerung, abgesehen von den unklaren Rechtsfolgen, ein Grund dafür, warum Sachkapitalerhöhungen bei börsennotierten Aktiengesellschaften in Deutschland kaum vorkommen. Vgl., mit Unterschieden in der konkreten Ausgestaltung, die Empfehlungen der Regierungskommission Corporate Governance in Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rz. 153; abweichend Baums, Gutachten F zum 63. DJT, 2000, Bd. I, S. F 167 ff.; die Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des DAV zu den Gesetzgebungsvorschlägen der Regierungskommission Corporate Governance, NZG 2003, Sonderbeil. zu Heft 9, S. 15 f. = BB 2003, Sonderbeil. 4, S. 10 f.; Bayer, NJW 2000, 2609, 2617 f.; ders. in VGR (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 1999, 2000, S. 35, 47 ff.; ders., ZHR 2002, Beiheft 71, S. 137, 144 ff.; Marsch-Barner in Verhandlungen des 63. DJT, 2000, Bd. II/I, S. O 59 ff.; Lutter, JZ 2000, 837, 840; Reichert, ZHR 2002, Beiheft 71, S. 165, 190 ff.; Karsten Schmidt in Verhandlungen des 63. DJT, 2000, Bd. II/I, S. O 21 f.; Winter in FS Ulmer, 2003, S. 699, 712 ff.; kritisch etwa Zöllner, AG 2000, 145, 149 f.

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für die nicht berechtigten Gesellschafter dazu führen, dass die Maßnahme gar nicht erst in Angriff genommen wird. Die vorstehend skizzierten Instrumente des Minderheitenschutzes machen zugleich deutlich, dass es bei unserem Thema auch um die Frage geht, welchen Einfluss nationalstaatliche, speziell deutsche Gerichte auf die Ausgestaltung von Zusammenschlussvorhaben und die Überprüfung zwischen den Partnern ausgehandelter Ergebnisse haben.4

2. Die vom Gesetzgeber bei der Gründung einer SE vorgesehenen Instrumente des Minderheitenschutzes Bei den vier verschiedenen Möglichkeiten der Gründung einer SE sowie der Sitzverlegung einer SE in einen anderen Mitgliedstaat nach Art. 8 der SE-VO5 hat der, oder besser, haben die Gesetzgeber in unterschiedlichem Umfang Minderheitsgesellschaftern Rechte der unter 1. dargestellten Art gewährt. Zu beachten ist hierbei das Zusammenspiel der verschiedenen Ebenen innerhalb der Normenhierarchie (Verordnung und nationale Ausführungsgesetze) sowie der verschiedenen nationalen Rechtsordnungen, die auf die entstehende SE und die an der Gründung beteiligten Gesellschaften Anwendung finden. Die SE-VO regelt den Minderheitenschutz nur rudimentär: Einige Grunddaten wie das Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses bei den mitwirkenden Unternehmen6 und der Bestandsschutz nach erfolgreichem Abschluss des Gründungsverfahrens bei der Gründung durch Verschmelzung (Art. 30 SE-VO) werden vorgegeben; im übrigen überlässt die Verordnung ausdrücklich die Ausgestaltung des Minderheitenschutzes bei den beteiligten Gesellschaften dem jeweiligen nationalen Gesetzgeber7, wobei aber – gerade aufgrund des Drängens der deutschen und österreichischen Delegation8 – die besonderen deutschen und

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Kritisch zur Übertragung unternehmerischer Entscheidungen auf die Gerichte durch exzessiven Minderheitenschutz auch Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 467. Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates v. 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), nachfolgend SE-VO; diese wird durch das Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) präzisiert und ergänzt, das in seinem Art. 1 das Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates v. 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (SE-Ausführungsgesetz – SEAG) enthält. Vgl. zur Gründung durch Verschmelzung Art. 23 Abs. 1, zur Gründung einer HoldingSE Art. 32 Abs. 6, zur Umwandlung Art. 37 Abs. 7 und zur Sitzverlegung Art. 8 Abs. 4 und 6; einzig bei der Gründung einer Tochter-SE ist durch die Verordnung selbst keine Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung vorgegeben (vgl. Art. 36). Vgl. die Ermächtigungen zum Erlass von Vorschriften, um einen angemessenen Schutz der Minderheitsaktionäre, die sich gegen die Maßnahme ausgesprochen haben, zu gewährleisten, in Art. 24 Abs. 2 für die Verschmelzung, Art. 34 für die Gründung einer Holding-SE und Art. 8 Abs. 5 für die Sitzverlegung. Art. 24 Abs. 2 SE-VO wurde auf Anregung der deutschen, Art. 25 Abs. 3 SE-VO auf Anregung der österreichischen Delegation in den Text aufgenommen, vgl. C. Teichmann, ZGR 2003, 367, 384 Fn. 69.

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österreichischen Instrumente der Verbesserung des Umtauschverhältnisses und des Austritts gegen angemessene Barabfindung in Art. 25 Abs. 3 SE-VO ausdrücklich erwähnt und unter bestimmten Voraussetzungen9 anerkannt worden sind. Dabei können sich Konflikte zwischen den unterschiedlichen Rechtsordnungen ergeben. Zum einen dann, wenn der Minderheitenschutz nur in einem Land und damit nur zu Gunsten der Aktionäre einer Gesellschaft eine nachträgliche Verbesserung des Umtauschverhältnisses oder Erhöhung der Barabfindung vorsieht. Zum anderen ergibt sich ein notwendiges Zusammenspiel mehrerer Rechtsordnungen, wenn die Rechtsordnung eines beteiligten Gründungsunternehmens Minderheitsgesellschaftern Rechte gewährt, die nach Wirksamwerden der Gründung von der SE, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat und entsprechend gem. Artt. 3 und 5 SE-VO in weitem Umfang dessen nationalen Recht unterliegt, gewahrt und bedient werden müssen. Im Einzelnen ergeben sich die folgenden Instrumente des Minderheitenschutzes bei den verschiedenen Gründungsformen: a) Verschmelzung –

Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften zum Verschmelzungsplan gemäß Art. 23 SE-VO mit dem Umwandlungsrecht weitgehend vergleichbaren Informationspflichten; Blockadewirkung der Anfechtungsklage mit der Möglichkeit der Gesellschaft, diese im Freigabeverfahren nach § 16 Abs. 3 UmwG zu überwinden.



Verbesserung des Umtauschverhältnisses: Nach § 6 SEAG können die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft den Verschmelzungsbeschluss nicht unter Berufung auf die angebliche Unangemessenheit des Umtauschverhältnisses anfechten; ihnen steht stattdessen der spezielle Rechtsbehelf der Verbesserung des Umtauschverhältnisses durch bare Zuzahlung zu, der das Wirksamwerden der Verschmelzung unberührt lässt. Der materielle Anspruch auf bare Zuzahlung und dessen verfahrensrechtliche Geltendmachung sind in enger Anlehnung an §§ 14 Abs. 2, 15 UmwG konzipiert.



Austrittsrecht gegen Barabfindung: Nach § 7 SEAG muss der Verschmelzungsplan bei einer Verschmelzung auf eine SE mit Sitz im Ausland zugunsten derjenigen Aktionäre, die gegen den Verschmelzungsbeschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt haben, den Erwerb ihrer Aktien gegen eine angemessene Barabfindung anbieten. Die Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses und der angebotenen Barabfindung soll grundsätzlich wie bei rein deutschen Verschmelzungen im Wege des Spruchverfahrens erfolgen (§§ 6 Abs. 4, 7 Abs. 7 SEAG), wobei das Spruchverfahren mit seiner Inter-omnes-Wirkung, dessen Ausgang letztlich nicht die übertragende, sondern die übernehmen-

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Hierzu ausführlicher nachfolgend unter II.2.c), S. 123.

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de Gesellschaft bindet, gem. Art 25 Abs. 3 SE-VO von der Akzeptanz der Aktionärsmehrheit des ausländischen Verschmelzungspartners abhängt. b) Gründung einer Holding-SE Auch für die Gründung einer Holding-SE sind die gleichen Instrumente des Minderheitenschutzes vorgesehen: – Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung nebst begleitenden Informationspflichten (Art. 32 SE-VO); – Verbesserung des Umtauschverhältnisses (§ 11 SEAG) und – Austrittsrecht gegen Barabfindung (§ 9 SEAG). c) Gründung einer Tochter-SE Zur Gründung einer Tochter-SE enthält weder die SE-VO noch das SEAG nähere Ausführungen zum Minderheitenschutz, so dass nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO das Recht Anwendung findet, in dem die SE ihren Sitz hat. Fragen des Minderheitenschutzes stellen sich hierbei typischerweise allerdings nicht. Die Gründung der Tochter-SE stellt regelmäßig eine Geschäftsführungsmaßnahme dar, für die nach deutschem Recht nur ausnahmsweise nach Holzmüller- bzw. nunmehr Gelatine-Grundsätzen eine Zustimmung der Hauptversammlung erforderlich sein könnte.10 d) Umwandlung in eine SE Der Umwandlung der deutschen AG in eine SE muss die Hauptversammlung der SE zustimmen (Art. 37 Abs. 7 SE-VO). Art. 37 Abs. 4–6 SE-VO sehen bestimmte Informationspflichten im Rahmen der Vorbereitung der Hauptversammlung vor. Da die SE nach der Umwandlung ihren Sitz zwingend in Deutschland haben muss (Art. 37 Abs. 3 SE-VO) und damit auf die SE weiterhin maßgeblich deutsches Aktienrecht Anwendung findet, sind Minderheitsaktionäre nicht schutzbedürftig. Entsprechend enthält auch das SEAG keine Vorschriften zu dieser Gründungsform. e) Sitzverlegung der SE Auch wenn es sich bei der Sitzverlegung nicht um einen Gründungstatbestand handelt, ergeben sich doch der Gründung vergleichbare Fragen des Minderheitenschutzes. Neben dem Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses

__________ 10 Nach den Einschränkungen der Holzmüller-Grundsätze durch die Gelatine-Entscheidungen des BGH dürfte dies jedoch nur noch in sehr seltenen Fällen in Betracht kommen, vgl. BGH, Urteile vom 26.4.2004, ZIP 2004, 993 (m. Anm. Altmeppen) und ZIP 2004, 999 ff.; dazu etwa Bungert, BB 2004, 1345 ff.; Götze, NZG 2004, 585 ff.; Koppensteiner, Der Konzern 2004, 381 ff.

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sieht § 12 SEAG ein Austrittsrecht gegen Barabfindung der widersprechenden Minderheitsaktionäre vor. Nachfolgend sollen die einzelnen Instrumente des Minderheitenschutzes bei der Gründung einer SE durch Verschmelzung, der Gründung einer Holding-SE sowie der Sitzverlegung näher dargestellt werden; auf die Gründung einer Tochter-SE und die Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eine SE soll dagegen nicht näher eingegangen werden. Dabei soll neben den auftretenden rechtlichen Fragen der Ausgestaltung des Minderheitsschutzes auch der Frage nachgegangen werden, mit welchen wirtschaftlichen oder rechtlichen Risiken/ Nachteilen für den Gründungsprozess der Minderheitenschutz erkauft wird und ob dadurch die Attraktivität der Gründung einer SE unter Beteiligung deutscher Unternehmen und die Chancen eines Sitzes der SE in Deutschland leiden können. Nicht Gegenstand der nachfolgenden Überlegungen sind Fragen des Minderheitenschutzes in einem weiteren Sinne wie der Schutz der Inhaber von Sonderrechten oder spezieller Aktiengattungen.11

II. Verschmelzung 1. Gesellschafterbeschluss und Information der Gesellschafter Nach Art. 23 SE-VO muss die Hauptversammlung jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften dem Verschmelzungsplan zustimmen. Das Beschlussverfahren und die erforderliche Mehrheit sind den nationalen Rechtsordnungen überlassen; in Deutschland ist gem. Art. 18 SE-VO, §§ 65, 73 UmwG die qualifizierte Mehrheit von mindestens drei Viertel des vertretenen Grundkapitals erforderlich. Mit dem Beschlusserfordernis ist gem. Art. 25 Abs. 1 SE-VO in Deutschland das grundlegende, jedem Widerspruch einlegenden Aktionär zustehende Recht der Erhebung einer Anfechtungsklage nach §§ 243 ff. AktG zur Geltendmachung von Rechtsverletzungen verbunden. Wie bei einer rein deutschen Verschmelzung nach dem UmwG hat die Erhebung der Anfechtungsklage gegen den Verschmelzungsbeschluss zunächst eine Blockade des Wirksamwerdens der Verschmelzung zur Folge. Die erhobene Anfechtungsklage bzw. die fehlende Negativerklärung nach § 16 Abs. 2 UmwG steht zwar anders als bei der deutschen Verschmelzung nicht der Eintragung der Verschmelzung, wohl aber der Erteilung der zwingend erforderlichen Rechtmäßigkeitsbestätigung nach Art. 25 Abs. 2 SE-VO entgegen.12 Diese Wirkung kann aber über ein gerichtliches Freigabeverfahren nach § 16 Abs. 3 UmwG bei offensichtlicher Unzulässigkeit oder Unbegründetheit oder überwiegendem Vollzugsinteresse beseitigt werden. Der Verweis auf das nationale

__________ 11 Hierzu etwa Kalss, ZGR 2003, 593, 604 f. 12 So auch C. Teichmann, ZGR 2003, 367, 375; Scheifele, Die Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE), 2004, S. 263 Fn. 620.

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Verschmelzungsrecht durch Art. 25 Abs. 1 und subsidiär Art. 18 SE-VO umfasst auch § 16 UmwG13. Ist die SE eingetragen und die Verschmelzung damit wirksam geworden, bleibt die Wirksamkeit der Verschmelzung von einem späteren Erfolg der Anfechtungsklage unberührt (Art. 30 SE-VO); gemäß § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG sind die klagenden Aktionäre auf Schadensersatzansprüche gegen die SE beschränkt. Um dem einzelnen Aktionär zu ermöglichen, sein Mitentscheidungsrecht sachgemäß auszuüben, sind bei der Gründung einer SE durch Verschmelzung im wesentlichen die gleichen Informationen zu gewähren wie bei einer Verschmelzung zweier deutscher Aktiengesellschaften: Art. 20 SE-VO bestimmt den Mindestinhalt des Verschmelzungsplans, der in weitem Umfang dem Inhalt des Verschmelzungsvertrags nach § 5 UmwG entspricht14. Eine wichtige Ausnutzung der Ermächtigung des Art. 20 Abs. 2 SE-VO zur Hinzufügung weiterer Bestandteile des Verschmelzungsplans ist das Barabfindungsangebot gem. § 7 Abs. 1 SEAG. Ein Verschmelzungsbericht wird von der SE-VO nicht ausdrücklich vorgeschrieben; über Art. 18 SE-VO ergibt sich seine Notwendigkeit aber aus § 8 UmwG. Das Erfordernis einer Verschmelzungsprüfung ergibt sich für nationale Verschmelzungen bereits aus Art. 10 der Dritten Richtlinie und wird daher von der SE-VO als in allen Mitgliedstaaten gegeben vorausgesetzt; die SE-VO beschränkt sich insoweit auf Detailregelungen zur Bestellung eines gemeinsamen Prüfers (Art. 21 SE-VO). Für den deutschen Verschmelzungspartner gelten über Art. 18 SE-VO die §§ 9 ff., 60 UmwG (vorbehaltlich der Sonderreglung des Art. 22 SE-VO). Vorschriften zur rechtzeitigen Information im Vorfeld der Hauptversammlung finden sich in Art. 21 SE-VO, § 5 SEAG sowie den §§ 61, 63 UmwG. In der Hauptversammlung selbst ist der Verschmelzungsplan gem. § 64 Abs. 1 UmwG mündlich zu erläutern. Die Aktionäre haben in der Hauptversammlung die gleichen weitgehenden Auskunftsrechte gem. §§ 131 AktG, 64 Abs. 2 UmwG wie bei einer Verschmelzung mit einem deutschen Partner. Wie bei rein innerdeutschen Verschmelzungen in der Vergangenheit ist daher auch bei der Gründung einer SE durch Verschmelzung damit zu rechnen, dass der praktisch wichtigste Anfechtungsgrund – vorbehaltlich der nachfolgend noch ausführlicher diskutierten Bewertungsrüge – die angeblich unzureichende Informationserteilung sein wird.15

__________ 13 Ausdrücklich zur Geltung des § 16 Abs. 3 UmwG Kalss, ZGR 2003, 593, 624; Neun in Theisen/Wenz (Hrsg.), Die Europäische Aktiengesellschaft, 2002, S. 125; Scheifele (Fn. 12), S. 263 Fn. 620; der Handelsrechtsausschuss des DAV in seiner Stellungnahme Nr. 35/04 zum RegE des SEEG zu § 6 SEAG unter 3 (abgedruckt in NZG 2004, 957 ff. und im Internet abrufbar unter der www.anwaltverein.de). 14 Ausführlicher zum Ablauf der Verschmelzung und den dabei zu gewährenden Informationen C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 417 ff.; Neun (Fn. 13), S. 93 ff.; Scheifele (Fn. 12), S. 140 ff.; zum Inhalt des Verschmelzungsvertrags und -plans nach österreichischem Recht Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, § 17 SEG Rz. 11 ff. 15 Zu der Frage, wie mit bewertungsbezogenen Informationsmängeln umzugehen ist, nachfolgend unter II.2.f), S. 128 f.

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2. Verbesserung des Umtauschverhältnisses (§ 6 SEAG) a) Wirtschaftliche Bedeutung Vor einer näheren Betrachtung der rechtlichen Regelung zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses zunächst einige Bemerkungen zur wirtschaftlichen und praktischen Bedeutung: Für uns in Deutschland ist die Möglichkeit der Überprüfung und nachträglichen Korrektur des Umtauschverhältnisses mittlerweile eine Selbstverständlichkeit, und zwar nicht nur zum Schutz von widersprechenden Minderheitsgesellschaftern, sondern auch Aktionären, die die Maßnahme mittragen. Kann das zwischen den Beteiligten autonom ausgehandelte Umtauschverhältnis nachträglich gerichtlich überprüft werden, hat dies – darauf ist im Zusammenhang mit § 15 UmwG und der Frage seiner Ausweitung auf Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft und Sachkapitalerhöhungen nach § 255 Abs. 2 AktG bereits hingewiesen worden16 – für die beteiligten Unternehmen ganz erhebliche wirtschaftliche Risiken zur Folge: –

Der Umfang der baren Zuzahlung ist betragsmäßig nicht begrenzt. Die Möglichkeit der Verbesserung des Umtauschverhältnisses ist nicht nur der Verschmelzung widersprechenden Aktionären vorbehalten. Nach § 13 SpruchG, der gemäß § 1 Nr. 5 SpruchG in seiner durch Art. 5 Nr. 1 SEAG geänderten Fassung auch für die Gründung und Sitzverlegung einer SE gilt, hat die gerichtliche Entscheidung Wirkung für alle Aktionäre des übertragenden Rechtsträgers, auch wenn sie nicht selbst den Antrag gestellt haben. Beispiel: Die deutsche D AG und die französische F S.A. führen einen merger of equals durch Verschmelzung und Umwandlung der F AG in eine SE durch. Beide Unternehmen sind mit jeweils 10 Mrd. Euro bewertet worden. Sollte sich im nachfolgenden Spruchverfahren ergeben, dass die D AG um 10 % zu gering und die F AG mit 10 % zu hoch bewertet worden ist, so wäre an die Aktionäre der D AG ein Betrag von knapp 2 Mrd. Euro oder 10 % des addierten Unternehmenswerts beider Unternehmen auszugleichen. Der Kreis der berechtigten Aktionäre ist dabei auch nicht zwingend auf 50 % der SE-Aktionäre oder des SE-Kapitals beschränkt; wird eine große wertvolle deutsche AG auf eine bedeutend kleinere ausländische Gesellschaft im Wege der SE-Gründung verschmolzen, kann sich der Anteil der Berechtigten erheblich erhöhen. Noch dramatischer sind die Folgen, wenn die kleine aufnehmende Gesellschaft mit den wenigen Aktionären überbewertet worden ist mit der Folge, dass zum Ausgleich dieser Ungleichbehandlung der Vielzahl von Aktionären der großen übertragenden Gesellschaft der Ausgleichsbetrag zu zahlen ist.

__________ 16 Philipp, AG 1998, 264, 268 f.; Martens, AG 2000, 301, 302; Gerold und Tilman Bezzenberger in FS Welf Müller, 2001, S. 1, 12 ff., insb. 20 ff.; J. Vetter, ZHR 168 (2004), 8, 26.

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Trotz verbreiteter Kritik und Reformvorschlägen aus dem Schrifttum17 hat die Ausgleichsleistung sowohl nach deutschem Umwandlungsrecht als auch der ausdrücklichen Regelung des § 6 SEAG in bar zu erfolgen. Die Möglichkeit, den Ausgleich durch die Gewährung von Aktien zu erlauben, ist der übernehmenden Gesellschaft bisher (leider) nicht eröffnet worden.18



Wie bei § 15 Abs. 2 UmwG ist die bare Zuzahlung gem. § 6 Abs. 3 SEAG ab Eintragung und Bekanntmachung der SE mit jährlich 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.



Auch nach der Reform des Spruchverfahrensrechts ist zweifelhaft, ob die überlange Dauer der meisten Verfahren effektiv auf ein für die Praxis erträgliches Maß begrenzt werden kann.



Die bare Zuzahlung kann daher selbst bei vergleichsweise geringen Korrekturen des Umtauschverhältnisses zu einem noch unbekannten Zeitpunkt in der Zukunft zu einem ganz erheblichen Liquiditätsabfluss bei der SE führen; dieser unberechenbare Entzug von Kapital und Liquidität könnte die Unternehmensfinanzierung der SE empfindlich stören.



Unabhängig von dem tatsächlichen Ausgang des Spruchverfahrens kann schon das bloße Faktum einer nachträglichen gerichtlichen Preis- und Wertkontrolle und die damit verbundene, möglicherweise jahrelange Unsicherheit an der Börse mit empfindlichen Abschlägen bewertet werden und die zwischenzeitliche Eigenkapitalaufnahme über die Börse und außerhalb der Börse erheblich erschweren.19

__________ 17 Überwiegend wird die Möglichkeit einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln vorgeschlagen, so bereits die Empfehlung des Handelsrechtsausschusses des DAV in seiner Stellungnahme zum RefE des UmwG, WM 1993, Beilage 2 Rz. 53; deutlicher noch die Vorschläge zur Änderung des UmwG von 2000, NZG 2000, 802, 803 und die Stellungnahme zu den Gesetzgebungsvorschlägen der Regierungskommission Corporate Governance, NZG 2003, Sonderbeil. zu Heft 9, S. 14 = BB 2003, Sonderbeil. 4, S. 9, wo die Gewährung von Aktien als Option auch für den Fall des § 15 UmwG vorgeschlagen wird; ebenso der Vorschlag der Regierungskommission Corporate Governance zu § 14 Abs. 2 UmwG in Baums (Fn. 3), Rz. 151; Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 551; Hirte in Großkomm.AktG, 4. Aufl. 2001, § 203 Rz. 10; Scheifele (Fn. 12), S. 263 Fn. 620; Winter (Fn. 3), S. 699, 721; auf die Gewährung von Aktien durch ein bedingtes Kapital verweist Hoffmann-Becking, WPg-Sonderheft 2001, S. 121, 124; ausführlicher zu den verschiedenen Möglichkeiten der Gewährung von Aktien de lege ferenda J. Vetter, ZHR 168 (2004), 8, 42 ff. 18 Auch der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme zum SEEG vorgeschlagen, die Ausgleichsleistung nach § 6 Abs. 2 SEAG durch die Gewährung von Aktien zuzulassen (BT-Drucks. 15/3656, S. 3); die Bundesregierung hat diesen Vorschlag unter Verweis auf „nicht unerhebliche rechtstechnische Schwierigkeiten“ und die Prüfung dieser Frage im Zusammenhang mit einer künftigen Reform des UmwG abgelehnt (BT-Drucks. 15/3656, S. 9); vgl. zur Kritik auch die Stellungnahmen des Handelsrechtsausschusses des DAV Nr. 65/03, Nr. 1 zu § 6 (abgedruckt in NZG 2004, 75 ff.) und Nr. 35/04, Nr. 2 zu § 6., beide im Internet abrufbar unter www.anwaltverein.de. 19 Hierauf weisen Gerold und Tilman Bezzenberger (Fn. 16), S. 1, 12 ff., insb. 20 ff., hin.

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Verbot der reformatio in peius: Die Aktionäre der deutschen übertragenden Gesellschaft können durch die Einleitung eines Spruchverfahrens nur gewinnen, aber nicht verlieren.20

In diesem Zusammenhang noch ein Hinweis zu den praktischen Erfahrungen mit Spruchverfahren: Diese zeigen deutlich unterschiedliche Ergebnisse im Hinblick auf Konzernsachverhalte und Verschmelzungen zwischen unabhängigen Dritten. Zu Konzernsachverhalte betreffenden Spruchverfahren zur Überprüfung der angebotenen Abfindung kommt eine empirische Studie aus dem Jahre 1994 zum Ergebnis, dass die Spruch(stellen)verfahren im Durchschnitt zu einer Erhöhung von 34 % führten.21 Demgegenüber zeigt die eigene Erfahrung mit Verschmelzungen zwischen unabhängigen Dritten, dass das Spruchverfahren regelmäßig nicht zu einer Verbesserung des Umtauschverhältnisses führt; selbst für Konzernverschmelzungen haben sich allenfalls Verbesserungen im unteren einschlägigen Prozentbereich ergeben.22 b) Beschränkung auf die übertragende deutsche Gesellschaft Nach § 6 Abs. 1 und 2 SEAG steht die Möglichkeit einer nachträglichen Verbesserung des Umtauschverhältnisses nur den Aktionären der übertragenden Gesellschaft zur Verfügung. Dies entspricht der Regelung in § 15 UmwG. Dessen Begrenzung und damit auch der korrespondierende Ausschluss der Anfechtungsklage bei Bewertungsrügen nur der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft nach § 14 Abs. 2 UmwG wird heute ganz allgemein als rechtspolitisch verfehlt angesehen.23 Entsprechend war noch im DiskE in § 6 SEAG die Möglichkeit der Verbesserung des Umtauschverhältnisses im Wege des Spruchverfahrens und der damit verbundene Anfechtungsausschluss auch für

__________ 20 Die Geltung des Verbots der reformatio in peius für Spruchverfahren ist unbestritten, vgl. etwa Klöcker/Frowein, Spruchverfahrensgesetz, 2004, § 11 Rz. 3; Krieger in Lutter, UmwG, 2. Aufl. 2000, § 307 Rz. 14; zu Überlegungen, das Spruchverfahren de lege ferenda zu einem echten kontradiktorischen Verfahren zu machen oder jedenfalls eine Verschlechterung zuzulassen, Martens, AG 2000, 301, 308; speziell zur Gründung einer SE im Wege der Verschmelzung C. Teichmann, ZGR 2003, 367, 386 f. 21 Im einzelnen Dörfler/Gahler/Unterstraßer/Wierichs, BB 1994, 156 ff. 22 In Betracht gezogen wurden 10 abgeschlossene Spruchverfahren, von denen 6 zu keiner Verbesserung des Umtauschverhältnisses führten. Die übrigen, die allesamt Konzernsachverhalte betrafen, führten zu Verbesserungen zwischen 1,67 % und 7 %. 23 Vgl. nur die Kritik des Deutschen Juristentags, Baums, 63. DJT (Fn. 3), S. F 120 ff.; Marsch-Barner, 63. DJT (Fn. 3), S. O 59 sowie Beschluss 12. a) der Abteilung Wirtschaftsrecht in Verhandlungen des 63. DJT, Bd. II/I, S. O 76; des Handelsrechtsausschusses des DAV in den verschiedenen Stellungnahmen (WM 1993, Sonderbeilage 2 Rz. 49 ff.; NZG 2000, 802, 803; NZG 2002, 119, 124; NZG 2003, Sonderbeil. zu Heft 9, S. 14) sowie aus der Literatur nur Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 548 ff.; Fritzsche/Dreier, BB 2002, 737, 739 ff.; J. Vetter, ZHR 168 (2004), 8, 24 ff. m. w. N.; einschränkend allerdings Gerold und Tilman Bezzenberger (Fn. 16), S. 1, 12 ff., die ein Spruchverfahren nur bei einem Bezugsrechtsausschluss zu Gunsten des Großaktionärs, also dann, wenn der Großaktionär maßgeblich an der übertragenden Gesellschaft beteiligt ist, für gerechtfertigt halten.

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die Aktionäre der deutschen übernehmenden Gesellschaft vorgesehen.24 Diese an sich sinnvolle Weiterentwicklung des deutschen Gesellschaftsrechts wurde dennoch kritisiert, und zwar gerade auch von denjenigen, die an sich eine Ausweitung des Spruchverfahren-Konzepts auf die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft fordern, und zwar mit dem nicht von der Hand zu weisenden Argument, dass eine punktuelle Regelung ohne eine allgemeine Lösung des Problems im Umwandlungsgesetz und Aktiengesetz letztlich nur Flickwerk darstellen würde.25 Der Wortlaut des § 6 Abs. 1 und 4 SEAG bestimmt nicht ausdrücklich, dass der Anspruch auf bare Zuzahlung und Überprüfung des Umtauschverhältnisses im Spruchverfahren nur den Aktionären der beteiligten deutschen AG zusteht. Dies folgt jedoch auch ohne ausdrückliche Klarstellung schon aus den Bestimmungen der Artt. 18, 24 Abs. 2 und 25 Abs. 3 SE-VO, die den deutschen Gesetzgeber nur zu Ausführungsbestimmungen für deutschem Recht unterliegende Gesellschaften ermächtigen.26 Festzuhalten bleibt damit, dass mangels speziellen Anspruchs auf Nachteilsausgleich und Überprüfungsmöglichkeit im Spruchverfahren Aktionäre der sich in eine SE umwandelnden aufnehmenden deutschen Aktiengesellschaft eine Bewertungsrüge nur im Wege der Anfechtungsklage geltend machen können. Dies hat allerdings die Konsequenz, dass – sollte es nicht gelingen, mit Bewertungsrügen im Freigabeverfahren nach § 16 Abs. 3 UmwG zufriedenstellend und zeitnah umzugehen27 – es im Hinblick auf die Vollzugssicherheit nachteilig sein dürfte, den Sitz der SE nach Deutschland zu legen.28 c) Begrenzung durch Art. 25 Abs. 3 Satz 1 der SE-VO Der gesamte Rechtsbehelf der Verbesserung des Umtauschverhältnisses steht nach § 6 Abs. 1 SEAG unter dem Vorbehalt, dass die Voraussetzung des Art. 25 Abs. 3 Satz 1 der SE-VO gegeben ist.29 Nach Art. 25 Abs. 3 Satz 1 SE-VO findet

__________ 24 Zustimmend Kalss, ZGR 2003, 593, 621 f.; Scheifele (Fn. 12), S. 235 f., 246 f.; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 427 und ZGR 2003, 367, 380; anders aber schon der Referentenentwurf des SEEG v. 5.4.2004; hierzu Waclawik, DB 2004, 1191, 1192 f. 25 Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des DAV Nr. 65/03 zum DiskE des SEEG vom November 2003, Nr. 1 zu § 6. 26 So ausdrücklich auch Ihrig/Wagner, BB 2003, 969, 971, 972; zur Erhöhung der Akzeptanz war angedacht worden, auch den Gesellschaftern der ausländischen Gesellschaften eine entsprechende Überprüfungsmöglichkeit und einen Anspruch auf Verbesserung des Umtauschverhältnisses gegen die deutsche Gesellschaft einzuräumen, vgl. hierzu C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 429; zustimmend Kalss, ZGR 2003, 593, 623; zur Umsetzung dieses Gedanken durch ein freiwilliges Spruchverfahren nachfolgend unter II.2.i) aa), S. 134 ff. 27 Hierzu nachfolgend II.2.i), S. 133 ff. 28 Hierauf weist auch C. Teichmann, ZGR 2003, 367, 380 hin. 29 Diese Klarstellung ist aufgrund von Vorschlägen aus der Praxis zum DiskE aufgenommen worden, vgl. die Stellungnahme des Handelsrechtsausschuss des DAV Nr. 65/03 unter 3 b) und c) zu § 6; Ihrig/Wagner, BB 2003, 969, 972.

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ein in einem Mitgliedstaat vorgesehenes Verfahren zur Kontrolle und Änderung des Umtauschverhältnisses der Aktien oder zur Abfindung von Minderheitsaktionären, dass der Verschmelzung nicht entgegensteht, nur dann Anwendung, wenn die anderen sich verschmelzenden Gesellschaften in Mitgliedstaaten, in denen ein derartiges Verfahren nicht besteht, dies bei der Zustimmung zum Verschmelzungsplan ausdrücklich akzeptieren.30 Gedacht wurde bei dieser Regelung, die auf Vorschlag Österreichs in die Verordnung aufgenommen wurde, gerade an das deutsche und österreichische Spruchverfahren. Angesichts der möglicherweise gravierenden wirtschaftlichen Folgen, der Einseitigkeit der Begünstigung und der Nachträglichkeit der Anpassung des Umtauschverhältnisses ist diese Einschränkung nur allzu verständlich. Akzeptiert auch nur die Hauptversammlung einer ausländischen Gesellschaft (außer Gesellschaften mit Sitz in Österreich) die Überprüfung des Umtauschverhältnisses im Wege des Spruchverfahrens nicht, entfällt die Überprüfungsmöglichkeit. Auch die Aktionäre der übertragenden deutschen Gesellschaft können die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses dann nur im Wege der Anfechtungsklage geltend machen. Da die Konzeptionierung und Vorbereitung der Verschmelzung typischerweise durch die Verwaltungen aller Verschmelzungspartner gemeinsam erfolgt und damit auch gemeinsam entschieden oder jedenfalls ausgehandelt wird, ob der Hauptversammlung des ausländischen Verschmelzungspartners überhaupt die Zustimmung zum deutschen Spruchverfahren vorgeschlagen werden soll, begründet Art. 25 Abs. 3 SE-VO für die beteiligten Unternehmen faktisch die auch für das deutsche Recht de lege ferenda vorgeschlagene31 Disposivität einer Verdrängung der Bewertungsrüge in das Spruchverfahren. Die beteiligten Unternehmen können nunmehr wählen, ob statt der mit einer nachträglichen Überprüfung des Umtauschverhältnisses verbundenen Unsicherheit nicht ausnahmsweise die Alles-oder-nichts-Lösung der Anfechtungsklage vorgezogen wird. d) Verzicht auf Erfordernis des Widerspruchs, Inter-omnes-Wirkung Das Recht, eine Verbesserung des Umtauschverhältnisses durch bare Zuzahlung zu verlangen, steht den Aktionären der übertragenden Aktiengesellschaft nach § 6 SEAG auch dann zu, wenn sie keinen Widerspruch gegen den Verschmelzungsbeschluss eingelegt haben, ja sogar dann, wenn sie für die Verschmelzung gestimmt haben. Auch dies entspricht der heutigen Rechtslage bei Verschmelzungen deutscher Gesellschaften, während noch nach der Vorgängervorschrift des § 15 UmwG, dem § 352c AktG, das Spruchverfahren nur von Aktionären eingeleitet werden konnte, die ordnungsgemäß Widerspruch gegen den Verschmelzungsbeschluss erklärt hatten. Die Argumente für den Verzicht auf das

__________ 30 Näher zur Art und Weise der Erteilung dieser Zustimmung Kalss, ZGR 2003, 593, 622 f. 31 J. Vetter, ZHR 168 (2004), 8, 27.

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Widerspruchserfordernis bei Schaffung des Umwandlungsgesetzes waren, dass ein Aktionär durchaus für die Verschmelzung sein könne, auch wenn er das Umtauschverhältnis für unangemessen halte, und dass solche Aktionäre nicht gezwungen sein sollten, gegen die Verschmelzung zu stimmen.32 Dieser Überlegung hat sich der SEEG-Gesetzgeber angeschlossen.33 Dieser über den Schutz von Verschmelzungsgegnern hinausgehende Ansatz wird dadurch noch wesentlich verstärkt, dass Entscheidungen im Spruchverfahren nach § 13 SpruchG zu Gunsten aller Aktionäre der übertragenden Gesellschaft wirken. Diese Sichtweise und Regelungstechnik mag für Konzernsachverhalte angemessen sein, bei denen Minderheitsaktionäre gegen eine Übervorteilung durch den Mehrheitsaktionär, der die Maßnahme alleine durchsetzen und die Konditionen diktieren kann, geschützt werden müssen. Gerade bei Betrachtung von europäischen Zusammenschlüssen bisher eigenständiger Unternehmen kommen mir allerdings erhebliche Zweifel, ob dieses Konzept außerhalb von Konzernsachverhalten sachgemäß ist: Schon die Grundaussage, ein Aktionär könne zwar für die Verschmelzung sein, halte aber trotzdem das Umtauschverhältnis für unangemessen niedrig, dürfte einem ausländischen Aktionär kaum zu vermitteln sein. Den Aktionären wird eine Maßnahme zu ganz bestimmten Konditionen vorgestellt, die sie so annehmen oder ablehnen können. Eine einseitige nachträgliche Überprüfung einzelner Vertragskonditionen, noch dazu der für beide Vertragspartner Wichtigsten, ist dem Privatrecht an sich fremd. Kommt es zu einer Verbesserung des Umtauschverhältnisses, wird die Verschmelzung wirtschaftlich auf eine andere Basis gestellt, ohne dass die Aktionäre des anderen Verschmelzungspartners nun noch einmal eine Möglichkeit haben, die Verschmelzung zu diesen Konditionen abzulehnen. Rechtspolitisch spricht m. E. viel dafür, außerhalb von Konzernsachverhalten eine Verbesserung des Umtauschverhältnisses nur Aktionären zuzugestehen, die Widerspruch gegen den Verschmelzungsbeschluss erklärt haben, und die Wirkung der Entscheidung des Spruchverfahrens auch auf diejenigen Aktionäre zu beschränken, die ein Spruchverfahren eingeleitet oder sich an ihm beteiligt haben.34 Die damit verbundene Ungleichbehandlung der Aktionäre der übertragenden Gesellschaft und die Gefahr, Widersprüche und die Einleitung von Spruchverfahren zu provozieren, erscheint mir letztlich als das im Vergleich zu einer nachträglichen gerichtlichen, einseitig zu Gunsten der Aktionäre eines Verschmelzungspartners wirkenden Anpassung des vertraglich ausgehandelten und von den Aktionären gebilligten Umtauschverhältnisses geringere Übel.

__________ 32 Hoffmann-Becking, ZGR 1990, 482, 483 f.; zustimmend etwa Grunewald in Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, 1991, § 352c Rz. 10; Bork in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 15 Rz. 4. 33 Begründung des RegE, BT-Drucks. 15/3405, S. 32. 34 A. A. in der rechtspolitischen Wertung der Handelsrechtsausschuss des DAV in seiner Stellungnahme Nr. 35/04 zu § 6 SEAG unter 2.

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Die vorstehenden Überlegungen haben nicht nur rechtspolitische Bedeutung. Die Ermächtigung des Art. 24 Abs. 2 SE-VO zu einem nationalen Minderheitsschutz ist auf Vorschriften zum Schutz von solchen Minderheitsaktionären beschränkt, die sich gegen die Verschmelzung ausgesprochen haben. Diese Vorschrift wird ganz überwiegend, und zwar auch vom Gesetzgeber35, als Grundlage des § 6 SEAG angesehen.36 Der Gesetzgeber und die wohl überwiegende Auffassung in der Literatur gehen davon aus, dass diese Einschränkung des Art. 24 Abs. 2 der SE-VO dem § 6 SEAG und der Inter-omnes-Wirkung des § 13 SpruchG nicht entgegensteht. Aus der Formulierung der Verordnung lasse sich nicht das Erfordernis eines Widerspruchs gegen den Verschmelzungsbeschluss insgesamt ableiten; es reiche vielmehr aus, dass ein Gesellschafter lediglich mit dem Umtauschverhältnis nicht einverstanden sei. Anderenfalls wären Gesellschafter gezwungen, dem Verschmelzungsbeschluss zu widersprechen, obwohl sie lediglich das Umtauschverhältnis angreifen wollten. Dadurch könnte eine an sich gewünschte Gründung einer SE verhindert werden.37 Mich überzeugt diese Begründung nicht. „Sich gegen die Verschmelzung auszusprechen“, scheint mir etwas anderes zu sein, als für die Verschmelzung zu stimmen, sich dabei aber mental eine Überprüfung des Umtauschverhältnisses vorzubehalten. Außerdem: Die deutsche Regelung führt über § 13 SpruchG sogar dazu, dass selbst diejenigen Aktionäre geschützt werden, die dem Verschmelzungsvertrag zustimmen und das Umtauschverhältnis für angemessen halten und deshalb kein Spruchverfahren einleiten. Art. 24 Abs. 2 SE-VO erscheint mir daher nicht als taugliche Ermächtigung für § 6 SEAG.38 Es ist darauf hingewiesen worden, dass die Verbesserung des Umtauschverhältnisses eigentlich gar kein Minderheitenschutz sei, sondern schlicht eine Regelung des Rechtsschutzes und der Rechtsfolgen einer unrechtmäßig durchgeführten Verschmelzung.39 Das ist nach der deutschen Konzeption mit seiner Inter-omnes-Wirkung der Entscheidung richtig. Gerechtfertigt werden kann eine solche Regelung daher nur durch Art. 25 Abs. 3 SE-VO. Neben den Verfahren zur Abfindung von Minderheitsaktionären werden auch Verfahren zur Kontrolle und Änderung des Umtauschverhältnisses ausdrücklich angesprochen und damit wohl anerkannt. Die Regelung wurde auf Anregung des österreichischen Verhandlungsführers in den Text aufgenommen und zielt gerade

__________ 35 Begründung des RegE, BT-Drucks. 15/3405, S. 32. 36 So etwa der Handelsrechtsausschuss des DAV in seinen Stellungnahmen Nr. 65/03 und 35/04, jeweils unter 2. zu § 6 SEAG; C. Teichmann, ZGR 2003, 367, 384; Scheifele (Fn. 12), S. 234, 246; Nagel, NZG 2004, 833, 834. 37 So die Begründung des RegE, BT-Drucks. 15/3405; ähnlich C. Teichmann, ZGR 2003, 367, 384; Scheifele (Fn. 12), S. 230 f., 235, 247, der aber zumindestens verlangt, dass der Aktionär in einer qualifizierten, näher zu regelnden Weise (z. B. in der Hauptversammlung zur Niederschrift des Notars) zum Ausdruck bringt, dass er mit dem Umtauschverhältnis unzufrieden ist. 38 Zweifelnd auch der Handelsrechtsausschuss des DAV in seinen Stellungnahmen Nr. 65/03 und 35/04, jeweils unter 2. zu § 6 SEAG; Ihrig/Wagner, BB 2003, 969, 972; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 426, Fn. 181. 39 Kalss, ZGR 2003, 593, 620.

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auf das deutsche und österreichische Verfahren. Man wird daher argumentieren können, dass Art. 25 Abs. 3 Satz 1 SE-VO nicht nur nach Art. 24 Abs. 2 SE-VO zulässige Instrumente zum Minderheitenschutz betrifft.40 Rechtspolitisch ist dies deshalb akzeptabel, weil ja die Aktionäre des ausländischen Verschmelzungspartners der Geltung dieses Verfahrens ausdrücklich zustimmen müssen. Ihnen wird der sie vermutlich überraschende Schutz auch der die Verschmelzung tragenden deutschen Aktionärsmehrheit im Verschmelzungsbericht sicherlich ausreichend deutlich erläutert werden müssen. Bei der Weite des deutschen Konzepts einer Verbesserung des Umtauschverhältnisses, die den warmen Regen einer baren Zuzahlung allen Aktionären zugute kommen lässt, erscheint es zweifelhaft, dass die nach Art. 25 Abs. 3 SE-VO erforderliche Zustimmung des anderen Verschmelzungspartners außerhalb von Konzernlagen erteilt werden wird.41 Der Wunsch, die Verschmelzung durchzuführen, und das Misstrauen werden gegenüber den deutschen Gerichten, mit einer Bewertungsrüge im Verfahren nach § 16 Abs. 3 UmwG zeitnah umgehen zu können, müssten schon ganz erheblich sein, eine solche einseitige Bevorzugung der deutschen Aktionäre hinzunehmen. e) Begrenzung durch Kapitalerhaltungsgrundsätze Der nachträgliche Ausgleich eines unangemessenen Umtauschverhältnisses steht in Konflikt zu § 57 AktG.42 Wie dieser Konflikt zwischen Aktionärsschutz und Gläubigerschutz gelöst werden soll, ist in der Literatur umstritten. Während teilweise dem Interesse der Aktionäre der uneingeschränkte Vorrang eingeräumt wird43, geht die wohl herrschende Meinung zu Recht von einem Vorrang der Kapitalerhaltungsvorschriften aus.44 Ein angemessener Ausgleich der widerstreitenden Interessen besteht darin, den Anspruch auf bare Zuzah-

__________ 40 Zweifelnd auch insoweit der Handelsrechtsausschuss des DAV in seiner Stellungnahme Nr. 65/03 unter 2. zu § 6 SEAG; Ihrig/Wagner, BB 2003, 969, 972. 41 Kritisch auch C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 428. 42 Näher J. Vetter, ZHR 168 (2004), 8, 18; a. A. Hoffmann-Becking, ZGR 1990, 482, 485 f.; Reichert, ZHR Beiheft 71, 2002, S. 165, 186; C. Teichmann, ZGR 2003, 367, 381 mit der Begründung, ein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr sei deshalb nicht gegeben, weil gerade eine entsprechend höhere Gegenleistung der Aktionäre in Form der Übertragung des Vermögens ihrer Gesellschaft festgestellt worden sei. 43 Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 3. Aufl. 2001, § 15 UmwG Rz. 15; Seetzen, WM 1999, 565, 566; so ebenfalls noch Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG, 1. Aufl. 1997, § 15 Rz. 2 (anders die aktuelle 2. Aufl. 2001). 44 Mit Unterschieden bei der Bestimmung des geschützten Vermögens Ihrig, GmbHR 1995, 622, 641; Ihrig, ZHR 160 (1996), 317, 336; Kalss, ZGR 2003, 593, 622; Bork in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 15 Rz. 5; Petersen, Der Gläubigerschutz im Umwandlungsrecht, 2001, S. 179 ff.; Gehling in Semler/Stengel, UmwG, 2003, § 15 Rz. 22 f.; J. Vetter, ZHR 168 (2004), 8, 19 f.; auch Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG, 2. Aufl. 2001, § 15 Rz. 2; ebenso schon Zimmermann in Rowedder, GmbHG, 2. Aufl. 1990, Anh. § 77 Rz. 462; deutlich auch Philipp, AG 1998, 264, 269 f., der allerdings wohl de lege lata aufgrund eines angeblich entgegenstehenden Gesetzeswortlauts eine entsprechende einschränkende Auslegung ablehnt.

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lung dem Grunde nach uneingeschränkt anzuerkennen, seine Erfüllung aber erst dann zuzulassen, wenn dies aus frei verwendbaren Rücklagen, Gewinnvortrag oder dem erwirtschafteten Gewinn möglich ist.45 Durch den Verweis auf das deutsche Umwandlungs- und Aktienrecht gelten diese Beschränkungen auch für die übertragende deutsche Aktiengesellschaft bei einer Verschmelzung zur Gründung einer SE, wenn die entstehende SE ihren Sitz in Deutschland hat. Nun kann die SE ihren Sitz auch im Ausland haben. Da die übertragende Gesellschaft, gegen die das Spruchverfahren zunächst eingeleitet wird, mit Wirksamwerden der Verschmelzung erlischt, muss die SE den Anspruch auf bare Zuzahlung erfüllen. Um sicherzustellen, dass auch die der Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats unterliegende SE an die Entscheidung im deutschen Spruchverfahren, das gegen die deutsche übertragende Gesellschaft eingeleitet wurde, gebunden ist, sieht Art. 25 Abs. 3 Satz 3 SE-VO ausdrücklich vor, dass die Entscheidung im deutschen Spruchverfahren für die übernehmende Gesellschaft und ihre Aktionäre bindend ist. Hier wären Schwierigkeiten dann denkbar, wenn die ausländische Rechtsordnung einen dem deutschen vergleichbaren oder über ihn sogar noch hinausgehenden Kapitalschutz zwingend vorsehen würde. Einerseits kann es nicht sein, dass unter Berufung auf Art. 25 Abs. 3 Satz 3 SE-VO zwingende Kapitalschutzvorschriften bei ausländischen Gesellschaften stärker eingeschränkt werden als wir dies in Deutschland akzeptieren wollen. Andererseits darf der Anspruch auf Verbesserung des Umtauschverhältnisses nicht völlig leer laufen; ansonsten wäre der Ausschluss der Anfechtungsklage nicht gerechtfertigt. Die Lösung wäre jeweils entsprechend der zur deutschen Aktiengesellschaft zu entwickeln: Der Anspruch besteht dem Grunde nach; seine Erfüllung kann aus Gläubigerschutzgründen, nicht aber aus Gründen des Schutzes der Mitaktionäre zeitlich beschränkt sein. Die Aktionäre, deren Anspruch auf bare Zuzahlung aufgrund von Kapitalschutzvorschriften nicht durchgesetzt werden kann, werden bis zur Erfüllung durch die fortlaufende Verzinsung nach § 6 Abs. 3 SEAG geschützt. Es empfiehlt sich, derartige Einschränkungen des Anspruchs auf bare Zuzahlung – für den Anspruch auf Barabfindung kann nichts anderes gelten46 – im Verschmelzungsbericht zu erläutern. f) Bedeutung für bewertungsbezogene Informationsmängel § 6 SEAG schließt nur aus, Anfechtungsklagen auf die Unangemessenheit des Umtauschverhältnisses zu stützen. Wie zu § 14 Abs. 2 UmwG stellt sich die Frage, ob dieser Ausschluss der Anfechtungsklage auf bewertungsbezogene Informationsmängel ausgedehnt werden kann. Nachdem der BGH in seinen Ent-

__________ 45 So auch Kalss, ZGR 2003, 593, 622; C. Teichmann, ZGR 2003, 367, 381; J. Vetter, ZHR 168 (2004), 24. 46 Im Folgenden II. 3. c), S. 145 ff.

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scheidungen v. 18.12.200047 und 29.1.200148 für das Barabfindungsangebot beim Formwechsel betreffende Informationsmängel entschieden hat, dass hierauf eine Anfechtungsklage nicht gegründet werden kann, wird dies zu § 14 Abs. 2 UmwG intensiv und kontrovers diskutiert. Rechtspolitisch dürfte ganz überwiegend die dadurch bedingte Ausweitung des Spruchverfahrens zu Lasten der Anfechtungsklage befürwortet werden49. Ob dies de lege lata dogmatisch begründbar ist, erscheint allerdings zweifelhaft.50 Zum einen hat der BGH seine Entscheidung auf §§ 210, 212 Satz 2 UmwG gestützt, wonach eine Klage gegen die Wirksamkeit des Umwandlungsbeschlusses nicht darauf gestützt werden kann, dass eine Barabfindung nicht oder nicht ordnungsgemäß angeboten worden ist. Im Verschmelzungsrecht fehlt im Hinblick auf die Verbesserung des Umtauschverhältnisses – anders als für die Barabfindung (§§ 32, 34 UmwG) – eine vergleichbare Regelung. Zum anderen hatte der Gesetzgeber die Problematik gesehen und bewusst entschieden, § 14 Abs. 2 UmwG nicht auf eine unzureichende Erläuterung des Umtauschverhältnisses auszudehnen.51 Solange nicht der BGH oder der Gesetzgeber52 für Klarstellung sorgen, muss für die Praxis in Deutschland derzeit davon ausgegangen werden, dass die

__________ 47 BGHZ 146, 179 – MEZ. 48 BGHZ, ZIP 2001, 412 – Aqua Butzke. 49 Vgl. die Empfehlung des 63. Deutschen Juristentages in Baums, 63. DJT (Fn. 3), S. F 129 und Beschluss 12. b) der Abteilung Wirtschaftsrecht, in Verhandlungen des 63. DJT, 2000, Bd. II/1, S. O 76; Vorschlag der Corporate Governance Kommission, vgl. Baums (Fn. 3), Rz. 134; ebenso bereits der Handelsrechtsausschuss des DAV zum RefE des UmwG, WM 1993, Sonderbeilage Nr. 2, Rz. 54; zurückhaltender allerdings in seiner Stellungnahme zu Änderungsvorschlägen zum UmwG, NZG 2000, 802, 803; gegen eine Ausweitung des Spruchverfahrens auf bewertungsrelevante Informationsmängel aber etwa Bayer, ZHR 2002 Beiheft 71, S. 137, 148 ff.; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 3. Aufl. 2003, § 293 Rz. 38c. 50 Eine Erstreckung der Rechtsprechung auf § 14 Abs. 2 UmwG aus methodischen Gründen ablehnend oder zumindest bezweifelnd auch Gehling in Semler/Stengel, UmwG, 2003, § 14 Rz. 29; Henze in Henze/Hoffmann-Becking (Hrsg.), RWS-Forum 20: Gesellschaftsrecht 2001, 2001, S. 39, 51 f.; Hoffmann-Becking, ebenda S. 55, 63 f.; Hirte, ZHR 167 (2003), 8 ff.; E. Vetter in FS Wiedemann, 2002, S. 1323, 1335 f.; a. A. etwa Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG, 2. Aufl. 2001, § 14 Rz. 14. 51 Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zum RegE ausdrücklich vorgeschlagen, § 14 Abs. 2 UmwG auf eine unzureichende Erläuterung des Umtauschverhältnisses auszudehnen (abgedruckt bei Ganske, UmwR, 2. Aufl. 1995, S. 64 f.). Dieser Vorschlag ist dann aber nach einer ablehnenden Stellungnahme der Bundesregierung (abgedruckt bei Ganske, a. a. O., S. 65), nicht in das Gesetz übernommen worden. 52 Der Umgang mit bewertungsbezogenen Informationsdefiziten bei Anfechtungsklagen soll nach dem RegE des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) in § 243 Abs. 4 AktG geregelt werden, der nach dem RegE vom 7.1.2005 (BR-Drucks. 3/05, S. 9) den folgenden Wortlaut erhalten soll: „(4) Wegen unrichtiger, unvollständiger oder verweigerter Erteilung von Informationen kann nur angefochten werden, wenn ein objektiv urteilender Aktionär die Erteilung der Information als wesentliche Voraussetung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte angesehen hätte. Auf unrichtige, unvollständige oder unzureichende Informationen in der Hauptversammlung über

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Rechtsfolge bewertungsbezogener Informationsmängel offen ist. Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf des SEEG vorgeschlagen, den Ausschluss der Anfechtungsklage auf bewertungsbezogene Informationsmängel zu erstrecken53; die Bundesregierung hat diesen Vorschlag mit der Begründung nicht aufgenommen, durch das UMAG solle ohnehin eine generelle gesetzliche Regelung geschaffen werden, der durch eine Einzelregelung für die SE nicht vorgegriffen werden solle.54 Bei der Vorbereitung einer SEGründung durch Verschmelzung werden die beteiligten Unternehmen bei der Überprüfung ihrer Realisierbarkeit und der Vorbereitung der Maßnahme daher, solange das UMAG nicht in Kraft getreten ist, davon ausgehen müssen, dass bewertungsbezogene Informationsdefizite die Anfechtungsklage rechtfertigen. g) Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre des ausländischen Partners aa) Gemeinsamer Vertreter Die Einführung eines Spruchverfahrens im Zusammenhang mit der Gründung einer SE schlägt sich auch in Änderungen des Spruchverfahrensgesetzes (Art. 5 des SEEG) nieder. Durch einen neuen § 6a SpruchG wird ein gemeinsamer Vertreter bei Gründung einer SE eingeführt. Dieser unterscheidet sich von dem gemeinsamen Vertreter für die rein deutschen Spruchverfahren gem. § 6 SpruchG, der zur Wahrung der Rechte derjenigen Antragsberechtigten, die nicht selbst Antragsteller sind, bestellt wird und die Stellung eines gesetzlichen Vertreters dieser Antragsberechtigten hat. Bei der Verschmelzung wird also schon bisher ein gemeinsamer Vertreter für die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft bestellt. Ein besonderer Schutz für die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft ist bei rein deutschen Verschmelzungen bisher nicht vorgesehen. Diese können nach herrschender Meinung im Spruchverfahren nicht einmal als Nebenintervenienten der Gesellschaft beitreten.55 Anders nun bei der SE-Gründung: Nach § 6a SpruchG bestellt das Gericht auf Antrag eines Anteilsinhabers der übernehmenden Gesellschaft oder einer ausländischen übertragenden Gesellschaft, die selbst nicht antragsberechtigt sind, zur Wahrung ihrer Interessen einen gemeinsamen Vertreter, der am Spruchverfahren beteiligt ist. Hintergrund dieser Regelung ist die Befürchtung des Gesetzgebers, dass die Aktionäre einer Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat ohne einen solchen Schutz die nach Art. 25 Abs. 3 SE-VO vorgesehene Zustimmung zur Inanspruchnahme des Spruchverfahrens durch die Aktionäre der deutschen Gründungsgesellschaft nicht erteilen würden.56 Ob

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die Ermittlung, Höhe oder Angemessenheit von Ausgleich, Abfindung, Zuzahlung oder über sonstige Kompensationen kann eine Anfechtungsklage nicht gestützt werden, wenn das Gesetz für Bewertungsrügen ein Spruchverfahren vorsieht.“ BT-Drucks. 15/3656, S. 3. BT-Drucks. 15/3656, S. 9. OLG Schleswig, ZIP 1999, 1760, 1761; Klöcker/Frowein, SpruchG, 2004, § 6 Rz. 24. Begründung des RegE des SEEG, BT-Drucks. 15/3405, S. 58.

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diese Überlegung in der Praxis wirklich helfen wird, erscheint fraglich57: Auch durch den gemeinsamen Vertreter wird das Verfahren nicht zu einem echten kontradiktorischen Verfahren. Das Risiko des Verfahrensausgangs wird einseitig von den Aktionären der übernehmenden bzw. ausländischen Gesellschaft getragen, da eine Verschlechterung des Umtauschverhältnisses zu Lasten der antragsberechtigten Aktionäre der deutschen übertragenden Gesellschaft nicht möglich ist; es gilt das Verbot der reformatio in peius. Welche Rechte hat nun der gemeinsame Vertreter nach § 6a SpruchG? Der Wortlaut des § 6a SpruchG und der fehlende Verweis auf § 6 Satz 1 SpruchG machen deutlich, dass er – anders als der gemeinsame Vertreter in rein deutschen Verfahren – nicht die Stellung eines gesetzlichen Vertreters hat. Dies ergibt sich auch schon daraus, dass diejenigen, deren Interessen er wahren soll, selbst gar nicht antragsberechtigt wären. Der traditionelle gemeinsame Vertreter hat nach § 6 SpruchG grundsätzlich die gleichen Rechte wie die von ihm vertretenen Anspruchsberechtigten; insb. kann er Schriftsätze einreichen, Anträge stellen, Rechtsmittel einlegen und Vergleiche abschließen.58 Nach der ausdrücklichen Regelung des § 6 Abs. 3 SpruchG kann der gemeinsame Vertreter das Verfahren auch nach Rücknahme eines Antrags fortführen; er steht in diesem Fall einem Antragsteller gleich. Die dogmatische Einordnung des gemeinsamen Vertreters nach § 6a SpruchG ist zweifelhaft und soll hier nicht weiter vertieft werden. Wenn schon den Aktionären der übernehmenden Gesellschaft eine Nebenintervention versagt wird, wird man auch den gemeinsamen Vertreter nicht als Nebenintervenienten ansehen können. Eine Rechtsstellung sui generis liegt nahe.59 Wie der gemeinsame Vertreter nach § 6 SpruchG ist er weder an Weisungen der Aktionäre, deren Interessen er vertritt, noch an Weisungen des Gerichts gebunden.60 Im Hinblick auf seine Befugnisse muss zum einen sichergestellt werden, dass er seine Aufgabe, die Wahrung der Interessen der nicht selbst antragsberechtigten Aktionäre und die Verteidigung des ursprünglichen Umtauschverhältnisses61, sachgemäß erfüllen kann. Dies erfordert, dass er jedenfalls das Recht auf Teilnahme an allen Verhandlungen und Beweisterminen, auf Akteneinsicht und auf schriftliche und mündliche Äußerung hat. Andererseits ergeben sich Beschränkungen daraus, dass er nicht gesetzlicher Vertreter und § 6

__________ 57 Kritisch auch Neun (Fn. 13), S. 126 f.; Scheifele (Fn. 12), S. 245. 58 Fritzsche/Dreier/Verfürth, SpruchG, 2003, § 6 Rz. 19; Klöcker/Frowein, SpruchG, 2004, § 6 Rz. 23. 59 Am ehesten erinnert die Aufgabe des gemeinsamen Vertreters nach § 6a SpruchG an diejenige des Oberbundesanwalts nach § 35 VWGO bzw. des Vertreters öffentlichen Interesses nach § 36 VWGO, wobei der gemeinsame Vertreter nicht weisungsgebunden ist. Zur Stellung insb. des Oberbundesanwalts im Verfahren vgl. etwa Redeker/ von Oertzen, VwGO, 14. Aufl. 2004, § 35 Rz. 4 ff.; Gerhardt/Olbertz in Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Dezember 2003, § 35 Rz. 12 ff. 60 Zum gemeinsamen Vertreter nach § 6 SpruchG Klöcker/Frowein, SpruchG, 2004, § 6 Rz. 22; Fritzsche/Dreier/Verfürth, SpruchG, 2003, § 6 Rz. 20. 61 Vgl. Begründung des RegE, BT-Drucks. 15/3405, S. 58.

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Abs. 3 SpruchG nicht entsprechend anwendbar ist. Mangels Stellung eines gesetzlichen Vertreters und mangels materieller Anspruchsberechtigung der von ihm Vertretenen wird eine Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zu Vergleichen nicht erforderlich sein. Da § 6 Abs. 3 SpruchG auf ihn keine Anwendung findet, kann er das Verfahren nach Rücknahme eines Antrags nicht fortführen. Entsprechend wird man ihm auch nicht das Recht zugestehen können, eigenständig Rechtsmittel einzulegen.62 bb) Deutsches Spruchverfahren für Aktionäre ausländischer Gesellschaften Im Regierungsentwurf des SEEG wurde ein neuer Satz 2 an § 6 Abs. 4 SEAG angehängt, wonach das deutsche Gericht eine bare Zuzahlung auch zu Gunsten von Aktionären einer ausländischen übertragenden Gesellschaft bestimmen kann, sofern nach dem Recht ihres Staates ein Verfahren zur Kontrolle und Änderung des Umtauschverhältnisses vorgesehen ist und deutsche Gerichte für die Durchführung eines solchen Verfahrens international zuständig sind. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist äußerst gering. Die erste Voraussetzung, die Verfügbarkeit eines dem Spruchverfahren vergleichbaren Verfahrens zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses, ist, soweit ersichtlich, nur in Österreich gegeben. Hinzu kommen muss dann noch die zweite Voraussetzung der deutschen Zuständigkeit für die österreichische Gesellschaft, die sich nur ausnahmsweise aufgrund einer Schiedsvereinbarung ergeben könnte.63 Zweck der Regelung ist die Vermeidung von Doppelarbeit und sich widersprechender Entscheidungen deutscher und ausländischer Gerichte64. Es ist auch insoweit nicht zu erwarten, dass diese Vorschrift einen spürbaren Beitrag zur Steigerung der Akzeptanz des deutschen Spruchverfahrens bei ausländischen Verschmelzungspartnern leisten wird. h) Fazit Da § 6 SEAG nicht für übernehmende Gesellschaften und übertragende Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat gilt und darüber hinaus selbst die Anwendbarkeit auf die deutsche übertragende Gesellschaft von der Zustimmung der Hauptversammlung des ausländischen Partners abhängt (Art. 25 Abs. 3 SE-VO), scheint sein Anwendungsbereich und seine praktische

__________ 62 Zum gemeinsamen Vertreter nach § 6 SpruchG wird heute überwiegend vertreten, dass er zur Wahrung der Rechte der von ihm vertretenen Anspruchsberechtigten Rechtsmittel einlegen kann, was gerade auch aus Sinn und Zweck des § 6 Abs. 3 SpruchG abgeleitet wird, so etwa Fritzsche/Dreier/Verfürth, SpruchG, 2003, § 12 Rz. 7; Klöcker/Frowein, SpruchG, 2004, § 6 Rz. 23 und § 12 Rz. 6; Krieger in Lutter, UmwG, 2. Aufl. 2000, § 309 Rz. 5. 63 Nach der Begründung des RegE (BT-Drucks. 15/3405, S. 32) kann sich die deutsche internationale Zuständigkeit aus einer Gerichtsstandsvereinbarung oder der Verordnung Nr. 44/2001 v. 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ergeben. 64 Begründung des RegE, BT-Drucks. 15/3405, S. 32.

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Bedeutung nur recht gering zu sein. Dies dürfte umso mehr deshalb gelten, weil für die Aktionäre des ausländischen Verschmelzungspartners mit der Zustimmung zum deutschen Verfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses erhebliche wirtschaftliche Risiken verbunden sind, da die Entscheidung nur zu Gunsten der Aktionäre des deutschen Verschmelzungspartners wirken kann, eine Verbesserung des Umtauschverhältnisses nicht nur zu Gunsten des Antragstellers wirkt, sondern Inter-omnes-Wirkung entfaltet, die Verbesserung des Umtauschverhältnisses nur durch eine bare Zuzahlung erfolgen kann und der Betrag der denkbaren Zahlung nicht begrenzt ist. Je geringer die praktische Bedeutung des § 6 SEAG ist, umso größer ist die Gefahr, dass Anfechtungsklagen auf die Unangemessenheit des Umtauschverhältnisses gestützt werden. Für die ausländischen Verschmelzungspartner kann ein Anreiz, das deutsche Spruchverfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses und damit das Risiko einer wirtschaftlichen Verwässerung und einseitigen Benachteilung in Kauf zu nehmen, allein in dem Bestreben liegen, dies zu vermeiden, um die Transaktion in absehbarer Zeit erfolgreich abschließen zu können. Nachfolgend soll überlegt werden, ob deutsches Recht und deutsche Gerichte auch außerhalb des Spruchverfahrens mit einer gegen die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses gerichteten Bewertungsrüge in einer für die Verschmelzungspartner hinnehmbaren Weise umgehen können. Wenn nicht, hätte dies zur Folge dass deutsche Publikumsgesellschaften an Verschmelzungen zur Gründung einer SE wenn überhaupt, dann nur als übertragende Rechtsträger beteiligt würden und die Verwaltung und Hauptversammlung des ausländischen Partners sich fragen müssen, ob sie bereit sind, die einseitige Besserbehandlung der Aktionäre der deutschen Gesellschaft hinzunehmen, um die SE-Gründung zu ermöglichen. i) Behandlung der Bewertungsrüge außerhalb des Spruchverfahrens Soweit Bewertungsrügen gegen die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses nicht im Wege des Spruchverfahrens gem. § 6 SEAG verfolgt werden können, können Aktionäre deutscher Gesellschaften den Verschmelzungsbeschluss mit einer Anfechtungsklage nach §§ 243 ff. AktG anfechten. Da die rechtskräftige Entscheidung im Anfechtungsverfahren erst nach mehreren Jahren zu erwarten ist und die Anfechtungsklage nach § 16 Abs. 2 UmwG das Wirksamwerden der Verschmelzung hindert, ist von entscheidender Bedeutung, ob dieses Eintragungshindernis im Wege des Freigabeverfahrens nach § 16 Abs. 3 UmwG überwunden werden kann. Während wir bei rein deutschen Verschmelzungen die Frage, wie mit der Bewertungsrüge im Freigabeverfahren umgegangen werden kann, durch geschickte Konstruktionen wie die Verschmelzung aller beteiligten Unternehmen auf eine NewCo umgehen können, zwingt uns die Einführung der SE, uns mit dieser Problematik intensiver auseinander zu setzen. Verbreitet wird hierzu darauf hingewiesen, dass das kursorische Freigabeverfahren nicht dazu geeignet sei, die Angemessenheit des UmtauschverhältVetter

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nisses zu überprüfen.65 Daran ist richtig, dass es innerhalb eines Eilverfahrens kaum möglich sein wird, die komplexen Details einer Unternehmensbewertung in kurzer Zeit zu überprüfen – man denke nur an die erschreckende Dauer des typischen Spruchverfahrens in der Vergangenheit. Andererseits erscheint dieses Ergebnis gerade für den Zusammenschluss zweier europäischer Aktiengesellschaften deprimierend. Konsequenz wäre, dass entweder das Verschmelzungsvorhaben insgesamt scheitert oder von vornherein ein Betrag für die außergerichtliche Beilegung von Anfechtungsklagen beiseite gelegt wird oder, wenn eine Zustimmung der Aktionäre der ausländischen Gesellschaft nach Art. 25 Abs. 3 SE-VO erlangt werden kann, die SE jedenfalls ihren Sitz nicht in Deutschland haben wird. Nachfolgend soll kritisch überlegt werden, ob das Freigabeverfahren wirklich für die Behandlung von Bewertungsrügen völlig ungeeignet ist. aa) Freiwilliges Spruchverfahren Bei rein deutschen Verschmelzungen hat die Praxis die Bewertungsrüge der Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft dadurch erfolgreich zu entschärfen versucht, dass ihnen freiwillig die Möglichkeit zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses in einem eng am gesetzlichen Spruchverfahren orientierten Verfahren angeboten wird. Im Wege eines echten Vertrages zu Gunsten Dritter wird den Aktionären der übernehmenden Gesellschaft das Recht eingeräumt, die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses durch einen Schiedsgutachter überprüfen zu lassen. Ein etwaiger Ausgleich erfolgt regelmäßig nicht durch bare Zuzahlung, sondern die wirtschaftlich sinnvollere Gewährung zusätzlicher Aktien. Der Vertrag sieht vor, dass die Entscheidung des Schiedsgutachters entsprechend § 13 SpruchG zu Gunsten aller Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft wirkt. Da die übernehmende Gesellschaft selbst nach § 57 AktG an der Gewährung einer baren Zuzahlung und auch der Gewährung zusätzlicher Aktien zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses gehindert ist,66 muss ein Großaktionär zur Verfügung stehen, der bereit ist, zur Rettung der Transaktion eigene Aktien abzugeben. Praktisch kommt ein freiwilliges Spruchverfahren daher nur bei Gesellschaften mit einem sehr starken Mehrheitsgesellschafter und einem vergleichsweise kleinen Streubesitz in Betracht. Technisch wird das freiwillige Spruchverfahren typischerweise durch einen Vertrag über die Durchführung eines freiwilligen Spruchverfahrens etab-

__________ 65 Zur Ungeeignetheit des Freigabeverfahrens zur Entscheidung über Bewertungsrügen schon die Stellungnahmen des Handelsrechtsausschusses des DAV zum RefE des UmwG, WM 1993, Beilage 2, Rz. 51, sowie zu den Gesetzgebungsvorschlägen der Regierungskommission Corporate Governance, NZG 2003, Sonderbeil. zu Heft 9, S. 14 f. = BB 2003, Sonderbeil. 4, S. 10; außerdem Hoffmann-Becking, WPg-Sonderheft 2001, S. 121, 125; Martens, AG 2000, 301, 305 f.; Noack, ZHR 164 (2000), 274, 285 f.; J. Vetter, ZHR 168 (2004), 8, 15 f. 66 Zwar stellt auch die Gewährung der baren Zuzahlung nach § 15 UmwG eine Rückgewähr von Einlagen i. S. d. § 57 AktG dar (ausführlich J. Vetter, ZHR 168 [2004], 8, 17 ff.). Diese kann sich jedoch auf eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung stützen.

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liert, der zwischen der übernehmenden Gesellschaft, dem oder den Mehrheitsgesellschafter(n) der beteiligten Rechtsträger und einer Aktionärsvereinigung abgeschlossen wird.67 Im Hinblick auf das Freigabeverfahren nach § 16 Abs. 3 UmwG führt das freiwillige Spruchverfahren zwar nicht dazu, dass der Verschmelzungsbeschluss der übernehmenden Gesellschaft, durch den die Zustimmung zu einem Verschmelzungsvertrag mit unangemessenem Umtauschverhältnis erteilt wird, nunmehr rechtmäßig ist. Durch das freiwillige Spruchverfahren werden aber die durch diese Rechtsverletzung möglichen wirtschaftlichen Nachteile für die Aktionäre beseitigt, so dass das Gericht trotz Bewertungsrüge aufgrund der in § 16 Abs. 3 Satz 2 UmwG vorgesehenen Interessenabwägung die Freigabe erteilen kann. Liegt einmal eine geeignete Ausgangssituation vor (zum Nachteilsausgleich bereiter Mehrheitsaktionär und vergleichsweise geringer Streubesitz beim übernehmenden Rechtsträger), lässt sich ein solches freiwilliges Spruchverfahren auch bei der Gründung einer SE durch Verschmelzung auf eine deutsche Aktiengesellschaft einsetzen. Mangels denkbarer Beeinträchtigung für die Aktionäre der ausländischen Verschmelzungspartner ist eine Zustimmung zu diesem Verfahren nach Art. 25 Abs. 3 SE-VO nicht erforderlich. Bei einer Verschmelzung auf eine Aktiengesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat lässt sich das freiwillige Spruchverfahren möglicherweise sogar in noch weitergehendem Maße nutzen: Soweit die Kapitalschutzvorschriften des auf die zukünftige SE anwendbaren Gesellschaftsrechts dies erlauben, könnte vorgesehen werden, dass die SE selbst den Ausgleich durch bare Zuzahlung oder Gewährung zusätzlicher Aktien leistet. Das freiwillige Spruchverfahren könnte zu Gunsten der Gesellschafter aller beteiligten Rechtsträger, einschließlich der Aktionäre der deutschen übertragenden Gesellschaft, vorgesehen werden. So würde die einseitige Bevorzugung der Aktionäre der deutschen Gesellschaft, die einer Billigung durch die Gesellschafter der übrigen beteiligten Unternehmen nach Art. 25 Abs. 3 SE-VO entgegenstehen könnte, vermieden. Erfolgt die schiedsgerichtliche Überprüfung des Umtauschverhältnisses zu Gunsten der Aktionäre aller beteiligten Unternehmen in einem Verfahren und wird der Ausgleich durch die SE selbst geleistet, bedeutet dies, dass die Verbesserung des Umtauschverhältnisses zu Gunsten der Aktionäre des einen Rechtsträgers gleichzeitig eine wirtschaftliche Verschlechterung des Umtauschverhältnisses zu Lasten der Aktionäre des anderen Verschmelzungspartners darstellt; das Verschlechterungsverbot würde nicht gelten. Das sollte einer Berücksichtigung des möglichen Ausgleichs der aus einem rechtswidrigen, weil unangemessenen Umtauschverhältnis folgenden Nachteile für die Aktionäre der deutschen Gesellschaft im Rahmen des § 16 Abs. 3 UmwG jedoch nicht entgegenstehen. Das im deutschen Spruchverfahren geltende Ver-

__________ 67 Ein freiwilliges Spruchverfahren der vorbeschriebenen Art wurde – soweit ersichtlich – erstmals bei der Verschmelzung der Axa Colonia Lebensversicherung AG mit der Albingia Versicherungs-Aktiengesellschaft und der Nordstern Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft im Jahr 1999 eingesetzt.

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bot der reformatio in peius ist prozessuale Folge des Spruchverfahrens, beruht jedoch nicht auf einem materiellen Gebot der Gerechtigkeit. Letztlich bedeutet die Gewährung einer baren Zuzahlung an die Aktionäre des übertragenden Rechtsträgers nach § 15 UmwG schon heute eine wirtschaftliche reformatio in peius für die Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft, wobei diese noch nicht einmal die Möglichkeit haben, unmittelbar an dem dafür maßgeblichen gerichtlichen Verfahren teilzunehmen. Da für die Interessenabwägung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 UmwG das Interesse am alsbaldigen Wirksamwerden der Verschmelzung unter Berücksichtigung der Schwere der mit der Klage geltend gemachten Rechtsverletzungen vorrangig erscheinen muss, wird man für den durch das freiwillige Spruchverfahren erzielbaren Nachteilsausgleich neben der Unabhängigkeit und Kompetenz des Schiedsgerichts fordern müssen, dass der Nachteilsausgleich nicht nur für den das Spruchverfahren betreibenden Aktionär, sondern alle Aktionäre der übertragenden deutschen Gesellschaft wirkt. bb) Berücksichtigung des Schadensersatzanspruchs nach § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG Aus dem gleichen Grund wird man nicht argumentieren können, die Möglichkeit des Schadensersatzes nach § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG rechtfertige es stets, den Vollzugsinteressen der Gesellschaft den Vorrang einzuräumen. Der Schadensersatzanspruch steht nur dem Anfechtungskläger zu und deckt nur sein Individualinteresse ab68. § 16 Abs. 3 Satz 5 UmwG vermag entsprechend nicht nachträglich eine bare Zuzahlung in der Form des Schadensersatzes an alle von dem unangemessenen Umtauschverhältnis betroffenen Aktionäre zu leisten.69 cc) Rechtlicher Maßstab für Unangemessenheit des Umtauschverhältnisses (1) Bestehen eines Beurteilungsspielraums Aber auch wenn kein freiwilliges Spruchverfahren praktikabel erscheint, ist noch nicht gesagt, dass das Freigabeverfahren mit Bewertungsrügen überfordert ist. Zunächst ist zu beachten, dass Unternehmensbewertungen nach anerkannten betriebswirtschaftlichen Methoden nicht zu einem eindeutig richtigen objektiven Unternehmenswert, bildlich zu einer Punktlandung führen,

__________ 68 Hierzu etwa Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG, 2. Aufl. 2001, § 16 Rz. 53; Volhard in Semler/Stengel, UmwG, 2003, § 16 Rz. 51. 69 Ebenso die Einschätzung von Winter (Fn. 3), S. 699, 721 f.; Noack, ZHR 164 (2000), 274, 285 f., noch weitergehend Martens, AG 2000, 301, 305 f., der die Abwägungsregelung des § 16 Abs. 3 Satz 2 UmwG bei geltend gemachter Unrichtigkeit des Umtauschverhältnisses überhaupt nicht für anwendbar hält und im übrigen generell eine Berücksichtigung des Schadensersatzanspruchs nach Satz 6 im Rahmen der Interessenabwägung ablehnt. Zur Berücksichtigung des Schadensersatzanspruchs bei einer auf die Unangemessenheit der Abfindung nach § 7 SEAG gestützten Anfechtungsklage vgl. nachfolgend II. 3. e).

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sondern lediglich eine Bewertungsbandbreite aufzeigen können.70 Der objektive Unternehmenswert ist bisher vergeblich gesucht worden und auch der „objektivierte“ Unternehmenswert, den beispielsweise die Ertragswertmethode zu ermitteln versucht, führt nicht zu einer Punktlandung. Die Ursachen für diese fehlende Eindeutigkeit sind unmittelbar einsichtig: –

Zunächst beschränken sich die rechtlichen Vorgaben auf ein Minimum, in dem vom Gesetz lediglich eine angemessene Abfindung oder ein angemessenes Umtauschverhältnis verlangt wird. Die Auslegung dieses Begriffs ist zwar zweifellos eine Rechtsfrage und führt auch zu einer Präzisierung, die die Richtung vorgibt und Schranken aufweist; aus ihr lassen sich allerdings keine Folgerungen ableiten, die eine eindeutige Ermittlung des Unternehmenswerts zulassen würden. Jedenfalls in der Theorie sind die Gerichte bisher nicht einmal so weit gegangen, eine bestimmte Bewertungsmethode als rechtlich zwingend geboten einzustufen und andere Methoden als rechtlich unzulässig abzulehnen71, auch wenn in der Praxis die Ertragswertmethode gem. den IDW-Grundsätzen72 jedenfalls von nicht börsennotierten Gesellschaften angewandt wird und die Rechtsprechung die Relevanz der Börsenkurse in den letzten Jahren präzisiert hat.73



Aber selbst wenn man unterstellen würde, rechtlich sei eine bestimmte Bewertungsmethode, beispielsweise die Ertragswertmethode, für die Unternehmensbewertung zur Ermittlung einer Abfindung vorgegeben, führt deren Anwendung doch nicht zu einem eindeutig richtigen Wert. Die Methode muss auf einen Tatbestand angewandt werden, der, wie es dem Wesen der Unternehmensbewertung entspricht, die Abschätzung zukünftiger Entwicklungen beinhaltet und damit mit einem Prognoseproblem leben muss. Ermittelt oder besser abgeschätzt werden müssen die zukünftigen Erträge des Unternehmens, die ihrerseits von einer Vielzahl von Einzelfaktoren wie z. B. der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der Investitionsund Konsumneigung, dem Erfolg von Restrukturierungs- oder Forschungsvorhaben und dem Verhalten von Wettbewerbern abhängen. Die erforderlichen Prognosen sind nicht nur unsicher, sondern auch subjektiv.74 Unterschiedliche Bewerter mit unterschiedlichen Erfahrungen und

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70 So etwa BayObLG, ZIP 2003, 253, 257 f.; LG München I, ZIP 2000, 1055, 1057; LG München I, AG 1990, 404, 405; LG Dortmund, ZIP 2001, 739, 743; LG Frankfurt/ Main, NZG 2002, 395, 396; plastisch W. Müller in FS Bezzenberger, 2000, S. 705, 707 f.; außerdem Busse von Colbe in FS Lutter, 2000, S. 1053, 1055 ff.; Bungert, BB 2003, 699, 701; Bungert/Eckert, BB 2000, 1845, 1847; Hoffmann-Becking, WPgSonderheft 2001, S. 121, 124; Lutter/Drygala in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 9 Rz. 11; Paschos, ZIP 2003, 1017, 1024; Stiltz, ZGR 2001, 875, 886; Wilm, NZG 2000, 234, 237. 71 Vgl. etwa BayObLG, ZIP 1998, 1872, 1874. 72 Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S 1), Stand 28.6.2000, WPg. 2000, 825 ff.; vgl. dazu auch den Entwurf einer Neufassung dieser Grundsätze (IDW ES 1 n. F.) v. 9.12.2004, WPg. 2005, 28 ff. 73 Vgl. die Nachweise unten in Fn. 75. 74 So zutreffend W. Müller (Fn. 70), S. 705, 707.

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unterschiedlicher Risikogeneigtheit können aus gegebenen Vergangenheitszahlen und vorgegebenen Planzahlen zu unterschiedlichen Unternehmenswerten gelangen, ohne dass der Eine oder der Andere als objektiv richtiger nachgewiesen werden kann. –

Soweit die Unternehmensbewertung aufgrund der Börsenkurse erfolgt oder zu erfolgen hat, ist dieser Beurteilungsspielraum zwar geringer, aber keinesfalls notwendigerweise ausgeschlossen, wie sich beispielsweise an der Frage zeigt, ob und wie durch die Maßnahme selbst verursachte Auswirkungen auf den Börsenkurs zu eliminieren sind, welcher Zeitraum für die Berechnung des Durchschnittskurses maßgeblich ist und wann dieser beginnt, wann Börsenkurse wegen Marktenge oder sonstiger Sondereinflüsse ausnahmsweise nicht aussagekräftig sind und wie zu verfahren ist, wenn nur eines der beteiligten Unternehmen nicht börsennotiert ist.75

Diesen dem Bewerter zumindest in einem gewissen Umfang zustehenden Beurteilungsspielraum muss auch das Gericht bei seiner Entscheidung im Freigabeverfahren anerkennen: Es kann daher nicht ausreichen, dass der Anfechtungskläger lediglich einen abweichenden Unternehmenswert für eines oder beide der beteiligten Unternehmen und dementsprechend ein anderes Umtauschverhältnis behauptet; er muss vielmehr zum einen präzise darlegen, an welchen Stellen die Bewerter rechtliche Vorgaben verletzt haben, und zum anderen, dass aufgrund dieser Rechtsverletzung die Ränder der bei der im konkreten Fall gebotenen Bewertungsmethode anzuerkennenden Bewertungsbandbreite überschritten werden.76 (2) Materiellrechtlicher Maßstab für die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses bei Verträgen zwischen unabhängigen Dritten Bei Verschmelzungen sind zwei unterschiedliche Sachverhaltsvarianten zu unterscheiden: Zum einen geht es um Konzernsachverhalte, bei denen die

__________ 75 Zur Frage, ob und in welchem Umfang die Börsenkurse eine Unternehmensbewertung nach der Ertragswertmethode oder DCF-Methode ersetzen oder ergänzen, insb. der Frage, inwieweit die DAT/Altana Grundsätze des BVerfG (BVerfGE 100, 289) und des BGH (ZIP 2001, 734) auch auf Verschmelzungsvorhaben entsprechende Anwendung finden, etwa (bejahend) Behnke, NZG 1999, 934; Erb, DB 2001, 523; Piltz, ZGR 2001, 185, 205 ff.; Reuter, DB 2001, 2483, 2489 f.; Weiler/Meyer, ZIP 2001, 2153 ff.; dies., NZG 2003, 669 ff.; ablehnend Bungert, BB 2003, 699 ff.; Bungert/Eckert, BB 2000, 1845, 1846 ff.; Hüttemann, ZGR 2001, 454, 465; Riegger, DB 1999, 1889 ff.; Wilm, NZG 2000, 234 ff.; jedenfalls für Verschmelzungen zwischen Dritten BayObLG, ZIP 2003, 253, 255 ff.; Decher in FS Wiedemann, 2002, S. 787, 804 ff.; zwischen Konzernverschmelzungen und Verschmelzungen zwischen Unabhängigen unterscheidend Lutter/Drygala in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 5 Rz. 23 ff.; Paschos, ZIP 2003, 1017, 1019 ff.; Wilsing/Kruse, DStR 2001, 991, 994 ff. 76 Verbreitet wird vorgeschlagen, eine Bandbreite von 10 % anzuerkennen, vgl. LG München I, ZIP 2000, 1055, 1057; LG Frankfurt a. M., NZG 2002, 395, 396; Bungert, BB 2003, 699, 701 f.; Decher (Fn. 75), S. 787, 806; Paschos, ZIP 2003, 1017, 1024; Piltz, ZGR 2001, 185, 208 f.

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Minderheit gegen Maßnahmen der Mehrheit zu schützen ist. Hier wird die an die Minderheitsaktionäre zu gewährende Leistung nicht zwischen unabhängigen Dritten ausgehandelt. Eine gesetzliche Vorgabe der an die Minderheit zu zahlenden Abfindung und deren Überprüfung ist daher schon von Verfassungs wegen geboten. Anerkannt ist dabei, dass grundsätzlich der volle Wert der Beteiligung zu entschädigen ist.77 Daneben gibt es aber auch Verschmelzungen, denen echte Drittgeschäfte zu Grunde liegen. Verfassungsrechtlich ist die Frage der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses in diesen Fällen nicht determiniert, da es nicht um den Schutz der Minderheit gegenüber der Mehrheit geht.78 Praktisch werden die Minderheitsaktionäre über den Gleichlauf der Interessen der Gesellschaft und aller Aktionäre geschützt. Diese zweite Alternative, die bei Verschmelzungen zur Gründung einer SE vermutlich den Regelfall bilden wird, soll nachfolgend näher betrachtet werden. Die Frage ist hier, ob den Verwaltungen der beteiligten Verschmelzungspartner ein Verhandlungsermessen im Hinblick auf das Umtauschverhältnis zusteht. Eine verbreitete Auffassung im Schrifttum scheint ein solches Verhandlungsermessen nicht anzuerkennen.79 Vielmehr wird betont, alle Anteilsinhaber seien nicht nur untereinander, sondern auch im Verhältnis zu den Anteilseignern des anderen beteiligten Unternehmens gleich zu behandeln80; es müsse nicht nur sichergestellt werden, dass keine Aktionärsgruppe durch die Verschmelzung benachteiligt werde, sondern auch, dass keiner ein Vorteil zukomme81. Dem entspricht die Forderung, das Umtauschverhältnis aufgrund einer Standalone-Bewertung beider Verschmelzungspartner zu ermitteln und durch den Zusammenschluss zu realisierende Synergien außer Betracht zu lassen.82 Sind

__________ 77 Vgl. BVerfGE 14, 263, 283 f. – Feldmühle; BVerfGE 100, 289, 302 ff. – DAT/Altana; BVerfG, ZIP 1999, 1804, 1806 – Hartmann & Braun; BVerfG, ZIP 2000, 1670, 1671 f. – MotoMeter. 78 So zur Verschmelzung etwa BayObLG, ZIP 2003, 253, 255 ff.; Wilm, NZG 2000, 234, 235 ff.; Bungert, BB 2003, 699, 703 f.; Bungert/Eckert, BB 2000, 1845, 1846; Decher (Fn. 75), S. 787, 797 f., 800 f.; Hüttemann, ZGR 2001, 454, 465. 79 Ermessen bei Verkehrsgeschäften dagegen ausdrücklich bejahend etwa Nonnenmacher, AG 1982, 153 ff., Ossadnik, DB 1985, 1953, 1954 ff.; J. Vetter, ZHR 168 (2004), 8, 26 f.; Decher (Fn. 75), S. 787, 799 ff. (allerdings ohne Bestimmung der normativen Grenzen). 80 Lutter/Drygala in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 5 Rz. 18; Lutter in FS Mestmäcker, 1996, S. 943, 948 f.; Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG, 2. Aufl. 2001, § 5 Rz. 7; W. Müller in Kallmeyer, UmwG, 2. Aufl. 2001, § 9 Rz. 24. 81 So ausdrücklich etwa Lutter/Drygala in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 5 Rz. 18. 82 Lutter/Drygala in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 5 Rz. 31 und § 8 Rz. 23; MarschBarner in Kallmeyer UmwG, 2. Aufl. 2001, § 8 Rz. 17; überwiegend wird die Frage im Zusammenhang mit der Ermittlung von Ausgleichs- und Abfindungsansprüchen außenstehender Aktionäre beim Abschluss von Unternehmensverträgen diskutiert, hierzu BGHZ 138, 136, 140; BayObLG, AG 1996, 176, 177; OLG Hamburg, DB 1980, 77, 78; Bilda in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2000, § 305 Rz. 82; Kort, ZGR 1999, 402, 415 ff.; Seetzen, WM 1994, 45 f., 49; ders., WM 1999, 565, 572; einschränkend BGHZ 147, 108, 119 f., wonach Synergieeffekte dann beachtlich sein sollen, wenn sie vom Markt im Börsenkurs berücksichtigt worden sind; kritisch Busse von Colbe, ZGR 1994, 595 ff., 603 ff.; Fleischer, ZGR 1997, 368 ff.; ders., ZGR 2001, 1, 26;

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die Gesellschafter beider Verschmelzungspartner zwingend gleich zu behandeln, besteht kein Raum für ein Verhandlungsermessen bei der Festlegung des Umtauschverhältnisses. Eine Unterscheidung zwischen Konzernsachverhalten und Verkehrsgeschäften wird regelmäßig nicht getroffen. Teilweise wird sogar ausdrücklich betont, dass es keinen Unterschied machen könne, ob ein Minderheitsaktionär seine Beteiligung im Wege einer Verschmelzung oder einer Eingliederung verliere; in jedem Fall gehe es nur um eine möglichst objektive Bewertung der Unternehmen.83 Dies überzeugt nicht. Bei Konzerngeschäften ist die Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zwischen allen Gesellschaftern der beteiligten Rechtsträger zum Schutz der Minderheit gegenüber dem Mehrheitsgesellschafter gerechtfertigt, nicht jedoch bei frei ausgehandelten Drittgeschäften: Wieso sollen Anteilsinhaber zweier Unternehmen, die einen Vertrag miteinander schließen, zwingend gleich behandelt werden, wenn die strategischen Optionen, die eigene wirtschaftliche Lage, die Alternativen zur Transaktion und die Vorteile aus dem Zusammenschluss für beide Unternehmen völlig unterschiedlich sind? Als Beispiel sei unterstellt, dass die übernehmende Gesellschaft A sich in einer komfortablen strategischen Stand-alone-Position befindet, auf einen Zusammenschluss mit Gesellschaft B nicht angewiesen ist, sondern sich alternativ mit einem der drei Wettbewerber von B zusammenschließen könnte und schließlich aus einem Zusammenschluss nur einen relativ geringen Unternehmenswertzuwachs je Aktie aufgrund von Synergien erwarten kann, während Gesellschaft B dringend auf eine strategische Kooperation angewiesen ist, keine Alternativen hat und aufgrund des Zusammenschlusses den Unternehmenswert je Aktie aufgrund der erwarteten Synergien ganz erheblich steigern könnte. In einer solchen Situation ist es völlig legitim, und für einen sorgfältigen und gewissenhaften Geschäftsleiter von Gesellschaft A sogar verpflichtend, das Umtauschverhältnis möglichst dicht am vermuteten Grenzumtauschverhältnis, das für B gerade noch akzeptabel ist, festzulegen. Andererseits kann es für den Vorstand von Gesellschaft B eine große Leistung sein, eine Verschmelzung in dieser Situation auszuhandeln, auch wenn das Umtauschverhältnis zwar nicht dem aufgrund einer Unternehmensbewertung beider Unternehmen auf Stand-alone-Basis ermittelten Umtauschverhältnis entspricht, wohl aber über dem selbst ermittelten Mindestumtauschverhältnis liegt und damit zu einer Wertsteigerung für jeden einzelnen Aktionär führt. Darüber hinaus berücksichtigen weder die betriebswirtschaftlichen Bewer-

__________ Hüttemann, ZHR 162 (1998), 563, 586 ff., die allerdings gleichzeitig eine sachgemäße Aufteilung der Synergien auf die beteiligten Unternehmen fordern, mit der Forderung nach Berücksichtigung von Synergien also nicht die Vertragsfreiheit der Parteien bei Verträgen zwischen unabhängigen Dritten stärken wollen. 83 Weiler/Meyer, NZG 2003, 669, 670; zu recht allerdings deutlich zwischen Verschmelzungen zwischen Unabhängigen und Konzernverschmelzungen unterscheidend Decher (Fn. 75), S. 787, 790 ff.; Piltz, ZGR 2001, 185, 206 ff.

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tungsmethoden noch ein Abstellen auf die Börsenkurse den Umstand, wer nach dem Zusammenschluss das Unternehmen führt. Stellt sich der Zusammenschluss als Übernahme des einen durch den anderen Partner dar, ist es für den übernommenen Partner üblich und legitim, die Anteile am Unternehmen nur zu einem Premium abzugeben.84 Ist die Transaktion für die Aktionäre des einen Verschmelzungspartners vorteilhaft, besteht allein deshalb, weil die Aktionäre des anderen Verschmelzungspartners einen noch höheren Wertzuwachs ihrer Beteiligung zu erwarten haben, kein Grund, das Umtauschverhältnis zu korrigieren. Auch in diesem Zusammenhang ist an den bewährten Grundsatz des Privatrechts „pacta sunt servanda“ zu erinnern.85 Eine vertragliche Korrektur frei ausgehandelter Ergebnisse durch den Staat sollte auf Fälle besonderer Schutzbedürftigkeit oder grasser Fehlbeurteilungen begrenzt sein. Eine solche Schutzbedürftigkeit ist typischerweise bei Konzernsachverhalten, regelmäßig jedoch nicht bei Verkehrsgeschäften unter Dritten zu bejahen.86 Richtiger erscheint für Drittgeschäfte vielmehr die Erkenntnis, dass jeder Vertragspartner sein eigenes Grenzumtauschverhältnis ermitteln muss, also das Umtauschverhältnis, bei dem der Wert der auf einen Anteil am Rechtsträger vor der Verschmelzung entfallenden Beteiligung am aufnehmenden Rechtsträger nach der Verschmelzung unter Berücksichtigung der aufgrund der Synergien zu erwartenden Wertsteigerungen mindestens dem Wert des Anteils vor der Verschmelzung entspricht.87 So muss sich die Verwaltung des übertragenden Rechtsträgers fragen, wie viele Aktien der übernehmenden Gesellschaft ein Aktionär der übertragenden Gesellschaft für jede Aktie mindestens erhalten muss, damit die Transaktion für ihn wirtschaftlich sinnvoll ist. Jedes Umtauschverhältnis, das für die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft günstiger als dieses Mindestumtauschverhältnis ist, ist für diese angemessen und eine Verbesserung nach § 15 UmwG sollte ausgeschlossen sein. Normzweck der präventiven Überprüfung des Umtauschverhältnisses durch den Verschmelzungsprüfer und die gerichtliche Überprüfung im Spruchverfahren ist, sicherzustellen, dass die Anteilseigner der beteiligten Rechtsträger durch die Verschmelzung keine Nachteile erleiden; angemessen ist bei Verschmelzungen zwischen unabhängigen Dritten das Umtauschverhältnis daher dann, wenn die Gesellschafter nach der Verschmelzung nicht schlechter stehen, als sie

__________ 84 So auch Decher (Fn. 75), S. 787, 791 ff. 85 Die Vertragsfreiheit bei der Aushandlung von Unternehmenszusammenschlüssen betonend auch Decher (Fn. 75), S. 787, 790 ff.; Martens in FS Bezzenberger, 2000, S. 267, 282 ff. 86 Vgl. hierzu auch Gerold und Tilman Bezzenberger (Fn. 16), S. 1, 15 ff., die aus diesem Grund eine Ausweitung des Anwendungsbereichs für Spruchverfahren ablehnen und nicht lediglich – wie hier vertreten – die materielle Überprüfungsdichte begrenzen wollen. 87 Ausführlicher Nonnenmacher, AG 1982, 153, 154 ff.; Ossadnik, DB 1985, 1953, 1955 ff.

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ohne die Verschmelzung stünden.88 Vergleichsmaßstab ist jeweils nicht der Stand-alone-Wertansatz des anderen Verschmelzungspartners, sondern der Wert des verschmolzenen Unternehmens einschließlich der aufgrund des Zusammenschlusses erzielbaren Wertsteigerungen. Das vorstehende Verständnis steht auch nicht im Widerspruch zum Wortlaut des Gesetzes. Der Begriff Angemessenheit ist weit genug, dass er die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und damit insbesondere die Unterscheidung zwischen Konzernsachverhalten und Verkehrsgeschäften erlaubt. § 15 Abs. 1 UmwG bestimmt, dass das Umtauschverhältnis (nur) dann zu verbessern ist, wenn es zu niedrig bemessen ist oder die Mitgliedschaft beim übernehmenden Rechtsträger kein ausreichender Gegenwert für den Anteil am übertragenden Rechtsträger ist. Die Begriffe „zu niedrig“ und nicht „ausreichend“ deuten eher darauf hin, dass es auf den Vergleich zwischen der Beteiligung an der übernehmenden Gesellschaft nach der Verschmelzung und dem status quo ante, also dem Wert der Beteiligung am übertragenden Rechtsträger vor der Verschmelzung ankommt und dass dieser Wert mindestens erreicht sein muss. Die Angemessenheit nur eines Umtauschverhältnisses, das die nach einheitlichen Methoden ermittelten Wertverhältnisse beider Vertragspartner auf Stand-alone-Basis widerspiegelt, ohne auf den durch den Zusammenschluss ermöglichten Wertzuwachs abzustellen, kann daraus nicht abgeleitet werden. Respektieren die im Freigabeverfahren entscheidenden Gerichte diese Unterscheidung zwischen Konzernsachverhalten und Verkehrsgeschäften und das bei Verkehrsgeschäften bis zur Grenze der Verschlechterung gegenüber dem status quo ante reichende Verhandlungsermessen der Verwaltungen sowie die daraus folgende begrenzte Überprüfbarkeit des Umtauschverhältnisses, kommt eine Rechtswidrigkeit des Verschmelzungsbeschlusses wegen Unangemessenheit des Umtauschverhältnisses bei Verschmelzungen zwischen unabhängigen Dritten nur noch ausnahmsweise in Betracht. Im Freigabeverfahren müssten die Gerichte die Bewertungsrüge in solchen Verfahren nur dann näher überprüfen, wenn der Anfechtungskläger substantiiert darlegt, dass es sich entweder gar nicht um eine zwischen unabhängigen Dritten ausgehandelte Verschmelzung handelt oder dass der andere Verhandlungspartner die Verwaltung der eigenen Gesellschaft derart über den Tisch gezogen hat, dass er und seine Mitaktionäre nach der Verschmelzung ärmer als vorher sind und dies für einen ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiter bei Vertragsschluss erkennbar war. Beide Voraussetzungen werden bei echten mergers of equals oder auch Übernahmen bisher nicht miteinander verbundener Unternehmen im Wege der Verschmelzung regelmäßig nicht vorliegen. Entsprechend besteht auch kein Anlass für die Gerichte, die Anforderungen an die Substantiierung der durch den Anfechtungskläger darzulegenden Gesetzesverletzung i. S. d. § 243 Abs. 1 AktG herabzusetzen. Folgt man der vorstehend dargelegten Aus-

__________

88 So auch Nonnenmacher, AG 1982, 153 ff., insb. 157; Zeidler in Semler/Stengel, UmwG, 2003, § 9 Rz. 31.

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legung des Begriffs der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass das Freigabeverfahren des § 16 Abs. 3 UmwG bei Verschmelzungen zwischen unabhängigen Dritten mit Bewertungsrügen nicht überfordert wäre.

3. Austrittsrecht gegen Barabfindung (§ 7 SEAG) a) Überblick, Normzweck § 7 SEAG verpflichtet die Verschmelzungspartner, im Verschmelzungsplan jedem Aktionär der deutschen übertragenden Gesellschaft, der gegen den Verschmelzungsbeschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat, den Erwerb seiner Aktien gegen eine angemessene Barabfindung anzubieten. Die Angemessenheit der angebotenen Barabfindung ist, vorbehaltlich der Zustimmung der anderen Verschmelzungspartner nach Art. 25 Abs. 3 SE-VO, im Spruchverfahren zu überprüfen mit der Folge, dass eine Anfechtungsklage auf die Unangemessenheit der Barabfindung nicht gestützt werden kann (§ 7 Abs. 5 und 7 SEAG). Diese auf Art. 24 Abs. 2 SE-VO gestützte89 Regelung ist eng an die §§ 29 ff. UmwG angelehnt. Auch der Normzweck entspricht dem des § 29 Abs. 1 UmwG: Kein Aktionär soll gezwungen werden, die mit dem Wechsel in die Rechtsform der SE verbundene Änderung seiner Rechte und Pflichten hinzunehmen.90 Zwar gilt die SE gem. Art. 3 SE-VO stets als Aktiengesellschaft, doch unterliegt sie dem Recht des jeweiligen Sitzmitgliedstaats, woraus sich Veränderungen in der Rechtsposition des einzelnen Aktionärs ergeben können.91 Der Diskussionsentwurf wollte den Anwendungsbereich des § 7 SEAG noch deutlich weiter fassen, indem das Austrittsrecht nicht nur bei Verschmelzungen auf eine SE mit Sitz im Ausland, sondern auch bei Verschmelzungen auf eine SE mit Sitz im Inland gelten sollte. Daran schloss sich eine Diskussion an, ob dies, über die SE-Gründung hinaus, als Einleitung einer neuen Phase des Konzerneingangsschutzes zu verstehen sei.92 Es ist zu begrüßen, dass der Gesetzgeber der Kritik am Diskussionsentwurf in diesem

__________ 89 Die Barabfindung selbst lässt sich auf Art. 24 Abs. 2 SE-VO stützen, während Art. 25 Abs. 3 SE-VO nur für die Überprüfung im Spruchverfahren maßgeblich ist; so auch die Begründung des RegE zu § 7, BT-Drucks. 15/3405, S. 32; Kalss, ZGR 2003, 593, 624; C. Teichmann, ZGR 2003, 367, 382; zweifelnd der Handelsrechtsausschuss des DAV in seiner Stellungnahme Nr. 35/04 zu § 7 SEAG. 90 Begründung des RegE, BT-Drucks. 15/3405, S. 32; C. Teichmann, AG 2004, 67, 68; Kalss, ZGR 2003, 593, 625; zum Normzweck des § 29 UmwG Grunewald in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 29 Rz. 2; Kalss in Semler/Stengel, UmwG, 2003, § 29 Rz. 2; kritisch zu diesem Normzweck Waclawik, DB 2004, 1191, 1193. 91 Rechtspolitisch gegen jede Art des Austrittsrechts gegen Barabfindung pointiert Kübler, ZHR 167 (2003), 627 ff.; ähnlich J. Götz in Baums/Cahn, Die Europäische Aktiengesellschaft – Umsetzungsfragen und Perspektiven, 2004, S. 152, 154 f.; für eine weitergehende Einschränkung auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum RegE des SEEG, BT-Drucks. 15/3656, S. 3. 92 Ausführlich C. Teichmann, AG 2004, 67, 70 ff.; Scheifele (Fn. 12), S. 236 ff.; die Wirkung der Barabfindung als Konzerneingangsschutz wird auch in der Begründung des DiskE zu § 7 SEAG erwähnt, abgedruckt in Sonderbeil. zu NZG 7/2003, S. 14.

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Punkt93 gefolgt ist. Neue Konzepte des Konzerneingangsschutzes sollten, wenn sie denn wirklich sinnvoll und erforderlich sein sollten, nicht versteckt und nur für einen vergleichsweise kleinen Teilbereich eingeführt werden. Auch die weitere vom Gesetzgeber für das Austrittsrecht bei einer Verschmelzung auf eine deutsche SE angeführte Überlegung, dass dadurch Anfechtungsklagen reduziert werden könnten94, überzeugt nicht: Legitime, auf redlicherweise angenommene Rechtsmängel gestützte Anfechtungsklagen werden durch das Austrittsrecht, das selbst keine Rechtswidrigkeit der Maßnahme, sondern schlichten Unwillen zum Verbleib in der Gesellschaft voraussetzt, kaum eingedämmt; rechtsmissbräuchliche Anfechtungsklagen werden durch das Austrittsrecht, soweit – wie häufig – kein Spruchverfahren eröffnet ist95, noch erleichtert. Ein gemeinsamer Vertreter für die Aktionäre des ausländischen Verschmelzungspartners ist nach § 6a SpruchG nicht vorgesehen. Die rechtspolitische Wertung des Gesetzgebers ist in seiner gegenüber dem DiskE eingeschränkten Form vom Boden des deutschen Gesellschaftsrechts aus (§ 29 UmwG) nachvollziehbar. Trotzdem wäre ein etwas größeres Vertrauen wenn schon nicht in die Rechtsordnungen anderer Mitgliedstaaten, dann doch jedenfalls in die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte zu begrüßen gewesen. Bei der Verschmelzung einer deutschen börsennotierten Aktiengesellschaft auf eine börsennotierte SE mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben die Aktionäre sowohl vor als auch nach Wirksamwerden der Verschmelzung ein faktisches Austrittsrecht, indem sie ihre Aktien über die Börse verkaufen können. Dies sollte als Mindestschutz ausreichen.96 Denkbare Veränderungen im nach Wirksamwerden der Verschmelzung anwendbaren Gesellschaftsrecht treten demgegenüber in den Hintergrund, zumal auch Aktionäre deutscher Gesellschaften Änderungen ihrer Rechtsstellung durch Eingriffe des Gesetzgebers, wie die Einführung des Squeeze-out zeigt, hinnehmen müssen. b) Wirtschaftliche Bedeutung Ebenso wie die Verbesserung des Umtauschverhältnisses durch bare Zuzahlung kann auch die Verpflichtung zur Barabfindung eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung erlangen. Zwar steht das Austrittsrecht gegen Barabfindung nur denjenigen Aktionären zu, die Widerspruch gegen den Verschmelzungsbeschluss eingelegt haben. Trotzdem darf die daraus folgende Belastung für die

__________ 93 Vgl. Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des DAV Nr. 65/03 zum DiskE zu § 7 SEAG; Ihrig/Wagner, BB 2003, 969, 972; Kalss, ZGR 2003, 593, 625 f., 629; Kübler, ZHR 167 (2003), 627, 628 ff. 94 Begr. des DiskE zu § 7 SEAG, abgedruckt in Sonderbeil. zu NZG 7/2003, S. 14; hierzu C. Teichmann, ZGR 2003, 367, 383. 95 Hierzu nachfolgend ausführlicher II. 3 d), S. 147 f. 96 So auch J. Götz in Baums/Cahn (Fn. 91), S. 152, 155.

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SE nicht unterschätzt werden: Die Abfindung ist mit Barmitteln zu begleichen. Sie verkürzt damit die der Gesellschaft zur Verfügung stehende Liquidität, die diese ansonsten zur Absicherung oder Ausweitung ihrer Geschäftsaktivitäten hätte nutzen können. Im Extremfall ist denkbar, dass die bei der Unternehmensbewertung zur Ermittlung des Umtauschverhältnisses zugrunde gelegten Investitionen nicht mehr oder nur zu höheren Finanzierungskosten durchgeführt werden können. Die sich ergebenden Abfindungsbeträge können, jedenfalls in der Theorie, einen ganz erheblichen Umfang erreichen. Bei einem qualifizierten Mehrheitserfordernis wäre theoretisch denkbar, dass knapp 25 % der Aktionäre der deutschen übertragenden Gesellschaft von ihrem Austrittsrecht Gebrauch machen, was einen Liquiditätsabfluss in Höhe von 25 % des Unternehmenswerts auf Stand-alone-Basis bedeuten würde – ein Betrag, den selbst das gesündeste Unternehmen regelmäßig nicht stemmen kann. Auch wenn erfahrungsgemäß nur ein vergleichsweise kleiner Teil der Aktionäre Widerspruch einlegt, könnte das schwerlich im Vorhinein präzise abzuschätzende Risiko von den Kapitalmärkten mit einem Kursabschlag bewertet werden. Zur Verzinsung und der Länge etwaiger Spruchverfahren gilt das zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses Gesagte.97 c) Begrenzung durch Kapitalerhaltungsgrundsätze Wie bei der baren Zuzahlung zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses stellt sich auch bei der Barabfindung die Problematik der Kapitalerhaltung, dieses Mal allerdings nicht im Gewand des § 57 AktG, sondern des § 71 AktG. § 7 Abs. 1 SEAG weist ausdrücklich darauf hin, dass die Vorschriften des AktG über den Erwerb eigener Aktien entsprechend gelten, wobei § 71 Abs. 4 Satz 2 AktG – wie bei § 29 UmwG – nicht anzuwenden ist. Auf zwei, aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 SEAG nicht unmittelbar ablesbare Probleme soll hingewiesen werden: aa) Begrenzung der Barabfindung nach deutschem Recht Für den Erwerb eigener Aktien und damit auch das Austrittsrecht gegen Barabfindung gelten die Schranken des § 71 Abs. 2 AktG: Neben der Beachtung der 10 %-Grenze des Satzes 1 muss die Gesellschaft gem. Satz 2 die nach § 272 Abs. 4 HGB vorgeschriebene Rücklage für eigene Aktien bilden können. Ein Verstoß hiergegen führt zwar nach § 71 Abs. 4 Satz 1 AktG nicht zur Nichtigkeit des dinglichen Erwerbs und nach § 29 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. UmwG und § 7 Abs. 1 Satz 2 SEAG nicht zur Nichtigkeit des schuldrechtlichen Geschäfts. Hieraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass bei der Gewährung einer Barabfindung § 71 Abs. 2 AktG beliebig übergangen werden kann. Wird die nach § 71 Abs. 2 AktG erforderliche Rücklage im Jahr des Erwerbs nicht oder nicht in voller Höhe gebildet, dürfte der Jahresabschluss nach § 256 Abs. 1 Nr. 4

__________ 97 Hierzu oben unter II. 2. a), S. 121.

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AktG nichtig sein.98 Ist ein Verstoß gegen § 71 Abs. 2 AktG aufgrund des Barabfindungsangebots bereits bei der Beschlussfassung erkennbar, wird man eine Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses zulassen müssen.99 Darüber hinaus wird man nach zwar umstrittener, m. E. aber richtiger Auffassung der übernehmenden Gesellschaft ein Leistungsverweigerungsrecht einräumen müssen, solange die Voraussetzungen des § 71 Abs. 2 AktG nicht eingehalten werden können.100 Nur so kann eine Aushebelung des § 71 Abs. 2 AktG und des dadurch bedingten Gläubigerschutzes vermieden werden.101 bb) Auswirkungen auf die SE mit Sitz im Ausland Das Angebot, gegen Barabfindung aus der Gesellschaft auszuscheiden, kann nur binnen zwei Monaten nach dem Tag angenommen werden, an dem die Verschmelzung im Sitzstaat der SE eingetragen und bekannt gemacht worden ist. Wird die Barabfindung im Spruchverfahren überprüft, beginnt diese Frist erst mit der Bekanntmachung der Entscheidung im Bundesanzeiger (§ 7 Abs. 4 SEAG). Die Verpflichtung zur Barabfindung geht mit Wirksamwerden der Verschmelzung im Wege der Universalsukzession auf die SE über, was auch ohne ausdrückliche Regelung aus Art. 29 SE-VO folgt.102 Damit ist die Barabfindungsverpflichtung stets durch die SE zu erfüllen, die in den Fällen des § 7 SEAG niemals deutschem Recht unterliegen kann. Insoweit erstaunt der Verweis auf die deutschen Vorschriften zum Erwerb eigener Aktien. Dass diese Regelung des deutschen Rechts auch für die nicht deutschem Recht unterliegenden Gesellschaften verbindlich sei, soll nach der Begründung des Regierungsentwurfs103 zum einen daraus folgen, dass die Regelung sich auf die Ermächtigung des Art. 24 Abs. 2 der SE-VO stützen könne. Zum anderen mache Art. 25 Abs. 3 der SE-VO deutlich, dass dabei auch an die Möglichkeit einer Barabfindung, verbunden mit nachgeschalteter Kontrolle durch ein Spruchverfahren, gedacht worden sei. Richtig ist, dass Art. 25 Abs. 3 SE-VO die Abfindung von Minderheitsaktionären und damit den Erwerb ihrer Aktien anerkennt und dass die Entscheidung im Spruchverfahren über die Höhe der

__________ 98 Förschle/Hoffmann in BeckBilkomm., 5. Aufl. 2003, § 272 HGB Rz. 124; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 3. Aufl. 2001, § 29 UmwG Rz. 10; Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG, 2. Aufl. 2001, § 29 Rz. 27. 99 Zu § 29 UmwG Grunewald in FS Boujong, 1996, S. 175, 191; Grunewald in Lutter, UmwG 3. Aufl. 2004, § 29 Rz. 24; Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG, 2. Aufl. 2001, § 29 Rz. 27; Petersen (Fn. 44), S. 178; Kalss in Semler/Stengel, UmwG, 2003, § 29 Rz. 32; a. A. Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 3. Aufl. 2001, § 29 UmwG Rz. 10. 100 Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG, 2. Aufl. 2001, § 29 Rz. 27; Petersen (Fn. 44), S. 178 f.; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 3. Aufl. 2001, § 29 UmwG Rz. 10 a. E.; so wohl auch Ihrig, GmbHR 1995, 622, 631 f., 641; a. A. Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG, 1995, § 29 Rz. 29; Grunewald (Fn. 99), S. 175, 192; Grunewald in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 29 Rz. 26 f.; Kalss in Semler/ Stengel, UmwG, 2003, § 29 Rz. 32. 101 Ausführlich J. Vetter, ZHR 168 (2004), 8, 22 f. 102 Vgl. hierzu auch die Begründung des RegE des SEEG, BT-Drucks. 15/3405, S. 33. 103 BT-Drucks. 15/3405, S. 33.

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Abfindung auch die übernehmende Gesellschaft bindet. Damit wird jedoch noch kein Blankoscheck für Eingriffe in die Kapitalerhaltungssystematik anderer Mitgliedstaaten ausgestellt. Art. 24 SE-VO ermächtigt zum Erlass angemessener Schutzvorschriften zu Gunsten von Minderheitsaktionären, worunter auch die Barabfindung gefasst werden kann. Auch hier habe ich allerdings Zweifel, dass eine zwingende Geltung des deutschen § 71 AktG für SE mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten in jedem Fall noch als „angemessen" anzusehen sein wird. Wie würden wir reagieren, wenn eine ausländische Rechtsordnung den Erwerb eigener Aktien zur Barabfindung opponierender Minderheitsgesellschafter ohne jede Begrenzung über die Möglichkeiten des § 71 AktG hinaus für SE mit Sitz in Deutschland anordnen würde? Umgekehrt: Warum sollen die Beschränkungen des § 71 AktG in gleichem Umfang für ausländische Rechtsordnungen gelten, wenn diese, soweit nach der zugrundeliegenden Kapitalschutzrichtlinie zulässig104, ein weniger rigides Kapitalschutzreglement anwenden. Eine angemessene Lösung scheint mir hier entsprechend der Verbesserung des Umtauschverhältnisses durch bare Zuzahlung105 wie folgt auszusehen: Der Anspruch auf Barabfindung ist grundsätzlich von der ausländischen Rechtsordnung anzuerkennen; die Durchsetzung des Anspruchs richtet sich jedoch nach den auf die SE anwendbaren Kapitalschutzvorschriften. Sollte es danach zu einer Verzögerung der Auszahlung der Barabfindung kommen, werden die ausscheidenden Minderheitsaktionäre durch die fortlaufende Verzinsung nach § 7 Abs. 2 Satz 2 SEAG geschützt. d) Überprüfung der Höhe der Barabfindung Im Hinblick auf die Überprüfung der Höhe der Barabfindung gelten die gleichen Grundsätze wie zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses nach § 6 SEAG. § 7 Abs. 7 SEAG sieht grundsätzlich die Überprüfung im Rahmen eines Spruchverfahrens vor. Konsequent ist in diesen Fällen eine Anfechtungsklage unter Berufung auf das unzureichende Angebot einer Barabfindung gem. § 7 Abs. 5 SEAG ausgeschlossen. Anders als bei der Verbesserung des Umtauschverhältnisses wird man in diesem Fall den Ausschluss der Anfechtungsklage auf die Geltendmachung bewertungsbezogener Informationsmängel ausdehnen müssen, da § 7 Abs. 5 SEAG wie § 210 UmwG den Anfechtungsausschluss auch auf den Vorwurf erstreckt, dass ein Abfindungsangebot überhaupt nicht angeboten worden ist.106

__________ 104 Vgl. Art. 20 Abs. 1 lit. d) der Kapitalrichtlinie; dispositiv ist bei gesetzlich vorgesehenen Abfindungsangeboten insb. die 10 % Grenze des Art. 19 Abs. 1 lit. b), nicht dagegen die Bildung einer Sonderrücklage bei Aktivierung der eigenen Aktien, Art. 22 Abs. 1 lit. b) der Kapitalrichtlinie, abgedruckt bei Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2003, Rz. 206; zu Divergenzen zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten vgl. etwa Skog, ZGR 1997, 306, 312 ff. 105 Hierzu oben unter II. 2. e), S. 127 f. 106 Zur Rechtsprechung des BGH bereits oben unter II. 2. f), S. 128.

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Auch bei § 7 SEAG steht das Spruchverfahren allerdings unter den Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 3 Satz 1 der SE-VO. Akzeptieren die Aktionäre des ausländischen Verschmelzungspartners die nachträgliche Anhebung der Barabfindung im Spruchverfahren nicht, kann der Vorwurf, die Barabfindung sei zu niedrig bemessen, nur im Wege der Anfechtungsklage geltend gemacht werden. Auch insoweit kann es also leicht dazu kommen, dass die Frage, wie im Freigabeverfahren mit Bewertungsrügen umgegangen wird, über das Schicksal des gesamten Verschmelzungsvorhabens entscheidet. Im Vergleich zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses im Wege des Spruchverfahrens erscheint es mir im Hinblick auf die Überprüfung der Barabfindung allerdings leichter, die Aktionäre des ausländischen Verschmelzungspartners von der Zweckmäßigkeit eines Spruchverfahrens zu überzeugen. Das wirtschaftliche Risiko aus einer nachträglichen Anpassung der Barabfindung dürfte überschaubarer sein, da nur diejenigen Aktionäre, die Widerspruch gegen den Verschmelzungsbeschluss eingelegt haben, berechtigt sind. Erfahrungsgemäß ist dies eine recht kleine Gruppe von Aktionären, die darüber hinaus häufig nur einen recht geringen Aktienbesitz hält. Diesem Risiko steht der Vorteil gegenüber, sowohl die auf die Barabfindung bezogene Bewertungsrüge als auch etwaige Informationsdefizite im Hinblick hierauf aus der Anfechtungsklage herauszuhalten. Diese Abwägung dürfte häufig dafür sprechen, die Zustimmung nach Art. 25 Abs. 3 SE-VO zu erteilen. e) Behandlung der Bewertungsrüge im Freigabeverfahren Ein freiwilliges Spruchverfahren ist vom Grundsatz her auch zur Überprüfung der Höhe der Barabfindung denkbar.107 Dagegen ist bei der Ermittlung der Barabfindung zwar ein Beurteilungsspielraum bei der Bewertung, nicht jedoch ein Verhandlungsermessen der Verschmelzungspartner anzuerkennen.108 Im Hinblick auf die Höhe der Barabfindung betreffende Bewertungsrügen ist darüber hinaus zu überlegen, ob im Rahmen der Interessenabwägung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 UmwG nicht auch der Umstand mit berücksichtigt werden kann, dass dem Anfechtungskläger der Nachteil aus einer rechtswidrig zu niedrig angesetzten Barabfindung im Wege des Schadensersatzes nach § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG erstattet werden kann. Der Gesetzgeber selbst hat anerkannt, dass der Umstand, dass der geltend gemachte Nachteil anderweitig kompensiert werden kann, bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen ist.109 Gegen die Berücksichtigung des Schadensersatzanspruchs wird allerdings eingewandt, der Schadensersatzanspruch stelle eine ultima ratio dar; im übrigen könnte das Freigabeverfahren bei Berücksichtigung des Schadensersatzanspruchs durch signalisierte Zahlungsbereitschaft im Hinblick auf einen anschließenden Schadensersatz beliebig kommerzialisiert werden.110 Dies allein scheint mir

__________ 107 108 109 110

Hierzu oben II. 2. i) aa), S. 134 ff. Hierzu oben II. 2. i) cc), S. 136 ff. Begründung des RegE zu § 16 UmwG, BT-Drucks. 12/6699, S. 89. Martens, AG 2000, 301, 306.

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allerdings noch nicht ausreichend zu sein, um einen möglichen Schadensersatz bei der Interessenabwägung grundsätzlich auszublenden. Gerade bei Bewertungsrügen ist das Risiko einer rechtsmissbräuchlichen Aushöhlung der Rechtsbehelfe durch die Verwaltung eher gering, da die Bewertung zusätzlich zur nachträglichen gerichtlichen Überprüfung einer präventiven Überprüfung durch den Verschmelzungsprüfer unterzogen wird. Ein gravierenderes Argument gegen die Berücksichtigung des Schadensersatzanspruchs ist, dass der Schadensersatz nur dem klagenden Aktionär gewährt wird, anders als ein Spruchverfahren also keine Inter-omnes-Wirkung entfaltet.111 Hiergegen ist eingewandt worden, den übrigen Aktionären sei es ja unbenommen, selbst Schadensersatzklage zu erheben oder sich der erhobenen Anfechtungsklage anzuschließen.112 Im Hinblick auf die Verbesserung des Umtauschverhältnisses überzeugt diese Überlegung nicht, solange die Verbesserung des Umtauschverhältnisses inter omnes und damit auch zu Gunsten der für die Verschmelzung stimmenden Aktionäre wirkt.113 Etwas anderes gilt jedoch im Hinblick auf die Überprüfung der Barabfindung, da diese ohnehin nur den opponierenden Aktionären angeboten wird. Hier erscheint es mir in der Tat nicht unverhältnismäßig, den widersprechenden Aktionären eine Beteiligung an der Anfechtungsklage zur Wahrung ihrer Rechte zuzumuten. Dazu sollte § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG so ausgelegt werden, dass auch dem Nebenintervenienten der Schadensersatzanspruch zusteht.114 Angesichts der ausdrücklichen Erstreckung der Entscheidung im Spruchverfahren auf die übernehmende SE durch Art. 25 Abs. 3 SE-VO stellt sich die Frage, ob auch die Bindung der SE an die Zuerkennung von Schadensersatz durch das deutsche Gericht einer ausdrücklichen Ermächtigung bedarf. Dagegen spricht jedoch, dass Art. 29 Abs. 1 lit. a) SE-VO den Übergang des gesamten Aktiv- und Passivvermögens jeder übertragenden Gesellschaft auf die übernehmende Gesellschaft anordnet. Dies beinhaltet auch Schadensersatzansprüche von Aktionären gegen einen übertragenden Rechtsträger. Es besteht kein Anlass, danach zu differenzieren, ob die schadensersatzbegründende Pflichtverletzung des Vorstands im Zusammenhang mit dem Verschmelzungsvorhaben oder unabhängig davon erfolgt ist.

4. Pflichtangebot nach § 35 WpÜG Nach § 35 WpÜG hat derjenige, der die Kontrolle, also mehr als 30 % der Stimmrechte, an einer Zielgesellschaft erlangt, den übrigen Aktionären der Gesellschaft ein Pflichtangebot zu unterbreiten. Ob dies auch in dem Fall gilt, dass die Kontrolle im Wege der Verschmelzung erlangt wird, beispielsweise

__________ 111 Hierauf weisen etwa Martens, AG 2000, 301, 306 f. und Rebmann, Die Ausweitung des aktienrechtlichen Spruchstellenverfahrens, 1995, S. 112 hin. 112 Volhard in Semler/Stengel, UmwG, 2003, § 16 Rz. 39; Rettmann, Die Rechtmäßigkeitskontrolle von Verschmelzungsbeschlüssen, 1998, S. 137 ff. 113 Hierzu oben unter II. 2. i) bb), S. 136. 114 Davon gehen offenbar Volhard und Rettmann (Fn. 112) aus.

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dadurch, dass die übertragende Gesellschaft durch einen Mehrheitsgesellschafter beherrscht wird, der beim Wirksamwerden der Verschmelzung mehr als 30 % der Stimmrechte an der übernehmenden Gesellschaft erhält, ist umstritten. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht115 und die wohl überwiegende Ansicht in der Literatur bejahen die Anwendbarkeit des § 35 WpÜG im vorgenannten Fall.116 a) Verschmelzung der deutschen AG auf eine SE mit Sitz im Ausland Bei der Verschmelzung erlischt der übertragende Rechtsträger. Bei einer Verschmelzung auf eine ausländische Gesellschaft zur Gründung einer SE liegt damit nach Wirksamwerden der Verschmelzung keine deutsche Zielgesellschaft mehr vor. Die ausländische Gesellschaft, an der ein Kontrollerwerb denkbar ist, stellt keine taugliche Zielgesellschaft dar, da § 2 Abs. 3 WpÜG hierfür eine Gesellschaft mit Sitz im Inland verlangt. Auch eine Analogie zu § 35 WpÜG lässt sich nicht begründen. Denkbar wäre insoweit nur die Anwendbarkeit des § 35 WpÜG zum Schutz der Aktionäre der deutschen Gesellschaft. In dem Fall, dass diese einen Mehrheitsgesellschafter hatte, der nunmehr im Wege der Verschmelzung auch die Kontrolle an der ausländischen übernehmenden Gesellschaft erwirbt, besteht kein Bedürfnis, die deutschen Aktionäre zu schützen. Sie waren schon bisher der Kontrolle des Mehrheitsgesellschafters ausgesetzt. In dem Fall, dass die Gesellschafter der deutschen übertragenden Gesellschaft auf eine Gesellschaft verschmolzen wird, die schon bisher von einem Mehrheitsaktionär beherrscht wird, wären die Grenzen der Zuständigkeit des deutschen Gesetzgebers wohl deutlich überschritten. Diese Gesellschaft und der sie kontrollierende Gesellschafter unterlagen zu keinem Zeitpunkt deutschem Recht.117 b) Verschmelzung auf SE mit Sitz in Deutschland Auch wenn § 2 Abs. 3 WpÜG nur Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften nennt, wird man doch auch die SE mit Sitz in Deutschland als taugli-

__________

115 Vgl. Lenz/Linke, AG 2002, 361, 367 f. 116 Vgl. ausführlich zum Verhältnis von Austrittsrecht gegen Barabfindung und Pflichtangebot bei Gründung einer SE C. Teichmann, AG 2004, 67, 77 ff.; Kalss, ZGR 2003, 593, 638 ff.; vgl. im Übrigen die nachfolgenden Fn. 117 Selbst bei einer rein deutschen Verschmelzung wäre in einem solchen Fall, in dem eine übertragende Gesellschaft auf eine von einem kontrollierenden Gesellschafter beherrschte übernehmende Gesellschaft verschmolzen wird, die Anwendbarkeit des § 35 WpÜG umstritten, zu recht ablehnend Baums/Hecker in Baums/Thoma, WpÜG, Stand: Mai 2004, § 35 Rz. 116 f.; von Bülow in KölnKomm.WpÜG, 2003, § 35 Rz. 79 ff.; Ekkenga/Schulz in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, 2003, § 35 Rz. 33; Süßmann, WM 2003, 1453, 1454 f.; Technau, AG 2002, 260, 261 ff.; J. Vetter, WM 2002, 1999 ff.; Weber-Rey/Schütz, AG 2001, 325, 327 ff.; a. A. Hommelhoff/ Witt in Haarmann/Riehmer/Schüppen, Öffentliche Übernahmeangebote, 2002, § 35 WpÜG Rz. 30; Kalss, ZGR 2003, 593, 638; Kleindiek, ZGR 2002, 546, 571 f.; Seibt/Heiser, ZHR 165 (2001), 466, 481 f.

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che Zielgesellschaft anerkennen müssen. Dies ergibt sich entweder aus dem Verweis auf die für die Aktiengesellschaft geltenden Vorschriften in Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO118 oder ansonsten jedenfalls aus der unmittelbaren Auslegung des § 2 WpÜG. Von der wohl herrschenden Meinung wird § 35 WpÜG dann angewandt, wenn der kontrollierende Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft im Wege der Verschmelzung die Kontrolle über die aufnehmende Gesellschaft erwirbt119. Die Diskussion soll hier nicht erneut vertieft werden.120 Die nachfolgenden Bemerkungen sollen sich vielmehr auf eine Verdeutlichung der wirtschaftlichen Konsequenzen des Pflichtangebots beschränken. Sollten sich die Verschmelzungspartner, insb. der ausländische Verschmelzungspartner bereit erklären, aufgrund der ganz erheblichen Wertsteigerungspotenziale des Zusammenschlusses eine Verschmelzung auf die deutsche übernehmende Gesellschaft zur Gründung einer SE mit Sitz in Deutschland durchzuführen, hat dies für einen Mehrheitsgesellschafter der übertragenden Gesellschaft, der mehr als 30 % der Aktien an der deutschen übernehmenden Gesellschaft erwirbt, die folgende Konsequenz: Er muss jedenfalls den Altaktionären der deutschen Gesellschaft121 ein Pflichtangebot unterbreiten. Der dabei anzubietende Mindestpreis richtet sich nach §§ 31 Abs. 1 WpÜG, 3 ff. WpÜGAngebotsVO. Gemäß § 5 Abs. 1 WpÜG-AngebotsVO ist mindestens der gewichtete durchschnittliche Börsenkurs der Aktie der übernehmenden Gesellschaft während der letzten drei Monate vor der Mitteilung des Kontrollerwerbs nach § 35 Abs. 1 WpÜG maßgeblich. Da die betreffende Mitteilung des Kontrollerwerbs erst nach Wirksamwerden der Verschmelzung erfolgen kann, fließt in den Mindestkurs der durchschnittliche Börsenkurs eines Zeitraums ein, der ganz oder zumindest teilweise nach der Veröffentlichung des Zusammenschlussvorhabens liegt. Jedenfalls dann, wenn der Markt die Erwartungen der Verschmelzungspartner teilt, wird der Börsenkurs der übernehmenden Gesellschaft nach Mitteilung des Zusammenschlussvorhabens und jedenfalls nach Veröffentlichung des Verschmelzungsberichts mit seinen Angaben zu den prognostizierten Synergien die zukünftig erwarteten Wertsteigerungen

__________ 118 So ausdrücklich Kalss, ZGR 2003, 593, 638; gegen eine Erstreckung des Art. 9 Abs. 1 lit. c) SE-VO auf das nationale Kapitalmarktrecht Casper in FS Ulmer, 2003, S. 51, 66. 119 Baums/Hecker in Baums/Thoma, WpÜG, Stand: Mai 2004, § 35 Rz. 112; von Bülow in KölnKomm. WpÜG, 2003, § 35 Rz. 78; Ekkenga/Schulz in Ehricke/ Ekkenga/Oechsler, WpÜG, 2003, § 35 Rz. 31; Hommelhoff/Witt in Haarmann/ Riehmer/Schüppen, Öffentliche Übernahmeangebote, 2002, § 35 WpÜG Rz. 28; Kleindieck, ZGR 2002, 546, 570; Seibt/Heiser, ZHR 165 (2001), 466, 470 ff.; Süßmann, WM 2003, 1453, 1455 f.; a. A. Grabbe/Fett, NZG 2003, 755, 759 ff.; J. Vetter, WM 2002, 1999 ff. 120 Ausführlich J. Vetter, WM 2002, 1999 ff. 121 Für die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft, die schon bisher von ihm kontrolliert wurden, wird verbreitet eine teleologische Reduktion befürwortet, vgl. Baums/Hecker in Baums/Thoma, WpÜG, Stand: Mai 2004, § 35 Rz. 113, Ekkenga/ Schulz in Ehricke/Ekkenga/Oechsler, WpÜG, 2003, § 35 Rz. 31; Hommelhoff/Witt in Haarmann/Riehmer/Schüppen, Öffentliche Übernahmeangebote, 2002, § 35 WpÜG Rz. 28; Kleindiek, ZGR 2002, 546, 572; Seibt/Heiser, ZHR 165 (2001), 466, 479 ff.; Technau, AG 2002, 260, 262.

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jedenfalls teilweise durch einen Kursanstieg antizipieren. Für den zum Pflichtangebot verpflichteten Mehrheitsgesellschafter hat dies den unangenehmen Effekt, dass er den Altaktionären der übernehmenden Gesellschaft nicht nur den auf Stand-alone-Basis ermittelten anteiligen Unternehmenswert, sondern darüber hinaus die erwarteten, möglicherweise überwiegend von seinem eigenen Unternehmen beigesteuerten Synergien vergüten muss.122 Wer dieses wirtschaftlich wenig überzeugende Ergebnis nicht als ausreichendes Argument gegen die Anwendbarkeit des § 35 WpÜG auf Verschmelzungsvorgänge werten will, muss jedenfalls anerkennen, dass dies die Attraktivität einer Verschmelzung auf eine deutsche AG zur Gründung einer SE mit Sitz in Deutschland noch weiter mindert. Es bleibt zu hoffen, dass die BaFin den betroffenen Mehrheitsgesellschaftern durch eine großzügige Befreiungspraxis nach § 37 Abs. 1 WpÜG entgegenkommt123; hierauf deutet allerdings jedenfalls in Fällen, in denen den Minderheitsaktionären nicht auch ein gesellschaftsrechtliches Austrittsrecht gegen Barabfindung zusteht, nichts hin.

III. Gründung einer Holding-SE 1. Überblick Die Gründung einer Holding-SE gem. Artt. 32–34 SE-VO, §§ 9–11 SEAG ist dem deutschen Juristen ungewohnt, da wir kein genau passendes Pendant im nationalen Gesellschaftsrecht kennen. Wir kennen zwar Übernahmen von Unternehmen, doch ist die Haupt- oder Gesellschafterversammlung der Zielgesellschaft hieran nicht beteiligt. Diese Beteiligung lässt sich vielleicht am Einfachsten erklären, wenn man die Gründung der Holding-SE als eine der Verschmelzung zur Neugründung ähnliche Strukturmaßnahme begreift, bei der allerdings im Unterschied zur Verschmelzung die Ausgangsgesellschaften bestehen bleiben und entsprechend nicht deren Vermögen auf die entstehende NewCo übertragen wird, sondern lediglich Anteile an den Ausgangsgesellschaften im Wege der Einzelrechtsnachfolge eingebracht werden. Es entsteht damit eine Konzernstruktur mit der SE als Spitze und den Ausgangsgesellschaften als abhängigen Töchtern. Das Verfahren zur Gründung der Holding-SE ist der SE-Gründung durch Verschmelzung sehr stark angenähert. Auch hier erstellen die Leitungs- oder Verwaltungsorgane der Gründungsgesellschaften einen Gründungsplan. Diesem müssen, auf den ersten Blick erstaunlich, aus der Parallele zur Verschmelzung allerdings verständlich, die Hauptversammlungen jeder der beteiligten Gesell-

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122 Ausführlich hierzu J. Vetter, WM 2002, 1999, 2004 f. 123 Ausführlich zu der Befreiung vom Pflichtangebot nach § 37 WpÜG in Fällen einer SE-Gründung C. Teichmann, AG 2004, 67, 82 f., der allerdings primär die nach dem DiskE des SEEG bei der Verschmelzung noch denkbare Konkurrenz zwischen gesellschaftsrechtlichem Austrittsrecht gegen Barabfindung und Pflichtangebot im Blick hat.

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schaften zustimmen (Art. 32 Abs. 6 SE-VO). Die Gründung der Holding-SE erfordert darüber hinaus, dass mindestens 50 % der Anteile der beteiligten Gesellschaften in die SE eingebracht werden (Art. 32 Abs. 2 SE-VO). Die Gründung einer SE-Holding steht, anders als die Verschmelzung zur Gründung einer SE, auch deutschen GmbHs offen. Aufgrund des fehlenden Gegenstücks im deutschen Gesellschaftsrecht, aber auch einer etwas oberflächlichen Arbeit des europäischen Gesetzgebers124 sind verschiedene Fragen zum anwendbaren Recht und der Einordnung in die Gründungsvorschriften des deutschen Gesellschaftsrechts125 offen geblieben.

2. Gesellschafterbeschluss und Information der Gesellschafter a) Gesellschafterbeschluss, Informationsgewährung Hinsichtlich des erforderlichen Beschlusses der Gesellschafterversammlungen hat der Gesetzgeber im Regierungsentwurf die noch im Diskussionsentwurf offen gelassene Frage nach der erforderlichen Mehrheit geklärt. Nach § 10 Abs. 1 SEAG bedarf der Beschluss einer Mehrheit von drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals (AG) bzw. der abgegebenen Stimmen bei der GmbH.126 Die Informationsgewährung zu Gunsten der Gesellschafter ähnelt weitgehend der Verschmelzung. Der Inhalt des aufzustellenden Gründungsplans entspricht weitgehend dem Verschmelzungsplan (Art. 32 Abs. 2 SE-VO). Der Gründungsplan enthält gem. Art. 32 Abs. 2 Satz 2 SE-VO einen Bericht, der die Gründung aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht erläutert. Unabhängige Sachverständige prüfen gem. Art. 32 Abs. 4 SE-VO den Gründungsplan und berichten über diese Prüfung schriftlich.127 b) Eröffnung des Freigabeverfahrens? Nach Art. 33 Abs. 5 SE-VO kann die SE erst dann eingetragen werden, wenn die Formalitäten gem. Art. 32 einschließlich der Zustimmung der Hauptver-

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124 Vgl. zur Entstehungsgeschichte C. Teichmann, ZGR 2003, 367, 388 ff. 125 Beispielsweise die Frage, wer als Gründer anzusehen ist, die Ausgangsgesellschaften oder ihre einbringende Gesellschafter, vgl. hierzu etwa C. Teichmann, ZGR 2003, 367, 392 m. w. N. 126 In den Stellungnahmen zum DiskE war teilweise die einfache Mehrheit für ausreichend gehalten worden, so die Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des DAV Nr. 65/03 unter Nr. 4 der Vorbemerkungen zu Unterabschnitt 2; teilweise war eine qualifizierte Mehrheit befürwortet worden, so Kalss, ZGR 2003, 593, 633; C. Teichmann, ZGR 2003, 367, 392; zur Frage, ob sich eine qualifizierte Mehrheit bereits unmittelbar aus der SE-VO durch eine Analogie zu Art. 18 SE-VO ableiten lässt, C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 435 (bejahend) und Casper (Fn. 118), S. 51, 60 f. (ablehnend). 127 Ausführlicher zu den Informationspflichten Kalss, ZGR 2003, 593, 630 f.; MarschBarner in Lutter, Holding-Handbuch, 4. Aufl. 2004, § 15 Rz. 24 ff.; zum österreichischen Recht Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, §§ 25, 26 SEG Rz. 7 ff.

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sammlung erfüllt sind. § 10 Abs. 2 SEAG bestimmt hierzu, dass die Vertretungsorgane bei der Anmeldung der Holding-SE zu erklären haben, dass eine Klage gegen die Wirksamkeit des Zustimmungsbeschlusses nicht erhoben oder rechtskräftig abgewiesen oder zurückgenommen worden ist. Dies legt die Frage nahe, ob diese Erklärung wie bei der Verschmelzung durch ein Freigabeverfahren entsprechend § 16 Abs. 3 UmwG ersetzt werden kann – eine Frage, deren Bedeutung gar nicht zu überschätzen ist. Ohne ein Freigabeverfahren kann bereits die bloße Erhebung einer Anfechtungsklage unabhängig von ihren Erfolgsaussichten angesichts der typischen Dauer von Anfechtungsverfahren und des vergleichsweise geringen Kostenrisikos des Anfechtungsklägers leicht das Aus für die gesamte Transaktion bedeuten, soweit sich die Gesellschaft nicht außergerichtlich mit dem Kläger einigen kann. Sowohl der SE-Verordnungsgeber als auch der deutsche Gesetzgeber lassen den Rechtsanwender bei dieser Frage im Stich. Für die Verschmelzung finden sich in Artt. 24 Abs. 1 und 18 SE-VO gleich zwei Verweise auf das nationale Verschmelzungsrecht; die Bestimmungen über die Gründung einer Holding-SE enthalten dagegen keine vergleichbare Regelung. Der bereits erwähnte § 10 Abs. 2 SEAG greift zwar die Regelung des § 16 Abs. 2 UmwG auf; es fehlt dann aber gerade die § 16 Abs. 3 UmwG vergleichbare Bestimmung, dass ein Beschluss im Freigabeverfahren der Erklärung nach § 10 Abs. 2 SEAG gleich steht. Die Anwendung allgemeiner Auslegungsregeln führt danach zu dem Ergebnis, dass die Möglichkeit eines Freigabeverfahrens nicht eröffnet sein soll128, zumal die Aufnahme einer dem § 16 Abs. 3 UmwG entsprechenden Regelung in der Literatur vorgeschlagen worden war.129 Auch aus allgemeinen Erwägungen des deutschen Gesellschaftsrechts lässt sich nicht auf die Möglichkeit eines Freigabeverfahrens schließen; ein Freigabeverfahren stellt gerade (noch) nicht den Regelfall bei Strukturmaßnahmen dar. Diese rechtliche Situation ist in höchstem Maße unbefriedigend. Auch ohne Anordnung einer formalen Registersperre bei der SE-Gründung ist davon auszugehen, dass die Anhängigkeit einer Anfechtungsklage gegen den Zustimmungsbeschluss das Wirksamwerden der SE-Gründung blockiert. Es ist daher zu befürchten, dass ohne die Möglichkeit eines Freigabeverfahrens die Gründung von Holding-SEs bei einer Beteiligung deutscher Publikumsgesellschaften als zu riskant erscheint. Etwas anderes gilt nur für Gesellschaften mit überschaubarem Gesellschafterkreis, insb. GmbHs, bei denen Anfechtungsklagen als ausgeschlossen angesehen werden, weil im Vorhinein geklärt worden ist, ob alle Gesellschafter der SE-Gründung zustimmen.

__________ 128 Davon gehen auch Ihrig/Wagner, BB 2004, 1749, 1753 und Marsch-Barner (Fn. 127), § 15 Rz. 84 aus. 129 C. Teichmann, AG 2004, 67, 70; zustimmend Ihrig/Wagner, BB 2004, 1749, 1753.

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3. Verbesserung des Umtauschverhältnisses (§ 11 SEAG) a) Regelungsinhalt Nach § 11 Abs. 1 SEAG kann jeder Anteilsinhaber der die Gründung anstrebenden deutschen Gesellschaft von der Holding-SE einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen, wenn das Umtauschverhältnis nicht angemessen ist. Dieses Recht steht nach dem Wortlaut nicht nur den Gesellschaftern zu, die sich gegen die Gründung ausgesprochen haben, sondern sogar denen, die ihre Anteile gar nicht in die SE einbringen. Schuldner der baren Zuzahlung ist nicht die übertragende deutsche Gesellschaft, sondern die Holding-SE, so dass bei der Auszahlung die für diese geltenden Kapitalerhaltungsvorschriften zu beachten sind.130 § 11 Abs. 2 SEAG regelt durch Verweis auf § 6 Abs. 1, 3 und 4 SEAG die Überprüfungsmöglichkeit im Spruchverfahren und den damit korrespondierenden Ausschluss einer auf die Unangemessenheit des Umtauschverhältnisses gestützten Anfechtungsklage. b) Berechtigung jedes Gesellschafters § 11 SEAG wird auf Art. 34 SE-VO gestützt, wonach jeder Mitgliedstaat für die eine Gründung anstrebenden Gesellschaften Vorschriften zum Schutz der die Gründung ablehnenden Minderheitsgesellschafter erlassen kann. Wie bei der Verschmelzung ist auch hier fraglich, ob dies auch einen Schutz derjenigen Gesellschafter deckt, die sich für die Gründung aussprechen und ihre Anteile in die SE einbringen. Wie bei der Verschmelzung lässt sich ein Schutz auch der für die Gründung stimmenden Gesellschafter aus der Ermächtigung zum Schutz opponierender Minderheitsgesellschafter (Art. 34 SE-VO) nicht ableiten.131 Diejenigen Aktionäre, die nach Art. 34 SE-VO geschützt werden dürfen, können aber rein faktisch durch eine Verbesserung des Umtauschverhältnisses nicht geschützt werden.132 Das Umtauschverhältnis selbst kann für sie keinen Vermögensnachteil bedeuten, solange sie ihre Anteile nicht in die SE einbringen. Entsprechend kann ein etwaiger Eingriff in ihre Rechtsposition auch nicht durch eine bare Zuzahlung zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses ausgeglichen werden; für ein gerichtliches Verfahren fehlt das Rechtsschutzbedürfnis133. Die Verbesserung des Umtauschverhältnisses könnte praktisch allenfalls für die Gesellschafter relevant werden, die gegen die HoldingGründung gestimmt und Widerspruch zu Protokoll erklärt haben, trotzdem

__________ 130 Zur vergleichbaren Problematik bei der Verschmelzung vgl. oben II. 2. e), S. 127 f. 131 So auch der Handelsrechtsausschuss des DAV in seinen Stellungnahmen Nr. 65/03 in Nr. 3 der Vorbemerkung zur Gründung einer Holding-SE sowie Nr. 35/04 zu § 11 SEAG; Marsch-Barner (Fn. 127), § 15 Rz. 90; zur vergleichbaren Problematik bei der Verschmelzung oben II. 2. d), S. 124 ff. 132 Auch insoweit zutreffend die Stellungnahmen des Handelsrechtsausschusses des DAV, a. a. O. (Fn. 131). 133 So auch Scheifele (Fn. 12), S. 348 f.

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aber das Angebot auf Einbringung ihrer Anteile angenommen haben. Auch bei ihnen wird man allerdings kritisch fragen müssen, ob sie im Hinblick auf die Verbesserung des Umtauschverhältnisses wirklich schutzwürdig sind, wenn sie nicht gezwungen sind, ihre Aktien zu dem von ihnen abgelehnten Umtauschverhältnis einzubringen, und ob sie entsprechend überhaupt i. S. d. Art. 34 SE-VO als Minderheitsaktionäre, die die Gründung abgelehnt haben, angesehen werden können. Das Ergebnis wäre damit, dass § 11 SEAG praktisch ganz oder jedenfalls weitgehend leer läuft. c) Überprüfung des Umtauschverhältnisses im Spruchverfahren Für die Verschmelzung findet sich eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage zur Etablierung eines Spruchverfahrens zur Kontrolle und Änderung des Umtauschverhältnisses in Art. 25 Abs. 3 SE-VO. Eine entsprechende Regelung fehlt für die Vorschriften zur Gründung einer Holding-SE. Ist auch dies wiederum nur eine Nachlässigkeit des Verordnungsgebers oder Ausdruck eines abweichenden gesetzgeberischen Grundkonzepts?134 Wie bereits bei der Verschmelzung näher ausgeführt, ist ein Spruchverfahren zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses bei Entlastung der Anfechtungsklage von der Bewertungsrüge zwar grundsätzlich sinnvoll, bringt aber andererseits doch erhebliche Risiken für die zum Barausgleich verpflichtete SE und Ungerechtigkeiten für die nicht berechtigten Aktionäre der übrigen Gründungsgesellschaften mit sich. Bei der Gründung einer Holding-SE, bei der jeder einzelne Aktionär nicht nur in einer ersten Stufe die Möglichkeit hat, gegen die Gründung zu stimmen, sondern in einem zweiten Schritt völlig autonom entscheidet, ob er das ihm gemachte Angebot auf Einbringung seiner Anteile in die SE annimmt, sind die Bedenken gegen eine einseitige nachträgliche Überprüfung des Umtauschverhältnisses durch Gesellschafter, die das Angebot angenommen haben, noch größer. Auch im Hinblick auf § 11 Abs. 2 SEAG ergeben sich somit zumindest erhebliche Zweifel, ob die Regelung des deutschen Ausführungsgesetzes von der SE-VO gedeckt ist. In jedem Fall würde eine Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses und eine analoge Anwendung des Art. 25 Abs. 3 SE-VO nur dann Sinn machen, wenn den einzelnen Gesellschaftern überhaupt die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses überprüfen zu können.135

__________ 134 Für eine analoge Anwendung des Art. 25 Abs. 3 SE-VO bei der Gründung einer Holding-SE die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 15/3405, S. 34; Casper (Fn. 118), S. 51, 60; Kalss, ZGR 2003, 593,633; Marsch-Barner (Fn. 127), § 15 Rz. 91; C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 437; Neun (Fn. 13), S. 51, 143 f.; Oplustil, German Law Review, 2003, Nr. 2, S. 25; Scheifele (Fn. 12), S. 345, 349. 135 Dazu nachfolgend d). Wenn man eine Anfechtung des Gesellschafterbeschlusses mit der Begründung der Unangemessenheit des Umtauschverhältnisses entgegen der nachfolgend unter d) vertretenen Auffassung zulassen würde, wäre es, gerade auch mangels Freigabeverfahrens entsprechend § 16 Abs. 3 UmwG, sinnvoll und methodisch vertretbar, Art. 25 Abs. 3 SE-VO analog anzuwenden.

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d) Anfechtung des Zustimmungsbeschlusses zum Gründungsplan mit der Bewertungsrüge? Wenn kein Spruchverfahren zur Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses zur Verfügung stünde, drängte sich allerdings die Befürchtung auf, dass die Aktionäre der deutschen Gesellschaft nunmehr den Zustimmungsbeschluss zum Gründungsplan mit der Bewertungsrüge anfechten könnten. Dies würde voraussetzen, dass der Zustimmungsbeschluss zum Gründungsplan nur dann rechtmäßig ist, wenn der Gründungsplan selbst ein angemessenes Umtauschverhältnis bestimmt und den einzelnen Aktionären ein individuelles Recht auf Überprüfung des Umtauschverhältnisses eingeräumt werden sollte. Während dies für die Verschmelzung durch den Verweis in Art. 25 Abs. 1 SE-VO auf das nationale Verschmelzungsrecht für Deutschland der Fall ist, fehlt ein solcher Verweis in den Vorschriften über die Gründung einer Holding-SE gerade. Die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses erscheint auch aus Gründen des Eigentumsschutzes oder der materiellen Gerechtigkeit nicht erforderlich. Bei einer der Gründung einer Holding-SE vergleichbaren rein deutschen Transaktion würde gar kein Gesellschafterbeschluss gefasst. Der Bestandsschutz für jeden einzelnen Aktionär ist dadurch gesichert, dass er gerade nicht gezwungen wird, zu den ohne seine Zustimmung festgelegten Konditionen seine Anteile in die SE einzubringen. Wieso soll ein einzelner Aktionär die übrigen Gesellschafter an der Gründung der Holding-SE hindern können, wenn die Gesellschaftermehrheit bereit ist, dieses Umtauschverhältnis zu akzeptieren? Das Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses macht auch dann Sinn, wenn er nicht zugleich die Möglichkeit vermittelt, das Umtauschverhältnis im Rahmen einer Anfechtungsklage inzidenter zu überprüfen. Durch das geordnete Verfahren mit den zugehörigen Informationsrechten wird für jeden Aktionär Transparenz geschaffen und die Gleichbehandlung sichergestellt, damit er frei über die Ausübung seines Rechts, seine Aktien in die SE einzubringen, entscheiden kann. Zwar muss der Bericht des Sachverständigen nach Art. 33 Abs. 5 SE-VO auf besondere Bewertungsschwierigkeiten hinweisen und erklären, ob das Umtauschverhältnis angemessen ist. Diese Überprüfung macht aber, um den Gesellschaftern eine fundierte Entscheidung über die Gründung und die Ausübung ihres Rechts zur Einbringung zu ermöglichen, auch dann Sinn, wenn die Angemessenheit nicht auch noch nachträglich durch das Gericht überprüft werden kann. Auch aus Art. 33 Abs. 5 SE-VO lässt sich das Erfordernis einer materiellen Überprüfung des Umtauschverhältnisses nicht entnehmen; die Formulierung, dass die SE erst dann eingetragen werden kann, wenn die Formalitäten gemäß Art. 32 erfüllt sind, erlaubt jedenfalls auch das Verständnis einer eher formalen Überprüfung der Gründungsvoraussetzungen einschließlich des Zustimmungsbeschlusses zum Gründungsplan. Das Fehlen einer Ermächtigung für eine Überprüfung des Umtauschverhältnisses im Wege des Spruchverfahrens kann sich gerade als Bestätigung dieses Grundverständnisses verstehen lassen.

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Mir erscheint eine gesetzgeberische Lösung schlüssig, die Gesellschafter gegen ein für unangemessen gehaltenes Umtauschverhältnis dadurch, und zwar nur dadurch zu schützen, dass sie das Recht haben, an der Gründung nicht teilzunehmen.136 Allerdings entspricht dies nicht der Sichtweise des deutschen Gesetzgebers, und man wird dem Gesetzgeber zugestehen müssen, eine darüber hinausgehende Rechtsmäßigkeitskontrolle zu etablieren, die auch die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses umfasst. Solange der deutsche Gesetzgeber diesen durch die Verordnung nicht vorgegebenen Schutz zwingend anordnet, sind die sich daraus ergebenden Unwuchten bei Ausfüllung des von der SE-VO vorgegebenen Rahmens zu glätten, was die analoge Anwendung des Art. 25 Abs. 3 SE-VO beinhaltet137.

4. Austrittsrecht gegen Barabfindung (§ 9 SEAG) a) Überblick Abweichend vom Diskussionsentwurf steht das Austrittsrecht gegen Barabfindung nach § 9 SEAG nur noch den dem Zustimmungsbeschluss widersprechenden Gesellschaftern der deutschen Aktiengesellschaft (also nicht den GmbHGesellschaftern138) zu, und zwar nur dann, wenn die SE entweder ihren Sitz im Ausland haben soll oder die SE ihrerseits abhängig i. S. d. § 17 AktG ist. Zur Zahlung der Abfindung verpflichtet ist, anders als bei der Verschmelzung, nicht die SE, sondern die deutsche Gründungsgesellschaft. Zur Begrenzung der Abfindungszahlung durch § 71 AktG gelten die oben unter II. 3. c) aa) (S. 145 f.) dargestellten Grundsätze. Die Überprüfung der Angemessenheit der Abfindung erfolgt wiederum im Spruchverfahren; § 9 Abs. 2 SEAG verweist insoweit auf die für die Verschmelzung geltenden Vorschriften der §§ 7 Abs. 2 bis 7 SEAG. b) Rechtspolitische Bewertung Auch nach den deutlichen Beschränkungen des Anwendungsbereichs durch den Regierungsentwurf ist das Austrittsrecht des § 9 SEAG umstritten.139 Zum

__________ 136 Ausdrücklich a. A. C. Teichmann, AG 2004, 67, 82; Neye/C. Teichmann, AG 2003, 169, 173. 137 Vgl. vorstehend c) und insb. Fn. 134. 138 GmbH-Gesellschafter sieht der Gesetzgeber als nicht schutzwürdig an, da sie sich durch eine entsprechende Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags weitgehend gegen eine unerwünschte Konzernierung schützen könnten, so die Begründung des RegE, BT-Drucks. 15/3405, S. 34. zu denken ist insoweit insb. an eine Vinkulierung der Anteile, worauf C. Teichmann, AG 2004, 67, 76 hinweist; kritisch Waclawik, DB 2004, 1191, 1194 und teilweise auch Ihrig/Wagner, BB 2004, 249, 252. 139 Für eine völlige Streichung des § 9 SEAG der Handelsrechtsausschuss des DAV in seiner Stellungnahme Nr. 35/04 zu § 9 SEAG sowie die gemeinsame Stellungnahme des BDA, BDI, DHIK, GDV, Bundesverband Deutscher Banken und des Deut-

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Austrittsrecht im Fall der SE mit Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat verweist die Begründung des Regierungsentwurfs auf die entsprechenden Überlegungen zu § 7 Abs. 1 SEAG, also den Gedanken, dass kein Aktionär gezwungen werden soll, die mit dem Wechsel in die einer fremden Rechtsordnung unterliegende SE verbundene Änderung seiner Rechte und Pflichten hinzunehmen.140 Beide Fallgruppen sind allerdings nicht vergleichbar, da der Aktionär bei der Verschmelzung in die SE hineingedrängt wird, während er bei der Gründung einer Holding-SE die Möglichkeit hat, in der ihm vertrauten nationalen AG zu bleiben. Dies war Anlass für den österreichischen Gesetzgeber, im Fall der Holding-Gründung dissentierenden Minderheitsgesellschaftern kein Austrittsrecht zu gewähren.141 Der deutsche Gesetzgeber sieht diese Wahl zwischen dem Verbleib und einer mit möglichen Rechtsänderungen verbundenen Einbringung der Aktien in die SE demgegenüber offenbar als unzumutbar an und gewährt entsprechend das Austrittsrecht. Die zweite Fallgruppe, die Gründung einer ihrerseits abhängigen SE, soll sich aus dem Gedanken des Konzerneingangsschutzes rechtfertigen, allerdings in einem gegenüber dem Diskussionsentwurf deutlich eingeschränkten Umfang.142 Diejenigen Aktionäre, die ihre Aktien nicht in die SE einbringen wollen, müssen es nach der aktuellen Regelung hinnehmen, dass sie nun von einer Gesellschaft beherrscht werden; die SE hält ja beim Wirksamwerden der Gründung mindestens 50 % der Stimmrechte an der deutschen AG. Der Gesetzgeber meint auch insoweit, dass die Auswahlentscheidung zwischen dem Verbleib in der deutschen AG und dem Erwerb einer Beteiligung an einer ihrerseits abhängigen SE eine unzumutbare Beeinträchtigung der Rechtsposition des deutschen Aktionärs ist. Mich überzeugen diese rechtspolitischen Überlegungen nicht143. Bei rein deutschen Transaktionen vergleichbarer Art, bei denen Aktionäre zweier Gesellschaften ihre Aktien in einer neuen Holdinggesellschaft bündeln, gibt es – vorbehaltlich des Pflichtangebots nach § 35 WpÜG144 – keinen vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen Schutz. Den Minderheitsgesellschaftern ist noch nicht einmal die Möglichkeit eröffnet, ihre Aktien ebenfalls in die neue Holding einzubringen. Sie bleiben in der Gesellschaft, an der sie schon bisher beteiligt waren. Wenn die SE-Verordnung den Aktionären nunmehr eine zusätzliche Option, nämlich die Einbringung ihrer Aktien in die SE einräumt, sollte

__________

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schen Aktieninstituts zum Referentenentwurf des SEEG vom 3.5.2004 („Gemeinsame Stellungnahme zum RefE“) zu § 9 SEAG, im Internet unter der Adresse www.bmwi.de abrufbar; Kübler, ZHR 167 (2003), 627 ff. BT-Drucks. 15/3405, S. 34, 32 f. Vgl. §§ 25 f. SEG, hierzu Hügel in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, §§ 25, 26 SEG Rz. 42 m. w. N. Zu dem noch deutlich weitergehenden Konzerneingangsschutz nach dem DiskE vgl. etwa Kalss, ZGR 2003, 593, 633 ff.; C. Teichmann, AG 2004, 67, 70 ff. Ebenso der Handelsrechtsausschuss des DAV in einer Stellungnahme Nr. 35/04 zu § 9 SEAG, a. A. Ihrig/Wagner, BB 2003, 969, 973. Hierzu nachfolgend III. 5, S. 161 ff.

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eigentlich kein Grund bestehen, den Minderheitenschutz über die europarechtlichen Vorgaben und den in Deutschland im übrigen vorgegebenen Standard hinaus durch ein Austrittsrecht zu verstärken. Im deutschen Konzernrecht entspricht es nach wie vor ganz herrschender Auffassung, dass allein die Begründung einer vertraglichen Konzernierung (§ 305 AktG), nicht aber die Begründung einer rein faktischen Beherrschung nach §§ 311 ff. AktG ein Austrittsrecht gegen Abfindung rechtfertigt.145 Abgesehen von dieser grundsätzlichen Kritik überzeugt das Austrittsrecht bei ihrerseits kontrollierter SE jedenfalls insoweit nicht, als das Austrittsrecht auch Aktionären zusteht, die schon bisher von dem neuen Mehrheitsgesellschafter der SE in ihrer Gesellschaft kontrolliert worden sind.146 Schließlich ist zu Recht darauf hingewiesen worden, dass die Klausel insoweit rechtstechnisch nicht sauber funktioniert, da bei Erstellung des Gründungsplans noch nicht unbedingt feststeht, wer das Angebot annehmen wird und ob entsprechend die SE kontrolliert sein wird.147 In der Praxis wird sich dieses Problem allerdings nur selten tatsächlich stellen; im Gründungsplan wird bei Gründung einer Holding-SE mit Sitz in Deutschland ein Abfindungsangebot dann vorzusehen sein, wenn aufgrund der bekannten Mehrheitsverhältnisse der beteiligten Unternehmen die Möglichkeit besteht, dass ein Gesellschafter die SE beherrschen wird. c) Überprüfung der Angemessenheit der Abfindung Ermächtigungsgrundlage für das Austrittsrecht nach § 9 SEAG ist Art. 34 SE-VO. Eine Ermächtigung zur Etablierung eines Spruchverfahrens gemäß § 25 Abs. 3 SE-VO fehlt. Im Hinblick auf die Abfindung erscheint es mir methodisch vertretbar, die Überprüfung der Höhe der Abfindung im Spruchverfahren als Annexkompetenz zu Art. 34 SE-VO zu verstehen, da die Abfindung von der deutschen Gründungsgesellschaft zu zahlen ist und die in Art. 25 Abs. 3 Satz 4 SE-VO angeordnete Bindungswirkung für die SE nicht erforderlich ist. Allerdings ist nicht zu verkennen, dass eine mittelbare wirtschaftliche Belastung der SE und damit auch derjenigen Aktionäre des ausländischen Gründungspartners, die ihre Aktien in die SE eingebracht haben, nicht allein dadurch ausgeschlossen wird, dass nicht die SE, sondern ihre deutsche Tochter die Abfindung zahlt. Auch wenn nach dieser Auffassung die Zustimmung der Gesellschafter des ausländischen Gründungspartners nicht zwingend erforderlich gewesen wäre,

__________ 145 Vgl. für die h. M. Kleindiek, ZGR 2002, 546, 555, 559 f.; Habersack in Emmerich/ Habersack (Fn. 49), vor § 311 Rz. 1 m. w. N.; a. A. etwa Lieb in FS Lutter, 2000, S. 1151 ff. m. w. N. 146 So auch Stellungnahme Nr. 35/04 des Handelsrechtsausschusses des DAV zu § 9 RegE SEAG; Ihrig/Wagner, BB 2004, 1749, 1752; C. Teichmann, AG 2004, 67, 74; beim vergleichbaren Problem im Zusammenhang mit dem Pflichtangebot nach § 35 WpÜG bei Verschmelzungen wird insoweit verbreitet eine teleologische Reduktion gefordert, vgl. hierzu oben Fn. 121. 147 Stellungnahme Nr. 35/04 des Handelsrechtsausschusses des DAV zu § 9 RegE SEAG; Ihrig/Wagner, BB 2004, 1749, 1752.

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erlangt die Einschränkung des Art. 25 Abs. 3 SE-VO doch durch den Verweis in § 9 Abs. 2 SEAG auf § 7 Abs. 5 und 7 SEAG Geltung auch für das Spruchverfahren zur Überprüfung der nach § 9 SEAG zu zahlenden Abfindung. Dafür spricht auch, dass der Gesetzgeber selbst davon ausging, dass Art. 25 Abs. 3 SE-VO bei der Gründung einer Holding-SE analog anzuwenden sei.148 Soweit die Gesellschafterversammlung des ausländischen Gründungspartners die Zustimmung nicht erteilt, kann die Angemessenheit der Abfindung daher nur im Wege der Anfechtungsklage geltend gemacht werden.

5. Übernahmeangebot und Pflichtangebot nach dem WpÜG Die Gründung einer SE unter Beteiligung einer deutschen börsennotierten Aktiengesellschaft führt nach dem Wortlaut des § 35 WpÜG dazu, dass die Voraussetzungen für ein Pflichtangebot erfüllt sind. Die SE erwirbt Kontrolle an der deutschen Gründungsgesellschaft. Darüber hinaus ist zu fragen, ob nicht schon die Gründung der Holding-SE mit ihrem Angebot an alle Aktionäre der deutschen AG, ihre Aktien gegen Gewährung von Aktien der SE in diese einzubringen, ein freiwilliges Übernahmeangebot darstellt149, was die Einhaltung der Bestimmungen der §§ 10 ff., 29 ff. WpÜG verlangen würde. Sollte dies der Fall sein, hätte dies gem. § 35 Abs. 3 WpÜG jedenfalls den Vorteil, dass nicht anschließend noch ein Pflichtangebot zu einem möglicherweise höheren Preis angehängt werden muss. Das eher formale Argument gegen das Vorliegen der Voraussetzungen eines freiwilligen Übernahmeangebots, dass der Übernehmer im Zeitpunkt der Abgabe des Angebots noch nicht besteht,150 scheint mir allein zur Ablehnung der Geltung des WpÜG noch nicht ausreichend. Zum einen wäre zu überlegen, ob nach dem auf die SE anwendbaren Gründungsrecht nicht bereits eine handlungsfähige Vorgesellschaft entstanden ist151, zum anderen erscheint es nicht ausgeschlossen, die Gründungsgesellschaften als Bieter anzusehen, die die Aktien über das Vehikel der SE erwerben wollen.152 Trotzdem sprechen die m. E. besseren Gründe dafür, in den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften über die Gründung der SE in der SE-VO und dem SEAG eine abschließende und vor-

__________ 148 149 150 151

So zu § 11 SEAG die Begründung des RegE, BT-Drucks. 15/3405, S. 34. Dies bejahend Kalss, ZGR 2003, 593, 642 f. So Brandt, NZG 2002, 991, 995; Oplustil, German Law Review, 2003, Nr. 2, S. 31. Teilweise wird das Entstehen einer Vorgesellschaft generell mit dem Verweis auf Art. 16 Abs. 1 und 2 SE-VO abgelehnt, so Hirte, NZG 2002, 1,4; für die Möglichkeit des Entstehens einer (teil)rechtsfähigen Vor-SE Kersting, DB 2001, 2078, 2081 ff.; Kalss, ZGR 2003, 593, 642; Schäfer, NZG 2004, 785, 790 f. 152 Dass jedenfalls nach verbreiteter Ansicht auch die Zielgesellschaft selbst Bieter sein kann, zeigt die Diskussion darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen bei einem Rückerwerb eigener Aktien nach § 71 AktG die Anforderungen an freiwillige Übernahmeangebote zu beachten sind, vgl. hierzu etwa Lenz/Linke, AG 2002, 420 ff. (Sichtweise der BaFin); Baums/Stöcker in FS Wiedemann, 2002, S. 703 ff.; Fleischer/Körber, BB 2001, 2589 ff.; Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1513 ff.; Süßmann, AG 2002, 424 ff.; Versteegen in KölnKomm.WpÜG, 2003, § 1 Rz. 22.

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rangige Regelung zu sehen, die ausnahmsweise auch die kapitalmarktrechtlichen Vorschriften des WpÜG ausschließt.153 Die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften regeln insb. die Preisermittlung, die Information der Aktionäre über die Gründung einschließlich der Kontrollerlangung durch die SE sowie das zu beachtende Verfahren einschließlich der einzuhaltenden Fristen. Hinzuweisen ist besonders auf die „Zaunkönigregelung“ in Art. 33 Abs. 3 Unterabs. 2 SE-VO, die auch denjenigen Aktionären, die ihre Aktien zunächst nicht in die SE einbringen wollten, die Möglichkeit gibt, dies innerhalb einer Nachfrist von einem Monat nachzuholen, wenn klar ist, dass die SE-Gründung erfolgreich war.154 Zwar wird man davon auszugehen haben, dass der SEVerordnungsgeber Vorschriften des nationalen Kapitalmarktrechts grundsätzlich unangetastet lassen wollte155, doch muss etwas anderes dann gelten, wenn durch Anwendung der Vorschriften zum Schutz des Kapitalmarkts, die zumindest reflexartig auch die Minderheitsaktionäre schützen, in der SE-VO getroffene Grundentscheidungen konterkariert werden. Dies wäre bei der Gründung einer Holding-SE der Fall, da die Anwendung der Vorschriften über freiwillige Übernahmeangebote oder Pflichtangebote das Umtauschverhältnis einseitig zu Gunsten der Aktionäre der deutschen Gesellschaft ändern könnte, beim Pflichtangebot noch dazu nachträglich. Für das Pflichtangebot ergibt sich dies schon daraus, dass die §§ 31 WpÜG, 3 ff. WpÜG-Angebots VO für die Ermittlung des Mindestpreises auf eine Referenzperiode abstellen, die einen Zeitraum nach Fassung der Zustimmungsbeschlüsse zur Gründung der HoldingSE umfasst.156 Würde man die Gründung der Holding selbst bereits als freiwillige Übernahme ansehen, könnten sich Verwerfungen mit der Ermittlung des Umtauschverhältnisses beispielsweise dann ergeben, wenn eine der Gründungsgesellschaften im Vorerwerbszeitraum des § 4 WpÜG-Angebots-VO Aktien der deutschen AG erworben hätte. Diese Unstimmigkeiten treten zwingend bei jeder Gründung einer Holding-SE auf, da die SE bei jeder erfolgreichen Gründung einer Holding-SE Kontrolle über die deutsche AG erwirbt. Anders ist die Situation vom dogmatischen Ausgangspunkt her in dem Fall, dass ein Mehrheitsgesellschafter im Zuge der Gründung der SE die Kontrolle

__________ 153 So auch Brandt, NZG 2002, 991, 995; Ihrig/Wagner, BB 2003, 969, 973; dies., BB 2004, 1749, 1753; de lege ferenda auch Marsch-Barner (Fn. 127), § 15 Rz. 95; a. A. jedenfalls zum Pflichtangebot ausführlich C. Teichmann, AG 2004, 67, 77 ff.; Kalss, ZGR 2003, 593, 642 f.; Oplustil, German Law Review, 2003, Nr. 2, S. 32; Thoma/Leuering, NJW 2002, 1449, 1453; der Handelsrechtsausschuss des DAV in seiner Stellungnahme Nr. 65/03 zum DiskE des SEEG, S. 12. 154 Auf den abschließenden Charakter des Art 33 Abs. 3 Unterabschnitt 2 SE-VO als Argument gegen die Anwendbarkeit des WpÜG weisen Ihrig/Wagner, BB 2003, 969, 973 und BB 2004, 1749, 1753 hin. 155 Erwägungsgrund 20 der SE-VO erwähnt zwar ausdrücklich nur das Steuerrecht, das Wettbewerbsrecht, den gewerblichen Rechtsschutz und das Konkursrecht als von der SE-VO nicht erfasste Bereiche, doch wird im nachfolgenden Satz ausdrücklich klargestellt, dass die Vorschriften der Mitgliedstaaten in den zuvor genannten sowie in weiteren, nicht von der SE-VO erfassten Bereichen gelten. 156 Hierzu und der dadurch bedingten Mitberücksichtigung von erst durch die Gründung der SE zu realisierenden Synergien bereits oben II. 4. b), S. 151.

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über die SE erwirbt. Diese Konstellation weist keine SE-spezifischen Besonderheiten auf, sondern entspricht dem Kontrollerwerb im Wege der Verschmelzung zweier deutscher Gesellschaften zur Neugründung.157 Angesichts der Diskussion zur Geltung des § 35 WpÜG in Umwandlungsfällen158 und der Neigung der BaFin zu einer extensiven Auslegung des Anwendungsbereichs des WpÜG erscheint es zweifelhaft, dass sich diese Auffassung durchsetzen wird. Es wäre in jedem Fall zu begrüßen, wenn der Gesetzgeber das Verhältnis der Vorschriften über die Gründung einer Holding-SE oder besser noch des SEAG insgesamt zum WpÜG ausdrücklich klarstellen würde.

IV. Sitzverlegung 1. Überblick Die Sitzverlegung ist in Art. 8 SE-VO vergleichsweise detailliert geregelt. Sie erfordert naturgemäß die Zustimmung der Hauptversammlung der SE; für die Mehrheit gelten Artikel 59 SE-VO und § 51 SEAG. Art. 8 SE-VO bestimmt darüber hinaus, wann den Aktionären welche Informationen in welcher Form zu gewähren sind.159 Ein Freigabeverfahren entsprechend § 16 Abs. 3 UmwG ist auch bei der Sitzverlegung nicht vorgesehen. Art. 8 Abs. 5 SE-VO enthält die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsvorschriften zum Schutz von Minderheitsaktionären, die sich gegen die Verlegung ausgesprochen haben. Aufgrund dieser Ermächtigung hat der deutsche Gesetzgeber in § 12 SEAG ein Austrittsrecht gegen Barabfindung vorgesehen. Ratio des Austrittsrechts ist wiederum der Umstand, dass den Aktionären einer SE mit Sitz in Deutschland nicht ohne weiteres zugemutet werden soll, Veränderungen ihrer Rechte und Pflichten aufgrund des neuen auf die SE anwendbaren Gesellschaftsstatuts hinzunehmen. § 12 SEAG steht damit in einer Reihe mit §§ 207 und 29 UmwG.160 Wie die sonstigen Abfindungsvorschriften enthält auch § 12 Abs. 1 SEAG den Verweis auf § 71 AktG. Richtig ist, dass die Gewährung eines Austrittsrechts gegen Barabfindung zu einem Rückerwerb eigener Aktien führt und dabei die maßgeblichen Beschränkungen des Aktienrechts zu beachten sind. Vorliegend ist dies jedoch keine Frage des

__________ 157 Die h. M. lehnt in diesem Fall zu Recht die Voraussetzungen für ein Pflichtangebot ab, da die neugegründete Zielgesellschaft im Zeitpunkt des Kontrollerwerbs noch nicht börsennotiert ist und vor dem Kontrollerwerb noch keine Minderheitsgesellschafter hatte, vgl. Baums/Hecker in Baums/Thoma, WpÜG, Stand: Mai 2004, § 35 Rz. 119 ff.; Oplustil, German Law Review, 2003, Nr. 2, S. 33; Seibt/Heiser, ZHR 165 (2001), 466, 488; Süßmann, WM 2003, 1453, 1456; Technau, AG 2002, 260, 263 ff.; J. Vetter, WM 2002, 1999. 158 Hierzu oben unter II. 4, S. 149 ff. 159 Hierzu näher Kalss, ZGR 2003, 593, 607 f. 160 Ausführlicher zum Normzweck Kalss, ZGR 2003, 593, 608 ff.; kritisch Waclawik, DB 2004, 1191, 1194.

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deutschen Gesellschaftsrechts, da die Abfindung erst nach Wirksamwerden der Sitzverlegung zu zahlen ist.161

2. Überprüfung der Angemessenheit der Abfindung § 12 Abs. 2 SEAG verweist auf die Absätze 2 bis 7 des § 7 SEAG. Dies bedeutet zunächst, dass die Höhe der Barabfindung von einem Sachverständigen zu überprüfen ist (Verweis auf § 7 Abs. 3 SEAG), auch wenn die SE-VO selbst keine Überprüfung des Verlegungsplans durch unabhängige Sachverständige vorschreibt. Dies erklärt sich daraus, dass die SE-VO das Austrittsrecht nicht selbst unmittelbar regelt und sich im übrigen bei der Sitzverlegung keine sonstigen Bewertungsfragen stellen. Durch den Verweis auf § 7 Abs. 5 und 7 SEAG wird die Überprüfung der Angemessenheit im Wege des Spruchverfahrens und der korrespondierende Ausschluss der Anfechtungsklage angeordnet. Eine solche Überprüfung der Angemessenheit der Abfindung im Wege des Spruchverfahrens ist in der SE-VO ebenfalls nicht vorgesehen; insb. fehlt eine Regelung entsprechend Art. 25 Abs. 3 SE-VO. Eine solche Regelung ist aber auch nicht erforderlich, da sich das Abfindungsangebot an alle Aktionäre der SE richtet und eine Ungleichbehandlung unterschiedlicher Gruppen von Aktionären anders als in den Gründungsfällen nicht denkbar ist. Zweifel an der Zulässigkeit des Spruchverfahrens bestehen daher nicht. Der Verweis auf Art. 25 Abs. 3 Satz 1 der SE-VO in § 7 Abs. 5 und 7 SEAG läuft im Rahmen der entsprechenden Anwendung bei der Sitzverlegung leer. Damit erweist sich die Sitzverlegung als der einzige der hier behandelten Fälle, in dem die Bewertungsrüge wirklich umfassend aus der Anfechtungsklage herausgehalten wird und zwingend im Spruchverfahren geltend zu machen ist.

V. Zusammenfassung/Thesen 1. Verschmelzung a) Verbesserung des Umtauschverhältnisses –

Es ist zweifelhaft, ob die nach Art. 25 Abs. 3 SE-VO erforderliche Zustimmung des Verschmelzungspartners zum Spruchverfahren bei der deutschen AG in der Praxis erteilt werden wird, da die Verbesserung des Umtauschverhältnisses durch bare Zuzahlung auf Grund der Inter-omnes-Wirkung der Entscheidung zu Gunsten aller Aktionäre der deutschen Gesellschaft, des Verbots der reformatio in peius und des zwingenden Barausgleichs eine

__________ 161 Ebenso die Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des DAV Nr. 65/03 § 11 und Nr. 35/04 zu § 12 SE-AG; zur vergleichbaren Problematik bei der Verschmelzung vgl. bereits oben unter II. 3. c) bb), S. 146 f.

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gravierende nachträgliche Veränderung der wirtschaftlichen Grundlagen der Verschmelzung für die Aktionäre des ausländischen Verschmelzungspartners bedeuten kann. –

Wenn die Vermeidung einer Bewertungsrüge im Anfechtungsverfahren von den Gesellschaftern des ausländischen Verschmelzungspartners als so wichtig angesehen wird, dass die Zustimmung nach Art. 25 Abs. 3 SE-VO erteilt wird, bedeutet dies zugleich, dass bei Publikumsgesellschaften die SE ihren Sitz nicht in Deutschland haben wird, da bei der übernehmenden Gesellschaft kein Spruchverfahren zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses zur Verfügung steht.



Verschmelzungsvorhaben unter Beteiligung deutscher börsennotierter Aktiengesellschaften zur Gründung einer SE mit Sitz in Deutschland, möglicherweise sogar darüber hinaus, werden – lässt man einmal den von vornherein in Kauf genommenen Abkauf von Anfechtungsklagen außer Betracht – nur dann möglich sein, wenn deutsche Gerichte mit Bewertungsrügen im Freigabeverfahren nach § 16 Abs. 3 UmwG praktikabel und sachgemäß umgehen werden. Dazu ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Gerichte den sich aus den tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Bewertung ergebenden Beurteilungsspielraum sowie das Verhandlungsermessen voneinander unabhängiger Verschmelzungspartner anerkennen.

b) Austrittsrecht gegen Barabfindung –

Die den Aktionären der deutschen übertragenden Aktiengesellschaft zwingend in bar anzubietende Abfindung kann zumindest theoretisch die Liquidität der Gesellschaft erheblich beeinflussen. Dies kann bei Unsicherheit über die Akzeptanz der Verschmelzung bei den Aktionären der deutschen Gesellschaft und damit der praktischen Relevanz des Abfindungsangebots auf den ersten Blick ein Argument dafür sein, den Sitz der SE nach Deutschland zu legen. Da in diesem Fall aber kein Spruchverfahren zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses zur Verfügung steht, kann dies insgesamt dazu führen, dass eine Verschmelzung oder Beteiligung einer deutschen börsennotierten AG nicht praktikabel erscheint.



Auch die Angemessenheit der Barabfindung wird nur dann gem. § 7 Abs. 7 SEAG im Spruchverfahren überprüft, wenn die Hauptversammlung des anderen Verschmelzungspartners dem nach Art. 25 Abs. 3 SE-VO zugestimmt hat. Aufgrund der Beschränkung des Abfindungsanspruchs auf widersprechende Aktionäre dürfte den Aktionären des ausländischen Verschmelzungspartners eine Zustimmung zum deutschen Spruchverfahren insoweit allerdings eher vermittelbar sein als im Hinblick auf die Überprüfung des Umtauschverhältnisses.



Auch im Hinblick auf die Überprüfung der Barabfindung erlangt die Frage, wie mit Bewertungsrügen im Freigabeverfahren nach § 16 Abs. 3 UmwG umgegangen wird, besondere Bedeutung. Insoweit sollte die Möglichkeit, Vetter

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dass eine zu geringe Abfindung im Wege des Schadensersatzes nach § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG ausgeglichen werden kann, bei der Interessenabwägung mit berücksichtigt werden. c) Resümee Da die Überprüfung des Umtauschverhältnisses und der Barabfindung aus verschiedenen Gründen nicht zwingend im Spruchverfahren zu verwirklichen ist, wird die praktische Bedeutung von Verschmelzungen zur Gründung einer SE unter Beteiligung deutscher Publikumsgesellschaften maßgeblich davon abhängen, ob deutsche Gerichte im Freigabeverfahren nach § 16 Abs. 3 UmwG effizient mit Bewertungsrügen umgehen werden. d) Pflichtangebot nach § 35 WpÜG Nach derzeit herrschender Meinung müsste ein Mehrheitsaktionär des ausländischen Verschmelzungspartners, der im Wege der Verschmelzung an einer SE mit Sitz in Deutschland mehr als 30 % der Stimmrechte erwirbt, jedenfalls den Altaktionären der deutschen AG ein Pflichtangebot unterbreiten. Auf Grund der Mindestpreisregel des § 5 WpÜG-AngebotsVO müsste dieser Mehrheitsaktionär dabei auch die vom Markt bewerteten Synergien des Zusammenschlusses einschließlich der von seinem eigenen Unternehmen beigetragenen vergüten. Wenn man dieses wirtschaftlich wenig überzeugende Ergebnis nicht als ausreichendes Argument gegen die Anwendbarkeit des § 35 WpÜG auf Verschmelzungsvorgänge werten will, ist jedenfalls anzuerkennen, dass dies die Attraktivität einer Verschmelzung auf eine deutsche AG zur Gründung einer SE in Deutschland nicht steigert.

2. Gründung einer Holding-SE a) Freigabeverfahren Ein Freigabeverfahren nach § 16 Abs. 3 UmwG ist in §§ 9 bis 11 SEAG nicht vorgesehen. Soweit sich die Gründungsgesellschaften nicht auf den Auskauf von Anfechtungsklagen verlassen wollen, ist eine Gründung einer Holding-SE unter Beteiligung einer deutschen börsennotierten Aktiengesellschaft aufgrund der mehrjährigen Blockade durch praktisch jede Anfechtungsklage möglicherweise nicht praktikabel. b) Verbesserung des Umtauschverhältnisses –

Die Regelung zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses läuft weitgehend leer. Soweit § 11 SEAG auch denjenigen Aktionären, die für die Gründung stimmen und von dem Umtauschrecht Gebrauch machen, eine Möglichkeit zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses einräumt, ist er durch Art. 34 SE-VO nicht gedeckt und damit unwirksam. Aktionäre, die sich gegen die Verschmelzung aussprechen und ihre Aktien nicht in die SE

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einbringen, erleiden durch ein unangemessenes Umtauschverhältnis keinen ausgleichsfähigen Nachteil. –

Es ist zweifelhaft, ob die Rechtmäßigkeit des Zustimmungsbeschlusses zum Gründungsplan ein angemessenes Umtauschverhältnis erfordert. Da jeder einzelne Aktionär die Möglichkeit hat, an der Gründung gerade nicht teilzunehmen, sprechen rechtspolitisch gute Gründe dafür, die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses nicht als Rechtsmäßigkeitsvoraussetzung anzusehen. Artt. 32 ff. SE-VO beinhalten keine dem Art. 25 Abs. 3 SE-VO vergleichbare Ermächtigung für ein nationales Spruchverfahren, an dessen Entscheidung die SE gebunden ist. Dies ist konsequent, wenn man die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses nicht als Rechtmäßigkeitsvoraussetzung ansieht; auf Grundlage des gegenteiligen Standpunkts des deutschen Gesetzgebers ist Art. 25 Abs. 3 SE-VO analog anzuwenden.

c) Austrittsrecht gegen Barabfindung –

Rechtspolitisch ist die Verpflichtung zur Barabfindung nach § 9 SEAG abzulehnen, da sie bei der Gründung einer Holding-SE einen Minderheitenschutz vorsieht, den das deutsche Recht bei vergleichbaren Transaktionen nicht kennt.



Rechtstatsächlich führt das Abfindungsangebot gem. § 9 SEAG dann, wenn ein Spruchverfahren gemäß dem Wortlaut der SE-VO nicht eröffnet ist, dazu, dass die Gründung unter Beteiligung einer deutschen AG mit Minderheitsgesellschaftern mit erheblichen Vollzugsrisiken behaftet ist.

d) Pflichtangebot nach § 35 WpÜG Die Gründung der Holding-SE führt zwingend dazu, dass die SE die Kontrolle über eine an der Gründung beteiligte deutsche börsennotierte Aktiengesellschaft erwirbt. Damit sind die Voraussetzungen des § 35 WpÜG nach dessen Wortlaut an sich gegeben. Darüber hinaus ist zu überlegen, ob nicht schon das im Gründungsplan gemachte Angebot auf Einbringung der Aktien ein freiwilliges Übernahmeangebot i. S. d. WpÜG darstellt. Es erscheint jedoch sinnvoll und methodisch vertretbar, die Gründung einer SE-Holding mit Sitz in Deutschland im Wege der teleologischen Reduktion aus den Bestimmungen über freiwillige Übernahmeangebote und Pflichtangebote nach dem WpÜG auszunehmen. e) Resümee Die Gründung einer Holding-SE könnte für GmbHs und Aktiengesellschaften mit geschlossenem Aktionärskreis eine interessante Gestaltungsmöglichkeit darstellen. Bei Beteiligung börsennotierter Unternehmen sind die rechtlichen Unsicherheiten und Risiken im Vorfeld kritisch zu überprüfen.

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3. Sitzverlegung Die Sitzverlegung weist ein praktikables System des Minderheitenschutzes mit dem im Spruchverfahren zu überprüfendem Barabfindungsangebot auf. Vorbehaltlich einer für das Unternehmen akzeptablen steuerlichen Behandlung ist nicht auszuschließen, dass zur Vermeidung der mit der Verschmelzung und der Holding-Gründung verbundenen rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken deutsche Unternehmen in einem vorgelagerten Schritt durch Gründung einer SE im Wege der Umwandlung und anschließender Sitzverlegung einen internationalen Zusammenschluss mit einem Partner vorbereiten werden.

4. Kapitalerhaltung Wie bei rein deutschen Transaktionen sind bei der Gewährung einer baren Zuzahlung zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses und der Barabfindung die deutschen Kapitalerhaltungsvorschriften bzw. Vorschriften zum Erwerb eigener Anteile zu beachten. Diese im SEAG nur unzureichend angesprochene Problematik gilt in entsprechender Weise für Kapitalerhaltungsvorschriften desjenigen Mitgliedstaats, in dem die SE ihren Sitz hat, sofern die SE zur Erfüllung des Anspruchs auf bare Zuzahlung oder Barabfindung verpflichtet ist.

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Die Finanzverfassung der Europäischen Gesellschaft* Holger Fleischer Inhaltsübersicht I. Gemeinschaftsrechtlicher Regelungsrahmen ........................... 1. Europäische Vorgaben (Art. 4 SE-VO) ......................................... 2. Generalverweis auf das nationale Aktienrecht (Art. 5 SE-VO) a) Verzicht auf ein Vollstatut der SE-Finanzverfassung ......... b) Vorzüge der Verweisungstechnik .................................... 3. Gründungsvorschriften und Kapitalaufbringung .....................

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II. Mitgliedstaatliche Regelungsspielräume ...................................... 172

1. Rechtsangleichung durch die Kapitalrichtlinie .......................... 172 2. Fortbestehende Unterschiede ..... 173 3. Regelungsarbitrage im Recht der Finanzverfassung .................. 174 III. Gemeinschaftsrechtliche Reformvorhaben .......................................... 1. Reform der Kapitalrichtlinie ...... a) Motive und Ziele .................... b) Akzentverschiebungen in der gesellschaftsrechtlichen Regelungsphilosophie ............. 2. Vorschläge der EG-Kommission vom 21.9.2004 .............................

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IV. Schluss ............................................ 177

I. Gemeinschaftsrechtlicher Regelungsrahmen 1. Europäische Vorgaben (Art. 4 SE-VO) „Im Westen nichts Neues“, so könnte man genau 75 Jahre nach dem Erscheinen von Erich Maria Remarques Weltroman1 auch einen Vortrag über die Finanzverfassung der Europäischen Aktiengesellschaft überschreiben. Während die SE-Verordnung auf vielen Regelungsfeldern mit beachtlichen Neuerungen aufwartet2, wirken die wenigen Vorschriften über ihre Finanzverfassung nachgerade altväterlich. Sie sind in Art. 4 der SE-Verordnung auf drei Absätze verteilt und so bündig formuliert, dass man sie sogar in einem dreißigminütigen Vortrag vollständig verlesen kann: –

Abs. 1: „Das Kapital der SE lautet auf Euro.“



Abs. 2: „Das gezeichnete Kapital muss mindestens 120 000 Euro betragen.“



Abs. 3: „Die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die ein höheres gezeichnetes Kapital für Gesellschaften vorsehen, die bestimmte Arten von Tätigkeiten ausüben, gelten auch für SE mit Sitz in dem betreffenden Mitgliedstaat.“

__________ * 1 2

Die Vortragsform ist beibehalten, der Text um zentrale Belege ergänzt. Entstanden 1927/28, Erstdruck „Vossische Zeitung“ 1928, Erstausgabe Berlin 1929. Näher zu den innovativen Gestaltungselementen Fleischer, AcP 204 (2004), 502, 518 ff.

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Auffällig daran ist, dass die Mindestkapitalziffer der SE-Verordnung jene der Kapitalrichtlinie fast um das Fünffache übersteigt.3 Dies hat man im Schrifttum als prohibitiv hoch kritisiert.4 Es unterstreicht jedenfalls, dass die SE als Rechtsform nicht in erster Linie für kleine und mittlere Unternehmen, sondern für große Wirtschaftseinheiten konzipiert ist.5 Weitere Feinheiten, etwa hinsichtlich des Kapitalausweises in einem Mitgliedstaat, für den die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion nicht gilt, können wir in Deutschland getrost beiseite lassen. SE-Spezialisten finden eine Antwort in Art. 67 Abs. 1 der Verordnung.6

2. Generalverweis auf das nationale Aktienrecht (Art. 5 SE-VO) a) Verzicht auf ein Vollstatut der SE-Finanzverfassung Für alle übrigen Fragen der Finanzierung und Kapitalausstattung einer SE verweist der Gemeinschaftsgesetzgeber auf das Sitzstaatenrecht der SE.7 Art. 5 formuliert das folgendermaßen: „Vorbehaltlich des Art. 4 gelten für das Kapital der SE, dessen Erhaltung und dessen Änderungen sowie die Aktien, die Schuldverschreibungen und sonstige vergleichbare Wertpapiere der SE die Vorschriften, die für eine Aktiengesellschaft mit Sitz in dem Mitgliedstaat, in dem die SE eingetragen ist, gelten würden.“ Hierin liegt eine vollständige Abkehr von dem ursprünglichen Regelungsplan, die Europäische Aktiengesellschaft in vollem Ornat – und das heißt auch: mit einer eigenständigen Finanzverfassung –

__________ 3

4 5

6

7

Dazu auch Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2004, Rz. 1041; Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2003, Rz. 399; Theisen/Widmayer in Theisen/Wenz (Hrsg.), Die Europäische Aktiengesellschaft, 2002, S. 333, 342; auf die Unterschiede zum nationalen Aktienrecht aufmerksam machend Koke, Die Finanzverfassung der Europäischen Aktiengesellschaft mit Sitz in Deutschland, 2005. Vgl. Hommelhoff, AG 2001, 279, 286; Schwarz, ZIP 2001, 1847, 1854 m. Fn. 50. Vgl. Hirte, NZG 2002, 1, 9; Hommelhoff, AG 2001, 279, 286, Theisen/Widmayer (Fn. 3), S. 333, 342; abw. Erwägungsgrund Nr. 13 Satz 2 SE-VO: „Um eine sinnvolle Unternehmensgröße dieser Gesellschaften zu gewährleisten, empfiehlt es sich, ein Mindestkapital festzusetzen, das die Gewähr dafür bietet, dass diese Gesellschaften über eine ausreichende Vermögensgrundlage verfügen, ohne dass dadurch kleinen und mittleren Unternehmen die Gründung von SE erschwert wird.“; monographisch Gutsche, Die Eignung der Europäischen Aktiengesellschaft für kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland, 1994. Die Vorschrift lautet: „Jeder Mitgliedstaat kann, sofern und solange für ihn die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) nicht gilt, auf die SE mit Sitz in seinem Hoheitsgebiet in der Frage, auf welche Währung ihr Kapital zu lauten hat, dieselben Bestimmungen anwenden wie auf die Aktiengesellschaften, für die seine Rechtsvorschriften gelten. Die SE kann ihr Kapital auf jeden Fall auch in Euro ausdrücken. In diesem Fall wird für die Umrechnung zwischen Landeswährung und Euro der Satz zugrunde gelegt, der am letzten Tag des Monats vor der Gründung der SE galt.“ Vgl. Schwarz, ZIP 2001, 1847, 1854; für die Einführung eines Sonderrechts der SEFinanzverfassung durch den nationalen Gesetzgeber Kallmeyer, AG 2003, 197, 198; dagegen Ihrig/Wagner, BB 2003, 969, 970; Koke (Fn. 3), S. 21 f.; Teichmann, ZIP 2002, 1109, 110.

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neben die nationalen Rechtsformen treten zu lassen.8 So war dem Themenbereich „Kapital, Aktien und andere Wertpapiere“ noch im Verordnungsvorschlag von 1991 ein ganzer Titel mit 17 Artikeln gewidmet.9 Die im Oktober 2001 endgültig verabschiedete Verordnung hat diesen vermeintlichen Normenballast abgeworfen – was Paul Davies, Professor an der LSE, zu dem spöttischderben Vergleich veranlasst hat, dass die SE-Verordnung als Wurst begann und als Pelle endete.10 Für eine deutsche SE bedeutet dies: Die Behandlung von verschleierten Sacheinlagen11 oder verdeckten Gewinnausschüttungen richtet sich ebenso nach nationalem Recht wie der Rückerwerb eigener Aktien12 oder der Bezugsrechtsausschluss bei Kapitalerhöhungen.13 Nicht anders verhält es sich bei den Aktienarten und Aktiengattungen.14 Gleiches gilt schließlich für die Zulässigkeit von Mischformen zwischen Eigen- und Fremdkapital, angefangen von der Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen über isolierte Optionsrechte bis hin zu Gewinnschuldverschreibungen oder Genussrechten.15 Man kann insoweit von einer partiellen Generalverweisung sprechen.16 b) Vorzüge der Verweisungstechnik Über das Für und Wider dieser Verweisungstechnik lässt sich trefflich streiten. Ein Vorteil ist jedenfalls mit Händen zu greifen: Er liegt in dem Zugewinn an Rechtssicherheit, der mit dem Rückgriff auf vertraute Strukturen des nationalen Aktienrechts verbunden ist und die Anziehungskraft der neuen Rechtsform gerade in der Anfangszeit erhöhen könnte.17 Ökonomen sprechen insoweit von positiven Netzwerkexternalitäten18 und meinen damit jene wohlfahrtssteigernden Wirkungen, die mit der gleichzeitigen Nutzung einer

__________ 8 Dazu Fleischer, AcP 204 (2004), 502, 505 ff. 9 Vgl. Dritter geänderter Vorschlag für eine Verordnung über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft v. 16.5.1991, ABl. EG Nr. C 176 v. 8.7.1991, S. 1, Titel III: Kapital – Aktien und andere Wertpapiere, Artt. 38 – 56; näher dazu Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2000, Rz. 1133 ff.; ausführlich und rechtsvergleichend Jaeger, Die Europäische Aktiengesellschaft – europäischen oder nationalen Rechts, 1994, S. 39 – 103. 10 Vgl. Gower/Davies (ed.), Gower and Davies’ Principles of Modern Company Law, 7th ed. 2003, S. 26 Fn. 40: „It has been unkindly remarked that the SE proposal started as ‚sausage’ and ended up as a ‚sausage skin’.“ 11 Dazu Koke (Fn. 3), S. 138 f. 12 Näher Koke (Fn. 3), S. 101 ff. 13 Vgl. Hirte, NZG 2002, 1, 9; Koke (Fn. 3), S. 154 ff.; allgemein auch Grundmann (Fn. 3), Rz. 1041; Habersack (Fn. 3), Rz. 399. 14 Vgl. Koke (Fn. 3), S. 83 ff. 15 Ebenso Hirte, NZG 2002, 1, 9. 16 Vgl. Hirte, NZG 2002, 1, 9; Koke (Fn. 3), S. 22. 17 Vgl. Fleischer, AcP 204 (2004), 502, 508 ff. 18 Vgl. Farrell/Saloner, 76 Am. Econ. Rev. 940, 942 (1986); Liebowitz/Margolis, 8 J. Econ. Persp. 133, 135 (1994).

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gesellschaftsrechtlichen Regelung einhergehen19: eine breitere Auslegungspraxis der Gerichte, eine gründlichere Aufbereitung in der Kommentar- und Lehrbuchliteratur sowie eine kostengünstigere und schnellere Beratung durch spezialisierte Rechtsanwälte.20 Die Probleme rund um die Finanzverfassung der SE lassen sich also allesamt mit dem Großkommentar zum Aktiengesetz, dem Kompaktkommentar von Hüffer sowie einer gründlichen Kenntnis der einschlägigen BGH-Rechtsprechung lösen.

3. Gründungsvorschriften und Kapitalaufbringung Soweit es um die erstmalige Aufbringung des Gesellschaftskapitals der SE geht, erweist sich nicht Art. 5 SE-VO, sondern Art. 15 Abs. 1 SE-VO als vorrangige Verweisungsvorschrift.21 Er enthält – wie Art. 5 SE-VO – eine partielle Generalverweisung und ordnet an, dass das Recht des Staates auf den Gründungsvorgang Anwendung findet, in dem die SE ihren Sitz begründet.

II. Mitgliedstaatliche Regelungsspielräume 1. Rechtsangleichung durch die Kapitalrichtlinie Der Generalverweis auf die Regelungen der nationalen Aktienrechte hat freilich nicht zur Folge, dass die Finanzverfassungen einer deutschen, englischen oder französischen SE gänzlich verschieden sind. Darauf verweist auch der neunte Erwägungsgrund der SE-Verordnung, wenn er von „beträchtlichen Fortschritten“ bei der Harmonisierung des nationalen Gesellschaftsrechts spricht. In unserem Zusammenhang ist dies auf die 2. gesellschaftsrechtliche Richtlinie gemünzt22, die den kontinentaleuropäischen Grundsatz des Garantiekapitals gemeinschaftsweit festgeschrieben hat. Im einzelnen regelt die Richtlinie bekanntlich nicht nur den Mindestbetrag des Kapitals, sondern auch und vor allem die Modalitäten der Leistung von Bar- und Sacheinlagen, den Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft, die Einziehung von Aktien und Veränderungen des Kapitals im Wege der Kapitalerhöhung und -herabsetzung.23

__________ 19 Zur Anwendung dieser Einsichten auf gesellschaftsrechtliche Fragen bereits Johnson, 18 J. Corp. L. 213, 242 (1993); aus der deutschsprachigen Literatur zuletzt Heine, Regulierungswettbewerb im Gesellschaftsrecht, 2003, S. 204–206. 20 Grundlegend Klausner, 81 Va. L. Rev. 757, 774–786 (1995), der vier Arten von Externalitäten unterscheidet: interpretative, common practice, legal services und marketing network externalities; für eine Adaption auf die SE Fleischer, AcP 204 (2004), 502, 508 ff.; Lombardo/Pasotti, ECFR 2004, 169 ff. 21 Ebenso Koke (Fn. 3), S. 23–25. 22 Dazu auch Grundmann (Fn. 3), Rz. 1041; Habersack (Fn. 3), Rz. 399; Kallmeyer, AG 2003, 197, 198. 23 Für einen orientierenden Überblick Habersack (Fn. 3), Rz. 137–138.

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2. Fortbestehende Unterschiede Dieses gemeinschaftsrechtliche Grundgerüst führt allerdings mitnichten zu einer uniformen Finanzverfassung der Aktiengesellschaften in Europa. Vielmehr verbleiben den Mitgliedstaaten beträchtliche Regelungsspielräume zur Verwirklichung eigener Rechtsideen und zur Einführung neuartiger Finanzierungsinstrumente. In einem jüngst erschienenen Zeitschriftenbeitrag über Innovationsleistungen im Gesellschaftsrecht im Journal of Comparative Economics resümieren die Autoren: „We find that legal systems differ most substantially in the area of corporate finance.“24 Mit Beispielen ist man rasch bei der Hand. Als gesellschaftsrechtliche cause célèbre gilt das Bezugsrecht bei Kapitalerhöhungen.25 Für Sachkapitalerhöhungen sieht Art. 29 der Richtlinie bekanntlich kein Bezugsrecht der Altaktionäre vor, wie dies einer weitverbreiteten Regelungstradition, etwa in Großbritannien und Italien, entspricht.26 Der gegenteilige Standpunkt des deutschen Rechts hat in der Rechtssache Siemens/Nold den gemeinschaftsrechtlichen Segen des EuGH erhalten. Wörtlich schreibt der Gerichtshof: „Da die Zweite Richtlinie lediglich ein Bezugsrecht für Erhöhungen des gezeichneten Kapitals durch Bareinlagen vorschreibt und keine Regelung für den komplexen, in den meisten Mitgliedstaaten unbekannten Sachverhalt der Ausübung des Bezugsrechts bei Kapitalerhöhungen durch Sacheinlagen enthält, stellt sie es den Mitgliedstaaten (…) frei, ein Bezugsrecht für den letztgenannten Fall vorzusehen.“27 Weitere Abweichungen zwischen den nationalen Finanzverfassungen sind hinsichtlich der Kapitalaufbringung etwa bei der Lehre von der verdeckten Sacheinlage28 und hinsichtlich der Kapitalerhaltung z. B. bei kapitalersetzenden Aktionärsdarlehen29 zu verzeichnen.

__________ 24 Berkowitz/Pistor/Richard, 31 Journal of Comparative Economics 676 (2003); für einen gleichlautenden Befund Pistor/Keinan/Kleinheisterkamp/West, 23 U. Pa. J. Int’l Econ. L. 791, 821 (2002): „Corporate finance is the area of greatest divergence among the four jurisdictions and also the area where we observe the most substantial change over time. All countries studied initially left most decisions over corporate capital, including changes in corporate capital, pricing and placement of shares in the hands of shareholders. Some decisions, in particular the repurchase of shares and – at least in some countries – the decrease in corporate capital, were removed from shareholder control. They were either flatly prohibited or required state approval. In Delaware, in particular, these restrictions gave way in the early 20th century to a very flexible regime in which shareholders can delegate many rights to management. Germany, by contrast, has upheld most restrictions and has begun to relax some of them only over the last couple of years.“ 25 Vgl. die Darstellung bei Grundmann (Fn. 3), Rz. 357 ff. 26 Vgl. für Großbritannien sec. 89 (4) Companies Act 1985, für Italien art. 2441 (4) Codice civile. 27 EuGH, Urt. v. 19.11.1996 – Rs. C-42/95, Slg. 1996, I-6028 Tz. 19. 28 Vgl. die Darstellung bei Habersack (Fn. 3), Rz. 161 ff.; s. auch Generalanwalt Tesauro in EuGH, Urt. v. 16.7.1992 – Rs. C-83/91, Slg. 1992, I-4897, 4912. 29 Vgl. für Deutschland BGHZ 90, 381, 385 ff.

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Aus der Sicht der Unternehmensfinanzierung nicht minder wichtig sind außerdem Divergenzen in der Förderung neuartiger Finanzierungsinstrumente. Ich nenne nur zwei Beispiele: Tracking Stocks sind hierzulande zwar als Aktien besonderer Gattung i. S. d. § 11 AktG zulässig30, aber nicht wirklich heimisch geworden – unter anderem deshalb, weil das deutsche Recht keine geeigneten Vorkehrungen für eine Rückgabe von Spartenaktien oder ihre Umwandlung in Stammaktien auf Verlangen der Gesellschaft oder der Spartenaktionäre bereitstellt.31 Gänzlich fremd sind dem deutschen Aktiengesetz sog. redeemable shares32, wie sie sich etwa für die Wagniskapitalfinanzierung eignen.33 Das englische, aber auch das spanische Recht halten insoweit Regelungsvorbilder bereit34, die gemeinschaftsrechtskompatibel sind: Art. 39 der 2. RL lässt rückerwerbbare Aktien ausdrücklich zu.35

3. Regelungsarbitrage im Recht der Finanzverfassung Die erwähnten Unterschiede ermöglichen es gründungswilligen SE-Gesellschaftern, Regelungsarbitrage zu betreiben und ein etwaiges Regelungsgefälle zum eigenen Vorteil auszunutzen.36 Dabei muss es nicht immer um die unternehmerische Mitbestimmung gehen. Auch die mehr oder minder flexible Ausgestaltung der Finanzverfassung kann sich im Einzelfall einmal als ausschlaggebender Standortfaktor erweisen. Mein Kollege Luca Enriques von der Universität Bologna hat dies im November-Heft der ZGR, das ich Ihnen besonders ans Herz lege, wie folgt formuliert: „Gesellschaften aus Rechtsordnungen, die nicht flexibel genug sind, innovative Finanzinstrumente zu ermöglichen, könnten die Rechtsform der SE nutzen, um in entgegenkommendere Rechtsordnungen abzuwandern.“37

III. Gemeinschaftsrechtliche Reformvorhaben 1. Reform der Kapitalrichtlinie a) Motive und Ziele Der vielstimmig erhobene Ruf nach einer Deregulierung der Kapitalrichtlinie ist in Brüssel nicht ungehört verhallt. Schon im Jahre 1999 hatte eine von der

__________ 30 Vgl. Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 11 Rz. 4; monographisch Thiel, Spartenaktien für deutsche Aktiengesellschaften, 2001. 31 Näher Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rz. 237 ff. 32 Dazu Baums (Fn. 31), Rz. 235 f. 33 Vgl. Baums (Fn. 31), Rz. 235. 34 Dazu Chamorro Domínguez, AG 2004, 487; Habersack in FS Lutter, 2000, S. 1329. 35 Dazu und zur Entstehungsgeschichte der Vorschrift Edwards, EC Company Law, 1999, S. 89. 36 Dazu Fleischer, AcP 204 (2004), 502, 510 f. 37 Enriques, ZGR 2004, 735, 750.

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Europäischen Kommission im Rahmen der SLIM-Initiative eingesetzte Arbeitsgruppe Vorschläge zu einer Verschlankung der Kapitalrichtlinie unterbreitet.38 Drei Jahre später sprach sich die „High Level Group of Company Law Experts“ unter dem Vorsitz von Jaap Winter für eine weitgehende Umsetzung dieser Vorschläge aus und fügte ihnen eigene weitere Vorschläge hinzu.39 Die Europäische Kommission hat diese Anregungen aufgegriffen und vor wenigen Wochen einen ausformulierten Vorschlag zur Modernisierung der Kapitalrichtlinie vorgelegt.40 Ihre Motive und Ziele erschließen sich aus einer beigefügten Begründung, in der es wörtlich heißt: „Mit der nun vorgeschlagenen Änderung der Richtlinie sollen kapitalbezogene Maßnahmen in Aktiengesellschaften erleichtert werden (…) Die Gesellschaften dürften dadurch bei Kapitalhöhe, Kapitalstruktur und Eigentumsverhältnissen rascher und kostengünstiger auf für sie relevante Marktentwicklungen reagieren können. Auf diese Weise dürfte die vorgeschlagene Modernisierung der Zweiten Richtlinie dazu beitragen (…), die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken.“41 b) Akzentverschiebungen in der gesellschaftsrechtlichen Regelungsphilosophie Hinter alledem lassen sich in nuce zwei Akzentverschiebungen in der aktienrechtlichen Regelungsphilosophie ausmachen, die ich hier nur vermerken, aber nicht bewerten möchte: –

Zum einen werden gesellschaftsrechtliche Vorschriften heute mehr unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftsermöglichung und weniger unter dem der Verhaltensregulierung betrachtet. Wer Gegensatzbildungen liebt, mag das eine enabling function und das andere regulatory function nennen.42



Zum anderen rücken die Sachgebiete der aktienrechtlichen Finanzverfassung und der betriebswirtschaftlichen Unternehmensfinanzierung immer enger zusammen und eröffnen so den Blick auf interdisziplinäre Fragestellungen des financial engineering.43 Mit dem schillernden Begriff Corporate Finance steht dafür auch schon ein einprägsamer Sammelbegriff zur Ver-

__________ 38 Abdruck des Vorschlags in ZIP 1999, 1944; umfassend dazu Baldamus, Reform der Kapitalrichtlinie, 2002, S. 91 ff. und passim. 39 Vgl. Report of the High Level Group of Company Law Experts on a Modern Regulatory Framework for a Company Law in Europe, Brussels, 4 November 2002; abgedr. etwa bei Ferrarini/Hopt/Winter/Wymeersch (eds.), Reforming Company and Takeover Law in Europe, 2004, Annex 3, S. 925 ff. 40 Vgl. Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/91/EWG des Rates in Bezug auf die Gründung von Aktiengesellschaften und die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals v. 21.9.2004, KOM (2004) endg. 41 Vgl. Kommission (Fn. 40), KOM (2004) endg., S. 2. 42 Dazu Fleischer, ZHR 168 (2004), 673, 707 m. w. N. 43 Zu diesem Schnittfeld bereits Fleischer in Michalski, GmbHG, 2002, Syst. Darst. 6, Rz. 1 ff.

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fügung, der dem Wieselwort Corporate Governance national und international den Rang ablaufen könnte. So trägt die betriebswirtschaftliche Finanzierungs-„Bibel“ von Brealey/Myers den Titel „Principles of Corporate Finance“44, und das juristische Echo in Form des vielgelesenen Lehrwerks von Eilís Ferran aus Cambridge lautet: „Company Law and Corporate Finance“45.

2. Vorschläge der EG-Kommission vom 21.9.2004 Werfen wir zum Abschluss noch einen kurzen Blick auf einige Einzelvorschläge des Kommissionsentwurfs, die ich hier freilich nur punktieren kann: (1) Bewertung von Sacheinlagen: Die Mitgliedstaaten sollen ihren Aktiengesellschaften gestatten können, bei der Einbringung von Sacheinlagen auf eine Bewertung durch einen Sachverständigen zu verzichten, wenn es für die Bewertung der betreffenden Einlagen einen klaren Anhaltspunkt gibt, etwa einen Marktpreis bei der Einbringung börsennotierter Wertpapiere oder eine testierte Bilanz oder eine zeitnahe, nicht länger als drei Monate zurückliegende Bewertungsexpertise. (2) Erwerb eigener Aktien: Unter Aufgabe der bisherigen Grenze von 10 % des gezeichneten Kapitals soll der Gesellschaft der Erwerb eigener Aktien bis in Höhe ihrer ausschüttungsfähigen Rücklagen gestattet werden. Außerdem soll die Geltungsdauer von Vorratsbeschlüssen der Hauptversammlung von 18 Monaten auf maximal 5 Jahre verlängert werden, um allzu häufige Genehmigungsverfahren zu vermeiden. (3) Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs: Das Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs, hierzulande in § 71a AktG verankert, soll auf Drängen Großbritanniens durch eine differenzierte Regelung ersetzt werden: Damit Änderungen in den Besitzverhältnissen von Aktiengesellschaften flexibler gestaltet werden können, sollen die Gesellschaften die Möglichkeit erhalten, einen Dritten im Hinblick auf den Erwerb ihrer Aktien bis in Höhe ihrer ausschüttungsfähigen Rücklagen finanziell zu unterstützen.46 Dies entbehrt rechtspolitisch nicht einer gewissen Pikanterie, sind die Vorschriften über die financial assistance doch gerade auf Betreiben Großbritanniens überhaupt erst ins Gemeinschaftsrecht gelangt.47 (4) Squeeze out- und Sell out-Regeln: Aktionäre, welche die große Mehrheit des Kapitals einer Aktiengesellschaft haben, sollen das Recht erhalten, die übrigen Aktien zu einem angemessenen Preis zu erwerben, damit in börsennotierten Gesellschaften eine Rationalisierung des Aktienbesitzes und eine ge-

__________ 44 Brealey/Myers, Principles of Corporate Finance, 7th ed. 2003. 45 Ferran, Company Law and Corporate Finance, 1999. 46 Für eine eingehende Evaluierung dieses Vorschlags (demnächst) Schmolke, WM 2005 (im Erscheinen). 47 Vgl. Fleischer, NZG 2004, 1129, 1133.

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sündere Besitzstruktur möglich wird. Der maßgebliche Schwellenwert soll mindestens 90 % und höchstens 95 % des gezeichneten Kapitals einer börsennotierten Gesellschaft betragen. Die Minderheitsaktionäre sollen im Gegenzug ein Sell out-Recht erhalten.48

IV. Schluss Ein Wort zum Schluss. Falls Sie Zweifel hegen, ob ein Vortrag zur Finanzverfassung der SE nicht doch mehr an Substanz hergegeben hätte, machen Sie den Praxistest mit dem ersten deutschsprachigen SE-Kommentar aus der Feder von Susanne Kalss und Hans Hügel, der in diesen Tagen erschienen ist: Auf genau eintausend Seiten Text werden die Fragen der Finanzverfassung gerade einmal in zwanzig Zeilen, verteilt auf vier Randnummern, erörtert.49

__________ 48 Für ein solches Austrittsrecht der Restminderheit de lege ferenda etwa Fleischer, ZGR 2002, 757, 773 f. 49 Vgl. Greda in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, § 2 SEG Rz. 11–14. Doktoranden sind anscheinend findiger: Koke (Fn. 3) breitet den Rechtsstoff auf 276 Seiten aus, ohne freilich grundlegend neue Rechtsfragen aufzuzeigen.

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Die Europäische Gesellschaft als börsenorientierte Gesellschaft Hanno Merkt Inhaltsübersicht I. Einleitung: Die börsenorientierte SE ..................................................... 179 II. Zur rechtspolitischen Legitimation der kapitalmarktorientierten SE ..................................................... 181 III. Die Börsenfähigkeit der SE ............ 185 IV. Das Rechtsregime der börsennotierten SE .................................... 186 1. Gesellschaftsrechtliche Regelungen (SE-VO; SEAG; AktG; DCGK) ............................. 187

2. Börsenrechtliche Regelungen (BörsG; BörsZulV; BörsenO) ....... 188 3. Wertpapierhandelsrechtliche Regelungen (WpHG, WpÜG) ...... 190 4. Wertpapierrechtliche Regelungen .................................. 190 V. Anforderungen an die börsennotierte SE ....................................... 191 1. Gesellschaftsrechtliche Anforderungen ................................. 191 2. Kapitalmarktrechtliche Anforderungen ................................. 192 VI. Schluss ............................................ 194

I. Einleitung: Die börsenorientierte SE Der österreichische Ableger des Bauunternehmens Strabag ist nach einer Pressemeldung vom 13. Oktober die erste Unternehmung, die als Europäische Aktiengesellschaft eingetragen wurde. Auf die Frage eines Wirtschaftsjournalisten, ob man sich eher aus gesellschaftsrechtlichen oder aus steuerrechtlichen Erwägungen für die Rechtsform der SE entschieden habe, antwortete der Strabag-Vorstandschef Haselsteiner: „Weder noch. Wir haben einfach an einen Werbegag gedacht.“1 Nun: Ob Gesellschaftsrecht, ob Steuerrecht oder Werbegag: Jedenfalls stand die Frage der Börsenorientierung weder bei der Strabag Österreich noch ganz allgemein in der Diskussion um die Schaffung einer europäischen Kapitalgesellschaftsform im Mittelpunkt.2 Ausschlaggebend für das Ringen um eine eigene europäische Kapitalgesellschaftsform waren ganz andere Motive. Die Erwägungsgründe der SE-Verordnung nennt als zentrales Motiv insbesondere das

__________ 1 2

Wiener Zeitung v. 13.10.2004. Schon die farblose Bezeichnung der SE als „Europäische Gesellschaft“ in der SE-Verordnung verrät, dass die für die Aktiengesellschaft prägende Börsen- bzw. Kapitalmarktorientierung vom Titel in den Text herabgestuft worden ist; dabei leitet das dahinter wohl stehende Bestreben um getreue terminologische Anlehnung an den antik-römischen Begriff der Societas Europaea schon deshalb in die Irre, weil die Aktiengesellschaft bekanntlich eine Schöpfung der Neuzeit ist; zu diesem Problem der Bezeichnung bereits Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2004, Rz. 1010.

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Bestreben um Beseitigung rechtlicher, steuerlicher und psychologischer Hindernisse für die Bildung europaweit agierender Unternehmen. Unternehmen sollen für grenzüberschreitende Aktivitäten nicht mehr auf Tochtergesellschaften angewiesen sein. Die teuren Hilfskonstruktionen für grenzüberschreitende Verschmelzungen sollen durch Eröffnung der Möglichkeit zur SE-Gründung im Wege der Fusion überflüssig gemacht werden. Durch die SE soll europaweit operierenden Unternehmensgruppen eine Neuordnung ermöglicht werden. Man erhofft sich eine kostengünstigere Geschäftsführung sowie Produktivitätsgewinne. Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen soll durch einen einheitlichen Gesellschaftstyp gegenüber der amerikanischen und der japanischen Konkurrenz erhöht werden. Die SE sei ebenso logische wie notwendige Folge der Wirtschafts- und Währungsunion insbesondere bei großen grenzüberschreitenden Infrastrukturprojekten im Bereich Verkehr, Energie, Telekommunikation. Und schließlich vermittelt die SE ein werbewirksames europäisches Logo.3 Unter allen diesem Gründen und Motiven sucht man weithin vergebens nach dem Finanzmarkt und der Börse, also nach dem Gedanken, einen einfacheren und breiteren Zugang zum Kapitalmarkt zu eröffnen, sowie der damit einhergehenden Verbesserung der Unternehmensfinanzierung. Das überrascht insofern, als die AG gemeinhin von anderen Kapitalgesellschaftsformen vor allem durch die Funktion als Kapitalsammelbecken abgegrenzt wird. In der Möglichkeit der Beschaffung großer Kapitalbeträge mit langfristiger Bindung als Haftkapital durch einen großen Kreis von Anlegern liegt historisch wie aktuell die besondere wirtschaftliche Bedeutung der AG begründet.4 Die Option der kleinen, geschlossenen AG hat sich in Deutschland erst sehr spät ergeben. Bei der SE war die Genese genau umgekehrt: So sehr eigentlich immer feststand, dass die SE nur in der Form der Aktiengesellschaft gegründet werden kann, so sehr war man auch besorgt darum, diese Rechtsform besonders für kleine und mittelgroße Unternehmen interessant zu gestalten.5 Die SE soll eben kein Exklusivmodell für Großkonzerne und Börsengesellschaften sein. Bei dieser Überlegung orientiert man sich an jenen Mitgliedstaaten, in deren Recht vor allem aus steuerlichen Gründen die Aktiengesellschaft als Standardkapitalgesellschaftsform für kleine und mittelgroße Unternehmen sehr verbreitet ist. Dementsprechend heißt es im 13. Erwägungsgrund der SE-VO, dass mit 120 000 Euro ein Mindestkapital festgesetzt wurde, welches die Gewähr dafür bietet, dass diese Gesellschaften über eine ausreichende Vermögensgrundlage verfügen, ohne dass dadurch kleinen und mittleren Unternehmen die Gründung der SE erschwert wird. Im Ergebnis hat das dazu geführt, dass die SE nach der SE-VO mit dem in Art. 4 Abs. 2 vorgesehenen Mindestgrundkapital von 120 000 Euro gerade kei-

__________ 3 4 5

Blanquet, ZGR 2002, 20, 34 ff. Hoffmann-Becking in MünchHdb. GesR, Band 4: Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 1999, § 2 Rz. 4. Blanquet, ZGR 2002, 20, 34 ff.

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nen Börsenzugang hat, weil ihre Kapitaldecke zu knapp bemessen ist. Denn nach Art. 43 Abs. 1 der Wertpapierzulassungs-Richtlinie von 20016 (§ 2 BörsZulV) muss für die Zulassung zum amtlichen Markt der voraussichtliche Kurswert der zuzulassenden Aktien oder das Eigenkapital des Emittenten mindestens 1,25 Mio. Euro betragen. Die SE ist also weder primär als börsennotierte AG konzipiert noch wird sie – diese Prognose sei hier gewagt – ihre primäre Verwendung als börsennotierte Gesellschaft finden. Daher überrascht auch nicht, dass etwa im deutschen Gesetzgebungsverfahren zum SE-Einführungsgesetz oder in den begleitenden Verlautbarungen der Entwurfsverfasser7 ebenso wie in den wissenschaftlichen8 und praktischen9 Äußerungen dazu das Thema der börsennotierten SE und ihrer Börsenzulassung bestenfalls ganz am Rande gestreift wurde, letztlich immer in der Überzeugung, dass die SE-Verordnung auch insoweit auf das Börsen- und Wertpapierrecht verweist, sei es als vereinheitlichtes oder als unvereinheitlichtes Recht. Angemerkt sei hier, dass der Entwurf des deutschen SE-Ausführungsgesetzes diese Grundtendenz der SE-Verordnung – SE auch für kleine und mittlere Unternehmen – verkennt, wenn er beim monistisch verfassten Typ jede SE zwingen will, geschäftsführende Direktoren zu bestellen und überdies die Verhältnisse von Verwaltungsrat und geschäftsführenden Direktoren bis ins Letzte regelt. Aus dieser Regelungsfreunde spricht der tief sitzende und historische Dünkel des deutschen Gesetzgebers gegenüber der Publikums-AG. Gegenüber dem Konzept der SE authentischer wäre es, die gesamte Bandbreite der bei einer monistischen Verfassung zulässigen Gestaltungen zu eröffnen.10

II. Zur rechtspolitischen Legitimation der kapitalmarktorientierten SE Umgekehrt ließe sich natürlich ebenso fragen, ob denn die SE überhaupt als kapitalmarktorientierte Gesellschaft angelegt sein muss oder soll. Gibt es eine rechtspolitische Legitimation für die Börsenorientierung der SE? Über lange Jahre als zentrales Motiv für die Börsenorientierung genannt wurde hier typischerweise die Kapitalversorgung. Der proportional höhere Kapitalbedarf größerer Unternehmen lässt sich über den Kapitalmarkt leichter und schneller decken als über die private bzw. die Binnenfinanzierung. Im interna-

__________ 6 Richtlinie 2001/34/EG v. 28.5.2001, ABl. EG Nr. L 184 v. 6.6.2002, S. 1, berichtigt durch ABl. EG Nr. L 217 v. 11.8.2001, S. 18 über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung und über die hinsichtlich dieser Wertpapiere zu veröffentlichenden Informationen. 7 C. Teichmann, ZGR 2003, 367; ders., BB 2004, 52; ders., AG 2004, 67; Waclawik, DB 2004, 1191. 8 Hoffmann-Becking, ZGR 2004, 355, 364; Kübler, ZHR 167 (2003), 627. 9 DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2004, 75 und NZG 2004. 957. 10 Hoffmann-Becking, ZGR 2004, 355, 378.

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tionalen Vergleich liegen europäische Unternehmen bei der Höhe der Eigenkapitalquote relativ weit hinten. Nimmt man US-amerikanische Unternehmen zum Maßstab, dann wird dies besonders deutlich: Während die Eigenkapitalquote amerikanischer Industrieunternehmen seit Jahren einigermaßen stabil bei etwas über 40 % liegt, ist die Eigenkapitalquote etwa in Deutschland von knapp 30 % in den sechziger Jahren auf inzwischen 17 % gefallen und die Tendenz ist eindeutig weiter sinkend. In Frankreich sieht es ähnlich aus. Lediglich das Vereinigte Königreich verfügt über deutlich bessere Werte. Immerhin liegt die Eigenkapitalisierung der börsennotierten AGs in Deutschland um mehr als 10 % über dem Wert der nicht börsennotierten AGs.11 Aber es bleibt dennoch dabei, dass international die Unternehmen der kontinentaleuropäischen Länder auch bei Berücksichtigung unterschiedlicher Finanzierungsgepflogenheiten, unterschiedlicher Bilanzierungsmethoden und der Besonderheiten der Bildung von Pensionsrückstellungen ein geringes Eigenkapital aufweisen.12 Indessen wird in der Betriebswirtschaft die Vorstellung von der optimal höheren Eigenkapitalquote zunehmend hinterfragt. Den Gründen für einen hohen Eigenkapitalanteil werden Gründe für einen eher niedrigen Eigenkapitalanteil gegenübergestellt, etwa die hohen Kosten des Eigenkapitals, die Besteuerung der Dividende, der hohe Körperschaftssteuersatz von im EUSchnitt etwa 30 % bei Gewinnthesaurierung13 oder das innovationsfeindliche Signal das von einer höheren Eigenkapitalquote ausgeht.14 Insgesamt taugt also der Eigenkapitalbedarf als Legitimation15 für die Börsenorientierung der SE – wenn überhaupt – nur mit Einschränkungen. Als weiteres Motiv für die Börsenorientierung der SE wurde in den siebziger und achtziger Jahren wiederholt auf den logischen Zusammenhang zwischen einer supranational-europäischen Gesellschaftsform und dem ebenso supranationalen, gemeinschaftsweiten Zugang zum europäischen Kapitalmarkt hingewiesen. Die SE sei eben nicht nur ein supranationaler Unternehmensträger für gemeinschaftsweite Aktivitäten, sondern zugleich ein Kapital-Nachfrager europäischer Prägung, der die Chance haben müsse, an allen Börsen der Union Zugang und Anlegervertrauen zu finden. Der europäischen Vielfalt der Märkte sollte in der SE der europaweite Kreis ihrer Aktionäre entsprechen. Deshalb sollte, so wurde noch 1990 gefordert, das SE-Statut zumindest von jeder Ver-

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11 Angaben nach DAI-Factbook 2003, Tabellen 04–1-a bis 04–03. 12 Gräfer/Beike/Scheld, Finanzierung – Grundlagen, Institutionen, Instrumente und Kapitalmarkttheorie, 5. Aufl. 2001, S. 89 ff. 13 Angabe nach Adensamer/Höferl, Steuern in der EU – Ein Vergleich wichtiger Steuersätze in den EU-Ländern, Wien 2004, S. 2 f., abrufbar unter www.politikberatung. or.at. 14 Gräfer/Beike/Scheld, Finanzierung – Grundlagen, Institutionen, Instrumente und Kapitalmarkttheorie, 5. Aufl. 2001, S. 86 f. 15 Hommelhoff, AG 1990, 422, 431 f. unter Bezug auf einen Vorschlag von Wolfgang Schön sowie unter Verweis auf Lutter (Hrsg.), Die Europäische Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 1978, S. 145, und von der Groeben, AG 1967, 95, 97 f.

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schmelzungs-, Umwandlungs- und Holding-SE verlangen, dass ihre Aktien in jedem EG-Mitgliedstaat an wenigstens einer Börse gehandelt werden. Ein solches Erfordernis wurde in die SE-VO jedoch nicht aufgenommen. Nun kann man daraus für die Frage der Börsenorientierung der SE gewiss nichts schließen. Indessen dürfte angesichts des Zusammenwachsens der nationalen Kapitalmärkte zu einem europäischen Markt, der nicht zuletzt das Ergebnis der Rechtsangleichungsbemühungen der EU sein wird, der europaweite Zugriff auf die nationalen Börsen als Legitimation für die Börsenorientierung der SE an Argumentationskraft verlieren. Europaweite Finanzierung ist längst kein Spezifikum supranationaler Gesellschaftsformen mehr, sondern Realität bei vielen gossen und auch schon mittelgroßen Aktiengesellschaften. Es scheint denn auch ein anderes Motiv zu sein, dass als Argument für die Börsenorientierung der SE als Trägerin eines großen, kapitalintensiven Unternehmens in jüngerer Zeit immer mehr an Bedeutung gewinnt, nämlich die Überwachungs- und Kontrollfunktion des Kapitalmarktes. Die rechtspolitische Diskussion hierzu kann an dieser Stelle nur mit wenigen Stichworten umrissen werden: Das Kapitalgesellschaftsrecht befindet sich in Europa in einer Phase tiefgreifenden Wandels. Das überkommene System eines hochregulierten Verbandsrechts mit ausgefeilten materiellen Regelungen der Kapitalaufbringung und -erhaltung zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger und der Minderheitsgesellschafter gerät aus unterschiedlichen Richtungen unter Druck: von Seiten der EU-Kommission, die sich im Anschluss an die Ergebnisse der High Level Group im Aktionsplan einer spürbaren Amerikanisierung des Gesellschaftsrechts mit einem Ausbau der Offenlegungspflichten und einem Rückbau des Kapitalschutzes verschrieben hat; von Seiten des EuGH, der mit seinen Entscheidungen Centros, Überseering und Inspire Art in einer auch für die höchstrichterliche Rechtsprechung ungewohnt programmatischen Weise die Transparenz der Unternehmung als Regulierungskonzept dem überkommenen System materieller Regulierung der Kapitalgesellschaften gegenüberstellt, von Seiten der Internationalisierung des Bilanzrechts, die so, will es langsam scheinen, auch vor dem befreienden Einzelabschluss nicht halt machen wird mit allen Konsequenzen für die Informations-, die Ausschüttungsbemessungs- und die Besteuerungsfunktion des Jahresabschlusses. In dem Maße, in dem das europäische Gesellschaftsrecht auf das Informationsmodell setzt, und zwar als Konzept zum Anlegerschutz und als Mittel zur Gewährleistung guter Corporate Governance, in dem Maße muss es auch die Kapitalmarktorientierung fördern. Die rechtspolitische Rechtfertigung der Börsenorientierung der SE hat sich damit inhaltlich von der Finanzierungsaufgabe zur Unternehmenskontrolle verlagert. Mittelfristig führt das funktional zur Überregulierung, denn gegenwärtig gilt insbesondere die zweite Richtlinie, die Kapitalrichtlinie noch unverändert, das heißt ohne die zunehmend als erforderlich empfundene Differenzierung zwischen börsennotierter und nicht börsennotierter Gesellschaft.

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Ein Weiteres kommt hinzu: Die monistische SE wird bekanntlich nicht über ein eigenes Aufsichtsorgan verfügen. Vielmehr obliegen die beiden unterschiedlichen Aufgaben der Geschäftsführung und der Beaufsichtigung der Geschäftsführung ein und demselben Organ, dem Verwaltungsrat, auch wenn durch die Option der geschäftsführenden Direktoren eine gewisse Abschichtung der Funktionen möglich ist. Mit der Vereinigung beider Aufgaben, Leitung und Kontrolle, in einem einzigen Organ ist aus kontinentaler Sicht unabdingbar ein gewisses Kontrolldefizit verbunden.16 Es entspricht nun unserem verbandsrechtlichen Grundverständnis, dass dieses mit der monistischen Verfassung verbundene Aufsichts- bzw. Überwachungsdefizit funktional kompensiert werden muss. Und genau diese funktionale Kompensation kann und soll sich bei der börsenorientierten SE aus der Kontrolle durch den Kapitalmarkt ergeben. Im Sinne dieses Ansatzes ist es daher nur konsequent, dass die SE als börsennotierte Gesellschaft dann, wenn sie deutschem Recht unterliegt, über die Generalverweisung des Art. 9 SE-VO den Grundsatz des „comply or explain“ gem. § 161 AktG zu befolgen hat.17 Das setzt allerdings zweierlei voraus: Nämlich erstens, dass der gedachte Steuerungsmechanismus des „comply or explain“ tatsächlich funktioniert und zweitens, dass die Kosten der Publizität und ihrer Durchsetzung und Überwachung den volkswirtschaftlichen Nutzen nicht übertreffen. Das sind zwar beides keine Spezifika der SE, aber sie sind für das unterliegende Regelungskonzept des Informationsmodells so zentral, dass sie hier kurz angesprochen werden dürfen: Was die Effizienz des „comply or explain“-Ansatzes anbelangt, so liegen allererste empirische Untersuchungen vor, die jedoch überaus ernüchternd sind. Gedacht war ja ursprünglich daran, dass der Kapitalmarkt die in der Entsprechenserklärung gelieferte Information über den Grad der Befolgung der Regeln guter Corporate Governance verarbeitet und durch Kurszuschläge prämiert oder durch Kursabschläge sanktioniert. Eine Untersuchung von Nowak, Rott und Mahr vom August 200418 und eine weitere, an der Hamburger Universität angestellte Untersuchung von Bassen, Kleinschmidt und Christine Zöllner,19 deren vorläufige Ergebnisse Ende des Jahres veröffentlicht werden, kommen auf der Basis sogenannter Ereignisstudien im wesentlichen übereinstimmend zu folgendem Schluss: Die Abgabe der Entsprechenserklärung löst keine erhebliche Kursbeeinflussung aus. Die für die Durchsetzung des Kodex angenommene und erforderliche Selbstregulierung durch den Kapitalmarkt findet nicht oder allenfalls in schwacher Form statt. Wer den Kodex überdurchschnittlich befolgt, wird also vom Kapitalmarkt nicht prämiert, wer ihn unterdurch-

__________ 16 Diese Sicht sprich etwa aus dem Beitrag von Hommelhoff, AG 1990, 422, 432 und aus dem Beitrag von C. Teichmann, BB 2004, 53, 55. 17 Hoffmann-Becking, ZGR 2004, 355, 364. 18 Nowak/Rott/Mahr, ZGR 2005, 252. 19 Bassen/Kleinschmidt/Chr. Zöllner, Corporate Governance Quality Study 2004, Hamburg, Juni 2004.

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schnittlich befolgt, wird nicht bestraft. Wenn es aber so sein sollte, dass sich das positive Recht mit dem Corporate Governance Kodex in einen Bereich vorwagt, dessen Regulierung von den Betroffenen nicht mehr als regulierungsbedürftig angesehen wird, wenn also Regulierung von denjenigen, deren Interessen sie schützen soll, nicht mehr als Gewinn an Schutz empfunden und honoriert wird, dann ist Vorsicht geboten. Andererseits, und dies macht den Beobachter stutzig, ist nicht zu übersehen, dass der Kodex erheblichen Einfluss auf die Entscheidungsträger in den Unternehmen hat, das hört man von verschiedenster Seite und es ist auch augenfällig daran zu erkennen, dass eine große Zahl von Unternehmen wesentliche Teile des Kodex befolgt. Dies aber legt die Vermutung nahe, dass es andere Mechanismen sein müssen, die für die Einhaltung der best practice sorgen. Was nun die Kosten des Informationsmodells für die Praxis betrifft, scheinen sich langsam Grenzen abzuzeichnen. Jüngst wird berichtet, dass sich deutsche Unternehmen ernsthaft überlegen, sich vom New York Stock Exchange zurückzuziehen, weil die Kosten der Information und ihrer Verifikation jedenfalls auf dem Niveau, dass man in den USA mit Sarbanes Oxley erreicht hat, in keinem Verhältnis mehr zum Zusatznutzen stehen, die eine Kapitalaufnahme in New York mit sich bringt. Zwar sind wir in Europa noch von einer Unternehmenspublizität, wie sie nach der US-amerikanischen Securities Regulation verlangt wird, entfernt, aber wir sind momentan in dieser Richtung unterwegs. Auch insoweit erscheint also Vorsicht geboten. Soviel zum grundsätzlichen Anliegen des Informationsmodells, das sich auch für die börsennotierte SE, zumal in monistischer Verfassung, zum zentralen Regelungsansatz entwickelt.

III. Die Börsenfähigkeit der SE Die SE-VO lässt für die Gründung einer SE im Wege der Verschmelzung, der Bildung einer Holding- oder einer Tochtergesellschaft ausschließlich Gesellschaften oder Körperschaften als Gründer zu, nicht hingegen natürliche Personen, Art. 2 SE-VO. Auch darin manifestiert sich zunächst der eher börsenneutrale Charakter der SE als einer jedenfalls nicht primär auf den Kapitalmarkt, auf den schnellen Wechsel ihrer Aktien an der Börse hin angelegte Gesellschaftsform. Man könnte sogar den Eindruck gewinnen, dass die SE nach ihrer Grundkonzeption gar nicht börsenfähig sei. Andererseits folgt aus den Gründungsregelungen eindeutig, dass die SE Börsenfähigkeit besitzen muss. So ist bei der Gründung einer SE durch Verschmelzung oder durch Gründung einer Holding-SE oder durch Umwandlung einer bestehenden AG ein umfassender Aktientausch vorgesehen. Die Verschmelzungs-SE wird durch Verschmelzung von zwei oder mehr nationalen AGs gegründet. Von dieser Gründung schließt die SE-VO nicht etwa börsennotierte Gesellschaften aus. Mithin können nationale Aktionäre, deren

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Mitgliedschaftsrechte an der Börse gehandelt werden, nach Art. 29 Abs. 1 lit. b) SE-VO zu SE-Aktionären werden. Würde nun diese SE-Gründung zur Folge haben, dass die Aktien ihre Verkehrsfähigkeit an der Börse verlieren, dann wäre den Aktionären dies bestenfalls unter Einhaltung bestimmter Schutzvorkehrungen zumutbar. Solche Schutzvorkehrungen sind aber in der SE-VO nur optional nach Wahl der Mitgliedstaaten vorgesehen, Art. 24 Abs. 2 SE-VO. Überdies fehlt jede materielle Vorgabe für solche Schutzvorschriften, namentlich ob eine Zuzahlung oder Barabfindung erforderlich ist. Daraus kann nur gefolgert werden, dass die Aktionäre trotz Verschmelzung Inhaber börsenfähiger Mitgliedschaftsrechte bleiben.20 Gleiches gilt für die Holding-SE: Auch hier wird der Umtausch börsengehandelter AG-Aktien in SE-Aktien (vgl. Art. 33 Abs. 4 SE-VO) lediglich flankiert durch die inhaltlich völlig unbestimmte mitgliedstaatliche Option, Vorschriften zum Schutz der Minderheitsgesellschafter vorzusehen, Art. 34 SE-VO. Daraus kann nur gefolgert werden, dass der Verlust der Möglichkeit zur Veräußerung der Beteiligung an der Börse unter keinen Umständen automatische Folge der SE-Gründung ist. Anderenfalls hätte der Schutz der Minderheitsgesellschafter inhaltlich zwingend und konkretisiert vorgegeben werden müssen. Aus alledem folgt zugleich, dass auch die konzernabhängige SE börsennotiert sein kann. Wenn nämlich die nationale Tochter-AG einer SE börsennotiert sein kann, ist nicht zu begründen, warum nicht auch die Tochter-SE einer MutterSE börsennotiert sein kann, solange nur nach dem Sitzrecht gewährleistet ist, dass die abhängige SE keine unkompensierten Nachteile erleidet.21

IV. Das Rechtsregime der börsennotierten SE Die Frage nach dem Rechtsregime der börsenorientierten SE ist zunächst und im Kern die Frage nach dem Börsengesellschaftsrecht22 oder dem Börsenaktienrecht23 der SE. Nun ist es eine moderne Erkenntnis, dass sich das Aktienrecht zunehmend aufteilt in ein Recht der kapitalmarktorientierten bzw. börsennotierten Publikumsgesellschaft und ein Recht der geschlossenen Aktiengesellschaft. Für den heutigen und den zukünftigen Gesetzgeber bietet sich hier ein weites gestalterisches Feld, auf dem nach Maßgabe der Bedürfnisse der Praxis zahlreiche Institute und Regelungen des geltenden Aktienrechts nach

__________ 20 Vgl. Hommelhoff, AG 1990, 422, 431 für den Entwurf des SE-Statuts von 1990. 21 In diesem Sinne bereits Hommelhoff, AG 1990. 422, 432. 22 Nobel, Börsengesellschaftsrecht?, in FS Bär, 1998, S. 301; ihm folgend Fleischer, Börseneinführung von Tochtergesellschaften, ZHR 165 (2001), 513, 514 mit Nachweisen zum ausländischen Recht. 23 So der Begriff bei Seibert, Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) – Der Referenten-Entwurf zur Aktienrechtsnovelle, WM 1997, 1; Spindler, Deregulierung des Aktienrechts?, AG 1998, 53; Escher-Weingart, Reform durch Deregulierung im Kapitalgesellschaftsrecht, 2001, passim.

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und nach der Revision zu unterziehen sind. Die SE-VO hingegen ist einer ganz anderen und traditionelleren Sicht des Aktienrechts verhaftet und lässt logischerweise das mit der Entstehung des Börsenaktienrechts verbundene Gestaltungspotential über den schlichten Generalverweis auf das mitgliedstaatliche Recht vollständig ungenutzt. Rechtssystematisch führt dies zu einer Koppelung europäisch-angeglichenen Rahmen-Gesellschaftsrechts in Gestalt der SE-VO auf der einen Seite mit einem mitgliedstaatlichen und damit von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat abweichenden Kapitalmarktrecht auf der anderen Seite. Es ist dies die Umkehr der Situation, die uns aus dem US-amerikanischen Rechts bekannt ist, mit einem bundeseinheitlichen Kapitalmarktrecht und einzelstaatlich unterschiedlichem Gesellschaftsrecht. So wenig nun diese neue Regelungssystematik des europäischen Publikumskapitalgesellschaftsrechts irgendeiner programmatisch abgesicherten Gesamtkonzeption folgt, so wenig sind die Konsequenzen und Wirkungen dieser Systematik für den Erfolg und das Funktionieren des Regelungsregimes der SE zu übersehen. Dabei muss natürlich berücksichtigt werden, dass das Gesellschaftsrecht der SE von Sitzstaat zu Sitzstaat nicht unerheblich abweicht und dass außerdem das Kapitalmarktrecht in der EU zu einem ebenfalls nicht unerheblichen Grad bereits angeglichen ist.

1. Gesellschaftsrechtliche Regelungen (SE-VO; SEAG; AktG; DCGK) Die gesellschaftsrechtlichen Regelungen zur börsennotierten SE in der SE-VO sind relativ kryptisch und unsystematisch pointilistisch: Zunächst enthält Art. 4 Abs. 3 der SE-VO eine Sonderregelung für das Grundkapital. Danach gilt das Recht des Sitzstaates, wenn nach diesem Recht für Gesellschaften, die bestimmte Tätigkeiten ausüben, ein höheres Grundkapital als 120 000 Euro vorgeschrieben ist. Wie bereits gesagt muss aber bereits nach Art. 43 Abs. 1 der Wertpapierzulassungs-Richtlinie von 200124 (§ 2 BörsZulV) für die Zulassung zum amtlichen Markt der voraussichtliche Kurswert der zuzulassenden Aktien oder das Eigenkapital des Emittenten mindestens 1,25 Mio. Euro betragen. Das heißt, nach dem Recht sämtlicher Mitgliedstaaten ist hier ein höheres Grundkapital erforderlich. Ferner findet gem. Art. 9 Abs. 3 SE-VO das Sitzrecht Anwendung, wenn für die Geschäftstätigkeit der SE besondere einzelstaatliche Vorschriften gelten. Kurz und schlicht fallen sodann auch die Regelungen zu den kapitalmarktfähigen Papieren der SE aus: Nach Art. 5 SE-VO unterliegen Aktien, Schuldverschreibungen und sonstige vergleichbare Wertpapiere der SE den Vorschriften, die für eine AG mit Sitz in dem Mitgliedstaat, in dem die SE eingetragen ist, gelten würden. Während frühere Textfassungen noch etwa 20 eigene Vor-

__________ 24 Richtlinie 2001/34/EG v. 28.5.2001, ABl. EG Nr. L 184 v. 6.7.2002, S. 1, berichtigt durch ABl. EG v. 11.8.2001, Nr. L 217/18 über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung und über die hinsichtlich dieser Wertpapiere zu veröffentlichenden Informationen.

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schriften für Kapital, Aktien und Schuldverschreibungen der SE vorsahen,25 hielt der Rat entsprechende Regelungen nunmehr für überflüssig und einen pauschalen Verweis auf das Sitzrecht für ausreichend. Einen Vorteil wird man darin insofern erkennen können, als sich die SE aller neuen Wertpapiertypen bedienen kann, die im Laufe der Zeit auf den Finanzmärkten kreiert werden, ohne an starre Regeln gebunden zu sein. Art. 8 Abs. 14 Satz 2 der SE-VO räumt für die kapitalmarktorientierte SE der lokalen Finanzmarktaufsicht ein Recht auf Einspruch gegen die Sitzverlegung der SE ein. Gegen den Einspruch muss ein Rechtsmittel bei Gericht eingelegt werden können, um Willkür auszuschließen. Ob ein solches finanzmarktaufsichtsbehördliches Veto-Recht gem. Art. 19 SE-VO nach dem mitgliedstaatlichen Recht auch für die Verschmelzungs-SE vorgesehen werden kann, ist unklar. Während nämlich Art. 8 Abs. 14 Satz 2 SE-VO ausdrücklich von der Finanzmarktaufsichtsbehörde spricht, ist in Art. 19 SE-VO lediglich allgemein von der zuständigen Behörde die Rede. Ein Vetorecht der zuständigen Behörde wird in Art. 8 Abs. 14 SE-VO im ersten Satz geregelt. Dieser terminologische Unterschied legt nahe, dass nach Art. 19 SE-VO kein Einspruchsrecht der Finanzmarktaufsicht, sondern lediglich ein registerbehördliches Vetorecht vorgesehen werden kann. Hinzu tritt schließlich noch der 12. Erwägungsgrund, der die SE sowohl im Fall der Gründung durch öffentliche Zeichnungsauforderung als auch im Fall des späteren Börsengangs den entsprechenden nationalen Regelungen für öffentliche Zeichnungen unterwirft. Eigene Regelungen für die börsennotierte SE sind sodann im Entwurf des deutschen SE-Einführungsgesetz (SEEG) und namentlich im Entwurf des SE-Ausführungsgesetz (SEAG) nicht enthalten. Im Bereich des nationalen deutschen Rechts unterliegt die börsennotierte SE gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c ii) SE-VO den für börsennotierte deutsche Aktiengesellschaften geltenden Bestimmungen vor allem des AktG. Das folgt aus dem soeben zitierten 12. Erwägungsgrund der SE-VO. In der Sache umfasst der Begriff der öffentlich zur Zeichnung auffordernden Aktiengesellschaft insbesondere die börsennotierte Aktiengesellschaft im Sinne der Legaldefinition des § 3 Abs. 2 AktG. Denn gemäß § 1 Abs. 1 der Emissionsprospektrichtlinie von 199826 (bei uns umgesetzt als § 1 Verkaufsprospektgesetz) definiert für die Prospektpflicht den Kreis der börsenzugelassenen Aktiengesellschaften als Teil der öffentlich anbietenden Aktiengesellschaften.

2. Börsenrechtliche Regelungen (BörsG; BörsZulV; BörsenO) Aus dem 12. Erwägungsrund der SE-VO i. V. m. Art. 9 Abs. 1 lit. c) ii) SE-VO erfolgt, dass für die SE mit Sitz in Deutschland wie für eine deutsche Aktien-

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25 So namentlich die Vorschläge des SE-Statuts von 1970, 1975, 1989 und 1991. 26 ABl. EG Nr. L 124 v. 5.5.1998, S. 8.

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gesellschaft das deutsche Börsenrecht gilt, also das Börsengesetz, die Börsenzulassungs-VO und schließlich auch die Börsenordnung der jeweiligen Börse. Zu beachten sind hier etwa die Anforderungen der Frankfurter Wertpapierbörse, die den amtlichen Handel in den Teilbereich des General Standard und des Prime Standard eingeteilt hat, letzteren mit gesteigerten Zulassungsfolgepflichten, die den international üblichen Transparenzanforderungen gerecht werden sollen. Solche Zulassungsfolgepflichten, die auch für sie SE mit einer Notierung im Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse gelten, sind Quartalsberichte, eine Bilanzierung nach IFRS oder US-GAAP, die Vorlage eines Unternehmenskalenders, die Durchführung mindestens einer jährlichen Analystenkonferenz sowie die Veröffentlichung von Ad-hoc-Meldungen in englischer Sprache.27 In zeitlicher Sicht muss sodann berücksichtigt werden, dass eine SE gem. § 3 Abs. 1 BörsZulV wie jede andere AG als Emittentin mindestens drei Jahre als Unternehmen bestanden und ihre Jahresabschlüsse für die drei dem Zulassungsantrag vorangegangenen Geschäftsjahre entsprechend den dafür geltenden Vorschriften offengelegt haben muss. Allerdings ist die Rechtsform der Emittentin nicht entscheidend, d. h. sie kann in den drei Jahren auch in anderer Rechtsform bestanden haben.28 Ausschlaggebend ist allein die Bestehensdauer als Unternehmenseinheit.29 Daraus folgt für die Börsenzulassung von Aktien der SE, dass nach dem Verfahren der Gründung zu differenzieren ist: Eine im Wege der Verschmelzung, als Holding oder als Tochtergesellschaft gegründete SE muss erst drei Jahre existieren und nach Börsenstandard bilanzieren, bevor die Notierung ihrer Aktien zugelassen werden darf. Hingegen kommt es bei der SE-Gründung im Wege der Umwandlung darauf an, wie lange die Unternehmenseinheit zuvor bereits bestand. Im übrigen ist zu beachten, dass die Maßgeblichkeit des Börsenrechts am Sitz der SE nicht ausschließt, dass eine SE mit Sitz in Deutschland, deren Wertpapiere an einer Auslandsbörse notiert sind, dem dortigen Börsenrecht unterliegt.30 Kollisionsrechtlich ist das nichts besonderes, denn auch im autonomen Recht trennt man das Gesellschaftsstatut vom Marktstatut, dem die Fragen der Zulassung zum Handel und der Durchführung des Handels mit kapitalmarktfähigen Wertpapieren zugewiesen sind.31 In der Sache können sich durch die Verdopplung oder gar – bei mehreren Auslandsnotierungen – Vervielfachung der maßgeblichen Vorschriften erhebliche Zusatzbelastungen für das Unternehmen ergeben, etwa mit Blick auf unterschiedliche Anforderungen an Emissionsprospekte. Und im Einzelfall kann es auch zu Reibungen in Gestalt sich widersprechender Anforderungen kommen, wie das etwa aus dem Bereich der

__________ 27 Vgl. §§ 60 ff. BörsO FWB sowie Harrer in BeckHdb. AG, 2004, § 23 Rz. 9a. 28 Heidelbach in Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, 3. Aufl. 2004, § 3 BörsZulV Rz. 2; Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, Loseblatt, § 3 BörsZulV; Groß, Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2002, §§ 1–12 BörsZulV Rz. 4 f. 29 Schlitt in Semler/Volhard (Hrsg.), Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, 2001, § 23 Rz. 18; Claussen, Bank- und Börsenrecht, 2. Aufl. 2000, § 9 Rz. 65. 30 Blanquet, ZGR 2002, 20, 53. 31 Etwa Merkt, Internationaler Unternehmenskauf, 2. Aufl. 2003, S. 115 ff.

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Publizitätsanforderungen und der Anforderungen an die Abschlussprüfung berichtet wird.

3. Wertpapierhandelsrechtliche Regelungen (WpHG, WpÜG) Desweiteren unterliegt die kapitalmarktorientierte SE mit Sitz in Deutschland ebenso wie eine deutsche kapitalmarktorientierte Aktiengesellschaft jedenfalls im Grundsatz auch den kapitalmarktrechtlichen Bestimmungen des WpHG und des WpÜG. Darauf wird sogleich noch näher einzugehen sein.

4. Wertpapierrechtliche Regelungen Und schließlich gelten für die Aktien, die Schuldverschreibungen und die sonstigen vergleichbaren Wertpapiere der SE die entsprechenden wertpapierrechtlichen Vorschriften unseres autonomen Rechts. Das heißt im einzelnen: Die Mitgliedschaft in der SE wird originär durch die Übernahme von Aktien bei der Gründung der SE und durch Zeichnung junger Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung der SE, sei sie effektiv oder nominell, erworben. Die Aktien der SE können gem. § 10 Abs. 1 AktG als Inhaberoder Namensaktien ausgestaltet werden. Danach unterscheidet sich dann auch der derivative Erwerb der Aktionärsstellung bei der SE. Bei Inhaberaktien der SE wird die im Aktienzertifikat verbriefte Mitgliedschaft in der SE wie bei Mobilien gem. §§ 929 ff. BGB übertragen, die Belegenheit der Zertifikate in Deutschland natürlich vorausgesetzt. Wie bei den Aktien der AG ist ein gutgläubiger Erwerb selbst bei abhanden gekommenen Aktien gem. § 935 Abs. 2 BGB möglich. Die Aktien der SE sind also weitestgehend verkehrsfähig. Sofern sich die SE-Aktien in Sammelverwahrung bei einer Wertpapiersammelbank befinden, besteht Miteigentum am Sammelbestand und ein Auslieferungsanspruch, §§ 6 ff. DepotG. Die Übereignung erfolgt durch Umbuchung im Verwahrungsbuch der Bank. Und es wird hier wie auch bei Aktien der AG der gutgläubige Erwerb trotz Fehlens eines Rechtsscheinträgers aus Praktikabilitätsgründen zuzulassen sein.32 Die Namensaktien der SE sind hingegen Orderpapiere und werden nach § 68 Abs. 1 Satz 1 AktG grundsätzlich durch Indossament, Begebungsvertrag und Übergabe übertragen. Ein gutgläubiger Erwerb der SE-Namensaktien wird wie bei der AG-Aktie über die Verweisung des § 68 Abs. 1 Satz 2 AktG entsprechend Art. 16 Abs. 2 und 1 WechselG möglich sein. Auch bei der SE wird jedoch die Übertragung der Namensaktie durch Vinkulierung von der Zustim-

__________ 32 Zum deutschen Recht Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere, 12. Aufl. 1986, § 1 III 1 c.

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mung der Gesellschaften abhängig gemacht werden können, § 68 Abs. 2 Satz 1 AktG. Angemerkt sei, dass dieser wertpapierrechtliche Bereich wegen der fehlenden Rechtsangleichung ein Bereich sein wird, in dem sich die SE von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat besonders markant unterscheiden wird. Daraus folgt zugleich, dass sich hier a priori aus der Wahl der Rechtsform der SE anstelle der nationalen Aktiengesellschaft keine Vorteile ergeben werden. Ob die Praxis insbesondere der Wertpapiersammelbanken auf der Ebene unterhalb des weitestgehend zwingenden Wertpapierrechts mit Blick auf die europaweite Geltung der SE gewisse Erleichterungen schaffen wird, bleibt abzuwarten.

V. Anforderungen an die börsennotierte SE 1. Gesellschaftsrechtliche Anforderungen Wie schon gesagt, unterliegt die börsennotierte SE allen jenen Bestimmungen des deutschen Aktiengesetzes, die den Gestaltungsspielraum für Börsengesellschaften reduzieren bzw. Verschärfungen vorsehen. Der Grund für diese Sonderregeln liegt durchgängig im Anlegerschutz sowie in der Gewährleistung guter Corporate Governance. Genannt seien etwa § 125 Abs. 1 Satz 3 AktG, wonach bei börsennotierten Gesellschaften einem Vorschlag zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern Angaben zu deren Mitgliedschaft in anderen gesetzlich zu bildenden Aufsichtsräten beizufügen sind, ferner § 161 AktG mit dem Erfordernis der Entsprechenserklärung, sodann § 171 Abs. 2 Satz 2 AktG mit der Pflicht des Aufsichtsrats, im Bericht über die Abschlussprüfung Angaben über seine Ausschüsse sowie die Zahl seiner Sitzungen und die der Ausschüsse zu machen, und schließlich § 328 Abs. 3 AktG, der einem Unternehmen, dem die wechselseitige Beteiligung bekannt ist, die Ausübung des Stimmrecht zur Wahl von Mitgliedern in den Aufsichtsrat versagt. Umgekehrt scheidet eine Reihe optionaler Erleichterungen des AktG für die börsennotierte SE aus, etwa die nach § 110 Abs. 3 AktG mögliche Verringerung der Sitzungsfrequenz des Aufsichtsrats von zwei auf eine Sitzung jährlich oder nach § 131 Abs. 1 Satz 2 AktG die Zulassung von Höchstbeträgen für das Aktionärsstimmrecht. Für die börsennotierte SE gilt, wie schon gesagt, der Deutsche Corporate Governance Kodex, der allerdings in seiner aktuellen Fassung allein auf das duale Leitungssystem deutsche Aktiengesellschaften zugeschnitten ist.33 Erforderlich ist also zunächst eine systematische Ergänzung des Kodex durch Regelungen für das monistische System. Erforderlich sind hier insbesondere Empfehlungen über das Zusammenwirken von geschäftsführenden Direktoren und

__________ 33 Hoffmann-Becking, ZGR 2004, 355, 364; C. Teichmann, BB 2004, 53, 55.

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Verwaltungsrat. Hier wird es vor allem darum gehen, den zentralen Unterschied zum dualistischen System, nämlich die untrennbare Gesamtverantwortung aller Verwaltungsratsmitglieder für Kontrolle und Geschäftsführung bewusst zu machen, wobei man sich an der entsprechenden Regelung im Londoner City Code orientieren kann.34 Erforderlich sind insoweit hinreichend eindeutige Empfehlungen, in welchen Fragen und unter welchen Voraussetzungen die Geschäftsführenden Direktoren den Verwaltungsrat konsultieren sollten. Erwägenswert ist ferner eine Empfehlung zur personellen Zusammensetzung des Verwaltungsrats. Zwar verzichtet der Entwurf des SEAG auf eine für börsennotierte SEs spezifische Regelung zur Zusammensetzung des Verwaltungsrates verzichtet. Es fehlt insbesondere eine Bestimmung, die für die börsennotierte SE die Bestellung von nicht exekutiven (außenstehenden) Direktoren zwingend vorschreibt, wie dies etwa § 59 des Entwurfs des österreichischen SE-Gesetzes (SEG) vorsieht.35 Doch scheint eine derartige Regel als Empfehlung guter Corporate Governance im Kodex sachgerecht. Zu erwägen wäre ferner eine Empfehlung dahin gehend, die Funktion des geschäftsführenden Direktors und des Verwaltungsratsvorsitzenden zu trennen. Dies gesetzlich vorzuschreiben, wie es von rechtswissenschaftlicher ebenso wie von ökonomischer Seite36 verschiedentlich gefordert wird, begegnet demgegenüber Zweifeln,37 denn aus der Praxis der Länder mit monistisch verfasster Aktiengesellschaft wird berichtet, dass es nicht nur relativ erfolglose, sondern gerade auch besonders erfolgreiche Unternehmen gibt, deren CEO zugleich Chairman des Board ist.38 Die bloße best-practice-Empfehlung lässt hier den nötigen Raum für eine abweichende Gestaltung, die dem Publikum dann allerdings auch vermittelt werden muss.

2. Kapitalmarktrechtliche Anforderungen Damit kommen wir zu den kapitalmarktrechtlichen Anforderungen an die SE, bei denen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Schutz opponierender Minderheiten bei der SE-Gründung steht. Es geht um das Verhältnis gesellschaftsrechtlichen Minderheitsschutzes zu kapitalmarktrechtlichem Anlegerschutz,39 genauer: um die Frage, ob bei der Gründung einer Holding-SE durch börsennotierte Gesellschaften neben der in §§ 9 und 10 des Entwurfs des

__________ 34 Merkt, ZGR 2003, 650, 662. 35 Kalss/Greda, GesRZ 2004, 91, 105. 36 Etwa Theisen in Freidank (Hrsg.), Unternehmensüberwachung und Rechnungslegung im Umbruch, 2002, S. 83; ders., Zur Reform des Aufsichtsrats, in Dörner/Menold/ Pfitzer (Hrsg.), Reform des Aktienrechts, der Rechnungslegung und der Jahresabschlußprüfung, 1998, S. 203; ders., BFuP 3 (1996), 306. 37 Dazu näher Merkt, ZGR 2003, 650, 664 f. 38 Für die Schweiz Forstmoser, ZGR 2003, 688. 39 Eine andere, hier nicht zu vertiefende Frage ist, ob die großzügige Gewährung des Barabfindungsanspruchs über den Fall der SE-Gründung im Wege der Verschmelzung hinaus, nämlich auch bei der Gründung einer Holding-SE und bei der Sitzverlegung der SE, rechtspolitisch überzeugend ist, ablehnend Kübler, ZHR 167 (2003), 627 gegen C. Teichmann, ZGR 2003, 367.

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SEAG vorgesehenen Sicherung für die Anteilsinhaber noch ein Pflichtangebot nach § 35 WpÜG abgegeben werden muss. Es ist dies zwar kein spezifisches Problem der börsennotierten SE, doch steht es mit der börsennotierten SE in engem Zusammenhang und soll deshalb hier kurz angesprochen werden40. An sich liegt bei der Gründung einer Holding-SE durch börsennotierte Gesellschaften ein Fall des Kontrollerwerbs im Sinne des Übernahmerechts vor. Denn die Holding-SE erwirbt wegen Art. 32 Abs. 2 Satz 4 SE-VO zwingend mindestens 50 % der Anteile an den beiden Gründungsgesellschaften und damit die Kontrolle über diese. Hat nun eine der beiden Gründungsgesellschaften ihren Sitz in Deutschland und sind ihre Anteile zum Handel an einem organisierten Markt im Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen, so stellt sich die Frage, ob die Holding-SE nach dem Kontrollerwerb zur Abgabe eines Pflichtangebots nach § 35 WpÜG verpflichtet ist, und zwar neben dem Barabfindungsanspruch des opponierenden Minderheitsaktionärs nach § 9 des SEAG. Diese Frage ist umstritten: Für die einen ist das kapitalmarktrechtliche Pflichtangebot in dieser Konstellation ausgeschlossen. Denn Art. 33 Abs. 3 Satz 2 SE-VO enthält eine hinreichend schützende Zaunkönigregelung. Danach haben die opponierenden Minderheitsgesellschafter immerhin vier Monate Zeit, um sich zu überlegen, ob sie ihre Anteile bei der Gründung der Holding-SE einzubringen. Diese Regelung müsse abschließend sein, wenn man das Funktionieren der gemeinschaftsrechtlichen Gründungsvorschriften nicht gefährden. Und dies müsse dann auch gegenüber dem WpÜG gelten.41 Für die anderen ist das Gegenteil richtig: Bei börsennotierten Gründungsgesellschaften der Holding-SE konkurriert das gesellschaftsrechtliche Barabfindungsrecht mit dem Pflichtangebot des WpÜG, denn beide Instrumente sind unterschiedlich ausgestaltet, was einer Verdrängung entgegensteht. Das Barabfindungsrecht gewährt individuellen Rechtschutz, der im Übernahmerecht fehlt. Das Übernahmerecht hingegen berücksichtigt Eigenheiten der Preisbildung, die das Barabfindungsrecht nicht zur Geltung bringt. Für wieder andere erscheint es sachgerechter und es würde auch unserem geltenden Schutzssystem besser entsprechen, das Pflichtangebot nach § 35 WpÜG unberührt zu lassen und auf das besondere gesellschaftsrechtliche Barabfindungsrecht in § 9 des Entwurfs des SEAG zu verzichten. Die Diskussion kann an dieser Stelle nicht fortgeführt werden, sondern es mag ein Gedanke genügen, der bereits in der parallel gelagerten Diskussion um den Squeeze-out Orientierung vermitteln konnte: Entscheidend ist der grundlegende Unterschied des Interessenschutzes in der Börsengesellschaft und der Nicht-Börsengesellschaft. Das Pflichtangebot ist ganz wie der Squeeze-out das

__________ 40 Zur Anwendbarkeit des WpÜG bei Gründung einer Holding-SE auch Bayer, in diesem Band S. 25 ff. 41 Ihrig/Wagner, BB 2004, 1749, 1753.

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dem Typus der Börsengesellschaft gemäße Instrument des Anlegerschutzes. Daher ist es rechtspolitisch richtig, den Squeeze-out börsennotierten Gesellschaften im Anschluss an ein Übernahmeangebot vorzubehalten, wie dies etwa in Österreich, Italien der Schweiz und in England der Fall ist. Und daher war und ist es verfehlt, dass das deutsche Recht den Squeeze-out undifferenziert auch für nicht börsennotierte AGs zulässt. Die Dopplung des Interessenschutzes durch parallele Gewährung des gesellschaftsrechtlichen Barabfindungsrechts mit dem kapitalmarktrechtlichen Pflichtangebot verwischt ohne Not die in der unternehmensrechtlichen Entwicklung stetig deutlicher erkennbare Trennungslinie zwischen der Börsengesellschaft und der NichtBörsengesellschaft. Jedenfalls hat es den Anschein, als setzte sich die Lozierung des Übernahmerechts zwischen Aktien- und Kapitalmarktrecht als seinerzeit diagnostizierte „konzeptionelle Schwachstelle“42 im Entwurf des SEAG nahtlos fort, und es ist dem Handelsrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins in dem Wunsch beizupflichten, der Gesetzgeber möge sich zur Frage der Anwendbarkeit des WpÜG auf die Gründung der Holding-SE eindeutig äußern.43 Eine andere Frage ist, wie man sich gegenwärtig in der Praxis verhält. Hier wird man vorsorglich davon ausgehen müssen, dass beide Angebotspflichten nebeneinander bestehen.44

VI. Schluss Was bleibt am Schluss zu resümieren: Nun, die SE scheint wegen des breiten Verweises auf das nationale Recht auf ihre Verwendung als börsennotierte Gesellschaft recht gut vorbereitet zu sein. Alle wichtigen Aspekte und Fragen sind durch das nationale Recht im wesentlichen determiniert. Ja, man wird sogar sagen können, dass das Regelungsregime der SE mit Sitz in Deutschland relativ unflexibel an der großen Börsengesellschaft ausgerichtet ist, womit es in gewissem Gegensatz steht zum Konzept der SE-VO mit ihrem Bestreben nach flexibler und für kleine und mittlere Unternehmen attraktive Gestaltung der Rechtsform. Rechtspolitisch weist das institutionelle Design der deutschen börsennotierten SE freilich weit über sich selbst hinaus: Es handelt sich um den Prototyp der Publikumskapitalgesellschaft mit monistischer Verfassung, deren Geschäftsführung nicht intern, sondern vor allem extern über den Kapitalmarkt kontrolliert wird. Jedenfalls aus der Sicht der Rechtspolitik wäre die SE mit dieser Perspektive eindeutig mehr als ein bloßer Werbegag.

__________ 42 S. Mülbert, Übernahmerecht zwischen Kapitalmarktrecht und Aktien(konzern)recht – Die konzeptionelle Schwachstelle des RegE WpÜG, ZIP 2001, 1221. 43 DAV-Stellungnahme zum DiskE des SEAG, NZG 2004, 75, 79. 44 DAV-Stellungnahme zum RegE des SEEG, NZG 2004, 957, 958.

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Die monistische Verfassung der Europäischen Gesellschaft Christoph Teichmann Inhaltsübersicht I. Einleitung ....................................... 195 II. Rechtlicher Rahmen ...................... 1. SE-Verordnung ............................ a) Dualistisches Modell („Trennungssystem“) ............. b) Monistisches Modell .............. c) Gemeinsame Vorschriften ..... 2. Nationales Recht ........................ III. Grundstruktur der monistisch verfassten SE in Deutschland ........ 1. Verwaltungsrat ........................... a) Oberleitung der Gesellschaft (§ 22 Absatz 1 SEAG) .............. b) Ausdrücklich normierte besondere Pflichten (§ 22 Abs. 2 bis 5 SEAG) ......... c) Subsidiäre Zuständigkeitsregelung (§ 22 Abs. 6 SEAG) .. d) Stellung des Verwaltungsrats in der Unternehmensverfassung ..................................... 2. Geschäftsführende Direktoren .. a) Stellung der geschäftsführenden Direktoren ........................ b) Verhältnis der geschäftsführenden Direktoren zum Verwaltungsrat ....................... 3. Oberleitung und Geschäftsführung ........................................

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IV. Einzelfragen der Unternehmensführung in der monistisch verfassten SE ................................... 207 1. Gestaltungsvarianten der monistisch verfassten SE ........... 207

a) Organisationsgewalt des Verwaltungsrats ...................... b) Externe und interne geschäftsführende Direktoren ............... c) Gestaltungsvarianten in Abhängigkeit von der Größe der Gesellschaft ....................... 2. Informationsfluss ........................ 3. Zustimmungspflichtige Geschäfte ..................................... 4. Haftung ........................................ a) Gesetzliche Ausgangslage ...... b) Verwaltungsrat ........................ c) Geschäftsführende Direktoren ......................................... 5. Mitbestimmung im monistischen Modell ............................... a) Gesetzliche Auffanglösung (§ 35 Abs. 2 SEBG) ................... b) Interpretation im Sinne einer modifizierten Parität ............... c) Stimmrechtsausschluss geschäftsführender Direktoren ......................................... V. Rechtspolitische Bewertung des im SEAG geregelten monistischen Modells ............................................ 1. Die „Ein-Organ-These“ .............. a) Exklusivität des Verwaltungsorgans versus funktionale Oberleitung ............................. b) Die Bestellung von Geschäftsführern für die laufenden Geschäfte ................................. 2. Zwingende Bestellung geschäftsführender Direktoren? ................

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I. Einleitung Mit der monistischen Verfassung der SE nimmt der deutsche Gesetzgeber einen Faden wieder auf, den er im Jahre 1884 hatte fallen lassen. In der großen Aktienrechtsreform des Jahres 1884 wurde der wenige Jahre zuvor eingeführte Aufsichtsrat konsequent zu einem Überwachungsorgan ausgebaut. Die zuvor Teichmann

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praktizierte Geschäftsführung aus einem Organ heraus hatte sich nach Auffassung des Gesetzgebers in der Krise der Gründerjahre nicht bewährt, daher wurden Überwachung und Geschäftsführung nunmehr personell und funktional streng voneinander geschieden;1 vollendet wurde dieses Trennungssystem mit der Reform des Jahres 1937.2 Dennoch: Mit der Einführung der monistisch verfassten SE kehrt das deutsche Aktienrecht nicht zum status quo ante 1884 zurück. Denn seitdem es Vorstand und Aufsichtsrat gibt, folgte jede Aktienrechtsreform dem zwingenden Dualismus der Organe und machte ihn sich für ihre rechtspolitischen Zwecke nutzbar. In jüngerer Zeit wurden auch die Antworten auf die moderne Corporate Governance-Diskussion in der Sprache des Dualismus formuliert: Stärkung der Rolle des Aufsichtsrats gegenüber dem Vorstand und Verbesserung der unternehmensinternen Kommunikations- und Überwachungsmechanismen. Exemplarisch genannt sei die mit dem KonTraG eingeführte Regelung, welche die Beauftragung des Abschlussprüfers dem Vorstand entzogen und in die Hände des Aufsichtsrats gelegt hat (§ 111 Abs. 2 Satz 3 AktG).3 Der Gesetzgeber hat auf diese Weise seit dem Jahre 1884 mit jeder weiteren Reform das Netz des Dualismus dichter gewoben und über das gesamte Aktienrecht ausgebreitet. Die enge Verflechtung des allgemeinen Aktienrechts mit dem historisch gewachsenen System des Dualismus – die ökonomische Analyse spricht von „path dependency“4 – mag einer der Gründe dafür sein, dass ein Übergang zum Board-System kaum je ernsthaft in Erwägung gezogen wurde;5 ein Befund, der ausländische Beobachter angesichts der internationalen Dominanz des monistischen Systems immer wieder in Erstaunen versetzt.6 Die SE-Verordnung bewirkt nichts weniger als einen Paradigmenwechsel: Sie eröffnet einer in Deutschland ansässigen SE die freie Wahl zwischen dem dualistischen und dem monistischen Leitungssystem. In der Konsequenz muss

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Hommelhoff in Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, 1985, S. 85 ff. Zur Entwicklungsgeschichte der dualistischen Unternehmensverfassung (jeweils m. w. N.): Kalss/Burger/Eckert, Entwicklung des österreichischen Aktienrechts, 2003, S. 162 ff.; Schiessl, ZHR 167 (2003), 235, 237 ff.; Schubel, Verbandssouveränität, 2003, S. 332; C. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht, 2005 (im Druck), Teil 3, Abschnitt I., II. 2.; Wiethölter, Interessen und Organisation der Aktiengesellschaft, 1961, S. 287. Dazu und zu den weiteren Reformschritten des KonTraG Hommelhoff/Mattheus, AG 1998, 249 ff. Grundlegend Bebchuk/Roe, A Theory of Path Dependence in Corporate Ownership and Governance, Stanford Law Review 52 (1999), 127 ff. Dass man sich die Frage bei Vorbereitung der großen Aktienrechtsreform von 1965 durchaus gestellt hat, belegt die sorgfältige Auswertung der ministeriellen Materialien bei Bahrenfuss, Entstehung des AktG 1965, 2001, S. 669 ff. Stellvertretend für andere Böckli in Hommelhoff/Hopt/v. Werder (Hrsg.), Handbuch Corporate Governance, 2003, S. 203.

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– oder zumindest: sollte7 – der Gesetzgeber Regelungen bereit stellen, die dieses System im Kontext des deutschen Aktienrechts funktionsfähig machen. Das legislatorische Problem besteht darin, dass die SE-Verordnung eine nationale Regelung allein für das Leitungssystem zulässt, nicht aber für die übrigen Bereiche des Aktienrechts; viele Fragen des allgemeinen Aktienrechts erfasst somit der Generalverweis des Art. 9 SE-VO, wonach die SE wie eine nationale Aktiengesellschaft zu behandeln ist.8 Eine Ermächtigung zur SE-spezifischen Regelung gibt es nur für das Leitungssystem (Art. 43 Abs. 4 SE-VO). Das damit in Frage gestellte dualistische Leitungssystem ist aber beileibe kein isoliert austauschbares Bauteil der aktienrechtlichen Maschinerie, sondern ein roter Faden, der sich kreuz und quer durch das Gewebe des deutschen Aktienrechts zieht.9 Das deutsche SE-Ausführungsgesetz stand vor der Aufgabe, das grundsätzlich auf Gestaltungsfreiheit angelegte monistische Modell so einzupassen, dass die Verbindungslinien zum allgemeinen Aktienrecht nicht verloren gehen. Es hat aus diesem Grund die in der internationalen Praxis entwickelte Arbeitsteilung zwischen „Board of Directors“ und „executive directors“10 gesetzlich fixiert: Oberstes Leitungsorgan ist der Verwaltungsrat; ihm zur Seite stehen einer oder mehrere geschäftsführende Direktoren. Damit besteht einerseits ein Anknüpfungspunkt für die funktional differenzierten Pflichten des allgemeinen Aktienrechts und wurde andererseits auf die Trennungselemente des dualistischen Modells – Inkompatibilität, Weisungsfreiheit, erschwerte Abberufbarkeit – verzichtet; in der praktischen Handhabung kann daher der Verwaltungsrat der monistischen SE dieselbe zentrale unternehmerische Rolle spielen wie ein britisches Board oder ein französischer Conseil d’Administration. Denselben Weg hat der österreichische Gesetzgeber gewählt,11 auf entsprechende Parallelen wird nachfolgend an geeigneter Stelle hingewiesen. Der Beitrag widmet sich nach einem kurzen Blick auf den Rechtsrahmen (unter II.) der Grundstruktur des monistischen Leitungssystems, wie es für eine in Deutschland ansässige SE gelten wird (unter III.). Es folgen Einzelfragen

__________ 7 Die Diskussion, ob Art. 43 Abs. 4 SE-VO als „Kann“ oder „Muss“ zu lesen ist (dazu Neye/C. Teichmann, AG 2003, 169, 175 m. w. N.), mag hier dahinstehen; denn soll das Modell lebensfähig sein, ist eine nähere Ausformung jedenfalls dringend geboten. 8 Ausführlich Hommelhoff, in diesem Band S. 5 ff. 9 In letzter Konsequenz stellt sich die hier nicht näher zu erörternde Frage, ob die Einführung einer frei wählbaren Gestaltungsalternative nicht das bisherige System der zwingend angeordneten Trennung von Leitung und Kontrolle völlig aus den Angeln hebt (ausführlich dazu C. Teichmann [Fn. 2], Teil 3, Abschnitt I: „Leitungssystem von Publikumsgesellschaften“). 10 Dazu zuletzt Böckli (Fn. 6), S. 209, sowie Engert/Herschlein, NZG 2004, 459 ff. 11 Der Gesetzestext ist im Internet abrufbar unter www.se-network.org, Rubrik „legal texts“. Zum monistischen Modell des österreichischen SE-Gesetzes: Egermann/ Heckenthaler, GesZR 2004, 256 ff.; Kalss/Greda, GesZR 2004, 91, 100 ff.; Nowotny, GesZR 2004, 39 ff.; weiterhin die Kommentierung der entsprechenden Vorschriften in Kalss/Hügel (Hrsg.), SE-Komm., 2004.

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der Unternehmensführung (unter IV.), eingeleitet mit den praktischen Gestaltungsvarianten und fortgesetzt mit Rechtsfragen zum Informationsfluss, zum Stellenwert zustimmungspflichtiger Geschäfte und zu den Haftungsfragen. Unter V. gelangt der Beitrag zu der rechtspolitischen Diskussion um die Bestellung geschäftsführender Direktoren und den Wesensgehalt des monistischen Modells europäischer Prägung.

II. Rechtlicher Rahmen Das rechtliche Erscheinungsbild einer SE ist geprägt von verschiedenen rechtlichen Regelungsebenen: –

Der SE-Verordnung, die als Rechtsakt des Gemeinschaftsrechts unmittelbar anwendbar und gegenüber nationalem Recht vorrangig ist.



Dem nationalen allgemeinen Aktienrecht, auf das die Verordnung in verschiedenen Verweisungsnormen zur Lückenfüllung Bezug nimmt, und dem nationalen SE-Ausführungsgesetz, das Regelungsaufträge und -ermächtigungen der SE-Verordnung umsetzt.



Der Satzung der SE, die allerdings nur dort Regelungen treffen darf, wo die SE-Verordnung oder – im Bereich der Verweisungen auf nationales Recht – das nationale Aktienrecht dies ausdrücklich gestatten.



Gegebenenfalls den Geschäftsordnungen der verschiedenen Organe der Unternehmensleitung.

1. SE-Verordnung Die SE-Verordnung eröffnet einer jeden SE das Wahlrecht zwischen dem dualistischen und dem monistischen Leitungsmodell. Gemäß Art. 38 SE-VO entscheidet die Gesellschaft in ihrer Satzung, welchem Leitungsmodell sie folgt: dem dualistischen mit einem Aufsichts- und einem Leitungsorgan, oder dem monistischen mit einem Verwaltungsorgan. Grundzüge des dualistischen (unter a) und des monistischen (unter b) Modells sind bereits in der Verordnung vorgezeichnet; weiterhin finden sich Vorschriften, die für beide Modelle gleichermaßen gelten (unter c). a) Dualistisches Modell („Trennungssystem“) Im dualistischen Modell gibt es gemäß Art. 38 SE-VO ein Aufsichtsorgan und ein Leitungsorgan – in der Terminologie des deutschen Aktienrechts sind dies „Aufsichtsrat“ und „Vorstand“. Das Leitungsorgan führt die Geschäfte der SE in eigener Verantwortung (Art. 39 Abs. 1 Satz 1 SE-VO). Das Aufsichtsorgan überwacht die Geschäftsführung und ist selbst nicht berechtigt, die Geschäfte zu führen (Art. 40 Abs. 1 SE-VO). Niemand darf zugleich Mitglied des Leitungsorgans und des Aufsichtsorgans sein (Art. 39 Abs. 3 Satz 1 SE-VO); es herrscht also Inkompatibilität. 198

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Die Lektüre dieser Vorschriften ist für den deutschen Aktienrechtler ein déjà vu-Erlebnis. Denn das dualistische Modell der SE-Verordnung entspricht bis in den Wortlaut hinein dem Leitungsmodell des deutschen Aktienrechts.12 Die für den § 76 AktG so bedeutsame Formulierung, dass das Leitungsorgan die Geschäfte „in eigener Verantwortung“ führe, wurde offenbar auf Anregung von deutscher Seite aufgenommen.13 Kennzeichnend für das dualistische Modell der SE ist damit die klare und zwingend ausgestaltete Trennung von Geschäftsführung und Überwachung, weshalb die Bezeichnung „Trennungssystem“14 den Kern der Sache besser trifft als der gängige Terminus des Dualismus. Die im deutschen Aktiengesetz tradierte Erfahrung besagt, dass sich ein System der klaren Trennung von Geschäftsführung und Überwachung von alleine nicht einstellt. Selbst nach der gesetzlichen Einführung des Aufsichtsrates im Jahre 1870 liefen die Fäden in der Unternehmenspraxis immer noch bei einem kleinen Kreis von Entscheidungsträgern zusammen, die sich keiner ernsthaften internen Kontrolle unterwerfen wollten.15 Die vom Gesetzgeber schon im Jahre 1870 gewünschte Trennung der Funktionen ließ sich ohne weiteres unterlaufen; denn der Aufsichtsrat konnte weiterhin Geschäftsführungsaufgaben an sich ziehen und dem Vorstand Weisungen erteilen. Gegen diese rechtstatsächlichen Tendenzen hat der deutsche Aktiengesetzgeber das Trennungssystem zunehmend stärker konturiert bis hin zur Reform des Jahres 1937, die den Vorstand weisungsfrei stellte und dem Aufsichtsrat jede Einmischung in die Geschäftsführung untersagte. Diese historischen Erfahrungen sind auch für das Verständnis der SE-Verordnung fruchtbar zu machen.16 Zwar ist europäisches Recht autonom zu interpretieren; die Rechtsvergleichung hat dabei aber als Erkenntnisquelle durchaus ihren Stellenwert.17 Dies muss um so mehr gelten, wenn die europäische Verordnung ein Wahlrecht gerade deshalb einführt, um den Gesellschaften die Beibehaltung ihrer nationalen Traditionen zu ermöglichen: Das Ziel der SE-Verordnung ist es, den Gesellschaften „alle Möglichkeiten einer leistungsfähigen Geschäftsführung an die Hand zu geben“ und „dabei dem Umstand Rechnung (zu) tragen, dass in der Gemeinschaft hinsichtlich der Verwaltung der Aktiengesellschaften derzeit zwei verschiedene Sys-

__________ 12 Hommelhoff, AG 2001, 279, 283; auch Böckli (Fn. 6), S. 204, sieht in der SEVerordnung „die Kennzeichen einer klassischen Vorstands-/Aufsichtsratsstruktur … praktisch alle verwirklicht“. 13 Im Entwurf von 1989 war sie noch nicht enthalten; Hommelhoff, AG 1990, 422, 427, regte damals an, die Eigenverantwortlichkeit des Leitungsorgans im Verordnungstext stärker zu akzentuieren. 14 So beispielsweise Wiesner in MünchHdb.GesR, Band 4: Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 1999, § 19 Rz. 2 (S. 160). 15 Vgl. die Nachweise zur Entstehungsgeschichte des Dualismus oben Fn. 2. 16 Näheres dazu bei C. Teichmann (Fn. 2), Teil 3, Abschnitt I. 17 Zur Auslegung der SE-Verordnung siehe nur Casper in FS Ulmer, 2003, S. 51 ff., und C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 402 ff., jeweils mit Nachweisen zur allgemeinen Auslegungsmethodik im Gemeinschaftsrecht.

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teme bestehen“.18 Für die Abgrenzung des monistischen vom dualistischen Modell wird darauf zurückzukommen sein.19 b) Monistisches Modell Neu im modernen deutschen Aktienrecht ist das monistische Modell. Die SEVerordnung beschreibt es mit nur wenigen Worten: „Das Verwaltungsorgan führt die Geschäfte der SE.“ (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 SE-VO). Die übrigen Regelungen sagen über die Art und Weise der Unternehmensführung und eine eventuelle Arbeitsteilung innerhalb des Organs nichts aus. Allenfalls Art. 44 Abs. 1 SE-VO verdient insoweit Erwähnung, wonach das Verwaltungsorgan mindestens alle drei Monate zusammentreten sollte. Daraus lässt sich schließen, dass das Verwaltungsorgan nicht zwingend Aufgaben der täglichen Geschäftsführung übernimmt; denn dafür müsste man sich wesentlich häufiger treffen. Einen weiteren Anhaltspunkt bietet insoweit der vierzehnte Erwägungsgrund der Verordnung: Demnach erscheint dem Verordnungsgeber „eine klare Abgrenzung der Verantwortungsbereiche jener Personen, denen die Geschäftsführung obliegt, und der Personen, die mit der Aufsicht betraut sind, wünschenswert“.20 Dass der europäische Gesetzgeber zum monistischen Modell relativ wenig sagt, ist nach hier vertretener Auffassung keineswegs Ausdruck dessen, dass darüber Hinausgehendes nicht geregelt werden dürfe.21 Er lässt vielmehr gerade durch sein Schweigen erkennen, dass es in der Welt des Monismus eine große Bandbreite gibt, die im Dualismus wegen der gesetzlich angeordneten strengen Trennungsvorgaben nicht denkbar ist. c) Gemeinsame Vorschriften Auf beide Leitungsmodelle anwendbar sind die Artt. 46 ff. der SE-VO. Sie regeln beispielsweise die Amtsdauer der Mitglieder von maximal sechs Jahren (Art. 46 Abs. 1 SE-VO), die persönlichen Voraussetzungen der Organmitgliedschaft (Art. 47 Abs. 2 SE-VO), die Festlegung zustimmungsbedürftiger Geschäfte (Art. 48 SE-VO) und die Beschlussfassung im Organ (Art. 50 SE-VO). Für die praktisch so wichtige Frage der persönlichen Haftung der Organmitglieder verweist Art. 51 SE-VO auf das nationale Aktienrecht.

__________ 18 Erwägungsgrund 14 SE-Verordnung. 19 Unten Abschnitt V., S. 217. 20 Der Erwägungsgrund hatte in früheren Entwürfen der Verordnung noch einen Bezugspunkt im materiellen Regelungsteil; möglicherweise ist seine Beibehaltung auch lediglich ein Redaktionsversehen (vgl. C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 448 Fn. 231). Seine Aussagekraft ist insoweit zu relativieren. 21 So aber Hoffmann-Becking, ZGR 2003, 355, 370, der Art. 38 SE-VO dahingehend versteht, dass im monistischen Modell auf Leitungs- und Geschäftsführungsebene nur ein einziges Organ existieren dürfe.

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2. Nationales Recht Ein vollständiges Bild des jeweiligen Leitungsmodells ergibt sich erst in der Zusammenschau mit dem nationalen Recht, das auf zweierlei Weise ins Spiel kommt: Zunächst führen zahlreiche Verweisungen der SE-Verordnung in das nationale Aktienrecht und zwar, kurz gesagt, überall dort, wo die SE-Verordnung eine Frage nicht selbst regelt.22 Verwiesen wird auf das Recht, das am Sitz der SE für die dort ansässigen Aktiengesellschaften nationalen Rechts gilt.23 Für die Bestimmung des Sitzes kommt es auf die Debatte um Sitz- oder Gründungstheorie nicht an, denn die Terminologie der SE-Verordnung ist insoweit eindeutig: Sitz im Sinne der Verordnung ist der in der Satzung festgelegte Sitz, in der Praxis also der Registersitz.24 Nationales Recht kommt zum zweiten über Regelungsermächtigungen ins Spiel. Für das monistische Leitungsmodell ist dieser zweite Weg entscheidend; der allgemeine Verweis des Art. 9 SE-VO würde hier ins Leere führen, schließlich enthält das allgemeine deutsche Aktienrecht keine Vorschriften zum monistischen Leitungsmodell. Staaten, die das monistische Modell nicht kennen, werden daher in Art. 43 Abs. 4 SE-VO ermächtigt, entsprechende Vorschriften in Bezug auf SE zu erlassen. Der deutsche Gesetzgeber hat darauf mit den §§ 20 bis 49 SE-Ausführungsgesetz geantwortet. Sie sind wesentliche Grundlage der weiteren Erörterungen.

__________ 22 Zum Generalverweis des Art. 9 SE-VO der Beitrag von Hommelhoff, in diesem Band S. 5 ff.; s. auch die bereits erwähnte Spezialverweisung für die Haftung der Organmitglieder in Art. 51 SE-VO. 23 Ob es sich insoweit um eine Verweisung auf die Sachnormen des nationalen Rechts (Sachnormverweisung) oder um eine Verweisung unter Einbeziehung des Kollisionsrechts (Gesamtnormverweisung) handelt, ist umstritten. S. Hommelhoff, in diesem Band S. 19 ff. 24 Die englische Fassung des Art. 9 spricht von „registered office“, die französische von „siège statutaire“. Im deutschen Text ist hier zwar nur vom „Sitz“ die Rede; jedoch meint die SE-Verordnung damit auch im deutschen Text eindeutig den Registersitz. Denn überall dort, wo der Verwaltungssitz gemeint ist, spricht sie im deutschen Text von „Hauptverwaltung“. Deutlich wird dies im Zusammenspiel von Art. 8 und Art. 64 SE-VO: Art. 8 SE-VO regelt die Sitzverlegung und meint damit die Änderung des Registersitzes; Abs. 13 der Vorschrift stellt beispielsweise klar: „Mit der Offenlegung der neuen Eintragung ist der neue Sitz Dritten gegenüber wirksam.“ Dass damit die Hauptverwaltung nicht zwangsläufig mit umgezogen ist, zeigt Art. 64 SE-VO, der nämlich der SE aufgibt, bei einem Auseinanderfallen von Sitz und Hauptverwaltung entweder die Hauptverwaltung im Sitzstaat zu errichten oder den Sitz nach Art. 8 in den Staat der Hauptverwaltung zu verlegen. Die Terminologie über den gesamten Text der Verordnung ist also eindeutig: „Sitz“ meint den Ort der Eintragung, „Hauptverwaltung“ den Verwaltungssitz.

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III. Grundstruktur der monistisch verfassten SE in Deutschland 1. Verwaltungsrat a) Oberleitung der Gesellschaft (§ 22 Absatz 1 SEAG) Oberstes Leitungsorgan der monistisch verfassten SE ist der Verwaltungsrat. Er leitet die Gesellschaft, bestimmt die Grundlinien ihrer Tätigkeit und überwacht deren Umsetzung (§ 22 Abs. 1 SEAG).25 Diese Vorschrift ist dem französischen Recht entlehnt,26 findet aber auch im schweizerischen Recht eine Parallele.27 Im Begriff der „Leitung“ klingt außerdem der § 76 Abs. 1 AktG an. Der Verwaltungsrat ist also nicht etwa ein aufgewerteter Aufsichtsrat, sondern funktional betrachtet dem Vorstand vergleichbar; die im Dualismus dem Vorstand zugewiesene „Führungsfunktion“28 übernimmt im monistischen Modell der Verwaltungsrat. Die Mitglieder des Verwaltungsrats werden von der Hauptversammlung bestellt (Art. 43 Abs. 3 Satz 1 SE-VO); je nach Mitbestimmungsmodell, das kraft Vereinbarung oder kraft Gesetzes gelten kann, kommen von den Arbeitnehmern bestellte Mitglieder hinzu.29 Die Zahl der Mitglieder des Verwaltungsrats oder die Regeln für ihre Festsetzung bestimmt die Satzung; die Mitgliedstaaten können eine Mindestzahl und erforderlichenfalls eine Höchstzahl festsetzen (Art. 43 Abs. 2 SE-VO). Nach der Regelung des § 23 Abs. 1 SEAG besteht der Verwaltungsrat aus mindestens drei Mitgliedern. Der Verwaltungsrat einer SE mit einem Grundkapital von nicht mehr als 3 Mio. Euro kann aus einer Person bestehen; dies soll insbesondere Tochtergesellschaften in der Rechtsform der SE eine schlanke Leitungsstruktur ermöglichen.30 Gemäß § 23 Abs. 1 SEAG muss die Zahl der Verwaltungsratsmitglieder nicht zwingend durch zwei oder durch drei teilbar sein. Dies könnte beim Übergang von einem paritätisch mitbestimmten Aufsichtsrat zu einem Verwaltungsrat, dessen Mitgliederzahl nicht durch zwei teilbar ist, Probleme bereiten. § 23 Abs. 2 SEAG stellt die Regelung in Absatz 1 zwar unter den Vorbehalt der im SE-Beteiligungsgesetz (SEBG) geregelten Arbeitnehmerbeteiligung. § 35 Abs. 2 Satz 2 SEBG ordnet allerdings nur an, dass sich die Zahl der Arbeitnehmervertreter nach dem Anteil bemisst, der zuvor bestanden hat. Da die Größe des Verwaltungsrats satzungsdispositiv ist und eine Überschreitung der Parität von § 35 Abs. 2 SEBG nicht gedeckt ist, liegt bei einer satzungsgemäß festge-

__________ 25 Ähnlich formuliert es § 39 Abs. 1 des österreichischen SE-Gesetzes (s. Fn. 11). 26 Article L225-35 Code de commerce: „Le conseil d’administration determine les orientations de l’actitivité de la société et veille à leur mise en œuvre.“ Zum französischen Leitungsmodell Menjucq, ZGR 2003, 679 ff. 27 Vgl. dazu Böckli (Fn. 6), S. 210 ff., und Forstmoser, ZGR 2003, 688 ff. 28 Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 76 Rz. 7. 29 Zur Mitbestimmung im monistischen Modell s. unten Abschnitt IV. 5., S. 214; allgemein zur Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE Oetker, in diesem Band, S. 277. 30 Dazu bereits C. Teichmann, BB 2004, 53, 54 f.

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legten ungeraden Mitgliederzahl die Beteiligungsquote der Arbeitnehmer leicht unterhalb der Parität.31 b) Ausdrücklich normierte besondere Pflichten (§ 22 Abs. 2 bis 5 SEAG) Die weiteren ausdrücklich normierten Rechte und Pflichten des Verwaltungsrats unterstreichen seine Leitungsfunktion und -verantwortung: Wenn das Wohl der Gesellschaft es erfordert oder ein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals entstanden ist, muss er die Hauptversammlung einberufen (§ 22 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 SEAG); er muss dafür sorgen, dass die erforderlichen Handelsbücher geführt werden und geeignete Maßnahmen treffen, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden (§ 22 Abs. 3 SEAG); bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft muss er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen (§ 22 Abs. 5 Satz 2 SEAG i. V. m. § 92 Abs. 2 und 3 AktG). All diese Vorschriften tragen implizit die Aussage, dass es gerade der Verwaltungsrat ist, der die konkrete Pflicht zu erfüllen hat und nicht etwa der – sogleich zu besprechende – geschäftsführende Direktor. Der Leitungsaufgabe des Verwaltungsrats entspricht also eine Leitungsverantwortung: Sie manifestiert sich in Pflichten, die ihn gegenüber der Hauptversammlung oder gegenüber Dritten für das unternehmerische Geschehen in die Verantwortung nehmen. c) Subsidiäre Zuständigkeitsregelung (§ 22 Abs. 6 SEAG) Für alle nicht ausdrücklich geregelten Fälle gilt der Generalverweis des § 22 Abs. 6 SEAG: Immer dann, wenn auf Aktiengesellschaften anwendbare Rechtsvorschriften dem Vorstand oder dem Aufsichtsrat Rechte oder Pflichten zuweisen, tritt der Verwaltungsrat an deren Stelle, soweit nicht das SEAG ausdrücklich die geschäftsführenden Direktoren für zuständig erklärt. Auch diese Bündelung der Kompetenzen beim Verwaltungsrat bringt seine zentrale Stellung als Organ der unternehmerischen Oberleitung sinnfällig zum Ausdruck. d) Stellung des Verwaltungsrats in der Unternehmensverfassung Die in den Absätzen 2 bis 5 des § 22 SEAG genannten Pflichten sind das Gegenstück zur in Absatz 1 SEAG statuierten Oberleitung, also die mit der Leitungskompetenz gleichlaufende Verantwortung für das Geschehen in der Gesellschaft. Hier zeigt sich ein kategorialer Unterschied zum Aufsichtsrat des dualistischen Modells. Der Aufsichtsrat überwacht den Vorstand, ist aber für Erfolg und Misserfolg der Geschäftsleitung grundsätzlich nicht verantwortlich zu machen; es ist daher nur konsequent, dass das Aktiengesetz die unter b) genannten Pflichten dem Vorstand zuweist, der sich damit gegenüber den

__________ 31 Den Hinweis darauf verdanke ich Herrn Wolfgang Heinze; nähere Ausführungen dazu in seiner demnächst erscheinenden Dissertation.

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Aktionären und – im Falle der Insolvenz – gegenüber den Gläubigern als derjenige erweist, der für die Geschicke des Unternehmens primär Rechenschaft ablegen muss. Daraus folgt nicht zwingend eine Verantwortung im Sinne einer persönlichen Haftung; jedenfalls aber ist der Vorstand – und im monistischen System: der Verwaltungsrat – verantwortlich im Sinne einer Rechenschaftspflicht, die ihn zwingt, Fehlentwicklungen zu bekennen und daraus die gesetzlich angeordneten Konsequenzen zu ziehen. Der Verwaltungsrat ist aus diesem Grunde auch ausdrücklich als das Organ benannt, das die Hauptversammlung einberuft (§ 48 Abs. 1 SEAG). In der Hauptversammlung ist es gleichfalls der Verwaltungsrat, der gegenüber den Aktionären bei Ausübung von deren Fragerecht nach § 131 AktG rechenschaftspflichtig ist; werden Strukturmaßnahmen wie Unternehmensverträge oder Verschmelzungen angestrebt, ist es wiederum der Verwaltungsrat, der gegenüber der Hauptversammlung Bericht zu erstatten und die Maßnahme zu begründen hat.32

2. Geschäftsführende Direktoren a) Stellung der geschäftsführenden Direktoren Der Verwaltungsrat bestellt mindestens einen geschäftsführenden Direktor (§ 40 Abs. 1 Satz 1 SEAG). Die geschäftsführenden Direktoren führen die Geschäfte der Gesellschaft (§ 40 Abs. 2 Satz 1 SEAG) und vertreten die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich gegenüber Dritten (§ 41 Abs. 1 SEAG). In der internen Unternehmensverfassung sind sie nach der allgemeinen Regel des § 22 Abs. 6 SEAG nur für diejenigen Angelegenheiten originär zuständig, die ihnen das Gesetz ausdrücklich zuweist. Dazu gehört die Aufstellung des Jahresabschlusses, der anschließend dem Verwaltungsrat vorzulegen ist (§ 47 Abs. 1 Satz 1 SEAG), und die Erstellung des Abhängigkeitsberichts im Konzern, der gleichfalls vom Verwaltungsrat zu überprüfen ist (§ 49 Abs. 1 SEAG). Der geschäftsführende Direktor ist der Baustein, mit Hilfe dessen die interne Corporate Governance33 des allgemeinen deutschen Aktienrechts für das monistische Modell anschlussfähig gemacht wird. Dies Strukturelement als solches führt allerdings noch nicht wesentlich weiter; entscheidend ist die Frage, welche Funktionen dem geschäftsführenden Direktor gesetzlich zwingend zugewiesen werden, um damit zumindest ansatzweise die ausführende Ebene von der überwachenden zu sondern.34 Bei der Konzeption des SEAusführungsgesetzes erschien eine Einebnung der aktienrechtlichen Arbeitsteilung zumindest für die Feststellung des Jahresabschlusses und die Prüfung

__________

32 Die vorstehend genannten Pflichten folgten aus dem allgemeinen Verweis des § 22 Abs. 6 SEAG. 33 „Interne“ Corporate Governance bezeichnet hier die in der Unternehmensverfassung angelegten Kontrollmechanismen im Gegensatz zur „externen“ Corporate Governance, die über die Marktkräfte wirkt (dazu statt vieler Hopt, ZGR 2000, 779 ff. und C. Teichmann, ZGR 2001, 645, 647 f.). 34 Dazu bereits Neye/C. Teichmann, AG 2003, 169, 177 ff. und C. Teichmann, BB 2004, 53, 57 ff.

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des Abhängigkeitsberichts nicht hinnehmbar. Der Veröffentlichung des DiskE im Jahre 2003 folgte allerdings keine tiefer gehende Diskussion zu dieser Frage; statt dessen wurde schon die Existenz eines geschäftsführenden Direktors als zu weit gehende Einschränkung empfunden.35 Damit trat die Grundsatzfrage, ob und wie im monistischen System das „Vier-Augen-Prinzip“ bei der Feststellung des Jahresabschlusses, bei der Prüfung des Abhängigkeitsberichts und in anderen aktienrechtlichen Bereichen abgebildet werden könne, völlig in den Hintergrund.36 Die fundamentale Kritik an der Figur des geschäftsführenden Direktors stellte sogar die rudimentäre Funktionstrennung in Frage, die der DiskE vorsah. – Für den damit letztlich geforderten Verzicht auf das im Dualismus sorgfältig austarierte System der internen Corporate Governance hätte es allerdings einer Kompensation bedurft. Wie diese aussehen könnte, bleibt eine offene Frage, über die de lege ferenda durchaus weiter nachgedacht werden sollte. b) Verhältnis der geschäftsführenden Direktoren zum Verwaltungsrat Das Verhältnis der geschäftsführenden Direktoren zum Verwaltungsrat ist durch zwei Bestimmungen charakterisiert: die geschäftsführenden Direktoren müssen Weisungen des Verwaltungsrates beachten (§ 44 Abs. 2 SEAG); und sie können vom Verwaltungsrat jederzeit abberufen werden (§ 40 Abs. 5 SEAG). Die geschäftsführenden Direktoren sind damit funktional betrachtet der verlängerte Arm des Verwaltungsrats, der die Leitlinien der Geschäftspolitik bestimmt und sie mittels seines Weisungsrechts – flankiert durch die Möglichkeit der jederzeitigen Abberufung – auch durchsetzen kann. Geschäftsführende Direktoren können aus der Mitte des Verwaltungsrats bestellt werden (§ 40 Abs. 1 Satz 2 SEAG). Dies unterstreicht ihre Funktion, die im Verwaltungsrat bestimmten Leitlinien im Außenverhältnis umzusetzen. Einer Dominanz der geschäftsführenden Direktoren steht § 40 Abs. 1 Satz 2 SEAG entgegen: Der Verwaltungsrat muss in seiner Mehrheit aus nichtgeschäftführenden Mitgliedern bestehen.37 Für börsennotierte Gesellschaften sollte eine Trennung der Funktionen von Verwaltungsratsvorsitz und geschäfts-

__________ 35 S. dazu namentlich die Kritik von Hoffmann-Becking, ZGR 2004, 355, 368 ff.; aber auch Merkt, ZGR 2003, 650, 656, und Ihrig/Wagner, BB 2003, 969, 975. 36 Allein für den Bereich des Konzernrechts wurde die Frage thematisiert. So schlug Maul, ZGR 2003, 743, 758 ff. aus dem Blickwinkel der konzernrechtlichen Notwendigkeiten die zwingende Einführung eines Prüfungsausschusses vor. Auch Merkt, ZGR 2003, 650, 675 f. spricht das Konzernrecht an. 37 Im Grundsatz zustimmend Hoffmann-Becking, ZGR 2004, 355, 379; Merkt, ZGR 2003, 650, 667. Kallmeyer, ZIP 2003, 1531, 1533 sieht darin allerdings eine nur „schwache Sicherung“ und konstatiert, die „Überwachung durch die zu Überwachenden“ bleibe ein Problem des monistischen Modells.

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führenden Direktoren im Corporate Governance Kodex empfohlen oder zumindest angeregt werden.38

3. Oberleitung und Geschäftsführung Die Zuweisung der Oberleitung an den Verwaltungsrat und der Geschäftsführung an die Direktoren führt zu der Frage nach der Abgrenzung der beiden Begriffe. Geschäftsführung meint hier – wie stets im Gesellschaftsrecht – jedes tatsächliche und rechtliche Handeln in den Angelegenheiten der Gesellschaft.39 Der geschäftsführende Direktor ist damit im Grundsatz für alles zuständig, was im Unternehmen zu tun ist, soweit das Gesetz nicht ausdrücklich den Verwaltungsrat oder die Hauptversammlung für zuständig erklärt. Gegenüber der Hauptversammlung gelten die allgemeinen Beschränkungen, nicht zuletzt die jüngst durch das Gelatine-Urteil präzisiert Festlegung derjenigen Materien, über welche die Unternehmensleitung ohne Befragung der Aktionäre entscheiden kann.40 Im Verhältnis zum Verwaltungsrat allerdings sind die geschäftsführenden Direktoren weisungsunterworfen (§ 44 Abs. 2 SEAG) und zwar ohne jede qualitative oder quantitative Einschränkung. Der Verwaltungsrat hat damit denselben Aktionsradius wie die geschäftsführenden Direktoren; er darf sich um jede Angelegenheit der Gesellschaft kümmern, jede Art von Informationen, die er für nötig hält, einfordern und jede Maßnahme, die er für sinnvoll hält, durch Weisung anordnen. Es besteht eine Allzuständigkeit des Verwaltungsrats, vergleichbar dem Verhältnis der Gesellschafterversammlung einer GmbH zu ihrem Geschäftsführer.41 Oberleitung und Geschäftsführung bezeichnen demnach nicht etwa zwei sachlich trennbare Aufgabengebiete,42 sondern bringen eine Hierarchie zum Ausdruck: Der geschäftsführende Direktor darf im Bereich der Geschäftsführung alles unternehmen, was er für sinnvoll hält, solange der Verwaltungsrat nicht eingreift. Der Verwaltungsrat wiederum kann jederzeit eingreifen, muss dies aber nicht tun. Da er den geschäftsführenden Direktoren Weisungen erteilen

__________ 38 Der Deutsche Corporate Governance Kodex unterscheidet Empfehlungen und Anregungen (zu dieser Unterscheidung Ulmer, ZHR 166 [2002], 150 ff.); die Entsprechenserklärung des § 161 AktG bezieht sich nur auf die Empfehlungen (näher Lutter, ZHR 166 [2002], 523 ff.). 39 Vgl. für das allgemeine Aktienrecht Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 77 Rz. 3. 40 BGH, NJW 2004, 1860; dazu: Fleischer, NJW 2004, 2335 ff.; Fuhrmann, AG 2004, 339 ff.; Götze, NZG 2004, 585 ff.; Simon, DStR 2004, 1482 ff. und 1528 ff., sowie Weißhaupt, AG 2004, 585 ff. 41 Merkt, ZGR 2003, 650, 663. 42 Der üblichen Definition, wonach die Leitung nur ein herausgehobener Ausschnitt der Geschäftsführung sei (Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 76 Rz. 7), kann somit für das monistische Modell nicht gefolgt werden (zur Problematik auch Kallmeyer, ZIP 2003, 1531 f.). Sie vermag überdies auch für das dualistische Modell nicht zu überzeugen (Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 1996, S. 5 ff., sowie demnächst C. Teichmann [Fn. 2], Teil 3, Abschnitt I.).

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und sie jederzeit abberufen kann, ist er der gesetzlichen Konzeption nach das eigentliche Machtzentrum des Unternehmens. Diese „Machtkonzentration“43 entspricht dem international üblichen Verständnis vom monistischen System. Ein Unterschied liegt zwar darin, dass der Verwaltungsrat als Organ nicht vertretungsbefugt ist.44 Da er aber die geschäftsführenden Direktoren aus seiner Mitte bestellen kann, verhält es sich der Sache nach nicht anders als in ausländischen Rechtsordnungen, in denen typischerweise das monistische Verwaltungsorgan die Vertretungsbefugnis an einzelne seiner Mitglieder delegiert.45

IV. Einzelfragen der Unternehmensführung in der monistisch verfassten SE Die Einzelfragen der Unternehmensführung sind geprägt vom oben dargestellten Verhältnis zwischen Verwaltungsrat und geschäftsführenden Direktoren: Der Verwaltungsrat hat die Oberleitung inne und damit die Organisationshoheit; der geschäftsführende Direktor ist zwar nach außen Vertreter der Gesellschaft, im Innenverhältnis aber den Weisungen des Verwaltungsrats unterworfen und somit der Vollstrecker der im Verwaltungsrat konzipierten Unternehmensstrategie. Zunächst soll (unter 1.) auf die verschiedenen Gestaltungsvarianten dieser Grundstruktur eingegangen werden. Wie die rechtliche Leitungsstruktur auf verschiedene Einzelfragen der Unternehmensführung ausstrahlt, wird sodann am Beispiel des Informationsflusses (unter 2.), der zustimmungsbedürftigen Geschäfte (unter 3.), der Haftung (unter 4.) und der Mitbestimmung (unter 5.) näher zu untersuchen sein.

1. Gestaltungsvarianten der monistisch verfassten SE Die unter III. skizzierte rechtliche Grundstruktur kann in der Praxis sehr vielfältig gelebt werden. Je nach der realen Struktur des Unternehmens, der Bestellung von geschäftsführenden Direktoren innerhalb oder außerhalb des Verwaltungsrats und selbstverständlich auch geprägt von den handelnden Persönlichkeiten wird sich eine jeweils unterschiedlich austarierte Machtbalance innerhalb des Verwaltungsrats sowie zwischen Verwaltungsrat und geschäftsführenden Direktoren ergeben.

__________ 43 Böckli (Fn. 6), S. 210. 44 Insoweit anders das österreichische SEG, wonach alle Mitglieder des Verwaltungsrats und die geschäftsführenden Direktoren gemeinschaftlich vertretungsberechtigt sind (§ 43 Abs. 1 SEG). Da dies nur selten als sinnvoll empfunden werden dürfte, wird es aber in der Praxis ebenso auf die Benennung bestimmter Personen hinauslaufen, die alleine oder zu mehreren vertretungsberechtigt sind. 45 Für die Schweiz Böckli (Fn. 6), S. 210 ff.; Art. 718 Abs. 2 Schweizer Obligationenrecht.

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a) Organisationsgewalt des Verwaltungsrats Prägend für die gelebte Leitungskultur wird die Ausübung der Organisationsgewalt des Verwaltungsrates sein. Kraft seiner Kompetenz, die geschäftsführenden Direktoren zu bestellen und abzuberufen, bestimmt er über Qualität und Amtsdauer des geschäftsführenden Personals, kann dessen Handlungen durch konkrete Weisungen steuern und unerwünschte oder erfolglose Direktoren jederzeit absetzen. Weiterhin sind die meisten Vorschriften des SE-Ausführungsgesetzes, die das Verhältnis zwischen Verwaltungsrat und geschäftsführenden Direktoren regeln, durch Satzung oder Geschäftsordnung abbdingbar. Mehrere geschäftsführende Direktoren können sich eine Geschäftsordnung geben, sofern nicht die Satzung diese Aufgabe dem Verwaltungsrat zuweist oder dieser sie aus eigener Initiative an sich gezogen hat (§ 40 Abs. 4 Satz 1 SEAG); auch insoweit liegt also die Organisationshoheit letztlich beim Verwaltungsrat. b) Externe und interne geschäftsführende Direktoren In der Praxis wird sich zunächst vielfach die Frage stellen, ob die geschäftsführenden Direktoren ganz oder teilweise aus den Reihen des Verwaltungsrats bestellt werden sollen. Häufig wird es sich anbieten, externen Sachverstand hinzuzuziehen und ganz oder teilweise Personen zu benennen, die nicht Mitglieder des Verwaltungsrats sind. Auf der anderen Seite liegt der große Vorteil des monistischen Systems gerade im besseren Informationsfluss.46 „Niemand kann andere überwachen, ohne selbst dabei zu sein“, meint Böckli47 und beschreibt damit die strukturelle Schwäche des Trennungssystems und zugleich die Stärke des Monismus. Die Wahl des monistischen Systems ist daher letztlich erst dann wirklich förderlich, wenn dieser spezifische Vorteil genutzt und das geschäftsführende mit dem nicht-geschäftsführenden Leitungspersonal buchstäblich „um einen Tisch“ versammelt wird. Sollten ungeachtet dessen alle geschäftsführende Direktoren extern bestellt werden – beispielsweise um den Einfluss der Mitbestimmung zu reduzieren –,48 dürfte das monistische System immer noch den Vorteil bieten, dass seine Corporate Governance ausländischen Investoren besser verständlich gemacht werden kann als diejenige des dualistischen Modells.49 c) Gestaltungsvarianten in Abhängigkeit von der Größe der Gesellschaft Gesellschaften, deren Grundkapital drei Millionen Euro nicht übersteigt, können die gesetzliche Mindestzahl von drei Verwaltungsratsmitgliedern reduzie-

__________ 46 Leyens, RabelsZ 67 (2003), 57, 92 f.; ebenso Schiessl, ZHR 167 (2003), 235, 241 ff. in Gegenüberstellung der spezifischen Schwächen der beiden Systeme. 47 Böckli (Fn. 6), S. 213. 48 Zur Mitbestimmung sogleich unter IV. 5., S. 214. 49 In diesem Sinne Kallmeyer, ZIP 2003, 1531, 1535.

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ren (§ 23 Abs. 1 SEAG);50 sie können also in der Satzung beispielsweise festlegen, dass der Verwaltungsrat nur aus einer Person besteht. Daneben muss es mindestens einen externen geschäftsführenden Direktor geben, da gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SEAG die Mehrheit des Verwaltungsrates aus nicht-geschäftsführenden Personen bestehen muss. Hat der Verwaltungsrat nur ein Mitglied, kann folglich dieselbe Person nicht geschäftsführender Direktor sein. Im Ergebnis könnte eine solche „kleine“ SE aber mit einem Direktor und einem Verwaltungsratsmitglied auskommen, eine Struktur, die sich beispielsweise für Tochtergesellschaften anbietet:51 Ein Vorstandsmitglied der Muttergesellschaft übernimmt den Posten des Verwaltungsrats; die Geschäftsführung vor Ort wird einem geschäftsführenden Direktor übertragen. Damit ermöglicht das monistische Modell eine schlanke Leitung, wie sie in einer Aktiengesellschaft deutschen Rechts nicht denkbar wäre, da diese neben dem Vorstand immer einen mindestens dreiköpfigen Aufsichtsrat benötigt. Es darf allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass die SE als Tochtergesellschaft wegen anderer Nachteile kaum mit der GmbH konkurrieren kann.52 Insbesondere das schwerfällige – auf das allgemeine Aktienrecht verweisende – System der Rechtsanwendung lässt sie für kleine Gesellschaften eher ungeeignet erscheinen.53 Immerhin war aber die Eignung der SE für kleine und mittlere Unternehmen sowie als Konzernbaustein eines der rechtspolitischen Ziele des europäischen Gesetzgebers54 und sollte daher im Rahmen der dem deutschen Gesetzgeber eingeräumten Möglichkeiten auch Berücksichtigung finden. Unabhängig vom Betrag des Grundkapitals bietet die monistische Struktur Familienunternehmen oder anderen eigentümernah geführten Gesellschaften ein Leitungssystem, bei dem sie die Rechtsform der Aktiengesellschaft wählen können, ohne ihre gewohnte Managementstruktur auf dem Altar des Trennungssystems opfern zu müssen.55 Abschreckend könnte insoweit allerdings die Implementierung der Mitbestimmung wirken, zumindest wenn die Gesellschaft der paritätischen Mitbestimmung nach dem Mitbestimmungsgesetz unterworfen ist.56 Dies gilt umso mehr für Großunternehmen, bei denen das

__________ 50 Anders das österreichische SEG, das in § 45 Abs. 1 die Mindestzahl von drei Mitgliedern festlegt und der Satzung nur die Festlegung einer höheren Zahl gestattet. 51 Dazu bereits C. Teichmann, BB 2004, 53, 54 f. 52 In diesem Sinne auch Seibt, in diesem Band S. 67. 53 Daher weiterhin gültig das Plädoyer für die Einführung einer der GmbH vergleichbaren Rechtsform auf europäischer Ebene (Europäische Privatgesellschaft) in Ergänzung zur SE. Resümierend zum aktuellen Stand dieses Projekts Hommelhoff in FS Doralt, 2004, S. 199 ff., und C. Teichmann, ECL (European Company Law) 2004, issue 4, S. 162 ff. 54 Der dreizehnte Erwägungsgrund bringt dies mittelbar zum Ausdruck; weiterhin Blanquet, ZGR 2002, 20, 63; kritisch bezüglich der Eignung der SE für kleine und mittlere Unternehmen Hommelhoff, AG 2001, 279, 286; monographisch zu dieser Frage Gutsche, Die Eignung der Europäischen Aktiengesellschaft für kleine und mittlere Unternehmen, 1994. 55 Kallmeyer, ZIP 2003, 1531, 1535; C. Teichmann, BB 2004, 53, 55. 56 Dazu sogleich unter IV. 5., S. 214.

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monistische Modell an und für sich die Möglichkeit einer Führungsstruktur bietet, die für den internationalen Kapitalmarkt weniger erklärungsbedürftig ist als die dualistische.57 Das monistische Modell der SE ist auch offener gegenüber innovativen Führungsstrukturen, wie etwa demjenigen der Deutschen Bank58. Es erlaubt letztlich sogar die Personalunion von Verwaltungsratsvorsitz und Vorsitz der Geschäftsleitung (in angelsächsischer Terminologie: „Chairman of the Board“ und „Chief Executive Officer“).59 Allerdings bleibt insoweit abzuwarten, ob nicht der Deutsche Corporate Governance Kodex für börsennotierte Gesellschaften Einschränkungen empfehlen oder anregen wird.

2. Informationsfluss Der mit weit reichender Organisationshoheit versehene Verwaltungsrat gestaltet auch den Informationsfluss von den geschäftsführenden Direktoren in das Gremium der Oberleitung. § 40 Abs. 6 SEAG regelt die entsprechende Anwendung der Berichtspflichten, die im dualistischen Modell für den Vorstand gelten. Diese Vorschrift ist aber im Gegensatz zum dualistischen Modell dispositiv; die Satzung der SE oder die Geschäftsordnung der geschäftsführenden Direktoren – deren Aufstellung der Verwaltungsrat an sich ziehen kann (§ 40 Abs. 4 Satz 1 SEAG) – dürfen Abweichendes regeln. Der Verwaltungsrat kann überdies kraft seiner Weisungsbefugnis in konkreten Einzelfällen von den Direktoren Informationen über bestimmte Geschäftsvorfälle verlangen. Anders als beim Aufsichtsrat gibt es hier auch keine „Bagatellgrenze“;60 denn der Verwaltungsrat ist nicht Überwachungsorgan, sondern originär für die Leitung der Gesellschaft zuständig. Der Verwaltungsrat könnte sich zwar auf dieser rechtlichen Basis – extrem gesprochen – auch mit einer jährlichen Lagebesprechung zufrieden geben; er läuft damit allerdings Gefahr, für Fehlentwicklungen verantwortlich gemacht zu werden, die er nicht rechtzeitig erkannt hat. Denn seiner Organisationshoheit entspricht eine Organisationsverantwortung: Der Verwaltungsrat muss den Informationsfluss so organisieren, dass er Fehlentwicklungen rechtzeitig

__________ 57 Die Information ausländischer Anleger über das deutsche Leitungsmodell ist eine nicht unwesentliche Zielsetzung des Deutschen Corporate Governance Kodex, der deshalb in nicht wenigen Bereichen deklaratorisch die Gesetzeslage referiert (vgl. Ulmer, ZHR 166 (2002), 150, 151). Dies indiziert zumindest einen Erklärungsbedarf, der bei einem monistischen Modell weniger bestünde. 58 Beschrieben und in seiner rechtlichen Zulässigkeit diskutiert von HoffmannBecking, NZG 2003, 745 ff. 59 Den Vergleich zu ausländischen Rechtsordnungen zieht beispielsweise Merkt, ZGR 2003, 650, 664 ff. 60 Grundsätzlich unterliegt Informationsrecht des Aufsichtrats zwar keinen Einschränkungen Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl. 2002, S. 77 ff.; s. aber OLG Zweibrücken, DB 1990, 1401.

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erkennt und notfalls steuernd eingreifen kann.61 Diese allgemeine Pflicht ordnungsgemäßer Geschäftsleitung konkretisiert das SEAG in § 22 Abs. 3: Der Verwaltungsrat hat geeignete Maßnahmen zu treffen, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden. Das Gesetz unterstreicht damit ein weiteres Mal die Parallele zur Leitungsverantwortung des Vorstands, dem im dualistischen System diese Pflicht zugewiesen ist (§ 91 Abs. 2 AktG). Wichtiges Instrument zur Herstellung eines konstanten Informationsflusses kann die Bestellung geschäftsführender Direktoren aus der Mitte des Verwaltungsrats sein. Denn die bessere Informationsversorgung im monistischen Modell rührt gerade daher, dass dort typischerweise Mitglieder des Verwaltungsorgans zugleich in der täglichen Geschäftsführung mitwirken.62

3. Zustimmungspflichtige Geschäfte Der Katalog der zustimmungspflichtigen Geschäfte ist im dualistischen System ein wichtiges Instrument, um den ansonsten von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Aufsichtsrat in besonders bedeutsame Entscheidungen einzubinden. Art. 48 Abs. 1 Satz 1 SE-VO greift dies auf und sieht vor, dass in der Satzung ein Katalog derjenigen Geschäfte festzulegen ist, denen im dualistischen System das Aufsichtsorgan zustimmen bzw. über die im monistischen System das Verwaltungsorgan ausdrücklich Beschluss fassen muss. Der dann folgende Satz ist bemerkenswert und für die Gegenüberstellung von Dualismus und Monismus erhellend: Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass im dualistischen System das Aufsichtsorgan selbst bestimmte Arten von Geschäften von seiner Zustimmung abhängig machen kann;63 für das monistische System fehlt eine derartige Ermächtigung. Auf den ersten Blick könnte man daher annehmen, das Verwaltungsorgan sei nicht berechtigt, bestimmte Geschäfte im Wege des Zustimmungserfordernisses an sich zu ziehen. Auf den zweiten Blick aber wird gerade hier der Unterschied zum Aufsichtsrat deutlich: Der Verwaltungsrat ist als Organ der Oberleitung ohnehin für jede Geschäftsführungsmaßnahme originär zuständig. Eine Kompetenz, einzelne Maßnahmen an sich zu ziehen, ist daher entbehrlich. Ob er seinen Einfluss auf die Geschäftsführung durch einen Beschluss im Plenum ausübt oder die Entscheidung einzelnen Mitgliedern, einem Ausschuss oder den geschäftsführenden Direktoren überlässt, ist eine Frage der Selbstorganisation, über die der Verwaltungsrat nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet. Richtigerweise spricht daher die SE-Verordnung für das monistische Modell allein den Sat-

__________ 61 Merkt, ZGR 2003, 650, 669 sieht daher die praktische Bedeutung autonom festgelegter Informationsregeln in Satzung oder Geschäftsordnung eher in einer Verschärfung des Informationswesens als in einer Reduzierung der Anforderungen des § 40 Abs. 6 SEAG. 62 In diesem Sinne Böckli (Fn. 6), S. 212. 63 Die Mitgliedstaaten können außerdem vorsehen, welche Arten von Geschäften in die Satzung aufzunehmen sind (Art. 48 Abs. 2 SE-VO). Zur Umsetzung dieser Optionen im dualistischen Modell: § 19 SEAG.

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zungsgeber an. Er kann seinem Verwaltungsrat Grundlinien ordnungsgemäßer Oberleitung vorschreiben, indem er für bestimmte Arten von Geschäften einen ausdrücklichen Beschluss des Kollegiums verlangt (Art. 48 Abs. 1 Satz 1 SE-VO).

4. Haftung a) Gesetzliche Ausgangslage Die SE-Verordnung verweist in ihrem Art. 51 für Fragen der Haftung von Organmitgliedern auf nationales Recht. Für das im deutschen Aktienrecht bereits geregelte dualistische Modell finden somit die §§ 93 und 116 AktG Anwendung. Für das monistische Modell war im Ausführungsgesetz auf Basis der Ermächtigung des Art. 43 Abs. 4 SE-VO eine Regelung zu treffen. Das Gesetz verweist für den Verwaltungsrat auf § 93 AktG (§ 39 SEAG); für die geschäftsführenden Direktoren wird gleichfalls auf § 93 AktG verwiesen (§ 40 Abs. 8 SEAG). Darin liegt mitnichten eine Gleichstellung des Verwaltungsrats oder der Direktoren mit dem Vorstand. Vielmehr wird § 93 AktG aufgegriffen, weil diese Vorschrift in generalisierender Art und Weise Sorgfaltspflichten formuliert, die für jede an der Unternehmensleitung beteiligte Person mutatis mutandis Geltung beanspruchen können.64 Auch das Aktiengesetz verweist für die Haftung des Aufsichtsrates auf § 93 AktG (§ 116 AktG). Die dort apostrophierte „Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“ ist also in ihrer Allgemeinheit nicht auf den Vorstand beschränkt und als Generalklausel hinreichend flexibel, um in der konkreten Anwendung die Haftung einer Person an ihre rechtliche Pflichtenstellung anzupassen.65 So wird, wer zugleich geschäftsführender Direktor ist, im Einzelfall einen strengeren Sorgfaltsmaßstab hinnehmen müssen als jemand, der „nur“ Verwaltungsratsmitglied ist. b) Verwaltungsrat Der weit reichenden Leitungskompetenz des Verwaltungsrats entspricht sein Haftungsrisiko. Zwar kann sich der Verwaltungsrat ebenso wie ein Vorstand auf einen unternehmerischen Ermessensspielraum berufen.66 Auch darf hier das Ressortprinzip gelten, ein Mitglied des Verwaltungsrats sich also in Spezialbereichen auf das Urteil des fachlich kompetenten Kollegen verlassen. Dies muss aber unter Anwendung der gebotenen Sorgfalt geschehen: Der Verwal-

__________ 64 § 43 GmbHG formuliert in vergleichbarer Weise die Haftung des Geschäftsführers einer GmbH. Auch wenn hier von der „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ die Rede ist, während § 93 AktG von der „Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“ spricht, ist der Sache nach doch dasselbe gemeint. 65 In diesem Sinne auch Hoffmann-Becking, ZGR 2003, 355, 380. 66 Grundlegend BGHZ 135, 244 ff.; zur sogenannten „business judgment rule“ Hopt in Großkomm.AktG, 4. Aufl. 1999, § 93 Rz. 81. Die Anwendbarkeit dieser Regel auf den Verwaltungsrat befürwortet Merkt, ZGR 2003, 650, 671.

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tungsrat als Kollegium muss sich der fachlichen Eignung seiner Mitglieder versichern und im Einzelfall gegebenenfalls kritisch nachfragen.67 Ebenso muss er von den geschäftsführenden Direktoren regelmäßig Berichte einfordern und diese Berichte zumindest einer Plausibilitätsprüfung unterziehen;68 insoweit liefert die Regelung des § 40 Abs. 6 SEAG, auch wenn sie dispositiv ist, doch einen Hinweis darauf, was der Gesetzgeber unter einem sorgfältig organisierten Organisationsfluss versteht. Es besteht folglich innerhalb des Verwaltungsorgans eine wechselseitige und gegenüber den geschäftsführenden Direktoren eine hierarchische Überwachungspflicht. c) Geschäftsführende Direktoren Die geschäftsführenden Direktoren stehen wegen ihrer Weisungsabhängigkeit und jederzeitigen Abberufbarkeit dem Geschäftsführer einer GmbH näher als dem Vorstand einer AG.69 Die Formulierung des § 44 Abs. 2 SEAG bezieht sich auch erkennbar auf § 37 Abs. 1 GmbHG. Im Zweifelsfall wird man daher in der Rechtsprechung zum GmbH-Geschäftsführer zumindest Anhaltspunkte dafür finden, welche Verantwortung ein geschäftsführender Direktor trägt und wie er dafür haftet. Soweit der Verwaltungsrat ihm unternehmerische Freiheiten zugesteht, muss er sie verantwortungsvoll nutzen. Er wird auch – selbst ohne entsprechende Anfrage des Verwaltungsrats – regelmäßig Bericht erstatten müssen und bei Fragen von besonderer Bedeutung auch von sich aus einen ausdrücklichen Beschluss des Verwaltungsrats anregen. Dies schon aus eigenen Interesse; denn er kann sich angesichts eines ausdrücklichen Beschlusses auf die Weisungshoheit des Verwaltungsrats berufen und diesem insoweit seinen Anteil an der unternehmerischen Verantwortung klar zuweisen. Direktoren, die einer Weisung des Verwaltungsrats folgen, sind jedenfalls im Verhältnis zur Gesellschaft von der Haftung befreit.70 Eine Restverantwortung bleibt allerdings: Rechtswidrigen Weisungen dürfen sie nicht Folge leisten. Um seiner Sorgfaltspflicht zu genügen, muss der Direktor also zumindest prüfen, ob sich die Weisung in den Bahnen des Rechts bewegt.71 Außerdem wird sich angesichts einer Weisung stets die Frage stellen, ob der geschäftsführende Direktor den Verwaltungsrat durch ausreichende Informationen auch in den Stand versetzt hat, die Weisung auf fundierter Informationsbasis treffen zu können. Da der geschäftsführende Direktor aus dem Tagesgeschäft einen Informationsvorsprung jedenfalls gegenüber den nicht-geschäftsführenden Ver-

__________ 67 Näher Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 93 Rz. 13 b; Hopt in Großkomm.AktG, 4. Aufl. 1999, § 93 Rz. 132 ff.; zur vergleichbaren Gesamtverantwortung des Vorstands: Hoffmann-Becking, ZGR 1998, 497 ff. 68 Vergleichbar Merkt, ZGR 2003, 650, 662: Verwaltungsrat muss klare Handlungsanweisungen formulieren, in welchen Fällen geschäftsführende Direktoren den Verwaltungsrat zu konsultieren haben. 69 Neye/C. Teichmann, AG 2003, 169, 179. 70 BGHZ 31, 278 zur GmbH. 71 Für die GmbH Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl. 2004, § 37 Rz. 22.

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waltungsratsmitgliedern hat, trägt er die Verantwortung dafür, dass der Verwaltungsrat seine Entscheidungen auf solider sachlicher Grundlage trifft.72

5. Mitbestimmung im monistischen Modell Über die Auffangregelung des SE-Beteiligungsgesetzes kann es zu einer Übertragung der Mitbestimmung in das monistische Modell kommen.73 Von den Arbeitnehmern bestellte Vertreter sitzen dann im Verwaltungsrat und somit in der Schaltzentrale des Unternehmens; viele Beobachter sehen darin den „Todeskuss“ für das monistische Modell deutscher Prägung.74 Wenngleich sie damit zu Unrecht die Gestaltungsmöglichkeiten der Verhandlungslösung ausblenden,75 ist das Problem bei Anwendung der Auffanglösung nicht zu leugnen: Wäre die Hälfte der Sitze im Verwaltungsrat von den Arbeitnehmern zu besetzen, bliebe zumindest die Bestellung von geschäftsführenden Direktoren aus den eigenen Reihen eine Illusion.76 Denn die von den Anteilseignern bestellten Verwaltungsratsmitgliedern gerieten dadurch in die Minderheit mit der Folge, dass die geschäftsführenden Direktoren und die Vertreter der Arbeitnehmer gemeinsam das Unternehmen lenken könnten. a) Gesetzliche Auffanglösung (§ 35 Abs. 2 SEBG) Das oben beschriebene Dilemma folgt aus der vorherrschenden Interpretation des SE-Beteiligungsgesetzes. Dies schreibt als gesetzliche Auffanglösung – also in Ermangelung einer Vereinbarung zwischen SE-Leitung und Arbeitnehmern – Folgendes vor: Der Anteil der Arbeitnehmervertreter im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE bemisst sich nach dem höchsten Anteil an Arbeitnehmervertretern, der in den Organen der beteiligten Gesellschaften vor der Eintragung der SE bestanden hat (§ 35 Abs. 2 SEBG). Dies wurde im Gesetzgebungsverfahren gemeinhin so verstanden, dass bei einem Übergang von einem paritätisch bestimmten Aufsichtsrat zum monistischen Verwaltungsrat die Hälfte der Sitze des Verwaltungsrats von Arbeitnehmervertretern zu besetzen seien.77

__________ 72 Zu Recht betont Merkt, ZGR 2003, 650, 669, dass die Leitungsverantwortung des Verwaltungsrats ein hohes Maß an entscheidungsvorbereitender Information erfordert. 73 Zur Systematik der Arbeitnehmerbeteiligung Oetker, in diesem Band S. 277 ff. 74 Kallmeyer, ZIP 2003, 1531, 1535; Reichert/Brandes, ZGR 2003, 767, 790; Schiessl, ZHR 167 (2003), 235, 250 f. 75 Dazu in Kürze Heinze/Seifert/C. Teichmann, BB 2005 (im Erscheinen), mit dem Entwurf einer Mustervereinbarung für modifizierte Drittelparität als denkbarem Verhandlungsergebnis. 76 Auch Kallmeyer, ZIP 2003, 1531, 1535 sieht in einem solchen Fall die Notwendigkeit, allein externe geschäftsführende Direktoren zu bestellen. 77 Vgl. namentlich die kritische Stellungnahme des Bundesrats und die Gegenäußerung der Bundesregierung (BT-Drucks. 15/3656). Weiterhin Kämmerer/Veil, ZIP 2005, 369 ff.

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b) Interpretation im Sinne einer modifizierten Parität Dabei ist ein solches Verständnis des Gesetzes keineswegs zwingend. Denn § 35 Abs. 2 SEBG ist ebenso offen formuliert wie die SE-Richtlinie,78 deren Text er nahezu wortgleich übernimmt. Der Wortlaut der Richtlinie ist schon deshalb recht offen, weil sie mit ein und derselben Formulierung sowohl die Gründung einer SE unter Beibehaltung des Leitungsmodells als auch diejenige erfasst, bei der es zu einem Wechsel kommt, und überdies die Vielfalt der Systeme in Europa einfangen muss. Dass beim Wechsel der Systeme eine funktionale Betrachtung Platz greifen muss, zeigt das Beispiel der Gründung einer dualistisch strukturierten SE unter Beteiligung dänischer Gründungsgesellschaften. Das dänische Recht kennt seit jeher eine Beteiligung der Arbeitnehmer im monistischen Modell.79 Es verfügt zwar auch über die Figur der Geschäftsführer, ist aber, da es die für das dualistische System zwingende Trennung nicht kennt, als monistisch anzusehen.80 Nähme man die Auffassung der formal-numerischen Übertragbarkeit der Zahlenverhältnisse beim Wort, ergäbe sich für die SE eine Arbeitnehmervertretung in Aufsichtsrat und Vorstand. Darin läge eine erhebliche Ausdehnung der Mitbestimmung, denn auf eine Ernennung als Geschäftsführer haben die Arbeitnehmer nach dänischem Recht keinen Anspruch. Das richtige Ergebnis kann nur sein, bei einem Wechsel zum Dualismus die Geschäftsführung weiterhin mitbestimmungsfrei zu halten und eine Beteiligung der Arbeitnehmer allein im Aufsichtsrat vorzusehen – wie es für das dualistische System ja auch typisch ist. Dieselbe funktionale Betrachtung greift bei einem Wechsel vom Dualismus zum Monismus. Hier werden Vorstand und Aufsichtsrat zu einem Organ verschmolzen. Wie zuvor im Dualismus kann sich die Beteiligung der Arbeitnehmer auch im Monismus nur auf diejenigen Organmitglieder beziehen, die nicht zugleich die Geschäftsführung wahrnehmen. Bezugsgröße der Parität sind folglich die nicht-geschäftsführenden Mitglieder des Verwaltungsrats; dies hat im Übrigen ein europäisches Vorbild: Der Vorentwurf zu einer Strukturrichtlinie hatte sich – anders als die SE-Richtlinie – die Mühe gemacht, die Einpassung der paritätischen Mitbestimmung in das monistische System bis zum Ende durchzubuchstabieren und vorgesehen, dass die Parität auf die nicht-geschäftsführenden Mitglieder des Verwaltungsorgans zu beziehen sei.81

__________ 78 Teil 3 der Auffangregelung. 79 Dazu Krüger Andersen in Baums/Ulmer (Hrsg.), ZHR-Beiheft 72, 2004, S. 11 ff. 80 Friis Hansen in Oplustil/C. Teichmann (Hrsg.), The European Company – all over Europe, 2004, S. 74. 81 Art. 21d in Vorschlag einer fünften Richtlinie vom 20.11.1991, abgedruckt bei Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, 4. Aufl. 1996, S. 176 ff.; weiterhin C. Teichmann, BB 2004, 53, 56. Kämmerer/Veil, ZIP 2005, 369, 376, weisen demgegenüber darauf hin, dass das MitbG den Begriff der „Parität“ nicht kenne und statt dessen konkrete Zahlenvorgaben mache. Es geht hier jedoch um die Auslegung der durch § 35 SEBG umzusetzenden Richtlinie; und diese knüpft nicht an konkrete Zahlen an, sondern am „Anteil“, der den Arbeitnehmervertretern zugewiesen ist. So wurde die Regelung in § 35 SEBG auch umgesetzt. Die Zahlenvorgaben des MitbG können

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Das SEBG lässt auch Raum für diese Interpretation. Denn es heißt dort lediglich, dass sich der Anteil nach dem vorher in den Organen herrschenden Anteil „bemisst“; dass der konkrete Bezugspunkt des Vergleichs – mit anderen Worten: die Bemessungsgrundlage – bei einem Wechsel in das monistische System nicht die geschäftsführenden Direktoren sein können, räumt das SE-Beteiligungsgesetz selbst ein. Denn es sieht für das monistische Modell in Parallele zum dualistischen einen Arbeitsdirektor vor (§ 38 Abs. 2 SEBG), was nur unter der Prämisse Sinn ergibt, dass geschäftsführende Direktoren nicht unter die Mitbestimmung fallen. c) Stimmrechtsausschluss geschäftsführender Direktoren Mitbestimmungsbezug hat auch die Regelung des § 35 Abs. 3 SEAG. Sie betrifft den Fall, in dem ein geschäftsführender Direktor, der zugleich Mitglied des Verwaltungsrats ist, aus rechtlichen Gründen gehindert ist, an der Beschlussfassung im Verwaltungsrat teilzunehmen.82 In diesem Fall hat der Vorsitzende des Verwaltungsrats eine zusätzliche Stimme. Zur Entschärfung der Mitbestimmungsproblematik trägt diese Regelung allerdings entgegen der Absicht ihrer Befürworter wenig bei. Denn ein geschäftsführender Direktor ist, wenn er zugleich Mitglied des Verwaltungsrats ist, in Fragen der Geschäftsführung ebenso stimmberechtigt wie alle anderen Verwaltungsratsmitglieder. Das offenbart die Parallele zum GmbH-Recht: Ein GmbH-Gesellschafter ist nicht etwa deshalb von der Beschlussfassung der Gesellschafter ausgeschlossen, weil er gleichzeitig Geschäftsführer ist.83 Lediglich bei Rechtsgeschäften, die ihn persönlich betreffen, darf der geschäftsführende Direktor nicht mit abstimmen; der Beschluss über eine konkrete Geschäftsführungsmaßnahme ist aber nicht seine persönliche Angelegenheit, sondern eine der Gesellschaft. In den Angelegenheiten der Gesellschaft ist es seine ureigenste Aufgabe als Verwaltungsratsmitglied, sich an Willensbildung und Beschlussfassung im Verwaltungsrat zu beteiligen. Die Konzeption des monistischen Modells nach dem SEAG verbietet es geradezu, ein Verwaltungsratsmitglied in Fragen der Unternehmensleitung von der Abstimmung auszuschließen; denn alle Verwaltungsratsmitglieder sind zu dem Zweck bestellt worden, die Oberleitung der Gesellschaft wahrzunehmen.84 Die Bestellung als geschäftsführender Direktor neutralisiert diese Aufgabe nicht, sondern fügt ihr lediglich die Exekutivfunktion hinzu.85 § 35 Abs. 3 SEAG bleibt damit allein die Funktion, in den

__________ 82

83 84 85

schon deshalb nicht maßgeblich sein, weil die Größe eines Verwaltungsrats nicht vom Gesetz, sondern in der Satzung geregelt wird (§ 23 Abs. 1 SEAG). Er wurde eingefügt auf Vorschlag des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags (BT-Drucks. 15/4053, S. 18, 59). Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., 2004, § 47 Rz. 18 ff. Vgl. für das GmbH-Recht K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 9. Aufl. 2002, § 47 Rz. 147: Weisungsbeschlüsse sind Teil der Organisation der Gesellschaft, die in die Hand aller Gesellschafter, also auch des Gesellschafter-Geschäftsführers, gelegt ist. Auch rechtsvergleichend wäre es ein absolutes Novum, beispielsweise einen Chairman of the Board allein deshalb vom Stimmrecht im Verwaltungsorgan auszuschließen, weil er zugleich CEO ist.

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seltenen Fällen, in denen der geschäftsführende Direktor tatsächlich wegen persönlicher Betroffenheit von der Abstimmung ausgeschlossen ist,86 das Kräfteverhältnis im Verwaltungsrat zu wahren.

V. Rechtspolitische Bewertung des im SEAG geregelten monistischen Modells Das im Frühjahr 2003 in einem Diskussionsentwurf erstmals vorgestellte monistische Modell des SE-Ausführungsgesetzes87 war und bleibt in der rechtspolitischen Diskussion umstritten. Kritik entzündet sich vor allem daran, dass die Bestellung geschäftsführender Direktoren zwingend vorgeschrieben ist; daraus wird zum einen geschlussfolgert, das derart geregelte Modell sei in Wirklichkeit ein „verkappt dualistisches“ und damit womöglich europarechtswidrig (dazu unter 1.). Weiterhin wird auf der rechtspolitischen Ebene eingewandt, es hätte genügt, den geschäftsführenden Direktor auf freiwilliger Basis vorzusehen, ihn also der Gestaltungsfreiheit der Unternehmen anheim zu stellen (dazu unter 2.).

1. Die „Ein-Organ-These“ a) Exklusivität des Verwaltungsorgans versus funktionale Oberleitung Die Figur des geschäftsführenden Direktors hat vielfach den Eindruck hervorgerufen, das im SE-Ausführungsgesetz geregelte System sei nicht wirklich „monistisch“, sondern „verkappt-dualistisch“.88 Dies verkennt das grundlegend anders geartete Verhältnis zwischen Verwaltungsrat und geschäftsführenden Direktoren, das mit demjenigen zwischen Aufsichtsrat und Vorstand nicht vergleichbar ist. Es wurde im Text bereits mehrfach angesprochen, dass der Verwaltungsrat funktional dem Vorstand vergleichbar ist. Für die geschäftsführenden Direktoren fehlt eine Vergleichsebene, sie sind letztlich eine Untergliederung innerhalb der monistischen Leitung; unterstrichen wird dies durch ihre Weisungsabhängigkeit, die jederzeitige Abberufbarkeit und die Möglichkeit, geschäftsführende Direktoren aus der Mitte des Verwaltungsrats zu bestellen. Es fehlen alle Elemente, die für das Trennungssystem des Dualismus kennzeichnend sind: Weisungsfreiheit des Vorstandes, erschwerte

__________ 86 Dies wäre, wiederum in Anlehnung an das GmbH-Recht (K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 9. Aufl. 2002, § 47 Rz. 134), beispielsweise bei dem Beschluss über seine Entlastung der Fall. 87 Abgedruckt u. a. in AG 2003, 204 ff., erläutert von Neye/C. Teichmann, AG 2003, 169 ff., und kommentiert von Brandt, DStR 2003, 1208 ff. und Ihrig/Wagner, BB 2003, 969 ff.; vgl. weiterhin die Stellungnahme des DeutschenAnwaltVereins, abgedruckt in NZG 2004, 76 ff. 88 So namentlich die Stellungnahme des DAV (Fn. 87); dagegen bereits C. Teichmann, BB 2004, 53, 58 ff.

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Abberufbarkeit, Inkompatibilität, Ausschluss des Aufsichtsrats von der Geschäftsführung. Die Struktur entspricht damit derjenigen, wie sie in den monistischen Systemen beispielsweise der Vereinigten Staaten und des Vereinigten Königreichs praktiziert wird. Exemplarisch sei auf Böckli verwiesen, der das monistische System folgendermaßen umschreibt: „Das von den Aktionären gewählte ‚Board of Directors’ hat als Gesamtgremium sowohl die Führungs- wie die Überwachungskompetenz. Es ernennt für die Führung der täglichen Geschäfte ‚executive officers’ (leitende Angestellte), die ihm verantwortlich sind“.89 Das deutsche SE-Ausführungsgesetz folgt diesem Beispiel mit dem einen Unterschied, dass es die anderswo lediglich praktizierte Arbeitsteilung gesetzlich zwingend festschreibt – aus dem bereits genannten Grund, dass das Modell kompatibel mit dem allgemeinen deutschen Aktienrecht sein muss, das die Funktionstrennung für bestimmte Vorgänge im Unternehmen zwingend vorschreibt. Dieser funktionalen Betrachtung wird entgegengehalten, dass es im monistischen Modell nur ein Verwaltungsorgan geben könne und die Schaffung weiterer Organe gegen die zwingenden Vorgaben der SE-Verordnung verstieße.90 Dem liegt die Vorstellung zu Grunde, dass es in einer monistischen SE nach der Definition des Art. 38 SE-VO nur das Verwaltungsorgan geben dürfe. Indessen findet sich das Wort „nur“ in der SE-Verordnung gerade nicht. Gewiss muss es im monistischen Modell ein Verwaltungsorgan geben; das besagt aber noch nichts darüber, welche sonstigen Organe, Gremien oder Funktionsträger es dort gibt. Auch monistische Modelle des Auslandes kennen weitere Organe; beispielsweise lässt sich der englische Company Secretary als Organ der Gesellschaft verstehen,91 ohne dass dies bislang jemanden auf den Gedanken gebracht hätte, das englische System sei „verkappt dualistisch“. Entscheidend ist, dass das Verwaltungsorgan im Unternehmen tatsächlich die Oberleitung inne hat. Der Monismus im Sinne der SE-Verordnung erschließt sich somit durch eine negative Aussage: Ein Leitungsmodell, das keine gesetzlich zwingende Trennung von Leitung und Aufsicht kennt, ist monistisch; denn in Abwesenheit einer zwingenden Trennung ist nur Konzentration der Leitungsmacht oder freiwillige Abgabe von Leitungsmacht denkbar; beides typische Ausprägungen monistischer Modelle. Diesen Befund spiegelt die SE-Verordnung, indem sie zwar das dualistische Modell mit klaren positiven Aussagen konturiert, das monistische hingegen allein dadurch beschreibt, dass dort der Verwaltungsrat

__________ 89 Böckli (Fn. 6), S. 209; in diesem Sinne auch Hopt/Leyens, ECFR 2004, 135, 150. 90 Stellungnahme des DAV (Fn. 87); weiterhin Hoffmann-Becking, ZGR 2003, 355, 368 ff. 91 So namentlich Gower/Davies (ed.), Gower and Davies’ Principles of Modern Company Law, 7. Aufl., 2003, S. 298; Farrar/Hannigan, Farrar’s Company Law, 4. Aufl. 1998, S. 361 sprechen von einem „officer of the company“ und verweisen auf seine gesetzliche Vertretungsmacht (in bestimmten Angelegenheiten).

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die Geschäfte führe. Auf welche Weise er dies tut, insbesondere ob er sich dabei der Hilfe Dritter bedient, bleibt offen und ändert nichts am monistischen Charakter eines Leitungssystems, bei dem der Verwaltungsrat die Fäden der Geschäftsführung in der Hand behält – was ihn vom Aufsichtsrat des dualistischen Systems weiterhin kategorial unterscheidet. b) Die Bestellung von Geschäftsführern für die laufenden Geschäfte Für einige Verwirrung hat in der Diskussion der Regelungsvorbehalt der Artt. 39 Abs. 1 Satz 2, 43 Abs. 1 Satz 2 SE-VO gesorgt, wonach ein Mitgliedstaat neben den von der SE-Verordnung vorgesehenen Organen auch die Einführung von Geschäftsführern zur Führung der laufenden Geschäfte vorsehen kann, soweit dies im nationalen Aktienrecht bekannt ist.92 Die Regelung beruht auf einer Unsicherheit der schwedischen Verhandlungsdelegation darüber, ob das eigene System als dualistisch oder monistisch einzustufen sei.93 Ungeachtet dieser Entstehungsgeschichte ist sie objektiv im Kontext des heutigen Rechtstextes auszulegen.94 Insoweit fällt aber entscheidend ins Gewicht, dass ein und dieselbe Regelung für beide Leitungssysteme vorgesehen wurde; ihr kann also weder für das eine noch das andere eine prägende Wirkung beigemessen werden. Die Ermächtigungen der Artt. 39 Abs. 1 Satz 2, 43 Abs. 1 Satz 2 SE-VO lassen die Schaffung eines Geschäftsführers nur dann zu, wenn das nationale Recht eine derartige Konstruktion bereits kennt. Daraus schließen Stimmen in der deutschen Literatur im Wege des argumentum e contrario, dass allen übrigen Staaten dieses Modell verwehrt sei.95 Das argumentum e contrario impliziert aber nach allgemeinen methodischen Regeln, dass die gesetzliche Regel ausdrücklich oder zumindest sinngemäß das Wörtchen „nur“ enthält, der Gesetzgeber also die konkrete Rechtsfolge gerade auf den dort geregelten Tatbestand habe beschränken wollen.96 Ob dies der Fall ist, müsste sich bei einem Text, der das Wort „nur“ nicht ausdrücklich enthält, aus dem Sinn und Zweck ergeben. Nun ist aber kein nachvollziehbarer Grund dafür erkennbar, warum der europäische Gesetzgeber eine bestimmte Ausgestaltung, die in einigen Staaten üblich ist, anderen hätte vorenthalten wollen. Der einzig erkennbare Sinn der Artt. 39 Abs. 1 Satz 2, 43 Abs. 1 Satz 2 SE-VO liegt darin, dass die Verordnung auch hier die Gleichstellung der SE mit nationalen Aktiengesellschaften sicherstellen will. Aus diesem Grund wendet sie sich ausschließlich an diejenigen Staaten, die einen Geschäftsführer für die laufenden Geschäfte

__________ 92 Insbesondere wurde er vielfach als Ermächtigungsgrundlage für die Einführung geschäftsführender Direktoren angesehen, während sich das deutsche SEAG auf die Ermächtigung des Art. 43 Abs. 4 SE-VO stützt; vgl. dazu Hoffmann-Becking, ZGR 2003, 355, 372. 93 Dazu bereits Neye/C. Teichmann, AG 2003, 169, 176 Fn. 38. 94 So Hoffmann-Becking, ZGR 2003, 355, 375. 95 Hoffmann-Becking, ZGR 2003, 355, 374. 96 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 390.

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bereits kennen. Ein solcher Zusatz, wonach die SE ebenso zu behandeln sei wie Aktiengesellschaften des Sitzstaates, findet sich ansonsten stets in den Verweisungsnormen und hat auch dort den Sinn, eine Ungleichbehandlung der SE gegenüber der nationalen AG zu verhindern.97 Dieses Petitum kann sich naturgemäß nur an Staaten richten, die das jeweilige Leitungsmodell in ihrem nationalen Aktienrecht bereits anbieten. Denn für Staaten, die keinerlei Regeln zum jeweiligen Modell enthalten, erlaubt die SE-Verordnung nicht nur die Ungleichbehandlung gegenüber der nationalen AG, sie fordert sie sogar in Form des Wahlrechts in Art. 38, verbunden mit den Ermächtigungsnormen des Art. 39 Abs. 5 und Art. 43 Abs. 4. Für all diejenigen Mitgliedstaaten, die ein Leitungsmodell ohnehin für die SE neu einführen müssen, ist die Klausel der Artt. 39 Abs. 1 Satz 2, 43 Abs. 1 Satz 2 SE-VO folglich bedeutungslos.

2. Zwingende Bestellung geschäftsführender Direktoren? Die Bestellung eines oder mehrerer geschäftsführender Direktoren ist in § 40 Abs. 1 SEAG zwingend vorgeschrieben und steht nicht zur Disposition der Beteiligten.98 Da die geschäftsführenden Direktoren aus der Mitte des Verwaltungsrats bestellt werden können, liegt darin zwar praktisch gesehen keine Einschränkung,99 dennoch ist die Frage legitim, warum man Derartiges zwingend vorschreiben müsse100. Die Antwort liegt, wie bereits ausgeführt101, in der vom Dualismus geprägten Struktur des allgemeinen Aktienrechts.102 Interne Corporate Governance deutscher Prägung stützt sich seit der Einführung des Aufsichtsrats auf das System des Dualismus. So ist im Laufe vieler Jahrzehnte ein dichtes Geflecht überwachungsrelevanter Normen entstanden, das sich mit unzähligen Knotenpunkten – Vorstand und Aufsichtsrat sind im Aktiengesetz mehrere hundert Mal genannt – dicht über das gesamte Aktiengesetz legt. Auch die deutsche Antwort auf die internationale Corporate Governance-Debatte setzte stets am dualistischen Modell mit seiner Trennung von Vorstand und Aufsichtsrat an.103

__________ 97 Umfassend dazu C. Teichmann (Fn. 2), Teil 2, Abschnitt E. II. 2. 98 Ebenso regelt es das österreichische SEG in seinem § 59 Abs. 1. 99 Praktisch spürbare Einschränkungen ergeben sich aus anderen, bereits im Text erörterten Vorschriften: Zum einen ist dies § 40 Abs. 1 Satz 2 SEAG, wonach die Mehrheit des Verwaltungsrats aus nicht-geschäftsführenden Mitgliedern bestehen muss, zum zweiten die Arbeitnehmer-Mitbestimmung. 100 So dezidiert Hoffmann-Becking, ZGR 2004, 355, 378; kritisch gegenüber dem Zwang, geschäftsführende Direktoren zu bestellen auch: Merkt, ZGR 2003, 650, 656; Ihrig/Wagner, BB 2003, 969, 975. 101 S. oben III. 2., S. 204 ff. 102 Dazu bereits Neye/C. Teichmann, AG 2003, 169, 175 ff., und C. Teichmann, BB 2004, 53, 57 ff. 103 Vgl. statt vieler den Überblick bei Hopt in Hopt/Wymeersch (Hrsg.), Capital Markets and Company Law, 2003, S. 289 ff., und die grundsätzlich positive Einschätzung der Funktionstrennung ebda. auf S. 303 f.

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Ob man das Trennungssystem im Vergleich zum monistischen System für besser oder schlechter hält,104 ist dabei nicht der entscheidende Punkt. Jedenfalls zieht es sich von den Gründungsvorschriften an durch jede Abteilung des Aktiengesetzes. Der Leitungsmacht des Vorstands wird vielfältig das Gegengewicht des Aufsichtsrats entgegengesetzt: Der Aufsichtsrat prüft den Vorgang der Nachgründung (§ 52 Abs. 3 Satz 1 AktG), erteilt dem Abschlussprüfer den Prüfungsauftrag (§ 111 Abs. 2 Satz 3 AktG), billigt gemeinsam mit dem Vorstand den Jahresabschluss (§ 172 Satz 1 AktG), stimmt der Aktienausgabe bei Ausübung des genehmigten Kapitals zu (§ 204 Abs. 1 Satz 1), prüft den Abhängigkeitsbericht (§ 314 AktG) – die Reihe der Beispiele ließe sich lange fortsetzen. Ein monistisches Modell ohne weitere gesetzliche Vorgabe einzuführen und damit letztlich nichts weiter zu tun, als den Aufsichtsrat ersatzlos abzuschaffen, hätte die deutsche Corporate Governance weit hinter ihren bisherigen Entwicklungsstand und auch weit hinter denjenigen der monistisch geprägten Rechtsordnungen zurück fallen lassen. Anlässlich des im Jahre 2003 veröffentlichten Diskussionsentwurfs wurde auf diese Problematik zwar aufmerksam gemacht,105 sie fand in der Diskussion aber kein breites Echo. Bislang fehlt ein konzeptioneller Gegenentwurf, der es mit vergleichbar geringen praktischen Reibungsverlusten ermöglichen könnte, die Corporate Governance-Mechanismen des allgemeinen Aktienrechts – für deren SE-spezifische Änderung die SE-Verordnung kein Mandat erteilt – in das monistische Modell zu integrieren. Das einzige in der Diskussion entwickelte Gegenmodell ist die zwingende Einrichtung eines Prüfungsausschusses.106 Eine solche für alle SE zwingende Vorgabe wäre allerdings ein noch weitaus gravierenderer Eingriff in die Gestaltungsfreiheit der Unternehmen gewesen als die Bestellung eines geschäftsführenden Direktors; während der letztere nur eine Funktion übernimmt, die ohnehin in jedem Unternehmen zu besetzen ist, bedeutet die Einrichtung eines Prüfungsausschusses eine erhebliche und auch praktisch spürbare personelle und organisatorische Zusatzbelastung. Rechtspolitisch war ein derartiger Weg nicht gangbar, ging doch der weit überwiegende Tenor der Diskussion in Richtung auf eine Verringerung der zwingenden Vorgaben für das monistische Modell. Dennoch sollte die Diskussion damit nicht zum erliegen kommen. Das Modell des SE-Ausführungsgesetzes bleibt de lege ferenda verbesserungsfähig. Ein Konsens scheint sich darüber abzuzeichnen, dass es sinnvoll ist, innerhalb des Verwaltungsrats für eine gewisse Funktionsteilung zu sorgen. Dies gewährleistet vor allem die Vorschrift, dass die Mehrheit der Mitglieder nicht zugleich geschäftsführende Aufgaben übernehmen darf. Allerdings bleibt auch diese Regelung untrennbar mit der Figur des „geschäftsführenden Direktors“ verknüpft. Denn ohne klare Benennung der geschäftsführenden Personen lässt sich eine nach außen sicht-

__________ 104 Vorherrschend ist wohl weiterhin die Auffassung, dass kein System dem anderen eindeutig überlegen sei (s. nur Schiessl, ZHR 167 [2003], 235, 249 f.). 105 S. die in Fn. 101 genannten Beiträge. 106 Dafür mit beachtlichen Argumenten Maul, ZGR 2003, 743, 758 ff.

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bare und überprüfbare Unterscheidung von geschäftsführenden und nichtgeschäftsführenden Mitgliedern nicht denken. Wer die Freiheit eröffnen möchte, auf geschäftsführende Direktoren zu verzichten, muss ein grundlegend neues Modell der internen Corporate Governance auch für allgemein aktienrechtliche Fragen von der Nachgründung über das genehmigte Kapital bis hin zum Konzernrecht konzipieren. Am Ende dieses Denkprozesses steht die Einführung des monistischen Modells für die nationale Aktiengesellschaft – doch bis dahin bleibt noch Manches zu tun.

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Die Hauptversammlung der Europäischen Gesellschaft und Anfechtungsklagen gegen ihre Beschlüsse Gerald Spindler Inhaltsübersicht I. Einleitung ....................................... 223 II. Grundstruktur der SE ..................... 224 III. Zuständigkeiten der Hauptversammlung .................................. 226 1. Überblick .................................... 226 2. Ungeschriebene HV-Zuständigkeiten? ......................................... 228 a) Bedeutsame Unternehmensstrukturänderungen (Holzmüller/Gelatine) ............ 228 b) Delisting-Fälle (Macrotron) .... 231 3. Einzelfragen ................................ 232 a) Zuständigkeit für Sitzverlegung ................................. 232 b) Satzungsänderungen ............... 232 c) Liquidation .............................. 233 d) Zuständigkeiten nach Art. 52 SE-VO ...................................... 233 e) Zuständigkeit für Wahl und Abberufung der Organmitglieder ................................ 234 f) Letztentscheidungsrecht, § 111 Abs. 4 AktG .................. 235 g) Vergütung des Aufsichtsrats .. 235 h) SE-Ansprüche nach § 147 AktG und Entlastungsbeschluss ................................. 235 i) Jahresabschluss und Beschlussfassung über Verwendung des Jahresüberschusses ................. 237

j) Konzernrechtliche Maßnahmen .................................... 237 IV. Verfahren der Hauptversammlung, insbesondere Einberufung .............. 1. Zeit und Ort der Hauptversammlung .............................. a) Auslands-Hauptversammlung ....................................... b) Tele- und Internet-Hauptversammlung ........................... 2. Die Sprachenfrage ....................... 3. Minderheitenrechte: Einberufung und Bekanntmachungsrecht ............................................. a) Einberufung ............................. b) Bekanntmachungsrecht .......... 4. Ablauf und Leitung der HV ........ 5. Beschlussfassung und Abstimmungen ................................ a) Beschlussfähigkeit der Hauptversammlung ........................... b) Abstimmungsverfahren; Stimmrechte ............................ c) Quoren für Beschlüsse ............ aa) Grundsatz: Einfache Stimmenmehrheit ............. bb) Satzungsändernde Beschlüsse ..............................

237 237 238 239 240 240 240 243 244 244 244 245 246 246 246

V. Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage ........................................ 247

I. Einleitung Die Europäische Gesellschaft hat vor allem hinsichtlich der Organisation ihrer Leitungsorgane1 und der – leidigen – Diskussion um die Ansiedlung der unter-

__________ 1

Zur Organisation der Leitungsorgane: Artmann, Wbl. 2002, 189 ff.; Hirte, NZG 2002, 1, 5 f.; Hommelhoff, AG 2001, 279, 282; Kalss/Greda in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Teil 1 vor § 34, S. 417; Lind, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2004, S. 125 ff.; Teichmann, in diesem Band S. 195 ff.

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nehmerischen Mitbestimmung Aufmerksamkeit gefunden.2 Die Rechtsfragen rund um die Hauptversammlung, etwa Zuständigkeiten, Verfahren oder Quoren bei der Abstimmung, haben dagegen genauso wie die Fragen der Klagemöglichkeiten der Aktionäre ein stiefmütterliches Dasein geführt.3 Dies mag zum Teil darin begründet sein, dass die SE-VO4 nur wenige Vorschriften zur Hauptversammlung enthält und ansonsten weitgehend auf das nationale Recht verweist – doch sind diese Verweisungen nicht immer klar und bieten selbst Anlass, verschiedene, für das nationale Aktienrecht tradierte Grundsätze für die SE nochmals zu überprüfen. Dies gilt erst recht für Anfechtungsklagen oder andere Rechtsmittel gegen Beschlüsse der Hauptversammlung, die in der SE-VO kaum Berücksichtigung gefunden haben. Demgemäß werden zunächst die Grundstrukturen der SE im Hinblick auf die Stellung der Hauptversammlung als Organ der Gesellschaft untersucht (II.), daraus folgend die Zuständigkeiten der Hauptversammlung (III.), die besonders auf die im deutschen Recht bekannten ungeschriebenen Zuständigkeiten der Hauptversammlung hin zu analysieren sind (III. 2.). Ferner stehen die Verfahrensfragen rund um die Hauptversammlung im Zentrum des Interesses, von der Einberufung über den Ort bis hin zur Beschlussfassung und Abstimmungsquoren (IV.). Abschließend werden Fragen der Anfechtungs- und Nichtigkeitssowie der Aktionärsklagen kurz erörtert (V.).

II. Grundstruktur der SE Die SE zeichnet sich nach ihrer zentralen Norm Art. 9 Abs. 1 SE-VO durch eine dreistufige Normenhierarchie aus: maßgeblich sind zunächst die Vorgaben der SE-VO, sodann die von der SE-VO selbst ausdrücklich zugelassenen Satzungsabweichungen und -ergänzungen.5 Erst dann findet das nationale Recht Anwendung, hier zuerst in Gestalt des nationalen Ausführungsgesetzes,

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3

4 5

Ausführlich dazu Oetker, in diesem Band S. 277 ff.; zur Mitbestimmung ferner: Heinze, ZGR 2002, 66, 77 ff.; Artmann, Wbl. 2002, 189, 195; Roth, ZfA 2004, 432 ff.; Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2003, Rz. 412 f.; Hirte, NZG 2002, 1, 6 f.; Lutter, BB 2002, 1, 5; Kallmeyer, ZIP 2004, 1442 ff.; auch Hundt/ Rogowski in FAZ v. 31.8.2004, S. 12. Eine Ausnahme stellt die Dissertation von Brandt, Die Hauptversammlung der Europäischen Aktiengesellschaft, 2004, dar; vereinzelt auch in Artmann, Wbl. 2002, 190, 196; Zollner in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Teil 1 § 62, S. 643 ff. S. auch Hommelhoff, AG 2001, 279 ff., der die Hauptversammlung nicht näher erörtert. VO (EG) Nr. 2157/2001 v. 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), Abl. EG Nr. 294 v. 10.11.2001, S. 1. Insofern kann man mit Casper in FS Ulmer, 2003, S. 51, 53 davon sprechen, dass die Verordnung den deutschen Grundsatz der Satzungsstrenge aus § 23 Abs. 5 AktG übernimmt; auch Seibt (in diesem Band S. 67 ff.).

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dann in Form des nationalen Aktienrechts, einschließlich der nach nationalem Recht möglichen Satzungsbestimmungen.6 Probleme wirft diese Normenhierarchie7 insbesondere im Hinblick auf die Bildung von Analogien zu Bestimmungen der SE-VO auf, etwa ob trotz des Verweises auf das nationale Recht, der Auffangcharakter trägt, überhaupt von Lücken in der SE-VO gesprochen werden kann.8 Richtigerweise sind jedoch auch hier Analogien möglich, wenn eine Normauslegung der SE-VO ergibt, dass diese einen Sachverhalt nicht dem nationalen Gesetzgeber überlassen wollte und die nationale Regelung sich nicht in den sonstigen Kontext der SE einpasst.9 In methodischer Sicht ist zu berücksichtigen, dass diese Feststellung den Grundsätzen zur Auslegung europäischen Sekundärrechts folgt, die in der Rechtsprechung10 und Literatur11 eine besondere Akzentuierung erfahren haben. Besonderes Gewicht kommt hierbei dem Effektivitätsgrundsatz (effet utile) zu, demzufolge die Auslegung zu wählen ist, mit der die Norm ihren praktischen Nutzen am ehesten verwirklichen wird.12 Dieser Ansatz wird zutreffenderweise in der Literatur auf die SE so übertragen, dass bei der Auslegung die Funktionsfähigkeit dieser neuen Rechtsform gesichert wird.13 Fraglich – und dogmatisch außerordentlich reizvoll – ist ferner, ob das nationale Recht durch den Verweis in der SE-VO in den europäischen Rechtssetzungsakt inkorporiert wird, mit der Folge, dass über die Auslegung nationaler aktienrechtlicher Vorschriften – die der Lückenfüllung der SE-VO qua Verweis dienen – nicht nur nationale Gerichte zu entscheiden hätten, sondern auch der EuGH.14 Ohne dies hier vertiefen zu können, kann die Verweisung nicht dazu führen, dass nationales Recht zu supranationalem Recht „umgetauft“ wird – eine solche Qualifikation wäre nur gerechtfertigt, wenn die SE bei einer Sitzverlegung ihr früheres nationalrechtliches Kleid beibehalten könnte, was aber

__________ 6 Zu dieser Normenhierarchie Brandt/Scheifele, DStR 2002, 547 ff.; Teichmann, ZGR 2002, 383, 394 ff.; Ebert, The Company Lawyer 2004, 108, 109 ff.; Wagner, NZG 2002, 985 ff.; Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2004, Rz. 1014 ff.; Habersack (Fn. 2), Rz. 396; Hommelhoff (in diesem Band S. 5 ff.). 7 S. auch Casper (Fn. 5), S. 51, 72 „Eldorado der Methodenlehre“. 8 Casper (Fn. 5), S. 51 ff.; Brandt (Fn. 3), S. 33 ff; Lind, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2004, S. 75 ff. 9 S. schon für frühere, aber ähnliche Fassungen der SE-VO: Merkt, BB 1992, 652, 656 f.; Raiser in FS Semler, 1993, S. 277, 283; zur jetzigen SE-VO: Wagner, NZG 2002, 985, 986; Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2000, Rz. 1095; Brandt (Fn. 3), S. 33 ff., 41 f.; Brandt/Scheifele, DStR 2002, 547, 552 f.; teilweise abw. C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 395, 406 ff.; C. Teichmann, ZIP 2002, 1109, 1110. 10 S. hierzu folgende gesellschaftsrechtliche Entscheidungen des EuGH: v. 12.11.1974 – Rs. 32/74, Slg. 1974, I-1201 – Haaga; EuGH v. 13.11.1990 – Rs. C-106/89, Slg. 1990, I-4135 – Marleasing; EuGH v. 12.3.1996 – Rs. C-441/93, Slg. 1996, I-1347 – Pafitis. 11 Anweiler, Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, 1997, S. 25 ff.; Hommelhoff in Schulze (Hrsg.), Auslegung europäischen Privatrechts und angeglichenen Rechts, 1999, S. 32 ff. 12 Lutter, JZ 1992, 593, 598. 13 C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 405; Casper (Fn. 5), S. 51, 55. 14 C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 399.

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gerade nicht der Fall ist. Vielmehr muss sie sich wiederum nach den am neuen Sitz geltenden Vorschriften des Mitgliedstaates richten, was dafür streitet, dass die Verweisung lediglich der Lückenfüllung dient, aber keine Inkorporation in das europäische Recht bewirkt. Ferner ist die Frage aufgeworfen worden, ob die Verweisung nach Art. 9 Abs. 1 SE-VO auch das nationale Richterrecht umfasst, da der Wortlaut offenbar dagegen spricht.15 Die Bedeutung dieser Frage liegt gerade für die Hauptversammlung und die von der Rechtsprechung in offener Rechtsfortbildung16 angenommenen ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeiten, aber auch bei ungeschriebenen Rechtssätzen, wie dem Missbrauch von Rechtsbehelfen wie Anfechtungsklage oder Einberufungsverlangen17. Schon für das weitgehend kodifizierte Gesellschaftsrecht in Deutschland aber gilt unbestritten, dass dieses ohne die Ausformungen durch die Rechtsprechung nur schwer verständlich wäre; erst recht muss dies für das common law zutreffen. Schließlich wäre es kaum nachvollziehbar, dass die Gründer einer SE, die sich auf das Recht ihres Sitzstaates einstellen sollen, aufs Neue alle Unsicherheiten, die das nationale Recht enthält, klären lassen müssten – ohne Rücksicht auf bereits zu diesem Recht ergangene Rechtsprechung, also quasi „das Rad neu erfinden müssten“.18 Andererseits ist für ungeschriebene Rechtssätze genau zu prüfen, ob sie nicht auch einem europaweiten Grundverständnis entsprechen, wie z. B. der Rechtsmissbrauchseinwand – mit der Folge, dass auch der EuGH über Existenz und Reichweite derartiger Rechtssätze zu entscheiden hat. Gerade für den Missbrauchseinwand sprechen gute Gründe dafür, dass es sich um einen allgemeingültigen Rechtssatz handelt, der bereits der SE-VO und nicht erst dem nationalen Aktienrecht entspringt.19

III. Zuständigkeiten der Hauptversammlung 1. Überblick Ähnlich dem deutschen Aktienrecht wird auch die – zwingend vorgesehene – Hauptversammlung der SE gerne als „Grundorgan“ oder als „oberstes Organ

__________ 15 Teichmann stützt diesen Befund mit Hinweis auf die französische und englische Version von Art. 9 SE-VO (s. ZGR 2002, 383, 398), folgt dann aber aus teleologischen Gründen der weiten Auslegung; s. auch Casper (Fn. 5), S. 51, 68. 16 So jetzt deutlich BGH, NJW 2004, 1860 ff. – Gelatine; s. dazu auch Fleischer, NJW 2004, 2335 ff.; Bungert, BB 2004, 1345 ff.; Koppensteiner, Der Konzern 2004, 381 ff.; Weißhaupt, AG 2004, 585; Altmeppen, ZIP 2004, 999 ff.; Fuhrmann, AG 2004, 339 ff.; Götze, NZG 2004, 585 ff.; Goette, DStR 2004, 927 ff. 17 Zum Rechtsmissbrauchseinwand bei der Einberufung von Hauptversammlungen OLG Frankfurt, WM 1986, 642; OLG Hamburg, AG 2003, 643; KG, AG 2003, 500, 502; Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 122 Rz. 6; Werner in Großkomm.AktG, 4. Aufl. 1993, § 122 Rz. 32 ff.; Kubis in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 122 Rz. 18 ff. 18 Zutr. Brandt (Fn. 3), S. 48 f.; wohl auch Horn, DB 2005, 147: nationale Auslegungsgrundsätze bleiben bestehen. 19 So auch Brandt (Fn. 3) für den Rechtsmissbrauchseinwand bei der Einberufung.

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der Gesellschaft“ bezeichnet.20 Eine derartige Einordnung, die sich vor allem an den Kompetenzen orientieren muss, liegt zwar nahe, da nach tradiertem Gesellschaftsrechtsverständnis – im Gegensatz zu einem wie immer auch gearteten Unternehmensrecht21 – die Gesellschafter letztendlich über die Geschicke der Gesellschaft und ihre Grundstrukturen entscheiden. Doch sind andererseits die verschiedenen Gesellschaftsrechtsordnungen in der EU auch hinsichtlich der Stellung der Hauptversammlung disparat,22 so dass sich selbst aus einer solchen Betrachtungsweise nicht zwingend Rückschlüsse auf Zuständigkeiten innerhalb einer supranationalen Rechtsform ableiten lassen. Die SE-VO selbst regelt nur in Ansätzen die Zuständigkeiten der Hauptversammlung, wobei sich die Generalnorm in Art. 52 Unterabs. 1 SE-VO findet, der allgemein auf die spezifischen zuständigkeitsbegründenden Artikel der SE-VO, während Unterabs. 2 subsidiär auf die nationalen Regelungen verweist. Als besondere Zuständigkeiten sind in erster Linie der Beschluss über die Sitzverlegung nach Art. 8 SE-VO oder nach Art. 31 SE-VO über die Verschmelzung einer Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft (anders als § 62 UmwG) zu erwähnen.23 Die SE-VO unterscheidet ferner nicht zwischen ordentlichen und außerordentlichen Hauptversammlungen, lässt diese Unterscheidung aber nach den jeweiligen mitgliedstaatlichen Vorschriften zu.24 Im übrigen überlässt die SE-VO es dem nationalen Recht, wie die Stellung der Hauptversammlung ausgeformt wird; insbesondere fehlt eine generelle, das Verhältnis der Organe zueinander regelnde Norm wie etwa § 119 Abs. 1, 2 AktG oder § 76 AktG. Angesichts dieser nur verstreuten Regelungen kann auch kaum von einem kohärentem Zusammenhang gesprochen werden, der es erlauben würde, durch Analogien auf der SE-VO-Ebene weitere Zuständigkeiten zu begründen oder die in der SE-VO genannten Kompetenzen als abschließend zu erklären. Zwar gehen die Erwägungsgründe, insbesondere Erwägungsgründe 7 und 9 SE-VO, davon aus, dass möglichst ein europaeinheitliches Grundgerüst für die SE geschaffen werden soll; auch die VO-Geschichte spricht für eine solche Sichtweise.25 Doch geben diese recht abstrakten Ziele wenig mehr her als eine grobe Ordnung in dem Sinne, dass die SE Leitungs-

__________ 20 So Lutter, BB 2002, 1, 4; Raiser (Fn. 9), S. 277, 293. 21 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 16 ff.; Ballerstedt, ZHR 135 (1971), 479, 484; Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht über die Verhandlungen der Unternehmensrechtskommission, 1980; Assmann in Großkomm. AktG, 4. Aufl. 1992, Einl. Rz. 244 ff. 22 Zollner in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Teil 1 § 62, S. 651; Hirte, NZG 2002, 1, 9; S. auch Brandt (Fn. 3), S. 70 ff. m. w. N. 23 Anders wohl C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 431, demzufolge der Verweis auf Art. 24 der Verschmelzungsrichtlinie so zu verstehen sei, dass das gesamte nationale Recht hinsichtlich der beschriebenen Fälle der Konzernverschmelzung gelten solle – und damit auch § 62 UmwG, der selbst eigentlich auf Art. 25 Verschmelzungsrichtlinie zurückgeht; demgegenüber zutr. Brandt (Fn. 3), S. 97 f., der darauf verweist, dass mit der Verschmelzung eine neue Rechtsform, nämlich die SE, entsteht. 24 Brandt (Fn. 3), S. 66 f. 25 Eingehende Analyse bei Brandt (Fn. 3), S. 86 ff.

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organ(e) sowie das Gesellschaftergremium Hauptversammlung enthalten muss; insbesondere eine Art Generalanalogie für oder gegen Zuständigkeiten der Hauptversammlung, die sich nicht aus der SE-VO ergeben, lässt sich daraus nicht herleiten.26 Für diese Sichtweise kann ferner die ausdrückliche Regelung in Art. 52 Unterabs. 2 SE-VO ins Feld geführt werden, wonach das nationale Recht weitere Zuständigkeiten der Hauptversammlung neben denjenigen, die in Art. 52 Unterabs. 1 SE-VO bzw. in anderen Artikeln aufgeführt sind, vorsehen kann. Auch die wechselvolle Geschichte der Zuständigkeitsregelungen in den verschiedenen Entwürfen belegt eher, dass die jetzt vorliegende Norm nicht abschließend verstanden werden kann.27 Demgemäß erscheint eine Annahme, dass die SE-VO sich auf ein bestimmtes Modell der Nebenordnung oder der Über-Unterordnung festlegen würde, als gewagt.28

2. Ungeschriebene HV-Zuständigkeiten? a) Bedeutsame Unternehmensstrukturänderungen (Holzmüller/Gelatine) Die nur partiell geregelten Zuständigkeiten der Hauptversammlung in der SE-VO und der allgemeine Verweis auf das nationale Recht in Art. 52 Unterabs. 2 SE-VO sowie in Art. 9 SE-VO wirft naturgemäß die Frage auf, ob die jüngst erst durch das Gelatine-Urteil des BGH29 bekräftigte, aber auch präzisierte Rechtsprechung30 zu den ungeschriebenen Hauptversammlungszustän-

__________ 26 Anders wohl Brandt (Fn. 3), S. 86 ff. 27 Die Verordnungsvorschläge von 1970 und 1975 sahen in Art. 83 SE-VO-E 1970 bzw. 1975 noch eine umfassende Zuständigkeitsregelung vor, s. Sonnenberger in Lutter, Die europäische Aktiengesellschaft: eine Stellungnahme zur Vorlage der Kommission, 2. Aufl. 1978, S. 74; Grund hierfür ist, dass Rückgriffe auf nationales Recht gänzlich vermieden werden sollten. Lücken in der Verordnung sollten durch Rückgriff auf allgemeine Grundsätze der Verordnung, subsidiär durch allgemeine Grundsätze, die alle Mitgliedsstaaten durchziehen, gefüllt werden, auch Trojan-Limmer RIW 1991, 1010, 1011; demgegenüber war der Zuständigkeitskatalog im Vorschlag des Art. 81 SE-VO 1989 nicht abschließend, nach der Art. 81 SE-VO-E 1991 gilt dies erst recht, Lutter Europäisches Unternehmensrecht, 4. Aufl. 1996, S. 718. 28 Dagegen spricht nach diesseitiger Auffassung auch nicht Art. 8 Abs. 3 SE-VO, der eine Berichtspflicht bei der Sitzverlegung über deren Auswirkungen für die Aktionäre statuiert. Nach anderer Lesart (so etwa Brandt [Fn. 3], S. 100 f.) soll Art. 8 Abs. 3 SE-VO im Vergleich zu Artt. 37 Abs. 4, 66 Abs. 3 SE-VO sowie Erwägungsgrund Nr. 24 allein die Rechte der Aktionäre selbst betreffen. Warum aber die Rechte des Aktionärs sich nur auf seine Individualrechte beschränken sollen und nicht auch mittelbar die Auswirkungen auf die Kompetenzen seines Vertretungsorgans, ist nicht ersichtlich; wie hier Thoma/Leuering, NJW 2002, 1449, 1453; Raiser (Fn. 9), S. 277, 281. 29 BGH, NJW 2004, 1860 ff. – Gelatine; s. dazu auch Fleischer, NJW 2004, 2335 ff.; Bungert, BB 2004, 1345 ff.; Koppensteiner, Der Konzern 2004, 381 ff.; Weißhaupt, AG 2004, 585; Altmeppen, ZIP 2004, 999 ff.; Fuhrmann, AG 2004, 339 ff.; Götze, NZG 2004, 585 ff.; Goette, DStR 2004, 927 ff.; Just, EWiR 2004, 573 ff.; Liebscher, ZGR 2005, 1 ff.; Habersack, AG 2005, 137 ff. 30 Instanzgerichts-Entscheidungen etwa OLG Celle, AG 2001, 357; OLG Düsseldorf, NZG 2000, 1078; OLG Köln, ZIP 1993, 110; OLG München, AG 1995, 232; LG Düsseldorf, AG 1999, 94; LG Düsseldorf, AG 2000, 233; LG Frankfurt, AG 2001, 431; LG

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digkeiten31 auch für die SE-VO gilt. Diese Frage ist sowohl auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene – ob die SE-VO vergleichbare ungeschriebene Zuständigkeiten kennt – als auch auf nationaler Ebene zu klären, ob der Verweis der SE-VO die Rechtsprechung des BGH umfasst.32 Gegen eine ungeschriebene Zuständigkeit der Hauptversammlung in grundlegenden Unternehmensstrukturfragen – wobei deren Umfang zunächst offen bleiben kann – streiten zunächst die in Artt. 39 ff. SE-VO enthaltenen Zuständigkeits- und Aufgabenkataloge für die Verwaltungsorgane, die diesen anscheinend klar und deutlich die Geschäftsführung in eigener Verantwortung zuweisen.33 Dies besagt allerdings noch nichts darüber, ob die SE-VO nicht ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten in Art. 52 Unterabs. 1 SE-VO zulassen könnte; denn was eine Geschäftsführungsaufgabe ist, wird in Artt. 39 ff. SE-VO nicht umrissen. Zwar sieht die SE-VO außer in Art. 54 Abs. 2 SE-VO anscheinend34 keine unmittelbar dem § 119 Abs. 2 AktG vergleichbare Vorschrift vor, so dass daran gezweifelt35 werden könnte, ob über-

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Hamburg, AG 1997, 238; LG Hannover, AG 2001, 431; LG Heidelberg, AG 1999, 135; LG Köln, AG 1992, 238; LG Stuttgart, AG 1992, 236. BGHZ 83, 122, 137 – Holzmüller; einen Überblick über das dazu ergangene Schrifttum liefert Kubis in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 119 Rz. 31 ff.; sowie Mülbert in Großkomm.AktG, 4. Aufl. 1999, § 119 Rz. 17 ff. Fn. 19 ff.; Lutter/ Leinekugel, ZIP 1998, 805 Fn. 5 spricht von einer „Legion von Stellungnahmen“. Grundlegend vor dem Gelatine-Beschluss des BGH v. 26.4.2004 bereits Henze in FS Ulmer, 2003, S. 211, 223 f.; Lutter/Leinekugel, ZIP 1998, 225 ff.; dies., ZIP 1998, 805 ff.; Hüffer in FS Ulmer, 2003, S. 279, 301, spricht von einer „Rückbesinnung auf das Prinzip“ der Zuständigkeit des Vorstandes. Gegen eine Übertragung der im mitgliedstaatlichen Recht bestehenden ungeschrieben Zuständigkeiten Brandt (Fn. 3), S. 127, 132; dafür Gutsche, Die Eignung der Europäischen Aktiengesellschaft für kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland, 1993, S. 100, 102, 105, der unter Zugrundelegung des Art. 81b des Entwurfes SE von 1989 auf die Begründung der Kommission rekurriert, die einen nicht abschließenden Katalog von HV-Zuständigkeiten in der Begründung (abrufbar unter BRDrucks. 488/89, S. 31) sah, wonach Gutsche daher ungeschriebene HV-Zuständigkeiten bejahte; ebenso für eine Übertragung der Holzmüller-Doktrin Casper (Fn. 5), S. 51, 69, und Hirte, NZG 2002, 1, 2 mit dem Argument, dass auch Richterrechtsfortbildung von der Formulierung „Rechtsvorschriften“ des Art. 9 Abs. 1 lit. C SE-VO erfasst wurde; bejahend auch Habersack, ZGR 2003, 724, 741; auch Zollner in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Teil 1 § 62, S. 652; zweifelnd Schulz/Geismar, DStR 2001, 1078, 1079. In diese Richtung Brandt (Fn. 3), S. 91, 122 f., der allerdings grundsätzlich ungeschriebene Zuständigkeiten konzedieren will, letztlich aber für eine satzungsrechtliche Lösung plädiert (S. 132 ff.). Art. 54 Abs. 2 SE-VO sieht nur ein Recht der Verwaltungsorgane vor, die Hauptversammlung jederzeit „nach den für Aktiengesellschaften im Sitzstaat der SE maßgeblichen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften“ einzuberufen. Darin könnte man durchaus eine zu § 119 Abs. 2 AktG parallel verlaufende Regelung sehen. Ablehnend aufgrund der Wortlaut-Exegese („abschließend“) Sonnenberger in Lutter (Fn. 27), S. 74; anders Maul, Die faktisch abhängige SE (Societas Europaea) im Schnittpunkt zwischen deutschem und europäischem Recht, 1998, S. 40, 42, die eine Zuständigkeit der HV sieht, soweit es um „Strukturveränderungen“ geht und mit Hinweisen auf das Verbandsrecht den Aktionären Rechte zur Erhaltung des wirtschaftlichen Fundaments zubilligt.

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haupt Mitwirkungskompetenzen der Hauptversammlung in Betracht kämen.36 Doch hat der BGH in seinem Gelatine-Urteil zu Recht darauf verwiesen, dass nicht § 119 Abs. 2 AktG und eine Mitwirkung der Hauptversammlung sedes materiae ist, sondern im Rahmen einer offenen Rechtsfortbildung eine gleich schwerwiegende Maßnahme für die Aktionäre wie eine Satzungsänderung.37 Nicht eine Mitwirkung steht daher zur Diskussion, sondern eine originäre Zuständigkeit bei Maßnahmen, die nicht der Geschäftsführung zuzurechnen sind. Die Situation kann daher eher mit Hauptversammlungsbeschlüssen verglichen werden, die wie in §§ 77 ff. AktG vorgesehen vom Vorstand ausgeführt werden. Der dieser Rechtsprechung zugrunde liegende Gedanke – nämlich des der Satzungsänderung vergleichbaren Einschnitts in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre – kann auch für die SE-VO verallgemeinert werden. Schon Art. 8 Abs. 3 SE-VO zeigt, dass bei der Sitzverlegungsbeschlüssen die Auswirkungen für die Aktionäre dargelegt werden müssen. Die in der SE-VO bestimmten Zuständigkeiten, insbesondere der Sitzverlegung und der Satzungsänderung, lassen Raum für eine entsprechende Rechtsfortbildung durch den EuGH, wenn auch nur – wie im deutschen Recht – begrenzt auf wenige Maßnahmen, die in ihrem Gewicht diesen Unternehmensstrukturentscheidungen gleichzusetzen sind. Vorzugswürdig wäre allerdings eine Öffnung dieser Frage für Regelungen in der Satzung.38 Nimmt man eine derart gemeinschaftsrechtlich begründete ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeit an, besteht auch keine Notwendigkeit für eine aus dem nationalen Recht übernommene Konstruktion. Zwar dürfte die Übertragung der deutschen Rechtsprechung nicht daran scheitern, dass es sich um eine offene Rechtsfortbildung handelt, da der Verweis aus Art. 9 Abs. 1 c) SE-VO ebenso wie in Art. 52 Unterabs. 2 SE-VO auch die durch Richterrecht geschaffenen Prinzipien enthält.39 Doch spricht gegen eine solche Heranziehung rein nationalen Rechts die Tatsache, dass die ungeschriebenen Zuständigkeiten sich auf die Rechte der Aktionäre vermittelt durch ihr Organ Hauptversammlung stützen und fundamentaler Natur sind, dagegen nicht von den jeweiligen Ausgestaltungen im nationalen Recht abhängig sind. Es wäre in der Tat kaum nachvollziehbar, warum eine der Satzungsänderung gleichstehende

__________

36 So beleuchtet Buchheim, Europäische Aktiengesellschaft und grenzüberschreitende Konzernverschmelzung, 2000, S. 247, 249 expressis verbis nur die geschriebenen Zuständigkeiten. Für den Art 81b des Entwurfes SE 91 votiert Hommelhoff, AG 1990, 422, 428 dagegen eindeutig für das Bestehen von ungeschriebenen Kompetenzen. 37 Insoweit bewegt sich der BGH – entgegen seinen eigenen Ausführungen – doch eher auf der Linie des Schrifttums, dass für eine Analogie zu den aktienrechtlichen Satzungsänderungsvorschriften plädiert, s. dazu m. w. N. Habersack in Emmerich/ Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 3. Aufl. 2003, Vor § 311 Rz. 36 Fn. 154; Mülbert in Großkomm. AktG, 4. Aufl. 1999, § 119 Rz. 23. 38 S. dazu bereits Spindler, AG 1998, 53, 70; Hirte, ZGR Sonderheft 13, S. 61, 68; Heinsius, ZGR 1984, 383, 407 f.; Martens, ZHR 147 (1983), 377, 390, alle m. w. N.; in diese Richtung auch Brandt (Fn. 3), S. 134. 39 So bereits schon Casper (Fn. 5), S. 51, 69, und Hirte, NZG 2002, 1, 2; unentschieden aufgrund der verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten in den verschiedenen EUSprachen hingegen Brandt (Fn. 3), S. 130.

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Maßnahme in Deutschland anders zu behandeln wäre als bei einer niederländischen SE.40 b) Delisting-Fälle (Macrotron) Einen weiteren wichtigen Anwendungsfall der weder im AktG noch in der SE-VO geregelten Zuständigkeiten der Hauptversammlung betrifft Entscheidungen über ein Delisting. Da die SE nicht börsennotiert zu sein braucht, kann diese Situation des Rückzugs einer SE von einer Börse eintreten. Wie so oft im Schnittfeld zwischen Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht handelt es sich um ein janusköpfiges Problem, da das „Austrittsrecht“ der Aktionäre via Verkauf an der Börse durch das Delisting praktisch unmöglich gemacht wird und damit gerade Minderheiten oder Kleinaktionäre nicht mehr ihre Investition liquidieren können. Dies hat den BGH bekanntlich dazu bewogen, unter unmittelbaren Rückgriff auf Art. 14 GG – und nicht auf die Holzmüller-Doktrin – eine ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeit auch für das Delisting anzunehmen.41 Ohne auf die höchst problematische verfassungsrechtliche Argumentation des BGH hier42 näher einzugehen, kann jedoch festgehalten werden, dass die Entscheidung über die Börsennotierung ein wesentliches Element der Corporate Governance und des faktischen Ausmaßes des Einflusses auch von Kleinaktionären ist. Denn ohne einen entsprechende Rückkoppelung zum (Eigen-)Kapitalmarkt verbleibt von den typischen Kontrollmöglichkeiten des „Exit“ or „Voice“43 nur die Einflussnahme über die Stimmrechte.44 Gerade aber die Disziplinierungsfunktionen des Kapitalmarktes sind das eigentliche Instrument des kleinen Aktionärs oder einer Minderheit, nicht aber das Stimmrecht.45 Anders formuliert wandelt sich die Gefahrenlage für den Kleinaktionär und die Minderheit, dass das Management nicht mehr die Interessen aller Aktionäre

__________ 40 Im Ergebnis ähnlich Brandt (Fn. 3), S. 130 ff. 41 BGH, NJW 2003, 1032; dazu Spindler/Klöhn, Zeitschrift für Japanisches Recht 2003, S. 75 ff.; Klöhn, ZBB 2003, 208 ff.; Geyrhalter/Zirngibl, DStR 2004, 1048 ff.; Geyrhalter/Gänßler, NZG 2003, 313 ff.; Streit, ZIP 2003, 392 ff.; Henze, NZG 2003, 649 ff.; K. Schmidt, NZG 2003, 601 ff.; Bürgers, NJW 2003, 1642; Pfüller/Anders, NZG 2003, 459 ff.; Krämer/Theiß, AG 2003, 225 ff.; Süßmann, BKR 2003, 253 ff.; Marsch-Barner, LMK 2003, 108 ff.; Lutter, JZ 2003, 680 ff.; Häuser/Gunther, WuB 6/2003 II A. § 199 AktG 1.03; Adolff/Tieves, BB 2003, 797 ff.; Ekkenga, ZGR 2003, 878 ff.; Grunewald, ZIP 2004, 542 ff.; Schlitt, ZIP 2004, 533 ff.; Schiffer/Goetz, BB 2005, 453 ff.; Habersack, AG 2005, 137 ff.; Reichert, AG 2005, 150 ff. 42 Dazu Spindler/Klöhn, Zeitschrift für Japanisches Recht 2003, 75, 86 ff.; Klöhn, ZBB 2003, 208, 214 ff.; auch Adolff/Tieves, BB 2003, 797, 800, die statt der „Macrotron“Lösung eine verfassungskonforme Auslegung des § 119 Abs. 2 AktG fordern. 43 So die klassische Unterscheidung von Hirshmann, Exit, Voice and Loyalty, 1970, S. 21 ff. (deutsche Übersetzung Hirshmann, Abwanderung und Widerspruch, 1974, S. 17 ff.); auch Kalss, Anlegerinteressen, 2001, S. 339 ff.; Fleischer, ZGR 1997, 368, 390. 44 Auch Geyrhalter/Zirngibl, DStR 2004, 1048, 1050. 45 Grundmann (Fn. 6), Rz. 6; Wymeersch, ZGR 2001, 294, 298 f.

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im Blick hat, erheblich, wenn das Steuerungsinstrument des Kapitalmarktes ausfällt. Dies rechtfertigt es, Entscheidungen über den Rückzug von der Börse als grundlegende Maßnahmen im Bereich der Corporate Governance anzusehen, die einer Hauptversammlungsentscheidung bedürfen – vergleichbar den in der Holzmüller- bzw. Gelatine-Doktrin aufgestellten Grundsätzen. In dogmatischer Hinsicht handelt es sich dabei wiederum nicht um die Begründung der Zuständigkeit der Hauptversammlung auf nationaler Ebene – was allein schon im Hinblick auf das Verhältnis einer das nationale Verfassungsrecht heranziehenden Argumentation zum supranationalen EU-Recht schwierig erscheint.46 Vielmehr steht die Vergleichbarkeit mit grundsätzlichen Unternehmensstrukturentscheidungen ähnlich einer Satzungsänderung im Vordergrund, mithin eine Analogie zu den Hauptversammlungszuständigkeiten der Satzungsänderung nach Art. 59 Abs. 1 SE-VO und der Sitzverlegung nach Art. 8 SE-VO. Eines Rückgriffs auf das nationale Recht bedarf es daher jedenfalls hinsichtlich der Zuständigkeitsbegründung nicht, wohl aber, was Fragen der erforderlichen Stimmenmehrheit und des Quorums anbelangt.47

3. Einzelfragen a) Zuständigkeit für Sitzverlegung Die Zuständigkeit der Hauptversammlung für die Sitzverlegung wird in Art. 8 SE-VO zwar nicht ausdrücklich angesprochen; sie lässt sich jedoch ohne weiteres im systematischen Zusammenhang der Artt. 8 Abs. 4, 6 SE-VO ableiten, da diese ohne eine entsprechende Kompetenz schwer verständlich wären.48 Insbesondere Art. 8 Abs. 6 SE-VO verweist für die erforderliche Stimmenmehrheit und die Quoren auf Art. 59 SE-VO, so dass auch die dortigen Verweise in das nationale Recht Anwendung für den Beschluss über die Sitzverlegung finden. b) Satzungsänderungen Für die Satzungsänderung ist – naturgemäß49 – die Hauptversammlung nach Art. 59 Abs. 1 SE-VO zuständig. Auch in der Satzung enthaltene Bestimmungen hinsichtlich des Kapitals werden von Art. 59 SE-VO erfasst, so dass sämtliche Kapitalmaßnahmen hinsichtlich der Zuständigkeiten und Mehrheitserfordernisse nicht von vornherein sich nur nach den Bestimmungen der Mit-

__________ 46 Grundlegend zu diesem Verhältnis BVerfGE 37, 271 – Solange I; BVerfGE 73, 339 – Solange II; BVerfGE 89, 155 ff. – Maastricht; BVerfGE 97, 350 – Euro; bestätigt in BVerfGE 102, 147 ff. – Bananenmarktordnung/Solange III. 47 Dazu unten S. 244 ff. 48 Brandt (Fn. 3), S. 135 f. 49 Eine Ausnahme stellt nur Art. 12 Abs. 4 Unterabs. 2 SE-VO dar, der den Mitgliedstaaten erlaubt, Satzungsänderungen auch ohne Hauptversammlungsbeschluss bei einem Widerspruch zur Vereinbarung über die Arbeitnehmerbeteiligung durchzuführen.

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gliedstaaten richten würden (in Anwendung von Art. 9 Abs. 1 c) SE-VO).50 Fraglich kann allerdings sein, ob die Hauptversammlung ähnlich wie § 179 Abs. 1 Satz 2 AktG die Verwaltungsorgane zu sprachlichen – nicht inhaltlichen – Änderungen der Satzung ermächtigen kann. Zwar sprechen hierfür gute Gründe, neben Praktikabilitätserwägungen insbesondere die Entwicklung der verschiedenen SE-Entwürfe;51 doch lässt einerseits der Wortlaut der Norm kaum Raum für eine derartige Auslegung, andererseits ist die Übertragung der Änderungsbefugnis an ein Leitungsorgan im monistischen System nicht vergleichbar mit dem deutschen Modell der Delegation an den Aufsichtsrat, da diese Befugnis inhärente Gefahren für die Aktionäre enthält im Hinblick auf die schwierige Grenzziehung zwischen sprachlichen und inhaltlichen Änderungen.52 c) Liquidation Überraschenderweise findet sich auch keine ausdrückliche Kompetenznorm für die Hauptversammlung hinsichtlich der Liquidation der Gesellschaft – obwohl das Recht, eine Gesellschaft wieder aufzulösen, eines der Grundrechte jeder Gesellschafterversammlung sein muss, da sonst eine Zwangskorporation entstünde. In Art. 63 SE-VO findet sich demgegenüber nur der kryptische Verweis auf die mitgliedstaatlichen Vorschriften, so dass theoretisch auch andere Organe zur Beschlussfassung über die Liquidation ermächtigt wären. Art. 63 Halbs. 2 SE-VO belegt indes indirekt, dass der Verordnungsgeber wie selbstverständlich davon ausgegangen ist, dass die Hauptversammlung dasjenige Organ ist, dass zum Liquidationsbeschluss berufen ist. Denn wenn die Verordnung ausdrücklich festhält, dass der Verweis auf das Recht der Mitgliedstaaten die Beschlussfassung in der Hauptversammlung umfasse, kann daraus nur der Schluss gezogen werden, dass die Kompetenz der Hauptversammlung schon gemeinschaftsrechtlich als selbstverständlich unterstellt wird – ansonsten hätte es des zusätzlichen Hinweises in Art. 63 Halbs. 2 SE-VO nicht bedurft.53 d) Zuständigkeiten nach Art. 52 SE-VO Die für die Zuständigkeiten der Hauptversammlung zentrale Norm findet sich in Art. 52 SE-VO. Demnach gehen – selbstverständlich – zunächst die von der SE-VO selbst aufgeführten Kompetenzen jeglicher nationaler Bestimmung vor. Ergänzend treten dann allerdings nach Art. 52 Unterabs. 2 SE-VO die nationalen Kompetenzzuweisungen für die Hauptversammlung hinzu. Wie schon zu-

__________ 50 Im Ergebnis ebenso Brandt (Fn. 3), S. 136. 51 Für eine Regelungslücke und damit Verweis auf das nationale Mitgliedstaatsrecht nach Art. 9 Abs. 1 c) SE-VO Brandt (Fn. 3), S. 136 f. 52 Zöllner in KölnKomm.AktG, 2. Aufl. 1995, § 179 Rz. 146; Wiedemann in Großkomm.AktG, 4. Aufl. 1993, § 179 Rz. 106; AktG, 6. Aufl. 2004, § 179 Rz. 11. 53 Überzeugend Brandt (Fn. 3), S. 140.

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vor dargelegt, muss daher stets untersucht werden, ob die SE-VO bereits selbst eine abschließende Kompetenzzuweisung (oder -ausschluss) enthält.54 e) Zuständigkeit für Wahl und Abberufung der Organmitglieder55 Nach Art. 40 Abs. 2 Satz 1 SE-VO bzw. Art. 43 Abs. 3 Satz 1 SE-VO sind die Mitglieder des Aufsichtsrats im dualistischen System und die Mitglieder des Verwaltungsorgans im monistischen System von der Hauptversammlung zu wählen. Die SE-VO enthält lediglich in Art. 39 Abs. 2 Unterabs. 2 SE-VO für die Wahl des Vorstandes bzw. des Leitungsorgans eine Regelung, die den Mitgliedstaaten die direkte Wahl oder die Einräumung einer Satzungsfreiheit gestattet.56 Keine ausdrückliche Regelung hat dagegen die Abberufung von Aufsichtsrats- bzw. Verwaltungsorganmitgliedern gefunden – obwohl in früheren Vorschlägen, z. B. Art. 75 SE-VO-E 1989, sich eine explizite Norm hierzu fand; demgemäß ist fraglich, ob Art. 52 Unterabs. 2 SE-VO und damit das nationale Recht Anwendung findet. Bedeutsam ist diese Frage vor allem im Hinblick darauf, dass bei einer fehlenden Regelung § 103 AktG eingreifen würde, mit der Folge, dass das Aufsichtsratsmitglied von der Hauptversammlung jederzeit mit einer Mehrheit von ¾ der abgegebenen Stimmen vorbehaltlich einer anderen Satzungsregelung abberufen werden könnte; wäre allein die SE-VO anwendbar, müsste bei streng wortlautgetreuer Auslegung eine Abberufung mangels Kompetenzzuweisung unzulässig sein.57 Gegen eine solche Interpretation spricht jedoch, dass Bestellung und Abberufung sich spiegelbildlich verhalten und eine feste Amtszeit, die nicht durch Abberufung durchbrochen werden könnte, einer besonderen Begründung oder Regelung bedurft hätte, da sie den Eigentümern jegliche Möglichkeit der Einflussnahme für die Zeit der Wahl nähme. Darauf deutet jedoch nichts hin.58 Auch für das monistische System sieht jetzt § 29 SEAG eindeutig eine Abberufungsmöglichkeit durch die Hauptversammlung vor. Offen sind daher lediglich die Anforderungen an die nötige Mehrheit; hier ist die SE-VO in der Tat lückenhaft, so dass über Art. 9 Abs. 1 c) SE-VO das nationale Recht Anwendung findet, hier § 103 AktG, einschließlich der gewährten Satzungsfreiheit, andere Mehrheiten festzulegen.

__________ 54 Brandt (Fn. 3), S. 120 ff. 55 Die übrigen Kompetenzen der Hauptversammlung zur Bestellung der Verwaltungsorgane gehören systematisch zu den Fragen rund um die Leitungs- und Verwaltungsorgane, s. dazu in diesem Band C. Teichmann (S. 195 ff.) und auch Seibt (S. 67 ff.). 56 Einzelheiten zu dieser für Deutschland nicht relevanten und auch nicht im SEAG umgesetzten Öffnungsklausel bei Brandt (Fn. 3), S. 138. 57 Darauf deuten die Ausführungen von Hommelhoff, AG 2001, 279, 283 hin; ähnlich Hirte, NZG 2002, 1, 5; Schwarz, ZIP 2001, 1847, 1855. 58 Überzeugend Brandt (Fn. 3), S. 147.

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f) Letztentscheidungsrecht, § 111 Abs. 4 AktG Ähnlich der Abberufung lässt sich der SE-VO kein Letztentscheidungsrecht der Hauptversammlung entnehmen, wenn der Aufsichtsrat eine Zustimmung zu einer Geschäftsführungsmaßnahme verweigert, wie es § 111 Abs. 4 Satz 3-5 AktG vorsieht. Entsprechende Vorschläge während der Beratungen zum Entwurf von 1989, etwa auf Anregung des Wirtschafts- und Sozialausschusses,59 wurden nicht aufgenommen. Anders aber als bei der Abberufung streitet hier die von der SE-VO detailliert geregelte interne Organisation des Aufsichtsrats dafür, im Zweifel eher von einem abschließenden Charakter der SE-VO auszugehen.60 Auch lässt sich hier nicht eine spiegelbildliche Befugnis der Hauptversammlung wie bei Bestellung und Abberufung annehmen, da dieses Recht zur Vorlage an die Hauptversammlung kein Pendant in der Organisation der Leitungsorgane der SE-VO hat. Geht man daher richtigerweise von einem abschließenden Regelung aus, ist der Rückgriff auf das nationale Recht in Gestalt des § 111 Abs. 4 Satz 3–5 AktG ausgeschlossen.61 Dies bedeutet allerdings keinen gravierenden Eingriff in die Rechte der Eigentümer, da im Falle des Art. 48 Unterabs. 1 SE-VO die Satzungsgestaltung als eine Form der antizipierten Zustimmung interpretiert werden kann, und im Falle des Art. 48 Unterabs. 2 SE-VO die nach Art. 57 SE-VO mit einfacher Stimmenmehrheit mögliche Abberufung des Aufsichtsrates eine Lösungsmöglichkeit bietet. g) Vergütung des Aufsichtsrats Seit 1975 enthielten die Vorschläge zur SE keine besonderen Regelungen zur Vergütung des Aufsichtsrats mehr. Daher greift hier mangels abschließenden Charakters der SE-VO das Recht der Mitgliedstaaten nach Art. 52 Unterabs. 2 bzw. Art. 9 Abs. 1 c) SE-VO ein, mithin § 113 Abs. 1 Satz 2 AktG.62 h) SE-Ansprüche nach § 147 AktG und Entlastungsbeschluss Die SE-VO verweist bezüglich der Haftung der Mitglieder der Leitungs-, Aufsichts- oder Verwaltungsorgane in Art. 51 SE-VO auf das Recht der Mitgliedstaaten. Die Lückenhaftigkeit des AktG hinsichtlich einer monistischen Verfassung wird durch § 39 SEAG überwunden, der § 93 AktG für anwendbar erklärt. Des weiteren greift über Art. 52 Unterabs. 2 bzw. Art. 9 Abs. 1 c) SE-VO die Zuständigkeit der Hauptversammlung ein, verbunden mit den §§ 147 ff.

__________ 59 Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft v. 28.3.1990, ABl. EG Nr. C 124 v. 21.5.1990, S. 39 f.; zur Entstehungsgeschichte s. auch Brandt (Fn. 3), S. 151 m. w. N. 60 Im Ergebnis ähnlich Reinkensmeier, Die Organisation der Geschäftsführung und ihrer Überwachung in der Europäischen Aktiengesellschaft, Diss. Göttingen 1992, S. 133;.auch Brandt (Fn. 3), S. 151 f. m. w. N. 61 Anders aber C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 454. 62 Zutr. Brandt (Fn. 3), S. 152 f.

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AktG genannten Voraussetzungen.63 Dies gilt auch für die Zuständigkeit der Hauptversammlung bei Verzicht oder Vergleich nach § 93 Abs. 4 AktG.64 Ebenfalls keine Regelung findet sich zu Entlastungsbeschlüssen, wie sie § 120 AktG vorsieht. Bedeutung hat diese Frage gerade durch die vom BGH jüngst in den Vordergrund gerückte allgemeine Kontrolle des Handelns des Vorstandes über die Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses der Hauptversammlung gefunden.65 Wiederum ist fraglich, ob das Schweigen der SE-VO als abschließend zu werten ist oder Art. 52 Unterabs. 2 SE-VO eingreift. Für die Deutung als abschließende Regelung mit Sperrwirkung für das nationale Recht streitet die Entstehungsgeschichte der SE-VO, da noch 1989 sowohl vom Europäischen Parlament66 als auch vom Wirtschafts- und Sozialausschuss67 ein Entlastungsbeschluss gefordert, aber nicht in den Vorschlägen umgesetzt wurde.68 Allerdings hat gerade der Entlastungsbeschluss eine wechselvolle Geschichte hinter sich, da in den Vorschlägen und Entwürfen zuvor, etwa noch 1975 in Art. 71 Abs. 4, Art. 81 Abs. 3 SE-VO-Vorschlag,69 sich entsprechende Normen fanden. Ob allein aus dem Vorschlag 1989 allerdings eine bindende Entscheidung gegen einen Entlastungsbeschluss abgeleitet werden kann, erscheint ebenso fraglich wie der Verweis auf fehlende Vorgaben aus anderen Rechtsordnungen; denn der Entlastungsbeschluss kann je nach Gesellschaftsrechtssystem eine andere Funktion übernehmen. Im deutschen Recht jedenfalls ist der Entlastungsbeschluss von Anfang an im Aktienrecht enthalten gewesen70 und hat wie dargelegt gerade durch die jüngste Rechtsprechung eine erhebliche Aufwertung erfahren, insbesondere wenn man sich eine mögliche Verzahnung mit Schadensersatzklagen nach zukünftigem Recht vor Augen hält. Aufgrund dieser potentiellen Verkoppelung von Schadensersatzsystem und Entlastungsbeschlüssen und der grundsätzlichen Abstinenz der SE-VO gegenüber den Klageund Haftungsinstrumenten spricht viel dafür, hier eine Lückenfüllung durch die Mitgliedstaaten nach Art. 52 Unterabs. 2 SE-VO anzunehmen.

__________ 63 Zur Aktionärsklage s. unten S. 248. 64 Brandt (Fn. 3), S. 153. 65 BGH, ZIP 2003, 387 – Macrotron; dazu Anm. Lutter, JZ 2003, 684, 684 f., und Anm. Streit, ZIP 2003, 392; Volhard/Weber, NZG 2003, 351, 352; K. Schmidt, NZG 2003, 601, 604; Bürgers, NJW 2003, 1642, 1642. 66 Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft, ABl. EG Nr. C 48 v. 25.2.1991, S. 88 und 92; Europäisches Parlament, Bericht des Ausschusses für Recht und Bürgerrechte zum Vorschlag der Kommission an den Rat für eine Verordnung über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft v. 20.12.1990, Teil A S. 35. 67 Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (Fn. 59), S. 40. 68 Demgemäß eine abschließende Regelung bzw. Nichtanwendbarkeit des deutschen Rechts annehmend Brandt (Fn. 3), S. 149 f. 69 Begründung SE-VO-E 1975, S. 236. 70 Bereits das ADHGB kannte in Art. 239 Abs. 2 eine Form der Entlastung. § 104 AktG 1937 entsprach bereits der heutigen Regelung. Zur Geschichte ausführlich Mülbert in Großkomm.AktG, 4. Aufl. 1999, § 120 Rz. 1 ff.

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i) Jahresabschluss und Beschlussfassung über Verwendung des Jahresüberschusses Die SE-VO schweigt weitgehend hinsichtlich des Jahresabschlusses und verweist in Art. 61 SE-VO auf das Recht der Mitgliedstaaten. Dies gilt auch für die Zuständigkeit zur Feststellung des Jahresabschlusses oder der Entscheidung über die Verwendung des Jahresüberschusses. Zwar greift hier nicht der Verweis nach Art. 61 SE-VO ein, da dieser nicht diese Fragen regelt; doch gelangen dann die Art. 9 Abs. 1 c) bzw. Art. 52 Unterabs. 2 SE-VO zur Anwendung mit der gleichen Folge des Verweises auf die Zuständigkeit der Hauptversammlung. Zwar enthielten frühere Vorschläge entsprechende Zuständigkeitsbestimmungen für die Feststellung des Jahresabschlusses, z. B. Art. 81 f. SE-VO-E 1989, doch sind diese gestrichen worden.71 Daraus können jedoch keine Rückschlüsse gezogen werden, da die SE-VO keine grundsätzliche Zuweisung an ein Organ mangels entsprechender Vorgaben enthält, im Sinne einer allgemeinen Zuständigkeit. Demgemäß ist davon auszugehen, dass die mitgliedstaatlichen Vorschriften nach Art. 52 Unterabs. 2 SE-VO bzw. Art. 9 Abs. 1 c) SE-VO eingreifen.72 j) Konzernrechtliche Maßnahmen Bewusste Enthaltsamkeit übt die SE-VO auch hinsichtlich konzernrechtlicher Fragen gem. Erwägungsgrund Nr. 15–17 SE-VO.73 Festzuhalten ist hier nur, dass dementsprechend alle im deutschen Aktienrecht vorgesehenen Hauptversammlungszuständigkeiten eingreifen, insbesondere für den Abschluss von Unternehmensverträgen.

IV. Verfahren der Hauptversammlung, insbesondere Einberufung Ähnlich den Zuständigkeiten der Hauptversammlung wird auch das Verfahren und die interne Organisation der Hauptversammlung nur rudimentär durch die SE-VO in Artt. 54 ff. ausgeformt, ansonsten aber über Art. 53 SE-VO wiederum auf das Mitgliedstaatsrecht verwiesen. Aus den zahlreichen Fragen zur Vorbereitung und zum Ablauf der Hauptversammlung sollen im folgenden nur einige bedeutsamere Punkte herausgegriffen werden:

1. Zeit und Ort der Hauptversammlung Auch für Zeitpunkt und Ort der Hauptversammlung ist das Recht des jeweiligen Mitgliedstaates maßgeblich – wobei sich allerdings die Frage stellt, wie

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71 Zu der früheren Rechtslage Hommelhoff, AG 1990, 422, 428 f.; Gutsche (Fn. 32), S. 100. 72 Ebenso Brandt (Fn. 3), S. 153. 73 Einzelheiten im Kapital über Konzernrecht, s. in diesem Band Maul (S. 249) und Maul/Wenz (S. 261).

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weit der Charakter der SE als transnationale Gesellschaft auf die Auslegung der deutschen Aktienrechtsvorschriften einwirkt: a) Auslands-Hauptversammlung Nach § 121 Abs. 5 AktG soll die Hauptversammlung am Sitz der Gesellschaft abgehalten werden, sofern die Satzung nichts anderes bestimmt – wofür allerdings triftige Gründe gefordert werden.74 Streit herrscht insbesondere über die Frage, ob die Satzung auch eine Hauptversammlung im Ausland vorsehen kann.75 Eng damit verknüpft ist die Anerkennung ausländischer Beurkundungen bzw. ausländischer notarähnlicher Tätigkeiten.76 Ausgangspunkt für die SE muss zunächst die Rückbesinnung darauf sein, dass § 121 Abs. 5 AktG nur über die Verweisung auf das nationale Recht Geltung für die SE erlangt – was keineswegs gebietet, auch die für die nationale AG geltende Auslegung einer Norm unbesehen für die SE zu übernehmen.77 Vielmehr kann dem Charakter der SE als einer europäischen Rechtsform ebenso Rechnung getragen werden wie den Grundfreiheiten der EU, insbesondere auch der Dienstleistungs- und der Kapitalverkehrsfreiheit. Während für eine deutsche AG das Argument verfangen mag, dass die Aktionäre sich im wesentlichen darauf einstellen können, dass die AG in Deutschland ihre Hauptversammlungen abhalten wird,78 sieht das für eine europäische SE, die bewusst

__________ 74 Mit unterschiedlichen Formulierungen: Kubis in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 121 Rz. 56 („sachlich zwingend gebotener Ausnahmefall“); Semler in MünchHdb. GesR, Band 4: AG, 2. Aufl.1999, § 35 Rz. 37 („erhebliche Gründe“); Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 121 Rz. 12 („Sachgründe“); Werner in Großkomm.AktG, 4. Aufl. 1993, § 121 Rz. 52 („beachtliche Gründe“); Zöllner in KölnKomm.AktG, 1970, § 121 Rz. 35 („dringende Gründe“). 75 Dafür: Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 121 Rz. 14 ff.; Biehler, NJW 2000, 1243, 1244; Semler in MünchHdb.GesR, Bd. 4: AG, 2. Aufl.1999, § 35 Rz. 32 ff.; Kubis in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 121 Rz. 55; v. Bar/Grothe, IPRax 1994, 269; Blumenwitz, DNotZ 1968, 712, 720; Bockelmann, NJW 1972, 1729; Bungert, AG 1995, 26, 27; Deutler, ZHR 140 (1976), 520, 523; Schiessl, DB 1992, 823, 823; Schulte, AG 1985, 33, 37; a. A. OLG Hamburg, ZIP 1993, 921; LG Stuttgart, AG 1992, 236, 237; Werner in Großkomm.AktG, 4. Aufl. 1993, § 121 Rz. 48 f.; Wilhelmi, BB 1987, 1331, 1331; Winkler, NJW 1972, 981; ders., NJW 1973, 222. 76 Für zulässig etwa für Notare aus Zürich hält dies BGHZ 80, 76. Im Anschluss an diese Entscheidung wird zumeist gefordert, dass die Auslandsbeurkundung der Niederschrift eines deutschen Notars gleichwertig ist. Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 121 Rz. 16; Semler in MünchHdb.GesR, Bd. 4: AG, 2. Aufl.1999, § 35 Rz. 34 ff.; Kubis in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 121 Rz. 60; Bungert, AG 1995, 26, 31 f.; Schiessl, DB 1992, 823, 825. 77 S. dazu oben S. 255 f. 78 Auch hieran bestehen indes vor dem Hintergrund der europäischen Kapitalverkehrsfreiheit und der grenzüberschreitenden Stimmrechtsausübung erhebliche Zweifel, siehe die Analyse von Kubis in MünchKomm. AktG, 2. Aufl. 2004, § 121 Rz. 55. Nach Biehler, NJW 2000, 1243, 1244 lassen sich viele Bedenken auch auf das ältere Schrifttum zurückführen, dem die zukünftigen Entwicklungen noch unbekannt waren.

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eine grenzüberschreitende Rechtsform darstellt und für den EU-Binnenmarkt geschaffen ist, ganz anders aus. Gerade dieser Charakter der SE gebietet eine andere, EU-freundliche Auslegung des § 121 Abs. 5 AktG, so dass keine Gründe einer Hauptversammlung in anderen EU-Staaten entgegenstehen.79 Gleiches muss demgemäß für die Beurkundung im Ausland gelten, vor allem vor dem Hintergrund der Dienstleistungsfreiheiten, die eine Anerkennung ausländischer notarähnlicher Tätigkeiten für die SE gebieten, auch wenn im nationalen Recht § 121 Abs. 5 AktG dem entgegenstehen mag – was selbst keineswegs gesichert ist.80 Missbräuchen durch willkürliche, vom Ort des Sitzes der SE weit entfernten oder nur schwer erreichbaren Hauptversammlungen kann durch Anfechtungsklagen erfolgreich ein Riegel vorgeschoben werden81 – wobei indes heute auch die Möglichkeit der Internet-Präsenz bedacht werden muss: b) Tele- und Internet-Hauptversammlung Auch die Frage, ob andere Hauptversammlungsformen als die reine PräsenzHauptversammlung zulässig sind, wird nicht durch die SE-VO beantwortet, sondern vielmehr durch Verweis auf das Mitgliedstaatsrecht geregelt. Demgemäß stellen sich die gleichen Probleme wie im deutschen Aktienrecht, insbesondere ob die reine internetgestützte Hauptversammlung zulässig ist.82 Wie zuvor, ist dem besonderen Charakter der SE als grenzüberschreitende Rechtsform Rechnung zu tragen, so dass zwar nicht gänzlich von dem Erfordernis der Präsenz zumindest einiger Aktionäre abgesehen werden kann, da sonst der Verweis auf das Mitgliedstaatsrecht gänzlich aufgehoben würde. Doch spricht die Erleichterung der grenzüberschreitenden Stimmrechtsausübung durch internetgestützte Hauptversammlungen, auch im Wege der Stimmrechtsvollmacht, eher dem supranationalen Charakter der SE als im nationalen Aktienrecht. Schließlich denkt auch die EU über eine entsprechende Richtlinie zur erleichterten grenzüberschreitenden Stimmrechtsausübung nach.83 Demgemäß ist die derzeit von der wohl h. M. schon für zulässig erachtete Hauptversammlung mit flankierendem Interneteinsatz und Stimmrechtsausübung während

__________ 79 Überzeugend schon Schiessl, DB 1992, 823; ihm folgend Brandt (Fn. 3), S. 176. 80 S. hierzu die umfassende Streitdarstellung bei Kubis in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 121 Rz. 60. 81 BGH, AG 1985, 188, 189; OLG Dresden, AG 2001, 489; LG Stuttgart, AG 1992, 236, 237; Kubis in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 121 Rz. 61; Werner in Großkomm.AktG, 4. Aufl. 1993, § 121 Rz. 73 ff. 82 Zur sog. virtuellen Hauptversammlung oder Cyber-Hauptversammlung s. Spindler, ZGR 2000, 420, 429; Kubis in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 118 Rz. 24; Habersack, ZHR 165 (2001), 172, 180 f.; Claussen, AG 2001, 161, 166; Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 118 Rz. 17; Riegger, ZHR 165 (2001), 204, 216; Noack in Noack/ Spindler, Unternehmensrecht und Internet, 2001, S. 13, 34 ff.; Than in FS Peltzer, 2001, S. 577, 596; Hanloser, NZG 2001, 355, 358; Zätsch/Gröning, NZG 2000, 393, 396; Mimberg, ZGR 2003, 21, 45. Die komplett virtuelle Hauptversammlung ist nach ganz herrschender Ansicht de lege lata unzulässig. 83 Noack, NZG 2004, 297 ff.; Noack, NZG 2003, 241 ff.; Zetzsche, BKR 2003, 736 ff.

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der Hauptversammlung über Stimmrechtsvertreter ohne weiteres auch bei der SE zulässig.84

2. Die Sprachenfrage Bei einer grenzüberschreitenden Rechtsform wie der SE in einem multinationalen und -lingualen Rechtsraum wie der EU liegt die Frage auf der Hand, ob die Hauptversammlung und alle diesbezüglichen Mitteilungen sowie Informationen nicht nur in der Sprache des Sitzstaates der SE gehalten sein muss, sondern in allen EU-Sprachen. Die SE-VO enthält hierzu jedoch keinerlei Hinweis. Auch von einer Lücke, die durch Analogien oder gar durch Rechtsfortbildung geschlossen werden könnte, kann hier nicht ausgegangen werden; denn die dadurch aufgeworfenen Kosten, etwa einer Simultan-Übersetzung, wären derart exorbitant, dass der Verordnungsgeber diese Frage hätte regeln müssen. Dass dem VO-Geber das Problem durchaus bekannt war, zeigt Anhang Teil 2 h) der SE-Ergänzungsrichtlinie, die der SE die Kosten für die Dolmetscher anlässlich der Sitzungen zur Verhandlung über die Mitbestimmungsvereinbarung auferlegt. Daher bleibt es hier bei dem Verweis auf das nationale Mitgliedstaatsrecht.85 Umgekehrt resultiert daraus die Frage, ob die SE eine andere Sprache als die am Sitz des Mitgliedstaats gesprochene wählen kann. Im nationalen Aktienrecht ist diesbezüglich anerkannt, dass die Sprache der Hauptversammlung Deutsch sein muss. Eine Ausnahme wird nur dann zugelassen, wenn alle Teilnehmer einverstanden sind.86 Auf SE-Ebene streitet der grenzüberschreitende Charakter demgegenüber dafür, dass zumindest Englisch als lingua franca des internationalen Wirtschaftsverkehrs durch den Satzungsgeber gewählt werden kann.

3. Minderheitenrechte: Einberufung und Bekanntmachungsrecht a) Einberufung Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Fragen der Hauptversammlung regelt die SE-VO die Einberufung zumindest in Ansätzen in Art. 54 SE-VO, ergänzt durch § 50 SEAG entsprechend dem Verweis in Art. 53 SE-VO. Unterschiede zum deutschen Aktienrecht ergeben sich bei der Kompetenz zur Einberufung: Während nach deutschem Recht der Vorstand und nur in Ausnahmefällen der Aufsichtsrat, wenn es das Wohl der Gesellschaft gebietet,

__________ 84 S. die Nachweise in Fn. 82. 85 Brandt (Fn. 3), S. 178. 86 Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 4. Aufl. 2001, S. 128; auch Volhard in Semler/Volhard (Hrsg.), Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, 2. Aufl. 2003, § 13 Rz. 13, S. 489; Kubis in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 118 Rz. 56. Ein ausländischer Aktionär hat außerdem keinen Anspruch auf gesellschaftsseitige Bereitstellung eines Übersetzers, s. Kubis a. a. O.

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nach § 111 Abs. 3 Satz 1 AktG die Hauptversammlung einberufen kann, gibt Art. 54 Abs. 2 SE-VO allen Leitungsorganen, aber auch sonstigen Organen und Behörden gleichberechtigt und ohne Restriktion die Befugnis zur Einberufung der Hauptversammlung87. Damit kann selbst ein nicht zwingend vorgesehenes Organ, wie etwa ein Beirat, die Hauptversammlung einberufen. Dies mutet zwar auf den ersten Blick eigenartig an, wenn man die Kosten bedenkt, die mit einer Hauptversammlung verbunden sind; doch lässt der Wortlaut des Art. 54 Abs. 2 SE-VO keine andere Interpretation zu, da außer den dort genannten Verwaltungsorganen von der SE-VO zwingend nur noch die Hauptversammlung als Organ vorgesehen ist, die sich schlechterdings nicht selbst einberufen kann. Denkbar sind daher etwa in der Satzung vorgesehene Beiräte oder Aktionärsausschüsse.88 Probleme wirft der in Art. 54 Abs. 2 SE-VO enthaltene Bezug auf das nationale Recht auf („Die Hauptversammlung kann … nach den für Aktiengesellschaften im Sitzstaat der SE maßgeblichen einzelstaatlichen Bestimmungen einberufen werden“). Denn die Bezugnahme könnte so verstanden werden, dass sie es dem Mitgliedstaatsrecht überlässt, wer die Hauptversammlung letztlich einberufen kann, und daher die Aufzählung in Art. 54 Abs. 2 SE-VO nur beispielhaft wäre. Indes wäre dann die Regelung kaum verständlich, da sich eine solche Bezugnahme schon aus den generellen Verweisen der SE-VO auf das Mitgliedstaatsrecht in Art. 9 Abs. 1 c) SE-VO bzw. Art. 53 SE-VO ergäbe. Der Verweis in Art. 54 Abs 2 SE-VO schränkt daher nicht die Kompetenzen der in Art. 54 Abs. 2 SE-VO aufgeführten Organe zur Einberufung ein, sondern bezieht sich zunächst auf das Verfahren der Einberufung.89 Bedeutung kann der Verweis indes auch für die in Art. 54 Abs. 2 SE-VO genannten Behörden gelten, die nicht allgemein von der SE-VO aufgrund der unterschiedlichen Regelungen und Zuständigkeiten in den Mitgliedstaaten benannt werden können. Demnach entscheidet allein das nationale Mitgliedstaatsrecht darüber, welche staatlichen Organe zuständig sind – wobei allerdings zwingend ein staatliches Organ diese Kompetenz haben muss. Neben den Organen bzw. Behörden kann auch eine Aktionärsminderheit nach Art. 55 SE-VO die Einberufung der Hauptversammlung durchsetzen, wobei der Antrag zunächst an die Gesellschaft (und damit an die vertretungsberechtigten Organe)90 zu stellen ist und nur bei nicht erfolgender Einberufung die Gerichte oder Behörden auf Antrag die Hauptversammlung einberufen, Art. 55 Abs. 3

__________ 87 Siehe auch Zollner in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, Teil 1 § 62, S. 648 ff. 88 Ebenso Brandt (Fn. 3), S. 180; zum deutschen Recht Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 121 Rz. 8; s. auch Kubis in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 121 Rz. 22 ff.; Werner in Großkomm.AktG, 4. Aufl. 1993, § 121 Rz. 38. 89 Überzeugend Brandt (Fn. 3), S. 181. 90 Anders Brandt (Fn. 3), S. 190 f.: jedes Organ, das zur Einberufung berufen ist. Art. 55 SE-VO enthält hierzu keine Regelungen, so dass den allgemeinen zivilrechtlichen Normen folgend die Gesellschaft der richtige Adressat eines Aktionärsbegehrens ist.

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SE-VO.91 Das nötige Quorum siedelt Art. 55 Abs. 1 SE-VO dabei bei 10 % des gezeichneten Kapitals der SE-VO an, enthält aber für geringere (nicht: höhere) Quoren eine Öffnungsklausel sowohl für die Satzung als auch für die Mitgliedstaaten, wobei es sich um einen Gestaltungsspielraum auf der Ebene der Satzung nach der SE-VO handelt, die den einzelstaatlichen Vorgaben gem. Art. 9 Abs. 1 b) SE-VO vorgeht.92 Das deutsche Recht hat von dieser Ermächtigung in § 50 Abs. 1 SEAG Gebraucht gemacht und das Quorum auf 5 % gesenkt. Weitere Vorgaben, insbesondere hinsichtlich besonderer Gründe für die Einberufung oder eine Begründungspflicht, enthält die SE-VO nicht. Jedoch kann daraus nicht der Schluss gezogen, dass das damit das gesamte Verfahren allein durch die SE-VO ausgeformt wird; denn für die Begründungspflicht (§ 122 Abs. 1 AktG) sprechen parallele Regelungen im Minderheitenrecht bei Bekanntmachung der Tagesordnung nach Art. 56 SE-VO.93 Keine Möglichkeit besteht dagegen wie im deutschen Aktienrecht, bestimmten Personen oder Organmitgliedern nach § 121 Abs. 2 Satz 3 AktG in der Satzung die Befugnis zur Einberufung einzuräumen. Denn die SE-VO sieht hier keinerlei Satzungsspielraum vor, so dass auch durch die partielle Verweisung in das nationale Mitgliedstaatsrecht sich durch die Sperrwirkung der SE-VO kein entsprechender Gestaltungsspielraum ergibt.94 Dagegen dürfte die Regelung von § 121 Abs. 2 Satz 2 AktG, die auch Schein-Organmitglieder, die im Register eingetragen sind, aus Gründen der Rechtssicherheit zur Einberufung befugt erklärt,95 auch für die SE-VO anwendbar sein. Zwar enthält Art. 54 Abs. 2 SE-VO keine entsprechende Erweiterung; doch präjudiziert der Begriff des „Organs“ in Art. 54 Abs. 2 SE-VO nicht die Auslegung, wann jemand noch als Organmitglied gelten kann und ob aus Gründen des Schutzes des Rechtsverkehrs und der Rechtssicherheit nicht auch Schein-Organmitglieder als befugt gelten können.96 Eines besonderen Grundes zur Einberufung bedarf es nach Art. 54 Abs. 2 SE-VO nicht; vielmehr hält die VO fest, dass die Organe jederzeit die Hauptversammlung einberufen können. Da sich diese Befugnis auf sämtliche Organe erstreckt, erweitert sie auch für andere Organe als den Vorstand deren Einberufungsbefugnis, also auch für den Aufsichtsrat, der an sich nach nationalem Aktienrecht nach § 111 Abs. 3 Satz 1 AktG nur, wenn es das Wohl der Gesell-

__________

91 Einzelheiten zu diesem Verfahren, die hier nicht zu vertiefen sind, bei Brandt (Fn. 3), S. 197 ff. 92 Zutr. Brandt (Fn. 3), S. 194 f.; teilweise abweichend Schindler, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2002, S. 76, der niedrigere einzelstaatliche Quoren für zulässig hält. 93 S. auch Brandt (Fn. 3), S. 192 unter Hinweis auf frühere Fassungen bzw. Entwürfe der SE-VO. 94 Brandt (Fn. 3), S. 182. 95 S. dazu Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 121 Rz. 7; Werner in Großkomm.AktG, 4. Aufl. 1993, § 121 Rz. 30; Kubis in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 121 Rz. 18. 96 Anders unter Hinweis auf europäisch gebotene Rechtssicherheit Brandt (Fn. 3), S. 182 f.

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schaft erfordert ermächtigt, zur Einberufung ermächtigt ist.97 Die SE-VO beschränkt die Einberufung aber nicht, so dass auch nationales Recht hier keine entsprechenden Vorgaben machen kann. Umgekehrt aber stellt Art. 54 Abs. 2 SE-VO die Einberufung der Hauptversammlung nicht vollständig in das Ermessen der Organe, sondern ergänzt insoweit nur die nach der SE-VO bzw. nach nationalem Aktienrecht bestehenden Pflichten zur Einberufung.98 Anders als in früheren Vorschlägen, etwa in Art. 91 Abs. 2 SE-VO-E 1989, findet sich in der SE-VO nicht mehr ein Passus, wonach Beschlüsse trotz Formfehlers bei der Einberufung wirksam sind, wenn alle Aktionäre erscheinen und dem Formfehler nicht widersprechen.99 Die jetzige SE-VO schweigt dazu und verweist auf das nationale Recht, so dass §§ 126 Abs. 6, 241 Nr. 1 AktG eingreifen mit der Folge, dass eine Verletzung der Einberufungsvorschriften geheilt werden kann, wenn alle Aktionäre erschienen sind und niemand der Durchführung der Hauptversammlung widerspricht.100 b) Bekanntmachungsrecht Das Recht zur Bekanntmachung eines Beschlussgegenstandes zur Tagesordnung ist von der SE-VO ähnlich wie das Einberufungsrecht nach Art. 55 SE-VO als Minderheitsrecht in Art. 56 SE-VO ausgestaltet worden. Wie in Art. 55 SE-VO genügt ein Quorum von 10 % des gezeichneten Kapitals, vorbehaltlich geringerer Quoren in der Satzung (auf der Grundlage der SE-VO) oder des Mitgliedstaatsrechts. Eine solche Herabsetzung sieht § 50 Abs. 2 SEAG in Übernahme der entsprechenden aktienrechtlichen Regelung in § 122 Abs. 2 AktG vor, indem nicht nur ein fester Prozentsatz (5 %) genannt wird, sondern ein Fix-Betrag von 500 000 Euro, der bei höherem Grundkapital ohne weiteres wesentlich geringer als 5 % sein kann. Diese feste Schwelle ist allerdings erheblichen Bedenken ausgesetzt: Denn der eindeutige Wortlaut des Art. 55 SE-VO spricht nur von einem „niedrigeren Prozentsatz“, also einer beweglichen Schwelle und keinem Fixbetrag. Dafür spricht auch der Werdegang der SE-VO.101 Aufmerksamkeit verdient für diesen Komplex schließlich die Frage der Rechtsdurchsetzung, da Art. 56 SE-VO keine Regelungen für den Fall enthält, dass die Gesellschaft die Bekanntmachung beantragter Beschlussgegenstände für die Tagesordnung verweigert. Da Art. 55 Abs. 3 SE-VO explizit ein Verfahren vor-

__________ 97 Demgegenüber will Brandt (Fn. 3), S. 184 f. für staatliche Organe eine teleologische Reduktion vornehmen, da der Staat sich nicht in gesellschaftsinterne Angelegenheiten einmischen dürfe. Eine solche Einschränkung ergibt sich jedoch nicht aus der SE-VO, sondern vielmehr aus den jeweiligen verwaltungs- bzw. staatsrechtlichen Bindungen der staatlichen Organe. 98 Ebenso Brandt (Fn. 3), S. 184; für das nationale Recht s. den Überblick bei Reichert in Semler/Volhard (Fn. 86), S. 127 ff. 99 S. auch Art. 86 Abs. 4 SE-VO-E 1975. 100 Vgl. Brandt (Fn. 3), S. 179. 101 Eingehend m. w. N. Brandt (Fn. 3), S. 210 f.

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sieht, falls die Gesellschaft nicht dem Begehren der Minderheit nachkommt, Art. 56 SE-VO dagegen nicht, könnte daraus der Schluss gezogen werden, dass die SE-VO hier keine Sanktionen an eine Verletzung des Minderheitenrechts knüpfen wollte. Dagegen spricht aber schon der Charakter des Minderheitenrechts, das sonst weitgehend leer laufen würde, wenn die Gesellschaft nicht zur Bekanntmachung gezwungen werden könnte; daher ist von einer abschließenden Regelung nicht auszugehen, sondern vielmehr von einer planwidrigen Regelungslücke. Auch das deutsche Recht enthält in § 122 Abs. 3 AktG eine entsprechende Sanktionsmöglichkeit, so dass schon über den Verweis auf das nationale Mitgliedstaatsrecht sich eine entsprechende Durchsetzbarkeit des Minderheitenrechts ergäbe. Allerdings liegt eine Analogie zu dem strukturell verwandten Minderheitenrecht des Art. 55 Abs. 3 SE-VO näher, da damit ein Gleichklang zwischen den Rechtsbehelfen hergestellt werden kann.102

4. Ablauf und Leitung der HV Die SE-VO schweigt sich ferner über den konkreten Ablauf und Leitung der Hauptversammlung aus, insbesondere über die einzelnen Rechte der Aktionäre während der Hauptversammlung. Im Grundsatz kommt daher über Art. 53 SE-VO das Recht des Sitzstaates zur Anwendung.103 Davon sind zahlreiche Problemkomplexe betroffen, für die allesamt das nationale Aktienrecht heranzuziehen ist, insbesondere: – – – –

Das Recht der Stimmvertretung Die Leitungskompetenz und der Ablauf der Hauptversammlung Das Fragerecht des Aktionärs bzw. die Auskunftspflicht der Organe Die Stimmrechtsverbote

5. Beschlussfassung und Abstimmungen Hinsichtlich der Beschlussfassung finden sich in der SE-VO teilweise detailliertere Regelungen in den Artt. 57 ff. SE-VO als zu anderen Fragen – indes bleiben auch hier grundlegende Themen, wie die Beschlussfähigkeit, ungeregelt: a) Beschlussfähigkeit der Hauptversammlung Normen zur allgemeinen Beschlussfähigkeit der Hauptversammlung sucht man in der SE-VO vergeblich, vergleichbar dem deutschen Aktienrecht, das ebenfalls keine Vorgaben kennt, allerdings in § 133 AktG der Satzung frei-

__________ 102 Im Ergebnis auch Brandt (Fn. 3), S. 219 f. 103 Schwarz, ZIP 2001, 1847, 1857; Brandt (Fn. 3), S. 224 f. m. w. N. zu Vorläuferregelungen.

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stellt, Quoren aufzustellen.104 Lediglich Art. 59 Abs. 2 SE-VO enthält mittelbar eine Aussage, indem eine Öffnungsklausel für Mitgliedstaaten bei satzungsändernden Beschlüssen zur Festlegung einer einfachen Mehrheit vorgesehen wird, sofern die Hälfte des gezeichneten Kapitals vertreten ist. Art. 53 SE-VO kann hier von vornherein zur Lückenfüllung nicht unmittelbar herangezogen werden, da die Verweisung in Art. 53 SE-VO das Abstimmungsverfahren regelt, nicht aber die Voraussetzungen überhaupt für eine Abstimmung.105 Andererseits bleibt unklar, ob der VO-Geber die Nicht-Regelungen zur Beschlussfähigkeit abschließend verstanden wissen will, so dass von vornherein und generell kein Quorum für die Beschlussfähigkeit gilt; denn den rudimentären Regelungen kann kein einheitlicher Zusammenhang entnommen werden, sie wirken eher punktuell. Für die Annahme, dass keine einheitliche Regelung durch die fehlende Aufnahme von Beschlussfähigkeitsregelungen gewollt war, streitet auch die Entstehungsgeschichte der VO, die ursprünglich entsprechende Quoren enthielt, die aber – offenbar ohne damit eine abschließende Regelung durch Schweigen schaffen zu wollen – aufgegeben wurden.106 Demgemäß eröffnet Art. 9 Abs. 1 c) SE-VO einen Spielraum für den nationalen Gesetzgeber, der nach § 133 AktG auch für entsprechende Satzungsbestimmungen gilt. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass damit die europaweite Rechtssicherheit gefährdet sei;107 denn gerade eine Satzungsregelung, die entsprechender Publizität bedarf, sorgt für entsprechende Klarheit. b) Abstimmungsverfahren; Stimmrechte Punktuelle Regelungen zum Abstimmungsverfahren enthält Art. 58 SE-VO, der bestimmt, welche Stimmen bei der Auszählung zu berücksichtigen sind, wobei es nur auf die Teilnahme des Aktionärs an der Abstimmung ankommt. Andere Verfahrensfragen werden dagegen durch das Recht der Sitzstaaten nach Art. 53 SE-VO beantwortet, insbesondere das Zähl- oder Abstimmungsverfahren.108 Auch die stimmrechtslosen Aktien oder Mehrfachstimmrechtsaktien finden in der SE-VO ebenso wenig Berücksichtigung durch besondere Ausgestaltung wie Höchststimmrechte. Vielmehr verweist die SE-VO implizit durch Art. 5 und 9 Abs. 1 c) auf das nationale Recht. Dies wird bekräftigt durch die wechselvolle

__________ 104 Näher hierzu Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 133 Rz. 8; Volhard in MünchKomm. AktG, 2. Aufl. 2004,§ 133 Rz. 16 f., der anmerkt, dass ein derartiges Verfahren bei Publikumsgesellschaften unüblich wäre; Zöllner in KölnKomm.AktG, 1970, § 133 Rz 30; Semler in MünchHdb.GesR, Band 4: AG, 2. Aufl.1999, § 39 Rz. 27, für eine taugliche Beschlussfähigkeit mit nur einer Stimme Anwesenheit schon RGZ 82, 386, 388. 105 Zutr. Brandt (Fn. 3), S. 230. 106 S. etwa Art. 84 SE-VO-E 1989 und die Streichung 1991, Begründung der Kommission zu Art. 84 SE-VO-E 1991, S. 10. 107 So aber Brandt (Fn. 3), S. 234. 108 Zu den möglichen Zählverfahren Semler in MünchHdb.GesR, Band 4: AG, 2. Aufl. 1999, § 39 Rz. 35.

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Entstehungsgeschichte der SE-VO bzw. durch diverse Streichungen entsprechender Normen.109 c) Quoren für Beschlüsse aa) Grundsatz: Einfache Stimmenmehrheit Nach Art. 57 SE-VO, der grundsätzlich für alle Beschlüsse mit Ausnahme gesondert normierter Beschlüsse, wie z. B. zur Satzungsänderung, gilt, ist die einfache Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erforderlich. Allerdings enthält Art. 57 SE-VO eine Öffnungsklausel für höhere Mehrheiten, die nicht nur in der SE-VO, sondern auch durch das Mitgliedstaatsrecht vorgeschrieben werden können. Fraglich ist allerdings, ob diese Bezugnahme auf das nationale Recht auch mögliche Satzungsgestaltungen nach nationalem Recht umfasst. Denn der Wortlaut des Art. 57 SE-VO sieht entgegen Art. 52 SE-VO keinen entsprechenden Spielraum vor. Auch unterscheidet sich Art. 57 SE-VO deutlich in der Wortwahl von Art. 59 SE-VO, der alternativ von „vorsehen“ oder „zulassen“ spricht, mithin sich auch auf abweichende Satzungsgestaltungen bezieht. Daher wird zu Recht aus diesen Formulierungen abgeleitet, dass Art. 57 SE-VO als abschließend zu verstehen ist und nur zwingende mitgliedstaatliche Abweichungen für größere Mehrheiten zulässt, nicht aber Satzungsgestaltungen.110 bb) Satzungsändernde Beschlüsse Für satzungsändernde Beschlüsse enthält Art. 59 SE-VO eine besondere Vorschrift, die eine Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen verlangt, wiederum mit einer Öffnungsklausel für höhere Mehrheiten in den Mitgliedstaaten oder – anders als Art. 57 SE-VO – der Satzung (Abs. 1) oder einer einfachen Mehrheit, wenn die Hälfte des gezeichneten Kapitals vertreten ist (Abs. 2). Von letzterer Öffnungsklausel hat Deutschland in § 51 Satz 1 SEAG Gebrauch gemacht, indem der Satzungsgeber entsprechende Mehrheiten vorsehen können soll, allerdings mit der Ausnahme für Änderungen des Unternehmensgegenstandes oder – selbstverständlich – Fälle, in denen die höhere Kapitalmehrheit zwingend vorgeschrieben ist. Indes deckt sich § 51 Satz 1 SEAG nicht mit der Ermächtigung in Art. 59 Abs. 2 SE-VO, der nur einer gesetzlichen Vorschrift, nicht aber einer Satzungsklausel den Weg ebnen will; dies ergibt sich wiederum durch einen Vergleich mit Art. 52 Unterabs. 2 SE-VO.111

__________ 109 Art. 52 Abs. 2 SE-VO-E 1991, Art. 92 Abs. 2 b) SE-VO-E 1989 etwa für Höchststimmrechte, ausführlicher Brandt (Fn. 3), S. 236 f. m. w. N. 110 Überzeugend Brandt (Fn. 3), S. 241 f., der zudem auf andere europäische Rechtsformen und die Entstehungsgeschichte verweist; auch Zollner in Kalss/Hügel, SEKomm., 2004, Teil 1 § 62 S. 654. 111 Brandt, NZG 2002, 991, 993, 994, der eine satzungsrechtliche Ermächtigung wegen des Zieles eines „möglichst gemeinschaftseinheitlichen SE-Statutes“ ablehnt; Brandt (Fn. 3), S. 247; für die deutsche Regelung dagegen Stellungnahme des DAV,

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Hinsichtlich des Anwendungsbereichs erfasst Art. 59 SE-VO sämtliche Beschlüsse, die zu einer Änderung der Satzung führen, mit Ausnahme der in der SE-VO besonders geregelten Fälle, insbesondere der Auflösung nach Art. 63 SE-VO. Damit fallen auch Kapitalmaßnahmen, die notwendigerweise die Satzung berühren, unter die Beschlussanforderungen nach Art. 59 SE-VO, was auch durch einen Blick auf die Entstehungsgeschichte des Art. 5 SE-VO bekräftigt wird, der zwar hinsichtlich der Rechtsfragen zum Kapital auf das Mitgliedstaatsrecht verweist, aber als Ersatz für die früher umfangreicheren Regelungen aufgenommen wurde – die ihrerseits hinsichtlich der Beschlussfassung wiederum auf die Vorgänge der heutigen Regelung zur Satzungsänderung in Art. 59 SE-VO verwiesen.112 Mithin ist Art. 5 für Kapitalmaßnahmen kein Verweis auf die Quoren in den nationalen Rechten zu entnehmen.113 Auch andere, den satzungsändernden Beschlüssen verwandte Beschlüsse müssen den Abstimmungsanforderungen des Art. 59 SE-VO unterfallen, insbesondere der Komplex der ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeiten, die gerade mit einer Analogie zur Satzungsänderung begründet wurden. Die Satzung kann hier nicht auf der Grundlage von § 51 Satz 1 SEAG abweichen, da zum einen – wie dargelegt – zweifelhaft, ob § 51 Satz 1 SEAG der Ermächtigung in Art. 59 Abs. 2 SE-VO entspricht, zum anderen der Fall der ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeit am ehesten der Änderung des Unternehmensgegenstandes als fundamentalem Struktureingriff entspricht, der wiederum in § 51 Satz 2 SEAG der Satzungsgestaltung entzogen ist.

V. Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage Stück für Stück hat der europäische Verordnungsgeber schließlich die früheren Regelungen zur Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage aufgegeben,114 zugunsten eines vollständigen (impliziten) Verweises auf das nationale Recht nach Art. 9 Abs. 1 c) SE-VO.115 Demgemäß finden die §§ 241 ff. AktG in vollem Umfang auf die SE Anwendung, auch die vom UMAG vorgesehenen Regelungen zur Vermeidung räuberischer Anfechtungsklagen, etwa hinsichtlich der nötigen Publizität von Vergleichen. Der Verweis gilt sowohl für Nichtigkeits- und Anfechtungsgründe, als auch für die Befugnis zur Erhebung der Anfechtungsklage oder die Einhaltung von Anfechtungsfristen. Besondere Probleme wird die Be-

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112 113 114 115

NZG 2004, 75, 85, die auf § 179 Abs. 2 Satz 2 AktG rekurrieren und aufgrund der Einhaltung der Notwendigkeit des Mehrheitserfordernisses die Regelung für sachgemäß halten; mit dem gleichen Argument des § 179 Abs. 2 Satz 2 AktG C. Teichmann, ZIP 2002, 1109, 1115, der allerdings für die Änderung des Unternehmensgegenstandes eine Ausnahme machen will. Artt. 42 Abs. 1, 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 SE-VO-E 1991. Brandt (Fn. 3), S. 243 ff.; dagegen nehmen Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657 ff. hierzu nicht Stellung. S. etwa noch Art. 100 SE-VO-E 1989. Dazu Hommelhoff/C. Teichmann, SZW 2002, 1, 10; Hirte, NZG 2002, 1, 8; Brandt (Fn. 3), S. 266.

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stimmung der Nichtigkeitsgründe aufwerfen, insbesondere derjenigen nach § 241 Nr. 3 AktG, die sich auf die Verletzung von Vorschriften ausschließlich oder überwiegend zum Schutz der Gläubiger oder öffentlicher Interessen beziehen. Da die SE kaum Aussagen zum Kapital enthält und die Vorgaben für die Ausgestaltung der Leitungsorgane kaum als überwiegend gläubigerschützend qualifiziert werden können, wird die nationalstaatliche Dogmatik zu § 241 Nr. 3 AktG im wesentlichen herangezogen werden müssen. Allerdings können grobe Verletzungen der Organisationsstruktur der SE wohl als „mit dem Wesen“ der SE nicht vereinbar entsprechend § 241 Nr. 3 AktG gewertet werden. Die Verweisung auf das nationale Recht umfasst schließlich auch die Aktionärsklage in Gestalt der vom BGH116 aufgrund offener Rechtsfortbildung anerkannten117 Individualklagebefugnis in der Holzmüller- und Gelatine-Entscheidung. Gleiches gilt für mögliche Klagegründe aus Verletzung des Mitgliedschaftsrechts, wie sie der BGH in der Schärenkreuzer-Entscheidung118 vorgezeichnet hat.

__________ 116 Holzmüller, BGHZ 83, 122, 125 ff. = AG 1982, 158, 159 = NJW 1982, 1703, 1704 = ZIP 1982, 568, 569 f. 117 Zu den prozessrechtlichen Folgen der Holzmüller-Entscheidung s. nur Kubis in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2004, § 119 Rz. 37; für eine Klagebefugnis neben der Gesellschaft Semler in MünchHdb.GesR, Bd. 4: AG, 2. Aufl.1999, § 34 Rz. 41; für eine Klagebefugnis anstelle der Gesellschaft dagegen Sünner, AG 1983, 169, 170 f.; Rehbinder, ZGR 1983, 92, 106. 118 BGHZ 110, 323 ff. = NJW 1990, 2877; für den Fall eines eingetragenen Vereins, für eine GmbH bereits RGZ 100, 274 ff.; grundlegend Mertens in FS R. Fischer, 1979, S. 461, 468 ff.; Mertens in MünchKomm.BGB, 4. Aufl. 2004, § 823 Rz. 152; Spindler in Bamberger/Roth, BGB, 2003, § 823 Rz. 100; umfassend Habersack, Die Mitgliedschaft – subjektives und „sonstiges“ Recht, 1996; auch Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, 13. Aufl. 1994, § 76 II 4 e; K. Schmidt, JZ 1991, 157, 158.

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Das Konzernrecht der Europäischen Gesellschaft* Silja Maul Inhaltsübersicht I. Einleitung ....................................... 249 II. Anwendung der konzernrechtlichen Regelungen auf die SE ........ 250 III. Vertragskonzern ............................. 252 1. Die SE als herrschendes Unternehmen ....................................... 252 2. Die SE als abhängige Gesellschaft ........................................... 252 a) Monistisches System .............. 253 aa) Adressat von beherrschungsvertraglichen Weisungen bei einer beherrschten SE ................ 253 bb) Der Umfang des Weisungsrechts gegenüber der SE .... 253 cc) Die Kompetenzen der Hauptversammlung .......... 255 dd) Umsetzung des § 308 Abs. 3 AktG im Falle einer monistisch organisierten SE ........................... 255

ee) Andere Gewichtung .......... 256 ff) Abschluss des Vertrages und Rechte der Aktionäre . 257 b) Dualistisches System .............. 257 IV. Faktische Unternehmensverbindungen ....................................... 1. Die SE als herrschendes Unternehmen ........................................ 2. Die SE als abhängige Gesellschaft ........................................... a) Monistisches System .............. aa) Aufstellung des Abhängigkeitsberichts ...................... bb) Prüfung des Abhängigkeitsberichts ...................... b) Dualistisches System ..............

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V. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse ............................ 260

I. Einleitung Die Gründungsverfahren der SE bringen es mit sich, dass die SE in aller Regel Teil eines Unternehmensverbundes ist. Dies wirft verstärkt die Frage auf, wie abhängige oder herrschende SE mit Sitz in Deutschland behandelt werden, zumal die SE-Verordnung keine eigenständigen Regelungen für diese Fälle beinhaltet. Der deutsche Gesetzgeber hat sich im Ausführungsgesetz1 für die Anwendung der §§ 291 ff. AktG entschieden und damit die zwei vorgelagerten und zum Teil umstrittenen Fragen, ob Raum für eine Verweisung auf das nationale Konzernrecht ist und, wenn ja, ob sie in vollem Umfang möglich ist, positiv beantwortet (s. unter II.). Zudem hat der Gesetzgeber durch besondere Regelungen im Ausführungsgesetz die Grundlagen für die Anwendung der konzernrechtlichen Regelungen auf monistisch strukturierte SE gelegt, die

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Geringfügig überarbeitete Fassung eines Vortrages, den die Verfasserin am 27.11.2004 in Bonn gehalten hat. An der Publikationsfassung des Vortragsmanuskripts hat Rechtsreferendar Maxim Kleine, Hamburg/Brüssel, mitgewirkt. Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) v. 22.12.2004, BGBl. I 2004, S. 2675.

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Vertragsteil eines Beherrschungsvertrages (s. unter III.) oder einer faktischen Unternehmensverbindung sind (s. unter IV.). Letzteres war erforderlich, um die auf dualistisch strukturierte Gesellschaften zugeschnittenen konzernrechtlichen Regelungen des Aktiengesetzes auf monistisch strukturierte Gesellschaften mit einem Verwaltungsrat anzupassen.

II. Anwendung der konzernrechtlichen Regelungen auf die SE Die SE-Verordnung2 selbst enthält keine konzernrechtlichen Regelungen im materiellen Sinn, wenn man von Art. 61 und 62 SE-VO absieht, die sich mit der Aufstellung, Prüfung und Offenlegung des Konzernabschlusses befassen. Es liegt insoweit eine Regelungslücke vor, die unter Heranziehung des deutschen Konzernrechts auszufüllen ist. Das ergibt sich mittelbar aus § 49 SEAG, der für monistisch organisierte SE im Hinblick auf die Vorschriften der §§ 308 bis 318 AktG und §§ 319 bis 327 AktG an die Stelle des Vorstandes die geschäftsführenden Direktoren treten lässt. Denn die Zuweisung dieser Aufgaben an den geschäftsführenden Direktor setzt implizit die Anwendung der konzernrechtlichen Regelungen des deutschen Aktiengesetzes voraus.3 Offen lässt das Ausführungsgesetz dabei, auf welche Grundlage es den Verweis auf das nationale Recht stützt. In Betracht kommen insoweit eine international privatrechtliche Verweisung4 oder eine Verweisung über Art. 9 Abs. 1 lit. c in Form einer Gesamtnormverweisung5. Der Wortlaut des Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO, nach dem eine SE wie eine Aktiengesellschaft, auf die erst nach einer IPRrechtlichen Prüfung die aktienrechtlichen Regelungen anwendbar sind, behandelt werden soll, spricht ebenso wie die historische Auslegung für eine Gesamtnormverweisung.6 Beide Auffassungen führen aber insoweit zu den gleichen Ergebnissen, als auf SE mit Sitz in Deutschland deutsches Konzernrecht unter dem Vorbehalt zur Anwendung gelangt, dass im Hinblick auf grenzüberschreitende Sachverhalte die Regelungen des Internationalen Privatrechts zur Anknüpfung an das deutsche Recht gelangen.7

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VO (EG) Nr. 2157/2001 v. 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. EG v. 10.11.2001, Nr. L 294, S. 1. So auch Habersack, ZGR 2003, 724, 725; Maul, ZGR 2003, 743 f. So Casper in FS Ulmer, 2003, S. 51, 65 f. m. w. N., der Art. 9 Abs. 1 lit. c SE-VO als Sachnormverweisung interpretiert; ebenso für eine Sachnormverweisung: Habersack, ZGR 2003, 724, 726 ff.; Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2000, S. 577; Brandt/Scheifele, DStR 2002, 547, 553; J. Wagner, NZG 2002, 985, 987. S. hierzu C. Teichmann, ZGR 2002, 383, 395 ff. So eingehend C. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht, 2005 (im Druck), Teil 2, Abschnitt E; s. auch C. Teichmann in ZGR 2002, 383, 395 ff.; Brandi, NZG 2003, 889, 890. S. zur Frage des anwendbaren Rechts im Rahmen von grenzüberschreitenden Unternehmensverbindungen: Kindler in MünchKomm.BGB, 3. Aufl. 1999, IntGesR, Rz. 549; Maul, Konzernrecht, in Theisen/Wenz, Europäische Aktiengesellschaft, 2002, S. 435.

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Durch die Regelung des § 49 SEAG wird zudem deutlich, dass sich der deutsche Gesetzgeber gegen die von Hommelhoff vertretene Auffassung entschieden hat. Nach dieser Auffassung sollen die Anwendung der Regelungen zum Vertragskonzern auf abhängige SE vollständig und diejenigen zu den faktischen Unternehmensverbindungen auf abhängige SE zum großen Teil abzulehnen sein.8 Im Rahmen der Regelungen zum Vertragskonzern soll hiernach das Weisungsrecht nach § 308 AktG unvereinbar sein mit der eigenverantwortlichen Leitung durch das Leitungsorgan (Art. 39 Abs. 2 SE-VO) und auch mit der Ausrichtung der Gesellschaft an ihrem Eigeninteresse. Zudem soll die im Rahmen von Beherrschungsverträgen auf SE zur Anwendung gelangende Regelung des § 291 Abs. 3 AktG gegen die Kapitalrichtlinie (Art. 15 Abs. 1 der 2. Richtlinie) verstoßen. Der Abschluss eines Beherrschungsvertrags mit einer SE als unterworfenem Unternehmen sei deshalb unzulässig. Ebenso soll nach Ansicht von Hommelhoff der Vorrang des Eigeninteresses der SE einem nach § 311 AktG zulässigen hinausgeschobenen Ausgleich entgegenstehen9, so dass das System der §§ 311 ff. AktG nur zum Teil, nämlich mit Blick auf die Berichtspflichten der §§ 312 ff. AktG auf abhängige SE anwendbar sei. Sicherlich wird eine abschließende Beantwortung der Frage, ob die durch das Ausführungsgesetz vorgesehene Anwendbarkeit der konzernrechtlichen Regelungen mit dem vorrangigen europäischen Recht vereinbar ist, im Ergebnis nur der Europäische Gerichtshof vornehmen können. Für die Anwendbarkeit der konzernrechtlichen Regelungen auf SE spricht insoweit aber sowohl im Hinblick auf die die Vertragskonzerne als auch die faktischen Konzerne, dass die SE-Verordnung ausweislich ihrer Begründung10 keine Konzernsachverhalte regeln will11, so dass die für das dualistische Modell vorgesehene eigenverantwortliche Leitung durch das Leitungsorgan (Art. 39 Abs. 1 SE-VO) schon deshalb lediglich die Leitungsverfassung einer unabhängigen Gesellschaft meinen kann.12 Zudem ist zu sehen, dass die §§ 311 ff. AktG den Vorstand der abhängigen Gesellschaft, der auch nach dem Aktiengesetz zur eigenverantwortlichen Leitung berufen ist (§ 76 Abs. 1 AktG), nicht dazu verpflichten können, für die Gesellschaft nachteilige Veranlassungen umzusetzen, sondern dass der Vorstand nachteilige Geschäfte nach seiner pflichtgemäß zu treffenden Entscheidung auch ablehnen kann bzw. sogar muss13. Der alleinige Unterschied zu einem Vorstand einer ungebundenen Gesellschaft besteht darin, dass der Vorstand im Konzerninteresse ein nachteiliges Geschäft mit herausgeschobenem Nachteilsausgleich eingehen darf, was ihm sonst verwehrt wäre.14 Dass die SE-

__________ 8 9 10 11 12 13

So Hommelhoff AG 2003, S. 179 ff. So Hommelhoff, AG 2003, S. 179, 183. S. Erwägungsgrund Nr. 16. S. auch insoweit die historische Auslegung von Habersack, ZGR 2003, 724, 737 ff. Maul (Fn. 7), S. 432; Brandi, NZG 2003, 898, 892. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, 1994, § 311 Rz. 56; eingehend ders. in MünchKomm. AktG, 2. Aufl. 2000, § 311 Rz. 150 ff. 14 Zur Frage, ob dieser herausgeschobene Nachteilsausgleich mit der Kapitalrichtlinie vereinbar ist, vgl. Habersack, ZGR 2003, 724, 735 f. Gegen eine solche Vereinbarkeit Schön in FS Kropff, 1997, S. 285, 295 ff.

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Verordnung diesen Grundsatz unterbinden will, lässt sich weder aus ihrem Wortlaut noch aus ihrem Sinn und Zweck entnehmen. Aus den gleichen Gründen kann auch die Annahme, dass abhängige SE lediglich ihrem eigenen und nicht auch Konzerninteressen folgen dürften, im Ergebnis nicht überzeugen. Da die Balance zwischen Konzern- und Eigeninteresse jeweils in den betreffenden Mitgliedstaaten vorzunehmen ist15, hätte die Statuierung eines solchen Grundsatzes einer ausdrücklichen Regelung bedurft. Bei der schließlich bestehenden Frage der Vereinbarkeit der Regelung des auf die SE zur Anwendung gelangenden § 291 Abs. 3 AktG mit der Kapitalrichtlinie handelt es sich um keine SE-spezifische Problematik, sondern um eine solche, die in gleicher Weise auch die nationalen Aktiengesellschaften trifft; auf sie soll an dieser Stelle deshalb nicht näher eingegangen werden.16

III. Vertragskonzern Bei der Untersuchung, welche Anpassungsbedürfnisse es bei der Anwendung des deutschen Konzernrechts auf SE im Rahmen von Vertragskonzernen gibt, ist im Folgenden lediglich auf Beherrschungsverträge einzugehen, da sich bei den Gewinnabführungsverträgen keine Umsetzungsprobleme stellen. Innerhalb der Beherrschungsverträge ist zwischen dem Fall, dass es sich bei der SE um das beherrschende Unternehmen (s. unter 1.) und demjenigen, dass es sich bei ihr um eine abhängige Gesellschaft handelt (s. unter 2.), zu unterscheiden.

1. Die SE als herrschendes Unternehmen Handelt es sich bei der SE um den anderen Vertragsteil eines Beherrschungsvertrags, ist die Umsetzung der Regelungen der §§ 291 ff. AktG unproblematisch.17 Die SE kann in diesem Fall wie eine deutsche AG Weisungen erteilen (§ 308 Abs. 1 AktG) und hat dem beherrschten Unternehmen den gegebenenfalls entstandenen Verlust am Ende des Geschäftsjahres auszugleichen (§ 302 Abs. 1 AktG) bzw. ist Schuldner von Ausgleich und Abfindung (§§ 304, 305 AktG).

2. Die SE als abhängige Gesellschaft Auch abhängige SE, die Teil eines Beherrschungsvertrages sind, unterliegen den konzernrechtlichen Regelungen des Aktiengesetzes (s. oben unter II.).

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15 S. bspw. die Frankreich bestehende Rozenblum-Rechtsprechung; im Einzelnen Maul, NZG 1998, 965, 966; Lutter in FS Kellermann, 1991, S. 257 ff.; Forum Europaeum Konzernrecht, ZGR 1998, 672, 705 ff. 16 Für eine Vereinbarkeit des § 291 Abs. 3 AktG mit der Kapitalrichtlinie: Habersack, ZGR 2003, 724; 736; ders. in Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2003, Rz. 419; Schön (Fn. 14), S. 298 f.; Veil, WM, 2003, 2169, 2171; a. A. Meilicke, DB 2001, 2387 f.; s. auch Mülbert in FS Lutter, 2000, S. 535, 543 ff. 17 Hommelhoff, AG, 2003, 179, 183; Brandi, NZG 2003, 889, 891; Maul (Fn. 7), S. 448 f.

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Handelt es sich bei den SE um monistisch strukturierte, ist eine gewisse Anpassung der für dualistisch strukturierte Aktiengesellschaften zugeschnittenen Regelungen der §§ 291 ff. AktG erforderlich, wobei das Ausführungsgesetz die Grundrichtung vorgibt: a) Monistisches System Im Rahmen des monistischen Systems stellen sich vorrangig vier Fragen: Wer ist in der abhängigen SE Adressat der Weisung durch das herrschende Unternehmen (s. unter aa)? Kann sich das Weisungsrecht des anderen Vertragsteils auf Angelegenheiten erstrecken, die in die Zuständigkeit des Verwaltungsrats der SE (s. unter bb) oder der Hauptversammlung (s. unter cc) fallen? Und schließlich: Wie kann § 308 Abs. 3 AktG, der die konzernrechtliche Behandlung der zustimmungspflichtigen Geschäfte regelt, im Falle einer monistisch organisierten SE umgesetzt werden (s. unter dd)? Im Einzelnen gilt insoweit Folgendes: aa) Adressat von beherrschungsvertraglichen Weisungen bei einer beherrschten SE Nach § 308 Abs. 1 AktG ist das herrschende Unternehmen berechtigt, den Vorstand der abhängigen Gesellschaft anzuweisen. Das ist im Hinblick auf dualistisch strukturierte Gesellschaften systemgerecht, da der Vorstand sowohl für die Geschäftsführung und die Leitung der Gesellschaft18 zuständig und damit die insoweit entscheidende Person ist. Da diese Regelung nicht aus sich heraus auf das monistische System umsetzbar ist, sieht das Ausführungsgesetz eine Anpassungsregelung für das monistische System vor. Nach § 49 Abs. 1 SEAG soll der geschäftsführende Direktor an die Stelle des Vorstands treten. Er ist nach der Gesetzeslage der Empfänger der Weisungen des herrschenden Unternehmens. bb) Der Umfang des Weisungsrechts gegenüber der SE Anders als bei einem Vorstand einer deutschen Aktiengesellschaft obliegt dem geschäftsführenden Direktor der SE die laufende Geschäftsführung, während der Verwaltungsrat für die Oberleitung der Gesellschaft zuständig ist. Der Verwaltungsrat hat das Unternehmen zu führen, die Unternehmenspolitik festzulegen, über die zu übernehmenden geschäftlichen und finanziellen Risiken und über Geschäfte von einigem Gewicht zu entscheiden. Zudem kann er alle Arten von Geschäftsführungsmaßnahmen an sich ziehen19 und gem. § 44 Abs. 2 SEAG den geschäftsführenden Direktor anweisen. Insoweit bestehen Unterschiede zur Situation bei der AG, bei der der Tätigkeitsbereich des Vor-

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18 Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 76 Rz. 7; Mertens in KölnKomm. AktG, 2. Aufl. 1996, § 76 Rz. 5; Wiesner in MünchHdb.GesR, Band 4: Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 1999, § 19 Rz. 12; Henze, BB 2000, 209; Fleischer, ZIP 2003, 1, 3. 19 Vgl. Merkt, ZGR 2003, 560 ff.; Neye/C. Teichmann, AG 2003, 169, 176 f.

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standes sowohl die Geschäftsführung (§ 77 AktG) als auch die Leitung der Gesellschaft (§ 76 AktG) umfasst.20 Vor diesem Hintergrund ist daher fraglich, ob sich das Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens auch auf Angelegenheiten erstrecken kann, die über die Zuständigkeiten der geschäftsführenden Direktoren hinaus in die Zuständigkeit des Verwaltungsrats der SE fallen. Ohne Zweifel ist die beherrschungsvertragliche Regelung des § 308 Abs. 1 AktG darauf gerichtet, die Geschäftsführungszuständigkeit insgesamt auf das herrschende Unternehmen zu übertragen und nicht nur die laufende Geschäftsführung. Das folgt aus dem Wortlaut des § 291 Abs. 1 AktG, der von der Unterstellung der „Leitung“ spricht, und damit sowohl die Geschäftsführung als auch die Leitung der Gesellschaft, d. h. die Festlegung der Unternehmenspolitik und damit die grundlegenden Entscheidungen über Zielkonzeption, Organisation, Führungsgrundsätze, Geschäftspolitik und die Besetzung der unmittelbar nachgeordneten Führungsstellen umfasst.21 Bestätigt wird dies darüber hinaus durch die Gesetzesmaterialien, in denen es heißt: „Dieses Recht (Recht zu Weisungen) ist nicht auf Fragen der Geschäftsführung beschränkt. Es umfasst vielmehr den gesamten Bereich, in dem der Vorstand die Gesellschaft nach § 76 AktG zu leiten hat.“22

Das Problem, dass das Weisungsrecht in den Kompetenzbereich eines weiteren Organs eingreifen kann, ist zudem bereits durch die Rechtsprechung zur GmbH geklärt. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im „Supermarkt“-Beschluss festgestellt, dass durch den Beherrschungsvertrag „die Weisungskompetenz der Gesellschafterversammlung auf die herrschende Gesellschaft übertragen wird“, und damit dem herrschenden Unternehmen das Recht zugebilligt, in die Kompetenzen des Weisungsorgans einzugreifen.23 Ausgehend von der Natur des Beherrschungsvertrages führt ein solcher Vertrag auf Seiten der abhängigen SE daher nicht nur dazu, dass die Geschäftsführungsbefugnisse der geschäftsführenden Direktoren überlagert werden; der Vertrag muss vielmehr auch zur Folge haben, dass all diejenigen Befugnisse des Verwaltungsrats überlagert werden, mit denen die beherrschungsvertragliche Weisungsbefugnis konterkariert werden würde.24 Dem kann entgegen einer zum Teil vertretenen Auffassung25 auch nicht entgegengehalten werden, dass der Verwaltungsrat einer SE nur auf die Interessen der eigenen Gesellschaft ausge-

__________ 20 Kort in Großkomm. AktG, 4. Aufl. 2003, § 76 Rz. 28; vgl. auch Fleischer, ZIP 2003, 1, 5. 21 Mertens in KölnKomm. AktG, 2. Aufl. 1996, § 76 Rz. 4; Kort in Großkomm. AktG, 4. Aufl. 2003, § 76 AktG Rz. 28; Fleischer, ZIP 2003, 1, 5 f. 22 Vgl. ausführlich dazu Maul, ZGR 2003, 743, 747; Kropff, AktG, Textausgabe mit Begründung des Regierungsentwurfs, Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, 1965, S. 403. 23 BGHZ 105, 324 (331) = NJW 1989, S 295 – Supermarkt; vgl. auch Zöllner, ZGR 1992, 173, 182. 24 Maul, ZGR 2003, 743, 746 f.; Veil, WM 2003, 2169, 2174. 25 Hommelhoff, AG 2003, 179, 182.

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richtet sein dürfe und daher die Befolgung von Weisungen durch den Verwaltungsrat der abhängigen Gesellschaft unzulässig sei. Denn – wie bereits ausgeführt – lässt sich der SE-Verordnung ein derartiger Grundsatz nicht entnehmen, sondern die Verordnung lässt Raum für die Anwendung des nationalen Konzernrechts (s. oben unter II.). Der Abschluss eines Beherrschungsvertrages bedeutet bei einer nach dem monistischen System organisierten SE daher gleichzeitig, dass die Leitungszuständigkeit des Verwaltungsrats durch Weisungen des herrschenden Unternehmens beschnitten werden kann. cc) Die Kompetenzen der Hauptversammlung Im Kompetenzen der Hauptversammlung kann das Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens demgegenüber nicht eingreifen. Die Kompetenzen der Hauptversammlung, die ihr durch die SE-Verordnung (z. B. Satzungsänderungen) oder durch das Aktiengesetz in Verbindung mit den Verweisungsnormen der Verordnung übertragen sind (etwa Zuständigkeiten nach § 119 AktG sowie Gelatine/Holzmüller-Sachverhalte)26, gehören nicht mehr zur Leitung der Gesellschaft im Sinne von §§ 308, 76 AktG und können somit von vornherein nicht von der Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens erfasst werden.27 In diesem Punkt unterscheidet sich die Lage der beherrschten monistischen SE nicht von derjenigen einer beherrschten dualistischen AG, zumal die Hauptversammlungskompetenzen aufgrund des Verweises auf das nationale Recht praktisch identisch sind. dd) Umsetzung des § 308 Abs. 3 AktG im Falle einer monistisch organisierten SE Gewisse Probleme wirft die Umsetzung des § 308 Abs. 3 AktG im monistischen System auf. § 308 Abs. 3 AktG regelt die Stellung des Aufsichtsrats der abhängigen Gesellschaft dahin, dass die Weigerung des Aufsichtsrats, seine Zustimmung zu einem zustimmungsbedürftigen Geschäft zu erteilen, bedeutungslos wird, wenn die Weisung – ggf. mit Zustimmung des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens – wiederholt wird. Beim monistischen System der SE besteht Anpassungsbedarf, da es hier weder einen Aufsichtsrat noch zustimmungspflichtige Geschäfte gibt, wohl aber einen Verwaltungsrat mit besonderen Kompetenzen. Bei Zugrundelegung des Ausführungsgesetzes tritt an die Stelle des Aufsichtsrats gem. § 22 Abs. 6 SEAG der Verwaltungsrat, so dass es für die Frage des § 308 Abs. 3 AktG darauf ankommt, ob bei den zustimmungspflichtigen Geschäften das vorherige Einverständnis des Verwaltungsrats vorliegt. Dass die

__________ 26 BGHZ 83, 122; hierzu zuletzt Zimmermann/Pentz in FS Welf Müller, 2001, S. 151 ff.; Henze in FS Ulmer, 2003, S. 211; Habersack in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 3. Aufl. 2003, Vor § 311 AktG Rz. 33 ff.; BGH, NZG 2004, 575 – Gelatine I, und BGH, NJW2 2004, 1860 – Gelatine II; hierzu zuletzt eingehend Habersack, AG 2005, 137; Reichert, AG 2005, 150, jew. m. w. N. 27 OLG Karlsruhe, AG 1991, 144, 146 – ASEA/BBC.

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Verordnung bei dem monistischen System anstatt von einer Zustimmung des Aufsichtsrats von einem Beschluss des gesamten Verwaltungsrats spricht, ist insofern ohne Belang. Die nach § 308 AktG notwendige Zustimmung setzt gemäß § 108 Abs. 1 AktG ebenfalls zwingend einen ausdrücklichen Beschluss des Aufsichtsrats voraus28, weshalb insofern im Ergebnis keine Unterschiede bestehen. Fraglich ist, ob die Weisung an einen geschäftsführenden Direktor, der zugleich Mitglied des Verwaltungsrats ist, dazu führt, dass er aufgrund einer Doppelstellung in seiner Funktion als Verwaltungsratsmitglied bei einem solchen Beschluss des Gesamtverwaltungsrats an die zuvor erteilte Weisung gebunden ist. Das ist nicht der Fall. Grund hierfür ist zum einen, dass die Weisung nur das in seiner Funktion angewiesene Organ, also den geschäftsführenden Direktor, binden und ihre Wirkung nicht in einem anderen Organ, dem Verwaltungsrat, fortsetzen kann, auch wenn die dort agierende Person identisch ist. Zum anderen kommt eine solche Bindung auch deshalb nicht in Betracht, weil § 308 AktG die dort geforderte Zustimmung des Aufsichtsrats bzw. die Wiederholung der Weisung zur Wirksamkeitsvoraussetzung der Weisung macht.29 Eine Weisung ohne diese besondere Voraussetzung kann mithin überhaupt keine Wirkung entfalten.30 ee) Andere Gewichtung Schließlich fällt im Zusammenhang mit der unterschiedlichen Kompetenzaufteilung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat einerseits und Verwaltungsrat und geschäftsführendem Direktor andererseits auf, dass die Kompetenzen des Verwaltungsrates im Hinblick auf zustimmungspflichtige Geschäfte wesentlich umfassender sind als die des Aufsichtsrates. Im deutschen Recht darf der Aufsichtsrat nach § 111 Abs. 4 AktG nur bestimmte Arten von Geschäften an seine Zustimmung binden, wobei diese Befugnis durch die autonome Zuständigkeit der Leitung durch den Vorstand begrenzt wird.31 Letztere darf nicht durch einen zu weitreichenden Katalog von zustimmungspflichtigen Geschäften ausgehöhlt werden. Anders ist die Ausgangslage beim monistischen System. Hier spricht die Verordnung (Art. 48 SE-VO) zwar auch von Arten von Geschäften. Aber aufgrund der Zuständigkeit des Verwaltungsrats für die Oberleitung der Gesellschaft gibt es hier keine Einschränkung durch fremde Kompetenzen. Die Folge hiervon ist, dass über die Satzung im Verwaltungsrat weiterreichende Zustimmungsvorbehalte als im Aufsichtsrat vorgesehen werden können. Diese weiterereichenden Möglichkeiten können wiederum zur Folge haben, dass das Verfahren nach § 308 Abs. 3 AktG häufiger durchgeführt werden muss.

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Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 111 Rz. 19. Für die Durchführung des Verfahrens auch Veil, WM 2003, 2169, 2175. So auch Habersack (Fn. 26), § 308 AktG Rz. 70 ff. Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrates, 4. Aufl. 2002, Rz. 103 ff.; Hoffmann-Becking in MünchHdb.GesR, Band 4: AG, 2. Aufl. 1999, § 29 Rz. 39.

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Diese Gefahr steht aber der Anwendbarkeit der Vorschrift nicht entgegen und kann in der Praxis durch eine entsprechende Ausgestaltung des Zustimmungskatalogs in der Satzung der SE vermieden werden.32 ff) Abschluss des Vertrages und Rechte der Aktionäre SE-spezifische Fragen treten weder beim Abschluss des Beherrschungsvertrages noch bei den Rechten auf Verlustausgleich und Sicherheitsleistung (§§ 302, 303 AktG) oder auf Ausgleich und Abfindung (§§ 304, 304 AktG) auf. Hier können die aktienrechtlichen Regelungen auf die SE angewendet werden, ohne dass Anpassungen erforderlich sind.33 b) Dualistisches System Einfacher als im monistischen System stellt sich die Lage bei einer beherrschungsvertraglich gebundenen SE dar, die nach dem dualistischen System organisiert ist. Die Regelungen der §§ 291 ff. AktG sind auf eine solche SE ohne weitere Besonderheiten anwendbar. Angewiesen wird hier das Leitungsorgan, das wie der Vorstand den gesamten Tätigkeitsbereich der Geschäftsführung unter sich hat.34 Der Umstand, dass das Leitungsorgan nach Art. 39 Abs. 1 SE-VO die Geschäfte der Gesellschaft in eigener Verantwortung führen soll, steht dem nicht entgegen, da sich die SE-Verordnung nicht auf Konzernsachverhalte erstreckt und die §§ 311 ff. AktG das Leitungsorgan nicht verpflichten, nachteilige Maßnahmen durchzuführen. Das Verfahren gemäß § 308 Abs. 3 AktG funktioniert wie bei Anwendung auf eine deutsche Aktiengesellschaft ohne weitere Umsetzungsprobleme.

IV. Faktische Unternehmensverbindungen Wie im Fall von Beherrschungsverträgen finden auch bei faktischen Unternehmensverbindungen die Regelungen der §§ 311 ff. AktG auf SE mit Sitz in Deutschland Anwendung. Dies gilt dabei sowohl für herrschende (s. unter 1.) als auch abhängige SE (s. unter 2.).

1. Die SE als herrschendes Unternehmen Handelt es sich bei der herrschenden Gesellschaft um eine SE, kommt es zu keinerlei Abweichungen. Das herrschende Unternehmen kann nachteilige Maßnahmen über seine Verwaltungsorgane veranlassen und ist dann, wenn sie befolgt werden, zum Nachteilsausgleich bzw. Schadensersatz verpflichtet

__________ 32 Maul, ZGR 2003, 743, 750. 33 Hierzu ausführlich Brandi, NZG 2003, 889, 893; Maul (Fn. 7), S. 448 f. 34 S. dazu Neye/C. Teichmann, AG 2003, 169, 176.

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(§§ 311 ff. AktG).35 Insofern wird die herrschende SE unter Anwendung der gleichen konzernrechtlichen Vorschriften wie eine herrschende AG behandelt, ohne dass sich bei Anwendung der Vorschriften Anpassungsbedarf ergibt.

2. Die SE als abhängige Gesellschaft Im Hinblick auf abhängige SE besteht wiederum bei monistisch strukturierten SE Anpassungsbedarf. a) Monistisches System Im monistischen System stellt sich dabei vorrangig die Frage, wer den Abhängigkeitsbericht aufstellt (s. unter aa) und durch wen dieser zu prüfen ist (s. unter bb), und schließlich, ob diese Prüfung den Anforderungen des Aktiengesetzes entspricht (s. unter cc). aa) Aufstellung des Abhängigkeitsberichts Gemäß § 49 Abs. 1 SEAG in i. V. m. § 312 AktG wird der Abhängigkeitsbericht von dem geschäftsführenden Direktor der beherrschten SE aufgestellt. § 49 Abs. 1 SEAG, bestimmt, dass der geschäftsführende Direktor der SE an die Stelle des Vorstandes im Aktiengesetz tritt. Im Abhängigkeitsbericht hat somit der geschäftsführende Direktor alle konzernrelevanten Geschäfte zu dokumentieren und auf ihre Angemessenheit zu überprüfen.36 bb) Prüfung des Abhängigkeitsberichts Gemäß § 22 Abs. 6 SEAG i. V. m. § 314 AktG ist der Abhängigkeitsbericht durch den Verwaltungsrat zu prüfen. Danach hat der Verwaltungsrat zu überprüfen, ob der Abhängigkeitsbericht des geschäftsführenden Direktors richtig und vollständig ist. Die Prüfung durch den Abschlussprüfer nach § 313 AktG bleibt bei der SE unverändert. Im Ergebnis führt die Prüfung des Abhängigkeitsberichtes durch den Verwaltungsrat zu einer weniger trennscharfen Aufgabenteilung als im dualistischen System der deutschen Aktiengesellschaft mit Vorstand und Aufsichtsrat, da der Verwaltungsrat an zahlreichen Geschäftsführungsmaßnahmen aufgrund der ihm obliegenden Oberleitung der Gesellschaft beteiligt sein wird. So werden Entscheidungen über die Vereinbarung von Konzernverrechnungspreisen (wie im Fall von ITT37) oder Konzernumlagen (wie zuletzt im Fall der Metallgesellschaft38) oder die Eingehung von

__________ 35 Maul (Fn. 7), S. 424 ff.; Hommelhoff, AG 2003, 179, 182 f.; Brandi, NZG 2003, 889, 894. 36 Ausführlich zur Funktion des Abhängigkeitsberichts: Kropff in MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2000, § 312 Rz. 1 ff. m. w. N. 37 BGHZ 65, 15 (18) = NJW 1876, 791. 38 BGHZ 141, 79 ff. = NJW 1999, 1706 = NZG 1999, 658 m. Anm. Maul.

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konzerninternen Darlehn, wie das in jedem cash-pool-System geschieht,39 zunächst im Verwaltungsrat entschieden werden, da sie Fragen der Leitung der Gesellschaft betreffen, für die der Verwaltungsrat zuständig ist. Folge hiervon ist, dass der Verwaltungsrat bei Prüfung des Abhängigkeitsberichts zum Teil Entscheidungen überprüft, die er selbst zuvor getroffen hat, was noch dadurch verschärft wird, dass der Verwaltungsrat – wie in Konzernsituationen üblich – mit Vertretern des herrschenden Unternehmens besetzt ist.40 Das kann zu einer unguten Verquickung im Hinblick auf die Notwendigkeit einer unabhängigen und kritischen Prüfung führen und ist insbesondere vor dem Hintergrund bedenklich, dass das Aktiengesetz seiner Konzeption nach davon ausgeht, dass es die Aufgabe des prüfenden – und nicht des überprüften – Organs sein soll, die Vollständigkeit des Abhängigkeitsberichts und die Richtigkeit der Beurteilung der Fakten und der Wertentscheidungen sicherzustellen. Um ein solches Prüfen in eigener Sache zumindest für börsennotierte Gesellschaften zu reduzieren, erscheint es sinnvoll, wenn in den Deutschen Corporate Governance Kodex eine Regelung aufgenommen wird, wonach die Prüfung des Abhängigkeitsberichts – zumindest für monistsich strukturierte SE – einem besonderen Prüfungsausschuss zugewiesen wird, der über ein unabhängiges Mitglied mit Fachwissen verfügt.41 Möglich wäre auch, den durch die 8. Richtlinie42 eingeschlagenen Weg weiterzudenken und gesetzlich vorzusehen, dass sich der Prüfungsausschuss aller Unternehmen des öffentlichen Interesses43 nicht nur mit der Finanzberichterstattung sondern auch mit dem Abhängigkeitsbericht zu befassen hat. b) Dualistisches System Im dualistischen System der SE stellen sich wegen des Vorhandenseins von unterschiedlichen Leitungs- und Überwachungsorgan die oben genannten Probleme nicht. Eine Anwendung der §§ 311 ff. AktG auf eine deutsche SE, die dualistisch strukturiert ist, ist insoweit ohne Anpassungsbedarf möglich. Auch steht dem – wie unter II. ausgeführt – nicht die eigenverantwortliche Leitungsmacht des Leitungsorgans nach Art. 39 Abs. 1 SE-VO entgegen.

__________ 39 S. hierzu Habersack (Fn. 26), § 311 AktG Rz. 47 f.; Uwe H. Schneider in Lutter/ Scheffler/U.H.Schneider, Handbuch der Konzernfinanzierung, 1998, §§ 23, 25. 40 Ausführlich dazu Maul (Fn. 7), S. 138 f.; Teichmann, ZGR 2002, 444. 41 S. insoweit auch die Empfehlung der Kommission zur Rolle der Aufsichtsräte, deren Kriterien allerdings als zu weitgehend und schlecht mit den deutschen Traditionen vereinbar angesehen werden müssen, vgl. Maul/Lanfermann, BB, 2004, 2407 ff.; gegen eine solche besondere Regelungen Veil, WM 2003, 2169, 2173. 42 Abrufbar unter: http://www.europa.eu.int/comm/internal_market/auditing/index-de. htm; s. insoweit Lanfermann, DB 2004, 609, 612. 43 Nach Art. 2 der 8. Richtlinie werden Unternehmen des öffentlichen Interesses solche verstanden, die aufgrund der Art des Geschäfts, ihrer Größe und der Anzahl der Arbeitnehmer von hoher öffentlicher Bedeutung sind, vor allem sollen aber Unternehmen, deren Wertpapiere auf einem geregelten Markt gehandelt werden sowie Banken und Versicherungen hierunter fallen.

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V. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse 1. Die SE-Verordnung enthält keine eigenständigen konzernrechtlichen Regelungen. Auf SE mit Sitz in Deutschland kommen die Regelungen der §§ 291 ff. AktG, wie sich aus § 49 SEAG entnehmen lässt, zur Lückenschließung zur Anwendung. Im Rahmen von grenzüberschreitenden Unternehmensverbindungen sind die Regelungen der §§ 291 ff. AktG allerdings nur anwendbar, wenn nach internationalem Privatrecht an die Regelungen des deutschen Rechts angeknüpft wird. 2. Die beherrschungsvertraglichen Regelungen der §§ 291 ff. AktG sind auf SE mit Sitz in Deutschland anwendbar. a) Handelt es sich bei der abhängigen Gesellschaft um eine monistsisch strukturierte SE, – ist der geschäftsführende Direktor Adressat der Weisungen des herrschenden Unternehmens, wobei sich das Weisungsrecht gegenüber dem geschäftsführenden Direktor auch auf Angelegenheiten erstrecken kann, die in die Zuständigkeit des Verwaltungsrats fallen; vom Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens nicht erfasst werden Maßnahmen, die in die Kompetenzen der Hauptversammlung fallen; – ist bei zustimmungspflichtigen Geschäften nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ein Beschluss des Gesamtverwaltungsrats erforderlich und stimmt der Verwaltungsrat nicht oder nicht innerhalb angemessener Frist zu, kommt das Verfahren nach § 308 Abs. 3 AktG in Gang; bei dem hiernach zu fassenden Beschluss stimmen die geschäftsführenden Direktoren mit, weil sie eine Doppelstellung inne haben und zugleich Mitglied des Verwaltungsrats sind; das zur Abstimmung berufene Verwaltungsratsmitglied ist nicht an die Weisung gebunden, die es in der Person als geschäftsführender Direktor entgegengenommen hat; – wird aufgrund der weitreichenden Zustimmungsvorbehalte des Verwaltungsrats das Verfahren des § 308 Abs. 3 AktG häufiger in Gang kommen. b) Im Hinblick auf abhängige SE mit dualistischer Struktur sind die Regelungen der §§ 291 ff. AktG ohne weitere Besonderheiten anwendbar. 3. Die Regelungen zu den faktischen Unternehmensverbindungen (§§ 311 ff. AktG) sind auf SE in Deutschland umsetzbar. Soweit es sich um abhängige SE handelt, sind im Rahmen des monistischen Systems Anpassungen erforderlich. a) Bei monistisch strukturierten SE ist der Abhängigkeitsbericht durch den geschäftsführenden Direktor aufzustellen und durch den Verwaltungsrat zu prüfen. Die Prüfung sollte bei börsennotierten Gesellschaften einem Prüfungsausschuss zugewiesen werden. b) Im Hinblick auf abhängige SE mit dualistischer Struktur sind die Regelungen der §§ 311 ff. AktG ohne weitere Besonderheiten umsetzbar. 260

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Einsatzmöglichkeiten der Europäischen Gesellschaft im Konzern Silja Maul und Martin Wenz Inhaltsübersicht I. Einleitung ....................................... 261 II. Verschmelzung nationaler Aktiengesellschaften zu einer SE .............. 263 1. Verschmelzung gleichrangiger Unternehmen (merger of equals) 263 2. Konzerninterne Verschmelzung von Tochtergesellschaften ......... 266

IV. Gründung von SE-Tochtergesellschaften .......................................... 269 V. Errichtung einer Joint Venture-SE. 271 VI. Sitzverlegung von SE-Konzerngesellschaften ................................ 272 VII.Zusammenfassung ......................... 274

III. Errichtung einer Holding-SE .......... 267

I. Einleitung Die Europäische (Aktien-)Gesellschaft (SE) stellt auf Grundlage der SE-Verordnung die erste europäische Organisationsform wirtschaftlichen Handelns dar, die den Unternehmen, insbesondere aber den grenzüberschreitend agierenden Konzernen alternativ zu den verschiedenen nationalen Rechtsformen europaweit zur Verfügung steht. Der SE liegt das Ziel der Vollendung des Europäischen Binnenmarktes im Bereich der Rechtsformen zugrunde. Unternehmen und Konzerne, die gemeinschaftsweit agieren, können sich seit dem 8.10.2004 eines angemessenen institutionellen Rahmens bedienen, um in flexibler Weise europäische Unternehmens- und Konzernstrukturen herauszubilden, nationale Hoheitsgrenzen zu überwinden und mit amerikanischen und japanischen Unternehmen und Konzernen auf globaler Ebene zu konkurrieren. Denn eine SE verfügt in der EU über dieselben Entfaltungsmöglichkeiten wie nationale Rechtsformen in den jeweiligen Mitgliedstaaten, sodass die Unternehmen und Konzerne zukünftig von der im EG-Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit uneingeschränkt Gebrauch machen und auch grenzüberschreitend mobil sein können. An die Stelle der bislang erforderlichen, komplexen Strukturen können Organisationsstrukturen treten, die einfacher sind und den Rahmenbedingungen im Europäischen Binnenmarkt erheblich besser entsprechen. So besteht insbesondere die Möglichkeit, europaweit durch eine einzige SE mit rechtlich unselbstständigen Niederlassungen zu agieren. Dadurch können Entscheidungswege verkürzt und die Kosten für zahlreiche Tochtergesellschaften reduziert werden. Eine SE kann ferner zum Abbau psychologischer Hemmnisse beitragen und die Attrahierung von Direktinvestitionen aus Drittstaaten fördern; auch außereuropäische Unternehmen und Konzerne können somit in klar strukturierter, rechtlich einheitlicher Form auf EU-Ebene auftreMaul/Wenz

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ten und agieren. Die SE verfügt zudem über einen rechtsformspezifischen Europäischen Corporate Goodwill und kann zur Herausbildung einer unternehmensindividuellen Europäischen Corporate Identity und Culture beitragen. Ausgehend von der Zielsetzung, die der Europäischen Aktiengesellschaft zugrunde liegt, hängt der Erfolg der SE nicht nur von den rechtsformspezifischen Charakteristika, sondern in besonderer Weise von den konkreten Möglichkeiten des Einsatzes dieser neuen supranational-europäischen Rechtsform in der Unternehmens- und Konzernpraxis ab.1 Nur, wenn sich durch die konkreten Anwendungsmöglichkeiten einer SE bedeutsame rechts- und organisationsformspezifische Vorteile insbesondere in der Ausgestaltung der statutarischen Organisationsstruktur von grenzüberschreitend tätigen Unternehmen und Konzernen im Europäischen Binnenmarkt gegenüber den bislang erforderlichen, teilweise sehr komplexen und ineffizienten Ersatzkonstruktionen einzelwirtschaftlich realisieren lassen, hat die SE eine Chance, sich – anders als die bislang eher erfolglose EWIV2 – gegenüber der Vielzahl nationaler und vertrauter Rechtsformen zu behaupten.3 Erforderlich ist darüber hinaus, dass diese insbesondere gesellschaftsrechtlich bedingten Vorteile nicht aufgrund unzureichender oder fehlender steuerrechtlicher Bestimmungen verhindert oder mit prohibitiven Auflagen verbunden werden.4 Die nachfolgenden Ausführungen geben einen Überblick über die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten der Europäischen Aktiengesellschaft im Konzern. Anhand von verschiedenen Fallkonstellationen werden die Unterschiede, die sich durch den Einsatz einer SE anstelle von Rechtsformen nationalen Rechts ergeben können, für diejenigen Unternehmen und v. a. Konzerne analysiert, die gemeinschaftsweit agieren und sich dementsprechend auch gemeinschaftsweit zusammenschließen, strukturieren oder reorganisieren sowie ihren Sitz grenzüberschreitend innerhalb der EU verlegen wollen; in diesem Zusammenhang ist auch das Bedürfnis der Konzerne zu berücksichtigen, die Leistungsfähigkeit ihres jeweiligen Systems der Corporate Governance durch dessen Anpassung an unternehmens- oder konzernindividuelle Besonderheiten sowie an die Anforderungen des Kapitalmarktes aufrecht zu erhalten oder zu steigern.

__________ 1 2 3

4

Dazu vgl. auch Wenz, Die Societas Europaea (SE), 1993, S. 179 f. So waren zum 31.12.2004 europaweit 1509 EWIV registriert. Eine länderspezifische Übersicht über die aktuelle Anzahl der EWIV findet sich bei: www.libertasinstitut.com/de/EWIV/GesamtStatTabelle.htm. Dazu s. auch die bisherigen Studien zu den möglichen betriebswirtschaftlichen Vorteilen des Einsatzes einer SE von Buchheim, Europäische Aktiengesellschaft und grenzüberschreitende Konzernverschmelzung, 2001, S. 179–305; Wenz (Fn. 1), S. 170– 198; Wenz, AG 2003, 185–196; Wenz, More cross-border flexibility for companies – the SE as the flagship of European company law, in European Trade Union Institute/ Hans Böckler Foundation, The European Company – Prospects for Board-Level Representation, 2004, S. 27–38. Vgl. ferner auch Götz, ZIP 2003, 1067; Kallmeyer, AG 2003, 197–203; Kloster, EuZW, 2003, 293–301; Maul/Wenz, FAZ v. 6.10.2004, S. 23; Petri/Wenz, Der Aufsichtsrat 2004, Heft 10, S. 3 f.; Börsen-Zeitung v. 17.1.2004, S. 5. Dazu vgl. Schaumburg (in diesem Band S. 319 ff.).

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II. Verschmelzung nationaler Aktiengesellschaften zu einer SE 1. Verschmelzung gleichrangiger Unternehmen (merger of equals) Ein grenzüberschreitender Zusammenschluss von mehreren, insbesondere gleichberechtigten Unternehmen und Konzernen erfolgt bislang auch im Europäischen Binnenmarkt insbesondere durch die Gründung einer gemeinsamen Obergesellschaft nationalen Rechts, auf die nach einem Anteilstausch der Gesellschafter nur diejenigen Unternehmen, die in demselben Mitgliedstaat ansässig sind, verschmolzen werden können.5 Für die anderen Unternehmen bleibt es dagegen bei dem Anteilstausch, weshalb sie zu Tochterunternehmen der gemeinsamen Obergesellschaft werden. Alternativ besteht die Möglichkeit, dass eines der bestehenden (Mutter-)Unternehmen die Rolle der gemeinsamen Obergesellschaft übernimmt, während die anderen (Mutter-)Unternehmen durch Anteilstausch der Gesellschafter zu dessen Tochterunternehmen werden6 (financial merger).7 Abweichend davon besteht durch den Einsatz der Rechtsform einer SE erstmals die Möglichkeit, dass sich mehrere (Mutter-)Unternehmen, jeweils in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft nationalen Rechts, die in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sind, auf Gemeinschaftsebene durch die Gründung einer Europäischen Gesellschaft im Wege der grenzüberschreitenden Verschmelzung8 vollständig sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich zusammenschließen9 (full merger), um dadurch bestimmte rechts- und organisationsformspezifische Vorteile aufgrund einer veränderten statutarischen Organisationsstruktur realisieren zu können. So kann die statutarische Organisationsstruktur der gesamten, sowohl wirtschaftlich als auch rechtlich zusammengeschlossenen europäischen Konzernunternehmung vollständig vereinheitlicht werden, da die (Mutter-)Unternehmen der beiden sich zusammenschließenden, rechtlich und wirtschaftlich bislang voneinander unabhängigen Unternehmen oder Konzerne nicht mehr in asymmetrischer, sondern in symmetrischer Weise behandelt und gleichberechtigt zu einer SE verschmolzen werden (Ebene der Gesellschaften).10 Zudem kann die Existenz voneinander abweichender Aktionärsgruppen mit ggf. divergierenden Interessen vermieden werden; die bisherigen Aktionärskreise werden – unter Beachtung eventueller Minderheitenschutz-

__________ 5 Dazu vgl. auch Thoma/Leuering, NJW, 2002, 1449, 1452 f. 6 Dazu vgl. auch den Zusammenschluss der Hoechst AG und der Rhône-Poulenc S.A. zur Aventis S.A. S. Hoechst AG, Bericht des Vorstands über den Zusammenschluss von Hoechst und Rhône-Poulenc, Frankfurt am Main, 1999, S. 62–88; vgl. auch Hoffmann, NZG 1999, 1077 f.; Theisen, Der Konzern, 2. Aufl. 2000, S. 83–86. S. ferner den Zusammenschluss der Bank Austria AG mit der HypoVereinsbank AG. 7 Dazu vgl. auch Horn, Verträge über internationale Unternehmenszusammenschlüsse, in FS Lutter, 2000, S. 1113 f.; Wymeersch, Working Paper 2001-06, S. 1, 26. 8 Vgl. dazu Bayer (in diesem Band S. 25 ff.). 9 S. Art. 2 Abs. 1 SE-VO. Vgl. dazu auch Bayer (S. 30 ff.). 10 Allgemein dazu Horn (Fn. 7), S. 1113, 1120 f.; Wenz (Fn. 1), S. 179 f.

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rechte11 – vollständig zusammengeführt, da die (Mutter-)Unternehmen infolge der grenzüberschreitenden Verschmelzung zu einer SE nicht fortbestehen, vielmehr ihre Aktionäre vollständig zu solchen der SE werden (Ebene der Gesellschafter).12 Infolgedessen stellt sich die statutarische Organisationsstruktur der gesamten europäischen Konzernunternehmung vergleichsweise einfach dar, trägt der neuen strategischen Ausrichtung der gleichberechtigt zusammengeschlossenen Unternehmen oder Konzerne umfassend und integrierend Rechnung und vermeidet unnötige Organisations- und Verwaltungskosten betreffend die Organisation, Verwaltung, Führung, Überwachung, Controlling, Berichterstattung, Rechnungslegung, Prüfung, Publizität und Hauptversammlung der anderenfalls verbleibenden, regelmäßig funktionslosen Zwischenholding- und Tochtergesellschaften.13 Ferner können Restrukturierungsaktivitäten, wie die konzerninterne Umgliederung von Beteiligungen, ohne Rücksichtnahme auf die beispielsweise durch das deutsche Konzernrecht14 geschützten Interessen der andernfalls ggf. noch vorhandenen Minderheitsgesellschafter der ggf. wiederum verbleibenden Zwischenholding- oder Tochtergesellschaften vorgenommen werden, da diese nicht weiter bestehen.15 Die Rechtsform einer SE kann somit in besonderer Weise dazu beitragen, voneinander unabhängige Unternehmen oder Konzerne zu einer einheitlichen europäischen Konzernunternehmung sowohl in wirtschaftlicher als auch in rechtlicher Hinsicht zu verbinden und zu deren Integration beizutragen.16 Das System der Corporate Governance kann auf Ebene der Obergesellschaft der zusammengeschlossenen Konzernunternehmung durch den Einsatz der SE unabhängig von ihrem Sitzstaat entweder nach dem monistischen oder dem dualistischen System ausgestaltet werden.17 Folglich kann die SE im Vergleich zu einer Rechtsform nationalen Rechts sowohl den Bedingungen am jeweils relevanten oder dominanten Kapitalmarkt als auch den konzerninternen, im Zeitablauf ggf. variierenden Bedürfnissen flexibel und daher besser Rechnung tragen,18 da sie nicht auf ein bestimmtes, national vorherrschendes Modell der Unternehmensleitung und -überwachung gesetzlich fixiert ist.

__________ 11 S. § 7 SEAG. Dazu vgl. auch Kalss, ZGR 2003, 593–646; C. Teichmann, ZGR 2003, 367, 379–387. 12 Dazu vgl. auch Wenz, AG 2003, 185, 189. 13 Dazu vgl. auch Blanquet, ZGR 2002, 20, 64; Bungert/Beier, EWS 2002, 1, 9; Schwarz, ZIP 2001, 1847, 1859 f.; und ferner Wymeersch, Working Paper 2001-06, S. 1, 17. 14 S. §§ 311–318 AktG. Zum Konzernrecht der SE vgl. Maul (in diesem Band S. 249 ff.). 15 Dazu vgl. Hoffmann, NZG 1999, 1077, 1081 f. 16 Dadurch können Mängel in der statutarischen Organisationsstruktur vermieden werden, die beispielsweise bei dem grenzüberschreitenden Zusammenschluss zwischen der niederländischen Hoogovens NV und der deutschen Hoesch AG bestanden haben und für das Scheitern dieses grenzüberschreitenden Zusammenschlusses mit verantwortlich gemacht werden. Dazu vgl. Wenz (Fn. 1), S. 185 f. 17 S. Art. 38 lit. b) SE-VO. Speziell zur monistischen Verfassung einer SE vgl. C. Teichmann (in diesem Band S. 195 ff.). 18 Dazu vgl. Bungert/Beier, EWS 2002, 1, 9.

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Die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE kann durch eine Vereinbarung zwischen den Vertretern der Arbeitnehmer (besonderes Verhandlungsgremium) und den Leitungs- oder Verwaltungsorganen der beteiligten SE-Gründungsgesellschaften grundsätzlich frei ausgehandelt werden. Alternativ findet die Auffanglösung und damit – bei einer Beteiligung einer deutschen (Mutter-)Gesellschaft – in Bezug auf die Arbeitnehmermitbestimmung ggf. das paritätische deutsche Mitbestimmungsmodell entsprechend dem Vorher-Nachher-Prinzip zur Wahrung bestehender Mitbestimmungsstandards Anwendung; Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass – im Verhältnis zur Gesamtzahl – mindestens 25 % der Arbeitnehmer hiervon bislang erfasst wurden oder das besondere Verhandlungsgremium einen entsprechenden Beschluss fasst. In jedem Fall aber werden alle Arbeitnehmer europaweit einbezogen und insoweit auch gleichermaßen vertreten.19 Darüber hinaus besitzt die europäische Konzernunternehmung durch den Einsatz der SE nunmehr eine Obergesellschaft, die über eine Europäische Corporate Identity verfügt, zur Entstehung einer Europäischen Corporate Culture beiträgt und einen rechtsformspezifischen Europäischen Goodwill besitzt.20 Dadurch können im Innenverhältnis vielfältige psychologische Schranken und Hemmnisse sowie Nationalitätseffekte beim Zusammenschluss der bislang eigenständigen Unternehmen oder Konzerne vermieden oder reduziert, gemeinsame Ziele und Wertvorstellungen auf europäischer Ebene neu bestimmt und soziale Integrationseffekte ohne vermeintliche oder tatsächliche „Gewinner“ und „Verlierer“ erzielt werden. Im Außenverhältnis kann die neu entstandene Konzernunternehmung nicht nur an den Kapital-, Absatz-, Arbeits- und Beschaffungsmärkten, sondern allgemein in der gesamten öffentlichen Wahrnehmung einheitlich und integriert als attraktives europäisches Unternehmen bzw. als europäischer Konzern mit einem nationenübergreifenden europäischen Image auftreten.21 Aus steuerlicher Sicht kann auf Ebene der sich grenzüberschreitend verschmelzenden Gesellschaften der beiden Unternehmen oder Konzerne eine Aufdeckung und sofortige steuerliche Erfassung der stillen Reserven vermieden werden;22 dies gilt sowohl bei einer Hereinverschmelzung einer ausländischen Aktiengesellschaft auf eine inländische SE als auch bei der Herausverschmelzung einer inländischen Aktiengesellschaft auf eine ausländische SE.23 Voraus-

__________ 19 Ausführlich dazu vgl. Herfs-Röttgen, NZA 2001, 424–428; Köstler, Mitbestimmung, in Theisen/Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2002, S. 301, 303–331; Nagel, DB 2004, 1300–1304; Oetker, BB-Special 2005, 2–13; Wenz, Der Aufsichtsrat 2004, Heft 10, S. 9; sowie Oetker (in diesem Band S. 277 ff.). 20 Vgl. dazu auch Buchheim, Europäische Aktiengesellschaft und grenzüberschreitende Konzernverschmelzung, 2001, S. 242–245; Kallmeyer, AG 2003, 197, 200. 21 Dazu vgl. auch Wenz, AG 2003, 185, 190. 22 Zu den Einzelheiten sowie den damit verbundenen steuerlichen Risiken vgl. Schaumburg (in diesem Band S. 319 ff.). 23 Dazu vgl. auch Conci, European Taxation 2004, 15–18; Kenter/Brendt, IWB 2004, 622–625; Thömmes, Besteuerung, in Theisen/Wenz (Fn. 18), S. 465, 490–498.

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setzung hierfür ist nach den noch nicht in das deutsche Steuerrecht transformierten, ggf. aber unmittelbar anwendbaren Bestimmungen der steuerlichen Fusionsrichtlinie (FRL)24 allerdings, dass die betreffenden Wirtschaftsgüter von der übernehmenden SE mit den steuerlichen Buchwerten der untergehenden Aktiengesellschaft angesetzt werden sowie auch weiterhin einer in- oder ausländischen Betriebsstätte zuzurechnen sind und dadurch in dem betreffenden Mitgliedstaat steuerverhaftet bleiben.25 Auf Ebene der Gesellschafter der an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Aktiengesellschaften kann die Aufdeckung und sofortige steuerliche Erfassung der stillen Reserven, die in den jeweiligen Anteilen enthalten sind, die gegen die Anteile an der SE eingetauscht werden, ebenfalls vollständig vermieden werden, sofern die bisherigen Anschaffungskosten bzw. Buchwerte fortgeführt werden.26

2. Konzerninterne Verschmelzung von Tochtergesellschaften Über die Möglichkeit des grenzüberschreitenden Zusammenschlusses von mehreren, insbesondere gleichberechtigten Unternehmen und Konzernen hinaus eröffnet die Rechtsform der SE den europaweit agierenden, bereits bestehenden Konzernen zudem die Möglichkeit, zukünftig in einer erheblich klarer strukturierten sowie europaweit stärker integrierten Organisationsstruktur mit nur einer oder wenigen rechtlich selbstständigen SE sowie v. a. rechtlich unselbstständigen Niederlassungen gemeinschaftsweit zu agieren. Derartige Überlebungen werden derzeit in zahlreichen börsennotierten Konzernen europaweit angestellt, um die bestehenden teilweise äußerst komplexen rechtlichen Strukturen, die aufgrund zahlreicher Zukäufe regelmäßig historisch entstandenen sind, zu vereinfachen und die von den zahlreichen ausländischen Tochtergesellschaften ausgeführten Aktivitäten einer strafferen Führung zuzuführen. Konkret plant die skandinavische Nordea Bank Gruppe die Gründung einer SE im Wege der grenzüberschreitenden Verschmelzung der verschiedenen Tochtergesellschaften auf die schwedische Muttergesellschaft (up-stream merger).27 Ähnliche Überlegungen zur Errichtung einer europaweit möglichst einheitlichen Organisationsstruktur werden auch bei General Motors Europe sowie der Adam Opel AG angestrengt, um unnötige, aber kostenintensive Organisationsstrukturen abzubauen. Dadurch soll der europäische Teil des global agierenden Konzerns zukünftig erheblich klarer sowie gesamteuropäisch aufgestellt werden. Ferner soll die Beteiligung der Arbeitnehmer nicht mehr nach Mitgliedstaaten differenziert, sondern sowohl europaweit und

__________ 24 S. Richtlinie 90/434/EWG des Rates v. 23.7.1990, ABl. EG Nr. L 225 v. 20.8.1990, S. 1–5. Zur Möglichkeit, die Fusionsrichtlinie unmittelbar, d. h. ohne Transformation in das nationale Steuerrecht der Mitgliedstaaten anwenden zu können, vgl. Schulz/ Eicker, Intertax 2001, 332, 337 f.; Schultz/Petersen, DStR 2002, 1508, 1514. 25 S. § 12 Abs. 2 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG); Art. 4 Abs. 1–2 FRL. Dazu vgl. Herzig/Griemla, StuW 2002, 55, 62–70; Förster/Lange, DB 2002, 288, 289–291. 26 S. Art. 8 Abs. 1–2 FRL. Dazu vgl. Herzig/Griemla, StuW 2002, 55, 70 f.; Förster/ Lange, DB 2002, 288, 290 f. 27 Vgl. www.nordea.com/sitemod/default/portal.aspx?pid=49092.

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gleichberechtigt als auch insbesondere auf Ebene derjenigen Gesellschaft (SE) lokalisiert werden, bei der die zentralen europäischen Entscheidungen des Konzerns getroffen werden.28 Darüber hinaus kann eine konzerninterne grenzüberschreitende Verschmelzung von Tochtergesellschaften zu einer SE auch auf horizontaler Ebene zwischen verschiedenen Schwester- und Enkelgesellschaften erfolgen (side-stream merger). Dadurch können, wie auch bei einer Verschmelzung gleichrangiger Unternehmen und Konzerne, unnötige Organisations- und Verwaltungskosten betreffend die Organisation, Verwaltung, Führung, Überwachung, Controlling, Berichterstattung, Rechnungslegung, Prüfung, Publizität und Hauptversammlung der zahlreichen Tochterunternehmen vermieden oder reduziert sowie verschiedene unternehmerische Funktionen (Einkauf, Produktion, Vertrieb, Verwaltung, Finanzen etc.) grenzüberschreitend zusammengefasst werden. Probleme in Zusammenhang mit austrittswilligen Minderheitsaktionären bestehen zumindest dann nicht, wenn sämtliche Anteile der betreffenden Tochter- oder Enkelgesellschaften von der jeweiligen Muttergesellschaft gehalten werden. Mit dem Wegfall der rechtlich selbstständigen Tochter- oder Enkelgesellschaften entsteht andererseits ein Haftungsverbund zwischen der SE und ihren Niederlassungen, sofern dieser nicht bereits rechtlich aufgrund der zu beachtenden Bestimmungen des ggf. anwendbaren nationalen Konzernrechts oder aber zumindest wirtschaftlich bestanden hat. Aus Sicht der internationalen Steuerplanung können aufgrund der veränderten Organisationsstruktur der europäischen Konzernunternehmung insbesondere Quellensteuern auf Dividenden, Zinsen und Lizenzen sowie 5%-ige Pauschalbesteuerungen in- und ausländischer konzerninterner Dividenden vermieden und – in Abhängigkeit des Sitzstaates der SE – ggf. auch Gewinne mit Verlusten grenzüberschreitend verrechnet werden.

III. Errichtung einer Holding-SE Europäische Organisationsstrukturen von Unternehmen und Konzernen aus der EU, insbesondere aber auch aus Drittstaaten, wie beispielsweise Japan, den USA oder China, bedienen sich bislang ebenfalls der verschiedenen Rechtsformen nationalen Rechts, die in den einzelnen Mitgliedstaaten der EU zur Verfügung stehen. So wird beispielsweise für die Ausgestaltung der statutarischen Organisationsstruktur eines europäischen Vertriebsnetzes in jedem Mitgliedstaat oftmals eine eigenständige Vertriebstochtergesellschaft in der Rechtsform einer GmbH oder AG nationalen Rechts gegründet. Dies kann europaweit nicht nur zu unnötig hohen Organisations- und Verwaltungskosten, sondern insbesondere auch zu gemeinschaftsweit nicht koordinierten nationalen Vertriebsaktivitäten und -strukturen, zumindest aber zu einer nicht angemes-

__________ 28 Dazu vgl. auch Reiz, WAMS v. 24.10.2004.

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sen repräsentierten Vertriebsstrategie im Europäischen Binnenmarkt führen, die durch den Einsatz der Rechtsform einer Europäischen Aktiengesellschaft im Wege der Zwischenschaltung einer Holding-SE29 auf europäischer Ebene besser koordiniert sowie zielgerichteter ausgestaltet und umgesetzt werden kann.30 Durch die Errichtung einer Holding-SE können die europäischen Vertriebsaktivitäten insbesondere auf Gemeinschaftsebene strategisch und operativ besser koordiniert, strukturell unter einem europäischen Dach besser zusammengefasst sowie auch europäisch repräsentiert werden. Dem trägt der Einsatz der prestigeträchtigen europäischen Rechtsform einer SE, die über einen rechtsformspezifischen Europäischen Goodwill verfügt, im Vergleich zu ausschließlich „provinziellen“ Tochtergesellschaften, die jeweils nur auf einen bestimmten Mitgliedstaat fokussiert sind, in besonderer Weise Rechnung. Die SE verfügt ferner über eine Europäische Corporate Identity und trägt zur Entstehung einer Europäischen Corporate Culture bei, wodurch psychologische Schranken und Hemmnisse im Innenverhältnis überwunden und im Außenverhältnis eine höhere Akzeptanz der außereuropäischen Konzernunternehmung und ihrer Produkte und Dienstleistungen, insbesondere im Europäischen Binnenmarkt, erreicht werden können. Zudem kann die Holding-SE ihren Sitz grenzüberschreitend innerhalb der EU verlegen, so dass sie gemeinschaftsweit nicht nur mobil ist, sondern auch die jeweils günstigsten Standortfaktoren nutzen kann. Das System der Corporate Governance kann durch den Einsatz einer HoldingSE unabhängig von deren Sitzstaat frei ausgewählt und beispielsweise entsprechend dem monistischen System (Boardmodell) ausgestaltet werden, um die Corporate Governance-Strukturen in allen Gesellschaften auch einer außereuropäischen Konzernunternehmung möglichst einheitlich auszugestalten. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der Holding-SE kann durch eine Vereinbarung mit den Arbeitnehmervertretern grundsätzlich frei ausgehandelt werden. Dagegen kommt die alternative Auffanglösung nur dann – entsprechend dem Vorher-Nachher-Prinzip – zur Anwendung, sofern zumindest in einer der Vertriebsgesellschaften zuvor bereits Mitbestimmungsrechte zugunsten der Arbeitnehmer bestanden haben und zudem – im Verhältnis zur Gesamtzahl – mindestens 50 % der Arbeitnehmer hiervon bislang erfasst wurden oder das besondere Verhandlungsgremium einen entsprechenden Beschluss fasst. Aus steuerlicher Sicht stellt die Gründung einer Holding-SE eine Einbringung von Anteilen an den verschiedenen Vertriebsgesellschaften in die neu errichtete Holding-SE dar. Die damit verbundene Auflösung und sofortige steuerliche

__________ 29 S. Art. 2 Abs. 2 SE-VO. 30 Dazu vgl. auch Sauter/Wenz, CommerceGermany Heft 1/2002, 10; Wenz (Fn. 1), S. 194–196; Wenz, AG 2003, S. 185, 192 f.; Wenz in European Trade Union Institute/ Hans Böckler Foundation (Fn. 3), S. 33 f.

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Erfassung der stillen Reserven, die in den jeweiligen Anteilen enthalten sind, die von der Muttergesellschaft der verschiedenen Vertriebsgesellschaften gegen die Anteile an der SE eingetauscht werden, kann vollständig vermieden werden, sofern die bisherigen Buchwerte von der Muttergesellschaft fortgeführt werden.31

IV. Gründung von SE-Tochtergesellschaften Wie bereits aufgezeigt, operieren Konzernunternehmungen international in den verschiedenen Staaten in der Regel durch wirtschaftlich abhängige, aber rechtlich selbstständige Konzernunternehmen, die sich einer Rechtsform nationalen Rechts bedienen. Dadurch bestimmt sich beispielsweise bei einer operationalen Organisation nach Sparten- oder Divisionen die Anzahl der notwendigen Tochtergesellschaften sowohl nach den einzelnen Sparten oder Divisionen als auch nach der Anzahl der Länder, in denen die betreffende Konzernunternehmung insgesamt tätig ist.32 Um nicht nur der operationalen Organisationsstruktur in diesem Fall umfassend Rechnung zu tragen, sondern auch um sie zu vereinheitlichen und insoweit auch zu vereinfachen, verfügen insbesondere die Konzernunternehmungen im Europäischen Binnenmarkt33 durch die Rechtsform einer Europäischen Aktiengesellschaft über die Möglichkeit, sowohl die Mutter- als auch die rechtlich selbstständigen Tochtergesellschaften zumindest in ihren Kernbereichen, die einheitlich von der SE-Verordnung geregelt werden, rechtlich einheitlich auszugestalten.34 Dies kann insbesondere durch die Umwandlung der zahlreichen Tochtergesellschaften sowie der Muttergesellschaft, die jeweils in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft nationalen Rechts organisiert sind, in verschiedene Sparten- und Tochter-SE sowie in eine Mutter-SE35 und zudem durch die Gründung weiterer SE-Tochtergesellschaften durch die Mutter-SE selbst erfolgen.36 Diese Einsatzmöglichkeit der SE kann nicht zuletzt in Bezug auf die Erweiterung der EU aus rechts- und organisationsformspezifischer Sicht von großer Bedeutung sein. Denn die SE bietet erstmals die Chance, dass nicht nur die rechtliche Struktur der einzelnen Konzernunternehmen, sondern insbesondere auch das jeweilige System der Corporate Governance sowie auch die grund-

__________ 31 S. Art. 8 Abs. 1–2 FRL. Dazu vgl. Conci, European Taxation 2004, 15, 18 f.; Herzig/ Griemla, StuW 2002, 55, 71–73; Förster/Lange, DB 2002, S. 288, 292 f. 32 Die meisten rechtlich selbstständigen Unternehmen stehen daher in Konzern- oder zumindest konzernähnlichen Verbindungen. Dazu vgl. Theisen (Fn. 6), S. 21. 33 Einschließlich der europäischen Teilkonzerne von außereuropäischen Konzernunternehmungen. 34 Dazu vgl. auch Kallmeyer, AG 2003, 197, 201 f.; Wenz in European Trade Union Institute/Hans Böckler Foundation (Fn. 3), S. 34 f. 35 S. Art. 2 Abs. 4 SE-VO. 36 S. Art. 3 Abs. 2 SE-VO.

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sätzlich frei aushandelbare Mitbestimmung der Arbeitnehmer über Länderund Hoheitsgrenzen hinweg einheitlich und insoweit auch europäisch ausgestaltet werden können und insoweit nicht mehr nach Mitgliedstaaten differenziert wird.37 Bei einer Entscheidung für das monistische System der Corporate Governance könnte im Vergleich zum dualistischen System einer nationalen AG die Leitung der verschiedenen Tochtergesellschaften verkleinert und gestrafft werden. So kann auch bei einer monistisch strukturierten SE mit Sitz in Deutschland der Verwaltungsrat, wenn er nicht mitbestimmt ist und sich das Grundkapital auf weniger als drei Millionen Euro beläuft, aus einer Person die zugleich geschäftsführender Direktor in Personalunion ist, bestehen, während bei einer dualistisch strukturierten SE oder AG mindestens ein weisungsunabhängiger Vorstand und drei Aufsichtsräte zu bestellen sind. Ferner ist der geschäftsführende Direktor im monistischen Modell weisungsabhängig vom Verwaltungsrat mit der Folge, dass bei faktischen Konzernen die mit dem Konzernrecht vereinbaren Anweisungen des Mutterunternehmens auch über den Verwaltungsrat, der typischerweise mit Vertretern des herrschenden Unternehmens besetzt ist, durchgesetzt werden können. Die Weisungsgebundenheit des geschäftsführenden Direktors bedeutet allerdings nicht, dass die Tochter-SE über den Verwaltungsrat vom Konzernrecht untersagte nachteilige Anweisungen ohne Weiteres folgen darf. Vielmehr stehen dem die allgemeinen Regelungen über faktische Unternehmensverbindungen entgegen.38 Eingeschränkt wird diese Vorteilhaftigkeit der SE allerdings dadurch, dass für die nach der SE-Verordnung und ggf. auch für die nach dem ergänzend anwendbaren nationalen Aktienrecht zulässigen Satzungsbestimmungen das Prinzip der Satzungsstrenge zu beachten ist.39 Sofern die rechtliche Ausgestaltungsfreiheit der Tochtergesellschaften dementsprechend besonders bedeutsam ist, bietet sich die Rechtsform der SE nur insoweit an, als zumindest das ergänzend anwendbare nationale Aktienrecht des Sitzstaates der SE nicht dem Prinzip der Satzungsstrenge folgt. Zu beachten ist ferner, dass der vor der jeweiligen Umwandlung einer nationalen in eine Europäische Aktiengesellschaft bestehende Mitbestimmungsstandard auch einvernehmlich im Verhandlungswege nicht unterschritten werden darf. Aus steuerlicher Sicht führt die Gründung einer Tochter-SE oder einer MutterSE im Wege der Umwandlung weder auf Ebene der Gesellschaften noch auf derjenigen der Gesellschafter infolge der fortbestehenden Identität der Rechtsträger zu ertragsteuerlichen Folgen.40 Die Gründung einer Tochter-SE durch eine bereits bestehende SE im Wege der Neugründung kann sowohl auf der

__________ 37 Zu den Grenzen dieser Verhandlungslösung vgl. Köstler, Mitbestimmung, in Theisen/ Wenz (Fn. 18), S. 301, 314–329. 38 Zum Konzernrecht der SE vgl. Maul (in diesem Band S. 249). 39 S. Art. 9 Abs. 1 lit. b, 9 Abs. 1 lit. c iii SE-VO; § 23 Abs. 5 AktG. 40 Dazu vgl. Conci, European Taxation 2004, 15, 20 f.; Herzig/Griemla, StuW 2002, 55, 75; Schulz/Eicker, Intertax 2001, 332, 339; Schulz/Geismar, DStR 2001, 1078, 1084; Wenz (Fn. 1), S. 127–130.

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Ebene der Gründungsgesellschaft (SE) als auch der Tochter-SE grundsätzlich steuerneutral vorgenommen werden; denn die Errichtung einer Tochtergesellschaft ist erfolgsneutral und die Einbringung von Sacheinlagen führt nur dann zur Auflösung der darin enthaltenen stillen Reserven bei der einbringenden Gesellschaft, sofern einzelne Wirtschaftsgüter anstelle von Betrieben oder Teilbetrieben eingelegt werden.41

V. Errichtung einer Joint Venture-SE Rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Unternehmen und Konzerne, die nicht nur in Bezug auf eine bestimmte Aufgabe oder ein konkretes Projekt, sondern langfristig in bestimmten operativen Bereichen grenzüberschreitend zusammenarbeiten wollen, können ihre diesbezüglichen Aktivitäten insbesondere in der Form eines rechtlich selbstständigen Joint Venture-Unternehmens bündeln.42 Dieses kann alternativ zu den bestehenden Rechtsformen nationalen Rechts in der Rechtsform einer Europäischen Aktiengesellschaft organisiert werden, da die SE nicht nur über eine europäische Identität verfügt, sondern auch in Bezug auf ihre Kernbereiche, die durch die SE-Verordnung zumindest ansatzweise europaweit einheitlich geregelt werden, grundsätzlich unabhängig von dem Recht ihres Sitzstaates sowie von demjenigen der Sitzstaaten der verschiedenen Gesellschafterunternehmen ist.43 Als jüngstens Beispiel hierfür sei auf die Brenner Basis Tunnel BBT SE mit Sitz in Innsbruck verwiesen, die mit der Durchführung dieses zentralen transeuropäischen Verkehrsinfrastrukturprojektes beauftragt ist. Die BBT SE wurde durch hierfür eigens gegründete italienische und österreichische Aktiengesellschaften im Wege der Verschmelzung Ende 2004 gegründet und hat zudem die bislang mit diesem Projekt beauftragte Brenner Basistunnel EWIV im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übernommen.44 Über den europäischen Charakter der SE hinaus bietet diese die Möglichkeit, dass sowohl das System der Corporate Governance als auch die grundsätzlich frei aushandelbare Beteiligung der Arbeitnehmer über Länder- und Hoheitsgrenzen hinweg einheitlich und insoweit auch europäisch und nicht mehr nach Mitgliedstaaten differenziert ausgestaltet werden können. Durch den Einsatz einer SE kann somit auch ein Joint Venture-Unternehmen, das beispielsweise in Großbritannien ansässig ist und dessen Gesellschafterunternehmen in Deutschland und in den Niederlanden ansässig sind, über ein System der Corporate Governance entsprechend dem dualistischen System (Vorstands-/Aufsichtsratsmodell) verfügen, um in den beiden Partnerunternehmen

__________ 41 S. Artt. 9, 4 Abs. 1–2 FRL. Dazu vgl. Herzig/Griemla, StuW 2002, 55, 73–75; Schulz/ Geismar, DStR 2001, 1078, 1084. 42 Dazu vgl. auch Wenz in European Trade Union Institute/Hans Böckler Foundation (Fn. 3), S. 32 f. 43 Zur Normenhierarchie für die SE vgl. Hommelhoff (in diesem Band S. 5). 44 Im Einzelnen dazu vgl. www.bbt-ewiv.com.

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bzw. -konzernen die Corporate Governance-Strukturen möglichst einheitlich unter Einschluss auch des Joint Venture-Unternehmens auszugestalten.45 Ferner besteht dadurch die Möglichkeit, in dem Joint Venture-Unternehmen eine von den betreffenden Partnerunternehmen möglichst unabhängige, nicht weisungsgebundene Führung zu installieren. Eingeschränkt wird diese Vorteilhaftigkeit der SE allerdings erneut dadurch, dass für die Satzungsbestimmungen, die nach der SE-Verordnung46 und ggf. auch nach dem ergänzend anwendbaren nationalen Aktienrecht des Sitzstaates der SE47 zulässig sind, das Prinzip der Satzungsstrenge gilt. In Bezug auf die steuerliche Behandlung der Errichtung eines Gemeinschaftsunternehmens in der Rechtsform einer SE durch mehrere europäische Partner, kann auf die Ausführungen zur Gründung von SETochtergesellschaften verwiesen werden.48

VI. Sitzverlegung von SE-Konzerngesellschaften Die Rechtsform der Europäischen Aktiengesellschaft ermöglicht es den verschiedenen Gesellschaften einer Konzernunternehmung in der EU erstmals ohne das Risiko einer Auflösung im Wegzugstaat und einer Neugründung im Zuzugstaat ihren Satzungssitz sowie ihren damit zwingend identischen Verwaltungssitz49 grenzüberschreitend von einem Mitgliedstaat in einen anderen unter Wahrung der rechtlichen Identität zu verlegen.50 Während Rechtsformen nationalen Rechts jenseits ihrer nationalen Rechtsordnung, durch die sie gegründet wurden, bislang – von Ausnahmen abgesehen – keine Realität haben,51 verfügt die SE grundsätzlich über sämtliche binnenmarktspezifischen Freiheitsgrade und kann daher beispielsweise von der Niederlassungsfreiheit weitgehend uneingeschränkt Gebrauch machen. Dadurch kann sie auch den bestehenden Mobilitätsbedürfnissen der Unternehmen und Konzerne im Europäischen Binnenmarkt grundlegend und effizient Rechnung tragen.52 Um bei der grenzüberschreitenden Sitzverlegung einer SE deren Rechtspersönlichkeit aufrecht zu erhalten sowie insbesondere den Wechsel in dem auf die SE ergänzend anwendbaren Recht des Sitzstaates zu koordinieren und dabei auch den Schutzinteressen53 insbesondere der widersprechenden Minderheits-

__________ 45 Dazu vgl. auch Wenz, AG 2003, 185, 194 f. 46 S. Art. 9 Abs. 1 lit. b SE-VO. 47 In Bezug auf eine SE mit Sitz in Deutschland s. Art. 9 Abs. 1 lit. c iii SE-VO sowie § 23 Abs. 5 AktG. 48 Dazu vgl. IV., S. 269. 49 S. Artt. 7, 64 Abs. 1–2 SE-VO. 50 S. Art. 8 Abs. 1 SE-VO. 51 Dazu s. EuGH v. 27.9.1988 – C-81/87, Slg. 1988, S. 5505 – Daily-Mail; EuGH v. 5.11.2002 – C-208/00, IStR 2002, 809 – Überseering; EuGH v. 30.9.2003 – C-167/01, BB 2003, 2195 – Inspire Art. 52 Umfassend dazu vgl. Wenz, Grenzüberschreitende Sitzverlegung, in Theisen/Wenz (Fn. 18), S. 171, 202–245. 53 Dazu vgl. auch Kalss, ZGR 2003, 593–646; C. Teichmann, ZGR 2003, 367, 398–400.

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aktionäre54 und Gläubiger55 hinreichend Rechnung zu tragen, sehen die SEVerordnung sowie insbesondere auch die nationalen Ausführungsgesetze sowohl im Wegzugstaat als auch im Zuzugstaat verschiedene Maßnahmen vor. Darüber hinaus ermöglicht es die Rechtsform einer SE den (Konzern-)Unternehmen, die ihren Sitz grenzüberschreitend verlegen wollen, ihre europäische Identität und ihre wesentlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Charakteristika sowie insbesondere das von ihnen gewählte monistische oder dualistische System der Corporate Governance als auch den ggf. ausgehandelten Umfang der Mitbestimmung der Arbeitnehmer unabhängig von den Bestimmungen des Zuzugstaates, die für Rechtsformen nationalen Rechts relevant sind, beizubehalten.56 Aus steuerlicher Sicht führt die grenzüberschreitende Sitzverlegung einer SE auf Ebene der in Deutschland oder im Ausland ansässigen Gesellschafter der SE weder bei einem Wegzug ins Ausland noch bei einem Zuzug ins Inland zu einer Realisierung und Besteuerung der in den Anteilen enthaltenen stillen Reserven in Deutschland.57 Für die SE stellt sich die grenzüberschreitende Sitzverlegung dagegen ausschließlich im Fall des Zuzugs generell steuerneutral dar,58 während bei einem Wegzug in Deutschland de lege lata auch dann von einer Realisierung und Besteuerung der stillen Reserven auszugehen ist,59 sofern die betreffenden Wirtschaftsgüter in einer deutschen Betriebsstätte steuerverhaftet bleiben.60 Dieses Ergebnis ist nicht sachgerecht und bedarf daher dringend der Korrektur, insbesondere durch die Transformation, ersatzweise durch die unmittelbare Anwendung der Richtlinie zur Änderung der steuerlichen Fusionsrichtlinie.61 Alternativ besteht ggf. die Möglichkeit, die Steuerneutralität einer grenzüberschreitenden Sitzverlegung aufgrund der EG-vertraglich niedergelegten Grundfreiheiten, insbesondere der Niederlassungsfreiheit, sicherzustellen.62 Aus Sicht der internationalen Steuerplanung können durch die Wahl des Sitzstaates der SE ggf. ein größeres Netz an Doppelbesteuerungsabkommen ange-

__________ 54 S. § 12 SEAG. 55 S. § 13 SEAG. 56 Alternativ steht es den Unternehmen in der Rechtsform einer SE offen, ihr System der Corporate Governance im Zuge einer grenzüberschreitenden Sitzverlegung oder auch zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt zu ändern; s. Art. 38 SE-VO. Ferner kann auch die ausgehandelte Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der betreffenden SE eine Neuverhandlung des Umfangs der Mitbestimmung anlässlich der Sitzverlegung vorsehen. 57 Dazu vgl. Herzig/Griemla, StuW 2002, 55, 76 f. 58 Dazu vgl. Herzig/Griemla, StuW 2002, 55, 76 f.; Schulz/Eicker, Intertax 2001, 332, 339 f.; Schultz/Petersen, DStR 2002, 1508, 1513. 59 S. §§ 12 Abs. 1 i. V. m. § 11 KStG. 60 Kritisch vgl. Thömmes, Besteuerung, in Theisen/Wenz (Fn. 18), S. 465, 534; Wenz (Fn. 1), S. 131–134. 61 S. Richtlinie 2005/19/EG des Rates v. 17.2.2005, ABl. EG Nr. L 058 v. 4.3.2005, S. 19 ff. 62 Umfassend dazu vgl. Thömmes, European Taxation 2004, 22–27.

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wendet, die Steuerbelastung auf zukünftig erwirtschaftete Gewinne reduziert und die steuerliche Befreiung von Veräußerungsgewinnen auf Beteiligungen sichergestellt werden.

VII. Zusammenfassung Die Europäische Gesellschaft stellt im Ergebnis eine supranational-europäische Rechtsform dar, die aufgrund ihrer rechtsformspezifischen Charakteristika nicht nur über sämtliche binnenmarktspezifischen Freiheitsgrade verfügt, sondern zudem auch äußerst flexibel und vielseitig in der Unternehmens- und Konzernpraxis eingesetzt werden kann. Sie ermöglicht es den grenzüberschreitend tätigen Unternehmen und Konzernen, ihre statutarische Organisationsstruktur in der EU über Länder- und Hoheitsgrenzen hinweg einer vereinheitlichten sowie auch einer einfachen und daher effizienten europäischen Organisationsstruktur zuzuführen, auch um die bislang erforderlichen, teilweise sehr komplexen und ineffizienten Ersatzkonstruktionen in Zukunft vermeiden und ersetzen zu können. Damit trägt die SE den tief greifenden Änderungen des unternehmerischen Umfeldes als Folge sowohl der Globalisierung als auch der Europäisierung grundlegend Rechnung, in dem sie die insoweit ggf. erforderliche strategische Neuausrichtung der Unternehmen und Konzerne anforderungsgerecht unterstützt und im Vergleich zu alternativ einsetzbaren nationalen Rechtsformen und komplexen grenzüberschreitenden Organisationsstrukturen zudem transaktions- und koordinationskostenminimal umzusetzen versucht. Mit der Rechtsform einer SE lassen sich für grenzüberschreitend tätige Unternehmen und Konzerne darüber hinaus bestimmte rechts- und organisationsformspezifische Vorteile erzielen, weshalb sie nicht nur eine bedeutsame Rechtsforminnovation, sondern seit dem 8.10.2004 auch eine wichtige Rechtsformalternative im Europäischen Binnenmarkt darstellt. Die SE erfüllt folglich sowohl in konzeptioneller als auch insbesondere in anwendungsbezogener Hinsicht die Voraussetzungen, um den Europäischen Binnenmarkt im Bereich der Rechtsformen zu vollenden. Ferner stellt sie einen zentralen Entwicklungsschritt hin zu einem modernen und leistungsfähigen Gesellschafts- und Unternehmensrecht in der EU dar. Den nationalen Gesetzgebern obliegt nach dem Abschluss der gesetzgeberischen Aktivitäten zur Ausführung der SE-Verordnung und zur Umsetzung der SE-Richtlinie nunmehr die Verantwortung, von Maßnahmen,63 welche die Einsatzmöglichkeiten der Rechtsform einer SE einschränken können, generell abzusehen. Insofern kommt insbesondere der nationalen, z. B. deutschen Umsetzung der noch nicht vollständig transformierten steuerlichen Fusionsricht-

__________ 63 Nationale Ausführungs- und Umsetzungsmaßnahmen wurden bislang in 14 EUMitgliedstaaten erlassen. Dazu vgl. www.seeurope-network.org/homepages/seeurope/ countries/cross-borderaspects/transposition.html.

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linie als auch der Richtlinie zur Änderung der steuerlichen Fusionsrichtlinie eine besondere Bedeutung zu, damit die insbesondere gesellschaftsrechtlich bedingten Vorteile der SE nicht aufgrund unzureichender oder fehlender steuerrechtlicher Bestimmungen verhindert oder mit prohibitiven Auflagen verbunden werden.

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Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gesellschaft Hartmut Oetker Inhaltsübersicht I. Einleitung ....................................... 278 II. Gründung der SE und Mitbestimmung der Arbeitnehmer ......... 1. Gründungsvarianten und Mitbestimmungssicherung .............. 2. Dualistische oder monistische Organisationsverfassung ............ 3. Beteiligungsvereinbarung und Registereintragung ..................... a) Abhängigkeit der Registereintragung von der Beteiligungsvereinbarung .................. b) Prüfungspflicht des Registergerichts .................................... c) Rechtsfolgen bei Eintragung trotz Mängeln im Verhandlungsverfahren ........................ III. Errichtung des besonderen Verhandlungsgremiums ....................... 1. Vorbereitende Unterrichtung durch die an der Gründung beteiligten Gesellschaften ......... a) Inhalt der Unterrichtung ........ b) Schuldner der Unterrichtung . c) Adressat der Unterrichtung ... d) Zeitpunkt der Unterrichtung . 2. Größe des besonderen Verhandlungsgremiums ................... 3. Bildung eines Wahlgremiums für die aus dem Inland zu bestellenden Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums ... 4. Entscheidung des Wahlgremiums .................................... IV. Geschäftsführung des besonderen Verhandlungsgremiums ................. 1. Konstituierung des besonderen Verhandlungsgremiums ............. 2. Auskunftsanspruch des besonderen Verhandlungsgremiums ... 3. Hinzuziehung von Sachverständigen ..................................... 4. Kosten des besonderen Verhandlungsgremiums ...........................

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V. Die Verhandlungen mit den Leitungen der beteiligten Gesellschaften .......................................... 1. Verhandlungspartner des besonderen Verhandlungsgremiums ................................... 2. Sitzungen des besonderen Verhandlungsgremiums ............ 3. Dauer der Verhandlungen ......... 4. Vereinbarung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer 5. Entscheidung des besonderen Verhandlungsgremiums über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE ....................... a) Überblick ................................ b) Nichtaufnahme und Abbruch der Verhandlungen (§ 16 SEBG) ............................. c) Beschlussfassung über die Beteiligungsvereinbarung (§ 15 SEBG) ............................. VI. Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE kraft Gesetzes . 1. Gründung der SE durch formwechselnde Umwandlung ......... 2. Gründung der SE durch Verschmelzung oder Errichtung einer Holding-SE bzw. einer Tochter-SE ................................. 3. Bestellung der Arbeitnehmervertreter ...................................... VII. Sonderbestimmungen zur inneren Ordnung im mitbestimmten Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE ............................................. 1. Vorgaben der gesetzlichen Auffangregelung ......................... 2. Stimmrecht des Vorsitzenden des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans ................................ a) Sicherung der Entscheidungsfähigkeit bei Stimmengleichheit (Art. 50 Abs. 2 SE-VO) ...

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Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gesellschaft b) Stimmenzuwachs bei rechtlicher Verhinderung geschäftsführender Direktoren (§ 35 Abs. 3 SEAG) ........................... 313

VIII. Rechte und Pflichten der Arbeitnehmervertreter ............................ 316 1. Verschwiegenheitspflicht ......... 316 2. Persönlicher Schutz der Arbeitnehmervertreter ............. 316 IX. Ausblick .......................................... 317

I. Einleitung Die Bestrebungen zur Schaffung einer eigenständigen europäischen Gesellschaftsform reichen bis weit in die 60er Jahre zurück.1 Anfänglichen Vorarbeiten für das Statut einer Europäischen Aktiengesellschaft (SE) folgte bereits im Jahre 1970 ein 1. Entwurf, dem sich im Jahre 1975 ein überarbeiteter 2. Entwurf anschloss.2 In den Folgejahren kam das schwungvoll gestartete Projekt indes zum Stillstand. Dabei erwies sich insbesondere die Beteiligung der Arbeitnehmer als eines der zentralen Hindernisse.3 Während erste Überlegungen noch eine Übernahme der in Deutschland praktizierten dualistisch strukturierten Arbeitnehmermitbestimmung favorisierten, waren in der Folgezeit sowohl die Einbeziehung von Arbeitnehmervertretern in das Aufsichts- bzw. Verwaltungsorgan der Europäischen Aktiengesellschaft als auch die Intensität ihrer Beteiligung lebhaft umstritten und blockierten den Stapellauf des ambitionierten gesellschaftsrechtlichen „Flaggschiffs“4 auf Jahre hinaus. Der Durchbruch zu einer konsensfähigen Lösung („Wunder von Nizza“5) konnte erst gelingen, nachdem es Anfang der 90er Jahre auf Gemeinschaftsebene bezüglich der Beteiligung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit tätigen Unternehmen und Unternehmensgruppen mittels Europäischer Betriebsräte zu einer Einigung kam.6 Der bezüglich dieser Materie erzielte und in der Richtlinie 94/45/EG7 niedergelegte Kompromiss sowie die als Problemlösungsmechanismus kreierte Flexibilität beließ den Mitgliedstaaten den notwendigen Spielraum, um ihren unterschiedlichen Mitbestimmungstraditionen Rechnung zu tragen. Der Abschied von dem das Bestreben nach Harmonisierung optimal um-

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Gestraffter Überblick zu den Entwicklungslinien z. B. bei Heinze, ZGR 2002, 66 ff. Im einzelnen zu den ersten Vorarbeiten z. B. Mävers, Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der Europäischen Aktiengesellschaft, 2003, S. 87 ff. Zur heterogenen Rechtslage bezüglich der unternehmerischen Mitbestimmung in den Mitgliedstaaten der EU s. jüngst Baums/Ulmer (Hrsg.), Unternehmens-Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Recht der EU-Mitgliedstaaten, 2004. Hopt, ZIP 1998, 96 (99) sowie Henssler in FS Ulmer, 2003, S. 193 (196); Reichert/ Brandes, ZGR 2003, 767. Hirte, NZG 2002, 1 f. Zu den früheren Vorschlägen zur Mitbestimmung in der SE aus den Jahren 1989 und 1991 statt aller Mävers (Fn. 2), S. 186 ff., 207 ff. Richtlinie des Rates v. 22.9.1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrates oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen oder Unternehmensgruppen, ABl. EG Nr. L 254 v. 30.9.1994, S. 64 = EAS A 3460.

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setzenden Einheitsmodell und die Akzeptanz der Vielfalt erschien geradezu als Königsweg, um die divergierenden mitbestimmungsrechtlichen Interessen und Konzeptionen unter dem Dach der Europäischen Aktiengesellschaft zu vereinigen. Mit den gemeinschaftsrechtlichen Rechtsakten zur Europäischen Genossenschaft (SCE)8 hat er inzwischen eine erste Nachahmung gefunden und weist ungeachtet der im einzelnen umstrittenen Details auch bei den in Vorbereitung befindlichen Richtlinien zur grenzüberschreitenden Sitzverlegung sowie zur grenzüberschreitenden Verschmelzung von Gesellschaften den Weg zu einer konsensfähigen Lösung9. Das Modell für den Europäischen Betriebsrat in gemeinschaftsweit agierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen zeichnet sich dadurch aus, dass den Beteiligten sowohl das Ob als auch die konkrete Organisation des Europäischen Betriebsrates und dessen Rechtsstellung weitgehend zur autonomen Vereinbarung überlassen bleiben. Durch deren Abschluss können sie insbesondere dessen Zusammensetzung und seine Beteiligung strukturieren. Das EBRG eröffnet den Beteiligten in Fortschreibung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben in der Richtlinie 94/45/EG sogar die Möglichkeit, gänzlich auf die Schaffung eines zentralen Organs zur Interessenvertretung der Arbeitnehmer zu verzichten, sofern sie andere Formen vorsehen, die eine Unterrichtung und Konsultation der Arbeitnehmer sowie ihrer Vertretungen sicherstellen.10 Erst bei einer fehlenden Einigung greift als gesetzliche Auffangregelung die Errichtung eines Europäischen Betriebsrates mit zwingend ausgeformter Binnenorganisation und Kompetenzstruktur ein.11 Die Beteiligung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit tätigen Unternehmen und Unternehmensgruppen besteht somit im Kern aus drei Elementen: Erstens den Rahmenbedingungen für die Bildung eines (besonderen) Verhandlungsgremiums, das mit der zentralen Leitung den Abschluss einer Vereinbarung anstrebt,12 zweitens den Mindestvorgaben für den Inhalt der Beteiligungsvereinbarung sowie drittens einer gesetzlichen Auffangregelung, die zur Anwendung gelangt, wenn den Beteiligten im Verhandlungswege keine einvernehmliche Lösung gelingt. Mit Hilfe dieser Eckpfeiler ließen sich auch die heterogenen Vorstellungen der Mitgliedstaaten zur Mitbestimmung der Arbeitnehmer unter dem Dach der SE zu einem Kompromiss vereinigen.13

__________ 8 S. die Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates v. 22.7.2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft, ABl. EG Nr. L 207 v. 18.8.2003, S. 1 = EAS A 2160 sowie die Richtlinie 2003/72/EG des Rates v. 22.7.2003 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Genossenschaften hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer, ABl. EG Nr. L 207 v. 18.8.2003, S. 25 = EAS A 3720. 9 S. jüngst Koberski in FS Wißmann, 2005, S. 474 ff. 10 S. die §§ 17 bis 19 EBRG sowie die Vorgaben in Art. 6 der Richtlinie 94/45/EG; im Überblick dazu Oetker, GK-BetrVG, 7. Aufl. 2002, vor § 106 Rz. 124 ff. 11 Im Einzelnen dazu die §§ 21 bis 37 EBRG sowie Art. 7 der Richtlinie 94/45/EG einschließlich des diesbezüglichen Anhanges. 12 Dazu die §§ 8 bis 16 EBRG sowie die Vorgaben in Art. 5 der Richtlinie 94/45/EG. 13 Zu den Diskussionen und Entwürfen in der Schlussphase im Überblick z. B. Heinze, ZGR 2002, 66 ff. sowie ausführlich Mävers (Fn. 2), S. 273 ff.

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Neben dem vor allem aus Deutschland artikulierten Bestreben nach einer Wahrung des mitbestimmungsrechtlichen status quo bei den an der Gründung der SE beteiligten deutschen Gesellschaften wurde das Ringen um ein konsensfähiges Regelwerk allerdings zusätzlich dadurch verkompliziert, dass sich die ersten Vorschläge zum rechtlichen Ordnungsrahmen der SE an dem in Deutschland und einem Teil der Mitgliedstaaten bekannten Modell orientierten, die Mitbestimmung der Arbeitnehmer durch Einbeziehung von ihnen legitimierter Vertreter in das Aufsichtsorgan der Gesellschaft (Aufsichtsrat) zu realisieren. Damit war jedoch auf dem Weg zur SE eine zweite Hürde zu überwinden: Das Integrationsmodell basiert strukturell auf dem Konzept einer zweigliedrig verfassten Leitung der Gesellschaft, das Geschäftsführung und Überwachung auf zwei selbständige Organe verteilt (dualistisches System), so dass die Einbeziehung von Arbeitnehmervertretern in das Aufsichtsorgan zumindest nicht zu systematischen Friktionen mit dem gesellschaftsrechtlichen Ordnungsrahmen führt. Als zwingende Vorgabe war die Organisationsstruktur einer dualistisch verfassten Aktiengesellschaft für zahlreiche Mitgliedstaaten nicht konsensfähig, da diese in ihrer Mehrzahl für die Aktiengesellschaft traditionell ein monistisches System präferieren, das idealtypisch Geschäftsführung und Überwachung in einem Organ vereinigt. Dem einheitlichen Verwaltungsorgan (board) bleibt es bei diesem Ansatz der autonomen Entscheidung überlassen, die Führung der laufenden (operativen) Geschäfte auf einzelne Mitglieder zu übertragen, während die anderen (nicht geschäftsführenden) Mitglieder die Einhaltung der von ihnen aufgestellten Rahmenbedingungen überwachen und sich auf etwaige Weisungen an die geschäftsführenden Mitglieder beschränken. Der Konflikt zum integrativen Ansatz der Mitbestimmung ist offenkundig, da deren unmodifizierte Übertragung auf das monistische System in der Konsequenz dazu führt, dass Vertreter der Arbeitnehmer unmittelbar in dem Organ vertreten sind, dem die Geschäftsführung der Gesellschaft obliegt.14 Die hiermit verbundene Aufwertung der Arbeitnehmervertreter zu (Mit-)Geschäftsführern widerspricht jedoch selbst der deutschen Mitbestimmungstradition,15 erst recht war und ist sie in den anderen Mitgliedstaaten der EU nicht vermittelbar. Eine Zusammenfassung der disparaten mitbestimmungsrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Traditionen unter dem Dach der SE konnten die Mitgliedstaaten letztlich nur erzielen, indem sie das ursprüngliche Anliegen einer einheitlich strukturierten Aktiengesellschaft preisgaben und ihr Regelwerk auf Vorgaben beschränkten, die zwar Gründung und Kapitalverfassung der Gesellschaft weitgehend zwingend ausformen, es hinsichtlich der Organisationsverfassung aber bei einem Rahmen verbleibt, der die Wahl des Strukturmodells

__________ 14 Kritisch dazu aus neuerer Zeit z. B. Roth, ZfA 2004, 431 (443 ff.). 15 Stellvertretend Oetker in Großkomm. AktG, 4. Aufl. 1999, Vorbem. Mitbestimmungsgesetze Rz. 2 f. m. w. N.; s. auch Henssler (Fn. 4), S. 193 (202 f.); Nagel, ArbuR 2004, 281 (286).

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(dualistisch oder monistisch) den Gründern belässt16 und dessen nähere Ausgestaltung wiederum den Mitgliedstaaten überantwortet. Die im September 2001 verabschiedete und am 8. Oktober 2004 in Kraft getretene Verordnung (SE-VO)17 sowie die unerlässlichen Ausführungsgesetze der einzelnen Mitgliedstaaten18 werden deshalb zu einer Vielzahl in rechtlicher Hinsicht unterschiedlich strukturierter Europäischer Gesellschaften führen19 und eine Vielfalt erzeugen, die bei einem rechtsvergleichenden Blick Assoziationen mit dem US-amerikanischen Gesellschaftsrecht provoziert, was im nationalen Gesellschaftsrecht beheimatete Juristen derzeit noch mit Unbehagen zur Kenntnis nehmen. Der für die SE damit eröffnete Wettbewerb gesellschaftsrechtlicher Ordnungsmodelle20 ist indessen in Europa kein singuläres Phänomen, sondern beherrscht nicht zuletzt unter dem Eindruck des durch die Gewährleistung der gesellschaftsrechtlichen Freizügigkeit im Gemeinschaftsrecht eröffneten Aktionsfeldes21 zunehmend den gesellschaftsrechtlichen Alltag. Ergänzt wird die für die SE charakteristische Regelungsvielfalt durch den zur Mitbestimmung der Arbeitnehmer erzielten Kompromiss, dessen gemeinschaftsrechtlichen Rahmen die Richtlinie 2001/86/EG (SE-RL) strukturiert22 und der sich erkennbar an dem vorstehend skizzierten EBR-Modell und dem hierfür prägenden Vorrang einer Vereinbarungslösung orientiert.23 Aufgrund

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16 S. Art. 38 lit. b SE-VO. 17 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates v. 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. EG Nr. 294 v. 10.11.2001, S. 1 ff. = EAS A 2130. Dazu im Überblick Artmann, wbl. 2002, 189 ff.; Blanquet, ZGR 2002, 20 ff.; Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2004, § 29, S. 478 ff.; Hirte, NZG 2002, 1 ff.; Hommelhoff, AG 2001, 279 ff.; Lutter, BB 2002, 1 ff.; Schwarz, ZIP 2001, 1847 ff. 18 So z. B. das Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates v. 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft – (SE-Ausführungsgesetz – SEAG) v. 22.12.2004, BGBl. I, S. 3675 ff.; hierzu im Vorfeld insbesondere HoffmannBecking, ZGR 2004, 355 ff.; Ihrig/Wagner, BB 2004, 1749 ff.; Neye, ZGR 2002, 377 ff.; Neye/C. Teichmann, AG 2003, 169 ff.; C. Teichmann, ZGR 2002, 383 ff.; ders., ZIP 2002, 1109 ff. sowie Brandt, BB Special 3/2005, S. 1 ff.; Nagel, NZG 2004, 833 (834 ff.). Zur Umsetzung in Österreich z. B. Schindler, wbl. 2004, 253 ff. 19 Statt aller Henssler (Fn. 4), S. 193 (196); Hirte, NZG 2002, 1 (2). 20 Lutter, BB 2002, 1 (3). 21 S. dazu die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, die mit dem Urteil in der Rechtssache Centros (EuGH, EuZW 1999, 216) eingeleitet worden ist und mit dem Urteil in der Rechtssache Inspire Art (EuGH, EuZW 2003, 687) einen vorläufigen Abschluss gefunden hat. 22 Richtlinie des Rates zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer v. 8.10.2001, ABl. EG Nr. L 294 v. 10.11.2001, S. 22 ff. (= EAS A 3670); näher dazu z. B. Heinze, ZGR 2002, 66 (77 ff.); Henssler (Fn. 4), S. 193 (196 ff.); Herfs-Röttgen, NZA 2002, 358 ff.; Kallmeyer, ZIP 2004, 1442 ff.; Kleinsorge, RdA 2002, 343 ff.; Köstler, ZGR 2003, 800 ff.; ders. in Theisen/Wenz (Hrsg.), Die Europäische Aktiengesellschaft, 2002, S. 301 ff.; Kraushaar, BB 2003, 1614 ff.; Kübler in FS Raiser, 2005, S. 247 ff.; Kuffner, Die Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Aktiengesellschaft, 2003; Nagel/Köglü, ZESAR 2004, 175 (177 ff.); Reichert/Brandes, ZGR 2003, 767 ff.; Runggaldier, GesRZ 2004, Sonderheft, S. 47ff.; Veelken in GS Blomeyer, 2004, S. 483 (508 ff.); Wißmann in FS Wiedemann, 2002, S. 685 ff. 23 Wißmann (Fn. 22), S. 685 (695 f.).

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der Regelungstechnik als Richtlinie (vgl. Art. 249 Abs. 3 EG) bestimmt sich der rechtliche Rahmen für die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE jedoch vor allem nach den nationalen Ausführungsgesetzen, in Deutschland dem SEBeteiligungsgesetz (SEBG).24 Bezüglich dieses Teilkomplexes kommt es daher nicht zu dem z. T. wenig übersichtlichen Nebeneinander von unmittelbar wirkendem Gemeinschaftsrecht und zwingendem nationalen Ausführungsgesetz, welches den gesellschaftsrechtlichen Ordnungsrahmen der SE insbesondere im Hinblick auf deren Organisationsverfassung gestaltet. Allerdings zeigt die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes zu der Richtlinie 94/45/EG,25 dass das für die Anwendung des Rechts der Mitgliedstaaten maßgebende Gebot richtlinienkonformer Auslegung den rechtlichen Datenkranz zur Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE beeinflussen und damit auch für die Anwendung des SEBG prägende Bedeutung erlangen kann. Rechtsfragen zur Europäischen Gesellschaft bewegen sich somit in einem vielgestaltigen Regelungsgeflecht, das Gemeinschaftsrecht mit z. T. unmittelbarer Wirkung (SE-VO), nationale Ausführungsgesetze (SEAG und SEBG), Weiterverweisungen auf nationales Aktienrecht oder Arbeitsrecht sowie autonome Bestimmungen (Satzung der SE, Beteiligungsvereinbarung) miteinander zu einem Ganzen verknüpft.26 Angesichts des Umstandes, dass diese Gemengelage in jedem der zur Zeit 25 Mitgliedstaaten anzutreffen ist, erweist sich insbesondere die Suche nach dem für die SE aus rechtlicher Sicht optimalen Sitz als eine Herkulesaufgabe,27 die nur noch mit Hilfe international zusammengesetzter Expertenteams lösbar ist und die Attraktivität der neuen Rechtsform alles andere als erhöht.28

II. Gründung der SE und Mitbestimmung der Arbeitnehmer Die ersten Weichen für die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE werden in deren Gründungsphase bereits bei der Beschlussfassung über die Satzung gestellt. Insoweit ist nicht nur zwischen den verschiedenen Gründungsmodellen zu unterscheiden, sondern zusätzlich haben die an der Gründung beteiligten

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24 Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft v. 22.12.2004, BGBl. I, S. 3686 ff. Dazu auch den Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 15/3405; zur Stellungnahme des Bundesrates und der Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 15/3656; ferner die Beschlussempfehlung und der Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 15/4053. Aus dem Schrifttum z. B. Brandt, BB Special 3/2005, S. 1, 3 ff.; Grobys, NZA 2004, 779 ff.; ders., NZA 2005, 84 ff.; Müller-Bonanni/Melot de Beauregard, GmbHR 2005, 195 ff.; Nagel, ArbuR 2004, 281 ff.; Waclawik, DB 2004, 1191 (1197 ff.); Wisskirchen/Prinz, DB 2004, 2638 ff. 25 S. EuGH, AP Nr. 2 zu EWG-Richtlinie 94/45 = EAS RL 94/45/EG Art. 11 Nr. 1 – Bofrost; EuGH, AP Nr. 3 zu EWG-Richtlinie 94/45 = EAS RL 94/45/EG Art. 4 Nr. 1 – Kühne & Nagel; EuGH, NZA 2004, 1167 ff. – Anker. 26 Zum Verhältnis der Rechtsquellen ausführlich Hommelhoff (in diesem Band S. 14 ff.). 27 S. auch Henssler (Fn. 4), S. 193 (194). 28 Mit Recht zurückhaltend ebenfalls Reichert/Brandes, ZGR 2003, 767 (768).

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Gesellschaften die Entscheidung zwischen der dualistischen und der monistischen Organisationsverfassung zu treffen. Eine weitere Verknüpfung bewirkt der durch Art. 12 Abs. 2 SE-VO hergestellte unauflösliche Zusammenhang von Beteiligungsvereinbarung und Erlangung der Rechtsfähigkeit.29

1. Gründungsvarianten und Mitbestimmungssicherung Die Beteiligung von Arbeitnehmervertretern in den Organen der SE sowie die diesbezüglichen Vorgaben für die Vereinbarung zur Mitbestimmung bzw. das Eingreifen der gesetzlichen Auffangregelung erfordern es, präzise zwischen den verschiedenen Formen zu unterscheiden, welche die SE-VO für die Errichtung einer Europäischen Gesellschaft zur Verfügung stellt. Nach ihnen bestimmen sich insbesondere der mitbestimmungsrechtliche Bestandsschutz und die zu diesem Zweck installierten Sicherungsinstrumentarien. Die vor allem in der SE-VO niedergelegten Gründungsvorschriften30 zeichnen sich dadurch aus, dass natürliche Personen keine SE errichten können. Vielmehr ist diese Rechtsform hauptsächlich den nach dem Recht der Mitgliedstaaten errichteten Aktiengesellschaften vorbehalten, um ihnen über die SE einen gemeinschaftsweiten Zusammenschluss zu ermöglichen. Im Kern stehen vier Varianten zur Verfügung: –

Erstens die Gründung einer SE im Wege der Verschmelzung (Art. 2 Abs. 1 SE-VO), die jedoch nur den nach dem Recht der Mitgliedstaaten errichteten Aktiengesellschaften gestattet ist. Diese Form der Errichtung einer SE kann es deshalb u. U. erfordern, eine in anderer Rechtsform verfasste Gesellschaft zunächst nach dem Recht des jeweiligen Mitgliedstaates in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln.



Zweitens durch Bildung einer Holding-SE (Art. 2 Abs. 2 SE-VO). Sie ist nicht nur Aktiengesellschaften eröffnet, sondern an ihr können sich auch nach dem Recht der Mitgliedstaaten errichtete Gesellschaften mit beschränkter Haftung beteiligen.

__________ 29 Damit sind die Schnittfelder zwischen Gründung der SE und Mitbestimmung allerdings nicht abschließend aufgezählt. Hinzuweisen ist ferner auf die Angaben über das Verfahren zur Beteiligungsvereinbarung, die in dem Verschmelzungsplan enthalten sein müssen (Art. 20 Abs. 1 Satz 2 lit. i) SE-VO), sowie das Recht der bei den an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften bestehenden Hauptversammlung, die Eintragung der SE davon abhängig zu machen, dass die geschlossene Beteiligungsvereinbarung von ihr ausdrücklich genehmigt wird (Art. 23 Abs. 2 SE-VO). Entsprechendes gilt nach Art. 32 Abs. 2 Satz 3, Abs. 6 2. Unterabs. SE-VO für die Gründung einer Holding-SE. Bei der Gründung einer SE durch formwechselnde Umwandlung eröffnet Art. 37 Abs. 8 SE-VO den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, dass die Umwandlung von einem mit qualifizierter Mehrheit oder einstimmig zu fassenden Beschluss des Organs abhängt, in dem eine Mitbestimmung der Arbeitnehmer vorgesehen ist. Das SEAG hat diese Option nicht in Anspruch genommen. 30 Ergänzend dazu die §§ 5 bis 10 SEAG; näher zur Gründung der SE s. Bayer (in diesem Band S. 25 ff.).

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Drittens die Gründung einer Tochter-SE (Art. 2 Abs. 3 SE-VO), die nicht nur den tradierten Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaft und Gesellschaft mit beschränkter Haftung), sondern allen Gesellschaften i. S. des Art. 48 Abs. 2 EG sowie juristischen Personen des öffentlichen oder privaten Rechts zur Verfügung steht.



Viertens die Bildung einer SE durch formwechselnde Umwandlung (Art. 2 Abs. 4 SE-VO), die das Gemeinschaftsrecht jedoch ausschließlich nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründeten Aktiengesellschaften ermöglicht, sofern diese dort ihren Sitz haben sowie seit mindestens zwei Jahren über eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaates unterliegende Tochtergesellschaft verfügen, ohne dass es auf deren Rechtsform ankommt.

Den damit eröffnete Spielraum zur Errichtung einer SE greifen die gesetzlichen Vorschriften zur Sicherung des mitbestimmungsrechtlichen status quo in unterschiedlicher Weise auf. Am intensivsten ist dessen Schutz, wenn die Gründung der SE im Wege einer formwechselnden Umwandlung erfolgt, da bei dieser Gründungsvariante im besonderen Maße die Gefahr besteht, dass das Hineinschlüpfen in das Rechtskleid der SE eine Flucht aus der Mitbestimmung ummänteln soll.31 Dabei engt das Gesetz bereits den Gestaltungsspielraum ein, der für den Abschluss einer Vereinbarung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan besteht. Während bei den anderen Gründungsformen auch eine Minderung der Mitbestimmung vereinbart werden kann (§ 15 Abs. 3 SEBG), ist eine Absenkung des mitbestimmungsrechtlichen status quo bei der Gründung einer SE durch formwechselnde Umwandlung ausgeschlossen (§ 15 Abs. 5 SEBG). Entsprechendes gilt für einen Beschluss des besonderen Verhandlungsgremiums, die Verhandlungen über eine Beteiligungsvereinbarung abzubrechen oder diese von vornherein nicht aufzunehmen. Einen derartigen Beschluss kann das besondere Verhandlungsgremium nach § 16 Abs. 3 SEBG bei der Gründung einer SE im Wege der Umwandlung nicht wirksam fassen, wenn den Arbeitnehmern in der umzuwandelnden Gesellschaft Mitbestimmungsrechte zustehen. Schließlich legt § 21 Abs. 6 SEBG fest, dass bei der Gründung einer SE im Wege einer formwechselnden Umwandlung die Arbeitnehmerbeteiligung auch im Rahmen einer nach § 21 SEBG abgeschlossenen Beteiligungsvereinbarung in Bezug auf alle Komponenten in dem gleichen Ausmaß gewährleistet bleiben muss. Wesentlich differenzierter ist die Mitbestimmungssicherung in den Fällen einer Gründung durch Verschmelzung bzw. der Errichtung einer Holding-SE oder einer Tochter-SE. Besonders anschaulich zeigt dies die Regelung in § 34 SEBG zu den Voraussetzungen für die Anwendung der gesetzlichen Auffangregelung zur Mitbestimmung der Arbeitnehmer in dem Aufsichts- oder Ver-

__________ 31 S. Erwägungsgrund 3 und 10 zur SE-Richtlinie sowie Grundmann (Fn. 17), Rz. 1058; Reichert/Brandes, ZGR 2003, 767 (776).

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waltungsorgan der SE.32 Während das SEBG bei einer Gründung der SE durch formwechselnde Umwandlung die Aufrechterhaltung der bisherigen Mitbestimmung vorschreibt (§§ 34 Abs. 1 Nr. 1, 35 Abs. 1 SEBG), hängt die Wahrung des mitbestimmungsrechtlichen status quo nach Maßgabe des höchsten Anteils an Arbeitnehmervertretern in den beteiligten Gesellschaften davon ab, ob die von der Mitbestimmung erfassten Arbeitnehmer im Hinblick auf deren Gesamtzahl ein bestimmtes Quorum erreichen. Dieses definiert das Gesetz jedoch nicht einheitlich, sondern in Abhängigkeit von der jeweiligen Form der Gründung. Den niedrigsten Wert legt § 34 Abs. 1 Nr. 2 lit. a SEBG für die Gründung einer SE im Wege der Verschmelzung fest (25 %). Demgegenüber greift die gesetzliche Auffangregelung bei der Gründung einer Holding-SE oder einer Tochter-SE erst ein, wenn die Gesamtzahl der von einer Mitbestimmung in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan erfassten Arbeitnehmer 50 % erreicht (§ 34 Abs. 1 Nr. 3 lit. a SEBG). Unterhalb der vorgenannten Grenzwerte kommt die gesetzliche Auffangregelung nur zur Anwendung, wenn das besondere Verhandlungsgremium einen entsprechenden Beschluß fasst (§ 34 Abs. 1 Nr. 2 lit. b, Nr. 3 lit. b SEBG).

2. Dualistische oder monistische Organisationsverfassung Da die für die Erlangung der Rechtsfähigkeit konstitutive Eintragung in das Handelsregister von dem Vorliegen einer Satzung abhängt (§ 3 SEAG i. V. mit § 37 Abs. 4 Nr. 1 AktG), muss diese im Hinblick auf die Organisationsverfassung insbesondere eine Regelung zu der Frage enthalten, ob für die Leitung der SE ein dualistisches System (Aufsichtsorgan und Leitungsorgan) oder ein monistisches System (Verwaltungsorgan) installiert werden soll (Art. 38 lit. b) SE-VO).33 Gerade im Hinblick auf die Mitbestimmung der Arbeitnehmer ist diese Strukturentscheidung von entscheidender Bedeutung. Während die Integration der Mitbestimmung beim dualistischen Modell wegen der Anknüpfung an die tradierten Vorstellungen in Deutschland zumindest rechtstechnisch keine Probleme aufwirft, führt die auch in Deutschland eröffnete Wahl des monistischen Systems (vgl. Artt. 43 ff. SE-VO, §§ 18 ff. SEAG) dazu, dass die Arbeitnehmervertreter dem Verwaltungsorgan bzw. -rat angehören und diesem die Geschäftsführung obliegt (vgl. Art. 43 Abs. 1 Satz 1 SE-VO, § 22 Abs. 1 Satz 1 SEAG).34 Besonders problematisch ist dies in den Fällen, in denen an der Grün-

__________ 32 Eine entsprechend differenzierende Bestimmung trifft § 15 Abs. 3 SEBG für die Beschlussfassung des besonderen Verhandlungsgremiums, wenn die Vereinbarung eine Minderung der Mitbestimmungsrechte zur Folge hat. Abhängig von dem Quorum der von der Mitbestimmung erfassten Arbeitnehmer setzt der Beschluss zu einer derartigen Vereinbarung eine doppelt qualifizierte Mehrheit voraus (2/3 der Mitglieder, die mindestens 2/3 der Arbeitnehmer in mindestens zwei Mitgliedstaaten erfassen); näher dazu unten V. 5. c, S. 303 ff. 33 Näher zur monistisch strukturierten SE C. Teichmann (in diesem Band S. 195 ff.). 34 S. auch Henssler (Fn. 4), S. 193 (202 f.).

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dung der SE eine Gesellschaft beteiligt ist, für die nach dem bei ihr maßgebenden Mitbestimmungsstatut eine paritätische Zusammensetzung des Aufsichtsrates gilt.35 Dies wiederum kann dazu führen, dass sich ein bei der SE zu bildender Verwaltungsrat zur Hälfte aus Vertretern der Arbeitnehmer zusammensetzt, wodurch sich die unternehmerische Mitbestimmung nicht mehr auf Aufsicht und Überwachung der Geschäftsführung beschränkt, sondern Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsrat diese selbst ausüben.36 Selbst wenn der Verwaltungsrat eines oder mehrere seiner Mitglieder zu geschäftsführenden Direktoren bestellt (§ 40 Abs. 1 Satz 1 SEAG) und diese damit die (laufenden) Geschäfte der SE führen (§ 40 Abs. 2 Satz 1 SEAG), verändert dies nicht die paritätische Zusammensetzung des Verwaltungsrates, so dass sich in dieser Konstellation unter den nicht geschäftsführenden Direktoren sogar mehrheitlich Arbeitnehmervertreter befinden.37 Eine Überparität bei der Überwachung der geschäftsführenden Direktoren lässt sich nur verhindern, indem für dieses Amt Personen bestellt werden, die nicht dem Verwaltungsrat angehören, was § 40 Abs. 1 SEAG ausdrücklich ermöglicht.38 Dieser Ausweg bricht allerdings mit der tradierten Konzeption des monistischen Systems und führt faktisch zu einem dem dualistischen System angenäherten Modell,39 bei dem die externen geschäftsführenden Direktoren den Mitgliedern des Verwaltungsrates gegenüberstehen.40 Wollen die an der Gründung der SE beteiligten Gesellschaften diesen Weg nicht beschreiten und gelingt ihnen nicht im Verhandlungswege eine Lösung, die eine Überparität unter den nicht geschäftsführenden Direktoren abwendet, dann mildert diese lediglich der erst

__________ 35 Anschaulich Reichert/Brandes, ZGR 2003, 767 (788 ff.). 36 Zu dem hieraus resultierenden Problemhaushalt zuletzt mit deutlicher Kritik Roth, ZfA 2004, 431 (443 ff.) sowie zuvor Gruber/Weller, NZG 2003, 297 ff.; Henssler (Fn. 4), S. 193 (200 ff.); Reichert/Brandes, ZGR 2003, 767 (791 ff.). 37 Der Zwang zu diesem Ansatz durch Art. 45 SE-VO (so Köstler, ZGR 2003, 800 [804 f.]) ist allerdings umstritten (s. insoweit auch Henssler (Fn. 4), S. 193 [207]; Roth, ZfA 2004, 431 [443 f.]). Mit beachtlichen Argumenten wird auch die These vertreten, es sei mit den Vorgaben der SE-VO vereinbar, wenn sich die Beteiligung der Arbeitnehmervertreter stets auf die nicht geschäftsführenden Mitglieder des Verwaltungsrates beschränke; so C. Teichmann, BB 2004, 53 (56); i. E. auch Henssler (Fn. 4), S. 193 (210); Ihrig/Wagner, BB 2004, 1749 (1757); Reichert/Brandes, ZGR 2003, 767 (792). Ein von der Fraktion der CDU/CSU in den Beratungen des Rechtsausschusses gestellter Änderungsantrag, der dies mit einer als § 35 Abs. 3 SEBG einzufügenden Regelung erreichen wollte (so auch Seibt, NZA 2004, Heft 21, Umschlagseite XI f.), hat der Rechtsausschuss mit den Stimmen der Regierungsfraktionen abgelehnt (vgl. BT-Drucks. 15/4053, S. 57 f.). 38 In dieser Richtung der Vorschlag von Gruber/Weller, NZG 2003, 297 (300 f.) sowie Kallmeyer, ZIP 2003, 1531 (1534 f.). 39 Ebenso Waclawik, DB 2004, 1191 (1196 f.); s. auch die kritische Würdigung durch Hoffmann-Becking, ZGR 2004, 355 (369 ff.). 40 Hierin liegt allerdings kein prinzipieller Widerspruch zum monistischen System, da sich dieses gerade in neuerer Zeit zunehmend den Strukturen einer dualistischen Leitungsorganisation annähert; vgl. Henssler (Fn. 4), S. 193 (208 f.) sowie näher z. B. Davis, ZGR 2001, 268 (282 ff.) und bereits Windbichler, ZGR 1985, 50 ff.

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im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens41 als § 35 Abs. 3 in das SEAG eingefügte Konfliktlösungsmechanismus ab. Danach stehen die Stimmen der dem Verwaltungsrat angehörenden geschäftsführenden Direktoren unter bestimmten Voraussetzungen dem Vorsitzenden des Verwaltungsrates zu, der seinerseits nach Art. 45 SE-VO zwingend von den Aktionären zu bestellen ist.42

3. Beteiligungsvereinbarung und Registereintragung a) Abhängigkeit der Registereintragung von der Beteiligungsvereinbarung Die entscheidende Schnittstelle zwischen der Gründung der SE und der Beteiligung der Arbeitnehmer bildet die Eintragung der SE in das Handelsregister, die für die Rechtspersönlichkeit der SE konstitutiv ist.43 Dieser für das Auftreten der SE im Rechtsverkehr zentrale Akt setzt Klarheit über die für die SE maßgebliche Mitbestimmungslösung voraus (Art. 12 Abs. 2 SE-VO), da die Eintragung in das Handelsregister erst erfolgen kann, wenn –

die Leitungen der beteiligten Gesellschaften mit dem besonderen Verhandlungsgremium eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer abgeschlossen haben,44 oder



das besondere Verhandlungsgremium mit qualifizierter Mehrheit beschlossen hat, keine Verhandlungen aufzunehmen bzw. diese abzubrechen (§ 16 SEBG)45 oder



die nach § 20 SEBG zu bemessende Verhandlungsfrist abgelaufen ist, ohne dass es zum wirksamen Abschluss einer Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer gekommen ist oder ein Beschluss i. S. des § 16 SEBG gefasst wurde.46

Ergänzend verpflichtet Art. 26 Abs. 3 SE-VO das Registergericht zur Kontrolle, ob eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer geschlossen wurde. Dieser Mechanismus sichert zwar die Errichtung einer SE sowie die Erlangung der Rechtsfähigkeit ab, ist aber mit zahlreichen Folgeproblemen verbunden.

__________ 41 S. die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 15/4053, S. 18, 59; in dieser Richtung zuvor die Empfehlung des BR, BT-Drucks. 15/3656, S. 5. Mit dieser Anregung auch Kallmeyer, ZIP 2003, 1531 (1535). 42 Näher dazu unten VII.2.b, S. 313. 43 Zur Eintragung der SE in das Handelsregister s. Kleindiek (in diesem Band S. 95 ff.). 44 Näher dazu unten V.4, S. 299. 45 Hierzu unten V.5.b, S. 301. 46 Dazu unten V.3, S. 298.

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b) Prüfungspflicht des Registergerichts Die von der SE-VO bewusst hergestellte Verknüpfung der Registereintragung mit dem Verfahren zur Herbeiführung einer Beteiligungsvereinbarung47 wirft zunächst die Frage nach der Prüfungspflicht des Registergerichts auf. Bemerkenswert ist insoweit, dass das SEAG diesen Problemkomplex ungeregelt gelassen hat; § 3 SEAG verweist pauschal auf die aktienrechtlichen Vorschriften, die bezüglich der Arbeitnehmerbeteiligung naturgemäß keine Bestimmungen treffen. Deshalb bedarf es eines Rückgriffs auf die einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Rechtsgrundlagen. Angesichts des kategorischen Normbefehls in Art. 12 Abs. 2 SE-VO („kann nicht eingetragen werden, wenn“), der „fundamentalen“ Bedeutung, die der 18. Erwägungsgrund der SE-Richtlinie der Mitbestimmungssicherung beimisst sowie der den Mitgliedstaaten in Art. 12 Abs. 2 SE-RL auferlegten Pflicht, durch Verwaltungs- und Gerichtsverfahren dafür Sorge zu tragen, dass die Erfüllung der sich aus der SE-RL ergebenden Pflichten durchgesetzt werden kann, sprechen gute Gründe dafür, eine materielle Prüfungspflicht des Registergerichts anzuerkennen. Deren Erfüllung ist den Leitungen schon deshalb unschwer möglich, weil über die Beschlussfassung des besonderen Verhandlungsgremiums eine Niederschrift anzufertigen ist (§ 17 Satz 1 SEBG), von der die Leitungen eine Abschrift erhalten (§ 17 Satz 2 SEBG). Ebenso können diese den Beginn der Verhandlungen dokumentieren, da die für den Beginn der Verhandlungsfrist maßgebende Einladung zu der konstituierenden Sitzung von den Leitungen erklärt wird (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SEBG). Das Registergericht kann deshalb die Eintragung der SE insbesondere dann ablehnen, wenn ein entsprechender Antrag vor Ablauf der Verhandlungsfrist gestellt worden ist, ohne dass eine Beteiligungsvereinbarung vorliegt oder das besondere Verhandlungsgremium einen Beschluss über die Nichtaufnahme bzw. den Abbruch von Verhandlungen (§ 16 SEBG) gefasst hat. Entsprechendes gilt auch, wenn bereits die Bildung eines besonderen Verhandlungsgremiums unterblieben ist. Da das Registergericht nach § 38 AktG die Satzung auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft, wird Entsprechendes auch für die Beteiligungsvereinbarung und eine Beschlussfassung des besonderen Verhandlungsgremiums zu gelten haben. Dabei hat das Registergericht nicht nur auf die Einhaltung der in § 21 SEBG genannten Regelungsinhalte zu achten, sondern auch zu überprüfen, ob bei der Beschlussfassung das jeweils notwendige Quorum für einen rechtmäßigen Beschluss erreicht worden ist. c) Rechtsfolgen bei Eintragung trotz Mängeln im Verhandlungsverfahren Gänzlich ungeklärt ist die Rechtslage bislang, wenn das Registergericht die SE eingetragen hat, obwohl das Verhandlungsverfahren mit Mängeln behaftet ist. Da insoweit weder das SEAG noch die SE-Verordnung hierauf bezogene Bestimmungen enthalten, genießt die eingetragene Gesellschaft zunächst Be-

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47 So mit Recht Grundmann (Fn. 17), Rz. 1055.

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standsschutz und erlangt ihre Rechtsfähigkeit. Zu diskutieren sind jedoch die Rechtsbehelfe bzw. Wege, mit denen die Beteiligung der Arbeitnehmer bzw. deren Mitbestimmung in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan durchgesetzt werden kann. Hierzu zwingt vor allem die bereits angeführte Regelung in Art. 12 Abs. 2 SE-RL. Den massivsten Rechtsbehelf stellt § 142 FGG zur Verfügung; er eröffnet dem Registergericht die Löschung der SE von Amts wegen48, verlangt hierfür jedoch, dass die Eintragung der SE wegen des Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig war. Angesichts des Umstandes, dass die SE-Richtlinie die Mitbestimmungssicherung in Erwägungsgrund 18 als fundamentalen Grundsatz bewertet und Art. 12 Abs. 2 SE-VO den Zweck verfolgt, die Eintragung einer SE entgegen den dort genannten Voraussetzungen zu verhindern („kann nicht eingetragen werden, wenn“),49 sprechen gute Gründe dafür, das Vorliegen einer Beteiligungsvereinbarung, den Verzichtsbeschluss des besonderen Verhandlungsgremiums bzw. den Ablauf der Verhandlungsfrist in den Rang einer „wesentlichen“ Eintragungsvoraussetzung zu erheben. Allerdings gebietet es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass das Registergericht dem Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan die Möglichkeit eröffnet, den Eintragungsmangel zu beseitigen. Bei anderen Mängeln im Verhandlungsverfahren, insbesondere bei inhaltlichen Mängeln des Beteiligungsverfahrens oder fehlerhaften Beschlussfassungen des besonderen Verhandlungsgremiums handelt es sich hingegen nicht um eine wesentliche Eintragungsvoraussetzung. Eine Nichtigerklärung der SE bzw. eine Auflösung der SE nach § 144a FGG scheidet in den Fällen eines fehlerhaften Verhandlungsverfahrens schon deshalb aus, weil die vorgenannten Bestimmungen ausdrücklich einen Mangel der Satzung verlangen und die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Vorschriften nicht vorliegen. Eine Bestätigung erfährt diese Immunisierung der SE in den gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zur Gründung einer SE durch Verschmelzung; Art. 30 Unterabs. 1 SE-VO untersagt eine Nichtigerklärung nach der Eintragung ausdrücklich und auch Art. 30 Unterabs. 2 SE-VO eröffnet eine Aufhebung der SE nur für den Fall, in dem das Registergericht das Vorliegen einer Beteiligungsvereinbarung nicht kontrolliert hat. Andererseits folgt aus diesem Befund nicht, dass die Mängel im Verhandlungsverfahren infolge der Registereintragung geheilt sind. Dem steht entgegen, dass Art. 12 Abs. 2 SE-RL die Mitgliedstaaten zu verfahrensmäßigen Vorkehrungen verpflichtet, mit deren Hilfe die in der Richtlinie genannten Verpflichtungen durchgesetzt werden können. Deshalb ist im Hinblick auf die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan zu er-

__________ 48 Zur Anwendbarkeit von § 142 FGG neben den §§ 144, 144a FGG s. statt aller Hüffer, MünchKomm.AktG, 2. Aufl. 2001, § 275 Rz. 37; Kraft, KölnKomm.AktG, 2. Aufl. 1996, § 275 Rz. 8. 49 Zutreffend sieht Grundmann (Fn. 17), Rz. 1055, den Zweck von Art. 12 Abs. 2 bis 4 SE-VO darin, das Verhandlungsverfahren abzusichern.

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wägen, ob die in § 98 Abs. 2 AktG aufgezählten Einrichtungen berechtigt sind, über das aktienrechtliche Statusverfahren eine dem SEBG entsprechende Zusammensetzung des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans zu erzwingen. Dieser Weg setzt tatbestandlich allerdings voraus, dass das Aufsichtsorgan bzw. der Verwaltungsrat nicht entsprechend den gesetzlichen Vorschriften zusammengesetzt ist. Hierzu gelangt man nur, wenn sich die Zusammensetzung der genannten Organe nach der gesetzlichen Auffangregelung richtet, was wiederum nur der Fall ist, wenn die in § 20 SEBG genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Die fehlerhafte Beteiligungsvereinbarung ist dort jedoch ebensowenig aufgezählt wie eine fehlerhafte Beschlussfassung des besonderen Verhandlungsgremiums, so dass der Weg über eine Analogie notwendig ist, die den Fehler im Verhandlungsverfahren mit dem Ablauf der Verhandlungsfrist gleichstellt.

III. Errichtung des besonderen Verhandlungsgremiums Angesichts des Vorrangs der Vereinbarungslösung ist der Verhandlungspartner auf Arbeitnehmerseite von entscheidender Bedeutung für die Installierung der Mitbestimmung in der SE und wegen Art. 12 Abs. 2 SE-VO zugleich auch für deren Gründung. In Umsetzung von Art. 3 SE-RL sieht das SEBG hierfür die Errichtung eines besonderen Verhandlungsgremiums vor (§§ 4 ff. SEBG) und adaptiert damit den im EBRG installierten Mechanismus.50 Das gilt wegen des bei jeder SE notwendigen Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer unabhängig davon, ob bei den an der Gründung der SE beteiligten Gesellschaften eine Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichts- oder Verwaltungsorganen besteht. Ein besonderes Verhandlungsgremium ist deshalb auch dann zu errichten, wenn eine SE durch formwechselnde Umwandlung gegründet werden soll, bei der umzuwandelnden Gesellschaft jedoch keines der Gesetze zur Unternehmensmitbestimmung eingreift.

1. Vorbereitende Unterrichtung durch die an der Gründung beteiligten Gesellschaften a) Inhalt der Unterrichtung Soll die SE ihren Sitz in Deutschland erhalten, dann obliegt es den jeweiligen Leitungen der an der Gründung der SE beteiligten Gesellschaften, schriftlich zur Bildung eines besonderen Verhandlungsgremiums aufzufordern (§ 4 Abs. 1 Satz 1 SEBG) und über das Gründungsvorhaben zu informieren (§ 4 Abs. 2 Satz 1 SEBG). Dabei umfasst die geschuldete Unterrichtung insbesondere die Zahl der in den Gesellschaften und Betrieben beschäftigten Arbeitnehmer, die sich daraus ergebende Zahl der in einem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmer (§ 4 Abs. 3 Nr. 3 SEBG) sowie die Zahl der Arbeitnehmer, denen in den Organen der an der Gründung beteiligten Gesellschaften Mitbestimmungsrechte

__________ 50 S. insoweit die §§ 8 ff. EBRG sowie Art. 5 Richtlinie 94/45/EG.

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zustehen (§ 4 Abs. 3 Nr. 4 SEBG).51 In zeitlicher Hinsicht ist für die Zahl der Arbeitnehmer der Stand bei Unterrichtung maßgeblich (§ 4 Abs. 4 SEBG).52 Sofern § 4 SEBG den Begriff des Arbeitnehmers verwendet, wird die Rechtsanwendung allerdings dadurch verkompliziert, dass der Rückgriff auf einen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff nicht in Betracht kommt. Vielmehr richtet sich dieser nach den Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten in den jeweiligen Mitgliedstaaten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SEBG). Im Hinblick auf die bei einer deutschen Gesellschaft beschäftigten Arbeitnehmer verweist § 2 Abs. 1 Satz 2 SEBG in Fortführung der Regelungstechnik in § 4 Satz 1 EBRG auf das betriebsverfassungsrechtliche Begriffsverständnis, weicht insoweit aber von diesem ab, als er auch die in § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG umschriebenen leitenden Angestellten einbezieht. b) Schuldner der Unterrichtung Als Schuldner der Unterrichtung benennt § 4 Abs. 2 Satz 1 SEBG die für die Arbeitnehmervertretung jeweils zuständige Leitung der an der Gründung der SE beteiligten Gesellschaften, wobei sich die nach § 4 Abs. 3 SEBG mitzuteilenden Informationen nicht auf die Verhältnisse der jeweiligen Gesellschaft beschränken. Vielmehr ist § 4 Abs. 2 und 3 SEBG von der Vorstellung geprägt, dass alle von der Gründung der SE betroffenen Arbeitnehmervertretungen und etwaige Sprecherausschüsse im Hinblick auf die Bildung des besonderen Verhandlungsgremiums sowie dessen Arbeit möglichst vollständig informiert sind. Hat die zur Unterrichtung verpflichtete Gesellschaft nicht alle notwendigen Daten, dann muss sie sich diese im Lichte der Judikatur des EuGH zu Art. 4 der Richtlinie 94/45/EG von den anderen an der Gründung beteiligten Gesellschaften beschaffen bzw. diese sind umgekehrt zur Weitergabe von Informationen an die jeweilige Leitung verpflichtet.53 c) Adressat der Unterrichtung Hinsichtlich des Adressaten der Unterrichtung benennt das SEBG in § 4 Abs. 2 Satz 1 nicht nur die Arbeitnehmervertretungen, sondern auch die in den beteiligten Gesellschaften bzw. Betrieben gebildeten Sprecherausschüsse. Eine unmittelbare Unterrichtung der Arbeitnehmer sieht das Gesetz nur vor, wenn keine Arbeitnehmervertretung existiert. In diesem Fall sind sämtliche Arbeitnehmer, also auch die leitenden Angestellten von der Leitung der jeweiligen Gesellschaft zu unterrichten.

__________ 51 Zur Konkretisierung kann auf die inzwischen vorliegende Rechtsprechung zu § 5 EBRG zurückgegriffen werden. Vgl. dazu insbesondere EuGH, AP Nr. 2 zu EWGRichtlinie 94/45; EuGH, AP Nr. 3 zu EWG-Richtlinie 94/45; EuGH, NZA 2004, 1167 ff. 52 S. insoweit Art. 3 Abs. 1 SE-RL. 53 Dazu zuletzt EuGH, NZA 2004, 1167 (1168 f.).

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Keine ausdrückliche Regelung trifft das Gesetz, wenn in dem Betrieb zwar eine Arbeitnehmervertretung gebildet worden ist, die Belange der leitenden Angestellten aber nicht durch einen von ihnen errichteten Sprecherausschuss vertreten werden. Einer unmittelbaren Unterrichtung der leitenden Angestellten scheint der Wortlaut des § 4 Abs. 2 Satz 2 SEBG entgegenzustehen. Dieser sieht eine Unterrichtung der Arbeitnehmer nur beim Fehlen einer Arbeitnehmervertretung vor, ohne den Sonderfall zu bedenken, dass die leitenden Angestellten keine Interessenvertretung bilden konnten oder dies unterblieben ist. Für eine unmittelbare Unterrichtung der leitenden Angestellten in dieser Konstellation spricht vor allem der sachliche Zusammenhang zwischen der Unterrichtung und dem jeweiligen Wahlvorschlagsrecht der leitenden Angestellten nach § 8 Abs. 1 Satz 7 SEBG, wenn bei den beteiligten Unternehmen kein Sprecherausschuss besteht. Deshalb sollte § 4 Abs. 2 Satz 2 SEBG auch in dem Sonderfall Anwendung finden, dass die Belange der leitenden Angestellten nicht durch einen Sprecherausschuss wahrgenommen werden. d) Zeitpunkt der Unterrichtung Hinsichtlich des Zeitpunktes der Unterrichtung stellt § 4 Abs. 2 Satz 3 SEBG auf die Offenlegung des jeweiligen Planes zur Gründung der SE (z. B. Verschmelzungsplan, Umwandlungsplan) ab und erlegt den Leitungen der die Gründung planenden Gesellschaften die Pflicht auf, die Information unverzüglich durchzuführen. An einer möglichst zügigen Information werden diese schon deshalb interessiert sein, weil mit ihr die Zehn-Wochen-Frist zur Wahl oder Bestellung der Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums zu laufen beginnt (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SEBG). Eine vor der Offenlegung des jeweiligen Plans zur Gründung der SE erfolgende Unterrichtung schließt § 4 Abs. 2 Satz 3 SEBG nicht aus, bewirkt den Beginn der Frist in § 11 Abs. 1 Satz 1 SEBG jedoch nur, wenn die Informationen im Lichte des § 4 Abs. 2 und 3 SEBG vollständig sind.

2. Größe des besonderen Verhandlungsgremiums Mit Hilfe der in § 4 SEBG umschriebenen Informationen ist die Größe des besonderen Verhandlungsgremiums und die Verteilung der jeweiligen Mitglieder auf die Mitgliedstaaten festzulegen, in denen die an der Gründung der SE beteiligten Gesellschaften Arbeitnehmer beschäftigen. Hierfür bestimmt § 5 Abs. 1 SEBG als Grundmodell, dass dem besonderen Verhandlungsgremium ein Mitglied aus jedem Mitgliedstaat angehört, in dem die an der Gründung beteiligten Gesellschaften Arbeitnehmer beschäftigen. Mehr als ein Mitglied aus einem Mitgliedstaat gehört dem besonderen Verhandlungsgremium an, wenn auf diesen gemessen an der Gesamtzahl der Arbeitnehmer mehr als 10 % der Arbeitnehmer entfallen. In dieser Konstellation ist für jeden Anteil, der 10 % oder ein Bruchteil davon umfasst, ein weiteres Mitglied aus diesem Mitgliedstaat zu wählen oder zu bestellen, so dass das besondere Verhandlungsgremium stets aus mindestens 10 Mitgliedern besteht. 292

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Dieses Grundmodell gilt auch bei der Gründung einer SE im Wege der Verschmelzung, wobei allerdings zusätzlich zu gewährleisten ist, dass die Arbeitnehmer jeder Gesellschaft, die infolge der geplanten Eintragung der SE ihre Rechtspersönlichkeit verliert, in dem besonderen Verhandlungsgremium vertreten ist (§ 5 Abs. 2 SEBG). Die sich nach dem Grundmodell in § 5 Abs. 1 SEBG ergebende Mitgliederzahl darf sich hierdurch allerdings nicht um mehr als 20 % erhöhen (§ 5 Abs. 3 SEBG).54

3. Bildung eines Wahlgremiums für die aus dem Inland zu bestellenden Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums Die weitere Initiative zur Bildung des besonderen Verhandlungsgremiums obliegt grundsätzlich dem Vorsitzenden der auf Konzernebene gebildeten Arbeitnehmervertretung (§ 9 Abs. 1 SEBG), ggf. handelt es sich hierbei um diejenige konzernweite Arbeitnehmervertretung, welche die meisten Arbeitnehmer vertritt. Ihr überträgt das Gesetz vor allem die Aufgabe, zu einer Versammlung des Wahlgremiums einzuladen, das sodann in geheimer und unmittelbarer Wahl die Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums bestimmt (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SEBG).55 Dabei geht das SEBG davon aus, dass in jedem Mitgliedstaat ein eigenständiges Wahlgremium besteht, so dass die dem besonderen Verhandlungsgremium aus Deutschland angehörenden Mitglieder von einem inländischen Wahlgremium gewählt werden. Hinsichtlich der Mitglieder aus den anderen Mitgliedstaaten richten sich die näheren Modalitäten für die Wahl bzw. Bestellung nach den dort jeweils geltenden Regelungen.56 Bezüglich Größe und Zusammensetzung des Wahlgremiums sieht das SEBG entgegen den tradierten Vorstellungen in Deutschland grundsätzlich von einer Wahl durch die Arbeitnehmer oder durch von ihnen gewählte Delegierte ab und greift als Wahlkörper statt dessen – in Fortführung der Konzeption in § 11 EBRG57 – auf die in den beteiligten Unternehmen bestehenden Arbeitnehmervertretungen zurück.58 Als Grundmodell ist hierfür der Fall zu nennen, in dem aus dem Inland nur eine Unternehmensgruppe an der Gründung der SE beteiligt ist. In dieser Konstellation besteht das Wahlgremium aus den Mitgliedern des Konzernbetriebsrates, sofern ein solcher errichtet worden ist, ersatzweise aus den Mitgliedern der Gesamtbetriebsräte (§ 8 Abs. 3 SEBG). Die Größe des Wahlgremiums beschränkt § 8 Abs. 6 SEBG auf 40 Mitglieder; ggf. ist dieses

__________ 54 Näher dazu Nagel, ArbuR 2004, 281 (283). 55 Zum Problem einer verzögerten Bildung des besonderen Verhandlungsgremiums Kallmeyer, ZIP 2004, 1442 (1442 f.). 56 Dementsprechend regelt § 8 Abs. 1 Satz 1 SEBG ausdrücklich auch den Fall, dass nach dem Gesetz eines anderen Mitgliedstaates aus Deutschland Mitglieder in ein besonderes Verhandlungsgremium zu wählen sind. 57 Ähnlich § 8 Abs. 1 Montan-MitbestG. 58 Eine Ausnahme gilt nach § 8 Abs. 7 SEBG lediglich, wenn keine Arbeitnehmervertretung existiert.

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nach Maßgabe des d’Hondtschen Höchstzahlenverfahrens auf die genannte Größe zu reduzieren.

4. Entscheidung des Wahlgremiums Bei der Wahl der Mitglieder, die dem besonderen Verhandlungsgremium aus dem Inland angehören, bemisst sich die Zahl der Stimmen, die jedem Mitglied des Wahlgremiums zustehen, nach der Zahl der von ihnen jeweils vertretenen Arbeitnehmer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 SEBG). Abweichend von § 55 Abs. 3 BetrVG i. V. m. § 47 Abs. 7 BetrVG ist nicht die Zahl der in den Wählerlisten eingetragenen wahlberechtigten Arbeitnehmer, sondern die Zahl der Arbeitnehmer maßgebend, die sich aus der Information der jeweiligen Leitungen der Gesellschaften ergibt (vgl. § 4 Abs. 3 Nr. 3 SEBG). Für die Wahl eines Mitgliedes in das besondere Verhandlungsgremium genügt die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 10 Abs. 1 Satz 3 SEBG), lediglich für die Beschlussfähigkeit des Wahlgremiums verlangt § 10 Abs. 1 Satz 1 SEBG ein doppeltes Quorum (2/3 der Mitglieder, die 2/3 der Arbeitnehmer vertreten müssen). Zudem hat das Wahlgremium bei der Wahl u. U. einen besonderen Proporz zu beachten, der von der Zahl der Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums abhängt, die aus Deutschland in dieses zu wählen sind. Hintergrund dieses Proporzes ist die Besonderheit bei den Gesellschaften, die dem MitbestG unterliegen, da dieses sowohl den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften (§ 7 Abs. 2 MitbestG) als auch den leitenden Angestellten (§ 15 Abs. 1 Satz 2 MitbestG) im Aufsichtsrat eine Mindestrepräsentanz gewährleistet. Diese überträgt § 6 Abs. 3 und 4 SEBG auf das besondere Verhandlungsgremium, unabhängig davon, ob die an der Gründung der SE beteiligten Gesellschaften einem entsprechenden Mitbestimmungsstatut unterliegen, gilt also auch, wenn die an der Gründung der SE beteiligten Gesellschaften ausschließlich nach Maßgabe des Drittelbeteiligungsgesetzes (DrittelbG) mitbestimmt sind. Gehören dem besonderen Verhandlungsgremium aus Deutschland mehr als zwei Mitglieder an, so muss jedes dritte Mitglied ein Vertreter der Gewerkschaften sein, die in einem der an der Gründung der SE beteiligten Unternehmen vertreten sein muss (§ 6 Abs. 3 SEBG).59 Das Gesetz begründet für die Gewerkschaften jedoch kein Entsendungsrecht, sondern beschränkt sich – entsprechend der Konzeption in § 17 MitbestG – auf ein Vorschlagsrecht (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SEBG) und überlässt die Auswahlentscheidung dem Wahlgremium.

__________ 59 Den Spielraum für diese Regelung eröffnet Art. 3 Abs. 2 lit. b SE-RL. Bedenken gegen die Richtlinienkonformität äußert Kallmeyer, ZIP 1994, 1442 (1443), der im Ansatz zu Recht darauf hinweist, dass sich aus der vorgenannten Richtlinienbestimmung keine Verpflichtung zu einer zwingenden Mindestrepräsentanz ableiten lässt. Allerdings folgt aus diesem Befund nicht, dass ein derartiges Vorgehen im Widerspruch zu der Richtlinie steht.

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Eine vergleichbare Regelung trifft das SEBG für die Arbeitnehmergruppe der leitenden Angestellten.60 Das dem Sprecherausschuss zustehende Vorschlagsrecht (§ 8 Abs. 1 Satz 5 SEBG) setzt jedoch voraus, dass dem besonderen Verhandlungsgremium mehr als sechs Mitglieder aus dem Inland angehören.61 In diesem Fall muss mindestens jedes siebte Mitglied aus dem Inland ein leitender Angestellter sein (§ 6 Abs. 4 SEBG). Damit weicht das Gesetz deutlich von der Parallelnorm in § 11 Abs. 4 EBRG ab, die lediglich die Möglichkeit eröffnet, dass dem besonderen Verhandlungsgremium leitende Angestellte angehören können. Wegen des engeren Arbeitnehmerbegriffs im EBRG bedurfte es hierfür dieser ausdrücklichen Regelung. Umgekehrt schließt es der weiter gefasste Arbeitnehmerbegriff in § 2 Abs. 1 SEBG62 nicht aus, dass auch die Arbeitnehmervertretungen leitende Angestellte in ihren Wahlvorschlag aufnehmen und dem besonderen Verhandlungsgremium infolgedessen aus dem Inland mehr leitende Angestellte als Mitglieder angehören, als dies § 6 Abs. 4 SEBG erzwingt.

IV. Geschäftsführung des besonderen Verhandlungsgremiums 1. Konstituierung des besonderen Verhandlungsgremiums Nach Mitteilung der dem besonderen Verhandlungsgremium angehörenden Mitglieder (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SEBG) obliegt es den Leitungen der beteiligten Gesellschaften, zur konstituierenden Sitzung einzuladen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SEBG).63 Auf dieser wählt das besondere Verhandlungsgremium aus seiner Mitte einen Vorsitzenden sowie mindestens zwei Stellvertreter (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SEBG).64

2. Auskunftsanspruch des besonderen Verhandlungsgremiums Für die Erfüllung seiner Aufgabe, eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE abzuschließen (§§ 4 Abs. 1 Satz 2, 13 Abs. 1 Satz 1 SEBG),65 kann das besondere Verhandlungsgremium von den Leitungen der beteiligten Gesellschaften Auskunft beanspruchen.66 Diese bezieht sich insbesondere auf das Gründungsvorhaben und den Verlauf des Verfahrens bis zur

__________ 60 Zur Notwendigkeit einer Vertretung dieser Arbeitnehmergruppe im besonderen Verhandlungsgremium Heinze in FS Schwerdtner, 2003, S. 741 (745 ff.). 61 Weitergehend Kraushaar, BB 2003, 1614 (1617), der eine Mindestvertretung bereits verlangt, wenn dem besonderen Verhandlungsgremium aus Deutschland zwei oder mehr Vertreter angehören müssen. 62 S. oben III.1.a, S. 290 f. 63 Entsprechendes legt § 13 Abs. 1 Satz 1 EBRG für das besondere Verhandlungsgremium zur Errichtung Europäischer Betriebsräte fest. 64 Abweichend insoweit § 13 Abs. 1 Satz 2 EBRG, der die Wahl von Stellvertretern für den Vorsitzenden nicht vorsieht. 65 Parallelnorm bei der Errichtung Europäischer Betriebsräte: § 8 Abs. 1 EBRG. 66 Entsprechendes gilt nach § 8 Abs. 2 EBRG.

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Eintragung (§ 13 Abs. 2 SEBG); ggf. haben die Leitungen in diesem Zusammenhang auch die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.67

3. Hinzuziehung von Sachverständigen Für die Begleitung der Verhandlungen kann das besondere Verhandlungsgremium Sachverständige hinzuziehen (§ 14 Abs. 1 SEBG),68 wegen des Verzichts auf eine Höchstzahl ggf. auch mehrere Personen. Aus der Einräumung einer Befugnis zur Hinzuziehung folgt jedoch, dass dieses Recht unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit steht, was sowohl die Zahl der Sachverständigen als auch die Frage betrifft, ob das besondere Verhandlungsgremium für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben überhaupt der Unterstützung durch Dritte bedarf. Zwar stellt § 14 Abs. 1 SEBG die Hinzuziehung von Sachverständigen nicht unter den in § 13 Abs. 4 Satz 1 EBRG enthaltenen Vorbehalt „soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist“. Dies rechtfertigt aber nicht den formalen Umkehrschluss, § 14 Abs. 1 SEBG gestatte die Unterstützung durch externe Sachverständige unabhängig von der Erforderlichkeit. Eine derartige Sichtweise widerspricht nicht nur einer vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 13 Abs. 1 Satz 2 SEBG), sondern auch dem allgemeinen Grundsatz, dass Rechtspositionen, die zum Eingriff in fremde Rechte legitimieren, nur in den Grenzen der Verhältnismäßigkeit ausgeübt werden können. In der Auswahl des Sachverständigen ist das besondere Verhandlungsgremium frei; es entscheidet hierüber durch Mehrheitsbeschluss (§ 15 Abs. 2 SEBG). Wegen der ausdrücklichen Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 1 SEBG können auch Vertreter von Gewerkschaften zu den Sachverständigen gehören. Abweichend von § 6 Abs. 3 SEBG scheint es jedoch nicht zu genügen, wenn die Gewerkschaft in einer der an der Gründung der SE beteiligten Gesellschaft vertreten ist. Vielmehr stellt § 14 Abs. 1 Satz 1 SEBG ausrücklich auf die Vertreter solcher Organisationen ab, die gemeinschaftsweit tätig sind.69 Aus diesem Grunde ist es gerechtfertigt, die Gewerkschaftseigenschaft zumindest im Rahmen von § 14 Abs. 1 Satz 1 SEBG nicht mit dem tarifrechtlichen Kriterium der Tariffähigkeit zu verknüpfen. Die Tätigkeit des bzw. der Sachverständigen beschränkt sich nicht nur auf die Unterstützung und Beratung des besonderen Verhandlungsgremiums. Vielmehr können sie mit beratender Stimme auch unmittelbar an den Verhandlungen mit den Leitungen der beteiligten Gesellschaften teilnehmen (§ 14 Abs. 1

__________ 67 Eine vergleichbare Regelung trifft § 8 Abs. 2 EBRG. 68 Ebenso § 13 Abs. 4 Satz 1 EBRG. 69 Offener § 13 Abs. 4 Satz 1 EBRG: Beauftragte von Gewerkschaften; wohl auch Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 49.

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Satz 2 SEBG).70 Eines Einvernehmens mit diesen bedarf es hierfür nicht, da das Gesetz die Teilnahme ausdrücklich nur unter den Vorbehalt stellt, dass das besondere Verhandlungsgremium diese wünscht.

4. Kosten des besonderen Verhandlungsgremiums Die Kosten, die die Tätigkeit des besonderen Verhandlungsgremiums verursacht, haben die beteiligten Gesellschaften als Gesamtschuldner zu tragen (§ 19 Satz 1 SEBG).71 Ebenso wie nach § 16 Abs. 1 EBRG zählen hierzu nicht nur Reise- und Aufenthaltskosten der Mitglieder des Gremiums, sondern auch die Aufwendungen der hinzugezogenen Sachverständigen. Entsprechendes gilt für benötigte Sachmittel sowie Dolmetscher und Büropersonal; diese sind dem besonderen Verhandlungsgremium von den Leitungen der beteiligten Gesellschaften zur Verfügung zu stellen. Die vorgenannten Ansprüche stehen nach § 19 Satz 1 SEBG ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit, was auch für die Kosten der hinzugezogenen Sachverständigen gilt.72 Nicht in Anspruch genommen hat das SEBG allerdings die in Art. 3 Abs. 7 Unterabs. 2 SERL eröffnete Möglichkeit, die Übernahme der Kosten auf diejenigen für einen Sachverständigen zu beschränken.73

V. Die Verhandlungen mit den Leitungen der beteiligten Gesellschaften 1. Verhandlungspartner des besonderen Verhandlungsgremiums Im Unterschied zu der Verhandlungspartei auf Arbeitnehmerseite, dem besonderen Verhandlungsgremium, enthält sich das SEBG jeglicher Regelungen zu dem Verhandlungspartner. Es verwendet insoweit stets den Sammelbegriff „Leitungen“; auch die Legaldefinition in § 2 Abs. 5 SEBG hilft insoweit nicht weiter, weil diese nicht das Verhältnis der Leitungen zueinander erfasst. Der Regelungsverzicht des SEBG kann nur dahin verstanden werden, dass es den Leitungen der beteiligten Gesellschaften obliegt, ihr Verhandlungsgremium autonom festzulegen. Dementsprechend ist es nicht nur möglich, dass die Leitung einer Gesellschaft in Vertretung der anderen an der Gründung der SE beteiligten Gesellschaften die Verhandlungsführerschaft übernimmt. Ebenso

__________ 70 S. dazu auch Art. 3 Abs. 5 Satz 2 SE-RL. Demgegenüber beschränkt sich § 13 Abs. 4 Satz 1 EBRG auf eine Unterstützung des besonderen Verhandlungsgremiums, ohne expressis verbis eine Beteiligung an den Verhandlungen mit der zentralen Leitung vorzusehen. 71 Dazu auch Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 SE-RL. Entsprechendes ordnet ebenfalls § 16 Abs. 2 EBRG an. 72 So auch Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 51. 73 So aber § 16 Abs. 1 Satz 2 EBRG für das besondere Verhandlungsgremium zur Errichtung eines Europäischen Betriebsrates, der den entsprechenden Vorbehalt in Art. 5 Abs. 6 Unterabsatz 2 Satz 2 der Richtlinie 94/45/EG in Anspruch genommen hat.

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können die Leitungen der beteiligten Gesellschaften eine Verhandlungskommission bilden, deren Zusammensetzung sie autonom festlegen.

2. Sitzungen des besonderen Verhandlungsgremiums Im Zentrum der Tätigkeit des besonderen Verhandlungsgremiums stehen die Verhandlungen mit den Leitungen der beteiligten Gesellschaften, um zu einer Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE zu gelangen, und die mit der Einladung zu der konstituierenden Sitzung des besonderen Verhandlungsgremiums beginnen (§ 20 Abs. 1 Satz 2 SEBG i. V. mit § 12 Abs. 1 Satz 1 SEBG).74 Die weitere Organisation des Verhandlungsprozesses steht weitgehend in der Autonomie der Beteiligten,75 insbesondere können sie Häufigkeit und Zahl der gemeinsamen Sitzungen frei festlegen (§ 13 Abs. 2 Satz 3 SEBG). Unabhängig von diesen ist das besondere Verhandlungsgremium berechtigt, zwischen den gemeinsamen Terminen in Abwesenheit der Leitungen der beteiligten Gesellschaften zu tagen.76 Die Einladung hierzu obliegt dem Vorsitzenden des Gremiums (§ 12 Abs. 2 SEBG).

3. Dauer der Verhandlungen Damit die Verhandlungen über die Beteiligung der Arbeitnehmer die Gründung der SE nicht unverhältnismäßig verzögern, versieht § 20 SEBG diese mit einer Zeitschranke,77 nach deren Überschreiten die SE in das Handelsregister eingetragen werden kann (Art. 12 Abs. 2 SE-VO). Hierfür legt § 20 Abs. 1 Satz 1 SEBG als regelmäßige Frist einen Zeitraum von sechs Monaten fest, der mit dem Tag der Einladung78 zu der konstituierenden Sitzung beginnt (§ 20 Abs. 1 Satz 2 SEBG).79 Eine Verlängerung der Frist ist möglich, erfordert jedoch das Einvernehmen beider Parteien (§ 20 Abs. 2 SEBG). Hierzu werden die Leitungen der beteiligten Gesellschaften insbesondere dann bereit sein, wenn sie das Eingreifen der gesetzlichen Auffangregelung (§§ 23 ff., 34 ff. SEBG)80 vermeiden wollen oder

__________ 74 Abweichend § 21 Abs. 1 Satz 1 EBRG i. V. m. § 9 EBRG: Antrag bei der zentralen Leitung auf Bildung des besonderen Verhandlungsgremiums. 75 Ebenso § 8 Abs. 3 Satz 2 EBRG. 76 So auch § 13 Abs. 2 EBRG. 77 Die Vorschrift entspricht nahezu wörtlich Art. 5 SE-RL. 78 Der Tag der Sitzung ist demgegenüber für den Beginn des Verhandlungszeitraums unerheblich; vgl. Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 51. 79 Problematisch an diesem Zeitpunkt für den Fristbeginn ist allerdings, dass die Leitungen der beteiligten Gesellschaften zwar die Einladung zur konstituierenden Sitzung herbeiführen können, hierfür aber auf die Mitteilung angewiesen sind, welche Personen dem besonderen Verhandlungsgremium als Mitglieder angehören. Der Rückgriff auf die konstituierende Sitzung dürfte allerdings durch Art. 6 Abs. 1 der SE-RL vorgegeben sein, da dieser auf die „Einsetzung“ des besonderen Verhandlungsgremiums abstellt. 80 Zu dieser unten VI., S. 305 ff.

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der Abschluss einer Vereinbarung unmittelbar bevorsteht. Da der Vorsitzende des besonderen Verhandlungsgremiums dieses nur in der Erklärung vertritt, bedarf die wirksame Verlängerung der Verhandlungsfrist einer entsprechenden Beschlussfassung des besonderen Verhandlungsgremiums.81 Allerdings öffnet § 20 Abs. 2 SEBG den Zeitraum für die Verhandlungen nur eingeschränkt der Autonomie der Parteien. Spätestens ein Jahr nach der Einladung zur konstituierenden Sitzung des besonderen Verhandlungsgremiums müssen diese abgeschlossen sein.82 Weitere Verlängerungen sind den Parteien nicht gestattet. Mit Ablauf der Maximalfrist richtet sich die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE zwingend nach der gesetzlichen Auffangregelung.83

4. Vereinbarung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer Die Beratungen zwischen dem besonderen Verhandlungsgremium und den Leitungen der beteiligten Gesellschaften sind entsprechend der in den §§ 4 Abs. 1 Satz 2, 13 Abs. 1 Satz 1 SEBG vorgegebenen Aufgabe auf Abschluss einer Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer gerichtet.84 Für deren Inhalt stellt § 21 SEBG einige Vorgaben auf,85 die jedoch lediglich exemplarisch die Regelungsgegenstände benennen, ihre Ausgestaltung aber den Verhandlungsparteien überlassen. Faktisch wird der Gestaltungsspielraum für die Beteiligungsvereinbarung allerdings von der kraft Gesetzes eingreifenden Auffangregelung beeinflusst, wenn es den Parteien nicht gelingt, innerhalb der Frist

__________ 81 Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 51. 82 Abweichend im konzeptionellen Ansatz § 21 Abs. 1 EBRG: maximal drei Jahre, jedoch mit dem Recht der zentralen Leitung, die Verhandlungen vorzeitig für gescheitert zu erklären. 83 Zu dieser unten VI. 84 Bezüglich der Rechtsnatur der Beteiligungsvereinbarung liegt es nahe, auf das Meinungsspektrum zur EBR-Vereinbarung i. S. des § 18 EBRG (vgl. dazu m. w. N. Oetker, GK-BetrVG, 7. Aufl. 2002, vor § 106 Rz. 125 f.) zurückzugreifen (so im Ergebnis Kraushaar, BB 2003, 1614 [1619]). Soweit dort eine Qualifizierung als Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag abgelehnt wird, trifft dies auch für die im Rahmen von § 21 SEBG abgeschlossene Vereinbarung zu (ebenso Herfs-Röttgen, NZA 2002, 358 [363 f.]; Kraushaar, BB 2003, 1614 [1619]), da ihre Rechtsnatur ebenfalls nach dem Recht des Sitzstaates zu bestimmen ist. Hieraus folgt insbesondere, dass Maßnahmen des Arbeitskampfes zur Herbeiführung einer Beteiligungsvereinbarung rechtswidrig sind (vgl. Herfs-Röttgen, NZA 2002, 358 [364]; zur Parallele im EBRG Oetker, GK-BetrVG, 7. Aufl. 2002, vor § 106 Rz. 86, m. w. N.); sie verstoßen zudem gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 40 SEBG). Im übrigen steht der vertragliche Charakter der Vereinbarung im Vordergrund, ohne dass ihr zwingend ein normativer Charakter zukommen muss (so aber Herfs-Röttgen, NZA 2002, 358 [364]); anderenfalls hätte es der Verpflichtung zur Anpassung der Satzung in Art. 12 Abs. 4 SE-VO nicht bedurft. Sofern die Vereinbarung Regelungen zur Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE trifft, weist sie jedoch eine über § 18 EBRG hinausgehende organisationsrechtliche Dimension auf, die es zumindest bei diesem Inhalt rechtfertigt, die Beteiligungsvereinbarung als Organisationsvertrag zu qualifizieren. 85 Diese stimmen mit dem Katalog in Art. 4 Abs. 2 SE-RL überein.

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des § 20 Abs. 1 SEBG eine Einigung zu erzielen.86 Diesen Mindeststandard wird das besondere Verhandlungsgremium im Verhandlungswege in der Regel nicht ohne entsprechende Gegenleistungen preisgeben.87 Inhaltlich zwingt § 21 SEBG die Verhandlungsparteien, sich an dem Dualismus von Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer einerseits sowie Mitbestimmung der Arbeitnehmer in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE andererseits zu orientieren, wobei sich die Vorschrift im Hinblick auf die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer an der aus dem EBRG bekannten Strukturvielfalt orientiert.88 Deshalb können die Verhandlungsparteien zwischen der Errichtung eines SE-Betriebsrates (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 SEBG) oder einem anderen Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer wählen (§ 21 Abs. 2 SEBG).89 Im Unterschied zu der Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer ist die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE – wie der Wortlaut des § 21 Abs. 3 SEBG („für den Fall“) verdeutlicht90 – grundsätzlich kein zwingender Bestandteil einer rechtswirksamen Beteiligungsvereinbarung.91 Anders ist dies lediglich bei einer Gründung der SE im Wege einer formwechselnden Umwandlung (§ 21 Abs. 6 Satz 1 SEBG),92 wobei die Mitbestimmung in diesem Fall auch in Bezug auf alle Komponenten in demselben Ausmaß zu gewährleisten ist, das in der Gesellschaft bestand, die in eine SE umgewandelt werden soll. Abgesehen von diesem Sonderfall, der eine Inanspruchnahme der SE als Instrument zur Flucht aus der Mitbestimmung verhindert, obliegt es der Autonomie der Parteien, wie sie die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE, insbesondere im Hinblick auf die Form der Mitbestimmung, ausgestalten;93 § 21 Abs. 3 SEBG gibt lediglich vor, dass die Vereinbarung die Zahl der von den Arbeitnehmern gewählten Mitglieder, das Verfahren für deren Wahl sowie deren Rechte regeln muss. Der hierdurch abgesteckte Rahmen gestattet es ihnen auch, eine Repräsentanz der leitenden Angestellten in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan festzuschreiben.

__________ 86 Heinze, ZGR 2002, 66 (92) sowie Hoffmann-Becking, ZGR 2004, 355 (381); Reichert/ Brandes, ZGR 2003, 767 (780); Veelken (Fn. 22), S. 483 (520). 87 S. insoweit auch unten V.5.c), S. 303 ff. 88 S. die §§ 17 bis 19 EBRG. 89 Bezüglich der im Hinblick auf „Unterrichtung“ und „Anhörung“ zu beachtenden Schranken können die zum EBRG entwickelten Grundsätze herangezogen werden; vgl. zu diesen z. B. Oetker, GK-BetrVG, 7. Aufl. 2002, vor § 106 Rz. 128 ff. 90 So auch Herfs-Röttgen, NZA 2002, 358 (363). 91 Dazu Art. 4 Abs. 2 lit. g) SE-RL: „für den Fall, dass die Parteien im Laufe der Verhandlungen beschließen, eine solche Vereinbarung einzuführen“. 92 Dieser Bestandsschutz ist vorgegeben durch Art. 4 Abs. 4 SE-RL. 93 Wegen des Vorbehalts in Art. 40 Abs. 2 Satz 3 SE-VO und Art. 43 Abs. 3 Satz 3 SE-VO kann die Vereinbarung auch eine Beteiligung von Arbeitnehmervertretern in dem ersten Aufsichts- oder Verwaltungsorgan vorsehen (s. Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 51).

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Gemeinsam für beide Kernelemente der Beteiligungsvereinbarung trifft § 21 SEBG drei wesentliche Vorgaben zu ihrer Reichweite.94 Hierzu zählen ihr Geltungsbereich (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 SEBG) sowie der Zeitpunkt ihres Inkrafttretens einschließlich der Laufzeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 6 SEBG). Schließlich sind die Sachverhalte für eine Neuverhandlung sowie das hierbei anzuwendende Verfahren festzulegen (§ 21 Abs. 1 Nr. 6 SEBG), wobei § 21 Abs. 4 SEBG strukturelle Änderungen der SE als einen der Fälle benennt, der in der Vereinbarung Berücksichtigung finden „soll“.

5. Entscheidung des besonderen Verhandlungsgremiums über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE a) Überblick Abgesehen von dem Fall, in dem die Verhandlungen über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE nicht innerhalb der Frist des § 20 SEBG zum Abschluss gelangen, enden diese durch einen Beschluss des besonderen Verhandlungsgremiums, dessen Inhalt einschließlich der jeweiligen Mehrheit, mit der dieser gefasst wurde, in einer Niederschrift aufzunehmen ist (§ 17 Satz 1 SEBG), von der die Leitungen der beteiligten Gesellschaften eine Abschrift erhalten (§ 17 Satz 2 SEBG). Im Hinblick auf das notwendige Quorum für eine wirksame Beschlussfassung ist zwischen der Nichtaufnahme bzw. dem Abbruch der Verhandlungen (§ 16 SEBG) sowie der Abstimmung über eine im Verhandlungswege abgeschlossene Vereinbarung (§ 15 SEBG) zu unterscheiden. b) Nichtaufnahme und Abbruch der Verhandlungen (§ 16 SEBG) Mit Ausnahme des Sonderfalls der Gründung einer SE im Wege der Umwandlung95 entscheidet das besondere Verhandlungsgremium frei darüber, ob für die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE eine spezifische Regelung gelten soll.96 Will es hierauf verzichten, so bedarf es eines ausdrücklichen Beschlusses (§ 16 Abs. 1 SEBG, § 17 Satz 1 Nr. 2 SEBG), der nach § 16 Abs. 1 Satz 1 SEBG mit einer doppelten 2/3-Mehrheit zu fassen ist: Der Nichtaufnahme bzw. dem Abbruch der Verhandlungen müssen 2/3 der Mitglieder zustimmen, die zudem mindestens 2/3 der Arbeitnehmer in mindestens zwei Mitgliedstaaten vertreten.97

__________ 94 Dazu auch Art. 4 Abs. 2 lit. h SE-RL. 95 S. insoweit die inhaltlichen Vorgaben in § 21 Abs. 6 SEBG sowie die nach § 16 Abs. 3 SEBG ggf. eingreifende Sperre für einen Beschluss, der auf den Abbruch oder die Nichtaufnahme von Verhandlungen gerichtet ist. 96 S. dazu Art. 3 Abs. 6 SE-RL. Entsprechendes gilt für die Errichtung Europäischer Betriebsräte, vgl. § 21 Abs. 2 EBRG i. V. m. § 15 EBRG. 97 Demgegenüber lässt § 15 Abs. 1 Satz 1 EBRG einen mit 2/3 der Stimmen gefassten Beschluss ausreichen, verzichtet also darauf, dass der Beschluss ein bestimmtes Quorum der Arbeitnehmer widerspiegeln muss.

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Liegt ein mit qualifizierter Mehrheit gefasster Beschluss vor, keine Verhandlungen aufzunehmen oder diese abzubrechen, so ist das Verhandlungsverfahren i. S. des § 21 SEBG abgeschlossen, mit der Folge, dass die SE auch ohne das Vorliegen einer Vereinbarung zur Beteiligung der Arbeitnehmer in das Handelsregister eingetragen werden kann (Art. 12 Abs. 2 SE-VO). Im Hinblick auf die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE legt § 16 Abs. 2 SEBG für diesen Fall zwingend fest, dass die gesetzlichen Auffangregelungen weder im Hinblick auf den SE-Betriebsrat noch bezüglich der Mitbestimmung der Arbeitnehmer zur Anwendung gelangen. Statt dessen greifen die Vorschriften ein, die im Hinblick auf die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in den jeweiligen Mitgliedstaaten gelten (§ 16 Abs. 1 Satz 3 SEBG). Bedeutsam ist dies aus deutscher Sicht nicht für die Bestimmungen des BetrVG bzw. des SprAuG,98 sondern vor allem für die Frage, ob bei der SE unter Umständen nach Maßgabe des EBRG ein Europäischer Betriebsrat zu errichten ist. Da das EBRG auf alle Unternehmen und Unternehmensgruppen mit gemeinschaftsweiter Tätigkeit Anwendung findet (§§ 1 bis 3 EBRG), ist dies – sofern die weitere Voraussetzung im Hinblick auf die Zahl der Arbeitnehmer (vgl. § 3 EBRG) vorliegt – zu bejahen.99 Bei einem materiellen Vergleich entsprechen die dortigen Regelungen im Hinblick auf die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer jedoch weitgehend denjenigen, die das SEBG für den SE-Betriebsrat kraft Vereinbarung bzw. kraft Gesetzes festlegt. Ein anderes Ergebnis gilt für die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat. Sofern die SE über eine monistische Leitungsstruktur verfügt, ist für eine Anwendung der verschiedenen Gesetze zur Unternehmensmitbestimmung bereits im Ansatz kein Raum. Das gilt auch bei einer dualistischen Leitungsstruktur. Wegen der von der Rechtsform abhängigen Anknüpfung der Unternehmensmitbestimmung unterbleibt diese, da § 1 Abs. 1 Nr. 1 MitbestG und § 1 Abs. 1 DrittelbG die SE nicht in den Geltungsbereich der jeweiligen Mitbestimmungsgesetze einbeziehen.100 Ihrer entsprechenden Anwendung stehen wegen der dualistischen Leitungsstruktur zwar keine strukturellen Gründe entgegen, wohl aber die Vorstellung des Gesetzgebers,101 dass die SE – entsprechend dem vom besonderen Verhandlungsgremium mit qualifizierter Mehrheit bekundeten Willen – mitbestimmungsfrei bleiben soll, und beruht zudem auf der zwingenden Regelung in Art. 13 Abs. 2 SE-VO.

__________ 98 Diese gelangen wegen § 47 Abs. 1 SEBG in der SE unabhängig von den Bestimmungen des SEBG zur Anwendung, d. h. die im BetrVG vorgesehenen Interessenvertretungen sind auch in der SE zu bilden. Entsprechendes gilt für die Interessenvertretung der leitenden Angestellten durch von ihnen gewählte Sprecherausschüsse (s. auch Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 57). Die Beteiligung der Arbeitnehmer nach dem SEBG verdrängt lediglich die Vorschriften des EBRG (§ 47 Abs. 1 Nr. 2) SEBG sowie Art. 13 Abs. 1 SE-RL und Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 57). 99 Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 57; so ausdrücklich auch Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 SE-RL. 100 Vgl. Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 57; Wißmann (Fn. 22), S. 685 (690). 101 S. Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 57.

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Die vorstehenden Grundsätze gelten allerdings nicht für alle Formen, die für die Gründung einer SE zur Verfügung stehen. Uneingeschränkt gelangen sie lediglich zur Anwendung, wenn eine SE durch Verschmelzung oder als Holding- bzw. Tochter-SE gegründet werden soll. Eine differenzierende Betrachtung ist hingegen bei der Gründung einer SE im Wege der formwechselnden Umwandlung notwendig. In dieser Konstellation hängt die Berechtigung zur Fassung eines Beschlusses über die Nichtaufnahme bzw. den Abbruch von Verhandlungen nach § 16 Abs. 3 SEBG davon ab, ob den Arbeitnehmern in dem Aufsichtsrat der umzuwandelnden Gesellschaft Mitbestimmungsrechte zustanden. Ist dies zu bejahen, so ist ein Verzichtsbeschluss des besonderen Verhandlungsgremiums unwirksam, mit der Folge, dass die gesetzliche Auffangregelung zur Mitbestimmung der Arbeitnehmer (§§ 34 bis 38 SEBG) zur Anwendung gelangt. c) Beschlussfassung über die Beteiligungsvereinbarung (§ 15 SEBG) Kommt es zwischen den Parteien zum Abschluss einer Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE, so bedarf diese zu ihrer Rechtswirksamkeit eines zustimmenden Beschlusses durch das besondere Verhandlungsgremium. Für diesen gilt grundsätzlich das Erfordernis einer doppelten Mehrheit; diese muss sowohl im Hinblick auf die Mitglieder als auch bezüglich der vertretenen Arbeitnehmer vorliegen (§ 15 Abs. 2 SEBG).102 Eine Sonderregelung trifft § 15 Abs. 3 SEBG, wenn die Beteiligungsvereinbarung eine Minderung der Mitbestimmung zur Folge hat. In diesem Fall ist die auch für den Abbruch von Verhandlungen geltende doppelte 2/3-Mehrheit (§ 16 Abs. 3 Satz 1 SEBG) notwendig, wenn diese, unabhängig von der jeweiligen Form der Mitbestimmung, ein bestimmtes Quorum der Arbeitnehmer erfasst,103 wobei das Gesetz zwischen der Gründung der SE durch Verschmelzung (25 %) und der Gründung als Holding-SE bzw. Tochter-SE (50 %) unterscheidet (§ 16 Abs. 3 Satz 2 SEBG).104 Das notwendige Beschlussquorum hängt deshalb von der Frage ab, ob das im Rahmen der Vereinbarung erzielte Resultat zu einer Minderung der Mitbestimmung führt. Diese ist nach dem höchsten Niveau der Mitbestimmung in den beteiligten Gesellschaften zu beantworten (§ 15 Abs. 4 Nr. 1) SEBG)105 und erfordert einen Vorher-NachherVergleich.106 Ob die in der Vereinbarung festgelegte Mitbestimmung zu einer Minderung der Mitbestimmung bei den beteiligten (mitbestimmten) Gesellschaften führt, beurteilt sich nach § 15 Abs. 4 SEBG, wobei der Tatbestand der Minderung in zwei Alternativen erfüllt werden kann: Entweder weil der An-

__________ 102 S. auch Art. 3 Abs. 4 Unterabs. 1 Satz 1 SE-RL. 103 Der Anteil der von der Minderung betroffenen Arbeitnehmer ist demgegenüber unerheblich; vgl. Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 49. 104 S. Art. 3 Abs. 4 Unterabs. 1 Satz 2 SE-RL. 105 Vorgegeben durch Art. 3 Abs. 4 Unterabs. 2 SE-RL. 106 S. dazu z. B. Herfs-Röttgen, NZA 2002, 358 (361); Reichert/Brandes, ZGR 2003, 767 (777 f., 784 ff.); Wißmann (Fn. 22), S. 685 (691 f.).

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teil der Arbeitnehmervertreter in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan geringer ist (§ 15 Abs. 4 Nr. 1 SEBG) oder das Recht, Mitglieder des Aufsichtsoder Verwaltungsorgans insbesondere zu empfehlen oder abzulehnen, beseitigt oder eingeschränkt wird (§ 15 Abs. 4 Nr. 2 SEBG). Soweit eine Minderung der Mitbestimmung nach § 15 Abs. 4 Nr. 1 SEBG in Betracht kommt, ist der jeweilige Anteil der Arbeitnehmervertreter bei den beteiligten Gesellschaften zu ermitteln und der höchste Anteil mit dem für das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE vereinbarten Anteil zu vergleichen. Dabei kommt es nicht auf die Zahl der Arbeitnehmervertreter, sondern auf das prozentuale Verhältnis zu den Vertretern der Anteilseigner an.107 Deshalb kann es an einer Minderung der Mitbestimmung selbst dann fehlen, wenn die Zahl der Arbeitnehmervertreter in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE geringer ist als bei einer der beteiligten Gesellschaft.108 Kontroverse Diskussionen haben nach Verabschiedung der SE-Richtlinie insbesondere diejenigen Fallgestaltungen ausgelöst, in denen bei den an der Gründung der SE beteiligten Gesellschaften unterschiedliche Formen der Mitbestimmung bestehen.109 Insbesondere das Verhältnis zwischen dem niederländischen Kooptationsmodell und den deutschen Mitbestimmungsgesetzen lieferte hierfür ein anschauliches Beispiel. Die Ursache für diese Kontroverse beruhte auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 SE-RL, da dort ausschließlich auf den Anteil der Mitglieder i. S. des Art. 2 lit. k) SE-RL abgestellt wird,110 was die Frage provozierte, ob das nach dem Kooptationsmodell begründete Recht zur Empfehlung mit dem Recht zur Wahl eines bestimmten Anteils der Mitglieder vergleichbar ist. Die nunmehr allein maßgebende Regelung in § 15 Abs. 4 SEBG hat dieser Diskussion die Grundlage entzogen, da eine Minderung der Mitbestimmung nach § 15 Abs. 4 Nr. 2 SEBG alternativ auch dann vorliegt, wenn das Recht, Mitglieder des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans zu empfehlen, beseitigt oder eingeschränkt wird.111 Eine Minderung der Mitbestimmung liegt deshalb auch in den Fällen vor, in denen sich der Anteil der Arbeitnehmervertreter in dem Aufsichts- oder Verwaltungsrat der SE im Vergleich zu dem bei den an der Gründung beteiligten Gesellschaften bestehenden Verhältnis nicht verringert, bei einer dem niederländischen Kooptationsmodell unterliegenden Gesellschaft aber das Recht, Mitglieder des Aufsichtsrates zu empfehlen oder abzulehnen, beseitigt oder eingeschränkt wird. Die in § 15 Abs. 4 SEBG getroffene Regelung vermeidet zwar einen qualitativen Vergleich, zu dem die alleinige Übernahme von Art. 3 Abs. 4 Unterabs. 2 SE-RL geführt hätte,112 hat aber z. B.

__________ 107 Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 50. 108 Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 50. 109 S. dazu z. B. Herfs-Röttgen, NZA 2002, 358 (361); Reichert/Brandes, ZGR 2003, 767 (777 f., 784 ff.); Wißmann (Fn. 22), S. 685 (691 f.). 110 S. insoweit auch Reichert/Brandes, ZGR 2003, 767 (778). 111 Kritisch zur Vereinbarkeit mit der SE-Richtlinie Grobys, NZA 2004, 779 (781). 112 S. die Nachweise oben in Fn. 109.

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zur Konsequenz, dass eine Minderung stets vorliegt, wenn an der Gründung der SE eine dem Kooptationsmodell unterliegende Gesellschaft beteiligt ist und für das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan das deutsche Mitbestimmungsmodell maßgebend sein soll. In dieser Konstellation wird das Recht, Mitglieder des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans zu empfehlen, bei der niederländischen Gesellschaft beseitigt, so dass wegen der Alternativität der beiden Fallgruppen in § 15 Abs. 4 SEBG („oder“) eine zum Erfordernis eines mit qualifizierter Mehrheit zu fassenden Beschlusses führende Minderung der Mitbestimmung vorliegt. Ein anderes Ergebnis kommt nur in Betracht, wenn die in § 15 Abs. 4 SEBG aufgezählten Alternativen einer Minderung der Mitbestimmung stets dem jeweils für die SE vorgesehenen Mitbestimmungsmodell zugeordnet werden müssten. Würde z. B. für die SE festgelegt, dass ein bestimmter Anteil der Mitglieder des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans diesem als Arbeitnehmervertreter angehören, so wären in den Vorher-Nachher-Vergleich ausschließlich diejenigen beteiligten Gesellschaften einzubeziehen, bei denen dieses Mitbestimmungsmodell zur Anwendung gelangt. Dem stehen jedoch nicht nur der Gesetzeswortlaut („oder“), sondern auch der mit dem erhöhten Beschlussquorum verfolgte Zweck entgegen.

VI. Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE kraft Gesetzes Kommt es innerhalb der Verhandlungsfrist nicht zu einer Vereinbarung zwischen den Leitungen der an der Gründung beteiligten Gesellschaften und dem besonderen Verhandlungsgremium und fasst dieses auch keinen Beschluss, von Verhandlungen abzusehen oder diese abzubrechen, so greift hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE die gesetzliche Auffangregelung ein (§§ 22 Abs. 1, 34 SEBG), die abermals zwischen der Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer auf der einen sowie der Mitbestimmung der Arbeitnehmer in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE auf der anderen Seite unterscheidet. Diese Differenzierung ist schon deshalb zu beachten, weil die zum SE-Betriebsrat kraft Gesetzes führende Auffangregelung stets,113 diejenige zur Mitbestimmung der Arbeitnehmer in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE hingegen regelmäßig nur eingreift, wenn abhängig von der Form der Gründung weitere Voraussetzungen erfüllt sind. Ausgeschlossen ist die gesetzliche Auffangregelung zur Mitbestimmung – entsprechend § 1 Abs. 4 Satz 1 MitbestG und § 1 Abs. 2 Satz 1 DrittelbG – in Tendenzunternehmen (§ 39 Abs. 1 SEBG).114

__________ 113 Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 54. 114 S. insoweit auch die Vorbehaltsklausel in Art. 8 Abs. 3 SE-RL sowie Heinze, ZGR 2002, 66 (86).

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1. Gründung der SE durch formwechselnde Umwandlung Ohne weitere Voraussetzungen gelangt die gesetzliche Auffangregelung lediglich bei der Gründung einer SE im Wege einer formwechselnden Umwandlung (Art. 2 Abs. 4 SE-VO) zur Anwendung. In diesem Fall bleibt bei der SE die Regelung zur Mitbestimmung erhalten, die in der Gesellschaft zuvor bestand (§ 35 Abs. 1 SEBG).115 Unterlag sie z. B. dem MitbestG, so gehört einem bei der SE zu bildenden Aufsichtsrat zwingend ein gleichgroßer Anteil von Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer an.116 Der durch § 35 Abs. 1 SEBG aufrechterhaltene mitbestimmungsrechtliche status quo gilt nicht nur, wenn die bisherige Struktur der Leitungsorganisation beibehalten werden soll, sondern auch, wenn anlässlich der formwechselnden Umwandlung ein Übergang von dem dualistischen in das monistische System beabsichtigt ist.117 In diesem Fall entspricht die Zahl der Arbeitnehmervertreter in dem Verwaltungsorgan der Zahl, mit der diese zuvor im Aufsichtsrat der umzuwandelnden Gesellschaft vertreten waren. Umgekehrt führt § 35 Abs. 1 SEBG dazu, dass sich die Mitbestimmungsfreiheit einer umzuwandelnden Gesellschaft in der SE fortsetzt.118 Wegen der Aufrechterhaltung der bisherigen „Regelung zur Mitbestimmung“ könnte § 35 Abs. 1 SEBG zudem dahin verstanden werden, dass auf die SE das für die umzuwandelnde Gesellschaft maßgebende Mitbestimmungsgesetz unverändert zur Anwendung gelangt, obwohl dieses die SE nicht in den Kreis der erfassten Rechtsformen einbezieht. Damit beträfe die Rechtsfolgenbestimmung in § 35 Abs. 1 SEBG nicht nur den Anteil der Arbeitnehmervertreter in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE, sondern auch deren Zahl sowie ihre Zusammensetzung, sofern die entsprechenden Bestimmungen hierzu Aussagen treffen. Unterlag die umzuwandelnde Gesellschaft dem MitbestG, so bliebe deshalb die bisherige Mindestrepräsentanz der im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften (§ 7 Abs. 2 MitbestG) und diejenige der leitenden Angestellten (§ 15 Abs. 1 Satz 2 MitbestG) erhalten. Entsprechendes würde gelten, wenn auf die umzuwandelnde Gesellschaft bislang das DrittelbG zur Anwendung gelangte. In diesem Fall bliebe § 4 Abs. 2 DrittelbG für die Zusammensetzung der Arbeitnehmervertreter auch bei der SE maßgebend. Da § 35 Abs. 1 SEBG die Beibehaltung der Mitbestimmung ohne Einschränkungen auf die gesamte „Regelung“ erstreckt, scheint auch der Normzweck dafür zu sprechen, dass hierzu ebenfalls diejenigen Bestimmungen der Mitbe-

__________ 115 Mit diesem Ergebnis auch die Rechtsfolge in § 1 des Mitbestimmungs-Beibehaltungsgesetzes v. 23.8.1994 (BGBl. I, S. 2228), der eine dauerhafte Aufrechterhaltung des bisherigen Mitbestimmungsstatuts anordnet, obwohl dessen Anwendungsvoraussetzungen entfallen sind. Eine vergleichbare Regelung treffen § 1 Abs. 3 Montan-MitbestG und § 325 Abs. 1 UmwG. 116 So auch Ihrig/Wagner, BB 2004, 1749 (1755), die § 35 Abs. 1 SEBG auf die mitbestimmungsrechtliche Zusammensetzung beschränken. 117 Die Möglichkeit hierzu ergibt sich indirekt aus § 21 Abs. 6 Satz 2 SEBG. 118 So ausdrücklich die Vorgabe in Teil 3 des Anhangs zur SE-Richtlinie.

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stimmungsgesetze zählen, die die innere Ordnung des Aufsichtsrates ausgestalten. Teil 3 des Anhangs zur SE-Richtlinie deutet ebenso in diese Richtung, da sich die Rechtsfolge („finden … weiterhin Anwendung“) auf „alle Komponenten der Mitbestimmung der Arbeitnehmer“ erstreckt. In der Konsequenz dieses Verständnisses liegt es, dass die bei der umzuwandelnden Gesellschaft bislang für die Bestellung bzw. Abberufung des Vorstands maßgeblichen mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften ebenfalls unverändert anzuwenden wären, was sowohl das in § 31 MitbestG geregelte Bestellungsverfahren als auch die Bestimmung zum Arbeitsdirektor (§ 33 MitbestG) betrifft. Für diese extensive Auslegung spricht ferner, dass die vorherrschende Ansicht zu der auf einem vergleichbaren Normzweck beruhenden Regelung in § 325 Abs. 1 UmwG ebenfalls dieses Ergebnis befürwortet.119 Ein derartiges Verständnis der Rechtsfolge in § 35 Abs. 1 SEBG würde indes zu einer schwer auflösbaren Konfliktlage führen, wenn die nach den vorstehenden Maßstäben anzuwendenden Vorschriften in einen Widerspruch zu der SEVerordnung bzw. der in Art. 9 Abs. 1 SE-VO niedergelegten Normhierarchie treten. In Betracht kommt dies z. B. für das Stimmrecht des Vorsitzenden, da § 29 MitbestG insoweit von Art. 50 Abs. 2 SE-VO abweicht.120 Eine isolierte Betrachtung des Art. 9 Abs. 1 SE-VO legt einen Vorrang der SE-Verordnung nahe. Andererseits verweist Art. 1 Abs. 4 SE-VO hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer auf die ergänzende SE-Richtlinie, deren Auffangregelung die weiterhin anzuwendenden Vorschriften auf „alle Komponenten der Mitbestimmung“ erstreckt. Insoweit müsste die Auffangregelung in Teil 3 des Anhangs zur SE-Richtlinie als lex speciales zur SE-Verordnung zu bewerten sein, die ggf. deren Regelungen verdrängt. Bei dieser Sichtweise handelte es sich bei einer Diskrepanz zwischen den nach § 35 Abs. 1 SEBG weiterhin anzuwendenden Vorschriften und den Bestimmungen der SE-Verordnung nicht um einen von Art. 9 Abs. 1 SE-VO erfassten bzw. geregelten Kollisionsfall, sondern beträfe primär das Verhältnis der beiden gemeinschaftsrechtlichen Rechtsakte zueinander, das vor allem mittels teleologischer Erwägungen zu bestimmen ist. Die nach § 35 Abs. 1 SEBG bei einem extensiven Verständnis anzuwendenden Vorschriften führen allerdings zu Anwendungsproblemen, wenn sie das Verhältnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat betreffen und im Rahmen der formwechselnden Umwandlung zugleich ein Wechsel von dem dualistischen in das monistische System eintreten soll. Insbesondere die Bestimmungen zur Bestellung eines Vorstands (§ 31 MitbestG) bzw. eines Arbeitsdirektors (§ 33 MitbestG) wären deshalb auf das Verhältnis des Verwaltungsrates zu den geschäftsführenden Direktoren zu übertragen; § 38 Abs. 2 SEBG sowie § 40

__________ 119 S. Joost in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 325 Rz. 29; Oetker in ErfKomm. ArbR, 5. Aufl. 2005, Einl. MitbestG Rz. 18; Schupp (Fn. 116), S. 321 f. 120 Dazu näher unten VII.2.a), S. 313.

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Abs. 1 Satz 5 SEAG bestätigen, dass eine derartige Anpassung nicht in einem grundsätzlichen Widerspruch zu dem monistischen System steht.121 Die vorstehend skizzierte Auslegung der „Regelung zur Mitbestimmung“ perpetuiert zwar den mitbestimmungsrechtlichen status quo der umzuwandelnden Gesellschaft optimal, überschreitet aber den insbesondere aus der Gesetzessystematik abzuleitenden Sinngehalt des § 35 Abs. 1 SEBG. Nach der amtlichen Überschrift betrifft § 35 SEBG lediglich den „Umfang der Mitbestimmung“, so dass gute Gründe dafür sprechen, dass auch nur insoweit die „Regelung zur Mitbestimmung“ in der SE erhalten bleibt. Bestätigt wird dieses restriktive Verständnis insbesondere durch die nachfolgenden Bestimmungen in den §§ 36 bis 38 SEBG, die – wie § 34 Abs. 1 SEBG zeigt – einen generellen Gestaltungsanspruch für jede SE und unabhängig von der Form ihrer Gründung erheben. Zudem lässt sich nur bei dieser Auslegung der Ansatz des SEBG umsetzen, dass die in den einzelnen Mitgliedstaaten beschäftigten Arbeitnehmer der SE in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE vertreten sind. Bliebe es bei einer unveränderten Anwendung der gesamten mitbestimmungsrechtlichen Regelung in den Fällen einer Gründung durch formwechselnde Umwandlung, so ließe sich dieses Ziel der Mitbestimmung gesetzestechnisch nicht mehr realisieren. Ebenso wie § 1 MitbestBeiG, aber abweichend von § 1 Abs. 3 MontanMitbestG bzw. § 325 Abs. 1 UmwG, ordnet § 35 Abs. 1 SEBG die Aufrechterhaltung der bei der umzuwandelnden Gesellschaft eingreifenden Regelung ohne zeitliche Schranke an. Dies legt die Frage nahe, ob diese auch in den Fällen weiterhin zur Anwendung gelangt, in denen die umzuwandelnde Gesellschaft ohne die formwechselnde Umwandlung aus dem Anwendungsbereich der mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften herausgefallen wäre. In Betracht kommt dies, wenn die Zahl der bei der SE in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer nach dem Formwechsel unter die in § 1 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG bzw. § 1 Abs. 1 DrittelbG genannten Schwellenwerte sinkt. Da § 35 Abs. 1 SEBG lediglich den Missbrauch der formwechselnden Umwandlung zur Flucht aus der Mitbestimmung verhindern soll,122 würde eine Petrifizierung der Mitbestimmung bei der SE eine den Normzweck überschießende Wirkung entfalten, so dass sich eine teleologische Reduktion der Rechtsfolge des § 35 Abs. 1 SEBG aufdrängt.123

__________ 121 S. ausdrücklich zu § 38 Abs. 2 SEBG Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 55. 122 S. insoweit Erwägungsgründe 3 und 10 zur SE-Richtlinie sowie Reichert/Brandes, ZGR 2003, 767 (776). 123 Zu der Parallelproblematik bei Anwendung der Beibehaltungsvorschriften in § 1 MitbestBeiG und § 325 Abs. 1 UmwG s. statt aller Schupp (Fn. 116), S. 186 ff., 285 ff.

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2. Gründung der SE durch Verschmelzung oder Errichtung einer Holding-SE bzw. einer Tochter-SE Bei der Gründung einer SE durch Verschmelzung (Art. 2 Abs. 1 SE-VO) oder der Errichtung einer Holding-SE bzw. einer Tochter-SE (Art. 2 Abs. 2 und 3 SE-VO) führt die gesetzliche Auffangregelung demgegenüber zu einem dreistufigen Prozedere. Zentrale Bedeutung hat dabei die erste Stufe; sie entscheidet, ob die gesetzliche Auffangregelung bei der SE überhaupt zur Anwendung gelangt.124 Im Unterschied zur Gründung einer SE durch formwechselnde Umwandlung genügt hierfür nicht die Feststellung, dass eine an der Gründung der SE beteiligte Gesellschaft zuvor der Mitbestimmung unterlag. Hinzukommen muss, dass die Mitbestimmung bei den beteiligten Gesellschaften ein nach der Gesamtzahl der Arbeitnehmer bemessenes Quorum erfüllt, wobei dieses unabhängig von der bei den beteiligten Gesellschaften jeweils geltenden Form der Mitbestimmung zu errechnen ist.125 Dieses beträgt bei der Verschmelzung 25 % und bei der Gründung durch Errichtung einer Holding-SE bzw. einer Tochter-SE 50 %. Werden die genannten Schwellenwerte nicht erreicht, so greift die gesetzliche Auffangregelung nur ein, wenn das besondere Verhandlungsgremium einen entsprechenden Beschluss fasst (vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 2 lit. b, Nr. 3 lit. b SEBG).126 Werden die vorgenannten Schwellenwerte überschritten oder fasst das besondere Verhandlungsgremium einen Beschluss zur Anwendung der gesetzlichen Auffangregelung, so ist auf der zweiten Stufe die bei der SE maßgebende Form der Mitbestimmung festzulegen. Dieser Entscheidung bedarf es allerdings nur, wenn in den an der Gründung beteiligten Gesellschaften unterschiedliche Formen der Mitbestimmung zur Anwendung gelangen. In diesem Fall obliegt es primär dem besonderen Verhandlungsgremium, einen Beschluss über die bei der SE einzuführende Form der Mitbestimmung zu fassen (§ 34 Abs. 2 Satz 1 SEBG). Unterbleibt dieser, so hängt die Form der Mitbestimmung davon ab, ob an der Gründung eine inländische mitbestimmte Gesellschaft beteiligt ist. Bejahendenfalls erfolgt die Mitbestimmung durch Wahl einer bestimmten

__________ 124 Die den Mitgliedstaaten in Art. 7 Abs. 3 SE-RL eröffnete Möglichkeit eines „optingout“ für den Fall einer Gründung der SE im Wege der Verschmelzung hat der deutsche Gesetzgeber nicht in Anspruch genommen, was angesichts der Entstehungsgeschichte (vgl. z. B. Henssler [Fn. 4], S. 193 [206]; Kleinsorge, RdA 2002, 343 [350]; Veelken [Fn. 22], S. 483 [516]) nicht überrascht. Der gleichwohl erhobenen Forderung nach Ausübung der Option (so der Bundesrat in seiner Stellungnahme [BTDrucks. 15/3656, S. 1] und zuvor Kübler, ZGR 2003, 222 [233]) konnte schon aus diesem Grunde kein Erfolg beschieden sein (s. auch die Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 15/3656, S. 8). 125 Die hierfür notwendigen Informationen haben die Leitungen der an der Gründung beteiligten Gesellschaften zur Verfügung zu stellen; vgl. § 4 Abs. 3 Nr. 4 SEBG sowie näher oben III.1. 126 Zum Eingreifen der Auffangregelung auch in diesem Fall s. Art. 7 Abs. 2 lit. b und c SE-RL.

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Zahl von Mitgliedern des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans der SE (§ 34 Abs. 2 Satz 2 SEBG i. V. mit § 2 Abs. 12 Nr. 1 SEBG). Anderenfalls richtet sich die Form der Mitbestimmung nach der Form der Mitbestimmung bei der beteiligten (mitbestimmten) Gesellschaft, die die höchste Zahl an Arbeitnehmern beschäftigt (§ 34 Abs. 2 Satz 3 SEBG). Auf der dritten Stufe ist schließlich die Zahl der Arbeitnehmervertreter in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE festzulegen. Diese bemisst sich nach dem höchsten Anteil an Arbeitnehmervertretern in den Organen der beteiligten Gesellschaften (§ 35 Abs. 2 Satz 2 SEBG). Im Übrigen ist aufgrund des Gesetzeswortlauts ausschließlich eine quantitative Betrachtung maßgeblich, ohne eine bestimmte Zahl von Arbeitnehmervertretern in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan abzusichern;127 § 35 Abs. 2 SEBG gewährleistet lediglich das proportionale Verhältnis zwischen den Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer, so dass sich bei Wahrung dieser Vorgabe die Zahl der Arbeitnehmervertreter in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE aufgrund einer entsprechenden Satzungsbestimmung auch verringern kann.128

3. Bestellung der Arbeitnehmervertreter Für die Bestellung der Arbeitnehmervertreter nimmt die gesetzliche Auffangregelung zunächst den kraft Gesetzes errichteten SE-Betriebsrat in Anspruch. Ihm obliegt es, die Zahl der Sitze im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan anteilig auf die Mitgliedstaaten zu verteilen, in denen Mitglieder zu wählen oder zu bestellen sind (§ 36 Abs. 1 Satz 1 SEBG). Für das weitere Verfahren greift das SEBG bezüglich der inländischen Arbeitnehmer auf das für die Bildung des besonderen Verhandlungsgremiums errichtete Wahlgremium zurück und verweist weitgehend auf die für dieses geltenden Vorschriften (§ 36 Abs. 3 Satz 2 SEBG). Das gilt auch für die in § 6 Abs. 3 und 4 SEBG festgelegte Mindestvertretung zugunsten der Vertreter der Gewerkschaften sowie solche der leitenden Angestellten. Unter der in § 6 Abs. 4 SEBG genannten Voraussetzung (mehr als sechs Vertreter aus dem Inland) steht deshalb auch den Sprecherausschüssen ein Vorschlagsrecht zu, was in der Praxis jedoch allenfalls bei großen Aufsichts- bzw. Verwaltungsräten und einem hohen Anteil der in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer in Betracht kommt. Bemerkenswert ist, dass das SEBG die Mindestrepräsentanz für die Vertreter der Gewerkschaften und der leitenden Angestellten unabhängig davon festschreibt, ob die bei der Gründung der SE beteiligten Gesellschaften dem MitbestG unterliegen. Die aufgrund des Wahlaktes ermittelten Arbeitnehmervertreter gehören dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE jedoch nicht bereits aufgrund dieser Legitimationsgrundlage an. Vielmehr handelt es sich – wie bei montan-mitbe-

__________ 127 Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 54 f. 128 Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 54 f.

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stimmten Gesellschaften (§ 6 Montan-MitbestG) – um einen Wahlvorschlag an die Hauptversammlung der SE, über den diese allerdings nicht frei entscheiden kann. Vielmehr ist die Hauptversammlung an den Vorschlag des Wahlgremiums gebunden (§ 36 Abs. 4 SEBG).129 Diese Aufspaltung von Wahlvorschlags- und Wahlorgan beruht jedoch nicht auf dem Willen des Gesetzgebers, die SE den strukturellen Mechanismen der Montan-Mitbestimmung zu unterwerfen, sondern ist durch Art. 40 Abs. 2 SE-VO und Art. 43 SE-VO vorgegeben.

VII. Sonderbestimmungen zur inneren Ordnung im mitbestimmten Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE 1. Vorgaben der gesetzlichen Auffangregelung Zur Absicherung der Arbeitnehmervertreter sieht § 38 Abs. 1 SEBG vor, dass ihnen in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan die gleichen Rechte und Pflichten wie den Vertretern der Anteilseigner zustehen. Ebenso wie die parallele Bestimmung in § 4 Abs. 3 Satz 1 Montan-MitbestG130 bringt § 38 Abs. 1 SEBG einen allgemeinen aktienrechtlichen Grundsatz zum Ausdruck, der auch in der mitbestimmten Aktiengesellschaft gilt,131 und dessen ausdrückliche Aufnahme in das SEBG auf den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für die gesetzliche Auffangregelung beruht.132 Während er bei der dualistisch strukturierten SE auch die Grundlage für diskriminierungsfreie Personalauswahlentscheidungen bei der Organisation der Tätigkeit des Aufsichtsorgans (Errichtung von Ausschüssen) bildet,133 beeinflusst er jedoch nicht die Entscheidung des Verwaltungsrats, wenn dieser über die Bestellung der internen oder externen geschäftsführenden Direktoren beschließt.134 Über die Wahrung des bisherigen mitbestimmungsrechtlichen status quo geht unter Umständen § 38 Abs. 2 SEBG hinaus,135 der zwingend festlegt, dass ein Mitglied des Leitungsorgans oder einer der geschäftsführenden Direktoren für Arbeit und Soziales zuständig ist.136 Abweichend von § 33 MitbestG und § 13 Montan-MitbestG verzichtet § 38 Abs. 2 SEBG jedoch auf die Pflicht zur Be-

__________ 129 Eine Parallele findet diese Bindung bei der Bestellung der Arbeitnehmervertreter in § 6 Abs. 6 Montan-MitbestG; dazu Oetker in Großkomm. AktG, 4. Aufl. 1999, § 6 Montan-MitbestG Rz. 12 ff. 130 Dazu Oetker in Großkomm. AktG, 4. Aufl. 1999, § 4 MontanMitbestG Rz. 5 f. 131 S. BGHZ 64, 325 (330 f.); BGHZ 83, 106 (113) sowie Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 55. 132 S. Teil 3 des Anhangs zur SE-Richtlinie: „… sind vollberechtigte Mitglieder des jeweiligen Organs mit denselben Rechten (einschließlich des Stimmrechts) und denselben Pflichten wie die Mitglieder, die die Anteilseigner vertreten.“ 133 S. vor allem BGHZ 122, 342 (358). 134 Hierzu gelangen i.E. auch Ihrig/Wagner, BB 2004, 1749 (1758), die die Bestellung von Arbeitnehmervertretern zu geschäftsführenden Direktoren ausschließen. 135 Kritisch dazu Grobys, NZA 2004, 779 (780). 136 Relevant ist dies, wenn sich die höchste Zahl der Arbeitnehmervertreter nach dem DrittelbG bemisst.

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stellung eines Arbeitsdirektors einschließlich der hiermit verbundenen Gewährleistung eines Kernbereichs in Arbeits- und Sozialangelegenheiten.137 Das Gesetz beschränkt sich vielmehr auf die Absicherung der Personalangelegenheiten als Ressortzuständigkeit auf der Leitungsebene der SE, dies allerdings unabhängig davon, ob in einer der an der Gründung beteiligten Gesellschaften ein Arbeitsdirektor bestellt worden ist; § 38 Abs. 2 SEBG greift deshalb selbst dann ein, wenn die an der Gründung der SE beteiligten deutschen Gesellschaften ausschließlich der Mitbestimmung nach dem DrittelbG unterliegen. Eine weitere Bestimmung zur Wahrung des mitbestimmungsrechtlichen status quo trifft § 38 Abs. 3 SEBG, wenn zu den beteiligten Gesellschaften eine montanmitbestimmte Gesellschaft gehört.138 In diesem Fall setzt sich die besondere Struktur der Montan-Mitbestimmung (§ 8 Montan-MitbestG) auch in der SE fort, da bei ihr ebenfalls von dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE auf gemeinsamen Vorschlag der Anteilseigner- und der Arbeitnehmervertreter ein weiteres Mitglied zu wählen ist.139 Allerdings verzichtet § 38 Abs. 3 SEBG auf eine Übernahme des komplizierten Einigungsprozederes in § 8 Montan-MitbestG. Wegen der Formulierung „gemeinsam“ muss es sich bei dem Wahlvorschlag jedoch um einen solchen handeln, der von dem Willen beider „Gruppen“ getragen ist. Keine Regelung sieht § 38 Abs. 3 SEBG vor, wenn ein derartiger Wahlvorschlag nicht zustande kommt. In Anlehnung an den Rechtsgedanken in § 8 Abs. 3 Satz 7 Montan-MitbestG sprechen gute Gründe dafür, dass das Wahlorgan das weitere Mitglied von sich aus wählen darf.140 Die Einschränkung in § 4 Abs. 2 Montan-MitbestG im Hinblick auf die Auswahl des „weiteren Mitgliedes“ hat § 8 Abs. 3 SEBG nicht übernommen.

2. Stimmrecht des Vorsitzenden des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans Während die vorstehenden Sonderregeln zur inneren Ordnung des Aufsichtsoder Verwaltungsorgans nur zur Anwendung gelangen, wenn bei der SE die gesetzlichen Auffangregelungen zur Mitbestimmung eingreifen, enthalten die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften zur SE zwei Sonderregelungen zum Stimmrecht des Vorsitzenden des Aufsichts- bzw. Verwaltungsorgans, die ihre Rechtfertigung aus der paritätischen Zusammensetzung des Organs herleiten und unabhängig davon gelten, ob die paritätische Mitbestimmung auf einer Beteiligungsvereinbarung oder der gesetzlichen Auffangregelung beruht.

__________

137 Zur Lehre vom unentziehbaren Kernbereich vor allem BGHZ 89, 84 (95). Abweichend wohl Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 55, die einen Bezug zu der „bewährten Funktion des Arbeitsdirektors“ herstellt, jedoch zugleich betont, dass für das Bestellungsverfahren keine Vorgaben gemacht werden. 138 Reg.Begr., BT-Drucks. 15/3405, S. 55; Nagel, ArbuR 2004, 281 (285). 139 Die Vereinbarkeit mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben wird bestritten von Grobys, NZA 2004, 779 (780). 140 Ebenso zu § 8 Abs. 3 Montan-MitbestG, wenn kein Wahlvorschlag des Vermittlungsausschusses zustande kommt, Oetker in Großkomm. AktG, 4. Aufl. 1999, § 8 Montan-MitbestG Rz. 18.

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a) Sicherung der Entscheidungsfähigkeit bei Stimmengleichheit (Art. 50 Abs. 2 SE-VO) Auch für die SE war bei einem paritätisch mitbestimmten Aufsichts- oder Verwaltungsorgan – nicht anders als bei den dem MitbestG unterliegenden Gesellschaften – ein leichtes Übergewicht der Anteilseignerseite festzuschreiben. Hierfür übernimmt die SE-Verordnung den aus dem MitbestG bekannten Mechanismus. Das gilt zunächst für den Vorsitzenden des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans, bei dem es sich nach Art. 42 Satz 2 SE-VO (Aufsichtsorgan) und Art. 45 Satz 2 SE-VO (Verwaltungsorgan) stets um ein von der Hauptversammlung der Aktionäre bestelltes Mitglied handeln muss, wenn die Arbeitnehmer die Hälfte der Mitglieder des Organs bestimmen.141 Die Konsequenzen dieser Absicherung zeigen sich bei der Beschlussfassung in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan, da Art. 50 Abs. 2 Satz 1 SE-VO festlegt, dass die Stimme des Vorsitzenden bei Stimmengleichheit den Ausschlag gibt. Eine Abweichung hiervon gestattet Art. 50 Abs. 2 SE-VO dem Satzungsorgan nur, wenn sich das Aufsichtsorgan aus weniger als zur Hälfte aus Arbeitnehmervertretern zusammensetzt. Abweichend von den §§ 29 Abs. 2, 31 Abs. 4 MitbestG verzichtet § 50 Abs. 2 SE-VO jedoch auf das Prozedere wiederholter Abstimmungen und misst der Stimme des Vorsitzenden bereits bei der ersten Abstimmung das entscheidende Gewicht bei, um eine Pattsituation aufzulösen. b) Stimmenzuwachs bei rechtlicher Verhinderung geschäftsführender Direktoren (§ 35 Abs. 3 SEAG) Der vorstehende Mechanismus zur Wahrung der durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten verfassungsrechtlichen Rechtspositionen der Anteilseignerseite erweist sich im monistischen System allerdings als unzureichend, wenn einzelne Mitglieder des Verwaltungsrates zu geschäftsführenden Direktoren bestellt werden und im Verwaltungsrat eine paritätische Mitbestimmung zur Anwendung kommt. In diesem Fall könnten die sich mehrheitlich aus Arbeitnehmervertretern zusammensetzenden nicht geschäftsführenden Direktoren142 letztlich Mehrheitsentscheidungen herbeiführen, wenn die geschäftsführenden Mitglieder des Verwaltungsrates von der Abstimmung ausgeschlossen sind, da in dieser Konstellation die für die Anwendung des Konfliktlösungsmechanismus in Art. 50 Abs. 2 SE-VO notwendige Stimmengleichheit nicht vorliegt.143

__________ 141 So im Ergebnis das stärker am Konsens orientierte Prozedere nach § 27 Abs. 1 und 2 MitbestG. 142 S. oben II.2, S. 285. 143 S. insoweit Seibt, NZA 2004, Heft 21, Umschlagseite XI.

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Hierauf reagiert der erst in den Beratungen des Rechtsausschusses144 in das SEAG aufgenommene § 35 Abs. 3. Danach erhält der Vorsitzende des Verwaltungsrates eine zusätzliche Stimme, wenn ein dem Verwaltungsrat angehörender geschäftsführender Direktor aus rechtlichen Gründen daran gehindert ist, an der Abstimmung teilzunehmen. Bei welchen Sachverhalten dies der Fall ist, lässt die Vorschrift jedoch offen. Die Begründung des Rechtsausschusses verweist lediglich auf einen Stimmrechtsausschluss analog § 34 BGB oder wegen des Verbots des Richtens in eigener Sache,145 was jedoch nur wenig zur Präzisierung der Norm beiträgt. Die vorgenannten Rechtsgrundsätze für einen Stimmrechtsausschluss im Aufsichtsrat sind in der aktienrechtlichen Dogmatik zwar weitgehend anerkannt,146 eine exakte Umschreibung der hiervon erfassten Sachverhalte ist jedoch bislang nicht gelungen. Unstreitig ist der Stimmrechtsausschluss lediglich im Hinblick auf den Anstellungsvertrag, den der geschäftsführende Direktor mit dem Verwaltungsrat als gesetzlichem Vertreter der SE (§ 41 Abs. 5 SEAG) abschließt.147 Bereits die Bestellung eines Mitgliedes zum geschäftsführenden Direktor zeigt indes anschaulich, dass § 35 Abs. 3 SEAG mehr Fragen aufwirft als Probleme löst. So ist für den Beschluss über die Bestellung eines Aufsichtsratsmitgliedes zum Vorstand ein Stimmrechtsausschluss bislang nur vereinzelt befürwortet worden,148 überwiegend wird dieser indes verneint.149 Entsprechend ungeklärt ist die Rechtslage für den actus contrarius, die Abberufung. Wegen des Verbots des Richtens in eigener Sache würde ein Stimmrechtsausschluss zwar bei einer Abberufung aus „wichtigem Grund“ eingreifen,150 für diesen besteht aber bei der monistischen SE kein praktischer An-

__________ 144 S. BT-Drucks. 15/4053, S. 59 sowie in diese Richtung zuvor die Empfehlung des Bundesrates, BT-Drucks. 15/3656, S. 5 sowie Kallmeyer, ZIP 2003, 1531 (1535); ablehnend die Bundesregierung noch in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des BR, BT-Drucks. 15/3656, S. 10. 145 BT-Drucks. 15/4053, S. 59. 146 Statt aller Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl. 2002, Rz. 771. 147 S. Giesen, Organhandeln und Interessenkonflikt, 1984, S. 120; Matthießen, Stimmrecht und Interessenkollision, 1989, S. 250 ff. Gegenteiliges soll nach h. M. jedoch für den Abschluss des Anstellungsvertrages mit einem GmbH-Geschäftsführer gelten, wenn dieser der Gesellschafterversammlung angehört. Gegen einen Stimmrechtsausschluss des Gesellschafter-Geschäftsführers z. B. Hüffer in Hachenburg, GmbHG, 8. Aufl. 1990, § 47 Rz. 171; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl. 2004, § 47 Rz. 24; K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 9. Aufl. 2002, § 46 Rz. 75, § 47 Rz. 118. 148 Hierfür aber Ulmer, NJW 1982, 2288 (2290 f.); ebenso Giesen (Fn. 147), S. 119 f.; Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 108 Rz. 9. 149 So Hoffmann-Becking, MünchHdb. GesR, Band 4: Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 1999, § 31 Rz. 59; Lutter/Krieger (Fn. 146), Rz. 776; Matthießen (Fn. 147), S. 238 ff.; Mertens, ZGR 1983, 189 (203 ff.); Semler in MünchKomm. AktG, 2. Aufl. 2004, § 108 Rz. 156; Wilhelm, NJW 1983, 912 (915). Ebenso für das Parallelproblem im GmbH-Recht BGHZ 97, 28 (35); Hüffer in Hachenburg, GmbHG, 8. Aufl. 1990, § 47 Rz. 169; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl. 2004, § 47 Rz. 24; K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 9. Aufl. 2002, § 47 Rz. 118, m. w. N. 150 So für die einhellige Ansicht Giesen (Fn. 147), S. 118 f.

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wendungsbereich, weil der Verwaltungsrat die geschäftsführenden Direktoren – vorbehaltlich abweichender Satzungsregelung – nach § 40 Abs. 5 Satz 1 SEAG jederzeit durch Beschluss abberufen kann.151 Ungeklärt ist die Rechtslage auch bezüglich der von der Begründung des Rechtsausschusses exemplarisch als Anwendungsfall des § 35 Abs. 3 SEAG angeführten Weisung in Geschäftsführungsangelegenheiten, bei der ein Stimmrechtsausschluss des geschäftsführenden Direktors als Empfänger der Weisung eingreifen soll.152 Die sich als Parallele aufdrängende Diskussion im GmbHRecht zeigt jedoch ein gegenteiliges Meinungsbild.153 Entsprechendes gilt für § 32 MitbestG; soweit Vorstandsmitglieder der Obergesellschaft dem Aufsichtsrat angehören, sollen diese nicht von der Abstimmung im Aufsichtsrat ausgeschlossen sein.154 Vergleichbar problematisch ist die Rechtslage bei Zustimmungsvorbehalten, die die Satzung der SE nach Art. 48 Abs. 1 SE-VO zugunsten des Verwaltungsrates festlegt. Insoweit wird im Rahmen von § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ein Stimmrechtsausschluss für Aufsichtsratsmitglieder überwiegend abgelehnt.155 Ob die bislang in der Diskussion nicht reflektierte Besonderheit, dass die Entscheidung über das Geschäft den Handlungsspielraum eines geschäftsführenden Organmitgliedes einengt, eine gegenteilige Würdigung rechtfertigt, ist derzeit zumindest nicht gesichert. Damit zeigt sich, dass § 35 Abs. 3 SEAG der Praxis wenig hilft, sondern im Gegenteil sogar äußerst gefahrenträchtig ist. So werden sich die geschäftsführenden Direktoren schon im Hinblick auf die Mehrheitsverhältnisse im paritätisch zusammengesetzten Verwaltungsrat an der Abstimmung beteiligen müssen, ohne dass hinreichend sicher ist, ob in der betreffenden Angelegenheit ein Stimmrechtsausschluss eingreift. Umgekehrt ist die mehrfache Stimmgabe des Vorsitzenden angesichts der weitgehend unsicheren Rechtslage mit dem Risiko behaftet, dass einem Mitglied des Verwaltungsorgans zu Unrecht das Stimmrecht entzogen wurde.

__________ 151 Dementsprechend ist im GmbH-Recht für die Parallelproblematik anerkannt, dass bei der Abberufung kein Stimmrechtsausschluss eingreift, sofern diese nicht auf einen wichtigen Grund gestützt wird. S. stellvertretend Hüffer in Hachenburg, GmbHG, 8. Aufl. 1990, § 47 Rz. 172; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl. 2004, § 47 Rz. 24; Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Aufl. 2001, § 33 Rz. 61; K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 9. Aufl. 2002, § 47 Rz. 76 m. w. N. 152 BT-Drucks. 15/4053, S. 59. 153 Ablehnend gegenüber einem Stimmrechtsausschluss K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 9. Aufl. 2002, § 47 Rz. 147. 154 S. Matthießen (Fn. 147), S. 261 ff. 155 Matthießen (Fn. 147), S. 308 ff.

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VIII. Rechte und Pflichten der Arbeitnehmervertreter 1. Verschwiegenheitspflicht Die weitreichenden Pflichten zur Unterrichtung der Arbeitnehmervertreter in dem Verwaltungs- oder Leitungsorgan der SE korrespondieren mit umfassenden Verschwiegenheitspflichten. Ebenso wie § 39 Abs. 2 EBRG lässt § 41 Abs. 2 SEBG hierfür jedoch nicht das Vorliegen eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses ausreichen, sondern verlangt eine ausdrückliche Geheimhaltungserklärung seitens der Leitung der SE (formeller Geheimnisbegriff). Diese Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch für die Arbeitnehmervertreter in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE (§ 41 Abs. 4 Nr. 3 SEBG). Bezüglich dieses Personenkreises bleibt § 41 SEBG allerdings hinter den Verschwiegenheitspflichten zurück, denen Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat nach allgemeinem Aktienrecht unterliegen, da der Geheimnisschutz dort nicht von einer formellen Geheimhaltungserklärung abhängt (§ 116 AktG, § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG). Ergänzend gilt für alle Mitglieder des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans, also auch für die Vertreter der Arbeitnehmer, für die Zeit nach Ausscheiden aus dem Organ die Verschwiegenheitspflicht in Art. 49 SE-VO.

2. Persönlicher Schutz der Arbeitnehmervertreter Zur Umsetzung von Art. 10 SE-RL legen die §§ 42 und 44 SEBG einen umfassenden Schutz der Arbeitnehmervertreter fest; in diesen beziehen die genannten Vorschriften auch die Arbeitnehmervertreter in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE ein. Wegen der systematischen Stellung der Vorschrift gilt dies für den letztgenannten Personenkreis nicht nur, wenn bei der SE die Mitbestimmung der Arbeitnehmer kraft Gesetzes eingreift, sondern auch bei ihrer Zugehörigkeit zu dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan aufgrund einer Beteiligungsvereinbarung. Bezüglich des Kündigungsschutzes, der Entgeltfortzahlung sowie des Rechts zur Sitzungsteilnahme verzichtet § 42 SEBG auf eine eigenständige Regelung und verweist statt dessen auf die Gesetze und Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten. Bezüglich der Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums sowie des SE-Betriebsrates sind deshalb die auch in § 40 EBRG in Bezug genommenen Vorschriften des KSchG (§ 15 Abs. 1 bis 3) sowie des BetrVG (§§ 37 Abs. 1 bis 5, 103) entsprechend anzuwenden. Das gilt indessen nicht für die Arbeitnehmervertreter in dem Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE. Für diese gelten bezüglich der vorgenannten Sachverhalte keine besonderen Schutzbestimmungen. Eine Absicherung genießen sie nur über den allgemeinen Tätigkeitsschutz, den § 44 SEBG normiert und der damit den durch § 42 EBRG begründeten Schutz auf die SE überträgt.

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IX. Ausblick Die Regelungen zur Mitbestimmung in der SE hat Lutter in inhaltlicher Hinsicht als „Unglück“ bewertet.156 Ob diese im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten für Deutschland tatsächlich ein großer Nachteil sind,157 wird die Zukunft erweisen. Ungeachtet dessen liefert das Regelungsgefüge zur Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der SE wertvolle Impulse für eine Fortentwicklung der Unternehmensmitbestimmung in Deutschland. Das betrifft vor allem den Vorrang der Vereinbarungslösung mit einer ersatzweise eingreifenden Auffangregelung, die einen gesetzlichen Mindeststandard festschreibt. Ob allerdings de lege ferenda dessen generelle Absenkung auf eine Drittelbeteiligung158 politisch durchsetzbar ist, mag dahinstehen. Jedenfalls aber ist zu erwägen, eine derartige Absenkung in Anlehnung an die in § 15 SEBG getroffene Regelung durch eine mit qualifizierter Mehrheit (z. B. von den Arbeitnehmern der Gesellschaft) beschlossene Mitbestimmungsvereinbarung zu gestatten. Ferner liefert die Mitbestimmung in der SE ein Vorbild für die Zusammensetzung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat einer inländischen Konzernobergesellschaft mit Mehrheitsbeteiligungen an ausländischen Tochtergesellschaften. Die mangelnde Repräsentanz der ausländischen Belegschaften in dem Aufsichtsrat der deutschen Konzernobergesellschaft wird verbreitet und mit Recht beklagt.159 Insoweit lässt sich bei multinationalen Konzernen durchaus erwägen, den Anteil der in Deutschland zu wählenden Arbeitnehmervertreter auf einen repräsentativen Anteil zu beschränken. Einer uneingeschränkten Übernahme des für die SE geschaffenen Modells steht allerdings entgegen, dass es im Hinblick auf die aus dem Ausland zu entsendenden Arbeitnehmervertreter dort an einem Wahlgremium fehlt. Diesem Defizit könnte allenfalls dadurch abgeholfen werden, dass ausländischen Arbeitnehmervertretungen Vorschlagsrechte eingeräumt werden, die für das in Deutschland bestehende Wahlgremium verbindlich sind. Die in § 6 Abs. 3 und 4 SEBG getroffene Regelung liefert hierfür ein Vorbild, das allerdings im Hinblick auf die Legitimationsgrundlage des letztlich gewählten Arbeitnehmervertreters nicht frei von Zweifeln ist, da der Vertreter der ausländischen Belegschaft nicht von den dortigen Beschäftigten, sondern von einem deutschen Wahlgremium gewählt

__________ 156 Lutter, BB 2002, 1 (5). 157 So Lutter, BB 2002, 1 (5); zurückhaltender Nagel, ArbuR 2004, 281 (286). 158 So der Vorschlag der Kommission Mitbestimmung von BDA und BDI (vgl. Bericht der Kommission Mitbestimmung, 2004, S. 27 ff., 39 f.); s. auch Wolf in FS Wißmann (Fn. 9), S. 489, 501 f. 159 So bereits Streeck/Kluge (Hrsg.), Mitbestimmung in Deutschland, Bericht der Kommission Mitbestimmung, 1999, S. 118 (Nr. 20 der Empfehlungen zur zukünftigen Gestaltung der Mitbestimmung); ferner Wißmann (Fn. 22), S. 685 (700); Klebe/ Köstler in FS Wißmann (Fn. 9), S. 443, 449 sowie jüngst die Kommission Mitbestimmung von BDA und BDI (vgl. Bericht der Kommission Mitbestimmung, 2004, S. 41 f.) und insoweit auch zustimmend der DGB-Bundesvorstand in seiner Stellungnahme v. 12.11.2004 zu dem Kommissionsbericht (S. 14).

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wird.160 Konsequenter ist insoweit die Forderung nach einem aktiven und passiven Wahlrecht für die in ausländischen Tochtergesellschaften beschäftigten Arbeitnehmer.161

__________ 160 Das gilt auch im Hinblick auf den vom DGB-Bundesvorstand am 3.2.2004 beschlossenen Vorschlag, Beschäftigten ausländischer Unternehmen das Recht einzuräumen, für einen deutschen Aufsichtsrat zu kandidieren (wiederholt in der Stellungnahme des DGB-Bundesvorstandes v. 12.11.2004 zu dem Bericht der BDA/BDIKommission Mitbestimmung, S. 14 f.). Dieser Ansatz ist zudem mit dem Mangel behaftet, dass er selbst in den Fällen keine Repräsentanz der bei ausländischen Tochtergesellschaften beschäftigten Arbeitnehmer sicherstellt, in denen diese bei einer Gesamtbetrachtung den überwiegenden Anteil unter den Arbeitnehmern in einem internationalen Konzern ausmachen. 161 So auch die Forderung von B. Huber, Zweiter Vorsitzender der IG Metall im Rahmen eines Interviews, FAZ v. 15.11.2004, S. 13.

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Steuer und Europäische Gesellschaft Harald Schaumburg Inhaltsübersicht I. Einleitung ....................................... 319 II. Gründung der SE ............................ 1. Gründung einer Holding-SE ....... a) Einbringung inländischer Kapitalanteile in eine ausländische Holding-SE ............. b) Einbringung ausländischer Kapitalanteile in eine inländische Holding-SE ...................... c) Zwischenergebnis ................... 2. Gründung einer Tochter-SE ....... a) Einbringung von Unternehmensteilen in eine ausländische Tochter-SE ..............

321 321 322 329 334 334 335

b) Einbringung von Unternehmensteilen in eine inländische Tochter-SE ........... c) Zwischenergebnis ................... 3. Gründung durch Verschmelzung ............................................. a) Hineinverschmelzung ............. b) Hinausverschmelzung ............ c) Zwischenergebnis ...................

338 340 341 343 347 349

III. Sitzverlegung .................................. 350 1. Wegzug ........................................ 350 2. Zuzug ........................................... 353 IV. Laufende Besteuerung .................... 354 V. Ausblick .......................................... 356

I. Einleitung Weder die SE-Verordnung1 noch das SEEG2 enthalten Regelungen zur Besteuerung der SE. Ursprünglich war die für die SE maßgebliche Konzeption allerdings darauf gerichtet, ein steuerliches Sonderregime zu schaffen, um die SE innerhalb der EU einer einheitlichen Besteuerung zu unterwerfen. Die fehlende Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung sowie der Fiskalegoismus der einzelnen EU-Staaten haben eine derart an sich gebotene einheitliche Besteuerung der SE vereitelt, obwohl das europäische Parlament die Implementierung steuerlicher Regelungen in die SE-VO gefordert hatte3. Im Hinblick darauf beschränkt sich die SE-VO unter Nr. 20 der Erwägungsgründe auf den Hinweis, dass für das Steuerrecht die entsprechenden nationalen Rechtsvorschriften sowie das Gemeinschaftsrecht allgemein Anwendung finden. Damit ist freilich die steuerliche Behandlung der SE in den jeweiligen EU-Staaten nicht der Beliebigkeit ausgesetzt: Nr. 5 der Erwägungsgründe verpflichtet die EU-Staaten nicht nur auf das ohnehin schon geltende Diskriminierungsverbot, sondern fordert ausdrücklich eine Gleichbehandlung mit den Aktiengesellschaften nationalen Rechts mit der Folge, dass eine steuerliche Rechtsform-

__________ 1 2 3

Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates v. 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. EG Nr. L 294 v. 10.11.2001, S. 1. Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) v. 22.12.2004, BGBl. I 2004, S. 3675. Vgl. EuropParl. Dok. A 5-0234/2001, 8 f.

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neutralität zwischen SE und AG gewährleistet ist. Dieses Gleichbehandlungsgebot ergibt sich auch aus Art. 9 Abs. 1 c) ee) SE-VO, wonach auch außerhalb des Anwendungsbereichs der SE-VO die für Aktiengesellschaften maßgeblichen Vorschriften der EU-Staaten auf die SE entsprechend anzuwenden sind. Entsprechendes ergibt sich auch aus Art. 10 SE-VO, wonach eine SE in jedem EU-Staat wie eine Aktiengesellschaft zu behandeln ist4. Damit gelten in Deutschland die für die AG maßgeblichen Steuerrechtsregeln auch für die SE5. Insbesondere auf Grund der von der SE-VO vorgegebenen und der vom SEEG konkretisierten Regelungsbereiche sind unter steuerlichen Gesichtspunkten von Bedeutung: –

Gründung der SE – Gründung einer Holding-SE – Gründung einer Tochter-SE – Gründung durch Verschmelzung – Umwandlung in eine SE6



grenzüberschreitende Sitzverlegung,



laufende Besteuerung,



Auflösung der SE7.

Mit der Verschmelzung und der Sitzverlegung sind in der SE-VO grenzüberschreitende Vorgänge geregelt, die bislang für Gesellschaften des nationalen Rechts nicht gangbar waren. Dementsprechend gibt es hierfür bislang auch keine spezifischen steuerrechtlichen Regelungen des nationalen Rechts, zumal die Fusionsrichtlinie8 hinsichtlich der grenzüberschreitenden Verschmelzung noch nicht in deutsches Recht umgesetzt worden ist9. Im Hinblick darauf gewinnt die unmittelbare Anwendung der Fusionsrichtlinie an Bedeutung, wobei freilich die grenzüberschreitende Sitzverlegung auch dort nicht geregelt ist. Der unmittelbaren Anwendung der Fusionsrichtlinie steht nicht entgegen,

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Vgl. hierzu etwa § 3 SEAG. Herzig/Griemla, StuW 2002, 55 ff. (57); Kessler/Achilles/Huck, IStR 2003, 715 ff. (717). Die Gründung einer SE durch Umwandlung (Artt. 2 Abs. 4, 37 Abs. 1, 2 SE-VO) entspricht einem Formwechsel einer AG in eine SE ohne Vermögensübertragung, so dass hierdurch keine steuerlichen Folgen ausgelöst werden; im Hinblick darauf wird diese Gründungsvariante nachfolgend nicht erörtert; zu Einzelheiten vgl. Schindler in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, III Rz. 151 ff.; allgemein zum Formwechsel Schaumburg/Schumacher in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, Anh. § 304 Rz. 30 ff. Für die Auflösung und Liquidation einer SE gelten die für die AG maßgeblichen Vorschriften (Art. 63 SE-VO; § 52 SEAG), was im Ergebnis auch für das Steuerrecht gilt; insoweit kommen die allgemeinen Rechtsgrundsätze zur Anwendung, die nachfolgend nicht dargestellt werden; allgemein zu den steuerlichen Folgen der Liquidation einer AG Rödder in BeckHdb. AG, 2003, § 11 Rz. 174; Schmidt-Hern ebenda, § 17 Rz. 94 ff. RiLi 90/434/EWG v. 23.7.1990, ABl EG Nr. L 225, S. 1. Zuletzt geändert durch RiLi 2005/19/EG v. 17.2.2005, ABl. EG Nr. L 058 v. 4.3.2005, S. 19. Schindler in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, III Rz. 15.

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dass die SE in der Liste im Anhang zur Fusionsrichtlinie noch nicht aufgeführt ist10: Wegen des sich aus der SE-VO ergebenen Gleichbehandlungsgebots mit der AG, die in der Liste im Anhang zur Fusionsrichtlinie erwähnt ist, wird auch die SE unmittelbar von der Reichweite der Fusionsrichtlinie erfasst11. Soweit der Änderungsvorschlag der Kommission v. 17.10.200312 zur Fusionsrichtlinie die Aufnahme der SE in die Liste im Anhang vorsieht, dient dies nur der Klarstellung. Konstitutive Bedeutung kommt freilich der geplanten Einbeziehung der Sitzverlegung einer SE in den Anwendungsbereich der Fusionsrichtlinie zu. Sobald diese verabschiedet wird, ist eine entsprechende Gesetzesänderung in Deutschland erforderlich13. Bis zu diesem Zeitpunkt gelten unverändert die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die weitgehend durch die europarechtlichen Grundfreiheiten beeinflusst werden.

II. Gründung der SE Die SE-VO sieht drei Gründungsvarianten vor14: –

Gründung einer Holding-SE



Gründung einer Tochter-SE



Gründung durch Verschmelzung

Aus steuerlicher Sicht handelt es sich bei den in der SE-VO geregelten Gründungsvarianten15 nicht um eigentliche Gründungsvorgänge, sondern um im Grundsatz auf Gewinnrealisierung gerichtete Umstrukturierungen, für die eine Steuerneutralität nur auf Grund steuerlicher Sondervorschriften in Anspruch genommen werden kann16.

1. Gründung einer Holding-SE Gem. Artt. 2 Abs. 2, 32 SE-VO können Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit Sitz und Hauptverwaltung in der EU, sofern

__________ 10 So aber Selling in Herzig, Besteuerung der Europäischen Aktiengesellschaft, 2004, S. 65 ff. (68 f.); Helminen, ET 2004, 28 ff. (30). 11 Rödder, Der Konzern 2003, 522 ff. (527); Kessler/Achilles/Huck, IStR 2003, 715 ff. (717); Schön/Schindler, IStR 2004, 571 ff. (573 f.); Schultz/Petersen, DStR 2002, 1508 ff. (1514); Thömmes in Theisen/Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2002, S. 465 ff. (501 f.). 12 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 90/434/EWG des Rates v. 23.7.1990, Komm (2003) 613; hierzu Tissot, SWI 2004, 119 ff. 13 Schön/Schindler, IStR 2004, 571 ff. (574). 14 Die Regelungsabfolge in der SE-VO: Gründung durch Verschmelzung, Gründung einer Holding-SE, Gründung einer Tochter-SE; wegen der unterschiedlichen Regelungsdichte im Steuerrecht wird nachfolgend eine andere Reihenfolge gewählt. 15 Nicht geregelt ist die an sich mögliche Gründung durch (Auf-)Abspaltung. 16 Zu den dogmatischen Grundlagen steuerneutraler Umstrukturierungen Schaumburg/Schumacher in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, Einl. Rz. 61 ff.

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mindestens zwei von ihnen dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen, oder aber seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaat unterliegende Tochtergesellschaft oder eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben, eine Holding-SE gründen. Aus der Sicht des deutschen Steuerrechts sind hierbei zwei Fallgruppen von besonderer Bedeutung, und zwar die –

Einbringung von Anteilen an einer inländischen AG oder GmbH in eine ausländische Holding-SE und die



Einbringung von Anteilen an einer ausländischen AG oder GmbH in eine inländische Holding-SE.

Entsprechend der von der SE-VO vorgebenden Struktur handelt es sich sowohl beim Outbound- als auch beim Inbound-Fall um eine Einbringung von Kapitalanteilen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten im Wege der Einzelrechtsnachfolge17. a) Einbringung inländischer Kapitalanteile in eine ausländische Holding-SE Die Einbringung von Anteilen an einer inländischen AG oder GmbH in eine ausländische Holding-SE führt auf der Ebene der ausländischen Holding-SE (Gesellschaftsebene I) aus der Sicht des deutschen Steuerrechts zu keinen unmittelbaren steuerlichen Folgen. Sowohl auf der Grundlage des deutschen Steuerrechts als auch unter Berücksichtigung von Doppelbesteuerungsab-

__________ 17 Neun in Theisen/Wenz (Fn. 11), S. 128 ff.; Kenter/Brendt, IWB F. 11, Gr. 2, 621 ff. (625).

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kommen18 vollzieht sich der vorgenannte Gründungsvorgang auf der Gesellschaftsebene I außerhalb des deutschen Steuerzugriffs, soweit die Holding-SE im Inland nicht beschränkt steuerpflichtig oder im EU-Ausland abkommensrechtlich ansässig ist. Im Übrigen wirkt sich der Gründungsvorgang als gesellschaftsrechtlicher Organisationsakt aus der Sicht des deutschen Steuerrechts ohnehin nicht auf das zu versteuernde Einkommen der Holding-SE aus. Es handelt sich mithin um einen einkommensneutralen Vorgang auf der Vermögensebene. Wenn auch der Gründungsvorgang als solcher steuerlich irrelevant ist, so können sich doch im Zuge der Einbringung von Anteilen an Gründungsgesellschaften mittelbare steuerliche Folgen ergeben. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Grunderwerbsteuer in den Fällen, in denen zum Betriebsvermögen der Gründungsgesellschaften inländische Grundstücke gehören. Durch die Einbringung wird nämlich der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG erfüllt, wenn einbringungsbedingt mindestens 95 v. H. der Anteile an den Gründungsgesellschaften in die ausländische Holding-SE eingebracht werden. Entsprechendes gilt auch für den Gründungsgesellschaften nachgeschaltete grundbesitzende Gesellschaften. Um in den vorgenannten Fällen eine Grunderwerbsteuerbelastung auf der Gesellschaftsebene I19 zu vermeiden, werden die Gestaltungen in der Praxis darauf gerichtet sein, weniger als 95 v. H. der Anteile an den Grundstücksgesellschaften in die ausländische Holding-SE einzubringen20. Steuerliche Probleme ergeben sich schließlich auch in umsatzsteuerlicher Hinsicht, wenn die ausländische Holding-SE sich auf das bloße Erwerben und Halten von Beteiligungen beschränkt. Dies deshalb, weil in diesen Fällen nach dem harmonisierten Umsatzsteuerrecht eine Unternehmereigenschaft im EU-Ausland zu verneinen ist mit der Folge, dass insoweit auch ein Vorsteuerabzug versagt bleibt21 Auf der Ebene der inländischen Gründungsgesellschaften, deren Anteile in die ausländische Holding-SE eingebracht werden (Gesellschaftsebene II), ergeben sich ebenfalls keine unmittelbaren steuerlichen Folgen. Dies deshalb nicht, weil hier keine Vermögensumschichtung erfolgt. Durch die Einbringung der Anteile an der inländischen AG oder GmbH in die ausländische Holding-SE können freilich mittelbar steuerliche Folgen ausgelöst werden, die sich nicht selten als Steuerfallen erweisen. Hierzu einige Hinweise:

__________ 18 Als Kapitalgesellschaft ist die SE stets abkommensberechtigt (Art. 4 Abs. 1 OECDMA); hierzu Schindler in Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, III Rz. 8 ff. 19 Gem. § 13 Nr. 5a GrStG ist die ausländische Holding-SE als Erwerberin Steuerschuldnerin. 20 Hierzu Einzelheiten vgl. Schönweiß in Schaumburg, Unternehmenskauf im Steuerrecht, 3. Aufl. 2004, S. 291 ff. (310 ff.). 21 EuGH v. 20.6.1991, EuZW 1992, 702; EuGH v. 22.6.1993, IStR 1993, 371.

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Ist die inländische Gründungsgesellschaft, deren Anteile in die ausländische Holding-SE eingebracht werden, als Organgesellschaft in eine steuerliche Organschaft eingebunden (§ 14 KStG), so bewirkt die Einbringung, dass der gem. § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG maßgebliche Gewinnabführungsvertrag beendet wird. Die Beendigung des Gewinnabführungsvertrags vor Ablauf der fünfjährigen Bindungsfrist22 ist grundsätzlich schädlich. Sie führt dazu, dass der Gewinnabführungsvertrag von Anfang an als steuerrechtlich unwirksam anzusehen ist mit der Folge, dass das bislang dem inländischen Organträger zugerechnete Einkommen der Organgesellschaft von dieser nunmehr als eigenes Einkommen nachversteuert werden muss. Die einbringungsbedingte Beendigung des Gewinnabführungsvertrages vor Ablauf der fünfjährigen Bindungsfrist ist ausnahmsweise allerdings dann nicht schädlich, wenn hierfür ein wichtiger Grund gegeben ist (§ 14 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 KStG). Ein wichtiger Grund liegt insbesondere in der Einbringung der Organbeteiligung durch den Organträger, es sei denn diese Einbringung stand bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses fest23. Im Hinblick auf die durch die SE-VO geschaffene neue Rechtslage wird man allerdings nicht von einer von vornherein bestehenden Absicht einer einbringungsbedingten Beendigung des Gewinnabführungsvertrages ausgehen können.



Werden neben Anteilen an einer inländischen AG oder GmbH auch Anteile an vergleichbaren ausländischen EU-Gesellschaften in eine ausländische Holding-SE durch bislang an den Inlandsgesellschaften weder unmittelbar noch mittelbar beteiligte natürliche oder juristische Personen eingebracht, so kann nunmehr eine gem. § 8a Abs. 1 KStG relevante gesellschaftsrechtliche Verflechtung entstehen mit der Folge, dass einbringungsbedingt unschädliche Fremddarlehen zu schädlichen Gesellschafterdarlehen24 werden. Angesprochen ist damit der Fall, dass ausländische Gründungsgesellschaften inländischen Gründungsgesellschaften Darlehen gewähren, die zu Gesellschafterdarlehen werden, weil nunmehr über die ausländische HoldingSE eine gesellschaftsrechtliche Verflechtung entsteht. Die Rechtsfolge führt dazu, dass die Zinsen für diese Darlehen als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren sind, so dass außerhalb der in § 8a Abs. 1 KStG verankerten Freigrenze und des safe haven der Betriebsausgabenabzug für steuerliche Zwecke versagt wird25. Im Vorfeld der Gründung einer HoldingSE ist daher ggf. die gesamte Finanzierung umzustellen.



Entsteht durch die Einbringung von in- und ausländischen Gründungsgesellschaften in eine ausländische Holding-SE eine bislang nicht bestehende gesellschaftsrechtliche Verflechtung, unterliegen zukünftig alle Rechtsbeziehungen zwischen den Gründungsgesellschaften und zwischen diesen und der ausländischen Holding-SE zukünftig der (internationalen) Einkünf-

__________

22 § 14 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 KStG. 23 So die Ansicht der Finanzverwaltung; vgl. Abschn. 55 Abs. 7 Satz 3 KStR. 24 Hierzu gehören gem. § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG auch Darlehen von einer dem Anteilseigner nahe stehenden Person. 25 Vgl. BMF-Schreiben v. 15.7.2004, BStBl. I 2004, S. 593.

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teberichtigung, falls die Geschäftsbeziehungen nicht dem Drittfremdvergleich entsprechen. Angesprochen ist hierbei insbesondere die Einkünfteberichtigung auf Grund verdeckter Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG). Darüber hinaus ergibt sich in den vorgenannten Fällen als Folge eine gem. § 90 Abs. 3 AO i. V. m. der GAufzV erforderliche weit reichende Dokumentationsverpflichtung, deren Verletzung gravierende Folgen auslösen kann (§ 162 Abs. 3, 4 AO)26. Im Vorfeld der Gründung der Holding-SE ist deshalb eine Überprüfung der wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen der be- und entstehenden Geschäftsbeziehungen geboten. –

Durch die Einbringung inländischer Gründungsgesellschaften in die ausländische Holding-SE kann es als Folge des damit verbundenen Gesellschafterwechsels zu einem Abzugsverbot bestehender Verlustvorträge gem. § 8 Abs. 4 KStG kommen, wenn innerhalb eines Fünfjahreszeitraums27 zugleich auch überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt wird. Im Hinblick darauf, dass § 8 Abs. 4 KStG keine Konzernklausel enthält, ist davon auszugehen, dass diese Vorschrift grundsätzlich auch auf konzerninterne Umstrukturierungen anzuwenden ist28. Wegen der weit reichenden Folgen der durch § 8 Abs. 4 KStG bewirkten Verlustvernichtung auf der Gesellschaftsebene II bedarf es bereits im Vorfeld der Einbringung sowohl eines Anteilsübertragungstests als auch eines Betriebsvermögenstests29.

Auf Gesellschafterebene führt die Einbringung von Anteilen an den inländischen Gründungsgesellschaften in die ausländische Holding-SE gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten zu einem Tausch und damit ggf. zu einer Realisation stiller Reserven. Die Steuerfolgen hängen davon ab, ob die Anteilseigner der inländischen Gründungsgesellschaften, also der Gesellschaften, deren Anteile eingebracht werden, unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig, natürliche oder juristische Personen sind. Sind die Anteilseigner der Gründungsgesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig und zugleich hier auch im abkommensrechtlichen Sinne ansässig30, löst die Einbringung folgende Steuerbelastung aus:

__________ 26 Zu Einzelheiten Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Loseblatt, § 90 AO Rz. 31 ff.; Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, Loseblatt, § 1 AStG Rz. 823.4 ff. 27 BMF-Schreiben v. 16.4.1999, BStBl. I 1999, S. 455 Rz. 6, 12; zur Frage der Rechtsgrundlage der Fünfjahresfrist vgl. Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 8 Abs. 4 Rz. 44 f. und jüngst BFH v. 15.12.2004, BB 2005, 700. 28 BFH v. 20.8.2003, FR 2004, 27; Gosch, DStR 2003, 1917 ff. (1918); hierzu kritisch Orth, FR 2004, 613 ff. (623 f.); offen bleibt, ob der BFH eine sog. „kleine Konzernklausel“ entsprechend der Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben v. 16.4.1999, BStBl. I 1999, S. 455 Rz. 28) zu den §§ 11 ff., 20 ff. UmwStG akzeptiert; vgl. hierzu Gosch, DStR, 2003, 1917 ff. (1919). 29 Hierzu Breuninger in Schaumburg, Unternehmenskauf im Steuerrecht, 3. Aufl. 2004, S. 219 ff. (229 ff.). 30 Artt. 1, 3 Abs. 1 b, 4 OECD-MA.

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Soweit es sich bei den Anteilseignern der inländischen Gründungsgesellschaften um natürliche Personen handelt, unterliegt die Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten als Tausch, der der Veräußerung gleichsteht, im Grundsatz der Besteuerung nach dem Halbeinkünfteverfahren, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Anteile zu einem inländischen Betriebsvermögen gehören oder aber von der Reichweite des § 17 EStG erfasst werden (§ 3 Nr. 40 lit. a und c EStG). Eine Besteuerung entfällt freilich, wenn im Privatvermögen gehaltene Beteiligungen jeweils weniger als 1 % betragen und die Veräußerung außerhalb der in § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG bezeichneten Jahresfrist vollzogen wird. Eine Vollversteuerung31 greift allerdings ein, soweit in der Vergangenheit steuerwirksame Teilwertabschreibungen auf die eingebrachten Anteile vorgenommen wurden, ohne dass diese durch eine nachfolgende Wertaufholung ausgeglichen wurden (§ 3 Nr. 40 lit. a Satz 2 EStG). Eine Vollversteuerung erfolgt darüber hinaus in den Fällen, in denen es sich um einbringungsgeborene Anteile (§ 21 UmwStG) handelt (§ 3 Nr. 40 Satz 3 EStG). Angesprochen sind hiermit Anteile an Betrieben, Teilbetrieben, Mitunternehmeranteilen sowie unter bestimmten Voraussetzungen Anteile an Kapitalgesellschaften, die aus Anlass der Einbringung in eine Kapitalgesellschaft unter Verzicht auf die Aufdeckung stiller Reserven gewährt werden. Neben der Vollversteuerung für Zwecke der Einkommensteuer fällt zusätzlich auch noch Gewerbesteuer an, falls der Einbringungsvorgang, der zu § 21 UmwStG geführt hat, bei Ansatz des Teilwertes seinerzeit eine Gewerbesteuer ausgelöst hätte32. Ausnahmsweise kann für einbringungsgeborene Anteile wiederum die Besteuerung nach dem Halbeinkünfteverfahren in Anspruch genommen werden, wenn die Einbringung in die ausländische SE-Holding nach Ablauf von sieben Jahren nach der ursprünglichen Einbringung33 erfolgt oder wenn es sich ursprünglich um eine Einbringung von mehrheitsvermittelnden Kapitalanteilen handelte (§ 3 Nr. 40 Satz 4 EStG)34. Eine Besteuerung kann in den vorgenannten Fällen indessen vermieden werden, soweit eine Reinvestitionsrücklage gem. § 6b Abs. 10 EStG35 oder für die Einbringung in die ausländische Holding-SE § 23 Abs. 4 UmwStG in Anspruch genommen wird, der bei Buchwertverknüpfung36 unter den übrigen dort ge-

__________ 31 Die Tarifermäßigung gem. § 34 Abs. 1, 3 EStG kann freilich in Anspruch genommen werden; BMF-Schreiben v. 16.12.2003, BStBl. I 2003, S. 786 Rz. 21. 32 Vgl. BMF-Schreiben v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, S. 268 (UmwStE) Rz. 21.13. 33 § 20 Abs. 1 Satz 1 oder 23 Abs. 1 bis 3 UmwStG. 34 Zu Einzelheiten Dötsch/Pung in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 3 Nr. 40 EStG Rz. 81 ff. 35 Bis zu einem Transaktionsgewinn von 500000,00 Euro aber grundsätzlich nicht für einbringungsgeborene Anteile (§ 6b Abs. 10 Satz 11 EStG); hierzu Endres, RIW 2004, 735 ff., 737. 36 Dieses Erfordernis verstößt gegen die Fusionsrichtlinie; h. M. z. B. Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Loseblatt, § 23 UmwStG Rz. 214; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 3. Aufl. 2001, § 23 UmwStG Rz. 92; zuletzt Haritz/Wisniewski, GmbHR 2004, 28 ff. (32 f.); a. A. BMF-Schreiben v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, S. 268 (UmwStE) Rz. 23.10.

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nannten Voraussetzungen eine Steuerneutralität gewährleistet. Die Folge der Inanspruchnahme des § 23 Abs. 4 UmwStG ist allerdings, dass der so strukturierte Einbringungsvorgang entweder die Qualifikation als einbringungsgeborene Anteile aufrecht erhält37 oder neu begründet38. Werden die eingebrachten Anteile an den Gründungsgesellschaften von juristischen Personen, insbesondere Kapitalgesellschaften gehalten, ist der Einbringungsvorgang im Grundsatz steuerfrei bzw. steuerneutral. Im Einzelnen: Die Einbringung von Anteilen an den inländischen Gründungsgesellschaften in die ausländische Holding-SE gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten unterliegt als Tausch dem Anwendungsbereich des § 8b KStG mit der Folge, dass im Grundsatz der tauschbedingte Transaktionsgewinn zu 95 % von der Körperschaftsteuer freigestellt wird (§ 8b Abs. 2, 3 KStG). Diese Steuerbefreiung gilt unter bestimmten Voraussetzungen nicht für Finanzunternehmen (§ 8b Abs. 7 KStG)39 und darüber hinaus nicht in den Fällen, in denen entweder in der Vergangenheit eine steuerwirksame Teilwertabschreibung vorgenommen und in der Folgezeit durch eine Wertaufholung nicht ausgeglichen wurde oder es sich um einbringungsgeborene Anteile handelt, für die wiederum eine Rückausnahme vorgesehen ist, wenn bei der früheren Einbringung mehr als sieben Jahre vergangen sind oder die Steuerneutralität der damaligen Einbringung auf § 20 Abs. 1 Satz 2 oder § 23 Abs. 4 UmwStG beruhte. Die Steuerneutralität der Einbringung in die ausländische Holding-SE kann zudem auf der Grundlage des § 23 Abs. 4 UmwStG erreicht werden40. Neben anderen Voraussetzungen fordert § 23 Abs. 4 UmwStG allerdings eine Buchwertfortführung bei der übernehmenden ausländischen Holding-SE, was in der Praxis auf Grund des divergierenden ausländischen Rechts nur sehr schwer erreichbar ist41. Die Folge der steuerneutralen Einbringung gem. § 23 Abs. 4 UmwStG ist die Fortführung bzw. Begründung der erhaltenen Anteile als einbringungsgeborene Anteile42. Neben den vorgenannten unmittelbaren steuerlichen Folgen ergeben sich einbringungsbedingt auch mittelbare steuerliche Folgen, die sich auf Gesellschafterebene43 nachteilig auswirken können. Zu diesen mittelbaren steuerlichen Folgen, die sich nicht selten als Steuerfallen erweisen werden, gehören u. a.:

__________ 37 38 39 40

Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 23 UmwStG Rz. 82. § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG. Zu Einzelheiten BMF-Schreiben v. 25.7.2002, BStBl. I 2002, S. 712. § 23 Abs. 4 UmwStG geht dem § 8b Abs. 2, 3 KStG nicht vor; hierzu Patt in Dötsch/ Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 23 UmwStG Rz. 85, vor § 20 UmwStG Rz. 25. 41 § 23 Abs. 4 UmwStG verstößt insoweit gegen die Fusionsrichtlinie; hierzu zuletzt Haritz/Wisniewski, GmbHR 2004, 28 ff. (32 f.). 42 Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 23 UmwStG Rz. 82; § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG. 43 Sowohl bei natürlichen als auch bei juristischen Personen.

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Werden Anteile gem. § 23 Abs. 4 UmwStG in die ausländische Holding-SE eingebracht, steht die Steuerneutralität unter dem Vorbehalt, dass die eingebrachten Anteile an den Gründungsgesellschaften nicht innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren unmittelbar oder mittelbar44 veräußert oder auf einen Dritten übertragen werden (§ 26 Abs. 2 Satz 1 UmwStG)45. Wird gegen die vorgenannten siebenjährige Sperrfrist verstoßen, erfolgt auf Gesellschafterebene eine Nachversteuerung46, die allerdings dann entfällt, wenn die Anteile Gegenstand einer weiteren Sacheinlage zu Buchwerten werden, für die auf Grund von Rechtsvorschriften eines anderen EU-Mitgliedstaates eine Steuerneutralität entsprechend § 23 Abs. 4 UmwStG gewährt wird47.



Bringen andere natürliche oder juristische Personen Anteile an ausländischen Gründungsgesellschaften in die ausländische Holding-SE ein, die aus der Sicht des deutschen Steuerrechts als Zwischengesellschaften, insbesondere als Kapitalanlagegesellschaften48, zu qualifizieren sind, sind die Einkünfte aus passivem Erwerb (§ 8 Abs. 1 AStG) dieser oder ihr nachgeschalteter Gesellschaften bei den inländischen Gesellschaftern der Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7–14 AStG) zu unterwerfen.

Werden Anteile an den inländischen Gründungsgesellschaften in die ausländische Holding-SE durch natürliche oder juristische Personen eingebracht, die im Inland weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt bzw. weder Sitz noch Ort der Geschäftsleitung haben, unterliegen die transaktionsbedingten Gewinnrealisierungen der beschränkten Steuerpflicht, und zwar grundsätzlich ohne Rücksicht darauf, ob die eingebrachten Anteile einem inländischen Betriebsvermögen zuzurechnen sind oder nicht (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a, e, Abs. 1 Nr. 8 EStG, § 8 Abs. 1 KStG). Soweit keine Doppelbesteuerungsabkommen eingreifen, erfolgt für natürliche Personen die Besteuerung nach dem Halbeinkünfteverfahren gem. § 3 Nr. 40 EStG und für juristische Personen gem. § 8b Abs. 2, 3 KStG (Steuerfreistellung)49. Sind die Anteilseigner der inländischen Gründungsgesellschaften, deren Anteile in die ausländische Holding-SE eingebracht werden, in Staaten ansässig, mit denen die Bundesrepublik Deutschland Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, bleibt eine inländische Be-

__________ 44 Zur einschränkenden Anwendung insoweit BMF-Schreiben v. 16.12.2003, BStBl. I 2003, S. 786 Rz. 22. 45 Hierzu im Einzelnen Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 26 UmwStG Rz. 14 ff. 46 Im Sinne einer rückwirkenden Nichtanwendung des § 23 Abs. 4 UmwStG, die allerdings ebenfalls gegen die Fusionsrichtlinie verstößt; vgl. EuGH v. 17.7.1997, EuGHE 1997, I-4161 – Leur-Bloem; Schmidt-Ott/Albrecht in Haritz/Benkert, UmwStG, 2. Aufl. 2000, § 26 Rz. 42. 47 Hierzu Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 26 UmwStG Rz. 30 ff. 48 § 7 Abs. 6a AStG. 49 Zu den Ausnahmen vgl. oben S. 326 f.

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steuerung versagt, weil abkommensrechtlich die Besteuerung im Grundsatz nur im Wohnsitzstaat des einbringenden Gesellschafters zugelassen wird (Art. 13 Abs. 5 OECD-MA)50. Etwas Anderes gilt nur dann, wenn die Anteile an den Gründungsgesellschaften einer in der Bundesrepublik Deutschland belegenen Betriebsstätte zuzurechnen sind51. b) Einbringung ausländischer Kapitalanteile in eine inländische Holding-SE Bei der Einbringung von Anteilen an ausländischen Gründungsgesellschaften in eine inländische Holding-SE (Inbound-Fall) ergeben sich im Ausgangspunkt die gleichen steuerlichen Konsequenzen wie im Outbound-Fällen. Im Einzelnen52: Die Einbringung von Anteilen an ausländischen Gründungsgesellschaften in eine inländische Holding-SE gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten führt auf der Ebene der inländischen Holding-SE (Gesellschaftsebene I) zu keinen unmittelbaren steuerlichen Folgen. Es handelt sich um einen gesellschaftsrechtlichen Organisationsakt, der sich nicht auf das zu versteuernde Einkommen der inländischen Holding-SE auswirkt. Die inländische Holding-SE hat als übernehmende Kapitalgesellschaft ein Wahlrecht, die eingebrachten Anteile an den ausländischen Gründungsgesellschaften mit dem Buchwert oder mit einem höheren Wert, der den Teilwert nicht überschreiten darf, anzusetzen (§ 20 Abs. 2 UmwStG). Hierdurch werden letztlich die steuerlichen Wirkungen bei den einbringenden Gesellschaftern der Gründungsgesellschaften bestimmt (§ 20 Abs. 4 UmwStG): Wird ein über dem Buchwert liegender Wertansatz gewählt, so gilt dieser Wert für den Einbringenden als Veräußerungspreis und zugleich als Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile an der Holding-SE, so dass insoweit ein Einbringungsgewinn entsteht. Das vorgenannte Wahlrecht besteht für die inländische Holding-SE freilich nur dann, wenn das Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus einer etwaigen Veräußerung der im Zuge der Einbringung gewährten Anteile der Bundesrepublik Deutschland zusteht (§ 20 Abs. 3 UmwStG). Das ist bei Anteilen, die der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegenden Gesellschaftern gewährt werden, regelmäßig der Fall. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die gewährten Anteile zu einem ausländischen Betriebsstättenvermögen gehören und hierdurch die Gewinne aus der Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile

__________ 50 Zu Besonderheiten vgl. die Abkommensübersicht bei Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 13 Rz. 74. 51 Es kommt auf eine tatsächlich-funktionale Zuordnung an, so dass bloßes Sonderbetriebsvermögen usw. nicht ausreicht; hierzu Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, DBA, Loseblatt, Art. 13 MA Rz. 77; Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 13 Rz. 32; Piltz, IStR 1996, 457 ff. 52 Vgl. hierzu auch Schaumburg/Jesse in Lutter, Holding-Handbuch, 4. Aufl. 2004, § 14 Rz. 23 ff.

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abkommensrechtlich53 der deutschen Besteuerung entzogen sind54. Bei der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Gesellschaftern ist der deutsche Steuerzugriff ebenfalls gewährleistet, falls keine Doppelbesteuerungsabkommen eingreifen oder wenn in Abkommensfällen die gewährten Anteile einem inländischen Betriebsstättenvermögen zuzurechnen sind55 oder ausnahmsweise deutsches Besteuerungsrecht auch ohne Betriebsstättenzuordnung gegeben ist56. Andernfalls ist der Teilwertansatz geboten. Bedeutung hat das Bewertungswahlrecht nur, wenn der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der etwaigen Veräußerung der eingebrachten Anteile an den ausländischen Gründungsgesellschaften im Zeitpunkt der Einbringung überhaupt ein Besteuerungsrecht zustand. Das ist bei beschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern nur dann der Fall, wenn die eingelegten Anteile an den ausländischen Gründungsgesellschaften aus einem inländischen Betriebsstättenvermögen stammen57. Somit ist im Übrigen stets der Teilwertansatz geboten. Die Einbringung von ausländischen Gründungsgesellschaften kann auf der Ebene der inländischen Holding-SE mittelbare steuerliche Folgen auslösen, die sich in der Praxis nicht selten als Steuerfallen erweisen werden. Einige Hinweise: –

Die Einbringung von Anteilen an ausländischen Gründungsgesellschaften, in deren Eigentum sich inländischer Grundbesitz befindet, unterliegt der Grunderwerbsteuer, wenn durch die Einbringung unmittelbar oder mittelbar 95 % der Anteile übergehen (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG). Die Bemessungsgrundlage ist der Wert der Grundstücke im Vermögen der Beteiligungsgesellschaft (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG i. V. m. § 138 Abs. 2, 3 BewG)58. Im Hinblick auf die weit reichenden Steuerfolgen werden die Gestaltungen in der Praxis auf die Zurückbehaltung eines Beteiligungsumfangs von mehr als 5 % gerichtet sein.



Steuerliche Nachteile können entstehen, wenn der inländischen HoldingSE für Zwecke der Umsatzsteuer keine Unternehmereigenschaft (§ 2 UStG) zukommt. In derartigen Fällen bleibt der Holding-SE insbesondere der Vorsteuerabzug versagt. Soweit die inländische Holding-SE sich auf das bloße Erwerben und Halten von Beteiligungen beschränkt, wird sie nicht Unter-

__________ 53 Art. 13 Abs. 2 OECD-MA. 54 Schaumburg/Schumacher in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, Anh. § 122 Rz. 152. 55 Es kommt auf eine tatsächlich-funktionale Zuordnung an, so dass bloßes Sonderbetriebsvermögen usw. nicht ausreicht; hierzu Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, DBA, Loseblatt, Art. 13 MA Rz. 77; Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 13 Rz. 32; Piltz, IStR 1996, 457 ff. 56 Zu den Doppelbesteuerungsabkommen, die demgegenüber ein deutsches Besteuerungsrecht aufrechterhalten, vgl. die Abkommensübersicht bei Prokisch in Vogel/ Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 13 Rz. 74. 57 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 3. Aufl. 2001, § 20 UmwStG Rz. 298. 58 Zu weiteren Einzelheiten Schönweiß (Fn. 20), S. 289 ff. (307 ff.).

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nehmerin59. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Holding-SE sich über das Halten und Verwalten der Beteiligung hinaus aktiv in die Führung der eingebrachten Gründungsgesellschaften gegen Entgelt einschaltet60. Die für den Vorsteuerabzug maßgebliche Unternehmereigenschaft kann auch nicht durch entsprechende Organschaftsgestaltungen, etwa durch Einbindung inländischer Tochtergesellschaften der inländischen Holding-SE herbeigeführt werden61. Im Hinblick darauf werden die Gestaltungen in der Praxis darauf gerichtet sein, durch entsprechende Konzerndienstleistungen seitens der inländischen Holding-SE gegen Entgelt einen umsatzsteuerlichen Leistungsaustausch herbeizuführen, um dadurch die Unternehmereigenschaft zu begründen62. –

Sind die ausländischen Gründungsgesellschaften oder ihr nachgeschaltete Gesellschaften als Zwischengesellschaften, insbesondere als Kapitalanlagegesellschaften63, zu qualifizieren, gerät die inländische Holding-SE unter den Voraussetzungen der §§ 7–14 AStG in die Hinzurechnungsbesteuerung. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die einbringenden Gesellschafter der ausländischen Gründungsgesellschaften allein oder zusammen die Beteiligungsvoraussetzungen bislang nicht erfüllt haben64, diese aber nunmehr einbringungsbedingt erstmals von der inländischen Holding-SE erfüllt werden. Angesprochen ist damit insbesondere auch der Fall, dass Einbringende weder unbeschränkt noch erweitert beschränkt steuerpflichtig sind.

Auf der Ebene der ausländischen Gründungsgesellschaften, deren Anteile in die inländische Holding-SE eingebracht werden (Gesellschaftsebene II) ergeben sich aus der Sicht des deutschen Steuerrechts ebenfalls keine unmittelbaren steuerlichen Belastungen. Das folgt im Ausgangspunkt schon daraus, dass die ausländischen Gründungsgesellschaften nicht der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegen. Allerdings können sich auch hier mittelbare steuerliche Folgen ergeben: –

Sind die ausländischen Gründungsgesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland beschränkt körperschaftsteuerpflichtig, weil sie hier inländi-

__________ 59 BFH v. 28.9.1988, BStBl. II 1989, S. 122; BFH v. 30.7.1992, BFH/NV 1993, 202; EuGH v. 20.6.1991, UR 1993, 119; EuGH v. 22.6.1993, IStR 1993, 371. 60 EuGH v. 20.6.1991, UR 1993, 119; EuGH v. 27.9.2001, UR 2001, 500; EuGH v. 27.1.2000, UR 2000, 121; BFH v. 9.10.2002, UR 2003; BFH v. 16.5.2002, BFH/NV 2002, 1347. 61 BFH v. 9.10.2002, UR 2003, 74; die bisherige Auffassung (vgl. etwa BFH v. 9.9.1993, BStBl. II 1994, S. 129; BFH v. 19.10.1995, BFH/NV 1996, 273), wonach eine bloße Holding ihre Unternehmereigenschaft i. S. d. § 2 Abs. 1 UStG dadurch erlangen könne, dass eine umsatzsteuerliche Organschaft zu einer abhängigen operativ tätigen Gesellschaft begründet wird, ist daher nicht mehr gültig. 62 Die bloße Vereinnahmung von Dividenden ist kein Entgelt; EuGH v. 14.11.2000, HFR 2001, 191. 63 § 7 Abs. 6a AStG. 64 § 7 Abs. 1, 2, 6 AStG.

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sche Betriebsstätten unterhalten, können sich durch den einbringungsbedingten Gesellschafterwechsel Probleme beim inländischen Verlustabzug (§ 8 Abs. 1 KStG, §§ 50 Abs. 1 Satz 2, 10d EStG) ergeben (§ 8 Abs. 4 KStG)65. –

Als Folge der Einbringung kann der Zinsabzug für Darlehen von den Gesellschaftern nahe stehenden Personen entfallen (§ 8a KStG). Diese Rechtsfolge wird insbesondere dann eintreten, wenn bislang nicht verbundene darlehensgebende Gründungsgesellschaften ebenfalls eingebracht werden66.



Durch die einbringungsbedingte Verflechtung verschiedener Gründungsgesellschaften greifen nunmehr auch die Einkünftekorrekturnormen des deutschen Steuerrechts ein67, soweit die Verrechnungspreise sich nicht als angemessen erweisen. Darüber hinaus können steuerliche Nachteile auch dann eintreten, wenn die nunmehr bestehenden verrechnungspreisbezogenen Dokumentationspflichten (§ 90 Abs. 3 AO, GAufzV) nicht eingehalten werden (§ 162 Abs. 3, 4 AO)68.

Auf Gesellschafterebene löst die Einbringung der ausländischen Gründungsgesellschaften in die inländische Holding-SE Steuerfolgen aus, die davon abhängen, ob die einbringenden Gesellschafter unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig bzw. natürliche oder juristische Personen sind. Im Einzelnen: Haben die einbringenden Gesellschafter der ausländischen Gründungsgesellschaften im Inland entweder ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt bzw. ihren Sitz oder Ort der Geschäftsleitung, unterliegen die einbringungsbebedingten Gewinnrealisierungen69 der unbeschränkten Steuerpflicht. Hierfür gilt das steuerliche Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 EStG) für natürliche Personen und die teilweise Steuerfreistellung (§ 8b Abs. 2, 3 KStG) für juristische Personen. Davon abgesehen kann unter bestimmten Voraussetzungen sowohl von natürlichen als auch von juristischen Personen die Steuerneutralität gem. § 23 Abs. 4 UmwStG in Anspruch genommen werden70. Hier gelten uneingeschränkt diejenigen steuerlichen Regelungen, die für die Einbringung von Anteilen an inländischen Gründungsgesellschaften maßgeblich sind71. Hieran ändern im Grundsatz auch die von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen nichts. Dies deshalb nicht, weil in aller Regel der deutsche Steuerzugriff auf die einbringungsbedingte

__________ 65 Vgl. hierzu oben S. 325. 66 Hierzu oben S. 324. 67 Verdeckte Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG), verdeckte Einlage (§ 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG) und Einkünfteberichtigung gem. § 1 AStG. 68 Hierzu Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Loseblatt, § 90 AO Rz. 31 ff., § 162 Rz. 66 ff.; Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, Loseblatt, § 1 AStG Rz. 823.4 ff. 69 Das hängt davon ab, welchen Wertansatz die inländische Holding-SE gewählt hat (§ 20 Abs. 4 UmwStG); hierzu oben S. 329. 70 § 23 Abs. 4 UmwStG geht dem § 8b Abs. 2, 3 UmwStG nicht vor; Patt in Dötsch/ Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 23 UmwStG Rz. 84, vor § 20 UmwStG Rz. 25. 71 Hierzu oben S. 327.

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Gewinnrealisierung abkommensrechtlich aufrechterhalten bleibt (Art. 13 Abs. 5 OECD-MA)72. Über die vorgenannten Möglichkeiten einer steuerbegünstigten Einbringung von Anteilen an ausländischen Gründungsgesellschaften in eine inländische Holding-SE73 hinaus eröffnet sich auch die Möglichkeit einer steuerneutralen Einbringung gem. § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG74: Werden die mehrheitsvermittelnden Anteile an den ausländischen Gründungsgesellschaften von der übernehmenden inländischen Holding-SE mit den Buchwerten angesetzt (Buchwertverknüpfung), so entsteht bei den einbringenden Gesellschaftern kein Einbringungsgewinn (§ 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG). Die hiernach erforderliche Mehrheitsbeteiligung ist im Hinblick auf Art. 32 Abs. 2 Satz 4 SE-VO stets gewährleistet. Weitere Voraussetzung für die Steuerneutralität gem. § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG ist, dass die Gegenleistung für die einbringenden Gesellschafter in neuen Anteilen an der Holding-SE besteht75. Dabei reicht es aus, wenn überhaupt neue Gesellschaftsrechte als Gegenleistung ausgegeben werden76. Im Hinblick darauf können auch aus steuerlicher Sicht ohne Weiteres bare Zuzahlungen etwa zwecks Verbesserung des Umtauschverhältnisses (§ 11 Abs. 1 SEAG) gewährt werden77. Eine steuerneutrale Einbringung ist schließlich auch auf der Grundlage des § 23 Abs. 4 UmwStG möglich, soweit eine Buchwertverknüpfung gewährleistet ist78. Bringen ausländische Gesellschafter Anteile an ausländischen Gründungsgesellschaften in eine inländische Holding-SE ein, zählt der einbringungsbedingte Realisierungsgewinn in aller Regel nicht zu den inländischen Einkünften (§ 8 Abs. 1 KStG, § 49 Abs. 1 EStG) mit der Folge, dass eine beschränkte Steuerpflicht nicht gegeben ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die eingebrachten Anteile an den ausländischen Gründungsgesellschaften einem inländischen Betriebsvermögen zuzuordnen sind (§ 49 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Der im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht gegebene Steuerzugriff bleibt in Abkommensfällen aber nur dann aufrechterhalten, wenn die Kapitalanteile auch abkommensrechtlich einer inländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind79.

__________

72 Zu den Ausnahmen vgl. die Abkommensübersicht bei Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 13 Rz. 74. 73 Die Investitionsrücklage gem. § 6b Abs. 10 EStG kann auch hierfür in Anspruch genommen werden. 74 §§ 8b Abs. 2, 3 KStG und § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG schließen sich nicht gegenseitig aus; vgl. Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, Vor § 20 UmwStG Rz. 28. 75 Vgl. Art. 33 Abs. 4 SE-VO. 76 BMF-Schreiben v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, S. 268 Rz. 20.03. 77 Vgl. BMF-Schreiben v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, S. 268 Rz. 20.03; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Loseblatt, § 20 UmwStG Rz. 472. 78 § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG hat gegenüber § 23 Abs. 4 UmwStG keinen Vorrang, so die h.L. z. B. Klingberg in Blümich, KStG, Loseblatt, § 20 UmwStG Rz. 19; BMFSchreiben v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, S. 268, Rz. 23.11; a. A. Widmann in Widmann/ Mayer, Umwandlungsrecht, Loseblatt, § 20 UmwStG Rz. 294. 79 Hierzu Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 13 Rz. 32; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, DBA, Loseblatt, Art. 13 MA Rz. 77; Piltz, IStR 1996, 457 ff.

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c) Zwischenergebnis Die Gründung einer in- oder ausländischen Holding-SE durch Einbringung inoder ausländischer Gründungsgesellschaften durch in- oder ausländische Gesellschafter ist keinen besonderen steuerlichen Hürden ausgesetzt. Für die vorgenannten Einbringungsvorgänge können im Grundsatz diskriminierungsfrei diejenigen Steuerregelungen in Anspruch genommen werden, auf Grund deren der einbringungsbedingte Realisierungsgewinn entweder steuerfrei80, steuerneutral81 oder der Besteuerung nach dem Halbeinkünfteverfahren82 zu unterwerfen ist. Die hiervon bestehenden Ausnahmen gelten ganz allgemein und betreffen daher nicht nur die Gründungsvorgänge einer Holding-SE. Im Zusammenhang mit der Gründung der Holding-SE werden allerdings jene europarechtlichen Probleme aktualisiert, die bereits seit langem diskutiert werden. Dies gilt insbesondere für die dem Art. 8 Abs. 2 der Fusionsrichtlinie83 widersprechende in § 23 Abs. 4 UmwStG implementierte Buchwertverknüpfung84, die mit Art. 11 der Fusionsrichtlinie nicht zu vereinbarende in § 26 Abs. 2 Satz 1 UmwStG vorgesehene siebenjährige Veräußerungssperre85 sowie die gegen die Niederlassungsfreiheit verstoßende Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7–14 AStG)86. Der Handlungsbedarf für den Gesetzgeber ist insoweit offenkundig.

2. Gründung einer Tochter-SE Die Gründung einer Tochter-SE kann dadurch herbeigeführt werden, dass Gesellschaften87 mit Sitz und Hauptverwaltung in der EU88, wovon mindestens zwei dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen oder ihrerseits wiederum Tochtergesellschaften bzw. Zweigniederlassungen in einem anderen EU-Staat haben, eine Bar- oder Sacheinlage vornehmen (Art. 2 Abs. 3, 35 SE-VO). Die hiernach mögliche Sachgründung kann durch Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben oder Einzelwirtschaftsgütern erfolgen. Im Wesentlichen sind zwei Fallgruppen von besonderem steuerlichen Interesse, und zwar die –

Einbringung von inländischen Unternehmensteilen in eine ausländische Tochter-SE und die

__________ 80 81 82 83 84 85 86

§ 8b Abs. 2, 3 KStG. § 6b Abs. 10 EStG, §§ 20 Abs. 1 Satz 2, 23 Abs. 4 UmwStG. § 3 Nr. 40 EStG. R 90/434/EWG v. 23.7.1990, ABl. EG 1990 Nr. L 285, S. 1. Hierzu zuletzt Haritz/Wisniewski, GmbHR 2004, 28 ff. (32 f.). Vgl. Schmidt-Ott/Albrecht in Haritz/Benkert, UmwStG, 2. Aufl. 2000, § 26 Rz. 42. Hierzu Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, Loseblatt, vor §§ 7–14 AStG Rz. 81 ff. 87 Hierzu gehören auch Personengesellschaften (Art. 2 Abs. 3 SE-VO i. V. m. Art. 48 Abs. 2 EG), auf die nachfolgend allerdings nicht abgestellt wird. 88 Beides muss nicht zwingend in ein und dem selben Staat belegen sein.

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Einbringung von ausländischen Unternehmensteilen in eine inländische Tochter-SE.

a) Einbringung von Unternehmensteilen in eine ausländische Tochter-SE Die Gründung einer ausländischen Tochter-SE ist aus der Sicht des deutschen Steuerrechts steuerlich ohne Bedeutung, soweit es um etwaige Steuerfolgen auf der Ebene der ausländischen Tochter-SE geht (Gesellschaftsebene). Der Gründungsvorgang als solcher vollzieht sich außerhalb des deutschen Steuerzugriffs, soweit die ausländische Tochter-SE in der Bundesrepublik Deutschland weder unbeschränkt noch beschränkt steuerpflichtig ist. Davon abgesehen ist die Gründung als gesellschaftsrechtlicher Organisationsakt ohnehin einkommensneutral. Auf der Ebene der inländischen Gründungsgesellschaften, also auf Gesellschafterebene, ist die Gründung einer ausländischen Tochter-SE ebenfalls steuerlich ohne Bedeutung, wenn es sich um eine Bargründung handelt. Erfolgt dagegen eine Sachgründung, ist hinsichtlich der steuerlichen Folgen danach zu unterscheiden, ob –

in- oder ausländisches Betriebsvermögen,



Einzelwirtschaftsgüter oder



Betriebe/Teilbetriebe

eingebracht werden.

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Im Einzelnen: Werden einem inländischen Betriebs(stätten)vermögen zuzuordnende Einzelwirtschaftsgüter gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an der ausländischen Tochter-SE eingebracht, so führt dieser Tausch auf der Ebene der einbringenden inländischen Gesellschaft (Gesellschafterebene) zu einer Gewinnrealisierung mit der Folge, dass die aufgedeckten stillen Reserven uneingeschränkt der Besteuerung unterliegen (§ 6 Abs. 6 EStG, § 8 Abs. 1 KStG). Eine Steuerneutralität kann allenfalls unter den Voraussetzungen des § 6b EStG herbeigeführt werden, wenn etwa Grundstücke Gegenstand der Einbringung sind. Die vorgenannten Rechtsfolgen gelten sowohl bei unbeschränkter als auch bei beschränkter Steuerpflicht. Werden inländische Betriebe bzw. Teilbetriebe89 in die ausländische TochterSE gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht, unterliegen die hierdurch aufgedeckten stillen Reserven im Grundsatz der Besteuerung auf der Ebene der einbringenden inländischen Gesellschaft. Eine Steuerneutralität kann allerdings unter den Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 UmwStG herbeigeführt werden, wenn Einbringender eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft90 ist und die übernehmende ausländische Tochter-SE die Buchwerte fortführt91. Dieser steuerneutrale Einbringungsvorgang führt im Ergebnis zu einer Verdoppelung der stillen Reserven92: Werden die einbringungsgeborenen Anteile innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung veräußert, unterliegt der Veräußerungsgewinn auf der Ebene der einbringenden inländischen Gründungsgesellschaft uneingeschränkt der Besteuerung (§ 8b Abs. 4 Sätze 1, 2 KStG). Das gilt für die Körperschaft- und Gewerbesteuer gleichermaßen. Werden inländische Betriebe/Teilbetriebe seitens beschränkt steuerpflichtiger EU-Kapitalgesellschaften93 in eine ausländische Tochter-SE eingebracht, kann eine Besteuerung der einbringungsbedingten Gewinnrealisierung nur unter den Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 UmwStG vermieden werden. Das setzt insbesondere voraus, dass die übernehmende ausländische Tochter-SE die Buchwerte fortführt94. Die vorgenannte Steuervergünstigung ist allerdings rückwirkend zu versagen, wenn die einbringende EU-Kapitalgesellschaft die erhalte-

__________ 89 Zu den Begriffen Betrieb und Teilbetrieb insbesondere unter Berücksichtigung der Fusionsrichtlinie (Art. 2 i) vgl. Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 23 UmwStG Rz. 10 ff. 90 Art. 2 Abs. 3 SE-VO, der als Einbringende in eine ausländische Tochter-SE auch Personengesellschaften vorsieht, geht insoweit ins Leere. 91 Zur Vereinbarkeit mit der Fusionsrichtlinie vgl. Albrecht in Haritz/Benkert, UmwStG, 2. Aufl. 2000, § 23 Rz. 79. 92 Hierzu Förster/Dautzenberg, DB 1993, 645 ff. 93 Personengesellschaften sind auch hier aus dem Begünstigungskreis ausgeschlossen. 94 Zu Einzelheiten Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 23 UmwStG Rz. 51.

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nen Anteile an der ausländischen Tochter-SE innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung veräußert (§ 26 Abs. 2 Satz 2 UmwStG)95. Die Einbringung von Einzelwirtschaftsgütern in die ausländische Tochter-SE gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ist für Zwecke der Umsatzsteuer ein steuerbarer Vorgang (§ 1 Abs. 1 UStG), der als tauschähnlicher Umsatz (§ 3 Abs. 11 Satz 2 UStG) zu qualifizieren ist, wobei die Gegenleistung in der Gewährung von Gesellschaftsrechten besteht96. Werden Betriebe oder Teilbetriebe eingebracht, ist eine Umsatzsteuerbarkeit nicht gegeben, falls es sich insoweit um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen handelt (§ 1 Abs. 1a UStG)97. Sind Grundstücke Gegenstand der Sacheinlage, so entsteht Grunderwerbsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG)98. Werden einem ausländischen Betriebsstättenvermögen zuzuordnende Einzelwirtschaftsgüter in die ausländische Tochter-SE gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht, unterliegt der auf Grund dieses Tauschvorgangs realisierte Gewinn dem Grundsatz uneingeschränkt der Besteuerung (§ 6 Abs. 6 EStG, § 8 Abs. 1 KStG). Etwas anderes gilt freilich dann, wenn die eingebrachten Wirtschaftsgüter aus einer ausländischen Betriebsstätte stammen, deren Gewinne abkommensrechtlich von deutscher Besteuerung freigestellt sind (Artt. 7 Abs. 1, 13 Abs. 2 OECD-MA)99. Sind ausländische Betriebe/Teilbetriebe Gegenstand einer Sacheinlage bei der ausländischen Tochter-SE, unterliegt die einbringungsbedingte Gewinnrealisierung im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht der einbringenden Kapitalgesellschaft100 grundsätzlich der Besteuerung. Greifen allerdings Doppelbesteuerungsabkommen ein, ist der deutsche Steuerzugriff für die Veräußerung ausländischer Betriebsstätten in der Regel ausgeschlossen (Art. 13 Abs. 2 OECD-MA)101. Im Übrigen kann für die Einbringung ausländischer EUBetriebe/Teilbetriebe in die ausländische Tochter-SE gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten die Steuerneutralität gem. § 23 Abs. 3 UmwStG in Anspruch genommen werden, falls die übernehmende ausländische Tochter-SE

__________ 95 Hierzu Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 23 UmwStG Rz. 51; die Vorschrift ist mit der Fusionsrichtlinie unvereinbar; vgl. EuGH v. 17.7.1997, EuGHE 1997, I-4161 – Leur Bloem; Thömmes in Flick/Wassermeyer/ Baumhoff, Außensteuerrecht, Loseblatt, § 26 UmwStG Rz. 8. 96 BFH v. 8.11.1995, BStBl. II 1996, S. 114; Abschn. 6 Abs. 2 Sätze 2, 3 UStR. 97 Zu Einzelheiten Reiss in Schaumburg, Unternehmenskauf im Steuerrecht, 3. Aufl. 2004, S. 241 ff. (243 ff.). 98 Zu Einzelheiten Reiss (Fn. 97), S. 241 ff. (270 ff.); Schönweiß (Fn. 20), S. 289 ff. (291 ff.). 99 Zur Abkommensübersicht Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 13 Rz. 38. 100 Personengesellschaften werden vom Begünstigungskreis ausgeschlossen. 101 Vgl. zu Besonderheiten insbesondere auf Grund von Aktivitätsklauseln usw. die Abkommensübersicht bei Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 13 Rz. 38.

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die Buchwerte fortführt102. Auch hierdurch kommt es zu einer Verdoppelung der stillen Reserven103 mit der Folge, dass im Falle einer Veräußerung der Anteile an der ausländischen Tochter-SE innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist, die Steuerfreiheit gem. § 8b Abs. 2, 3 KStG nicht in Anspruch genommen werden kann (§ 8b Abs. 4 Sätze 1, 2 KStG)104. Die Einbringung von einem ausländischen Betriebsvermögen zuzurechnenden Einzelwirtschaftsgütern führt hinsichtlich der Umsatzsteuer zur Steuerbarkeit (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG), soweit nicht der Ort der Lieferung bzw. der sonstigen Leistung im Ausland belegen ist105. Werden ausländische Betriebe/Teilbetriebe eingebracht, handelt es sich durchweg um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen, mit der Folge, dass die Steuerbarkeit bereits gem. § 1 Abs. 1a UStG zu verneinen ist. Werden ausländische Grundstücke übertragen, entsteht keine Grunderwerbsteuer106. b) Einbringung von Unternehmensteilen in eine inländische Tochter-SE Während die Bargründung einer inländischen Tochter-SE weder auf Gesellschafts- noch auf Gesellschafterebene unmittelbare steuerliche Folgen auslöst, ist die Sachgründung auf Gesellschafterebene steuerrelevant: Die Einbringung von Einzelwirtschaftsgütern gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ist als Tausch zu qualifizieren mit der Folge, dass die hiermit verbundene einbringungsbedingte Gewinnrealisierung uneingeschränkt der Besteuerung unterliegt (§ 6 Abs. 6 EStG, § 8 Abs. 1 KStG). Das gilt freilich nicht, wenn die einbringende Gründungsgesellschaft nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist und die eingebrachten Einzelwirtschaftsgüter nicht einem inländischen Betriebsstättenvermögen zuzuordnen sind107. Eine Besteuerung im Inland scheidet ferner aus, wenn die Einzelwirtschaftsgüter einem ausländischen

__________ 102 Hierzu Albrecht in Haritz/Benkert, UmwStG, 2. Aufl. 2000, § 23 Rz. 203 f.; Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 23 UmwStG Rz. 57 ff. 103 Insoweit ist § 23 Abs. 3 UmwStG mit der Fusionsrichtlinie unvereinbar; hierzu Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Loseblatt, § 23 Rz. 154; Thömmes in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, Loseblatt, § 23 UmwStG Rz. 270 ff. 104 Das ist in den Fällen nicht gerechtfertigt, in denen der deutsche Steuerzugriff auf die stillen Reserven der ausländischen Betriebe/Teilbetriebe abkommensrechtlich nicht zustand; hierzu Albrecht in Haritz/Benkert, UmwStG, 2. Aufl. 2000, § 23 Rz. 204. 105 Ort der Lieferung: § 3 Abs. 5a–8, 3c, 3e, 3f UStG; Ort der sonstigen Leistung: §§ 3a, 3b, 3f UStG. 106 § 1 Abs. 1 GrEStG: nur inländische Grundstücke werden erfasst. 107 In diesem Fall unterliegt der Realisationsgewinn mangels inländischer Anknüpfung nicht der beschränkten Steuerpflicht.

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Betriebsvermögen zuzuordnen sind, für das abkommensrechtlich das Betriebsstättenprinzip gilt108. Werden inländische Betriebe und Teilbetriebe von einer inländischen Kapitalgesellschaft in die inländische Tochter-SE gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht, handelt es sich im Grundsatz zwar um einen steuerpflichtigen Tausch (§ 6 Abs. 6 EStG, § 8 Abs. 1 KStG), der allerdings unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 UmwStG steuerneutral ist. Dies setzt voraus, dass die übernehmende inländische Tochter-SE die Buchwerte des eingebrachten Vermögens fortführt109. Die einbringungsgeborenen Anteile unterliegen sodann auf der Ebene der einbringenden Kapitalgesellschaft einer siebenjährigen Sperrfrist (§ 8b Abs. 4 Sätze 1, 2 KStG). Werden die inländischen Betriebe/Teilbetriebe von einer ausländischen EUKapitalgesellschaft eingebracht, ist eine Steuerneutralität gem. § 20 Abs. 1 UmwStG ausgeschlossen, falls die Gewinne aus der Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile abkommensrechtlich dem deutschen Steuerzugriff entzogen sind (§ 20 Abs. 3 UmwStG)110. Da die von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen im Grundsatz nur dem Ansässigkeitsstaat die Versteuerung der Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanteilen belässt (Art. 13 Abs. 5 OECD-MA)111, wird insoweit die Steuerneutralität gem. § 20 Abs. 1 UmwStG in aller Regel scheitern112. Für diesen Fall kommt allerdings die Steuerneutralität gem. § 23 Abs. 2 UmwStG in Betracht, soweit die übernehmende inländische Tochter-SE die Buchwerte fortführt113. Die einbringungsgeborenen Anteile unterliegen allerdings einer siebenjährigen Sperrfrist (§ 26 Abs. 2 Satz 2 UmwStG) mit der Folge, dass bei vorzeitiger Veräußerung die Steuerneutralität rückwirkend entfällt114. Das gilt allerdings dann nicht, wenn die einbringungsgeborenen Anteile wiederum Gegenstand einer nach EU-Recht begünstigten Einbringung zum Buchwert sind115.

__________ 108 Artt. 7 Abs. 1, 2, 13 Abs. 2 OECD-MA; hierzu im Einzelnen die Abkommensübersicht bei Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 13 Rz. 38. 109 Wahlrecht: § 20 Abs. 2, 4 UmwStG. 110 Zu Einzelheiten Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 20 UmwStG Rz. 184 ff. 111 Zu Besonderheiten vgl. die Abkommensübersicht bei Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 23 Rz. 74. 112 Ausnahme: Die Beteiligung ist abkommensrechtlich einer inländischen Betriebsstätte zuzuordnen. 113 Diese Wertverknüpfung ist mit der Fusionsrichtlinie nicht vereinbar; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Loseblatt, § 23 UmwStG Rz. 75. 114 Hierzu Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 26 UmwStG Rz. 33 ff.; die Vorschrift ist mit der Fusionsrichtlinie nicht vereinbar; vgl. EuGH v. 17.7.1997 – Leur Bloem, EuGHE 1997, I-4161; Thömmes in Flick/Wassermeyer/ Baumhoff, Außensteuerrecht, Loseblatt, § 26 UmwStG Rz. 8. 115 Entsprechend § 23 Abs. 4 UmwStG.

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Werden ausländische Betriebe oder Teilbetriebe in eine inländische Tochter-SE gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht, entfällt eine deutsche Besteuerung von vornherein, wenn die einbringungsbedingten Realisierungsgewinne abkommensrechtlich nur der Besteuerung im (ausländischen) Betriebsstättenstaat zugewiesen sind. Dies ist in aller Regel der Fall, soweit keine unilateralen oder bilateralen Aktivitätsklauseln eingreifen116. Im Übrigen ist die Steuerneutralität gem. § 20 Abs. 1 UmwStG möglich, soweit eine Buchwertfortführung sichergestellt ist117. Die Einbringung ausländischer Betriebe und Teilbetriebe in eine inländische Tochter-SE seitens ausländischer Gründungsgesellschaften vollzieht sich außerhalb der Reichweite der beschränkten Steuerpflicht (§ 49 Abs. 1 EStG) mit der Folge, dass von vornherein eine Besteuerung der einbringungsbedingten Gewinnrealisierung unterbleibt. Hinsichtlich der Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer ergeben sich keine Besonderheiten, so dass insoweit in aller Regel keine Steuerbarkeit gegeben ist. c) Zwischenergebnis Auf der Grundlage der derzeit geltenden steuerlichen Regelungen ist die Gründung einer Tochter-SE weit gehend steuerneutral möglich. Die Steuerneutralität wird vor allem durch § 20 Abs. 1 UmwStG sowie durch § 23 Abs. 1–3 UmwStG gewährleistet. Das gilt uneingeschränkt nur für Kapitalgesellschaften, nicht aber für Personengesellschaften, die ebenfalls Gründungsgesellschaften sein können (Art. 2 Abs. 3 SE-VO). Dies deshalb nicht, weil § 23 Abs. 1–3 UmwStG lediglich einbringende Kapitalgesellschaften erfasst. Im Hinblick darauf ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf angezeigt, weil anderenfalls der Reichweite der SE-VO steuerliche Grenzen gesetzt sind, die mit den europarechtlichen Zielsetzungen unvereinbar sind. In diesem Zusammenhang bedarf es auch des Abbaus weiterer Restriktionen, die auch die Gründung einer Tochter-SE erschweren. Das gilt insbesondere für den Teilbetriebsbegriff i. S. d. § 23 Abs. 1–3 UmwStG, der im Sinne der Fusionsrichtlinie aufgefasst werden sollte118. Darüber hinaus ist auch die im § 23 UmwStG verlangte grenzüberschreitende Buchwertverknüpfung mit der Fusionsrichtlinie ebenso unverein-

__________ 116 Zum Charakter des § 20 Abs. 2 AStG als treaty overriding-Klausel: Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl. 1998, Rz. 10.294 f.; zu den abkommensrechtlichen Aktivitätsklauseln vgl. die Abkommensübersicht bei Vogel in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 23 Rz. 16. 117 Die übernehmende inländische Tochter-SE übt das entsprechende Wahlrecht aus (§ 20 Abs. 2 UmwStG), was für die einbringende Gesellschaft maßgeblich ist (§ 20 Abs. 4 UmwStG). 118 So auch die h. M.: z. B. Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Loseblatt, § 23 UmwStG Rz. 18 f.; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 3. Aufl. 2001, § 23 UmwStG Rz. 23 ff. jeweils m. w. N.

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bar119, wie die im § 26 Abs. 2 UmwStG verankerte siebenjährige Veräußerungssperre120.

3. Gründung durch Verschmelzung Gem. Art. 2 Abs. 1 SE-VO können nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründete Aktiengesellschaften, die ihren Sitz und ihre Hauptverwaltung in der EU haben, eine SE durch Verschmelzung gründen, sofern mindestens zwei der beteiligten Rechtsträger dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen. Die Verschmelzung kann entweder durch Aufnahme oder durch Gründung erfolgen (Art. 17 Abs. 2 SE-VO). Entsprechend der durch die SE-VO vorgegebenen Struktur sind unter steuerlichen Gesichtspunkten die beiden folgenden Fallgruppen der Verschmelzung von besonderer Bedeutung121, und zwar –

Hineinverschmelzung



Hinausverschmelzung

Die beiden vorgenannten, für die Gründung einer SE wichtigen Verschmelzungsvarianten entbehren einer gesetzlichen Regelung im Umwandlungssteuergesetz. Im rechtstechnischen Sinne sind derartige grenzüberschreitende Ver-

__________

119 So z. B. Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Loseblatt, § 23 UmwStG Rz. 75. 120 Schmidt-Ott/Albrecht in Haritz/Benkert, UmwStG, 2. Aufl. 2000, § 26 Rz. 42 m. w. N. 121 Der Fall der Auslandsverschmelzung mit Inlandsbezug (inländische Betriebsstätte) wird hier nicht gesondert behandelt, weil die Verschmelzungsvariante weit gehend der Hineinverschmelzung entspricht.

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schmelzungen nach dem Umwandlungssteuergesetz ausgeschlossen. Das gilt unabhängig davon, ob grenzüberschreitende Verschmelzungen unter der Herrschaft des § 1 UmwG für rechtlich zulässig gehalten werden oder nicht122: § 1 Abs. 5 UmwStG verlangt unabhängig von den Vorgaben des Umwandlungsgesetzes, dass an der Umwandlung beteiligte Körperschaften, also sowohl übertragende, als auch übernehmende Körperschaften123, für Zwecke der Anwendung des 2. bis 7. Teils des Umwandlungssteuergesetzes unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sein müssen124. Soweit die grenzüberschreitende Verschmelzung innerhalb der EU auf die Anwendung der 3. und 6. Richtlinie (Fusionsrichtlinie) gestützt wird, bleibt eine steuerneutrale Verschmelzung ebenfalls versagt. Die mit der 3. und 6. Richtlinie korrespondierende Fusionsrichtlinie125 ist nämlich durch das Steueränderungsgesetz 1992126 nur partiell in nationales Recht umgesetzt worden: Erfasst werden die grenzüberschreitende Einbringung von Unternehmensteilen (§ 23 Abs. 1–3 UmwStG) und der grenzüberschreitende Anteilstausch (§ 23 Abs. 4 UmwStG) innerhalb der EU. Die steuerliche Fusionsrichtlinie regelt zwar auch grenzüberschreitende Verschmelzungen und Spaltungen, diese wurden aber nicht in nationales Recht umgesetzt, weil bislang hierfür noch die handelsrechtlichen Voraussetzungen fehlten127. Diese handelsrechtlichen Voraussetzungen sind indes nunmehr durch die SE-VO und durch das SEEG geschaffen worden. Eine Änderung des Umwandlungssteuergesetzes ist insoweit aber noch nicht erfolgt. Soweit die Fusionsrichtlinie nicht in nationales Recht umgesetzt worden ist, entfaltet sie allerdings keine unmittelbare normative Wirkung, weil sie z. B. hinsichtlich der Rückstellungen und Rücklagen (Art. 5), der Übernahme von Verlusten (Art. 6) und im Zusammenhang mit dem Mitbestimmungsvorbehalt (Art. 11 Abs. 1b) sowie unter weiteren Gesichtspunkten nicht über die für die unmittelbare Anwendung erforderliche inhaltliche Bestimmtheit verfügt128.

__________ 122 Hierzu Lutter/Drygala in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, § 1 Rz. 5 ff. 123 Regierungsbegründung bei Schaumburg/Rödder, UmwG/UmwStG, 1995, § 1 Rz. 5, 18; Haritz in Haritz/Benkert, UmwStG, 2. Aufl. 2000, § 1 Rz. 37; Dötsch in Dötsch/ Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 1 UmwStG Rz. 4; BMF-Schreiben v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, S. 268 (UmwStE). 124 Zur Europarechtswidrigkeit insoweit Paefgen, GmbHR 2004, 463 ff., 468; Kloster, GmbHR 2003, 1413 ff. 125 RL 90/434/EWG des Rates v. 23.6.1990, ABl. EG Nr. L 255,1. 126 § 20 Abs. 6, 8 UmwStG; § 23 UmwStG 1995. 127 Vgl. Regierungsbegründung bei Schaumburg/Rödder, UmwG/UmwStG, 1995, § 1 UmwG Rz. 3. 128 Schaumburg/Schumacher in Lutter, UmwG, 3. Aufl. 2004, Einl. Rz. 76; Schaumburg (Fn. 116), Rz. 3.68; Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, Rz. 114; Mayer, Die Besteuerung grenzüberschreitender Verschmelzungen, 1995, S. 75 ff.; Voß, StuW 1993, 155 ff., 162; dagegen für eine unmittelbare Anwendung die h. M., z. B. Knobbe-Keuk, Intertax 1992, 4 ff.; Griemla, Ertragsteuerliche Behandlung der Europäischen Aktiengesellschaft, 1999, S. 49; Kessler/Achilles/Huck, IStR 2003, 715 ff. (717); Rödder, Der Konzern 2003, 522 ff. (527); Wassermeyer, GmbHR 2004, 665 (665 f.); Engert, IStR 2004, 664 (665 f.).

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Im Hinblick darauf sind die Steuerfolgen der Gründung einer SE durch Hineinund Hinausverschmelzung den allgemein geltenden steuerlichen Regelungen zu entnehmen. a) Hineinverschmelzung Die Hineinverschmelzung ist im Wesentlichen darauf gerichtet, eine inländische SE dadurch zu gründen, dass auf sie ausländische EU-Kapitalgesellschaften verschmolzen werden. Auf Gesellschaftsebene, also auf der Ebene der untergehenden ausländischen Kapitalgesellschaft (Gesellschaftsebene I), ergeben sich aus der Sicht des deutschen Steuerrechts keine steuerlichen Auswirkungen. Hiervon gibt es auch in dem Fall keine Ausnahme, indem die untergehende ausländische Kapitalgesellschaft im Inland eine Betriebsstätte unterhält. Verschmelzungsbedingt erfolgt zwar hinsichtlich der inländischen Betriebsstätte ein Rechtsträgerwechsel, eine Besteuerung der im Betriebsstättenvermögen ruhenden stillen Reserven unterbleibt aber gem. § 12 Abs. 2 Satz 2 KStG, wenn die Verschmelzung der ausländischen Kapitalgesellschaften zu Buchwerten im Ausland nach Regeln vollzogen wird, die mit § 2 UmwStG vergleichbar sind und das inländische Besteuerungsrecht insoweit nicht verloren geht129. Sollte das ausländische Steuerrecht eine Verschmelzung zu Buchwerten nicht ermöglichen, obwohl dies nach der Fusionsrichtlinie vorgesehen ist130, unterbleibt dennoch eine verschmelzungsbedingte Gewinnrealisierung bei der inländischen Betriebsstätte, weil insoweit die Besteuerung der stillen Reserven stets erhalten bleibt. Diese am Sinn und Zweck des § 12 Abs. 2 Satz 2 KStG131 orientierte Auslegung132 ist zugleich richtlinienkonform133 und entspricht zudem auch den Vorgaben der SE-VO, weil andernfalls die Gründung der SE durch Verschmelzung im Ergebnis vereitelt würde. Im Übrigen bleiben die steuerlichen Auswirkungen der im Ausland ansässigen übertragenden Kapitalgesellschaft im Wesentlichen134 außerhalb des Zugriffsbereichs der deutschen Besteuerung.

__________ 129 Das ist die Regel bei inländischen Betriebsstätten (§ 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG; Art. 13 Abs. 2 OECD-MA). 130 Hierzu Thömmes in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, Loseblatt, vor § 23 UmwStG Rz. 22 ff.; vgl. die Länderübersicht bei Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 5. Aufl. 2002, S. 170. 131 Ultima ratio-Besteuerung. 132 Aus diesem Grunde wird von der h. M. bereits eine Betriebsstättenschlussbesteuerung verneint, z. B. Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 12 Rz. 47; Schaumburg (Fn. 116), Rz. 6.54; Zisowski, Grenzüberschreitender Umzug von Kapitalgesellschaften, 1994, S. 77 f.; Knobbe-Keuk, StuW 1990, 372 ff. (376 ff.); dies., DB 1991, 298 ff. (301); Thiel, GmbHR 1994, 277 ff. (279); Schaumburg, GmbHR 1996, 501 ff., 585 ff. (593). 133 Zur richtlinienkonformen Auslegung der Fusionsrichtlinie Thömmes in Flick/ Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, Loseblatt, vor § 23 UmwStG Rz. 47 ff. 134 Ausnahme z. B. bei in Deutschland belegenem Grundbesitz (§ 49 Abs. 1 f. EStG, Artt. 6, 13 Abs. 1 OECD-MA).

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Auf der Ebene der übernehmenden inländischen SE (Gesellschaftsebene II) sind die übergehenden Wirtschaftsgüter der übertragenden ausländischen Kapitalgesellschaften in der Übernahmebilanz grundsätzlich mit den Teilwerten anzusetzen135. Insoweit ergeben sich auf der Gesellschaftsebene II keine unmittelbaren steuerlichen Auswirkungen. Etwas anderes gilt dann, wenn die übernehmende SE im Falle der Verschmelzung zur Aufnahme an der übertragenden ausländischen Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Bei diesem upstream-merger entsteht ein Übernahmegewinn in Höhe des Unterschieds zwischen dem Buchwert der untergehenden Anteile an der ausländischen Kapitalgesellschaft und dem Teilwert der übergehenden Wirtschaftsgüter136. Dieser Übernahmegewinn ist in Höhe von 95 % steuerfrei (§ 8b Abs. 2, 3 KStG)137. Im Ergebnis entspricht diese Freistellung den Vorgaben von Art. 7 Abs. 1 der Fusionsrichtlinie. Im Zuge der Verschmelzung kann sich der Gewinn der übernehmenden inländischen SE dadurch erhöhen, dass der Vermögensübergang zum Erlöschen von Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen derselben und der übertragenden ausländischen EU-Kapitalgesellschaft führt. Ein derartiger Übernahmefolgegewinn, der insbesondere bei der Verschmelzung zur Aufnahme eintreten kann, unterliegt auf Gesellschaftsebene II uneingeschränkt der Besteuerung. Die Steuervergünstigung des § 6 Abs. 1, 2 UmwStG greift hierfür nicht ein. Werden die Anteile an der übertragenden ausländischen Kapitalgesellschaft nicht von der übernehmenden inländischen SE gehalten, so führt die Verschmelzung auf Gesellschafterebene zu einem Anteilstausch: Anstelle ihrer Anteile an der übertragenden ausländischen EU-Kapitalgesellschaft erhalten die Gesellschafter nunmehr Anteile an der übernehmenden inländischen SE. Wegen der hieraus resultierenden Steuerfolgen ist einerseits zwischen natürlichen und juristischen Personen als Gesellschafter und andererseits zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht derselben zu unterscheiden. Im Einzelnen: Der verschmelzungsbedingte Anteilstausch führt bei natürlichen Personen, die im Inland unbeschränkt steuerpflichtig sind, zu einem dem steuerlichen Halbeinkünfteverfahren unterliegenden Veräußerungsgewinn (§ 3 Nr. 40 lit. a, c EStG). Hierbei spielt es keine Rolle, ob die Anteile zu einem Betriebsvermögen gehören oder nicht. Eine Besteuerung unterbleibt ausnahmsweise dann, wenn die zu Privatvermögen gehörenden Anteile eine Beteiligung von unter 1 % vermitteln und seit Anschaffung nicht mehr als ein Jahr vergangen ist (§ 23

__________ 135 Soweit das übergehende Vermögen in Deutschland nicht steuerverhaftet ist; andernfalls unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Satz 2 KStG Buchwertansatz; hierzu Kessler/Achilles/Huck, IStR 2003, 715 ff. (716). 136 Kessler/Achilles/Huck, IStR 2003, 715 ff. (716). 137 Thömmes (Fn. 11), S. 497 f.; Schulz/Petersen, DStR 2002, 1508 ff. (1511); Kessler/ Achilles/Huck, IStR 2003, 715 ff. (716).

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Abs. 1 Nr. 2 EStG). Eine Vollversteuerung138 erfolgt demgegenüber, wenn die Anteile in der Vergangenheit einer steuerwirksamen Teilwertabschreibung ohne entsprechende Wertaufholung (§ 3 Nr. 40 lit. a Satz 2 EStG) zugeführt wurden oder es sich bei den Anteilen an der untergehenden ausländischen Kapitalgesellschaft um einbringungsgeborene Anteile handelt, es sei denn, es sind seit der damaligen Einbringung mehr als sieben Jahre vergangen oder es handelt sich um bestimmte privilegierte Einbringungsvorgänge (§ 3 Nr. 40 Sätze 3, 4 EStG)139. Darüber hinaus kommt eine Vollversteuerung auch dann in Betracht, wenn die natürliche Person ein Finanzunternehmen betreibt, zu deren Betriebsvermögen die Anteile an der untergehenden ausländischen Kapitalgesellschaft zählen (§ 3 Nr. 40 Satz 5 EStG). Schließlich kann eine Steuerneutralität für den verschmelzungsbedingten Anteilstausch durch Bildung einer Reinvestitionsrücklage (§ 6b Abs. 10 EStG) herbeigeführt werden140. Soweit eine Besteuerung in Betracht kommt, stehen abkommensrechtliche Schrankenwirkungen nicht entgegen. Dies deshalb nicht, weil nach Maßgabe der von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen Veräußerungsgewinne, zu denen auch der verschmelzungsbedingte Anteilstausch zählt141, im Grundsatz142 ausschließlich der Besteuerung im Wohnsitzstaat zugewiesen sind (Art. 13 Abs. 5 OECD-MA)143. Die vorstehenden Besteuerungsgrundsätze gelten im Wesentlichen auch für juristische Personen als Anteilseigner der untergehenden ausländischen Kapitalgesellschaft. Das bedeutet: Die Gewinnrealisierung auf Grund des verschmelzungsbedingten Anteilstauschs ist zu 95 % steuerfrei gestellt (§ 8b Abs. 2, 3 KStG). Eine Vollversteuerung erfolgt nur in den Fällen, in denen es sich um einbringungsgeborene Anteile handelt, es sei denn, seit der Einbringung sind mehr als sieben Jahre vergangen oder es handelte sich seinerzeit um privilegierte Einbringungsvorgänge (§ 8b Abs. 4 KStG). Eine Vollversteuerung erfolgt auch insoweit, als in der Vergangenheit steuerwirksam Teilwertabschreibungen auf die Auslandsanteile vorgenommen und nachfolgend durch

__________ 138 Die Tarifermäßigung gem. § 34 EStG kann allerdings in Anspruch genommen werden; BMF-Schreiben v. 16.12.2003, BStBl. I 2003, S. 786 Rz. 21. 139 Zu Einzelheiten Dötsch/Pung in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 3 Nr. 40 EStG Rz. 74 ff. 140 Das gilt grundsätzlich nicht für einbringungsgeborene Anteile (§ 6b Abs. 10 Satz 11 EStG). 141 Zum DBA-Österreich BFH v. 22.2.1989, BStBl. II 1989, S. 794; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, DBA, Loseblatt, Art. 13 Rz. 8, 74; Schaumburg (Fn. 116), Rz. 16.390. 142 Ausnahme: Abkommensrechtliche Zuordnung der Anteile zu einem ausländischen Betriebsstättenvermögen (Art. 13 Abs. 2 OECD-MA); hierzu Prokisch in Vogel/ Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 13 Rz. 32. 143 Zu Besonderheiten vgl. die Abkommensübersicht bei Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 13 Rz. 74.

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eine Wertaufholung nicht ausgeglichen wurden (§ 8b Abs. 2 Satz 4 KStG)144. Eine Vollversteuerung greift zudem dann ein, wenn es sich bei dem Anteilseigner um ein Finanzunternehmen (§ 8b Abs. 7 KStG)145 oder um ein Lebensoder Krankenversicherungsunternehmen (§ 8b Abs. 8 KStG) handelt. Sind die Gesellschafter nicht unbeschränkt steuerpflichtig, so werden die verschmelzungsbedingten Gewinnrealisierungen im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht erfasst, wenn die Anteile entweder einer inländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind, oder wenn es sich um Anteile i. S. v. § 17 EStG handelt (§ 49 Abs. 1 lit. a, e EStG). Im Übrigen gelten hierfür diejenigen Besteuerungsgrundsätze, die auch für unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschafter maßgeblich sind. Die Besteuerung entfällt freilich, wenn die ausländischen Gesellschaften in einem Staat ansässig sind, mit dem die Bundesrepublik Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat. Dies deshalb, weil die verschmelzungsbedingten Gewinne als Veräußerungsgewinne146 ausschließlich der Besteuerung im Wohnsitzstaat zugewiesen sind (Art. 13 Abs. 5 OECD-MA)147. Das gilt nur dann ausnahmsweise nicht, wenn die Anteile an der untergehenden ausländischen Kapitalgesellschaft abkommensrechtlich einer inländischen Betriebsstätte zuzurechnen sind148. Für Zwecke der Umsatzsteuer stellt die Verschmelzung als Geschäftsveräußerung im Ganzen einen nicht steuerbaren Vorgang dar (§ 1 Abs. 1 UStG)149. Die übernehmende inländische SE tritt gem. § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG an die Stelle der übertragenden ausländischen Kapitalgesellschaft, was freilich nur insoweit Bedeutung hat, als Wirtschaftsgüter übertragen werden, die bislang einer inländischen Betriebsstätte zuzuordnen waren. Hiermit ergeben sich Auswirkungen auf die nach § 15a UStG anwendbaren Berichtigungszeiträume hinsichtlich der im Zuge der Verschmelzung übergehenden Wirtschaftsgüter (§ 15a Abs. 6a UStG). Auf Grund der Rechtsnachfolgeanordnung des § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG wird der für das Wirtschaftsgut maßgebliche Berichtigungszeitraum nicht unterbrochen, so dass eine Vorsteuerberichtigung entfällt. Die Gewährung von Gesellschaftsrechten durch die übernehmende SE ist umsatzsteuerlich unbeachtlich150. Die Verschmelzung führt schließlich auch zur Entstehung von Grunderwerbsteuer für den Fall, dass die übertragende ausländische Kapitalgesellschaft in-

__________ 144 Hierzu BMF-Schreiben v. 25.7.2002, BStBl. I 2002, S. 712. 145 Hierzu BMF-Schreiben v. 25.7.2002, BStBl. I 2002, S. 712. 146 Zum DBA-Österreich BFH v. 22.12.1989, BStBl. II 1989, S. 794; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, DBA, Loseblatt, Art. 13 Rz. 28.74; Schaumburg (Fn. 116), Rz. 16.390. 147 Zu Besonderheiten vgl. die Abkommensübersicht bei Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 13 Rz. 74. 148 Hierzu Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 13 Rz. 32; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, DBA, Loseblatt, Art. 13 Rz. 32; Schaumburg (Fn. 116), Rz. 16.384 f.; Piltz, IStR 1996, 457 ff. 149 Husmann in Rau/Dürrwächter, UStG, Loseblatt, § 21 Rz. 1116, 1120. 150 Vgl. hierzu Schaumburg/Jesse (Fn. 52), § 13 Rz. 180, 157.

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ländisches Grundvermögen besitzt. Die Steuerbarkeit ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG. Die Grunderwerbsteuer, die erst mit der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister entsteht151, berechnet sich auf der Grundlage der Grundbesitzwerte (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG i. V. m. § 138 Abs. 2, 3 BewG). b) Hinausverschmelzung Bei der Hinausverschmelzung geht es im Wesentlichen darum, dass eine inländische Kapitalgesellschaft (Aktiengesellschaft)152 auf eine ausländische SE verschmolzen wird. Auf der Ebene der untergehenden inländischen Aktiengesellschaft (Gesellschaftsebene I) ist die steuerliche Rechtslage wie folgt: Im Zuge der Verschmelzung der inländischen Aktiengesellschaft auf die ausländische SE unterbleibt eine Liquidation und damit auch eine Abwicklung derselben, weil die grenzüberschreitende Verschmelzung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge vollzogen wird (Art. 29 SE-VO). Damit greift eine Liquidationsbesteuerung gem. § 11 KStG nicht ein153. Eine Schlussbesteuerung gem. § 12 Abs. 1 KStG unterbleibt aber ebenfalls, weil im Zuge der Verschmelzung Sitz und Geschäftsleitung der untergehenden inländischen Aktiengesellschaft nicht ins Ausland verlegt werden154. Da auch im Übrigen keine einschlägige Rechtsnorm ersichtlich ist, unterbleibt jedwede Besteuerung auf der Gesellschaftsebene I. Diese Besteuerungslücke ist letztlich durch die SE-VO herbeigeführt worden, nach der erstmals eine grenzüberschreitende Verschmelzung mit Gesamtrechtsnachfolge unmittelbar geltendes Recht darstellt, für das bislang kein entsprechendes Steuerregime zur Verfügung steht. Das beruht insbesondere auch darauf, dass Art. 4 Abs. 1 der Fusionsrichtlinie nicht umgesetzt worden ist. Im Hinblick darauf verbietet sich auch eine (steuerschaffende) analoge Anwendung155 der §§ 11, 12 KStG. Da auch im Übrigen dem deutschen Steuerrecht kein in sich geschlossenes Entstrickungskonzept entnommen werden kann156, ist eine im Ergebnis gegen die Fusionsrichtlinie gerichtete Analogie ausgeschlossen. Eine solche Analogie ist schließlich unter dem Gesichtspunkt der Steuerentstrickung ohnehin nicht geboten, soweit zum Be-

__________ 151 BFH v. 16.2.1994, BStBl. II 1994, S. 866; Fischer in Boruttau, GrEStG, 15. Aufl. 2002, § 1 Rz. 563. 152 Vgl. Art. 2 Abs. 1 SE-VO. 153 Kessler/Achilles/Huck, IStR 2003, 715 ff. (716); Förster/Lange, DB 2002, 288 ff. (289); Schulz/Petersen, DStR 2002, 1508 ff.; Rödder, Der Konzern 2003, 522 ff. (525); Endres, RIW 2004, 735 ff., 736. 154 Kessler/Achilles/Huck, IStR 2003, 715 ff. (716); Förster/Lange, DB 2002, 288 ff. (289); Rödder, Der Konzern 2003, 522 ff. (525); a. A. Schulz/Petersen, DStR 2002, 1508 ff. (1508). 155 Zur Frage, ob eine steuerschaffende Analogie überhaupt zulässig ist Lang in Tipke/ Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 4 Rz. 185 ff., § 5 Rz. 71 ff. 156 Hierzu Schaumburg (Fn. 116), Rz. 5.378 ff., 17.14.

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triebsvermögen der untergehenden inländischen Aktiengesellschaft inländisches Betriebsstättenvermögen gehört. Dies deshalb nicht, weil der deutsche Steuerzugriff hierauf stets gewährleistet ist157. Eine auf Steuerentstrickung gerichtete Analogie ist aber auch in den Fällen verfehlt, in denen die inländische Aktiengesellschaft ausländisches Betriebsstättenvermögen unterhält, für das abkommensrechtlich die Bundesrepublik Deutschland keinen Besteuerungszugriff hat158, weil hierfür der deutsche Steuerzugriff auch vor der Verschmelzung nicht gegeben war. Die Besteuerungslücke wirkt sich somit nur dann aus, wenn entweder die inländische Aktiengesellschaft ausländisches Betriebsstättenvermögen unterhält, dass einer abkommensrechtlichen Abschirmwirkung nicht unterliegt oder Anteile an in- oder ausländischen Tochtergesellschaften zum übergehenden Vermögen zählen. Für den letztgenannten Fall der Holdingverschmelzung müsste sodann aber ein unterstellter Übertragungsgewinn i. H. v. 95 % freigestellt werden (§ 8b Abs. 2, 3 KStG). Auf der Ebene der übernehmenden ausländischen SE (Gesellschaftsebene II) unterliegen etwaige Übernahmegewinne bzw. Übernahmefolgegewinne nicht dem deutschen Steuerzugriff, weil nach Maßgabe der von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen insbesondere der Übernahmegewinn ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat der übernehmenden SE zusteht (Art. 13 Abs. 5 OECD-MA159). Auf Gesellschafterebene führt die Verschmelzung der inländischen Aktiengesellschaft auf die ausländische SE zu einem verschmelzungsbedingten Tausch, der, soweit hierdurch Gewinne realisiert werden, eine inländische Besteuerung auslöst. Die Besteuerung hängt im Wesentlichen davon ab, ob die Gesellschafter unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtige natürliche oder juristische Personen sind. Im Einzelnen: Handelt es sich bei den Gesellschaftern um natürliche Personen, unterliegt die verschmelzungsbedingte Gewinnrealisierung der Besteuerung nach dem Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 lit. a, c EStG), wobei es keine Rolle spielt, ob die Anteile dem Privat- oder Betriebsvermögen zuzuordnen sind. Eine Besteuerung unterbleibt freilich in den Fällen, in denen die zum Privatvermögen gehörenden Aktien weniger als 1 % betragen und seit deren Anschaffung mehr als ein Jahr vergangen ist (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Eine Vollversteuerung160

__________ 157 Die Doppelbesteuerungsabkommen Deutschlands mit den EU-Staaten schränken das Besteuerungsrecht für Gewinne aus der Veräußerung von deutschen Betriebsstätten grundsätzlich nicht ein; hierzu die Abkommensübersicht bei Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 13 Rz. 38. 158 Artt. 7 Abs. 1, 13 Abs. 2 OECD-MA; zur Abkommensübersicht Prokisch in Vogel/ Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 13 Rz. 38. 159 Zu Besonderheiten die Abkommensübersicht bei Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 13 Rz. 74. 160 Die Tarifermäßigung des § 34 EStG kann in Anspruch genommen werden; BMFSchreiben v. 16.12.2003, BStBl. I 2003, S. 786 Rz. 21.

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tritt demgegenüber ein, soweit in der Vergangenheit steuerwirksame Teilwertabschreibungen vorgenommen wurden, ohne dass diese durch eine nachfolgende Wertaufholung ausgeglichen wurden (§ 3 Nr. 40 lit. a Satz 2 EStG. Eine Vollversteuerung erfolgt ferner, wenn es sich um einbringungsgeborene Anteile (§ 21 UmwStG) handelt, es sei denn, seit der Einbringung sind mehr als sieben Jahre vergangen, oder es handelte sich seinerzeit um eine privilegierte Einbringung (§ 3 Nr. 40 Abs. 3, 4 EStG). Eine Vollversteuerung ist schließlich auch bei Finanzunternehmen nicht vermeidbar (§ 3 Nr. 40 Satz 5 EStG). Unter bestimmten Voraussetzungen kann allerdings eine Steuerneutralität auch im Wege einer Reinvestitionsrücklage (§ 6b Abs. 10 EStG) erreicht werden161. Sind Gesellschafter juristische Personen, so greifen auch hier die üblichen für die Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanteilen maßgeblichen Steuergrundsätze ein. Das bedeutet, dass ein etwaiger Realisierungsgewinn in Höhe von 95 % steuerfrei gestellt ist (§ 8b Abs. 2, 3 KStG). Das gilt freilich nicht für einbringungsgeborene Anteile, für die wiederum Rückausnahmen bestehen (§ 8b Abs. 4 KStG). Schließlich greift die Steuerfreiheit auch nicht ein, wenn es sich bei den Gesellschaftern um Finanzunternehmen (§ 8b Abs. 7 KStG)162 oder um Lebens- oder Krankenversicherungsunternehmen handelt (§ 8b Abs. 8 KStG). Hinsichtlich der Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer gelten auch hier die für die Hineinverschmelzung geltenden Besteuerungsgrundsätze163. c) Zwischenergebnis Im Zuge der Gründung einer SE durch Verschmelzung ist aus deutscher Sicht eine Besteuerung auf der Ebene der übertragenden und übernehmenden Kapitalgesellschaften weit gehend ausgeschlossen. Auf Gesellschafterebene kommt es dagegen stets zu einer Besteuerung, soweit es sich hierbei um natürliche Personen handelt. Im Hinblick auf die Zielsetzungen der SE-VO ist es allerdings geboten, auf Gesellschafts- und Gesellschafterebene eine völlige Steuerneutralität für Hineinund Hinausverschmelzungen zu gewährleisten. Dies entspricht auch den Vorgaben der Fusionsrichtlinie.

__________ 161 Das gilt freilich nicht für einbringungsgeborene Anteile (§ 6b Abs. 10 Satz 11 EStG). 162 Hierzu BMF-Schreiben v. 25.7.2002, BStBl. I 2002, S. 712. 163 Vgl. hierzu vorstehend zu 3.a), S. 343.

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III. Sitzverlegung In Art. 8 SE-VO wird erstmals die grenzüberschreitende Sitzverlegung normativ geregelt164. Hiernach kann der Sitz der SE identitätswahrend in einen anderen Mitgliedstaat verlegt werden (Art. 8 Abs. 1 SE-VO). Da der Sitz der SE sich stets auch in dem Mitgliedstaat befinden muss, in dem sich die Hauptverwaltung befindet (Art. 7 Satz 1 SE-VO), wird eine isolierte Verlegung nur des Sitzes in der Praxis nicht zu erwarten sein. Anderenfalls droht die Auflösung der SE (§§ 2, 52 SEAG), was freilich erst dann steuerliche Folgen auslöst, wenn auch eine Abwicklung erfolgt165. Da weder die Fusionsrichtlinie noch die Normen des deutschen Steuerrechts spezifische Regelungen über die identitätswahrende grenzüberschreitende Sitzverlegung enthalten, beurteilen sich die Rechtsfolgen einer derartigen Sitzverlegung nach allgemeinen Grundsätzen. Im Hinblick darauf ist zwischen Wegzug und Zuzug einer SE zu unterscheiden.

1. Wegzug Im Hinblick darauf, dass die wegziehende SE ihre Identität wahrt, somit eine Auflösung im Wegzugsstaat und eine Neugründung im Zuzugsstaat unterbleibt166 (Art. 8 Abs. 1 SE-VO), greift eine Liquidationsbesteuerung167, auf Grund deren auf Gesellschaftsebene alle stillen Reserven einer abschließenden Besteuerung zugeführt werden, nicht ein168. Wegzugsbedingt scheidet die SE aus der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG)169 aus170 mit der Folge einer Schlussbesteuerung

__________ 164 Die Möglichkeit einer identitätswahrenden Sitzverlegung wurde nach geltendem Recht bislang stets verneint; BGH v. 19.2.1959, BGHZ 29, 320 ff. (328); OLG Düsseldorf v. 26.3.2001, NZG 2001, 506; OLG Hamm v. 1.2.2001, NZG 2001, 562. 165 Kolbe in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Loseblatt, § 12 KStG Rz. 418; Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 12 Rz. 27, 13; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, Loseblatt, § 12 KStG Rz. 10; Schaumburg in FS Wassermeyer, 2005, S. 411 ff. (418). 166 So aber die bislang h. M. zum Wegzug von Kapitalgesellschaften; z. B. Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 5 Rz. 11; Heider in MünchKomm. AktG, Bd. 1, 2. Aufl. 2000, § 5 Rz. 67. 167 So allgemein zum Wegzug von Kapitalgesellschaften etwa Ebenroth/Auer, RIW 1992, Beil. zu Heft 3, Rz. 39 ff.; Debatin, GmbHR 1991, 164 ff. (167); richtigerweise knüpft die Liquidationsbesteuerung erst an die Abwicklung der Kapitalgesellschaft an; hierzu Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 12 Rz. 27, 13; Schaumburg in Lutter, Europäische Auslandsgesellschaften in Deutschland, 2005, 403 ff., 421 f. 168 Schindler, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2002, S. 112; Rödder, Der Konzern 2003, 522 ff. (527). 169 Wegen der nach der SE-VO vorgegebenen Gleichstellung mit der AG gilt die SE als Kapitalgesellschaft i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG. 170 Das ist dann der Fall, wenn Hauptverwaltung i. S. v. Art. 7 SE-VO und Ort der Geschäftsleitung i. S. v. § 10 AO gleichgestellt werden.

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gem. § 12 Abs. 1 KStG171. Diese Schlussbesteuerung orientiert sich an den Regeln des § 11 KStG allerdings mit der Besonderheit, dass bei der Ermittlung des Verlegungsgewinns auch ein originärer Firmenwert zu berücksichtigen ist172. Der Wortlaut des § 12 Abs. 1 KStG geht indessen weit über den Sinn und Zweck dieser Vorschrift hinaus. Es werden stille Reserven einer Schlussbesteuerung ohne Rücksicht darauf unterworfen, ob die Besteuerung derselben zukünftig gewährleistet ist oder nicht. Verbleibt etwa das Vermögen der wegziehenden SE als Betriebsstättenvermögen im Inland, so bleibt auch die deutsche Besteuerung der stillen Reserven im Rahmen der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht (§ 8 Abs. 1 KStG, § 49 Abs. 1 Nr. 1a EStG) ohne Einschränkung durch Doppelbesteuerungsabkommen173 erhalten. Insoweit ist die Schlussbesteuerung gem. § 12 Abs. 1 KStG nicht gerechtfertigt174. Darüber hinaus verbietet auch die europarechtlich verbürgte Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EG) eine wegzugsbedingte Sofortversteuerung der stillen Reserven auf Gesellschaftsebene. Allerdings hat der EuGH in seiner Daily-Mail-Entscheidung175 die sachliche Rechtfertigung der Wegzugsbesteuerung mit den gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen einer Sitzverlegung verknüpft. Er bejahte die Zulässigkeit der steuerlichen Aufdeckung stiller Reserven aus Anlass der Verlegung des Verwaltungssitzes mit der Begründung, dass ein Mitgliedstaat kraft Europarechts nicht gehindert sei, die Sitzverlegung zum Anlass für die gesellschaftsrechtliche Liquidation zu nehmen. Im Hinblick darauf sei auch die Besteuerung nach Liquidationsregeln zulässig, was freilich nicht unbedingt eine Sofortbesteuerung bedeutet. Obwohl der EuGH in seinen Entscheidungen in Sachen Überseering176 und Inspire Art177 die gesellschaftsrechtlichen Aussagen der vorgenannten Daily-Mail-Entscheidung bestätigt hat, ist hinsichtlich der steuerlichen Rechtsfolgen durch die Hughes de Lasteyrie du Saillant-Entscheidung des EuGH178 nunmehr der Rahmen gesteckt: Sicherstellung: ja – Sofortversteuerung: nein179. Schließlich kollidiert die Schlussbesteuerung gem. § 12 Abs. 1 KStG unmittelbar mit Art. 8 Abs. 1 SE-VO mit der Folge, dass eine Sofortversteuerung der stillen Reserven zu unterbleiben hat180.

__________ 171 Kessler/Achilles/Huck, IStR 2003, 715 ff. (718); Rödder, Der Konzern 2003, 522 ff. (527). 172 Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG, Loseblatt, § 12 Rz. 25; Schaumburg (Fn. 116), Rz. 6.52; OFD Frankfurt v. 1.8.1985, WPg. 1985, 499. 173 Art. 7 Abs. 1 OECD-MA (Betriebsstättenprinzip). 174 Im Ergebnis ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, Loseblatt, § 12 KStG Rz. 12; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 983; dies., StuW 1990, 372 ff. (378 f.); Schaumburg, GmbHR 1996, 500 ff., 585 ff. (592); Förster/Lange, RIW 2002, 585 ff. (587); Herzig/Griemla, StuW 2002, 55 ff. (75). 175 EuGH v. 27.9.1988, EuGHE 1988, 5500 ff. 176 EuGH v. 5.11.2002, EuGHE 2002, 1–9919 ff. 177 EuGH v. 30.9.2003, DB 2003, 2219 ff. 178 EuGH v. 11.3.2004, GmbHR 2004, 504. 179 So die verkürzte Formel von Wassermeyer, GmbHR 2004, 619; im Ergebnis ebenso Schön, Arbeitsbuch FfStR 2004, S. 41 ff.; Schaumburg in FS Wassermeyer, 2005, 411 ff., 414. 180 Hierzu Schaumburg in Lutter, Europäische Auslandsgesellschaften in Deutschland, 2005, S. 403ff., 426 f.

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Auf Gesellschafterebene unterbleibt ebenfalls eine wegzugsbedingte Besteuerung. Im Einzelnen: Die insbesondere im § 17 EStG181 für natürliche Personen und im § 8b Abs. 2 KStG für juristische Personen geregelte Besteuerung der Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanteilen erfasst auch Gewinne aus der Auflösung von Kapitalgesellschaften (§ 17 Abs. 4 Satz 1 EStG, § 8b Abs. 2 Satz 3 KStG), zu denen auch die SE zählt. Anknüpfungspunkt für die Besteuerung ist aber nicht schon etwa der Auflösungsbeschluss oder die Auflösung der Kapitalgesellschaft als solche, sondern erst die Abwicklung derselben182. Da die SE im Falle ihres Wegzugs nicht aufgelöst und somit auch nicht abgewickelt wird (Art. 8 Abs. 1 SE-VO), scheidet von vornherein eine wegzugsbedingte Besteuerung auf Gesellschafterebene aus183. Soweit die Gesellschafter der wegziehenden SE im Inland unbeschränkt steuerpflichtig sind, bleibt der Bundesrepublik Deutschland freilich der Steuerzugriff auf etwaige später tatsächlich erzielte Veräußerungsgewinne erhalten (Art. 13 Abs. 5 OECD-MA)184. Für unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschafter kann sich allerdings als mittelbare Folge des Wegzugs eine Hinzurechnungsbesteuerung ergeben, und zwar bei Zuzug in ein EU-Niedrigsteuerland. Das gilt insbesondere für eine SE mit Kapitalanlageeinkünften, deren Wegzug durch eine Hinzurechnungsbesteuerung bei den Gesellschaftern faktisch behindert wird. Der Verstoß gegen die europarechtlich verbürgte Niederlassungsfreiheit ist evident185. Unterliegt die wegziehende SE wegen übermäßiger Gesellschafterfremdfinanzierung dem Anwendungsbereich des § 8a KStG, kann sie sich vom Zinsabzugsverbot durch Wegzug befreien, wenn der Zuzugsstaat eine großzügigere Eigenkapital-/Fremdkapitalrelation vorsieht186. In diesem Fall werden sodann auch die Gesellschafter von den Rechtsfolgen verdeckter Gewinnausschüttungen entlastet, soweit der Zinsabzug im Zuzugsstaat ermöglicht wird187. Für beschränkt steuerpflichtige Gesellschafter gilt: Kommt kein Doppelbesteuerungsabkommen zur Anwendung, entfällt wegzugsbedingt die beschränkte Steuerpflicht, weil die wegziehende SE fortan keine inländischen Einkünfte mehr vermittelt (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Insoweit ist also eine steuerneutrale Entstrickung möglich188. Greifen dagegen Doppelbesteuerungsabkommen ein,

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181 Für zu einem Betriebsvermögen gehörende Kapitalanteile folgt ggf. die Steuerpflicht aus §§ 4 Abs. 1, 3; 5 Abs. 1 EStG. 182 BFH v. 3.6.1993, BFH/NV 1994, 459; BFH v. 14.6.2000, BFH/NV 2001, 302; WeberGrellet in Schmidt, EStG, 23. Aufl. 2004, § 17 Rz. 221; Strahl in Korn, EStG, Loseblatt, § 17 Rz. 115; Schaumburg in Lutter, Europäische Auslandsgesellschaften in Deutschland, 2005, S. 403ff., 417 f. 183 Kessler/Achilles/Huck, IStR 2003, 715 ff. (719). 184 Vgl. die Abkommensübersicht bei Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 13 Rz. 74. 185 Hierzu Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, Loseblatt, vor §§ 7–14 AStG Rz. 81 ff. 186 Vgl. hierzu die Länderübersicht bei Kessler/Obser, IStR 2004, 187 ff. (191). 187 BMF-Schreiben v. 15.7.2004, BStBl. II 2004, S. 593 Rz. 27. 188 Schön, Arbeitsbuch FfStR 2002, S. 6 ff. (14); Herzig/Griemla, StuW 2002, 55 ff. (76); Kessler/Achilles/Huck, IStR 2003, 715 ff. (719).

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gilt für die Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bzw. Gewinnen aus der Auflösung und Abwicklung derselben, grundsätzlich das Wohnsitzprinzip189, so dass Deutschland der steuerliche Zugriff auf die auf Gesellschafterebene angesiedelten stillen Reserven bereits vor dem Wegzug entzogen war. Durch die grenzüberschreitende Sitzverlegung und das dadurch bewirkte Ausscheiden aus der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht der SE ändert sich insoweit also nichts.

2. Zuzug Verlegt eine nach ausländischem Recht errichtete SE den Sitz und ihre Geschäftsleitung190 in das Inland191, so wird die SE hierdurch unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind gem. § 1 Abs. 1 KStG dort näher bezeichnete Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben. Zu den Körperschaftsteuersubjekten zählen u. a. Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG) zu denen wegen der nach der SE-VO192 vorgegebenen Gleichstellung mit Aktiengesellschaften auch die SE gehören. Durch den identitätswahrenden Zuzug wird damit die SE ohne Weiteres unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig193. Zuzugsbedingt erfolgt auf Gesellschaftsebene keine abschließende Besteuerung von in inländischen Betriebsstätten ruhenden stillen Reserven. Eine derartige zuzugsbedingte Betriebsstättenschlussbesteuerung ist nur für den Fall vorgesehen, dass mit dem Zuzug ein Rechtsträgerwechsel verbunden ist (§ 12 Abs. 2 Satz 2 KStG). Diese Betriebsstättenschlussbesteuerung betrifft die Besteuerung sämtlicher stiller Reserven aller einer inländischen Betriebsstätte194 gewidmeten Wirtschaftsgüter. Im Hinblick darauf, dass der Zuzug der SE identitätswahrend erfolgt, also weder eine Auflösung im Wegzugsstaat noch eine Neugründung im Zuzugsstaat erfolgt, entfällt von vornherein eine derartige Betriebsstättenschlussbesteuerung195. Als Folge des identitätswahrenden Zuzugs ergibt sich freilich eine Steuerverstrickung von bislang nicht der deutschen Besteuerung unterworfenen Wirtschaftsgütern196. Soweit diese Wirtschaftsgüter

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189 Art. 13 Abs. 5 OECD-MA; hierzu die Abkommensübersicht bei Prokisch in Vogel/ Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 13 Rz. 74. 190 Der Begriff der Hauptverwaltung gem. Art. 7 SE-VO und der Begriff der Geschäftsleitung gem. § 12 AO werden als deckungsgleich behandelt. 191 Nach Art. 7 SE-VO dürfen Sitz und Hauptverwaltung nicht in verschiedenen Mitgliedstaaten belegen sein. 192 Nr. 5 der Erwägungsgründe; vgl. auch § 3 SEAG. 193 Kessler/Achilles/Huck, IStR 2003, 715 ff. (719); Schaumburg in Lutter, Europäische Auslandsgesellschaften in Deutschland, 2005, S. 403ff., 414 f. 194 Betriebsstätte ist nach § 12 AO jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. 195 Rödder, Der Konzern 2004, 522 ff. (527); Kessler/Achilles/Huck, IStR 2003, 715 ff. (719); Schaumburg in Lutter, Europäische Auslandsgesellschaften in Deutschland, 2005, S. 403ff., 416 f. 196 Zur Steuerverstrickung Schaumburg (Fn. 116), Rz. 5.388 ff.

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in der Bilanz unter den steuerlichen Teilwerten, etwa mit den historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder den bisherigen Buchwerten angesetzt werden197, sind sie einer rückwirkenden Wertzuwachsbesteuerung ausgesetzt198. Ein derartiger Import stiller Reserven mit der Folge der steuerlichen Erfassung von außerhalb des deutschen Steuerregimes entstandenen stillen Reserven führt zu einer Doppelbesteuerung, falls der Wegzugsstaat eine Wegzugsbesteuerung vorsieht und entsprechende abkommensrechtliche Aufteilungsregeln nicht eingreifen199. Auf Gesellschafterebene löst der Zuzug einer SE ebenfalls keine Besteuerung aus: Gemäß § 8b Abs. 2 Satz 3 KStG und § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG200 greift eine Besteuerung nur bei Auflösungsgewinnen ein. Da der Zuzug einer SE identitätswahrend (Art. 8 Abs. 1 SE-VO) erfolgt, ist eine zuzugsbedingte Besteuerung auch auf Gesellschafterebene ausgeschlossen. Etwas anderes gilt ausnahmsweise in dem Fall, in dem entgegen Art. 7 SE-VO Sitz und Hauptverwaltung201 nicht gemeinsam verlegt werden und deshalb eine Auflösung (§ 52 SEAG) angeordnet wird und eine Abwicklung tatsächlich auch erfolgt202. Während somit der Zuzug weder auf Gesellschafts- noch auf Gesellschafterebene eine Besteuerung auslöst, führt der Wegzug nach der dem § 12 Abs. 1 KStG zu Grunde gelegten Konzeption zu einer Schlussbesteuerung auf Gesellschaftsebene, die freilich mit der europarechtlich verbürgten Niederlassungsfreiheit kollidiert. Im Hinblick darauf ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf geboten, der darauf gerichtet ist, eine Sofortversteuerung der stillen Reserven zu beseitigen, ohne eine Sicherstellung derselben für Zwecke einer späteren transaktionsbedingten Besteuerung aufzugeben.

IV. Laufende Besteuerung Durch Gründung einer SE im Inland oder durch Zuzug derselben unterliegt die SE der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht und damit zugleich auch im Grundsatz der Gewerbesteuer. Irgendwelche Qualifikationsprobleme ergeben sich nicht, weil nach den Vorgaben der SE-VO die SE wie eine Aktiengesellschaft zu behandeln ist203. Aus der unbeschränkten Steuerpflicht der inländi-

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197 So BFH v. 19.3.1996, BStBl. II 1996, S. 312; anders in der Tendenz BFH v. 5.6.2002, IStR 2002, 596 m. Anm. FW. 198 Zur Kritik Crezelius, DB 1997, 195 ff.; Schmidt, StuW 1996, 300 ff. 199 Diese Doppelbesteuerung verstößt allerdings gegen die Niederlassungsfreiheit, so dass unter europarechtlichen Gesichtspunkten allein eine Aufteilung der stillen Reserven bzw. der hierauf beruhenden Steuern zwischen Wegzugs- und Zuzugsstaat zulässig ist; hierzu Schaumburg in Lutter, Europäische Auslandsgesellschaften in Deutschland, 2005, S. 403ff., 425 f. 200 Entsprechendes gilt, wenn die Kapitalanteile zu einem Betriebsvermögen gehören. 201 Im Sinne der Geschäftsleitung gem. § 10 AO. 202 Schön/Schindler, IStR 2004, 571 ff. (573); Schaumburg in Lutter, Europäische Auslandsgesellschaften in Deutschland, 2005, S. 403ff., 419 f. 203 Nr. 5 der Erwägungsgründe; § 3 SEAG.

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schen SE und ihrer Einstufung als Kapitalgesellschaft folgt zugleich auch ihre Abkommensberechtigung (Artt. 1, 4 Abs. 4 OECD-MA204). Als unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG) unterliegt die SE mit ihrem gesamten Welteinkommen der Besteuerung und ist im Übrigen dem deutschen Steuerregime wie jede andere im Inland ansässige Kapitalgesellschaft unterworfen. Es entspricht allerdings der spezifischen Struktur einer SE, dass sie in besonderer Weise durch grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen geprägt ist205. Im Hinblick darauf sind folgende Regelungsbereiche für eine SE von besonderer Bedeutung: –

Internationale Einkünftekorrektur, die in den Fällen eingreift, in denen die Geschäftsbeziehungen mit ausländischen Gesellschaftern oder ihnen nahe stehenden Personen einem Drittfremdvergleich nicht entsprechen. Zu den Einkünftekorrekturnormen zählen § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (verdeckte Gewinnausschüttung), § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG (verdeckte Einlage) und die Einkünftekorrektur bei verdeckten Nutzungsüberlassungen (§ 1 AStG)206.



Gesellschafterfremdfinanzierung mit der Folge, dass von der SE gezahlte Zinsen als verdeckte Gewinnausschüttungen zu qualifizieren sind, wenn die Darlehen von Gesellschaftern, ihnen nahe stehenden Personen oder von rückgriffsberechtigten Dritten gewährt und bestimmte Grenzen (Freigrenze, safe haven) überschritten werden (§ 8a KStG)207.



Steuerfreie Dividenden und Veräußerungsgewinne, für die die SE im Grundsatz eine Steuerbefreiung beanspruchen kann (§ 8b KStG)208.



Internationale Einkünfteabgrenzung bei Betriebsstätten, bei der es um eine Ausgrenzung ausländischer Einkünfte aus den gesamten Einkünften geht (§ 34c EStG, Art. 7 Abs. 1 OECD-MA)209.



Hinzurechnungsbesteuerung die dann eingreift, wenn ausländische Tochtergesellschaften oder ihr nachgeschaltete Gesellschaften niedrigbesteuerte Einkünfte aus passivem Erwerb erzielen (§§ 7–14 AStG)210.

Für eine im Ausland ansässige SE kommt eine beschränkte Steuerpflicht in Betracht, soweit inländische Einkünfte (§ 8 Abs. 1 KStG, § 49 EStG) erzielt werden. Hier gelten die allgemeinen Grundsätze. Von besonderer Bedeutung sind auch hier die o.g. Regelungsbereiche.

__________ 204 Zur Abkommensberechtigung im Einzelnen Lehner in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2002, Art. 4 Rz. 3 ff. 205 Das gilt insbesondere für eine Holding-SE. 206 Zum Konkurrenzverhältnis dieser Einkünftekorrekturnormen vgl. Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, Loseblatt, § 1 AStG Rz. 76 ff. 207 Zu Einzelheiten BMF-Schreiben v. 15.7.2004, BStBl. I 2004, S. 593. 208 Hierzu BMF-Schreiben v. 28.4.2003, BStBl. I 2003, S. 292. 209 Vgl. hierzu die Gesamtdarstellung bei Piltz/Schaumburg, Internationale Betriebsstättenbesteuerung, 2001. 210 Vgl. hierzu die Darstellung bei Schaumburg/Jesse (Fn. 52), § 14 Rz. 80 ff.

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Unter dem Gesichtspunkt der laufenden Besteuerungen ergibt sich somit kein unmittelbarer gesetzgeberischer Handlungsbedarf, um für eine SE ein steuerliches Sonderregime zu schaffen.

V. Ausblick Den durch die SE-VO für die SE geschaffenen rechtlichen Rahmenbedingungen bleiben parallele Rechtsstrukturen im Steuerrecht einstweilen versagt. Gründung und Wegzug einer SE sind Steuerschranken ausgesetzt, die den europarechtlich verbürgten Grundfreiheiten ebenso widersprechen wie der Fusionsrichtlinie, die bislang nur partiell in das deutsche Recht umgesetzt ist. Darüber hinaus bleibt auch die Fusionsrichtlinie hinter dem zurück, was die SE-VO insbesondere mit dem Wegzug einer SE vorgibt. Im Hinblick darauf ist eine baldige Verabschiedung des Komissionsentwurfs zur Änderung der Fusionsrichtlinie211 geboten, der nunmehr auch Regelungen für die Sitzverlegung212 vorsieht. Es wird zugleich Aufgabe des deutschen Gesetzgebers sein, nunmehr die Fusionsrichtlinie einschließlich der Änderungen in nationales Recht umzusetzen. In dem hier interessierenden Zusammenhang ist schließlich das gesamte Unternehmenssteuerrecht europatauglich zu gestalten. Das gilt nicht nur für die Hinzurechnungsbesteuerung, sondern insbesondere auch für die bislang für Wegzugsfälle vorgesehene Schlussbesteuerung auf Gesellschaftsebene und die Wegzugsbesteuerung auf Gesellschafterebene. Geboten ist eine europarechtskonforme an der steuerlichen Leistungsfähigkeit orientierte Entstrickungskonzeption, die letztlich eine ultima ratio-Besteuerung in Anknüpfung an Ist-Einkommen gewährleistet. Für eine entsprechende normative Umsetzung bleibt dem Gesetzgeber nicht mehr viel Zeit.

__________ 211 Abgedruckt bei Kalss/Hügel, SE-Komm., 2004, 873 ff. 212 Art. 10a–10c.

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| Schaumburg

Stichwortverzeichnis (Erstellt von Martin Wittmann) Abfindung – Angemessenheit 160 Aktie – Erwerb 176 – Rückerwerb 171 – Übertragung 38, 190 – Umtauschverhältnis bei Verschmelzung 37 Aktionär – Interessen ausländischer Aktionäre 130 – Zustimmung zu Verschmelzung 135 Aktionärsschutz – Anwendbarkeit des WpÜG 56 Amtslöschung siehe Handelsregistereintragung Anfechtungsklage 223 ff. – Barabfindung 147 – Bewertungsrüge 133 – Minderheitenschutz 112 – Normenhierarchie 247 – Schadensersatzanspruch 136 Angemessenheit – Abfindung 137, 160 – Umtauschverhältnis 137 f. Arbeitnehmerbeteiligung – Handelsregistereintragung 102 – Normenhierarchie 16 Arbeitnehmermitbestimmung siehe Mitbestimmung Arbeitnehmervertreter – Bestellung 310 – Kündigungsschutz 316 – persönlicher Schutz 316 – Verschwiegenheitspflicht 316 Aufsichtsorgan – Anzahl der Mitglieder 78 – Arbeitnehmervertreter 78 – Entscheidung bei Stimmengleichheit 313 – innere Ordnung 311

– Mitbestimmung 280, 305 – personelle Zusammensetzung 192 – Pflichten bei der börsennotierten SE 191 – Stimmrecht des Vorsitzenden 312 – Stimmrechtsausschluss 313 – Vergütung 235 – Zusammensetzung 285 f. – Zustimmungsvorbehalte 79 Ausgleichsanspruch – Minderheitenschutz 113 Auslegung – Grundsätze 22 – Zuständigkeiten 21 Austrittsrecht – Gründung Holding-SE 167 – Minderheitenschutz 143 – Verschmelzung 165 Barabfindung – Begrenzung 145 – Freigabeverfahren 148 – Gründung 57, 193 – Gründung Holding-SE 158, 167 – Kapitalerhaltung 145 – Minderheitenschutz 116, 143 – Sitzverlegung 164 – Verschmelzung 40, 165 Berichtspflichten – Geschäftsführende Direktoren 85 Besonderes Verhandlungsgremium – Abbruch der Verhandlungen 301 ff. – Auskunftsanspruch 295 – Beschlussfassung 303 – Dauer der Verhandlungen 298 – Entscheidung 301 – Errichtung 290 – Europäischer Betriebsrat 302 – Geschäftsführung 295 – Konstituierung 295 – Kosten 297 357

Stichwortverzeichnis

– Nichtaufnahme der Verhandlungen 301 ff. – Sitzungen 298 – Verhandlungspartner 297 – Wahlgremium für Verhandlungsgremium 293 – Wahlgremiums-Entscheidung 294 Bestandsschutz – Registereintragung 44 Beteiligungsvereinbarung – Beschlussfassung 303 – Besonderes Verhandlungsgremium siehe dort – Dauer der Verhandlungen 298 – inhaltliche Ausgestaltung 299 ff. – Registereintragung 287 – Sachverständige 296 – Unterrichtung beteiligter Gesellschaften 290 – Unterrichtungsadressat 291 – Unterrichtungsschuldner 291 – Unterrichtungszeitpunkt 292 Beurkundung – Anerkennung ausländischer Beurkundungen 238 Bewertungsrüge 133, 148 Bilanzierung – Börsennotierte SE 189 Börsenkurs – Umtauschverhältnis 141 Börsennotierte SE 179 ff. – Aufsichtsratspflichten 191 – Börsenfähigkeit 185 – börsenrechtliche Regelungen 188 ff. – comply or explain 184 – Corporate Governance 191 – Eigenkapitalquote 182 – gesellschaftsrechtliche Anforderungen 191 – gesellschaftsrechtliche Regelungen 187 f. – kapitalmarktrechtliche Anforderungen 192 – Minderheitenschutz 192 358

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Mindestgrundkapital 180 f., 187 Monistisches Leitungssystem 184 Motive der Börsennotierung 180 rechtspolitische Legitimation 181 Rechtsregime 186 Sitzverlegung 188 Squeeze out 193 f. Transparenzanforderungen 189 Überwachungs- und Kontrollfunktion des Kapitalmarkts 183 – wertpapierhandelsrechtliche Regelungen 190 – Wertpapierrechtliche Regelungen 190

CEO-Modell siehe Monistisches Leitungssystem Corporate Finance 175 Corporate Governance – Anpassung an Organisationsstruktur 191 f. – Börsennotierte SE 191 – Comply or explain 184 – Kapitalmarktauswirkungen 184 – Organisationsstruktur 196 – Trennungsmodell 220 Daily-Mail-Fall 351 Dualistisches Leitungssystem – DCGK 191 – Faktischer Konzern 259 – Gestaltungsermächtigungen 89 f. – historische Grundlagen 195 f. – Mitbestimmung 280 – SE-VO 198 – Vertragskonzern 257 – zustimmungspflichtige Geschäfte 211 EG-Vertrag – Normenhierarchie 6 Europäischer Betriebsrat – Besonderes Verhandlungsgremium 302 – Konzernrecht 279 – Mitbestimmung 279

Stichwortverzeichnis

Existenzvernichtungshaftung – Normenhierarchie 8, 20 Finanzverfassung 169 ff. – SE-VO 12 – Anwendbarkeit nationalen Rechts 170 – Europäische Vorgaben 169 – Kapitalrichtlinie 172 – nationale Unterschiede 173 – Rechtsangleichung 172 – Regelungsarbitrage 174 Firma – Verschmelzungs-SE 36 Freigabeverfahren – Barabfindung 148 – Bewertungsrüge 148 – Gründung Holding-SE 153, 166 – Sitzverlegung 163 Gelatine-Fall 21, 58, 228 Geschäftsführende Direktoren – Abberufung 85 – Anzahl 83 – Berichtspflichten 85 – Bestellung 204 – Bestellungszeitraum 83 – Bestellungszwang 220 – CEO-Modell 88 – Einzelgeschäftsführung 85 – externe und interne 91 f., 208 – Geschäftsführung 206 – Haftung 213 – Stellung 204 – Stimmrechtsausschluss 216, 313 – Verhältnis zum Verwaltungsrat 83, 205 Gesellschafterbeschluss – Gründung Holding-SE 153 – Verschmelzung 118 Gesellschafterversammlung – Holding-SE 50 Gestaltungsermächtigung – Leitungssystem 88 – Satzung 69 ff.

Gewinnabführungsvertrag – Steuerrecht 324 Gewinnausschüttung – Finanzverfassung 171 Gewinnrealisierung – Hinausverschmelzung 348 – Hineinverschmelzung 345 – Holding-SE 327, 332 – Tochter-SE 336, 338 Gläubigerschutz – Normenhierarchie 8 – Verschmelzung 42 Großbritannien – Board of Directors 218 – City code 192 – Company Secretary 218 – Einspruchsrecht 33 – executive officers 218 – financial assistance 176 – redeemable shares 174 – Sachkapitalerhöhung 173 – Satzungsfreiheit 18 – Tracking Stocks 174 Grundkapital – Auswirkungen auf Organisationsstruktur 208 – Holding-SE 48 Gründung 25 ff. – Anforderung an Gründungsgesellschafter 30 – Anwendbarkeit des WpÜG 55 – Börsennotierte SE 185 – Einspruchsrecht 33 – Gründungsbericht 64 – Gründungsformen 26 ff., 283, 321 – Gründungsprüfung 64 – Holding-SE 26, 51, 152 ff., 267 ff., 283, 321 ff., siehe auch Gründung Holding-SE – Kapitalaufbringung 172 – Mehrstaatlichkeit 30 – Minderheitenschutz 111 ff. – Mitbestimmung 282 ff., 306 – Pflichtangebot 161, 193 – Spruchverfahren 130 – Squeeze out 54 359

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– Steuerrecht 321 ff. – Tochter-SE 58, 269 ff., 284, 334 ff. – Übernahmeangebot 161 – Umstrukturierung 26 – Umwandlung 284, 306 – Verschmelzung 33, 283, 341 ff. – Vorrats-SE 29 – Zugangsbegrenzung 29 – Zwangsumtausch 52 Gründung Holding-SE – Austrittsrecht 167 – Barabfindung 167 – Freigabeverfahren 166 – Pflichtangebot 167 – Umtauschverhältnis 166 Gründungsplan – Holding-SE 48 – Mindestinhalt 48 – Offenlegung 49 Gründungsprüfung – Holding-SE 50 Gründungsrecht – SE-VO 11 Haftung – Geschäftsführende Direktoren 213 – Verwaltungsrat 212 Handelsregistereintragung 95 ff. – Amtslöschung 104 – Anmeldung 97 – Arbeitnehmerbeteiligung 102 – Bekanntmachung der Eintragung 109 – berufene Personen 97 – Bestandsschutz 44 – Beteiligungsvereinbarung 287 ff. – Eintragungsverfügung 108 – Eintragungsvoraussetzungen 102 – Form 101 – Holding-SE 48 – Inhalt 99 – Kontrollverfahren 107 – Löschung 289 – Nachweise 103 – normative Grundlagen 95 – Prüfung 102 ff. 360

– Prüfungspflicht des Registergerichts 288 – Rechtsfolgen bei Mängeln 104, 288 – Registergericht 97 – Verschmelzung 43, 107 Hauptversammlung 223 ff. – Ablauf und Leitung 244 – Abstimmungsverfahren 245 – Aufsichtsratsvergütung 235 – Auslands-Hauptversammlung 238 – Bekanntmachungsrecht 243 – Beschlussfähigkeit 244 – Beschlussfassung 63, 244 – Delisting-Fälle 231 – Durchführung 63 – Einberufung 62, 240 – Entlastungsbeschlüsse 235 – Holzmüller-/Gelatine-Fall 58 – Jahresabschluss 237 – konzernrechtliche Maßnahmen 237 – Letztentscheidungsrecht 235 – Liquidation 233 – Minderheitenrechte 240 ff. – Normenhierarchie 224 ff., 233 – Organmitgliederwahl und -abberufung 234 – Quoren für Beschlüsse 246 – Satzungsänderungen 232 – Sitzverlegung 163, 232 – Sprachwahl 240 – Strukturänderungen 228 – Tele- und Internet-Hauptversammlung 239 – Umwandlungsbeschluss 62 – Verfahren 237 ff. – Verschmelzungsplan 41 – Verwaltungsrat 202 – Vorabinformation 62 – Zeit und Ort 237 – Zuständigkeiten 226 ff. Holding-SE 45 ff. – Anfechtung Gründungsplan 157 – Anteilsaustausch 46 – Austrittsrecht 158

Stichwortverzeichnis

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Errichtung 46, 267 ff. Freigabeverfahren 153 Gesellschafterbeschluss 153 Gründung 26, 45 ff., 152 ff., 283, 321 ff. – Gründungsplan 48 – Gründungsprüfung 50 – Informationsgewährung 153 – Minderheitenschutz 117 – Mindestquote 48 – Mitbestimmung 47, 309 – Steuerrecht 321 ff. – Überprüfung des Umtauschverhältnisses 156 – Umtauschverhältnis 155 ff. Holzmüller-Fall 21, 58, 228 Informationsgewährung – Gründung Holding-SE 153 – Monistisches Leitungssystem 210 Internationales Gesellschaftsrecht – Konzernrecht 19 – Normenhierarchie 8, 19 Italien – Sachkapitalerhöhung 173 Jahresabschluss – Zuständigkeit 237 Joint Venture-SE 271 Kapitalaufbringung – Finanzverfassung 172 Kapitalerhaltung – Barabfindung 145 – Minderheitenschutz 127, 168 Kapitalerhöhung – Finanzverfassung 171 – Verschmelzung 42 Kapitalmarkt – Corporate GovernanceAuswirkungen 184 – Überwachungs- und Kontrollfunktion 183 Kapitalmarktrecht – Börsennotierte SE 190 – Anforderungen an SE 192

– Kollisionsregelung 189 – Normenhierarchie 14 – Pflichtangebot siehe dort – Sell out 176 – Squeeze out 176 – Übernahmeangebot siehe dort Konzernrecht 249 ff. – Abhängige SE 252, 258 – Abhängigkeitsbericht 258 – Anwendbarkeit nationalen Rechts 250 ff. – Dualistisches Leitungssystem 257, 259 – Einsatzmöglichkeiten der SE im Konzern 261 ff. – Europäischer Betriebsrat 279 – Faktischer Konzern 19, 257 – Hauptversammlungskompetenzen 237, 255 – Herrschende SE 252, 257 – Internationales Gesellschaftsrecht 19 – Konzerneingangsschutz 159 – konzerninterne Verschmelzung 266 – Leitungsmacht 255 – Minderheitenschutz 125, 138 f. – Monistisches Leitungssystem 93, 253, 258 – Normenhierarchie 9, 19 – SE-VO 9, 13 – Sitzverlegung 272 – Vertragskonzern 20, 252 ff. – Weisungsrecht gegenüber SE 253 Kündigungsschutz – Arbeitnehmervertreter 316 Leitungsorgan siehe auch Organmitglieder – Zustimmungsvorbehalte 79 Letztentscheidungsrecht siehe Hauptversammlung Liquidation – Hauptversammlung 233 – Liquidationsrichtlinie 12 – Registereintragung 289 – SE-VO 11 361

Stichwortverzeichnis

Macrotron-Fall 231 Merger of equals 263 Minderheitenschutz – Anfechtungsklage 112 – Anwendbarkeit des WpÜG 56 – Ausgleichsanspruch 113 – Ausländische Aktionäre 130 – Austrittsrecht 113 – Barabfindung 116, 143, 193 – Börsennotierte SE 192 – Gründung 111 ff. – Hauptversammlung 240 ff. – Holding-SE 117, 152 ff. – Informationsmängel 128 – Instrumente 112 ff. – Inter-omnes-Wirkung 124 ff. – Kapitalerhaltung 127, 168 – Konzerneingangsschutz 159 – Pflichtangebot 114, 193 – Schadensersatz 113 – Sitzverlegung 117, 168 – Spruchverfahren 120 – UMAG 130 – Umtauschverhältnis bei Verschmelzung 120 ff. – Umwandlung in SE 117 – Verschmelzung 43, 116 – Zustimmungsbeschluss 116 Mindestgrundkapital – Börsennotierte SE 180 f., 187 Mitbestimmung 277 ff. – Aufsichtsorgan 305 – Bestellung der Arbeitnehmervertreter 310 – Beteiligungsvereinbarung siehe dort – Europäischer Betriebsrat 279 – gesetzliche Auffanglösung 214 – Gründung 282 ff., 306 – Holding-SE 47, 309 – Integrationsmodell 280 – modifizierte Parität 215 – Monistisches Leitungssystem 214 ff. – Organisationsverfassung 285 – Rechtsbehelfe der Arbeitnehmer 289 362

– Registereintragung 287 – Satzung 72 – SE-Mitbestimmungsrichtlinie 10 – Stimmrechtsausschluss 216, 313 – Tochter-SE 309 – Umwandlung 306 – Verhandlungsgremium siehe dort – Verschmelzung 41, 309 – Verwaltungsorgan 202, 305 Monistisches Leitungssystem 195 ff. – Ausschüsse 85 – Börsennotierte SE 184 – CEO-Modell 86 – DCGK 191 – Faktischer Konzern 258 – Geschäftsführende Direktoren 83, 204 ff. – Gestaltungsermächtigungen 89 f. – Gestaltungsvarianten 207 ff. – Informationsfluss 210 – Konzern 93, 253 – Mitbestimmung 214 ff., 280 – rechtspolitische Bewertung 217 – SE-VO 200 – Verwaltungsrat 202 ff. – zustimmungspflichtige Geschäfte 211 Nationales Recht – Normenhierarchie 5 ff. Nebenintervention – Spruchverfahren 130 Nichtigkeitsklage 247 Niederlande – Satzungsfreiheit 18 Niederlassungsfreiheit – Sitzverlegung 273, 350 ff. – Verschmelzungs-SE 36 f. Normenhierarchie 5 ff. – Anwendbarkeit des WpÜG 55 – Auslegungsgrundsätze 22 – Auslegungszuständigkeiten 21 – EG-Vertrag 6 – Existenzvernichtungshaftung 8, 20 – Gläubigerschutz 8 – Hauptversammlung 224 ff., 233

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– Internationales Gesellschaftsrecht 8, 19 – Konzenrecht 9, 19 – Rechnungslegung 8 – Regelungslücke 16 f. – Richterrecht 20 – Satzung 15 – SE-Betriebsrat 10 – SE-Mitbestimmungsrichtlinie 10 – SE-VO 15 f. – Sitzstaatrecht 14 ff. – Tochter-SE 58 – Wrongful trading-Haftung 8 Offenlegung – Gründungsplan 49 – Handelsregistereintragung 109 – Sarbanes Oxley 185 – Umwandlung AG in SE 61 – Verschmelzungsplan 40 Organisationsrecht – Amtszeit der Organmitglieder 74 – „Ein-Organ-These“ 217 – Corporate Governance 196 – Dualistisches Leitungssystem siehe dort – Gestaltungsermächtigungen 73, 80, 88 – Mitbestimmung 280, 285 – Monistisches Leitungssystem siehe dort – nationales Recht 201 – Satzung 72 – SE-VO 12 – SE-VO 198 – Wahlrecht 72, 198 ff. Organmitglieder – Amtszeit 74 – Beschlussfassung 75 ff. – Entlastung 235 – Handelsregistereintragung 99 – Wahl und Abberufung 234 – Wiederbestellung 75 Österreich – Austrittsrecht Holding-SE 159 – Erste SE 179

– Satzungsfreiheit 18 – Überprüfbarkeit des Umtauschverhältnisses 132 Pflichtangebot – Gründung einer SE 161, 167, 193 – Minderheitenschutz 114 – Verschmelzung 149 ff., 166 Publizität siehe Offenlegung Rechnungslegung – Normenhierarchie 8 – SE-VO 13 Reformatio in peius siehe Spruchverfahen Richterrecht siehe Normenhierarchie Sacheinlagen – Bewertung 176 Sachverständige – Beteiligungsvereinbarung 296 Sarbanes Oxley siehe Offenlegung Satzung – Auslands-Hauptversammlung 238 – Beschlussfassung der Organe 75 ff. – Dualistisches Leitungssystem 73 – Festlegung des Grundkapitals 48 – Gestaltungsfreiheit 17 ff., 69 ff. – Mindesinhalt 71 – Mitbestimmung 72 – Normenhierarchie 15 – Organisationsrecht 72 – Satzungsänderungen 232, 246 – Satzungsgestaltung 67 ff. – Satzungssitz 30 – Satzungsstrenge 18, 68 – Zustimmungsvorbehalte 79 Schadensersatz – Minderheitenschutz 113 – Umwandlung 148 f. Schweden – Mehrfachstimmrechte 45 SE-VO – Auslegungszuständigkeiten 21 – Betriebsverfassungsrecht 10 363

Stichwortverzeichnis

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Dualistisches Leitungssystem 198 Finanz- und Kapitalverfassung 12 Gemeinschaftsbegriff 30 Gründungsrecht der SE 11 Inkrafttreten 1 Kapitalmarktrecht 14 Konzernrecht 9, 13 Liquidation 11 Monistisches Leitungssystem 200 – Normenhierarchie 5 ff. – Organisationsrecht 12 – Rechnungslegung 13 – Sitzverlegung 11 – Übernahmerecht 14 Sitzstaatrecht – Gründung 27 – Normenhierarchie 5, 14 ff. Sitzverlegung (der SE) 163 ff. – Barabfindung 164 – Börsennotierte SE 188 – Freigabeverfahren 163 – Hauptversammlung 232 – Minderheitenschutz 117, 163 ff. – Niederlassungsfreiheit 273, 350 ff. – SE-Konzerngesellschaften 272 – SE-VO 11 – Steuerrecht 273, 350 ff. Spanien – redeemable shares 174 Sperrfrist – Verschmelzungsplan 39 Sprache – Hauptversammlungssprache 240 Spruchverfahren – ausländische Gesellschaft 132 – Barabfindung 143, 147 ff. – Bewertungsrüge 133 – Freiwilliges Spruchverfahren 134 – Gründung 130 – Nebenintervention 130 – reformatio in peius 122, 135 – Umtauschverhältnis Holding-SE 156 – Verschmelzung 120 – Widerspruchserfordernis 124 364

Squeeze out – Börsennotierte SE 193 f. – Gründung 54 Stand-alone-Bewertung siehe Umtauschverhältnis Steuerrecht 319 ff. – Buchwertverknüpfung 326 – Doppelbesteuerungsabkommen 322, 330, 337, 339, 345, 348 – Einbringung Unternehmensteile in ausl. Tochter-SE 335 ff. – Einbringung Unternehmenteile in inl. Tocher-SE 338 ff. – Gewinnrealisierung 327, 332, 336, 338, 345, 348 – Grunderwerbssteuer 323, 330, 337 – Gründung 321 ff. – Halbeinkünfteverfahren 326, 344 – Hinausverschmelzung 347 – Hineinverschmelzung 343 ff. – Holding-SE 321 ff. – Inbound-Fall 329 ff. – laufende Besteuerung 354 ff. – Outbound-Fall 322 ff. – Rechtsformneutralität 319 f. – Reinvestitionsrücklage 326, 345 – Sitzverlegung 273, 350 ff. – steuerrechtliche Organschaft 324 – Teilwertabschreibung 326 – Tochter-SE 334 ff. – Transaktionsgewinn 327 – Umsatzsteuer 330, 337, 346 – upstream-merger 344 – Veräußerungsgewinn 344 – Verschmelzung 341 ff. – Wegzug 350 ff. – Zuzug 353 f. Strukturmaßnahmen – Gründung 26 – Minderheitenschutz 112 Tochter-SE 58 f. – Begriff 31 – Gründung 26, 269 ff., 284, 334 ff. – Mitbestimmung 309 – Steuerrecht 334 ff.

Stichwortverzeichnis

Trennungssystem siehe Dualistisches Leitungssystem

Übernahmerecht – SE-VO 14 – Übernahmeangebot bei Gründung 161 UMAG – Anfechtungsklage 130, 247 Umsatzsteuerrecht – Harmonisierung 323 – Holding-SE 330 – Tochter-SE 337 – Verschmelzung 346 Umtauschverhältnis – Bewertungsrüge 133 – Börsenkurs 141 – Drittgeschäfte 140 – freiwillige Überprüfung 134 – Gründung Holding-SE 155 ff., 166 – Maßstab 136 – Schadensersatzanspruch 136 – stand-alone-Bewertung 139 ff. – Unternehmensbewertung 136 – Verhandlungsermessen 140 Umwandlung – AG in SE 59 ff. – Freigabeverfahren 135 – Gründung 26, 60, 284 – Minderheitenschutz 117 – Mitbestimmung 65, 306 – Offenlegung 61 – Rechtmäßigkeitskontrolle 64 – Rechtsfolgen 65 – Rechtsformkongruenz 28 f. – Rückumwandlung einer SE 28 – Schadensersatz 136, 148 f. – Umwandlungsbericht 61, 64 – Umwandlungsbeschluss 62 – Umwandlungsplan 61 – Umwandlungsprüfung 62 – Zwischenumwandlung 29 Unternehmensbewertung 136 ff. – Ertragswertmethode 137

Vergütung – Aufsichtsrat 235 Verschmelzung (Gründung durch) – Austrittsrecht 143, 165 – Barabfindung 40, 165 – Bestandsschutz 44 – Bewertungsrüge 133 – Gesellschafterbeschluss 118 – Gläubigerschutz 42 – gleichrangige Unternehmen 263 – Gründung 26, 33, 283 – Handelsregistereintragung 43, 107 – Hinausverschmelzung 347 – Hineinverschmelzung 343 ff. – Kapitalerhöhung 42 – konzerninterne Verschmelzung 266 – Minderheitenschutz 43, 116, 118 ff., 138 f. – Mitbestimmung 41, 309 – Niederlassungsfreiheit 36 f. – Normenhierarchie 32 f. – Pflichtangebot 149 ff., 166 – Rechtswirkung 43 – Spruchverfahren 120, 134 – Steuerrecht 341 ff. – Tochtergesellschaft auf Muttergesellschaft 45 – Umtauschverhältnis 37, 120 ff., 164 – upstream-merger 344 – Verschmelzungsbericht 39 – Verschmelzungsprüfung – Widerspruchserfordernis 124 – Zustimmungsbeschluss 116 Verschmelzungsplan – Form 34 – Hauptversammlung 41 – Mindestinhalt 36 – Offenlegung 40 – Sperrfrist 39 – Sprache 34 – Verschmelzungsvertrag 34 Verschwiegenheitspflicht – Arbeitnehmervertreter 316 365

Stichwortverzeichnis

Verwaltungsrat siehe auch Organmitglieder – Anzahl 80 – Arbeitnehmermitbestimmung 202, 305 – besondere Pflichten 203 – Bestellung 80, 202 – CEO-Modell 86 – Entscheidung bei Stimmengleichheit 313 – Haftung 212 – innere Ordnung 81, 311 – Oberleitung 202, 206 – Organisationsgewalt 208 – Stellung in der Unternehmensverfassung 203 – Stimmrecht des Vorsitzenden 312

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– Stimmrechtsausschluss 313 – Subsidiäre Zuständigkeitsregelung 203 – Verhältnis zu den geschäftsführenden Direktoren 83, 205 Vorrats-SE 29 WpÜG – Anwendbarkeit 55 wrongful trading-Haftung – Normenhierarchie 8 Zaunkönigregelung 162 Zustimmungsvorbehalte – Organmitglieder 79 Zweigniederlassung – Begriff 31