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German Pages 342 Year 2011
Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 48
Positive Treubindung auf Verfassungsebene Eine formübergreifende Untersuchung zu Zustimmungspflichten zur Änderung von Gesellschaftsverträgen
Von
Christian Ronge
Duncker & Humblot · Berlin
CHRISTIAN RONGE
Positive Treubindung auf Verfassungsebene
Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen
Band 48
Positive Treubindung auf Verfassungsebene Eine formübergreifende Untersuchung zu Zustimmungspflichten zur Änderung von Gesellschaftsverträgen
Von
Christian Ronge
Duncker & Humblot · Berlin
Der Fachbereich V – Rechtswissenschaft – der Universität Trier hat diese Arbeit im Jahre 2009 als Dissertation angenommen.
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Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2010 vom Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Trier als Dissertation angenommen. Erster und ganz besonderer Dank gebührt dabei meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Peter Reiff. Er hat mich bestärkt und ermutigt, das grundlegende Thema der Arbeit aufzunehmen und meinen eigenen Ansatz zu verfolgen. Gleichzeitig hat er die Arbeit mit wertvollen Anregungen und jederzeitiger Ansprachemöglichkeit hervorragend betreut. Herrn Prof. Dr. Thomas Raab möchte ich ebenfalls für die Übernahme und rasche Erstellung des Zweitgutachtens danken. Die Auszeichnung der Arbeit durch den Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Trier als beste rechtswissenschaftliche Dissertation im Jahre 2010 und der dazu von der Juristischen Studiengesellschaft Trier e.V. gestiftete Förderpreis ist eine ganz besondere Ehre, für die ich mich ebenfalls bedanken möchte. Den Herausgebern der Schriftenreihe, Herrn Prof. Dr. Gerald Spindler, Herrn Prof. Dr. Hanno Merkt und Herrn Prof. Dr. Holger Fleischer, danke ich für die Aufnahme in die Schriftenreihe. Danken möchte ich weiter meiner Freundin Kathrin Lehnen und allen meinen Freunden, die mich in der Zeit des Promotionsvorhabens begleitet haben. Schließlich möchte ich meiner Mutter und meinem Vater ganz besonders danken. Ohne ihren ständigen Rückhalt und ihre großartige Unterstützung hätte ich auch diese Arbeit nicht so fertig stellen können. Ihnen widme ich diese Arbeit. Düsseldorf, im Februar 2011
Christian Ronge
Inhaltsübersicht §1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
Teil 1 Grundlagen
24
§2
Gegenstand und Mittel – Verfassungsänderung und Treubindung . . . . . . . .
24
§3
Grundlagen der Treubindung – Geltungsgrund und dogmatische Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
§4
Zusammenfassung – Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Teil 2 Bestandsaufnahme der Rechtsprechung
112
§5
Bestandsaufnahme der reichsgerichtlichen Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . 113
§6
Bestandsaufnahme der Rechtsprechung nach 1945. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Teil 3 Bestandsaufnahme des Schrifttums
208
§7
Personenverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
§8
Verbandspersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
§9
Vergleichendes Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 Teil 4 Gesamtbefund
262
§ 10 Zur Zulässigkeit von Stimmpflichten – Fundamentalkritik. . . . . . . . . . . . . . . 262 § 11 Abwägungserhebliche Kriterien – Der Tatbestand der Zustimmungspflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 § 12 Ergebnisse der Arbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335
Inhaltsverzeichnis §1
Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Das Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Gegenstand, Ziel und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Ausgeschlossene Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19 19 20 22
Teil 1
§2
Grundlagen
24
Gegenstand und Mittel – Verfassungsänderung und Treubindung . . . . A. Verfassungsänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verbandsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verband als Regelungskomplex der Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . 2. Inhalt des Regelungskomplexes Verbandsverfassung. . . . . . . . . II. Änderung der Verfassung – Zuständigkeit und Kompetenz . . . . . . 1. Zwingende Zuständigkeit der Mitglieder – Grundsatz der Verbandssouveränität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Souverän der Verfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verbands- oder Mitgliedsautonomie?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Formübergreifendes Verständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wiederkehr der Lehre vom Unternehmen an sich? . . . cc) Verbandsautonomie – „Sozialverständnis“ . . . . . . . . . . . dd) Mitgliedsautonomie – „Individualverständnis“ . . . . . . . ee) Analyse: Differenz Verbandsautonomie – Mitgliedsautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Treubindung der Mitglieder im Verbandsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeine Aufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Systematische Bestimmung der Treubindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgangspunkt: Eigen- und fremdnützige Befugnisse der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Analyse und Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24 24 26 26 27 30 31 33 33 35 37 40 41 44 46 48 54 54 54 58 59 59 62
10
Inhaltsverzeichnis 2. Ebenen verbandsinterner Willensbildung: Geschäftsführungs-, Organisations- und Verfassungsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Analyse und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
§3
§4
Grundlagen der Treubindung – Geltungsgrund und dogmatische Grundlage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Geltungsgrund der Treubindung – rechtspolitische Rechtfertigung. . . . . I. Allgemeiner Geltungsgrund der Treupflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gemeinschaftsverhältnis – Vertrauen und Nähe im Personenverband. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einwirkungsmöglichkeit – Korrelat von Rechtsmacht und Verantwortung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Unvollständiges, offenes und zweckgerichtetes Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Analyse und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Besonderer Geltungsgrund auf der Ebene der Verfassung – Mitgliedsautonomie bei Fremdbestimmung durch Mehrheit und Minderheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtliche Fremdbestimmung durch positive Gestaltung einer Mehrheit (Einschränkung formaler Autonomie). . . . . . . . . . . . . . 2. Faktische Fremdbestimmung durch negative Gestaltung einer Minderheit (Einschränkung faktischer Autonomie). . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Dogmatische Grundlage – Rechtssystematische Einbindung . . . . . . . . . . I. Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Horizontales Rechtsverhältnis der Teilnehmer einer Verbandsperson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesellschaftsrechtliches Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetzliches Sonderrechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Analyse und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Normgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Treu und Glauben § 242 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zweckförderpflicht § 705 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anwendungsspezifische Ableitung §§ 242, 705 BGB . . . . . . . . 4. Selbständige gesellschaftsrechtliche Hauptpflicht . . . . . . . . . . . . 5. Analyse und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66 66 68 68 70 70 71 72 73 75 77 80
80 81 85 90 90 90 92 94 97 99 102 102 103 103 104 105 105 109
Zusammenfassung – Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
Inhaltsverzeichnis
11
Teil 2 Bestandsaufnahme der Rechtsprechung
112
§5
Bestandsaufnahme der reichsgerichtlichen Rechtsprechung . . . . . . . . . . A. Personenverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. „Konservatoriumsleitung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. „Messerstichfall“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. „Finanzamtfall“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Verbandspersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zusammenfassung und Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
113 114 114 115 116 117 117 119 120
§6
Bestandsaufnahme der Rechtsprechung nach 1945. . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einleitung und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Personenverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Mitgliederbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erzwungene Teilnahme am Ausschlussverfahren gem. § 737 BGB, § 140 I HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. (Wieder-)Aufnahme von Gesellschaftern und einvernehmlicher Austritt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wiederaufnahme nach Kündigung durch Privatgläubiger, § 725 BGB, § 135 HGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Neuaufnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einvernehmliches Ausscheiden eines Mitglieds . . . . . . . . . . aa) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Übertragung der Mitgliedschaft – Wechsel in der Person des Mitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Auflösung und Fortsetzung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fortsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
122 122 124 124 126 126 128 129 129 129 130 131 131 133 133 134 134 135 136 138 140 141 141 142 143 143 145
12
Inhaltsverzeichnis III. Rechte und Pflichten der Gesellschafter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beiträge, Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begründung von Pflichten (Sozialansprüchen). . . . . . . . . . . . aa) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beseitigung von Rechten (Sozialverpflichtungen) als zusätzliche Beitragsbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Aufhebung und Wandel von Gesellschafterpflichten . . . . . . aa) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Begründung oder Erweiterung von Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gesellschaftsorganisation: Leitungs- und Kontrollkompetenzen . . 1. Leitungskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kontrollkompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verbandspersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kapitalmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. GmbH-Novelle – die rechtliche Notwendigkeit der Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die wirtschaftliche Notwendigkeit einer Kapitalerhöhung . . . . a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Mitgliedschaft betreffende Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Heilung der verdeckten Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Weitere Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Gesamtbefund der Rechtsprechung nach 1945. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
145 146 147 147 150 152 152 155 156 156 158 159 160 162 163 163 163 164 165 165 166 167 168 168 168 171 172 173 175 176 176 178 179 180 182 183 183 184 185 185
Inhaltsverzeichnis II. III.
IV. V. VI.
VII.
Notwendigkeit einer Veränderung der Verbandsverfassung (Änderungsnotwendigkeit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schutzziel der verfolgten Änderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Werterhalt als Schutzzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verbandserhalt als Schutzzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erhalt einzelner Regelungen als Schutzzweck. . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionen der Pflicht zur Verfassungsänderung innerhalb der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geänderter Verfassungsbestandteil (Änderungsgegenstand) . . . . . . Tatbestand der Zustimmungspflicht nach der Rechtsprechung . . . 1. Allgemeine Formel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausnahmefall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Generell abwägungsrelevante Umstände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einfluss der Verfassungsgestaltung auf das Bestehen der Zustimmungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nähe des Vertrauensverhältnisses, Vorverhalten der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Geschäftsführungsnähe der Verfassungsentscheidung . . . . . d) Zeitmoment der Anpassungsnotwendigkeit . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung zur Rechtsprechung nach 1945. . . . . . . . . . . . . .
13
186 187 187 188 190 191 191 194 195 195 195 196 199 201 201 203 204 205 205
Teil 3
§7
Bestandsaufnahme des Schrifttums
208
Personenverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Grundsätzliche Anerkennung der Formel der Rechtsprechung . . . . . . . . B. Konkretisierung der Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Intensität der Treubindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Intensität der Treubindung nach der Realstruktur des Verbands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Intensität der Treubindung nach der Geschäftsführungsnähe des Entscheidungsgegenstands. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Tatbestand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausnahmefall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Nachträglichkeit/Unvorhersehbarkeit der die Änderungserforderlichkeit begründenden Umstände . . . . . . . . . . . . . . . .
208 208 209 210 210 210 215 218 218 219 221 221 221
14
Inhaltsverzeichnis b) Deskriptives Merkmal der von Änderungsnotwendigkeit erfassten Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Geschützter Interessenträger und geschütztes Interesse . . . . aa) Verbandsinteressen gegenüber Mitgliedsinteressen . . . . (1) Darstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zweck-, Rechts- und Wertorientierte Erforderlichkeit (1) Zweckorientierte Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . (a) Darstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechtsorientierte Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . (3) Wertorientierte Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Intensität des Anpassungsbedarfs und die Eignung des Mittels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zumutbarkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verzichtbarkeit des Zumutbarkeitsmerkmals. . . . . . . . . . . . . . c) Erhöhte Zumutbarkeit durch Begründung eines außerordentlichen Kündigungsrechts des dissentierenden Teils . . d) Erhöhte Zumutbarkeit/grundsätzliche Verschiebung des Abwägungsvorgangs bei illegitimer Motivation des dissentierenden Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Absolute Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zweckänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kernbereichsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Personeller Bestand, § 737 BGB, § 140 HGB, Zusammensetzung von Geschäftsführung und Vertretung §§ 712, 715 BGB, §§ 117, 127 HGB. . . . . . . . . . . . . . . . dd) Beitragspflicht – Belastungsverbot des § 707 BGB . . . ee) Änderung der Beteiligungsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . C. Fundamentalkritik im Recht der Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . I. Begrenzung der Treubindung auf vertragsinterne Wirkung. . . . . . . II. Abschließende Regelung möglicher Vertragsanpassung – Vorrang der (Teil-)Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bruch mit der Privatautonomie und mangelnder Maßstab einer Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
§8
Verbandspersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Maß der Treubindung nach Realstruktur und Entscheidungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Grundsätzliche Anerkennung der Rechtsprechungsformel von Erforderlichkeit und Zumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
222 223 223 223 223 224 225 227 227 228 230 230 231 232 232 233 234
235 236 236 236
237 238 240 240 240 242 245 247 247 251 252
Inhaltsverzeichnis I.
Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verbandsinteressen und Mitgliedsinteressen – Interne Interessenträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Drittinteressen – Externe Interessenträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schutzgegenstand – Zweck-, Wert- und Rechtsorientierte Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Absolute Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zweckänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kernbereich und Entzug von Sonderrechten . . . . . . . . . . . . . c) Belastungsverbot – Zusätzliche Beiträge . . . . . . . . . . . . . . . . d) Änderung der Beteiligungsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusätzliche Erfordernisse abweichender Auffassungen . . . . . . . . . . 1. Koordiniertes Vorgehen – Ausschluss von Zufallsmehrheiten. 2. Informations- und Anhörungspflicht – formelle Erfordernisse §9
15 252 252 253 254 256 256 257 257 258 258 258 259 259 260
Vergleichendes Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 Teil 4 Gesamtbefund
§ 10 Zur Zulässigkeit von Stimmpflichten – Fundamentalkritik . . . . . . . . . . . A. Begrenzung der Treubindung auf vertragsinterne Bindung . . . . . . . . . . . B. Vorrang der Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Bruch mit der Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 11 Abwägungserhebliche Kriterien – Der Tatbestand der Zustimmungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Bedeutung von Realstruktur und Geschäftsführungsnähe für die Stimmpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Realstruktur und Zustimmungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Geschäftsführungsnähe und Zustimmungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Tatbestandskonkretisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausnahmefall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorhersehbarkeit der Änderungsnotwendigkeit – negative Regelung des änderungserheblichen Umstands . . . . . . . . . . . . . . a) Ausschluss der Anpassung bei Vorhersehbarkeit . . . . . . . . . b) Negative Wägung der Vorhersehbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Positive Regelung des die Änderungsnotwendigkeit begründenden Umstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anfängliche Änderungsnotwendigkeit – Zeitmoment . . . . . . . .
262 262 263 264 265 267 268 268 268 269 270 270 270 271 271 273 274 276
16
Inhaltsverzeichnis a) Ausschluss bei anfänglicher Änderungsnotwendigkeit . . . . . b) Negative Wägung der anfänglichen Änderungsnotwendigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ursache der Änderungsnotwendigkeit – interne/externe Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung Änderungsnotwendigkeit – Ausnahmefall II. Erforderlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geschützter Interessenträger und geschütztes Interesse . . . . . . . a) Geschützter Interessenträger – Verbands-, Mitglieds- und Drittinteressen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verbands- und Mitgliedsinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Drittinteressen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Geschützte Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verfolgung des Gesellschaftszwecks. . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Regelungserhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Werterhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Verbandsbezogene und mitgliedsbezogene Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Intensität des Anpassungsbedarfs und Eignung des Mittels . . . a) Intensität des Anpassungsbedarfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einschätzungsprärogative einer Mehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . c) Eignung des Mittels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zumutbarkeit – Schutzwürdigkeit kollidierender Interessen . . . . . . 1. Kollidierende Interessen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtssicherheit – Schutzwürdiges Vertrauen in den formellen Bestand der Verfassungsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zumutbarkeitserhebliche Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verfassungsmäßige Wertentscheidungen der Mitglieder . . . b) Nähe des Vertrauensverhältnisses, Vorverhalten der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Alternatives Austrittsrecht des dissentierenden Teils . . . . . . d) Illegitime Motivation als Grund für erhöhte Zumutbarkeit. e) Unzumutbarkeit bei mangelnder Anhörung und Aufklärung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Art der erzwungenen Handlung – Enthaltung oder Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Koordiniertes Vorgehen des dissentierenden Teils . . . . . . . .
276 278 278 279 280 281 281 281 281 284 284 284 286 288 288 289 290 290 291 291 292 292 292 294 297 297 298 298 299 299 300 300 300
Inhaltsverzeichnis 3. Absolute Grenzen der Zumutbarkeit nach dem Gegenstand der Änderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zweckrelevante Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kernbereichsrelevante Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Mitgliedsrelevante Änderungen in den Personenverbänden d) Das Belastungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Beteiligungsrelevante Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
302 302 304 305 306 308 309
§ 12 Ergebnisse der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 A. Grundlagen der Treupflichtkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 B. Konkretisierung des Tatbestands der Zustimmungspflicht . . . . . . . . . . . . 311 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335
§ 1 Einleitung A. Das Problem „Denn jedermann weiß, dass es in einem längeren Vereinsleben nicht ausbleibt, dass sich die bei der Vereinsgründung maßgeblichen Umstände im Laufe der Zeit ändern, dass geänderte Forderungen an den Verein herantreten und sich unvorhergesehene Schwierigkeiten auftun, auf die sich ein Verein in praktikabler Weise einstellen und deretwegen er in der Lage sein muss, ohne Aufgabe der prinzipiellen Zielrichtung das Vereinsleben entsprechend abzuwandeln und dazu einzelne Teile der Satzung [. . .] sachgerecht den geänderten Verhältnissen anzupassen“.1 Die rechtsgeschäftlich begründete Grundlage eines Verbandes, Gesellschaftsvertrag oder Satzung (Verfassung), muss mithin nicht nur besondere Aufgaben bewältigen, indem sie das komplizierte Mit- und Gegeneinander einer gemeinsamen Zweckverfolgung gestaltet. Sie muss diese komplizierte Ordnung auch für eine lange Dauer, nämlich für die gesamte Lebensdauer des Verbandes leisten. Eine gute Voraussicht und entsprechende Planung mögen dabei viel helfen und größeren Schaden abwenden. Wegen der Unabsehbarkeiten jeder Zukunft bleibt allerdings auch die gewissenhafte Planung notwendig risikobehaftet und unvollkommen. Die Verfassung muss im Laufe des Lebensprozesses ihres Verbandes je nach dessen Werdegang und Lebensdauer ein gewisses Maß an Dynamik beweisen. Es muss grundsätzlich die Möglichkeit bestehen, die Verfassung auch nach der Gründung noch zu verändern. Natürlich gilt dies auch gerade dann, wenn sich der Verband bereits im Rechtsleben bewegt hat. Diese Möglichkeit haben die Mitglieder. Sie können die Rechtsgrundlage ihrer Beziehungen zur gemeinsamen Zweckverfolgung ändern. Dazu bedarf es der Einigung der Mitglieder des Verbandes; je nach der Form ist grundsätzlich entweder die Einigung einer Mehrheit oder aller Mitglieder erforderlich. „Überall, wo der Wille einer Versammlung zu entscheiden hat, ist Einstimmigkeit zu erreichen zwar nicht unmöglich [. . .] aber doch so schwierig, und so von Zufällen abhängig, dass die lebendige Wirksamkeit der Versammlung dadurch ungemein gehemmt werden muss, und dass es als rätlich und zweckmäßig anzusehen ist, die Macht des gemeinsamen Willens auch schon irgend einer Mehrheit beizulegen“.2 Wird entgegen solcher Warnung 1
BGH II. ZS. v. 11.11.1985, BGHZ 96, 245, 251.
20
§ 1 Einleitung
aber keine Mehrheitsentscheidung für die Versammlung installiert oder lässt sich trotz entsprechender Gestaltung keine Mehrheit bilden, stellt sich ob des unmittelbar festgestellten laufenden Anpassungsbedarfs die Frage nach einer rechtlichen Lösung für diesen Fall. Nach Rechtsprechung und herrschender Lehre ist es im Verbandsrecht grundsätzlich auch auf der Verfassungsebene möglich, in Ausnahmefällen eine Einigung durch die Treupflicht der Mitglieder zu erzwingen. Diese Möglichkeit stellt sich bei erstem Zusehen als hoch problematisch dar. Liegt in der erzwungenen Einigung nicht ein erheblicher Eingriff in die Mitgliedsstellung der Betroffenen? Kann die breite, wenig spezielle Grundlage der Treubindung dafür die notwendige Legitimation geben? Unter welchen konkreten Voraussetzungen ist der Eingriff zu rechtfertigen, die Stimmabgabe auf Grundlagenebene, die Vertragsänderung zu erzwingen? Wie weit reichen hier grundsätzlich die legitimen Eigeninteressen der Mitglieder, welche Treue schulden sie einander dabei? Bereits bei diesem ersten, grob ausgestellten Befund der Dynamik erfordernden Rechtsgrundlage einerseits, den Obstruktionsmöglichkeiten einzelner Mitglieder andererseits kann mithin von einer interessanten Problemlage gesprochen werden, die die Untersuchung grundsätzlich rechtfertigen kann. Es zeichnet sich ein ungemein spannendes Problemgefüge von Vertragsfreiheit und Vertragstreue, zwischen Rechtssicherheit und „inhaltlicher Richtigkeit“ der Verbandsverfassung ab.
B. Gegenstand, Ziel und Gang der Untersuchung Das Problem von Stimmrechtsfreiheit und Treubindung ist dabei allerdings nicht neu, wissenschaftliche Erörterung hat es bereits vielfach gefunden.3 Die Eigenständigkeit der Arbeit und die Rechtfertigung einer neuerlichen Untersuchung lässt sich dabei aus dem konkreten Untersuchungsgegenstand, positive Treubindung auf der Verfassungsebene, bilden. Der gewählte Ausschnitt der Treubindung ist noch nicht selbstständig begutachtet worden. Der Untersuchungsgegenstand ist dabei insofern ein besonders enger Ausschnitt aus den Treubindungen der Mitglieder, als dass nur die Ebene der Verbandsverfassung und dort nur die positive Stimmpflicht erfasst ist.4 Der Untersuchungsgegenstand ist wiederum insofern ein beson2
v. Savigny, System des heutigen röm. Rechts II (1840) S. 330. Monographisch etwa Küster, Stimmrechtsgrenzen (1954); Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963); Pabst, Mitwirkungspflicht (1976); Zöllner, Anpassung (1979); M. Winter, Treubindungen (1988); Nehls, Treupflicht (1993); Sester, Treupflichtverletzung (1996); Beckerhoff, Treupflichten (1996); Kunze, Stimmpflichten (2004). 4 Ausgeschlossen bleibt also die negative Seite der materiellen Beschlusskontrolle. 3
§ 1 Einleitung
21
ders weiter, als dass dieses Problem formübergreifend zwischen Personenund Kapitalgesellschaft5 untersucht wird. Kann damit erklärt werden, der hier gewählte Ausschnitt ist noch nicht selbstständig betrachtet worden, stellt sich die Frage, weshalb er eine eigene Untersuchung rechtfertigen soll. Für den besonderen Ausschnitt der Zustimmungspflicht auf der Ebene der Verbandsverfassung folgt aus der vorwiegend darauf gerichteten Betrachtung die Erwartung eines Spezialitätsgewinns. Der starke Fokus rechtfertigt die Annahme einer höheren Konkretisierungsmöglichkeit der Generalklausel, die bei einem weiteren Winkel der Betrachtung kaum zu erreichen ist. Eine höhere Konkretisierung der Generalklausel für den gewählten Ausschnitt wäre ein deutlicher Erfolg nicht nur für die praktische Anwendung, sondern darüber hinaus auch für die „alltägliche“ Rechtssicherheit vor dem Anwendungsfall. Die reiche Rechtsprechung hat dabei fraglos einige Konkretisierung geleistet. Doch bedarf es ihrer Systematisierung und dogmatisch-kritischen Prüfung. Dabei ist die Möglichkeit einzubeziehen, dass die Treubindung nicht über das erreichte Maß hinaus zu konkretisieren ist. So wies der BGH jüngst in zwei Entscheidungen die Revision mit der Begründung ab, die Frage habe keine grundsätzliche Bedeutung, die abstrakten Kriterien der Treubindung seien durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt.6 Eine weitere Konkretisierung sei nicht möglich, die Fragen von Erforderlichkeit und Zumutbarkeit ließen sich abseits des Einzelfalls nicht näher bestimmen. Ohne detaillierte systematische Bestandsaufnahme von Rechtsprechung und Lehre kann dazu keine Aussage getroffen werden. Die Möglichkeit, aus der pedantischen Aufnahme Gesetzmäßigkeiten in der Anwendung abzuleiten, ist nicht auszuschließen. Wenigstens wird eine systematische Darstellung den Fallvergleich erleichtern, mögliche Einzelkriterien sichtbar machen. Wie das Ergebnis dabei auch ausfällt, wird sich eine Aussage gewinnen lassen. Damit kann, im Bewusstsein des Risikos eines negativen Befundes weiterer Konkretisierungsmöglichkeiten, die Arbeit gewagt werden. Die formübergreifende Untersuchung schafft einen weiteren Gewinn. Zunächst schärft diese den Blick für das Allgemeine des Problems und lässt damit den Transfer von Problemstellungen und Lösungsmöglichkeiten zwischen den Grundtypen zu. Darüber hinaus lässt sich womöglich mit formübergreifenden Erkenntnissen ein Beitrag zum „allgemeinen Teil“ des Gesellschaftsrechts leisten. 5 Allerdings unter repräsentativer Begrenzung auf die fünf Typen, für die die Möglichkeit der Stimmpflicht nach der Rechtsprechung bereits entschieden wurde: GbR, oHG, KG (GmbH & Co. KG), GmbH, AG. 6 BGH II. ZS. v. 26.03.2007, NJW-RR 2007, 1477, 1478; BGH II. ZS. v. 02.07.2007, NZG 2007, 860.
22
§ 1 Einleitung
Der Gegenstand ist in der formübergreifenden Betrachtung der Zustimmungspflicht zu Vertragsänderungen aufgrund der Treubindung klar umrissen. Das Ziel soll eine Systematisierung und Konkretisierung der Treubindung in jenem Fall sein. Es bleibt die Frage nach dem Gang der Untersuchung. Zunächst sollen das Problem und die Lösungsmöglichkeit grundsätzlich verortet werden. Dazu sind in einem Grundlagenteil die Verfassungsänderung und die Treubindung der Mitglieder zu erfassen (Teil 1). In einem zweiten und dritten Teil können Rechtsprechung und Lehre zu der Frage systematisch erfasst werden (Teil 2 und Teil 3). In einem vierten, abschließenden Teil kann schließlich aus den Erkenntnissen des Grundlagenteils und der Konkretisierung nach Rechtsprechung und Lehre ein Gesamtbefund gebildet werden (Teil 4).
C. Ausgeschlossene Fragen Das Unterfangen, bei formübergreifender Untersuchung aus dem betrachteten Ausschnitt einen möglichst hohen Spezialitätsgewinn erreichen zu wollen, fordert auch Opfer. So beschränkt sich die Arbeit auf die Suche nach Systematisierung und Konkretisierung des Tatbestands der Treupflicht zur Verfassungsänderung. Es soll geprüft werden, ob die Voraussetzungen für eine Stimmpflicht konkretisiert werden können. Damit wird die Rechtsfolgenseite vollständig ausgeblendet. Die Probleme um Rechtsfolgen7 – also primär die Frage nach Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der treuwidrig abgegebenen Stimme – und Rechtsverfolgung – positive Beschlussfeststellungsklage, Eilrechtsschutz und sekundär die Möglichkeit von Schadensersatzansprüchen sind hier besonders interessant – eines entsprechend ermittelten Treupflichtverstoßes können nicht behandelt werden. Des Weiteren kann auch zu der Besonderheit bei Konzernsituationen nicht eigens Stellung genommen werden. Die Problemlage wird durch das zusätzliche Interessengeflecht komplexer. Der besondere Blick darauf erscheint allerdings nicht gerechtfertigt, solange schon der „einfache Fall“ nicht hinreichend bestimmt ist. Notwendige Vertragsanpassung kann nicht nur durch die Treubindung geleistet werden. Es besteht eine offensichtliche Konkurrenz zu den Instituten der ergänzenden Vertragsauslegung und des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Beide haben im Recht der Gesellschaften gegenüber der Treubindung allerdings nur geringe praktische Bedeutung erlangt. Die Treubindung ist 7 Hier steht die grundsätzliche Frage nach der Wirkung des Treupflichtverstoßes auf die Stimmabgabe. Lässt sie die Stimme unberührt oder führt sie zur Unwirksamkeit, zur unmittelbaren Unbeachtlichkeit der treuwidrigen Stimme: Vgl. dazu Korehnke, Treuwidrige Stimmen (1997) passim.
§ 1 Einleitung
23
das bestimmende Instrument der Praxis für die Vertragsanpassung im Gesellschaftsrecht. Danach würde eine Inhaltsbestimmung der Treubindung, die aus der Abgrenzung zur ergänzenden Vertragsauslegung und Geschäftsgrundlagenlehre geleistet wird, den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht. Vielmehr kann auf der Basis ihrer praktischen Bedeutung eine ganz eigenständige Aufnahme der Treubindung erfolgen. Erst mit dieser wäre die Abgrenzung zu den konkurrierenden Möglichkeiten der Vertragsanpassung zu erarbeiten. Als nachgeordnete, zusätzliche Frage kann dieses Problem für die vorliegende Arbeit gleichermaßen ausgeschlossen werden.8 Ebenso ist diejenige Vertragsanpassung außen vor zu lassen, die nach einer besonderen Anpassungsklausel oder auf der Basis von besonderer vertraglicher Stimmbindung erfolgt. Die Mitglieder können Hindernissen bei der notwendigen Vertragsanpassung dadurch zuvorkommen, bzw. es versuchen, indem sie besondere Anpassungsklauseln in den Vertrag aufnehmen oder sich verpflichten, von ihrem Stimmrecht nur bestimmten Gebrauch zu machen. Die Treubindung ist demgegenüber allgemeiner, als dass sie dasjenige Anpassungsinstrument darstellt, welches den Verband schon ohne besondere Anordnung seiner Mitglieder begleitet.
8 Vgl. zum Verhältnis der Anpassungsmechanismen etwa Göbel, Mehrheitsentscheidungen (1990) S. 215 ff.; C. Hey, Ergänzende Vertragsauslegung (1990) passim; Baier, Geschäftsgrundlage (2001) passim.
Teil 1
Grundlagen In den Grundlagen sind mehrere Aufgaben zu bewältigen. Zunächst sollen die Komponenten der Treupflicht zur Verfassungsänderung allgemein erfasst werden. Damit ist der treugebundene Gegenstand, die Verfassungsänderung, darzustellen. Zweite Komponente der Verfassungsänderungspflicht ist deren Mittel, die Treubindung der Mitglieder. Hier soll eine allgemeine Erfassung jener erfolgen. Nur wenn die allgemeinen Grundlagen von Gegenstand und Mittel „abgesteckt“ sind, ist eine Erforschung des besonderen Falls der erzwungenen Verfassungsänderung möglich. So ist es im Anschluss daran möglich, die Grundlagen der Treubindung der Einzelstimme auf der Verfassungsebene zu erforschen. Die Grundlagen der Treubindung können dabei aufgetrennt werden: Zu Beginn steht die Frage nach dem Geltungsgrund. Damit ist die rechtspolitische Legitimation zu untersuchen. Hier geht es vorwiegend um die Rechtfertigung gegenüber den Betroffenen. Es folgt die Frage nach der dogmatischen Grundlage. Dort muss nach der rechtssystematischen Einbindung der besonderen Treue in die Rechtsbeziehungen des Verbandsinnenrechts gesucht werden.1
§ 2 Gegenstand und Mittel – Verfassungsänderung und Treubindung A. Verfassungsänderungen Die Verfassungen der Verbände sind in vieler Hinsicht Gegenstand wissenschaftlicher Erörterungen gewesen. Allein die existenzielle Grundsatzfrage nach der Rechtsqualität dessen was Verfassung ist, zwischen Rechtsgeschäft und Norm wird in der Lehre noch heute fortgetragen.2 Darüber hi1 Die verwandten Fragen werden – insbesondere in früherer Literatur – oft zusammen behandelt, etwa dass allgemein nur nach der Grundlage der Treubindung gefragt wird und insofern § 242 und § 705 BGB dem besonderen Vertrauensverhältnis gegenübergestellt werden, vgl. etwa C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 228. 2 Vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 3 II. 1. b) (S. 160 ff.); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 5 I. 1. (S. 75); T. Raiser/Veil, Ka-
§ 2 Gegenstand und Mittel – Verfassungsänderung und Treubindung
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naus stellen sich Abgrenzungsfragen danach, was Inhalt der Verfassung ist. Dabei sind die notwendig oder gewillkürt materiellen (echten, korporativen) von den bloß formellen, dort verlautbarten, (unechten, nichtkorporativen) Bestandteilen zu scheiden sowie schuldrechtliche Nebenabreden der Mitglieder auszuschließen.3 Zudem ergibt die Änderung der Verfassung – vor allem durch die notwendige Rückbindung an die Mitglieder – einige Probleme. Für die Personenverbände4 muss eine Mehrheitskompetenz grundsätzlich hinreichend bestimmt begründet sein (Bestimmtheitsgrundsatz) und ihre Grenzen kennen (Kernbereichslehre).5 Bei komplexeren Mitgliedsstrukturen sind vor allem die an das Verfahren (Gesellschafterversammlung) zu stellenden Anforderungen konfliktträchtig, sollen sie doch einerseits die Beteiligungsmöglichkeit jedes Mitglieds sichern, andererseits Rechtssicherheit schaffen.6 Die formvergleichende Untersuchung der maßgeblichen Parameter einer jeden Verfassungsänderung ist hier weder möglich noch nötig. Für die materiell dominierte Frage von Treupflichten zur Anpassung der Verbandsverfassung können die bekannten Problemkreise in der hier folgenden Grundlagendarstellung weitgehend ausgeschnitten werden.7 Es erscheint insofern hinreichend, in einem gröberen Bild abzuzeichnen, worum es sich pitalgesellschaftsrecht (4. Aufl. 2006) § 26 II. 3. (S. 381 f.); F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) S. 17 ff.; kritisch dazu Bachmann, Private Ordnung (2006) S. 109 ff. 3 Klares Beispiel für einen bloß formellen Satzungsbestandteil ist regelmäßig die nach § 6 III S. 2 GmbHG im Statut erfolgte Bestellung des Geschäftsführers, Ulmer, Großkomm GmbHG I (2005) § 6 Rn 24. Zur Abgrenzung zwischen materiellen und formellen Verfassungsbestandteilen und schuldrechtlichen Nebenabreden siehe etwa: T. Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht (4. Aufl. 2006) § 26 II. 6. (S. 384 ff.); Zimmermann, Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG (4. Aufl. 2002) § 53 Rn 5 ff.; Ulmer, Großkomm GmbHG I (2005) § 3 Rn 34 ff. 4 Das Begriffspaar Personenverband-Verbandsperson wird auf Schönfeld, FSReichsgericht II (1929) S. 191, 226 zurückgeführt; vgl. Flume, Personengesellschaft (1977) § 7 II. (S. 90) Fn 10; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980), § 2 I. 1. (S. 89). 5 Vgl. etwa Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 4 I. 3. (S. 300 ff.); Hopt, Baumbach/Hopt HGB (34. Aufl. 2010) § 119 Rn 36 ff. 6 Die Früchte, die das strenge Regime der Verfahrensvorschriften tragen kann, zeigt etwa ein junges Urteil des BGH. Auch der stimmlos – also ohne eine einzige wirksame Stimme (im Fall litten beide Gesellschafter an der Sanktion der unterlassenen Mitteilungspflicht, § 20 I, VII AktG) – gefasste Hauptversammlungsbeschluss sei nicht nichtig, sondern nur anfechtbar, vgl. BGH II. ZS. v. 24.04.06, BGHZ 167, 204, 213 f. Besondere Brisanz zeigt der Sachverhalt, als dass der Hauptversammlungsleiter bei der Kapitalerhöhung um 5 Mio e auf 5,5 Mio e die 4.900 Stimmen des Klägers (49%) für treuwidrig und nichtig erklärte und den Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit von 3/4 der Stimmen feststellte. 7 Im Einzelnen wird im Fortgang der Arbeit auf diesen und jenen Punkt zurückzukommen sein.
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Teil 1: Grundlagen
bei der Verbandsverfassung handelt (dazu einleitend sogleich unter I.) und festzustellen, wer ihre Änderung begründet (unter II.). I. Verbandsverfassung 1. Verband als Regelungskomplex der Mitglieder
Private Verbände8 entstehen durch rechtsgeschäftliche Entschließung der Gründer zur Verfolgung eines bestimmten gemeinsamen Zieles in einer bestimmten Weise.9 Jeder private Verband basiert auf einer rechtsgeschäftlichen Grundlage.10 Der Verband ist das Rechtsprodukt des rechtsgeschäftlichen Zusammenwirkenwollens seiner Mitglieder. Daher kann der Verband mit seiner Grundlage identifiziert werden. Der Verband ist der Komplex von Regelungen für die gemeinsame zielgerichtete Unternehmung von Personen durch oder über das gemeinsame Medium „Verband“.11 Wegen der 8 Definition des privatrechtlichen Verbandsbegriffs bei Reiff, Haftungsverfassungen (1996) S. 25 f. 9 Davon macht die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft bekanntermaßen keine Ausnahme. Erstens ist der Wille zur rechtsgeschäftlichen Betätigung notwendige Voraussetzung, vgl. etwa jüngst C. Schäfer, Fehlerhafter Verband (2002) S. 120 f. Weiter werden nur die Nichtigkeitsfolgen des allgemeinen Vertragsrechts im Verkehrsschutz und aufgrund der Unbilligkeit einer Abwicklung nach Bereicherungsrecht zu Auflösungsgründen reduziert (dort S. 89 ff.). Die Gesellschaft erfährt damit keinen Selbstschutz (dort S. 177 ff.). 10 „Mitgliedschaft ist schließlich in allen ihren Spielarten die Verwirklichung von Privatautonomie“: Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 94 f. [Hervorhebung dort]. Jüngst ausführlich F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) S. 17 ff. für ausschließlich rechtsgeschäftliche Betrachtung auch nach der Gründung; Flume, Personengesellschaft (1977) § 15 I. (S. 257); Hadding, FS-Fischer (1979) S. 165, 189 f.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 1 I. 1. (S. 4); Reiff, Haftungsverfassungen (1996) S. 26; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 5 I. 1. a) (S. 75); Kießling, Vorgründungs- und Vorgesellschaften (1999) S. 68; Fleischer, ZHR 168 (2004) S. 673, 683; beiläufige Distanzierung bei Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht (2004) S. 173, 174. 11 „Ohne Fiktion ist die juristische Person nur ein Komplex von Rechtsbeziehungen, die durch ihre Satzung und deren Ergänzung und Legalisierung durch die übergeordnete Rechtsordnung (insgesamt: ‚Organisation‘) normiert sind.“: H. J. Wolff, Organschaft und juristische Person I (1933) S. 229. Ob man insofern von einem norm-, vertrags- oder modifizierten theoretischen Ausgangspunkt auf den Verband bzw. seine Verfassung blickt, ist dabei unerheblich. Jeweils geht es um die Betrachtung eines Regelkomplexes. Ein Rekurs auf die ökonomische Betrachtung der Unternehmung als Netzwerk von Verträgen (nexus of contracts) ist ferner nicht erforderlich. Man muss die Unternehmung (Firma) nicht als Summe von Einzelverträgen erklären, um den Verband als Regelungskomplex seiner Mitglieder zu begreifen. Auf dieser Ebene, bei der Suche nach der juristischen Bestimmung des Verbands kann ein ökonomisches Modell allenfalls den Anstoß einer juristischen Betrachtung
§ 2 Gegenstand und Mittel – Verfassungsänderung und Treubindung
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zwingenden Hoheit seiner Mitglieder kann er auch nichts anderes werden. Die rechtliche Verselbständigung des Verbands ändert daran nichts. Diese dient, wie die rechtsfähige Personengesellschaft zeigt, dem Zweck, mit einem zusätzlichen gemeinsamen Zuordnungspunkt den Regelungsbedarf der Mitglieder über das Medium „Verband“ zu erfüllen. Die „soziale Realität“ der Bedeutung des Verbands als selbständigem Akteur im Wirtschaftsleben darf nicht den Blick auf die juristische Realität der Verbandsnatur als rechtsgeschäftlich geschaffenen Regelungskomplex verstellen. Wie Voraussetzungen und Grenzen der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft zeigen, erfährt allein der Regelungswille der Parteien, nicht aber die soziale Realität des Verbands rechtliche Anerkennung.12 Wiedemann spricht davon, dass die Statuten in der Form von Gesellschaftsvertrag und Satzung „Lebensgesetze“ für die Vereinigungen seien. Wenn der Gesetzgeber für den Verein in § 25 BGB von der Verfassung spreche, so sei diese sprachliche Anleihe berechtigt.13 Daher soll im Folgenden der Begriff der Verbandsverfassung zunächst als formübergreifendes Synonym für Gesellschaftsvertrag und Satzung verstanden werden.14 2. Inhalt des Regelungskomplexes Verbandsverfassung
Aufgabe der Gesellschaftsverträge ist es sicherzustellen, „bei der Gründung eines Unternehmens die Interessen der Beteiligten, die sich in dem Wunsch, das Unternehmen ins Leben zu rufen, vereinen, so zu beschneiden und aufeinander abzustimmen, dass dem Unternehmen der für seinen Erfolg notwendige Spielraum zuteil wird“.15 Verbandsverfassungen haben funktiobegründen. Die Lösung kann aber nicht aus der anderen Disziplin entliehen werden. Zum Nexus – Konzept in deutscher Sprache etwa Ruffner, Grundlagen (2000) S. 155 ff.; Wielsch, Freiheit (2001) S. 275 ff., der diesem ein systemtheoretisches Modell nach normativer Berücksichtigung des verselbständigten Organisationszusammenhangs entgegenstellt; Bachmann, Private Ordnung (2006) S. 114 ff. der dieses im Zusammenhang mit der Rechtsnatur der juristischen Person betrachtet. 12 Vgl. hier Fn 9, S. 26. 13 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 3 II 1. a) (S. 159); ähnl. schon etwa v. Tuhr, Bürgerliches Recht AT I (1910) § 35 III. (S. 502). Nach Rittner bezieht sich der Begriff der Verfassung immer auf eine Gemeinschaft von Menschen, der dieser eine Ordnung gibt, Unternehmerfreiheit (1998) S. 168. Der Begriff der „Verfassung“ für die Rechtsgrundlage des Verbands findet sich etwa auch bei: Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 92; Bachmann, Private Ordnung (2006) S. 412; Emmerich, Scholz GmbHG I (10. Aufl. 2006) § 2 Rn 3; Wicke, DNotZ 2006, 419, 422. 14 Es finden sich allerdings abweichende Begriffsbestimmungen. Die Systematik des AktG (Vierter Teil §§ 76–147 AktG) reduziert den Begriff für die AG auf das Gefüge der Verbandsorgane und deren Kompetenzen, vgl. Zöllner, KölnerKomm AktG V/1. (2. Aufl. Stand 1989) § 179 Rn 14. 15 T. Raiser, FS-Schmidt (1976) S. 101, 112.
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Teil 1: Grundlagen
nal grundsätzlich16 zwei Regelungsbereiche unter dem Dach des gemeinsamen Zwecks zu bewältigen.17 Einerseits muss die Zielverfolgung organisiert werden. Damit müssen organisationsrechtliche Elemente vorhanden sein, die die Koordination bei der gemeinsamen Unternehmung gewährleisten. Die rechtsgeschäftlich herbeigeführte Koordination von Personen und Sachen ist den Verbandsformen unabhängig vom Grundtyp der juristischen Person oder der Gesamthand gemein.18 Im Rahmen der Organisation werden dabei die Organe des Verbands bestimmt und mit entsprechenden Zuständigkeiten ausgestattet.19 Dazu wird auch das Verhältnis der Organe untereinander geregelt. Diesen Teil kann man als Organisationsverhältnis der 16
Dies gilt freilich dort nicht, wo mangels Selbständigkeit des Verbands im Außenverhältnis (Innengesellschaften) keine Organisation gebildet wird. Die gemeinschaftliche Zielverfolgung muss nicht zwingend eigens organisiert zu werden, (vgl. etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 7 I (S. 167 ff.)). Die Zweckverfolgung im Personenverband muss nicht zwingend durch den Verband erfolgen, also dieser nicht Mittel der Zweckverfolgung und Rechtsträger ihrer Unternehmungen sein (Innengesellschaften). Vielmehr können die Mitglieder sich darauf beschränken, die Zweckverfolgung nur selbst, durch einige oder alle, zu realisieren. Die Organisation ist dann entbehrlich und es genügt, die Beteiligung der Mitglieder an Einsatz und Erfolg der Unternehmung zu bestimmen. Von einem Mitgliedschaftsverhältnis kann man mangels gemeinschaftlicher Organisation in diesem Fall schwerlich sprechen. Da die Funktion der Teilhabe durch den Ausgleich ersetzt wird, kann man dies schlicht als Schuldverhältnis bezeichnen, vgl. etwa Flume, Personengesellschaft (1977) § 1 III (S. 4 ff.). 17 Im Folgenden wesentlich nach Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 3 II. 1. a) (S. 159); ähnl. schon bei v. Tuhr, Bürgerliches Recht AT I (1910) § 35 I. (S. 498). Vgl. zur Entwicklung des organisationsrechtlichen/personenrechtlichen/gemeinschaftlichen Elements im Recht der Personengesellschaften Wiedemann, ZGR 1996, 286 ff.; Wiedemann, WM 1990 Sonderheft Nr. 8, S. 2. Vgl. auch Bachmann, Private Ordnung (2006) S. 403 ff., der anhand des Organisationsmerkmals allgemein den Charakter von privater Verfassung auch außerhalb des Verbandsrechts feststellt (S. 412). Die Inhaltsbeschreibung der Verfassung durch Trennung in Organisation einerseits, Mitgliedschaftsverhältnis (oder Schuldverhältnis) andererseits findet sich etwa auch bei: Flume, Personengesellschaft (1977) § 1 II. (S. 4); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 3 I. 3. b) (S. 48); H. P. Westermann, Erman BGB I (12. Aufl. 2008) § 25 Rn 1; Zöllner, KölnerKomm AktG V/1. (2. Aufl. Stand 1989) § 179 Rn 14; Bayer, Lutter/Hommelhoff GmbHG (17. Aufl. 2009) § 2 Rn 12; Kießling, Vorgründungs- und Vorgesellschaften (1999) S. 68 f. 18 Wiedemann, ZGR 1996 S. 286, 289; ähnl. Winkler, DNotZ 1969, 394, 398: „Jede Personenverbindung muss die Art der Willensbildung und der Verwaltung bestimmen und so zu einer dem Wesen der Gruppe entsprechenden Lebens- und Rechtsordnung führen“; ähnl. Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000) S. 564, 580 ff.: An die Stelle detaillierter Regelungen trete die Aufgabenzuweisung und die Organisation der gemeinsamen Entscheidungsfindung. 19 Auch bei den Personenverbänden schafften die Gründer einen „Organismus“, den sie sich dienstbar machten, mit dem die kollektiven Angelegenheiten von der Privatsphäre der Vertragspartner getrennt würden: Kießling, Vorgründungs- und Vorgesellschaften (1999) S. 68 f.
§ 2 Gegenstand und Mittel – Verfassungsänderung und Treubindung
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Verfassung beschreiben.20 Weiter bedarf es der Regelung der Mitgliedschaft. Ohne Mitglieder kann der Verband nicht dauerhaft existieren.21 Deshalb muss zudem auf gleicher Ebene auch eine Rückbindung der Zielverfolgung an die – diese tragende – Mitgliedschaft erfolgen. Auf diese Weise wird die unmittelbare Zielverfolgung durch das Gemeinschaftsverhältnis auf die Mitglieder vermittelt. Dies verlangt eine Bestimmung des erforderlichen Engagements, des Herrschaftseinflusses und der Teilhabe der Mitglieder (Mitgliedschaftsverhältnis).22 Die Verbandsverfassung ist danach „die Regelung der Organisation, des Zwecks und der Mitgliedschaft“.23 Die Verfassung ist damit die gesamte, abstrakt generelle Grundordnung des Verbands, ohne die dieser nicht sein kann, bzw. – aus der oben dargestellten Identifikation des Verbands als Gebilde notwendiger Regelungen für die gemeinsame Zielverfolgung mit jenem Regelungskomplex – die dieser ist. Verbandsverfassung ist damit nicht nur derjenige Teil, der über das Gesetzesrecht hinausgeht. Über die Bestimmungen der Beteiligten, die in Ergänzung oder Änderung des jeweiligen Typs erfolgen, hinaus gehört dazu auch das mit der Gründung zur verbandsindividuellen Geltung gebrachte Gesetzesrecht von Verfassungsrang. § 25 BGB erklärt dies für den Verein und ist insofern auf alle Verbände übertragbar. So hat etwa die weitgehend dispositive Geschäftsführungs- und Vertretungsregelung in der oHG, §§ 114, 125 HGB selbstverständlich auch dann Verfassungsrang, wenn es die Gründungsgesellschafter bei dieser belassen und keine abweichende Regelung dazu schaffen. Gleiches gilt für zwingende Verfassungsbestandteile, wie die Organtrias der AG. Damit greift der Begriff der Verbandsverfassung weiter, als es einem engen Verständnis von Gesellschaftsvertrag und Satzung gelingt.24 Die oben vorläufig aufgestellte Erklärung von der Verbands20
Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 3 II. 1. a) (S. 159). Die sog. „KeinMann-GmbH“, die ihre Anteile ausschließlich selbst hält, ist nach h. M. allenfalls übergangsweise zulässig und kann nicht dauerhaft als stiftungsähnliches Sondervermögen existieren, vgl. Flume, Juristische Person (1983) § 6 II. (S. 187 f.): Die Figur habe keine praktische Bedeutung, verdeutliche aber die Bezogenheit der Kapitalgesellschaft auf die Mitgliedsperson; ferner etwa: Eckardt, Geßler/Hefermehl AktG I (Stand 1973) § 1 Rn 47 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 33 V. 2. b) (S. 995 f.); aA, für die dauerhafte Zulässigkeit derer: Kreutz, FS-Stimpel (1986) S. 379 passim.; nicht abgeneigt M. Winter, Treubindungen (1988) S. 64. 22 Je nachdem wie stark der Verband gegenüber seinen Mitgliedern verselbständigt ist, also körperschaftlicher ausgestaltet ist, desto mehr treten die organisationsrechtlichen Elemente in den Vordergrund. Mitgliedschaftliche Elemente bleiben aber zwingend. 23 Für den Verein: H. P. Westermann, Erman BGB I (12. Aufl. 2008) § 25 Rn 1; ähnl. für die GmbH Wicke, DNotZ 2006, 419, 427. 24 Wenn Zöllner, KölnerKomm AktG V/1. (2. Aufl. Stand 1989) § 179 Rn 12 und Würdinger, Aktienrecht (4. Aufl. 1981) § 10 I. 1. a) (S. 39) vorrangig die indi21
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Teil 1: Grundlagen
verfassung zum Synonym von Gesellschaftsvertrag und Satzung muss somit gegenüber einem engen Verständnis derer berichtigt werden. Diesem gegenüber ist die Verbandsverfassung mehr, als dass auch das für den Verband geltende, verfassungsrelevante Gesetzesrecht einbezogen ist. II. Änderung der Verfassung – Zuständigkeit und Kompetenz Die Änderung der Verfassung eines Verbands ist nicht nur möglich25 – ihre Möglichkeit muss vielmehr fortbestehen.26 Die Änderung der Verfassung muss sich als teils aufhebender, entgegengesetzter Akt auf der gleichen Ebene wie ihre Begründung bewegen und daher grundsätzlich von gleicher Rechtsnatur sein.27 Im Gegensatz zur Begründung bedarf es aber nicht mehr notwendig der Zustimmung aller Teilnehmer. Gleichwohl muss sich die Kompetenz von den sie betreffenden Mitgliedern ableiten und diesen gegenüber legitimiert werden.28 Das Mehrheitsprinzip ist zulässig.29 viduellen Regelungen, die in Ergänzung und Änderung zum Gesetzesrecht treten, mit dem Satzungsbegriff beschreiben, zeigt sich die Stärke des Begriffs der Verbandsverfassung, der mühelos auch die mit der Verbandsgründung eingeführte gesetzliche Ordnung erfasst. 25 Wiedemann, WM 1990 Sonderheft Nr. 8, S. 1, 11; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 2 II. 6. a) (S. 115); Rittner, Juristische Person (1973) S. 249. Insbesondere haben Dritte auch bei Außengesellschaften kein schützenswertes Interesse an einer Unveränderlichkeit der Verfassung. Grenzen ergeben sich aus dem zwingenden Gesetzesrecht des jeweiligen Typs, für den Personenverband oHG etwa aus § 128 HGB, für die Verbandsperson AG insbesondere aus § 23 V AktG. 26 Flume, FS-Coing II (1982) S. 97, 102. Wenngleich für die anderen Typen nichts anderes gilt, wird dies für die AG in Folge der dort kodifizierten Satzungsstrenge besonders deutlich ausgesprochen, vgl. Zöllner, KölnerKomm AktG V/1. (2. Aufl. Stand 1989) § 179 Rn 2; Wiedemann, Großkomm AktG VI. (4. Aufl. Stand 1994) § 179 Rn3 f.; Holzborn, Spindler/Stilz AktG II (2. Aufl. 2010) § 179 Rn 5; vgl. aber auch zur GmbH etwa Ulmer, Hachenburg GmbHG III (8. Aufl. Stand 1991) § 53 Rn 82; Zimmermann, Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG (4. Aufl. 2002) § 53 Rn 46. 27 Wegen der Möglichkeit von Mehrheitsentscheidung und folgendem Fehlen tatsächlichen Einverständnisses abw. Wiedemann, WM 1990 Sonderheft Nr. 8, S. 11, 28: Die durch (Mehrheits-)Beschluss begründete Änderung habe einen anderen Rechtscharakter und sei nicht als bloße Alternative zum einmaligen Abschluss zu betrachten. 28 Private Regelsetzungsbefugnis muss grundsätzlich auf die Zustimmung aller Adressaten zurückgeführt werden: Bachmann, Private Ordnung (2006) S. 173 f., 403. 29 Bei den Verbandspersonen ist dies die Regel, § 179 II S. 1 AktG, § 53 II S. 1 GmbHG. Bei den Personenverbänden gilt: „Die Freiheit, durch Vertrag Mehrheitsentscheidungen zuzulassen, gehört zu den festen Bestandteilen des Rechts der Personengesellschaften ebenso wie die – von Ausnahmen abgesehen – allgemeine Geltung des Einstimmigkeitsprinzips, wenn nichts anderes vereinbart worden ist.“
§ 2 Gegenstand und Mittel – Verfassungsänderung und Treubindung
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Gleichzeitig soll es aber auch Grenze sein; die Kompetenz dürfe nicht einer Minderheit eingeräumt werden.30 1. Zwingende Zuständigkeit der Mitglieder – Grundsatz der Verbandssouveränität
Nach dem gesellschaftsrechtlichen Strukturprinzip der Verbandssouveränität31 darf das korporative Schicksal des Verbands nicht durch verbandsfremde Dritte bestimmt werden.32 Der Einfluss Außenstehender muss danach immer abgeleitet sein und darf nicht auf originärer Kompetenz gründen. Dabei soll das Prinzip der Verbandssouveränität auf allen Ebenen der Gesellschaftsorganisation gelten, etwa auch für die Geschäftsführung durch – mitunter nichtmitgliedschaftliche, gleichwohl aber verbandsgebundene – Organe.33 Es soll sich grundsätzlich nicht um ein starres Verbot, sondern um die Grenze durch das zu wahrende Prinzip,34 also eine variable BGH II. ZS. v. 15.11.1982, BGHZ 85, 350, 354; vgl. zur gleichen Rspr. des RG die Nachweise bei Flume, Personengesellschaft (1977) § 14 III. (S. 213); Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 2 II. 6. (S. 115 ff.). 30 Flume, Juristische Person (1983) § 7 I. 3. (S. 195); ähnl. Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 89. Wobei das Stimmgewicht der Beteiligten bei den Personenverbänden und der GmbH in Ausübung der Vertrags- und Satzungsfreiheit relativ frei (Grenze der sittenwidrigen Abhängigkeit) gestaltet werden kann. Für die Personenverbände: BGH II. ZS v. 14.05.1956, BGHZ 20, 363, 370; C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 119 Rn 50; H. P. Westermann, Festgabe 50 Jahre BGH II (2000) S. 245, 261 ff. Für die GmbH: Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 120; Immenga/Werner, GmbHR 1976, 53; Hüffer, Großkomm GmbHG II (2006) § 47 Rn 91. Nur bei der AG sind die Möglichkeiten auf Vorzugsaktien ohne Stimmrecht (§§ 139 ff. AktG) und Höchststimmrechte in nichtbörsennotierten Gesellschaften (§ 134 I S. 2 AktG) beschränkt. 31 Der Begriff wird auf Wiedemann, FS-Schilling (1973) S. 105, 111 ff. zurückgeführt; als Prinzip aber auch schon bei Teichmann, Gestaltungsfreiheit (1970) S. 189 ff. allerdings mit teils abweichender Begründung (dort S. 191); vgl. dazu Schubel, Verbandssouveränität (2003) S. 1 ff. und umfassend zum Prinzip passim, sowie C. Weber, Privatautonomie (2000) S. 47 ff.; Priester, FS-Werner (1984) S. 657 ff. Synonym wird zum Teil auch von der „Verbandsautonomie“, „Vereinsautonomie“ oder „Satzungsautonomie“ gesprochen. 32 Wiedemann, FS-Schilling (1973) S. 105, 111 f.; Teubner, ZGR 1986, 565, 567 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 5 I. 3. b) (S. 84 f.); C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. Stand 2009) § 109 Rn 30 f.; Flume, Juristische Person (1983) § 7 I. (S. 189 ff., 193 ff.); Flume, Personengesellschaft (1977) § 14 VII. (S. 236). 33 Wiedemann, FS-Schilling (1973) S. 105, 112 f.; Steinbeck, Vereinsautonomie (1999) S. 31; Schubel, Verbandssouveränität (2003) S. 407; aA K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 5 I. 3. b) (S. 85), die Geltung des Prinzips sei auf die Verfassungsebene beschränkt. 34 Wiedemann, FS-Schilling (1973) S. 105, 117 f.
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Teil 1: Grundlagen
Schranke, handeln. Alle Entscheidungen des Verbands sollen letztlich nur von den Personen beherrscht bleiben, die Mitglied oder Organ des Verbands sind.35 Nur diese identifizierten sich mit dem Verband, seien rechtlich zur Interessenwahrung verpflichtet und könnten danach haftbar gemacht werden.36 Begründet wird die einheitliche Geltung einerseits aus einem Bedürfnis der Mitglieder zum Schutz ihrer Interessen, Kompetenzen nur bei Mitgliedern mit einer idealtypisch vorhandenen Interessengleichheit oder bei besonders verpflichteten Organen zu statuieren. Zudem wird mit einem „Abschichtungseffekt“ argumentiert, der aus der Zentralisation von Vermögen und Organisation eine unabhängige Entscheidungszuständigkeit der Organisation verlange.37 Die Zuständigkeit zur Veränderung der Verbandsverfassung liegt nach den gesetzlichen Regelungen nur bei den Mitgliedern: für die GbR §§ 705, 311 I BGB, für die oHG/KG iVm §§ 119, 161 II HGB, für die AG § 179 I S. 1 AktG, für die GmbH § 53 I GmbHG. Dort muss sie nach ganz h. M. auch zwingend verbleiben. Die Freiheit der Gesellschafter, Vertrag und Satzung inhaltlich frei nach ihren Vorstellungen zu bestimmen und an ihren Bedürfnissen auszurichten (hier: Vertrags- bzw. Satzungsfreiheit38), 35 Zöllner, FS-GmbHG (1992) S. 85, 120: „Die als Organe berufenen Dritten werden gleichsam nicht als Dritte, sondern als zur Gesellschaft gehörige Elemente verstanden“. 36 Wiedemann, FS-Schilling (1973) S. 105, 111 f. 37 Wiedemann, FS-Schilling (1973) S. 105, 111 f.; zust. Teubner, ZGR 1986, 565, 567 f. § 137 BGB wird demgegenüber zur Begründung abgelehnt. § 137 BGB schütze die Verkehrsfähigkeit der Rechtsgüter, die Aktionsfreiheit sei sekundär. „Die Aktionsfreiheit [. . .] gehört zu den fundamentalen Axiomen der natürlichen Person“; sie könne nicht ohne weiteres auf den Verband übertragen werden und bedürfe dort einer eigenständigen Begründung: Wiedemann, FS-Schilling (1973) S. 105, 113 f.; ähnl. Flume, Personengesellschaft (1977) § 14 VII. (S. 236, Fn 86); zust. C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 109 Rn 30. Eine Parallele zum Verbot der Selbstentrechtung (§ 138 BGB) für die natürliche Person kann entgegen Beuthien/Gätsch, ZHR 156 (1992) S. 459, 474; Steinbeck, Vereinsautonomie (1999) S. 33 f. nicht überzeugen. Die natürliche Person ist im Innenverhältnis nicht durch Rechtsregeln verfasst, die Verfassungsebene existiert dort nicht. Das Verbot der Selbstentrechtung nach § 138 BGB muss sich dort also immer auf das „Außenverhältnis“ also den Bereich der „Geschäftsführung“ der natürlichen Person beziehen. Für den interessanten Teil der Verbandssouveränität, nämlich den der Verfassungssouveränität als interner Ordnung lässt sich daraus also nichts gewinnen, vgl. ferner Schubel, Verbandssouveränität (2003) S. 6 ff. Insgesamt spricht viel dafür, die „Verfassungssouveränität“ unmittelbar aus der Privatautonomie der Mitglieder und dem Selbstentmündigungsverbot derer (keine Parallelität im oben genannten Sinn) zu begründen. 38 Die Freiheit, Rechtsverhältnisse nach eigenem Willen und eigenen Vorstellungen zu begründen und auszuformen, wird allgemein als Privatautonomie beschrieben. In dem Begriff werden die Kompetenz der Selbstbestimmung und die Freiheit
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findet hier eine Grenze. Verfassungskompetenzen können nicht delegiert,39 Dritten dort keine Entscheidungsrechte eingeräumt werden.40 Dies wird auch auf das allgemeine, formübergreifende Prinzip der Verbandssouveränität gestützt. Danach kann die Vertrags- und Satzungssouveränität der Mitglieder als Teil des allgemeinen – alle Ebenen der gesellschaftlichen Organisation umfassenden – Souveränitätsprinzips für die Verfassungsebene verstanden werden.41 Anders als bei dem allgemeinen Prinzip besteht aber für die Verfassungsfragen keine Wertungsmöglichkeit, keine variable Schranke. Weder eine Kompetenz Dritter noch die Substitution durch Organe ist dort möglich. Über die Verfassung entscheiden ausschließlich die Mitglieder. 2. Souverän der Verfassung
a) Einleitung Die Mitglieder nehmen ihre ausschließliche Zuständigkeit zur Verfassungsgestaltung durch ihr Stimmrecht wahr.42 Das Stimmrecht wird allinhaltlicher Gestaltung zusammengeführt. Hier soll der Autonomiebegriff für seinen Träger reserviert bleiben (Mitgliedsautonomie/Verbandsautonomie), vgl. dazu hier § 2 A. II. 2. b) Souverän der Verfassung. Ähnliche Terminologie bei Flume, Rechtsgeschäft (4. Aufl. 1992) § 1 8. a) (S. 12). 39 § 179 I S. 2 AktG lässt das Prinzip bekanntermaßen unberührt, als dass er nur für redaktionelle und nicht für materielle Änderungen gilt, vgl. etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 30 I 1. a) (S. 919). 40 Wiedemann, FS-Schilling (1973) S. 105, 112: Es sei anerkannt, „dass den Mitgliedern aller Verbandsformen die Alleinzuständigkeit zur Vertrags- oder Satzungsgestaltung reserviert bleiben muss“. [Hervorhebung im Original]; ähnl. Flume, FSCoing II (1982) S. 97, 102 ff. Ebenso für die ausschließliche Zuständigkeit der Mitglieder in Verfassungsfragen etwa: Zöllner, Baumbach/Hueck GmbHG (19. Aufl. 2010) § 53 Rn 3; C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 109 Rn 30 f.; Ulmer, Hachenburg GmbHG I (8. Aufl. Stand 1989) Einl Rn 29; Ulmer, FS-Wiedemann (2002) S. 1297, 1316 f.; abw., als dass zwar Zustimmungsvorbehalte Dritter möglich seien, soweit der Mitgliedschaft deren Aufhebung vorbehalten bleibt: Beuthien/ Gätsch, ZHR 156 (1992) S. 459, 476 ff. Vgl. zur Schiedszuständigkeit bei Stimmengleichheit BGH II. ZS. v. 22.02.1960, NJW 1960, 963, 964; kritisch dazu: Emmerich, Heymann HGB II (2. Aufl. 1996) § 119 Rn 25. Eine echte Ausnahme wird in Praxis und Lehre für Vereine gesucht, die Religionsgemeinschaften zuzuordnen sind, BVerfG II. Senat v. 05.02.1991, „Bahá’i“ BVerfGE 83, 341, 356 ff., 360 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 5 I. 3. (S. 86 f.). 41 Wie oben angerissen kann auf der Ebene der Verbandsverfassung die Begründung aber eine andere sein. Diese muss bzw. kann nicht auf den Verband („Abschichtungseffekt“) bezogen werden, sondern ist aus der Privatautonomie der Mitglieder („Selbstentrechtung“, „Interessenschutz“) zu geben. Enger für den Grundsatz der Verbandssouveränität nur die Freiheit von Dritten in Verfassungsfragen zu erfassen: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 5 I. 3. b) (S. 85); Emmerich, Heymann HGB II (2. Aufl. 1996) § 109 Rn 4 b.
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gemein, also unabhängig vom Gegenstand der Beschlussfassung „Verfassungsänderung“, als mitgliedschaftliches (Grund-)Recht zur Mitwirkung an der Willensbildung der Gesellschaft beschrieben.43 Für den Gesellschafter gilt das Stimmrecht als eines seiner wichtigsten Rechte.44 Gleichwohl wird es von der h. M. nicht als notwendiger Bestandteil der Mitgliedschaft gesehen und sog. „stimmrechtslose Anteile“ werden allgemein für zulässig befunden.45 Nur für persönlich haftende Gesellschafter ist die Frage streitig.46 Vorliegend soll nur das Stimmrecht zur Verfassungsgestaltung beschrieben werden. Auch hier wird von der Beteiligung an der Willensbildung der Gesellschaft gesprochen.47 Dies legt die Vermutung nahe, der Verband bilde seinen Willen auch in der Frage der Verfassungsgestaltung selbst. 42 Auch für einstimmige Beschlüsse in den Vertragsgesellschaften (Personenverbänden), also Änderungsverträge, bietet sich die einheitliche Terminologie für die zusammenhängende Betrachtung an. 43 Für den Verein: „Befugnis, bei der Herstellung des Willens der Körperschaft mitzuwirken“: Mugdan, Materialien I (1899) S. 411. Formübergreifend: Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 11: wesensgleiches Mitgliedschaftsrecht der kollektiven Willensbildung, S. 93; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 21 II. 1. a) (S. 604). Für die Personenverbände etwa: Goette, Ebenroth/Boujong/Joost HGB I (2. Aufl. 2008) § 119 Rn 8; Ensthaler, GK-HGB (6. Aufl. 1999) § 119 Rn 1. Für die Verbandspersonen etwa: Flume, Juristische Person (1983) § 7 II. 1. (S. 201); Hüffer, Großkomm GmbHG II (2006) § 47 Rn 40. 44 Barz, Großkomm AktG I/2. (3. Aufl. 1973) § 134 Rn 2; Seidel, Treupflichten (1998) S. 19. 45 BGH II. ZS v. 14.07.1954, BGHZ 14, 264, 269 ff.; BGH II. ZS. v. 14.05.1956, BGHZ 20, 363, 367; für die h. L. etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 21 II. 1. c) (S. 605); Zöllner, FS-GmbHG (1992) S. 85, 121 f. Dabei soll hier nicht auf die Frage eingegangen werden, inwiefern es sinnvoll ist von „stimmrechtslosen Anteilen“ zu sprechen. Die Ausschlussmöglichkeit erscheint angesichts der verbleibenden Zustimmungsrechte in mitgliedschaftlichen Fragen unvollkommenen. Siehe dazu mit Blick auf den „Eingriff in die Rechtsstellung“ des vom Stimmrecht Ausgeschlossenen, für die Personenverbände: BGH II. ZS. v. 14.05.1956, BGHZ 20, 363, 368 f.; C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. Stand 2009) § 119 Rn 66; zur GmbH umfassend C. Schäfer, GmbH-Geschäftsanteil (1997) passim; für die AG etwa § 141 AktG. Danach erscheint grundsätzlich der Stimmrechtsausschluss begrenzt auf Geschäftsführungs- und Organisationsakte, sowie im Rahmen der Verbandsverfassung auf das Organisationsverhältnis (vgl dazu hier § 2 B. II. 2. Ebenen verbandsinterner Willensbildung). Für die Regelung des Mitgliedschaftsverhältnisses, die die konkrete Rechtsstellung des stimmrechtslosen Anteils betreffen, kann kaum von einer Stimmrechtslosigkeit gesprochen werden. Ähnl. formuliert Flume, Personengesellschaft (1977) § 14 III. (S. 216 f.), dass nur das „korporative Element der Gesellschaft“ überhaupt dem Mehrheitswillen unterworfen werden kann; ähnl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 7 II. 1. a) (S. 369). 46 Für das Stimmrecht als notwendigen Bestandteil der Mitgliedschaft dort: Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 7 II. 1. a) (S. 368); Überblick über Streitstand und Gegenauffassung bei Ulmer, Staub HGB II (Vorauflage: 4. Aufl. Stand 1999) § 119 Rn 68.
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b) Verbands- oder Mitgliedsautonomie? Die Zuordnung der Verfassungskompetenz kann grundsätzlich auf zwei verschiedene Träger gedacht werden. Die Zuständigkeit zur Verfassungsgestaltung, die zwingend durch die Mitglieder auszuüben ist, könnte aus der fremden Kompetenz des Verbandsganzen abgeleitet sein. Die Mitglieder könnten auch in der Frage der Verfassungsgestaltung nur als Organ des Verbands betrachtet werden, der seine Verfassungskompetenz durch die Mitglieder ausübt. Dies kann insofern als „Verbandsautonomie“ beschrieben werden, als dass der Verband selbst als Souverän seiner Verfassung verstanden würde. Anders gewendet könnte man davon sprechen, dass der Verband – einmal zur Entstehung gelangt – nicht mehr von seinen Mitgliedern bestimmt würde, sondern sich durch seine Mitglieder bestimme (dazu unter cc)). Einem anderen Verständnis folgend könnte der Verband als bloßer Gegenstand der Änderung, nicht als deren Urheber begriffen werden.48 Dann wären es nur die Mitglieder, die sich entschließen, ihre Rechtsverhältnisse – seien sie durch die eigenständige Körperschaftlichkeit des Verbands vermittelt oder nicht – neu zu ordnen. Mit der Entschließung über seine Rechtsverhältnisse würde jedes einzelne Mitglied lediglich die eigene Privatautonomie ausüben, weshalb man im Gegensatz zur „Verbandsautonomie“ von „Mitgliedsautonomie“ sprechen kann (dazu unter dd.). Damit zielt die Frage auf die Zuordnung der oben beschriebenen Verfassungssouveränität zu einer Autonomie des Verbands oder derjenigen der Mitglieder, auf eine Regelsetzungskompetenz zwischen einem organschaftlich agierenden Kollektiv und kooperierenden Individuen.49 47
Z. B. C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 109 Rn 30: Die Entscheidung über das rechtliche Schicksal des Verbandes bleibe notwendig den Mitgliedern vorbehalten. Dies folge aus der „Sicherung der Autonomie des (durch seine Mitglieder handelnden) Verbandes“; ähnl. Hüffer, FS-GmbHG (1992) S. 521, 528: Es entspreche „dem heutigen Stand der Dogmatik“ von dem durch Organhandeln gebildeten Willen der Gesellschaft zu sprechen. 48 Für den Personenverband Wiedemann, WM 1990 Sonderheft Nr. 8, S. 1, 6. 49 Die Frage ist von derjenigen nach der Rechtsqualität der Verbandsverfassung zwischen Rechtsgeschäft und Norm (dazu etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 5 I. 1. (S. 75), jüngst F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) S. 17 ff.; Bachmann, Private Ordnung (2006) S. 109 ff.) zu unterscheiden. Diese überschneidet sie nur insofern, als bei einer von Gierke nahen, vom Privatrecht gelösten Bestimmung des Verbandsrechts als Korporationsrecht zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht (dazu die Aufnahme bei Hadding, FS-Fischer (1979) S. 165, passim) die Möglichkeit der Mitgliedsautonomie ausgeschlossen bleibt. Wenn danach nämlich schon bei der Gründung kein rechtsgeschäftliches Verständnis für das Verbandsrecht funktionieren soll, kann es gleichermaßen nicht für die Veränderung gelten. Die Frage nach dem Träger der „Verbandsautonomie“ müsste dagegen auch bei einer rein vertragstheoretisch bzw. modifiziert vertragstheoretisch gewählten Begründung der Rechtsnatur der Verbandsverfassung funktionieren, da dadurch nur die Reich-
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Diese Fragestellung kann auf den ersten Blick verwundern. Es liegt nahe, sie generell für die „Mitgliedsautonomie“ entscheiden zu wollen. Der Grund mag in dem Axiom des Verbands als eines frei von Mitgliedern gebildeten und getragenen Konstrukts rasch gefunden sein.50 Darüber hinaus könnte der Erkenntniswert der Betrachtung bezweifelt werden. Begonnen mit Letzterem spielt es für die Frage, welche Interessen die Mitglieder auf dem Weg zu einer Einigung und bei der Stimmrechtsausübung verfolgen dürfen, nicht nur eine entscheidende Rolle, dies bildet vielmehr die erste Schlüsselfrage.51 Sie ist tatsächlich kaum zu überschätzen. Im Fall der Ausübung der Verbandsautonomie durch die Mitglieder nur als „Organ“ des Verbands muss die Rücksichtnahme auf Belange außerhalb der Person des das Stimmrecht ausübenden Mitglieds (also vor allem Verbands- aber auch anderer Mitglieds-, vielleicht sogar Allgemeininteressen) eher die Regel als die Ausnahme sein. Dagegen kann es sich auch um die Ausübung der Mitgliedsautonomie, also der durch die gesamte Rechtsordnung (Art. 2 I GG Privatautonomie) anerkannten rechtsgeschäftlichen Selbstherrlichkeit jedes einzelnen Mitglieds handeln. Diese würde dann nur auf das Verbandsverhältnis als ein besonderes Rechtsverhältnis des Mitglieds angewandt, womit sich solche Rücksichtnahme prinzipiell als Ausnahme erweisen müsste. Die legitime Verfolgung von Eigeninteressen erschiene dagegen dann als Regel. Mit dieser, auf die Perspektive des mit der Zustimmungspflicht konfrontierten Mitglieds gewandten Betrachtung erhält die Frage ihre konkrete Bedeutung für die vorliegende Untersuchung. Die Treubindung als Zugriff auf die Entschließung des einzelnen Mitglieds erweist sich gegenüber dem Verständnis der Mitgliedsautonomie als fremdes und rechtfertigungspflichtiges, weite der privatautonom gebildeten Selbständigkeit des Verbands gegenüber den Mitgliedern beschrieben wird. Also lässt die Basis der h. M. grundsätzlich sowohl das Verständnis der „Verbandsautonomie“ als auch der „Mitgliedsautonomie“ zu. 50 Nur auf den ersten Blick ist die Annahme, je nach Grundtyp für die Verbandsperson durch die Körperschaftlichkeit im Sinne der Verbandsautonomie, für den Personenverband durch die Vertragsnatur im Sinne der Mitgliedsautonomie entscheiden zu wollen, selbstverständlich. Für diese Gegensätzlichkeit Anleihen bei: Beuthien/ Gätsch, ZHR 156 (1992) S. 459, 474: „Körperschaften genießen also ein körperschaftliches Selbstbestimmungsrecht. Insoweit steht die körperschaftliche juristische Person der selbstbestimmten natürlichen Person gleich. Der Mensch genießt als Ausdruck seiner Selbstbestimmtheit Vertragsfreiheit“. Mit der privatautonomen Betätigung bei jeder Verbandsgründung als Ausgangspunkt müsste dies für die Verbandsperson schon einer erhöhten Rechtfertigung unterliegen. Immerhin zeigt die Alternative Klärungsbedarf. Weiter zum formübergreifenden Verständnis hier unmittelbar unter § 2 A. II. 2. b) aa) Formübergreifendes Verständnis. 51 „Nur wenn man beachtet, dass die Privatautonomie die Anerkennung der „Selbstherrlichkeit“ des einzelnen in der Gestaltung von Rechtsverhältnissen bedeutet, gelangt man zu einem Verständnis, wie weit und unter welchen Voraussetzungen die Rechtsordnung der privatautonomen Gestaltung von Rechtsverhältnissen Raum geben darf“: Flume, Rechtsgeschäft (4. Aufl. 1992) § 1 5. (S. 7).
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nach dem Verständnis der Verbandsautonomie als immanentes Element. Nur im Verständnis der Verbandsautonomie ist eine Zweckhaftigkeit der Begründung der Stimmrechtsmacht gegenüber dem Verband möglich, die sich bei grundsätzlicher Geltung der individuellen Privatautonomie verbietet. Damit zeigt die Frage ihre ganze Bedeutung für Legitimation und Reichweite von Rücksichts- bzw. Treupflichten bei der Stimmrechtsausübung. Von Vorteil ist bei dieser Betrachtung, dass zunächst allein das Verhältnis der Mitglieder gegenüber dem Verband betrachtet wird. Dasjenige der Mitglieder untereinander, also Mehrheit zu Minderheit und vice versa, ist dem nachgeordnet und eine andere Frage.52 Dem Anschein, es solle nur Selbstverständlichkeit53 erforscht werden, sind die kontroversen Ansätze in der Literatur entgegenzuhalten. Abseits der Selbstverständlichkeit von Unausgesprochenem54, also eben dort, wo klare Bekenntnisse zu der Frage erfolgen, finden sich – vor allem für die Verbandsperson (zur Allgemeinheit der Frage sogleich, unter aa)) – diametral entgegen gesetzte Positionen (unter cc), dd), ee)).55 Sie verlangen für den Fortgang der Arbeit, wenn schon durch den grundlegenden Charakter kaum eine „Lösung“ möglich sein dürfte, mehr als ein persönliches Credo und wenigstens ein differenziertes Bekenntnis zu einem bestimmten Verständnis (unter ff)). Zuvor ist die Fragestellung noch von der Lehre vom Unternehmen an sich abzugrenzen (unter bb)). aa) Formübergreifendes Verständnis Das Verständnis des mitgliedschaftlichen Stimmrechts zur Verfassungsgestaltung als Ableitung aus einer Selbstherrlichkeit des Verbands, einer 52
Auf die zurückzukommen ist, vgl. hier § 3 A. II. Besonderer Geltungsgrund auf der Ebene der Verfassung (S. 56 ff.). 53 Vgl. ferner die ähnliche Frage für das Vereinsrecht bei Hadding, FS-Fischer (1979) S. 165, 172: „Ist nun mit dem „Recht der Selbstverwaltung“ wiederum etwas anderes gemeint als die rechtsgeschäftliche Privatautonomie im Berech des Gesellschaftsrechts?“, sowie dort S. 175; vgl. auch die Fragestellung bei F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) S. 11 ff. allerdings vorwiegend gründungs-, nicht vollzugsbezogen. 54 Womöglich spricht teils auch aus der bewussten Bezeichnung der Mitgliederversammlung als Organ des Verbands einerseits, als Verfahren der Beschlussbildung andererseits das jeweilige Verständnis. Zur Frage der Gesellschafterversammlung zwischen Verfahren und Organ vgl. Hüffer, FS-GmbHG (1992) S. 531, passim; Wilhelm, Rechtsform (1981) S. 80 f. Zur materiellen Bedeutung der Betrachtung vgl. Mülbert, Aktiengesellschaft (1995) S. 231 ff. 55 Vergleiche auch die Zusammenstellung der (teils ob ihrer apodiktischen Kürze beinah willkürlich anmutenden) Aussagen zur Zweckbindung des Stimmrechts bei Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 318 ff.
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vom Mitglied nur organmäßig wahrgenommenen Kollektivkompetenz, funktioniert bei den Verbandspersonen deutlich leichter als bei den Personenverbänden. Dies hat mehrere Ursachen. Vor allem in der Vertragsstruktur des Zusammenschlusses beim Personenverband ist ein maßgeblicher Grund zu sehen. Handeln die beteiligten Personen dort bei der Verfassungsänderung nach der gesetzlichen Regel (Einstimmigkeitsprinzip) durch Änderungsvertrag, liegt die Gemeinsamkeit mit allgemeiner rechtsgeschäftlicher Betätigung des Mitglieds näher.56 Der BGH erklärt insofern für den Personenverband, dass bei der Änderung des Gesellschaftsvertrags keine Zusammenarbeit im Rahmen einer bestehenden Vertragsbeziehung erfolge. Die Beteiligten stünden sich vielmehr typischerweise in der Rolle von Geschäftsgegnern gegenüber, von denen jeder zu Lasten des anderen seine eigene Rechtsposition zu verschieben oder zu stärken versuche. Dabei müsse die Grundlage der Zusammenarbeit durch den Ausgleich der Interessen erst geschaffen oder neu bestimmt werden.57 Auf der anderen Seite ist das Stimmrecht der Mitglieder in der Verbandsperson historisch und faktisch von viel geringerer Bedeutung. Die „Mitbestimmung“ der Anteilseigner (!) ist in den Anfängen der kapitalistisch verfassten Unternehmung keine Selbstverständlichkeit.58 Unternehmerische Mitbestimmung durch Arbeitnehmer und damit einhergehende Teilentmündigung der Anteilseigner ist nach geltendem Recht rechtsformgebunden und gilt nur für Kapitalgesellschaften.59 Der desinteressierte Anteilseigner, der sich auf Anonymität, Rendite und Wertsteigerung reduziert, bildet auch heute einen guten Teil der Anlagegesellschafter.60 Die Verselbständigung der Verbandsordnung 56 Wobei hier gleichwohl im Sprachgebrauch die Verbandsautonomie eben auch für die Personenverbände Verwendung findet, vgl.: C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 109 Rn 30; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 4 I. (S. 296). 57 BGH II. ZS. v. 18.09.1975, BGHZ 65, 93, 97; ähnl. A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72, 89 f.: Die Grundlagenbeschlüsse lägen außerhalb der vertraglichen Bindung, die Gesellschafter könnten grundsätzlich ihre Interessen so verfolgen, gerade wie bei dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags. Ähnl. Wieland, Handelsrecht I (1921) S. 460. 58 Wiedemann, ZGR 1975, 385, 388 f. Der Rekurs erfolgt dabei auf die Handelskompanie, die stark öffentlich-rechtlich orientiert war und die Anteilseigner überwiegend rechtlos hielt. 59 Vgl. § 1 I Nr. 1 MitbestG; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 11 II. (S. 608 ff.). 60 Dieser Tatsache durfte der Gesetzgeber durch die Möglichkeit einer freien Ausschlusskündigung, eines sog. „Squeeze-Out“-Verfahrens in §§ 327 a ff. AktG Rechnung tragen. Diese stellt sich im Hinblick auf die nicht-unternehmerische überwiegend vermögensorientierte Stellung der minderheitlichen Mitgliedsinteressen (bis zu 5% des Grundkapitals) auch bei einer Reduzierung auf die Vermögensinteressen derer als verfassungsgemäß dar: BVerfG I. Senat Beschluss v. 30.05.07, „Edscha AG“ ZIP 2007, 1261 ff.
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nach der rechtsgeschäftlichen Begründung erlaubt einen Blick auf das Stimmrecht, der von der allgemeinen rechtsgeschäftlichen Selbstherrlichkeit der Mitglieder (Privatautonomie) ablenkt. Damit fällt es dort leichter, die Willensbildung des Verbands in diesem zu verselbständigen und nicht ausschließlich von den Mitgliedern abzuleiten. Vorliegend soll die Frage trotzdem formübergreifend verstanden werden. Die zitierte Erklärung des BGH zum Rollenverhältnis der Teilnehmer als Geschäftsgegner bei Grundlagenfragen61 ist auch für den körperschaftlich verfassten Verband wirtschaftliche Realität. Die Verbandsstruktur begründet für das Grundinteresse der natürlich-egoistisch motivierten Beteiligung jedes einzelnen Mitglieds keinen Unterschied.62 Das „do-ut-des“ der wechselseitigen Förderpflichten bzw. diesen korrespondierenden Teilhabepositionen kann nicht geleugnet werden.63 Die Frage kann nur sein, ob die Mitglieder sich ihrer Selbstherrschaft bezogen auf das Verbandsverhältnis durch Gründung oder Beitritt zu einem Teil begeben und diesen dem höheren Zweck des Verbands untergeordnet bzw. in diesem verselbständigt haben.64 Dies erscheint prinzipiell auch für den Personenverband nicht von vornherein undenkbar.65 Auch dort wird die Eigennützigkeit des Stimmrechts in Verfas61
BGH II. ZS v. 18.09.1975, BGHZ 65, 93, 97. Ähnlich Lehmann/Dietz, Gesellschaftsrecht (3. Aufl. 1970) § 4 I. (S. 34 f.). 63 Ebenso Kollhosser, ZHR 129 (1967) S. 121, 127 ff., der eine synallagmatische Verbindung sieht S. 137; ähnl. Koller, FS-Canaris II (2007) S. 147, 157. 64 T. Raiser erklärt, dass sich im Gründungsakt die Mitglieder kraft privatautonomer Entscheidung bereit erklären, ihre eigenen Interessen unter die des Unternehmens zu stellen, soweit Gesetz oder Vertrag es erfordern: FS-Schmidt (1976) S. 101, 112. Das Verständnis der Verbandssouveränität aus der Verbandsautonomie dürfte die scharfe Begrenzung auf den konkreten Vertrag dann nicht enthalten, um auch auf Verfassungsebene von Verbandsgewalt auszugehen. 65 Vgl. Teubner, AK-BGB III (1979) Vor § 705 Rn 14, 25, 27; Flume, Personengesellschaft (1977) § 14 I. (S. 208): Es gehe nicht um die Selbstbestimmung der einzelnen Gesellschafter, sondern um die Selbstbestimmung der Gruppe. „Der einzelne Gesellschafter erfüllt in der Mitwirkung an dem Geschehen der Gesellschaft nur seine Funktion als Mitglied der Gruppe, nicht anders als das Mitglied einer juristischen Person“. Dabei differenziert Flume aber nicht ersichtlich nach der Ebene der Entscheidung zwischen Verfassungsgestaltung und Geschäftsführung (für letztere träfe die Aussage fraglos zu!), weshalb die Aussage nur mit Vorsicht einzubeziehen ist. Ähnl. H. P. Westermann, Typengesetzlichkeit (1970) S. 138 zum Autonomieverlust der Mitglieder in gemeinsachaftlichen Angelegenheiten. Siehe auch Flume, Juristische Person (1983) § 8 I. (S. 266 f.). Kritisch dazu Fischer, ZGR 1979 S. 251, 262. Vgl. ferner Weipert, MüHandbuch I PersG (3. Aufl. 2009) § 57 Rn 24: „Die konstitutionelle Unterwerfung der Minderheit unter den Mehrheitswillen verabsolutiert die Selbstbestimmung der Gesellschaft, durch sie entsteht jene „überindividuelle Personengemeinschaft“, mit der sich die Personengesellschaft zu Lasten der Privatautonomie ihrer Mitglieder prinzipielle Strukturmerkmale der Körperschaft zu eigen macht. Mit der gesellschaftsvertraglichen Festlegung auf das Mehrheitsprinzip 62
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sungsfragen ausdrücklich bezweifelt.66 Angesichts der fließenden Grenzen der Verbandsformen durch zulässige Mischformen (GmbH & Co. KG) und durch die Realstruktur beherrschbare Typen (personalisierte Körperschaft, körperschaftliche Personengesellschaft) sowie aufgrund der einheitlich rechtsgeschäftlichen Grundlage aller Verbände liegt die Vermutung nah, dass ein unterschiedliches Verständnis je nach Grundtyp in dieser Grundlagenfrage nicht hilfreich ist.67 bb) Wiederkehr der Lehre vom Unternehmen an sich? Die Frage zwischen Verbands- und Mitgliedsautonomie ist nicht mit der überkommenen „Lehre vom Unternehmen an sich“68 zu verwechseln. An diese Diskussion soll hier nicht angeknüpft werden. Die Lehre vom Unterwird also eine Verlagerung der Entscheidungskompetenz von jedem einzelnen Mitglied auf die Gesellschaft als Verband bewirkt. [. . .] Bindung an Kollektiventscheidungen ist immer auch Aufgabe der Privatautonomie“. Hepp-Schwab, Mitgliedschaft (1998) S. 67 erfasst die Gesellschafterversammlung des Personenverbands als dessen Organ. 66 Vgl. Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 14 ff.; bzw. sogar verabschiedet: Es sei eine „immer noch verbreitete Meinung“, die von der Eigennützigkeit ausgehe: M. Winter, Treubindungen (1988) S. 141 f. Dabei richtet sich der Blick M. Winters aber vor allem auf den Schutz des Einzelnen gegenüber gestaltenden Mehrheitsentscheidungen. 67 Ebenso Lehmann/Dietz, Gesellschaftsrecht (3. Aufl. 1970) § 4 I. (S. 34 f.); wohl auch F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) S. 11 ff. Abweichend offenbar Fischer, NJW 1954, 777, 778; Flume, Juristische Person (1983) § 8 I. (S. 263 f.): Es sei eine unterschiedliche Wertung des Gesetzgebers, „dass es im Fall der juristischen Person bei der Stimmabgabe des Mitglieds in der Mitgliederversammlung um die „Befugnis bei der Herstellung des Willens für die Körperschaft mitzuwirken“, geht, während bei der Personengesellschaft die Gesellschafter als Vertragspartner zusammenwirken“, vgl. dagg. aber auch Flume, Personengesellschaft (1977) § 14 I. (S. 208); ferner formgebunden: Martens, Mehrheits- und Konzernherrschaft (1970) S. 116. 68 Siehe dazu die Aufnahme von Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 67 ff., der aber schon damals konstatiert, es lohne „heute“ nicht mehr die Entwicklung und Ausprägung der aus den 20er Jahren stammenden Lehre in Einzelheiten darzustellen (S. 68); jüngst die historische Aufnahme von Riechers, „Unternehmen an sich“ (1996) passim mit ähnlichem Ergebnis. Wiederbelebungsversuche sind allerdings unter dem Titel „Loyalitätspflicht“ gegenüber dem Unternehmen bei T. Raiser, Unternehmen (1969) S. 145 ff. und unter dem Titel „Unternehmensinteresse“, dessen Träger der corporate actor, mithin der faktische Organisationszusammenhang, sei, dessen Interesse darauf gerichtet sei, „solche Organisationsstrukturen zu schaffen, die eine optimale Abstimmung von gesellschaftlicher Funktion und gesellschaftlichen Leistungen des Unternehmens ermöglichen“ (S. 472) und gegenüber den „vereinigten Abschöpfungsinteressen“ von Anteilseignern (Profit), Arbeitnehmern (Löhne) und Politik (Steuern) ein Korrektiv bilden solle (S. 483 f.), bei Teubner, ZHR 149 (1985) S. 470, passim. [Hervorhebungen dort] zu finden; zust. Wielsch, Freiheit (2001) S. 280 ff.
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nehmen an sich gründete nicht auf dem Verhältnis des Verbands gegenüber seinen Mitgliedern. Sie versuchte vielmehr das Unternehmen als Interessenund Handlungseinheit zu institutionalisieren und dadurch der tatsächlichen Interessenpluralität aller Beteiligten, den Mitunternehmern und Anteilseignern, den Arbeitnehmern und den Gläubigern wie der Allgemeinheit durch eine Selbständigkeit der Unternehmensinteressen gerecht zu werden. Die „soziale Realität“ berücksichtigend sollte das Unternehmen aus der völligen Verfügungsgewalt seines Trägers befreit werden. Auch wenn in der Folge ähnlich die Mitglieder „nur mehr als persönliche „Mittel“, soweit Beschlussfassungen unvermeidlich sind“, erschienen,69 besteht ein gravierender Unterschied: Die Lehre gründete nicht auf der Gemeinschaft von Personen, sondern allein auf deren Unternehmung, sie war damit dem Grunde nach verbandsunabhängig.70 Es sollte an die sozial-wirtschaftliche Realität der Großbetriebe angeknüpft werden. Die hier aufgeworfene Frage bleibt dagegen davor, in den Verbandsinterna, stehen. Sie widmet sich keiner „rechtstatsächlichen“71 Erscheinung. Es geht um das Grundverständnis des Grades der rechtlichen Verselbständigung des Verbands gegenüber seinen Mitgliedern auf der Verfassungsebene. Damit wird anders als bei der Lehre vom Unternehmen an sich nicht die Einbettung der privatwirtschaftlichen Unternehmung in die Privatautonomie angegangen.72 Es soll allein die Reichweite der privatautonom gebildeten und ebenso legitimierten Zweckgemeinschaft vermessen werden. cc) Verbandsautonomie – „Sozialverständnis“ Ein verbandsautonomes Verständnis reicht weit zurück. v. Savigny hat in der Identifikation der Corporation mit der Totalität ihrer Mitglieder und einer daraus gefolgerten unbedingten Gewalt der Mitglieder einen „Hauptirrtum“ ausgemacht.73 Auf dieses Verbandsverständnis beziehen sich Flume für die juristische Person und Teubner für den Verband überhaupt ausdrücklich.74 69 So die plastische Beschreibung der Folge von der Lehre vom Unternehmen an sich durch Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 69. 70 Wiedemann, ZGR 1975, 385, 395. Deutliche Formanbindung des fortwährenden Gedankens aber etwa bei Ballerstedt, Kapital (1949) S. 12 f., 184 f. für das „autonom gewordene Unternehmen“ in der AG, während die personalistische GmbH noch Dienerin der Gesellschafter sein solle. 71 Wiedemann, ZGR 1975, 385, 395. 72 So der Vorwurf gegenüber der Lehre vom Unternehmen an sich von C. Weber, Privatautonomie (2000) S. 209. 73 v. Savigny, System des heutigen römichen Rechts II (1840) S. 331 ff. 347: Diese Lehre beruhe auf der „stillschweigenden, ganz willkürlichen Voraussetzung einer absoluten Demokratie in der Verfassung aller Corporationen“ (S. 332).
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Flume löst mit diesem Verständnis vom Mitglied als reinem Organ des Verbands bei der juristischen Person ganz konkret Fälle materieller Beschlusskontrolle. Bis auf wenige Ausnahmen (Auflösung, Verschmelzung, Eingliederung, Umwandlung und Unternehmensverträge), in denen die Beschlüsse ohne Rücksicht auf das Interesse der juristischen Person erfolgten,75 stünde den Mitgliedern die Privatautonomie „nur um der juristischen Person willen zu“ (sic!). Nur als Teil dieses „idealen Ganzen“ sei dem Mitglied die Befugnis gewährt, an der Willensbildung mitzuwirken.76 Daher sei die Problematik der Kontrolle von Mehrheitsbeschlüssen nicht in einem Konflikt zwischen Mehrheit und Minderheit zu sehen. Vielmehr handle es sich um den Konflikt zwischen Mitglied und juristischer Person.77 Die Stimmrechtsbegrenzung der Mehrheitsmacht ergebe sich daraus, „dass die auf die Mitglieder bezogene Autonomie der körperschaftlichen juristischen Person zwar in der autonomen Entscheidung ihrer Mitglieder gründet, dass den Mitgliedern die Autonomie der Entscheidung aber nur als Befugnis zusteht, den Willen der juristischen Person in der Verfolgung der Interessen der juristischen Person herzustellen“.78 Der Grundsatz vom „ungehemmten Einfluss des Gemeinschaftsinteresses“ bei der Stimmrechtsausübung werde ferner durch den Stimmrechtsausschluss im Falle des Interessenwiderstreits belegt.79 74 Flume, Juristische Person (1983) § 7 II. (S. 210/212); Teubner, ZGR 1986, 565, 568 f.; ähnl. auch Reuter, ZHR 148 (1984) S. 523, 527. v. Gierke, Genossenschaftstheorie (1887) S. 260 f. hatte für die Aktiengesellschaft ein gleiches Verständnis des Stimmrechts: „Es ist dem Aktionär lediglich als Mittel zur Ausübung derjenigen Befugnisse verliehen, welche er als Mitglied der Genossenschaft in Bezug auf deren einheitliche Herrschaftssphäre besitzt. Er erscheint dabei in keiner Weise als Träger eines selbständigen Einzelwillens, sondern durchaus nur als Mitträger eines einheitlichen Gesamtwillens. Darum soll er sein Stimmrecht lediglich im Interesse des Ganzen und nicht im eigenen oder fremden Sonderinteresse handhaben“. Siehe ferner die Aufnahme einer „originären“, nicht von den Mitgliedern abgeleiteten Verbandsautonomie unter dem Einfluss der Genossenschaftstheorie v. Gierkes bei Lehmann/Dietz, Gesellschaftsrecht (3. Aufl. 1970) § 4 II. (S. 35). Dort wird auch ein Zusammenhang der unterschiedlichen Auffassungen zur Frage der Rechtsqualität der Verfassungsregelungen („Vertrags- und Normtheorie“) gesucht. Zu diesem Zusammenhang hier Fn 49, S. 35. 75 Flume, Juristische Person (1983) § 7 IV. (S. 217): In diesen Fällen sei die entscheidende Mehrheit nicht Organ der juristischen Person, vielmehr sei vom Gesetz in diesen Fällen ein „Eigenrecht“ anerkannt, das eine sachliche Rechtfertigung obsolet mache. 76 Flume, Juristische Person (1983) § 7 II. 1. (S. 201); zust. Natterer, Kapitalveränderung (2000) S. 35. 77 Zustimmend bzgl. des Rechtsverhältnisses Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht (2. Aufl. 2005) Rn 831. 78 Flume, Juristische Person (1983) § 7 II. 2. (S. 211 f.). 79 Flume, Juristische Person (1983) § 7 V. 1. (S. 220).
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Teubner greift mit diesem Verständnis der Verbandsautonomie die Begründung der Verbandssouveränität aus dem Interessengleichlauf der Mitglieder an. Diese beruhe auf einem falschen Verständnis der Verbandssouveränität. Jene sei nicht von den Mitgliedern abgeleitet, bewirke nicht unmittelbar deren Schutz, sondern den des Verbandes. Die Reduktion der Souveränität des Verbandes auf die Parallelität von Individualinteressen werde der prinzipiellen Sphärentrennung von Organisation und Mitgliedern nicht gerecht.80 „Mit der Orientierung am Organisationszweck wird die Autonomiegarantie von den beteiligten Personen auf die Organisation oder „Gruppe“ verschoben“.81 Dies werde auch besonders an der Treupflicht der Mitglieder deutlich. Denn damit sei die „Definition einer segmentalen Mitgliedsrolle, die sich nicht primär an der privatautonomen Einigung der Gründer oder an der Beitrittserklärung orientiert, sondern die voll auf den Organisationszweck hin instrumentalisiert ist“, gemeint.82 Darüber hinaus finden sich nur wenige gleichermaßen eindeutig einem Verständnis der Verbandsautonomie zuzuordnende Stellungnahmen.83 Soweit aber Stimmrechte in Verfassungsfragen in ihrem Wesen als uneigennützige oder zweckgebundene Rechte des Mitglieds84 oder als vom Verband 80
Teubner, ZGR 1986, 565, 568 f. Das einheitlich organisationsbezogene vom Gesellschafter gelöste Verständnis selbst für die GbR zeigt sich bei Teubner auch an anderer Stelle, vgl. AK-BGB III (1979) Vor §§ 705 ff. passim, insbes. etwa § 705 Rn 19, wonach die Auslegung des Gesellschaftsvertrags weder subjektiv nach dem Willen des Souveräns, noch objektiv nach Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck der Normen, sondern eine allein am Gesellschaftszweck orientierte, „die den Organisationszweck am ehesten zu fördern verspricht“, sein soll. 81 Teubner, AK-BGB III (1979) § 705 Rn 20. 82 Teubner, AK-BGB III (1979) § 705 Rn 20. 83 Für den Verein siehe aber BGH II. ZS. v. 06.03.1967, BGHZ 47, 173, 179 f.: Die Satzung sei zunächst ein von den Gründern geschlossener Vertrag, der sich mit der Entstehung des Vereins aber völlig von diesen löse, ein unabhängiges rechtliches Eigenleben entwickle und in dem Vereinszweck und Mitgliedsinteressen zur rechtsgestaltenden Kraft würden. Weiter noch Reuter, ZHR 148 (1984) S. 523, 527: Der Verein ziele nicht auf die Koordination der Mitglieder, sondern auf deren Integration ab. Das Fundament des Vereins sei nicht das gemeinsame Interesse individueller Personen, mit der Folge zwingender Mitbestimmung kraft Selbstentmündigungsverbot, sondern ein überindividuelles Interesse. Der Verein diene nicht dem Interesse seiner aktuellen Mitglieder, er nehme diese vielmehr in Dienst. Vgl. auch Reuter, AcP 197 (1997) S. 322, 325 mit ähnlicher Erklärung für den Verband allgemein. 84 Teichmann, Gestaltungsfreiheit (1970) S. 191: „Das politische Recht der aktiven Mitwirkung, zum Nutzen der Gesellschaft verliehen . . .“; Schilling, FS-Hengeler (1972) S. 226 f.; Immenga, FS-GmbHG (1992) S. 189, 200; Martens, Schlegelberger HGB III/1. (5. Aufl. 1992) § 119 Rn 43; Sester, Treupflichtverletzung (1996) S. 60; Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000) S. 564, 574; Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 15; Hüffer, AktG (9. Aufl. 2010) § 53a Rn 16; Grigoleit, Gesellschafterhaftung (2006) S. 307: „so steht etwa die eine Verletzung der Zweckförderpflicht [. . .] in
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gewährte Rechte85 beschrieben werden, liegt womöglich teils ein verwandtes Verständnis zu Grunde. Die Uneigennützigkeit und die Ableitung vom Verband können sich aus einer Überordnung des Verbands in der Verfassungsentscheidung begründen. dd) Mitgliedsautonomie – „Individualverständnis“ Auf der anderen Seite stehen deutliche Stellungnahmen, die die Verbandssouveränität allein aus der Mitgliedsautonomie bilden und an diese binden. Die Mitglieder seien die eigentlichen Träger der Verbandssouveränität. Auch wenn sie ihre Willensbildung im Organ der Gesellschaftsversammlung vollziehen, übten sie ihre Selbstregelungsbefugnis zur Gestaltung ihrer gesellschaftsrechtlichen Ordnung aus86. Die Verbandsautonomie sei Teil oder Ausfluss der allgemeinen Privatautonomie des Einzelnen und keine Besonderheit des Verbandsrechts.87 Die Frage zwischen Verbandsautonomie und Mitgliedsautonomie wurde jüngst von C. Weber und Steinbeck bei der Frage nach der Begründung der Verbandssouveränität aufgegriffen. Beide kommen zu dem Ergebnis, dass sich die Verbandssouveränität dauerhaft aus der Autonomie der Mitglieder ableiten müsse und nicht im Verband selbständig zu begründen sei. Frage, wenn zu bewerten ist [. . .], ob die Gesellschafter einer Vertragsänderung zustimmen müssen, welche die Fortführung des Gesellschaftsunternehmens sicherstellen soll“. Hier ist aber die Grenzziehung zwischen der Treuhandstellung gegenüber dem Verband und gegenüber der gesamten Mitgliedschaft bei Mehrheitskonflikten (vorwiegend i. d. S. etwa M. Winter, Treubindungen (1988) S. 141 f.; Bachmann, Private Ordnung (2006) S. 212) nicht immer ganz deutlich. Deshalb sind Aussagen zur „Uneigennützigkeit“ des Stimmrechts in Verfassungsfragen nur mit gewisser Vorsicht einzubeziehen. Gleiches gilt für Erklärungen zur Zweckbindung der Gesellschafter auf der Verfassungsebene im Mehrheitssystem (so etwa: Martens, Mehrheits- und Konzernherrschaft (1970) S. 66 ff.; C. Schäfer, GmbH-Geschäftsanteil (1997) S. 44 f.) oder zur „Autonomieaufgabe“ oder „Regelungsunterwerfung“ vgl. Adomeit, FS-Kelsen (1971) S. 17 f. 85 Dorpalen, ZHR 102 (1936) S. 1, 7, 18 ff.; Küster, Stimmrechtsgrenzen (1954) S. 87, 89; Fischer, NJW 1954, 777, 778 begrenzt auf AG; Worch, Treupflichten (1983) S. 15: Das Stimmrecht (AG) sei ein aus der Mitgliedschaft fließendes Mitverwaltungsrecht. 86 Zöllner, Baumbach/Hueck GmbHG (19. Aufl. 2010) § 53 Rn 3. 87 Lehmann/Dietz, Gesellschaftsrecht (3. Aufl. 1970) § 4 I. (S. 34); ähnl. Hadding, FS-Fischer (1979) S. 165, 169 f., 188 f.; ähnl. Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 96 f. Eine Unterordnung unter dem Begriff der „Verbandsautonomie“ sei klar verfehlt. Das Mitglied habe seine Rechtspflichten zu erfüllen, „ohne dass hierdurch mehr als durch jede andere rechtsgeschäftliche Sonderverbindung eine Über- oder Unterordnung begründet würde“; Zöllner, FS-GmbHG (1992) S. 85, 120: „Verbandsautonomie ist, richtig verstanden, Gesellschafterautonomie“.
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C. Weber erklärt zur Begründung des Grundsatzes der Verbandssouveränität, dass nicht die Selbstbestimmung des Verbands, sondern die der Mitglieder zu schützen sei. Nicht der Verband sei vor Selbstentmündigung durch Dritteinfluss zu schützen, sondern dessen Mitglieder. Es sei nicht der Verband, der sich selbst im Gesellschaftsvertrag bzw. der Satzung eine Organisation gebe, sondern die Verbandsmitglieder.88 Die Mitglieder handelten auch bei der Betätigung im Verband als Privatrechtssubjekte, die ihre wirtschaftlichen Ziele in und durch den Verband verfolgten.89 Da der Verband nicht um seiner selbst willen existiere, könne die autonome Entscheidungsmacht, an der der Verband selbst kein Interesse habe, nicht auf diesen, sondern nur auf die Mitglieder bezogen werden.90 Ähnlich argumentiert Steinbeck, dass die juristische Person als rechtstechnisches Hilfsmittel ihrer Mitglieder im allgemeinen Rechtsverkehr anzusehen sei. Dem Verein komme kein höherer Wert zu als der Summe seiner Mitglieder. Der Verein sei vom Willen seiner Mitglieder beherrscht. Daher sei ein Eigeninteresse des Vereins, das „selbständig und losgelöst“ neben dem der Mitglieder stehe, nicht zu begründen. Notwendiger Anknüpfungspunkt, auf den die Vereinsautonomie zurückzuführen sei, bleibe danach das Selbstbestimmungsrecht der Mitglieder. Werde von der Vereinsautonomie gesprochen, so sei dies gegenüber dem Selbstbestimmungsrecht der Mitglieder nur ein terminologischer Unterschied. Die Vereinsautonomie müsse stets auf das Individuum zurückgeführt werden.91 Deshalb folge die Vereinssouveränität dem Selbstentmündigungsverbot der Mitglieder.92 Die Grundlage dieser Auffassung bleibt die Privatautonomie der Mitglieder, nicht eines Verbandsganzen. F. Hey erklärt zur Gestaltungsfreiheit im Rahmen der Verbandsverfassung, dass bei Verbänden die Bindung ebenso wie bei Verträgen des Schuldrechts allein auf dem Eingehen der rechtsgeschäftlichen Verpflichtung beruhe. „Ein über die individuellen Vertragsschließenden hinaus reichender Träger von Freiheiten im Zusammenhang mit der Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses wird dadurch nicht geschaffen“.93 Der Verbandsautonomie komme nur als verfassungsrechtlicher Gewährleistung Be88
C. Weber, Privatautonomie (2000) S. 206 f. C. Weber, Privatautonomie (2000) S. 205, 211. 90 C. Weber, Privatautonomie (2000) S. 211. 91 Steinbeck, Vereinsautonomie (1999) S. 48 ff., ähnl. Bär, Vereinsautonomie (1996) S. 160 f.: „Die Vereinsautonomie wird der Körperschaft nämlich nicht um ihrer selbst willen zuteil, sondern in der Erkenntnis, dass das Individuum als animal sociale zu seiner Selbstverwirklichung und zur Verwirklichung gemeinsamer Ziele die Möglichkeit privater Zusammenschlüsse benötigt“. 92 Steinbeck, Vereinsautonomie (1999) S. 53 f., 63. 93 F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) S. 12 f. 89
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deutung zu.94 Der Verband könne seinen Mitgliedern kein unabhängiges Freiheitsrecht entgegensetzen. „Verbandsautonomie ist daher, richtig verstanden, stets Gesellschafterautonomie“.95 Ein ähnliches Verständnis liegt wohl Aussagen zugrunde, wonach das Stimmrecht in Verfassungsfragen keine gesellschaftsvertragsinterne Befugnis sei, sondern außerhalb des Vertrags stehe,96 bzw. trotz formeller Zurechnung zur Gesellschaft materiell nicht uneigennützig97 und nicht gesellschaftsbezogen sei.98 Gleiches gilt dort, wo das Prinzip der allgemeinen Privatautonomie zur Lösung auch verbandsspezifischer Probleme eingefordert wird, und eine allgemeine „Unterordnung“ des Mitglieds im Verband vehement bestritten wird.99 ee) Analyse: Differenz Verbandsautonomie – Mitgliedsautonomie Die Verschiedenheit der Ansätze herauszubilden, ist durch den notwendig gemeinsamen Ursprung etwas schwierig. Da alle privaten Verbände auf rechtsgeschäftlicher Grundlage stehen, ist die erste Legitimation aller Verbandsgewalt immer auf die privatautonome Entschließung der Gründer zurückzuführen. Das bedeutet, dass sich auch eine „Verbandsautonomie“ letztlich von den Mitgliedern ableiten muss. Möglich erscheint allein die Verselbständigung der Regelsetzungsbefugnis im Verband mit dessen Gründung. Nur dies kann damit gemeint sein, wenn Flume und Teubner erklären, dass den Mitgliedern die Stimmrechtsgewalt auch auf der Ebene der Verbandsverfassung um des Verbandes willen zustehe. Das Axiom der Mit94 Gemeint ist wohl ein besonderer Gruppenschutz, der über das Maß summierten Individualschutzes Bedeutung erlangen soll. 95 F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) S. 13. Ähnl. Ennecerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil I (15. Aufl. 1959) S. 652. 96 A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72, 89 f.; Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 278. 97 C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 216. 98 Henze, BB 1996, 489, 492 f.; ähnl. wohl auch Mülbert, Aktiengesellschaft (1995) S. 224 ff.: Die von Flume „unternommene Instrumentalisierung der Mehrheit durch das ‚ideale Ganze‘ “ sei kaum mit der gesetzlichen Regelung vereinbar (S. 224). Auch bei organschaftlicher Betrachtung der Hauptversammlung sei die Körperschaft nicht über die Mitglieder zu überhöhen. Die Organstellung der Hauptversammlung sei vielmehr nur „als funktionale, auf dem rechtstechnischen Mittel der Zurechnung basierende Lösung für das Verhältnis von mitgliedschaftlicher Willensbildung und Gesellschaft“ zu verstehen (S. 233); siehe auch Verhoeven, GmbHKonzern (1978) S. 63 f. 99 Coing, FS-Flume (1978) S. 429 passim; ähnl. Hadding, FS-Fischer (1979) S. 165, 194; Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 96 f.; ferner Martens, Mehrheits- und Konzernherrschaft (1970) S. 107 f.
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gliedsherrschaft privater Verbände kann dabei unangetastet bleiben. Trotz der Begründung der „Verbandsautonomie“ als Selbstherrschaft der Zweckgemeinschaft mit Nachordnung der Mitglieder („nur um der juristischen Person willen“) belässt Flume diesen bei existenziellen Fragen (Auflösung etc.) ein Eigeninteresse und sichert damit letztlich das Verhältnis von Interessensouverän (Mitglied) und Interessenobjekt (Verband).100 Die Frage kann sich nur auf die Reichweite der Verbands-, also der Zweckbindung gegenüber dem Mitglied richten. Für die Dauer der Verbandsexistenz werden nach diesem Verständnis die zweckbezogenen Interessen der gemeinsamen Unternehmung, also die des Verbands allgemein, auch auf der Verfassungsebene als maßgeblich angesehen. Problematisch daran ist, dass die Verfassung den Verband erst bildet, bzw. aus der Identifikation der Verfassung als Regelungskomplex für die gemeinsame Unternehmung mit dem Verband, dass die Verfassung der Verband ist. Notwendige Voraussetzung für die Trägerschaft des Verbands, bzw. eine gegenüber den Mitgliedern erhöhte Berechtigung dessen bei der Verfassungssouveränität, muss die Anerkennung einer abstrakten Verbands- und Zweckbindung der Mitglieder sein, die über den konkreten gegenwärtigen Regelungskomplex hinausreicht,101 eine Art Prinzipienbindung über den einfachen Regeln der Verfassung.102 Nur dann kann ein Teil des Verbands, also der Verfassung, über der Verfassung, also dem Verband, stehen. So weit greift das Verständnis der „Mitgliedsautonomie“ nicht. Danach betrachtet man vorrangig das einzelne Mitglied auch bei der Entscheidung über die Verfassungsänderung als Privatrechtssubjekt. Auch bei der Verfassungsentscheidung ordnet das Mitglied nur seine Rechtsverhältnisse, in diesem Fall dasjenige in oder an der organisierten Gemeinschaft. Dann reichen die Bildung des Verbands und die Bindung an diesen weniger weit. Sie en100 Man könnte die Begründung mithin auch auf ein Verständnis einer Verfassungshierarchie zurückführen. Dann stünde auf höchster Stelle die Entscheidung der Mitglieder über Gründung und Fortbestand (Auflösung etc.) des Verbands. Die Desinvestition müsste ihnen immer vorbehalten bleiben. Darunter stünden die Zweckverfolgung mit den sich daraus ergebenden Verbandsbelangen und darunter schließlich alle anderen Regelungen der Verfassung. 101 Das wird insbesondere bei Teubner, AK-BGB III (1979) § 705 Rn 19, 20 mit der Erhebung des Organisationszwecks über den konkreten Rahmen der verfassungsmäßigen Grundlage, deutlich. 102 Je nach dem Inhaltsverständnis der Begriffe Regel und Prinzip können damit unterschiedliche Verhältnisse beschrieben werden, vgl. zu den verschiedenen Möglichkeiten etwa Auer, Materialisierung (2005) S. 47 ff. Hier ist eine höhergestellte Bindung an einen bestimmten Wert im Sinne eines Optimierungsgebots (durchgängige Verwirklichung des Bezweckten, etwa der Verbandszweckförderung, in der bestmöglichen Weise) gemeint, vgl. etwa die Darstellung bei J. Schmidt, FS-Wieacker (1990) S. 231, 239 ff.
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det dann bei der konkreten Verfassungsgestaltung. Ein abstraktes, über dem Verband in seiner konkreten Gestalt existentes Zweckgemeinschaftsfeld gibt es dann nicht. Auf der Ebene der Verbandsverfassung endet die Bindung. Die Mitglieder stehen sich allein als rechtlich bereits verbundene „Geschäftsgegner“ gegenüber103 und wirken nicht als Organ für den selbständigen Verband. ff) Stellungnahme Es ergeben sich erhebliche Bedenken dagegen, den Begriff der Verbandsautonomie in dem hier in Frage gestellten Sinne anzunehmen und die Verfassungskompetenz nicht ausschließlich in der Privatautonomie der Mitglieder zu begründen. Der Verband gibt sich keine Ordnung für seine Unternehmung. Er ist vielmehr diese Ordnung für die in ihm vermittelte Unternehmung der Mitglieder. Von einer Unternehmung der Mitglieder ist trotz der Verselbständigung im Verband wegen der zwingenden Letztberechtigung der Mitglieder in einem mitgliedsgetragenem Verband auszugehen. Die Mitglieder erschaffen diese Ordnung durch Ausübung ihrer individuellen Privatautonomie. Sie bestimmen diese auch nach der Gründung nur dadurch. Verbände haben kein originäres „körperschaftliches Selbstbestimmungsrecht“, das dem der Privatautonomie der natürlichen Person gleichsteht.104 Sie können kein derartiges Recht zur Selbstbestimmung haben, da sie im Gegensatz zur natürlichen Person immer nur Mittel und nie Selbstzweck sind.105 Der hier vorsichtig nachgezeichnete Begründungsansatz der Verbandsautonomie als einer zunächst von der mitgliedschaftlichen Selbstbestim103 So der BGH zum Personenverband: BGH II. ZS. v. 18.09.1975, BGHZ 65, 93, 97; ähnl. A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72, 79: „Im Innenverhältnis der Gesellschafter zueinander aber handelt es sich um private Interessen einander gleichstehender Personen“. 104 So aber die Formulierung bei Beuthien/Gätsch, ZHR 156 (1992) S. 459, 474. Der Vergleich schlägt zudem fehl, weil die natürliche Person keiner rechtlichen „Verfassung“ ihrer selbst bedarf, ja dies schlechthin nicht möglich ist, nicht deren „Rechtsproblem“ sein kann. Das aber ist die zentrale Frage, das grundsätzliche Problem des Rechts der Verbände: „Primär aber ist zu fragen, nach der inneren Struktur des Verbandes, danach, was die Person ihm und was er ihr gibt bzw. nimmt, wie sie sich wechselweise beeinflussen und konstituieren und worin eigentlich die bindenden Momente liegen“ Brecher, FS-Hueck (1959) S. 233, 244. Ein Vergleich mit der natürlichen Person ist nur für die Außenrechtsbeziehungen möglich, also für denjenigen Teil des Verbandsrechts, der sich mit der Geschäftsführung befasst. 105 Vgl. die eingängige Bearbeitung zur Grundlage der Rechtsfähigkeit von natürlicher und juristischer Person von Martens, Mehrheits- und Konzernherrschaft (1970) S. 135 f.
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mungsmacht abgeleiteten und auf die Organisation übertragenen Kompetenz wirkt auch wenig glücklich. Bereits die Übertragung der Rechtsetzungsbefugnis, von den Mitgliedern fort, ist als Kompetenzverlust in der Selbstbestimmung jedes Mitglieds nicht unproblematisch.106 Darüber hinaus erscheint es vor allem konstruktiv schwierig, durch Abstraktion eines Teils der konkreten Regelung (Prinzipien) einen Verband als Träger der Regelsetzungsbefugnis über der konkreten Verfassung auszumachen. Die hier versuchte Begründung zieht ferner Folgeprobleme nach sich. Es ist etwa unklar, welche Verfassungsbestandteile neben dem Zweck der Unternehmung zu abstrahieren sind. Allein den Zweck zum rechtsgestaltenden Prinzip zu erklären, erscheint gegenüber der konkret geschaffenen Begrenzung dessen auf bestimmtes Engagement (also vor allem die Beiträge der Teilnehmer) und gewährleisteten Einfluss und Teilhabe der Mitglieder (hier sind vor allem die Kapitalquoten mit darauf bezogenen Stimm- und Gewinnrechten wie der Liquidationsquote zu nennen) nicht möglich. Es drohte sonst eine Zweckverpflichtung ad infinitum, die von den Mitgliedern nicht gewollt sein kann. Der Verbandszweck erlangt seine Bedeutung vorwiegend gegenüber den einzelnen Beiträgen, indem dieser deren Verwendung durch den Verband begrenzt.107 Er schafft nicht die Primär- oder Hauptpflichten der Teilnehmer, kann diese nicht generieren, sondern nur konkretisieren. Welche weiteren Merkmale über dem Zweck hinzutreten sollen, ist unklar. Hier besteht die Gefahr einer undeutlichen, damit unergiebigen und beliebigen Grenzziehung. Gleiches gilt für die Einschränkung der Verbandsautonomie bei bestimmten Fragen „ohne Rücksicht auf das Interesse der juristischen Person“.108 Diese Ausnahme vom Verständnis der Verbandsautonomie, die 106 Eine rechtliche Selbstentmündigung durch verdrängende Vollmachten ist im Grundsatz nach der ganz h. L. gar nicht möglich vgl. etwa Flume, Rechtsgeschäft (4. Aufl. 1992) § 53 6. (S. 883 ff.); Medicus, Allgemeiner Teil (8. Aufl. 2002) § 57 II. 3. e) (Rn 936); aA Gernhuber, JZ 1995, 381. Die wirtschaftliche Selbstentmündigung durch überintensive Bindungen (übermäßige Einschränkung der persönlichen oder geschäftlichen Handlungsfreiheit, „Knebelungsverträge“) unterliegt der Kontrolle nach § 138 I BGB, vgl. etwa Sack, Staudinger BGB (2003) § 138 Rn 259 ff.; Armbrüster, MüKo BGB I (5. Aufl. 2006) § 138 Rn 68 ff. Insgesamt lässt sich davon auf eine Schranke der Privatautonomie in einem grundsätzlichen Verbot der Selbstentmündigung schließen, das als unvermeidliches Freiheitsparadoxon (die Freiheit im früheren (oder aktuellen) Zeitpunkt wird beschränkt, um die Freiheit im aktuellen (oder späteren) Zeitpunkt zu erhalten) den Fortbestand der Entschließungsfreiheit sichert. 107 Wieland, Handelsrecht I (1921) S. 460: „Gesellschaftszweck ist der vermittelst der Leistungen zu bewirkende, als solcher vorgestellte Erfolg. Essentielles Merkmal des Gesellschaftsvertrages ist nur, dass den versprochenen Beiträgen rechtlich die Bestimmung erteilt werde, zur Erzielung dieses Erfolges als Mittel eingesetzt zu werden“. 108 Flume, Juristische Person (1983) § 7 IV. (S. 217).
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den Mitgliedern ihre Stimmgewalt als rechtfertigungsfreie Ausübung ihrer Privatautonomie sozusagen „zurückgewährt“, bietet ebenfalls ein Einfallstor für problematische Abgrenzungsfragen. Ferner müsste sich – unter Berücksichtigung der Inhaltsfreiheit bei der Verfassungsgestaltung – die Prinzipienbildung für jeden einzelnen Verband, weniger nach Typen oder gar einheitlich formübergreifend vollziehen. Auch hier sind die Regeln der Prinzipienbildung noch unklar. Der Gedanke erscheint damit in seiner gegenwärtigen Ausformung nicht hinreichend gesichert, um für den Bereich der Regelsetzung im Verband eine Abkehr von der Ausgangssituation der Privatautonomie der Einzelmitglieder begründen zu können. Insofern ist auch die Not für ein verbands- bzw. zweckbezogenes Verständnis der Stimmrechtsmacht auf Verfassungsebene gering. Denn es erscheint den verfassungsgestaltenden Mitgliedern im Rahmen der Inhaltsfreiheit weitgehend möglich,109 der wirtschaftlichen Dynamik eines Verbands auf andere Art Rechnung zu tragen. Durch abstrakte Regelungen auf der Ebene der Verbandsverfassung können konkrete Einzelentscheidungen auf die Ebene der Organisationsakte delegiert werden. Damit können sie aus dem Grundkonsens von Mitgliedschaft und Zweckverfolgung gelöst und durch die ratio einer abstrakten Regelung gebunden werden.110 Darin besteht sachlich ein Unterschied gegenüber einer bloßen Verfahrensgestaltung (also bestimmten erleichterten oder qualifizierten Voraussetzungen) zur Änderung einzelner Verfassungsgegenstände. Der Verfassungsbestandteil stellt sich dann als durch Organisationsakte auszufüllende Variable dar. Der Gedanke – der bisher, soweit ersichtlich, kaum erörtert wurde – kann hier nur angerissen werden, zeigt sich aber grundsätzlich aussichtsreich für die dynamische Gestaltung der Verbandsordnung unter voller Wahrung der Mitgliedersouveränität. Auch die Argumentation Flumes, wonach der Grundsatz des Stimmrechtsausschlusses bei Interessenkollision die Uneigennützigkeit und Verbandsbezogenheit des mitgliedschaftlichen Stimmrechts stützen solle,111 begegnet Bedenken. Eben jener Stimmrechtsausschluss gilt nämlich grundsätzlich auf der Ebene der Verbandsverfassung – die h. M. verwendet den 109 Allein für die AG ist die Einschränkung des § 23 V AktG insofern besonders zu beachten. 110 Bestes Beispiel mögen Regelungen zur Übertragung der Mitgliedschaft in der Personengesellschaft sein, die an bestimmte Voraussetzungen, etwa eine bestimmte Zustimmung der Gesellschafter gebunden sind. Dann bedarf es für die Einzelentscheidung nicht mehr einer Verfassungsänderung, wie es ohne abstrakte Regelung der Fall wäre. Es genügt die Konkretisierung derer als Organisationsakt. Jener wiederum ist orientiert am Regelungsziel umzusetzen und gewährleistet damit die Bindung der Mitglieder auch an fremde Interessen. 111 Flume, Juristische Person (1983) § 7 V. 1. (S. 220).
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Begriff der Sozialakte112 – nicht.113 Auf dieser Ebene sind die widerstreitenden Interessen der Mitglieder ja eben gerade der Gegenstand der ausgleichenden Regelungen.114 Die grundsätzliche Beteiligungsmöglichkeit derer ist mithin für eine gesunde Regelung nicht problematisch, sondern vielmehr unerlässlich. Nur dort, wo die treuhänderische Wahrnehmung von Fremdinteressen betroffen ist, erweist sich ein Stimmrechtsausschluss als systemgerecht.115 Wo aber genuin eigene Interessen wahrzunehmen sind, hieße es vom Prinzip der Selbstgestaltung generell abzuweichen, wollte man einen Ausschluss bei Selbstbetroffenheit begründen. Die „Verbandsautonomie“ läuft allgemein Gefahr, die zwingende Letztberechtigung der Mitglieder zu verdecken, ja mit der „Rückgewähr“ von rechtfertigungsfreier Stimmgewalt zu den Mitgliedern das Verhältnis von Regel und Ausnahme zu verkehren. Die Mitglieder tragen den Verband nicht um seiner, sondern um ihrer willen. Wesentlich ist, das Stimmrecht auf der Verfassungsebene noch als Selbstbestimmungsrecht der Mitglieder zu erfassen. Der Satz des „stat pro ratione voluntas“116 ist zunächst auf jedes einzelne Mitglied, nicht auf den in seiner Zweckhaftigkeit verselbstän112 Vgl. die Darstellung bei Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 225 ff., allerdings mit abw. Auffassung (S. 254); Swatzina, Stimmverbote (2001) S. 13 ff., 54 ff. mit reichem Überblick über alternative Termini (S. 15); Seidel, Treupflichten (1998) S. 60; Flume, Juristische Person (1983) § 7 V. 6. (S. 229 ff.) verlässt diese h. M. – zugunsten solcher Gegenstände, in denen die Gesellschafter „nur ihren Willen“ bilden (S. 231 f.) – und bleibt insofern durch die weite Geltung der Stimmverbote (nach seinem Verständnis grundsätzlich auch in Verfassungsfragen) in seiner Ansicht konsequent. 113 Wobei die „Ausnahmen“ der §§ 712 I 1. HS, 715, 737 BGB; §§ 117 1. HS, 127 1. HS, 140 I S. 1 HGB, die jeweils die verfassungsrelevante Kompetenz abseits des Betroffenen bei den übrigen Gesellschaftern begründen, zwar an zentraler Stelle stehen. Doch genau besehen handelt es sich um gar keine Ausnahmen. In all jenen Fällen ist die jeweilige Verfassungsänderung allein durch den wichtigen Grund legitimiert, nicht durch die freie Willensentschließung der Mitglieder. Dies wird durch die Gestaltung als Antragsrechte innerhalb der Personenhandelsgesellschaft besonders deutlich. Jeweils eröffnet der wichtige Grund die effektive gerichtliche Kontrolle der Entscheidung der übrigen Gesellschafter. Danach verlassen diese Ausnahmen den Bereich der Verfassungsänderung durch privatautonomes Handeln der Mitglieder und stellen gegenüber dem Auszuschließenden Gestaltungsrechte dar. Vgl. zum Unterschied des Gestaltungsrechts und der dauerhaften Regelsetzungskompetenz im Mehrheitssystem (in seiner Diktion „Muttergestaltungsrecht“) Martens, Mehrheits- und Konzernherrschaft (1970) S. 108 ff. 114 Vgl. insofern BGH II. ZS. v. 18.09.1975, BGHZ 65, 93, 97; T. Raiser, FSSchmidt (1976) S. 101, 112. 115 Treffend richtung immanenter Begrenzung der Stimmen auf treuhänderisches Handeln in der Geschäftsführung des Verbands: Wilhelm, Juristische Person (1981) S. 84 ff., 87 f. 116 Flume, Rechtsgeschäft (4. Aufl. 1992) § 1 5. (S. 6).
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digten Verband zu beziehen. Das Stimmrecht in Verfassungsfragen wird nicht durch den Verband begründet, es ist keine Befugnis, die dem Mitglied vom Verband gewährt wird. Mangels Übertragung oder Verselbständigung der Regelsetzungskompetenz im Verband bleibt es bei der allgemeinen Selbstherrschaft der individuellen Parteien. Deren verfassungsrechtlich verbürgte Privatautonomie, Art. 2 I GG, wird nur auf das Rechtsverhältnis „Verband“ angewandt.117 So wenig wie bei einfachen Austauschverträgen die Kompetenz der Parteien aus dem Vertrag folgt, so wenig folgt das Stimmrecht aus dem Verbandsrechtsverhältnis. In beiden Fällen wird die allgemeine Rechtsetzungsmacht zur Selbstgestaltung durch Selbstbindung nur darauf bezogen. Es erfolgt insofern im Verbandsrechtsverhältnis allein eine verfahrensmäßige Ausgestaltung des erforderlichen Einigungstatbestands.118 Dies geschieht gerade durch die Vorverlagerung der Einigungsschwelle beim Mehrheitsprinzip und dieses flankierende Regelungen, wie die Erfordernisse, die dann an die Gesellschafterversammlung zu stellen sind (etwa §§ 121 ff. AktG; §§ 48, 49 GmbHG). Daran vermag auch die verfahrensmäßige Zuordnung zu einem „Organ“ der Beschlussfassung auf dieser Ebene nichts zu ändern. Diese Besonderheit zum Anlass einer grundsätzlichen Differenzierung zu machen, verstellt nur den Blick auf die grundlegende Gemeinsamkeit. Die Verfassungsänderung wird durch die Willensübereinstimmung der souveränen Mitglieder begründet. Jedes Mitglied bildet also seinen Einzelwillen, der in der erforderlichen Einigung mit den anderen Mitgliedern die Verfassungsänderung trägt. Ein Verbandswille existiert dort – sowohl mangels Ableitbarkeit aus der Verfassung, als auch mangels anderer als bloß verfahrensmäßiger Zuordnung zum Verband als Träger – nicht und wird daher auch nicht von den Mitgliedern gebildet.119 Man könnte letztlich formulieren, dass auf der Ebene der Verbandsverfassung die Mitglieder als rechtsgeschäftliche Schöpfer des Verbands nur sich selbst gegenüberstehen, da der Verband wegen der totalen Herrschaft der Mitgliedergesamtheit (umfas117 Für den Personenverband im Ansatz ähnl. Fischer, NJW 1954, 777, 780: Die Befugnis zur Vertragsänderung (auch die mehrheitliche) sei kein Mitgliedschaftsrecht und berühre nicht das Verhältnis des Gesellschafters zur Gesellschaft, sie stehe den Gesellschaftern als Partner des Gesellschaftsvertrags zu. 118 Ähnlicher Gedanke bei Ulmer, FS-Niederländer (1991) S. 415 für den Personenverband. Die Parallelen zwischen einstimmiger und mehrheitsmäßiger Verfassungsänderung seien unverkennbar. In der Sache gehe es nicht um einseitige Gestaltungsakte, „sondern um die Voraussetzungen der Einigung der Gesellschafter als Vertragspartner“. [Hervorhebung im Original]. 119 Von einem „Verbandswillen“ auf dieser Ebene könnte nur gesprochen werden, als dass damit der Willensbildungsprozess mit folgendem Konsens oder Dissens der Summe der Einzelmitglieder gemeint ist. Außer sprachlicher Unklarheit ist damit aber nichts gewonnen.
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sende Kompetenz, die sowohl Auflösung wie Zweckänderung umfasst)120 auf dieser Ebene gar nicht als Subjekt bestehen kann.121 Hier ist das Ganze nicht mehr als die Summe seiner Teile.122 Ein Verbandsinteresse kann auf dieser Ebene nicht existieren. Über der Ebene der konkreten Verbandsverfassung, also mit Wirkung für diese Ebene, haben sich die Mitglieder nicht verbunden. Das Stimmrecht auf der Ebene der Verbandsverfassung ist danach nicht auf den Verbandszweck bezogen.123 Die Bindung an die Interessen außerhalb des individuell seine Privatautonomie ausübenden Mitglieds muss erst noch begründet werden und folgt nicht eo ipso aus dem Stimmrecht.124 Sie muss zwischen den Mitgliedern,125 also intersubjektiv erfolgen und ist nach dem hier Erklärten nicht aus einer Zweckhaftigkeit des gewährten Rechts, also institutionell zu verstehen. Die Mitglieder sind hier weder Treuhänder des Verbands, noch ist der Verband Träger der Verfassungsänderung.126
120 Die typabhängigen zwingenden Grenzen des Gesetzes bei der Gestaltung (etwa in § 723 III BGB oder § 7 AktG) können nicht dagegen behauptet werden. Selbst vordergründig selbständiger Verbandsschutz findet seinen Grund im dahinter gelegenen Verkehrs-, also Gläubigerinteresse sowie den Interessen der Mitglieder. Dies folgt aus der übergeordneten Qualität der Freiheit zur Zwecksetzung und Beendigung. 121 Vor diesem Hintergrund ist die Stimmrechtslosigkeit verbandseigener Anteile für die konstituierende Ebene der Verfassung, (§ 71 b AktG; allgemeine Auffassung im Recht der GmbH, vgl. Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 130 f., 142 f.; Hohner, Hachenburg GmbHG I (8. Aufl. Stand 1990) § 33 Rn 58; T. Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht (4. Aufl. 2006) § 37 IV. 2. (Rn 48); BGH II. ZS. v. 20.01.1995, NJW 1995, 1027, 1028) auch über die Begründung eines Interessenkonflikts zwischen Verwaltung und Mitgliedern hinaus zu erklären. 122 Ähnl. Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 98: Das Rechtsverhältnis Verband sei von besonderer Art und dürfe nicht als langfristiges Austauschverhältnis missverstanden werden. Doch auch der besondere Bezugspunkt auf den gemeinsamen Zweck ändere nichts an der Tatsache, „dass Subjekte dieser Rechtsbeziehung eben nur die beteiligten Personen, die Mitglieder sind, wenn auch in ihrer besonderen rechtlichen Verbundenheit“. 123 So auch Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 320 ff. 124 Siehe hier: § 3 A. I. Allgemeiner Geltungsgrund, § 3 A. II. Besonderer Geltungsgrund. Es folgt also keineswegs zwingend eine unbegrenzbare Willkürfreiheit der Mitglieder bei der Ausübung des Stimmrechts in Verfassungsfragen. Nur scheidet der Verband als eigenständiger Bezugspunkt aus. 125 Der BGH geht für existenzielle Fragen den gleichen Weg, da der Verband kein Interesse an seiner Existenz gegenüber seinen Mitgliedern haben könne: BGH II. ZS. v. 20.03.1995, „Girmes“ BGHZ 129, 136, 151. 126 Damit lässt sich auch die zwingende Zuständigkeit der Mitglieder (Stichwort „Verbandssouveränität“) befriedigend und ohne „Umwege“ über Interessenschutz begründen. Die zwingende Zuständigkeit der Mitglieder folgt aus einer Unmöglichkeit einer Selbstentrechtung.
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III. Zusammenfassung Der Verband ist der Komplex von Regelungen zur Verfolgung des erstrebten Zwecks. Seine Funktion liegt in der Organisation der Zweckverfolgung und der Rückbindung derer an die Mitglieder (Engagement und Teilhabe). Die Rechtsbeziehung kann in ihrer Funktion von Organisation und Ausgleich so weit verselbständigt werden, dass unmittelbare Rechtsbeziehungen zur Durchführung der Verbandstätigkeit zwischen den Mitgliedern nach der Gründung entbehrlich werden. Die Verselbständigung endet allerdings an der Grundlage des Verbands, seiner Verfassung. Auch wenn die Mitglieder dort in verfahrensmäßig verselbständigter Weise über die Verfassung entscheiden, üben sie ihr Selbstbestimmungsrecht (Art. 2 I GG Privatautonomie) bezogen auf das Rechtsverhältnis Verband aus. Sie entscheiden damit über diesen und nicht für diesen. Es bleibt bei der Mitgliedsautonomie. Eine Verbandskompetenz in der Regelsetzung erscheint auch in Ableitung von den Mitgliedern schwerlich zu begründen. Unter dem hier aufgeworfenen Begründungsansatz ist diese grundsätzlich fraglich, jedenfalls gegenwärtig nicht ausreichend differenziert und damit abzulehnen. Damit ist festzuhalten, dass der Konflikt um erzwungene Verfassungsänderungen allein unter den Mitgliedern und nicht zwischen Verband und Mitglied bestehen kann.
B. Treubindung der Mitglieder im Verbandsrecht I. Allgemeine Aufnahme Treubindungen127 sind im Verbandsrecht für jeden „Beteiligten“ denkbar. Am Verband Beteiligte sind neben den Mitgliedern der Verband selbst und seine Organe. Zur Verfassungsänderung sind – wie soeben aufgezeigt – ausschließlich die Mitglieder zuständig und kompetent. Für die vorliegende Untersuchung lässt sich die Darstellung deshalb dem Adressatenkreis nach auf mitgliedschaftliche Treubindungen reduzieren. Damit bleiben nur solche Treubindungen im Blick, die sich an Mitglieder richten.128 Allgemein wird die Treubindung der Mitglieder im Verbandsrecht regelmäßig durch eine von A. Hueck geprägte Formel bestimmt.129 Danach soll 127
Zur Etymologie des Begriffs „Treue“ siehe Fechner, Treubindungen (1942) S. 6 ff. 128 Dabei können diese durchaus in unterschiedlichen Funktionen angesprochen werden. Zur Betrachtung nach dem funktionalen Adressaten, etwa bei der Wahrnehmung organschaftlicher Aufgaben durch ein Mitglied vgl. dazu unmittelbar hier § 2 B. Systematische Bestimmung.
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es dem treugebundenen Mitglied obliegen, „jede Schädigung der Interessen der Gemeinschaft und der durch den Gemeinschaftszweck umfassten Interessen der Mitbeteiligten zu unterlassen und darüber hinaus diese Interessen im Rahmen der durch die Gemeinschaft bedingten Tätigkeit zu fördern“.130 „Indem sie damit ein sittliches Moment in die im übrigen nur schuldrechtlich geordneten Beziehungen der Gesellschafter einfließen lässt, wird sie zur übergeordneten, alle einzelnen Rechte und Pflichten überspannenden, korrigierend oder ergänzend eingreifenden Verhaltensmaxime. Welches Verhalten sie inhaltlich jeweils verlangt, hängt vom Einzelfall ab und variiert daher je nach Art der Rechtsbeziehung und Situation“.131 Dogmatisch ist mit dem Nebeneinander von Fördergebot und Schädigungsverbot nicht viel gewonnen. Letzteres ist notwendige Teilmenge des Ersteren. So erklärt Flume die Hueck’sche Formel zur Paraphrase des § 705 BGB.132 Die offene Formulierung als Wohlverhaltens- bzw. Loyalitätspflicht erklärt immerhin keine Begrenzung auf eine bestimmte Funktion, etwa den Minderheitenschutz. Die Schwierigkeit einer kompakten, griffigen Formel folgt aus der Vielfalt der Funktionen der Treubindung. So wird die Bedeutung der Treubindung im Verbandsrecht von K. Schmidt zur „ungeschriebenen Legal129 Zu historischen Aufnahmen der Treubindung im Verbandsrecht siehe formübergreifend M. Weber, Treubindungen (1999) S. 26 ff.; zur GmbH: Seidel, Treupflichten (1999) S. 169 ff.; zur AG Stelzig, Treuepflicht (2000) passim. 130 A. Hueck, Treuegedanke (1947) S. 15; A. Hueck, oHG (4. Aufl. 1971) § 13 I (S. 192); A. Hueck, ZGR 1972, S. 237, 240. Ebenso etwa bei: Pabst, Mitwirkungspflicht (1976) S. 98; Hüffer, FS-Steindorff (1990) S. 59, 69; Wiedemann, FS-Heinsius (1991) S. 949: „die Ausrichtung des internen Gesellschaftsrechts auf ein harmonisches Zusammenwirken aller Beteiligten zur Erreichung des Gesellschaftszwecks“; Lutter, JZ 1995, 1053, 1054; Emmerich, Heymann HGB II (2. Aufl. 1996) § 109 Rn 5; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 3 II. 3. d) (S. 199 f.) „charakteristischen Doppelinhalt“; T. Raiser, GroßKomm GmbHG I (2005) § 14 Rn 68; G. Hueck/Windbichler, Gesellschaftsrecht (20. Aufl. 2003) § 7 I 4. (S. 74 f.); Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht (6. Aufl. 2006) § 6 II 2. c) (S. 48): „schulden einander vielmehr die generelle Förderung des vereinbarten Gesellschaftszwecks und die Rücksicht auf die mit ihm zusammenhängenden individuellen Belange“; Hueck/ Fastrich, Baumbach/Hueck GmbHG (19. Aufl. 2010) § 13 Rn 21 f. 131 A. Hueck, Treuegedanke (1947) S. 17. Ganz ähnlich Lutter, ZHR 162 (1998) S. 164, 184 f.: „Nicht um hoher Worte willen, sondern um nüchtern und diesseitig einen gerechten Ausgleich zwischen divergenten und konfligierenden Interessen unter den Mitgliedern privater Verbände möglich zu machen, wurde die Treupflicht entwickelt. Sie schützt speziell die Minderheit und gibt unseren Gerichten überhaupt erst die Möglichkeit zur Entscheidung in solchen Binnenkonflikten unter den Gesellschaftern. Und sie erlaubt den Gerichten eine sachliche und argumentativ ausgewogene, also befriedigende Entscheidung im Binnenstreit hoch komplexer, gesellschaftlich und wirtschaftlich aber ungemein wichtiger Gebilde, genannt Gesellschaften, an deren Stabilität durch sachgerechten Ausgleich wir alle interessiert sind“. 132 Flume, Personengesellschaft (1977) § 15 I. (S. 261).
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ordnung“ dessen stilisiert.133 Der Versuch, diese in einen einzelnen Satz zu gießen, muss scheitern. Es ist also zwingend, dass sich bei dem beschriebenen Umfang der Inhalt nur als eine ganz unbestimmte Wohlverhaltenspflicht darstellen lässt.134 Stark verkürzt lässt sich die Geltung der Treubindung verbandsübergreifend nach gegenwärtigem Stand von Rechtsprechung und herrschender Lehre wie folgt darstellen: Die mitgliedschaftliche Treubindung gelte in ihrem Anwendungsbereich sowohl gegenüber dem Verband wie gegenüber den Mitgliedern.135 Die Treubindung schütze entsprechend den Verband 133 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 20 IV. 1. a) (S. 588); ähnl.: Wiedemann, FS-Heinsius (1991) S. 949: „Kardinalpflicht des Verbandsrechts“; Lutter, ZHR 162 (1998) S. 164, 167: „die Gesellschafter im offenen, normenlosen Gelände [. . .] zu schützen“; Hüffer, FS-Steindorff (1990) S. 59: „Leitgedanke [. . .]. Seine kaum zu überschätzende Bedeutung verdankt er der Tatsache, dass der Normbedarf der Gesellschaftsrechtspraxis vom Gesetzgeber nicht gedeckt wird und wegen der Vielgestaltigkeit der Verhältnisse auch nicht gedeckt werden kann. Ihrer Funktion nach ist die Treupflicht also dasjenige Rechtsprinzip, dessen Konkretisierung es erlaubt, die fehlenden Einzelnormen zu gewinnen.“; Immenga, FS-GmbHG (1992) S. 189, 194: „Die Bedeutung in der Praxis ist kaum zu überschätzen [. . .]. Treupflichten legen sich wie ein Netz über die gesellschaftsrechtlichen Befugnisse“; Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000) S. 564, 571: „fundamentaler Grundsatz [. . .], der die gesamte Mitgliedschaft jedes Gesellschafters, den Inhalt und Umfang seiner Rechte und sein ganzes gesellschaftsbezogenes Verhalten prägt“; Pentz, Rowedder/ Schmidt-Leithoff GmbHG (4. Aufl. 2002) § 13 Rn 35: „gedankliche und sprachliche Zusammenfassung einer Vielzahl von gesellschaftsrechtlichen Verhaltensnormen“. Kritisch Immenga, FS-GmbHG (1992) S. 189, 204: „In der Bündelung von Elementen zu einem Prinzip droht die Treupflicht jedoch ihre Konturen zu verlieren“; Wiedemann, FS-Heinsius (1991) S. 949, 950 f.: „nur das Wort gemeinsam“, „Die einzelnen Kategorien kennen gedanklich keine Übergänge“. 134 Ähnl. Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 105; J. Schmidt, FS-Wieacker (1990) S. 231, 251: Je mehr Sozialprobleme eine Norm lösen soll, desto weniger kann sie über problemspezifische Lösungen informieren. Deutliche Kritik an dem Verständnis als Prinzip daher bei Jabornegg, FS-Krejci (2001) S. 667, 683: „Wozu bedarf es aber dann gerade im Gesellschaftsrecht einer solchen begrifflichen Überhöhung, die gleichzeitig mit einem völligen Verlust an Inhalt und Aussagekraft verbunden ist und mit Sicherheit die vielfältigen übergeordneten positiven Normen und Wertungen nicht auf einen Nenner bringen kann“. 135 Für die Personenverbände etwa: Keßler, Staudinger BGB (Vorauflage: 12. Aufl. 1991) vor § 705 Rn 43; K. Schmidt, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 105 Rn 189; C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn234/236; Grunewald, Gesellschaftsrecht (5. Aufl. 2002) 1. A. 3. a) (S. 12) „doppelte Richtung“. Für die Verbandspersonen etwa: M. Winter, Treubindungen (1988) S. 85 ff.; T. Raiser, GroßKomm GmbHG I (2005) § 14 Rn 68; Grunewald, Gesellschaftsrecht (5. Aufl. 2002) 2. C. III. 1. a)/b) (S. 238 f.); H. Winter/Seibt, Scholz GmbHG I (10. Aufl. 2006) § 14 Rn 52; Röhricht, Hommelhoff Corporate Governance (2003) S. 514, 519. Zur Problematik einer horizontalen Rechtsbeziehung der Mitglieder der Verbandsperson, hier § 3 B. II.
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und die mitgliedschaftlichen Interessen der Teilnehmer.136 Die Treubindung könne jedes Mitglied – unabhängig von der Größe seiner Beteiligung, also Mehrheit wie Minderheit – treffen.137 Das Treugebot nehme eine Schranken- und Konkretisierungsfunktion bei der Rechtsausübung wahr.138 Darüber hinaus könne es auch zusätzliche Handlungs- oder Unterlassungspflichten der Mitglieder begründen.139 Treubindungen endeten nicht vollständig 136 Etwa v. Gerkan/Haas, Röhricht/Graf v. Westphalen HGB (3. Aufl. 2008) § 109 Rn 12; H. Winter/Seibt, Scholz GmbHG I (10. Aufl. 2006) § 14 Rn 52; Grigoleit, Gesellschafterhaftung (2006) S. 300 ff. „soziale Treupflicht“ – „individuelle Treupflicht“. Ausgedehnt auch auf nicht mitgliedschaftliche Interessen der Teilnehmer: Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 102, 108, 120, 128, 159 (Nr. 10, 11, 12); Lutter, ZHR 162 (1998) S. 164, 166 f.; ähnl. K. Schmidt, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 105 Rn 189. 137 Damit ist zunächst nur die Existenz der Treubindung gegenüber jedem Mitglied möglich. Der Umfang kann durchaus nach der Beteiligung und ihren Einflussnahmemöglichkeiten variieren, vgl. etwa: v. Gerkan/Haas, Röhricht/Graf v. Westphalen HGB (3. Aufl. 2008) § 109 Rn 15; Hueck/Fastrich, Baumbach/Hueck GmbHG (19. Aufl. 2010) § 13 Rn 22. 138 Etwas plastischer wird die unterschiedliche Wirkung durch einen Funktionsvergleich. Insofern kann man zur Verdeutlichung und zum besseren Verständnis für die Konkretisierungsfunktion auf die Bedeutung gegenüber den bestehenden Leistungspflichten hinweisen, für die Schrankenfunktion auf eine Immanenz- oder Innentheorie, die sich unabhängig von der interpersonalen Gestaltung allein aus der materiellen Begrenzung des Rechts ergeben soll. Die Pflichtbegründung knüpft demgegenüber an das zu schützende Subjekt, folglich subjektbezogen, interpersonell an. Vgl. zum Ganzen teils abw. M. Weber, Treubindungen (1999) S. 159 ff. 139 Der wesentliche Unterschied bestehe in den deutlich höheren Anforderungen, die an die Pflichtbegründung zu stellen seien. Dieser komme „qualitativ eine andere, die Interessen der Parteien wesentlich einschneidender berührende Bedeutung zu als der bloßen Anspruchsbegrenzung“: Ulmer, FS-Möhring (1975) S. 295, 301. Daher verläuft die Abgrenzung auch eher materiell bestimmt: vgl. Ulmer, FS-Möhring (1975) S. 295, 302 f.: Etwa sei die Einschränkung des Kündigungsrechts wegen der Fortsetzungspflicht des Verbands als Pflichtbegründung anzusehen. Grundsätzlich für die Unterteilung in Rechtsbeschränkung und Pflichtbegründung etwa: Dorpalen, ZHR 102 (1936) S. 22 f.; A. Hueck, oHG (4. Aufl. 1971) § 13 I. (S. 192 ff.); Verhoeven, GmbH-Konzern (1978) S. 61, der unterschiedliche Termini (Treubindung – Rechtsausübungsschranke/Treupflicht – Steigerung zu Aktivpflichten) dazu abgrenzt; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 8 II. 3. (S. 431 f.); Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 108 ff.; C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 230 f.; Keßler, Staudinger BGB (Vorauflage: 12. Aufl. 1991) Vor § 705 Rn 49 f.; Michalski, NZG 1998, 460 f.; K. Schmidt, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 105 Rn 191/192; Fleischer, K. Schmidt/Lutter AktG I (2. Aufl. 2010) § 53 a Rn 57 f. allerdings mit ganz formaler Trennung in Schrankenfunktion bei Stimmenthaltung zur Durchsetzung eines Sanierungsvorhabens (BGH II. ZS. v. 20.03.1995, „Girmes“ BGHZ 129, 136) und Förderpflicht bei Heilungsbeschluss der verdeckten Sacheinlage. Kritisch zur Trennung von Rechtsbegrenzung und Pflichtbegründung: M. Weber, Treubindungen (1999) S. 69: „fließende Übergänge“. Dem muss insofern Recht gegeben werden, als die Umverteilung der wissenschaftlichen „Beweislast“ durch die Erklärung, es finde nur eine Beschränkung auf die immanenten Grenzen
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mit dem Verlust der Mitgliedschaft, sondern könnten bzw. müssten auch darüber hinaus noch wirken (sog. „nachwirkende Treubindung“).140 Sogar vormitgliedschaftliche Treubindungen werden diskutiert.141 II. Systematische Bestimmung der Treubindung Im Rahmen dieser Arbeit kann kein umfassender Blick auf die durch Treupflichten gewachsene, ungeschriebene Legalordnung des allgemeinen Verbandsrechts geleistet werden.142 Die allgemeine Bestimmung der mitgliedschaftlichen Treubindung im Verbandsrecht soll aber nicht unversucht bleiben. Dazu ist eine – gewiss nicht ganz unproblematische143 – systematische, stark verkürzte Aufnahme zu unternehmen. Hierbei werden nur zwei Ordnungsaspekte der Treubindung herausgehoben.144 Zum einen ist die Undes bestehenden Rechts statt, ebenso einer vollen Begründung bedarf. Die Entwicklung der immanenten Grenzen ist dabei ebenso sorgfältig zu begründen, wie es die interpersonelle Begründung einer Pflicht ist. Der Unterschied besteht maßgeblich darin, dass im ersten Fall nur aus der Rechtsbefugnis, im zweiten Fall auch aus dem Rechtsverhältnis argumentiert werden kann. Die „Eingriffsgrenze“ hängt aber nicht von der Einordnung ab. Worin der qualitative Unterschied gegenüber dem betroffenen Aktionär bestehen soll, der „nur“ gezwungen wird, sich zu enthalten (rechtsbegrenzende Funktion) und demjenigen, der gezwungen wird, einem Beschluss zuzustimmen (pflichtbegründende Funktion), ist nicht deutlich zu machen. 140 Vgl. etwa: H. Winter/Seibt, Scholz GmbHG I (10. Aufl. 2006) § 14 Rn 52, bspw. Geheimhaltung von Interna oder Wettbewerbsverbote; Emmerich, Heymann HGB II (2. Aufl. 1996) § 109 Rn 11; v. Gerkan/Haas, Röhricht/Graf v. Westphalen HGB (3. Aufl. 2008) § 109 Rn 12. 141 Umfassend M. Weber, Treubindungen (1999) S. 178 passim; dafür ferner: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 20 IV. 1. b) (S. 588); Pentz, Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG (4. Aufl. 2002) § 13 Rn 39; Hopt, Baumbach/ Hopt HGB (34. Aufl. 2010) § 109 Rn 24; offen: Henze/Notz, GroßKomm AktG (4. Aufl. Stand 2004) Anh § 53 a Rn 41; ablehnend mangels Erfordernisses derer Cahn/v. Spannenberg, Spindler/Stilz AktG I (2. Aufl. 2010) § 53 a Rn 47; Fleischer, K. Schmidt/Lutter AktG I (2. Aufl. 2010) § 53 a Rn 53. 142 Vgl. dazu die einschlägigen Kommentarstellen sowie die Aufnahmen von Sester, Treupflichtverletzung (1996) passim zu wichtigen Teilen der Personenhandelsgesellschaft, M. Winter, Treubindungen (1988) passim zum Recht der GmbH; wie formübergreifend M. Weber, Treubindungen (1999) S. 53 ff. insbes. S. 156 ff. 143 M. Weber, Treubindungen (1999) S. 70: „Eine eingehende Begründung der Einteilungskriterien steht deshalb vor dem Dilemma, dass sie letzten Endes eine umfassende Diskussion der gesamten Treupflichtproblematik bereits voraussetzt“. Es muss wohl jede Systematisierung an Struktureigenschaften ansetzen und folglich dieses Problem teilen, Bydlinski, System (1996) S. 15. Kritisch zu der Möglichkeit einer systematischen Ordnung der Treubindung: T. Raiser, GroßKomm GmbHG I (2005) § 14 Rn 69: Fallgruppen könnten nur heuristisch gebildet werden. 144 Andere, häufig eng verwandte aber anders akzentuierte, Ordnungsmöglichkeiten sind wohl vorhanden. Eine umfassende Darstellung derer ist aber im Umfang
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terscheidung in eigen- und fremdnützige Befugnisse der Gesellschafter darzustellen (unter 1.). Zum anderen wird parallel auf die unterschiedlichen Ebenen des Mitgliedhandelns bei der verbandsinternen Willensbildung eingegangen (unter 2.). Danach lässt sich die Treubindung auf der Ebene der Verbandsverfassung systematisch verorten. Auf Konkretisierungsbemühungen wie die Treubindung nach Realstruktur und Geschäftsführungsnähe wird erst im Besonderen Teil eingegangen.145 1. Ausgangspunkt: Eigen- und fremdnützige Befugnisse der Gesellschafter
a) Darstellung Im Grundsatz ist sich die Lehre einig,146 dass zwischen zwei unterschiedlichen Naturen der von Statut und Gesetz gewährten Mitgliedsrechten zu unterscheiden ist. Ein Recht kann dem Berechtigten grundsätzlich zur Wahrnehmung eigener Interessen (sog. „eigennützige Rechte“) oder in treuhänderischer Verantwortung für fremde Interessen (sog. „uneigennützige“, „fremdnützige“, „altruistische“ oder „Pflichtenrechte“) zustehen.147 Nach dieser Arbeit weder möglich noch sinnvoll. „Jeder Versuch einer systematischen Darstellung, die sich um jede Spur bemüht, endet früher oder später in der Uferlosigkeit“: Gernhuber, JuS 1983, 764, 765 zur Systematisierung des § 242 BGB. Auf den Ausgangspunkt Wiedemanns sei trotzdem – wenigstens hier – kurz verwiesen. Ausgehend von dem zu regelnden Interessenkonflikt trennt er nach dem funktionellen Adressaten der Treubindung in organschaftliche, mitgliedschaftliche und mehrheitsbezogene Treubindungen, Wiedemann, FS-Heinsius (1991) S. 949, 950; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 3 II. 3. a. (S. 192 ff.). 145 Vgl. § 7 B. I. Intensität der Treubindung. 146 Abweichend soweit ersichtlich nur Flume, FS-Rittner (1991) S. 119, 121 f., der Sorge hegt, mit dem Gedanken der Fremdinteressen werde der Ermessensspielraum der Gesellschafter-Geschäftsführer untergraben. Mit anderer Begründung Nehls, Treupflicht (1993) S. 79 f.: die Unterscheidung sei wegen fließender Grenzen bei der Einteilung (sein Bsp.: Gewinnverwendungsbeschluss) und mangelnder Ausschließlichkeit (auch bei fremdnützigen Rechten könnten u. U. eigene Interessen beachtet werden, wie umgekehrt) gegenüber dem Kriterium der Geschäftsführungsnähe verzichtbar; ähnl. Windbichler, RWS-Forum 8 (1996) S. 23, 27: eher Übergänge als Gegensätze; ähnl. Röhricht, Hommelhoff Corporate Governance (2003) S. 514, 536. 147 v. Gierke, Genossenschaftstheorie (1887) S. 174 ff., 188 f.: freie Sonderrechte gegenüber reinen Mitgliedsrechten; A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72, 74 f., 80 f., 89; Fechner, Treubindungen (1942) S. 78, Fn 2, der aber die eigennützigen Rechte vor allem im Verhältnis der Aktionäre untereinander, gegenüber der AG aber eine grundsätzliche Interessenunterordnung des Mitglieds sieht; Fischer NJW 1954, 777, 778; Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 322 ff.; Stimpel, Richterliche Rechtsfortbildung (1969) S. 15, 18; A. Hueck, ZGR 1972, 237, 238, 240 ff.; Ulmer, FS-Möh-
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der jeweiligen Natur des Mitgliedrechts wird die Art der Treubindung bestimmt. Bei uneigennützigen Rechten wird eine absolute, bei eigennützigen Rechten dagegen nur eine eingeschränkte, relative Bindung gegenüber den fremden Interessen verlangt. Fremdnützige Befugnisse sollen dem Gesellschafter „im Interesse der Gesellschaft zustehen, derart dass er durch ihre Ausübung den Gesellschaftszweck fördern soll“.148 „Kennzeichen dieser Rechte ist es, dass sie dem Gesellschafter nicht im eigenen Interesse, sondern zur Förderung des gemeinsamen Zwecks verliehen sind“.149 Gesichert werden diejenigen Befugnisse, die sich auf die Geschäftsführung des Verbands beziehen, den fremdnützigen Rechten zugeordnet.150 Die Geschäftsführung „ist jede auf die Verfolgung des Gesellschaftszwecks gerichtete Tätigkeit für die Gesellschaft“.151 Die uneingeschränkte Bindung an den Verbandszweck folge daring (1975) S. 295, 300; H. P. Westermann, FS-Hefermehl (1976) S. 225, 231 f.; Lutter, AcP 180 (1980) S. 81, 116; M. Winter, Treubindungen (1988) S. 19 f.; Henze, FS-Kellermann (1991) S. 141, 149; Immenga, FS-GmbHG (1992) S. 189, 199 ff.; Emmerich, Heymann HGB II (2. Aufl. 1996) § 109 Rn 7; Sprau, Palandt BGB (69. Aufl. 2010) § 705 Rn 27; Grundmann, Treuhandvertrag (1997) S. 157: Die Differenzierung sei Standard und nicht anzuzweifeln, erkläre sich aber nur zum „Ob“, nicht zum „Wie“ der Differenzierung der Rechte. Grundmann trennt daher in die „Interessenwahrungspflicht stricto sensu als die charakteristische Hauptpflicht“ und „das sonstige Pflichtenbündel der Nebenpflichten (Treupflichten im weiten, herkömmlichen Sinn)“ (S. 169). 148 A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 79, 80 f. 149 C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 234. 150 Das Widerspruchsrecht ist „als Bestandteil des Geschäftsführungsrechts ausschließlich dem Interesse der Gesellschaft zu dienen bestimmt“ BGH II. ZS. v. 28.11.1955, WM 1956, 29, 30 (Personenverband). Verbandsübergreifend: Fischer, NJW 1954, 777, 778; Zöllner; Stimmrechtsmacht (1963) S. 322; M. Weber, Treubindungen (1999) S. 163. Für die Verbandspersonen etwa: Immenga, Personalistische Kapitalgesellschaft (1970) S. 267 f.; T. Raiser, Großkomm GmbHG I (2005) § 14 Rn 78; Pentz, Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG (4. Aufl. 2002) § 13 Rn 40; Michalski/Funke, Michalski GmbHG I (2. Aufl. 2010) § 13 Rn 146; Hueck/Fastrich, Baumbach/Hueck GmbHG (19. Aufl. 2010) § 13 Rn 26 f.; Ivens, GmbHR 1988, 249, 254; Bayer, Lutter/Hommelhoff GmbHG (17. Aufl. 2009) § 14 Rn 24; Wiesner, MüHandbuch IV AG (3. Aufl. 2007) § 17 Rn 17. Für die Personenverbände etwa: Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72, 75, 82; Ulmer, FS-Möhring (1975) S. 295, 300; Hadding, Soergel BGB 5/1 (12. Aufl. 2007) § 705 Rn 59; C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 234; K. Schmidt, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 105 Rn 191; Koller, Koller/Roth/Morck HGB (6. Aufl. 2007) § 105 Rn 35. Abw. wohl: Flume, Personengesellschaft (1977) § 15 II. 1. (S. 262 ff.), der für die Personengesellschaft gerade auch bei den Maßnahmen der Geschäftsführung einen grundsätzlichen Widerstreit von Privatautonomie und Pflichtbindung des Gesellschafters sieht. Aus der mangelnden Organstellung des Gesellschafters und der notwendigen Verfolgung auch eigener Interessen durch die Beteiligung an der Gesellschaft, findet er in der (regelmäßig interessenkongruenten) Verfolgung auch eigener Interessen die Regel und kein Tabu (S. 265 f.).
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bei bereits aus diesem Wesen der Geschäftsführung.152 Den Verbandsinteressen komme hierbei der absolute Vorrang zu. Eigene Belange könnten allenfalls dann verfolgt werden, wenn jede Beeinträchtigung der Verbandsbelange auszuschließen sei.153 Die Interessenüberordnung dort sei vertraglich versprochen, darauf vertrauten die anderen Gesellschafter und nur deshalb sei die Geschäftsführungsbefugnis übertragen worden.154 Anderes gelte für eigennützige Mitgliedsbefugnisse155 der Teilnehmer. Sie seien dem Mitglied um seiner selbst willen, zur Verfolgung eigener Interessen zugeordnet.156 Dazu sollen die Vermögensrechte,157 all diejenigen Verwaltungs- und Kontrollrechte, die sich nicht auf die Geschäftsführung beziehen (wie Recht auf Information und Einsicht in die Geschäftsunterlagen (§ 716 BGB, § 118 HGB, § 51 a GmbHG), Recht auf Rechnungslegung (§ 721 BGB, § 120 HGB))158 und die Lösungsrechte159 gehören. Bei diesen Rechten bestehe kein Vorrang des Verbandsinteresses. Zwar sei auch hier Rücksichtnahme geschuldet, doch keine Ausrichtung an fremden Interessen.160 Das 151
A. Hueck, oHG (4. Aufl. 1971) § 10 I (S. 115); ferner etwa Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 14; H. P. Westermann, Erman BGB I (12. Aufl. 2008) § 709 Rn 5. 152 Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 344. 153 C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 234; M. Winter, Treubindungen (1988) S. 20. 154 A. Hueck, oHG (4. Aufl. 1971) § 13 I 3. (S. 194). 155 Private Rechte, die nicht über die Mitgliedschaft vermittelt sind, also solche aus Drittgeschäften gehören nicht hierher. 156 A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72, 81 f.; C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 235. 157 A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72, 85: Gewinnentnahme nach § 122 HGB; A. Hueck, oHG (4. Aufl. 1971) § 13 I. 3. (S. 194): Recht auf den Gewinnanteil; H. M. Schmidt, GmbHR 1960, 137, 139 f.; C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 235; Ulmer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 705 Rn 227: Gewinnrecht, Recht auf Aufwendungsersatz und auf Auseinandersetzungsguthaben; Henze, RWS-Forum 8 (1996) S. 1, 9; Hüffer, AktG (9. Aufl. 2010) § 53 a Rn 16. 158 C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 235; Ulmer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 705 Rn 227; Henze, RWS-Forum 8 (1996) S. 1, 9; T. Raiser, Großkomm GmbHG I (2005) § 14 Rn78; Sprau, Palandt BGB (69. Aufl. 2010) § 705 Rn 27; Schiessl, MüHandbuch III GmbH (3. Aufl. 2009) § 32 Rn 18; Wiesner, MüHandbuch IV AG (3. Aufl. 2007) § 17 Rn 18, 5; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 21 III. 1. d) (S. 627). Für das Informationsrecht sei die Zielrichtung der Information zwischen Individualrechtsschutz und Verbandsfunktionsschutz maßgeblich: Haar, Personengesellschaft (2006) S. 106 f. 159 A. Hueck, oHG (4. Aufl. 1971) § 13 I. 3. (S. 194); Henze, RWS-Forum 8 (1996) S. 1, 9; Pentz, Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG (4. Aufl. 2002) § 13 Rn 40; T. Raiser, Großkomm GmbHG I (2005) § 14 Rn 78; Michalski/Funke, Michalski GmbHG I (2. Aufl. 2010) § 13 Rn 146. 160 A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72, 81 f.
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Mitglied müsse hier seine eigenen Interessen nicht hinter die des Verbands zurückstellen.161 Im Hinblick auf die betroffenen gemeinsamen Interessen sei aber eine am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfolgende Rechtsausübung durch das Mitglied zu verlangen.162 b) Analyse und Stellungnahme Für die Geschäftsführungsakte kann auch von einem organschaftlichen Tätigwerden, einer treuhänderischen Stellung gesprochen werden.163 Das Mitglied handelt nicht für sich selbst, sondern ausschließlich für den Verband. Daran ändert weder die Beteiligung am Verband, noch die im Recht der Personenverbände bestehende originäre, teils zwingende Zuständigkeit der Mitglieder (Selbstorganschaft) etwas.164 Auch der – rechtspolitisch umstrittene – Sorgfaltsmaßstab für die Personengesellschaften nach dispositivem Gesetzesrecht der § 708 BGB, bzw. iVm §§ 105 II, 161 II HGB, der an die Person des Gesellschafters anknüpft, sagt nichts über die maßgeblichen Interessen aus. Jede Berechtigung bzw. jedes Interesse des Mitglieds an den Akten der Geschäftsführung wird über das Verbandsganze vermittelt. Eine regelmäßig konfliktfreie Interessenkongruenz bei der Wahrnehmung der Geschäftsführung durch die Verbandsmitglieder gegenüber derjenigen durch Verbandsfremde165 ist nur tatsächlich. Sie ist aber nicht notwendig für die Verfolgung des Gesellschaftszwecks. Es liegt kein autonomes Handeln der Mitglieder vor. Das Mitglied handelt nur für den Verband. Dabei ist unerheblich, ob das Mitglied dauerhaft zur Geschäftsführung bestellt ist oder in seiner „Mitgliedsrolle“ zur Entscheidung über die Geschäftsführung berufen wird.166 Ebenso muss auch eine faktische Einflussnahme auf die 161
M. Winter, Treubindungen (1988) S. 121. C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 235. 163 Fischer, NJW 1954, 777, 778; ähnl. Reuter, GmbHR 1981, 129, 135, die Ausübung der Geschäftsführung sei verbandsübergreifend nicht als Rechts-, sondern als Amtsausübung zu begreifen; Weipert, ZGR 1990, 142, 146 f. 164 Differenzierend aber Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 7: Nur bei der besonderen nicht auf der Mitgliedschaft beruhenden Organstellung sei eine grundsätzlich altruistische Machtbefugnis gewährt, die anders als die bloße mitgliedschaftliche Stellung von vornherein eine Hintansetzung eigener Interessen verlange. Gleichwohl wird gerade auch von Zöllner im Rahmen der Geschäftsführung eine absolute Zweckbindung festgestellt, S. 322 ff. 165 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 6 IV. 1. a) (S. 343 f.); allg. für das Vereinsrecht: Interessenparallelität bei Verantwortung und Betroffensein Steinbeck, Vereinsautonomie (1999) S. 46. 166 Nichtgeschäftsführende Mitglieder werden bzw. können in die Geschäftsführungsentscheidung eingebunden werden: Etwa für oHG/KG Beschlusserfordernis des § 116 II HGB; für GmbH Weisungsrecht und Einberufungs- bzw. Vorlagepflicht §§ 37 I, 49 II, III GmbHG; für die AG Teilnahmemöglichkeit aus § 119 II AktG. 162
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Geschäftsführung gleichen Regeln unterworfen sein.167 Es sind die fremden Interessen der Gesamtheit des Verbands wahrzunehmen. Diese sind für die Ebene der Geschäftsführung durch den Gesellschaftszweck bestimmt. Damit besteht bei dieser echten Treuhandstellung überhaupt kein Konflikt zur Verfolgung eigener legitimer Interessen. Durch die Überordnung der fremden Interessen ist ein Eigeninteresse hier nie konfliktfest, die Verfolgung eigener Interessen stets treuwidrig.168 Es muss daher kein Ausgleich zwischen den Interessen des ausführenden Mitglieds und denen des Verbands gefunden werden. Die Schwierigkeiten sind „nur“ praktische. Sie ergeben sich in der Reichweite der Geschäftsführungspflicht (Geschäftschancen und Wettbewerbsverbote)169 und der Konkretisierung des fremden Interesses durch das Organ, welches mit der eigenen Zuständigkeit einen eigenen Ermessensspielraum besitzt.170 Die Treupflicht bildet damit kein Korrektiv – es Die ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeiten nach den Rechtsprechungsgrundsätzen von „Holzmüller“, BGH II. ZS. v. 25.02.1982, BGHZ 83, 122 und „Gelatine“, BGH II. ZS. v. 26.04.2004, BGHZ 159, 30 können kaum hier eingeordnet werden, da sich die Hauptversammlungszuständigkeit wesentlich aus dem Entscheidungsgegenstand, der an „der Kernkompetenz der Hauptversammlung, über die Verfassung der Aktiengesellschaft zu bestimmen“, rühren kann (Leitsätze und S. 44), ergibt. 167 Emmerich, AG 1975, 253, 285, 287; M. Winter, ZHR 148 (1984) S. 579, 592; Ivens, GmbHR 1988, 249, 254; H. Winter/Seibt, Scholz GmbHG I (10. Aufl. 2006) § 14 Rn 56; M. Weber, Treubindungen (1999) S. 164; aA „von außen“ erfolgende Einwirkung Verhoeven, GmbH-Konzern (1978) S. 62, 72; Mertens, FS-Fischer (1979) S. 461, 464. In dieses – inzwischen allgemein anerkannte – Verständnis von der Treuhandstellung bei Geschäftsführungsentscheidungen gerückt, erscheint die ITT-Entscheidung des BGH weniger als bahnbrechend sondern vielmehr als Selbstverständlichkeit. Natürlich darf die Mehrheit nicht die Geschäftsführung zur Veruntreuung des Gesellschaftsvermögens bestimmen, indem Entgelte für leistungslose „Beratungen“ an der Mehrheit verbundene Unternehmen bezahlt werden, vgl. BGH II. ZS. v. 30.05.1975, „ITT“, BGHZ 65, 15, 18 ff. 168 Ulmer, FS-Möhring (1975) S. 295, 300; Wiedemann, FS-Heinsius (1991) S. 949, 950; ähnl. Grigoleit, Gesellschafterhaftung (2006) S. 303. 169 Vgl. etwa BGH II. ZS. v. 23.09.1985, NJW 1986, 584; aktuell Fleischer, NZG 2003, 985 ff. Dabei sind Wettbewerbsverbote und Geschäftschancenzuordnung nicht ausschließlich den dauernd mit der Geschäftsführung Betrauten verbunden, sondern können auch mit der Mitgliedschaft verbunden sein, vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 20 V. 1. b) (S. 596)/3. (S. 599). 170 Zu dem Ermessensspielraum, der den Gesellschaftern und Organen verbleibt, hat sich im Bereich der Aktiengesellschaft die sog. „Business Judgement Rule“ etabliert. Ihr Gehalt wurde durch das UMAG in § 93 I S. 2 AktG kodifiziert. Vgl. weiter Fleischer, ZIP 2004, 685, 692: „Die eingeschränkte Kontrolldichte ist keine aktienrechtliche Besonderheit, sondern den Sachgesetzlichkeiten unternehmerischer Entscheidungen geschuldet, die im Kern bei allen Gesellschaftsformen Beachtung erheischen“; vgl. auch Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 4 II. 4. b) aa) (S. 341 f.). M. Winter, Treubindungen (1988) S. 106: Nur insofern, als dass mit der Berufung zur Geschäftsführung der Ermessensspielraum bei der Verfolgung eben
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gibt keinen legitimen Interessenwiderstreit –, sondern ist nur Beschreibung der Treuhand in diesem Fall.171 Daher ist es hier auch möglich, bei diesen Akten den Verband zum Zuordnungspunkt der Treuebeziehung des Mitglieds zu nehmen, wie es in der Literatur geschieht.172 Anders liegt es bei den eigennützigen Rechten. Sie werden „für eigene Rechnung“ ausgeübt. Mit diesen handelt das Mitglied nicht für den Verband, sondern für sich selbst und gegenüber dem Verband oder gegenüber den Mitgliedern. Es besteht keine Überordnung der fremden, der Verbandsinteressen. Umgekehrt deutet die Bezeichnung als „eigennützig“ einen Vorrang, eine berechtigte Wahrnehmung der Eigeninteressen an. Ob es dabei richtig ist, im Umkehrschluss von eigennützigen Rechten zu sprechen, erscheint zunächst fraglich. Gesicherte Beispiele für nur eigennützige Rechte sind etwa das Recht auf Gewinnentnahme und das Kündigungsrecht.173 Hierbei sind die Rechte ja gerade gegenüber dem Verband gewährt, der Interessenkonflikt (Thesaurierung gegenüber Ausschüttung,174 Fortsetzung gegenüber Lösung des Mitgliedsbandes bzw. des Verbandsverhältnisses) ist schon in der Begründung des Rechts geregelt und zu Gunsten des Mitglieds (eigennützig) entschieden.175 Verband und Mitglied stehen sich antagonisder gewählten Person eröffnet sei, gebe es ein „Eigeninteresse“ des Organs daran. Und nur diesen Ermessensspielraum verteidigt Flume. Allerdings wählt er dazu das äußerst missverständliche Etikett des „Spannungsverhältnisses“ von Privatautonomie und Verbandsbindung [Personengesellschaft (1977) § 15 II. 1. (S. 262)], bzw. erklärt die Lehre von uneigennützigen Rechten als gefährlich und abzulehnen [FS-Rittner (1991) S. 119, 122]. 171 Insofern erörtert Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 318 ff. die Bindung der Geschäftsführung auch vorwiegend in der Systematik der Zweckbindung als Stimmrechtsgrenze und nicht in der der Treubindung. Weipert, ZGR 1990, 142, 146 ff. und Seidel, Treupflichten (1998) S. 107 f. erklären wegen dem „Wesen der Geschäftsführung“ die Treupflicht für überflüssig bei diesen Maßnahmen. 172 Bspw. Rehbinder, ZGR 1976, 386, 391 f.; M. Winter, Treubindungen (1988) S. 43 f., 65, 85 ff., 95 ff.; Henze, RWS-Forum 8 (1996) S. 1, 11. 173 Dass teils Einschränkungen bereits gesetzlich normiert sind (etwa: für das Entnahmerecht § 122 I 2. HS HGB, für das Kündigungsrecht § 723 II BGB), und damit eine Interessenberücksichtigung des Verbands bzw. der anderen Mitglieder verlangen, steht der Zuordnung dabei nicht entgegen, sondern verstärkt das Bild nur. Die tatbestandliche Einschränkung gewährt zwar eine schwächere Rechtsposition, diese besteht aber abseits dieser tatbestandlichen Einschränkung allein im Interesse des Mitglieds. 174 Vgl. dazu etwa Mülbert, Aktiengesellschaft (1995) S. 210, der sogar ob des geregelten Konflikts eine zusätzliche Beschlusskontrolle ablehnt. 175 Ähnliches könnte man auch für das Informationsrecht erklären: soweit es besteht, also sein Tatbestand reicht, ist es dem Informationsbedürfnis des Mitglieds zur legitimen mitgliedschaftlichen Interessenwahrung gewährt und der Konflikt zur Missbrauchsmöglichkeit entschieden. Auch hier gilt, dass die tatbestandliche Einschränkung (Bsp. § 131 III Nr. 1 AktG im Vergleich zu § 118 HGB) den Charakter
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tisch gegenüber. Die Treupflicht wirkt damit hier als Korrektiv in dem Spannungsverhältnis widerstreitender Interessen, wenn sie eine Einschränkung dieser Rechtsausübung verlangt. Dabei ist die Hürde für die Treupflichtbindung durch einen bereits geregelten Interessenkonflikt hoch gesteckt. Man könnte insofern gegenüber der allgemeinen Beschreibung von eigennützigen Rechten „im engeren Sinne“ sprechen. Einen so eindeutigen Zuweisungsgehalt durch eine Regelung des Konflikts weisen aber nicht alle Rechte des Mitglieds auf. Die Unterscheidung im Grunde ist wertvoll. Sie differenziert zwischen zwei verschiedenen Rollen, die das Mitglied im Verhältnis zum Verband einnehmen kann: die organschaftliche Tätigkeit bei der Interessenwahrnehmung des Verbands nach außen (Geschäftsführung für den Verband)176 und die Behauptung der eigenen Mitgliedschaft im Verhältnis zum Verband (Mitgliedsrechtsverhältnis gegenüber dem Verband). Damit lässt sich die unterschiedliche Bindung des Mitgliedhandelns auch auf eine allgemein anerkannte Unterscheidung im Privatrecht zurückführen. Das Handeln für sich selbst erfolgt in Selbstherrlichkeit, das Handeln für andere in pflichtgemäßer Bindung.177 Die Aktionen des Mitglieds im Verband sind aber nicht auf die treuhänderische Verwaltung der gesammelten Mittel für die der verbleibenden Position nicht verändert. Die erlangte Informationsposition ist davon getrennt zu betrachten und darf nicht zur „eigenen außergesellschaftlichen Nutzung“, zum Missbrauch verwandt werden, Grundmann, Treuhandvertrag (1997) S. 271. Weiteres Beispiel kann die Anfechtungsbefugnis des Aktionärs nach § 245 Nr. 1–3 AktG sein, BGH II. ZS. v. 25.02.1965, BGHZ 43, 261, 265 f. Es müsse kein besonderes Rechtsschutzinteresse bestehen, das legitime Interesse folge aus der Verbandszugehörigkeit; Hüffer, MüKo AktG VII (2. Aufl. 2001) § 245 Rn 7. Die Kontrollmöglichkeit besteht also im Interesse des Mitglieds. Eine Interessenberücksichtigung der Verbandsbelange (bspw. wirtschaftliche Erforderlichkeit des strittigen Beschlusses) muss gerade nicht durch das anfechtende Mitglied vorgenommen werden. Eine Missbrauchskontrolle gegenüber der zweckentfremdeten „erpresserischen“ Anfechtungsklage ist damit nicht ausgeschlossen, sondern unterliegt der erhöhten Anforderung, die an den Rechtsmissbrauch zu stellen ist. 176 Eine unmittelbare Außenwirkung ist dafür nicht erforderlich. Auch vorbereitende, gesellschaftsinterne Beschlüsse oder Weisungen richten sich im Rahmen der Geschäftsführung auf die Tätigkeit des Verbands, seine Zweckverfolgung nach außen. Die interne Ordnung des Verbands wird dadurch nicht geregelt. 177 Flume, Das Rechtsgeschäft (4. Aufl. 1992) § 1 6. (S. 7 ff.). Für das Verbandsrecht ist aufgrund der Vermittlung der Zweckverfolgung durch die Zuordnung zum Verband und die demgegenüber nachgeordnete Letztberechtigung aller Mitglieder die Treuhandstellung des Ausübenden als desjenigen, der (auch) für andere und daher in pflichtgemäßer Bindung handelt, bestens zu erklären. Daher ist ein darüber hinausgreifender Erklärungsansatz aus der unentgeltlichen, zeitlich begrenzten und – insofern doch nah an der Tautologie – nicht zu Gunsten des Treuhänders erfolgenden Einräumung der Rechtsposition, wie ihn Grundmann, Treuhandvertrag (1997) S. 169 bemüht, entbehrlich.
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Gesamtheit einerseits und die Wahrnehmung allein eigennützig begründeter Rechtspositionen durch das Mitglied andererseits beschränkt. Das Mitglied handelt nicht nur für den oder gegenüber dem Verband. Etwa bei der Änderung der Verfassung ist der Verband weder Prinzipal noch Gegenüber, sondern Gegenstand des Mitgliedhandelns.178 Dabei könnte man – neben den Handlungen für und gegenüber dem Verband – von einer Entscheidung über den Verband sprechen. Abseits der Antipoden, Handeln für und gegenüber dem Verband, fällt eine ausschließliche Zuordnung der Treubindung schwer. Insbesondere vollzieht sich die verbandsinterne Willensbildung nicht nur in den Maßstäben von Eigen- und Fremdnützigkeit. 2. Ebenen verbandsinterner Willensbildung: Geschäftsführungs-, Organisations- und Verfassungsakte
Die Beteiligung an der verbandsinternen Willensbildung ist zentraler Bestandteil der mitgliedschaftlichen Befugnisse. Davon ist aber nur ein Teil der Geschäftsführung, einem Handeln für den Verband bei der Zweckverfolgung im Außenverhältnis, zuzuordnen. Die Ebenen verbandsinterner Willensbildung können zwei- oder dreistufig geordnet werden. a) Darstellung Innerhalb eines klassischen zweistufigen Systems sind den Geschäftsführungsangelegenheiten die Grundlagengeschäfte gegenübergestellt.179 Grundlagengeschäfte betreffen das Gesellschaftsverhältnis, die Organisation und die Struktur des Verbands, dessen rechtliches Fundament, und sind damit grundsätzlich den Mitgliedern vorbehalten.180 Dabei wird teils formal an der Qualität als Vertragsänderung,181 teils materiell an der Bedeutung des Gegenstands für die Verbandsordnung (gegenüber der Zweckverfolgung) getrennt182. 178
Siehe dazu hier § 2 A. II. 2. Souverän der Verfassung. A. Hueck, oHG (4. Aufl. 1971) § 10 I (S. 116); Teubner, AK-BGB III (1979) § 713 Rn 2; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 6 III (S. 323); Hadding, Soergel BGB 5/1 (12. Aufl. 2007) § 709 Rn 9/11; H. P. Westermann, Erman BGB I (12. Aufl. 2008) § 709 Rn 5/6; H. Winter/Seibt, Scholz GmbHG I (10. Aufl. 2006) § 14 Rn 56 f.; Seidel, Treupflichten (1998) S. 87; zweifelnd Windbichler, RWS-Forum 8 (1996) S. 23, 26, wegen der unterschiedlichen Qualität von Grundlagengeschäften (einfache Kapitalerhöhung gegenüber Verschmelzung oder Kapitalerhöhung durch Sacheinlage) sei damit nicht viel gewonnen. 180 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 6 III (S. 323); A. Hueck, oHG (4. Aufl. 1971) § 10 I (S. 116). 181 H. P. Westermann, Erman BGB I (12. Aufl. 2008) § 709 Rn 5/6. 179
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Innerhalb eines dreistufigen Systems wird des Weiteren noch zu Maßnahmen differenziert, die weder Geschäftsführungsmaßnahmen sind, noch (formell oder materiell) den Gesellschaftsvertrag berühren (häufig: „sonstige Beschlüsse“, hier „Organisationsakte“).183 Solche Maßnahmen sind etwa Ergebnisermittlung und Ergebnisverwendung (Feststellung des Jahresabschlusses, Gewinnverwendungsbeschluss, Wahl eines Abschlussprüfers), das Verhältnis der Gesellschaft zu ihren Organen,184 also Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern, Bei- und Aufsichtsräten, sofern die einzelne Personalentscheidung nicht Verfassungsrang besitzt,185 oder die Entlastung der Geschäftsführung186. Sie stellen sich weder als Zweckverfolgung des Verbands nach außen dar, noch betreffen sie den Grundkonsens der Verbandsordnung. Sie bleiben vielmehr auf dem Boden dessen und konkretisieren diesen für die laufende Verwaltung der Verbandsinterna.
182 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 6 III (S. 323). In ihrem Schwerpunkt seien die Bereiche deutlich zu unterscheiden, die Übergänge seien aber fließend; ähnl. etwa: H. Winter/Seibt, Scholz GmbHG I (10. Aufl. 2006) § 14 Rn 56 f.; Seidel, Treupflichten (1998) S. 91. 183 Zu dieser Dreiteilung (dort: Geschäftsführung, Grundlagengeschäft als eine den Gesellschaftern obliegende Tätigkeit der laufenden Verwaltung (etwa dort Feststellung des Jahresabschluss) und Vertragsänderung) bekennt sich auch eine jüngere BGH-Entscheidung zum Personengesellschaftsrecht deutlich: BGH II. ZS. v. 15.01.07, „Otto-Urteil“, BGHZ 170, 283, 286 f.; ferner: BGH II. ZS. v. 18.09.1975, BGHZ 65, 93, 99 f.; Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 14; anschaulich für die Hauptversammlungsbeschlüsse in der AG Henze, BB 1996, 489, 493; ferner Weipert, ZGR 1990, 142, 147; Lockowandt, Stimmrechtsbeschränkungen (1996) S. 19 ff.; Schulze-Osterloh, FS-Hadding (2004) S. 637 passim; Pentz, Rowedder/ Schmidt-Leithoff GmbHG (4. Aufl. 2002) § 13 Rn 55; Ulmer/C. Schäfer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 709 Rn 53 ff. Die Begriffsbildung ist nicht einheitlich. Wiedemann, Großkomm AktG VI (4. Aufl. Stand 1994) § 189 Rn 25 bezeichnet mit dem Organisationsakt bestimmte Verfassungsentscheidungen wie Gründung, Beitritt, Austritt oder Strukturänderung. 184 Weipert, MüHandbuch I PersG (3. Aufl. 2009) § 57 Rn 47. 185 Nach der originären Verbindung von Leitungsmacht und Person im Recht der Personengesellschaften (und dem daran anknüpfenden Verständnis der §§ 712, 715 BGB, §§ 117, 127 HGB als verfassungsändernder Maßnahmen) ist diesen Entscheidungen dort in der Regel Verfassungsrang verbürgt. Anders liegt es bei den Verbandspersonen. Bei diesen handelt es sich mit der Bestellung und Abberufung nur um die Ausfüllung eines verfassungsmäßigen Rahmens, der die Person eben nicht erfasst, vgl. §§ 101 I S. 1, 103 I S. 1 AktG; § 46 Nr. 5 GmbHG. Eine abstrakte Regelung auf Verfassungsebene mit entsprechender Delegation auf die Ebene der Organisationsakte erscheint aber auch bei der Gestaltung von Personenverbänden wegen der grundsätzlichen Inhaltsfreiheit möglich. 186 Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 15; M. Winter, Treubindungen (1988) S. 88; Ulmer/C. Schäfer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 709 Rn 55; SchulzeOsterloh, FS-Hadding (2004) S. 637, 649.
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Teil 1: Grundlagen
b) Analyse und Stellungnahme Die Maßnahmen auf der Ebene der Verfassung sowie Organisationsakte können nicht fremdnützige im oben dargestellten Sinne sein. Eine Unterordnung unter die Zweckverfolgungsbelange und eine direkte Treuhand für den Verband ist nicht zu begründen. Weiter sind diese Rechte dem Mitglied nicht gegenüber dem Verband eingeräumt. Es besteht hierbei kein – wenigstens nicht, wie bei dem Entnahmerecht, ein mit der Begründung des Rechts schon geregeltes – antagonistisches Verhältnis zwischen Mitglied und Verband. Das Spannungsverhältnis kann hier nur in einem Interessenkonflikt zwischen den Mitgliedern, sowie – soweit es um die Organisationsakte geht – auch gegenüber dem Verband bestehen. Das Besondere gegenüber den eigennützigen Rechten ist, dass der Interessenkonflikt unvollständig geregelt ist. Auf der Verfassungsebene ist keine Regelung zu Gunsten einer Interessenseite getroffen. Bei den Organisationsakten kann allenfalls aus dem Zweck und dem Rahmen ihrer Begründung eine Einschränkung gewonnen werden. Ein Interessenausgleich durch die Beschlussbildung steht aber regelmäßig noch aus und ist nicht in eine Richtung – wie in Fragen der Geschäftsführung – vorab entschieden.187 Danach kann man parallel zu der Unterteilung in eigen- und fremdnützige Befugnisse der Gesellschafter noch die hierarchische Gliederung in drei Wirkungsebenen der verbandsinternen Beschlüsse der Gesellschafter zur Differenzierung der Treubindung anfügen: Geschäftsführung, Organisation und Verfassung. 3. Ergebnis
Mitgliedschaftliches Handeln lässt sich danach zum einen – für den (echte Treuhand in Geschäftsführungsangelegenheiten), – gegenüber dem (antagonistisches Verhältnis in der Behauptung des Mitgliedsverhältnisses) und – über den (Verband ist nicht unmittelbar beteiligt, sondern Gegenstand der Entscheidung) Verband begreifen. Dem folgt teils die bekannte Einteilung in fremd- und eigennützige Treubindungen des Mitglieds. Zum anderen kann bei der Willensbildung im Verband in drei unterschiedliche Ebenen mit abweichender Konfliktlage getrennt werden:188 187 Ein Beispiel für einen abgeschlossenen Interessenausgleich sieht Mülbert, Aktiengesellschaft (1995) S. 208 ff. im Gewinnverwendungsbeschluss. In §§ 58, 254 AktG sei eine abschließende Regelung des Interessenausgleichs getroffen, der keine weitere sachliche Kontrolle über die gesetzlichen Erfordernisse erlaube.
§ 2 Gegenstand und Mittel – Verfassungsänderung und Treubindung
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– im Bereich der Geschäftsführungsangelegenheiten mit geregelter Konfliktlage zu Gunsten der Interessen des Verbands, – im Bereich der Organisationsakte durch einen teils geregelten Konflikt (durch das Regelungsziel der Befugnis in der laufenden Verwaltung) und – im Bereich der Verfassungsfragen durch eine ungeregelte Konfliktlage der widerstreitenden Interessen (mangels Überordnung oder Zweckhaftigkeit der begründeten Befugnis). Die Treubindung muss hierbei an dem jeweiligen Verhältnis orientiert sein. Es kommt also maßgeblich darauf an, wo die Treubindung des Mitglieds wirken soll. In der Systematik der verbandsinternen Willensbildung befindet sich die Verfassungsentscheidung auf der höchsten Ebene. Organisationsakte als Konkretisierung der Verbandsordnung im Innenverhältnis sowie Geschäftsführungsakte als Konkretisierung des Verbandszwecks im Außenverhältnis leiten sich davon ab und stehen damit darunter. Die vorstehenden Überlegungen haben gezeigt, dass die Treupflicht zur Vertragsänderung weder ein Handeln für den Verband, noch gegenüber dem Verband betrifft und in einen ungeregelten Interessenkonflikt eingreift. Die Treubindungen der verschiedenen Ebenen sind kaum vergleichbar, die Unterschiede im Einzelnen überwiegen.189 Sie sind daher scharf voneinander zu trennen, um Missverständlichkeiten vorzubeugen. Auch wenn bei bestimmten Akten die tatsächlichen Übergänge fließend sind und eine ausschließliche Zuordnung erschweren,190 handelt es sich grundsätzlich ideal betrachtet um ganz verschiedene Interessenkonflikte je nach der Natur der zu Grunde liegenden Beziehung. Insofern ist der Inhalt der Treubindung immer nur für die jeweilige Beziehung zu bestimmen, die durch die ungeschriebenen Rücksichtspflichten flankiert, bestimmt oder korrigiert wird. Dies darf nicht mit dem Ruf nach einer allein fall- und situationsgebundenen Bestimmung der Treubindung, also einer abstrakten Unbestimmbarkeit verwechselt werden. Das jeweilige Verhältnis bestimmt zwingend seine treupflichtige Ausgestaltung, 188
Zu dieser Dreiteilung vgl. auch Henze, BB 1996, 489, 493. Ähnl. Immenga, FS-GmbHG (1992) S. 189, 208, der sogar soweit geht, zu fordern: „Die Treupflicht in der GmbH sollte als allgemeiner Rechtssatz aufgegeben werden.“; Wiedemann, FS-Heinsius (1991) S. 949, 950 f.: „Ein Wort – drei Welten“ (S. 950), „Die einzelnen Kategorien kennen gedanklich keine Übergänge.“ (S. 951); Jabornegg, FS-Krejci (2001) S. 667, 685; Grigoleit, Gesellschafterhaftung (2006) S. 291, 299 ff.: „vielmehr sind die Verhaltenspflichten, die unter dem Gesichtspunkt der Treubindung diskutiert werden, überhaupt nicht Gegenstand einer eigenständigen Rechtsfigur“ (S. 291). 190 Als Beispiel mögen hier die satzungsnahen Geschäftsführungsmaßnahmen in der Aktiengesellschaft dienen, denen ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten korrespondieren, zuletzt BGH II. ZS. v. 26.04.04, „Gelatine“ BGHZ 159, 30, 44 f. 189
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Teil 1: Grundlagen
die abstrakte Betrachtung einzelner Beziehungen verspricht insofern durchaus Gewinn. Dem soll im weiteren Verlauf der Arbeit für die erzwungene Zustimmung auf der Ebene der Verfassung nachgegangen werden.
§ 3 Grundlagen der Treubindung – Geltungsgrund und dogmatische Grundlage A. Geltungsgrund der Treubindung – rechtspolitische Rechtfertigung Auf der Basis des oben Bestimmten ergibt sich mit der Frage, wie der Eingriff in die Privatautonomie der Mitglieder durch die Begründung einer Treupflicht zur Verfassungsänderung rechtspolitisch gerechtfertigt sein kann, die Suche nach dem Geltungsgrund der Treubindung.191 Dabei ist nach der Wertungsgrundlage für besondere Rücksichtnahmepflichten im Verbandsrecht zu suchen. Die Treupflicht wird zwar als anerkanntes Rechtsinstitut des Gesellschaftsrechts beschrieben.192 Die Beschäftigung mit dem Geltungsgrund bleibt aber – zumindest für eine wissenschaftlich ausgerichtete Betrachtung – unentbehrlich.193 Der Geltungsgrund muss den gesamten Inhalt des Rechtsprinzips, nicht nur seine grundsätzliche begriffliche Aner191
Begriff des Geltungsgrunds idS etwa bei Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 8 II. 3. a) (S. 432). Die Termini sind nicht einheitlich. Hüffer, FS-Steindorff (1990) S. 59 erfasst mit dem Begriff des Geltungsgrunds die dogmatische Herleitung (S. 61) und behandelt die Fragen der rechtspolitischen Rechtfertigung unter dem „Zweck“ der Treubindung (S. 73 f.). K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 20 IV 1. b) (S. 588) differenziert in den „rechtsfunktionellen Anknüpfungspunkt“ und die „rechtsdogmatische Einordnung“; ebenso M. Weber, Treubindungen (1999) S. 110; Mülbert, Aktiengesellschaft (1995) S. 226 spricht von der „rechtsethischen Fundierung“ für den Geltungsgrund; Grundmann, Treuhandvertrag (1997) S. 133 ff. trennt in tatbestandsbezogene und rechtsfolgenbezogene Erklärung der Treupflicht; Bachmann, Private Ordnung (2006) S. 211 trennt in den „inneren Geltungsgrund“ und den „äußeren Geltungsgrund“; Loll, Existenzvernichtender Eingriff (2007) S. 68 ff. trennt in „Geltungsgrund“, „verbandsrechtlichen Ursprung“ und „gesetzliche Verankerung“;. In der Sache geht es, freilich mit abweichenden Nuancen, um die gleichen Fragen, zwischen rechtspolitischer Rechtfertigung und dogmatischer Einbindung. 192 Bereits bei A. Hueck, Treuegedanke (1947) S. 9 findet sich diese Einschätzung („Gewohnheitsrecht“) für die Personengesellschaften. Ferner z. B. Göbel, Mehrheitsentscheidungen (1992) S. 97; Henze, ZHR 162 (1998) S. 186, 191; Lutter, ZHR 162 (1998) S. 164, 166 („a priori existentes verbandsrechtliches Prinzip“); zust. Röhricht, Hommelhoff Corporate Governance (2003) S. 514, 515 („irreversibel etabliert“). 193 Anders etwa: Henze, BB 1996, 489, 491; Göbel, Mehrheitsentscheidungen (1992) S. 97 f.
§ 3 Grundlagen der Treubindung
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kennung legitimieren und spielt deshalb für den konkreten Inhalt eine entscheidende Rolle.194 Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich, dass die Betrachtung hier von einer allgemeinen zur speziellen werden muss. Aus den ungleichwertigen Beziehungen und Ebenen, die nebeneinander von „der“ Treupflicht betroffen sind und diese zu einem vielgestaltigen Prinzip bilden (s. o. § 2 B. II.), folgt, dass diese Rechtfertigung nicht allein allgemein erfolgen kann. Angesichts der Vielgestaltigkeit in der Anwendung liegt die Vermutung nah, dass die Gemeinsamkeit in der Rechtfertigung nicht zwingend ist, sondern ein besonderer, speziell „verfassungsrechtlicher“ Ansatz zur Begründung erforderlich sein könnte. In dieser Weise wird zur Bestimmung des Geltungsgrunds der Treubindung in zwei Schritten vorgegangen. Zunächst (unter I.) sind die Argumente aus der Lehre für die allgemeine Geltung der Treubindung zu besprechen. Im Anschluss daran (unter II.) kann das Ergebnis auf die Situation der Verfassungsänderung bezogen werden. I. Allgemeiner Geltungsgrund der Treupflicht Zur Geltung der allgemeinen Treubindung im Verbandsrecht können drei Argumentationsstränge getrennt werden.195 Zum einen beruhe die Treubindung auf der besonderen Beziehung der Verbandsteilnehmer, nach der die Person von dem Rechtsverhältnis ergriffen werde. Diese besondere Beziehung sei gegenüber vielen anderen einfacheren Rechtsverhältnissen, so vor allem den Austauschgeschäften, von größerer Intensität und Nähe und dem korrespondierend von gesteigertem Vertrauen gekennzeichnet. Daher verlange sie eine besondere Treue196 (unter 1.). Zum anderen rechtfertige sie 194 Ähnl. C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 228; Jabornegg, FS-Krejci I (2001) S. 667, 676 „unentbehrliche Rückbindung an die maßgeblichen normativen Grundwertungen“; Bachmann, Private Ordnung (2006) S. 211. Vgl. etwa die Ordnung, die Hüffer, FS-Steindorff (1990) S. 59, 75 ff. der Treupflicht nach ihrem Geltungsgrund (dort „Doppelzweck“) gibt. 195 Vgl. auch die umfassende Darstellung bei M. Weber, Treubindungen (1999) S. 110 ff. Teils wird eine besondere Begründung der Geltung aber auch für entbehrlich befunden: „Dass § 242 BGB für alle privatrechtlichen Verbandsformen gilt, ist heute unbestritten. Dementsprechend ist auch die Ausübung des Stimmrechts wie alle Rechtsausübung an Treu und Glauben gebunden, und zwar nicht nur innerhalb der auf schuldrechtlichem Vertrag beruhenden Personengesellschaften, sondern auch bei den Körperschaften.“: Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 335 f. Die Frage verschiebt sich dann fort von der Geltung der besonderen Treubindung hin zu der Rechtfertigung der besonderen Intensität des § 242 BGB (siehe dort S. 338 ff.), die Rechtfertigungslast bleibt indes gleich. 196 Über die grundsätzliche Begründung hinaus soll nach verbreiteter Auffassung das Kriterium auch über das Ausmaß der Treubindung entscheiden. Zur Bedeutung der Realstruktur für das Ausmaß der Treubindung vgl. hier § 7 B. I. 1.
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Teil 1: Grundlagen
sich aus der besonderen Einwirkungsmöglichkeit, die den Teilnehmern durch die gemeinsame Beziehung „Verband“ aufeinander gegeben sei. Insofern müsse der faktischen Abhängigkeit voneinander eine Korrelation von Rechtsmacht und Verantwortung folgen (unter 2.). Schließlich begäben sich die Mitglieder in ein unvollständiges Rechtsverhältnis, das „nach vorne offen“ und insofern maßgeblich nach dem Ziel des vereinbarten Zwecks auszufüllen sei, was die besondere Treue verlange (unter 3.). 1. Gemeinschaftsverhältnis – Vertrauen und Nähe im Personenverband
Die Rechtfertigung einer aus ungeschriebener Grundlage erhöhten Bindung in dem Rechtsverhältnis Verband wurde maßgeblich von A. Hueck mit einer besonderen Vertrauens- und Nähebeziehung der Teilnehmer im Personenverband erklärt.197 Gesellschaftsverträge von Personenverbänden ergriffen die Persönlichkeit der Vertragsteilnehmer, seien personenrechtlich gefärbt und riefen daher stärkste persönliche Beziehungen zwischen diesen hervor.198 Sie könnten daher nicht allein vermögensrechtlich begriffen werden. Die Steigerung gegenüber einer einfachen Vertragstreue folge daraus, dass der Gesellschaftsvertrag nicht bloßer Austauschvertrag, sondern Grundlage einer auf besonderem Vertrauen beruhenden Gemeinschaft zur Zusammenarbeit, die auf die Erreichung eines gemeinsamen Zieles gerichtet sei.199 Dieser Erklärungsansatz basiert damit einerseits auf der Art der Rechtsbeziehung, dem intensiv-nahen Gemeinschaftsverhältnis,200 und einem diesem korrespondierenden, subjektiven Erwartungshorizont der Teil197 A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72; A. Hueck, Treuegedanke (1947) S. 5, 12 Der hoch zu schätzende Begriff der Treupflicht sei für das Gemeinschaftsverhältnis zu reservieren (S. 5). Ähnl. Fechner, Treubindungen (1942) S. 25 f. 198 Gegen den Begriff des „personenrechtlichen Verhältnisses“, aber in der Sache wesentlich übereinstimmend: Fischer, Staub HGB II 1. (Vorauflage: 3. Aufl. 1973) § 105 Rn 31 f. Die Treupflicht „hat ihre Grundlage in dem vom gegenseitigen Vertrauen getragenen Gemeinschaftsverhältnis und sie empfängt von hier ihren besonderen Gehalt“ (Rn 31 a); mwN zum Gedanken des besonderen Vertrauens zur Steigerung von Treu und Glauben im personenrechtlichen Verband in der reichsgerichtlichen Rechtsprechung (Rn 31 a). 199 A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72. 200 A. Hueck festigt seine Argumentation mit einer Stufenleiter der sittlichen Maßstäbe, von den guten Sitten des § 826 BGB gegenüber Jedermann, über den Maßstab von Treu und Glauben gegenüber dem Vertragspartner, § 242 BGB, hin zu der Treuepflicht, die nur die Fälle betreffe, „in denen enge persönliche Beziehungen zwischen den Beteiligten begründet werden, in denen man von einem Gemeinschaftsverhältnis, und zwar von einer die Person selbst ergreifenden Gemeinschaft, in diesem Sinne von einer personenrechtlichen Gemeinschaft sprechen kann“: Treuegedanke (1947) S. 12 [Hervorhebung im Original].
§ 3 Grundlagen der Treubindung
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nehmer, dem besonderen Vertrauen.201 Der Gedanke wurde in Rechtsprechung202 und Lehre203 wiederholt fruchtbar gemacht. 2. Einwirkungsmöglichkeit – Korrelat von Rechtsmacht und Verantwortung
Das Reichsgericht hat in der Victoria-Entscheidung die berühmte Erklärung gegeben, dass „ohne weiteres“ für die Mehrheit aus der Möglichkeit, für die Minderheit zu entscheiden und auf deren Vermögensinteressen einzuwirken, die Pflicht zur Rücksichtnahme folge.204 Insbesondere Zöllner hat sich diesem folgend früh gegen die vertrauens- und nähebezogene Begründung der Treue im Verbandsrecht gewandt. Neben der Unzulänglichkeit einer Vertrauensfiktion205 müsse die Treubindung auch dort Geltung beanspruchen, wo es an diesen Merkmalen fehle, wo also keine am Idealbild des Personenverbands ausgerichtete enge Arbeits- und Haftungsgemeinschaft und danach kein personalistischer Verband vorliege.206 Weder der 201 Teils wird die Begründung in der Analyse auch getrennt untersucht, Gemeinschaftsverhältnis einerseits, Vertrauensverhältnis andererseits, vgl. Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 338 ff.; Mülbert, Aktiengesellschaft (1995) S. 226 ff. 202 So wurde die im Personenverband anerkannte Treubindung damit auf die GmbH, als personalistisch konzipierbares Rechtsverhältnis übertragen: BGH II. ZS. v. 01.04.1953, BGHZ 9, 157,163; BGH II. ZS. v. 09.06.1954, BGHZ 14, 25, 38. 203 Vgl. Schilling, JZ 1953, 489, 492; Stimpel, Richterliche Rechtsfortbildung (1969) S. 15, 18; Martens, Mehrheits- und Konzernherrschaft (1970) S. 119; Fischer, Staub HGB II 1. (Vorauflage: 3. Aufl. 1973) § 105 Rn 31 a; Zöllner, Anpassung (1979) S. 34; Reuter, GmbHR 1981, S. 129, 134; T. Raiser, Hachenburg GmbHG I (8. Aufl. 1992 Stand 1989) § 13 Rn 7; ausführlich auch Bartsch, Entwicklung (1988) S. 103 ff. Ausschließlich so und daher abseits des personalisierten Verbands heute noch jede Treubindung der Mitglieder im Horizontalverhältnis verneinend: Reuter, MüKo BGB I (5. Aufl. 2006) § 34 Rn 22 f. Als zusätzliche Begründung, bzw. als Kriterium der Steigerung (Realstruktur personalistischer Verband) steht die Begründung des nahen, intensiven und vertrauensvollen Rechtsverhältnisses dagegen auch heute weitgehend außer Streit, vgl. Hüffer, FS-Steindorff (1990) S. 59, 73, 75; M. Winter, Treubindungen (1988) S. 19; Lutter, ZHR 162 (1998) S. 164, 168 f. „berechtigte Erwartungen“; Cahn, FS-Wiese (1998) S. 71, 79 „funktionsnotwendiges Vertrauen“; Fleischer, ZGR 2001, 1, 4; Koller, FS-Canaris II (2007) S. 147, 148. Die scharfe Kritik richtet sich allein gegen einen abschließend darauf gerichteten, monokausalen Erklärungsversuch, der die Treubindung auf personalistische Verbände beschränken würde, vgl. Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 338 ff.; M. Winter, Treubindungen (1988) S. 16. Anders Sester, Treupflichtverletzung (1996) S. 58; Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000) S. 564. 573, Fn 47: Der Gedanke könne insgesamt als verabschiedet gelten. 204 RG II. ZS. v. 31.03.1931, „Victoria-Entscheidung“, RGZ 132, 149, 163. 205 Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 341; zust. M. Winter, Treubindungen (1988) S. 16; ähnl. Grundmann, Treuhandvertrag (1997) S. 137 ff. (139). 206 Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 338 ff. Zöllner erläutert dies zwar zu der Intensität der Treubindung und nicht unmittelbar zur Geltung der Treubindung.
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Teil 1: Grundlagen
Grad der persönlichen Bindung noch das konkret erbrachte persönliche Vertrauen dürfe über den Bestand von Treubindungen entscheiden. Es gehe nicht um konkretes persönliches Vertrauen der Gesellschafter untereinander, sondern um die „Stärke des durch die Aufnahme von Gemeinschaftsbeziehungen dem einzelnen anvertrauten Einflusses auf die Angelegenheiten der Gesamtheit“.207 Damit wird ein abstraktes, von den Personen gelöstes „Systemvertrauen“208 zur maßgeblichen Begründung. Die Erwartungshaltung wird objektiviert. Das Anvertrauen sei nicht allein willkürlich durch den Betroffenen zu begründen. Vielmehr werde der Verbandsteilnehmer, unabhängig von der jeweiligen Verbandsform, durch die gesetzlich bestehenden Einwirkungsmöglichkeiten zu diesem Anvertrauen – selbstverständlich durch den freiwilligen Beitritt vermittelt – gezwungen.209 Die besondere Rücksichtnahme in der Treubindung bestehe danach als Korrelat zu den Einwirkungsmöglichkeiten. Der Ansatz hat große Zustimmung gefunden210 und wird vielfach als herrschend umschrieben.211 Doch verschiebt er die Frage nach der Geltung der Treubindung mit dem Hinweis, dass § 242 in allen Rechtsverhältnissen zu gelten habe (S. 335 ff.) auf die Intensität und behandelt mithin die gleiche Frage. 207 Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 341; Zöllner, ZHR 162 (1998) S. 235, 237. Ähnl. schon Dorpalen, ZHR 102 (1936) S. 21 ff. „Treuhänderstellung“ (S. 29 und passim); Mestmäcker, Verwaltung (1958) S. 350 ff. mit dem Blick auf Konzernsachverhalte. Anders der zeitlich frühere Ansatz bei Fechner, Treubindungen (1942) S. 62 ff., 70 ff., der auf die Einwirkungsmöglichkeit gegenüber dem Unternehmen, nicht gegenüber dem Verband, bzw. dessen Teilnehmern aufbaut. 208 Vgl. M. Weber, Treubindungen (1999) S. 142, der den Gedanken von Zöllner weiter ausbreitet. 209 Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 342 f.; Paschke, FS-Serick (1992) S. 313, 320, 321: „Die Treupflicht kompensiert das objektiv unumgängliche Anvertrauenmüssen der mitgliedschaftlichen Interessen aufgrund der Unterwerfung unter das korporative Entscheidungssystem“. 210 Etwa in der Lehre: Rehbinder, ZGR 1976, S. 386, 391; Lutter, JZ 1976, S. 225, 231; Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 121 f.; Lutter, ZHR 153 (1989) S. 446, 455; ähnl. zur Mehrheitskontrolle Wiedemann, ZGR 1980, 147, 155 f.: „wirklicher Durchbruch der Verantwortungsethik“ (S. 155), „Macht darf nicht unsachlich ausgeübt werden“ (S. 156); Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 8 II. 3. a) (S. 432 f.); M. Winter, Treubindungen (1988) S. 16 ff. mwN zur Aufnahme des Gedankens in die Rechtsprechung; Hüffer, FS-Steindorff (1990) S. 59, 74, 75; Immenga, FS-GmbHG (1992) S. 189, 195; Dreher, ZHR 157 (1993) S. 150, 155 ff. Henze, BB 1996, 489, 496; Röhricht, Hommelhoff Corporate Governance (2003) S. 514, 524 f.; Grigoleit, Gesellschafterhaftung (2006) S. 310 ff.; Loll, Existenzvernichtender Eingriff (2007) S. 68 f.; differenzierend Hennrichs, AcP 195 (1995) S. 221, 235 ff.: Die Einflussnahmemöglichkeit begründe nicht die Rücksichtnahme, sondern nur das Sonderrechtsverhältnis; aA Reuter, MüKo BGB I (5. Aufl. 2006) § 38 Rn 6: Wegen der Einflussnahmemöglichkeit müssten sonst a minore ad maius Schutzpflichten der Verwaltung, gar leitender Angestellter gegenüber den Aktionären zu begründen sein. Gegen Reuters Schluss spricht die Möglichkeit einer er-
§ 3 Grundlagen der Treubindung
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3. Unvollständiges, offenes und zweckgerichtetes Rechtsverhältnis
Zöllner selbst hat dem denkbaren Einwand, eine bloße Machtstellung bedeute noch keine besondere, gesteigerte Pflicht zur Rücksicht,212 vorgegriffen. Denn anderes gelte dort, wo die Beziehung eine offene und wechselnde sei und sich unter veränderten Umständen vollziehe. Dort seien den Rechtsinhabern größere Möglichkeiten eingeräumt, um die sachgerechte Verwirklichung des Zwecks dieses Rechtsverhältnisses zu ermöglichen. Aus diesem Wesen (des Verbands) folge die besondere Verantwortung der Machtposition.213 Insbesondere Lutter und jüngst M. Weber haben diesen Ansatz weiter ausgeformt und die Treubindung maßgeblich auf das unvollständige und offene Rechtsverhältnis der Beteiligten gestützt, das allein durch die Maxime der Zweckbestimmung ausgerichtet sei.214 Unvollständig sei das Rechtsverhältnis des Verbandes, weil es wegen der Komplexität der Ordnung nicht abschließend zu gestalten sei.215 Dadurch sei die Einigung notschöpfenden Zuordnung dieser Rechtsverhältnisse zum Verband. Dies ist eben für die Mitgliedschaftsbeziehungen auf der Ebene der Verbandsverfassung nicht möglich, siehe hier, § 2 A. II. 2. Souverän der Verfassung. Kritisch ferner Tettinger, Bezugsrechtsausschluss (2003) S. 107 ff. in der Argumentation, das Gesetz gewähre unter dem Blick auf den Bezugsrechtsausschluss „genau die Eingriffsbefugnisse, die gerade bestehen sollen“ (S. 108). Aus der Rechtsprechung vgl.: BGH II. ZS. v. 05.06.1975, „ITT“, BGHZ 65, 15, 19; BGH II. ZS. v. 01.02.1988, „Linotype“, BGHZ 103, 184, 195; BGH II. ZS. v. 20.03.1995, „Girmes“, BGHZ 129, 136, 142 ff.: „Kern des Treupflichtgedankens“ (S. 143). 211 M. Winter, Treubindungen (1988) S. 16 f.; Mülbert, Aktiengesellschaft (1995) S. 226, 228. 212 Wenngleich er sich dem durch seine Lösung über „sachliches Anvertrauen“ bzw. „sachliches Anvertrauenmüssen“ nicht stellen müsste. Denn danach ist es eben keine faktisch begründete Machtstellung, sondern rechtsgeschäftlich begründete Macht mit immanenter Einschränkung der Interessenberücksichtigung. Auch dem erzwungenen Anvertrauen durch gesetzlich gegebene Einwirkungsmöglichkeiten (also etwa das Mehrheitsprinzip in der Verbandsperson) liegt die rechtsgeschäftliche Entschließung zur Beteiligung an diesem Verband und damit folgend diesem System zu Grunde. 213 Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 342 f.; ebenso M. Winter, Treubindungen (1988) S. 17; Cahn, FS-Wiese (1998) S. 71, 78 f.; Cahn/v. Spannenberg, Spindler/Stilz AktG I (2. Aufl. 2010) § 53 a Rn 43; ähnl. Koppensteiner, FS-MayerMaly (1996) S. 311, 326 f.; kritisch Jabornegg, FS-Krejci (2001) S. 667, 682 f. 214 Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 91 ff.; M. Weber, Treubindungen (1999) S. 138 ff.; ferner Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000) S. 564, 580 f.; Fleischer, ZGR 2001, S. 1, 5 mwN zum Gedanken eines Rechts der unvollständigen Verträge; Bachmann, Private Ordnung (2006) S. 211: Der Gefahr eines ex-post Opportunismus sei durch die Niederlegung eines genügend allgemeinen Prinzips zu begegnen. Zum Modell des „vollständigen Vertrags“ in der ökonomischen Analyse: etwa H-B. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse (4. Aufl. 2005) S. 401 ff. 215 Zöllner, Anpassung (1979) S. 1, beschreibt den Versuch eine dauerhafte Verfassung zu entwerfen als paradox gegenüber der Dynamik der Unternehmensent-
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wendig auf ein offenes Rechtsverhältnis ausgerichtet, dessen Ausformungsund Anpassungserforderlichkeit bereits im Ausgangspunkt bekannt sei, ohne dass sie konkreter als durch ein Zweckprinzip bestimmbar wären.216 Dabei wird die Maxime, nach der das Verhalten innerhalb des offenen Rechtsverhältnisses in der Folge auszurichten sei, nicht auf den Verbandszweck im Sinne des Unternehmensbetriebs bzw. des gewinnorientierten Verbandshandelns begrenzt. In dem gemeinsamen Zweck liege auch das mitgliedschaftliche Interesse der Einzelnen (Einflussposition im Verband, Nachfolgebestimmung, Gewinnausschüttung) begründet.217 Kritisch wird dazu angeführt, dass sich das bestimmende Prinzip ebenso unbestimmt darstelle wie das offene Rechtsverhältnis selbst.218 Die Offenheit des Vertragsverhältnisses beschreibe viel weniger die Lösung als das Problem.219 Das wicklungen. Lutter, AcP 180 (1980) S. 91 f.: Überhaupt werde nur ein rechtliches Grundverhältnis, mitnichten eine geschlossene Ordnung geschaffen. Hüffer, FSSteindorff (1990) S. 59, 68 f. „Eine derartige rechtliche Begleitung und Unterstützung des Gesellschaftsvertrags ist notwendig, weil seine Regelung nicht bis in alle Einzelfragen des Rechtsverhältnisses vordringt, und die Konsensfähigkeit der Gesellschafter überfordert wird, wenn sie noch zu einer einverständlichen Regelung kommen sollen, nachdem in ihrem Verhältnis bereits Fehlentwicklungen aufgetreten sind.“ (S. 68). Weipert, ZGR 1990, 142, 144 findet in der Anpassung ein „strukturelles Dauerproblem“ der Gesellschaft; Martens, Schlegelberger HGB III/1. (5. Aufl. 1992) § 119 Rn 45; Habersack, Mitgliedschaft (1996) S. 78: „Wie auch die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit des Mitglieds nicht im Einzelnen vorprogrammiert ist, sondern zu einem Gutteil auf Spontaneität und Flexibilität angewiesen ist, so bedarf auch die Verfassung des Verbands der jederzeitigen Aktualisierung und Konkretisierung, um auf die bei Gründung des Verbands allenfalls in groben Zügen vorhersehbare Entwicklung angemessen und im jeweiligen Bedarfsfall reagieren zu können“. Diese Feststellung wird durch die ökonomische Analyse des Gesellschaftsvertrags als unvollständigen Vertrags gestützt. Die unvermeidliche Unvollständigkeit erleichtert die Einigung, spart Transaktionskosten und ermöglicht den Akteuren einen Spielraum für spätere Flexibilität. Vergleiche dazu mit unmittelbarem Bezug zur Treubindung Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 3 II 3. c) (S. 198); Bachmann, Private Ordnung (2006) S. 210, beide mit weiteren Nachweisen. 216 Göbel, Mehrheitsentscheidungen (1992) S. 214: „Die mit fortschreitender Zeit wachsende Erforderlichkeit von Anpassungen des Gesellschaftsvertrags an veränderte Umstände ist für jeden Gesellschafter beim Eintritt in die Gesellschaft erkennbar; er hat sich von vornherein darauf einzustellen und erklärt sich gegenüber seinen Mitgesellschaftern mit entsprechenden Beschränkungen seiner Privatautonomie einverstanden“. Ähnl. Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000) S. 564, 582 ff.: Die gemeinsame Organisationsaufgabe sei Vertragsinhalt. Weitergehend Weipert, MüHandbuch I PersG (3. Aufl. 2009) § 57 Rn 61: Zustimmungspflicht sei „wesentlicher Inhalt der vertraglich begründeten Zweckförderungspflicht und nicht richterlicher Eingriff in die Privatautonomie“. 217 Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 120 f.; M. Weber, Treubindungen (1999) S. 127 f. 218 Ähnl. Bachmann, Private Ordnung (2006) S. 210 f.
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Prinzip wird danach auch weniger in der Zweckbestimmung, als vielmehr in der Treubindung verstanden.220 4. Analyse und Stellungnahme
Jede der Erklärungen kann geeignet sein, das Bedürfnis für eine besondere Rücksichtnahmepflicht im Verbandsrecht zu leisten. Den Vertrauensgedanken hat A. Hueck zwar bewusst begrenzt auf personalisierte Verbände entwickelt, um einer Inflation der besonderen Rücksichtnahmepflicht vorzubeugen.221 Doch zeigen sich bereits in der Bezugnahme auf die Art des Gemeinschaftsverhältnisses, welches eben in formunabhängiger Gemeinsamkeit222 über den einfachen Austauschvertrag hinausgreift, und in der maßgeblichen Zweckbindung223 formübergreifende Aspekte. Weiter ist mit dem persönlichen Vertrauens- und Näheverhältnis keine ethische Verhaltensanforderung an die Mitglieder des Personenverbands begründet.224 Auch diese sind „nur“ in einer Zweckgemeinschaft verbundene Geschäftsgegner, die sich aber in ihrer Verbindung zueinander an objektiven Maßstäben von sachgerechter Interessenwahrnehmung unter einschränkender Rücksichtnahme auszurichten haben.225 Das personenverbandsbezogene Element des persönlichen Vertrauens ließ sich daher in der Fortentwicklung objektivieren und legitimiert mutatis mutandis die Treubindung im entpersonalisierten Verband durch das sachliche, das Systemvertrauen gegenüber den begründeten Einwirkungsmöglichkeiten. Es folgt damit schlicht der Verbandsform, löst sich wie diese von den individuellen Persönlichkeiten der Mitglieder, objektiviert und funktionalisiert diese226 und berücksichtigt danach eine formübergreifende Besonderheit des verbandstragenden Rechtsverhältnisses gegenüber dem einfachen Rechtsverhältnis. 219
Grundmann, Treuhandvertrag (1997) S. 146 f. Fleischer, ZGR 2001, 1, 5. 221 A. Hueck, Treuegedanke (1947) S. 5: Der hoch zu schätzende Begriff der Treupflicht sei für das Gemeinschaftsverhältnis zu reservieren. 222 Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 338; zust. M. Weber, Treubindungen (1999) S. 110. 223 A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72, 80: „Nicht weil das Gesellschaftsinteresse das höherwertige ist, muss der Gesellschafter es zur Richtschnur seines Handelns machen, sondern weil er im Gesellschaftsvertrag versprochen hat, die Erreichung des gemeinsamen Zwecks zu fördern“. 224 So auch Koppensteiner, FS-Mayer-Maly (1996) S. 311, 327; abw. Jabornegg, FS-Krejci (2001) S. 667, 668: Die Treupflicht habe eine rechtsethische Komponente, appelliere an die Gesinnung. 225 Ähnl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 3 II. 3. c) (S. 199) Nicht die tatsächliche persönliche Verbundenheit, sondern das normative Erfordernis eines gedeihlichen Zusammenarbeitens sei maßgeblich. 226 Ähnl. M. Weber, Treubindungen (1999) S. 142 f. 220
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Dem Blick auf die Erklärungen von Einwirkungsmacht und offenem Rechtsverhältnis nach lassen diese sich kaum voneinander trennen. Nur weil das Rechtsverhältnis offen und nicht abschließend gestaltet ist, ergeben sich die besonderen Einwirkungsmöglichkeiten. Nur weil diese Einwirkungsmöglichkeiten offen begründet werden, also nicht getragen von sachlicher Rechtfertigung für eine Seite,227 bedürfen sie besonderer Kontrolle. Man kann hier zwar den Akzent auf die eine oder die andere Seite verschieben, doch zeigt sich, dass die eine Erklärung schwerlich ohne die andere stehen kann. Damit erscheint es weder notwendig noch hilfreich, die Erklärung auf einen Aspekt der Besonderheit des Verbandsverhältnisses reduzieren zu wollen. Die das offene Rechtsverhältnis bestimmende Maxime kann nicht im Verbandszweck (Unternehmensbetrieb – Gewinnhandeln) gefunden werden. Sie ist vielmehr im Zweck des Rechtsverhältnisses (Organisation und Mitgliedsausgleich) zu sehen. Das Vertragsziel würde bei einseitiger Bestimmung im Gesellschaftszweck unrichtig um die wenigstens gleichwertigen Mitgliedsinteressen verkürzt. Danach wird der Verbandszweck nicht über den konkret geschaffenen Rahmen der Verbandsverfassung erhoben, sondern die Maxime viel eher in der Geltung des gesamten Rechtsverhältnisses bestimmt. Daraus folgt, dass sie kaum in der Lage ist, über den ausgleichenden Erhalt der im Verbandsverhältnis geregelten Interessenbereiche der Mitglieder hinaus Lösungen anzubieten. Diese Erkenntnis reduziert aber nicht das Bedürfnis nach besonderer Rücksichtnahme, sondern verschärft dieses vielmehr nur durch die Unmöglichkeit der antizipierten Regelung unter gleichzeitig dauerhaft gewollter, störungsresistenter Bindung. Der Unterschied zum Austauschverhältnis besteht rechtstechnisch für die Treubindung danach kaum mehr in der Verpflichtung auf den Verbandszweck. Eben diese Verpflichtung der Mitglieder wird auf der Ebene der Verbandsverfassung in einem wirtschaftlichen Gegeneinander und nur relativ, begrenzt auf bestimmtes Engagement und gewährleisteten Einfluss, begründet. Sie kann daher auch in der Folge keine generelle Überordnung über die Mitgliedsinteressen entwickeln. Letztere bleiben gleichgeordnet. Der Unterschied zum Austauschverhältnis besteht in der ungleich stärkeren und bewussten Unvollständigkeit des Rechtsverhältnisses.228 Die Notwendigkeit der besonderen Rücksichtnahme folgt aus der dennoch dauerhaft gewollten Bindung. Es ist kaum zu übersehen, dass sich jeder der drei Gedanken zur besonderen Begründung der Treupflicht im Verbandsrecht in ähnlicher Form 227
Siehe dazu den Vergleich zur Einwirkungsmöglichkeit im Dauerschuldverhältnis bei Cahn, FS-Wiese (1998) S. 71, 79. 228 Explizit darin sieht auch Hüffer den maßgeblichen Unterschied zum Austauschvertrag: FS-Steindorff (1990) S. 59, 68 f.
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auch im allgemeinen Privatrecht findet. Zur Erklärung von Rücksichtnahmepflichten in Sonderrechtsverhältnissen, bzw. zur Begründung von schutzpflichtfähigen Sonderrechtsverhältnissen überhaupt, wurden und werden nicht nur Vertrauensschutz und Einwirkungsmöglichkeiten, sondern auch eine Zweckrichtung des Kontakts der Parteien verwandt.229 Dabei wird aus der Austauschbarkeit der Argumentation zwischen Schuld- und Gesellschaftsrecht deutlich, dass die Begründung der Treupflicht im Verbandsrecht vorwiegend einer intensiveren Geltung ihrer Gründe dort, nicht aber einer unvergleichlichen, verbandsgenuinen Besonderheit unterliegt.230 Bemerkenswert und festzuhalten ist schließlich, dass alle Erklärungen an der Begründung des Rechtsverhältnisses der Teilnehmer und dem Schutz der Rechtsposition Mitgliedschaft und nicht an den bestimmenden (Haupt-)Rechtspflichten der Teilnehmer (Beiträge) entwickelt werden. Selbst A. Hueck greift für die enge Haftungs- und Arbeitsgemeinschaft nicht auf die dort regelmäßig anzutreffende Verpflichtung zur Einbringung der gesamten Arbeitsleistung in die Organisation231 zurück, sondern auf eine allgemeine Vertrauensgewähr der Teilnehmer. Gleiches gilt für Zöllner und Lutter. Jeweils ist es das Rechtsverhältnis, das die besondere Rücksichtnahme verlange, nicht der Bezug zu einzelnen besonderen Leistungspflichten der Teilnehmer. Selbst der Zweckförderbezug bei Lutter ist nicht ausschließlich leistungsbezogen, wie sich in der Erklärung zum offenen Rechtsverhältnis und der Hinzunahme der mitgliedschaftlichen Interessen zeigt. Dies erklärt sich zum einen aus der Gestaltungsfreiheit der Beiträge. Beiträge können sich in der einmaligen Leistung von Geld erschöpfen. Selbst beitragslose Mitgliedschaften können im Recht der Personenverbände begründet werden.232 Eine Rückführung darauf wäre mithin nicht hilfreich. Zum anderen folgt dies überhaupt aus der Fragestellung. Es geht um mit229 Siehe dazu die Aufnahme über Legitimationsmodelle von Sonderverbindungen, die Schutzpflichten begründen, jüngst bei Krebs, Sonderverbindung (2000) S. 35 ff.; 170 ff.; sowie Picker, AcP 183 (1983) S. 369, 410 ff. jeweils mit umfassenden Nachweisen zu den jeweiligen Gedanken im Schrifttum. 230 Im Ansatz ähnl. F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) S. 327 f. Ferner Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000) S. 564, 588 ff.; 594 mit der Suche nach einer Verallgemeinerungsfähigkeit der Treubindung auf Schuldverhältnisse, die Charakteristika des Geltungsgrunds erfüllen (dort Zulieferverträge, Kreditverträge). 231 Begrenzt durch die Einschränkung der Erforderlichkeit BGH II. ZS. v. 12.07.1962, BGHZ 37, 381, 384. Dies entspricht über die Praxis hinaus auch dem gesetzlichen Leitbild der oHG mit der Geschäftsführungspflicht jedes Teilnehmers § 114 HGB, die nach den Erfordernissen des Unternehmens die gesamte Arbeitszeit der Betreffenden verlangen kann, vgl. Rawert, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 114 Rn 44. 232 „Für den Gesellschaftsvertrag ist ein bestimmter Inhalt der Leistung oder des Zweckes begrifflich unwesentlich“: Wieland, Handelsrecht I (1921) S. 454.
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gliedschaftliche Treupflichten, die aus der Teilnahme am gemeinsamen Rechtsverhältnis, dem Verband, folgen. Die Leistungsversprechen (Zweckförderpflicht in vertragsbestimmter Weise) sind mithin gar nicht primärer Schutzgegenstand, sondern das diese erfassende Gesamtrechtsverhältnis bzw. die Teilnahme daran. 5. Ergebnis
In jeder der drei Beziehungen können sich bei dem Verbandsverhältnis besondere Rücksichtnahmepflichten rechtfertigen. Der allgemeine Geltungsgrund ist dabei am besten kumulativ zu erklären. Die Treubindung folgt aus persönlichem oder sachlichem Vertrauen in die sachgerechte Ausübung von Einwirkungsmöglichkeiten in einem offenen Rechtsverhältnis, das allenfalls durch die Maxime einer dauerhaft gewollten, also störungsresistenten Bindung bestimmt wird. Im Hinblick auf die historische Entwicklung in der Lehre kann man den Geltungsgrund logisch umkehren und erklären, dass das offene Rechtsverhältnis besondere Einwirkungsmöglichkeiten schafft, die daher notwendig persönlich oder sachlich anzuvertrauen sind. Dabei wird jeder der drei Bestandteile, Anvertrauen, Einwirkungsmacht und offenes Rechtsverhältnis durch die Betroffenen mit dem Beitritt oder der Gründung freiwillig rechtsgeschäftlich begründet und erhält daher höchste Legitimation. II. Besonderer Geltungsgrund auf der Ebene der Verfassung – Mitgliedsautonomie bei Fremdbestimmung durch Mehrheit und Minderheit Im Folgenden soll versucht werden, die Treubindung auf der Ebene der Verbandsverfassung, also hinsichtlich ihrer Änderung zu rechtfertigen. Dazu wird, dem Einwirkungsgedanken verwandt, die Möglichkeit einer Fremdbestimmung von einem Teil der Mitglieder zum Anknüpfungspunkt. Es erscheint möglich, eine grundsätzliche Bindung der Mitglieder aus der rechtsgeschäftlichen Gestaltungsmacht für die anderen Mitglieder zu entwickeln und damit den Einwirkungsgedanken hierhin zu präzisieren. Unter Geltung des Mehrheitsprinzips ist eine positive Gestaltung der Rechtsgrundlage auch gegenüber denjenigen Teilen der Mitgliedergesamtheit möglich, die die Änderung ablehnen, aber unterhalb der Sperrminorität bleiben. Bei Geltung des Einstimmigkeitsprinzips wie bei der Geltung des Mehrheitsprinzips besteht aus der Blockademöglichkeit von Einzelnem oder Sperrminorität eine Art negativer Gestaltungsmacht durch kompromisslose Verteidigung des status quo. Beiden gemein ist die notwendige Berücksichtigung eines erheblichen Entscheidungsspielraums. Dieser ist durch das jeweilige Mehr-
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heitserfordernis den jeweiligen Beteiligungsverhältnissen – sei es für die Gestaltung der verfassungsändernden Mehrheit, sei es für die Verteidigung des status quo der Sperrminderheit233 – gewährt. 1. Rechtliche Fremdbestimmung durch positive Gestaltung einer Mehrheit (Einschränkung formaler Autonomie)
Bei der gestaltenden Mehrheitsentscheidung kann eine Verantwortung gegenüber der Mitgliedergesamtheit begründet werden. Mit der Begründung der Mehrheitsentscheidung entfällt die eine Richtigkeitsgewähr verbürgende Zustimmung aller Mitglieder. Eine Willkürfreiheit des entscheidenden Teils findet ohne Zustimmung aller Mitglieder keinen Ausgleich. An deren Stelle muss eine Verantwortung gegenüber dem Ganzen treten.234 „Die Mehrheit stellt, obwohl selbst nur Teil, das Ganze dar“, wie Wiedemann erklärt.235 Bei der Mehrheitsentscheidung in Verfassungsfragen bleibt es zwar mangels einer „Autonomie“ des Verbandes bei der Selbstbestimmung der Mitglieder. Diese ist aber verfahrensmäßig durch eine Vorverlagerung der Einigungsschwelle im Wege einer „Stellvertretung“ der Mehrheit für die Gesamtheit aller Einzelmitglieder vermittelt.236 Obwohl nur Mitgliedsautonomie ausgeübt wird, ist es keine einvernehmliche Selbstbindung aller Beteiligten. Der an der Einigung nicht beteiligte Partner unterliegt einer Fremdherrschaft. Diese Fremdbestimmung ist dabei nicht inhaltlich begründet, als dass es aus bestimmtem sachlich-inhaltlich gerechtfertigtem Grund einem Teil vorbehalten ist, auch für den anderen zu bestimmen.237 Abweichendes kann allenfalls dort gelten, wo eine besondere 233 Nach der Annäherung der Prinzipien von Mehrheit und Einstimmigkeit durch die Treubindung (Anm. des Verf.: Die Annäherung erfolge durch Beschlusskontrolle einerseits und Zustimmungspflicht andererseits) bleibe darin die materielle Bedeutung der Verschiedenheit erhalten, Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 95 f.; zust. Leenen, FS-Larenz (1983) S. 371, 384. 234 Grundlegend RG II. ZS. v. 31.03.1931, „Victoria-Entscheidung“, RGZ 132, 149, 163. 235 Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 3 II. 3. c) (S. 199); Schilling, JZ 1953, 489, 490; Mestmäcker, Verwaltung (1958) S. 345, 356: Die Mehrheit handle als Gesellschaft; Mülbert, Aktiengesellschaft (1995) S. 254: Die Mehrheit verfüge über eine überschießende Rechtsmacht, die aus der Kombination von Anteilsbesitz und Abstimmungsmehrheit erwachse. 236 Deutlich Leenen, FS-Larenz (1983) S. 371, 379 ff.; zust. und zum Überblick über die Erklärungen der Legitimation des Mehrheitsprinzips im Personenverband Heinrichs, Mehrheitsbeschlüsse (2006) S. 86 ff., 79 ff. Gedanke auch schon bei Martens, Mehrheits- und Konzernherrschaft (1970) S. 110, 113; zust. Göbel, Mehrheitsentscheidungen (1992) S. 132 Fn 472. 237 Wie es etwa bei der Fremdbestimmung durch die Ausübung eines Kündigungsrechts aus wichtigem Grunde wäre. Dort wäre der wichtige Grund iSd Norm
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Normgrundlage für die Mehrheitsentscheidung im bestimmten Fall die Gestaltung, den konkreten Eingriff gerade auch zu Lasten der Dissentierenden, legitimiert.238 Nur dann kann die Treuhandstellung gegenüber der Mitgliedergesamtheit zu einer Missbrauchsschranke aus dem Grund der gewährten Befugnis verfallen. Für die allgemeine Mehrheitsentscheidung besteht keine solche sachliche Rechtfertigung. Es gilt nicht der pars sanior, sondern der pars maior.239 Die Fremdbestimmung im Mehrheitsprinzip zielt darauf ab, die Einigung aller durch die Einigung einer Mehrheit zu substituieren. Dies geschieht nicht, weil deren Interessen für schutzwürdiger befunden werden. Es wird vielmehr erwartet, dass dabei, ist die Mehrheitsmacht nicht in einer Hand vereinigt,240 ein vergleichbarer Interessenausgleich im Einigungsprozess einer Mehrheit zu erwarten ist, wie er im Einigungsprozess aller Teilnehmer zu erreichen wäre.241 Das allgemeine Mehrheitsprinzip schützt allein das tatdie Rechtfertigung für die Begründung der einseitigen, also auf einen Teil der Teilnehmer des Rechtsverhältnisses bezogenen, Rechtsmacht. 238 Der Gedanke einer besonders begründeten Ermächtigung wurde in der Rechtsprechung zur – im Einzelfall durchaus problematischen – Einschränkung materieller Beschlusskontrolle wiederholt herangezogen. Vgl. etwa BGH II. ZS. v. 19.12.1977, „Mannesmann“, BGHZ 70, 117, 119 f., 124 f. zur Zulässigkeit der Einführung von Höchststimmrechten auch ohne Zustimmung der betroffenen Mitglieder; BGH II. ZS. v. 28.01.1980, BGHZ 76, 352, BGH II. ZS. v. 01.02.1988, „Linotype“, BGHZ 103, 184 zur Auflösungsentscheidung als rechtfertigungsfreie Desinvestitionsentscheidung; BGH II. ZS. v. 09.02.1998, „Sachsenmilch I“ BGHZ 138, 71, 76 zur Kapitalherabsetzung. Vgl. zu dieser Systematik Lutter, ZGR 1981, 171, 177; zust. Paschke, FS-Serick (1992) S. 318, 324. Röhricht, Hommelhoff Corporate Governance (2003) S. 514, 534: Jede materielle Kontrolle setze die Prüfung voraus, ob die gesetzliche Regelung dafür noch Raum lasse, oder ob sie als abschließend verstanden werden müsste, weil das Gesetz den Konflikt aus organisationsrechtlichen Grundsätzen vorentschieden habe. Ähnl. Cahn/v. Spannenberg, Spindler/Stilz AktG I (2. Aufl. 2010) § 53 a Rn 54; kritisch Hirte, Bezugsrechtsausschluss (1986) S. 135 f. Ein augenscheinlicher Fall dieser Art ist die besondere Ausschlusskündigung („squeeze-out“) im Aktienrecht nach §§ 327 a ff. AktG, vgl. BVerfG I. Senat v. 30.05.2007, „Edscha AG“ ZIP 2007, 1261, 1261 f. 239 Man kann den Gedanken „pars maior, pars sanior“ formulieren wegen der grundsätzlichen Vermutung der Richtigkeit bei einer Vielzahl, so wohl J. Baltzer, Beschluss (1965) S. 213. Ursprünglich wurde aber mit dem „pars sanior“ eine bessere Mehrheit gesucht, die Stimmen gewogen, nicht gezählt und diese daher dem „pars maior“ entgegengesetzt, siehe dazu Elsener, ZRG Kan Abt. (1956) S. 73, 104 ff. mwN. 240 Im Fall der stabilen, dominierenden Mehrheit versagt die Substitution danach, da es dort keinen ausgleichenden Einigungsprozess vieler mit verschiedenen, die Gesamtheit repräsentierenden Interessen gibt, vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 8 I 1.(S. 405 ff.): Der Abstimmungsprozess verliere seinen Sinn. 241 Ähnl. Marburger, NJW 1984, 2252, 2253. Kritisch zu der Richtigkeitsgewähr der Mehrheitsentscheidung Fastrich, Funktionales Rechtsdenken (2001) S. 20 f. der
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sächliche Gelingen des Einigungsprozesses und keine Partikularinteressen.242 Es kann kaum von der „Aufgabe von Selbstbestimmung“ einer – zugleich ja vollkommen unbestimmten – Minderheit gesprochen werden.243 Jeder einzelne tauscht die Vetobefugnis des Einstimmigkeitsprinzips gegen die Chance der Mehrheitsbildung in der Erwartung, dort anteiligen Einfluss nehmen zu können.244 Der Grund des allgemeinen Mehrheitsprinzips liegt also nicht in der Aufgabe eines die Richtigkeit gewährenden Einigungsprozesses durch Rechtfertigung von Fremdbestimmungsmacht aus bestimmtem Grund. Er liegt vielmehr im Schutz dieses Einigungsprozesses.245 Dann ist aber die Mehrheit nur verfahrensmäßiger „Stellvertreter“ der Gesamtheit. Sie übt daher (auch) fremde Rechtsmacht aus. Dabei hat sie auch die Interessen der nicht am Einigungsprozess Beteiligten in dem Maße zu berücksichtigen, wie diesen es selbst in einer idealen Situation von funktionsfähiger Einstimmigkeit möglich wäre. Bei dieser Betrachtung darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch jene Beteiligungen, die die Mehrheitsmacht bilden, ihren Inhabern um ihrer selbst willen zustehen.246 Sie sind ebensowenig Treuhänder des Gesellschaftszwecks wie die Minderheit.247 Damit sind sie genauso wie die Kleinbeteiligungen befugt, auf der Ebene der Verfassungsentscheidungen ihre eigenen Interessen zu verfolgen.248 Nur müssen sie im Ergebnis „auch auf dafür grundsätzlich auf den Gedanken der durch gleiche Zielrichtung geschaffenen Interessenhomogenität abstellt. Vgl. ferner etwa jüngst Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz (2006) S. 56 f.; Verse, Bayer/Habersack Aktienrecht im Wandel II (2007) S. 604. Doch tritt auf der Ebene der Verbandsverfassung dieser etwas zurück, stehen sich die Mitglieder hier doch grundsätzlich auch als wirtschaftliche Geschäftsgegner mit heterogenen Interessen gegenüber, vgl. BGH II. ZS. v. 18.09.1975, BGHZ 65, 93, 97. 242 „Überall, wo der Wille einer Versammlung zu entscheiden hat, ist Einstimmigkeit zu erreichen zwar nicht unmöglich [. . ..] aber doch so schwierig, und so von Zufällen abhängig, dass die lebendige Wirksamkeit der Versammlung dadurch ungemein gehemmt werden muss, und dass es als rätlich und zweckmäßig anzusehen ist, die Macht des gemeinsamen Willens auch schon irgend einer Mehrheit beizulegen“: v. Savigny, System des heutigen röm. Rechts II (1840) S. 330. 243 So aber Röttger, Kernbereichslehre (1989) S. 141 ff. 244 Ähnl. Leenen, FS-Larenz (1983) S. 371, 379 f. 245 „Bloße Zweckmaßnahme zur Gewährleistung dieser Funktion“, „zur Erhaltung der Aktionsfähigkeit des Kollektivorgans aber unumgängliches ‚Übel‘ “ J. Baltzer, Beschluss (1965) S. 216. 246 Plastisch Wiedemann, Minderheitenschutz (1968) S. 7 f.: „Die Stellung des Mehrheitsgesellschafters trägt ein Janusgesicht: er ist Eigentümer und Treuhänder, Eigenverwalter und Fremdverwalter“; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 8 II. 3. b) (S. 434); Wiedemann, ZGR 2006, 240, 244 f.: gegen reine Betrachtung in einem Modell von Prinzipal und Agent („principal agent doctrine“). 247 Interessen des Verbands können auf dieser Ebene nicht existieren, vgl. dazu hier § 2 A. II. 2. Souverän der Verfassung.
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die Interessen etwa dissentierender Mitglieder Rücksicht nehmen“.249 Damit kommt ihnen eine unglückliche Doppelrolle zu, die sie gegenüber ein und demselben Beschluss teils als freien Souverän (soweit eine Selbstgestaltung vorliegt), teils als Treuhänder der Minderheit (soweit gegen deren Willen entschieden wird), erscheinen lässt.250 Der schwierige Spagat zwischen der Anerkennung legitimer Eigeninteressen und den Missbrauchsmöglichkeiten durch eine kompromisslose Entscheidung mit allgemeiner Wirkung stellt die maßgebliche Problematik251 der beweglichen Grenzen der Mehrheitsentscheidung dar.252 Eine solche Einschränkung der Privatautonomie ist nicht gegenüber dem Verband begründet, sondern allein gegenüber den anderen, den fremdbestimmten Mitgliedern.253 Sie ist aus der Begrenzung, aus fremdem Recht zu handeln, zu folgern.254 Damit weicht diese recht besehen gar nicht vom Grundsatz der Begründungsfreiheit privatautonomen Handelns ab. Ähnlich wie bei Geschäftsführungsakten – unbeschadet der unvergleichlichen Art und Intensität der Treubindung255 – ist weniger das Ergebnis von 248
Ähnl. Kreß, Beschlusskontrolle (1996) S. 3. Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 4 I. 3. c) bb) (S. 306) [Hervorhebung im Original]. Bei der festen Mehrheitsmacht in einer Hand fehle dem Beschluss die Richtigkeitsgewähr, er sei daher nur Gestaltungserklärung, nicht aber Willensbildung, „der herrschende Gesellschafter beschließt nicht, sondern ordnet an.“ Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 8 I. 1. (S. 406); zust. Flume, Juristische Person (1983) § 7 II. 2. (S. 209). 250 Ein junges Beispiel aus der Rechtsprechung zeigt dies: Die Kapitalherabsetzung auf Null und die Kapitalerhöhung durch Ausgabe neuer Aktien (wurde nicht beanstandet und) war nicht zu beanstanden. Allerdings gebot die Treubindung den Beschluss so zu fassen, dass die neuen Aktien zum Mindestnennbetrag gebildet wurden, um möglichst vielen Gesellschaftern durch Bezugsrechte den Verbleib in der Gesellschaft zu ermöglichen: BGH II. ZS. v. 05.07.1999, „Hilgers“, BGHZ 142, 167; vgl. dazu auch BGH II. ZS. v. 18.04.2005, NZG 2005, 551. 251 Hinzu tritt die Ermessensfreiheit bei der Konkretisierung der Repräsentation der Gesamtheit, die durch die Entscheidungszuordnung „Mehrheitsprinzip“ eben dieser Mehrheit eingeräumt wird. 252 Dieser kennzeichnet auch die weit entfernten Entscheidungen des Reichsgerichts mit den beiden Antipoden von „Hibernia“ RG II. ZS. v. 08.04.1908, RGZ 68, 235 und „Victoria“ RG II. ZS v. 31.03.1931, RGZ 132, 149, 159 ff. 253 Diese Einordnung ist mit der h. L. vereinbar. Auch wenn der BGH etwa den Bezugrechtsausschluss an der „Erforderlichkeit im Gesellschaftsinteresse“ misst, vgl. BGH II. ZS. v. 13.03.1978, „Kali & Salz“, BGHZ 71, 40, 44, so erfolgt die Legitimation dabei gegenüber den anderen Gesellschaftern, nicht gegenüber dem verselbständigten Verband. Es wird mithin das gemeinsame Interesse der Gesellschafter an der Prosperität des Verbands als Interesse der Gesamtheit der Mitglieder für positiv abwägungsrelevant befunden, kein verbandseigenes Interesse. 254 „Handeln für einen anderen bei der Gestaltung von Rechtsverhältnissen ist immer Handeln in pflichtgemäßer Bindung.“ Flume, Rechtsgeschäft (4. Aufl. 1992) § 1 6. c) (S. 9); ähnl. zur Mehrheitsentscheidung Martens, Mehrheits- und Konzernherrschaft (1970) S. 110. 249
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der „Richtigkeit“ der jeweiligen Handlung Kontrollgegenstand als vielmehr die grundsätzliche (Teil-)Interessenbindung gegenüber dem opponierenden, fremdbestimmten Teil. Insofern kann erklärt werden, dass rechtspolitisch nicht die Kontrolle der Mehrheitsentscheidung der Rechtfertigung bedürfte, sondern ihre Versagung.256 Damit soll gewiss keiner laufenden Inhaltskontrolle das Wort geredet werden. Der Entscheidungsraum und die Kontrollgrenzen dürfen nicht unterschätzt werden. Die Ausnahmekontrolle legitimiert sich aber aus der grundsätzlichen Allgemein- und daher auch Fremdverantwortung der Mehrheitsentscheidung. 2. Faktische Fremdbestimmung durch negative Gestaltung einer Minderheit (Einschränkung faktischer Autonomie)
Der Gedanke einer Fremdbestimmung lässt sich zum Teil auch abseits des Mehrheitsprinzips auf jede Entscheidung, also auch auf die einstimmige, übertragen.257 Im Rahmen der positiven Gestaltungsmacht (Begründen einer Veränderung) ist dann zwar die Richtigkeitsgewähr durch die Zustimmung aller begründet. Allerdings lässt sich mit dem Vetorecht jedes Einzelnen dort – wie im Mehrheitsprinzip für die Sperrminorität – durch eine negative Gestaltungsmacht (Blockade einer Veränderung) ebenso Fremdbestimmung ausmachen. Durch die Blockade einer Entscheidung ist es jedem Mitglied (bzw. der Sperrminorität) möglich, alle anderen Mitglieder in die überdauernde Bindung zum status quo zu bestimmen.258 Es kann eine Diktatur der letzten Stimme herrschen. M. Winter spricht davon, dass danach auch im Einstimmigkeitsprinzip von der „Einräumung überproportionaler (negativer) Gestaltungsmacht an den einzelnen Gesellschafter“ auszugehen sei.259 Man könnte also davon ausgehen, dass beide Arten der 255
Vgl. dazu hier § 2 B. II. Systematische Bestimmung. Bachmann, Private Ordnung (2006) S. 213. 257 Deutlich in dieser Weise gerade auch für die Blockade einstimmig zu fassender Entscheidungen Flume, Personengesellschaft (1977) § 14 I. (S. 208): „Der nicht zustimmende Gesellschafter zwingt dem anderen Gesellschafter seinen Willen auf. So bedeutet das Einstimmigkeitsprinzip, dass es zwar einem jeden Gesellschafter für sich die Selbstbestimmung wahrt, daraus sich aber zugleich für die anderen Gesellschafter hinsichtlich des Geschehens der Gesellschaft eine Fremdbestimmung ergeben kann.“ 258 Die damit gegenüber einer Mehrheitsentscheidung „zurück“ gewonnene Verhandlungssituation der Teilnehmer kann man wegen des optimal zu erzielenden allseitigen Interessenausgleichs auch positiv begreifen, vgl. Haar, Personengesellschaft (2006) S. 109 ff., zur Problematik (dort) S. 135 ff. 259 M. Winter, Treubindungen (1988) S. 18; ähnl. etwa Korehnke, Treuwidrige Stimmen (1997) S. 33 f.; Cahn/v. Spannenberg, Spindler/Stilz AktG I (2. Aufl. 2010) § 53 a Rn 44. 256
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Fremdbestimmung nur in der Erscheinungsform „positiv“ bzw. „negativ“ verschieden, in der Sache aber gleichartig sind. In dieser Weise erklärt F. Hey, dass die Verteilung von Gestaltungs- und Blockadekompetenz zufällige Züge tragen könne.260 Daher bedeute auch die Zustimmungspflicht materiell keinen Unterschied in der Eingriffsintensität gegenüber sonstigen Ausübungskontrollen (etwa der Beschlusskontrolle). Beide stellten sich nur als unterschiedliche Seiten einer Medaille dar.261 Entgegen dieser Ansicht ist aber zu betonen, dass die „negative Gestaltungsmacht“ durch Fremdbestimmung in den status quo zunächst nichts anderes ist, als das allgemeine Prinzip der Vertragstreue „pacta sunt servanda“ (für die Verbandsverfassung könnte man von „Verfassungstreue“ sprechen), wonach an der geschlossenen Bindung festzuhalten ist. Es muss keine dauernde Übereinstimmung zur Erhaltung der geschaffenen Rechtsgrundlage gefunden werden. Der kompromisslose Zwang in die bestehende Bindung durch Verweigerung einer Änderung bedeutet grundsätzlich keine Fremdbestimmung. Die bestehende Regelung ist durch früheren Konsens legitimiert, sie stellt sich als Selbstbestimmung der Teilnehmer dar und behält ihre Bindungswirkung auch bei einem abweichenden aktuellen Willen von Teilen ihrer Urheber. Das ist eben ihre Aufgabe!262 Daher kann insofern nur schwerlich von einem Eingriff in die oder einer Beschränkung der Privatautonomie der übrigen, änderungswilligen Mitglieder gesprochen werden. Umgekehrt betrifft die kontrollrelevante Handlung der Obstruktion ja vielmehr die Berufung auf die privatautonom legitimierte Bindung. Privatautonomie kann nie eine „Selbstbestimmung über den anderen Teil“ erfassen. Sie ist im mehrseitigen Rechtsverhältnis als konsensuale Freiheit notwendig auf die Einwilligung des anderen Teils angewiesen. Dort kann die Selbstbestimmung nie als Alleinbestimmung, sondern nur als Mitbestimmung dergestalt funktionieren, dass ohne Zustimmung des Betroffenen eben 260
F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) S. 348, 350. F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) S. 350 f.; ähnl. Mülbert, Aktiengesellschaft (1995) S. 214 „Spiegelbild“; Röhricht, Hommelhoff Corporate Governance (2003) S. 514, 540. Seidel, Treupflichten (1998) S. 131 f., 167: Die begriffliche Differenzierung in Zustimmungspflicht und Beschlusskontrolle sei nicht notwendig. In beiden Fällen gehe es um die Frage, „ob ein Gesellschafter durch sein Abstimmungsverhalten unzulässigerweise in Interessenbereiche der GmbH und seiner Mitgesellschafter eingreift“ (S. 167). Gegenüber einem konkreten Antrag gebe es ohnehin nur die Möglichkeit von Annahme oder Ablehnung, sodass bei der Treuwidrigkeit des einen stets die andere Alternative erzwungen werde (S. 132). 262 Etwa Ulmer, AcP 174 (1974) S. 167, 183: Die bindende Wirkung von Verträgen entfalte ihren Sinn gerade darin, den Vertragsbestand gegenüber nachträglichem Interessenfortfall zu schützen; ähnl. etwa Canaris, AcP 200 (2000) S. 273, 279: Es sei ein der Institution des Vertrags immanenter Antagonismus, dass die Selbstbestimmung zur Selbstbindung führe. 261
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keine Gestaltung des Rechtsverhältnisses erfolgt.263 Mithin kann sich nicht ein Partner der Rechtsbeziehung auf Verletzung seiner Selbstbestimmung berufen, wenn der andere Teil eine Umgestaltung verweigert. Es wäre aber zu kurz gegriffen, sich mit dieser Feststellung zu begnügen und den Gedanken der Fremdbestimmung ganz fallen zu lassen.264 Auch in der Situation formal vollständiger Selbstbestimmung kann sich die Möglichkeit einer faktischen Fremdbestimmung265 einstellen.266 Bedeutung erhält der Gedanke einer faktischen Fremdbestimmung durch eine starre Bindung in den status quo dort, wo auf Grund der Natur des Rechtsverhältnisses Veränderungen dessen im Laufe seiner Lebenszeit angezeigt sind und weder antizipiert werden können noch adäquat mittels Auflösung und Neubegründung zu lösen sind. Dafür sind Verbandsverfassungen in doppelter Hinsicht prädestiniert. Erstens, weil sie regelmäßig Verpflichtungen der Teilnehmer begründen sollen, die über eine lange Zeit reichen. Dabei beinhaltet eine Verbandsverfassung zudem regelmäßig eine relativ komplexe Rechtsgestaltung. Über den – durch den Verband vermittelten – Parteiausgleich (Mitgliedschaftsverhältnis, s. o. Engagement und Einfluss) muss auch die Organisation der verselbständigten Zweckverfolgung erfolgen. Eine komplexe Ordnung auf lange Dauer birgt in besonderem Maße die Gefahr, dass sie im Laufe ihrer Lebenszeit einer Anpassung bedarf. Sie ist gleichzeitig in 263 Vgl. etwa Heinrich, Formale Freiheit (2000) S. 53 f.: „gemeinschaftliche Kompetenz, nicht Allein-, sondern Mitbestimmung“; Adomeit, FS-Kelsen (1971) S. 9: Der Gehalt des Begriffs Privatautonomie dürfte negativ (keine Verpflichtung ohne Zutun) zu retten sein. Ähnl. Hau, Vertragsanpassung (2003) S. 60: Inter partes gelte nur eine negative Änderungsfreiheit. 264 Kramer, Krise (1974) S. 18 spricht gar von einer „sozialdarwinistischen Auffassung“ der Vertragsfreiheit, die nur die formale Beteiligung des anderen Teils erfasse ohne die Ebene des faktischen Einflusses auf den Inhalt der Rechtsgestaltung zu berücksichtigen. Anschaulich allgemein die Unterscheidung zwischen normativer und tatsächlicher Vertragsfreiheit bei J. Schmidt, Vertragsfreiheit (1985) S. 35 ff. 265 Die beiden verschiedenen Ebenen der Freiheit können wohl auch mit „formeller“ und „materieller“ Vertragsfreiheit beschrieben werden: Kramer, Krise (1974) S. 19 ff.; Heinrich, Formale Freiheit (2000) S. 53 f.: Erstere sei das hier unmittelbar mit der Privatautonomie umschriebene Feld. Letztere, „materielle“ Vertragsfreiheit sei dann tangiert, wenn nicht rechtliche sondern faktische Gründe wie insbesondere eine „mangelnde Zustimmung, fehlende finanzielle Mittel oder gesellschaftliche Zwänge dem Schuldverhältnis entgegenstehen“ (S. 54). Deutlicher erscheint demgegenüber die Terminologie von Zöllner, AcP 176 (1976) S. 221, 235, der zwischen einer rechtlichen und einer faktischen Einschränkung der Selbstbestimmungsfreiheit trennt. Vgl. auch die Kritik von Hönn, Gestörte Vertragsparität (1982) S. 298: Das Begriffspaar formell/materiell verdecke den materiellen Gehalt der formell verstandenen Freiheit. 266 Vgl. dazu abseits des Verbandsrechts die Aufnahme von Hau, Vertragsanpassung (2003) S. 70 ff. für faktische Missbrauchsmöglichkeiten beider Seiten, also sowohl des Anpassungsinteressenten als auch des Opponenten, S. 76 ff.
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geringem Maße dazu geeignet, Änderungsnotwendigkeiten bereits in der Gründung zu berücksichtigen und entsprechend zu gestalten.267 Sie kann danach im Anschluss an Lutter als unvollständige und offene Rechtsbeziehung beschrieben werden.268 Zweitens wird die Alternative von Auflösung und Neubegründung des Rechtsverhältnisses regelmäßig inadäquat sein. Dies liegt an den damit verbundenen Kosten und einer faktischen Bindung an das in der Zweckverfolgung gebildete, individuelle Unternehmen, denen eine wenigstens stark eingeschränkte, wenn nicht gar mangelnde rechtsgeschäftliche Ausweichmöglichkeit269 der Parteien korrespondiert. Damit besteht im Verlauf des Verbands eine bestimmte Gefahr für ein Versagen der Lösung durch das Konsensprinzip. Dadurch ist die Möglichkeit einer Kontrolle gerechtfertigt, die sich aber stets der grundsätzlichen Überordnung der Willenslegitimation des in Frage stehenden Verfassungsbestandteils bewusst bleiben muss. Die besondere Berücksichtigungsfähigkeit einer faktischen Fremdbestimmung durch Blockade in den status quo ist zudem einer weiteren Besonderheit des Gesellschaftsrechts geschuldet. Soweit die Alternative von Auflösung und Neugründung gerade wegen der Kosten des damit verbundenen Verfahrens als untauglich erklärt wurde, ist die vermögensmäßige Bindung der Teilnehmer damit noch nicht vollständig erfasst. Durch die Einbindung der Beiträge in die Verbandsorganisation und das im Verbandsbetrieb gebildete Unternehmen entsteht im Verband eine im Vergleich zum einfachen Austauschverhältnis große Quote an „vertragsspezifischem Kapital“270 der Teilnehmer. Zudem erlaubt die Bindung von auch nichtvertragsspezifischen vermögenswerten Positionen an das Rechtsverhältnis selbst den daran Beteiligten einen Einfluss auf diese „auch-fremden“ Werte. Mit dem Einfluss auf das Rechtsverhältnis entsteht somit gleichermaßen ein erheblicher Einfluss auf die in diesem gebundenen Werte. Grundsätzlich ist die Zuordnung der 267
Etwa Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 2 II. 6. a) (S. 116): „Dabei wächst das Änderungsbedürfnis, so widerspruchsvoll das klingt, mit dem Vollständigkeitswunsch. Ein erfahrener Rechtsberater weiß, dass sich der gute Gesellschaftsvertrag wie ein gutes Gesetz auf durchdachte Verfahrensregeln und im Übrigen auf die Grundlinien der Zusammenarbeit beschränken kann.“ 268 Vgl. hier § 3 A. I. 3. Unvollständiges Rechtsverhältnis. 269 F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) S. 81 sieht in der grundsätzlich bestehenden Ausweichmöglichkeit der Parteien „den eigentlichen Grund der Achtung des Verhandlungsergebnisses durch die Rechtsordnung“. Fehlt wie hier die Ausweichmöglichkeit, ebnet sich der Weg zu einer Kontrolle der (Nicht-)Ausübung von privatautonomen Handlungen. 270 Als vertragsspezifisches Kapital sind diejenigen Investitionen der Vertragsteilnehmer zu verstehen, die für den Vertragszweck getätigt werden und deren Wert vom Fortbestand des Vertrags abhängt, vgl. H-B. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse (4. Aufl. 2005) S. 636.
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Werte zum Verband durch den Willensakt von Gründung oder Beitritt gerechtfertigt. Auch insofern können sich aber im Verlauf des Verbands die Umstände ändern und damit die Legitimation des Einflusses auf die auchfremden Werte durch den ursprünglichen Willensentscheid in Frage gestellt werden. Danach ist auch unter diesem Gesichtspunkt die faktische Fremdbestimmung zu beachten. Die Begründungen der Einwirkungsmacht, respektive der Fremdherrschaft, folgen damit nicht aus der Zweckhaftigkeit der Rechtsbeziehung oder der Selbständigkeit der Organisation, die aus der Rechtsbeziehung geschaffen wird. Damit tritt also auch hier keine verbandsrechtliche Besonderheit eines „symbiotischen Rechtsverhältnisses“ zu Tage. Sie folgt weniger aus der Gemeinsamkeit der Teilnehmer, einer homogenen Zielrichtung derer, sondern vielmehr aus der dauerhaften Gegenseitigkeit. Während die Verantwortung im Fall des Mehrheitsprinzips noch aus der Einräumung einer Rechtsmacht für Fremde zu handeln folgt, gilt dies für die Fremdbestimmung durch negative Gestaltung nicht. Dort steht die Verantwortung aus der faktischen Einflussnahmemöglichkeit auf deren Rechtsverhältnis mit den darin gebundenen Werten während fortdauernder Bindung im Vordergrund. Beide Sachverhalte (Fremdbestimmung durch Mehrheitsmacht wie durch Blockademacht) sind keine genuin verbandsrechtlichen Besonderheiten. Rechtsverhältnisse betreffen generell mehrere, die darin gebunden sind. Durch das notwendige Zusammenwirken derer bei der Änderung kann auch in Austauschbeziehungen bei überdauernder Bindung eine Verantwortung aus der Fremdbestimmung mittels Blockademacht bestehen. Die Problematik ist damit nicht ausschließlich verbandsrechtlicher Natur,271 folgt nicht aus dem Verband, sondern wird bei diesem nur in besonderer Weise virulent. Sie stellt nur in tatsächlicher Weise eine verbandsrechtliche Besonderheit dar. In der bewussten Entscheidung für die Teilnahme an dem problematischen System272 findet sich die Rechtfertigung für die besonderen Rücksichtnahmepflichten, die mit der Treupflicht umschrieben werden können. Den Vorwurf einer Willensfiktion muss sich diese Anschauung nicht gefallen lassen. Sie stellt insofern lediglich darauf ab, dass der tatsächlich erfolgte Beitritt im Bewusstsein seiner Bedeutung geschehen muss.
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Vgl. etwa Jickeli, Langfristiger Vertrag (1996) passim; für die Vertragsänderungspflichten aus Treu und Glauben bei Vorfälligkeitstilgungen Canaris, FS-Zöllner (1998) S. 1055, 1057 ff.; Hau, Vertragsanpassung (2003) S. 77. 272 Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 92.
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III. Ergebnis Verbandsrechtsverhältnisse können besondere Rücksichtnahmepflichten ihrer Teilnehmer verlangen. Dies folgt allgemein daraus, dass im Rahmen der unvollständigen und offenen Verbandsbeziehung wechselseitige Einwirkungsmöglichkeiten geschaffen werden, denen sich die Teilnehmer durch ihren Beitritt persönlich oder sachlich anvertrauen (müssen). Für die besondere Situation der Verfassungsänderungen gilt insofern nichts grundsätzlich anderes. Auch hier zeigen sich in den Möglichkeiten wechselseitiger Fremdbestimmung die besonderen Einwirkungsmöglichkeiten. Während aber bei der positiven Gestaltung durch die Mehrheit die Privatautonomie der dissentierenden Teilnehmer formell eingeschränkt wird, ergibt sich bei der negativen Gestaltung durch Obstruktion nur eine faktische Einschränkung. Diese ist wegen der unvollständig offenen Natur des Rechtsverhältnisses und den an das Rechtsverhältnis gebundenen Werten von besonderer Bedeutung. Die Unterscheidung darf nicht dahin missverstanden werden, die Mehrheit einer intensiveren Treubindung unterwerfen zu wollen als die Minderheit und insofern nach der Gesellschafterstellung zu differenzieren. Es ist die Art der kontrollrelevanten Handlung, die den grundsätzlichen Unterschied begründet, nicht die Position des Agierenden. Die Abweichung im Geltungsgrund bestärkt die Reduktion auf den gewählten Ausschnitt der Zustimmungspflicht. Die Formen der Treubindung auf der Verfassungsebene sind über die tatsächliche Erscheinung hinaus auch in ihrer Grundlage getrennt.
B. Dogmatische Grundlage – Rechtssystematische Einbindung I. Einleitung Nachdem die Einschränkung der Vertragsfreiheit des Betroffenen durch den Geltungsgrund eine rechtspolitische Rechtfertigung gefunden hat, stellt sich die Frage nach der dogmatischen Grundlage, der rechtssystematischen Einbindung der besonderen Rücksichtnahmepflicht in die Rechtsbeziehungen des Verbandsinnenrechts. Anders als bei der Frage nach der Wertungsgrundlage könnte gegenüber der dogmatischen Grundlage der Einwand der breiten, dauerhaften Anerkennung („Gewohnheitsrecht“273) die Relevanz der Erörterung beeinträchtigen. Warum sollte eine besondere Rückführung des anerkannten „Instituts“ der Treupflicht notwendig erscheinen? Dabei ist zu sehen, dass nur aus der Perspektive der Anerkennung die Suche obsolet 273
C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 228.
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erscheint. Sobald aber die Frage zugelassen wird, greift die Argumentation aus der Anerkennung recht kurz. Weiter ist, auch wenn die Treupflicht als gewohnheitsrechtlich anerkanntes Institut begriffen wird, die systematische Einbindung, die „Verortung“ zur widerspruchslosen Einbettung erforderlich. Die höchstrichterliche Anerkennung der Treubindung der Mitglieder untereinander ist für den Bereich der Verbandspersonen so jung, dass die Spezialität des behandelten Treupflichtausschnitts die Erörterung rechtfertigt. Schwerlich kann nach so kurzer Zeit auf Selbständigkeit nach Gewohnheitsrecht verwiesen werden. In den maßgeblichen Fragen ist auch keine Einigkeit vorhanden.274 Die Ableitung und Einbettung sollte auch nicht nur eine begriffliche Legitimation bieten, sondern darüber hinaus die Wertungsgrundlage bestätigen und damit inhaltliche Stütze bei der Arbeit mit der Generalklausel sein.275 Die Systembildung durch Zuordnung ist nicht überflüssig. Damit erscheint es – nicht nur der Vollständigkeit halber – sinnvoll, der Frage nach der dogmatischen Grundlage der Treubindung hier einen Raum zu geben. Im Rahmen einer umfassenden Darstellung könnte zwischen der Treubindung der Mitglieder untereinander und derjenigen gegenüber dem Verband getrennt werden.276 Für die auf Verfassungsänderungspflichten begrenzte Fragestellung scheiden Treubindungen gegenüber dem Verband allerdings aus. Zum einen sind nur die Mitglieder Adressaten der Treubindung. Zum anderen ist nach dem oben entwickelten Verständnis von der reinen „Mitgliedsautonomie“ kein Platz für eine Verpflichtung gegenüber dem verselbständigten Verband auf dieser Ebene.277 Daher können allein Treubindungen der Mitglieder untereinander (Horizontalverhältnis) Gegenstand der Beschreibung sein.278 Die rechtlich verselbständigte Verbandsperson macht Rechtsbeziehungen der Teilnehmer untereinander in der Durchführung der 274
Ebenso Grigoleit, Gesellschafterhaftung (2006) S. 290. Im Ansatz ähnlich C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 228, zur Rechtfertigung der Existenz bedürfe es dieser Ableitungen wegen des erreichten Entwicklungsstands aber nicht mehr. 276 Vgl. Rehbinder, ZGR 1976, S. 386, 391 f.; M. Winter, ZHR 148 (1984) S. 579, 594 ff.; M. Winter, Treubindungen (1988) S. 85 ff. 277 Siehe dazu hier § 2 A. II. 2. Souverän der Verfassung; ähnl. Lutter, ZHR 153 (1989) S. 446, 455; aA: Henze/Notz, GroßKomm AktG (4. Aufl. Stand 2004) Anh § 53 a Rn 112, die eine Stimmpflicht auf der Verfassungsebene auch aus der Treubindung gegenüber dem Verband für möglich halten. 278 Es ist insofern nicht falsch aber etwas ungenau, wenn wiederholt erklärt wird, der Treubindung unter den Mitgliedern komme nur insofern Bedeutung zu, als nicht zugleich die Treubindung gegenüber dem Verband verletzt werde (Subsidiarität der vertikal-mitgliedschaftlichen Treubindung), i. d. S. etwa M. Winter, Treubindungen (1988) S. 12, 94 f. Entscheidend ist die in Frage stehende Regelung, eine allgemeine Subsidiarität gibt es nicht. 275
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Zweckverfolgung durch ihre Selbständigkeit entbehrlich. Damit stellt sich für die Verbandsperson die Frage, ob ein Rechtsverhältnis der Teilnehmer untereinander besteht bzw. zu begründen ist, welches die besondere Rücksichtnahmepflicht der Treupflicht tragen kann279 (dazu zunächst unter II.). Im Anschluss daran kann formübergreifend die Frage nach der besonderen Normgrundlage der Treupflicht im bestehenden Rechtsverhältnis gestellt werden (unter III.). II. Horizontales Rechtsverhältnis der Teilnehmer einer Verbandsperson Ein horizontales Rechtsverhältnis der Teilnehmer einer Verbandsperson wurde früher wegen der rechtlichen Selbständigkeit der juristischen Person überwiegend ausgeblendet. Es herrschte die Vorstellung, dass eben die rechtliche Selbständigkeit alle Rechtsbeziehungen der Mitglieder untereinander absorbiere.280 Insbesondere in letzter Zeit – mit der voranschreitenden Anerkennung der horizontalen Treubindung durch die Rechtsprechung281 – ist die Frage nach dem Rechtsverhältnis der Teilnehmer des verselbständigten Verbands viel behandelt worden.282 Es haben sich zwei 279 Für den Bezug der Frage auch auf den rechtsfähigen Personenverband Grigoleit, Gesellschafterhaftung (2006) S. 293, 298, 310. 280 In diesem Sinne: Schilling, JZ 1953, 489, 492; Meyer-Landrut, Großkomm AktG I 1. (3. Aufl. 1973) § 1 Rn 35; Hefermehl/Bungeroth, Geßler/Hefermehl AktG I (Stand 1983) Vor § 53 a Rn 22 f.; Götz, DB 1989, 261, 265. Vgl. ferner die Darstellungen bei Fechner, Treubindungen (1942) S. 40 f. Immenga, Personalistische Kapitalgesellschaft (1970) S. 271; Martens, Mehrheits- und Konzernherrschaft (1970) S. 117 ff. jeweils mwN. Scharf gegen den Gedanken Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 8 II. 3. a) (S. 433): Die Argumentation sei entweder begriffsjuristisch oder enthalte eine verdeckte Ideologie zu Gunsten der Mehrheit. Die Rechtsprechung hat eine kategoriale Ablehnung entgegen anderer Darstellungen nie geteilt, sondern verhaltener formuliert: BGH II. ZS. v. 27.10.1955, BGHZ 18, 350, 365: „keine rechtlichen Beziehungen persönlicher Art“; BGH II. ZS. v. 16.02.1976, „Audi/NSU“ WM 1976, 449: „Die gemeinsame Zugehörigkeit zu einer Aktiengesellschaft begründet für sich allein keine gegenseitigen Rechtsbeziehungen, aus denen sich eine solche Haftung herleiten ließe“. Es sollte dabei um die „Haftung für Vermögensnachteile jenseits des innergesellschaftlichen Bereichs“ gehen. [Hervorhebungen hier]. Auch das Reichsgericht hat nicht auf die Natur der juristischen Person, sondern allein auf mangelnde persönliche Nähe abgestellt, RG II. ZS. v. 21.09.1938, RGZ 158, 248, 254. 281 „ITT“, BGH II. ZS. v. 30.05.1975, BGHZ 65, 15; „Linotype“, BGH II. ZS. v. 01.02.1988, BGHZ 103, 184; „Girmes“ BGH II. ZS. v. 20.03.1995, BGHZ 129, 136. Insbesondere in Girmes wurde deutlich auf allein die Mitgesellschafter untereinander bestreffende Treubindungen abgestellt (S. 151). 282 Vgl. die Aufnahmen von M. Winter, Treubindungen (1988) S. 45 ff.; Nonn, Zustimmungspflichten (1995) S. 9 ff., 19 f. Beckerhoff, Treupflichten (1996)
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Wege aufgezeigt, die Erklärung zum horizontalen Sonderrechtsverhältnis der Teilnehmer der juristischen Person zu umgehen. Eine Fluchtmöglichkeit „nach vorn“ wurde in der parallelen Begründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter den Teilnehmern des Verbands gefunden.283 Indem zusätzlich zu dem Verhältnis der Verbandsperson eine parallele Personengesellschaft („konstruktiv auf ein zweites Bein zu stellen“284) konstruiert wird, fällt die Anerkennung der Treubindung leicht. Schwerer fällt dieser Lehre dagegen eine stimmige, allgemein gültige Begründung der GbR, ihr Erhalt über wechselnde und neu aufzunehmende Mitglieder285 und letztlich die Vermeidung einer fraglichen Systemumbildung286. Ein anderer Weg, eine „rückwärtsgewandte“ Flucht vor dem problematischen Sonderrechtsverhältnis, besteht in der alternativen Erklärung deliktsrechtlichen Schutzes der Mitgliedschaft im Verbandsinnenrecht.287 Mit dem Rückzug auf die Gewähr von Schutzpflichten gegenüber jedermann wird die Frage nach der Einordnung besonderer Rücksichtnahmepflichten überflüssig. Dagegen werden hoch problematische Fragen zur Inhaltsbestimmung der Mitgliedschaft als absolut geschütztes „sonstiges“ Recht im Sinne des § 823 I BGB aufgeworfen.288 Die Möglichkeit muss an dieser Stelle aber gar nicht ausgeloS. 33 ff. in Systematik und Argumentation weitgehend adaptiert von Kunze, Stimmpflichten (2004) S. 79 ff.; jüngst umfassend M. Weber, Treubindungen (1999) S. 115 ff. Die Problematik ist dabei aber keine neue, siehe Ballerstedt, Kapital (1949) S. 181 ff.; Mestmäcker, Verwaltung (1958) S. 348 ff.; Martens, Mehrheitsund Konzernherrschaft (1970) S. 117 ff. 283 Hoffmann, GmbHR 1963, 61, 63; Verhoeven, GmbH-Konzern (1978) S. 75 f. 284 Verhoeven, GmbH-Konzern (1978) S. 76. 285 Vgl. die nahezu finale Kritik an diesem Ansatz bei M. Winter, Treubindungen (1988) S. 48 ff.; zuvor Martens, Mehrheits- und Konzernherrschaft (1970) S. 120; aktuell M. Weber, Treubindungen (1999) S. 116 ff.; Grigoleit, Gesellschafterhaftung (2006) S. 295: „blanke Fiktion“. 286 Entweder leistet das Modell nur eine begrenzte Begründung der Treubindung im Recht der Verbandspersonen, wenn zur Begründung der GbR auf besondere Strukturmerkmale bestimmter Verbandspersonen abgestellt wird. Andernfalls begründet es die „Grund“-GbR strukturunabhängig und entwertet damit die Eigenständigkeit des Innenrechts der Verbandspersonen allgemein durch die permanente Begleitung der anderen Gesellschaftsform. 287 Mertens, AcP 178 (1978) S. 227, 243, 251 f.; 261: Die §§ 823 I, II, 826 BGB sollten (u. a.) um die Fallgruppe „eine Machtstellung funktionsstörend oder zur Erlangung leistungsfremder Sondervorteile“ auszunutzen, erweitert werden. (S. 251 f.); Mertens, FS-Fischer (1979) S. 461, 468 ff.; ähnl. wohl auch Hepp-Schwab, Mitgliedschaft (1998) S. 97 f.: „Die Treupflicht zwischen den Gesellschaftern ist eine gesetzlich begründete, deliktische Pflicht und sie ist Folge des rechtsgeschäftlich begründeten Mitgliedschaftsverhältnisses“. 288 Nach dem „Schärenkreuzer-Urteil“ des BGH II. ZS. v. 12.03.1990, BGHZ 110, 323 hat Habersack, Mitgliedschaft (1996) die Problematik monographisch ausgeleuchtet. Über der Mitgliedschaft „als solcher“ versucht er auch allgemeine mitgliedschaftliche Befugnisse in den „Besitzständen des Mitglieds“, den „mitglied-
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tet werden, wenn es gelingen sollte, ein Rechtsverhältnis der Teilnehmer zu erklären. Zu der Erklärung eines horizontalen Rechtsverhältnisses können zwei Wege der Begründung getrennt werden. In dem durch die Verfassung konstituierten Rechtsverhältnis der Verbandsperson könnten über die Rechtsbeziehung zum Verband auch solche der Teilnehmer untereinander begründet sein. Damit erscheint ein rechtsgeschäftlich begründetes horizontales gesellschaftsrechtliches Rechtsverhältnis der Teilnehmer möglich. Alternativ könnte aus dem qualifizierten Kontakt der Teilnehmer, der sich in der parallelen Durchführung ihrer Mitgliedschaftsverhältnisse ergibt, ein gesetzliches Sonderrechtsverhältnis begründet werden, welches die über dem Deliktsrecht liegenden Verhaltensanforderungen legitimiert. Die Rechtsprechung hat sich zu der Frage bislang nicht deutlich bekannt. In „Linotype“ wurde vorwiegend von den faktischen Einwirkungsmöglichkeiten auf das Sonderrechtsverhältnis geschlossen289. Dies könnte dem gesetzlichen Sonderrechtsverhältnis zugeordnet werden. Sofern in „Girmes“ aber die Mitgliedschaft zum Angelpunkt gemacht wird, die Bindung des Stimmrechtsmacht Ausübenden nur davon abgeleitet bleibt, steht wiederum ein gesellschaftsrechtliches Rechtsverhältnis im Vordergrund290. Auch die Lehre hat insofern noch keinen einheitlichen Standpunkt gewonnen. 1. Gesellschaftsrechtliches Rechtsverhältnis
Die Rechtsbeziehung könnte unmittelbar aus dem gesellschaftsrechtlichen Rechtsverhältnis der Verbandsperson zu erklären sein. Im Ausgangspunkt steht dabei ein Verständnis von der einheitlichen Struktur der Mitgliedschaft („monistischer Mitgliedschaftsbegriff“291). Danach werde durch jede Mitschaftlichen Vermögensrechten“ und den „mitgliedschaftlichen Schutz- und Teilhaberechten“, darunter das „Recht auf gesetz- und satzungsmäßige Beschlussfassung“ (S. 296) als sonstiges Recht im Sinne des § 823 I BGB zu schützen. Vgl. kritisch dazu Hüffer, ZHR 161 (1997) S. 867, 869 ff.; Reuter, AcP 197 (1997) S. 322, 329 ff. Gegen den verbandsinternen Schutz der Mitgliedschaft durch Deliktsrecht auch Zöllner, ZGR 1988 S. 392, 430; Reuter, FS-Lange (1992) S. 707, 722, mit dem Argument, das Verhältnis konstituiere erst das Schutzobjekt. Nach Henze, RWS-Forum 8 (1996) S. 1, 8 sei mit der Bezugnahme auf das Bestehen einer Sonderverbindung der Teilnehmer in „Linotype“, BGH II. ZS. v. 01.02.1988, BGHZ 103, 184, 195, der deliktischen Lösung eine Absage erteilt worden. 289 BGH II. ZS. v. 01.02.1988, „Linotype“ BGHZ 103, 184, 194 f. (195) vorsichtig: Es sei anzuerkennen, dass „auch das Verhältnis der Mitglieder einer Korporation untereinander den Charakter einer Sonderverbindung haben kann“. 290 BGH II. ZS. v. 20.03.1995, „Girmes“ BGHZ 129, 136, 148: Zur horizontalen Treubindung wird erklärt: „Die Treupflicht ist Ausfluss der mitgliedschaftlichen Beteiligung in der Aktiengesellschaft“.
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gliedschaft, sei sie im Personenverband, sei sie in der Verbandsperson, sowohl ein Rechtsverhältnis des Mitglieds zum Verband (vertikal), wie der Mitglieder untereinander (horizontal)292 begründet. Das typabhängige Verständnis der Mitgliedschaft beruhe auf einem übersteigerten Gegensatz von Personenverband und Verbandsperson.293 Die bezweckte Trennung des Gesellschaftsvermögens, die eigenständige Teilnahme der Gesellschaft am Rechtsverkehr wie die rechtliche Verselbständigung überhaupt zwinge nicht zu einem Ausschluss horizontaler mitgliedschaftlicher Rechtsbeziehungen.294 Die Verselbständigung habe Bedeutung für das Außenrechtsverhältnis des Verbands, weniger für seine Interna.295 Mitgliedschaftliche Rechtsbeziehungen, die vor der Gründung bestanden hätten, fielen nicht mit der Eintragung fort. Das Gesamtrechtsverhältnis Verband sei vielmehr so zu verstehen, dass Rechtsbeziehungen der Teilnehmer zum Verband, wie derjenigen untereinander nicht in zeitlicher Abfolge zueinander stünden. Vielmehr begleiteten beide das Verbandsleben vom Vertragsabschluss bis zur Liquidation.296 291 Begriff nach Reuter, MüKo BGB I (5. Aufl. 2006) § 38 Rn 1 ff., der dieses Verständnis aber scharf ablehnt („mit dem geltenden Recht nicht zu vereinbaren“ (Rn 5). Für den einheitlichen Mitgliedschaftsbegriff in diesem Sinne Dorpalen, ZHR 102 (1936) S. 3, 9, 14; Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 127, 159: „Inhalt jeder Mitgliedschaft ist weiterhin die Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber den anderen Verbandsmitgliedern“. Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 2 I 1. b) bb) (S. 95); Ulmer, Hachenburg GmbHG I (8. Aufl. Stand 1989) § 2 Rn 4; Hüffer, FS-Steindorff (1990) S. 59, 67; Immenga, FS-GmbHG (1992) S. 189, 203 f.; Dreher, ZHR 157 (1993) S. 150, 153 „moderne Theorie der Mitgliedschaft“; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 19 III. 1. (S. 553 ff.); F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) S. 325 f.; T. Raiser, Großkomm GmbHG I (2005) § 13 Rn 8 ff.; T. Raiser/ Veil, Kapitalgesellschaftsrecht (4. Aufl. 2006) § 12 I. 1. (S. 95 f.); Grigoleit, Gesellschafterhaftung (2006) S. 295. 292 Oder nach anderer Terminologie sowohl Sozialbeziehungen als solche zum Verband wie Individualbeziehungen als solche zu den anderen Mitgliedern. 293 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 2 I. 1. b) bb) (S. 95); M. Weber, Treubindungen (1999) S. 150; Grigoleit, Gesellschafterhaftung (2006) S. 296 f. 294 Martens, Mehrheits- und Konzernherrschaft (1970) S. 141; Wiedemann, JZ 1976, 392, 393; Ulmer, Hachenburg GmbHG I (8. Aufl. Stand 1989) § 2 Rn 4; Hüffer, FS-Steindorff (1990) S. 59, 67; T. Raiser, Großkomm GmbHG I (2005) § 13 Rn 8 ff.; H. P. Westermann, Scholz GmbHG I (10. Aufl. 2006) Einl. Rn 10. Für die GmbH schon Ballerstedt, Kapital (1949) S. 170. Ein zwingender Ausschluss wegen der Selbständigkeit wird auch von klaren Vertretern eines dualistischen Mitgliedschaftsbegriffs nicht vertreten, vgl. Flume, Juristische Person (1983) § 8 I. (S. 259 f.): Mitgliedschaftliche Rechtsbeziehungen könnten auch in der Satzung begründet werden, seien aber nicht die Regel. 295 M. Weber, Treubindungen (1999) S. 149. 296 Ulmer, Hachenburg GmbHG I (8. Aufl. Stand 1989) § 2 Rn 4; T. Raiser, Großkomm GmbHG I (2005) § 13 Rn 11; M. Weber, Treubindungen (1999) S. 150:
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Auch der Gesetzgeber gehe in §§ 24, 31 III GmbHG von einem Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander aus.297 Beschränkt für eine personengesellschaftsnahe Betrachtung der GmbH wird mit der Ausschlussbefugnis argumentiert. Der wichtige Grund der außerordentlichen Ausschlussbefugnis in der GmbH könne auch in den persönlichen Beziehungen der Teilnehmer liegen, weshalb die Gesellschafter hier gegeneinander verpflichtet seien, das erforderliche Gemeinschaftsverhältnis zu achten. Auch aufgrund dessen sei die Annahme eines gegenseitigen Rechtsverhältnisses dort gerechtfertigt.298 Auch § 243 II AktG,299 wie die Beschlusskontrolle bei Satzungsentscheidungen überhaupt,300 setze solche horizontalen Rücksichtnahmepflichten, mithin ein Rechtsverhältnis voraus. Schließlich wird erklärt, die wechselseitigen Einwirkungsmöglichkeiten der Teilnehmer würden aus der Satzung begründet. Danach solle auch das Rechtsverhältnis, das die Rücksichtnahme dabei erzwinge, aus der Satzung begründet sein.301 Auch für Nachgründungs-Mitglieder werde die Rechtsbeziehung zu den anderen Teilnehmern mit dem Beitritt rechtsgeschäftlich begründet.302 Aussagen zu dem Inhalt des Rechtsverhältnisses sind – entgegen der deutlichen Fürsprache zur Existenz – sehr rar. Ballerstedt hat den Inhalt – begrenzt für die GmbH303 – in folgender Weise formuliert: Jeder GesellDie Phasen vor und nach Gesellschaftserrichtung würden zu scharf und übergangslos unterschieden; F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) S. 325 f. 297 Ausführlich Ballerstedt, Kapital (1949) S. 182 ff. Aus der Einstandspflicht für den Ausfall fremder Einlagen folge, dass die Einlagepflicht nicht nur gegenüber der Gesellschaft, sondern auch gegenüber den anderen Gesellschaftern bestehe. Auch die Regressregelung nach der Inanspruchnahme erkläre sich besser aus einem unmittelbaren gesellschaftsrechtlichen Rechtsverhältnis der Teilnehmer. Ballerstedt begrenzt die Argumentation aber nicht deshalb auf die GmbH. Bei der AG sei anders als bei der GmbH „das autonom gewordene Unternehmen zu beherrschender Bedeutung gegenüber der Gesamtheit der Aktionäre gelangt, während die GmbH [. . .] Dienerin ihrer Gesellschafter ist“ und lässt insofern den Gedanken vom „Unternehmen an sich“ dort fortklingen. (S. 184 f.). Zur Argumentation mit §§ 24, 31 III GmbHG siehe auch Emmerich, Scholz GmbHG I (10. Aufl. 2006) § 13 Rn 38; Grigoleit, Gesellschafterhaftung (2006) S. 295. 298 Martens, Mehrheits- und Konzernherrschaft (1970) S. 128 f. 299 Lutter, ZHR 153 (1989) S. 446, 454, wohl in Bezugnahme auf die Schädigung anderer Gesellschafter. 300 Hüffer, FS-Steindorff (1990) S. 59, 67. 301 Hüffer, FS-Steindorff (1990) S. 59, 68; Nonn, Zustimmungspflichten (1995) S. 20; Henze, RWS-Forum 8 (1996) S. 1, 9, Piepenburg, Treupflichten (1996) S. 133 ff.; Seidel, Treupflichten (1998) S. 181. 302 Hüffer, ZHR 153 (1989) S. 85, 87; M. Weber, Treubindungen (1999) S. 151 f.; F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) S. 326; Grigoleit, Gesellschafterhaftung (2006) S. 297 f. 303 Aus oben genanntem Grund, siehe Fn 297, S. 96.
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schafter sei den anderen gegenüber gehalten, die Gesellschaft in weiterer Weise als durch Kapitalaufbringung oder -erhalt zu fördern, am notwendigen Verwaltungshandeln mitzuwirken sowie die Gleichberechtigung der Mitglieder zu achten.304 Gegen unmittelbare gesellschaftsrechtliche Rechtsbeziehungen der Teilnehmer wird vorgetragen, dass auch wenn eine einheitliche Begründung der Treubindung wünschenswert wäre, dies nichts an der „Metamorphose“ der schuldrechtlichen Vorgründungsbeziehungen ändere. Diese schließe mit der Verselbständigung des Verbands eine schuldvertragliche Beziehung der Teilnehmer untereinander aus.305 Allgemein wird der mangelnde Personenbezug der Verbandsperson gegen Rechtsbeziehungen der Mitglieder untereinander geltend gemacht.306 Auf §§ 24, 31 III GmbHG ließe sich das Rechtsverhältnis nicht stützen. Diese dienten allein dem Gläubigerschutz und begründeten mitnichten ein Rechtsverhältnis der Teilnehmer untereinander, schon gar kein solches, aus dem laufende Treubindungen gegenüber den anderen Teilnehmern über die Kapitalaufbringung und -erhaltung hinaus abgeleitet werden könnten.307 § 243 II AktG gehe vom Schadenseintritt aus und begründe kein besonderes Rechtsverhältnis.308 2. Gesetzliches Sonderrechtsverhältnis
Im Verständnis eines dualistischen Mitgliedschaftsbegriffs ist die Mitgliedschaft in der Verbandsperson allein vertikales Rechtsband des Mitglieds zum Verband.309 Die rechtsgeschäftliche Gründung bzw. der Beitritt 304
Ballerstedt, Kapital (1949) S. 185. Schon Fechner, Treubindungen (1942) S. 47 f.; ähnl. Paschke, FS-Serick (1992) S. 313, 318; M. Winter, Treubindungen (1988) S. 61: Die Struktur der Satzung als Organisationsvertrag stehe der Annahme unmittelbarer, wechselseitiger vertraglicher Verpflichtungen der Gesellschafter nach Maßgabe des § 705 BGB entgegen.; Reuter, GmbHR 1981, 129, 137 f.: Der Umwandlungsgedanke, nach dem die Gesellschafter dabei nicht ihre Treubindungen ablegen könnten, greife nicht. Mit dem Entstehen der juristischen Person werde die Zweckbindung der Personen gelöst und ein weiterer Freiheitsraum geschaffen. Dieses Mehr an Freiheit lasse sich nicht mit einer „konstant bleibenden Verantwortlichkeit füreinander“ vereinbaren; ähnl. Flume, Juristische Person (1983) § 8 I (S. 269). Siehe auch Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht (2004) S. 180. 306 Flume, Juristische Person (1983) § 8 I. (S. 258 ff.). 307 Martens, Mehrheits- und Konzernherrschaft (1970) S. 122 f.; Verhoeven, GmbH-Konzern (1978) S. 68; M. Winter, Treubindungen (1988) S. 69; WimmerLeonhardt, Konzernhaftungsrecht (2004) S. 175. 308 Paschke, FS-Serick (1992) S. 313, 320; mit abweichender Begründung: Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht (2004) S. 175: Die teleologische Reduktion des § 243 II S. 2 AktG für Gesellschaftsschäden lasse keine Aussage zu allgemeinen horizontalen mitgliedschaftlichen Treubindungen zu. 305
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vermittle dann wegen der ausschließlichen Zuordnung der essentiellen Hauptpflichten (Beiträge) und den diesen korrespondierenden Rechten (Einfluss, Teilhabe) zum Verband keinerlei Rechtsverhältnis der Mitglieder untereinander. Sie sei also derjenigen im Personenverband insofern verschieden, die Natur der Mitgliedschaft werde durch den Verbandstyp bestimmt (dualistischer Mitgliedschaftsbegriff). Die Mitglieder in der Verbandsperson stünden sich rechtsgeschäftlich unverbunden gegenüber. Ein Rechtsverhältnis dieser müsste – wenn es überhaupt bestehen soll – also gesetzlicher Natur sein und könnte sich als Sonderrechtsverhältnis aus einem qualifizierten Kontakt ergeben. Die Rechtfertigung für eine über die deliktischen Jedermanns-Pflichten hinausgehende Bindung der Teilnehmer wurde nach den gesteigerten Einwirkungsmöglichkeiten in Parallele zur culpa in contrahendo formuliert.310 „Die mit der Mitgliedschaft verbundene Befugnis, Entscheidungen mit grundsätzlicher Wirksamkeit für andere Verbandsmitglieder zu treffen, erzeugt einen qualifizierten Kontakt zwischen den dem innergesellschaftlichen Entscheidungssystem unterworfenen Personen“.311 M. Winter erklärt insofern, die von der culpa in contrahendo bekannte Abfolge würde umgekehrt. Zunächst bestehe das Rechtsverhältnis der Teilnehmer untereinander, das mit der Verselbständigung des Verbands fortfallen müsse. Dafür ergebe sich dann dort das gesetzliche Sonderrechtsverhältnis der Teilnehmer.312 Über das tatsächliche Kriterium der Einwirkungsmöglichkeit hinaus hat Beckerhoff den zweckgerichteten Kontakt der Teilnehmer aufgegriffen. In Anlehnung an die Erklärung von Frost zur zweckbezogenen Rechtskreisöffnung in der Anbahnung von Schuldverhältnissen313 geht er von der willent309 Flume, Juristische Person (1983) § 8 I. (S. 258 ff.); Reuter, MüKo BGB I (5. Aufl. 2006) § 38 Rn 1 ff. 310 Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 127. Wobei Lutter gerade an dieser Stelle die Einheitlichkeit in der Struktur jeder Mitgliedschaft herausarbeitet, und daher schwerlich in das dualistische Verständnis einzuordnen ist. 311 M. Winter, Treubindungen (1988) S. 69; ähnl. mit Blick auf die Einwirkungsmöglichkeiten begründetes Sonderrechtsverhältnis Paschke, FS-Serick (1992) S. 313, 320 f.; Hennrichs, AcP 195 (1995) S. 221, 240 ff.; Bungert, DB 1995, 1749, 1750; Sailer, Minderheitskompetenzen (1999) S. 5 f. Wobei teils die Betonung der Ableitung der Treubindung aus der Mitgliedschaft selbst im Verhältnis zur Erklärung des gesetzlichen Ursprungs der Treubindung regelrecht widersprüchlich wirkt, vgl. Bungert, DB 1995, 1749, 1752. 312 M. Winter, Treubindungen (1988) S. 70. Ähnlich hat Flume für die in der GmbH vom BGH im ITT-Urteil (BGH II. ZS. v. 30.05.1975, BGHZ 65, 15) anerkannten horizontalen Treubindungen einen „Restbestand des ursprünglichen auf die Errichtung der Gesellschaft als juristischer Person gerichteten Vertragsverhältnisses“, mithin nachwirkende Treubindungen angedacht, Personengesellschaft (1977) § 7 III. 2. (S. 97). Kritisch dazu Reuter, GmbHR 1981, S. 129, 134: Diese könnten allenfalls geeignet sein, existenzgefährdende Maßnahmen zu verhindern.
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lichen Gemeinsamkeit der Teilnehmer aus. Aus der parallel begründeten Zielverfolgung und der gemeinsamen Zugehörigkeit erwachse eine verbindende Rechtskreisöffnung, die die Neutralität des Deliktsrechts aufhebe. Mangels Satzungsreglung des Rechtsverhältnisses stelle sie eine davon unabhängige, auf Gesetz beruhende Sonderverbindung dar.314 Kritik am Sonderrechtsverhältnis kann in zwei Richtungen geübt werden. Der Vorranganspruch einer gesellschaftsrechtlichen Rechtsbeziehung315 erscheint, ist diese erklärt, offenbar. Noch gegen das Bestehen überhaupt eines Sonderrechtsverhältnisses ist eingewandt worden, dass tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten dafür nicht genügten, auch Wettbewerber und Lobbyisten seien keinen Treubindungen unterworfen. Es gehe auch nicht um die Einwirkung auf fremde Rechte, sondern nur um die Ausübung der eigenen Mitgliedschaftsrechte bei der gemeinsamen Bestimmung des Gesellschaftsinteresses.316 3. Analyse und Stellungnahme
Strukturell auf die Vergleichbarkeit personalisierter Verbandspersonen – insbesondere bei der GmbH – mit den Personenverbänden abzustellen,317 hilft insofern weiter, als dass damit die „Mystik“ einer Zuordnungsausschließlichkeit der Verbandsperson eingerissen werden kann. Die Argumentation ist aber insofern hinderlich, als dass mit dem „realen“ Moment der Personalisierung auf außerhalb der Verbandsperson liegende Elemente abgestellt wird. Denn die körperschaftliche Struktur der Recht-Pflicht-Zuordnung wird durch ein stärker an wenigen Personen orientiertes Gefüge keineswegs durchbrochen.318 Vor allem aber hat diese Begründung offensichtliche Grenzen bei anonymisierten Verbandsstrukturen.319 313 Frost, Schutzpflichten (1981) S. 55 ff., 61 ff. „Sonderverbindungen mit positiver Zielsetzung“ (S. 61). 314 Beckerhoff, Treupflichten (1996) S. 37 f. 315 Hüffer, ZHR 153 (1989) S. 85, 87; Hüffer, AktG (9. Aufl. 2010) § 53 a Rn 15. 316 Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht (2. Aufl. 2005) Rn 830. Anderes gelte für den Mehrheitsgesellschafter, der über die Position der Minderheit mit verfügen könne: Wilhelm, FS-Huber (2006) S. 1019, 1028. 317 Dazu ausführlich Martens, Mehrheits- und Konzernherrschaft (1970) S. 117 ff., insbesondere S. 145. 318 Ähnl. Flume, Juristische Person (1983) § 8 I. (S. 261). 319 Was in der aktuellen Arbeit von Kunze, Stimmpflichten (2004) S. 85 ff., 112 ff. die Konsequenz hat, zwischen der GmbH und der AG zu trennen. Nur bei ersterer erkennt er ein unmittelbares gesellschaftsrechtliches Rechtsverhältnis der Teilnehmer an, bei der AG hingegen zieht er sich auf ein gesetzliches Sonderrechtsverhältnis zurück.
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Die Erklärung zum unmittelbaren Rechtsverhältnis der Mitglieder stützt sich auf verschiedene Aspekte. Die Vereinbarkeit von unmittelbaren Rechtsbeziehungen unter den Mitgliedern mit dem „Wesen“ der Verbandsperson ist dabei notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung. Sie wird insbesondere auch von Vertretern des dualistischen Mitgliedschaftsbegriffs nicht geleugnet.320 Die Argumentation mit dem Fortbestand der horizontalen Rechtsbeziehungen aus der Vorgründungszeit des Verbands erscheint ob des Fortfalls des tragenden Rechtsverhältnisses mit der Zweckerreichung der Gründung untauglich. Auch für später beigetretene Mitglieder kann sie kaum eine Erklärung bieten. Die Ausfallhaftung gem. §§ 24, 31 III GmbHG unter den Gesellschaftern zur wechselseitigen Verpflichtung von Leistung und Erhalt der Einlage aufzubauen, zeigt sich relativ freizügig mit der Erweiterung der Berechtigten. Den begrenzten Inhalt wird man dagegen schwerlich gegen die Ableitung eines daraus resultierenden Rechtsverhältnisses geltend machen können. Auch für die Personenverbände stehen die wechselseitigen zweckgebundenen Beitragsversprechen im Vordergrund der Begründung des Gesellschaftsverhältnisses. Eine bestimmte Qualität wird dabei an die Beiträge aber nicht gestellt, sodass auch dort vor allem aus der dem Beitrag folgenden Teilnahme eine entsprechende Rücksichtnahmepflicht zu folgern ist. Rechtsgeschäftliche Leistungsversprechen bestehen nicht unmittelbar zwischen den Teilnehmern der Verbandsperson. Sie sind entbehrlich. Die Gesellschafter der Verbandsperson schulden sich wechselseitig keine Hauptleistungen, an welche nach dem Vorbild des § 242 BGB Nebenleistungspflichten, Treupflichten angeknüpft werden könnten.321 Der Inhalt der Rechtsbeziehung der Mitglieder untereinander „erschöpft“ sich wohl in Treubindungen.322 Es kann daher kaum eine Rechtsbeziehung der Teilnehmer „vor“ den Treubindungen als Grundlage derer ausfindig gemacht werden. Ist damit eine solche Ableitung ausgeschlossen, kann nur von der Existenz der Treubindung auf das horizontale Rechtsverhältnis geschlossen werden.323 Dagegen könnte man einwenden, dass aus dem zu Beweisenden argumentiert wird. Fraglich ist allerdings, ob deshalb die Rücksichtnahme320
Flume, Juristische Person (1983) § 8 I. (S. 259 f.). Weitergehend wohl Lutter, JZ 1995, 1053, 1054 nach dem „selbstverständlich“ auch gegenüber den Mitgesellschaftern Förderpflichten auf den Verbandszweck bestünden. 322 Die Bezeichnung kann angesichts des oben umrissenen Umfangs, der aus „der“ Treubindung gefolgert wird, euphemistisch anmuten, soll aber den Unterschied zu den prägenden Hauptleistungspflichten, den zweckgebundenen Beiträgen, der Teilnehmer verdeutlichen. 323 In dieser Weise Hüffer, FS-Steindorff (1990) S. 59, 67, wenn von der Möglichkeit der Beschlusskontrolle auf das Rechtsverhältnis zur wechselseitigen Achtung geschlossen wird. 321
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pflichten aus dem privatautonom legitimierten Gesellschaftsrechtsverhältnis auszuklammern sind. Was mit dem in dieser Weise begründeten Rückzug auf ein gesetzliches Sonderrechtsverhältnis aus dem qualifizierten Kontakt gewonnen werden soll, ist unklar. Der Korrelationsgedanke von Recht und Pflicht spricht für eine einheitliche, mithin gesellschaftsrechtliche Begründung.324 Die wechselseitigen Einwirkungsmöglichkeiten sind solche auf den Verband, auf das Rechtsverhältnis. Sie werden vor allem auch durch das Rechtsverhältnis vermittelt (etwa durch das Mehrheitsprinzip). Es sind keine bloß „tatsächlichen“ Einwirkungsmöglichkeiten auf „vorverbandliche“ Integritätsinteressen der anderen Teilnehmer „bei Gelegenheit“ der Verbandsteilnahme.325 Auch die maßgeblichen Interessen sind in dem Verband begründet. Eben wegen dieser notwendigen gesellschaftsrechtlichen Verknüpfung der Einwirkungsmöglichkeiten erscheint es geboten, die Grundlage ihrer Beschränkung auch im Verbandsrechtsverhältnis als eines auch die Mitglieder horizontal verbindenden Rechtsverhältnisses zu sehen. Aus der rechtsgeschäftlich begründeten Teilnahme am Verband folgt dann auch die Rücksichtnahmepflicht gegenüber den anderen Mitgliedern.326 Die Begründung ist nicht ausschließlich, doch sie trägt. In anderer Richtung ist die Erklärung zum gesetzlichen Sonderrechtsverhältnis keineswegs unproblematisch.327 Angesichts dessen erscheint es schlicht überflüssig, auf ein parallel begründetes gesetzliches Sonderrechtsverhältnis abzustellen.328 324 So auch Hüffer, FS-Steindorff (1990) S. 59, 68; Nonn, Zustimmungspflichten (1995) S. 20; Henze, RWS-Forum 8 (1996) S. 1, 9, Piepenburg, Treupflichten (1996) S. 133 ff.; Seidel, Treupflichten (1998) S. 181. 325 Wobei zu beachten ist, dass auch wenn man im Bereich der gesetzlichen Sonderverbindungen als „dritter Spur“ zwischen Vertrags- und Deliktsrecht mangels vertraglichen, also Leistungs- oder Nebenleistungsinteresses nur Integritätsinteressen (inkl. Vermögen und Willensfreiheit) der Beteiligten schützen kann, vgl. Canaris, FS-Larenz (1983) S. 27, 90 f., man das bestehende Mitgliedsverhältnis zum Verband gegenüber den anderenen Mitgliedern als Vermögensinteresse geltend machen könnte. Den Inhalt der Treubindungen kann man also kaum gegen die Begründung des gesetzlichen Sonderrechtsverhältnisses geltend machen. AA aber offenbar Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht (2004) S. 182 f. 326 Letztlich muss man dies mangels unmittelbaren rechtsgeschäftlichen Kontakts der Teilnehmer zueinander dann wohl jeweils als Pflichtbegründung zwischen Mitglied und Verband zugunsten eines Dritten, also den anderen Mitgliedern erfassen. Siehe zur Anbindung des horizontalen Sonderrechtsverhältnisses an die Figur des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter Nehls, Treupflicht (1993) S. 62 ff. Ähnlicher Gedanke auch bei Sailer, Minderheitskompetenzen (1999) S. 6 für die Vermittlung von einem „Minimum einer vertraglichen [. . .] Beziehung“ über den Verband zur Begründung eines Sonderrechtsverhältnisses. 327 Allein auf die Faktizität der Einwirkungsmöglichkeit abzustellen kann ersichtlich nicht genügen. In dieser Richtung ist der Vergleich zum Straßenverkehr augenscheinlich, etwa Eidenmüller, Unternehmenssanierung (1999) S. 617.
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Teil 1: Grundlagen 4. Ergebnis
In Einklang mit einem einheitlichen Mitgliedschaftsbegriff ist auch für die Mitglieder der Verbandsperson eine rechtsgeschäftlich begründete horizontale Rechtsbeziehung aus dem Verbandsrechtsverhältnis heraus anzuerkennen. Das Verbandsrechtsverhältnis ist rechtsgeschäftlich begründet. Dieses schafft in tatsächlicher wie rechtlicher Weise die Interessen und die Einwirkungsmöglichkeiten der Teilnehmer. Danach erscheint es sachgerecht, die wechselseitigen Rücksichtnahmepflichten als im Verbandsverhältnis begründete Pflichten der Teilnehmer anzusehen und diese damit – wenn auch als zwingend begleitende Regelung des Rechtsverhältnisses – ex voluntate zu erklären. Die Rad-Metapher des Gesellschaftsverhältnisses als einer sowohl Rechtsverhältnisse der Teilnehmer untereinander als auch gegenüber dem Verband begründenden Beziehung329 kann insofern auch im Recht der Verbandspersonen angenommen werden. Die alternativen Erklärungen stellen sich demgegenüber als Umwege dar, die zudem ihrerseits selbst problembehaftet sind. III. Normgrundlage Eine Ableitung der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht kann auf zwei Normen als übergeordnete allgemeine Grundlage zurückgreifen. Zum einen ist dies das Prinzip von Treu und Glauben in § 242 BGB, zum anderen die „Kardinalnorm“ des Gesellschaftsrechts, die Zweckförderpflicht des § 705 BGB. Auch kann die Ableitung spezifisch nach der jeweiligen Anwendung erfolgen, also bald auf § 242 BGB, bald auf § 705 BGB abgestellt werden und damit eine kombinierte Erklärung gefunden werden. Daneben kann man eine Ableitung aus einer übergeordneten Normgrundlage bestreiten und die Treubindung selbst als eigenständige Hauptpflicht des Gesellschaftsverhältnisses begreifen. Ferner ist es auch an dieser Stelle wiederum möglich, auf die breite Anerkennung zu verweisen und die Notwendigkeit einer Ableitung mit dem Hinweis auf einen gewohnheitsrechtlichen Charakter auszublenden.330 328 Ähnl. M. Weber, Treupflichten (1999) S. 149; Grigoleit, Gesellschafterhaftung (2006) S. 295: „sinnvoller und aus systematischer Sicht konsequenter“ sei ein einheitliches Verständnis. 329 Wiedemann, WM 1990 Sonderheft Nr. 8, S. 12: Der Verband sei durch die Speichen mit den Mitgliedern, die Mitglieder untereinander durch die Felge verbunden. 330 Etwa Cahn/v. Spannenberg, Spindler/Stilz AktG I (2. Aufl. 2010) § 53 a Rn 43; Verse, Bayer/Habersack Aktienrecht im Wandel II (2007) S. 602. Zur Rechtfertigung der Aufnahme siehe hier: § 3 B. I. Einleitung.
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1. Treu und Glauben § 242 BGB
Die Treubindung kann als bereichsspezifische Anwendung des Prinzips von Treu und Glauben im Gesellschaftsrecht eingeordnet werden.331 Dies wird insbesondere in jüngerer Zeit vermehrt getan.332 So wie in sonstigen Rechtsverhältnissen die Beteiligten nach deren Art einander Rücksichtnahme schuldeten, so verlange die Treupflicht im Grunde Gleiches im Verbandsrecht. Die Besonderheiten der Treupflicht seien durch das dem Prinzip von Treu und Glauben zu Grunde liegende Rechtsverhältnis geprägt. Ein spezifischer Unterschied zwischen den aus § 242 BGB allgemein und den aus der gesellschaftsrechtlichen Treubindung gewonnenen einzelnen Verhaltenspflichten ergebe sich aber nicht.333 Die Treupflicht stelle sich damit nur als Beschreibung des Inhalts des Prinzips von § 242 BGB im Gesellschaftsrecht dar. Hierzu wird man auch diejenigen spezielleren Ableitungen zählen können, die vor allem für die Begründung der Treue im Aktienrecht aus Einzelvorschriften der §§ 117, 243 II, 311, 254, 255 II AktG allgemeine Rücksichtspflichten folgern.334 2. Zweckförderpflicht § 705 BGB
Nach anderer Auffassung sei die Treubindung maßgeblich aus der Zweckförderpflicht des § 705 BGB abzuleiten, der in diesem Zusammenhang als Grundnorm des gesamten Verbandsrechts begriffen wird.335 Zunächst sei die Anbindung an eine gesellschaftsrechtliche gesetzliche Regelung in § 705 BGB näher. Der Inhalt, der aus den Treubindungen zu gewinnen sei, überfordere den Rahmen des § 242 BGB, wenn er ihn nicht gar 331 Becher, NJW 1961, 1998 ff.; Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000) S. 564, 575, 594; Timm/Schöne, Bamberger/Roth BGB II (2. Aufl. 2008) § 705 Rn 101. 332 Gesicherte Erkenntnis ist dabei keineswegs vorhanden, vgl. den Diskussionsbericht von Casper, ZHR 162 (1998) S. 197. 333 Schmiedel, ZHR 134 (1970) S. 173, 182; Pabst, Mitwirkungspflicht (1976) S. 103; Keßler, Staudinger BGB (Vorauflage: 12. Aufl. 1991) Vor § 705 Rn 42 f.; Hennrichs, AcP 195 (1995) S. 221, 228 ff.; Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000) S. 564, 594; Roth, MüKo BGB II (5. Aufl. 2007) § 242 Rn 153; Röhricht, Hommelhoff Corporate Governance (2003) S. 514, 517 f.; F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) S. 329 f.; Heinrichs, Mehrheitsbeschlüsse (2006) S. 223. Das erkennt auch A. Hueck, Treuegedanke (1947) S. 17 dem Grunde nach an, wenn er feststellt, dass die aus § 242 BGB gewonnenen Bindungen in einfachen Schuldverhältnissen teils die Wirkungen der Treubindung zu übertreffen geeignet seien. AA: Sester, Treupflichtverletzung (1996) S. 58 f. 334 Vgl. zu dieser „aktienrechtlichen Ausprägung“ der Treupflicht die Aufnahme von Beckerhoff, Treupflichten (1996) S. 42 ff. 335 Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 102 f.; Lutter, ZHR 153 (1989) S. 446, 454.
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überschreite. Dieser diene vorwiegend der Konkretisierung bestehender Pflichten. Aus der Treubindung seien aber auch positive Handlungspflichten der Gesellschafter zu begründen. Daher sei die Rückführung auf § 242 BGB ausgeschlossen. Erforderlich sei die Bezugnahme auf eine allgemeine mitgliedschaftliche Förderpflicht aus § 705 BGB.336 Auch die Vertragsanpassungspflicht sei eine „Pflicht zur sachgerechten Verfolgung des Gesellschaftszwecks durch zweckentsprechende Gestaltung der Verbandsverfassung“.337 3. Anwendungsspezifische Ableitung §§ 242, 705 BGB
Ein kombinierter Ansatz kann begründet werden, indem nach dem Inhalt des aus der Treubindung gefolgerten Verhaltens differenziert wird. Zum einen kann nach dem aus der Treupflicht zu folgernden Verhalten unterschieden werden. So hat Häuser für Pflichten § 705 BGB, für Schranken der Rechtsausübung § 242 BGB zur Grundlage herangezogen.338 Basis seiner Argumentation ist hierbei, dass für die Funktion der Treupflicht als Ausübungsschranke eine gesellschaftsrechtliche Ableitung fehle. § 705 BGB erfasse nicht die Schrankenfunktion, wohl aber begleitende Pflichten.339 Zum anderen kann nach dem Inhalt des von der Treupflicht betroffenen Rechts unterschieden werden. Danach trennt M. Winter für uneigennützige Rechte zu § 705 BGB, für eigennützige Rechte und gegenüber den Mitgesellschaftern bestehenden Treubindungen zu § 242 BGB. Bei den uneigennützigen Rechten sei § 705 BGB wegen der Nähe zum Gesellschaftszweck der sachnähere Anknüpfungspunkt, bei den eigennützigen Rechten bedürfe es keiner spezifischen gesellschaftsrechtlichen Ableitung, sodass § 242 BGB Platz greife.340
336 Im Ansatz bereits H. P. Westermann, Typengesetzlichkeit (1970) S. 143; Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 103 f.; Hadding, Soergel BGB 5/1 (12. Aufl. 2007) § 705 Rn 58; Grundmann, Treuhandvertrag (1997) S. 148. 337 Weipert, ZGR 1990, 142, 148; ähnl. Weipert, MüHandbuch I PersG (3. Aufl. 2009) § 57 Rn 60 f. „wesentlicher Inhalt der vertraglich begründeten Zweckförderungspflicht“ (Rn 61). 338 Häuser, Unbestimmte Maßstäbe (1981) S. 178 ff., 182 f. 339 Häuser, Unbestimmte Maßstäbe (1981) S. 181 f. Dies geht auf die Annahme zurück, die Förderpflicht des § 705 BGB sei interpersoneller Natur, während es für die Schrankenfunktion eines institutionellen Ansatzes bedürfe, einer Innenschranke, die über § 242 BGB herzustellen sei. 340 M. Winter, Treubindungen (1988) S. 13 ff.; ähnl. Nehls, Treuepflicht (1993) S. 36 ff., 50 f.; Grigoleit, Gesellschafterhaftung (2006) S. 300 ff., 308 f. Zweckförderpflicht als soziale Treupflicht ggü. Verband – Schutzpflichten als individuelle Treupflichten ggü. Mitgliedern.
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4. Selbständige gesellschaftsrechtliche Hauptpflicht
Die Ableitung überhaupt kann bestritten und der Treupflicht die Stellung einer eigenständigen Generalklausel zuerkannt werden. Zum einen kann argumentiert werden, dass sich die Treubindung weder aus der Zweckförderpflicht noch aus Treu und Glauben ableiten ließe. Der Rekurs auf die Förderpflicht sei zu eng und rechtfertige keine Selbständigkeit der Treubindung. Dem Prinzip von Treu und Glauben komme vorwiegend eine Konkretisierungsfunktion zu. Die Treupflicht sei demgegenüber mehr, eine gesellschaftliche Hauptpflicht, deren Inhalt sich aber schwer in einer allgemeinen Formulierung fassen lasse.341 Sie sei ein vielgestaltiges Prinzip, das in der Fortführung von Einzelregelungen (§§ 242, 705 BGB, §§ 112, 113 HGB, §§ 53 a, 243 AktG) ein neues Prinzip ergeben habe.342 In Folge der laufenden Handhabe und Etablierung derer als eigenständiger Rechtssatz sei die Treupflicht kein Unterfall von § 242 BGB mehr.343 5. Analyse und Stellungnahme
Gegenüber einer Ableitung aus § 242 BGB wird man nicht einen vermeintlich begrenzten Inhalt des „königlichen Paragraphen“ geltend machen können. Angesichts des tatsächlichen Umfangs in seiner allgemeinen Anwendung mutet eine solche Argumentation nicht erst heute anachronistisch an.344 341 Bergmann, ZHR 105 (1938) S. 1, 11: Treu und Glauben bestimmten den Modus der Leistung, die Treue dagegen sei „selbst Leistungsgegenstand“, „Kernleistung“; Fischer, Staub HGB II 1. (Vorauflage: 3. Aufl. 1973) § 105 Rn 31 a; ähnl. Henze, RWS-Forum 8 (1996) S. 1, 8, der das gesellschaftsrechtliche Prinzip durch verschiedene Rechtsgrundlagen wie § 705 BGB und § 243 II AktG gestützt sieht. § 242 BGB sei insofern nur Teil, nicht Grundlage; ähnl. Loll, Existenzvernichtender Eingriff (2007) S. 83 f. 342 Hüffer, FS-Steindorff (1990) S. 59, 72 f.; zust. Henze/Notz, Großkomm AktG (4. Aufl. Stand 2004) Anh § 53 a Rn 1, 18 f.: auch die §§ 117, 254 I, 255 II, 311 AktG hätten einen Bezug zu „Rücksicht und Redlichkeit“ und könnten damit als Ausdruck der Treubindung verstanden werden, mwN. 343 Stimpel, Richterliche Rechtsfortbildung (1969) S. 15, 18. 344 Schon 1981 Häuser, Unbestimmte Maßstäbe (1981) S. 177. Vgl. insofern zum einen schlicht die Anwendungsmöglichkeiten des § 242 BGB in der einschlägigen Kommentarliteratur, etwa die Aufnahme bei Roth, MüKo BGB II (5. Aufl. 2007) § 242; Grüneberg, Palandt BGB (69. Aufl. 2010) § 242. Zum anderen ist besonders auf die Anbindung der Geschäftsgrundlagenlehre an § 242 BGB vor der Kodifikation durch die Schuldrechtsmodernisierung in § 313 BGB zu verweisen, vgl. etwa Teichmann, Soergel BGB II (12. Aufl. 1990) § 242 Rn 60 f., 202; Werner, Erman BGB I (Vorauflage: 10. Aufl. 2000) § 242 Rn 166. Dabei ist allerdings zuzugeben, dass dieser Verweis auf die „Tatsächlichkeit“ nur deskriptiver Natur ist und nicht einen normativen Gehalt des § 242 BGB bestimmen kann.
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Teil 1: Grundlagen
In Bezug auf § 705 BGB ist es dagegen gerade umgekehrt. Der vermeintliche Vorzug der Sachnähe von § 705 BGB entkräftet sich bei genauerem Zusehen. Zunächst ist der begrenzte Inhalt des § 705 BGB in den Vordergrund zu rücken. „Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten“. Danach ist die vertragsmäßige Begrenzung der Förderpflicht dem Zweckversprechen immanent. Dies gilt wenigstens solange man „den Vertrag“ im Wortlaut des § 705 BGB als den Inhalt der Willensübereinstimmung der Parteien und nicht als gesetzlichen Typ der Gesellschaft mit weiter greifenden Verpflichtungen begreift. Im ersten Fall hat die Norm vielmehr konstitutiv beschreibenden Charakter dessen was Gesellschaft im Sinne des BGB ist (gemeinsamer Zweck, Beitragsversprechen zur Förderung). Es geht um die Entstehung der Gesellschaft. In dieser Weise umschreibt der Normwortlaut mitnichten über den unmittelbaren Vertragsinhalt der individuellen Parteien hinausgehende Pflichten für das Rechtsverhältnis der Gesellschaft. Indes könnte die Intention wohl eine andere gewesen sein. Die Protokolle sind insofern etwas unklar, wenigstens aber schwierig zu erschließen. So stand unter anderem eine engere Fassung der Norm zur Debatte. „Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten die Gesellschafter sich gegenseitig, für die Erreichung eines vereinbarten gemeinsamen Zwecks die vereinbarten Leistungen beizutragen“.345 Durch die Entscheidung für die gegenwärtige Fassung sollte zum einen eine begrenzte Verständnismöglichkeit der „Leistung von Beiträgen“ vermieden werden.346 Darüber hinaus sollte wohl klargestellt sein, dass sich die Beteiligung nicht auf die Beitragsleistung reduzieren lasse. Insbesondere für Unterlassungspflichten gegenüber zweckschädigendem Verhalten liegt in den Protokollen das Verständnis zu Grunde, diese seien erforderlicher Bestandteil für jede Gesellschaft. Es wird dazu erklärt, dass der Entwurf die „weitergehenden Verbindlichkeiten der Gesellschafter“ durch die Verweisung auf Treu und Glauben berücksichtigt habe. Ein besonderer Rechtssatz in dieser Weise sei nicht entbehrlich, aber ein ausdrücklicher Verweis entspreche nicht der Redaktionsweise. Statt eines Verweises sei der Inhalt direkt auszusprechen, wie es im gewählten Antrag geschehen sei.347 Worin genau dieser Ausspruch erfolgt, wird aus der Norm selbst aber nicht deutlich. Gerade die ausgewählte gegenwärtige Fas345
Mugdan, Materialien II (1899) S. 982. Beiträge erfassten nach einem engeren Verständnis nicht alle Leistungen, sondern nur diejenigen, „welche das Antheilsrecht des Gesellschafters begründeten, welche nach dem Gesellschaftsvertrage den Gegenwerth für seinen Antheil am Gewinne bildeten“: Mugdan, Materialien II (1899) S. 982. 347 Mugdan, Materialien II (1899) S. 983. 346
§ 3 Grundlagen der Treubindung
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sung enthält – wie oben beschrieben wurde – die Begrenzung auf die Beschreibung der Willensübereinstimmung, „in der durch den Vertrag bestimmten Weise“. Allenfalls könnte im Vergleich aus der Öffnung gegenüber weitergehenden vertragsmäßigen Pflichten als den Beiträgen im letzten Halbsatz („insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten“) eine entsprechende Erklärung gewonnen werden. So war zuvor von der ersten Kommission folgender Entwurf diskutiert worden: „Durch den Gesellschaftsvertrag werden die Gesellschafter gegenseitig verpflichtet, zur Erreichung des vereinbarten gemeinsamen Zwecks insbesondere durch Leistungen von Beiträgen zu wirken“.348 Hier sollte durch das „insbesondere“ vor den Leistungen klargestellt sein, dass die Gesellschafter nicht nur die vertragsmäßigen Leistungen zu erbringen haben, sondern ferner „ex bona fide zu einem gewissen positiven oder mindestens negativen Verhalten verpflichtet seien, um die Erreichung des Gesellschaftszwecks zu fördern“.349 Die Andeutung wurde aber als zu dunkel und vage empfunden, sodass der Verzicht den Vorzug verdiene, ohne dass dadurch eine Lücke entstehe. Die Hereinnahme des letzten Halbsatzes („insbesondere . . .“) in die gegenwärtige Fassung hat durch den vorstehenden Vertragsbezug der allgemeinen Förderungsleistungen („in der durch den Vertrag bestimmten Weise“) aber insofern keinerlei Schärfe gewonnen. Der unmittelbare Ausdruck der bona fides ist nicht gelungen. Es ist aber nach heutigem Verständnis auch nicht deutlich, wozu dieser erforderlich sein sollte. Die Systematik vom Allgemeinen Teil, § 242 und Besonderen Teil, § 705 des BGB normiert § 242 BGB auch im Recht der Gesellschaft. Die für den § 705 BGB unergiebigen Überlegungen zeigen aber eines: „Förderpflichten“ nach § 705 BGB haben keinen weitergehenden Inhalt als den der Willensübereinstimmung („in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern“) flankiert durch die Gebote von Treu und Glauben. Danach kommt der Anbindung an § 705 BGB keine Bedeutung zu. Es ist nicht erforderlich diesen über seinen Wortlaut zu erhöhen und in eine besondere allgemeine Förderpflicht über oder neben der Willensübereinstimmung der Parteien, also den vertragsgemäß verabredeten Leistungen auszubauen. § 705 BGB ist nach gegenwärtigem Verständnis nicht als Generalklausel zu begreifen, wegen § 242 BGB besteht dazu auch keine Notwendigkeit. Soweit man § 705 BGB als besondere Grundlage insofern verabschieden kann, muss Gleiches für die unterschiedlichen kombinierten Ansätze von Häuser und M. Winter gelten. Welcher Gewinn mit der Erklärung zur selbständigen gesellschaftsrechtlichen Hauptpflicht zu erzielen ist, wird ebenso nicht deutlich. Über eine besondere Hervorhebung des von Rechtsprechung und Lehre geleisteten 348 349
Jakobs/Schubert, Beratungen (1983) S. 233. Jakobs/Schubert, Beratungen (1983) S. 235.
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Teil 1: Grundlagen
Beitrags im Zuge der inhaltlichen Ausformung des Prinzips von Treu und Glauben im Verbandsrecht ist damit nichts erreicht. Die Treubindung erfährt dadurch keine Präzisierung ihres Inhalts. Auf die Besonderheit des Verbandsrechts hinzuweisen, ist für die Ausformung der Treubindung auf Grundlage des § 242 BGB aber auch nicht nötig, wird dieser doch gerade durch das zu Grunde liegende Rechtsverhältnis bestimmt. Weiter kann man auch nicht die Rechtsstellung der Mitglieder in so hohem Maße an Treu und Glauben gebunden sehen, dass dies zu einem selbständigen Charakteristikum des Verbandsrechts zwingt. Dies wird den verschiedenen Arten der Mitgliedsstruktur mit ganz unterschiedlichen Inhalten durch alle Verbandsformen nicht gerecht. Für § 242 BGB spricht daher eben die „akzessorische“ Natur der Norm. Von einer „Akzessorietät“ des § 242 BGB im weiteren Sinne lässt sich deshalb sprechen, weil dieser – wenigstens in seiner gegenwärtig durch Rechtsprechung und Lehre über den Wortlaut hinaus geformten Gestalt – keine weitergehende Inhaltsaussage über einer allgemeinen wechselseitigen Wohlverhaltenverhaltenspflicht enthält.350 Jeder Inhalt muss aus den gegebenen Beziehungen der Teilnehmer des Sonderrechtsverhältnisses entwickelt werden, Deduktion aus der Norm des § 242 BGB ist nicht möglich. Die allgemeinste Formulierung des § 242 BGB wird von Roth in einer verantwortungsvollen Interessenabwägung gefunden. Aufgabe sei es, denjenigen Interessen ihren legitimen Rang zuzuweisen, die nicht oder unzureichend geregelt sind.351 Aus § 242 BGB lässt sich dazu aber keine Wertung gewinnen. Insofern stellt sich der § 242 BGB als abhängige Norm dar. Das vorgegebene Verhältnis ist allein maßgeblich. Hier sind die zunächst tatsächlichen Interessen der Parteien modifiziert durch die willensgetragene (rechtsgeschäftliche Rechtsverhältnisse) oder abstrakt erfolgende (gesetzliche Rechtsverhältnisse und rechtsgeschäftliche Rechtsverhältnisse) rechtliche Bewertung, die sie in dem konkreten Rechtsverhältnis erfahren, eingebunden in die Wertungen des Gesamtrechtssystems maßgeblich. Auf diesem Weg holt § 242 BGB für das Verbandsrecht auch den Zweckbezug in denjenigen Rechtsbeziehungen wieder ein, für die dieser maßgeblich ist. Die Differenzierung zwischen dem totalen Zweckbezug bei Geschäftsführungsmaß350
Für diese Erkenntnis ist es unerheblich, auf welche Weise diese Form der Unbestimmtheit erschlossen wird. Vgl. etwa J. Schmidt, FS-Wieacker (1990) S. 231, 252 ff. Bei der Anwendung könne zur Lösung nicht auf inhaltliche Informationen aus der Norm zurückgegriffen werden; die Lösung sei aus „Sachargumenten“ zu entwickeln; Teichmann, Soergel BGB II (12. Aufl. 1990) § 242 Rn 4: Rücksichtnahmegebot auf die berechtigten Interessen des anderen Teils; Teubner, AK-BGB II (1980) § 242 Rn 5: „leerformelhaft ohne Informationsgehalt“; aA etwa Heinrich, Formale Freiheit (2000) S. 392 ff. mit dem Blick auf den Vertrauensgrundsatz und Verkehrssitte. 351 Roth, MüKo BGB II (5. Aufl. 2007) § 242 Rn 46.
§ 4 Zusammenfassung – Grundlagen
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nahmen und der vollkommenen Zweckfreiheit bei der Frage der Gestaltung der Verbandsverfassung ist damit bestens zu erklären. Die „Ambivalenz“ des § 242 BGB wird der Vielfalt der zu regelnden Konflikte im komplexen Beziehungsgeflecht innerhalb eines Verbands viel besser gerecht, als eine vermeintlich deutlichere, weil inhaltsbezogene Haupt- oder Förderpflicht. Diese neigt dazu, legitime Interessenkonflikte vorschnell durch eine Überordnung (etwa Zweckbindung) zu verdecken. Die Treupflicht stellt sich im Verbandsrecht aber als gleichermaßen vielgestaltig dar, wie sich das Prinzip von Treu und Glauben im Schuldrecht zeigt. Gestützt wird dieses Ergebnis schließlich durch die Erkenntnisse aus dem Geltungsgrund. Dort wurde herausgestellt, dass die Argumentation zum Geltungsgrund (Offenheit des Rechtsverhältnisses, Einwirkungsmöglichkeiten, persönliches oder sachliches „Anvertrauenmüssen“) nicht verbandsgenuin ist. Sie wird dort nur in besonderer Weise virulent. 6. Ergebnis
Die gesellschaftsrechtliche Treupflicht ist als bereichsspezifische Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben im Verbandsrecht zu begreifen.352 Die Besonderheiten in der Auswirkung ergeben sich allein aus dem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis, bzw. aus dem jeweils zu Grunde liegenden Einzelkonflikt innerhalb des Regelungskomplexes Verband. Ein grundsätzlicher Strukturunterschied zwischen der Treubindung im Verbandsrecht und den Grundsätzen von Treu und Glauben besteht dagegen nicht.
§ 4 Zusammenfassung – Grundlagen Die Kernaussagen des Grundlagenteils lassen sich wie folgt fassen: Die Verfassung ist das verbandskonstituierende Rechtsgeflecht, in dem der Zweck der Verbindung, die Organisation seiner Verfolgung und seine Rückbindung an die Mitglieder geregelt werden. Für die Änderung der Verfassung besteht eine zwingende Zuständigkeit bei den Mitgliedern aus eigener Kompetenz. Das Stimmrecht auf Verfassungsebene wird nicht vom Ver352 Ob es daher gerechtfertigt ist, an dem besonderen Begriff der „gesellschaftsrechtlichen Treupflicht“ zur Orientierung festzuhalten, ist fraglich, vgl. Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht (6. Aufl. 2006) § 6 II. 2. c) (S. 48): die Bezeichnung sei fragwürdig, erwecke sie doch den Eindruck, es handle sich um eine grundsätzliche Abweichung des Gesellschaftsrechts vom allgemeinen Vertragsrecht. Der vielgestaltige Bereich lässt sich mit dem Prinzip von Treu und Glauben im Gesellschaftsrecht ebenso gut erfassen. Doch erscheint es im Hinblick auf die gefestigte Terminologie müßig, eine Abkehr zu postulieren.
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Teil 1: Grundlagen
band gewährt. Vielmehr üben die Mitglieder durch das Stimmrecht ihre Privatautonomie bezogen auf das Verbandsrechtsverhältnis aus. Die Mitglieder begeben sich nicht ihrer Rechtssetzungsmacht beim Verbandsbeitritt, die Kompetenz zur Regelsetzung wird nicht übertragen, sondern abseits des einstimmigen Änderungsvertrags allein verfahrensmäßig ausgestaltet. Verbandsautonomie ist danach allein als Mitgliederautonomie zu verstehen. Danach kann die Freiheitsbeschränkung bei der Ausübung des Stimmrechts auf der Ebene der Verbandsverfassung nicht im Wege einer Immanenz aus der Natur, dem Wesen oder Zweck des Stimmrechts begründet und nicht gegenüber dem Verband bestimmt werden. Eine Freiheitsbeschränkung muss vielmehr zwischen den Mitgliedern begründet werden und bedarf einer besonderen Rechtfertigung. Die Treubindung der Mitglieder lässt sich wegen ihres allumfänglichen Anspruchs nicht präziser als zu einer allgemeinen Wohlverhaltenspflicht fassen. Sie ist daher entscheidend von dem Verhältnis abhängig, welches von ihr betroffen wird. Man kann aus dem Blickwinkel des Mitgliedhandelns nach der Natur des Interessenkonflikts wenigstens drei Arten mitgliedschaftlicher Verhältnisse trennen. Das Mitglied kann für den Verband (echte Treuhand bei Geschäftsführungsmaßnahmen), gegenüber dem Verband (antagonistisches Verhältnis in der Behauptung des Mitgliedverhältnisses) und über den Verband (Verband ist unbeteiligter Gegenstand) entscheiden. Nach dem verbandbezogenen Blickwinkel der internen Willensbildung korrespondieren dem teils die drei Ebenen von Geschäftsführungsakten, Organisationsakten und Verfassungsakten. Auch wenn bei einzelnen Fragen die tatsächlichen Übergänge zwischen diesen Kategorien mitunter fließend sind, handelt es sich nach dem Konfliktverhältnis ideal betrachtet um streng verschiedene Beziehungen. Diesem muss die Treubindung entsprechen. Sie ist daher von der einen Beziehung zur anderen kaum vergleichbar. Die Geltungsgrundlage der Treubindung ist kumulativ aus den bekannten Erklärungen zu begründen. Man kann die historisch gewachsene Folge der Erklärungen logisch umkehren und formulieren, dass die Treubindung aus der unvollständigen Natur, dem offenen Rechtsverhältnis Verband folgt, welches notwendig wechselseitige Einwirkungsmöglichkeiten unter den Mitgliedern begründet, die insofern bei Gründung oder Beitritt persönlich oder sachlich anzuvertrauen sind. Für die Frage der Verfassungsänderung ist zwischen der rechtlichen Fremdbestimmung durch positive Gestaltung einer Mehrheit (Einschränkung formaler Vertragsfreiheit) im Mehrheitsprinzip und der Möglichkeit faktischer Fremdbestimmung durch negative Gestaltung einer Minderheit (Einschränkung faktischer Vertragsfreiheit) in jedem Entscheidungsverfahren zu trennen. Im ersten Fall folgt die Verantwortung unmittelbar aus der Entscheidung für das Ganze nach dem Gedanken der Ausübung „auch-fremder“-Rechtsmacht. Im zweiten Fall, dem Unter-
§ 4 Zusammenfassung – Grundlagen
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suchungsgegenstand der verweigerten Zustimmung zur Veränderung der Verbandsverfassung, handelt es sich nicht um ein Gleiches. Die Verweigerungshandlung ist zunächst grundsätzlich nichts anderes als die Berufung auf das Prinzip der Vertragstreue. Die Verweigerung begründet insofern kein Mehr an Einschränkung materieller Vertragsfreiheit der änderungswilligen Mitglieder als den jeder rechtlichen Bindung notwendigen Teil an Selbstbindung. Der Vergleich bedeutet qualitativ einen erheblichen Unterschied. Während im ersten Fall die Verantwortung eine grundsätzliche ist, die nur in der Ausnahme zu kontrollieren ist, ist im zweiten Fall schon die Verantwortung nur eine Ausnahmeerscheinung. Die erforderliche Ausnahme kann sich aber aus der dem Verbandsverhältnis immanenten Änderungsnotwendigkeit dessen ergeben. Insofern treten für den Untersuchungsgegenstand, den Ausschnitt der Treubindung, welcher eine Pflicht zur Verfassungsänderung begründen kann, die allgemeinen Gedanken zum Geltungsgrund wieder auf. Rechtssystematisch ist unmittelbar aus dem Verbandsrechtsverhältnis auch ein Rechtsverhältnis unter den Mitgliedern gleich welcher Verbandsform zu folgern (monistischer Mitgliedschaftsbegriff). Ein begrenztes Verständnis für die Verbandsperson ist weder zwingend noch hilfreich. Sowohl die geschützten Interessen wie die kontrollrelevanten Einwirkungsmöglichkeiten sind auf den Verband bezogen und Folge der rechtsgeschäftlich begründeten Bindung. Danach erscheint es sachgerecht, die Rücksichtnahmepflicht unmittelbar in dem Verbandsrechtsverhältnis, als ein auch die Mitglieder horizontal bindendes Rechtsverhältnis, zu begründen. Die Treupflicht stellt sich als bereichsspezifische Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben im Verbandsrecht dar. Sie ist damit allein eine Ableitung von § 242 BGB. § 705 BGB greift nicht weiter. Selbst wenn man die Beachtung der bona fides in der Norm des § 705 BGB normiert sieht, führt dieses Verständnis nicht weiter als zu der vertragsmäßig begrenzten Beitragspflicht gestützt durch die Grundsätze von Treu und Glauben. Eine generelle Förderpflicht begründet § 705 BGB demgegenüber nicht. § 242 BGB ist wegen dessen „akzessorischer“ Natur der bessere Anknüpfungspunkt. Die Ambivalenz der Norm fördert die Rückbesinnung auf die Verschiedenheit der Interessenkonflikte im Verbandsrecht, ohne diese durch eine Haupt- oder Förderpflicht zu verdecken.
Teil 2
Bestandsaufnahme der Rechtsprechung Der Grundlagenteil hat den Standort der Problematik bestimmt. Die folgende Bestandsaufnahme der Rechtsprechung soll im Fallvergleich einheitliche Maßstäbe bei der Regelanwendung der Generalklausel im Einzelfall ermitteln. Dabei wird sich zeigen, ob nach der Rechtsprechung eine konkretere Regelbildung unterhalb der generalklauselhaften Bestimmung möglich ist. Soweit sich weitere Regeln bei der Anwendung der Anpassung der Gesellschaftsverträge isolieren lassen, wäre damit einem Grundanliegen der Arbeit gedient: Können mehr bzw. näher bestimmte Entscheidungsfaktoren in der richterlichen Anwendung festgestellt werden, gewinnt die Rechtssicherheit hinzu. Die „Richtigkeit“ der Anwendung im Einzelfall wird durch eine bewusste Gleichheit der relevanten Maßstäbe der Entscheidungsfindung gesteigert. Die tatsächliche Autorität der höchstrichterlichen Rechtsprechung würde damit um eine dogmatische Autorität durch einen die Einzelentscheidung übergreifenden Erklärungszusammenhang aus der Summe der Rechtsprechung selbst erweitert. Da Gerichtsentscheidungen komplexe Entscheidungszusammenhänge darstellen, muss dieser Bestandsaufnahme ein umfangreicherer Raum gewährt werden. Die richterrechtlich gewonnen Obersätze, gleich ob leitsatzhaft herausgestellt oder nicht, bedingen sich aus der gesamten Fallentscheidung. Ihre Weiterverwendung zur übergreifenden Regelbildung bedarf daher der Berücksichtigung des zugrunde liegenden Gesamtsachverhalts.1 Nur unter dieser Berücksichtigung kann auch den Präjudizien eine besondere Bindungswirkung beigemessen werden.2 Die Aufnahme wird dabei zunächst anhand eines äußeren Systems3 erfolgen. Chronologisch wird die Rechtsprechung des Reichsgerichts von der 1 Etwa Ohly, AcP 201 (2001) S. 1, 41; ähnl. Larenz, Methodenlehre (6. Aufl. 1991) S. 358 f. 2 Larenz, Methodenlehre (6. Aufl. 1991) S. 358 f.; ähnl. Pawlowski, Methodenlehre (3. Aufl. 1999) S. 46 f. 3 Gemeint ist eine Ordnung, die sich an externen, formalen Merkmalen (Chronologie, Verbandsform, Änderungsgegenstand, zweite Chronologie innerhalb der Änderungsgegenstände) der Fallentscheidungen orientiert, ungleich einer Ordnung, die sich aus dem wechselseitigen Zusammenhang durch gleiche Prinzipien, Wertungen,
§ 5 Bestandsaufnahme der reichsgerichtlichen Rechtsprechung
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Rechtsprechung des BGH und der Instanzgerichte nach 1945 getrennt. Darüber hinaus wird jeweils weiter nach dem Verbandstyp zwischen Personenverbänden und Verbandspersonen unterschieden. Im Rahmen der Aufnahme der Rechtsprechung nach 1945 wird weitestgehend nach dem jeweiligen Änderungsgegenstand getrennt. Im Anschluss an die Aufnahme nach dieser äußeren Systematisierung soll eine Bestimmung der Anwendungsvoraussetzungen nach einem die Einzelfälle übergreifenden Muster, einem „inneren System“ der Rechtsprechung, erfolgen. Dieses kann im weiteren Fortgang der Arbeit mit den Erkenntnissen des Grundlagenteils, den Standpunkten der Lehre und einer eigenen kritischen Würdigung abgeglichen werden.
§ 5 Bestandsaufnahme der reichsgerichtlichen Rechtsprechung Die Problematik der Blockade notwendiger Verfassungsänderungen durch einige Mitglieder eines Verbandes beschäftigte bereits das Reichsgericht. Das verwundert nicht weiter. Die regelmäßig lange Bindungsdauer der Verbandsbeziehungen unter den Mitgliedern wird sich schwerlich unter unverändert fortwährenden Rahmenbedingungen vollziehen, womit eine bestimmte Notwendigkeit der Verfassungsänderung dem Verbandsleben immanent ist.4 Die Verfassungsänderung bedarf zu ihrer Legitimation einer Entscheidung durch die Verbandsmitglieder, wenigstens einer Mehrheitsentscheidung, wenn nicht der Einigkeit aller.5 Damit ist das Problem durch das Erfordernis überhaupt einer Mehrheitsbildung angelegt. Der Blick auf die Behandlung der Frage in der reichsgerichtlichen Rechtsprechung erlaubt den erweiterten Vergleich zwischen Lösungsansätzen, wiederkehrenden Einzelproblemen und die Bestimmung einer Entwicklung des Instituts.6
Kriterien der Fallentscheidungen bilden lässt („inneres System“). Vgl. zur Terminologie für die Systematisierung der Rechtsordnung Larenz, Methodenlehre (6. Aufl. 1991) S. 437 ff., 474 ff.; Rüthers, Rechtstheorie (2. Aufl. 2005) S. 106 ff. 4 Vgl. zum Anpassungserfordernis als „strukturellem Dauerproblem“ der Gesellschaften (Weipert, ZGR 1990, 142, 144) hier § 3 A. I. 3. Unvollständiges Rechtsverhältnis, § 3 A. II. 2. Faktische Fremdbestimmung. 5 Vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 3 II. 1. a) (S. 160). 6 Vgl. ferner die Aufnahmen der Rechtsprechung zu den Personenverbänden bei: Kollhosser, FS-Bärmann (1975) S. 533, 535 ff.; Pabst, Mitwirkungspflicht (1976), S. 55–94; zu den Verbandspersonen bei: S. Baltzer, Treupflichten (1967) S. 38 ff.; Nonn, Zustimmungspflichten (1995) S. 12 ff.
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Teil 2: Bestandsaufnahme der Rechtsprechung
A. Personenverbände Das RG hat in zwei Entscheidungen die Möglichkeit einer Zustimmungspflicht der Gesellschafter von Personengesellschaften in Fragen der Verbandsverfassung angenommen.7 In einer weiteren Entscheidung wurde aus § 242 BGB eine unmittelbare Vertragsanpassung geprüft.8 I. „Konservatoriumsleitung“ In dem Fall des RG vom 06.11.1923 „Konservatoriumsleitung“9 hatten die Parteien, Gesellschafter einer zweigliedrigen GbR, sich zum Betrieb eines Konservatoriums zusammengeschlossen. Dabei sollte nach dem Gesellschaftsvertrag der Beklagte die künstlerische Leitung übernehmen, die Klägerin die geschäftliche. Die Geschäftsführung durch die Klägerin stellte einen wichtigen Grund zum Entzug nach § 712 BGB, wie zur Kündigung nach § 723 BGB, dar. Das RG lässt dahinstehen, ob § 712 BGB auf den Fall anwendbar ist.10 Es sei zweifelhaft, ob die Parteien mit ihrer vertrag7 RG II. ZS v. 17.01.1940 „Messerstichfall“ RGZ 162, 388; RG II. ZS v. 18.05.1942 „Finanzamtfall“ RGZ 169, 153. Daneben ist auch über die Möglichkeit von Zustimmungspflichten in Geschäftsführungsfragen entschieden worden: RG II. ZS v. 02.01.1920, RGZ 97, 329, wobei in diesen Fällen nicht das Erfordernis bestehe, dass „im Vertrage bestimmte Fälle der Verpflichtung zur Zustimmung genannt sind. Vielmehr genügt es für die Erzwingbarkeit, wenn der gemeinsame Zweck und das Interesse der Gesellschaft die Zustimmung fordern, so dass die Weigerung gegen Treu und Glauben verstoßen würde“ (331). Auch bei der klageweisen Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs hat das RG am 01.04.1943, RGZ 171, 51, 56, trotz Hervorhebung der Maßgeblichkeit des Willens der organisierten Gemeinschaft, die Möglichkeit einer rechtsmissbräuchlichen Verweigerung der Zustimmung angesprochen. 8 RG II. ZS v. 06.11.1923 „Konservatoriumsleitung“ JW 1924, 671. 9 RG II. ZS v. 06.11.1923 „Konservatoriumsleitung“ JW 1924, 671. 10 Nach wohl h. M. gilt § 712 BGB nur für die vertraglich übertragene Geschäftsführung, also dann nicht, wenn nach dem gesetzlichen Regelfall, § 709 BGB, Gesamtgeschäftsführungsbefugnis besteht: Sprau, Palandt (69. Aufl. 2010) § 712 Rn 1; Keßler, Staudinger (Vorauflage 12. Aufl. 1991) § 712 Rn 2; H. P. Westermann, Erman BGB I (12. Aufl. 2008) § 712 Rn 2; v. Gamm, RGRK (12. Aufl. 1978) § 712 Rn 1; aA Ulmer/C. Schäfer, Müko BGB V (5. Aufl. 2009) § 712 Rn 4 ff., Hopt, Baumbach/Hopt (34. Aufl. 2010) § 117 Rn 3; Ganßmüller, GmbHR 1962, 228, 229; wohl auch Hadding, Soergel BGB 5/1 (12. Aufl. 2007) § 712 Rn 1, der auch die Gesamtvertretungsmacht nach § 709 als durch den Gesellschaftsvertrag übertragene Befugnis versteht. Der Meinungsstreit setzt sich in der Rechtsfolge fort. Die wohl h. M. geht davon aus, dass im Zweifel jeder Entzug mangels abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelung zu einem Wiederaufleben der gesetzlichen Situation der Gesamtvertretung führt, § 709 BGB. So explizit v. Gamm, RGRK (12. Aufl. 1978) § 712 Rn 1, nach dem die Teilhabe an der Gesamtgeschäftsführung dem Gesellschafter der GbR – eben auch bei Vorliegen des wichtigen Grundes –
§ 5 Bestandsaufnahme der reichsgerichtlichen Rechtsprechung
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lichen Abrede einen vollständigen Ausschluss des Beklagten von der Geschäftsführung gewollt hätten. Die Parteien dürften mehr nur an eine unterschiedliche Aufgabenverteilung gedacht haben. In einem Fall wie diesem hilft § 712 BGB den Gesellschaftern nicht weiter. Die Rechtsfolge des Entzugs der Geschäftsführungsbefugnis eines GbRGesellschafters ist nach wohl h. M. – mangels einer vertraglichen Abrede für diesen Fall – die Wiederherstellung der Gesamtgeschäftsführungsbefugnis nach § 709 BGB.11 Diese erfasst gerade auch den durch § 712 BGB „ausgeschlossenen“ Teil, der damit sein Störpotential weiterhin entfalten kann.12 Das RG erklärt, es sei dem Beklagten nicht zuzumuten, sich zwischen der Duldung der Klägerin in der Geschäftsführung – mit der von dieser ausgehenden Bedrohung für das Unternehmen – und der Kündigung der Gesellschaft zu entscheiden. Diese Unzumutbarkeit bestehe, da sich der Beklagte in einer verzweifelten Lage dergestalt befinde, dass er für den Fortbetrieb seines Unternehmens auf die finanzielle Beteiligung der Klägerin angewiesen sei. Ergebe die weitere Sachverhaltsaufklärung, dass die Klägerin nicht willens oder in der Lage sei, in ungestörter Zusammenarbeit mit dem Beklagten das Unternehmen zu fördern, so folge aus § 242 BGB, dass sie gleichwohl nicht auf der vertraglichen ausbedungenen geschäftlichen Leitung bestehen dürfe.13 II. „Messerstichfall“ Im „Messerstichfall“ des RG14 versetzte einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter einer Familien-GbR, der Erstbeklagte, anlässlich einicht ohne seine Zustimmung entzogen werden könne. Nach anderer Ansicht (Ulmer/C. Schäfer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 712 Rn 20; Hadding, Soergel BGB 5/1 (12. Aufl. 2007) § 712 Rn 4) entfällt – soweit möglich – allein isoliert die entzogene Befugnis, die weitere Gestaltung der Geschäftsführung bleibe auch ohne besondere Abrede daneben bestehen. 11 Zur Rechtsfolge nach der h. M. Sprau, Palandt (69. Aufl. 2010) § 712 Rn 2; v. Gamm, RGRK (12. Aufl. 1978) § 712 Rn 1; H. P. Westermann, Erman BGB I (12. Aufl. 2008) § 712 Rn 8. 12 Insofern unverständlich die Anmerkung Hoeningers, JW 1924, 671, der nicht erkennen will, warum das RG seine Entscheidung nicht auf § 712 BGB gestützt hat. 13 Vom Ergebnis her für diese Fälle generalisierend ebenso: H. P. Westermann, Erman BGB I (Vorauflage: 11. Aufl. 2004) § 712 Rn 2: Der betreffende Gesellschafter sei verpflichtet in denjenigen Fällen, in denen weder ein Verbleib in der Gesamtgeschäftsführung noch eine Kündigung der Gesellschaft den anderen Gesellschaftern zuzumuten sei, der Vertragsänderung, die eine von § 712 BGB nicht gedeckte Beseitigung seiner Befugnisse enthält, zuzustimmen. 14 RG II. ZS v. 17.01.1940 „Messerstichfall“ RGZ 162, 388.
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Teil 2: Bestandsaufnahme der Rechtsprechung
ner Geschäftsprüfung dem Erstkläger einen Messerstich in den Unterleib. Die zum Familienstamm des Erstklägers gehörenden Gesellschafter stellten daraufhin den Antrag, den Erstbeklagten gemäß § 737 BGB aus der Gesellschaft auszuschließen und die Geschäftsführung unter dem Erstkläger und dem Zweitbeklagten neu zu regeln. Die Beklagten, die zum Familienstamm des Erstbeklagten gehörten, lehnten dies ab. Daraufhin kündigten die klagenden Gesellschafter die Gesellschaft nach § 723 BGB. Ferner begehrten sie Ersatz derjenigen Schäden, die ihnen durch die aufgezwungene Kündigung entstanden seien. Das RG stellt fest, dass ein Schadensersatzanspruch gerechtfertigt sein könne, wenn Mitgesellschafter „durch Verweigerung ihrer Zustimmung zu gewissen notwendigen oder doch wenigstens sachdienlichen Maßnahmen gröblich ihre Treupflicht verletzen“.15 Ob dies aber auch für die Verweigerung eines Ausschlusses gegenüber einem Gesellschafter gelte, in dessen Person ein wichtiger Grund im Sinne der §§ 723, 737 BGB vorliege, sei zweifelhaft. Denn damit würden die Gesellschafter gezwungen, „den Gesellschaftsvertrag auf eine andere Grundlage zu stellen“.16 Dies sei grundsätzlich aber ihrem Ermessen überlassen. Daher bedürfe es besonderer Umstände. Es könne beachtliche Gründe geben, aus denen heraus die – gleichwohl durch den wichtigen Grund berechtigte – Ausschließung abgelehnt werde. „Die Verhältnisse können auch so liegen, dass die übrigen Gesellschafter berechtigterweise die Auflösung der Gesellschaft der Ausschließung eines Mitgesellschafters vorziehen würden“. Dazu bedürfe es einer „sorgfältigen Abwägung der berechtigten Belange der beteiligten Gesellschafter nach allen Richtungen und unter Berücksichtigung aller Umstände“.17 III. „Finanzamtfall“ Im „Finanzamtfall“18 pfändete das Finanzamt für die Steuerschulden des Gesellschafters, Kläger, einer zweigliedrigen oHG dessen Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben und erklärte gem. § 135 HGB die Kündigung der Gesellschaft. Dem Kläger gelang die Zahlung der Steuerschulden so weit, dass das Finanzamt an der Auflösung der Gesellschaft kein Interesse mehr hatte. Fraglich war nun, ob „die einzelnen Gesellschafter im Innenverhältnis verpflichtet sind, einer Fortsetzung der Gesellschaft zuzustimmen, nachdem der Gläubiger befriedigt ist oder aus einem anderen Grunde keine 15
RG II. ZS v. 17.01.1940 „Messerstichfall“ RGZ 162, 388, 395 f. RG II. ZS v. 17.01.1940 „Messerstichfall“ RGZ 162, 388, 396. 17 Dies sei durch das Berufungsgericht nicht hinreichend erfolgt, weshalb zurückverwiesen wurde. 18 RG II. ZS v. 18.05.1942 „Finanzamtfall“ RGZ 169, 153. 16
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Ansprüche mehr auf das Auseinandersetzungsguthaben erhebt.“ Diese Frage sei „nach den Grundsätzen der Gesellschaftstreue unter Berücksichtigung aller Umstände zu entscheiden“. Dabei kämen auch die Verfügungen in Betracht, die ein Gesellschafter im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Kündigung gemacht hat. Der Beklagte hatte bereits eine ihm gehörende Fabrik verkauft und Darlehen in erheblichem Umfang aufgenommen, um den Ausgleich für die Übernahme der Gesellschaft nach § 142 II HGB aF19 leisten zu können. Diese Verfügungen seien jedoch hier nicht berechtigt gewesen. Der Kläger habe so erhebliche Vermögenswerte in der Gesellschaft besessen, dass die Treupflicht es geboten habe, zunächst an deren Freimachung mitzuwirken, anstatt sogleich die Auseinandersetzung vorzubereiten. Es sei dem Beklagten versagt, „die zufällige Ausnahmebefugnis eines Gläubigers des Klägers über dessen Belange hinaus zu seinem eigenen Vorteil auszunutzen“. Dabei sei unerheblich, ob die Steuerschuld seitens des Klägers verschuldet war, oder ob den Beklagten ein Mitverschulden an dem Unterbleiben der Steuerzahlungen treffe. Die Fortsetzung der Gesellschaft sei schon allein aus den übrigen Erwägungen von der Treupflicht geboten.
B. Verbandspersonen Das Reichsgericht hat sich – soweit ersichtlich – mit der konkreten Frage einer an der Grenze zur Treuwidrigkeit blockierenden Minderheit in einer Verbandsperson nicht beschäftigt. Es bleibt daher bei den in diesem Zusammenhang nur beschränkt aussagekräftigen Urteilen, die sich mit der Stimmrechtsfreiheit des einzelnen Gesellschafters bzw. der unmittelbar erzwungenen Verfassungsänderung beschäftigen. I. GmbH Im Recht der GmbH wurde eine Lösungsmöglichkeit der Mitgliedschaft durch das Mitglied gegenüber dem Verband durch das RG anerkannt, die sich auf das besondere Maß von Treu und Glauben im Gesellschaftsrecht stützte.20 19 § 142 II HGB aF bis 30.06.1998 gültig: Macht bei einer aus zwei Gesellschaftern bestehenden Gesellschaft ein Privatgläubiger des einen Gesellschafters von der ihm nach § 135 zustehenden Befugnis Gebrauch oder wird über das Vermögen des einen Gesellschafters der Konkurs eröffnet, so ist der andere Gesellschafter berechtigt, das Geschäft in der bezeichneten Weise zu übernehmen. 20 RG II. ZS v. 07.02.1930 „Kündigungsrecht in der GmbH“, RGZ 128, 1, 16 bei Nebenleistungspflichten müsse unter bestimmten Bedingungen ein Kündigungsrecht des Gesellschafters bestehen. Der Gedanke, dass bei allen Dauerschuldverhältnissen für den Verpflichteten unter Umständen eine einseitige Lösung möglich sein müsse,
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Im Fall des RG vom 27.06.194021 befand sich die zweigliedrige GmbH in einer Lage des tiefen Zerwürfnisses unter den Gesellschaftern. Persönliche Beleidigungen mit dem Versuch tätlicher Angriffe, die gegenseitige Abberufung als Geschäftsführer und das Fehlen jedes Entgegenkommens selbst in den kleinsten Angelegenheiten des Betriebs ließen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keinen Zweifel daran, dass der Fortbestand des Unternehmens gefährdet sei. Dies sollte nach dem Berufungsgericht auch dann gelten, wenn der Kläger als Geschäftsführer wirksam abberufen würde. Denn kraft seiner Stimmmacht könne er dann immer noch jederzeit das Leben der Gesellschaft lahm legen. Das RG teilte diese Befürchtungen nicht. Neben anderen Erwägungen, wie dem tatsächlichen Erfolg des Unternehmens, wird darauf abgestellt, dass eine mögliche Blockadehaltung des – dann von der Geschäftsführung ausgeschlossenen – hälftig beteiligten Gesellschafters kein Grund sei, aus dem eine ernstliche Gefährdung der Gesellschaft, die die Auflösung rechtfertige, gefolgert werden müsse. Die Gesellschaft „wäre nicht genötigt, eine missbräuchliche, mit ihren Zwecken unvereinbare Stimmrechtsausübung des Klägers in der Generalversammlung wehrlos hinzunehmen“. Auch wenn im Fall kein Ausschlussrecht zu begründen wäre, so müsste ihr notfalls die Befugnis zugebilligt werden, „dass einem solchen Gesellschafter die ihm zustehenden Mitverwaltungsrechte wenigstens der Ausübung nach entzogen und auf einen von seinem Willen unabhängigen Treuhänder übertragen werden. Die Zulässigkeit einer derartigen, aus dem Wesen der Gesellschaft und der Treupflicht ihrer Mitglieder abzuleitenden Maßnahme kann schon um deswillen nicht bezweifelt werden, weil ohne sie die Gesellschaft einem ihr abträglichen Verhalten eines Gesellschafters gerade dann schutzlos preisgegeben wäre“, wenn dieser die Auflösung der Gesellschaft verfolge.
durchziehe das gesamte Privatrecht. Das Gesellschaftsrecht sei dabei den Grundsätzen von Treu und Glauben in besonderem Maße unterworfen. Die Lösungsmöglichkeiten die das Recht der GmbH zur Verfügung stelle, seien nicht hinreichend. RG II. ZS v. 13.08.1942, RGZ 169, 330, 334 stützt die Lösungsmöglichkeit in umgekehrter Richtung, also des Verbands vom Mitglied, auf eine ergänzende Auslegung des Vertrags. Seit BGH II. ZS v. 01.04.1953, BGHZ 9, 157, 159 ff. gehört eine Ausschlussmöglichkeit bei wichtigem Grund mit der ganz h. M. auch ohne eine satzungsmäßige Bestimmung i. d. F. des § 34 I GmbHG zum nicht dispositiven Recht der GmbH; allerdings wird dies auf den „das bürgerliche wie das Handelsrecht beherrschende(n) Grundsatz, dass ein in die Lebensbetätigung der Beteiligten stark eingreifendes Rechtsverhältnis vorzeitig gelöst werden kann, wenn ein wichtiger Grund vorliegt“ als allgemeinen Rechtsgedanken gestützt. Dieser wurde im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung im allgemeinen Kündigungsrecht aus wichtigem Grund in § 314 BGB kodifiziert. 21 RG II. ZS v. 27.06.1940, RGZ 164, 257.
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II. AG In RGZ 81, 37, 39 ff.22 geht es eigentlich um die Frage eines Stimmrechtsausschlusses des Aktionärs, der gleichzeitig über seine Abberufung als Aufsichtsratmitglied entschieden hatte. Nach dem RG könne sich in diesem Fall kein Stimmrechtsausschluss ergeben. Dabei wird eingestanden, „auch die hier vertretene Ansicht hat unter Umständen Misslichkeiten im Gefolge.“ Das RG zeigt die Möglichkeit des notwendige und wohlbegründete Beschlüsse blockierenden Kapitalgesellschafters auf. Als Folge wird gefragt, ob mit Hachenburg23 ein auf Treu und Glauben gestützter Stimmrechtsausschluss für alle möglichen Missbrauchsfälle anzunehmen sein könne. Die Ausübung eines Rechts werde aber durch § 226 BGB erst dann für unzulässig erklärt, wenn sie nur den Zweck haben könne, einem anderen Schaden zuzufügen. Daneben würde ein „so dehnbarer, auf das Ermessen und die Billigkeit abstellender Satz, wie Hachenburg ihn verteidigt, in die Betätigung des gesellschaftlichen Lebens die größte Unsicherheit hineintragen“.24 RGZ 119, 38625 bestätigt diese Rechtsprechung und erkennt als zu prüfende Grenze des Stimmrechts – hier bei der Frage ob die den Liquidationsbeschluss ablehnende Stimme möglicherweise nicht zu berücksichtigen ist – allein die Schikane, § 226 BGB. Es wird als aktienrechtlicher Grundsatz über die Willensbildung der Generalversammlung anerkannt, dass der Ak22
RG II. ZS v. 29.11.1912, RGZ 81, 37. Hachenburg, LZ 1907, 460, 466 ff.: „Gegen Treu und Glauben darf auch das durch den Gesellschaftsvertrag gewährte Stimmrecht nicht ausgeübt werden“ (471). Allerdings zieht Hachenburg daraus nicht den Schluss von Stimmpflichten, sondern von einem Ausschluss des Stimmrechts bei treuwidriger Ausübung (466). 24 Auch bei der Kontrolle von Mehrheitsentscheidungen galt mit der prominenten Aussage des „Hibernia-Urteils“, RG v. 08.04.1908, RGZ 68, 235, lange Zeit der Gedanke allein formaler Richtigkeitsgewähr. Dort war die außerhalb des gesetzlichen Minderheitenschutzes schrankenlose Mehrheitsherrschaft als „unabwendbare Folge des im Gesetz zur Anerkennung gelangten Grundsatzes, dass die Mehrheit des Aktienbesitzes über die Verwaltung der Gesellschaft und darüber entscheidet, was im Interesse der Gesellschaft und ihrer Aktionäre zu tun und zu unterlassen ist“, begründet worden. Später wird in der Sache anders, – wenn auch ohne ausdrückliche Bemühung von Treu und Glauben – bei der Kontrolle von eingreifenden Mehrheitsentscheidungen geurteilt. „Aus der Befugnis, im Wege des Mehrheitsbeschlusses zugleich auch für die Minderheit zu beschließen und damit mittelbar über deren in der Gesellschaft gebundene Vermögensrechte zu verfügen, ergibt sich ohne weiteres die gesellschaftliche Pflicht der Mehrheit im Rahmen, im Rahmen des Gesamtinteresses auch den berechtigten Belangen der Minderheit Berücksichtigung angedeihen zu lassen“ (163): RG II. ZS v. 31.03.1931 „Victoria-Entscheidung“ RGZ 132, 149, 159 ff. 25 RG II. ZS v. 10.01.1928 RGZ 119, 386. 23
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tionär bei der Ausübung seines Stimmrechts nach § 252 HGB aF26 völlig frei sei. „Er kann sich dabei von Rücksichten auf das Wohl der Gesellschaft aber auch von seinen eigenen Interessen leiten lassen und braucht über seine Abstimmung niemandem Rechenschaft abzulegen“. Dagegen ist später eine erweiterte Anwendung des § 266 I S. 2 HGB aF, der einen auf dem Verbot des Richtens in eigener Sache begründeten Stimmrechtsausschluss enthielt, mit Rückgriff auf das Treueverhältnis angenommen worden.27 Auch wurde der Erhebung einer Anfechtungsklage desjenigen Aktionärs, der der Gesellschaft dadurch erpresserisch seinen Willen aufzuzwingen versuchte, mittels der das ganze Aktienrecht beherrschenden Treupflicht ein Riegel vorgeschoben.28 Treupflichtbeziehungen der Mitglieder untereinander, also nicht gegenüber dem Verband, wurden vom RG aber bezweifelt.29
C. Zusammenfassung und Analyse Die Treupflicht auf der Ebene der Verbandsverfassung war damit bereits vom RG anerkannt. Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen den unterschiedlichen Verbandstypen, Personenverbänden einerseits, Verbandspersonen andererseits, kann nicht mit Sicherheit festgemacht werden. Es wird im Recht der AG zwar mit deutlichen Worten vor der Unsicherheit einer auf Treu und Glauben beruhenden Kontrolle der Einzelstimme gewarnt. Doch war das RG in den Fällen nicht genötigt, gerade über einen solchen Fall zu entscheiden, und hatte eine andere Rechtsfolge, den totalen Stimm26 § 252 HGB aF: Abs. 1: Jede Aktie gewährt das Stimmrecht. [. . .] Abs. 3: Wer durch die Beschlussfassung entlastet oder von einer Verpflichtung befreit werden soll, hat hierbei kein Stimmrecht und darf ein solches auch nicht für andere ausüben. Dasselbe gilt von einer Beschlussfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit einem Aktionär oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und der Gesellschaft betrifft. Im Übrigen richten sich die Bedingungen und die Form der Ausübung des Stimmrechts nach dem Gesellschaftsvertrage. 27 RG II. ZS v. 4.12.1934, RGZ 146, 71, 76: Wobei dort die Treupflicht aber eben nicht den Ursprung der Begrenzung bildete, sondern nur eine erweiterte Auslegung des § 266 I S. 2 HGB aF begründete [„Bei der Beschlussfassung (über die Bestellung von Prüfern) können Aktionäre, die zugleich Mitglieder des Vorstandes oder Aufsichtsrats sind, weder für sich noch für einen anderen mitstimmen . . .“]. Die Frage war, ob der Gesellschafter einer oHG, die selbst Aktionärin ist, und der Mitglied des Vorstands oder Aufsichtsrats ist, das Stimmrecht ausüben durfte. 28 RG II. ZS v. 22.01.1935, RGZ 146, 385, 395. 29 RG II. ZS v. 21.09.1938, RGZ 158, 248, 254. Dies, obwohl festgestellt wurde, dass es sich um eine „personalistische“ AG handle, deren Anteile sich auf sechs Gesellschafter verteilten (253).
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ausschluss bei jeder möglichen Interessenkollision, im Blick. Demgegenüber wird sowohl im Recht der AG, wie der GmbH die Treupflicht grundsätzlich anerkannt. Die Voraussetzungen für einen Eingriff in das Verbandsstatut bleiben dabei aber unklar. Bei den Personenverbänden wird in „Konservatoriumsleitung“ auf die Unzumutbarkeit der gegenwärtigen Situation und der gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten der §§ 723, 712 BGB abgestellt, im „Messerstichfall“ eine umfassende Abwägung aller schützenswerter Belange für erforderlich gehalten und im „Finanzamtfall“ das Ausnutzen der zufällig eintretenden Ausnahmesituation für unzulässig erachtet. Diese Differenzierung kann lediglich den unterschiedlichen Fallgestaltungen geschuldet sein, zeigt aber noch keine einheitliche Linie der Rechtsprechung. Im Recht der Verbandspersonen kann mangels Fallmaterial keine Erkenntnis zu den Voraussetzungen gewonnen werden. Dieser Unbestimmtheit und der Ermangelung eines deutlichen Bekenntnisses zu dem Institut der Treupflicht zur Veränderung der Verbandsverfassung wird man wohl auch das relativ geringe Fallmaterial zuordnen können. Die Entscheidungen zeigen weiter, dass es zwei Möglichkeiten gibt, eine Verfassungsänderung gegenüber den opponierenden Mitgliedern umzusetzen. Die eine Möglichkeit besteht in der unmittelbar auf die Treupflicht gestützten, veränderten Rechtslage. Dergestalt wurde in der „Konservatoriumsleitung“ und der Entscheidung zum „Kündigungsrecht in der GmbH“ entschieden und der Weg über eine Zustimmungspflicht vermieden. Die andere Möglichkeit besteht in der Verpflichtung auf eine bestimmte Stimmabgabe, einer Zustimmungsverpflichtung.30 Schließlich zeigt die Rechtsprechung in der GmbH – bestätigt durch die Fortsetzung des BGH31 – die Nähe zur allgemeinen über die Einzelfalllösung hinausweisenden Rechtsfortentwicklung. Eine Problemstruktur, die sich erkennen lässt, besteht gleichermaßen formübergreifend in der begrenzten Regelungsmöglichkeit der gesellschaftsrechtlichen Anpassungsmechanismen. Sowohl in dem Fall „Konservatoriumsleitung“, wie in den beiden Entscheidungen zur GmbH wird offenbar, dass es Gestaltungen geben kann, in denen die gesetzlichen Möglichkeiten, wie es das Urteil des RG vom 06.11.192332 formuliert, den Gesellschafter in einer verzweifelte Lage belassen. Daneben zeigt sich der dauernde Konflikt zwischen der Anpassung der Verbandsverfassung und der Auflösung des 30 So in: RG II. ZS v. 17.01.1940 „Messerstichfall“, RGZ 162, 388, 395 f.; RG II. ZS v. 18.05.1942 „Finanzamtfall“ RGZ 169, 153, 155. 31 Vgl. Fn 20, S. 117 zum unkodifizierten Kündigungsrecht aus wichtigem Grund. 32 RG II. ZS v. 06.11.1923 „Konservatoriumsleitung“, JW 1924, 671, 672.
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Verbands als bloßem Rechtskonstrukt. Auch dies findet sich in der Entscheidung „Konservatoriumsleitung“ wie in dem Fortsetzungsfall der GmbH.33
§ 6 Bestandsaufnahme der Rechtsprechung nach 1945 A. Einleitung und Gang der Untersuchung Die Literatur beschreibt die Voraussetzungen unter denen ein Gesellschafter verpflichtet sein kann, einer Verfassungsänderung zuzustimmen, unter Berufung auf eine gefestigte Rechtsprechung wie folgt: Es müsse ein Ausnahmefall vorliegen. Dieser müsse – im Hinblick auf das bestehende Gesellschaftsverhältnis oder die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander – die begehrte Änderung, etwa zur Erhaltung wesentlicher Werte, die die Gesellschafter in gemeinsamer Arbeit geschaffen haben, zur Vermeidung wesentlicher Verluste, die die Gesellschaft oder einer der Gesellschafter andernfalls erleiden würden, oder zur verständigen Weiterverfolgung des Gesellschaftszwecks dringend erforderlich machen. Zudem müsse die begehrte Veränderung dem betroffenen Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwerten Interessen zumutbar sein.34 33 RG II. ZS v. 06.11.1923 „Konservatoriumsleitung“, JW 1924, 671, 672; RG II. ZS v. 27.06.1940, RGZ 164, 257. 34 Für das Recht der Personenverbände: Ulmer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 705 Rn 232; Hadding, Soergel BGB 5/1 (12. Aufl. 2007) § 705 Rn 63; Sprau, Palandt BGB (69. Aufl. 2010) § 705 Rn 15; H. P. Westermann, Erman BGB I (12. Aufl. 2008) § 709 Rn 36; Habermeier, Staudinger BGB (13. Aufl. 2003) § 705 Rn 52; Martens, Schlegelberger HGB III/1. (5. Aufl. 1992) § 119 Rn 46; C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 241; Hopt, Baumbach/Hopt HGB (34. Aufl. 2010) § 105 Rn 64; Boujong, Ebenroth/Boujong/Joost HGB I (2. Aufl. 2008) § 105 Rn 69; Emmerich, Heymann HGB II (2. Aufl. 1996) § 119 Rn 18; K. Schmidt, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 105 Rn 164; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 5 IV. 2. a) (S. 128); Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 3 II. 3. d) aa) (S. 200 f.); A. Hueck, oHG (4. Aufl. 1971) § 11 III. 3. (S. 173 ff.); Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht (4. Aufl. 1979) § 20 III. 2. b) (S. 176 f.); Zöllner, Anpassung (1979) S. 25; Pabst, Mitwirkungspflicht (1976) S. 91; Pabst, BB 1977, 1524, 1525; Sester, Treupflichtverletzung (1996) S. 46. Für das Recht der Verbandspersonen häufig mit sprachlichen Abweichungen, doch unter fortwährender Berufung auf Erforderlichkeit einerseits und Zumutbarkeit andererseits. Für die GmbH: Bayer, Lutter/Hommelhoff GmbHG (17. Aufl. 2009) § 14 Rn 22 f.; § 53 Rn32; T. Raiser, Großkomm GmbHG I (2005), § 14 Rn 85; Michalski/Funke, Michalski GmbHG I (2. Aufl. 2010) § 13 Rn 166; Zöllner, Baumbach/Hueck GmbHG (19. Aufl. 2010) § 53 Rn 85; T. Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht (4. Aufl. 2006) § 28 IV. 2. a) (S. 444); Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht (5. Aufl. 2006) Rn 3.306 (S. 202); abl. Seidel, Treupflichten (1998) S. 133. Für die AG: Hüffer, AktG (9. Aufl. 2010) § 179 Rn 30: Aktionäre müssen der Satzungsänderung zustimmen, wenn diese „im dringenden Interesse der AG liegt und dem
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Eine nähere Bestimmung der Voraussetzungen der Zustimmungspflicht zur Verfassungsänderung aufgrund der Treupflicht gewinnt die Literatur dabei, unter Hinweis auf die einzelfallbezogene Lösung, aus der Rechtsprechung nicht. Ein Problem besteht darin, dass die Rechtsprechung selten unter die formelhafte Umschreibung der Erfordernisse einer Zustimmungspflicht subsumiert. Regelmäßig erfolgt eine stark einzelfallbezogene Abwägung.35 Im Folgenden soll die Rechtsprechung zu den Personenverbänden und den Verbandspersonen umfassend aufgearbeitet werden. Durch den im Recht von Treu und Glauben stark am Einzelfall orientierten Lösungsprozess ist es hierbei sinnvoll, einen möglichst umfassenden Blick auf die in der Rechtsprechung bisher behandelten Probleme und ihre Lösungen zu leisten. Dabei wird sich zeigen, wie die Formel bzw. eine Zustimmungspflicht zur Verfassungsänderung in der Praxis konkretisiert wird. Bei jeder Entscheidung wird zu fragen sein: – ob die oben beschriebene Formel überhaupt verwendet wird, oder wie sonst die allgemeine Treuepflicht hin zu einer Pflicht zur Verfassungsänderung konkretisiert wird, – welches Ziel die Vertragsänderung verfolgt; in der allgemeinen Formel wird ein Schutzziel der Vertragsänderung nur beispielhaft36 bestimmt, – welchen Änderungsgegenstand (als Verfassungsbestandteil der einer erzwungenen Veränderung unterworfen wird) sie betrifft und Aktionär zuzumuten ist“; T. Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht (4. Aufl. 2006) § 12 V. 4. c) (S. 112): Aktionäre dürften zur Existenzfähigkeit oder dem künftigen Erfolg notwendige Hauptversammlungsbeschlüsse nicht blockieren; Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht (5. Aufl. 2006) Rn 3.305, 3.307 (S. 202 f.). 35 Mit deutlichen Worten zur mangelnden Bestimmbarkeit der Treupflicht das LG Düsseldorf v. 22.12.1992, ZIP 1993, 350, 356: „Dabei (der Treupflicht) handelt es sich jedoch nicht um einen subsumtionsfähigen Tatbestand. Vielmehr wird damit nur die Ausrichtung des internen Gesellschaftsrechts auf ein harmonisches Zusammenwirken aller Beteiligten zur Erreichung des Gesellschaftszwecks bezeichnet. Aus diesem Grund kann aus der Anerkennung der Treuepflicht für den Einzelfall auch keine bestimmte Pflicht oder Rechtsfolge abgeleitet werden. Es ist vielmehr im Einzelfall anhand des die jeweilige Gesellschaftsform regelnden Korporationsrechts zu prüfen, ob die Treupflicht eine gesetzliche Ausgestaltung gefunden hat, und wenn ja ob diese gesetzliche Regelung als abschließend anzusehen ist. Dies zeigt sich schon daran, dass unter dem Begriff ‚Treuepflicht‘ eine Vielzahl von miteinander unvergleichbaren Sachverhalten behandelt wird, von denen ein Teil vom Gesetzgeber bewusst in einer bestimmten Weise geregelt worden ist, so dass sich in diesen Fällen die Frage stellt, ob es zulässig ist, diese gesetzliche Entscheidung mit Hilfe der Treupflicht zu korrigieren.“ 36 „Etwa zur Erhaltung wesentlicher Werte . . . zur Vermeidung wesentlicher Verluste . . . oder zur verständigen Weiterverfolgung des Gesellschaftszwecks“ [Hervorhebung hier].
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– wie die Merkmale von Ausnahmefall, Erforderlichkeit und Zumutbarkeit ausgefüllt werden und ob besondere Kriterien zu der Abwägungsentscheidung innerhalb der Formel hinzutreten, oder in diese einfließen. Die Darstellung des sehr reichen Fallmaterials erfolgt ausgehend von dem Änderungsgegenstand der jeweiligen Verbandsverfassung. Im Recht der Personenverbände wird danach gegliedert, ob die Vertragsänderung den Mitgliederbestand, die Auflösung oder Fortsetzung der Gesellschaft, die Pflichten oder Rechte der Gesellschafter oder die Gesellschaftsorganisation im Sinne der Veränderung von Leitungs- oder Kontrollkompetenzen zum Gegenstand hat. Im Recht der Verbandspersonen ist das Fallmaterial geringer. Hier können nur drei Ordnungen gebildet werden. Das sind Kapitalmaßnahmen, solche des Mitgliederbestands und die Fallgruppe der Heilung der verdeckten Sacheinlage. Es bleibt ein Blick auf Einzelentscheidungen.
B. Personenverbände Im Recht der Personenverbände existiert eine dichte Menge Fallmaterial seit 1954. Dabei zeigt sich innerhalb der ein halbes Jahrhundert umspannenden Periode an Entscheidungen unter Beachtung und Vergleich der jeweiligen Argumentation kein eindeutiger Wechsel oder Trend, etwa von beginnender größerer Zurückhaltung bei dem Eingriff in die Vertragsgestaltung hin zu einer großzügigeren Korrektur oder umgekehrt.37 Damit müssen auch ältere Entscheidungen grundsätzlich nicht aus der Erfassung herausgenommen oder besonders berücksichtigt werden. Die Systematisierung der Entscheidungen kann danach nach Sachgesichtspunkten und ohne Chronologie erfolgen. I. Mitgliederbestand In dieser ersten Ordnungskategorie werden all diejenigen Entscheidungen erfasst, die den Mitgliederbestand des Personenverbandes betreffen. Hierher zählt einerseits die Frage einer erzwungenen Teilnahme an einem Ausschlussverfahren gegen ein Mitglied38 – wie sie bereits im Messerstichfall 37
So wird schon im Jahre 1954 dem Grunde nach die Zustimmungspflicht anerkannt (BGH II. ZS v. 24.05.54 „Konzessionsfall“, BGH LM Nr. 8 zu § 105 HGB), 1956 erstmalig vom OLG Koblenz eine – wenn auch nur zeitige – Verfassungsänderung gewährt (v. 14.12.1956, MDR 1957, 295) und 1959 eine erhebliche und endgültige Verfassungsänderung durch den BGH mit der Treupflicht legitimiert (BGH II. ZS v. 17.12.1959, „Auflösungsfall“ NJW 1960, 434). 38 OLG Nürnberg v. 27.03.1958, WM 1958, 710; BGH II. ZS v. 28.04.1975, BGHZ 64, 252; BGH II. ZS v. 18.10.1976, BGHZ 68, 81; BGH II. ZS v.
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des RG39 auftauchte – andererseits die Frage von Zustimmungspflichten zu einvernehmlichen Maßnahmen mit einem Mitglied, dessen Mitgliedschaft neu oder wieder begründet40 – wie es aus dem Finanzamtfall des RG41 bekannt ist –, aufgehoben42 oder übertragen43 werden soll. Die grundsätzlich zentrale Bedeutung der personellen Zusammensetzung in den Personenverbänden hervorzuheben, ist kaum nötig. Einerseits misst das gesetzliche Leitbild dem Mitgliederbestand eine wesentliche Bedeutung zu.44 Andererseits haben die Gesellschafter eines Personenverbands in der Regel entscheidende Einflussnahmemöglichkeiten auf die Gesellschaft,45 die für die anderen Gesellschafter aufgrund der Möglichkeit ihrer persönlichen Haftung von gesteigerter Bedeutung sind. Man kann daher feststellen, dass die Abhängigkeit der Gesellschaft von den Persönlichkeiten der einzelnen Gesellschafter geradezu ein Charakteristikum dieser ist,46 weshalb hier 03.02.1997, NJW-RR 1997, 925; OLG Thüringen/Jena v. 09.07.1997, NZG 1998, 343. 39 Vgl. hier § 5 A. II. Messerstichfall“: RG II. ZS v. 17.01.1940 „Messerstichfall“ RGZ 162, 388. 40 BGH II. ZS v. 06.02.1964, WM 1964, 420; BGH II. ZS. v. 28.05.1979, „Neuaufnahmefall“ WM 1979, 1058 ff.; ähnlich aber nicht mittels Treupflicht, sondern mittels Rechtsmissbrauch gelöst: BGH II. ZS v. 15.06.1959, BGHZ 30, 195; zu der Frage des Erhalts der Mitgliedschaft entgegen vertraglichen Übernahmerechts auch noch BGH II. ZS v. 16.12.1960, NJW 1961, 504, der eine treuwidrige Ausübung eines Übernahmerechts gegenüber dem Anteil eines Mitgesellschafters prüft, aber in dem Fall nicht anerkennt: Zwar könnten auch die persönlichen Interessen der Mitgesellschafter berücksichtigungsfähig sein, jedoch nur wenn dies im Hinblick auf die gemeinsame Zusammenarbeit der Gesellschafter und deren Erfolg geboten sei. Hier sei das Übernahmerecht inhaltlich aber eben gerade ohne Rücksichtnahme und gegen den Mitgesellschafter auszuüben. 41 Vgl. hier § 5 A. III „Finanzamtfall“: RG II. ZS v. 18.05.1942 „Finanzamtfall“ RGZ 169, 153. 42 BGH II. ZS v. 26.01.1961, NJW 1961, 724; OLG Düsseldorf v. 10.12.1982, ZIP 1983, 180. 43 BGH II. ZS v. 20.10.1986 „Porta-Entscheidung“, JZ 1987, 95; OLG München v. 05.02.1997, NJW-RR 1997, 611; BGH II. ZS v. 08.11.2004, ZIP 2005, 25. 44 Grundsätzlich führt bei der GbR das Ausscheiden eines Gesellschafters (Tod, Kündigung) zur Auflösung der Gesellschaft, §§ 723, 727 BGB (bis 1998 ebenso bei der oHG §§ 131 Nr. 4, Nr. 6, 132 HGB aF). Auch im geltenden Recht der oHG ist der Ausschluss eines Gesellschafters der Auflösung des Verbands nachgeordnet, §§ 140, 133 HGB; gesetzlich vorgesehen ist nur die Übertragung der Kommanditanteile, § 177 HGB. 45 Um nur zwei elementare Einflussnahmemöglichkeiten zu nennen: Das gesetzliche Leitbild geht von der arbeitsteiligen Gesellschaft aus, in der jeder persönlich haftende Gesellschafter Teilhabe an der Geschäftsführung der Gesellschaft hat, §§ 709, 714 BGB; §§ 114, 125 HGB; ferner besteht, nach dem Einstimmigkeitsgrundsatz bei der Beschlussfassung grundsätzlich auch für jeden Gesellschafter ein Vetorecht, Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 4 I 3. (S. 300).
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die Möglichkeit und die Voraussetzung eines Eingriffes einer besonders sorgfältigen Wägung bedürfen. 1. Erzwungene Teilnahme am Ausschlussverfahren gem. § 737 BGB, § 140 I HGB
Soll ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, weil in seiner Person ein wichtiger Grund vorliegt, der die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses mit diesem unzumutbar macht,47 so bedarf es dazu – anders als bei der Auflösung des ganzen Verbands48 – eines Antrags aller übrigen Gesellschafter, § 737 S. 2 BGB, § 140 I HGB. Insofern stellt sich die Frage nach einer Zustimmungspflicht der Gesellschafter, die den Ausschluss nicht beantragen wollen. a) Darstellung Das OLG Nürnberg bezweifelte 1958 noch – entgegen einer damals bereits in der Literatur vorhandenen Ansicht49 – die Möglichkeit einer Zustimmungspflicht zu einer so tief greifenden Maßnahme.50 Im vorliegenden Fall verneinte es jedenfalls trotz erheblicher Verfehlungen des auszuschließenden Gesellschafters (Führung schwarzer Kassen, mangelhafte Überwachung der Geschäftsführung, Manipulationen in der Buchführung) wegen der nahen Verwandtschaft unter den Gesellschaftern eine auf der Treupflicht fußende Ausschlusspflicht. 46 G. Hueck/Winbichler, Gesellschaftsrecht (20. Aufl. 2003) § 2 I 4. (S. 31); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 3 I 2 a) (S. 46); Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980), § 2 I 1(S. 89) letzterer ganz plastisch: der Archetyp Personengesellschaft sei davon bestimmt, dass er mit der Zugehörigkeit seiner Mitglieder stehe und falle, da eben die Zweckbindung personenbezogen sei; dagegen zurückhaltender in neuerer Publikation: Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 5 Einl. (S. 387): Mit der Reform des § 131 HGB sei die Regel, dass die Gesellschaft das Ausscheiden nicht überstehen könne, ins Gegenteil verkehrt, und damit die Entwicklung zur Personenunabhängigkeit für die Personenhandelsgesellschaften abgeschlossen. 47 Zu der Bestimmung des Ausschließungsgrunds in dieser Weise: Lorz, Ebenroth/Boujong/Joost HGB I (2. Aufl. 2008) § 140 Rn 5; Hopt, Baumbach/Hopt HGB (34. Aufl. 2010) § 140 Rn 5; K. Schmidt, Schlegelberger HGB III/1. (5. Aufl. 1992) § 140 Rn 10; Ulmer/C. Schäfer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 737 Rn 8; H. P. Westermann, Erman BGB I (12. Aufl. 2008) § 737 Rn 3. 48 Das Gestaltungs(klage)recht der Auflösung steht grundsätzlich jedem einzelnen Mitglied zu: § 723 I S. 1 BGB, § 133 I HGB. 49 Kohler, NJW 1951, 5. 50 OLG Nürnberg v. 27.03.1958, WM 1958, 710.
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Der BGH setzt dagegen die Rechtsprechung des RG aus dem „Messerstichfall“51 fort. Es sei grundsätzlich möglich, dass ein Gesellschafter – selbst der einer Familiengesellschaft – zur Zustimmung zum Ausschluss eines Mitgesellschafters gezwungen sein könnte.52 In der Leitentscheidung53 stellt der BGH dazu fest: In besonders gelagerten Ausnahmefällen könne sich aus der Treupflicht eine Zustimmungspflicht für Vertragsänderungen ergeben. Auch bei der Ausschließungsklage gehe es um die Änderung der Grundlagen der Gesellschaft. Insofern könne nichts anderes gelten. Dabei wiege die Veränderung des Personenbestandes nicht in jedem Fall schwerer als sonstige Änderungen des Gesellschaftsvertrags. Der Bedeutung des Personenbestandes könne ferner im Wege der Abwägung der widerstreitenden Interessen Rechnung getragen werden. Im konkreten Falle folge die Möglichkeit einer Stimmpflicht auch aus dem Umstand, dass diese Gesellschaft nicht auf einen unveränderlichen Mitgliederbestand angelegt sei, sondern vielmehr nach der vertraglichen Regelung auch bei dem Ausscheiden von Gesellschaftern fortzusetzen sei. Die Gesellschafter stets allein auf die Auflösung des Verbandes nach § 133 HGB zu verweisen, sei nicht gerechtfertigt. Es sei unangemessen, das aufgebaute Unternehmen allein zu dem Zweck zu zerstören oder aufzugeben, um die Bindung zu einem untragbar gewordenen Gesellschafter zu lösen. Ebenso sei es unangemessen, gleichzeitig den Ausschluss des sich weigernden Gesellschafters – mit dem die notwendige Beteiligung aller Gesellschafter an der Klage nach § 140 HGB auch gewährleistet würde54 – herbeizuführen. Für die sich danach ergebende Zustimmungspflicht aus der Treupflicht sei notwendig, dass die Maßnahme mit Rücksicht auf das bestehende Gesellschaftsverhältnis oder die bestehenden Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander dringend erforderlich erscheine und dem widerstrebenden Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner Belange zuzumuten sei.55 Für die Zumutbarkeit der 51
RG II. ZS v. 17.01.1940 „Messerstichfall“ RGZ 162, 388. Für die Ausschlussklage nach § 140 HGB: BGH II. ZS v. 28.04.1975, „Ausschlussfall“ BGHZ 64, 253, 256 ff.; BGH II. ZS v. 18.10.1976, BGHZ 68, 81, 82; für ein gesellschaftsvertragliches Ausschlussverfahren durch Beschluss in der Personenhandelsgesellschaft: BGH II. ZS v. 03.02.1997, NJW-RR 1997, 925, 926; für den Ausschluss aus der GbR: ThürOLG Jena v. 09.07.1997, NZG 1998, 343, 345. Leider wird jeweils nur die grundsätzliche Möglichkeit einer solchen Zustimmungspflicht anerkannt, nicht aber die konkrete Verpflichtung in dem entschiedenen Fall angenommen, sodass die Anwendung der Treupflichtformel nicht erhellt wird. 53 BGH II. ZS v. 28.04.1975, „Ausschlussfall“ BGHZ 64, 253. 54 K. Schmidt, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 140 Rn 57; Emmerich, Heymann HGB II (2. Aufl. 1996) § 140 Rn 23 a f.; C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 140 Rn 36, 38. 55 Mit deutlichen Worten auch gegen einen Automatismus von wichtigem Grund und Zustimmungspflicht: BGH II. ZS v. 18.10.1976, BGHZ 68, 81, 84: Die Verpflichtung zur Zustimmung ergebe sich damit nicht notwendig aus dem wichtigen 52
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Fortsetzung der Gesellschaft mit gekürztem Mitgliederbestand seien hier neben den Abfindungsansprüchen auch die notwendigen Veränderungen in der Geschäftsführung zu wägen. b) Analyse Die Möglichkeit einer Zustimmungspflicht zum Ausschlussverfahren wird von der Rechtsprechung anerkannt. Mithin wird die Zweckverfolgung grundsätzlich weder so eng mit dem Personenbestand verknüpft eingeordnet, dass hier eine absolute Grenze anzuerkennen wäre, noch stellt die Maßnahme eine stets unerzwingbare Zumutung für die dissentierenden Gesellschafter dar. Die Formel von der ausnahmsweise bei Erforderlichkeit und Zumutbarkeit begründeten Zustimmungspflicht wird herangezogen. Die Zustimmungspflicht zur Teilnahme am Ausschlussverfahren soll es ohne den untragbaren Gesellschafter den übrigen Gesellschaftern erlauben, den Verband insgesamt, wie unter Beteiligung der dissentierenden Gesellschafter fortzusetzen. Primär wird der Erhalt der Rechtsverbindungen damit zum Schutzziel. Grundsätzliche Unterschiede innerhalb der Personenverbände sind dabei – trotz der unterschiedlichen Regelung bezüglich der Rechtsfolge des Ausscheidens eines Gesellschafters (§§ 723, 727 BGB gegenüber §§ 131 III HGB) – nicht ersichtlich.56 Das Kriterium einer gewissen Verselbstständigung des Verbands von seinen Mitgliedern durch eine Fortsetzungsklausel wird nicht zur Notwendigkeit erhoben; es bleibt aber offensichtlich unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten abwägungsrelevant. Hierin zeigt es den Einfluss des bestehenden Gesellschaftsverhältnisses im Sinne der privatautonom geschaffenen Verbandsverfassung – „im Hinblick auf das bestehende Gesellschaftsverhältnis“ – auf eine mögliche Zustimmungspflicht auf. Das Verhältnis zu den gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten (insbesondere der Auflösung der Gesellschaft, § 723 BGB, § 133 HGB, wie dem Ausschluss des Dissentierenden neben dem eigentlich Auszuschließenden) wird nicht eindeutig durch einen grundsätzlichen Vorrang der ZustimGrund, der den Ausschluss rechtfertige. Sie unterliege vielmehr ihren zusätzlichen Voraussetzungen, die die Interessen des dissentierenden Mitglieds schützten. 56 Durch die neue Rechtslage bzgl. der Rechtsfolge bei Ausscheiden eines Gesellschafters im Zuge der Handelsrechtsreform von 1998 wäre die stärkere Verselbstständigung und Unabhängigkeit des Personenbestands in der Personenhandelsgesellschaft ein denkbarer Anknüpfungspunkt für eine Differenzierung. Danach könnte bei dieser eher eine Beteiligung am Ausschlussverfahren erzwingbar sein. Zur Zeit der jeweiligen Entscheidungen stellte sich die Rechtslage für die Personenverbände aber einheitlich dar und konnte dementsprechend nicht zum Differenzierungsmerkmal erhoben werden.
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mungspflicht bestimmt. Doch findet die Folgenabwägung (unangemessene Ergebnisse bei Auflösung bzw. zusätzlichem Ausschluss des Dissentierenden) abstrakt und nicht einzelfallbezogen statt. Danach wird in der Rechtsprechung wohl die Zustimmungspflicht als regelmäßig milderes Mittel erfasst. Beachtenswert ist hier ferner, dass sich die Rechtsprechung gegen einen „Automatismus“ vom wichtigen Grund zur Zustimmungspflicht verwehrt und insofern mittels der Treupflicht eine zusätzliche Interessenabwägung bezüglich des von der Zustimmungspflicht betroffenen Mitglieds anstellt. 2. (Wieder-)Aufnahme von Gesellschaftern und einvernehmlicher Austritt
Eine vergleichbare Bedeutung für den dissentierenden Gesellschafter besitzen diejenigen Fälle, in denen einvernehmliche Maßnahmen erfolgen. Auch in diesen Fällen soll gegen seinen Willen eine Verkürzung oder Erweiterung des Mitgliederbestandes durchgesetzt werden. Es fehlt allein der Zwang zum „feindlichen“ Akt gegen den Mitgesellschafter. a) Wiederaufnahme nach Kündigung durch Privatgläubiger, § 725 BGB, § 135 HGB Zum einen gehört hierher der Fall der Wiederaufnahme eines Gesellschafters nach der Kündigung durch dessen Privatgläubiger. Nach § 725 BGB, § 135 HGB erfolgt die Vollstreckung eines Privatgläubigers eines Gesellschafters stets nur in den Auseinandersetzungsanspruch des Gesellschafters gegen die Gesellschaft, nie in das Gesellschaftsvermögen. Dazu erwirbt der Gläubiger mit der Pfändung ein Kündigungsrecht. In zwei Entscheidungen des BGH stellte sich die Frage nach der Wiederaufnahme des insofern durch die Kündigung des Privatgläubigers wirksam ausgeschiedenen Gesellschafters.57 Jeweils war dabei der Gläubiger befriedigt worden, ohne dass dazu der Auseinandersetzungsanspruch benötigt wurde. aa) Darstellung In der ersten Entscheidung des BGH zu dieser Frage hatte das Berufungsgericht das Wiederaufnahmebegehren noch abgelehnt, weil die Wiederaufnahme im Fall nicht zumutbar gewesen sei.58 Der Gesellschafter, dessen 57
BGH II. ZS v. 15.06.1959, BGHZ 30, 195; BGH II. ZS v. 06.02.1964, WM 1964, 420; vergleiche dazu auch schon: RG II. ZS v. 18.05.1942 „Finanzamtfall“ RGZ 169, 153. 58 BGH II. ZS v. 15.06.1959, BGHZ 30, 195, 201.
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Mitgliedschaft gekündigt wurde, hatte in den folgenden Jahren weitere Schulden gemacht, ein anderer Gläubiger das Gesellschaftsverhältnis wiederum gekündigt, und schließlich ergingen Haftbefehle zur Erzwingung eines Offenbarungseids gegen diesen. Der BGH stellt fest, dass die Frage der Fortsetzung bei den Kündigungsfällen regelmäßig zu prüfen sei, was das Berufungsgericht getan habe. Er verweist die Entscheidung dann aber aus einem anderen Grund zurück.59 Eine positive Entscheidung in der Prüfung der Zustimmungspflicht zur Wiederaufnahme erfolgt erst in dem zweiten Urteil des BGH.60 Befriedige der Schuldnergesellschafter seinen Gläubiger nach der Pfändung so schnell, dass diese nicht einmal einen Monat andauere und nehme er dabei keine Gesellschaftsmittel in Anspruch, dann werde sein Mitgesellschafter in der Regel kein schützenswertes Interesse daran haben, sich von ihm mit Rücksicht auf diese Pfändung zu trennen. Besondere Umstände, die eine andere Beurteilung tragen könnten, bestünden dabei hier weder in der vertraglichen Gestaltung, die schon die Pfändung des Auseinandersetzungsanspruchs zum Ausscheidensgrund erklärte, noch in der im Verhältnis zum Mitgesellschafter geringen Beteiligung der Schuldnergesellschafterin. Ferner bestünden sie nicht darin, dass diese in der Vergangenheit durch ihre, ständigen Schulden folgenden, Entnahmen von Gewinnvorschüssen eine Last gewesen sei, da dies nicht für die Zukunft vorgebracht wurde, noch darin, dass sich der Mitgesellschafter bei der Aufstellung von Bilanzen und der Abgabe von Steuererklärungen schon darauf eingerichtet habe, der Wiederaufnahmeanspruch werde nicht mehr geltend gemacht. Auch eine im Laufe der zurückliegenden Zeit61 geschaffene Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse stehe der Wiederaufnahme nicht entgegen. bb) Analyse In den Wiederaufnahmefällen nach der Kündigung durch den Privatgläubiger findet die Formel von Erforderlichkeit und Zumutbarkeit keine Verwendung. Hier steht entgegen der sonst dominierenden Formulierung, dass 59 Im Fall sei unberücksichtigt geblieben, dass der verbleibende Gesellschafter die Kündigung des Schuldner-Gesellschafters durch dessen Gläubiger möglicherweise in rechtsmissbräuchlicher Weise gefördert habe. 60 BGH II. ZS v. 06.02.1964, WM 1964, 420. 61 Gemeint ist wohl die Dauer des Streits um das Bestehen der Gesellschafterstellung von einem ersten anwaltlichen Schreiben am 19.01.1955 bis zum Urteil 06.02.1964. Für die Zeitspanne von dem Ausscheiden 30.06.1954 bis zur Eröffnung des Streits 19.01.1955 trifft wohl weder in tatsächlicher Weise zu, dass hier schon so erhebliche Veränderungen erfolgten, noch in rechtlicher Hinsicht, dass solche Veränderungen dann vollkommen unbeachtlich seien.
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die Zumutbarkeit nicht genüge, sondern es einer besonderen Erforderlichkeit bedürfe, die Argumentation auf einem mangelnden schutzwürdigen Interesse des sich weigernden Gesellschafters. Solches schließt sich an den Finanzamtfall des RG62 mit der Erfassung der Kündigung des Privatgläubigers als „zufälliger Ausnahmebefugnis“ an. Der von der Zustimmungspflicht geschützte Gegenstand besteht in der Mitgliedschaft des von der Kündigung betroffenen Gesellschafters, mithin im Erhalt der Rechtsbeziehung allein. Über den „Wert“ derer wird keine Aussage getroffen, womit allein der wertneutrale Vertragsschluss Schutzgegenstand ist. Die Zustimmungspflicht zur „Veränderung“ der Verbandsverfassung ist hier auf den Erhalt des status quo ante, entgegen der Rechtsgestaltung durch den Privatgläubiger, gerichtet. b) Neuaufnahme Ein anderer Fall der erzwungenen Aufnahme kann sich insbesondere bei der KG ergeben. Mit dem Ausscheiden des einzigen Komplementärs einer KG kommt es bei dieser zur Auflösung und Abwicklung, da gem. § 161 HGB die KG als Personenhandelsgesellschaft eines persönlich unbeschränkt haftenden Gesellschafters bedarf.63 Soll der Verband als werbender fortgesetzt werden, bedarf es der Begründung einer Komplementärstellung durch ein altes oder neues Mitglied; andernfalls setzt sich der Rechtsformzwang des § 105 I HGB durch, da keine andere zulässige Rechtsform für die Fortsetzung als werbendes Unternehmen gewählt wurde.64 aa) Darstellung In der Entscheidung des BGH zum „Neuaufnahmefall“65 bestand die KG aus vier Kommanditisten und der Komplementär-GmbH (W), deren einziger Gesellschafter und Geschäftsführer der Kl. gleichzeitig auch einer der Kommanditisten war. Die GmbH kündigte ihre Beteiligung. Der Kl. blieb als Kommanditist Gesellschafter, weigerte sich in dieser Eigenschaft der 62
RG II. ZS v. 18.05.1942 „Finanzamtfall“ RGZ 169, 153, 157. BGH II. ZS v. 14.05.1952, NJW 1952, 875; BGH II. ZS v. 12.11.1952, BGHZ 8, 35, 37 f.; C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 131 Rn 45 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 53 V. 1. a) (S. 1554 f.); K. Schmidt, Schlegelberger HGB III/1. (5. Aufl. 1992) § 131 Rn 43; Emmerich, Heymann HGB II (2. Aufl. 1996) § 131 Rn 29. 64 BGH II. ZS v. 23.11.1978, NJW 1979, 1705, 1706; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 53 V. 1. a) (S. 1555). 65 BGH II. ZS v. 28.05.1979, „Neuaufnahmefall“ WM 1979, 1058. 63
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Aufnahme eines neuen Komplementärs zuzustimmen und drängte stattdessen auf die Auflösung der Gesellschaft. Die drei anderen Kommanditisten, die Bekl., begehrten dagegen die Aufnahme der von ihnen neu gegründeten Komplementär-GmbH (N). Der Gesellschaftsvertrag sah vor, dass die Gesellschaft bei Ausscheiden des einzigen Komplementärs unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt werden könne, wenn die Umwandlung eines Kommanditanteils in einen Komplementäranteil oder die Aufnahme eines neuen Komplementärs beschlossen würde. Der BGH folgerte aus der Auslegung des Gesellschaftsvertrags, insbesondere mit dieser Bestimmung, die gesellschaftsvertragliche Verpflichtung66 zum Zusammenwirken und zur Einigung auf einen neuen Komplementär. Die Auflösung und Liquidation seien danach nur dann gewollt, wenn alle Kommanditisten aus der Gesellschaft ausscheiden. Diese gesellschaftsvertragliche Verpflichtung zum Zusammenwirken und zur Einigung führe aber nicht zu einer Zustimmungspflicht zur Aufnahme der von den Bekl. gegründeten N-GmbH. Es sei nämlich durch die mangelnde Beteiligung des Kl. an der N-GmbH eine mittelbare Verschiebung der Beteiligungsverhältnisse gegeben, die über das durch das Ausscheiden der W-GmbH notwendige Maß hinaus reiche und damit die schutzwürdigen Interessen des Klägers verletze. Diese Veränderungen seien auf Dauer nicht zumutbar. Aus eben diesem Grunde scheitere auch eine Zustimmungspflicht aus der Treupflicht. Doch bestehe dem Grunde nach eine Zustimmungspflicht zur Aufnahme eines neuen Komplementärs. Die Aufnahme der N stoße nur in ihrer Ausgestaltung auf Bedenken. Es sei häufig schwierig, eine allen Beteiligten vollständig gerecht werdende Lösung innerhalb der Zeitspanne bis zum Ausscheiden des einzigen persönlich haftenden Gesellschafters zu finden. Daher sei die von der Gesellschaftermehrheit getragene Lösung aufgrund der Treupflicht des Klägers vorübergehend als wirksam zu betrachten, um so die Auflösung zu verhindern und Zeit für eine zumutbare Lösung zu erhalten. Zu der Zumutbarkeit der vorübergehenden Beeinträchtigung von Rechten des Kl. trage bei, dass dieser mit der Kündigung der W die Absicht verfolgt habe, an der Bestimmung des Gesellschaftsvertrags vorbei die Liquidation der Gesellschaft zu erreichen. Über die Notwendigkeit der Neuaufnahme eines Gesellschafters nicht aus rechtlichen Gründen wie hier, sondern aus wirtschaftlichen Gründen, so um als Kapitalgeber oder Mitarbeiter die Fortsetzung der Gesellschaftstätigkeit zu sichern oder einen notwendigen Sanierungsbeitrag zu leisten, 66 Eben nicht „nur“ diejenige aus der gesellschaftlichen Treupflicht wie es das Berufungsgericht angenommen hatte: BGH II. ZS v. 28.05.1979, „Neuaufnahmefall“ WM 1979, 1058, 1059, 1060.
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hatte die Rechtsprechung bei den Personenverbänden bislang noch nicht zu entscheiden.67 bb) Analyse Die Formel von der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit findet keine Verwendung, wobei die Treupflicht hier auch nur vorübergehend die Hinnahme der abweichenden Vertragsgestaltung erzwingt. Schutzgegenstand ist dabei wieder der Verbandserhalt als Selbstzweck, also ohne dahinter stehenden Wertverlust. Die Vertragsgestaltung mit den starken Fortsetzungsbestimmungen ist hier nach Auffassung des BGH so deutlich, dass daraus nicht nur die Erforderlichkeit einer treupflichtigen Vertragsänderung folge; daraus wird vielmehr das Bestehen einer gesellschaftsvertraglichen Fortsetzungspflicht abgeleitet. Zudem wird auf die Kontrolle illegitimer Gestaltungsmacht, zumindest unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten abgestellt. Der Kl. hatte die Möglichkeit, die Auflösung der Gesellschaft an § 133 HGB vorbei durch die Kündigung der Komplementär-GmbH zu erreichen, indem er gleichzeitig die Aufnahme eines neuen Komplementärs blockierte. Damit gewinnt die Treupflicht auch die Funktion, die weder vom Gesetz noch vom Vertrag vorgesehene Gestaltungsmacht zu begrenzen, die hier über die (legitime) Kündigung der Beteiligung der W auf die (illegitime) Auflösung des ganzen Verbands durchschlägt. Insofern ergibt sich die Frage, wann die Blockade der vermeintlich zum Erhalt notwendigen Veränderung die Ausübung illegitimer Gestaltungsmacht bedeutet und daher besonderer Kontrolle bedarf. Ein Zusammenhang zur Ausübung positiver Gestaltungsmacht, hier durch die Kündigung, ist festzuhalten. c) Einvernehmliches Ausscheiden eines Mitglieds Schließlich war in zwei Fällen über das einvernehmliche Ausscheiden eines Mitglieds bzw. dessen „Teilausscheiden“ zu entscheiden.68 Der Rückzug des Komplementärs in die Stellung des Kommanditisten kann grundsätzlich als „teilweises“ Ausscheiden der Person beschrieben und dem vollständigen Ausscheiden als ein Minus vergleichbar gegenüber gestellt werden. Denn die Persönlichkeit des Komplementärs wird in wesentlichen Bereichen des Verbands (Haftung, Geschäftsführung) fortfallen und die Funktion, in der das Mitglied am Verband teilnimmt, grundsätzlich verscho67
Vgl. dazu hier § 6 C. I. 2. Die wirtschaftliche Notwendigkeit einer Kapitalerhöhung. 68 BGH II. ZS v. 26.01.1961, NJW 1961, 724; OLG Düsseldorf v. 10.12.1982, ZIP 1983, 180.
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ben. Damit kann die Umwandlung der Position eines Mitgesellschafters für die Dissentierenden in vergleichbarer Weise relevant sein, wie die vollständige Veränderung im Personenbestand.69 aa) Darstellung Der BGH urteilte, ein Gesellschafter, der sich mit seiner eigenen separaten wirtschaftlichen Betätigung in finanziellen Schwierigkeiten befinde, sei unmittelbar von den anderen Gesellschaftern aus der Gesellschaft zu entlassen. Dies wäre im entschiedenen Fall notwendig, um den Auswirkungen eines möglichen wirtschaftlichen Zusammenbruchs des Gesellschafters auf die Gesellschaft zu entgehen.70 Es wird auf die bekannte Formel von einem Ausnahmefall, der der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit genügt, abgestellt. Hier hätten die Gesellschafter mehrheitlich die sofortige Entlassung des Schuldnergesellschafters für eine richtige und notwendige Lösung gehalten. Diese dürfe der dissentierende Gesellschafter nicht vereiteln, da kein schutzwürdiges Interesse seinerseits betroffen sei. Das OLG Düsseldorf hatte über das Änderungsbegehren des 70-jährigen Komplementärs zu entscheiden, der aus Altersgründen als solcher ausscheiden und fortan nur noch als Kommanditist an der Gesellschaft teilnehmen wollte.71 Hier folge keine Zustimmungspflicht aus der Treupflicht. Denn seine Treupflicht könne nur verletzen, wer den Interessen der Gesellschaft zuwider handle. Die Haftungsbeschränkung von der Stellung des Komplementärs zu der des Kommanditisten liege aber niemals in den Interessen der Gesellschaft, sondern allenfalls in denen des betreffenden Gesellschafters. bb) Analyse Die Fälle werden an der Formel von Erforderlichkeit und Zumutbarkeit gemessen. Dabei wird jeweils allein auf kollektive Interessen abgestellt. Die unmittelbare Lösung des Mitglieds solle die negativen Auswirkungen eines möglichen wirtschaftlichen Zusammenbruchs einer anderen Beteiligung dessen auf den Verband verhindern.72 Eine Verbandsgefährdung, eine 69 So kann man auch den umgekehrten Fall mit der Neuaufnahme vergleichen. Soll ein Kommanditist in die Position eines Komplementärs aufrücken, so erhält die Person damit nach dem gesetzlichen Leitbild der KG andere Rechte und Pflichten, die für die Mitgesellschafter in gleicher Weise wie die Aufnahme eines Fremden relevant sein können. 70 BGH II. ZS v. 26.01.1961, NJW 1961, 724, 725. 71 OLG Düsseldorf v. 10.12.1982, ZIP 1983, 180.
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Existenzfrage wird dabei nicht herausgestellt. Erzwungen wird also schlicht eine sinnvolle Maßnahme. Dabei wird das Interesse des dissentierenden Gesellschafters an einer fortdauernden Beteiligung des austrittswilligen Gesellschafters als nicht schutzwürdig erfasst. Unklar bleibt dabei, ob es die konkreten Umstände des Einzelfalls in der Person des austrittswilligen Gesellschafters sind, die den Interessenfortfall erklären oder ob die Zumutbarkeit durch den Vorzug der ordentlichen Kündigungsmöglichkeit begründet wird. Mit der Reduzierung auf „Verbandsinteressen“ ist für das OLG Düsseldorf in der Entscheidung zum Austritt des 70-jährigen Komplementärs der Weg zu einer Zustimmungspflicht versperrt. Denn daran könne kein Gesellschaftsinteresse bestehen. Das Mitgliedsinteresse wird nicht nur schwächer, sondern gar nicht innerhalb der Zustimmungspflicht gewogen. Dies beruht auch nicht auf einer Prüfung dessen als nicht schutzwürdiges, etwa vertragsfremdes Interesse des Mitglieds, sondern schlicht auf der mangelnden Gemeinschaftseignung der begehrten Änderung. 3. Übertragung der Mitgliedschaft – Wechsel in der Person des Mitglieds
Der Mitgliedsbestand kann sich nicht nur durch den Ein- und Austritt von Gesellschaftern verändern. Es ist vielmehr möglich, die Mitgliedschaft selbst zu übertragen.73 Damit wird das neue Mitglied nicht originär „Vertragsteilnehmer“, sondern folgt in die Mitgliedschaft seines Vorgängers (derivativer Erwerb). Gesetzlich vorgesehen ist die Übertragung aber nur für 72 Welche dies sein gewesen sein sollen, lässt die Entscheidung dabei aber nicht erkennen. Offensichtlich denkbar ist neben einem Imageschaden der volle Ausgleichsanspruch eines pfändenden Gläubigers. Beides wird sich aber – soweit der persönliche wirtschaftliche Zusammenbruch zeitnah (für eine Kürzung des Ausgleichsanspruchs vgl. §§ 3 I, 4 I AnfG, §§ 133 I, 134 I InsO zehn bzw. vier Jahre; für den Imageschaden wird man dagegen sicherlich kürzer greifen können und stark abhängig von der Wahrnehmung der jeweiligen Verkehrskreise und der Prominenz des ausscheidenden Gesellschafters allgemein ungefähr ein Jahr veranschlagen können) nach dem Ausscheiden erfolgt – kaum durch einen vorsorgenden einvernehmlichen Austritt vermeiden lassen. 73 Heute ganz h. M.: BGH II. ZS v. 28.04.1954, BGHZ 13, 179, 185 f.; BGH II. ZS v. 08.11.1965, BGHZ 44, 229, 231; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 5 II 1.(S. 423 f.); Lutter, AcP 180 (1980), S. 81, 98 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 45 III 2 (S. 1321 ff.); Grunewald, Gesellschaftsrecht (5. Aufl. 2002) 1. A. X. 3. Rn 144 (S. 70). Nach früherer, klassischer Auffassung, der sog. Theorie vom Doppelvertrag war der „Wechsel“ rechtskonstruktiv nur durch zwei getrennte Vereinbarungen möglich, dem Ausscheiden einerseits, der Neuaufnahme andererseits, vgl. dazu: C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 288 ff., sowie K. Schmidt, Schlegelberger HGB III/1. (5. Aufl. 1992) § 105 Rn 184 ff.; abweichend neuerdings Hepp-Schwab, Mitgliedschaft (1998) S. 118 ff.
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die Erbfolge in den Kommanditanteil, § 177 HGB. Ohne eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung bedarf die sonstige Übertragung der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter.74 In drei Entscheidungen begehrte ein persönlich haftender und geschäftsführender Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft die Zustimmung zur Übertragung seiner Mitgliedschaft auf einen Nachfolger.75 Die Gesellschaften waren dabei allesamt zweigliedrige Familiengesellschaften, in denen Brüder das väterliche Unternehmen fortgeführt hatten. Mit dem Erreichen der Altersgrenze von 71, 64 und 81 Jahren sollte jeweils der Wechsel hin zum eigenen Sohn erfolgen. Die Gesellschaftsverträge enthielten dabei jeweils Fortsetzungsklauseln, nach denen die Gesellschaft bei dem Tod eines Gesellschafters nicht aufgelöst, sondern mit dem Erben – teils nur als Kommanditist – fortgesetzt werde. a) Darstellung In der Leitentscheidung des „Porta-Falls“76 stellt der BGH dazu heraus: Die Verpflichtung, einer Änderung des Gesellschaftsvertrags zuzustimmen, könne sich auch für einen Wechsel im Gesellschafterbestand ergeben. Voraussetzung dafür sei stets, dass die Änderung den bekannten Erfordernissen von Erforderlichkeit und Zumutbarkeit entspreche. Dabei dürften die Anforderungen nicht überspannt werden. Ob der gegenwärtig 72-jährige Kläger seine Geschäftsführungsaufgaben im Augenblick noch wahrnehmen könne und achtbare Ergebnisse erziele, sei nicht relevant. Entscheidend sei vielmehr, ob es der Unternehmenszweck gebiete, im gegenwärtigen Zeitpunkt eine Vertragsänderung herbeizuführen, um die in gemeinsamer Arbeit geschaffenen, in dem Unternehmen verkörperten Werte auch weiterhin zu erhalten. In diesem Fall sei der Bekl. aufgrund seiner Treupflicht gezwungen, an der Veränderung mitzuwirken. „Die Sicherung der Kontinuität der Füh74 BGH II. ZS v. 28.04.1954, BGHZ 13, 179, 186: Das Zustimmungserfordernis folge dabei nur aus dem mit der Verfügung notwendig verbundenen Eingriff in die Rechtssphäre der übrigen Gesellschafter [Hervorhebung hier]. Zustimmend: Ulmer/ C. Schäfer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 719 Rn 27. Unklar Flume, Personengesellschaft (1977) § 17 II (S. 352), der das Zustimmungserfordernis aus der „Personenbezogenheit“ der Maßnahme ableitet. Man wird dagegen wohl auch feststellen können, dass die Übertragbarkeit, eben nicht vom Gesetz vorgesehen, Vertragsgegenstand der Gesellschaft ist. Soll diese nachfolgend begründet werden, stellt dies eine Vertragsänderung dar. Damit ist das Zustimmungserfordernis der übrigen Gesellschafter durch schlichte Vertragslehre begründbar. Ähnliche Argumentation mit der „grundsätzlichen Unübertragbarkeit“ der Mitgliedschaft: Schultze-v. Lasaulx, Soergel BGB III (Vorauflage: 10. Aufl. 1969) § 717 Rn 1. 75 BGH II. ZS v. 20.10.1986 „Porta-Entscheidung“, JZ 1987, 95; OLG München v. 05.02.1997, NJW-RR 1997, 611; BGH II. ZS v. 08.11.2004, ZIP 2005, 25. 76 BGH II. ZS v. 20.10.1986 „Porta-Entscheidung“, JZ 1987, 95.
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rung des Gesellschaftsunternehmens liegt innerhalb des Vertragszwecks und ist nicht nur eine Zweckmäßigkeitsfrage, die jeder Gesellschafter nach seinem eigenen Ermessen entscheiden“ kann.77 Es sei vielmehr eine Maßnahme, die zur Erhaltung des Unternehmens und damit zur Erreichung des Vertragszwecks dringend geboten sein könne. Diese Veränderung müsse allerdings zumutbar sein. Vorliegend sah der Gesellschaftsvertrag vor, dass die Erben als Kommanditisten in die Gesellschaft folgten. Mit dem Tod des letztversterbenden Gesellschafters wäre somit kein persönlich haftender Gesellschafter mehr vorhanden gewesen, und die Rechtsnachfolger hätten – zur Fortführung des Verbands78 – unter einem Einigungszwang gestanden. Mit dem lebzeitigen Wechsel auf den Sohn des Kl. werde dieser Einigungszwang beseitigt und damit die Chancen der Tochter des Bekl. geschmälert, persönlich haftende Gesellschafterin zu werden. Hier könne die angemessene zumutbare Lösung deshalb darin liegen, eine generelle, abstrakte Regelung über die Übertragbarkeit in den Gesellschaftsvertrag einführen zu müssen, von der auch der Bekl. zu der Übertragung seines Anteils Gebrauch machen könne. Das OLG München betont in seiner Entscheidung79 die Fortsetzung dieser Rechtsprechung, urteilt im Ergebnis gleichwohl anders. Einerseits fehle es im Fall an der Erforderlichkeit für die Kontinuität der Unternehmensfortführung. Hier sei der Nachfolger bereits mit der Gesellschaft und der Produktion vertraut, sodass kein „sukzessiver Wechsel“ von Nöten sei. Weiter müsse der gesundheitlich angeschlagen herzkranke Kl. der Gesellschaft auch nicht seine letzten Reserven opfern, sondern es könnten weitgehende Übertragungen der Geschäftsführung auf Nichtgesellschafter erfolgen. Ferner fehle die Zumutbarkeit. Gegen die Zustimmung wird das allgemeine Interesse des Bekl., wegen der erheblichen Einflussnahmemöglichkeiten nicht mit einem fremden Komplementär konfrontiert zu werden, hervorgehoben. Zudem werde durch die begehrte Vertragsgestaltung, zweijährige Fortzahlung der Geschäftsführervergütung an den Kl. zur Einarbeitung des Sohns, aber auch der Gewinnanspruch des Bekl. geschmälert. Schließlich sei das Vertrauensverhältnis der Parteien, die schon in der Vergangenheit auf gerichtliche Klärungen angewiesen waren, nicht so eng ausgestaltet, dass hier besondere Rücksichtnahme zu erwarten gewesen wäre.80 77
BGH II. ZS v. 20.10.1986 „Porta-Entscheidung“, JZ 1987, 95, 98. Vgl. hier Fn 63, S. 131 zur Notwendigkeit eines persönlich haftenden Gesellschafters. 79 OLG München v. 05.02.1997, NJW-RR 1997, 611. 80 Im Gegenteil werde die Situation der Parteien dadurch verdeutlicht, dass das Begehren des Bekl. zur Gesellschafterversammlung zwei Berater hinzuziehen zu dürfen, vom Kl. als „einschneidende, unzumutbare gesellschaftsvertragliche Änderung zu Lasten des KL.“ bezeichnet wurde: OLG München v. 05.02.1997, NJWRR 1997, 611, 612. 78
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Teil 2: Bestandsaufnahme der Rechtsprechung
In der jüngsten BGH-Entscheidung zu dieser Frage81 wurde die Erforderlichkeit allein schon aus dem Alter des Klägers (81 Jahre zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung) begründet. Hinzu komme die Notwendigkeit der Einarbeitung des Nachfolgers. Für diese könne eine Geschäftsführertätigkeit ohne Anteilsübertragung kein milderes Mittel sein. Solches folge aus dem Grundsatz der Selbstorganschaft,82 wie auch aus der Ablehnung auch dieses Begehrens durch den Bekl. Eine mangelnde Zumutbarkeit ergebe sich weder aus der fachlichen Qualifikation – diese sei gegeben – noch aus der „vergifteten Atmosphäre“ unter den Gesellschaftern. Es gehe auch nicht um eine Anpassung, die sich sonst überhaupt nicht ergebe. Die Nachfolge in die Gesellschafterstellung werde nur noch zu Lebzeiten vorweggenommen. Dem Beklagten stehe aber aufgrund der gesellschafterlichen Treuepflicht des Kl. oder seiner Rechtsnachfolger das gleiche Recht auf eine vorgezogene Gesellschafternachfolge zu, sobald einer seiner Abkömmlinge dazu bereit und in der Lage sein sollte. b) Analyse Die Prüfung der Zustimmungspflicht geht jeweils von der Formel von Erforderlichkeit und Zumutbarkeit aus. Die Begründung erfolgt ausgehend von der Leitentscheidung des BGH immer am kollektiven Interesse an kontinuierlicher Geschäftsführung zur Sicherung der im Verband geschaffenen Werte. Mithin kombinieren sich hier die Schutzziele von Werterhalt und Verbandserhalt. Auf ein persönliches Interesse der jeweiligen Gesellschafter, etwa sich auf ihr „Altenteil“ zurückzuziehen und ihre Mitgliedschaft zu übertragen,83 also die persönliche Lösung unter Wahrung der Beteiligung für den eigenen Stamm, wird überhaupt nicht abgestellt. Das kollektive Interesse wird dabei in der „Porta- Entscheidung“84 derart bemüht, dass hier die Frage der Verfassungsänderung ausdrücklich aus den „Zweckmäßigkeitserwägungen“ der Gesellschafter ausgenommen wird, und der Zweckverfolgung untergeordnet wird. Dies erfolgt mit dem einfachen Hinweis 81
BGH II. ZS v. 08.11.2004, ZIP 2005, 25. BGH II. ZS v. 08.11.2004, ZIP 2005, 25, 26, allerdings erfolgt die Begründung des Verstoßes gegen den Grundsatz der Selbstorganschaft unter Berufung auf BGH II. ZS v. 22.01.1962, BGHZ 36, 292, 293, der nur klarstellt, dass eine vollständige „Übertragung“ der Geschäftsführungsbefugnis auf den Dritten nicht möglich ist; warum eine rechtsgeschäftlich begründete Geschäftsführungsbefugnis hier kein milderes Mittel sein könne, bleibt insofern unklar. 83 Darauf stellt auch das OLG Düsseldorf im Fall des Begehrens auf ein nur teilweises Ausscheiden des 70-jährigen Komplementärs nicht ab, OLG Düsseldorf v. 10.12.1982, ZIP 1983, 180. 84 BGH II. ZS v. 20.10.1986 „Porta-Entscheidung“, NJW 1987, 952, 954. 82
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darauf, dass die Maßnahme „innerhalb des Verbandszwecks“ liege. Damit wird in dieser Entscheidung faktisch eine Verfassungshierarchie vorausgesetzt, nach der einige Gegenstände der Verbandsverfassung der Zweckverfolgung nicht als Konkretisierung und Begrenzung gleich-, sondern vielmehr untergeordnet seien. Ob eine solche Feststellung abstrakt aus der Notwendigkeit, die Maßnahme sei „zur Erhaltung des Unternehmens und damit zur Erreichung des Verbandszwecks dringend geboten“, zu begründen sein kann, erscheint dabei – unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des Grundlagenteils85 – mehr als zweifelhaft. Denn danach würde jeder andere Gegenstand der Verbandsverfassung dem Verbandserhalt bzw. der Zweckverfolgung im Kollisionsfall unterliegen. Dies wird der regelmäßige Parteiwille, der eben nicht die societas omnium bonorum,86 sondern eine begrenzte und überschaubare Verpflichtung beabsichtigt, wohl nicht hergeben. Alle Verträge enthielten Nachfolgeklauseln für den Todesfall. Nur in der „Porta-Entscheidung“87 war diese zunächst auf die Rechtsnachfolge in einen Kommanditanteil beschränkt. Damit ist einerseits durch die Verfassungsgestaltung eine gesteigerte Lösung des Verbands von den jeweiligen Inhabern der Mitgliedschaften hergestellt, andererseits stellt sich die Zumutbarkeitsfrage – wie in der letzten Entscheidung des BGH ausgeführt – nur eingeschränkt, nämlich nur in zeitlicher Hinsicht durch die Vorwegnahme und nicht absolut. Im Weiteren weichen die Entscheidungen aber signifikant voneinander ab. Das OLG München benennt im Rahmen der Erforderlichkeit die Möglichkeit, Vakanzen in der Geschäftsführung, die durch altersund gesundheitsbedingte Ausfälle des persönlich haftenden Gesellschafters entstehen, auf dem Wege einer rechtsgeschäftlichen Begründung von Geschäftsführungskompetenzen zu lösen.88 Der BGH sieht in der jüngsten Entscheidung dies nicht als milderes Mittel an, mit dem die Geschäftsführung gesichert werden kann.89 Letztlich taucht – und gerade in den beiden jungen Entscheidungen – ein Kriterium auf, das bisher noch nicht bemüht wurde. Das OLG München stützt die Ablehnung der Zustimmungspflicht auch darauf, dass die Parteien 85
Vgl. hier § 2 A. II. 2. b) ff. Stellungnahme – Verbands- oder Mitgliedsautono-
mie. 86 Eine Gesellschaft zum gesamten Vermögen bzw. des gesamten Vermögens, dazu Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht (18. Aufl. 2005) § 43 I 1 a) (S. 227). Dagegen die societas particularis als nur begrenzte Teile des Vermögens ihrer Mitglieder umfassende Gesellschaft. 87 BGH II. ZS v. 20.10.1986 „Porta-Entscheidung“, NJW 1987, 952. 88 OLG München v. 05.02.1997, NJW-RR 1997, 611, 612. 89 BGH II. ZS v. 08.11.2004, ZIP 2005, 25, 26; zu der fragwürdigen Argumentation mit dem Grundsatz der Selbstorganschaft vgl. hier Fn 82, S. 138.
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untereinander kein solches Vertrauensverhältnis mehr besäßen, das eine besondere Rücksichtnahme erwarten lasse.90 Damit wird die zerrüttete Situation zu einem Hinderungsgrund, obschon diese doch auch gleichsam Ursache des mangelnden privatautonomen Lösungsgelingens ist. Der BGH begründet demgegenüber die Zustimmungspflicht auch damit, dass der dissentierende Gesellschafter seinerseits zuvor ein Entgegenkommen bei der Übertragung der mitgliedschaftlichen Rechte seines Vaters auf ihn in Anspruch genommen habe.91 Danach beeinflusst das konkrete Vorverhalten der Gesellschafter in diesen Entscheidungen die Frage nach dem Bestehen einer Zustimmungspflicht. II. Auflösung und Fortsetzung der Gesellschaft Im Folgenden sollen diejenigen Fälle aus der Rechtsprechung erfasst werden, die eine Zustimmungspflicht zur Auflösung oder Fortsetzung der Gesellschaft zum Gegenstand hatten. Mit der Entscheidung über die Auflösung der werbenden Gesellschaft oder die Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft ist jeweils eine Zweckänderung verbunden. Der Zweck wird von der Werbung auf die Liquidation umgestellt bzw. umgekehrt.92 Allgemein muss eine Zweckänderung besonderen Anforderungen genügen,93 wird dabei doch das konstitutive Element des Verbands94 verändert. Da der Verband danach durch seinen Zweck nicht nur bestimmt, sondern gebildet wird, 90
OLG München v. 05.02.1997, NJW-RR 1997, 611, 612. BGH II. ZS v. 08.11.2004, ZIP 2005, 25, 26. 92 Ballerstedt, Jus 1963, 253, 257; Grunewald, Gesellschaftsrecht (5. Aufl. 2002) A. XII. 2. (S. 87); Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 6 III. 1. a) (S. 552); differenzierend K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 11 V. 4. c) (S. 313): Der Liquidationszweck sei bloßer Verfahrenszweck und ersetze nicht den Verbandszweck, er überlagere diesen nur, als dass er die Rechte und Pflichten der Mitglieder und Organe verändere. 93 Nach umstrittener Ansicht verbürgt § 33 BGB mit dem Erfordernis der Beteiligung aller Mitglieder insofern einen allgemeinen Grundsatz des Gesellschaftsrechts: Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 29 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 4 II. 3. a) (S. 65); Bayer, Lutter/Hommelhoff GmbHG (17. Aufl. 2009) § 53 Rn 23; Zöllner, Baumbach/Hueck GmbHG (18. Aufl. 2006) § 53 Rn 28; aA: Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 3 I. 3. a) (S. 156) mwN; Flume, Juristische Person (1983) § 8 I (S. 264). Dabei ist der Zweck nicht ein einheitlicher, abgeschlossener und gleichwertig gebildeter Tatbestand. Es ist grundsätzlich zu unterscheiden nach dem „Grundzweck“ der eigennützigen Gewinnerzielung, dem „Unternehmensgegenstand“ als Mittel der Zweckverfolgung und nur zweckrelevanten Änderungen wie der Auflösung. Inwiefern bestimmte Umstände zum Grundzweck erhoben werden bleibt Sache der Teilnehmer. Vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 3 I. 3. (S. 154 ff.); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 4 II. 3. (S. 64 ff.). 91
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muss in der Zweckänderung eine „Anpassung“ der Verbandsgrundlage nahe ihren Grenzen sein. 1. Auflösung
In zwei Fällen hatten sich die Gerichte mit der Auflösung zu befassen, also der konkludenten Zweckänderung weg von der werbenden Gesellschaft hin zur Gesellschaft in Liquidation, die mit dem Beschluss über die Veräußerung des gesamten Geschäftsbetriebs bzw. die Stilllegung dessen einherging.95 a) Darstellung Im „Auflösungsfall“ stellte der BGH96 fest, dass sich die Gesellschaft in einer unhaltbaren wirtschaftlichen Lage befand. Damit ergebe sich für jeden Gesellschafter aus der Treupflicht, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Deshalb habe nur noch die Art der Abwicklung in Frage gestanden, also insbesondere ob der Abschluss des Kaufvertrags über das Gesellschaftsunternehmen bei objektiver Beurteilung richtig gewesen sei. Dies sei der Fall gewesen, womit die Rechtspflicht zur Zustimmung bestanden habe. Im Fall des OLG Hamm97 konnten nur andauernde Verlustjahre für die Notwendigkeit der Auflösung des Verbands geltend gemacht werden; die Unmöglichkeit eines wirtschaftlichen Betreibens des Gesellschaftsunternehmens war dagegen nicht dargetan. Nach dem OLG Hamm ergab sich daraus keine Zustimmungspflicht zur Auflösung aus der Treupflicht. Diejenigen Gesellschafter, die eine Beteiligung an den Verlusten vermeiden wollten, könnten sich in diesem Fall mit einer ordentlichen Kündigung lösen. Auch, dass dadurch der dissentierende Gesellschafter in die Lage gelangen könnte, die Gesellschaft zu übernehmen, führe nicht zur Notwendigkeit einer gemeinsamen Liquidation.
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Winkler, NJW 1970, 449; Flume, Personengesellschaft (1977), § 3 I (S. 37 ff.); Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980), § 1 I. 1. b) aa) (S. 9); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 4 I. 1. (S. 57). 95 BGH II. ZS v. 17.12.1959, „Auflösungsfall“ NJW 1960, 434; OLG Hamm v. 26.10.1988, DB 1989, 815. Zu einer Zweckänderung innerhalb der werbenden Gesellschaft vgl. OLG Köln v. 11.12.1991, DStR 1993, 405: Eine Zweckänderung dergestalt, dass Wohneinheiten zu gewerblichen Zwecken genutzt werden könnten, könne allein bei schwieriger Vermarktung zu Wohnzwecken nicht durch die Treupflicht erzwungen werden. 96 BGH II. ZS v. 17.12.1959, „Auflösungsfall“ NJW 1960, 434. 97 OLG Hamm v. 26.10.1988, DB 1989, 815.
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b) Analyse Hier findet sich schon im Auflösungsurteil des BGH von 1960 der Ansatz zu der formelhaften Tatbestandsbeschreibung. Die notwendige Änderung wird den schutzwerten Interessen des dissentierenden Gesellschafters gegenübergestellt. Der Schutzgegenstand besteht dabei hier allein im Werterhalt in der Form einer Vermeidung individueller Verluste für den Teil der Gesellschafter, der sich von seiner persönlichen Haftung befreien wollte. Im Anschluss an das Auflösungsurteil des OLG Hamm stellt sich allerdings die Frage nach dem Erfordernis einer Zustimmungspflicht zur Verbandsauflösung mit aller Schärfe. Denn im Recht der Personenverbände ist das unverzichtbare Recht auf eine Lösungsmöglichkeit aus wichtigem Grund essentieller Bestandteil des allgemeinen Prinzips, dass „jede auf Dauer angelegte, in die Verhältnisse der Beteiligten erheblich eingreifende Rechtsbeziehung, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes auch vorzeitig zu lösen“ sein muss.98 Damit kann jeder Gesellschafter bei Vorliegen eines wichtigen Grundes seine eigene Gestaltungsmacht zur Lösung, sei es nur der Mitgliedschaft, sei es des ganzen Verbandes, nutzen und ist grundsätzlich nicht darauf angewiesen, einen dahingehenden Konsens mittels der Treupflicht zu erzwingen. Ob unterhalb eines wichtigen Grundes zur Lösung aber eine Begründung über die Treupflicht zur Auflösung erfolgen kann, darf stark bezweifelt werden. Für eine unterschiedliche Bewertung der Abwägungsentscheidungen besteht insofern kein Anlass. Die dauernde Unrentabilität des Unternehmens stellt freilich einen wichtigen Grund iSd § 133 HGB dar,99 womit sich die positive Entscheidung im ersten Fall auf einen Verzicht der formellen Voraussetzung der Gestaltungsklage reduzieren lässt. Im Verfahren nach § 133 HGB hätten die dissentierenden Gesellschafter mithin auch keinen Verbandserhalt erzwingen können. Die Geschäftsführung in der Abwicklung ist dabei anderen Maßstäben unterworfen. So kann sich für die Umsetzung der Liquidationsentscheidung in einer Veräußerung des Betriebs, 98 Dies sei eine „im Rechtsbewusstsein so tief eingewurzelte, das gesamte geschriebene wie ungeschrieben Recht durchziehende Überzeugung“: Röhricht, FSKellermann (1991) S. 361, 387 f.; ähnlich deutlich für das Recht der Verbände: Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 7 IV 2 (S. 396 ff.); Flume, Personengesellschaft (1977) § 13 II (S. 192); Ulmer/Schäfer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009), § 723 Rn 61; K. Schmidt, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 132 Rn 37; F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) § 14 (S. 256), zur Rechtsprechung vgl. BGH II. ZS v. 01.04.1953, BGHZ 9, 157, 159 ff. Für das Recht der Dauerschuldverhältnisse: BGH V. ZS v. 15.06.1951, NJW 1951, 836; BGH I. ZS v. 26.09.1996, BGHZ 133, 316, 320; Larenz, Schuldrecht AT (14. Aufl. 1987) § 10 II c) (S. 136 f.); Unberath, Bamberger/Roth BGB I (2. Aufl. 2007) § 314 Rn 1; Hohloch, Erman BGB I (12. Aufl. 2008) § 314 Rn 1. Mit der Schuldrechtsreform hat das Prinzip seit 01.01.2002 in § 314 BGB auch positiv gesetzlich eine Regelung gefunden. 99 K. Schmidt, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 133 Rn 17.
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wie sie im Auflösungsfall des BGH in Frage stand, eine Stimmpflicht begründen lassen. Die beiden Fragen sind unter dem Gesichtspunkt der treupflichtigen Zustimmung streng voneinander zu trennen, hier die Wertungsentscheidung der Verfassungsänderung dort die verfolgende Umsetzung derer mittels der Geschäftsführung.100 2. Fortsetzung
In zwei weiteren Entscheidungen wurde geprüft, ob mittels der Treubindung eine Zustimmung zur Fortführung mit bzw. ohne den dissentierenden Gesellschafter zu erzwingen sei. a) Darstellung Im „Fortsetzungsfall“ des BGH101 bestand die Tätigkeit der Gesellschaft in der Bewirtschaftung von Gebäuden auf fremdem Grund, die nach dem Ablauf der Mietvertragsdauer abzureißen waren. Hier sollte nach der Gesellschaftermehrheit eine Beschränkung des ordentlichen Auflösungskündigungsrechts einer Kommanditistin, mithin eine Zustimmung zur Vertragsverlängerung durch die Treupflicht erreicht werden. Dies, um den Kündigungszeitpunkt 31.12.1973 mit dem Mietvertragsende 31.12.1984 zu harmonisieren, dadurch die gewinnbringende Tätigkeit noch bis dahin fortzusetzen und Gewinnausfälle in Höhe von ungefähr 8 Mio. DM zu vermeiden. Die Vertragsanpassung müsse nicht nur zumutbar, sondern auch erforderlich sein. „Aus diesem Grunde muss eine Zustimmungspflicht grundsätzlich verneint werden, wenn die Umstände, die nach der Auffassung der 100 Vergleiche dazu hier § 2 B. II. 2. Ebenen verbandsinterner Willensbildung. Mit dieser allgemeinen Trennung deckt sich auch die Rechtsprechung zur materiellen Beschlusskontrolle bei Auflösungsbeschlüssen der Mehrheit. RG V. ZS. v. 20.10.1923, RGZ 107, 202, 204: zum Verstoß gegen die guten Sitten bei Auflösungsbeschluss und Liquidationsverkauf des Vermögens iHv ca. 5% des behaupteten Werts (3,9 Mio Preis zu 70 Mio behauptetem Wert): „Der Gesellschafter leitet seine Rechte aus dem Gesellschaftsvertrag her, seine Befugnisse sind ihm in seiner Eigenschaft als Gesellschafter verliehen; bei Ausübung dieser Rechte hat er sich daher grundsätzlich von dem Interesse der Gesellschaft und nicht von seinen privaten außerhalb der Gesellschaft liegenden Sonderinteressen leiten zu lassen“. Entstehe ein Widerstreit zwischen den Interessen, etwa bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts, so sei das Stimmrecht entzogen. Das Interesse der Gesellschaft in ihrer Liquidation habe in der Erzielung eines möglichst hohen Kaufpreises bestanden (S. 205). Die Argumentation stützt sich aber schon damals nicht auf dem Auflösungsbeschluss selbst, sondern auf der Art und Weise der ins Auge gefassten Liquidation. Ebenso entscheidet der BGH in II. ZS. v. 28.01.1980, BGHZ 76, 352 unnd BGH II. ZS. v. 01.02.1988, „Linotype“, BGHZ 103, 184 zur GmbH und AG. 101 BGH II. ZS v. 07.12.1972, „Fortsetzungsfall“ WM 1973, 990.
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Mehrheit die Änderung geboten erscheinen lassen, bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags vorhersehbar waren oder gar im Gesellschaftsvertrag berücksichtigt worden sind“.102 Die Gesellschaft habe ihre Tätigkeit seit ihrem Beginn 1936 auf die Bewirtschaftung von Gebäuden auf fremdem Grund ausgerichtet. Dennoch seien die Laufzeiten des Gesellschaftsvertrags einerseits, der Mietverträge andererseits, nicht harmonisiert worden. Obwohl von vornherein mit der Möglichkeit einer Verlängerung der Mietverträge zu rechnen gewesen sei, habe man sich für den Gesellschaftsvertrag mit einer anderen Kündigungsfrist begnügt. Insofern seien die Gesellschafter nur unter den bekannten Umständen eingetreten. Es würde auch zu untragbaren Ergebnissen führen, wenn die Geschäftsführungsmaßnahmen eine Verlängerung der Dauer erzwingen könnten. Die fortdauernde Teilnahme konnte damit nicht erzwungen werden. Eine andere Frage sei demgegenüber, ob die Kommanditistin den mit der Kündigung begründeten Anspruch auf die Durchführung der Liquidation aufgrund ihrer Treupflicht zurückzustellen und – bei angemessener Abfindung für ihre Beteiligung – einer Fortsetzung der Gesellschaft unter den anderen zuzustimmen habe. An diesen Gedanken knüpft unmittelbar die zweite Fortsetzungsentscheidung des BGH, der „Witwenfall“,103 an. Hier war die Gesellschaft, eine dreigliedrige oHG, mit dem Tod eines Gesellschafters nach alter Gesetzeslage (§ 131 Nr. 4 HGB aF104) in Ermangelung einer Fortsetzungsklausel aufzulösen. Die Erbin des Verstorbenen bestand auf der Liquidation, die verbleibenden Gesellschafter wollten diese abfinden und die Gesellschaft als werbende fortführen. Der BGH entschied, grundsätzlich habe jeder Gesellschafter einer aufgelösten Gesellschaft einen Anspruch auf die Durchführung der Liquidation und brauche sich nicht mit einer Fortsetzung ohne ihn abzufinden. Wenn aber eine volle Abfindung zum Liquidationswert und eine Haftungsfreistellung erfolgten, so sei es möglich, dass durch die Fortsetzung kein anerkennenswertes Interesse des Gesellschafters berührt werde. Auf der anderen Seite müssten die fortsetzungswilligen Gesellschafter nicht nur ein beliebiges Interesse an der Fortsetzung geltend machen können, sondern ein beachtliches wirtschaftliches Interesse. Wenn hier die Zerschlagung des Unternehmens erhebliche Werte vernichtete und die Abfindung vollwertig sei, dann gebiete es die Treupflicht der Gesellschafterin, auszuscheiden und damit die Fortsetzung zu ermöglichen.
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BGH II. ZS v. 07.12.1972, „Fortsetzungsfall“ WM 1973, 990, 992. BGH II. ZS v. 21.10.1985, „Witwenfall“, WM 1986, 68. 104 § 131 Nr. 4 HGB aF bis 01.08.1998: Die offene Handelsgesellschaft wird aufgelöst: 4. durch den Tod eines Gesellschafters, sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertrage sich ein anderes ergibt. 103
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b) Analyse Es wird wieder die formelhafte Bestimmung des Tatbestands einer Zustimmungspflicht bemüht. Das Schutzziel ist hier klar wertorientiert. Zwar soll der Erhalt des Verbands bewirkt werden, doch eben nur wegen der ansonsten drohenden Wertvernichtung. Dabei ist festzustellen, dass die Entscheidungen keine Pflicht, an der Fortsetzung teilzunehmen, begründen. Dies beruht nicht in einer absoluten Grenze der Zustimmungspflicht, als solche werden die Änderungen des Zwecks nicht problematisiert, sondern in mangelnder Zumutbarkeit bzw. Erforderlichkeit. Auch bei diesem Änderungsgegenstand behält sich die Rechtsprechung mithin die abwägende Prüfung von Erforderlichkeit und Zumutbarkeit vor. Daneben kann hier ein zusätzliches Kriterium ausgemacht werden. Wenn die Umstände, aus denen die Treupflicht zur Verfassungsänderung begründet werden soll, schon bei dem Vertragsabschluss vorhersehbar waren oder gar berücksichtigt worden seien, so könne keine Zustimmungspflicht begründet werden.105 Damit soll offensichtlich vermieden werden, eine (auch negative im Sinne der abschließenden Gestaltung durch Nichtberücksichtigung von bestimmten Umständen) privatautonome Gestaltung durch Billigkeitsbedenken zu unterlaufen. Auch in dieser Richtung bedarf die Treupflicht einer Begrenzung, die es auszuloten gilt. Systematisch wird man das Kriterium dabei nicht an diesen Änderungsgegenstand binden können, es muss seiner Begründung nach allgemein gelten. Ob es in dieser Ausschließlichkeit, wie es hier verwandt wird, aber Bestand haben kann, erscheint fraglich. III. Rechte und Pflichten der Gesellschafter Verbände werden mit der Bildung des übergeordneten gemeinsamen Zwecks und der darauf folgenden mitgliedschaftlichen Bindung an diesen von anderen Rechtsverhältnissen abgegrenzt.106 Ballerstedt formuliert insofern, dass die Versprechen der Zweckförderung niemals auf einem bloßen „do ut des“ beruhten, sondern ihren rechtlichen Sinn, ihre causa, durch den Gesellschaftszweck empfingen.107 Dennoch wird man in dem Verhältnis 105
Bemerkenswert ist insofern, dass das Kriterium der Vorhersehbarkeit für die Frage der Fortsetzungspflicht absolut und ohne Wertung angenommen wird, gleichwohl aber – eben aufgrund der gleichen Umstände, nämlich der divergierenden Laufzeiten von Gesellschaft und Mietverträgen – eine Zustimmungspflicht zum Ausscheiden angedacht wird, um die Fortsetzung unter den verbleibenden Gesellschaftern zu ermöglichen. 106 Etwa H. P. Westermann, Erman BGB I (12. Aufl. 2008) § 705 Rn 29; Ballerstedt, JuS 1963, 253.
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von den Pflichten einerseits, wie insbesondere der zu erbringenden Leistungen, und den diesen korrespondierenden Rechten andererseits, wie insbesondere dem Gewinnanteil, bei wirtschaftlicher Betrachtung einen entscheidenden Zusammenhang sehen müssen.108 Damit besteht hier stets die Notwendigkeit, die von privatautonomer Richtigkeitsgewähr getragene Äquivalenz der Recht-Pflichtbeziehung zu wahren. Die faktisch ausschlaggebende Bedeutung dieses Verhältnisses für die Beteiligung der Mitglieder am wirtschaftlich tätigen Verband kann nicht mit dem Hinweis auf den übergeordneten Zweck beeinträchtigt werden. 1. Beiträge, Pflichten
Zunächst sollen die Entscheidungen erfasst werden, bei denen eine Veränderung der Beitragsleistung Gegenstand der in Frage stehenden treupflichtigen Verfassungsänderung war. Beiträge sind diejenigen Leistungen zur Zweckförderung, die im Gesellschaftsvertrag versprochen sind.109 Mithin handelt es sich bei diesen Fällen um Eingriffe in die Leistungsbeziehung des Mitglieds zum Verband. Dabei werden folgend die primären (Haupt-)Leistungspflichten, die regelmäßig ausdrücklich übernommen und die dem Grunde nach nicht notwendig mit der Mitgliedschaft verbunden sind,110 erfasst. Hierzu zählen insbesondere – insofern vom vorliegenden 107
Ballerstedt, JuS 1963, 253, 254. Mit Konzen, AcP 172 (1972) S. 317, 332 und Kollhosser, ZHR 129 (1967) S. 121, 127 kann man hierbei von einer synallagmatischen Verknüpfung sprechen. Abw. etwa Hopt, Baumbach/Hopt HGB (34. Aufl. 2010) § 105 Rn 47: „wechselseitige Förderung des gemeinsamen Zwecks ohne Synallagma“. 109 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 20 II 2 a) (S. 568); Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 3 II. 1. (S. 184 ff.); teils auch differenzierend als Beitrag im weiteren Sinne erfasst gegenüber dem Beitrag im engeren Sinne, der eine vermögenswerte Leistung darstellen muss: A. Hueck, oHG (4. Aufl. 1971) § 14 I (S. 198); Ulmer/C. Schäfer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 706 Rn 2; Hopt, Baumbach/Hopt HGB (34. Aufl. 2010) § 109 Rn 6 f.; H. P. Westermann, Erman BGB I (12. Aufl. 2008) § 706 Rn 1. Die Art der Leistung für den Beitrag iwS kann dabei vielfältig sein, Tun, Unterlassen, ja sogar die bloße Teilnahme am Verband wird regelmäßig als ausreichend erachtet: K. Schmidt MüKo HGB (2. Aufl. 2006) § 105 Rn 178; Sprau, Palandt BGB (69. Aufl. 2010) § 706 Rn 1, 4; Ulmer/ C. Schäfer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 706 Rn 10. Weipert, MüHandbuch I PersG (3. Aufl. 2009) § 6 Rn 20 benennt Leistungen aller Art: all das was Gegenstand von Leistungen nach dem Verständnis des Schuldrechts sein könne, könne Beitrag sein. 110 Also insbesondere nicht die Treupflicht selbst. Ähnliche Abgrenzung bei Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 2 III. 1. b) (S. 124), der zwischen freiwillig auferlegten und zwingenden Pflichten eines Gesellschaftsverhältnisses trennt; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 19 III. 3. b) (S. 557); § 20 I. 2. (S. 566) benennt insofern „vertragliche“ und „gesetzliche“ Pflichten. 108
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Fallmaterial her relevant – die Pflichten der Leistung von Geld, der Übernahme von Dienstleistungen, insbesondere der Geschäftsführung, und schließlich auch die der Übernahme einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung durch einen Gesellschafter. Die Möglichkeiten der Veränderung sind umfassend. Solche Pflichten können neu begründet, aufgehoben oder gegeneinander ausgetauscht werden. Das Entscheidungsmaterial lässt sich insgesamt in drei Unterordnungen aufteilen. Zum einen gibt es Entscheidungen, in denen die Veränderung der Beitragsleistung das Ende der Gesellschaft abwenden sollte, sei es, dass die Gesellschaft insolvent geworden wäre, sei es, dass ihr die Zweckerreichung dauerhaft unmöglich geworden wäre. Dies ist nicht nur durch die Begründung zusätzlicher Pflichten (a)) sondern auch durch den Zugriff auf Rechtspositionen des Mitglieds möglich (b)). Daneben gibt es Entscheidungen, in denen die Veränderung der Beitragsleistung weniger aus Verbands- als aus Mitgliedsperspektive erforderlich wurde, sei es, dass sich das Leistungsgleichgewicht der Beiträge durch einen ausfallenden Gesellschafter verzerrte, der andere insofern ein Interesse an Anpassung hatte, sei es, dass sich ein Gesellschafter aus persönlichen Gründen, eine Befreiung von seinen Pflichten erstreiten wollte. Hier geht es um die Aufhebung bzw. den Wandel von Pflichten (c)). a) Begründung von Pflichten (Sozialansprüchen) Der Begründung zusätzlicher Beiträge gegenüber einem unwilligen Gesellschafter steht grundsätzlich das in § 707 BGB normierte gesellschaftsrechtliche Prinzip des Belastungsverbots entgegen.111 aa) Darstellung Im „Konzessionsfall“112 hatten sich die Gesellschafter in einer zweigliedrigen oHG zu einem Gewerbebetrieb zusammengeschlossen, der einer 111 Als „gesellschaftsrechtliche Hauptregel“ bei Fischer, RGRK BGB II/4. (11. Aufl. 1978), § 707 Rn 1; Ballerstedt, JuS 1963, 253, 257. Wiedemann, ZGR 1977, 690, 692; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 7 IV. 1. a) (S. 393) beschreibt es insofern als mitgliedschaftliches Grundrecht; zustimmend: Habermeier, Staudinger BGB (13. Aufl. 2003) § 707 Rn 1; Ulmer/C. Schäfer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 707 Rn 1; vorsichtiger K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 16 III 3. b) cc) (S. 473), der Sorge vor Missverständnissen hegt und daher dies „nur“ als allgemeines Institut des Gesellschaftsrechts anerkennen will. Die Möglichkeit Mehrheitsentscheidungen zu begründen wird insofern wieder auf das allgemeine Zustimmungsprinzip des Privatrechts reduziert. 112 BGH II. ZS v. 24.05.54 „Konzessionsfall“, BGH LM Nr. 8 zu § 105 HGB.
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Teil 2: Bestandsaufnahme der Rechtsprechung
behördlichen Genehmigung bedurfte. Diese sollte nach dem Gesellschaftsvertrag nur der Beklagte auf seinen Namen beantragen. Der Kläger sollte nur das Recht, aber nicht die Pflicht haben, diese auch auf seinen Namen hin erweitern zu dürfen. Doch wurde die begehrte Konzession dem Beklagten allein nicht erteilt. Damit stellte sich die Frage nach einer Verpflichtung des Klägers, die Konzession auf seinen Namen mit zu beantragen. Der BGH erklärt, unter behutsamer Zurückhaltung könne bei Gesellschaftsverträgen ausnahmsweise eine Vertragsänderung erzwungen werden. Voraussetzung dafür sei nicht nur die Zumutbarkeit, sondern auch die Erforderlichkeit. In diesem Fall seien aber keine solchen besonderen Umstände festgestellt worden. Insbesondere genüge es nicht, dass die Vertragsänderung zur Vertragsdurchführung nötig sei. Auf die Frage einer mangelnden Zumutbarkeit (immerhin strafrechtliche Sonderverantwortung des Genehmigungsinhabers nach damaligem MetallG) stellt die Entscheidung daher gar nicht ab. Daneben wurde mehrfach die Frage nach einer Zustimmungspflicht zur Mittelzuführung durch sämtliche, auch die sich weigernden Gesellschafter gestellt, um einen Sanierungsbedarf der Gesellschaft zu befriedigen.113 Der BGH114 hatte über die Frage zu entscheiden, ob die Gesellschafter durch die Treupflicht verpflichtet waren, die Darlehensverbindlichkeit, die die Gesellschafter als gestundete Einlage übernommen hatten, von ihrer Beschränkung auf die Bedienung aus Entnahmen und Gewinnen zu befreien, um die Gesellschaft zu retten. Damit hätten die Gesellschafter entgegen der ursprünglichen Vertragsgestaltung zusätzliche Mittel investieren müssen. Obschon diese Konsequenz gesehen wird, betont der BGH unter Berufung auf seine Rechtsprechung,115 dass die Gesellschafter, wenn eine ¾ Mehrheit den Beschluss habe fassen wollen, in dieser Situation verpflichtet gewesen sein dürften, das Not leidend gewordene Unternehmen durch eine Ausweitung der gesellschaftsvertraglich übernommenen Verpflichtung am Leben zu erhalten und daher zuzustimmen. In diesem Falle fehlte es lediglich an einem Beschluss der Gesellschafter, ohne den auch eine Zustimmungspflicht nichts bewirken könne. 113 BGH II. ZS v. 13.03.1989, NJW-RR 1989, 993; OLG Stuttgart v. 27.10.1999, MDR 2000, 778; OLG Stuttgart v. 19.04.2000, NZG 2000, 835; OLG München v. 16.06.04, NZG 2004, 807; BGH II. ZS. v. 04.07.2005, WM 2005, 1608, 1610; BGH II. ZS. v. 23.01.2006, WM 2006, 774, 776; BGH II. ZS. v. 05.03.2007, ZIP 2007, 766, 767; BGH II. ZS. v. 19.03.2007, ZIP 2007, 812, 814; BGH II. ZS. v. 26.03.2007, NJW-RR 2007, 1477, 1478; BGH II. ZS. v. 02.07.2007, NZG 2007, 860. 114 BGH II. ZS v. 13.03.1989, NJW-RR 1989, 993. 115 Bezugnahme erfolgt auf: BGH II. ZS v. 05.11.1984, „Zinsverzichtsentscheidung I“ NJW 1985, 974.
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Die Urteile der OLG116 und jüngere BGH-Urteile117 gehen dagegen in eine andere Richtung. In ihnen wird die Möglichkeit einer auf der Treupflicht beruhenden Verpflichtung zur Teilnahme an der Beitragserhöhung zurückhaltender formuliert. Hier seien – in Bezug auf die wiederkehrende Formel von Erforderlichkeit und Zumutbarkeit – besonders hohe Anforderungen zu stellen, da grundsätzlich keine neuen Vermögensopfer verlangt werden könnten. Die Sanierungsbedürftigkeit allein genüge insofern nicht.118 Erst wenn alle anderen Finanzierungsmöglichkeiten ausgeschlossen seien, komme eine Zustimmungspflicht zum Nachschuss in Betracht.119 Der BGH wägt im Rahmen der Treubindung eine ungenügende Mehrheitsklausel zur Beitragserhöhung nicht, zumindest nicht ausschlaggebend positiv als, wenn auch ungenügende, grundsätzliche Öffnung für eine beitragsmäßige Mehrverpflichtung.120 Ebenso wird ein bereits bei Gründung offensichtlicher, die Gründungseinlagen übersteigender Finanzbedarf nicht besonders für die Treubindung gewogen.121 Weiter wird die drohende Außenhaftung der Mitglieder für eine interne Beitragserhöhung als irrelevant angesehen, da sich die Außenhaftung im weiteren Betrieb des Verbands noch vergrößern könne.122 Auch der Umstand, dass der dissentierende Gesellschafter in der Vergangenheit zusätzlich geforderte Beiträge geleistet hat, bedeutet keine besondere Treubindung.123 Gegen die Treubindung wird aber mit dem Verhältnis des nachgeforderten Betrags und der Gründungseinlage argumentiert.124 In keiner der Entscheidungen wird dabei eine Nachschusspflicht aus der Treubindung angenommen.
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OLG Stuttgart v. 27.10.1999, MDR 2000, 778; OLG Stuttgart v. 19.04.2000, NZG 2000, 835; OLG München v. 16.06.04, NZG 2004, 807. 117 BGH II. ZS. v. 04.07.2005, WM 2005, 1608, 1610, BGH II. ZS. v. 23.01.2006, WM 2006, 774, 776; BGH II. ZS. v. 05.03.2007, ZIP 2007, 766, 767; BGH II. ZS. v. 19.03.2007, ZIP 2007, 812, 814. Jeweils war eine Klausel, nach der Beitragserhöhungen durch Mehrheitsbeschluss ermöglicht wurden zu unbestimmt und damit unwirksam. Danach stellte sich die Frage, ob dem erhöhten Finanzbedarf im Wege der Treupflicht abgeholfen werden konnte. 118 OLG Stuttgart v. 19.04.2000, NZG 2000, 835, 836. 119 OLG München v. 16.06.04, NZG 2004, 807; ähnl. BGH II. ZS. v. 05.03.07, ZIP 2007, 766, 767. 120 BGH II. ZS. v. 04.07.2005, WM 2005, 1608, 1610; BGH II. ZS. v. 23.01.2006, WM 2006, 774, 776. 121 BGH II. ZS. v. 04.07.2005, WM 2005, 1608, 1610. 122 BGH II. ZS. v. 23.01.2006, WM 2006, 774, 776; BGH II. ZS. v. 26.03.2007, NJW-RR 2007, 1477, 1478; BGH II. ZS. v. 02.07.2007, NZG 2007, 860: Es sei legitim seitens des Dissentierenden abzuwarten, ob und in welcher Höhe die Gläubiger ihn aufgrund seiner Hafteinlage in Anspruch nehmen werden. 123 BGH II. ZS. v. 19.03.2007, ZIP 2007, 812, 814.
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bb) Analyse Hier wird bereits mit dem ersten frühen Urteil des „Konzessionsfalls“125 mit der Formel gearbeitet. Die Schutzziele sind hier stets der Erhalt des Verbands und der in diesem gebundenen Werte, also auf den Rechts- wie Werterhalt gleichermaßen gerichtet. Nur im Konzessionsfall wird der Eigenwert der begründeten Rechtsbeziehung nicht gewogen.126 Der „Konzessionsfall“ trifft zudem mit seiner Entscheidung einen problematischen Aspekt. Es wurde eine zur Vertragsdurchführung erforderliche Änderung des Vertrags entgegen dem Berufungsgericht in dieser Sache als nicht ausreichend bewertet. Damit erfolgt die Grenzziehung zu der nur einfach sinnvollen Maßnahme zur Vertragsdurchführung, die nicht erzwungen werden kann. Man könnte danach formulieren, dass wenn die Vertragsdurchführung mit den versprochenen Mitteln nicht möglich ist, dass dann allein aus dem „untauglichen“ Zweckverfolgungsversprechen keine Anpassungspflicht auf eine taugliche Mittelausstattung entsteht. Hierbei gilt es zu beachten, dass die Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit schon eine Weile ausübte,127 also als werbende betroffen wurde. In den weiteren Entscheidungen zur Mittelzuführung unterbleiben Sachverhaltsfeststellungen zum Maß des Werterhalts im Zuge der mittels der Treupflicht angestrebten Sanierung. In der neueren Rechtsprechung des BGH bleibt die Bestimmung des Schutzziels vollständig zurück und wird allein im nicht näher konkretisierten „Gesellschaftsinteresse“ benannt128. Damit fehlt die für eine Abwägung der zusätzlichen Pflichtbegründung notwendige Seite der Erforderlichkeit. Ferner wird dabei auch nicht deutlich, welcher Eigenwert der Existenz der Gesellschaft als Rechtsbeziehung hier 124 BGH II. ZS. v. 04.07.2005, WM 2005, 1608, 1610: höher als die ursprüngliche Einlage; BGH II. ZS. v. 23.01.2006, WM 2006, 774, 776: mehr als 60% der ursprünglichen Gesellschaftereinlagen. 125 BGH II. ZS v. 24.05.54 „Konzessionsfall“, BGH LM Nr. 8 zu § 105 HGB. 126 Dabei wird die mangelnde Mittelausstattung zur Begründung der anfänglichen Unmöglichkeit der Zweckverfolgung, mithin zur Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrags, eine erhebliche Rolle gespielt haben können, BGH II. ZS v. 24.05.54 „Konzessionsfall“, BGH LM Nr. 8 zu § 105 HGB, Bl. 2. Doch beides bedingt einander. Eben nur weil aus dem Vertragsversprechen in Verbindung mit der Treupflicht nicht die zusätzliche Verpflichtung gewonnen werden konnte, eine Leistungsvermehrung zu begründen, ergab sich die mangelnde Eignung der versprochenen Beiträge zur Zweckverfolgung. 127 BGH II. ZS v. 24.05.54 „Konzessionsfall“, BGH LM Nr. 8 zu § 105 HGB, Bl. 2. 128 BGH II. ZS. v. 04.07.2005, WM 2005, 1608, 1610, BGH II. ZS. v. 23.01.2006, WM 2006, 774, 776; BGH II. ZS. v. 05.03.2007, ZIP 2007, 766, 767; BGH II. ZS. v. 19.03.2007, ZIP 2007, 812, 814.
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neben dem Interesse der Mitglieder an einem Erhalt der Werte zukommt. Es geht aus den Entscheidungen weder hervor, ob mit der Mittelzuführung jeweils Werte zu retten gewesen wären bzw. warum das nicht der Fall war. Bemerkenswert ist jedoch, dass in den ablehnenden Entscheidungen wiederum nicht auf mangelnde Zumutbarkeitserwägungen abgestellt wird, sondern schon die Erforderlichkeit abgelehnt wurde. Weiter ergibt sich ein zusätzliches Kriterium, welches der BGH für die Begründung der Zustimmungspflicht zumindest auch bemüht. Die Zustimmungspflicht bestehe gegenüber der mit qualifizierter Mehrheit beschlossenen Änderung des Vertrags (für die Vertragsänderung mit zusätzlicher Leistungsbegründung wird entsprechend der Kernbereichslehre Einstimmigkeit und damit die in Frage stehende Zustimmung erforderlich).129 Warum der Beschluss der qualifizierten Mehrheit für die Begründung der Zustimmungspflicht notwendig ist, wird nicht klar. Es stellt sich die Frage, ob die positive Entscheidung einer Gesellschaftermehrheit unterhalb der für die Vertragsänderung erforderlichen Mehrheit für die Zustimmungspflicht der dissentierenden Gesellschafter zur Voraussetzung werden kann. Dann könnte die Minderheit auch beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen keine Vertragsänderung erzwingen. Auch wäre eine bloße Erleichterung der Voraussetzungen oder die Berücksichtigung der Mehrheitsentscheidung in der Abwägung denkbar. Letzteres könnte der Begründung des Zustimmungserfordernisses mittels der Kernbereichslehre130 entsprechen, wonach die grundsätzliche Vertragsgestaltungsmacht von der Einstimmigkeit auf die Mehrheit übertragen, bei der Bestimmung der Treupflicht fortgilt. In der neueren Rechtsprechung ist die ausdrückliche Zurückhaltung gegenüber zusätzlichen Beiträgen festzuhalten. Die hohen Anforderungen der Treubindung zur Verfassungsänderung werden insofern noch einmal gesteigert. In der ungenügenden Mehrheitsklausel zur Beitragserhöhung wird anscheinend keine abwägungsrelevante verfassungsmäßige Wertentscheidung der Mitglieder gesehen. Auch ein Vorverhalten, das die Nachschusspflicht hätte stützen können, wird nicht besonders berücksichtigt.
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BGH II. ZS v. 13.03.1989, NJW-RR 1989, 993, 994 f. Die Lehre vom Kernbereich verlangt insofern nicht nur, dass der Gesellschafter in bestimmten zentralen Fragen seiner Mitgliedschaft das Stimmrecht behält und sich überhaupt beteiligen kann, sondern ferner, dass bestimmte Beschlüsse von seiner Zustimmung abhängig sind, dass also die Einstimmigkeit wiederhergestellt wird: vgl. nur Martens, Schlegelberger HGB III 1. (5. Aufl. 1992) § 119 Rn 24 ff. 130
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b) Beseitigung von Rechten (Sozialverpflichtungen) als zusätzliche Beitragsbegründung Die Begründung eines zusätzlichen Beitrags ist auch in der Beschränkung oder Aufhebung eines Rechts gegeben. In der Aufgabe einer Rechtsposition, sei es durch einen Forderungsverzicht oder nur eine Stundung, ist eine dem Gesellschaftszweck dienende Vermögensmehrung des Verbandes, mithin eine Leistung und demnach auch ein Beitrag zu sehen.131 Ein Unterschied kann begründet werden, wenn die Risikoausweitung als Kriterium hinzugezogen wird. Werden die Rechte, um deren Verkürzung es geht, schon einer Kollektiv-132 oder Sozialsphäre133 zugeordnet, dann erfolgt mit dem Eingriff in diese Rechte eben kein Zugriff auf die gesellschaftlich unbetroffene Individualsphäre des Mitglieds. Dem Mitglied wird dadurch folglich kein höheres Risiko dergestalt aufgebürdet, dass es private Mittel der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen hat. Insofern könnte über eine reduzierte Schutzwürdigkeit nachzudenken sein. Das ändert aber nichts an der formalen Mehrleistung, der Beitragsqualität beizumessen ist.134 aa) Darstellung In der „Zinsverzichtsentscheidung I“ des BGH135 war die Publikumsgesellschaft in Form einer GmbH & Co. KG in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Damit war sie nicht in der Lage, die Zinsverpflichtung für das obli131 AA Wiedemann Gesellschaftsrecht I (1980) § 7 IV. 1. (S. 393), nach dem die Rechtsverkürzung eigenen Rechtssätzen unterworfen ist; wie hier Struckmeier, Kapitalerhöhungen (2002) S. 176. 132 Begriffe „Individualsphäre“ und „Kollektivsphäre“ nach Wiedemann Gesellschaftsrecht I (1980) § 7 IV. (S. 392). 133 Ganz deutlich zu der Funktion der begrenzten Zweckverpflichtung und § 707 BGB als Abgrenzung zwischen Sozial- und Individualsphäre: Ballerstedt, JuS 1963, 253, 257. 134 Zumindest im allgemeinen Sinn der §§ 705, 706. Ob für § 707 eine andere, eingeschränkte Definition des Beitragsbegriffs erforderlich ist, wird eben mit einem veränderten Schutzbedürfnis der Mitglieder vertreten: Ulmer/C. Schäfer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 706 Rn 3; siehe auch zur vergleichbaren Frage bei der GmbH etwa Priester/Veil, Scholz GmbHG III (10. Aufl. 2010) § 53 Rn 53. 135 BGH II. ZS v. 05.11.1984, „Zinsverzichtsentscheidung I“, NJW 1985, 974; vorangehend OLG Koblenz v. 05.04.1984, ZIP 1984, 1352-135. Anders eine Entscheidung des OLG Hamburg v. 28.01.1983, ZIP 1983, 573, 575 f. Dort wurde die Durchsetzung des Anspruchs auch auf Kosten von Konkurs und Liquidation der betroffenen Abschreibungsgesellschaft zugelassen. Die Ansprüche waren dabei nicht offensichtlich wertlos, sodass das OLG bei der in dieser Publikumsgesellschaft als gering veranschlagten Treubindung dem Gesellschafter sein eigennütziges Recht nicht mittels der Treupflicht einschränkte. Die Rechtsverfolgung auch in den Konkurs könne in der Lage der Gesellschaft gar ein gebotener und sinnvoller Schritt sein.
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gatorische Einlagedarlehen der Anlagegesellschafter zu erfüllen. Diese Zahlung hätte vielmehr den wirtschaftlichen Zusammenbruch zur Folge gehabt, bei dem auch die Einlagen und Steuervorteile der Gesellschafter verloren gewesen wären. Um die Insolvenz abzuwenden, stimmten die Gesellschafter mit der für allgemeine Vertragsänderungen festgesetzten Mehrheit von ¾ der abgegebenen Stimmen für eine Aufhebung der Zinspflicht. Da es sich um eine Publikumsgesellschaft handelte, kam unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgrundsatzes136 für den BGH kein Einstimmigkeitserfordernis in Betracht. Doch handle es sich um den Eingriff in unentziehbare Rechte des Gesellschafters, den Kernbereich137 der gesellschaftsrechtlichen Position dessen, weshalb die Zustimmung jedes einzelnen Gesellschafters erforderlich sei. Damit genügte die ¾ Mehrheit nicht und es stellte sich die Frage nach einer Zustimmungspflicht der dissentierenden Gesellschafterminderheit. Auch wenn die Anlagegesellschafter in keinen persönlichen Beziehungen zueinander stünden, so sei das Treugebot auch in der Publikumsgesellschaft nicht weniger stark ausgeprägt, wenn es um die Erhaltung des Gesellschaftsunternehmens gehe. Damit könne sich die Zustimmungspflicht ergeben, wenn die Maßnahme mit Rücksicht auf das Gemeinschaftsverhältnis, insbesondere zur Erhaltung des Geschaffenen dringend geboten und den Gesellschaftern unter Berücksichtigung ihrer eigenen schutzwerten Belange zumutbar ist. Die Konkursreife der Gesellschaft bestehe dann nicht, wenn die Zinsverpflichtung gegenüber den Kommanditisten ausgeklammert würde. Damit sei der Verzicht im Interesse der Gesellschaft geboten. Die Eignung des Zinsverzichts zur Rettung ergebe sich aus dem – bei Herausnahme der Zinspflicht vorliegenden – Jahresüberschuss. Die Zumutbarkeit für die Gesellschafter ergebe sich aus der Wertlosigkeit des Anspruchs; eine Liquidation führe zu keinem verteilungsfähigen Erlös unter den Gesellschaftern, die Zinszahlung selbst unterliege nach § 172 IV HGB dem Rückzahlungsbegehren der Gläubiger. In gleicher Weise wurde bezüglich der Zinsverpflichtung der Gesellschaft für Kommanditkapitalanteile138 entschieden. Auch hier wäre auf der einen Seite die Insolvenz der Gesellschaft die Folge gewesen, auf der anderen 136 BGH II. ZS v. 13.03.1978, BGHZ 71, 53, 58 f.: bei Publikumsgesellschaften sei die Notwendigkeit, den Gesellschaftsvertrag durch Mehrheitsbeschluss ändern zu können, offensichtlich, weswegen hier von der Vertragsauslegung her keine qualifizierte Bestimmung für die Unterwerfung auch ungewöhnlicher Vertragsänderungen unter das Mehrheitsprinzip gefordert werden könne. Zum Bestimmtheitsgrundsatz und seiner kontroversen Beurteilung in der Literatur insbesondere: Martens, Schlegelberger HGB III 1. (5. Aufl. 1992) § 119 Rn 71 ff.; Enzinger, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 119 Rn 78. 137 Vgl. dazu hier Fn 130, S. 151; Martens, Schlegelberger HGB III 1. (5. Aufl. 1992) § 119 Rn 24 ff. 138 BGH II. ZS v. 19.11.1984, „Zinsverzichtsentscheidung II“, NJW 1985, 972.
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Seite wäre die Zahlung als verbotene Einlagenrückgewähr gem. § 172 IV HGB zu qualifizieren gewesen. Während in diesen Zinsverzichtsfällen den Gesellschaftern somit nach den Sachverhaltsfeststellungen lediglich faktisch wertlose Ansprüche genommen wurden, wurde in einer neueren OLG-Entscheidung den Gesellschaftern ein vertraglich garantiertes Mindestentnahmerecht der Gewinnbeteiligung entzogen.139 Im Gesellschaftsvertrag war bestimmt, dass die Gesellschafter zwar bei ihren Entnahmen auf die Liquidität der Gesellschaft Rücksicht zu nehmen hätten, aber immer berechtigt sein sollten, aus den ihnen gutgeschriebenen Gewinnanteilen und Zinsen die Steuern und Abgaben zu entnehmen, die im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung entstehen.140 Ein Gläubiger der Gesellschaft hatte allerdings angedroht, bei einer Gewinnausschüttung sämtliche Kredite zu kündigen, was die Insolvenz der KG zur Folge gehabt hätte. Nach dem OLG gebot die Treupflicht, in dieser Krisensituation auf die Geltendmachung des Mindestentnahmerechts zu verzichten. Die Ausübung des Rechts unterliege der Treupflicht. Die Bestimmung, dass die Gesellschafter immer berechtigt sein sollten, die notwendigen Steuermittel zu entnehmen, verbiete keine Abwägung der Interessen von Gesellschafter und Gesellschaft. Vorliegend sei der Steuerbetrag, dessen Entnahme treugebunden werde, relativ gering (3.627 DM für zwei Steuerjahre), sodass dieser nicht gegen den Fortbestand der Gesellschaft geltend gemacht werden dürfe. Eine Grenze finde sich aber dort, wo die Belastung des Gesellschafters, aus seinem sonstigen Einkommen die Steuerschulden seiner Gesellschaftsbeteiligung zu erbringen, eine unzumutbare Höhe erreiche. Zu einer Beschränkung des Gewinnentnahmerechts des Kommanditisten aus § 169 I HGB, welches im Gegensatz zu dem der persönlich haftenden Gesellschafter aus § 122 HGB keiner gesetzlichen Einschränkung unterworfen ist,141 durch die Treupflicht urteilte jüngst das OLG Bamberg.142 139
OLG Karlsruhe v. 28.02.2003, „Mindestentnahmerechtfall“ NZG 2003, 429. Zu der Frage eines auf der Treupflicht beruhenden generellen Steuerentnahmeanspruchs der Gesellschafter BGH II. ZS v. 29.03.1996, BGHZ 132, 263, 277, der sich der generalisierenden Rechtsfortbildung hier ausdrücklich verschließt und allein auf Einzelfalllösungen mittels der Treupflicht abstellt. Dagegen für einen generellen Steuererstattungsanspruch der Gesellschafter aufgrund des Treuegedankens zum Schutz des Privatvermögens der Gesellschafter die wohl h. L.: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 47 IV. 3. a) (S. 1388); C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 122 Rn 21; Martens, Schlegelberger HGB III 1. (5. Aufl. 1992) § 122 Rn 11; Großfeld, NJW 1986, 955, 958; dagegen für eine Lösung über § 110 HGB, mit dem Gedanken, es handle sich um Gewinne der Gesellschaft, damit auch materiell um eine Steuerschuld, die in „Angelegenheiten der Gesellschaft“ begründet wird: Schön, FS-Beisse (1997) S. 471, 487 f. 141 Hopt, Baumbach/Hopt HGB (34. Aufl. 2010) § 169 Rn 2; Martens, Schlegelberger HGB III 2. (5. Aufl. 1986) § 169 Rn 10. 140
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Die gleichzeitige Auszahlung aller stehen gelassener Gewinnanteile der Kommanditisten würde zur Insolvenz der Gesellschaft führen. „Die Individualinteressen der Gesellschafter müssen den Interessen an der Erhaltung der Gesellschaft dann weichen, wenn die werbend tätige Gesellschaft durch die Auszahlung der Gewinnanteile insolvent werden würde.“ Doch gelte diese Beschränkung des Entnahmerechts nur vorübergehend, und zwar so weit der Gesellschaft ein schwerer, nicht wieder gut zu machender Schaden drohe. bb) Analyse Die Vertragsanpassung wird an der bekannten Formel von Erforderlichkeit und Zumutbarkeit gemessen. Das Schutzziel kann nicht sicher ausschließlich zum Verbands- oder Werterhalt zugeordnet werden. In diesen Entscheidungen wird mit der jeweils drohenden Insolvenz gleichermaßen eine Gefahr für den Verband als Rechtsbeziehung seiner Mitglieder gebannt als auch der Wert dessen als werbendes Unternehmen geschützt. Dass die Geltendmachung wertloser Ansprüche den Gesellschaftern zu versagen ist, ergibt sich dem Grunde nach bereits aus § 226 BGB. Insofern kann die Interessenabwägung in solchen Fällen relativ einfach und einseitig zu Gunsten der Zustimmungspflicht ausfallen. So klar diese Fälle liegen, so erweist sich die erzwungene Stundung – zum Beispiel bei den Gewinnentnahmen143 – demgegenüber als äußerst problematisch, sobald der Anspruch nicht ganz wertlos ist. Hier sind durch längeres Zuwarten auch eine weitere Verschlechterung der Vermögenslage des Verbands und der Totalausfall der Forderung möglich. Die schwierige Grenzziehung zwischen Beitragserhöhung einerseits und Rechtsbegrenzung andererseits zeigt der „Mindestentnahmerechtfall“.144 Obwohl „nur“ ein vertragliches Recht eines Gesellschafters beseitigt wurde, ergab sich daraus faktisch eine Risikovermehrung über den vereinbarten Bereich hinaus auf das Privatvermögen des Gesellschafters. Bemerkenswert an der Entscheidung ist ferner, dass die eindeutigen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags (grundsätzliche Rücksichtnahme bei den Entnahmen ge142 OLG Bamberg v. 17.06.2005, NZG 2005, 808; zustimmend für eine generelle Beschränkung des gesetzlich unbeschränkten Entnahmerechts durch die Treupflicht die wohl ganz h. M.: Grunewald, MüKo HGB III (2. Aufl. 2007) § 169 Rn 7; Martens, Schlegelberger HGB III 2. (5. Aufl. 1986) § 169 Rn 11; Hopt, Baumbach/ Hopt HGB (34. Aufl. 2010) § 169 Rn 3; Schilling, Staub HGB II (4. Aufl. Stand 1987) § 169 Rn 4; Schulte, Sudhoff PersG (8. Aufl. 2005) § 7 IV. 2. (S. 93). 143 OLG Bamberg v. 17.06.2005, NZG 2005, 808. 144 OLG Karlsruhe v. 28.02.2003, „Mindestentnahmerechtfall“ NZG 2003, 429.
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genüber der permanenten Entnahmemöglichkeit zur Deckung der Steuerlast) ohne besondere Berücksichtigung ihrer differenzierten Regelung als überwindbar erfasst wurden. Auch hier ergibt sich für die Rechtsprechung somit nicht nur keine absolute Grenze, sondern offensichtlich auch kein gesteigertes Kriterium der Abwägungsentscheidung. c) Aufhebung und Wandel von Gesellschafterpflichten Neben der reinen Pflichtvermehrung und Rechtsverkürzung aufgrund eines höheren Mittelbedarfs für die Gesellschaft stellt sich auch schon bei dem Beitragsausfall eines Gesellschafters die Frage nach Anpassung.145 Der Beitragsausfall kann dabei in der persönlichen Unzumutbarkeit der Leistung, wie auch in der faktischen Unmöglichkeit liegen. aa) Darstellung Im „USA-Mitarbeiterfall“146 des BGH ging es um den Ausschluss eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen oHG mittels der Übernahmeklage nach altem Recht, § 142 HGB aF.147 Beide Gesellschafter waren 1939 aus 145
Im BGB schien eine besondere gesellschaftsbezogene Lösung des Leistungsstörungsrecht den Verfassern nicht gangbar, vgl. Mugdan, Materialien II (1899) S. 335 f. Das allgemeine Schuldrecht hält hier für die Beteiligten im Falle der unverschuldeten Unmöglichkeit der Beitragserbringung keine Anpassungsmöglichkeit bereit. Auf die Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften sind grundsätzlich lediglich die §§ 275, 280 bis 286 BGB, nicht aber §§ 323, 326 BGB anwendbar, da kein gegenseitiger, sondern ein Schuld- und Organisationsvertrag vorliegt: C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 147 ff.; H. P. Westermann, Erman BGB I (12. Aufl. 2008) § 705 Rn 43 ff.; K. Schmidt, Schlegelberger HGB III 1. (5. Aufl. 1992) § 105 Rn 96; Sprau, Palandt BGB (69. Aufl. 2010) § 705 Rn 13. Die Rechtsfolge der unverschuldeten Unmöglichkeit besteht aber auch nach allgemeinem Schuldrecht der §§ 323, 326 BGB nur in der Lösungsmöglichkeit von dem Vertrag; insofern gelten im Recht der Personengesellschaften die speziellen Lösungsrechte der §§ 723, 737 BGB, §§ 133, 140 HGB, welche aber jeweils keine verbandserhaltende Anpassung an die Umstände erlauben. Umfassend zu dem Problem: Hüttemann, Leistungsstörungen bei den Personengesellschaften (1998) S. 155 ff. der letztlich nur die Möglichkeiten einvernehmlicher Anpassung oder (Teil-)Lösung der Verbandsrechtsrechtsbeziehungen anerkennen will (S. 249). 146 BGH II. ZS v. 12.01.1956, „USA-Mitarbeiterfall“, WM 1956, 351. 147 § 142 I HGB aF bis 30.06.1998: Sind nur zwei Gesellschafter vorhanden, so kann, wenn in der Person des einen von ihnen die Voraussetzungen vorliegen, unter welchen bei einer größeren Zahl von Gesellschaftern seine Ausschließung aus der Gesellschaft zulässig sein würde, der andere Gesellschafter auf seinen Antrag vom Gerichte für berechtigt erklärt werden, das Geschäft mit Aktiven und Passiven zu übernehmen. Insofern nach geltendem Recht schlicht § 140 I HGB, der explizit (Abs. 1 S. 2) auch die Ausschlussklage in der zweigliedrigen oHG erlaubt.
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der Gesellschaft ausgeschieden und in die USA geflohen. 1951 erhielten sie dann durch ein Rückerstattungsverfahren das Unternehmen zurück; der Bekl. hatte indes im gleichen Geschäftsfeld (Druckereibetrieb) bereits seit 1946 in den USA ein neues Unternehmen aufgebaut. Er weigerte sich nun, nach Deutschland zurückzukehren und mit dem Kläger gemeinsam die Leitung des Unternehmens zu übernehmen, was der Grund für das Ausschlussbegehren war. Grundsätzlich bestehe die oHG nicht nur als Haftungssondern auch als Arbeitsgemeinschaft, § 114 I HGB, sodass der Bekl. die Erreichung des gemeinsamen Zwecks durch die Dienstleistung der Geschäftsführung zu fördern habe. Davon könne eine abweichende Vereinbarung getroffen werden, die hier nicht erfolgt sei. Die Frage sei also dahin zu stellen, ob der Kl. nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der besonderen persönlichen und geschäftlichen Verhältnisse des Bekl. verpflichtet gewesen sei, der Aufhebung der Geschäftsführungspflicht zuzustimmen. Eine solche Vertragsänderungspflicht könne erst dann angenommen werden, wenn es sich um einen besonderen Ausnahmefall handle, in dem der zustimmungspflichtige Gesellschafter keinen sachlich vertretbaren Grund für seine Weigerung geltend machen könne, und in dem die gewünschte Änderung mit Rücksicht auf das bestehende Gesellschaftsverhältnis erforderlich erscheine. Hierfür biete der Sachverhalt jedoch keinen hinreichenden Anhalt. Der Kl. habe vielmehr ein auf sachlichen Gründen beruhendes Interesse an der persönlichen Mitarbeit des Bekl. Ferner wurde in einer Reihe von Entscheidungen148 über die Anpassung des Gesellschaftsvertrags bei dem unverschuldeten Ausfall eines Gesellschafters bezüglich seiner Beitragsleistung in Form der persönlichen Mitarbeit bzw. der Geschäftsführung entschieden. In jedem dieser Fälle führte ein Verkehrsunfall dazu, dass einer der Gesellschafter nicht mehr in der Lage war, der Gesellschaft seine Arbeitsleistung zu widmen. Vermittelt über den Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger stellte sich die Frage nach der innergesellschaftlichen Verteilung der Mehrkosten, die infolge des Ausfalls des verletzten Gesellschafters entstehen. Hier kommen alle Entscheidungen übereinstimmend dazu, dass der ausfallende Gesellschafter al148 BGH VI. ZS v. 15.01.1963, VersR 1963, 433; BGH VI. ZS v. 05.03.1963, VersR 1963, 585; BGH III. ZS v. 25.09.1972, DB 1972, 2201; OLG Karlsruhe v. 04.04.1974, FamRZ 1975, 341; nur in der „Bundestagsmandatentscheidung“ des BGH, II. ZS v. 06.05.1965, BGHZ 43, 384 ist der Antrag allein darauf begrenzt über mögliche Schadensersatzpflichten des, infolge der Wahrnehmung seines Bundestagsmandats ausfallenden, Gesellschafters zu entscheiden (S. 385 f.). Dieses wird im Hinblick auf Art. 48 II GG verneint. Die Frage, ob der Gesellschafter die Gesellschaft von den Mehraufwendungen freizustellen habe, wird dagegen vorab mit Hinweis auf den begrenzten Antrag explizit ausgenommen, sodass auch hier eine Treupflichtlösung gegenüber Art. 48 II GG gewogen und geprüft hätte werden können.
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lein die Mehrkosten für seinen Ausfall tragen müsse. Dies gebiete die Treupflicht der Gesellschafter.149 Damit erfolgte insofern jeweils eine unmittelbare Vertragsänderung aufgrund der Treupflicht, die nicht mehr über die Zustimmungspflicht zur Vertragsänderung vermittelt wird. bb) Analyse In den Entscheidungen geht es um die Konsequenzen, die aus dem Ausfall der persönlichen Mitarbeit eines Gesellschafters entstehen. Dabei wird im „USA-Mitarbeiterfall“ eine persönliche Unzumutbarkeit nicht geprüft. Die persönliche Unzumutbarkeit drängt sich im Fall allerdings einerseits aus der anderweitigen Verpflichtung in den USA andererseits aus der persönlichen Härte einer Rückkehr nach Deutschland nach der Vertreibung auf. Damit wird das persönliche Interesse des verhinderten Mitglieds an einem möglichst weitgehenden Erhalt seiner Rechtsposition – Gesellschafterstellung ohne persönliche Mitarbeit – für gar nicht abwägungsrelevant befunden. In den Fällen der faktischen Unmöglichkeit erfolgt die Vertragsanpassung dagegen durchgängig unmittelbar ohne den „Umweg“ über die Zustimmungspflicht und ohne Abwägung der Interessenlage. Es wird nicht auf die Formel von Ausnahme, Erforderlichkeit und Zumutbarkeit abgestellt. Es bleibt bei der schlichten Feststellung, dass die Treupflicht die veränderte 149 So zumindest in BGH VI. ZS v. 15.01.1963, VersR 1963, 433, 434; BGH VI. ZS v. 05.03.1963, VersR 1963, 585, 586; OLG Karlsruhe v. 04.04.1974, FamRZ 1975, 341, 343; anders löst der III. Senat des BGH vom 25.09.1972, DB 1972, 2201, 2202 mittels ergänzender Vertragsauslegung (vorrangig) und Wegfall der Geschäftsgrundlage (nachrangig) zur Anpassung der Beitragsleistung. Ganz ohne Berücksichtigung der Treupflicht zur Anpassung wurde in zwei Entscheidungen zum vorübergehenden Ausfall eines Gesellschafters entschieden. Jeweils sollte keine Reaktion der Vertragsbeziehung auf die Störung der Leistungsäquivalenz folgen. OLG Düsseldorf v. 26.04.1956, NJW 1956, 1802 f. nur zu der Frage ob § 323 BGB aF den Gewinnanspruch beeinträchtigen könne. Der unfallgeschädigte Gesellschafter einer zweigliedrigen GbR, bei der die Beiträge allein in der Erbringung von Dienstleistungen bestanden, konnte ein ganzes Jahr keine Mitarbeit leisten. Gleichwohl wurde eine Anpassung des Gewinnverteilungsschlüssels weg von § 722 I BGB mit dem Hinweis abgelehnt, es ließe sich nicht festmachen, auf welchen Vorleistungen des ausfallenden Gesellschafters der Erfolg der Gesellschaft noch beruhe, eine Bestimmung sei insofern nicht möglich. Ebenso wird in BGH VI. ZS v. 06.10.1964, FamRZ 1965, 40 f., wieder ohne Berücksichtigung der Treupflicht entschieden. Der Gesellschafter einer dreigliedrigen oHG fiel unfallbedingt wenigstens für zwei Jahre aus. Dabei sollte er keine Anpassung der Gewinnverteilung um den Unternehmerlohn schulden. „Es handelt sich vielmehr um eine Familiengesellschaft. In ihr gilt weitgehend der Grundsatz, dass die Mitgesellschafter nach besten Kräften verpflichtet sind, die ausgefallene Arbeitskraft eines verletzten Gesellschafters zu ersetzen ohne hierfür eine zusätzliche Vergütung fordern zu können.“
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Rechtslage „bei Verhältnissen, wie sie hier bestehen“, verlange. Auch wird in keinem der Fälle herausgearbeitet, dass es der Erhalt der Gesellschaft sei, der die Vertragsänderung erforderlich mache. Nur in der ersten Entscheidung150 wird angedeutet, dass der Erhalt des Leistungsgleichgewichts das Schutzziel der Vertragsanpassung sein könnte. Damit tritt in diesem Fall ein zusätzlicher Schutzgegenstand der Treupflicht innerhalb der Rechtsprechung hinzu, die Sicherung des Leistungsgleichgewichts. Beachtenswert ist die abweichende Lösung der Fälle,151 in denen bei vollkommen ähnlich gelagerten Sachverhalten eine treupflichtige Lösung nicht angedacht wurde. Hier führt kein alternativer Lösungsweg wie eine ergänzende Vertragsauslegung oder die Geschäftsgrundlagenlehre zur Anpassung, sondern es bleibt schlicht bei der Verlagerung der Ausfallgefahr des einzelnen Mitglieds auf das Verbandskollektiv. Eine Rechtfertigung für diese Abweichung, insbesondere die totale Nichtberücksichtigung der Treupflichtlehre, ist schwerlich ersichtlich.152 2. Begründung oder Erweiterung von Rechten
Bisher wurden nur diejenigen Fallgestaltungen erfasst, die eine Pflichterweiterung oder einen Pflichtwechsel zum Gegenstand hatten. Allerdings hat sich die Frage einer treupflichtigen Verfassungsänderung auch bei der Rechtserweiterung der Gesellschafter gestellt. Hierbei geht es um die Fragen, ob ein Gesellschafter die Anpassung seiner vertraglichen Geschäftsführervergütung, der Entnahmerechte, der Abfindungsansprüche oder des Gewinnverteilungsschlüssels, ferner die Begründung eines Ruhegehalts153 oder einer Zinspflicht für seinen Kapitalanteil verlangen kann. 150
BGH VI. ZS v. 15.01.1963, VersR 1963, 433. OLG Düsseldorf v. 26.04.1956, NJW 1956, 1802; BGH VI. ZS. v. 06.10. 1964, FamRZ 1965, 40. 152 Zu erklären ist die mangelnde Berücksichtigung allerdings wohl durch verschiedene Aspekte. Der BGH hat erstmals 1954 die Möglichkeit einer Zustimmungspflicht anerkannt, BGH v. 24.04.1954 „Konzessionsfall“, BGH LM Nr. 8 zu § 105 HGB. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des OLG Düsseldorf v. 26.04.1956 ist die Anerkennung also noch sehr jung und nicht positiv entschieden worden. Die Abweichung in der Rechtsprechung des VI. Senats des BGH durch BGH VI. ZS. v. 06.10.1964, FamRZ 1965, 40 f. erklärt sich zum einen aus der vorrangigen Auslegung des Gesellschaftsvertrags der Familiengesellschaft als Regelung solidarischer Gefahrtragung. Zum anderen war im Gegensatz zu den anderen Fällen des Senats nicht die interne Gefahrtragung nur mittelbar für die Verantwortung des Schädigers von Bedeutung. Nur in diesem Fall konnte der verunfallte Gesellschafter den „Schaden“ durch den Abzug des Unternehmerlohns in der Vertragsanpassung nicht an seinen Schädiger weiterreichen. 153 BGH II. ZS v. 27.09.1965, WM 1965, 1284, 1286: Ein Gesellschafter begehrte einen Ruhegehaltanspruch für seinen auf gesellschaftsvertraglicher Basis mit151
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a) Darstellung In einer ganzen Reihe von Entscheidungen wurde über die Anpassung oder Begründung einer Geschäftsführervergütung als Vertragsgegenstand entschieden.154 Hier war die vertraglich fixierte Vergütung der Inflation unterworfen oder es war zunächst gar keine Tätigkeitsvergütung vereinbart. Dabei wurde in keinem der Fälle die Vergütung mit einer auf die Treupflicht gestützten Begründung verändert. Es wird vielmehr regelmäßig betont, dass dafür eine Ausnahmesituation bestehen müsse, in der die Anpassung für eine verständige Weiterverfolgung des Gesellschaftszwecks dringend geboten sein müsse.155 Dies sei bei einer bloß geringen Tätigkeitsvergütung nicht der Fall. Erst wenn die gesamte Ertragsbeteiligung in einem sachlich unvertretbaren Verhältnis stehe, sei ein richterliches Eingreifen unumgänglich. Es könne nicht die Aufgabe des Richters sein, durch Anerkennung einer Zustimmungspflicht ändernd in den Gesellschaftsvertrag einzugreifen, nur weil dieser das für billig oder angemessen halte. Daneben waren mehrfach andere Komponenten der Gewinnverteilung Gegenstand einer fraglichen Änderung. In einem Fall156 hatten sich die nicht ausgeschütteten Gewinne der Gesellschafter aufgrund der vertraglichen Gestaltung der Entnahmemöglichkeiten divergent entwickelt, sodass der mit 25% am Festkapital beteiligte Kl. der Gesellschaft 43% des gesamten Ergänzungskapitals stellte, der Bekl. zu 1, mit 70% am Festkapital beteiligt, stellte dagegen nur 49% des Ergänzungskapitals. Damit gewährte arbeitenden Ehegatten, da durch die vorzeitige Auflösung der Gesellschaft die Mitarbeit und Tätigkeitsvergütung entfielen. Dies sei durch die Treupflicht nicht geboten. Nur in besonderen Ausnahmefällen, in denen der Erhalt des Unternehmens die Vertragsänderung erfordere, ergebe sich der Anspruch auf Anpassung. 154 BGH II. ZS v. 10.06.1965, BGHZ 44, 40; BGH II. ZS v. 10.05.1976, BB 1976, 948; BGH II. ZS v. 04.07.1977, BB 1977, 1271; BGH II. ZS v. 15.06.1978, WM 1978, 1230. Daneben wurde gleichermaßen auch über die Veränderung der Tätigkeitsvergütung als Organisationsakt entschieden: BGH II. ZS v. 06.07.1967, WM 1967, 1099; BGH II. ZS v. 29.09.1986, WM 1986, 1556; OLG München v. 22.10.2003, NZG 2004, 125. 155 BGH II. ZS v. 10.06.1965, BGHZ 44, 40; BGH II. ZS v. 04.07.1977, BB 1977, 1271; abweichend kann insofern nur BGH II. ZS v. 10.05.1976, BB 1976, 948, 949 aufgefasst werden, als dass dort die Frage nach der Rechtfertigung einer veränderten Vergütung anhand der von dem Gesellschafter erbrachten Leistungen aufgeworfen wird, mithin mehr die Erforderlichkeit zum Erhalt der Leistungsgerechtigkeit bemüht wird; so auch die Anmerkung von Ulmer, BB 1976, 950, der hier einen Beurteilungswandel in der Rechtsprechung ausmachen will. Diese Deutungsmöglichkeit wird aber von BGH II. ZS v. 04.07.1977, BB 1977, 1271 explizit beseitigt: Es sei weiterhin erforderlich, dass die begehrte Änderung für eine verständige „Weiterführung des Gesellschaftszwecks“ dringend geboten sei. 156 OLG Hamm v. 14.06.1999, NZG 2000, 252.
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der Kl. nach seiner Auffassung der Gesellschaft ungewollt ein zinsloses Darlehen in Höhe von rund 500.000 DM, das vom Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen, sondern zufällige Folge der unterschiedlichen Entnahmerechte sei. Daher sei einerseits eine Zinspflicht für die Ergänzungskapitalanteile zu begründen, andererseits das Entnahmerecht neu zu regeln. Nach Auffassung des OLG Hamm ergab sich weder das eine noch das andere. Es genüge nicht, dass die begehrte Regelung sinnvoll, rechtlich zulässig und der Treupflicht entsprechend sei, vielmehr müsse die gegenwärtige Regelung unzumutbar sein und der Treupflicht widersprechen. Das hier begründete Ungleichgewicht sei dafür nicht groß genug. In einer weiteren Entscheidung157 veränderte sich die Struktur einer Kommanditgesellschaft sukzessive zunächst durch den dauerhaften Arbeitsausfall – die Komplementäre hatten ihre Arbeitskraft ausschließlich der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen –, später durch das Ausscheiden eines der beiden Komplementäre, G 2. Der verbleibende Komplementär, G 1, begehrte insofern eine Anpassung der Gewinnverteilung an den jeweils veränderten Umstand. Mit dem Ausfall des G 2 habe er allein die gesamten Gewinne erwirtschaftet, dem G 2 stehe insofern nur eine Haftungsvergütung zu. Durch das Ausscheiden trage er auch allein das gesamte Haftungsrisiko. Unter Beibehaltung der gegenwärtigen Gewinnverteilung, 5% Zinsen auf Kapitalguthaben, 30% Vorweggewinn für die persönlich haftenden Gesellschafter, Verteilung des übrigen Reingewinns nach Verhältnis der Festkapitalanteile, profitierten die Kommanditisten übermäßig und erhielten einen wesentlich höheren Anteil am Gewinn als bisher. Nach Auffassung des OLG München genügten beide Umstände nicht, eine Vertragsänderungspflicht zu begründen. Einerseits sei die Gewinnbeteiligung nicht Ausgleich für die durchzuführende Tätigkeit, sondern für das Haftungsrisiko, sodass mit dem Ausfall keine Veränderung geboten sei, andererseits sei das Haftungsrisiko des G 1 durch das Ausscheiden nicht erhöht. Es fehle allein die Rückgriffsmöglichkeit gegen G 2. Ferner habe sich G1 selbst treuwidrig verhalten, indem er sich bereits aufgrund der veränderten Sachlage ohne Beschluss der Gesellschafterversammlung einen höheren Vorweggewinn ausgezahlt habe. Wer sich selbst aber treuwidrig verhalte, der könne sich nicht auf der anderen Seite auf die Einhaltung von Treu und Glauben durch 157 OLG München v. 12.01.2001, NZG 2001, 793. Der Fall ist der Anpassung in Folge der Unmöglichkeit der Beitragsleistung eines Gesellschafters (siehe dazu hier § 6 B. III. 1. c) Aufhebung und Wandel von Gesellschafterpflichten) vergleichbar. Nur der Blickwinkel unterscheidet sich. Oben ist er auf die Beitragsleistung des ausfallenden Gesellschafters gerichtet und es wird gefragt, ob er selbst einen Ausgleich für seinen Ausfall tragen muss. Dagegen wird hier auf die Rechtsstellung des mehrleistenden Gesellschafters geblickt und gefragt, ob er für seine Mehrleistung einen Ausgleich verlangen kann.
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die anderen Gesellschafter berufen. Schließlich habe es der G 1 in der Hand gehabt, entweder auf die Veränderung des Vertrags hinzuwirken, oder die Gesellschaft zu kündigen. Letztlich wurde auch über die Veränderung des Gewinnverteilungsschlüssels entschieden.158 Hier hatten die Gesellschafter einer Publikums-KG ihre Anlage in Appartements investiert, die Beitragsleistung gegenüber der Gesellschaft bestand in der miet- und pachtweisen Überlassung ihres Teileigentums. Im Laufe der Zeit erwirtschaftete die Gesellschaft den Großteil ihrer Gewinne mit den Appartements, nicht mit dem Restaurationsbetrieb. Hier erkannte das OLG außergewöhnlich weitgehende Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse an, die die ursprünglichen Vereinbarungen zur Einnahmenverteilung auf den Kopf stellten. Dabei sei den Kommanditisten das Festhalten an der bisherigen Einnahmenverteilung nicht mehr zuzumuten, weil diese ansonsten auf Dauer von jeder für sie positiven wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt und deren Eigentum an den Appartements ausgehöhlt würde. Daher sei ein angemessener Einnahmenverteilungsschlüssel aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht von den anderen Gesellschaftern hinzunehmen. b) Analyse Diese Entscheidungen folgen wieder ausnahmslos der allgemeinen Tatbestandsbestimmung der Zustimmungspflicht. In den Entscheidungen wird nur in einem einzigen Fall159 das Leistungsgleichgewicht als selbstständig schutzfähig angesehen. In allen anderen Entscheidungen wird allein der unerträgliche, unzumutbare Zustand als korrekturbedürftig angesehen. Bei Erreichung dessen geht die Rechtsprechung offensichtlich davon aus, dass der Erhalt der Gesellschaft durch die dann berechtigte Kündigung des unterbezahlten Gesellschafters gefährdet wäre.160 Damit wird der Schutzzweck der Verfassungsänderung auf den Erhalt der Gesellschaft begrenzt, der Erhalt 158 OLG München v. 22.12.2000, NZG 2001, 558; allerdings aufgehoben durch BGH II. ZS v. 17.12.2001, NZG 2002, 518, welcher jedoch nicht die Erwägungen zur Zustimmungspflicht zur Vertragsänderung beanstandet, sondern die inzidente Prüfung der Vertragsänderungspflicht bei dem Angriff gegen die formal richtige Feststellung des Jahresabschluss. Wo die Vertragsänderung weder beschlossen noch beantragt sei, sei der Jahresabschluss als reines Rechenwerk richtig und eine unangemessene Benachteiligung einiger Gesellschafter könne hier nicht geprüft werden. 159 OLG München v. 22.12.2000, NZG 2001, 558. 160 Hier stellt sich die Folgefrage, wie weit eine Korrektur dann reichen würde. Ginge diese dann konsequent nur darauf, das Maß herzustellen, in dem die Unerträglichkeit gerade eben beseitigt ist? Oder erfolgt gemessen am Eingriffserfordernis eine Überkompensation in dem dann aus der Unerträglichkeit ein angemessener Zustand hergestellt wird?
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einzelner Regelungen (Äquivalenzbeziehungen zwischen Beitrag und Vergütung der Teilnahme) nicht selbstständig geschützt. Insgesamt ist in dieser Gruppe eine erhebliche Zurückhaltung der Gerichte auszumachen. Dabei wird anhand der wiedergegebenen Tatbestände auch die Dimension sichtbar, in der auch die Treupflicht die Gesellschafter hilflos lässt, wenn es nur um Äquivalenzstörungen geht. Fraglich ist insofern, wie diese Handhabe der Treupflicht mit der Fallgruppe der unmöglichen Beitragsleistung in Einklang zu bringen ist. Dort wurden die Äquivalenzstörungen regelmäßig vollständig beseitigt. Schließlich ist der Hinweis auf eine Kündigungsmöglichkeit des durch die Äquivalenzstörung belasteten Gesellschafters zu beachten.161 Damit wird der Erhalt der Gesellschaft unter den veränderten Umständen in diesem Fall offensichtlich als nicht schützenswert betrachtet und den einseitigen Gestaltungsmöglichkeiten des Gesellschafters ausreichende Anpassungsleistung beigemessen. IV. Gesellschaftsorganisation: Leitungs- und Kontrollkompetenzen 1. Leitungskompetenzen
Der Entzug der Geschäftsführungsbefugnis bedarf nach § 712 I BGB, § 117 HGB trotz des Merkmals des wichtigen Grundes einer Mehrheitsentscheidung, regelmäßig sogar einer einstimmigen Entscheidung der übrigen Gesellschafter. Insofern stellt sich die Frage, ob bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, den Ausschlussfällen vergleichbar,162 eine Zustimmungspflicht zu der Maßnahme erzwungen werden kann. a) Darstellung In einer frühen Entscheidung des OLG Koblenz waren die Vertretungsverhältnisse in der oHG umstritten. In dieser Situation könne sich aus der Treupflicht der Gesellschafter ergeben, an einer Übergangslösung, der Übertragung der Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht auf eine von der Industrie- und Handelskammer zu benennenden Persönlichkeit mitzuwirken.163 Hier dürfe nicht das vermeintliche Recht unter allen Umständen 161
OLG München v. 12.01.2001, NZG 2001, 793, 795. Vgl. hier § 6 B. I. 1. Erzwungene Teilnahme am Ausschlussverfahren gem. § 737 BGB, § 140 I HGB. 163 OLG Koblenz v. 14.12.1956, MDR 1957, 295. Es erscheint zunächst unklar, warum die Entscheidung (auch) auf die Treupflicht gestützt wurde. Eben die vorübergehende Übertragung der Befugnisse der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis auf einen Dritten ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung BGH II. ZS 162
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ausgeübt werden. Wenn schon bestehende Rechte in ihrer Wahrnehmung einer der Treupflicht entsprechenden Rücksichtnahme gehorchen müssen, so müsste dies erst recht gelten, wenn das Bestehen des Rechts unsicher sei. Der BGH hatte sich ferner mit dem Entzug der Geschäftsführungsbefugnis der Komplementär-GmbH zu beschäftigen.164 Hier lag die Besonderheit des Falls indes darin, dass die Kommanditisten, die mit der Zustimmungspflicht in Anspruch genommenen wurden, auch gleichzeitig die Geschäftsführung der GmbH ausübten. Damit reduzierte sich die Argumentation des BGH auf die „hartnäckige und selbstherrliche Pflichtverletzung“ durch die GmbH, derer sich die Beklagten in ihrer Funktion dort selbst schuldig gemacht hätten, weshalb die Verweigerung einer Mitwirkung am Entzug treuwidrig sei. Einer abschließenden Entscheidung, unter welchen Voraussatzungen der einzelne Gesellschafter ohne Vertragsbestimmung verpflichtet sei, der Entziehungsklage zuzustimmen, bedürfe es daher nicht. Ein gewisses Maß an Konkretisierung erfahren die Voraussetzungen für die erzwungene Teilnahme an diesem Verfahren erst durch eine spätere BGH-Entscheidung.165 Darin ging es zwar nicht um den Entzug der Geschäftsführungsbefugnis, sondern um die Kündigung eines Treuhandverhältnisses, vermöge dessen einer der Gesellschafter die Beteiligungen an den Anlagegesellschaften für die in Streit stehende Gesellschaft hält. Hier betont der BGH, dass bei einem solchen Treuhänder, der die wesentlichen Geschäfte der Gesellschaft führe, wie bei einem Geschäftsführer kein Recht bestehen könne, in seinem Amt zu verbleiben, wenn er untragbar geworden sei. „Liegt ein wichtiger Grund vor, so hat aber auch kein (Mehrheits-)Gesellschafter das Recht, den untragbaren Geschäftsführer im Amt zu halten“.166 Es sei in der Regel jedem Gesellschafter von seiner Treupflicht geboten, der Ablösung zuzustimmen. b) Analyse Mangels einer unmittelbaren Verbandsgefährdung durch die ungenügende Ausübung der Leitungsmacht steht die Werterhaltkomponente der Zustimv. 11.07.1960, BGHZ 33, 105, 108 auch durch einstweilige Verfügung, §§ 935, 940 ZPO möglich, vgl. dazu Littbarski, Einstweiliger Rechtsschutz (1996) S. 45 f. mit umfangreichen Nachweisen zum Schrifttum. Aus dem übertragenen Teil des Urteils wird aber deutlich, dass hier die Entscheidung über die einstweilige Verfügung durch die Treupflichterwägung auch gegenüber denjenigen Gesellschaftern, die im Eilrechtsschutzverfahren nicht beteiligt waren, gesichert werden sollte. 164 BGH II. ZS v. 25.04.1983, NJW 1984, 173. 165 BGH II. ZS v. 09.11.1987, BGHZ 102, 172. 166 BGH II. ZS v. 09.11.1987, BGHZ 102, 172, 176.
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mungspflicht im Vordergrund. Die sukzessive Schädigungsmöglichkeit beinhaltet aber auch die totale Verbandsgefährdung, sodass der Schutzgegenstand nicht ausschließlich zuzuordnen ist. Dass die Duldung von nur vorübergehenden Umgestaltungen den Gesellschaftern eher zuzumuten sein kann, war aus der Entscheidung zum Neuaufnahmefall167 bekannt, und findet sich hier in der übergangsweisen Übertragung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse168 wieder. Die Frage, wann eine Zustimmungspflicht zum Entzug der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse bei Vorliegen eines wichtigen Grundes besteht, wird dem Grunde nach ganz anders entschieden als dies aus den Fällen zur Beteiligung am Ausschlussverfahren bekannt ist. Dort wurde kein Automatismus von wichtigem Grund und Zustimmungspflicht angenommen, sondern eine zusätzliche Prüfung unter Berücksichtigung der schutzwerten Belange des dissentierenden Gesellschafters neben denen des auszuschließenden zum Erfordernis der Zustimmungspflicht. Für die Geschäftsführungsbefugnis wird dagegen anders entschieden. In der Regel sieht der BGH eine Zustimmungspflicht als begründet an. Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes habe kein Gesellschafter das Recht, den Geschäftsführer im Amt zu halten. Insofern wird die Möglichkeit von schutzwerten Belangen des Gesellschafters daran abstrakt verneint. 2. Kontrollkompetenzen
a) Darstellung Für die Abberufung eines Beiratsmitglieds einer GmbH & Co. KG – die personelle Zusammensetzung des Beirats war nach Auslegung echter Vertragsbestandteil – gilt nach dem BGH169 gleiches wie für sonstige Vertragsänderungen. Der Umstand, dass ein wichtiger Grund für die Abberufung vorliege, ändere nichts an der Qualität derer als Vertragsänderung. Darin sei jeder Gesellschafter grundsätzlich frei. Nur in seltenen Ausnahmefällen könne es sich aufgrund der Treupflicht ergeben, dieser zuzustimmen. Dazu müsste die fragliche Änderung aber für den Fortbestand der Gesellschaft oder zur Vermeidung wesentlicher Verluste erforderlich und außerdem für 167
BGH II. ZS v. 28.05.1979, „Neuaufnahmefall“ WM 1979, 1058. OLG Koblenz v. 14.12.1956, MDR 1957, 295. 169 BGH II. ZS v. 01.12.1969, WM 1970, 246; zur umgekehrten Pflicht sich auf eine bestimmte Person in einem Kontroll- oder Vertretungsorgan zu einigen: BGH II. ZS v. 12.12.1966, BGHZ 46, 291, 297; OLG Düsseldorf v. 06.07.1994, BB 1994, 2306, 2307, welche aber nicht unter Berufung auf die Treupflicht der Gesellschafter gelöst werden, und weiter in den jeweiligen Fällen auch keine Veränderung der Verbandsverfassung, sondern nur die Ausfüllung derer im Sinne eines Organisationsakts bedeuteten. 168
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den Gesellschafter zumutbar, also ohne Beeinträchtigung entgegenstehender schutzwerter Interessen, sein. Dafür sei nichts vorgetragen worden. Das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Abberufung schaffe noch keine Zustimmungspflicht. In einer weiteren Entscheidung standen die Informations- und Kontrollrechte eines konkurrierenden Gesellschafters in Streit.170 Der BGH entschied, die erlaubte Beteiligung an einem Konkurrenzunternehmen durch einen Gesellschafter, der keinem Wettbewerbsverbot unterliegt, rechtfertige es nicht, diesem seine gesellschaftsvertraglich vorgesehenen Informations- und Kontrollrechte zu nehmen und auf die Rechtsstellung aus § 166 HGB zu verkürzen. Aus der Treupflicht ließen sich nur solche Änderungen der mitgliedschaftlichen Rechtsstellung des Minderheitsgesellschafters erreichen, die im Gesellschaftsinteresse geboten und ihm unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwerten Belange zuzumuten seien. „Unabdingbare Voraussetzung ist dabei, wenn die dem Minderheitsgesellschafter zugemutete Änderung mit der Verkürzung seiner Rechtsposition in der Gesellschaft verbunden ist, außer der Wahrung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs stets, dass der Mehrheit keine anderen, den Minderheitsgesellschafter weniger belastenden Mittel zur Wahrung des zu schützenden Gesellschaftsinteresses zu Gebote stehen“.171 Im Fall kämen weniger einschneidende Mittel wie die Reduktion des Ausschlusses auf besonders sensible Unterlagen oder die treuhänderische Wahrnehmung des Informationsrechts durch einen zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Dritten in Betracht. Damit entfalle die Zustimmungspflicht. b) Analyse Die Prüfung erfolgt an der Formel. Der Schutzgegenstand ist nicht ausschließlich auszumachen, wird aber wieder mangels unmittelbarer Verbandsgefährdung vorrangig im Werterhalt zu sehen sein müssen. Der „Automatismus“, der bei Vorliegen des wichtigen Grundes beim Entzug der Geschäftsführungsbefugnis festgestellt wurde, wird für das Kontrollorgan nicht angenommen. Umgekehrt wird deutlich betont, dass allein der wichtige Grund nicht genüge. Die Entscheidung zum Wettbewerbsverbot erhellt, dass die mittels der Zustimmungspflicht begehrte Vertragsänderung nie weiter gehen kann, als dies zur Abwendung des treuwidrigen Zustands unumgänglich ist. Auch das ist schon teilweise – hier aber in Bezug auf den anderen Änderungsgegenstand, nicht zwingend verallgemeinerbar – aus den Fällen 170 171
BGH II. ZS v. 10.10.1994, WM 1994, 2244. BGH II. ZS v. 10.10.1994, WM 1994, 2244, 2246.
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zur Übertragung des Gesellschaftsanteils und der Anpassung der Geschäftsführervergütung bekannt.172 Dabei reicht diese Handhabe über eine „einfache“ Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hinaus. Denn es geht nicht darum, dass ein „milderes Mittel“, also eine weniger stark eingreifende Vertragsanpassung, hier gleich geeignet wäre. Es kann vielmehr nur die unabdingbar notwendige, nicht dagegen eine weitergehend sinnvolle Veränderung gefordert werden, mithin eher das absolut, nicht das relativ mildeste Mittel.
C. Verbandspersonen Im Recht der Verbandspersonen finden sich deutlich weniger Entscheidungen als bei den Personenverbänden. Dafür kann das geringere Störpotential einzelner bei grundsätzlicher Geltung des Mehrheitsprinzips (§ 179 II AktG, § 53 II GmbHG) zur Verfassungsänderung ursächlich sein.173 Als Meilensteine der historischen Entwicklung der Treupflicht im Recht der Verbandspersonen sind dabei vor allem zwei Entscheidungen auszumachen. 1954 wird bereits dem Grunde nach eine Zustimmungspflicht in Verfassungsfragen für möglich befunden,174 1995 mit der bekannt gewordenen Girmes- Entscheidung175 für das Recht der AG dem Grunde nach auch positiv entschieden. Einen Richtungswechsel hat es bei chronologischer Betrachtung der Entscheidungen nicht gegeben.176 172 Vgl. hier § 6 B. I. 3. Übertragung der Mitgliedschaft – Wechsel in der Person des Mitglieds und § 6 B. III. 2. Begründung oder Erweiterung von Rechten. 173 Gleichzeitig erscheint es möglich, dass die unzureichende Kooperationsbereitschaft im Recht der Personenverbände häufig von persönlichen Gründen getragen ist, die in der weniger persönlichen Bindung, dem regelmäßig wohl stärker versachlichten Verhältnis der Teilnehmer einer Verbandsperson weniger dominant sind. 174 BGH II. ZS v. 09.06.1954, BGHZ 14, 25. 175 BGH II. ZS v. 20.03.1995, „Girmes“, BGHZ 129, 136. 176 Das gilt auch wenn BGH II. ZS v. 09.06.1954, BGHZ 14, 25 betont, dass der Gesellschafter nicht seine Interessen hinter die der Gesellschaft zurückzustellen habe (S. 38). Denn diese Maxime ist für das schutzwürdige Interesse des Gesellschafters gegenüber der einfach sinnvollen Maßnahme zur Unternehmensfortentwicklung (vgl. dazu hier § 6 C. IV. 2. Analyse (dieser Entscheidung)) auch heute noch gültig, wie die strenge Zurückhaltung der Begründung in „Girmes“ (BGH II. ZS v. 20.03.1995, BGHZ 129, 136) und den Fällen zur Übertragung der Mitgliedschaft (BGH II. ZS v. 22.01.1990, WM 1990, 505 und OLG Köln v. 09.03.1999, NZG 1999, 1166) zeigt. Ähnl. Einschätzung zur Treupflichtentwicklung im Verbandsrecht bei T. Raiser, ZHR 151 (1987) S. 422, 435; M. Winter, Treubindungen (1988) S. 180. Zu einem anderen Ergebnis kann man gelangen, wenn man die Entwicklung der Treupflicht überhaupt, also nicht begrenzt auf die Zustimmungspflicht zur Verfassungsänderung, betrachtet. Zu der allgemeinen Entwicklung vgl.: Henze, BB 1996, 489 f. Auch hier dominiert aber in der Sache eine
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Teil 2: Bestandsaufnahme der Rechtsprechung
I. Kapitalmaßnahmen In fünf Entscheidungen wurde über eine Zustimmungspflicht zur Veränderung des Stamm- bzw. Grundkapitals entschieden. Jeweils stand (vorrangig) eine effektive Kapitalerhöhung, also eine solche gegen Einlagen in Frage. In drei Entscheidungen war die Erhöhung notwendig, um dem mit der GmbH-Novelle von 1980 gestiegenem Mindestkapital zu entsprechen.177 In den beiden anderen Entscheidungen ging es um die Zuführung zusätzlicher Mittel um eine Erweiterung des Geschäftsbetriebs zu ermöglichen178 bzw. verbunden mit der nominellen Herabsetzung die Sanierung der Gesellschaft zu erreichen.179 Dabei ist schon der Beschluss über die effektive Kapitalerhöhung für die Mitglieder des Verbands regelmäßig eine schwerwiegende Maßnahme. Entweder ist eine Veränderung der Beteiligungsverhältnisse, mithin eine verhältnismäßige Reduzierung der Mitgliedschaft, hinzunehmen oder es sind zusätzliche Mittel in den Verband einzubringen. 1. GmbH-Novelle – die rechtliche Notwendigkeit der Kapitalerhöhung
Zum 01.01.1981 wurde im Zuge der GmbH-Novelle das Mindeststammkapital der GmbH von 20.000 DM auf 50.000 DM vergrößert. Gem. Art. 12 § 1 des Gesetzes zur Änderung des GmbHG vom 04.07.1980180 war jede Gesellschaft aufzulösen, die nicht bis zum 31.12.1985 die gestiegene Anforderung an das Mindestkapital erfüllte. a) Darstellung Im Fall des LG Bielefeld181 wird erstmals eine Zustimmungspflicht zur entsprechenden Kapitalerhöhung geprüft. Das Stammkapital von 20.000 DM wurde zu gleichen Teilen von den zwei zerstrittenen Gesellschaftern gehalten. Die Gewinne der GmbH überschritten nicht die Schwelle des Vorabgewinns des klagenden geschäftsführenden Gesellschafters. Der Kl. versukzessive Anerkennung mit der erkannten Notwendigkeit. Ein grundsätzlicher Wechsel ist dem II. Zivilsenat hierbei – obiter dicta ausgenommen – fremd. 177 LG Bielefeld v. 23.08.1985, ZIP 1985, 1327; BGH II. ZS v. 25.09.1986, „GmbH-Novelle I“, BGHZ 98, 276; BGH II. ZS v. 23.03.1987, „GmbH-Novelle II“, ZIP 1987, 914. 178 BGH II. ZS v. 27.04.1970, „Staudammfall“, WM 1970, 904. 179 BGH II. ZS v. 20.03.1995, „Girmes“, BGHZ 129, 136. 180 BGBl 1980 I, 836. 181 LG Bielefeld v. 23.08.1985, ZIP 1985, 1327.
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langte insofern der Kapitalerhöhung um 30.000 DM zuzustimmen, dabei sollte der Bekl. entweder 15.000 DM selbst leisten oder eine relative Verringerung seiner Beteiligung mit entsprechenden Folgen für Gewinn-, Liquidations- und Stimmrecht bei der vollständigen Übernahme durch den Kl. hinnehmen. Das LG Bielefeld entschied dazu: Für eine mögliche Zustimmungspflicht sei der Ausgangspunkt auch bezüglich der im Zuge der GmbH-Novelle notwendig gewordenen Kapitalerhöhung das Selbstbestimmungsrecht der Gesellschafter. Daher müsse das prinzipiell unbenommene Abstimmungsermessen objektiv und zwingend auf null reduziert sein. Nur die Ablehnung, die von handgreiflich willkürlichen bzw. sachfremden Erwägungen bestimmt sei, sei korrekturfähig. Im Fall verdiene die Gesellschaft, die weniger der gemeinsamen Zweckverfolgung als vielmehr der Austragung von persönlich geprägten Streitereien diene, keinen Schutz durch die Rechtsordnung. Das Mindestmaß an wechselseitigem Vertrauen und einer Bereitschaft zur Zusammenarbeit sei nicht mehr gegeben. Ferner ergäben sich auch wirtschaftliche Gründe, die die Ablehnung der Fortsetzung rechtfertigten. Da die Gesellschaft mit ihren Aktivitäten allein solche Erfolge erziele, die dem Kl. dienen könnten, seien mit dem Erhalt für den Bekl. keine Vorteile ersichtlich. Zwar gingen mit der Zwangsliquidation auch die Konzessionen der Gesellschaft für den Güterverkehr verloren, doch könne dadurch nicht das Fehlen vernünftiger Interessen des Bekl. aufgewogen werden. Der Bekl. sei insofern nicht gehalten, unter der Hinnahme eigener Nachteile dem Kläger weiterhin seine Einkünfte aus diesen Konzessionen und der Gesellschaft zu sichern. Damit ergebe sich keine Zustimmungspflicht. In der ersten BGH-Entscheidung182 weigerte sich einer der beiden Gesellschafter, zu 50% an der GmbH beteiligt, deren Stammkapital bisher nur 44.000 DM betrug, der notwendigen Erhöhung zuzustimmen. Der Kl. hatte dabei angeboten, einen weiteren Geschäftsanteil iHv 6.000 DM zu übernehmen, der zum einen gewinnlos gestellt werden und zum anderen auch die Liquidationsquote nicht verändern sollte. Eine Veränderung der Stimmrechtsmacht war aufgrund der im Gesellschaftsvertrag normierten Einstimmigkeit auch nicht gegeben. Der BGH stellte fest, dass auch für die personalistische GmbH – wegen der deutlichen Nähe zu den Personengesellschaften – die Pflicht einer Änderung des Gesellschaftsvertrags unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der gesellschaftlichen Treupflicht nicht schlechthin verneint werden könne. Die Änderung müsse dabei mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis dringend geboten und zumutbar sein.183 Bei der aufgrund der GmbH-Novelle notwendig gewordenen Kapi182 183
BGH II. ZS v. 25.09.1986, „GmbH-Novelle I“, BGHZ 98, 276. BGH II. ZS v. 25.09.1986, „GmbH-Novelle I“, BGHZ 98, 276, 279 f.
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Teil 2: Bestandsaufnahme der Rechtsprechung
talerhöhung liege ein solcher Fall regelmäßig vor, wenn sich für den dissentierenden Gesellschafter keinerlei Nachteile gegenüber dem Rechtszustand ergeben, wie er vor dem Inkrafttreten der Novelle bestanden hat. Die Vertragsänderung, die die Auflösung vermeiden solle, beinhalte nämlich keine Veränderung, sondern die Aufrechterhaltung der Geschäftsgrundlage unter den Gesellschaftern.184 Überhaupt dürfe die Regelung des Art. 12 § 1 der GmbH-Novelle nicht dazu missbraucht werden, durch die Verweigerung der Zustimmung zur Kapitalerhöhung eine Lösung des – für die unwilligen Gesellschafter vermeintlich ungünstigen – Gesellschaftsvertrags herbeizuführen. Ansonsten könnte der unwillige Gesellschafter, mit nur 50% am Kapital beteiligt, eine Auflösung der Gesellschaft herbeiführen, obwohl dafür entgegen § 60 I Nr. 2 GmbHG nach der gesellschaftsvertraglichen Regelung ein einstimmiger Beschluss als Erfordernis statuiert wurde. Der Gesetzgeber der GmbH-Novelle habe den Gesellschaftern keine Möglichkeit geben wollen, die Voraussetzungen einer Auflösungsklage zu umgehen.185 Damit werden auch die Einwände des änderungsunwilligen Gesellschafters verworfen. Dieser hatte geltend gemacht, die Gesellschaft sei nicht lebensfähig. Insofern stellt der BGH fest, dass die wirtschaftliche Lage immerhin den Bestand der Gesellschaft zu sichern vermöge. Das Vorbringen der schlechten Lage möge die Auflösung der Gesellschaft begründen können, darüber sei aber in der Auflösungsklage zu entscheiden. Für eine inzidente Prüfung bleibe kein Raum.186 Damit ergebe sich eine Zustimmungspflicht. In der zweiten Entscheidung des BGH187 handelte es sich wiederum um eine zweigliedrige GmbH. Der eine Gesellschafter verlangte vorrangig die Übernahme einer Einlage von 15.000 DM vom anderen Gesellschafter, hilfsweise die Zustimmung zur alleinigen Übernahme einer Einlage iHv 30.000 DM, die dann gewinn- und stimmlos gestellt werden sollte. Das Berufungsgericht erachtete den Einwand des Bekl. als zulässig, seine Mitwirkung davon abhängig zu machen, zum weiteren alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der GmbH bestellt zu werden und lehnte daher eine Zustimmungspflicht auch für den Hilfsantrag ab. Es sei gesellschaftstypisch, dass bei der Beschlussfassung jeder Gesellschafter eigene Interessen verfolge. Es fehle zwar an einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang, doch habe der Bekl. keine andere Möglichkeit, seine Belange zu verfolgen. Der BGH setzt die klare Linie aus seinem ersten Urteil zur GmbH-Novelle fort und erklärt, dass die drohende Zwangsauflösung nicht als Druckmittel 184 185 186 187
BGH BGH BGH BGH
II. II. II. II.
ZS ZS ZS ZS
v. v. v. v.
25.09.1986, 25.09.1986, 25.09.1986, 23.03.1987,
„GmbH-Novelle „GmbH-Novelle „GmbH-Novelle „GmbH-Novelle
I“, BGHZ 98, 276, 280. I“, BGHZ 98, 276, 281 f. I“, BGHZ 98, 276, 283. II“, ZIP 1987, 914.
§ 6 Bestandsaufnahme der Rechtsprechung nach 1945
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zur Durchsetzung individueller Interessen genutzt werden dürfe. Die Ansprüche der Gesellschafter auf eine Veränderung der inneren oder äußeren Rechtsverhältnisse der Gesellschaft seien auf dem dafür vorgesehenen rechtlichen Wege geltend zu machen. In diesem Fall seien keine besonderen Umstände ersichtlich, die den Beklagten berechtigen könnten, die Zustimmung zur Kapitalerhöhung ausnahmsweise zu versagen. Ferner sei das Guthaben des Bekl. auf den Kapitalkonten der Gesellschaft mit 4.275.000 DM so hoch, dass die Übernahme eines zusätzlichen Stammanteils iHv 15.000 DM kein diesen in irgendeiner Weise spürbar belastendes Opfer bedeuten würde. Gleichwohl wird die Sache nicht als entscheidungsreif abgeurteilt, sondern dem Berufungsgericht zur rechtsfehlerfreien Abwägung, in welcher Form dem Bekl. die Mitwirkung an der erforderlichen Kapitalerhöhung zuzumuten sei, zurückverwiesen. Es sei noch der Vorrang einer möglichen Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln oder durch Umwandlung von Gesellschafterdarlehen zu prüfen. b) Analyse Die bekannte Formel der Zustimmungspflicht wird vom BGH ausdrücklich von den Personengesellschaften auf das Recht der GmbH übertragen. Das LG Bielefeld stellte zuvor auf die Frage einer Ermessensreduzierung ab. Das Schutzziel der verlangten Vertragsänderung liegt hierbei stets im Erhalt des Verbands. Der drohende Wertverlust durch die Liquidation kann bei den durchgängig gesunden Gesellschaften eher gering veranschlagt werden. Das „Auflösungsargument“, dass die Anpassungssituation nicht dazu genutzt werden dürfe, um durch die Minderheit eine Auflösung des Verbands zu erzwingen, mithin der Umgehungsgedanke, der schon aus einigen Entscheidungen im Recht der Personengesellschaften bekannt ist,188 findet sich in den Entscheidungen des BGH zur GmbH-Novelle wieder. Dabei ist die Prämisse dieser Argumentation notwendig diejenige, dass der Verband auch unter den veränderten Umständen fortzusetzen ist, selbst wenn diese eine Verfassungsänderung erforderlich machen. Damit nimmt eine solche Argumentation einen Teil der Abwägung vorweg. Die Begründung verlagert sich damit mehr auf das Tatbestandsmerkmal des Ausnahmefalls, in dem ein besonderer Umstand die Änderungsnotwendigkeit begründet. Der Vergleich der Entscheidungen zur GmbH-Novelle des BGH zu dem Urteil des LG Bielefeld zeigt ein zusätzliches Abgrenzungsproblem auf. In dem Urteil des LG Bielefeld wird gewissermaßen der Bestandswert der 188 Vgl. dazu hier etwa § 5 A. I. „Konservatoriumsleitung“; § 5 A. III. „Finanzamtfall“; § 6 B. I. 2. b) bb) Analyse.
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Teil 2: Bestandsaufnahme der Rechtsprechung
existierenden Gesellschaft wertend vermessen, indem mit dem dauerhaften und schwerwiegenden Zerwürfnis der Gesellschafter untereinander,189 ein Grund, der eine Auflösungsklage rechtfertigen könnte,190 geprüft und angenommen wird. Darüber hinaus wird das Fehlen eines Interesses des dissentierenden Gesellschafters an dem Fortbestand des Gesellschaftsverhältnisses191 für abwägungsrelevant befunden. Ganz anders wird dagegen in den Entscheidungen des BGH argumentiert. Hier wird in der Entscheidung „GmbH-Novelle I“ deutlich formuliert, eine inzidente Prüfung von Auflösungsgründen sei nicht möglich. Der dissentierende Gesellschafter müsse sich auch an dem für ihn ungünstigen Gesellschaftsverhältnis festhalten lassen. Es genüge, dass der Fortbestand der Gesellschaft nicht ausgeschlossen sei.192 Es bedarf danach einer Bestimmung der abwägungsrelevanten Interessen.193 2. Die wirtschaftliche Notwendigkeit einer Kapitalerhöhung
Während mit der GmbH-Novelle der rechtlichen Notwendigkeit einer Kapitalerhöhung entsprochen werden sollte, existieren auch zwei Entscheidungen, in denen die wirtschaftliche Lage der Verbandsperson eine Mittelzuführung erforderte. 189 Das Mindestmaß an Bereitschaft zur Rücksichtnahme und Vertrauen sei unter den Parteien nicht mehr gegeben, die Gesellschaft nicht auf die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks gerichtet, sondern eine Plattform zur Austragung persönlich geprägter Streitereien, LG Bielefeld v. 23.08.1985, ZIP 1985, 1327, 1328. 190 Das tief greifende Zerwürfnis unter den Gesellschaftern einer personalistischen GmbH stellt einen wichtigen Grund iSd § 61 GmbHG dar: Kleindieck, Lutter/ Hommelhoff GmbHG (17. Aufl. 2009) § 61 Rn 8; Schulze-Osterloh/Fastrich, Baumbach/Hueck GmbHG (19. Aufl. 2010) § 61 Rn 11. 191 In dieser Einfachheit: Der Gewinn der erwirtschaftet werde, genüge nur zur Deckung des Vorabgewinns des geschäftsführenden Gesellschafters. An der Beteiligung an einer Gesellschaft, die nur den Erwerbszwecken des anderen Mitglieds diene, habe aber der dissentierende Gesellschafter zu Recht kein Interesse: LG Bielefeld v. 23.08.1985, ZIP 1985, 1327, 1328. 192 BGH II. ZS v. 25.09.1986, „GmbH-Novelle I“, BGHZ 98, 276, 281 ff. 193 Der erhebliche Unterschied zwischen den Lösungen lässt sich bei weiterer Betrachtung der Sachverhalte etwas lösen. In denjenigen Fällen, die vom BGH zu entscheiden waren, wurde von den Dissentierenden keine bzw. keine „spürbare“ Mehrleistung und auch keine Änderung der Stimm- und Gewinnverhältnisse verlangt. Anders begehrt der Kl. beim LG Bielefeld eine – an den Gesellschaftsverhältnissen gemessen – nicht unverhältnismäßig geringe Leistung bzw. eine massive Änderung der Stimm- und Gewinnverhältnisse. Insofern besteht ein gewisser Anhalt für die Annahme, dass der BGH den Fall des LG Bielefeld im Ergebnis ähnlich hätte entscheiden können. Der wesentliche Unterschied in der Argumentation hinsichtlich der Inzidentprüfung von Auflösungsgründen bleibt davon jedoch unberührt.
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a) Darstellung Im „Staudammfall“194 bestand die GmbH aus drei Gesellschaftern; die K-KG war mit etwa 62%, der Bekl. mit etwa 20% und die Kl. mit etwa 18% beteiligt. Der Bekl. hatte sich verpflichtet, keine der Kl. nachteilige Vertragsänderung mitzutragen. Hier hatten der Bekl. und die K-KG gegen die Stimmen der Klägerin eine Kapitalerhöhung von 84.800 DM auf 254.400 DM unter Übernahme neuer Einlagen von 64.800 und 104.800 DM beschlossen. Die Kl. hatte eine Beteiligung mit eigenen Mitteln an der Erhöhung angeboten bekommen, aber abgelehnt. Die Kl. war nun der Auffassung, der Bekl. habe die Stimmbindung ihr gegenüber durch seine Zustimmung zu der Kapitalerhöhung verletzt. Der BGH erkennt in der Kapitalerhöhung eine Verschlechterung der Stellung der Kl. Der verhältnismäßige Geschäftsanteil der Kl. sinke nämlich, mit den entsprechenden Folgen für Stimmmacht und Liquidationsquote (das Gewinnrecht war pauschalisiert und unterlag keiner negativen Veränderung), von etwa 18% auf etwa 6%. Damit greife die grundsätzlich wirksame Stimmbindung. Doch könne diese nicht dazu führen, bei der Ausübung seines Stimmrechts jede Rücksicht auf die Interessen der Gesellschaft außer Acht zu lassen. Die Grenze verlaufe hier an der gesellschaftlichen Treupflicht. Danach seien zwar grundsätzlich nicht die Individualinteressen unterzuordnen, doch sei es den Gesellschaftern verwehrt, eine gesunde und vernünftige kaufmännische Planung aus eigennützigen Gründen zu vereiteln. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Kapitalerhöhung für das Unternehmen notwendig gewesen sei. Es genüge vielmehr, dass die Maßnahme „vom Standpunkt verantwortlicher Unternehmensführung aus im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt gewesen seien.“ Hier habe die tatsächliche Entwicklung gezeigt, dass die Kapitalerhöhung sinnvoll gewesen sei, um zur besseren Stromgewinnung einen Staudamm zu errichten, und damit die Ertragskraft des Unternehmens zu steigern. Die junge und recht prominente „Girmes- Entscheidung“195 erfasst (auch) die Frage nach der Zustimmungspflicht der Aktionäre zur nominellen Herab194
BGH II. ZS v. 27.04.1970, „Staudammfall“, WM 1970, 904. BGH II. ZS v. 20.03.1995, „Girmes“, BGHZ 129, 136; wobei man kaum von dem Girmes Urteil sprechen kann, hat das Geschehen in der Hauptversammlung am 03.02.1989 die Gerichte doch in zahlreichen Prozessen von Aktionären beschäftigt, die jeweils aus der vermeintlichen Verletzung der Zustimmungspflicht Sekundäransprüche auf Ersatz des aus dem Konkurs entstehenden Schadens an ihren Beteiligungen erstreiten wollten. Veröffentlichte Entscheidungen: LG Düsseldorf v. 04.06.1991, ZIP 1991, 932; AG Düsseldorf v. 20.05.1992, ZIP 1992, 1155; OLG Düsseldorf v. 22.12.1992, ZIP 1993, 347; LG Düsseldorf v. 22.12.1992, ZIP 1993, 350; BGH II. ZS v. 08.11.1993, ZIP 1993, 1708; OLG Düsseldorf v. 17.05.1994, ZIP 1994, 878 (nach Heermann, ZIP 1994, 1243, Fn 2). 195
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Teil 2: Bestandsaufnahme der Rechtsprechung
setzung unter gleichzeitiger effektiver Erhöhung des Grundkapitals. Dadurch sollte eine Sanierung der Gesellschaft erreicht werden. Hier hatte die Girmes-AG ein Grundkapital von 49.916.500 DM bei dem ein Schnitt von 5 : 2 um 29.949.900 DM auf 19.966.600 DM erfolgen sollte. Gleichzeitig sollte ein genehmigtes Kapital iHv 9.983.300 DM geschaffen werden. Diese Maßnahme war Teil eines mit den Gesellschaftsgläubigern abgesprochenen Sanierungskonzeptes, das auch einen Forderungsverzicht der Gläubiger iHv ca. 78.000.000 DM beinhaltete. Einige Gesellschafter196 (42,39% der Abstimmenden) waren der Auffassung, dass auch ein Schnitt im Verhältnis 5 : 3 zum Erhalt der Gesellschaft genüge, wenn nur die Gläubiger stärkere Zugeständnisse machten. Sie weigerten sich daher, der Kapitalmaßnahme zuzustimmen. Der Beschluss über die Herabsetzung kam nicht zustande, woraufhin vom Vorstand am Folgetag der Hauptversammlung die Eröffnung des Vergleichsverfahrens beantragt wurde. Zwei Wochen darauf folgte der Konkurs und die Aktien der AG wurden wertlos. Der BGH entschied dazu, die Ablehnung des Sanierungsvorschlags könne eine Verletzung der unter den Aktionären bestehenden Treupflicht darstellen. Dabei obliege es den Aktionären nicht, gegenüber der Gesellschaft deren Bestand zu sichern.197 Doch stehe das Recht zur Auflösung der Gesellschaft nur einer qualifizierten Mehrheit zu. Eine Minderheit könne die Auflösung nicht erzwingen. Solange die Gesellschaft bestehe, dürften aufgrund der Treupflicht nicht einzelne Gesellschafter eine sinnvolle und mehrheitlich angestrebte Sanierung aus eigennützigen Gründen verhindern. Dies sei dann der Fall, wenn bei dem Scheitern der Sanierungsmaßnahme der Zusammenbruch unvermeidlich und im Falle des Zusammenbruchs die Lage des dissentierenden Aktionärs ungünstiger als bei einem Austritt aus der fortbestehenden Gesellschaft (also der Veräußerung der Aktien) sei. Weiter müsse die Durchführung der Sanierung die Verfolgung des Gesellschaftszwecks nach objektiver Einschätzung nachhaltig sicherstellen und keine schonendere Sanierung möglich sein.198 Solches müsse das Berufungsgericht prüfen. Hierbei müsse insbesondere aufgeklärt werden, ob noch eine Verhandlungssituation bestanden habe oder ob 196 Die Vertreterproblematik des Falls um den Herausgeber des „Effecten-Spiegel“ und die anschließende Frage der möglichen Eigenhaftung dessen spielt für die Notwendigkeit der Satzungsänderung durch den Kapitalschnitt keine Rolle. Vgl. zu dieser Problematik etwa Schöne, WM 1992, 209; Beckerhoff, Treupflichten (1996) passim. 197 BGH II. ZS v. 20.03.1995 „Girmes“, BGHZ 129, 136, 151; zur Frage des Bestandsschutzes der Gesellschaft gegenüber dem Willen der Gesellschafter wird auf die „Linotype“ Entscheidung verwiesen, BGH II. ZS v. 01.02.1988, BGHZ 103, 184, 191. 198 BGH II. ZS v. 20.03.1995, „Girmes“, BGHZ 129, 136, 152 f. unter Bezugnahme auf die Bestimmung dieser Fragen bei K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 5 IV. 5. a) (S. 134).
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für die Sanierung zu den von den dissentierenden Gesellschaftern angestrebten Bedingungen der Gläubigerverzicht nicht zu erreichen gewesen wäre.199 b) Analyse Der „Staudammfall“ stellt nur darauf ab, dass das Stimmrecht nicht ohne Begrenzung auf die Treupflicht ausgeübt werden dürfe. Eigennützige Absichten sollten nicht die vernünftige kaufmännische Planung vereiteln. Zwar geht auch „Girmes“ nicht unmittelbar von der Formel aus. Allerdings wird dort die Parallele zu den Entscheidungen im Personengesellschaftsrecht ausdrücklich gesucht200 und mit der Erforderlichkeit der Maßnahme zur Sanierung und Schlechterstellung des dissentierenden Aktionärs im Fall des Scheiterns, also der Zumutbarkeit, nur die allgemeine Formel sanierungsbezogen ausgefüllt. Der Unterschied setzt sich im Schutzgegenstand fort. Bei „Girmes“ kann der Schutzgegenstand gleichermaßen im Wert- wie im Verbandserhalt gefunden werden. Dies wird mit der Begründung anhand des „ordentlichen“ Auflösungsrechts der Mehrheit sowie der Unverhältnismäßigkeit und dem Wertverlust bei Scheitern der Sanierung deutlich. Ganz anders liegt das Schutzziel im „Staudammfall“. Hier ging es um die Zuführung derjenigen Mittel, die für die Ausweitung der Geschäftstätigkeit auf den Betrieb des Staudamms benötigt wurden. Dadurch sollte allgemein dem Unternehmenswohl erhöhter Rentabilität gedient werden. Allerdings ist nachdrücklich auf die Besonderheit des „Staudammfalls“ hinzuweisen, der im Ergebnis vielmehr eine Beschränkung der Stimmrechtsbindung seitens des Bekl. als eine Beschränkung der Stimmrechtsausübung der Kl. erreichen sollte. Durch die Begründung mittels des nur der Mehrheit zustehenden Auflösungsrechts arbeitet auch „Girmes“ mit dem Gedanken der Umgehung bzw. der Ausübung illegitimer Gestaltungsmacht in der Blockade. Auch 199 In der nachgehenden Entscheidung des OLG Düsseldorf v. 14.06.1996, NJWRR 1997, 608 wird festgestellt, dass nach dem Erlass des Revisionsurteils unter den Parteien unstreitig war, „dass im Zeitpunkt der Hauptversammlung am 03.02.1989 objektiv kein Verhandlungsspielraum über den Sanierungsplan mehr bestand, weil jedenfalls die D-Bank als Gläubigerin nicht bereit war, im Rahmen der Sanierung vom Kapitalherabsetzungsverhältnis 5 : 2 abzugehen.“ Folglich war nach den Feststellungen ex post die Zustimmungspflicht begründet, da zu dem angestrengten Beschluss keine „mildere“ Alternative bestand. 200 BGH II. ZS v. 20.03.1995 „Girmes“, BGHZ 129, 136, 152: Das Verbot, die sinnvolle und mehrheitlich angestrebte Sanierung der Kapitalgesellschaft nicht aus eigennützigen Gründen scheitern zu lassen, stehe im Einklang mit den Entscheidungen zur Anpassung des Gesellschaftsvertrags an veränderte Umstände im Personengesellschaftsrecht.
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Teil 2: Bestandsaufnahme der Rechtsprechung
hier ist damit die Prämisse notwendig diejenige, dass die Situation, die die Änderungsnotwendigkeit begründet, nicht zur Auflösung führen dürfe. Dabei ist zweierlei zu beachten. Erstens geht der Änderungsnotwendigkeit keine Ausübung einseitiger Gestaltungsmacht voraus wie im „Neuaufnahmefall“.201 Zweitens wird die Änderungsnotwendigkeit auch nicht durch ein für den Verband unbeeinflussbares gesetzgeberisches Wirken begründet wie in den Entscheidungen zur GmbH-Novelle.202 Bei Girmes begründet vielmehr die schlichte betriebswirtschaftliche Misswirtschaft203 die Krise und Unternehmensgefährdung und damit die Änderungsnotwendigkeit. Dass auch in diesem allgemeinen Fall die erforderlichen Maßnahmen zur Fortsetzung grundsätzlich solange zu treffen sind, solange die Mehrheit keine Auflösungsentscheidung getroffen habe, hat eine besondere Qualität. Schließlich ist zudem herauszuheben, dass in „Girmes“ leitsatzhaft die Mehrheitlichkeit der Verfolgung des Änderungsbegehrens als Voraussetzung der Treubindung formuliert wird. II. Die Mitgliedschaft betreffende Maßnahmen In zwei Entscheidungen tauchte die Frage auf, ob ein Gesellschafter einer GmbH aus der Treupflicht heraus verpflichtet sein könne, seinen Anteil zu übertragen. 1. Darstellung
In einem Fall des BGH204 waren die Gesellschafter zerstritten, weshalb ein Block seine Anteile an einen vermeintlich neutralen Dritten veräußerte. Tatsächlich handelte es sich um einen Strohmann des anderen Gesellschafterblocks. Der wirksamen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sollte entgegengehalten werden, dass kein außenstehender Dritter zur Übernahme bereit gewesen und daher ein Erwerb des anderen Teils die einzige Möglichkeit gewesen sei, den Fortbestand der Gesellschaft zu sichern. Dieser Einwand greife nicht, entschied der BGH. Es sei grundsätzlich Sache der 201
BGH II. ZS v. 28.05.1979, „Neuaufnahmefall“ WM 1979, 1058. BGH II. ZS v. 25.09.1986, „GmbH-Novelle I“, BGHZ 98, 276; BGH II. ZS v. 23.03.1987, „GmbH-Novelle II“, ZIP 1987, 914. 203 Bzw. die mangelnde Reaktion auf die Krise in der nationalen Textilproduktion durch internationale Konkurrenz. 204 BGH II. ZS v. 22.01.1990, WM 1990, 505, 506. Die Notwendigkeit einer „Rettung“ der GmbH mittels einer Anteilsveräußerung ergab sich wohl allein aus der Zerstrittenheit der Gesellschafter. Hätte sich kein Käufer gefunden, so wäre wohl nur der Weg über die Auflösungsklage nach § 61 GmbHG bzw. eine einvernehmliche Auflösung aus diesem Grunde geblieben. 202
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Gesellschaftermehrheit, darüber zu entscheiden, ob sie einem Mitgesellschafter die Kapitalmehrheit einräumen oder die Gesellschaft scheitern lassen und ihre wirtschaftlichen Interessen außerhalb der Gesellschaft weiterverfolgen wolle. Selbst wenn der Anteilserwerb die einzige Möglichkeit gewesen sein sollte, den Fortbestand der Gesellschaft zu sichern, so ergebe sich für die Mitgesellschafter weder aufgrund der Treupflicht, noch aus sonstigen Rechtsgründen die Pflicht, dem zuzustimmen. Im zweiten Fall205 drohte der Konkurs der GmbH. Der geschäftsführende Mehrheitsgesellschafter, der Kl., mit 65% am Kapital beteiligt, hatte sich in erheblichem Maße (ca. 800.000 DM) für die Schulden der GmbH verbürgt. Ein Dritter war bereit, die Gesellschaft zu 100% zu einem Preis von 1 DM zu übernehmen und dabei den Kl. von seinen Verbindlichkeiten freizustellen. Die anderen Gesellschafter, die Bekl. mit 10% und 25% am Stammkapital beteiligt, hatten sich geweigert, dieser Übertragung zuzustimmen. Darin liegt nach dem OLG Köln keine Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht. Es sei überhaupt zweifelhaft, ob die Treupflicht von einem Gesellschafter verlangen könne, seinen Anteil auf einen Dritten zu übertragen. Voraussetzung dafür sei aber eine lückenlose Aufklärung der Dissentierenden durch den änderungswilligen Gesellschafter, sowohl was die Situation der Gesellschaft als auch was die begehrte Übernahme angehe.206 Hier solle jegliches berechtigtes Misstrauen in die Hintergründe und Umstände der begehrten Zustimmung ein berechtigtes Interesse an der Verweigerung begründen können. Die Konfrontation mit der Überschuldungsbilanz und dem Angebot erfolgte gleichzeitig an einem Tag. Das Übernahmeangebot sei anscheinend von unrichtigen Voraussetzungen ausgegangen. Diese Umstände und schließlich das Angebot einer Abschlagszahlung an die Bekl. durch den Kl., welche nach der Übertragung vereinbart werden sollte, seien geeignet gewesen, Zweifel an der Offenheit und Seriosität der Absichten des Kl. aufkommen zu lassen. Die Bekl. hätten nachvollziehbar die Befürchtung hegen können, übervorteilt zu werden. Weiter sei die Sanierung, bzw. die Befreiung von den Verbindlichkeiten auch nicht aussichtsreich gewesen, da der potentielle Käufer von unrichtigen Voraussetzungen ausgegangen sei. Ein Abschluss unter den tatsächlichen Konditionen sei nicht zu erwarten gewesen. Letztlich seien die Gesellschafter aber auch nicht zur Übertragung ihrer Anteile ohne Gegenleistung verpflichtet gewesen. Auch wenn die Anteile objektiv wertlos gewesen seien, so hätten die Bekl. doch ein Interesse daran, an den Vorteilen des Geschäfts, insbesondere der Haftungsfreistellung des Kl. beteiligt zu werden.207 205
OLG Köln v. 09.03.1999, NZG 1999, 1166. OLG Köln v. 09.03.1999, NZG 1999, 1166, 1167 unter Bezugnahme auf Häsemeyer, ZHR 160 (1996) S. 109, 115. 206
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Erstmals wird in diesen Entscheidungen die Möglichkeit einer Zustimmungspflicht aufgrund der Art der begehrten Maßnahme bezweifelt. Ohne weitere Ausführungen stellt der BGH zur Treupflicht fest, dass die Entscheidung über Veräußerung oder Auflösung den Gesellschaftern obliege und daher eine Veräußerungspflicht auf den Mitgesellschafter auch bei grundsätzlicher Veräußerungsbereitschaft nicht bestehen könne. Auf die bekannte Formel zur Vertragsanpassung wird erst gar nicht abgestellt. Das OLG Köln bezweifelt die grundsätzliche Möglichkeit dieser Maßnahme aufgrund der Treupflicht, prüft anschließend gleichwohl relativ ausführlich. Das Schutzziel der begehrten Zustimmungspflicht ist hierbei im ersten Fall auf den Verbandserhalt mit maßgeblich verändertem Mitgliederbestand ausgerichtet. Hier erfolgt trotz diesem Gewicht keine Abwägung. Im zweiten Fall ist es auf Verlustvermeidung gerichtet. Dabei handelt es sich um die Befreiung einzelner Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft durch vollständige Übernahme des Gesellschaftsbetriebs wie sie für die KG aus dem „Auflösungsfall“208 bekannt ist. Der deutliche Unterschied der Entscheidungen ist bemerkenswert. Bei dieser Prüfung ergeben sich wieder neue Anhaltspunkte für die Bestimmung der Zustimmungspflicht, die bis dato innerhalb der Rechtsprechung kein Kriterium waren. Im Anschluss an Häsemeyer209 wird gefordert, dass neben der bekannten materiellen Ausnahmesituation aus Erforderlichkeit und Zumutbarkeit auch das formelle Erfordernis einer vollständigen umfassenden Aufklärung, die keinerlei Misstrauensraum lasse, gegenüber den dissentierenden Gesellschaftern erfüllt werde. Dabei ordnet das OLG dies ausdrücklich als Tatbestandserfordernis einer Zustimmungspflicht ein und nicht erst der Frage der Schuldhaftigkeit der Verletzung derer zu. 207 Entgegen dem OLG, das sich hierbei wohl eng an Lutter, ZHR 162 (1998) S. 164, 170 f. orientiert, ist stark zu bezweifeln, dass die Gesellschafterminderheit ein schutzwürdiges Interesse an der Partizipation des Gewinns der Haftungsfreistellung haben kann. Dabei genügt es nicht, den Blick auf die internen Verhältnisse einer Verpflichtung des Mehrheitsgesellschafters zu dieser Sicherheitsleistung zu richten. Auch wenn die Übernahme nicht überobligatorisch erfolgt ist, so besteht der Zweck der Sicherheitsleistung nicht in der Vermögensmehrung des Verbands durch die Haftsumme oder den Wert den die Sicherheitsleistung selbst aufgrund der Ausfallwahrscheinlichkeit der Hauptforderung hat. Unter Beachtung der nachgeordneten Natur der Sicherheitsleistung ist die Befreiung von dieser infolge der Erfüllung der Hauptforderung, und sei es auch durch einen Dritten, das einzige legitime Ziel in diesem Zusammenhang. Die Haftungsfreistellung ist aufgrund ihrer notwendig sekundären Natur mithin nicht ein partizipationsfähiger „Erlös“ aus der Unternehmensübertragung. 208 BGH II. ZS v. 17.12.1959, „Auflösungsfall“ NJW 1960, 434. 209 Häsemeyer, ZHR 160 (1996) S. 109, 115.
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III. Heilung der verdeckten Sacheinlage Wenn ein zur Bareinlage verpflichteter Gesellschafter zeitnah zur Begründung und Erfüllung dieser der Gesellschaft durch ein vermeintliches Verkehrsgeschäft einen Sachwert zuwendet, so ist eine abredegemäße Umgehung der Vorschriften über die Sachgründung indiziert, da im wirtschaftlichen Ergebnis nur der Sachwert bei der Gesellschaft verbleibt.210 Dies hat im Recht der AG gem. § 27 III AktG, im Recht der GmbH bislang diesem entsprechend,211 zur Folge, dass sowohl das Verpflichtungs- wie das Erfüllungsgeschäft des die Umgehung bewirkenden vermeintlichen Verkehrsgeschäfts nichtig sind.212 Weiter besteht die Verpflichtung zur Bareinlage fort, § 27 III S. 3 AktG, § 19 V GmbHG (§ 19 IV S. 1 GmbHG nF).213 210 RG II. ZS v. 05.03.1938, RGZ 157, 213, 225 ff.; BGH II. ZS v. 13.10.1954, BGHZ 15, 52, 60 f.; BGH II. ZS v. 10.11.1958, BGHZ 28, 314, 319 f.: Die Leistung der Bareinlage gleiche dann „einem geworfenen Ball, der an einem Gummiband hängt und wieder zurückschnellt.“; BGH II. ZS v. 19.04.1982, „Holzmann“, WM 1982, 660, 662; BGH II. ZS v. 15.01.1990, „IBH-Fall“, BGHZ 110, 47, 52 ff.; BGH II. ZS v. 21.02.1994, BGHZ 125, 141, 144; BGH II. ZS v. 04.03.1996, BGHZ 132, 133, 139; Henze, ZHR 154 (1990) S. 105, 107 ff.; Ulmer, ZHR 154 (1990) S. 128, 129 ff.; Bayer, Lutter/Hommelhoff GmbHG (17. Aufl. 2009) § 19 Rn 49 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 29 II. 1. c) aa) (S. 887)/ § 37 II. 4. a) (S. 1122). Durch das MoMiG ist die verdeckte Sacheinlage in § 19 IV S. 1 GmbHG nF legal definiert. Danach ist diejenige Geldeinlage, die „bei wirtschaftlicher Betrachtung und aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Geldeinlage getroffenen Abrede vollständig oder teilweise als Sacheinlage zu bewerten“ ist, eine verdeckte Sacheinlage, vgl. Bundesrat Drucksache 615/08. 211 Aufgrund der einheitlichen Interessenlage bei AG und GmbH und dem Willen des Gesetzgebers, der eine § 27 III AktG entsprechende Regelung für – da der vermeintlichen Rechtslage entsprechend – überflüssig gehalten habe: BGH II. ZS v. 07.07.2003, „Heilung der verdeckten Sacheinlage“, BGHZ 155, 329, 337 ff.; auch schon angedeutet in BGH II. ZS v. 04.03.1996, BGHZ 132, 141, 156, wonach nicht die bereicherungsrechtlichen Ansprüche, sondern die ursprüngliche Sache einzubringen sein soll; zustimmend Pentz, ZIP 2003, 2093, 2099 ff.; nach der bis dahin herrschenden Meinung war bei der GmbH nur das umgehende Verpflichtungsgeschäft gem. § 27 III AktG oder gem. § 134 BGB als unwirksam angesehen worden, das neutrale Erfüllungsgeschäft dessen dagegen – dem Abstraktionsprinzip folgend – als (rechtsgrundlos) wirksam, vgl. die Nachweise bei: Ulmer, Hachenburg GmbHG I (8. Aufl. 1992) § 19 Rn 114; U. H. Schneider, Scholz GmbHG I (Vorauflage: 9. Aufl. 2000) § 19 Rn 142. 212 Durch das MoMiG wird dies für die GmbH geändert: § 19 IV S. 2 GmbHG nF bestimmt: „Jedoch sind die Verträge über die Sacheinlage und die Rechtshandlungen zu ihrer Ausführung nicht unwirksam“. Bundesrat Druchsache 615/08. 213 Dies ist durch das MoMiG nicht geändert worden. Der Bundestag hat sich gegen die sog. Erfüllungslösung des Regierungsentwurfs und für die sog. Anrechnungslösung des Deutschen Anwaltsvereins entschieden, die die Sachgründungsvor-
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Dies konnte für die Gesellschafter „katastrophale“214 Folgen haben, da den konkursanfälligen Kondiktionsansprüchen des Inferenten der Anspruch der Gesellschaft auf volle Leistung der Bareinlage gegenüberstand; eine Begrenzung auf eine Differenzhaftung215 bestand bisher nicht.216 Damit konnte ein erhebliches Interesse an einer „Umwidmung“ der Bar- zur Sacheinlage durch eine Satzungsänderung bestehen, welche geeignet ist, die verdeckte Scheinlage zu heilen217 und damit den ursprünglich wirtschaftlich gewollten Erfolg der Sachgründung insolvenz- und kondiktionsfest zu machen. In zwei Entscheidungen war die treupflichtige Mitwirkungspflicht der Gesellschafter an der erforderlichen Satzungsänderung Prüfungsgegenstand. 1. Darstellung
In der BGH-Entscheidung „Heilung der verdeckten Sacheinlage“218 bestand die GmbH unter den drei Gründungsgesellschaftern. Ein Gesellschafter schriften nicht obsolet werden lässt, vgl. dazu insbes. Ulmer, ZIP 2008, 45, 51 ff.; Priester, ZIP 2008, 55, 56; Seibert/Decker, ZIP 2008, 1208, 1210; Maier-Reimer/ Wenzel, ZIP 2008, 1449, 1450 f. 214 So ausdrücklich Lutter, KölnerKomm AktG I (2. Aufl. 1988) § 66 Rn 31; Lutter/Bayer, Lutter/Hommelhoff GmbHG (Vorauflage: 16. Aufl. 2004) § 5 Rn 47 ff.; zustimmend Lieb, ZIP 2002, 2013; Hüffer, AktG (Vorauflage: 7. Aufl. 2006) § 27 Rn 9; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 37 II. 4. a) (S. 1122) bezeichnet sie als „Todsünde“. Gleichwohl wurde die Notwendigkeit des Instituts in seiner Geltung betont: Lutter/Bayer, Lutter/Hommelhoff GmbHG (Vorauflage: 16. Aufl. 2004) § 5 Rn 48. 215 Dafür aber de lege lata: Grunewald, FS-Rowedder (1994) S. 111, 115 ff.; Schöpflin GmbHR 2003, 57, 64 ff.; de lege ferenda: Brandner FS-Boujong (1996) S. 37, 44 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 37 II. 4. b) (S. 1125); dagegen: Lutter/Bayer, Lutter/Hommelhoff GmbHG (Vorauflage 16. Aufl. 2004) § 5 Rn 48. 216 Diese ist mit dem MoMiG nunmehr für die GmbH eingeführt. In § 19 IV S. 3 GmbHG nF ist die sog. „Anrechnungslösung“ umgesetzt worden; es wird normiert: „Auf die fortbestehende Geldeinlagepflicht des Gesellschafters wird der Wert des Vermögensgegenstandes im Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister oder im Zeitpunkt seiner Überlassung an die Gesellschaft, falls diese später erfolgt, angerechnet“, vgl. Bundesrat Drucksache 615/08; ferner Seibert/Decker, ZIP 2008, 1208, 1210. Für die AG wird an eine Übernahme der Neuregelung in Zusammenhang mit dem ARUG zu denken sein, vgl. Seibert, ZIP 2008, 906, 907. 217 BGH II. ZS v. 04.03.1996, BGHZ 132, 141, 150 ff. mit umfangreichen Nachweisen zum vorbereitenden Schrifttum. Da von der Neuregelung des MoMiG auch Altfälle von der Regelung des § 19 IV GmbHG nF erfasst sein werden (§ 3 IV EGGmbHG nF) erscheint für die GmbH der Bedarf an nachträglicher Heilung begrenzt. 218 BGH II. ZS v. 07.07.2003, „Heilung der verdeckten Sacheinlage“, BGHZ 155, 329.
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(Inferent) hatte zeitnah zur Erfüllung seiner Bareinlage iHv. 2.300.000 DM der GmbH und einer Gesellschaft, an der diese maßgeblich beteiligt war, Grundstücke zum Preis von 1.000.000 DM und 13.400.000 DM veräußert. Knapp 3 Jahre nach Abschluss der Gründungsgeschäfte forderte die Gesellschaft219 von dem Inferenten die nochmalige Zahlung der Stammeinlage iHv 2.300.000 DM. Ein Antrag des Inferenten auf Fassung eines Gesellschafterbeschlusses zur Heilung seiner etwaigen verdeckten Sacheinlage wurde mit der Mehrheit der anderen beiden Gesellschafter abgelehnt. Dieser sei zu Unrecht nicht angenommen worden, entschied der BGH. Aus dem Gesichtspunkt der gesellschafterlichen Treupflicht könne der Inferent einer verdeckten Sacheinlage von seinen Mitgesellschaftern die Mitwirkungsakte an dem Heilungsbeschluss „dann verlangen, wenn sich die Gesellschafter über die geplante Einlage einig waren, dafür aber – gleich aus welchen Gründen – gemeinsam den rechtlich falschen Weg gewählt haben, [. . .] und das gegen §§ 19 V, 5 IV S. 1 GmbHG verstoßende Umgehungsgeschäft einer – wirksamen – Heilung zugänglich ist“.220 Die grundsätzlich zu Recht verlangte Heilung durch den Inferenten hätten die anderen Gesellschafter auch formal richtig umzusetzen. In einer aktuellen Entscheidung des OLG Düsseldorf221 wurde der bereicherungsrechtliche Anspruch auf den Saldo aus dem umgehenden Verkehrsgeschäft verfolgt. Hier hatten die Gesellschafter am 04.08.1998 eine GmbH (Kl.) mit einem Stammkapital von 50.000 DM gegründet, von dem 90% auf R und 10% auf den Bekl. entfielen. Am 20.12.1998 verkaufte der Bekl. der GmbH seine Steuerberaterpraxis für 790.425 DM. Aus der Nichtigkeit dieses Verkaufs als Umgehungsgeschäft begehrte die Kl.222 unter Abzug erlangter Vermögensvorteile iHv 250.425 DM eine Rückzahlung des Kaufpreises iHv. 540.000 DM. Ohne Erfolg. Der Verkauf stelle zwar eine verdeckte Sacheinlage dar. Dies habe auch die Unwirksamkeit der Tilgungswirkung, sowie des verpflichtenden und des erfüllenden Umgehungsgeschäfts zur Folge. Danach sei das Umgehungsgeschäft einer bereiche219
Bemerkenswerterweise nicht durch einen Insolvenzverwalter; für Zahlungsschwierigkeiten überhaupt enthält der Sachverhalt keinen Anhalt, sondern auf Betreiben der anderen beiden Gründungsgesellschafter. 220 BGH II. ZS v. 07.07.2003, „Heilung der verdeckten Sacheinlage“, BGHZ 155, 329, 333 f., 337. 221 OLG Düsseldorf v. 16.12.2005, Aktenzeichen: I-16 U 176/05, soweit ersichtlich nur in Juris veröffentlicht; vgl. dazu BGH II. ZS. v. 10.12.2007, Aktenzeichen II ZR 82/07, ebenfalls in Juris. 222 Auch hier wurde die Forderung nicht erst vom Insolvenzverwalter, sondern nach dem Zerwürfnis der Gesellschafter innerhalb der Verfügungsgewalt des geschäftsführenden Mehrheitsgesellschafters R verfolgt und auch in der Insolvenz der GmbH nur von dieser gem. § 85 II InsO nicht aber vom Insolvenzverwalter weiter betrieben.
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rungsrechtlichen Rückabwicklung unterworfen. Doch sei es der Kl. nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit zu berufen, weil diese verpflichtet sei, die mit dem Bekl. eingegangen Verträge zu bestätigen. Gesellschafter seien immer noch nur die beiden an der Absprache beteiligten Gründungsgesellschafter. Damit bestehe seitens des R die Verpflichtung, an der Heilung mitzuwirken. Dieser Einwand der Heilungsmöglichkeit könne auch der Gesellschaft selbst entgegengehalten werden, da es ihr nicht erlaubt sei, aus dem vorübergehenden Zustand eine Rückabwicklung zu verlangen, die sie später, nach erfolgter Heilung, wiederherstellen müsste. 2. Analyse
Die Zustimmungspflicht zur verdeckten Sacheinlage ist unter verschiedenen Gesichtspunkten als Verfassungsänderungspflicht aufgrund der Treupflicht bemerkenswert. Die Formel findet keine Verwendung. Der Schutzgegenstand der erstrebten Verfassungsänderung wird in den Entscheidungen nicht klar herausgestellt. Insbesondere findet jeweils keine Abwägung statt. Mit der Bezugnahme auf die Einigung der beteiligten Gesellschafter über die Sacheinlage wird dies offensichtlich auch gar nicht als nötig angesehen. Die Zustimmungspflicht zur Veränderung der Verbandsverfassung dient in den entschiedenen beiden Fällen damit ganz offensichtlich mehr dazu, eine „Berichtigung“ der Verbandsverfassung herzustellen. Damit lässt sich die Funktion der Zustimmungspflicht in dieser Fallgruppe darauf reduzieren, eine intern grundsätzlich rechtsfehlerfreie Gestaltung223 auf ein auch extern tragfähiges Gerüst, nämlich den Vorschriften zur Sicherung der realen Kapitalaufbringung genügendes, zu stellen. Zumindest für die Zustimmungspflicht unter denjenigen Gesellschaftern, die an der Umgehungsabrede teilgenommen haben, fällt damit ein wesentliches Merkmal der allgemeinen 223
Insgesamt stellt der Grundsatz der realen Kapitalaufbringung eine Säule der Begründung des Haftungsprivilegs der Gesellschafter von AG und GmbH dar. Er ist damit seinem Wesen nach auf den Außenrechtsbereich konzipiert, und kompensiert hier die mangelnde Haftung der Beteiligten. Damit wird der Schutz der Mitglieder nur notwendig, reflexartig geleistet aber nicht grundsätzlich bezweckt. Anders wohl die h. M.: wonach auch der Schutz der Mitgesellschafter wie des Verbandes Zweck des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung sein soll: Hüffer, AktG (9. Aufl. 2010) § 27 Rn 1; Kraft, KölnerKomm AktG I (2. Aufl. 1988) § 27 Rn 4; Pentz, MüKo AktG I (3. Aufl. 2008) § 27 Rn 6. Im Ergebnis eher wie hier: Ulmer, Großkomm GmbHG I (2005) § 19 Rn 3; Hueck/Fastrich, Baumbach/Hueck GmbHG (19. Aufl. 2010) Einl. Rn 7 mit einer Reduzierung auf den Gläubigerschutz. Für den Fall der Einigkeit der Betroffenen, wie der Heilungsfähigkeit der Sacheinlage aufgrund der Werthaltigkeit derer, ist aber weder seitens des Verbandes noch seitens der Mitgesellschafter eine Gefährdung anzuerkennen, die der Heilung entgegenstehen könnte.
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Zustimmungspflicht zur Veränderung der Verbandsverfassung weg. Die erzwungene Willensbildung, die Überwindung des Dissenses in einer ungeregelten Frage, kann hierbei nicht mehr festgestellt werden. Dem korrespondiert dann als zusätzliches Merkmal der Zustimmungspflicht die Abrede der Beteiligten. Damit stellt sich die Frage, ob diese Fallgruppe wegen der Abweichungen in Funktion und Tatbestand überhaupt noch dem Institut der Treupflicht zur Veränderung der Verbandsverfassung zuzuordnen ist. IV. Weitere Entscheidungen 1. Darstellung
Bereits in einer ganz frühen BGH-Entscheidung224 tauchte – etwas verdeckt – im Recht der GmbH die Frage nach einer Zustimmungspflicht zur Veränderung der Verbandsverfassung aufgrund der Treupflicht auf. Der Gesellschaftsvertrag der GmbH sah vor, dass Beschlüsse auf Abänderung des Vertrags oder Auflösung der Gesellschaft einer Mehrheit von neun Zehnteln der abgegebenen Stimmen bedurften. Die Gesellschafterversammlung beschloss unter sehr knapper Verfehlung der erforderlichen 9/10 Mehrheit die Aufhebung dieser Vorschrift hin zur dispositiven Gesetzeslage von 3/4 des § 53 II S. 1 GmbHG. Das notarielle Protokoll bezeichnete die Satzungsänderung gleichwohl als angenommen. Dagegen wand sich der Kl. mit seiner auf Feststellung – hilfsweise auf Erklärung – der Nichtigkeit des satzungsändernden Beschlusses gerichteten Klage. Die Bekl. meinte demgegenüber, die Maßnahme sei notwendig, um den Verband von der GmbH zur AG zu entwickeln. Dies wäre wiederum erforderlich, um den wirtschaftlichen Erfordernissen eines Unternehmens dieser Größe Rechnung zu tragen, es krisenfest zu machen und die Möglichkeiten der Eigenkapitalzufuhr zu verbessern. Daher sei die Anfechtung ein Treueverstoß und als rechtsmissbräuchlich zurückzuweisen. Der BGH stellt dazu fest, dass dieser Einwand auf eine Stimmpflicht des Kl. für die Satzungsänderung hinauslaufe.225 Dem Grunde nach wird diese Möglichkeit auch unmittelbar anerkannt. Es könne dahinstehen, ob es ganz besonderer Gründe bedürfe, um einen Beschluss zu sichern, der nicht die nötige Mehrheit gefunden habe. Der Grundsatz der freien Stimmrechtsausübung decke nämlich zweifellos keine rechtsmissbräuchliche Ausübung. Zur Erlangung gesellschaftsfremder Vorteile zum Schaden der Gesellschaft dürfe das Stimmrecht weder in der AG noch in der GmbH ausgeübt werden. Auch die Treupflicht setze der Ausübung des Stimmrechts Grenzen. Dabei sei die Treupflicht der Gesell224 225
BGH II. ZS v. 09.06.1954, BGHZ 14, 25. BGH II. ZS v. 09.06.1954, BGHZ 14, 25, 37.
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schafter einer GmbH größer und stärker als die der Aktionäre, da die Beziehungen hier enger seien. Doch brauchten die Gesellschafter nicht ihre eigenen Interessen hinter die der Gesellschaft zurückzustellen. Hier wolle der Kl. lediglich die ihm satzungsmäßig zustehenden Sperrrechte verteidigen. Diese Rechte müsse er nicht aufgeben, weil die Mehrheit die Absicht habe, die GmbH in eine AG umzuwandeln und das für wirtschaftlich vorteilig halte, selbst wenn dieser darin Recht zu geben sei. Ferner wurde über die Frage nach dem Verzicht auf die Geltendmachung berechtigter Zahlungsansprüche aus einem Drittschuldverhältnis gegen die Gesellschaft bei drohender Insolvenz entschieden.226 Wegen der Gefahr der Begründung einer Haftungsqualität als Eigenkapital gebiete die Treupflicht hier weder Verzicht noch Stundung. Umgekehrt werde ja vielmehr verlangt, im Krisenfall die Ansprüche gleichwohl geltend zu machen. In einem anderen Fall wurde zu einer Umstellung der Regelung über die Gewinnverwendung nur in einem obiter dictum die Möglichkeit der erzwungenen Zustimmung angedacht.227 2. Analyse
Die BGH Entscheidung aus dem Jahre 1954228 erkennt dem Grunde nach sowohl im Recht der AG wie dem der GmbH die Möglichkeit einer Begrenzung des Stimmrechts auf eine einzige treugemäße Ausübung auch in einer Verfassungsfrage an. Die negative Entscheidung in der Falllösung stellt dabei keinen Unterschied zu der gegenwärtigen Handhabe der Treubindung dar. Die Prosperität des Unternehmens wird auch in der neueren Rechtsprechung eher zurückhaltend geschützt. Es wird hier keine Abwägungsentscheidung getroffen, sondern das berechtigte Eigeninteresse zur 226 OLG Hamm v. 28.09.1992, GmbHR 1993, 656, 658. Im Hinblick auf die unterschiedliche Qualität der Forderungen, hier aus einem Drittschuldverhältnis, ist der Fall den Zinsverzichtsfällen aus dem Recht der Personengesellschaften, dort einer mitgliedschaftlichen Vermögensposition, nur begrenzt vergleichbar. Zu den Personenverbänden, vgl. hier § 6 B. III. 1. b) Beseitigung von Rechten (Sozialverpflichtungen) als zusätzliche Beitragsbegründung. 227 BGH II. ZS. v. 26.09.1988, BGHZ 105, 206, 212 f. „Sind im Einzelfall in einer Gesellschaft zum Zweck der Innenfinazierunng tatsächlich bisher in übermäßigem Umfang stille Reserven gebildet worden und besteht nach der Satzung keine ausreichende Möglichkeit, diese Praxis auf die Bildung entsprechender offener Rücklagen umzustellen, dann müssen, wenn die Gesellschafter sich nicht einigen können, diejenigen, die eine Änderung herbeiführen wollen, auf die allgemeine Möglichkeit verwiesen werden, die sich treuwidrig weigernden Gesellschafter auf Zustimmung zu einer den Bedürfnissen der Gesellschaft Rechnung tragenden Satzungsänderung zu verklagen“. 228 BGH II. ZS v. 09.06.1954, BGHZ 14, 25.
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Legitimation der Verweigerung als genügend angesehen. Insbesondere werden die vorgetragenen Notwendigkeiten der Veränderung nicht ausdrücklich gewogen und für zu leicht befunden, sondern – selbst wenn die wirtschaftliche Vernunft die begehrte Veränderung gebiete – als unzureichend angesehen, die Wahrnehmung berechtigter Eigeninteressen zu unterbinden. Die Entscheidung zum Anspruchsverzicht bzw. der Stundung dessen229 entspricht dem und § 53 III GmbHG. Zum Verzicht auf den werthaltigen Anspruch kann der Gesellschafter unter dem Gesichtspunkt des Belastungsverbots als allgemeinem Prinzip des Verbandsrechts nicht gezwungen werden.
D. Gesamtbefund der Rechtsprechung nach 1945 I. Einleitung Im Rahmen einer Gesamtschau ist einleitend festzustellen, dass die Fallgestaltungen, in denen die Treupflichtbindung zur Veränderung der Verbandsverfassung angenommen wurden, das ganze Recht der Verbände umfassen. Die Treupflicht ist stets geeignet, „der Gerechtigkeit eine Gasse zu schlagen“.230 Im Ganzen wird man sich hierbei den gewonnen Ergebnissen der positiven Treubindung auf der Verfassungsebene nicht verweigern können, Einzelheiten bleiben aber fraglich. Aus dem reichen Material der Rechtsprechung soll im folgenden Gesamtblick ein systematisches Bild der Position der Rechtsprechung gezeichnet werden (inneres System). Die Formel wird überwiegend, aber nicht ausnahmslos verwandt.231 Dabei funktioniert die Begründung der Zustimmungspflicht häufig mittels der Negierung eines schutzwürdigen Interesses an der Verweigerung. Diese Wertung ist dabei jeweils sehr stark von den Umständen des Einzelfalls ab229
OLG Hamm v. 28.09.1992, GmbHR 1993, 656. So die Feststellung von Wiedemann, JZ 1989, S. 447 zur „Linotype-Entscheidung“, BGH II. ZS. v. 01.02.1988, BGHZ 103, 184. 231 Ohne Berücksichtigung der Formel, gleichwohl unter Bezugnahme auf die Treupflicht löst die Rechtsprechung im Recht der Personenverbände hier: Wiederaufnahmefälle, BGH II. ZS v. 15.06.1959, BGHZ 30, 195; BGH II. ZS v. 06.02.1964, WM 1964, 420; „Neuaufnahmefall“ BGH II. ZS v. 28.05.1979, WM 1979, 1058; Fälle faktisch unmöglicher Beitragsleistungen, BGH VI. ZS v. 15.01.1963, VersR 1963, 433; BGH VI. ZS v. 05.03.1963, VersR 1963, 585; BGH III. ZS v. 25.09.1972, DB 1972, 2201; OLG Karlsruhe v. 04.04.1974, FamRZ 1975, 341. Im Recht der Verbandspersonen ergehen ohne Abstellen auf die Formel folgende Entscheidungen: „Staudammfall“ BGH II. ZS v. 27.04.1970, WM 1970, 904; Heilung der verdeckten Sacheinlage, BGH II. ZS v. 07.07.2003, BGHZ 155, 329; OLG Düsseldorf v. 16.12.2005, Aktenzeichen: I-16 U 176/05, soweit ersichtlich nur in Juris veröffentlicht. 230
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hängig und schwerlich einer Verallgemeinerung zugänglich.232 Hier kann nicht der Versuch unternommen werden, für jeden dieser Fälle die Zu- oder Aberkennung eines schutzwürdigen Interesses zu hinterfragen. Doch fanden sich auch Konkretisierungen, die nicht allein auf der Interessenwertung im Einzelfall beruhten. Diese müssen entweder einer bestimmten Fallgruppe der Zustimmungspflicht zuzuordnen oder für alle Fälle der Zustimmung zu verallgemeinern sein. Zuvor erfolgt ein Blick auf die Änderungsnotwendigkeiten, die Schutzziele und damit die Funktion der Treupflicht zur Verfassungsänderung nach der Rechtsprechung. II. Notwendigkeit einer Veränderung der Verbandsverfassung (Änderungsnotwendigkeit) Die Verfassung eines Verbandes ist an die Situation im Entstehen angepasst und auf eine bestimmte, geplante Entwicklung ausgerichtet. Damit droht jede unvorhergesehene Veränderung der Umstände außerhalb der Verfassung, die mit der Zeit eintritt, die Funktionen und die Richtigkeitsgewähr der Verfassung zu erschüttern. Man kann von einer begrenzten Haltbarkeit des Statuts sprechen, wonach die dynamische Entwicklung des Verbands wie seiner Mitglieder und seiner Umgebung eine stete Anpassung der Verfassung verlangen. In der Bestandsaufnahme der Entscheidungen haben sich verschiedene Gründe geeignet gezeigt, eine „Änderungsnotwendigkeit“ zu begründen. Die Umstände, die die Veränderung der Verbandsverfassung erfordern, sind dabei vielgestaltig. Regelmäßig haben sich Umstände in der Person der Mitglieder wie Alter, Arbeitsausfall oder Fehlverhalten oder solche des Verbands wie wirtschaftliche Schwierigkeiten oder Bedürfnisse dessen als geeignet gezeigt, ein Interesse an einer Veränderung zu begründen. Dazu treten externe Umstände, wie Geldwertentwicklung und Änderungen der Rechtslage. Ferner kann sich die Änderungsnotwendigkeit auch begleitend zu einer einseitigen Rechtsgestaltung stellen, etwa bei der Kündigung durch den Privatgläubiger, durch einen Gesellschafter oder bei der Auflösung im Todesfall. An diesen Ursprung der Änderungsnotwendigkeit hat die Rechtsprechung dabei bisher zwar angeknüpft, nach der Art aber nicht grundlegend differenziert. Die von den Verbandsmitgliedern „unverschuldete“, externe Änderungsnotwendigkeit233 wird nicht gegenüber der aus einer Fehlpla232
Aus diesem Grund lehnte der BGH jüngst die Revision in zwei Fällen ab. Die abstrakten Kriterien seien hinreichend geklärt, die darüber hinaus gehende Konkretisierung allein eine Entscheidung des Einzelfalls, BGH II. ZS. v. 26.03.2007, NJWRR 2007, 1477, 1478; BGH II. ZS. v. 02.07.2007, NZG 2007, 860. 233 Etwa bei der drastischen Geldentwertung, die eine Anpassung der Geschäftsführervergütungen begründen sollte, vgl. die Entscheidungen: BGH II. ZS
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nung folgenden oder einer sehenden Auges hingenommenen Unvollständigkeit234 bevorzugt. Auch die Notwendigkeit, die in der Folge von Rechtsgestaltungen235 begründet wird, unterliegt keinen erhöhten Voraussetzungen. Insbesondere wird der Umgehungsgedanke, die Situation dürfe nicht dazu genutzt werden, durch die Blockade der zur Fortsetzung erforderlichen Maßnahme die Auflösung entgegen den Bestimmungen von Gesetz und Vertrag zu bewirken, nicht auf bestimmte Änderungsnotwendigkeiten begrenzt.236 III. Schutzziel der verfolgten Änderung In der allgemeinen Formel von Erforderlichkeit und Zumutbarkeit wird das Schutzziel der Vertragsänderung nur beispielhaft in dem Erhalt von Werten, bzw. der Vermeidung von Verlusten oder der verständigen Weiterverfolgung des Gesellschaftszwecks bestimmt. 1. Werterhalt als Schutzzweck
Der Werterhalt als Schutzzweck kann nach dem Fallmaterial in zwei Feldern festgestellt werden: Einerseits gibt es Situationen, die unmittelbar zur Wertvernichtung führen würden und deshalb unterbunden werden müssen. Das gilt vor allem dann, wenn die Insolvenz oder die Liquidation der Gesellschaft abgewendet werden soll. Hierbei droht jeweils ein unmittelbarer Wertverlust durch die Differenz zwischen dem Wert des werbenden Unternehmens und den in der Liquidation regelmäßig nur zu erreichenden Zerv. 10.06.1965, BGHZ 44, 40; BGH II. ZS v. 10.05.1976, BB 1976, 948; BGH II. ZS v. 04.07.1977, BB 1977, 1271; BGH II. ZS v. 15.06.1978, WM 1978, 1230. 234 Etwa in der „Porta-Entscheidung“ BGH II. ZS v. 20.10.1986 JZ 1987, 95. Vgl. dazu hier § 6 B. I. 3. Übertragung der Mitgliedschaft – Wechsel in der Person des Mitglieds (S. 135 ff.). 235 In diesen Fällen ist immerhin für den bestimmten Tatbestand (Tod des Gesellschafters, Kündigung des Gesellschafters, Kündigung des Gläubigers) schon eine bestimmte Rechtsfolge (Auflösung der Gesellschaft, Ausscheiden des Gesellschafters) normiert, womit einige Zurückhaltung denkbar wäre. Im Unterschied zu den anderen Fällen fehlt hier eben nicht eine Normierung des Umstands, welcher die Änderung erfordert. Zum Fallmaterial vgl. etwa den „Witwenfall“ BGH II. ZS v. 21.10.1985, WM 1986, 68. 236 Der Gedanke findet sich bei der Rechtsgestaltung von außen in den Entscheidungen zur GmbH-Novelle: BGH II. ZS v. 25.09.1986, „GmbH-Novelle I“, BGHZ 98, 276; BGH II. ZS v. 23.03.1987, „GmbH-Novelle II“, ZIP 1987, 914; begleitend zur internen Rechtsgestaltung innerhalb des Verbands im „Neuaufnahmefall“ BGH II. ZS v. 28.05.1979, WM 1979, 1058; begleitend zur Änderungsnotwendigkeit durch wirtschaftliche Erfordernisse auch in „Girmes“ BGH II. ZS v. 20.03.1995, BGHZ 129, 136.
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schlagungswerten. Ferner gibt es auch den sukzessiven Wertverfall im Verband, etwa bei allen Störungen, die sich in die Geschäftsführung auswirken, wie ein persönliches237 oder altersbedingtes238 Unvermögen eines Gesellschafters. Die Gesellschafter können grundsätzlich nicht gezwungen sein, untätig einer sukzessiven Wertvernichtung zuzusehen. In diesen Fällen ist aber eine Grenzziehung zu bloß „einfach sinnvollen Maßnahmen“ notwendig,239 die noch keine Ausnahmefälle im Sinne der Treupflicht darstellen und nicht erzwingbar sind. Regelmäßig dient der Werterhalt auch dem Verbandserhalt, sei es dass der Erhalt des Verbands, also die Abwendung von Insolvenz oder Liquidation, den Weg zum Werterhalt bedeutet,240 sei es dass dadurch die verständige Weiterverfolgung des Gesellschaftszwecks gesichert wird. Fälle, in denen allein der Erhalt von Werten ohne einen gleichzeitigen Verbandserhalt verfolgt wurde, sind dabei relativ selten, aber gleichwohl möglich, wie der „Auflösungsfall“241 und die ihm verwandte Entscheidung aus dem GmbHRecht242 zeigen. Diese Fälle zeigen zudem die Möglichkeit eines individuellen Werterhalts als Schutzgegenstand auf. Hier werden nur einzelne Gesellschafter, nämlich diejenigen die ihrer gesetzlichen, gem. § 128 HGB, oder vertraglichen, hier gem. § 765 BGB, persönlichen Haftung zu entkommen suchen, vor Verlusten geschützt. Dabei ist zu der Möglichkeit eines individuellen Werterhalts schon in der Formel differenziert.243 2. Verbandserhalt als Schutzzweck
Wird die Änderung notwendig, um eine verständige Weiterverfolgung des Gesellschaftszwecks zu gewährleisten, so deckt dies dem Wortlaut nach 237 So in den Ausschlussfällen: BGH II. ZS v. 28.04.1975, „Ausschlussfall“ BGHZ 64, 253, 256 ff.; BGH II. ZS v. 18.10.1976, BGHZ 68, 81, 82; BGH II. ZS v. 03.02.1997, NJW-RR 1997, 925, 926; ThürOLG Jena v. 09.07.1997, NZG 1998, 343, 345. 238 So in den Fällen zur Altersvorsorge: BGH II. ZS v. 20.10.1986 „Porta-Entscheidung“, JZ 1987, 95; OLG München v. 05.02.1997, NJW-RR 1997, 611; BGH II. ZS v. 08.11.2004, ZIP 2005, 25. 239 Bedenklich weit und kaum mehr unter den Werterhalt einzuordnen: der „Staudammfall“, BGH II. ZS v. 27.04.1970, WM 1970, 904. 240 So bspw. in den Fortsetzungsfällen für das Recht der Personenverbände: BGH II. ZS v. 07.12.1972, „Fortsetzungsfall“ WM 1973, 990; BGH II. ZS v. 21.10.1985, „Witwenfall“, WM 1986, 68; in „Girmes“ BGH II. ZS v. 20.03.1995, BGHZ 129, 136 für das Recht der Verbandspersonen. 241 BGH II. ZS v. 17.12.1959, „Auflösungsfall“ NJW 1960, 434. 242 OLG Köln v. 09.03.1999, NZG 1999, 1166. 243 „Zur Vermeidung wesentlicher Verluste, die die Gesellschaft oder einer der Gesellschafter andernfalls erleiden würde“, vgl. hier Fn 34, S. 122.
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jede Maßnahme von der einfach sinnvollen Verfassungsänderung, die geeignet ist, einen nachhaltigen Beitrag zur Zweckverfolgung zu leisten, bis hin zu derjenigen, mit der die unmittelbare Existenzgefährdung des Verbands abgewandt werden soll. Dabei hat die Rechtsprechung nur in wenigen besonderen Fällen,244 die „einfach sinnvolle Maßnahme“ erzwungen. Nur dort wurde bestimmt, dass allgemein vernünftige kaufmännische Planung auf der Ebene der Verbandsverfassung gegenüber einem dissentierenden Gesellschafter durchzusetzen ist. Ansonsten gilt ganz überwiegend ein anderes, restriktives Verständnis des Schutzziels. Danach genügt es nicht, dass die Maßnahme sinnvoll und rechtlich zulässig245 oder zur Durchführung des Vertrags erforderlich246 ist. Es bedarf vielmehr einer besonderen Qualität, die sich regelmäßig in einer unmittelbaren oder sukzessiv unaufhaltsamen Existenzgefährdung des Verbands findet.247 Damit wird eben nicht die Zweckverfolgung gesichert, sondern nur der Fortbestand der Möglichkeit derer. Vollständiger könnte formuliert werden, dass die Änderung notwendig werden kann, um die Möglichkeit einer verständigen Weiterverfolgung des Gesellschaftszwecks zu gewährleisten. Geschützt ist danach der Verband als Rechtsverhältnis, nicht die effektive Art und Weise der Zweckverfolgung durch einfach sinnvolle Maßnahmen. Mit dem Schutz der verständigen Weiterverfolgung des Gesellschaftszwecks kann danach der Verbandserhalt, also der Erhalt des Regelungskomplexes, dem Werterhalt als Gegenbegriff entgegengesetzt werden. Neben dem Erhalt des Regelungskomplexes kann hier auch der Erhalt von Mitgliedschaften als Einzelrechtsbeziehungen, so vorrangig in den Wiederaufnahmefällen aufgetreten, eingeordnet werden. Fälle reinen Regelungserhalts sind sicher auszumachen. In 244 BGH II. ZS v. 26.01.1961, NJW 1961, 724; sowie BGH II. ZS v. 27.04.1970, „Staudammfall“, WM 1970, 904. Beide Fälle haben dabei eine Besonderheit, die sie aus den allgemeinen Treupflichtfällen ausnimmt. In der ersten BGH-Entscheidung sollte vorrangig ein venire contra factum proprium der Mutter des Minderjährigen vermieden werden (ähnl. Flume, Personengesellschaft (1977) § 15 IV. (S. 279)). Im Staudammfall tritt die Besonderheit der Stimmrechtsbindung hinzu. Gegenüber der sonst stets sorgsamen Zurückhaltung der Rechtsprechung bei der Annahme einer Zustimmungspflicht wirkt das im Staudammfall gewonnene Ergebnis ohne die Besonderheit der Stimmrechtsbindung im Gefüge der Rechtsprechung zur Treupflicht schwerlich denkbar. 245 OLG Hamm v. 14.06.1999, NZG 2000, 252. 246 BGH II. ZS v. 24.05.54 „Konzessionsfall“, BGH LM Nr. 8 zu § 105 HGB. 247 Das Element der Existenzgefährdung kann durchgängig ausgemacht werden, wenn es auch nicht stets ausdrücklich benannt wird und in unterschiedlichen Formen auftritt, z. B.: BGH II. ZS v. 28.04.1975, „Ausschlussfall“ BGHZ 64, 253, 259 (als untragbare Alternative zur erzwungenen Verfassungsänderung); BGH II. ZS v. 28.05.1979, „Neuaufnahmefall“ WM 1979, 1058; BGH II. ZS v. 13.03.1989, NJW-RR 1989, 993; OLG Stuttgart v. 27.10.1999, MDR 2000, 778; OLG Stuttgart v. 19.04.2000, NZG 2000, 835; OLG München v. 16.06.04, NZG 2004, 807.
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den (Neu- und Wieder-)Aufnahmefällen248 und bei der Stammkapitalerhöhung249 wird ein Wertverlust weder zur Begründung angeführt noch wäre er ersichtlich. 3. Erhalt einzelner Regelungen als Schutzzweck
Die Schutzgegenstände innerhalb der Rechtsprechung sind damit aber noch nicht abschließend erfasst. In einigen Entscheidungen wurde auch das vertraglich begründete Leistungsgleichgewicht unter den Gesellschaftern geschützt, so in den Fällen des unmöglichen Beitrags,250 des Gewinnverteilungsschlüssels251 und zumindest auch bei der verdeckten Sacheinlage252. Hier erfolgt die Vertragsanpassung, ohne dass die Gefährdung des Verbands festgestellt würde oder ersichtlich wäre; eine Wertvernichtung droht allein individuell dem Inferenten der verdeckten Sacheinlage. Dabei ist bemerkenswert, dass dagegen einige Fälle zur Anpassung der Rechte der Gesellschafter, insbesondere Geschäftsführervergütung, Gewinnrechte etc.253 an der bekannten Formel der Rechtsprechung gemessen werden, wonach die Vertragsanpassung erst dann erforderlich wird, wenn das Leistungsgleichgewicht sich so sehr verzerrt hat, dass der Verbandserhalt gefährdet wird und deshalb abgelehnt werden müssen. Die Bewahrung des Leistungsgleichgewichts wird hierbei als selbstständiger Schutzgegenstand nicht anerkannt. Insofern bedarf es entweder einer Abgrenzung, die aus der Rechtsprechung nicht unmittelbar ersichtlich ist, oder einer Harmonisierung.254 Der teils positive Befund ist dadurch aber nicht erschüttert. Zur 248
Wiederaufnahme: BGH II. ZS v. 06.02.1964, WM 1964, 42; „Neuaufnahmefall“ BGH II. ZS v. 28.05.1979, WM 1979, 1058. 249 BGH II. ZS v. 25.09.1986, „GmbH-Novelle I“, BGHZ 98, 276; BGH II. ZS v. 23.03.1987, „GmbH-Novelle II“, ZIP 1987, 914. 250 BGH VI. ZS v. 15.01.1963, VersR 1963, 433; BGH VI. ZS v. 05.03.1963, VersR 1963, 585; BGH III. ZS v. 25.09.1972, DB 1972, 2201; OLG Karlsruhe v. 04.04.1974, FamRZ 1975, 341. 251 OLG München v. 22.12.2000, NZG 2001, 558, 560 f.: Die Einnahmeverteilung sei auf den Kopf gestellt, es sei dem einen Gesellschafterteil nicht zuzumuten, von der wirtschaftlichen Entwicklung ausgeschlossen zu sein. 252 BGH II. ZS v. 07.07.2003, „Heilung der verdeckten Sacheinlage“ BGHZ 155, 329; OLG Düsseldorf v. 16.12.2005, Aktenzeichen: I-16 U 176/05, soweit ersichtlich nur in Juris veröffentlicht. Wobei auf die Besonderheit des Einigungstatbestandes in diesen Fällen hinzuweisen ist, vgl. hier § 6 C. III. Heilung der verdeckten Sacheinlage. 253 Zur Anpassung der Geschäftsführervergütung: BGH II. ZS v. 10.06.1965, BGHZ 44, 40; BGH II. ZS v. 10.05.1976, BB 1976, 948; BGH II. ZS v. 04.07.1977, BB 1977, 1271; BGH II. ZS v. 15.06.1978, WM 1978, 1230; zur Anpassung der Zins- bzw. Gewinnverteilung: OLG Hamm v. 14.06.1999, NZG 2000, 252; OLG München v. 12.01.2001, NZG 2001, 793.
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Fortsetzung der idealen Trennung der Schutzziele kann hierbei, soweit der Gehalt einer einzelnen Regelung veränderten Umständen angepasst wird und entsprechend der bewahrenden Funktion des Instituts der Treupflicht zur Verfassungsänderung erhalten bleiben soll, vom (Einzel-)Regelungserhalt gesprochen werden. Dieses Schutzziel ist von der Formel nicht ausdrücklich erfasst, fügt sich aber nahtlos zu der Erforderlichkeit „im Hinblick auf die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander“. 4. Ergebnis
Damit können abschließend drei – nur ideal – getrennte Schutzgegenstände einer Treupflicht zur Veränderung der Verbandsverfassung im Werterhalt, im Erhalt des Regelungskomplexes und einzelner Regelungen dessen ausgemacht werden. Eine Begrenzung bestimmter Schutzgegenstände auf bestimmte Verbandsformen ist dabei nicht ersichtlich. IV. Funktionen der Pflicht zur Verfassungsänderung innerhalb der Rechtsprechung Durch die Bestimmung der Änderungsnotwendigkeit und der Schutzziele bereits etwas eingegrenzt, ist die Funktion des Instituts der Treupflicht zur Veränderung der Verbandsverfassung in seiner Anwendung durch die Rechtsprechung zu vermessen. Es ist festzustellen, dass im Grundsatz keine Kontrolle der privatautonom von den Parteien geleisteten Gestaltung gewährt wird. Eine Prüfung der Angemessenheit der Vertragsgestaltung unter den Mitgliedern erfolgt nicht in Bezug auf die wechselseitigen Verpflichtungen, sondern allenfalls bezüglich des zeitlichen Moments, ob die Gestaltung unter den veränderten Bedingungen noch angemessen ist. Damit findet keine, auch keine rückwirkende, Kontrolle der Willenserklärungen der teilnehmenden Mitglieder dahingehend statt, ob die Regelungen angemessen sind. Hierin besteht der maßgebliche Unterschied zu einer Inhaltskon254 Insofern ist selbst unter den relativ jungen Urteilen keine Einheitlichkeit zu erkennen. Während das OLG München (v. 22.12.2000, NZG 2001, 558, 560 f.) einen Schritt in die Richtung getan hat, die Leistungsäquivalenz bzw. generell den Erhalt einer einzelnen Regelung innerhalb des Verbands mit der Treupflicht zu schützen, zeigt sich im gleichen Senat des OLG zeitlich nah eine erhebliche Zurückhaltung beim Eingriff in die Äquivalenzbeziehung zwischen Beiträgen und Gewinnverteilung: OLG München v. 12.01.2001, NZG 2001, 793. Die Divergenz veranschaulicht die Unklarheit über die Möglichkeiten des Instituts der treupflichtigen Anpassung. Ein eindeutiger Richtungswechsel in der Sache, wie ihn Ulmer, BB 1976, 950, und Zöllner, Anpassung (1979), S. 61 annehmen, ist in der Rechtsprechung dabei allerdings nicht feststellbar.
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trolle,255 die das Institut der Treupflicht zur Veränderung der Verbandsverfassung nicht leistet. Allgemein sichert die Treupflicht die Durchsetzung der notwendigen Maßnahmen zur Fortsetzung des Verbands, wenn veränderte Umstände eine Anpassung verlangen. Dabei ist sie, wie sich in der Ausarbeitung der Schutzziele gezeigt hat, vorrangig konservativ ausgerichtet; progressive Maßnahmen sind sehr selten. Regelmäßig ist eine Minderheit Adressat der Verpflichtung. In wenigen Entscheidungen wird sogar eine mehrheitliche Verfolgung des Änderungsbegehrens zur Voraussetzung erklärt.256 Notwendig ist dies aber nicht. Sowohl im Recht der Personenverbände257 als auch bei den Verbandspersonen258 hat sich gezeigt, dass auch zwischen gleich starken Gesellschafterblöcken oder -anteilen eine Zustimmungspflicht begründet werden kann. Selbst ein innerhalb der Verbandsperson an die Mehrheit herangetragenes Änderungsbegehren ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen.259 Danach besteht eine wesentliche Funktion in der Durchsetzung von sachnotwendigen Änderungen unabhängig von den Mehrheitsverhältnissen. In anderer Richtung stellt sich die Frage, ob über die sachnotwendigen Änderungen hinaus nicht nur eine Disziplinierung jeder, sondern zudem der jeweils letzten Stimmen durch dieses Institut geleistet werden soll. Damit könnte die Mehrheitsbildung überhaupt gewährleistet werden und die Entscheidungsfähigkeit zusätzlicher Schutzgegenstand der Treubindung sein. Der Funktionsunterschied besteht gegenüber der Sachnotwendigkeit darin, auch das Entstehen einer Mehrheitsbildung überhaupt zu schützen. Damit würde die Handlungsfähigkeit auch unterhalb der alle Stimmen verpflichtenden Sachnotwendigkeit gewährleistet, wenn nur eine Minderheit ihre Mitwirkung verweigert. Hinweise auf ein solches Funktionsverständnis sind 255 Im Sinne einer Angemessenheits- und Billigkeitskontrolle. Grundlegende Anerkennung in der Rechtsprechung für das Recht der Publikumspersonengesellschaft durch BGH II. ZS v. 14.04.1975, BGHZ 64, 238; zur Inhaltskontrolle allgemein: Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 3 II. 3. (S. 172 ff.); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 5 III. 4. (S. 121 ff.), F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) § 7 IV (S. 138 ff.). 256 In BGH II. ZS. v. 10.06.1965, BGHZ 44, 40, 42; BGH II. ZS v. 13.03.1989, NJW-RR 1989, 993 für die Personenverbände, in „Girmes“ BGH II. ZS. v. 20.03.1995, BGHZ 129,136, 137 für die Verbandspersonen. 257 Etwa in den Fällen zur Altersvorsorge: BGH II. ZS v. 20.10.1986 „Porta-Entscheidung“, JZ 1987, 95; OLG München v. 05.02.1997, NJW-RR 1997, 611; BGH II. ZS v. 08.11.2004, ZIP 2005, 25. 258 Deutlich in den Entscheidungen zur GmbH-Novelle: BGH II. ZS v. 25.09.1986, „GmbH-Novelle I“, BGHZ 98, 276; BGH II. ZS v. 23.03.1987, „GmbH-Novelle II“, ZIP 1987, 914. 259 BGH II. ZS v. 18.04.2005, NZG 2005, 551.
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aber in der Rechtsprechung eher gering. Allein die Begründung von Zustimmungspflichten zu solchen Maßnahmen, die – neben der sie begründenden Sachnotwendigkeit – von einer bestimmten die erforderliche Mehrheit nicht erreichenden „Mehrheit“ getragen werden,260 könnten auf diese weitergehende Funktion hindeuten. Dagegen spricht aber, dass auch in diesen Fällen die Voraussetzungen der Sachnotwendigkeit grundsätzlich nicht gelockert werden. Fraglich ist, ob es notwendig einer Veränderung der Umstände bedarf, um die zum Wert-, Regelungskomplex- oder Regelungserhalt notwendigen und zumutbaren Veränderungen gegenüber opponierenden Mitgliedern einzufordern. Gleichermaßen könnte die Treupflicht auch als Fehlerkorrektur einer schlicht ungenügenden Verfassungsgestaltung bereits im Ursprung, also ab dem Zeitpunkt ihrer Begründung fungieren.261 Die bereits anfängliche, objektive Anpassungsnotwendigkeit262 findet sich in zwei Fällen. Im Fall „Konservatoriumsleitung“263 sieht das RG keine Schwierigkeit darin, den Verband gleich zu Beginn seiner Existenz einer veränderten Rechtsgestaltung zu unterwerfen und das vertraglich ausbedungene Recht zur geschäftlichen Leitung des gemeinsamen Betriebs durch die Klägerin zu beseitigen. Anders entscheidet der BGH im „Konzessionsfall“.264 Hier wird mittels § 306 BGB aF der zur Zweckverfolgung ungenügend ausgestattete Verband nicht erhalten. Im Weiteren taucht die anfängliche Anpassungsnotwendigkeit in der umfassenden Rechtsprechung nicht wieder auf. Danach kann hierzu innerhalb der Rechtsprechung keine eindeutige Aussage getroffen werden. Mit den Gedanken des Umgehungsschutzes und der Kontrolle der durch die Blockade ausgeübten Gestaltungsmacht tritt ein weiterer Aspekt 260 Etwa BGH II. ZS v. 10.06.1965, BGHZ 44, 40; BGH II. ZS v. 10.05.1976, BB 1976, 948; BGH II. ZS v. 20.03.1995, „Girmes“, BGHZ 129, 136. 261 Diese Gleichstellung ist von dem Institut der Störung der Geschäftsgrundlage als (anfängliches) Fehlen der Geschäftsgrundlage her bekannt. Vgl. zu dem „gemeinsamen Irrtum“ dort: Unberath, Bamberger/Roth BGB I (2. Aufl. 2007) § 313 Rn 68 ff.; Hohloch, Erman BGB I (12. Aufl. 2008) § 313 Rn 1, 30 ff. 262 Diese ist abzugrenzen von der bereits zu Beginn erkennbaren, aber erst im späteren „Lebensstadium“ des Verbands erforderlichen Anpassungsnotwendigkeit, die mit der Frage der Vorhersehbarkeit der Anpassungsnotwendigkeit problematisiert wird, vgl. dazu hier § 6 D. VI. 1. a) Ausnahmefall. Die anfängliche Anpassungsnotwendigkeit beschreibt die objektiv zu bestimmende Frage nach dem Zeitpunkt, zu dem die bestehende Regelung ungenügend ist. Ist dies bereits der Entstehungszeitpunkt (t 1) kann die Anpassung problematisch sein. Die Vorhersehbarkeit der Anpassungsnotwendigkeit beschreibt dagegen die Frage, ob den Parteien im Entstehen (t 1) subjektiv bereits die erst zu einem späteren Zeitpunkt (t 2) eintretende Unzulänglichkeit erkennbar war bzw. sein musste. 263 RG II. ZS v. 06.11.1923 „Konservatoriumsleitung“ JW 1924, 671. 264 BGH II. ZS v. 24.05.54 „Konzessionsfall“, BGH LM Nr. 8 zu § 105 HGB.
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hinzu.265 Hier erfolgt zusätzlich zu der Begründung über die Sachnotwendigkeit eine Prüfung der Legitimation des durch die Verweigerung hergestellten Ergebnisses, welches regelmäßig in der Auflösung des Verbands besteht. Dabei erfolgt ein wertender Vergleich gegenüber dem Auflösungsrecht. Die Änderungsnotwendigkeit darf danach von Seiten der Opponierenden nicht dazu missbraucht werden, die Auflösung des Verbands an den normierten Voraussetzungen (etwa des wichtigen Grundes, § 723 BGB, § 133 HGB, § 61 GmbHG oder einer bestimmten Mehrheit, § 60 I Nr. 2 GmbHG, § 262 I Nr. 2 AktG) vorbei zu bewirken. Diese Funktion lässt sich aber nicht von der Sachnotwendigkeit verselbstständigen. Notwendige Voraussetzung des Umgehungsvorwurfs ist, dass alternativ zur Wahrnehmung der Verfassungsänderung die Auflösung drohen muss, mithin eine Sachnotwendigkeit für die Anpassung bestehen muss. Damit bleibt als zentrale Funktion die Durchsetzung der sachnotwendigen Änderung der Verbandsverfassung im Sinne eines konservativen Schutzes des Verbands in seiner wesentlichen Regelungsgestaltung und der dazugehörigen Werte dessen und seiner Mitglieder. V. Geänderter Verfassungsbestandteil (Änderungsgegenstand) Die Gliederung der Bestandsaufnahme der Rechtsprechung erfolgte ausgehend von dem jeweils durch die Änderung betroffenen Gegenstand. Dabei hat sich gezeigt, dass die Rechtsprechung keine absoluten Grenzen der Treupflicht zur Zustimmung gebildet hat. Es wurden keine Verfassungsbestimmungen für eine Änderungsverpflichtung tabuisiert. Im Recht der Personenverbände wurden der Mitgliederbestand, hier insbesondere auch die feindliche Maßnahme der Teilnahme an der Ausschlussklage, die Auflösung und Fortsetzung der Gesellschaft, die Beitragspflichten wie die Rechte der Gesellschafter sowie Leitungs- Kontrollkompetenzen innerhalb des Verbands grundsätzlich einer Zustimmungspflicht zugänglich gemacht. Im Recht der Verbandspersonen wurde weder das Stamm- bzw. Grundkapital, die Art der Beitragsleistung noch eine Übertragung der Mitgliedschaft von der Zustimmungspflicht dem Grunde nach ausgeschlossen.
265 Kein Auflösungsrecht durch Verweigerung der notwendigen Maßnahmen: für die Personenverbände BGH II. ZS v. 28.05.1979, „Neuaufnahmefall“ WM 1979, 1058; für die Verbandspersonen BGH II. ZS v. 25.09.1986, „GmbH-Novelle I“, BGHZ 98, 276; BGH II. ZS v. 23.03.1987, „GmbH-Novelle II“, ZIP 1987, 914; BGH II. ZS v. 20.03.1995, „Girmes“, BGHZ 129, 136.
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VI. Tatbestand der Zustimmungspflicht nach der Rechtsprechung Die Rechtsprechung löst die Probleme nahezu durchgängig auf der Basis ihrer Formel. Auch Entscheidungen, die nicht ausdrücklich darauf gestellt werden, wie beispielsweise die Fälle zum unmöglichen Beitrag, können hierunter gefasst werden. Eine echte Abweichung ergibt sich aus der Bestandsaufnahme zunächst nur für die Heilung der verdeckten Sacheinlage, weil hier vorrangig auf den konkreten Einigungstatbestand der Parteien abgestellt wird.266 Entsprechend der Zielvorstellung dieser Arbeit, eine größere Bestimmtheit der Treupflichtfälle zu erreichen, sollen die Einzelkriterien, die aus den einzelnen Fällen gewonnen worden sind, hier im Zusammenhang erfasst werden. 1. Allgemeine Formel
a) Ausnahmefall Der Ausnahmefall erfährt in der Rechtsprechung nur geringe Konkretisierung. In den meisten Fällen deutet der Ausnahmefall eher eine restriktive Erfassung der dringenden Erforderlichkeit und Zumutbarkeit wie die grundsätzliche Geltung der Stimmrechtsfreiheit auf der Ebene der Verbandsverfassung an. Im „Fortsetzungsfall“ wird eine Zustimmungspflicht zur Anpassung des Gesellschaftsvertrags kategorisch mit der Vorhersehbarkeit der Änderungsnotwendigkeit267 abgelehnt. Die Zustimmungspflicht müsse dann grundsätzlich ausscheiden, wenn die Änderungsnotwendigkeit bei Vertragsabschluss vorhersehbar war.268 Damit könnte der Ausnahmefall zum Eintritt einer unvorhersehbaren Änderungsnotwendigkeit hin konkretisiert werden. Allerdings kehrt diese Einschränkung im gesamten Entscheidungsbestand nicht wieder. Ferner wird sie auch in der Entscheidung zum Fortsetzungsfall nicht vollständig aufrechterhalten, wenn die Möglichkeit einer Zustimmungspflicht zum Rechtsfolgenwechsel von der Auflösung zum Austritt an266 BGH II. ZS v. 07.07.2003, „Heilung der verdeckten Sacheinlage“, BGHZ 155, 329, 337 ff. „und sich die Parteien darüber einig waren . . .“. 267 Im Gegensatz zur anfänglichen Anpassungsnotwendigkeit (objektiv) ist bei der vorhersehbaren Änderungsnotwendigkeit (subjektiv) den Parteien die Regelung in ihrer „begrenzten Haltbarkeit“ erkennbar, funktioniert aber für eine bestimmte Zeit fehlerfrei durch die ursprünglich geschaffene Ordnung. Zur anfänglichen Anpassungsnotwendigkeit vgl. hier § 6 D. IV. Funktion der Pflicht zur Verfassungsänderung innerhalb der Rechtsprechung, sowie § 6 D. VI. 2. d) Zeitmoment der Anpassungsnotwendigkeit. 268 BGH II. ZS v. 07.12.1972, „Fortsetzungsfall“ WM 1973, 990, 992, wobei argumentativ allerdings an das Erforderlichkeitsmerkmal angeknüpft wird.
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gedacht wird. Dass die Vorhersehbarkeit der die Änderungsnotwendigkeit begründenden Umstände nicht per se den Ausschluss einer auf der Treupflicht beruhenden Zustimmungsverpflichtung bedeutet, folgt auch deutlich aus der Sachlage in der „Porta-Entscheidung“.269 Hier bestand die Unzulänglichkeit in der gesellschaftsvertraglichen Regelung vollkommen offensichtlich.270 Ferner prüft der BGH selbst auch in einem Fall zunächst den Wegfall der Geschäftsgrundlage, lehnt dort dieses Institut aber mit dem Hinweis auf die Vorhersehbarkeit ab, und schließt unmittelbar daran die Prüfung der Treupflicht an.271 Folglich erkennt die Rechtsprechung dort die Vorhersehbarkeit auch nicht als Kriterium an. Mithin besteht der Ausnahmefall nicht nur in der unvorhersehbar eintretenden Änderungsnotwendigkeit. Sofern eine besondere Änderungsnotwendigkeit vorliegt, kann dieser Umstand unter dem Ausnahmefall in die Abwägung Einzug finden. Dies gilt etwa für die zufällige Gestaltungsmacht eines Dritten in den Fällen der Kündigung eines Privatgläubigers,272 für die einseitige positive Gestaltungsmacht im Neuaufnahmefall273 oder die Veränderung der Rechtslage, die eine Anpassung erfordert.274 Eine Konkretisierung des Ausnahmefalls erscheint damit nach allem aber durch die Bestandsaufnahme der Rechtsprechung nicht möglich. b) Erforderlichkeit Die dringende Erforderlichkeit im Hinblick auf das bestehende Gesellschaftsverhältnis oder die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander ist mit der Ausarbeitung der Schutzgegenstände der Änderungspflicht bereits im Hinblick auf das Ziel der Vertragsanpassung bestimmt. Gleichermaßen bedingt die am Erhalt allein, nicht an der allgemeinen Förderung derer, ausgerichtete Fassung der Schutzziele eine Schwelle, die überschritten 269
BGH II. ZS v. 20.10.1986, „Porta-Entscheidung“, JZ 1987, 95. Nach der vertraglichen Regelung gab es zwar die Fortsetzungsklausel für den Todesfall, doch nur in eine Kommanditistenstellung. Die „Unzulänglichkeit“ beim Tod des letztversterbenden Gesellschafters – Liquidationsfolge der Gesellschaft, die ein gesundes Unternehmen mit 160 Beschäftigten trug – war offensichtlich aus der Vertragsregelung abzulesen. Vgl. BGH II. ZS v. 20.10.1986, „Porta-Entscheidung“, JZ 1987, 95, 96. Ähnlich auch im „Witwenfall“ BGH II. ZS v. 21.10.1985, WM 1986, 68, 69: es hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben, dass an das Versterben eines Gesellschafters nicht gedacht worden sei. 271 BGH II. ZS v. 10.06.1965, BGHZ 44, 40. 272 BGH II. ZS v. 15.06.1959, BGHZ 30, 195; BGH II. ZS v. 06.02.1964, WM 1964, 420. 273 „Neuaufnahmefall“ BGH II. ZS v. 28.05.1979, WM 1979, 1058. 274 BGH II. ZS v. 25.09.1986, „GmbH-Novelle I“, BGHZ 98, 276; BGH II. ZS v. 23.03.1987, „GmbH-Novelle II“, ZIP 1987, 914. 270
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sein muss, damit eine Zustimmungspflicht überhaupt in Betracht kommt. Soweit ganz überwiegend nur der Erhalt geschützt ist, muss die Änderung dazu erforderlich sein. Dieser absoluten Bestimmung, noch ohne Rücksicht auf die Zumutbarkeit und ein Wechselwirkungsverhältnis der beiden Merkmale innerhalb der Abwägung, entsprechen Entscheidungen, die die Zustimmungspflicht vorrangig an der mangelnden Erforderlichkeit der Maßnahme scheitern lassen275 und betonen, dass die Zumutbarkeit der Maßnahme allein nicht genüge, sondern diese vielmehr erforderlich sein müsse.276 Die Erforderlichkeit ist danach nicht relativ im Zusammenhang mit den Zumutungen der Verfassungsänderung begründet. Diese ist vielmehr selbstständiges Merkmal, welches erfüllt sein muss, um überhaupt zur Zumutbarkeitsprüfung zu gelangen. Dabei darf der Wert dieser Schwelle praktisch nicht überschätzt werden. Wenn eine Existenzgefährdung für jedes Schutzgut als Schwelle der Rechtsprechung benannt wird, dann bedeutet dies weder für die kollektiven oder individuellen Werte, noch für die Regelungen des Verbands eine praktisch erhebliche Einschränkung. Denn bei jedem der Schutzgegenstände können schon geringe Beeinträchtigungen als Existenzgefährdung erfasst werden. Wichtig ist hierbei aber die Leistung einer Abgrenzung zur einfach fördernden Maßnahme, die in aller Regel nicht geschützt wird. Ist damit die Schwere der drohenden Beeinträchtigung („Schädigung“) umrissen, ist zu fragen, ob es auch Konkretisierungen zur zeitlichen Nähe des Schadenseintritts und der Wahrscheinlichkeit der drohenden Gefahr aus der Rechtsprechung gibt. Die Nähe des Schadenseintritts, den es mittels der erzwungenen Verfassungsänderung abzuwenden gilt, stellt kein Problem dar, wenn die Schädigung ganz unmittelbar bevorsteht oder bereits eingetreten ist. Diese Nähe findet sich etwa in den Fällen der unmittelbar drohenden Insolvenz, wenn ohne den Forderungsverzicht der Mitglieder die Zahlungsunfähigkeit hergestellt und damit die Insolvenzantragspflicht unmittelbar begründet wird. Fälle, in denen der „Schaden“, bzw. die zu vermeidende Gestaltung schon eingetreten sind, sind etwa diejenigen, in denen mit der Kündigung der Gesellschafter schon ausgeschieden ist, und daher alsbald die Wiederherstellung geleistet werden soll. Problematisch ist der Fall, in dem der „Schadenseintritt“ nicht unmittelbar droht. Fraglich ist hier, ob die vorsorgende Entscheidung ebenso zu erzwingen ist. Hierauf gibt die „Porta-Entschei275 So in: BGH II. ZS v. 24.05.54 „Konzessionsfall“, BGH LM Nr. 8 zu § 105 HGB; BGH II. ZS v. 10.06.1965, BGHZ 44, 40; BGH II. ZS v. 10.05.1976, BB 1976, 948; BGH II. ZS v. 04.07.1977, BB 1977, 1271; BGH II. ZS v. 15.06.1978, WM 1978, 1230. 276 OLG Hamm v. 14.06.1999, NZG 2000, 252.
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dung“277 eine deutliche Antwort. Danach dürfen die Gesellschafter nicht zuwarten, bis die Situation eingetreten ist, sondern müssen alle Maßnahmen schon dann ergreifen, wenn sie später ohnehin unumgänglich sind, aber schon rechtzeitig vorbereitet werden können. Damit wirkt die Verschiebung aber nur in der zeitlichen Komponente, nicht in der materiell-inhaltlichen Anforderung. Nur das Verstreichenlassen der „letzten“ Rettungsmöglichkeit ist unter dem Hinweis auf die mangelnde Schadensnähe nicht möglich. Eine Eventualitäten begegnende Vorsorge ist damit freilich nicht gegeben. Die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts stellt wiederum kein Problem dar, wenn ein bestimmter Verlust bereits eingetreten oder gewiss ist. Problematisch sind demgegenüber Prognoseentscheidungen, in denen der Eintritt des Schadens bzw. die Notwendigkeit eben der begehrten Maßnahme nicht sicher, sondern nur von einer bestimmten Wahrscheinlichkeit ist. Die Frage ist dahin zu stellen, ob auch in der unaufklärbaren Situation eine Zustimmungspflicht von der Rechtsprechung begründet wird. Im Fallmaterial taucht die Frage dabei unerwartet selten auf. Regelmäßig ist der Eintritt der „Schädigung“, etwa durch die drohende Auflösung oder Insolvenz, gewiss. Im Recht der Personenverbände findet sich nur im Fall zum einvernehmlichen Ausscheiden eines Mitglieds, das sich mit einer anderen wirtschaftlichen Tätigkeit in Schwierigkeiten befindet278 und denjenigen Entscheidungen, die Leitungs- und Kontrollbefugnisse betreffen,279 die nur wahrscheinliche Schädigung des Verbands in der künftigen Entwicklung. Hier werden jeweils gleichwohl Treupflichten begründet. Dabei wird der Prognosecharakter einerseits nie problematisiert, andererseits besteht häufig eine ganz überwiegende Wahrscheinlichkeit, sodass der Erkenntniswert zur Positionierung der Rechtsprechung gering ist. Insbesondere ist damit nicht sicher, ob hier eine bestimmte Schwelle überschritten sein muss, etwa die einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit, und ob die Wahrscheinlichkeit einfacher Bestandteil der Abwägung wird. Danach lässt sich die Erforderlichkeit nach der Rechtsprechung wie folgt beschreiben: Die Erforderlichkeit ist selbständige, zumutbarkeitsunabhängige Prüfungsstufe der Anpassungspflicht. Erforderlich ist eine Vertragsanpassung nur dann, wenn sie für einen Erhalt verbandsbezogener Werte, einen Erhalt des Regelungskomplexes oder einzelner Regelungen280 not277
BGH II. ZS v. 20.10.1986, „Porta-Entscheidung“, JZ 1987, 95. BGH II. ZS v. 26.01.1961, NJW 1961, 724. 279 OLG Koblenz v. 14.12.1956, MDR 1957, 295; BGH II. ZS v. 10.10.1994, WM 1994, 2244. 280 Im Hinblick auf den Erhalt einzelner Regelungen ist allerdings auf die uneinheitliche Handhabe der Rechtsprechung zu verweisen, vgl hier § 6 D. III. 3. Erhalt einzelner Regelungen als Schutzgegenstand. 278
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wendig ist. Erforderlich ist die Vertragsanpassung in zeitlicher Hinsicht nicht erst dann, wenn die Schädigung unmittelbar bevorsteht oder schon eingetreten ist, sondern auch dann, wenn Vorsorge geboten ist. Erforderlich ist die Vertragsanpassung jedenfalls dann, wenn die drohende Schädigung mit Sicherheit eintreten würde. Ob und wie nur wahrscheinlichen Schädigungen mit der Treubindung zu begegnen ist, ergibt sich aus der Rechtsprechung nicht. Auch hinsichtlich des Verbandstyps ist bei der Erforderlichkeit nicht zu differenzieren. c) Zumutbarkeit Die Zumutbarkeit wird nach Feststellung der Erforderlichkeit durch Abwägung der widerstreitenden Interessen ermittelt.281 Dabei hat sich gezeigt, dass grundsätzlich kein Verfassungsbestandteil von der Möglichkeit einer treupflichtigen Änderung ausgenommen wird. Auf der Seite der Erforderlichkeit konnte eine Begrenzung auf bestimmte konservative Schutzziele festgestellt werden. Danach stellt sich die Frage, ob auch auf der dieser entgegengesetzten Zumutbarkeitsseite die schutzwürdigen Interessen generell positiv beschrieben oder wenigstens generell schutzunwürdige, nicht berücksichtigungsfähige ausgemacht werden können. Ausgangspunkt der Zumutbarkeitsbetrachtung muss dabei das generell schutzwürdige Interesse am Bestand der von privatautonomer Richtigkeitsgewähr getragenen aktuellen Verbandsverfassung sein (formelles Bestandsinteresse). Darauf wird mit der stetig wiederkehren Formulierung, dass grundsätzlich keine Änderungspflicht bestehen könne, die Parteien vielmehr frei darin seien, den Vertrag zu ändern und es sich daher um einen Ausnahmefall handeln müsse, hingewiesen.282 Ein Abgrenzungsproblem für die Interessenbewertung innerhalb der Zumutbarkeit zeigten die unterschiedlichen Urteile zur Novelle des GmbHG.283 Hier stellte sich die Frage, ob mit der Änderungssituation eine Prüfung der Interessen am Verbandserhalt möglich ist. Im äußersten Fall könnte der dissentierende Gesellschafter vielleicht sogar geltend machen, dass er an der Fortsetzung des Verbands überhaupt kein Interesse hat, dass ihm diese Fortsetzung nicht zuzumuten ist. In dieser Weise prüft das LG 281 Ganz deutlich zur Abwägung erst in der Stufe der Zumutbarkeit: BGH II. ZS v. 20.10.1986, „Porta-Entscheidung“, JZ 1987, 95, 97; BGH II. ZS. v. 08.11.2004, ZIP 2005, 25, 26. 282 Dieses Bekenntnis begleitet die Fälle regelmäßig seit: BGH II. ZS. v. 24.04.1954, „Konzessionsfall“, BGH LM Nr. 8 zu § 105 HGB Bl. 1. 283 Einerseits LG Bielefeld v. 23.08.1985, ZIP 1985, 1327; andererseits BGH II. ZS v. 25.09.1986, „GmbH-Novelle I“, BGHZ 98, 276; BGH II. ZS v. 23.03. 1987, „GmbH-Novelle II“, ZIP 1987, 914.
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Bielefeld und bewertet das mangelnde Interesse an der Fortsetzung des Verbands mit der für den dissentierenden Gesellschafter ungünstigen Gewinnverteilung als abwägungsrelevant.284 Der BGH stellt dagegen bezüglich einer gleichen Änderungsnotwendigkeit explizit heraus, dass nicht einmal eine inzidente Prüfung von Auflösungsgründen möglich ist, sondern im gesonderten Verfahren zu erfolgen habe.285 Der Unterschied besteht offensichtlich in dem Verständnis der Situation der Änderungsnotwendigkeit. Das LG Bielefeld betrachtet die ursprünglich geschaffene Regelung mit dem Eintritt der Änderungsnotwendigkeit als obsolet und kann daher ohne Berücksichtigung des Prinzips der Vertragstreue darauf verweisen, dass das wirtschaftliche Interesse an der Fortsetzung der Gesellschaft mit der ungünstigen Gewinnverteilung gering ist. Dem entgegen stellt der BGH heraus, dass auch unter den veränderten Umständen des notwendigen Mindestkapitals die Bindung, selbst wenn sie als unvorteilhaft empfunden wird, fortzusetzen ist.286 Damit wird hier die Bindungswirkung der ursprünglichen Verpflichtung auch unter den geänderten Umständen angenommen. Angesichts des gleichen Änderungsgegenstands wird hier die Argumentation des LG Bielefeld entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH im Rahmen der Bestandsaufnahme der Rechtsprechung keinen Raum mehr beanspruchen können.287 Gleichwohl wirft sie eine wichtige Frage nach der Bindungswirkung unter veränderten Umständen auf. Auch bei anderen Änderungsgegenständen bekennt sich der BGH mit dem „Auflösungsargument“ zu der grundsätzlichen Fortführungspflicht unter den veränderten Umständen.288 Das häufig zerrüttete Verhältnis unter den Gesellschaftern wird nur selten zum Hinderungsgrund – im Sinne einer inzidenten Prüfung 284 LG Bielefeld v. 23.08.1985, ZIP 1985, 1327: Aufgrund der schlechten Ertragslage entfiel der gesamte Gewinn auf den Vorweggewinn des geschäftsführenden Mitgesellschafters. 285 BGH II. ZS v. 25.09.1986, „GmbH-Novelle I“, BGHZ 98, 276, 283. 286 BGH II. ZS v. 25.09.1986, „GmbH-Novelle I“, BGHZ 98, 276; BGH II. ZS v. 23.03.1987, „GmbH-Novelle II“, ZIP 1987, 914. 287 Wenngleich zu betonen ist, dass der BGH den Fall des LG Bielefeld im Ergebnis wohl ähnlich hätte entscheiden können. Die Leistung von 15.000 DM bzw. alternativ die Hinnahme einer verminderten Beteiligungsquote von 50% auf 20% durch den Dissentierenden erscheint im Hinblick auf die konkrete GmbH auch dann als eine unverhältnismäßige, also nicht zumutbare Belastung, wenn weder die unglückliche Regelung der Gewinnverteilung (mangelndes Interesse des Dissentierenden) noch die tiefe Zerstrittenheit der Gesellschafter (Auflösungsgrund) gegeben gewesen bzw. zu wägen gewesen wären. 288 Vgl. etwa BGH II. ZS v. 25.09.1986, „GmbH-Novelle I“, BGHZ 98, 276; BGH II. ZS v. 23.03.1987, „GmbH-Novelle II“, ZIP 1987, 914; BGH II. ZS v. 28.05.1979 „Neuaufnahmefall“, WM 1979, 1058; BGH II. ZS v. 20.03.1995 „Girmes“, BGHZ 129, 136. Wenn die Änderungssituation nicht zur Auflösung genutzt werden darf, dann überdauert die Bindung.
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von Auflösungsgründen – für die Zustimmungs- und Fortsetzungspflicht.289 Damit ist die wertende Vermessung des Bestandswerts des Verbands im Zuge der Zumutbarkeit die Ausnahme. In aller Regel geht die Rechtsprechung von einer überdauernden Bindungswirkung aus, die diese Prüfung aufgrund der geltenden privatautonomen Gestaltung unmöglich macht. Hiermit lässt sich dieses Feld von Zumutbarkeitsbedenken aus der allgemeinen Interessenabwägung im Grundsatz ausnehmen. Positiv kann man formulieren, dass nur die Zumutbarkeit der änderungsbezogenen Fortsetzung des Verbands, nicht dagegen die Fortsetzung des Verbands überhaupt, zu wägen ist. Eine Verschiebung der Zumutbarkeitsschwelle zwischen den unterschiedlichen Verbandsformen hat sich weder zwischen Personenverbänden und Verbandspersonen noch zwischen personalistisch strukturierten Verbänden mit wenigen Mitgliedern und Publikumsgesellschaften290 gezeigt. Die Verbandsstruktur beansprucht dabei in der Abwägung neben dem Erfordernis des Erhalts und den dem dissentierenden Mitglied gegenüber erzwungenen Zugeständnissen auch keinen besonderen Raum. Hier hat sich nicht gezeigt, dass grundsätzlich die Mitglieder von Personenverbänden oder personalistisch strukturierten Verbänden einer stärkeren Treubindung unterliegen und daher eher eine Verfassungsänderung zuzumuten ist. 2. Generell abwägungsrelevante Umstände
a) Einfluss der Verfassungsgestaltung auf das Bestehen der Zustimmungspflicht Neben der faktisch orientierten Prüfung von Erforderlichkeit und Zumutbarkeit stellt sich die Frage, welchen Stellenwert Wertentscheidungen innerhalb der Verfassung auf das Bestehen einer Zustimmungspflicht nach der Rechtsprechung haben.291 Fraglich ist insofern, in welchem Maße die kon289 Zum besonderen Abwägungselement des realen Näheverhältnisses der Parteien vgl. hier § 6 D. VI. 2. b) Nähe des Vertrauensverhältnisses, Vorverhalten der Parteien. 290 Für erhebliche Zumutbarkeiten innerhalb der Verbandspersonen siehe: Die Möglichkeit eines echten Nachschusses zur Aufrechterhaltung in BGH II. ZS v. 23.03.1987, „GmbH-Novelle II“, ZIP 1987, 914; die Verringerung der eigenen Beteiligung zur Ausweitung des Geschäftsbetriebs in BGH II. ZS v. 27.04.1970, „Staudammfall“, WM 1970, 904. Für erhebliche Zumutbarkeiten innerhalb der Publikumsgesellschaften: Nachschusspflichten in der Publikums-GbR siehe BGH II. ZS v. 13.03.1989, NJW-RR 1989, 993. 291 Dem Merkmal der Realstruktur ist diese Frage nur begrenzt vergleichbar. Die Frage nach einer verfassungsmäßigen Wertentscheidung ist individuell für jeden Än-
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krete Verfassungsgestaltung mit den darin enthaltenen Wertentscheidungen (etwa nach dem Maß der Pflichten der Gesellschafter oder der Lösung der Verbandsstruktur von den einzelnen Persönlichkeiten der Mitglieder) die Abwägungsentscheidung neben der faktischen Interessenabwägung beeinflussen kann. Im „Neuaufnahmefall“292 sieht der BGH die Lösung des Verbands von dem aktuellen Mitgliederbestand durch die getroffenen Fortsetzungsbestimmungen als so stark an, dass daraus sogar eine allgemeine gesellschaftsvertragliche Verpflichtung zur Neuaufnahme begründet wird. In den Fällen des erzwungenen Ausschlusses und der altersbedingten Übertragung des Gesellschaftsanteils293 wurde jeweils eine stärkere Lösung des Verbands von seinen Mitgliedern für besonders abwägungsrelevant gehalten. In der ungenügenden Mehrheitsklausel für Beitragserhöhungen wurde dagegen nicht positiv die Öffnung der Verfassung für Mehrleistungen berücksichtigt.294 Im Fall der Wiederaufnahme nach der Kündigung durch einen Privatgläubiger wurde nicht negativ gewogen, dass nach der vertraglichen Regelung schon die Pfändung und nicht erst die Kündigung zum Ausscheiden führen sollte.295 Noch deutlicher wird beim Mindestentnahmerecht296 die eindeutige vertragliche Bestimmung einer Abwägung weder entgegengestellt, noch besonders gewogen. Das Verhältnis der Rechtsprechung zu den Wertentscheidungen der Verfassung ist folglich nicht einheitlich. Dabei zeigt sich die Rechtsprechung eher geneigt, solche Wertentscheidungen besonders zu berücksichtigen, die im jeweiligen Fall für die Zustimmungspflicht gelten, als solche, die eine Zustimmungspflicht erschweren oder gar ausschließen.
derungsgegenstand und jeden Verband zu prüfen. Dagegen trennt das Kriterium der Realstruktur – unabhängig von einer Differenzierung nach der jeweiligen Verbandsform, also der idealen Struktur – verallgemeinernd nach der tatsächlichen Ausprägung zwischen Mitunternehmer und Anlagegesellschaft, vgl. dazu hier § 7 B. I. 1. Intensität der Treubindung nach der Realstruktur des Verbands. 292 BGH II. ZS v. 28.05.1979, „Neuaufnahmefall“ WM 1979, 1058. 293 Erzwungener Ausschluss: BGH II. ZS v. 28.04.1975, „Ausschlussfall“ BGHZ 64, 253, 256 ff.; BGH II. ZS v. 18.10.1976, BGHZ 68, 81, 82; für ein gesellschaftsvertragliches Ausschlussverfahren durch Beschluss in der Personenhandelsgesellschaft: BGH II. ZS v. 03.02.1997, NJW-RR 1997, 925, 926; für den Ausschluss aus der GbR: ThürOLG Jena v. 09.07.1997, NZG 1998, 343, 345. Zur Übertragung der Mitgliedschaft: BGH II. ZS v. 20.10.1986 „Porta-Entscheidung“, JZ 1987, 95; OLG München v. 05.02.1997, NJW-RR 1997, 611; BGH II. ZS v. 08.11.2004, ZIP 2005, 25. 294 BGH II. ZS. v. 04.07.2005, WM 2005, 1608, 1610, BGH II. ZS v. 23.01.2006, WM 2006, 774, 776; BGH II. ZS. v. 05.03.2007, ZIP 2007, 766, 767; BGH II. ZS. v. 19.03.2007, ZIP 2007, 812, 814. 295 BGH II. ZS v. 06.02.1964, WM 1964, 420. 296 OLG Karlsruhe v. 28.02.2003 „Mindestentnahmerechtfall“ NZG 2003, 429.
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b) Nähe des Vertrauensverhältnisses, Vorverhalten der Parteien Neben der Verfassungsgestaltung stellt sich die Frage nach der Relevanz des real bestehenden Näheverhältnisses der Parteien. Insofern wurde nicht positiv gewogen, dass eine besondere Nähe auch besondere Zugeständnisse verlangen könne.297 Die besondere Nähe besteht real regelmäßig nicht mehr, wenn die Einigungsbemühungen fruchtlos geblieben und die Parteien im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung um eine Vertragsanpassung streiten. Es stellt sich daher in der Rechtsprechung vielmehr die Frage, ob sich das regelmäßig zerrüttete oder gar vergiftete Verhältnis der Parteien negativ in der Abwägung auswirkt, ob also in diesem Fall weniger zuzumuten ist. In dieser Weise entscheidet das OLG München, indem es in diesem Fall kein besonderes Entgegenkommen als durch die Treupflicht begründet ansieht.298 Anders entscheidet der BGH und stellt fest, dass das vergiftete Verhältnis der Parteien der Vertragsanpassung nicht entgegenstehe.299 Ebenso sind auch all diejenigen Urteile zu erfassen, in denen dieser Umstand schlicht unberücksichtigt bleibt. Demnach beeinträchtigt regelmäßig das zerrüttete Verhältnis und das Fehlen einer realen besonderen Nähe- und Vertrauensbeziehung unter den Gesellschaftern nicht das Bestehen einer Zustimmungspflicht. Dies deckt sich mit der Begrenzung der Zumutbarkeitserwägungen auf die Änderung, nicht auf die Fortsetzung des Verbands überhaupt. Neben dem allgemeinen Verhältnis der Parteien wurde ein konkretes Vorverhalten gewogen. Zum einen wurde positiv gewogen, dass der nun dissentierende Gesellschafter in einer ähnlich gelagerten Frage auch ein Entgegenkommen des nun änderungswilligen Gesellschafters angenommen habe.300 Daneben wurde ein Treuverstoß des änderungswilligen Gesellschafters gegenüber den dissentierenden Gesellschaftern für geeignet befunden, die Zustimmungsverpflichtung derer zu beschränken. Wer sich selbst 297 Auch der Umstand, dass die geforderten Nachschüsse früher vom nun hinsichtlich der Verfassungsänderung Dissentierenden anstandslos gezahlt worden sind, begründet für den BGH kein besonderes Kriterium der Abwägung: BGH II. ZS. v. 19.03.2007, ZIP 2007, 812, 814. 298 OLG München v. 05.02.1997, NJW-RR 1997, 611. 299 BGH II. ZS v. 08.11.2004, ZIP 2005, 25. 300 BGH II. ZS. v. 08.11.2004, ZIP 2005, 25, 26: „. . . und der Kläger seinerzeit mit Rücksicht auf das Alter des Vaters des Beklagten einer vorzeitigen Übertragung seiner Gesellschafterstellung auf den Beklagten zugestimmt hat. Vor diesem Hintergrund widerspricht es erst recht der gesellschafterlichen Treupflicht des Beklagten, wenn er nun seinerseits dem Kläger ein entsprechendes Vorgehen verweigern [. . .] will.“
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treuwidrig verhalte, könne sich nicht auf der anderen Seite auf die Einhaltung von Treu und Glauben durch die anderen Gesellschafter berufen.301 c) Geschäftsführungsnähe der Verfassungsentscheidung Nach der Rechtsprechung kann die Geschäftsführungsnähe der Verfassungsentscheidung für die Abwägung relevant sein. So wird in der „PortaEntscheidung“ die Frage nach der Zustimmungspflicht zu einem Gesellschafterwechsel mit von der Erwägung getragen, dass hier die „Sicherung der Kontinuität der Führung des Gesellschaftsunternehmens“ innerhalb des Vertragszwecks liege und daher nicht im eigenen Ermessen jedes Gesellschafters liege.302 Ganz ähnlich wird die Illegitimität der Verweigerung der Zustimmung zur Abberufung des Geschäftsführers nach § 712 BGB, § 117 HGB bei Vorliegen eines wichtigen Grundes begründet. Damit entsteht faktisch ein „Automatismus“ von wichtigem Grund und Zustimmungspflicht.303 Ein solcher „Automatismus“ besteht abseits dieser Fälle, also insbesondere bei dem Ausschluss eines Gesellschafters nach § 737 BGB, § 140 HGB oder der Abberufung eines Beiratsmitglieds nicht.304 Bedeutet die Änderung materiell eine echte Verfassungsänderung und nicht nur den Zwang eines Organisationsaktes, dann muss – wie oben bereits angerissen – die notwendige Prämisse dieser Gewichtung ein bestimmtes Verständnis von einer „Verfassungshierarchie“ sein. Danach müssten bestimmte – gleichwohl „echte“ – Verfassungsbestandteile durch ihre Zielrichtung auf die Ordnung der Geschäftsführung in ihrem Bestand anderen gegenüber weniger geschützt sein. Eine Legitimation für diese Differenzierung könnte in der Zweckgebundenheit der geschäftsführungsnahen Verfassungsregelungen gesehen werden.305
301 OLG München v. 12.01.2001, NZG 2001, 793, 795. Bemerkenswert ist, dass die treuwidrige Handlung hier lediglich in dem Vollzug der begehrten Verfassungsänderung bestand. Das auf die Treupflicht gestützte Begehren einer erhöhten Gewinnverteilung war insofern schon durch eine erhöhte Auszahlung durchgeführt worden. 302 BGH II. ZS v. 20.10.1986, „Porta-Entscheidung“, JZ 1987, 95, 97. 303 BGH II. ZS v. 09.11.1987, BGHZ 102, 172. 304 Zum Gesellschafterausschluss aus wichtigem Grund: BGH II. ZS v. 28.04.1975, „Ausschlussfall“ BGHZ 64, 253; BGH II. ZS v. 18.10.1976, BGHZ 68, 81; zur Abberufung des Beiratsmitglieds: BGH II. ZS v. 01.12.1969, WM 1970, 246. 305 Vgl. aber insofern bereits die Problematik einer übergeordneten Prinzipienbildung im Rahmen der Wahrnehmung der Stimmrechtsmacht auf Verfassungsebene, hier § 2 A. II. 2. b. ff. Stellungnahme.
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d) Zeitmoment der Anpassungsnotwendigkeit Schließlich stellt sich die Frage, ob das Zeitmoment der Anpassungsnotwendigkeit ein abwägungsrelevanter Umstand innerhalb der Rechtsprechung bei der Frage einer Pflicht zur Verfassungsänderung ist. Es wäre daran zu denken, zwischen der schon anfänglichen Änderungsnotwendigkeit und dem erst nachträglich eintretenden Anpassungsbedarf zu differenzieren. Bei derjenigen Verfassungsgestaltung, die schon von vornherein ungenügend ist, wie sie sich besonders deutlich in der reichsgerichtlichen Entscheidung „Konservatoriumsleitung“306 und dem „Konzessionsfall“ des BGH307 zeigte, könnte Zurückhaltung geboten sein. Die Anpassungsnotwendigkeit ist hierbei nicht auf die Veränderung äußerer Umstände zurückzuführen, sondern auf mangelhafte Gestaltung bei der Verfassungsbegründung. Es entfällt das Element des langwährigen und deshalb notwendigerweise Änderungen unterworfenen Verbandslebens. Allerdings ist das Fallmaterial zu diesen anfänglichen Störungen so gering, dass die Funktion der „Fehlerkorrektur“ der anfänglich ungenügenden Verfassungsgestaltung innerhalb der Rechtsprechung nicht einmal sicher verortet werden konnte.308 Eine besondere Wägung des Zeitmoments der eintretenden Änderungsnotwendigkeit lässt sich damit innerhalb der Rechtsprechung nicht festmachen. VII. Zusammenfassung zur Rechtsprechung nach 1945 Danach lässt sich die Rechtsprechung zur Zustimmungspflicht zusammenfassend in folgender Weise beschreiben: Es zeigt sich kein struktureller Unterschied in der Anwendung der Treubindung nach dem Verbandstyp zwischen Personenverbänden und Verbandspersonen. Das verhältnismäßig geringere Material im Recht der Verbandspersonen kann aus dem geringeren Blockadepotential bei grundsätzlicher Geltung des Mehrheitsprinzips erklärt werden. Der Ursprung der Änderungsnotwendigkeit stellt für die Rechtsprechung kein (Ausschluss-)Kriterium dar. Ob der Ursprung der Änderungsnotwendigkeit aus einer Veränderung der allgemeinen Wirtschafts- oder Rechtslage oder aus der Sphäre der Gesellschafter rührt, womöglich von diesen gar selbst „verursacht“ ist, bedeutet für die Rechtsprechung kein Differenzierungsmerkmal.
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RG II. ZS v. 06.11.1923 „Konservatoriumsleitung“ JW 1924, 671. BGH II. ZS v. 24.05.54 „Konzessionsfall“, BGH LM Nr. 8 zu § 105 HGB. Dazu hier § 6 D. IV. Funktionen der Pflicht zur Verfassungsänderung.
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Teil 2: Bestandsaufnahme der Rechtsprechung
Das Schutzziel der Verfassungsänderung kann dem Erhalt der verbandsbezogenen Werte der Mitglieder, bzw. der im Verband gebundenen Werte und dem Erhalt des Regelungskomplexes zugeordnet werden. Hinsichtlich des Schutzes einzelner Regelungsbestandteile des Verbands zeigt sich dagegen kein einheitlicher Befund. Während in einigen Entscheidungen auch einzelne Regelungsbestandteile als selbstständig schutzfähig angesehen werden, verlangen andere Entscheidungen die Qualität einer Verbandsgefährdung, sehen also nur den Erhalt des Komplexes als schutzfähig an. Einfache, für die Zweckverfolgung und die Prosperität des Verbands nützliche Maßnahmen sind von der Rechtsprechung allgemein nicht geschützt. Die Treubindung leistet keine Inhalts- sondern nur eine Ablaufkontrolle an der Verbandsverfassung. Anfängliche Störungen werden allerdings von der Rechtsprechung nicht ausgeschlossen, wenngleich angesichts der geringen Entscheidungsdichte bei dieser Problematik nur eine verhaltene Aussage möglich ist. Die Treubindung sichert grundsätzlich jede im Hinblick auf die Schutzziele sachnotwendige Änderung unabhängig von den Mehrheitsverhältnissen. Nur vereinzelt wurde die mehrheitliche Verfolgung des fraglichen Änderungsbegehrens zur Voraussetzung. Das Erreichen überhaupt einer Mehrheit, also eine Beschlussfähigkeit „im engeren Sinne“ wird dagegen nicht unabhängig von der sachnotwendigen Änderung geschützt. Der Gegenstand der Verfassungsänderung unterliegt keinen Einschränkungen. Kein Verfassungsbestandteil wurde von der Rechtsprechung generell aus der Zustimmungspflicht ausgenommen, weder Beitragserhöhungen noch den Personenbestand betreffende Änderungen werden tabuisiert. Die Rechtsprechung geht bei der Prüfung ganz überwiegend von der Formel von der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit aus. Herauszuheben sind einerseits die Fälle der unmöglichen Beitragsleistung, in denen regelmäßig schlicht eine nach der Treubindung veränderte Verfassungslage festgestellt wurde. Auf der anderen Seite ist in den Fällen der Heilung der verdeckten Sacheinlage ein anderer Anknüpfungspunkt festzustellen, als dass dort auf den Einigungstatbestand der Umgehungsabrede abgestellt wurde. Die Formel lässt sich dabei in folgender Weise präzisieren: Zum Merkmal des Ausnahmefalls ist keine nähere Aussage möglich. Nur ganz vereinzelt wurde die Vorhersehbarkeit der Änderungsnotwendigkeit zum Ausschlusskriterium in der Rechtsprechung. Mit dem „besonderen Ausnahmefall“ ist danach grundsätzlich nur Zurückhaltung bei der Anwendung der Treubindung für den Fall der erzwungenen Verfassungsänderung beschrieben. Die Erforderlichkeit ist selbstständige, zumutbarkeitsunabhängige Eingangsprüfung der Treubindung. Erforderlich kann nur diejenige Änderung sein, die ein Schutzziel (Werterhalt, Erhalt des Regelungskomplexes, sowie – nur zum Teil auch – Erhalt von Einzelregelungen) mit hinreichender
§ 6 Bestandsaufnahme der Rechtsprechung nach 1945
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Wahrscheinlichkeit verwirklicht. Die Zumutbarkeit verlangt die Prüfung, ob die änderungsbezogene Fortsetzung des Verbands dem widerstrebenden Mitglied zugemutet werden kann. Dabei findet grundsätzlich keine inzidente Prüfung von Auflösungsgründen statt. Das Interesse an der allgemeinen Fortsetzung des Verbands seitens des Dissentierenden ist durch die grundsätzlich fortgeltende Bindungswirkung nicht relevant. Im Rahmen der Abwägung können verschiedene Umstände besonders relevant sein. Dazu zählt zunächst die Verfassungsgestaltung der Mitglieder. Haben die Mitglieder auf der Verfassungsebene bestimmte Wertentscheidungen getroffen, so bleiben diese auch im Anpassungsfall grundsätzlich bindend. Diese können die Zumutbarkeitsseite der Abwägung stark beeinflussen. Auch insofern ist die Rechtsprechung aber nicht ganz einheitlich. Gleiches kann für die Relevanz des Vorverhaltens der Parteien festgestellt werden. Das zerrüttete Verhältnis ist grundsätzlich kein Malus in der Abwägung. Ein früheres Entgegenkommen des anpassungswilligen Teils gegenüber dem dissentierenden Teil wurde dagegen positiv gewogen. Die Geschäftsführungsnähe des Änderungsgegenstandes stellt sich wenigstens für die Frage als bedeutsam dar, ob ein Gesellschafter aus wichtigem Grund von der Geschäftsführung abberufen werden muss. Hier hat die Rechtsprechung einen „Automatismus“ von wichtigem Grund und Zustimmungspflicht angenommen. Inwiefern schließlich der Zeitpunkt (anfängliche/nachträgliche Änderungsnotwendigkeit), in dem sich die Änderungsnotwendigkeit ergibt, abwägungsrelevant ist, kann aus der Rechtsprechung nicht sicher bestimmt werden. In den wenigen Fällen war allerdings keine Zurückhaltung bei der anfänglichen Anpassung zu erkennen.
Teil 3
Bestandsaufnahme des Schrifttums Die Bestandsaufnahme der rechtswissenschaftlichen Lehre bildet das Pendant zur Darstellung der Rechtsprechung. Ziel ist es, das Schrifttum systematisch darzustellen, um auf dieser Basis weitere Möglichkeiten der Konkretisierung der Generalklausel, bzw. einen Abgleich zu dem aus der Rechtsprechung gewonnenen Material zu gewinnen. Die Darstellung erfolgt getrennt nach dem Verbandstyp, beginnend mit dem unfangreicheren Material zu den Personenverbänden (unmittelbar unter § 7), gefolgt von der überwiegend jüngeren Literatur zur Frage bei den Verbandspersonen (unter § 8).
§ 7 Personenverbände A. Grundsätzliche Anerkennung der Formel der Rechtsprechung Die h. L. erkennt die Möglichkeit einer Zustimmungspflicht aus der Treubindung heraus an. Neben weitgehender Billigung der Kasuistik wird insbesondere auch die formelhafte Umschreibung des Tatbestands der Zustimmungspflicht befürwortet.1 Danach muss – wie aus der Bestandsaufnahme der Rechtsprechung nach 1945 bekannt – ein Ausnahmefall vorliegen, der die Änderung sowohl erforderlich wie zumutbar macht.2
1
Die grundsätzliche Einigkeit sucht ihresgleichen. Zur h. M.: C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 239; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 5 IV. 2. a)/d) (S. 128 f.); Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 3 II. 3. d) (S. 201); Hüffer, FS-Steindorff (1990) S. 59, 62; H. P. Westermann, FSHefermehl (1976) S. 225, 229 f. Anders jetzt Koller, FS-Canaris II (2007) S. 147, 154 ff., der die Betrachtung von Erforderlichkeit und Zumutbarkeit verlässt und stattdessen aus Prinzipien (etwa: „Effizienz“, „Investitionsfreiheit“, „Persönlichkeitsschutz“, „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ uvm.) über den Anpassungsfall entscheiden will. Neben einem Legitimationsproblem hinsichtlich jener „Prinzipien“ begründet diese Vorgehensweise nur den Verlust der Zweistufigkeit der Tatbestandsbeschreibung ohne weiteren Gewinn. 2 Vgl. hier Fn 34, S. 122.
§ 7 Personenverbände
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B. Konkretisierung der Formel Die grundsätzliche Regelungstechnik in Form einer Generalklausel3 wird man angesichts der Vielfalt der zu lösenden Anpassungsprobleme4 kaum angreifen können. Eine weitergehende Präzisierung der Anwendungsvoraussetzungen erscheint allerdings unabdingbar. So sehr das Vertrauen in die sorgsame Handhabe durch die Rechtsprechung5 gerechtfertigt sein mag, wird man die von der Frage einer Änderungspflicht betroffenen Gesellschafter nicht allein darauf verweisen können. Mit der Feststellung, dass die Änderung sowohl erforderlich wie zumutbar sein müsse, ist über die Aufdeckung überhaupt eines Konflikts – zwischen Interessen, die für die Änderung gelten (Erforderlichkeit) und denjenigen, die ihr entgegengesetzt sein mögen (Zumutbarkeit) – hinaus nicht viel gewonnen. Konzen6 stellt daher fest, dass bei einer hier endenden Präzisierung der Treue schlicht ein Blankettbegriff den anderen ersetze. Die Literatur beschränkt sich überwiegend auf beispielhafte Konkretisierungen, die nur Ansätze einer systematischen Problemlösung enthalten. Vorherrschend gilt das Verständnis, dass sich der Tatbestand der Treupflicht für die Verfassungsänderung nicht näher bestimmen lasse. Der Inhalt sei unvorhersehbar und entziehe sich jeder Typisierung.7 Hier beginnt die Darstel3 Siehe zu den kontroversen Stellungnahmen über die Zeit zum Wert einer generalklauselhaften Regelung, insbes. des § 242 BGB den Überblick bei Looschelders/ Olzen, Staudinger BGB (2009) § 242 Rn 1 ff.; vgl. ferner kritisch zum Verhältnis positiv geregelter und durch Generalklauseln gelöster Rechtsfragen im Gesellschaftsrecht: Küster, Stimmrechtsgrenzen (1954) S. 11, 13: „Befriedigend ist aber gerade für die Frage der Rechtssicherheit die Verlagerung des Schwergewichts solcher Abgrenzungen und Entscheidungen in die erwähnten Generalklauseln keineswegs. Denn die Entscheidung beruht dann nicht mehr auf den exakt und objektiv feststellbaren und damit auch nachprüfbaren Grundlagen, sondern überwiegend auf subjektiven Wertungen und auf dem Rechtsgefühl. Damit gewinnen subjektive Gefühlsmomente, deren Beeinflussung aus dem Unterbewusstsein doch nur in den seltensten Fällen erkennbar ist, eine ihnen nicht zukommende Bedeutung.“ Aus der Missbrauchsgefahr ist keine Sperre für einen verständigen, rationalen Umgang zu begründen, abusus non tollit usum. 4 Hüffer, FS-Steindorff (1990), S. 59, 69: „Der Versuch, den Regelungsbedarf (der Generalklausel ‚Treupflicht‘) durch einzelne Rechtssätze zu erschöpfen, müsste deshalb fehlschlagen“. 5 H. P. Westermann, FS-Hefermehl (1976) S. 225, 241/242; an diesen anknüpfend auch Zöllner, Anpassung (1979) S. 38; H. P. Westermann, Hdb GesR I (Stand 1996) Rn 534: Die Rechtsprechung habe „von der Figur keinen Gebrauch gemacht, der die Befürchtung begründen könnte, es würde richterliches Ermessen an die Stelle der verantwortlichen unternehmerischen Entscheidung der Gesellschafter treten“. 6 Konzen, AcP 172 (1972) S. 317, 335, 337: Damit lasse sich keine Rechtsanwendung betreiben. Ähnlich Pabst, BB 1977, 1524, 1528, der sogar Sorge hegt, dadurch werde die Rechtsunsicherheit noch vergrößert.
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Teil 3: Bestandsaufnahme des Schrifttums
lung mit allgemeinen Differenzierungen zur Intensität der Treubindung. Diese können auch für die Zustimmungspflicht gelten. Darauf folgt eine systematische Aufnahme der Konkretisierungsbemühungen der Tatbestands„Formel“.8 I. Intensität der Treubindung 1. Intensität der Treubindung nach der Realstruktur des Verbands
a) Darstellung Nach gängiger Auffassung in der Literatur beeinflusst die Realstruktur des Verbands maßgeblich die Treubindung seiner Mitglieder.9 Damit soll die Bedeutung der Rechtsform des Verbands, die einheitlich ideale Struktur je nach Typ, für die Treubeziehung der Mitglieder reduziert sein.10 Mittels 7 Weipert, ZGR 1990, 142, 145; ähnl. Schnorbus, JuS 1998, 877, 879 „Allgemeine Aussagen objektiver Art lassen sich bei diesem generalklauselartigen Institut naturgemäß nicht treffen; Inhalt und Umfang der Treuepflicht können nur von Fall zu Fall, also situationsgebunden im Rahmen einer Interessenabwägung festgestellt werden“. 8 Eine allgemeine Konkretisierung der Treubindung ist jüngst bei M. Weber, Treubindungen (1999) S. 156 passim erfolgt. 9 Vgl. schon A. Hueck, Treuegedanke (1947) S. 13, 15; weiter etwa: Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963), S. 337 ff.; Lutter, AcP 180 (1980) 84, 105 ff.; C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 232, 233; Ulmer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 705 Rn 225; Wiedemann, WM 1992 Sonderbeilage 7, S. 18; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 20 IV. 2. d) (S. 592), und auch allgemein für die Sonderrechtsbeziehung der Mitglieder untereinander: § 19 III. 1. a) (S. 553); K. Schmidt, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 105 Rn 190; T. Raiser, AcP 194 (1994) S. 495, 506 ff.; verhalten noch Keßler, Staudinger BGB (Vorauflage: 12. Aufl. 1991) Vor § 705 Rn 46. Die früher stärker an der Form des Verbands orientierte Differenzierung gründete sich gleichsam auf das Maß der (engen persönlichen) Verbundenheit der Verbandsmitglieder, je nach Form: vgl. A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72, 73; Müller-Erzbach, Mitgliedschaft (1948) S. 313: „abhängig von der Reichweite der Interessengemeinschaft und von dem Grade ihrer Geschlossenheit“; Fechner, Treubindungen (1942) S. 25, 35. Gegen eine Anbindung der Treupflicht an die Realstruktur: Roschmann/Frey, WiB 1996, 881, 925, 929: Dies entspreche nicht den gesetzlichen Vorstellungen, „über die extensive Auslegung der Treupflicht vermischen sich die jeweils unterschiedlichen Gesellschaftstypen“; Zwissler, Treuegebot (2002) S. 92 ff., der aber die Realstruktur allgemein nur als „Regelungen des Gesellschaftsvertrags als auch außerhalb dieses Vertrags gelegene, rein tatsächliche Umstände“ erfasst. Auf die von der h. L. gebildete reale Unterscheidung in personalisierte und korporierte Verbände nimmt er keinen Bezug. Kritisch ferner Cahn/v. Spannenberg, Spindler/Stilz AktG I (2. Aufl. 2010) § 53 a Rn 45. 10 Diese soll eben etwa unter dem Hinweis auf die Erscheinungsform der Publikumspersonengesellschaften einerseits, auf die stark personalisierte Verbandsperson
§ 7 Personenverbände
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des Differenzierungsmerkmals der Realstruktur kann auch zwischen Verbänden einer Rechtsform unterschieden werden.11 Aus der formübergreifenden Begründung folgt die Geltung für das gesamte bzw. allgemeine Verbandsrecht.12 Damit muss das Merkmal neben den Personenverbänden ebenso für die Verbandspersonen gelten.13 Dies spricht für eine zusammenfassende Darstellung. Eine geschlossene Bestimmung der Merkmale eines Verbands, die die Realstruktur bilden, findet sich in der Literatur dabei allerdings kaum.14 Entscheidend ist regelmäßig der Grad der Personalisierung des Verbandes.15 Hierzu werden einzelne Bezugsmomente beschrieben, die für das mit wenigen Teilnehmern andererseits nicht maßgeblich sein: vgl.: Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 105 ff., der die dogmatische Absicherung über den gemeinsamen Kern der Zweckgemeinschaft leistet; zust. Wiedemann, FS-Heinsius (1991) S. 949, 950 (Fn 9). Ferner könne die Treubindung nicht durch Umwandlungsmaßnahmen beeinträchtigt oder gar aufgehoben („an der Garderobe abgegeben“) werden: Wiedemann, FS-Barz (1974) S. 560, 569; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 8 II. 3. a) (S. 433 f.); Lutter, JZ 1976, 225, 230. 11 Als Beispiel mag hier die GbR, die sich an ein breites Publikum von Anlegern wendet, um mit eingebrachten Geldmitteln zu wirtschaften einerseits, die eng arbeitsteilige unternehmenstragende GbR weniger Gesellschafter andererseits dienen; vgl. etwa auch Pabst, Mitwirkungspflicht (1976) S. 100. 12 Die Reduktion auf eine Grundform wäre gegenüber dem Merkmal regelrecht widersprüchlich. Im Recht der AG setzt der Grundsatz der Satzungsstrenge, § 23 V AktG, zwar einer rechtlichen Personalisierung Grenzen. Eine tatsächliche Personalisierung kann dadurch aber nicht verhindert werden. Kritisch zu der Möglichkeit einer personalistisch strukturierten AG: Meyer-Landrut, FS-Häußling (1990) S. 249, 255: Die §§ 119 II, 76 I, 84, 23 V AktG ließen keinen Raum für eine der GmbH ähnlich strukturierten AG. 13 Explizit für dieses Merkmal im Rahmen eines allgemeinen Teils des Gesellschaftsrechts etwa: Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 105 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 20 IV. 2. d) (S. 592). 14 Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 337 ff. differenziert allgemein zu der Intensität der Treupflicht, zeigt dabei die Kriterien der „Intensität des Gemeinschaftsverhältnisses“ aber eben nicht näher auf (S. 338 f.); Pabst, Mitwirkungspflicht (1976) S. 182 ff. nur zu der in Frage stehenden Verfassungsänderung; vgl. aber Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 2 II. (S. 108 ff.); Martens, Mehrheits- und Konzernherrschaft (1970) S. 145 ff.; Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht (5. Aufl. 2006) Rn 1.18 ff. (S. 6 ff.). 15 Die Personalisierung des Verbands war auch ein entscheidender Anknüpfungspunkt für die Übertragung des mitgliedschaftlichen Treuegedankens auf das Recht der GmbH und AG durch die Rechtsprechung vgl. BGH II. ZS v. 05.06.1975, „ITT“, BGHZ 65, 15, 18 f.; BGH II. ZS v. 25.09.1986, „GmbH-Novelle I“, BGHZ 98, 276, 280; BGH II. ZS. v. 01.02.1988, „Linotype“, BGHZ 103, 184, 195 und die Literatur, vgl. H. P. Westermann, FS-Hefermehl (1976) S. 225, 228. Anschaulich zur Personalisierung: Brecher, FS-Hueck (1959) S. 233, 258: „Je mehr nun die durch die Partner gesetzte Aufgabe von den individuellen Personen sich löst, sich objektiviert und zum Zweckprinzip einer gegenständlichen Organisation wird – große Zahl der Beteiligten fördert diese Entwicklung –, je mehr also die Partner fungibel, ihre Rechte und Pflichten ‚verdinglicht‘ werden, desto dichter wird
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Ausmaß dieser Personalisierung von Relevanz sein sollen. Dabei wird, jeweils von eher geringer Treubindung hin zu stärkerer, unterschieden nach: – der Teilnehmerzahl des Verbands, von der Publikumsgesellschaft hin zur Gesellschaft mit wenigen Teilnehmern,16 – der Art der geschuldeten Beiträge bzw. der Art der Teilnahme, von der bloßen Anlagegesellschaft hin zur die gesamte Arbeitsleistung erfassenden Teilnahme,17 – der Dauer der Gesellschaft, von der Gelegenheitsgesellschaft hin zum langfristig gebundenen Verband,18 bzw. dem eng verwandt, der Lösungsmöglichkeit, von der kurzfristigen Lösungsmöglichkeit hin zur langfristigen Bindung an den Verband19. – der Bindung der Mitgliedschaft an den Inhaber, also der Übertragbarkeit der Mitgliedschaft im Recht der Personenverbände bzw. spiegelbildlich die Geschlossenheit des „Verbandes“, desto mehr wird er zum Subjekt. [. . .] ja es erscheint oft eher als ein Verband von Gegenständen und Funktionen, denn von Personen“. 16 Lutter, JZ 1976, 225, 230 f.; K. Schmidt, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 105 Rn 190; und K. Schmidt nach dem Umfang in dem personalistische oder kooperative Elemente Eingang in das Verbandsleben finden: Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 20 IV. 2. d) (S. 592); zust. Nonn, Zustimmungspflichten (1995) S. 24; Ulmer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 705 Rn 225 mit dem nach Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 341 faktisch orientierten Grund durch eine erhöhte Einflussnahmemöglichkeit im engen Verband, nicht durch größeres persönliches Vertrauen; Meyer-Landrut, FS-Häußling (1990) S. 249, 254: typische Familien-AG; Winbichler, RWS-Forum 8 (1995) S. 23, 37 zur AG: „börsen-, nichtbörsennotierte, kleine Aktiengesellschaft; Mehrheits-, Haupt- oder bedeutender Minderheitsaktionär; Aktionärsgruppe; „einfacher“ Aktionär oder Unternehmen“; Röhricht, Hommelhoff Corporate Governance (2003) S. 514, 526. 17 Immenga, Personalistische Kapitalgesellschaft (1970) S. 15 f: „Allein die Person anstelle der Kapitaleinlage als tatsächliche Basis der Mitgliedschaft ist das entscheidende Merkmal“ (S. 16); ferner A. Hueck, Treuegedanke (1947) S. 13, 15; Küster, Stimmrechtsgrenzen (1954) S. 64 f., der aber so weit geht, für den nur anlagemäßig beteiligten Gesellschafter überhaupt eine „echte“ Gesellschafterstellung nach der „Lebenswirklichkeit“ zu bestreiten; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 7 IV. 1./2. (S. 393 ff.); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 20 IV. 2. d) (S. 592); Meyer-Landrut, FS-Häußling (1990) S. 249, 254: teilweise Personenidentität von Aktionären und Vorstand- und Aufsichtsratsmitgliedern; ähnl. Marsch-Barner, ZHR 157 (1993) S. 172, 173; BMJ, Bericht der Unternehmensrechtskommission (1980) Tz. 622 f. (S. 354 f.) ausführlich zu dem Kriterium der unternehmerischen Betätigung als Geschäftsführer oder Aufsichtsratsmitglied. 18 Schon A. Hueck, Treuegedanke (1947) S. 13; zurückhaltend aber: Holtkamp, Mitwirkungsprobleme (1979) S. 98, nach dem nur die faktisch verstärkten persönlichen Beziehungen dort erhöhte Treue rechtfertigten, nicht aber die längere Bindung selbst. 19 So insbesondere Pabst, Mitwirkungspflicht (1976) S. 192 f.
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der Vinkulation der Anteile im Recht der Verbandspersonen,20 von der freien Übertragbarkeit, über die stark eingeschränkte bis hin zum Ausschluss derer.21 Auf diese Weise kann die Intensität der Bindung des jeweiligen Verbands vermessen werden. Der Gedanke ist auch dem allgemeinen Schuldrecht nicht fremd. Dort gilt ähnlich allgemein, dass die Intensität der Sonderverbindung Einfluss auf das Maß der ungeschriebenen Verhaltensanforderungen der Parteien besitzt.22 In diesem Sinn, einer rechtlich gesteigerten Verantwortlichkeit, also einer Steigerung der Pflichtbindung, ist wohl das überwiegende Schrifttum einzuordnen. Dagegen ist es auch möglich, die Realstruktur nur auf den faktisch vergrößerten Wirkungs- oder Funktionsbereich im Sinne einer nur gehäuften Pflichtbindung oder vergrößerten Virulenz der Anwendungsfälle zu beziehen. In dieser Weise erklärt Zöllner, dass die Struktur des Verbands bzw. der jeweiligen Mitgliedschaft allein die Gesamtfunktion der Treubindung beeinflusst, nicht aber ihre Wirkung in der Rechtsbegrenzung.23 In anderen Darstellungen wird der Unterschied häufig nicht deutlich.24 Gleiches gilt, 20 Immenga, Personalistische Kapitalgesellschaft (1970) S. 16; BMJ, Bericht der Unternehmensrechtskommission (1980) Tz 621 (S. 354); Lutter/Timm, NJW 1982, 419, M. Winter, Treubindungen (1988) S. 188; Meyer-Landrut, FS-Häußling (1990) S. 249, 254. 21 Der nur im Recht der AG nicht vollständig erfolgen kann. Dort ist die „Fessel“ der Zustimmung der Gesellschaft nach § 68 II AktG die einzige gesetzlich mögliche Einschränkung der freien Übertragbarkeit, vgl. Bayer, MüKo AktG I (3. Aufl. 2008) § 68 Rn 34; Hefermehl/Bungeroth, Geßler/Hefermehl AktG I (Stand 1983) § 68 Rn 67. Anderes gilt im Recht der GmbH. Hier wird – befreit von der Satzungsstrenge des AktG, bereichert durch die Möglichkeit eines Austrittsrechts aus wichtigem Grunde – von der überwiegenden Ansicht auch ein Totalausschluss der Übertragbarkeit als möglich angesehen, vgl. Rowedder/Bergmann, Rowedder GmbHG (4. Aufl. 2002) § 15 Rn 161; Zütt, Hachenburg GmbHG I (8. Aufl. Stand 1990) § 15 Rn 4. 22 Looscherlders/Olzen, Staudinger BGB (2009) § 242 Rn 129; Teichmann, Soergel BGB II (12. Aufl. 1990) § 242 Rn 40 f.; Heinrichs, Palandt BGB (Vorauflage: 66. Aufl. 2007) § 242 Rn 4; wobei aber – neben Inhalt und Dauer – vor allem auf die Art der Sonderrechtsverbindung abgestellt wird: Gegenseitige Verträge mit entgegengesetzten Interessen, Treuhandverhältnisse mit immanent fremdnütziger Ausrichtung etc. 23 Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 340 f. Anderer Ansicht wohl Kort, ZIP 1990, 294, 296: Der Umfang der Treupflichten sei von der Form bestimmt, die Realstruktur fülle diesen Rahmen aus. 24 Vgl. etwa: T. Raiser, Großkomm GmbHG I (2005) § 14 Rn 69: Im personalisierten Verband sei besondere Rücksichtnahme zu leisten, die bei einer Vielzahl von Mitgliedern, die keinen Einfluss auf die Geschäftsführung hätten, nicht erwartet werden könnte; Rowedder, Rowedder GmbHG (Vorauflage 3. Aufl. 1997) § 13 Rn 15; etwas deutlicher dagegen etwa: Pentz, Rowedder GmbHG (4. Aufl. 2002)
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wenn die Bedeutung der Realstruktur für die Treubindung mit der Möglichkeit einer stärkeren faktischen Betroffenheit begründet wird.25 Aussagen zur wachsenden Treupflichtbindung mit wachsender Einflussnahme bzw. mit deren Möglichkeit26 deuten wohl eher nur auf den größeren Wirkungsbereich als auf eine gesteigerte Pflichtintensität hin. Für die vorliegende Arbeit ist entscheidend, ob der Gedanke der Bestimmung nach der Realstruktur bzw. der Intensität auf das Maß der Treubindung bei einer Verfassungsänderung übertragen wird. Der Schluss von der allgemeinen Situation auf die besondere der (Gesellschafts-)Vertragsänderungspflicht liegt nahe. Eindeutige Stellungnahmen in der Literatur für diese Übertragung sind allerdings selten.27 Vielmehr weisen gerade die spezielleren Arbeiten mehr oder weniger deutlich darauf hin, dass im Rahmen der Pflicht, einer Vertragsänderung zuzustimmen, einzelne Merkmale der Realstruktur kein taugliches Differenzierungsmittel sein könnten.28 Diese § 13 Rn 40; Emmerich, Scholz GmbHG I (10. Aufl. 2006) § 13 Rn 39 g, die das Maß der Einflussnahmemöglichkeiten von der Realstruktur trennen. 25 M. Winter, Treubindungen (1988) S. 188, soweit auf die Wirkung des Bezugsrechtsausschluss abgestellt wird. 26 Lutter, ZHR 153 (1989) S. 446, 452 f.; Brändel, Großkomm AktG I (4. Aufl. Stand 1992) § 1 Rn 86; Zöllner, KölnerKomm AktG II (1985) § 243 Rn 190; Dreher, ZHR 157 (1993) S. 150, 156 ff.; Heermann, summum ius (1996) S. 249, 255 f. 27 Ausdrücklich soweit ersichtlich nur: Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 7 IV. 1. a)/b) (S. 393 ff.): im Gegensatz zum Anlagegesellschafter könne bei dem Mitunternehmergesellschafter eine Pflicht relevant werden, einer zur Zweckerreichung notwendigen Beitragserhöhung zuzustimmen; ganz allgemein auch Sester, Treupflichtverletzung (1996) S. 64, 88. Gegen die ökonomische Notwendigkeit erhöhter Treubindung im intensiv gebundenen Verband aber Janke, Treuepflichten (2003) S. 220 f.: „Je geringer die Anzahl der Gesellschafter und je intensiver ihre Zusammenarbeit ist, desto besser können sie sich gegenseitig kontrollieren, und desto eher sind sie in der Lage, kooperative Strategien zu spielen, die keiner Unterstützung von außen bedürfen.“ 28 A. Hueck, ZGR 1972, 237, 245 weist auf die Ambivalenz der Argumentation mit der Enge der Bindung hin, indem er aus der Bedeutung der starken Bindung für die Beteiligten Gesellschafter verlangt, hier müsse sich jeder besonders darauf verlassen können, nur unter den gegebenen Bedingungen dem Verband beigetreten zu sein. Andererseits werde aber auch die besondere Rücksichtnahme geschuldet. Ebenso sei eine Differenzierung zwischen Kommanditist und Komplementär (also ideal Anlage- und Mitunternehmergesellschafter) eben bei satzungsändernden Beschlüssen nicht geboten (S. 248). Ähnlich auch Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 339 nach dem der geringere Grad der persönlichen Bindung etwa bei der AG und kapitalistischen GmbH, eben nicht dazu berechtigen solle, die mitgliedschaftlichen Belange der Mitgesellschafter weniger zu achten als bei der Personengesellschaft. Dieser könne nur dazu führen, die private Betätigung der Gesellschafter stärker von der Rücksicht auf das Gemeinschaftsinteresse zu befreien, wie es in dem Verzicht eines gesetzlichen Kommanditisten-Wettbewerbverbots zum Ausdruck komme.
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bringen das Dilemma für die Vertragsänderungspflicht auf den Punkt. Innerhalb der intensiveren Beziehung erscheint es verhältnismäßig, eine größere Rücksichtnahme zu fordern oder begleitende Verpflichtungen zur Durchführung des Vertrags zu begründen. Umgekehrt betrifft die echte Vertragsänderung hier die Gesellschafter stärker, nämlich in vollem Umfang der intensiven Bindung. Dies führt vereinzelt dazu, dass die Argumentation geradezu umgekehrt wird. Unter Berufung auf abstrahierte Zumutbarkeitserwägungen wird in der wenig intensiven Verbindung eine Zustimmungspflicht für leichter bzw. in größerem Ausmaß begründbar gehalten.29 Umgekehrt soll gegenüber dem intensiv gebundenen „Unternehmergesellschafter“ eine besondere Zurückhaltung bei der Begründung von Zustimmungspflichten geboten sein.30 Beispiel: Die aus der Porta-Entscheidung31 bekannte, erzwungene Duldung der Übertragung einer Mitgliedschaft trifft den dissentierenden Gesellschafter umso stärker, je mehr Einfluss die betroffene Mitgliedschaft auf die Gesellschaft hat. Bei einer zweigliedrigen, also herkömmlich als besonders eng und intensiv zu beschreibenden Gesellschaft ändern sich für den dissentierenden Gesellschafter sämtliche Mitunternehmer. Er ist in nahezu allen Fragen fortan auf das Geschick und die Kooperation des Nachfolgers angewiesen. Je mehr man hier den Personenbestand erweitert, umso mehr verliert der einzelne an konkretem Einfluss. Die Veränderung wirkt weniger schwer, stellt sich also eher als zumutbar dar.
b) Analyse Die Realstruktur als Kriterium der Treupflichtbindung trifft auf zwei Schwierigkeiten. Erstens ist allgemein häufig gar nicht sicher, ob sie rechtliche Voraussetzung für eine erhöhte Bindung ist, oder nur tatsächliche Abweichungen beschreibt. Soll nur ein vergrößerter Funktions- und Wirkungsbereich damit beschrieben werden, kann die Realstruktur der Konkretisierung einzelner Funktionen gar nicht dienen. Denn in diesem Fall ist die Aussage zur Bindung innerhalb einer Funktion, etwa hier der Zustimmungspflicht zur Verfassungsänderung, eine gleiche Bindung unabhängig der Real29 Pabst, Mitwirkungspflicht (1976) S. 182 f. für den Unterschied zwischen Publikums- und Familiengesellschaft; Verhoeven, GmbH-Konzern (1978) S. 89; Häsemeyer, ZHR 160 (1996) S. 109, 113: einem Anlagegesellschafter sei ein höheres Sanierungsrisiko zuzumuten als einem Unternehmergesellschafter. Zur Anwendung der Geschäftsgrundlagenlehre ganz ähnlich auch Reuter, ZGR 1976, 88, 92: Nur in den personenunabhängigen, nach objektiven Kriterien strukturierten Satzungs-Personengesellschaften sei ein Anpassungsanspruch bei maßgeblicher Veränderung der Regelungsgrundlage möglich; vgl. auch Reuter, ZHR 148 (1984) S. 523, 543 f.; Struckmeier, Kapitalerhöhungen (2002) S. 178 f. 30 Jung, Unternehmergesellschafter (2002) S. 210 f. 31 BGH II. ZS v. 20.10.1986, „Porta-Entscheidung“, JZ 1987, 95.
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struktur.32 Erschöpft sich die Bedeutung in der Beschreibung der faktisch größeren Notwendigkeit bzw. größeren Betroffenheit, ist sie auch zur Zustimmungspflicht vollkommen entbehrlich, da diese Umstände eben in den Merkmalen von Erforderlichkeit und Zumutbarkeit zu wägen sind. Darüber würde eine so verstandene Bedeutung der Realstruktur nicht hinausführen. Zweitens sind die wenigen Aussagen gerade zur Pflicht der Verfassungsänderung gespalten. Es zeigt sich eine vermeintlich vollständige Ambivalenz der Argumentation. Neben der Menge an Bindung, die positiv für eine Zustimmungspflicht gelten kann, steht ihr negativ ebensoviel entgegen. Je nachdem welche Seite stärker betont wird, gelangt man zu diesem oder jenem Ergebnis. Der unergiebige Konflikt lässt sich aber zumindest teilweise lösen, wenn die Aussagen zu dem Schutzgehalt verschiedener Positionen je nach der Realstruktur aufgetrennt werden. Innerhalb der intensiven Verpflichtung (hohe Beiträge, hohes persönliches Risiko, wenige Teilnehmer, lange Bindungsdauer) wird der Schutz der Individualsphäre33 (also vorrangig der Schutz vor erhöhten Beiträgen) des Teilnehmers durch die ohnehin schon größere Zuwendung zum gemeinsamen Zweck bzw. dem Verband anscheinend etwas „gelockert“. Hier soll eine zusätzliche Pflichtbegründung eher anzunehmen sein.34 Stärker wird offensichtlich für die intensiv Gebun32
Ganz deutlich so Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 340 f. Begriff schon bei v. Gierke, Genossenschaftstheorie (1887) S. 176 ff.: Dem verbandsrechtlichen Herrschaftsgewalt entzogene private Verhältnisse der verbundenen Mitglieder. „Wenn die Gesamtpersönlichkeit bei der Bethätigung ihres Gemeinlebens darüber hinausgreift, so verletzt sie nicht blos ein in ihrer eignen Lebensordnung begründetes gliedmäßiges Recht, sondern das Recht fremder Persönlichkeit. Für jede Körperschaftsgewalt bilden daher die freien Individualsphären ihrer Glieder und Organe unantastbare Herrschaftsgebiete selbstständiger Willensträger, welche hierbei dem Gemeinwesen, das sie in anderer Richtung einschliesst, als in sich abgeschlossene Vollpersonen auf gleicher Linie entgegentreten“ (S. 177 f.). In dieser Weise auch bei Martens, Mehrheits- und Konzernherrschaft (1970) S. 105 f., C. Schäfer, GmbH-Geschäftsanteil (1997) S. 42. Die Terminologie wird von der h. L. regelmäßig allerdings in anderer Weise, nämlich zur Beschreibung der RechtPflichtbeziehung zwischen Mitglied und Verband (Sozialsphäre) und derjenigen unter den Mitgliedern (Individualsphäre) verwendet, vgl. etwa Ulmer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 705 Rn 186. 34 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 7 IV. 1. b) (S. 395): „Allerdings kann darüber hinaus (Anm. d. Verf.: für die Mitunternehmergesellschafter, nicht für die Anlagegesellschafter) die Pflicht entstehen, einer Änderung des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen und damit neue oder erhöhte Beitragspflichten zu übernehmen [. . ..]insbesondere in der Weise bestehen, dass der Gesellschafter verpflichtet wird, die Gesellschaft über die im Vertrag vorgesehene Zeit hinaus fortzusetzen.“; dagg. Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 3 II. 3. d) (S. 200) aber zurückhaltender: „Auch in einer engen Arbeits- und Haftungsgemeinschaft ist es nicht möglich, unter Berufung auf den Gesellschaftszweck eine nicht vorgesehene Erhöhung oder Abänderung der vermögenswerten Beiträge zu beschließen.“ An anderer Stelle, 33
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denen die Einwirkung auf die Sozialsphäre (also etwa der Schutz einer Verfassungsregelung einer Geschäftsführerbestellung) gewogen, die – wenig von diesen gelöst – erhebliche Bedeutung besitzt.35 Im wenig intensiven Verband (geringe Beiträge, kaum persönliche Risiken, viele Teilnehmer, kurze Bindungsdauer) dagegen scheint der Schutz der Sozialsphäre reduziert. Diese ist stärker von den Teilnehmern gelöst.36 Umgekehrt wird eben aufgrund der größeren Entfernung der Schutz der Individualsphäre gestärkt.37 Damit bleibt die Differenzierung nach der Richtung der Einwirkung auf die Sozial- oder Individualsphäre ein möglicher Ansatzpunkt zur weiteren Konkretisierung der Treubindung.
Gesellschaftsrecht II (2004) § 2 III. 1. b) (S. 124), aber – ohne Differenzierung zwischen Anlage- und Mitunternehmergesellschaftern – wiederum: „Wenn eine Ergänzung oder Erhöhung des Eigenkapitals unumgänglich ist, um den Fortbestand des Unternehmens zu gewährleisten oder den Gesellschaftszweck zu erreichen, können die Mitglieder verpflichtet sein, einer Kapitalzuführung durch andere Teilhaber nicht zu widersprechen und damit veränderte Beteiligungsverhältnisse hinzunehmen. Zu einer Erweiterung oder Veränderung der Förderpflicht können Gesellschafter nur in Ausnahmesituationen gezwungen werden“. Damit ließe sich auch die Aussage Zöllners, Stimmrechtsmacht (1963) S. 338 in Einklang bringen, nach dem nach der Intensität der Gemeinschaftsbindung nur das Ausmaß, in dem sich der Einzelne der Zweckverfolgung positiv widmen müsse, variiere. 35 Eben mit der Persönlichkeit der Bindung, die nicht unter veränderten Umständen fortzusetzen ist, wird hier die mangelnde Zumutbarkeit solcher Maßnahmen begründet. Vgl. Reuter, ZGR 1976, 88, 93, Reuter, ZHR 148 (1984) S. 523, 543 f.; Pabst, Mitwirkungspflicht (1976) S. 183. Ganz deutlich auch darauf abstellend Flume, FS-Rittner (1991) S. 119, 131. 36 Die Begründungen von Pabst, Mitwirkungspflicht (1976) S. 183 und Häsemeyer, ZHR 160 (1996) S. 109, 113 richten sich eben darauf, dass der mit der Zustimmungspflicht konfrontierte Gesellschafter in der wenig intensiven Beziehung weniger betroffen ist. Vgl. auch Flume, Juristische Person (1983) § 8 I. (S. 265), wonach die leichter durchzusetzende Satzungsänderung in der Verbandsperson (Mehrheitsprinzip) nur das Mitgliedschaftsrecht, nicht aber das Mitglied als Person betrifft. Der Gedanke findet sich auch in der Rechtsprechung. Vgl. etwa BGH II. ZS. v. 15.11.1982, BGHZ 85, 350, 358 f.: Die Strenge des Bestimmtheitsgrundsatzes ist bei einer körperschaftlich strukturierten Personengesellschaft vor allem auch deshalb verzichtbar, weil die Gesellschafter – anders als bei der idealtypentreuen Personengesellschaft – von der Vertragsänderung in aller Regel nicht persönlich betroffen werden. 37 Vgl. hierzu etwa das Belastungsverbot (nur) für Anlagegesellschafter bei Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 7 IV. 1. (S. 393 f.). Allgemein schon v. Gierke, Genossenschaftstheorie (1887) S. 240: Bei der Aktiengesellschaft überrage der individualrechtliche Bestandteil der Mitgliedschaft die Struktur des gesamten Rechtsverhältnisses. Der um des Ganzen gewährte Anteil am Gemeinleben stelle dagegen nur einen Annex dar.
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Teil 3: Bestandsaufnahme des Schrifttums 2. Intensität der Treubindung nach der Geschäftsführungsnähe des Entscheidungsgegenstands
a) Darstellung Neben der Realstruktur wird zur allgemeinen Treupflichtbestimmung bei der Beschlussfassung auf die Geschäftsführungsnähe der Entscheidung abgestellt. Dabei wird vor allem die Abgrenzung zu der Frage der Treubindung in Fragen der Geschäftsführung geleistet,38 bei denen der ausführende Gesellschafter nur Treuhänder der gemeinsamen Interessen ist. Aber auch innerhalb der Frage von erforderlichen Vertragsänderungen soll danach differenziert werden, ob der zu ändernde Vertragsgegenstand39 eine Nähe zur Geschäftsführung besitze.40 Entgegen einer Nähe zur Geschäftsführung/ Zweckverfolgung41 – mit stärkerer Treubindung des Mitglieds – sei auch 38 Grundlegend in der Unterscheidung für die allgemeine (also ungleich der besonderen Zustimmungspflicht in Verfassungsfragen) Treubindung des Mitgliedhandelns zwischen organschaftlichen Akten der Geschäftsführung und mitgliedschaftlichen Akten in Grundlagenfragen: v. Gierke, Genossenschaftstheorie (1887) S. 174 ff., 188 f.: freie Sonderrechte gegenüber reinen Mitgliedsrechten, wobei das Stimmrecht (in der AG) noch als reines Mitgliedsrecht, also nur im Interesse des Ganzen auszuübendes Recht gebildet sein soll (S. 261); A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72, 89; Fischer, NJW 1954, 777, 778; Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 322 ff.; Stimpel, Richterliche Rechtsfortbildung (1969) S. 15, 18; A. Hueck, ZGR 1972, 237, 238, 240 ff.; H. P. Westermann, FS-Hefermehl (1976) S. 225, 231 f.; Lutter, AcP 180 (1980) S. 81, 116. 39 Im Unterschied zu einer Konkretisierung der Erforderlichkeit geht es hierbei also nicht darum, nach dem Zweck oder Ziel der Veränderung zu fragen, relevant ist der Gegenstand der Änderung. 40 Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 345: Es sei nach der Art der zu ändernden Satzungs- oder Vertragsnorm zu differenzieren. Ausführlich auch Zöllner, Anpassung (1979) S. 40 ff., der aber dort nicht ausdrücklich zwischen der Zweckverfolgungsnähe des Änderungsgegenstands und der Zweckverfolgungsnähe des Änderungsziels trennt, vgl. ferner insbes. S. 51 ff.; M. Weber, Treubindungen (1999) S. 76 für alle mit der Geschäftsführung zusammenhängenden Angelegenheiten; Martens, Schlegelberger HGB III/1. (5. Aufl. 1992) § 119 Rn 45; Goette, Ebenroth/Boujong/Joost HGB I (2. Aufl. 2008) § 119 Rn 26; Hüffer, Gesellschaftsrecht (6. Aufl. 2003) § 10 3. (S. 83 f.); Nonn, Zustimmungspflichten (1995) S. 28 f., 56; Janke, Treuepflicht (2003) S. 85; ähnl. auch C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 242: erleichterte Voraussetzungen für die Pflicht zur Vertragsänderung seien bei solchen Änderungen denkbar die sich inhaltlich auf die Geschäftsführung beziehen; aA. bei Vertragsänderungen sei eine Zweckunterordnung nicht möglich: A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72, 89, der an dieser Stelle aber noch grundsätzlich Zustimmungspflichten abseits des Schikaneverbots für ausgeschlossen hält. 41 Deutlicher könnte man – unter stärkerer Beachtung der privatautonomen Grundlagen – von einer Unterordnung des jeweiligen Vertragsbestandteils unter die Zweckverfolgung sprechen.
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die Zuordnung von Vertragsnormen zum Schutz mitgliedschaftlicher Belange – mit entsprechend geringerer Treubindung – möglich.42 Die Nähe zur Geschäftsführung wird dabei vor allem für die Verfassungsentscheidung43 des Entzugs von Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht nach §§ 712, 715 BGB bzw. §§ 117, 127 HGB44 angenommen. Beispielhaft für Regelungen, die dem Individualschutz zuzurechnen sind, stehe die Statuierung einer qualifizierten Mehrheit bei der Verfassungsänderung, die damit eine Sperrminorität gewährleistet.45 b) Analyse Auch hier wird – ganz ähnlich der Bestimmung nach der Realstruktur – ein für die allgemeine Bestimmung der Treupflicht verwandter Gedanke auf die spezielle Situation der Verfassungsänderung übertragen. Allgemein wird bei der Rechtsausübung, also insbesondere auch bei der Stimmrechtsausübung danach differenziert, ob das jeweilige Recht dem Gesellschafter im eigenen Interesse zusteht oder ob er es als sog. „Pflichtrecht“ treuhänderisch für die Gesellschaft auszuüben hat.46 Eine uneigennützige Begründung 42 Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 345 mit Nachweis (Fn 22) auf die legitime Verteidigung der Sperrminorität in Fragen der Satzungsänderung aus OLG Hamburg v. 23.12.1952, JZ 1953, 405 (nachfolgend: BGH II. ZS v. 09.06.1954, BGHZ 14, 25). 43 Dass es sich dabei überhaupt um eine Verfassungsentscheidung handelt, ist weitgehend unstreitig, vgl. schon Mugdan, Materialien II (1899) S. 338; A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72, 87; Fischer, NJW 1959, 1057; heute etwa: Jickeli, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 117 Rn 6; (aA aber, es handle sich bei diesen Maßnahmen um eine ganz besondere Form der Geschäftsführung: Flume, Personengesellschaft (1977) § 15 III. (S. 274); Flume, FS-Rittner (1991) S. 119, 122 f., der deshalb hier auch noch Zustimmungspflichten aus der Förderpflicht begründbar ansieht.). 44 Zöllner, Anpassung (1979), S. 42; C. Schäfer, Staub, HGB II (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 242. Habermeier ordnet diesen Entscheidungsgegenstand sogar als uneigennütziges Pflicht-Recht ein, Staudinger BGB (13. Aufl. 2003) § 705 Rn 51; ähnlich weitgehend: Emmerich, Heymann HGB II (2. Auf. 1992) § 119 Rn 17; M. Weber, Treubindungen (1999) S. 76, die diese der Treubindung in Geschäftsführungsfragen gleich ordnen. Weitere Beispiele für geschäftsführungsnahe Verfassungsbestandteile nach Zöllner, Anpassung (1979) S. 42: firmenrechtliche Entscheidungen, geschäftsführungsbedingte Umwandlung einer Komplementärstellung in die eines Kommanditisten als milderes Mittel zur Ausschließung (S. 45); „aus besonderen Umständen“ die Aufnahme eines neuen Komplementärs zur Abwendung der Liquidation einer KG ohne Komplementär (S. 46). Emmerich, Heymann HGB II (2. Aufl. 1992) § 119 Rn 17 ordnet auch die Anpassung von Geschäftsführervergütungen hier ein. 45 Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 345 offensichtlich nach dem Fall BGH II. ZS v. 09.06.1954, BGHZ 14, 25.
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des Stimmrechts in Fragen der Verfassungsgestaltung kann es aber nicht geben. Daraus versteht sich die Abwandlung und die Unterteilung in individualschützende („eigennützige“) und zweckverfolgungsnahe („uneigennützige“) Verfassungsnormen. Dafür können zwei Gedanken grundlegend sein: Erstens kann überlegt werden, ob solche Normen auszumachen sind, die sich allein von der Zweckverfolgung ableiten lassen, und die gegen diese keinen Raum beanspruchen können. Das könnte für die vertragsmäßige Bestimmung der Geschäftsführung gelten. Wenn die Geschäftsführung notwendig allein der Zweckverfolgung dient, so steht eine vertragsmäßige Bestimmung ihrer Zusammensetzung möglicherweise „hierarchisch“ wie logisch unter der Zweckbestimmung. Der Vorrang der Zweckverfolgung wäre im Konfliktfall offenbar.47 Der Gedanke würde also auf einer Hierarchie der Vertragsnormen innerhalb des Gesellschaftsstatuts aufbauen. Dabei würde das Zweckversprechen die kausale Spitze bilden.48 Dem begrenzend gleichgeordnet stünden dann vor allem Bestimmungen, die individuelle Mitgliedsrechte gewährleisten, etwa die Mehrheitsanforderungen, die die Sperrminorität gewähren oder die Beitragsbegrenzung durch gem. § 707 BGB abschließende Bestimmung derer. Der Zwecksetzung aber untergeordnet wären dabei die Modalitäten ihrer Verfolgung. Dies könnte dann umso mehr gelten, wenn der geschäftsführungsnahe Verfassungsbestandteil bereits von seiner Begründung an als Variable gestaltet ist, wie es durch die Gestaltungsmöglichkeiten bei §§ 712, 715 BGB bzw. §§ 117, 127 HGB der Fall ist. Es bleibt aber zu berücksichtigen, dass regelmäßig keine Delegation auf die Ebene der Organisationsakte erfolgt.49 Zweitens kann die Differenzierung auch allein einer verallgemeinerten Abwägung der betroffenen Interessen geschuldet sein. Wenn es um die Obstruktion gegen Anpassungen geschäftsführungsnaher Vertragsgegenstände geht, mag allgemein das Interesse an der Wahrung des status quo weniger 46 Ähnlich schon mit der Unterscheidung in eigennützige und verbandsnützige Stimmrechte am Beispiel des § 115 I HGB: A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72, 74, eingehend S. 79 ff., 81. 47 Daher dürfte auch die teils vertretene Annahme rühren, es handle sich bei der Entscheidung über den Entzug von Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht um die Ausübung eben eines uneigennützigen „Pflichten-Rechts“, gleichwohl es sich um eine Grundlagenentscheidung handle, vgl. Sester, Treupflichtverletzung (1996) S. 112. 48 Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 17 spricht von dem obersten Prinzip für die Ausrichtung der Gesellschaft; Baier, NZG 2004, 356, 358 f. beachtet die Bedingungen, unter denen die Gesellschafter dem Verband beigetreten sind, nur als „Modalitäten“ der Zweckverfolgung. 49 Vergleiche dazu hier § 2 B. II. 2. Ebenen verbandsinterner Willensbildung: Geschäftsführungs-, Organisations- und Verfassungsakte.
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nachvollziehbar oder schutzwürdig erscheinen als bei der Verteidigung von Individualrechten. Damit würden vor allem Zumutbarkeitsaspekte (Schwere der Betroffenheit bei der Änderung) abstrahiert, ohne eine besondere Legitimation für die Differenzierung zu bieten. II. Tatbestand Neben der allgemeinen Bestimmung des Maßes der Treupflicht lassen sich einige Konkretisierungsbemühungen der Literatur auch auf die Tatbestandsmerkmale der anerkannten Rechtsprechungsformel verteilt erfassen. Eine geschlossene Bestimmung oder Beschreibung der Merkmale, die über die wiederkehrende Formulierung der Rechtsprechung hinausgeht, sucht man vergebens.50 Der Grund dafür – und die eher bruchstückhaften Konkretisierungsbemühungen – dürfte in der allgegenwärtigen Prämisse zu finden sein, die jeweilige Problemlage des Einzelfalls bedürfe stets einer ebenso individuellen Lösung, weshalb sich der Tatbestand der Zustimmungspflicht in Verfassungsfragen grundsätzlich erst im Einzelfall, nicht aber zuvor konkretisieren lasse.51 1. Ausnahmefall
a) Nachträglichkeit/Unvorhersehbarkeit der die Änderungserforderlichkeit begründenden Umstände Im Fortsetzungsfall des BGH ist die Unvorhersehbarkeit des Änderungsfalls zum Kriterium erhoben worden. Danach sollten solche Umstände, deren Eintreten bereits bei der Begründung der gesellschaftsvertraglichen Bindung voraussehbar war, keine Änderungspflicht auslösen können.52 Ebenso wird in Teilen der Literatur argumentiert.53 Die Freiheit des Gesellschafters 50 Vgl. die monographischen Darstellungen von Pabst, Mitwirkungspflicht (1976); Zöllner, Anpassung (1979); und Sester, Treupflichtverletzung (1996). 51 Vgl. zu dieser Selbstbegrenzung im Anspruch: Weipert, ZGR 1990, 142, 145; Weipert, MüHandbuch I PersG (3. Aufl. 2009) § 57 Rn 52. Der Gedanke von der Unmöglichkeit einer Bestimmbarkeit des Inhalts der Treubindung führt Martens, Rechtsdogmatik (1990) S. 251, 259 dazu, die Treupflicht im Aktienrecht überhaupt erst anzuerkennen: „Natürlich kann man den Anwendungsbereich der Treupflicht im Aktienrecht nicht gänzlich ausschließen. Aber diese Pflicht ist nach meinem Eindruck im Gegensatz zum GmbH-Recht ohne jeglichen Argumentationswert.“ Die aktienrechtliche Treupflicht sei terminologische Sammelbezeichnung ungeschriebener Gesellschafterpflichten ohne jeden eigenen Erkenntnis- oder Beurteilungswert. 52 BGH II. ZS v. 07.12.1972, „Fortsetzungsfall“ WM 1973, 990, 992. 53 Fischer, NJW 1954, 777, 778; H. P. Westermann, FS-Hefermehl (1976) S. 225, 239; C. Hey, Ergänzende Vertragsauslegung (1990) S. 82.
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in der Begründung des Gesellschaftsvertrags verbiete die Erfassung auch solcher Gründe, die schon in diesem Zeitpunkt berücksichtigungsfähig waren.54 Relevant könnten daher nur solche Umstände sein, die sich nachträglich ergeben oder herausstellen.55 Ausgehend von einer stärkeren Anlehnung an die Zweckförderpflicht wird erklärt, die Bindung an die Zweckförderungsbereitschaft unter veränderten Umständen könne billigerweise nur für nachträgliche Veränderungen zu fordern sein.56 Danach würde die Nichtberücksichtigung berücksichtigungsfähiger Umstände durch das Unterlassen einer Bestimmung für diesen Fall eine Bindungswirkung gleicher Intensität erzeugen. Die negative Bestimmung bestünde dann darin, dass eben der berücksichtigungsfähige Grund kein Abweichen von dem Vertrag rechtfertigen soll. Dagegen wird argumentiert, die Einschränkung sei unbrauchbar, da praktisch jede Entwicklung vorhersehbar sei.57 Umgekehrt könne nur gelten, dass soweit Elemente positiv in den Vertrag Einzug gefunden haben und sich die Entwicklung wie vorgestellt verhält, kein Raum für Zustimmungspflichten sei.58 Die Gefahrtragung für die Änderung der Grundlagen liege bei den Mitgliedern des Verbands gemeinsam.59 b) Deskriptives Merkmal der von Änderungsnotwendigkeit erfassten Situation Regelmäßig wird dem Merkmal des Ausnahmefalls in der Lehre kein konstitutiver Wert für die Bestimmung des Tatbestands der Treupflicht in der Verfassungsbindung beigemessen.60 Danach bleibt „nur“ das grund54
Fischer, NJW 1954, 777, 780. Fischer, NJW 1954, 777, 780. 56 H. P. Westermann, FS-Hefermehl (1976) S. 225, 239. 57 Zöllner, Anpassung (1979) S. 54 ff.: Insbesondere bei langfristigen Bindungen wie gerade Gesellschaftsverträgen müssten danach schwerwiegende Veränderungen (Tod, Krankheit, Kinderlosigkeit, Steuerrechtsänderungen) erfasst werden und die Verträge zu Mammutwerken machen. I. E. auch: Lettl, AcP 202 (2002) S. 1, 25. Differenzierend anderer Ansatz bei Koller, FS-Canaris II (2007) S. 147, 171: Nach Koller komme es darauf an, ob ein berücksichtigungsfähiger, weil erkennbarer Umstand aufgrund „emotionaler Betroffenheit“ der Partei von dieser noch zumutbar in die Vertragsgestaltung eingebracht werden konnte. 58 Zöllner, Anpassung (1979), S. 54, 55, 56; ähnlich vermittelnd auch Baier, Geschäftsgrundlage (2001) S. 168 f., nach dem die Vorhersehbarkeit allein in die Zumutbarkeitsprüfung der Interessenabwägung einzustellen sei. 59 Ähnlich H. P. Westermann, Hdb GesR I (1996) Rn 535. 60 Sester, Treupflichtverletzung (1996) S. 92, nach dem es sich von selbst verstehe, dass eine Vertragsänderung ohne allseitige Zustimmung nur unter außergewöhnlichen Umständen in Betracht komme. 55
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legende Bekenntnis zum Regel-Ausnahmeverhältnis des Eingreifens der Treubindung auf der Ebene der Verbandsverfassung durch die grundsätzlich vollständige Geltung der Privatautonomie.61 Danach solle die Anwendung auf enge Ausnahmen begrenzt bleiben, in denen sich die unterlassene Mitwirkung, „wenn nicht als Rechtsmissbrauch, so doch als grobe Treuwidrigkeit“ darstelle.62 2. Erforderlichkeit
Die Erforderlichkeit bestimmt, wozu die Änderung erfolgen soll. Mithin bedarf es keiner Erklärung, dass sie ihrerseits einer Bestimmung des Schutzgegenstands bedarf, also dessen wofür die Änderung erforderlich sein soll. Sie ist zentrales Merkmal63 der Zustimmungspflicht und gedanklicher Ausgangspunkt. a) Geschützter Interessenträger und geschütztes Interesse aa) Verbandsinteressen gegenüber Mitgliedsinteressen (1) Darstellung Bei der allgemeinen Bestimmung der Erforderlichkeit kann in der Lehre unterschieden werden nach der Zielrichtung des von der Veränderung „Begünstigten“ zwischen solchen Vertragsanpassungen, die auf die Wahrung eines Verbandsinteresses gerichtet sein sollen und solchen zur Wahrung von Mitgliedsinteressen.64 Soweit die Vertragsänderung zur Verfolgung eines gemeinschaftlichen Interesses erforderlich wird, soll die Zustimmungspflicht eher anzunehmen sein als bei derjenigen im Interesse von Mitglie61
Z. B.: A. Hueck, JR 1965, 387; Keßler, Staudinger BGB (Vorauflage: 12. Aufl. 1991) § 709 Rn 29; Reiff, EWiR 1997, S. 389, 390, „ultima ratio für besonders gelagerte Ausnahmefälle“; F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) S. 350 f. Allein mit Blick auf die praktische Notwendigkeit der Anpassung anders: Zöllner, Anpassung (1979) S. 62: Die Anpassung sei nicht die Ausnahme, sondern die Regel. 62 Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 5 I. 3. d) aa) (S. 411); F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) S. 351. 63 Wonach zum Teil sogar der Verzicht auf das Merkmal der Zumutbarkeit gefordert wird: so Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 16. 64 Lutter, AcP 180 (1980) S. 81, 116 ff.; Martens, Schlegelberger HGB (5. Aufl. 1992) § 119 Rn 46; Roth, FS-Honsell (2002) S. 575, 577; Nonn, Zustimmungspflichten (1995) S. 50 ff.; wohl auch Zöllner, Anpassung (1979) S. 40 ff., der aber vorrangig auf die Zweckverfolgungsnähe abstellt; nur scheinbar abweichend unter Kritik eines grundsätzlichen Vorrangs der Gesellschaftsinteressen, letztlich doch eine Ungleichheit anerkennend: Sester, Treupflichtverletzung (1996) S. 89 f.
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dern.65 Im Verbandsinteresse könnten auch schutzwerte Belange des Einzelnen überwunden werden,66 im Mitgliedsinteresse könne eine Veränderung dagegen nur durchgesetzt werden, wenn die Weigerung außer Verhältnis stehe.67 Das Verbandsinteresse solle dahin zu bestimmen sein, dass es – unter Bezugnahme auf den Zweck des Verbands – den Bestand,68 die Funktionsfähigkeit und die Aufgabenerfüllung69 des Verbands erfasse.70 Beispielhaft wird für Änderungen im Mitgliedsinteresse71 die Anpassung der Tätigkeitsvergütung,72 die Wiederaufnahme nach der Kündigung durch den Privatgläubiger,73 die Normierung einer Nachfolgeregelung74 aber auch die Auflösung des unrentablen Unternehmens zur Vermeidung weiterer Lasten75 angeführt. (2) Analyse Das Begriffspaar Verbandsinteressen – Mitgliedsinteressen76 könnte von einer Teilbarkeit dieser Interessen ausgehen. Der Verband müsste danach 65
Zöllner, Anpassung (1979) S. 51; M. Winter, Treubindungen (1988) S. 35; Martens, Schlegelberger HGB III/1. (5. Aufl. 1992) § 119 Rn 46. 66 Zöllner, Anpassung (1979) S. 52. Hier seien sogar im Regelfall auch Beeinträchtigungen der mitgliedschaftlichen Belange zumutbar: Nonn, Zustimmungspflichten (1995) S. 51. 67 Lutter, AcP 180 (1980) S. 81, 116; Nonn, Zustimmungspflichten (1995) S. 52 f.; ähnl. Müller, Verbandsbeschlüsse (1994) S. 172 f. 68 M. Winter, Treubindungen (1988) S. 35. 69 In diese Richtung geht Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 16, der die Verfolgung des Gesellschaftszwecks den individuellen Interessen der Gesellschafter gegenüberstellt, letztere aber nicht als schutzfähig anerkennen will; ähnl. nach der Zweckverfolgung trennend auch Zöllner, Anpassung (1979) S. 40 ff. 70 In dieser allgemeinen Bestimmung: Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 23. 71 Zu einer allgemeinen – nicht konkret auf die Zustimmungspflichtfrage bezogenen – Darstellung der Mitgliedsinteressen eben als derjenigen Interessen, „die mit der Mitgliedschaft ihrer rechtlichen Struktur nach typischerweise verknüpft sind, ohne Rücksicht auf besondere individuelle, außerhalb des Verbands in seiner gegenwärtigen Struktur liegende Verhältnisse“: Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 31. 72 Zöllner, Anpassung (1979) S. 50; Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 31; M. Winter, Treubindungen (1988) S. 35. 73 Zöllner, Anpassung (1979) S. 50; Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 31: auf den Erhalt der Mitgliedschaft gerichtetes Interesse. 74 Roth, FS-Honsell (2002) S. 575, 577 unter Berufung auf die „Porta-Entscheidung“ BGH II. ZS v. 20.10.1986, JZ 1987, 95. 75 Daran könne der Verband, bedeute dies doch eben das Ende der Zweckverfolgung kein Interesse haben: Zöllner, Anpassung (1979) S. 48 f.; diesem folgend: M. Winter, Treubindungen (1988) S. 35. 76 Oder: kollektive – individuelle Interessen; gemeinschaftliche – die einzelner Mitglieder.
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ein von den Mitgliedern gelöstes Interesse besitzen können. Dabei ist die Frage zu stellen, ob dieses auf der Ebene der Verfassung des Verbandes, wo die Mitglieder Souverän, der Verband als Rechtsbeziehung lediglich Gegenstand der Änderung ist, überhaupt möglich ist. Insofern ist auf die im Grundlagenteil erarbeitete Position der Mitgliedsautonomie zu verweisen.77 Danach kann auf der Ebene der Verbandsverfassung kein Verbandsinteresse bestehen. Das „Verbandsinteresse“ muss danach das Interesse der Mitglieder am Verband sein, das „Mitgliedsinteresse“ das Interesse der Mitglieder an der Verfolgung von Individualzielen.78 Offensichtlich liegt der Lehre hier ein Verständnis von abfallender Schutzwürdigkeit zugrunde. Dabei ist unklar, wie dieses begründet werden soll. Jedenfalls kann nicht argumentiert werden, die Mitgliedsinteressen wären vertragsfremd. Eben die beispielhaft angeführte Tätigkeitsvergütung, die Teilnahme am Verband selbst (Ausschluss- und Aufnahmefälle), wie auch die Begrenzung bzw. Vermeidung der Haftung der Teilnehmer sind in der Verfassung als geregelte Interessen ja ebenso vorhanden wie der Zweck selbst.79 So versteht auch Zöllner die Mitgliedsinteressen als vertragsgemäße und bestimmt sie als typischerweise mit der Mitgliedschaft verknüpft unter Ausnahme eben der besonderen, außerhalb des Verbands liegenden Interessen.80 Denkbar bleibt die grundsätzliche verfassungsgestaltete Überordnung der gemeinsamen Interessen bzw. der auf den Zweck gerichteten Interessen vor den Individualinteressen verbürgenden Verfassungsbestandteilen.81 Dafür ist aber die dogmatische Absicherung soweit ersichtlich nicht geleistet und bedürfte der Klärung. bb) Zweck-, Rechts- und Wertorientierte Erforderlichkeit Parallel dazu kann man auch in der Rechtslehre – nur gedanklich nicht ausschließlich82 – trennen in: 77
Vergleiche hier § 2 A. II. 2. b) Verbands- oder Mitgliedsautonomie? Damit sind keine illegitimen Sondervorteile gemeint, sondern individuelle mitgliedschaftliche Interessen. 79 Bspw. für vertragsfremde Interessen: das Interesse an einer Veränderung der die Gewinnausschüttung bestimmenden Regelung aufgrund erhöhten privaten Mittelbedarfs des auf Änderung drängenden Gesellschafters (abgewandelt nach: OLG Hamm v. 14.06.1999, NZG 2000, 252); das Interesse an einer Aufnahme eines Angehörigen in die Gesellschaft (abgewandelt nach: BGH II. ZS v. 24.01.1972, NJW 1972, 862). 80 Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 31. 81 Dafür spricht die Literatur bei den Verbandspersonen, wenn sie erklärt, dass die Mitgliedsinteressen – untereinander – nur gleich geordnet seien, den Verbandsinteressen also eine Überordnung zubilligt: M. Winter, Treubindungen (1988) S. 182. 78
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– Zweckorientierte Erforderlichkeit, wonach die Zweckverfolgung/-erreichung des Verbands durch die Zustimmungspflicht gestützt oder gewährleistet werden soll,83 – Rechtsorientierte Erforderlichkeit, nach der vor allem die Gesamtsumme der vertraglichen Bindung wesentlich und der Zusammenschluss selbst (die Rechtsbeziehung Verband) Schutzgegenstand ist84 und – Wertorientierte Erforderlichkeit, die unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung die Bindung an die im Verband geschaffenen Werte, insbesondere den des gemeinsamen Unternehmens, betont.85 Praktisch sind hier die Übergänge fließend. Soweit es um die in der Literatur oft beispielhaft herausgehobene Bestandserhaltung des Gemeinschaftsunternehmens geht, kann eine darauf gerichtete Maßnahme – wie aus der Rechtsprechung auch bekannt – sowohl der Zweckverfolgung wie dem Werterhalt, letztlich auch dem Erhalt der Bindung, also des Verbands überhaupt dienen. In der Lehre finden sich allenfalls Ansätze einer Differenzierung zwischen den möglichen Ausrichtungen der Erforderlichkeit. Teils bleiben Aussagen zum Schutzgegenstand auch völlig zurück. Wenn schlicht auf die ökonomische Unvertretbarkeit der Entscheidung,86 das Interesse der Gesell82 Von einem Meinungsstreit kann hier – die Möglichkeit der unterschiedlichen Ausrichtung erscheint insgesamt eher unbewusst – nicht gesprochen werden. Die unterschiedlichen Bestimmungen des tauglichen Schutzziels schließen sich ferner freilich nicht aus. Zum Teil finden sich verschiedene Aspekte nebeneinander, z. B. Sester, Treupflichtverletzung (1996) S. 93: Schutzziel könne die Sicherung der Zweckverfolgung/bzw. -vereinbarung sein. Dann sei zu fragen, ob ohne die Anpassung der Fortbestand der Gesellschaft gefährdet sei und dadurch die Vernichtung von Werten oder gar Verluste drohten; ähnl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 7 IV. 1b) (S. 395): wenn anders der Zweck nicht zu erreichen sei und allen Beteiligten sonst schwere Schäden drohten. 83 Lutter, AcP 180 (1980) S. 81, 109; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 5 IV. 2. d) (S. 129); Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 7 IV. 1. b) (S. 395); Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 2 III. 1. b) (S. 124); M. Weber, Treubindungen (1999) S. 171 f.; sogar ausschließlich so Baier, Geschäftsgrundlage (2001) S. 154 ff.; Baier, NZG 2004, 356, 359: „Dient die Vertragsänderung allerdings nicht der weiteren Verfolgung des Gesellschaftszwecks, sondern einem anderen Zweck, besteht keine Zustimmungspflicht der Gesellschafter“. Abl. A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72, 79. 84 Sester, Treupflichtverletzung (1996) S. 93; H. P. Westermann, Hdb GesR I (Stand 1996) Rn 535; explizit auch für den Erhalt einzelner Klauseln: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 5 IV. 2. d) (S. 129); Roth, FS-Honsell (2002) S. 575, 577, 581. 85 Fischer, NJW 1954, 777, 780; ganz ähnl. wertorientiert: Stimpel, Richterliche Rechtsfortbildung (1969) S. 15, 19; insbesondere nach der Wertbindung auch bei Pabst, Mitwirkungspflicht (1976) S. 197 f.; Emmerich, Heymann HGB II (2. Aufl. 1996) § 119 Rn 18; H. P. Westermann, Erman BGB I (12. Aufl. 2008) § 709 Rn 36.
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schaft oder der Gesellschafter87 oder allgemein drohende Nachteile88 abgestellt wird, ist die Konkretisierung verhältnismäßig gering. Dabei ist nicht klar, ob damit das Erfordernis abgeschlossener Schutzgegenstände bestritten werden soll oder lediglich eine äußerst abstrakte Bestimmung erfolgt.89 (1) Zweckorientierte Erforderlichkeit (a) Darstellung Die Erforderlichkeit kann zweckorientiert bestimmt werden.90 Danach soll die Verfassungsänderung dann erforderlich werden können, wenn die bestehende Verfassungsgestaltung der Zweckverfolgung hinderlich91 oder ungenügend92 ist bzw. dem Verband ohne die notwendige Änderung erhebliche Gewinnchancen verwehrt bleiben.93 Die Frage sei dahin zu stellen, ob 86 Grunewald, FS-Kropff (1997) S. 89, 95 allerdings zur AG. Der zugrunde liegende Gedanke ist dabei aber nicht formgebunden entwickelt. 87 K. Schmidt, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 105 Rn 164, der sich auf die Bestimmung des „Interesse(s) der Gesellschaft und der Gesellschafter“ beschränkt. Ähnlich Ulmer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 705 Rn 231, der von dem „Interesse der Gesamtheit“ spricht. 88 F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) S. 351 will schlicht davon ausgehen, „ob anderen Gesellschaftern ein Nachteil entsteht“, den er dabei nicht näher bestimmt. 89 Eben auch möglich wäre die Ablehnung bestimmter oder abgeschlossener Schutzgegenstände, wie sie hier durch die Unterteilung in zweck-, rechts- und wertbezogene Notwendigkeiten erfolgt. Dann könnte die Treupflicht allein an der Unverhältnismäßigkeit orientiert sein. 90 Die Ansicht von Küster, Stimmrechtsgrenzen (1954) S. 86 ff., nach dem die Zweckbindung selbst, nicht also die Treubindung, Grenze des Stimmrechts in allen Fragen sein solle, hat sich dabei aber nicht durchsetzen können und bildet in der zweckorientierten Betrachtung nur die Extremposition. 91 Lutter, AcP 180 (1980) S. 81, 109. 92 Grunewald, FS-Großfeld (1999) S. 319, 334: Zur Ausweitung der Geschäfte der Gesellschaft, wenn es um Modernisierungen gehe, die für eine langfristige erfolgreiche Tätigkeit der Gesellschaft notwendig sind. Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 7 IV. 1. b) (S. 395) (der allerdings an dieser Stelle kumulativ den drohenden Eintritt schwerer Schäden bei den Beteiligten fordert); Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 2 III. 1. b) (S. 124) auch für die Zweckverfolgung allein; Beuthien, BB 1987, 6, 10: eine für den Gesellschaftszweck unerlässliche, geringfügige Beitragserhöhung sei nach der Treupflicht hinzunehmen; Göbel, Mehrheitsentscheidungen (1992) S. 99: „um der besseren Zweckförderung willen“; in dieser Weise erfasst offensichtlich auch Enzinger, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 119 Rn 27 die h. L.: „wenn der Gesellschaftszweck ohne Anpassung des Gesellschaftsvertrags (etwa durch weitere Einlagen) nicht erreichbar wäre“. Dagg. Grundmann, Treuhandvertrag (1997) S. 188 f.: Effizienzsteigerungen genügten grundsätzlich nicht. 93 A. Hueck, oHG (4. Aufl. 1972) S. 174, Fn 36 a. Dabei ist die Grenze zum Werterhalt (der bestehenden Gewinnchance) aber recht nah.
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die Anpassung zur Verfolgung des Gesellschaftszwecks notwendig sei.94 Nach gewisser Zeit könne der Gesellschaftsvertrag den Bedürfnissen des Unternehmens nicht mehr entsprechen.95 Unter stärkerer Betonung des Elements der Ablaufkontrolle wird auch erklärt, die Vertragsänderungspflicht könne zur Weiterverfolgung des Gesellschaftszwecks erforderlich werden.96 Ähnlich wird die Stimmpflicht für möglich gehalten, wenn der Vertragszweck bei der Nicht-Lösung des Anpassungsproblems gefährdet werde.97 Die Ausrichtung der Treupflicht erfolgt dabei am Zweckförderversprechen, weniger am Übermaßverbot bzw. § 242 BGB.98 Die Argumentation entspricht derjenigen, die zur Bestimmung geschäftsführungsnaher Verfassungsbestandteile verwendet wird. Zwar gelte die Bindung zunächst nur in der vertragsbestimmten Weise, doch hätten sich die Gesellschafter zur Förderung des übergeordneten Zweckes verbunden.99 Die Verpflichtung zur Zweckförderung gelte auch unter veränderten Umständen in erforderlichem Maße fort.100 Lettl erklärt sogar, die rechtsgeschäftlich freiwillige Zweckunterordnung bewirke eine Begrenzung der privaten Selbstbestimmung des Gesellschafters.101 (b) Analyse Wenn auf die Weiterverfolgung des Gesellschaftszwecks abgestellt wird oder eine Vertragszweckgefährdung beschrieben wird, nähert sich die zweckorientierte Erforderlichkeit der rechtsorientierten an. Ohne die Möglichkeit seiner Zweckverfolgung ist der Verband selbst nicht lebensfähig.102 94
Davon geht im Grundsatz wohl Zöllner, Anpassung (1979) S. 52, aus. H. P. Westermann, FS-Hefermehl (1976) S. 225, 229, doch solle es nur um die Bekämpfung echter Bestandsgefährdungen gehen (229). An gleicher Stelle jedoch auch so, dass positiv die von jedem Gesellschafter zu fördernden Gesellschaftsbelange zu wägen seien (231), bzw. das dringende Unternehmensinteresse (239). 96 Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 16. 97 Weipert, ZGR 1990, 142, 146. 98 Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 102, 109; der wegen starken Anbindung an das Zweckförderversprechen auch den Ausdruck von der allgemeinen mitgliedschaftlichen Förderpflicht sucht; Weipert, ZGR 1990, 142, 148. „Die rechtsgeschäftliche Verpflichtung auf den Gesellschaftszweck, das Gemeinschaftsinteresse, ist deshalb zunächst Verpflichtung zur Gestaltung dieser Existenz- und Funktionsvoraussetzung.“; Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 15; Baier, NZG 2004, 356, 358 f. 99 „Nicht nur eine Einigung über bestimmte, gemeinsam zu verfolgende Interessen“ Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 14 f.; Baier, NZG 2004, 356, 358 f.; früher schon ganz deutlich Küster, Stimmrechtsgrenzen (1954) S. 87, 89: auch das Stimmrecht sei nur zur Zweckverfolgung gewährt, danach bestimmten sich dessen Inhalt und Grenzen, wonach es ausschließlich auf die objektive Zweckeignung ankomme. 100 Weipert, ZGR 1990, 142, 148; Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 15 f. 101 Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 15. 95
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Damit könnte der Zweckschutz nur notwendiges Zwischenziel einer grundsätzlich auf den reinen Bestandsschutz (Wert- und Rechtsschutz) als maßgebliches Primärziel gerichteten Maßnahme sein. Der Unterschied zwischen der Förderung der Zweckverfolgung und dem Schutz der Möglichkeit dieser, mithin des Verbands, geht dabei zum Teil verloren bzw. erscheint überhaupt nicht gewünscht.103 Die Inhaltsbestimmung ist damit schwierig. Es bleibt die Frage, ob hinter dem – hier über den Erhalt der Zweckverfolgung vermittelten – Verbandsschutz überhaupt auch die Effizienz der Zweckverfolgung geschützt sein soll. Abgewandt funktionsbezogen könnte gefragt werden, ob neben der Ablaufkontrolle (Erhalt der Zweckverfolgung unter veränderten Umständen) eine Art Inhaltskontrolle (Gewährleistung des zur (effektiven) Zweckverfolgung Erforderlichen) vertreten wird. Dagegen spricht die Argumentation aus der Dauerhaftigkeit des Verbandsversprechens, wird doch insofern nur die allgemeine Vertragstreue auf die geschlossene Zeit bemüht. Bei Lettl bleibt insofern trotz einer „vertraglichen Unterordnung jedes einzelnen Gesellschafters gegenüber dem Gesellschaftszweck“ die Störung der Richtigkeitsgewähr des Vertrags durch die äußerlich veränderten Umstände Grundlage der Vertragsänderungspflicht.104 Dafür aber spricht die Argumentation mit der Zweckhaftigkeit des Verbandsversprechens, wird damit doch an den übergeordneten Bezugspunkt appelliert. Lutter gewinnt die allgemeine mitgliedschaftliche Förderpflicht aus dem gemeinsam bestimmten Zweck. Die „offenbare Unabsehbarkeit der Bedürfnisse und Notwendigkeiten bei der Verfolgung dieses Zwecks in der Zukunft verlangen ein Verhalten unter den Partnern, das eben diese Erfordernisse der Flexibilität und Anpassung leistet“.105 Bezogen auf die Möglichkeit der Vertragsänderungspflicht schreibt er in aller Deutlichkeit, dass wenn „sich der Gesellschaftsvertrag eines personalen Zweckverbands als schlechthin hinderlich für die gemeinsame Zweckverfolgung [erweist], so ist das Mitglied zur aktiven Mitwirkung an der mindestens erforderlichen Änderung verpflichtet“.106 Damit geht der 102 Für die GbR folgt dies unmittelbar aus § 726 BGB, der für die oHG nur aus Gründen der Rechtssicherheit nicht übernommen ist, weshalb dort ein Auflösungsbeschluss erforderlich ist, vgl. C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 133 Rn 35. 103 Etwa bei Weipert, ZGR 1990, 142, 148 einerseits: „Die [. . .] Anpassungspflicht ist Konkretisierung der Pflicht zur sachgerechten Verfolgung des Gesellschaftszwecks durch zweckentsprechende Gestaltung der Verbandsverfassung.“ Andererseits: „Jedes Anpassungsbegehren, dessen Inhalt sachlich ungeeignet ist, um konstitutionsbedingte Existenz- und Funktionsvoraussetzungen der Gesellschaft zu sichern [. . .] ist rechtlich unbegründet.“ 104 Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 15 f., 16. 105 Lutter, AcP 180 (1980) S. 81, 102. 106 Lutter, AcP 180 (1980) S. 81, 109.
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Ansatz einer auf die Zweckförderung gerichteten Verfassungsänderung nicht vollständig im Erhalt der für den Verband notwendigen Zweckverfolgungsmöglichkeit auf. (2) Rechtsorientierte Erforderlichkeit Daneben kann der Erhalt der Bindung selbst, also des Verbands als Rechtsbeziehung unter den Mitgliedern, als Schutzgegenstand in der Literatur gefunden werden.107 Das Ziel könne die Sicherung der gesellschaftsvertraglichen Zweckvereinbarung sein.108 Erforderlich sei die schwerwiegende Bedrohung des Bestandes der Gesellschaft.109 Auch der Schutz einzelner Normen des Vertragsversprechens erscheint daher möglich.110 Damit geht es hier weder um die Verfolgung des gemeinsamen Zwecks, noch um den Schutz des von der Gesellschaft betrieben Unternehmens. Maßgeblich ist allein die Rechtsbeziehung, also der Schutz der eingegangen Bindung „um ihrer selbst willen“. (3) Wertorientierte Erforderlichkeit Wird die Erforderlichkeit wertorientiert bestimmt, so soll es den Gesellschaftern geboten sein, durch ihre erzwungene Zustimmung die im Verband gebundenen Werte, insbesondere den des gemeinsamen Unternehmens, zu erhalten und verbandsbezogene Verluste zu vermeiden.111 Zu den Gestaltungsklagen wird erklärt, das wichtigste Argument der Zustimmungspflicht bestehe in der Notwendigkeit der Erhaltung wirtschaftlicher Werte, notfalls mit der Zumutung grundlegender Veränderungen im Gesellschafter- oder Geschäftsführerkreis.112 Danach ist weniger der Erhalt der rechtlichen als der wirtschaftlichen Grundlagen maßgeblich. Erstere werden vielmehr zu107 Hüffer, FS-Steindorff (1990) S. 59, 77 mit der Zustimmungspflicht zum Ausschluss eines anderen Gesellschafters werde primär der Schutz der noch intakten Gemeinschaft bewirkt. 108 Sester, Treupflichtverletzung (1996) S. 93. 109 H. P. Westermann, Hdb GesR I (Stand 1996) Rn 535. 110 So insbesondere K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 5 IV. 2. d) (S. 129); Roth, FS-Honsell (2002) S. 575, 577, 581: ob das Vertragsgleichgewicht infolge der zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen verfehlt werde. 111 Fischer, NJW 1954, 777, 780; Stimpel, Richterliche Rechtsfortbildung (1969) S. 15, 19; Ulmer, FS-Möhring (1975) S. 295, 300; insbesondere nach der Wertbindung auch bei Pabst, Mitwirkungspflicht (1976) S. 197 f.; Emmerich, Heymann HGB II (2. Aufl. 1996) § 119 Rn 18; H. P. Westermann, Erman BGB I (12. Aufl. 2008) § 709 Rn 36, § 737 Rn 4; H. P. Westermann, Hdb GesR I (Stand 1996) Rn 532; Göbel, Mehrheitsentscheidungen (1992) S. 215. 112 H. P. Westermann, Erman BGB I (12. Auflage 2008) § 737 Rn 4.
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gunsten letzterer überwunden. Es verpflichten demnach vor allem die faktischen Einflussnahmemöglichkeiten auf die gebildeten Werte. Damit muss der Ausgangspunkt in diesem Fall viel stärker an § 242 BGB, insbesondere dem Übermaßverbot bei der Einwirkungsmöglichkeit auf die gemeinsamen Werte, weniger an dem Zweckförderversprechen113 oder dem Versprechen einer dauerhaften Bindung orientiert sein. Es gehe darum, die Pflichten zu aktualisieren, die der Bestand des gemeinschaftlichen Unternehmens für jeden Partner schaffe.114 Eine Berücksichtigung von anderen Interessen als den Wertinteressen der Mitglieder ist dabei in der Lehre nicht ersichtlich.115 Drittinteressen, wie vor allem das Interesse der Arbeitnehmer am Fortbestand des Unternehmens zur Sicherung ihrer Erwerbsmöglichkeit oder das der Öffentlichkeit an der fortwährenden Leistung aus dem Unternehmen in die Volkswirtschaft, seien nicht maßgeblich.116 b) Intensität des Anpassungsbedarfs und die Eignung des Mittels Auch die Frage, welche Qualität der Anpassungsbedarf für die zu schützende Gesellschaft haben muss, hat in der Lehre über die deutliche Zustimmung zum Ausnahmemodell der Rechtsprechung hinaus wenig Beachtung gefunden. Mit der Bestimmung, es müsse eine dringende Erforderlichkeit117 vorliegen, sich um echte Bestandsgefährdungen handeln, ein für die Vertragspartner unhaltbarer Zustand beendet werden118 oder praktisch jede an113
So aber Fischer, NJW 1954, 777, 780. Fischer, Staub HGB II (Vorauflage: 3. Aufl. 1973) § 105 Rn 31 c: Abzuwägen seien (u. a.) der Eigenwert des Unternehmens wie die Auswirkung der unterbleibenden Änderung des Gesellschaftsvertrags auf das Unternehmen; diesem folgend: H. P. Westermann, FS-Hefermehl (1976) S. 225, 229, wobei die Gesellschafter freilich nicht zum Diener des Unternehmens würden. 115 Der Gedanke ist in der „Loyalitätspflicht“ jedweden Eigentümers (Einzelunternehmer, Personengemeinschaft, Verband) gegenüber seinem Unternehmen zu finden bei T. Raiser, Unternehmen (1969) S. 145 ff. Die „Loyalitätspflicht“ wird dabei wohl als aliud gegenüber der Treupflicht gebildet, und soll aus der „Widmung“ des Eigentums zum Unternehmen nicht aber aus den Verhältnissen der Beteiligten folgen (S. 149). Kritisch zu dem Ansatz Reuter, Unternehmensperpetuierung (1973) S. 79 ff. 116 Ganz deutlich A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72, 79: Diese Interessen verdienten dieselbe Berücksichtigung wie beim Einzelunternehmer. Sie müssten danach kein Element des Verbandsrechts sondern des Unternehmensrechts sein, vgl. Spindler, MüKo AktG II (3. Aufl. 2008) § 76 Rn 66. Ähnl. H. P. Westermann, FS-Hefermehl (1976) S. 225, 233; vgl. ebenso zur verwandten Abwägung bei § 133 HGB H. P. Westermann, AcP 175 (1975) S. 375. 117 A. Hueck, ZGR 1972, 237, 244. 118 H. P. Westermann, FS-Hefermehl (1976) S. 225, 229; weitergehend Koller, FS-Canaris II (2007) S. 147, 172. 114
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dere Lösung ausscheiden,119 ist die Richtung der überwiegenden Lehre gut umschrieben. Auch soll bei der nur zweckmäßigen oder sinnvollen Vertragsänderung keine Pflicht bestehen können.120 In Anlehnung an die Entscheidungsgrenzen im öffentlichen Recht wird erklärt, es müsse sich in der konkreten Situation eine Ermessensreduzierung auf Null für die abstimmenden Gesellschafter ergeben.121 Unter Geltung des aus dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprinzips bekannten Verständnis der Erforderlichkeitsschwelle als Prüfung der Notwendigkeit des gewählten Mittels (mildestes Mittel) gilt auch nach der Literatur, dass die Anpassung nicht weiter reichen darf als zur Verfolgung des Schutzziels notwendig.122 In dieser Weise spricht sich Zöllner deutlich aus, indem er erklärt, mittels der Zustimmungspflicht könne stets nur das Minimum abverlangt werden, das treugemäßen Verhältnissen gerade noch entspreche, nicht jedoch das Optimum der Anpassung.123 3. Zumutbarkeit
a) Allgemein Auf der Passivseite der Interessenabwägung, der Zumutbarkeit, sind diejenigen Belange zu ermitteln, die gegen die erforderliche Änderung stehen. Dazu werden die „eigenen schutzwerten Belange des von der Zustimmungspflicht betroffenen Mitglieds“ benannt,124 mithin über das notwendig betroffene Selbstbestimmungsrecht125 hinaus die konkreten Auswirkungen des geänderten Vertrags. Im Ausgangspunkt der Betrachtung liegt dabei stets die Feststellung, dass die jeweiligen Gesellschafter sich nur unter den gegebenen Bedingungen in den gemeinsamen Verband gebunden hätten126 und 119 Unter Berufung auf die Rechtsprechung, Emmerich, Heymann HGB II (2. Aufl. 1996) § 119 Rn 18; zur Alternativlosigkeit Lutter, ZHR 162 (1998) S. 164, 169 („äußerste Grenzen“), 170 („offensichtlich keine Chance“). 120 Timm/Schöne, Bamberger/Roth BGB II (2. Aufl. 2008) § 709 Rn 57. 121 Ausführlich (allerdings für die Verbandsperson) Kunze, Stimmpflichten (2004) S. 143 ff. mwN; Lutter, JZ 1995, 1053, 1055. 122 Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 16. Erst recht darf keine weitergehende Veränderung erfolgen, die noch das synallagmatische Beitrags/Rechts-Verhältnis zu lasten des Dissentierenden verschiebt: Reiff, EWiR 1997, 389, 390. 123 Zöllner, Anpassung (1979) S. 39, der insofern der Kritik am Minimallösungskonzept der h. M. durch Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 286 beipflichtet. 124 Weipert, ZGR 1990, 142, 144; K. Schmidt, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 105 Rn 164. 125 H. P. Westermann, FS-Hefermehl (1976) S. 225, 227. 126 H. P. Westermann, FS-Hefermehl (1976) S. 225, 229; A. Hueck, ZGR 1972, 237, 244.
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das Interesse an der Erhaltung der bisherigen Grundlage des Gesellschaftsvertrags regelmäßig schutzwürdig sei127. Eine Beteiligung unter anderen Bedingungen könne grundsätzlich nicht verlangt werden.128 Die Gesellschafter seien auch nicht gehalten, auf der Ebene der Verbandsverfassung ihre eigenen Interessen zurückzustellen.129 Grundsätzlich deuten die Aussagen in der Literatur darauf hin, dass ein einfaches Überwiegen der Belange für die Änderung nicht genügt. Danach wird zum Teil formuliert, es dürften keine schutzwerten Belange des dissentierenden Gesellschafters einer solchen Änderung entgegenstehen.130 Daneben gibt es Regelvermutungen, bei Pflichtvermehrung oder Rechtsverschlechterung sei Unzumutbarkeit gegeben131 bzw. bei der Begründung empfindlicher Nachteile für den dissentierenden Gesellschafter müssten die der Gesellschaftergesamtheit drohenden Nachteile unverhältnismäßig groß sein.132 Konkreter auf das jeweilige Gesellschaftsverhältnis zugeschnitten wird erklärt, die Zumutbarkeit sei grundsätzlich danach zu bestimmen, ob sich die Vertragsänderung im Rahmen dessen halte, was die anderen Gesellschafter billigerweise im Rahmen der allgemeinen Förderpflicht erwarten könnten.133 Teils führt die individuelle Betrachtung der Zumutbarkeitsprüfung zu der Annahme, diese könne unter den Gesellschaftern ein unterschiedliches Ergebnis erzeugen, also einige binden, andere dagegen freistellen.134 b) Verzichtbarkeit des Zumutbarkeitsmerkmals Gegen diese grundsätzliche Abwägung wendet sich Lettl.135 Die individuellen Interessen der Gesellschafter seien wegen der durch den Gesellschaftszweck beschränkten Selbstbestimmung jedes einzelnen Gesellschafters „grundsätzlich ohne Bedeutung“.136 Denn es sei unter Änderungsmöglich127
Fischer, NJW 1959, 1057, 1060. Stimpel, Richterliche Rechtsfortbildung (1969) S. 15, 19; A. Hueck, ZGR 1972, 237, 244. 129 Fischer, NJW 1954, 777, 780; Roth, FS-Honsell (2002) S. 575, 577. 130 A. Hueck, ZGR 1972, 237, 244; Enzinger, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 119 Rn 28. 131 Hadding, Soergel BGB 5/1 (12. Aufl. 2007) § 705 Rn 63; Martens, Schlegelberger HGB III/1. (5. Aufl. 1992) § 119 Rn 46, nach dem aber nicht spürbare oder unverhältnismäßig geringe Rechtsnachteile hinnehmbar seien. 132 K. Schmidt, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 105 Rn 164. 133 H. P. Westermann, FS-Hefermehl (1976) S. 225, 233. 134 Pabst, Mitwirkungspflicht (1976) S. 205. 135 Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 16. 136 Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 16. 128
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keiten gleicher Eignung stets diejenige zu wählen, die den geringsten Eingriff in die Rechts- und Pflichtenstellung des Gesellschafters darstelle.137 Damit bewirke das Kriterium der Erforderlichkeit allein eine ausreichende Berücksichtigung der Interessen der sich widersetzenden Gesellschafter. Das Zumutbarkeitsmerkmal sei danach verzichtbar. c) Erhöhte Zumutbarkeit durch Begründung eines außerordentlichen Kündigungsrechts des dissentierenden Teils Die Prüfung der Zumutbarkeit erweitert sich, wenn dem von der Zustimmungspflicht betroffenen Gesellschafter in der Rechtsfolge stets ein außerordentliches Kündigungsrecht alternativ zur Zustimmung eingeräumt wird.138 Schneider begründet die Zustimmungspflicht zur Vertragsänderung als milderes Mittel gegenüber der Stufenleiter der §§ 117, 127, 133, 140 HGB, der insofern einige „Sprossen fehlten“. Sei die Fortsetzung unter geänderten Verhältnissen für den dissentierenden Gesellschafter kein milderes Mittel, so habe dieser nach eigener Wahl die Möglichkeit auszuscheiden.139 Bei Geltung eines solchen Austrittsrechts als alternativer Rechtsfolge würde sich die Zumutbarkeitsbetrachtung auf die Frage erweitern, ob dem dissentierenden Teil, wenn nicht die Fortsetzung, so ein Ausscheiden zuzumuten ist. Durch das Wahlrecht des von der Zustimmungspflicht betroffenen Gesellschafters müsste sich dann die Zumutbarkeitsmenge erhöhen. Dem entsprechen Erklärungen, wonach sich die Zumutbarkeit nicht notwendig aus der Maßnahme selbst ergeben müsse, sondern unter Umständen durch flankierende Ausgleichsmaßnahmen herzustellen sein könne.140 137 Dabei gilt diese „Überordnung“ bei Lettl nicht grenzenlos. Die „privatautonome Beschränkung der Selbstbestimmung“ reiche nur so weit, als sie sich auch unter geänderten Umständen „auf die weitere Erbringung der ursprünglich übernommenen Beitragsleistungen bezieht“. Beitragssteigerungen seien danach nicht möglich, Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 21. 138 Davon geht U. H. Schneider aus, AG 1979, 57, 63; ebenso: Sester, Treupflichtverletzung (1996) S. 84; ebenso für die GmbH Verhoeven, GmbH-Konzern (1978) S. 91; ähnl. K. Schmidt, ZGR 1982, 519, 525 für die zur Sanierung erforderliche Kapitalerhöhung. H. P. Westermann, FS-Hefermehl (1976) S. 225, 235 sieht in mehrfachen gegen den dissentierenden Gesellschafter durchgesetzten Änderungen einen wichtigen Grund für eine Kündigung. Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 7 III. 2. b) (S. 390) gewährt das Kündigungsrecht erst bei massiven Eingriffen in die Rechtsstellung des überstimmten Gesellschafters. 139 U. H. Schneider, AG 1979, 57, 63, der die weitere Absicherung unter Verweis auf BGH II. ZS. v. 13.03.1978, BGHZ 71, 53 sucht. Dort wird aber nur unter Aufgabe des Bestimmtheitsgrundsatzes in der Publikumspersonengesellschaft erklärt, dass bei solchen Mehrheitsentscheidungen, die eine tief greifende Umgestaltung der vertraglichen Grundlage bewirken, ein Austrittsrecht der Überstimmten anzunehmen ist.
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d) Erhöhte Zumutbarkeit/grundsätzliche Verschiebung des Abwägungsvorgangs bei illegitimer Motivation des dissentierenden Gesellschafters Bisher ist die Treupflichtbindung allein mit der objektiv gestalteten Notwendigkeit der Anpassungssituation begründet worden. Vollkommen unberücksichtigt blieb dabei die subjektive Motivation des verweigernden Gesellschafters. Insofern erscheint es denkbar, alternativ die Zustimmungspflicht wesentlich davon abhängig zu machen und nicht nur den Inhalt, sondern auch den Zweck der Stimmverweigerung zu berücksichtigen. In Betracht kommt eine erhöhte Bindung des Gesellschafters, der nicht die Vertragsgestaltung um derentwillen verteidigt, sondern der Obstruktion halber. Geht es darum, einen möglichst hohen Lästigkeitswert zu entfalten, beziehungsweise sogar mittels der Diktatur der letzten Stimme andere, über die Bewahrung des status quo hinausreichende Ziele zu verfolgen, stellt sich die Frage nach der Berücksichtigungsfähigkeit dieser Motivation innerhalb der Treupflichtprüfung. Soweit ersichtlich hat nur H. P. Westermann bisher die Berücksichtigung subjektiver Merkmale im Tatbestand der Zustimmungspflicht notwendiger Verfassungsänderungen für abwägungsrelevant befunden. Die Zustimmungspflicht könne neben der objektiv ausweglosen Lage, dass aus der Sicht der Gesellschaft nur eine einzige Entscheidung richtig ist, außerdem dann bestehen, wenn der verweigernde Teil aus eigensüchtigen Motiven handelt.141 Ebenso könne ein weit reichender Eingriff in die Entscheidungsfreiheit des dissentierenden Gesellschafters gerechtfertigt sein, wenn es sich um ein völlig uneinsichtiges Verhalten handle, bei dem die Belange des Unternehmens gar nicht kümmerten.142
140 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 7 III. 2. b) (S. 390): Ausgleichsanspruch und Abfindungsrecht gewährten einen vernünftigen Interessenausgleich. Während die Mehrheit die notwendige Manövrierfähigkeit gewinne, ohne von dem dissentierenden Mitglied blockiert zu werden, erhalte der Gesellschafter ein Alternativangebot. Ähnl. Koller, Koller/Roth/Morck HGB (6. Aufl. 2007) § 105 Rn 42 für ein Austrittsrecht des Dissentierenden. 141 H. P. Westermann, Hdb. GesR I (1996) Rn 530, mit weiterem Nachweis auf Ulmer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 709 Rn 42 f., der den Gedanken aber nur bei Zustimmungspflichten in der Geschäftsführung bemüht, wo aufgrund der Treuhandstellung des organschaftlich tätigen Gesellschafters eine andere Interessenlage besteht. 142 H. P. Westermann, Hdb. GesR I (1996) Rn 534; für die AG anderer Ansicht Henze, BB 1996, 489, 496: Nur der Inhalt des Beschlusses sei für die Treubindung maßgeblich, nicht das vom Aktionär mit seiner Stimmabgabe verfolgte Ziel.
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e) Absolute Grenzen Bestimmte Vertragsänderungen sollen unter allen Umständen unzumutbar sein und damit absolute, also der Abwägung nicht zugängliche Grenzen des Instituts der Zustimmungspflicht bilden. aa) Zweckänderung Aus der Zustimmungspflicht soll eine Änderung des den Verband bildenden Zwecks nie möglich sein. Dies folge aus der Ableitung der Treupflicht eben aus der Zweckbindung des mitgliedschaftlichen Handelns. Werde die Treupflicht aus dem Zweck gebildet, so könne sie niemals eine Veränderung dessen begründen.143 Auch sei der Zweck das oberste Prinzip der Gesellschaft, weshalb auch ein Bestandsinteresse nicht zur Zweckänderung führen könne.144 Die Wertung werde durch die unmittelbare Auflösungsfolge für die Zweckunmöglichkeit nach § 726 BGB gestützt.145 Nicht ganz klar wird, ob mit dem Zweck als absoluter Grenze dabei schlicht nur der Grundzweck der eigennützigen Gewinnerzielung, der Unternehmensgegenstand als Zweckbestandteil oder überhaupt jede zweckrelevante Änderung (etwa die Liquidationsentscheidung) tabuisiert werden soll.146 Aus der Argumentation ist auf ein eher enges Verständnis zu schließen. bb) Kernbereichsentscheidung Aus der mangelnden Verzichtbarkeit eines Kernbereichs an Mitgliedschaftsrechten (unverzichtbarer Kernbereich)147 ergibt sich, dass dieser ebensowenig durch eine erzwungene Zustimmung zu beseitigen sein kann. Die insofern notwendige Grenze ist damit nicht spezifisch an der Zustim143 Weipert, ZGR 1990, 142, 148; Sester, Treupflichtverletzung (1996) S. 84; Baier, Geschäftsgrundlage (2001) S. 155; Nonn, Zustimmungspflichten (1995) S. 52; ähnl. Grunewald, FS-Großfeld (1999) S. 319, 334. Vgl. aber Zöllner, Anpassung (1979) S. 15 zur möglichen Notwendigkeit von Zweckerweiterungen; ähnl. wohl auch Teubner, AK-BGB III (1979) § 705 Rn 21. 144 Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 17. 145 Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 17. 146 Zu den unterschiedlichen „Abstufungen“ innerhalb des Zweckbegriffs im Recht der Verbände vgl.: Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 3 I. 3. (S. 154 f.). 147 Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 3 III. 1. b) (S. 211): unverzichtbare Mitgliedsrechte, die das Mitglied nicht im Voraus der Mehrheit übertragen kann; Martens, Schlegelberger HGB III/1. (5. Aufl. 1992) § 119 Rn 24 ff.; Goette, Ebenroth/Boujong/Joost HGB I (2. Aufl. 2008) § 119 Rn 53.
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mungspflicht ausgerichtet, sondern am notwendigen Inhalt jeder Mitgliedschaft gebildet und bietet hier keine Besonderheit. Fraglich ist aber, ob darüber hinaus aktuelle Zugriffe auf Vertragspositionen, bei denen nach der Kernbereichslehre die Mehrheitsmacht an ihren Grenzen und die Zustimmung der einzelnen Mitglieder notwendig ist (unentziehbarer Kernbereich),148 mit der Zustimmungspflicht erzwungen werden dürfen. Es könnte sich hier gleichsam eine Grenze bilden, innerhalb der der Gesellschafter völlig frei ist. Das wird, soweit ersichtlich, für die Personengesellschaften nicht vertreten.149 cc) Personeller Bestand, § 737 BGB, § 140 HGB, Zusammensetzung von Geschäftsführung und Vertretung §§ 712, 715 BGB, §§ 117, 127 HGB Nach früher teils vertretener Auffassung150 bildete der personelle Bestand im Verband, wie in der Geschäftsführung dessen, eine absolute Grenze der Zustimmungspflicht. Wegen der Bedeutung dieser Maßnahmen für die Personengesellschaft, bzw. für die Beteiligung des dissentierenden Gesellschafters an dieser, könne hier die Fortsetzung mit derart geänderter Grundlage nicht erzwungen werden.151 Insbesondere sei die partielle Auflösung des § 140 HGB, welche im Gegensatz zu § 133 HGB mit dem Einstimmigkeitserfordernis ausgestaltet sei, eine bewusst vom Gesetz vorgenommene Privilegierung der Einzelinteressen der Gesellschafter.152 Weiter könne es nicht darauf ankommen, ob der Ausschluss objektiv gerechtfertigt sei, da 148 Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 3 III. 1. b) (S. 211): unentziehbare Mitgliedsrechte, die nur mit der Zustimmung des Mitglieds verschlechtert oder geändert werden können; Martens, Schlegelberger HGB III/1. (5. Aufl. 1992) § 119 Rn 24 ff.; Ulmer/C. Schäfer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 709 Rn 91, 98: insbesondere die individuellen Gesellschafterrechte: Stimmrecht, Gewinnrecht, Geschäftsführungsrecht. 149 Röttger, Kernbereichslehre (1989) S. 145: Die zwingende Schranke für Mehrheitsentscheidungen bedeute nicht, dass die unmittelbare Veränderung ausgeschlossen sei; das Mitglied könne durch die Treupflicht zur Vertragsänderung verpflichtet werden; ebenso: Göbel, Mehrheitsentscheidungen (1992) S. 219 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 16 III. 3. b) (S. 471); Grunewald, Gesellschaftsrecht (6. Aufl. 2005) 1. A. Rn 84 (S. 43); Enzinger, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 119 Rn 71. 150 Zum früheren Streitstand insges.: Fischer, NJW 1954, 777, 780; A. Hueck, ZGR 1972, 237, 246; Lindacher, FS-Paulick (1973) S. 73, passim. 151 A. Hueck, oHG (4. Aufl. 1971) § 10 VII. 4. (S. 149), § 29 I. 2. c) ä) (S. 443); vgl. umfassend zu den Personenhandelsgesellschaften: Holtkamp, Mitwirkungsprobleme (1979) S. 106–163. 152 So deutlich: Holtkamp, Mitwirkungsprobleme (1979) S. 116 f.
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die Frage des Vertrauens und der Zuverlässigkeit nur nach der persönlichen Einstellung zu dem in Frage stehenden Gesellschafter zu beantworten sei.153 Hier bestehe daher freies Ermessen, es bleibe nur die Möglichkeit, in krassen Ausnahmen die Ausschließung des dissentierenden Teils154 oder Schadensersatz zu verlangen155. Zudem sei die erzwungene Beteiligung an den im HGB notwendigen Klagen grundsätzlich deshalb nicht zumutbar, weil damit – unabhängig vom Kostenrisiko – die Pflicht bestünde, entgegen persönlicher Bindungen feindliche Partei zu ergreifen.156 Die Auffassung wird, soweit ersichtlich, heute aber nicht mehr vertreten. Es soll für Zustimmungspflichten nach § 737 BGB, § 140 HGB wie §§ 712, 715 BGB, §§ 117, 127 HGB grundsätzlich nichts anderes – ja teils wie oben aufgezeigt für Entscheidungen zu Geschäftsführung und Vertretung sogar umgekehrt erleichterte Voraussetzungen – gelten, als für Zustimmungspflichten zur Veränderung des Gesellschaftsvertrags überhaupt.157 dd) Beitragspflicht – Belastungsverbot des § 707 BGB Nach Teilen der Literatur soll die Zustimmungspflicht ferner nicht geeignet sein, gegenüber einem unwilligen Gesellschafter eine Intensivierung seines vertraglichen Engagements in der Höhe der Beiträge oder der Länge der Bindung158 zu begründen. Aus der Systematik von § 707 zu § 705 BGB 153
A. Hueck, oHG (4. Aufl. 1971) § 10 VII. 4. (S. 148). Ähnlich für die Anwendung der Geschäftsgrundlagenlehre auf diese Fälle: Reuter, ZGR 1976, 88, 93, dabei liege es auf der Hand, dass eine solche Vertragsgestaltung sich „kraft Natur der Sache“ der richterlichen Anpassung an veränderte Umstände entziehe. 154 A. Hueck, oHG (4. Aufl. 1971) § 10 VII. 4. (S. 149), § 29 I. 2. c) ä) (S. 443); Holtkamp, Mitwirkungsprobleme (1979) S. 143 f. Kötter, Heymann-Kötter HGB (4. Aufl. 1971) § 140 Anm. 4 (S. 540); wohl auch noch Keßler, Staudinger BGB (Vorauflage: 12. Aufl. 1991) § 737 Rn 16, deutlicher noch Keßler, Staudinger BGB (Vorauflage: 10./11. Aufl. Stand 1958) § 737 Rn 16; anders aber zu § 712: Keßler, Staudinger BGB (Vorauflage: 12. Aufl. 1991) § 712 Rn 4. 155 Wohl auch noch Keßler, Staudinger BGB (Vorauflage: 12. Aufl. 1991) § 737 Rn 16, deutlicher in der Vorauflage: Keßler, Staudinger BGB (Vorauflage 10./11. Aufl. Stand 1958) § 737 Rn 16. 156 Vgl. dazu A. Hueck, ZGR 1972, 237, 247; A. Hueck, oHG (4. Aufl. 1971) § 10 VII. 4. (S. 149). 157 Statt vieler Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 5 I. 3. d) aa) (S. 409 ff.); Ulmer/C. Schäfer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 737 Rn 13; Hopt, Baumbach/Hopt HGB (34. Aufl. 2010) § 140 Rn 20; zu der im HGB streitigen Umsetzung der materiellen Treubindung auf die Klagebeteiligung (Ersetzung derer durch positives Urteil der Zustimmungsklage § 894 ZPO gegenüber der notwendigen Teilnahme auf der Gegenseite des Gestaltungsprozesses) vgl. Lindacher, FSPaulick (1973) S. 75 ff.; K. Schmidt, Gestaltungsprozesse (1992) S. 82 ff.; K. Schmidt, Schlegelberger HGB III/1. (5. Aufl. 1992) § 140 Rn 44 ff.
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unter Berücksichtigung der historisch-genetischen Auslegung ergebe sich grundsätzlich, dass die Zweck-Treue-Bindung nicht geeignet sei, eine Erhöhung der Beitragspflicht zu begründen.159 Hier sei eine Erweiterung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt möglich.160 Zu dieser Ansicht sind auch Stellungnahmen zu rechnen, nach denen sich das Ausmaß der Bindung an den Verbandszweck nicht verstärken dürfe bzw. keine zusätzlichen Einlagen zu leisten seien.161 Insofern begrenzt die Begründung der Treubindung aus der Zweckförderpflicht von § 705 BGB hier den Umfang der möglichen Maßnahmen.162 Die Treuepflicht präzisiere nur das sozial Geschuldete, sei dabei aber nicht geeignet, die Sozialsphäre zu Lasten der Individualsphäre auszuweiten.163 Die Grenze zwischen zulässigen Konkretisierungen der allgemeinen Zweckförderpflicht und der nach § 707 BGB beitragsrelevanten Grundlagenänderung solle dabei – entsprechend der allgemeinen Bestimmung des § 707 BGB – dort verlaufen, wo es sich um vermögenswerte Beiträge handelt, die im Gesellschaftsvertrag bestimmt sind.164 Dagegen steht die Auffassung, der gemeinsame Zweck verpflichte zwar regelmäßig nicht zur Leistung der notwendigen, also erhöhter Beiträge. Doch könnten in Ausnahmefällen unter engen Voraussetzungen solche Beitragserhöhungen im Sinne des § 707 BGB möglich sein, die sowohl unerlässlich wie geringfügig seien.165 Die Begründung der Treubindung auf der 158 So: Keßler, Staudinger BGB (Vorauflage: 12. Aufl. 1991) § 707 Rn 7; Pabst, Mitwirkungspflicht (1976) S. 168 f.; Pabst, BB 1977, 1524, 1527; Lutter, AcP 180 (1980) S. 84, 105, Fn 99; Wiedemann, WM-Sonderheft 1990 Nr. 8, S. 13; Nonn, Zustimmungspflichten (1995) S. 51 f.; Sester, Treupflichtverletzung (1996) S. 84; Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 21. 159 Pabst, Mitwirkungspflicht (1976) S. 168 f.; Pabst, BB 1977, 1524, 1527. 160 Wiedemann, WM-Sonderheft 1990 Nr. 8, S. 13. 161 Zöllner, Anpassung (1979) S. 40; Lutter, AcP 180 (1980) S. 81, 109; M. Winter, Treubindungen (1988) S. 32, wobei aber die Grenzziehung zwischen der grundsätzlichen Grenze und einem der h. M. entsprechenden allein erhöhten Begründungsbedarf nicht immer ganz klar wird: vgl. C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 105 Rn 240. 162 Ganz deutlich in dieser Argumentation: Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 21: nur so weit hätten sich die Gesellschafter ihrer Selbstbestimmung begeben. 163 Wüst, JZ 1985, 1077, 1078. 164 Besonders für die Zustimmungspflicht zur Vertragsänderung: Pabst, Mitwirkungspflicht (1976) S. 173; allgemein für die Geltung des § 707: Timm/Schöne, Bamberger/Roth BGB II (2. Aufl. 2008) § 707 Rn 2, 4, die aber von § 707 erfasste Beitragserhöhungen trotzdem für mögliche Gegenstände einer Zustimmungspflicht halten, Rn 11. 165 Beuthien, ZGR 1989, 255, 267; Timm/Schöne, Bamberger/Roth BGB II (2. Aufl. 2008) § 707 Rn 11; Beuthien, BB 1987, 6, 10; Struckmeier, Kapitalerhöhungen (2002) S. 178 ff.; H. P. Westermann, Erman BGB I (12. Aufl. 2008) § 707 Rn 1; Ulmer/C. Schäfer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 707 Rn 1; Sprau, Palandt
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Stimmebene der Verfassung erscheint in diesen Fällen wiederum stärker an § 242 BGB als an der Zweckförderpflicht, § 705 BGB, orientiert.166 Unklar bleibt jeweils wie die engen Voraussetzungen noch gegenüber dem bereits als Ausnahmefall gekennzeichneten allgemeinen Eingreifen der Treupflicht auf der Verfassungsebene ausgestaltet sein sollen. ee) Änderung der Beteiligungsverhältnisse Hilfsweise wird gegenüber der individuellen Beitragserhöhung des dissentierenden Gesellschafters die Frage zu stellen sein, ob dieser unter Umständen verpflichtet sein kann, einer Beitragserhöhung durch Mitgesellschafter zuzustimmen, auch wenn sich diese nur unter einer Veränderung der Beteiligungsverhältnisse dazu bereit zeigen. Dies wird für die Personengesellschaften wohl einhellig angenommen und in der „Verwässerung“ der eigenen Beteiligung für die Personengesellschaften keine absolute Grenze der Zumutbarkeit, also der Zustimmungspflicht, gesehen.167
C. Fundamentalkritik im Recht der Personengesellschaften Grundsätzliche Kritik an der h. L. kann auf verschiedenen Wegen begründet werden. Dogmatisch wird eingewandt, die Treubindung sei auf eine vertragsinterne Wirkung beschränkt. Systematisch sei in den gesetzlichen Regelungen der Anpassungs- und Lösungsrechte eine abgeschlossene Gestaltung zu sehen. Schließlich wird im Verhältnis zur notwendigen Beschränkung der Freiheit der Selbstbestimmung der Betroffenen die Stimmpflicht wertend als nicht zu begründen angesehen. I. Begrenzung der Treubindung auf vertragsinterne Wirkung Dogmatisch wurde von Kollhosser gegen die Möglichkeit, aus der Treubindung der Gesellschafter eine Vertragsänderungspflicht zu begründen, die BGB (69. Aufl. 2010) § 707 Rn 2; Habermeier, Staudinger BGB (13. Aufl. 2003) § 707 Rn 5; Koller, FS-Canaris II (2007) S. 147, 175 f.; Wagner, DStR 2006, 1044, 1046: Vergleich zur Liquidation und Nachschusspflichten nach § 735 BGB dort könne im Einzelfall eine Mehrleistung auch zu werbenden Zeiten legitimieren. 166 Beuthien, BB 1987, 6, 10. 167 Grunewald, FS-Großfeld (1999) S. 319, 333; Timm/Schöne, Bamberger/Roth BGB II (2. Aufl. 2008) § 707 Rn 10; Ulmer/C. Schäfer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 707 Rn 10; H. P. Westermann, Erman BGB I (12. Aufl. 2008) § 707 Rn 1; K. Schmidt, ZGR 2008, 1, 21; aus der Literatur, die individuelle Beitragserhöhungen als stets unzumutbar ansieht: Wiedemann, WM-Sonderheft 1990 Nr. 8, S. 13; Keßler, Staudinger BGB (12. Aufl. 1991) § 707 Rn 7.
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vertragliche Grundlage der Treupflicht herangezogen. Es bestehe ein grundlegendes Legitimationsproblem darin, dass die Treupflicht aus dem Gesellschaftsvertrag – sei es nun aus der eigens versprochenen Zweckförderpflicht oder der gesteigerten allgemeinen Vertragstreue (§ 242 BGB)168 – zu folgern ist. Wegen dieser Begründung aus der vertraglichen Verpflichtung sei sie auf ein Wirken innerhalb dieser begrenzt.169 Danach sei es zwar möglich, den Pflichteninhalt innerhalb eines Rechtsverhältnisses durch Konkretisierung herauszubilden oder einer Rechtsausübung Schranken zu setzen, nicht aber eine Änderung der Grundlage selbst zu erzwingen.170 A. Hueck formulierte, dass der Gesellschaftsvertrag insofern gleichermaßen Grundlage wie Grenze der Treupflicht sei.171 Nur innerhalb dieses vertraglichen Rahmens hätten sich die Gesellschafter untereinander an den Zweck und seine Förderung gebunden.172 Es gebe keine Treupflicht „an sich“, die über dem Gesellschaftsvertrag stehe; sie entscheide folglich immer nur innerhalb dessen.173 Dabei wird die Position teils erheblich relativiert, wenn Kollhosser im Anschluss an diese grundlegende Kritik die Frage stellt, ob sich die Treupflicht zur Verfassungsänderung denn auf ein etabliertes Rechtsinstitut des § 242 BGB oder ein überwiegendes Bedürfnis stützen könne.174 Wenn der 168 Darauf weist Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 277 f. deutlich hin. Vgl. dazu hier § 3 B. III. Normgrundlage. 169 Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 278; ebenso aus der h. M.: Enzinger, MüKo HGB II (2. Auf. 2006) § 119 Rn 28, der deshalb aber nur eine andere Ableitung der Vertragsänderungspflicht für erforderlich hält; Timm/Schöne, Bamberger/Roth BGB II (2. Aufl. 2008) § 709 Rn 57: streng genommen bestünde die Treupflicht nur innerhalb des Vertrags. Zustimmend ferner Mertens, AcP 178 (1978) S. 227, 249, der daher deliktsrechtlichen Schutz der Vermögensinteressen der anderen Mitglieder anregt. 170 Flume, Personengesellschaft (1977) § 15 I. (S. 262); Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 278. Ganz ausführlich zu der allein auf „Begrenzung, Ergänzung und Auslegung“ gerichteten Funktion der Treue, die niemals Rechtsgrundlage für die Begründung von Rechten und Pflichten der Gesellschafter sein könne: Küster, Stimmrechtsgrenzen (1954) S. 58, 63 f. Allerdings stützt Küster dieses Ergebnis vorwiegend auf ein solches Verständnis der Treue und argumentiert nicht darüber hinaus. 171 A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72, 80. 172 Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 276 ff.; A. Hueck, FS-Hübner (1935) S. 72, 89. Ähnl. wohl auch Teichmann, Soergel BGB II (12. Aufl. 1990) § 242 Rn 269: „denn die Parteien haben sich regelmäßig nicht generell die Förderung eines wirtschaftlichen Zieles versprochen, sondern diese Förderung bestimmten Konkretisierungen und Eingrenzungen unterworfen. Sie zu überschreiten gebietet die gesellschaftsrechtliche Treupflicht nicht“, der deshalb die Lehre von der Geschäftsgrundlage für vorzugswürdig erachtet. 173 Reuter, ZHR 148 (1984) S. 523, 542. 174 Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 279 ff.
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grundsätzliche Einwand dann nicht mehr gelten solle, so handelt es sich bei diesem selbst wohl mehr um eine Vermessung des vermeintlichen Inhalts als um eine logische Wirkungsgrenze der Treupflicht. Insofern wird die Prämisse von der begrenzten Wirkungsmacht der Treupflicht auch durch die h. L. bestritten. Es sei weder notwendig noch logisch, dass ein Vertrag nicht Grundlage seiner eigenen Anpassung sein könne.175 Vielmehr sei ein solches Verhältnis für Vorvertrag und Hauptvertrag176 wie die Grundsätze der Geschäftsgrundlage anerkannt177. Auch dort werde ein Vertrag zur Grundlage seiner eigenen inhaltlichen Änderung oder Anpassung, sodass aus der vertraglichen Grundlage der Treupflicht kein so „enges semantisches Gefängnis“ gerechtfertigt sei.178 II. Abschließende Regelung möglicher Vertragsanpassung – Vorrang der (Teil-)Auflösung Systematisch wird argumentiert, durch die Bestimmung der gesetzlich vorgesehenen Lösungsrechte wie Anpassungsmöglichkeiten179 sei eine abschließende Regelung geschaffen. Darin bestehe ein in der Härte gestaffeltes Eingriffsrecht des Gerichts, das – unter Wahrung der streitentscheidenden Funktion des Richters – nur auf negative Gestaltung durch Beseitigung von Störfaktoren ausgerichtet sei.180 Ein positives Gestaltungsrecht des Richters gegenüber den sich wandelnden Verhältnissen sei darüber hinaus nicht gewollt.181 Das Gesetz stelle mit diesen äußersten Mitteln die Gesellschafter unter den Zwang einer selbstverantwortlichen Einigung. Dieser Einigungszwang unterhalb der gesetzlichen Anpassungsmöglichkeiten folge auch aus der Notwendigkeit der Einstimmigkeit in den Fällen der §§ 117, 175 Fischer, Staub HGB II./1. (Vorauflage: 3. Aufl. 1973) § 105 Rn 31 c; Zöllner, Anpassung (1979) S. 36; M. Winter, Treubindungen (1988) S. 32; Göbel, Mehrheitsentscheidungen (1992) S. 214. 176 Zöllner, Anpassung (1979) S. 36. 177 M. Winter, Treubindungen (1988) S. 32. 178 Zöllner, Anpassung (1979) S. 35 f. 179 Also vor allem §§ 133, 140 HGB wie §§ 723, 737 BGB sowie §§ 117, 127 HGB und §§ 712, 715 BGB. 180 Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 287 f.; Kollhosser, FS-Bärmann (1975) S. 533, 534; Kollhosser, NJW 1976, 144. 181 Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 287; ebenso für die Frage der Anwendbarkeit der Geschäftsgrundlagenlehre Reuter, ZHR 148 (1984) S. 542, 543: Wenn der Gesellschaftsvertrag keine sinnvolle Regelung mehr darstelle, so müsse man sich entweder neu einigen oder lösen. Dem entspreche das zwingende Kündigungsrecht der Gesellschafter, das ausweislich der Materialien Ausdruck der Einsicht des Gesetzgebers gewesen sei, die Unvorhersehbarkeit der zukünftigen Entwicklung verlange ein garantiertes Lösungsrecht.
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127, 140 HGB. Denn dort sei die Einigung neben dem wichtigen Grund Voraussetzung der Anpassung.182 Der Vorrang der Lösung vor der Anpassung folge letztlich auch aus den Aussagen über Beitragserhöhungen in den Motiven zum BGB.183 Die gesetzliche Konzeption genüge auch in der Anpassungsnot. Denn der Dissentierende könne – insofern über die h. M. hinaus – bereits bei der Blockade der „einfach“ wirtschaftlich vernünftigen Vertragsänderung ausgeschlossen werden.184 Dies ergebe sich zwar nicht aus der Rechtswidrigkeit des Verhaltens.185 Doch könne die Ausschlussmöglichkeit aus der Gleichwertigkeit der Ausschlussfolge mit der Auflösungsfolge für den betroffenen Gesellschafter gefolgert werden. Insofern sei es gerechtfertigt, den Verbleib an die wirtschaftliche Vernunft in der Frage der notwendigen Anpassung zu koppeln.186 Bei der Weigerung, einem Ausschluss eines „dritten“ Gesellschafters zuzustimmen, sei die gleichzeitige Ausschließung des dissentierenden Gesellschafters zu dem „dritten“ Gesellschafter der schnellere Weg, da nicht erst auf Zustimmung und dann auf Ausschluss geklagt werden müsse.187 Da dem dissentierenden Gesellschafter die Wahl zwischen der – mit der Drohung der Ausschließung freiwillig hergestellten – Zustimmung und dem Ausschluss bleibe, sei das „grobe Geschütz“ der 182 Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 287 f.; man gehe über die gesetzliche Regelung hinaus, wenn man allein den wichtigen Grund genügen ließe. Deshalb sei auch die Zustimmungspflicht in sich widersprüchlich, denn es gehe nur um die Entbehrlichkeit derer: Flume, FS-Rittner (1991) S. 119; Flume, Personengesellschaft (1977) § 15 I. (S. 262); bzw. eine gesellschaftsvertraglich nicht legitimierte Notzuständigkeit zur gerichtlich kontrollierten Vertragsänderung, Reuter, ZHR 148 (1984) S. 523, 542. 183 Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 287 mit Nachweis auf Mugdan, Materialien II (1899) S. 333 f. Dort wird aber nur festgestellt, dass die Regelung des ALR, nach der ein zwecknotwendigen Beiträgen widersprechender Gesellschafter auszuschließen sein konnte, nicht übernommen ist. Darauf weist Flume, FS-Rittner (1991) S. 119, 127 hin. 184 Kollhosser, NJW 1976, 144, 145; Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 281 f.; zurückhaltender und nur für die Frage der Verweigerung bei der Klage nach § 140 HGB auch: Flume, FS-Rittner (1991) S. 119, 123; ähnl. Gedanke auch jüngst bei Wagner, DStR 2006, 1044, 1047 f., der bei erforderlichen Beitragserhöhungen für ein Sonderkündigungsrecht gegenüber der dissentierenden Minderheit wirbt, um „Trittbrettfahrer“ einer Sanierung ausschließen zu können. 185 Kollhosser, NJW 1976, 144, 145. 186 Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 282. 187 Kollhosser, NJW 1976, 144 f. Das Argument dürfte inzwischen aber gegen die h. M. wohl keinen Bestand mehr haben, da die Verbindung von Ausschluss- und Zustimmungsklage durch die h. M. anerkannt ist: BGH II. ZS v. 18.10.1976, BGHZ 68, 81, 83; Emmerich, Heymann HGB II (2. Aufl. 1996) § 140 Rn 25; C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 140 Rn 40; abw. K. Schmidt, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 140 Rn 70.
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Ausschlussklage nicht unverhältnismäßig, die erzwungene Zustimmung diesem gegenüber kein milderes Mittel.188 Die h. M. gebe den Gesellschaftern insgesamt durch die Begrenzung der Zustimmungspflicht auf das unumstößlich Notwendige „Steine statt Brot“. Denn damit würde diesen die Möglichkeit genommen, die wirtschaftlich notwendige Anpassung unter Drohung mit der Ausschlussklage zu verfolgen.189 Es bestehe mithin gar kein Bedürfnis für die Bildung einer Zustimmungspflicht aus der Treupflicht.190 Die h. L. bestreitet die abschließende Natur der gesetzlichen Gestaltungsmöglichkeiten im Grundsatz. Der „Sprossenleiter“ der gesetzlichen Anpassung fehlten einige Stufen; §§ 117, 127, 133, 140 HGB enthielten nur „Ausfächerungen“ eines allgemeinen Grundsatzes. Nach diesem sei bei Vorliegen eines wichtigen Grundes der Vertrag auch gegen den Willen Einzelner anzupassen.191 K. Schmidt geht sogar davon aus, dass die Gestaltungsklagen der §§ 133, 140, 117, 127 HGB eine allgemeine „Rechtsfigur der Vertragsauflösungs- oder Vertragsänderungspflicht“ nur rechtstechnisch überwunden hätten, doch auf dieser fundiert blieben.192 Der Vorrang der Spezialität gelte nur gegenüber der Rechtsfolge der Vertragslösung, nicht aber gegenüber der Anpassung.193 Wer das schärfere Mittel, z. B. den Ausschluss, verlangen könne, der sei logischerweise berechtigt, auch das mildere Mittel zu wählen.194 Der Kern der Kritik richtet sich gegen die Begründung des Ausschließungsrechts gegenüber dem Dissentierenden und die praktische Eignung einer allein auf Lösung gerichteten Konfliktbeseitigung. Das Ausschlussrecht impliziere, dass die Verweigerung einen wichtigen Grund bilde, was aber ohne eine zugrunde liegende Pflicht zur Zustimmung nicht zu erklären 188
Kollhosser, NJW 1976, 144, 145. Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 285 f.; allein darin liege das praktikable Mittel einer Vertragsanpassung: Konzen, AcP 172 (1972) S. 317, 341. Kritisch auch zum ökonomischen Anreiz der Zustimmungspflicht auf die Mitglieder: Janke, Treuepflicht (2003) S. 217 ff. 190 Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 280 f. 191 U. H. Schneider, AG 1979, 57, 62 f. 192 K. Schmidt, Gestaltungsprozesse (1992) S. 30/31. 193 Konzen, AcP 172 (1972) S. 317, 336. 194 Wohl nur: Kohler, NJW 1951, 5, 6; ähnl. aber auch Pabst, Mitwirkungspflicht (1976) S. 202, 204; dagegen wendet sich Zöllner, Anpassung (1979) S. 19: Aus dem Prinzip des mildesten Mittels bei den Gestaltungsklagen folge noch nicht, dass es sich dabei um einen mit der Leistungsklage durchzusetzenden Anspruch handelt. Es genüge, dass es angeboten worden ist; so auch die wohl ganz h. M., vgl. Fischer, NJW 1959, 1057, 1058; Grunewald, Ausschluss (1987) S. 80 f., 83: Dies widerspreche der Begründung des ultima-ratio-Prinzips im Interesse des betroffenen Mitglieds; K. Schmidt, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 140 Rn 28; C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 140 Rn 16. 189
§ 7 Personenverbände
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sei.195 Die Überreaktion der Ausschließung sei ein Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip und beseitige das Problem nicht da, wo es bestehe.196 Vielmehr könne sich durch das Abfindungsrecht ein Liquiditätsproblem für die Gesellschaft ergeben. Dieses erlaube es, die änderungswilligen Gesellschafter in das Dilemma zwischen der Beendigung der Gesellschaft und der Hinnahme der Störung zu zwingen.197 Auf der anderen Seite könne umgekehrt wegen der regelmäßig bestehenden Differenz zwischen Effektiv– und Abfindungswert die Folge eines Ausschlusses für den dissentierenden Gesellschafter unverhältnismäßig hart sein. Es könne in dieser Situation damit aufgrund der für die Zustimmungspflicht sachfernen Umstände von Finanzlage der Gesellschaft und Regelung des Abfindungsrechts ein erhebliches Verhandlungsungleichgewicht der Parteien bestehen.198 Der Gerechtigkeitsgehalt einer mittels der Ausschlussdrohung „einverständlich“ erzwungenen Vertragsanpassung sei dann aber zu bezweifeln.199 Schließlich sei die richterliche Anpassung auch in besonderer Weise geeignet, den Frieden in der Gesellschaft wiederherzustellen.200 III. Bruch mit der Privatautonomie und mangelnder Maßstab einer Kontrolle Wertend wird erklärt, der Eingriff in die Privatautonomie der Beteiligten sei zu groß und nicht zu rechtfertigen. „In der Einschätzung des Stellenwerts des Selbstbestimmungsrechts liegt der Kernpunkt des Problems“.201 Die Zustimmungspflicht verkenne den Wert der Privatautonomie.202 Die Zumutbarkeit scheitere stets daran, dass jemand nicht dauerhaft seine Ar195 Lindacher, FS-Paulick (1973) S. 73, 75; H. P. Westermann, FS-Hefermehl (1976) S. 225, 234. 196 K. Schmidt, Gestaltungsprozesse (1992) S. 82 f.; ähnl. Göbel, Mehrheitsentscheidungen (1992) S. 210. 197 Zöllner, Anpassung (1979) S. 20 f.; ähnl. Verhoeven, GmbH-Konzern (1978) S. 91. 198 Zöllner, Anpassung (1979) S. 28 ff., der vorrangig aber das Gleichgewicht zuungunsten der änderungswilligen Gesellschafter verschoben sieht. 199 H. P. Westermann, FS-Hefermehl (1976) S. 225, 235. 200 H. P. Westermann, FS-Hefermehl (1976) S. 225, 236: Diese Lebenserfahrung müsse dem Theoretiker wie ein Paradoxon erscheinen, doch müsse unter Kaufleuten ein verlorener Prozess nicht zu andauernden Misshelligkeiten führen. 201 Treffend: Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 284. 202 Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 284. Flume, Personengesellschaft (1977) § 15 IV. (S. 280). Anderer Ansatz bei Wüst, JZ 1985, 1077, 1079, nach dem der rechtliche Ansatzpunkt – trotz Bezugnahme auf die Personengesellschaft – im Enteignungsgedanken liege, wenn die Mitwirkungsbefugnis eines Gesellschafters ersetzt werde.
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beitsleistung, seine Einlageleistung und sein Vermögen als Haftungsgrundlage zu Bedingungen zur Verfügung zu stellen habe, die nicht von ihm selbst legitimiert seien. Insofern wiege der Eingriff ungleich schwerer als bei der Anpassung von Austauschgeschäften mittels der Geschäftsgrundlagenlehre.203 Das vom Grundgesetz geschützte Selbstbestimmungsrecht gewähre eben auch das Recht auf wirtschaftliche Unvernunft. Eine Kontrolle an der wirtschaftlichen Vernunft der Entscheidung sei damit überhaupt nicht gangbar.204 Privatautonome Entscheidungen seien zwar nicht ausschließlich unvertretbare Entscheidungen. Anderes gelte aber im Recht der Personenverbände.205 Hier dominiere die persönliche Beziehung den Wert der Entscheidungen, was diese gewissermaßen unersetzbar mache.206 Die wertbezogene Betrachtung, ausgehend vom Erhalt des Unternehmens, sei möglicherweise volkswirtschaftlich sinnvoll. Es fehle ihr aber der Bezug zu der Entscheidung der Gesellschafter, sie lasse deren Gesellschaftsvertrag unberücksichtigt.207 Damit löse man sich vom Willen der Gesellschafter und setze das Billigkeitsdenken des Richters an die Stelle der privatautonom getroffenen Regelung.208 Selbst wenn es legitim wäre, die „richtige“ Lösung durchzusetzen, so sei diese praktisch kaum auszumachen. Wirtschaftliches Planen sei überhaupt schwer auf die Formel von richtig oder falsch zu bringen, alles unternehmerische Handeln sei risikobehaftet.209 Dieses Risiko könne dem Dissentierenden nicht gegen seinen Willen aufgezwungen werden. Auf der Wertungsebene erwidert die h. L., die Zustimmungspflicht greife nicht in die Privatautonomie ein, sondern verwirkliche diese vielmehr.210 203
Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 284. Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 284, wobei Kollhosser selbst aber die wirtschaftliche Vernunft der Entscheidung zum Maßstab des Bestandsschutzes der Mitgliedschaft im Anpassungsfall macht, wenn er danach das Ausschlussrecht bestimmt (S. 282). Ganz deutlich aber zur Willkürfreiheit der Privatautonomie in diesem Sinne: Flume, ZIP 1996, 161, 167: eben auch die törichte Entscheidung sei von der Privatautonomie gedeckt. 205 So für die Geschäftsgrundlagenlehre: Reuter, ZGR 1976, 88, 91 ff. 206 Reuter, ZGR 1976, 88, 92 f. 207 Flume, FS-Rittner (1991) S. 119, 131; Konzen, AcP 172 (1972) S. 317, 338. 208 Flume, FS-Rittner (1991) S. 119, 129; für die Geschäftsgrundlagenlehre auch Reuter, ZGR 1976, 88, 94. 209 Wüst, JZ 1985, 1077, 1079; Konzen, AcP 172 (1972) S. 317, 338. 210 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 5 IV. 2. c) (S. 129); Immenga, FS-GmbHG (1992) S. 189, 206. Der gleiche Einwand ist auch bei der Geschäftsgrundlagenlehre erhoben und diskutiert worden, vgl. Teichmann, Soergel BGB II (12. Aufl. 1990) § 242 Rn 200 ff.; Ulmer, AcP 174 (1974) S. 167, 184. Allerdings ist die Vergleichbarkeit der Diskussion wegen der Bindung an den gemeinsamen außervertraglichen Willen der Parteien im Rahmen der Geschäftsgrundlagenlehre eingeschränkt. 204
§ 8 Verbandspersonen
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Die Kritik sei daher im Ansatz nicht zutreffend. Es sei der dissentierende Gesellschafter, der die Selbstbestimmung des Verbands verhindere.211 Die richterliche Spruchtätigkeit erhalte im Wege der notwendigen Veränderungen die Privatautonomie.212 Aus einer immanenten Begrenzung der Stimmrechtsmacht heraus wird argumentiert, dass die Stimmrechte den Gesellschaftern zwar zum Schutz ihrer Selbstbestimmung, aber „selbstverständlich nicht ohne alle normativen Beschränkungen“, eingeräumt seien.213 Weiter sei der Gesellschaftsvertrag durch den unentwegt bestehenden Anpassungsdruck ein dynamisches, kein statisches Regelwerk, wonach der Vertrauensschutz, nur in bestimmter Weise gebunden zu sein, durch die strengen Anforderungen der Änderungspflicht hinreichend beachtet werde.214 Schließlich wird argumentiert, dass in der Krise der Gesellschaft den Gesellschaftern auch die Fähigkeit fehlen könne, aus ihrem aktuellen Willen die notwendigen Maßnahmen zu bilden. Sie seien kaum der „Garant“ einer richtigen Lösung.215
§ 8 Verbandspersonen A. Einleitung Die ausdrückliche Anerkennung von Treubindungen zur Verfassungsänderung hat es im Recht der Verbandspersonen, verglichen mit den Personenverbänden, schwer gehabt. Dafür waren mehrere Ursachen verantwortlich: Erstens ist es parallel zur Rechtsselbstständigkeit des Verbands dogmatisch schwierig, unter den Teilnehmern eine Sonderrechtsbeziehung als Grundlage der Treubindung zu konstruieren.216 Zweitens fehlt bei am Idealbild ausgebildeten Kapitalgesellschaften mit vielen anonymisierten Teilnehmern eine Nähe- oder Vertrauensbeziehung. Ist diese der maßgebliche Geltungsgrund der Treubindung, so kann sie dort nicht gelten.217 Drittens ist – wenigstens in Bezug auf die Stimmpflichten, die regelmäßig nur an die oppo211 Zöllner, Anpassung (1979) S. 38. Ein ausschließlich auf die „Verbandsautonomie“, nicht auf die „Mitgliedsautonomie“ begrenztes Verständnis der Willensbildung ist dabei allerdings bei der h. L. nicht festzustellen; vgl. dazu auch hier § 2 A. II. 2. b) Verbands- oder Mitgliedsautonomie? 212 Zöllner, Anpassung (1979) S. 38. 213 Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 3 II. 3. d) aa) (S. 201). 214 Martens, Schlegelberger HGB III/1. (5. Aufl. 1992) § 119 Rn 45. 215 H. P. Westermann, JZ 1987, 97, 98; H. P. Westermann, Hdb. GesR I (1996) Rn 532. 216 Vgl. hier § 3 B. III. Horizontales Rechtsverhältnis der Teilnehmer einer Verbandsperson. 217 Vgl. dazu hier § 3 A. I. Allgemeiner Geltungsgrund der Treupflicht.
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nierende Minderheit adressiert sind – wegen der grundsätzlichen Geltung des Mehrheitsprinzips in der Verbandsperson schlicht ein geringeres praktisches Bedürfnis für die Treubindung jedes Mitglieds gegeben.218 Lutter attestierte der wissenschaftlichen Debatte um die Treubindung des Aktionärs insofern, an einer Vermischung von Recht und Faktum gekrankt zu haben, wenn wiederholt aus der faktischen Einflusslosigkeit Einzelner auf die rechtliche Bindungslosigkeit dieser geschlossen worden ist.219 Gleichwohl waren Teile der Lehre dem Bedürfnis einer Kontrolle in äußersten Fällen gewahr. Danach ging in Einzelfällen die Anerkennung einer Stimmpflicht im Ausnahmefall der Anerkennung der allgemeinen Treubindung sogar voran.220 Andernorts wurde die allgemeine Bindung bei der Ausübung der Rechte in der Hauptversammlung unabhängig oder entgegen einer allgemeinen Treubindung begründet.221 Eine Debatte um die notwen218
Z. B.: Zöllner, KölnerKomm AktG V/1. (2. Aufl. Stand 1989) § 179 Rn 212, der zudem – allerdings ausgehend von der Rechtsfolge der Unbeachtlichkeit der treuwidrig abgegebenen Stimme – dem Institut der Zustimmungspflicht geringere Bedeutung beimisst (Rn 213). Ähnl. Barz, Großkomm AktG I./2. (3. Aufl. 1973) § 134 Rn 37; Ulmer, Hachenburg GmbHG III (8. Aufl. Stand 1991) § 53 Rn 71. Eine materielle Bindung an die Treupflicht (bzw. Treu und Glauben oder Gesellschaftsinteressen) auf der Ebene der Verfassung ist damit freilich jeweils vorausgesetzt. 219 Lutter, JZ 1995, 1053, 1054., der aber gleichsam in ZHR 153 (1989) S. 446, 452 f.: auch entscheidend darauf abstellt, welche Position der Aktionär innehat und dem „normalen“ Aktionär das Recht zum Desinteresse zubilligt, während bei wachsender Einflussnahme dieser „mehr und mehr zum Knecht wachsender Rechtspflichten werde“. Die Gefahr der Verwechslung sieht bereits Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 343 Fn 18 b. Anschaulich zu dem Vorwurf Lutters sind auch der „wirkungsbezogene“ Ansatz bei der Treupflichtbestimmung von Dreher, ZHR 157 (1993) S. 150, 158 ff. und der „Grundsatz der Verantwortlichkeit des Mehrheitsgesellschafters“ bei Wiedemann, FS-Schilling (1973) S. 105, 116. Dagegen benennt Henze, BB 1996, 489, 496 die Stellung des Gesellschafters als Kausalitätsproblem und trennt sie entschieden von dem Bestehen der Bindung; ähnl. Mülbert, Aktiengesellschaft (1995) S. 257. 220 Hefermehl/Bungeroth, Geßler/Hefermehl AktG IV (Stand 1989) § 179 Rn 198 für diese Grenzen; Hefermehl/Bungeroth, Geßler/Hefermehl AktG I (Stand 1983) Vor § 53 a Rn 20 gegen eine allgemeine Treupflicht. 221 Früher: A. Hueck, Treuegedanke (1947) S. 14, 15; heute: Flume, Juristische Person (1983) § 8 I. (S. 268 ff., 270); Flume, ZIP 1996, 161, 164; Altmeppen, NJW 1995, 1749, 1750: die sich aus dem Mitgliedschaftsverhältnis ergebende Schranke, sein Mitgliedschaftsrecht nicht zur Erlangung von Sondervorteilen oder zum Schaden der juristischen Person oder der anderen Mitglieder auszuüben; Natterer, Kapitalveränderung (2000) S. 33, 35; Mülbert, Aktiengesellschaft (1995) S. 356; wohl auch Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht (2. Aufl. 2005) H. II. 2. b. (Rn 920); Wilhelm, FS-Huber (2006) S. 1019, 1028 „allgemeines Schädigungsverbot“; Roschmann/Frey, WiB 1996, 881, 925, 929, nach denen gleiche Ergebnisse auch über § 242 BGB, § 243 II AktG, § 826 BGB zu erreichen seien.; ähnl. Seidel, Treupflichten (1998) S. 179 ff.; Cahn, FS-Wiese (1998) S. 71, 82 f.
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dige Wirkung, Disziplinierung der notwendigen Stimmen bzw. Erzwingung eines bestimmten Beschlussergebnisses, hat es anders als bei den Personengesellschaften nicht gegeben.222 Die Treupflicht wurde eher begrifflich bestritten als inhaltlich abgelehnt.223 So wurde wiederholt erklärt, eine über die Rechtsgrundsätze der §§ 226, 242, 826 BGB hinausgehende Rechtsbeziehung der Aktionäre untereinander bestehe im Gegensatz zu den Personenverbänden nicht.224 Wird damit aber allein eine relative Aussage über das Verhältnis der Teilnehmer untereinander im Vergleich zur Situation in den Personenverbänden getroffen, wiegt sie für die grundsätzliche Möglichkeit einer Zustimmungspflicht nicht schwer.225 Fehlt die Ablehnung konkreter Ausformungen der Treubindung, insbesondere eine dezidierte Ablehnung der (Treu-)Bindung der Einzelstimme in Verfassungsfragen,226 kann sich eine Debatte darum schnell als Spiegelgefecht erweisen.227 222 Daher sind die Annahmen von Kunze, Stimmpflicht (2004) S. 131 ff. insbes. Fn 554, 555, 560 missverständlich. Alle dort genannten Autoren erkennen in der Ausnahmesituation die (Treu-)Bindung der Stimme zur positiven Stimmpflicht an. 223 Ganz deutlich in dieser Weise Martens, Rechtsdogmatik (1990) S. 251, 259, 266. Es gebe einen Anwendungsbereich für Treubindungen, doch sei die Treupflicht nur Sammelbezeichnung und ohne Argumentationswert, der Einzelfall allein müsse entscheiden. Die Kritik Martens an der Zustimmungspflicht aus der Treubindung im Girmes-Fall richtet sich dabei in der Sache vorwiegend auf die Problematik einer Schadensersatzhaftung im Konflikt zur Wertung des § 117 VII Nr. 1 AktG (inzwischen aF: aufgehoben durch UMAG v. 22.09.2005 Art. 1. Nr. 3.), vgl. dort S. 260 ff. Die Frage ist aber rechtslogisch nachgeordnet. Die Unmöglichkeit der Haftung begründet nicht die der Bindung. Ähnl. pauschale Kritik auch für Personenverbände bei Jabornegg, FS-Krejci (2001) S. 667, 681 ff., der aber eine begriffliche Ablehnung für bedeutsam hält (S. 669). Gegen die „seltsamen Spielarten der Distanzierung von dem Wort Treue“: Zöllner, KölnerKomm AktG Einl. (1984) Einl. Rn 169; ähnl. schon Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 336 f. mwN. 224 Schon A. Hueck, Treuegedanke (1947) S. 14; Winkler, NJW 1970, 449, 452; Skibbe, WM 1977, 726, wobei trotz der Erklärung in Audi/NSU (BGH II. ZS v. 16.02.1976, WM 1976, 449) die Annahme oder Ablehnung der Treubindung letztlich eine „Willensentscheidung“ sein solle; Meyer-Landrut, FS-Häußling (1990) S. 249. 225 Vergegenwärtigt man sich darüber hinaus die Schwierigkeit den Inhalt der Treubindung gegenüber dem Inhalt der §§ 226, 242, 826 BGB konkret zu bestimmen, etwa Wirkungsgrenzen festzustellen, geht die Unterscheidbarkeit bald verloren. 226 Hierzu findet sich überraschenderweise keine Stellungnahme im Recht der Verbandspersonen. 227 Vgl. die Auseinandersetzung mit einer vermeintlich konkret auf die Zustimmungspflicht bzw. Treubindung der Einzelstimme bezogenen Kritik bei Kunze, Stimmpflicht (2004) S. 131–136, der mögliche Einwände darstellt, auf die aber i. E. niemand eine Ablehnung der Zustimmungspflicht stützt, weshalb die Bezeichnung von „Stimmpflichtgegnern“ (dort vor Fn 554) missverständlich ist. Über „das Ob“ herrscht eben keine, wenigstens keine ausgesprochene, Uneinigkeit. Allein bei der Grundlage (Treupflicht, § 242, allgemeine Schranke der mitgliedschaftlichen
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Nach der fortschreitenden Rechtsprechung des II. Zivilsenats, insbesondere um die Entscheidungen zur „GmbH-Novelle“ und „Girmes“228 ist aber die Möglichkeit einer Zustimmungspflicht zu verfassungsändernden Beschlüssen innerhalb der heutigen Lehre ausdrücklich anerkannt.229 Im Recht der GmbH war durch die Möglichkeit personalistisch ausgestalteter Verbände die Übernahme der Erkenntnisse zum Recht der Personengesellschaften leichter.230 Im Recht der AG konzentrierte sich die Debatte wesentlich darauf, die Grundlagen, insbesondere Geltungsgrund und dogmatische Grundlage von Treubindungen, zu erforschen.231 Im Rahmen dieser Arbeit sollen die Verbandspersonen aber einheitlich erfasst werden. Rechtfertigung erfährt die einheitliche Betrachtung durch die vergleichbare Grundstruktur der Typen. Da nach h. M. eine Begrenzung des Instituts der Zustimmungspflicht kraft Treupflicht auf personalistische Strukturen nicht (mehr) erfolgt,232 können die Aussagen zu GmbH und AG insgesamt zu solchen der Verbandsperson verallgemeinert werden. Stimmrechtsmacht) und Einzelfallausformungen zeigt sich ein teils diffuses Bild. In diesem Sinne auch Steindorff, FS-Rittner (1991) S. 675, 688: Der offene Inhalt der Generalklausel Treupflicht mache eine „Abgrenzung zu parallel oder alternativ vorgeschlagenen Generalklauseln, einschließliche des Rechtsmissbrauchs, bedeutungslos“. 228 BGH II. ZS v. 25.09.1986, „GmbH-Novelle I“, BGHZ 98, 276, 283; BGH II. ZS v. 23.03.1987, „GmbH-Novelle II“, ZIP 1987, 914.; BGH II. ZS v. BGH II. ZS v. 20.03.1995, „Girmes“ BGHZ 129, 136. 229 Etwa: Brändel, Großkomm AktG I (4. Aufl. Stand 1992) § 1 Rn 88; Zöllner, KölnerKomm AktG V/1. (2. Aufl. Stand 1989) § 179 Rn 214; Jilg, Treuepflicht (1996) S. 88, 135; Henze, ZHR 162 (1998) S. 186, 192 f. Kritisch Rittner, EWiR 1995, 525, 526: Einerseits stelle das Girmes-Urteil zwar einen weiteren großen Schritt zur Verrechtlichung des Aktienrechts dar. Andererseits überlaste die Ethisierung der gesellschaftsrechtlichen Rechtspraxis praeter und contra legem die Gerichte auch qualitativ. Flume, ZIP 1996, 161, 167 begründet zwar aus der Privatautonomie das Recht auf die törichte Entscheidung, kritisiert aber argumentativ nur die vom BGH vermutete Alternativlosigkeit des Sanierungskonzepts. Apodiktisch kurze, dennoch eingeschränkte (in der Regel) Ablehnung der Entscheidungen zur GmbH-Novelle bei Meyer-Landrut, Meyer-Landrut GmbHG (1987) § 14 Rn 28. 230 Ulmer, Hachenburg GmbHG III (8. Aufl. Stand 1991) § 53 Rn 71; Winkler, NJW 1970, 449, 452. 231 Vgl. dazu hier § 3 Grundlagen der Treubindung – Geltungsgrund und dogmatische Grundlage. 232 Für die Zustimmungspflicht zur Verfassungsänderung noch deutliche Bezugnahmen auf die personalistische Form bei: Hueck/Fastrich, Baumbach/Hueck GmbHG (19. Aufl. 2010) § 13 Rn 29; Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht (5. Aufl. 2006) Rn 3.306 (S. 202); Wiedemann, Großkomm AktG VI (4. Aufl. Stand 1995) § 179 Rn 298. Die Erklärungen bleiben meist wohl der erhöhten praktischen Notwendigkeit dort geschuldet, zumindest werden keine rechtlichen Bedenken erklärt. Anders, deutlicher die h. L.: T. Raiser, ZHR 151 (1987) S. 422, 432 f.: Die Begrenzung sei wenig reflektiert und willkürlich (433); M. Winter, Treubindungen (1988)
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B. Maß der Treubindung nach Realstruktur und Entscheidungsgegenstand Das Maß der Treubindung wird auch im Recht von AG und GmbH allgemein davon abhängig gemacht, welche Realstruktur233 der Verband besitzt. Das formunabhängige Differenzierungsmittel wurde bereits übergreifend dargestellt.234 Gleichermaßen soll auch bei den Kapitalgesellschaften die Pflichtbindung von der Art der begehrten Entscheidung abhängig sein: Bei uneigennützigen Geschäftsführungsangelegenheiten soll der absolute Vorrang des Gesellschaftszwecks, bei Strukturentscheidungen dagegen nur eine geringere Treubindung gelten.235 Hierbei sind die Bezugnahmen auf die Änderungspflicht eindeutig. Die Zweckverfolgungsnähe der Maßnahme soll das Maß der Treubindung auch bei der Verfassungsänderung bestimmen können.236 Zur allgemeinen und übertragbaren Analyse sei auf die Darstellung im Recht der Personenverbände verwiesen.237
S. 178, sowie allgemein S. 75 ff.; T. Raiser, Großkomm GmbHG I (2005) § 14 Rn 70; Nonn, Zustimmungspflichten (1995) S. 92; Henze, BB 1996, 489, 499; Seidel, Treupflichten (1998) S. 135; Kunze, Stimmpflichten (2004) S. 67 f., 94 f. Für die frühere strikte Begrenzung von Treubindungen auf personalisierte Verhältnisse etwa: Reuter, GmbHR 1981, 129, 134. 233 Für das Recht der Verbände, etwa: Lutter, JZ 1976, 225, 230, 232; Kunze, Stimmpflichten (2004) S. 122; Michalski/Funke, Michalski GmbHG I (2. Aufl. 2010) § 13 Rn 145; Rowedder, Rowedder GmbHG (3. Aufl. 1997) § 13 Rn 13, 15; T. Raiser, Großkomm GmbHG I (2005) § 14 Rn 69; Pentz, Rowedder GmbHG (4. Aufl. 2002) § 13 Rn 40. 234 Vgl. dazu hier § 7 B. I. 1. Intensität der Treubindung nach der Realstruktur des Verbands. 235 Vgl. etwa: M. Winter, Treubindungen (1988) S. 172 ff.; Henze, BB 1996, 489, 492 f. Dabei ist der tatsächliche Rahmen, in dem die Mitglieder selbst Geschäftsführungsentscheidungen treffen, formgemäß erheblich geringer als dies bei den Personengesellschaften regelmäßig der Fall ist. 236 Im Anschluss an die Zweckverfolgungsnähe des Entscheidungsgegenstands auch in Fragen der Satzungsänderung bei Zöllner, Stimmrechtsmacht (1963) S. 345; Zöllner, KölnerKomm AktG II (1985) § 243 Rn 193; Immenga, Personalistische Kapitalgesellschaft (1970) S. 269; Immenga, FS-GmbHG (1992) S. 189, 199 f.; Marsch-Barner, ZHR 157 (1993) S. 172, 175 f.; T. Raiser, Großkomm GmbHG I (2005) § 14 Rn 77; Nehls, Treuepflicht (1993) S. 76 ff.; Beckerhoff, Treupflichten (1996) S. 69. Für die Zweckneutralität jedweder Strukturmaßnahme: Henze, BB 1996, 489, 493; Henze, ZHR 162 (1998) S. 186, 192. Zweifelnd auch: Kunze, Stimmpflichten (2004) S. 123 ff., der aber (zu Unrecht) davon ausgeht, das Stimmrecht würde von der h. L. als uneigennütziges im Sinne der Bindung in Angelegenheiten der Geschäftsführung verstanden. 237 Vgl. hier § 7 B. I. 2. Intensität der Treubindung nach der Geschäftsführungsnähe des Entscheidungsgegenstandes.
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C. Grundsätzliche Anerkennung der Rechtsprechungsformel von Erforderlichkeit und Zumutbarkeit Die Formel von Erforderlichkeit und Zumutbarkeit wird auch im Recht der Verbandspersonen angewandt. Dabei ist das grundsätzliche Bekenntnis zum freien Stimmrecht, wonach das Handeln in der Gesellschafterversammlung nach eigener freier Überzeugung von der Notwendigkeit einer Maßnahme zu bestimmen ist, der Ausgangspunkt.238 Die Gerichte dürften nicht zu weit in den Raum der freien Gestaltung der Gesellschafter eindringen, es könne nur darum gehen, die Mindestgrenzen loyalen Verhaltens einzuhalten.239 Nur in Bezug auf die der praktischen Notwendigkeit folgenden Häufigkeit wird erklärt, dass man heute nicht mehr von Ausnahmefällen sprechen könne.240 I. Erforderlichkeit 1. Verbandsinteressen und Mitgliedsinteressen – Interne Interessenträger
Die Differenzierung zwischen Mitglieds- und Verbandsinteressen wird – ebenso wie bei den Personenverbänden – als ein mögliches Mittel zur Konkretisierung der Treubindung zur Satzungsänderung benannt. Für die auf den Schutz von mitgliedschaftlichen Interessen241 ausgerichtete Verfassungsänderung sollen erhöhte Anforderungen an die Zustimmungspflicht zu stellen sein. Dort stünden „sich die individuellen mitgliedschaftlichen Interessen bei aus der Sicht der Gesellschaft neutralen Maßnahmen grundsätzlich gleichrangig gegenüber“. Für die Zumutbarkeitsseite folge daraus, dass eine Interessenüberwindung und negative Beeinflussung der mitgliedschaftlichen Position gar nicht möglich sei.242 Eine aktive Förderpflicht gegen238 Rowedder, Rowedder GmbHG (Vorauflage: 3. Aufl. 1997) § 13 Rn 15; Bungeroth, MüKo AktG I (3. Aufl. 2008) Vor § 53 a Rn 31 ff. 239 T. Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht (4. Aufl. 2006) § 12 V. 4. (S. 111). 240 Emmerich, Scholz GmbHG I (10. Aufl. 2006) § 13 Rn 46; aA: Zimmermann, Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG (4. Aufl. 2002) § 53 Rn 58: „Bei Satzungsänderungen kommt sie kaum jemals in Betracht“. 241 M. Winter, Treubindungen (1988) S. 182 bestimmt diese beispielhaft vor allem in der Gewinnausschüttung wie in der Übertragbarkeit der vinkulierten Anteile. Nach dem hier erarbeiteten Verständnis der Ebenen handelt es sich dabei regelmäßig um unterhalb der Verfassungsänderung liegende sog. Organisationsakte. Vgl. dazu hier § 2 B. II. 2. Ebenen verbandsinterner Willensbildung: Geschäftsführungs-, Organisations- und Verfassungsakte. 242 M. Winter, Treubindungen (1988) S. 182; diesem folgend Nehls, Treupflicht (1993) S. 161; Nonn, Zustimmungspflichten (1995) S. 95 f.; Beckerhoff, Treupflichten (1996) S. 81 f.
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über den Interessen der Mitglieder bestehe nicht. Daher könne keine Stimmpflicht, sondern nur das aus der Rücksichtpflicht fließende Verbot einer rechtsmissbräuchlichen Vereitelung eines Beschlusses bestehen.243 Unter Berufung auf die allgemeinen Treupflichtbestimmungen im Urteil des BGH „IBH/Scheich Kamel“244 wird gefolgert, dass zum Schutz privater, nichtmitgliedschaftlicher Interessen der Gesellschafter keine Treubindungen bestehen könnten.245 Demgegenüber gelte bei dem unternehmensbezogenen Konflikt ein Vorrang des Unternehmensinteresses.246 Insgesamt kann wieder auf die Analyse des Gedankens im Recht der Personenverbände verwiesen werden. 2. Drittinteressen – Externe Interessenträger
Im Rahmen der Wertbindung bei den Personenverbänden ist bereits die Frage aufgeworfen worden, ob möglicherweise auch Interessen der Allgemeinheit am Erhalt der Unternehmensproduktion wie Interessen der Arbeitnehmer am Fortbestand des Unternehmens maßgebliche Schutzgegenstände sein können.247 Dies wird im Recht der Verbandspersonen von Hennrichs ausdrücklich vertreten.248 Denn wo der Richter mittels der Interessenabwägung ein Stück offen gelassener Gesetzgebung schließe, müsse 243 Kunze, Stimmpflichten (2004) S. 128, 160 f., 168; ähnl. wohl Henze, BB 1996, 491, 493. Der Unterschied soll in der Rechtsfolge bestehen. Hier seien positive Stimmpflichten, dort nur eine Pflicht zur Enthaltung zu begründen. Zu dieser Differenzierung innerhalb der Zumutbarkeit, vgl. dazu hier § 8 C. II. 1. (Zumutbarkeit) Allgemein. 244 BGH II. ZS v. 22.06.1992 „IBH/Scheich Kamel“, NJW 1992, 3167, LS 4, sowie S. 3171: „Denn der Inhalt der Treupflicht eines Gesellschafters besteht nicht darin, die außergesellschaftlichen Interessen seiner Mitgesellschafter zu wahren und deren persönliche Rechte nicht zu beeinträchtigen, sondern allein im Schutz des mitgliedschaftlichen Bereichs“. 245 Beckerhoff, Treupflichten (1996) S. 71; Bungeroth, MüKo AktG I (3. Aufl. 2008) Vor § 53 a Rn 32. Vgl. auch ohne Bezugnahme auf den BGH: Zöllner, KölnerKomm AktG II (1985) § 243 Rn 192, es fehle am persönlichen Vertrauen; Kunze, Stimmpflichten (2004) S. 128, dazu hätten sich die Mitglieder nicht verbunden. 246 T. Raiser, Großkomm GmbHG I (2005) § 13 Rn 80 f. 247 Siehe dazu hier § 7 B. II. 2. a) (1) Wertorientierte Erforderlichkeit. 248 Hennrichs, AcP 195 (1995) S. 222, 250 f. unter Berufung auf die allgemeine Erklärung zu § 242 bei Roth, MüKo BGB II (5. Aufl. 2007) § 242 Rn 53. Anklänge dieser Auffassung finden sich auch bei: Hüffer, FS-Steindorff (1990) S. 59, 71 (Fn 65); grundsätzlich wohl auch nicht abgeneigt Mertens, ZGR 1998, 386, 390; Koller, FS-Canaris II (2007) S. 147, 168 f., 172. In eine ähnliche Richtung geht Steindorff, FS-Rittner (1991) S. 675, 688 ff., 692, wenn er den Schutz des Wettbewerbs in Pattsituationen in der Abwägung als ausschlaggebendes Kriterium heranzieht.
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er auch prinzipiell von den selben Überlegungen geleitet sein. Danach seien alle berührten Interessen zu berücksichtigen und auszugleichen. Ob die berührten Drittinteressen rechtlich geschützt seien, sei durch Rückgriff auf vorhandene Wertungen der Rechtsordnung zu bestimmen. Dies führt Hennrichs dazu, unter Berufung auf Art. 14 II GG überhaupt Drittinteressen und nach Art. 12 GG besonders Arbeitnehmerinteressen zu schützen.249 Bezogen auf die „Girmes-Entscheidung“250 wird erklärt, die Finanzierungsverantwortung der Anteilseigner für die Schulden ihres Unternehmens gegenüber den Gläubigern verbiete ein Pokern um einen besseren Kapitalschnitt unter höheren Zugeständnissen der Gläubiger. Dieses Interesse sei wegen der primären Finanzierungsverantwortung rechtlich überhaupt nicht geschützt251 und daher in der Abwägung nicht maßgeblich. Dagegen wird vorgetragen, dass ohne Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaftern und Dritten bzw. der Allgemeinheit keine Grundlage für eine Treubindung diesen gegenüber bestehe. Es fehle an der Rechtfertigung der Interessenberücksichtigung. Auch praktisch würde der Anwendungsbereich der Treupflicht dabei ins Uferlose erweitert.252 3. Schutzgegenstand – Zweck-, Wert- und Rechtsorientierte Erforderlichkeit
Gesellschafts- oder Unternehmensinteressen bilden auch im Recht der AG und der GmbH regelmäßig den Ausgangspunkt der Beschreibung der Erforderlichkeit.253 Teils bleiben Darstellungen der Zustimmungspflicht dabei bei der Berufung auf das Gesellschaftsinteresse stehen.254 Konkretere 249
Hennrichs, AcP 195 (1995) S. 222, 250 f., für die Rücksichtnahme auf Arbeitnehmerinteressen (S. 260 (Fn 174)). 250 BGH II. ZS v. 20.03.1995, „Girmes“, BGHZ 129, 136. 251 Hennrichs, AcP 195 (1995) S. 221, 256 f. 252 Kunze, Stimmpflichten (2004) S. 129 f. 253 In der Erhaltung und Erfolg versprechenden Fortführung des Unternehmens sieht T. Raiser, ZHR 151 (1987) S. 422, 437 überhaupt den Schutzgegenstand aller Treubindungen. Ähnl.: Guntz, Treubindungen (1997) S. 193. Flume, ZIP 1996, 161, 164 f. folgert gar aus der Begrenzung der Stimmrechtsmacht auf das Gesellschaftsinteresse als immanentem Bestandteil der Mitgliedschaft in der juristischen Person die Entbehrlichkeit der Treubindung. Das Bild ändert sich, wenn die Erklärungen zur allgemeinen Treubindung erfolgen. Dort wird unter stärkerer Bezugnahme auf den Ansatzpunkt der Mehrheitskontrolle deutlicher auf den Schutz der Mitgliedschaft oder mitgliedschaftlicher Interessen als Mittelpunkt der Treubindungen abgestellt, vgl.: Hüffer, AktG (9. Aufl. 2010) § 53 a Rn 17; Dreher, ZHR 157 (1993) S. 150, 153. 254 Immenga, FS-GmbHG (1992) S. 189, 195; Henze/Notz, GroßKomm AktG II (4. Aufl. Stand 2004) Anh § 53 a Rn 58; Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht (5. Aufl.
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Aussagen variieren mehr oder weniger deutlich hin zu der Förderung der Zweckverfolgung,255 dem Erhalt der geschaffenen Werte256 und der Rechtsbeziehung selbst,257 wie es von den Personenverbänden her bekannt ist. Die ausgehend von der „Girmes“-Entscheidung regelmäßig wiederholte Erklärung zur (Treu-)Pflicht, die Sanierung nicht aus eigennützigen Motiven zu verhindern258, wird hier wohl den Erklärungen zum Rechts- und Werterhalt zugeordnet werden können.
2006) Rn 3.305 (S. 202); Wiedemann, GroßKomm AktG VI (4. Aufl. Stand 1995) § 179 Rn157; Seibt, K. Schmidt/Lutter AktG II (2. Aufl. 2010) § 179 Rn 45. 255 Bayer, Lutter/Hommelhoff GmbHG (17. Aufl. 2009) § 14 Rn 22: „zur Erreichung des Gesellschaftszwecks“; T. Raiser, Großkomm GmbHG I (2005) § 14 Rn 80: „schwerwiegende Gründe im Interesse zukünftiger Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit“; T. Raiser, ZHR 151 (1987) S. 422, 437: „Erfolg versprechende Fortführung des Gesellschaftsunternehmens“; Steindorff, FS-Rittner (1991) S. 675, 691 f.: Wettbewerbsfähigkeit und -tätigkeit; Beckerhoff, Treupflichten (1996) S. 72, 81; Nehls, Treuepflicht (1993) S. 155. Kritisch dagegen eben zu dieser Ausformung: Zimmermann, Rowedder GmbHG (4. Aufl. 2002) § 53 Rn 58; Michalski/Funke, Michalski GmbHG I (2. Aufl. 2010) § 13 Rn 168: Wenn eine Weiterentwicklung der GmbH erzwungen werde, gehe die Rechtsprechung zu weit; Henze, ZHR 162 (1998) S. 186, 193: Kapitalerhöhung könne nur dann erforderlich sein, wenn andernfalls Auflösung und Liquidation drohe. 256 Bayer, Lutter/Hommelhoff GmbHG (17. Aufl. 2009) § 14 Rn 22: „zur Erhaltung des in der Gesellschaft Geschaffenen“; T. Raiser, ZHR 151 (1987) S. 422, 437: „Erhaltung [. . .] des Gesellschaftsunternehmens“; Marsch-Barner, ZHR 157 (1993) S. 172, 180: „z. B. erforderlich, um die Position der Gesellschaft im Markt durch weitere Akquisitionen oder eine Geschäftsausweitung zu erhalten“, wobei dies nur dann in Betracht komme, wenn dies für den Bestand der Gesellschaft geboten sei; Henze, ZHR 162 (1998) S. 186, 196: „nicht warten, bis das letzte Kapital verwirtschaftet ist“; Röhricht, Hommelhoff Corporate Governance (2. Aufl. 2009) S. 514, 541 Erhaltung der „investierten Vermögenswerte der Aktionärsgesamtheit“. 257 Timm, WM 1991, 481, 485: „Aufrechterhaltung der Geschäftsgrundlage unter den Gesellschaftern“; Ulmer, Hachenburg GmbHG III (8. Aufl. Stand 1991) § 53 Rn 71; Rowedder GmbHG (4. Aufl. 2002) § 53 Rn 58: „Aufrechterhaltung der Geschäftsgrundlage unter den Gesellschaftern und nicht ihre Veränderung“; Henze, ZHR 162 (1998) S. 186, 196: Mitwirkungspflicht der Gesellschafter aus dem Umkehrschluss des fehlenden Auflösungsrechts der Minderheit; Seidel, Treupflichten (1998) S. 133 ff.; Röhricht, Hommelhoff Corporate Governance (2. Aufl. 2009) S. 514, 542. Sehr zurückhaltend Kunze, Stimmpflichten (2004) S. 182 f., 192: Da die Gesellschaft kein Eigeninteresse an ihrem Bestand haben könne, kämen nur die – reduzierten (s. o.) – Pflichten gegenüber den Mitgliedern in Betracht, nach denen wegen Reduktion auf rechtsbegrenzende Treubindungen allenfalls Enthaltungen, nicht aber positive Stimmpflichten möglich seien. 258 Bungeroth, MüKo AktG I (3. Aufl. 2008) Vor § 53 a Rn 35; Michalski/Funke, Michalski GmbHG I (2. Aufl. 2010) § 13 Rn 169; Timm, WM 1991, 481, 485; Schöne, WM 1992, 209, 212; Roschmann/Frey, WiB 1996, 881, 925, 926.
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II. Zumutbarkeit 1. Allgemein
Die Zumutbarkeit wird durch Abwägung der betroffenen Belange bestimmt. Teils soll die Grenze dort erreicht sein, wo Minderungen der Rechtsposition in der Gesellschaft oder des Einflusses auf das Unternehmen erfolgen.259 Hier liege die maßgebliche Grenze gegen die Berufung auf das Unternehmensinteresse.260 Teils sollen auch nachteilige Änderungen erzwungen werden können, wenn sie durch eine überwiegende Notwendigkeit in der Abwägung legitimiert werden können.261 Bezogen auf die Art der erzwungenen Handlung ist unklar, ob der Zwang zur Stimmenthaltung gegenüber der Zustimmungspflicht ein milderes Mittel darstellt. Regelmäßig – ohne besondere, qualifizierte Erfordernisse über die gesetzliche ¾ -Mehrheit hinaus – genügt die Stimmenthaltung dissentierender Gesellschafter zur Bildung der notwendigen Mehrheit auch für Verfassungsänderungen.262 Danach genügt grundsätzlich die Enthaltung der opponierenden Stimmen zur Herbeiführung des erstrebten Beschlussergebnisses. Mitunter wird im Hinblick darauf erklärt, dass eine erzwungene Enthaltung eher zuzumuten sei. Diese stelle einen geringeren Eingriff in die Mitgliedsstellung dar und begründe keine positive Handlungs- sondern allein eine Unterlassungspflicht.263 Gegen diesen formellen Ansatz wird unter Hinweis 259
Erfordernis sei insofern, „dass die bisherige Position des betroffenen Aktionärs zumindest in materieller Hinsicht gewahrt bleibt“: Guntz, Treubindungen (1993) S. 193, der auch systematisch danach trennt, ob die Rechtsbeziehung zum Aktionär betroffen wird, oder ob es bei einer allein „gesellschaftsinternen“ Wirkung des Beschlusses verbleibt, S. 197 f. 260 T. Raiser, ZHR 151 (1987) S. 422, 438. 261 Ganz deutlich: M. Winter, Treubindungen (1988) S. 179: Eine Verschlechterung der Rechtsstellung des Dissentierenden sei durch erhöhte Anforderungen an die Gesellschaftsnützigkeit kompensierbar; ähnl. Ulmer, Hachenburg GmbHG III (8. Aufl. Stand 1991) § 53 Rn 71; Nonn, Zustimmungspflichten (1995) S. 95. 262 Stimmenthaltungen zählen nur bei qualifizierten Erfordernissen (Einstimmigkeit, Mehrheit des vorhandenen Grundkapitals etc.) als Nein-Stimmen, nicht schon bei der qualifizierten Mehrheit von ¾ der abgegebenen Stimmen (§ 53 II S. 1 GmbHG) oder des vertretenen Grundkapitals (§ 179 II S. 1 AktG), wo diese nur „Nicht-Stimmen“ sind; vgl. etwa Zöllner, KölnerKomm AktG V./1. (2. Aufl. Stand 1989) § 179 Rn 213 f.; Wiedemann, Großkomm AktG VI (4. Aufl. Stand 1994) § 179 Rn 112; Hefermehl/Bungeroth, Geßler/Hefermehl AktG IV (Stand 1989) § 179 Rn 73; Ulmer, Hachenburg GmbHG III (8. Aufl. 1997) § 53 Rn 50; Priester/ Veil, Scholz GmbHG III (10. Aufl. 2010) § 53 Rn 82. 263 Hefermehl/Bungeroth, Geßler/Hefermehl AktG IV (Stand 1989) § 182 Rn 7; Timm, WM 1991, 481, 486; Henze, BB 1996, 489, 493; H. Winter/Seibt, Scholz GmbHG I (10. Aufl. 2006) § 14 Rn 60; im Ansatz wohl auch Zöllner, Baumbach/ Hueck GmbHG (Vorauflage: 18. Aufl. 2006) § 55 Rn 72.
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auf die materiell gleichsam erzwungen veränderte Verfassungslage eine solche Differenzierung bestritten.264 2. Absolute Grenzen
a) Zweckänderung Für die zweckrelevante Strukturänderung bei der Erweiterung des Unternehmensgegenstands265 soll die Treupflicht noch eine Handhabe bieten, wenn bei der Begrenzung auf den in der Satzung genannten Zweck nicht mehr rentabel gearbeitet werden könne.266 Gleiches soll bei entsprechend schlechter Ertragslage für eine Einschränkung des Geschäftsfelds gelten.267 Ob in den ebenfalls zweckrelevanten Zustimmungen zu Unternehmensverträgen268 eine absolute Grenze zu sehen ist, ist streitig.269 264 Guntz, Treubindungen (1997) S. 176, 190; Marsch-Barner, ZHR 157 (1993) S. 172, 181. 265 § 179 II S. 2 AktG als Sonderfall des § 33 BGB, vgl. Zöllner, KölnerKomm AktG II (1985) § 179 Rn 18. Dies widerspricht nicht der anerkannten Trennung in Gesellschaftszweck und Unternehmensgegenstand, sondern beschreibt die allgemeine Bedeutung des Unternehmensgegenstandes über den einfachen Satzungsbestandteil hinaus. Inwiefern der Zweck des Verbands mit dem betriebenen Unternehmen verwoben oder von diesem gelöst ist, ist aufgrund der Gestaltungsfreiheit eine Frage der Verfassungsgestaltung der Teilnehmer, also des Einzelfalls: vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 3 I. 3. (S. 156); Bayer, Lutter/Hommelhoff GmbHG (17. Aufl. 2009) § 1 Rn 3. Zu den verschiedenen Abgrenzungsmöglichkeiten von Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck vgl. die Darstellung bei Ulmer, GroßKomm GmbHG I (2005) § 1 Rn5 ff.; Emmerich, Scholz GmbHG I (10. Aufl. 2006) § 1 Rn 2 ff.; Pentz, MüKo AktG I (3. Aufl. 2008) § 23 Rn 70 ff. 266 T. Raiser, ZHR 151 (1987) S. 422, 441; Säcker, FS-Lukes (1989) S. 547, 554, 557; Nonn, Zustimmungspflichten (1995) S. 97 f.; Henze, ZHR 162 (1998) S. 186, 196; Henze/Notz, GroßKomm AktG (4. Aufl. Stand 2004) Anh § 53 a Rn 59. 267 Nonn, Zustimmungspflichten (1995) S. 98. 268 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 3 I. (S. 156 f.). 269 Für eine absolute Grenze hierbei: Zimmermann, Rowedder GmbHG (4. Aufl. 2002) § 53 Rn 32, 58. Aus praktischen Gründen zweifelnd: Richter/Stengel, DB 1993, 1861, 1864; Kunze, Stimmpflichten (2004) S. 195 f. Für die grundsätzliche Möglichkeit das bei der GmbH aus der Zweckrelevanz begründete Einstimmigkeitserfordernis (§ 33 I S. 2 1. HS. BGB) für Kontrollen durch die Treubindung zu öffnen: Emmerich, Scholz GmbHG I (10. Aufl. 2006) Anh. § 13 Rn 146; Ulmer, Hachenburg GmbHG III (8. Aufl. Stand 1991) § 53 Rn 146; für die Möglichkeit einer Stimmpflicht AG Veil, Spindler/Stilz AktG II (2. Aufl. 2010) § 293 Rn 22 allerdings aus praktischen Gründen zweifelnd; zust. Langenbucher, K. Schmidt/Lutter AktG II (2. Aufl. 2010) § 293 Rn 26. Zur Stimmpflicht des anderen Vertragsteils im Fall der Ausgliederung siehe Altmeppen, DB 1998, 49 ff.
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b) Kernbereich und Entzug von Sonderrechten Wiederholt wird erklärt, dass kernbereichsrelevante Entscheidungen und ein Entzug von Sonderrechten nicht mittels der Zustimmungspflicht erzwungen werden könnten. Hier sei die Beteiligung des Betroffenen gerade notwendig, weshalb die Überwindung einen Wertungswiderspruch bedeuten würde.270 Nach anderer Ansicht soll ebenso wie bei den Personenverbänden der unentziehbare Kernbereich Stimmpflichten grundsätzlich offen stehen.271 c) Belastungsverbot – Zusätzliche Beiträge Auch im Recht von AG und GmbH ist das Belastungsverbot besonders kodifiziert, § 53 III GmbHG, § 180 AktG. Hier wird eine absolute Zumutbarkeitsgrenze des Instituts gesehen.272 Das Ausmaß der Bindung an das Gesellschaftsinteresse dürfe bei der Vertragsänderung jedenfalls nicht auf Dauer verstärkt werden. Anderenfalls werde die Grundentscheidung des Gesetzgebers unterlaufen.273 d) Änderung der Beteiligungsverhältnisse Kann die zusätzliche Einlage nicht verlangt werden, stellt sich auch hier die Frage, ob zu der beteiligungswirksamen Mehreinlage anderer Gesellschafter oder gar der Beteiligung gesellschaftsfremder Dritter eine Pflicht zur Zustimmung begründet werden kann. Hier wird teils erklärt, der Eingriff reiche zu weit. Eine Verwässerung der Beteiligung sei nicht zumutbar.274 In 270 Für die GmbH: M. Winter, Treubindungen (1988) S. 178; ebenso für die AG Kunze, Stimmpflichten (2004) S. 163; allg. für Kapitalgesellschaften: Nonn, Zustimmungspflichten (1995) S. 95, nach welchem aber bei notwendigen Kapitalerhöhungen auch eine kernbereichsrelevante (weil Stimm- und Gewinnrechte betreffende) Zustimmungspflicht zur Sanierung bestehen könne (S. 99 f.); ebenso Ulmer, Hachenburg GmbHG III (8. Aufl. 1997 Stand 1991) § 53 Rn 71; Zimmermann, Rowedder GmbHG (4. Aufl. 2002) § 53 Rn 58. 271 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 16 III. 3. c) bb) (S. 472). 272 Timm, GmbHR 1980, 286, 289; K. Schmidt, ZGR 1982, 519, 524 f.; Lindacher, Zukunft der GmbH (1983) S. 47, 52 f., 56; M. Winter, Treubindungen (1988) S. 180; Nonn, Zustimmungspflichten (1995) S. 95; Bayer, Lutter/Hommelhoff GmbHG (17. Aufl. 2009) § 53 Rn 38; Peifer, MüKo AktG VI (2. Aufl. 2005) § 182 Rn 5; Zöllner, Baumbach/Hueck GmbHG (19. Aufl. 2010) § 55 Rn 41; Seidel, Treupflichten (1998) S. 135 f., der es aber für möglich hält, das obstinate Mitglied aus diesem Grund auszuschließen. Mit dem Blick auf BGH II. ZS v. 23.03.1987, „GmbH-Novelle II“, ZIP 1987, 914 hält Beuthien, ZGR 1989, 255, 267 dagegen auch in der GmbH eine Beitragserhöhung für möglich. 273 Lindacher, Zukunft der GmbH (1983) S. 47, 52 f.
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anderen Darstellungen wird die Stimmpflicht für eine Kapitalerhöhung schon als möglich betrachtet, auch wenn der betroffene Gesellschafter nicht in der Lage ist, ihr zu folgen.275 Teils soll eine Stimmpflicht zum Kapitalerhöhungsbeschluss möglich, aber nie mit einem Bezugrechtsausschluss verknüpft sein können.276 Auch wird danach differenziert, ob sich nach den veränderten Beteiligungsverhältnissen der Verlust einer gesetzlichen oder statuarischen Sperrminorität oder eines Minderheitenrechts ergeben würde. In diesen Fällen sei die Zustimmungspflicht nicht zuzumuten.277 III. Zusätzliche Erfordernisse abweichender Auffassungen 1. Koordiniertes Vorgehen – Ausschluss von Zufallsmehrheiten
Ein Teil der Lehre macht ein koordiniertes Vorgehen durch Stimmrechtsbündelung zur notwendigen Voraussetzung für eine Treubindung von Aktionären.278 Danach sollen Kleinaktionäre, die allein nicht in der Lage sind, einen notwendigen Beschluss zu blockieren, von der Verantwortung der Treubindung ausgenommen werden.279 Zufallsmehrheiten bzw. Zufallssperrminoritäten unterlägen keiner Treubindung, auch wenn dadurch notwendige Beschlüsse blockiert würden. Die Treubindung sei erst dann gerechtfertigt, wenn über ein bewusstes Parallelverhalten hinaus ein koordiniertes Vorgehen durch eine Bündelung der Stimmrechtsmacht erfolge. Nur so bestehe das Prinzip von Einfluss und Verantwortung und nur so könne die Verantwortung für das erzielte Ergebnis jedem Mitglied der 274
M. Winter, Treubindungen (1988) S. 178. Lutter, Lutter/Hommelhoff GmbHG (17. Aufl. 2009) § 55 Rn 6; ähnl. wohl Hermanns, Michalski GmbHG II (2. Aufl. 2010) § 55 Rn 12, 14. 276 M. Winter, Treubindungen (1988) S. 179; Zimmermann, Rowedder GmbHG (4. Aufl. 2002) § 55 Rn 18. 277 Lindacher, Zukunft der GmbH (1983) S. 47, 57. 278 Dreher, ZHR 157 (1993) S. 150, 158 ff.; ebenso Marsch-Barner, ZHR 157 (1993) S. 172, 181 ff.; Heermann, summum ius (1996) S. 249, 257 ff.; ähnl. auch Servatius, Strukturmaßnahmen (2004) S. 226. Der Gedanke einer Differenzierung zu Zufallsmehrheiten, bei denen der Prozess der Mehrheitsbildung noch erfolgt und der Beschluss nicht durch einseitige Bestimmung seiner Richtigkeitsgewähr entzogen wird, findet sich bereits bei Zöllner, KölnerKomm AktG Einl. (1984) Einl. Rn 169; Nehls, Treuepflicht (1993) S. 85 ff., die diesen aber jeweils ablehnen. 279 Die wenig hilfreichen Differenzierungen, wonach für den einflusslosen Verbandsteilnehmer keine Treubindung bestehen solle, vgl. dazu etwa: Beckerhoff, Treupflichten (1996) S. 50 f. mwN, bleiben hier unberücksichtigt. Ein Gewinn kann aus der Freistellung des Ohnmächtigen nicht gezogen werden. Systematisch erweist sich die Differenzierung als bedenklich und leitet zu den von Lutter, JZ 1995, 1053, 1054 festgestellten Verwirrungen zwischen Faktum und Recht. 275
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Gruppe gegenüber begründet werden.280 Dagegen genügt nach der h. L. die rein faktisch mögliche Verhinderungskausalität. Die Kontrolle eben auch dieser sei für einen effektiven Schutz erforderlich.281 2. Informations- und Anhörungspflicht – formelle Erfordernisse
Nach Häsemeyer ist eine Informations- und Anhörungspflicht gegenüber den dissentierenden Gesellschaftern Tatbestandsvoraussetzung der Zustimmungspflicht. Die Begründung der Treupflicht zur Stimmpflicht hänge nicht nur von materiellen, sondern auch von formellen Kriterien ab. Nur solche Gesellschafter könnten in die Pflicht einer bestimmten Stimmabgabe gestellt werden, die vollständig klar und objektiv informiert worden seien. Dabei solle die korrekte Information „konstituierendes Element der Pflicht selbst, nicht Pflichtwidrigkeits- oder Verschuldensvoraussetzung“ sein. Weil der Grundsatz der eigenen freien Abstimmung eingeschränkt werde, könne die Treubindung erst durch einen Vortrag der maßgeblichen Gründe gebildet werden.282 Zudem müsse jedem durch Anhörung die Gelegenheit zur Meinungsbildung der Gesamtheit gegeben sein. Damit würden zwar Verschuldenskriterien berührt. Doch sei dies erforderlich, um auch verschuldensunabhängige Rechte einzuschränken.283
§ 9 Vergleichendes Ergebnis Die Unterschiede in der Lehre zwischen Personenverbänden und Verbandspersonen sind verschwindend gering. Das ältere Schrifttum zu positiven Stimmpflichten ist bei den Verbandspersonen verhältnismäßig abstrakt 280 Dreher, ZHR 157 (1993) S. 150, 158 ff., 159; ähnl. Schick, ZIP 1991, 938, 940; Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht (2004) S. 190 f., 193: Andernfalls hänge die Einwirkungsmöglichkeit von Zufälligkeiten ab. 281 Zöllner, KölnerKomm AktG Einl. (1984) Einl. Rn 169; Nehls, Treuepflicht (1993) S. 86; Mülbert, Aktiengesellschaft (1995) S. 251 ff. (255 f.); Bungert, DB 1995, 1749, 1752; Beckerhoff, Treupflichten (1996) S. 53 ff., 64 f. der wesentlich auf rechtspolitische wie faktische Notwendigkeiten eingeht; ähnl. faktisch auch Henze, FS-Kellermann (1991) S. 141, 152; Henze, BB 1996, 489, 490, 496, nach dem der Beschlussgegenstand unabhängig von der Mitgliedsposition maßgeblich ist. Die Stellung sei nur eine Frage der Kausalität, nicht der Entstehung der Treubindung; zust. Sailer, Minderheitskompetenzen (1999) S. 7 f.; Röhricht, Hommelhoff Corporate Governance (2003) S. 514, 540 f.; Henze/Notz, GroßKomm AktG (4. Aufl. Stand 2004) Anh § 53 a Rn 73; Fleischer, K. Schmidt/Lutter AktG I (2. Aufl. 2010) § 53 a Rn 50. 282 Häsemeyer, ZHR 160 (1996) S. 108, 115 f. 283 Häsemeyer, ZHR 160 (1996) S. 108, 116.
§ 9 Vergleichendes Ergebnis
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und wenig differenziert. Dafür sind die gleichen Gründe verantwortlich, die die ausdrückliche Anerkennung der Treubindung überhaupt verzögert haben. Das praktische Bedürfnis für Stimmpflichten schien gering, die Schwierigkeiten einer stimmigen Begründung überwogen die Wahrnehmung der Möglichkeiten des Anpassungsmechanismus Treupflicht. Wesentliche Unterschiede konnten vor allem in den Erklärungen zu den absoluten Grenzen der Zustimmungspflicht gefunden werden. Obwohl im Recht von AG und GmbH das Bestehen der besonderen Treubindung der Mitglieder überhaupt stärker debattiert wurde, existiert dort keine Lehre von einem Vorrang der Lösung, wie sie namentlich von Kollhosser für das Recht der Personenverbände eindringlich verteidigt wird. Die Unterschiede dürfen gegenüber den Gemeinsamkeiten nicht überbewertet werden. Erstens spiegelt das stärker differenzierte Meinungsbild im Recht der Personenverbände eine längere Entwicklung in der Literatur wieder. Zweitens darf die hier systematisch geleistete Aufnahme nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der Lehre kein solchermaßen geschlossenes Bild existiert. Es werden überwiegend Einzelaussagen getroffen. Diese weichen aber auch innerhalb der Grundtypen teils stark voneinander ab. Nach dem überwiegend einheitlichen Tatbestand wird die Erklärung der positiven Stimmpflicht in Verfassungsfragen zu einem einheitlichen Tatbestand des allgemeinen Verbandsrechts daher eher gerecht als die Differenzierung nach den Grundtypen. Dabei soll nicht die Möglichkeit unterschlagen werden, strukturelle Unterschiede für die abstrakte Bestimmung einzelner Tatbestandspräzisierungen zu berücksichtigen. In der Struktur, möglichen Zielen und Grenzen der Zustimmungspflicht überwiegt aber nach der Lehre die Gemeinsamkeit.
Teil 4
Gesamtbefund Die Grundlagen der Treubindung auf der Ebene der Verbandsverfassung sind gelegt (Teil 1). Daneben sind die Positionen von Rechtsprechung und Lehre erarbeitet worden (Teil 2 und 3). Auf der Basis dieser systematischen Aufnahme ist es im Folgenden möglich, unter eigener kritischer Würdigung einen Gesamtbefund der Zustimmungspflicht zur Verfassungsänderung zu entwerfen. Zu Beginn ist zu prüfen, ob sich das in den Grundlagen entworfene Legitimationsmodell der Stimmpflicht gegenüber der Fundamentalkritik behaupten kann (unter § 10). Im Anschluss können im Tatbestand des Zustimmungsfalls die abwägungserheblichen Umstände herausgestellt, abstrakt geordnet und beschrieben werden (unter § 11). Dabei lässt sich eine teils heterogen gewichtete Darstellung nicht ganz vermeiden. Zu vielen Fragen ist durch die Analysen oder ihre Zusammenschau mit dem Grundlagenteil der Weg zum eigenen Standpunkt bereits gut bereitet; sie können dementsprechend kurz festgestellt werden. Andere Fragen konnten dagegen nur angerissen werden und verlangen daher nun hier ihren Platz.
§ 10 Zur Zulässigkeit von Stimmpflichten – Fundamentalkritik Das Bedürfnis für eine erzwungene Vertragsanpassung in Ausnahmefällen besteht. Allerdings haben sich diverse Bedenken vereinzelt zu einer fundamentalen Stimmpflichtkritik verdichtet. Nur wenn Stimmpflichten entgegen den dogmatischen, systematischen und wertenden Einwänden zu begründen sind, ist der Blick auf die nähere Ausgestaltung, nicht allein auf alternative Anpassungsmechanismen sinnvoll. Daher wird zunächst die Auseinandersetzung mit der Fundamentalkritik aus dem Recht der Personenverbände1 gesucht.
1 Soweit mit der begrenzten Wirkung der Treubindung (hier unmittelbar unter A.) und der Unvereinbarkeit der Zustimmungspflicht mit dem Prinzip der Privatautonomie (hier unmittelbar unter C.) argumentiert wird, sind die Einwände gleichermaßen für die Verbandspersonen relevant, wenngleich sie dort nie geäußert wurden.
§ 10 Zur Zulässigkeit von Stimmpflichten – Fundamentalkritik
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A. Begrenzung der Treubindung auf vertragsinterne Bindung Aus dem vertraglichen Ursprung der Treubindung konnte gegen die Stimmpflicht argumentiert werden.2 Dabei wurde erklärt, dass soweit die Treubindung aus der rechtsgeschäftlichen Verbindung folge, diese Treubindung nicht geeignet sein könne, für die Verbindung selbst eine Veränderung zu begründen. Ein hierarchisches Verständnis ist grundsätzlich notwendig. Es hat im Rahmen der Grundlagen dabei geholfen, das Stimmrecht auf der Ebene der Verbandsverfassung als „verbandsfreies“ Recht zu erklären, das allein Ausübung individueller Privatautonomie des einzelnen Mitglieds ist. Für die Ebene der Verbandsverfassung, also mit Wirkung für diese Ebene, haben sich die Mitglieder nicht verbunden. Sie sind damit bei der Gestaltung der Verbandsverfassung generell nicht verpflichtet, sondern frei. Damit verdeutlicht die Kritik die besondere Qualität, die die erzwungene Verfassungsänderung besitzt. Gleichermaßen hebt dieser Einwand die begrenzte Verpflichtung der Mitglieder hervor, welche sich nur in bestimmtem Umfang in die Zweckgemeinschaft begeben und deren Förderung versprochen haben. Aus dem Verbandsversprechen ist dem Grunde nach keine Aufgabe der Privatautonomie und aus der Treubindung keine „über“ der Verfassung stehende Verpflichtung der Mitglieder zu begründen. Ein solcher Ansatz ist der Entwicklung der Treubindung von ihrem Geltungsgrund her aber auch weitestgehend fremd. Es hat sich gezeigt, dass die Treupflicht kaum aus den einzelnen Mitgliedspflichten, also vor allem dem begrenzten Beitrags- bzw. Förderversprechen zu entwickeln ist. Auch Ansätze, die einen Zweckbezug bei der Erklärung suchen, rekurrieren letztlich nicht auf den Zweck der Verbandstätigkeit (Gesellschaftszweck), sondern auf den Zweck des Rechtsverhältnisses, der alle Mitgliedsinteressen gleichberechtigt einschließt.3 Die Treupflicht ist daher von ihrer Begründung zunächst nicht auf eine begrenzte Funktion gerichtet. Sie ist vielmehr gerade geeignet, das gesamte Rechtsverhältnis Verband zu schützen und in allen Facetten von Interessenkonflikten rationale Lösungen zu entwickeln. Dabei hat sich gezeigt, dass die Natur des Interessenkonflikts, die von der Treubindung betroffen wird, maßgebliche Bedeutung besitzt.4 Die Treubindung auf der Ebene der Verbandsverfassung zielt vor allem darauf, der Dauerhaftigkeit der gewollten Bindung Geltung zu verleihen. Insofern stellt sich der Zugriff auf die Verbandsverfassung weitestgehend als Akt zugunsten des gewollten Regelungskomplexes dar. Damit flankiert die Treubin2 3 4
Vgl. hier § 7 C. I. Begrenzung der Treubindung auf vertragsinterne Wirkung. Vgl. dazu hier § 3 A. I. Allgemeiner Geltungsgrund der Treupflicht. Vgl. dazu hier § 2 B. II. Systematische Bestimmung der Treubindung.
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Teil 4: Gesamtbefund
dung, wenn auch in unbestimmter Weise, den auf der Ebene der Verfassung gebundenen Willen der Mitglieder.5 Betrachtet man die Vertragsänderungspflichten durch die Treubindung in der hier entwickelten und zu entwickelnden Weise und nicht als Zweckförderpflicht über den verfassungsmäßigen Rahmen hinaus, stellt sich der in Frage stehende Einwand als Gedanke des Vorbehalts gleich bleibender Verhältnisse (clausula rebus sic stantibus) dar. Denn wenn das ursprüngliche Verbandsversprechen unter veränderten Umständen nicht geeignet ist, seine Bindungswirkung fortzusetzen, würde das Versprechen an statische Verhältnisse gebunden. Eine solche Lösung ist weder interessen- noch systemgerecht. Die privatautonome Bindung besitzt in den Grenzen der ordentlichen Lösungsrechte, unterhalb der Voraussetzungen der außerordentlichen Lösungsrechte grundsätzlich einen störungsresistenten Geltungsanspruch. Dieser kann durch die Treubindung sinnvoll geschützt werden.
B. Vorrang der Lösung Systematisch ist mit Vorgenanntem auch der behauptete Vorrang der Lösung vor der Anpassung6 angegriffen. Die Argumentation lässt sich überhaupt geradezu umkehren und erklären, dass unterhalb der Voraussetzungen der geregelten Lösungsrechte (ordentliche und Kündigung aus wichtigem Grund) die Fortsetzung der Verbandszugehörigkeit des Mitglieds bzw. des ganzen Verbands gar nicht zur Disposition des Mitglieds steht. Die Anpassungsnotwendigkeit darf also, wenn diese nicht die Qualität des wichtigen Grundes erreicht, vom Mitglied nicht dazu benutzt werden, sich von dem Verbandsversprechen zu lösen.7 Dies gilt freilich vorwiegend für eine Anpassung, die sich darauf beschränkt, den Inhalt der Verbandsverfassung ge5 Insofern kann man die Treubindung auch im Vergleich zu den Regeln der Leistungsstörungen im Schuldrecht sehen. Diese schützen in vergleichbarer Weise einen Kern des Vertragsversprechens der Parteien über die verschiedenen Möglichkeiten von Störungen. Wegen der höheren Komplexität des Verbandsrechtsverhältnisses gegenüber den Austauschverhältnissen des Schuldrechts und den daraus folgenden komplexeren Störungsmöglichkeiten ist für das Verbandsrecht aber nicht die Möglichkeit gegeben, die einzelnen Anpassungsfälle bei der Begründung umfassend zu regeln. 6 Vgl. zu dieser Argumentation hier § 7 C. II. Abschließende Regelung möglicher Vertragsanpassung – Vorrang der (Teil-)Auflösung. 7 Der Gedanke ist in der Rechtsprechung wiederholt herangezogen worden. Besonders deutlich tritt er in „Girmes“ auf, wenn erklärt wird, die Verweigerung der erforderlichen Anpassung dürfe keine Auflösung gegenüber den fortsetzungswilligen Mitgliedern erzwingen, BGH II. ZS. v. 20.03.1995, BGHZ 129, 136, 152. Ferner erklären sich die Entscheidungen zur GmbH-Novelle, BGH II. ZS v. 25.09.1986, „GmbH-Novelle I“, BGHZ 98, 276; BGH II. ZS v. 23.03.1987, „GmbH-Novelle II“, ZIP 1987, 914 in gleicher Weise; in der vergleichenden Analyse zum LG
§ 10 Zur Zulässigkeit von Stimmpflichten – Fundamentalkritik
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genüber veränderten Umständen fortzuschreiben. Gegenüber allen Anpassungsfällen muss darüber hinaus mit der Antikritik der h. L. die Untauglichkeit der Alternative von Auflösung und Neubegründung berücksichtigt werden. Diese folgt nicht allein aus der Unverhältnismäßigkeit der damit verbundenen Kosten. Aus der Individualität des im Rahmen des Verbandsbetriebs gebildeten Unternehmens kann sich eine eingeschränkte, wenn nicht ausgeschlossene Ausweichmöglichkeit der Mitglieder ergeben.8 Existiert faktisch keine oder nur eine erheblich reduzierte Ausweichmöglichkeit der Mitglieder, so kann die Alternative der Lösung mangels der Möglichkeit einer Neubegründung nur unzureichend sein. Danach rechtfertigen auch die systematischen Bedenken keinen Ausschluss von Stimmpflichten.
C. Bruch mit der Privatautonomie „In der Einschätzung des Stellenwerts des Selbstbestimmungsrechts liegt der Kernpunkt des Problems“.9 Darin ist Kollhosser unumwunden Recht zu geben. Daraus folgt allerdings nicht die Unzulässigkeit von Stimmpflichten, sondern ein verständiger Umgang mit diesen. Sofern das Rechtsverhältnis Verband mit seinen Regelungen Schutzgegenstand ist, also die Bindung der Mitglieder über Störungen und Veränderungen erhalten werden soll, entspricht die Treubindung tatsächlich der Verwirklichung der Privatautonomie, wie es in der Lehre erklärt wird.10 Dabei wird nicht eine Selbstbestimmung des Verbands im aktuellen Zeitpunkt der Entscheidungsfindung,11 sondern allein die ursprüngliche Bindung geschützt. Dass sich die Bindung an den Verband unter laufend verändernden externen Umständen vollziehen wird, ist den Mitgliedern mit der Begründung aufgrund der Dauerhaftigkeit ihrer Verpflichtung offenbar. Damit geht entgegen aller vorausschauenden Planung und abstrakten Regelung immer auch die bewusste Gefahr einer begrenzten Haltbarkeit des Statuts einher. Die Legitimation der Anpassung folgt aus der willentlichen Teilnahme an dem insofern problembehafteten System. Auch insofern kann wieder die Argumentation umgekehrt werden: Die Bindungswirkung der Selbstbestimmung in der Gründung wäre unvollkommen, wenn sie nicht über veränderte Umstände erhalten werden kann. Bielefeld, 23.08.1985, ZIP 1985, 1327, ist das besonders deutlich geworden, vgl. dazu hier § 6 C. I. 1. b) Analyse. 8 Insofern kommt der Realstruktur eine gewisse Bedeutung zu. Bei dem in eng arbeitsteiliger Organisation begründeten Unternehmen wird sich eine geringere Ausweichmöglichkeit ergeben, als bei der bloßen Kapitalanlage. 9 Kollhosser, FS-Westermann (1974) S. 275, 284. 10 Immenga, FS-GmbHG (1992) S. 189, 206; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 5 IV. 2. c) (S. 129). 11 So aber Zöllner, Anpassung (1979) S. 38.
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Teil 4: Gesamtbefund
Dabei ist es den Mitgliedern im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit grundsätzlich möglich, bestimmte Regelungen zur notwendigen Voraussetzung der Zweckbindung zu erheben. So kann den in der Diktion Reuters „unvertretbaren Äußerungen der Privatautonomie“12 ein existenzieller Stellenwert auf der Ebene der Verbandsverfassung eingeräumt werden. Etwa kann eine Bindung an individuelle Persönlichkeiten durch Ausschluss von Übertragungsmöglichkeiten erreicht werden, wenn dies den Mitgliedern in der Einigung der Gründung beliebt.13 Damit kann der Grundkonsens von Zweck, Mittel und Teilhabe im Rahmen des dispositiven Gesetzesrechts an bestimmte, dann unersetzliche Komponenten gebunden werden. Entscheidend ist der im Wege der Auslegung zu ermittelnde Stellenwert solcher Regelungen. Solange aber keine derartige Verknüpfung erfolgt, kann nicht angenommen werden, dass sich die Mitglieder abseits von ihrem Grundkonsens nur in statische Verhältnisse gebunden haben. Dagegen verdient der Einwand von einem Bruch mit der Privatautonomie Beachtung, wenn Schutzgegenstand der Verfassungsänderung nicht ein Erhalt der Regelungsgedanken derer in veränderter Gestalt ist. Soweit es um den Schutz der gebildeten Werte bzw. die Vermeidung zu erwartender Verluste geht, ist die Wägung der rechtsgeschäftlichen Bindung gegenüber deren Wirtschaftlichkeit augenscheinlich problematisch. Selbstbestimmung durch privatautonome Bindung ist begründungsfrei (stat pro ratione voluntas), wirtschaftlich unvernünftiges Handeln durch Art. 2 I GG gleichermaßen geschützt.14 Insofern bedarf es dort einer weitergehenden Legitimation für die Anpassung. Hierzu kann auf das notwendige Anvertrauen der Einwirkungsmöglichkeit beim Verbandsbeitritt abgestellt werden. Die Verbandsteilnehmer gewähren sich gegenseitigen Einfluss auf die eingebrachten Werte (etwa Beiträge in Form von Geld-, Sach- oder Dienstleistungen oder in Form von Haftungsübernahmen, § 128 HGB, §§ 765 ff.), die je nach Art und Umfang von erheblicher persönlicher Bedeutung sein können. Dabei ist die Grundlage für diese Einflussmöglichkeiten der bindende Willensentschluss, diese Werte in der Zweckverfolgung des Verbands einzuset12
Reuter, ZGR 1976, 88, 91 f. Dies gilt nicht für die AG bei der der Grundsatz der freien Übertragbarkeit der Mitgliedschaft wesensmäßiges Grundprinzip ist, vgl. BGH II. ZS v. 20.09.2004, BGHZ 160, 253, 256, welches allein im Rahmen der Regelung von vinkulierten Namensaktien eingeschränkt werden kann, § 68 II AktG. Für die GmbH ist der Ausschluss der Übertragbarkeit dagegen möglich, vgl. für die h. M. etwa H. Winter/ Seibt, Scholz GmbHG I (10. Aufl. 2006) § 15 Rn 135, für Personenverbände die dispositive Regel, vgl. etwa K. Schmidt, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 105 Rn 213. 14 Flume, Rechtsgeschäft (4. Aufl. 1992) § 1 5. (S. 6); Flume, ZIP 1996, 161, 167: „Die Autonomie der Ausübung des Stimmrechts deckt, wie dies allgemein für die Privatautonomie gilt, auch die törichte Entscheidung“. 13
§ 10 Zur Zulässigkeit von Stimmpflichten – Fundamentalkritik
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zen. Dies muss im Anpassungsfall hinreichend berücksichtigt werden. Die Frage muss dann lauten, ob die Einflussnahme auf die im Verband gebundenen fremden Werte durch die Verweigerung der Anpassung noch durch den ursprünglichen Willensentscheid gedeckt ist. Solches kann bei einer erheblichen Veränderung der Rahmenbedingungen nicht mehr der Fall sein.15 Damit geht es hier auch nicht darum, eine wirtschaftlich sinnvolle Regelung zu erzwingen. Weder der Inhalt der Willensbindung, also die gegenwärtige Verfassung, noch die Ablehnung des Änderungsantrags werden auf ihre wirtschaftliche „Schlüssigkeit“ hin geprüft, nicht dagegen gewogen. Vielmehr ist der Grad der Bindung zu vermessen, seine Grenze festzustellen und der jenseits dieser Grenze ungeregelte Konflikt zu lösen. Damit ist auch unter diesem Gesichtspunkt eine Stimmpflicht nicht grundsätzlich ungangbar.
D. Ergebnis Stimmpflichten sind nicht grundsätzlich auszuschließen. Die Kritik verdeutlicht die Problematik und sensibilisiert dadurch den Anwender für die Handhabe des Instruments. Sie ist aber nicht geeignet, einen Ausschluss der Stimmpflicht zu begründen. Die Begrenzung der Treubindung auf eine vertragsinterne Wirkung besteht nicht, obwohl sich die Mitglieder nicht für die Ebene der Verfassung gebunden haben und insofern grundsätzlich frei sind. Die Treubindung auf dieser Ebene ist notwendiges Korrelat zur Dauerhaftigkeit des Verbandsversprechens und gewährt damit der Bindung eine gewisse Störungsresistenz. Ohne diese würde jede Änderung der Verhältnisse die Bindungswirkung des ursprünglichen Verbandsversprechens gefährden. Systematisch besteht kein Vorrang der Lösung im Anpassungsfall. Umgekehrt ist vielmehr das Verbandsversprechen unterhalb der Lösungsrechte aus wichtigem Grund zu erhalten. Ein Bruch mit der Privatautonomie besteht jedenfalls dann nicht, wenn Ziel der Anpassung ein Erhalt der Regelungen unter veränderten Bedingungen ist. Dann stellt sich die erzwungene Vertragsanpassung vielmehr als Verwirklichung des Bindungsversprechens dar. Zu einem solchen Bruch kommt es aber auch nicht in den Fällen des Werterhalts. Denn dort wird nicht die begründungsfreie privatautonome Entscheidung auf ihre Wirtschaftlichkeit hin geprüft. Es wird kein vernünftiges 15 Bestes Beispiel hierfür sind die Fälle, in denen Mitglieder, denen keine persönliche Haftung droht, in der Krise des Verbands durch ihre Verweigerungsdiktatur von der Haftungsfreistellung der persönlichen Mitglieder bei Übernahme von Geschäftsbetrieb und Verbindlichkeiten profitieren wollen, vgl. BGH II. ZS v. 17.12.1959, „Auflösungsfall“ NJW 1960, 434 (vgl. hier § 6 B. II. 1. Auflösung); OLG Köln v. 09.03.1999, NZG 1999, 1166. (vgl. hier § 6 C. II. Die Mitgliedschaft betreffende Maßnahmen).
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Teil 4: Gesamtbefund
Handeln in eigener Sache erzwungen. Vielmehr ist die Reichweite der Bindung zu vermessen und den fremden Werten anderer Mitglieder Schutz vor ungerechtfertigter Einflussnahme zu gewähren.
§ 11 Abwägungserhebliche Kriterien – Der Tatbestand der Zustimmungspflicht Die allgemeine Zulässigkeit von Stimmpflichten erlaubt die Folgefrage, wie die Anwendungsvoraussetzungen konkretisiert werden können. Damit ist nun den einzelnen Kriterien des Anpassungsfalls Raum zu geben. Im Folgenden sollen die Kriterien der Zustimmungspflicht, die in der Bestandsaufnahme von Rechtsprechung und Lehre herausgearbeitet wurden, gewürdigt werden. In Ergänzung durch eigene Wertungen wird damit versucht, einen möglichst umfassenden, durch die Grundlagenbestimmung dogmatisch abgesicherten Konkretisierungsentwurf zu begründen. Die Systematik entspricht dabei weitestgehend der Gliederung, die in der Bestandsaufnahme der Lehre gebildet wurde. Im Kern sind die abwägungserheblichen Umstände, die für die Anpassung streiten können (Erforderlichkeit) und diejenigen, die negativ zu berücksichtigen sind (Zumutbarkeit), zu beschreiben (unter B. II. und III). Dabei ist auch zu prüfen, welchen Einfluss die Umstände haben, die die Änderungsnotwendigkeit begründen (Ausnahmefall) (unter B. I.). „Vor die Klammer“ dieses Kerns können die komparativen Aussagen zur Intensität der Treubindung nach der realen Verbandsstruktur und nach dem betroffenen Änderungsgegenstand (Geschäftsführungsnähe) gezogen werden (unter A.), sollen sie doch allgemeine Bedeutung für den Treupflichtfall haben.
A. Bedeutung von Realstruktur und Geschäftsführungsnähe für die Stimmpflicht I. Realstruktur und Zustimmungspflicht Die Treubindung der Zustimmungspflicht ist von der Realstruktur des Verbands16 nicht einfach abhängig. Eine zunehmend personalistische Struktur erleichtert nicht das Eingreifen der Treubindung, umgekehrt verlangt eine korporativ geprägte Ausrichtung keine stärkere Zurückhaltung. Bei einer Gesamtbetrachtung der Realstruktur hat sich der Einfluss auf die Treubindung auf der Verfassungsebene ambivalent dargestellt. Relevanz konnte 16 Vgl. dazu bereits die kritische Analyse im Rahmen der Bestandsaufnahme der Lehre, hier § 7 B. I. 1. b) Analyse.
§ 11 Abwägungserhebliche Kriterien – Zustimmungspflicht
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dem Merkmal der Realstruktur aber dann zukommen, wenn zwischen dem Zugriff der Änderung auf die Sozialsphäre (etwa durch eine Abberufung als Geschäftsführer) und die Individualsphäre (etwa durch Beitragserhöhung) unterschieden wurde. Unter dieser Differenzierung ließen sich die Aussagen der Lehre widerspruchsfrei aufrechterhalten. Dabei kann für die Bedeutung der Realstruktur in zweifacher Hinsicht argumentiert werden. Zum einen kann die Entscheidung für eine bestimmte Realstruktur eine bestimmte Wertentscheidung der Mitglieder bei der Verfassungsgestaltung indizieren. So könnte folgendermaßen argumentiert werden: Im stärker korporativ gebildeten Verband kann die Individualsphäre wegen größerer Entfernung zum Verband mehr Schutz beanspruchen, die Sozialsphäre aus eben jenem Grund dagegen weniger. Im personalistisch geprägten Verband ist hingegen durch die stärkere Zuwendung der ganzen Person des Mitglieds zum Verband die Individualsphäre weniger schutzbedürftig, die Sozialsphäre wegen der hohen Vergemeinschaftung der Personen dagegen mehr. Zum anderen können abstrahierte Zumutbarkeitserwägungen maßgeblich sein, die unabhängig von einer fortzudenkenden Wertentscheidung allein auf die faktische Betroffenheit des dissentierenden Mitglieds abstellen. Beide Erklärungen haben aber für den Einzelfall nur Indizwirkung und müssen sich in der konkreten Betrachtung der individuellen Verbandsverfassung und der betroffenen Mitglieder erweisen. Der Realstruktur kommt danach Indizwirkung dergestalt zu, dass der Zugriff auf die Sozialsphäre für den personalisierten Verband von größerer, für den korporierten Verband von geringerer Bedeutung ist. Dem Zugriff auf die Individualsphäre ist bei dem personalisierten Verband eine geringere, bei dem korporierten Verband eine größere Bedeutung indiziert. Über diese Indizwirkung hinaus hat die Realstruktur für die erzwungene Verfassungsänderung keine Bedeutung. II. Geschäftsführungsnähe und Zustimmungspflicht Die Geschäftsführungsnähe eines Verfassungsbestandteils zum Kriterium einer erleichterten Zustimmungspflicht zu wählen,17 begegnet Bedenken. Grundsätzlich scheint es den Mitgliedern – vorbehaltlich der begrenzten Möglichkeiten, die der Aktiengesellschaft durch die Satzungsstrenge, § 23 V AktG, verbleiben – im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit zwar nicht verwehrt, die einzelnen Regelungen ihrer Verfassung hierarchisch zu ordnen. Danach kann durch die Mitglieder den geschäftsführungsnahen Verfassungsbestandteilen als bloßen Modalitäten der Zweckverfolgung ein geringerer Schutz zugemessen werden. Eine solche Hierarchie kann aber für ge17 Vgl. dazu hier § 7 B. I. 2. Intensität der Treubindung nach der Geschäftsführungsnähe des Entscheidungsgegenstandes.
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schäftsführungsbezogene Regelungen nicht allein aus deren Natur gewonnen werden. Gerade die von den Vertretern dieser Ansicht besonders beispielhaft herausgehobene Geschäftsführungsbefugnis kann und wird häufig als individuelles Recht des Gesellschafters ausgebildet sein. Unabhängig davon, dass die Tätigkeit nur im Interesse des Verbands wahrgenommen werden darf, besteht seitens des Mitglieds wegen einer regelmäßig vermögensmäßigen Bedeutung durch eine entsprechende Aufwandsentschädigung, der Möglichkeit der Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft und nicht zuletzt der Tätigkeit selbst als Bestandteil der Selbstverwirklichung des Ausübenden18 ein erhebliches Eigeninteresse an der Wahrnehmung der Treuhandtätigkeit. Sowohl § 709 Abs. 1 BGB wie § 114 Abs. 1 HGB bringen diesen Bezug zum Eigeninteresse der Mitglieder an der Position deutlich zum Ausdruck.19 Insofern kann der Geschäftsführungsnähe einer Anpassungsentscheidung auch keine Indizwirkung für die verfassungsmäßige Unterordnung beigemessen werden. Aus diesen Gründen ist das Merkmal selbst als abstrahierte Zumutbarkeitsvermutung nicht aufrechtzuerhalten. Der Geschäftsführungsnähe kommt keine grundsätzliche Bedeutung für die Zustimmungspflicht zu. Eine Nachordnung kann nur bei entsprechender verbandsindividueller Bestimmung in der Verfassung von Bedeutung sein. III. Ergebnis Die Realstruktur erlaubt eine komparative Indikation zu einer verfassungsmäßigen Wertentscheidung und zum Schutzinteresse der Mitglieder in der oben dargestellten differenzierten Weise. Die „Geschäftsführungsnähe“ des Änderungsgegenstands erlaubt dagegen keine Aussage über die Zustimmungspflicht, da eine Hierarchie unter den Regelungen der Verbandsverfassung nicht vermutet werden kann.
B. Tatbestandskonkretisierungen I. Ausnahmefall Der Ausnahmefall ist der Umstand, welcher die Änderungsnotwendigkeit begründen soll, also Ursache des Treubindungsfalls. Ohne Vorgriff auf die Erforderlichkeit sind wenigstens vier Fragen unmittelbar auf die Änderungsnotwendigkeit zu beziehen. In Rechtsprechung und Lehre wurde die Frage behandelt, ob die Vorhersehbarkeit der Änderungsnotwendigkeit die Anpas18
Auf diesen Aspekt macht Koller, FS-Canaris II (2007) S. 147, 157 aufmerk-
sam. 19
§ 709 I BGB „steht . . . zu“, § 114 I HGB „berechtigt“.
§ 11 Abwägungserhebliche Kriterien – Zustimmungspflicht
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sung ausschließt oder erschwert (unter 1.). Ferner wurde eine Reihe von Umständen in der Bestandsaufnahme der Rechtsprechung herausgestellt, die diese nicht zum Kriterium einer Differenzierung machte. Die anfängliche Änderungsnotwendigkeit (unter 2.), die ohne Zutun der Gesellschafter begründete (externe) Änderungsnotwendigkeit (unter 3.) wie die Regelung des änderungserheblichen Umstands in der Verfassung (unter 4.) bildeten für die Rechtsprechung keine Kriterien des Anpassungsfalls. Der Nutzen dieser Kriterien soll jeweils kurz untersucht werden. 1. Vorhersehbarkeit der Änderungsnotwendigkeit – negative Regelung des änderungserheblichen Umstands
a) Ausschluss der Anpassung bei Vorhersehbarkeit Der Eintritt der Änderungsnotwendigkeit kann vorhersehbar gewesen sein. Für eine vorhersehbare Änderungsnotwendigkeit wurde in Rechtsprechung und Lehre vereinzelt ein Ausschluss der Anpassungspflicht angenommen.20 Das Merkmal der Voraussehbarkeit ist aus dem Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bekannt.21 Dort soll es die Berücksichtigung der vertraglichen Risikoverteilung ermöglichen.22 Auch bei der Geschäftsgrundlage ist aber nicht ganz klar, ob sich der vertraglich geregelte Risikobereich auf alle objektiv vorhersehbaren Umstände23 oder nur auf die bewusst in Kauf genommenen Veränderungen24 erstreckt. Ausgehend von der ganz ähnlichen Funktion, die Risikoverteilung der Parteien zu schützen (Geschäftsgrundlage), also die freiwillig geschaffene Gestaltungslage nicht durch Billigkeitsbedenken zu unterlaufen (Treubindung), kann die Fragestellung übertragen werden. Hier wie dort fungiert das Merkmal 20 Vgl. hier § 6 D. VI. 1. a) Ausnahmefall und § 7 B. II. 1. a) Nachträglichkeit/ Unvorhersehbarkeit der die Änderungsnotwendigkeit begründenden Umstände. 21 Im Rahmen der Kodifikation der Geschäftsgrundlagenlehre in § 313 Abs. 1 BGB ist das Merkmal aber nicht normiert worden. Das Erfordernis, dass die Parteien bei Voraussicht auf die Veränderung den Vertrag nicht oder nicht so abgeschlossen hätten, stellt nur auf die tatsächliche individuelle Erkenntnis ab. Vgl. zur Erkennbarkeit als Kriterium Grüneberg, Palandt BGB (67. Aufl. 2010) § 313 Rn 23; Unberath, Bamberger/Roth BGB I (2. Aufl. 2007) § 313 Rn 30; umfangreich bei Lembke, Vorhersehbarkeit (1991) passim. Deutlich abgeschwächt bei Hohloch, Erman BGB I (12. Auflage 2008) § 313 Rn 19, Roth, MüKo BGB II (5. Aufl. 2007) § 313 Rn 40, nach denen dies nur ein Umstand ist, unter dem die vertragliche Risikoverteilung zu ermitteln ist. 22 Vgl. Ulmer, AcP 174 (1974) S. 167, 185; Teichmann, Soergel BGB II (12. Aufl. 1990) § 242 Rn 238 ff.; Larenz/Wolf, AT BGB (9. Aufl. 2004) § 38 IV. 2. b) Rn 38 (S. 707). 23 Ulmer, AcP 174 (1974) S. 167, 185; Hirsch, Kündigung (2005) S. 116. 24 BGH V. ZS v. 28.09.1990, NJW 1991, 830, 831.
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gewissermaßen als generelle Auslegungsregel der Reichweite der Bindung des „negativ“ geregelten Bereichs. Der negativ geregelte Bereich kann dabei so verstanden werden, dass die voraussehbaren Umstände mangels Regelung für ihren Fall (etwa in Form einer Anpassungs- oder Lösungsklausel) keine Abweichung von der Bindung in ihrer konkreten Gestalt rechtfertigen sollen. Mit dieser Funktion gegenüber der Vertragsgestaltung, die durch den Parteiwillen individuelle Regelung ist, erscheint es schwierig, das Merkmal objektiviert (objektiv vorhersehbar) oder in apodiktischer Härte (grundsätzlicher Ausschluss der Änderungsmöglichkeit) verstehen zu wollen. Der Kritik der Lehre an einem solchen strengen Verständnis ist beizutreten. Es erscheint den Parteien schlicht unmöglich, jede voraussehbare Änderungsnotwendigkeit bereits bei der Begründung zu regeln. Der unvollkommene Versuch einer umfassenden Regelung wäre ökonomisch unvernünftig.25 Als ein Wesensmerkmal des Verbands als komplexer und langfristiger Regelungszusammenhang wurde gerade eine bewusste Offenheit und Unvollständigkeit dessen fruchtbar gemacht. Es wäre regelrecht widersprüchlich, sich diesem Verständnis nun mit dem Vorbehalt der Voraussehbarkeit entgegenzusetzen. Raum kommt dem Merkmal der Erkennbarkeit allein insofern zu, als dass es Indiz bei der Auslegung der Reichweite der Bindung ist.26 Je offensichtlicher das Eintreten eines bestimmten Umstandes ist, der die Änderungsnotwendigkeit begründen soll, desto eher ist davon auszugehen, dass die Parteien eben für jenen Fall die unveränderte Geltung der konkreten Gestaltungslage gewollt haben, diesen Umstand also im Sinne einer negativen Regelung erfasst haben. Erst nach einem solchen Auslegungsergebnis, nicht schon bei jeder objektiven Vorhersehbarkeit, ist der Ausschluss der Anpassung damit begründet. Für das Verbandsrecht gilt zudem eine weitere Besonderheit. Anders als beim Austauschverhältnis sind die Interessen der Parteien nicht nur entgegengesetzt. Im Verlauf der Arbeit wurde zwar vermehrt darauf abgestellt, dass sich die Parteien auf der Ebene der Verbandsverfassung vor allem auch – in dem für Vertragsparteien notwendigen Verhältnis – als wirtschaftliche Gegner gegenüberstehen. Daneben gibt es durch die im Verband gebundenen und gebildeten Werte eine zwingende gemeinsame Interessenbasis der Teilnehmer, die ungleich größer ist als bei den Austauschverträ25 Roth, MüKo BGB II (5. Aufl. 2007) § 313 Rn 38. Die Unvollkommenheit besteht dabei in doppelter Hinsicht. Erstens ist die Erkenntnismöglichkeit der Parteien begrenzt. Zudem ist auch gegenüber erkannten Problemen noch die antizipierte Lösungsmöglichkeit begrenzt. 26 In dieser Weise wird das Kriterium zum Teil auch in der Lehre von der Geschäftsgrundlage verstanden: Hohloch, Erman BGB I (12. Auflage 2008) § 313 Rn 19, Roth, MüKo BGB II (5. Aufl. 2007) § 313 Rn 40.
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gen. Anders als im Austauschvertrag ist im Anpassungsfall der Verbandsverfassung also auch nicht allein das Vertragsrisiko einer Seite zuzuordnen.27 Das Anpassungsproblem im Verbandsrecht ist regelmäßig nicht durch eine wertende Risikozuordnung aufzulösen.28 Anders als im Austauschvertrag entspricht dem Vorteil der einen Partei nicht notwendig der Nachteil der anderen. Die Anpassungsfälle erfassen gerade auch Situationen, in denen eine Partei zu einem „gemeinsamen Glück“ zu zwingen ist, also wirtschaftlich von der erzwungenen Verfassungsänderung in gleichem Maße profitieren soll.29 Damit ist eine strenge Handhabe insbesondere im Recht der Verbände nicht notwendig. Der Vorwurf, es hätte der änderungswilligen – vermeintlich durch den Eintritt des vorhersehbaren Umstands belasteten – Partei oblegen, sich um eine Regelung im Statut zu bemühen, wird hier regelmäßig nicht zu erheben sein.30 Danach kann die Voraussehbarkeit der Änderungsnotwendigkeit keinen Ausschluss des Anpassungszwangs begründen. b) Negative Wägung der Vorhersehbarkeit Aus den genannten Gründen kann die Erkennbarkeit auch nicht negativ in die Interessenabwägung eingestellt werden. Solange das Statut – nach seiner Auslegung – den die Änderungspflicht begründenden Umstand nicht (negativ) erfasst, also auch gerade in diesem Fall unverändert gelten soll, 27 Gleichwohl aber möglich, soweit es um die Beitrags-Rechtsbeziehung der Teilnehmer geht. Vgl. dazu die Fälle des unmöglichen Beitrags, z. B.: BGH VI. ZS v. 15.01.1963, VersR 1963, 433, in denen sich die Situation ganz so wie beim Austauschvertrag darstellt. Entweder ist das Risiko des unverschuldeten Untergangs der Leistungsfähigkeit des ausfallenden Gesellschafters nur von diesem (Anpassung) oder vom Verband gemeinschaftlich (keine Anpassung) zu tragen. Daher wird für solche Fälle auch das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage favorisiert: vgl. H. P. Westermann, Hdb GesR I (Stand 1996) Rn 535. 28 So ein moderner Ansatz zur Bestimmung des Maßstabs und des Zwecks der Geschäftsgrundlagenlehre vgl. etwa: Köhler, Festgabe 50 Jahre BGH I (2000) S. 295, 299 ff.; Roth, MüKo BGB II (5. Aufl. 2007) § 313 Rn 22; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (9. Aufl. 2004) § 38 (S. 698 ff.) „Grundanliegen“ (S. 699). Übersicht über verschiedene Ansätze bei J. Schmidt, Staudinger BGB (Vorauflage 12. Aufl. 1983) § 242 Rn 843 ff. 29 Vgl. dazu zum Beispiel die Entscheidungen zur Übertragung der Mitgliedschaft, insbesondere die „Porta-Entscheidung“ BGH II. ZS v. 20.10.1986, JZ 1987, 95 oder die Sanierung der Girmes AG, BGH II. ZS v. 20.03.1995, BGHZ 129, 136. Der Erhalt der Verbandswerte wie des Verbands selbst wirkt sich bei Gelingen gleichermaßen positiv auf den dissentierenden Gesellschafter aus. 30 Dies kann im Recht der Austauschverträge bei der Anwendung der Geschäftsgrundlagenlehre durchaus anders sein, da dort eher eine Obliegenheitsverletzung der von der Risikorealisierung betroffenen Partei anzunehmen sein kann, eine Regelung anzustrengen, um eine gemeinsame Risikozuordnung zu begründen.
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solange ist keine Bestimmung darüber getroffen. Unterhalb dieses Sachverhalts ist nicht ersichtlich, warum dann bei der Vorhersehbarkeit der relevanten Umstände die „einfach“ erforderliche Änderungsnotwendigkeit qualifiziert werden sollte, warum dort also größere Unbilligkeiten zu ertragen sein sollten, bevor eine Anpassung erzwungen werden kann. Dies gilt umso mehr wegen der unvollständigen Natur der Verbandsverfassung. Danach ist die Voraussehbarkeit kein Kriterium des Anpassungsfalls. 2. Positive Regelung des die Änderungsnotwendigkeit begründenden Umstands
Der Umstand, der die Änderungsnotwendigkeit begründet, kann bereits in der Verfassung geregelt sein. Ist für den Tod eines Gesellschafters die Auflösung des Verbands vorgesehen (§ 727 I BGB, § 131 Nr. 4 HGB aF) oder für die Kündigung durch den Privatgläubiger der Ausschluss des betreffenden Gesellschafters normiert (§ 131 III Nr. 4 HGB), so besteht bereits eine Regelung für diesen Fall. Der BGH hat trotzdem eine Stimmpflicht für möglich befunden und auch positiv entschieden.31 Damit führt die Stimmpflicht zu einem Zugriff auf die Regelung, die gerade diesen Fall erfasst. Im Fall der Kündigung durch den Privatgläubiger ging die Rechtsprechung sogar darüber hinaus und begründete aus den geregelten Rechtsfolgen eine zufällige, also nicht gerechtfertigte Gestaltungsmacht des änderungsunwilligen Gesellschafters.32 Bedenken gegen diese Handhabe liegen bei erstem Zusehen auf der Hand: Der eingetretene Umstand ist durch seine Berücksichtigung und die Normierung einer Rechtsfolge „positiv“ geregelt,33 die Verfassung erfasst ihn und bedarf danach keiner Anpassung für diesen Fall. Diese Betrachtung bliebe allerdings ganz formal. Nach dem Grund der Regelung würde dabei nicht gefragt. Solches eben unternimmt die Rechtsprechung in den jeweiligen Fällen. Die Liquidation der Personengesellschaft dient dem Interesse ihrer Mitglieder.34 Durch die Beendigung der laufenden Geschäfte und die Befriedigung der Gläubiger (§ 149 S. 1 HGB) sollen die Gesellschafter von ihrer Haftung befreit und ein verbleibendes 31
BGH II. ZS v. 21.10.1985, „Witwenfall“, WM 1986, 68. RG II. ZS v. 18.05.1942 „Finanzamtfall“ RGZ 169, 153; BGH II. ZS v. 06.02.1964, WM 1964, 420. 33 Im Unterschied zur negativen Regelung bei möglicher Vorhersehbarkeit, die nur keine Abweichung für den bestimmten Fall erklärt. Dazu siehe hier § 11 B. I. 1. Vorhersehbarkeit der Änderungsnotwendigkeit. 34 Vgl. etwa K. Schmidt, MüKo HGB II (2. Aufl. 2006) § 145 Rn 29; Habersack, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 145 Rn 4: Durch den Fortbestand der persönlichen Haftung (§ 159 HGB) sind die Gläubiger hinreichend geschützt. 32
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Vermögen zur Verteilung verflüssigt werden. Die Kündigung durch den Privatgläubiger soll den Vermögenswert der Gesellschaftsbeteiligung durch das Ausscheiden im Auseinandersetzungsguthaben freimachen.35 In den entsprechenden Entscheidungen entfiel jeweils der Zweck der Regelungen. Die Liquidation war für die Witwe entbehrlich, soweit sie vollwertig abgefunden und von den entsprechenden Haftungen freigestellt wurde. Auf das Auseinandersetzungsguthaben des Schuldners kam es zur Befriedigung des Gläubigers nicht an, da er zuvor anderweitig befriedigt wurde. Die konkrete Verfassungsregelung griff in diesen Fällen weiter, als es nach ihrem Zweck geboten war, erfasste durch die erforderliche Abstraktion bei ihrer Begründung zweckwidrig weitere Fälle. Man könnte insofern von einer „verdeckten Lücke“36 der vertraglichen Regelung sprechen. Deshalb konnte die Rechtsprechung die Anpassung in der konservativen, auf den Erhalt der Rechtsbeziehung gerichteten Weise erlauben, indem sie den Anwendungsbereich der verfassungsmäßigen Anpassungsklausel (Auflösung bei Tod, Ausscheiden bei Kündigung durch Privatgläubiger) nach deren Zweck begrenzte. Damit wurde darauf abgestellt, dass der änderungserhebliche Umstand (Tod, Kündigung durch den Privatgläubiger) die vorgesehene Rechtsfolge (Auflösung, Ausscheiden) in dem jeweiligen Fall (Vollabfindung und Haftungsfreistellung, Befriedigung vor Inanspruchnahme) gar nicht erfassen musste. Mit dieser Argumentation wird nicht die Regelung überwunden, sondern allein nach ihrem eigenen Maß gewertet, ihre Reichweite aufgrund ihres Zwecks (teleologische Reduktion37) vermessen. Es macht insofern 35
Vgl. etwa Ulmer/C. Schäfer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 725 Rn 1; C. Schäfer, Staub HGB III (5. Aufl. 2009) § 135 Rn 1. 36 Larenz, Methodenlehre (6. Aufl. 1991) S. 377, 391 ff.; Bydlinski, Methodenlehre (1982) S. 480 f. Von einer verdeckten Lücke sei dann zu sprechen, wenn das Gesetz zwar die eine Regelung für den Fall enthalte, diese aber nach Sinn und Zweck nicht passe, weil sie die für die Bewertung gerade bestimmter Fälle deren Besonderheit außer Acht lasse. Die Lücke bestehe in dem Fehlen der Einschränkung. 37 Zum Verhältnis von teleologischer Reduktion und Einschränkung nach § 242 BGB, vgl. Looschelders/Olzen, Staudinger BGB (2009) § 242 Rn 345 ff. Von einer teleologischen Reduktion wird allgemein nur bei der Gesetzesauslegung gesprochen, vgl. etwa Larenz, Methodenlehre (6. Aufl. 1991) S. 391 ff. Dort ist die Wortlautgrenze wegen der abstrakt generellen Funktion und dem offenen Adressatenkreis im Gegensatz zum begrenzten Anwendungsbereich des Rechtsgeschäfts eine besondere Hürde bei der Inhaltsermittlung. Umgekehrt ist der dem tatsächlichen Verständnis falsche Wortlaut bei Konsens im Rechtsgeschäft unerheblich (falsa demonstratio non nocet), etwa Larenz/Wolf, AT BGB (9. Aufl. 2004) § 28 III. 1. (S. 517); Neuner, FS-Canaris I (2007) S. 901, 912 f. Dies bedeutet aber nicht, dass eine rechtsgeschäftlich begründete Regelung nicht ebenso an ihrem – einen solchen vorausgesetzt – objektiven Zweck zu messen sein kann, sofern kein außerhalb der Regelung stehender vorrangiger Parteiwille vorliegt. Auch wenn bei Gesetzen ein Zweck aus der systematischen Ordnung im Gesamtgefüge und des generellen Anspruchs eher zu ermitteln ist, als bei einer individuellen Vereinbarung (so Medicus, FS-
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dem Grunde nach keinen Unterschied, ob die Fehlleistung der Parteien in dem Übersehen des Regelungsbedarfs durch Nichtregelung oder in dem Nichtsehen der Einschränkung durch Überregelung erfolgt.38 Der eingetretene Fall ist nicht abgeschlossen geregelt. Durch die Begrenzung des Anpassungstatbestands auf seinen Regelungszweck ist damit der Raum für eine Anpassung an den eingetretenen Umstand bereitet. Danach muss bei der Frage, ob auch im Falle der Regelung des änderungserheblichen Umstands eine Anpassung erzwungen werden kann, differenziert werden. Sofern die Regelung sich als abgeschlossen darstellt und ihrem Zweck nach gerade auch den eingetretenen Fall erfassen soll, ist keine erzwungene Anpassung möglich. Ergibt sich aber, dass die Regelung weiter reicht, eine verdeckte Lücke für den in Frage stehenden Fall aufweist, so ist die Anpassung durch Stimmpflichten nicht ausgeschlossen. Entscheidend ist die durch Auslegung zu ermittelnde Reichweite der gebildeten Regelung. 3. Anfängliche Änderungsnotwendigkeit – Zeitmoment
a) Ausschluss bei anfänglicher Änderungsnotwendigkeit Die Erforderlichkeit der Änderung kann bereits mit der Begründung der Verbandsverfassung bestehen (anfängliche Änderungsnotwendigkeit). Die Fälle sind in der Rechtsprechung sehr selten aufgetreten und wurden von der Lehre nicht problematisiert. Die anfängliche Änderungsnotwendigkeit bestand in einem Fall („Konservatoriumsleitung“) hinsichtlich der mangelnden Eignung eines Gesellschafters für die Geschäftsleitung, die dieser ausdrücklich vertraglich ausbedungen hatte.39 In einem anderen Fall, „Konzessionsfall“, waren die vereinbarten Beiträge nicht geeignet, der Gesellschaft Flume (1978) S. 629, 640 f.), so ist gerade bei Regelungen der Verbandsverfassung deren Einbindung in den Gesamtkomplex zu sehen. Dieser erlaubt eher als bei schlichten Austauschverträgen den Blick auf das objektive Ziel der Regelung. Damit kann der Gedanke der teleologischen Reduktion auch für privatautonom begründete Regelungen fruchtbar gemacht werden, so auch Köhler, Festgabe 50 Jahre BGH I (2000) S. 295, 302, 309; vgl. aber kritisch zur allgemeinen Vergleichbarkeit der Auslegung von Rechtsgeschäft und Gesetz wegen unterschiedlicher Funktion Larenz, Methodenlehre (6. Aufl. 1991) S. 346 f. 38 Für Gesetze ebenso: Honsell, FS-Mayer-Maly (1996) S. 369, 383. Zur Vergleichbarkeit der Gesetzes- mit der Vertragslücke Larenz/Wolf, AT BGB (9. Aufl. 2004) § 28 VI. 3. (Fn 131). 39 RG II. ZS v. 06.11.1923 „Konservatoriumsleitung“ JW 1924, 671: Das RG entschied, dass die Anpassung möglich sein müsse und der änderungswillige Gesellschafter nicht in die Alternative von Auflösung oder Hinnahme gezwungen werden könne.
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die Verfolgung des vereinbarten Zwecks zu ermöglichen.40 Bei der anfänglichen Änderungsnotwendigkeit entfällt derjenige Legitimationsgedanke, der aus der Dauerhaftigkeit eine notwendige Unvollständigkeit des Rechtsverhältnisses folgert. Fraglich ist, ob stattdessen allein der Geltungsanspruch des gesamten Regelungskomplexes gegen die mangelhafte Einzelregelung gewogen werden kann.41 Die unzulängliche Einzelbestimmung (inkompetent besetzte Geschäftsführung, unzureichende Beiträge) kann sich wenigstens mittelbar auf den Fortbestand des gesamten Regelungskomplexes auswirken und die Mitglieder dadurch zur Auflösung zwingen. Damit steht das Recht an dieser Stelle vor der Frage, ob es nur der einzelnen Regelung die Anerkennung insofern versagt, als dass eine Änderungspflicht begründet wird, oder ob es die Bindungswirkung des größeren Rahmens, die Einigung auf den gesamten Regelungskomplex, durch die Auflösungsmöglichkeit bzw. den sehenden Auges hingenommen „Untergang“ reduziert.42 Es müsste mithin der Geltungsanspruch des Ganzen (Verbandsverfassung) gegen den des Einzelnen (änderungsbedürftige Regelung) gewogen werden. Diese Abwägung erscheint ob der Komplexität der in der Verfassung begründeten Ordnung nicht ausgeschlossen. So wie es dem Parteiwillen nicht entsprechen kann, die Bindung in statische Verhältnisse zu begründen, so kann es dem Parteiwillen grundsätzlich nicht entsprechen, die Bindung bei jeder Unzulänglichkeit obsolet werden zu lassen. Entscheidend ist, der jeweiligen Regelung ihren Rang zuzuweisen, zu prüfen, ob es sich um einen unersetzlichen Bestandteil der Zweckbindung der Parteien, „eine unvertretbare Äußerung der Privatautonomie“ handelt43 oder ob der Grundkonsens in veränderter Gestalt durch die Anpassung aufrechterhalten wer40 BGH II. ZS v. 24.05.54 „Konzessionsfall“, BGH LM Nr. 8 zu § 105 HGB: Der BGH stellte fest, dass es nicht genüge, dass die Vertragsänderung zur Vertragsdurchführung erforderlich sei. Es müssten besondere Umstände hinzutreten, die nicht vorgelegen hätten. 41 So geht das RG II. ZS v. 06.11.1923 „Konservatoriumsleitung“ JW 1924, 671 vor, während der BGH diese Überlegung – vor allem wohl wegen § 306 BGB aF – gar nicht vornimmt: II. ZS v. 24.05.54 „Konzessionsfall“, BGH LM Nr. 8 zu § 105 HGB. 42 Faktisch kann auch dem Zwang, die unzulängliche Regelung zu ertragen, diese Wirkung zukommen, wie das Beispiel der „Konservatoriumsleitung“ zeigt, RG II. ZS v. 06.11.1923, JW 1924, 671. 43 Dafür sprechen in der arbeitsteilig gegründeten GbR im Fall des Reichsgerichts, „Konservatoriumsleitung“ II. ZS v. 06.11.1923, JW 1924, 671, gute Gründe. Die Leitung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs durch die Klägerin als maßgeblicher Beitrag, wie als maßgebliche Einflussnahmemöglichkeit auszuschneiden und dieser danach die Stellung eines bloßen Kapitalgebers und Haftungsträgers aufzuzwingen, verkehrt den Charakter der Beteiligung und lässt sich im Hinblick auf die Anfänglichkeit der Störung schwerlich als Anpassung begreifen.
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den kann.44 Maßgeblich ist der durch Auslegung gewonnene Stellenwert der Regelung. Dies mag insofern unglücklich erscheinen, als dass die Bestimmung des Rangs nur für die jeweilige Verfassung zu entwickeln ist. Dabei ist gerade diese Anbindung an den individuellen Parteiwillen zur rechtlichen Durchsetzung dessen unumgänglich. In anderer Weise lässt sich das Spannungsverhältnis zwischen dem Erhalt des störungsresistent gewollten Gesamtkomplexes der Verbandsverfassung auf der einen und der begrenzten Bindung der Mitglieder auf der anderen Seite nicht lösen. Danach erscheint, und das ist hier wichtig, auch im Fall der anfänglichen Änderungsnotwendigkeit eine Anpassung durch eine Stimmpflicht nicht ausgeschlossen. b) Negative Wägung der anfänglichen Änderungsnotwendigkeit Eine besondere Berücksichtigung in der Interessenabwägung nimmt die anfängliche Änderungsnotwendigkeit regelmäßig bereits aus tatsächlichen Gründen ein. Typischerweise wird das anfängliche Defizit auch zeitnah erkannt werden. Der Anpassungsfall verhält sich also nah an der Gründung, der Verbandsprozess ist damit nicht weit fortgeschritten. Deshalb erreicht die, durch eine faktische Bindung an das Unternehmen begründete, mangelnde rechtsgeschäftliche Ausweichmöglichkeit der Parteien allgemein wohl einen deutlich geringeren Stellenwert. Auch sind die im Verband über die Beiträge hinaus gebildeten Werte im Verlauf des kurzen Betriebs regelmäßig gering. Auf diese Fakten ist im Rahmen der Abwägung besonders zu achten. In rechtlicher Hinsicht weicht der Fall zunächst nicht von sonstigen, auf den Erhalt des Regelungskomplexes gerichteten Fällen ab. Es wird in gleicher Weise geprüft, ob der Gesamtkomplex unter Aufgabe einer einzelnen Regelung erhalten werden kann. Da die Legitimation aus der Dauerhaftigkeit des Verbandsversprechens aber entfällt, wird man dieses „Minus“ in der Abwägung mitberücksichtigen müssen. Die Situation stellt sich damit grundsätzlich insgesamt etwas „träger“ dar.45 4. Ursache der Änderungsnotwendigkeit – interne/externe Umstände
Die Änderungsnotwendigkeit kann sich unabhängig vom Verhalten der Mitglieder ergeben. Verändert sich die Rechts- oder allgemeine Wirtschafts44
Dies wäre im Blick auf die Sachlage im „Konzessionsfall“, BGH II. ZS v. 24.05.54, BGH LM Nr. 8 zu § 105 HGB eher denkbar. Schwierigkeiten liegen hier vorwiegend in der Zumutbarkeit der Anpassung. 45 Anders stellt das Institut der Geschäftsgrundlage das anfängliche Fehlen und den nachträglichen Fortfall der Geschäftsgrundlage grundsätzlich gleich, vgl. § 313 II BGB.
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lage, beispielsweise durch Gesetzesnovellen oder Inflation, so haben die Mitglieder darauf keinen Einfluss (externe Änderungsnotwendigkeit). Fraglich ist, ob daher die Anpassung erleichtert sein kann. Im Vergleich dazu zeigen sich Situationen, in denen die Mitglieder die Anpassungsnot selbst verursacht haben (interne Änderungsnotwendigkeit). Weist die Verfassung Lücken auf, etwa weil insofern in der Gründung keine Einigung erzielt werden konnte,46 oder begründet eine Misswirtschaft eine Notlage,47 könnte der Vorwurf zu erheben sein, die Mitglieder hätten sich in anderer Weise, einer besseren Planung oder Führung des Unternehmens, von der Not einer Anpassung befreien können und seien damit weniger auf die erzwungene Anpassung angewiesen. Weder die Rechtsprechung noch die Lehre haben diese Differenzierung unternommen. Dieser Herangehensweise wird man sich anschließen können. Der Vorwurf einer mangelhaften Planung oder Vermeidbarkeit der Anpassungsnotwendigkeit ist, auch wenn die Mitglieder diese selbst verursacht haben, nicht zu erheben. So wenig wie die Vorhersehbarkeit des Änderungserfordernisses die Anpassungspflicht beeinträchtigen kann, so wenig lässt sich eine bessere Planung dem unvollständigen Rechtsverhältnis vorhalten. Ein solcher Vorhalt wäre auch an alle Mitglieder gleichermaßen zu richten, könnte sich also gegenüber dem änderungswilligen Teil nicht besonders auswirken. Danach ist nicht ersichtlich, weshalb für extern begründete Änderungserfordernisse eine erleichterte, für selbst verursachte Fälle dagegen eine erschwerte Anpassung zu begründen sein sollte. Die Ursache der Änderungsnotwendigkeit ist kein Kriterium für die Abwägung. 5. Zusammenfassung Änderungsnotwendigkeit – Ausnahmefall
Die mögliche Vorhersehbarkeit des die Änderungsnotwendigkeit begründenden Umstands spielt für die Abwägung keine Rolle. Da die Verbandsverfassung von den Teilnehmern im Bewusstsein ihrer Unvollständigkeit und der daraus folgenden Offenheit begründet wird, kann diese Begrenzung nicht bestehen. Bedeutung kommt dem Kriterium allein als Auslegungsindiz insofern zu, als dass offensichtlich voraussehbare Umstände in aller Regel zum negativ geregelten Bereich der Verfassung zu zählen sind. Dagegen schließt die positive Regelung des änderungsbegründenden Umstands in der Verbandsverfassung grundsätzlich eine Anpassung für diesen Fall aus. Sofern in der Regelung bereits ein willenslegitimierter Anpassungsmechanismus vorhanden ist, erscheint es nicht möglich, die Verbands46 47
BGH II. ZS v. 20.10.1986 „Porta-Entscheidung“, JZ 1987, 95. BGH II. ZS v. 20.03.1995, „Girmes“, BGHZ 129, 136.
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verfassung für diesen Fall in anderer Weise fortzuschreiben. Eine solche Anpassung würde sich als Eingriff gegen den gebundenen Parteiwillen darstellen und wäre nicht zu rechtfertigen. Anderes ist nur dann möglich, wenn der Anpassungsmechanismus seinerseits unvollkommen ist. So wurde beispielhaft herausgestellt, dass die drakonischen Folgen von Auflösung und Ausschluss auch bei Eintritt des Tatbestands von Tod und Kündigung durch den Privatgläubiger nicht von dem Zweck ihrer Regelung gedeckt sein können. Ist durch die teleologische Reduktion der Regelung keine abgeschlossene Verfassungsgestaltung für den eingetretenen Umstand gegeben, bleibt die Anpassung möglich. Die anfängliche Änderungsnotwendigkeit ist besonders zu beachten. Es entfällt der Legitimationsgedanke aus der Dauerhaftigkeit des Rechtsverhältnisses. Dies ist in der Abwägung zu berücksichtigen. In tatsächlicher Hinsicht spricht zudem eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine geringere Bindung an den Verband und die dort gebildeten Werte, welcher eine erhöhte Ausweichmöglichkeit der Parteien entspricht. Der Ursprung der die Änderungsnotwendigkeit begründenden Umstände ist nicht zu wägen, da den Mitgliedern auch für die aus ihrer Sphäre stammenden Umstände nicht der Vorwurf einer besseren Planung gemacht werden kann. Zudem müsste dieser Vorwurf alle Mitglieder gleichermaßen treffen. II. Erforderlichkeit Die durch die Stimmpflicht verfolgte Vertragsanpassung muss erforderlich sein. Das Merkmal der Erforderlichkeit verlangt nach seiner Konkretisierung dahin, wozu die Stimmpflicht erforderlich sein soll (unter 1.). In einem ersten Schritt soll dazu festgestellt werden, wer überhaupt tauglicher Interessenträger einer Änderungspflicht sein kann (unter a)). In einem zweiten Schritt sind aus den Interessen dieser Interessenträger diejenigen herauszustellen, die im Rahmen der Stimmpflicht auf der Verfassungsebene schützenswert sind (unter b)). Im Anschluss können Erwägungen über die Dringlichkeit des Anpassungsbedarfs angestellt werden (unter 2.).
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1. Geschützter Interessenträger und geschütztes Interesse
a) Geschützter Interessenträger – Verbands-, Mitgliedsund Drittinteressen aa) Verbands- und Mitgliedsinteressen Der Verband ist bei der Mitgliedsentscheidung über die Änderung seiner Verfassung, also seiner selbst, nicht Souverän oder Gegenüber der Mitglieder sondern als ein Regelungskomplex der Mitglieder bloßer Gegenstand der Änderung. Deshalb können auf der Ebene der Verbandsverfassung Verbandsinteressen keine Bedeutung besitzen. Der Verband scheidet als Interessenträger auf dieser Ebene nach dem hier entwickelten Verständnis der Mitgliedsautonomie zwingend aus. Maßgeblich sind allein die Interessen der Mitglieder.48 Es konnte daher allein danach differenziert werden, ob sich das Mitgliedsinteresse auf den Verband richtet oder auf individuelle mitgliedschaftliche Ziele. In dieser Weise wird in der Lehre eine abfallende Schutzwürdigkeit jener Belange behauptet und denjenigen, die auf den Verband gerichtet sind, eine größere Bedeutung beigemessen.49 Dabei handelt es sich aber nicht länger um die Frage nach dem Interessenträger, sondern um die Frage des geschützten Interesses. Dieses ist im Schutzgegenstand der Erforderlichkeit (unter b) dd)) näher zu erforschen. An dieser Stelle bleibt festzuhalten, dass nicht der Verband, sondern allein die Mitglieder Interessenträger auf der Verfassungsebene sind. bb) Drittinteressen Für die Verbandspersonen wurde von Hennrichs die Berücksichtigung auch externer Interessenträger gefordert.50 Seine Argumentation aus den Verfassungsgewährleistungen von Eigentumsbindung und Berufsfreiheit verlangt nach einer Bezugnahme auf das „Jahrhundertthema“51 Grundrechte und Privatrecht.52 Die mittelbare Geltung der Verfassungsnormen im Privatrecht über die Einbruchstellen der Generalklauseln, insbesondere §§ 138 und 242 BGB, wie unbestimmter Rechtsbegriffe ist gesicherte Er48
Siehe dazu hier § 2 A. II. 2. b) Verbands- oder Mitgliedsautonomie? Vgl. dazu hier § 7 B. II. 2. a) aa) Verbandsinteressen gegenüber Mitgliedsinteressen. 50 Vgl. hier § 8 C. 2. Drittinteressen – Externe Interessenträger. 51 So Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999) S. 9. 52 Es geht Hennrichs – mangels einer Rückwirkung der erzwungenen Zustimmung – dabei nämlich nicht um einen Verkehrs- oder Vertrauensschutz der Dritten gegenüber der gebildeten Ordnung. 49
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kenntnis.53 Sie könnte die notwendige Legitimation liefern. Für die mittelbare Geltung der Grundrechte muss aber ein Rechtsverhältnis unter den Beteiligten bestehen: „Hier wirkt der Rechtsgehalt der Grundrechte über das Medium der das einzelne Rechtsgebiet unmittelbar beherrschenden Vorschriften, insbesondere der Generalklauseln und sonstigen auslegungsfähigen und ausfüllungsbedürftigen Begriffe, die im Sinne dieses Rechtsgehalts ausgelegt werden müssen, auf dieses Rechtsgebiet ein“.54 Dies ist eben die mittelbare Geltung der Grundrechte. An dem in Frage stehenden Rechtsverhältnis der Verbandsverfassung sind die Arbeitnehmer, andere Gläubiger und die Allgemeinheit aber nicht beteiligt. Hier würden die Grundrechte der Betroffenen Dritten überhaupt erst zur Begründung ihrer Berücksichtigung verwendet. Damit ist die Schwelle zur unmittelbaren Grundrechtsbindung aber überschritten. Präziser kann man mit Canaris55 formulieren, dass in dieser Weise nicht mehr eine Bindung der hoheitlichen Gewalt an die Grundrechte erfolgen würde, sondern der Privaten. Hennrichs beruft sich zur Rechtfertigung insofern auf eine vermeintlich normschaffende Tätigkeit des Richters in den Fällen der Vertragsanpassung. Wenn gleiche Geltung der Grundrechte für den gestaltenden Gesetzgeber und den abwägenden Richter gefordert wird, wird die Grenze zwischen legislativer Gewalt und judikativer Gewalt aber durchbrochen.56 Sofern man in den Generalklauseln einen Auftrag zur richterlichen Normsetzung sieht (Delegationsfunktion),57 so kann dieser nur im Rahmen der delegierten Befugnis gelten. Damit wäre auch ein richterlicher Norm(aus)bildungsauftrag auf die Verhältnisse inter partes begrenzt. Der Geltungsgrund jeder Treubindung ist auf die rechtliche wie faktische Bindung der Teilnehmer des Verbands gegründet. Eine mögliche Verantwortung aus dem Unternehmensbetrieb für Dritte bzw. für den Unternehmensbetrieb selbst ist hierfür nicht maßgeblich.58 Die Lehre vom „Unternehmen 53 Vgl. nur: BVerfG I. Senat v. 15.01.1958, „Lüth-Urteil“, BVerfGE 7, 198, 204 f.; BVerfG II. Senat v. 23.04.1986, BVerfGE 73, 261, 268 ff. st. Rspr.; Teichmann, Soergel BGB II (12. Aufl. 1990) § 242 Rn 44 f.; Hohloch, Erman BGB I (12. Aufl. 2008) § 242 Rn 30. 54 BVerfG II. Senat v. 23.04.1986, BVerfGE 73, 261, 269. 55 Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999) S. 92 ff. 56 Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999) S. 24 beschreibt den Schluss vom Gesetzgeber auf den Richter daher als unzulässige petitio pricipii. 57 So etwa bei Keßler, Staudinger BGB (Vorauflage: 12. Aufl. 1991) Vor § 705 Rn 40; ausführlich jüngst Röthel, Normkonkretisierung (2004) S. 49 ff.; aA etwa Auer, Materialisierung (2005) S. 42 f., 96 ff., 132 ff. nach der die Generalklauseln Folge und nicht Grund einer a priori privatrechtssystemimmanenten Materialisierung und richterlichen Kompetenz zur Rechtsfortbildung sind. 58 Hennrichs, AcP 195 (1995) S. 221, 256 sieht in der Berücksichtigung des Interesses der Mitglieder durch die Instanzgerichte (Nachweise bei Hennrichs) im Fall
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an sich“59 mit dem darin angelegten Eingriff in die Einbettung der Unternehmung in die Privatautonomie60 ist nicht zu rechtfertigen. Der Schutz Dritter ist in ihrem Verhältnis zum Verband (also etwa im Arbeitsrecht) oder im zwingenden Gesetzesrecht des jeweiligen Typs (also etwa Haftungs- oder Kapitalschutzvorschriften) zu bilden. Der verbleibende dispositive Raum steht den Gesellschaftern frei. Die Berücksichtigung von Interessen Dritter, die nicht an der in Frage stehenden Rechtsbeziehung der Verbandsverfassung beteiligt sind, ist an dieser Stelle grundsätzlich nicht systemgerecht.61 Sie in der Treubindung verankern zu wollen, hieße hier durch die „Hintertür“ wieder den Gedanken vom „Unternehmen an sich“ bzw. einer allgemeinen „Loyalitätspflicht“ des Unternehmers gegenüber seinem Unternehmen einführen zu wollen. Mit F. Hey kann letztlich festgestellt werden, dass die Berücksichtigung von Allgemeininteressen die Vertragspartner schlicht überfordert.62 Das Verbandsrechtsverhältnis leistet einen Interessenausgleich der Teilnehmer der gemeinsamen Unternehmung. Dieser Interessenausgleich ist im gegenseitigen Einvernehmen bei Gründung und Beitritt zu erreichen, indem ein jeder seine Interessen wahrnimmt. Verlangt man darüber hinaus die Berücksichtigung von Drittinteressen, so wird die Konsensfähigkeit der Parteien durch das unabsehbare zusätzliche Interessengeflecht überfordert. In dieser Richtung müssen geschriebene, zwingende Normen des Gesellschaftsrechts den notwendigen Ausgleich leisten. Drittinteressen sind danach im Rahmen der Treubindung nicht berücksichtigungsfähig.63
„Girmes“, BGH II. ZS v. 20.03.1995 „die Verhältnisse gründlich auf den Kopf gestellt“. Das Interesse der Mitglieder, die Gläubiger zu höheren Forderungsverzichten zu veranlassen, um einen besseren Kapitalschnitt zu erreichen, sei wegen deren Finanzierungsverantwortung „überhaupt nicht rechtlich geschützt“ (S. 257 [Hervorhebung dort]). Dieser Auffassung wird man sich nicht anschließen können. Eine Sanierungspflicht gegenüber den Gläubigern besteht nicht. „Eine alleinige Reorganisationsverantwortung der Eigentümer erscheint trotz ihrer primären Finanzierungsverantwortung für die ihnen gehörende Gesellschaft nicht gerechtfertigt“: Eidenmüller, Unternehmenssanierung (1999) S. 780. 59 Zur Lehre vom „Unternehmen an sich“ vgl. hier § 2 A. II. 2. b) bb) Wiederkehr der Lehre vom Unternehmen an sich? 60 Vgl. zu dieser Kritik C. Weber, Privatautonomie (2000) S. 209. 61 Vgl. ähnl. Wiedemann, FS-Canaris I (2007) S. 1281, 1289: Die Gesellschafter behielten die Verfügungshoheit über das Gesamtvermögen, der Gesellschaftsvertrag sei kein Vertrag zugunsten Dritter, kein „Bündnis für Arbeit“. 62 F. Hey, Gestaltungsfreiheit (2004) S. 120 f.; ähnl. Koller, FS-Canaris II (2007) S. 147, 168 f. 63 Schließlich lässt sich aus dem Fallmaterial der Rechtsprechung dafür auch keine Not erkennen.
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cc) Ergebnis Geschützte Interessenträger sind allein die Mitglieder. Der Verband kann auf der Ebene der Verbandsverfassung schlicht keine Interessen haben. Die am Rechtsverhältnis Verbandverfassung unbeteiligten Dritten sind in ihrem Verhältnis zum Verband, wie durch zwingendes Gesetzesrecht des jeweiligen Typs, nicht in dem der Inhaltsfreiheit belassenen Raum der Verbandsverfassung zu schützen. b) Geschützte Interessen Das Ziel der Verfassungsänderung kann auf unterschiedliche Mitgliedsinteressen gerichtet sein. Es stellt sich danach die Frage, welche Interessen der Mitglieder geeignet sind, eine zumutbare Änderung zu erzwingen. In der Bestandsaufnahme der Lehre konnten drei verschiedene Schutzrichtungen im Zweck-, Regelungs- und Wertschutz festgestellt werden. Nach der Fallanalyse der Rechtsprechung konnte das Material dem Werterhalt (unter Einschluss der Vermeidung zu erwartender Verluste) einerseits und dem Regelungserhalt (sei es des gesamten Komplexes, also des Verbands, oder einzelner Bestimmungen daraus) andererseits zugeordnet werden. Im Folgenden soll jeweils mit Blick auf die Grundlagen und die Fundamentalkritik jeder Schutzbereich geprüft werden. aa) Verfolgung des Gesellschaftszwecks Ein schutzfähiges Interesse der Mitglieder könnte in der Verfolgung des Gesellschaftszwecks bestehen. Der gemeinsame Zweck ist konstitutives Element der privaten Verbände.64 Da der Verband der gemeinsamen Zweckverfolgung dient, könnte die Verfassungsänderung dann erforderlich sein, wenn der Gesellschaftszweck eine Anpassung verlangt. Soweit der Gesellschaftszweck in dem Betrieb eines Unternehmens besteht, wären dessen Erfordernisse maßgebend. Fehlt es etwa an Personal oder Mitteln, um die im Zweck fixierte Prosperität des Betriebs zu erreichen, stellt sich die Frage nach der Anpassung (also etwa einer Aufnahme weiterer Gesellschafter oder einer Kapitalerhöhung). Eine solche zweckgerichtete Anpassung kann nach vernünftigen kaufmännischen Überlegungen geboten sein. Fraglich ist, ob diese auch im Wege der Zustimmungspflicht erzwungen werden kann, wie es in der Lehre zum Teil angenommen wird.65 64 Vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 1 I. 1. b) (S. 8 f.); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 4 I. 2., II. 1. (S. 59 ff.).
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Mit dem hier entwickelten Verständnis von der Verbandssouveränität als der Mitgliedsautonomie, dem zu Grunde gelegten Verständnis der begrenzenden Funktion der Verbandsverfassung und der Legitimation der Treubindung aus der Dauerhaftigkeit bzw. Störungsresistenz des Geltungsanspruchs des Verbandsversprechens ist eine derartige Bestimmung der Erforderlichkeit allerdings nicht zu vereinbaren. Die Entscheidung über die Verbandsverfassung ist Ausübung von Mitgliedsautonomie. Die Mitglieder handeln nicht als Organ des Verbands, das mitgliedschaftliche Stimmrecht auf der Verfassungsebene wird nicht vom Verband gewährt. Daher gibt es auf dieser Ebene keine immanente Bindung der Stimmrechtsausübung an die Belange des Verbandszwecks.66 Aus diesem Gesichtspunkt kann die Zweckbindung mithin nicht gerechtfertigt werden. In gleicher Weise verschließt sich die Funktion der Verbandsverfassung selbst einer derartigen Bestimmung der Erforderlichkeit. Die Verbandsverfassung dient gerade dazu der flexiblen Zweckverfolgung durch die Geschäftsführung einen Rahmen zu geben.67 Die Mitglieder reduzieren in der Verfassung die offene Zweckrichtung auf ein begrenztes Engagement in ihren abgeschlossenen Beiträgen: § 707 BGB iVm §§ 105 III, 161 II HGB, § 53 III GmbHG, § 180 AktG. Zugleich werden den Beiträgen korrespondierende Gewährleistungen von Einfluss (Stimmrechte) und Teilhabe (Gewinnrechte) geschaffen, die sich gleichermaßen als Bedingungen der Zweckverfolgung darstellen. Der Sinn der Verbandsverfassung kann gerade darin gesehen werden, über den Ausgleich der Mitgliederinteressen untereinander hinaus, einen Ausgleich zwischen dem insofern immer begrenzten, weil wirtschaftlichen Interesse der Teilnehmer und den Unabsehbarkeiten der Zweckerfordernisse zu begründen. Auch dies spricht gegen die eigenständige Berücksichtigung von Zweckbelangen in der Erforderlichkeit. Die hier entwickelte Legitimation der Treubindung ist auch nicht geeignet, eine Zweckrichtung der Erforderlichkeit zu tragen. Die allgemeine Legitimation der Zustimmungspflicht besteht in der faktischen Fremdbestimmungsmacht jeder bzw. im Mehrheitsprinzip der qualifizierten Minderheit.68 Bedeutung erhält diese Fremdbestimmungsmacht vor allem deshalb, weil die Verbandsverfassung als komplexer Regelungszusammenhang auf 65 Vgl. dazu hier § 7 B. II. 2. a) bb) (1) Zweckgerichtete Erforderlichkeit, sowie § 8 C. I. 3. Schutzgegenstand – zweck-, wert- und rechtsorientierte Erforderlichkeit. 66 Vgl. hier § 2 A. II. 2. b) Verbands- oder Mitgliedsautonomie? 67 Vgl. auch Koller, FS-Canaris II (2007) S. 147, 153: Die These, der Gesellschaftszweck habe bei einer Änderung der Verhältnisse größere Bedeutung als der Rahmen aus Einlagen, Gewinnverteilung etc. sei unbewiesene petitio principii. 68 Siehe dazu hier § 3 A. II. Besonderer Geltungsgrund auf der Ebene der Verfassung – Mitgliedsautonomie bei Fremdbestimmung duch Mehrheit und Minderheit.
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lange Dauer auch in einer veränderlichen Umwelt Geltung beanspruchen können muss.69 Insofern muss der Verfassung eine gewisse Reaktionsfähigkeit gegeben sein. Deshalb konnte von einem offenen und unvollständigen Rechtsverhältnis gesprochen werden. Die Unvollständigkeit resultiert aus der Komplexität und der Dauer der Verbandsverfassung, nicht aus den unabsehbaren Erfordernissen der Zweckverfolgung. Soweit in der Lehre mit einem allgemeinen Zweckförderversprechen argumentiert wird,70 kann dem nicht zugestimmt werden. Weder ist ein solches allgemeines Zweckförderversprechen noch ein Bedürfnis für seine Konstruktion zu erkennen. Schließlich erscheint nach der Auswertung der Rechtsprechung auch das Bedürfnis für eine Ausrichtung der Erforderlichkeit am Gesellschaftszweck gering. Im gesamten Fallmaterial der Rechtsprechung ist die gesellschaftszweckmäßige Verfassungsänderung nicht systematisch herauszubilden gewesen.71 Danach können zwecknützliche Maßnahmen nicht mit der Treupflicht auf der Ebene der Verbandsverfassung erzwungen werden.72 bb) Regelungserhalt Ein schutzfähiges Interesse liegt in dem Erhalt der gebildeten Regelungen bzw. des Regelungskomplexes Verband. In dieser Weise wird nur die Willensbindung der Teilnehmer geschützt und erhalten. Ein mit diesem Ziel begründeter Eingriff in die Stimmrechtsfreiheit lässt sich unmittelbar aus dem Geltungsanspruch des Verbandsversprechens selbst erklären. Insofern kann an dieser Stelle vollständig auf die vorangegangenen Erörterungen verwiesen werden.73 In der Rechtsprechung wurde in einigen Fällen der Schutz einzelner Regelungen innerhalb der Verfassung nicht gewährleistet, sondern das Durch69 Hinzu tritt die Möglichkeit der Einflussnahme auf die dem Rechtsverhältnis ausgesetzten Werte der anderen Mitglieder. 70 Vgl. hier § 7 B. II. 2. a) bb) (1) Zweckorientierte Erforderlichkeit. 71 Allein im „Staudammfall“ BGH II. ZS v. 27.04.1970, WM 1970, 904 wurde eine einfach sinnvolle Maßnahme zur Zweckverfolgung, Kapitalerhöhung zur Ausweitung des Unternehmensbetriebs (Errichtung des namensgebenden Staudamms), erzwungen. Der Entscheidung kann dabei im Ergebnis kaum zugestimmt werden. Ferner ist der Fall insofern zu vernachlässigen, als dass der BGH hier vorrangig der Stimmrechtsbindung unter zwei Gesellschaftern eine Grenze ziehen wollte. 72 Die Mitglieder haben andere Möglichkeiten, wenn sie eine stärkere Zweckbindung herstellen möchten. Sie können dazu außerhalb der Verfassung eine entsprechende vorvertragsähnliche Verpflichtung treffen oder eine Anpassungsklausel mit entsprechendem Zweckbezug in die Verbandsverfassung selbst aufnehmen. 73 Vgl. hier § 3 A. II. Besonderer Geltungsgrund auf der Ebene der Verfassung – Mitgliedsautonomie bei Fremdbestimmung duch Mehrheit und Minderheit und § 10 Zur Zulässigkeit von Stimmpflichten.
§ 11 Abwägungserhebliche Kriterien – Zustimmungspflicht
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schlagen der Störung auf die gesamte Verbandsexistenz gefordert.74 Diese Zurückhaltung der Rechtsprechung kann wohl aus der Schwierigkeit bei der Anpassung einzelner Regelungen erklärt werden. Regelmäßig handelte es sich um die Anpassung von Äquivalenzbeziehungen (bspw. die Regelung des Geschäftsführerentgelts, des Gewinnverteilungsschlüssels, etc.). Dort besteht bei der Anpassung stets die Gefahr, die Risikoverteilung der Parteien zu unterlaufen. Dieser Gefahr ist durch eine entsprechend sorgfältige Ermittlung der Risikoverteilung zu begegnen. Soweit sich danach der Anpassungsbedarf zum Erhalt des Regelungssinns, nicht zur Vermeidung von als unbillig empfundenen Auswirkungen, hinreichend deutlich erklären lässt, muss auch Teilen der Verbandsverfassung ein vergleichbarer Schutz wie dem gesamte Regelungskomplex gewährleistet werden. Der Erhalt des gesamten Regelungskomplexes wie einzelner Bestandteile dessen ist daher tauglicher Schutzgegenstand der Zustimmungspflicht. Problematisch an einer auf den Verbandserhalt gerichteten Erforderlichkeit ist, dass das Schicksal des Verbands mit dem Schicksal des von ihm betriebenen Unternehmens verwoben ist. Die Verbandsexistenz, mithin der Erhalt der gebildeten Rechtsbeziehung der Teilnehmer, ist von dem Erfolg bei der Verfolgung des Gesellschaftszwecks abhängig. Ineffizienzen in der Zweckverfolgung durch den Unternehmensbetrieb können und werden sich in ungestörtem Wettbewerb mittel- bis langfristig auf die Existenz des Verbands auswirken (Insolvenz). Eine primär gesellschaftszweckmäßige Änderung kann danach mittelbar auf den Erhalt des Verbands selbst ausgerichtet sein. In diesen Fällen ist der Schutzgegenstand zuvörderst in dem Erhalt des gebildeten Regelungskomplexes, also einem Erhalt der rechtlichen Bindung zu sehen. Die Grenze ist insofern fließend, als dass die allgemeine Prosperität der Verbandstätigkeit zugleich dem diese tragenden Verband Sicherheit bietet. Eine Abgrenzung ist gleichwohl erforderlich, soll das Kriterium des Schutzgegenstands nicht einer Erosion preisgegeben werden. Nicht jede der Zweckförderung dienliche Maßnahme kann mit dem Hinweis auf den mittelbaren Verbandserhalt (Erhalt des Regelungskomplexes) gerechtfertigt werden. Deshalb muss eine besondere Qualität für die auf den Regelungserhalt gerichteten Maßnahmen gefordert werden. Dazu bietet sich zur Abgrenzung gegenüber den einfach sinnvollen Maßnahmen der Zweckförderung für eine auf den Verbandserhalt gerichtete Änderung folgendes Kriterium an: Die Gefährdung für den Verband muss aus dem Unterlassen eben gerade der in Frage stehenden Änderung resultieren. Die unterlassene Änderung darf nicht nur dem langfristigen Verbandserhalt in irgendeiner Weise abträglich sein, sondern muss sich unter verständiger Würdigung der Gesamtumstände als ausschlaggebend im Sinne einer wertend zu bestim74
Siehe dazu hier § 6 D. III. 3. Erhalt einzelner Regelungen als Schutzzweck.
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menden Alleinverantwortung erweisen.75 Damit sind alle einfach auf die Prosperität gerichteten Maßnahmen ausgeschlossen. cc) Werterhalt Wie die Arbeit weiter gezeigt hat, besteht auch ein Bedürfnis für den Schutz der in den Verband eingebrachten und im Verband gebildeten Werte der Mitglieder. Die Möglichkeit, mit der Zustimmungsverweigerung eine Verfassungsänderung zu blockieren, kann erheblichen Einfluss auf die auchfremden Werte besitzen. Zur Rechtfertigung eines darauf gerichteten Eingriffs kann wieder verwiesen werden.76 Dabei kann es nicht genügen, dass sich die erstrebte Verfassungsänderung als einfach wirtschaftlich sinnvoll darstellt. Es kann stets nur darum gehen, zu bestimmen, ob sich die Einflussnahme auf den auch-fremden Wert noch von der gebundenen Willensentscheidung gedeckt sieht. Ist dies nicht der Fall, so muss diese „ungerechtfertigte“ Einflussnahmemöglichkeit durch die Treubindung kontrolliert werden können. dd) Verbandsbezogene und mitgliedsbezogene Erforderlichkeit Die abfallende Schutzwürdigkeit von den Verbands- zu den Mitgliedsinteressen, die in der Lehre zur Konkretisierung der Erforderlichkeit erklärt wurde,77 konnte bezüglich des Interessenträgers nicht aufrechterhalten werden.78 Denkbar erscheint insofern allenfalls danach zu differenzieren, ob sich das mitgliedschaftliche Interesse am Regelungs- oder Werterhalt auf den Verband bezieht, also auf ein gemeinsames Interesse, oder lediglich auf ein individuelles, mitgliedschaftliches Interesse einzelner. Beispielhaft für die verbandsbezogene, gemeinbezogen ausgebildete Erforderlichkeit stehen solche Fälle, in denen der gesamte Verband erhalten werden soll (Erhalt des Regelungskomplexes) oder dem Verband assoziierte Werte geschützt werden 75 Beispiel mag hier die Verweigerung sein, einen ganz untragbaren Gesellschafter auszuschließen oder einem altersbedingten Wechsel zuzustimmen. Das Fortwirken dessen bzw. die Vakanz durch den Arbeitsausfall allein kann geeignet sein, den ganzen Verband zu ruinieren. Der Mangel stellt sich dann nicht nur als einfacher Umstand dar, der für den Verband gefährlich ist. 76 Vgl. § 3 A. II. 2. Faktische Fremdbestimmung durch negative Gestaltung einer Minderheit (Einschränkung faktischer Autonomie) und und § 10 Zur Zulässigkeit von Stimmpflichten. 77 Vgl. dazu hier § 7 B. II. 2. a) aa) Verbandsinteressen gegenüber Mitgliedsinteressen. 78 Siehe hier § 11 B. II. 1. a) aa) Geschützter Interessenträger – Verbands-, Mitglieds- und Drittinteressen.
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sollen. Für die mitgliedsbezogene, individuell ausgebildete Erforderlichkeit steht dagegen der Erhalt einzelner Regelungen zugunsten bestimmter Mitglieder (beispielsweise der Erhalt der Äquivalenz einer Geschäftsführungsvergütung oder eines Gewinnverteilungsschlüssels) bzw. der Erhalt individueller Werte (Haftungsvermeidung durch Auflösung bzw. Veräußerung79 oder Heilung der verdeckten Sacheinlage80). Auch insofern ist aber die Legitimation für eine Differenzierung fraglich. Eine geringere Schutzwürdigkeit der individuellen Interessen ist aus der Verfassungsordnung nicht zu gewinnen. Eine Unterordnung der Individualbelange unter die Kollektivbelange findet dort nicht statt. Jedes verfassungsmäßig erfasste Mitgliedsinteresse steht gleichberechtigt neben den Interessen der Gesamtheit am Verbandsbetrieb. Auch der Geltungsgrund, der wesentlich auf den Erhalt der Bindung und die Kontrolle der Einflussnahme auf die gebundenen Werte abstellt, bietet keinen Anhaltspunkt für diese Unterscheidung. Individualnützliche Verfassungsbestandteile müssen insofern den gleichen Schutz der dauerhaften Bindung genießen wie individuelle Werte. Danach bliebe – soweit ersichtlich – allein die Möglichkeit auf abstrahierte Abwägungsbelange abzustellen. Man könnte in dem kollektiv nützlichen, verbandsbezogenen Anpassungsbegehren zum einen einen größeren Gesamtnutzen vermuten und zum anderen damit argumentieren, dass auch der dissentierende Gesellschafter Nutznießer der Veränderung ist. Dies mag in der jeweiligen Abwägung des Einzelfalls Relevanz besitzen. Im Umkehrschluss daraus aber abstrakt einen geringeren Schutz der individuell-nützlichen Verfassungsänderung zu begründen, ist abzulehnen. Damit ist das Kriterium von einer abfallenden Schutzwürdigkeit der Kollektiv- zu den Individualbelangen auch im Hinblick auf den tauglichen Interessenträger der Mitgliedschaft nicht generell aufrecht zu erhalten. ee) Ergebnis Das Ziel der Verfassungsänderung kann in einem Erhalt der gebildeten Regelung bzw. Teilen derer und in einem Schutz der dem Verband assoziierten Werte bestehen. Die Zweckverfolgung bildet dagegen keinen Schutzgegenstand. Zwischen verbandsbezogenen und individual-mitgliedschaftlichen Anpassungsbegehren ist nicht zu differenzieren. Beiden Interessenrichtungen kommt gleicher Schutz zu.
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Vgl. BGH II. ZS v. 17.12.1959, „Auflösungsfall“ NJW 1960, 434; OLG Köln v. 09.03.1999, NZG 1999, 1166. 80 BGH II. ZS v. 07.07.2003, „Heilung der verdeckten Sacheinlage“, BGHZ 155, 329.
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Teil 4: Gesamtbefund 2. Intensität des Anpassungsbedarfs und Eignung des Mittels
a) Intensität des Anpassungsbedarfs Die begehrte Verfassungsänderung muss mithin stets auf eines der beiden Schutzziele von Regelungs- oder Werterhalt gerichtet sein. Dagegen lässt sich die Intensität des Anpassungsbedarfs kaum mehr präzisieren. Eine besondere Qualität des Anpassungsfalls, also etwa eine besonders schwere Beeinträchtigung der geschützten Interessen, zu fordern, erscheint vor dem Hintergrund ihrer Bestimmung nicht zielführend.81 Jeder Anpassungsbedarf, der auf einen Erhalt der Regelungen unter veränderten Umständen oder einen Erhalt von Werten gerichtet ist, genügt, um die Abwägung einzuleiten. Eine „Erforderlichkeitsschwelle“ besteht damit nur in dem Schutzgegenstand, nicht in einer zumutbarkeitsunabhängig zu qualifizierenden Gefahr für diesen. Von einer „Ermessensreduzierung auf Null“ sollte – jedenfalls für den Bereich der erzwungenen Zustimmung – nicht gesprochen werden.82 Ermessen drückt eine Freiheit im Rahmen einer grundsätzlichen Verantwortung aus. Die Freiheit ist danach begrenzte Ausnahme gegenüber der Regel der Verantwortung. So liegt es bei der Kontrolle der Einzelstimme aber nicht, da die Mitglieder für die ablehnende Stimmhaltung zur Verteidigung des status quo der Verfassung keine grundsätzliche Verantwortung tragen.83 In gleicher Weise erscheint es auch nicht gerechtfertigt, die Abwägung erst dann zu erlauben, wenn der Anpassungsbedarf gewiss ist. Insbesondere bei solchen Maßnahmen, die auf den Erhalt von Werten gerichtet sind, kann es nötig sein, die Verfassungsänderung in zeitiger Vorsorge zu erreichen, um den begehrten Schutz zu realisieren. Damit geht immer eine gewisse Unsicherheit über die Entwicklung der Verhältnisse einher. Es wäre insofern unverhältnismäßig, den bloß wahrscheinlichen Anpassungsbedarf grundsätzlich auszuschließen. Die Wahrscheinlichkeit einer alternativen Entwicklung – ohne Anpassungsbedarf – ist insofern in der Abwägung der Zumutbarkeit hinreichend zu berücksichtigen. Ob dem änderungsunwilligen Teil das Risiko auferlegt werden kann, einer entsprechenden Verfassungsänderung zuzustimmen, die sich im Rückblick als überflüssig erweisen kann, bedarf daher der Abwägung. Dazu sind die betroffenen Interessen und die Fehlerwahrscheinlichkeit zu berücksichtigen. 81 In der Analyse der Rechtsprechung konnte zwar die Gefahr als existenziell beschrieben werden (vgl. hier § 6 D. VI. 1. b) Erforderlichkeit), doch wurde damit für den Wert- und Regelungserhalt keine besondere Schwelle begründet. 82 So etwa Kunze, Stimmpflichten (2004) S. 143 ff. mwN; Lutter, JZ 1995, 1053, 1055. 83 Siehe dazu hier § 3 A. II. 2. Faktische Fremdbestimmung durch negative Gestaltung einer Minderheit (Einschränkung faktischer Autonomie).
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b) Einschätzungsprärogative einer Mehrheit Das Begehren, die Zustimmung zu erzwingen, stellt sich häufig seitens einer Mehrheit, die die erforderliche Einigungsschwelle nicht erreicht. Dies ist aber keine grundsätzliche Voraussetzung der Treubindung. Der BGH hat zwar etwa in der „Girmes“- Entscheidung leitsatzhaft hervorgehoben, dass ein Mitglied nicht das mehrheitlich verfolgte Sanierungskonzept blockieren dürfe.84 Dem ist die Literatur grundsätzlich gefolgt.85 Allgemein zeigt sich die Rechtsprechung aber nicht davon abhängig, dass der zustimmungspflichtige Beschluss von einer – unterhalb der Gesetzes- oder der Satzungserfordernisse liegenden – „Mehrheit“ getragen wird. Gegenüber der hier aus der Sachnotwendigkeit der angestrebten Änderung – nicht aus einem selbständigen Schutz der Mehrheitsbildung bzw. des Einigungsvorgangs – begründeten Erforderlichkeit wäre diese Einschränkung auch kaum nachzuvollziehen. So wird auch in der Lehre, soweit die Einschränkung in der Aussage der Rechtsprechung als problematisch wahrgenommen wird, der Zweck dieser bestritten.86 Aus diesen Gründen wird man dem Umstand, wie groß der Anteil der Befürworter der Vertragsanpassung ist, auch in der Abwägung kein Gewicht beimessen können. c) Eignung des Mittels Die Änderung muss grundsätzlich geeignet sein, das Schutzziel zu erreichen. Sie darf dabei nicht weiter reichen. Die Anpassung ist also auf das mildeste Mittel der Anpassung begrenzt.87 Es kann aber nicht gefordert werden, dass die Verfassungsänderung – wiederum vorrangig im Fall des 84 BGH II. ZS v. 20.03.1995, BGHZ 129,136, 137; ähnlich BGH II. ZS v. 10.06.1965, BGHZ 44, 40, 42: In besonders gelagerten Fällen könne die Treubindung auch bezüglich einer Anpassung des Geschäftsführergehalts in Betracht kommen, z. B. wenn in einer vielgliedrigen Gesellschaft die meisten Mitglieder die Erhöhung zusagen wollen; ähnl. Bezug zu den Mehrheitsverhältnissen auch in BGH II. ZS v. 13.03.1989, NJW-RR 1989, 993. 85 Vgl. etwa Henze/Notz, GroßKomm AktG (4. Aufl. Stand 2004) Anh § 53 a Rn 111; Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht (5. Aufl. 2006) Rn 3.306 f. (S. 202 f.). 86 Ganssmüller, DB 1965, 1893, 1898; Eidenmüller, Unternehmenssanierung (1999) S. 780 macht zudem auf praktische Probleme bei der Bestimmung einer solchen, größere Richtigkeitsgewähr verbürgenden „Mehrheit“ (50% oder vielleicht schon 30%) aufmerksam. 87 Dabei kommt es darauf an, die faktisch geringste Belastung des dissentierenden Teils zu erreichen. Beispiele sind aus der Rechtsprechung bekannt. So kann die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln zur Anpassung des Stammkapitals vorrangig vor der effektiven Kapitalerhöhung gegen Einlagen verlangt werden: BGH II. ZS v. 23.03.1987, „GmbH-Novelle II“, ZIP 1987, 914; so kann die drohende Vakanz des altersbedingt zu Rückschritten gezwungenen Komplementärs auch ohne
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Werterhalts – mit Sicherheit zum Erfolg führt. Auch eine nur wahrscheinliche Maßnahme ist, ist diese zumutbar, zu erzwingen. III. Zumutbarkeit – Schutzwürdigkeit kollidierender Interessen 1. Kollidierende Interessen
Die Zumutbarkeit stellt die Passivseite der Interessenabwägung im Treupflichtfall dar. In ihr sind all diejenigen Positionen zu erarbeiten, die gegen die Stimmpflicht gelten. Als Folge einer zweck- bzw. verbandstreuhänderischen Ausübung des Stimmrechts auch in Verfassungsfragen wurde von Lettl die Verzichtbarkeit des Merkmals der Zumutbarkeit erklärt.88 Dies ist mit der hier erarbeiteten Konzeption vom Stimmrecht in Verfassungsfragen und der daraus nicht am Gesellschaftszweck orientierten Erforderlichkeit nicht vereinbar. Einem so begründeten Verzicht des Zumutbarkeitsmerkmals sind daher die gleichen Bedenken entgegengesetzt, wie sie gegen das Verständnis der Verbandsautonomie in Verfassungsfragen erarbeitet wurden.89 Gleichwohl zeigt Lettl mit seiner Erklärung, dass das Legitimationsmodell und die darauf basierende Konkretisierung der Erforderlichkeit geeignet sind, die Zumutbarkeitsseite zu bestimmen. An diesen Gedanken ist auf der Suche nach einer abstrakt erfassbaren Bestimmung der Zumutbarkeit anzuknüpfen. Es liegt die Vermutung nah, dass auf der Basis der hier entwickelten Legitimation der Stimmpflicht und der Konkretisierung der Erforderlichkeit eine Aussage für die Zumutbarkeit oberhalb von Leerformeln, wie den „im Einzelfall zu prüfenden schutzwürdigen Belangen des Betroffenen“, gewonnen werden kann. a) Das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen als Ausgangspunkt H. P. Westermann erklärt die Zumutbarkeit – unter anderem – mit dem notwendig betroffenen Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen.90 Dass derjenige, der von Rechts wegen verpflichtet wird, in einer bestimmten, ihm vorgegebenen Weise abzustimmen, nicht frei ist in seiner Selbstbestimmung, mithin darin betroffen ist, liegt auf der Hand. Ohne einen Blick auf die Ursache dieser Unfreiheit wird man aber die Bedeutung für die in Frage stehende Position, die „Schutzwürdigkeit“ dieses Interesses, nicht richtig Übertragung des Gesellschaftsanteils durch eine partielle Fremdgeschäftsführung behoben werden: OLG München v. 05.02.1997, NJW-RR 1997, 611. 88 Siehe dazu hier § 7 B. II. 3. b) Verzichtbarkeit des Zumutbarkeitsmerkmals. 89 Vgl. hier § 2 A. II. 2. b) Verbands- oder Mitgliedsautonomie? 90 H. P. Westermann, FS-Hefermehl (1976) S. 225, 227.
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gewichten können. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Erforderlichkeit zum Teil maßgeblich aus der Vertragstreue, also aus dem freiwillig dauerhaft und störungsresistent begründeten Geltungsanspruch des Regelungskomplexes (Erhalt des Regelungskomplexes) wie seiner einzelnen Teile (Einzelregelungserhalt) erklärt. In einer darauf ausgerichteten Anpassung soll mit der Stimmpflicht nur diese materiell bestehende Bindung vollzogen werden. Für diesen Teil der Erforderlichkeit stellt sich der notwendige Zugriff auf das Selbstbestimmungsrecht vorwiegend als Zugriff auf den formalen Akt der Selbstbestimmung, also auf die Handlung der Stimmabgabe dar. Denn es wird damit dem Grunde nach keine andere Bindung erzwungen als diejenige, die in freier Selbstbestimmung gebildet wurde. Vollzieht die Stimmbindung aber in der so erklärten Erforderlichkeit die ursprüngliche Bindung in eine neue Gestalt, so findet sie ihre Legitimation auch aus dem alten Bindungsversprechen. Sie bedeutet danach nur denjenigen Verlust an Selbstbestimmung, der bereits der ursprünglichen Bindung immanent ist. Dieser Gedanke gilt für den Erhalt einer Einzelregelung in vollem Umfang und für den Erhalt des Regelungskomplexes in dem Umfang, wie dieser gegenüber dem in der Änderung zu überwindenden Teil erhalten bleiben soll.91 Für eine auf den Werterhalt ausgerichtete Erforderlichkeit kann dies dagegen so nicht gelten. Der die Treubindung des Stimmrechts eröffnende Gedanke ist dort ein anderer. Es wird nicht wie für den Regelungserhalt die Bindung unter veränderten Umständen vollzogen. Vielmehr ist im Rahmen des Werterhalts zu prüfen, ob die faktische Einflussnahme auf die auchfremden Werte durch die Obstruktion gegenüber dem Änderungsbegehren noch durch die ursprüngliche Bindung gedeckt ist. Ist sie es, kommt eine werterhaltende Änderungsverpflichtung nicht in Betracht. Ist sie es nicht, bedarf die Einflussnahme – dann mangels rechtsgeschäftlicher Legitimation durch den Betroffenen – der Kontrolle durch die begleitende ungeschriebene Rücksichtnahmepflicht der Treubindung. Damit richtet sich der Blick in der wertbezogenen Erforderlichkeit nicht auf die Kontinuität der Bindung, sondern geradezu umgekehrt auf die Grenzen der Bindung. Diese Grenzen eröffnen die Möglichkeit einer Kontrolle des Stimmrechts, halten aber noch keine Lösung bereit. Daher ist für den Werterhalt das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen – mangels Bindung für diesen Fall – in vollem Umfang abwägungsrelevant. Damit bleibt festzuhalten, dass das Selbstbestimmungsrecht des von dem Änderungsbegehren Betroffenen im Fall des Werterhalts vollständig, im Fall 91 Der Gedanke lässt sich im Ansatz auch in der Rechtsprechung nachvollziehen, als dass dort im Rahmen der Zumutbarkeit nur die änderungsbezogene Fortsetzung, nicht die Fortsetzung überhaupt zu wägen ist, vgl. dazu hier § 6 C. I. 1. b) Analyse.
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des Erhalts des Regelungskomplexes soweit, wie ein Teil dessen zugunsten des Ganzen überwunden werden soll, und für den Erhalt einer Einzelregelung gar nicht zu berücksichtigen ist. Fraglich ist, wie das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen zu wägen ist. Soweit das Selbstbestimmungsrecht des Dissentierenden betroffen ist, soweit ist auch eine „tatsächliche“ Betroffenheit, also die Auswirkung der Änderung auf jedes „natürliche“ Interesse (Gewinnanteil, Stimmanteil, Einflussnahmeposition, Liquidationsanteil, Person des Mitunternehmers, etc.) maßgeblich.92 Die „tatsächlich“ betroffenen Interessen können durch einen hypothetischen Vergleich der Situation, die sich mit der Verfassungsänderung ergeben soll, und derjenigen, die sich ohne die Verfassungsänderung ergeben würde, ermittelt werden.93 b) Rechtssicherheit – Schutzwürdiges Vertrauen in den formellen Bestand der Verfassungsordnung Jeder Anpassungsfall auf der Basis der hier bestimmten Erforderlichkeit wahrt nach Vorgesagtem den Grundsatz der Vertragstreue (pacta sunt servanda). Es wird nicht aus der faktischen Not für ein „billiges“ Ergebnis seine Durchbrechung legitimiert. Der Gedanke ist ein anderer. Jeweils geht es um ein Auseinanderfallen von materiellem und formellem Geltungsanspruch der Verfassung. Im Fall des Regelungserhalts ist die formelle Geltung an die materielle Geltung anzupassen, wenn die alte Bindung in die veränderten Umstände einzupassen ist. Im Fall des Werterhalts ist nach der Begrenzung der formellen Geltung durch die materielle Geltung der aus der faktischen Einflussposition entstehende, ungeregelte Konflikt zu lösen. Bis92 Soweit das Selbstbestimmungsrecht nicht betroffen ist, also im Fall des Erhalts einer Einzelregelung vollständig, bei dem Erhalt des Komplexes, soweit nicht ein Teil zugunsten des Ganzen geändert werden soll, verbleibt auch für eine Prüfung der „tatsächlichen“ Betroffenheit kein Raum. Dies lässt sich etwa an dem Fall des OLG München, v. 22.12.2000, NZG 2001, 558, zur Anpassung des Gewinnverteilungsschlüssels verdeutlichen: Soweit die alte Regelung erhalten werden soll, wird derjenige, der aus der verfehlten Auswirkung der Regelung Profit zieht, nicht anführen können, die Änderung sei ihm unzumutbar, da er durch die erforderliche Anpassung einen bestimmten Wenigererlös aus dem Gesellschaftsverhältnis hat. Diese finanzielle Betroffenheit kann auf der Zumutbarkeitsseite danach nicht gewogen werden. 93 Je nachdem, inwiefern die Erforderlichkeit von einer Vorsorge für zukünftige Entwicklungen ausgeht, wird sich der Vergleichszeitpunkt weiter in die Zukunft verlagern. Jedes Interesse, das ohne die Verfassungsänderung geschützt bleibt, mit dieser aber nicht erreicht werden kann, ist betroffenes Interesse der Verfassungsänderung. Damit besteht eine erhebliche Schwierigkeit in der Handhabe der Treupflichtbindung für den Änderungswilligen in dem Nachweis der in der Prognose zu beweisenden Zumutbarkeit. Dies mag für die Leistungsfähigkeit des Treupflichtmodells zur Anpassung ernüchternd wirken, ist aber unter dem Gesichtspunkt des Individualschutzes des mit der Zustimmungspflicht konfrontierten Mitglieds unverzichtbar.
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lang ist dabei der formelle Geltungsanspruch nicht berücksichtigt worden. Die konkrete Fassung des Regelungskomplexes, die formelle Geltung der Verfassung, ist allerdings höchst bedeutsam. Grundsätzlich müssen die Mitglieder darauf vertrauen dürfen, dass in der konkreten Fassung ihrer Verbandsordnung die materielle Geltung korrekt abgebildet ist. Wenn das Auseinanderfallen von Inhaltsdarstellung (formelle Geltung) und Inhalt (materielle Geltung) nicht als Ausnahmefall begriffen wird, verliert die konkret gebildete Ordnung ihren Sinn. Nur die Verlässlichkeit der Form erlaubt eine problemlose laufende Handhabe der Regelungen und gibt den Mitgliedern Orientierungsgewissheit, Rechtssicherheit.94 Die Bedeutung der Rechtssicherheit ist nicht wegen der offenen, unvollständigen Natur des Regelungskomplexes Verbandsverfassung95 vollständig zu negieren.96 Auch wenn sich das Rechtsverhältnis in dynamischen Verhältnissen behaupten muss, haben sich die Mitglieder mit der einvernehmlichen Anpassung im Einstimmigkeits- und Mehrheitssystem ein Instrument 94 Plastisch Bydlinski, Methodenlehre (1982) S. 314: „Infolge der verbreiteten menschlichen Neigung, im Zweifelsfall stets den Standpunkt für richtig zu halten, der den eigenen Interessen entspricht, ist ja eine unsichere Rechtslage geeignet, psychologisch unter den Beteiligten eine Stimmung zu schaffen, die der Aufrechterhaltung des friedlichen Zustands nicht günstig ist“. Dabei verlangt das Prinzip der Rechtssicherheit grundsätzlich dreierlei von einer Regel, um „sicheres Recht“ zu sein. Die Regel soll erstens möglichst klar und bestimmt sein, um ihre Anwendung im Einzelfall möglichst berechenbar zu machen (Rechtsklarheit, Berechenbarkeit). Die Regel soll eine gewisse Verlässlichkeit in ihrem eigenen Bestand verbürgen, soll also nicht allzu leicht, oft oder schwerwiegend geändert werden (Rechtsbeständigkeit). Die Regel soll schließlich auch durchsetzbar sein, also von einer Autorität geschützt werden (Rechtsverwirklichung, Effektivität). Vgl. zu diesen verschiedenen Anforderungen der Rechtssicherheit etwa: Esser, FS-Rittler (1957) S. 13 ff.; Henkel, Rechtsphilosophie (2. Aufl. 1977) S. 437 ff.; Bydlinski, Methodenlehre (1982) S. 325 f.; Kaufmann, Rechtsphilosophie (2. Aufl. 1997) S. 191 ff.; Zippelius, Rechtsphilosophie (5. Aufl. 2007) S. 222 ff. Im Privatrecht wird die Seite der Rechtsbeständigkeit wegen grundsätzlich einvernehmlicher Regelbildung (oder einer „unmittelbareren“, „näher“ liegenden, abgeleiteten Legitimation bei der fremden Änderung, Bsp. hier Mehrheitsprinzip) gegenüber der hoheitlichen Regelbildung durch die Legislative deutlich vernachlässigt werden können. Vorliegend ist der Blick daher auf die Frage der Rechtsklarheit zu richten, wenn Form und Inhalt von einander abweichen. 95 Vgl. dazu hier § 3 A. I. 3. Unvollständiges, offenes und zweckgerichtetes Rechtsverhältnis. 96 Ebenso ist die Annahme auszuschließen, der Eingriff in den formellen Bestand sei durch die Kriterien der Zustimmungspflicht hinreichend konkret vorherbestimmt, dass eine Gefahr für die Rechtssicherheit gar nicht gegeben sei. Dies wird man – trotz der zahlreichen Judikate und der umfangreichen Behandlung in der Wissenschaft – solange nicht annehmen können, solange nicht die Generalklausel zugunsten von klaren Tatbeständen überwunden ist – eine angesichts der Komplexität der Anpassungs- bzw. Konfliktmöglichkeiten wenigstens ziemlich abwegige Vorstellung.
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gegeben, auf diesen Anpassungsdruck zu reagieren. Dieses Instrument ist gegenüber einer erzwungenen Anpassung nach dem hier erklärten Modell der Treubindung vorrangig. Im Regelfall sind die Mitglieder nicht auf eine Anpassung aus der alten Bindungswirkung angewiesen. Das Verhältnis von Regel (Einvernehmlichkeit) und Ausnahme (Zwang durch Treupflicht) ist insofern durch die Legitimation der Ausnahme nicht berührt. Danach kann die Ausnahmemöglichkeit auch nicht geeignet sein, die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in den formellen Bestand der Verfassung generell zu erschüttern. Das Vertrauen bleibt mithin grundsätzlich schützenswert. Eine aus der Generalklausel abzuleitende Anpassungspflicht der Verbandsverfassung betrifft mithin das Interesse der Mitglieder an einem rechtssicheren Zustand. Wie dieses Vertrauen in den formellen Bestand gegenüber der Erforderlichkeit zu bewerten ist, bzw. ob dazu überhaupt eine Aussage möglich ist, ist nicht einfach zu ermitteln. Wiedemann stellt für Wissenschaft und Praxis fest, dass die Rechtssicherheit überwiegend als absoluter Wert im deutschen Zivilrecht verstanden werde. Der Hinweis auf die Rechtssicherheit bilde häufig „den krönenden Schlussstein des Argumentationsgebäudes, der nicht weiter abgestützt oder „hinterfragt“ wird“.97 Unter den Betroffenen findet Esser dagegen wenig Einsicht für den Wert der Rechtssicherheit. Das „Wohlfahrtsdenken der Rechtsgenossen“ habe für den Institutionenschutz kein Verständnis und wolle den Konflikt zwischen Rechtswert und Einzelgut stets zugunsten des letzteren entschieden sehen.98 Einigkeit besteht in der wissenschaftlichen Betrachtung generell dahin, dass sich die Rechtssicherheit in einem grundlegenden Spannungsverhältnis zu einer ohne Rücksicht auf diese gebildeten „Einzelfallgerechtigkeit“,99 „Sachgerechtigkeit“100 oder „materialen Gerechtigkeit“101 befinden kann.102 Die selbstän97
Wiedemann, FS-Larenz (1973) S. 199. Esser, summum ius (1963) S. 22, 25; ähnl. auch schon Esser, FS-Rittler (1957) S. 13, 15. 99 Auer, Materialisierung (2005) S. 46. 100 Wiedemann, FS-Larenz (1973) S. 199, 211. 101 Herschel, JZ 1976, 727, 732. 102 Vgl. Essser, summum ius (1963) S. 22, 23: Es liege eine nie voll auflösbare Antinomie „in der Notwendigkeit des „Recht muss Recht bleiben“ gegenüber anderen Anforderungen der Sittlichkeit und Billigkeit, des Vertrauensschutzes, von Treu und Glauben, der Rücksicht auf das Zumutbare oder wie all diese das klare Recht je nach den Umständen begrenzenden Faktoren heißen mögen“; Kaufmann, Rechtsphilosophie (2. Aufl. 1997) S. 192; jüngst ausführlich Auer, Materialisierung (2005) S. 46 ff. mwN.; v. Arnauld, Rechtssicherheit (2006) S. 637 ff. Wird die Rechtssicherheit als Bestandteil „der“ Gerechtigkeit begriffen, ist ein Widerspruch dieser gegenüber nicht möglich, etwa Herschel, JZ 1976, 727, 732 mwN; jüngst etwa v. Arnauld, Rechtssicherheit (2006) S. 645 ff. Daraus erklären sich die Differenzierungen zur materiellen, Sach- oder Einzelfallgerechtigkeit. Gerechtigkeit besteht da98
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dige Schutzwürdigkeit der Rechtssicherheit kann dabei „auch die Geltung ungerechten und unzweckmäßigen Rechts rechtfertigen“.103 Das Spannungsverhältnis verlangt nach einem nicht pauschal zu leistenden rechtsgebiets-, konflikt- oder situationsbezogenen Ausgleich.104 Gerade diesen gilt es hier in der Abwägung zwischen Erforderlichkeit und Zumutbarkeit zu entwickeln. Nähere Kriterien, nach denen die Bewertung der Schutzwürdigkeit des Vertrauens in den Bestand der formellen Geltung im Einzelfall erfolgen kann, lassen sich dazu allerdings wohl kaum gewinnen. c) Ergebnis Gegenüber jeder Ausprägung der Erforderlichkeit ist durch die Rechtssicherheit verbürgende Verlässlichkeit der Form der Verfassung ein schutzwürdiges Interesse der Mitglieder in dem Vertrauen auf die formelle Geltung betroffen. Darin kann auch eine deutliche „Eingangsschwelle“ für die Fälle der erzwungenen Vertragsanpassung gefunden werden, die allein aus der Konkretisierung der Erforderlichkeit nicht erklärt werden konnte.105 Gegenüber der auf einen Erhalt des Regelungskomplexes und der auf den Werterhalt gerichteten Erforderlichkeit ist das Selbstbestimmungsrecht des Dissentierenden und daraus folgend die „tatsächliche“ Betroffenheit von Bedeutung. 2. Zumutbarkeitserhebliche Umstände
Für verschiedene Umstände stellt sich die Frage, ob sie geeignet sind, Einfluss auf die Zumutbarkeit zu begründen. Dazu gehört die Frage, welche Bedeutung verfassungsmäßigen Wertentscheidungen der Mitglieder zukommt, welche Relevanz das Näheverhältnis oder ein Vorverhalten der Parteien besitzt, ob dem Dissentierenden ein alternatives Austrittsrecht eingeräumt wird, ob die Motivation des Dissentierenden berücksichtigungsfähig ist, ob die Art der erzwungenen Handlung von Bedeutung ist, ob die Verantwortung für das ablehnende Ergebnis in der Beschlussbildung erst bei nach erst dann, wenn die Spannung zwischen Billigkeit und Rechtssicherheit in praktischer Konkordanz aufgelöst wird. 103 Radbruch, Gesamtausgabe II (1993 Stand 1932) S. 315. 104 Wiedemann, FS-Larenz (1973) S. 199, 211 ff. zeigt die verschiedene Bedeutung der Rechtssicherheit in verschiedenen Bereichen des Rechts auf, zust. Henkel, Rechtsphilosophie (2. Aufl. 1977) S. 439. Radbruch, Gesamtausgabe II (1993 Stand 1932) S. 315 sieht dagegen den grundsätzlichen Widerspruch zwischen den Prinzipien als dergestalt gleichwertig an, dass „nur die Entscheidung des Einzelgewissens“ maßgeblich sein könne. 105 Vgl. hier § 11 B. II. 2. a) Intensität des Anpassungsbedarfs.
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einem koordinierten Vorgehen begründet werden kann, sowie die Frage, ob die Zustimmungspflicht erst nach einer Anhörung und Aufklärung des Betroffenen zumutbar ist. a) Verfassungsmäßige Wertentscheidungen der Mitglieder Es erscheint grundsätzlich möglich, aus einzelnen Regelungen der Verfassung bestimmte Wertentscheidungen der Mitglieder zu abstrahieren. Der Gedanke ist demjenigen bei der Bestimmung der Realstruktur vergleichbar. Das Ergebnis kann allerdings differenzierter ausfallen. Es muss keine ausschließliche Zuordnung auf der Strecke zwischen den Extremen der Idealtypen erfolgen. Vielmehr können einzelne Wertentscheidungen ermittelt und gewichtet werden. Beispielhaft wurde in der Rechtsprechung auch im stark personalisierten Verband aus den Nachfolgebestimmungen eine weitergehende Übertragungsmöglichkeit zu Lebzeiten abgeleitet.106 Fraglich ist, welche Bedeutung solche abstrakt zu ermittelnde Wertentscheidungen auf die Zumutbarkeitsseite haben. Dabei wird nach dem Schutzziel der Verfassungsänderung differenziert werden müssen. In den Fällen des Regelungserhalts ist die jeweilige Regelung bereits Gegenstand der Erforderlichkeit, eine zusätzliche Berücksichtigung in der Zumutbarkeit daneben bleibt dann nicht möglich. Anders verhält es sich in den Fällen des Werterhalts. Dort muss das Ausmaß der über das Selbstbestimmungsrecht zu wägenden tatsächlichen Betroffenheit durch entsprechende Wertentscheidungen der Verfassung nach deren Inhalt beschwichtigt oder verstärkt werden. b) Nähe des Vertrauensverhältnisses, Vorverhalten der Parteien Die Berücksichtigung des Vorverhaltens und des im Anpassungsfalls tatsächlich noch vorhandenen Näheverhältnisses sind im Rahmen der Zumutbarkeit nur ganz begrenzt möglich. Das Vorverhalten kann insofern berücksichtigt werden, als dass gegenseitiges Entgegenkommen in vergleichbaren Situationen eine schutzwürdige Vertrauenslage geschaffen haben kann. Diese kann abwägungserheblich sein. Weiter besteht die Möglichkeit in bestimmtem Vorverhalten ein auf eine stillschweigende Verfassungsänderung zuführenden Tatbestand zu sehen. Diese Vorstufe wird gleichsam abwägungsrelevant sein müssen. In diesen Fällen erscheint konkretes Vorverhalten positiv berücksichtigungsfähig.107 Darüber hinaus ist allerdings nicht zu 106
Vgl. dazu hier § 6 B. I. 3. Übertragung der Mitgliedschaft – Wechsel in der Person des Mitglieds. 107 In dieser Weise lässt sich der Fall des BGH II. ZS v. 08.11.2004, ZIP 2005, 25, 26 (vgl. auch dazu hier § 6 B. I. 3. b) Analyse) einordnen.
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sehen, mit welchem Grund weiteres Vorverhalten der Parteien, welches diese Kriterien nicht erfüllt, zu wägen sein sollte. Die im Anpassungsfall tatsächlich nur in geringem Maße bestehende Vertrauenslage zu wägen, erscheint problematisch. Damit würde eine inzidente Prüfung von Lösungsgründen einhergehen, die nach dem BGH grundsätzlich getrennt zu erfolgen hat. Rein praktisch spricht wohl auch nichts dafür, den Entstehensgrund der Situation, die die Treupflicht erst fordert, zu einem Hinderungsgrund ihres Eingreifens zu machen. Sind die Verhältnisse zwischen den Parteien nämlich ungetrübt, so wird grundsätzlich die einvernehmliche Vertragsanpassung mittels normaler Vertragsverhandlung gelingen, ohne dass es dazu der Treupflicht als letzten Mittels bedürfte. c) Alternatives Austrittsrecht des dissentierenden Teils Ein obligatorisches Austrittsrecht des dissentierenden Teils ist mit der Legitimation der Vertragsanpassung aus der Dauerhaftigkeit des Verbandsversprechens nicht vereinbar. Soll die Treubindung auf der Ebene der Verbandsverfassung die Bindung erhalten, kann sie dem Dissentierenden nicht alternativ zur Anpassung die Möglichkeit der Lösung einräumen. Möglich erscheint insofern allenfalls, dass die änderungswilligen Mitglieder dem anpassungsunwilligen Teil eine einvernehmliche Lösung alternativ zur Fortsetzung der angepassten Verfassung einräumen. Dies kann aber keine Erweiterung des Tatbestands der Zustimmungspflicht durch eine erweiterte Zumutbarkeitsprüfung begründen. d) Illegitime Motivation als Grund für erhöhte Zumutbarkeit Subjektive Gesichtspunkte wie die Motivation des dissentierenden Teils können danach ebensowenig berücksichtigt werden. Der nicht erforderliche oder unzumutbare Änderungsantrag kann nicht dadurch annahmepflichtig werden, dass der Betroffene diesen aus eigensüchtigen Motiven verweigert. Solange der Anpassungsfall nicht aus der objektiv gebildeten Erforderlichkeit und Zumutbarkeit verpflichtend ist, hat der dissentierende Teil jedes Recht sich zu verweigern. In diesem Fall, der noch nicht von der Treubindung erfasst ist, stellt sich der Änderungsantrag als einfacher Antrag der Vertragsänderung dar, den der Betroffene aus der ganzen Willkürfreiheit seiner Privatautonomie heraus so beantworten kann, wie es ihm beliebt.108
108
Die Grenze wird dann erst durch § 826 BGB begründet.
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e) Unzumutbarkeit bei mangelnder Anhörung und Aufklärung In der hier gesuchten Erklärung der Zustimmungspflicht findet eine Anhörungs- und Aufklärungspflicht gegenüber dem dissentierenden Teil – als Tatbestandsvoraussetzung der Pflicht, nicht als Verschuldenskriterium – keine Stütze. Wenn Häsemeyer erklärt, diese sei schon auf Tatbestandsseite notwendig, um auch nicht verschuldensabhängige Pflichten einzuschränken,109 ist nicht ersichtlich, warum diese Einschränkung notwendig sein soll. Es erscheint so, als ob der Treupflichtfall erst dann eingreifen solle, wenn „wider besseres Wissen“ gehandelt werde. Dies ist mit einer an der Sachnotwendigkeit, nicht an der Motivation der Dissentierenden, begründeten Erklärung der Treubindung nicht vereinbar. Es besteht hinreichender Schutz für die änderungsunwilligen Teile, wenn diese Kriterien in einem Verschuldensvorwurf berücksichtigt werden. f) Art der erzwungenen Handlung – Enthaltung oder Zustimmung Wie die erforderliche Verfassungsänderung gegenüber dem dissentierenden Teil erzwungen wird, ist irrelevant. Soweit in der Lehre erklärt wurde, dass die Enthaltung, da nur ein Unterlassen erzwungen werde, eher zuzumuten sei, als die Zustimmung, mit welcher eine Handlungspflicht begründet werde, kann dem nicht gefolgt werden. Die Differenzierung mutet gegenüber dem identischen Ergebnis der erzwungenen Vertragsanpassung regelrecht als willkürliche Förmelei an.110 g) Koordiniertes Vorgehen des dissentierenden Teils Ein koordiniertes Vorgehen des dissentierenden Teils kann nicht Voraussetzung für die Treubindung sein. Zufallsmehrheiten bzw. Zufallsminderheiten müssen mit der h. L. gleicher Kontrolle unterworfen werden wie Minderheitsaktionäre oder Koalitionen, die „allein“ in der Lage sind, ein ablehnendes Ergebnis zu erzielen.111 Dies folgt zum einen aus der hier objektiv nach der Sachnotwendigkeit begründeten Erforderlichkeit des entsprechenden Beschlusses,112 welche gegenüber jedem Mitglied gilt. Auch ohne Ge109 Häsemeyer, ZHR 160 (1996) S. 109, 116, vgl. ferner die Darstellung hier § 8 C. III. 2. Informations- und Anhörungspflicht – formelle Erfordernisse. 110 Vgl. dazu auch die Kritik an der formalen Argumentation zwischen Rechtsbegrenzung und Pflichtbegründung als Inhalt der Treubindung, hier Fn 139, S. 57. 111 Vgl. zum Streitstand hier § 8 C. III. 1. Koordiniertes Vorgehen – Ausschluss von Zufallsmehrheiten. 112 Insofern ganz vergleichbar die h. L. mit der Argumentation von der Notwendigkeit effektiven Schutzes, vgl. hier Fn 281, S. 260.
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wissheit über den Erfolg seines Stimmverhaltens auf das Beschlussergebnis ist dem Mitglied die Treubindung zumutbar. Die Gegenauffassung erhebt ohne Grund subjektive Elemente über die Erfolgswahrscheinlichkeit der objektiv von dem erforderlichen Beschlussergebnis abweichenden Stimmabgabe zur Frage, ob die Pflicht besteht, die Stimme auf das objektiv erforderliche Beschlussergebnis zu richten.113 Darüber hinaus bleibt bei der Erklärung unklar, warum überhaupt besondere Anforderungen für eine „Zurechnung“ des Beschlussergebnisses zur Einzelstimme gesucht werden. Jedes Mitglied muss damit rechnen, dass seine Stimme zusammen mit anderen ein bestimmtes Beschlussergebnis begründet und dieses damit zu verantworten hat. Das Wesen der Abstimmung besteht in der – gegebenenfalls durch das Mehrheitsprinzip abgeschwächten – Einigung Vieler, also schon grundsätzlich in einer miteinander begründeten Wirkung. Demgegenüber erscheint es verfehlt, wollte man nur derjenigen Einflussnahme Bedeutung zumessen, die für sich allein, ohne das – parallele, nicht abgestimmte – Zusammenwirken mit anderen einen Erfolg begründen kann. Letztlich ist die Bestimmung der Pflichtbindung nach der monokausalen Einflussnahmemöglichkeit zudem entgegen anderer Erklärung unsicher und von Zufälligkeiten abhängig. Da nicht vertretene Mitgliedschaften in der Versammlung grundsätzlich unberücksichtigt bleiben, vgl. § 179 II S. 1 AktG, § 53 II S. 1 GmbHG, hängt das konkrete Stimmpotential des Einzelnen oder einer festen Koalition von der Vertretungsdichte der Mitgliedschaften in der jeweiligen Versammlung ab. Würde man die Treubindung nun an das Stimmpotential anknüpfen, so würde man die Treubindung von der Vertretungsdichte der Versammlung abhängig machen. Dies lässt sich an einem einfachen Beispiel veranschaulichen: Hat sich eine Koalition gebildet, die absolut 13% der Mitgliederstimmen vertritt, so ist bei einer Vertretungsdichte in der Versammlung von 50% das Stimmpotential der absolut 13% für die konkrete Versammlung bei 26%, die Koalition wäre damit nach Dreher wohl treugebunden für ihr Stimmverhalten. Wächst die Vertretungsdichte nur geringfügig auf mehr als 52% an, entfällt die Sperrminorität von mehr als 25%, die Koalition kann sich ihrer Alleinverhinderungskausalität nicht mehr „sicher“ sein und wäre damit wohl frei in ihrem Abstimmungsverhalten. Nach diesem Beispiel erübrigt sich die Frage nach der Praktikabilität des Ansatzes des koordinierten Vorgehens. 113 Vorwiegend Dreher, ZHR 157 (1993) S. 150, 159 stellt immer wieder darauf ab, es sei für die Treubindung erforderlich, dass die Mitglieder mit „Sicherheit“ davon ausgehen können müssen, dass der Beschluss verhindert werde, es müsse ihnen „darauf ankommen“, der Effekt der Gruppenbildung müsse „gewollt“ sein. Ähnl. Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht (2004) S. 190. Die Argumentation nähert sich dadurch eher dem Gedanken aus § 826 BGB und verlässt § 242 BGB.
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Teil 4: Gesamtbefund 3. Absolute Grenzen der Zumutbarkeit nach dem Gegenstand der Änderung
Die Rechtsprechung hat in keinem Fall allein wegen der Art der erstrebten Verfassungsänderung die Möglichkeit der Treubindung ausgeschlossen. Demgegenüber ist in der Literatur bei verschiedenen Änderungen umstritten, ob sie eine absolute Grenze der Zustimmungspflicht bilden können. Im Folgenden ist zu untersuchen, ob sich diese absoluten Grenzen unter Berücksichtigung der praktischen Erfordernisse, die in der Rechtsprechung deutlich geworden sind, sinnvoll in den Tatbestand der Zustimmungspflicht einordnen lassen. Alternativ kann die Möglichkeit bestehen, mit relativen Grenzen durch das zu wahrende Prinzip oder indizierten Unzumutbarkeiten eine Ergänzung des Tatbestands zu erreichen, ohne die Flexibilität der Generalklausel einzuschränken. a) Zweckrelevante Änderungen In der Zweckbestimmung des Verbands könnte eine absolute Grenze der Zustimmungspflicht gesehen werden. Da der Zweck innerhalb der Grenzen des jeweiligen Typs frei von den Gründern bestimmt werden kann,114 ergeben sich Schwierigkeiten, die Möglichkeiten der Zweckänderung abstrakt zu erfassen. Beispielhaft kann man verschiedene zweckrelevante Änderungen unterteilen. Herausgehobene Bedeutung hat die Umkehrung der elementaren Ausrichtung des Verbands vom erwerbswirtschaftlich ausgerichteten Betrieb hin zu einer ideellen Tätigkeit oder umgekehrt.115 Abge114 § 705 BGB jeder erlaubte Zweck; § 105 I, II HGB Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma oder Vermögensverwaltung; § 1 GmbHG jeder gesetzlich zulässige Zweck; AktG kennt den Begriff des Gesellschaftszwecks nicht, spricht nur vom – allgemein verbandsrechtlich nicht notwendig identischen – Unternehmensgegenstand (Abgrenzung siehe hier Fn 118, S. 303). Zweck und Unternehmensgegenstand können auch bei der AG daher in jedem nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstoßenden Ziel bzw. jeder Tätigkeit liegen. Bei dem Verein hat der BGH allerdings den Zweck nicht in dem konkreten Wortlaut der Satzungsbestimmung, sondern nur in dem sich daraus ergebenden „obersten Leitsatz“, der den „Charakter“ des Vereins bildet, gesehen: BGH II. ZS v. 11.11.1985, BGHZ 96, 245, 251 f. Damit wurde im Fall der näheren Präzisierung (im Fall: „auch zur Information der Verbraucher“) der Schutz des § 33 I S. 2 BGB verwehrt, da die Grundrichtung (im Fall: Schutz vor unlauterem Wettbewerb) unangetastet blieb. Damit stellt sich die Frage, wie weit Eingrenzungen und Präzisierungen in der Rechtsprechung als zweckbildend anerkannt (und dementsprechend gegenüber den Mitgliedern geschützt) werden. 115 Vgl. dazu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 4 II. 3. (S. 64 ff.); Michalski, Michalski GmbHG I (2. Aufl. 2010) § 1 Rn 7, die vorrangig darin Zweckänderungen sehen.
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schwächte Bedeutung haben demgegenüber zweckrelevante Unternehmensverträge,116 Auflösungsbegehren117 und Erweiterungen oder Einschränkungen des Unternehmensgegenstands.118 Nur für den ersten Fall, die Umkehrung der Grundausrichtung, wird man eine zwingende Grenze aus der Schwere des geforderten Eingriffs bilden müssen. Ferner erscheint in diesem Fall bereits die Erforderlichkeit in der oben bestimmten Weise ausgeschlossen. Bei einer grundsätzlichen Umkehrung des Verbandszwecks kann die Erforderlichkeit durch die kapitale Veränderung selbst nicht in einem Regelungserhalt gesehen werden. Ein mittelbar auf das Interesse der Mitglieder ausgerichteter Werterhalt wird durch diese Umkehrung ebenfalls kaum zu erreichen sein. Für die anderen Fälle ist es dagegen schwierig, eine absolute Grenze zu erklären. Regelmäßig wird die Erforderlichkeit im Sinn des Regelungserhalts hier zwar nicht greifen können, für solche Änderungen, die auf den Werterhalt ausgerichtet sind, bleibt dagegen Raum. Insbesondere das Liquidationserfordernis wurde in der Praxis festgestellt.119 Da die Stimmpflicht hier nicht aus der Zweckförderpflicht, sondern aus dem dauernden Geltungsanspruch des Verbandsversprechens und der im Verbandsversprechen nur begrenzt gewährten Einflussnahme auf die auch-fremden Werte gebildet wurde,120 ist hier kein zwingender Ausschluss für den Werterhalt zu sehen.
116 Von einer Zweckrelevanz der Unternehmensverträge für die abhängige Gesellschaft geht die wohl h. L. aus, vgl. etwa Würdinger, Aktienrecht (4. Aufl. 1981) S. 303; Zöllner, Baumbach/Hueck GmbHG (19. Aufl. 2010) AnhKonzernR Rn 54; Emmerich/Habersack, Konzernrecht (8. Aufl. 2005) S. 439, 450 m. Nachw. zur Gegenansicht. 117 Nach h. L. stellt die Liquidation eine Zweckänderung dar: Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 3 I. 3. (S. 154 ff.); aA K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 11 V. 4. c) (S. 313). 118 Je nachdem welchem Verständnis der Abgrenzung von Zweck und Unternehmensgegenstand man folgt, vgl. die Darstellung bei Ulmer, GroßKomm GmbHG I (2005) § 1 Rn 5 ff.; Emmerich, Scholz GmbHG I (10. Aufl. 2006) § 1 Rn 2 ff., kann man allgemein die Änderung des Unternehmensgegenstands auch als zweckrelevant betrachten. Flume, Juristische Person (1983) § 9 II. (S. 324 f.) geht von der Identität aus. Hueck/Fastrich, Baumbach/Hueck GmbHG (18. Aufl. 2006) § 1 Rn 5; Pentz, MüKo AktG I (3. Aufl. 2008) § 23 Rn 76 erfassen den Unternehmensgegenstand als Zweckbestandteil. 119 Vgl. dazu hier § 6 B. II. 1. Auflösung (S. 141 ff.), wobei das geringere Bedürfnis gegenüber dem Bestehen normierter Lösungsrechte zu berücksichtigen bleibt. 120 Siehe dazu hier § 3 A. Geltungsgrund der Treubindung – rechtspolitische Rechtfertigung.
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Teil 4: Gesamtbefund
b) Kernbereichsrelevante Änderungen Der unentziehbare Kernbereich stellt eine Grenze der Mehrheitsbefugnisse (bzw. des Stimmrechtsausschlusses) im Interesse des Individualschutzes der fremdbestimmten Beteiligungen dar. Ohne Zustimmung soll in den Kernbereich der Mitgliedschaft kein Eingriff möglich sein.121 Damit zielt die Lehre vom Kernbereich nur darauf, in einem zentralen Bereich der Mitgliedschaft – unabhängig von der Bestimmtheit der Ermächtigung – eine freiwillige Selbstentrechtung durch Fremdbestimmung zu verhindern. Die durch den Kernbereich geschaffene Grenze stellt faktisch das Zustimmungsmodell der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre wieder her. Unter dieser Betrachtung, unabhängig von der Schwere des Eingriffs in den Kernbereich durch die Stimmpflicht, ist daraus aber keine zwingende Grenze für die Zustimmungspflicht zu gewinnen. Es wird mit dem Zustimmungserfordernis des Betroffenen allein die Legitimation der allgemeinen Fremdbestimmung durchbrochen. Dadurch wird die allgemein privatautonome Situation von Freiheit und Begründungspflicht wiederhergestellt, es verkehrt sich damit die Rechtfertigungslast. Der von der Fremdbestimmung in seinem (Kern-) Bereich Betroffene muss nicht länger darlegen, dass der Mehrheitsentscheid nicht von der Ermächtigung gedeckt ist und ihn verletzt (materielle Beschlusskontrolle). Umgekehrt ist es den änderungswilligen Gesellschaftern aufgegeben, das dringende Bedürfnis, die Legitimation der begehrten Änderung darzulegen (Stimmpflicht). Der Schutz, der durch die Kernbereichslehre in der Legitimation durch Zustimmung begründet werden soll, bleibt grundsätzlich erhalten. Aus dem Zustimmungserfordernis eine vollkommene Willkürfreiheit des Betroffenen zu folgern, ist mithin nicht notwendig. Es ist daher auch nicht widersprüchlich, den durch die Kernbereichslehre grundsätzlich gewährten Freiheitsraum im Ausnahmefall wieder zu kontrollieren und gegebenenfalls auch einzuschränken. Die gegenteilige Behauptung122 übersieht das Verhältnis von Regel und Ausnahme in der Konstruktion vom Einverständnismodell der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre (A), modifiziert durch das Mehrheitsprinzip (B), modifiziert durch die Kernbereichslehre (a), modifiziert durch die Möglichkeit einer Zustimmungspflicht (b). Der materielle Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffs durch die erzwungene Änderung, dessen Bedeutung für die Mitgliedsstellung des 121 Vgl. etwa Wiedemann, Gesellschaftsrecht I (1980) § 7 I. 1. b) (S. 360 ff.); Wiedemann, Gesellschaftsrecht II (2004) § 3 III. 2.; Ulmer, Hachenburg GmbHG III (8. Aufl. Stand 1991) § 53 Rn 59; Hoffmann, Michalski GmbHG II (2. Aufl. 2010) § 53 Rn 89; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 16 III. 3. b) (S. 471 ff.); Heinrichs, Mehrheitsbeschlüsse (2006) S. 151 ff. 122 Vgl. zu dieser Auffassung hier § 8 C. II. 2. b) Kernbereich und Entzug von Sonderrechten.
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Betroffenen, kann im Rahmen der Abwägung hinreichend berücksichtigt werden. Ein grundsätzlicher Ausschluss ist danach nicht gerechtfertigt. c) Mitgliedsrelevante Änderungen in den Personenverbänden Die Auffassung, in den personenrelevanten Änderungen müsse eine absolute Grenze der Zustimmungspflicht bestehen,123 beruht auf der Annahme einer besonderen Schwere dieser Veränderung gegenüber der ursprünglich geschaffenen Verfassung. Damit wird eine Wertentscheidung der Mitglieder in der Verfassungsgestaltung für jeden dem Typ unterfallenden Verband vermutet und in der Wirkung verabsolutiert. Dagegen ergeben sich unmittelbare Bedenken im Hinblick auf atypisch gebildete (Publikums-)Personenverbände. Aber auch für idealtypisch ausgebildete Verbände erscheint die Verallgemeinerung fraglich. Zwar können diese Verbände im Hinblick auf die faktische Bedeutung der Persönlichkeiten der Mitglieder bildhaft als „höchstpersönliche“ Zusammenschlüsse beschrieben werden.124 Doch zwingt dies die Mitglieder nicht, den Zusammenschluss allein an einen bestimmten Personenbestand zu binden. § 727 BGB ist und § 131 Nr. 4 HGB aF125 war ausdrücklich dispositiv gefasst. Mit der Handelsrechtsreform hat der Gesetzgeber für die oHG im neu gefassten Abs. 2 des § 131 HGB die dispositive Regelung an die Kautelarpraxis angepasst und die gesellschafterbezogenen Gründe in ihrer Wirkung von der Auflösung zum Ausscheiden degradiert.126 Es ist den Gesellschaftern überlassen, wie stark sie eine faktische Bedeutung der Persönlichkeiten in eine rechtliche Bindung umsetzen. Danach kann es auch in der Zumutbarkeit nur darum gehen, durch Auslegung zu ermitteln, welchen Stellenwert die Mitglieder den Persönlichkeiten der Teilnehmer in ihrer individuellen Verfassungsgestal123 Vgl. dazu hier § 7 B. II. 3. e) cc) Personeller Bestand, § 737 BGB, § 140 HGB, Zusammensetzung von Geschäftsführung und Vertretung §§ 712, 715 BGB, §§ 117, 127 HGB. 124 So BGH IV. ZS v. 14.05.1986, BGHZ 98, 48, 55; Ulmer/C. Schäfer, MüKo BGB V (5. Aufl. 2009) § 727 Rn 1; Habermeier, Staudinger BGB (13. Aufl. 2003) § 727 Rn 1. Rechtswirkungen sind daraus schwerlich zu gewinnen. Insbesondere führt es ersichtlich zu weit, ein „die Person als solche“ erfassendes, „ebensowenig wie das eheliche Band die Persönlichkeit unberührt“ lassendes Rechtsverhältnis (v. Gierke, Genossenschaftstheorie (1887) S. 450 ff.) erklären zu wollen, vgl. H. P. Westermann, Typengesetzlichkeit (1969) S. 19 f., 140 ff. 125 § 131 Nr. 4 HGB aF bis 01.08.1998: Die offene Handelsgesellschaft wird aufgelöst: 4. durch den Tod eines Gesellschafters, sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertrage sich ein anderes ergibt. 126 Vgl. BegrRegE BT-Drucks. 13/8444 v. 29.08.1997 S. 41 f. Die GbR blieb in der Form des § 727 BGB nicht wegen des zwingend „höchstpersönlichen“ Charakters derer, sondern wegen der Vielfalt ihrer Erscheinungsformen (dort S. 42).
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tung gewährt haben. Ergibt sich im Rahmen der Auslegung, dass die Mitglieder in einer Personalentscheidung eine „unvertretbare Regelung“ ihrer Verbandsverfassung installiert haben, kann die Stimmpflicht nicht greifen. Unterhalb dieses Auslegungsergebnisses ist aber auch eine personenrelevante Regelung nicht unwägbar. Die Argumentation Holtkamps von der Privilegierung der Auflösungsklagebefugnis (§ 133 I HGB) als individuellem Recht gegenüber der Ausschlussklagebefugnis als kollektivem Recht (§ 140 I HGB)127 ist zu beachten, verlangt aber ähnlich wie bei der Kernbereichslehre nicht notwendig einen Ausschluss der Zustimmungspflicht in diesen Fällen. Denn die Regel bleibt auch bei der Möglichkeit der Zustimmungspflicht gewahrt. Die Begründungspflicht besteht dabei nämlich zusätzlich gegenüber den dissentierenden Mitgliedern. Da kein einfacher „Automatismus“ von wichtigem Grund und Zustimmungspflicht besteht,128 handelt es sich um eine gegenüber dem wichtigen Grund qualifizierte Begründungspflicht nach den Grundsätzen der Treubindung. Diese wahrt das Verhältnis von der individuellen Befugnis nach § 133 I HGB und der kollektiven Befugnis nach § 140 HGB. Danach ist in den personenrelevanten Regelungen keine absolute Grenze der Zustimmungspflicht zu sehen. Darüber hinaus wird man wegen der Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen auch keine Regelvermutung oder Indizwirkung der Unzumutbarkeit aufstellen können. Es bleibt dabei, im jeweiligen Fall den individuell gebildeten Stellenwert der Regelung zu prüfen und zu wägen. d) Das Belastungsverbot Während für die Personenverbände strittig ist, ob in der Beitragserweiterung eine absolute Grenze zu sehen sein soll, wird diese Grenze für die Verbandspersonen nach ganz überwiegender Meinung angenommen.129 Der Grund für diesen Unterschied kann in der regelmäßig stärkeren Entfernung der Individualsphäre bei idealtypisch geprägten Verbandspersonen zu sehen sein.130 Das allgemeine Belastungsverbot, welches die Zustimmung des Be127
Holtkamp, Mitwirkungsprobleme (1979) S. 116 f. Siehe dazu hier § 6 D. VI. 2. c) Geschäftsführungsnähe der Verfassungsentscheidung. 129 Insofern ist auf die Darstellungen hier in § 7 B. II. 3. e) dd) Beitragspflicht – Belastungsverbot des § 707 BGB und § 8 C. II. 3. Belastungsverbot – Zusätzliche Beiträge zu verweisen. 130 Vgl. dazu hier § 7 B. I. 1. Intensität der Treubindung nach der Realstruktur des Verbands. Hinzu kommt das Fehlen einer Haftung der Mitglieder bei der Ver128
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troffenen erfordert, gilt gleichwohl form- und strukturunabhängig: § 707 BGB, § 53 III GmbHG, §§ 54, 180 AktG.131 Soweit das Belastungsverbot eine formale Grenze des Mehrheitsprinzips bildet, ist auf die oben getroffenen Ausführungen zu verweisen.132 Die mit der Einschränkung des Mehrheitsprinzips wieder erforderliche Zustimmung des Betroffenen gewährleistet diesem im Ausgangspunkt Freiheit und verlagert die Begründungslast auf den änderungswilligen Teil. Damit ist in der Umkehrung der Begründungspflicht bereits ein elementarer Schutz verwirklicht. Fraglich ist, ob es darüber hinaus einer absoluten Grenze bedarf. In der formalen Grenze des Mehrheitsprinzips bringt das Belastungsverbot einen Grundsatz des Gesellschaftsrechts zum Ausdruck. Dieser Grundsatz besteht in der begrenzten Zweckbindung der Mitglieder. Diese entscheiden bei der Gründung freiwillig darüber, wie stark sie sich für den gemeinsamen Zweck verpflichten und welchen Teil ihrer Individualsphäre sie nicht vergemeinschaften. Daher ist diese Bestimmung vor allem für eine – hier ausgeschlossene133 – zweckorientierte Erforderlichkeit von größter Bedeutung. Würde die Erforderlichkeit der Verfassungsänderung mit dem Blick auf die Verfolgung des Verbandszwecks gebildet, so muss, soll das Prinzip der begrenzten Bindung nicht vollständig obsolet werden, in den Beitragsversprechen eine Grenze bestehen.134 Im Hinblick auf die hier im Regelungs- und Werterhalt gebildete Erforderlichkeit ist dagegen bereits das Spannungsverhältnis zwischen dem Für und Wider der Verfassungsänderung gegenüber der Beitragsleistung deutlich geringer.135 Dass ein praktisches Bedürfnis dafür bestehen bandsperson, welche die faktische Bindung an die Verbandsperson im Verhältnis zum Personenverband stärker begrenzt. Ohne Risikobegrenzung im Innenverhältnis liefe die Haftungsbeschränkung im Außenverhältnis leer: Cahn/v. Spannenberg, Spindler/Stilz AktG I (2. Aufl. 2010) § 54 Rn 2. Ferner könnte man argwöhnen, dass das Belastungsverbot in der wissenschaftlichen Wahrnehmung bei den Verbandspersonen wegen dem dort grundsätzlich bestehenden Mehrheitsprinzip faktisch eine größere Rolle einnimmt. Bei den Personenverbänden ist durch den gesetzlichen Regelfall der Einstimmigkeit das Bewusstsein für das Prinzip möglicherweise – trotz der Gleichheit im Ziel: Legitimation durch Einverständnis – geringer: „Das Belastungsverbot [. . .] tritt nur bei einstimmigen Beschlüssen naturgemäß nicht näher ins Bewusstsein“: Wiedemann, ZGR 1977, 690, 692. 131 Wiedemann, ZGR 1977, 690, 692; ähnl. schon RG II. ZS v. 23.11.1917, RGZ 91, 166, 168; zust. Ulmer, Hachenburg GmbHG III (8. Aufl. Stand 1991) § 53 Rn 74: „positiver Ausdruck des allgemein im Gesellschaftsrecht geltenden Grundsatzes“; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht (4. Aufl. 2002) § 16 III. 3. b) cc) (S. 473 f.). 132 Vgl. hier unmittelbar hier unter § 11 B. III. 3. b) Kernbereichsrelevante Änderungen. 133 Siehe dazu hier § 11 B. II. 1. b) aa) Verfolgung des Gesellschaftszwecks. 134 Deutlich wird dies etwa bei Lettl, AcP 202 (2002) S. 3, 15, 21. 135 Für eine auf den Regelungserhalt ausgerichtete Erforderlichkeit wird sich eine in der Diktion Lindachers, Zukunft der GmbH (1983) S. 47, 52 f. „dauerhafte Ver-
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kann, ganz unverhältnismäßig geringe Mehrleistungen zu fordern, zeigt die Rechtsprechung.136 Dem wird man sich anschließen müssen.137 Es kann grob unverhältnismäßige Fälle geben, in denen die geforderte Mehrleistung ganz „unter“ Verhältnis zu der freiwillig begründeten Bindung oder dem aus der unterlassenen Änderung drohenden Schaden steht.138 Mit der Erklärung einer absoluten Grenze würde zudem die Schwierigkeit auf Abgrenzungsfragen zu Nebenleistungspflichten und Rechtsbeschränkungen verlagert, die sich faktisch ungleich schwerer auswirken können. Aus diesem Vergleich heraus wird deutlich, dass eine absolute Grenze hier nicht hilfreich ist. Es bleibt bei der relativen Grenze durch das zu wahrende Prinzip, die in der Zumutbarkeitsbetrachtung besondere Beachtung verdient. Es können nur „unter“ Verhältnis liegende Mehrleistungen erzwungen werden, die unter wertender Betrachtung weder die Bindung an den Zweck verstärken, noch die verbands- bzw. mitgliedsindividuelle Grenze zwischen Individualund Kollektivsphäre verändern. e) Beteiligungsrelevante Änderungen Beteiligungsrelevante Änderungen sind eng im Blick mit beitragsrelevanten Änderungen zu sehen. Wenn zusätzliche Mittel dringend erforderlich sind und Fremdkapital nicht zu erlangen ist, stellt sich neben der Möglichkeit einer Mehrleistung die Alternative einer beteiligungsrelevanten Zusatzleistung durch einige Gesellschafter oder gesellschaftsfremde Dritte. Bei stärkung der Bindung an das Gesellschaftsinteresse“ bereits nicht als erforderlich darstellen lassen können. 136 So vor allem im Fall des BGH II. ZS v. 23.03.1987, „GmbH-Novelle II“, ZIP 1987, 914, allerdings eingeschränkt durch den Vorrang der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln. Siehe ferner die Fälle BGH II. ZS v. 05.11.1984, „Zinsverzichtsentscheidung I“, NJW 1985, 974; BGH II. ZS v. 19.11.1984, „Zinsverzichtsentscheidung II“ NJW 1985, 972; BGH II. ZS v. 13.03.1989, NJW-RR 1989, 993; OLG Karlsruhe v. 28.02.2003, „Mindestentnahmerechtfall“ NZG 2003, 429. 137 Ein Vergleich zu § 735 BGB und der drohenden Inanspruchnahme von außen für den Fall des Scheiterns der Sanierungsbemühungen im Fall der verweigerten Zustimmung, wie ihn Wagner, DStR 2006, 1044, 1046 begründet, erscheint demgegenüber nicht gangbar. Denn dabei wird übersehen, dass die Außenhaftung der Mitglieder in der Auflösung für diese eine abschließende Wirkung hat. Werden demgegenüber Nachschüsse in die werbende Gesellschaft aus einem Vergleich mit dieser Norm begründet, bleibt die drohende Außenhaftung bestehen, ja kann sich sogar durch den weiteren Betrieb noch verschärfen. 138 Das Verhältnis der Mehrleistung zu der ursprünglich geschuldeten Leistung kann danach die Nachschusspflicht unzumutbar machen. Vgl. BGH II. ZS. v. 04.07.2005, WM 2005, 1608, 1610: höher als die ursprüngliche Einlage; BGH II. ZS v. 23.01.2006, WM 2006, 774, 776: mehr als 60% der ursprünglichen Gesellschaftereinlagen.
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den Verbandspersonen werden Kapitalerhöhungen nach der gesetzlichen Regel mit qualifizierter Mehrheit, nicht aber einstimmig beschlossen.139 Dabei muss grundsätzlich gerade keine Rücksicht darauf genommen werden, ob dissentierende Gesellschafter persönlich wirtschaftlich in der Lage sind, von ihrem Bezugsrecht auch Gebrauch zu machen.140 Das Beteiligungsverhältnis ist somit bei den Verbandspersonen mittelbar bereits ohne einfachen Zustimmungsvorbehalt der Betroffenen veränderlich. Damit ist die Bedeutung nach dem gesetzlichen Schutzniveau gegenüber beitrags- oder kernbereichsrelevanten Änderungen reduziert. Eine absolute Grenze ist insofern hier nicht angezeigt. Wenngleich sich diese Wertung für die Personenverbände nicht übertragen lässt, erscheint auch dort eine absolute Grenze nicht notwendig. Bei jeder Verbandsform ist massiven Änderungsbegehren durch die konservativ ausgerichtete Erforderlichkeit im Regelungs- und Werterhalt bereits eine Grenze gezogen. Insofern ist es ausreichend, aber auch notwendig gegenüber beitragsrelevanten Änderungen zu berücksichtigen, dass die Beteiligungsverhältnisse grundsätzlich die Einfluss- und Teilhabepositionen der Mitglieder begründen und deshalb für diese von entscheidender Bedeutung sind. f) Ergebnis Absolute Grenzen sind danach nicht unabhängig der jeweiligen Verfassung in bestimmten Änderungsgegenständen zu sehen. Sie folgen vielmehr allein aus der jeweiligen Verfassungsgestaltung, soweit sich ermitteln lässt, dass die Parteien „unvertretbare Entscheidungen“ begründet haben, die nicht mittels Anpassung aufrechterhalten werden können.141
139 Die Möglichkeit der Installation eines Einstimmigkeitserfordernisses in der AG wird sogar im Hinblick auf das Fortbestehen der faktischen Handlungsmöglichkeit (vgl.: Hefermehl/Bungeroth, Geßler/Hefermehl AktG IV (Stand 1988) § 182 Rn 32; Hüffer, AktG (9. Aufl. 2010) § 182 Rn 8; Peifer, MüKo AktG VI (2. Aufl. 2005) § 182 Rn 18) bzw. aus der systematischen Stellung des § 182 I S. 2 AktG (Servatius, Spindler/Stilz AktG II (2. Aufl. 2010) § 182 Rn 24) bestritten. Aus der Satzungsfreiheit heraus aA: Lutter, KölnerKomm AktG V/1 (2. Aufl. Stand 1989) § 182 Rn 14; Wiedemann, GroßKomm AktG VI (4. Aufl. Stand 1994) § 182 Rn 41; Veil, K. Schmidt/Lutter AktG II (2. Aufl. 2010) § 182 Rn 29. 140 Lutter, Lutter/Hommelhoff GmbHG (17. Aufl. 2009) § 55 Rn 6; Wiedemann, GroßKomm AktG VI (4. Aufl. Stand 1994) § 182 Rn 47, 38: Die Grenze sei erst dort erreicht, wo die Kapitalerhöhung eben im Hinblick auf die fehlende Beteiligungsmöglichkeit einzelner diesen gegenüber missbraucht werde, um sie zu verdrängen. 141 Vgl. dazu bereits hier § 7 C. III. Bruch mit der Privatautonomie und mangelnder Maßstab einer Kontrolle und § 10 C. Bruch mit der Privatautonomie.
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§ 12 Ergebnisse der Arbeit A. Grundlagen der Treupflichtkontrolle Die Treubindung betrifft formübergreifend einen sehr sensiblen Bereich, wenn sie auf der Ebene der Verbandsverfassung eine Zustimmungspflicht verlangt. Nach dem Verständnis der „Mitgliedsautonomie“ sind die Mitglieder einander auf dieser, aber nicht für diese Ebene verpflichtet. Eine „Verbandsautonomie“ auf Basis einer wechselseitigen mitgliedschaftlichen Verpflichtung auch für den Bereich der Verfassungsgestaltung, eines „materiellen Organhandelns“ der Mitgliedergesamtheit bei der Verfassungsbestimmung, konnte nicht begründet werden. Der Verband kann auf dieser Ebene gegenüber den Mitgliedern nicht als Interessenträger existieren. Im Ausgangspunkt sind die Mitglieder frei, eigene Interessen zu verfolgen. Jedes Mitglied übt sein rechtsgeschäftliches Selbstbestimmungsrecht auf das Verbandsverhältnis aus (§ 2 A.). Die Treupflicht ist gleichwohl in der Lage, auch für diesen Bereich zu wirken. Sie betrifft alle Ebenen des Mitgliedhandelns. In ihrem Inhalt und ihrer Begründung ist sie allerdings von dem jeweiligen Verhältnis abhängig, welches sie flankieren, ausformen oder korrigieren soll. Die Rechtsform des Verbands und seine Realstruktur treten in ihrer Bedeutung dahinter weit zurück, gehen für den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit beinah verloren (§ 2 B.). Wegen ihrer mannigfachen, schillernden Gestalt lässt sich „die“ Treupflicht bestens als bereichspezifische Ausprägung des § 242 BGB im Gesellschaftsrecht verstehen (§ 3 B. III.). Auf der Basis eines „monistischen Mitgliedschaftsbegriffes“ ist auch für die Mitglieder einer Verbandsperson eine rechtsgeschäftlich begründete Rechtsbeziehung anzunehmen (§ 3 B. II). Eine allgemeine Erklärung für die Legitimation besonderer Treubindung im Gesellschaftsrecht lässt sich kumulativ aus den im Schrifttum vertretenen Ansätzen formulieren: Die unvollständige, offene Natur des Rechtsverhältnisses begründet notwendig besondere wechselseitige Einflussnahmemöglichkeiten, die folglich bei der Gründung persönlich oder sachlich anzuvertrauen sind. Bei strenger Betrachtung muss sich die besondere Treubindung für jedes Verhältnis gesondert legitimieren. Für die Verfassungsebene kann aus der wechselseitigen Fremdbestimmungsmacht eine Rücksichtnahmepflicht in Form der Treubindung gefolgert werden. Dabei muss zwischen der Kontrolle der gestaltenden Mehrheitsentscheidung (positive/ materielle Beschlusskontrolle) und der Kontrolle der blockierenden Zustimmungsverweigerung, dem Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit, unterschieden werden. Im ersten Fall folgt eine grundsätzliche Verantwortung
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aus der Fremdbestimmung durch die Ausübung „auch-fremder“ Rechtsmacht (Einschränkung formaler Vertragsfreiheit). Bei der verweigerten Stimme, dem Thema der vorliegenden Untersuchung, liegt der Fall anders. Die Verweigerung ist als Verteidigung des status quo der Verfassung grundsätzlich keiner Rechtfertigung bedürftig. Anderes gilt erst dann, wenn aufgrund der verfassungsimmanenten Änderungsnotwendigkeit die Blockade in die gegenwärtigen Verhältnisse als Fremdbestimmung begriffen werden kann (Einschränkung faktischer Vertragsfreiheit) (§ 3 A. II.). Eine Zustimmungspflicht auf der Ebene der Verbandsverfassung ist entgegen der Bedenken einer Fundamentalkritik danach hinreichend gerechtfertigt. Treubindungen sind auf der Verfassungsebene nicht auszuschließen, obwohl sich die Mitglieder nicht für diese Ebene verbunden haben, sondern grundsätzlich frei sind. Aus der bestehenden Bindung in das Rechtsverhältnis und der allgemeinen Freiheit bei der Änderungsfrage folgt eine Einflussnahmemöglichkeit, die eine entsprechende Rücksichtnahmepflicht unverzichtbar macht. Ein Vorrang der Lösung des Verbands vor der Anpassung kann gleichermaßen nicht begründet werden. Dieser ließe das Verbandsversprechen nur unvollständig geschützt. Schließlich wird von der Treubindung auch kein wirtschaftlich „richtiges“ Handeln entgegen der allgemeinen Begründungs- und Willkürfreiheit der Privatautonomie erzwungen. Mit der Ausrichtung auf einen Schutz der Bindung und die Kontrolle der Grenzen der Bindung verwirklicht die Treubindung mehr Privatautonomie als sie betrifft. Von einem Bruch mit der Privatautonomie kann keine Rede sein (§ 10).
B. Konkretisierung des Tatbestands der Zustimmungspflicht Die Treupflicht hinsichtlich der Zustimmung zur Verfassungsänderung wird von der Realstruktur nur in geringem Maße, von der Geschäftsführungsnähe des von der Änderung betroffenen Gegenstandes dagegen gar nicht bestimmt. Die Realstruktur des betroffenen Verbands im Sinne einer formunabhängigen Zuordnung zwischen personalistisch geprägten Verbänden und kapitalistisch geprägten Verbänden erlaubt die Anfangsvermutung bestimmter verfassungsmäßiger Wertentscheidungen (erhöhte Schutzwürdigkeit der Individualsphäre, verringerte Schutzwürdigkeit der Sozialsphäre im korporativen Verband, erhöhte Schutzwürdigkeit der Sozialsphäre, verringerte Schutzwürdigkeit der Individualsphäre im personalisierten Verband) und einer stärkeren faktischen Betroffenheit der intensiv gebundenen Mitglieder im personalistischen Verband (§ 11 A. I.). Die „Geschäftsführungsnähe“ des Änderungsgegenstands ist für die Anpassungsfrage unerheblich.
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Dies würde eine Hierarchie unter den Regeln der Verbandsverfassung voraussetzen, die nicht vermutet werden kann (§ 11 A. II.). Zur Konkretisierung des Tatbestands der Treubindung lässt sich ausgehend von der Formel der Rechtsprechung Folgendes feststellen: Mit dem Tatbestandsmerkmal „Ausnahmefall“ können all diejenigen Kriterien zusammengefasst werden, die sich auf die Umstände beziehen, welche die Änderungsnotwendigkeit begründen: die Vorhersehbarkeit ihres Eintretens, eine positive Regelung derer in der Verfassung, der Zeitpunkt ihres Auftretens und die Sphäre, aus der diese stammen. Der Ausnahmefall kann dabei nicht dadurch gekennzeichnet sein, die Treubindung nicht auf solche Fälle reduziert sein, in denen die Änderungsnotwendigkeit der Verfassung bei der Begründung (objektiv) unvorhersehbar gewesen ist (§ 11 B. I. 1.). Die positive Regelung des änderungsbegründenden Umstandes schließt dagegen die Anpassungsmöglichkeit grundsätzlich aus. Erst wenn sich in der Regelung eine verdeckte Lücke für den Fall der eingetretenen Art zeigt, kann hier eine Anpassung mittels der Treupflicht erfolgen (§ 11 B. I. 2.). Eine anfängliche Änderungsnotwendigkeit ist besonders zu beachten. Einerseits entfällt dann die Legitimation aus der Dauerhaftigkeit des Verbandsversprechens, andererseits ist in tatsächlicher Hinsicht eine geringere faktische Bindung zu vermuten. Beides ist in negativer Weise abwägungsrelevant, die Zustimmungspflicht in jenem Fall grundsätzlich deutlich erschwert (§ 11 B. I. 3.). Der Ursprung der Änderungsnotwendigkeit ist dagegen gar nicht zu wägen. Auch hinsichtlich solcher Änderungserfordernisse, die aus der Sphäre der Gesellschafter stammen, ist nicht der Vorwurf einer besseren Planung zu erheben (§ 11 B. I. 4.). Die Erforderlichkeit erfasst die Frage, wozu die erzwungene Verfassungsänderung erfolgen soll (§ 11 B. II.). Zu unterscheiden sind die Fragen nach dem tauglichen Interessenträger, den möglichen Schutzzielen der Verfassungsänderung und der Intensität des Anpassungsbedarfs. Taugliche Interessenträger können allein die Mitglieder sein. Dem Verband kommen auf der Ebene der Verbandsverfassung keine eigenen Interessen zu. Interessen Dritter sind nicht schutzfähig; diese sind in ihrem jeweiligen Verhältnis zum Verband, gegebenenfalls im zwingenden Gesetzesrecht des jeweiligen Typs, zu schützen (§ 11 B. II. 1. a)). Schutzziele mitgliedschaftlicher Interessen können in dem Erhalt des Regelungskomplexes Verband, einzelner Regelungen dessen und den unmittelbar mitgliedschaftlichen oder dem Verband assoziierten Werte der Mitglieder bestehen. Die Zweckförderung kommt wegen der begrenzten Verpflichtung der Mitglieder als Schutzgegenstand darüber hinaus nicht als eigenes Schutzziel einer Verfassungsänderung in Betracht. Ein Vorrang, ein stärkeres Gewicht bei einer kollektiv nützlichen Anpassung gegenüber einer individuell nützlichen Anpassung ist nicht an-
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zuerkennen (§ 11 B. II. 1. b)). Die Intensität des Anpassungsbedarfs ist kaum allgemein zu bestimmen. Eine „Eingangsschwelle“ ist zunächst nur in der Begrenzung der Schutzgegenstände zu finden; einer besonderen Gefahr für die Schutzgegenstände bedarf es daneben nicht, um die Abwägung überhaupt einzuleiten. Die Intensität des Anpassungsbedarfs und die Eignung des Mittels sind auch bei bloß wahrscheinlichem Bedarf, bzw. bloß wahrscheinlicher Eignung abwägungsrelevant. Einer „ungenügenden Mehrheit“ kommt keine Einschätzungsprärogative zu; die Zahl der Befürworter der Verfassungsänderung ist nicht abwägungsrelevant (§ 11 B. II. 2.). Die „Zumutbarkeit“ ist nicht verzichtbar. Allein eine Begrenzung auf das mildeste Mittel genügt nicht, entgegenstehende Interessen hinreichend zu schützen. Die Schutzwürdigkeit der entgegenstehenden Interessen bestimmt sich abhängig vom Schutzziel der verfolgten Verfassungsänderung. Gegenüber jeder Erforderlichkeit ist die Verlässlichkeit der Form, das Interesse an einem rechtssicheren Zustand, ein schutzwürdiges Interesse der Mitglieder. Darüber hinaus sind bei dem Erhalt des Regelungskomplexes und solcher Verfassungsänderungen, die auf den Erhalt von Werten gerichtet sind, das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen und in der Folge dessen auch eine „tatsächliche Betroffenheit“ des Mitglieds abwägungsrelevant (§ 11 B. III. 1.). Verfassungsmäßige Wertentscheidungen sind im Rahmen der tatsächlichen Betroffenheit zu berücksichtigen. Durch diese kann das Maß der Betroffenheit entsprechend gewichtet werden (§ 11 B. III. 2. a)). Das Vorverhalten der Parteien ist nicht zu berücksichtigen, solange es nicht die Qualität eines Vertrauenstatbestandes, bzw. die Vorstufe zu einer stillschweigenden Verfassungsänderung erreicht. Die Nähe des Vertrauensverhältnisses ist überhaupt nicht zu berücksichtigen. Auch eine „vergiftete Atmosphäre“ steht einem Schutz der Rechtsbeziehungen der Parteien durch die Treubindung nicht entgegen (§ 11 B. III. 2. b)). Die Zustimmungspflicht begründet nicht ein fakultatives Austrittsrecht des Betroffenen; ein solches wäre mit dem Schutzgedanken der Stimmpflicht nicht vereinbar. Danach kann auf diesen Gedanken auch keine erweiterte Zumutbarkeit gestützt werden (§ 11 B. III. 2. c)). Die Motivation des Betroffenen ist generell unbeachtlich (§ 11 B. III. 2. d)). Danach kann es auf eine Anhörungs- oder Aufklärungspflicht gegenüber dem Betroffenen für den Tatbestand der Stimmpflicht nicht ankommen (§ 11 B. III. 2. e)). Die Art der erzwungenen Handlung, aktive Zustimmung oder Enthaltung, zum Kriterium zu erheben, ist gegenüber dem gleichsam erzwungenen Ergebnis der veränderten Verfassungslage unzulässige Förmelei (§ 11 B. III. 2. f)). Die Gewissheit der Einflussnahme des dissentierenden Teils ist nicht erforderlich für die Zumutbarkeit der Stimmpflicht. Ein koordiniertes Vorgehen der Änderungsgegner kann nicht notwendig sein (§ 11 B. III. 2 g)).
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Absolute Grenzen findet die Stimmpflicht allein in der Verfassungsgestaltung ihrer Mitglieder, sofern diese die gemeinsame Zweckverfolgung an „unvertretbare“, also nicht ersetzbare, Entscheidungen der Privatautonomie gebunden haben. Ohne Rücksicht auf die konkrete Verfassungsgestaltung können darüber hinaus in bestimmten Änderungsgegenständen keine zwingenden Grenzen festgestellt werden. Genügt das Änderungsbegehren den Grundsätzen von Erforderlichkeit und Zumutbarkeit können auch zweckrelevante, kernbereichsrelevante, mitgliedsrelevante, beitragsrelevante und beteiligungsrelevante Änderungen mit der Stimmpflicht durchgesetzt werden (§ 11 B. III. 3.).
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Sachregister Abfindungsansprüche 128–129, 159, 245 Ablaufkontrolle 206, 228 Abschlussprüfer 67 absolute Grenzen 128, 145, 194, 236, 302 – Beitragspflicht 238 – Belastungsverbot 258, 306 – Beteiligungsverhältnisse 240, 258, 308 – Geschäftsführung 237 – Gesellschaftszweck 236, 257, 302 – Kernbereich 236, 258, 304 – personeller Bestand 237, 305 – Sonderrechte 258 Änderungsgegenstand 194, 206 Änderungsnotwendigkeit 87, 113, 121, 186, 205 – anfängliche 193, 205, 271, 276 – Auslegungsindiz 279 – externe 186, 205, 271, 278 – immanente 111 – interne 279 – nachträgliche 205, 222 – negative Wägung 278 – Regelung 271, 274 Anfechtungsklage 120 Anfechtungsrecht 96 Anlagegesellschaft 212 Anlagegesellschafter 38 Anrechnungslösung 179 arglistige Täuschung 176 „auch-fremde“-Rechtsmacht 110 Audi/NSU-Entscheidung 92 Aufklärungspflicht 178 Auflösung 116, 127, 132, 141
– Handelsrechtsreform 305 – inzidente Prüfung von Auflösungsgründen 172, 200 – Umgehungsschutz 171, 174 Auflösungsfall 141, 178, 188 Auflösungsklage 170 – Privilegierung 237, 306 Aufsichtsrat – Abberufung 119 – Bestellung und Abberufung 67 Ausfallhaftung 96, 100 Ausnahmefall 160, 195, 199, 206, 222, 270 Ausscheiden, einvernehmlich 133 Ausschluss 116, 118, 124, 126, 156, 204, 243 – freies Ermessen 238 – Verhältnismäßigkeitsprinzip 245 – wichtiger Grund 116, 126 Ausschlussfall 127, 188–189, 202, 204 äußeres System 112 Austauschvertrag 72, 77, 273 begrenzte Zweckbindung 307 behördliche Genehmigung 148 Beirat, Abberufung 165, 204 Beitragsausfall 156 – Verkehrsunfall 157 Beitragspflicht 79, 100, 146, 195 – absolute Grenze 238 – Äquivalenzbeziehungen 163 – begrenztes Engagement 49 – faktische Unmöglichkeit 158 – Mehrheitsklausel 149, 202
336
Sachregister
– persönliche Unzumutbarkeit 157–158 – Rechtsverzicht 152 – Unmöglichkeit 206 – zusätzliche Beiträge 147 Belastungsverbot 147, 220, 307 Beschlussfähigkeit, im engeren Sinne 206 Bestimmtheitsgrundsatz 25, 153 Beteiligungsverhältnisse 132 Bezugrechtsausschluss 84, 259 clausula rebus sic stantibus 264 culpa in contrahendo 98 dauernde Unrentabilität 142 Deliktsrecht 93 Differenzhaftung 180 Diktatur der letzten Stimme 235 Drittinteressen 41, 231, 253, 281 dualistischer Mitgliedschaftsbegriff 97 Edscha AG-Entscheidung 82 eigennützige Mitgliedsrechte 59, 64, 68, 104, 219 – Zuweisungsgehalt 65 eigensüchtige Motive 235, 255 Eilrechtsschutz 22 Einlagenrückgewähr 154 Einsicht in Geschäftsunterlagen 61 Einstimmigkeitsprinzip 38, 80, 85 Einwirkungsmacht 73, 77, 99, 109–110, 266 Einzelfallgerechtigkeit 296 Einzelregelungserhalt 293 Entnahmerechte 159 Erfolgswahrscheinlichkeit 301 Erforderlichkeit 122, 131, 145, 148, 196, 198, 206, 223, 280 – Existenzgefährdung 197 – mildestes Mittel 291 – Minimum 232 – Nähe des Schadenseintritts 197
– Prognoseentscheidung 198 – Qualität 231, 290 – rechtsorientierte 226, 230 – Verbandstyp 199 – Wahrscheinlichkeit 197–198, 290 – Wechselwirkungsverhältnis 197 – wertorientierte 226, 230 – zweckorientierte 226–227, 307 ergänzende Vertragsauslegung 22, 159 Erhalt des Regelungskomplexes 293 Ermessen 116, 204, 290 Ermessensreduzierung 171, 232, 290 Existenzgefährdung 189 faktische Fremdbestimmung 87, 110, 285, 293 fehlerhafte Gesellschaft 26–27 Finanzamtfall 116, 121, 125, 131, 274 Finanzierungsverantwortung 254 Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft 140 Fortsetzungsfall 143, 188, 195, 221 Fortsetzungsklausel 127–128, 136, 144 Gelatine-Entscheidung 69 Gelegenheitsgesellschaft 212 Generalklausel 21, 91, 112, 209, 281–282, 302 – Delegationsfunktion 282 Gesamtgeschäftsführung 115 Geschäftschancen 63 Geschäftsführer – Abberufung 204 – Bestellung und Abberufung 67 – Entlastung 67 Geschäftsführervergütung 159, 287 – Inflation 160 Geschäftsführung 60, 114 – Entzug 114, 163 – Ermessensspielraum 63 – faktische Einflussnahme 62
Sachregister – Konkretisierung der Gesellschaftsinteressen 63 – Pflichtverletzung 164 – Treuhandstellung 63 Geschäftsführungsakte 62, 66, 84, 110, 144, 251 Geschäftsführungsnähe 59, 207, 218, 269 Gesellschaftszweck 29, 43, 49, 76, 78, 83, 89, 104, 108, 122, 138, 145, 188, 227, 284 – Änderung 140, 145 – eigennützige Gewinnerzielung 236, 302 – Reichweite 47 – Unerreichbarkeit 236 – Unternehmensgegenstand 236, 303 gesetzliche Anpassungsrechte 128 gesetzliches Sonderrechtsverhältnis 94 Gestaltungsklagen 230 – allgemeine Rechtsfigur 244 – formelle Voraussetzungen 142 – negative Gestaltung 242 – Stufenleiter 234, 244 Gewinnausschüttung 154 Gewinnverteilungsschlüssel 159, 161–162, 287 Gewinnverwendungsbeschluss 67 Gewohnheitsrecht 90 Girmes-Entscheidung 75, 92, 94, 167, 173, 175–176, 187–188, 192–194, 200, 250, 254–255, 264, 273, 291 Gläubigerschutz 97 GmbH-Novelle 168 GmbH-Novelle I-Entscheidung 168– 169, 172, 187, 190, 192, 200, 264 GmbH-Novelle II-Entscheidung 168, 170, 187, 190, 192, 200, 264, 291 Grundlagengeschäfte 66 Haftungsfreistellung 177 Hauptversammlung 25, 174, 248 Heilung der verdeckten Sacheinlage 180, 195, 206
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Hibernia-Urteil 84, 119 Hilgers-Entscheidung 84 höchstpersönlicher Zusammenschluss 305 Holzmann-Entscheidung 179 IBH/Scheich Kamel 253 Idealstruktur 73, 210, 305–306 illegitime Gestaltungsmacht 121, 133, 175, 274 illegitime Motivation 235, 297, 299 individualschützende Verfassungsnormen 220 Individualsphäre 152, 216, 239, 269, 306 indizierte Unzumutbarkeiten 302 Informations- und Kontrollrechte 166 Inhaltskontrolle 192, 206, 229 inneres System 113, 185 Insolvenz 153, 174, 177, 187, 197, 287 Integritätsinteressen 101 Interessenabwägung 108, 116, 121, 123–124, 127, 129, 155, 199, 233 – Geschäftsführungsnähe 204 – Wertentscheidungen 202, 207 – Zeitmoment 205, 207 Interessengleichlauf 43 Interessenkonflikt 42, 50, 64–65, 68, 121, 209, 263, 272 – geregelter 69 – ungeregelter 69 ITT-Entscheidung 63, 75, 92, 98, 211 Jahresabschluss 67 Kali & Salz-Entscheidung 84 Kapitalaufbringung 97 Kapitalerhöhung 168, 259 Kapitalschnitt 174, 254 Kapitalverzinsung 159, 161 KeinMann-GmbH 29 Kernbereich 153, 236
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Sachregister
– unentziehbarer 237 – unverzichtbarer 236 Kernbereichslehre 25, 151, 237, 304, 306 – Willkürfreiheit 304 Kleinaktionäre 259 Konkretisierungsfunktion 104–105 Konservatoriumsleitung 114, 121, 193, 205, 276 Konzernsachverhalt 22 Konzessionsfall 147, 189, 193, 205, 276 körperschaftliches Selbstbestimmungsrecht 48 Kündigung 114, 116, 132 – durch Privatgläubiger 116, 129, 196, 202, 274 Kündigungsrecht 64, 121, 234, 299 – Beschränkung 143 Lehre vom Unternehmen an sich 40, 96, 283 Linotype-Entscheidung 75, 82, 92, 94, 143, 174, 185, 211 Liquidation 95, 141, 144, 171, 187, 274 – Anspruch auf Durchführung 144 – Geschäftsführung 142 Lösungsrechte 61, 142, 267 – Ausweichmöglichkeit 265, 278 – GmbH 117 – Vorrang 242, 264 – wichtiger Grund 142 Loyalitätspflicht 40, 231, 283 Mannesmann-Entscheidung 82 materiale Gerechtigkeit 296 materielle Beschlusskontrolle 42, 86, 96, 304 Mehrheitsentscheidung 82 – Fremdbestimmung 81 – Treuhandsituation 83 Mehrheitsprinzip 52, 80, 89, 101, 167, 219, 248
Messerstichfall 115–116, 121, 124 Minderheitenschutz 55, 83, 119 Minderheitsaktionär 300 Mindestentnahmerecht 154 Mindestentnahmerechtfall 154–155, 202, 308 Mindeststammkapital 168 Mitbestimmung 38 Mitgliedsautonomie 35, 44, 54, 91, 110, 225, 281, 285 – Selbstentmündigungsverbot 45 Mitgliedschaft 50, 65, 79, 93–95 – beitragslose Mitgliedschaften 79 – horizontales Rechtsverhältnis 92 – sonstiges Recht 93 – typabhängiges Verständnis 95 Mitgliedschaftsverhältnis, Organisationsverhältnis 87 Mitgliedsinteressen 223, 252, 281, 288 mittelbare Grundrechtsgeltung 282 Mitverschulden 117 MoMiG 179 monistischer Mitgliedschaftsbegriff 94, 111 Nachfolgeklausel 139 Nebenleistungspflichten 100 Neuaufnahmefall 125, 131, 165, 176, 187, 190, 196, 200, 202 nexus of contracts 26 offenes Rechtsverhältnis 75, 90, 109–110, 247, 272, 286, 295 ökonomische Analyse, Gesellschaftsvertrag 76 Organisationsakte 50, 67, 110, 204, 220 Otto-Urteil 67 pacta sunt servanda 86, 294 personalistisch strukturierter Verband 73, 120, 169, 201, 211, 250, 268 personelle Zusammensetzung 125 persönliche Haftung 125, 134
Sachregister Pflichtrecht 219 Porta-Entscheidung 136, 139, 188, 192, 196, 198, 202, 204, 215, 279 positive Beschlussfeststellungsklage 22 principal agent doctrine 83 Prinzipienbindung 47 Privatautonomie 36, 39, 41, 44, 46, 52, 86, 223 – Begründungsfreiheit 51 – Gerechtigkeitsgehalt 245 – Richtigkeitsgewähr 146, 229 – Selbstentmündigung 49 – störungsresistenter Geltungsanspruch 264, 278, 293 – unvertretbare Entscheidungen 246, 266, 277, 306, 309 – Willkürfreiheit 81, 299 – wirtschaftliche Unvernunft 246, 266 Publikumsgesellschaft 152, 162, 201, 212 Rad-Metapher 102 Realstruktur 40, 59, 210, 251, 268, 298 – Ambivalenz 216, 268 – Beitragsart 212 – Dauer 212 – Dilemma 215 – Indizwirkung 269 – Lösungsmöglichkeit 212 – Teilnehmerzahl 212 – Übertragbarkeit der Mitgliedschaft 212 Recht auf Gewinnentnahme 64 Recht auf Rechnungslegung 61 rechtliche Fremdbestimmung 83, 110, 304 Rechtsfolgen 22 Rechtssicherheit 20, 25, 112, 295 – Spannungsverhältnis 297 Regelungserhalt 191, 206, 286, 293, 298
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relative Grenzen 302, 308 Risikoausweitung 152 Rückerstattungsverfahren 157 Ruhegehalt 159 Sachgerechtigkeit 296 Sachsenmilch I-Entscheidung 82 Sanierungsbedarf 148, 174 Satzungsstrenge 30, 211, 213, 269 Schadensersatz 22, 116, 238 Schikaneverbot 119, 155 Schrankenfunktion 104 Schutzgegenstand 187, 191, 206, 223, 281, 284, 289 schutzwürdiges Interesse 131, 134, 144, 169, 224, 254, 292 Selbstbestimmungsrecht 232 Selbstentmündigungsverbot 45 Selbstorganschaft 62, 138 societas omnium bonorum 139 Sozialakte 51 Sozialansprüche 147 Sozialsphäre 152, 217, 239, 269 Sperrminorität 220, 259, 301 stat pro ratione voluntas 266 Staudammfall 168, 173, 175, 188, 201 Stimmbindungsvertrag 23, 173 Stimmenthaltung 256 Stimmpotential 301 Stimmrecht 33, 38, 46, 52, 109 – Eigennützigkeit 46 – Uneigennützigkeit 44 Stimmrechtsausschluss 50, 119–120 stimmrechtslose Gesellschaftsanteile 34 symbiotisches Rechtsverhältnis 89 Teilausscheiden 133 teleologische Reduktion 275, 280 Tod eines Gesellschafters 136, 144, 274 Treu und Glauben 100, 102, 111, 231, 240–241
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Sachregister
– akzessorische Natur 108, 111 – Ambivalenz 109, 111 – bereichsspezifische Ausprägung 103, 109 Treubindung 54 – abschließende Regelung 242 – Anwendungsbereich 56 – Bruch mit der Privatautonomie 245, 266 – der Mitglieder untereinander 91, 104, 247 – dogmatische Grundlage 90 – eigener Verstoß 161, 204 – eigennützige Mitgliedsrechte 60 – Fundamentalkritik 262 – Funktion 57 – gegenüber dem Verband 91 – Geltungsgrund 70, 109 – Hueck’sche Formel 54 – immanente Bindung 37, 110, 285 – Informations- und Anhörungspflicht 260, 298, 300 – koordiniertes Vorgehen 259, 298, 300 – Mehrheitsbeschluss 151, 174 – Mehrheitsentscheidung 176, 206, 291 – mitgliedschaftliche 54 – Mitgliedsinteresse 135 – nachwirkende 58 – uneigennützige Mitgliedsrechte 60 – Verbandsinteressen 135 – vertragsinterne Wirkung 241, 263 – vormitgliedschaftliche 58 – Vorrang der Lösungsrechte 242, 264 – Zweckbindung 43 Treuhandstellung 219 Treuhandverhältnis 164 Übergangslösung 163 Übernahmeklage 156 Übertragung der Mitgliedschaft 135, 176
UMAG 249 Umgehungsschutz 193, 264 uneigennützige Mitgliedsrechte 59, 104, 219, 251 Unternehmensverträge 303 USA-Mitarbeiterfall 156 Verbandsautonomie 35, 41, 110 – verfassungsrechtliche Gewährleistung 45 Verbandserhalt 138, 175, 178, 189, 206, 230, 255, 265, 287 Verbandsinteressen 61, 223, 252, 281, 288 verbandsinterne Willensbildung 42, 59, 66, 110, 265 – dreistufiges System 67 – Geschäftsführungsakte 66 – Grundlagengeschäfte 66 – Organisationsakte 67 – zweistufiges System 66 Verbandssouveränität 31, 45, 53 Verbandstyp 38, 92, 205, 208, 305 Verbandsverfassung – abschließende Regelung 274 – Änderung 30 – Änderungszuständigkeit 32 – formelle und materielle Bestandteile 25 – formeller Geltungsanspruch 294 – Gesetzesbestandteile 29 – Inhaltsfreiheit 50 – Intensität der Bindung 213 – materieller Geltungsanspruch 294 – Mehrheitsprinzip 30 – Mitgliedschaftsverhältnis 29, 87 – Organisationsverhältnis 28 – Rechtsgeschäft 26, 45–46, 102 – Rechtsnatur 24 – Stimmrecht 33, 46, 263, 285 – Verfahrensgestaltung 50, 52 – Vertragsstruktur 38 – Wertentscheidungen 202, 207, 266, 269, 297–298, 305
Sachregister Verbandswille 52 verdeckte Lücke 275 verdeckte Sacheinlage 179 Verfassungsakte 110 Verfassungshierarchie 139, 204, 220, 269 Verhältnismäßigkeit 166 Verschulden 117, 260, 300 Vertragsfreiheit, formelle und materielle 87 vertragsfremde Interessen 225 Vertragsrisiko 273, 287 vertragsspezifisches Kapital 88 Vertrauensverhältnis 72 – persönliches 72, 77, 109–110, 153, 247 – Systemvertrauen 74, 77, 109–110 – tatsächliche Ausprägung 137, 140, 203, 297–298 Vertretungsdichte 301 Verwaltungs- und Kontrollrechte 61 Verwässerung 168, 240, 258 Victoria-Entscheidung 73, 81, 84, 119 vorgezogene Gesellschafternachfolge 138 Vorhersehbarkeit 144–145, 195, 206, 221, 270 – bewusste Inkaufnahme 271 – negativ geregelter Bereich 272 – negative Wägung 273 – objektive 271 Vorverhalten 140, 149, 203, 207, 297–298 Vorvertrag 242 Wegfall der Geschäftsgrundlage 22, 159, 196, 242, 246, 271 Werterhalt 138, 153, 164, 175, 187, 206, 255, 288, 293, 298 – individueller 188 Wettbewerbsverbote 63, 166 wichtiger Grund, Automatismus 129, 165–166, 204, 207, 306 Witwenfall 144, 188, 274
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zerrüttetes Verhältnis 203, 207 Zinsverzichtsentscheidung I 148, 152, 308 Zinsverzichtsentscheidung II 153, 308 Zufallsmehrheiten 259, 300 Zufallssperrminoritäten 259, 300 Zumutbarkeit 122, 131, 145, 148, 207, 232, 245, 256, 292, 297 – änderungsbezogene Fortsetzung 201 – Ausgleichsmaßnahmen 234 – außerordentliches Kündigungsrecht 234, 297, 299 – formelles Bestandsinteresse 199 – individuelle Betrachtung 233 – Interessenabwägung 199 – Rechtssicherheit 295 – Regelvermutungen 233 – schutzwürdiges Interesse 199 – Selbstbestimmungsrecht 292, 294 – tatsächliche Betroffenheit 294 – Verbandstyp 201 – Verzichtbarkeit 233 – zerrüttetes Verhältnis 200 Zustimmungspflicht 122 – Änderungsgegenstand 123 – außerordentliches Kündigungsrecht 234 – Blankettbegriff 209 – Entwicklung 124 – Formel 123, 206, 208, 252 – Fundamentalkritik 240 – Stimmenthaltung 256, 300 – Ziel 123, 289 Zweckförderpflicht 79, 102–103, 111, 228, 239, 264, 286 – Entstehungsgeschichte 106 – Synallagma 146 zweckverfolgungsnahe Verfassungsnormen 220 Zweckverpflichtung ad infinitum 49