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German Pages 201 Year 1997
ROLF-GEORG MÜLLER
Polizeiliche Datenerhebung durch Befragung
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 739
Polizeiliche Datenerhebung durch Befragung Zugleich eine Analyse des § 9 nw. PolG
Von Rolf-Georg Müller
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Müller, Rolf-Georg: Polizeiliche Datenerhebung durch Befragung : zugleich eine Analyse des § 9 nw. PolG / von Rolf-Georg Müller. Berlin : Duncker und Humblot, 1997 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 739) Zugl.: Bochum, Univ., Diss., 1997 ISBN 3-428-09207-4
Alle Rechte vorbehalten © 1997 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-09207-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ
Meinen Eltern
Vorwort Die vorliegende Dissertation wurde im Wintersemester 1996/97 von der Juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum angenommen. Herrn Prof. Dr. Peter J. Tettinger gilt mein besonderer Dank für die stets wohlwollende Unterstützung der Arbeit sowie für die Erstattung des Erstgutachtens. Für die Erstellung des Zweitgutachtens bin ich Herrn Prof. Dr. Friedrich E. Schnapp zu Dank verpflichtet. Bedanken möchte ich mich schließlich bei Herrn Prof. Dr. Hans Lisken und Herrn Dr. Thomas Mann, die mir in zahlreichen Gesprächen zusätzliche Anregungen gaben. Die Untersuchung wurde im November 1996 abgeschlossen. Rechtsprechung und Literatur konnten für die Drucklegung noch bis Frühjahr 1997 berücksichtigt werden.
Mülheim an der Ruhr, im August 1997
Rolf-Georg Müller
Inhaltsverzeichnis Teil 1: Einführung und begriffliche Vorfragen
19
A. Einführung B. Begriffliche Vorfragen I. Informatorische Befragung Π. Vernehmung ΙΠ. Polizeiliche Befragung
19 21 22 23 24
Teil 2: Die Entwicklung der polizeilichen Befragung (1871 bis 1990)
27
A. Das polizeiliche Auskunftsverlangen bis zum Inkrafttreten des Grundgesetzes (1871 bis 1949) 27 I. Die Rechtsprechung des preußischen Oberverwaltungsgerichts 27 Π. Erste Ansätze in der Literatur 29 B. Das polizeiliche Auskunftsverlangen nach Inkrafttreten des Grundgesetzes (1949 bis 1990) 32 I. Die Entwicklung bis zum Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1983 32 1. Musterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes des Bundes und der Länder (1977) 35 2. Alternativentwurf einheitlicher Polizeigesetze des Bundes und der Länder (1979) 36 Π. Die Entwicklung nach Erlaß des Volkszählungsurteils 38 Teil 3: Die polizeiliche Befragung und der Vorbehalt des Gesetzes
42
A. Grundrechtsrelevanz der polizeilichen Befragung 45 B. Das Anforderungsprofil für gesetzliche Regelungen der polizeilichen Befragung.. 50 Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
54
A. Entstehung und systematische Verortung I. Entstehung Π. Systematische Verortung B. Tatbestand (§ 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG) I. Polizei Π. Bestimmte polizeiliche Aufgabe 1. Der Gesetzeswortlaut 2. Gesetzessystematische Überlegungen 3. Entstehungsgeschichtliche Hinweise
55 56 59 60 60 60 61 61 64
10
C.
D.
E.
F.
G.
H. J.
nsverzeichnis 4. Teleologische Betrachtung 5. Schlußfolgerung ΠΙ. Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen IV. Sachdienliche Angaben V. Erforderlichkeit VI. Einschränkungen durch begrenzte Auskunftspflichten in § 9 Abs. 2 nw.PolG? VII. Zusammenfassung Adressatenkreis (§ 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG) I. Eingrenzungen durch § 9 Abs. 3 nw.PolG? II. Jede Person als Adressat 1. Der Gesetzes Wortlaut 2. Systematische Erwägungen 3. Entstehungsgeschichtliche Anhaltspunkte 4. Teleologische Überlegungen ΠΙ. Fazit Rechtsfolge I. Befragungsrecht (§ 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG) II. Anhalterecht (§ 9 Abs. 1 S. 2 nw.PolG) Auskunftspflichten (§ 9 Abs. 2 nw.PolG) I. Die Pflicht zur Angabe der Personalien (§ 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG) II. Die Pflicht zu weiteren Auskünften (§ 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG) 1. Auskunftspflichten auf Grund gesetzlicher Handlungspflichten a) Grammatikalische Überlegungen b) Rechtssystematische Erwägungen c) Entstehungsgeschichtliche Anhaltspunkte d) Teleologische Betrachtung e) Schlußfolgerungen 2. Auskunftspflichten aus verfassungsrechtlicher Perspektive a) Der betroffene Freiheitsbereich b) Beschränkungen der gewährten Freiheit c) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung aa) Überwiegende Allgemeininteressen bb) Die Rechte Dritter 3. Konsequenzen Auskunftsverweigerungsrechte I. Rückgriff auf § 26 Abs. 2 S. 4 nw.VwVfG? II. Analoge Anwendung der §§ 52 ff. StPO? ΠΙ. Auskunftsverweigerungsrechte als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsprinzips Unzulässige Befragungsmethoden I. Anwendbarkeit des § 136a StPO? Π. Rückgriff auf tragende Konstitutionsprinzipien Aufklärungspflichten (§ 9 Abs. 6 nw.PolG) Ermessensgrundsätze und Verhältnismäßigkeit I. Grundsatz der Datenerhebung beim Betroffenen (§ 9 Abs. 3 nw.PolG)
65 65 66 67 69 70 71 72 72 74 75 75 76 78 78 79 79 81 82 83 86 87 88 89 90 92 92 96 96 98 98 100 102 104 105 106 108 109 110 111 112 113 115 116
nsverzeichnis Π. Grundsatz der offenen Datenerhebung (§ 9 Abs. 4 nw.PolG) ΙΠ. Zweckbindung und Inhalte der Datenerhebung (§ 9 Abs. 5 nw.PolG) IV. Anwendung von Verwaltungszwang 1. Die Durchsetzung der Anhörungspflicht 2. Die Durchsetzung einer Auskunftspflicht K. Normstruktur und -systematik I. Das Verhältnis von Befragung und Datenerhebung Π. Die Datenerhebung ohne Kenntnis des Betroffenen 1. Allgemeine Befugnis zur Datenerhebung? 2. Die Befragung Dritter
118 119 120 120 121 123 123 125 126 127
Teil 5: Abgrenzung von Befragung und Identitätsfeststellung
128
Teil 6: Der Einsatz von V-Leuten und Verdeckten Ermittlern
130
Teil 7: Die polizeiliche Befragung in den anderen Bundesländern
132
A. Die mit der Regelung des § 9 nw.PolG strukturell übereinstimmenden Vorschriften (Art. 12 bay .PAG, § 18 berl.ASOG, § 11 brandenb.PolG, § 3 hamb.DVPolG, § 13 thür.PAG) B. Die von der Regelung des § 9 nw.PolG abweichenden Lösungsmodelle I. Die Regelungen in § 13 brem.PolG, § 12 hess.SOG, § 12 nds.GefAG und § 14s.anh.SOG II. Die Regelungen in § 20 Abs. 1 bd.wtt.PolG, § 25a Abs. 3 rh.pf.POG, § 11 Abs. 1 saarl.PolG und § 18 sächs.PolG ΠΙ. Die Regelungen in § 28 m.v.SOG und § 180 schl.h.LVwG C. Gesamtbetrachtung der vorgefundenen Bestimmungen
133 136 136 138 140 141
Teil 8: Die Befragung durch den Bundesgrenzschutz und die Verfassungsschutzbehörden 147 A. Befragung und Auskunftspflicht gemäß § 22 BGSG B. Befragungen nach §§ 8 f. BVerfSchG C. Befragungen auf der Grundlage der Verfassungsschutzgesetze der Länder
147 149 151
Teil 9: Rechtsnatur der Befragung und Rechtsschutz
154
Teil 10: Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse
157
Teil 11: Abschließende Betrachtung zu § 9 nw.PolG
162
Teil 12: Vorschlag für eine Neuregelung der allgemeinen Regeln der Datenerhebung, der Befragung und der Vorladung
165
12
nsverzeichnis
Anhang: Die für die vorliegende Untersuchung wichtigsten Gesetzesbestimmungen
168
A. Die Vorschriften der Befragung in den Landespolizeigesetzen B. § 22 BGSG C. §§ 8 f. BVerfSchG
168 178 179
Literaturverzeichnis
181
Sachwortverzeichnis
198
Abkürzungsverzeichnis a.A. aaO ABGefAG ABl. Abschn. AE PolG AG AktG Allg. POR Allg. VerwR A11MB1. ALR Anm. AöR ASOG AuslG Aussch.-Prot. BAföG Bay. BayVBl. BB Bd. BDSG Bd.Wtt. Bek. ber. Beri. Bes. VerwR BGB BGBl. BGH BGHSt BGSG BHO
anderer Ansicht am angegebenen Ort Ausführungsbestimmungen zum Gefahrenabwehrgesetz (Nds.) Amtsblatt Abschnitt Alternativentwurf einheitlicher Polizeigesetze des Bundes und der Länder Amtsgericht Aktiengesetz Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht Allgemeines Verwaltungsrecht Allgemeines Ministerialblatt Allgemeines Landrecht von 1794 (Pr.) Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts Allgemeines Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Beri.) Ausländergesetz Ausschuß-Protokoll Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz) Bayern Bayerische Verwaltungsblätter Betriebs-Berater Bund / Band Bundesdatenschutzgesetz Baden-Württemberg Bekanntmachung berichtigt Berlin Besonderes Verwaltungsrecht Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Bundesgrenzschutzgesetz Bundeshaushaltsordnung
14 BKAG BNatSchG
Abkürzungsverzeichnis
BVerwG BVerwGE BWVP
Gesetz über die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz) Gesetz über den Bundesnachrichtendienst Brandenburg Bremen Bundessozialhilfegesetz Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz) Bundesrats-Drucksache Bundestags-Drucksache Bürgerrechte und Polizei Gesetz zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft (Bundeswaldgesetz) Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz) Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Baden-Württembergische Verwaltungspraxis
CR
Computer und Recht
DB DDB Diss. DJZ DNP DÖV DRiZ DSchG
Der Betrieb Der Deutsche Beamte Dissertation Deutsche Juristen-Zeitung Die Neue Polizei Die öffentliche Verwaltung Deutsche Richterzeitung Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler (Denkmalschutzgesetz, NW) Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz, NW) Datenschutz und Datensicherung Demokratie und Recht Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Verwaltungspraxis Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei (Hamb.) Datenverarbeitung im Recht
BNDG Brandenb. Brem. BSHG BStatG BR-Drucks. BT-Drucks. BÜRP BundeswaldG BVerfG BVerfGE BVerfSchG
DSG DuD DuR DVB1. DVP DVPolG DVR EMRK
Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
Abkürzungsverzeichnis EnWG Erl. ESVGH
FAZ FGG FPolDG FPRG FPRVO
FS Fußn. GA GaststättenG GBl. geänd. GefAG GenTG Ges. GewO GG GS GSG GVB1. GVOB1. Habil.schr. Hamb. HandwO HdbPolR HdbStR Hess.
Gesetz zur Förderung der Energiewirtschaft (Energiewirtschaftsgesetz) Erläuterung Entscheidungssammlung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg mit Entscheidungen der Staatsgerichtshöfe beider Länder Frankfurter Allgemeine Zeitung Gesetz über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Gesetz über den Freiwilligen Polizeidienst (Bd.Wtt.) Gesetz über die Freiwillige Polizei-Reserve (Beri.) Verordnung zur Übertragung bestimmter Befugnisse der Polizeibehörde auf die Angehörigen der Freiwilligen Polizei-Reserve (Beri.) Festschrift Fußnote Goltdammer's Archiv für Strafrecht Gaststättengesetz Gesetzblatt geändert Gefahrenabwehrgesetz (Nds.) Gesetz zur Regelung der Gentechnik (Gentechnikgesetz) Gesetz Gewerbeordnung Grundgesetz Gesetzessammlung / Gedächtnisschrift Gesetz über technische Arbeitsmittel (Gerätesicherheitsgesetz) Gesetz- und Verordnungsblatt Gesetz- und Verordnungsblatt Habilitationsschrift Hamburg Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) Handbuch des Polizeirechts Handbuch des Staatsrechts Hessen
i.d.F. IPbürgR
in der Fassung Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte
JA JR Jura JuS
Juristische Arbeitsblätter Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristische Schulung
16
Abkürzungsverzeichnis
JZ
Juristenzeitung
Kap. KO KostO
Kapitel Konkursordnung Gesetz über die Kosten in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Kostenordnung) Kritische Justiz Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft
KritJ KritV
LadschlG LfVG LG LHO LJG LKV LP1G LT-Drucks. LT-Prot. LVO LVwG
Gesetz über den Ladenschluß Gesetz über das Landesamt für Verfassungsschutz (Beri., Hess.) Landgericht Landeshaushaltsordnung (NW) Landesjagdgesetz (NW) Landes- und Kommunalverwaltung Landesplanungsgesetz (NW) Landtags-Drucksache Landtags-Protokoll Landesverwaltungsordnung (Thür.) Landesverwaltungsgesetz (Schl.H.)
MAB1. MADG MB1. MDR MEPolG
m.w.N. M.V.
Ministerialamtsblatt Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst Ministerialblatt Monatsschrift für Deutsches Recht Musterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes des Bundes und der Länder Meldegesetz (NW) Gesetz zur Durchführung einer Repräsentativstatistik über die Bevölkerung und den Arbeitsmarkt sowie die Wohnsituation der Haushalte (Mikrozensusgesetz) mit weiteren Nachweisen Mecklenburg-Vorpommern
Nds. NdsVBl. NJ NJW NVwZ NW NWVB1.
Niedersachsen Niedersächsische Verwaltungsblätter Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter
OBG
Gesetz über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden (Ordnungsbehördengesetz, NW) ohne Vornamen
MG MikrozensusG
o.V.
Abkürzungsverzeichnis OVG OVGE OWiG PAG PflSchG POG
Oberverwaltungsgericht Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte (NW, Münster / Nds. und Schl.H., Lüneburg) Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
PVG
Polizeiaufgabengesetz (Bay., Thür.) Gesetz zum Schutz der Kulturpflanzen (Pflanzenschutzgesetz) Gesetz über die Organisation und die Zuständigkeit der Polizei im Lande Nordrhein-Westfalen (Polizeiorganisationsgesetz, NW) / Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (Rh.Pf.) Polizeigesetz (Bd.Wtt., Brandenb., Brem., NW, Saarl., Sachs.) Polizeirecht Polizei- und Ordnungsrecht Preußen Protokoll Preußisches Oberverwaltungsgericht Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts Preußisches Verwaltungsblatt Gesetz zur Sicherstellung des Postwesens und der Telekommunikation (Post- und Telekommunikationssicherstellungsgesetz) Polizeiverwaltungsgesetz (Pr.)
RdErl. Rdnr. RGBl. Rh.Pf. RVBl.
Runderlaß Randnummer Reichsgesetzblatt Rheinland-Pfalz Reichsverwaltungsblatt
Saarl. S.Anh. Sachs. SächsVBl. Schl.H. SGB X SKV SOG
Saarland Sachsen-Anhalt Sachsen Sächsische Verwaltungsblätter Schleswig-Holstein Sozialgesetzbuch-Verwaltungsverfahren Staats- und Kommunalverwaltung Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Hess., M.V., S.Anh.) Strafgesetzbuch Strafprozeßordnung Strafverteidiger Gesetz über die Sicherheitswacht in Bayern (Sicherheitswachtgesetz)
PolG PolR POR Pr. Prot. Pr.OVG Pr.OVGE PrVBl. PTSG
StGB StPO StV SWG
Thür. TierSG
2 R. G. Müller
Thüringen Tierseuchengesetz
18
Abkürzungsverzeichnis
UG UrhG
Universitätsgesetz (NW) Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz)
VB1BW VEMEPolG
VVG VVPolG VwGO VwVfG VwVG
Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg Vorentwurf zur Änderung des Musterentwurfs eines einheitlichen Polizeigesetzes des Bundes und der Länder Verfassung Verfassungsgerichtshof Verfassungsschutzgesetz (Brandenb., Hamb., M.V., Nds., Saarl., S.Anh., Schl.H.) Vergleichsordnung Verwaltungsarchiv Verwaltungsrecht Verwaltungsgerichtshof Verordnungsblatt Gesetz über eine Volks-, Berufs-, Gebäude-, Wohnungs- und Arbeitsstättenzählung (Volkszählungsgesetz) Vollzugsbekanntmachung zum Polizeiaufgabengesetz (Bay.) Vorbemerkung Verwaltungsrundschau Gesetz über den Verfassungsschutz (Bd.Wtt., Bay., Brem., NW, Rh.Pf., Sachs., Thür.) Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Gesetz über den Versicherungsvertrag Verwaltungsvorschrift zum Polizeigesetz (NW) Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Verwaltungsvollstreckungsgesetz
WaffG WoGG WPflG WüRV.
Waffengesetz Wohngeldgesetz Wehrpflichtgesetz Württembergische Zeitschrift für Rechtspflege und Verwaltung
ZG ZPO ZRP ZStW zul.
Zeitschrift für Gesetzgebung Zivilprozeßordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft zuletzt
Verf. VerfGH VerfSchG VerglO VerwArch. VerwR VGH VOB1. VolkszählungsG VollzBekPAG Vorb. Vr VSG VVDStRL
Teill
Einführung und begriffliche Vorfragen
A. Einführung Die Polizei ist mit Blick auf sämtliche Einzelfelder ihres Aufgabenbereiches auf eine möglichst umfassende Versorgung mit entsprechenden Informationen angewiesen. Neben einem Zugriff auf allgemein zugängliche Quellen sowie einem Rückgriff auf Register anderer Behörden bietet sich hierzu vor allem die Kommunikation mit dem Bürger an.1 Denn auf Grund dessen Einbindung in die Gesellschaft sowie der hiermit verbundenen Nähe zu etwaigen Gefahrenquellen erscheint gerade ein derartiger Informationsaustausch besonders geeignet, die polizeiliche Tätigkeit zu begünstigen.2 Wie selbstverständlich sich dieser Befund auf den ersten Blick auch darstellt, so ist die rechtliche Erfassung eines solchen Kommunikationsvorganges doch ein recht komplexes Problemfeld. Werden der Polizei nämlich nicht auf freiwilliger Basis gefahrenspezifische Informationen mitgeteilt, sondern geht diese vielmehr dazu über, eine bestimmte Person zur Abgabe entsprechender Auskünfte aufzufordern, so wird durch diese Befragung das sensible Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das das Bundesverfassungsgericht aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG 3 herleitet 4 , tangiert. Hierbei wiegt eine Beeinträchtigung um so schwerer, wenn sich die Polizei bei der Erfragung von Daten mit Personenbezug nicht an den Betroffenen selbst, sondern - ohne dessen Kenntnis - an Dritte wendet.5 Das bei diesen Vorgängen entstehende Spannungsfeld zwischen dem in Rede stehenden polizeilichen Befragungsrecht einerseits und
1
So H. Lisken, ZRP 1990, 15 (18); ders. y NWVB1. 1990, 325.
2
Vgl. D. Peitsch, Die Polizei 1993, 67.
3
GG v. 23.5.1949 (BGBl. S. 1), zul. geänd. d. Ges. v. 3.11.1995 (BGBl. I S. 1492).
4
Vgl. BVerfGE 65, 1 (41 ff.); 78, 77 (85); 80, 137 (167); 80, 367 (373); 84, 192 (195); 88, 87 (97); 89,69 (82); 90,263 (270); 92, 191 (197); 93,181 (187). 5
Vgl. hierzu auch H. Kraft, FAZ, Nr. 129 v. 7.6.1994, S. Τ 4.
20
Teil 1 : Einführung und begriffliche Vorfragen
einer etwaigen Antwort- oder Auskunftspflicht des Bürgers andererseits normativ interessengerecht auszugestalten, erweist sich als außerordentlich schwierig, denn es spiegelt sich hierin doch das gesamte Verhältnis von Staat und Individuum wieder. So wurde dieses Rechtsinstrument präventiv-polizeilicher Tätigkeit - zunächst noch als Auskunftsrecht bezeichnet - bis zum Erlaß der neueren Polizeigesetze6 zum Teil allein auf Grund der polizeilichen Generalklausel für zulässig erachtet. 7 Nunmehr haben jedoch sämtliche Bundesländer - motiviert durch die Karlsruher Impulse anläßlich des Volkszählungsurteils 8 und gedrängt durch das Ablaufen des sog. Übergangsbonus 9 - im Zuge der datenschutzgerechten Novellierung ihrer Polizeigesetze die Befragung einer eigenständigen Regelung zugeführt. 10 Die hierbei anzutreffenden, zum Teil sehr unterschiedlichen Regelungsmodelle haben ihren Ursprung weder im Mu6
Bd.wtt.PolG i.d.F. v. 13.1.1992 (GBl. S. 1, ber. S. 596), zul. geänd. d. Ges. v. 22.7.1996 (GBl. S. 501); bay.PAG i.d.F. d. Bek. v. 14.9.1990 (GVB1. S. 397), zul. geänd. d. Ges. v. 23.12.1994 (GVB1. S. 1050); berl.ASOG v. 14.4.1992 (GVB1. S. 119), zul. geänd. d. Ges. v. 19.7.1994 (GVB1. S. 241); brandenb.PolG v. 19.3.1996 (GVB1.1 S. 74); brem.PolG v. 21.3. 1983 (GBl. S. 141, ber. S. 301), zul. geänd. d. Ges. v. 16.5.1995 (GBl. S. 307); hamb.DVPolG v. 2.5.1991 (GVB1. S. 187); hess.SOG i.d.F. v. 31.3.1994 (GVB1. I S. 174, ber. S. 284), zul. geänd. d. Ges. v. 16.11.1995 (GVB1. I S. 502, ber. GVB1. I 1996 S. 56); m.v.SOG v. 4.8.1992 (GVOB1. S. 498); nds.GefAG i.d.F. v. 13.4.1994 (GVB1. S. 172), zul. geänd. d. Ges. v. 20.5.1996 (GVB1. S. 230); nw.PolG i.d.F. d. Bek. v. 24.2.1990 (GVB1. S. 70, ber. S. 580), zul. geänd. d. Ges. v. 24.11.1992 (GVB1. S. 446); rh.pf.POG i.d.F. v. 9.7.1993 (GVB1. S. 407); saarl.PolG i.d.F. d. Bek. v. 10.5.1996 (ABl. S. 685); sächs.PolG i.d.F. d. Bek. v. 15.8.1994 (GVB1. S. 1541); s.anh.SOG i.d.F. d. Bek. v. 1.1.1996 (GVB1. S. 2); schl.h.LVwG i.d.F. v. 2.6.1992 (GVOB1. S. 243, ber. S. 534), zul. geänd. d. Ges. v. 12.12.1995 (GVOB1. S. 484); thür.PAG v. 4.6.1992 (GVB1. S. 199). 7
Vgl. etwa Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 192 f.; E. Rasch, Allg. POR, in: C.H. Ule, Verwaltungsgesetze des Bundes und der Länder, Bd. ΙΠ, Erster Halbband, § 11 ME Rdnrn. 1, 4 ff. 8
BVerfGE 65,1 ff.
9
Dazu BVerfGE 25, 167 (185); 33, 1 (13); 51, 268 (290); 58, 257 (280); 85, 386 (401 f.); H. Bäumler, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. J Rdnrn. 50 ff.; A. Kowalczyk, Datenschutz im PolR, S. 58 f.; H.W. Alberts , ZRP 1987, 193 ff.; K. Vogelgesang, DVB1. 1989, 962 ff.; A. Dix y Jura 1993, 571 (572 f.); Ch. Krehl, NJW 1995, 1072 ff. 10
Siehe § 20 Abs. 1 bd.wtt.PolG, Art. 12 bay.PAG, § 18 Abs. 3-6 berl.ASOG, § 11 brandenb.PolG, § 13 brem.PolG, § 3 hamb.DVPolG, § 12 hess.SOG, § 28 m.v.SOG, § 12 nds.GefAG, § 9 nw.PolG, § 25a Abs. 3 rh.pf.POG, § 11 Abs. 1 saarLPolG, § 18 Abs. 1, 3,6, 8,9 sächs.PolG, § 14 s.anh.SOG, § 180 schl.h.LVwG, § 13 thür.PAG.
Β. Begriffliche Vorfragen
21
sterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes11 noch im Vorentwurf zur Änderung des Musterentwurfs 12 ; es sind allesamt Neuschöpfungen ohne Vorläufer. Vornehmlich an Hand der nordrhein-westfälischen Regelung des § 9 nw.PolG soll nun der Frage nachgegangen werden, ob der „Prototyp" der polizeilichen Befragung den betroffenen Sachkomplex insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit überzeugend ausgestaltet. Hierbei steht neben der Auslegung der neu installierten unbestimmten Rechtsbegriffe vor allem die Frage im Vordergrund, inwieweit mit einem polizeilichen Befragungsrecht auch eine entsprechende Auskunftspflicht des Bürgers korrespondiert. Besonderes Augenmerk gilt zudem den Problemfeldern der Auskunftsverweigerungsrechte, der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung des Befragungsvorgangs sowie dem Verhältnis von Befragung und Datenerhebung. Die vorliegende Untersuchung versucht mithin zu erarbeiten, welche rechtlichen und praktischen Auswirkungen die Einbettung der polizeilichen Befragung in das System der Standardmaßnahmen zeitigen wird, und verfolgt damit den Zweck, einen Beitrag zur Rechtssicherheit bei der Anwendung dieses neuen Eingriffstatbestandes zu leisten. Die Analyse der normativen Erfassung des Befragungsvorgangs in Nordrhein-Westfalen wird abgerundet durch einen Vergleich mit den Regelungen der übrigen Polizeigesetze sowie eine komprimierte Untersuchung der Befragung durch den Bundesgrenzschutz und die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder.
B. Begriffliche Vorfragen Zur Konkretisierung des Begriffs der polizeilichen Befragung, wie er nun in nahezu allen Polizeigesetzen verwandt w i r d 1 3 , ist es zunächst erforderlich, die „polizeiliche Befragung" von den aus dem Bereich der Strafverfolgung stam-
11
ME PolG gem. Beschluß der Innenministerkonferenz v. 25.11.1977; abgedruckt mit Begründung und Anmerkungen bei Heise!Riegel, ME PolG. 12
VE ME PolG gem. Beschluß der Innenministerkonferenz v. 18.4.1986; Text und amtliche Begründung bei Kniesel/Vahle, VE ME PolG und BÜRP, Heft 1/1988, 168 ff. 13
Lediglich Art. 12 bay .PAG und § 25a Abs. 3 rh.pf.POG werden hingegen als „Auskunftspflicht" bezeichnet.
22
Teil 1: Einführung und begriffliche Vorfragen
menden Begriffen der „informatorischen Befragung" sowie der „Vernehmung" (vgl. §§ 135 ff., 163a StPO 1 4 ) abzugrenzen.
I. Informatorische Befragung Der Begriff der informatorischen Befragung wurde für polizeiliche Vorermittlungen in Form von Anhörungen geprägt. 15 Diese gesetzlich nicht ausgestalteten Maßnahmen liegen zeitlich noch vor der Phase des sog. ersten Zugriffs der Polizei gemäß § 163 Abs. 1 StPO, zu dem diese - entsprechend der Verpflichtung der Staatsanwaltschaft durch das Legalitätsprinzip (vgl. § 152 Abs. 2, § 160 Abs. 1 StPO) 16 - erst verpflichtet ist, soweit zureichende Anhaltspunkte für den Verdacht einer Straftat vorliegen. 17 Ist die Polizei folglich unsicher, ob derartige Verdachtsmomente überhaupt bestehen, oder darüber im Zweifel, ob eine bestimmte Person als Tatverdächtiger oder Zeuge in Betracht kommt, so lassen sich entsprechende Befragungen potentiell Beteiligter nicht als „Vernehmung" bezeichnen.18 In Konsequenz hieraus wurden die in Rede stehenden Vorermittlungen von dem überwiegenden Teil der Literatur in Abgrenzung von der förmlichen Vernehmung als informatorische Befragungen bezeichnet.19 Der zentrale Unterschied zur Vernehmung liegt hierbei in dem Umstand, daß der Auskunftsperson in diesem Stadium gerade keine Beschul14
StPO i.d.F. d. Bek. v. 7.4.1987 (BGBl. IS. 1074, ber. S. 1319), zul. geänd. d. Ges. v. 19.7.1996 (BGBl. IS. 1014). 15
Eingehend zur informatorischen Befragung in Rechtsprechung und Literatur A. Gerling, Informatorische Befragung, S. 10 ff.; K. Geppert, Notwendigkeit und rechtliche Grenzen der „informatorischen Befragung", in: FS D. Oehler, S. 323 ff. 16
Vgl. V. Wache, in: G. Pfeiffer, Karlsruher Kommentar zur StPO, § 163 Rdnr. 8; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, § 163 Rdnr. 9. 17 Vgl. K. Geppert, Notwendigkeit und rechtliche Grenzen der „informatorischen Befragung", in: FS D. Oehler, S. 323 ff. (324). 18
So Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, Einl. Rdnr. 79; A. Gerling, Informatorische Befragung, S. 11; G. Haas, GA 142 (1995), S. 230 ff. (232); D. Krause, Die Polizei 1978, 305; a.A. P. Rieß, in: Löwe/Rosenberg, StPO, Bd. II, § 163a Rdnr. 20. 19
Siehe V. Wache, in: G. Pfeiffer, Karlsruher Kommentar zur StPO, § 163 Rdnr. 8; H. Dabs, in: Löwe/Rosenberg, StPO, Bd. I, § 59 Rdnr. 5; Kleinknecht/ Meyer-Goßner, StPO, Einl. Rdnr. 79; G. Haas, GA 142 (1995), S. 230 ff. (232); ders., Kriminalistik 1996, 125 (125 f.); H. ter Veen, StV 1983, 293; J. Lüder, Die Polizei 1985, 43 (44); E. Weßlau, Vorfeldermittlungen, S. 80; kritisch Ρ. Wulf\ Polizeiliche Beschuldigtenvernehmung, S. 147 ff.
Β. Begriffliche Vorfragen
23
digten- oder Zeugen-Rolle zukommt und mithin auch noch keinerlei Belehrungspflichten über etwaige Aussageverweigerungsrechte entstanden sind. 20 Vor diesem Hintergrund ist vor allem die Frage der weiteren Verwertbarkeit der bei der informatorischen Befragung ohne Belehrung erlangten Auskünfte von gewichtiger Bedeutung.21
II. Vernehmung Haben sich die Verdachtsmomente bezüglich einer bestimmten Person jedoch derart konkret verdichtet, daß ein sog. Anfangsverdacht besteht, so beginnt die Phase der regulären Beschuldigtenvernehmung. 22 Im Rahmen des ersten Zugriffs (§ 163 Abs. 1 StPO) kommt hierbei als Vernehmungsorgan in erster Linie wiederum die Polizei in Betracht. 23 Bei der ersten Vernehmung des Beschuldigten haben die Beamten des Polizeidienstes diesem nach § 163a Abs. 4 S. 1 StPO zu eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird. Von den Belehrungen, die § 163a Abs. 4 S. 2 StPO weiterhin vorschreibt, ist insbesondere der Verweis auf § 136 Abs. 2 S. 1 StPO von Gewicht 2 4 , wonach der Beschuldigte darauf hinzuweisen ist, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Werden im weiteren Zeugen oder Sachverständige vernommen, so sind vor allem die Belehrungspflichten des § 163a Abs. 5 StPO hinsichtlich der Auskunfts- und Zeugnisverweigerungsrechte zu beachten.
20
Vgl. W. Beulke, Strafprozeßrecht, Rdnr. 118; K. Geppert, Notwendigkeit und rechtliche Grenzen der „informatorischen Befragung", in: FS D. Oehler, S. 323 ff. (324); Krause!Nehring, Strafverfahrensrecht, Rdnr. 170; gegen den Verzicht auf entsprechende Belehrungspflichten A. Gerling, Informatorische Befragung, S. 20 ff., 93 ff. 21
Siehe LG Köln, MDR 1991, 368; AG Delmenhorst, StV 1991, 254; AG München, StV 1990, 104 f.; P. Rieß, in: Löwe/Rosenberg, StPO, Bd. II, § 163a Rdnrn. 20 f.; A. Gerling, aaO, S. 142 ff.; K. Geppert, aaO, S. 330 ff. 22 Vgl. P. Rieß, aaO, Rdnrn. 22 f.; ausführlich B. Fischer, Die Vernehmung des Beschuldigten, S. 30 ff. 23
Dazu Kleinknecht/Meyer-Goßner, che Vernehmung, S. 27 ff. 24
StPO, § 163a Rdnr. 2; J. Banscherus, Polizeili-
Siehe V. Wache, in: G. Pfeiffer, Karlsruher Kommentar zur StPO, § 163a Rdnr. 27.
24
Teil 1: Einführung und begriffliche Vorfragen
ΠΙ. Polizeiliche Befragung Stellt man nun die Instrumente der informatorischen Befragung und der Vernehmung dem Begriff der polizeilichen Befragung gegenüber, so ist zunächst festzuhalten, daß die Vernehmung per definitionem von dem Status des Befragten als Zeuge bzw. Beschuldigter abhängt. Hier ist eine Überschneidung mit dem Begriff der polizeilichen Befragung ausgeschlossen, da dem Polizeirecht die obigen Begriffe fremd sind. 25 Was hingegen die informatorische Befragung im Vorfeld des Ermittlungsverfahrens betrifft, so läßt der Status des Befragten in Ermangelung einer entsprechenden, formalen Stellung als Zeuge oder Beschuldigter keinerlei Abgrenzungswirkung zu. Ausschlaggebende Bedeutung gewinnt damit allein die mit der Befragung verbundene Zielsetzung, die bei der Vernehmung und in deren Vorfeld bei der informatorischen Befragung der Ermittlung und Verfolgung von Straftaten gewidmet ist und damit im Bereich repressiv-polizeilicher Tätigkeit wurzelt. Die negative Abschichtung der Vernehmung und der informatorischen Befragung von dem Begriff der polizeilichen Befragung verdeutlicht, daß der Funktionskreis der Polizei ein erstes, recht zuverlässiges Abgrenzungskriterium darstellt. Handelt die Polizei bei objektiver Betrachtung folglich in präventivpolizeilicher Zweckrichtung - sind ihre Fragen also etwa auf die Abwehr von oder Vorsorge gegen Gefahren (vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 , 2 nw.PolG) gerichtet kann es sich weder um eine Vernehmung noch um eine informatorische Befragung handeln; es kommt allein der Anwendungsbereich der polizeilichen Befragung in Betracht 2 6 Demgegenüber wird vereinzelt vertreten, daß ungeachtet der von der Polizei jeweilig intendierten Zweckverfolgung eine informatorische Befragung immer dann stattfinde, wenn der Bürger nicht gegen seinen Willen angehört werde. 27 Der Charakter der polizeilichen Befragung sei demnach vorwiegend dadurch geprägt, daß der Bürger die Kommunikation mit einem Polizeibeamten als
25
Bedenklich insoweit Ch. Gusy, NVwZ 1991, 614 (615), der die polizeiliche Befragung nach § 9 Abs. 1 nw.PolG auch als Vernehmung bezeichnet. 26 Eine Vielzahl von Anwendungsfällen findet sich bei Kniesel/Vahle, Polizeiliche Informationsverarbeitung, Rdnrn. 38 f., 44 f. und H. Tegtmeyer, PolG NW, § 9 Rdnrn. 2 ff. 27
So Ch. Gusy, NVwZ 1991, 614 (615, 618 f.); zurückhaltender Schollerl Schioer, Grundzüge des POR, S. 103.
Β. Begriffliche Vorfragen
25
Beugung seines Willens empfinde, so daß allein eine durch die Befragung vermittelte Duldungspflicht die polizeiliche Befragung begründe. 28 Eine derartige Sicht ist jedoch insoweit mit Unsicherheiten verbunden, als daß hierbei zum einen der begriffliche Ursprung der informatorischen Befragung in der Dogmatik des Strafprozeßrechts 29 überspielt und zum anderen die polizeiliche Befragung von einem subjektiven Element abhängig würde. 30 Würde jeweils der Wille des Betroffenen darüber entscheiden, ob eine polizeiliche Befragung vorliegt oder nicht, so ginge hiermit bei wechselnder Gesprächsbereitschaft des Befragten auch ein fortlaufender Wechsel zwischen schlichtem Privatgespräch und rechtlich erheblichem Eingriff einher, was allein mit Blick auf das polizeiliche Anhalterecht gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 nw.PolG 31 sowie die gebotene Belehrung nach § 9 Abs. 6 nw.PolG 32 in der Praxis zu untragbaren Ergebnissen führen würde. Auch ließe sich hinsichtlich anderer Standardmaßnahmen - wie beispielsweise der Vorladung oder der Identitätsfeststellung (§§ 10, 12 nw.PolG) - schwerlich vertreten, daß diese in dem Augenblick nicht mehr als polizeiliche Maßnahmen bezeichnet werden können, in dem der Betroffene ihnen freiwillig Folge leistet. Zwar sind auch Kommunikationssituationen denkbar, in deren Verlauf der Bürger der Polizei aus eigener Initiative Informationen zuträgt. Eine Einstufung dieser Vorgänge als polizeiliche Befragung scheitert jedoch nicht daran, daß sich der Informationsaustausch hierbei mit dem Willen des Bürgers vollzieht, sondern weil hier erst gar nicht von einer Befragung gesprochen werden
28 Vgl. Ch. Gusy, aaO, S. 615; D. Peitsch, Die Polizei 1993, 67 (68); G. Haurand, Allg. POR NW, S. 100; K.H. Friauf.\ POR, in: E. Schmidt-Aßmann, Bes. VerwR, Rdnr. 121d. 29
Vgl. A. Gerling, Informatorische Befragung, S. 10 f.; K. Geppert, Notwendigkeit und rechtliche Grenzen der „informatorischen Befragung", in: FS D. Oehler, S. 323 ff. (323 f.). 30
Vgl. F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 156.
31
Vgl. § 20 Abs. 1 S. 3 bd.wtt.PolG, Art. 12 S. 3 bay .PAG, § 18 Abs. 3 S. 2 berLASOG, § 11 Abs. 1 S. 2 brandenb.PolG, § 3 Abs. 1 S. 2 hamb.DVPolG, § 12 Abs. 1 S. 2 hess.SOG, § 28 Abs. 1 S. 2 m.v.SOG, § 12 Abs. 4 S. 1 nds.GefAG, § 14 Abs. 1 S. 2 s.anh.SOG, § 180 Abs. 1 S. 2 schl.h.LVwG, § 13 Abs. 1 S. 2 thür.PAG. 32
Siehe § 19 Abs. 3 bd.wtt.PolG, Art. 30 Abs. 4 bay .PAG, § 18 Abs. 5 berl.ASOG, § 29 Abs. 4 brandenb.PolG, § 28 Abs. 2 brem.PolG, § 2 Abs. 4 hamb.DVPolG, § 13 Abs. 8 hess.SOG, § 26 Abs. 3 m.v.SOG, § 12 Abs. 5 S. 1 nds.GefAG, § 25a Abs. 3 S. 3 rh.pf.POG, § 11 Abs. 1 S. 6 saarl.PolG, § 18 Abs. 4 S. 3 sächs.PolG, § 14 Abs. 2 S. 3 s.anh.SOG, § 178 Abs. 3 schl.h.LVwG, § 31 Abs. 4 thür.PAG.
26
Teil 1: Einführung und begriffliche Vorfragen
kann. 33 Schon der Begriff der Befragung setzt eine einseitige „Frage und Antwort"-Situation voraus, so daß auch die Kommunikation zwischen Polizei und Bürger nur dann als Befragung qualifiziert werden kann, wenn die Initiative hierfür eindeutig von der Polizei ausgegangen ist. Entscheidend - und damit konstitutiv für den Begriff der polizeilichen Befragung - ist mithin nicht der Wille des Betroffenen, sondern vielmehr allein, daß die Polizei von sich aus den Bürger im Rahmen präventiv-polizeilicher Tätigkeit zu einer konkreten Auskunft auffordert.
33
So auch F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 157.
Teil 2
Die Entwicklung der polizeilichen Befragung (1871 bis 1990) Um die aktuellen rechtlichen und praktischen Anwendungsprobleme der polizeilichen Befragung exakt einordnen und erörtern zu können, ist es lohnend, in konzentrierter Darstellung die Entwicklung dieser Maßnahme nachzuzeichnen.
A. Das polizeiliche Auskunftsverlangen bis zum Inkrafttreten des Grundgesetzes (1871 bis 1949) Die Ursprünge der Diskussion des polizeilichen Auskunftsverlangens lassen sich bis in die Zeit des Deutschen Reiches von 1871 zurückverfolgen.
I. Die Rechtsprechung des preußischen Oberverwaltungsgerichts So finden sich speziell in der Rechtsprechung des preußischen Oberverwaltungsgerichts eine ganze Reihe von Entscheidungen, die die Frage der Zulässigkeit eines polizeilichen Rechts auf Auskunftserteilung zum Gegenstand haben. 34 In der diesbezüglich bedeutendsten Entscheidung aus dem Jahr 1887 3 5 , in der ein Gutsbesitzer - gewissermaßen als ortskundiger Sachverständiger - zur Auskunftserteilung hinsichtlich einer öffentlichen Wegeangele-
34
Pr.OVGE 7, 382 (385); 15, 423 (425); 26, 401 (403); 37, 427 (428 f.); 43, 414 (415 f.); 48, 430 (431); 56, 295 (297); 56, 334 (338); 65, 276 (278 f.). 35
Pr.OVGE 15, 423 ff.
28
Teil 2: Die Entwicklung der polizeilichen Befragung
genheit unter Zwangsandrohung vorgeladen wurde, finden sich folgende Ausführungen des Gerichts: „Indem das Gesetz den Polizeibehörden das Recht und die Pflicht beilegt, auf bestimmten polizeilichen Gebieten Anordnungen zu treffen, gewährt ihnen dasselbe damit zugleich das Recht, Vorverfügungen zu erlassen, welche die Entschließung der Behörde, ob Anlaß zu einem polizeilichen Einschreiten vorliegt, vorzubereiten bestimmt sind, insbesondere auch die Befugnis, Auskunft über den Sachverhalt von Personen, denen derselbe bekannt ist, zu verlangen ...". 3 6 Zur Herleitung dieser Befugnis machte das Gericht den Schluß vom Zweck auf die Mittel nutzbar: „Es hieße, die Aktion der Polizeibehörden, zu der das Gesetz sie beruft, geradezu illusorisch machen, wollte man ihnen die Mittel, ohne welche eine solche nicht möglich ist, lediglich um deshalb versagen, weil dieselben nicht speziell und ausdrücklich im Gesetze bezeichnet sind." 37 Anders als im heutigen § 9 nw.PolG, der in Abs. 1 und Abs. 2 thematisch zwischen Befragungsrecht und Auskunftspflicht differenziert 38 , sah das Pr.OVG eine Abgrenzung des polizeilichen Auskunftsverlangens von der Pflicht des Bürgers zur Erteilung der jeweiligen Auskunft indes nicht vor. So heißt es insoweit: „Der Berechtigung der Polizeibehörden, Auskunft zu verlangen, entspricht die Verpflichtung der ihrer Amtsgewalt unterworfenen Personen, die verlangte Auskunft zu ertheilen." 39 Diese zunächst sehr weitreichende und eher von rechtspolitischen Erwägungen geprägte polizeiliche Vorladungs- und Auskunftsbefugnis wurde vom Pr.OVG jedoch in einer späteren Entscheidung näher konturiert und unter
36
Pr.OVGE 15, 423 (425).
37
Pr.OVG, aaO.
38
So auch §§ 20 Abs. 1 S. 1, 27 Abs. 4 S. 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 bd.wtt.PolG, Art. 12 S. 1, 2 bay.PAG, § 18 Abs. 3 S. 1, 3, 4 berl.ASOG, § 11 Abs. 1, 2 brandenb.PolG, § 3 Abs. 1, 2 hamb.DVPolG, § 12 Abs. 1, 2 hess.SOG, § 28 Abs. 1, 2 m.v.SOG, § 12 Abs. 1-3 nds.GefAG, § 11 Abs. 1 S. 1, 2 saarl.PolG, § 18 Abs. 1, 3, 6 S. 1 i.V.m. Abs. 5 Nr. 1 sächs.PolG, § 14 Abs. 1, 2 S. 1 s.anh.SOG, § 180 Abs. 1, 2 S. 1 schl.h.LVwG, § 13 Abs. 1, 2 thür.PAG. 39
Pr.OVG, aaO.
Α. Das polizeiliche Auskunftsverlangen von 1871 bis 1949
29
Bezugnahme auf den in § 10 I I 17 pr.ALR von 1794 40 beschriebenen polizeilichen Aufgabenbereich deutlich eingeschränkt: „Ein allgemeines und unbedingtes Recht auf Auskunfteiteilung steht der Polizei nicht zu ... Sie kann das Recht nur innerhalb der ihr durch § 10 Tit. 17 T. I I ALR. gesteckten Grenzen ..., also nur dann ausüben, wenn behufs Erfüllung ihrer Aufgaben die Herbeiführung einer Auskunfterteilung das nach Lage des Falles gebotene Mittel - die Nötige Anstalt' im Sinne der angezogenen landrechtlichen Vorschrift - bildet." 41
II. Erste Ansätze in der Literatur Mit der Judikatur des Pr.OVG waren sodann erste Grundlinien eines Auskunftsrechts der Polizeibehörden vorgezeichnet, woraufhin sich nunmehr auch die Literatur veranlaßt sah, den Fragen der Zulässigkeit und Grenzen dieser Befugnis nachzugehen. Erste Ansätze finden sich insoweit bei A.W. Jebens 42, der in der Aufgabennorm des § 10 I I 17 pr.ALR 1794 den „'Urquell' der polizeilichen Machtbefugnisse" erblickte, deren Zielrichtung letztlich jegliche Art von Mitteln und Wegen gestatte, solange sich diese allein als „nötige Anstalten" zur Gefahrenabwendung darstellen. 43 Unter zusätzlicher Heranziehung des Umstandes, daß die „Mannigfaltigkeit und Eigenart des polizeilichen Aufgabenbereichs" eine exakte und abschließende Aufstellung der ihr zur Verfügung stehenden Mittel ausschließe, gelangte A.W. Jebens schließlich zur grundsätzlichen Bejahung einer allgemeinen Auskunftsverpflichtung gegenüber der Polizei. 44 Dieser Sicht schlossen sich in der folgenden Zeit einige weitere namhafte Autoren an, die ihre Auffassung - in Orientierung an der
40
§§ 10 ff. II 17 pr.ALR 1794 abgedruckt bei H. Hattenhauer, Allgemeines Landrecht, S. 626; § 10 Π 17 pr.ALR 1794: „Die nöthigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit, und Ordnung, und zur Abwendung der dem Publico, oder einzelnen Mitgliedern desselben, bevorstehenden Gefahr zu treffen, ist das Amt der Polizey." 41
Pr.OVGE 56, 295 (297).
42
PrVBl. 24 (1902-03), 401 ff.
43
A.W. Jebens, aaO, S. 402.
44
Der s., aaO.
30
Teil 2: Die Entwicklung der polizeilichen Befragung
Rechtsprechung des Pr.OVG - wiederum vornehmlich auf den Schluß vom Zweck auf die Mittel stützten.45 Gerade dieser Ansatz erwies sich jedoch als zentraler Angriffspunkt kritischer Stimmen in der Literatur 4 6 , wobei in dieser Konstruktion mit Blick auf die „Ablösung des allgemeinen Oberaufsichtsrechts des Staates"47 eine unzulässige Überdehnung der den Polizeibehörden durch § 10 I I 17 pr.ALR 1794 überantworteten Gewalt gesehen wurde. 48 In Konsequenz dessen und auf Grund prinzipieller Bedenken gegen ein „Operieren mit polizeilichem Gewohnheitsrecht" 49 wurde ein Auskunftsrecht der Polizei von dieser Position in der Literatur nach bestehender Rechtslage abgelehnt50 und bereits im Jahr 1926 von der Schaffung einer eigenständigen gesetzlichen Grundlage abhängig gemacht.51 Die hiermit grob skizzierte Ursprungssituation der rechtlichen Erfassung des Vorgangs polizeilicher Befragungen erhielt nun neue Impulse durch die ersten gesetzlichen Systematisierungen des Polizeirechts: Im Zuge dessen ist zunächst § 60 der thüringischen Landesverwaltungsordnung von 1926 52 anzuführen, der im Rahmen des allgemeinen Verwaltungsverfahrens für die Vorladung von Personen in Satz 1 folgende, einschneidende Regelung vorsah: „Die Verwaltungsstellen sind berechtigt, in ihrem Bezirk 45
Vgl. V. Bitter, Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung, S. 126; B. Drews , Preußisches Polizeirecht, S. 61; K. Friedrichs, GA 54 (1907), S. 394 ff. (397); Hatschek/Kurtzigy Lehrbuch des deutschen und preußischen Verwaltungsrechts, S. 186 f.; W. Jellineky Gesetz, Gesetzesanwendung und Zweckmäßigkeitserwägung, S. 319 f.; dens. y Verwaltungsrecht, S. 150 f. 46
Vgl. O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, S. 225 f. Fußn. 21; Nebinger, WüRV. 19 (1926), S. 17 ff. (18 f.); O. Stephan, Die Polizei 1927, 605 f. 47
K. Wolzendorffy
VerwArch. 18 (1910), S. 405 ff. (505 f.).
48
O. Mayer, aaO, spricht im Zusammenhang mit dem Auskunftsrecht der Polizei von „allerlei nützliche[n] Leistungen" des Bürgers an den Staat ohne entsprechenden Rechtstitel. 49
Nebinger, WüRV. 19 (1926), S. 17 ff. (19).
50
Vgl. O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, S. 225 f. Fußn. 21; Nebinger, WüRV. 19 (1926), S. 17 ff. (18 f.); K. Wolzendorff, VerwArch. 18 (1910), S. 405 ff. (505 ff.); dens., VerwArch. 20 (1912), S. 277 ff. (281); kritisch auch A.W. Jebens, PrVBl. 24 (1902-03), 401 (402), der jedoch im Ergebnis eine Auskunftspflicht gegenüber der Polizei bejaht. 51
Nebinger y WüRV. 19 (1926), S. 17 ff. (19).
52
Thür.LVO v. 10.6.1926 (GS S. 177).
Α. Das polizeiliche Auskunftsverlangen von 1871 bis 1949
31
sich aufhaltende Personen, deren Erscheinen zur Durchführung einer Amtshandlung unerläßlich ist, vorzuladen; die Ladung unterliegt keiner Anfechtung und ist vollstreckbar." 53 Vor dem Hintergrund dieser Vorschrift wurde nunmehr vereinzelt vertreten, daß den Verwaltungs- und damit auch den Polizeibehörden als notwendige Begleitmaßnahme des ausdrücklich genannten, umfassenden Vorladungsrechts nun grundsätzlich auch ein allgemeines Auskunftsrecht gegenüber dem Bürger zur Verfügung stehe.54 Von maßgeblicher Bedeutung war im vorliegenden Kontext aber vor allem das im Jahr 1931 erlassene preußische Polizeiverwaltungsgesetz 55, in dessen Konzeption die Literatur 56 ihre Grundpositionen nun vorwiegend integrierte. So reichen die diesbezüglichen Auffassungen auch hier von der grundsätzlichen Anerkennung 57 bis hin zur generellen Ablehnung 58 eines polizeilichen Auskunftsrechts: Die zunächst in Orientierung an der Aufgabenzuweisungsnorm des § 10 I I 17 pr.ALR 1794 erfolgte Erörterung eines Auskunftsrechts der Polizei fand nun vor dem Hintergrund des § 14 pr.PVG 5 9 , der ersten Kodifizierung einer polizeilichen Generalklausel, statt. Als konkreter Anknüpfungspunkt zur Bejahung eines Auskunftsrechts diente auch hier die Regelung der polizeilichen Vorladung von Personen in § 17 pr.PVG 6 0 , wobei die Aussage, daß eine
53
Durch VO v. 5.6.1930 (GS S. 79) wurde das Tatbestandsmerkmal der Unerläßlichkeit der Maßnahme zur Durchführung der Amtshandlung gestrichen, womit die Voraussetzungen für die Vorladung von Personen noch deutlich herabgesetzt wurden. 54
Vgl. dazu G. Kopperschmidt, Die Auskunftspflicht gegenüber der Verwaltung, S. 63 f., 74; zweifelnd A. Köngen, VerwArch. 36 (1931), S. 162 ff. (179 f.). 55
Pr.PVG v. 1.6.1931 (GS S. 77).
56
W. F ranzen, PVG, Bd. I, S. 151 f.; K. Friedrichs, PVG, S. 127 f.; Scheer/Trubel, Preußisches PVG, S. 44; W. Schnitzker, PVG, S. 22; F. Schack, RVB1. 56 (1935), 709 (713 f.). 57 58
F. Schack, RVB1. 56 (1935), 709 (713 f.).
Vgl. K. Friedrichs, Schnitzker, PVG, S. 22.
PVG, S. 128; Scheer/Trubel,
Preußisches PVG, S. 44; W.
59
§ 14 Abs. 1 pr.PVG: „Die Polizeibehörden haben im Rahmen der geltenden Gesetze die nach pflichtmäßigem Ermessen notwendigen Maßnahmen zu treffen, um von der Allgemeinheit oder dem einzelnen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird." 60
§ 17 Abs. 1 pr.PVG: „Die Vorladung von Personen im Zwangswege durchzuführen, sind die Polizeibehörden nur befugt, soweit diese Maßnahme zur Ermittlung oder
32
Teil : Die
lung der polizeilichen Befragung
zwangsweise Vorladung nur im Zusammenhang mit einem Verbrechen oder Vergehen zulässig ist, dahingehend nutzbar gemacht wurde, daß demnach eine Vorladung zur Auskunftserteilung aus präventiv-polizeilichen Gründen zwar nicht unter Anwendung von Zwangsmaßnahmen, zumindest aber im Grundsatz anzuerkennen sei. 61 Dieses - in Anbetracht der Tatsache, daß die Vorladung gemäß § 17 pr.PVG in bewußter Abkehr von der eingriffsintensiveren Regelung des § 60 thür.LVO unter den Vorbehalt des Verdachts eines Verbrechens bzw. Vergehens gestellt worden war 6 2 - sehr extensive Verständnis des polizeilichen Vorladungsrechts wurde jedoch nur vereinzelt zugrundegelegt. So findet sich demgegenüber in der Kommentarliteratur zum pr.PVG auch die gegensätzliche Auffassung, die eine Aussageverpflichtung vor der Polizei generell ablehnt. 63 Für die bis hierher nachgezeichnete Rechtslage kann somit konstatiert werden, daß mit den Problemfeldern der grundsätzlichen Anerkennung, der rechtlichen Voraussetzungen und Grenzen sowie der Durchsetzbarkeit eines allgemeinen Auskunftsrechts der Polizei zwar bereits zentrale Fragen dieser Befugnis aufgeworfen, aber keineswegs einer eingehenden oder gar einheitlichen Beantwortung zugeführt worden waren.
B. Das polizeiliche Auskunftsverlangen nach Inkrafttreten des Grundgesetzes (1949 bis 1990) I. Die Entwicklung bis zum Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1983 Die zuvor geschilderten Standpunkte zur Frage eines Auskunftsrechts der Polizei wurden bald nach der Schaffung des Grundgesetzes von der Literatur 64
Aufklärung einer Handlung oder Unterlassung erforderlich ist, die den Verdacht eines Verbrechens oder Vergehens rechtfertigt." 61
So F. Schack, RVB1. 56 (1935), 709 (713 f.); W. Franzen, PVG, Bd. I, S. 151 f.
62
Vgl. Eichhoff,;
63
DJZ 1931, 804 (806).
Vgl. Scheer/Trubel, Schnitzker, PVG, S. 22. 64
Preußisches PVG, S. 44; K. Friedrichs,
PVG, S. 128; W.
Siehe einerseits - ein Auskunftsrecht bejahend - G. Schnupp, DÖV 1959, 172 (173); dens., Die Polizei 1962, 273 (275); G. Wacke, Die Polizei 1962, 161 (162 f.); Heise/Riegel ME PolG, S. 44; E. Rasch, Allg. POR, in: C.H. Ule, Verwaltungsgesetze
. Das polizeiliche Auskunftsverlangen von 1
bis 199
33
erneut aufgegriffen und nunmehr wesentlich ausführlicher und intensiver diskutiert, ohne daß hierbei jedoch die beiden Grundtendenzen der weitgehenden Anerkennung sowie der grundsätzlichen Ablehnung eines Auskunftsrechts eine gravierende Änderung erfuhren. Präzisiert wurde allein die der jeweiligen Auffassung zugrundeliegende Argumentation: So bemühte sich namentlich G. Wacke 65, das in der Rechtsprechung des Pr.OVG als Vorverfiigung im Rahmen der Aufgabenerfüllung nach § 10 I I 17 pr.ALR anerkannte Auskunftsrecht der Polizei 66 - nunmehr gestützt auf die Generalklausel des § 14 pr.PVG - auch weiterhin zu bestätigen.67 Die Frage, ob es zur Begründung von Auskunftspflichten - als Eingriff in einen grundrechtlich gewährten Freiheitsbereich des Bürgers - nicht erst der Schaffung einer besonderen, gesetzlichen Bestimmung bedurfte, beantwortete G. Wacke hierbei ablehnend unter Bezugnahme auf die diesbezügliche Eignung der bestehenden Generalklauseln: ,,[E]s macht dabei legislatorisch nicht den geringsten Unterschied, ob das Auskunftsrecht der Behörden und die Auskunftspflicht des Bürgers ausdrücklich im Gesetz normiert sind, oder ob sie durch einen Oberbegriff ('nötige Anstalt* des § 10 I I 17 PrALR, 'notwendige Maßnahme* des § 14 PrPVG) neben vielen anderen zulässigen Maßnahmen ebenfalls mit umfaßt werden." 68 Zur Begründung seiner Auffassung verwies er ergänzend auf den Schluß vom Zweck auf die Mittel, versuchte diesen jedoch in Anerkennung der Problematik eines solchen Ansatzes - durch eine extensive Auslegung der Generalklausel des § 14 pr.PVG zusätzlich abzusichern. 69 Eine Einschränkung dieses umfassenden Auskunftsrechts sah er allein darin, daß als Auskunftspersonen nurmehr polizeipflichtige Personen (§§ 18 ff. pr.PVG) in Betracht kämen 7 0 , die auf Grund ihrer Verantwortlichkeit für die Gefahr nicht des Bundes und der Länder, Bd. ΠΙ, Erster Halbband, § 11 ME Rdnrn. 4 ff.; andererseits G. Kopperschmidt, DÖV 1953, 76 (76 f.); H. Hennes, Die Polizei 1962, 15 (18); ff. Günther, SKV 1965, 74 (78); R. Riegel, DÖV 1978, 501 (504 ff.); E. Kaufmann, Der polizeiliche Eingriff in Freiheiten und Rechte, S. 287; E. Denninger u.a., AE PolG, S. 53 f.; Η. Lisken, NJW 1982,1481 (1483). 65
Die Polizei 1962,161 ff.
66
Vgl. Pr.OVGE 15, 423 (425); 56, 295 (297); ausführlich hierzu oben Teil 2 A I .
67
G. Wacke, aaO, S. 162 f.; ebenso G. Schnupp, DÖV 1959, 172 (173); ders., Die Polizei 1962, 273 (275); J. Salzwedel, Möglichkeiten und Grenzen einer rechtsstaatlichen Kontrolle des Verfassungsschutzes, in: GS H. Peters, S. 756 ff. (760 f.); kritisch bereits E. ForsthoffLehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 301. 68
G. Wacke, Die Polizei 1962, 161 (163).
69
Ders., aaO,S. 164 f.
70
Vgl. dens., aaO, S. 165 f.
3 R. G. Müller
34
Teil : Die
lung der polizeilichen Befragung
nur zu deren Beseitigung, sondern zugleich auch zur Erteilung zweckdienlicher Auskünfte gegenüber der Polizei verpflichtet seien.71 Darüber hinaus sei eine Auskunftsverpflichtung aber ohnehin lediglich bei „eiligen Angelegenheiten" vorstellbar. 72 Eine derartig linientreue Fortführung der durch das Pr.OVG geschaffenen Grundzüge des polizeilichen Auskunftsrechts blieb indes die Ausnahme. Eine ganze Reihe von Autoren ging vielmehr dazu über, das in Rede stehende Auskunftsrecht rechtsstaatlich wesentlich kritischer zu hinterfragen und in Abkehr von der überkommenen Rechtsprechung des Pr.OVG durchweg zu verneinen. 73 In der diesbezüglichen Beweisführung lassen sich als zentrale Angriffspunkte gegen ein Auskunftsrecht der Polizei im wesentlichen folgende Aspekte ausmachen: Zunächst spreche der Umstand, daß § 17 pr.PVG als lex specialis gegenüber der Generalklausel des § 14 pr.PVG die zwangsweise Vorladung unter den Vorbehalt des Verdachts eines Verbrechens oder Vergehens gestellt hat, gegen eine allgemeine Auskunftspflicht im präventiv-polizeilichen Bereich. 74 Hierfür ließe sich zudem die gegenüber der Vorladung mangelnde Durchsetzbarkeit der fraglichen Auskunftspflicht anführen, denn von einer öffentlich-rechtlichen Pflicht könne erst die Rede sein, falls auch deren Durchsetzbarkeit mit den Mitteln des Verwaltungszwangs gewährleistet sei. 75 Insoweit sei fortan auch der Schluß von der polizeilichen Aufgabe auf die Mittel nicht mehr haltbar, da unter der Geltung des Grundgesetzes „ein allgemeines Befehls- und Zwangsrecht" nicht mehr existiere. 76 Doch selbst bei weitreichenden Zugeständnissen hinsichtlich der Herleitung eines Auskunftsrechts der Polizei könne sich die betreffende Auskunft des Bürgers schließlich nicht als „notwendige Maßnahme" zur Gefahrenabwehr i.S.d. § 14 pr.PVG darstellen,
71
So auch OVG Lüneburg, OVGE 30,459 (460 f.).
72
G. Wacke, Die Polizei 1962, 161 (169).
73
Vgl. G. Kopperschmidt, Die Auskunftspflicht gegenüber der Verwaltung, S. 81; dens., DÖV 1953, 76 (76 f.); E. Kaufmann, Der polizeiliche Eingriff in Freiheiten und Rechte, S. 287; H. Hennes, Die Polizei 1962, 15 (18); H Günther, SKV 1965, 74 (78); Reiff Wöhrle, Kommentar zum PolG Bd.Wtt., § 21 Rdnr. 6; De Clerck/Schmidt, PVG Rh.Pf., § 5 Anm. ΙΠ 3. 74
Vgl. H Hennes, Die Polizei 1962,15 (18).
75
So G. Kopperschmidt, Die Auskunftspflicht gegenüber der Verwaltung, S. 81 ff.; ders., DÖV 1953,76 (77). 76
H. Hennes, Die Polizei 1962, 15 (18); H. Günther, SKV 1965, 74 (77); ebenso schon W. v. Hellingrath, DÖV 1953, 178.
. Das polizeiliche Auskunftsverlangen von 1
bis 199
35
da sie allenfalls der Vorbereitung einer solchen Maßnahme durch die Polizei diene und demnach von der Generalklausel nicht erfaßt werde. 77
1. Musterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes des Bundes und der Länder (1977) Der nächste bedeutsame Schritt in der Entwicklung des polizeilichen Auskunftsverlangens vollzog sich im Rahmen der Schaffung des Musterentwurfs eines einheitlichen Polizeigesetzes des Bundes und der Länder durch die Innenministerkonferenz im Jahr 1977. 78 Zwar ließ der ME PolG selbst noch eine ausdrückliche Regelung zur Ausgestaltung des Befragungsvorganges vermissen, doch wurde durch die in diesem Kontext geführten Diskussionen das Meinungsspektrum erneut belebt. Obwohl aus der amtlichen Begründung zur Regelung der Vorladung in § 11 ME PolG eindeutig hervorging, daß aus Sicht der Innenministerkonferenz eine Auskunftspflicht gegenüber der Polizei nunmehr ausschließlich im Rahmen der Voraussetzungen der Zwangsvorführung nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 ME PolG („wenn die Angaben zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich sind") anzuerkennen w a r 7 9 , befürworteten Heise/ Riegel in ihrer Erläuterung des M E PolG dessen ungeachtet die Herleitung eines allgemeinen Auskunftsrechts nun auch aus der Generalklausel des § 8 Abs. 1 ME PolG. 80 Die angesichts der durch den ME PolG eingeleiteten Tendenz zur Separierung der Einzelbefugnisse von der Generalklausel 81 aufkom-
77
Vgl. H. Günther, SKV 1965, 74 (76 f., 78); diese Problematik attestiert auch G. Wacke, Die Polizei 1962, 161 (163), der sich jedoch bemüht, entsprechende Bedenken durch Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Pr.OVG zu den sog. Vorverfügungen in Pr.OVGE 15, 423 (425) auszuräumen. 78
ME PolG gem. Beschluß der Innenministerkonferenz v. 25.11.1977.
79
Amtliche Begründung der Innenministerkonferenz zu § 11 Abs. 3 ME PolG, abgedruckt bei Heise/Riegel, ME PolG, S. 57. 80
Vgl. Heise/Riegel, ME PolG, S. 44; ihnen folgend E. Rasch, Allg. POR, in: C.H. Ule, Verwaltungsgesetze des Bundes und der Länder, Bd. III, Erster Halbband, § 11 ME Rdnm. 4 ff.; Η Lehmann, DNP 1979, 267; Fischerl Gr öpper, DVB1. 1977, 229 (229 f.); im Ergebnis auch WolffIBachof, VerwR, Bd. ΠΙ, § 129 VI a Rdnr. 27. 81
Hierzu R. Riegel, BayVBl. 1977, 682 (683 f.); vor den Konsequenzen der hiermit einhergehenden Ablösung der Befugnisse von dem Begriff der Gefahr warnt W. Hoffmann-Riem, YL 1978, 335 (336).
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Teil : Die
lung der polizeilichen Befragung
menden rechtsstaatlichen Einwände versuchten sie im weiteren allein mit dem schlichten Hinweis auf die faktische Notwendigkeit der polizeilichen Auskunftsbefugnis zur Gewährleistung effektiver Gefahrenabwehr auszuräumen. 82 Andererseits brachte zur selben Zeit aber gerade R. Riegel mit Blick auf den intensiven Eingriffscharakter der Befragung weitere, ganz erhebliche Bedenken gegen die normative Absicherung des Befragungsrechts zum Ausdruck 8 3 , trat - trotz weiteren Festhaltens an der Generalklausel - nunmehr gleichermaßen für die Schaffung einer selbständigen Rechtsgrundlage ein 8 4 und machte einen ersten, als Diskussionsgrundlage verstandenen Gesetzesvorschlag: „§ X Beobachtung und Befragung Die Polizei kann Beobachtungen und Befragungen vornehmen 1. zur Abwehr einer Gefahr, 2. zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten nach § 129a StGB oder der dort genannten Straftaten, wenn dies aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte erforderlich erscheint."85
2. Alternativentwurf einheitlicher Polizeigesetze des Bundes und der Länder (1979) Dieser Vorschlag wurde sodann vom sog. Arbeitskreis Polizeirecht aufgegriffen, der im Jahr 1979 sein Augenmerk auf die Erarbeitung eines als Gegenkonzept zum ME PolG verstandenen Alternativentwurfs 86 legte. Vor dem Hintergrund der aufkommenden Diskussion um Informationserhebung und
82
H eise!Riegel, ME PolG, S. 44; gegen diese Auffassung wendet sich mit Nachdruck H. Lisken, NJW 1982, 1481 (1483), der den Umstand, daß die im Vergleich zu der in Rede stehenden Aussagepflicht weniger belastende Maßnahme der Vorladung spezialgesetzlich geregelt wurde, als gesetzgeberischen Verzicht auf eine polizeiliche Aussagepflicht wertet und ihn zur Ablehnung einer solchen Befugnis auf Grund der Generalklausel nutzbar macht. 83
DÖV 1978, 501 (504); ZRP 1978,14 (19 f.).
84
Vgl. R. Riegel, DÖV 1978, 501 (504 ff.); dens., ZRP 1978, 14 (20); dens., POR, S. 146; dens., Polizeiliche Personenkontrolle, S. 87. 85 86
Ders., DÖV 1978,501 (506).
E. Denninger u.a., AE PolG; hierzu H. Lisken, DDB 1979, 103 f.; R. Riegel, DVB1. 1979,709 ff.
. Das polizeiliche Auskunftsverlangen von 1
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37
-Verarbeitung im Polizeirecht 87 bemühte man sich bei der Schaffung eines modifizierten Vorschlags zur Reglementierung des Befragungsvorgangs vor allem um eine Differenzierung zwischen polizeilichem Befragungsrecht und einer etwaigen Aussagepflicht des Bürgers. 88 Hierzu wurde das Befragungsrecht der Polizei von dem Vorliegen einer „im einzelnen Fall bestehenden", also konkreten Gefahr 89 sowie der Gefahr der Begehung besonders bedeutsamer Straftaten abhängig gemacht und die Auskunftspflicht des Bürgers an außerhalb des Polizeirechts niedergelegte Auskunfts- bzw. Mitwirkungspflichten geknüpft: „§ 11 Informationserhebung (1) Die Polizei darf personenbezogene Informationen erheben und Personen befragen 1. zur Abwehr einer im einzelnen Fall bestehenden Gefahr, 2. zur vorbeugenden Bekämpfung der in § 100a der Strafprozeßordnung sowie der in §§ 243, 260, 263 bis 266 des Strafgesetzbuches genannten Straftaten, wenn dies aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte erforderlich ist. (2) Werden Informationen beim Betroffenen oder anderen Personen aufgrund einer Rechtsvorschrift erhoben, dann ist auf die dort begründete Aussage- oder Mitwirkungspflicht, sonst auf die Freiwilligkeit der Aussage oder der Einwilligung in die Erhebung hinzuweisen."90 Somit läßt sich für den Zeitraum bis zum Erlaß des Volkszählungsurteils im Jahr 1983 festhalten, daß von einigen Positionen in der Literatur 91 ein allgemeines Auskunftsrecht der Polizei - in erster Linie motiviert durch dessen Unabdingbarkeit für die polizeiliche Alltagspraxis - nach wie vor aufrechterhalten wurde, im weiteren Verlauf der Entwicklung aber diesbezüglich kriti87
Vgl. dazu E. Denninger u.a., aaO, Einl. S. ΧΠ f. sowie die Begründung zu § 11 AE PolG, S. 53 f.; H. Lisken, aaO, S. 104. 88 Kritisch hierzu R. Riegel, DVB1. 1979, 709 (713 f., 715), der bezüglich der Anerkennung einer Auskunftspflicht des Störers und Notstandspflichtigen ohne jegliche Nachweise nun von einer „absolut herrschenden Meinung" spricht, obwohl er zur selben Zeit bereits mehrfach für die Schaffung einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage eintrat, ders., DÖV 1978, 501 (504 ff.); ders. y ZRP 1978, 14 (20); ders. y Polizeiliche Personenkontrolle, S. 87. 89
Vgl. E. Denninger u.a., AE PolG, S. 54; A. Kowalczyk
y
Datenschutz im PolR,
S. 78. 90 91
E. Denninger u.a., aaO, S. 53.
Vgl. G. Wacke y Die Polizei 1962, 161 (162 f.); G. Schnupp y Die Polizei 1962, 273 (275); Heise/Riegel ME PolG, S. 44; E. Rasch, Allg. POR, in: C.H. Ule, Verwaltungsgesetze des Bundes und der Länder, Bd. III, Erster Halbband, § 11 ME Rdnm. 4 ff.
38
Teil : Die
lung der polizeilichen Befragung
sehe Literaturstimmen 92 immer nachdrücklicher für die Schaffung einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage eintraten, ohne jedoch hierdurch die Landesgesetzgeber zu einer entsprechenden Initiative veranlassen zu können.
II. Die Entwicklung nach Erlaß des Volkszählungsurteils Die markantesten Impulse für den vorliegenden Fragenkreis gingen indes von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Gesetz über eine Volks-, Berufs-, Wohnungs- und Arbeitsstättenzählung (Volkszählungsgesetz 1983) 93 aus, die der umfassenden Erörterung der Zulässigkeit staatlicher Befragungen zu statistischen Zwecken gewidmet war. 9 4 Die hier im Rahmen der höchstrichterlichen Kreation eines Grundrechts des Bürgers auf informationelle Selbstbestimmung vorzufindenden Ausführungen des Gerichts zu den einzelnen Dimensionen dieser Gewährleistung 95 und den spezifischen Anforderungen, die an die gesetzlichen Instrumentarien für entsprechende Eingriffe in dieses Recht zu stellen seien 96 , wurden auf Grund ihrer weit über den Bereich des behandelten Sachkomplexes hinausragenden Bedeutung 97 in der Folgezeit auch maßstabgebend für die Entwicklung und Ausgestaltung der Informationserhebung und -Verarbeitung auf dem Gebiet des Polizeirechts. 98 Erste konkrete Auswirkungen zeitigte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts durch eine erneute Initiative der Innenministerkonferenz, die sich 1986 mit einem Vorentwurf zur Änderung des Musterentwurfs 99 nun um eine an den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts orientierte und damit daten92 H. Hennes, Die Polizei 1962, 15 (18); H. Günther, SKV 1965, 74 (78); R. Riegel, DÖV 1978, 501 (504 ff.); E. Kaufmann, Der polizeiliche Eingriff in Freiheiten und Rechte, S. 287; E. Denninger u.a., AE PolG, S. 53 f.; H. Lisken, NJW 1982, 1481 (1483). 93
VolkszählungsG 1983 v. 25.3.1982 (BGBl. IS. 369).
94
BVerfGE 65, 1 ff.
95
Siehe BVerfGE 65,1 (41 ff.).
96
BVerfG, aaO, S. 44.
97
So auch deutlich BVerfGE 78, 77 (84).
98
Zu den zentralen Aussagen des Volkszählungsurteils für Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und deren Konsequenzen für die Rechtsgrundlagen der polizeilichen Datenverarbeitung siehe unten Teil 3 B. 99
VE ME PolG gem. Beschluß der Innenministerkonferenz v. 18.4.1986.
. Das polizeiliche Auskunftsverlangen von 1
bis 199
39
schutzgerechte Überarbeitung des M E PolG bemühte. 100 Im Zuge der hiermit intendierten Synchronisation des Polizeirechts mit dem Datenschutz formulierte man - ohne nähere Anlehnung an die zuvor von R. Riegel 101 bzw. dem Arbeitskreis Polizeirecht 102 vorgeschlagenen Regelungen - mit der Vorschrift des § 8a VE ME PolG eine Art Generalklausel der Datenerhebung 103 , durch die vor allem das polizeiliche Auskunftsrecht künftig auf eine eigenständige Rechtsgrundlage gestützt werden sollte: 1 0 4 „§ 8a Datenerhebung (1) Die Polizei kann personenbezogene Daten von 1. den in den §§ 4 oder 5 und unter den Voraussetzungen des § 6 von den dort genannten Personen, 2. geschädigten, hilflosen oder vermißten Personen sowie deren Angehörigen, gesetzlichen Vertretern oder Vertrauenspersonen, 3. gefährdeten Personen oder 4. Zeugen, Hinweisgebern oder sonstigen Auskunftspersonen erheben, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr oder bei Einzelmaßnahmen zur Wahrnehmung einer der in § 1 Abs. 2 und 3 zugewiesenen Aufgaben erforderlich ist. (2) Die Polizei kann personenbezogene Daten von 1. Personen, bei denen Anhaltspunkte bestehen, daß sie künftig Straftaten begehen, 2. Kontakt- oder Begleitpersonen einer der in Nr. 1 genannten Personen, 3. Personen, bei denen Anhaltspunkte bestehen, daß sie Opfer von Straftaten werden, oder 4. Zeugen, Hinweisgebern oder sonstigen Auskunftspersonen
100
Siehe hierzu die ausführliche Dokumentation in BÜRP, Heft 3/1984, 78 ff.; Heft 1/1985,73 ff.; Heft 2/1985, 21 ff.; Heft 2/1986,74 ff.; Heft 1/1988,168 ff. 101
DÖV 1978,501 (506).
102
E. Denninger u.a., AE PolG, S. 53.
103
Vgl. A. KowalczyK Datenschutz im PolR, S. 107.
104
So die amtliche Begründung zu § 8a VE ME PolG; Kniesel/Vahle, PolG, S. 52.
VE ME
40
Teil : Die
lung der polizeilichen Befragung
erheben, soweit dies auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte erfahrungsgemäß zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist." 1 0 5 Die in diesem Vorschlag verwandten Formulierungen, durch die der Polizei in Einklang mit Teilen der Literatur 106 ein umfassendes Auskunftsrecht verbrieft werden würde, fanden in dieser Form jedoch keine Entsprechung in den späteren Polizeigesetzen der Länder. Grund hierfür mag zum einen sein, daß die Weite des hier beschriebenen Tatbestandes107 zu dem befremdlichen Ergebnis führte, daß zur Konkretisierung einer Auskunftspflicht nach wie vor die Generalklausel in Erwägung gezogen wurde 1 0 8 , und zum anderen, daß man sich im Rahmen der Konferenz der Innenminister auf Grund politischer Divergenzen nicht auf ein einheitliches, sondern lediglich auf ein mit mehreren Alternativen versehenes Lösungsmodell verständigen konnte. 109 Die hiermit nachgezeichnete Entstehungsgeschichte des Auskunfts- bzw. Befragungsrechts der Polizei zeigt, daß hinsichtlich der rechtlichen Erfassung des Kommmunikationsvorganges zwischen Polizei und Bürger bereits frühzeitig eine Vielzahl von Problemen aufgekommen war: Als Schwerpunkte sind hierbei in erster Linie die Fragen anzuführen, ob die Polizei für die Befragung von Personen einer eigenständigen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedarf oder ob hierzu auch auf die polizeiliche Aufgabennorm, die Generalklausel oder die Regelungen der Vorladung zurückgegriffen werden kann 1 1 0 und ob als Voraussetzung für ein Befragungsrecht allein 105
Kniesel/Vahle y VE ME PolG, S. 4 f.; BÜRP, Heft 1/1988, 168 (168 f.).
106
Vgl. Drews/Wacke/VogellMartens y Gefahrenabwehr, S. 193; J. Vahle, Die Polizei 1984, 277 (280); dens.y Vr 1987, 69 (70); Kniesel/Vahle, DÖV 1987, 953 (957); ablehnend H. Lisken y Die Polizei 1984, 381. 107
Äußerst kritisch H. Wagner, Kommentar zum PolG NW, vor § 8 Rdnrn. 127 ff.; vgl. auch Kniesel/Vahle y Polizeiliche Informationsverarbeitung, Rdnrn. 47 f. 108
Vgl. Kniesel/Vahley aaO, Rdnr. 42 und F.-L. Knemeyer, NVwZ 1988, 193 (198), die jedoch aus Gründen der Rechtsklarheit eine entsprechende gesetzliche Regelung forderten. 109
So ist der VE ME PolG vom 12.3.1986 zwar von der Innenministerkonferenz durch Beschluß am 18.4.1986 als weitere Grundlage angenommen worden, doch steht diese Entscheidung unter dem Vorbehalt von insgesamt zwölf Regelungsalternativen, wobei für die vorliegend in Rede stehende Regelung des § 8a VE ME PolG zwei Alternativen vorgesehen sind; vgl. Kniesel/Vahle, VE ME PolG, S. 5 f. 110
Vgl. Pr.OVGE 15, 423 (425); 37, 427 (429); O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, S. 225 f. Fußn. 21; Nebingery WüRV. 19 (1926), S. 17 ff. (19); G. KopperSchmidt, Die Auskunftspflicht gegenüber der Verwaltung, S. 63 ff.; R. Riegel, DÖV 1978, 501 (504 ff.); H. Liskeny NJW 1982, 1481 (1483).
. Das polizeiliche Auskunftsverlangen von 1
bis 199
41
die Zweckdienlichkeit der betreffenden Auskunft für die Erfüllung polizeilicher Aufgaben genügt oder ob zudem auch auf das Vorhandensein einer konkreten Gefahr abgestellt werden muß. 1 1 1 Darüber hinaus stehen die Fragen im Vordergrund, ob eine Auskunftspflicht gegenüber der Polizei für jedermann oder nur für Störer und notstandspflichtige Personen besteht 112 und ob zur Durchsetzung einer vorhandenen Auskunftsverpflichtung auch die Mittel des Verwaltungszwangs in Betracht kommen. 113 Von maßgeblicher Bedeutung sind schließlich insbesondere die vom Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil zum Ausdruck gebrachten Vorgaben 1 1 4 , welche eine neue Phase in der Entwicklung des Datenschutzes im Polizeirecht einleiteten 115 , im Rahmen derer nun auch die polizeiliche Befragung verstärkt unter dem Blickwinkel ihrer grundrechtlichen Wirkungen zu betrachten ist.
111
Pr.OVGE 37, 427 (428 f.); 56, 334 (337 f.); W. Jellinek, Gesetz, Gesetzesanwendung und Zweckmäßigkeitserwägung, S. 319 f.; G. Kopperschmidt, Die Auskunftspflicht gegenüber der Verwaltung, S. 65 ff.; G. Wacke, Die Polizei 1962, 161 (162 ff.). 112
Vgl. Pr.OVGE 7, 382 (385); 56, 295 (297); OVG Lüneburg, OVGE 30, 459 (460); G. Wacke, Die Polizei 1962, 161 (166, 168); E. Denninger u.a., AE PolG, S. 53 f.; H. Lisken, Die Polizei 1984, 381. 113
Pr.OVGE 15, 423 (426); 48, 430 (431); E. Kaufmann, Der polizeiliche Eingriff in Freiheiten und Rechte, S. 287; E. Forsthoff\ Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 301; P. Kickartiy Ermittlungsmaßnahmen zur Gefahrerforschung, S. 172, 174. 114
Siehe BVerfGE 65,1 (43 ff.).
115
Ausführlich H. Bäumler, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. J Rdnrn. 21 ff.
Teil 3
Die polizeiliche Befragung und der Vorbehalt des Gesetzes Im Vorfeld der Untersuchung der gegenwärtigen Reglementierungen der Befragung soll demnach zunächst der bereits angesprochenen Grundrechtsrelevanz der Maßnahme sowie der Frage nachgegangen werden, welche rechtsstaatlichen Anforderungen an eine gesetzliche Erfassung dieser Form der Datenerhebung zu stellen sind. Den Ausgangspunkt der Überlegungen bildet der ein wesentliches Element des Rechtsstaatsprinzips 116 verkörpernde Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. 117 Neben dem Gebot des Vorrangs des Gesetzes118 findet dieser Grundsatz seine Konkretisierung durch den Vorbehalt des Gesetzes 119 , wonach sämtliche, dem Anwendungsbereich dieses Gebotes unterfallenden Handlungen der Exekutive eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage in Form einer Rechtsnorm erfordern. 120 Welche Art von Tätigkeiten der Verwaltung letztlich von diesem Prinzip schon oder noch erfaßt werden, ist angesichts der hiermit
116
Vgl. BVerfGE 2, 380 (403); 7, 89 (92 f.); 8, 274 (325 f.); 17, 306 (313 f.); 19, 342 (348 f.); 20, 323 (331); 30, 1 (24 f.); 35, 382 (400 f.); 39, 128 (143); 52, 131 (144 f.); R. Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Bd. Π, Art. 20, Abschn. VII Rdnrn. 21 ff.; K. Stern, Staatsrecht, Bd. I, § 20 ΙΠ, S. 781 ff.; F.E. Schnapp, in: v. Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, Art. 20 Rdnrn. 21 ff. 117
BVerfGE 8, 274 (325 f.); 48, 210 (221); 52, 1 (41); R. Herzog, aaO, Rdnrn. 32 ff.; K. Stern, Staatsrecht, Bd. I, § 20 IV 4 b, S. 801 ff.; F.E. Schnapp, aaO, Rdnrn. 36 ff.; F. Ossenbühl, in: H.-U. Erichsen, Allg. VerwR, § 5 Rdnrn. 7 ff.; Wolff Bachofl Stober y VerwR, Bd. I, § 30 Rdnrn. 1 ff. 118
Vgl. R. Herzog, aaO, Rdnrn. 35 ff.; K. Stern, aaO, S. 803 ff.; F. Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. ΠΙ, § 62 Rdnrn. 3 ff. 119
Hierzu K. Stern, aaO, S. 805 ff.; M. Kloepfer, DÖV 1984, 485 ff. 120
JZ 1984, 685 ff.; C.-E. Eberle ,
Vgl. F. Ossenbühl, in: H.-U. Erichsen, Allg. VerwR, § 5 Rdnr. 7; Wolff Bachofl Stober y VerwR, Bd. I, § 30 Rdnr. 15.
Teil 3: Die polizeiliche Befragung und der Gesetzesvorbehalt
43
einhergehenden Verteilung und des Ausmaßes staatlicher Machtbefugnisse 121 indes seit jeher ein heftig umstrittenes Problemfeld. 122 So reichen die Eckwerte der hierbei vertretenen Positionen von der Befürwortung eines insbesondere bei Beeinträchtigungen der Freiheit und des Eigentums zu berücksichtigenden klassischen Eingriffsvorbehalts 123 bis zur Erörterung eines sog. Totalvorbehalts 1 2 4 , der die Rechtmäßigkeit jeglicher Aktivitäten der Verwaltung unter die Bedingung einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung stellt. Aus vermittelnder und nach dem jeweils betroffenen Sachbereich differenzierender Perspektive 125 kann hinsichtlich des Geltungsbereichs des Gesetzesvorbehalts im Sinne der vom Bundesverfassungsgericht geprägten Wesentlichkeitstheorie 126 aber jedenfalls dessen Erstreckung auf solche Entscheidungen als gesichert angesehen werden, die sich für das Verhältnis zwischen Staat und Bürger als wesentlich erweisen. 127 Neben den bereits vom Verfassungsgeber selbst als wesentlich und demnach gesetzesgebunden deklarierten Maßnahmen - wie sie etwa im Bereich einiger klassischer Grundrechtseingriffe durch die jeweiligen Schranken (z.B. Art. 2 Abs. 2 S. 3, Art. 8 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG) deutlich zum Ausdruck kommen - stellen sich hiernach insbesondere auch die im weiteren Sinne grundrechtsrelevanten Maßnahmen als wesentlich dar. 1 2 8 Nach diesem Verständnis des Gesetzesvorbehalts ist die Entscheidung über dessen Reichweite auch für den hier in Rede stehenden Bereich der hoheitlichen Datenerhebung nun nicht mehr in ausschließlicher Orientierung an dem in einigen Rechtsbereichen zunehmend an Konturen verlierenden Begriff des
121
M. Kloepfer, JZ 1984,685.
122
Κ . Stern, Staatsrecht, Bd. I, § 20IV 4 b, S. 809 m.w.N.
123
Vgl. etwa BVerfGE 8, 274 (325); 9, 137 (147); zur Entwicklung R. Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Bd. II, Art. 20, Abschn. VI Rdnr. 59; K. Stern, aaO, S. 802 f. 124
Siehe hierzu R. Herzog, aaO, Rdnrn. 69 ff. und F. Ossenbühl, in: Isensee/ Kirchhof, HdbStR, Bd. III, § 62 Rdnrn. 18 ff. 125
Vgl. K. Stern, Staatsrecht, Bd. I, § 20 IV 4 b, S. 809 ff.; F. Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. m, § 62 Rdnrn. 26 ff. 126 BVerfGE 34, 165 (192 f.); 40, 237 (249); 45, 400 (417 f.); 47, 46 (79); 49, 89 (126 f.); 58, 257 (268 f.); 61, 260 (275); 77,170 (230 f.); 80,124 (132); 88,103 (116). 127
Kritisch M. Kloepfer,
JZ 1984, 685 (689 ff.); C.-E. Eberle , DÖV 1984, 485
(487 f.). 128
BVerfGE 45, 400 (418); 47, 46 (79); 49, 89 (126 f.); 53, 30 (56); 58, 257 (272 ff.); 88, 103(116).
Teil 3: Die polizeiliche Befragung und der Gesetzesvorbehalt Eingriffs zu treffen. 129 Stattdessen rückt vielmehr eine an dem jeweiligen Vorgang der Datenerhebung orientierte Anwendung der Wesentlichkeitstheorie in den Vordergrund 130 , die hinterfragt, inwieweit sich dieser Vorgang als grundrechtsbeeinträchtigend oder -gefährdend darstellt 131 und schon insofern als wesentlich zu qualifizieren ist. 1 3 2 Wenngleich das Bundesverfassungsgericht die Datenerhebung und -Verarbeitung auch ohne ausdrückliche Bezugnahme auf die Wesentlichkeitstheorie dem Gesetzesvorbehalt unterstellt 133 , so bestimmen sich dessen Geltung und Ausmaß auch hinsichtlich der informationellen Befugnisse der Polizei daher letztlich nach der Intensität ihrer Auswirkungen auf grundrechtlich gewährte Freiheitsbereiche. 134 Typischerweise werden hierbei Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG - vor allem in seiner Ausprägung als Recht auf infor129
Grundlegend BVerfGE 47, 46 (78 f.); zur Entwicklung des Eingriffsbegriffs H.D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Vorb. vor Art. 1, Rdnrn. 20 ff.; Β leckmann/Eckhoff, DVB1. 1988, 373 (376 ff.); speziell aus polizeirechtlicher Perspektive E.-H. Ahlf,; Die Polizei 1983, 41 (44 ff.); D. Schmidt, Die Polizei 1983, 365 (370); v. Hippel/Weiß, JR 1992, 316 (317 ff.). 130
Hierfür treten insbesondere K. Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung?, S. 180 ff. und D. Peitsch, CR 1989, 721 (723 ff.) ein; vgl. auch Scholz)Pitschas, Informationelle Selbstbestimmung, S. 128 f. 131 Siehe dazu K. Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung?, S. 61 f.; Wolff Bachofl Stober, VerwR, Bd. I, § 30 Rdnr. 20 sprechen von „Grundrechtswirkungen". 132
Zur abgestuften Grundrechts wesentlichkeit der nach Art und Zweckrichtung im einzelnen zu unterscheidenden Maßnahmen der Informationssammlung D. Peitsch, CR 1989,721 (725 f.). 133 BVerfGE 65, 1 (44); deutliche Kritik findet sich diesbezüglich bei K. Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung?, S. 59 ff., 182; K. Rogali , ZStW 103 (1991), S. 907 ff. (909 f.); D. Peitsch, CR 1989, 721 (725). Diese Judikatur, mit der die Schranken des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ausschließlich an Art. 2 Abs. 1 GG festgemacht werden, scheint auf das Elfes-Urteil zurückzugehen, in dem der Begriff der verfassungsmäßigen Ordnung in Art. 2 Abs. 1 GG mit der „verfassungsmäßige[n] Rechtsordnung" gleichgesetzt wurde [BVerfGE 6, 32 (38)], so daß die Gewährleistungen des Art. 2 Abs. 1 GG hiemach letztlich als unter allgemeinem Gesetzesvorbehalt stehend angesehen werden können; hiergegen dezidiert G. Dürig, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Bd. I, Art. 2 Abs. 1, Abschn. ΙΠ Rdnr. 18 sowie K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdnrn. 426 ff. jeweils m.w.N. 134
Eingehend zum Zusammenspiel von Gesetzesvorbehalt und Wesentlichkeitstheorie im Bereich der Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten K. Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung?, S. 174 ff. und D. Peitsch, CR 1989,721 (723 ff.).
Α. Grundrechtsrelevanz der polizeilichen Befragung
45
mattonelle Selbstbestimmung135 - sowie Beeinträchtigungen der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG im Vordergrund stehen. 136
A. Grundrechtsrelevanz der polizeilichen Befragung Auch wenn früher die Zulässigkeit jeglicher Maßnahme hoheitlicher Informationsbeschaffung unter dem Blickwinkel negativer Grundrechtsverwirklichung im Rahmen der Schutzbereiche der Art. 5 Abs. 1 G G 1 3 7 und Art. 2 Abs. 1 G G 1 3 8 diskutiert wurde 1 3 9 , so liegt dem heute maßgeblichen Beurteilungsspektrum in erster Linie das aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG hergeleitete allgemeine Persönlichkeitsrecht zugrunde 140 , das - aufgefächert in eine Reihe von Fallgruppen 141 - „die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen" 142 schützt. Für den Bereich des Datenschutzes ist dieses allgemeine Persönlichkeitsrecht im Verlauf der Entwicklung durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung konkretisiert worden 1 4 3 , das hiermit gleichermaßen die auch auf diesem Sektor bislang eingesetzte, dezidiert nach unterschiedlichen Lebensbe135
BVerfGE 65, 1 (41 ff.); 78,77 (85); 80, 137 (167); 80, 367 (373); 84, 192 (195); 88, 87 (97); 89,69 (82); 90, 263 (270); 92,191 (197); 93, 181 (187). 136
Vgl. auch H. Bäumler, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. J Rdnrn. 21 ff.
137
So C.-E. Eberle , DÖV 1977, 306 (308 ff.); vgl. hierzu auch die insoweit ablehnenden Ausführungen in BVerfGE 65, 1 (40 f.). 138
W. Schmidt, JZ 1974, 241 (243 ff.); 7. Salzwedel, Möglichkeiten und Grenzen einer rechtsstaatlichen Kontrolle des Verfassungsschutzes, in: GS H. Peters, S. 756 ff. (759 ff.). 139 Ygj h i e r z u d a s v o n ψ Steinmüller u.a. im Jahr 1971 im Auftrag des Bundesministeriums des Innern gefertigte Gutachten zu Grundfragen des Datenschutzes, BTDrucks. VI/3826 v. 7.9.1972, Anlage 1, S. 83 ff.; Ch. Gusy y VerwArch. 74 (1983), S. 91 ff. (92 f.); P. Krause, DB 1983, Beilage Nr. 23, 1 (4 ff.). 140
Eingehend zur Frage der Herleitung eines Datenschutzgrundrechts aus den Maßgaben des Verfassungsrechts M. Kloepfer, Datenschutz als Grundrecht, S. 37 ff. 141
Dazu ausführlich H.D. Jarass, NJW 1989, 857 (858 f.) und Ch. Degenhard JuS 1992, 361 (363 ff.). 142 143
BVerfGE 54,148(153).
Erste Ansätze finden sich schon bei W. Steinmüller u.a., BT-Drucks. VI/3826, Anlage 1, S. 85 ff.
46
Teil 3: Die polizeiliche Befragung und der Gesetzesvorbehalt
reichen abschichtende Sphärentheorie 144 verdrängt 145 und nach seiner Kreation durch das Bundesverfassungsgericht 146 zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. 1 4 7 Wenngleich diesem Recht zwar in Art. 4 Abs. 2 nw.Verf. 1 4 8 sowie in einigen anderen Landesverfassungen 149 mittlerweile Grundrechtsqualität attestiert worden i s t 1 5 0 , hat sich die Aufnahme einer selbständigen Regelung in den Grundrechtskatalog des Grundgesetzes jedoch letztlich nicht durchsetzen können. 151
144
Vgl. BVerfGE 6, 32 (41); 38, 312 (320); 54,148 (153).
145
So deutlich E. Benda, DuD 1984, 86 (88); ders., in: Benda/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, § 6 Rdnr. 35; B. Schlink, Der Staat 25 (1986), S. 233 ff. (241); Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 434; vgl. andererseits Ch. Degenhart, JuS 1992, 361 (363 f.) und M.-E. Geis, JZ 1991, 112 (115). 146
Grundlegend BVerfGE 65, 1 (41 ff.); im weiteren BVerfGE 78, 77 (84); 80, 367 (373); 84,192 (194); 88, 87 (97); 89, 69 (82); 92, 191 (197); 93, 181 (187). 147
Aus dem mittlerweile nahezu unüberschaubaren Schrifttum siehe allein Scholz/ Pitschas, Informationelle Selbstbestimmung, S. 66 ff.; K. Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung?, S. 51 ff.; E. Benda, DuD 1984, 86 ff.; W. Steinmüller, DuD 1984, 91 ff.; E. Denninger, KritJ 1985, 215 ff; B. Schlink, Der Staat 25 (1986), S. 233 ff.; H. Heußner, BB 1990, 1281 ff.; speziell unter dem Blickwinkel des Polizeirechts E. Benda, Schriftenreihe der Polizei-Führungsakademie, Heft 1/1995, 11 ff.; A. Kowalczyk, Datenschutz im PolR, S. 7 ff.; M. Himmelreich, Die Schranken der Wahrheitsermittlung, S. 86 ff.; H. Bäumler, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. J Rdnrn. 1 ff.; M. Deutsch, Die heimliche Erhebung von Informationen, S. 64 ff.; D. Neumann, Vorsorge und Verhältnismäßigkeit, S. 116 ff.; D. Lammer, Verdeckte Ermittlungen, S. 23 ff.; M. Kniesel, Die Polizei 1984, 304 (308 ff.). 148
Nw.Verf. v. 18.6.1950 (GVB1. S. 127), zul. geänd. d. Ges. v. 24.11.1992 (GVB1.
S. 448). 149
Vgl. Art. 33 beri.Verf. v. 23.11.1995 (GVB1. S. 779); Art. 11 Abs. 1, 2 brandenb.Verf. v. 20.8.1992 (GVB1.1 S. 298), zul. geänd. d. Ges. v. 27.6.1995 (GVB1.1 S. 150); Art. 6 Abs. 1 m.v.Verf. v. 23.5.1993 (GVOB1. S. 372); Art. 2 S. 2, 3 saarl.Verf. v. 15.12.1947 (ABl. S. 1077), zul. geänd. d. Ges. v. 27.3.1996 (ABl. S. 422); Art. 33 sächs.Verf. v. 27.5.1992 (GVB1. S. 243); Art. 6 Abs. 1 s.anh.Verf. v. 16.7.1992 (GVB1. S. 600); Art. 6 Abs. 2 thür.Verf. v. 25.10.1993 (GVB1. S. 625). 150
Siehe zur Frage der Grundrechtsqualität des Art. 4 Abs. 2 S. 1 nw.Verf. Th. Schwarze, Das Grundrecht auf Datenschutz in der Verfassung des Landes NW, S. 42 ff.; ferner D. Grimm, in: Grimm/Papier, Nordrhein-westfälisches Staats- und Verwaltungsrecht, S. 54 ff. 151
Siehe hierzu BT-Drucks. 12/6000 v. 5.11.1993 (Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission), S. 60 ff.; BT-Drucks. 13/1150 v. 18.4.1995 (Unterrichtung durch
Α. Grundrechtsrelevanz der polizeilichen Befragung
47
Zur Beantwortung der Frage, inwieweit sich die polizeiliche Befragung nun als Beeinträchtigung der hiermit angesprochenen Gewährleistung, „grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen" 1 5 2 , darstellt, gilt es vorab zu betonen, daß freilich nicht jede Form hoheitlicher Datengewinnung bereits automatisch den genannten Freiheitsbereich beschneidet.153 In Anbetracht der Tatsache, daß dem Einzelnen keine eigentümerähnliche Stellung hinsichtlich seiner Daten eingeräumt werden k a n n 1 5 4 , ist vielmehr im Einzelfall als erstes sorgsam zu prüfen, ob die betreffende Maßnahme überhaupt ein Mindestmaß an Erheblichkeit überschreitet und damit als grundrechtswesentlich qualifiziert werden kann. 155 Im Zuge dessen sind im vorliegenden Kontext zunächst zwei Grundkonstellationen des Befragungsvorgangs zu unterscheiden. Zum einen kann sich die Befragung unmittelbar an den Betroffenen richten, also an denjenigen, dessen Daten erhoben werden sollen; zum anderen wird sich die Beschaffung von Daten aber auch häufig ohne Kenntnis des Betroffenen, nämlich durch Befragung einer dritten Person vollziehen. Nimmt man vorerst die unmittelbare Befragung des Betroffenen in den Blick, so ist zunächst darzulegen, daß die Befragung bei engem Begriffsverständnis - bedingt durch eine etwaige Antwortbereitschaft des Betroffenen insofern erst auf eine künftige Datenerhebung gerichtet i s t 1 5 6 , so daß an dem Eingriffscharakter dieser Maßnahme grundsätzlich Zweifel aufkommen könn-
den Bundesbeauftragten für den Datenschutz), S. 169 f.; K. Vogelgesang, CR 1995, 554 (555 f.); S. Simitis, KritV 1994, 121 (134). 152
BVerfGE 65, 1 (43).
153
Vgl. Κ . Vogelgesang, Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung?, S. 174 f.; W. Schmitt Glaeser, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. VI, § 129 Rdnr. 97; M. Kloepfer, Datenschutz als Grundrecht, S. 23 ff.; a.A. jedoch insbesondere E. Schwan, VerwArch. 66 (1975), S. 120 ff. (127 ff.) unter Zugrundelegung der sog. Eingriffstheorie, die letztlich auf einen informationellen Totalvorbehalt hinausläuft; hiergegen deutlich M. Kniesel Die Polizei 1983, 374 (381) und P. Krause, JuS 1984, 268 (275). 154
BVerfGE 65, 1 (43 f.); P. Krause, Jus 1984, 268 (271); ders., DB 1983, Beilage Nr. 23, 1 (3). 155 Ygi β Neumann, Vorsorge und Verhältnismäßigkeit, S. 126; D. Lammer, Verdeckte Ermittlungen, S. 28; R. Baumann, DVB1. 1984, 612 (614). 156
Siehe insofern auch D. Peitsch, ZRP 1992, 127 (129), der zwischen der Befugnis zur Befragung und einer Befugnis zur Datenerhebung trennt.
Teil 3: Die polizeiliche Befragung und der Gesetzesvorbehalt ten. 1 5 7 Berücksichtigt man indes, daß der Bürger hierbei unmittelbar mit hoheitlicher Autorität konfrontiert wird, die ihn mit Blick auf das polizeiliche Anhalterecht zumindest hinsichtlich der Erduldung der Fragestellung in eine psychische Drucksituation versetzen kann, erscheint eine Beeinträchtigung seines Selbstbestimmungsrechts bereits insofern nicht ausgeschlossen.158 Da dem Betroffenen aber zudem im Falle der Auferlegung einer Auskunftspflicht auch ein entsprechendes Handlungsgebot vermittelt wird und er demnach die geforderten Informationen nur gezwungenermaßen preisgibt, läßt sich eine etwaige Zwangs- und damit Eingriffswirkung dieser Form der Datenerhebung nicht leugnen. 159 Unter diesen Grundbedingungen kann sich schließlich bereits die auf eine Verpflichtung zur Antwort abzielende Befragung als Beeinträchtigung des Selbstbestimmungsrechts darstellen. 160 Konsequenterweise scheiden damit aber andererseits auch solche Kommunikationsvorgänge als grundrechtsbeschneidende Maßnahmen aus, bei denen die Befragung unter Einwilligung des Betroffenen erfolgt. 161 Anders als die direkte Befragung des Betroffenen stellt sich die Situation der Befragung eines Dritten dar. Neben einer hierbei im Hinblick auf das polizeiliche Anhalterecht und der hiermit verbundenen Duldungspflicht festzustellenden Beschränkung der gemäß Art. 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit des Befragten 162 erweist sich die Befragung in dieser Fallgestaltung zugleich als eine mittelbare Beeinträchtigung der informationellen Selbst157
Vgl. W. Schmitt Glaeser, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. VI, § 129 Rdnrn. 95, 97; W. Schatzschneider, Ermittlungstätigkeit, S. 204; J. Ipsen t Nds. Gefahrenabwehrrecht, Rdnr. 330. 158
Vgl. BVerfGE 27, 1 (6 f.); 65, 1 (42); Ch. Gusy, NVwZ 1991, 614 (615); Würtenberger/Heckmann/Riggert, PolR Bd.Wtt., Rdnr. 381. 159
So auch E. Denninger, KritJ 1985, 215 (233); M. Kniesel, Die Polizei 1983, 374 (381); V. Götz, Allg. POR, Rdnr. 145; Wolff BachoflStober y VerwR, Bd. I, § 30 Rdnr. 20; J. Salzwedel Möglichkeiten und Grenzen einer rechtsstaatlichen Kontrolle des Verfassungsschutzes, in: GS H. Peters, S. 756 ff. (759). 160
So deutlich D. Peitsch, CR 1989, 721 (725), der unterstreicht, daß bereits das Stellen von Fragen eine Grundrechtsbeeinträchtigung entstehen läßt „und nicht erst die Gewinnung bestimmter konkreter Informationen."; Β leckmann/Eckhoff\ DVB1. 1988, 373 (379): „indirekter Beeinträchtigungsmechanismus"; E. Denninger, KritJ 1985, 215 (233). 161
Vgl. A. Kowalczyk, Datenschutz im PolR, S. 109; W. Schmitt Glaeser, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. VI, § 129 Rdnr. 98; D. Peitsch, Die Polizei 1993, 67 (68); H.D. Jarass, NJW 1989, 857 (860). 162
Vgl. K. Würz, Polizeiaufgaben und Datenschutz Bd.Wtt., Rdnr. 130.
Α. Grundrechtsrelevanz der polizeilichen Befragung
49
bestimmung des Betroffenen. 163 Angesichts dessen, daß sich die Informationsbeschaffung hier regelmäßig ohne Kenntnis und damit auch zwangsläufig ohne Einverständnis des Drittbetroffenen vollziehen wird, liegt in dieser verdeckten Form der Datenerhebung eine gravierende Grundrechtsbeeinträchtigung 164, an der auch eine etwaige Einwilligung des befragten Dritten mangels entsprechender Dispositionsbefugnis nichts zu ändern vermag. 165 Im Hinblick auf den Inhalt der in Rede stehenden Auskünfte bleibt anzumerken, daß sich der Schutzbereich des Selbstbestimmungsrechts dem Grundsatz nach nur auf die Offenbarung spezifisch personenbezogener Daten erstreckt. 166 Doch ist diesbezüglich zunächst in Anrechnung zu bringen, daß bereits eine trennscharfe Differenzierung zwischen personen- und sachbezogenen Daten kaum durchführbar ist. 1 6 7 Schon die Legaldefinition der personenbezogenen Daten in § 3 Abs. 1 BDSG 1 6 8 stellt neben den persönlichen auch auf die sachlichen Verhältnisse einer Person ab. 1 6 9 Da sich diese jedoch auch auf sämtliche rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen zur Umwelt erstrecken 170 , lassen sich schon begrifflich kaum Daten ausmachen, die nicht in irgendeiner Form auch Rückschlüsse auf gegenwärtige oder künftige personale Beziehungen
163
So auch E. Schwan, VerwArch. 66 (1975), S. 120 ff. (131) und Λ. Kowalczyk, Datenschutz im PolR, S. 112. 164
Vgl. VGH Bd.Wtt., ESVGH 45, 124 (129); D. Lammer, Verdeckte Ermittlungen, S. 28; D. Peitsch, CR 1989, 721 (725); A. Kowalczyk, Datenschutz im PolR, S. 108 f.; R. Baumann, DVB1. 1984, 612 (615); H.D. Jarass, NJW 1989, 857 (860); a.A. offensichtlich W. Steinke, DVB1. 1980, 433 (435), der vertritt, daß Befragungen von Auskunftspersonen als Maßnahmen zu qualifizieren seien, „die allenfalls eine 'Belästigung' ... darstellen, die also nicht derart erheblich sind, daß von einem Grundrechtseingriff gesprochen werden kann." 165
Dazu Λ. Kowalczyk, Datenschutz im PolR, S. 112; E. Schwan, VerwArch. 66 (1975), S. 120 ff. (131); W. Schatzschneiden Ermittlungstätigkeit, S. 206 f. 166
Vgl. BVerfGE 65, 1 (42 f.).
167
Hierzu O.E. Bär, BayVBl. 1992, 618 (619 ff.); R. Niethammer, BayVBl. 1992, 171 (172 f.). 168 BDSG v. 20.12.1990 (BGBl. I S. 2954), zul. geänd. d. Ges. v. 14.9.1994 (BGBl. IS. 2325). 169
So auch § 3 Abs. 1 nw.DSG i.d.F. v. 15.3.1988 (GVB1. S. 160), zul. geänd. d. Ges. v. 23.11.1994 (GVB1. S. 1064). 170
Siehe U. Dammann, in: S. Simitis u.a., Bundesdatenschutzgesetz, § 3 Rdnr. 11; H. Auernhammer, Bundesdatenschutzgesetz, § 3 Rdnr. 5. 4 R. G. Müller
Teil 3: Die polizeiliche Befragung und der Gesetzesvorbehalt
50
zulassen. 171 Die Grenze zwischen sach- und personenbezogenen Daten ist damit nahezu fließend. 172 Berücksichtigt man darüber hinaus, daß hinsichtlich sachbezogener Daten im Zweifelsfall zudem ein Rückgriff auf die allgemeine Handlungsfreiheit des Befragten gemäß Art. 2 Abs. 1 GG vorbehalten blieb e 1 7 3 , so ist festzuhalten, daß sich - in Abhängigkeit von Form und Dauer der Befragung - auch allein auf Sachauskünfte abzielende Befragungen als grundrechtsrelevant erweisen können. 174 Werden dem Bürger folglich durch Befragung Informationen abverlangt, so kann diese Maßnahme - entsprechend den beiden oben dargestellten Konstellationen - sowohl den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit als auch den des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung tangieren. Angesichts der hiermit einhergehenden Grundrechtsrelevanz des Befragungsvorgangs ist folglich festzuhalten, daß auch im Rahmen einer hoheitlichen Datenerhebung durch Befragung der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes strikt zu beachten ist. 1 7 5
B. Das Anforderungsprofil für gesetzliche Regelungen der polizeilichen Befragung Nachdem das „Ob" der Geltung des Gesetzesvorbehalts mit Blick auf die dargelegten Grundrechtswirkungen der Befragung beantwortet ist, gilt es schließlich, das „Wie" dieses Gebotes zu beleuchten, sich also zu vergewissern, 171
Vgl. auch U. Dammann, aaO, § 3 Rdnrn. 7 f.; R. Niethammer, BayVBl. 1992, 171 (172 f.). 172
Κ . Habermehl JA 1990, 331 (333); D. Peitsch, Die Polizei 1991, 305 (305 f.).
173
Mit Blick auf die obiter dicta des BVerfG, daß es „kein 'belangloses' Datum mehr" gibt [BVerfGE 65, 1 (45)] und daß das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vielfältige, über den Datenschutz im engeren Sinne hinausgehende Gewährleistungsdimensionen aufweist [BVerfGE 78, 77 (84)], scheint sich ohnehin eine Tendenz zur Ausweitung dieses Schutzbereichs abzuzeichnen. 174
So im Ergebnis auch D. Lammer, Verdeckte Ermittlungen, S. 28 und A. Kowalczyk, Datenschutz im PolR, S. 109. 175
So auch E. Schwan, VerwArch. 66 (1975), S. 120 ff. (127 f.); A. Kowalczyk, Datenschutz im PolR, S. 109; H. Lisken, NWVB1. 1990, 325 (327); E. Rasch, Allg. POR, in: C.H. Ule, Verwaltungsgesetze des Bundes und der Länder, Bd. ΙΠ, Erster Halbband, § 11 ME Rdnr. 3; Ch. Gusy, VerwArch. 74 (1983), S. 91 ff. (103 f.); E. Denninger, KritJ 1985, 215 (233).
Β. Anforderungsprofil für gesetzliche Regelungen der Befragung
51
welche spezifischen Anforderungen im weiteren an die erforderlichen Ermächtigungsgrundlagen für die Befragung zu stellen sind: Die Richtschnur für die aufgeworfene Frage ergibt sich zunächst aus einer konsequenten Fortführung der Wesentlichkeitstheorie. Hiernach bedarf das Handeln der Exekutive nicht nur der grundsätzlichen Absicherung durch eine gesetzliche Ermächtigung, sondern soweit erforderlich, muß diese ihrerseits in qualitativer Hinsicht bereits das „Wesentliche" des zu regelnden Lebenssachverhalts erfassen. 176 Im Zuge dessen ist vor allem dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot 177 Rechnung zu tragen, das den Grundsatz vom Gesetzesvorbehalt ergänzend und konkretisierend begleitet 178 und eine hinreichende gesetzliche Konturierung von Tatbestand und Rechtsfolge gebietet. 179 So betont auch das Bundesverfassungsgericht den unmittelbaren Zusammenhang zwischen Wesentlichkeitstheorie und Bestimmtheitsgrundsatz 180 , ohne jedoch hiermit die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe 181 und Generalklauseln 1 8 2 zur Erfassung des betreffenden Lebenssachverhalts generell abzulehnen. Dieses grundlegende Anforderungsmuster hat das Bundesverfassungsgericht nunmehr allerdings den Spezifika des Bereichs hoheitlicher Informationsbeschaffung näher angepaßt. Hinsichtlich der entsprechenden gesetzlichen Eingriffsermächtigungen führt es im Volkszählungsurteil 183 aus, daß Beschränkungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nicht nur „einer (verfassungsmäßigen) gesetzlichen Grundlage [bedürfen], aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen klar und für den Bürger erkennbar ergeben und die damit dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht" 1 8 4 , sondern daß der Gesetzgeber neben der Beachtung des
176
Vgl. R. Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Bd. II, Art. 20, Abschn. VI Rdnr. 81; M. Kloepfer, JZ 1974, 685 (691 f.). 177
BVerfGE 8, 274 (325); 21, 73 (79); 49, 168 (181); 62, 169 (182 f.); 80, 103
(107). 178
Vgl. BVerfGE 58,257 (278).
179
Ausführlich R. Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Bd. II, Art. 20, Abschn. VI Rdnrn. 81 ff. 180
BVerfGE 49, 89 (129).
181
BVerfGE 78, 205 (212); 80,103 (108); 87, 234 (263 f.).
182
BVerfGE 56, 1 (12).
183
BVerfGE 65,1 ff.
184
BVerfGE 65,1 (44).
52
Teil 3: Die polizeiliche Befragung und der Gesetzesvorbehalt
„Grundsatzfes] der Verhältnismäßigkeit ... mehr als früher auch organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen [hat], welche der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts entgegenwirken". 185 Das Gericht betont im Anschluß hieran, daß zudem Klarheit darüber bestehen müsse, „zu welchem Zweck Angaben verlangt werden und welche Verknüpfungs- und Verwendungsmöglichkeiten bestehen" 186 , daß bei einem Zwang zur Angabe personenbezogener Daten der „Verwendungszweck bereichsspezifisch und präzise" 187 zu bestimmen sei und daß „als weitere verfahrensrechtliche Schutzvorkehrungen Aufklärungs-, Auskunfts- und Löschungspflichten wesentlich sind." 1 8 8 Unter Zugrundelegung dieser äußerst detaillierten Postulate, an die mit Blick auf § 31 Abs. 1 BVerfGG 1 8 9 auch die Gesetzgebungsorgane der Länder gebunden s i n d 1 9 0 , wird deutlich, daß als Rechtsgrundlage zur Informationserhebung und -Verarbeitung im Polizeirecht nun nicht mehr auf die allgemeine Aufgabennorm 191 oder die Generalklausel 192 zurückgegriffen werden kann, sondern vielmehr nur noch solche Normen eine entsprechende Legitimation vermitteln können, die diesem Rechtsbereich spezifisch angepaßt und präzise als Befugnisnormen ausgestaltet sind. 1 9 3 Somit lassen sich in einer abschließenden Betrachtung auch für die Verfassungsmäßigkeit der hier zu analysierenden Ermächtigungsgrundlagen für die polizeiliche Befragung als zentrale rechtsstaatliche und grundrechtliche Hürden folgende Vorgaben ausmachen: 185
BVerfG, aaO.
186
AaO, S. 45.
187
BVerfG, aaO, S. 46.
188
AaO.
189
BVerfGG i.d.F. d. Bek. v. 11.8.1993 (BGBl. IS. 1473).
190
Vgl. E. Klein, in: Benda/Klein, Verfassungsprozeßrecht, Rdnr. 1236; K. Schlaichy Bundesverfassungsgericht, Rdnr. 446; E. Benda, Schriftenreihe der PolizeiFührungsakademie, Heft 1/1995, 11 (14 f.); S. Detterbeck, NJW 1996, 426 (428 f.). 191
So indes V. Götz, Allg. POR, Rdnr. 147; ders., NVwZ 1994, 652 (659).
192
So noch K. Merten, DÖV 1985, 518 (519 f.); Kniesel/Vahle, Polizeiliche Informationsverarbeitung, Rdnrn. 183 ff., treten für eine eingeschränkte Verwendung von Generalklauseln ein. 193
Vgl. P.J. Tettingen Bes. VerwR/1, Rdnr. 205; E. Benda, Schriftenreihe der Polizei-Führungsakademie, Heft 1/1995, 11 (22 ff.); a.A. Scholzl Ρitschas, Informationelle Selbstbestimmung, S. 157 ff., 167, 201; R. Scholz, Der Kriminalist, Heft 2/1988, 53 (54 ff.); G. Böhrenz> Kriminalistik 1994, 807 (808 f.).
Β. Anforderungsprofil für gesetzliche Regelungen der Befragung
53
Grundsätzlich sind zunächst mit Blick auf die in der jeweiligen Regelung verwandten Rechtsbegriffe zur bereichsspezifischen Normierung von Tatbestand, Adressatenkreis und Rechtsfolge das Bestimmtheitsgebot und in Bezug auf die Gesamtregelung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Über diese bewährten Grundsätze hinaus gilt es aber nunmehr vor allem auch, den Appell an die dem Gesetzgeber obliegenden Schutzpflichten hinsichtlich der Gefährdungen des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen 194 zu befolgen und durch entsprechende Schutzvorkehrungen im Bereich der Organisation und des Verfahrens der polizeilichen Befragung umzusetzen. Neben diesen die Grundregelung flankierenden Reglementierungen ist nicht zuletzt die exakte Eingrenzung des Verwendungszwecks der durch die Befragung erhobenen Daten geboten, um so dem Erfordernis der Transparenz polizeilicher Datenverarbeitung gebührend Rechnung zu tragen.
194
BVerfGE 65,1 (44, 46, 58 f.).
Teil 4
Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nwJPolG Führt man sich rückblickend die Entstehungsgeschichte der polizeilichen Befragung, die Kernaussagen des Volkszählungsurteils sowie die soeben dargelegten Maßgaben des Gesetzesvorbehalts vor Augen, so wird ersichtlich, daß sich die gesetzliche Reglementierung des Befragungsvorgangs in einem Spannungsfeld von mehreren gegenläufigen Kräften vollziehen mußte. Es galt hierbei vor allem, die zentralen Komponenten der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, des Rechts des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung sowie der praktischen Vollziehbarkeit und der Justitiabilität der Norm in eine angemessene Kräftebalance zu bringen. Da die Landesgesetzgeber bei der Schaffung einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage aber nicht nur dem gesamten Spektrum der oben genannten Anforderungen, sondern vor allem auch dem stetig gewachsenen Anspruch an die Nachvollziehbarkeit der Datenverarbeitungsregelungen aus der Perspektive des Bürgers 195 hinreichend Rechnung zu tragen hatten, erwies sich die normative Verwirklichung dieser Vorgaben als äußerst schwierig. Den Entwicklungsprozeß erschwerend kam in diesem Kontext noch hinzu, daß die Gesetzgebung im Bereich des Polizeirechts - in erster Linie bedingt durch die rechtspolitisch divergierenden Zielsetzungen der einzelnen Landesregierungen - in jüngerer Zeit ein eher uneinheitliches Bild ergab 196 und sich gerade hinsichtlich der polizeilichen Informationsverarbeitung ein politischer Dissens abzeichnete, der nicht zuletzt durch die insgesamt zwölf Alternativen des VE ME PolG 1 9 7 dokumentiert wurde. 198
195
Vgl. etwa H. Bäumler, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. J Rdnr. 10; dens., JR 1984, 361 (362 ff.). 196
Vgl. hierzu V. Götz, NVwZ 1990, 725 (727); dens., NVwZ 1994, 652 (659); R. Riegel, DÖV 1994, 814 (815 f.). 197
Kniesel/Vahle,
198
Vgl. dazu Kniesel/Vahle,
VE ME PolG, S. 5 ff.; BÜRP, Heft 1/1988,168 (169 ff.). Polizeiliche Informationsverarbeitung, Rdnr. 188.
Α. Entstehung und systematische Verortung
55
Vor diesem Hintergrund hat sich der nordrhein-westfälische Gesetzgeber für folgende Bestimmungen in § 9 nw.PolG entschieden: § 9 Befragung, Auskunftspflicht, allgemeine Regeln der Datenerhebung. (1) Die Polizei kann jede Person befragen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie sachdienliche Angaben machen kann, die für die Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. Für die Dauer der Befragung kann die Person angehalten werden. (2) Eine Person, deren Befragung nach Absatz 1 zulässig ist, ist verpflichtet, auf Frage Namen, Vornamen, Tag und Ort der Geburt, Wohnanschrift und Staatsangehörigkeit anzugeben. Sie ist zu weiteren Auskünften verpflichtet, soweit gesetzliche Handlungspflichten bestehen. (3) Die Befragung richtet sich an den Betroffenen. Ist dessen Befragung nicht oder nicht rechtzeitig möglich oder würde sie die Erfüllung der polizeilichen Aufgabe erheblich erschweren oder gefährden, können die Daten auch ohne Kenntnis des Betroffenen erhoben werden, wenn dies zur Aufgabenwahrnehmung gemäß Absatz 1 erforderlich ist. (4) Befragung und Datenerhebung sind offen durchzuführen; eine verdeckte Datenerhebung ist nur zulässig, wenn dies durch Gesetz zugelassen ist. (5) Die Erhebung personenbezogener Daten zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken ist unzulässig. Eine Datenerhebung über nicht gefahren- oder tatbezogene Merkmale sowie über Erkrankungen oder besondere Verhaltensweisen des Betroffenen ist nur zulässig, soweit dies für Identifizierungszwecke oder zum Schutz des Betroffenen, von Polizeivollzugsbeamten oder Dritten erforderlich ist. (6) Werden durch Befragung Daten beim Betroffenen oder bei Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs erhoben, sind diese in geeigneter Weise über die Rechtsvorschriften für die Datenerhebung sowie entweder über die bestehende Auskunftspflicht oder über die Freiwilligkeit der Auskunft aufzuklären, es sei denn, dies ist wegen besonderer Umstände offenkundig nicht angemessen oder die Erfüllung der polizeilichen Aufgaben wird hierdurch erheblich erschwert oder gefährdet.
A. Entstehung und systematische Verortung Vor einer Analyse der in § 9 nw.PolG getroffenen Regelung der polizeilichen Befragung soll die Aufmerksamkeit vorab der Entstehungsgeschichte der Norm sowie deren Stellung im Gesetz gelten.
56
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
I. Entstehung Die Entstehungsgeschichte des (§ 9) nw.PolG 1 9 9 beginnt mit einem Gesetzentwurf der Fraktion der F.D.P. vom 13.7.1988 200 , mit dem das damalige Polizeigesetz nunmehr den Anforderungen für Eingriffe in die Gewährleistung informationeller Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 G G 2 0 1 und Art. 4 Abs. 2 nw.Verf. 2 0 2 angepaßt werden sollte. 203 Hinsichtlich der Befragung von Personen sah dieser Gesetzentwurf folgende Vorschrift vor204: § 8a Polizeiliche Befragung und Auskunftspflicht. (1) Die Polizei kann eine Person befragen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, daß die Person sachdienliche Angaben zur Aufklärung des Sachverhalts in einer bestimmten polizeilichen Angelegenheit machen kann. Im Fall der Abwehr einer Gefahr kann sie zum Zwecke der Befragung angehalten werden. (2) Unbeschadet der sich aus § 111 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ergebenden Pflicht zu Angaben zur Person besteht eine Auskunftspflicht nur für die in den §§4 und 5 genannten Personen, in den Fällen des § 6 auch für die dort genannten Personen. Unter den in den §§ 52 bis 55 der Strafprozeßordnung genannten 199
Siehe hierzu LT-Drucks. NW 10/3421 v. 13.7.1988 (Gesetzentwurf der Fraktion der F.D.P.); LT-Prot. NW 10/7849 ff. v. 15.9.1988; LT-Drucks. NW 10/3997 v. 24.1.1989 (Gesetzentwurf der Landesregierung); LT-Prot. NW 10/9324 ff. v. 23.2.1989; Aussch.-Prot. NW 10/1251 v. 15.6.1989; Aussch.-Prot. NW 10/1253 v. 16.6.1989; Aussch.-Prot. NW 10/1358 v. 9.11.1989; Aussch.-Prot. NW 10/1399 v. 30.11.1989; Aussch.-Prot. NW 10/1433 v. 11.1.1990; LT-Drucks. NW 10/5071 v. 15.1.1990 (Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Innere Verwaltung); LT-Drucks. 10/5134 v. 18.1.1990 (Änderungsantrag der Fraktion der CDU); LT-Prot. NW 10/12006 ff. v. 19.1.1990. 200 LT-Drucks. NW 10/3421; Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NW). 201
Vgl. BVerfGE 65, 1 (41 ff.); im weiteren BVerfGE 78, 77 (85); 80, 137 (167); 80, 367 (373); 84, 192 (195); 88, 87 (97); 89, 69 (82); 90, 263 (270); 92, 191 (197); 93, 181 (187). 202
Hierzu Th. Schwarze, Das Grundrecht auf Datenschutz in der Verfassung des Landes NW, S. 53 ff.; Ch. Dästner, Die Verfassung des Landes NW, S. 103 f. 203
Vgl. LT-Drucks. NW 10/3421, S. 1, 24 ff.; siehe hierzu auch die entsprechenden Begründungen in LT-Drucks. NW 10/3997, S. 29 f. und LT-Drucks. NW 10/5071, S. 69. 2 4
LT-Drucks. NW 1 0 / 1 , S. f.
Α. Entstehung und systematische Verortung
57
Voraussetzungen ist die betroffene Person zur Verweigerung der Auskunft berechtigt. Dies gilt nicht, wenn die Auskunft für die Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist. Die betroffene Person ist über ihr Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren. (3) Werden bei der Befragung personenbezogene Daten erhoben, sind die nachfolgenden Bestimmungen über die Nutzung personenbezogener Daten anzuwenden. (4) § 136a der Strafprozeßordnung gilt entsprechend. In der Begründung wurde hierzu insbesondere ausgeführt: „Aus Gründen der Normenklarheit wird in § 8a die Auskunftspflicht gegenüber der Polizei geregelt, die bisher aus der Generalklausel (§ 8) abgeleitet wurde. Sie setzt eine konkrete Gefahr voraus und verpflichtet grundsätzlich nur die sogenannten Störer (§§ 4, 5 ) . " 2 0 5 Den Regelungen des § 8a wurde § 8b „Erhebung personenbezogener Daten" zur Seite gestellt, der in Absatz 1 Nr. 1 bis 7 und Absatz 2 die jeweiligen Voraussetzungen für eine Datenerhebung und in Absätzen 3 bis 6 die allgemeinen Grundsätze der Datenerhebung, das Verbot der Erhebung zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken, den Grundsatz der Erhebung beim Betroffenen, den Grundsatz der offenen Erhebung sowie Hinweis- und Mitteilungspflichten festlegte. 206 Dem Gesetzentwurf der Fraktion der F.D.P. folgte der Gesetzentwurf der Landesregierung vom 24.1.1989 2 0 7 , der in § 8a Abs. 1 bis 3 die allgemeinen Regeln der Datenerhebung aufstellte, in § 9b Nr. 1 bis 8 die Datenerhebung aus bestimmten Anlässen regelte und mit § 8b folgende Aussagen zur Durchführung der polizeilichen Befragung traf 2 0 8 : § 8b Befragung und Auskunftspflicht. (1) Die Polizei kann die in den §§4 und 5 genannten und andere Personen befragen, wenn anzunehmen ist, daß diese Angaben machen können, die für die Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. Für die Dauer der Befragung können diese Personen angehalten werden. (2) Außer in den Fällen des § 9 Abs. 2 Satz 2 besteht eine Auskunftspflicht nur für die in den §§4 und 5 genannten Personen sowie unter den Voraussetzungen des § 6
205
Siehe LT-Drucks. NW 10/3421, S. 25.
206
LT-Drucks. NW 10/3421, S. 5 f.
207 LT-Drucks. NW 10/3997; Gesetz zur Fortentwicklung des Datenschutzes im Bereich der Polizei und der Ordnungsbehörden (GFDPol). 208
Vgl. LT-Drucks. NW 10/3997, S. 3 ff.
58
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG für die dort genannten Personen über die Daten, die zur Abwehr einer Gefahr erforderlich sind. (3) Die §§ 52 bis 55 und 136a der Strafprozeßordnung gelten entsprechend.
In der Begründung zu diesen Regelungen hieß es: „Die Vorschrift normiert in Absatz 1 Satz 1 das bisher aus der polizeilichen Generalklausel abgeleitete Auskunftsrecht der Polizei sowie die bisher nicht als Grundrechtseingriff angesehene Befragung von Personen. ... Nach Absatz 2 besteht eine Auskunftspflicht gegenüber der Polizei über personen- und sachbezogene Daten nur beim Vorliegen einer konkreten Gefahr und dann grundsätzlich nur für Verantwortliche i.S.d. §§ 4 oder 5 PolG NW. Personen, die nicht Störer sind, brauchen somit nur unter den engen Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes (§ 6 PolG NW) zur Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr auszusagen." 2 0 9 Die Gesetzentwürfe der Fraktion der F.D.P. und der Landesregierung wurden einschließlich verschiedener Änderungsanträge nunmehr an den Ausschuß für Innere Verwaltung überwiesen 210 und dort eingehend beraten. 211 Nachdem hierbei auch die Vorstellungen der F.D.P. Eingang in die Beschlußempfehlung des Ausschusses vom 15.1.1990 gefunden hatten 2 1 2 , wurde der Gesetzentwurf der Landesregierung in der geänderten Fassung mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und der F.D.P. gegen die Stimmen der Fraktion der CDU in der Gesamtabstimmung im Ausschuß angenommen, während die Fraktion der F.D.P. ihren Gesetzentwurf für erledigt erklärte. 213 Die in dem Gesetzentwurf der Landesregierung vorgesehenen Bestimmungen in § 8a (Allgemeine Regeln der Datenerhebung), § 8b (Befragung und Auskunftspflicht) und § 9b (Datenerhebung aus bestimmten Anlässen) wurden im Zuge dessen zu § 9 zusammengefaßt, der mit der Gesetz gewordenen Fassung des § 9 nw.PolG identisch ist. 2 1 4 In dem Ausschußbericht vom 15.1.1990 wurde diesbezüglich ausgeführt, daß diese „Änderungen erfolgt [seien], um das Gesetz übersichtlicher
209
LT-Drucks. NW 10/3997, S. 33.
210
Vgl. LT-Prot. NW 10/7864 und LT-Prot. NW 10/9332.
211
Siehe im vorliegenden Kontext insbesondere Aussch.-Prot. NW 10/1251, S. 9; Aussch.-Prot. NW 10/1358, S. 6 f.; Aussch.-Prot. NW 10/1399, S. 6; Aussch.-Prot. NW 10/1433, S. 2 f. 212
Vgl. LT-Drucks. NW 10/5071, S. 82 f., 87.
213
Siehe LT-Drucks. NW 10/5071, S. 1, 94 f.
214
Vgl. LT-Drucks. NW 10/5071, S. 12 ff.
Α. Entstehung und systematische Verortung
59
und leichter verständlich werden zu lassen", es handele sich lediglich um „redaktionelle Verbesserungen." 215 Nach erneuter Beratung im Landtag 216 wurde schließlich ein weiterer von der Fraktion der CDU am 18.1.1990 gestellter Änderungsantrag 217 , der unter anderem auf eine Ergänzung des § 9 um die Regelungen der §§ 52 bis 55 und § 136a der Strafprozeßordnung gerichtet war, abgelehnt 218 und der geänderte Gesetzentwurf der Landesregierung in der Fassung der Beschlußempfehlung am 19.1.1990 in zweiter Lesung verabschiedet. 219
II. Systematische Verortung Die Regelung des § 9 nw.PolG befindet sich im zweiten Gesetzesabschnitt „Befugnisse der Polizei." Hierbei steht sie im ersten Titel „Datenerhebung" des zweiten Unterabschnitts „Datenverarbeitung." Der Titel „Datenerhebung" unterfällt seinerseits in drei Teile, namentlich in den Teil „I. Befragung, Auskunftspflicht, allgemeine Regeln der Datenerhebung, Vorladung", den Teil „II. Datenerhebung in bestimmten Fällen" sowie den Teil „III. Besondere Mittel der Datenerhebung." Gesetzlich überschrieben ist § 9 nw.PolG mit „Befragung, Auskunftspflicht, allgemeine Regeln der Datenerhebung." § 9 Abs. 1 nw.PolG betrifft die Befragung und § 9 Abs. 2 nw.PolG die Auskunftspflicht. Die Regelung des § 9 Abs. 5 nw.PolG stellt sich als eine allgemeine Regel der Datenerhebung dar. Demgegenüber haben die Bestimmungen in § 9 Abs. 3, 4 und 6 nw.PolG neben allgemeinen Regeln der Datenerhebung auch die Befragung zum Gegenstand. § 9 nw.PolG steht mit der Vorladung in § 10 nw.PolG in einem Gesetzesteil. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2 nw.PolG flankiert die Vorladung sowohl die Befragung gemäß § 9 Abs. 1 nw.PolG als auch die erkennungsdienstlichen Maßnahmen nach § 14 nw.PolG.
215
LT-Drucks. NW 10/5071, S. 77.
216
LT-Prot. NW 10/12006 ff.
217
LT-Drucks. NW 10/5134.
218
LT-Prot. NW 10/12025.
219
LT-Prot. NW 10/12025 f.
60
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
B. Tatbestand (§ 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG) Bemüht man sich nunmehr um eine den einzelnen Absätzen des § 9 nw.PolG folgende Abschichtung der Regelungskomplexe der Befragung und Auskunftspflicht einerseits und den allgemeinen Regeln der Datenerhebung andererseits, so ist das Augenmerk zunächst auf den in § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG niedergelegten Tatbestand der Befragung zu richten. Hiernach kann die Polizei jede Person befragen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie sachdienliche Angaben machen kann, die für die Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind.
I. Polizei In Konsequenz des Trennungssystems sind Polizei- und Ordnungsverwaltung in Nordrhein-Westfalen organisatorisch voneinander getrennt und hinsichtlich ihrer Aufgabenbereiche mit unterschiedlichen materiellen Rechtsgrundlagen ausgestattet worden. 2 2 0 Unter Polizei im Sinne des § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG sind daher grundsätzlich die in § 2 nw.POG 221 genannten Polizeibehörden, namentlich die Kreispolizeibehörden, die Bezirksregierungen und das Landeskriminalamt zu verstehen. Über § 24 Nr. 1 nw.OBG 2 2 2 gilt § 9 nw.PolG für die Ordnungsbehörden jedoch entsprechend, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.
II. Bestimmte polizeiliche Aufgabe Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG rückt sodann die Frage in den Vordergrund, welche Bedeutung das Tatbestandsmerkmal der „bestimmten polizeilichen Aufgabe" hat, deren Erfüllung die Befragung von Personen erforderlich macht. Trotz seiner Stellung am Ende der Vorschrift kommt diesem Begriff eine Schlüsselfunktion für den Befragungstatbestand zu, da Eingangsvoraussetzung einer polizeilichen (Befra220
Hierzu P.J. Tettinger, Bes. VerwR/1, Rdnrn. 194,281 ff.
221
Nw.POG i.d.F. d. Bek. v. 22.10.1994 (GVB1. S. 852).
222
Nw.OBG i.d.F. d. Bek. v. 13.5.1980 (GVB1. S. 528), zul. geänd. d. Ges. v. 20.12.1994 (GVB1. S. 1115).
Β. Tatbestand (§ 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG)
61
gungs-) Befugnis notwendigerweise das Vorhandensein einer entsprechenden Aufgabe ist. 2 2 3
1. Der Gesetzeswortlaut Ausgehend vom einfachen Wortlautverständnis ist unter polizeilicher Aufgabe zunächst die den Polizeibehörden durch den Gesetzgeber zugewiesene Aufgabe zu verstehen. 224 Mit welchen Aufgaben die Polizei hierbei generell beauftragt ist, ergibt sich aus der in § 1 nw.PolG verankerten Beschreibung ihres Funktionskreises. Legt man dieses Verständnis bei der Bestimmung des obigen Begriffs zugrunde, so geht die Normaussage des § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG dahin, daß die Befragung im Rahmen des polizeilichen Zuständigkeitsbereichs zulässig sein soll. Der Begriff der polizeilichen Aufgabe in § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG stimmt daher insoweit mit dem der polizeilichen Aufgabe in § 1 Abs. 1 S. 1, 2 nw.PolG überein. Eine gewisse begriffliche Abgrenzung folgt jedoch daraus, daß § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG auf eine bestimmte Aufgabe abstellt, womit sich bereits zum Zeitpunkt der Befragung eine einzelne Aufgabe aus dem Gesamtkatalog des § 1 nw.PolG konkretisiert haben muß.
2. Gesetzessystematische Überlegungen Der Begriff der bestimmten polizeilichen Aufgabe im Tatbestand des § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG steht demnach in unmittelbarem Zusammenhang zu der Beschreibung des polizeilichen Aufgabenbereichs in § 1 nw.PolG. Da sich der Tatbestand der Befragung im zweiten Abschnitt des Gesetzes „Befugnisse der Polizei" befindet, wird deutlich, daß hiermit innerhalb einer Befugnisnorm auf die allgemeine Aufgabennorm des § 1 nw.PolG aus dem ersten Abschnitt „Aufgaben und allgemeine Vorschriften" Bezug genommen wird. 2 2 5 Damit rückt die Frage in den Vordergrund, welche Rückschlüsse sich für das Ver-
223
Vgl. E. Denninger, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. E Rdnr. 52.
224
So Schollerl Schioer, Grundzüge des POR, S. 102: „Die bestimmte polizeiliche Aufgabe ergibt sich aus den Aufgabennormen der Polizeigesetze." 225
(431).
Kritisch K. Habermehl JA 1990, 331 (332, 337); M. Knape, DNP 1992, 425
62
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
ständnis der Formulierung „bestimmte polizeiliche Aufgabe" aus der Unterscheidung zwischen Aufgaben- und Befugniszuweisungen ergeben: Grundsätzlich ist gerade im Polizeirecht mit Blick auf die unterschiedlichen Regelungsfunktionen der hier verwandten gesetzlichen Bestimmungen tunlichst zwischen sog. Aufgaben- und Befugnisnormen zu differenzieren. 226 Diese Unterscheidung stellt den Abschluß eines Entwicklungsprozesses dar, dessen Ursprünge sich bis in die Zeit des preußischen Polizeirechts zurückverfolgen lassen. 227 Hier waren in § 10 I I 17 pr.ALR 1794 sowie in § 14 pr.PVG sowohl die Aufgaben der Polizei als auch deren Befugnisse einheitlich in Generalklauseln zentriert. 228 Im Laufe der Zeit kam jedoch fortwährend Kritik an der „Doppelfunktionalität" dieser Generalklauseln auf, die sich vor allem gegen den hierin liegenden, rechtsstaatlich bedenklichen Schluß vom Zweck auf die Mittel bzw. von der Aufgabe auf die Befugnis 229 richtete und eine konkrete und enumerative Festlegung der zulässigen Polizeibefugnisse forderte. 230 Dies führte in der neueren Polizeirechtsentwicklung schließlich zu der im ME PolG und VE ME PolG konsequent vollzogenen und nunmehr in allen Polizeigesetzen verwirklichten gesetzlichen Separierung von Aufgaben und Befugnissen. 231 Aus heutiger Perspektive stellt sich diese Unterscheidung, die auf verfassungsrechtlicher Ebene auch in Art. 30 und 33 Abs. 4 GG angelegt ist und sogar in die Titel des bayerischen, des brandenburgischen und des thüringi226
P.J. Tettinger,
Bes. VerwR/1, Rdnr. 204; ders., Juristische Arbeitstechnik,
S. 131 f. 227
Vgl. F.-L. Knemeyer, DÖV 1978, 11 (12); dens., VVDStRL 35 (1977), S. 221 ff. (227 ff.); Knemeyer/Müller, NVwZ 1993, 437 (438). 228 Vgl. hierzu die Aussage des § 14 Abs. 1 pr.PVG in Abschnitt IV „Die Aufgaben der Polizeibehörden": „Die Polizeibehörden haben im Rahmen der geltenden Gesetze die nach pflichtmäßigem Ermessen notwendigen Maßnahmen zu treffen [Befugniszuweisung], um von der Allgemeinheit oder dem einzelnen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird [Aufgabenbeschreibung]." 229
Siehe dazu auch die deutliche Aussage in § 89 der Einleitung zum pr.ALR 1794: „Wem die Gesetze ein Recht geben, dem bewilligen sie auch die Mittel, ohne welche dasselbe nicht ausgeübt werden kann."; abgedruckt bei H. Hattenhauer, Allgemeines Landrecht, S. 60. 230 Ygj h j e r z u E. Denninger, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. E Rdnr. 52; dens., KritV 1986, 291 (295 f.); F.-L. Knemeyer, DÖV 1978,11 (12). 231
Hierzu P.J. Tettinger, Bes. VerwR/1, Rdnrn. 204 ff.; F.-L. Knemeyer, POR, Rdnrn. 53 f.; E. Denninger, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. E Rdnrn. 52 f.; ders., KritV 1986, 291 (295 ff.); T. Würtenberger, POR, in: Achterberg/Püttner, Bes. VerwR, Bd. II, Rdnrn. 57 ff.; H.-U. Erichsen, VVDStRL 35 (1977), S. 171 ff. (182 ff.).
. ates
(§ 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG)
63
sehen Polizeigesetzes aufgenommen wurde 2 3 2 , als stringente Fortführung des Vorbehalts des Gesetzes dar, in dessen Konsequenz der Gesetzgeber der Verwaltung sowohl die zu erfüllenden Aufgaben zuzuweisen als auch die Ausübung der hierzu erforderlichen Befugnisse normativ konkret festzulegen hat. 2 3 3 Während im Zuge dessen den Aufgabennormen die Funktion zukommt, den äußeren Rahmen der behördlichen Zuständigkeiten abzustecken 234 , haben die Befugnisnormen die Bedeutung, die zur Erfüllung der in diesem Zuständigkeitsbereich liegenden Aufgaben zulässigen Eingriffsinstrumentarien zu bestimmen. 235 Projiziert man diese Maßgaben auf den Tatbestand der Befragungsbefugnis, so liegt der Schluß nahe, daß der Begriff der polizeilichen Aufgabe in § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG enger zu verstehen ist als der Begriff der polizeilichen Aufgabe im Sinne der Aufgabennorm des § 1 nw.PolG. 2 3 6 Anderenfalls hinge die Befugnis zur Befragung in erster Linie von der Eröffnung des polizeilichen Aufgabenbereiches ab, womit der rechtsstaatlichen Errungenschaft der Trennung von Aufgaben und Befugnissen nicht hinreichend Rechnung getragen wäre. 237 Für dieses Verständnis des Begriffs der polizeilichen Aufgabe in § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG spricht zudem die Regelung des § 9 Abs. 5 S. 1 nw.PolG, wonach die Erhebung personenbezogener Daten zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken unzulässig ist. Nach dieser Aussage, die fast wortgleich der entsprechenden datenschutzrechtlichen Direktive des Bundesverfas-
232
Siehe das Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (Polizeiaufgabengesetz - PAG) i.d.F. d. Bek. v. 14.9.1990 (GVB1. S. 397), zul. geänd. d. Ges. v. 23.12.1994 (GVB1. S. 1050), das Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei im Land Brandenburg (Polizeigesetz - PolG) v. 19.3.1996 (GVB1.1 S. 74) und das Thüringer Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei (Polizeiaufgabengesetz - PAG) v. 4.6.1992 (GVB1. S. 199). 233
Vgl. auch VG Hannover, DuR 1987, 333 (335 f.); WolfflBachoflStober, VerwR, Bd. I, § 30 Rdnr. 18; T. Würtenberger, POR, in: Achterberg/Püttner, Bes. VerwR, Bd. II, Rdnr. 58. 234
Dazu P.J. Tettinger, Bes. VerwR/1, Rdnr. 204; F.-L. Knemeyer, DÖV 1978, 11 (11 f.); ders.y POR, Rdnr. 53; H. Wagner, Kommentar zum PolG NW, vor § 1 Rdnr. 17. 235 Vgl. P.J. Tettingen Bes. VerwR/1, Rdnr. 206; F.-L. Knemeyer, POR, Rdnr. 53; R. Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, S. 164 ff. 236 237
Siehe in diesem Kontext auch H. Wagner, DuR 17 (1989), S. 165 ff. (167 f.).
Dieser Befund spricht auch für ein entsprechendes Verständnis des Begriffs der „Aufgabenwahrnehmung gemäß Absatz 1" in § 9 Abs. 3 S. 2 nw.PolG.
6 4 T e i l 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG sungsgerichts folgt 2 3 8 , ist zumindest die Erhebung von Daten mit Personenbezug nicht schon im Rahmen allgemeiner polizeilicher Aufgabenerfüllung, sondern erst dann zulässig, wenn sie der Verfolgung bestimmter, „gefahrenspezifischer Zwecke" dient. 2 3 9
3. Entstehungsgeschichtliche Hinweise Aus den Gesetzgebungsmaterialien lassen sich für das Verständnis des Begriffs der bestimmten polizeilichen Aufgabe nur bedingt Rückschlüsse ziehen. Anknüpfen läßt sich in diesem Zusammenhang jedoch an eine Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktion der F.D.P. 2 4 0 , der als Tatbestandsmerkmal der polizeilichen Befragung in § 8a noch eine „bestimmte polizeiliche Angelegenheit" vorsah. 241 In der Begründung hierzu heißt es: „Die Formulierung des Absatzes 1 Satz 1 stellt klar, daß die sachverhaltsbezogene, gezielte Befragung einen bestimmten polizeilichen Anlaß voraussetzt und die Auskunft zur Aufklärung des Sachverhalts in einer bestimmten polizeilichen Angelegenheit erforderlich ist. Die Befragung darf nicht einer allgemeinen Ausforschung dienen." 242 Obschon der hier verwandte Begriff der „Angelegenheit" im Laufe des Verfahrens durch den Begriff der Aufgabe ersetzt worden ist, kann hiernach doch zumindest soviel festgehalten werden, daß mit dem in Rede stehenden Begriff gewährleistet werden sollte, daß unabdingbare Voraussetzung für ein Tätigwerden der Polizei das Vorliegen einer aktuellen Gefährdungslage ist, so daß zumindest eine Befragung des Bürgers „ins Blaue hinein" ausscheidet.243
238
BVerfGE 65, 1 (46).
239
Vgl. auch H. Bäumler, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. J Rdnrn. 35,718 f.
240
LT-Drucks. NW 10/3421.
241
Zur Relevanz des Entwurfs für die gegenwärtige Fassung des § 9 nw.PolG oben Teil 4 A I. 242 243
LT-Drucks. NW 10/3421, S. 28; Aussch.-Prot. NW 10/1433, S. 2.
So auch Schollerl Schioer y Grundzüge des POR, S. 101; F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 163; SchröerIVahle, DuD 1990, 235 (237); Würtenbergerl H eckmann/ Rig gert, PolR Bd.Wtt., Rdnr. 380; K. Würz, Polizeiaufgaben und Datenschutz Bd.Wtt., Rdnr. 133.
Β. Tatbestand (§ 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG)
65
4. Teleologische Betrachtung Versucht man nunmehr Sinn und Zweck der Formulierung „bestimmte polizeiliche Aufgabe" zu ergründen, so ist hierzu in Anrechnung zu bringen, daß ein polizeiliches Befragungsrecht seinerzeit nur aus der Generalklausel abgeleitet werden konnte und damit grundsätzlich erst bei Vorliegen einer konkreten Gefahr in Betracht kam. 2 4 4 Demnach soll die Verwendung des Begriffs „bestimmte polizeiliche Aufgabe" den Tatbestand der Befragung von dem Erfordernis einer konkreten Gefahr im Sinne der Generalklausel des § 8 Abs. 1 nw.PolG ablösen 245 und statt dessen allein an das Vorhandensein einer bestimmten polizeilichen Aufgabe nach § 1 nw.PolG binden. 246 Da der in § 1 Abs. 1 S. 1 nw.PolG skizzierte Aufgabenbereich der Polizei zudem durch § 1 Abs. 1 S. 2 nw.PolG um die zukunftsgerichteten Aspekte der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten sowie die sog. Gefahrenvorsorge ergänzt worden ist 2 4 7 , geht mit der Einführung der Wendung „bestimmte polizeiliche Aufgabe" daher eine deutliche Ausweitung des Befragungstatbestandes einher.
5. Schlußfolgerung Damit stellt der in § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG installierte Begriff der „bestimmten polizeilichen Aufgabe" zwar eine geringere Eingriffsschwelle für die Durchführung polizeilicher Befragungen auf als dies nach bisheriger Rechtslage der Fall war. Hinsichtlich der tatbestandsbegrenzenden Funktion dieser Formulierung kann aber zumindest festgehalten werden, daß sich bereits zum Zeitpunkt der Befragung eine einzelne Aufgabe aus dem Katalog des § 1 244
Siehe Drews/Wacke/Vogel/Martens,
Gefahrenabwehr, S. 192 f.; eingehend oben
Teil 2 B. 245 Kritisch insoweit H. Listen, NWVB1. 1990, 325 (327); ders., KritJ 1992, 472 (476 f.); Prümm/Thieß, LKV 1992, 321 (322). 246
Vgl. auch Ziffer 9.0 S. 1 nw.VVPolG v. 19.4.1991 (MB1. S. 698), zul. geänd. d. RdErl. v. 8.2.1995 (MB1. S. 367): „§ 9 gilt für die Erhebung von Daten durch die Polizei für die in § 1 genannten Aufgaben ...". 247
Dazu U. Behrendes, Die Polizei 1988, 220 (222 ff.); A. Schoreit, KritV 1989, 201 (206); H. Hund, ZRP 1991, 463 (465 f.); E. Denninger, CR 1988, 51 (52 ff.); Deutscher Richterbund, DRiZ 1986, 234; H. Wagner, Kommentar zum PolG NW, vor § 8 Rdnm. 114 f.; A. Kowalczyk, Datenschutz im PolR, S. 97 ff.; H. Bäumler, NVwZ 1992, 638 (639 f.); R. Gössner, BÜRP, Heft 2/1993, 64 (66); O. Müller, StV 1995, 602 (603 ff.); M. Walker, Abstrakte und konkrete Gefahr, S. 151 ff. 5 R. G. Müller
66
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
nw.PolG hinreichend konkretisiert haben muß und eine Befragung „ins Blaue hinein" bzw. zu Zwecken allgemeiner Ausforschung, ohne „gefahrenspezifischen Zusammenhang" von vornherein unzulässig ist.
III. Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen Gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG müssen „Tatsachen die Annahme rechtfertigen", daß eine Person sachdienliche Angaben machen kann, die zur Erfüllung einer polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. Hat sich folglich eine einzelne Aufgabe hinreichend konkretisiert, kommt es im folgenden entscheidend auf die Prognose des handelnden Amtswalters an, ob die betreffende Person diesbezüglich geeignete Angaben machen kann. Von welcher Qualität und Aussagekraft die Umstände sein müssen, die eine derartige Prognose rechtfertigen können, wird von der Norm - zumindest dem Wortlaut nach - nicht näher bestimmt. Aus der Zielrichtung der Befragung kann jedoch geschlossen werden, daß die zu befragende Person in enger sachlicher oder örtlicher Verbindung zu der anvisierten Gefahrenlage bzw. Aufgabe stehen muß. 2 4 8 Zudem ist zu berücksichtigen, daß die Prognoseentscheidung des handelnden Amtsträgers ausschließlich auf Tatsachen gestützt werden darf. Die in Rede stehende Annahme muß folglich - wie etwa auch die im Rahmen des § 35 Abs. 1 GewO 2 4 9 zu treffende Prognose hinsichtlich der Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden 250 - auf rein sachlichen Umständen beruhen, die nachprüfbar, also dem Beweis zugänglich sind. 251 Ausgeschlossen sind hiernach schlichte Verdachtsmomente und Vermutungen sowie willkürliche Einschätzungen. 252 Wenn vereinzelt geäußert wird, daß die Formulierung „wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen" die subjektive Komponente des Befragungstatbestan-
248
H Lisken, DRiZ 1992, 250 (253 f.); ders., ZRP 1990, 15 (18).
249
GewO i.d.F. d. Bek. v. 1.1.1987 (BGBl. I S. 425), zul. geänd. d. Ges. v. 20.12.1996 (BGBl. I S. 2154). 250
Vgl. Sieg/Leifermann/Tettinger, GewO, § 35 Rdnr. 12; K.-M. Heß, in: K.H. Friauf, GewO, § 35 Rdnr. 53; P. Mareks, in: Landmann/Rohmer, GewO, Bd. I, § 35 Rdnr. 32. 251 252
Siehe Schollerl Schioer, Grundzüge des POR, S. 101.
Vgl. auch VerfGH Sachs., LKV 1996, 273 (284); H. Tegtmeyer, PolG NW, § 9 Rdnr. 15.
. ates
(§ 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG)
67
des in § 9 Abs. 1 nw.PolG so stark in den Vordergrund rücke, daß die Einschätzung des handelnden Amtsträgers nahezu unkontrollierbar werde 2 5 3 , so ist zwar einzuräumen, daß das in Rede stehende Tatbestandsmerkmal hinsichtlich seiner Ausfüllung durch polizeiliches bzw. kriminalistisches Erfahrungswissen gewiß eine tatsächlich nur schwer zu überprüfende Einzelentscheidung mit sich bringen wird. 2 5 4 Ein der gerichtlichen Kontrolle entzogener Beurteilungsspielraum steht der Polizei vor diesem Hintergrund aber nicht zu. 2 5 5 So vertritt etwa auch das Bundesverwaltungsgericht zur Nachprüfbarkeit des Begriffs „tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht" in § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses 256 den Standpunkt: „Es handelt sich bei dieser gesetzlichen Voraussetzung für den Eingriff ebenso wie bei einer Polizeigefahr um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der für einen Beurteilungsspielraum der anordnenden Behörde keinen Raum läßt, sondern in vollem Umfang verwaltungsgerichtlicher Nachprüfung unterliegt." 2 5 7
IV. Sachdienliche Angaben Die angestellte Prognose muß darauf gerichtet sein, daß die auserkorene Person zur Erfüllung der konkretisierten polizeilichen Aufgabe „sachdienliche Angaben" machen kann. Klarzustellen ist zunächst, daß mit dieser Wendung nicht etwa auf eine bereits bestehende Verpflichtung der Person, sachdienliche Angaben zu machen, abgehoben wird. Der Fragenkreis etwaiger Auskunftsverpflichtungen ist vielmehr allein in § 9 Abs. 2 nw.PolG geregelt, so daß die im Rahmen des § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG erforderliche Einschätzung des handelnden Amtswalters die potentielle Sachdienlichkeit der Angaben mitumfassen muß.
253
Siehe J. B enfer, Grundrechtseingriffe, Kap. 2 Rdnrn. 17 f.
254
Vgl. insoweit auch F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnrn. 101,82. 255
Vgl. P.J. Tettinger, DVB1. 1982, 421 (426); dens., Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 429 ff., 436 f. 256
Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz (G 10) v. 13.8.1968 (BGBl. I S. 949), zul. geänd. d. Ges. v. 28.4.1995 (BGBl. I S. 582). 257
BVerwGE 87, 23 (26).
68
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
Der aus dem allgemeinen Datenschutzrecht entlehnte Begriff der Angaben erfaßt jegliche Art von Informationen 258 , so daß als Angaben im Sinne des § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG sowohl personenbezogene Angaben über den Betroffenen selbst oder über einen Dritten, als auch sachbezogene Angaben in Betracht kommen. 259 Zwar wechselt die für die Bezeichnung dieser Informationen verwandte Terminologie innerhalb des Befragungstatbestandes, da in § 9 Abs. 3 S. 2 nw.PolG statt des Begriffs der „sachdienlichen Angaben" synonym nunmehr der Begriff der „Daten" verwandt wird. Da § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG allerdings die Grundsituation der polizeilichen Befragung regeln soll, ist aus systematischen Gründen im weiteren auf die Terminologie „sachdienliche Angaben" abzustellen. Die Sachdienlichkeit der betreffenden Angaben ist ausschließlich nach deren zumindest mittelbarer Eignung 2 6 0 für die Erfüllung der „bestimmten polizeilichen Aufgabe" zu bemessen.261 Die hierin zum Ausdruck kommende direkte Abhängigkeit der beiden Begriffe veranschaulicht, daß das Kriterium der Sachdienlichkeit der Angaben im Hinblick auf die zentrale Bedeutung des Begriffs der bestimmten polizeilichen Aufgabe in erster Linie deklaratorischen Charakter hat. 2 6 2 Es läßt sich jedoch die Feststellung treffen, daß zulässigerweise nur eine Befragung solcher Personen in Betracht kommen wird, die - zumindest nach der persönlichen Einschätzung des Amtsträgers - in einer hinreichend sachlichen Nähebeziehung zu der konkreten Polizeiaufgabe stehen 263 , so daß von ihnen die Preisgabe geeigneter Informationen erwartet werden kann.
258
Vgl. U. Dammann, in: S. Simitis u.a., Bundesdatenschutzgesetz, § 3 Rdnrn. 5 ff.
259
Vgl. auch LT-Drucks. NW 10/3997, S. 33.
260
Die durch eine Befragung erhobenen Daten sind freilich nicht unmittelbar zur Beseitigung einer Gefahrenlage geeignet, sondern dienen vielmehr erst der Vorbereitung bzw. Durchführung entsprechender Maßnahmen. 261
So auch Würtenberger/Heclcmann/Riggert, PolR Bd.Wtt., Rdnr. 380; D. Heckmann, VB1BW 1992, 164 (166 f., 170); unverständlich insoweit Scholler/Schioer, Grundzüge des POR, S. 101 f., die hinsichtlich der Sachdienlichkeit der Angaben auf die Erreichbarkeit der befragten Person abstellen. 262
Vgl. J. B enfer, Grundrechtseingriffe, Kap. 2 Rdnr. 1 la.
263
Vgl. F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 162.
. ates
(§ 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG)
69
V. Erforderlichkeit Die als sachdienlich erachteten Angaben müssen nach § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG schließlich für die Erfüllung der bestimmten polizeilichen Aufgabe „erforderlich" sein. Nachdem also vorerst mit dem Kriterium der Sachdienlichkeit verdeutlicht worden ist, daß die betreffenden Angaben für die Erfüllung der Aufgabe geeignet sein müssen, wird nunmehr zusätzlich auf die Erforderlichkeit der Angaben abgestellt. Die Verankerung des Erforderlichkeitskriteriums 264 im Tatbestand des § 9 nw.PolG ist vor dem Hintergrund zu sehen, daß das Übermaßverbot als Element des Rechtsstaatsprinzips 265 jegliches Polizeihandeln mitbestimmt und beschränkt. 266 Gerade mit Blick auf die Appellfunktion des § 2 nw.PolG ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit demnach auch bei der polizeilichen Befragung ohne Zweifel immer strikt zu beachten. Da der Begriff der Erforderlichkeit in § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG somit lediglich ein Element des Übermaßverbotes wiederholt 2 6 7 , ist ihm in erster Linie Signalwirkung beizumessen.268 Eine Erfragung von Angaben, die für die Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe definitiv nicht erforderlich ist 2 6 9 und beispielsweise allein der Verwaltungsvereinfachung dient, verstößt hiernach gegen das Übermaßverbot und ist damit grundsätzlich unzulässig.
264
Eingehend zum Begriff der Erforderlichkeit im datenschutzrechtlichen Sinne H.-U. Gallwas, Zum Prinzip der Erforderlichkeit im Datenschutzrecht, in: FS A. Kaufmann, S. 819 ff. (821 f.). 265
BVerfGE 48, 210 (226 f.); 49,168 (184); 69, 161 (169).
266
Hierzu PJ. Tettinger, Bes. VerwR/1, Rdnrn. 244 ff.
267
Kritisch insoweit M. Kutscha, NJ 1994, 545 (548), der vertritt, daß mit der Verwendung des Tatbestandsmerkmals der Erforderlichkeit „eine präzise bereichsspezifische Regelung nur vorgetäuscht wird." 268
In diesem Sinne auch F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 87. 269 Vgl. in diesem Zusammenhang jedoch die lapidare Formulierung in Ziffer 9.11 S. 3 nw.VVPolG: „Eine Befragung ist für die Erfüllung der Aufgabe erforderlich, wenn ohne Kenntnis der zu erhebenden Daten die Aufgabe nicht oder zumindest nicht mehr zeit- oder sachgerecht wahrgenommen werden kann."
70
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
VI. Einschränkungen durch begrenzte Auskunftspflichten in § 9 Abs. 2 nw.PolG? Wenngleich der Befragungstatbestand auch nur vereinzelt als voraussetzungslos bezeichnet 270 oder mit ähnlichen Prädikaten bedacht w i r d 2 7 1 , so besteht doch insofern Einigkeit, als daß er zumindest recht offen formuliert ist. 2 7 2 Im Anschluß hieran wird nunmehr vereinzelt in Anrechnung gebracht, daß der Weite des Tatbestandes in § 9 Abs. 1 nw.PolG - gewissermaßen als tatbestandseinschränkendes Korrektiv - schließlich aber nur die begrenzten Auskunftspflichten des § 9 Abs. 2 nw.PolG gegenüberstehen. 273 Ein solcher, um zusätzliche Eingrenzung des Befragungstatbestandes bemühter Ansatz läßt sich jedoch unter systematischen Gesichtspunkten nur schwer aufrechterhalten: Zum einen bestimmt die Regelung des § 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG, daß die „Befragung [bereits] nach Abs. 1 zulässig" sein muß, so daß die Tatbestandsvoraussetzungen der Befragung insoweit ausschließlich § 9 Abs. 1 nw.PolG entnommen werden können. Darüber hinaus differenziert § 9 nw.PolG nicht nur hinsichtlich seiner gesetzlichen Überschrift, sondern auch thematisch zwischen einem polizeilichen Befragungsrecht einerseits (Abs. 1) und den Auskunftspflichten des Bürgers andererseits (Abs. 2) und stellt hierfür jeweils
270
H. Lisken, NWVB1. 1990, 325 (327); F. Rachor y in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 163; H. Wagner, DuR 17 (1989), S. 165 ff. (171) mit Blick auf § 8b des Gesetzentwurfs der Landesregierung (LT-Drucks. NW 10/3997, S. 4). 271
Möller/Wilhelm, Allg. POR, S. 152: „gesetzestechnisch mißglückt, unübersichtlich"; H. Tegtmeyer, PolG NW, § 9 Rdnr. 1: „generalklauselartig"; H. Wagner, DuR 17 (1989), S. 165 ff. (168): „scheintatbestandlich"; Ch. Gusy, NVwZ 1991, 614 (616, 617); ders., PolR, Rdnr. 192: „unbestimmt, mißverständlich"; K. Habermehl, JA 1990, 331 (333): „systematisch wenig geglückt, sehr vage"; J. Vahle, DNP 1991, 3: „wortreiche Regelung"; J. Benfer, Grundrechtseingriffe, Kap. 2 Rdnrn. 11, 12: „äußerst problematisch, unverständlich"; U. Chemnitz, PolR NW, S. 76: „verfassungsrechtlich bedenklich"; G. Haurand, Allg. POR NW, S. 99: „unverständlich". 272
Siehe F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 163; Schollerl Schioer, Grundzüge des POR, S. 102; H. Tegtmeyer, PolG NW, § 9 Rdnr. 20; Schröer/Vahle, DuD 1990, 235 (237); mit Blick auf die hinsichtlich des Tatbestandes nahezu identische Regelung des § 20 Abs. 1 S. 1 bd.wtt.PolG auch Würtenberger/ Heckmann/Riggert, PolR Bd.Wtt., Rdnr. 380; K. Würz, Polizeiaufgaben und Datenschutz Bd.Wtt., Rdnr. 143; D. Heckmann, VB1BW 1992, 164 (170). 273
Vgl. H. Tegtmeyer, PolG NW, § 9 Rdnr. 20; RiottelTegtmeyer, 145 (147); Moller/Wilhelm , Allg. POR, S. 153.
NWVB1. 1990,
. ates
(§ 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG)
71
unterschiedliche Voraussetzungen auf, womit Eingrenzungen des Befragungstatbestandes in § 9 Abs. 1 nw.PolG durch einen Rückgriff auf die in § 9 Abs. 2 nw.PolG geregelten Auskunftspflichten auch unter diesem Blickwinkel nicht in Betracht kommen. Zum anderen sind in diesem Kontext aber auch die Vorgaben des § 9 Abs. 3 nw.PolG zu berücksichtigen. Zwar ist die Befragung nach § 9 Abs. 3 S. 1 nw.PolG grundsätzlich an den Betroffenen zu richten, doch sieht § 9 Abs. 3 S. 2 nw.PolG auch die Möglichkeit einer hilfsweisen Datenerhebung bei Dritten vor, soweit eine Befragung des Betroffenen nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist. Diese Datenerhebung, die ohne Kenntnis des Betroffenen erfolgt, ist aber allein von der Voraussetzung abhängig, daß dies „zur Aufgabenwahrnehmung gemäß Absatz 1 erforderlich ist". Da § 9 Abs. 3 S. 2 bei der Drittbefragung folglich nicht auf das Bestehen von Auskunftspflichten abstellt 2 7 4 , läuft der Ansatz einer Beschränkung des Befragungsrechts durch nur begrenzte Auskunftspflichten insofern leer.
VII. Zusammenfassung Auf Grund der Analyse des Tatbestandes ist demnach zunächst festzuhalten, daß dieser allein an Hand der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG zu konkretisieren ist. Hierbei kommt dem Begriff der bestimmten polizeilichen Aufgabe eine zentrale Bedeutung zu. Ihm ist zu entnehmen, daß eine einzelne Aufgabe aus dem Gesamtkatalog des § 1 nw.PolG schon vor der Befragung hinreichend präzisisiert sein muß und eine polizeiliche Befragung „ins Blaue hinein", also ohne einen „gefahrenspezifischen Zusammenhang" prinzipiell unzulässig ist. Aus den weiteren Tatbestandsmerkmalen ist zu schließen, daß die zu befragende Person in enger sachlicher und örtlicher Beziehung zu der polizeilichen Aufgabe stehen muß und sich die betreffende Prognose des handelnden Amtsträgers nicht auf Vermutungen, sondern ausschließlich auf Tatsachen gründen darf. Die Durchführung einer Befragung durch die Polizei muß schließlich stets erforderlich sein, darf also nicht einer Datenerhebung zur Verwaltungsvereinfachung oder „auf Vorrat" dienen.
274
Siehe hierzu unten Teil 4 Κ II 2.
7 2 T e i l 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
C. Adressatenkreis (§ 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG) Wendet man sich nun der Untersuchung der für den Befragungstatbestand vorgesehenen Adressatenbestimmung zu, rückt zunächst die Normaussage des § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG in den Vordergrund, wonach die Polizei jede Person befragen kann, soweit diese zur Aufgabenerfüllung geeignete und erforderliche Angaben machen kann. Hierbei stellt die Verwendung des Begriffs „jede Person" eine deutliche Abkehr von der herkömmlicherweise für die Personenbeschreibung verwandten Terminologie dar, denn innerhalb des Polizeigesetzes findet sonst ausnahmslos der Begriff „eine Person" Verwendung (vgl. nur §§ 10 Abs. 1, 12 Abs. 1, 34 ff. nw.PolG). Kann die Polizei aber nunmehr jede Person befragen, erscheint der Adressatenbereich des § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG bei einer ersten Betrachtung recht offen formuliert.
I. Eingrenzungen durch § 9 Abs. 3 nw.PolG? Neben der Regelung des § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG bestimmt § 9 Abs. 3 S. 1 nw.PolG allerdings ergänzend, daß sich die Befragung an den „Betroffenen" richtet. Auf den ersten Blick ließe sich dieser Vorschrift ebenfalls die Funktion einer Adressatenbestimmung beimessen, so daß § 9 Abs. 3 S. 1 nw.PolG den weit gefaßten Adressatenkreis des Abs. 1 S. 1 unter Umständen näher eingrenzen würde. Im Vorfeld ist damit aber zunächst die Frage zu beantworten, wen das Gesetz in diesem Kontext überhaupt als Betroffenen ansieht. Eine erste Orientierung könnte sich diesbezüglich aus § 3 Abs. 1 nw.DSG 2 7 5 ergeben, der personenbezogene Daten als „Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person" definiert und in einem Klammerzusatz den Begriff des Betroffenen anführt. Wenngleich damit zwar keine Definition des „Betroffenen" vorgegeben wird, ließe sich für die vorstehende Frage aber hieraus doch zumindest ableiten, daß derjenige Betroffener im Sinne von § 9 Abs. 3 S. 1 nw.PolG ist, dessen personenbezogene Daten erfragt werden sollen. Andererseits ließe sich aber auch erwägen, daß mit § 9 Abs. 3 S. 1 nw.PolG der Begriff des Betroffenen lediglich zur Vereinfachung der Terminologie innerhalb der Norm eingeführt und damit derjenige bezeichnet werden sollte, der von der Polizei befragt wird. Ob dies dann auch zugleich derjenige ist, 275
Nw.DSG i.d.F. v. 15.3.1988 (GVB1. S. 160), zul. geänd. d. Ges. v. 23.11.1994 (GVB1. S. 1064).
C. Adressatenkreis (§ 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG)
73
dessen personenbezogene Daten erfragt werden sollen oder aber ein Dritter, wäre hiernach ohne Belang. Gegen die letztere Annahme spricht, daß der Begriff „Befragter" ebenso gebräuchlich, aber wesentlich aussagekräftiger wäre und hierbei zudem ein für eine Begriffsbestimmung sehr ungewöhnlicher Satzbau gewählt worden wäre. Denn Legaldefinitionen sind in der Regel entgegengesetzt konstruiert; sie beginnen mit dem Begriff, der erläutert werden soll, nicht mit der Erläuterung selbst. 276 Darüber hinaus sprechen aber auch Gründe des Normzwecks dagegen, den Befragten mit dem Betroffenen gleichzusetzen. Die Regelung des § 9 nw.PolG soll mit Blick auf deren Abs. 5, der die Zweckbindung der Datenerhebung und den Schutz besonders sensibler Daten gewährleistet, nämlich gerade dem Schutz desjenigen dienen, dessen Daten erhoben werden. 277 Im Hinblick auf eine Befragung Dritter muß dieser aber mit dem Befragten nicht unbedingt personengleich sein. Würde man als Betroffenen folglich nur den Befragten ansehen, wäre derjenige, um dessen Daten es geht, in der Norm überhaupt nicht erwähnt. Der für ihn dann noch verbleibende Schutz wäre derart unzulänglich, daß dies der gesetzgeberischen Intention zuwiderliefe. Da es sich bei § 9 nw.PolG - ausweislich seiner Stellung im Gesetzesabschnitt „Datenverarbeitung" - zudem um eine datenschutzrechtliche Vorschrift handelt 2 7 8 , sprechen schließlich auch systematische Gründe dafür, den Begriff des Betroffenen in Anlehnung an § 3 Abs. 1 nw.DSG zu verstehen. 279 Betroffener im Sinne des § 9 Abs. 3 S. 1 nw.PolG ist also der, um dessen Daten es geht. 2 8 0 Angemerkt sei allerdings, daß hiermit gesetzestechnisch einem unbestimmten Rechtsbegriff innerhalb desselben Sachkomplexes zwei unterschiedliche Bedeutungen beigemessen werden. Denn auch innerhalb der Regelungen der Vorladung in § 10 nw.PolG, die die Befragung gemäß § 9 nw.PolG flankieren 2 8 1 , wird der Begriff des „Betroffenen" verwandt (vgl. § 10 Abs. 2, 3 S. 1 nw.PolG). Da jedoch auch Zeugen und Sachverständige - also Dritte - vorge-
276 yg| Rödig!Baden!Kindermann, Logische Kriterien für die korrekte Verwendung von Legaldefinitionen, in: J. Rödig, Schriften zur juristischen Logik, S. 307 ff. (307 f., 315); E. Bund, Heutige Anforderungen an Legaldefinitionen, in: Schäffer/ Triffterer, Rationalisierung der Gesetzgebung, S. 57 ff. (59 f.). 277
Vgl. hierzu KaylBöcking, PolR NW, Rdnr. 113.
278
Dazu LT-Drucks. NW 10/3997, S. 29 f.
279
Siehe auch H. Tegtmeyer, PolG NW, § 9 Rdnr. 26; Ziffer 9.0 S. 4 nw.VVPolG.
280
Vgl. H. Bäumler, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. J Rdnr. 714 Fußn. 762; LT-Drucks. NW 10/3997, S. 30, 33. 281
Vgl. F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 160.
74
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
laden werden können (vgl. § 10 Abs. 5 nw.PolG), ist hier als „Betroffener" aber nicht derjenige anzusehen, um dessen Daten es geht, sondern schlicht derjenige, der von der Polizei vorgeladen wurde. Dies zeigt, daß die Regelungen der Vorladung in § 10 nw.PolG noch der Synchronisation mit den Regelungen der Befragung in § 9 nw.PolG bedürfen. Zu klären bleibt nunmehr, ob mit der Maßgabe, daß sich die Befragung gemäß § 9 Abs. 3 S. 1 nw.PolG an den Betroffenen richtet, eine die Regelung des § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG ergänzende Adressatenbestimmung verbunden ist. In diesem Zusammenhang ist das Augenmerk sodann auf § 9 Abs. 3 S. 2 nw.PolG zu richten, der das polizeiliche Vorgehen für die Fälle regelt, in denen die Befragung des Betroffenen nicht möglich ist oder sonst unangebracht erscheint. § 9 Abs. 3 S. 2 nw.PolG, der hierfür den Terminus der Datenerhebung ohne Kenntnis des Betroffenen einführt, setzt ungeschrieben voraus, daß neben der Befragung des Betroffenen bei sonst gleicher Ausgangslage weitere Möglichkeiten der Informationsgewinnung bestehen.282 Damit kann § 9 Abs. 3 S. 1 nw.PolG aber wiederum nur als Regel zur Ausnahme des § 9 Abs. 3 S. 2 nw.PolG verstanden werden. Die Datengewinnung ist hiernach also grundsätzlich durch eine offene Befragung des Betroffenen zu betreiben 283 ; nur ausnahmsweise soll sie auf andere Weise - insbesondere durch eine Erhebung bei Dritten, die sich notwendigerweise der Kenntnis des Betroffenen entzieht erfolgen. 284 Mit diesem Ergebnis wird zugleich offenkundig, daß die Gesamtregelung des § 9 Abs. 3 nw.PolG zwar auch dem Befragungsvorgang gewidmet ist, sich jedoch in erster Linie als allgemeine Regel der Datenerhebung darstellt. Damit muß schließlich festgestellt werden, daß sich weder aus § 9 Abs. 3 S. 1 nw.PolG noch aus § 9 Abs. 3 S. 2 nw.PolG nähere Eingrenzungen des in § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG angesprochenen Adressatenkreises ergeben.
II. Jede Person als Adressat Verbleibt demnach zur Bestimmung des Adressatenkreises ausschließlich die Regelung des § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG, so ist die Aufmerksamkeit im fol-
282
Ausführlich hierzu unten Teil 4 Κ II 1.
283
Vgl. LT-Drucks. NW 10/3997, S. 32.
284
So auch H. Bäumler, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. J Rdnr. 714; Kay/ Böcking, PolR NW, Rdnr. 110.
C. Adressatenkreis (§ 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG)
75
genden allein dessen knapper Aussage zu widmen, daß die Polizei „jede Person" befragen darf.
1. Der Gesetzeswortlaut Ausgehend vom Wortlaut ist vorerst festzuhalten, daß mit der Wendung „jede Person" eine sehr weite Formulierung für die Bezeichnung des Adressaten gewählt worden ist. Der Begriff jede Person ist unabhängig von den Kategorien des „Störers" und „Notstandspflichtigen" oder von einem etwaigen Zeugen- oder Sachverständigenstatus der betreffenden Person. Neben den zuvor genannten Personengruppen erfaßt er demnach auch alle unbeteiligten, beliebigen Dritten. Der Begriff jede Person bezeichnet als Adressaten der Maßnahme letztlich also schlicht jedermann.
2. Systematische Erwägungen Nach dieser Ausgangslage kann von der Polizei nun jedermann befragt und zu diesem Zwecke gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 nw.PolG auch angehalten werden. Bereits hierdurch entsteht für den Befragten die Verpflichtung, die in § 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG aufgeführten Personalien anzugeben.285 Dieselbe Person ist zu sachlichen Auskünften allerdings nur dann verpflichtet, soweit für sie gesetzliche Handlungspflichten bestehen (vgl. § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG). 286 Daher kommt als Adressat einer polizeilichen Befragung zwar grundsätzlich jedermann in Betracht, doch ist allein derjenige zu sachdienlichen Auskünften verpflichtet, der sich einer speziellen Verpflichtung hierzu gegenübersieht. Folglich ist der Kreis der Personen, deren Befragung nach § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG zulässig ist, deutlich weiter gefaßt als der Kreis derjenigen, die gegenüber der Polizei zur Auskunftserteilung verpflichtet sind. Rückschlüsse für eine Eingrenzung des hiernach in Betracht kommenden Personenkreises könnten sich indes aus der herkömmlichen Systematik zur Bestimmung polizeipflichtiger Personen ergeben:
285
Siehe dazu unten Teil 4 EI.
286
Eingehend hierzu unten Teil 4 E II 1.
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
76
Grundsätzlich wird die Festlegung des richtigen Adressaten oder Polizeipflichtigen an den Kategorien des Verhaltensstörers, des Zustandsstörers sowie des Notstandspflichtigen ausgerichtet (vgl. §§ 4 bis 6 nw.PolG). Betrachtet man im vorliegenden Zusammenhang die Regelung zur Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen in § 6 nw.PolG, so ist zunächst festzuhalten, daß die Polizei grundsätzlich nur unter sehr eingeschränkten, kumulativ zu erfüllenden Bedingungen Maßnahmen gegen andere Personen als die nach §§ 4 oder 5 Verantwortlichen richten kann. So ist, um eine Person in Abkehr von dem Prinzip der Verantwortlichkeit in Anspruch nehmen zu können, insbesondere das Vorhandensein einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr erforderlich (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 nw.PolG). Da sich die Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen nach der Gesetzessystematik folglich als „ultima ratio" jeglichen Eingreifens darstellt 287 , liegt der Schluß nahe, daß die restriktiven Maßgaben des § 6 nw.PolG auch im Rahmen der Adressatenbestimmung gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG zugrundezulegen sind. Freilich kann mit Blick auf § 6 Abs. 3 nw.PolG auch durch andere, speziellere Vorschriften bestimmt werden, gegen wen eine Maßnahme zu richten ist. Würde man die Regelung des § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG allerdings als eine die Maßgaben des § 6 nw.PolG verdrängende, speziellere Adressatenregelung werten, so ginge diese als Spezialregelung aber weit über die Voraussetzungen der allgemeinen Regelung in § 6 nw.PolG hinaus. Weitere als die aus § 6 nw.PolG folgenden Eingrenzungen des in § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG vorgesehenen Adressatenkreises ergeben sich in systematischer Hinsicht jedoch nicht. Zwar ist eine Person nach § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG zu weiteren Auskünften nur verpflichtet, „soweit gesetzliche Handlungspflichten" bestehen. Doch bestimmt § 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG, daß die „Befragung nach Abs. 1 zulässig" sein muß, womit die Voraussetzungen einer polizeilichen Befragung von Personen allein der Regelung des § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG entnommen werden können. 288
3. Entstehungsgeschichtliche Anhaltspunkte Wendet man sich der durch den Begriff „jede Person" vorgenommenen Adressatenbestimmung unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des 287
So deutlich J. Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 46; E. Schwan, DVR 14 (1985), S. 255 ff. (287). 288
Vgl. oben Teil 4 Β VI.
C. Adressatenkreis (§ 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG)
77
Befragungstatbestandes zu, so ist vorerst in Erinnerung zu bringen, daß ein Befragungsrecht der Polizei seinerzeit ausschließlich gegenüber denjenigen Personen in Betracht kam, die ihrerseits als Störer oder Notstandspflichtige polizeirechtlich verantwortlich waren. 289 Diesen Grundvoraussetzungen entsprechend ist sodann auch die Begründung zu der in § 8a getroffenen Regelung des Entwurfs der F.D.P. 2 9 0 , wonach „eine" Person befragt werden konnte, formuliert worden 291 : „Das Auskunftsrecht der Polizei zur Abwehr einer Gefahr wird z.Z. aus der polizeilichen Generalklausel abgeleitet, wenn es notwendige Maßnahme zur Abwehr der Gefahr ist. Es trifft nur die sogenannten polizeipflichtigen Personen (§§ 4 bis 6 ) . " 2 9 2 Der Gesetzentwurf der Landesregierung 2 9 3 sah demgegenüber bereits eine Änderung dieses Adressatenbereichs vor, denn nach dessen § 8b konnte die Polizei nunmehr die in §§ 4 und 5 genannten und „andere" Personen befragen 294 , womit im Ergebnis die polizeiliche Befragung jeder beliebigen Person ermöglicht wurde. 295 In seiner Beschlußempfehlung 296 hat der Ausschuß für Innere Verwaltung die obige Formulierung schließlich ausdrücklich durch „jede Person" ersetzt 2 9 7 Aus der hiermit skizzierten Entwicklung ergibt sich, daß der Adressatenkreis der Befragung mit der jetzigen Formulierung des § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG bewußt über den Kreis der Personen hinaus gefaßt wurde, deren Befragung unter Zugrundelegung der alten Rechtslage zulässig war. 2 9 8
289
Eingehend hierzu oben Teil 2 B; deutlich auch Drews/Wacke/Vogell Martens, Gefahrenabwehr, S. 193 f. und E. Rasch, Allg. POR, in: C.H. Ule, Verwaltungsgesetze des Bundes und der Länder, Bd. ΙΠ, Erster Halbband, § 11 ME Rdnrn. 5 f. 290
LT-Drucks. NW 10/3421.
291
Zur Bedeutung des Entwurfs für die gegenwärtige Fassung des § 9 nw.PolG oben Teil 4 A I . 292
LT-Drucks. NW 10/3421, S. 28; siehe diesbezüglich auch die allgemeine Begründung aaO, S. 25: Die Auskunftspflicht gegenüber der Polizei „setzt eine konkrete Gefahr voraus und verpflichtet grundsätzlich nur die sogenannten Störer (§§ 4, 5)." 293
LT-Drucks. NW 10/3997.
294
LT-Drucks. NW 10/3997, S. 4.
295
Kritisch dazu H. Wagner, DuR 17 (1989), S. 165 ff. (171); H. Bäumler, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. J Rdnr. 665. 296
LT-Drucks. NW 10/5071.
297
LT-Drucks. NW 10/5071, S. 13.
298
Ebenso H. Lisken, NWVB1. 1990, 325 (327).
7 8 T e i l 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
4. Teleologische Überlegungen Der mit der Ausweitung des Adressatenbereichs verfolgte Normzweck liegt auf der Hand. Durch die Verwendung des Begriffs jede Person in § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG soll der Kreis derjenigen, an die eine polizeiliche Beitagung gerichtet werden kann, von den Maßstäben der Störereigenschaft und Notstandspflichtigkeit in §§ 4 ff. nw.PolG grundsätzlich abgekoppelt werden. 299 Auch ohne eine Verantwortlichkeit für die betreffende Gefahrenlage soll als Adressat einer polizeilichen Befragung damit nunmehr jedermann in Betracht kommen.
III. Fazit Gewiß sind Forderungen hinsichtlich einer grundsätzlichen Freiheit vor staatlichem Befragen 300 mit der Gemeinschaftsgebundenheit des Individuums 3 0 1 und der Effizienz des Rechtsgüterschutzes durch die Polizei 3 0 2 letztlich nur schwer zu vereinbaren. 303 Doch läßt sich eine Polizeipflichtigkeit gänzlich unbeteiligter Bürger aus systematischen Gründen generell nur dann rechtfertigen, wenn für diese - entsprechend den nach wie vor als „ultima ratio" geltenden Direktiven des polizeilichen Notstandes in § 6 nw.PolG - eine konkrete Beziehung zu der zu beseitigenden Gefahrensituation besteht. 304 Für den vorliegenden Kontext zwingt dieser Befund daher im Ergebnis zu einer restriktiven Handhabung der in § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG verwandten Adressatenbezeichnung. 305 Zulässigerweise kann mithin nur derjenige befragt werden, der in räumlicher und auch materieller Hinsicht in einem hinreichen299
Kritisch insoweit Schröer/Vahle,
DuD 1990, 235 (237).
300
Vgl. E. Schwan, VerwArch. 66 (1975), S. 120 ff. (130); B. Schlink., Der Staat 25 (1986), S. 233 ff. (248); A. Kowalczyk, Datenschutz im PolR, S. 109. 301
Vgl. BVerfGE 27,1 (7); 56, 37 (49); 65,1 (44); 80, 367 (373).
302
Dazu E. Denninger, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. E Rdnr. 107.
303
Siehe unten Teil 4 E II 2.
304
So auch Lisken! Denninger, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. D Rdnrn. 9 f.; H.W. Alberts , ZRP 1990, 147 (149); a.A. Bernerl Köhler, PAG, Art. 12 Rdnr. 4. 305 ygi Kniesel/Vahle, Polizeiliche Informationsverarbeitung, Rdnr. 48; Schröerl Vahle, DuD 1990, 235 (237); J. Vahle, DVP 1995, 50 (56); Scholler/Schioer, Grundzüge des POR, S. 102.
D. Rechtsfolge
79
den Näheverhältnis zu der polizeilichen Gefahrenlage steht. 306 Eine Heranziehung bzw. Befragung von Personen jenseits dieser Markierungen - im Sinne einer „Jedermann-Polizeipflicht" 307 - läßt sich mit den dem Polizeirecht seit jeher immanenten Prinzipien der Störer- und Notstandsverantwortlichkeit zur Eingrenzung des Adressatenbereichs nicht vereinbaren. 308
D. Rechtsfolge Nach der Konkretisierung von Tatbestand und Adressatenkreis der polizeilichen Befragung stellt sich die Frage nach den hieraus resultierenden Rechtsfolgen. Anzuknüpfen ist an zwei verschiedene Befugnisse, denn neben der Berechtigung, eine Befragung solcher Personen durchzuführen, die in einem wie oben beschriebenen Näheverhältnis zu der abzuwehrenden Gefahrenlage stehen, ist die Polizei unter denselben Bedingungen nunmehr gleichermaßen befugt, die betreffenden Personen auch anzuhalten (§ 9 Abs. 1 S. 2 nw.PolG).
I. Befragungsrecht (§ 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG) Bemüht man sich um eine nähere Konkretisierung des Befragungsrechts, so ist festzustellen, daß sich nach § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG zwar bestimmen läßt, wann eine Befragung grundsätzlich zulässig ist, daß die Regelung aber keinerlei Rückschlüsse darüber zuläßt, wonach die betreffende Person von der Polizei 306
Vgl. Lisken/Denninger, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. D Rdnrn. 9 f.; H. Lisken, DRiZ 1992, 250 (253 f.); dens., ZRP 1990, 15 (18 f.); dens., KritJ 1992, 472 (476); D. Heckmann, VB1BW 1992, 164 (171). 307 So ausdrücklich Kay/Böcking, PolR NW, Rdnr. 115; K. Würz, Polizeiaufgaben und Datenschutz Bd.Wtt., Rdnrn. 131, 143, 152; H.-E. Messner, BWVP 1992, 193 (196); vgl. auch R. Riegel, Datenschutz bei den Sicherheitsbehörden, S. 86 sowie dens., in: H. Tilch, Deutsches Rechts-Lexikon, Bd. Π, S. 1388: „Polizeiliche Befragung von Personen ist stets zulässig, wenn es zur polizeilichen Aufgabenerfüllung sachdienlich sein kann." 308 Vgl. H. Bäumler, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. J Rdnrn. 665 ff.; H. Lisken, ZRP 1990, 15 (18 f.); ders., DRiZ 1992, 250 (253 f.); H. V/agner, DuR 17 (1989), S. 165 ff. (169 ff.); M. Knape, DNP 1992, 425 (426); J. Vahle, DuD 1989, 173 (176); Κ Waechter, ZG 1995, 142 (163); E. Schwan, BÜRP, Heft 2/1994, 13 (17); Kniesel, NVwZ 1990,743 (744); I. Staff, ZRP 1992, 384 (385).
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
80
gefragt werden darf und welche Art von Daten hierbei schließlich erhoben werden dürfen. 309 Geht man von der Regelung des § 9 Abs. 3 nw.PolG aus, die den Begriff des Betroffenen aus § 3 Abs. 1 nw.DSG in das Polizeigesetz überführt 3 1 0 , so kämen als Gegenstand der Befragung ausschließlich personenbezogene Daten in Betracht. Andererseits ist aber sowohl in § 9 Abs. 3 nw.PolG als auch in Abs. 6 der Vorschrift schlicht von „Daten" die Rede. Lediglich § 9 Abs. 5 S. 1 nw.PolG spricht eingrenzend von „personenbezogenen Daten". Dies legt aber wiederum nahe, daß sich die Regelung des § 9 nw.PolG grundsätzlich auch auf sachbezogene Daten erstreckt. Hierfür läßt sich weiterhin anführen, daß die Inhalte der Befragung an der Richtschnur der Sachdienlichkeit der betreffenden Angaben für die polizeiliche Aufgabenerfüllung zu orientieren sind (vgl. § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG). Sachdienlich können in diesem Sinne aber nicht nur personenbezogene, sondern auch sachbezogene Angaben sein, womit feststeht, daß die Befragung letztlich auf beide Bereiche zu beziehen ist. 3 1 1 Soweit diesbezüglich vertreten wird, daß die Erhebung sachbezogener Daten ohne jede Befugnisnorm zulässig 312 bzw. im Rahmen der Aufgabenzuweisung generell zulässig s e i 3 1 3 , wird hierbei übergangen, daß der Maßstab für die Frage der Erforderlichkeit einer entsprechenden Befugnis nicht allein durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG bestimmt wird. Diese Gewährleistung kann durch Fragen nach sachbezogenen Auskünften freilich nicht beeinträchtigt werden. Als betroffenes Grundrecht bleibt aber die allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG, die bereits durch die Form der Datenerhebung - wie hier das Anhalten, Vorladen und Befragen einer Person - eingeschränkt werden kann und damit eine entsprechende Befugnisnorm erfordert. 314 Durch § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG wird der Polizei mithin grundsätzlich die Erfragung sämtlicher sach- und personenbezogenen Angaben gestattet, die für die Aufgabenerfül-
309
Vgl. H. Bäumler, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. J Rdnr. 665 Fußn. 689; R. Riegel Die Polizei 1991, 1 (3). 310
Zur Bestimmung des Begriffs des Betroffenen in § 9 Abs. 3 nw.PolG siehe oben Teil 4 C I . 311
Siehe LT-Drucks. NW 10/3997, S. 33.
312
M. Knape, DNP 1992, 425; H.-G. König, Polizei und Datenschutz in Bayern, S. 53; O.E. Bär, BayVBl. 1992, 618 (619). 313
K. Habermehl JA 1990, 331 (333); ders. y POR, Rdnr. 656; Moller/Wilhelm Allg. POR, S. 150. 314
Vgl. dazu oben Teil 3 Α.
,
D. Rechtsfolge
81
lung erforderlich sind, wobei die Regelung des § 9 Abs. 5 nw.PolG jedoch hinsichtlich besonders sensibler Daten entsprechende Einschränkungen vorsieht. 315
II. Anhalterecht (§ 9 Abs. 1 S. 2 nw.PolG) Das Befragungsrecht der Polizei wird durch die Befugnis flankiert, die betreffende Person für die Dauer der Befragung auch anzuhalten (§ 9 Abs. 1 S. 2 nw.PolG). Zwar ist diese Befugnis ausdrücklich ferner nur im Rahmen der Identitätsfeststellung nach § 12 Abs. 2 S. 2 nw.PolG sowie zur Durchführung eines Datenabgleichs nach § 25 Abs. 2 nw.PolG vorgesehen, doch beinhalten auch eine Reihe anderer Maßnahmen notwendigerweise die Befugnis, eine Person zum Verweilen an Ort und Stelle zu verpflichten. 316 So ist beispielsweise auch die Prüfung von Berechtigungsscheinen nach § 13 nw.PolG, die Vornahme erkennungsdienstlicher Maßnahmen nach § 14 nw.PolG sowie grundsätzlich auch die Inanspruchnahme Nichtverantwortlicher nach § 6 nw.PolG ohne die Berechtigung, die betreffende Person zu diesen Zwecken auch anzuhalten, nicht vorstellbar. Die ausdrückliche Erwähnung des Anhalterechts innerhalb der vorliegenden Regelung stellt damit in erster Linie klar, daß auch die Maßnahme der Befragung nur dann sinnvoll durchgeführt werden kann, wenn sie von der Befugnis begleitet wird, die Person auch zum Stehenbleiben und damit zum Anhören der Fragen zu verpflichten. 317 Die Durchsetzung des Anhalterechts stellt sich mit Blick auf die verfassungsrechtlichen Garantien der Art. 2 Abs. 2 S. 2 und 104 Abs. 1 S. 1 GG als Freiheitsbeschränkung und nicht als Freiheitsentziehung dar. 3 1 8 Denn letztere setzt die allseitige Beeinträchtigung der körperlichen Bewegungsfreiheit vor315
Hierzu unten Teil 4 J m .
316
Vgl. Berner/Köhler, 1995,166 (169 f.).
PAG, Art. 13 Rdnr. 11; A. Schmitt-Kammler,
NWVB1.
317
Vgl. auch F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 165; Würtenberger/Heckmann/Riggert, PolR Bd.Wtt., Rdnr. 383; D. Heckmann, VB1BW 1992,164(171). 318
Siehe LT-Drucks. NW 10/3997, S. 33; E. Schwan, AöR 102 (1977), S. 243 ff. (247); F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 276; Ch. Gusy, NJW 1992, 457 (458); H.-G. König, DNP 1992, 663; H.-E. Messner, BWVP 1992, 193 (196); a.A. Drews/Wacke/VogeliMartens, Gefahrenabwehr, S. 187 und E. Rasch, Allg. POR, in: C.H. Ule, Verwaltungsgesetze des Bundes und der Länder, Bd. ΙΠ, Erster Halbband, § 9 ME Rdnr. 4. 6 R. G. Müller
8 2 T e i l 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG aus 3 1 9 , was bei einem kurzzeitigen Anhalten anläßlich einer Befragung nicht der Fall sein kann. 3 2 0 Hinsichtlich einer solchen, lediglich partiellen Freiheitsbeschränkung ist allerdings zu beachten, daß das Anhalten der Person dem Zweck und der Dauer der Befragung entsprechend auf das unumgängliche Maß begrenzt bleiben muß 3 2 1 und ein Festhalten der Person grundsätzlich nicht zulässig ist. 3 2 2 Dies ergibt sich schon in systematischer Hinsicht daraus, daß der Übergang von dem Rechtsinstrument des Anhaltens zu dem des Festhaltens nur im Rahmen der engeren Voraussetzungen der Identitätsfeststellung vorgesehen ist ( § 1 2 Abs. 2 S. 2, 3 nw.PolG) und die zwangsweise Durchsetzung einer Vorladung nur dann in Betracht kommt, wenn die Angaben der zu befragenden Person zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich sind (vgl. § 10 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 nw.PolG). 323
E. Auskunftspflichten (§ 9 Abs. 2 nw.PolG) Nachdem dargelegt worden ist, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Rechtsfolgen das polizeiliche Befragungsrecht in Erscheinung treten kann, steht nunmehr die bereits seit jeher heftig umstrittene und auch aus gegenwärtiger Perspektive sicherlich brisanteste Frage auf dem Prüfstand, inwieweit der Adressat der Befragung rechtlich zur Auskunftserteilung verpflichtet ist. Ob und inwieweit sich Auskunftspflichten gegenüber der Polizei rechtfertigen lassen, ist nun allerdings nicht mehr an der bislang maßgeblichen Richtschnur der polizeilichen Generalklausel, sondern vielmehr an Hand der neu installierten Regelungen der Verpflichtung zur Auskunftserteilung zu erörtern. So sieht auch die jetzige Regelung des § 9 nw.PolG in Abs. 2 die ausdrückliche Festlegung der einzelnen Auskunftsverpflichtungen des Befragten vor. 319
Vgl. BVerwGE 62, 325 (327 f.); E. Grabitz, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. VI, § 130 Rdnr. 5. 320
Zur Abgrenzung von Freiheitsbeschränkung und -entziehung eingehend P. Hantel, JuS 1990, 865 (869 f.) sowie Ch. Gusy, NJW 1992, 457 (458, 460). 321
Vgl. BVerfG, NVwZ 1992, 767 (767 f.); Lisken/Denninger, in: Lisken/ Denninger, HdbPolR, Kap. D Rdnr. 13; H. Tegtmeyer, PolG NW, § 9 Rdnr. 19; K. Würz, Polizeiaufgaben und Datenschutz Bd.Wtt., Rdnr. 135. 322
Vgl. Berner/Köhler, PAG, Art. 12 Rdnr. 7; a.A. Honnackerl Beinhof er, PAG, Art. 12 Erl. 6 und Würtenberger/Heckmann/Riggert, PolR Bd.Wtt., Rdnrn. 383 f. 323
Zur Frage der Anwendbarkeit von Verwaltungszwang im Rahmen der Befragung unten Teil 4 JIV.
. Aukunspflichten (§ 9 Abs. nw.PolG)
83
Eine erste inhaltliche Weichenstellung erfolgt hierbei durch die Unterscheidung zwischen der Verpflichtung, Angaben zur Person zu machen (§ 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG) und der Verpflichtung, weitere Auskünfte zu erteilen (§ 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG).
I. Die Pflicht zur Angabe der Personalien (§ 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG) Nach der Aussage des § 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG ist eine Person, deren Befragung nach Abs. 1 zulässig ist, verpflichtet, auf Frage Namen, Vornamen, Tag und Ort der Geburt, Wohnanschrift und Staatsangehörigkeit anzugeben. Die Verpflichtung, vorstehende Angaben zur Person zu leisten, entsteht somit bereits dann, wenn nur die Voraussetzungen der polizeilichen Befragung gegeben sind. Ergibt sich folglich nach der Einschätzung des handelnden Amtsträgers die Möglichkeit, daß eine bestimmte Person zur Erfüllung einer polizeilichen Aufgabe geeignete Angaben machen kann, ist diese ihrerseits grundsätzlich verpflichtet, nach entsprechender Aufforderung ihre Personalien anzugeben. Da der fragende Polizeibeamte hierbei als „zuständiger Amtsträger" im Sinne von § 111 Abs. 1 O W i G 3 2 4 in Erscheinung tritt 3 2 5 und der Katalog der nach § 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG anzugebenden Personalien auch von dem des obigen Ordnungswidrigkeitentatbestandes gänzlich eifaßt wird, kann die Verweigerung dieser Angaben oder die Abgabe unrichtiger Angaben bereits als Ordnungswidrigkeit geahndet werden 3 2 6 , falls sich das Auskunftsverlangen im nachhinein als materiell rechtmäßig erweist. 327 Grundsätzlich kann darüber hinaus auch eine Identitätsfeststellung gemäß § 46 OWiG i.V.m. § 163b StPO in Betracht kommen. Diese durch die Regelung des § 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG geschaffenen Befugnisse erweisen sich als sehr weitreichend: Denn zwar ist eine Person im Rahmen einer Befragung gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG grundsätzlich nur zur Offenbarung ihrer Personalien und nicht
324
OWiG i.d.F. d. Bek. v. 19.2.1987 (BGBl. I S. 602), zul. geänd. d. Ges. v. 28.10.1994(BGBl. IS. 3186). 325
Vgl. K. Rogali in: K. Boujong, Karlsruher Kommentar zum OWiG, § 111 Rdnr. 32; Göhler, OWiG, § 111 Rdnr. 16. 326
Dazu Aussch.-Prot. NW 10/1358, S. 6.
327
Vgl. BVerfGE 92,191 (201).
8 4 T e i l 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG wie bei der Identitätsfeststellung nach § 12 Abs. 2 S. 2 nw.PolG darüber hinaus auch zur Vorlage mitgeführter Ausweispapiere verpflichtet, doch eröffnet § 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG - zumindest seinem Wortlaut nach - durchaus auch die Möglichkeit, im Zuge der Befragung einer Person zugleich auch deren Identität festzustellen. 328 Im Vergleich zu dem Tatbestand der Befragung in § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG ist die Identitätsfeststellung nach § 12 Abs. 1 nw.PolG jedoch an deutlich engere Voraussetzungen gebunden. 329 So ist eine Identitätsfeststellung gemäß § 12 Abs. 1 nw.PolG etwa erst bei Vorliegen einer konkreten Gefahr oder wenn sich die betreffende Person an einem gefährlichen Ort aufhält (vgl. § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 nw.PolG) zulässig, wogegen die Befragung durch § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG letztlich allein an das Vorhandensein einer bestimmten polizeilichen Aufgabe im Sinne von § 1 nw.PolG geknüpft wird. Zudem stellt sich die Frage, ob und inwieweit sich eine grundsätzliche Pflicht zur Preisgabe der Identität, gegen die zum Teil prinzipielle Bedenken geäußert werden 330 und die im Gesetzentwurf der Landesregierung zunächst nicht vorgesehen w a r 3 3 1 , nach Sinn und Zweck einer polizeilichen Befragung rechtfertigen läßt. 3 3 2 So ist nur schwer nachvollziehbar, inwiefern die jeweiligen Angaben zur Person der Abwehr einer Gefahrenlage im Sinne des § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG dienen können 333 , denn eine weitergehende Verpflichtung, auch Angaben in der Sache zu machen, besteht für den Unbeteiligten allein auf dieser Basis noch nicht (vgl. § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG). Im Bemühen um eine innere Rechtfertigung der Verpflichtung jedes polizeilich Befragten zur Angabe seiner Personalien wird zum Teil erwogen, im Rahmen des § 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG von der ungeschriebenen Voraussetzung
328
In diesem Sinne J. B enfer, Grundrechtseingriffe, Kap. 2 Rdnrn. 12 f.; H. Tegtmeyer, PolG NW, § 9 Rdnr. 24; Kay/Böcking, PolR NW, Rdnr. 118; U. Chemnitz, PolR NW, S. 72, 76; Möller/Wilhelm, Allg. POR, S. 153, 158; K.H. Friauf\ POR, in: E. Schmidt-Aßmann, Bes. VerwR, Rdnr. 122; Ch. Gusy, NVwZ 1991,614 (617). 329
Siehe insoweit auch die Bedenken von F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 172. 330
Vgl. OLG Düsseldorf, NVwZ 1986, 247; OLG Hamm, NVwZ 1982, 156 (157) jeweils m.w.N. 331
LT-Drucks. NW 10/3997, S. 4.
332
Vgl. J. Benfer, Grundrechtseingriffe, Kap. 2 Rdnr. 12; H. Lisken, ZRP 1990, 15 (19); kritisch auch Schröer/Vahle, DuD 1990, 235 (237) und Schollerl Schioer, Grundzüge des POR, S. 102. 333
Kritisch auch H.-U. Erichsen, Jura 1993, 45 (45 f.).
. Aukunspflichten (§ 9 Abs. nw.PolG)
85
auszugehen, daß hinreichende Gründe für eine erneute Kontaktaufnahme zu der befragten Person bestehen müssen. 334 Zwar ist diesbezüglich anzuerkennen, daß mit einer solchen Tatbestandskorrektur die Personalienfeststellung im Rahmen der Befragung eine materielle Beschränkung erfahren würde und damit nicht mehr ausnahmslos in Betracht käme. Doch muß zunächst eingeräumt werden, daß sich die Möglichkeit etwaig erforderlicher Rückfragen nahezu immer darlegen lassen wird und sei es nur, um gegebenenfalls die Richtigkeit erteilter Auskünfte überprüfen zu können. Doch selbst unter Zugrundelegung obiger Prämisse bliebe nur schwer vorstellbar, weshalb in diesem Zusammenhang auch eine grundsätzliche Auskunftspflicht hinsichtlich der Staatsangehörigkeit sowie insbesondere hinsichtlich Tag und Ort der Geburt geboten sein sollte. 335 So ist die Feststellung der Staatsangehörigkeit in erster Linie vor dem Hintergrund der Ausweisungsgründe in § 47 Abs. 1, 2 AuslG 3 3 6 zu rechtfertigen 337 , falls auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, daß die betreffende Person als Täter im Sinne dieser Bestimmung in Betracht kommt. 3 3 8 Als entscheidend erweist sich aber vor allem, daß auch die Konstruktion einer ungeschriebenen Tatbestandsvoraussetzung nicht darüber hinweghelfen kann, daß die Regelung des § 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG die in § 12 Abs. 1 nw.PolG festgelegten Mindestvoraussetzungen für die Durchführung einer Identitätsfeststellung - nämlich das Vorhandensein einer konkreten Gefahr, der Aufenthalt einer Person an einem gefährlichen Ort oder an einem gefährdeten Objekt sowie an einer Kontrollstelle (vgl. § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 nw.PolG) - unberücksichtigt läßt. Die in § 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG vorgesehene Erfragung der Personalien ist daher - entgegen dem Wortlaut der Vorschrift - auf die Situationen zu beschränken, in denen über die Voraussetzungen der Befragung in § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG hinaus auch diejenigen für eine Identitätsfeststellung gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 nw.PolG vorliegen.
334
H. Tegtmeyer, PolG NW, § 9 Rdnr. 24, in Anlehnung an Ziffer 9.21 S. 1 nw.VVPolG; ihm folgend Kay/ Βöcking, PolR NW, Rdnr. 118; 7. Vahle, DVP 1996, 370 (371); K. Würz, Polizeiaufgaben und Datenschutz Bd.Wtt., Rdnr. 143, der diese Bedingung jedoch als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einstuft. 335
So auch Bernerl Köhler, PAG, Art. 12 Rdnr. 5.
336
AuslG v. 9.7.1990 (BGBl. I S. 1354), zul. geänd. d. Ges. v. 28.10.1994 (BGBl. I S. 3186). 337
Vgl. OLG Düsseldorf, NVwZ 1986, 247 f.
338
Siehe dazu auch F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 197.
8 6 T e i l 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
II. Die Pflicht zu weiteren Auskünften (§ 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG) Neben der geschilderten Verpflichtung des Befragten, Angaben zur Person zu machen, sieht § 9 Abs. 2 nw.PolG auch eine Regelung hinsichtlich gesonderter Verpflichtungen zu Auskünften in der Sache vor. Die hierzu in Abs. 2 S. 2 der Vorschrift installierte, auf den ersten Blick recht prägnante Formulierung, daß eine Person „zu weiteren Auskünften verpflichtet [ist], soweit gesetzliche Handlungspflichten bestehen", verursacht jedoch ganz erhebliche Auslegungs- und Anwendungsprobleme. Daß mit der Fassung des § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG ein Begriffs Wechsel von dem Begriff der „Angaben" (vgl. § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 nw.PolG) zu dem der „Auskunft" vorgenommen wird, ist hierbei zunächst nur in gesetzestechnischer Hinsicht auffällig. Denn zwar kommt beiden Begriffen im Bereich des allgemeinen Datenschutzrechts eine jeweils unterschiedliche Bedeutung zu, wobei der Begriff der „Auskunft" zudem sogar ein Recht des Betroffen - nämlich auf Auskunftserteilung über zu seiner Person gespeicherte Daten gegen die betreffende Stelle (vgl. § 18 nw.DSG, § 19 BDSG) 3 3 9 - bezeichnet, doch verursacht die synonyme Verwendung der Begriffe im vorliegenden Kontext noch keine durchgreifenden Probleme. Der Begriff der „weiteren Auskünfte" in § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG ist freilich auf diejenigen sachdienlichen Angaben im Sinne des § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG zu beziehen, die über die Angaben zur Person des Befragten nach § 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG hinausgehen. Als problematischer erweist sich jedoch bereits die Frage, wen die in § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG genannten „gesetzlichen Handlungspflichten" treffen sollen. Denn nach dem Wortlaut der Norm besteht grundsätzlich die Möglichkeit, daß derartige Handlungspflichten für den Befragten, für den von der Datenerhebung Betroffenen oder gar für die Polizei bestehen müssen. 340 Bringt man jedoch in Anrechnung, daß die Regelung des § 9 Abs. 2 nw.PolG ausweislich der gesetzlichen Überschrift den Verpflichtungen der polizeilich befragten Person gewidmet ist, so muß eine sachgerechte Auslegung dahin gehen, daß der Adressat der gesetzlichen Handlungspflichten zugleich derjenige ist, von dem ein bestimmtes Verhalten, hier das Erteilen weiterer Auskünfte, erwartet
339
Vgl. hierzu BVerwGE 89, 14 (16 f.); F.-L. Knemeyer, JZ 1992, 348 ff.; K. Vogelgesang, CR 1995, 554 (558 f.). 340
Nach Auffassung Ch. Gusy s, NVwZ 1991, 614 (617), kann als „gesetzliche Handlungspflicht" im Sinne des § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG auch die Verpflichtung der Polizei zum Einschreiten bei einer Ermessensreduzierung auf Null in Betracht kommen.
. Aukunspflichten (§ 9 Abs. nw.PolG)
87
wird. Dies kann mit Blick auf die offene Formulierung des § 9 Abs. 3 nw.PolG aber sowohl der Betroffene als auch eine dritte Person sein. 341
1. Auskunftspflichten auf Grund gesetzlicher Handlungspflichten Der angesprochene unbestimmte Rechtsbegriff der „gesetzlichen Handlungspflichten" ist aber nicht nur in obiger, sondern vor allem in inhaltlicher Hinsicht mehrdeutig, was zu einer äußerst kontroversen Diskussion über dessen Aussagegehalt geführt hat. In dem hierbei entstandenen Spektrum an Auffassungen lassen sich nahezu alle erdenklichen Möglichkeiten der Interpretation ausmachen: So wird zum Teil die Position vertreten, daß mit dem Begriff der gesetzlichen Handlungspflichten ausschließlich auf spezielle Rechtsvorschriften außerhalb des Polizeigesetzes Bezug genommen werde. 342 Neben Stimmen, die sich einer derartigen Sichtweise zwar nicht ausdrücklich anschließen, aber durch entsprechend gewählte Beispiele doch zumindest einen derartigen Schluß nahelegen 343 , stehen andere auf dem Standpunkt, daß der vorstehende Begriff sämtliche Handlungsverpflichtungen erfasse, also neben spezialgesetzlichen Verpflichtungen insbesondere auch jene Pflichten, die dem Störer gemäß §§ 4 und 5 nw.PolG bzw. dem Nichtstörer gemäß § 6 nw.PolG i.V.m. § 8 nw.PolG auferlegt werden können. 344 Während die Entscheidung, ob der Bestimmung des Begriffs der gesetzlichen Handlungspflichten ein spezialgesetzlicher oder der polizeirechtliche Maßstab der §§ 4 ff. nw.PolG zugrundezulegen ist, von Ch. Gusy ausdrücklich offengelassen w i r d 3 4 5 , scheinen schließlich andere Autoren hinsichtlich der Frage der Auskunftsverpflichtun-
341
Ausführlich hierzu unten Teil 4 Κ II 2.
342
H. Lisken, NWVB1. 1990, 325 (327); ders., KritJ 1992, 472 (476); ders. y ZRP 1990, 15 (18); F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 173; M. Knape, DNP 1992,425 (427); Honnackerl Beinhof er, PAG, Art. 12 Erl. 4. 343
H. Tegtmeyer, PolG NW, § 9 Rdnr. 22; U. Chemnitz, PolR NW, S. 77; RiottelTegtmeyer, NWVB1. 1990, 145 (147); Schollerl Schioer, Grundzüge des POR, S. 103; J. Vahle, DVP 1995, 50 (55); H.-G. König, Polizei und Datenschutz in Bayern, S. 53; Bernerl Köhler, PAG, Art. 12 Rdnr. 6. 344
V. Götz, NVwZ 1990, 725 (727); H.-U. Erichsen, Jura 1993, 45; KaylBöcking, PolR NW, Rdnr. 118; Möller/Wilhelm t Allg. POR, S. 153; G. Haurand, Allg. POR NW, S. 101; H.-U. Gallwas, Polizei und Bürger, S. 72. 345
NVwZ 1991, 614 (617); PolR, Rdnr. 192.
8 8 T e i l 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG gen noch überwiegend auf die Regelungen der Polizeipflichtigkeit zu rekurrieren. 3 4 6 Eine Beurteilung der aufgezeigten Varianten sowie die sichere Beantwortung der zentralen Frage, ob die in Rede stehenden Verpflichtungen auch oder gerade dem Polizeigesetz zu entnehmen sind, muß sich in erster Linie an einer umfassenden Auslegung der Formel der gesetzlichen Handlungspflichten orientieren.
a) Grammatikalische
Überlegungen
Nimmt man den Wortlaut der Wendung in den Blick, so fällt zunächst auf, daß zu einer Auskunft diejenigen Personen verpflichtet werden sollen, für die gesetzliche Handlungspflichten bestehen. Die Verpflichtung zu weiteren Auskünften ergibt sich hiernach also nicht etwa aus gesetzlich festgelegten Auskunftspfiichtcn 347, sondern vielmehr aus einer gesetzlichen Verpflichtung zum Handeln. Zwar ließe sich auch erwägen, den Begriff der Handlung als Oberbegriff für jegliche Art von Tätigkeiten - hier also auch für die Erteilung von Auskünften - anzusehen, doch spricht der Umstand, daß die genannten Begriffe innerhalb desselben Satzes genannt werden, doch recht deutlich gegen eine solche Annahme. Die in Rede stehenden Handlungspflichten können folglich nicht ohne weiteres mit Auskunftspflichten gleichgesetzt werden. 348 Nach der Terminologie des § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG sind beide Begriffe vielmehr voneinander zu trennen. 349 Zu hinterfragen bleibt aber, worauf die vorstehenden Handlungspflichten nun konkret basieren sollen, denn fest steht allein, daß es sich um gesetzliche Handlungspflichten handeln muß. Ob hierbei jedoch auf polizeirechtliche oder andere, gegebenenfalls spezialgesetzliche Regelungen Bezug genommen werden muß, läßt sich dem Wortlaut der Norm nicht zweifelsfrei entnehmen.
346
Κ . Habermehl, POR, Rdnr. 665; K.H. Friauf; POR, in: E. Schmidt-Aßmann, Bes. VerwR, Rdnr. 127; T. Würtenberger f POR, in: Achterberg/Püttner, Bes. VerwR, Bd. Π, Rdnr. 125. 347
So indes V. Götz, NVwZ 1990,725 (727).
348
Vgl. auch Ch. Gusy, NVwZ 1991, 614 (617).
349
Mißverständlich ist insoweit die Formulierung in Ziffer 9.22 S. 1 nw.WPolG, die die gesetzlichen Handlungspflichten des § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG mit „Offenbarungspflichten" gleichsetzt.
. Aukunspflichten (§ 9 Abs. nw.PolG)
89
Einerseits liegt zwar der Schluß nahe, daß hier der Tatbestand einer außerhalb des Polizeigesetzes stehenden Norm erfüllt sein muß, da sich anderenfalls die unzweideutige Bezeichnung der „polizeirechtlichen Handlungspflichten" angeboten hätte. Andererseits ist dieser Schluß aber nicht zwingend, so daß der Begriff gesetzlich durchaus auch dahingehend verstanden werden kann, daß er zumindest auch auf Grund des Polizeigesetzes gemäß §§ 4 ff. nw.PolG konkretisierte Verpflichtungen erfaßt. Wenn das Wortlautverständnis damit auch ein eher unklares Bild des Begriffs der gesetzlichen Handlungspflichten vermittelt, so kann doch zumindest festgehalten werden, daß sich dieser unbestimmte Rechtsbegriff jedenfalls nicht zweifelsfrei an Hand des Begriffs der gesetzlich angeordneten Auskunftspflichten konkretisieren läßt.
b) Rechtssystematische Erwägungen Bei einer Beleuchtung der gesetzlichen Handlungspflichten aus systematischer Sicht sind als erstes §§ 1 Abs. 5 S. 1 , 4 Abs. 4, 8 Abs. 2 nw.PolG von Interesse. In den Formulierungen dieser Vorschriften wird sorgsam zwischen Maßgaben „dieses Gesetzes" und solchen „anderer Rechtsvorschriften" unterschieden. Folglich spricht der Umstand, daß in § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG schlicht von gesetzlichen Handlungspflichten die Rede ist, eher dafür, daß eine derartige Unterscheidung hier gerade nicht gewollt ist und sich die vorstehenden Handlungspflichten sowohl aus dem Polizeigesetz als auch aus anderen Gesetzesmaterien ergeben können. Andererseits ist jedoch zu bedenken, daß sich die Regelungen der §§ 4 ff. nw.PolG schon in begrifflicher, vor allem aber in systematischer Hinsicht nur schwer als gesetzliche Handlungspflichten einstufen lassen. 350 Diese Regelungen bestimmen in erster Linie, gegen welche Person gefahrenabwehrende Maßnahmen zu richten sind. Sie schaffen aber nicht etwa originäre Verpflichtungen zum Handeln. 351 Solche müssen vielmehr erst durch entsprechende polizeiliche Verfügungen konkretisiert werden. Bringt man zudem in Anrechnung, daß mit obigem Ansatz die befremdliche Konsequenz einherginge, daß sich der zur Auskunft verpflichtete Störer bzw. Notstandspflichtige regelmäßig selbst belasten müßte, spricht die Systematik des Polizeirechts doch eher gegen
350
So jedoch V. Götz, NVwZ 1990,725 (727).
351
Vgl. auch Ziffer 9.22 S. 2 nw.VVPolG.
9 0 T e i l 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG eine Subsumtion der Polizeipflichten unter den Begriff der gesetzlichen Handlungspflichten. 352 Ein weiterer, gewichtiger Auslegungsimpuls geht schließlich von der Regelung der Befragung in § 22 des nunmehr ebenfalls datenschutzgerecht novellierten Gesetzes über den Bundesgrenzschutz 353 aus. Zwar können grundsätzlich Bedenken aufkommen, zur Auslegung einer landesrechtlichen Vorschrift materienübergreifend auf ein Bundesgesetz zu rekurrieren 354 , doch ist vorliegend in Anrechnung zu bringen, daß die Neuregelung der Vorschriften über den Bundesgrenzschutz ausweislich der Gesetzesbegründung an den datenschutzrechtlichen Bestimmungen der neueren Landespolizeigesetze sowie dem Vorentwurf zur Änderung des Musterentwurfs eines einheitlichen Polizeigesetzes des Bundes und der Länder vom 12.3.1986 orientiert wurde. 355 Dem Befugnisrecht des Bundesgrenzschutzes und dem der Landespolizeigesetze liegt damit prinzipiell dasselbe Begriffsverständnis zugrunde. In § 22 Abs. 2 S. 2 BGSG werden die „gesetzlichen Handlungspflichten" jedoch neben den Vorschriften über die Verhaltens- und Zustandsverantwortlichkeit (§§ 17 f. BGSG) sowie die Inanspruchnahme nichtverantwortlicher Personen (§ 20 BGSG) aufgeführt. Dem hier zugrundegelegten Verständnis der „gesetzlichen Handlungspflichten" 356 läßt sich demnach eine deutliche Indizwirkung für eine entsprechende Interpretation im Rahmen des § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG entnehmen.
c) Entstehungsgeschichtliche
Anhaltspunkte
Im Zuge der Untersuchung der Gesetzgebungsmaterialien ist hervorzuheben, daß man im Rahmen der Gesetzentwürfe zur Novellierung des nw.PolG zunächst davon ausging, daß polizeirechtlich begründete Auskunftspflichten grundsätzlich nur für Verhaltens- und Zustandsstörer sowie notstandspflichtige Personen gemäß §§ 4 bis 6 nw.PolG in Betracht kommen. 357 In Konsequenz
352
A.A. Ch. Gusy, NVwZ 1991, 614 (617); ders., PolR, Rdnr. 192.
353
BGSG v. 19.10.1994 (BGBl. IS. 2978).
354
Vgl. etwa BVerwGE 39,154 (156 ff.).
355
Vgl. BT-Drucks. 12/7562 v. 17.5.1994 (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/ CSU und F.D.P.), S. 31 f. 356 357
Siehe hierzu auch die Begründung in BT-Drucks. 12/7562, S. 51 f.
Vgl. LT-Drucks. NW 10/3421, S. 28; LT-Drucks. NW 10/3997, S. 33; LTDrucks. NW 10/5071, S. 82 f.
. Aukunspflichten (§ 9 Abs. nw.PolG)
91
hieraus wurden auch in den entsprechenden Regelungsvorschlägen zur Erfassung des Befragungsvorgangs ausdrücklich nur diejenigen Personen mit einer Auskunftspflicht bedacht, die ihrerseits im Sinne der §§ 4 bis 6 nw.PolG polizeipflichtig waren. 358 Der Umstand, daß die genannten Regelungen aber letztlich nicht Gesetz geworden sind, läßt indes verschiedene Rückschlüsse hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der gesetzlichen Handlungspflichten zu: Zum einen kann er dahingehend gewertet werden, daß mit der Umstellung auf den Begriff der gesetzlichen Handlungspflichten die seinerzeit vertretene Rechtsauffassung zwar beibehalten, aber in terminologischer Hinsicht vereinfacht werden sollte. 359 Die vorgenommenen Änderungen, die zu der jetzigen Gesetzesfassung geführt haben, hätten dann allein redaktionellen Charakter. 360 Zum anderen läßt sich die Einführung des Topos der gesetzlichen Handlungspflichten aber auch als bewußte Abkehr von der überkommenen Rechtsauffassung 361 deuten, daß durch die Polizeipflichtigkeit von Personen automatisch auch entsprechende Auskunftsverpflichtungen indiziert werden. 362 Hierfür spricht, daß in einem der Gesetzentwürfe des nw.PolG bereits von Auskunftspflichten die Rede war, die sich jenseits der Regelungen der §§ 4 ff. nw.PolG aus „gesetzlichen Handlungspflichten" ergeben und als Beispiele hierfür strafrechtliche Vorschriften genannt wurden. 363 Die wenigen Ansatzpunkte, die sich im Rahmen der historischen Betrachtung ausmachen lassen, legen folglich den Schluß nahe, daß mit dem in § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG installierten Begriff der gesetzlichen Handlungspflichten spezialgesetzliche, insbesondere strafrechtliche 364 und nicht etwa erst durch das Polizeirecht konkretisierte Verpflichtungen bezeichnet werden sollten.
358
Siehe hierzu die Regelungsvorschläge in LT-Drucks. NW 10/3421, S. 4 und LTDrucks. NW 10/3997, S. 4. 359
In diesem Sinne wohl V. Götz, NVwZ 1990, 725 (727).
360
Vgl. LT-Drucks. NW 10/5071, S. 77.
361
Siehe oben Teil 2 Β I.
362
Vgl. auch H. Lisken, KritJ 1992, 472 (476); dens., ZRP 1990, 15 (18); F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnrn. 169, 173. 363
LT-Drucks. NW 10/3421, S. 28.
364
AaO.
9 2 T e i l 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG d) Teleologische Betrachtung Den Ausgangspunkt einer nach Sinn und Zweck des Begriffs fragenden Auslegung bildet die in § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG vollzogene Unterscheidung zwischen Auskunfts- und Handlungspflichten. Die hierin angelegte Konstruktion geht offenbar davon aus, daß für die jeweilige Auskunftsperson bereits jenseits des Polizeirechts konkrete Pflichten zum Einschreiten in einer Gefahrensituation - wie etwa in den in § 323c StGB 3 6 5 (Unterlassene Hilfeleistung) vorgesehenen Fällen - bestehen 366 , die nach entsprechender Darlegung durch die Polizei nun ausnahmsweise auch für deren Zwecke nutzbar gemacht werden können. 367 Mit dem Begriff der gesetzlichen Handlungspflichten sollen hiernach also keine eigenständigen Auskunftspflichten innerhalb des Polizeirechts begründet 368 , sondern lediglich bereits bestehende Verpflichtungen, zur Beseitigung einer Gefahrenlage beizutragen, umschrieben werden. 369 Die vorliegende Formulierung hat somit die Überleitung bereits bestehender Verpflichtungen in den Bereich des Polizeirechts und deren Nutzbarmachung für die polizeiliche Aufgabenerfüllung zum Ziel. Da hiernach für den Befragten jedoch nur dann eine Auskunftspflicht in Betracht kommen kann, wenn die Voraussetzungen eines zum Handeln verpflichtenden Tatbestandes vorliegen, läßt sich die vorgesehene Konstruktion durchaus mit einer Rechtsgrundverweisung vergleichen.
e) Schlußfolgerungen Wenngleich somit zwar feststeht, daß der Begriff der gesetzlichen Handlungspflichten lediglich als „Einbruchsteile" für gesetzlich umschriebene Hilfspflichten in den Bereich des Polizeirechts verstanden werden kann, bleibt es aber nunmehr zu überprüfen, ob sich überhaupt gesetzliche Vorschriften 365
StGB i.d.F. d. Bek. v. 10.3.1987 (BGBl. I S. 945, ber. S. 1160), zul. geänd. d. Ges. v. 21.8.1995 (BGBl. I S. 1050). 366
Vgl. H. Lisken, NWVB1. 1990, 325 (327); ferner M. Knape, DNP 1992, 425
(427). 367
Siehe hierzu auch LT-Drucks. NW 10/3421, S. 28.
368
So indes Ch. Gusy, NVwZ 1991, 614 (617).
369
In diesem Sinne betont etwa H. Lisken, NWVB1. 1990, 325 (327), daß das Polizeigesetz als „Verfahrensgesetz" keinerlei Hilfspflichten begründen, sondern lediglich schon vorhandene, außerpolizeiliche Verpflichtungen operationalisieren könne.
. Aukunspflichten (§ 9 Abs. nw.PolG)
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finden lassen, die eine Person unter denselben Voraussetzungen sowohl zu einer Handlung als auch zu einer Auskunft gegenüber der Polizei verpflichten können. Die Straftatbestände der §§ 138, 323c StGB, die im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens als einzige Beispiele für gesetzliche Handlungspflichten genannt wurden 3 7 0 und in diesem Kontext seitdem auch von Seiten der Literatur fortlaufend erwähnt werden 3 7 1 , lassen sich bei näherer Betrachtung jedenfalls nicht als gesetzliche Handlungspflichten im obigen Sinne qualifizieren. Dies ergibt sich daraus, daß das Strafrecht keinerlei unmittelbare Verpflichtungen zum Handeln schafft, sondern bestimmten sozialschädlichen Verhaltensweisen vielmehr dadurch begegnet, daß es Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Strafbarkeit regelt. 372 In diesem Sinne kommt den vorstehenden Tatbeständen als echten Unterlassungsdelikten allein die Aufgabe zu, einen Verstoß gegen bestimmte Gebotsnormen mit Strafe zu bewehren. 373 Derartige Gebotsnormen entspringen aber regelmäßig nicht dem Strafrecht selbst, sondern werden in dessen Geltungsbereich vielmehr als existent vorausgesetzt. 374 Es handelt sich hierbei um soziale Grund- oder Hilfspflichten 375 , die ihre Wurzeln in der Gemeinschaftsbezogenheit des Menschen haben und - wenn überhaupt - nur an Aussagen der Verfassung festgemacht werden können. 376 In der Strafandrohung, die die obigen Delikte für den Fall des Unterlassens einer auf Grund der geschilderten Umstände gebotenen Handlung vorsehen, spiegeln sich diese sozialen Grundpflichten lediglich wider. 3 7 7 Eine originäre (gesetzliche) Verpflichtung zum Handeln - die sich zudem in eine Auskunftspflicht gegenüber
370
LT-Drucks. NW 10/3421, S. 28.
371
Vgl. H. Tegtmeyer, PolG NW, § 9 Rdnr. 22; Kay/Böcking, PolR NW, Rdnr. 118; Möller/Wilhelm, Allg. POR, S. 153; Riotte/Tegtmeyer, NWVB1. 1990, 145 (147); J. Vahle, DVP 1995, 50 (55); M. Knape, DNP 1992, 425 (427). 372
Vgl. BVerfGE 51, 324 (343 f.); H.-Ch. Arbeiter, Die Durchsetzung gesetzlicher Pflichten, S. 18, 55. 373
Grundlegend hierzu BGHSt 14, 280 (281); siehe auch G. Jakobs, Strafrecht AT, 28. Abschn. Rdnr. 9. 374 So besonders deutlich K.H. Gössel ZStW 96 (1984), S. 321 ff. (321 f.) und G. Jakobs y aaO. 375
Eingehend hierzu O. Lucht erhandt, Grundpflichten als Verfassungsproblem,
S. 51 ff. 376 377
Vgl. O. Luchterhandt, aaO, S. 452 ff., 456.
In diesem Sinne auch K.H. Gössel ZStW 96 (1984), S. 321 ff. (322) und G. Dürig, AöR 79 (1953/54), S. 57 ff. (82).
94
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
der Polizei umwandeln läßt - kann den in Rede stehenden Delikten deshalb aber nicht entnommen werden. 378 Dasselbe gilt freilich auch für alle sonstigen Tatbestände aus der Reihe der echten Unterlassungsdelikte, deren Anwendbarkeit hier in Erwägung gezogen werden könnte. 379 Als ebenso ungeeignet, den Begriff der gesetzlichen Handlungspflichten zu konkretisieren, erweisen sich jedoch auch sämtliche speziellen Auskunftspflichten öffentlich-rechtlicher 380 und zivilrechtlicher 381 Natur. Dies wird
378
Ebenso H. Lisken, NWVB1. 1990, 325 (327); ders., KritJ 1992, 472 (476, 481); H.-Ch. Arbeiter, Die Durchsetzung gesetzlicher Pflichten, S. 18, 55; hinsichtlich der Regelung des § 323c StGB M. Fischer, Unterlassene Hilfeleistung und Polizeipflichtigkeit, S. 34 ff., 37, 40. 379
So zum Beispiel §§ 123 Abs. 1 2. Alt., 142 Abs. 2 und 3, 264 Abs. 1 Nr. 2, 265b Abs. 1 Nr. 2,283 Abs. 1 Nr. 5 1. Alt. und Nr. 7b, 326 Abs. 3, 328 Abs. 2 Nr. 1 StGB. 380
Siehe aus dem Bereich des Bundesrechts § 47 Abs. 2 BAföG i.d.F. d. Bek. v. 6.6.1983 (BGBl. I S. 645, ber. S. 1680), zul. geänd. d. Ges. v. 23.7.1996 (BGBl. I S. 1088); § 95 Abs. 2 BHO v. 19.8.1969 (BGBl. I S. 1284), zul. geänd. d. Ges. v. 2.5.1996 (BGBl. I S. 656); § 23 Abs. 1 BNatSchG i.d.F. d. Bek. v. 12.3.1987 (BGBl. I S. 889), zul. geänd. d. Ges. v. 6.8.1993 (BGBl. I S. 1458); § 116 Abs. 1 BSHG i.d.F. d. Bek. v. 23.3.1994 (BGBl. I S. 646, ber. S. 2975), zul. geänd. d. Ges. v. 20.12.1996 (BGBl. I S. 2083); § 15 BStatG v. 22.1.1987 (BGBl. I S. 462, ber. S. 565), zul. geänd. d. Ges. v. 17.1.1996 (BGBl. I S. 34); §§ 42 f. BundeswaldG v. 2.5.1975 (BGBl. I S. 1037), geänd. d. Ges. v. 27.7.1984 (BGBl. I S. 1034); § 3 EnWG v. 13.12.1935 (RGBl. I S. 1451), zul. geänd. d. Ges. v. 19.12.1977 (BGBl. I S. 2750); § 22 Abs. 1 GaststättenG v. 5.5.1970 (BGBl. I S. 465, ber. S. 1298), zul. geänd. d. Ges. v. 19.7.1996 (BGBl. I S. 1019); § 25 Abs. 2 GenTG i.d.F. d. Bek. v. 16.12.1993 (BGBl. I S. 2066), geänd. d. Ges. v. 24.6.1994 (BGBl. I S. 1416); § 7 Abs. 1 S. 1 GSG i.d.F. d. Bek. v. 23.10.1992 (BGBl. I S. 1793), zul. geänd. d. Ges. v. 19.7.1996 (BGBl. I S. 1019); §§ 17 Abs. 1,111 Abs. 1 HandwO i.d.F. v. 28.12.1965 (BGBl. I S. 2), zul. geänd. d. Ges. v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254); § 22 Abs. 3, 4 LadschlG v. 28.11.1956 (BGBl. I S. 875), zul. geänd. d. Ges. v. 30.7.1996 (BGBl. I S. 1186); § 7 MikrozensusG v. 17.1.1996 (BGBl. I S. 34); § 38 Abs. 1 PflSchG v. 15.9.1986 (BGBl. I S. 1505), zul. geänd. d. Ges. v. 27.6.1994 (BGBL I S. 1440); § 4 Abs. 1 PTSG v. 14.9.1994 (BGBl. I S. 2325); §§ 98ff. SGB X v. 18.8.1980 (BGBl. I S. 1469, ber. S. 2218), zul. geänd. d. Ges. v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254); § 73 Abs. 2 TierSG i.d.F. d. Bek. v. 20.12.1995 (BGBl. I S. 2038); § 12 VolkszählungsG 1987 v. 8.11.1985 (BGBl. I S. 2078); § 46 Abs. 1 S. 1 WaffG i.d.F. d. Bek. v. 8.3.1976 (BGBl. I S. 432), zul. geänd. d. Ges. v. 21.11.1996 (BGBl. I S. 1779); § 25 WoGG i.d.F. d. Bek. v. 1.2.1993 (BGBl. I S. 183), zul. geänd. d. Ges. v. 21.11.1996 (BGBl. I S. 1781) und § 15 Abs. 1 WPflG i.d.F. d. Bek. v. 15.12.1995 (BGBl. I S. 1756). - Siehe aus dem Bereich des nordrhein-westfälischen Landesrechts §28 Abs. 1 nw.DSchG v. 11.3.1980 (GVB1. S. 226, ber. S. 716), zul. geänd. d. Ges. v. 20.6.1989 (GVB1. S. 366); § 95 Abs. 2 nw.LHO v. 14.12.1971 (GVB1. S. 397, ber. GVB1. 1972 S. 14), zul. geänd. d. Ges. v. 20.12.1994 (GVB1. 1995 S. 28); § 50 nw.UG
. Aukunspflichten (§ 9 Abs. nw.PolG)
95
schon begrifflich dadurch nahegelegt, daß es sich bei diesen Pflichten um „echte" Auskunftspflichten handelt, die folglich nicht mit Handlungspflichten gleichgesetzt werden können. Hätte der nordrhein-westfälische Gesetzgeber gleichwohl auf die oben genannten Auskunftspflichten rekurrieren wollen, hätte er in § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG an Stelle des Begriffs der gesetzlichen Handlungspflichitn den der gesetzlichen Auskunftspfiichien eingeführt. Denn daß er zwischen Handlungs- und Auskunftspflichten begrifflich unterscheidet und eine Auskunftspflicht nicht als Unterfall einer Handlungspflicht ansieht, ergibt sich schon aus der in § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG angelegten Differenzierung, daß eine Auskunftspttichl nur dann entstehen soll, soweit gesetzliche Handlungspfiichten bestehen. 382 Zudem lassen die oben genannten Auskunftspflichten aber auch in inhaltlicher Hinsicht keinen anderen Schluß zu. 3 8 3 Denn auf der einen Seite werden die zivilrechtlichen Auskunftspflichten in aller Regel allein Informationsansprüche einzelner Personen befriedigen und damit keineswegs Aspekte der öffentlichen Sicherheit betreffen. Und auf der anderen Seite fallen die speziellen Auskunftspflichten des öffentlichen Rechts überwiegend in den Zuständigkeitsbereich der allgemeinen und besonderen Ordnungsbehörden, für die die Regelungen der Befragung in § 9 nw.PolG gemäß § 24 Nr. 1 nw.OBG entsprechend gelten. Eine Nutzbarmachung der in Rede stehenden öffentlich-rechtlichen Auskunftspflichten auch durch die Polizei wird daher in Ermangelung entsprechender (Eil-) Zuständigkeit in diesem Kontext regelmäßig ausscheiden. i.d.F. d. Bek. v. 7.12.1994 (GVB1. 1995 S. 2); § 43 nw.LPIG i.d.F. d. Bek. v. 29.6.1994 (GVB1. S. 474, ber. S. 702); §§ 19 f. nw.MG v. 13.7.1982 (GVB1. S. 474), zul. geänd. d. Ges. v. 22.11.1994 (GVB1. S. 1064); § 20 Abs. 4 S. 1 nw.UG i.d.F. d. Bek. v. 3.8.1993 (GVB1. S. 532) und § 44 Abs. 2 S. 1 nw.VwVG i.d.F. d. Bek. v. 13.5.1980 (GVB1. S. 510), zul. geänd. d. Ges. v. 15.12.1993 (GVB1. S. 987). 381
Siehe nur § 131 AktG v. 6.9.1965 (BGBl. I S. 1089), zul. geänd. d. Ges. v. 28.10.1994 (BGBl. I S. 3210); §§ 260, 402, 444, 666, 681, 713, 799 Abs. 2 S. 1, 1379, 1580, 1605, 2012 Abs. 1 S. 2 BGB v. 18.8.1896 (RGBl. S. 195), zul. geänd. d. Ges. v. 20.12.1996 (BGBl. I S. 2090); § 125a FGG i.d.F. d. Bek. v. 20.5.1898 (RGBl. S. 771), zul. geänd. d. Ges. v. 28.10.1996 (BGBl. I S. 1546); § 100 KO i.d.F. d. Bek. v. 20.5.1898 (RGBl. S. 612), zul. geänd. d. Ges. v. 28.10.1996 (BGBl. I S. 1546); § 31a KostO i.d.F. v. 26.7.1957 (BGBl. I S. 960), zul. geänd. d. Ges. v. 20.12.1996 (BGBl. I S. 2090); §§ 54f, 54g UrhG v. 9.9.1965 (BGBl. I S. 1273), zul. geänd. d. Ges. v. 19.7.1996 (BGBl. I S. 1014); § 69 VerglO v. 26.2.1935 (RGBl. I S. 321, ber. S. 356), zul. geänd. d. Ges. v. 28.10.1996 (BGBl. I S. 1546) und §§ 34 Abs. 1,107,158d WG ν. 30.5.1908 (RGBl. S. 263), zul. geänd. d. Ges. v. 5.10.1994 (BGBl. IS. 2911). 382
Vgl. oben Teil 4 E II 1 a. 383 ygj hierzu auch die Einschränkungen bei F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F. Rdnr. 175.
96
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
Dieser Befund führt zu dem Ergebnis, daß sich bei präzisem Begriffsverständnis keinerlei spezialgesetzliche Pflichten ausmachen lassen, die widerspruchsfrei unter den Begriff der gesetzlichen Handlungspflichten in § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG subsumiert werden können. Eine eindeutige und verläßliche Konturierung des Begriffs der „gesetzlichen Handlungspflichten" verspricht daher allein eine verfassungsrechtliche Beurteilung der Frage, inwieweit der Bürger durch die Auferlegung von Auskunftspflichten zur Mitwirkung im Rahmen hoheitlicher Aufgabenerfüllung verpflichtet werden kann.
2. Auskunftspflichten aus verfassungsrechtlicher Perspektive Hinsichtlich des vorstehenden Fragenkreises ist das Augenmerk zunächst auf entsprechende Judikate des Bundesverfassungsgerichts zu richten.
a) Der betroffene
Freiheitsbereich
Als Entscheidungen, die sich ausdrücklich mit der Frage der Auskunftspflichten und der hierdurch betroffenen grundrechtlichen Schutzbereiche befassen, sind in erster Linie der Mikrozensus-Beschluß 384 , der Gemeinschuldner-Beschluß 385 sowie das Volkszählungsurteil 386 zu nennen. Bereits im Rahmen der Mikrozensus-Entscheidung, die die Verfassungsmäßigkeit von Befragungen für eine Repräsentativstatistik zum Gegenstand hatte 3 8 7 , erkannte das Bundesverfassungsgericht grundlegend an, daß „dem Einzelnen um der freien und selbstverantwortlichen Entfaltung seiner Persönlichkeit willen ein ' Innenraum ' verbleiben muß,... 'zu dem die Umwelt keinen Zutritt hat, in dem
384
BVerfGE 27, 1 ff.
385
BVerfGE 56, 37 ff.
386
BVerfGE 65,1 ff.
387
Auf Befragungen nach §§ 1, 2 des MikrozensusG i.d.F. v. 5.12.1960 (BGBl. I S. 873) fand das BStatG v. 3.9.1953 (BGBl. I S. 1314) Anwendung, dessen § 10 Abs. 1 eine Verpflichtung zur Beantwortung der angeordneten Fragen vorsah.
. Aukunspflichten (§ 9 Abs. nw.PolG)
97
man in Ruhe gelassen wird und ein Recht auf Einsamkeit genießt'." 388 Grundsätzlich wurde diese aus den Verfassungswerten der Menschenwürde und der Freiheit der Person (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) abgeleitete Gewährleistung sodann auch im Gemeinschuldner-Beschluß attestiert 389 , der sich mit den Aussagepflichten auf Grund der Konkursordnung befaßte. 390 Nachdem auch hinsichtlich der Auskunftspflichten des Volkszählungsgesetzes391 die prinzipielle Befugnis des Einzelnen anerkannt worden war, selbst darüber zu entscheiden, wann und zu welchen Zwecken er persönliche Lebenssachverhalte bzw. Daten offenbart 392 , wurde diese Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG als „Recht auf informationelle Selbstbestimmung" ständig bestätigt. 393 Hinsichtlich der zentralen Frage etwaiger Auskunftspflichten des Bürgers kann den Gewährleistungen des Verfassungsrechts somit zumindest dem Grundsatz nach eine Freiheit von unbeschränkter hoheitlicher Informationserhebung entnommen werden, wobei diese Freiheit nach den Maßgaben der Sphärentheorie 394 im Bereich intimer Daten einen intensiveren Schutz genießt als im Bereich gesellschafts- bzw. sozialbezogener Daten. 395
388
BVerfGE 27, 1 (6); 90, 255 (260); ausführlich hierzu J.M. Wintrich, Zur Problematik der Grundrechte, S. 15 f.; E. Benda, in: Benda/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, § 6 Rdnrn. 25 ff. 389
BVerfGE 56, 37 (41 f.).
390
Gegenstand der Entscheidung war § 100 KO i.d.F. d. Bek. v. 20.5.1898 (RGBl. S. 612), der den Gemeinschuldner verpflichtet, über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben. 391
Siehe § 5 VolkszählungsG 1983 v. 25.3.1982 (BGBl. I S. 369) und § 10 BStatG v. 14.3.1980 (BGBl. I S. 289), die die Auskunftspflicht der befragten Personen begründeten. 392
BVerfGE 65,1 (42 f.).
393
Vgl. BVerfGE 78, 77 (85); 80, 137 (167); 80, 367 (373); 84, 192 (195); 88, 87 (97); 89, 69 (82); 90,263 (270); 92, 191 (197); 93,181 (187). 394
BVerfGE 6, 32 (41); 38, 312 (320); 54,148 (153).
395
Vgl. BVerfGE 65, 1 (45 f.); 80, 367 (373 f.); 88, 87 (97); 89, 69 (82 f.); 90, 255
(260 f.). 7 R. G. Müller
9 8 T e i l 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG b) Beschränkungen der gewährten Freiheit Daß in die obige Gewährleistung durch die Auferlegung von Auskunftspflichten empfindlich eingegriffen werden kann, steht in der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts außer Frage. 396 Bereits in der Mikrozensus-Entscheidung gibt das Gericht in Form eines obiter dictum sogar zu erkennen, daß schon eine bewertungsneutrale Einsichtnahme des Staates in den skizzierten Freiheitsbereich „die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch den psychischen Druck öffentlicher Anteilnahme zu hemmen vermag" 3 9 7 und sich schon allein hierdurch als Grundrechtseingriff darstellen kann. Das Gericht versäumt es nicht, den hierin liegenden Hinweis auf die erhöhte Sensibilität des Rechts auf informationelle Selbstbestimung gegenüber staatlicher Informationserhebung auch im Volkszählungsurteil zu wiederholen. 398 Zudem betont es mit Blick auf die Gefährdungen dieses Rechts durch ein staatliches Auskunftsverlangen, daß es unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung „kein 'belangloses' Datum mehr" gibt. 3 9 9 Folglich steht jede Form hoheitlich auferlegter Auskunftspflichten dem grundsätzlich gewährten informationellen Freiheitsbereich des Einzelnen unmittelbar entgegen. 400
c) Verfassungsrechtliche
Rechtfertigung
Geht man im Anschluß hieran von der generellen Einschränkbarkeit der dargelegten Gewährleistung aus, so wirft sich die entscheidende Frage auf, unter welchen Bedingungen sich derartige Grundrechtseingriffe nun verfassungsrechtlich rechtfertigen lassen. Die Maßgaben, die sich diesbezüglich der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entnehmen lassen, sind relativ knapp. Ohne nähere Bezugnahme auf die Schrankentrias des Art. 2 Abs. 1 GG wird zur Beurteilung der materiellen Rechtmäßigkeit durchgängig auf die Gemeinschaftsbezogenheit
396
BVerfGE 27, 1 (7); 56, 37 (41 f.); 65, 1 (41, 44 f.); siehe ferner BVerfGE 78, 77 (84); 84, 192 (194). 397
BVerfGE 27, 1 (6 f.).
398
BVerfGE 65, 1 (42).
399
BVerfGE 65, 1 (44 f.).
400
Eingehend zu den mit einer Befragung einhergehenden Grundrechtsbeeinträchtigungen siehe oben Teil 3 A.
. Aukunspflichten (§ 9 Abs. nw.PolG)
99
und Gemeinschaftsgebundenheit des Bürgers verwiesen 401 und vornehmlich auf das Vorhandensein eines überwiegenden Allgemeininteresses abgestellt. 402 Welche Gründe hierbei zur Konkretisierungen dieses Allgemeininteresses in Betracht kommen können und von welchem Gewicht diese sein müssen, bleibt letztlich offen. Am Rande wird allerdings erwähnt, daß ein „überwiegendes Allgemeininteresse ... regelmäßig überhaupt nur an Daten mit Sozialbezug" bestehen wird 4 0 3 , so daß die verfassungsrechtliche Rechtfertigung letztlich in erster Linie an der Verhältnismäßigkeit der vorgesehenen Beschränkungen zu orientieren ist. 4 0 4 Betrachtet man parallel zu dieser Judikatur auch diejenigen Landesverfassungen, die mit einer eigenständigen Regelung zum Schutz von Daten mit Personenbezug aufwarten können 405 , lassen sich hinsichtlich der Rechtfertigung entsprechender Beschränkungen keinerlei Richtwerte ausmachen, die von der oben dargestellten Bewertung des Bundesverfassungsgerichts maßgeblich abweichen. Soweit die genannten Verfassungsregelungen überhaupt entsprechende Aussagen enthalten, lassen sie Eingriffe ebenfalls in Orientierung an einem überwiegenden Allgemeininteresse zu. 4 0 6 In Ergänzung hierzu verlangen sie allerdings zum Teil die konkrete Festsetzung der mit der Datenverarbeitung verfolgten Zwecke. 407 Lediglich die Verfassungen der Länder Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern nennen als Begrenzung der informationellen Selbstbestimmung darüber hinaus noch die Rechte Dritter. 40 8
401
BVerfGE 27, 1 (7); 56, 37 (49); 65, 1 (44); 80, 367 (373).
402
BVerfGE 65, 1 (44); 78,77 (85); 80, 367 (373); 92, 191 (197); 93, 181 (188).
403
BVerfGE 65, 1 (46).
404
Vgl. BVerfGE 65, 1 (44); 78, 77 (85); 90, 263 (271); 92, 191 (197).
405
Siehe Art. 33 beri.Verf., Art. 11 Abs. 1, 2 brandenb.Verf., Art. 6 Abs. 1 m.v.Verf., Art. 4 Abs. 2 nw.Verf., Art. 2 S. 2, 3 saarl.Verf., Art. 33 sächs.Verf., Art. 6 Abs. 1 s.anh.Verf., Art. 6 Abs. 2 thür.Verf. 406
So Art. 33 S. 3 beri.Verf., Art. 11 Abs. 2 S. 2 brandenb.Verf., Art. 6 Abs. 1 S. 2 m.v.Verf., Art. 4 Abs. 2 S. 2 nw.Verf., Art. 2 S. 3 saarl.Verf. 407
Vgl. Art. 11 Abs. 2 S. 1 brandenb.Verf. und Art. 6 Abs. 1 S. 3 s.anh.Verf.
408
So Art. 11 Abs. 1 S. 1 brandenb.Verf. und Art. 6 Abs. 1 S. 2 m.v.Verf.
100
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG aa) Überwiegende Allgemeininteressen
In Anbetracht dieser Prämissen ist zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Auferlegung von Auskunftspflichten vorerst allein der Maßstab der Allgemeininteressen in Betracht zu ziehen. Da eine hoheitliche Befragung allerdings die unterschiedlichsten Sachbereiche und Zwecksetzungen betreffen kann, können diese Interessen freilich nicht mit Allgemeingültigkeit präzisiert werden. 409 Auch die Frage nach der Qualität der Allgemeininteressen, die unter Umständen eine Auskunfts- bzw. Mitwirkungspflicht des Bürgers im Polizeirecht rechtfertigen können, läßt sich damit nur isoliert und unter Berücksichtigung der Besonderheiten dieser Materie beurteilen: Vor diesem Hintergrund wird vereinzelt vertreten, daß sich ein überwiegendes Allgemeininteresse an einer derartigen polizeilichen Informationserhebung mit einem Rückgriff auf die Belange der Inneren Sicherheit sowie unter Bezugnahme auf ein sogenanntes „Grundrecht auf Sicherheit" 410 rechtfertigen lasse. 411 Schon in grundsätzlicher Hinsicht bringt dieser Ansatz jedoch eine Reihe von Problemen mit sich. Was zunächst den Terminus der Inneren Sicherheit betrifft, ist zu berücksichtigen, daß dieser Begriff seinerseits vielschichtig und nur schwer eingrenzbar ist. 4 1 2 Demnach wird sich unter alleiniger Bezugnahme auf das übergeordnete Schutzgut der Inneren Sicherheit gewiß nicht jedes Mittel zur Realisierung dieses rechtsstaatlichen Zieles rechtfertigen lassen. 413 Da die staatliche Gewährleistung der Sicherheit ferner zumindest auch dem Schutz
409
So betrafen sowohl der Mikrozensus-Beschluß als auch das Volkszählungsurteil hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der vorgesehenen Befragungen freilich keinerlei Aspekte der öffentlichen Sicherheit, sondern allein die grundlegende Bedeutung einer statistischen Befragung als Grundlage für ein verantwortungsvoll planendes Staatshandeln; vgl. BVerfGE 27,1 (7); 65, 1 (47). 410
Hierzu J. Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 33 ff.
411
Vgl. Scholz!Pitschas, Informationelle Selbstbestimmung, S. 110 ff., 157 ff., 167 ff., 198; R. Scholz, Der Kriminalist, Heft 2/1988, 53 (53 f., 58); R. Pitschas, JZ 1993, 857 (857 f.); dens., Schriftenreihe der Polizei-Führungsakademie, Heft 1/1995, 71 (79 ff.). 412 Dazu V. Götz, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. ΙΠ, § 79 Rdnrn. 4 ff.; A. Dietel, „Innere Sicherheit" - Verheißung und reale Möglichkeit, in: H.P. Bull, Sicherheit durch Gesetze?, S. 57 ff. (58 f.); H. P. Bull y KritV 1995, 313 (316 f.). 413
Vgl. auch H. Bäumler y in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. J Rdnrn. 28 f.; E. Denninger y KritV 1986, 291 (295 f.).
. Aukunspflichten (§ 9 Abs. nw.PolG)
101
des Einzelnen dient 4 1 4 , kann ihr nicht ohne Bedenken zugleich auch die generelle Legitimation für Eingriffe in Rechtspositionen Einzelner entnommen werden. 415 Ahnlichen Bedenken begegnet auch die spezielle Bezugnahme auf ein „Grundrecht auf Sicherheit". Schon mit Blick auf dessen mangelnde verfassungsrechtliche Verankerung 416 kann die Anerkennung einer solchen Gewährleistung grundsätzlich bezweifelt werden. 417 Geht man gleichwohl von der Existenz eines derartigen Sicherheitsanspruchs aus, so läßt sich hiermit aber noch keineswegs rechtfertigen, zur Durchsetzung dieses Anspruchs auch unbeteiligte Bürger zur Mithilfe durch entsprechende Auskünfte zu verpflichten. Als Verpflichteter eines Grundrechts auf Sicherheit käme - wenn überhaupt ausschließlich der Staat in Betracht. 418 Neben diesen grundlegenden Bedenken hinsichtlich der obigen Konstruktion liegt deren „Achillesferse" aber vor allem darin, daß sich hierbei Verfassungswerte von unterschiedlicher Qualität in einer Waagschale befinden. Freilich kollidieren bei einer hoheitlich auferlegten Auskunftspflicht die Belange der Inneren Sicherheit mit denen der informationellen Selbstbestimmung des Einzelnen. 419 Doch bestehen durchgreifende Bedenken, diese Kollisionslage im Sinne praktischer Konkordanz 420 aufzulösen. 421 Denn da es sich bei den angeführten Sicherheitsbelangen um verfassungsrechtliche Schutzgüter han-
414
Vgl. H. P. Bull, KritV 1995, 313 (317).
415
A.A. R. Scholz, Der Kriminalist, Heft 2/1988,53 (57).
416
Neben den aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG herzuleitenden staatlichen Schutzpflichten [vgl. BVerfGE 39, 1 (41 f.); 46, 160 (164); 88, 203 (251)] ließe sich allein an Art. 99 S. 2 bay.Verf. v. 2.12.1946 (GVB1. S. 333), zul. geänd. d. Ges. v. 27.10.1995 (GVB1. S. 730) anknüpfen, wonach der Schutz der Einwohner durch die Gesetze, die Rechtspflege und die Polizei gewährleistet ist. 417
So E. Denninger, KritJ 1985, 215 (216 f.); ders., KritV 1986, 291 (297); A. Kowalczyk, Datenschutz im PolR, S. 21 f. 418 419
Vgl. V. Götz, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. ΙΠ, § 79 Rdnrn. 10 ff.
Vgl. auch A. Kowalczyk, Datenschutz im PolR, S. 20; M. Kloepfer, als Grundrecht, S. 28.
Datenschutz
420
Hierzu Κ . Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdnrn. 72, 318; K. Stern, Staatsrecht, Bd. ΠΙ/2, § 95 V 6 b, S. 1743 ff. 421
Ebenso Η Lisken, KritV 1988, 314 (332); ders., Schriftenreihe der Polizei-Führungsakademie, Heft 1/1995, 29 (41); a.A. H. Honnacker, Schriftenreihe der PolizeiFührungsakademie, Heft 4/1991, 78 (80); zurückhaltend V. Götz, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. ΙΠ, § 79 Rdnr. 24 und D. Grimm, KritV 1986, 38 (50 f.).
102
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
delt, denen letztlich die Qualität von Staatszielen zukommt 4 2 2 , wäre das Resultat einer einzelfallbezogenen Gegenüberstellung bereits vorgezeichnet. Ein Austarieren der vorgenannten Verfassungsweite mit der informationellen Selbstbestimmung des Einzelnen würde mit Blick auf den unterschiedlichen Rang dieser Güter jedesmal zum gleichen Ergebnis führen. 423 Denn notwendigerweise müßte dem Staatsziel hierbei grundsätzlich der Vorzug gegenüber dem Grundrecht gegeben werden, so daß auch im vorliegenden Kontext das Recht auf informationelle Selbstbestimmung regelmäßig zugunsten der Effektivität der polizeilichen Aufgabenerfüllung zurücktreten müßte. Mithin ist zu konstatieren, daß sich ein überwiegendes Allgemeininteresse an einer Auskunftspflicht des Einzelnen gegenüber der Polizei nicht allein an Hand der Belange der Inneren Sicherheit oder eines „Grundrechts auf Sicherheit" rechtfertigen läßt.
bb) Die Rechte Dritter Dieser Befund hat zur Konsequenz, daß die Frage der verfassungsrechtlichen Legitimation einer Mitwirkungs- bzw. Auskunftspflicht des Bürgers im Rahmen polizeilicher Aufgabenwahrnehmung aus einem veränderten Blickwinkel zu betrachten ist. Denn der Umstand, daß die obige Konstruktion vor allem an der mangelnden Gleichrangigkeit der kollidierenden Rechtsgüter krankt, läßt nunmehr solche Rechtsgüter in den Vordergrund rücken, die einer Güterabwägung mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung zumindest grundsätzlich zugänglich sind. Damit stehen in erster Linie die in Art. 2 Abs. 1 GG genannten „Rechte anderer" zur Diskussion, die sonst nur sehr vereinzelt als verfassungsrechtliche Begrenzung dieser Gewährleistung erwähnt werden. 424 Hierbei ist jedoch zu betonen, daß das Recht auf informationelle Selbstbestimmung freilich auch in dieser Konstellation nicht von vornherein zurücktreten wird, soweit durch dessen Ausübung nur in irgendeiner Form die Rechte anderer, also vor allem
422
BVerfGE 49, 24 (56 f.); V. Götz, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. ΠΙ, § 79 Rdnrn. 1,3. 423
Vgl. auch H. Bäumler, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. J Rdnr. 28 f.; H. Lisken, KritV 1988, 314 (332). 424
BVerfGE 84, 192 (195); Art. 11 Abs. 1 S. 1 brandenb.Verf.; Art. 6 Abs. 1 S. 2 m.v.Verf.
. Aukunspflichten (§ 9 Abs. nw.PolG)
103
die Grundrechte Dritter 4 2 5 , beeinträchtigt werden. 426 Eine Beschränkung dieser Gewährleistung wird sich vielmehr nur verfassungsrechtlich rechtfertigen lassen, falls die Abwägung der kollidierenden Rechtspositionen nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eindeutig zugunsten der Belange Dritter ausfallen sollte. 427 Hinterfragt man nunmehr, inwiefern sich die Ausübung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung - hier in Form der Nichterteilung von Auskünften - als eine Beeinträchtigung der Rechte Dritter darstellen kann, so ist hervorzuheben, daß den hier in Rede stehenden Situationen regelmäßig ein Dreiecksverhältnis zwischen dem gefährdeten Dritten, der um Auskunft ersuchenden Polizei sowie einer potentiell zur Auskunft verpflichteten Person zugrundeliegen wird. 4 2 8 Soweit der Polizei hierbei überhaupt der Schutz der Rechte der gefährdeten Person obliegt 4 2 9 , wird sich die Nichterteilung von Auskünften sodann nur in solchen Fällen als eine Beeinträchtigung der Rechte dieser Person erweisen können, in denen die Polizei zur Abwehr der Gefahr auf die Auskunftserteilung zwingend angewiesen ist. 4 3 0 Generell kann ein derartig dringlicher Auskunftsbedarf jedoch nur angenommen werden, wenn eine konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person besteht und ein Dritter auf Grund seiner Nähe zu dieser Gefahr über besondere Sachinformationen verfügt. 431 Denn allein bei einer solchen Gefährdungslage stehen dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung derartig hochrangige Rechtsgüter Dritter gegenüber, daß eine Abwägung mit Blick auf die soziale Dimension der
425
Vgl. P. Kunig, in: v. Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Bd. I, Art. 2 Rdnr. 20; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Bd. I, Art. 2 Abs. 1, Abschn. III Rdnr. 13. 426
BVerfGE 84, 192(195).
427
Vgl. BVerfGE 56, 37 (49 f.); Ch. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, Bd. I, Art. 2 Abs. 1 Rdnr. 21. 428 429
Vgl. hierzu oben Teil 3 A.
Dazu ausführlich E. Denninger, Rdnrn. 18 ff.
in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. E
430
So auch E. Rasch, Allg. POR, in: C.H. Ule, Verwaltungsgesetze des Bundes und der Länder, Bd. ΠΙ, Erster Halbband, § 11 ME Rdnr. 6. 431
In diesem Sinne betont auch J. Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 46, daß die „Inanspruchnahme des Nichtstörers nur als ultima ratio grundrechtlich zumutbar ist."
104
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
Grundrechtsausübung 432 notwendigerweise zugunsten der gefährdeten Rechtspositionen ausfallen muß. 4 3 3
3. Konsequenzen Nach alledem wird eine Mitwirkungs- bzw. Auskunftsverpflichtung des Bürgers daher in erster Linie solche Konstellationen betreffen, in denen besonders hochrangige Rechtsgüter einer Person gefährdet sind. Die Verpflichtung, im Rahmen einer solchen Gefährdungslage helfend einzuschreiten, beruht jedoch weder auf gesetzlicher Grundlage noch wird sie dem Einzelnen im Sinne eines „informationellen Sonderopfers" auferlegt. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine soziale Grund- oder Hilfspflicht 4 3 4 , die in einigen Landesverfassungen ausdrücklich genannt ist 4 3 5 und sich etwa auch in den Regelungen der §§ 6, 10 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 nw.PolG widerspiegelt. In Orientierung an Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG gebieten derartige Grundpflichten zwar vor allem, Beeinträchtigungen der Rechte Dritter zu unterlassen. 436 Doch ist ihnen bei Gefährdungen besonders hochrangiger Rechtsgüter, also insbesondere bei Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, zugleich auch die Verpflichtung zu entnehmen, die Rechte Dritter durch aktives Handeln zu schützen 4 3 7 , so daß sich auch die Verpflichtung zur Kundgabe gefahrenspezifischer Informationen letztlich als Konsequenz eines erhöhten Sozialbezugs derartiger Informationen darstellt. 438 432
Dazu etwa H.-U. Erichsen, Jura 1987, 367 (372); R. Baumann, DVB1. 1984, 612
(614). 433
Vgl. VerfGH Sachs., LKV 1996, 273 (285).
434
Hierzu ausführlich, O. Luchterhandt, Grundpflichten als Verfassungsproblem, S. 51 ff., 381, 452 ff.; V. Götz., VVDStRL 41 (1983), S. 7 ff. (12 f., 28). 435
Vgl. Art. 122 bay.Verf.; Art. 17 berl.Verf.; Art. 10 brem.Verf. v. 21.10.1947 (GBl. S. 251), zul. geänd. d. Ges. v. 1.11.1994 (GBl. S. 289); Art. 22 rh.pf.Verf. v. 18.5.1947 (VOB1. S. 209), zul. geänd. d. Ges. v. 12.10.1995 (GVB1. S. 405); Art. 19 Abs. 1 saarl.Verf. 436
O. Luchterhandt, Grundpflichten als Verfassungsproblem, S. 452.
437
Vgl. O. Luchterhandt, aaO, S. 456 f.; G. Dürig, AöR 79 (1953/54), S. 57 ff. (82); deutlich Art. 10 brem.Verf.: „Bei Unglücksfällen ... besteht eine allgemeine Verpflichtung zu gegenseitiger Hilfeleistung."; Art. 22 rh.pf.Verf.: „Jedermann ist bei Unglücksfällen ... zur Leistung von Nothilfe verpflichtet." 438
Vgl. auch BVerfGE 65,1 (46); 80, 367 (373 f.).
F. Auskunftsverweigerungsrechte
105
Aus verfassungsrechtlicher Perspektive ist die in § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG vorgesehene Verpflichtung zur Auskunft, soweit gesetzliche Handlungspflichten bestehen, demnach auf die Konstellationen zu beschränken, in denen die betreffenden Informationen zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich sind. Dies hat zudem zur Konsequenz, daß die Anforderungen an die Auferlegung einer Auskunftspflicht so auch qualitativ mit den Anforderungen übereinstimmen, die an die Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen gemäß § 6 Abs. 1 nw.PolG sowie an die zwangsweise Durchsetzung einer Vorladung nach § 10 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 nw.PolG gestellt werden.
F. Auskunftsverweigerungsrechte Wenn auch im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens die Frage etwaiger Auskunftsverweigerungsrechte von Anfang an erörtert wurde 4 3 9 und in den Gesetzentwürfen zunächst auch diesbezügliche Regelungen vorgesehen war e n 4 4 0 , läßt die gegenwärtige Fassung des § 9 nw.PolG eine entsprechende Regelung vermissen. In Konsequenz hieraus müßte der Einzelne dem auch zwangsweise durchsetzbaren polizeilichen Auskunftsverlangen 441 beispielsweise etwa auch dann Folge leisten, wenn er sich hierdurch der Begehung einer Straftat bezichtigen würde. Daß dieser Umstand in rechtsstaatlicher Hinsicht aber keinesfalls befriedigend ist, läßt sich unmittelbar den Direktiven des Volkszählungsurteils 442 entnehmen. Das Bundesverfassungsgericht betont hier mit Nachdruck, daß der Gesetzgeber hinsichtlich der Datenverarbeitungsregelungen „mehr als früher auch organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen [hat], welche der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts entgegenwirken." 4 4 3 Bereits vor dem Hintergrund dieses Appells an die dem Gesetzgeber 439
Vgl. LT-Drucks. NW 10/3421, S. 28; LT-Drucks. NW 10/3997, S. 33; LTDrucks. NW 10/5071, S. 79, 83; LT-Drucks. NW 10/5134, S. 1; LT-Prot. NW 10/7852. 440
Siehe § 8a Abs. 2 S. 2 des Gesetzentwurfs der Fraktion der F.D.P. (LT-Drucks. NW 10/3421, S. 4) und § 8b Abs. 3 des Gesetzentwurfs der Landesregierung (LTDrucks. NW 10/3997, S. 4). 441
Siehe hierzu unten Teil 4 JIV 2.
442
BVerfGE 65,1 ff.
443
BVerfGE 65, 1 (44).
106
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
obliegenden Schutzpflichten wird deutlich, daß die effektive Gewährleistung informationeller Selbstbestimmung nicht nur bereichsspezifische Eingriffsbefugnisse, sondern zugleich auch flankierende Regelungen für einen Grundrechtsschutz durch Verfahren erfordert. 444 Daß zu diesen Verfahrensregelungen gewiß auch solche gehören, die dem Befragten bei Vorliegen entsprechender Umstände ein Recht zur Verweigerung hoheitlich verlangter Auskünfte einräumen, liegt auf der Hand. So setzt etwa auch das Bundesverfassungsgericht die Grenzen eines überwiegenden Allgemeininteresses an einer Befragung dort an, wo diese intime Angaben oder Selbstbezichtigungen zum Gegenstand hätte. 445 Anders als durch die Anerkennung eines solchen, der Befragung unzugänglichen Persönlichkeitsbereiches könnte der Einzelne nicht vor unzumutbaren Eigen- oder Fremdbelastungen durch die Erteilung von Auskünften geschützt werden. 446 Damit ist die Frage aufgeworfen, in welcher Form sich das rechtsstaatliche Defizit fehlender Auskunftsverweigerungsrechte im Regelungsbereich des § 9 nw.PolG überbrücken läßt. Zur Schließung der vorgefundenen Gesetzeslücke könnte zunächst ein Rückgriff auf entsprechende Regelungen anderer Gesetzesmaterien in Betracht kommen.
L Rückgriff auf § 26 Abs. 2 S. 4 nw.VwVfG? Namentlich Ch. Gusy vertritt diesbezüglich den Standpunkt, daß das Fehlen von Auskunftsverweigerungsrechten in § 9 nw.PolG durch eine Anwendung des § 26 Abs. 2 S. 4 nw.VwVfG 4 4 7 zu überwinden sei. 4 4 8 Insofern sei es auch nur konsequent, daß die Regelung des § 9 Abs. 6 nw.PolG keinerlei Beleh-
444
Vgl. BVerfGE 65,1 (44, 46, 58 f.); VerfGH Sachs., LKV 1996, 273 (285 f.).
445
Siehe BVerfGE 65, 1 (46); 89, 69 (82 f.).
446
Vgl. hierzu auch VerfGH Sachs., LKV 1996, 273 (285).
447
Nw.VwVfG v. 21.12.1976 (GVB1. S. 438), zul. geänd. d. Ges. v. 22.11.1994 (GVB1. S. 1064). 448
Ch. Gusy, NVwZ 1991, 614 (618); ders., PolR, Rdnr. 193; ihm folgend Schollerl Schioer, Grundzüge des POR, S. 104 und W.-R. Schenke, POR, in: U. Steiner, Bes. VerwR, Rdnr. 121, die aber wohl übersehen, daß § 26 Abs. 2 Bd.VwVfG v. 25.5.1976 (BGBl. I S. 1253), zul. geänd. d. Ges. v. 12.9.1996 (BGBl. I S. 1354) eine derartige Regelung gerade nicht vorsieht.
F. Auskunftsverweigerungsrechte
107
rungspflichten hinsichtlich eines Auskunftsverweigerungsrechts der befragten Person vorsehe. 449 Der hier vorgeschlagene Rückgriff auf die Regelung des Verwaltungsverfahrensgesetzes begegnet indes durchschlagenden Bedenken. Zunächst ist in systematischer Hinsicht anzumerken, daß das Polizeigesetz gegenüber dem Verwaltungsverfahrensgesetz nicht nur die speziellere, sondern zudem auch die jüngere Gesetzesmaterie darstellt. 450 Mit einem Rückgriff auf § 26 nw.VwVfG ginge folglich ein Verstoß gegen die Grundsätze, daß die spezielle Norm der allgemeinen vorgeht und daß das spätere Gesetz Vorrang gegenüber dem früheren genießt 451 , einher. 452 Darüber hinaus spricht aber auch die Entstehungsgeschichte des § 9 nw.PolG gegen eine Anwendung des § 26 Abs. 2 S. 4 nw.VwVfG. Während des gesamten Gesetzgebungsverfahrens ging man hinsichtlich der Befragung stets von einer entsprechenden Geltung der Zeugnis- bzw. Auskunftsverweigerungsrechte der §§ 52 ff. StPO aus und sah diesbezüglich auch entsprechende Belehrungspflichten vor. 4 5 3 Gesetzestechnisch war ein Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsverfahrens demnach zu keinem Zeitpunkt in Erwägung gezogen worden. Hierfür spricht zudem der Umstand, daß im Rahmen der Vorladung nach § 10 nw.PolG das Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen für entsprechend anwendbar erklärt worden ist (§ 10 Abs. 5 nw.PolG). Wäre der Gesetzgeber grundsätzlich von der subsidiären Geltung des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausgegangen, hätte es dieser Regelung mit Blick auf § 26 Abs. 3 S. 2 nw.VwVfG nicht bedurft. Damit ist zu konstatieren, daß einem Rückgriff auf § 26 Abs. 2 S. 4 nw.VwVfG im Regelungsbereich des § 9 nw.PolG aus systematischen Gesichtspunkten der Weg verstellt ist. 4 5 4
449
So Ch. Gusy, PolR, Rdnr. 193.
450
Die Regelung des § 26 Abs. 2 S. 4 nw.VwVfG wurde durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Datenschutzes vom 15.3.1988 in das nw.VwVfG eingefügt (GVB1. S. 160); siehe hierzu H. Waldhausen, VwVfG NW, § 26 Erl. 4. 451
Dazu P.J. Tettinger, Juristische Arbeitstechnik, S. 36 f.
452 Ygj z u r Subsidiarität des nw.VwVfG gegenüber dem Ordnungsrecht auch H. Waldhausen, VwVfG NW, Einführung Nr. 3. 453
Siehe § 8a Abs. 2 S. 2, 4 des Gesetzentwurfs der Fraktion der F.D.P. (LTDrucks. NW 10/3421, S. 4) sowie § 8a Abs. 2 S. 2 und § 8b Abs. 3 des Gesetzentwurfs der Landesregierung (LT-Drucks. NW 10/3997, S. 4). 454
So im Ergebnis auch Schollerl Schioer, Grundzüge des POR, S. 104, die ihren Standpunkt jedoch allein mit der äußerst bedenklichen Begründung zu stützen versu-
108
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
II. Analoge Anwendung der §§ 52 ff. StPO? Weiterhin ließe sich daran denken, das Fehlen von Auskunftsverweigerungsrechten im Anwendungsbereich des § 9 nw.PolG durch eine entsprechende Anwendung der Zeugnis- bzw. Auskunftsverweigerungsrechte der §§ 52 ff. StPO zu korrigieren. 455 Eingangsvoraussetzung für den Rückgriff auf eine Analogie ist allerdings das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke. 456 Somit kommt auch vorliegend eine analoge Anwendung der §§ 52 ff. StPO nur dann in Betracht, falls der nordrhein-westfälische Gesetzgeber das Recht zur Auskunftsverweigerung unbewußt nicht mit in den Regelungsbereich des § 9 nw.PolG aufgenommen haben sollte. Mit Blick auf die Entstehungsgeschichte der Norm ist dies jedoch nicht der Fall. Der Problemkreis der Auskunftsverweigerungsrechte läßt sich nicht nur bis zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens zurückverfolgen. 457 Vielmehr ist insbesondere herauszustellen, daß der Ausschuß für innere Verwaltung in seinem Abschlußbericht hinsichtlich eines entsprechenden Antrags der CDU-Fraktion vertrat, daß der Verweis auf die Regelungen der §§ 52 ff. StPO im Rahmen der polizeilichen Befragung „überflüssig" sei, da „abschließend geregelt [sei], wonach die Polizei fragen darf." 4 5 8 Der daraufhin von der Fraktion der CDU erneut gestellte Änderungsantrag, der nochmals mit Nachdruck auf das Erfordernis einer Anwendung der Auskunftsverweigerungsrechte der §§ 52 ff. StPO hinwies 4 5 9 , wurde schließlich ebenfalls abgelehnt. 460 Damit kann festgehalten werden, daß einer analogen Anwendung der §§ 52 ff. StPO im Rahmen des § 9 nw.PolG der bewußte Regelungsverzicht des Gesetzgebers klar entgegensteht.
chen, daß aus der „Konzeption der neuen Polizeigesetze, nämlich die optimale Informationsbeschaffung zuzulassen, eher eine den § 26 VwVfG verdrängende Regelung" herauszulesen sei. 455
So K. Habermehl JA 1990, 331 (333); H.-U. Erichsen, Jura 1993, 45 (46); H. Tegtmeyer, PolG NW, § 10 Rdnr. 18. 456
Vgl. K. Lorenz, Methodenlehre, S. 401.
457
Vgl. LT-Drucks. NW 10/3421, S. 28; LT-Drucks. NW 10/3997, S. 33.
458
LT-Drucks. NW 10/5071, S. 79.
459
LT-Drucks. NW 10/5134, S. 1.
460
LT-Prot. NW 10/12025 f.
F. Auskunftsverweigerungsrechte
109
III. Auskunftsverweigerungsrechte als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsprinzips Zur Schließung der vorgefundenen Regelungslücke kommt daher allein der Rückgriff auf ein allgemeines Rechtsprinzip in Betracht. 461 Vorliegend läßt sich der rechtsstaatliche Verfahrensgrundsatz nutzbar machen, daß niemand zu einer Selbstbezichtigung gezwungen werden kann („nemo tenetur se ipsum accusare"). Dieser Grundsatz ist nicht nur in Art. 14 Abs. 3g des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte 462 ausdrücklich verankert, sondern läßt sich zudem auch den Gewährleistungen der Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG entlehnen. 463 Er gebietet, in den Fällen auf die Durchsetzung von Offenbarungspflichten zu verzichten, in denen sich der Befragte durch die Erteilung der verlangten Auskünfte selbst belasten würde. 4 6 4 Da die anderenfalls drohende Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Befragten grundsätzlich auch bei einer entsprechenden Belastung Angehöriger auftreten kann, ist dieses verfahrensrechtliche Schutzprinzip zudem auch auf den Angehörigenbereich zu erstrecken. 465 Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der dargelegte Grundsatz auch jenseits des Strafverfahrens von Rechtsprechung 466 und Literatur 467 bereits seit langem anerkannt wird, muß er nunmehr als ein allgemeingültiges Rechtsprinzip angesehen werden. 468 Betrachtet man dessen einfachgesetzliche Aus-
461
Vgl. insoweit auch K. Larenz, Methodenlehre, S. 381, 401 f.
462
IPbürgR v. 19.12.1966 (BGBl. 1973 Π S. 1534); in Kraft getreten für die Bundesrepublik gem. Bek. v. 14.6.1976 (BGBl. Π S. 1068). 463
Siehe hierzu M. Nothhelfer, Die Freiheit von Selbstbezichtigungszwang, S. 63 ff., 77 ff.; P. Heckel, Das Informationsrecht der Verwaltung, S. 223 ff.; ferner VGH Hess., DÖV 1996, 616. 464
Vgl. etwa BGHSt 1, 39 (40); 14, 358 (364 f.).
465
P. Heckel aaO, S. 229 f.
466
Vgl. BVerfGE 38, 105 (114 f.); 55, 144 (150 f.); 56, 37 (43 f.); 65, 1 (46); 80, 109(121). 467
Siehe vor allem M. Nothhelfer, Die Freiheit von Selbstbezichtigungszwang, S. 63 ff. m.w.N.; P. Heckel, Das Informationsrecht der Verwaltung, S. 223, 228 f.; K.E. Thomä, Auskunfts- und Betriebsprüfungsrecht der Verwaltung, S. 63 ff. 468
Vgl. M. Nothhelfer, aaO, S. 83.
110
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
Prägungen 469 , so besteht der Grundkonsens dieser Regelungen darin, daß von einem Recht zur Auskunftsverweigerung regelmäßig dann auszugehen ist, falls der Befragte sich oder einen seiner Angehörigen sonst der Gefahr einer Strafverfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. 470 Da keinerlei Gründe ersichtlich sind, von diesen Maßgaben gerade im Rahmen des Polizeirechts eine Ausnahme zu machen 471 und die Alternative eines Verbots, die erlangten Informationen anderweitig zu verwerten 472 , einer nicht zu verkennenden Mißbrauchsgefahr begegnet 473 , ist schließlich auch im Regelungsbereich der Befragung nach § 9 nw.PolG von einem Auskunftsverweigerungsrecht obiger Art auszugehen. Insbesondere mit Blick auf das Erfordernis, daß der Befragte hinsichtlich seiner Auskunftsverweigerungsrechte auch zu belehren i s t 4 7 4 , erscheint es angebracht, die jetzige Fassung des § 9 nw.PolG durch eine entsprechende Regelung zu ergänzen.
G. Unzulässige Befragungsmethoden Der nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu gewährleistende Grundrechtsschutz durch Verfahren gebietet nicht nur, das Persönlichkeitsrecht des Befragten hinsichtlich der Frage des „Ob" der Informationserhebung hinreichend zu schützen. Vielmehr ist der Gesetzgeber hiernach zudem verpflichtet, durch verfahrensrechtliche Schutzvorkehrungen auch dafür Sorge zu tra469
Siehe § 23 Abs. 3 BNatSchG, § 116 Abs. 3 BSHG, § 42 Abs. 2 BundeswaldG, § 22 Abs. 3 GaststättenG, § 25 Abs. 4 GenTG, § 7 Abs. 1 S. 2 GSG, §§ 17 Abs. 3, 111 Abs. 3 HandwO, § 38 Abs. 5 PflSchG, § 4 Abs. 2 S. 1 PTSG, §§ 98 Abs. 2 S. 2, 99 S. 3, 100 Abs. 2 SGB X, § 73 Abs. 6 TierSG, § 46 Abs. 1 S. 2 WaffG, § 131 Abs. 3 Nr. 5 AktG, §§ 136 Abs. 1 S. 2, 243 Abs. 4 S. 1 StPO. 470
Vgl. auch § 55 Abs. 1 StPO sowie § 384 Nr. 2 ZPO i.d.F. v. 12.9.1950 (BGBl. S. 533), zul. geänd. d. Ges. v. 28.10.1996 (BGBl. IS. 1546). 471
So aber Schollerl Schioer, Grundzüge des POR, S. 104; Honnackerl Beinhof er, PAG, Art. 12 Erl. 4; H.-G. König, Polizei und Datenschutz in Bayern, S. 53. 472
So K. Würz, Polizeiaufgaben und Datenschutz Bd.Wtt., Rdnr. 155; ausführlich C.-E. Eberle , Zum Verwertungsverbot für rechtswidrig erlangte Informationen im Verwaltungsverfahren, in: GS W. Martens, S. 351 ff. 473 474
Siehe insoweit auch VGH Hess., DÖV 1996, 616.
Vgl. nur § 55 Abs. 2 StPO und § 383 Abs. 2 ZPO; a.A. H. Tegtmeyer, NW, § 10 Rdnr. 18.
PolG
G. Unzulässige Befragungsmethoden
111
gen, daß die befragte Person nicht durch das „Wie", die Art und Weise der Erhebung, in ihren Grundrechten verletzt wird. 4 7 5 Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist es auch im Rahmen einer polizeilichen Befragung geboten, den Bürger vor Beeinträchtigungen seiner Freiheit zur Willensentschließung und Willensbetätigung durch unzulässige Befragungsmethoden - wie etwa Täuschungen über Verwendung und Tragweite der verlangten Auskünfte - zu schützen. 476
L Anwendbarkeit des § 136a StPO? So sah auch der nordrhein-westfälische Gesetzgeber für die Neuregelung der polizeilichen Befragung zunächst eine entsprechende Anwendung des § 136a StPO (Verbotene Vernehmungsmethoden) vor. 4 7 7 Die Aufnahme einer diesbezüglichen Bestimmung in den Regelungskontext des § 9 nw.PolG wurde jedoch vom Ausschuß für Innere Verwaltung - wie zuvor schon hinsichtlich der Regelung der Auskunftsverweigerungsrechte - letztlich als „überflüssig" erachtet. 478 Zwar ließe sich nunmehr erwägen, die Aussage des § 10 Abs. 4 nw.PolG, wonach die Regelung des § 136a StPO im Rahmen der Vorladung entsprechend anzuwenden ist, auch für die Regelung der polizeilichen Befragung nutzbar zu machen 4 7 9 , doch spricht die deutlich zum Ausdruck gekommene, bewußte Abkehr des Gesetzgebers von der Vorschrift des § 136a StPO 4 8 0 schließlich klar gegen jede Form der Analogie.
475
Vgl. BVerfGE 65,1 (44, 46,59); VerfGH Sachs., LKV 1996, 273 (285 f.).
476
In diesem Sinne bereits Dr ewslWackeIVogellMartens, Gefahrenabwehr, S. 194 und E. Rasch, Allg. POR, in: C.H. Ule, Verwaltungsgesetze des Bundes und der Länder, Bd. ΙΠ, Erster Halbband, § 11 ME Rdnr. 10. 477
Siehe § 8a Abs. 4 des Gesetzentwurfs der Fraktion der F.D.P. (LT-Drucks. NW 10/3421, S. 5) und § 8b Abs. 3 des Gesetzentwurfs der Landesregierung (LT-Drucks. NW 10/3997, S. 4). 478
LT-Drucks. NW 10/5071, S. 79; Aussch.-Prot. NW 10/1358, S. 7.
479
Vgl. K. Habermehl, JA 1990, 331 (333).
480
Siehe LT-Drucks. NW 10/5071, S. 79. Der diesbezüglich von der Fraktion der CDU gestellte Änderungsantrag (LT-Drucks. NW 10/5134), der auf das Erfordernis einer entsprechenden Geltung des § 136a StPO im Rahmen des § 9 nw.PolG nochmals ausdrücklich hinwies, wurde ebenfalls abgelehnt (LT-Prot. NW 10/12025 f.).
112
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
II. Rückgriff auf tragende Konstitutionsprinzipien Es bleibt jedoch in Anrechnung zu bringen, daß bereits Art. 3 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten 481 sowie Art. 7 S. 1 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte ausdrücklich festschreiben, daß niemand einer erniedrigenden Behandlung unterworfen werden darf. Zudem bestimmt Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG, daß die Würde des Menschen unantastbar ist. Diesen Konstitutionsprinzipien kann entnommen werden, daß vor allem im Verfahrensrecht solche Maßnahmen unzulässig sind, die in irgendeiner Form geeignet sind, den Willen der betroffenen Person zu beeinträchtigen. 482 Das Verbot derartiger Methoden, das sich im Bereich des Strafprozesses in § 136a StPO widerspiegelt, ist als Ausdruck eines rechtsstaatlichen Grundprinzips aber freilich in allen Verfahrensarten zu beachten 483 und gilt demnach grundsätzlich auch im Rahmen des Polizeirechts. 484 Zwar wird vereinzelt 485 in Erwägung gezogen, in Sondersituationen - wie etwa bei Geiselnahmen - eine Ausnahme von diesem Grundsatz zu machen und der Polizei im Rahmen der Verhandlung mit den Geiselnehmern auch die Möglichkeit von Täuschungen einzuräumen. 486 Hiernach wäre es dann beispielsweise zulässig, einen Geiselnehmer durch die Zusage von Straffreiheit oder das Inaussichtstellen der Inhaftierung eines nahen Angehörigen zu täu481
EMRK v. 4.11.1950 (BGBl. 1952 Π S. 685, ber. S. 953), zul. geänd. d. Prot. v. 19.3.1985 (BGBl. 1989 Π S. 546); in Kraft getreten für die Bundesrepublik gem. Bek. v. 15.12.1953 (BGBl. 1954 Π S. 14). 482 V g l BVerfGE 28, 386 (391); 72, 105 (115); BGHSt 14, 358 (364); E. Benda, in: Benda/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, § 6 Rdnr. 20; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Bd. I, Art. 1 Abs. 1, Abschn. Π Rdnrn. 34 f. 483
So deutlich J.M. Wintrich, Zur Problematik der Grundrechte, S. 17 f.; E. Benda, Privatsphäre und „Persönlichkeitsprofil", in: FS W. Geiger, S. 23 ff. (35); K.E. Thomä, Auskunfts- und Betriebsprüfungsrecht der Verwaltung, S. 75 ff. 484
Vgl. E. Rasch, Allg. POR, in: C.H. Ule, Verwaltungsgesetze des Bundes und der Länder, Bd. ΙΠ, Erster Halbband, § 11 ME Rdnr. 10; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 194; H. Lisken, Polizei und Justiz unter dem Grundgesetz, in: H.P. Bull, Sicherheit durch Gesetze?, S. 93 ff. (102); H.-H. Schild, NVwZ 1990, 738 (741); 0. Lagodny, StV 1996, 167 (170 f.); E. Weiler, GA 143 (1996), S. 101 ff. (114 f.); bezüglich informatorischer Befragungen AG München, StV 1990, 104 f. sowie AG Delmenhorst, StV 1991,254. 485
Vgl. F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 182.
486
Siehe hierzu auch W. Brugger, VB1BW 1995, 446 ff.
H. Aufklärungspflichten (§ 9 Abs. 6 nw.PolG)
113
sehen und so zur Erteilung umfassender Auskünfte zu veranlassen. 487 Da sich die Würde des Menschen jedoch selbst zugunsten eines anderen, hochwertigen Rechtsgutes in keinem Fall relativieren l ä ß t 4 8 8 , ist auch im Anwendungsbereich der polizeilichen Befragung von einer ausnahmslosen Geltung des Verbots unzulässiger Befragungsmethoden auszugehen.489 Damit kann festgehalten werden, daß die gegenwärtige Regelung der polizeilichen Befragung aus Gründen der Klarstellung durch eine Bestimmung hinsichtlich unzulässiger Befragungsmethoden flankiert werden sollte. Als Standorte dieser Regelung kommen entweder § 9 nw.PolG selbst oder § 55 Abs. 2 nw.PolG in Betracht, der bereits die Anwendung unmittelbaren Zwangs zur Abgabe einer Erklärung ausschließt. Im Bereich der Vorladung nach § 10 nw.PolG ist der Verweis auf § 136a StPO (§ 10 Abs. 4 nw.PolG) allerdings systematisch verfehlt, da die Befugnis zur Vorladung bzw. Vorführung - spätestens seit Schaffung des § 9 nw.PolG - keinerlei Befugnis zur Befragung vermittelt. 490
H. Aufklärungspflichten (§ 9 Abs. 6 nw.PolG) Zur Gewährleistung eines effektiven Grundrechtsschutzes durch Verfahren ist es im weiteren geboten, die von der Datenerhebung betroffene Person über die Durchführung sowie die jeweiligen Rechtsgrundlagen der Datenerhebung
487
In diesem Sinne auch F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 182. 488
Vgl. BVerfGE 72, 105 (115); J.M. Wintrich, Zur Problematik der Grundrechte, S. 18; H.D. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 1 Rdnr. 10. 489 So auch deutlich H. Ebel, Kriminalistik 1995, 825 (827 f.); Drews/Wacke/Vogelf Martens, Gefahrenabwehr, S. 194. 490
Demnach kann die Vorladung aber auch nicht als Maßnahme der Datenerhebung eingestuft werden. Bei der Vorladung gemäß § 10 nw.PolG handelt es sich um eine Hilfsmaßnahme für Befragungen gemäß § 9 nw.PolG sowie für erkennungsdienstliche Maßnahmen nach § 14 nw.PolG (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2 nw.PolG). Werden bei einer vorgeladenen Person Daten durch Befragung oder erkennungsdienstliche Maßnahmen erhoben, so stützt sich diese Datenerhebung jedoch allein auf § 9 bzw. § 14 nw.PolG und nicht etwa auf § 10 nw.PolG selbst. Die Verortung des § 10 nw.PolG im Gesetzesabschnitt „Datenverarbeitung" bzw. im Titel „Datenerhebung" ist damit unangebracht. 8 R. G. Müller
114
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
aufzuklären und zu belehren. 491 Eine derartige Aufklärung des Bürgers steht nicht allein im Dienste der Transparenz des Verwaltungshandelns, sondern dient in erster Linie dem Rechtsschutz des Betroffenen. 492 Die hierzu in § 9 Abs. 6 nw.PolG vorgesehene Regelung der Aufklärungspflichten der Polizei ist als Regel-Ausnahme-Vorschrift konzipiert. Hiernach ist bei einer Datenerhebung durch eine polizeiliche Befragung grundsätzlich von einer Aufklärungspflicht über die Rechtsvorschriften für die Datenerhebung sowie entweder über eine bestehende Auskunftspflicht oder über die Freiwilligkeit der Auskunft auszugehen. Eine derartige Aufklärung kann jedoch unterbleiben, falls sie offenkundig unangemessen wäre oder die Erfüllung der polizeilichen Aufgaben erheblich erschweren oder gefährden würde. 493 Nimmt man die Regel-Aussage des § 9 Abs. 6 nw.PolG in den Blick, so ist zunächst herauszustellen, daß die genannten Aufklärungspflichten freilich nur gegenüber Personen bzw. Stellen des privaten Bereichs gelten. 494 Die mit dieser Einschränkung grundsätzlich erforderliche Aufklärung über die Rechtsgrundlagen der Datenerhebung erstreckt sich hinsichtlich der polizeilichen Befragung auf den Tatbestand und die Rechtsfolgen des § 9 Abs. 1 nw.PolG sowie den Umfang der Auskunftspflichten gemäß § 9 Abs. 2 nw.PolG. Hierbei ist die befragte Person zudem in groben Zügen über die abzuwehrende Gefahrenlage zu unterrichten. 495
491
So ausdrücklich BVerfGE 65, 1 (46, 59); C. Schmid , BÜRP, Heft 1/1992, 35 (37 f.); a.A. D. Heckmann, VB1BW 1992, 164 (170), der eine verfassungsrechtlich verbürgte Belehrungspflicht gegenüber dem Betroffenen ablehnt. 492
Demgegenüber Kay/Böcking, PolR NW, Rdnr. 114: „Die Aufklärungspflicht soll bei den Bürgern das Gefühl verstärken, daß die Polizei gesetz- und rechtmäßig handelt." 493
Bedenklich ist in diesem Zusammenhang die durch Änderung der nw.WPolG v. 8.2.1995 (MB1. S. 376) in Ziffer 9.11 S. 4 nw.WPolG angefügte Aussage: „Ein Hinweis auf die Freiwilligkeit der Auskunft oder Aussage bzw. auf ein eventuell bestehendes Aussage- oder Auskunftsverweigerungsrecht ist nur dann angebracht, wenn dadurch nicht die Abwehr einer Gefahr erschwert oder vereitelt wird." Das in § 9 Abs. 6 nw.PolG vorgesehene Regel-Ausnahme-Verhältnis hinsichtlich der gebotenen Aufklärung des Bürgers wird hierbei exakt umgekehrt. 494 Hinsichtlich des Verfahrens der polizeilichen Datenerhebung bzw. -Übermittlung im öffentlichen Bereich siehe § 30 Abs. 1, 2 nw.PolG. 495
Entgegen dem Wortlaut des § 9 Abs. 6 nw.PolG ist die vorherige Aufklärung über die betreffenden Rechtsvorschriften darüber hinaus allerdings auch bei allen anderen Formen der offenen Datenerhebung - wie etwa im Rahmen der Maßnahmen nach §§11 bis 15 nw.PolG - geboten; vgl. unten Teil 4 Κ I. Lediglich die Aufklärung über
J. Ermessensgrundsätze und Verhältnismäßigkeit
115
Die geschilderte Regel-Aussage wird jedoch von den in § 9 Abs. 6 nw.PolG genannten Ausnahmetatbeständen durchbrochen. Zwar sind die vorgesehenen Ausnahmen mit Blick auf die Formulierungen „offenkundig" und „erheblich" eher restriktiv zu interpretieren, doch ist zu bedenken, daß sämtliche Ausnahmen etwa noch unterhalb der Schwelle des § 28 Abs. 2 Nr. 1 nw.VwVfG liegen, wonach von einer Anhörung des Beteiligten abgesehen werden kann, falls „Gefahr im Verzug" vorliegt. 4 9 6 Ein Verstoß gegen die Aufklärungs- bzw. Belehrungspflichten des § 9 Abs. 6 nw.PolG in seiner gegenwärtigen Fassung wird in der Praxis damit eher die Ausnahme bleiben. 497 Schließlich bleibt anzumerken, daß § 9 Abs. 6 nw.PolG keinerlei Aufklärungspflichten hinsichtlich etwaiger Auskunftsverweigerungsrechte vorsieht. 498 Da der Schutz vor Selbstbezichtigungen jedoch auch im Rahmen der polizeilichen Befragung strikt zu beachten i s t 4 9 9 , ist der Betroffene aber nicht nur über die im Einzelfall bestehende Auskunftspflicht, sondern zugleich auch über deren materielle Begrenzung durch ein Recht zur Auskunftsverweigerung aufzuklären. 500 Die Regelung des § 9 Abs. 6 nw.PolG bedarf daher einer entsprechenden Ergänzung.
J. Ermessensgrundsätze und Verhältnismäßigkeit Im Rahmen des Befragungsvorgangs hat die Polizei schließlich die in § 9 Abs. 3 bis 5 nw.PolG niedergelegten allgemeinen Grundsätze der Datenerhebung zu beachten, die vor allem der Steuerung des ihr durch die Formulierung den Umfang der Auskunftsverpflichtungen ist selbstverständlich auf Befragungen gemäß §§ 9 Abs. 1,12 Abs. 2 S. 2 nw.PolG beschränkt. 496
Vgl. dazu auch die Bedenken von F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 146 und K. Habermehl, JA 1990, 331 (333). 497
Vgl. Ziffer 9.11 S. 4 nw.WPolG; hinsichtlich praktischer Probleme im Rahmen der Aufklärung nach § 9 Abs. 6 nw.PolG V. Götz, NVwZ 1990,725 (727). 498
Anders noch § 8a Abs. 2 S. 4 des Gesetzentwurfs der Fraktion der F.D.P. (LTDrucks. NW 10/3421, S. 4) und § 8a Abs. 2 S. 2 des Gesetzentwurfs der Landesregierung (LT-Drucks. NW 10/3997, S. 3 f.). 499 500
Siehe oben Teil 4 FΙΠ.
A.A. H. Tegtmeyer, PolG NW, § 10 Rdnr. 18: „Da die Polizei unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr die Auskunft erbittet, besteht für sie nicht die Verpflichtung, den Vorgeladenen auf das Auskunftsverweigerungsrecht bzw. das Zeugnisverweigerungsrecht hinzuweisen."
116
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
„kann" eingeräumten Ermessens im Sinne des § 3 Abs. 1 nw.PolG dienen. 501 Darüber hinaus hat sie stets dem in § 2 nw.PolG ausdrücklich hervorgehobenen, verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen, der gerade für den Bereich der hoheitlichen Informationserhebung von maßgeblicher Bedeutung i s t 5 0 2 und insbesondere dann zur Anwendung gelangt, wenn die allgemeinen Grundsätze der Datenerhebung hinsichtlich des jeweiligen Erhebungsvorgangs keine hinreichend konkreten Aussagen treffen. 503
I. Grundsatz der Datenerhebung beim Betroffenen (§ 9 Abs. 3 nw.PolG) Von zentraler Bedeutung für die Ermessensentscheidung, auf welche Art und Weise die Polizei eine Datenerhebung durchzuführen hat, ist der allgemeine datenschutzrechtliche Grundsatz, daß die Erhebung personenbezogener Daten grundsätzlich beim Betroffenen selbst zu erfolgen hat. 5 0 4 Als Konkretisierung dieser Maxime bestimmt auch die Regelung des § 9 Abs. 3 S. 1 nw.PolG, daß die polizeiliche Befragung grundsätzlich an den Betroffenen zu richten ist. Hinsichtlich dieser Grundaussage ist jedoch zu berücksichtigen, daß § 9 Abs. 3 S. 2 nw.PolG diesbezüglich weitreichende Ausnahmen vorsieht. So kann von dem Grundsatz der unmittelbaren Befragung des Betroffenen etwa bereits dann abgewichen werden, wenn dessen Befragung nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist. 5 0 5 Durch diese Rückausnahmen wird die Regelaussage des § 9 Abs. 3 S. 1 nw.PolG aber letztlich stark relativiert, so
501
Vgl. dazu P.J. Tettingen Bes. VerwR/1, Rdnrn. 239 ff.
502
BVerfGE 65, 1 (44); 78, 77 (85); Würtenberger/Heckmann/Riggert, Bd.Wtt., Rdnr. 386; D. Heckmann, VB1BW 1992,164 (171 f.). 503
Vgl. H. Bäumler, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. J Rdnm. 707, 714.
504
Eingehend dazu H. Geiger, in: S. Simitis u.a., Bundesdatenschutzgesetz, § 13 Rdnrn. 30 ff.; H. Auernhammer, Bundesdatenschutzgesetz, § 13 Rdnrn. 11 ff. 505
Hierunter ist freilich allein die faktische Unmöglichkeit der Befragung des Betroffenen, nicht aber die rechtliche Unmöglichkeit der Befragung auf Grund mangelnder Auskunftspflichten oder auf Grund bestehender Auskunftsverweigerungsrechte zu verstehen.
PolR
J. Ermessensgrundsätze und Verhältnismäßigkeit
117
daß ihre rechtssichernde Funktion für den Bürger in der Praxis leerzulaufen droht. 5 0 6 Hinsichtlich der Ermessensentscheidung, die anvisierten Daten entweder durch eine direkte Befragung des Betroffenen oder anderweitig zu erheben, sind die in § 9 Abs. 3 S. 2 nw.PolG vorgesehenen Ausnahmetatbestände daher restriktiv zu handhaben.507 So wäre beispielsweise eine Befragung der Nachbarschaft zu Zwecken der Identifizierung des Betroffenen im Zusammenhang mit einer Zuwiderhandlung im Straßenverkehr als Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unzulässig. 508 Soweit jedoch ausnahmsweise die Durchführung einer Datenerhebung ohne Kenntnis des Betroffenen in Betracht kommt, ist dieser nachträglich über den Erhebungsvorgang zu informieren. 509 Gegenteiliger Auffassung ist der Bayerische Verfassungsgerichtshof 510, der eine nachträgliche Unterrichtungspflicht mit der Begründung ablehnt, daß dem von der Datenerhebung Betroffenen nicht nur ein Auskunftsanspruch gegen die Polizei über die zu seiner Person gespeicherten Daten, sondern - falls die Erfüllung dieses Anspruchs verweigert werde - auch die Möglichkeit der Anrufung des Datenschutzbeauftragten zustehe. 511 Hierbei wird jedoch zum einen verkannt, daß derartige (nachträgliche) Unterrichtungspflichten schon aus verfahrensrechtlichen Gründen geboten s i n d 5 1 2 , und zum anderen, daß sämtliche Rechtsschutzmöglichkeiten des Betroffenen, wie auch die Durchsetzung eines Auskunftsanspruchs und die Anrufung des Datenschutzbeauftragten, notwendigerweise davon abhängen, daß dem Betroffenen die Durchführung der Datenerhebung überhaupt mitgeteilt wird. 5 1 3
506
Dazu F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnrn. 145 f.
507
In diesem Sinne auch H. Bäumler, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. J Rdnr. 714. 508
Vgl. H. Kraft, FAZ, Nr. 129 v. 7.6.1994, S. Τ 4.
509
Vgl. VerfGH Sachs., LKV 1996, 273 (287 f.); H. Bäumler, aaO, Rdnr. 717.
510
VerfGH Bay. 47, 241 ff.
511
VerfGH Bay. 47,241 (264).
512
Vgl. BVerfGE 65,1 (46, 59); VerfGH Sachs., LKV 1996,273 (285 f.).
513
Vgl. VerfGH Sachs., LKV 1996, 273 (288).
118
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
II. Grundsatz der offenen Datenerhebung (§ 9 Abs. 4 nw.PolG) Im Bereich der polizeilichen Datenerhebung besteht zudem keine „Freiheit der Formenwahl". Nach § 9 Abs. 4 nw.PolG ist die Datenerhebung vielmehr grundsätzlich offen durchzuführen und eine Datenerhebung in verdeckter Form nur dann zulässig, falls dies gesetzlich vorgesehen ist. Demnach muß die Polizei im Rahmen einer Befragung nach § 9 nw.PolG grundsätzlich mit „offenem Visier" 5 1 4 vorgehen und darf verdeckte Befragungen nur in den gesetzlich vorgesehenen Ausnahmefällen des Einsatzes sog. VLeute und Verdeckter Ermittler nach §§ 19 f. nw.PolG durchführen. 515 Eine offene Vorgehensweise verlangt, daß die Maßnahmen der Polizei für den Betroffenen stets als solche erkennbar sein müssen. 516 Sollte die Zugehörigkeit des handelnden Amtswalters zur Polizei demnach im Einzelfall nicht zu erkennen sein, ist die befragte Person grundsätzlich entsprechend aufzuklären. Anderenfalls läge eine verdeckte und damit unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 nw.PolG unzulässige Befragung vor. 5 1 7 Zwar wird demgegenüber vereinzelt vertreten, daß von einer verdeckten Datenerhebung nur dann auszugehen sei, wenn die Erhebung durch heimliche oder getarnte Maßnahmen und damit insbesondere unter bewußter Verschleierung der Zugehörigkeit des handelnden Amtsträgers zur Polizei erfolge. 518 Doch würde hierbei nicht nur der Begriff „verdeckt" von der subjektiven Einschätzung des jeweiligen Amtsträgers abhängig gemacht, sondern vor allem die zentrale Funktion des Grundsatzes der offenen Datenerhebung, dem Betroffenen durch die Erkennbarkeit der Erhebung auch entsprechende Rechtsschutzmöglichkeiten einzuräumen, unterlaufen.
514
Kniesel/Vahle y Polizeiliche Informationsverarbeitung, Rdnr. 168.
515
Dazu unten Teil 6.
516
Vgl. A. Kowalczyky Datenschutz im PolR, S. 108 f.; G. Haurandy Allg. POR NW, S. 100; U. Chemnitz, PolR NW, S. 78; D. Heckmanny VB1BW 1992, 164 (168); P. Rimmeley SächsVBl. 1996, 32 (34). 517
So im Ergebnis auch F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 160 und K. Habermehly JA 1990, 331 (333). 518
Vgl. H. Tegtmeyery PolG NW, § 9 Rdnrn. 26 f.; Kay/Böckingy Rdnr. 111 ; M. Knape t DNP 1992, 425 (429); Kniesel/Vahle, DÖV 1990,646.
PolR NW,
J. Ermessensgrundsätze und Verhältnismäßigkeit
119
III. Zweckbindung und Inhalte der Datenerhebung (§ 9 Abs. 5 nw.PolG) Die Polizei ist bei der Ermessensausübung im Bereich der Datenerhebung nicht nur im Hinblick auf die Art und Weise, sondern auch hinsichtlich des Zwecks und der Inhalte der Erhebung gebunden. Die gesetzlichen Vorgaben hierzu enthält § 9 Abs. 5 nw.PolG. Nach § 9 Abs. 5 S. 1 nw.PolG ist zunächst die Erhebung personenbezogener Daten zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken unzulässig. Das hierin zum Ausdruck kommende Verbot der sog. Datenerhebung auf Vorrat ist eine unmittelbare Konsequenz der Aussagen des Volkszählungsurteils 519 und bedeutet hinsichtlich der Befragung, daß diese stets im Dienste der Abwehr einer bestimmten Gefährdungslage stehen muß. 5 2 0 Eine polizeiliche Befragung ohne einen derartigen „gefahrenspezifischen Zusammenhang" - etwa allein zum Zwecke der Erleichterung künftiger Polizeiarbeit - ist somit generell unzulässig. Neben dem Zweckbindungsprinzip sind zudem die Aussagen des § 9 Abs. 5 S. 2 nw.PolG zu beachten, der dem Schutz einiger besonders sensibler Daten gewidmet ist. Dies hat zur Konsequenz, daß sich die Polizei im Rahmen einer Befragung nicht nur an der Richtschnur der Sachdienlichkeit der betreffenden Auskünfte für die polizeiliche Aufgabenerfüllung (vgl. § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG) zu orientieren h a t 5 2 1 , sondern die in § 9 Abs. 5 S. 2 nw.PolG genannten Daten zudem nur dann erfragen darf, wenn dies für Identifizierungszwecke oder zum Schutz der beteiligten Personen erforderlich ist. Da die Regelung des § 9 Abs. 5 S. 2 nw.PolG jedoch aus der Summe der besonders schutzbedürftigen Daten allein etwaige Erkrankungen sowie besondere Verhaltensweisen des Betroffenen herausgreift, ist der durch sie vermittelte Schutz keineswegs ausreichend. In Anlehnung an die Grundsätze der Sphärentheorie 522 ist daher davon auszugehen, daß als Gegenstand der Befragung zumindest auch solche Daten ausscheiden, die der Intimsphäre und damit dem unantastbaren Kernbereich des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen zuzurechnen sind. 5 2 3 519
Vgl. BVerfGE 65, 1 (46).
520
Unpräzise ist daher Ziffer 9.5 nw.VVPolG: „Die Datenerhebung muß zum Zeitpunkt ihrer Vornahme zulässig sein." 521
Siehe oben Teil 4 Β IV.
522
Vgl. BVerfGE 6, 32 (41); 38, 312 (320); 54,148 (153).
523
Vgl. insoweit auch § 68a Abs. 1 StPO, wonach dem Zeugen bzw. einem seiner Angehörigen im Sinne des § 52 Abs. 1 StPO nur dann Fragen nach entehrenden Tatsa-
120
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
IV. Anwendung von Verwaltungszwang Das polizeiliche Vorgehen bei der Durchführung der Befragung verlangt schließlich eine besonders sorgfältige Abwägung, falls der betreffende Bürger nicht bereit sein sollte, sich überhaupt auf eine Kommunikation mit der Polizei einzulassen oder - bei bestehender Auskunftspflicht - die gestellten Fragen zu beantworten.
1. Die Durchsetzung der Anhörungspflicht Was zunächst die Gesprächsaufhahme betrifft, so kann die Polizei von ihrer Befugnis Gebrauch machen, die betreffende Person zum Zwecke der Befragung anzuhalten (vgl. § 9 Abs. 1 S. 2 nw.PolG). 5 2 4 Hierdurch kann die Person zumindest dazu gebracht werden, sich die vorgesehenen Fragen auch anzuhören. 5 2 5 Sollte die Person der in dieser Form vermittelten „Anhörungspflicht" dennoch nicht Folge leisten, kann sie allerdings nicht festgehalten werden, da der Rückgriff auf diese Maßnahme lediglich unter den engeren Voraussetzungen der Identitätsfeststellung gestattet ist (§ 12 Abs. 2 S. 2, 3 nw.PolG). 526 Damit verbleibt allein die Möglichkeit, die zu befragende Person gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 nw.PolG vorzuladen 527 , wobei eine zwangsweise Durchsetzung dieser Vorladung, vor allem in Gestalt der Vorführung, mit Blick auf die hohen Anforderungen des § 10 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, S. 2 nw.PolG jedoch nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen wird. 5 2 8
chen oder aus dem persönlichen Lebensbereich gestellt werden sollen, wenn dies unerläßlich ist. 524
Ausführlich dazu oben Teil 4 D Π.
525
Vgl. D. Heckmann, VB1BW 1992,164 (171).
526
Dazu BVerfG, NVwZ 1992, 767 f.; a.A. Honnackerl Beinhof er, PAG, Art. 12 Erl. 6 und Wiirtenberger/Heckmann/Riggert, PolR Bd.Wtt., Rdnrn. 383 f. 527
So auch Bernerl Köhler, PAG, Art. 12 Rdnr. 7.
528
Vgl. H.-U. Erichsen, Jura 1993, 45 (46 f.).
J. Ermessensgrundsätze und Verhältnismäßigkeit
121
2. Die Durchsetzung einer Auskunftspflicht Als wesentlich brisanter erweist sich die Frage, ob und inwieweit der Adressat der Befragung durch die Anwendung von Verwaltungszwang zur Erfüllung einer im Einzelfall bestehenden Auskunftspflicht bewegt werden kann. Dementsprechend reicht das Spektrum der diesbezüglich vertretenen Auffassungen von der grundsätzlichen Ablehnung des Verwaltungszwangs 529 über die Befürwortung einer eingeschränkten Anwendung 530 bis hin zur kompromißlosen Bejahung sämtlicher Maßnahmen des Verwaltungszwangs. 531 Betrachtet man eingangs die Vorgaben der §§ 50 ff. nw.PolG, im Rahmen derer die aufgeworfene Frage zu beantworten ist, so ist das verbindliche Auskunftsverlangen der Polizei als Verwaltungsakt einzustufen 532 , der auf die Vornahme einer Handlung - nämlich auf die Erteilung der zur Gefahrenabwehr potentiell benötigten Auskünfte - gerichtet ist. Da hierbei mit Blick auf § 80 Abs. 2 Nr. 2 V w G O 5 3 3 zudem die aufschiebende Wirkung der in Betracht kommenden Rechtsmittel regelmäßig entfallen wird, sind die Eingangsvoraussetzungen für eine Durchsetzung der Auskunftspflicht im Wege des Verwaltungszwangs grundsätzlich erfüllt (vgl. § 50 Abs. 1 nw.PolG). Von den in § 51 Abs. 1 nw.PolG genannten Zwangsmitteln kommt jedoch lediglich die Festsetzung eines Zwangsgeldes nach § 53 nw.PolG in Betracht, da die in § 52 nw.PolG vorgesehene Ersatzvornahme bereits daran scheitert, daß es sich bei der Auskunft um eine unvertretbare Handlung handelt und die Anwendung
529 Siehe Würtenberger/Heckmann/Riggert, PolR Bd.Wtt., Rdnr. 384; Berner/ Köhler, PAG, Art. 12 Rdnr. 7; K.H. Friauf, POR, in: E. Schmidt-Aßmann, Bes. VerwR, Rdnr. 130. 530
Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 194; E. Rasch, Allg. POR, in: C.H. Ule, Verwaltungsgesetze des Bundes und der Länder, Bd. ΠΙ, Erster Halbband, § 11 ME Rdnr. 10; F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 190; Ch. Gusy, PolR, Rdnr. 194; Scholler/Schioer, Grundzüge des POR, S. 99; H. Tegtmeyer , PolG NW, § 10 Rdnr. 16; Kay/Böcking, PolR NW, Rdnr. 118; Κ Müller, PolG Sachs., S. 109 f.; R. Beiz, PolG Sachs., § 18 Rdnr. 16; K. Würz, Polizeiaufgaben und Datenschutz Bd.Wtt., Rdnr. 154; A. Schmitt-Kammler, NWVB1. 1995, 166; D. Heckmann, VB1BW 1992, 164(171). 531 Ygj ρ Kickartz, Ermittlungsmaßnahmen zur Gefahrerforschung, S. 172, 174, der die Möglichkeit des Einsatzes physischer Zwangsmittel zur Einholung von Auskünften erörtert. 532 533
Eingehend hierzu unten Teil 9.
VwGO i.d.F. v. 19.3.1991 (BGBl. I S. 686), zul. geänd. d. Ges. v. 1.11.1996 (BGBl. IS. 1626).
122
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
unmittelbaren Zwanges im Rahmen der Abgabe einer Erklärung durch § 55 Abs. 2 nw.PolG ausdrücklich untersagt w i r d . 5 3 4 Da der Ansatz, zur Herbeiführung einer Auskunft selbst den Einsatz physischen Zwanges in Betracht zu ziehen 535 , angesichts der obigen Ausgangssituation jeglicher Grundlage entbehrt 5 3 6 , bleibt nun zu hinterfragen, ob gegenüber der verbleibenden Möglichkeit der Festsetzung eines Zwangsgeldes durchgreifende Bedenken bestehen. So vertreten Berner/Köhler, daß die Vorladung der zu befragenden Person als Sonderregelung gegenüber den allgemeinen Mitteln des Verwaltungszwangs zu qualifizieren sei, so daß auch die Anwendbarkeit des Zwangsgeldes ausscheide.537 Hiergegen spricht jedoch nicht nur, daß die Vorladung in erster Linie der Durchsetzung der Anhörungspflicht und gerade nicht der Vollstrekkung der Auskunftspflicht dient, sondern vor allem die Regelung des § 55 Abs. 2 nw.PolG 538 , die lediglich unmittelbaren Zwang zur Abgabe einer Erklärung ausschließt und damit im Umkehrschluß die sonst in Betracht kommenden Zwangsmittel gestattet. Soweit Würtenberger/Heckmann/Riggert die Anwendung des Zwangsgeldes ablehnen 539 , rekurrieren sie hierbei auf § 35 Abs. 1 bd.wtt.PolG, wonach bei Vernehmungen zur Herbeiführung einer Aussage kein Zwang angewandt werden darf. Zwar ist einzuräumen, daß unter Zugrundelegung eines weiten Begriffsverständnisses unter „Zwang" auch ein Zwangsgeld verstanden werden kann, doch läßt sich demgegenüber durchaus vertreten, daß der Begriff des Zwanges körperliche Gewalt, nicht aber den durch Zwangsgeld vermittelten psychischen Druck erfaßt. 540 Mit Blick auf § 33 Abs. 2 ME PolG ist die Regelung des § 35 Abs. 1 bd.wtt.PolG aber jedenfalls als Sonderregelung anzusehen, die einer Verallgemeinerung nicht zugänglich ist. Damit ist abschließend festzuhalten, daß einer bestehenden Auskunftsverpflichtung des polizeilich Befragten zumindest grundsätzlich auch durch die
534
Vgl. auch § 33 Abs. 2 ME PolG.
535 Ygj ρ Kickarfa
Ermittlungsmaßnahmen zur Gefahrerforschung, S. 172,174.
536
Ausführlich hierzu W. Brüggen VB1BW 1995, 446 ff.
537
Bernerl Köhlen PAG, Art. 12 Rdnr. 7.
538
Bzw. § 58 Abs. 2 bay.PAG.
539
WürtenbergerlHeckmannIRiggert,
540
Vgl. Drews/WackelVogellMartens, Heckmann, VB1BW 1992, 164 (171).
PolR Bd.Wtt., Rdnrn. 234, 384. Gefahrenabwehr, S. 194 Fußn. 70; D.
Κ. Normstruktur und -systematik
123
Festsetzung eines Zwangsgeldes Nachdruck verliehen werden kann. 5 4 1 Unter Berücksichtigung des Übermaßverbotes sowie der Tatsache, daß die Befragung im Hinblick auf die Gefahrenabwehr in erster Linie dienenden Charakter hat, wird sich der Rückgriff auf das Zwangsgeld gemäß § 53 nw.PolG bzw. die Ersatzzwangshaft nach § 54 nw.PolG als Druckmittel gegenüber der Verweigerung von Auskünften jedoch nur in eng umgrenzten Ausnahmesituationen rechtfertigen lassen. Die hierbei zwangsweise erlangten Auskünfte dürfen mit Blick auf das Verbot der Zweckentfremdung erhobener Daten 5 4 2 zudem ausschließlich im Rahmen der betreffenden Gefahrensituation verwertet werden.
K. Normstruktur und -systematik Nach der Erörterung der zentralen Auslegungs- und Anwendungsfragen des § 9 nw.PolG ist das Augenmerk schließlich auf verbleibende strukturelle und systematische Schwachstellen der Norm zu richten, die in erster Linie daraus resultieren, daß die ursprünglich getrennten Regelungskomplexe der polizeilichen Befragung einerseits und der allgemeinen Regeln der Erhebung personenbezogener Daten andererseits 543 im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu der jetzigen Fassung des § 9 nw.PolG zusammengeführt wurden. 544
I. Das Verhältnis von Befragung und Datenerhebung Im Zuge dessen ist zuerst zu verdeutlichen, daß sich die in § 9 nw.PolG installierten allgemeinen Regeln des Gesetzestitels „Datenerhebung" fast durchgängig mit den Bestimmungen zur Erfassung der polizeilichen Befragung überschneiden. Mit Blick auf die beiden anderen Titel des Unterabschnitts „Datenverarbeitung" - denen die allgemeinen Regeln der Materie jeweils in 541
Bedenken hinsichtlich der Praktikabilität des Zwangsgeldes äußern Ch. Gusy, PolR, Rdnr. 194 und F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 190. 542
Vgl. BVerfGE 65, 1 (46, 61 f.).
543
Siehe § 8a und § 8b Abs. 3-6 des Gesetzentwurfs der Fraktion der F.D.P. (LTDrucks. NW 10/3421, S. 4 ff.) sowie § 8a und § 8b des Gesetzentwurfs der Landesregierung (LT-Drucks. NW 10/3997, S. 3 f.). 544 Ygi die entsprechende Stellungnahme des Ausschusses für Innere Verwaltung, LT-Drucks. NW 10/5071, S. 77; oben Teil 4 A I .
124
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
einer selbständigen Norm vorangestellt sind (vgl. §§ 22, 26 nw.PolG) - geht dies nicht nur in gesetzestechnischer Hinsicht fehl, sondern führt auch inhaltlich zu nicht unerheblichen Unstimmigkeiten. So erstreckt sich der Grundsatz der Datenerhebung beim Betroffenen nach der jetzigen Fassung des § 9 Abs. 3 nw.PolG lediglich auf den Bereich der polizeilichen Befragung. Ebenso verhält es sich mit der Aussage des § 9 Abs. 6 nw.PolG, die bestimmt, daß eine Aufklärung über die Rechtsvorschriften für die Datenerhebung ausschließlich bei Erhebungen durch eine Befragung vorzunehmen ist. Da die genannten Vorschriften aber zu den allgemeinen Regeln der Datenerhebung zu zählen sind 5 4 5 , die grundsätzlich bei allen Formen der Erhebung personenbezogener Daten nach §§ 9 ff. nw.PolG zu beachten sind, sind die in § 9 Abs. 3 und 6 nw.PolG getroffenen Aussagen in dieser Form unzutreffend. Demzufolge ist es naheliegend, den Gesetzestext so zu ändern, daß sich die Aussagen des § 9 Abs. 3 und 6 nw.PolG nicht allein auf die Befragung, sondern auch auf alle anderen Maßnahmen der polizeilichen Datenerhebung beziehen. Darüber hinaus legt die Formulierung des § 9 Abs. 4 nw.PolG „Befragung und Datenerhebung sind offen durchzuführen" nahe, daß es sich hierbei um zwei unterschiedliche Rechtsinstrumente handelt, die voneinander zu trennen sind. 5 4 6 Hiergegen spricht jedoch nicht nur der Standort der polizeilichen Befragungsbefugnis im Titel „Datenerhebung", sondern vor allem die Regelung des § 9 Abs. 6 nw.PolG, die das Verfahren der „Datenerhebung durch Befragung" betrifft und insbesondere vorschreibt, daß die betreffende Person bzw. Stelle über die Rechtsvorschriften für die Datenerhebung aufzuklären ist. Dieser Regelung hätte es nicht bedurft, falls die Befragung nicht als Maßnahme der Datenerhebung zu qualifizieren wäre. Bringt man zudem in Anrechnung, daß die Befragung auf eine Beschaffung von Daten über den Betroffenen gerichtet ist (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 1 nw.DSG), wird deutlich, daß zwischen Befragung und Datenerhebung richtigerweise keineswegs zu differenzieren i s t 5 4 7 , sondern daß sich die Befragung als geradezu klassische Form der polizeilichen Datenerhebung erweist. 548
545
Vgl. § 12 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 2 nw.DSG.
546
Diesen Standpunkt vertritt vor allem D. Peitsch, Die Polizei 1993, 67 (67, 70); ders. y ZRP 1992, 127 (129); undeutlich H. Tegtmeyer, PolG NW, § 9 Rdnr. 29 und Schollerl Schioer, Grundzüge des POR, S. 98. 547
Vgl. auch U. Dammann, in: S. Simitis u.a., Bundesdatenschutzgesetz, § 3 Rdnr. 115 und H. Auernhammer, Bundesdatenschutzgesetz, § 3 Rdnr. 26. 548
Ebenso F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnrn. 156, 164; V. Götz, Allg. POR, Rdnr. 148; K.H. Friauf, POR, in: E. Schmidt-Aßmann, Bes. VerwR,
Κ. Normstruktur und -systematik
125
Demnach empfiehlt es sich, die gegenwärtige Fassung des § 9 Abs. 4 nw.PolG durch eine Streichung der Aussage, daß (auch) die Befragung offen durchzuführen ist, zu korrigieren. Hierdurch ließe sich nicht nur eine stimmige Systematik zwischen der Befragungsbefugnis und den allgemeinen Regeln der Datenerhebung herstellen, sondern zugleich das Defizit beheben, daß der jetzige Wortlaut des § 9 Abs. 4 nw.PolG keine verdeckten Befragungen gestattet, was mit den Regelungen über den Einsatz von V-Leuten und Verdeckten Ermittlern in §§ 19 f. nw.PolG nicht zu vereinbaren ist. Abschließend sei betont, daß es bereits mit Blick auf die in §§ 22, 26 nw.PolG niedergelegten allgemeinen Regeln der „Datenspeicherung und -Übermittlung" durchaus angebracht ist, auch den allgemeinen Regeln der „Datenerhebung" eine eigenständige Vorschrift zu widmen. Durch diese Änderung würde die mißverständliche Verbindung einer einzelnen Befugnisnorm mit allgemeinen Verfahrens- bzw. Ermessensregeln aufgehoben und die Übersichtlichkeit und Verständlichkeit der jetzt in § 9 nw.PolG zusammengefaßten Bestimmungen erheblich gesteigert.
II. Die Datenerhebung ohne Kenntnis des Betroffenen Vor dem Hintergrund des soeben dargelegten Verhältnisses von Befragung und Datenerhebung ist nunmehr auch die Systematik des § 9 Abs. 3 nw.PolG aufzuschlüsseln, der das Verfahren der Erhebung personenbezogener Daten ohne entsprechende Kenntnis des Betroffenen betrifft. Nach § 9 Abs. 3 S. 1 nw.PolG ist die Befragung grundsätzlich an den Betroffenen zu richten, doch kann die Datenerhebung nach Satz 2 der Vorschrift ausnahmsweise auch ohne dessen Kenntnis erfolgen, soweit dessen Befragung nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist oder die Erfüllung der polizeilichen Aufgabe erheblich erschweren oder gefährden würde. Wenngleich sich an Hand dieser Regelungen entscheiden läßt, in welchen Fällen personenbezogene Daten auch ohne Kenntnis des Betroffenen erhoben werden dürfen, so bleibt doch unbeantwortet, in welcher Form die anderweitige Datenerhebung nunmehr erfolgen soll.
Rdnr. 121; W.-R. Schenke, POR, in: U. Steiner, Bes. VerwR, Rdnr. 121; Würtenberger/Heckmann/Riggert, PolR Bd.Wtt., Rdnr. 395; HonnackerlBeinhofer, PAG, Art. 12 Erl. 6; Bernerl Köhler, PAG, Vorb. zu Art. 30-49 Rdnr. 4; Kraft/KayI Böcking, Eingriffsmaßnahmen der Polizei, S. 21; KniesellVahle, Polizeiliche Informationsverarbeitung, Rdnr. 40.
126
Teil 4: Die Regelung der polizeilichen Befragung in § 9 nw.PolG
1. Allgemeine Befugnis zur Datenerhebung? In diesem Zusammenhang ist zunächst herauszustellen, daß die Regelung des § 9 Abs. 3 S. 2 nw.PolG nicht als „Einfallstor" für eine allgemeine Datenerhebung über den Betroffenen angesehen werden kann. 5 4 9 Zwar sahen die ursprünglichen Gesetzentwürfe noch derartige Datenerhebungsbefugnisse v o r 5 5 0 , doch waren diese stets in einer eigenständigen Norm neben der Regelung der polizeilichen Befragung enthalten. 551 Die Tatsache, daß diese Bestimmungen aber gerade nicht in die jetzige Fassung des § 9 nw.PolG Eingang fanden, sondern ersatzlos weggefallen sind, spricht daher bereits deutlich gegen die Anerkennung einer allgemeinen Erhebungsbefugnis. Bringt man zudem in Anrechnung, daß auch in der Überschrift zu § 9 nw.PolG lediglich von „allgemeine[n] Regeln der Datenerhebung", nicht aber von einer allgemeinen Befugnis zur Datenerhebung die Rede ist, wird offenkundig, daß der Regelung des § 9 Abs. 3 S. 2 nw.PolG schließlich selbst bei großzügigster Auslegung keine derartige Befugnis entnommen werden kann. 5 5 2 Nordrhein-Westfalen ist damit das einzige Bundesland, dessen Polizeigesetz eine allgemeine Befugnis zur Erhebung personenbezogener Daten vermissen läßt. 5 5 3 Für eine Vielzahl alltäglicher Datenerhebungsvorgänge fehlt demnach eine entsprechende ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage. 554
549
A.A. offenbar H. Tegtmeyer, PolG NW, § 9 Rdnr. 1: „§ 9 ist die grundlegende Norm für die Erhebung personenbezogener Daten ... Sie enthält eine generalklauselartige Befugnis zur Befragung von Personen und zur Datenerhebung." 550
Siehe § 8b Abs. 1, 2 des Gesetzentwurfs der Fraktion der F.D.P. (LT-Drucks. NW 10/3421, S. 5) und § 9b des Gesetzentwurfs der Landesregierung (LT-Drucks. NW 10/3997, S. 7 f.). 551
Siehe § 8a des Gesetzentwurfs der Fraktion der F.D.P. (LT-Drucks. NW 10/3421, S. 4 f.) sowie § 8b des Gesetzentwurfs der Landesregierung (LT-Drucks. NW 10/3997, S. 4). 552
So im Ergebnis auch D. Peitsch, ZRP 1992, 127 (129); ders., Die Polizei 1993, 67 (68); U. Dautert, Schriftenreihe der Polizei-Führungsakademie, Heft 4/1991, 32 (33); Schollerl Schioer, Grundzüge des POR, S. 169. 553
Siehe demgegenüber die allgemeinen Datenerhebungsbefugnisse in § 20 Abs. 25 bd.wtt.PolG, Art. 31 bay.PAG, § 18 Abs. 1 berl.ASOG, § 30 brandenb.PolG, § 28 brem.PolG, § 6 hamb.DVPolG, § 13 Abs. 1-4 hess.SOG, § 27 m.v.SOG, § 31 nds.GefAG, § 25a Abs. 1 rh.pf.POG, § 26 saarl.PolG, § 37 Abs. 1 sächs.PolG, § 15 Abs. 1,2 s.anh.SOG, § 179 schl.h.LVwG, § 32 thür.PAG. 554
Vgl. D. Peitsch, ZRP 1992, 127 (129).
Κ. Normstruktur und -systematik
127
2. Die Befragung Dritter Unter Beachtung dieses Befundes muß die Aussage des § 9 Abs. 3 S. 2 nw.PolG als Verweisung auf die bereits gesetzlich geregelten Befugnisse zur Datenerhebung verstanden werden. Da § 9 Abs. 3 S. 2 nw.PolG zudem auf die „Aufgabenwahrnehmung gemäß [§ 9] Absatz 1" zurückverweist, kommt als anderweitige Datenerhebungsform im Rahmen des § 9 Abs. 3 S. 2 nw.PolG statt der Befragung des Betroffenen nach § 9 Abs. 3 S. 1 nw.PolG - daher in erster Linie die Befragung Dritter in Betracht. 555 Hierbei ist allerdings zu beachten, daß der Dritte - der nunmehr über die Daten des Betroffenen befragt wird - nach der gegenwärtigen Fassung des § 9 nw.PolG zu keinerlei Auskünften in der Sache verpflichtet ist, da sich die in § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG genannten „gesetzlichen Handlungspflichten" gemäß § 9 Abs. 3 S. 1 nw.PolG nur auf die Person des Betroffenen beziehen. Von einer Auskunftspflicht des Dritten, die neben die Auskunftspflicht des Betroffenen tritt, kann daher - über den jetzigen Wortlaut des § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG hinaus - nur dann ausgegangen werden, wenn die in Rede stehenden Auskünfte zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich sind. 5 5 6
555
Vgl. auch Ziffer 9.3 S. 2 nw.WPolG.
556
Siehe oben Teil 4 Ε II 2.
Teil
Abgrenzung von Befragung und Identitätsfeststellung Da die Polizei eine Befragung nicht nur auf Grund der hierfür gesondert vorgesehenen Regelung des § 9 nw.PolG, sondern darüber hinaus auch im Rahmen einer Identitätsfeststellung nach § 12 nw.PolG durchführen kann (§12 Abs. 2 S. 2 nw.PolG) 557 , stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis die beiden Regelungen zueinander stehen. Zunächst ist herauszustellen, daß die Regelungen der §§9, 12 nw.PolG von unterschiedlichen Eingangsvoraussetzungen ausgehen. Während die Befragung im Rahmen der Identitätsfeststellung nach § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 nw.PolG an eine konkrete Gefahr bzw. an die in Nr. 2 bis 4 der Vorschrift umschriebenen gefahrenspezifischen Gegebenheiten geknüpft ist 5 5 8 , wird die Befragung nach § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG letztlich allein vom Vorliegen einer polizeilichen Aufgabe im Sinne von § 1 nw.PolG abhängig gemacht. 559 Die Voraussetzungen einer Befragung zur Identitätsfeststellung gemäß § 12 nw.PolG sind damit deutlich enger. Des weiteren sind §§9, 12 nw.PolG hinsichtlich ihrer Zielsetzung zu unterscheiden. Die Befragung nach § 12 Abs. 2 S. 2 nw.PolG zielt auf die Angabe der Personalien sowie auf sonstige personenbezogene Auskünfte ab, um die Identität einer unbekannten Person feststellen zu können oder um überprüfen zu können, ob die befragte Person mit einer gesuchten identisch ist. 5 6 0 Demge-
557
Vgl. § 26 Abs. 2 S. 1 bd.wtt.PolG, Art. 13 Abs. 2 S. 2 bay.PAG, § 21 Abs. 3 S. 2 berl.ASOG, § 12 Abs. 2 S. 2 brandenb.PolG, § 11 Abs. 2 Nr. 3 brem.PolG, § 4 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 hamb.DVPolG, § 18 Abs. 3 S. 2 hess.SOG, § 29 Abs. 2 S. 2 m.v.SOG, § 13 Abs. 2 S. 1 nds.GefAG, § 10 Abs. 2 S. 2 rh.pf.POG, § 9 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 saarl.PolG, § 19 Abs. 2 S. 1 sächs.PolG, § 20 Abs. 3 S. 2 s.anh.SOG, § 181 Abs. 2 S. 2 schl.h.LVwG, § 14 Abs. 2 S. 2 thür.PAG. 558
Kritisch dazu H. Lisken, NWVB1. 1990, 325 (327 ff.); ders., ZRP 1990, 15 (19); S. Göhring, Polizeiliche Kontrollstellen, S. 111. 559
560
Hierzu oben Teil 4 Β Π. V g l f Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 191.
Teil 5: Abgrenzung von Befragung und Identitätsfeststellung
129
genüber gestattet die Regelung des § 9 nw.PolG solche Befragungen, die auf die Erteilung sachdienlicher, zur Abwehr einer bestimmten Gefahrenlage benötigter Auskünfte gerichtet sind. 561 Zwar wird in der Literatur zum Teil vertreten, daß § 9 nw.PolG - entsprechend der Aussage des § 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG - darüber hinaus auch die Feststellung der Identität der befragten Person ermögliche 562 , doch wird hierbei verkannt, daß so die speziellere und an wesentlich strengere Voraussetzungen gebundene Regelung des § 12 nw.PolG übergangen würde. Hinsichtlich der Erfragung der Personalien muß die weitreichende Regelung des § 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG daher grundsätzlich hinter die Identitätsfeststellung gemäß § 12 nw.PolG zurücktreten. Entgegen dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG ist die Erfragung von Personalien im Rahmen einer Befragung gemäß § 9 nw.PolG demnach nur dann zulässig, wenn über die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG hinaus auch diejenigen des § 12 Abs. 1 nw.PolG vorliegen. 563 Die Befugnisse der §§9, 12 nw.PolG sind allerdings nicht nur hinsichtlich ihres Tatbestandes und ihrer Zweckrichtung voneinander abzugrenzen, sondern auch hinsichtlich der für die Durchsetzung zur Verfügung stehenden Mittel. Während die Polizei eine Person zum Zwecke der Befragung nach § 9 nw.PolG lediglich anhalten bzw. vorladen darf (vgl. §§ 9 Abs. 1 S. 2, 10 Abs. 1 Nr. 1 nw.PolG) 5 6 4 , ist es ihr im Rahmen der Identitätsfeststellung nach § 12 nw.PolG zudem gestattet, die Aushändigung von Ausweispapieren zu verlangen sowie den Betroffenen festzuhalten und zu durchsuchen (§12 Abs. 2 nw.PolG). 565
561
Siehe oben Teil 4 Β IV.
562
H. Tegtmeyer , PolG NW, § 9 Rdnr. 24; Kay/Böcking, PolR NW, Rdnr. 118; Möller/Wilhelm, Allg. POR, S. 153; K.H. Friauf, POR, in: E. Schmidt-Aßmann, Bes. VerwR, Rdnr. 122; Ch. Gusy y NVwZ 1991, 614 (617); mit Blick auf § 18 sächs.PolG auch W. Gnant, PolG des Freistaates Sachsen, S. 3, 10. 563
Ausführlich oben Teil 4 EI.
564
Vgl. oben Teil 4 D Π.
565
Siehe dazu BVerfG, NVwZ 1992,767 f.
9 R. G. Müller
Teil
Der Einsatz von V-Leuten und Verdeckten Ermittlern Gemäß §§ 19 f. nw.PolG kann die Polizei personenbezogene Daten auch durch den Einsatz von Personen, deren Zusammenarbeit mit der Polizei Dritten nicht bekannt ist (sog. V-Leute), sowie durch Polizeivollzugsbeamte, die unter einer auf Dauer angelegten Legende eingesetzt werden (Verdeckte Ermittl e r ) 5 6 6 , erheben. 567 Da V-Leute und Verdeckte Ermittler personenbezogene Daten allerdings nicht allein durch das Beobachten von Geschehensabläufen oder das Verfolgen von Gesprächen erheben, sondern vielmehr auch dazu übergehen, eigene Gespräche zu führen, kann sich auch deren Tätigkeit insoweit als polizeiliche Befragung darstellen. 568 Eingangsvoraussetzung für eine derartige Befragung ist das Vorliegen einer „gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person" (§§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 20 Abs. 1 Nr. 1 nw.PolG) oder die Annahme, daß „Straftaten von erheblicher Bedeutung" begangen werden sollen (§§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 20 Abs. 1 Nr. 2 nw.PolG). Im Rahmen der unter diesen Bedingungen zulässigen verdeckten Befragung können Daten grundsätzlich sowohl über Störer und notstandspflichtige Personen als auch über andere Personen erhoben werden (vgl. §§ 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 nw.PolG).
566
Zur begrifflichen Abgrenzung ausführlich K. Waechter, NdsVBl. 1996, 49 (50).
567
Vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 24 bd.wtt.PolG, Art. 33 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Art. 35 bay.PAG, § 26 berl.ASOG, §§ 34 f. brandenb.PolG, §§ 11 f. hamb.DVPolG, § 16 hess.SOG, § 33 Abs. 1 Nr. 3, 4 i.V.m. § 34 m.v.SOG, § 36 nds.GefAG, § 25b rh.pf.POG, § 28 Abs. 2 Nr. 3, 4 saarl.PolG, § 36 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. §§ 39, 41 sächs.PolG, § 18 s.anh.SOG, § 185 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 186 schl.h.LVwG, § 34 Abs. 1 Nr. 3, 4 i.V.m. § 36 thür.PAG. • 5 6 8 So auch F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 160; a.A. Ch. Gusy, NVwZ 1991, 614 (619 f.), der diese Fälle als informatorische Befragungen einstuft.
Teil 6: Der Einsatz von V-Leuten und Verdeckten Ermittlern
131
In welcher Form die Befragung durch V-Leute und Verdeckte Ermittler zu erfolgen hat, läßt sich den Regelungen der §§ 19 f. nw.PolG jedoch nicht entnehmen, da diese lediglich das „Ob" der Datenerhebung betreffen. Insofern ist allerdings klarzustellen, daß die Regelungen über die Befragung in § 9 nw.PolG vorliegend freilich keine Anwendung finden. Dies ergibt sich zum einen auf Grund der Spezialität der §§ 19 f. nw.PolG gegenüber § 9 nw.PolG 5 6 9 und zum anderen aus der Charakteristik des Einsatzes von V-Leuten und Verdeckten Ermittlern. Da diese darauf angewiesen sind, ihre wahre Identität zu verbergen, käme hier etwa eine Aufklärung über die Rechtsgrundlagen der Datenerhebung oder über etwaige Auskunftsverweigerungsrechte schon aus prinzipiellen Gründen nicht in Betracht. Als verfahrensrechtliche Absicherungen dieser Form der verdeckten Datenerhebung, mit denen sich die Befugnisse von Polizei und Verfassungsschutz immer weiter annähern 570 , bleiben somit allein die jeweils vorgesehenen Behördenleitervorbehalte sowie die Verpflichtung, die betroffenen Personen nach Abschluß der Maßnahmen über die Datenerhebung zu unterrichten (vgl. § 19 Abs. 2, 3 und § 20 Abs. 4, 5 nw.PolG). 571
569
Vgl. auch K. Waechter, NdsVBl. 1996, 49 (53).
570
Kritisch VerfGH Sachs., LKV 1996, 273 (290); H. Bäumler, in: Lisken/ Denninger, HdbPolR, Kap. J Rdnr. 396. 571
Dazu Lisken/Mokros,
NVwZ 1991, 609 (612 f.).
Teil
Die polizeiliche Befragung in den anderen Bundesländern Zu untersuchen bleibt, in welcher Form die Gesetzgeber der anderen Bundesländer den Vorgang der polizeilichen Befragung normativ ausgestaltet haben. 5 7 2 Eingangs ist dabei hervorzuheben, daß nahezu alle Landespolizeigesetze sorgfältig zwischen einer Befugnis zur Befragung 573 , einer allgemeinen Datenerhebungsbefugnis 574 sowie den allgemeinen Regeln für die Datenerhebung 5 7 5 unterscheiden. Lediglich die Gesetze Berlins und Nordrhein-Westfalens machen eine Ausnahme. Während die Regelung des § 18 berl.ASOG allerdings nur vereinzelt Überschneidungen der drei genannten Regelungskomplexe aufweist 576 , verknüpft § 9 nw.PolG die Befugnis zur polizeilichen Befragung durchgängig mit den allgemeinen Regeln der Datenerhebung 577 und
572
Abdruck der Bestimmungen in Anhang A.
573
Vgl. § 20 Abs. 1 bd.wtt.PolG, Art. 12 bay.PAG, § 11 brandenb.PolG, § 13 brem.PolG, § 3 hamb.DVPolG, § 12 hess.SOG, § 28 m.v.SOG, § 12 nds.GefAG, § 25a Abs. 3 rh.pf.POG, § 11 Abs. 1 saarl.PolG, § 18 Abs. 1, 3, 6, 8, 9 sächs.PolG, § 14 s.anh.SOG, § 180 schl.h.LVwG, § 13 thür.PAG. 574
Siehe § 20 Abs. 2-5 bd.wtt.PolG, Art. 31 bay.PAG, § 30 brandenb.PolG, § 28 brem.PolG, § 6 hamb.DVPolG, § 13 Abs. 1-4 hess.SOG, § 27 m.v.SOG, § 31 nds.GefAG, § 25a Abs. 1 rh.pf.POG, § 26 saarl.PolG, § 37 Abs. 1 sächs.PolG, § 15 Abs. 1, 2 s.anh.SOG, § 179 schl.h.LVwG, § 32 thür.PAG. 575 Vgl. § 19 bd.wtt.PolG, Art. 30 bay.PAG, § 29 brandenb.PolG, § 27 brem.PolG, § 2 hamb.DVPolG, § 13 Abs. 5-8 hess.SOG, § 26 m.v.SOG, § 30 nds.GefAG, § 25a Abs. 2 rh.pf.POG, § 25 saarl.PolG, § 37 Abs. 2-5 sächs.PolG, § 15 Abs. 4-7 s.anh.SOG, § 178 schl.h.LVwG, § 31 thür.PAG. 576
Vgl. § 18 Abs. 2, 4 berl.ASOG. Die Handhabung des § 18 berl.ASOG wird zudem dadurch verkompliziert, daß die Vorschrift neben der Befragung, der Datenerhebung und den allgemeinen Regeln der Datenerhebung auch noch sog. „Ermittlungen" gewidmet ist (siehe § 18 Abs. 1, 2 berl.ASOG). 577
Siehe oben Teil 4 K I .
Α. Die mit § 9 nw.PolG übereinstimmenden Vorschriften
133
läßt darüber hinaus eine ausdrückliche allgemeine Befugniszuweisung für die polizeiliche Datenerhebung vermissen. 578
A. Die mit der Regelung des § 9 nw.PolG strukturell übereinstimmenden Vorschriften (Art. 12 bay.PAG, § 18 berLASOG, § 11 brandenb.PolG, § 3 hamb.DVPolG, § 13 thür.PAG) Die Regelungen der polizeilichen Befragung in Art. 12 bay.PAG, § 18 berLASOG, § 11 brandenb.PolG, § 3 hamb.DVPolG und § 13 thür.PAG stimmen in ihrer Grundstruktur weitgehend mit der des § 9 nw.PolG überein. Sämtliche Bestimmungen knüpfen den Tatbestand der Befragung an das Vorliegen einer „bestimmten polizeilichen Aufgabe" 5 7 9 und verweisen damit auf die allgemeine Aufgabenzuweisungsnorm 580 zurück. Befragt werden kann jede Person 581 , so daß der Kreis der Adressaten von einer Störereigenschaft bzw. Notstandspflichtigkeit unabhängig ist. 5 8 2 Das als Rechtsfolge vorgesehene Befragungsrecht der Polizei flankieren alle Bestimmungen mit der Befugnis, die betreffende Person zum Zwecke der Befragung auch anzuhalten. 583 Neben der bereits unter diesen Voraussetzungen entstehenden Verpflichtung des Befragten zur umfassenden Angabe seiner Personalien 584 wird die weiter-
578
Dazu oben Teil 4 Κ II 1.
579
Vgl. Art. 12 S. 1 bay.PAG, § 18 Abs. 3 S. 1 berl.ASOG, § 11 Abs. 1 S. 1 brandenb.PolG, § 3 Abs. 1 S. 1 hamb.DVPolG, § 13 Abs. 1 S. 1 thür.PAG. 580
Siehe Art. 2 bay.PAG, § 1 berl.ASOG, § 1 brandenb.PolG, § 1 Abs. 1 hamb.DVPolG, § 2 thür.PAG. 581
Vgl. Art. 12 S. 1 bay.PAG, § 18 Abs. 3 S. 1 berl.ASOG, § 11 Abs. 1 S. 1 brandenb.PolG, § 3 Abs. 1 S. 1 hamb.DVPolG, § 13 Abs. 1 S. 1 thür.PAG. 582
So ausdrücklich Ziffer 12.1 S. 3 bay.VollzBekPAG v. 28.8.1978 (MAB1. S. 629), zul. geänd. d. Bek. v. 23.12.1994 (A11MB1. 1995 S. 27). 583
Vgl. Art. 12 S. 3 bay.PAG, § 18 Abs. 3 S. 2 berl.ASOG, § 11 Abs. 1 S. 2 brandenb.PolG, § 3 Abs. 1 S. 2 hamb.DVPolG, § 13 Abs. 1 S. 2 thür.PAG. 584
In § 18 Abs. 3 S. 3 berl.ASOG wird lediglich darauf verzichtet, die befragte Person auch zur Angabe der Staatsangehörigkeit zu verpflichten.
134
Teil 7: Die polizeiliche Befragung in den anderen Bundesländern
gehende Pflicht, auch Auskünfte in der Sache zu erteilen, vom Bestehen „gesetzlicher Handlungspflichten" abhängig gemacht. 585 Während die Gesetze Berlins und Hamburgs die Frage der Auskunftsverweigerungsrechte und der unlauteren Befragungsmethoden beantworten, indem sie die §§ 52 bis 55 und 136a StPO für entsprechend anwendbar erklären 5 8 6 , fehlen in den Gesetzen Bayerns, Brandenburgs und Thüringens diese verfahrensrechtlichen Schutzvorkehrungen durchgängig. 587 Hinsichtlich unzulässiger Methoden der Befragung ist in diesen Ländern allenfalls eine analoge Anwendung der jeweiligen Bestimmungen der Vorladung 588 in Betracht zu ziehen. 589 Zur Begründung von Auskunftsverweigerungsrechten bleibt allerdings auch hier nur der Rückgriff auf allgemeine Rechtsprinzipien. 590 Zur Rechtslage in Bayern ist nachzutragen, daß Befragungen hier nicht nur gemäß Art. 12 bay .PAG von der Polizei durchgefühlt werden können, sondern zudem auch von den sog. Angehörigen der Sicherheitswacht. Rechtsgrundlage hierfür ist das - mit Blick auf Art. 33 Abs. 4 GG allerdings nicht unbedenkliche 5 9 1 - Gesetz über die Sicherheitswacht in Bayern 592 , das dem Ziel dient, Bürger an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu
585
Vgl. Art. 12 S. 2 bay.PAG, § 18 Abs. 3 S. 4 berl.ASOG, § 11 Abs. 2 S. 2 brandenb.PolG, § 3 Abs. 2 S. 2 hamb.DVPolG, § 13 Abs. 2 S. 2 thür.PAG. 586
Siehe § 18 Abs. 6 berl.ASOG und § 3 Abs. 3 hamb.DVPolG.
587
Durch Ziffer 12.2 S. 3 bay.VollzBekPAG werden die Auskunfts- und Zeugnisverweigerüngsrechte in §§ 52-55 StPO für den Bereich der Gefahrenabwehr sogar ausdrücklich ausgeschlossen. 588
Vgl. Art. 15 Abs. 4 bay.PAG, § 15 Abs. 4 brandenb.PolG, § 17 Abs. 4 thür.PAG. 589
In diesem Sinne auch Ebert/Honnacker, Thür. PAG, § 13 Erl. 3 und § 17 Erl. 12. Mit Blick auf die Tatsache, daß die Befugnis zur Vorladung freilich keinerlei Rechte für eine Befragung des Vorgeladenen enthält und der Verweis auf die Aussagen des § 136a StPO im Rahmen dieser Norm daher ohnehin leerläuft, ist eine Korrektur der entsprechenden Bestimmungen jedoch letztlich nahezu unumgänglich; vgl. oben Teil 4 GII. 590
Siehe hierzu oben Teil 4 F III.
591
Vgl. etwa BVerfGE 9, 268 (284); H. Lecheler, in: Isensee/Kirchhof, HdbStR, Bd. III, § 72 Rdnrn. 24 ff.; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 33 Rdnrn. 9 f. 592
Bay.SWG v. 24.12.1993 (GVB1. S. 1049), zul. geänd. d. Ges. v. 27.12.1996 (GVB1. S. 539).
Α. Die mit § 9 nw.PolG übereinstimmenden Vorschriften
135
beteiligen. 593 Von den polizeilichen Standardbefugnissen steht den Angehörigen der Sicherheitswacht neben dem Recht zur Identitätsfeststellung (Art. 5 bay.SWG) und zur Platzverweisung (Art. 6 bay.SWG) auch das Recht zur Befragung zu (Art. 4 bay.SWG). Die Befugnis des Art. 4 bay.SWG ist in etwa der des Art. 12 bay .PAG nachgebildet, wobei sachliche Auskunftspflichten für die befragten Personen auch hier bei Vorliegen „gesetzlicher Handlungspflichten" bestehen. 594 Die Fragenkreise der Auskunftsverweigerungsrechte, der unzulässigen Befragungsmethoden, der Aufklärungspflichten sowie der allgemeinen Regeln der Datenerhebung bleiben unbeantwortet. Hervorzuheben ist jedoch, daß die Bestimmungen des Art. 4 bay.SWG nicht wie Art. 12 bay.PAG mit „Auskunftspflicht" überschrieben wurden. Die statt dessen verwandte Bezeichnung „Befragung" bringt deutlich zum Ausdruck, daß es sich hier um eine hoheitliche Befugnisnorm und nicht etwa um ein an den Bürger adressiertes Verhaltensgebot handelt. Eine ähnliche Situation wie in Bayern ergibt sich schließlich in Berlin. Das hier zu berücksichtigende Gesetz über die Freiwillige Polizei-Reserve 595 deren Angehörige die Polizei bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dann entlasten sollen, wenn die vorhandenen Polizeidienstkräfte für die ihnen gestellten Aufgaben nicht ausreichen oder nicht ständig dafür eingesetzt werden können 596 - enthält jedoch keine eigenständigen Befügnisnormen. Auf der Grundlage von § 5 Abs. 3 berl.ASOG i.V.m. § 3 berl.FPRG werden den Angehörigen der Freiwilligen Polizei-Reserve die für sie vorgesehenen polizeilichen Befugnisse vielmehr durch Verordnung übertragen. 597 So gelten nach § 1 Nr. l b berl.FPRVO die Regelungen des § 18 berl.ASOG für die Durchführung von Ermittlungen, Befragungen und Datenerhebungen durch die Angehörigen der Freiwilligen Polizei-Reserve entsprechend.
593
Siehe Art. 1 bay.SWG.
594
Vgl. Art. 4 S. 2 bay.SWG.
595
Berl.FPRG v. 23.6.1992 (GVB1. S. 198).
596
Vgl. §§l,2berl.FPRG.
597
Berl.FPRVO v. 28.12.1992 (GVB1. 1993 S. 10).
136
Teil 7: Die polizeiliche Befragung in den anderen Bundesländern
B. Die von der Regelung des § 9 nw.PolG abweichenden Lösungsmodelle Die von § 9 nw.PolG strukturell abweichenden Vorschriften lassen sich - in Orientierung an der Behandlung der zentralen Frage der sachlichen Auskunftspflichten des Bürgers - in drei verschiedene Gruppen unterteilen.
I. Die Regelungen in § 13 brem.PolG, § 12 hess.SOG, § 12 nds.GefAG und § 14 s.anh.SOG Während § 12 nds.GefAG innerhalb des Tatbestandes auf eine „bestimmte Aufgabe nach § 1" abhebt 598 , ist Eingangsvoraussetzung für eine Befragung nach § 12 hess.SOG und § 14 s.anh.SOG das Vorliegen einer „bestimmten polizeilichen Angelegenheit". 599 Mit diesem Begriff wird zwar von der sonst verwandten Formulierung der „bestimmten polizeilichen Aufgabe" 6 0 0 Abstand genommen, doch bleibt auch zu dessen Auslegung allein der Rückgriff auf die jeweilige Aufgabennorm. 601 Inhaltlich unterscheiden sich beide Tatbestandsformen daher letztlich nicht. Eine Sonderstellung nimmt demgegenüber § 13 brem.PolG ein, der über keinen selbständigen Tatbestand verfügt. 602 Hinsichtlich des Adressatenkreises und der Rechtsfolge sind die genannten Bestimmungen jedoch in etwa deckungsgleich; sie erklären „eine Person" 603 bzw. „jede Person" 604 zum Adressaten der Maßnahme und sehen neben dem Recht zur Befragung auch ein Anhalterecht der Polizei vor. 6 0 5
598
Vgl. § 12 Abs. 1 nds.GefAG.
599
Siehe § 12 Abs. 1 S. 1 hess.SOG und § 14 Abs. 1 S. 1 s.anh.SOG.
600
Vgl. etwa § 30 Abs. 1 S. 1 hess.SOG und § 35 Abs. 1 S. 1 s.anh.SOG.
601
So auch E. Denninger, PolR, in: Meyer/Stolleis, Staats- und VerwR Hess., S. 245 ff. (285) und Bernet/Groß/Mende, PolR Hess., § 12 Rdnr. 2. 602
Die Befragung gemäß § 13 brem.PolG muß in Verbindung mit dem Tatbestand der Vorladung in § 12 Abs. 1 Nr. 1 brem.PolG gesehen werden, da die Befugnis anderenfalls tatbestandslos wäre. 603
So § 13 S. 1 brem.PolG, § 12 Abs. 1 S. 1 hess.SOG, § 14 Abs. 1 S. 1 s.anh.SOG.
Β. Die von § 9 nw.PolG abweichenden Lösungsmodelle
137
Eine Pflicht zur Angabe der Personalien besteht weder nach § 13 brem.PolG noch nach § 12 hess.SOG oder § 14 s.anh.SOG. Die Regelung des § 12 Abs. 2 nds.GefAG macht insoweit eine Ausnahme. Die Frage der Verpflichtung zu Auskünften in der Sache - die die zuvor dargestellten Vorschriften unter Zuhilfenahme des Begriffs der „gesetzlichen Handlungspflichten" zu beantworten suchen - wird durchgängig an Hand der Regelungen über die Polizeipflichtigkeit gelöst. 606 Auskunftspflichtig sind demnach lediglich Störer und notstandspflichtige Personen 607 , soweit deren Auskünfte zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden Gefahr benötigt werden. 608 Abgesehen von § 13 brem.PolG ist die befragte Person unter den Voraussetzungen der §§ 52 bis 55 StPO zur Verweigerung der Auskunft berechtigt. 609 Die in § 12 Abs. 2 S. 3 hess.SOG und § 12 Abs. 5 S. 2 nds.GefAG installierten Rückausnahmen, die das Recht zur Auskunftsverweigerung generell suspendieren, soweit die Auskunft für die Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich i s t 6 1 0 , sollen durch eine gesonderte Regelung für die Verwendung der erlangten Auskünfte 611 abgesichert werden. 612 Im
604 Vgl. § 12 Abs. 1 nds.GefAG; siehe hierzu Ziffer 12.1 S. 3 nds.ABGefAG v. 10.6.1994 (MB1. S. 996): „Der zulässige Umfang der Befragung hängt nicht davon ab, ob und inwieweit die befragte Person auskunftspflichtig ist." 605
Siehe § 12 Abs. 1 S. 2 hess.SOG, § 12 Abs. 4 S. 1 nds.GefAG, § 14 Abs. 1 S. 2 s.anh.SOG. 606
Vgl. § 13 i.V.m. § 28 Abs. 2 S. 1 brem.PolG, § 12 Abs. 2 S. 1 hess.SOG, § 12 Abs. 3 nds.GefAG, § 14 Abs. 2 S. 1 s.anh.SOG. 607
A.A. K. Meixner, HSOG, § 12 Rdnrn. 8 f.; E. Rasch, HSOG, § 12 Erl. 2; MeixneriMartelU SOG S.Anh., § 14 Rdnrn. 8 f., die über den Wortlaut der Regelungen hinaus auch auf „gesetzliche Handlungspflichten" abstellen wollen. 608
Vgl. Kunkel!Pausch/Prillwitz, Hess., S. 155.
HSOG, § 12 Rdnr. 7; Pausch/Prillwitz,
609
Vgl. § 12 Abs. 2 S. 2 hess.SOG, § 12 Abs. 5 S. 2 nds.GefAG, § 14 Abs. 2 S. 2 s.anh.SOG. 610
In § 12 Abs. 5 S. 2 nds.GefAG werden darüber hinaus auch „ähnlich schutzwürdige Belange" anerkannt. 611 612
Siehe § 12 Abs. 2 S. 4 hess.SOG und § 12 Abs. 5 S. 2 nds.GefAG.
Vgl. J. Ipsen, Nds. Gefahrenabwehrrecht, Rdnr. 330; kritisch E. Denninger, PolR, in: Meyer/Stolleis, Staats- und VerwR Hess., S. 245 ff. (285); F. Rachor, in:
POR
138
Teil 7: Die polizeiliche Befragung in den anderen Bundesländern
Hinblick auf den Problemkreis unzulässiger Befragungsmethoden erklären sämtliche Bestimmungen § 136a StPO für entsprechend anwendbar 613 , wobei § 13 S. 2 brem.PolG zusätzlich auf die Maßgaben in § 68a StPO verweist.
I I . Die Regelungen in § 20 Abs. 1 bd.wtt.PolG, § 25a Abs. 3 rh.pf.POG, § 11 Abs. 1 saarl.PolG und § 18 sächs.PolG Die Voraussetzungen, unter denen der Polizei das Recht zur Befragung eingeräumt wird, stimmen in materieller Hinsicht überein: § 20 Abs. 1 S. 1 bd.wtt.PolG, § 11 Abs. 1 S. 1 saarl.PolG und § 18 Abs. 1 S. 1 sächs.PolG verwenden den Begriff der „polizeilichen Aufgabe" und rekurrieren damit auf den allgemeinen Aufgabenbereich der Polizei. 614 Die Regelung des § 25a Abs. 3 rh.pf.POG verweist auf die allgemeine Befugnis zur Informationserhebung in § 25a Abs. 1 rh.pf.POG, die ihrerseits auf die allgemeinen polizeilichen Aufgaben Bezug nimmt. 6 1 5 Der Kreis der Adressaten der Befragung ist jeweils unabhängig von den Regelungen über die Polizeipflichtigkeit. 616 Ein Anhalterecht sowie ein Recht zur Erfragung der Personalien sehen lediglich § 20 bd.wtt.PolG und § 18 sächs.PolG vor. 6 1 7 Die Pflicht des Befragten zu Sachauskünften gegenüber der Polizei koppeln alle Bestimmungen in Abkehr von dem Begriff der „gesetzlichen Handlungspflichten" und den Regeln über die polizeirechtliche Verantwortlichkeit allein an das Vorhandensein einer konkreten Gefahr. 618 Während § 27 Abs. 4 S. 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 bd.wtt.PolG und § 18 Abs. 6 S. 1 i.V.m. Abs. 5 Nr. 1 sächs.PolG eine
Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnrn. 178 ff.; H.-H. Schild, NVwZ 1990, 738 (741). 613
Vgl. § 13 S. 2 brem.PolG, § 12 Abs. 4 hess.SOG, § 12 Abs. 4 S. 2 nds.GefAG, § 14 Abs. 4 s.anh.SOG. 614
Siehe §§ 1 f. bd.wtt.PolG, § 1 Abs. 2-4 saarl.PolG, §§ 1 f. sächs.PolG.
615
Vgl. § 25a Abs. 1 Nr. 1-5 und § 1 Abs. 1-4 rh.pf.POG.
616
Siehe § 20 Abs. 1 S. 1 bd.wtt.PolG, § 25a Abs. 1, 3 rh.pf.POG, § 11 Abs. 1 S. 1 saarl.PolG, § 18 Abs. 1 S. 1 sächs.PolG. 617 618
Siehe § 20 Abs. 1 S. 2, 3 bd.wtt.PolG und § 18 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 sächs.PolG.
Vgl. §§ 20 Abs. 1, 27 Abs. 4 S. 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 bd.wtt.PolG, § 25a Abs. 3 S. 1 rh.pf.POG, § 11 Abs. 1 S. 2 saarl.PolG, § 18 Abs. 6 S. 1 i.V.m. Abs. 5 Nr. 1 sächs.PolG.
Β. Die von § 9 nw.PolG abweichenden Lösungsmodelle
139
Gefahr „für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person oder für bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte" verlangen und § 25a Abs. 3 S. 1 rh.pf.POG auf eine Gefahr für „wichtige Rechtsgüter", insbesondere „Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder ... Sachen von bedeutendem Wert", abstellt, läßt § 11 Abs. 1 S. 2 saarl.PolG hierbei allerdings jede Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausreichen. Die unter diesen Voraussetzungen entstehende Auskunftspflicht des Befragten flankieren sämtliche Vorschriften durch Auskunftsverweigerungsrechte 619 sowie eine Regelung über verbotene Befragungsmethoden. 620 Hinsichtlich der Rechtslage in Baden-Württemberg ist anzumerken, daß sich die Befugnis zur Befragung hier aus verschiedenen Regelungsfragmenten zusammensetzt. Während der Tatbestand der Befragung in § 20 Abs. 1 bd.wtt.PolG niedergelegt wurde, finden sich die Regelungen über die sachlichen Auskunftspflichten sowie die Rechte zur Auskunftsverweigerung in § 27 Abs. 4 bd.wtt.PolG. Der Problemkreis unzulässiger Befragungsmethoden wird schließlich in § 35 Abs. 2 bd.wtt.PolG unter Verwendung des Begriffs der „Vernehmung" beantwortet. 621 Befremdlich ist zudem, daß die befragte Person nach der jetzigen Gesetzesfassung lediglich im Rahmen einer Vorladung verpflichtet werden kann, Auskünfte in der Sache zu erteilen (vgl. § 27 Abs. 4 S. 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 bd.wtt.PolG), obwohl die Tatbestände der Befragung in §20 Abs. 1 S. 1 bd.wtt.PolG und der Vorladung in § 27 Abs. 1 Nr. 1 bd.wtt.PolG an inhaltsgleiche Voraussetzungen anknüpfen. 622 Eine Zusammenführung der für die Befragung relevanten Einzelbestimmungen zu einer Norm sowie eine Harmonisierung dieser Bestimmungen mit denen der Vorladung in § 27 bd.wtt.PolG wäre daher durchaus angebracht.
619
Siehe § 27 Abs. 4 S. 2 bd.wtt.PolG, § 25a Abs. 3 S. 2 rh.pf.POG, § 11 Abs. 1 S. 4, 5 saarl.PolG, § 18 Abs. 6 S. 2 sächs.PolG. 620
Vgl. § 35 Abs. 2 bd.wtt.PolG, § 12 Abs. 4 rh.pf.POG, § 11 Abs. 1 S. 3 saarl.PolG, § 18 Abs. 9 sächs.PolG. 621
Zur Abgrenzung der Begriffe „Befragung" und „Vernehmung" siehe oben Teil 1 B. 622
Die Literatur wendet die Auskunftspflicht des § 27 Abs. 4 S. 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 bd.wtt.PolG über den Wortlaut der Regelungen hinaus daher auch im Rahmen des § 20 Abs. 1 bd.wtt.PolG an; vgl. K. Würz, Polizeiaufgaben und Datenschutz Bd.Wtt., Rdnm. 148 f.; WürtenbergerJ Heckmann/Riggert, PolR Bd.Wtt., Rdnr. 371; D. Heckmann, VB1BW 1992, 164 (169); zweifelnd E. Mußmann,, Allg. PolR Bd.Wtt., Rdnr. 407 und Reichertl Ruder, PolR, Rdnr. 425.
140
Teil 7: Die polizeiliche Befragung in den anderen Bundesländern
Auf der Grundlage des Gesetzes über den Freiwilligen Polizeidienst 623 gelten die geschilderten Regelungen des bd.wtt.PolG schließlich auch für die in den Freiwilligen Polizeidienst aufgenommenen Personen, die den örtlichen Polizeivollzugsdienst auf Anfrage verstärken sollen. 624 Nach § 6 Abs. 1 S. 1 bd.wtt.FPolDG haben die Angehörigen des Freiwilligen Polizeidienstes gegenüber Dritten die Stellung von Polizeibeamten im Sinne des Polizeigesetzes. Die für den Polizeivollzugsdienst geltenden Vorschriften des Polizeigesetzes sind auf die Tätigkeit des Freiwilligen Polizeidienstes entsprechend anzuwenden. 625
Π Ι . Die Regelungen in § 28 m. v.SOG und § 180 schl.h.LVwG Die Bestimmungen über die polizeiliche Befragung in § 28 m.v.SOG und §180 schl.h.LVwG stimmen überein. Die Voraussetzungen der Befragung erschöpfen sich in der Prognose, daß eine Person Angaben machen kann, „die für die Aufgabenerfullung ... erforderlich sind." 6 2 6 Der insofern nahezu unbegrenzte Kreis der in Betracht kommenden Adressaten kann von der Polizei zur Durchführung der Befragung angehalten werden. 627 Den befragten Personen werden umfassende Auskunftspflichten auferlegt: So formulieren § 28 Abs. 2 S. 1 m.v.SOG und § 180 Abs. 2 S. 1 schl.h.LVwG hinsichtlich der Verpflichtung des Befragten zu Auskünften in der Sache: „Eine Person, die nach Absatz 1 befragt wird, hat die erforderlichen Angaben zu leisten." Ungeachtet der Regeln über die Polizeipflichtigkeit und des Gefahrenbegriffs gehen die Gesetzgeber hier offensichtlich von einer prinzipiellen, an keinerlei Voraussetzungen gebundenen Auskunftspflicht des Bürgers gegenüber der Polizei aus. 628 Lediglich die Pflicht zur Angabe der Personalien wird
623
Bd.wtt.FPolDG i.d.F. v. 12.4.1985 (GBl. S. 129), zul. geänd. d. Ges. v. 22.10.1991 (GBl. S. 625). 624
So § 1 Abs. 3 S. 1 bd.wtt.FPolDG.
625
Vgl. § 1 Abs. 4 bd.wtt.FPolDG.
626
Siehe § 28 Abs. 1 S. 1 m.v.SOG und § 180 Abs. 1 S. 1 schl.h.LVwG.
627
Vgl. § 28 Abs. 1 S. 2 m.v.SOG und § 180 Abs. 1 S. 2 schl.h.LVwG.
628
Kritisch insoweit auch F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 171a.
C. Gesamtbetrachtung der vorgefundenen Bestimmungen
141
von deren Notwendigkeit für die Abwehr einer im einzelnen Falle bevorstehenden Gefahr abhängig gemacht. 629 Den Fragenkreis der verfahrensrechtlichen Schutzvorkehrungen beantworten beide Vorschriften unter Rückgriff auf § 136a StPO und §§ 52 bis 55 StPO 6 3 0 , wobei sie das Recht zur Auskunftsverweigerung jedoch auf Auskünfte zur Sache beschränken. Die Berechtigung, eine derartige Auskunft zu verweigern, wird allerdings durchbrochen, „wenn die Auskunft für die Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist." 6 3 1 Die im Zuge dessen erlangten Auskünfte dürfen indes allein zu Zwecken der Gefahrenabwehr verwandt werden. 632
C. Gesamtbetrachtung der vorgefundenen Bestimmungen Mit Ausnahme von Bremen und Rheinland-Pfalz haben alle Bundesländer die Kommunikation zwischen Polizei und Bürger eingehend reglementiert. 633 Unter Loslösung von den klassischen Eingriffsvoraussetzungen der Gefahr und der Störereigenschaft lassen sämtliche Bestimmungen ein polizeiliches Befragungsrecht bereits entstehen, soweit nur anzunehmen ist, daß die Angaben des Befragten zur Aufgabenerfüllung erforderlich sind. 6 3 4 Die rechtsstaatlich gebotene Trennung von polizeilichen Aufgaben und Befugnissen ist insofern nicht in voller Konsequenz vollzogen worden. 635 Soweit der polizeiliche Aufgabenbereich eröffnet ist, kann letztlich jedermann befragt werden. 636 Bedenklich 629
Vgl. § 28 Abs. 2 S. 1 m.v.SOG und § 180 Abs. 2 S. 1 schl.h.LVwG.
630
So § 28 Abs. 2 S. 2, 3 m.v.SOG und § 180 Abs. 2 S. 2, 3 schl.h.LVwG. Die Regelung des § 136a Abs. 1 S. 2 StPO wird allerdings ausgeklammert. 631
Siehe § 28 Abs. 2 S. 4 m.v.SOG und § 180 Abs. 2 S. 4 schl.h.LVwG.
632
Vgl. § 28 Abs. 2 S. 5 m.v.SOG und § 180 Abs. 2 S. 5 schl.h.LVwG.
633
In Ermangelung eines selbständigen Tatbestandes erweisen sich die Regelungen der Befragung in § 13 brem.PolG und § 25a Abs. 3 rh.pf.POG als unvollständig. 634
Vgl. § 20 Abs. 1 S. 1 bd.wtt.PolG, Art. 12 S. 1 bay.PAG, § 18 Abs. 3 S. 1 berl.ASOG, § 11 Abs. 1 S. 1 brandenb.PolG, § 3 Abs. 1 S. 1 hamb.DVPolG, § 12 Abs. 1 S. 1 hess.SOG, § 28 Abs. 1 S. 1 m.v.SOG, § 12 Abs. 1 nds.GefAG, § 11 Abs. 1 S. 1 saarl.PolG, § 18 Abs. 1 S. 1 sächs.PolG, § 14 Abs. 1 S. 1 s.anh.SOG, § 180 Abs. 1 S. 1 schl.h.LVwG, § 13 Abs. 1 S. 1 thür.PAG. 635
Siehe dazu oben Teil 4 Β Π 2.
636
Ausführlich hierzu oben Teil 4 C ΙΠ.
142
Teil 7: Die polizeiliche Befragung in den anderen Bundesländern
erscheint diese Ausgangslage im Hinblick auf diejenigen Bundesländer, in denen der Befragte nur auf sein ausdrückliches Verlangen hin über die Freiwilligkeit der Auskunftserteilung bzw. über bestehende Auskunftspflichten und deren Umfang aufgeklärt wird. 6 3 7 Angesichts der unerwarteten Konfrontation mit hoheitlicher Autorität wird der Bürger hier wesentlich umfänglichere Auskünfte erteilen, als er rechtlich zu erteilen verpflichtet ist bzw. verpflichtet werden kann. 6 3 8 In Bezug auf die Statuierung von Auskunftspflichten ist zunächst zu bemerken, daß dem Befragten - ungeachtet der engeren Voraussetzungen für eine Identitätsfeststellung - nahezu durchgängig die Pflicht auferlegt wird, auf Anfrage generell seine Personalien zu offenbaren. 639 Die Regelungen in Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen-Anhalt, die auf eine derartige, systematisch nur schwer zu rechtfertigende Befugnis 640 verzichten, stellen insoweit richtungweisende Ausnahmen dar. Hinsichtlich der polizeilichen Befragung in den anderen Bundesländern erscheint es daher angebracht, die Erfragung von Personalien unter den Vorbehalt zu stellen, daß über die Voraussetzungen der Befragung hinaus auch die der Identitätsfeststellung vorliegen. 641 Bezüglich der Kernfrage, unter welchen Voraussetzungen der Befragte zu Auskünften in der Sache verpflichtet werden kann, geht das Spektrum der verschiedenen Regelungsansätze weit auseinander. Hierbei erscheinen die Regelungen, die die Frage der sachlichen Auskunftspflichten dem Begriff der „gesetzlichen Handlungspflichten" überantworten 642 , angesichts der Mehrdeutigkeit dieser Wendung wenig praktikabel. 643 Ähnlichen Bedenken begegnen
637
Vgl. § 19 Abs. 3 S. 1 bd.wtt.PolG, Art. 30 Abs. 4 S. 1 bay.PAG, § 29 Abs. 4 S. 1 brandenb.PolG, § 12 Abs. 5 S. 1 nds.GefAG, § 25 Abs. 5 S. 1 saarl.PolG. 638 Kritisch insofern auch E. Mußmann, Allg. PolR Bd.Wtt., Rdnr. 398; Ch. Gusy, PolR, Rdnr. 191; vgl. andererseits aber Würtenberger/Heckmann/Riggert, PolR Bd.Wtt., Rdnr. 381 und D. Heckmann, VB1BW 1992,164 (170). 639
Vgl. § 20 Abs. 1 S. 2 bd.wtt.PolG, Art. 12 S. 1 bay.PAG, § 18 Abs. 3 S. 3 berl.ASOG, § 11 Abs. 2 S. 1 brandenb.PolG, § 3 Abs. 2 S. 1 hamb.DVPolG, § 28 Abs. 2 S. 1 m.v.SOG, § 12 Abs. 2 nds.GefAG, § 18 Abs. 3 sächs.PolG, § 180 Abs. 2 S. 1 schl.h.LVwG, § 13 Abs. 2 S. 1 thür.PAG. 640
Vgl. oben Teil 4 EI.
641
AaO.
642
Vgl. Art. 12 S. 2 bay.PAG, § 18 Abs. 3 S. 4 berl.ASOG, § 11 Abs. 2 S. 2 brandenb.PolG, § 3 Abs. 2 S. 2 hamb.DVPolG, § 13 Abs. 2 S. 2 thür.PAG. 643
Hierzu oben Teil 4 Ε Π 1.
C. Gesamtbetrachtung der vorgefundenen Bestimmungen
143
die Vorschriften, die ausschließlich an die Regeln über die polizeirechtliche Verantwortlichkeit anknüpfen. 644 An Hand dieser Regeln läßt sich zwar bestimmen, gegen wen eine gefahrenabwehrende Maßnahme zu richten ist, doch kann ihnen nicht entnommen werden, daß die betreffende Person auch zur Auskunftserteilung im Dienste der polizeilichen Aufgabenerfüllung verpflichtet ist. 6 4 5 Zudem wird gerade der Störer häufig zur Verweigerung der verlangten Auskünfte berechtigt sein, so daß bei dieser Konstruktion regelmäßig ein Zirkelschluß droht. 6 4 6 Ausgewogen erscheinen demgegenüber die Bestimmungen, die den vorliegenden Problemkreis in Orientierung an dem bedrohten Rechtsgut angehen. 647 Soweit der Befragte nur dann zur Auskunft verpflichtet wird, wenn eine Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person besteht, ist nicht nur der verfassungsrechtlichen Problematik der Auferlegung einer solchen Auskunftspflicht hinreichend Rechnung getragen 648 , sondern zugleich sichergestellt, daß die polizeilichen Befugnisse im Rahmen der Befragung auch mit denen der Vorladung in Einklang stehen. 649 Bei einem Rückgriff auf jede Gefahr im polizeirechtlichen Sinne 6 5 0 oder auf eine Gefahr für bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte 651 ist dies freilich nicht gewährleistet. 652 Nimmt man schließlich die Vorgaben in § 28 Abs. 2 S. 1 m.v.SOG und § 180 Abs. 2 S. 1 schl.h.LVwG in den Blick, wonach der Befragte die geforderten Angaben schlicht „zu leisten" hat, so bestehen durchgreifende Bedenken hin-
644
Vgl. § 13 i.V.m. § 28 Abs. 2 S. 1 brem.PolG, § 12 Abs. 2 S. 1 hess.SOG, § 12 Abs. 3 nds.GefAG, § 14 Abs. 2 S. 1 s.anh.SOG. 645
In diesem Sinne auch F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 171. 646
A.A. Drews/ WackelVogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 193 und E. Rasch, Allg. POR, in: C.H. Ule, Verwaltungsgesetze des Bundes und der Länder, Bd. ΠΙ, Erster Halbband, § 11 ME Rdnr. 5. 647
Vgl. § 20 Abs. 1 i.V.m. § 27 Abs. 4 S. 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 bd.wtt.PolG, § 25a Abs. 3 S. 1 rh.pf.POG, § 18 Abs. 6 S. 1 i.V.m. Abs. 5 Nr. 1 sächs.PolG. 648
Siehe oben Teil 4 Ε Π 2.
649 y g | c j a z u djg Voraussetzungen für die zwangsweise Durchsetzung einer Vorladung gemäß § 27 Abs. 3 Nr. 1 bd.wtt.PolG, § 12 Abs. 3 Nr. 1 rh.pf.POG und § 18 Abs. 5 Nr. 1 sächs.PolG. 650
So § 11 Abs. 1 S. 2 saarl.PolG.
651
Siehe § 27 Abs. 3 Nr. 1 bd.wtt.PolG und § 18 Abs. 5 Nr. 1 sächs.PolG. Die Regelung des § 25a Abs. 3 S. 1 rh.pf.POG knüpft die Auskunftspflicht an eine Gefahr für „Sachen von bedeutendem Wert." 652
Vgl. oben Teil 4 Ε II 2 c.
144
Teil 7: Die polizeiliche Befragung in den anderen Bundesländern
sichtlich der Zulässigkeit einer solchen Regelung. 653 Weit jenseits der alten Rechtslage 654 und ohne jede materielle Beziehung zu der betreffenden polizeilichen Aufgabe wird hierdurch jedermann zum Informationsschuldner gegenüber der Polizei. Der verfahrensrechtliche Schutz des Betroffenen, der hinsichtlich der mit der Auferlegung einer Auskunftspflicht einhergehenden Eingriffe in die informationelle Selbstbestimmung vor allem in Form von Aufklärungs- und Belehrungspflichten zu verwirklichen ist 6 5 5 , wird zum Teil nur fragmentarisch oder unter Einschränkungen gewährleistet. Dies gilt in erster Linie für die Gesetze in Bayern, Brandenburg, Bremen und Thüringen, die der befragten Person keinerlei Rechte zur Auskunftsverweigerung einräumen. 656 Anzuführen sind jedoch auch die Regelungen in Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, bei denen die Auskunftspflicht des Befragten zwar mit entsprechenden Auskunftsverweigerungsrechten korrespondiert, aber gleichwohl weitreichende Rückausnahmen vorgesehen sind. 6 5 7 Auf rechtsstaatliche Bedenken stoßen in diesem Kontext zudem die Bestimmungen, im Rahmen derer die befragte Person nicht unmittelbar über in Betracht kommende Auskunftsverweigerungsrechte zu unterrichten ist 6 5 8 , sowie diejenigen, im Rahmen derer die Aufklärung über die Rechtsgrundlagen der Befragung nur auf Verlangen erfolgt. 659 Dem von Seiten des Bundesverfassungsgerichts auch für den Sektor der Datenerhebung ausdrücklich postulierten Grundrechtsschutz
653
So auch F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 171a.
654
Siehe oben Teil 2 B.
655
Siehe BVerfGE 65, 1 (46, 59); a.A. D. Heckmann, VB1BW 1992, 164 (170), der eine obligatorische Belehrungspflicht gegenüber dem polizeilich Befragten ablehnt: „Es ist von ihm [dem Bürger] zu erwarten, daß er seine Rechte durch Eigeninitiative wahrt, also im Zweifel nach seiner Antwortpflicht fragt (woraufhin natürlich wahrheitsgemäß zu belehren ist)." 656
Restriktiv ist insoweit auch Ziffer 12.2 S. 3 bay.VollzBekPAG formuliert.
657
Siehe § 12 Abs. 2 S. 2, 3 hess.SOG, § 28 Abs. 2 S. 3, 4 m.v.SOG, § 12 Abs. 5 S. 2 nds.GefAG, § 180 Abs. 2 S. 3, 4 schl.h.LVwG. 658
Vgl. § 19 Abs. 3 bd.wtt.PolG, Art. 30 Abs. 4 bay.PAG, § 18 Abs. 5 berl.ASOG, § 29 Abs. 4 brandenb.PolG, § 28 Abs. 2 brem.PolG, § 2 Abs. 4 hamb.DVPolG, § 12 Abs. 5 nds.GefAG, § 31 Abs. 4 thür.PAG. 659
Siehe § 19 Abs. 3 S. 1 bd.wtt.PolG, Art. 30 Abs. 4 S. 1 bay.PAG, § 29 Abs. 4 S. 1 brandenb.PolG, § 12 Abs. 5 S. 1 nds.GefAG und Ziffer 12.5 S. 1 nds.ABGefAG, § 25 Abs. 5 S. 1 saarl.PolG.
C. Gesamtbetrachtung der vorgefundenen Bestimmungen
145
durch Verfahren 660 wird durch diese Bestimmungen nicht hinreichend Rechnung getragen. Einen anderen Standpunkt vertritt demgegenüber der Bayerische Verfassungsgerichtshof 661 , der Bedenken gegen eine Zurückstellung der Belehrung des Betroffenen über die Rechtsgrundlage der Datenerhebung sowie gegen eine im Einzelfall bestehende gesetzliche Auskunftspflicht oder die Freiwilligkeit der Auskunft (vgl. Art. 30 Abs. 4 S. 1 , 2 bay .PAG) zurückweist. 662 Als Begründung führt er aus, daß die „Zurückstellung des Hinweises zugleich dem Schutz des Betroffenen [diene]. Dieser [werde] z.B. in Streßsituationen oder in alkoholisiertem Zustand häufig außerstande sein, die Belehrung der Polizei über die Rechtsgrundlagen und die Freiwilligkeit der Auskunft richtig aufzunehmen und daraus die notwendigen Schlußfolgerungen zu ziehen." 663 Bei diesem Ansatz wird jedoch nicht nur die Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach einer verfahrensrechtlichen Absicherung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch Aufklärungs- und Belehrungspflichten bei der Datenerhebung 664 übergangen, sondern zudem verkannt, daß ein nachträglicher Hinweis auf die Freiwilligkeit einer Auskunft bzw. den Umfang einer bestehenden Auskunftspflicht auch faktisch kaum geeignet sein wird, die betroffene Person vor einer rechtsgrundlosen Preisgabe personenbezogener Daten zu bewahren. Schließlich bleibt zu betonen, daß die polizeiliche Befragung von den meisten Bundesländern eindeutig als Modus der Datenerhebung eingestuft wurde 6 6 5 , womit beide Regelungsbereiche im zutreffenden Verhältnis zueinander stehen. 666 Daß sich demgegenüber Art. 12 bay.PAG, § 11 brandenb.PolG, § 13 brem.PolG, § 12 nds.GefAG, § 11 saarl.PolG, § 18 sächs.PolG und § 13 thür.PAG nicht in dem jeweils für die Datenverarbeitung bzw. -erhebung vorgesehenen Gesetzesabschnitt befinden 6 6 7 , sondern als allgemeine Befugnisnormen qualifiziert wurden, ist nicht nur aus systematischen Gründen verfehlt, 660
Vgl. BVerfGE 65,1 (44, 46, 58 f.).
661
VerfGH Bay. 47, 241 ff.
662
VerfGH Bay. 47, 241 (262); ebenso Honnackerl Beinhof er, PAG, Art. 30 Erl. 9.
663
AaO.
664
BVerfGE 65,1 (58 f.).
665
Vgl. § 20 bd.wtt.PolG, § 18 berl.ASOG, § 3 hamb.DVPolG, § 12 hess.SOG, § 28 m.v.SOG, § 25a Abs. 3 rh.pf.POG, § 14 s.anh.SOG, § 180 schl.h.LVwG. 666
Vgl. oben Teil 4 K I .
667
Siehe Art. 30 ff. bay.PAG, §§ 29 ff. brandenb.PolG, §§ 27 ff. brem.PolG, §§ 30 ff. nds.GefAG, §§ 25 ff. saarl.PolG, §§ 37 ff. sächs.PolG, §§ 31 ff. thür.PAG. 10 R. G. Müller
146
Teil 7: Die polizeiliche Befragung in den anderen Bundesländern
sondern kann bezüglich der auch im Rahmen der Befragung erforderlichen Belehrung über die Rechtsgrundlagen der Datenerhebung 668 auch zu Mißverständnissen bei der Handhabung der genannten Normen führen.
668
Vgl. Art. 30 Abs. 4 S. 1 bay.PAG, § 29 Abs. 4 S. 1 brandenb.PolG, § 28 Abs. 2 S. 1 brem.PolG, § 30 Abs. 2 S. 3 nds.GefAG, § 25 Abs. 5 S. 1 saarl.PolG, § 37 Abs. 2 S. 3 sächs.PolG, § 31 Abs. 4 S. 1 thür.PAG.
Teil
Die Befragung durch den Bundesgrenzschutz und die Verfassungsschutzbehörden Neben den Landespolizeigesetzen kommen als Rechtsgrundlage für eine hoheitliche Befragung des Bürgers in erster Linie das Gesetz über den Bundesgrenzschutz 669 sowie die Verfassungsschutzgesetze des Bundes 670 und der Länder 671 in Betracht.
A. Befragung und Auskunftspflicht gemäß § 22 BGSG Im Zuge der umfassenden Novellierung des Bundesgrenzschutzgesetzes 672 hat auch die Befragung durch die Behörden des Bundesgrenzschutzes mit § 22 BGSG eine ausdrückliche Regelung erfahren. Die Befugnisse in § 22 BGSG -
669
BGSG v. 19.10.1994 (BGBl. IS. 2978).
670
BVerfSchG v. 20.12.1990 (BGBl. I S. 2954), zul. geänd. d. Ges. v. 20.4.1994 (BGBl. I S. 867). 671 Bd.wtt.VSG v. 22.10.1991 (GBl. S. 639); bay.VSG v. 24.8.1990 (GVB1. S. 323), zul. geänd. d. Ges. v. 8.7.1994 (GVB1. S. 551); berl.LfVG i.d.F. v. 25.3.1995 (GVB1. S. 254); brandenb.VerfSchG v. 5.4.1993 (GVB1. I S. 78); brem.VSG i.d.F. v. 23.3.1981 (GBl. S. 73), zul. geänd. d. Bek. v. 13.10.1992 (GBl. S. 607); hamb.VerfSchG v. 7.3.1995 (GVB1. S. 45); hess.LfVG v. 19.12.1990 (GVB1.1 S. 753); m.v.VerfSchG v. 18.3.1992 (GVOB1. S. 194); nds.VerfSchG v. 3.11.1992 (GVB1. S. 283), zul. geänd. d. Ges. v. 4.4.1995 (GVB1. S. 103); nw.VSG v. 20.12.1994 (GVB1. 1995 S. 28); rh.pf.VSG v. 26.3.1986 (GVB1. S. 73), zul. geänd. d. Ges. v. 4.4.1989 (GVB1. S. 80); saarl.VerfSchG v. 24.3.1993 (ABl. S. 296); sächs.VSG v. 16.10.1992 (GVB1. S. 459); s.anh.VerfSchG v. 14.7.1992 (GVB1. S. 590); schl.h.VerfSchG v. 23.3.1991 (GVOB1. S. 203); thür.VSG v. 29.10.1991 (GVB1. S. 527). 672
Hierzu W. Schreiber, NVwZ 1995, 521 ff.; R. Riegel, DÖV 1995, 317 ff.; Ch. Gröpl, DVB1. 1995, 329 ff.
148
Teil 8: Befragung durch Bundesgrenzschutz und Verfassungsschutz
die gemäß § 9 Abs. 3 S. 1 B K A G 6 7 3 auch dem Bundeskriminalamt zur Erfüllung der in § 9 Abs. 1 B K A G genannten Aufgaben zur Verfügung stehen 674 werden durch die in § 21 Abs. 3, 4 BGSG niedergelegten allgemeinen Regeln der Datenerhebung ergänzt, die als Handlungsmaßstab für die Datenerhebungen auf Grund der Generalklausel des § 21 Abs. 1, 2 BGSG und der besonderen Befugnisse der §§ 22 ff. BGSG gelten. 675 Das Befragungsrecht nach § 22 BGSG 6 7 6 ist sehr weitreichend. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll § 22 BGSG „ein Auskunftsverlangen gegenüber jedermann auch ohne das Vorhandensein einer konkreten Gefahr" erlauben. 677 Hierzu knüpft § 22 Abs. 1 S. 1 BGSG den Tatbestand der Befragung an die Annahme, daß die betreffende Person „sachdienliche Angaben für die Erfüllung einer bestimmten dem Bundesgrenzschutz obliegenden Aufgabe machen kann", so daß das Vorliegen einer einzelnen Aufgabe aus der Aufgabenpalette der §§ 1 ff. BGSG 6 7 8 zur zentralen Voraussetzung der Befragungsbefugnis wird. Auch das Befragungsrecht des Bundesgrenzschutzes ist demnach nicht auf Störer und notstandspflichtige Personen (§§ 17, 18 und 20 BGSG) beschränkt, sondern kann generell auch gegenüber unbeteiligten Personen geltend gemacht werden. Die Regelungen des § 22 Abs. 2 BGSG sind darauf ausgerichtet, den Kreis der auskunftspflichtigen Personen und den Umfang der zu erlangenden Auskünfte sehr weit zu fassen. Zu diesem Zweck wird durch § 22 Abs. 2 S. 1 BGSG eine grundsätzliche Verpflichtung des Befragten zur Angabe seiner Personalien statuiert 679 und die weitergehende Pflicht zu Auskünften in der 673
BKAG i.d.F. v. 29.6.1973 (BGBl. I S. 704), zul. geänd. d. Ges. v. 19.10.1994 (BGBl. IS. 2978). 674
Siehe aber auch die für die Datenerhebung durch das Bundeskriminalamt künftig vorgesehene Generalklausel in § 22 S. 1 des Entwurfs eines Gesetzes über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (Bundeskriminalamtgesetz - BKAG), BR-Drucks. 94/95 v. 17.2.1995 (Gesetzentwurf der Bundesregierung), S. 26; ausführlich zu den Inhalten des Entwurfs W. Steinke, ZRP 1995, 212 ff. und R. Lersch, Kriminalistik 1995, 179 ff. 675
Vgl. hierzu auch die Begründung in BT-Drucks. 12/7562 v. 17.5.1994 (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.), S. 50 f. 676
Abdruck der Bestimmung in Anhang B.
677
Vgl. BT-Drucks. 12/7562, S. 51.
678
Siehe zu den Änderungen des Aufgabenbereiches gegenüber der bisherigen Rechtslage Ch. Gröpl DVB1. 1995, 329 (331 ff.); R. Riegel DÖV 1995, 317 (317 ff.); W. Schreiben NVwZ 1995,521 (525 ff.). 679
Siehe dazu oben Teil 4 EI.
Β. Befragungen nach §§ 8 f. BVerfSchG
149
Sache gemäß § 22 Abs. 2 S. 2 BGSG sowohl an die Vorschriften über die polizeirechtliche Verantwortlichkeit als auch an das Bestehen „gesetzlicher Handlungspflichten" gekoppelt. 680 Schließlich ist die gebotene Aufklärung des Befragten über die Rechtsgrundlagen für die Datenerhebung sowie den Umfang etwaiger Auskunftspflichten nur auf Verlangen durchzuführen ( § 2 1 Abs. 4 S. 1 BGSG) und das unter den Voraussetzungen der §§ 52 bis 55 StPO entstehende Recht zur AuskunftsVerweigerung 681 nur unter Rückausnahmen gewährleistet (§ 22 Abs. 3 S. 2 BGSG). 6 8 2 Demnach ist festzuhalten, daß das Befragungsrecht nunmehr zwar auch für den Tätigkeitsbereich der Bundesgrenzschutzbehörden eingehend geregelt wurde, daß aber § 22 BGSG hierbei unter bewußter Abkehr von der alten Rechtslage 6 8 3 aus den Einzelregelungen der Landespolizeigesetze zusammengestellt wurde, die der Polizei die jeweils weitesten Befugnisse einräumen. 684
B. Befragungen nach §§ 8 f. BVerfSchG Der Vorgang einer Befragung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz ist nicht ausdrücklich geregelt, sondern erschließt sich aus den in §§ 8 f. BVerfSchG 685 vorgesehenen Befugnissen zur Erhebung von Informationen, die gemäß §§ 4 f. M A D G 6 8 6 und § 3 B N D G 6 8 7 unter geringfügigen Modifikationen auch für die Tätigkeitsbereiche des Militärischen Abschirmdienstes und
680
Vgl. hierzu oben Teil 4 E II.
681
Entgegen dem Wortlaut des § 22 Abs. 3 S. 1 BGSG ist freilich nicht nur der „Betroffene" (vgl. § 37 BGSG i.V.m. § 3 Abs. 1 BDSG), sondern jede befragte Person zur Verweigerung der Auskunft berechtigt. 682
Siehe auch oben Teil 7 C.
683
Vgl. BT-Drucks. 12/7562, S. 51.
684
Vgl. insofern § 12 hess.SOG, § 28 m.v.SOG, § 12 nds.GefAG und § 180 schl.h.LVwG. 685
Abdruck der Bestimmungen in Anhang C.
686
MADG v. 20.12.1990 (BGBl. I S. 2954), zul. geänd. d. Ges. v. 20.4.1994 (BGBl. I S. 867). 687
BNDG v. 20.12.1990 (BGBl. I S. 2954), zul. geänd. d. Ges. v. 20.4.1994 (BGBl. IS. 867).
150
Teil 8: Befragung durch Bundesgrenzschutz und Verfassungsschutz
des Bundesnachrichtendienstes gelten. 688 Nach den Vorgaben der §§ 8 f. BVerfSchG kann sich die Befragung als einfache Form der Informationserhebung gemäß § 8 Abs. 1 BVerfSchG oder als besondere Form der Informationserhebung gemäß § 9 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 BVerfSchG darstellen. 689 Nimmt man zunächst § 8 Abs. 1 BVerfSchG sowie die Aussagen des § 8 Abs. 4 BVerfSchG in den Blick, so wird deutlich, daß die Befragung hier als Datenerhebung mit Kenntnis des Betroffenen qualifiziert wird, die grundsätzlich zulässig ist, soweit sie zur Erfüllung der Aufgaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz (§ 3 BVerfSchG) erforderlich ist. 6 9 0 Hiermit wird dem Bundesamt für Verfassungsschutz zwar ein generelles Recht zur offenen Befragung von Personen eingeräumt, doch bestehen mit Blick auf das in § 8 Abs. 3 BVerfSchG verankerte Trennungsgebot 691 , das den Behörden des Verfassungsschutzes polizeiliche Befugnisse strikt versagt 6 9 2 , keinerlei Befugnisse zur weiteren Durchsetzung des Befragungsrechts. 693 Die betreffende Person darf demnach weder angehalten, festgehalten oder vorgeladen werden, noch darf sie zur Auskunftserteilung verpflichtet werden. 694 Im Rahmen der offenen Befragung gemäß § 8 Abs. 1 BVerfSchG bleibt das Bundesamt für Verfassungsschutz daher gänzlich auf die freiwillige Mitwirkung des Betroffenen angewiesen und hat ihn stets entsprechend zu belehren (§ 8 Abs. 4 S. 2 BVerfSchG). 695
688 Zu den erstmals gesetzlich geregelten Aufgaben und Befugnissen des Bundesnachrichtendienstes und des Militärischen Abschirmdienstes Ch. Gröpl, Die Nachrichtendienste, S. 221 ff., S. 232 ff., S. 256 ff.; R. Riegel, Datenschutz bei den Sicherheitsbehörden, S. 55 ff.; H. Bäumler, NVwZ 1991, 643 ff.; K. Dau, DÖV 1991,661 ff. 689
Bezüglich der den Vorschriften zugrundeliegenden Terminologie ist anzumerken, daß die Begriffe „Datenerhebung" und „Informationserhebung" durch § 9 Abs. 1 S. 1 BVerfSchG gleichgesetzt werden. 690
Zur Befragung auf der Grundlage des BVerfSchG v. 27.9.1950 (BGBl. I S. 682) i.d.F. v. 7.8.1972 (BGBl. I S. 1382) eingehend W. Schatzschneider, Ermittlungstätigkeit, S. 204 ff. und J. Schwagerl, Verfassungsschutz, S. 174 f. 691
Ausführlich hierzu Ch. Gröpl, Die Nachrichtendienste, S. 301 ff.; R. Riegel, Datenschutz bei den Sicherheitsbehörden, S. 143; kritisch H. Albert, ZRP 1995, 105 ff. 692
Vgl. auch VerfGH Sachs., LKV 1996, 273 (289 f.).
693
Vgl. Ch. Gusy, DVB1. 1991, 1288 (1290); W. Schatzschneider, Ermittlungstätigkeit, S. 204 f.; ferner Ch. Gröpl Die Nachrichtendienste, S. 310 f. 694 695
So deutlich W. Schatzschneider, aaO.
Freilich dürfen auch bei der Befragung durch den Verfassungsschutz die Verbote des § 136a StPO nicht umgangen werden; vgl. J. Schwagerl Verfassungsschutz,
C. Befragungen nach den Verfassungsschutzgesetzen der Länder
151
Nach § 9 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 BVerfSchG darf das Bundesamt für Verfassungsschutz jedoch auch Maßnahmen der heimlichen Informationsbeschaffung einsetzen. Da den hierzu in § 8 Abs. 2 S. 1 BVerfSchG beispielhaft aufgeführten - auch als nachrichtendienstliche Mittel bezeichneten 696 - Maßnahmen auch die verdeckte Befragung unterfällt 6 9 7 , sind die Behörden des Verfassungsschutzes daher grundsätzlich auch befugt, den Betroffenen zu befragen, ohne die Zugehörigkeit zum Verfassungsschutz zu erkennen zu geben, sowie Daten des Betroffenen bei Dritten zu erfragen. 698 Soweit die verdeckte Befragung unter Nutzbarmachung einer Legende durchgeführt wird, darf der befragten Person allerdings nicht das Bestehen einer Auskunftspflicht vorgespiegelt werden, da das Trennungsgebot freilich gerade im Rahmen der Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel nicht unterlaufen werden darf. 6 9 9 Im Hinblick auf die Konkretisierungen des Übermaßverbotes in § 9 Abs. 1 S. 2 bis 4 und § 8 Abs. 5 BVerfSchG wird zudem jeweils sorgsam zu prüfen sein, ob sich die Aufgaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz nicht auch durch weniger beeinträchtigende Maßnahmen - wie etwa den Zugriff auf allgemein zugängliche Quellen oder eine offene Befragung des Betroffenen - erfüllen lassen.
C. Befragungen auf der Grundlage der Verfassungsschutzgesetze der Länder Da die Landesverfassungsschutzgesetze in ihrem Aufbau und Inhalt fast durchgängig der Konzeption des BVerfSchG folgen, lassen auch sie eine ei-
S. 175; W. Schatzschneider, Ermittlungstätigkeit, S. 206; H. Lisken, Schriftenreihe der Polizei-Führungsakademie, Heft 1/1995, 29 (40). 696 Vgl. G.-D. Schoen, Eckwerte des künftigen Bundesverfassungsschutzrechtes, in: Verfassungsschutz in der Demokratie, S. 125 ff. (136 f.); siehe hierzu auch die Begriffsbestimmungen in § 6 Abs. 1 S. 1 bd.wtt.VSG, § 9 Abs. 3 S. 1 m.v.VerfSchG, § 8 Abs. 1 S. 1 saarl.VerfSchG, § 5 Abs. 1 S. 1 sächs.VSG und § 8 Abs. 2 S. 1 schl.h.VerfSchG, bei denen die Begriffe „Maßnahmen zur heimlichen Informationsbeschaffung" und „nachrichtendienstliche Mittel" bereits synonym verwandt werden. 697
Vgl. OVG NW, NWVB1. 1994, 468 (469); Ch. Gröpl Die Nachrichtendienste, S. 310 Fußn. 41; Ch. Gusy, DVB1. 1991, 1288 (1288, 1290). 698
Siehe H. Borgs-Maciejewski, in: Borgs-Maciejewski/Ebert, Das Recht der Geheimdienste, § 3 BVerfSchG 1972 Rdnr. 167; W. Schatzschneider, Ermittlungstätigkeit, S. 206 f.; J. Vahle, Polizeiliche Aufklärungs- und Observationsmaßnahmen, S. 132. 699
Vgl. H. Roewer, Nachrichtendienstrecht, § 3 BVerfSchG 1972 Rdnr. 142.
152
Teil 8: Befragung durch Bundesgrenzschutz und Verfassungsschutz
genständige Regelung hinsichtlich der Befragung von Personen vermissen. 700 Der normative Rahmen für die Befragung wird somit auch auf Landesebene allein durch die informationellen Befugnisse der Behörden des Verfassungsschutzes bestimmt. 701 Parallel zu den Maßgaben der §§ 8 f. BVerfSchG ist die offene Befragung von Personen demnach auf die jeweilige Grundnorm für die Erhebung von Informationen 702 und die verdeckte Befragung auf die Befugnis zur Informationserhebung durch den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel 7 0 3 zu stützen. 704 In Konsequenz des auch in den Landesgesetzen ausnahmslos hervorgehobenen Trennungsgebotes 705 darf die befragte Person allerdings in beiden Konstellationen nicht zur Erteilung von Auskünften verpflichtet werden 7 0 6 und ist - soweit sich die Befragung offen, also mit ihrer Kenntnis voll700
Auch die Regelung des § 6 nw.VSG, die mit „Befragung, Mitwirkung von Betroffenen" überschrieben ist, stellt keine Befugnisnorm für die Befragung dar, sondern betrifft allein das bei der offenen Datenerhebung grundsätzlich einzuhaltende Verfahren; vgl. § 8 Abs. 4 BVerfSchG. 701 Vgl. insoweit auch W. Weber, BayVBl. 1991, 449 (452 f.) sowie ferner Schriever-Steinberg/Fuckner, NVwZ 1991, 645 (646). 702
Siehe § 5 Abs. 1 bd.wtt.VSG, Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 bay.VSG, § 8 Abs. 1 berl.LfVG, § 6 Abs. 2 brandenb.VerfSchG, § 4 Abs. 1 brem.VSG, § 7 Abs. 1 hamb.VerfSchG, § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 hess.LfVG, § 7 Abs. 1 m.v.VerfSchG, § 5 Abs. 1 nds.VerfSchG, § 5 Abs. 1 nw.VSG, § 4 Abs. 1 rh.pf.VSG, § 7 Abs. 1, 2 saarl.VerfSchG, § 4 Abs. 1 sächs.VSG, § 7 Abs. 1, 2 s.anh.VerfSchG, § 8 Abs. 1 schl.h.VerfSchG, § 5 Abs. 1 thür.VSG. 703
Vgl. § 6 Abs. 1, 2 bd.wtt.VSG, Art. 6 Abs. 1, 2 bay.VSG, § 9 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 berl.LfVG, § 7 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 3 brandenb.VerfSchG, § 4 Abs. 2 brem.VSG, § 8 Abs. 1, 2 hamb.VerfSchG, § 5 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 2 hess.LfVG, § 9 Abs. 1-4 m.v.VerfSchG, § 6 Abs. 1, 2 nds.VerfSchG, § 7 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 nw.VSG, § 5 Abs. 1 rh.pf.VSG, § 8 Abs. 1, 2 saarl.VerfSchG, § 5 Abs. 1, 2 sächs.VSG, § 8 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 3 s.anh.VerfSchG, § 8 Abs. 2, 3 schl.h.VerfSchG, § 7 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1, 2 thür.VSG. 704
In § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 brandenb.VerfSchG, § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 hamb.VerfSchG, § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 nds.VerfSchG und § 5 Abs. 2 Nr. 4 nw.VSG wird die verdeckte Befragung nunmehr sogar ausdrücklich als nachrichtendienstliches Mittel aufgeführt. 705
Vgl. § 5 Abs. 3 bd.wtt.VSG, Art. 1 Abs. 4 S. 2, 3 bay.VSG, § 8 Abs. 3 berl.LfVG, § 6 Abs. 4 S. 1 brandenb.VerfSchG, § 4 Abs. 3 brem.VSG, § 2 Abs. 2 hamb.VerfSchG, § 3 Abs. 5 hess.LfVG, § 8 m.v.VerfSchG, § 5 Abs. 4 nds.VerfSchG, § 5 Abs. 5 S. 2, 3 nw.VSG, § 4 Abs. 5 rh.pf.VSG, § 2 Abs. 3 saarl.VerfSchG, § 4 Abs. 3 sächs.VSG, § 7 Abs. 5 s.anh.VerfSchG, § 9 schl.h.VerfSchG, § 5 Abs. 3 thür.VSG. 706
Siehe hierzu oben Teil 8 Β sowie LT-Drucks. NW 11/4743 v. 4.1.1993 (Gesetzentwurf der Landesregierung), S. 30.
C. Befragungen nach den Verfassungsschutzgesetzen der L ä n d e r 1 5 3 zieht - sowohl auf den Zweck der Maßnahme als auch auf die Freiwilligkeit der Auskunftserteilung hinzuweisen. 707 Angesichts der wenigen gesetzlichen Vorgaben für die Durchführung der Befragung kommt jedoch auch vorliegend den speziellen Ausprägungen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit 708 entscheidende Bedeutung zu.
707
Vgl. § 5 Abs. 2 bd.wtt.VSG, § 6 Abs. 5 S. 1, 4 brandenb.VerfSchG, § 4 Abs. 5 hess.LfVG, § 5 Abs. 2 nds.VerfSchG, § 6 Abs. 1 nw.VSG, § 7 Abs. 4 saarl.VerfSchG, § 4 Abs. 2 sächs.VSG, § 7 Abs. 6 s.anh.VerfSchG. In den übrigen Landesgesetzen fehlt eine entsprechende gesetzliche Klarstellung. 708
Vgl. § 5 Abs. 4 bd.wtt.VSG, Art. 4 Abs. 3 und Art. 6 Abs. 3 bay.VSG, § 9 Abs. 3 berl.LfVG, § 6 Abs. 6 und § 7 Abs. 1 S. 2-4 brandenb.VerfSchG, § 4 Abs. 2 Nr. 2 brem.VSG, § 6 und § 7 Abs. 3 hamb.VerfSchG, § 3 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 hess.LfVG, § 7 Abs. 2 und § 9 Abs. 5 m.v.VerfSchG, § 5 Abs. 5 und § 6 Abs. 6 nds.VerfSchG, § 5 Abs. 3 nw.VSG, § 3 rh.pf.VSG, § 6 Abs. 2 saarl.VerfSchG, § 4 Abs. 4 sächs.VSG, § 6 und § 8 Abs. 1 S. 2, 3 s.anh.VerfSchG, § 7 Abs. 2 schl.h.VerfSchG, § 7 Abs. 1 S. 2,3 thür.VSG.
Teil
Rechtsnatur der Befragung und Rechtsschutz Die Rechtsschutzmöglichkeiten gegenüber einer hoheitlichen Befragung bestimmen sich nach deren Rechtsnatur. Diesbezüglich ist zu unterscheiden, ob sich die Behörde an den Betroffenen oder an einen Dritten wendet und ob sie hierbei ein verbindliches Auskunftsverlangen geltend macht oder lediglich ein unverbindliches Gespräch führt. Nimmt man zunächst die direkte Befragung des Betroffenen in den Blick, so ist hinsichtlich der in § 35 S. 1 VwVfG genannten Begriffsmerkmale des Verwaltungsaktes allein fraglich, ob die Maßnahme eine eigenständige Regelung, das heißt eine rechtsverbindliche Begründung, Beeinträchtigung oder Feststellung eines subjektiven Rechtes 709 beinhaltet. Für den Fall, daß die Behörde dem Betroffenen gegenüber zum Ausdruck bringt, daß er einer bestehenden Auskunftspflicht Folge zu leisten hat, liegt eine Rechtsbeeinträchtigung auf der Hand. Denn das rechtmäßige Auskunftsverlangen löst eine Verpflichtung zur Beantwortung der gestellten Fragen aus und beeinträchtigt damit unmittelbar die informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen. 710 Angesichts der hierin liegenden Regelung stellt sich die Auferlegung einer Auskunftspflicht daher grundsätzlich als belastender Verwaltungsakt dar. 7 1 1 Anders verhält es sich indes bei einem unverbindlichen Gespräch, in dessen Verlauf die Behörde nicht auf eine etwaige Auskunftspflicht des Betroffenen abstellt. Eine derartige Kommunikation, die stets das Prinzip der Freiwilligkeit erkennen läßt und vom Bürger jederzeit abgebrochen werden kann, bewirkt freilich keinerlei Rechts-
709
P. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 35 Rdnr. 64; F.-J. Peine, Allg. VerwR, Rdnr. 120. 710
Vgl. F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 166; H.-E. Messner, BWVP 1992, 193 (195 f.). 711
Vgl. OVG NW, NWVB1. 1991, 121 (122); NWVB1. 1996, 343 (344); OVG Lüneburg, OVGE 6, 325 f.; Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 42 Rdnr. 53; Ey ermann! F röhler, VwGO, § 42 Rdnr. 51. Siehe auch H.-U. Erichsen, Jura 1993, 45, der die Befragung als eine „in Frageform gekleidete Polizeiverfügung" bezeichnet. A.A. ohne nähere Begründung Bernerl Köhler, PAG, Art. 12 Rdnr. 2 und E. Rasch, DVB1. 1992, 207 (208).
Teil 9: Rechtsnatur der Befragung und Rechtsschutz
155
folgen. Mangels Regelungscharakter sind die im Rahmen eines solchen Gesprächs gestellten Fragen daher nicht als Verwaltungsakte, sondern als Realakte zu qualifizieren. 712 Richtet die Behörde ihre Fragen nicht an den Betroffenen selbst, sondern befragt sie eine dritte Person über die Daten des Betroffenen, so entspricht die rechtliche Qualifikation dieser Maßnahme grundsätzlich dem obigen Muster: Ist die Befragung des Dritten lediglich unverbindlicher Natur, so ist von einem Realakt auszugehen. Geht die Behörde vom Freiwilligkeits- zum Pflichtprinzip über und verpflichtet den Dritten zur Auskunftserteilung, so liegt ein Verwaltungsakt vor. Zu berücksichtigen ist bei dieser Konstellation jedoch die Besonderheit, daß mit der Befragung des Dritten zugleich ein mittelbarer Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen einhergeht. 713 Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine rechtlich gesondert zu qualifizierende Maßnahme 714 oder um einen zweiten Verwaltungsakt. 715 Angesichts der Tatsache, daß die Drittbefragung neben den Rechten des Adressaten auch die Rechte des Betroffenen beeinträchtigt, ist diese Maßnahme vielmehr als Verwaltungs- bzw. Realakt mit Doppel Wirkung einzustufen. 716 In Abhängigkeit von der jeweiligen Befragungsform bzw. -situation kommt als statthafte Klageart gegen eine hoheitliche Befragung - die sich in aller Regel bereits vor Klageerhebung erledigt haben wird - mithin entweder eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog oder aber eine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO in Betracht. Das im Rahmen beider Klagearten erforderliche Feststellungsinteresse wird sich hierbei sowohl an Hand einer etwaigen Wiederholungsgefahr als auch in Gestalt eines Rehabilitationsbedürfnisses darlegen lassen. 717 Darüber hinaus steht den betroffenen Personen die Möglichkeit offen, von der speichernden Stelle Auskunft über die im Rahmen der Befragung erhobe-
712
So im Ergebnis auch Eyermannl F röhler, VwGO, § 42 Rdnr. 51; H.-G. König, DNP 1992, 663 (665); F. Rachor, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 165. 713
Siehe dazu oben Teil 3 A.
714
So indes Bernerl Köhler, PAG, Art. 12 Rdnr. 2.
715
In diesem Sinne H.-J. Meyer, Polizeiliche Beobachtungsmaßnahmen, S. 108.
716
Siehe hierzu H. Maurer, Allg. VerwR, § 9 Rdnr. 50; H.-U. Erichsen, in: H.-U. Erichsen, Allg. VerwR, § 18 Rdnr. 1; F.-J. Peine, Allg. VerwR, Rdnr. 139. 717
Vgl. OVG NW, NWVB1. 1994, 468 (468 f.); VGH Bd.Wtt., ESVGH 45, 124 (127 f.); M. Deutsch, Die heimliche Erhebung von Informationen, S. 281 f.; H. Kraft, FAZ, Nr. 129 v. 7.6.1994, S. Τ 4.
Teil 9: Rechtsnatur der Befragung und Rechtsschutz nen personenbezogenen Daten zu verlangen 718 sowie den Landes- bzw. Bundesbeauftragten für den Datenschutz anzurufen. 719
718
Siehe H. Bäumler, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. J Rdnrn. 755 ff. und F.-L. Knemeyer, JZ 1992, 348 (350). 719
Hierzu H. Bäumler, aaO, Rdnrn. 115 ff.
Teil 10
Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse Die „polizeiliche Befragung" ist von der „informatorischen Befragung" und der „Vernehmung" abzugrenzen. Entscheidend ist hierbei nicht der Wille des Betroffenen, sondern allein, daß die Polizei den Bürger aus eigener Initiative im Rahmen präventiv-polizeilicher Tätigkeit zu einer konkreten Auskunft auffordert. Die Entwicklung der polizeilichen Befragung läßt sich bis in die Zeit des Deutschen Reiches von 1871 zurückverfolgen. Speziell in der Rechtsprechung des preußischen Oberverwaltungsgerichts finden sich zahlreiche Entscheidungen, die der Frage der Zulässigkeit eines „polizeilichen Auskunftsrechts" gewidmet sind. Unter Rückgriff auf den Schluß vom Zweck auf die Mittel bejahte das Pr.OVG ein Recht auf Auskunftserteilung im Rahmen des § 10 I I 17 pr.ALR von 1794. In der damaligen Literatur wurde dieser Standpunkt jedoch überwiegend kritisch beurteilt. Nach Inkrafttreten des Grundgesetzes wurde ein polizeiliches Befragungsrecht zum Teil auf Grund der Generalklausel gegenüber polizeipflichtigen Personen für zulässig erachtet. Zugleich mehrten sich jedoch Stimmen, die die polizeiliche Befragung von der Schaffung einer eigenständigen gesetzlichen Grundlage abhängig machten. Von zentraler Bedeutung für die Entwicklung der polizeilichen Befragung war schließlich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Volkszählungsgesetz von 1983 (BVerfGE 65, 1 ff.), die eine umfassende Erörterung der Zulässigkeit hoheitlicher Befragungen zum Gegenstand hatte und deren Vorgaben richtungweisend für die Ausgestaltung der polizeilichen Datenverarbeitung waren. Hinsichtlich der Grundrechtsrelevanz einer polizeilichen Befragung ist zwischen zwei Grundkonstellationen des Befragungsvorgangs zu unterscheiden. Die unmittelbare Befragung des Betroffenen kann dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als „Recht auf informationelle Selbstbestimmung" sowie dessen allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG beeinträchtigen. Demgegenüber kann sich die Drittbefragung als Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit des Befragten und als mittelbare Beeinträchtigung der informationellen Selbstbestimmung des Betroffenen darstellen. Als rechtsstaatliche Anforderun-
158
Teil 10: Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse
gen an eine gesetzliche Erfassung des Vorgangs der Datenerhebung durch Befragung sind - über die bewährten Grundsätze der Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit hinaus - vor allem organisatorische und verfahrensrechtliche Schutzvorkehrungen sowie die bereichsspezifische Festlegung des Verwendungszwecks der durch die Befragung erhobenen Daten anzuführen. Der Tatbestand der polizeilichen Befragung gemäß § 9 nw.PolG ist allein an Hand der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG zu konkretisieren; den der Auskunftsverpflichtung des Bürgers gewidmeten Regelungen in § 9 Abs. 2 nw.PolG lassen sich keine zusätzlichen Eingrenzungen entnehmen. Dem Begriff der „bestimmten polizeilichen Aufgabe" kommt eine Schlüsselfunktion für den Befragungstatbestand zu. Aus ihm ergibt sich, daß sich eine einzelne Aufgabe aus dem Katalog des § 1 nw.PolG schon vor der Durchführung der Befragung hinreichend konkretisiert haben, muß und eine polizeiliche Befragung „ins Blaue hinein", ohne „gefahrenspezifischen Zusammenhang", grundsätzlich unzulässig ist. Den weiteren Tatbestandsmerkmalen in § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG ist zu entnehmen, daß die zu befragende Person in einer hinreichenden sachlichen Beziehung zu der polizeilichen Aufgabe stehen muß und sich die betreffende Prognose des handelnden Amtsträgers ausschließlich auf Tatsachen und nicht auf Vermutungen stützen darf. Die Befragung einer Person muß schließlich stets erforderlich sein, darf also nicht der Datenerhebung zur Verwaltungsvereinfachung oder „auf Vorrat" dienen. Der für den Befragungstatbestand vorgesehene Adressatenkreis wird ausschließlich durch § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG bestimmt; die Regelungen in § 9 Abs. 3 nw.PolG enthalten diesbezüglich keine weiteren Vorgaben. Die mit dem Begriff „jede Person" in § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG getroffene Adressatenbezeichnung ist restriktiv zu handhaben. Zulässigerweise kann hiernach nur derjenige befragt werden, der in räumlicher und materieller Hinsicht in einem Näheverhältnis zu der polizeilichen Gefahrenlage steht. Eine Befragung von Personen jenseits dieser Einschränkungen - im Sinne einer „Jedermann-Polizeipflicht" - läßt sich mit den nach wie vor als „ultima ratio" geltenden Direktiven des polizeilichen Notstandes in § 6 nw.PolG nicht vereinbaren. Als Rechtsfolge sieht § 9 Abs. 1 nw.PolG neben der Befugnis zur Befragung von Personen auch die Befugnis vor, die betreffende Person für die Dauer der Befragung anzuhalten. Das Befragungsrecht gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG gestattet der Polizei grundsätzlich die Erfragung aller sach- und personenbezogenen Angaben, die für die Aufgabenerfüllung erforderlich sind. Die Durchsetzung des in § 9 Abs. 1 S. 2 nw.PolG vorgesehenen Anhalterechts stellt sich mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 S. 2 und Art. 104 Abs. 1 S. 1 GG als Freiheitsbeschränkung und nicht als Freiheitsentziehung dar. Dem Zweck und der Dauer der Befragung entsprechend muß das Anhalten der Person indes auf das unum-
Teil 10: Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse gängliche Maß begrenzt bleiben, wobei ein Festhalten der Person grundsätzlich unzulässig ist. Bei den in § 9 Abs. 2 nw.PolG geregelten Auskunftspflichten ist zwischen der Verpflichtung zur Angabe der Personalien und der Verpflichtung zur Erteilung weiterer Auskünfte zu differenzieren. Die in § 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG vorgesehene Verpflichtung zur Angabe der Personalien entsteht erst dann, wenn über die Voraussetzungen der Befragung in § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG hinaus auch diejenigen für eine Identitätsfeststellung nach § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 nw.PolG vorliegen. Die in § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG installierte Verpflichtung zur Auskunftserteilung, soweit „gesetzliche Handlungspflichten" bestehen, ist in verfassungsorientierter Auslegung auf die Konstellationen zu beschränken, in denen die betreffenden Informationen zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich sind. Das Fehlen von Auskunftsverweigerungsrechten im Anwendungsbereich des § 9 nw.PolG läßt sich nicht durch eine Anwendung der Regelungen des § 26 Abs. 2 S. 4 nw.VwVfG oder der §§ 52 ff. StPO, sondern allein durch einen Rückgriff auf ein allgemeines Rechtsprinzip korrigieren. Hinsichtlich unzulässiger Befragungsmethoden scheidet eine Anwendung der Regelungen des § 136a StPO aus; diesbezüglich muß auf rechtsstaatliche Grundaussagen zurückgegriffen werden. Die nach § 9 Abs. 6 nw.PolG gebotene Aufklärung über die Rechtsgrundlagen der Datenerhebung erstreckt sich hinsichtlich der polizeilichen Befragung auf den Tatbestand und die Rechtsfolgen in § 9 Abs. 1 nw.PolG sowie den Umfang der Auskunftspflichten gemäß § 9 Abs. 2 nw.PolG. Darüber hinaus ist die befragte Person in groben Zügen über die abzuwehrende Gefahrenlage und über etwaige Auskunftsverweigerungsrechte zu unterrichten. Die in § 9 Abs. 6 nw.PolG vorgesehenen Ausnahmetatbestände sind restriktiv zu interpretieren. Von zentraler Bedeutung für die Ermessensentscheidung, ob und wie die Polizei eine Datenerhebung durch Befragung durchzuführen hat, ist der in § 9 Abs. 3 S. 1 nw.PolG niedergelegte Grundsatz, daß die Befragung regelmäßig an den Betroffenen zu richten ist; vor diesem Hintergrund ist eine zurückhaltende Handhabung der in § 9 Abs. 3 S. 2 nw.PolG installierten Ausnahmeregelungen geboten. Nach § 9 Abs. 4 nw.PolG muß die Polizei Befragungen grundsätzlich mit „offenem Visier" vornehmen und darf verdeckte Befragungen nur in den gesetzlich vorgesehenen Ausnahmefällen des Einsatzes sog. V-Leute und Verdeckter Ermittler nach §§ 19 f. nw.PolG durchführen. Neben dem Zweckbindungsprinzip in § 9 Abs. 5 S. 1 nw.PolG ist bei der polizeilichen Befragung zudem die dem Schutz einiger besonders sensibler Daten gewidmete Regelung des § 9 Abs. 5 S. 2 nw.PolG zu beachten; in Anlehnung an die Grundsätze der Sphärentheorie dürfen jedoch über die in § 9 Abs. 5 S. 2 nw.PolG aufgeführten Daten hinaus auch diejenigen Daten nicht erfragt wer-
160
Teil 10: Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse
den, die der Intimsphäre des Betroffenen zuzurechnen sind. Zur Durchsetzung der Anhörungspflicht kann die zu befragende Person gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 nw.PolG angehalten und nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 nw.PolG gegebenenfalls vorgeladen werden; ein Festhalten der Person ist mit Blick auf § 12 Abs. 2 S. 2, 3 nw.PolG unzulässig. Zur Durchsetzung einer bestehenden Auskunftsverpflichtung kommt allein die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Betracht. Zwischen polizeilicher Befragung und Datenerhebung ist keineswegs zu differenzieren, da sich die Befragung von Personen als geradezu klassische Form der Datenerhebung darstellt. Unter einer Datenerhebung ohne Kenntnis des Betroffenen im Sinne von § 9 Abs. 3 S. 2 nw.PolG ist demnach grundsätzlich auch die Befragung Dritter zu verstehen; eine allgemeine Befugnis zur Datenerhebung kann der Regelung des § 9 Abs. 3 S. 2 nw.PolG indes nicht entnommen werden. Die Rechtsinstrumente der Befragung und der Identitätsfeststellung gemäß §§ 9, 12 nw.PolG sind hinsichtlich ihrer Eingangsvoraussetzungen, ihrer Zweckrichtung und der fur ihre Durchsetzung zur Verfügung stehenden Mittel zu unterscheiden. Hierbei erweist sich die Identitätsfeststellung als die speziellere und an deutlich höhere Anforderungen gebundene Befugnis; bezüglich der Erfragung von Personalien muß die Regelung des § 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG damit grundsätzlich hinter die Identitätsfeststellung nach § 12 nw.PolG zurücktreten. Da im Rahmen des Einsatzes von V-Leuten und Verdeckten Ermittlern gemäß §§ 19 f. nw.PolG Daten nicht nur durch Beobachtungen oder das Verfolgen von Gesprächen, sondern auch durch verdeckte Befragungen erhoben werden, kann sich auch diese Tätigkeit insoweit als polizeiliche Befragung darstellen; gleichwohl finden die Regelungen über die Befragung in § 9 nw.PolG auf diesem Sektor keine Anwendung. Die gesetzlichen Ausgestaltungen der polizeilichen Befragung in den anderen Bundesländern unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich der Frage, unter welchen Voraussetzungen die befragte Person zur Erteilung gefahrenspezifischer Auskünfte verpflichtet werden kann. Hierbei knüpfen die verschiedenen Regelungsmodelle die Auskunftspflicht an das Bestehen „gesetzlicher Handlungspflichten", die Regelungen über die Polizeipflichtigkeit von Personen, das Vorhandensein einer Gefahr für bestimmte, hochrangige Rechtsgüter, das Vorliegen einer Gefahr oder auch an keinerlei eigenständige Voraussetzungen. Darüber hinaus bestehen zum Teil erhebliche Unterschiede hinsichtlich der für den Befragungsvorgang vorgesehenen organisatorischen und verfahrensrechtlichen Schutzvorkehrungen. Die Befragungsbefugnis gemäß § 22 BGSG ist weitreichend; die Verpflichtung zu Auskünften in der Sache wird sowohl an das Vorliegen „gesetzlicher
Teil 10: Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse Handlungspflichten" als auch an die polizeirechtliche Verantwortlichkeit geknüpft und ein Recht zur Auskunftsverweigerung nur unter Rückausnahmen gestattet. Die Verfassungsschutzgesetze des Bundes und der Länder enthalten keine speziellen Regelungen für die Befragung von Personen. Demzufolge ist die offene Befragung hier auf die jeweilige Grundnorm für die Datenerhebung und die verdeckte Befragung auf die Befugnis zur Datenerhebung durch den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel zu stützen; mit Blick auf das Trennungsgebot kommen hierbei indes keinerlei Befugnisse zur weiteren Durchsetzung des Befragungsrechts in Betracht. Die hoheitliche Auferlegung einer Auskunftspflicht stellt sich grundsätzlich als Verwaltungsakt dar; demgegenüber handelt es sich bei einer im Verlauf eines unverbindlichen Gesprächs gestellten Frage um einen Realakt. Neben der Möglichkeit, gegen diese Maßnahmen selbst Klage zu erheben, steht dem Betroffenen das Recht zu, von der speichernden Stelle Auskunft über die erhobenen Daten zu verlangen sowie den Landes- bzw. Bundesbeauftragten für den Datenschutz anzurufen.
11 R. G. Müller
Teil 1
Abschließende Betrachtung zu § 9 nw.PolG Bei einer resümierenden kritischen Betrachtung der in § 9 nw.PolG getroffenen Regelungen stehen zunächst systematische und grammatikalische Unstimmigkeiten im Vordergrund. So beziehen sich die allgemeinen datenschutzrechtlichen Grundsätze der Datenerhebung beim Betroffenen sowie der Aufklärung des Betroffenen über die Rechtsgrundlagen der Datenerhebung nach der gegenwärtigen Fassung der Absätze 3 und 6 ausschließlich auf die Datenerhebung durch Befragung, obwohl diese gewiß bei allen Formen der Datenerhebung nach §§ 9 ff. nw.PolG zu beachten sind. Zudem vermittelt die Formulierung „Befragung und Datenerhebung" in § 9 Abs. 4 nw.PolG den Eindruck, als sei gerade zwischen diesen beiden Maßnahmen zu differenzieren. Auch ist eine verdeckte Befragung von Personen nach dem jetzigen Wortlaut des § 9 Abs. 4 nw.PolG grundsätzlich unzulässig; dies läuft jedoch den Regelungen der §§ 19 f. nw.PolG über den Einsatz von V-Leuten und Verdeckten Ermittlern zuwider. Die rechtsstaatliche Errungenschaft der Trennung von Aufgaben- und Befugniszuweisungen ist innerhalb des § 9 nw.PolG nicht konsequent vollzogen worden, da § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG als Befugnisnorm auf die allgemeine Aufgabennorm des § 1 nw.PolG Bezug nimmt und in § 9 Abs. 3 S. 2 nw.PolG von „Aufgabenwahrnehmung gemäß Absatz 1" die Rede ist. Darüber hinaus ist anzumerken, daß im Zuge der Zusammenführung der nach den Gesetzentwürfen ursprünglich selbständigen Vorschriften über eine allgemeine Befugnis zur Datenerhebung, die allgemeinen Regeln der Datenerhebung und die Befragung die allgemeine Datenerhebungsbefugnis untergegangen ist; Nordrhein-Westfalen ist damit das einzige Bundesland, dessen Polizei auf eine ausdrückliche Verankerung der allgemeinen Befugnis zur Datenerhebung verzichten muß. Schließlich ist die Befugnis zur Befragung in § 9 nw.PolG mit den Regelungen der Vorladung und der Identitätsfeststellung nach §§ 10, 12 nw.PolG nicht hinreichend synchronisiert worden; so kann etwa nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 S. 1 nw.PolG im Rahmen einer Befragung prinzipiell auch die Identität der befragten Person festgestellt werden. Die Verortung der Vorladung gemäß
Teil 11: Abschließende Betrachtung zu § 9 nw.PolG
163
§ 10 nw.PolG neben § 9 nw.PolG ist zudem systematisch unpassend. Zwar flankiert die Vorladung in § 10 nw.PolG die Befugnisse zur Befragung und zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen nach § § 9 , 14 nw.PolG, doch lassen sich auf § 10 nw.PolG selbst keinerlei Datenerhebungen stützen, so daß die Stellung des § 10 nw.PolG im Titel „Datenerhebung" und der Verweis auf § 136a StPO in § 10 Abs. 4 nw.PolG fehl gehen. In inhaltlicher Hinsicht ist kritisch hervorzuheben, daß die Befugnis zur Befragung von Personen nach § 9 nw.PolG in Abkehr von der bisher anerkannten Rechtslage ausgestaltet wurde, nach der die Befragung auf die polizeiliche Generalklausel gestützt und damit allein gegenüber polizeipflichtigen Personen bei Vorliegen einer konkreten Gefahr anerkannt wurde. Die mit der Ablösung des Tatbestandes und des Adressatenkreises von den bewährten Begriffen der Gefahr, des Störers und des Notstandspflichtigen einhergehende Ausweitung des polizeilichen Befragungsrechts hat zudem eine Reihe von Anwendungs- und Auslegungsproblemen mit sich gebracht. So können den unbestimmten Rechtsbegriffen „bestimmte polizeiliche Aufgabe" und „jede Person" in § 9 Abs. 1 S. 1 nw.PolG, die die Nachfolge der oben genannten Begriffe angetreten haben, sowie vor allem dem mehrdeutigen Begriff der „gesetzlichen Handlungspflichten" in § 9 Abs. 2 S. 2 nw.PolG als einem Stück offengelassener Gesetzgebung nur mühevoll verläßliche Konturen verliehen werden. Auch lassen sich die aus dem allgemeinen Datenschutzrecht in den Regelungsbereich des § 9 nw.PolG überführten Begriffe der (personenbezogenen) Daten, der (offenen und verdeckten) Datenerhebung sowie des Betroffenen nur schwer mit den dem Polizeirecht bislang immanenten Begrifflichkeiten harmonisieren. Schließlich erweisen sich die organisatorischen und verfahrensrechtlichen Absicherungen der Gewährleistung informationeller Selbstbestimmung im Rahmen der Datenerhebung gemäß § 9 nw.PolG als unvollständig; so fehlen insbesondere Regelungen über unzulässige Befragungsmethoden, über Auskunftsverweigerungsrechte sowie über entsprechende Unterrichtungs- bzw. Aufklärungspflichten. Als Fazit kann jedoch festgehalten werden, daß die von seiten der Literat u r 7 2 0 zum Teil vehement kritisierten Regelungen in § 9 nw.PolG nicht gegen
720 Vgl. F. Rachor y in: Lisken/Denninger, HdbPolR, Kap. F Rdnr. 163: „weitgehend voraussetzungslos"; H. Lisken, NWVB1. 1990, 325 (327): „faktisch voraussetzungslos"; Moller/Wilhelm , Allg. POR, S. 152: „gesetzestechnisch mißglückt, unübersichtlich"; H. Tegtmeyer, PolG NW, § 9 Rdnr. 1: „generalklauselartig"; H. Wagner, DuR 17 (1989), S. 165 ff. (168, 171): „scheintatbestandlich, voraussetzungslos"; Ch. Gusy, NVwZ 1991, 614 (616, 617); ders. y PolR, Rdnr. 192: „unbestimmt,
164
Teil 11: Abschließende Betrachtung zu § 9 nw.PolG
das rechtsstaatliche Gebot der Normenklarheit verstoßen und nicht verfassungswidrig sind. Gewiß handelt es sich bei § 9 nw.PolG um eine sehr komplexe Vorschrift; auch weisen die bereichsspezifischen Einzelregelungen der Norm einen hohen Abstraktionsgrad auf. Doch sind die Bestimmungen des § 9 nw.PolG - unter Berücksichtigung der vorgefundenen (Auslegungs-) Resultate - grundsätzlich sowohl praktisch vollziehbar als auch justitiabel. Gleichwohl wäre es allerdings durchaus angebracht, die gegenwärtige Verknüpfung der Regelungen über die Befragung mit den für den gesamten Gesetzestitel „Datenerhebung" vorgesehenen allgemeinen Regeln der Datenerhebung in § 9 nw.PolG aufzuheben und beiden Regelungskomplexen jeweils eine eigenständige Vorschrift zu widmen. Im Zuge dessen könnten die verbleibenden Unstimmigkeiten grammatikalischer und systematischer Natur behoben und die einzelnen Auslegungsergebnisse verbindlicher in folgende normative Form gebracht werden:
mißverständlich"; K. Habermehl, JA 1990, 331 (333): „systematisch wenig geglückt, sehr vage"; 7. Vahle, DNP 1991, 3: „wortreiche Regelung"; J. Benfer, Grundrechtseingriffe, Kap. 2 Rdnrn. 11, 12: „äußerst problematisch, unverständlich"; U. Chemnitz, PolR NW, S. 76: „verfassungsrechtlich bedenklich"; G. Haurand, Allg. POR NW, S. 99: „unverständlich"; Schröer/Vahle, DuD 1990, 235 (237): „weitgefaßt, weitreichend".
Teil 1
Vorschlag für eine Neuregelung der allgemeinen Regeln der Datenerhebung, der Befragung und der Vorladung 721 § 9 Allgemeine Regeln der Datenerhebung. ( 1 ) Daten sind grundsätzlich beim Betroffenen zu erheben. Eine Datenerhebung bei anderen Personen oder Stellen ist nur zulässig, wenn die Erhebung der Daten beim Betroffenen nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist oder die Erfüllung der polizeilichen Aufgabe erheblich erschweren oder gefährden würde [...]. (2) Eine Datenerhebung ist grundsätzlich offen durchzuführen; eine verdeckte Datenerhebung ist nur zulässig, wenn dies durch Gesetz zugelassen ist. (3) Eine Datenerhebung zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken ist unzulässig. Eine Datenerhebung über nicht gefahren- oder tatbezogene Merkmale sowie über Erkrankungen oder besondere Verhaltensweisen des Betroffenen ist nur zulässig, soweit dies für Identifizierungszwecke oder zum Schutz des Betroffenen, von Polizeivollzugsbeamten oder Dritten erforderlich ist. Eine Verwendung der erhobenen Daten für andere Zwecke ist unzulässig. (4) Werden Daten beim Betroffenen oder bei Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs erhoben, sind diese in geeigneter Weise aufzuklären über 1.
die Rechtsgrundlagen für die Datenerhebung,
2.
im Einzelfall bestehende Auskunftspflichten und Auskunftsverweigerungsrechte oder die Freiwilligkeit der Auskunft und
3.
die beabsichtigte Verwendung der Daten.
721
Die Hervorhebungen betreffen die Änderungen gegenüber der jetzigen Fassung der §§ 9, 10 nw.PolG.
Teil 12: Vorschlag für eine Neuregelung
166
Die Aufklärung kann zunächst unterbleiben, wenn sie wegen besonderer Umstände offenkundig nicht angemessen ist oder die Erfüllung der polizeilichen Aufgabe erheblich erschweren oder gefährden würde.
§ 10Befragung. [...] (1) Die Polizei kann eine Person befragen, wenn diese Auskünfte erteilen kann, die zur Abwehr einer Gefahr erforderlich sind. Die Polizei kann die Person zum Zwecke der Befragung kurzzeitig anhalten. (2) Eine Person, deren Befragung nach Absatz 1 zulässig ist, ist nur dann zur Auskunftserteilung verpflichtet, wenn eine Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person besteht. (3) Der Auskunftspflichtige kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 52 Abs. 1 der Strafprozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. (4) § 136a der Strafprozeßordnung
gilt entsprechend.
§ 34a Vorladung. (1) Die Polizei kann eine Person schriftlich oder mündlich vorladen, wenn 1. diese Auskünfte erteilen kann, die zur Abwehr einer Gefahr erforderlich sind, 2.
das zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen erforderlich ist.
(2) Bei der Vorladung soll deren Grund angegeben werden. Bei der Festsetzung des Zeitpunkts soll auf den Beruf und die sonstigen Lebensverhältnisse der Person Rücksicht genommen werden. (3) Leistet eine Person der Vorladung ohne hinreichenden Grund keine Folge, so kann sie zwangsweise durchgesetzt werden, wenn 1.
die Auskünfte zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich sind,
2.
das zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen erforderlich ist.
Teil 12: Vorschlag für eine Neuregelung Die zwangsweise Vorführung darf nur auf Grund richterlicher Anordnung erfolgen, es sei denn, daß Gefahr im Verzug vorliegt. [.·•] (4) Für die Entschädigung von Personen, die auf Vorladung als Zeugen erscheinen oder die als Sachverständige herangezogen werden, gilt das Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen entsprechend.
Anhang
Die für die vorliegende Untersuchung wichtigsten Gesetzesbestimmungen
A. Die Vorschriften der Befragung in den Landespolizeigesetzen -
§ 20 bd.wtt.PolG
§ 20 Befragung und Datenerhebung. (1) Die Polizei kann jede Person befragen, wenn anzunehmen ist, daß sie sachdienliche Angaben machen kann, die zur Wahrnehmung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. Die Person ist dabei verpflichtet, Name, Vorname, Tag und Ort der Geburt, Wohnanschrift und Staatsangehörigkeit anzugeben. Für die Dauer der Befragung kann die Person angehalten werden. (2) Die Polizei kann Daten der in den §§ 6 oder 7 genannten Personen sowie anderer Personen erheben, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr oder zur Beseitigung einer Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist und die Befugnisse der Polizei nicht anderweitig geregelt sind. (3) Der Polizeivollzugsdienst kann Daten über 1.
Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, daß sie künftig Straftaten begehen,
2.
Kontakt- und Begleitpersonen einer der in Nummer 1 genannten Personen,
3.
Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, daß sie Opfer von Straftaten werden,
4.
Personen im räumlichen Umfeld einer in besonderem Maß als gefährdet erscheinenden Person oder
5.
Zeugen, Hinweisgeber oder sonstige Auskunftspersonen
Α. Die Vorschriften der Befragung in den Landespolizeigesetzen
169
erheben, soweit dies zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. (4) Die Polizei kann Daten von Personen, 1.
deren besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten zur Gefahrenabwehr benötigt werden,
2.
die für Anlagen oder Einrichtungen, von denen eine erhebliche Gefahr ausgehen kann, verantwortlich sind oder
3.
die für besonders gefährdete Anlagen oder Einrichtungen verantwortlich sind,
erheben, soweit dies für die Vorbereitung auf die Gefahrenabwehr erforderlich ist. Die Angaben sollen sich auf Namen, Vornamen, Anschriften und alle Informationen über die Erreichbarkeit sowie auf die Zugehörigkeit zu einer der genannten Personengruppen beschränken. Eine verdeckte Datenerhebung ist nicht zulässig. (5) Die Polizei kann ferner personenbezogene Daten erheben, wenn dies zum Schutz privater Rechte (§ 2 Abs. 2) oder zur Vollzugshilfe (§ 60 Abs. 4) erforderlich ist.
-
Art. 12bay.PAG
Art. 12 Auskunftspflicht. Auf Befragen durch die Polizei ist eine Person verpflichtet, Name, Vorname, Tag und Ort der Geburt, Wohnanschrift und Staatsangehörigkeit anzugeben, wenn anzunehmen ist, daß sie sachdienliche Angaben machen kann, die zur Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. Zu weiteren Auskünften gegenüber der Polizei ist die Person nur verpflichtet, soweit für sie gesetzliche Handlungspflichten bestehen. Für die Dauer der Befragung kann die Person angehalten werden.
-
§18 berl.ASOG
§ 18 Ermittlungen, Befragungen, Datenerhebungen. (1) Die Ordnungsbehörden und die Polizei können zur Klärung des Sachverhalts in einer bestimmten ordnungsbehördlichen oder polizeilichen Angelegenheit Ermittlungen anstellen, insbesondere Befragungen nach Absatz 3 und 4 durchführen. Sie können in diesem Zusammenhang personenbezogene Daten über die in den §§ 13, 14 und 16 genannten und andere Personen erheben,
170
Anhang: Die wichtigsten Gesetzesbestimmungen
wenn das zur Abwehr einer Gefahr oder zur Erfüllung der ihnen durch andere Rechtsvorschriften übertragenen Aufgaben erforderlich ist. Die Polizei kann ferner personenbezogene Daten erheben, wenn das zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung, zum Schutz privater Rechte oder zur Leistung von Vollzugshilfe erforderlich ist. (2) Ermittlungen sind offen durchzuführen. Verdeckt dürfen sie außer in den in diesem Gesetz zugelassenen Fällen nur durchgeführt werden, wenn ohne diese Maßnahme die Erfüllung der Aufgaben gefährdet wäre oder wenn anzunehmen ist, daß dies dem überwiegenden Interesse der betroffenen Person entspricht. (3) Die Ordnungsbehörden und die Polizei können eine Person befragen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß die Person sachdienliche Angaben machen kann, die für die Erfüllung einer bestimmten ordnungsbehördlichen oder polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. Für die Dauer der Befragung kann der Befragte angehalten werden. Der Befragte ist verpflichtet, Namen, Vornamen, Tag und Ort der Geburt und Wohnungsanschrift anzugeben. Zu weiteren Auskünften ist er nur verpflichtet, soweit für ihn gesetzliche Handlungspflichten bestehen. (4) Befragungen sind grundsätzlich an die betroffene Person zu richten; ohne deren Kenntnis können Dritte befragt werden, wenn die Befragung der betroffenen Person 1.
nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist,
2.
einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordern würde und schutzwürdige Belange der betroffenen Person nicht entgegenstehen,
3.
die Erfüllung der Aufgaben gefährden würde.
(5) Der Befragte ist in geeigneter Weise auf 1.
die Rechtsgrundlagen der Befragung,
2.
eine bestehende Auskunftspflicht oder die Freiwilligkeit der Auskunft
hinzuweisen. Der Hinweis kann unterbleiben, wenn hierdurch die Erfüllung der ordnungsbehördlichen oder polizeilichen Aufgabe erheblich erschwert oder gefährdet würde. (6) Die §§ 52 bis 55 und 136a der Strafprozeßordnung gelten entsprechend.
-
§ 11 brandenb.PolG
§ 11 Befragung, Auskunftspflicht.
Α. Die Vorschriften der Befragung in den Landespolizeigesetzen
171
(1) Die Polizei kann jede Person befragen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie sachdienliche Angaben machen kann, die für die Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. Für die Dauer der Befragung kann die Person angehalten werden. (2) Eine Person, deren Befragung nach Absatz 1 zulässig ist, ist verpflichtet, auf Frage Namen, Vornamen, Tag und Ort der Geburt, Wohnanschrift und Staatsangehörigkeit anzugeben. Sie ist zu weiteren Auskünften verpflichtet, soweit gesetzliche Handlungspflichten bestehen. Soweit eine Auskunftspflicht besteht, ist der Betroffene hierauf, sonst auf die Freiwilligkeit seiner Angaben hinzuweisen.
-
§13 brem.PolG
§ 13 Befragung. Die Polizei darf bei der Befragung einer Person keinen Zwang anwenden, um eine Aussage herbeizuführen. Im übrigen gelten für Befragungen durch die Polizei die §§ 68a und 136a der Strafiprozeßordnung entsprechend.
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§ 3 hamb.DVPolG
§ 3 Befragung und Auskunftspflicht. (1) Die Polizei darf jede Person befragen, wenn auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, daß sie sachdienliche Angaben machen kann, die für die Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. Für die Dauer der Befragung dürfen diese Personen angehalten werden. (2) Eine Person, deren Befragung nach Absatz 1 zulässig ist, ist verpflichtet, auf Frage ihren Namen, Vornamen, Tag und Ort der Geburt, Wohnanschrift und Staatsangehörigkeit anzugeben. Sie ist zu weiteren Auskünften nur verpflichtet, soweit gesetzliche Handlungspflichten bestehen. (3) §§ 52 bis 55 und 136a der Strafprozeßordnung gelten entsprechend.
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§12 hess.SOG
§ 12 Befragung und Auskunftspflicht. (1) Die Gefahrenabwehr- und die Polizeibehörden können eine Person befragen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, daß die Person sachdienliche Angaben zur Aufklärung des Sachverhalts in einer bestimmten gefahrenabwehrbehördlichen oder polizeilichen Angelegenheit ma-
172
Anhang: Die wichtigsten Gesetzesbestimmungen
chen kann. Im Fall der Abwehr einer Gefahr kann sie zum Zwecke der Befragung angehalten werden. (2) Eine Auskunftspflicht besteht für die in den §§ 6 und 7 genannten, unter den Voraussetzungen des § 9 auch für die dort genannten Personen. Unter den in den §§ 52 bis 55 der Strafprozeßordnung genannten Voraussetzungen ist die betroffene Person zur Verweigerung der Auskunft berechtigt. Dies gilt nicht, wenn die Auskunft für die Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist. Auskünfte, die gemäß Satz 3 erlangt wurden, dürfen nur zu Zwecken der Gefahrenabwehr nach § 1 Abs. 1 und 4 verwendet werden. Die betroffene Person ist über ihr Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren. (3) Werden bei der Befragung personenbezogene Daten erhoben, sind die nachfolgenden Vorschriften über die Verwendung personenbezogener Daten anzuwenden. (4) § 136a der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.
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§ 28 m.v.SOG
§ 28 Befragung und Auskunftspflicht. (1) Personen dürfen befragt werden, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, daß sie Angaben machen können, die für die Aufgabenerfüllung nach § 1 erforderlich sind. Polizeivollzugsbeamte dürfen für die Dauer der Befragung diese Personen anhalten. (2) Eine Person, die nach Absatz 1 befragt wird, hat die erforderlichen Angaben zu leisten und, falls dies zur Abwehr einer im einzelnen Falle bevorstehenden Gefahr notwendig ist, auf Frage auch Namen, Vornamen, Tag und Ort der Geburt, Wohnanschrift und Staatsangehörigkeit anzugeben. § 136a der Strafprozeßordnung, mit Ausnahme seines Absatzes 1 Satz 2, gilt entsprechend. Unter den in den §§ 52 bis 55 der Strafprozeßordnung genannten Voraussetzungen ist die betroffene Person zur Verweigerung der Auskunft zur Sache berechtigt. Dies gilt nicht, wenn die Auskunft für die Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist. Auskünfte, die nach Satz 4 erlangt werden, dürfen nur zu Zwecken der Gefahrenabwehr verwendet werden.
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§ 12 nds.GefAG
§ 12 Befragung und Auskunftspflicht.
Α. Die Vorschriften der Befragung in den Landespolizeigesetzen
173
(1) Die Verwaltungsbehörden und die Polizei dürfen jede Person befragen, von der Angaben erwartet werden können, die für die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe nach § 1 erforderlich sind. (2) Die befragte Person ist zur Auskunft über Familienname, Vorname, Tag und Ort der Geburt, Anschrift der Hauptwohnung und Staatsangehörigkeit verpflichtet, wenn dies für die Erfüllung der Aufgabe erforderlich ist. (3) Kommt die befragte Person auf Grund der §§ 6 bis 8 für eine gegen sie zu richtende Maßnahme in Betracht, so ist sie zur Auskunft in der Sache verpflichtet, wenn die Angaben zur Abwehr der Gefahr oder für die weitere Aufklärung des Sachverhalts erforderlich sind. (4) Eine zur Auskunft verpflichtete Person darf zum Zweck der Befragung kurzzeitig angehalten werden. Die Vorschriften der Strafprozeßordnung über verbotene Vernehmungsmethoden (§ 136a) gelten entsprechend. (5) Die zu befragende Person ist auf ihr Verlangen auf die Rechtsgrundlage ihrer Auskunftspflicht oder die Freiwilligkeit ihrer Auskunft hinzuweisen und über ihr Auskunftsrecht nach § 16 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes zu unterrichten. In den Fällen der §§ 52 bis 55 der Strafprozeßordnung darf die Auskunft zur Sache verweigert werden, es sei denn, sie ist für die Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder ähnlich schutzwürdige Belange erforderlich. Werden im Fall des Satzes 2 Auskünfte erteilt, so dürfen diese nur für Zwecke der Gefahrenabwehr verwendet werden. (6) Die Polizei kann jeden Verkehrsteilnehmer kurzzeitig anhalten, befragen und verlangen, daß mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung ausgehändigt werden, sowie mitgeführte Sachen in Augenschein nehmen, wenn solche Maßnahmen erforderlich sind, um zu verhindern, daß durch Straftaten erlangte Sachen von nicht unerheblichem Vermögenswert ins Ausland gebracht werden.
-
§ 25a rh.pf.POG
§ 25a Allgemeine Befugnisse bei der Informationserhebung und Informationsverarbeitung, Auskunftspflicht. (1) Die Polizei darf unbeschadet anderer Befugnisse personenbezogene Informationen auch über andere als die in den §§ 4, 5 und 7 genannten Personen erheben und verarbeiten, insbesondere speichern, übermitteln, verändern, löschen sowie abgleichen, 1. zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden Gefahr, 2.
zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten,
174
Anhang: Die wichtigsten Gesetzesbestimmungen
3.
zum Schutz privater Rechte (§ 1 Abs. 3),
4.
zur Erfüllung von durch andere Rechtsvorschriften übertragenen Aufgaben (§ 1 Abs. 2, § 9 Abs. 2) oder
5.
zur Vollzugshilfe (§ 1 Abs. 4),
soweit nicht die §§ 10, 11 und 25b bis f die Befugnisse der Polizei besonders regeln. (la) Den allgemeinen Ordnungsbehörden stehen die Befugnisse nach Absatz 1 in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 3 und 4 zu. Sie können personenbezogene Daten mit dem Inhalt ihrer Dateien abgleichen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist. (2) Die Polizei darf nach Absatz 1 personenbezogene Informationen in verdeckter Form nur erheben, wenn eine offene Informationserhebung die Erfüllung polizeilicher Aufgaben erschweren oder gefährden würde. Verdeckte Erhebungen durch den Einsatz dazu bestimmter besonderer technischer Mittel oder von mehr als 24 Stunden dürfen nur in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 und 4 erfolgen, wenn dies zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden erheblichen Gefahr erforderlich ist. (3) Dient die Informationserhebung nach Absatz 1 dem Schutz wichtiger Rechtsgüter, insbesondere dem Schutz von Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder von Sachen von bedeutendem Wert, besteht hinsichtlich personenbezogener und sonstiger Informationen für jedermann eine Auskunftspflicht. Jeder Auskunftspflichtige kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 der Strafiprozeßordnung bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Der Auskunftspflichtige ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.
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§ 11 saarLPolG
§ 11 Befragung, Vorladung. (1) Die Polizei kann eine Person befragen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß die Person sachdienliche Angaben zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben machen kann. Eine Auskunftspflicht besteht nur, soweit die Angaben des Betroffenen zur Abwehr einer Gefahr erforderlich sind. § 136a der Strafprozeßordnung gilt entsprechend. Der Betroffene kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 der Strafprozeßordnung bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu
Α. Die Vorschriften der Befragung in den Landespolizeigesetzen
175
werden. Zur Verweigerung der Auskunft sind ferner die in §§ 53 und 53a der Strafprozeßordnung genannten Personen nach Maßgabe dieser Vorschriften berechtigt. Der Auskunftspflichtige ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren. (2) Die Polizei kann eine Person schriftlich oder mündlich vorladen, wenn 1. die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 vorliegen, 2.
das zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen erforderlich ist.
(3) Bei der Vorladung soll deren Grund angegeben werden. Bei der Festsetzung des Zeitpunkts soll auf den Beruf und die sonstigen Lebensverhältnisse des Betroffenen Rücksicht genommen werden. (4) Leistet ein Betroffener der Vorladung ohne hinreichenden Grund keine Folge, so kann sie zwangsweise durchgesetzt werden, 1.
wenn die Angaben zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich sind,
2.
zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen.
-
§ 18 sächs.PolG
§ 18 Befragung, Vorladung, Vernehmung. (1) Die Polizei kann eine Person befragen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, daß die Person sachdienliche Angaben machen kann, die zur Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. Für die Dauer der Befragung kann die Person angehalten werden. (2) Die Polizei kann eine Person vorladen, wenn 1. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß die Person sachdienliche Angaben machen kann, die zur Wahrnehmung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind oder 2.
dies zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen erforderlich ist.
(3) Eine Person, deren Befragung oder Vorladung nach den Absätzen 1 oder 2 zulässig ist, hat auf Verlangen der Polizei anzugeben: 1.
Familiennamen,
2.
Vornamen, unter Kennzeichnung des gebräuchlichen Vornamens (Rufname),
176
Anhang: Die wichtigsten Gesetzesbestimmungen
3.
frühere Namen,
4.
Tag und Ort der Geburt,
5.
Anschrift, gegebenenfalls Haupt- und Nebenwohnung,
6.
Staatsangehörigkeiten.
(4) Bei der Vorladung ist deren Grund anzugeben. Bei der Festsetzung des Zeitpunktes soll auf die beruflichen Verpflichtungen und die sonstigen Lebensverhältnisse des Betroffenen Rücksicht genommen werden. (5) Leistet ein Betroffener der Vorladung ohne hinreichenden Grund keine Folge, so kann sie zwangsweise durchgesetzt werden, wenn dies 1.
zur Abwehr einer Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person oder für bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte, oder
2.
zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen erforderlich ist.
(6) Eine über Absatz 3 hinausgehende Auskunftspflicht besteht, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur in den Fällen des Absatzes 5 Nr. 1. Zur Verweigerung der Auskunft ist ein Betroffener in entsprechender Anwendung der §§ 52, 53, 53a und 55 Abs. 1 der Strafprozeßordnung berechtigt, soweit er durch die Auskunft sich selbst oder einen Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde oder ihm auf Grund seines Berufes ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Vor der Vernehmung ist der Betroffene über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren. (7) Für die Entschädigung eines auf Vorladung erscheinenden Zeugen oder Sachverständigen gilt das Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen entsprechend. (8) Die Polizei darf keinen unmittelbaren Zwang zur Herbeiführung einer Aussage anwenden. (9) Für Vernehmungen durch die Polizei, die nicht der Verfolgung einer mit Strafe oder Geldbuße bedrohten Handlung dienen, gelten die §§ 68a, 136a und 69 Abs. 3 der Strafprozeßordnung entsprechend.
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§14 s.anh.SOG
§ 14 Befragung und Auskunftspflicht. (1) Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können eine Person befragen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, daß die Person sachdienliche Angaben zur Aufklärung des Sachverhaltes in einer bestimmten
Α. Die Vorschriften der Befragung in den Landespolizeigesetzen
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verwaltungsbehördlichen oder polizeilichen Angelegenheit machen kann. Für die Dauer der Befragung kann sie angehalten werden. (2) Eine Auskunftspflicht besteht für die in den §§ 7 und 8 genannten, unter den Voraussetzungen des § 10 auch für die dort genannten Personen. Unter den in den §§ 52 bis 55 der Strafprozeßordnung genannten Voraussetzungen ist die betroffene Person zur Verweigerung der Auskunft berechtigt. Die betroffene Person ist über ihr Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren. (3) Werden bei der Befragung personenbezogene Daten erhoben, sind die nachfolgenden Vorschriften über die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten anzuwenden. (4) § 136a der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.
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§ 180 schl.h.LVwG
§ 180 Befragung und Auskunftspflicht. (1) Personen dürfen befragt werden, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, daß sie Angaben machen können, die für die Aufgabenerfüllung nach § 162 erforderlich sind. Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte dürfen zum Zwecke der Befragung diese Personen kurzfristig anhalten. (2) Eine Person, die nach Absatz 1 befragt wird, hat die erforderlichen Angaben zu leisten und, falls dies zur Abwehr einer im einzelnen Falle bevorstehenden Gefahr notwendig ist, auf Frage auch Namen, Vornamen, Tag und Ort der Geburt, Wohnanschrift und Staatsangehörigkeit anzugeben. § 136a Abs. 1 Satz 1 und 3 sowie Abs. 2 und 3 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend. Unter den in den §§ 52 bis 55 der Strafprozeßordnung genannten Voraussetzungen ist die betroffene Person zur Verweigerung der Auskunft zur Sache berechtigt. Dies gilt nicht, wenn die Auskunft für die Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist. Auskünfte, die nach Satz 4 erlangt werden, dürfen nur zu Zwecken der Gefahrenabwehr verwendet werden.
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§ 13 thür.PAG
§ 13 Befragung, Auskunftspflicht. (1) Die Polizei kann jede Person befragen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie sachdienliche Angaben machen kann, die für die Erfül-
12 R. G. Müller
178
Anhang: Die wichtigsten Gesetzesbestimmungen
lung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. Für die Dauer der Befragung kann die Person angehalten werden. (2) Eine Person, deren Befragung nach Absatz 1 zulässig ist, ist verpflichtet, auf Frage Namen, Vornamen, Tag und Ort der Geburt, Wohnanschrift und Staatsangehörigkeit anzugeben. Sie ist zu weiteren Auskünften verpflichtet, soweit gesetzliche Handlungspflichten bestehen.
B. § 22 BGSG § 22 Befragung und Auskunftspflicht. (1) Der Bundesgrenzschutz kann eine Person befragen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß die Person sachdienliche Angaben für die Erfüllung einer bestimmten dem Bundesgrenzschutz obliegenden Aufgabe machen kann. Zum Zwecke der Befragung kann die Person angehalten werden. (2) Die befragte Person ist verpflichtet, Namen, Vornamen, Tag und Ort der Geburt, Wohnanschrift und Staatsangehörigkeit anzugeben, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben des Bundesgrenzschutzes erforderlich ist. Eine weitergehende Auskunftspflicht besteht nur für die nach den §§17 und 18 Verantwortlichen und unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 für die dort bezeichneten Personen, sowie für die Personen, für die gesetzliche Handlungspflichten bestehen, soweit die Auskunft zur Abwehr einer Gefahr erforderlich ist. (3) Unter den in §§ 52 bis 55 der Strafprozeßordnung bezeichneten Voraussetzungen ist der Betroffene zur Verweigerung der Auskunft berechtigt. Dies gilt nicht, soweit die Auskunft zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist. Die betroffene Person ist über ihr Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren. Auskünfte, die gemäß Satz 2 erlangt wurden, dürfen nur für den dort bezeichneten Zweck verwendet werden. (4) § 136a der Strafprozeßordnung gilt entsprechend. § 12 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes findet keine Anwendung.
C. §§ 8 f. BVerfSchG
179
C. §§ 8 f. BVerfSchG § 8 Befugnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz. (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen, soweit nicht die anzuwendenden Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes oder besondere Regelungen in diesem Gesetz entgegenstehen. (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung, wie den Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährspersonen, Observationen, Bild- und Tonaufzeichnungen, Tarnpapiere und Tarnkennzeichen anwenden. Diese sind in einer Dienstvorschrift zu benennen, die auch die Zuständigkeit für die Anordnung solcher Informationsbeschaffungen regelt. Die Dienstvorschrift bedarf der Zustimmung des Bundesministers des Innern, der die Parlamentarische Kontrollkommission unterrichtet. (3) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen dem Bundesamt für Verfassungsschutz nicht zu; es darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen es selbst nicht befugt ist. (4) Werden personenbezogene Daten beim Betroffenen mit seiner Kenntnis erhoben, so ist der Erhebungszweck anzugeben. Der Betroffene ist auf die Freiwilligkeit seiner Angaben hinzuweisen. (5) Von mehreren geeigneten Maßnahmen hat das Bundesamt für Verfassungsschutz diejenige zu wählen, die den Betroffenen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. § 9 Besondere Formen der Datenerhebung. (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf Informationen, insbesondere personenbezogene Daten, mit den Mitteln gemäß § 8 Abs. 2 erheben, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß 1.
auf diese Weise Erkenntnisse über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 3 Abs. 1 oder die zur Erforschung solcher Erkenntnisse erforderlichen Quellen gewonnen werden können oder
2.
dies zum Schutz der Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Quellen des Bundesamtes für Verfassungsschutz gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist.
180
Anhang: Die wichtigsten Gesetzesbestimmungen
Die Erhebung nach Satz 1 ist unzulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere, den Betroffenen weniger beeinträchtigende Weise möglich ist; eine geringere Beeinträchtigung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Information aus allgemein zugänglichen Quellen oder durch eine Auskunft nach § 18 Abs. 3 gewonnen werden kann. Die Anwendung eines Mittels gemäß § 8 Abs. 2 darf nicht erkennbar außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhaltes stehen. Die Maßnahme ist unverzüglich zu beenden, wenn ihr Zweck erreicht ist oder sich Anhaltspunkte dafür ergeben, daß er nicht oder nicht auf diese Weise erreicht werden kann. (2) Das in der Wohnung nicht öffentlich gesprochene Wort darf mit technischen Mitteln nur heimlich mitgehört oder aufgezeichnet werden, wenn es im Einzelfall zur Abwehr einer gegenwärtigen gemeinen Gefahr oder einer gegenwärtigen Lebensgefahr für einzelne Personen unerläßlich ist und geeignete polizeiliche Hilfe für das bedrohte Rechtsgut nicht rechtzeitig erlangt werden kann. Satz 1 gilt entsprechend für einen verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufhahmen und Bildaufzeichnungen. (3) Bei Erhebungen nach Absatz 2 und solchen nach Absatz 1, die in ihrer Art und Schwere einer Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses gleichkommen, wozu insbesondere das Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes mit dem verdeckten Einsatz technischer Mittel gehören, ist 1. der Eingriff nach seiner Beendigung dem Betroffenen mitzuteilen, sobald eine Gefährdung des Zweckes des Eingriffs ausgeschlossen werden kann, und 2.
die Parlamentarische Kontrollkommission zu unterrichten.
Die durch solche Maßnahmen erhobenen Informationen dürfen nur nach Maßgabe des § 7 Abs. 3 des Gesetzes zu Artikel 10 des Grundgesetzes verwendet werden.
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arverzeichnis Adressatenkreis 72 ff. Allgemeine Handlungsfreiheit 48, 50, 80 Allgemeines Persönlichkeitsrecht 44 f., 53,97,109 f., 119 Alternativentwurf einheitlicher Polizeigesetze des Bundes und der Länder 36 ff. Anhalterecht 25,48, 81 f. Anhörungspflicht 120,122 Aufgabennorm 52,61 ff. Aufklärungspflichten 52,113 ff., 144 f. Auskunft 86 Auskunftspflichten 82 ff. - Allgemeininteresse 100 ff. - begrenzte 70 f. - betroffener Freiheitsbereich 96 f. - Durchsetzung 121 ff. - gesetzliche Handlungspflichten 87 ff. - öffentlich-rechtliche 94 - Personalien 83 ff. - Rechte Dritter 102 ff. - Sachauskünfte 86 f. - verfassungsrechtliche Perspektive 96 ff. - zivilrechtliche 94 Auskunftsverweigerungsrechte 105 ff., 111,115,144 Baden-Württemberg 138 ff. Bayern 133 ff., 144 ff. Befragung 21 ff. - Anforderungsprofil für gesetzliche Regelungen 50 ff. - Datenerhebung 123 ff. - Dritter 127 - Duldungspflicht 25,48
-
Entwicklung 27 ff., 55 ff. gefahrenspezifischer Zusammenhang 64,66,71,104,119 - Grundrechtsrelevanz 45 ff. - informatorische 22 f. - offenes Visier 118 - polizeiliche 24 ff. - Rechtsnatur 154 ff. - Tatbestand 60 ff. - unzulässige Methoden 110 ff. Befragungsrecht 79 ff. Befugnisnorm 52, 61 ff. Belehrungspflichten 106 f., 113 ff. Berlin 132 ff. Bestimmte polizeiliche Aufgabe 60 ff. Bestimmtheitsgrundsatz 51 Betroffener 72 ff. Beurteilungsspielraum 67 Brandenburg 133 ff., 144 ff. Bremen 136 ff., 141 ff. Bundesgrenzschutz 90,147 ff. Bundeskriminalamt 148 Bundesnachrichtendienst 149 f. Daten 49 f., 68,79 ff. - mit Sozialbezug 97,99,104 - personenbezogene 49 f., 64,80,99 - sachbezogene 49 f., 80 f. - sensible 73, 81,97,119 Datenerhebung 115 ff. - allgemeine Befugnis 126 - allgemeine Regeln 115 ff., 124,126 - auf Vorrat 71,119 - Befragung 123 ff. - bei Dritten 117,127 - beim Betroffenen 116 f. - Inhalte 119 - offene 118
Sachwortverzeichnis - verdeckte 118,125 - Zweckbindung 119
199
Jede Person 74 ff. Jedermann 41,75,78,141,144,148 Jedermann-Polizeipflicht 79
Eingriffsvorbehalt 43 Erforderlichkeit 69 Erkennungsdienstliche Maßnahmen 59, 81 Ermessensgrundsätze 115 ff. Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten 112
Mecklenburg-Vorpommern 140 f., 143 f. Mikrozensus-Beschluß 96,98 Militärischer Abschirmdienst 149 f. Musterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes des Bundes und der Länder 20 f., 35 f.
Festhalten 82,129 Freiheitsbeschränkung 81 f. Freiheitsentziehung 81 Freiwillige Polizeireserve 135 Freiwilliger Polizeidienst 140 Freiwilligkeit 25 f., 114, 142, 145, 150, 153 ff.
Nachrichtendienstliche Mittel 151 f. Neuregelung 165 ff. Niedersachsen 136 ff., 144 ff. Nordrhein-Westfalen 54 ff., 162 ff. Normenklarheit 51 Notstandspflichtigkeit 41, 75 f., 78 f., 89 ff., 104 f., 148
Gefahr 65,76,103 f., 127,143 Gefahrenvorsorge 65 Geiselnahme 112 f. Gemeinschuldner-Beschluß 96 f. Generalklausel 51 f., 62, 65, 82 Gesetzliche Handlungspflichten 86 ff., 142,149 Gesetzmäßigkeit der Verwaltung 42 Grundpflichten 93,104 Grundrecht auf Sicherheit 100 ff. Grundrechtsschutz durch Verfahren 106, 110,113, 144 f. Güterabwägung 98 ff.
Ordnungsbehörden 60,95 Ordnungswidrigkeit 83,110 Personalien 75, 83 ff., 128 f., 142,148 Polizei 60 Polizeipflichtigkeit 78, 88,90 f. Praktische Konkordanz 101 f. Preußisches Oberverwaltungsgericht 27 ff. Prognose 66 f., 71
Hamburg 133 f. Hessen 136 ff., 142 ff.
Realakt 155 Rechte Dritter 102 ff. Rechtsfolge 79 ff. Rechtsschutz 114, 117 f., 154 ff. Rheinland-Pfalz 138 ff., 141 f.
Identitätsfeststellung 83 ff., 120, 128 f., 142 Informationelle Selbstbestimmung 19, 38, 44 f., 50 ff., 80, 96 ff., 144 f., 154 f. Innenministerkonferenz 35,38, 40 Innere Sicherheit 100 ff. Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte 109,112
Saarland 138 ff., 142,145 f. Sachauskünfte 50, 86 f. Sachdienliche Angaben 67 f. Sachsen 138 ff., 145 f. Sachsen-Anhalt 136 ff., 142 Schleswig-Holstein 140 f., 143 f. Schluß vom Zweck auf die Mittel 28, 30, 33,62 Schutzpflichten 53,106
200
arverzeichnis
Schutzvorkehningen 52 f., 110 - organisatorische 53 - verfahrensrechtliche 52 f., 110, 144 f. Selbstbezichtigung 89, 105 f., 109 f., 115 Sicherheitswacht 134 f. Sphärentheorie 46,97,119 Störer 41, 75 f., 78 f., 89 ff., 141, 143, 148 Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen 66 f. Thüringen 133 ff., 144 ff. Totalvorbehalt 43 Transparenz 53,114 Trennungsgebot 150 ff. Übergangsbonus 20 Übermaßverbot 69,123,151 Unbestimmter Rechtsbegriff 51, 67, 73, 87, 89 Unterlassene Hilfeleistung 92 f.
Verdeckte Ermittler 118,125,130 f. Verfassungsschutz 147 ff. - Bund 149 ff. - Länder 151 ff. Verhältnismäßigkeit 115 ff. Vernehmung 23 Verwaltungsakt 121,154 f. Verwaltungszwang 48,105,120 ff. V-Leute 118,125,130 f. Volkszählungsurteil 20, 38, 51 ff., 96, 98,105 f., 119 Vorbehalt des Gesetzes 42ff., 63 Vorentwurf zur Änderung des Musterentwurfs eines einheitlichen Polizeigesetzes des Bundes und der Länder 21, 38 ff. Vorladung 40, 59, 73 f., 82, 105, 113, 120,122, 143 Vorrang des Gesetzes 42 Wesentlichkeitstheorie 43 f., 47,51