Politische und ökonomische Essays. Teilband 2 9783787326280, 9783787307739

Diese Essays können als literarische Neu- und Umformulierung der philosophischen Absichten des Traktats gelten und lasse

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German Pages 192 [206] Year 1988

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Politische und ökonomische Essays. Teilband 2
 9783787326280, 9783787307739

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PhilosoP.hische BibliotheK· :.I

DavidHume Politische und ökonomische Essays Teilband2

••

I.

DAVIDHUME

Politische und ökonomische Essays Übersetzt von Susanne Fischer Mit einer Einleitung herausgegeben von Udo Bermbach

Teilband 2

FELIX MEINER VERLAG HAMBURG

PHILOSOPHISCHE BIBLIOTHEK BAND 405b

Im Digitaldruck »on demand« hergestelltes, inhaltlich mit der ursprünglichen Ausgabe identisches Exemplar. Wir bitten um Verständnis für unvermeidliche Abweichungen in der Ausstattung, die der Einzelfertigung geschuldet sind. Weitere Informationen unter: www.meiner.de/bod

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliogra­phi­­sche Daten sind im Internet über ‹http://portal.dnb.de› abrufbar. isbn 978-3-7873-0773-9 ISBN eBook: 978-3-7873-2628-0

© Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg 1988. Alle Rechte vorbehalten. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übertragungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, soweit es nicht §§  53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. Gesamtherstellung: BoD, Norderstedt. Gedruckt auf alterungsbeständigem Werkdruck­ papier, hergestellt aus 100 % chlor­frei gebleich­tem Zellstoff. Printed in www.meiner.de Germany.

INHALT

Teilband 2 (PhB 405b) DAviD HuME: PoLITISCHE UND ÖKONOMISCHE EssAYS

David Hume Über Handel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Über Verfeinerung in den Künsten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Über Geld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 Über Zinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 Über die Handelsbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Über den Argwohn im Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Über das Machtgleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 Über Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 Über Staatskredit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 Über einige bemerkenswerte Traditionen . . . . . . . . . . . . . . . 291 Über den ursprünglichen Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Über passiven Gehorsam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 Über die Parteienkoalition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Die Idee einer vollkommenen Republik . . . . . . . . . . . . . . . . 339 Namenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363

Angaben zum Teilband 1 (PhB 405a) siehe Rückseite

VI

Inhalt Teilband 1 (PhH 405a)

Einleitung. von Udo Herrnbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

VII

Die Ausgaben der >Essayshostis< zugleich >Fremder< und >FeindFremder< bedeutete. Vom rechten Handeln, 1. Buch, 12. Gemäß der Sitten jener Zeit ist jedoch wahrscheinlicher, daß dieses Volk wegen seiner großen Streitlust alle Fremden als Feind betrachtete und sie beim seihen Namen nannte. Es wäre auch mit den allgemeinsten Maximen der Politik oder der Natur nicht vereinbar, wenn ein Staat seine Feinde mit freundlichen Augen betrachten oder solche Gefühle für sie hegen würde, wie der römische Redner seinen Vorfahren zuschreiben möchte. Hinzu kommt, daß die Römer der früheren Zeiten tatsächlich Piraterie trieben, wie aus ihren ersten Verträgen mit Karthago ersiehdich ist, die im dritten Buch des Polybios enthalten sind. Folglich lagen sie wie die Piraten von Tunis und Algier tatsächlich mit den meisten Nationen im Krieg, so daß ein Fremder und ein Feind für sie beinah das Gleiche waren. 7

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kommt, daß die Vermögen der Einwohner in den Republiken der Antike weitgehend gleich hoch waren. Dort gehörte jedes Feld einem anderen Besitzer und konnte eine Familie ernähren. Damit stieg die Zahl der Einwohner auch ohne Handel und Handwerk bedeutend. Das Fehlen von Handel und Handwerk mag zwar bei einem freien und sehr kriegerischen Volk vielleicht manchmal keinen anderen Effekt haben als das Gemeinwesen mächtiger zu machen, doch im normalen Gang menschlicher Angelegenheiten wird es mit Sicherheit eine völlig gegenteilige Wirkung haben. Ein Souverän muß die Menschheit akzeptieren, wie er sie vorfindet und kann keine gewaltsamen Veränderungen in ihren Prinzipien und Denkweisen vornehmen. Erst nach langer Zeit und nach den verschiedensten Zufällen und Ereignissen können jene großen Revolutionen erfolgen, die den menschlichen Angelegenheiten so verschiedenartige Gestalt geben. Ein Gesetzgeber wird umso mehr Schwierigkeiten bei der Durchsetzung und Kultivierung eines Systems von Prinzipien haben, auf dem eine bestimmte Gesellschaft beruht, je weniger naturgemäß diese Prinzipien sind. Seine Politik sollte am besten darin bestehen, sich den allgemeinen Neigungen der Menschheit anzupassen und ihr alle Verbesserungen angedeihen lassen, für die sie empfänglich ist. Dem natürlichsten Lauf der Dinge entsprechend steigern Gewerbe, Künste und Handel die Macht des Souveräns ebenso wie das Glück der Untertanen und Politik ist dann gewaltsam, wenn damit das Gemeinwesen durch die Armut Einzelner gefördert wird. Dies wird aus einigen Überlegungen ganz deutlich, die uns die Folgen von Faulheit und Barbarei vor Augen führen werden. Wo Handwerk und mechanische Künste nicht gepflegt werden, muß sich der größte Teil der Menschen der Landwirtschaft widmen. Wenn deren Geschick und Fleiß zunehmen, muß aus ihrer Arbeit ein großer Überschuß entstehen, der über das hinausgeht, was zu ihrem Unterhalt genügt. Sie sind daher nicht versucht, ihr Geschick und ihren Fleiß zu vergrößern, denn sie können diesen Überfluß nicht gegen Waren eintauschen, die ihrem Vergnügen oder aber ihrer Eitelkeit dienlich sein könnten.

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Die Gewohnheit des Müßiggangs nimmt zwangsläufig überhand. Der größte Teil des Bodens wird nicht kultiviert. Was kultiviert wird, erbringt aus Mangel an Geschick und Sorgfalt bei den Bauern nicht den größtmöglichen Ertrag. Wenn das Gemeinwesen irgendwann in eine Notlage geriete und eine große Anzahl von Menschen in seinem Dienst beschäftigt werden müßte, so wären keine Überschüsse aus der Arbeit vorhanden, mit denen diese Anzahl unterhalten werden könnte. Die Landarbeiter können nicht so plötzlich geschickter und fleißiger werden. Unkultivierter Boden kann einige Jahre lang nicht bestellt werden. Die Armeen müssen derweil entweder schnelle und gewaltsame Eroberungen machen oder sich aus Mangel an Mitteln zum Unterhalt auflösen. Geregelter Angriff oder Verteidigung kann daher von einem solchen Volk nicht erwartet werden, und seine Soldaten werden so unwissend und ungeschickt sein wie seine Bauern und Handwerker. Alles in der Welt wird durch Arbeit erkauft und nur unsere Leidenschaften sind der einzige Anlaß zu arbeiten. Wenn eine Nation Handwerk und mechanische Künste im Überfluß hat, studieren Grundeigentümer ebenso wie Bauern Landwirtschaft wie eine Wissenschaft und verdoppeln ihren Fleiß und ihre Aufmerksamkeit. Der Überschuß aus ihrer Arbeit ist nicht verloren, sondern wird gegen Waren für jene Annehmlichkeiten getauscht, die der Luxus die Menschen nun schätzen läßt. Dadurch bringt der Boden sehr viel mehr von den Lebensnotwendigkeiten ein, als diejenigen brauchen, die ihn kultiveren. In Zeiten des Friedens und der Beschaulichkeit dient dieser Überschuß zum Unterhalt von Handwerkern und Wegbereitern in den freien Künsten. Doch das Gemeinwesen kann ohne Schwierigkeiten viele von diesen Handwerkern zu Soldaten machen, und sie durch jenen Überfluß unterhalten, der aus der Arbeit der Bauern entsteht. Entsprechendes ist tatsächlich in allen zivilisierten Regierungen der Fall. Der Souverän stellt eine Armee auf, und was ist die Folge? Er erhebt eine Steuer. Diese Steuer zwingt alle Menschen zum Verzicht auf die Dinge, die für ihren Lebensunterhalt weniger wichtig sind. Diejenigen, die solche Waren herstellen, müssen entweder den Truppen beitreten oder sich der Landwirt-

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schaftzuwenden und dadurch einige Landarbeiter aus Mangel an Umsatz zum Eintritt zwingen. Abstrakt betrachtet, vergrößern Handwerker die Macht eines Staates nur, indem sie einen Vorrat an Arbeit schaffen, den das Gemeinwesen in Anspruch nehmen kann, ohne jemanden damit des Lebensnotwendigen zu berauben. Je mehr Arbeit daher über das Notwendigste hinaus für andere Dinge eingesetzt wird, desto mächtiger ist ein Staat. Die Menschen, die mit dieser Arbeit beschäftigt sind, können nämlich leicht im Dienst der Öffentlichkeit eingesetzt werden. In einem Staat ohne Handwerker mag es zwar die gleiche Zahl an Händen geben, doch es gibt weder die gleiche Menge noch die gleiche Art von Arbeit. Alle Arbeit wird dort auf Notwendigkeiten verwandt, deren Herstellung kaum oder gar nicht eingeschränkt werden darf. Die Größe des Souveräns und das Glück des Staates sind daher in Hinsicht auf Handel und Handwerk eng verbunden. Es ist gewaltsam und in den meisten Fällen undurchführbar, wenn man einen Landarbeiter zu großer Anstrengung zwingen wollte, damit er aus dem Boden mehr erntet, als er für den eigenen Unterhalt und den seiner Familie braucht. Stellt Waren und Bequemlichkeiten bereit, und er wird es von allein tun. Danach wird man ohne Schwierigkeiten einen Teil seiner überschüssigen Arbeit beanspruchen und ohne den erhofften Gewinn im Dienst der Öffentlichkeit einsetzen können. An Fleiß gewöhnt, wird er dies weniger schmerzlich finden, als wenn man ihn von Anfang an zu mehr Arbeit ohne jeden Gewinn gezwungen hätte. Dies gilt auch für die anderen Mitglieder des Staates. Je größer der Vorrat an Arbeit jeglicher Art ist, desto mehr kann von dem Haufen ohne eine spürbare Veränderung entnommen werden. Man muß gestehen, daß ein öffentlicher Kornspeicher, ein Speicher für Kleidung und ein Waffenmagazin wahren Reichtum und wahre Stärke eines Staates bedeuten. Handel und Gewerbe sind in Wahrheit nichts anderes als ein Vorrat an Arbeit, der in Zeiten des Friedens und der Beschaulichkeit zur Bequemlichkeit und Befriedigung einzelner dient, doch in Notlagen des Staates teilweise zum Nutzen des Gemeinwesens verwandt werden kann. Wenn man eine Stadt zu einer Art befestigtem Lager um-

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bauen und in jedem Herzen einen so kriegerischen Geist und solch eine Leidenschaft für das öffentliche Wohl entfachen könnte, daß jeder für das Gemeinwesen freiwillig die größten Härten auf sich nehmen würde, dann wären diese Gefühle wie in der Antike ein ausreichender Ansporn für Fleiß und könnten die Gemeinschaft erhalten. In diesem Fall wäre es von Vorteil, wenn man - wie in Lagern - alle Künste und allen Luxus verbieten sowie Ausrüstung und Verpflegung einschränken würde, so daß Vorräte und Futtermittellänger ausreichten, als wenn die Armee mit einem überflüssigen Troß belastet wäre. Diese Prinzipien sind jedoch zu uneigennützig und zu schwer durchzusetzen, und die Menschen müssen daher durch andere Leidenschaften regiert und mit dem Geist der Habsucht, des Fleißes, der Kunst und des Luxus erfüllt werden. In diesem Fall wäre das Lager durch einen überflüssigen Troß belastet, doch im Verhältnis dazu strömen auch mehr Vorräte herein. Die Harmonie des Ganzen bleibt erhalten, und da der natürlichen Neigung des Geistes stärker entsprochen wird, kommen bei der Beachtung dieser Maximen Individuen ebenso wie das Gemeinwesen auf ihre Rechnung. Die gleiche Argumentationsmethode wird uns die Vorteile ausländischen Handels verdeutlichen, welcher die Macht des Staates ebenso wie den Reichtum und das Glück der Einwohner vergrößert. Der Vorrat an Arbeit in der Nation vergrößert sich dadurch, und der Souverän kann einen so großen Teil davon im Dienst der Öffentichkeit einsetzen, wie er für nötig hält. Der Außenhandel liefert durch seine Importe Material für neue Handwerke, und durch den Export schafft er Arbeit in bestimmten Waren, die zuhause nicht verbraucht werden können. Kurz gesagt, in einem Königreich mit umfangreichem Import und Export herrscht größerer Fleiß, der auf Annehmlichkeiten und Luxus verwandt wird, als in einem Königreich, welches sich mit seinen einheimischen Waren begnügt. Das erstgenannte Königreich ist mächtiger und auch reicher und glücklicher. Die Waren nutzen jedem einzelnen, indem sie Sinne und Geschmack befriedigen. Auch die Öffentlichkeit profitiert, wenn ein größerer Vorrat an Arbeit auf diese Weise für den Fall einer Notlage ange-

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häuft wird. Eine größere Zahl von arbeitsamen Männern wird unterhalten und kann im Dienst der Öffentlichkeit eingesetzt werden, ohne daß irgend jemandem die Notwendigkeiten oder sogar die wichtigsten Annehmlichkeiten des Lebens genommen würden. Beim Studium der Geschichte werden wir feststellen, daß der Außenhandel in den meisten Nationen jeder Verbesserung im inländischen Handwerk voranging und Ursprung des einheimischen Luxus war. Wir sind eher versucht, ausländische Waren zu gebrauchen, die bereits zur Verfügung stehen und völlig neu für uns sind, als irgendwelche einheimischen Waren zu verbessern, die sich stets nur langsam weiter entwickeln lassen und uns niemals durch ihre Neuheit beeindrucken. Es bedeutet also einen hohen Profit, wenn man die Waren, die zu Hause überschüssig sind und keinen Preis erzielen, in fremde Nationen exportiert, deren Boden und Klima für diese Waren ungünstig ist. So lernen die Menschen das Vergnügen des Luxus und den Profit des Handels kennen. Sind ihr Geschmack und ihr Fleiß einmal geweckt, so veranlassen sie die Menschen zu weiteren Verbesserungen in jedem Zweig des Binnen- wie des Außenhandels. Vielleicht ist dies der größte Vorteil, der sich aus dem Handel mit Fremden ergibt. Dieser Handel reißt die Menschen aus ihrem Müßiggang. Er zeigt dem fröhlicheren und wohlhabenderen Teil der Nation Luxusgegenstände, von denen diese Menschen vorher nie geträumt hatten und weckt so in ihnen das Verlangen nach einem prachtvolleren Leben als dem ihrer Vorfahren. Zugleich machen die wenigen Kaufleute, die das Geheimnis des Imports und des Exports kennen, hohe Profite. Durch ihren Reichtum werden sie zu Rivalen des alten Adels und verleiten damit andere Abenteurer, mit ihnen im Handel zu rivalisieren. Diese Künste verbreiten sich bald durch Nachahmung, während das inländische Handwerk dem ausländischen in seinen Verbesserungen nacheifert und jede einheimische Ware soweit wie irgend möglich perfektioniert. Eigenes Eisen und eigener Stahl werden in solch arbeitsamen Händen gleichwertig mit dem Gold und den Rubinen Indiens. Sind die Angelegenheiten einer Gesellschaft einmal so weit

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entwickelt, so kann eine Nation den größten Teil ihres Außenhandels verlieren und dennoch ein großes und mächtiges Volk bleiben. Wenn Fremde uns eine bestimmte Ware nicht mehr abnehmen, müssen wir die Arbeit daran einstellen. Die gleichen Hände werden sich Verbesserungen in anderen Waren zuwenden, für die im Inland Bedarf bestehen könnte. Genug Material zur Bearbeitung wird solange vorhanden sein, bis jeder Besitzende im Staat über so viele einheimische Waren in solcher Vollkommenheit verfügen kann, wie er verlangt: ein Zustand, der völlig unerreichbar ist. China gilt als eines der blühendsten Kaiserreiche der Welt, obwohl es über seine eigenen Grenzen hinaus sehr wenig Handel treibt. Es wird hoffentlich nicht als überflüssiges Abschweifen betrachtet werden, wenn ich hier feststelle, daß die Vielfalt in den mechanischen Künsten ebenso von Vorteil ist, wie die große Zahl von Personen, die an den Produkten dieser Künste teilhaben. Ein zu starkes Mißverhältnis zwischen den Bürgern schwächt jeden Staat. Wenn möglich, sollte jeder die Früchte seiner Arbeit genießen und dabei alle Notwendigkeiten und viele der Annehmlichkeiten des Lebens besitzen. Niemand wird bezweifeln, daß solche Gleichheit der menschlichen Natur genau entspricht und das Glück der Reichen weniger mindert, als sie das der Armen mehrt. Außerdem vergrößert sie die Macht des Staates, und außerordentliche Steuern und Auflagen werden freudiger gezahlt. Wo aller Reichtum sich auf Wenige verteilt, müssen jene zur Versorgung des öffentlichen Bedarfs sehr stark beitragen. Verteilt sich der Reichtum jedoch auf viele, so drückt die Last nur leicht auf jede einzelne Schulter, und die Steuern machen keinen spürbaren Unterschied in der Lebensführung eines jeden. Die Wenigen, die allen Reichtum besitzen, verfügen außerdem auch über alle Macht und verbünden sich gerne, um die ganze Last auf die Armen zu wälzen und sie noch mehr zu unterdrücken, bis aller Fleiß entmutigt wäre. Aus diesemUmstand erwächst der große Vorteil, den England gegenüber jeder anderen Nation in der heutigen Welt oder in den Zeugnissen der Geschichte genießt. Es stimmt, daß die Engländer im Außenhandel einige Nachteile durch den hohen Preis für

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Arbeit haben, der zum Teil aus dem Reichtum der Handwerker und zum anderen aus dem Überschuß an Geld erwächst. Außenhandel ist jedoch nicht die Hauptsache und mit dem Glück so vieler Millionen daher gar nicht zu vergleichen. Das allein würde nämlich genügen, um den Menschen ihre freie Regierung teuer zu machen. Die Armut der einfachen Leute ist eine natürliche, wenn nicht sogar zwangsläufige Folge absoluter Monarchie, obwohl ich bezweifle, ob im umgekehrten Fall ihr Reichtum tatsächlich immer eine Folge der Freiheit ist. Freiheit kann diesen Effekt nicht ohne bestimmte Zufälle und eine bestimmte Denkungsart haben. Lord Bacon schreibt die großen Vorteile, die die Engländer in ihren Kriegen gegen die Franzosen errangen, hauptsächlich der größeren Bequemlichkeit und dem Wohlstand des gemeinen Volkes in England zu, obwohl die Regierungen beider Königreiche sich zu der Zeit sehr stark glichen. Wo Arbeiter und Handwerker gewohnt sind, für niedrige Löhne zu arbeiten und nur einen geringen Teil der Früchte ihrer Arbeit zu behalten, können sie auch in einer freien Regierung nur unter Schwierigkeiten ihre Lage verbessern oder sich für eine Erhöhung ihrer Löhne verbünden. Doch auch wenn Arbeiter und Handwerker an eine bessere Lebensführung gewöhnt sind, können die Reichen sich in einer willkürlichen Regierung leicht gegen sie verbünden, um die Last der Steuern auf ihre Schultern zu wälzen. Es mag merkwürdig erscheinen, wenn ich behaupte, daß die Armut der einfachen Leute in Frankreich, Italien und Spanien in gewisser Hinsicht auf den reichhaltigen Boden und das glückliche Klima zurückzuführen ist. Es fehlt jedoch nicht an Gründen, die dieses Paradox erklären. In so reichhaltigem Boden wie dem der südlicheren Regionen ist Landwirtschaft keine große Kunst, und ein Mann kann mit zwei schlechten Pferden in einer Saison soviel Boden kultivieren, daß dessen Besitzer einen ansehnlichen Pachtzins erhält. Die ganze Kunst des Bauern besteht darin, den Boden ein Jahr lang brachliegen zu lassen, sobald dieser erschöpft ist, und die Sonnenwärme sowie das warme Klima werden den Boden anreichern und wieder fruchtbar machen. Diese armen Bauern erhalten daher für ihre Arbeit nur den

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bloßen Unterhalt. Sie haben keine Güter 8 oder Reichtum, um einen Anspruch auf mehr zu begründen. Zugleich sind sie für immer von ihrem Grundherrn abhängig, der keine Pachtverträge ausstellt und auch nicht fürchten muß, daß sein Land durch schlechte Methoden der Kultivierung verdorben wird. Der reichhaltige, doch rauhe Boden Englands ergibt nur geringen Ertrag, wenn er nicht mit hohen Kosten und auf eine Art kultiviert wird, die erst im Verlauf mehrerer Jahre den vollen Profit erbringt. Ein Bauer in England muß daher bedeutende Güter und einen langfristigen Pachtvertrag haben, die anteilige Profite einbringen. Die schönen Weinberge der Champagne oder Bourgogne tragen dem Grundherrn häufig fast fünf Pfund pro Morgen ein und werden von Landarbeitern kultiviert, die kaum genug Brot haben, und zwar deshalb, weil sie kein Gut außer ihren Gliedmaßen und landwirtschaftlichem Werkzeug brauchen, das sie für zwanzig Schilling kaufen können. Die Bauern in diesen Ländern leben im allgemeinen in besseren Umständen. Von allen, die mit der Kultivierung des Bodens beschäftigt sind, leben die Viehzüchter am angenehmsten. Die Ursache ist auch hier die gleiche. Der Profit der Menschen muß im Verhältnis zu ihren Kosten und ihrem Risiko stehen. Wo ein so beträchtlicher Teil der arbeitenden Armen, nämlich Bauern und Landarbeiter, in sehr schlechten Umständen leben, muß der gesamte Rest an deren Armut teilhaben, unabhängig davon, ob die Regierung dieser Nation monarchisch oder republikanisch ist. Auch in Hinsicht auf die allgemeine Geschichte der Menschheit läßt sich eine ähnliche Anmerkung machen. Warum hat kein Volk der Tropen bisher irgendeine Kunst oder gute Umgangsfor[Im englischen Original heißt es hier und in den folgenden Sätzen »stock or riches«, »considerable stock and a long lease« bzw. »no stock but their own limbs«. Damit kann sowohl Bestand an Geräten und Tieren, Arbeitskraft, also Produktionsmittel, gemeint sein als auch Kapitalien und Besitz (an Land oder Geschäftsanteilen), der Einkünfte erbringt. Es lassen sich jedoch keine Hinweise darauf finden, daß »Stock« mit »Verlag« zu übersetzen ist, wie bei C.J. Kraus zu lesen (vgl. David Hume's politische Versuche, von neuem aus dem Englischen Übersetzt von C.J. Kraus, Königsberg 1800, hier Seiten 29 und 30).] 8

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men oder auch nur eine Verfassung für eine Regierung und eine Art militärischer Disziplin entwickelt, während nur wenige Nationen in den gemäßigten Klimazonen keinen einzigen dieser Vorteile genießen? Wahrscheinlich ist die warme und gleichmäßige Witterung in diesen heißen Gebieten eine Ursache für dieses Phänomen. Häuser und Kleidung werden für die Einwohner eher entbehrlich und beseitigen dadurch teilweise jenen Zwang, der Fleiß und Erfindungsgabe stark anspornt. Curis acuens mortalia corda. 9 Ganz zu schweigen davon, daß in einem Volk wahrscheinlich umso weniger Streitereien ausbrechen, je weniger Güter und Eigentum dieser Art es besitzt. Umso entbehrlicher sind dann auch eine feste Verfassung oder geregelte Autorität zum Schutz und zur Verteidigung gegen fremde Feinde oder voreinander.

[>> ••• und schärfte den menschlichen Geist an der Sorge Wetzstein«. Vergil, Landleben, 1. Buch, 2. 123-124. Übersetzung zitiert nach: Vergil, Landleben, Bucolica, Georgica, Catallpton, Lateinisch und deutsch, hrsg. von]. Götte, Ansbach 1949, hier S. 64/65.] 9

Über Verfeinerung in den Künsten 1

Luxus ist ein Begriff von unsicherer Bedeutung und kann im guten wie im schlechten Sinne verstanden werden. Im allgemeinen bezeichnet er große Verfeinerung in Bezug auf die Befriedigung der Sinne, die in jedem Maß der Zeit, dem Land oder der persönlichen Situation entsprechend harmlos oder tadelnswert sein kann. Die Grenzen zwischen Tugend und Laster können hier ebenso wenig genau festgelegt werden, wie in anderen Themen der Moral. Die Vorstellung, daß die Befriedigung eines Sinnes oder der Genuß erlesener Fleischgerichte, Getränke oder Kleidung an sich schon ein Laster sein könnte, wird niemandem in den Kopf kommen, der nicht von enthusiastischem Wahn verwirrt wäre. Tatsächlich habe ich von einem Mönch im Ausland gehört, dessen Zellenfenster eine herrliche Aussicht bot und der deshalb einen Bund mit seinen Augen schloß, niemals in diese Richtung zu schauen oder eine solch sinnliche Befriedigung zu erfahren. Und nichts anderes bedeutet das Verbrechen, Champagner oder Burgunder zu trinken und diese Ale oder Porter vorzuziehen. Diese Genüsse sind nur lasterhaft, wenn sie auf Kosten einer Tugend wie Liberalität oder Wohltätigkeit verfolgt werden. Ebenso sind sie töricht, wenn ein Mann dafür sein Vermögen vergeudet und sich zu Not und Bettelei erniedrigt. Wenn keine Tugend beeinträchtigt wird und genug übrig bleibt, um für Freunde, Familie und jedes geeignete Objekt für Großzügigkeit und Mitgefühl zu sorgen, so sind sie vollkommen harmlos und zu allen Zeiten von fast allen Moralisten so bewertet worden. Ausschließliche Beschäftigung mit dem Luxus der Tafel ohne jeden Gefallen an den Freuden des Ehrgeizes, des Studiums oder der Konversation ist ein Zeichen von Dummheit und unvereinbar mit jeder Energie des Gemütes oder des Geistes. Beschränkt man seine Ausgaben ohne Rücksicht auf Freunde oder Familie ausschließlich auf solche Befriedigungen, so zeigt man damit ein 1

In den Ausgaben H-M ist dieser Essay betitelt: »Über Luxus«.

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Über Verfeinerung in den Künsten

Herz ohne jede Menschlichkeit und jedes Wohlwollen. Nimmt ein Mann sich jedoch genug Zeit für alle lobenswerten Vorhaben und verwendet genug Geld auf alle wohltätigen Zwecke, so ist er frei von jedem Schatten der Schuld und des Vorwurfs. Luxus kann entweder als harmlos oder als tadelnswert gelten, und man kann sich daher von den lächerlichen Meinungen überraschen lassen, die dazu geäußert worden sind. Männer mit freiheitlichen Prinzipien loben sogar lasterhaften Luxus und bezeichnen ihn als sehr vorteilhaft für die Gesellschaft2 , während andererseits Männer von strenger Moral sogar den harmlosesten Luxus verurteilen und ihn als Quelle aller Verdorbenheit, Unruhen und Faktionen bezeichnen, die mit einer bürgerlichen Regierung verbunden sind. Wir wollen hier versuchen, diese beiden Extreme zu korrigieren, indem wir erstens beweisen, daß die Epochen der Verfeinerung sowohl die glücklichsten als auch die tugendhaftesten sind, und zum zweiten, daß Luxus, der nicht mehr harmlos ist, auch aufhört, nützlich zu sein und eine schädliche, wenn auch nicht die schädlichste Eigenschaft für politische Gesellschaft ist, sobald man ihn etwas zu weit treibt. Zum Beweis des ersten Punktes müssen wir nur die Auswirkungen der Verfeinerung auf das private wie auf das öffentliche Leben betrachten. Menschliches Glück hat nach den populärsten Begriffen anscheinend drei Bestandteile: Aktivität, Vergnügen und Trägheit. Zwar sollten diese Bestandteile in verschiedenen Mengen je nach der besonderen Veranlagung der Person gemischt sein, doch darf kein Bestandteil völlig fehlen, ohne daß der Geschmack der ganzen Komposition in mancher Hinsicht zerstört würde. Es scheint, daß Trägheit oder Erholung allein nicht viel zu unserem Genuß beitragen, doch sind sie - wie Schlaf- unerläßlich als Nachgiebigkeit gegenüber der Schwäche der menschlichen Natur, die keinen ununterbrochenen Lauf der Geschäfte oder des Vergnügens ertragen könnte. Jener schnelle Lauf der Lebensgeister, der einen Mann ablenkt und in erster Linie Befriedigung gewährt, erschöpft schließlich den Geist und [Anspielung auf Mandeville's »Bienenfabel«, vgl. »Über Würde und Gemeinheit der menschlichen Natur«, Anm. 4).) 2

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macht einige Erholungspausen nötig, die zwar einen Moment lang angenehm sind, aber auf Dauer zu Mattigkeit und Lethargie führen, die alles Vergnügen zerstören. Erziehung, Vorbild und Gewohnheit haben großen Einfluß auf den Verstand bei der Wahl einer dieser Verhaltensweisen, und man sollte festhalten, daß sie das menschliche Glück insoweit fördern, als sie einen Durst nach Taten und Verlangen nach Aktivität und Vergnügen erzeugen. In Zeiten der Blüte von Gewerbe und Künsten sind die Menschen ständig beschäftigt und genießen zur Belohnung die Beschäftigung selbst und jene Annehmlichkeiten, welche die Früchte ihrer Arbeit sind. Der Verstand schöpft neue Energie, vermehrt seine Kraft und seine Fähigkeiten und befriedigt durch Gewissenhaftigkeit in ehrlichem Gewerbe nicht nur seine natürlichen Bedürfnisse, sondern verhindert auch das Wachsen unnatürlicher, die im allgemeinen entstehen, wenn Muße und Faulheit ihnen Nahrung geben. Werden diese Künste aus der Gesellschaft verbannt, nimmt man den Menschen sowohl die Aktivität als auch das Vergnügen und läßt ihnen statt dessen nichts als Trägheit. Damit zerstört man sogar den Genuß der Trägheit, die nur angenehem ist, wenn sie auf Arbeit folgt und die Lebensgeister weckt, die durch zuviel Mühe und Anstrengung erschöpft waren. Ein anderer Vorteil von Gewerbe und Verbesserungen in den mechanischen Künsten besteht darin, daß sie im allgemeinen Verbesserungen in den freien Künsten bewirken. Auch können die einen nicht vervollkommnet werden, ohne in gewissem Umfang von den anderen begleitet zu werden. Ein Jahrhundert, das große Philosophen und Politiker, anerkannte Generäle und Poeten hervorbringt, hat gewöhnlich auch geschickte Weber und Schiffszimmerleute im Übermaß. Wir können nicht ernsthaft erwarten, daß ein Stück Wollstoff in einer Nation zu Vollkommenheit gebracht werden könnte, die nichts über Astronomie weiß oder in der die Ethik vernachlässigt wird. Der Zeitgeist beeinflußt alle Künste, und sind die Menschen einmal aus ihrer Lethargie erwacht und ihr Verstand beginnt zu gären, so wendet er sich nach allen Seiten und schafft Verbesserungen in jeder Kunst und Wissenschaft. TotaleUnwissenheit wird völlig verbannt und

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die Menschen genießen das Privileg rationaler Geschöpfe, die Annehmlichkeiten des Verstandes ebenso zu kultivieren wie die des Körpers. Je größere Fortschritte diese feinen Künste machen, desto geselliger werden die Menschen. Einmal durch Wissenschaft bereichert und mit einem Grundstock an Konversation, ist es ihnen unmöglich, weiter mit ihrem Dasein in Einsamkeit zufrieden zu sein oder in solcher Entfernung zu ihren Mitbürgern zu leben, wie es in unwissenden und barbarischen Nationen üblich ist. Sie strömen in die Städte, und sie lieben es, Wissen zu erlangen und zu vermitteln, ihren Verstand oder ihre Lebensart, ihren Geschmack in der Konversation oder Lebensführung, in Kleidung oder Möbeln zu beweisen. Neugier bewegt die Weisen, Eitelkeit die Dummen und Vergnügen beide. Besondere Clubs und Gesellschaften werden überall gegründet, beide Geschlechter pflegen ungezwungenen und geselligen Umgang, und die Gemüter der Menschen verfeinern sich in gleichem Maße wie ihr Benehmen. So empfinden sie zwangsläufig neben den Verbesserungen, die sie durch Bildung und die freien Künste erfahren haben, schon allein durch die Gewohnheit der Konversation auch mehr Menschlichkeit und tragen damit gegenseitig zu Vergnügen und Unterhaltung bei. Gewerbe, Bildung und Menschlichkeit sind also durch eine untrennbare Kette verbunden und gelten aus Erfahrung wie aus Vernunftgründen als besondere Kennzeichen der kultivierteren oder- wie man im allgemeinen sagt- der luxuriöseren Epochen. Auch sind diese Vorteile nicht von Nachteilen begleitet, die mit ihnen zu vergleichen wären. Je mehr die Menschen das Vergnügen kultivieren, desto weniger frönen sie Ausschweifungen jeder Art, denn nichts zerstört das wahre Vergnügen mehr als solche Ausschweifungen. Man kann mit Sicherheit feststellen, daß die Tataren sich häufiger tierischer Gefräßigkeit schuldig machen, wenn sie ihre toten Pferde verspeisen, als die europäischen Höflinge mitallihren Feinheiten der Kochkunst. Während freie Liebe oder sogar eheliche Untreue in kultivierten Epochen häufiger vorkommen und dann nur als ein Beispiel von Galanterie betrachtet werden, ist andererseits Trunkenheit sehr viel

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weniger verbreitet, und dieses Laster ist abscheulicher und schädlicher für Geist und Körper. In dieser Sache verweise ich nicht nur auf einen Ovid 3 oder einen Petronius\ sondern auch auf einen Seneca5 oder einen Cato 6 • Wir wissen, daß Caesar während der Verschwörung des Catilina gezwungen war, Cato ein billet-doux zu übergeben, wodurch eine Affäre mit Servilia, Catos eigener Schwester aufgedeckt wurde. Jener gestrenge Philosoph warf es Caesar mit Entrüstung zurück und nannte ihn in der Bitterkeit seines Zorns einen Trunkenbold. Dies war ein noch größeres Schimpfwort als jenes, das er ihm gerechterweise hätte vorwerfen können. Gewerbe, Bildung und Menschlichkeit sind jedoch nicht nur im Privatleben vorteilhaft. Ihr nützlicher Einfluß erstreckt sich auch auf die Öffentlichkeit und macht die Regierung ebenso groß und blühend wie einzelne glücklich und wohlhabend. Die Zunahme und der Verbrauch aller Waren, die zur Zierde und Annehmlichkeit des Lebens dienen, ist für die Gesellschaft vorteilhaft. Sie vermehren nämlich nicht nur jene harmlosen Befriedigungen für einzelne, sondern sind zugleich auch ein Vorratslager für Arbeit, die in Notlagen des Staates in den Dienst der Öffentlichkeit gestellt werden kann. In einer Nation, in der es für solche Überflüssigkeiten keine Nachfrage gibt, versinken die Menschen in Trägheit, verlieren alle Lebensfreude und sind

[Ovid (43 v. Chr-18/17 n. Chr.), römischer Dichter erotischer Literatur, wurde durch kaiserliche Kabinettsorderaufgrund seiner Verwicklung in einen Sittenskandal ans Schwarze Meer verbannt.] 4 [Gaius Petronius (gest. 66 n. Chr.), genannt Arbiter elegantiarum (Schiedsrichter des feinen Geschmacks), röm. Schriftsteller am Hofe Neros, der sich nach Beteiligung an einer Verschwörung das Leben nahm.] 5 [Lucius Annaeus Seneca (4 v. Chr.-65 n. Chr.), römischer Dichter, Philosoph und Politiker, beging Selbstmord nach Fehlschlag einer Verschwörung gegen Nero, an der er beteiligt war.] 6 [Marcus Portius Cato (234-149 v. Chr. ), Politiker und Schriftsteller, trat immer wieder für die Erhaltung altrömischer Sitten und gegen das Eindringen des Hellenismus ein.] 3

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nutzlos für das Gemeinwesen, das mit dem Fleiß solch fauler Mitglieder Flotten und Armeen nicht unterhalten kann. Die Grenzen aller europäischen Königreiche verlaufen gegenwärtig fast genauso wie vor zweihundert Jahren. Doch wie unterschiedlich sind Macht und Größe dieser Königreiche, die nichts anderem als der Ausdehnung von Künsten und Gewerbe zuzuschreiben sind? Als Kar! VIII. von Frankreich in Italien einrnarschierte7, brachte er ungefähr 20000 Mann mit, doch erschöpfte diese Rüstung die Nation derart, wie uns Guicciardin 8 berichtet, daß es mehrere Jahre lang keine so große Anstrengung mehr machen konnte. Der letzte König von Frankreich zahlte zu Kriegszeiten Sold an mehr als 400000 Mann 9 , obwohl er vorn Tod Mazarins bis zu seinem eigenen eine Reihe von Kriegen führte, die fast dreißig Jahre dauerten. Gewerbe wird sehr gefördert durch die Bildung, die mit jeder Epoche der Kunst und Verfeinerung untrennbar verbunden ist. Andererseits ermöglicht diese Bildung Gerneinwesen den größten Vorteil aus dem Fleiß seiner Mitglieder zu ziehen. Gesetze, Ordnung, Verfassung, Disziplin: Sie alle können niemals zu einem Grad von Vollkommenheit entwickelt werden, bevor der menschliche Verstand sich nicht durch Übung und Manufaktur verfeinert hat. Können wir erwarten, daß ein Volk eine Regierung gut bilden wird, wenn es nicht einmal ein Spinnrad bauen oder einen Webstuhl vorteilhaft einsetzen kann? Ganz zu schweigen davon, daß alle ungebildeten Epochen von Aberglaube besessen sind, der die Regierung aus der Bahn wirft und die Menschen bei der Verfolgung ihrer Interessen und ihres Glücks stört. [Kar! VIII. von Frankreich (1470-1498), seit 1483 König von Frankreich. Unternahm 1494/95 einen Feldzug nach Italien, um die Ansprüche des Hauses Anjou auf Neapel zu sichern, was mißlang. Er war der letzte Valais auf Frankreichs Thron.) 8 [Francesco Guicciardini (1483-1540), Zeitgenosse von Machiavelli, Politiker, Jurist und Geschichtsschreiber in Florenz; Hauptwerk: >Storia d'Italia>Diese Barbaren haben in ihrer Disziplin nichts Barbarisches!Feigen< und >Entdecker< bedeuten.I. 2 In vielen alten Parlamentsakten finden sich Beweise der gleichen Unkenntnis über die Natur des Handels, insbesondere während der Regierung Eduards IIP Und bis auf den heutigen Tag ist in Frankreich der Export von Getreide fast ständig verboten, angeblich um Hungersnöte zu verhindern, obwohl offensichtlich ist, daß nichts stärker zu den gegenwärtigen Hungersnöten beiträgt, die dieses Land so sehr heimsuchen. In einigen Nationen herrscht die gleiche argwöhnische Furcht Plutarch: De curiositate. [»Über die Neugier«; zu Plutarch vgl. »Über Aufstieg und Fortschritt der Künste und Wissenschaften«, Anm. 30).] 2 Anstelle dieses Satzes heißt es in den Ausgaben H-M: »Man hat mir berichtet, daß viele alte Parlamentsakten die gleiche Unkenntnis über die Natur des Handels beweisen. Und bis auf den heutigen Tag ist in einem benachbarten Königreich .. ,«, In AusgabeN heißt es: »In vielen alten Akten des schottischen Parlaments finden sich Beweise für die gleiche Unkenntnis überdie Natur des Handels. Und bis auf den heutigen Tag ist in Frankreich ... «. 3 [Eduard III. von England (1312-1377), regierte ab 1327.] 1

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auch in Hinsicht auf Geld. Nur Vernunft und Erfahrung können ein Volk lehren, daß solche Verbote keinem anderen Zweck dienen, als den Wechselkurs zu ihren Ungunsten zu erhöhen und noch größere Ausfuhren zu verursachen. Man könnte sagen, diese Irrtümer seien grob und handgreiflich, doch herrscht auch in Nationen, die sich sehr wohl auf Handel verstehen, immer noch starker Argwohn in Hinsicht auf die Handelsbilanz und eine Furcht, daß sie ihr ganzes Gold und Silber verlieren könnten. Diese Besorgnis erscheint mir beinah in jedem Fall grundlos, und ich würde eher befürchten, daß all unsere Quellen und Flüsse versiegten, als daß Geld ein Königreich verließe, in dem es Menschen und Fleiß gibt. Wenn wir diesen letzteren Vorteil sorgfältig bewahren, müssen wir niemals den Verlust des erstgenannten befürchten. Es ist leicht zu beobachten, daß alle Berechnungen hinsichtlich der Handelsbilanz auf sehr unsicheren Fakten und Annahmen beruhen. Die Bücher der Zollhäuser sind zugegebenermaßen eine ungenügende Grundlage der Argumentation und auch der Wechselkurs ist nicht viel besser, wenn wir ihn nicht im Vergleich zu allen Nationen betrachten und auch die Anteile der verschiedenen remittierten Summen kennen würden, was mit Sicherheit unmöglich sein dürfte. Jeder, der jemals zu diesem Thema argumentierte, hat seine Theorie, was immer sie auch besagte, durch Fakten, Berechnungen und durch eine Aufzählung aller Warenlieferungen in alle fremden Königreiche belegt. Die Schriften des Mr. Gee4 versetzten die Nation in allgemeine Panik, als sie durch detaillierte Einzeldarstellungen deutlich erwiesen sah, daß die Bilanz um eine so bedeutende Summe zu ihren Ungunsten verschoben war, daß sie in fünf oder sechs Jahren ohne einen einzigen Schilling gewesen wäre. Doch glücklicherweise sind seither zwanzig Jahre vergangen, in denen ein teurer Auslandskrieg geführt worden ist, und dennoch geht man Ooshua Gee, The Trade and Navigation of Great Britain Considered, 1729. Die Schrift wandte sich gegen allzu hohe Importe, weil darin der Grund einer nationalen Defizit-Politik gesehen wurde.] 4

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allgemein davon aus, daß es noch größere Mengen an Gold bei uns gibt als in jeder früheren Periode. Nichts könnte zu diesem Thema unterhaltsamer sein als Dr. Swift, ein Autor5, der Fehler und Absurditäten anderer sehr schnell entlarvt. In seinem »Kurzen Überblick zur Lage Irlands« sagt er, daß das gesamte Bargeld dieses Königreichs früher nur 500 000 Pfund betragen habe, die Iren davon jährlich netto eine Million nach England remittiert und kaum eine andere Quelle gehabt hätten, aus der sie dies hätten ausgleichen können. Neben dem Import französischer Weine, für den sie bar bezahlten, hätten sie zudem wenig anderen Außenhandel. Als Folge dieser zugegebenermaßen nachteiligen Situation sei das Bargeld Irlands im Laufe von drei Jahren von 500 000 Pfund auf weniger als zwei reduziert worden. Und gegenwärtig, so vermute ich, wäre es nach weiteren 30 Jahren völlig verschwunden. Dennoch besteht die Meinung über die Zunahme des Reichtums in Irland, die den Doktor so sehr verärgerte, anscheinend weiterhin und findet mehr und mehr Zustimmung. Kurzum, die Befürchtung hinsichtlich einer ungünstigen Handelsbilanz entsteht scheinbar von Natur aus dann, wenn man mit dem Ministerium unzufrieden oder niedergeschlagen ist. Sie kann auch durch eine detaillierte Aufzählung aller Exporte als Gegengewicht zu den Importen niemals widerlegt werden, und es mag hier daher angebracht sein, ein allgemeines Argument zu formulieren, welches beweisen soll, daß ein solches Ereignis niemals eintreten kann, solange wir unsere Menschen und unseren Fleiß bewahren. Angenommen, vier Fünftel des gesamten Geldes in Großbritannien würden über Nacht vernichtet, und die Nation wäre damit in Hinsicht auf Hartgeld in den gleichen Zustand versetzt

In den Ausgaben H-1 heißt es: >>Ein Autor mit mehr Humor als Wissen, mehr Geschmack als Urteilsvermögen und mehr Launenhaftigkeit, Vorurteil und Leidenschaft als irgendeiner dieser Eigenschaften.« Uonathan Swift (1667-1745). Das hier zitierte Buch >>A Short View of the State of lreland« erschien 1728.] 5

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wie unter der Regierung der Heinrichs und Eduards 6 , was wäre die Folge? Müßte nicht der Preis aller Arbeit und Waren entsprechend sinken und alles so billig verkauft werden wie zu jenen Zeiten? Welche Nation könnte dann mit uns auf ausländischen Märkten konkurrieren oder zu den gleichen Preisen Schiffahrt betreiben oder Waren verkaufen wollen, die uns ausreichenden Profit einbrächten? In welch kurzer Zeit müßte uns dies also das Geld zurückbringen, das wir verloren hätten und uns auf die Ebene aller benachbarten Nationen erheben? Wo wir, nachdem wir sie erreicht hätten, sofort allen Vorteil durch billige Arbeit und Waren verlieren würden und der weitere Geldfluß durch unsere Fülle und Sättigung gebremst würde. Nimmt man weiter an, daß alles Geld in Großbritannien in einer Nacht um das Fünffache vermehrt würde, müßte nicht der gegenteilige Effekt auftreten? Müßten nicht alle Arbeit und Waren in so astronomische Höhen steigen, daß keine benachbarte Nation es sich leisten könnte, von uns zu kaufen, während andererseits ihre Waren vergleichsweise so billig würden, daß sie uns trotz aller Gesetze, die man dagegen erlassen könnte, überschwemmen und uns unser Geld entziehen würden, bis wir auf eine Ebene mit den Ausländern gesunken wären und jene große Überlegenheit im Reichtum verloren hätten, die uns solche Nachteile gebracht hatte? Die gleichen Ursachen, die diese übertriebenen Ungleichheiten korrigieren könnten, wenn sie wie durch ein Wunder entstehen würden, müssen offensichtlich im gewöhnlichen Lauf der Natur auch deren Auftreten verhindern und auf ewig in allen benachbarten Nationen das Geld im ungefähren Verhältnis zu Kunst und Fleiß jeder Nation erhalten. Wo Wasser in Verbindung steht, bleibt es immer auf einem Niveau. Fragt man Naturwissenschaftler nach dem Grund dafür, so erklären sie, daß wenn man es an einer Stelle erhöhen würde, die größere Schwerkraft dieses Teils nicht ausgeglichen und ihn daher drücken werde, bis er ein Gegengewicht fände, und daß die gleiche Ursa[Bezieht sich auf die Regierungszeit der Häuser Anjou-Plantagenets, Lancaster und Tudor (1100-1553).] 6

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ehe, die die Ungleichheit beseitige, wenn sie auftrete, sie ohne gewaltsame äußere Eingriffe auf ewig verhindern werde/ Kann man sich vorstellen, daß es jemals möglich gewesen wäre, durch Gesetze oder sogar durch Künste oder Fleiß alles Geld in Spanien zu halten, das die Galeonen aus Amerika gebracht hatten? Oder daß alle Waren in Frankreich für ein Zehntel des Preises verkauft werden könnten, den sie jenseits der Pyrenäen erzielen würden, ohne daß sie ihren Weg dorthin fänden und jenen unermeßlichen Schatz verminderten? Warum sonst machen wohl alle Nationen gegenwärtig in ihrem Handel mit Spanien und Portugal Gewinne, wenn nicht, weil es unmöglich ist, Geld anders als jede Flüssigkeit über sein angemessenes Niveau hinaus anzuhäufen? Die Herrscher dieser Länder haben gezeigt, daß es ihnen nicht an Bereitschaft fehlte, ihr Gold und Silber für sich zu behalten, wenn es nur irgendwie machbar gewesen wäre. Doch jede Wassermasse kann über das Niveau des umgebenden Elements hinaus erhöht werden, wenn sie damit nicht in Verbindung steht. Wird die Verbindung durch ein materielles oder physikalisches Hindernis unterbrochen (denn Gesetze allein sind unwirksam), so kann in einem solchen Fall auch in Bezug auf Geld große Ungleichheit entstehen. Die riesige Entfernung Chinas zusammen mit den Monopolen unserer indischen Handelsgesellschaften als Hindernis für eine Verbindung erhalten so in Europa Gold und Silber, insbesondere letzteres, in viel größeren Mengen als in jenem Königreich zu finden sind. Doch ungeachtet dieser großen Hindernisse ist die Macht der oben genannten Ursachen weiter offensichtlich. In Bezug auf handwerkliche Künste übersteigen Geschick und ErfindungsEs gibt eine andere Ursache, die jedoch in ihrer Wirkung begrenzter ist, mit der eine ungünstige Handelsbilanz mit jeder einzelnen Nation, mit der das Königreich Handel treibt, unter Kontrolle gebracht werden kann. Wenn wir mehr Waren importieren als wir exportieren, wendet der Wechselkurs sich gegen uns und wird zur neuen Ermunterung für den Export bis zur Höhe der Kosten für Transport und Versicherung des fälligen Geldes. Denn der Wechselkurs kann niemals weiter als etwas über diese Summe steigen. 7

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geist Europas vielleicht im allgemeinen die Chinas, und dennoch können wir niemals ohne großen Nachteil mit diesem Handel treiben. Und erhielten wir aus Amerika nicht beständig Nachschub, so würde das Geld in Europa bald abnehmen und in China zunehmen, bis es an beiden Orten in etwa das gleiche Niveau erreicht hätte. Außerdem wird kein vernünftiger Mensch bezweifeln, daß jene arbeitsame Nation, läge sie so nah bei uns wie Polen oder die Barbarei, uns unseren Überschuß an Hartgeld entziehen und selbst einen größeren Teil der amerikanischen Schätze an sich bringen würde. Wir müssen uns nicht auf physikalische Anziehung berufen, um die Zwangsläufigkeit einer solchen Entwicklung zu erklären. Es gibt eine moralische Anziehung, die aus den Interessen und Leidenschaften der Menschen entsteht und ebenso kraftvoll und unfehlbar ist. Wie wird zwischen den Provinzen jedes Königreichs eine ausgeglichene Bilanz gehalten, wenn nicht aufgrundder Kraft dieses Prinzips, durch das Geld unmöglich sein Niveau verlassen und über sein Verhältnis zu der Arbeit und den Waren in jeder Provinz hinaus ab- oder zunehmen kann? Hätte lange Erfahrung die Menschen in dieser Hinsicht nicht gelassen gemacht, zu welch trübsinnigen Betrachtungen könnten Berechnungen einen melancholischen Mann aus Yorkshire anregen, wenn er die Summen überschlüge und abschätzte, die durch Steuern und in der Stadt lebende Grundbesitzer und Waren nach London gezogen werden und im Vergleich dazu die dagegen zu setzenden Artikel so viel niederiger fände? Hätte die Heptarchie in England 8 fortbestanden, so wäre zweifellos die Legislative jedes Staates durch die Angst vor einem ungünstigen Gleichgewicht ständig in Unruhe gewesen und wie der gegenseitige Haß dieser Staaten wegen ihrer engen Nachbarschaft wahrscheinlich sehr heftig gewesen wäre, hätten sie mit argwöhnischer und überflüssiger Vorsicht allen Handel belastet und unterdrückt. Welche der Nationen hat durch diesen freien Handel von der anderen gewonnen, seit die

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[Als Heptarchy werden die Königreiche der frühen sächsischen Zeit

(5.~9. Jh.) bezeichnet.]

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Union die Schranken zwischen Schottland und England 9 beseitigt hat? Oder könnte man die mögliche Zunahme des Reichtums im erstgenannten Königreich durch etwas anderes vernünftig erklären, als die Zunahme seiner Künste und seines Fleißes? Der Abbe du Bos berichtet uns 10 , daß man vor der Union in England allgemein befürchtet habe, daß Schottland ihm bald seinen Schatz entziehen werde, wenn freier Handel erlaubt sei, während auf der anderen Seite des Tweed 11 die entgegengesetzte Besorgnis geherrscht habe: Mit welcher Berechtigung in beiden Fällen, hat die Zeit gezeigt. Was in kleinen Teilen der Menschheit geschieht, muß auch in größeren zutreffen. Die Provinzen des römischen Kaiserreichs hielten zweifellos unabhängig von der Legislative untereinander und mit Italien eine ausgeglichene Bilanz, ebenso wie die verschiedenen Grafschaften Großbritanniens und die verschiedenen P{arrgemeinden in jeder Grafschaft. Jeder Mann, der heute Europa bereist, kann an den Preisen für Waren erkennen, daß Geld sich trotz des absurden Argwohns von Fürsten und Staaten auf einem Niveau beinah angeglichen hat, und der Unterschied zwischen einem Königreich und einem anderen in dieser Hinsicht nicht größer ist als häufig zwischen verschiedenen Provinzen des gleichen Königreichs. Menschen strömen naturgemäß in die Haupt- und Hafenstädte und zu den schiffbaren Flüssen. Dort finden sie mehr Menschen, mehr Fleiß, mehr Waren und folglich mehr Geld, doch der letztgenannte Unterschied bleibt weiter im Verhältnis zum ersten, und das Niveau bleibt gleich. 12 [Die Union Schottlands mit England wurde 1707 vollzogen.] Les interests d'Angleterre malentendus. Uean Baptiste Dubos, Les interests de l'Angleterre mal-entendus dans le pn!sente guerre, 1703.] 11 [Der Tweed ist Grenzfluß zwischen Schottland und England.] 12 Man sollte sorgfältig beachten, daß ich in diesem Diskurs unter dem Niveau des Geldes immer sein Niveau im Verhältnis zu Waren, Arbeit, Fleiß und Geschick in den einzelnen Staaten verstehe. Ich behaupte, daß dort, wo diese Vorteile im Vergleich zu den Nachbarstaaten doppelt, dreifach, vierfach vorhanden sind, auch das Geld unfehlbar doppelt, dreifach, vierfachsein wird. Der einzige Umstand, der die Genauigkeit 9

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Unser Argwohn und unser Haß auf Frankreich sind grenzenlos und man muß gestehen, daß zumindest die erste Empfindung vernünftig und begründet ist. Diese Leidenschaften haben zu unzähligen Schranken und Hindernissen im Handel geführt, wobei wir allgemein als Aggressor beschuldigt werden. Doch was haben wir dadurch gewonnen? Wir haben den französischen Markt für Wollwaren verloren und den Weinhandel nach Spanien und Portugal verlagert, wo wir schlechteren Alkohol zu höheren Preisen kaufen. Nur wenige Engländer würden nicht glauben, daß es ihr Land vollkommen ruinieren würde, wenn französische Weine in England so billig und in solchen Mengen verkauft würden, daß sie Ale und heimischen Alkohol teilweise ersetzen könnten. Würden wir unsere Vorurteile ablegen, so fiele jedoch der Beweis nicht schwer, daß nichts harmloser und vielleicht vorteilhafter sein könnte. Jeder neue Morgen Weinberg, in Frankreich zur Versorgung Englands mit Wein angelegt, würde die Franzosen zwingen, den Ertrag eines englischen Morgen Weizen oder Gerste zu kaufen, um ihren Unterhalt zu sichern, und es ist offensichtlich, daß wir damit die Verfügung über die bessere Ware erhielten. Der französische König hat viele Edikte erlassen, in denen er die Anlage neuer Weinberge verbietet und die Rodung aller befiehlt, die in letzter Zeit bepflanzt worden sind, so überzeugt ist man in diesem Land vom höchsten Wert des Korns gegenüber allen anderen Erzeugnissen. Marschall Vauban 13 klagt häufig und zu Recht über die absur-

dieses Verhältnisses stören kann, sind die Kosten für den Transport der Waren von einem Ort zum anderen, und diese Kosten sind nicht immer gleich. So können Korn, Vieh, Käse und Butter aus Derbyshire nicht so viel Geld aus London ziehen wie die Manufakturen Londons aus Derbyshire. Doch dieser Einwand besteht nur scheinbar, denn sofern der Transport von Waren teuer ist, ist die Verbindung zwischen den Orten behindert und unvollkommen. 13 [Sebastien le Prestre de Vauban (1633-1707), Marschall und der wohl berühmteste Festungsbaumeister Frankreichs, der im Norden und Osten Frankreichs ein umfangreiches System von Sperrfestungen an-

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den Zölle, die die Einfuhr der Weine aus dem Languedoc, der Guyenne und anderen südlichen Provinzen in die Bretagne und die Normandie belasten. Er hegte keinen Zweifel, daß die letztgenannten Provinzen ausgeglichene Bilanzen halten könnten, ungeachtet des freien Handels, den er empfiehlt. Eine Überfahrt von wenigen Meilen nach England würde offensichtlich auch keinen Unterschied machen oder hätte gegebenenfalls auf die Waren beider Königreiche die gleiche Wirkung. Tatsächlich gibt es ein Mittel, mit dem wir das Geld vermindern, und ein anderes, mit dem wir es über sein natürliches Niveau in einem Königreich hinaus vermehren können. Bei der Untersuchung wird sich herausstellen, daß diese Fälle mit der generellen Theorie übereinstimmen und ihr zusätzlich Autorität verleihen. Ich kenne kaum eine Methode, Geld unter sein Niveau zu vermindern, außer der Institutionen der Banken, Fonds und des Papierkredits 14, die in diesem Königreich so verbreitet sind. Diese stellen Papier dem Geld gleich, bringen es im ganzen Staat in Umlauf, lassen es an die Stelle von Gold und Silber treten, steigern den Preis von Arbeit und Waren entsprechend und verbannen auf diese Weise entweder einen Großteil der edlen Metalle oder verhindern deren weitere Zunahme. Was könnte kurzsichtiger sein als unsere Argumentation zu diesem Punkt? Ein einzelner wäre viel reicher, wenn sein Kapital sich verdoppelte. Deshalb bilden wir uns ein, daß der gleiche gute Effekt einträte, wenn das Geld eines jeden zunehme und beachten dabei nicht, daß dies den Preis jeder Ware ebenso steigern und nach einer gewissen Zeit jeden auf den alten Zustand reduzieren würde. Größeres Kapital ist nur in unseren öffentlichen Verhandlungen und Geschäften mit Ausländern vorteilhaft, und da unser Papier dort völlig ungültig ist, spüren wir damit alle

legte. Autor militärischer, aber auch wirtschaftswissenschaftlicher und statistischer Arbeiten.] 14 In den Ausgaben H-N heißt es: »dem wir in diesem Königreich so sehr verfallen sind«.

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schlechten Auswirkungen eines großen Überflusses an Geld, ohne einen der Vorteile daraus zu ziehen. 15 Angenommen, es gäbe 12 Millionen in Papier, die im Königreich als Geld im Umlauf wären (denn wir sollten nicht meinen, daß unsere gesamten riesigen Geldbestände auf diese Art verwandt würden), und weiter angenommen, das wirkliche Bargeld im Königreich beliefe sich auf 18 Millionen: Hier also ist ein Staat, der, wie die Erfahrung zeigt, Kapital im Wert von 30 Millionen fassen kann. Ich sage nun: Wenn er sie fassen könnte, so hätte man sie zwangsläufig in Gold und Silber erwerben müssen, wenn wir die Einfuhr dieser edlen Metalle nicht durch diese neue Erfindung des Papiers verhindert hätten. Woher hätte er diese Summe erworben? Aus allen Königreichen der Welt. Aber weshalb? Beseitigt man nämlich diese 12 Millionen, so steht das Geld in diesem Staat im Vergleich zu unseren Nachbarn unter seinem Niveau, und wir werden sofort bei ihnen allen abschöpfen, bis wir sozusagen voll und gesättigt sind und nichts mehr aufnehmen können. Mit unserer gegenwärtigen Politik tragen wir so viel Sorge, die Nation mit dieser feinen Ware von Bankwechseln und Schatznoten vollzustopfen, als fürchteten wir, von edlen Metallen überlastet zu sein. Es steht außer Zweifel, daß die große Menge an Edelmetallbarren in Frankreich größtenteils dem Mangel an Papierkredit zuzuschreiben ist. Die Franzosen haben keine Banken, Wechsel von Kaufleuten zirkulieren dort nicht wie bei uns, das Verleihen zu Zinsen ist nicht direkt erlaubt, so daß viele große Summen in ihren Truhen haben. In Privathäusern sind große Mengen an Silber in Gebrauch und die Kirchen sind voll davon. Auf diese Weise sind Lebensmittel und Arbeit bei ihnen weiterhin billiger als in Nationen, die nicht halb so viel Gold und Silber besitzen. Im dritten Essay [»Über Geld«] haben wir bemerkt, daß die Zunahme von Geld den Fleiß während des Intervalles zwischen dieser Zunahme und dem Anstieg der Preise fördert. Ein guter Effekt dieser Art kann auch aus Papierkredit folgen, doch wäre es gefährlich, die Dinge zu übereilen angesichts des Risikos, daß der Kredit fehlschlagen könnte, wie es nach jeder gewaltsamen Erschütterung in öffentlichen Angelegenheiten möglich wäre. 15

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Die Vorteile dieser Situation, in Hinsicht auf den Handel ebenso wie in öffentlichen Notlagen, sind zu offensichtlich, als daß man darüber streiten könnte. Vor einigen Jahren war es in Genua so wie heute noch in England und Holland Mode, Porzellangeschirr anstelle von Silber zu benutzen, doch der Senat sah die Folgen voraus und verbot den Gebrauch jener zerbrechlichen Waren über ein gewisses Maß hinaus, während der Gebrauch von Silber unbeschränkt blieb. Ich vermute, daß sie kürzlich in ihren Notlagen die gute Wirkung dieser Anordnung spürten. Unter diesem Aspekt ist unsere Steuer auf Silber vielleicht etwas unpolitisch. Vor der Einführung des Papierkredits in unseren Kolonien hatten diese genug Gold und Silber für ihre Zirkulation. Auf die Einführung jener Ware folgte als geringster Nachteil die völlige Verbannung der edlen Metalle. Nach der Abschaffung des Papiers wird das Geld zweifellos zurückkehren, solange diese Kolonien Manufakturen und Waren besitzen, die das einzig wertvolle im Handel sind und um deretwillen die Menschen sich Geld wünschen. Wie schade, daß Lykurg 16 nicht an Papierkredit dachte, als er Gold und Silber aus Sparta verbannen wollte! Es hätte seinem Zweck besser gedient als die Eisenklumpen, die er als Geld verwandte, und es hätte auch allen Handel mit Fremden wirksamer verhindert, da es noch weniger tatsächlichen und inneren Wert gehabt hätte. Man 17 muß gleichwohl gestehen, daßalldiese Fragen des Handels und des Geldes überaus kompliziert sind, und es daher bestimmte Aspekte gibt, unter denen man dieses Thema betrachten kann, um die Vorteile des Papierkredits und der Banken größer als deren Nachteile erscheinen zu lassen. Unzweifelhaft richtig ist, daß sie Hartgeld wie auch Edelmetallbarren aus einem [Lykurg, der Sage nach Begründer der spartanischen Verfassung, die er auf Anweisung des Orakels von Deiphi erließ, um den Streit zwischen König und Volk zu schlichten. Die Überlieferung datiert ihn zwischen dem 11. und 8. Jh. v. Chr.] 17 Dieser Absatz erscheint nicht in den Ausgaben H-N. 16

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Staat verbannen, und wer nicht mehr als diesen Umstand sieht, sollte ihn bereits verurteilen. Hartgeld und Edelmetallbarren sind jedoch nicht so wichtig, daß sie keinen Ausgleich und gar ein Überwiegen durch die Zunahme von Fleiß und Kredit erlaubten, welche durch den richtigen Gebrauch von Papiergeld gefördert werden können. Es ist wohlbekannt, wie vorteilhaft es für einen Kaufmann ist, wenn er seine Wechsel bei Gelegenheit diskontieren lassen kann, und alles, was diese Art von Umsatz erleichtert, ist vorteilhaft für den allgemeinen Handel eines Staates. Doch private Bankiers können solchen Kredit aus den Krediten gewähren, die sie durch Einzahlungen von Geld in ihren Geschäften erhalten, ebenso wie die Bank von England durch die Freiheit, ihre Noten bei allen Zahlungen auszugeben. Vor einigen Jahren verfielen die Banken von Edinburgh auf eine Erfindung dieser Art, eine der genialsten Ideen, die jemals im Handel ausgeführt worden sind und daher auch wohl vorteilhaft für Schottland. Sie wird dort Bankkredit genannt, und es hat damit folgende Bewandtnis. Ein Mann geht auf die Bank und findet Sicherheiten bis zu einer Summe von, nehmen wir einmal an, 1000 Pfund. Dieses Geld oder einen Teil davon kann er jederzeit nach Belieben abheben, und er zahlt nur die normalen Zinsen dafür, während er es in Händen hält. Er kann nach Belieben jede Summe ab zwanzig Pfund zurückzahlen, und die Zinsen werden vom Tage der Rückzahlung an diskontiert. Aus dieser Erfindung ergeben sich mannigfaltige Vorteile. Da jeder Mann Sicherheiten fast zur Summe seines Vermögens finden kann und sein Bankkredit barem Geld entspricht, verwandelt ein Kaufmann damit seine Häuser, die Möbel seines Haushalts, die Waren in seinem Lager, die Beträge, die man ihm im Ausland schuldet und seine Schiffe auf See in Geld, und kann sie bei Gelegenheit für alle Zahlungen verwenden, als seien sie die Währung seines Landes. Leiht ein Mann 1000 Pfund aus privater Hand, abgesehen davon, daß diese Anleihe bei Bedarf nicht immer zu finden sein muß, so zahlt er Zinsen dafür, ob er sie nun verwendet oder nicht. Sein Bankkredit kostet ihn nichts, außer in genau dem Moment, wenn er ihm dienlich ist, und dieser Umstand ist ebenso vorteilhaft, als hätte er Geld zu viel niedrigeren Zinsen geliehen. Auch

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Kaufleute können auf diese Art ihre Kredite gegenseitig stützen, und schaffen damit bedeutende Sicherheit gegen Bankrotte. Ist der eigene Bankkredit eines Mannes erschöpft, so geht er zu einem seiner Nachbarn, der sich nicht in der gleichen Lage befindet. Dort erhält er das Geld und zahlt es nach eigener Bequemlichkeit zurück. Nachdem 18 diese Praxis in Edinburgh mehrere Jahre lang geherrscht hatte, führten verschiedene Gesellschaften von Kaufleuten in Glasgow die Sache noch weiter. Sie schlossen sich zu verschiedenen Banken zusammen und gaben Noten bis zu zehn Schilling aus, die sie in allen Zahlungen für Waren, Manufakturen und Handwerksarbeiten aller Art verwandten, und diese Noten aus dem etablierten Kredit der Gesellschaften galten bei allen Zahlungen im ganzen Land als Geld. Auf diese Weise konnte ein Kapital von 5000 Pfund die gleichen Aufgaben erfüllen als seien es sechs oder sieben, so daß Kaufleute in größerem Umfang handeln konnten und geringerer Profit in allihren Geschäften erforderlich war. Doch welche anderen Vorteile sich auch aus diesen Erfindungen ergeben mögen, festgehalten werden muß, daß sie Kredite nicht nur stark erleichtern, was gefährlich ist, sondern auch die edlen Metalle verdrängen. Nichts ist ein deutlicherer Beweis dafür als der frühere und der gegenwärtige Zustand Schottlands in dieser Hinsicht. Bei der Ummünzung nach der Union stellte sich heraus, daß es fast eine Million in Hartgeld in diesem Lande gab, doch ungeachtet der großen Zunahme an Reichtum, Handel und Manufakturen aller Art geht man davon aus, daß selbst dort, wo kein starker Entzug durch England stattfindet, das im Umlauf befindliche Hartgeld heute nicht ein Drittel davon ausmacht. Unsere 19 Vorhaben mit Papierkredit sind jedoch beinah das einzige Mittel, mit dem wir Geld unter sein Niveau vermindern können. Ebenso können wir es meiner Meinung nach nur mit einem einzigen Mittel darüber hinaus vermehren. Diese Praxis, Dieser Absatz erscheint nicht in den Ausgaben H-N. Die Ausgaben H undN beginnen: »Unsere geliebten Vorhaben sind schädlich, zumal sie beinah das einzige Mittel sind, ... «. 18

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nämlich große Summen in einem öffentlichen Schatz anzuhäufen, sie einzuschließen und ihre Zirkulation völlig zu verhindern, würden wir alle als destruktiv verurteilen. Die Flüssigkeit steht nicht in Verbindung mit dem benachbarten Element und kann mit diesem Kunstgriff beliebig erhöht werden. Zum Beweis müssen wir nur zu unserer ersten Annahme zurückkehren, daß die Hälfte oder ein Teil unseres Bargelds vernichtet sei. Dabei haben wir festgestellt, daß als unmittelbare Folge eines solchen Ereignisses die gleiche Summe aus allen benachbarten Königreichen herangezogen würde. Die Natur der Dinge scheint dieser Praxis des Anhäufens auch keine zwangsläufigen Schranken zu setzen. Eine kleine Stadt wie Genf könnte, wenn sie diese Politik jahrhundertelang verfolgte, neun Zehntel des Geldes in Europa an sich reißen. In der Natur des Menschen gibt es anscheinend ein unsichtbares Hindernis gegen dieses ungeheure Anwachsen von Reichtümern. Ein schwacher Staat mit einem riesigen Schatz wird bald ein Opfer eines ärmeren, aber mächtigeren Nachbarn werden. Ein großer Staat würde seinen Reichtum in gefährlichen und unbedachten Vorhaben vergeuden, und außerdem wahrscheinlich sehr viel wertvolleres zerstören, nämlich den Fleiß, die Moral und Zahl seiner Menschen. Die Flüssigkeit ist in diesem Fall zu weit erhöht worden und sprengt und zerstört ihren Behälter. Sie vermischt sich mit dem umgebenden Element und fällt bald auf ihr angemessenes Niveau. Im allgemeinen sind wir mit diesem Prinzip so wenig vertraut, daß zwar alle Historiker in ihrer Darstellung eines so kurz zurückliegenden Ereignisses wie des riesigen Schatzes, den Heinrich Vll. 20 angehäuft hatte (und den sie auf 2 700000 21 beziffern), übereinstimmen können, wir jedoch eher ihr gleichlautendes Zeugnis bezweifeln, als eine Tatsache zulassen, die so wenig mit unseren hartnäckigen Vorurteilen übereinstimmt. In der Tat ist wahrscheinlich, daß diese Summe drei Viertel allen Geldes in Europa betragen hat. Doch was ist so schwierig an der Vorstellung, daß eine solche Summe durch einen geschickten, raffgieri20 21

[Heinrich VII. von England (1457-1509), regierte ab 1485.] In den Ausgaben H-P heißt es: »1700000«.

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gen, sparsamen und beinah absoluten Monarchen in zwanzig Jahren angehäuft werden könnte? Auch ist unwahrscheinlich, daß die Verminderung des zirkulierenden Geldes für das Volk jemals zu spüren war oder ihm Schaden zufügte. Sinkende Preise für alle Waren würden es sofort ersetzen, indem sie England in seinem Handel mit den benachbarten Königreichen einen Vorteil verschafften. Liefert uns die kleine Republik von Athen mit ihren Verbündeten nicht ein Beispiel, die in etwa 50 Jahren zwischen dem Medischen und dem Peloponnesischen Krieg eine Summe anhäufte22, die nicht weit unter der Heinrichs VII. lag? Denn alle griechischen Historiker23 und Redner24 stimmen darin überein, daß die Athener auf der Zitadelle mehr als 10000 Talente gesammelt hatten, die sie später bei ihrem Ruin in überhasteten und unklugen Unternehmen vergeudeten. Doch was war die Folge, als dieses Geld freigesetzt wurde und sich mit der umgebenden Flüssigkeit verband? Blieb es im Staate? Nein. Denn in dem bemerkenswerten Zensus, der bei Demosthenes 25 und Polybios 26 erwähnt wird, finden wir, daß etwa 50 Jahre später der gesamte Wert der Republik mit Ländereien, Häusern, Waren, Sklaven und Geld weniger als 6000 Talente betrug. Wie ehrgeizig und hochherzig war dieses Volk, daß es mit Blick auf Eroberungen in seinem Schatz eine Summe anhäufte und behielt, während es jederzeit in der Macht der Bürger lag, sie durch eine einzige Abstimmung unter sich aufzuteilen, was den Reichtum jedes einzelnen beinah verdreifacht hätte! Dabei müssen wir bedenken, daß die Zahl und der private Reichtum In den Ausgaben H-P heißt es: »eine größere Summe als die Heinrichs VII. (Ein Pfund Sterling enthielt zur Zeit Heinrichs VII. etwa acht Unzen Silber)«. 23 Thukydides, 2. Buch, 13; und Diodorus Siculus, 12. Buch, 40. 24 Siehe Briefe des Aischines (S. 688) und des Demosthenes. 25 Ilepi ruJlJ.!Opta~. 183. [»Über die Steuerklassen«, 14. Rede des Demosthenes; Hume zitiert hier fehlerhaft den Singular, vgl. »Über einige bemerkenswerte Traditionen«, Anm. 2).] 26 2. Buch, Kapitel 62. 22

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der Athener laut antiker Autoren zu Beginn des Peloponnesischen Krieges nicht größer war als zu Beginn des Makedonischen. Zur Zeit Philipps 27 und Perseus 28 gab es nicht mehr Geld in Griechenland als in England zur Zeit Heinrichs VII. Doch diese beiden Monarchen sammelten in 30 Jahren29 aus dem kleinen Königreich Makedonien einen größeren Schatz als den des englischen Monarchen. Paulus Aemilius brachte etwa 1 700 000 Pfund Sterling nach Rom. 30 Plinius sagt, 2 400 000. 31 Und das war nur ein Teil des makedonischen Schatzes. Der Rest wurde für den Widerstand und die Flucht des Perseus vergeudet.32 Bei Stanian33 können wir erfahren, daß der Kanton Bern 300 000 zu Zinsen verliehen und mehr als sechsmal soviel in seinem Schatz hatte. Hier also ist eine Summe von 1 800 000 Pfund Sterling angehäuft, die mindestens das Vierfache dessen beträgt, was in einem so winzigen Staat von Natur aus zirkulieren sollte, und dennoch bemerkt niemand, der im Pays de Vaud oder einem anderen Teil des Kantons reist, größeren Mangel an Geld als in einem Land von dieser Größe, mit diesem Boden und in dieser Situation zu erwarten wäre. Im Gegenteil, es gibt kaum inländische Provinzen im Gebiet Frankreichs und Deutschlands, deren Bewohner heute so reich sind, obwohl jener Kanton seinen

[Philipp V. von Makedonien (238-179 v. Chr.), regierte ab 221 v.Chr.] 28 [Perseus (212-168 v. Chr.), Sohn und Nachfolger Philipps V., regierte ab 179 v. Chr. als letzter König von Makedonien, er unterlag den Römern unter Führung Aemilius Paulus und starb 185/162 in römischer Gefangenschaft.] 29 Titus Livius 14. Buch, 40. Kapitel. 30 Velleius Paterculus, 1. Buch, 9. Kapitel. [Velleius Paterculus, römischer Historiker des 1. Jahrhunderts v. Chr.] 3t 33. Buch, 3. Kapitel. 32 Titus Livius, ibidem. 33 [Abraham Stanyan, An Account of Switzerland Written in the Year 27

1714, (1714).]

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Über die Handelsbilanz

Schatz seit 1714 stark vergrößert hat, als Stanian seinen genauen Bericht über die Schweiz schrieb. 34 Die Angabe des Appian 35 über den Schatz des Ptolemäus ist so erstaunlich, daß man ihn nicht gelten lassen kann, umso weniger als der Historiker sagt, daß die übrigen Nachfolger Alexanders ebenso sparsam gewesen seien und einige von ihnen nicht viel kleinere Schätze besessen hätten. Diese Sparsucht der benachbarten Fürsten muß gemäß der vorangegangenen Annahme zwangsläufig die Sparsamkeit der ägyptischen Monarchen gebremst haben. Er erwähnt eine Summe von 740000 Talenten oder 191166666 Pfund, 13 Schilling und 4 Pence nach Dr. Arbuthnots Berechnungen. Und dennoch sagt Appian, daß er diese Angabe dem Staatsarchiv entnommen habe, und er selbst stammte aus Alexandria. Aus diesen Prinzipien können wir ersehen, welches Urteil wir über jene zahllosen Schranken, Hindernisse und Auflagen fällen sollten, die alle Nationen Europas und keine mehr als England dem Handel auferlegt haben, und dies aus unbändiger Gier nach der Anhäufung von Geld, das sich niemals über sein Niveau hinaus vermehren wird, während es zirkuliert oder aus einer unbegründeten Besorgnis, ihr Hartgeld zu verlieren, welches niemals darunter sinken wird. Wenn irgendetwas unseren Reichtum erschüttern könnte, dann wären es solch unpolitische Erfindungen. Ein allgemein schlechter Effekt ergibt sich gleichwohl immer daraus: Benachbarten Nationen wird jener freie Umgang und Austausch genommen, den der Autor der Welt vorgesehen hatte, als er ihnen so unterschiedliche Böden, Klimata und Mentalitäten gab. Die Armut, von der Stanian spricht, ist nur in den Hochgebirgskantonen zu beobachten, in denen es keine Waren gibt, die Geld einbringen könnten. Und selbst dort sind die Menschen nicht ärmer als in den benachbarten Diözesen von Salzburg auf der einen und Savoyen auf der anderen Seite. 35 Prooemium, 10. [Appianos, Geschichtsschreiber, der vor 100 n. Chr. in Alexandrien geboren wurde; schrieb in griechischer Sprache eine römische Geschichte, von den Anfängen Roms bis ins 2. Jh. n. Chr.] 34

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Unsere moderne Politik verfolgt die einzige Methode, Geld zu verdrängen, nämlich den Gebrauch des Papierkredits. Sie lehnt die einzige Methode ab, mit der man es vermehren könnte, nämlich die Praxis des Anhäufens, und sie führt Hunderte von Erfindungen ein, die nur dazu dienen, den Fleiß zu bremsen und uns und unsere Nachbarn der gemeinsamen Wohltaten von Kunst und Natur zu berauben. Gleichwohl sind nicht alle Steuern auf ausländische Waren als voreingenommen oder nutzlos zu betrachten, sondern nur solche, die auf dem oben erwähnten Arwohn beruhen. Eine Steuer auf deutsches Leinen fördert heimische Manufakturen und vermehrt damit unsere Menschen und unseren Fleiß. Eine Steuer auf Brandy steigert den Verkauf von Rum und unterstützt unsere südlichen Kolonien. Und da die Erhebung von Abgaben zur Stützung der Regierung nötig ist, kann man es für günstiger halten, ausländische Waren damit zu belegen, die im Hafen leicht aufgehalten und den Abgaben unterworfen werden können. Wir sollten uns gleichwohl stets an die Maxime des Dr. Swift erinnern, nach der in den Berechnungen des Zolls zwei und zwei nicht gleich vier, sondern oft nur gleich eins ist. Man wird kaum bezweifeln können, daß die Weinzölle der Regierung viel mehr als gegenwärtig einbringen würden, wenn sie um ein Drittel gesenkt würden. Unsere Menschen könnten sich dann besseren und gesünderen Alkohol leisten, und für die Handelsbilanz, auf die wir so argwöhnisch achten, entstünde kein Schaden. Die Bierbrauerei ist- abgesehen von der Landwirtschaft- nur unbedeutend und beschäftigt nur wenige Hände. Der Transport von Wein und Korn wäre nicht viel weniger wert. Doch gibt es nicht häufige Beispiele, wird man sagen, von Staaten und Königreichen, die früher reich und wohlhabend waren und heute bettelarm sind? Hat das Geld sie nicht verlassen, das sie früher im Überfluß besaßen? Ich antworte, daß sie nicht erwarten können, ihr Gold und Silber zu behalten, wenn sie ihren Handel, ihren Fleiß und ihre Menschen verlieren, denn diese edlen Metalle bleiben im Verhältnis zu den letztgenannten Vorteilen. Als Lissabon und Amsterdam den Handel mit Ostindien von Venedig und Genua übernahmen, bekamen sie auch die

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daraus entstehenden Profite und das Geld. Wird der Regierungssitz verlegt, werden in der Ferne teure Armeen unterhalten und befinden sich große Beträge in den Händen von Ausländern, so folgt aus diesen Ursachen naturgemäß eine Verminderung des Hartgeldes. Doch man sieht, daß dies gewaltsame und zwingende Methoden sind, Geld wegzuschaffen, die im allgemeinen bald den Fortgang der Menschen und von Fleiß nach sich ziehen. Doch wo diese bleiben und der Entzug sich nicht fortsetzt, findet das Geld immer seinen Weg zurück, durch Hunderte von Kanälen, von denen wir keine Ahnung oder keinen Verdacht haben. Welch ungeheure Schätze sind von so vielen Nationen seit der Revolution in drei langen Kriegen in Flandern ausgegeben worden! Mehr Geld vielleicht als die Hälfte dessen, was sich gegenwärtig in Europa befindet. Doch was ist daraus geworden? Ist es im engen Umkreis der Österreichischen Provinzen? Mit Sicherheit nicht, das meiste davon ist in die verschiedenen Länder zurückgeflossen, aus denen es kam, und ist jener Kunst und jenem Fleiß gefolgt, die es ursprünglich erarbeitet haben. 36 Denn mehr als tausend Jahre ist das Geld Europas in einem offenen und merklichen Strom nach Rom geflossen, doch Rom ist durch viele geheime und unsichtbare Kanäle geleert worden, und der Mangel an Fleiß und Handel macht den Kirchenstaat gegenwärtig zum ärmsten Territorium in ganz Italien. Kurz gesagt, eine Regierung hat allen Grund, ihr Volk und ihre Manufakturen mit Sorgfalt zu erhalten. Ihr Geld kann sie dem Lauf menschlicher Angelegenheiten sicher und ohne Furcht und Argwohn anvertrauen. Widmet sie aber diesem letzten Umstand jemals Aufmerksamkeit, so sollte dies nur geschehen, sofern er den erstgenannten betrifft.

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Dieser Satz findet sich nicht in den Ausgaben H und I.

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Nachdem ich versucht habe, eine Art unbegründeten Argwohns auszuräumen, wie sie so häufig zwischen Handelsnationen herrscht, kann es vielleicht nicht schaden, eine weitere zu erwähnen, die ebenso grundlos erscheint. Es ist durchaus üblich, daß Staaten, die einigen Fortschritt im Handel gemacht haben, den Fortschritt ihrer Nachbarn mit Argwohn und alle Handelsnationen als ihre Rivalen betrachten und davon ausgehen, daß diese nur auf ihre eigenen Kosten blühen könnten. Ich möchte im Gegensatz zu dieser engstirnigen und bösartigen Meinung die Behauptung wagen, daß das Wachsen von Reichtum und Handel in jeder einzelnen Nation den Reichtum und Handel all ihrer Nachbarn nicht etwa beeinträchtigt, sondern im allgemeinen fördert, und daß ein Staat Handel und Gewerbe kaum sehr weit entwickeln kann, wenn alle benachbarten Staaten in Unwissenheit, Faulheit und Barbarei versunken sind. Das heimische Gewerbe kann offensichtlich selbst durch den größten Wohlstand der Nachbarn nicht beeinträchtigt werden, und da dieser Zweig des Handels in jedem ausgedehnten Königreich zweifelsohne der wichtigste ist, ist uns insoweit jeder Grund zur Eifersucht genommen. Doch gehe ich weiter und stelle fest, daß das heimische Gewerbe zwangsläufig einen Aufschwung durch die Verbesserungen der anderen erhalten wird, wenn zwischen den Nationen offene Kommunikation herrscht. Man vergleiche die gegenwärtige Situation Großbritanniens mit der vor zwei Jahrhunderten. Damals waren alle Künste sowohl der Landwirtschaft als auch des Handwerks sehr grob und unvollkommen. Jede Verbesserung, die wir seither gemacht haben, ist aus der Nachahmung Fremder entstanden, und wir sollten uns darüber freuen, daß sie zuvor Fortschritte in Kunst und Erfindungsreichtum gemacht hatten. Doch dieser Austausch findet weiter zu unserem großen Vorteil statt: Trotz der Fort1

Dieser Essay erscheint zum ersten Mal in Ausgabe M.

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schrittlichkeit unserer Handwerke übernehmen wir täglich und in jeder Kunst Erfindungen und Verbesserungen unserer Nachbarn. Eine Ware wird zu unserem großen Unmut zunächst aus dem Ausland importiert, während wir meinen, daß uns damit unser Geld entzogen werde. Danach wird zu unserem deutlichen Vorteil die Kunst selber schrittweise importiert, doch beklagen wir uns weiterhin, daß unsere Nachbarn überhaupt Kunst, Gewerbe und Erfindungen besitzen und vergessen dabei, daß wir immer noch Barbaren wären, wenn sie uns nicht zunächst belehrt hätten. Würden sie ihre Belehrungen nicht weiterführen, so würden die Künste außerdem stagnieren und jenen Wetteifer sowie jene Erneuerung entbehren, die so viel zu ihrem Fortschritt beitragen. Das Wachsen des heimischen Gewerbes bildet die Grundlage für den Außenhandel. Wird eine große Zahl von Waren für den heimischen Markt entwickelt und perfektioniert, so wird es immer einige geben, die mit Vorteil exportiert werden können. Ohne Kunst und Kultur können unsere Nachbarn sie jedoch nicht abnehmen, denn sie können im Tausch dazu nichts anbieten. In dieser Hinsicht sind Staaten in der gleichen Lage wie Individuen. Ein einzelner Mann wird kaum fleißig sein können, wenn alle seine Mitbürger faul sind. Der Reichtum der verschiedenen Mitglieder einer Gesellschaft trägt unabhängig von meinem Beruf zum Wachsen meines Reichtums bei. Sie verbrauchen die Produkte meines Fleißes und liefern mir im Austausch die Produkte des ihren. Ein Staat muß auch keine Befürchtungen hegen, daß seine Nachbarn jede Kunst und jedes Handwerk derart verbessern würden, daß sie von seinen eigenen nichts mehr nachfragten. Die Natur hat verschiedenen Nationen eine Vielfalt von Mentalitäten, Klimata und Böden gegeben und damit deren wechselseitigen Austausch und Handel solange gesichert, wie alle fleißig und zivilisiert bleiben. Je mehr die Künste in einem Staat anwachsen desto größer wird sogar seine Nachfrage bei seinen fleißigen Nachbarn sein. Die Bewohner sind reich und geschickt geworden und verlangen daher jede Ware in größter Vollkommenheit. Da sie außerdem viele Waren im Tausch anbieten können, ma-

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chen sie große Importe aus jedem fremden Land. Dadurch wird der Fleiß jener Nationen ermutigt, aus denen sie importieren und auch ihr eigener Fleiß wächst durch den Verkauf jener Waren, die sie im Tausch dazu anbieten. Was passiert jedoch, wenn eine Nation hauptsächlich eine Ware hat, wie in England etwa die Verarbeitung von Wolle? Bedeutet nicht die Konkurrenz unserer Nachbarn in dieser Manufaktur einen Verlust für uns? Für den Fall, daß eine Ware in einem Königreich zum Haupterzeugnis erklärt wird, lautet meine Antwort, daß dieses Königreich wahrscheinlich besondere und natürliche Vorteile bei der Erzeugung dieser Ware hat. Verlieren sie trotz dieser Vorteile eine solche Manufaktur, so sollten sie ihre eigene Faulheit oder schlechte Regierung und nicht den Fleiß ihrer Nachbarn dafür verantwortlich machen. Es sollte auch berücksichtigt werden, daß durch den wachsenden Fleiß in den benachbarten Nationen der Verbrauch jeder einzelnen Sorte von Waren wächst, und die Nachfrage nach ihren Produkten weiter konstant bleiben oder sogar anwachsen kann, auch wenn ausländische Erzeugnisse mit den ihren auf dem Markt konkurrieren. Und sollte man die Folgen für so fatal halten, wenn die Nachfrage fiele? Wird der Geist des Fleißes bewahrt, so kann er leicht von einer Branche auf die andere übertragen werden, so daß diejenigen, die Wolle verarbeiten, z. B. in Leinen, Seide, Eisen oder jeder anderen Ware beschäftigt werden, für die es scheinbar Nachfrage gibt. Wir müssen auch nicht befürchten, daß die Objekte des Fleißes erschöpft werden könnten oder unseren Wollmanufakturisten Arbeitsmangel drohen werde, während sie auf dem gleichen Stand wie unsere Nachbarn stehen. Der Wetteifer zwischen rivalisierenden Nationen dient eher dazu, in allen den Fleiß zu erhalten. Jedes Volk ist außerdem mit einer Vielfalt von Waren glücklicher als mit einer einzigen großen Ware, mit deren Herstellung alle beschäftigt sind. Seine Situation ist weniger gefährlich, und es wird jene Revolutionen und Unsicherheiten weniger deutlich spüren, denen jede einzelne Handelsbranche immer ausgesetzt sein wird. Einzig eine Handelsnation wie die Niederlande hätte die Verbesserungen und den Fleiß ihrer Nachbarn zu fürchten, da sie

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kein ausgedehntes Land sind oder eine bedeutende Anzahl heimischer Waren besitzen und nur als Vermittler, Treuhänder und Transporteur blühen. Ein solches Volk wird naturgemäß befürchten, daß die Nachbarstaaten die Führung ihrer Angelegenheiten selbst in die Hand nehmen werden, sobald sie ihre eigenen Interessen erkennen und verfolgen, und damit ihren Maklern den Profit nehmen, den diese vorher daraus zogen. Diese Folge mag naturgemäß zwar zu fürchten sein, doch dauert es sehr lange, bis sie eintritt. Durch Kunst und Fleiß kann sie außerdem viele Generationen lang aufgehalten, wenn nicht sogar völlig ausgeschlossen werden. Der Vorteil überlegener Kapitalien und Korrespondenz ist so groß, daß er nicht leicht zu überwinden ist. Da alle Transaktionen mit dem Wachsen des Fleißes in den benachbarten Nationen zunehmen, kann ein Volk zunächst auch einen Profit aus der blühenden Verfassung seiner Nachbarn ziehen, dessen Handel auf einer so gefährlichen Grundlage steht. Die Niederländer haben ihr gesamtes Einkommen verpfändet und spielen daher in politischen Transaktionen keine solche Rolle wie in früheren Zeiten, doch ist ihr Handel sicherlich mit dem um die Mitte des Ietztenjahrhunderts zu vergleichen, als sie zu den Großmächten Europas gezählt wurden. Hätte unsere engstirnige und bösartige Politik Erfolg, so würden wir all unsere benachbarten Nationen auf den gleichen Zustand der Faulheit und der Unwissenheit zurückführen, der in Marokko und an den Küsten der Barbarei herrscht. Doch was wäre die Folge? Sie könnten uns keine Waren schicken, und sie könnten uns keine abnehmen. Unser heimischer Handel würde aus Mangel an Wetteifer, Vorbild und Belehrung stagnieren, und wir selbst würden bald in den gleichen elenden Zustand verfallen, auf den wir sie zurückgeführt hätten. Ich will daher das Bekenntnis wagen, daß ich nicht nur als Mann, sondern als britischer Bürger für den blühenden Handel Deutschlands, Spaniens, Italiens, und sogar selbst Frankreichs bete. Ich bin zumindest sicher, daß Großbritannien undalldiese Staaten stärker blühen würden, wenn ihre Herrscher und Minister solch großherzige und wohlwollende Empfindungen füreinander entwickelten.

Über das Machtgleichgewicht

Es stellt sich die Frage, ob die Idee eines Machtgleichgewichtes allein moderner Politik zu verdanken oder ob nur der Begriff in letzter Zeit erfunden worden ist. Mit Sicherheit beschreibt Xenophon1 in seiner Bildungsgeschichte des Cyrus die Konstellation der asiatischen Mächte als eine Folge des Argwohns angesichts der wachsenden Macht der Meder und Perser. Wenngleich dieses elegante Werk als vollkommenes Märchen gelten muß, sind die Empfindungen, die der Autor den Fürsten des Ostens zuschreibt, zumindest ein Beweis für die vorherrschende Ansicht in der Antike. In der ganzen Politik Griechenlands wird die Sorge um das Machtgleichgewicht deutlich, auf das sogar die Historiker der Antike uns ausdrücklich hinweisen. Thukydides 2 führt die Liga, die gegen Athen gebildet wurde und die zu den Peloponnesischen Kriegen führte, ausschließlich auf dieses Prinzip zurück. Als die Thebaner und die Lakedämonier nach dem Niedergang Athens um die Herrschaft stritten, läßt sich feststellen, daß die Athener sich (ebenso wie viele andere Republiken) immer in die leichtere Waagschale warfen und das Gleichgewicht erhalten wollten. Sie unterstützten Theben gegen Sparta bis zu dem großen Sieg, den Epaminondas bei Leuktra errang, wonach sie sofort zu den Besiegten überwechselten, angeblich aus Großmut, doch in Wirklichkeit aus Argwohn gegenüber den Eroberern. 3 Wer Demosthenes' Rede für die Megalopoliten liest\ kann da1. Buch, 5, 3. [Xenophon (430-354 v. Chr.), griechischer Geschichtsschreiber, Schüler des Sokrates, vgl. »Über Aufstieg und Fortschritt der Künste und Wissenschaften«, Anm. 44).] 2 1. Buch, 23. [Thukydides (vermutlich 460/455-400 v. Chr.) Historiker des >Peloponnesischen Krieges