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German Pages 111 [105] Year 2011
a
Jacques Derrida Politik und Freundschaft
Gespräch
über Marx und Althusser
Aus dem Französischen von
Noe Tessmann
Herausgegeben
von
Peter
Engelmann
Passagen Verlag
DA
'
Deutsche
Titel der
Erstausgabe Originalausgabe: Politique et amitie.
Entretiens
avec
Michael
Sprinker sur Marx et Althusser Aus dem Iranzösischen
von
Noe Tessmann
LÜN
UB LÜNEBURG 0816 254 9
/
(Ph 2 \
4
/
am
der)
975.
E
U
t
Cet ouvrage,
publie
dans le cadre du
Programme d’Aide
A la
Publication (PA.P.) MUSIL, beneficie du soutien du
Ministere de France
frangais en
des
Affaires
Etrangeres
et
de l’Ambassade
Autriche,
d
s
w
s p
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
s
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.dnb.de/ abrufbar.
f
d
z
n
a
J
n
Alle Rechte vorbehalten ISBN
978-3-7092-0111-4 Editions
© 2011
by
© der dt.
A .
Galilge, Paris 2014 by Passagen
Ausgabe herp://www.passagen.at
Verlag
Gregor Eichinger Passagen Verlag Ges. m. b. H., Wien Druck: Ferdinand Berger & Söhne GmbH,
Ges.
m.
b. H., Wien
d
b
Grafisches Konzept:
Satz:
.
3580 Horn
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AG
AÄAZELT
Leuphana Universität Lüneburg
DA
|
el
n
et
Vo
Ende der
rbemerkung des Herausgebers
1980er-Jahre, als
den amerikanischen
an
Universitäten leidenschaftlich über die .
tion“
„Dekonstruk-
debattiert wurde, wendet sich Michael
«
.
.
der damals außerhalb
sophie
lehrte,
von
will mehr über die
Sprinker, .
/
politische PhiloJacques Derrida. Er
New York
Brief an
in einem
.
|
Beziehung zwischen seiner Philo-
sophie und dem Marxismus, aber auch über seine persönliche Beziehung zu Louis Althusser erfahren. Diese Neugier ist durchaus verständlich. Derrida ist seit
.
N
.
;
Anfang der 1950er-Jahre
mit
dem berühmtesten
französischenMarx-Exegeten in Kontakt. Er
der Ecole normale kurz Schüler
Jahrzehnte lang
zwei
sein
von
Kollege.
war an
ihm und dann
Es verbindet sie
noch immer eine unerschürtterliche Freundschaft,
auch nach den
Jahre
Als die
zum
neue
.
hielt
er
sich
Diskurs .
-
in
Da Paris
zu
beherrschen
schweigend zurück,
interpretiert wurde.
was
jedoch
Den einen
war er
Que
ne [al Maolsten von Tel LE galt wenig engaglert, d den Maois als zu parteinah, tatsächlich jedoch bereitete er, zu 7
er
jedoch geäußert.
Marx-Lektüre Althussers zunehmend
unterschiedlich zu
marxistischen Denken
philosophischen .
begann, .
1980er-
überschatteten. Derrida hat sich bisher
noch kaum d en
tragischen Ereignissen, die die
/ |
9
C
|
| .
/
einer Zeit als der Fall der Berliner Mauer und dann
des
Sowjetregimes schon
den Plan rief, seine
| /
|
Nach
übereilt die Totengräber auf
eigene Neulektüre von
Marx
vor.
einigem Zögern und zeitlichen Verhinde-
rungen kommt schließlich ein Gespräch zustande. Solche Verhinderungen sind auch beispielhaft für die
/
ganze Geschichte, um die Sprinkers Fragen kreisen, Derrida muss, um diese verspätete Begegnung von
/
„Dekonstruktion“ und „Marxismus“
/
einen Abriss des intellektuellen Lebens in Frankreich
/
geben genden
/
—
von
die
erzählen,
zu
Nachkriegszeit
bis Mai 68 mit den präPersönlichkeiten Sartre und Merleau-Ponty,
den frühen Schriften Foucaults bis
Seminar,
von
Macherey,
der
Kapital-Lektüre
zum
von
Lacan-
Althusser,
Balibar, Ranciere und Establet bis
zur
Rezeption Heideggers, /
legt dabei, changierend zwischen Anekdoten Reflexionen über so grundlegende Begriffe wie
Und und
er
Produktion und soziale Klassen, in
schaulicher Weise seine
rigoroser und an-
eigene, besonders unbequeme
damaligen französischen begrüßt zwar das Augenmerk
Position im Umfeld des Marxismus dar. Er
„Überdererminierung“,
/
Althussers auf die
/
aber nicht seine Vorbehalte
gegenüber der impliziten seine Skepsis gegenüber
Ontologie von Marx und der Zweckmäßigkeit des Ideologiebegriffs Primat der
verhehlt
oder dem
Ökonomie „in letzter Instanz“.
Dieses bemerkenswerte Interview lässt eine Debatte
erahnen, die
großen Nähe der Protagonisten in einem sprudelnden, aber in der Kunst der „diplomatischen Vermeidung“ geübten intellektu10
trotz
der
e
|
| .
ann auf
ellen Milieu, niemals
stattgefunden
hat. Politik und
nde.
grundlegende Unterschiede und Unausgesprochenes, nicht bedeutsames und notwendiges Schweigen, zufällige oder „überdeterminierte“ Verhinderungen. 1991, nur kurze Zeit nach
die
dem Tod Althussers, ist der Text dann druckreif. Als
vor.
de-
sen,
von
en,
Freundschaft, aber auch
er
zwei
Jahre später
in einem
eines seiner
prä-
des Marx’schen Erbes ist
nty,
immer noch ein
an-
schen Reflexion.
zur
Eng-
land veröffentlicht wird, schreibt Derrida gerade an einem Vortrag mit dem Titel „Marx’ Gespenster“,
eich
ser,
Sammelband in
Bewertung auch zwanzig Jahre danach
meistgelesenen
Bücher. Die
Grundpfeiler jeder radikalen politi-
Ausgabe dieses Textes nur die Manuskripte von J. D. zusammengestellt, seine englischen Ausdrücke und die Fragen von M. S. überWir haben für die
ten
setzt,
wie
Referenzen
an-
Lesbarkeit bewusst auf historische und
me
Angaben
einige Fehler korrigiert beziehungsweise ein paar
eingefügt und aus
Gründen der besseren
bibliografische
verzichtet.
hen
erk
Pierre
Alferi
ehlt
ten ber
em
atte
go-
der
tu-
11
1 !
1 !
auf Einladung von Jean Hyppolite und Louis Althusser in den frühen
MICHAEL SPRINKER Sie kamen —
1960er-Jahren als
dürften
husser
Dozent
an
die Ecole normale. Alt-
Sie bereits gekannt oder
haben. Haben Sie vielleicht in den
von
ihm
gehört
1950er-Jahren schon
offizielle Gelegenheit, um regelmäßig mit ihm ins Gespräch zu kommen und auch seine Arbeit zu verfolgen, dürfte aber erst Ihre
seine ersten Texte gelesen? Die erste
die Ecole gewesen sein. Wie würden Sie diese Zeit, Ihre Beziehung ihm und seinen Studenten und die Beziehung zwischen Ihrer und seiner
Rückkehr als Lehrender
an
zu
Arbeit beschreiben?
JACQUES
DERRIDA
—
Die Sache hat wirklich
schon viel früher begonnen. Auch die philosophische Sache. Ich habe von 1952/1953 bis 1956 an der Ecole normale studiert.
Kennengelernt
habe ich Althusser
im Herbst 1952. Davor kannte ich ihn nicht einmal vom
Namen. Das
getroffen.
Büro
Jahren man
an
im
heißt,
erste
Mal hab ich ihn in seinem
Er unterrichtete bereits seit
der Ecole normale
Er war, wie
sagt, ein „Caiman“, das Studienleiter für Philosophie. Bei diesem
Jargon
er war
Ecole
superieure.
einigen
der
13
1
ersten Treffen
sind wir auf eine Gemeinsamkeit gestoßen. Beide sind wir, mit zwölf Jahren Unterschied, er
J s
1918, ich 1930, in Algier geboren. Woran ich mich erinnere, ist, dass wir dann dazu übergegangen sind, Erinnerungen auszutauschen Gemeinplätze. Das
G
Paradoxe ist, dass ich danach kein einziges Seminar von Althusser besucht habe. Einerseits war die ohne-
p
der Lehre
f
—
hin schon
bemessene Zeit, die
knapp
er
ic
s
b
widmete, den Studenten im dritten Jahr, das heißt denen vorbehalten, die die Agregation vorbereiten, Andererseits war er schon damals oft krank (ich wusste noch nicht, was ihm fehlte, aber es war von einem Nierenleiden die Rede, das er sich in der Gefangenschaft zugezogen habe). Er unterrichtete nicht viel,
D
Ecole
g
Wir hatten
zwar
während meiner Zeit
an
der
u
d
E
F
n
normale ein sehr freundschaftliches Verhältnis, aber
m
die Arbeit. Außer einmal (ich versuche, mich auf das Philosophische zu beschränken), als ich meine erste Arbeit für die Agregation
2
für ihn schrieb, im
i
es
ging dabei nicht
geschrieben M.S.
—
um
Jahr davor hatte
ich schon eine
G
f
( s
...
Und zwar? Erinnern Sie sich daran?
S
s
J.D.
—
Ja, das
war
1955.
Nein, ich meinte worüber? Wenn Sie es vergessen haben, ist das nicht schlimm. Ich frage nur aus M.S.
—
Neugierde,
14
s
1
esto-
d,
er
Ich hatte mich für mein Diplöme d’&tudes J.D. superieures schon ein Jahr lang mit dem Problem der —
beschäftigt."
Meine Arbeit,
mich
Genese bei Husserl
sind,
ich mich recht erinnere über die Zeit,
Das
minar hne-
war
wenn
bereits
—
stark von dieser Problematik geprägt und sehr komAlthusser sagte zu mir: „Ich kann das nicht benoten. Das ist zu schwierig und zu unverständlich
pliziert.
ehre eißt ten,
für die Agregation. Das könnte sehr gefährlich werden.
sste
der Zeit Assistent in Lille. Er unterrichtete
Da ich das nicht beurteilen kann, seine
um
Meinung fragen.“
werde ich Foucault
Michel Foucault
war zu an
der
nem
Ecole,
gen-
viel,
Foucault hatte ich, ebenfalls, ein sehr gutes Verhältnis. Er hat meine Arbeit über Husserl gelesen und
cole
gemocht. Zu meinem Aufsatz, den er also gelesen hat,
aber
meinte
ich besuchte auch
er:
einige
seiner Kurse. Mit
„Nun, entweder verdient das 2 oder 3
von
(ich
20 Punkten oder die Höchstnote.“ Ich erzähle diese
rän-
Geschichte, weil
ation
eine
sie mehr oder
für mein Verhältnis ist
—
zu
weniger sinnbildlich
den akademischen Behörden
Jurys der Agregation die Agregation nicht be-
insbesondere die mit den
(in diesem Jahr habe ich standen) und weil es dazwischen diese vierhundert —
Seiten über Husserl
gab.
Das
war
die Zeit, als
man
und sogar in marxistischen Kreisen stark für Husserl zu interessieren begann, und zwar
sich in
gewissen
in einer anderen
ver-
aus
und
der
Weise, nicht mehr
in der
von
Sartre
Merleau-Ponty. Was die Universität unddie Jury Agregation anbelangt war Husserl noch kaum
bekannt und rezipiert.
15
| |
M.S.
J.D.
Wirklich? In den
—
Ja, ich
—
menologie
1950er-Jahren?
erinnere mich
an
das Buch Pheno-
dialectique von Tran Duc Thao. Dieser, später nach Vietnam zurückgekehrte, ENS-Absolvent und Jahrgangskollege von Althusser materialisme
et
versuchte eine marxistisch-kritische Wiederaufnahme der
Phänomenologie
und
schlug, nach einem guten Kommentar (den Foucault, glaube ich, in einem Kurs oder einem privaten Gespräch gelobt hat), eine Neuinterpretation der
materialistisch-dialektische
Probleme der
genetischen Phänomenologie (passive
Genese, Zeitlichkeit und war
sicherlich sehr
über Husserl |
so
wichtig
weiter)
vor.
Dieses Buch
für mich, meine Arbeit
stark davon geprägt. Tran Duc Thao war in Bezug auf die war
Frage der
/
phänomenologischen Genese sehr kritisch gegenüber Husserl, versuchte jedoch die marxistische Problematik unter Zuhilfenahme der genetischen Psychologie
|
psychogenetischen, ontogenetischen und phylogenetischen Entwicklung Piagets
in eine Wissenschaft der
übersetzen,
könnte sagen, umzucodieren. Ich erinnere mich nicht mehr so genau an dieses Buch, zu
aber damals
dafür, dass
man
war es, wenn
Sie
in bestimmten
so
wollen, ein Zeichen
philosophischen
Kreisen
durchaus Interesse bestand, anhand der transzendentalen Problematik Husserls Fragen über die Wissenschaftlichkeit, über die Entstehung der theoretischen
Praxis, der kognitiven keit der und
16
Einstellung, über die Möglichwissenschaftlichen Objektivität zu stellen,
zwar
in
nicht-formaler, nicht-idealistischer
| |
(Kanrt’scher) Weise, die über einen gewissen Empirismus
henoDuc
hrte,
usser
ahme
oder marxistischen Positivismus, aber auch über
Phänomenologie als bloße „Phänomenologie der Wahrnehmung“ hinausgeht. Der philosophische und politische Feind der Marxisten, insbesondere für
eine
Althusser (zeitlebens), der Feind bis zur Obsession, war Merleau-Ponty, der Autor der Phänomenologie der
uten
Wahrnehmung.
nem
„Caiman“
eine
seltsamen Geschichte dieses seltsamen Hauses und der nicht minder seltsamen „Gemeinschaft“, die es
der
Er
war vor
dem
Krieg übrigens
der ENS, und dies alles
an
Buch
beherbergte oder genauer gesagt der Philosophen der Rue d’Ulm
rbeit
Diese Arbeit müsste einmal
ssive
—
sie würde
der
über
ema-
in der
muss
in der
auch
Genealogie
situiert werden.
—
unternommen
werden,
über das intellektuelle Leben und
einiges
die intellektuellen Moden dieses Landes während
einiger Jahrzehnte Meine
ja
logie
gut,
hen, lung
teren
zutage fördern.
persönliche Beziehung zu Althusser war sehr
sogar herzlich
(und
ist
es
auch
trotz
der spä-
unglückseligen Ereignisse immer geblieben), ein. philosophischer Austausch zwischen uns war jedoch
. Ich
selten,
uch,
unausgesprochen
um
nicht
chen
ben ist. Dann
eisen
wo
—
sagen inexistent. Jedenfalls ganz wie er es zweifellos immer geblie-
zu —
um
wieder an den Punkt zu kommen,
für Sie die Sache
losging
—
bin ich
von
der
Ecole
den-
abgegangen.
sen-
den USA, in Harvard (1956-1957). Ich habe meinen Militärdienst (in Zivil als Lehrer) geleistet und kehrte
chen
lich-
llen,
cher
Nach der Agregation
war
ich ein
Jahr
in
1960 nach Paris zurück. Während meiner vier Jahre als Assistent an der Sorbonne habe ich Althusser ein paar Mal
getroffen,
Ich erinnere mich, dass ich ihm
17
Manuskript meiner Einleitung zu Husserls Ursprung der Geometrie gegeben habe. Das Buch ist 1962 erschienen. Althusser hat mir diesbezüglich sehr wohlwollende und ermutigende Worte geschrieben, 1961 das
Er hatte ein oder zwei
über
Jahre davor
Montesquieu herausgebracht.
auch darüber in Briefen
häufig krank, immer noch
nicht,
was an
unterstützt
der
Ecole
an
von
zu
uns
sehr
war
der ENS. Ich
an
Buch
wusste
einge-
unterrichten.
der ENS
(auf seine
Hyppolite,
der
Ein-
von
der
College de France wechselte, mich aber Nachfolger empfohlen hatte) als „Caiman“
an
seinem
Er
im fehlte. Er hat mich
Noch bevor ich selbst
ladung,
erstes
Wir haben
ausgetauscht,
sehr oft nicht
laden, 1963/1964
Ecole
sein
das
ich
eingesetzt wurde,
übernahm
hatte ein Büro
der Ecole normale und kümmerte
mich
um
an
seine
Vertretung.
die Studenten, die sich auf die
Ich
Agregation
vorbereiteten. Ich wurde in das CNRS
aufgenommen,
habe dann aber
Ecole normale
berufen
gekündigt,
um
in die
werden. Im Oktober 1964 trat ich in die Funktion ein und blieb zwei Jahrzehnte. Zwanzig Jahre
zu
lang hatte ich also das Glück, Kollege von Althusser
Jetzt weiß ich, dass ich nie kontinuierlich über so lange Zeit Kollegen hatte, noch haben werde (zumindest in der gleichen Einrichtung in Frankreich:
zu
sein.
Hillis Miller ist seit 22
Jahren
Kollege, jedoch an drei verschiedenen Universitäten: Johns Hopkins, Yale und UC Irvine). Zuvor, im Jahr 1963, hielt ich, just an der Ecole normale, Vorlesungen über Husserl.
18
mein
sserls
M.S.
ch ist
an
h sehr eben,
Buch
n
uns
sehr
usste
Einige der damaligen Studenten müssten auch Das Kapital lesen mitgearbeitet haben: Establet, —
Ranciere, Balibar,
J.D.
—
...
Nein, Establert nicht, aber Balibar schon. Ma-
cherey hatte die Ecole bereits verlassen,
Badiou auch.
Sie sind ein paar Jahre älter als Balibar. Von den Studenten, die sie auf die Agregation vorbereiten, kannte
inge-
ich Balibar, Ranciere und andere, die Sie höchstwahr-
.
scheinlich nicht kennen, wie Jacques-Alain Miller, der
Ein-
der aber
man“
.
Ich
merte
wenig jünger
ist, Michel Tort, Patrick Guyomard, Claude Rabant, Bernard Pautrat und viele, viele anein
dere. Jetzt aber im Schnelldurchgang ich versuche mich auf die Dinge zu konzentrieren, die für Sie von —
Interesse sind
—
ganz
kurz, 1964/1965, als ich
zu
men,
begann, war die Situation folgendermaßen: Lacan hat, eingeladen von Althusser (Lacans Einladung wurde von Althusser angeregt und eine
male
Reihe von Studenten besuchten das Lacan-Seminar),
n die
rlich
begonnen, an der Ecole normale zu unterrichten, und Althusser begann die Seminare, die zu Für Marx und Das Kapital lesen geführt haben. In dieser Zeit war er in recht guter Verfassung, sehr
erde
aktiv und
ation
Jah-
sser
unterrichten
so
weiter.
eich:
doch kins, ich,
serl.
M.S.
—
in den
Darf ich Sie kurz unterbrechen? Haben Sie sich 1950er-Jahren bereitsfür die Freud’sche Psycho-
analyse interessiert? Waren Sie sich dieser Konvergenz gleich bewusst, oder haben Sie erst dann begonnen, sich mit der Psychoanalyse zu beschäftigen?
19
"SO
N
J.D.
Ich hatte
—
Lacan
gelesen.
zur
damaligen
Die
—
Zeit fast nichts
von
Vielleicht L’Znstance de la lettre, ich
weiß nicht mehr genau M.S.
a
wann.
Es gab noch nichts zu lesen! Oder nur sehr wenig.
„Schriften“ sind erst 1966 erschienen.
1 schon einige berühmte Texte. Le Discours de Rome und L’Instance de la lettre waren
J.D.
—
Ja, aber
es
gab
veröffentlicht. M.S.
—
Die Texte
waren
schon berühmt und gefeiert?
Gefeiert? Bekannt, zumindest in diesen „Kreisen“, Ich hatte nur L’/Znstance de la lettre, vielleicht
J.D.
—
auch Le Discours de Rome, mehr oder weniger
gelesen.
Aber die,
wenn
Sie
so
flüchtig
wollen, Konstellation,
befand, war etwas seltsam. Ich arbeitete mehr oder wenig kontinuierlich über Husserl, Ich hielt in diesem Jahr eine Vorlesung über die Geschichte bei in der ich mich
Heidegger, die auch einige seiner Studenten besuchten. Meine Beziehungen zu Balibar, Ranci&re und anderen, die ich im Jahr davor auf die Agr&gation vorbereitet hatte, waren ausgezeichnet. In diesem Jahr, ironischerweise just als ich meine Tätigkeit als „Caiman“ aufnahm, fing dieses Seminar von Althusser an, das natürlich die ganze Aufmerksamkeit dieser Studenten auf sich zog. Die Situation setzte mir zu, ich fühlte mich plötzlich
irgendwie marginalisiert. Ich war ein oder zwei Mal im SeminarAlthussers, zum Beispiel bei Rancieres Referat. Einige davon wurden später veröffentlicht. 20
a
von
, ich
enig.
exte.
aren
ert?
Krei-
eicht
Aber
aus
philosophischer Sicht, wenn Sie so wollen,
fühlte ich mich in einer Zwickmühle. Diese ganze Problematik schien mir innerhalb des marxistischen Feldes durchaus angebracht, das auch ein politisches Feld und insbesondere durch die Beziehung zur Partei in der —
ich nicht war und die sich,
langsam vom Stalinismus (der als vorherrschende Strömung zu meiner Studienzeit
Züge annahm)
an
löste
jedem
Fall
jedoch
—
zog.
zlich
l im
erat.
oft darauf zurücklieber gleich. Welche
Wir werden sicherlich noch wir
es
also
Vorannahmen waren für Sie im nennen wir es so theoretischen Feld, das Althusser und seine Studenten —
beackerten,
eren,
h die
in
,
kommen, behandeln
hm,
geprägtes Feld war. Gleichzeitig
durch sie hindurch.
itete
eise
tyrannische
erschienen, auch gegen Husserl und Heidegger,
M.S.
hat-
der ENS durchaus
—
tion,
hten.
sagen,
fand ich diese Problematik ich würde nicht sagen naiv oder ungebildet, weit davon entfernt —, aber sagen wir, zu wenig offen für kritische, transzendentale und ontologische Fragen, die mir damals notwendig
chtig
hielt e bei
—
um es so zu
J.D.
am
—
problematischsten?
Ganz kurz gesagt, viele Fragen, insbesondere über die Geschichtlichkeit der Geschichte und den —
Geschichtsbegriff, schienen mir außer Acht gelassen. Ich
gerade dabei, mich mit diesen Fragen (über die Bedingung der Möglichkeit einer Geschichte der idealen Objektivität, also einer Geschichtlichkeit der Sprache und der Wissenschaft, über die Notwendigkeit aber auch die Grenzen eines Idealismus und einer transzendentalen Teleologie Husserl’schen Typs, war
21
| Beziehungen zwischen Geschichtlichkeir Objektivität und so weiter) herumzuschlagen,
über die
/
und
/
Nicht aus einer, sagen wir, ahistorischen Sichtweise, sondern durch die Entwicklung einer anderen von
Art
Fragen (die meiner Ansicht nach radikaler, kritischer, „dekonstruktiver“, das heißt „kritisch“ auch im Hinblick auf die Kritik und die marxistische Kritik, sind). Ich hatte den Eindruck, dass ihr Geschichtsbegriff auf solche Weise hätte abgeklopft werden müssen, Und ständig wollte ich, nicht Einwände vorbringen, sondern
fragen: „Langsamer!
Objekt?
Was ist ein
Objekt
Was ist
eigentlich
ein
der Wissenschaft?“ Ihr
Diskurs erschien mir einem Theoretizismus, einem Szientismus „neuer Art“ zu verfallen, was ich infrage
stellen konnte. Natürlich war ich aber gelähmt, weil ich gleichzeitig nicht wollte, dass meine Fragen mit der grobschlächtigen und durchschaubaren Kritik rechts und links, insbesondere von der Kommunistischen Partei, in einen Topf werden, Obwohl ich nicht in der Partei war, kannte ich die
von
geworfen
Situation. Ich wusste, dass der Theoretizismus- oder
Szientismusvorwurf zum Beispiel vonseiten der Partei erhoben werden konnte, er wurde es auch in ziemlich verkürzter Form, jedenfalls in einer Formulierung, die ich so nie unterschrieben hätte. Ich
war
also
gelähmt,
wortlos
vor so
etwas,
das
Theoretizismus, die Hypostase der Theorie daherkam, vor der Emphase und Geschwollenheit
wie ein
in
Bezug auf die Theorie und die Wissenschaft, All
beunruhigend, problematisch, vorkritisch, jedoch von einem Standpunkt aus, der nicht
dies schien mir
22
|
hkeir
beispielsweise der eines gewissen Humanismus, eines
gen, von
gewissen Empirismus und so weiter war. Althusser war dabei, einen Kampf gegen eine bestimmte Hegemonie, die innerhalb der Partei auch eine grau-
her,
enhafte
eise,
Dogmatik
führen, der
Hin-
war,
ind).
durchaus
egriff
ich
sen,
gen,
zu
oder
philosophische Stereotypie
mir in diesem
Zusammenhang
notwendig erschien. Gleichzeitig konnte jedoch keine Fragen formulieren, die auch nur
im entferntesten
denen, sagen wir, des Marxismus
geähnelt hätten, den Althusser bekämpfte, obwohl ich
in einer anderen Weise
Ich konn-
gedacht
ein
te,
Ihr
nem
habe, nicht sagen: „Ja, das ist ein Theoretizismus und führt daher zu einer gewissen politischen Lähmung“
rage
und
weil
einem
mit ritik
natürlich mit einem, wie andere intellektuellen, wenn nicht
om-
einher. Ich hatte immer eine schr gute persönliche Beziehung zu Althusser, Balibar und anderen, aber
den, die
oder
artei mlich
es
weiter. Ich
so
war
also
gequälten Schweigen.
so
irgendwie gefangen Andererseits
in
ging dies
genannt haben, Terrorismus
es
persönlichen
gab, sagen wir, eine theoretische Einschüchterung: Fragen zu formulieren, die einen, sagen wir, phänomenologischen, transzendentalen, ontologischen
es
Anschein hatten
(auch
wie ich
wenn man,
das be-
orie
Äußerste verkomplizierte d. h. soweit, dass sie selbst für viele, an die sie gerichtet waren, unverständlich werden), wurde gleich als verdächtig, antiquiert, idealistisch, ja sogar
nheit
reaktionär eingestuft. Natürlich dachte ich das nicht.
, die
reits tat, diesen Anschein aufs —
das
All
vor-
nicht
Aber
es
gab diese Einschüchterung.
Ich hatte ebenso
viele, zumindest virtuelle Fragen zu dem, was ich vom Lacanismus zunehmend mitbekam.
23
"|
eingeschüchtert von der Art und Weise, wie sie Ihre Interessensgebiete —Husserl, Heidegger und
M.S.
so
—
Sie
waren
— behandelten.
weiter
J.D. M.S.
—
Ja, aber innerlich protestierte
—
Ja,
Sie
waren
ich!
gleichzeitig davon überzeugt,
dass
Althusser und seine Studenten diese Problematik in Bedie Objektivität zug auf die Geschichte, die Wissenschaft,
berücksichtigen hätten müssen. Aber zur damaligen Zeit haben Sie das nicht direkt mit ihnen besprochen. usw.
J.D.— In dem sozialen Umfeld war das nicht möglich. M.S.
—
Weil Sie das
innerhalb der Partei,
Gefühl hatten, taten,
dass das,
sehr gewagt
war.
sie, Sie haben was
also eine gewisse Distanz gewahrt.
J.D. Ja, das ist richtig! Ich fühlte mich ein bisschen isoliert, hatte aber das Gefühl, dass die Problematik, mit der ich mich beschäftigte, „letzten Endes“ —
notwendiger, unumgänglicher war. Und gleichzeitig das ist jetzt ein war ich trotz allem empfindlich bisschen schwieriger zu formulieren gegen eine —
—
gewisse mehr oder weniger deklarierte, mehr oder weniger versteckte Anleihe — natürlich nicht bei mir— sondern bei dem, was mir wichtig war, sagen wir bei Husserl und Heidegger, eine platzierte, deplatzierte,
ausgetauschte, eingeschmuggelte Anleihe. Trotz allem, trotz der Dementis, trotz der erklärten Ablehnung von Husser] und Heidegger gab es eine Übernahme 24
"|
Weise, r und
(die ich auch als oberflächlich und eher plump befand) von Lesemodellen und Fragearten aus dieser Ecke: Unter welcher
Bedingung
Objektivität Regionen der
ist die
Objekts möglich? Wie können die Objektivität (des Wissens oder der Theorie) hierarchisiert werden, um sie der allgemeinen Theorie zu unterstellen, entweder einer formalen beziehungsweise transzendentalen Logik oder einer fundamentalen Ontologie? In diesem Theoretizismus der gleichzeitig ein Epistemologismus war (leider der Preis, um mit des
dass
n Be-
ivität ligen hen.
glich.
sie, aben
s
chen ema-
des“
dem im marxistischen Diskurs vorherrschenden
dogmatischen Empirismus zu brechen), ging es um Regionen der Objektivität, regionale Ontologien, aber keine Frage (in der Art Heideggers zum Beispiel) über die Objektivität beispielsweise über die Bestimmung des Seienden als Objekt, über die Geschichte und die Auswirkungen dieser Bestimmung. Auch ohne ausdrückliche Erklärung, und das irritierte mich irgendwie, zumal Althusser seit jeher eine Faszination für Husserl und Heidegger hatte, von der er öffentlich nie
etwas
durchblicken ließ.
zeitig
t
ein
eine
M.S.
—
Ich erinnere mich
an
dieser Namen in all seinen
keine
einzige Erwähnung
veröffentlichten
Texten.
oder
—
mir
r
bei
erte,
lem,
nung
hme
J.D.
—
dieser
Heidegger etwas
ist für
Althusser,
wenn
ich das in
brutalen Form ausdrücken darf, der
große Denker dieses Jahrhunderts, an dem kein Weg vorbeiführt, der große Gegner aber auch irgendwie ein wichtiger Verbünderter oder eine virtuelle Zuflucht (das ganze Werk wäre unter diesem Gesichtspunkt 25
©
|
/
/ neu
zu
lesen). Wir haben,
wie bereits gesagt, seh\. geredet, nur ein paar kurze
| /
wenig über Philosophie
|
manchmal ironisch und weniger freundschaftlich, aber immer unterlegt mit Andeutungen und sicher, lich großen Missdeutungen, Wie oft hat er mir dabe}
Wortwechsel, elliptisch, manchmal freundschaftlich,
in den letzten
Jahren noch
im Krankenhaus gesagt,
Heidegger erzählen. Dıy musst mir Heidegger beibringen.“ Er las ein wenig heraus und darin, pickte gewisse Dinge legte es dann „Hör mal, Du
musst
mir von
wieder weg. M.S.
—
Warum denken Sie, dass Althusser
Heidegger
für den wichtigsten zeitgenössischen Denker hielt? Wie konnte er Einfluss aufsein Denken haben, wenn er ihn kaum gelesen hat? J.D.
—
Wir alle haben eine
zu
lesen, lesen,
zu
zu
idio»
arbeiten, zu lesen, nicht lesen, ohne zu lesen, beim Lesen nicht meiden, ohne zu meiden, zu leugnen.
matische Art und Weise zu
idiosynkratrische,
zu
Althusser hatte die seine. Und wenn man ihn seinerseits liest und muss man jedenfalls
interpretiert,
dieser besonderen „Ökonomie“ Aber
man
Heidegger
war
(im Gespräch) nie einer
er war
sucht haben, das Denken machen oder
zu
26
ja,
bestätigen, große Referenz
dass eine
von
eine von
denen, die
Heidegger
ver-
schlecht
diskreditieren, selbst nicht
aus
politischen Gründen. Aber Sie bestimmte Konfiguration oder
den Ihnen bekannten wissen
tragen.
kann Ihnen das sicherlich
für ihn, und zu
Rechnung
©
seh\. kurze
,
aftlich,
ftlich,
sicher,
dabe}
esagt, n. Dıy
wenig
auch eine
Faszination und
gegenseitige
Abstoßung
Heideggerianismus eines der prägendsten Phänomene dieses Jahrhunderts ist, und wir haben lange noch nicht genug darüber nachgedacht, wenn wir überhaupt schon ernsthaft damit angefangen haben. zwischen Marxismus und
auf den Einfluss Hyppolites zurückzuführen? M.S.
—
Ist das vielleicht
Sartres oder
dann
J.D. Die Wege sind zweifellos verworrener, überdeterminierter, wie er gesagt hätte. Aber der Schatten —
degger
? Wie er ihn
Heideggers
nur
in der Arbeit
von
Althusser
Schriften, die in dieser Zeit herausgekommen sind, also auch in Für Marx
präsent, sondern
in allen
irgendwo in einer von Psyche (in „Desistanz“) angedeutet, dass Heidegger ein Vierteljahrhundert lang von denen,
und Das Fußnote
idio»
ist nicht
Kapital lesen.
Ich habe
es
nicht nicht
die in Frankreich im Privaten oder öffentlich, sehr spät, zugeben mussten, dass er eine zentrale Rolle in
gnen.
ihrem Denken
n sei-
Deleuze),
nfalls
agen.
gespielt hat (z.
B. Althusser,
Foucault,
nie in einem Buch genannt wurde. Ein weiteres Programm für eine andere Geschichte
des intellektuellen Frankreichs.
tigen,
erenz
e
ver-
hlecht
ht aus er Sie
M.S.
—
Es ist natürlich nicht
einfach,
wenn man
weder
noch sie erst vor Kurzem gelesen hat, aber können Sie sich an die Stellen erinnern, wo diese die Texte
Spuren
vor
Augen
sichtbar sind? Wo müsste
man
in den Texten
Althussers danach suchen?
oder
27
mer
X |
I
/
großen Brocken: dieKritik am Humanismus. Der Brief über den Humanismu, von kurz nach dem Krieg, denunziert oder „dekon_ struiert“ einen bestimmten metaphysischen Huma_ nismus. In seinem gesamten anti-humanistischey Diskurs zitiert Althusser Heidegger kein einziges Mal,
J.D.
—
Nehmen wir einen
Nun aber mus
sagen, wie er es tut, dass der Humanis_ metaphysisch ist oder die Metaphysik humanis_ zu
tisch ist, das kann gar nicht anders als den Widerhal] des Heidegger’schen Moments zu bewahren (ich haby
damals versucht, das, was in Frankreich dem „Men. schen“ widerfährt, in Fines hominis ein bisschen zı,
Der Text, in dem Heidegger über Marx ein großer Philosoph, ein großerMeta.
formalisieren).
sagt, dass /
er
physiker und der marxistische Begriffder Arbeit eine der großen Interpretationen des Seins sei, ist eben der Brief über den Humanismus. Heidegger erweist ihm gewissermaßen die Ehre, wenn er erklärt, dass Marx im Wesentlichen kein Materialist ist
/ /
/
/
oder dass sein
Materialismus keine Philosophie der Materie, sondern der Arbeit ist. Er ist im Wesentlichen kein Denker des Seins als Materie. Er ist ein Denker des Seins als Arbeit. Ausgehend von der Arbeit und der Produktion und nicht
der materiellen Substanz muss Marx werden. Es ist schwer vorstellbar, dass
von
interpretiert
/
—
der ganze Althusser’sche (aber auch der
Foucault’sche) Diskurs gegen den Humanismus, weniger als zwanzig Jahre danach, keinen Bezug zu diesem Text hätte. Zumal der Brief über den Humanismus sicherlich der meistgelesene Text Heideggers in Frankreich war
(dieser Text
28
war, wenn man
das
so
sagen
kann, für
mer
X |
I
Kritik
nismu,
dekon_ Huma_
Frankreich, für den französischen Kontext bestimmt, wie Beaufret, der Adressat des Briefes, ihn Heidegger darstellte oder beschrieb) und die darin enthaltenen
r Marx
Anspielungen auf Marx immer viel beachtet wurden. Heidegger war sehr präsent, selbst an der Ecole normale, insbesondere dank Hyppolite, der viel von ihm sprach, und Beaufret, der hier lehrte. Es gab also zumindest eine Durchdringung. Ich weiß nicht, ob dies das richtige Wort ist und auch nicht, welche Kategorie hier passt. Ich glaube nicht, dass Althusser Heidegger wirklich gelesen hat. Aber es gab diese Durchdringung, das heißt eine gewisse Präsenz, eine Autorität, eine Legitimität des Heidegger’schen
Meta.
Diskurses in der
eit eine en der
Durchdringung
schey
s Mal,
manis_
manis_
derhal] h haby
„Men. hen zı,
wiegen solche
Atmosphäre,
und
in den Referenzen.
Vermeidung
Muster schwer im
—
wie Sie wissen,
philosophischen
st
Diskurs, auch
ss sein
nicht mit dem Wortlaut des Textes auseinandersetzt, wie Althusser es mit dem Wortlaut des Textes von
ihm Marx
wenn man
den Autor nicht liest, sich
enker ins als
Marx und einigen anderen gemacht hat. Ich war sehr sensibel auf all das, diesen heimlichen Schleichhandel ohne genaue Lektüre. Daher auch ein
uktion
gewisses Unbehagen. Ich versuche jetzt, diese kleine
Marx , dass
Geschichte fortzusetzen. Im darauffolgenden Jahr (1965) habe ich ein Seminar über den Essay über den
ondern
’sche) wanzig
Ursprung
der
Cahiers pour
Sprachen
von
gehalten, Die gerade gegründet wor-
Rousseau
l’Analyse waren
Dort war eine Kombination
hätte.
den.
erlich
Diskurs und einem gewissen Lacanismus vorherrschend. Epistemologie war das Schlagwort, wahr-
h
war
n, für
von
Althusser’schem
scheinlich mehr fetischisiert als wirklich
praktiziert. 29
a!
Ich habe in den Cahiers pour l’Analyse meinen erste, Text über Levi-Strauss veröffentlicht. Zur gleiche, Zeit erschien dort auch der
Sprachen. Grammatologie-Artikel,
der
Das
war
Essay
Lektüre
man“
an
Denke,
begann,
entwickeln Überkreuzungen der Motive zu
„Entzifferung“. Mein
der
Ursprung
auch die Zeit meiner zwei; wo ich ein gewisses
der Schrift und der und es gab merkwürdige
„Text“ und
über den
Ecole normale
war
erstes
Jahr als „Cay_
nicht
so
erfreulich,
Ich fühlte mich ein bisschen isoliert. Im folgendey Jahr ging es ein wenig besser, Was ich gerade meine genannt habe, war auch eine politische Geste: Ich wollte keine Einwendungen machen, die einen antimarxistischen Anschein gehabt hätten. May
Lähmung
damalige politische Zeit in Frankreich vor Augen führen, wo eine als politisches Zeichen eines Antikommunismus aufgefasste Einwendung muss
sich die
in meinem Milieu sehr
oder
zu
bedenklich
Unrecht habe ich einer
war.
Zu
Recht
politischen Überzeu-
Einschüchterung
gung und wahrscheinlich auch der nachgegeben. Ich habe immer darauf verzichtet, dey
kritisieren. Ich betone dabei das Wort „frontal“. Ein wenig ausführlicher äußere ich mich dazu in dem Band mit dem Titel Fines hominis.? Marxismus frontal
zu
Dort habe ich, im Laufe eines Seminars,
versucht,
damalige Situation zu beschreiben. Nehmen wir gemäß der Reihenfolge Ihrer Fragen nochmal das Beispiel des Historismus. Die Kritik am Historismus ist auf meinem eigenen Weg meine
oder in meiner
maßgebliches 30
eigenen
Arbeit in
Motiv. Althusser
erster
wusste
Linie ein
seit meinen
a!
erste,
Studienarbeiten
eiche,
die ich in
sprung r
zwei;
enke,
egann,
um
die
grundlegender,
Einleitung zu
Husserls
die diese Kritik,
Bedeutung,
zentraler Weise in meiner
Ursprung der Geometrie (1962)
entwickelt habe, für mich hatte: Ich von
meiner
Erste, der allem
war,
ausgehend
Husserl-Lektüre, meines Wissens der
systematischer, gründlicher Weise unter diesem Namen gegen Dilthey
in
und den
Motive
vor
s
Historismus angeprangert hat, der Erste, der in einer solchen Kritik des Historismus nicht der Geschichte
„Cay_
eulich,
endey
meine
tische en, die
—
oder der Geschichtlichkeit, ganz im Gegenteil! die Bedingung für den Zugang zur Wissenschaft und —
zur
Philosophie problematisiert
hat. Ich will diesen
n. May
Ansatz nicht rekonstruieren, genau darum geht es in meiner Einleitung zu Husserls Ursprung der Geo-
kreich eichen
metrie, aber für mich liegt hier das erste Axiom aller Problematik der Wissenschaftlichkeit, der Wahrheit,
ndung
der
Recht
erzeu-
terung
et, dey bei das
ere ich minis.?
sucht,
Objektivität
im
Allgemeinen
und
Wenn Althusser den Historismus
so
von
weiter,
Gramsci, de
Delia, Volpe, de Colletti oder anderen, auch den von Sartre, glaube ich, kritisiert, kann er die Haupttriebfeder dieser Kritik des Historismus, die zunutze
er
sich doch
macht, nicht ignorieren: Sie stammt aus den
Anfängen
des
Jahrhunderts
und in allen Schriften
über Husserl (nicht nur in meinen) von den späten 1950er- bis in die frühen 1960er-Jahre ist viel davon die Rede. Dieses
Schweigen
oder diese
Abschottung
Fragen
erschien mir seltsam, irritierend, auch
e Kri-
teilen, durchaus verstanden habe. Unter Berücksichtigung des Umfelds, in dem Gramsci schrieb, verstand ich die Notwendigkeit, nach ihm, gegen ihn, den Geschichtsbegriff
n Weg
ie ein
meinen
politische Strategie,
ohne sie
wenn
ich die
zu
31
überarbeiten. Persönlich
ich, auch wenn ich die Kritik des Historismus übernahm, doch auch an zu
war
gewissen Geschichtlichkeit
de, transzendentalen Geschichtlichkeit, von der Hussen spricht, an einer gewissen Geschichte des Sinns de, Seins, von der Heidegger spricht, aber auch an einer Geschichtlichkeit, die ich, gegen oder ohne Hussen] einer
und
Heidegger,
versuchte
dass Althusser viele
zu
interessiert:
an
bestimmen. Ich
Dinge etwas zum Beispiel,
fand,
übereilt der Ge,
erklärte,
schichte entzog, wie wenn er dass die „Ideologie keine Geschichte hat“,
Sein
Theoretizismus, die Tendenz, die THEORIE,
groß,
geschrieben, oder die Theorie der Ideologie genausg wie die Ideologie selbst der Geschichte zu entziehen, schien mir problematisch, zumindest solange nicht ein anderer Geschichtsbegriff vorgelegt wird. Es war wohl im Hinblick auf ein bestimmtes Konzept der Geschichte, nicht auf die Geschichtlichkeit im All
gemeinen, notwendig. Auch wenn ich zu einer Kritik des Historismus (als Relativismus, als Empirismus, als Skeptizismus und so weiter) verleitet war, um zu einer Dimension der transzendentalen Geschichtlichkeit oder einer mehr als transzendentalen, ultratrans-
zendentalen Dimension der Geschichtlichkeit
zu
gelangen, wollte ich dennoch die Geschichte nicht aufgeben. Die Destruktion des metaphysischen Ge» schichtskonzepts bedeutet für mich nicht: „Es gibt keine Geschichte.“ Eine solche Tendenz, eine solche
Sensibilität für diese Notwendigkeit, die Geschichte anders zu denken, sah ich bei Althusser jedoch nicht, und das hat mich
gestört,
nn
ich
uch an
de, ussen ns de,
an
einer
ussen]
fand,
Ich hatte Lust,
Fragen zu stellen. Ständig, wenn Sie so
—
wollen. Ich hätte Lust gehabt weil
nie dazu kam!
—
lange Diskussion mit ihm oder seinen Freunden zu führen, um sie zu bitten, Fragen zu beantworten, die mir als notwendig erschienen. Tatsächlich hat eine
diese Diskussion,
stattgefunden. „Haus“,
waren
seltsam das scheinen mag, nie Und doch wohnten wir im gleichen so
dort 20
Jahre lang Kollegen,
r Ge,
Schüler und seine Freunde
klärte,
Art und Weise, auch meine. Alles
Sein
es
Oberfläche,
im
Gesagten
waren,
oder
seine
in einer anderen
geschah unter der Nicht-Gesagten. Das
groß,
ist ein Teil des französischen Milieus und nicht
nausg
ehen,
anekdotisch. Eine Intellektuellensoziologie dieser Dimension des intellektuellen und akademischen Le-
nicht
bens
Es war
pt der
m All
Kritik
us, als einer
chkeit
ranseit zu
nicht
n
Ge»
s gibt solche hichte
in Frankreich ist noch
zu
nur
schreiben, insbesondere
dieses ENS-Milieus, wo die Praxis der Vermeidung so verblüffend ist. Ich denke, das klingt für einen Nicht-
franzosen, insbesondere für einen Amerikaner und vielleicht auch einige wenige Franzosen, unvorstellbar. Aber wir müssen auch eine Art Übertrainiertsein
bedenken, was die Behandlung ökonomischer, zieller und
potenwie die
algebraischer Probleme anbelangt, Schachspieler, die, ganz ohne dass eine Partie wirklich abläuft, die Angriffe des Gegners antizipieren, im Voraus virtuell darauf reagieren, fiktiv alle möglichen Züge vorinterpretieren und die Strategie des anderen bis ins kleinste Detail erahnen. All dies fällt unter die Theorie der philosophischen Spiele in einem kleinen Milieu übertrainierter Entzifferer.
nicht, M.S.
—
Sie sagen, dass dies
unter die
Soziologie des intel-
!
lektuellen Lebens in Frankreich fällt. Ich bin mir nich, sicher, ob diesfür alle Studenten zutraf, Balz_
Althussers
bar jedenfalls
war zu
Sie sich deshalb
von
dieser Zeit in der Partei.
ihren Diskussionen
Fühlte,,
ausgeschlossen,
weil Sie nicht in der Partei waren?
J.D.
—
In einem
konnte für das, oder davon
gewissen Maße sicherlich. Und dies
was
ich beschreibe, nicht
unbedeuten;q
sein. Vielleicht
zu trennen
war es
teilweise meine Schuld. Vielleicht hätte ich
müssen,
um
mit ihnen
zu
auch
insistierey
diskutieren, aber
gab, derartigen es
stillschweigend und hinterrücks, einen Krieg, so viele Einschüchterungsmanöver, einen sol_ chen Kampf um die „Hegemonie“. Das konnte einen entmutigen, und im Übrigen war man unweigerlich, Komplize. Es gab Lager, strategische Allianzen sowie Einkreisungs- und Ausgrenzungsmanöver, Auf diesen, gnadenlosen Kampfplatz* gruppierten sich manche Kräfte
um
Lacan, andere
um
Foucault, Althusser oder
damalige Diplomatie (der Krieg mir anderen Mitteln) war, so es sie gab, eine Diplomatie der Vermeidung: Schweigen, es wird nicht zitiert, es wird nicht beim Namen genannt, jeder profiliert sich und all dass bildet eine Art Diskurs-Archipel Deleuze. Die
ohne terrestrische Kommunikation, ohne sichtbare
Verbindungsbrücke. Heute müsste man das zwischen diesen Archipelen rekonstituieren.
Meer Man
kommunizierte offenbar nicht. Man übersetzte sich nicht. Gelegentlich gab es Signale in der Nacht, von Weitem. Althusser richtete Lacan oder Foucault
Grüße
34
aus,
der Lacan
grüßen ließ,
der dann L6vi-
r
!
nich,
Strauss
grüßen
f, Balz_ Fühlte,,
irgendwie
hlossen,
M.S.
kid
dies euten;q
nd
on
].D.
Sie
—
war
ließ. Ich
war
da der
junge Hüpfer,
das nicht ganz meine Generation.
waren
wie
man
aufEnglisch sagt „the
new
the block“,
stierey
Gleichzeitig gab es jedoch keine erklärte Feindschaft. Trotz dieser Unterschiede und Streitigkeiten gehörte ich zum selben großen „Lager“. Wir hatten, viele, gemeinsame Feinde. Es gab beispielsweise zwi-
es
gab, artigen
schen mir und Althusser nie öffentlich ausgetragene Feindseligkeiten. Von zahlreichen anderen (Levi-
en sol_
Strauss, Lacan, später Foucault, die Liste ließe sich noch lange fortsetzen) gab es sehr wohl feindselige Äußerungen in der Öffentlichkeit gegen mich. Mei-
s
auch
e einen
gerlich,
—
gab es nie öffentlich und direkt formulierte Einwendungen. Es gab Fragen, die ich mir selbst
n sowie
nerseits
diesen, manche er oder
stellte und auch heute noch für mich behalte. Andererseits gab es auch nie Angriffe auf meine Arbeit,
eg mir omatie
eher eine Ausweichtaktik. Sie mich,
ich falsch
liege.
zitiert,
M.S.
ofiliert
habe den Eindruck, dass in Ihren
rchipel
Vorbehalt gegen die Arbeit von Marx zum Ausdruck kommt. Was nicht heißen will, dass er nie zitiert wird,
chtbare s Meer
—
Korrigieren
Ich
Schriften ein gewisser
Mythologie“
„Die weiße auf die wir hoffentlich noch zurückkommen
Heute habe ich eine
. Man
gelesen,
te sich
werden, denn Sie
ht,
Fußnote
wenn
von
zitieren darin einen
Schlüsseltext
von
von
Marx über die deutsche
oucault
mit
Ihnen darüber reden. Marx hat im
n L6vi-
Heidegger, Husserl, Platon, Mallarme oder Blanchot in
Ideologie.
Ich würde gerne
Gegensatz
zu
35
Asse!
Ihrer Arbeit sicherlich
zentrale Rolle gespielt. Einige der Gründefür diese Vorbehalte kann ich zwa, könnten sie in diesem Kon_ vermuten, aber text näher ausführen. Ich denke insbesondere an eing Wr
.
ee
;
nie eine
;
2
N
vielleicht 21
Sie
ea
-
.
.
.
Folgendes: „Ich habı noch keine Leseprotokolle gefunden, die michbefriedig,
Stelle in Positionen. Dort steht N
Ws
.
2
hätten, um Marx zu lesen.“ Dies wirft, meiner Ansichg nach, zwei Fragen auf: 1. Was war Ihrer Meinung nacy, a,
.
x
U
.
.
Trifft das immer noch zu?> Finde,
der Grund dafür? 2,
A
M
.
Fri
.
Sie immer noch, dass
es
Ihnen
Lektüreprotokolle,, .
an
mangelt, um über die Texte von Marx zu schreiben, oder gibt es andere Gründe für Ihre Zurückhaltung? Ich würde nicht sagen „Ihr Schweigen“, denn es ist kein )
>
zn
N
Schwei chweigen. €
J.D.
.
gelinde
es
ausholen, Ich hatte, un auszudrücken, Vorbehalte. Ich dachte in
Hier
—
en
N
müsste
ich .
.
weit
urteilen, was denn ich habe Marx ich gelesen habe, metaphysisch, in der Tat: Der Text bleibt, nach dem A
leer wissenSie metaphysisch €
S
9
Marx a ha ich habe 5gelesen
— Das offenkundig!E J.D. — Ich habe nicht ESNUE —
nn
denn,
,
glauben
we
ein
von
ihm
gelesen.
Man ve
.
gelesen, aber ich bin nicht einfach nur k dass vorbeigegangen. Ich hatte den Eindruck, immer noch weitgehend metaphysischer Text
nie
daran
genug
“
a
es
;
ist
a
hat
ich
M.S.
zu
SI
2.
2)
;
.
VON
;
ME
genug
.
|
die mich interessierten, das heißt die Geschichte des Wesens des Seins, der wesentlichen
war.
Die
Fragen,
.
Interpretation
36
.
.
des Seins, des Seins als dieses oder
je-
Asse!
nes
spielt. ;
h zwa,
m
Kon_ .
an
eing
h habı
riedig, 2
Ansichg .
g nacy, Finde, okolle,, Fri
reiben,
>
altung?
st
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f
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(Was ist das die Materie? Was ist Arbeit? Was ist
©
> und
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Sein von
...?
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SaßE
NIC
n, was Marx
auben
las
M
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nur
k dass k, er Text ißt die
MAN
.
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mir
.
ausgearbeitet wbeiter | har te AUSE
d
lege
i
1St
grund-
in
b( (aus us
.
eine
einer
nicht
wenn
Hegel
2
zu
damaligen damaligen Zei ZeZeitp unkt 1 aligen t formulierte (in mehreren Texten, vor allem in der Einleitung zu Husserls Ursprung der Geometrie, „Die |
un
zum 1
.
S Fines om nis‘, nce', „Find
diene
Be 5 Ich
5
Schacht die auch Marx zu betreffen. »
Pyramide“), N
und
x
schienen
Aspekt
mir
ich nicht .
war
er
a
.
dem über.
von
nach Übernahme des Bachelard’schen
was
epistemologischer »CP 008
Bruch“ BENgenannt wurde nicht wirklich überzeugt, dass es zwei Marx )
-
war
.
>
gab, den
noch humanistischen,
anthropologistischen, zu hegelianischen und feuerbachianischen Metaphysiker der Manuskripte von 1844 und so weiter und dann den wissenschaftlichen, von aller teleologischen Eschatologie befreiten Marx. Diese Unterscheidung hatte zur damaligen Zeit, wie Sie wissen, im gesamten Sn
.
.
.
.
.
Diskurs
/
;
Althusser und den Althusserianern eine organisatorische Funktion. Mir leuchtete das beim Lesen jedoch nicht ein. Ich dachte, gut, natürlich ist .
von .
.
.
)
.
.
.
N
der Marx’sche Text wie alle Texte heterogen, aber das
KıONZEPT SCHDSE Ibst
der
oppositionellen N
*
des
Cd
B
hs
sch
rogen, SCHIEN mr mit meinem da
aber
CS DrUCHS von dieser Heterogenität, dieser en Differenz, auf das ich Wert
Verständnis
je-
Teil und
d damals 1
CS
wie
EIN
ABC
großteils
Erbe Erbe Hegels S
Unwissenheit). Die Fragen, die ich
tlichen .
größeren
al
'
.
Nur
als man es AS
Verneinung heraus, aus
in
dass arX
u,
| egenderer f Weise Weise SC
zeugt,
chte in
ß
er ist es zu einem
.
un
so weiter),
wurden entweder nicht gestellt oder waren h dem dem Hegel’schen noch Hegel’schen Erb Erbe zuzurechnen. h
Unter diesem
te,
ter) ‚8 genau diesediese F Fragen
und
.
nicht-
lege, nicht ;
37
SL"
|
|
vereinbar. Der Bruch homogenisiert, paradoxerweis,, von beiden Seiten der oppositionellen Grenze ung assimiliert schließlich die beiden Seiten, das Davo, und das Danach, zwischen ihnen. Das ist eine List de, Dialektik, diese Homogenisierung durch Oppositio,, habe ich anderswo versucht, formalisieren das ist nicht M.S.
—
(eben
unser
in
Bezug
demontieren und 2, auf Hegel in G/as), aber
zu
Gesprächsthema,
Althusser meint mit dem
Konzept
des
„episte_
mologischen Bruchs“ nicht, dass zu einem bestimmte, Zeitpunkt ein anderer Marx an die Stelle des humanis_ tischen Marx tritt. Er will damit sagen, dass sich die Problematik in bestimmter Weise ändert. Ich würde, mit Althusser, sagen, dass die späten Texte noch vom
frühen Marx kontaminiert sind, was zählt, ist jedoch das Auftauchen neuer diskursiver Schichten. Obwohl] Althusser das Ganze zeitlich inszeniert hat, geht es in und das dachte ich immer nicht wirk. lich darum. Geht es nicht vielmehr darum, bei Marx eine andere Gruppe von Anliegen und Problemen zu diesem Fall
—
—
isolieren, die
aus
vielerlei Gründen im
herkömmlichen
marxistischen Diskurs verdeckt waren? Könnte man in diesem Sinne nicht sagen, dass Sie sich in diesem Punkt nicht viel von Althusser unterscheiden? Oder würden Sie dem nicht zustimmen?
genannt haben, war sehr stark ausgeprägt. Selbst wenn die zweite die zweite Schicht, wenn Sie es lieber in Phase
J.D.
—
Was Sie
„Inszenierung“
—
strukturellen
38
Begriffen
ausdrücken wollen
—
von
der
SL"
|
rweis,,
e ung
Davo,
List de,
ositio,,
und 2,
), aber
kontaminiert gewesen wäre, wäre eine neue Problematik aufgetaucht, die ihrerseits im Prinzip
ersten
nicht kontaminiert sein dürfte. Und die zweite Phase
wurde wissenschaftlich genannt. Für mich war die Reihenfolge der Fragen, die mich interessierten, nicht „in letzter Instanz“ politisch oder wissenschaftlich. Der Wissenschaftsbegriff war für mich nicht das letzte Wort. Einen Diskurs wissenschaftlich nennen,
bedeutet nicht, dass
er
über
jeden
zu
Zweifel
mmte,
erhaben ist oder dadurch selbst denkt (obzwar ich Heideggers Behauptung, wonach „die Wissenschaft
manis_
nicht denkt“, nie zugestimmt habe
episte_
die
ich
würde,
was
—
den Diskurs,
dem ich versuche, dem ich bereits versuchte, Gehör zu
verschaffen,
weiter
erschwert).
h vom
jedoch
Obwohl]
ht
in t wirk. es
Marx
men
zu
Althusser verwendet den Begriff Wissenschaft so, dass Das Kapital der entscheidende Text für Marx wird, Sein ganzes Bestreben ist genau darauf zu M.S.
—
bestimmen, welche Vorstellung von gesagt
mlichen
würden
in
werden
man
Punkt den Sie
zweite ber in
on
der
—
—,
rien der
—
den Marxschen
Sie sagen ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie das tun
dass die
von
wenn
Althusser herangezogenen Krite-
Wissenschaftlichkeit für Sie
nicht ausreichend
sind. Aber ich denke, die entscheidende
Frage für
ihn
Wissenschaftlichkeit und darüber hinaus was ein Objekt ist. Was ist schließlich der Sinn einer Unterscheidung zwischen dem Objekt in der Theorie und dem Objekt in der Realität? Diese Unterscheidung ist genau das Problem, dass es zu lösen gilt. Wie stellt man eine Beziehung zwischen der Theorie und den Dingen her? ist,
aben,
Wissenschaftlichkeit in maßgeblich ist. Ich verstehe,
von
Texten
gerichtet, Wissenschaft — besser
was
39
|
|
|
vergleicht
Wie
auf ihre
man
die Theorien untereinander in
Beziehung
Kriterien
zu
den
aufgestellt werden,
Dingen? um
die
Wie können
Bezug dann
Überlegenheit eine»
gewissen Theorie über eine andere zu beurteilen? Auf diese Frage würde ich später gerne noch zurückkommen, Zunächst möchte ich
nur
auf einen
Punkt insistieren,
Wissenschaftlichkeit ist für Althussex nur das ein Problem. Es ist für ihn nicht das „letzte Wort“, Wenn man ihn liest, könnte man das glauben, aber meiner Meinung nach trifft das nicht zu. Sind Sie Das Problem der —
anderer Meinung? Es schien mir, dass in seiner Marx-Lektüre J.D. der, nun ja, „gute“ Marx der ist, der jenseits der neo —
hegelianischen Metaphysik, so
weiter zum Vorschein
der
kommt,
Anthropologie um zu
einer
und
letztlich
theoretisch-wissenschaftlichen Problematik zu gelangen. Ich dachte jedoch und denke das immer noch,
Bezug auf die Idee der Theorie, die Idee der Objektivität, zahlreiche historische oder „historiale“ Fragen stellen muss. Woher kommt das? Wie bildet sich der Wert der Objektivität? Wie wird die Ordnung oder die Autorität der Theorie gegründet? Wie ist sie in der europäischen Philosophiegeschichte vorherrschend geworden und so weiter? Und diese, wenn Sie so wollen, genealogischen Fragen über die Wissenschaft, die Objektivität und so weiter wurden dass
man
sich in
im Althusser’schen Diskurs nicht eine
Weise, die mir
befriedigend
gestellt,
nicht auf
erschien. So schien
Marx-Lektüre, darin zu bestehen, einen schlechten Text oder, sagen wir, prämarxistischen Text mir seine
40
|
|
n
Bezug dann
eit eine»
n?
fallen
zu
lassen und den marxistischen Text
Marx- Text
von
—
den
nach dem Bruch als einen Text —
konstituieren, der,
in
gewisser Weise über jeden
zu
meta-
auben,
physischen Verdacht erhaben, unantastbar geworden ist. Meine Vorbehalte gegenüber der Reihenfolge der Denkschritte, der genealogischen Fragestellung und so weiter waren gleichzeitig, aus dem gleichen Grund, politische Vorbehalte, zumindest virtuell. Denn ich bin der Meinung, dass man niemals gute
ind Sie
Politik macht,
Auf
mmen,
stieren, hussex „letzte
wenn man
die
Denkanforderung begrenzt.
ektüre
er
neo
e
und
Infragestellung oder die
Meine Vorbehalte
waren
nicht immer Einwände. Ich wollte nicht sagen: „So ist das nicht! Was Du sagst, ist falsch.“ Ich dachte, was nicht notwendigerweise sagte, war nicht falsch und nicht immer —, die Axiomatik des Diskurses hätte
er
—
tztlich
jedoch
gelan-
wissenschaftliche, sondern die denkende Axiomatik. Für mich gibt es, wenn Sie so wollen, einen Unter-
noch, ie, die r „his-
stärker
schied zwischen dem dem diese
rd die
ist,
diese,
wie
es
müssen. Nicht die
Philosophischen,
schaftlichen und allem,
s? Wie
ündet? hichte
hinterfragt werden
was
ich
—
dem Wissen-
in einem
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Unterscheidung nicht so heideggerianisch
den Anschein hat —Denken
Der Diskurs
von
nennen
würde,
Althusser und den Althusserianern
schien mir daher irgendwie erdrückend, ich hatte das
Gefühl,
er die
Szientismus, ja sogar (das Wort hätte sie aufschreien lassen) einem verfeinerten
urden ht auf
oder getarntem neuen „Positivismus“, zu tun zu haben, der die Möglichkeit von Fragen wie „Was ist
schien
ein
es
mit einem
neuen
oder „Woraus leitet sich der Wert der
einen
Objekt?“ Objektivität,
chen Text
Da ich diese
Fragen
des Theoretischen ab?“ unterdrückte. nicht stellen konnte, ohne den
41
Anschein
zu
schwieg ich.
zustimmen, M.S.
—
Ihre Zurückhaltung, oder wie Sie es
Schweigen J.D.
—
erwecken, in den Chor der Gegner eins
war
Das
Ihr
also den Umständen geschuldet.
Schweigen war den
det. Nichts
nennen,
Umständen
geschuls
sagen oder, genauer gesagt, die Worte nicht in eine bestimmte öffentliche Form zu bringen zu
(denn eigentlich bin ich der Meinung, dass meine Texte und mein Verhalten „sprachen“; denen, die sich dafür interessieren und es entziffern konnten, sagten sie, was es zu verstehen gab), das war eine den Umständen
geschuldete
politische
wie auch
Geste,
Ich sage damit nicht, dass es in dieser Hinsicht richtig und allgemein die einzig mögliche war. Ich hielt es für
richtigste und einzige Geste, zu Platz, in dieser Zeit fähig war. In
die
diesem der französischen der ich
an
Szenewollte ich nicht in konventionell codierter, von anderen nutzbarer oder manipulierbarer Form einen marxistischen Diskurs angreifen, der mir übrigens, zu
Recht oder Unrecht, innerhalb der Partei eher
positiv erschien, intelligenter
und
scharfsinniger
als
dort zu hören bekommt. Und wie ich schon gesagt habe, fühlte ich mich auch eingeschüch-
was man sonst
tert.
Es
Schweigen dass kein
nicht einfach. Es schien mir, dass das vielleicht wirkungsvoller wäre. Ich denke,
war
wirkungslos war. Die Tatsache, dass ich Mitglied der Partei war, ist, wie sie bemerkt
es
nicht
haben, nicht unbedeutend. Warum
war
ich nicht in
der Partei? Was die Geschichte dann deutlicher und
42
r eins
n,
Ihr
chuls
Worte
ngen
meine
, die nten, e den
Geste,
ichtig
es
für
esem schen
, von
einen
gens,
eher er als
ich
offenkundiger
als
je
zuvor
in Frankreich
gemacht
hat, für alle, die nicht schliefen oder sich schlafend stellten, jedoch bereits bekannt und verständlich war, genau das, was in Summe den Niedergang der Partei verursachen sollte und schließlich die
Überdeckung
der Althusser’schen Problematik, das
waren
für die ich schon
empfänglich
war,
Dinge,
wie auch andere
Partei, die sie gerade verlassen hatten oder dabei waren, sie zu verlassen. Ich inner- und außerhalb einer
Anti-Stalinist. Ich hatte mir bereits ein Bild der Kommunistischen Partei Frankreichs und war
allem
von
der Sowjetunion
sagen wir, demokratischen
gemacht, das
mir mit
von vor
der,
Linken, der ich immer treu
bleiben wollte, nicht vereinbar erschien. Aber auch hier wollte ich keine
politischen Einwän-
vorbringen und riskieren, dass sie für konservative Vorbehalte gehalten werden. Das wollte ich nicht. Ich weiß, dass andere (in Wirklichkeit nur wenige) einen klaren Weg gefunden haben, dieses Risiko einzugehen, das ich nicht einging. Ich würde jedoch sagen, dass sie das in einem Code und gemäß einer de
Axiomatik mit dem
taten,
die ich auch nicht wollte, und die
Diskurs, den ich
gerade entwickelte,
nicht
merkt
Einklang standen. Das ist der tiefere Grund für mein Schweigen, mehr als Schüchternheit oder Einschüchterung. Ich lasse mich nie einschüchtern, wenn ich mit der nötigen Rigorosität sagen kann, was ich will. Im Grunde lassen sich mein Schweigen oder einige meiner Enthaltungen, auch heute noch,
ht in
dadurch erklären: Der Code, in dem ich mich hätte
e
hüch-
s das
enke,
ss ich
und
im
ausdrücken sollen, schien mir voll
von
inakzeptablen 43
>
schien Annahmen, konstruierbar,
mr
jedenfalls
Adäquatheit möglich was
ich
dass
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SCH
Da
inadäquat nn oder hier greift) für das,
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AA
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dede dekonstruiert, (weil keine
schon
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Cr
.
.
ist
entwickeln suchte und von dem ich weiß, .
.
X
zu
en
sowohl unerlässlich als auch noch
.
unmöglich, nn
findbar
unauffindbar ist.
—
heißt Mitte der 1960er-Jahre,
Zu der Zeit, das a
5
M.S.
.
nahmen Sie Althusser als innerhalb der Partei wahr, .
|
während Sie außerhalb waren. Es war also nicht leicht, in ihm etwas anderes als eine Art kommunistisch aktiven ..
.
.
N
an
.
Philosophen Di
zu
sehen,
.
.
Position, die Sie a
eine
.
irgendwie
K
.
ratlos machte.
J.D.
Das
—
;
M.S.
J].D.
—
die Wahrheit! .
war
Aber
er
wurde 1966 beinahe
Was verstehen Sie .
—
ausgeschlossen!
„beinahe“? Viele kom.
.
unter
en
Da munistische Intellektuelle verließen damals die Partei! Mir fallen andere kommunistische Freunde ein, die ,
.
;
N
.
darauf
zu eigenem Antrieb getan haben, ohne warten, „beinahe“ ausgeschlossen zu werden. Wissen .
.
es aus
«
.
.
“
Sie, als ich noch Student an der Ecole normale war das muss gesagt werden, das sind keine Nebensäch.
x
—
.
.
lichkeiten .
wirklich
war
2
die kommunistische .
—
-
x
2
hegemonial,
Gruppe
dort
stalinistisch und hegemonial. Und das war wirklich nicht leicht für einen Linken muss ich nochmal darauf hinweisen, dass ich immer eds
.
in
en
.
.
.
N
N
—
.
.
.
links war?
für
LE
.
er .
.
Kryptokommunisten, für einen Weggefährten gehalten zu werden. Es war sehr .
44
—,
nur .
einen
N
>
, de-
keine
r das,
weiß, .
glich, nn
schwer, nicht Revolte
wahr, eicht, .
ktiven .
ndwie .
2
in
.
.
2
.
.
.
“
5
;
.
der Partei
.
in
nach dem Ungarnaufstand
CE
°
sicherlich auch .
ihn
.
um
darzulegen und fragen. Althusser
zu
.
«
Dan du sagst, wahr ist, dann hätte die Partei Unrecht. Was für Althusser ausgeschlossen schien, und er .
R
en
.
beweisen, dass .
zu
Genette EESABE gesagt hat, richtiggestellt werden AD TICHUSE Genette sagte mir mit einem Lachen: „Ich
was
en
habe meinen Schluss
Aussage gezogen
und bin
Althusser
treten.“
dieser bemerkenswerten
aus .
gleich aus der Partei .
.
dringeblieben
ist
EEE
—
n,
die
auf
zu
—
2
dort
N
onial.
r
trotz
alledem
der
strategischen Vision, 2
.
ara
Partei
.
jedoch .
in
eat
notwendig im Rahmen er vom Standpunkt der
.
die
nicht als .
ei der Partei
2
war,
außerhalb der Partei
konnte Althus-
jemanden betrachten, ;
at
für
Inneren der Partei
hatte.
aus
SL Ich, der ich nicht
ser
.
im
Er war wahrscheinlich 1
.
V
LL-
—
mmer
n,
Erachtens x
2
situiert.
.
ken
2
u
.
.
—
nsäch-
e
.
.
.
meines
war
)
lange noch, vielleicht die ganze Zeit jedenfalls jedoch selbst in der schlimmsten Zeit. Die Partei zu verlassen kam für ihn nicht in Frage. Sein Kampf war .
.
Wissen
ausge-
ich weiß nicht
wie
.
ihm
angeblich geantwortet: „Aber wenn das, was
hat ihm .
müsse.
Partei!
um
er
Gründe Rar
um
mir,
Althusser 8 ging,
zu
dass
.
erzählte N
war,
Besorgnis, Ängste und
.
seine
das,
Da
.
en Intelnacheinander einige dieser kommunistischen lektuellen aus der Partei ausgetreten. Althusser nicht, und ich denke, er hätte es nie getan. Gerard Genertte,
;
kom-
sind
.
in
machte sich daran, ad absurdum
sen!
Als 1956 die .
einzutreten.
Ungarn niedergeschlagen wurde,
.
der bis 1956
Jahre,
die Partei
SL
war.
Er
war
der auch
drinnen, ich nicht. 2
.
“DE Er kann nicht einfach Merken Sie den Unterschied? ®
.
;
N
sehr
ignoriert werden. .
.
45
*
M.S.
—
Wir sind von der philosophischen Debatte
abge-
kommen, können jedoch wieder daraufzurückkommen.
—
Nach meiner Erinnerung war Althusser und das dürfte sie in den
späten 1950er- und frühen 1960er-Jahren
einander nähergebracht haben
—
sehr gegen die Haltung
der Partei zu Algerien. Sie hat, scheint mir, den Algeri-
enkrieg unterstützt. J.D.
Ganz
—
am
Anfang,
das heißt 1954-1955,
war
die Parteilinie, soweit ich mich erinnere, eher zurückhaltend, dann hat die Partei klar gegen den Algerien-
krieg Stellung bezogen. Unter de Gaulle wurde diese Position immer eindeutiger, auch wenn sie sich von anderen, radikaleren Formen derOpposition gegen den
Algerienkrieg
unterschied. Und es muss hier zwischen der französischen und der algerischen Partei unterschieden werden, der auch
„Algerienfranzosen“ der Unabhängigkeit
angehörten, die vor und nach ein tragisches Schicksal hatten, denn auch unter dem neuen Regime waren sie der Verfolgung ausgesetzt.
auf die Frage zurück. Althusser hat nie mit der Partei gebrochen, In der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre waren die Ereignisse M.S.— Ich habe mich also geirrt. Kommen wir
von
1978 sicherlich kaum vorherzusehen.
war er
sehr kritisch
Gegen Ende gegenüber der Parteiorganisation,
insbesondere in der Artikelserie in der FKP nicht mehr
J.D.
—
weitergehen
Le Monde „Wie
es
kann“,
Althusser war jemand, der versuchte, den
sophischen
46
von
philo-
und theoretischen Diskurs der Partei
von
|
*
e abgemmen.
dürfte
Jahren
altung Algeri-
5,
war
|
innen
zu
könnte
transformieren, und dadurch,
er
die Politik der Partei
einer gewissen Linken
—
war
dieser Althusser’sche Dis-
„erfolgreich“, auch wenn er vom bürokratischen Apparat der Partei nicht akzeptiert wurde. Unter diesen Intellektuellen war er tonangebend und die offiziellen Parteiphilosophen galten als rückständig: kurs
der marxistischen
gegen s hier
Ursache und Wir-
—
erienvon
er,
—
nicht
h
dachte
kung dieses Diskurses ändern. In dem Milieu, dem ich angehörte eine kleine Gruppe von Philosophen
urück-
e diese
—
so
aus
Sicht des
Parteiapparats,
sondern
aus
Sicht
Intelligenzija. Der Althusser’sche Diskurs, sein Stil und sein Projekt hatten, obwohl Minderheitsmeinung oder in der Partei mehr oder
weniger ignoriert,
zumindest in bestimmten Kreisen
der marxistischen
Intelligenzija großes Ansehen.
Partei
osen“ gigkeit
M.S.
dem
J.D.
r
setzt.
—
—
Im Jahr 1968?
Auf jeden
kein Diskurs einer war es
Fall! Bis 1968. Für mich
marginalen Opposition.
ein dominanter Diskurs. Nicht
aus
war
das
Für mich
Sicht des
ie Fra-
Parteiapparats,
en, In ignisse
Intelligenzija. Die offiziellen Parteiphilosophen galten, wie ich schon sagte, als eine Gruppe von Kleingeistern. Ich sah den Althusser’schen Diskurs als einen, innerhalb der Partei, hegemonialen
Ende
sation,
Wie
es
sondern
aus
Sicht einer
gewissen
marxistischen
Diskurs und ganz und gar nicht als einen von der Partei verfolgten. Er wurde, wenn Sie so wollen, vom
Apparat abgelehnt,
nicht
jedoch (meiner
Ansicht
philo-
nach)
ei
Intellektuellen. Der Diskurs war das Interessante, die
von
von
den sichtbarsten der kommunistischen
47
Neuigkeit,
die
grundlegende Referenz. Wenn
in Paris
von
„Marxismus“ und „Kommunismus“ die Rede
war,
wurde
stets
darauf Bezug genommen.
Ausgangspunkt zurückzukommen, zu diesem von mir verwendeten Begriff, der Sie zögern ließ, dieser „Vorbehalt“ gegenüber Marx, den
M.S.
—
Um
zu unserem
marxistischen Texten und so weiter dieser Vorbehalt in Bezug auf
—
Sie sagten, dass
Althusser eine bestimmte
Vorstellung von Wissenschaftlichkeit, eine gewisse Epistemologie, die das letzte Worte hätte, betraf. Produktionsbegrif! Für mich war dieser Begriff sehr wichtig, gleichzeitig jedoch und genau aus diesem Grund war es ein Begriff, dessen philosophische Genealogie mir damals große Probleme
J.D.
—
Der
bereitete. Und ich konnte ihn daher nicht einfach
verwenden, ihm nicht
nicht wie das für
vertrauen,
Althusser und seine Freunde der Fall
Schlüsselbegriff daraus machen. Ist
man
war,
einen
misstrauisch
gegenüber dem Produktionsbegriff, so wird eine ganze diskursive Masse andere zu
Fragen
einer Ebene
zu
problematisch. entwickeln,
vorzudringen,
Als ich versuchte,
mit meinem Diskurs
die ich,
zu
Recht oder
Unrecht, als „letzten Endes“ vorausgehend und radikaler erachtete, hielt ich es für strategisch nicht
zu
opportun, eine Arbeit einem Text (dem von Marx und den Marxisten) zu widmen, der ganz auf diese
Semantik, diese Begrifflichkeit wären
unerlässlich gewesen,
setzt.
Vorarbeiten
egal wie langwierig oder
endlos sie auch erschienen. Was ich sagen wollte,
48
Paris
wäre vorschnell
amalgamiert
und in massiver Weise
Rede
in eine Problematik überführt
worden, die mich nicht
befriedigte. Sie wissen ja, man bleibt mitunter lieber allein, ungelesen oder unverstanden, als vorschnell
ukom-
assimiliert oder missverstanden
er Sie
behielt mir
, den , dass immte
Weise
Marx
vor,
zu
werden. Aber ich
gegebener
zu
Zeit auf meine
lesen. Ich hielt später Seminare über Marx. Eines, denke ich, im Jahr 1976 über Ideologie. Ich zu
schrieb Texte über den Szientismus
zu
einem Zeit-
Episte-
punkt, als sich die Szene geändert hatte und mein vorgeschlagener Diskurs ausreichend differenziert und bekannt war, damit die Verwirrung nicht ganz
dieser
vorprogrammiert ist, aber sicher
genau
philo-
bleme nfach
as für
einen
uisch
ganze
uchte,
Unterdessen dachte ich, dass es nicht
unmöglich geworden ist, sofort gebrandmarkt wird, habe ich große Lust, über Marx zu reden ich werde —
es
tun,
wenn
t oder
zu
ich kann
muss
können oder
gewesen,
wenn
—
ich wohl zu
und Marx
lehren. Zu es
nicht
tun
müssen. Es wäre vielleicht besser
ich Marx eine sehr
umfangreiche Ar-
beit hätte widmen können,
Marx
akzeptablere
Lektüre seines Werks,
diese
Protokollen,
zu
g oder
zu
gedacht haben,
nicht
eiten
ratsam
Marx
dieser Zeit
und
nie sein.
man
sei, mich aufdieses Terrain vorzuwagen, das bereits dermaßen von der Althusser’schen Problematik besetzt war. Nennen wir es lieber Reserve und nicht Vorbehalt. Jetzt, um ein paar Etappen zu überspringen, wo der Verweis auf in Frankreich nicht mehr gestattet,
skurs
d
kann
um
eine
andere, für mich
gemäß
anderen
versuchen. Aber wie kann man das wissen? Fakt ist, dass ich dachte, langsamere aber auch dringlichere Dinge zu tun zu haben,
wollte,
49
©
M.S.
dene
—
Lassen Sie mich Ihnen noch eine damit
Frage stellen, jedoch aus einem
verbun
leicht anderen Be_
mit
reich. Sie sagen im Gespräch Jean-Luc Nancy, „dass das Subjekt auch ein Prinzip der Berechenbarkeit is,
Berechnung ist notwendig Diese Vorstellung von de, Berechnung ist aus einer ganzen Reihe von Gründen füy. ...“3
höchstem Interesse. Lassen Sie mich die Frage so stellen, denn sie betrifft das, was Sie über das Proble. matische an der Arbeit Althussers sagten. Zum Beispie] die Idee einer Unterscheidung zwischen ideologische, mich
und
von
wissenschaftlichen
Problematiken.
Zwischenbemerkung: Auch gegen. über dem Wort und dem Begriff Ideologie war ich sehr reserviert eingestellt. Das Wort hat eine enorny lange Geschichte, von Platon bis zu den französischen Ideologen. Eine Befragung dieser Geschichte sah ich bei denen um Althusser jedoch nicht, und, um bei ihm zu be
J.D.
—
Eine kleine
ginnen, Althusser selbst verwendete das Wort und den
Begriff genau so, als ob diese auch keine Geschichte hätten! Ich glaube, dass Ideologie eine Geschichte hat, dass der Ideologiebegriff eine Geschichte hat ung dass das Wort Ideologie eine Geschichte hat, die uns lehrt, der scharfen Trennung zwischen Wissenschaft und Ideologie zu misstrauen. Daraus ergeben sich jede Menge Differenzen! Um Althusser tat man so, als ob das Wort und der Begriff Ideologie herkömmlich definierbar wären und sie in der
Lage
wären, alles
wieder ganz von vorne anzufangen, um sie eine neue Aufgabe erfüllen zu lassen, ohne ihrer Genealogie
50
|
©
erbun
en Be_
, „dass
eit is,
on
de,
en füy.
Frage
|
nachzugehen. So, anfangen würden
als ob das
Konzept
und das Wort
funktionieren, indem sie sich von ihrer Geschichte, der in ihnen sedimentierten Semantik und so weiter (wissenschaftlich) abtrennen; als ob
es
zu
ideologischen, nicht kontamiwissenschaftlichen Ideologiebegriff geben einen nicht
nierten, könnte. Meine Bedenken betrafen daher nicht
Proble.
die
eispie] gische,
erste
nur
Trennung zwischen Wissenschaft und Ideologie, sondern auch die Bildung des Ideologiebegriffs. Das Seminar, das ich in den 1970er-Jahren über Marx gehalten habe, war dem Wort und dem Begriff
Ideologie, den französischen Ideologen und so weiter gewidmet. Es ist schwer, hier und jetzt in sehr detaillierter oder gründlicher Weise darüber zu reden. der
gegen.
ar
ich
enorny
schen
—
Wie kann
zu
be
nd den
hichte hichte
at ung ie uns
schaft n sich so, als mmlich
, alles neue
alogie
wir zurück
man
Ich versuche
verteidigen?
denen
e
M.S.
zur
Frage
Althusser in diesem Punkt
gar nicht. Aber kommen der Ideologie in der Beziehung es
Wissenschafi/Ideologie. Man kann das Problem, zeitsparend, aus Sicht der empirischen Wissenschaften stellen. Sie selbst haben früher zwischen metaphysischem und wissenschaftlichem Diskurs unterschieden. Es gibt immer Gründe, in einem bestimmten Fall zu behaupten oder zu entscheiden, dass eine Wahlbesser sei als eine andere. Die
Berechnung ist in der Wissenschaft nicht undeterminiert. Die allgemeinste Frage, die ich Ihnen zu Ihrer Beziehung zu Ihrer eigenen Arbeit, zu Ihrem philosophischen Projekt stellen würde,
lautet: Welche Grundsätze sind, in dieser Hinsicht, einzuhalten oder um den von Ihnen
—
verwendeten
Begriffaufzugreifen
kolle für die Wahl,
—
was
sind die Proto-
Entscheidung oder Berechnung
im
51
\
wissenschaftlichen Diskurs von Marx, im Gegensatz zu dem, was Althusser einen ideologischen Diskurs nennt? davon ausgegangen werden, dass eine bestimmte Wahl besser ist als eine andere, und es
Mir
scheint,
sind
gewisse Protokolle erforderlich,
es muss
entscheiden. Eine Kern der
Gruppe
bestimmte Arten
von
Fragen
zu
Protokollen bildet den
von
Wissenschaftlichkeit
darüber
um
einer
zu
Wissenschaft,
um
disqualifizieren.
Ich stimme voll und ganz zu. Bei der Analyse des Feldes der Strategien oder möglichen „Entschei-
J.D.
—
dungen“
hatte ich einfach den Eindruck, dass
es
„letzten Endes“ auch Raum für andere Entscheidungen als die Althussers gab. Ich sagte bereits, dass
Notwendigkeit für seine „Entscheidung“ glaube. Es gab aber auch Raum für andere „Entscheidungen“ (ich setze das Wort „Entscheidungen“ in Anführungszeichen). Es war dringend und wichtig, dass es andere Bahnungen gab und meine Berechnung war in einem eine bestimmte kontextuelle
ich
an
aus
vielerlei Gründen eben nicht in
gleicher
determinierten Kontext eine andere. Das
war
Weise
nicht
mehr mein Platz. Hier würde Althusser zustimmen:
Jedes „Subjekt“
—
individuelles
in einem kollektiven Feld
Platz,
von
seiner
—
Subjekt
oder
Subjekt
von
seinem
beurteilt
„Anrufung“ her,
die
es
situiert, die aus vielerlei
bestmögliche Strategie. Mein Platz war Gründen, die zu analysieren wären, ein anderer, Aufgrund meiner persönlichen Geschichte, meiner analytischen Fähigkeiten und so weiter war es mir unmöglich, der Kommunistischen Partei anzugehö52
!
\
atz zu
ennt?
, dass
und
er
es
zu
et den
t,
um
!
ren.
Althusser konnte und
schei-
ass
es
schei-
dabei. Ich interessierte
Lektüre,Fragestellung und Stil, die mir ebenso notwendig erschien, und ich mich für eine andere Art
von
Standpunkt meiner „eigenen“ vom Standpunkt dessen, was ich als eine politisch-historische Notwendigkeit interpretierte, wichtig war, dass ich die Fragen stelle, die sagte mir, dass es Ökonomie und
vom
ich stelle. Und dass die
alyse
war
Auseinandersetzung
damit
„letzten Endes“ stattfinden würde. Sie findet/fand entlang mehr oder weniger identifizierbaren und überdeterminierten Bahnen statt, auch wenn sie zwischen Althusser und mir nicht in direkter und offener Weise stattfand. Um stattfinden
das
können, schien es mir wichtig zu sein, dass die Art von Problematik, die ich zu etablieren versuchte, darin Platz findet. Das ist eine endliche, unzureichende Berechnung. Ich würde nicht sagen, dass ich es getan habe, aber er hat mich
hen).
berechnet, wenn Sie so wollen. An einer anderen Stelle
, dass
igkeit auch
e
Bah-
war
Althusser das
zu
Subjekt,
das Objekt einer anderen Althusserianer. Selbst Lacan
einem
Berechnung und auchdie
Weise
und viele andere, alle anderen. Nicht wahr?
nicht
mmen:
ubjekt
einem
Differenzen, unterschiedliche Berechnungen, die „letzten Endes“ eine „historische Formation“ (ich weiß nicht, wie ich es sonst nennen soll) bilden, die man empirisch und grob abEin Feld
von
—
—
rt, die elerlei
grenzen kann, wie zum Beispiel, was zwischen 1960 und 1970-1975 in Frankreich geschehen ist. Eine
derer,
Vielzahl
meiner
s
mir
gehö-
konkurrierender strategischer Berechnungen,
Kampf um Hegemonie. Die Formalisierung des Gesetzes in Bezug auf die Hegemonie ist selbst Teil im
des Prozesses und verleiht ihm seine
paradoxe
Form
53
(ich habe versucht, diese „Logik“
in Die Postkarte
und „Some Statements ...“, erschienen in Zhe States
of‘
‚Theory‘, zu beschreiben). Die immer unvollständige Formalisierung dieses Gesetzes, das selbst ohne mögliche Metasprache von dieser (tödlichen) Tendenz zur Hegemonie, diesem ursprünglichen „Bemächtigungstrieb“ bestimmt ist, von dem Freud in Jenseits des Lustprinzips spricht. Es gab auch persönliche Beweggründe, die, wie andere sagen würden, —
—
gesellschaftspolitische Kraft
Kräfte oder Fraktionen einer
„repräsentieren“,
Keiner dieser Diskurse
im codierten Sinne dieser Wörter ;
oder konservativ, doch alle
war
reaktionär, rechts
„repräsentierten“
wahr-
scheinlich sehr schwer identifizierbare konkurrierende Fraktionen sozialer Kräfte, Es gibt dafür keine Katego-
Kategorien würde ich sagen, dass Unterfraktionen der französisch-kapitalistischen
rien. Anhand alter es
Gesellschaft sind, die sich in dieser Zeit miteinander auseinandersetzten (ich überspringe hier einiges!), Um dieses Diskursfeld zu analysieren, das sich vor meinen Augen bildete und an dem ich mitwirkte,
/
der sozialen Klasse, so hatte ich, zumindest vage, das Gefühl, sehr unge eignet. Die Idee der sozialen Klasse schien mir, selbst weiterentwickelt bis zu den überdeterminierenden
war
beispielsweise
die
Kategorie
Klassenfraktionen, zunehmend ungeeignet, diesen
widersprüchlichen Ich dachte, dass um
diese
54
man
Rechnung
zu
viel feinere Instrumente
tragen,
braucht,
beschreiben. Wenn er sagt: „Die ist Klassenkampf der Theorie ...“
Dinge
Philosophie
Strukturen
zu
in
tkarte
ates
of‘
M.S.
—
Ja, das
ist die sogenannte zweite
Definition
von
Philosophie.
ndige ohne
chen)
Ich hatte, zumindest vage, das Gefühl, dass der Begriff des Klassenkampfes und selbst die Iden-
J.D.
—
einer sozialen Klasse
ichen
tifizierung
Freud h per-
schen Moderne zunichte
ürden,
auf die soziale Klasse, den
einer
e
war
von
gemacht
der
kapitalisti-
wurden. Dieser
im Althusser’schen Diskurs determinierende
Bezug
Klassenkampf schien mir bereits einer anderen Zeit anzugehören. Das Konzept des Klassenkampfes und die Identifizierung viel Problematischeres als die
rechts
einer Klasse ist
wahr-
Althusserianer damals dachten. Ein Satz, der den
rende
Begriff „soziale Klasse“ enthielt, war für mich daher ein problematischer Satz. In dieser Form konnte ich
atego-
n, dass
etwas
schen
den oben genannten Gründen nicht sagen. Ich glaube an die handfeste Existenz sozialer Klassen,
ander
aber die Modernität der
iges!),
zu
ch
vor
wirkte, Klasse, unge
selbst enden diesen
ragen,
aucht,
: „Die ..“
es
aus
schweigen
von
Industriegesellschaften, ganz
der Dritten Welt, kann nicht im
politischen Strategie, auf Grundlage eines so breitmaschigen Konzepts angegangen, analysiert, berücksichtigt werden. Ich hatte den Eindruck, es immer noch mit soziologischen und politischen Analysemodellen zu tun zu haben, die, wenn nicht gar Rahmen einer
Jahrhundert, so doch zumindest aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammten. Einige Althusserianer (Balibar, Macherey, Ranciere) haben den Diskurs später ein wenig aufgebrochen, was uns diesbezüglich sicherlich einander näher gebracht aus
dem 19.
hat. Ich fühle mich dem Diskurs und den Interessen
Balibars heute näher als dem sehr schroffen Diskurs
55
/
Zeit. Was nach der Althusser’schen
damaligen
der
Blütezeit, das heißt nach 1966-1968, passierte, hat mich, zumindest virtuell, allen näher gebracht, denn sie
waren
ter zu
selbst gezwungen, den Diskurs
komplizier-
gestalten.
Ich denke, dass ein Interesse
an
dem, worauf dieser
Klassenkampfbegriff abzielte, ein Interesse Analyse von Konflikten gesellschaftlicher
an
der
Kräfte immer noch absolut unerlässlich ist. Ich bin mir
jedoch er
nicht sicher, ob dieser
Klassenbegriff,
so
wie
übernommen wurde, das beste Instrument für
diese Aktivitäten ist, sofern er nicht erheblich differenziert wird. Seit dieser Zeit hatte ich dieses Gefühl. Ich kann keine wohlgeformten oder plausiblen Sätze mit dem Ausdruck „soziale Klasse“ bilden. Im Grunde weiß ich nicht, was eine soziale Klasse sein soll. Ich kenne die Wörterbuchdefinitionen, aber das scheint mir unzureichend, um insbesondere den
Überdeterminierungen des Feldes Rechnung zu
tragen. Und wenn man den Begriff oder die Logik der Überdeterminierung, gegenüber denen ich we;
|
niger Vorbehalte habe, ernst nimmt, so kann diese Logik ihrerseits in gewisser Weise fast alles, dem sie anhaftet, bedrohen oder ruinieren. Alles, was Althusser
zur
Überdeterminierung
mich mehr als der Rest
—
dies
geht
sagt, befriedigt leider auf Kosten
fast allem anderen, insbesondere auf Kosten des Diskurses über das „In-letzter-Instanz“, den ich für
von
die
metaphysische Verankerung
nehmens halte.
56
des ganzen Unter-
schen
e, hat denn
lizier-
dieser der
n
Kräfte n mir
so
wie
nt für
h difs Ge-
Ich würde Ihnen gerne dazu eine Frage stellen, weil alles, was Sie über die „Klasse“ sagen, auf eine
M.S.
—
andere Ebene gebracht werden kann, auf die einer anverbundenen Idee, deren, mit der die Althusser die letzte Instanz nennt, wenner sagt, „die
Überdeterminierung
„antwortet nieaufden Ruf“, zusammenbringt, scheint mir ein nie“,
zu entstehen, das ich
glaube,
aber
n. Im e sein
Grunde das
ung zu
beginnen
wir mit
dem
zu
ersten
verstehen
Aspekt.
Sie
Ökonomie sagten, dass Sie der „Determination durch die in letzter Instanz“ niemals zustimmen würden. Warum?
J.D.
ndere
sehr problematisches
Moment bei Althusser
siblen
aber
nie“, „schlägt Wenn man diese zwei
einsame Stunde der letzten Instanz kommt
—
Das
Konzept
der letzten Instanz wäre im
allgemeine Konzept des Dekonstruierbaren selbst, wenn es so etwas geben würde. Daher sehe ich darin die metaphysische Verankerung par excellence. Die Substantialität, Prinzipialität, Originalität, Über-Kausalität und
Logik
dekonstruieren, heißt immer, den Rückgriff auf irgendeine „letzten
h
Instanz“
we-
diese
s,
dem was
riedigt
Kosten
en des
ch für
Unter-
zu
so
weiter
zu
dekonstruieren oder
zu
demontieren.
„Letzte Instanz“ statt Infrastruktur zu sagen, ändert nicht viel, und es macht jede Berücksichtigung von
Überdeterminierungen
zunichte oder relativiert sie
in radikaler Weise. Das Interessante und Fruchtbare an
der
Logik
der
Überdeterminierung
wird
von
diesem Diskurs über die „letzte Instanz“ beschädigt, reduziert, erdrückt, den ich immer versucht war, als
Zugeständnis
an
die ökonomistische
Dogmatik
des
Marxismus oder auch der Kommunistischen Partei zu
interpretieren.
57
Wenn ich
nun
aber
statt
„Ökonomie
ist die letzte
letzte Instanz“ ist „ökonomisch“ sage, könnte dies alles ändern, sofern ich Ökonomie, wie Instanz“
„jede
ich versucht wäre, anders definiere, und
eignung jeden Selbstbezugs
zwar
als Ent-
jeglichem Eigenen oder jeglicher letzten Instanz. Wie Sie wissen gebrauche ich oft den Begriff der Ökonomie. Ich bestimme ihn jedoch nicht ausgehend von der Produktion oder Aneignung. Die allgemeine Ökonomie setzt auch etvon
anderes voraus als die Produktivität und schließt, im ökonomischen Prozess, auch eine gewisse Unproduktivität ein (ohne sie integrieren zu können), ja so-
was
gegenüber der Produktivität als auch der Unproduktivität heterogene Nicht-Produktivität. Mein Vorbehalt gegenüber der Ökonomie als letzter
gar eine sowohl
Instanz betrifft nicht auch die Art und
nur
Weise,
die letzte Instanz, sondern wie das
Ökonomische
von
den Marxisten wie Althusser interpretiert wurde. Immer, wenn ich von Ökonomie redete, habe ich alle
möglichen Dinge
ins
Produktivkräfte und
Spiel gebracht, die nicht bloß Auswirkungen von Eigentum
oder Aneignung waren. Und die Nicht-Produktivität, die
Nicht-Aneignung,
widersprüchliche Ent-Aneigung nenne, diese Bewegung, die sich im eigentlichen Prozess der Aneignung enteignet — bei all dem handelt es sich jedoch nicht um eine Negativität, einen dialektisierbaren Gegensatz oder eine dialektische Arbeit des Negativen. Ein wenig vereinfachend kann man sagen, dass ich unter diesem Gesichtspunkt zu
einem
gewissen
Gruppe angehörte, 58
was
ich
Grad der zu
„antidialektischen“
der in Frankreich Philo-
letzte sage,
e,
wie
s Ent-
genen ebrau-
imme
n oder
ch
et-
hließt,
nproja soauch
ivität.
etzter
sophen
wie Foucault, Deleuze und andere zählten.
weniger „anti-dialektisch“ als sie, bin es jedoch mehr als Althusser (der ganz selten, ohne irgendwelche Konsequenzen daraus zu ziehen, die Ich fühle mich
Bemerkungen auch einmal verunglimpfen konnte, was meines Wissens jedoch nur im privaten Kreis geschah). Das alles ist übrigens Dialektik in scherzhaften
Frage diese Dinge keine
von
mehr oder
weniger,
wir können
Bedeutung von „Produktion“ oder „Eigenem“ nicht so schnell, nur improvisierend, angehen. Althusser bleibt jedenfalls ein Dialektiker. Auch wenn er die Dinge kompliziert, dafür gekämpft hat, die Dialektik durch die Einführung eines Prinzips der Überdeterminierung zu komplizieren, bleibt das —
die
—
ndern
dialektische Motiv in seinem Werk vorherrschend. Was ich in meiner Arbeit versuche, kreist auch um
e
ein Denken der
von
wurde.
nicht auf den
Ökonomie, jedoch nicht, zumindest ersten Blick, eine Ökonomie, von der
t bloß
die marxistischen Ökonomen reden. Die diff&rance (mit a) ist eine Ökonomie, die mit dem Anökono-
entum
mischen rechnet, aber lassen wir das.
ch alle
ivität,
fühle mich irgendwie albern und beschämt,
hliche
M.S.
ch im
sprechen, der Aufgabe jedoch nicht gewachsen bin. Was ich jedoch vorhabe, ist nur, Einwände, die mir möglich erscheinen, oder Gegenargumente zu formulieren, die sie meiner Meinung nach vorbringen würden, wenn sie Ihnen
bei all
tivität,
dialek-
chend
—
Ich
weil ich versuche, für Marx und Althusser zu
spunkt
antworten
chen“
ich mich nicht so geschickt dabei anstelle.
könnten. Seien Sie mir also nicht böse,
wenn
Philo-
59
J.D.
Glauben Sie, dass Althusser, Balibar oder an. dere noch von „Ökonomie in letzter Instanz“ reden —
würden? Etienne Balibar sicher nicht, bei Althusser bin ich mir nicht sicher. Alles, was ich über ihn weiß, sind
M.S.
—
veröffentlichten Texte, und was ich davon gelesen habe. So weit ich weiß, ist er nie davon abgewichen, Vielleicht ist sie fragwürdig, aber das ist meine Einschätzung. Ranciere, das ist sicher, würde das nicht sagen! Bei Balibar ist es kompliziert, weil er das Ganze seine
im Rahmen eines klassischen Modells der Klassendetermination weiterentwickelt. Dies
heikle Idee
von
betrifft dann auch die
der Determination durch die
in letzter Instanz. Er hat mir gerade sein
Ökonomie
(gemeinsam mit Wallerstein geschriebenes) Buch geschickt, das ich einem Freund geliehen habe, ohne vorher einen Blick reinzuwerfen. Ich würde jedoch sagen, dass er der Idee
neuestes
der Determination in letzter Instanz durch die Ökonomie sicherlich nicht einfach zustimmen würde, von
Ich möchte nochmals
auf die Formulierung Althussers
hinweisen: „Die Stunde der letzten Instanz kommt nie.“
damit meinte, ist, dass die Ökonomie in der klassischen Topographie der widersprüchlichen Einheit aus Produktionsverhältnissen und Produktivkräften nie Was
er
zugänglich
ist und nie
offen agiert; sie ist nie sichtbar, nie im Reinzustand analysierbar. Man kann nicht einfach die Klassenverhältnisse und Produktivkräfte, die Fabriken und so weiterfür sich nehmen. Sie sind immer kontaminiert mit dem, Instanzen
60
nennt:
was er
Politik,
die anderen Ebenen und
Ideologie.
Die
Gesellschaft ist
er
an.
reden
und Althusser meinte einmal, dass seine große ist: „Was ist Gesellschaft?“ die widersprüchliche
folglich Frage
—
—
Einheit all dieser
Dinge.
Ich möchte diesen
er bin
ß, sind gelesen ichen,
e Ein-
nicht
Ganze ndeter-
ch die
nomie
(gechickt,
es
einen er
der
ch die
würde, ussers
t nie.“
in der
inheit
en nie
htbar,
ht ein-
e,
die
mmer
n und
haft ist
Slogan
daher
umformulieren und „Unproduktivität“,
sagen: Ja alles, was Sie über die den Verlust, Handlungen ohne unmittelbare materielle Gegenleistung gesagt haben, all das ist Teil der Einheit
Kapital sagt Marx: „Es scheint, dass im Mittelalter die Religion die dominierende Instanz der feudalen Gesellschaft war.“ der
Gesellschaft.
In einer Fußnote
Aber, fügt er hinzu, von
der
Religion
es
ist
von
Das
klar, dass die Menschen nicht
leben konnten. Sie
mussten
sich der
materiellen Produktion widmen. In diesem Sinne weist der Ausdruck „letzten Endes“ nur darauf hin, dass die Grenze dessen, was in einer bestimmten Epoche möglich ist, von der ökonomischen Instanz bestimmt wird. Sie setzt
Grenzen
um
bestimmte Dinge, Die „Determination
in letzter Instanz“ bedeutet meiner Ansicht nach
nur,
dass eine Grenze festgelegt wird.
geben Ihnen ein Beispiel. Für eine Nation oder eine Gesellschaft wäre es heute möglich oder jedenfalls denkbar, den Versuch zu starten, feudale Verhältnisse beziehungsweise Agrarverhältnisse wiederherzustellen und die feudale Produktionsweise wieder aufleben zu lassen, um zum Beispiel die industrielle Verschmutzung zu bekämpfen. Aber das wäre aufgrund der globalen Übermacht der kapitalistischen Produktionsweise nicht von Dauer, zumindest nicht von großer. Keine Gesellschaft kann angesichts der enormen Produktivität des Kapitalismus überleben. Ihr Widerstand wäre vergeblich, sie würde bankrottgehen. Es ist genau diese Art von Ich
61
„Determination in letzter Instanz“ die Althusser meiner Ansicht nach meinte, Es gibt eine Grenze, eine
äußere
Grenze,
in einer bestimmten sozialen Formation
was
möglich ist, und sie wird durch die Beziehung zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen bestimmt. In diesem Sinne ist
die den Ton
angibt.
Ich
es
gehe
nicht zustimmen, und bin
sehr wohl die
davon
aus,
Wirtschaft,
dass Sie dem
womit genau Sie
neugierig,
nicht einverstanden sind,
J.D.
—
Wenn ich Ihnen
folge, und man davon ausgeht,
dass die letzte Instanz nie als solche eintritt oder in
tritt, sie unsichtbar, nicht phänomenal sein Diskurs an diese Struktur, die Mög-
Erscheinung bleibt,
muss
lichkeit dieses /
verborgenen Gottes,
dieser Kausalität, dieses
Dings
—
dieser Entität,
des
Dings
selbst
(mit seinen Auswirkungen) —, das benannt werden kann, ohne jemals Zugang zu ihm, zum Ding selbst als solches zu haben. Was bedeutet das, dass es nicht erscheint? Was bedeutet das, dass es keine determinierbare letzte Instanz
gibt?
Diese
Verbergung,
diese Nicht-Phänomenalität, diese Wahrheit als Verschleierung führt uns zurück zu den bereits gebahnten und vertrauten
Wegen,
zu
den fast klassischen Diskursen mit denen sich Althusser oder
Fragestellungen, die, die mit ihm zusammengearbeitet haben, nicht auseinandergesetzt haben. Auf welchen Begriff von und
Präsenz oder Nicht-Präsenz, Phänomen oder Wesen
die Ökonomie als letzte Instanz nie als solche erscheinen kann. Auch hier wäre die
wird rekurriert,
wenn
Auseinandersetzung 62
mit
Heidegger
oder einer Fra-
meiner
äußere
mation
schen
gestellung Heidegger’schen Typs angebracht: Das ist möglich, hätte getan werden müssen und impliziert keinerlei Verbundenheit mit einem Heideggerianismus. Im Gegenteil, in der Vermeidung ist die Ver-
en be-
bundenheit stärker ausgeprägt als in der
schaft,
Problematisierung.
expliziten
e dem
au Sie
M.S.
—
Sie meinen, dass Althusser die für Sie grundle-
gende Frage, die im Nicht-Eintreten der „letzten Instanz“ aufgeworfen wird, nicht behandelt?
sgeht, J.D.
menal Mög-
die
ntität,
sucht hat, eine
selbst
erden selbst nicht
termi-
diese schlei-
—
Dass
er
hat,
Fragestellung wie aufgezeigte (unter Bezugnahme
nie versucht
der in
gerade von mir auf Heidegger oder andere) zu
Deutung
eine
zu
entwickeln,
solcher Texte
zu
nie
ver-
lesen oder
erschien mir, ganz zu schweigen Inhalt der Diskurse, bereits negativ, beunruhi-
berücksichtigen,
vom
gend, enttäuschend. Eine formulierte, argumentierte Ablehnung oder selbst eine deklarierte Weigerung, sich auf Fragen dieser Art einzulassen (vorausgesetzt man hat sich nicht immer schon darauf eingelassen, ob
man es
will oder nicht,
n und
in dieser
ursen
auch einen auch
es
weiß oder nicht). Ich sah
Flucht, untrennbar sowohl einen Denk- als
politischen
Fehler,
r oder nicht
M.S.
—
Warum einen politischen Fehler?
iff von Weil mir diese
Fragen unumgänglich schienen.
Wesen
J.D.
nstanz
Man kann sich ihnen also nicht
re die
er Fra-
—
entziehen,
unterdrücken, leugnen und dann tauchen ihren
politischen Folgen
sie
nur
sie mit
wieder auf. Sie hatten die
63
politischen Folgen. wenig vorzugreifen und es
bekannten
Das Scheitern
ein
recht deutlich
—
um
zu sa-
gen —, die Tatsache, dass der Althusser’sche Diskurs des Jahres 1968 nicht die nötige Langlebigkeit bezie-
hungsweise Vitalität hatte, nicht vom theoretischen Gesichtspunkt und insbesondere nicht im Hinblick auf die Erwartungen im Bereich des politischen Kampfes die effektive Transformation der Praxis der —
Kommunistischen Partei in Frankreich und anderswo —, ist ein Beleg für diese Begrenztheit. /
denken, dass die Althusserianer deshalb nicht mehr Einfluss auf den theoretischen Parteiapparat hatten, weil sie sich nicht mit Heidegger M.S.
—
Moment mal! Sie
auseinandergesetzt haben? J.D. —So ausgedrückt, gebe ich zu, ist das lächerlich! Keine „grundlegenden“ Fragen oder keine über die Grundlagen, über die eigenen Prämissen, die Axiomatik selbst zu stellen („Was bedeutet es, präsent zu sein?“, „Was bedeutet Phänomen oder Wahrheit?“, „Was bedeutet Verbergung der letzten Instanz?“, „Was so
weiter
—
Bedeutung
„Sein“, „Ereignis“? und ich bin natürlich zu schnell, sicherlich ein
ist die
wenig ungerecht; das sich;
wenn
noch näher
von
haben solche
wir noch Zeit
aus), war in
Gespräche
so an
haben, führe ich das dann
Augen
Mangel an Radikalität und eine noch zu dogmatische Beziehung
zum
meinen
ein
eigenen Diskurs. Und das konnte kurz- oder
langfristig nicht ohne politische Folgen bleiben. Noch allgemeiner bedeutete das vielleicht, dass es immer 64
zu sa-
schon sinnlos war, zu hoffen, in der Kommunistischen Partei Frankreichs zu bleiben, um ihren Diskurs und
iskurs
ihr Denken
bezie-
zu
schen
Sie werden mich dazu
nblick
Fehler,
schen
munistischen Partei
xis der
sagen werde.
—
um
zu
verändern, ohne
nehmen, die im
Fragen Abstand jeglichen Dogmatismus bedrohen. von
drängen, zu sagen, dass der Grunde, darin liegt, erwas von der Komzu
erhoffen,
was
ich
aber
so
nicht
ndersM.S.
—
— Verzeihung,
Selbst wenn dem so ist
grob ausgedrückt habe geringen Einfluss hatten,
—,
usseri-
tischen
wenn
ich
es
Tatsache ist, dass sie deshalb so weil sie
vom
Apparatzerschla-
gen wurden, und nicht aus philosophischen Gründen.
degger J.D.
—
„zerschlagen“ hat, dann Partei selbst „zerschlagen“ hat
Wenn die Partei sie
deshalb, weil sich die
erlich!
und weil das Scheitern nicht bloß ein Scheitern
ber die
des Althusserianismus ist. Es ist das Scheitern der
Axio-
Kommunistischen Partei Frankreichs, der Kommunistischen Parteien im Allgemeinen. Dies ist
ent
zu
heit?“, anz?“, ? und
ich ein
e
so an
s dann
ngel an iehung
- oder Noch
immer
ein Zeichen
dafür, dass der
damalige
marxistische
Diskurs, einschließlich der von Althusser genen Bresche, nicht in der Lage war, die Zeit herrschende sozioökonomische und
geschlazu
jener
politische
analysieren und seine Praxis anhand dieser Analyse zu regulieren. Ich sage nicht, dass es anders gewesen wäre, wenn die Kommunisten Heidegger gelesen hätten. Das wäre dumm! Letztlich vielleicht gar nicht so dumm! Ich behaupte jedoch, dass ihre Konzepte nicht ausgeklügelt und differenziert genug waren, damit sich das lohnt, politisch lohnt. Und das Realität zu
65
Perspektiven erkennbar, zum Beispiel aus der Perspektive der politischen Den-
war
bereits
aus
verschiedenen
ker, der Linksstehenden, ja sogar der Revolutionären, die, in Frankreich, bereits mit der Kommunistischen Partei, dem marxistischen Diskurs oder zumindest dem „dominanten“ und dogmatischen Marxismus
gebrochen hatten. Dogmatisch nenne ich, wenn man irgendwann aufhört, sich verbietet, eine Frage zu stellen. Das ist auch ein praktische, eine politische Grenze. Das wollte ich damit sagen. „Heidegger“ allein kann niemanden vor diesem Dogmatismus bewahren. Sich jedoch (in einem „dekonstruktiven“
nietzscheanisch-heideggerianischen oder anderen Stil, und Sie wissen, dass die Dinge in dieser Hinsicht für mich sehr kompliziert sind aber es geht hier nicht —
mich) genealogische Fragen über den Ursprung dieser Konzepte, das Gewicht der Vergangenheit, die um
.
Begriffe Ideologie, Phänomen, Präsenz und Wahrheit zu stellen, macht einen gewaltigen Unterschied, signalisiert, dass man bereit ist, sich zu verändern, dass die Transformation im Gange oder möglich ich meine ist, dass diese Grenzen nicht bloß diskursive oder theoretische Grenzen waren, sie waren auch politische Grenzen. In diesem Sinne fühle ist. Aber
was
ich mich „marxistischer“ als sie. Ich sage nicht, dass die Kommunistische Partei stärker war als sie. Die Kommunistische Partei war schwächer als sie. Der Beweis? Sie
war
philosophischer
sowohl in theoretischer als auch in und
politischer
Hinsicht in
Europa
und der industrialisierten Welt ein Fiasko. Und
zu-
mindest vage war dieses Fiasko in den 1960er-Jahren
66
nnbar,
schon vorhersehbar. Für mich
war
die Kommunisti-
Den-
sche Partei schon damals in einer selbstmörderischen
nären,
gefangen. Sie konnte nur verlieren. Entweder sie schlägt einen härteren, stalinistischen Kurs ein und
schen
indest
ismus wenn
Frage tische egger“ ismus
Politik
verliert, weil sie ihre Wähler verliert und sich in Europa isoliert, oder sie schwenkt zu einem Reformismus, einem
gemäßigten
Prägung bereits
um
von
Sozialismus sozialdemokratischer
und verliert ebenfalls, weil dieses Feld
der Sozialistischen Partei besetzt ist. Das
das Dilemma, die fatale Aporie. Und der Althusserianismus forderte
war
—
das
war
das
tiven“ en Stil,
Weise
cht für
Hinsicht, damals mehr Hardliner als die Partei
r nicht
Hardliner und reformbereiter. In beiden Fällen
sprung eit, die
sie, aus den oben genannten Gründen, immer mehr und immer schneller auf der Verliererstraße,
Wahr-
schied, ndern,
Paradox
—
auch einen härteren Kurs. In
war er,
in
philosophischer
Das ist ein interessanter
gewisser
und theoretischer
Indikator,
um
-
mehr war
den Wettbe-
werb, sagen wir, zwischen Apparat und Althusseria-
öglich
verfolgen. Der Apparat hat seine Axiome (Klassenkampf, Diktatur des Proletariats und so wei-
n nicht
ter) schneller aufgegeben als der Althusserianismus.
ren,
sie
nismus
zu
Schlussendlich haben sie sie beide
aufgegeben.
Im
e fühle
Vergleich zum Apparat war der Althusser’sche Diskurs
ht, dass
auf verschiedenen Ebenen sowohl innovativer als auch
e. Die
radikaler, strikter konservativ, sowohl mehr als auch
e. Der
weniger angepasst
auch in
in seinen
Analysen
an
die aktuelle
Geschichte.
Europa
nd
zu-
M.S.
—
Unter französischen
Bedingungen?
Jahren
67
J.D.
—
Ja,
unter
französischen
Bedingungen.
Der Alt-
husserianismus war für viele Theoretiker im Ausland, insbesondere in Lateinamerika, ein Modell,
jedoch gleichzeitig
pariserisches,
ein sehr
ist
er
sehr fran-
zösisches Produkt, das ohne Kenntnis der Geschichte der Kommunistischen Partei Frankreichs und der Pariser
Theorieszene unverständlichbleibt. In gewisser
Weise
repräsentierte
er
nistischen Partei. Und
Strömung der Kommudiesem Gesichtspunkt aus
eine
von
noch selbstmörderischer als die Kommunistische Partei Frankreichs. Obwohl auf der anderen
war er
wieder weniger, weil er versuchte, ein echtes theoretisches Denken wiederzubeleben, dem Anerkennung zu zollen ist. Seite
war er es
1968 war es, zumindest für mich und wahrscheinlich auch für viele andere, offenkundig, dass die Kommunistische Partei Frankreichs (ich Schon
vor
werde nie der „Marxismus im in einem unumkehrbaren
Die Verluste
die
begannen
große Verliererin.
Commun“,
war
die
Allgemeinen“ sagen) Niedergang begriffen war,
schon
1972,
vor
zur
Logik
1968. 1968
Zeit des
dieser
war
sie
„Programme
Verwerfung
der
Kommunistischen Partei offensichtlich. Es gab zwei Möglichkeiten: Entweder sie fährt einen härteren Kurs und verliert oder sie weicht ihre Positionen
auf,
auf die Sozialistische Partei zu und macht sich damit überflüssig, außer als kleines Wählerreservoir,
geht
Die Sozialistische Partei hat die
„gemeinsame“ Arbeit
sehr gut erledigt und dabei ihren kommunistischen Verbündeten auf sehr perverse Weise marginalisiert. 1983-1984 hat sich das dann bewahrheitet.
68
r Alt-
sland, ist
er
fran-
hichte d der
wisser
mmu-
kt aus
munisderen
e,
ein
dem
Dogmatismus
Kopf von Marchais oder eines anderen beziehungsweise im Denken des politischen Apparats kein Widerspruch; dieser Widerspruch ist Dingen selbst, hätte man früher gesagt, in den Dingen und im Lauf der Geschichte weit über Frankreich hinaus. Wohin geht die europäische Industriegesellschaft? Was sind die neuen Ressourcen des Kapitalismus? und so weiter. Das sind die Fragen, die es zu analysieren galt. Und was auch in der Sowjetunion gerade passiert, bietet unter diesem Gesichtspunkt durchaus Stoff zum Nachdenken. Ich kann nicht behaupten, dass ich in den 1960er-Jahren in der Lage war, das theoretisch zu formulieren, aber in den
ich habe ganz sicher
h und
gedacht. Und das hat meine politischen Entscheidungen bestimmt. Aus diesem
undig,
Grund
s (ich
Zeit für
agen)
n war,
war
sie
amme
g
b
ist im
der
zwei
rteren
war
so
ich nicht in der Partei. Es wäre
jemanden wie Parteimitglied zu sein. links
zu
zu
dieser
mich sehr einfach gewesen, Es gab keine Alternative als
sein. Die meisten meiner Freunde
der Partei. Dass ich nicht drin
waren
in
hatte nichts mit
war,
einem, sagen wir, Klassenreflex dumme Annahme oder reaktionären Haltung zu tun. Es —
—
einer irgendwie
bedeutete
nur
das,
von
dem ich
gerade gesprochen
habe.
n auf,
—
Ich habe zwei Fragen die eine
t sich
M.S.
ervoir,
Reihe
Arbeit schen
andere ist mir gestern Seminar Notizen machte. Sie
inali-
heitet.
—
von
Fragen,
gehörte
zur ersten
die ich Ihnen
gestellt habe, und die eingefallen, als ich mir in Ihrem
hängen
zusammen,
also
stelle ich sie Ihnen auf einmal, und Sie können sie dann, wenn
Sie wollen, einzeln beantworten. Die
erste
haben
69
wir bereits
/
angespielt.
andiskutiert, und Sie haben gerade darauf sich um den Althusser’schen Slogan, Sie
wonach „die
dreht
Philosophie Klassenkampf in der
Theorie
geht mir weniger um Ihre Meinung zu dieser speziellen Formulierung eines Sachverhalts, ich möchte vielmehr auf das Problem des speziellen Verhältnisses zwischen Philosophie und politischem Handeln zurückzukehren. Philosophie als Disziplin welche politische Wirkung hat das Philosophieren? Wie interveniert man in der politischen Arena aus der Perspektive des von‘ Ihnen verfolgten philosophischen Projekts? Das ist die ist“. Es
—
Frage.
erste
Undhierdie zweite. Gestern, als ich in Ihrem Seminar saß, stellte ich mir die ganze Zeit die Frage, denn es ging
ja
um
die Politik der
Aktion
von
politische erlaubt oder gefordert
Freundschaft,
der Dekonstruktion
welche
ist. J.D. M.S.
—
—
Das ist sehr
schwierig!
Wichtige Fragen sind das immer.
Verbindung zwischen Dekonstruktion und Politik möglich ist, bedarf es einer radikalen Überarbeitung des allgemein verbreiteten Politikbegriffs. Dieser Begriff ist stark von einer
J.D.
—
Damit eine
Vielzahl traditioneller und dekonstruierbarer Philosopheme geprägt. Das „Politische“ ist selbst ein
Philosophem
—
und letztlich sehr unklar. Dekon-
struktion ist daher natürlich nie zu
70
apolitisch. Jedoch
und durch sagen, dass Dekonstruktion durch
einfach. Eine Dekonstruktion
arauf ogan,
politisch
heorie
logischer Fragen über den gesamten Diskurs, der als Rechtfertigung für das Politische gedient hat, der die politische Philosophie aufgebaut hat. Zum Beispiel
dieser
möchte
nisses
urück-
tische
t
man
s
von‘
st die
sei, wäre
ist immer
zuerst
zu
eine
Genealogie,
Freundschaft, da Sie darauf angesprochen haben, zumindest ein Versuch, diesem ist dieses Seminar über
Leitgedanken folgend die Matrix einer große Zahl von politischen Philosophemen zu rekonstruieren und sie untereinander
gegeben
zu
vernetzen.
es
ging
tische fordert
Nichts ist klar, nichts
auf diesem Gebiet, nicht mehr als in einem
anderen. Das schließt
eminar
eine Reihe genea-
jedoch
strategische Entscheidungen zu
nicht
Berechnungen zu machen und treffen oder Verantwortungen zu
aus,
übernehmen. Ich
würde sogar sagen, insofern das Wissen nicht alles im Voraus programmiert, insofern es in Bezug auf
Handlung aufschiebt und unentschlossen bleibt, insofern sich eine verantwortungsvolle Entscheidung
die
als solche nie nach einem Wissen, einer klaren und
deutlichen Gewissheit, einem theoretischen Urteil richtet, insofern es, egal ob ethische oder politische,
ekon-
Verantwortung oder Entscheidung geben kann und muss. Ich bin auch Bürger. Manchmal ergreife ich
einer
politisch-institutionelle Initiativen, um, nennen wir es so, zu „intervenieren“, Ich gehe wählen und erledige ähnliche Aktivitäten, in einem vom alten politischen
Philo-
Diskurs bestimmten Kontext. Ich stimme derzeit in
st ein
Frankreich für die Sozialisten. Das bedeutet
ekon-
nicht, dass mich die politische Philosophie der Sozialistischen Partei zufriedenstellt, und auch nicht, dass
einer
eiteten
Jedoch durch
sie
einzig und einheitlich
ist. Ich habe
jedoch
jede Menge
71
Fragen
zu
all den Worten, Sätzen und
Konzepten,
die dazu dienen, die Plattform der Sozialistischen
definieren. Man müsste daher zwischen den verschiedenen Ebenen der Analyse, Kritik, DekonPartei
/
zu
struktion, M.S.
—
Handlung
und
so
weiter unterscheiden,
Das kann ich verstehen. Aus Ihrer
Freundschaft scheint tischen Handelns
Analyse
mir jedoch eine Theorie des
der
poli-
entstehen, deren Schlüssel die Idee der Gewalt und des Kampfes wäre. Die Unvermeidlichkeit ich glaube, das ist das Wort, das Sie benutzten zu
—
—
worauf ich hinauswill. Aber vielleicht ist das zu schwierig, weil Ihr Reflexionsprozess zu dieser Frage noch nicht abgeschlossen ist. das ist
es,
J.D.— Ja, und ich habe nur an
einem
einzigen Abend
gesprochen,
einer
Heidegger-Lek-
darüber
Seminar,
im
Zuge
ganz kurz zu machen, war auf ein Denken der Demokratie ausgerichtet, eine türe. Das
zur
jedoch,
für die die gängigen Begriffe, Definition von Demokratie dienen, nicht
Demokratie die
um es
ausreichend sind. Man könnte
von
einer
Dekonst-
allgemein akzeptierten Vorstellung von Demokratie sprechen. Das ist immer sehr gefährlich. Und ist immer sehr gefährlich, sich mit Heidegger ruktion der
es
-
auseinanderzusetzen. Das ist die Gefahr, die die Althusserianer vertuscht haben. Im Denken, das
heißt, überall, dem
gibt
es
nachsehen, tisch
72
—
muss
keine wo
man
Risiken
Verantwortung.
eingehen. Man
Ohne
muss
das Denken zuweilen dem
—
dort
poli-
Schlimmsten ausgesetzt ist. Andernfalls ist
es
das Schlimmste, noch dazu mit
epten,
noch schlimmer
schen
gutem Gewissen, Was mich dabei interessiert, ist zu verstehen, wie die demokratische Idee im Westen entstanden
n den
ekon-
den,
se
s
der
poli-
e Idee idlichzten
—
ist das
Frage
—
ist, was wir davon behalten können und müssen. Deshalb verwende ich auch weiter den Ausdruck Demokratie, und die Demokratie ist für mich daher
Regierung oder der sozialen Organisation, ein System unter anderen, Sagen wir, es gibt ein Versprechen der Idee der Demokratie, nicht
nur
eine Form der
deren Determinationen, die ihr seit der Aufklärung, der Amerikanischen und Französischen Revolution, in
verschiedenen Formen
von
Demokratie
gegeben
wurden, allesamt unzureichend sind, Sie beziehen sich
war
jedoch gemäß einem einzigartigen Erinnerungsmodus darauf, den ich zu analysieren versuche und der, zu einem gewissen Grad, rechtfertigt, dass ich den alten Ausdruck beibehalte. Und trotz aller phallogozentri-
, eine egriffe,
schen Determinationen, die es dominiert haben (vor allem in der Figur des Bruders im fraternalistischen
nicht
Schema), auch den alten Ausdruck Freundschaft. Und
Abend
r-Lek-
n,
konst-
ich versuche, die Demokratie
g von hrlich. degger
teles
(aber
wir reden auch
Nietzsche, Schmitt,
—
ausgehend von Aristoüber Montaigne, Kant,
der seinerseits
ie die
über Hegel, Marx und Lenin redet paar andere, um uns hier auf
n, das
und allen
Ohne
s
—
dort
poli-
s ist
es
—
Namen
unter
anderem
Blanchot und ein zu
beschränken)
Philosophemen, politischen Philosophe-
men, wenn
Sie wollen, die dieses Denken
von
der
Demokratie geprägt haben, nach der Dekonstruktion zu denken. Der Leitgedanke der Freundschaft ist dabei sehr hilfreich, er hat Bezug zu allem. Ich
73
versuche
beispielsweise,
die nicht
Homogenität ist,
eine Gleichheit
die der
zu
denken,
Heterogenität, der
Singularität, der unendlichen Andersheit Rechnung trägt. Meiner Meinung nach ist weder das
unendlichen / /
Motiv der Gleichheit und auch nicht einmal das der
Verantwortung mit dem Begriff der Subjektivität oder der subjektiven Identität vereinbar (was ich als deresponsabilisierend erachte, in jedem Fall dazu bestimmt, die ethisch-politische Verantwortung in der Ordnung des berechenbaren Rechts zu begrenzen). Im Gegenteil, es fordert die Berücksichtigung einer gewissen Heterogenität, einer unendlichen Distanz. Das ist sehr schwer mit dem
Demokratie
gängigen Diskurs
über
vereinbaren. Das ist auch ganz und gar nicht heideggerianisch. Aber ich denke, man muss durch die Heidegger’schen Fragen durch, sie durchzu
queren und in gewisser Weise über sie hinausgehen. Das ist jedenfalls, was ich an anderer Stelle versucht
habe, insbesondere
Seminar, das ich hier nicht rekonstruieren kann. Was ich die „kommende Demokratie“
nenne,
in diesem
nicht die Zukunft der Demokra-
tie, das ist die Richtung, in die sich die Arbeit bewegt. Inwiefern ist politisches Handeln also möglich? Der Ort des Politischen ist für mich der Ort einer Ver-
handlung zwischen '
der, sagen wir, offenen Gesamtheit
präsenter oder präsentierbarer Gegebenheiten, die ich versuchen kann, einer (immer endlichen) Analyse zu unterziehen, und der „kommenden Demokratie“, die, nicht nur als regulatives Ideal, unerreichbar bleibt, sondern weil sie immer, sagen wir, die Struktur des Versprechens und Bezug zur Andersheit hat, weil sie
74
nken,
nie die identifizierbare Form der Präsenz oder der
t, der
Selbstpräsenz hat. Das Ereignis dieses Versprechens findet jedoch hier, jetzt in der Singularität eines HierJetzt statt, das ich glaube, so paradox das auch schei-
rsheit
er das
as der
tivität
ch als
zu be-
n der
nzen). einer
stanz. über
z und muss
urch-
ehen.
rsucht
zu müssen. mag, vom Wert der Präsenz trennen Alles spielt sich in diesem Paradox ab, das ich hier nen
nicht näher ausführen kann: Die Singularität ist nie präsent. Sie präsentiert sich nur, indem sie sich verliert
und sich in der Iterabilität verdoppelt, also im Zeichen was übrigens und in der Allgemeinheit oder Idealität (Bedrohung oder Chance) dann die berechnende
—
Verhandlung zwischen dem Präsentierbaren und dem Nichtpräsentierbaren, zwischen dem Subjekt und der asubjektiven Singularität, dem Recht und einer Gerechtigkeit über das Recht oder die Moral hinaus, vielleicht sogar über die Politik (wir kommen darauf zurück) hinaus, ermöglicht. Aber das Hier-Jetzt zeigt
mende
sich nicht bloß um eine Utopie handelt. Es ist eine ständige und konkrete Erneuerung des demokratischen Versprechens als Beziehung zum Anderen
mokra-
als Solchen,
h hier
ewegt. ? Der
r Ver-
an,
dass
es
Beziehung zur unendlichen Distanz, zur unberechenbaren Heterogenität und so weiter. Es handelt sich also um eine Verhandlung zwischen diesem Denken, das
mtheit
nert
n, ich ie
des Wortes
yse zu
“, die, bleibt,
ur des
weil sie
—
jedoch
an
etwas
Messianisches erin-
nicht messianisch im
gängigen
Sinne
und den präsenten Gegebenheiten der Demokratie, die unbefriedigend sind, jedoch unter
—,
gleichen Paläonymie „im des Versprechens der kommenden De-
demselben Wort, der
Gedächtnis“
mokratie bleiben und daher Schutzwehre gegen das Schlimmste sind, das was ich das Schlimmste nennen
75
würde. Mir ist heute die
Demokratie, so wie sie ist, dieses demokratische Modell, lieber als die Monarchie, die Oligarchie und so weiter, Aber es scheint mir nicht ausreichend. Es gibt Gewalt, Unterdrückung,
Konzept des berechenbaren Subjekts wie ich gerade sagte, unzureichend und
und selbst das
scheint mir, nicht demokratisch genug. An konkreten Anzeichen von Nicht-Demokratie mangelt es in „unserer“ Ge-
sellschaft nicht. Sie werden sogar immer häufiger. Das Politische ist im Augenblick für mich der Ort
Verhandlung
einer
oder eines
Kompromisses
zwi-
schen, sagen wir, dem Kräftefeld, wie es derzeit besteht und sich präsentiert (zum Beispiel die unzureichende Demokratie, die europäische Demokratie, die amerikanische und französische Spielart der Demokratie) und der „kommenden Demokratie“, Diese Verhandlung muss sich jeden Tag den verschiedenen Orten
entsprechend man
Verantwortung, die
anpassen, Die dabei übernehmen muss, ist immer neu
singulär,
Für
darf politisches Handeln heute nicht
mich kann und
dasselbe sein wie das einer anderen
Klasse,
an
irgendeinem anderen Ort,
in
einem anderen Land. Aus dieser
politisches Handeln nicht empirisch, sondern allzeit strategisch. Die Regel dieser Strategie wäre, für Sicht ist
mich, diese „kommende Demokratie“. Aber diese
Regel wie jede andere.
Regel
ist keine
ohne
Regel, sogar ohne Müssen
—
Eher ein Gesetz
im Sinne
von
„sein
müssen“, „sich präsentieren müssen“, Ein Sprung ist erforderlich, um sich von der Regel als Wissen, als Wissen, das immer auf die Objektivität einer Präsenz, eine Theorie, Logik oder Ontologie, vielleicht sogar
76
sie ist,
onar-
nt mir
kung, bjekts
ethisches, juristisches oder politisches System hin gerichtet ist, zu befreien. Als ich vorhin sagte, dass ich sozialistisch gewählt habe, ist das eine politische
ein
Geste, die ich
nur
als einen
Kompromiss
zwischen
d und
dem Kräfteverhältnis, wie ich es von dem Ort aus, an dem ich mich befinde, zum Beispiel in Frankreich,
eichen r“ Ge-
analysieren kann,
und dieser unberechenbaren Idee
ger.
der Demokratie zu rechtfertigen versuchen kann. Heute in Frankreich ist es, denke ich, besser, wenn
er Ort
die Sozialistische Partei
s
oder RPR. Nicht, dass ich damit zufrieden bin, aber ich denke, dass diese Hegemonie aus sich heraus
zwi-
besteht
hende
ameri-
kratie)
hand-
Orten
g, die
är,
Für
e nicht
Ort,
in
dieser
ondern
re, für r diese
Gesetz
n
„sein
an
der Macht ist als die UDF
Diskussion, Widerrede und schließlich die „kommende Demokratie“ offen lässt als jede andere Partei. Hier ist der Ort des politischen Handelns. Aber wenn ich, bei der schon recht
plural
ist und mehr Raum für
Gelegenheit, nicht nur sozialistisch gewählt, sondern
gutgeheißen,
auch einen Diskurs ja sogar öffentlich geschrieben hätte „Wir müssen Mitterrand wählen“, so
würde ich vielleicht schon
„Nein,
man muss
muss zu
sind,
nicht,
am
man muss
jedem Zeitpunkt von
neu
nächsten
Tag sagen:
nicht mehr.“ Das
Orten
aus,
die endlich
beurteilt werden.
Ich würde nicht einfach
behaupten,
dass das Kon-
zept der „kommenden Demokratie“ ein politisches, durch und durch politisches Konzept ist. An diesem Punkt ist es vielleicht nicht mehr eine Frage der Po-
ung ist
litik, und die
„gute“
en, als räsenz,
Politik
sich auf etwas ausrichten, das über das
t
sogar
muss
oder die
am
wenigsten schlechte
hinausgeht. Hier ist der Begriff „Politik“ Gegenstand dieser Verhandlung. Vielleicht ist
Politische selbst
77
Begriff Demokratie kein guter Begriff, bis jetzt habe ich jedoch noch keinen besseren gefunden. Aber ich hielt zum Beispiel mal einen Vortrag an der Johns-Hopkins-Universität darüber und eine Studer
dentin sagte nennen,
ist
„Aber das, was Sie Demokratie genau das, was Hannah Arendt Repuzu
mir:
Gegensatz zur Demokratie.“ Warum nicht! Der Begriff Demokratie ist mir nur in Sätzen oder Diskursen wichtig, die eine Reihe von Dingen
blik
nennt,
im
bestimmen. Ich denke, dass im diskursiven
Kontext,
der heute die Politik dominiert, die Begriffswahl in der Mehrheit der Sätze dieses Diskurses, eine, poli/
/
tisch, gute Wahl
ist
—
das
möglichst geringste Übel,
Begriff ist er jedoch nicht sakrosankt. Ich kann irgendwann auch sagen: „Nein, das ist nicht der richtige Begriff, Die Situation erlaubt beziehungs-
Als
weise
erfordert, dass
in anderen Sätzen ein anderer
Begriff verwendet wird.“ Im Augenblick ist das für mich der beste Begriff. Und die Wahl dieses Begriffs ist natürlich auch eine politische Entscheidung. Das ist eine politische Handlung. In dem, was ich sage, ist nichts Relativistisches, im Gegenteil, Eine Aktion, die nicht all diesen Singularitäten Rechnung tragen würde, wäre ein dogmatischer und verantwortungsloser Mechanismus, der die Entscheidung im Kontext einer dogmatischen Allgemeingültigkeit untergehen lässt. Würden Sie eine Parallele zwischen dieser „kommenden Demokratie“ und dem, was Marx die
M.S.
—
„klassenlose
78
Gesellschaft“ genannt hat,
in Abrede stellen?
s jetzt
nden.
an
der
Begriff Klasse unter Berücksichtigung meiner diesbezüglich gerade Grund auf überarbeitet. Im geäußerten Bedenken
J.D.
—
Warum nicht, sofern
man
den
von
kratie
Ausdruck „kommende Demokratie“ ist nicht die „Demokratie“ das Wichtige, sondern das „Kommende“,
Repu-
Ein Denken des
e Stu-
Warum
Sätzen
ingen
ntext,
ahl
in
, poli-
Übel, kann
Ereignisses,
des Kommenden also,
das ist der offene Raum, damit es das Ereignis, die Zu-kunft gibt, und damit die Ankunft die des An-
gibt
kein Kommen, kein Ereignis, das nicht die Ankunft des Heterogenen, die Ankunft des Anderen ist oder es impliziert. „Kommend“ bedeutet deren ist. Es
nicht „Zukunft“, die zukünftige Gegenwart, das, was morgen präsent und präsentierbar wäre. Es bedeutet
den offenen Raum, damit der Andere oder die
ht der
Anderen kommen. Undemokratische
hungs-
verschließen, sich dieser Ankunft des Anderen verschließen, Systeme der Homogenisierung und der vollständigen Berechenbar-
nderer
das für
egriffs g. Das
h sage,
in
erster
Linie
Systeme,
keit. Schließlich kann
Systeme
sind
die
man
über die klassische Kritik
der faschistischen, nationalsozialistischen, totalitären Gewalt im Allgemeinen sagen, dass es Systeme sind,
tragen
die das „Kommende“ verschließen und sich in der Präsentation des Präsentierbaren einschließen. Aus-
tungs-
gehend
ontext
Kommen, das
Aktion,
rgehen
von
dem,
was
ich
an
anderer Stelle über das
Ereignis, das „Komm!“
—
die diff&rance
und die Dekonstruktion der Präsenz gesagt habe, würde ich versuchen, ein Denken des Politischen zu formulieren. —
dieser
arx die
stellen?
M.S.
—
Ich würde Ihnen gerne eine konkrete Frage
die mit der
vorherigen zusammenhängt.
stellen,
Wenn ich
an
79
Politik denke, denke ich
an
diese oder jene Situation,
befinden sich strategisch in einer anderen Situation, Sie waren sehr offen und ehrlich bezüglich der Entscheidungen, die Sie für sich getroffen haben. Aber was sagen Sie, um ein Beispiel zu nehmen, zu den Sandinisten? Weil eine Einschätzung der mehr oder
weniger wie Sie,
Sie
Situation, die Sie vielleicht unterstützen, im sandinistischen Regime eine Diktatur — was es letzten Endes auch ist— sehen
würde, ein,
jeder Möglichkeit würde das
so
wie Sie
von
gerade sagten, Verschließen
„kommender Demokratie“. Ich
nicht sagen. Sie? Was halten Sie
von
den
Sandinisten? Gemäß einer ziemlich spontanen Sympathiebewegung ist klar, dass ich die Art und Weise, wie die US-Regierung sie behandelt, nicht gutheiße,
J.D.
—
Ich habe Ich will
jedoch erst
kein absolutes Vertrauen in sie.
Beweise sehen. Vielleicht ändere ich
meine Position
irgendwann.
Für eine Weile würde
ich vielleicht sagen: „Bis zu einem gewissen Punkt muss man ihnen helfen“; und irgendwann dann
vielleicht: „Sie müssen
ich
erst
bekämpft
werden.“ Da will
Beweise sehen. Hier nicht mehr als anderswo
bedeutet meine Reserve nicht eine
Entpolitisierung
Wirkung. Jede politische Frage erfordert als solche eine äußerst komplizierte, ständig neu anzupassende strategische Analyse, und ich habe mit aufschiebender
keine feststehende Antwort auf ihre
Frage.
Ich denke,
ich Amerikaner wäre, würde ich das, was ich der Politik der US-Regierung zu verstehen glau-
wenn von
be, bekämpfen, jedoch nicht unbedingt,
80
um 4
priori
ch
beklatschen, was die Sandinisten tun, die sich morgen schon als Feind entpuppen könnten, den es
nd
zu
ch
„Was halten Sie
n,
zu
g er
s-
ch
en
ch
en
alles
zu
bekämpfen gilt.
Wenn Sie mich
von
Fidel Castro?“,
gefragt so
hätten:
wäre ich in
Verlegenheit gekommen. Alles, was ich weiß, scheint nicht sehr beruhigend und auch nicht akzeptabel. Was jedoch nicht heißt, dass ich die amerikanische Politik gegenüber Castro restlos billige. Auf viele Fragen habe ich komplizierte, verlegene Antworten. Wenn ich wählen gehen muss, das heißt, wenn die Antwortmöglichkeit binär ist —jaoder nein bin ich —
mir selten sicher. Weil in Frankreich die Situation
von
e-
Grundauf relativ stabil, ziemlich klar und kaum „revolutionär“ ist, sind die nationalen Entscheidungen
ie
zurzeit recht einfach. Bei brisanten
e,
die Analyse
Fragen und wenn
de
peinlich genau und auf geopolitische wie auch lokale Probleme abgestimmt sein soll, habe ich größte Schwierigkeiten, mich zu orientieren. Die gängigen Codes der traditionellen politischen Proble-
kt
matik scheinen mir dann zunehmend unzureichend.
e.
ch
nn
Aber
bezüglich
der „sandinistischen“
Frage,
die Sie
ng
stellten, und um eine in geläufiger Sprache sofort dechiffrierbare Antwort zu geben: Der moderate und vorsichtige Standpunkt der französischen Regierung
ge dig
und Sozialistischen Partei scheint mir, in den Grenzen meiner Informationen und Reflexionen zu dem
ill
wo
be
mir
"Thema,
akzeptabel.
ch
Ich möchte Ihnen auch ein paar Fragen stellen. Was denken Sie über die sandinistische Frage? Haben Sie
u-
eine klare und einfache Position?
ke,
ori
81
M.S.
—
Meine Position ist
eindeutig, und, glaube ich,
einfach. Die Unterstützung der Contras muss natürlich eingestellt und die US-Politik zurückgewiesen welche Vorbehalte ich werden. Aber mein Gefühl ist
relativ
—
auch immer gegen diese oderjene Aktion der Sandinisten haben könnte —, dass sozialer Fortschritt in Mittelame-
einzig durch
rika
eine Art
Regionalisierung der sandi-
nistischen Revolution erreichbar ist. Alleine können sie
nicht schaffen. Auch in Guatemala und El Salvador muss es eine Revolution geben,
es
J.D.
—
O.K. Sie
sind,
wie
ich,
wie viele
andere,
im
Allgemeinen rialismus,
gegen den nordamerikanischen Impeinsbesondere in Mittel- und Südamerika.
Gut. Aber heißt das
jetzt,
dass Sie die sandinistische
jeden Preis, von Abis Z, unterstützen? Das ist die Frage, die Sie mir gestellt haben. Und auf diese Frage habe ich keine feste und endgültige Antwort,
Politik
ich
um
gebe
sie Ihnen also zurück.
respektiere alle, die sagen: „Achtung, das ist eine sehr komplexe Situation.“ Meine Antwort ist vielleicht zu einfach, aber ich will damit sagen, dass die Sandinisten jetzt angesichts der Bündelung der gegnerischen Kräfte um jeden Preis verteidigt werden müssen. Was immer sie benötigenfür den Erfolg ihrer Revolution ist gerechtfertigt. Sie sagten zuvor, dass Sie aufgrund der Art von Kritik, die an Althusser geübt wurde, ein gewisses Schweigen über ihn bewahrt haben. Ich würde in gleicher Weise ein gewisses Schweigen über M.S.
—
Ich verstehe und
bestimmte Praktiken der Sandinisten bewahren. Knickt
82
,
man
s
dest in den USA, den
n
mächtiger als in Frankreich. längere Tradition hat und
h
n
e-
ein,
trägt der antikommunistische Diskurs,
Sieg davon.
ist
Er
so
zumin-
mächtig,
viel
Wahrscheinlich weil er eine die
politische
Position der
Kommunistischen Partei in den letzten 50 Jahren hier viel schwächer war.
i-
ie
J.D.
or
wenn
—
Ich sagte bereits, wenn ich Amerikaner wäre, ich einen von der amerikanischen Situation
bestimmten Diskurs halten würde, wäre der vielleicht
„marxistischer“, auf jeden Fall
mit anderen Konnota-
m
tionen. Selbst
e-
kann,
a.
he
in der es, sagen wir, etwas wie Westeuropa gibt und eine Art Kontinent darstellt. Wenn ich amerikanischer
as
Staatsbürger
se
t,
n: ne
mit
e-
wenn
etwas
ist mein Diskurs
davon exportiert werden
von
einer Situation
geprägt,
wäre, würde ich die
Dinge, ohne dem zuvor von mir Gesagten im Prinzip widersprechen zu müssen, anders akzentuieren. Als US-Bürger sicherlich! Natürlich spreche ich nie als amerikanischer Bürger! M.S.
Das führt
—
uns
woandershin, aber warum nicht.
Gehen wir einfach. Es geht in dem Interview nicht um mich, aber ich fühle eine echte Verpflichtung es wäre —
anders,
wenn
ich in Frankreich oder einem anderen
igt olg
Iute
ass
sie hier kaum bekannt und nicht Teil des
übt
Diskurses“ sind.
westeuropäischen Land aufgewachsen
Verpflichtung,
wäre
—,
die abso-
die Marx’schen Texte zu lehren, weil
„allgemeinen
n.
ber
J.D.
ckt
ohne mich
—
Ich bin einverstanden, aber was zum
rechtfertigen
zu
wollen
—
Beispiel
—
erlaubt Ihnen
83
sagen, dass ein Diskurs wie der Meine weniger Marx lehrt als ein anderer, der Marx jeder Seite
zu
zitiert, ihn aber neutralisiert, nichts damit tut?
auf
paralysiert, jedenfalls
Die Art und Weise, wie sich der Diskurs, mit dem
beschäftigt bin,
historisch gebildet hat ein Diskurs dessen Stabilität relativ bleibt —, bedeutet für ich
—
jemanden, der ihn zu lesen versteht, dass Marx immer da ist. Und diejenigen, die meinen Diskurs über die französische Szene der 1960er-Jahre entziffern, wissen sehr wohl, dass ich mit dem Marxismus im Gespräch bin, dass ich mich beispielsweise mit dem marxistischen
Begriff der Produktion auseinandersetze. Marx
ist immer in unmittelbarer oder virtueller Weise
berücksichtigt. Es gibt traditionelle, stereotype Diskurse, die auf jeder Seite Marx zitieren, jedoch nicht
Vergessen
Lektüre von Marx anregen oder seinem Vorschub leisten, vielleicht sogar einen Überdruss zur
erzeugen. Schauen Sie, was in Osteuropa passiert, wo die kleinste Anspielung auf Marx heute einen
Wurausbruch und
Ablehnung hervorruft:
Intellektuellen will Ich habe
—
man
Unter den
nichts mehr davon hören!
mehr als viele Marxisten
—
den, vielleicht
übertriebenen, Ehrgeiz, zu einer bestimmten Lesart von Marx aufzufordern. Und die Tatsache, dass ich oder
gefragt werde „Und was ist mit Marx?“ „Ja schon, aber bei Marx steht doch irgendwo,
man
muss
immer wieder
...“, sagt
aus,
dass die Marx betreffende
Leerstelle in meinem Text in einer bestimmten Art und Weise gesetzt ist und nicht irgendeine Leerstelle ist. Sie hat nichts mit einer Unaufmerksamkeit oder
84
r
einer
e
vielmehr
s
mit dem Erbe Marx’ auf. Ich fühle wie Sie die Ver-
m
-
r
r
e
repressiven Verleugnung zu
r7zftsie
zu
einer aktiven
tun,
die sie bewirkt,
Auseinandersetzung
pflichtung, dazu beizutragen, dass Marx (und einige andere) gelesen wird, aber es gibt viele Weisen, dieser Verpflichtung nachzukommen. Nicht nur eine! Der beste Weg ist nicht unbedingt und nicht immer, Vorlesungen über Marx zu halten oder Das Kapital zu
zitieren.
n
h
-
x
e
-
ht
n
M.S.
Einverstanden. Auch
—
wenn man
sich darüber
ist, dass Marx
gelesen und gelehrt werden muss, bleibtdie Frage: Was heißt es, Marx zu lehren? Dasgebe ich zu. In diesem Punkt sind wir einer Meinung. einig
J.D.
—
Wählen wir einen anderen Blickwinkel,
kurz auf diese
Frage zu antworten.
um
Wir sind beide in
s
akademischen oder intellektuellen
t,
Wie Sie wissen, ist der traditionelle marxistische
n
großenteils akzeptiert und wird als nicht wirklich beunruhigend eingeschätzt, sodass Marx trotz allem gelehrt werden kann. Es ist nicht verboten, Marx zu lehren, es gibt keinen Krieg gegen
n
n!
ht
rt
h
?“
o,
Einrichtungen.
Diskurs
marxistische Professoren oder Personen, die Marx lehren zumindest nicht in Frankreich oder den USA. Während dekonstruktive Fragen und Praktiken, —
wenn
sie
gewissen Erfolg haben, auf viel größeren und
e
immer erbitterteren Widerstand der Institutionen
rt
und damit der dominanten intellektuellen Normativität stoßen. Ich könnte Ihnen tausend konkrete und aktuelle Beispiele, insbesondere in diesem Land,
e
er
85
von innerhalb und außerhalb des dafür nennen Hochschulbereichs. Das bedeutet vielleicht, dass die Dekonstruktion den dominanten Diskurs der —
politisch weit mehr trifft und stört, als die ruhige Anmeldung einer Marx-Vorlesung oder Marx-Lektüren in einer Hochschuleinrichtung. Institution
—
auch
Ich möchte die
Dinge
—
nicht
zu
sehr
vereinfachen,
es
gibt auch eine beruhigende Legitimation der Dekonstruktion, Was
nur
jedoch
sie interessiert mich nicht sonderlich.
in ihr
lebendig und am Werk ist,
scheint
viel intolerabler, damit meine ich, löst mehr Intoleranzreaktionen aus als der traditionelle marxistische
Diskurs, der, denke ich, Es stellt sich die
kungen M.S.
J.D.
dieser beiden Phänomene. In den USA?
—
—
weitgehend akademisiert ist. Frage nach den politischen Auswir-
In den USA und auch in Frankreich,
Nein, nicht in den USA, da bin ich anderer Meinung. Das Lehren von Marx war zwar nicht offiziell
M.S.
—
verboten, wurde in den 1950er-Jahren jedoch praktisch eliminiert. Der McCarthyismus ist Ihnen sicherlich ein
Begriff; aber ich denke Sie können nicht die globalen ideologischen Auswirkungen des ersten Jahrzehnts des Kalten Krieges auf den amerikanischen Hochschulbereich ermessen.
in
Das intellektuelle amerikanische Leben wurde
systematischer
Weise
vom
Marxismus gesäubert, viel
mehr als in Frankreich. Das ist der Eindruck, den ich habe. Das macht einen
86
großen
Unterschied,
s
s
er
d
g g.
Ich meine, dass der Diskurs der marxistischen Linken, ob in strenger oder abgemilderter Form, sehr
J.D.
—
marginal
verarbeitet,
ist. Er wird viel leichter
akzep-
tiert, institutionalisiert als eine bestimmte andere Praxis des Marxismus.
völlig Recht,
Sie haben
aber das ist
eigentlich
es
M.S.
n-
das
h.
nt
1960er-Jahren. Und was sich, so ganz wenigen Ausnahmen nicht entwickelt hat,
e-
ernsthafte Lektüre der Texte von Marx selbst.
—
Ergebnis
zwanzig Jahre,
der letzten
sagen wir seit scheint mir, mit
den
e
Sie haben Recht. Ein gewisser Discours
t.
trifft es am besten
r-
schend,
—
ist in
den USA,
ist eine
Ich denke,
gauchisant —das
wenn
nicht vorherr-
zumindest weit verbreitet.
Weniger verbreitet ist hingegen die Kenntnis oder die Beherrschung von Texten wie Das Kapital oder auch, was weiß ich, Der so
achtzehnte Brumaire. Diese Werke werden weder viel
gelesen
noch viel diskutiert.
J.D.
Der
—
Sachverhalt, den Sie beschreiben, erklärt
er
sich vielleicht teilweise
ell ch
Glauben, dass die Lektüre von Marx, so wie sie bislang praktiziert wurde, für das Verständnis der Wirtschaft,
in
modernen
Geopolitik,
en
(sozial oder nicht)
von
es
Nutzen ist. Weder
um
ch
verändern. Wäre
de
Lektüre
iel
„zu
ch
ausdrücklich
aus
dem weit verbreiteten
Literatur oder Wissenschaft
heute nicht mehr von sie
zu
verstehen noch
großem
um
sie
zu
möglich, eine neue Marxhervorzubringen, die notwendig wäre, um es
verstehen und
heute
zu
verändern“,
begrüßen.
so
würde ich dies
Wenn ich daran mitarbeiten
könnte, würde ich das ohne
jede
Reserve
tun.
Ist
es
87
übrigens sicher, dass ich es nicht schon tue? Wenn es jemand gut machen würde, wäre ich jedenfalls dabei. Derzeit passiert das jedoch nicht, und meiner Meinung nach ist das kein Zufall. Wenn Sie das
folge
ich Ihnen!
Nebenbei bemerkt bin ich schockiert,
zu
sehen, dass
sich das Blatt nach dem außerordentlichen
Erfolg des
bis in die frühen 1970erhatte der marxistische Diskurs nämlich, ins-
marxistischen Diskurs
Jahre
machen,
—
besondere in Frankreich, eine Autorität
—
dermaßen
gewendet hat, dass es fast verboten ist, als verwerflich, lächerlich oder altmodisch gilt, Marx zu zitieren. Der Verweis auf
Marx hat mittlerweile etwas „Rückschritt-
liches“, Ich sage das nicht ihretwegen, aber ich finde das wirklich schockierend und politisch gefährlich. Ich sage das bei allen Gelegenheiten öffentlich. Das Gleiche gilt für Freud, teilweise auch für Lacan. Sie sagten, dass die Stigmatisierung Marx’ und des Marxismus in den Vereinigten Staaten als „rück-
M.S.
—
schrittlich“ Ihrer ist
es
Meinung
nach kein
Zufall
war.
Das
auch in Frankreich nicht. Es könnte mit dem
Autoritätsverlust der Kommunistischen Partei
zu
tun
haben. Das wäre nachvollziehbar.
J.D.
—
Das ist sicherlich kein Zufall!
das nicht gewesen sein. Diesen Grund gab es bei uns nicht. Unter den sogenannten linken Intellektuellen ist die Meinung, dass M.S.
—
Aber in Amerika kann
die klassischen Texte
88
von
es
Marx überholt
sind, sehr stark
s
.
verbreitet. Meines Erachtens ist das aufpolitischer wie auch intellektueller Ebene gefährlich. Ich glaube nicht,
,
dass wir die Marzx’sche Problematik wirklich hinter uns gelassen haben. Nicht, dass die Texte von Marx auf
s
alles eine Antwort haben, aber wir haben noch nicht ausgelernt, Marx zu lesen.
-
s
-
Ich sage, nachzulesen in den von Ihnen zur Vorbereitung dieses Gesprächs fotokopierten Seiten,
n
dass ich mich insofern als Marxisten betrachte, als
-
J.D.
—
Meinung bin, dass der Text von Marx keine Gegebenheit ist, dass weiter daran zu arbeiten
,
ich der
r
starre
-
ist und
so
weiter.
Meinen Sie,
e
wenn
der Diskurs eines in der marxis-
.
tischen Tradition stehenden Ökonomen heute dem
s
Test, sagen wir, einer
d
k-
s
m
n
n n
ss
k
Realitäten ter
unserer
Analyse
der wirtschaftlichen
Zeit standhalten würde,
er
wei-
unterdrückt, unbekannt,
marginalisiert bleiben Ergebnis würde für sich
glaube, das selbst sprechen. Würde man, wenn ein marxistischer Literaturtheoretiker einen Diskurs hervorbringen würde? Ich
würde, der
eine bestimmte Situation
effektiv forma-
lisiert oder sogar kraftvoll transformiert, aufgrund der politischen Zensur nichts davon erfahren? Ich
glaube nicht. Ein Diskurs von dieser Art zum Beispiel Ihrer kann insofern wirklich überzeugen, als —
—
theoretische oder konzeptuelle Motive, die nicht ausschließlich marxistisch sind, integriert hat. Es ist er
nicht sicher, ob die
Notwendigkeit
oder Relevanz
Ihres Diskurses mit seinem marxistischen
Projekt
übereinstimmt. Verweise auf Marx reichen nicht
89
Gegenteil zu beweisen. Wenn nun eine theoretische Konfiguration andere Motive in
aus, um neue
das
ein bestimmtes marxistisches
ich keinerlei
sofern eben
integrieren würde,
grundsätzlichen
Einwand. „Meiner“
„meiner“ sagen kann tun versuche, integriert
man
zu
Motive, die als marxistisch
hätte
—,
also das,
was
—
ich
gewissem Maße erachtet werden können, in
die diesem Erbe, einer
Passage des Marxismus, durch den Marxismus jedenfalls erwas Wesentliches verdanken. Beispielsweise in dem Maße, wie mein Diskurs von
einer Reihe idealistischer Naivitäten befreit ist.
Aber das reicht nicht, Diskurs ist kein
sprechen von
zu
um von
einem marxistischen
können, denken Sie nicht? Es
der marxistischen Referenz dominierter
Text, aber auch kein dem Marxismus fremder oder antimarxistischer Diskurs. Außerdem werde ich mich immer
fragen, ob die Vorstellung des Marxismus von
der Selbst-Identität eines Diskurses oder
Systems,
selbst einer Wissenschaft oder marxistischen Philo-
sophie,
nicht mit dem
Marx-Ereignis grundsätzlich
unvereinbar ist. M.S.
—
Vielleicht indem
man
eine
gewisse Wegstrecke
hindurchgeht, in dem Maße, wie ich auch in der Lage bin, zum Beispiel etwas Neues über Proust zu sagen, würde ich zwangsläufig über die klassischen marxistischen Kategorien hinausgehen. Ist es das, was
durch Marx
Sie meinen?
J.D.
—
Über die traditionellen marxistischen
gorien hinauszugehen,
90
Kate-
ist vielleicht ein Gebot des
e
Marxismus selbst. Ein in sich
n
Gebot, denn
e
—
widersprüchliches
dürfte kein marxistisches Gebot geben. Dieses würde Dogmatismus entstehen lassen, es müsste dem marxistischen Diskurs fremd bleiben. es
h
e
n,
h
M.S.
Dem stimme ich
—
Vorausgesetzt in
zu.
Das
trifft zweifellos
den USA werden weiter die
von
zu!
Marx
empfohlenen Formen der intellektuellen Forschung prak-
n-
tiziert
rs
von
—
das bleibt, denke ich,
Gründen
aus
einer ganzen Reihe
wichtig.
t.
n
Es
er
er
ch
on
s,
o-
ch
weitgehend damit einverstanden. Ich halte es für politisch notwendig, der marxistischen Argumentation oder Kritik Rechnung zu tragen, sie J.D.
zu
—
Ich wäre
hören und den
Zugang dazu
niemals
zu
verschlie-
ßen, vorausgesetzt diese Kritik bleibt selbst offen und erstarrt nicht im Dogmatismus. Ich habe gelegentlich
gewisse Zerrbilder des Marxismus angekämpft, gegen Dinge, die mich nicht interessieren, weil ich sie gegen
für nicht mehr relevant halte, jedoch niemals gegen die Radikalität der marxistischen Kritik als solche.
ke
Ich insistiere auf das Wort „kritisch“ als ein Motiv der Aufklärung: Ich halte es in der Sprache und dem
ch
Projekt Marx’ für wesentlich und absolut unentbehr-
ust
lich heute
en
Bedeutung.
—
unzureichend, aber
von
entscheidender
as
e-
es
M.S.
—
Wenden wir uns einem konkreten
Text zu,
wo
Sie
Etymologismus zitieren. Meine Frage ist vielleicht feindselig, ich weiß es nicht, ich werde jedoch versuchen, sie so zu formulieren, dass es, hoffentlich, ein
Marx’ Kritik am
91
bisschen
wenigerfeindselig klingt. Inwiefern entgehen die
Verfahren,
die Sie anwenden,
dieser Kritik
am
wenn
Etymologismus,
Sie einen Text lesen,
die Marx
und anderen übt?Jemand wie Marx — oder
an
Stirner
wie Althus-
würde sagen: „Es
gibt ein Gleiten zwischen den Ebenen“, wenn Sie von der Linguistischen Beschreibung eines Phänomens zur Bedeutung dieser Beschreibung übergehen. Wir haben das bereits angesprochen und Sie haben darauf bestanden, dass es eine zentrale Frage für Sie ist. Wie entgehen Sie dieser Anklage Stirners durch
ser
—
Marx?
J.D.— Ich kann nicht sagen, dass ich dieser Kritik um
jeden
entgehe. Wer kann das behaupten? In der Tat, in der Tat und anscheinend, beschäftige ich mich mehr mit der Sprache als mit der „ökonomischen Realität“, selbst wenn ich über das Eigene (oikos) spreche, das gleichwohl durch und durch ökonomisch ist. Preis
Insofern dieser Anschein besteht, kann sich mein Text nicht hundertprozentig gegen dieses Risiko absichern,
berechtigterweise hingewiesen beschäftige mich nicht direkt mit dem,
auf das Sie
haben:
Ich
was
im
strengen und wissenschaftlichen Sinne (wenn es das gibt, unabhängig und objektiv) die „ökonomische Realität“ genannt wird. entgeht niemand
Übrigens
diesem Risiko, nicht einmal Marx.
Nun, andererseits, in der von Ihnen zitierten und vielen anderen Stellen: 1. Ich kritisiere ausdrücklich
Etymologie und den Etymologismus. 2. Ich kritisiere beziehungsweise dekonstruiere vielmehr den Logozentrismus, das heißt, die Hypostase der Sprache
die
92
ie
durch die
n,
so
er
nicht,
Reduzierung der
weiter. 3. Die
Realität auf Sprache und
Dekonstruktion, vergessen Sie das
s-
beginnt mit der Dekonstruktion des Logozentrismus und der Entwicklung eines Textbegriffs, der
en
die
ng
Seite und im Buch reduziert. auf die Graphie auf 4. Ich habe in thematischer, klarer und eindringlicher
ng
ie
„Realität“ nicht außerhalb lässt und sich nicht
der
Weise eine Kritik am
Linguistizismus, Rhetorizismus,
ür
Etymologismus
und
ch
deutet, dass ich,
wenn
m
so
weiter formuliert. Das be-
ich
vom
Eigenen rede,
schon
vorsorglich Eigenen,
sage: Es ist nicht bloß die Semantik des das Wort „eigen“ und so weiter, das mich in-
teressiert. Das wäre,
was
andere die „Realität“
nennen
ch
würden. Ich versuche, genau die Unmöglichkeit und das wiederkehrende Scheitern der Wiederaneignung
en
des
est.
der Semantik zu zeigen. Das Problem der Realität ist für mich natürlich komplizierter als auf der Seite
xt
derjenigen,
n,
zu
n:
m
differance, den notwendigen Verweis auf den ren, die Unmöglichkeit für eine Präsenz, sich
as
Selbstidentität oder Substantialität zu sammeln, dazu
he
zwingt, den Realitätseffekt in eine allgemeine Textua-
nd
lität, in einen differenziellen Prozess einzuschreiben, der sich, wieder, nicht auf Sprache und Schrift im
nd
vorwissenschaftlichen und
ch
Verständnis beschränkt. Aber ich habe mich
ri-
derer
en
Notwendigkeit geäußert,
he
auszuarbeiten.
er
Eigenen
in den Grenzen der
Sprache
oder auch
die meinen, es als Einwand vorbringen können: Genau aufgrund dessen, was durch die andein der
vorgrammatologischen an an-
Stelle ausführlich über die, ebenfalls strategische diesen
neuen
Textbegriff
93
Es ist daher genauso naiv zu denken, auf der einen Seite wären die Worte und auf der anderen Seite die
oder die Realität. Anderseits denke ich, dass Marx Stirner zu Recht kritisiert hat, sein Diskurs im-
Dinge
pliziert zumindest die Möglichkeit und das Ziel einer Wiederaneignung (Klassenkampf, Enteignung, end-
gültige Wiederaneignung dass das
Eigene
und
weiter). Er denkt,
hat, dass die
einen Sinn
die Wiederaneignung nicht Motiv der Geschichte als
so
nur
Aneignung,
möglich, sondern das
Klassenkampf selbst ist. Hier
bin ich versucht zu dekonstruieren, wie Marx selbst den Wert von Eigentum verwendet. Und diese Kritik
linguistisch, ganz im Gegenteil! Wenn man Wiederaneignung für möglich hält, bleibt man,
ist nicht
die
weiß oder nicht, ob
ob
man es
im
logozentrischen
man es
Erbe.
Dies wäre schließlich meine
jedenfalls ten
meine
will oder nicht,
Abweichung
„Kritik“
von
Marx, einem bestimman
Marxismus oder einer bestimmten Onto-Theo-
Teleologie marxistischer Inspiration. Benjamin selbst entgeht dem vielleicht nicht, trotz seiner Heterodoxie. Im Gegensatz zu Althusser meine ich, dass der
Onto-Theo-Teleologismus
bei Marx unausrottbar
ist. Althusser und die Althusserianer sagen „Marx ist Marx minus Onto-Theo-Teleologie, Marx minus
Eschatologie“,
oder
muss es
sein. Dies vollzieht sich
die nicht mehr marxistisch ist, durch einen Gewaltakt einer artifiziellen Stra-
durch eine
Operation,
tegie (gegen die ich, als solche, nichts habe warum
sollte
94
denn
Marx streng treu sein, selbst in der seiner Texte?), durch eine gewaltsame
man
Interpretation
—
en
Interpretation (es
ie
deklarieren,
ss
zu
m-
zu
wäre
jedoch
immer
besser,
sie
zu
thematisieren und in ihrer Möglichkeit
reflektieren). Das ist sehr interessant! Ich habe kein Problem damit, diesem Manöver zuzustimmen. Aber sie das tun,
g,
erübrigt es sich, weiter Marx zu zitieren oder vorzugeben, dass Marx dies sagen hätte wollen, es erübrigt sich jedenfalls, diese Referenz, unter Ausschluss aller anderen, zu privilegieren. Sie
as
könnten dieses Manöver ohne Marx oder mit
er
len anderen machen. Dann würde man zumindest sagen, dass s/e nicht Marx lehren. Man könnte ihnen
er
d-
kt,
bst ik
an
wenn
so
vie-
sagen: O.K.! Entwickelt, wenn überhaupt möglich, diesen anti-onto-theo-teleologischen Diskurs und die Dekonstruktion der
bst
Onto-Theo-Teleologie des Eigentums, des Werts des Eigenen (genau das, was ich zu tun versuche), der Eschatologie, sich dabei aber auf Marx zu berufen, ist eine mehr als problematische Operation, die besser als solche kritisch zu problematisieren wäre. Es mag vielleicht zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgrund der politischen
o-
Kräfteverhältnisse, der „Geschichte-der-Arbeiterbe-
der
wegung“, des „Klassenkampfes“ und so weiter wichtig gewesen sein, sich auf Marx zu beziehen, vorzugeben sich vorwiegend oder ausschließlich auf Marx oder Marx-Lenin zu beziehen, obwohl man Dinge sagt,
n,
ht,
x, m-
o-
ar
rx
us
ra-
die Marx und Lenin nie gesagt haben oder nie gesagt haben hätten können. Vielleicht war es notwendig. Ich weiß es nicht! Vielleicht war es zu einem gewissen
nn
Zeitpunkt notwendig, „ja“
ch ch
der
me
zu
Marx
zu
sagen, die
abzuschwächen, zu verschärfen oder zu verbiegen, um der „Sache“ zu dienen.
Deutung
seiner Schriften
95
derjenigen, die das Motiv des Eigenen oder die Idee einer endgültigen Wiederaneignung der Der Diskurs
Produktionsmittel durch das Proletariat und so weiter dekonstruieren würden, wäre jedoch nicht mehr
xistisch oder würde
nur
mehr
metonymisch
mar-
und
aus
strategischer Konvention marxistisch genannt. Eine konsequente Dekonstruktion des Eigentums dürfte übrigens aus der Referenz auf einen Diskurs, ein Werk oder einen
Eigennamen
keine dominante Referenz,
hegemonische oder ausschließliche Referenz mehr machen. Die undogmatischen Marxisten wissen das. politischen Folgen einer solchen sakralisierenden Kapitalisierung eines Eigennamens Sie wissen,
was
die
sind. Ich verstehe. Was Sie davor eigentlich gesagt haben, ist: „Niemand kann dieser Kritik ganz entgehen,
M.S.
—
auch nicht Marx.“ Und Sie haben sicherlich Recht. Dies
führt
uns zu
einer meiner früheren
Fragen
zurück, Es
ist wieder eine methodische
Frage zu einer der Stellen über die Lektüre, die ich für Sie aus Grammatologie herauskopiert habe. Wie Sie wissen, ist es eine oft zitierte
Stelle, und
wenn
darin schon keine
Lektüreprotokolle
definiert sind, so kommt es dem zumindest sehr nahe. Es geht zumindest in diese Richtung. Sagen wir, dass Sie so vorgehen, um einen Text zu lesen. Wenn ich mich recht erinnere, heißt das Kapitel auf und -methoden
Französisch auch
„Question de methode“
—
eine klare
Anspielung aufSartre. Wenn
rig, das,
96
man Althusser was er
und dann Sie liest, ist es schwie-
„symptomatische
Lektüre“ nennt, und
en
er
er
r-
us
ne
te
rk
z,
hr
diese Art Lektüremethode, die Sie betreiben oder schlagen, auseinanderzuhalten. Ich denke,
vor-
für Althusser
sofern „Methode“ auch so etwas wie Heuristik einschließen würde, in dem Sinne, wie Aristoteles die Rhetorik für methodisierbar hielt. Es ist keine Wissenschaft, was aber nicht bedeutet, dass alles nur x-beliebig ist. Es gibt Protokolle. Vielleicht könnten Sie im Zusammenhang mit Ihrer eigenen Praxis darauf eingehen. Wenn Sie einen Text lesen, gehen Sie, denke ich, systematisch vor, in einer ist
es
eine Art Methode,
as.
Art und Weise, die,
en
wie
ns
keit mit früheren Lektüren anderer Texte aufweist. Sie sprechen vielleicht nur ungern darüber, aber ich bin
Wittgenstein
neugierig,
was
es
wenn
sie nicht identisch ist, eine,
ausgedrückt hat,
Familienähnlich-
Sie dazu sagen. Um
es
prägnant und
agt
einfach aufden Punkt zu bringen (was wahrscheinlich
en,
am
liegt): Ist die Dekonstruktion, so sie praktizieren (soweit sie praktizierbar ist),
weitesten daneben
es
wie Sie
Es
eine Lektüremethode im weiteren
en
gie
Sinne, wie von mir vorgeschlagen? Ist sie eine Methode, den Text zu inter-
pretieren,
wieder zu aktivieren und umzugestalten?
rte
lle
J.D.
u-
antworten
ng.
en.
—
Das ist eine
Frage,
die
man
nicht seriös be-
kann, ohne den Begriff der Methode und folglich auch den der Bahn (voze), des Weges
auf
(chemin) und des Zur-Methode-Werdens des Weges (von Parmenides bis Hegel und darüber hinaus) von
are
Grund auf zu überdenken. Ich habe
ie-
le versucht,
Heidegger
so etwas
an
vorzuschlagen,
anderer Stel-
mit und ohne
...
nd
7
M.S.
—
Ist die
mir
von
vorgeschlagene Umformulierung
für Sie annehmbar? J.D.
—
Wenn Sie
statt
Methode, Heuristik und „Fa-
milienähnlichkeit“ sagen, der
de
so
hat schon der
Begriff
„Familienähnlichkeit“ eine absolut verheerenWirkung. Hier schwingt mit, dass es nichts als
Differenzen
Die Art und Weise,
gibt.
Ähnlichkeiten bilden oder stabilisieren
wie
ist
sich die
relativ, vor-
.
,
übergehend, prekär; allen singulären Vorkommnissen Rechnung getragen werden. Ich weiß natürlich, dass sich gewisse Dinge überlappen. Aber die „Regeln“ muss
Überlappungen sind keine allgemeinen, von außen anwendbaren Regeln. Es ist eine relative Allgemeingültigkeit, die jedes Mal versucht, sich die Singularität eines Textes, eines Falls, eines Problems, dieser
an
einer
Singularität
anzupassen. Sie sagen: „Wenn die
Verfahren der Dekonstruktion möglich, praktizierbar sind.“ Ich bin jedoch nicht sicher, ob die Dekonstruktion
möglich,
im Bereich des
Möglichen
ist. Ich
habe mich, insbesondere in Memoires und Psyche, ausführlich mit dieser Frage der Möglichkeit, mit der
Erfahrung des Unmöglichen und so weiter beschäftigt. Dekonstruktion ist nicht „möglich“, wenn „mögDekonstruktion als eine
lich“ bedeutet, dass dies wie ein technisches Instrument
funktioniert oder einem
Dekonstruktion
Programm folgt. ist eine Auseinandersetzung mit dem
Unmöglichen, eine Erfahrung des Unmöglichen. Insofern man übrigens mehr und etwas anderes tut, als die Notwendigkeit und die Möglichkeiten eines 98
ng
iff
Programms zu entwickeln, geschieht etwas und eine Verantwortung, eine Entscheidung, eine Handlung findet statt: Genau da, wo sich die Grenze des Möglichen abzeichnet. Dekonstruktion ist nicht möglich in dem Sinne, dass jemand, eine Gruppe, ein Diskurs
n-
oder eine Institution eine Methode beherrscht oder
a-
anwendet,
ls
eine Technik
ie
lassen. Es dekonstruiert sich
r-
gesehen
n
bestimmten
h,
diskursiver
n“
„Dekonstruktion“
on
das,
ist
was
man
Zeitpunkt Regeln im
um
etwas
(fa
se
geschehen
zu
deconstruit). So
im Sinne einer
zu
relativ kohärenten
einem
Gruppe
abendländischen Diskurs
nennt
nur
ein
Symptom:
ein
Effekt des Am-Werk-Seins der Dekonstruktion, in
l-
dem,
ie
s,
politischen zwei Weltkriege,
ie
der technisch-ökonomisch-wissenschaftliche und
ar
militärische Wandel und
Geschichte (die Gesamtheit der geoErdbeben, die Revolution von 1917, die
was man
die
Psychoanalyse, so
weiter)
die Dritte Welt,
nennen
würde. All
st-
das, diese offene und nicht-selbstidentische Toralität
ch
der Welt, das ist Dekonstruktion. Es ist eine Dekon-
e,
struktion rn
er
en
Rückgriff auf die Theorie der Widerspiegelung oder der ldeologie, und sei sie auch extrem ausgefeilt, wieder zurück ins Spiel bringen, um dieses Verhältnis
g-
zwischen diesen „realen“ Dekonstruktionen und dem
n-
so
gt.
actıc
oder am Werk. Und
man
müsste
dies
ohne
benannten, scheinbar akademischen Diskurs, der
übrigens
ut,
beziehungsweise es niemals war, wie man zuweilen glauben oder glauben lassen wollte. Dekonstruktion geschieht (g@ arrive), und sie ge-
es
schah bereits im Diskurs Platons: In anderer Form,
m
n.
nicht mehr
so
akademisch ist
99
mit anderen Worten und eine
so
Nicht-Entsprechung,
weiter, aber es
gab bereits
gewisse Unfähigkeit
eine
dekonstruktiver Natur, sich abzuschließen, sich zu formen, sich zu formalisieren. Wenn sie also immer
1
schon überall, insbesondere in den |
phischen Diskursen, dann heute, sich
am
Werk
großen philoso-
war, warum
sucht sie
formalisieren, zu thematisieren und auch zu benennen, ohne es jedoch zustande zu bringen? Ich glaube nicht, dass die Dekonstruktion formalisierbar ist. „Dies“ versucht, sich zu formalisieren, sich zu thematisieren, sich bei diesem Namen
; ;
:
zu
Eine gute Frage wäre also: Warum nimmt es heute diese Form und diesen Namen und so weiter an? nennen.
Nun, in
was
erster
worten,
ich Dekonstruktion
Linie ein
nennen
möchte,
Versuch, auf diese Frage
zu
wäre ant-
oder vielmehr sie als
vielleicht über die
Frage auszuarbeiten, um Ausarbeitung einer Frage hinaus
den Annahmen vorzustoßen auf denen eine solche Problematik beruht, bis hin zum Problematischen
zu ;
und
Fraglichen
im
Allgemeinen. Was geht heute vor
sich, das bewirkt, dass die „Dekonstruktion“ unter diesem Namen ein Thema wird? Was ist „heute“? Im Grunde ist es die Reflexion, die mich interessiert, die sich scheinbar nicht
abgrenzen
lässt. Was mich
interessiert, das heißt, was mich vor der eigentlichen Frage und darüber hinaus beschäftigt, ist nicht der
Erfolg
einer
Methode,
eines machtvollen
Untersuchung
oder
Diskurses. Vielmehr versuche
ich,
darüber nachzudenken,
Denken, als Denken, als
einer
was
da
geschieht,
mit dem
geschieht, das hier alles andere eine subjektive, spekulative, theoretische Vorstel-
100
s
t
u
r
-
lung oder ein philosophisch-akademischer Diskurs ist. Warum ist es nicht nur so, dass wir heute so sprechen, warum schaffen wir es zudem nicht, uns dieser Fragen und dieser Motive zu entledigen? Warum können wir,
e
einigen Jahrzehnten jetzt, nur erklären, damit abgeschlossen zu haben, dass es überholt sei, wie um
n
in einer Art animistischen
u
n
-
n
s
?
e
-
m
seit
liche zu
Notwendigkeit
Verleugnung
dieser dekonstruktiven
die Unmöglichkeit zumindest ebenso sehr wie die Möglichkeit. Ist die Politik oder das Politische nicht auch dieses Engagement gegenüber der Ohnmacht? Vorhin habe ich
von
der
Öffnung für dasEreignis,
das Kommen des Anderen und so weiter gesprochen, das ist auch eine Erfahrung des Unmöglichen. Die
einzige
und wirkliche
Herausforderung
Denken ist nicht denken,
e
dern
n
Und eine Demokratie, in der
r
m
t,
h
n
er
er
h,
m
e
l-
Fragen
bannen? Mich interessiert auch diese Ohnmacht,
s
r
die beharr-
geht
von
dem
was
aus, was
wir
tun
wir nicht man
zu
denken.
können, tun
son-
können.
denkt, dass alles
möglich
ist, die Demokratie existiert und so weiter, ist bereits beendet. Demokratie ist für mich, wenn
Aphorismus gestattet ist, die politische Erfahrung des Unmöglichen, die politische Erfahrung der Öffnung zum Anderen als Möglichkeit des Unmöglichen. Das Ereignis geschieht nur in Gestalt des Unmöglichen. Wenn ein Ereignis, eineWirkung, irgendetwas für möglich gehalten wird, so hat man die Ereignishaftigkeit des Ereignisses bereits unter Kontrolle gebracht, antizipiert, vorverstanden und reduziert. Das Verhältnis zum Ereignis wie auch zum Anderen, das heißt ein nicht-leere (also mögliche) mir ein
101
Erfahrung
der
Unmöglichkeit,
das ist vielleicht eine
(kaum vorstellbare, nicht darstellbare) Figur der Dekonstruktion. Sie kann viele andere diskursive
/
annehmen, der „lebendigste“ Aspekt der Dekonstruktion, ihre eigentliche Ressource, ist für
Formen
/
jedoch
singuläre Erfahrung. Ich misstraue jedoch den von mir gerade gebrauchten Formulierungen. Für sich genommen, isoliert, ohne weitere Kontextualisierung, ohne flankierenden Diskurs und weitere Vorkehrungen können sie politisch sehr gefährlich werden und durch genau das mich
/
| : |
diese
Schaden nehmen,
;
gälte:
|
; ;
„Öffnung
es
zum
vielmehr
zu
vermeiden
Anderen“ ist bereits
zu
moralisierenden, fast
unerträglichen Klischee geworden, die „Möglichkeit des Unmöglichen“, die „unmögliche Möglichkeit“ ist nicht sehr weit von den Formeln entfernt, mit denen Heidegger das Sein zum einem
;
Die
was
Tode definiert. Ich möchte mich nicht gegen die Ethik der Öffnung zum Anderen und auch nicht gegen die
Analytik des Daseins* als Sein zum Tode (hier übrigens in sehr bezeichnender Weise mit dem anderen und dem Tod in Verbindung stehend) stellen, würde aber auch nicht wollen, dass das, was ich gerade über das Unmögliche und den Anderen gesagt habe, einfach mit den angesprochenen Diskursen gleichgesetzt wird. Eine ganze Reihe von Vorkehrungen, die notwendig sind, um diese Vermengungen zu vermeiden, und zum Teil auch politisch wären, spare ich mir mangels Zeit, Platz und passender Gelegenheit auf. existentiale
Wer Interesse daran hat, wird, denke ich, das
und die
102
Entwicklung
in
einigen
meiner
Prinzip
Texte,
zum
e
r
e
Beispiel
in denen über
Heidegger
und Levinas, fin-
den können. Ich würde auch noch andere Protokolle
hinzufügen.
Die Themen des
Unmöglichen
und des
r
Unberechenbaren können schlimmstens missbraucht
r
werden, wenn sie nicht umsichtig verknüpft werden,
-
behaupten wage, das Zusammenspiel mit der Berechnung, dem Möglichen, dem
,
Messbaren, dem Homogenen und
n
s
wenn
man,
wie ich
berechnet. Man
zu
muss
so
weiter nicht
auch in der Demokratie Kon-
trolle ausüben und rechnen,
es muss
Abstimmungen
e
Subjekte und Rechtssubjekte, Mehrheiten, bestimmbare Gesetzmäßigkeiten und so weiter geben eine ständig unabdingbare Aushandlung zwischen der singulären Öffnung zum Unmöglichen, die es zu bewahren gilt, und der Me-
n
thode, dem Recht, der Technik, der demokratischen
n
u
e
und daher identifizierbare
—
k
Berechnung, zwischen der kommenden Demokratie und der beschränkten Gegenwart der demokratischen
e
Realität. Das Gesetz der /terabilität, das ich vorhin
e
angesprochen habe, hier jedoch nicht näher erklären kann (siehe „Signatur Ereignis Kontext“ und Limited Inc.), ist hier maßgeblich, um Möglichkeit, Chance und Risiken einer solchen Aushandlung zwischen der Singularität und dem Begriff zu definieren. Diese Aushandlung ist unabdingbar, sie berücksichtigt die Regeln, „in letzter Instanz“ (jawohl!) ist sie jedoch ohne Regel und ohne garantierte Trennschärfe.
m
m
n,
e
e,
e-
e
i-
ir
f.
M.S.
—
Genau,
p
m
J.D.
—
Vielleicht ist das Politik!
103
Auf das,
Sie vorhin sagten das ist das Argument Lenins und auch das, was Althusser von Lenin aufgegriffen hat wollte ich sagen, dass es Wissenschaft M.S.
—
was
—
—
geben
muss,
um
diese
quasi unrealisierbare und
revo-
Lutionäre „kommende Demokratie“ zu verwirklichen.
J.D.
—
Absolut.
Berechnung über das Mögliche zu einem beliebigen Zeitpunkt bringt dann das Unberechenbare ins Spiel, M.S.
—
Eine rationale
:
J.D. Jeden Tag gilt es, zu verändern, einen Weg zu finden, zu versuchen, ohne Regeln einen Weg zwi—
; ;
schen dem Unberechenbaren und dem Berechenbaren
;
zu
errechnen. Das,
was
ich die
Aushandlung
verhandelt nicht nur das Verhandelbare, ;
auf tragische
Art und Weise, weil
fatal ist (was
es
es
es
nenne,
verhandelt
schrecklich und
auf andere Weise aber mindestens
ebenso sehr wäre),
verhandelt das Nichtverhandelbare. Diese Aushandlung ist alles andere als eine es
Absicherung. Sie schreitet, nachdem alle Möglichkeiten der Berechnung und damit der Wissenschaft erschöpft sind, ohne Absicherung voran. Position oder
Noch ganz schnell eine Frage. Das wird wohl die letzte sein. Ich weifß, dass der philosophische Diskurs, M.S.
—
philosophischer Texte und die Tätigkeit, mit der wir uns im Allgemeinen beschäftigen, für Sie wichtige Eingriffe in das heutige Leben darstellen. Ich möchte Ihnen dazu folgende Frage stellen: In welcher
die Lektüre
104
-
n
ft
-
Weise, denken Sie,
greift der theoretische Diskurs in das
politische Leben ein? Vorhin sagten Sie, dass der Niedergang des Marxismus in Frankreich zum Teil darauf zurückzuführen wäre, dass die Althusserianer aufhalbem Weg stehengeblieben wären. Sie haben es nicht genau so gesagt, aber mitklingen lassen, dass es anders gekommen wäre, wenn sie weitergedacht und nicht einfach einen Strich gezogen hätten.
e
-
u
-
n
,
J.D.
—
Ich bin noch
ken. Sie (diese dem Ort,
wo
zu
sehr Marxist,
„Subjekte“)
um
das
zu
den-
konnten zu dieser Zeit,
sie waren, und
folglich diejenigen,
an
die
(angerufen und situiert) nicht anders denken und handeln, weil die allgemeine Situation der Ort, es ihnen nicht erlaubte. wo sie eingeschrieben waren Pech gehabt. sie
waren
—
—
lt
d
M.S.
s
daran arbeitet, theoretische Diskurse hervorzubringen, will man damit auch ausdrücken, dass der theoretische
-
e
m
er
n.
hl
,
t,
e
h
er
—
Das würde ich auch sagen, aber
wenn
man
Diskurs eine Rolle spielt. Die Frage ist gerade: welche? Welches Gewicht hat der theoretische Diskurs im aktuellen politischen Leben von Ländern wie Frankreich
und den USA?
J.D.
—
Ein minimales. Ich habe nie
gehofft (auf keinen
Fall
gedacht
oder
gehofft!),
dass eine dekonstruktive Praxis (als solche) das ganz Feld besetzen und darin eine beherrschende Stellung einnehmen würde, um so
die Geschicke einer Partei
schweige denn sonst etwas.
zu
verändern, ge-
Es ist absolut
notwendig,
105
dass andere Praxisformen
—
ob wissenschaftlich oder
nicht —weiter betrieben werden. Die Vorstellung, dass ein dekonstruktiver Diskurs die Kontrolle über andere diskursive oder nichtdiskursive Praktiken ausüben oder sie ersetzen würde, ist eine Art Verrücktheit oder
Farce, die mich nicht im geringsten interessiert. Der Grund, der Antrieb oder der Stachel der Dekonstruktion ist zweifellos notwendig und dort am Werk, wo
(heute auf zahlreichen weder literarischen noch philosophischen Gebieten), man es am
wenigsten
erwartet
jedoch an die Stelle von etwas zu treten oder irgendetwas zu ersetzen. Die Auswirkungen des theoretischen Diskurses auf die politische Realität im Allgemeinen können heute nicht in gleicher Weise analysiert werden, wie es im 19. Jahrhundert oder auch noch vor dem Zweiten Weltkrieg der Fall war. ohne
;
;
/
Diesbezüglich ist alles kritisch zu beleuchten. Eine entwickelte kapitalistische Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass der Bildungs-, Forschungs- und Informationsbereich (Hochschulen und Forschungsinstitute) direkt oder indirekt das ganze soziale Netz erfasst, Die Zirkulation von Sprache und Ideen erfolgt auf ganz anderen Bahnen. Und paradoxerweise ist der sogenannte theoretische Diskurs, ich würde sage, nicht „einflussreicher“, sondern in besserem Kontakt mit den
Entscheidungszentren und sowohl durchlässiger als auch durchdringender, Er kommuniziert über neue,
Wege
diversifiziertere und stärker überdeterminierte
„allgemeinen“ Diskurs schaft, der „öffentlichen Meinung“, dem
Diskurs der
Politiker sowie dem militärischen und
juristischen
106
mit dem
der Gesell-
er
Diskurs. Man sollte daher nicht unterschätzen,
ss
Orten
e
passiert,
wo
dieser Diskurs als
zu
was an
kompliziert
er
anspruchsvoll erscheint. Einerseits ist er aufgrund einer Massenmediatisierung, die immer stärker homogenisiert und damit vereinfacht und zensiert,
er
sicherlich schwerer
k-
„privater“
n
und
o
auch
n
lung,
zu
als früher. Aber
von so etwas
abgekapselter und umgekehrt profitiert er
entziffern,
wie einer zunehmenden Veräste-
),
die natürlich auch viel Verlust mit sich bringt, insgesamt jedoch wahrscheinlich mehr Kommunika-
er
tion als
m
bedeutet. Man muss die Analysen an diese Paradoxien anpassen und das Modell oder die Modelle von „Basis/Überbau“, die Figur des Intel-
se
lektuellen, die Beziehungen zwischen Hochschule,
er
außeruniversitären
e-
r.
ne
dem
zuvor
Forschungseinrichtungen
und
gesellschaftspolitischen Raum und damit so viele
andere
Dinge wieder
thematisieren.
ch
nd
s-
tz
möchte ichzweierlei sagen. Ich denke, ist richtig. Und dass es ein Fehler ist, die
M.S.— Nun, dazu
Sie sagen, Wirkung des theoretischen Diskurses
was
zu
unterschätzen.
gt
kt
Wirkung nicht im Sinne von Ursache und Wirkung, nicht in dem Sinne, dass der theoretische Diskurs die Ursache von Wirkungen wäre, die er ganz
s-
allein,
er
würde. Der kausale
te
terminiert, um sagen zu können: „Dieses, das dies ist und mit sich selbst identisch ist, hat viele oder wenige Wirkungen (d. h. dieses oder jenes, das mit sich selbst
st
e,
ll-
er
en
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selbst, als Ursache oder
sui erzeugen ist zu überde-
causa
Zusammenhang
identisch ist) auf dieses oder jenes und
so
weiter.“
107
Beispiel zum Abschluss. Ich musste laut lachen, als ich zweimal in der Presse gelesen habe, dass Allan Bloom, der Autor von 7he Closing of the Ein kleines
American Mind Foucault und mich, insbesondere im Wall Street Journal, namentlich eine ganze Reihe
Staaten schief
von
liefen,
Dingen, die wie
beschuldigte,
Vereinigten Niederlage von
in den
B. die
z.
für
Richter Bork und destabilisierende Diskussionen über die „ursprüngliche Absicht“ der Verfassung verantwortlich zu sein. Nachdem ich ausgelacht
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geschätzt
hatte, sage ich
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und die
Lage
ein-
Natürlich, weder Foucault noch sonst wer oder „die“ Dekonstruktion sind dafür verantwortlich, dass all diese Fragen über
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die
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diese Dimension
‚ursprüngliche Absicht‘
mir:
zurzeit der
Anhörungen
angenommen und zu diesen Schlussfolgerungen geführt haben. Wir haben diese Fragen sicherlich nicht hervorgebracht, sondern
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allgemeine Dekonstruktion, in der gefragt wird: „Was ist die ‚ursprüngliche‘ Absicht? Welche eine
Axiomatik ;
:
gewährleistet ihre
Autorität? Welchen
Interessen dient diese Axiomatik? Was ist der Sinn der Verfassung?“ Dies sind nicht die Auswirkungen
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theoretischen Diskurses, sondern theoretische, theoretisch-politische Ereignisse, die eintreten und nicht ohne Bezug zu den Arbeiten sein können, für
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die
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anderen Foucault und ich und deren Bedeutung, in nicht unter
uns
interessieren
zufälliger
Weise, so ist: Arbeiten über
vielen Leuten bewusst geworden die Intentionalität, das Bedeuten (vouloir-dire), Sinn und Signifikation, den des Autors, die Theorie
Begriff
108
.
Sprn der Grenzen vehakt e n von [heoreti s i e rung und Diese Ar theoretischen A Zufälle SE Ursachen, aber auch keine iso an Begleiterscheinungen. Zwischen den Verfassung die batten über „ursprünglicheAbsicht d ne direkten und indirekten Folgen hr bestimmten Stand der genealogisch-de KONSETUKLIV besteht eine Forschung ECWISSC konfigurative Demer Schuld Zu hung. behaupten, das waredie dumm, Hacan oder „der“ Dekonstruktion, und die
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Anmerkungen
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des Übesetzers
nachgestellter Asteriskus (*) bedeutet durchgehend: im Original auf Deutsch. Ein im Text
1
Jacques DERRIDA,
Le Probleme de Ia genöse dans la philosophie de
Huüsserl, Paris: PUF 1990 (Dt.: Das Problem der Genese in Husserls Philosophie, aus dem Französischen von Johannes KLEINBECK, Zürich:
2
Diaphanes 2013).
Jacques DERRIDA, „Fines hominis“,
Cerisy-la-Salle,
Paris: Galilge 1981
dem Französischen 3
von
in: Actes d’un
colloque
(Dt.: „Fines hominis“,
Henriette BEESE, in:
Randgänge,
de
aus
Wien:
Passagen Verlag 1988, S. 133-158). Galilge Jacques DERRIDA, Points de Suspension. Entretiens, Paris: 1992 (Dt.: Auslassungspunkte. Gespräche, aus dem Französischen Wien: Passagen von Karin SCHREINER und Dirk WEISSMANN,
Verlag 1998).
;
111