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German Pages [330] Year 2010
Sebastian Werr
Politik mit sinnlichen Mitteln
Sebastian Werr
Politik mit sinnlichen Mitteln Oper und Fest am Münchner Hof (1680–1745)
2010 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN
Gedruckt mit Unterstützung der Fritz Thyssen Stiftung, Köln
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Umschlagabbildung: »Allegorie auf die Krönung Karl Albrechts als Karl VII.«; aus: Vollständiges Diarium von den merckwürdigsten Begebenheiten, die sich vor, in und nach der Höchst-beglückten Wahl und Krönung Karls des VII. zugetragen, 2 Bände, Frankfurt am Main 1742 (Foto: Staatliche Bibliothek Regensburg)
© 2010 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau.de Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Satz: Uwe Steffen, München Druck und Bindung: Strauss GmbH, Mörlenbach Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-412-20557-7
Inhalt
Einleitung
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Repräsentation Sichtbare Macht Zielgruppen Ästhetisierung Theater und Theatralität Klangstrategien Hierarchie Kult
15 21 27 30 35 39 44
Akteure Herrscher Komponisten Librettisten Sänger Instrumentalisten
51 62 71 77 89
Themen Didaktische Absicht Allegorien Gegenwart als Fortsetzung der Antike Anreize Warnungen
97 106 114 121 131
Formen Europäische Standards Oper Turnierspiel Kantaten
147 161 171 186
Feste Befestigung der sozialen Ordnung 1680: Ein Herrscher antiker Größe
191 197
6
Inhalt
1686: Inszenierung mystischer Vergangenheit 1690: Retter der Christenheit 1722: Strategien des Staunenmachens 1727: Allmähliche Entmythologisierung 1742: Widersprüche von Schein und Realität Ausblick
208 225 233 249 257 268
Anhang Aufführungen am Münchner Hof
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Bibliografie Quellen Zitierte Literatur
Register
297 304 321
Einleitung
Bayern als Großmacht – der Gedanke scheint heute vermessen. Im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert war jedoch genau dies das oberste Ziel der bayerischen Politik. 1742 wurde Kurfürst Karl Albrecht tatsächlich als Karl VII. zum Kaiser gekrönt, aber bereits nach drei Jahren endete mit seinem Tod die kurze Kaiserschaft der Wittelsbacher. Die Ressourcen Bayerns hatten nicht ausgereicht, den politischen Erfolg auch militärisch durchzusetzen, denn das Land war zu dieser Zeit gekennzeichnet durch eine vernachlässigte Verwaltung, bedrückt von einer ungeheuerlichen Schuldenlast und ausgestattet mit einer wenig bedrohlichen Armee, über deren Oberbefehlshaber Ignaz Felix Graf von Törring-Jettenbach die Zeitgenossen spotteten, er sei wie eine Pauke: Man höre von ihm nur, wenn er geschlagen werde. Ein Grund für die mangelnde Effizienz des Staates Bayerns war, dass alle verfügbaren Ressourcen in eine Art »Wettrüsten« mit den konkurrierenden Dynastien gesteckt wurden. Der durch die politischen Ziele motivierte Versuch des Überbietens der anderen Höfe artikulierte sich dabei jedoch nicht primär auf dem militärischen Sektor, sondern vor allem in kulturellen Aktivitäten wie prächtigen Festen und Theateraufführungen. Dass die Künste seit jeher immer wieder für politische Interessen in Anspruch genommen werden, wenn sie nicht gar diesen überhaupt ihre Existenz verdanken, ist seit Langem bekannt. Seit dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts, als, angeregt von Norbert Elias’ 1969 erschienener Studie Die höfische Gesellschaft, eine breite Forschungstätigkeit einsetzte, die eingehend die Mechanismen der Hofkultur zur Steuerung der Untertanen beleuchtete, muss die Erkenntnis, dass absolutistische Politik sich auch der Künste bediente, fast als ein Gemeinplatz gelten. 1 Danach sollte die Selbstdarstellung des Herrschers seine Größe und Macht sinnfällig machen; Kunstwerke sind aus dieser Perspektive vor allem als »Auftragskunst im Dienste politischer Zwecke« 2 anzusehen. Jedoch muss für die Musikwissenschaft konstatiert werden, dass Forschungsanstrengungen, die 1
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In verschiedenen Disziplinen wurden in den letzten Jahren Arbeiten vorgelegt, die die Kunst in die zeremoniellen und sozialen Zusammenhänge des frühneuzeitlichen Hofes einordnen und die Anknüpfungspunkte für diese Monografie boten. Aus der Fülle an Schriften seien hier besonders genannt: Bauer 1993; Berns 1984; Berns 2006; Daniel 1995; Gestrich 1994; Gestrich 1995; Jahn 2002; Jahn 2005; Kruedener 1973; Matsche 1981; Rahn 1993; Rahn 2006, Straub 1969. Kruedener 1973, S. 21.
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über die allgemeine und daher noch nicht sonderlich aussagekräftige Feststellung hinausgehen, dass die höfische Oper der »Repräsentation« gedient habe, noch am Anfang stehen. Eine wachsende Zahl an Publikationen zu diesem Themenbereich zeigt aber, dass die Problematik inzwischen als solche erkannt wurde. 3 Als ausgesprochen defizitär muss auch die bisherige wissenschaftliche Aufarbeitung der Musiktheatergeschichte des bayerischen Hofes bezeichnet werden, wobei die wenige Sekundärliteratur überwiegend noch aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert stammt. Die Ausführungen zum hier untersuchten Repertoire in den wenigen Gesamtdarstellungen zur Münchner Operngeschichte paraphrasieren meist lediglich den knappen Abriss, den Franz Rudhart bereits 1865 als ersten Teil einer unvollendeten Geschichte der Hofoper veröffentlichte. 4 Gleichfalls überschaubar sind die auf Teilbereiche der Hofmusik fokussierten Arbeiten, in denen in Bayern wirkende Komponisten, 5 das Ballett, 6 das Sprech- 7 und Jesuitentheater 8 sowie Aspekte der Bühnentechnik des Münchner Hoftheaters 9 untersucht wurden. Die Kontextualisierung der bayerischen Hofmusik innerhalb umfassender kultureller und politischer Zusammenhänge steht ebenfalls noch am Beginn. 10 Im Zusammenhang mit dem Forschungsprojekt, aus dem diese Monografie hervorging, fand im Sommer 2006 eine Tagung statt, bei der zahlreiche demnächst veröffentlichte Untersuchungen das Musikleben am Hofe Max Emanuels aufarbeiten. Dort behandelten auch mehrere Beiträge die Zeit der Statthalterschaft Max Emanuels in den spanischen Niederlanden und sein französisches Exil, die hier daher nur am Rande behandelt werden. 11 Fraglos war es auch am Münchner Hof eine der Aufgaben von Musik und Theater, das Evasionsbedürfnis der Hofgesellschaft zu befriedigen. Einen therapeutischen Nutzen höfischer Unterhaltung unterstrich generell Sylvester Kundt3
4 5
6 7 8 9 10 11
Vgl. zur Hofmusik generell Reimer 1991. Von den neueren musikwissenschaftlichen Arbeiten sind neben im Text genannten Arbeiten von Reinhard Strohm besonders zu nennen: Fischer 2007, Henze-Döhring 1995, Leopold 2003, Mücke 2003, Riepe 2003, Riepe 2006, Schröder 1998. Rudhart 1865. Darauf stützen sich Zenger 1923; Bolongaro-Crevenna 1963. Zu Agostino Steffani liegt umfassende Literatur vor. Für das hier behandelte Repertoire siehe vor allem Neisser 1902, Einstein 1910 und Timms 2003. Zu Pietro Torri vgl. Junker 1919; Junker 1920; Kremer 1956; Zuber 1999; Groote 2003; zu Giuseppe Antonio Bernabei siehe Forster 1933; zu Giovanni Porta siehe Westermann 1921. Mlakar 1992; Mlakar 2004. Trautmann 1887; Trautmann 1888; Trautmann 1889. Reinhardstöttner 1889; Erlach 2006. Löwenfelder 1955. Münster 1976; Strohm 2007. Das Musikleben am Hof von Kurfürst Max Emanuel, im Druck.
Einleitung
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mann, der 1631 forderte, dass ein Regent »kurtz-weilige Personen« beschäftigen solle, »welche ihm / so er etwas unmuths ist / das Gemüth auffrichten«. 12 Diesem Befund widerspricht aber keineswegs, dass auch die Wittelsbacher mit der Förderung der Künste zugleich politische Ziele verfolgten. Vorliegende Monografie untersucht daher die Fest- und Opernkultur am bayerischen Hof während der Herrschaft der Kurfürsten Max Emanuel (reg. 1680–1726) und Karl Albrecht (reg. 1726–1745) vor allem im Hinblick auf die strategische Intention, den Untertanen die Einsicht in die Notwendigkeit der bestehenden Ordnung zu vermitteln und zugleich die konkurrierenden Höfe von der Macht des bayerischen Hofes zu überzeugen. Das Ziel dieser Arbeit ist keine Kompositions-, sondern eine Gebrauchsgeschichte des Musiktheaters am bayerischen Hof, denn es wird anhand ausgewählter Opern und Turnierspiele aufgezeigt, wie die politisch-kulturelle Gegenwart in den Aufführungen gespiegelt wurde. Das Offenlegen der Mechanismen des Zusammenspiels von Kunst und Politik und die Untersuchung, auf welche Weise sich die Politik der Verweismöglichkeiten musikalischen Theaters bediente, geht von dem in München verwendeten künstlerischen Vokabular und den jeweiligen historischen Konventionen aus. Der Aufweis der politischen Aussage tritt dabei nicht an die Stelle einer musikdramaturgischen Analyse, sondern weist dieser die Richtung. Höfische Repräsentation war mehr als nur die Akkumulation wertvoller Gegenstände und das Vorführen prächtiger Inszenierungen. Von Belang war, welche Inhalte ausgewählt wurden und welcher künstlerischen Formen man sich bediente, wobei die Verwendung und Kombination der verschiedenen höfischen Demonstrationsformen Rückschlüsse auf die Modernität – im Sinne von Beherrschung des Formkanons – des jeweiligen Hofes zuließen. Zwar ist auch für den Münchner Hof eine geradezu inflationäre Verwendung von Topoi der Herrscherverehrung zu notieren, die mitunter nicht viel mehr ausgesagt haben dürfte, als dass der Herrscher der von ihm erwarteten Rolle gerecht wurde. Vielfach wurden die Darstellungen aber durchaus als bedeutungsgeladen wahrgenommen: So wie von den Zeitgenossen das Auftreten Ludwigs XIV. im Jahre 1662 als römischer Kaiser als Ausdruck seiner Machtambitionen verstanden wurde, sind auch die am bayerischen Hof aufgegriffenen Themen zu deuten. Wenn Max Emanuel in dem 1680 aufgeführten Turnierspiel Giulio Cesare ricovrato seine Würde metaphorisch aus den Händen eines Julius Cäsar übernahm, sollte auch dies politische Ansprüche zum Ausdruck bringen. Es muss daher nach den in den Bühnenwerken versteckten Subtexten gesucht werden, wie 12
Zitiert nach Riepe 2003, S. 33.
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dies für andere Theater der Zeit bereits geschehen ist. 13 Die geschilderte Zielsetzung dieser Arbeit erfordert eine von der traditionellen, am Werkgedanken ausgerichteten Opernforschung abweichende Herangehensweise. Für Susanne Rode-Breymann greift es fehl, ein höfisches Musiktheaterstück ohne seinen funktionalen Kontext verstehen und ästhetisch bewerten zu wollen. Nicht der beschwörende Blick auf künstlerisch autonome ›Meisterwerke‹ könne das Ziel von Untersuchungen barocker Opern sein, sondern die Frage, wie ein Stück als typisches künstlerisches Produkt einer fremden Repräsentationskultur verstanden werden kann. Es sei darauf zu befragen, wie es sich in das kulturelle Handeln der uns nicht vertrauten höfischen Kultur einordnete. 14 Eine Weitung der Untersuchungsperspektive regt auch Reinhard Strohm an, der fordert, dass die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit höfischer Oper über die Dialektik Werk/Autor hinauszugehen und den Untersuchungsgegenstand in mehrere Kategorien aufzufächern habe: in das künstlerisch Dargestellte in Text, Musik, Szene, die Fiktion, die Inszenierung, das Tun und Erleben der Aufführenden, aber auch dasjenige der Veranstalter und der Zuschauer, und das jeweils verschiedene ›Interesse‹, das Aktionen erst motiviert, künstlerische und andere Zwecke verfolgt und Darstellungen sowie Urteile beeinflusst. 15 Auch wenn in dieser Arbeit die Oper im Vordergrund steht, wird prinzipiell alles als Musiktheater verstanden, »was die Kombination von Musik und Theater und noch weiter gespannt von Musik, Bewegung und Visualität umfasst«. 16 Dieser Ansatz erscheint für die Hofforschung in besonderem Maße sinnvoll, da die Grenzen zwischen Inszenierung des Fürsten und (Musik-)Theaterinszenierung fließend waren – das Theater war Teil des Zeremoniells, das sich seinerseits Darstellungsmittel des Theaters bediente, denn es ordnete die Handlungen der Mitglieder der Hofgesellschaft mit der Absicht, die herausgehobene Stellung des Herrschers sinnfällig zu machen; es koordinierte, was »zur Pracht, Ansehen, Glantz und Respect des Hofs und der Herrschafft, deren Vorzügen und Verhältnis vor und gegen Fremden, denen Feyerlichkeiten und Lustbarkeiten des Hofs zu wissen zu thun und zu lassen vonnöthen ist«. 17 Berücksichtigung fin13
14 15 16 17
So wurde am Beispiel der Hamburger Gänsemarkt-Oper umfassend aufgearbeitet, wie »politische Botschaften im musikalischen Gewand […] vom Rat der Stadt an den Kaiser übermittelt, von Botschaftern auswärtiger Mächte an andere Botschafter und die Stadt Hamburg, vom Operndirektor als ›Sprachrohr‹ des Rates an fremde Monarchen und Fürsten, und vom Rat der Stadt an die eigene Bevölkerung« wurden. Schröder 1998, S. 297. Rode-Breymann 2005, S. 27f. Strohm 2003, S. 13. Mungen 2007, S. 32. Zitiert nach Moser 1761, Bd. 1, S. 8.
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den in dieser Arbeit daher nicht nur die Münchner »Drammi per musica«, sondern auch Turnierspiele, bei denen militärische Vorführungen von Mitgliedern der Hofgesellschaft mit musikdramatischen Darbietungen umrahmt wurden; behandelt werden weiterhin zeremonielle Handlungen, die schon von den Zeitgenossen mit Theatermetaphern beschrieben wurden. Als eine der Grundfragen der historischen Kulturwissenschaften hat sich das Problem der Konstituierung politisch-sozialer Ordnung herauskristallisiert. Diese wurde in der Frühen Neuzeit in hohem Maße durch symbolische Handlungen wie Rituale und Zeremonien hergestellt. Der vormoderne Kommunikationsstil unterschied sich von dem uns heute vertrauten insofern, als er dezidiert demonstrativ-gestisch ausgerichtet war; es wurde »mehr gezeigt, als geredet«. 18 Einzubeziehen ist daher der spezifische Ereignischarakter von Aufführungen. Diese sind mehr als eine bloße »Übersetzung« von im Text vorgegebenen Bedeutungen, denn erst durch die sich im Raum bewegenden Akteure, ihre Verwendung von Artefakten und ihr Zusammenspiel mit den verschiedenen Medien sowie durch den schauenden, hörenden und spürenden Zuschauer wird ihre spezifische Materialität hervorgebracht. 19 Die multimedialen Inszenierungen der Feste und Theateraufführungen bezogen ihre starke Wirkung zur Stützung der sozialen Ordnung daraus, dass sie auf symbolische Bedeutungen nicht nur verwiesen, sondern diese in Form eines sinnlichen Erlebnisses gemeinschaftlich erlebbar machten. Dass die bloße Darlegung nüchtern vorgetragener Fakten eine geringere Wirkung erzeugt als eine, bei der der Zuschauer emotional eingebunden ist, war bereits für die Zeitgenossen des 18. Jahrhunderts vollendete Tatsache: So erklärte der Gelehrte und Staatsmann Johann Michael von Loen die diszplinierende Wirkung von Zeremonien damit, dass sie »mit einer unvergleichlichen Macht durch die Sinnen dringen, und die Gemüther der Menschen bewegen«. 20 Zur Veranschaulichung der Schlagkraft staunenmachender Spektakel sei auf Beobachtungen verwiesen, die zur Performativität barocker Feuerwerke angestellt wurden. Danach stellten diese Feuerwerke nicht nur die Macht des absolutistischen Herrschers dar, sondern waren selbst mächtig. In dem Sinne, dass die Konfrontation mit ihnen Reaktionen beim Betrachter auslöst: Wer ins Staunen gerät, dessen Körper verfällt in Regungslosigkeit, und er richtet alle Aufmerksamkeit auf den staunenmachenden Vorfall. Indem der Herrscher den Affekt des Staunens auslöste, übte er also eine physische Verfügungsgewalt 18 19 20
Althoff 2000, S. 83. Fischer-Lichte 2001, S. 15. Loen 1749, S. 216.
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aus. Während andere Medien wie Bücher nur auf seine Machtposition verwiesen, konnten Aufführungen in ihrer spezifischen Medialität die Macht des Herrschers zu einem physischen Erlebnis machen. 21 Am Beispiel des Hofes Ludwigs XIV. hat die Theaterwissenschaftlerin Doris Kolesch die These formuliert, dass die Hofkultur der Verführung der Hofgesellschaft diente; durch sie wurde der Adel emotional an den Herrscher gebunden und damit gefügig gehalten. 22 Die Hofoper war dabei eine zentrale Institution, denn Opern auszurichten lag weit außerhalb der Möglichkeiten des Adels; an ihr konnte nur teilhaben, wer sich in den Hofstaat einordnete. Die in München verwendeten Repräsentationsformen werden hier daher auch darauf befragt, wie sie bei den Zuschauern gezielt bestimmte kollektive Stimmungen hervorrufen sollten. Historische Theatralitäts- und Emotionsforschung stehen allerdings vor dem Problem, dass selbst im Idealfall ausführlicher Dokumentation wesentliche Parameter nicht überliefert sind. Für Kolesch kann es daher nicht darum gehen, die flüchtigen Aufführungsereignisse zu rekonstruieren; ihr Anliegen ist es, durch die Untersuchung heterogener Materialien Aufschluss zu erlangen, durch welche Strategien und Techniken das Erleben ebenso wie ihre Wahrnehmung und Interpretation geformt und modelliert wurden.23 Die Quellenlage lässt es nur punktuell zu, die tatsächliche Wahrnehmung der Zuschauer nachzuvollziehen. Hierzu werden hilfsweise Festberichte herangezogen, die für eine Komponistengeschichtsschreibung zwar kaum verwertbare Fakten mitteilen, denn wenn Aufführungen beschrieben wurden, dann sollten damit nicht die Künstler in die Geschichte eingehen, sondern die durch deren Tun verherrlichten Fürsten. Sie können auch nicht als neutrale Dokumentationen gelten, sondern müssen mit Thomas Rahn als »Fortsetzung des Festes mit anderen Mitteln« angesehen werden, denn sie dienten der Überführung des vergänglichen Augenblicks des Festes in ein dauerhaftes Medium, der Selbstdarstellung des Hofes durch Verbreitung der Kenntnis von Festanlass und Festinszenierung und der Bereitstellung einer »idealen« Zeugenschaftsversion des Festes, wobei der Bericht als Wahrnehmungsnachtrag auch die Informationen lieferte, die der Teilnehmer selbst nicht bemerken konnte. 24 Aber gerade aufgrund dieser medialen Besonderheiten vermittelt diese Quellengattung die von den Veranstaltern mit den Darstellungen verfolgten Ziele deutlicher, als es die nur eingeschränkte Beobachterperspektive eines einzelnen Zuschauers vermag. 21 22 23 24
Horn 2004. Kolesch 2006, S. 49f. Ebd., S. 10. Rahn 1993, S. 234.
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Einleitung
*** Vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2008 an der Sprach- und Literaturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth als Habilitationsschrift angenommen. Für den Druck wurde sie leicht überarbeitet und geringfügig ergänzt. Sie wäre nicht entstanden ohne die Unterstützung zahlreicher Personen und Institutionen. Besonderer Dank geht an den ehemaligen Leiter des Forschungsinstituts für Musiktheater der Universität Bayreuth, Prof. Dr. Sieghart Döhring, der das Forschungsvorhaben von Beginn an mit Rat und Tat unterstützte. Prof. Dr. Anno Mungen und Prof. Dr. Ruth Müller-Lindenberg begleiteten die Arbeit freundlicherweise im abschließenden Verfahren. Für fachlichen Rat und Kommentare zu einer früheren Version danke ich herzlich PD Dr. Bernhard Jahn. Die Mitarbeiter der Bayerischen Staatsbibliothek München, und besonders der Musikabteilung, halfen mit nicht nachlassendem Engagement durch die Bereitstellung der zahlreichen für die Arbeit erforderlichen Archivalien. Die Fritz Thyssen Stiftung ermöglichte die Arbeit überhaupt erst durch eine großzügige Projektförderung und unterstützte die Drucklegung durch einen Druckkostenzuschuss. Meiner Frau Naoka danke ich schließlich für die andauernde Unterstützung im langwierigen und vielfach entbehrungsreichen Prozess der Entstehung einer derartigen Monografie.
Repräsentation
Sichtbare Macht Wenn die bayerischen Kurfürsten Max Emanuel und Karl Albrecht ihre Macht durch imposante Bauten oder aufwendige Feste inszenierten, dann übten sie diese Macht auch gleichzeitig aus. Denn indem sie ihre Machtstellung durch äußere Zeichen anschaulich machten, versicherten sie sich der Mitwirkung der Beherrschten. Dass Herrschaft immer der Zustimmung der Beherrschten bedarf, wusste schon die politische Theorie der Frühen Neuzeit. Seit Étienne de La Boéties 1571 posthum veröffentlichtem Discours de la servitude volontaire wurde diskutiert, inwiefern Herrschaft eher phantasmatischer als realer Natur ist. Nicht einmal heutige totalitäre Staaten, geschweige denn die mit geringer Verstaatlichungstiefe versehenen frühneuzeitlichen Monarchien verfügen tatsächlich über einen allgegenwärtigen Zwangsapparat, und selbst ein Tyrann ist nur eine Einzelperson und daher auf die Mitwirkung anderer angewiesen. 25 La Boétie erschien es rätselhaft, wie es auch ohne Anwendung von Gewalt gelingen konnte, ganze Völker unter die Führung eines Einzelnen zu zwingen, und zwar keineswegs unter die eines »Herkules oder Samson, sondern von einem einzigen Männlein und noch dazu oft vom schlappesten […] Kerl seines Volkes«. 26 Eine Erklärung hierfür lieferte rund hundert Jahre später die Machtanalyse des englischen Staatstheoretikers Thomas Hobbes. Danach beruht Macht vor allem auf Anerkennung, die sich in wechselseitig verstärkenden Zuschreibungsoperationen verstärkt. Man müsse noch nicht einmal selbst von der Macht einer bestimmten Person überzeugt sein, sondern es reiche, an den Glauben der anderen zu glauben, dass diese Person mächtig sei. Dies setze einen Rückkopplungsmechanismus in Gang, an dessen Ende derjenige, dem alle Macht attestieren, wirklich mächtig ist. Macht ist demnach Folge einer sozialen Dynamik, die nicht in den objektiven Eigenschaften des Herrschers begründet ist, sondern in der Einbildung der anderen. 27 Soziale Ordnung gründe nicht ausschließlich, aber doch in hohem Maße auf »regulativen Fiktionen«, die das 25 26 27
Siehe dazu allgemein Koschorke 2002, S. 73. Zitiert nach ebd., S. 74. Ebd., S. 75.
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Repräsentation
Spiel der kollektiven Einräumung von Macht sowohl ermöglichen wie auch begrenzen. 28 Als ein wirksames Mittel zur Steuerung der Untertanen erkannte bereits La Boétie die höfische Repräsentation. In seiner für die weitere Forschung folgenreichen Studie zur Rolle des Hofes im Absolutismus resümiert der Historiker Jürgen Freiherr von Kruedener, das die über die Untertanen ausgeübte fürstliche Herrschaft in erster Linie mit dem Mittel der Massensuggestion operierte. Durch den gewaltigen und demonstrativ zur Schau gestellten Aufwand erwarb sich der Herrscher jenes Prestige, das den Untertanen Größe und Legitimation der fürstlichen Autorität suggerierte. »Die bewusste, Minderprivilegierte entsprechend diskriminierende Ostentation der prächtigen, luxuriösen Attribute aristokratischer Lebensführung diente dem Adel deshalb von jeher keineswegs nur zum Vergnügen, sondern sie war ein ebenso unentbehrliches wie psychisch wirksames Mittel zur Behauptung seiner Herrenstellung.« 29 Selbst in der heutigen Industriegesellschaft rechnen viele Menschen mit der sozialen Prestigewirkung demonstrativen Konsums. Umso mehr wirkten diese Mechanismen in der durch klare ständische Schichtung und geringe Rationalität gekennzeichneten Agrargesellschaft des 17. und frühen 18. Jahrhunderts, in der beispielsweise durch Kleiderordnungen genau definiert war, wer welche äußeren Attribute tragen durfte. Da insbesondere die weniger reflektierenden Bevölkerungsschichten gemeinhin das Äußere für das Innere nehmen, zielte die höfische Repräsentation darauf ab, die Erkenntnis der Größe/Macht seines Gegenstands durch äußerliche Vergrößerung und Pracht zu ›simulieren‹. 30 Bereits die äußere Erscheinung eines Herrschers sollte daher einen angemessenen Eindruck von seiner Größe und Wichtigkeit vermitteln, wobei alles Natürliche wie Größe, Gestalt und Umfang des Körpers weitgehend dem Blick entzogen wurde, während das höfische Kostüm mithilfe hoher Absätze und hoher Figuren, mit Polstern und Gestellen die Figur sowohl in der Länge als auch in der Breite steigerte und die Erscheinung so ins Bedeutende hob. 31 So versuchte Ludwig XIV. sein Auftreten mit Hilfsmitteln eindrucksvoller zu gestalten, wobei die Perücke nicht nur die Glatze verdecken sollte, an der er seit 1658 litt, sondern ihm zusammen mit geeignetem Schuhwerk auch die körperliche Größe verleihen, die die Natur dem nur rund 1,60 Meter großen Herrscher nicht mitgegeben hatte. 32 28 29 30 31 32
Ebd., S. 77. Kruedener 1973, S. 29. Rahn 2006, S. 17. Jeschke 1996, S. 85. Burke 1992, S. 45, 126.
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Für den Historiker Peter Burke waren Herrscher des späten 17. Jahrhunderts wie Ludwig XIV. kaum weniger Konstrukte der Medien als heutige Politiker oder Popstars. 33 Inszeniert wurde das, was man heute als »Image« bezeichnen würde, mittels vielfältiger Symbolisierungsprozesse. Die im höfischen Kontext veranstalteten künstlerischen Darbietungen sind daher immer auch als nonverbale Kommunikation zu verstehen: als Ausdruck von Bestrebungen, der Macht und Größe der Potentaten einen sinnlichen Ausdruck zu verleihen. »Der Respect eines Regenten« müsse sich »auch im äussern beweisen; ein Herr, der seine Würde darinn vergißt, daß er sich zu tief herunter setzt, zeigt damit, daß er sich selbst vor unwürdig achte, derjenige zu seyn, wozu ihn seyne Geburt bestimmet«, 34 beobachtete in der Mitte des 18. Jahrhunderts der Zeremonialwissenschaftler Friedrich Carl von Moser. Auch die Münchner Hofhaltung diente in erster Linie dazu, die herausragende Stellung bayerischer Kurfürsten sinnfällig zu machen. Dies verdeutlicht das vierbändige politische Handbuch Mundus Christiano Bavaro Politicus, das die Staatsdoktrin des bayerischen Fürstenhauses insofern widerspiegelt, als es wahrscheinlich Franz von Schmid, der älteste Sohn des ehemaligen Kanzlers Kaspar von Schmid, um 1711 verfasst hatte. Danach stehe die Sonne wegen ihres strahlenden Glanzes so hoch in Ehren bei den Menschen, »auf gleiche weise erwecket bei dem gemeinen Mann nicht mehrer die ehrerbietung oder respekt gegen dennen fürsten als der pracht und die herrlichkeit, womit sye aufziehen«. 35 Ein Herrscher solle sich nicht zu oft unter seinen Untertanen sehen lassen, höchstens einmal im Jahr, dann aber mit allem Aufwand, damit durch die Pracht und Hoheit seines Auftretens dem Volk »der schuldige Gehorsam ins Herz gepflanzt« werde. 36 Das den Fürsten als Mittelpunkt der Welt inszenierende Zeremoniell diente mit seinen genau festgelegten, auf den Herrscher ausgerichteten Verhaltens- und Bewegungsweisen der Höflinge und der Prachtentfaltung dazu, den Herrscher »als das aus der Sphäre des Alltags herausgehobene Kraftzentrum seines Staates« erscheinen lassen und ihn in die Nähe Gottes rücken, als dessen irdischer Stellvertreter er fungierte. 37 Ein Stich von 1727 zeigt die die Regierungsübernahme Karl Albrechts begleitende Erbhuldigung in München. Das obere Bild verdeutlicht die (intendierte) Ordnung derartiger Zeremonien und die sorgfältig choreografierte räumliche Anordnung, die den 33 34 35 36 37
Ebd., S. 200f. Moser 1754/55, Bd. I, S. 197. Zitiert nach Burglechner 1920, S. 52. Ebd., S. 53. Gestrich 1995, S. 57.
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Repräsentation
Stich der Erbhuldigung Karl Albrechts im Jahre 1727 (Bayerische Staatsbibliothek, München)
bayerischen Kurfürsten auch visuell in den Mittelpunkt des Geschehens stellt, sowie die Untertanen, die ihre Unterordnung unter ihn zum Ausdruck bringen. Im Europa der Frühen Neuzeit war die gesellschaftliche Ordnung erst rudimentär in schriftlicher Form fixiert, sondern sie wurde in hohem Maße durch symbolische Handlungen wie Rituale und Zeremonien hergestellt. Wie Michel Foucault in Überwachen und Strafen herausgearbeitet hat, fußte die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung auf einem grausamen öffentlichen Straftheater, das sich einer »Politik des Schreckens [bediente]: am Körper des Übeltäters sollte allen die entfesselte Macht spürbar gemacht werden«. 38 Diese Strafen zeichneten sich durch besondere Grausamkeit aus; so wurde etwa 1708 in München ein gewisser Georg Hölzl enthauptet und gevierteilt, die vier Teile seines Körpers an der Landstraße nach Haag aufgespießt. 39 Wichtigster Adressat derartiger Maßnahmen war jedoch nicht der Missetäter, sondern das zusehende Volk, denn mit der Statuierung eines Exempels sollte nicht nur das Bewusstsein geweckt werden, dass auf ein Vergehen Bestrafung folgt, »sondern durch das 38 39
Foucault 1994, S. 65 Stahleder 2005, Bd. III, S. 19.
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Schauspiel der an Schuldigen wütenden Macht sollte eine Terrorwirkung erzielt werden«. 40 Für Foucault fügen sich die Strafzeremonien in die Reihe der großen Rituale der Macht ein – als Sieg über das den Souverän verletzende Verbrechen entfalten sie vor den Augen aller eine unüber windliche Kraft. 41 Sichtbarer Zeichen bediente man sich auch, um das Unehrenhafte einer Person augenfällig zu machen. Vergehen unterhalb des Kapitalverbrechens wurden generell mittels öffentlicher Erniedrigung durch Schandstrafen geahndet, indem die Verfehlungen durch äußerliche Zeichen wie den Schandkragen oder symbolische Handlungen am Übeltäter kenntlich gemacht wurden. 42 Die andere Seite der Regulierung der öffentlichen Ordnung mittels anschaulicher Handlungen waren die prächtigen Veranstaltungen bei Hofe, die man in Abwandlung Foucaults vielleicht als »Politik der Verführung« bezeichnen könnte. Von der politischen Theorie der Zeit wurden Hofkultur und Zeremoniell explizit mit der Notwendigkeit der Disziplinierung des Volkes begründet. Nach Ansicht des Zeremonialwissenschaftlers Johann Christian Lünig waren die Franzosen »durch ihres grossen Ludwigs bezeigte accuratesse im Ceremoniel, und seinen so ordentlich eingerichteten prächtigen Staat dermassen bezaubert worden, dass es noch zweifelhafftig ist, ob sie ihn mehr wegen seiner grossen Thaten, als wegen seiner ungemeinen Magnificenz mit einer fast sclavischen Furcht« respektierten. 43 Danach sind »die meisten Menschen« so beschaffen, dass »bey ihnen die sinnliche Empfind- und Einbildung mehr, als Witz und Verstand vermögen, und sie daher durch solche Dinge, welche die Sinne kützeln und die Augen fallen, mehr als durch die bündig- und deutlichsten Motiven commovieret werden«. 44 Auch der sächsische Zeremonialwissenschaftler Julius Bernhard von Rohr erkannte hinter den Unterhaltungsaktivitäten der Höfe »nicht selten mancherley politische Absichten«. Die Herrscher wollen die Liebe der Höhern und des Pöbels erlangen, weil die Gemüther der Menschen bey dergleichen Lustbarkeiten, die den äusserlichen Sinnen schmeicheln, am ehes40 41 42
43 44
Foucault 1994, S. 75. Ebd., S. 64f. Als es beispielsweise 1721 wiederholt zu Klagen über die Münchner Bäcker kam und der Hofrat feststellte, dass das Brot an anderen Orten fast überall merklich größer und besser sei, drohte er für den Fall fortgesetzter Verstöße gegen die Vorschriften mit der Bäckerschnelle (Stahleder 2005, Bd. III, S. 75). Dabei handelte es sich um eine Art von Käfig, mit der zu gering im Gewicht backende Bäcker zur Strafe von einer Brücke in die Isar getaucht wurden. Das Prinzip des Prangers war nicht, den Einzelnen körperlich zu zerstören, sondern Demütigung und Scham über jene zu bringen, die aus der Ordnung auszubrechen wagten. Lünig 1719/20, Bd. I, S. 5. Ebd., S. 5.
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Repräsentation
ten gelencket werden können, sie suchen sich etwan in der Gunst des Landes bey einer neuen Regierung zu befestigen, sie wollen die Unterthanen hiedurch zu neuen Anlagen, die sie von ihnen verlangen, desto eher disponieren, auch wohl die calamitösen Zeiten, die ein Land oder eine Residenz bedrücken, desto eher zu verbergen. 45
Wenn die von der Obrigkeit zur Parade befohlenen Massen den Umzügen zusahen, wurde nicht nur ihre Schaulust befriedigt. Zugleich erlebten sie am eigenen Leib das Niedrige ihrer sozialen Stellung. Denn auch ohne genaue Kenntnis, wer in den Kutschen an ihnen vorbeifuhr, wurde die strikte Zweiteilung der Gesellschaft deutlich: wer dazugehörte und wer ausgeschlossen war, wer bei Umzügen in den Kutschen saß und wer am Straßenrand zu jubeln hatte.46 Die höfischen Teilnehmer versicherten sich hingegen ihrer sozialen Exklusivität, denn nur sie konnten an den zentralen Veranstaltungen teilnehmen und in den Genuss des ganzen Programms emotionaler Erfahrungen kommen, etwa wenn sie gemeinsam mit dem Fürsten die bei Festen temporär errichteten Triumphbögen durchschritten oder in seiner Anwesenheit einer Opernaufführung beiwohnten. In zeremonialwissenschaftlichen Schriften wird häufig der Topos der Dummheit und Sinnlichkeit des niederen Volkes aufgegriffen. Für den Historiker Andreas Gestrich ist dies darin begründet, dass Vernunft ein Kriterium sozialer Distinktion akademisch gebildeter Oberschichten war, sie folglich den niederen Schichten abgesprochen werden musste. 47 Letztlich ist aber auch das für den Adel bestimmte höfische Zeremoniell, das »konkrete Inszenierungsformen von Rängen und Vorrang« 48 bereitstellte, nichts anderes als die sinnlich erfahrbare Darstellung sozialer Abstufungen. Der Philosoph Christian Wolff notierte 1721: Wenn die Unterthanen die Majestät des Königs erkennen sollen, so müssen sie erkennen, dass bey ihm die höchste Gewalt und Macht sey […]. Der gemeine Mann, welcher bloß an den Sinnen hanget, und die Vernunfft wenig gebrauchen kann, vermag auch nicht zu begreiffen, was die Majestät des Königs ist: aber durch die Dinge, so in Augen fallen und seine übrige Sinne rühren, bekommt er einen obzwar undeutlichen, doch klaren Begriff von seiner Majestät, oder Macht und Gewalt. 49
45 46 47 48 49
Rohr 1733, S. 733f. Gestrich 1994, S. 167. Zum Topos der Sinnlichkeit und Dummheit des Volkes vgl. Gestrich 1995. Rahn 2006, S. 10. Wolff 1721, S. 504f.
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Die sinnliche Anschauung reicht für Wolff allein jedoch noch nicht aus, da die Sinneseindrücke nur eine oberflächliche, »undeutliche« Erkenntnis der Dinge vermitteln können. Um einen »deutlichen« Begriff zu bekommen, bedarf es der diskursiven Auseinandersetzung mit dem Gegenstand. Aber der »klare« Begriff sei ausreichend, um den Untertanen zur Unterwerfung unter den Herrscher zu bewegen. Ein Fürst, der sich nicht seinem Rang entsprechend zeige, werde vom »aberwitzige[n] Pöbel« nicht für »eine wahre copie« Gottes gehalten, weswegen »alle Hochachtung« wegfalle und »öfters gantze Länder darüber in äußerste Confusion und Verfall« geraten. 50 Dagegen werde ein Untertan beim Anblick eines prächtig gekleideten, von zahlreichem Hofstaat umgebenen Herrschers sich »über dessen Hoheit […] verwundern, diese Verwunderung aber bringet Hochachtung und Ehrfurcht zuwege, von welchen Unterthänigkeit und Gehorsam herkommen«. 51 Die Verwunderung bzw. admiratio umfasste in der Frühen Neuzeit ein Begriffsfeld, das heute aufgespaltet ist in den Begriff der Verwunderung als »verstandesmäßige Irritation infolge ungewohnter und überraschender Sinnesdaten« und den der Bewunderung als Form der Hochachtung. 52 Im Idealfall stifte die zeremonielle Einprägung des Landesvaters im Untertanengemüt die Bereitschaft, jede gesellschaftsbezogene Handlung so zu gestalten, dass sie beim Herrscher keinen Anstoß erregen würde, wäre dieser tatsächlich anwesend. 53 Allerdings kam es durch Routinisierung zu einer allmählichen Bedeutungserosion des Zeremoniells, das mit dem Aufkommen aufklärerischen Gedankenguts zunehmend seine Wirksamkeit einbüßte. So bekannte der Gelehrte und Schriftsteller Johann Michael von Loen in der Mitte des 18. Jahrhunderts »zuweilen gar heimlich darüber lachen [zu müssen], wenn sich diese groß vermeynte Leute mit allerhand Puppenwerk und Tändeleyen ein ernstliches Geschäft machen«. 54
Zielgruppen Zielgruppen der Repräsentation am bayerischen Hof waren nicht nur die eigenen Untertanen (Hofadel, Bürgertum und Landbevölkerung), sondern auch die Angehörigen der konkurrierenden Höfe, deren Unterstützung zur Erreichung 50 51 52 53 54
Ebd. Ebd. Rahn 2006, S. 14f. Ebd. Loen 1749–52, Bd. II, S. 96.
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der gesetzten politischen Ziele notwendig war. Die verschiedenen Adressaten wurden mit unterschiedlichen Medien angesprochen. Zwar war der Eintritt in die Hofoper grundsätzlich frei, da »es die Churfürsten unter ihrer Würde hielten, mit der Kunst Handel zu treiben«, 55 und das Bürgertum konnte – anders als in Paris oder Wien – Aufführungen besuchen. Der ›Pöbel‹ frequentierte in erster Linie jedoch die dezidiert für ihn bestimmten Veranstaltungen wie die, bei denen beispielsweise Ostern 1688 sich vor dem Münchner Rathaus ein venezianischer Seiltänzer und ein Taschenspieler produzierten sowie zwei Männer, von denen einer als »Monstrum«, der andere als »Wilder Mann« auftraten. 56 Die Jesuiten richteten bei besonderen Anlässen parallel zu den Veranstaltungen des Hofes allgemein zugängliche Theateraufführungen aus. Für den Teil der Bevölkerung, der nach Ansicht Julius Bernhard von Rohrs vor allem »in Belustigung des Geschmacks, und in Fressen und Saufen« sein Vergnügen fand, wurden bei Hoffesten überdies »besondere Lustbarkeiten« veranstaltet, »die sich vor denselben schicken«; 57 es war üblich, einen Ochsen zu braten und einen Weinbrunnen aufzustellen. An den eigentlichen Veranstaltungen des Hofes konnten sie hingegen nur eingeschränkt teilnehmen. Weithin zugänglich waren lediglich die Turniere, die in München auf den großen Plätzen der Residenz oder in dem Turnierhaus stattfanden, das nach zeitgenössischen Angaben fast 10 000 Zuschauer fasste. Ein Hinweis im Festbericht zur Hochzeit Karl Albrechts, dass das Publikum bei dem beschriebenen Turnier besonders elitär war, da »die Leib-Garde, wie auch Trabanten und Soldaten […] ihrem Ordre scharf nach[kamen] / indem sie niemand als Personen von Distinktion und Meriten hineinliessen«, 58 deutet an, dass dies sonst nicht immer der Fall war. Man gestattete aber in der Regel, »den Freuden-Spectaculn, die auf den Residenz-Schlössern gehalten werden, jedoch mit Beobachtung guter Ordnung« 59 zuzusehen. Wenn im frühen 18. Jahrhundert in der Sprache der Diplomatie etwas »der Welt vor Augen gelegt« wurde, dann waren damit nicht die unteren Schichten, sondern die anderen Souveräne und ihre Höfe gemeint. 60 Die Gesamtheit der Höfe Europas konstituierte für sie »le monde«, und deren Herrscher, Minister, Heerführer und Gesandte waren nicht nur Akteure, sondern sie waren sich gegenseitig auch Zuschauer. Am Münchner Hof rekrutierte sich der Adel vor 55 56 57 58 59 60
Lipowsky 1830, S. 126. Stahleder 2005, Bd. II, S. 661. Rohr 1733, S. 734. Festbericht 1722, f. Hv. Rohr 1733, S. 734. Ebd., S. 79.
Zielgruppen
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allem aus bayerischem Landadel sowie französischem und italienischem Adel sowie den Gesandten anderer Höfe. Dass im Allgemeinen die konkurrierenden Höfe 61 die wichtigste Zielgruppe von Festveranstaltungen waren, macht unter anderem der Umstand deutlich, dass einige Opernhäuser in Deutschland deutlich mehr Zuschauer fassen konnten, als es hoffähige Bewohner der jeweiligen Residenz gab. 62 Für die politischen Ziele der Wittelsbacher waren neben den Höfen in Wien und Paris die Mitglieder des Kurfürstenkollegiums von Belang, die den Kaiser wählten. Die Reichweite der Feste erstreckte sich dabei auch auf Höfe, die keine Vertreter zu den Aufführungen gesandt hatten, denn es war generell üblich, Festberichte und Opernlibretti zu versenden. So schickte etwa Kaiser Leopold 1667 seinem Botschafter in Madrid je acht spanische und italienische Libretti der Festoper Il pomo d’oro, »damitt es allda unter die leutt kemben möge«. 63 Zu vermuten sind ähnliche Praktiken auch für den Münchner Hof. Der enorme Aufwand, der 1686 für den Druck des Librettos der Festoper Servio Tullio betrieben wurde – der in deutlich vergrößertem Quartformat, mit luxuriösem Ledereinband und zahlreichen Kupferstichen erschien –, scheint nicht nur übertrieben, sondern wegen der Unhandlichkeit und des Gewichts des Bandes sogar ungeeignet, um dem Publikum das Verfolgen des Bühnengeschehens während der Aufführung zu ermöglichen. Das Ziel des Prachtdrucks war die Dokumentation der Aufführung für auswärtige Höfe sowie nachfolgende Generationen. Ein Fürst müsse sich dem Mundus Christiano Bavaro Politicus zufolge ausländischen Gästen gegenüber als ein großer Herr zeigen, denn die Ehre, die er ihnen bezeigt, sei ein Sonnenstrahl Seiner Majestät, welche durch die Reflexion »sich wiederumben in seine person ergiesset«, da diese Gäste an anderen Orten den »splendor« des Gastgebers verbreiteten. 64 Gesteigert werde dies noch durch seine Freigiebigkeit, denn die Empfänger der Geschenke trügen seinen Ruhm in die Ferne. »Magnificenz und […] Pracht« seien »das einzige Mittel, so die Fürsten berümbt machet bey denen außländern und auch bey denen unterthanen einen mehreren gehorsamb und Respect verursacht«. 65 Dezidierte außenpolitische Absichten benannte Kurfürst Max Emanuel, wenn er als Ziel seiner Bautätigkeit umriss, dass es galt, »dem Ausland zu zeigen, was für ein
61 62 63 64 65
Bauer 1993, S. 90. Daniel 2000, S. 49. Seifert 1988, S. 38. Zitiert nach Burglechner 1920, S. 49. Zitiert nach Straub 1969b, S. 200.
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Kerl man sei, und welchen reichen und starken Staat man darstellte«. 66 Dass die Errichtung von Prachtbauten dem Lob Bayerns diente, macht auch ein Stich der Münchner Residenz von Michael Wening deutlich, denn oberhalb des imposanten Gebäudekomplexes zeigt er zwei Genien, die das Landeswappen hochhalten. Diese Zielsetzung galt freilich ebenso für andere Fürsten. So geschah der Bau des Berliner Schlosses, wie es der brandenburgische Kurfürst Friedrich III. formulierte, »nicht aus Lust, sondern aus Necessität«. 67 Unter den absolutistischen Dynastien wurde ein heftiger Wettbewerb um die Quantität und Qualität des höfischen Aufwands geführt, der sich »vorwiegend auf dem Felde der festlichen Kunst abspielte und zu dem die verschiedenen Disziplinen wie Musik, Dichtung, Malerei, Architektur zum dekorativen Gesamtkunstwerk vereinigt ins Treffen geführt wurden«. 68 Der Typologie des Historikers Volker Bauer nach ist die Münchner Hofhaltung dem Typ des »zeremoniellen Hofs« 69 zuzuordnen, dessen Grundzug »im absoluten Primat der herrscherlichen Repräsentation über persönliche Bequemlichkeit, ökonomische Rationalität oder sonstige Erwägungen« bestand. 70 Vorrangiger Daseinszweck dieser vor allem in aufstrebenden Staatsgebilden mittlerer Größe wie Bayern oder Sachsen gepflegten Hofform war »die Repräsentation fürstlicher Standesehre, die sich in prächtigen, kostspieligen Festlichkeiten ausdrückte, besonders aber auch im Hofzeremoniell, dessen strikte Einhaltung spontanes Handeln weitgehend unmöglich machte«. 71 Der demonstrative Konsum sollte dem Rang des Hofes entsprechen, wobei die Größe des Hofes sich nach der Würde des Herrschers zu richten hatte, nicht nach der Größe und Wirtschaftskraft des Staates. Prachtenfaltung konnte durch Steigerung über das angemessene Maß hinaus aber auch auf einen prätendierten höheren Status verweisen. Die Wittelsbacher verfolgten genau diese Absicht und waren mit ihrer Strategie sehr erfolgreich, so konnte der Hofmann und Reiseschriftsteller Carl Ludwig von Pöllnitz über einen Besuch in München resümieren: La Cour de Bavière est sans contredit la Cour la plus galant & la plus polie de l’Allemagne. Nous y avons actuellement Comèdie Française, Bal & Jeu, tous les jours. Il y a trois fois par semaine Concert. Tout le monde y afflite masqué. Après le Concert, on joue & l’on danse. 72 66 67 68 69 70 71 72
Zitiert nach Görgmaier 1973, S. 84. Zitiert nach Hager 1942, S. 117. Kruedener 1973, S. 21. Bauer 1993, besonders S. 57–63. Ebd., S. 58. Ebd., S. 62. Pöllnitz 1737, S. 301f.
Zielgruppen
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Residenz München; Stich von Michael Wening (Bayerisches Landesamt für Vermessung und Geoinformation, München)
Pracht sollte einen Regenten möglichst ›verklären‹, da sich gerade aus der Unerklärlichkeit des Schauobjekts Hochachtung und Zuneigung ergeben – die angenehme, aus dem Ungewohntheitsaspekt resultierende Affektlage verflüchtige sich beim Durchschauen und Gewöhnlichwerden des Gegenstands.73 In seinem Gracián-Kommentar von 1717 betont August Friedrich Müller, dass die Verwunderungsästhetik daher immer wieder der neuerlichen Überbietung bedarf, wenn sie nicht ihre Wirksamkeit verlieren soll: Es wäre wohl vernünftig, dass die Hochachtung welche die menschen vor eine sache oder vor eine that haben, auf deren innerlichen werth und wirckliche güte gegründet wäre. Allein dieses geschiehet nicht, denn es wäre solches eine wirckung der vernunfft, und der wäre einfältig, der auf ein vernünfftiges ermessen der meisten menschen viel staat machen wollte. Sondern die menschen schätzen eine sache nach ihren affecten; diese aber sind sehr veränderlich, dieweil das vergnügen derselben auf kein wahres und beständiges gut gerichtet ist, und also auch an sich nicht dauerhaft und beständig seyn kan. Wer dahero die affecten der menschen nicht immerfort mit etwas neuem gleichsam aufgeweckt und bey aufmercksamkeit zu erhalten vermag, der wird befinden, dass die vielleicht ein oder ander mahl erweckten bewegungen der hochachtung gar bald nachlassen werden. 74
Daraus resultierte eine Überbietungsdynamik, die zu fortwährenden Steigerung des Aufwands und einer steten Aufblähung der Höfe führte, denn als Mittel zur Repräsentation dienten nicht nur große Feste und prachtvolle Schlösser, sondern auch die »Akkumulation vornehmer Namen, hoher Titulaturen
73 74
Rahn 2006, S. 14f. Zitiert nach ebd., S. 18.
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und differenzierter Hofstellen« 75, durch die Größe und Bedeutung des Hofes der Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde, was gerade bei kleineren Höfen zu mitunter beachtlichen Diskrepanzen zwischen Anzahl der vorhandenen Hofund Verwaltungsstellen und der Zahl ihrer Träger führte; so gab es 1767 in der kurpfälzischen Armee bei einer Gesamtstärke von lediglich 5500 Mann nicht weniger als 21 Generäle. 76 Wegen der auf ökonomische Voraussetzungen keine Rücksicht nehmenden Zurschaustellung des herrscherlichen Selbstverständnisses wuchs die Hofhaltung vielerorts in kaum als angemessen zu bezeichnende Dimensionen; allein im Schloss in Versailles lebten 1744 mehr als 10 000 Menschen. 77 Die Münchner Hofhaltung verschlang unter Max Emanuel den Großteil des Staatshaushalts, wobei für den auf 2000 Mitglieder angeschwollenen Hof im Jahre 1701 rund 55 Prozent der bayerischen Staatsausgaben aufgewendet werden mussten; ein Anteil, der 1750 unter dem zur Sparsamkeit gezwungenen Max III. Joseph auf rund 35 Prozent gedrückt werden konnte. 78 Zugleich setzte sich im Laufe des 18. Jahrhunderts allmählich die Erkenntnis durch, dass eine weitere Steigerung des Repräsentationsaufwands nicht mehr möglich und eine auf reale ökonomische Ressourcen gegründete Stärke eines Landes einer nur vorgetäuschten vorzuziehen sei. Der Münchner Hof macht in besonderem Maße die Grenzen der außenpolitischen Wirksamkeit von Repräsentationskultur deutlich. Im Gegensatz zu den auch wirtschaftlich starken Staaten Frankreich und Österreich, an deren Prachtenfaltung sich die Wittelsbacher orientierten, verfügte das kleine Bayern eben doch nicht über die Mittel, die die Ansprüche zu grundieren hatten. Es war zwar nach Einschätzung der Zeitgenossen ein »von Gott und der gütigen Natur reichlich gesegnetes Land« und gebot über eine beachtliche Wirtschaftsleistung, die auf der »Ausfuhr des Salzes und des Korns, samt dem grossen Abgang Bier, so im Lande gebrauet wird«, 79 beruhte. Mit 1,1 Millionen Einwohnern war Bayern bestenfalls eine Mittelmacht, denn Frankreich konnte sich auf eine Bevölkerung von 20 Millionen und die österreichische Monarchie auf 19,5 Millionen stützen. 80 Angesichts der hohen Staatsausgaben für die Hofhaltung war aber kaum Geld vorhanden, das anderen Fürsten als Anreiz für politisches Wohlverhalten gezahlt werden konnte, denn in der »kleinen« 75 76 77 78 79 80
Kruedener 1973, S. 7f. Ebd., S. 50. Elias 1983, S. 123. Schmelzle 1900, S. 190f. Moser 1745, S. 21. Hüttl 1976, S. 51.
Ästhetisierung
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Politik war die Bestechung von Gesandten weit verbreitet. 81 Die Diskrepanz ist für den Historiker Volker Press augenfällig: Der Münchner und Nymphenburger Hof demonstrierte bis in die Äußerlichkeiten den Anspruch der Dynastie, die mit den Habsburgern konkurrierte. Aber mit den dynastischen Ambitionen hielt die Effektivität des Staates, seiner Administration und seiner militärischen Maßnahmen in keiner Weise Schritt, während mit Preußen unter unzeitgemäßer Zurückstellung höfischer Pracht eine neue Großmacht aufstieg, die sich auf den Ausbau von Bürokratie und Armee stützte. 82
Ästhetisierung Nach Aristoteles verfügte die antike Rhetorik über drei Mittel, um den Zuhörer von einer Aussage zu überzeugen oder zu einer bestimmten Handlung zu bewegen: den durch eine schlüssige Beweisführung aus der Sache entwickelter Argumente gekennzeichneten logos, das ethos, das aus dem Charakter des Redners beziehungsweise der von ihm ausgestrahlten Glaubwürdigkeit resultiert, und das pathos, das den Hörer in eine bestimmte Stimmung versetzen soll. Besonders des letztgenannten Mittels bediente sich die Hofkultur, denn ihre Wirksamkeit als Herrschaftsinstrument beruhte nicht ausschließlich auf der Schlüssigkeit der vorgebrachten Argumente. Entscheidend war eine wirkungsvolle Inszenierung des Herrschers, die die »Gemüther der Menschen« 83 bewegte und sein Bild als das eines tugendhaften und integren Fürsten zeichnete. Die Ästhetisierung von Politik ist keine Erfindung des 20. Jahrhunderts. Bereits für die Frühe Neuzeit ist die Strategie evident, das Bild des Herrschers mit Eigenschaften wie Größe und Macht aufzuladen, und zwar auch mit Mitteln, die die sinnliche Wahrnehmung ansprechen und emotionale Wirkungen auslösen. Zwar werden in dieser Arbeit aus Gründen der Deutlichkeit immer wieder Themen isoliert, mit denen besonders der Intellekt angesprochen wurde; diesem Vorgehen widerspricht aber nicht, dass die Hofkultur Körper und Geist meist zugleich ansprach. Weiterhin wird hier angenommen, dass diese strikte Trennung, die allgemein mit René Descartes verknüpft ist, heute nicht mehr aufrechterhalten werden kann. In Anlehnung an die neuere kulturwissenschaftliche Forschung wird hier vielmehr davon ausgegangen, dass Gefühle gleichermaßen mentale wie körperliche 81 82 83
Hartmann 1978, S. 8. Press 1986, S. 90. Loen 1749, S. 216.
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Zustände sind; Gefühle spielen auch bei rationalen Erwägungen eine gewisse Rolle. 84 Die durch glänzende Feste und Theateraufführungen erzeugten, von den Mitgliedern der Hofgesellschaft kollektiv geteilten Gefühle interpretiert Doris Kolesch als eine soziale Bindekraft, die bewusst instrumentalisiert wurde zur Erreichung politischer Ziele. Für sie gründete der theatralisierte Staat Ludwigs XIV. darauf, dass er alle Höflinge »in wechselseitiger Abhängigkeit und Konkurrenz zueinander hält und das soziale wie politische Leben an affektiven Relationen, an Kräften der Attraktion oder auch Repulsion ebenso wie an Dimensionen der Lust, des plaisir und der Intensität orientiert«. 85 Wesentlich sei nicht die von der bisherigen Hofforschung ins Zentrum gestellte affektive Mäßigung der Untertanen, sondern »die Generierung, Formierung und Kultivierung bestimmter Gefühle, die sich um Leitdimensionen des Vergnügens, des Gefallens und Begehrens gruppieren«. 86 Diese Strategie belegen Münchner Festberichte. Auch wenn sie keine Auskunft über die tatsächlich erlebten Emotionen der Festteilnehmer geben, lassen sie Rückschlüsse über die von den Veranstaltern intendierten zu. Ausführliche Beschreibungen im Bericht von 1722 schildern etwa das Erleben der Braut Maria Amalia, um zum Ausdruck zu bringen, dass der Glanz des bayerischen Hofes selbst eine an Pracht gewöhnte Habsburger Erzherzogin in seinen Bann zu ziehen vermag. Im Schloss Schleißheim wollte sie »alles sehen und betrachten. Die Stiege und der grosse Saal gefielen ihr über die massen wohl / und auf der Gallerie hielte Sie lange Zeit bey denen Mahlereyen auf« und bewunderte »bey diesen schönen Antiquitäten und Kunst-Stücken / die subtilen Stri84
85 86
Der von dem Neurologen António R. Damásio begründete Diskurs kann hier nur in einigen Grundannahmen wiedergegeben werden. Seiner empirisch untermauerten Theorie nach werden beispielsweise durch den Anblick eines geliebten Menschen somatische Veränderungen ausgelöst, die dem Wahrnehmenden als Freude bewusst werden. Derartige Erfahrungen werden vom Menschen im Laufe seines Aufwachsens in einem emotionalen Erfahrungsgedächtnis gespeichert, das Damásio als »somatische Marker« bezeichnet. Bei der Vorstellung verschiedener Handlungsalternativen geben diese im Sinne der bisher gemachten Erfahrungen eine Rückmeldung, die den Entscheidungsprozess lenkt. Auch auf den ersten Blick als rational erscheinende Entscheidungsprozesse werden insofern beeinflusst, als beispielsweise schon die Vorstellung der Konsequenz eines bestimmten Handelns infolge neuronaler Vorgänge eine komplexe, sich unter anderem in der Anspannung der Muskeln artikulierende somatische Reaktion auslöst. Diese wird als positiv oder negativ wahrgenommen und lenkt affektiv die vermeintliche kognitive Beurteilung einer Situation sowie die daraus resultierenden Entscheidungen. Für eine ausführliche Darstellung vgl. Damásio 1994; Damásio 2000. Kolesch 2006, S. 16. Ebd.
Ästhetisierung
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che der Pinsel / die Schattierungen und angenehmen Vermischungen der Farben«. Später würdigte sie die »köstlichen und prächtigen Meublen« sowie die in München hergestellten »Tapezereien«, die den Vergleich mit importierter Ware nicht zu scheuen brauchten, und in der als besonders schön beschriebenen Hofkapelle konnte man »die Freude gleichsam aus ihren Augen lesen« angesichts der Erwartung, dort demnächst die »Wercke ihres Gottes-Furcht« auszuüben. 87 Aus dieser Perspektive erscheint auch das Opernhaus als eine Art von Erlebnisraum, dessen Aufgabe es war, kollektive Stimmungen der dort versammelten Hofgesellschaft auszulösen. Der Opernkomponist Reinhard Keiser vertrat die Ansicht, dass es »in des Musici Hand stehe / die Gemüther der Zuhörer nach seinem Willen zu lencken«, und dass er »über die Zuhörer einerley Gewalt habe«. 88 Letztlich war es aber der Herrscher, der über die auf seinen Befehl gespielte Musik die gewünschten Affekte auslöste und so das sinnliche Erleben seiner Untertanen steuerte. Neben der Übermittlung konkreter, aber häufig kompliziert verschlüsselter politischer Aussagen diente die oft kaum mehr zu überschauende Überfülle an Zeichen und sinnlichen Reizen im höfischen Kontext auch dazu, eine besondere »Atmosphäre« zu erzeugen. Diese sollte die Herausgehobenheit des Fürsten aus dem Alltäglichen sinnfällig machen und den Teilnehmern zugleich deutlich machen, an Ereignissen besonderer Bedeutsamkeit teilzuhaben. In der Alltagssprache bezeichnet der Ausdruck Atmosphäre in Anknüpfung an seine eigentliche Funktion der Benennung der Himmelskörper umgebenden Gashülle etwas Flüchtiges, schwer Greifbares. Er wird hier im Sinne des Philosophen Gernot Böhme verwendet, um die leiblich-affektive Wirkung einer Umgebung in ihrer jeweiligen Wahrnehmungssituation zu beschreiben. Für Böhme, der an den Aurabegriff Walter Benjamins anknüpft, ist das primäre Thema von Sinnlichkeit nicht das, »was man wahrnimmt, sondern das, was man empfindet«. 89 Das Atmosphärische sei nicht an Zeichen oder Symbole gebunden, sondern eher als eine Art von Raumwahrnehmung, die über eine leibliche Selbsterfahrung gewonnen wird. Sie kann umrissen werden als etwas »mehr oder weniger deutlich Spürbares, das aber nicht genau an ›harten‹ Tatsachen festgemacht werden kann«. Eine Atmosphäre sei »etwas Fließendes, Schwebendes, ähnlich der Luft, das die Dinge und Menschen berührt und umschließt und eine gefühlshafte Tönung der Situation bedeutet«. 90 Atmosphäre als ein ›Phänomen des 87 88 89 90
Festbericht 1722, f. G2v. Zitiert nach Dammann 1967, S. 227. Böhme 1995, S. 15. Weymann 2005, hier S. 236f.
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Zwischen‹ verweise nicht ausschließlich auf die zwischen Wahrnehmen und Wahrgenommen erstreckende Räumlichkeit, sondern umschließt Dargebotenes und Perzipiertes gleichermaßen und bleibt dabei stets auf die emotionale Erspürung des Wahrnehmenden bezogen. 91 Bei aller Vagheit des Begriffs sei unstreitig, dass Atmosphären zum Erfahrungswissen aller Menschen gehören. Besonders gelte dies für Berufsgruppen wie Architekten, Landschaftsgärtner, Künstler, Musiker und auch Politiker, die es alle verstehen, mit ästhetischen Mitteln für ihre jeweiligen Zwecke passende Atmosphären zu gestalten. 92 Böhme betont, dass Atmosphären bewusst »gemacht« werden, und verweist auf das in der Praxis schon immer vorhandene Wissen, die ästhetische Arbeit darauf abzustellen, den Dingen Eigenschaften zu geben, die von ihnen »etwas ausgehen lassen« und in die Befindlichkeit einzugreifen vermögen. 93 Mit der Funktion der Einstimmung verfolge das Schaffen einer Atmosphäre das Ziel, dem Zuschauer über das ›Gesagte‹ hinaus etwas über die einzelnen Mitwirkenden der Aufführung und ihre Beziehungen zueinander zu vermitteln. 94
Theater und Theatralität Es hat sich überdies als sinnvoll erwiesen, nicht nur das barocke Theater, sondern die höfische Repräsentation generell in den Kategorien von Theatralität zu erfassen, der »je spezifische[n] Inszenierung von Körpern im Hinblick auf eine je besondere Art von Wahrnehmung«. 95 Beschreibungen des Tafelzeremoniells, bei dem der Herrscher, manchmal auch die ganze Herrscherfamilie, vor den Augen des Hofstaats aß, machen die Anwendbarkeit deutlich. Zum öffentlichen 91 92 93
94 95
Schouten 2007, S. 44. Weymann 2005, S. 237. »Wenn ein Innenarchitekt etwa einen Raum mit einer seegrünen Tapete ausstattet, dann geht es ihm ja nicht um die Produktion von Wänden mit dieser Farbe, sondern um die Erzeugung einer räumlichen Atmosphäre. […] Am deutlichsten ist es vielleicht bei der ephemeren Kunst der Bühnenbildnerei. Hier werden nicht Werke produziert, sondern Szenen, d. h. atmosphärisch gestimmte Räume, in denen sich ein Drama vollziehen soll.« Böhme 1995, S. 87. Schouten 2007, S. 209. Für Erika Fischer-Lichte lässt sich Theatralität in vier Aspekte ausdifferenzieren: Den der Aufführung, also das Zusammenspiel von Darstellung durch Körper und Stimme vor körperlich anwesenden Zuschauern; den der Inszenierung, die als spezifischer Modus der Zeichenund Materialverwendung in der Produktion zu beschreiben ist, den der Korporalität, also der Körperhaftigkeit bzw. Körpergebundenheit theatraler Prozesse, der sich aus dem Faktor der Darstellung bzw. des Materials ergibt, und den der Wahrnehmung, der sich auf den Zuschauer, seine Beobachterfunktion und -perspektive bezieht. Fischer-Lichte 2001, S. 3f.
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Speisen von Ludwig XIV. bemerkt Peter Burke: »These meals were performances before an audience. It was an honour to be allowed to watch the king eat, a greater honour to be spoken to by the king during the meal, a supreme honour to be invited to serve him his food or to eat with him.« 96 Diese Praxis war auch in München üblich, wie der bayerische Lokalhistoriker Felix Joseph Lipowsky zusammenfasst: Am neuen Jahrestage, an den Geburts- und Namens-Tagen des Churfürsten und seiner Gemahlin, dann des Churprinzen, eben so an großen Kirchen- und Hoffesten war jederzeit offene Tafel im großen Saale, wo aber nur die churfürstliche Familie an der Tafel saß, und auf goldenen Service speiste. Bei diesem Mittagsmahle hatten die Kammerherren die Speisen aufzutragen, die Truchsessen mit den Edelknaben zu serviren, dann die Herren und Damen vom hoffähigen Adel, dann eben so die Kollegial-Vorstände und Räthe, die Generäle, Stabs- und Oberoffiziere stehend aufzuwarten, und die Hofmusik ein Konzert zu geben. Dem Volke war es gestattet, an einem für dasselbe bestimmten Orte der offenen Tafel zuzusehen und der Musik zuzuhören. 97
Den Charakter einer von den Körpern der Herrscherfamilie bestrittenen und auf die Wahrnehmung von Zuschauern abzielenden Aufführung unterstreicht die zeitgenössische Beschreibung der Tafel, die im Rahmen des Festes von 1722 ausgerichtet wurde: Was vor ein Glück aber war es vor die getreuen Unterthanen Ihrer Churfürstl. Durchl. zu Bayern / dass ihnen ein freyer Zutritt in diesen Saal vergönnet wurde / und sie das Vergnügen haben kunten / diese Durchleuchtigste hohe Gesellschaft speisen zu sehen / nemlich zwey Churfürsten / welche als ein Glück und Wonne ihres Volcks zu betrachten / eine Churfürstin / deren Schönheit nicht geringer / als ihre Tugend ist / 4. Printzen / welche würdige Erben derer Verdienste Ihrer Durchleuchtigsten Vorfahren / die Gemahlin des Herzogs Ferdinands, deren wahre Frömmigkeit der Himmel durch die Geburt zweyer liebenswürdiger Printzen belohnet hat / absonderlich aber eine so vollkommene Printzessin und Ertz-Herzogin / der man gleich bey dem ersten Anblick das Herz als ein schuldiges Opffer darbieten muß. 98
Vorrangiger Zweck öffentlicher Tafeln war nicht die Nahrungsaufnahme, sondern es wurden politische Herrschaftsvorstellungen in symbolischer Form zum Ausdruck gebracht. Der Gehalt einer öffentlichen Tafel – eine derartige Veranstaltung ist noch für die österreichische Kaiserkrönung von 1916 belegt – wird heute darin erkannt, dass die daran beteiligte gesellschaftliche Gruppe sich 96 97 98
Burke 1992, S. 87. Lipowsky 1830, S. 47. Festbericht, f. F[1]v.
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Repräsentation
»in nahezu ritueller Weise durch den Akt des Teilens neu zu bestätigen« sucht. Das Speisen hatte die Funktion, »den gemeinschaftlichen Akt des Teilens einzuüben und zugleich die verschiedenen Rollen innerhalb der Gesellschaft nach innen und außen darzustellen«. 99 Die Hierarchie wurde dargestellt, da der Kurfürst von den Inhabern der Hofämter bedient wurde, wobei feinste Differenzierungen zum Ausdruck brachten, in welchem Verhältnis die Beteiligten zueinander standen. Zugleich verwies das Zeichensystem der öffentlichen Tafel auf die christliche Liturgie, insbesondere auf das Abendmahl. 100 Im höfischen Kontext bediente man sich in hohem Maße Ausdrucksformen, die heute eher mit dem Theater in Verbindung gebracht werden und für die schon die Zeitgenossen auf Theatermetaphorik zurückgriffen. Ein Hof ist für den Zeremonialwissenschaftler Julius Bernhard von Rohr nichts anderes »als ein stets währender Schau-Platz, auf welchem immer eine Comödie nach der andern gespielt wird, und allwo immer neue Personen auftreten, welche ihrer Vorfahren Masquen angenommen. Ist ein Schauspiel geendiget, so werden schon neue Masquen, Scenen, Maschinen, Decorationen, und andere zur Verstellungs-Kunst benöthigten Dinge ausgearbeitet, um der Welt ein abermahliges Schau-Spiel vorzustellen.« 101 In der oben zitierten Beschreibung der Münchner Tafel von 1722 wird neben der Vollkommenheit der Braut auch die Würde der Prinzen herausgestrichen. Um Eigenschaften wie diese nach außen zu tragen und sich so im höfischen Kontext zu behaupten, waren Fähigkeiten wie Selbstbeherrschung und Verstellungskunst unabdingbar, denn »wer mit einem formvollendeten Begrüßungskompliment ein kleines Kabinettstück eleganter Körper- und Sprachbeherrschung vorführt, hebt sich allein durch seine Handlungskompetenz von breiteren Schichten im Barock ab«. 102 Rituelles Handeln ist für den Historiker Gerd Althoff stets »theatralisch, feierlich, festlich oder dramatisch übersteigert«, 103 was es für moderne Beobachter fremdartig erscheinen lässt. Die damaligen Akteure »wussten jedoch um den Zeichencharakter ihrer oft ›über-emotionalisiert‹ wirkenden Handlungen und Äußerungen, die Prinzipien der Eindeutigkeit und Unmissverständlichkeit verpflichtet waren. Es dürfte den beabsichtigten Effekt der Aufführungen ausmachen, dass sie der verpflichtende Charakter des Tuns durch das gezeigte Verhalten erhöhte: Wer in aller Freiwilligkeit und mit allem Überschwang Zustimmung oder auch Reue 99 100 101 102 103
Ottomeyer 2002, S. 4. Zur Analogie von Tisch und Altar siehe Völkel 2006. Rohr 1733, S. 806f. Beetz 1990, S. 183. Althoff 2000, S. 85.
Theater und Theatralität
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signalisiert hatte, der war auf die Einhaltung und Einlösung des Versprochenen aufs Stärkste festgelegt.« 104 Besonders deutlich werden die Affinitäten von Theater und Hof dort, wo die Zeichen- und Bedeutungssysteme miteinander verschmelzen. Um Fürstenkinder auf ihre Rolle im »Staatsschauspiel« vorzubereiten, war es üblich, ihnen Schauspielunterricht zukommen zu lassen; zugleich wirkten die engen Wechselbeziehungen zwischen höfischem Habitus und schauspielerischem Gestus auch in der anderen Richtung, denn die gehobene Schauspielkunst orientierte sich an den höfischen Anstands- und Kommunikationsregeln. 105 Wie noch an anderer Stelle ausgeführt wird, erhielt Max Emanuel früh entsprechenden Unterricht. Auch das Jesuitentheater diente zur Vorbereitung einer höfischen Karriere, denn durch die Mitwirkung im Schauspiel sollten die Schüler der Rhetorikklassen gewandtes Auftreten und weltmännische Sitten lernen. 106 Wie sich ein Besucher des Versailler Hofes erinnerte, trat Ludwig XIV. an die Öffentlichkeit wie ein Schauspieler auf die Bühne: »il compose aussitôt son attitude et prend une autre expression de figure, comme s’il devait paraître sur un théâtre«. 107 Max Emanuel sei »ein großer Komödiant«, 108 betonte der französische Gesandte Louis Gaspard de Ricous. Bei Hofe waren geradezu schauspielerische Fähigkeiten notwendig. Rohr riet dem angehenden Edelmann, man müsse seine Gebärden und den Gesichtsausdruck nach den Umständen der Zeit, des Ortes, und der Personen, bey denen man sich aufhält zu verändern wissen. Ist man in der Kirche, oder bey einer heiligen Handlung, so muß man ehrerbietige Geberden machen […]. Befindet man sich in einem Trauer-Hause, und stattet eine Trauer-Visite ab, so muß man traurige Geberden annehmen. Man lerne den im Herzen verborgen liegenden Affect, und der sich gerne in den Zügen des Gesichts zu äußern pflegt, künstlich verbergen, und solche Minen an sich zu nehmen, die ihm entgegen gesetzt. Die Feinde blickt man mit freund104 Ebd. 105 Mainzer Adelskreise boten etwa dem Schauspieler Christ »Gelegenheit, die Großen zu studieren«. Dies »war eine schöne Schule für einen aufmerksamen Schauspieler«, denn man konnte »lernen, dass man erhaben sein kann, ohne sich zu bäumen und auf den Spitzen zu stehen oder in jeder Periode mit einem Schritt vor und mit einem zweiten wieder zurückzutreten«, und »lernen, fest zu stehen, welches freilich ungleich schwerer ist als das unaufhörliche Gezapple und überflüssige Gestikulieren.« Zitiert nach Daniel 1995, S. 60. 106 Mit Formen wie ›Deklamationen‹ bzw. Dialogen, die im späten 17. Jahrhundert in München anlässlich der Geburt Jesu, seiner Auferstehung, der Ausgießung des Heiligen Geistes und des Märtyrertods der Katharina von Alexandrien (25. November) aufgeführt wurden, sollten die Schüler sich in der Modulationsfähigkeit der Stimmen, deutlicher Aussprache und Körperbeherrschung üben. Kindig 1965, S. 36. 107 Fassola di San Maiolo 1988, S. 28. 108 Hüttl 1976, S. 368.
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lichen Geberden an, und denen Frauenzimmer, vor die man in seinem Herzen Passion heegt, begegne man kaltsinnig, damit andere nicht klug aus uns werden. 109
Wolle man sich »zu einem Hof-Mann qualificiren«, so werde »das finstre Soldaten-Gesicht zu keinem Recommendations-Schreiben dienen. Manch ansehnlich geistlich und weltlich Amt, erfordert eine gravitätische und ernsthaffte Mine, und hilfft auch bisweilen bey den Subalternen und bey den Geringern, die alle Tritte, Schritte, Reden und Minen ihrer Vorgesetzten zu beobachten pflegen, ein größer Ansehen zuwege bringen«. 110 Die bayerischen Herrscher entsprachen diesen Anforderungen, die auch heute noch an Personen gestellt werden, die sich im Blick der Öffentlichkeit befinden, wie Johann Michael von Loen bei der Kaiserkrönung Karl Albrechts beobachtete: Der Kayser hat etwas grosses und erhabenes. Seine Bildung kommt mit seiner Hoheit überein. Man entdecket darinnen die Züge grosser Bestimmungen; Er ist ernstlich und freundlich, männlich und angenehm. Seine Geberden sind majestätisch. Dieses Majestätische aber ist natürlich und ungezwungen. Er hat starke Lineamenten, eine Adlersnase, grosse Augen, einen weiten Mund und solche Lefzen, wie sie einem Erben aus dem Hause Österreich geziemen. Alles dieses formirt zusammen ein recht kayserliches Gesicht. Diejenige, welche sich auf die Psysionomie verstehen, können aus diesen Zügen seine Gemüths-Eigenschaften entwerffen und werden sich darinnen nicht betrügen. Sie haben nichts zweydeutiges, nichts geheimes, nichts Böses. Die Aufrichtigkeit, die Großmuth und die Tapferkeit leuchten ihm aus den Augen. Die Gleichgesinntheit, die Sanftmuth, die Gerechtigkeit machen seinen Charakter vollkommen. 111
Die Beschreibung macht deutlich, wie ein Herrscher allein durch sein Auftreten beeindrucken konnte. Nichts anderes, als auf diesem Wege auf den Zuschauer einzuwirken, war das Ziel von Schauspielkunst, die der Münchner Jesuitendramatiker Franciscus Lang in seiner 1727 posthum veröffentlichten Dissertatione de actione scenica definiert als »die schickliche Biegsamkeit des ganzen Körpers und der Stimme, die geeignet ist, Affekte zu erregen«; er verweist auf die Wahrnehmung der Zuschauer, deren Gemüter »die fast wundersame Kraft« des Theaters bewege. 112
109 110 111 112
Rohr 1728, S. 190f. Ebd., S. 189f. Loen 1749–52, Bd. II, S. 195f. Lang 1975, S. 163.
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Klangstrategien Die Wirkung des Auftretens des Herrschers sollte durch den genau kalkulierten Einsatz der verschiedenen Medien – von denen die Musik eine der wesentlichsten war – gesteigert werden. An dieser Stelle kann die umfängliche Diskussion zur Musikanschauung der Frühen Neuzeit nicht rekapituliert werden, sondern es muss die Feststellung genügen, dass die Frage nach der Wirkung von Musik dort stets im Mittelpunkt steht. 113 Als das Ideal von Theatermusik zeichnet etwa der Jesuit Athanasius Kircher das größtmöglicher affektiver Intensität, die bis zum Verlust rationaler Kontrolle führen solle. An szenischen Darbietungen im Umfeld des Kardinals Francesco Barberini hob er hervor, »dass die Autoren einen Handlungsablauf mit solcher Wirksamkeit, mit so lebendigen Gesten und so großer Abwechslung der Affekte dargeboten haben, dass die Zuhörer, weil sie sich nicht mehr beherrschen konnten, häufig in Schreien, Ächzen, Seufzen und exotische Körperbewegungen ausbrachen, und durch äußere Zeichen deutlich ausdrückten, von welcher Glut der Affekte sie erfüllt wurden«. 114 Die Musik könne acht Affekte ausdrücken: »erstens Liebe, zweitens Trauer oder Klage, drittens Fröhlichkeit und Jubel, viertens Wut und Empörung, fünftens Mitleid und Tränen, sechstens Furcht und Beklemmung, siebtens Erwartung und Kühnheit, achtens Bewunderung. Alle übrigen Leidenschaften kann man leicht auf diese zurückführen«; zugespitzt erzeuge dabei bewegungs- und konsonanzenreiche Musik Freude, langsame und dissonante Musik Traurigkeit. 115 Die Erzeugung von Affekten sei hierbei kein Selbstzweck, sondern analog zur Rhetorik ein Mittel, um die innere Zustimmung des Zuhörers zu den Absichten des Vortragenden herzustellen. 116 Die oben beschriebene öffentliche Tafel im Kaisersaal wurde laut Festbericht begleitet durch »eine vortreffliche und höchst angenehme Music«, 117 über deren konkrete Beschaffenheit allerdings nichts weiter mitgeteilt wird. Auf die generelle Praxis musikalischer Untermalung der zeremoniellen Handlung öffentlicher Tafeln verweist Friedrich Carl von Moser. Danach wird an »grossen Höfen […] während der Tafel Music gemacht, wo nicht alltäglich, doch an Sonn- und Fest-Tagen, bey den offenen Tafeln und Anwesenheit fremder Gäste. An dem Kayserlichen Hof wird an den drey hohen Festen, so bald sich der Kay113 114 115 116 117
Siehe dazu allgemein u. a. Dammann 1967. Zitiert nach Erlach 2006, S. 111. Ebd., S. 87. Ebd., S. 96. Festbericht 1722, f. F[1]r.
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ser zur Tafel setzet, ein Teutscher Kirchen-Gesang angestimmt, z. B. an Weyhnachten: Der Tag der ist so freudenreich; an Ostern: Erstanden ist der Heilig Christ.« 118 Auch bei der Beschreibung der öffentlichen Tafel, die 1722 in Nymphenburg gegeben wurde, betont der Berichterstatter die Beteiligung von Musik am Geschehen. Nach allerlei Lustbarkeiten im Schlosspark »begab man sich in den grossen Saal / allwo ein herrliches Nachtmahl angeordnet und unter einer lieblichen Harmonie der Musik öffentliche Tafel gehalten wurde / nach welcher ein Tantz angestellet ward / welcher spät in die Nacht währte. Es ist unbeschreibliche / was vor eine Menge Volck von allerhand Standes / und andern Personen sich bey diesem angenehmen Schauspiel eingefunden.« 119 Folgt man der Metapher des Schauspiels, dann fungierte die Tafelmusik als eine Art von Theatermusik; interpretiert man die Tafel wegen ihrer Affinitäten zum Abendmahl als quasireligiöse Handlung, dann wäre die dazu erklingende Musik als eine Art von liturgischer Musik zu deuten. Vokal- und Instrumentalmusik sowie das Abfeuern von Salutschüssen war mehr als nur eine angenehme Untermalung der Tafel. Als hörbare Zeichen verdeutlichte Musik Handlungen, die im zeremoniellen Ablauf eine besondere Rolle spielten: Durch mehrere Salutschüsse erfuhren beispielsweise die Personen, die das Geschehen selbst nur ungenügend im Blick hatten, mit akustischen Mitteln, wann der Fürst sich zur Tafel setzte und wann er zum ersten Mal das Glas erhob. 120 In der Münchner Residenz waren zwölf Trompeter und zwei Pauker im Brunnenhof postiert, die auf ein Zeichen aus dem Fenster hin musizierten und den Palast so über den Beginn des Essens, den ersten Trunk und das Auftragen der Gänge informierten. Vor allem aber wurde das zeremonielle Geschehen durch die Verwendung festlicher Musik aus dem Alltag herausgehoben und so mit einer Atmosphäre des Besonderen versehen. Für Böhme ist »das Akustische […] einer der Hauptfaktoren für die Herausbildung von Atmosphäre« wie auch »dessen Phänomene – Musik, Sound, Geräusche, Lärm – […] bewusst eingesetzt« werden, »um Atmosphären zu erzeugen«, wobei es »zugleich um die Gestaltung des Lebensgefühls geht«. 121 Wie das Licht sei auch das Akustische ein zwar immaterieller, nichstdestotrotz wesentlicher Bestandteil von Architektur. 122 Musik sei eines der mächtigsten Mittel zu Erzeugung von Atmosphären; aber auch wenn die emotionale Wirkung von Musik außerordentlich groß ist, 118 119 120 121 122
Moser 1754/55, Bd. II, S. 538. Ebd. Völkel 2002, S. 19. Böhme 2006, S. 76. Ebd., S. 76.
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wurde dies bisher nur unzureichend erfasst, da die Musiktheorie zu sehr auf die Musik als Gegenstand fixiert sei. Musik werde fast durchweg als Zeitkunst verstanden, während sie vonseiten der Theorie der Atmosphäre als Raumkunst angesehen wird. 123 Sie sei eine Modifikation des leiblich gespürten Raumes, sie formiere »das Sichbefinden des Hörers im Raum, sie greift unmittelbar in dessen leibliche Ökonomie ein«. 124 Musik eröffne, »ähnlich wie das Atmen, die Möglichkeit, den Menschen die Erfahrung zu vermitteln, gegenwärtig zu sein«. 125 Neben der öffentlichen Tafel gab es an den Höfen zahlreiche weitere zeremonielle Anlässe, zu denen Musik erklang. Bei »Hoch-Fürstlichen GeburthsTägen, Beylagern, Kindstauffen, Huldigungen, Krönungen und anderen Festivitäten« pflegten die Komponisten »auf mancherley verschiedene Weise […] »allerhand Serenaden, musikalische Pastorellen und Sing-Ballette, durch Hülffe der Poesie, Music und Mathematic zu erfinden«. 126 Die Bestimmung der Musik bestimmte ihre Faktur. Werner Braun regt an, nicht nur nach der Art der Musikdarbietung zu differenzieren, sondern auch nach den Unterschieden des Musikhörens: »wahrnehmen (vage zur Kenntnis nehmen) und hinhören (die Aufmerksamkeit auf die Musik richten). Im erstgenannten Fall dient die Musik gleichsam als Geräuschkulisse; sie darf weder fehlen noch hervortreten: Im zweitgenannten Fall verblassen die Begleitumstände; diese allein ist wichtig.« 127 Während in der Kammer »auf schöne, leise und mannigfaltige Klänge Wert gelegt und mehr oder weniger aufmerksam zugehört wurde«, 128 gehorchte Musik bei Anlässen, bei denen eine starke visuelle Komponente dazukam wie bei Umzügen oder Feuer werken, zwangsläufig anderen Notwendigkeiten. Wesentliche Funktion von Festkompositionen war es für Stefan Kunze, »die Einheit von Schaugepränge, gedichteter Sprache und Aktionsvollzug sinnfällig zu machen«, wozu relativ schlichte musikalische Texturen genügten, »die ihre eigentliche Dimension nur in der Klangerscheinung hatten«. 129 Für Musik, die primär zur Erzeugung einer Atmosphäre diente, war prächtige Klangentfaltung ungleich wichtiger als kompositorische Subtilität. Dabei wurden die instrumentalen Mittel gezielt zur Charakterisierung der Situation eingesetzt. Josef Focht beobachtet eine Ausweitung der Möglichkeiten der Bassinstrumente, 123 124 125 126 127 128 129
Böhme 2005, S. 309f. Böhme 2006, S. 78. Böhme 2005, S. 312. Rohr 1733, S. 785. Braun 1981, S. 61. Ebd., S. 50. Kunze 1981, S. 75.
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deren Untergrenze durch das Hinzufügen tieferer Saiten und die Vergrößerung ihrer Korpus- bzw. Saitenmensuren zunehmend tiefer rückte. Die Ausweitung des 8'-Registers in die 16'-Lage wurde oft nicht musikalisch, sondern repräsentativ motiviert, weswegen der Registerwechsel auch nicht schriftlich fixiert wurde, sondern während der Aufführung geschah; etwa auf einen entsprechenden Wink des Kapellmeisters. Als geeignete Situation für den Einsatz des effektvollen 16'-Registers erkennt er »das Erscheinen des Fürsten beim Fest […] oder der Auftritt des Primo Uomo auf der Opernbühne, der Höhepunkt eines Banketts, die Wiederholung eines Tanzes, das laute Finale eines Feuerwerks, eine gewichtige Kadenz oder prächtige Coda, ein feierliches Te Deum usf.« 130 In einem anregenden Aufsatz mahnt Jörg Jochen Berns die Aufarbeitung politischer Klangstrategien an und betont, dass »zeremonielle Choreographie weder ohne akustische Binnensteuerung funktionieren, noch ohne akustische Zeichen ein zeremoniell-externes Publikum erreichen und dann womöglich auch integrieren kann«. 131 Wie der Fürst von allen gesehen werden musste, so sollte er auch von allen gehört werden: »Wie die visuelle macht auch die akustisch zu realisierende Omnipotenz den Fürsten gottgleich.« 132 Berns arbeitet verschiedene Anlässe akustischer Herrschaftsdemonstration in der Frühen Neuzeit heraus. Die erfolgte Kaiserwahl wurde dadurch publik gemacht, dass nach Aufziehen eines weißen Fähnchens das volle Geläut des Doms einsetzte; dies löste das Geläut der Kirchtürme in den umliegenden Stadteilen aus, was wiederum die Glocken der außerhalb der Stadtmauer liegende Kirchen zum Klingen brachte. Gleiches geschah an anderen Orten, nachdem dort Boten die Nachricht überbracht haben, sodass allmählich eine sich konzentrisch erweiternde Klangvakuole bis an die Peripherie des Reiches vordrang. 133 Der Fürst ist das Zentrum der akustischen Sphäre, umgeben von Klängen, die seine Anwesenheit sinnfällig machen. Die zeremonielle Klangzentrierung habe den Sinn, kontingente Klänge, Alltagsgeräusche, zu übertönen und vom Fürsten fernzuhalten. Obwohl der Fürst die Geräusche, in deren Zentrum er sich befindet, nicht selbst erzeugt, so ist er doch ihr Anlass. Sofern der Fürst sich in Ruhe befindet, bildet sich über und um ihn eine konzentrische Klangkuppel. Sofern er sich bewegt, bewegt sich ein Klangkokon mit ihm. Die Klänge, die vom Fürsten abstrahlen, sind dabei von unterschiedlicher ästhetischer Qualität: In der Nähe des Fürsten sind sie für einen engen Adressatenkreis leise und fein instrumentiert und wohl kompo130 131 132 133
Focht, im Druck. Berns 2006, S. 49f. Ebd., S. 50. Ebd.
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niert. Für fernere und fernste Adressaten hingegen werden grobe Klänge mittels lauter, grobschlächtiger Geräte aufgeboten. 134
Hierarchie Das Bestreben, den Status sinnfällig zu machen, betraf nicht nur den Herrscher und das von ihm repräsentierte Staatsgebilde, sondern jedes einzelne Mitglied der höfischen Gesellschaft. Das Musikleben ordnet sich dabei in einen vielfältigen Kontext ein. Mit der Zuweisung eines Status ging die Verpflichtung einher, diesen öffentlich zu machen; man war nicht nur aufgefordert, sich mit ihm zu identifizieren und sich seiner täglich aufs Neue zu versichern, sondern dieser Status musste beständig und in allen Lebensäußerungen gezeigt werden. Jede noch so nuancierte Abweichung von der ausgesprochenen oder unausgesprochenen Norm wurde aufmerksam wahrgenommen und begutachtet, ob sie angemessen war oder nicht war beziehungsweise ob sie als Prestigegewinn und Statuserhöhung oder -verlust bewertet werden konnte. 135 Fragen des Vortritts waren eine unerschöpfliche Quelle von Streitigkeiten, die mitunter dazu führten, dass von der Einladung bestimmter Personen lieber Abstand genommen wurde, um Streitigkeiten von vornherein zu vermeiden. So wurden bei den Opernaufführungen zur Krönung Ferdinands IV. zum Römischen König auf dem Reichstag in Regensburg 1653 der päpstliche Nuntius und der spanische Gesandte nicht eingeladen, da die zeremoniellen Schwierigkeiten unlösbar erschienen; sie konnten aber inkognito an der Aufführung teilnehmen, denn durch das Ablegen des Ranges galt man als nicht anwesend. 136 Genau abgestuft war in München auch das diplomatische Zeremoniell, wobei der Empfang von Diplomaten nach dem Vorbild des Wiener Kaiserhofs strukturiert war: Mitglieder verwandter Höfe oder der Kaiser wurden vor der Stadt feierlich eingeholt, alle anderen übersandten nach Ankunft dem Oberstkämmerer ihr Credential-Schreiben und vereinbarten einen Termin für die Audienz. An diesem Tag wurde ihnen eine sechsspännige Kutsche entgegengeschickt, die sie bis zur Breiten Treppe brachte. Je nach Rang wurden sie bereits dort oder in einem der Vorzimmer empfangen und vorbei an Spalier stehenden Wachen zum Audienzzimmer geführt. In diesem stand der bayerische Kurfürst auf einem 134 Ebd., S. 60. 135 Vgl. Schlechte 1989, S. 20. 136 Sommer-Mathis 1995, S. 517.
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Podest unter einem Baldachin, zog beim Eintreten des Gesandten den Hut und bedeckte seinen Kopf wieder. Unter Reverenzen begab der Gesandte sich zum Podest, die Unterredung begann; das Verabschieden erfolgte mit dem gleichen Zeremoniell. 137 Unausgesprochen gehörte zur Darstellung sozialer Distinktion die des Geschlechts: Dem Privileg des männlichen Adelsangehörigen, eine seinem Rang gemäße Rolle und Stellung am Hof einzunehmen, stand das Recht der adligen Frau auf die ihrer Familie angemessene Einordnung im weiblichen Ranggefüge gegenüber. 138 Äußere Zeichen machten jedoch die Hierarchie der Geschlechter deutlich, etwa wenn sich eine neu geborene Prinzessin gemeinhin mit der Hälfte der Böllerschüsse zu bescheiden hatte, mit denen ein Prinz begrüßt worden wäre. 139 Die Hofoper fungierte als ein Ort, an dem die gesellschaftliche Ordnung besonders deutlich wurde. Dies betraf nicht nur die inhaltliche Ebene der Darbietungen, sondern auch die jeweilige Platzierung des Einzelnen im Zuschauerraum. Die Bedeutung des Platzes als Ausweis der sozialen Stellung zeigt sich unter anderem darin, dass Kurfürst Max Emanuel sich bei einem Besuch am Wiener Hof besonders befriedigt darüber zeigte, bei einer Freilichtaufführung in einer Reihe mit dem höhergestellten Kaiserpaar sitzen zu dürfen. 140 Wer welchen Platz einnehmen durfte, war bei Hofe streng geregelt – je höher der Rang, desto näher beim Regenten. Die »Ehr-Geitzigen« wollen in »Comoedie und Oper die besten Plätze haben«, bemerkte 1732 Julius Bernhard von Rohr. 141 Reglements wie das der Dresdner Oper aus der Zeit um 1720 verweisen durch die in ihnen angedrohten Sanktionen auf die Praxis einzelner Opernbesucher, sich durch das Besetzen eines ranghöheren Sitzes den Anschein einer Standeserhöhung zu geben; neben der Bestechung der Logenmeister kam es dabei sogar gelegentlich zu Versuchen, sich mehr oder weniger gewaltsam Zutritt in die Logen zu verschaffen. 142 Dass die Situierung des Einzelnen im Zuschauerraum in München tatsächlich als bedeutungsgeladen wahrgenommen wurde, macht auch ein Tagebucheintrag des Grafen Preysing aus dem Jahre 1719 deutlich. Dort notiert er konsterniert, bei einer Aufführung von Pietro Torris Merope habe der Erzbischof von Salzburg neben dem Kurfürsten gesessen und »den ersten Platz« 143 137 138 139 140 141 142 143
Graf 2002a, S. 86. Schraut 1998, S. 14. Ebd., S. 15. Seifert 1985, S. 20f. Zitiert nach Jahn 2005, S. 355. Walter 2005, S. 492. Ursprung 1927, S. 149.
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besetzt; und dies, obwohl er inkognito reiste, wodurch man seinen zeremoniellen Rang vorübergehend ablegte, weswegen dem kirchlichen Würdenträger dieser Platz eigentlich nicht zustand. Das Streben nach Ordnung schlug sich auch in der Wahl der bei Hofe verwendeten künstlerischen Ausdrucksformen nieder. Der Hierarchie entsprechend gestaltet wurden selbst die Stuhlformen, Dekore von Gläsern oder Materialien des Tafelgeschirrs. Selbst die Gestaltung der Sitzmöglichkeiten im Opernhaus war genau darauf abgestuft: Bei der 1744 in Wien gespielten Festoper zur Hochzeit der Erzherzogin Maria Anna saß diese in einer Reihe mit ihrer Schwester Maria Theresia, deren Ehemann Franz von Lothringen und dem Bräutigam Alexander von Lothringen in einer Reihe auf einem Podest, wobei alle ihre Stühle Rücken- und Armlehnen hatten, mit Ausnahme desjenigen von Prinz Alexander, der lediglich eine Rückenlehne hatte. 144 Zentrale Medien, um die Rangfolge zum Ausdruck zu bringen, waren die Festbeschreibungen und -berichte mit ihren heutigen Lesern meist irrelevant erscheinenden Mitteilungen der Zusammensetzung von Gesellschaften, Anordnung der Gäste bei Tisch oder Reihenfolge der Teilnehmer bei Umzügen. 145 Ebenso diente bekanntlich die Architektur dazu, die Stellung des Fürsten zu verdeutlichen. Für Jörg Jochen Berns ist »das architektonische Ensemble eines frühneuzeitlichen Hofes, einer Residenz, als Auskristallisierung fürstlich-absolutistischen Denkens zu dechiffrieren: als petrifizierte Choreographie der höfischen Gesellschaft«. 146 Unabhängig von ihrer geografischen und historischen Beziehung zu den übrigen Teilen des Flächenstaats wurde die Residenz zum Zentrum, zum »Nullpunkt eines Koordinatensystems«, der seine Bedeutung aus der Präsenz des Herrschers bezog. Monika Schlechte unterstreicht den »universellen Anspruch der großen axialen Systeme des Barock«, 147 die die unumschränkte Position des Herrschers im sozialen wie im natürlichen Raum sinnfällig untermauerten, an die Distanzen, die durch den monumentalen Schlossbau geschaffen wurden, an den Wirkungsraum durch die Cour d’honneur. Und auch im Innern lassen die großzügigen Treppen und langen Enfiladen den Durchschreitenden oder Emporsteigenden den Abstand zwischen gesellschaftlichem Oben und Unten empfinden. »Sie bewirken einerseits durch eine Art Demutsgang ›ständische Selbsteinordnung‹, andererseits tragen sie zur Erhöhung, Ent-
144 145 146 147
Sommer-Mathis 2006, S. 186. Gestrich 1994, S. 93. Berns 1993, S. 15f. Schlechte 1989, S. 34.
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rückung, Glorifizierung des Fürsten bei.« 148 Zwar fand sich die Gestaltung von Natur nach geometrischen Mustern schon vereinzelt in den Gärten der Renaissancezeit, aber erst im Absolutismus »wurde das Schloß in die Mitte einer solchen geometrischen Anlage der Welt gesetzt […] und die Fiktion entworfen, Geometrisierung sei ein Ordnungsprinzip, dem die Welt überhaupt unterworfen zu werden habe«. 149 Aus dem Blickwinkel muss auch das Opernhaus betrachtet werden. Auf den Zusammenhang von Zentralperspektive und absolutistischer Ordnung hat Rudolf Zur Lippe hingewiesen. Danach gibt es in Hoftheatern lediglich einen idealen Betrachter, nur von einem Punkt im Zuschauerraum kann die Bühne ›richtig‹ gesehen werden. Dort thronte der Herrscher (wenn auch nicht mit der von Zur Lippe suggerierten Zwangsläufigkeit), »der perspektivischen Darstellungswirklichkeit politisch die Geltung in der gesellschaftlichen Wirklichkeit« verleihend. An jedem anderen Zuschauerpunkt hingegen zerfällt die Illusion und kann nur dadurch wiederhergestellt werden, »dass alle anderen Zuschauer sich fortwährend an den Platz des idealen Zuschauers versetzt denken. Sie nehmen die Darstellung also vermittelt über ihn auf. Im Wesentlichen bestehe das Schauspiel darin, dass sie den König in seiner Rolle als idealer Betrachter sehen und verfolgen.« So werde allen immer wieder demonstriert, »dass ihre eigene Identität mangelhaft und abhängig von der perfekten Identität des Königs sich ausbildet, über die allein sie Zugang zu der politisch geltenden, der repräsentativen Wirklichkeit haben.« 150 Hierarchische Prinzipien schlugen sich nicht nur im Umfeld der Aufführungen nieder, sondern bestimmten auch die Faktur der gespielten Stücke. Es war etwa geregelt, welche Formen und Gattungen für welche Anlässe als angemessen galten. Das reichte hinein bis in die Dramaturgie der Opern, die auf verschiedenen Ebenen auf die soziale Ordnung verwiesen. Nicht nur Verteilung und Anzahl der Arien auf die einzelnen Charaktere zeigt die Stellung der dargestellten Person innerhalb der jeweiligen Oper, sondern dies konnte bis zu den den einzelnen Charakteren zugebilligten Ausdrucksmitteln wie etwa Tonartenverteilung reichen. Reinhard Wiesend hat am Beispiel verschiedener Partituren Johann Adolf Hasses darauf hingewiesen, dass entlegene Tonarten, die extreme Affektdarstellungen ermöglichen, in der Regel den Hauptrollen vorbehalten waren. 151 Die Beachtung des Dekorums – die Angemessenheit des Stoffes und der Dar148 149 150 151
Ebd. Zur Lippe 1986, S. 154. Ebd., S. 143, 150. Wiesend 1987, S. 227.
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stellungsweise – war von zentraler Bedeutung. Das Verhalten der Figuren sollte dem im Rang einer derartigen Person erwarteten entsprechen; es müsse berücksichtigt werden, »ob denen Personen solche Redens-Arten beygelegt werden, die sich zu ihrem Stande schicken, und nicht zu hoch noch zu niedrig seyn«. 152 Für den Jesuitendramatiker Franciscus Lang solle der kluge Schauspieler sich selbst bei der Darstellung von Rasenden »so betragen, dass er bei allem, insbesondere, wenn er vornehme Personen darstellt, die Schicklichkeit nicht vergesse, ohne welche die Bühne ein Narrenhaus, kein Schauplatz von Klugheit wäre«. 153 Abweichungen von dem der Person jeweils angemessenen Normenkodex wurden daher als bedeutungsgeladen wahrgenommen, wie der oft zitierte Zwischenfall mit Faustina Bordoni anlässlich einer Dresdner Aufführung von Demofoonte zeigt. 154 Das Dekorum sollte generell auch bei Kostümen und der Musik berücksichtigt werden; so muss die Kleidung »so wohl in Ansehung der Formen, als auch der Farbe und anderer Umstände, nach der übrigen Abhandlung der Materie reguliren. Werden hohe Personen angeführt, so muß auch der Pracht der Kleider mit ihrer Hoheit correspondiren.« 155 Dies findet seine Entsprechung bei der Wahl der Musik, mit der diese Personen auftreten. Während bei »Cavaliers und Dames […] douce Music zu gebrauchen« sei, empfiehlt Rohr »bey Bauern und Schäfern«, die er als »lustiges Völcklein« charakterisiert, »Schallmeyen, Dudelsack und Leyer«. 156 Die Hierarchien der in Opern auftretenden Personen resultierten nicht aus dem Ansehen der sie verkörpernden Sänger, sondern aus dem sozialen Status der jeweils dargestellten Bühnenfiguren. Dies fällt nicht zwangsläufig zusammen. So wird der König stets an erster Stelle der »Personaggi« genannt, auch wenn er nicht die Hauptfigur der Oper darstellt. Selbst die Reihenfolge der in den Prologen von Festopern auftretenden Götter erscheint mitnichten als beliebig: Wenn in den Libretti der Münchner Festopern Servio Tullio (1686) und Adelaide (1722) jeweils Jupiter als erster Gott aufgelistet wird, so bildet dies seine herausragende Stellung im Olymp ab. 152 Rohr 1728, S. 498. 153 Lang 1975, S. 201. 154 Faustina Bordoni und die ›seconda donna‹ stritten, welcher der beiden Sängerinnen auf der Bühne der sozial höhergestellte Platz auf der rechten Seite zukäme. Die ›seconda donna‹ vertrat die Ansicht, dass der von ihr verkörperten Fürstin Creusa diese Ehre gebühre, während Bordoni argumentierte, dies stehe der von ihr dargestellten Dircea zu, da sie sich am Schluss der Oper als die legitime Prinzessin entpuppt. Schließlich wurde sogar Pietro Metastasio selbst konsultiert, der erklärte, dass Dircea Creusa alle notwendigen Zeichen der Ehrerbietung machen müsse, weil sie erst am Schluss als Tochter Demofoontes erkannt wird. 155 Rohr 1733, S. 800f. 156 Ebd., S. 794f.
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Kult Noch in zahlreichen Münchner Musiktheaterstücken des Untersuchungszeitraums treten Götter der Antike auf, etwa wenn in Gli dei festeggianti (1688) Jupiter und Pallas Athene – wie schon der Titel verheißt – den bayerischen Kurfürsten feiern. Dies verweist unter anderem darauf, dass absolutistische Herrscher ihren fürstlichen Machtanspruch zu untermauern suchten, indem sie ihre Autorität als von Gott gegeben darstellten, aber auch – und dies steht in einem gewissen Widerspruch – indem sie sich durch Theateraufführungen in eine Reihe mit antiken, also heidnischen Göttern stellen ließen. Für Jürgen von Kruedener erklärt sich aus der Notwendigkeit einer gottgleichen Verkörperung die Vorliebe barocker Fürsten für das höfische Fest und alles Theatralische, »denn nur das Fest gab ihm die Möglichkeit, in jener ›göttlichen‹ Vollkommenheit aufzutreten, die ihm die Wirklichkeit dann doch vorenthielt«. 157 Der selbstverständliche Ernst, mit dem sie sich als Götter feiern ließen, zeige, dass »die Allegorie solcher Darstellung weit mehr war als geistreiche Unterhaltung und die Teilnahme und der Beifall der höfischen Gesellschaft mehr als bloße Panegyrie«. 158 Die Affinitäten von Theater und Kult sind seit Langem bekannt. Bereits Jacob Burckhardt erkannte Mysterium und Prozession als Wurzel allen Festbrauchs und betonte den sakralen Charakter des Festes der Renaissance, seine Verwurzelung im Mythischen und Religiösen. 159 Nach dem Kulturhistoriker Johan Huizinga ist die Tragödie »in ihrem Ursprung nicht die absichtlich literarische Wiedergabe eines Stücks menschlichen Schicksals, sondern ein heiliges Spiel, nicht Bühnenliteratur, sondern gespielter Gottesdienst«. 160 Für den Soziologen Émile Durkheim stehen religiöse »Darstellungsriten und die Kollektivunterhaltungen […] einander so nahe, dass man ohne Bruch von einer Gattung zu anderen gelangt«. 161 Eine das Verwischen der Grenzen paradigmatisch belegende Gattung ist das mittelalterliche geistliche Spiel, das Ereignisse der Heilsgeschichte in Szene setzte und bei denen es sich um »im engeren Sinne zwar nicht mehr kultische, doch dem christlichen Kult nahe stehende Veranstaltungen [handelte], die sich zwar theatraler Elemente bedienen, doch nicht als Theater im späteren Sinne zu verstehen sind«. 162 157 158 159 160 161 162
Kruedener 1973, S. 31. Ebd. Burckhardt 1922, S. 299. Huizinga 2004, S. 159. Durkheim 1994, S. 511. Müller 2000, S. 54.
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Höfische Theateraufführungen dienten ursprünglich vor allem einer mystischen Verklärung des Herrschers. Noch die 1680 zur Regierungsübernahme Max Emanuels aufgeführte Festoper Ermione und das Turnierspiel Giulio Cesare Ricovrato machen dies beispielhaft deutlich. Die Darstellung des Königs als Imago Dei verwies »auf eine unsichtbare Ordnung jenseits der sichtbaren Ordnung, aus der diese ihre Legitimität bezog«. 163 Die medial inszenierte »Staatsmetaphysik«, 164 der sich auch Max Emanuel und Karl Albrecht bedienten, ordnet sich in einen weiten Kontext ein. Der Theologe, Staatsdenker, Bischof und Prinzenerzieher Jacques Bénigne Boussuet unterstrich 1677, wie der Herrscher als Repräsentant Gottes angesehen werden könne: »Dieu établit les rois comme ministres de Dieu […]. C’est pour cela que nous avons vu que le trône royal n’est pas le trône d’un homme, mais le trône de Dieu même.« 165 Im Jahre 1713 resümierte der Zeremonialwissenschaftler Gottfried Stieve: »Die Fürsten in der Welt bleiben […] immer was sie sind, nemlich Götter auf Erden.« 166 Auch im bayerischen Traktat Mundus christiano bavaro politicus werden die Fürsten als Stellvertreter Gottes auf Erden charakterisiert: Der Allmechtige Erschaffer der Erde welcher von sich selbsten und durch seine ainzige Handt nach seinem gefallen, kunte die Welt regieren, hat iedoch solche gewalt denen fürsten mitgethaillet, so er gleichsamb als Verweser seiner Macht und Herrlichkeit aufgestellet: Die Liebe, so er zu den Menschen traget, hat Ihme vermöget, auch seine Authoritet mit denen selben zu thailen, gleichwie er in den Himmel und Firmament erschafft und gesetzet die Engel, welche man intelligentias nennet, umb vorzustehen der bewegung derselben, also hat seine Göttliche Weisheit vor guett angesehen, dergleichen creaturen auch auf Erden zu bestättigen, welche die Marqen und das Ambt truegen, die Fürstenthümer zu regieren. 167
Es hat sich als sinnvoll erwiesen, zwischen privater und politischer Funktion des Herrschers zu differenzieren: Für die Ordnung in der frühneuzeitlichen Gesellschaft war eine Zeit ohne Herrscher prekär, da sie quasi einen rechtsfreien Raum darstellte. Darüber half eine rechtliche Konstruktion hinweg, auf der wiederum Ernst Kantorowicz’ oft zitierte Unterscheidung der zwei Körper des Königs fußt. Sich auf einen Rechtssatz elisabethanischer Kronjuristen beziehend, mit dem diese zwischen der öffentlichen Funktion und der konkreten Person, die sie ausfüllte, trennten, erkannte Kantorowicz zwei Körper: den natürlichen und damit sterblichen Körper und einen ›übernatürlichen‹, den Engeln vergleichbar, der 163 164 165 166 167
Münkler 1995, S. 224. Gestrich 1994, S. 24. Boussuet 1967, S. 64f. Stieve 1713, S. 263. Zitiert nach Straub 1969b, S. 197.
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niemals stirbt. 168 Der Herrscher repräsentierte nicht nur seine Person und den Staat, an dessen Spitze er stand, sondern auch Gott. In allen Kulturen und Epochen lassen sich Beispiele für ›Sakralherrscher‹ 169 finden – vom alten Ägypten bis zu dem als Abkömmling der Sonnengöttin Amaterasu angesehenen japanischen Kaiser. Wesentliche Merkmale dieser Herrschaftsform fasst der Religionswissenschaftler Geo Widengren zusammen. Danach liegt dem Sakralkönigtum eine Ideologie zugrunde, nach der der Sakralkönig als Gott, Sohn einer Gottheit, zumindest aber als Repräsentant des Gottes angesehen wird, von dem er zu seinem Amt ausgewählt wurde; er hat die Aufgabe, über Recht und Ordnung auf Erden zu wachen. 170 Seine göttliche Stellung verbietet es, dass er normalen Boden betritt (der noch heute bei Staatsempfängen verwendete rote Teppich leitet sich hiervon ab). Häufig ist der König Leiter des Staatskults, ihm werden prophetische Gaben und heilende Kräfte zugeschrieben. 171 Für absolutistische Herrscher traf dies gleichfalls zu, auch wenn diese Stellung im 18. Jahrhundert allmählich verblasste. Als bezeichnend hierfür kann ein Wandel im Auftreten Ludwigs XIV. gelten, der sich auch als eine Art von Heiler betätigte, der durch Handauflegen Kranken Linderung verschaffte. Aus der dabei benutzten Formel »Der König berührt dich, Gott heilt dich« wurde ab 1688 »Der König berührt dich, möge Gott dich heilen« – ein wirksames Ritual wurde auf einen symbolischen Akt reduziert. 172 Für Durkheim ist die Welt des Mysteriösen, des Unerkennbaren und des Unverständlichen ein Charakteristikum des religiösen Lebens. 173 Das Geheimnisvolle war für den Jesuiten Claude François Ménestrier auch ein Kennzeichen der höfischen Demonstrationsform des Carrousel – ein von Musik begleitetes Schauturnier, an dem der Herrscher als Akteur teilnahm –, das er als gleichermaßen religiöse wie weltliche Form charakterisiert; es sei »une pompe sacrée, une espece d’Apotheose, & une consecration aussi religieuse que solenelle en son institution«. 174 Durch die Notwendigkeit einer prächtigen und geheimnisvollen Ausstattung unterscheide sich das Caroussel von der Tragödie: »Tout y estoit mysterieux jusques aux couleurs, & aux Courses, comme nous avons remarqué. Ainsi le luxe est de l’essence de ces divertissements, & il en an toujours esté. Il 168 169 170 171 172 173 174
Kantorowicz 1957. Zur ›Sakralität‹ des frühneuzeitlichen Herrschers siehe allgemein Bertelli 1990. Widengren 1969, S. 361ff. Ebd. Ebd., S. 178. Durkheim 1994, S. 47. Ménestrier 1669, S. 142.
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n’est rien de riche en habits, en parures, & en chevaux, qui n’y ait esté employé, & les Machines en ont toujours fait une partie necessaire.« 175 Theatertechnik solle die Transzendenz des dargestellten Geschehens deutlich machen; insbesondere allegorische Personen müssten mithilfe einer effektvollen Maschinerie eingeführt werden, um einen übernatürlichen Eindruck zu hinterlassen. 176 Trotz der im Vergleich zur Hofoper nur bescheidenen Mittel gab es daher im Münchner Jesuitentheater Flugmaschinen, die Jesus oder die Mutter Gottes auf einer Wolke zeigten, oder Versenkungsmechanismen, die den Teufel zur Hölle fahren ließen. Ebenso diente die Verwendung von Musik generell dazu, das Übernatürliche des Bühnengeschehens zu betonen. In den Stücken des Münchner Jesuitendramatikers Franciscus Lang unterscheiden die Personenverzeichnisse nach »Personae Interloquentes« und »Personae Musicae«, wobei mit Ersteren die Personen des wirklichen Lebens, mit den Zweiten die allegorischen Figuren gemeint sind. 177 Musik und Theatertechnik waren also ursprünglich Mittel, mit denen auf das verwiesen wurde, was über das reale, diesseitige Leben hinausging. Führt man den Gedanken der ›Sakralität‹ des Herrschers konsequent weiter, dann lassen sich auch Opernaufführungen als kultische Handlungen interpretieren. Der Literaturwissenschaftler Pierre Béhar deutet die Opern JeanBaptiste Lullys als »große königliche Messen«: Der Prolog verherrliche den Herrscher als den größten König der Welt, der seinem Hof seine Gunst erweist, indem er ihm dieses prunkvolle Schauspiel gönnt. Der König selber »thront in der Mitte, zwischen Bühne und Saal, höher als seine Untertanen, dem Priester gleich, Vermittler zwischen den Sterblichen und dem Prunkfest, das auf seinen Befehl entstand. So wie die Messe zu Ehre Gottes, so ist das Schauspiel eine Zeremonie zu Ehren des Königs: die Bühne wird sozusagen zum Altar des Königs.« 178 Dies scheint insofern zu weit gegriffen, als die Zeitgenossen durchaus zwischen Kirche und Hof zu differenzieren vermochten. In München vonseiten der Klerus wiederholt vorgebrachte Kritik an Opernaufführungen macht jedoch deutlich, wie die höfischen Herrschaftsinszenierungen mit ihrer Etablierung eines quasireligiösen Kultes in der Tat in einer gewissen Konkurrenz zu Veranstaltungen der Kirche standen. Problematisch gestalteten sich vor allem die umfassende künstlerische Rezeption »der antiken Götterwelt und ihre allegorische Identifikation mit der eigenen Herrschaft, die Aneignung oder Belebung 175 176 177 178
Ebd. Ebd., S. 144. Kindig 1965, S. 84. Béhar 1981, S. 324.
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von Vorstellungen teils orientalischen, teils byzantinistischen Ursprungs, die bewusste Repräsentation alter magischer Qualifikationen der königlichen Herrschaft, welche ihren heidnischen Charakter kaum verleugnen liessen«. 179 Dass dies in Bayern tatsächlich so wahrgenommen wurde, macht das Spiel Planetae orto soli obsequiosi deutlich, das der Jesuitendramatiker Lang 1678 im Ingolstädter Gymnasium aufführen ließ. Dort werden die antiken Götter in ihre Schranken verwiesen; sie erkennen, dass das Ende ihrer Herrschaft gekommen ist, und unterwerfen sich bereitwillig Jesus Christus.180 In der Realität konnte die Kirche diese Stoffe nicht unterbinden, aber sie konnte in München Hinweise in Opernlibretti erzwingen, die das Verhältnis der auf der Bühne auftretenden heidnischen Götter zum Katholizismus klarstellen. Im Vorwort zum Libretto des 1720 in der Hofoper aufgeführten Lucio Vero wird unterstrichen: »Le voci Idole, Numi, Deità, Fato, Fortuna, e simili, sono scherzi di Poetica locutione, non già Sentimenti dell’Autore, che si gloria di esser vero Cattolico.« 181 Die Hofkultur war auch auf anderen Wegen mit der Kirche verbunden. Zur Verherrlichung des Herrschers bediente man sich der Mittel, die zur Verherrlichung Gottes erprobt waren. Gerade in der katholischen Kirche stellen sinnliche Reize bekanntlich einen wesentlichen Bestandteil der Zeremonien dar, durch die den Gläubigen die Existenz Gottes überhaupt erst erfahrbar gemacht wird. Diese Techniken und künstlerischen Ausdrucksformen boten sich an, die Fürsten als gottgleich zu inszenieren. Kruedener verweist auf die Annäherung weltlicher und geistlicher Residenzbauten und deutet die Übernahme des ursprünglich ganz auf religiöse Belange zugeschnittenen Stilmittels des Deckengemäldes in weltliche Palasträume als Indiz dafür, wie sehr die Unterschiede zwischen Sakralem und Profanem in dieser Zeit verwischten. Man solle daher weniger »nach dem Verhältnis der sakralen und zur profanen Baukunst fragen«, als dass sich die Frage vielmehr auf das Verhältnis zweier sakraler Sphären der Kunst zu richten haben: der imperialen und der kirchlichen. 182 Dieser Befund trifft auch auf das Münchner Musiktheater zu. Bezeichnenderweise stammten die Theaterdekorationen der Hofoper von Künstlern, die ansonsten vor allem mit Kirchenausstattungen betraut wurden, so von Johann Anton Gumpp, der die Entwürfe zum »Heiligen Grab« in der Theatinerkirche 179 Kruedener 1973, S. 32. 180 Kindig 1965, S. 38. 181 Lucio Vero 1720, S. 6. Im Münchner Libretto zu Merope betont eine Fußnote: »Protesta. Che le voci Fato, Numi e simili si denovo intendere per vaghezza della Poesia, e non per sentimenti da Cristiano.« Merope 1719, Vorwort. 182 Kruedener 1973, S. 32.
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Giuseppe Antonio Bernabei, Egloga
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lieferte. Der für Heiligendarstellungen in Münchner Kirchen bekannte Bildhauer Andreas Faistenberger fertigte effektheischende Bühnenmonster. Auch in der Hofmusik sind die Übergänge von geistlicher und weltlicher Musik, die von denselben Komponisten verfasst wurden, oft fließend. Dies macht der Schlusschor von Giuseppe Antonio Bernabeis aus Anlass von Karl Albrechts Regierungsantritt 1726 komponierter Huldigungskantate Egloga deutlich. Um den Kurfürsten zu verherrlichen und ihn in eine sakrale Sphäre zu heben, greift Bernabei einen kirchlich-polyphonen Stil auf. Dies illustriert die Textaussage, dass Karl Albrecht einst im Himmel seinen gerechten Platz finden werde, und verbindet diese mit den Herrschaftszeichen Pauken und Trompeten.
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Herrscher In der Kunstgeschichte ist es seit Langem üblich, die zu untersuchenden Kunstwerke vor allem auf ihre Beziehung zum Auftraggeber hin zu befragen. Derartige Überlegungen gehen davon aus, dass das ältere Erklärungsmodell fürstlicher Kulturförderung, das des Mäzenatentums, dem Gegenstand kaum angemessen ist. Für den Kunsthistoriker Franz Matsche sind die künstlerischen Aktivitäten bei Hofe »als Mittel zur Einwirkung auf die Untertanen und zur Unterstützung bei der Ausübung von Herrschaft« anzusehen. 183 Taten eines Herrschers auf künstlerischem Gebiet seien zu denen »als Regent und Politiker zu rechnen; sie stellen einen Teil seiner politischen Betätigung dar, die darin weit über den Rahmen einer mäzenatischen und musischen Kunstförderung hinausgeht«. 184 In einer neueren Dissertation werden die von der sächsischen Kurfürstin Maria Antonia Walpurgis komponierten Bühnenwerke daher nicht als Mittel künstlerischer Profilierung, sondern in Hinblick auf die mit ihnen intendierte politische Selbstdarstellung untersucht. 185 Eine stärkere Fokussierung auf den Herrscher erscheint auch deshalb notwendig, da Textdichter und Komponisten der Zeit primär als Dienstleister angesehen wurden. Die Stellung eines Kapellmeisters in Relation zu seinem Herrscher bringt der deutsche Komponist und Musikschriftsteller Johann Mattheson zum Ausdruck, der den Musiker charakterisiert als denjenigen, »welcher eines Kaisers, Königs oder grossen Fürstens und Herrn geist- und weltliche Musiken verfertiget, anordnet, regieret und unter seiner Aufsicht vollziehen lässt«. 186 Letztlich führten Künstler »nur« Anweisungen aus, nämlich die, vorgegebenen Themen eine künstlerische Form zu verleihen, wobei auch diese nicht ihrem alleinigen Belieben unterlag. Von Ludwig XIV. ist überliefert, dass er sich von Philippe Quinault jeweils die vorgesehenen Libretti vorlegen ließ und dann seine Meinung dazu kundtat. 187 Für den Münchner Hof ist detailliert belegt, dass 183 184 185 186 187
Matsche 1981, Bd. I, S. 14. Ebd., S. 15. Fischer 2007, S. 9. Mattheson 1740, Vorbericht § 46. Gros 1926, S. 106.
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die besonders kunstsinnige Kurfürstin Henriette Adelaide nicht nur Madrigale dichtete und kleine Komödien verfasste, sondern auch Ideen zu literarischen Werken lieferte, die die von ihr beschäftigten Dichter auszuführen hatten.188 In die Geschichte eingehen sollten nicht die Künstler, sondern der durch ihr Tun verherrlichte Fürst. Im Betrachtungszeitraum dieser Arbeit waren dies am bayerischen Hof zwei Herrscher, die so vieles verbindet, sodass ihre Regierungszeiten vielfach als eine Einheit angesehen werden. Von 1680 bis 1726 herrschte Max Emanuel, größte Triumphe reihten sich hier an katastrophale Niederlagen: Mit 18 Jahren übernahm er die Herrschaft Bayerns und konnte sich bald in den Kriegen gegen die Türken als Heerführer profilieren. 1692 wurde er Generalstatthalter der Spanischen Niederlande, und sogar der spanische Thron war für die Wittelsbacher greifbar nahe; jedoch starb Joseph Ferdinand, der erbberechtige Sohn Max Emanuels aus der Ehe mit Erzherzogin Maria Antonia, bereits im Kleinkindalter. Max Emanuel wandte sich von seinem ehemaligen Bündnispartner Habsburg ab und wurde zu einem Vasallen Ludwigs XIV. Nach der vernichtenden Niederlage bei Höchstätt musste er 1704 ins Exil gehen, konnte aber elf Jahre später nach Bayern zurückkehren. Ihm folgte 1726 Karl Albrecht, sein ältester Sohn aus zweiter Ehe, dem es in Fortsetzung der politischen Pläne seines Vater sogar gelang, 1742 als Karl VII. zum Kaiser gewählt zu werden. Er starb jedoch nach drei Jahren, ohne diese Stellung wirksam durchgesetzt zu haben. Beide Herrscher verband das Ziel, dem Hause Wittelsbach endlich die Stellung zu sichern, die ihm aufgrund des Alters und Ranges ihrer Überzeugung nach gebührte. Diese Bestrebungen wurde mit großer Hartnäckigkeit verfolgt: Hinter der scheinbaren »Schaukelpolitik« 189 Max Emanuels, der im Laufe der Jahre wiederholt die politischen Bündnisse wechselte, erkennt sein Biograph Ludwig Hüttl eine klare politische Linie, die auf Wiederherstellung des alten Glanzes des Hauses Wittelsbach und auf eine Souveränität abzielte, die nur durch ein Königreich oder die Erhebung zum Kaiser erreicht werden konnte. 190 Dies formulierte Max Emanuel in aller Deutlichkeit in einem häufig als »politisches Testament« gewerteten Brief an den Kurprinzen aus dem Jahre 1725. Er könne seinem Sohn »mit vollem Grund erklären, dass wir in den Archiven dahier bündige Originaldokumente haben, die über das Recht unseres Hauses auf Ober- und Niederösterreich, Kärnthen und Steiermark keinen Zweifel lassen, ohne von meinem Anrecht auf die Niederlande und Tirol zu sprechen«. Der Kurfürst schloss mit 188 Reinhardstöttner 1892, S. 109. 189 Glaser 1976, S. IX. 190 Ebd., S. 537.
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Allegorie auf die Ansprüche Karl Albrechts auf die Kaiserwürde; Kupferstich von Hieronymus Sperling nach Cosmas Damian Asam (Stadtmuseum, München)
der Aufforderung: »[…] wir müssen die Kaiserkrone an unser Haus bringen!«191 Bereits Karl Albrechts Name war politisches Programm: Kein regierender Wittelsbacher vor ihm hieß jemals Karl, der Name verwies auf Karl den Großen, zu dem das Haus Bayern Verwandtschaftsbeziehungen konstruierte und dessen machtpolitische Stellung der Kurprinz einnehmen sollte. Der zweite Vorname Albrecht bezog sich auf Herzog Albrecht V., der 1546 die Tochter von Ferdinand I. geheiratet hatte, woraus kurbayerische Erbansprüche abgeleitet wurden. Die Aussage war eindeutig: Sterben die Habsburger im Mannesstamme aus –
191 Zitiert nach Heigel 1874, S. 5.
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was 1740 geschah –, dann solle Karl Albrecht den Kaiserthron besteigen. 192 Eine zeitgenössische Allegorie verdeutlicht seine dynastischen Ansprüche, indem sie ihn mit Karl dem Großen gleichstellt; zugleich wird auch Karl Albrecht mit dem Prädikat des »Großen« versehen und als Nachkomme Karls inszeniert. Die Ambitionen der bayerischen Kurfürsten hatten insofern eine gewisse Berechtigung, als die Wittelsbacher nach allgemeiner Überzeugung zu den führenden Familien Europas gezählt wurden, vergleichbar den Habsburgern oder Bourbonen. Allein gebrach es ihnen aufgrund der Schwäche des bayerischen Staates an Handlungsfähigkeit auf der politischen Bühne. Zur Rangerhöhung des Hauses Wittelsbach gab es für einen Reichsfürsten wie Max Emanuel nach Ansicht des Historikers Karl Otmar von Aretin verschiedene Wege, die der bayerische Herrscher auch alle zeitweise in Erwägung zog. 193 Unmittelbar verbunden mit den politischen Zielen war die prächtige Hofhaltung des Münchner Hofes, die auf ökonomische Begrenzungen des Staates Bayern keinerlei Rücksichten nahm. Die Einsicht in die Erfordernisse höfischer Repräsentation scheint Max Emanuel durch seine Mutter vermittelt worden zu sein. Kurfürstin Henriette Adelaide war Enkelin des französischen Königs Heinrich IV. und Cousine Ludwigs XIV., für dessen Politik sie sich begeistern konnte. Letzterer unterstrich in seinen Mémoires ausdrücklich die Notwendigkeit, »sich auf das Ausgeben zu verstehen, selbst mit einer gewissen Verschwendung, wenn das Bedürfnis des Staates es verlangt«. Die Herrscher handeln zwar »gewiß gegen ihre Pflichten, wenn sie das Gut ihrer Untertanen in unnützen Ausgaben verschwenden. Aber sie schädigen das Land vielleicht noch mehr, wenn sie am falschen Platz sparen, wenn sie sich weigern, Geld auszugeben, das dem Ruhm ihrer Nation« dienen könne. 194 Henriette Adelaide gab daher ihrem als Kind sparsamen Sohn entsprechende Ratschläge: »Weilen der churprinz das schöne Geld, so ihm verehrt worden, behalten wollen, hat frau churfirstin ihme 192 Reiser 2002, S. 10. 193 Entweder er ließ sich, wie der sächsische Herrscher, zum König von Polen, wählen. Dies musste Max Emanuel 1696 ablehnen, da die polnische Krone mit der zu diesem Zeitpunkt möglichen Erringung des spanischen Throns für seinen Sohn Joseph Ferdinand nicht vereinbar war. Denkbar war auch, einen außerhalb des Landes gelegenen Teil zum Königreich zu erheben, wie es Brandenburg mit Preußen vorgeführt hatte – Max Emanuels Versuche, 1702 vom Kaiser ehemals wittelsbachische Gebiete in Tirol zu erhalten, stehen damit in Verbindung. Als letzter Ausweg galt der Tausch, den Max Emanuel mehrfach versuchte, wobei es nicht von vornherein chancenlos war, da Bayern für Österreich eine wichtige Erwerbung dargestellt hätte und Österreich aus dem spanischen Erbe vom Kernland weit entfernte und daher schwer zu regierende Länder wie die Niederlande oder Neapel-Sizilien erhalten konnte. Siehe Aretin 1976, S. 35. 194 Ludwig XIV. 1931, S. 195.
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zu verstehen geben, einem firsten gebüre die freigebigkeit und nit das gelt in die cästen zu legen, deme der prinz anjezzo folget.« 195 Unter Max Emanuel wurde das schuldenfreie und stabile Staatsgebilde, das er 1680 von Ferdinand Maria übernommen hatte, wirtschaftlich vollkommen zerrüttet. Er hinterließ Verbindlichkeiten in Höhe von mehr als 26 Millionen Gulden bei Staatseinnahmen von nur rund 4 Millionen Gulden pro Jahr; letzte Entschuldungsvorgänge aus seiner Zeit zogen sich noch bis 1850 hin. 196 Die Großmachtpolitik wurde nach Max Emanuels Tod fortgesetzt, auch wenn Karl Albrecht anfangs zu Kürzungen in allen Bereichen gezwungen war; er stoppte den Weiterbau von Schloss Schleißheim und schränkte die höfischen Unterhaltungsaktivitäten ein. Die Sparmaßnahmen waren jedoch nicht von Dauer, und unter Karl Albrecht wuchsen die Staatsschulden trotz massiver finanzieller Unterstützung der wechselnden Bündnispartner auf 35 Millionen Gulden. 197 Für Hüttl bedeutet der Machtwechsel keinen Einschnitt in der bayerischen Geschichte, da Karl Albrecht nicht nur die Schuldenlast und die katastrophalen Staats- und Finanzverhältnisse, sondern auch die Ansprüche des Vaters auf das österreichische Erbe und die Kaiserkrone übernahm. In Karl Albrechts unglücklicher Herrschaft »erfüllte sich letztlich das Schicksal Max Emanuels«. 198 Die bayerischen Fürstinnen spielten zwar für den künstlerischen Bereich eine wichtige Rolle, politisch waren sie jedoch weitgehend machtlos, auch wenn Max Emanuel 1704 die Regentschaft bei seiner Flucht aus Bayern seiner zweiten Gattin Therese Kunigunde aufbürdete; diese wurde dann allerdings durch die österreichische Besatzungmacht an der Ausübung gehindert, denn nach einem Besuch in Venedig wurde ihr die Rückreise verwehrt. Mit Ausnahme von Henriette Adelaide wurden die bayerischen Fürstinnen von der Hofforschung bisher kaum berücksichtigt. Dies beruht nicht zuletzt darauf, dass sich bereits die zeitgenössischen Quellen an einem Bezugssystem orientieren, das am Fürsten ausgerichtet war und die Fürstin meist marginalisierte. Johann Heinrich Zedlers Lexikon bringt dies auf den Punkt, wenn er definiert: »Hof wird genennet, wo sich der Fürst aufhält.« 199 Diese Festlegung traf in dieser Ausschließlichkeit freilich nur auf die geistlichen Fürsten wie den von den Wittelsbachern gestellten Köl195 Zitiert nach Nöhbauer 1979, S. 205. 196 Tröger 1998, S. 35 197 Zu den Wittelsbacher Ressourcen sowie den finanziellen Beziehungen zu Österreich und Frankreich im Zeitraum 1715–40 vgl. Hartmann 1978. 198 Hüttl 1976, S. 535. 199 Zedler 1735, Bd. 13, Sp. 405.
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ner Kurfürsten zu, der zugleich Erzbischof von Köln war. Festzuhalten bleibt, dass Frauen vor allem als eine Art Tauschobjekt dienten, durch deren Heirat sich den Wittelsbachern neue dynastische Ansprüche eröffneten: Aus diesem Grund heirateten sowohl Max Emanuel als auch Karl Albrecht Habsburgerinnen. Während die Verbindung Karl Albrechts mit Maria Amalia von Österreich sich trotz des Charakters einer arrangierten Hochzeit weitgehend harmonisch gestaltete, muss die Ehe Max Emanuels mit Maria Antonia von Österreich als ausgesprochen unglücklich gelten: Noch auf dem Sterbebett enterbte sie ihren treulosen Gatten. Max Emanuels zweite Ehe mit Therese Kunigunde von Polen war weniger unglücklich, wenn auch alles andere als unproblematisch; 200 eine wichtige Rolle spielte aber auch seine langjährige Mätresse Agnes Le Louchier. Das Verhältnis mit der ehemaligen Tänzerin, die er pro forma mit dem bayerischen Offizier Ferdinand Graf von Arco verheiratete (wodurch sie zur Gräfin Arco wurde), begann 1693; während des Exils von 1704–15 lebte Max Emanuel offen mit ihr zusammen. 1695 gebar sie ihm seinen Lieblingssohn EmanuelFrançois-Joseph, den er legitimierte und der als Comte de Bavière später zu den wichtigsten Feldherren Ludwigs XV. zählte. Die Gräfin Arco war auch politisch einflussreich und vermochte Max Emanuel für die französische Kunst zu begeistern, wie der Kunsthistoriker Richard Paulus betont: »[D]ie Gräfin kannte Max Emanuel genau, sie verstand es, seine Leidenschaften zum Kriege, zur Jagd, zur Liebe und zur Kunst in gegenseitigem Gleichgewicht zu halten. Mit ihrem Aufenthalte in Paris siegt die französische Kunst über Max Emanuel, er wird zum ersten ihrer Bewunderer unter den deutschen Fürsten.« 201 Max Emanuel und Karl Albrecht verband neben den politischen Zielen auch die Liebe zur Musik. Die kurfürstliche Familie musizierte häufig gemeinsam; so gab es dem Tagebuch des Grafen Preysing zufolge im März 1719 ein »concert de music mit fletten in dem großen cabinet des churfürstens, wo der churfürst auf der gamba, der Pr.[inz] Ferd:[inand] aber auf der flautten gespilt« hatten, während »die hoff Dames […] darbey in craiß herumb« saßen. 202 Zweifellos kam die reiche Musikpflege am Münchner Hof daher ihren persönlichen Neigungen in besonderem Maße entgegen. Musikausübung und -rezeption waren aber mehr als Zeitvertreib. Im höfischen Kontext erhoffte man sich vielfältigen gesellschaftlichen Nutzen vom Musizieren, was den erheblichen Aufwand erklärt, bereits im Kleinkindalter entsprechende Kenntnisse zu vermit200 Vgl. Hüttl 1976, S. 232ff. 201 Zitiert nach Hartmann 1968, S. 287. 202 Zitiert nach Iser 2000, S. 89.
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teln. Musik wurde in den Erziehungsinstruktionen als »recreationen« und als »galanterispill«, nicht aber als »künderspillen« angesehen. 203 Da ästhetische Kompetenz generell die innere Verfeinerung des Menschen kennzeichnet, diente die Musikausbildung auch dazu, soziale Distinktion herzustellen. Den unteren Schichten war dieser Weg versperrt, denn wenn der ›Pöbel‹ musizierte, verwendete er Instrumente der Volksmusik, derer sich adlige Dilettanten nicht bedienten. Wie Dietrich Hermann Kemmerich 1711 betonte, bot das Musizieren mehr als nur Erquickung: Eine »Standes=person«, die »die music verstehet«, kann »sich die mühseligkeit dieses lebens vielmahl erleichtern, und nach gethaner arbeit wiederum eine vergnügte stunde schaffen können; […] zu geschweigen, dass er sich ein Cavalier dadurch bey hohen Patronen oder bey Damen einen zutritt machet, und solcher gestalt zu seiner beförderung und zukünfftigen glück den weg bahnet.« 204 Ähnlich äußert sich auch Julius Bernhard von Rohr, der betont, wie sich ein Hofmann durch die Fähigkeit, musikalische Sachverhalte beurteilen zu können, »in der Welt recomandiren« könne; es sei notwendig, »dass man wisse, was zu einem schönen Concert erfordert werde, dass man bey einer Vocal-Music die geschicktesten Manieren verstehen, und bey der Instrumental-Music so wohl eine fertige als delicate Faust beurtheilen lerne«. 205 Diese Maximen galten in besonderem Maße bei den Wittelsbachern. Der österreichische Geschäftsträger notierte 1748, dass derjenige, der als Diplomat beim Kölner Kurfürsten Klemens August etwas erreichen wolle, der müsse diesem vor allem für seinen Geschmack im Bauwesen und in der Musik applaudieren. Es galt an diesem Hof als vorteilhaft, ein Musikinstrument zu beherrschen, um dem Fürsten beim gemeinsamen Musizieren näherzukommen. 206 Eine musikalische Ausbildung nahm in der Erziehung der Wittelsbacher daher breiten Raum ein. Max Emanuels Hauptinstrument war die Viola da gamba, auf der ihn die Hofgambisten Franz Zeiller und Michael Neuner unterrichtet hatten. Der am Münchner Hof tätige Soprankastrat Filippo Balatri betont in seinen Memoiren die außerordentliche Großzügigkeit Max Emanuels gegenüber seinen Musikern ebenso wie dessen eigene Musizierpraxis: »Col basso si diletta accompagnare / in sua camera al giorno qualche ore; / lo servo con piacere e con onore, / dovendol da pertutto seguitare.« 207 Er beherrschte überdies 203 204 205 206 207
Ebd., S. 96. Zitiert nach Riepe 2003, S. 34. Rohr 1728, S. 511. Henseler 1961, S. 92. Balatri 1924, S. 242.
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weitere Instrumente – von Kapellmeister Johann Kaspar Kerll war er auf dem Cembalo (und sicher auch der Orgel), von Konzertmeister Melchior Dardespin auf der Flöte unterwiesen worden 208 und vermutlich von Hannß Caspar Teubner auf der Geige. 209 Als Zwanzigjähriger nahm der Kurfürst Gesangsunterricht – nach Ansicht des Turiner Gesandten Lanterey mit einigem Erfolg –, »havvendo fatto da qualque tempo in quà un tal progresso che puol cantare su le note all’improviso cosi sicuramente quanto il piu intelligente di questi musici, facendo la parte di Baritono con una voce molto dolce e sonora«. 210 Bei Max Emanuel wie auch bei seinen Söhnen hatte der Stundenplan vorgesehen, dass die Prinzen sich »ain Stund nach dem Mittagessen« mit »erlehrung der Music, Tanzen, Fechten« befassen sollten, wobei der Montag, Mittwoch und Freitag der Musik vorbehalten waren. 211 Der Hofmusiker Michael Koch hatte Prinz Joseph Ferdinand »drey ganze Jahr mit lauten, Violin, dan anderer gemachten recreationen underthenig: und gehorsambist zu bedienen gehabt«. 212 Auch Max Emanuels Söhne aus zweiter Ehe widmeten sich der Musik, wie sich Balatri erinnert: »Di cinque Prenci ch’in Baviera sono, / non ve n’è uno che non suoni e canti. / Della musica son così amanti, / che d’impararla a lampi s’hano il dono.« 213 Zwar erlitt der Musikunterricht während der österreichischen Internierung der ältesten vier Prinzen in Klagenfurt ab dem Sommer 1706 anfangs Einbußen, da dort mit Ausnahme eines Gitarrenlehrers kein adäquates Unterrichtspersonal zur Verfügung stand. 214 Dass dies kein dem Rang der Prinzen angemessener Zustand war, erkannten auch die Betreuer und drangen bei Joseph I. mit Erfolg auf Abhilfe. 215 An musikalischer Begabung stand Karl Albrecht seinem Vater nicht nach: »Egli è affatto di musica intendente / ed accompagna tutto a prima vista.« 216 Neben Cembalo und Laute beherrschte Karl Albrecht die Flöte und die Violine und fertigte in kleinerem Umfang eigene Kompositionen an. 217 Regelmäßig musizierte auch er mit Mitgliedern der Hofkapelle und seiner Familie. So wird aus dem Jahre 1736 berichtet, dass Karl Albrecht unter der Leitung des Konzert208 209 210 211 212 213 214 215 216 217
Iser 2000, S. 97. Nösselt 1980, S. 63. Zitiert nach Straub 1969, S. 261. Schmidt 1892, S. 208. Zitiert nach Iser 2000, S. 89. Balatri 1924, S. 278. Iser 2000, S. 98. Heigel 1890, S. 246. Balatri 1924, S. 272. Schubart 1806, S. 123.
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meisters Evaristo Felice Dall’Abaco mit seinen Kindern Max Joseph und Maria Antonia sowie seinem Bruder Klemens August spielte.218 Das Musikleben war folglich auf den Herrscher zentriert. Am Münchner Hof war die Opernpflege zwar kontinuierlicher als an anderen Höfen Europas mit Ausnahme von Wien. Aber auch hier wurden sämtliche Aufführungen eingestellt, als Max Emanuel die Statthalterschaft der Spanischen Niederlande antrat und nach Brüssel verzog. Herrscher und Staatsgebilde waren nicht nur zentraler Gegenstand der Handlungen, sondern auch der Anlass der Aufführungen. Ob es überhaupt Opernvorstellungen gab, hing bei Hoftheatern allein vom Willen oder den finanziellen Möglichkeiten des jeweiligen Herrschers ab: Mit dem Übergang der Macht an einen nicht an der Oper interessierten Fürsten endeten alle Aufführungen in Preußen (1713), der Kurpfalz (1716), Bayreuth (1726), Württemberg (1728) und Weißenfels (1736); sie setzten unmittelbar nach der Thronbesteigung eines musikliebenden Fürsten in Sachsen (1733), Bayreuth (1735) oder Preußen (1740) wieder ein. 219 Zugleich war der Herrscher der maßgebliche Adressat der Opern, denn wenngleich die Wahl der Gattung vom politischen Kontext mitbestimmt wurde, war sein persönlicher Geschmack für die Werkästhetik von Belang. Auf ausdrückliche Veranlassung Max Emanuels ist die mit der zweiten Fassung von Pietro Torris Astianatte (1718) beginnende Pflege italienischer Opern mit in die Handlung integrierten französischen Balletteinlagen zurückzuführen. Dies belegt ein Brief aus dem Jahre 1707, in dem er gegenüber seiner Gattin Therese Kunigunde bekundet, eine Art von »vermischten Geschmack« besonders zu schätzen: Nous n’avons pas encore le Jubilé icy et ie voy par la Vostre qu’il est desia fini a Venise et que les Opera ont recomancé[.] ie ne doute pas qu’ils ne soyent tres baux avec la Musique Italienne et les dances francoises, c’est prendre a Mon avis, le bon de chaque Nation en fait de pareills Spectacles et ie souhaite quils vous facent assé de plaisir pour Vous soulager et distraire de tant de chagrin que le Ciel nous envoye. 220
Wenngleich die bayerischen Kurfürsten nur in vernachlässigbarem Ausmaß selbst komponierten, besuchten sie regelmäßig die Proben der Hofoper und griffen dort auch in das Geschehen ein. Max Emanuel nahm »stets persönlich Anteil an den Aufführungen der Hofopern, die regelmäßig zu seinem Namenstag, im Karneval und zum Teil auch auch an seinem Geburtstag sowie anderen wichtigen Hoffesten neu in Szene gesetzt wurden«. 221 Für einen Besucher Mün218 219 220 221
Iser 2000, S. 93. Riepe 2006, S. 162f. Zitiert nach Over, im Druck. Münster 1976, S. 301f.
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chens war Karl Albrecht »ein grosser Liebhaber von der Music«, daher ziehe er »die Singspiele allen anderen Schauspielen vor. Er ordnet dasjenige, was zu deren Verherrlichung etwa beytragen kan, selbst an. Dahero können sie leicht schliessen, dass nichts dabey gesparet werde. Die Auszierungen, Verwandlungen, Kleider, alles ist gleich prächtig und wohl ausersehen.« 222 Er konnte unter anderem die Zeit erübrigen, um die sich über vier Wochen erstreckenden Proben von Torris Merope (erste Aufführung am 12. Oktober 1719) wiederholt zu besuchen, wie das Tagebuch des Grafen Preysing festhält: 15. September. Mittags zu Nynphenburg. Gegen 4 Uhr nach München zur ersten prob der gantzen opera in dem schwartzen sällerl. – 20. September. Die Prinzen giengen nach 4 Uhr von der Jadt fort nach München, die opera zu probieren das erste mal auf dem theatro. – 28. September. Von Nimfenburg nach München zur prob der opera, so umb 6 Uhr angefanget und biss nach 10 Uhr gethauert. – 6. Oktober. Die Prinzen in die Stadt zurück, die Opera probieren. – 10. Oktober. Hirschjagd. Abentt war die Hauptprob der Opera in Kleydern. 223
1720 notierte Preysing, »der Churpr: […] und Pr: ferd[inand]: [seien] gegen 5 Uhr nach München die neue opera zu probieren« gefahren; »der Churp. blibe in München wegen der eselmilchkur. hate die prob der opera, und speiste nachts mit etlichen Dammes im balcon wehrenter opera«. 224 Besonders folgenreich für das Musikleben am Münchner Hof waren die zahlreichen Aufenthalte von Mitgliedern der kurfürstlichen Familie in Italien und besonders in der Opernmetropole Venedig. Max Emanuel reiste beispielsweise Ende 1691 inkognito unter dem Namen eines Grafen von Dachau über Mailand nach Venedig, wo der Doge zu seinen Ehren Opern spielen ließ. 225 Widmungen auf den Deckblättern venezianischer Opernlibretti 226 belegen weitere Opernbesuche von Max Emanuel 227 in den dortigen Theatern. Bei den in dieser Zeit üblichen »Kavalierstouren« bekamen die Prinzen überdies einen Eindruck vom italienischen Musikleben. Kurprinz Karl Albrecht begann etwa im Dezember 1715 eine Bildungsreise nach Italien, die ihn über Venedig und Rom bis nach 222 223 224 225 226 227
Zitiert nach Löwenfelder 1955, S. 76. Zitiert nach Usprung 1927, S. 148f. Zitiert nach Iser 2000, S. 90. Lipovsky 1820, S. 10f. Siehe das Verzeichnis der Widmungsträger bei Alm 1993, S. 958f., 966. Danach besuchte Max Emanuel 1683 im Teatro San Giovanni Grisostomo Aufführungen der Oper Il re infante (Text: Matteo Noris, Musik: Carlo Pallavicino), 1688 von Orazio (Text: Vincenzo Grimani; Musik: Giuseppe Tosi) sowie 1691 im Teatro Vendramino di S. Salvatore von La virtù trionfante dell’amore, e dell’odio (Text: Francesco Silvani; Musik: Marc Antonio Ziani).
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Neapel führte, von wo er über Florenz, Genua und Mailand nach Bayern zurückreiste, wo erst im August 1716 wieder eintraf. 228 Seine für den geistlichen Stand bestimmten Brüder Klemens August und Philipp Moritz, die in der Heimat eher verzichtbar waren, verbrachten sogar mehr als zwei Jahre in Rom.229 Bei einem Aufenthalt in Venedig im Jahre 1725 besuchte Karl Albrecht in drei Tagen nicht weniger als viermal die Oper: am 6. und 7. Januar das Theater S. Crisostomo, am 7. außerdem noch S. Angelo, am folgenden Tag S. Cassiano. 230 Auch einige weitere Reisen dorthin sind durch Widmungen in Opernlibretti bezeugt. 231 Aus Venedig stammte in München vor allem in den Zwanzigerjahren des 18. Jahrhunderts ein Großteil der Libretti der Opere serie (die Musik wurde in der Regel neu komponiert), und dort wurde meist das künstlerische Personal rekrutiert – vielfach direkt von Mitgliedern der Fürstenfamilie. Eine Schlüsselstellung nahm Kurfürstin Therese Kunigunde ein, die während der österreichischen Besatzung Bayerns von 1705 bis 1715 in Venedig lebte und regen Anteil am Musikleben der Stadt nahm: Sie mietete nicht nur im angesehenen Teatro San Giovanni Grisostomo, sondern parallel auch in weiteren Theatern Logen. 232 Im Frühjahr 1714 begannen Max Emanuel und Therese Kunigunde, die Hofmusik für die bevorstehende Rückkehr nach München zu planen. Wie ein Brief des Kurfürsten bezeugt, sollte die Kurfürstin in Venedig die Sänger rekrutieren. Er selbst wollte sich hingegen in Frankreich um die Instrumentalisten kümmern. 233
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Schmidt 1892, S. CIX. Zum Studienaufenthalt in Rom vgl. Riepe 2000. Sandberger 1900, S. XXVII. Karl Albrecht ist das Libretto gewidmet von L’amor di figlio non conosciuto (Text vom späteren bayerischen Hofdichter Domenico Lalli; Musik: Tommaso Albinoni), während des Karnevals 1715 im Teatro di Sant’Angelo aufgeführt. Albinoni wurde später ebenso nach München verpflichtet wie einige Künstler, die Karl Albrecht im Mai 1722 im Teatro San Samuele in L’amor tirannico sah, einer Oper, deren Text wiederum von Lalli stammte und deren dritten Akt der spätere bayerische Hofkapellmeister Giovanni Porta vertont hatte (die Musik der ersten beiden Akte stammte von Fortunato Chelleri); die Rolle der Zenobia sang hier Rosaura Mazzanti, die bei der zweiten Festoper zur Hochzeit Karl Albrechts im Herbst des Jahres die Partie der Candace verkörperte. 1732 besuchte Karl Albrecht im Teatro San Giovanni Grisostomo L’Issipile (Text: Pietro Metastasio) von Porta. 232 Over, im Druck. 233 »Pour de Violons j‘en ay trois puis icy a mon service avec ceux qui sont encore a Munic nous en autant assé, Ils sont un francois qui a esté long temps en Italie, Nome Batiete, un Italien Nomé deplanne, et un Flamont nomé Ouellet qui joue aussi tres bien de la flute traversiere et du Basson, ils composent tous […] et cela suffit pour le chant je suis du goust Italien, mais pour quelques instruments on exèle en france.« Zitiert nach Scharrer, im Druck.
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Komponisten In der Regel wurden in München Partituren gespielt, die bei Hofe angestellte Musiker eigens für die bayerische Hofbühne neu komponiert hatten. Im späten 17. Jahrhundert wurden dort fast ausschließlich Stücke von Giuseppe Antonio Bernabei und Agostino Steffani gespielt; nach der Wiederaufnahme des Opernbetriebs um 1715 dominierten Kompositionen von Pietro Torri. Die Grenzen von Neukomposition und Übernahme präexistenter Werke waren aber insofern fließend, als auch die Münchner Kapellmeister der gängigen Praxis folgten, in ihre Bühnenwerke von anderer Hand stammende Arien einzubauen oder aber auf ältere eigene Stücke zurückzugreifen. 234 Bereits an anderen Theatern aufgeführte Opern anderer Komponisten wurden in der Hofoper nur selten gespielt und auch nur nach weitreichenden Änderungen, um die Partituren an die aktuell zur Verfügung stehenden Sänger anzupassen. So erklang Pietro Metastasios Alessandro nell’Indie 1735 in München in der Vertonung von Leonardo Vinci aus dem Jahre 1729, wobei die Ouvertüre und nicht weniger als zehn Arien 235 ausgetauscht wurden. 236 Die Quellen vermitteln den Eindruck, dass es zwischen den Musikern zu fortwährenden Streitigkeiten gekommen sein muss. Steffani wurde 1668 vom Hofkapellmeister Johann Kaspar Kerll »in die Cost angenommen«, damit dieser ihn »die Orgl schlagen« lehre. 237 Dies endete nach drei Jahren im Zerwürfnis, sodass Steffani im Druck seines Erstlingswerks sogar bewusst den Namen des Lehrers verschwieg. 238 Die am bayerischen Hof mit großer Heftigkeit geführten Auseinandersetzungen um Fragen des Vorrangs und das Füh234 An Torris Astianatte bemerkt Reinhard Strohm etwa, dass eine Reihe von Arien in einem moderneren norditalienischen Stil komponiert sind, was Torris Autorschaft ausschließt. Strohm 2007, S. 80. Für Konkordanzen in Torris Le peripezzie della Fortuna o il Baiazetto siehe Zuber, im Druck. 235 Die Musik zu Poros Arie »Agitato dal furore« (III, 1) stammte beispielsweise aus Domenico Sarris Tito Sempronico Gracco (1725). Die genaue Fassung der Münchner Aufführung lässt sich allerdings schwerlich eruieren, da Libretto und Partitur vielfach voneinander abweichen. Das Münchner Libretto nennt etwa als Darsteller des Poro den Tenor Francesco Cignoni, in der Partitur ist die umfangreiche Partie (sieben Arien und zwei Duette) jedoch im Sopranschlüssel wie in Vincis ursprünglicher Fassung für Rom notiert, wo sie für den Soprankastraten Giovanni Carestini bestimmt war. Dennoch handelt es sich nicht um Vincis Musik, denn gerade in den Arien Poros weichen Münchner Bearbeitung und römische Fassung voneinander ab. 236 Strohm ermittelt Giovanni Ferrandini als möglichen Bearbeiter, vgl. Strohm 1976, Bd. II, S. 233. 237 Einstein 1910, S. 10. 238 »Archivalische Excerpte« 1891, S. 71.
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ren von Titeln erweisen sich jedoch als mehr als bloße Eitelkeit. Wie die Hofgesellschaft generell, war auch der Bereich der Künstler hierarchisch strukturiert, wobei der jeweils erreichte Rang den sozialen Status bestimmte. Norbert Elias hat für den französischen Hof herausgearbeitet, wie die soziale Stellung des Einzelnen sowohl von offiziellen wie der aktuellen Rangordnung abhing; es wurden andauernde Positionskämpfe geführt, denn Prestige und Einfluss waren in hohem Maße labil und hingen vor allem von der Gunst des Herrschers ab. 239 Die einzelnen Mitglieder der Hofgesellschaft mussten kontinuierlich bemüht sein, ihre Position zu verteidigen. Dies stabilisierte das politische System dahin gehend, als der Einzelne durch die unablässigen Verstrickungen in Positionskämpfe jeglicher Auflehnungsmöglichkeit beraubt war. Vor allem zwischen Steffani und Bernabei kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen. Bernabei hatte zwar formal den höheren Rang inne, Max Emanuel bevorzugte aber sichtlich Steffani, was auch darin sich niederschlug, dass dieser zum bevorzugten Komponisten von Festopern aufrückte. Der Kurfürst stellte Steffani dem fünf Jahre älteren Bernabei sogar ausdrücklich gleich, als er 1681 verfügte, dass »den Ersamben Priester, dero Hof Organisten, Augustin Steffani die gnad gethon vnd ihne verwilliget, das er hinfüran dero Vice Capellmeister Josephen Antonio Bernabej, sowol mit der besoldung, als in all ander weeg, gleich gehalten werden: iedoch aber dass disem der Vorgang ferners verbleiben solle.« 240 Beide bekamen ein Gehalt in der Höhe von 1080 Gulden, jedoch gewährte Max Emanuel Steffani zu Bernabeis Verdruss fortwährend Gnadenbeweise wie großzügige Geldgeschenke. Mit immer neuen Eingaben drang Bernabei auf Leistungen in gleicher Höhe, selbst bei nebensächlich erscheinenden Dingen wie den als Zugabe zum Gehalt gewährten Nahrungsmitteln. Der Kurfürst bewilligte Bernabei täglich »2 Maß pier u. 2 prot«, »allermassen es der Don Augustin Stephani genüesst«; später erging ein Dekret, dass der Vizekapellmeister seinem Konkurrrenten »durchgehend gleich Zuhalten« sei. Es hatte sich gezeigt, dass Steffani täglich »auch zwei weisse prot« erhielt, weswegen Bernabei darauf bestand, diese ebenfalls bewilligt zu bekommen. 241 Trotz aller Gunstbeweise Max Emanuels gegenüber Steffani sahen die noch zu Ferdinand Marias Lebzeiten getroffenen vertraglichen Regelungen aber vor, dass nach dem Tode Ercole Bernabeis diesem sein Sohn nachfolgen solle. 239 Elias 1983, S. 138ff. 240 Einstein 1910, S. 22. 241 Siehe »Archivalische Excerpte« 1891, S. 75.
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1687 stellte der Kurfürst den »Vice Cappelmaister Joseph Anton Barnabei anstatt seines verstorbenen Vaters Hercules Barnabei für derolselbsten Cappelmaister« ein. 242 Mit dem Ausscheiden des verärgerten Steffani aus Münchner Diensten endeten die Streitigkeiten jedoch keineswegs. Langjährige Konflikte trug Bernabei nun mit Franz Xaver Murschhauser aus, dem Organisten der Frauenkirche. 243 Dieser hatte sich 1696 im Titel eines Druckes den Titel »Capellae Magister« angemaßt, was Bernabei zu einer Eingabe bei dem in Brüssel weilenden Kurfürsten veranlasste. Dieser sollte dem Stiftskapitel verfügen, dass Murschhauser sich künftig »auff keine weis anmaßt, den Capellmeister Titul weder im Gedrukh noch anderweitig zu fiehren, mithin auch denen H. H. Canonicis gdist bedeuten zu lassen, dass zu dero praeiudiz Sie keine dergleichen Autoritet und Titul geben sollen«. 244 Bernabei bekam Recht, dennoch zierte Murschhauser vier Jahre später auch den Druck von Vespertinus Latriae et Hyperduliae Cultus mit dem Kapellmeistertitel. Eine weitere Verfügung Max Emanuels beendete den Streit schließlich zugunsten Bernabeis. In den Dreißigerjahren des 18. Jahrhunderts kam es wiederholt zu Konflikten zwischen Giovanni Porta und Giovanni Ferrandini, wie Briefe und Eingaben an die höfische Administration belegen. 245 Steffani erscheint als die zentrale Figur innerhalb der Münchner Musiker des späten 17. Jahrhundert. Er war im Juli 1667 246 dreizehnjährig an den Hof Ferdinand Marias gekommen, den er bei einer Vorführung in Padua so beeindruckt hatte, dass dieser ihn nach Deutschland mitnahm, wo Steffani auch Sopranpartien in Werken Kerlls wie dem Turnierspiel Le pretensioni del Sole (1668) sang. Die Biografie der »eindrucksvollsten, aber nicht lautersten Gestalt« 247 der Künstler am Münchner Hof macht deutlich, inwiefern Verpflichtungen von Musikern nicht allein durch deren Qualifikation bestimmt wurden. Steffani, der spätere Diplomat in hannoverschen Diensten 248 und pfälzische Regierungspräsident, zeigte schon früh politisches Geschick; im Auftrag der Wittelsbacher verhandelte er mit verschiedenen Höfen über die Heiratspro-
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Zitiert nach Forster 1933, S. 107. Siehe Forster 1933, S. 109; Vogelais 1901, S. 5. Ebd. Westermann 1921, S. 16. Steffani behauptete wiederholt, bereits 1665 oder 1666 an den Münchner Hof gekommen zu sein, jedoch war Kurfürst Ferdinand Maria nachweislich erst 1667 nach Italien gereist. Vgl. Einstein 1910, S. 8f. 247 Lipp 1944, S. 22. 248 Zu den Tätigkeiten Steffanis außerhalb des Musikbereichs siehe Kaufold 1997.
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jekte Max Emanuels. 249 Auf zentralen Positionen am Münchner Hof platzierte er seine Vertrauensleute: als Hofpoeten Ventura Terzago, seinen älteren Bruder, der den Namen eines Förderers angenommen hatte, sowie Pietro Torri, der nach zeitgenössischen Berichten sein Schüler war. Die Engagements von Ercole und Giuseppe Antonio Bernabei waren gleichfalls mit der Person Steffanis verbunden. 1672 reiste Steffani nach Rom, »daselbs dero gisten disposition und beuelch gemeß sich in seiner kunst mehrers zu perfectionieren«, 250 und wurde Schüler von Ercole Bernabei. Dies geschah auf Vermittlung von Giovanni Battista Maccioni, des römischen Agenten der Wittelsbacher und ehemaligen Harfenlehrers von Kurfürstin Henriette Adelaide, der unter anderem Text und Musik zu dem ersten dort aufgeführten, zweifelsfrei als Oper identifizierbaren Bühnenwerk L’arpa festante (1653) verfasst hatte. Ercole Bernabei war seit 1672 als Nachfolger seines Lehrers Orazio Benevoli Kapellmeister der Petersdoms in Rom, seine Unterrichtstätigkeit anscheinend der erste Kontakt zum Münchner Hof. 251 Offensichtlich konnte er sich dabei für die neue Aufgabe empfehlen, denn 1674 trat Bernabei die Nachfolge Kerlls als bayerischer Hofkapellmeister an. Ausschlaggebend für die Verpflichtung Bernabeis war seine Erfahrung als Kirchenmusiker, da er erst in München mit der Opernkomposition begann. Allerdings war er, wie der Briefwechsel zwischen Maccioni und Kurfürst Ferdinand Maria zeigt, für die Position in München nur dritte Wahl gewesen: Maccioni hatte zuerst Giuseppe Corsi empfohlen, den er nach Giacomo Carissimi für den bedeutendsten Kapellmeister Roms hielt; dieser lehnte jedoch ab. Der zweite Vorschlag Maccionis, Giuseppe Spoglia, traf nicht auf die Zustimmung Ferdinand Marias, der diesen für zu jung hielt und empfahl, »mit einem Subjekt in reiferem Alter« zu verhandeln. 252 1677 holte Bernabei seinen Sohn Giuseppe Antonio als Vizekapellmeister nach. Diese Personalentscheidung war insofern von großer Tragweite, als Letzterer das Musikleben am Münchner Hof mehr als ein halbes Jahrhundert lang prägen sollte. Giuseppe Antonio Bernabei hatte bereits 1672 die Nachfolge seines Vaters angetreten, als er Kapellmeister in San Luigi dei Francesi wurde. Wie dieser 249 Auch bei Max Emanuels zweiter Heirat war Steffani involviert. 1693 versuchte er im Auftrag Hannovers, allerdings erfolglos, den verwitweten Kurfürsten zu einer Ehe mit einer welfischen Prinzessin zu bewegen. Vgl. Kaufold 1997, S. 155–163. 250 »Archivalische Excerpte« 1891, S. 72. 251 Einstein 1910, S. 13f. 252 Der Briefwechsel zwischen Kurfürst Ferdinand Maria und Giovanni Battista Maccioni ist ediert in Katzbichler 1963, S. 98–102.
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war auch er in erster Linie Kirchenmusiker und komponierte nur in den ersten Münchner Jahren weltliche Werke, darunter die Musik zu dem »Tornamento festivo« Giulio Cesare ricoverato und der Festoper L’Ermione zum Regierungsantritt Max Emanuels 1680, eine der Opern zu dessen Hochzeit 1686 (L’Ascanio) und eine Festoper zum Münchner Besuch Kaiser Leopolds I. 1690 (Il segreto d’amore in petto del savio). Nach 1690 widmete sich der bereits in Rom zum Priester geweihte Bernabei ausschließlich der Kirchenmusik, was darin begründet gewesen sein dürfte, dass durch die Abwesenheit des Kurfürsten das weltliche Musikleben am bayerischen Hof gänzlich brach lag. 253 1684 konnte Ercole Bernabei auch seinen Sohn Vincenzo als Organisten in München unterbringen, nachdem dieser wegen Veruntreuung aus Rom hatte fliehen müssen. 254 Nach Felix Joseph von Lipowsky ist Vincenzo Bernabei der Komponist der Festoper L’Eraclio 1690, 255 nach Robert Münster stammt diese vom ehemaligen kaiserlichen Hofsänger Clementin von Hadersberg. 256 Als Dolmetscher des älteren Bernabei kehrte 1674 auch Steffani nach München zurück. In Kenntnis seines Charakters hatte der Kurfürst seine Mittelsmänner ausdrücklich beauftragt, die Vertragsverhandlungen mit Bernabei ohne Steffanis Wissen zu führen, »denn es könne leicht sein, dass er in seinem jugendlichen Selbstgefühl sich ein solches Amt in den Kopf gesetzt hätte, und deshalb durch einen irgendeinen Kunstgriff seinen Lehrer davon abbrächte«, 257 die Stellung in München anzunehmen. Die Befürchtung war berechtigt, da Steffani Bernabei tatsächlich zu suggerieren versuchte, dass das zugesagte Gehalt von 1080 Gulden niedriger sei als das einstmals Kerll gewährte. Auch wenn es Steffani nicht gelang, die Position des Hofkapellmeisters zu bekommen, konnte er seine Position weiter festigen. 1678 durfte er eine Reise nach Paris unternehmen, um seine Kenntnisse der französischen Musik zu vertiefen. Nach dem Tode Ferdinand Marias konnte Steffani bei Hofe weiter aufrücken – 1681 erhielt er den Titel des Kammermusikdirektors. Dem 1680 zum Priester geweihten Steffani wurde im Mai 1683 auf Geheiß Max Emanuels die Abtei Löpsingen nahe Nördlingen in der Grafschaft Öttingen-Wallerstein als Pfründe sine cura übertragen. Finanziell war dies wenig ertragreich, da auch der Graf und das Augsburger Domkapitel Ansprüche auf diese Einkünfte anmeldeten. Steffani durfte sich aber nun »Abbé« nennen, und bis er 1707 zum Bischof geweiht wurde, unter253 254 255 256 257
Forster 1933, S. 14. »Archivalische Excerpte« 1891, S. 75. Lipowsky 1810, S. 17. Münster 1976, S. 299. Zitiert nach Katzbichler 1963, S. 16.
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zeichnete er stets als »Abbate di Lepsing«. 258 Nach seinem Ausscheiden aus bayerischen Diensten blieb Steffani Max Emanuel verbunden, denn als kurfürstlich braunschweigisch-lüneburgischer Gesandter lebte er seit 1693 zeitweise, ab 1696 ständig an dessen Brüsseler Hof. 259 Pietro Torri war, bevor er nach München kam, bis 1684 am Bayreuther Hof tätig gewesen. 260 Dass er sich 1689 bereits in den Diensten Max Emanuels befand, dokumentiert ein Brief seines ehemaligen Dienstherrn, des Markgrafen Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth, der aus dem Feldlager in Mainz seiner Gemahlin schrieb, »dass gestern mit deß H. Churfürsten auß Bayern mein alter Capell Meister Pietro Torri, so in des Churfürsten Dienst ist, ingleichen eingefunden und mir reverence gemacht hat«. 261 Wie erwähnt, war Torri wahrscheinlich ein Schüler Steffanis; eine Vermutung, die unter anderem durch die stilistische Nähe ihrer Kammerduette gestützt wird. Eine enge Verbindung zeigte sich 1696, als Torri vorübergehend in Hannover tätig war, wo Steffani kurz zuvor als Kapellmeister gewirkt hatte; später bemühte sich Torri mit Vermittlung Steffanis vergeblich um eine Anstellung am preußischen Hof. Mit dem Turnierspiel Gli Oracoli di Pallade e di Nemesi begann Torri 1690 seine Laufbahn als der produktivste Komponist am Münchner Hof in dieser Zeit. Es folgten mehr als fünfzig weitere größere Kompositionen wie Opern, Turnierspiele, Serenaten und Kantaten. Mit Teilen der Hofkapelle folgte Torri seinem Herrn 1692 nach Brüssel und trat in die neu formierte Hofmusik ein, die neben Münchner Musikern aus einheimischen und französischen Künstlern bestand. Ihm zur Seite stand hier Pierre-Antoine Fiocco, der seit 1682 in Brüssel wirkte, nachdem er zuvor in Amsterdam und Hannover tätig gewesen war. 262 Von Fiocco stammte die Musik der neuen Prologe, die den Opern Jean-Baptiste Lullys vorangestellt wurden. 1703 erhielt Torri die nach Steffanis Ausscheiden vakant gebliebene Position des Kammermusikdirektors. Nach der Niederlage der bayerisch-französischen Truppen folgte Torri Max Emanuel 1704 in die Spanischen Niederlande und wirkte zeitweise auch in Valenciennes am Hof von dessen Bruder, dem ebenfalls ins Exil geflohenen Kölner Kurfürsten Joseph Klemens. Nach der Rück258 Da der Pfarrort gänzlich evangelisch war (die Pfründe waren aber als solche katholisch geblieben), hatte dies aber ebenso wenig eine seelsorgerische Tätigkeit zur Folge wie die spätere Ernennung zum Bischof, da das ihm vom Papst verliehene Titularbistum Spiga in Kleinasien der Kirche überhaupt nicht zur Verfügung stand. Siehe Einstein 1910, S. 26ff.; Kaufold 1997, S. 16f., 41. 259 Junker 1920, S. XIII. 260 Ebd., S. IX–LXV. 261 Zitiert nach Schiedermair 1908, S. 13. 262 Rasch 2002, S. 177–207.
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kehr Max Emanuels nach Bayern kam Torri wieder nach München. Faktisch war er seit 1715 Hofkapellmeister, da er nun die großen, repräsentativen Bühnenwerke vertonte, wenngleich er die Stellung offiziell erst 1732 nach Bernabeis Tod einnehmen konnte. Nach dem Spanischen Erbfolgekrieg waren am bayerischen Hof die verfügbaren Mittel begrenzt, sodass der Verpflichtung neuen Personals Grenzen gesetzt waren. Dies verhinderte vielleicht das Engagement eines Musikers, der eine ernsthafte Konkurrenz für Torri gewesen wäre: 1714 hatte Kurfürstin Therese Kunigunde als möglichen zukünftigen Münchner Hofkapellmeister Antonio Vivaldi ins Spiel gebracht. Sie scheint in dem nicht erhaltenen Brief an ihren Gatten besonders auf dessen Kompetenz in der Opernkomposition rekurriert zu haben, da Max Emanuel, der Vivaldis Musik nicht kannte, in seiner Antwort auf die diesbezüglichen Stärken Torris verwies: Touchant le compositeur en Musique Nomme Vivaldi, ie n’ay pas veu de ses compositions mais ie les vois excelentes me fiant tres fort a Vostre goust. Nous ne sommes pas trop en estat de donner des pensions hors de necessité, si elle estoit bien petitte vous pouviez accorder avec luy. Torri est tres fortiffié dans la composition et il a un goust esquis pour les Opera. 263
Erst nachdem Torri 1737 nach fast fünfzigjähriger Tätigkeit in bayerischen Diensten verstorben war, wurden die Positionen in der Hofmusik neu verteilt. Mit Giovanni Porta, einem typischen Repräsentanten der venezianischen Schule der Zwanziger- und Dreißigerjahre, wurde ein angesehener Komponist zum Nachfolger Torris bestellt. »C’était un des meilleurs et des plus savants compositeurs de son temps«, urteilte Benjamin de Laborde über ihn: »Les professeurs en parlent avec vénération; ils étudent ses ouvrages, et les trouvent d’un travail admirable.« 264 Porta hatte nach einer Tätigkeit im Dienste des Kardinals Pietro Ottoboni in Rom seit 1726 als Chorleiter am venezianischen Ospedale della Pietà gewirkt, das Karl Albrecht besucht hatte, als er sich im Mai und Juni 1737 in der Stadt aufhielt. Wie der Kurfürst selbst in Reiseaufzeichnungen festhielt, hatte eine Aufführung dort bei ihm einen vorteilhaften Eindruck hinterlassen: C’est après les vingt trois heures, que nous sommes revenus pour aller à un hospital nommé La Pieta et y entendre une très belles musique de filles trouvées, qu’on y élève. Effectivement elles ont excellé en toutes sortes d’instruments; quant aux voix, il n’y avait rien d’extraordinaire. 265
263 Zitiert nach Over, im Druck. 264 Laborde 1780, Bd. III, S. 224. 265 Zitiert nach Karl Albrecht 1882, S. 208.
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Das Konzert mag bei der Verpflichtung Portas eine Rolle gespielt haben – bereits vier Monate später traf der Komponist in München ein –, wenngleich Karl Albrecht nachweislich bereits bei früheren Venedigbesuchen Musik von ihm gehört hatte. Im Gegensatz zu den wichtigen Personalentscheidungen des späten 17. Jahrhunderts, die zugunsten versierter Kirchenmusiker wie Vater und Sohn Bernabei ausfielen, waren nun offensichtlich die Erfahrungen auf dem Opernsektor entscheidend. Hier konnte Porta beachtliche Erfahrung vorweisen, denn er hatte zahlreiche Opern in verschiedenen italienischen Theatern zur Aufführung gebracht; mit seinem Numitore war außerdem 1720 das Little Theatre in the Haymarket in London eröffnet worden. Allerdings verfasste Porta in München dann vor allem für den kirchlichen Gottesdienst bestimmte Stücke; so fanden sich in seinem Nachlass rund 280 Kirchenkompositionen. 266 Dagegen brachte er in München lediglich die neu komponierte Ifigenia in Aulide sowie zwei ältere Opern zur Aufführung, 267 die hierfür einschneidend bearbeitet wurden. 268 Porta unterrichte auch die Kinder von Kurfürst Karl Albrecht, darunter die spätere Kurfürstin von Sachsen, die selbst Opern komponierende Prinzessin Maria Antonia Walpurgis. Diese nahm eine Reihe von Manuskripten mit Arien und Opern Portas nach Dresden mit, wo sie bis heute erhalten sind. 269 Nach dem Engagement Portas rückten andere Musiker innerhalb der Hofmusik auf. Giovanni Ferrandini, der 1722 als Oboist in kurfürstliche Dienste getreten war und der schon in den letzten Lebensjahren Torris einen Teil der Neukompositionen beigesteuert hatte, wurde 1737 Direktor der Kammermusik. 1753 komponierte er das Dramma per musica Catone in Utica, mit dem das neue Münchner Opernhaus eröffnet wurde. Für Laborde war er ein »compositeur fort renommé. Son style est d’une singularité piquante.« 270 Ferrandini kehrte 266 Westermann 1921, S. 18. 267 Die 1738 gespielte Vertonung von Apostolo Zenos Gianguir hatte Porta bereits 1732 für Mailand komponiert, die Musik des während des Karnevals 1740 gespielten Farnace war schon 1731 in Bologna aufgeführt worden. 268 Das Vorwort von Farnace weist explizit darauf hin, dass das Stück nicht neu sei; Änderungen hätten angebracht werden müssen, um es an die neuen Darsteller anzupassen, »che il rappresentarono, e cantano, a cui per comodo della Musica è costretta la Poesia a servire, più che a se stessa«. Farnace 1740, S. 4. In Bologna war die Titelpartie von dem Alt Antonio Bernacchi gesungen worden, während sie in München von dem Soprankastraten Agostino Galli verkörpert wurde. In Italien war Merione mit dem Sopran Farinelli besetzt worden, während er in Bayern von Domenico Giuseppe Galletti, einen männlichen Alt, dargeboten wurde. 269 Fischer 2007, S. 149. 270 Laborde 1780, Bd. III, S. 185.
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1755 nach Padua zurück, wo ihn 1771 der junge Wolfgang Amadeus Mozart aufsuchte; er muss sich aber um 1760 zumindest zeitweise wieder in München aufgehalten haben, da die sächsische Kurfürstin Maria Antonia Walpurgis dort Unterricht bei ihm nahm, was offenbar eine Fortsetzung von Studien aus der Jugendzeit darstellte. 271 Nach seinem Ausscheiden blieb Ferrandini dem Münchner Hof verbunden: Noch 1774 besuchte ihn Kurfürst Karl Theodor in Begleitung des Abbé Vogler. 272 Zum »Kammerkompositeur« ernannte Karl Albrecht den Violoncellisten Bernardo Aliprandi, der im Herbst 1731 als kurfürstlicher Kammer- und Hofmusikus in der Hofkapelle eingetreten war, nachdem er zuvor »Maestro di Strumenti« am Ospedale dei Mendicanti in Venedig gewesen war. 273 Nicht am Münchner Hof angestellte Komponisten wurden nur fallweise herangezogen; nämlich dann, wenn der Bedarf an neuen Stücken nicht durch die eigenen Ressourcen gedeckt werden konnte. Die 1722 im Rahmen des Hochzeitsfests aufgeführten komischen Intermezzi gehörten dabei einer Gattung an, die von den eigenen Komponisten nicht gepflegt wurde. Auch weitere Produktionen lassen sich durch äußere Umstände erklären: Die Hofkapelle war noch im Wiederaufbau, als 1715 Il Tigrane mit Musik von Alessandro Scarlatti gespielt wurde, der in Rom von der Mutter der Kurfürstin Therese Kunigunde gefördert worden war. Im Karneval 1725 führte man das Dramma per musica Porsena mit Musik von Antonio Lotti (Venedig 1713) auf, wobei die Wahl gerade dieser Oper sich auf Therese Kunigunde zurückführen lässt, in deren Bibliothek sich eine Abschrift der Partitur befand. 274 Beim Fest von 1722 war Torri zweifellos durch die Komposition mehrerer eigener Werke ausgelastet, daher verfasste Tommaso Albinoni jeweils die zweite Oper und das zweite Turnierspiel. Auch das Aufführungsumfeld weiterer Opern fremder Musiker scheint auf Kapazitätsengpässe der Münchner Komponisten hinzudeuten: 1724 vertonte Nicola Porpora das Libretto Damiro e Pitia von Domenico Lalli; die Musik zu Il Lamano (1726) stammte von Girolamo Donnini, beschäftigt am Kurkölner Hof.
271 272 273 274
Fischer 2007, S. 149f. Cattelan 1991, S. 224. Over 1998, S. 199, Fn. 4. Over, im Druck.
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Librettisten Bei den Librettisten zeigt sich im späten 17. Jahrhundert ein ähnliches Bild wie bei den Komponisten: Es wurde fast ausschließlich auf Stücke zurückgegriffen, die am eigenen Hof angestellte Künstler für München verfassten. Da die Texte meist inhaltlich auf den Aufführungsanlass Bezug nahmen, erscheint eine andere Praxis auch kaum denkbar. Nach der Wiederaufnahme des Festbetriebs im Jahre 1715 änderte sich dies jedoch. Zwar wurden weiterhin für besondere Anlässe Texte bei den eigenen Dichtern in Auftrag gegeben, sonst aber meist auf den in der Zwischenzeit etablierten Kanon von Opernlibretti zurückgegriffen. Neben Texten von Apostolo Zeno und Pietro Metastasio handelte es sich meist um Libretti, die zuvor in venezianischen Theatern gespielt worden waren, wobei die Auswahl auf das dort während des Exils von Kurfürstin Therese Kunigunde gesehene Repertoire verweist. 275 Weitere Texte wurden aus Florenz übernommen, was sich dadurch erklärt, dass enge Verbindungen des Münchner Hofs in die Toskana bestanden, denn 1689 hatte Max Emanuels Schwester Violante Beatrix den Sohn des Großherzog Cosimo III., Ferdinando de’ Medici geheiratet. 276 Ventura Terzago, der ältere Bruder Agostino Steffanis, ersetzte 1675 den nach Venedig zurückgekehrten Domenico Gisberti und übernahm 1679 auch die Position des Geheimsekretärs Carlo Begnudelli Basso. Terzago blieb bis 1686 Hoflibrettist und verfasste zahlreiche Texte zu Opern und Turnierspielen, die von seinem Bruder oder von Giuseppe Antonio Bernabei vertont wurden. Von der bisher nur spärlichen Forschung zur Münchner Librettistik ist Terzago zumeist kritisch beurteilt worden. Für Karl von Reinhardstöttner markiert nach dem Ausscheiden seines Vorgänger Gisberti, dem »Urbild eines Hofdichters […], dem eine allezeit breite Muse zu gebote stand«, 277 das Auftreten 275 Einige der nach ihrer Rückkehr in Bayern aufgeführten Stücke kann sie jedoch nicht selbst in Venedig gesehen haben, da sie dort bereits vor ihrer Ankunft gespielt worden waren. So war Tito Manlio, 1724 mit unbekannter Musik im Salvatortheater zu sehen, in der Vertonung von Carlo Francesco Pollarolo erstmals 1696 in Florenz gespielt worden und 1697 sowie 1698 in Venedig zur Aufführung gelangt. Es erscheint jedoch denkbar, dass Therese Kunigunde in Italien Texte auch ohne Bühnenaufführung rezipiert hat. 276 Giuntini 1994, S. 73. Der Text der offensichtlich ersten nach 1715 neu komponierten Münchner Oper, Astianatte (1717), stammte von dem renommierten florentinischen Librettisten Antonio Salvi und war 1701 mit Musik von Giacomo Antonio Perti im Teatro Pratolino in Florenz aufgeführt worden. Wenige Jahre später erhielt Salvi den Auftrag des Münchner Hofes, ein Libretto zur ersten Festoper bei der Hochzeit von Karl Albrecht zu schreiben (Adelaide, 1722). 277 Reinhardstöttner 1892, S. 113.
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Terzagos den »Untergang der schönen Zeit des Italienertums«; 278 seine Libretti seien »alle über einen Kamm gezogen«. 279 Auch Arthur Neisser kritisiert Terzagos Texte wegen ihres Schematismus, den er mit tatsächlich frappierend übereinstimmenden Personenverzeichnissen der ersten vier Libretti belegt. 280 Weiterführende Untersuchungen müssten freilich stärker differenzieren zwischen einer Kritik an den Unzulänglichkeiten der Texte Terzagos und Kritik am Zeitstil, den bereits Zeitgenossen (unter anderem in der Accademia dell’Arcadia) artikulierten. Den Anforderungen, die am Münchner Hof an Operntexte gestellt wurden, scheinen seine Texte aber genügt zu haben, denn während Terzago in Diensten der Wittelsbacher stand, wurde dort lediglich ein Libretto verwendet, das nicht von ihm stammte. Zur Festoper L’Ascanio (1686) steuerte Terzago lediglich das Vorwort bei, dem zu entnehmen ist, dass der Text selbst von Filippo Renato Sbarra stammte, der in den Diensten von Eleonora Magdalena Gonzaga von Mantua-Nevers stand, der Witwe Kaiser Ferdinands III. Wie zahlreiche weitere bayerische Künstler blieb auch Terzago nach dem Ausscheiden aus Münchner Diensten weiter für Max Emanuel tätig: 1687 reiste er nach Italien, um die Komödiantentruppe von Francesco Calderone, genannt Silvio, zu verpflichten, die der bayerische Kurfürst zuvor in Venedig gesehen hatte. 281 Sein Nachfolger in München wurde der aus Mantua stammende Luigi d’Orlandi, der die Libretti zu Steffanis Alarico und Niobe, Bernabeis Festoper Il segreto d’amore in petto del savio (1690) sowie zu zahlreichen kleineren Werken verfasste. Als das Festleben nach der Rückkehr Max Emanuels nach Bayern nach mehr als 20-jähriger Unterbrechung wieder anlief, musste neues Personal ver278 Ebd., S. 135. 279 Ebd., S. 136. 280 Alvilda in Abo: Sivardo, König der Goten; Alvilda, seine Tochter; Alvo, Dänenfürst, verliebt in Alvilda; Agbarto, sein geheimer Rivale; Signe, Alvos Schwester, Geliebte des Agbarto, verkleidet unter dem Namen Celindo; Giuritta, eine von Alvidas Amazonen, verliebt in Signe, die sie für Celindo hält; Worcaro, Offizier, verliebt in Giuritta; Nisa, Alvildas Amme; Tirso, Sklave. – Enea in Italia: Latino, König der Aboriginer; Lavinia, seine Tochter, Gemahlin des Aeneas; Dido, Königin von Karthago; Aeneas, Fürst von Troja; Jarba, König von Mauretanien, unter dem Namen Aceste; Ostilio und Sergis, Offiziere; Celia, Lavinias Dienerin; Lesbo, Sklave des Aeneas; Ombra. – L’Ermione: Menelao, König von Sparta, verkleidet als einfacher Soldat; Ermione, seine Tochter; Oreste, Liebhaber Ermiones, verkleidet als Sklave im Gefolge seine Freundes Pylade; Pirro, Sohn des Achill, verliebt in Ermione; Andromache, Gemahlin des Pirro, als Mann verkleidet; Adraspe, Offizier; Alfea, Ermiones Amme; Birollo, Sklave des Oreste. – Marco Aurelio: Antonino Pio, Kaiser; Faustina, seine Tochter; Marco Aurelio, Gatte der Faustina; Lucilla, ihre Tochter; Lucio Vero, Adoptivbruder des Marco Aurelio; Domizia, Schwester von Lucio Vero, verkleidet als Hirte unter dem Namen Silvio; Curzia, Faustinas Amme; Delpho, Sklave des Marco Aurelio. Vgl. Neisser 1902, S. 15. 281 Trautmann 1887, S. 262.
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pflichtet werden. Im Januar 1712 hatte Therese Kunigunde zwar Girolamo Graf Frigimelica Roberti, Librettist von zwölf Opern, die 1694–96 sowie 1704–08 am Teatro San Giovanni Grisostomo gegeben wurden, zu ihrem »Consiliario Privato« ernannt, und wenige Monate später bestellte Max Emanuel ihn zum »Consigliere di stato«. 282 Soweit bekannt, verfaßte Frigimelica Roberti jedoch keine Opernlibretti für München. Hierfür wurden neue Künstler nach Bayern geholt und unter ihnen das Verfassen der Textbücher hierarchisch aufgeteilt: Für die Opera seria war ab Mitte der Zwanzigerjahre der Neapolitaner Domenico Lalli zuständig, der lediglich ein Werk mit niedrigerem Anspruch verfasste, die »Festa teatrale« L’isara festeggiante (1733). Den Modellen Zenos folgend, hatte Lalli, dessen Abenteurerleben dem eines Lorenzo Da Ponte kaum nachsteht, 283 zuvor in Venedig Karriere als Opernlibrettist gemacht. In München waren bereits vor seiner Ankunft mehrere auf seinen Texten basierende Bühnenwerke aufgeführt worden (Il Tigrane, 1715; I veri amici [mit Francesco Silvani], 1722). Es folgten nun Aufführungen eines weiteren älteren Textes (Il Lamano, 1726) sowie fünf eigens für München geschriebener »Drammi per musica« (Damiro e Pitia, 1724; Epaminonda, 1727; Nicomede, 1728; Edippo, 1729; L’Ippolito, 1731). Eine niedrigere Stellung im hierarchischen Gefüge der bayerischen Hofdichter bekleidete Perozzo di Perozzi, der auch als Theaterintendant fungierte. Nach Lallis Ausscheiden übernahm für kurze Zeit Leopoldo De Villati (Berenice, 1730; Ciro, 1733) seine Position als Hofdichter, bevor dieser nach Berlin ging, wo er in Zusammenarbeit mit Friedrich dem Großen Opernlibretti verfasste, die von Carl Heinrich Graun vertont wurden. Während die Texte Lallis und De Villatis von dem Münchner Hauptkomponisten Pietro Torri oder, in einem Fall, von dem angesehenen Neapolitaner Nicola Porpora vertont wurden, stammte die Musik zu Perozzis Libretti, wiederum mit einer Ausnahme (Amadis di Grecia, 1724, Musik von Torri), von den in dieser Zeit gleichfalls niedriger eingestuften Münchner Komponisten Giovanni Ferrandini (Gordio, 1727; Il sacrificio invalido, 1729), Francesco Peli (La costanza in trionfo ovvero L’Irene, 1737) und Bernardo Aliprandi (Apollo tra le muse nel Parnasso, 1737). 282 Over, im Druck. 283 Lalli hieß eigentlich Nicolò Sebastiano Biancardi. Beschuldigt, Geld unterschlagen zu haben, floh er bei Nacht und Nebel aus seiner Heimatstadt Neapel; angeblich, um den wahren Dieb zu finden. Biancardi hatte bereits zuvor mit Apostolo Zeno in Briefkontakt gestanden und ein Empfehlungsschreiben aufgesetzt, in dem er sich selbst als »seinen Landsmann Domenico Lalli« empfahl. Obwohl Zeno dies durchschaute, unterstützte er ihn. Vgl. Scherillo 1883, S. 232ff.
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Die stilistischen Wandlungen der Librettisik am Münchner Hof spiegeln die Veränderungen wider, die die Operndichtung im ganzen Europa erfuhr. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts hatte die vielfältig verschlungene Liebesintrige zweier Paare ebenso zum Inventar gehört wie das Auftreten komischer Figuren, die in der Regel dem Dienermilieu entstammten. Terzagos Texte, wie die der venezianischen Opern der Zeit, waren gekennzeichnet durch eine Fülle rasch wechselnder Personen- und Affektkonstellationen und starke Kontraste. Spektakuläre Bühneneffekte nutzte er in reichem Maße, wenn etwa in Marco Aurelio »Merlino Mago esce di sotterra in aria sopra un globo di fiamme, e di nuovo si profonda«; in diesem Stück gibt es auch ein Erdbeben zu sehen und sieben Geister, die tanzen und sich dann plötzlich in Luft auflösen. 284 Derartige Szenen verschwanden bekanntlich weitgehend, als es um 1700 zu einer umfassenden Aufwertung der Librettistik kam, die sich gegen die Effektszenen, die parallel verlaufenden Handlungsstränge und die unterschiedlichen Stilhöhen innerhalb eines Werkes richtete. Gefordert wurde in Anlehnung an die Regelpoetik der klassischen Antike und der italienischen Literatur des 15. und 16. Jahrhunderts eine stärkere dramatische Konsistenz der Handlungen. Die von der literarischen Substanz der Opernaufführung ausgehende Reform erprobte Neuformulierungen der klassisch-humanistischen Tradition und ihrer theatralen Vermittlung, wobei die Dramaturgie der Wahrscheinlicheit (verosimiglianza) und die Beachtung ethischer Prinzipien (decorum) als entscheidend angesehen wurden. 285 Oper wurde noch stärker als zuvor zu einem Ort, an dem anhand exemplarischer Beispiele tugendhaften Verhaltens eine modellhafte höfische Lebensführung gelehrt wurde. Damit in Zusammenhang stand die Elimination des Komischen, das in der Opera seria nicht das allgemein zum Lachen anregende war – belacht wurde vor allem die Dummheit der Diener. Deren Verschwinden aus der Oper diente dazu, die sittliche Erhabenheit der Darstellungen zu steigern. 286 In München wurden diese ästhetischen Debatten zwar nicht ausgetragen, da wegen der Abwesenheit des Kurfürsten dort weder Opern komponiert noch aufgeführt wurden. Sie schlugen sich aber auch dort nieder, als nach der Rückkehr Max Emanuels aus dem Exil nur noch Libretti auf dem neuesten Stand verwendet wurden, aus denen beispielsweise die komischen Dienerfiguren vollständig verschwunden sind. In Einzelfällen wurden zwar noch ältere Texte aus der 284 Marco Aurelio 1681. 285 Strohm 2007, S. 77. 286 Strohm 1994, S. 40f.
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Deckblätter der Libretti zu Apostolo Zenos Scipione, 1732, und zu Pietro Metastasios Artaserse, 1739 (Biblioteca Braidense, Mailand)
Zeit von 1700 vertont; die kamen dann aber entweder bearbeitet zur Aufführung, oder es wurden Stücke ausgewählt, die trotz ihres Alters mit diesen neuen Anforderungen kompatibel waren. Ab 1719 wurden für die Münchner Hofoper bevorzugt Texte von Zeno verwendet, ab Mitte der Dreißigerjahre vor allem von Metastasio, der später sogar in Briefkontakt mit einem Mitglied der kurfürstlichen Familie stand. 287 Die Wahl gerade dieser beiden Librettisten überrascht nicht, da ihre Texte auch an anderen Höfen die Bühnen beherrschten. Neben der Popularität dieser Autoren könnte ein Grund für ihre starke Präsenz aber auch die politische und kulturelle Ausrichtung des Wittelsbacher Hofes am Wiener Vorbild gewesen sein. Die Libretti der beiden gelangten erst nach der jeweiligen Ernennung zum kaiserlichen Wiener Hofdichter in den Jahren 1718 und 1729 auf die Münchner Bühne, wobei 287 Karl Albrechts älteste Tochter Antonia Maria Walpurga, die 1747 den sächsischen Kurfürsten Friedrich Christian Leopold heiratete, stand ab 1749 in Briefverkehr mit Metastasio, dem sie eigene italienische Dichtungen zur Korrektur sandte.
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auf den Deckblättern auf diese Funktion dezidiert hingewiesen wird. Bei der Adaptation für München blieben nur wenige Texte wie beispielsweise Zenos Venceslao weitgehend unberührt. Sie wurden zumeist an den neuen Aufführungskontext angepasst. Bei den Texten Metastasios wurden dabei für Catone in Utica 288 und Semiramide riconosciuta 289 nicht die Erstfassungen verwendet, sondern im Theaterbetrieb gängige spätere Versionen. Ein Teil der in München vorgenommenen Änderungen resultierte daraus, dass seit der Rückkehr Max Emanuels aus dem Exil an den Aktschlüssen von Opern Ballettszenen nach französischem Vorbild üblich waren. Diese waren in den italienischen Texten ursprünglich nicht vorgesehen und mussten daher nachträglich integriert werden. Stark modifiziert wurde aus diesem Grund unter anderem Zenos Lucio Vero, wobei auch die Szenenanweisungen Veränderungen erfuhren; so zeigt die erste Szene bei Zeno einen »Passeggio delizioso, il cui mezzo è vagamente occupato dagl’intrecciamenti degli alberi«, 290 während die Münchner Bearbeitung eröffnet wird mit dem Bild einer »Sala Imperiale all’intorno credenziere e nel mezzo sontuoso apparato di Mensa«. 291 Diese Umgestaltung erklärt sich durch die zu Beginn der Oper eingefügte Ballettszene – eine der vier von Ballettmeister Dubreil choreografierten Szenen 292 –, die mit dem ursprünglichen Schauplatz nicht zu rechtfertigen waren. Nicht erklären lassen sich so jedoch die zahlreichen Kürzungen und die Einfügung neuer Szenen und Arien, die mit den Tanzszenen in keinerlei Verbindung stehen. Diese Änderungen könnten durch den Wunsch begründet zu sein, Bühnensituationen einzufügen, mit denen die aktuell vorgesehenen Sänger sich in ein vorteilhaftes Licht rücken konnten.
288 Vertont wird die zweite Fassung von 1729, in der ab der 5. Szene des III. Aktes die Handlung einen anderen Verlauf nimmt, denn es wird von Catones Tod lediglich berichtet, dieser wird aber nicht – wie in der ersten Fassung – selbst ausführlich dargestellt. 289 Auch hier wurde nicht die Erstfassung vertont, an die sich eine Licenza anschloss, sondern die an zahlreichen Stellen abweichende spätere Version Metastasios. 290 Zeno 1929, S. 53. 291 Lucio Vero 1720, S. 7. 292 »Nell’Introduzione dell’Atto Primo Ballo de Romani e Parti quali combattendo li primi restano vincitori«; »Il Secondo Ballo è nell Arena ove li Parti e li Armeni fanno una festa alla loro maniera«; »Terzo Ballo nel Principio dell’Atto Terzo de Cavalieri e Dame Romane«; »Quarto Ballo de Cavalieri e Dame Romane de Parti & Armeni«. Lucio Vero 1720.
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Sänger Über das Münchner Gesangspersonal des 17. Jahrhunderts erfährt man aus den Hofakten kaum mehr als die Namen. Danach handelte es sich mit Ausnahme des österreichischen Soprankastraten Clementin Hader, der 1682 und 1685/86 als Mitglied der kaiserlichen Kapelle als Gast in München sang und 1687 in Münchner Dienste trat, und eines gewissen Thomas Maculinus ausschließlich um Italiener. 293 Der Großteil von ihnen hatte zuvor in seinem Heimatland Karriere gemacht: Antonino Pio hatte 1658 in Venedig, Pietro Lemoles di Messina 1667 in Neapel und Giovanni Battista Morelli 1682 in Venedig gesungen. 294 Auf welchem Weg sie nach München kamen, lässt sich angesichts der schwierigen Quellenlage vielfach nur erahnen. Dass neben lokalen Vertrauenspersonen des Münchner Hofs auch die Herrscherfamilie an der Auswahl der Künstler beteiligt war, erscheint jedoch unstrittig, denn wie bereits erwähnt hatte Ferdinand Maria den jungen Agostino Steffani auf einer Italienreise singen gehört und nach Bayern mitgenommen. Andere italienische Künstler kamen nach vorhergehenden Engagements an anderen deutschen Höfen nach München. 295 Da Sängerinnen in den Hofakten vor 1687 nicht zu finden sind, ist zu vermuten, dass die hohen Stimmlagen bis zu diesem Zeitpunkt ausschließlich von Kastraten gesungen wurden und diese auch die Frauenrollen in den Opern besetzten. 296 Der Münchner Hof war seit jeher eine Hochburg des Katholizismus gewesen; dies dürfte der Grund gewesen sein, dass hier weiterhin die Anordnung Papst Sixtus’ V. von 1588 Beachtung fand, wonach Frauen nicht auf der Bühne auftreten dürfen. Ab den späten 1680er-Jahren wurde dieses Verbot selbst am bayerischen Hof nicht mehr befolgt, obwohl Klemens XI. 1703 aber die Ablehnung von Sängerinnen sogar noch verschärft hatte. Er erachtete Opernhäuser generell als einen Hort sittlicher Gefährdung; es sei unbestreitbar, dass »eine Schönheit, welche auf dem Theater singen und dennoch ihre Keuschheit bewahren wolle, nichts anderes thue, als wenn man in den Tiber springen und doch die Füße nicht naß machen wolle«. 297 Dass in Rom keine Frauen auf der Bühne geduldet wurden, entfaltete jedoch mitunter eine den Absichten der Kirche diametral entgegengesetzte Wirkung. »Da auf der Bühne nur Män293 294 295 296 297
Für eine Aufstellung des Gesangspersonals siehe Timms 2003, S. 33f. Ebd., S. 33f. Ebd. Rudhart 1865, S. 22. Zitiert nach ebd., S. 19f.
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ner auftraten, war es klar, dass man auf diese Art alles dazu tat, Liebesabenteuer zwischen Männern zu fördern«, beobachtet Patrick Barbier, auf die zahlreichen homosexuellen Affären zwischen geistlichen Zuschauern beziehungsweise Gönnern mit Kastraten hinweisend. 298 Daneben faszinierten die Kastraten ihre Umgebung, »gerade weil sie in einer einzigen Person die Anziehungskraft von Mann, Frau und Kind in sich vereinten«, was »eine sehr starke erotische Wirkung auf das Publikum im 17. und 18. Jahrhundert gehabt« habe, das sich leicht in einem »künstlerisch-kulturellen Kontext, der eine geeignete Grundlage für das Spiel mit der Illusion war, verzaubern ließ«. 299 Überdies erscheint gerade ihre in hohem Maße künstlich wirkende Stimmfärbung, die sich keinem Geschlecht zuordnen lässt, in besonderem Maße geeignet, die Handlungen ins Übernatürliche zu heben: Die von ihnen dargestellten Bühnenfiguren waren ja keine Personen des täglichen Lebens, sondern agierten in einer idealen Welt, in der stets die Tugend triumphiert. Die Münchner Quellen des späten 17. Jahrhunderts geben weiterhin keinerlei Hinweise, die es gestatten würden, die aus den Akten eruierten Sängernamen bestimmten Partien in den einzelnen Stücken zuzuordnen, da in den erhaltenen Libretti lediglich die »Personaggi« genannt werden, nicht aber die jeweiligen Sänger. Die genaue Besetzung verraten lediglich handschriftliche Ergänzungen in zwei Partituren Pietro Torris, danach sind in der »Serenata« Pregi della Primavera (1691) zwei Sopranistinnen (S.ra Angiola, S.ra Leuré), zwei Soprankastraten (S.r Clemente, S.r Marini), ein weiblicher Alt (S.ra Rodieri), ein Altkastrat (S.r Giacomo), ein Tenor (S.r Filippo) und ein Bass (S.r Cottini) aufgetreten. Ein Eintrag auf dem Deckblatt von Fetonte (1689) nennt fünf dieser Sänger (S.ra Angiola, S.r Clemente, S.ra Rodieri, S.r Giacomo und S.r Cottini). Erst ab 1717 findet sich in den Libretti regelmäßig eine namentliche Nennung der Sänger. Dabei zeigt sich über einen längeren Zeitraum in der Zusammensetzung des Ensembles ein weitgehend konstantes Ensemble von »Virtuosi di Camera«. Gelegentlich traten Gäste hinzu, darunter damalige »Stars« wie Farinelli oder Faustina Bordoni. Diente die Verpflichtung derartig begehrter Sänger auch dazu, den hohen Rang des Münchner Hofes zu zeigen, so erklären sich Gastspiele weniger renommierter Künstler dadurch, dass die eigenen Ressourcen nicht ausreichten, um ein Theaterprogramm mit dem Umfang des Festes von 1722 zu bestreiten. Die Auswahl der hierzu verpflichteten Sänger verweist auf die Kennerschaft der 298 Barbier 1998, S. 133 299 Ebd., S. 149.
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für die künstlerischen Belange Verantwortlichen. Der Kastrat Giovanni Battista Minelli, ein Schüler Francesco Antonio Pistocchis, war nach dem Urteil von Zeitgenossen nicht allein wegen seinen technischen Fertigkeiten angesehen, sondern beeindruckte den Quellen zufolge besonders durch seine musikalische Gestaltungskraft. Gianbattista Mancini zufolge sang Minelli »den Contr’Alt mit einem festen Tone und gut getragener Stimme«, womit »noch eine tiefe Einsicht verbunden [war], so dass er sich in seiner Zeit sehr berühmt machte«. 300 An anderer Stelle wird er charakterisert als ein »Musicien hautecontre fort estimé dans son art, pour son goût et son savoir«. 301 Das Engagement des Altkastraten Antonio Bernacchi, der ab 1720 Mitglied des Münchner Ensembles war, stellt der musikalischen Urteilsfähigkeit der für die Hofoper Verantwortlichen gleichfalls ein gutes Zeugnis aus. Nach Ansicht seines Schülers Mancini hatte Bernacchi zwar »von der Natur keine gute Stimme bekommen«, sich aber durch Diszplin eine außerordentliche Gesangstechnik angeeignet, sodass er später »allgemein bewundert ward« und als einer »der ersten unter den Sängern seiner Zeit« galt.302 Ähnlich äußerte sich der englische Reisende Charles Burney: »This performer’s voice seems by nature to have been feeble and defective, but he supplied the defects of nature by so much art, that his performance was always much more admired by professors than by the public in general.« 303 Jean Benjamin de Laborde unterstreicht besonders Bernacchis geschmackvollen Vortrag: Il sortait de l’école de Pistocchi, qui ne lui ajant pas trouvé une voix agreeable, fut l’en dédommager, en lui inspirant tant de goût, de savoir & d’intelligence, que Bernacchi passa dans sant temps pour le Roi des Musiciens & laissa une réputation des mieux établies. Cet examples & bien autres prouvent que, quelque belle soit une voix, le chant d’une voix médiocre, exécuté avec plus de goût, sera sûrement plus d’effet. 304
1727 schied Bernacchi aus Münchner Diensten aus und kehrte nach Italien zurück, wo er vor allem als Pädagoge wirkte. Er unterrichtete unter anderem Farinelli und Anton Raaff, den zweifellos berühmtesten Tenor des 18. Jahrhunderts, der 1781 die Titelpartie in Wolfgang Amadeus Mozarts Idomeneo singen sollte. Möglicherweise bewog gerade die enge Verbindung zum Münchner Hof Bernacchi, diesen deutschen Tenor als Schüler anzunehmen, da er sonst ausschließ300 301 302 303 304
Zitiert nach Hiller 1780, S. XX. Laborde 1780, Bd. III, S. 310. Zitiert nach Hiller 1780, S. XVIII. Burney 1776, Bd. IV, S. 256. Laborde 1780, Bd. III, S. 310.
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Antonio Bernacchi als Mitridate, Re di Ponto; Zeichnung, 1723, von Anton Maria Zanetti (Fondazione Cini, Venedig)
lich Kastraten unterrichtete. Sein Nachruhm als Gesangslehrer reichte bis ins 19. Jahrhundert, denn noch die 1834 erschienene Schule von Heinrich Mannstein, Das System der grossen Gesangsschule des Bernacchi von Bologna, bezog sich explizit auf diesen Sänger. Die Vielfalt divergierender zeitgenössischer Äußerungen zu Bernacchis Stimme lässt es problematisch erscheinen, ihn auf eine bestimmte künstlerische Richtung festzulegen. Häufig verweisen zeitgenössische Quellen jedoch darauf, dass er als Repräsentant eines neuen Stils gesehen wurde, der artistische Virtuosität auf Kosten einer auf Wort und Affekt gegründeten Expressivität propagierte. Die Neuartigkeit seines Vokalstils machen die negativen Äußerungen deutlich, »denn man hat ihm die Schuld gegeben, er habe den ächt dramatischen Ausdruck seines Gesanges durch eine verschmörkelte Manier verdorben und den
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Anlaß zu seinem Verfall gegeben«. 305 Eine Karikatur Bernacchis macht das Aufsehen sinnfällig, dass diese als neuartig empfundene Akzentuierung vokaler Virtuosität hervorgerufen hatte. Sie zeigt ihn inmitten nicht enden wollender Melismen und Skalenläufe, deren Ausdehnung so immens ist, dass sie sogar den Campanile auf dem Markusplatz zu umrunden vermögen. Wie Bernacchi stehen auch die Mezzosopranistin Faustina Bordoni und Farinelli für die Anstrengungen des Wittelsbacher Hofes, in München Oper auf dem neuesten Stand vorzuführen. 306 Der Zeitgenosse Vincenzo Martinelli zählte gerade diese drei Sänger zu einem neuen Sängertyp, der die Gesangsmusik »verdreht« habe durch eine nicht mehr aufzuhaltende Steigerung der Virtuosität. 307 Für den Kastraten und Gesangslehrer Pier Francesco Tosi bedeutete ›modern‹ in erster Linie exzessiver Gebrauch virtuoser Passagen und Kadenzen in den Arien zusammen mit der überwiegenden Verwendung von Durtonarten und schnellen Tempi bei gleichzeitiger Vernachlässigung der korrekten Aussprache und verschiedener Aspekte der Atemtechnik. 308 »Farinello è un gran campione / della musica moderna / e con spada e con lanterna / può venire alla tenzone«, ordnete der Kastrat Francesco Bernardi (Senesino) seinen Kollegen in diesen Kontext ein, aber mit dem Hinweis »[n]ell’antica [musica] ha merto uguale«. 309 Die generell an den zur Verfügung stehenden Sängern ausgerichtete vokale Schreibweise war für die Faktur der Opern insofern bestimmend, da die ohnehin beschränkten instrumentalen Mittel ganz dem Gesang untergeordnet waren, denn mit Einsatz der Singstimme wird die Begleitung in den Arien meist auf den Generalbass (bei Torri mitunter auch auf die Bratsche) reduziert. Die Verpflichtung der genannten Künstler beeinflusste die für sie komponierten Opern insofern, als diese Stücke den genannten »modernen« Gesangsstil aufgreifen mussten. Faustina Bordoni, die spätere Ehefrau des Komponisten Johann Adolf Hasse, trat in München in drei Opern Torris auf: 1723 sang sie die Titelpartie von Griselda, im darauf folgenden Jahr Melissa in Amadis di Grecia und 1729 Giocasta in Edippo. In letzterer Oper war ihr Partner der Kastrat Carlo Broschi (genannt Farinelli), der bereits 1728 in München die Titelrolle von Nicomede gesungen hatte. Farinellis zwei Gastspiele in München markieren zugleich seine 305 Mannstein 1845, S. 120. 306 Zur Problematik der Terminologie des »nuova stile« bzw. der »nuova scuola« siehe Durante 1988. 307 Ebd., S. 62. 308 Ebd., S. 64. 309 Gedicht für Paolo Rolli, zitiert nach ebd., S. 70, Anm. 6.
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einzigen Auftritte in Deutschland überhaupt. Denkbarer Hintergrund für die Besuche gerade Münchens ist der enge Kontakt des bayerischen Hofes zu dem in Wien – dort hatte Farinelli unmittelbar vor seiner Reise nach München gesungen. Weiterhin erscheint die Vermittlung Bernacchis denkbar. Mit diesem hatte Farinelli 1727 in Bologna den viel beachteten Sängerwettstreit ausgefochten und sich geschlagen geben müssen; anschließend hatte er Unterricht bei Bernacchi genommen, bevor beide im Frühjahr 1728 gemeinsam in Parma in den Opern Medo von Leonardo Vinci und Cartagine nova von Geminiano Giacomelli aufgetreten waren. Dass Bordoni und Farinelli, die sich beide noch am Anfang ihrer Karriere befanden, bei ihren Münchner Auftritten als die zentralen Künstler angesehen wurden, macht die Verteilung der Arien deutlich. Im direkten Vergleich zeigt sich, dass die Sopranistin in München offenbar eine noch höhere Wertschätzung genoss als der Kastrat, da ihr bei der Konzeption des Edippo eine Arie mehr zugebilligt wurde: Carlo Broschi [Sopran] Faustina Bordoni [Sopran] Elisabetta Casolani [Sopran] Francesco Cignoni [Tenor] Maria Gianettini [Sopran] Agostino Galli [Sopran] Bartolomeo Strapparapa [Alt] Johann Perprich [Tenor]
Nicomede (7 Arien) Arsinoe (6 Arien) Prussia (5 Arien) Laodice (4 Arien) Attalo (4 Arien) Cleonzio (3 Arien)
Edippo (6 Arien) Giocasta (7 Arien) Ismene (4 Arien) Meneceo (4 Arien) Filotetto (4 Arien) Corifo (2 Arien) Sorete (2 Arien)
Die Aufmerksamkeit, die bereits die Zeitgenossen Farinellis Stimme schenkten, erlaubt es, schlaglichtartig zu überprüfen, in welchem Maße Torri seine Opern auf die Fähigkeiten der jeweils zur Verfügung stehenden Sänger zuschnitt. Die Ausssagekraft mancher Kommentare des 18. Jahrhunderts ist allerdings insofern eingeschränkt, als etwa der englische Reisende Burney den Kastraten nie selbst auf der Bühne sehen konnte und nur aus dritter Hand berichtet. Zudem können die erhaltenen Partituren nur ein schwaches Abbild seiner Kunst geben, denn wie bereits Burney betonte: »Of his taste and embellishments we shall now be able to form but an imperfect idea, even if they had been preserved in writing, as mere notes would only show his invention and science, without enabling us to discover that expression and neatness which rendered his execution so perfect and surprising.« 310 Farinelli beeindruckte das Publikum vor allem mit unerhört ausgedehnten Schwelltönen, der Messa di voce, »which, by the natural formation of his lungs, 310 Burney 1776, Bd. IV, S. 381.
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Pietro Torri, Nicomede
and the artificial economy of breath, he was able to protract to such a length as to excite incredulity even in those who heard him; who, though unable to detect the artifice, imagined him to have had the latent help of some instrument by which the tone was continued, while he renewed his powers by respiration«. 311 Torris Partituren geben hierfür kein Beispiel, denn wahrscheinlich hat Farinelli Messe di voce an Fermaten und Kadenzen eingefügt. Andere Aspekte seiner Stimme lassen sich jedoch anhand Torris Arien überprüfen. Nach Johann Joachim Quantz hatte Farinelli »eine durchdringende, völlige, dicke, helle und egale Sopranstimme«, deren Umfang 1726 von a bis d''' reichte, welche sich später aber in der Tiefe noch mit einigen Tönen, doch ohne Verlust der hohen, vermehrt hat: Seine Intonation war rein, sein Trillo schön, seine Brust im Aushalten des Atems außerordentlich stark und seine Kehle sehr geläufig, so dass er die weitentlegensten Intervallen geschwind und mit größter Leichtigkeit und Genauigkeit herausbrachte. Durchbrochene Passagen machten ihm, sowie alle anderen Läufe, gar keine Mühe. In willkürlichen Auszierungen des Adagios war er sehr fruchtbar. Das Feuer der Jugend, sein großes Talent, der allgemeine Beifall und die fertige Kehle machten, dass er dann und wann zu verschwenderisch damit umging. Seine Gestalt war für das Theater vorteilhaft: die Action aber gieng ihm nicht sehr von Herzen. 312
311 Ebd., S. 380. 312 Zitiert nach Marpurg 1755, Bd. 1, S. 226.
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Akteure (A-Teil)
(B-Teil)
Pietro Torri, Edippo
Der englische Jurist und Musikhistoriker John Hawkins beschreibt in seiner zeitgleich mit Burneys Bericht erschienenen fünfbändigen History of the science and practice of music »the amazing compass of [Farinelli’s] voice, exceeding that of women, or any of his own class; his shake was just, and sweet beyond expression; and in the management of his voice, and the clear articulation of divisions and quick passages, he passed all description«. 313 Nach Burney wurden Farinellis Triller besonders bewundert: »great use seems to have been made in the melodies and divisions assigned to him«.314 Seine erste Arie in Torris Nicomede, »Amorosa rondinella«, zeigt dies, denn in der Largoarie finden sich nicht weniger als zehn Triller in Folge: Andere Arien gaben Farinelli Gelegenheit, seine außerordentliche Technik zu demonstrieren. Torris Arien für Farinelli in Edippo verlangen einen Virtuosen, auch wenn sie nur einen Zwischenschritt in der stilistischen Entwicklung 313 Hawkins, S. 876. 314 Burney 1776, Bd. IV, S. 381.
Sänger
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Pietro Torri, Edippo
des Sängers zeigen. Spätere für ihn komponierte Partien sind noch erheblich virtuoser gestaltet, mit dem Höhepunkt in der Rolle des Dario in der Oper Idaspe (Venedig 1730) seines Bruders Riccardo Broschi: In der Arie »Quel guerriero in campo armato« wird das Kriegerische mit einem bis dahin ungehörten Übermaß an weiten Intervallsprüngen, Rouladen, Trillern, Trillos illustriert und auch immer wieder zwischen hoher und tiefer Lage gewechselt. Die Arie »Sul mio crine piovon tutte le ruine« aus dem zweiten Akt von Edippo illustriert Burneys Beobachtung, dass »no intervals were too close, too wide, or too rapid for his execution«. Während sich im A-Teil Oktav- und Dezimensprünge finden, verlangt Torri im B-Teil nicht nur weite Sprünge, sondern auch virtuose durchbrochene Passagen. Mit einer Prestissimo-Aria, die einen wirkungsvollen Kontrast zu den zuvor gehörten getragenen Lamenti des seine Schuld erkennenden Ödipus darstellt, bekam Farinelli am Schluss der Oper nochmals Gelegenheit, seine außerordentliche Atemökonomie und den weiten Umfang zu demonstrieren. Die Lückenhaftigkeit der Kenntnisse über das Gros der weiteren Münchner Darsteller ist insofern zu bedauern, als die Sänger mehr als bloße Ausführende des Komponistenwillens waren. Denn entscheidend waren das Timbre, die vielfältigen Farben und Farbschattierungen, die Virtuosität vokaler Figurationen und die »hingebungsvolle Ekstase des Lyrismus«. 315 Die Virtuosität 315 Celletti 1989, S. 15.
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Akteure
war dabei keineswegs eine Zutat, sondern die eigentliche Essenz, denn sie diente der expressiven Verdeutlichtung menschlicher Empfindungen und betonte den mythischen Charakter der Figuren. 316 Es war die Aufgabe eines Komponisten, zugunsten einer bestmöglichen Aufführung jedem Sänger zu ermöglichen, sein Können in ein besonders günstiges Licht zu rücken. Das bayerische Sängerensemble bestand auch nach dem Wiederbeginn des Spielbetriebs im Jahre 1715 weiterhin überwiegend aus Italienern. Der aus Pisa stammende Soprankastrat Filippo Balatri war nach Stationen am Zarenhof und in London wahrscheinlich über Vermittlung von Violante Beatrix nach München gekommen, denn urspünglich war er am toskanischen Hof angestellt gewesen. Balatri zählte zwar nie zu den bedeutendsten Sängern seiner Zeit, durchlebte aber eine abenteuerliche Karriere, 317 die er in Versform verfassten, als Zeitdokument wertvollen Memoiren niedergelegt hat. Trotz zahlreicher Anekdoten zum Musikleben der Zeit sind seine Lebenserinnerungen als operngeschichtliche Quelle allerdings wenig ergiebig. Dies erklärt sich zum einen dadurch, dadurch, dass Opernaufführungen in der Zeit generell nicht diskursiviert wurden; zum anderen dürfte hierfür ursächlich sein, dass Balatri die Bühne generell verabscheute und es vorzog, im Gottesdienst zu singen. Seine Erinnerungen teilen aber immerhin mit, wie Balatri an den Wittelsbacher Hof verpflichtet wurde, was die Beteiligung des Kurfürsten an konkreten Personalentscheidungen unterstreicht. Der Kastrat hatte sich dem Grafen Louis Joseph von Albert vorgestellt und war auf Vermittlung Torris, den Balatri mit der lobenden Bemerkung »ch’in compor ha bel divino« einführt, schließlich dem Kurfürsten vorgestellt worden: »Il gran Massimiliano d’ascoltare / Il canto mio si degna, e buon desio / al Torri ne dimostra, acciò che io /risolvami in Baviera di restare.« 318 Nicht nur Kurfürst, sondern auch andere Mitglieder der Herrscherfamilie waren an der Auswahl der Sänger beteiligt. Der Kurfürstin Therese Kunigunde verdankten der Soprankastrat Bartolomeo Bartoli (»Bortoletto«), der Altkastrat Vincenzo Corradi, der Tenor Francesco Cignoni und der Bass Francesco 316 Ebd. 317 Bevor Balatri 1715 in bayerische Dienste getreten war, hatte er nicht nur in zahlreichen europäischen Städten gesungen, sondern auch im Auftrag des toskanischen Großherzogs sich jahrelang am Hofe von Zar Peter dem Großen aufgehalten. Dieser hatte wiederum Balatri unzer anderem mit einer Gesandtschaft an die untere Wolga geschickt, wo er beim Kalmückenkhan derartiges Aufsehen erregte, dass dieser den Kastraten gegen sechs Pferde eintauschen wollte. Nach Beendigung seiner Sängerkarriere trat Balatri als Mönch in das Kloster Fürstenfeld ein. Zur Lebensgeschichte Balatris vgl. Wunnicke 2001. 318 Siehe Balatri 1924, S. 240.
Sänger
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Maria Venturini ihre Anstellung, denn sie hatte die Künstler aus Venedig mitgebracht. 319 Nach Aussage Mancinis galt der aus Faenza stammende Bartoli [auch: Bortoli] als »einer der vornehmsten unter den damaligen Sängern«. 320 Zusammen mit Bernacchi hatte er bei Pistocchi studiert und zwischen 1712 und 1714 am Teatro San Giovanni Grisostomo gesungen, dem führenden venezianischen Opernhaus. Bei weiteren Auftritten Bartolis dort im Jahre 1719, bei denen er in den Libretti mit dem Zusatz »Virtuoso di Camera della Serenissima Casa di Baviera« gekennzeichnet ist, trat er mit weiteren Sängern auf, die anschließend nach München kamen: Neben Bernacchi und Faustina Bordoni auch mit dem römischen Tenor Francesco Costanzi, »Virtuoso della Real Cappella di Napoli«, sowie dem Soprankastraten Agostino Galli, »Virtuoso di S. M. C. C.«. Galli, der in den Zwanziger- und Dreißigerjahren einer der meistbeschäftigten Sänger am Münchner Hof war, kann aber auch von Karl Albrecht engagiert worden sein, der ihn bei einem Venedigbesuch im Jahre 1722 gehört haben mag. Es war nicht unüblich, dass Sänger von Fürsten beziehungsweise Prinzen verpflichtet wurden, die sich auf ihrer Kavalierstour durch Italien befanden. So hatte der sächsische Kurprinz Friedrich August 1716 Italien besucht und dort den Kapellmeister Antonio Lotti und den Kastraten Senesino für seine Hochzeit verpflichtet. Dieser Praxis folgte auch Karl Albrecht. Der Münchner Festbericht von 1722 betont ausdrücklich, dass der bayerische Kurprinz einige »von denen geschicktesten [Sängern] aus Italien [hat] kommen lassen / deren Geschicklichkeit sich ein jeder einbilden kan / wenn man bedencket / dass dieser Printz / der ein grosser Kenner der Music ist / sie als er noch in Italien gewesen / admiriret / und deßwegen zu den allerprächtigsten Theatralischen Schauspiele / so jemalen gesehen worden / mit erwählet hat.« 321 Noch nachdem er bayerischer Kurfürst geworden war, wählte Karl Albrecht die Sänger mitunter selbst aus. In den Erinnerungen seiner Italienreise im Jahre 1737 berichtet er über einen Opernbesuch in Verona, bei dem er Pietro Metastasios Catone in Utica in der Vertonung Antonio Vivaldis hörte: »Un certain jeune homme, nommé Lorenzo Ghirardi, fut celui, qui si distingua le mieux, le reste de la troupe étoit médiocre.« 322 Kurz darauf hörte er ihn erneut in Venedig, 323 und noch im selben Jahr findet sich der Name des Kastraten auf der Besetzungsliste in München aufgeführter Opern. Offenbar über veneziani319 320 321 322 323
Over, im Druck. Zitiert nach Hiller 1780, S. XX. Festbericht 1722, f. F2.r Karl Albrecht 1882, S. 14. Ebd., S. 37.
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sche Theater kamen in den Dreißigerjahren weitere neue Kastraten ins Ensemble der bayerischen Hofoper: Um 1729 wurde der Alt Bartolomeo Strapparapa verpflichtet, 1733 der Sopran Cristoforo Rapparini und 1739 der Alt Domenico Giuseppe Galletti. In dieser Zeit bestand das Sängerpersonal aus fünf Soprankastraten, vier Altkastraten, sechs Tenören, acht Bässen und vier Sängerinnen.324 Noch ungeklärt ist, woher letztere stammten, denn die Sopranistinnen Elisabetta Casolani (im Münchner Ensemble von 1719 bis 1731) Maria Caterina Gianettini (dort von 1721 bis 1729) und Giovanna Brentani (in München von 1735 bis 1764) scheinen den Sängerverzeichnissen der verschiedenen Librettokataloge zufolge nicht außerhalb des Wittelsbacher Hoftheaters aufgetreten zu sein. Bis weit ins 18. Jahrhundert waren deutsche Sänger auf der Münchner Opernbühne kaum zu finden. Ab 1715 findet sich für mehrere Jahre mit dem Bass Andreas Eckart lediglich ein einheimischer Künstler auf der Besetzungsliste; 1727 kam der Tenor Johann Perprich ins Ensemble, um 1735 die Sopranistin Ursula Mayer. Über Bayern hinaus bekannt wurde allein die Sopranistin Rosa Schwartzmann, die ab 1731 bei Hofe angestellt war. In München als Metzgerstochter geboren, war sie häufig in Italien aufgetreten und hatte in Neapel den Beinamen »La Bavarese« erhalten. 325 1736 heiratete sie den italienischen Schauspieler und späteren Theatergarderobier Giuseppe Pasquali, um nun als Rosa Pasquali aufzutreten. Den Sängern waren Kunstreisen nach Italien gestattet, und Karl Albrecht selbst berichtet über eine musikalische Akademie in Rom: »Un duetto che la Rosa, nommé La Bavaroise, chante avec Carestini, a mérité l’applaudissement général.« 326 Bei dieser Gelegenheit gab der Kurfürst auch ein Urteil über ihre Fähigkeiten ab, was einen seltenen Einblick in das Verhältnis zu seinen Sängern gestattet: »Cette chanteuse est excellente, quand elle le veut bien, et chante très mal quand elle est de mauvaise humeur, ce qui lui arrive le plus souvent.« 327 1737 debütierte am bayerischen Hoftheater in einer Nebenrolle der bereits erwähnte Tenor Anton Raaff ; für Christian Friedrich Daniel Schubart war er später »einer der ersten und gründlichen Sänger in Europa. Seine Stimme ist der schönste Tenor, den man hören kann.« 328 In anekdotischer Form überliefert der bayerische Chronist Felix Joseph von Lipowsky den Beginn von Raaffs 324 325 326 327 328
Westermann 1921, S. 17. Rudhart 1865, S. 119. Karl Albrecht 1882, S. 51. Ebd. Schubart 1806, S. 136.
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Gesangskarriere. Obwohl es sich hierbei um keine zuverlässige Quelle handelt – den erhaltenen Libretti zufolge trat Raaff nicht in Demofoonte, sondern in Adriano in Siria auf, und dort findet sich auch kein konkurrierender Tenor mit dem Namen Carelli –, macht die Schilderung exemplarisch deutlich, dass die Verpflichtung deutscher Sänger vor allem dann erfolgte, wenn besondere Umstände dazu zwangen. Bei der Vorbereitung einer Opernaufführung ereignete sich der Fall, dass der zweite Tenorist plötzlich schwer erkrankte, dessen Platz so leicht nicht zu ersetzen war, daher der Churfürst von Cöln seinen mit sich gebrachten Kanzelisten, Anton Raff, der die Singkunst bisher nur als Nebensache betrieben, und ausser in Konzerten am Hofe zu Bonn, auch nie gesungen hat, zur Aushülfe vorgeschlagen hat. Der churbayerische Musik-Direktor und nachmalige Kapellmeister Johann Ferrandini übernahm es nun, den jungen Raff für die ihm zugedachte Rolle in der Oper zu bilden, arrangirte die Arien für des Raff ’s Stimme und damalige Stärke im Gesange, und brachte es dahin, dass bei Vorstellung der Oper Demofoonte Raff ungleich mehr, als der erste Tenor-Sänger Carelli gefiel, und durch seine herrliche Silberstimme und seinen schönen Vortrag allgemeinen und großen Beifall sich erwarb. Dieses Ereignis bewog den Churfürsten von Cöln, seinen geheimen Kanzelisten in einen Sänger umzuwandeln, und ihn nach Italien zu schicken, wornach der große Sänger Raff entstanden ist. 329
Instrumentalisten Der Ort, wo deutsche Musiker am Münchner Hof ein Auskommen finden konnten, war das Orchester – allerdings auch dort nur auf untergeordneten Positionen. Die bayerischen Kurfürsten unterhielten Agenten in Rom, Venedig, Mailand und Parma, um bei Bedarf italienische Musiker engagieren zu können. 330 Diese besetzten neben Franzosen die Schlüsselpositionen; Konzertmeister war der Franzose Melchior Dardespin, der auch für die Komposition der Ballette zuständig war. 1704 trat in dieser Funktion zusätzlich der Italiener Felice Evaristo Dall’Abaco in die Dienste Max Emanuels. Bereits 1685 finden sich in der bayerischen Hofkapelle neben den süddeutschen und italienischen Musikern erste französische und flämische Namen wie Christien Deus, Pierre Gitam, Erneste Lambert und Gerard Souve, die wahrscheinlich die ersten Oboen und Fagotte in München einführten. 331 Vor allem nach dem Exil Max Emanuels 329 Lipowsky 1830, S. 211. 330 Rudhart 1865, S. 66. Zur Praxis italienischer Instrumentalisten in deutschen Hofkapellen siehe Dubowy 2001. 331 Focht, im Druck.
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Akteure
nahm der Anteil französischer Musiker weiter zu, wobei der Kurfürst diese vielfach noch in Frankreich kennengelernt hatte. Wie bereits dargestellt, nahm Max Emanuel auch Einfluss auf die Einstellung von Instrumentalisten. Besonders bemerkenswert erscheint dabei die Neuverpflichtung von gleich sechs Oboisten nach der Rückkehr aus dem französischen Exil: Am 5. Juli 1715 wurde der vom spanischen Hof kommende Thomas Nicola als »Hautboist« und »Violist« eingestellt, und mit Verfügung vom 12. September des Jahres wurde Marino Pourveau, Johann Christoph Maillen, Gottfried Sander, Johann Antoni Marchand und Ignatz Balthassar eine feste Besoldung gewährt. Wahrscheinlich komponierte Tommaso Albinoni für diese Musiker den noch heute häufig gespielten, Max Emanuel gewidmeten Konzertzyklus op. 9, der neben vier Violinkonzerten je vier Konzerte für eine beziehungsweise zwei Oboen umfaßt. 332 Der zu dieser Zeit als Soloinstrument modernen Oboe bediente sich Albinoni auch in der Münchner Festoper I veri amici. In einer Arie des Tyrannen Amasi bekommt sie im A-Teil Gelegenheit zum ausgiebigen Konzertieren, bevor Albinoni sie wirkungsvoll mit der Tenorstimme duettieren lässt. 333 Die Vermutung, dass die Arie zu den musikalisch gelungensten Nummern dieser Oper gezählt haben dürfte, wird dadurch gestützt, dass sie zusammen mit lediglich einer weiteren Arie dieses Bühnenwerks in einer Ariensammlung überliefert ist (einen vollständige Partitur ist hingegen nicht erhalten). Dem Prestige eines Hofes war es erträglicher, wenn ein Fürst es sich leisten konnte, europaweit die besten Musiker rekrutieren zu können, statt die erstbesten vor Ort verfügbaren nehmen zu müssen. Aus Sicht der Fürsten sprachen gegen die Verpflichtung einer Vielzahl ausländischer Künstler allein die damit verbundenen hohen Kosten. Günstiger war es, zumindest einen Teil an einheimischen Musikern zu beschäftigen und diesen die Ausbildung im Ausland zu ermöglichen. Zwischen Winter 1684 und August 1685 wurden die »drey Teybner gebrüder und Mayr hof Violinisten« nach Paris geschickt, wo sie ein Mitglied der Hotteterre-Familie auch im Flöten- und Oboenspiel unterwies. 334 Nach 1715 studierten dort auch zwei Hornisten, die Brüder Johann Caspar und Mathias Ganspöck. 335 Italienischen und französischen Künstlern wurde generell eine größere Kompetenz als denen aus Deutschland zugebilligt. Charles Burney überliefert eine bezeichnende Anekdote, nach der der preußische König Fried332 333 334 335
Talbot 1990, S. 182. Die Arie ist vollständig ediert in Werr 2004. Scharrer, im Druck. Nösselt 1980, S. 72.
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Tommaso Albinoni, I veri amici
rich der Große sich anfangs geweigert habe, die Sopranistin Gertrud SchmelingMara vorsingen zu lassen: »Eine deutsche Sängerin? Ich könnte ebenso leicht erwarten, dass mir das Wiehern meines Pferdes Vergnügen machen könnte.« 336 Wie andere Erzählungen dieser Art endet auch diese mit dem Triumph der deutschen Künstlerin, die den Herrscher mehr als nur zu überzeugen vermag. Dies dokumentiert umso mehr, wie derartige Anekdoten als eine Art von Kompensation für das tief sitzende Misstrauen fungiert haben, das ihnen in der Realität entgegengebracht wurde, wo die Konkurrenz keineswegs mit dem Triumph des deutschen Künstlers endete. Die Dominanz ausländischer Musiker wurde an deutschen Höfen generell als problematisch empfunden; verständlicher weise herrschte ein gewisser Sozialneid, den Johann Mattheson zum Ausdruck bringt, wenn er klagt, dass »die Gönner der Music, insbesonderheit in unserem Teutschlande […], nichtswürdige Castraten, und aus der Schul entlauffene Welsche; Hümper und Stümper, welche Italien ausspeyet, viel lieber auff das kostbarste zu unterhalten [pflegen], als einem eingebohrnen teutschen Künstler sein Stück Brod anzuweisen«. 337 336 Burney 1975, S. 384f. 337 Mattheson 1713, S. 213.
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Dies lässt sich nicht immer trennen von Disputen, die vordergründig über künstlerische Fragen gingen, wie das Ausscheiden des bayerischen Hofkapellmeisters Johann Kaspar Kerll, der sein Amt 1673 »wegen eines von einem Italianer unleiderlichen Torto affrondirt« 338 aufgegeben hatte. In München kam es besonders in den 1670er-Jahren zu zahlreichen Konflikten, und nicht nur im Musikbereich: Nach einem Brand der Residenz, das eine Mademoiselle de la Perouse zu verantworten hatte, verlangten die Münchner nicht nur, dass sie den Flammen übergeben werden solle, sondern dass überhaupt alle Ausländer des Landes zu verweisen seien. 339 Auf den Kirchenbau bezogen wurde eine Verordnung durchgesetzt, die nur Inländern Beschäftigung erlaubte. Der Bologneser Agostino Barelli, der durch die Errichtung der Theatinerkirche und von Schloss Nymphenburg Aufsehen erregt hatte, wurde durch den aus Graubünden stammenden Enrico Zuccalli ersetzt. Es ist notwendig, aus den Quellen den Personalbestand der Münchner Hofkapelle zu rekonstruieren, da es nur so möglich ist, sich eine ungefähre Vorstellung vom möglichen Klangbild zu machen. Die erhaltenen Partituren geben über die Besetzung nur unzureichend Auskunft: Die Arien der Opern des späten 17. Jahrhunderts sind in der Mehrzahl als Generalbassarien gesetzt, ohne dass die Begleitung genannt wird, und in den Münchner Partituren aus dem 18. Jahrhundert findet sich in den Arien meist ein nicht näher spezifizierter vierstimmiger Satz; Angaben zur Instrumentation finden sich nur an Stellen, an denen besondere Klangeffekte erzielt werden sollten. Die Berufsbezeichnungen der Hofzahlakten sind allerdings insofern irreführend, als sie über die jeweils gespielten Zweit- und Drittinstrumente nichts aussagen; die noch gelegentlich zu findende Berufsbezeichnung »Instrumentist« verweist auf die ältere Praxis, nach der eine weitgehende Spezialisierung noch unüblich war und der Musiker verschiedene Instrumente beherrschte. Abweichend von heute war das Orchester kein standardisierter Klangkörper, sondern wurde nach Bedarf in wechselnden Besetzungen zusammengestellt. Dabei bot »es eine nicht normierte, klangfarbenfrohe Kollektion von Streich-, Zupf-, Blas- und Tasten- und Sonderinstrumenten, mit der ein abwechslungsreiches, nicht spezifisches Repertoire aus Vokal- und Instrumentalmusik aufgeführt wurde: Kirchen-, Theater-, Tanz- und Unterhaltungsmusik, Auftrags-, Huldigungs- und Widmungskompositionen«. 340 Meist agierten die Musiker in kleinen Teilensembles, wie etwa der Kirchenmusik, die 338 Zitiert nach Sandberger 1901, S. XXXV. 339 Trautmann 1887, S. 252f. 340 Focht, im Druck.
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sich kaum von den städtischen Formationen abhoben. Als dezidiert höfisch ist hingegen die von den Stadtmusikanten nie praktizierte Zusammenstellung zu großen Ensembles zu bezeichnen, die für Opernaufführungen und andere Festaktivitäten benötigt wurden. 341 Die Zusammensetzung der im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts in München zur Verfügung stehenden Kräfte verdeutlicht exemplarisch der Personalstand des Jahres 1726. Dieser ist durch eine Eingabe von Hofkapellmeister Giuseppe Antonio Bernabei detailliert überliefert. 342 In diesem Jahr sollten aufgrund von Sparmaßnahmen die Löhne der Musiker gekürzt werden. Bernabei wandte sich an den Kurfürsten, um zu verhindern, dass »denen armen schlechtbesoldten nicht zu wehe geschehe«. Er listete bei dieser Gelegenheit alle Mitglieder der Kapelle namentlich auf und schlägt finanzielle Einschnitte vor, die offenbar geringer ausfielen, als es die Administration geplant hatte: Reduktion von E. Felice Dall’Abaco, Konzertmeister Vinzenzo Bernabei, Organist Jacques Loiellet, Instrumentist Sebald Auer, Instrumentist Mathias Pröll, Posaunist und Bassgeiger Franz Schuechpaur, Trompeter und Oboist Remy Normand, Oboist Georg Weinberger, Posaunist Ignatius Lederer, Posaunist Ferdinand Thomas, Violinist Johann Bluemb, Violinist Johann Caspar Ganspöck, Waldhornist Mathias Ganspöck, Waldhornist Franz Anton Hindermayr, Bassgeiger Johann Christoph Kerll, Organist Paul Reininger, Violinist Joseph Niclas Thomas, Violinist und Oboist Joseph Peter Hechenthaller, Instrumentist Jacob Andreas Pindtl, Violinist
fl. auf 1265,15 700 1165,15 350 400 500 678 440 240 400 300 300 300 400 400 500 400 300 500
fl. 1000 600 1000 200 300 400 gestrichen 300 240 400 300 300 300 300 400 400 400 200 gestrichen
341 Ebd. 342 Dass mit einer Ausnahme die oben genannten Oboisten fehlen, erklärt sich dadurch, dass Oboisten dienst- und besoldungsrechtlich in der Regel außerhalb der Hofkapellen und als Oboistenbande eine eigenständige, der Militärmusik zugehörige Formation bildeten. Forster 1933, S. 25. Bernabei betonte 1726: »Die Hautboisten seyen niemallens unter die Churfstl. Music gerechnet […] weillen solche unter der Grenadier Garde gestanden und weder Kirchen= noch Cammer= und Taffl= sondern allein die Ball oder Tänz bedienen.« Zitiert nach Nösselt 1980, S. 85. Zum Status des Oboisten allgemein siehe Braun 1971.
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Carl Felix Mancini, Instrumentist Wolff, Instrumentist Johannes Closner, Violinist Franz Xaver Bluemb, Violinist Pierre Rey, Violinist Claude Jacques Marselle, Violinist Johann Stadler, Violinist Giovanni Ferrandini, Oboist Stefano Ferrandini, Oboist und Violinist
200 600 200 500 457 500 200 500 240
200 500 200 500 457 400 200 500 240 343
Die Stellungnahme Bernabeis gibt auch Aufschluss über die Aufgaben der Hofmusik. Um möglichen Entlassungen entgegenzutreten, betont er, dass das vorhandene Personal gerade ausreiche, um die zahlreichen Dienste zu erfüllen. Zur »Bestreittung der Kirchendienst = dann denen villfältigen Vigilien und Requiem zu Alten Hoff, und all anderen ausser Hofs vorfallenden Gottesdiensten« sei man mit Sängern gerade ausreichend versehen. Ebenso sei »deren khein yberfluß gleich denen Instrumentisten, von welchen zu bedienung der Hof-Capellen 16 Personen« dienten. Bei »Cammer-Taffl-und Opern-Music« seien alle Musiker »vonnöthen«. Überdies seien Entlassungen generell unnötig, da »unter disen vile emeriti, so hohen Alters«, sodass sich von allein »mitler Zeit den Numerum musicorum und des Salarj abkürzen« werde. 344 Der Personalbestand der Hofkapelle schwankte aufgrund der immer wiederkehrenden finanziellen Engpässe: Da die angespannten Finanzen des Hofes ab 1689 Sparmaßnahmen notwendig machten, musste die Kapelle reduziert werden, und auch nach dem Tod Max Emanuels kam es vorübergehend zu Einschnitten. Um 1680 standen bei Hof rund 20 Instrumentalisten zur Verfügung, zu denen bei Bedarf »Accessisten« (Lehrlinge und Stellenanwärter, meist die Söhne aktiver Hofkapellmitglieder) und andere Musiker hinzutraten, die nicht unmittelbar der Hofkapelle angehörten. 345 Sie kamen bei besonderen Anlässen zum Einsatz wie dem Fest zur Regierungsübernahme Max Emanuels im Jahre 1680, wo der Chor durch Studenten des St.-Gregori-Hauses und das Orchester durch »Stadt- und Pfarrmusiker« verstärkt wurden. 346 Hofzahlamtsrechungen aus dem Jahre 1688 verzeichnen einschließlich der Sänger nicht weniger als 66 Musiker. Unter der Rubrik »Hoff Capeln« werden 30 Namen aufgeführt, darunter Kapellmeister Giuseppe Antonio Bernabei, ein Organist und die Sänger; die Sparte »Instrumentisten und Trompetter« versammelt neun Violisten, 343 344 345 346
Nösselt 1980, S. 80. Zitiert nach ebd., S. 80. Focht, im Druck. Rudhart 1865, S. 72.
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einen Kalkanten, drei Posaunisten, zwei »Hoff Lautenisten«, 15 Trompetter (die wahrscheinlich auch mit anderen Instrumenten eingesetzt wurden), zwei »Paugger«, einen Cornettisten, einen Instrumentisten, einen Hofforganisten, einen Theorbisten und einen »Hoff Musicus«. 347 In diesen Jahren wurde das Ensemble bei Bedarf verstärkt, es wurden für die musikalische Umrahmung eines Turniers 19 Musiker angeworben, die für jede der drei Proben je einen und für die Aufführung zwei Gulden erhielten. 348 Von den 1692 vorhandenen 31 Hofinstrumentalisten ließ der Kurfürst neun nach Brüssel nachkommen, wobei der Hofviolist Giovanni Paolo Bombarda zum Hofzahlmeister aufrückte und später das neu gegründete Théâtre de la Monnaie leitete. 349 Nach der vorübergehenden Rückkehr Max Emanuels nach Bayern in den Jahren 1702–04 wurde die Hofkapelle wieder aufgestockt, aber die Niederlage von Höchstätt im selben Jahr und die Besetzung Münchens durch österreichische Truppen führten bald darauf zum vorläufigen Ende jeglicher Hofmusik: Zuerst halbierte die kaiserliche Administration 1705 die Gehälter, und im darauf folgenden Jahr wurden die Musiker »durchgehends dimittirt vnd mit der bereits voriges Jahr moderirten Besoldung […] nicht weiter als Biss letzten Juni bezalt«. 350 1708 wurde sogar Kapellmeister Bernabei entlassen, der aber weiter für die Jesuiten Kirchendienste verrichten durfte. Die arbeitslosen Hofmusiker wandten sich nach Möglichkeit anderen Beschäftigungen zu; so organisierten Johann Dominicus Deichl und Jacob Philipp Seerieder Opern- und Theaterproduktionen für das städtische Publikum, die im (Alten) Rathaussaal, in der Ratstrinkstube oder im Freien vor dem Rathaus aufgeführt wurden. 351 Wenngleich die kaiserliche Administration ab 1710 wieder eine kleine Kapelle unterhielt, sollte es bis zur Rückkehr des Kurfürsten dauern, bis das Musikleben wieder in der gewohnten Fülle einsetzen konnte. 1715 standen neben 17 Sängern offenbar bereits wieder (einschließlich unregelmäßig beschäftigter Aushilfskräfte) rund 30 Instrumentalisten zur Verfügung.352 Das alles reichte zwar nicht ganz an die Möglichkeiten der als Vorbild angesehenen Hofhaltungen heran. In Paris standen 1712 rund 45 Instrumentalisten zur Verfügung – also rund 50 Prozent mehr als in München –, was wahrscheinlich auch dem Stand im spä347 348 349 350 351 352
Forster 1933, S. 16. Ebd., S. 107. Nösselt 1980, S. 67f. Zitiert nach ebd., S. XX. Focht, im Druck. Ursprung 1927, S. 123. Focht kommt ohne Aushilfen lediglich auf 20 Instrumentalisten, vgl. Focht, im Druck.
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ten 17. Jahrhundert entspricht. 353 Die Wiener Hofmusikkapelle (Instrumentalisten und Sänger) war unter Leopold I. von knapp 50 auf zirka 76 Mitglieder erweitert worden und wuchs unter Joseph I. auf 107 Musiker. 354 Das Münchner Orchester war aber nicht nur gut besetzt, sondern angesichts seiner europaweit angeworbenen Mitglieder auch von hohem künstlerischem Rang. In seiner in diesem Jahr erschienenen Histoire de la musique betonte Jacques Bonnet, dass die kurfürstliche-bayerische Kapelle darin der anderer Höfe vorangehe: L’on peut dire que celle de Baviere l’emporte toujours sur les autres, cet Electeur ayant ordinairement un corps de cinquante ou soixante Musiciens des meilleurs de l’Europe, & un gôut excellent pour la Symphonie qu’il aime passionnément, comme nous l’avons vû pendant son Sejour den France, par la somptuosité de tant de Fêtes qu’il a données: on peut dire aussi que c’est un prince magnamine. 355
353 Eppelsheim 1961, S. 215. 354 Hilscher 2000, S. 146. 355 Bonnet 1715, S. 409.
Themen
Didaktische Absicht Wenngleich das Theater auch der »Recreation« diente, beförderte es zugleich politische wie didaktische Absichten. Zum einen wurden damit die Ambitionen des Wittelsbacher Hofes von dynastischem Aufstieg zum Ausdruck gebracht, zum anderen diente es dazu, den Angehörigen des bayerischen Hofes gesellschaftliche Werte und Normen zu vermitteln. Damit fungierte die Hofoper als eine Art weltliches Gegenstück und zugleich als Nachfolger des in München über lange Zeit ausgesprochen zugkräftigen Jesuitentheaters, das die Zuschauer zu christlichem Handeln anhalten sollte, indem es mit drastischen Mitteln den Lohn für Wohlverhalten wie die Strafe für Verfehlungen aufzeigte. In der zeitgenössischen Theorie war zwar der Nutzen von Theateraufführungen umstritten, nicht aber ihre Wirkungsmächtigkeit. In einem umfangreichen historischen Abriss der Anschauungen zum Wert des Theaters stellte der Zeremonialwissenschaftler Julius Bernhard von Rohr 1733 Argumente für und wider die Bühne zusammen. Als Beispiel für einen prominenten Gegner des Theaters verweist er auf Clemens von Alexandria, der es verurteilt hatte, weil die »Zusammenkünfte bey den Schau-Spielen […] voller Boßheit und Schande« gewesen seien, denn die »Gelegenheit derselben ist eine Ursache der Unzucht, da die Weiber und Männer ohne Unterschied zusammen kommen, dass einer den andern ansehe, indem die Augen geil sind, werden die Begierden erhitzt, und weil sie Zeit und Weile haben, so wachsen sie zusehens«. 356 Zudem solle man die Stücke verbieten, »welche von Boßheit, Schandtaten und eiteln, vergeblichen Worten angefüllet« sind, denn Schauspiele seien mächtig die Herzen zu verkehren, und deswegen muß sie ein weiser Mensch meiden, weil sie nur erfunden worden sind zu der Ehre der Heydnischen Götter. Auf den Theatris schwatzen sie ja in Comoedien von Unzucht und schändlicher Liebe, in den Tragödien von der Blut-Schande und Mordthaten. Die jungen Leute, die in ihrem schlüpfrigen Alter sollen gezähmt und wohl regiert werden, sehen diesen Greueln allemahl zu, und werden durch solche Bilder zu allen Schanden und Lastern unterwiesen. 357 356 Rohr 1733, S. 812. 357 Ebd., S. 812f.
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Verfechter des Theaters wie Johann Michael von Loen betonten dagegen, dass Schauspiele »das beste Mittel [seien,] den Menschen ihre Laster und ihre Thorheiten vor Augen zu stellen, ohne dass sie darüber böse werden«. Selbst »der größte Bösewicht bekommt, wo er nicht ganz in sich schlägt, doch darüber die lebhafteste Begriffe vom Guten und Bösen«. 358 Für den Jesuiten Claude François Ménestrier hing es allein von den Absichten des jeweiligen Autors ab, ob Theater schädlich oder nützlich sei. Im günstigsten Falle können die pathetischen Aufführungen einer Tragödie der Reinigung der Seele von den heftigsten Leidenschaften dienen: Le théâtre a cela de commun avec quantité de choses, qui d’elles-mêmes sont indifferentes, qu’il peut être innocent comme il peut être criminel, & si l’instruction de la jeunesse la pû rendre utile pour la declamation, & pour former aux actions publiques ceux qui recitent dans les Tragedies, ces spectacles pathetique pourroient servir à purger l’Ame des passions les plus violentes, si ceux qui composent ces actions, les faisoient servir aux mœurs, comme ils les font servir aux plaisirs. 359
Für den Jesuiten Jakob Masen musste Theater generell »zur Unterhaltung und zugleich zur Reinigung […] von verwerflichen Affekten eingerichtet« sein. 360 Im Gegensatz zu verschiedenen pietistischen Kirchen, die das Theater ganz verbieten wollten, bediente sich die katholische Kirche gezielt des Mediums zur Propagierung ihrer Ideen; sie lehnte es nur ab, wenn die mit den Aufführungen verfolgten Ziele nicht im Einklang mit denen der Kirche standen. Die Gesellschaft Jesu betrieb im ganzen katholischen Europa Theater, mit denen sie pädagogisch-didaktische und religiös-propagandistische Absichten verfolgte. 361 Erklärtes Ziel war es, »die Gemüter zur rühren, vor bösen Sitten zu warnen, schlimmen Umgang, Gelegenheit zur Sünde hassenswert zu machen; Eifer für die Tugend« und »Nachfolge der Heiligen« zu wecken. 362 Mitunter hatte der Orden damit enormen Erfolg: Glaubt man der Propaganda der Jesuiten, dann sind 1609 nicht weniger als 14 Hofleute nach einer Aufführung erschüttert ins Münchner Kolleg geeilt, um »dort in reuevoller Zerknirschung ihr bisheriges Thun und Treiben« zu verdammen und im »Schoß des Ordens […] ihr Seelenheil zu retten«. 363 Herzog Albrecht V. hatte den Orden im Zuge der Gegenreformation 1548 ins Land gerufen; 1559 begannen die Jesuiten hier mit 358 359 360 361 362 363
Loen 1749–52, Bd. II, S. 75. Ménestrier 1681, S. 2. Erlach 2006, S. 44. Zur Pädagogik der Jesuiten vgl. insbesondere Bauer 1986. Reinhardstöttner 1889, S. 8. Ebd., S. 1.
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Theateraufführungen, und in der Folgezeit wurde das von den Wittelsbachern geförderte Jesuitentheater zur Staats- und Stadtbühne Münchens; neben der Vermittlung christlicher Ideen diente es auch zur Verherrlichung des sich als glaubensstark inszenierenden Staates Bayern. 364 Mit der Einrichtung der Hofoper verlor das Jesuitentheater in München ab der Mitte des 17. Jahrhunderts allmählich an Bedeutung, wurde aber bis zur Aufhebung des Ordens durch Klemens XIV. im Jahre 1773 kontinuierlich gepflegt. Auch verschiedene von der Gesellschaft Jesu propagierte religiöse Übungen bedienten sich Darstellungstechniken des Theaters. Der Gründer des Ordens, Ignatius von Loyola, vertrat die später häufig auf die griffige Formel »Der Zweck heiligt die Mittel« zugespitzte Ansicht, dass zur Rettung des Seelenheils des Menschen alle geeigneten Maßnahmen erlaubt seien. Als Hilfe für sich selbst wie für andere verfasste Ignatius unter dem Titel Geistliche Übungen eine 1548 erstmals auf Latein gedruckt vorliegende Schrift, die den gesamten Ablauf von Exerzitien vorgibt und konkrete Übungen entwirft. Die im Schweigen absolvierten Ignatianischen Exerzitien dauern vier Wochen und zielen darauf ab, meditierend mit den Stationen im Leben Jesu Christi vertraut zu werden. Dabei werden mit allen denkbaren sinnlichen Mitteln in der Vorstellungskraft der Übenden Bilder evoziert, die stark auf die Seele einwirken sollen, um diese zu bestimmten Erkenntnissen zu führen. 365 Ein Beispiel für ein solches in der Vorstellung zu konstruierendes Bild ist die sogenannte »Höllenvision«, bei der der Übende die Hölle mit seinen fünf Sinnen wahrnehmen soll: »Der erste Punkt soll sein: Mit der Sicht der Vorstellungskraft die großen Gluten sehen und die Seelen wie in feurigen Leibern. Der zweite: Mit den Ohren Gejammer, Geheul, Schreie, Lästerungen gegen Christus, unsern Herrn, und gegen alle sein Heiligen hören. Der dritte: Mit dem Geruch Rauch, Schwefel, Auswurf und Faulendes riechen. Der vierte: Mit dem Geschmack Bitteres schmecken, etwa Tränen, Traurigkeit und den Wurm des Gewissens. Der fünfte: Mit dem Tastsinn berühren, nämlich wie die Gluten die Seelen berühren und verbrennen.« 366 Da es in der Praxis vielfach nicht ausreichte, auf die Vorstellungskraft der Gläubigen zu vertrauen, gab es in München eine Tradition musikdramatischer Darstellungen, die dazu dienten, derartige Übungen mit musikalischen und szenischen Mitteln zu illustrieren. Eines dieser Stücke, Johannes Paulins Philothea (1643), wurde über Jahrzehnte im süddeutschen Raum immer wieder aufgeführt und markiert zugleich 364 Kindig1965, S. 15. 365 Erlach 2006, S. 25. 366 Zitiert nach ebd., S. 26.
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den eigentlichen Beginn des Musiktheaters in München. 367 An Ignatius’ Übungen knüpften explizit die Considerationes des Paters Franciscus (Franz) Lang an, der in München als Professor für Rhetorik und Poetik lehrte und als »Chorag« (Spielleiter, Dramatiker und Schauspiellehrer) die Jesuitenbühne leitete. Im Vorwort der 1717 veröffentlichten Sammlung Theatrum Solitudinis Ascetiae charakterisiert er die Gattung: Vor einigen Jahren begannen im Oratorium der höheren Marianischen Sodalität in der bayerischen Hauptstadt München an den Sonntagen in der Fastenzeit anstelle der gewöhnlichen Ansprachen fromme Schauspiele aufgeführt und mit Musik und hervorragenden Darstellungen der Öffentlichkeit präsentiert zu werden. Sie wurden gewöhnlich Meditationen genannt, da diese schweigend von den einzelnen Zusehern überlegt werden konnten, wurden sie mit lebenden Bildern von Geschehnissen und Menschen, mit Reden, Handlungen und Gesang den Sinnen der Zuseher dargeboten, um daher umso wirksamer durch Gemütsbewegung zu deren Sinnen zu gelangen. 368
Es handelte es sich um eine Form der religiösen Andacht mit Musik und Bildern oder szenischen Darstellungen von ein- bis eineinhalbstündiger Dauer, die die geistige Einkehr befördern sollten und von der Marianischen Kongregation veranstaltet wurden, einer den Jesuiten nahestehenden Organisation, die das Bürgertum spirituell festigen sollte. Für Franz Neumayr, einen weiteren Autor dieser in München bis 1774 regelmäßig aufgeführten Stücke, waren die szenisch gestalteten Predigten nicht als dramatische Kunst anzusehen, sondern dienten allein der praktischen Belehrung und Willensbewegung. Das Ziel sei nicht, dass der Zuschauer zufrieden mit dem Schauspiel, sondern unzufrieden mit sich selbst nach Hause gehe. 369 Als ein Beispiel mag Langs Bivium Æternitatis dienen. Dort ist die Bühne geteilt; sie zeigt einen reichen Mann (Chrysanthus) in einem schönen Zimmer und einen armem Mann (Irinus) in einer armseligen Hütte. Im Moment des Todes verschwindet jedoch das Vermögen von Chrysanthus, weggetragen von Dämonen, und die Freunde verlassen ihn. Er stirbt vereinsamt und verzweifelt, während Irinus im Todeskampf von der Jungfrau Maria und seinem Schutzengel begleitet wird. 370 Drastischer Mittel bediente sich das Jesuitentheater auch, um die Folgen gottlosen Verhaltens aufzuzeigen. Langs 1679 in Ingolstadt zur Aufführung gebrachte Fallacia Mundi detecta zeigt fünf genusssüchtige Männer, denen der Weltgesandte Gottes alle Wünsche erfüllt. Nach zügellosem Gelage schlafen die Zecher ermattet ein, da dreht sich der Weltglobus, und statt 367 368 369 370
Siehe Münch-Kienast 2000, S. 379ff. Zitiert nach Schmid 1989, S. 98. Münster 1989, S. 413. Magniez, im Druck.
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der schönen Vorderseite zeigt er den Zuschauern sich nun als von Gewürm zerfressenes Aas. Der Gesandte Christi tritt mit vier Sängern auf, die den Prassern im Traum erscheinen und deren Texte zum besseren Verständnis des Publikums auf Wandtafeln geschrieben sind. Geläutert geloben die Jünglinge Besserung. 371 Der bei den Zuschauern hervorzurufende Affekt bestimmt für Lang die Auswahl einer zu dramatisierenden Handlung. Er rät generell, einen Stoff zu wählen, »der seinen Nebenumständen eher dürftig, hinsichtlich des Ausgangs ergiebig ist; außer dass er für den Affekt und zur Belehrung geeignet sei, verlange man nichts«. 372 Wenn das Thema gewählt sei, »fasse man den Affekt, den man anstrebt, wie ein Ziel ins Auge und richte den Blick unverwandt auf ihn, indem man bei allem, was auch immer man denkt oder tut, überlegt, ob es zu ihm hinführt oder von ihm ablenkt. Alles, was sich nicht auf diesen Affekt bezieht, sei es unmittelbar oder mittelbar, ist auf der Bühne überflüssig oder geradezu fehlerhaft.« 373 Vorrang vor der verstandesmäßigen Belehrung hatte für Lang die Gefühlswirkung, zu der die Aufführung beizutragen habe. Zur Darstellung von Trauer etwa solle der Schauspieler mehr agieren als sprechen: Daher mögen die Worte unvollständig ausgesprochen werden, unterbrochen von Augenblicken des Verstummens, abgehackt, stoßweise, durch längeres Atemholen gedehnt, was die Zeichen des wahren Schmerzes sind. Herzensgram ist kundzutun, indem man von Zeit zu Zeit völlig verstummt, nur stöhnt oder mit einem kurzen Schrei aufseufzt. Durch all das wird die Stärke der Niedergeschlagenheit deutlich angezeigt und den Zuschauern wirksam eingeprägt. Diese Art des Gefühlsausbruchs soll man deshalb wählen, weil gerade die Leidenschaftlichkeit der Darstellung stark auf die Sinne wirkt, von denen jede Gemütsverfassung abhängt. 374
Seelische Erschütterung sollte Lerneffekte auslösen. Musik diente in Langs Stücken nicht nur dazu, »eine Ermüdung durch längere Rezitation zu vermeiden und dadurch einen größeren Liebreiz auf die Bühne zu bringen«. 375 Er lobte er ihre »seelenleitende Kraft«, die eine gewisse liebreizende Gewalt [habe], mit der sie die Seelen der Zuschauer beherrschen kann und sie, fasziniert von der Lieblichkeit der Klänge, in ihren Bann zieht. Wie durch einen Kanal können die harten Wahrheiten und die Prinzipien der christlichen Lebensführung auf sanfte Art in die Seelen der Menschen hineinfließen und durch die Lieblichkeit des eingeträufelten Gesangs stärker im Gefühl 371 372 373 374 375
Kindig 1965, S. 44f. Lang 1975, S. 220. Ebd., S. 221. Ebd. Erlach 2004, S. 255.
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und im Gedächtnis hängen bleiben. Daher soll der durch das Verweilen erleuchtete Verstand auch den Willen, besiegt durch den Reiz der Musik, zur Liebe und Nachahmung der allbekannten Tugend fortreißen; denn das ist das einzige Ziel unserer Bemühung. 376
Für den Jesuiten und Universalgelehrten Athanasius Kircher funktionierte die Musik wie ein Mittel der Rhetorik: Denn wie der Redner durch die kunstreiche Verflechtung von Tropen den Hörer bald zum Lachen und bald zum Weinen bewegt, anschließend zum Mitleid, manchmal zur Entrüstung und Zorn, bisweilen zu Liebe, Frömmigkeit und Gerechtigkeit, gelegentlich zu den entgegengesetzten Affekten, so vermag dies auch die Musik durch die kunstreiche Verflechtung ihrer Klauseln oder musikalischen Abschnitte. 377
Seiner Ansicht nach stehe fest, dass die Musik die Beugerin der Seelen sei; die Werke aller Historiker seien voller Belege dafür, dass sie bewundernswerte Wirkungen hervorrufe. 378 Er erläutert, wie eine affektevozierende Musik hergestellt wird, die »nichts anderes [sei] als ein musikalischer Tonsatz oder eine Komposition, die von einem erfahrenen Musiker mit solcher Kunstfertigkeit und Begabung eingerichtet ist, dass sie zu einem jeden vorgegebenen seelischen Affekt antreiben kann«. 379 Dazu müssen vier Bedingungen erfüllt werden: »1. Ein erfahrener Komponist soll ein Thema auswählen, das zur Erregung eines Affekts geeignet ist. 2. Er soll das gewählte Thema in eine passende Tonart setzen. 3. Er soll den Rhythmus oder das Maß der Worte dem musikalischen Rhythmus und Maß genau anpassen. 4. Er soll das nach den genannten Bedingungen komponierte Stück an einem geeigneten Ort und zu geeigneter Zeit von sehr erfahrenen Sängern vortragen und singen lassen.« 380 Musik funktioniere gleichermaßen als gesteigerte Rhetorik wie als therapeutisches Mittel. Musik und Rhetorik verfolgen den Zweck der Lenkung der menschlichen Seelen, wobei die Musik eine noch größere Kraft als die Sprache habe: Durch sie seien »Wüteriche zahm, Lüstlinge keusch und Besessene gesund geworden«. 381 Durch den gezielten Einsatz der verschiedenen Künste im Jesuitentheater sollten die Sinne der Zuschauer stimuliert werden, um diese dann auf Gott hin zu fokussieren. 382 Die »Multimedialität« des Jesuitentheaters, die Bühnen376 377 378 379 380 381 382
Ebd., S. 257. Zitiert nach Erlach 2006, S. 82. Ebd. Ebd., S. 83. Ebd. Ebd., S. 95. Münch-Kienast 2000, S. 14. Zur Multimedialität siehe insbesondere Bauer 1994.
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technik, Malerei, figürliche Darstellungen, Embleme und Musik vereinte, diente dazu, die Handlungen zu verdeutlichen. In den höfischen Musiktheaterformen war dies nicht anders: Musik und szenische Aufführung sollten dem Text im Idealfall eine größere Eindeutigkeit verleihen als die bloße Rezitation. Nach Ansicht Ménestriers ist das Musiktheater anderen Darstellungsformen an Wirkungskraft weit überlegen, da ihre Aufführungen wie sprechende Bilder sind, die sich selbst erklären können; im Gegensatz zur Malerei, die ein stumme Poesie sei, die nur die Augen anspreche und die daher besonders bei der Darstellung von außerordentlichen Dingen nicht eindeutig genug sei. 383 In der Schrift Reflexions critiques sur la Poèsie et la Peinture (1719) ordnet Jean Baptiste Abbé Dubos die Medien nach ihrer Wirkungsmächtigkeit und Evidenz. Danach ist der stumm vorgelesene Text am wirkungslosesten, wirkungsmächtiger der vorgelesene Text; noch mehr vermöge der deklamierte Vortrag, da dort Gestik, Mimik und Proxemik hinzukommen; am wirkungsmächtigsten sei schließlich der vertonte Text, bei dem Singstimme und Musik hinzutreten. 384 Weniger offensichtlich als die didaktische Absicht des Jesuitentheaters sind die hinter den höfischen Theaterstücken stehenden Ziele. Trotz aller Nähe des Münchner Hofes zum Katholizismus deckten sich diese jedoch nicht immer mit denen der Kirche. Lang stand daher der Hofbühne, die als übermächtige modische Konkurrenz seinem Theater das Publikum entzog, feindlich gegenüber und äußerte: Im Irrtum befinde sich, wer annehme, die Hofkomödien seien Beispiele erlesener Kunst; es gehe einzig und allein um die Gunst der Hofgesellschaft. 385 Dagegen kommen in Rohrs Zusammenfassung von Urteilen zum Nutzen des Theaters auch positive Stimmen zur höfischen Oper zu Wort: Verfechter und Vertheidiger der Opern und Comoedien schreiben den grotesquen Aktionen auf dem Theatro einen unvergleichlichen Nutzen zu; sie nennen, ihr Haupt-Endzweck bestünde keineswegs darinnen, dass man die Gemüther der Menschen bey ihrer Ungezogenheit divertiren wolle, gleichwie sich etwa diejenigen, so keinen Verstand von der Sache hätten, träumen liessen, sondern sie zielten vielmehr directe dahin, dass man die Laster unartiger Leute vor Augen stellen, und sie gleichsam mit solch heßlichen Farben abmahlen wolte, dass sich andere daran spiegeln, und vor dergleichen hüten lernten. Man hätte aus der Erfahrung, dass ein so lebendige Vorstellung und in Scherz beschehene Bestraffung der Laster, den Leuten offt weit mehr zu Herzen gienge, als eine vorgeschriebene Morale. 386
383 384 385 386
Ménestrier 1681, S. 219. Siehe Jahn 2002, S. 196f. Kindig 1965, S. 141. Rohr 1733, S. 813f.
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Letztlich zieht sich Rohr bei der Zusammenfassung der vorgebrachten Ansichten auf ein salomonisches Urteil zurück. Man müsse »bey den Opern und Comoedien, wie bey allen übrigen Sachen in der Welt, den Gebrauch von den Mißbrauch wohl absondern«. Auch wenn manche Menschen durch »SchauSpiele mehr verschlimmert als gebessert werden«, könne man diese »nicht alle ohne Unterschied verwerffen«. 387 Falls die Autoren in den »Zufällen des menschlichen Lebens sehr erfahren, und in der Sitten-Lehre und Staats-Kunst wohl geübt« seien, könne man aus Schauspielen »auf eine geschwindere Art, als sonst, erkennen lernen, wie es in dem menschlichen Leben hergehe, und insbesonderheit was vor Glück oder Unglück aus manchen Handlungen zu entstehen pflege«. Im Leben sei der zeitliche Abstand zwischen Ursache und Wirkung oft groß, im Theater aber »folgt alles, was zusammen gehört, in einer kurzen Reyhe auf einander, und der Erfolg der Handlungen, läßt sich daraus viel leichter und besser begreifen, als wenn man im menschlichen Leben darauf Acht hat.« 388 Damit dieser Nutzen aus den Komödien und Opern entstehe, so müssen die Erfinder in den Zufällen des menschlichen Lebens sehr erfahren, und in der Sitten-Lehre und Staats-Kunst wohl geübt seyn, und die Spieler müssen ihren Character sehr wohl vorstellen können. Es muß den Acteurs alles natürlich und ungezwungen lassen, wenn es einen Eindruck in die Gemüther machen soll, widrigen falls siehet es der Wahrheit nicht ähnlich, und niemand kan dadurch überredet werden, dass die Sachen so aus einander erfolget, wie man in der Comoedie oder Tragoedie siehet. 389
Problematisch war, wenn nicht ausreichend deutlich gemacht wurde, dass eine bestimmte Aktion verdammungswürdig ist, weil dann die Gefahr bestand, dass die musikdramatische Darstellung als ein Plädoyer dafür missverstanden werden konnte. Fraglich war zudem, inwieweit etwaige moralische Botschaften der Stücke von konkurrierenden Schichten wie etwa ausufernden Liebeshandlungen in den Hintergrund gedrängt werden konnten. Christian Friedrich Hunold, selbst Verfasser von Opernlibretti, wolle zwar nicht leugnen, dass in Opern zuweilen tugendhaffte Maximen vorkommen: allein Sittenlehren / die ein Opern-Frauenzimmer singt / gemahnen mich / wie ein trauriger Text / der lustig componirt: anstatt / dass man über die beweglichen Worte weinen solte / lacht man über die Music; und wenn der Mund dort spricht: Ach wie schön ist es keusch zu sein! so antworten die feurigen oder zum Chamiren gewohnten Augen: 387 Ebd., S. 814. 388 Ebd., S. 814f. 389 Ebd., S. 814f.
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Ach wie schön ist es – –! die geschminkten Wangen: Ach wie schön ist es! die herausgeleg ten Brüste! Ach wie schön ist es! die liebliche Geberden und Bewegungen des Leibes: Ach wie schön ist es! und was denn? keusch zu seyn … 390
Eine didaktische Wirkung setzte voraus, dass alle Medien derselben Aussage untergeordnet wurden. Mit Bernhard Jahn kann ein Medium in dieser Hinsicht dann als erfolgreich bezeichnet werden, wenn seine Botschaften unmittelbar evident sind und nicht erst durch unsichere hermeneutische Operationen ermittelt werden müssen. 391 Es war notwendig, die erlebten Sinneseindrücke durch eindeutige Aussagen in die gewünschte Richtung zu lenken, das heißt zu erreichen, dass die sinnliche Affizierung mit der diskursiv ausgeführten Botschaft verknüpft wird. Daher erfolgte eine Überführung »der klar-verworrenen Sinneseindrücke in klar-deutliche Begriffe«, wobei das Lesen vor oder während der Aufführung die Perzeption lenkte; sinnliche Affizierung und diskursivierende Lektüre ergänzten sich. 392 Aufgabe der gedruckten Libretti, denen oft ausführliche Deutungsangebote vorangestellt sind, war es, eventuelle Unklarheiten auszuräumen. Vielfach wurden deutsche Übersetzungen gedruckt oder zumindest Inhaltsangaben in deutscher Sprache den Libretti beigegeben. Dabei war die italienische Sprache am Münchner Hof kein schwerwiegendes Hindernis, da sie vom dortigen Hofstaat weithin verstanden wurde: Bereits Kurfürst Maximilian I. hatte zahlreiche Bayern zur Ausbildung nach Italien geschickt, und im bayerischen Offizierskorps fanden sich zahlreiche Italiener. Dagegen beherrschten zahlreiche Mitglieder der bayerischen Hofgesellschaft wie die aus Polen stammende Kurfürstin Therese Kunigunde die deutsche Sprache nur eingeschränkt. Da bei der barocken Oper die Textverständlichkeit oberste Priorität hatte, wurden die Libretti – anders als die Partituren – immer gedruckt und verteilt, damit der Text während der Aufführung im nicht verdunkelten Zuschauerraum mitgelesen werden konnte. 393 Die Notwendigkeit, eine Oper im Libretto mitzuverfolgen, unterstreicht Rohr, wobei er auch Anweisungen gibt, wie man als Zuschauer dabei eine gute Figur abgebe: Wer in die Comoedie oder Oper gehet […], muß seine Augen sowohl auf das OpernBuch als auf das Theatrum richten. Liest er stets in dem Opern-Buche, so macht er hiebey eine allzu pedantische Mine, er scheinet nicht, als ob er in der Oper wäre, sondern, als ob er da säße, dass er die Oper wollte auswendig lernen, welches er zu Hause hätte auch thun können; siehet er aber stets auf das Theatrum, so hat er nicht 390 391 392 393
Zitiert nach Jahn 2002, S. 202. Ebd., S. 192. Jahn 2005, S. 353. Ebd.
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das halbe Plaisir, als wenn er sich durch Gegeneinanderhaltung des vergangenen mit mit dem gegenwärtigen die gantze Connexion und die Vorstellung der künfftigen Suiten bekandt macht. 394
Allegorien Die Programme der höfischen Feste in München waren gekennzeichnet durch die Verwendung von antiken und mythologischen Stoffen. Diese lassen sich nicht immer scharf voneinander abgrenzen, aber es lassen sich zwischen den verschiedenen Bühnengattungen tendenzielle Unterschiede erkennen: Während zumeist Götter der römischen und griechischen Antike sowie Personifikationen ausgewählter Tugenden die primär dem Zweck der Huldigung des Herrschers dienenden Stücke wie Prologe, Turnierspiele und kleinere dramatische Kompositionen bevölkerten, traten in den Drammi per musica in der Regel historische Staatenlenker als Hauptpersonen auf. Betrachtet man die in der bayerischen Hofoper verwendeten Opernstoffe über einen längeren Zeitraum, so fällt auf, dass die konkreten Bezüge zur Tagespolitik allmählich zurückgingen und dafür allgemeine Fragen höfischer Lebenspraxis in den Vordergrund rückten. Die Stoffe waren nicht willkürlich gewählt, sondern sollten die höfische Gesellschaft als vollkommen identifizieren, denn die »Einheit von fürstlicher Lebensführung und klassizistischer Bildwelt […] war in sich selbst eine Metapher für die seit der Renaissance eingetretene Verbindung von weltlicher Feudalherrschaft mit europaweiter dynastischer Machtausübung«. 395 Die einzelnen Themen standen in der Regel mit dem Anlass der Theateraufführung in mehr oder weniger enger Verbindung und transportierten politische Aussagen, wenngleich sich dies heute nicht mehr in jedem Falle aufdecken lässt. Dass Opernhandlungen eine absolutistische ›Ideologie‹ transportieren, widerspricht für Erich Reimer der älteren musikwissenschaftlichen Auffassung, die Inhalte der höfischen Opern »seien für die zeitgenössischen Rezipienten völlig belanglos gewesen, da es einzig und allein auf virtuose Gesangsdarbietungen und auf Effekte der Inszenierungen angekommen sei«. 396 Folgt man seiner Anregung, die traditionelle klassizistisch orientierte Untersuchung der Libretti durch eine Analyse zu ersetzen, die nach den Zielen 394 Rohr 1728, S. 503. 395 Strohm 2007, S. 5. 396 Reimer 1991, S. 104.
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und Wirkungsweisen des höfischen Musiktheaters fragt, so wird deutlich, dass es sich bei dem für die Librettistik grundlegenden Rückgriff auf Stoffe der antiken Mythologie und Geschichte »um eine aktualisierende Rezeption handelt, […] die das Ziel hatte, die gegenwärtige politisch-gesellschaftliche Realität zu interpretieren, […] indem sie einerseits ein bestimmtes Leitbild des Fürsten ästhetisch vermittelte und andererseits die Dynastie historisch legitimierte«. 397 Absolutistische Herrscher bedienten sich der Allegorie, um »die Hierarchie der höfischen Gesellschaft als biblisch, mythisch, historisch oder natürlich verbürgte zu spiegeln und damit zu festigen«. 398 Dabei zeigt sich, dass die Zeitgenossen der Auswahl der Stoffe größere Aufmerksamkeit widmeten als der künstlerischen Ausgestaltung – im Gegensatz zur heutigen Praxis. In seiner 1667 veröffentlichten Schrift Trionfi dell’Architettura nella sontuosa Residenza di Monaco veröffentlichte Ranuccio Pallavicino eine detaillierte Beschreibung der Bildprogramme im Appartement der Kurfürstin Henriette Adelaide. Aus Rechnungen lässt sich jedoch ersehen, dass ein Grossteil dieser Gemälde erst in den darauf folgenden Jahren angefertigt wurde, die Beschreibungen folglich virtuell waren. Für den Kunsthistoriker Johannes Erichsen verdeutlicht dieses Beispiel, dass in barocken Raumdekorationen die Aussage der Bilder, das gedankliche Konzept mit seinen gelehrten Themen, geistreichen Rätseln und bizarren Anspielungen für die Auftraggeber wichtiger waren als die künstlerische Form, die heute zumeist im Vordergrund steht. Das gemalte Bild war lediglich das Medium, mit dem beziehungsreiche Gedanken formvollendet vermittelt werden sollten. 399 Die im Musiktheater verwendeten Allegorien unterschieden sich nicht grundsätzlich von denen in anderen Künsten und hatten sich nach antiken Vorbildern zu richten. Der Lehrbuchautor Benjamin Hederich betont in seinem 1724 erschienenen Gründliche[n] Lexicon Mythologicum, dass Künstlern nicht gestattet werden dürfe, mythologische Figuren »nach ihrer Phantasie zu bilden, sondern es müssen sich dieselben auch nach dem Alterhume richten, und in alle dem, was etwas ausnehmendes an ihren Kunst-Stücken ist, sich auf sichere Auctores gründen, wo sie der Welt nicht schnöde Misgeburten zu ihrer mercklichen prostitution fürstellen wollen«. 400 Im Gegensatz zum heutigen Rezipienten standen den Mitgliedern der Hofgesellschaft die Entschlüsselungstechniken zur Verfügung, die nötig waren, die allegorische Festsprache zu verstehen. Aus zeitge397 398 399 400
Ebd., S. 108. Berns/Rahn 1995, S. 653. Erichsen 2006, S. 63. Hederich 1724, Vorrede, A2v.
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nössischen Schriften lässt sich häufig rekonstruieren, worauf durch die Verwendung eines bestimmten Stoffes hingewiesen werden sollte. So benannte Magnus Daniel Omeis im Jahre 1712 als Ziel seiner Teutschen Mythologie, dass er nicht nur »der erdichteten heidnischen Gottheiten Herkunft und Begebnuß erzehlet« habe, sondern auch den »Kern gekostet / und den Theologischen / Sittlichen / Natürlichen / Historischen Verstand und Bedeutung« berührt habe. 401 Für Hederich, der bei der Darstellung der mythologischen Figuren in vielen Fällen deren jeweils »eigentliche Bedeutung« behandelt, müsse man kein Gelehrter sein, um sich mit der Mythologie zu befassen. Auch der »Polit-Homme« könne nicht auf sie verzichten, als er hin und wieder Statuen, Gemählde, Medaillen, alte Müntzen und dergleichen Dinge antrifft, so aus der Mythologie genommen, und es ihm theils selbst verdrißen muß, wenn er selbige nicht anders, als wie die Kuh ein neues Thor, ansehen kan, und mithin nicht weiß, was solche Dinge eigentlich sind und bedeuten, theils sich gar leicht auch mit seiner Ignoranz vor anderen prostituiren kan, wenn er entweder mit seiner Deutung und Raisonnement vor selbigen darneben kömmt, oder auch, da ihn ein anderer darum fraget, sich mit seiner Unwissenheit entschuldigen muß. 402
Daher müssen »alle und iede, so nicht unter dem gar gemeinen Pöbel mithin lauffen wollen«, etwas von der griechischen Mythologie verstehen. 403 Nur in engen Grenzen – sofern ihre äußerlichen Attribute Rückschlüsse auf ihren Charakter zuließen – erschlossen sich allegorische Figuren dem Ungebildeten. So wurde beispielsweise die Zwietracht (Discordia) in den Künsten dargestellt als ein Frauen-Volck mit Schlangen statt der Haare, einem zerissenen Kleide an, im Gesichte voll geronnenen Blutes, ehrinnen und rostigen Zähnen, einer mit Eiter triefenden Zunge, und in der rechten Hand einer gantz roth brennenden Fackel, wie nicht weniger einem zurück gebogenen Kopfe, verkehrten und aufgeschwollenen, und doch auch immer zu thränendem Augen, unruhigen Händen, schwachen Beinen und Füssen, und einem Schwerdte in der Brust, wobey um sie herum, als ein fliegendes Netze, lauter Düsternis und Finsternis war, mit welchem allen denn die Eigenschaft und Würckung der Finsternis vorgestellet wurde. 404
Die Verwendung von Allegorien sollte zeigen, dass ein Hof in der Lage war, mit den kulturellen Formen der Zeit umzugehen. Zudem sollte sie Bildung demonstrieren und so soziale Distinktion herstellen. Dass die Allegorien nicht von allen verstanden wurden, war durchaus beabsichtigt, zumal das einfache Volk durch 401 402 403 404
Omeis 1712, Vorrede Folio 5r. Ebd., Folio A3r. Ebd. Hederich 1724, Sp. 775.
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die Verwendung der italienischen Sprache ohnehin ausgeschlossen wurde. Für Andreas Gestrich begriffen aber diejenigen Zuschauer, die die jeweilige Botschaft nicht entschlüsseln konnten, doch immerhin, dass es eine solche gab: Emblem und Allegorie hatten neben ihrem verschlüsselten Inhalt die allgemeine Mitteilung an alle, dass es Geheimnisse gab, die nicht für jedermann bestimmt waren. 405 Im Rahmen der Darstellung und Begründung herrscherlicher Macht gegenüber dem Volk war die intendierte – und allgemein verständliche – Botschaft der Embleme und Allegorien, dass der »Pöbel« sich mit ihrer Außenansicht zu begnügen habe, womit in der Regel die gewünschte Wirkung der Verbreitung von Ehrfurcht erzeugt wurde. 406 Von der gebildeten Elite sollten sie hingegen verstanden werden, »dem Ausschluss des Unwissenden stand die Integration der Interpretationsgemeinschaft vor allem des Adels und des gebildeten Bürgertums in ein gemeinsames, auf Einsicht in die höheren Sinnebenen gegründetes Normensystem gegenüber«. 407 Im Musiktheater konnten nicht nur die Prologe als Allegorie verstanden werden, sondern auch das ganze Stück. Selbst wenn die Handlung in der entfernten Vergangenheit spielte, ging es letztlich um die politische Situation der Entstehungszeit, »das barocke Opernlibretto kannte keine Darstellung der Geschichte ohne Bezugnahme zur Gegenwart«. 408 So handelt die 1687 aufgeführte Oper Alarico, il Baltha, Re de’ Goti (Text: Luigi Orlandi, Musik: Agostino Steffani) vom Gotenkönig Alarich. Dies steht in Verbindung zu dem unter militärischer Führung Max Emanuels errungenen Sieg über die – wie die Goten als Barbaren angesehenen – Türken, in deren Folge eine ausgesprochene »Türkenmode« in München einsetzte. 409 Das Vorwort des Librettos stellt weitläufige Verbindungen vom Sturm Alarichs über Rom zu den nun niedergeworfenen »Titani dell’Asia« her. Die mit der Historie nur locker verflochtene Opernhandlung endet mit der Wandlung des Barbaren Alarich zu einem dem höfischen Ideal verpflichteten Herrscher. Dieser Sinneswandel des Gotenkönigs wird in den dem Libretto vorangestellten Erläuterungen durch einen Verweis auf den Anlass der Aufführung begründet, den 18. Geburtstag von Kurfürstin 405 406 407 408 409
Gestrich 1995, S. 45. Ebd. Gestrich 1994, S. 46. Strohm 1975/76, S. 116. Nach den Türkenkriegen etablierten sich in München der Kaffeegenuss und der orientalische Teppich. Gefangene Türken waren vielfach im öffentlichen Leben präsent, denn sie hoben unter anderem den Nymphenburger Kanal aus, dienten als Pagen oder beförderten als Sesselträger Angehörige des Hofes durch die Stadt, wofür 1688 sogar eine eigene Zunft eingerichtet wurde. Vgl. Hüttl 1976, S. 156.
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Maria Antonia. Unter den »Serenissimi Sguardi« des Kurfürstenpaars erlerne der Barbar Alarich »le Maniere di dilettare, & atterrire«. Das Stück steht also für den Sieg der Wittelsbacher über die Barbarei. Mitunter spielten Bühnensituationen auf konkrete Verfehlungen einzelner lebender Personen an. Dies konnte nur in verschlüsselter Form geschehen, und Julius Bernhard von Rohr warnte, dass Künstler »nicht wohl« tun, »wenn sie die Fehler des Hofes auf eine deutliche und merckliche Art vorstellen, sie ziehen sich sonst hiedurch manchen Verdruß, und wenn sie einige Hohe anpacken, eine sehr empfindliche Ungnade über den Hals«. 410 Derartige Anspielungen decken sich dem heutigen Leser vielfach nur dann auf, wenn zeitgenössische Quellen konkret darauf hinweisen, denn mitunter waren sie selbst nicht allen Zeitgenossen bekannt. So lässt sich einem Briefwechsel entnehmen, dass der toskanische Resident am Wiener Kaiserhof, Lorenzo Graf Magalotti, erst Monate nach der Aufführung der Karnevalsoper Il silentio di Harpocrate (1669) aufgeklärt wurde, was die 13. Szene des zweiten Aktes zu bedeuten habe: Dort berichtet die Titelfigur dem Herrscher, dass einer, dem wichtige Papiere anvertraut seien, diese nicht sorgfältig genug hüte und Abschriften an Dritte weitergebe. Anfangs habe Magalotti geglaubt, dass dies allgemein gemeint gewesen sei; nun aber sei er aufgeklärt worden, dass die Szene sich darauf bezog, dass die Gattin des Hofkanzlers Johann Paul Baron von Hocher heimlich mit einem Diener Abschriften von wichtigen Staatsdokumenten anfertige. Als dem Kaiser davon berichtet wurde, habe er sich begnügt, die Angelegenheit durch die Oper an die Öffentlichkeit zu bringen. 411 Wie verbreitet derartige Anspielungen waren, lässt sich heute schwerlich bestimmen. Offenbar waren sie aber durchaus üblich, da Rohr Ratschläge gibt, wie man sich zu verhalten habe, wenn man sich selbst auf der Bühne wiedererkennt: Es geschieht bisweilen von ungefehr, dass in einer Comodie etwas vorkomt, welches sich ganz natürlich und ungezwungen auf eine Person applizieren läßt. Wer sich nun hierbey getroffen fände, und mit denen Operisten oder Comoedianten, wie einige machmahl zu tun pflegen, eine Querelle dieserwegen anfangen wollte, würde seiner Renommée gar schlecht vorstehen. Sollte einer auch gleich Nachricht haben, 410 Rohr 1733, S. 804. 411 Seifert 1988, S. 56f. Magalotti entschlüsselt eine weitere Szene, in der die Bühnenfigur Harpocrate darauf hinweist, dass die Gesprächigkeit in der Liebe, bei Mahlzeiten und dem Spiel floriere; besonders beim Spiel könnten diejenigen, die aus Eigennutz oder des Amtes wegen Informationen suchten, sich diese leicht verschaffen. Dem Bericht Magalottis zufolge bezog sich dies auf den spanischen Botschafter Don Pablo Spinola Doria Marqués de los Balbases, der sich beim Kartenspiel vom Oberstkämmerer Gundaker Graf Dietrichstein Geheimnisse verschaffe. Ebd. S. 57.
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dass dieses mit Fleiß geschehen, auf Befehl der Höhern, wie dergleichen Casus an den Höfen bisweilen möglich sind, so thut man doch am klügsten, will man nicht übel ärger machen, dass man thut, als ob manns nicht merckte. 412
Auch in den Münchner Opern und Turnierspielen lassen sich Anspielungen auf die bayerische Tagespolitik entdecken. Meist dienten sie dazu, die Vortrefflichkeit des Kurfürsten herauszustreichen. Folgt man der Interpretation von Gerhard Croll, dann wurde zumindest in einem Bühnenwerk dezidiert auf Max Emanuel als negative Figur verwiesen. 413 Tassilone entstand freilich nicht für München; Steffani vertonte das Libretto von Stefano Benedetto Pallavicini im Jahre 1709 für den Düsseldorfer Hof des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz, in dessen Diensten er sich seit 1703 befand. Um die in diesem Stück versteckten Anspielungen zu verstehen, ist es notwendig, sich die politische Situation dieser Jahre zu vergegenwärtigen: Der in das Lager Ludwigs XIV. übergewechselte, militärisch geschlagene Max Emanuel und sein Bruder, der Kölner Kurfürst Joseph Klemens, wurden 1706 in Abwesenheit mit einer feierlichen Zeremonie in der Wiener Hofburg mit dem Reichsbann belegt. Kaiser und Hofstaat trugen hierbei Trauerkleider, es wurden frühere Investituren verlesen und symbolisch widerrufen, indem sie zerrissen, auf den Boden geworfen und mit den Füßen getreten wurden. Anschließend wurde der Bann in der ganzen Stadt verkündet, wobei man die ehemaligen Kurfürsten nur mehr als Emanuel und Klemens aus Bayern bezeichnete. Max Emanuel wurde für vogelfrei erklärt, wohingegen Joseph Klemens durch seinen geistlichen Stand Immunität genoss. 414 Kurfürst Johann Wilhelm nutzte die Gelegenheit, um erfolgreich die Rückgabe der 1623 an Bayern verlorenen Kurwürde und der Oberpfalz einschließlich der Grafschaft Cham zu betreiben. Dies verarbeitet Pallavicini, der Sekretär des Kurfürsten und Sohn des Komponisten Carlo Pallavicini, in seinem Libretto insofern, als die Oper vom Landesverrat eines bayerischen Fürsten, seiner Verbannung und der Belohnung eines reichstreuen Fürsten handelt. Die Handlung: Tassilo III., Herzog von Bayern, hatte 781 in Worms den Treueeid vor Karl dem Großen erneuert. Dennoch nahm er wenig später Kontakt mit den reichsfeindlichen Awaren auf, die er mit geheimen Abmachungen zum Krieg gegen Karl bewegte. Als dieser von dem Verrat erfährt, stellt er Tassilo 788 vor die Reichsversammlung in Ingelheim, die einmütig das Todesurteil aussprach. Karl begnadigt 412 Rohr 1728, S. 504. 413 Zu den folgenden Ausführungen siehe Croll 1958, S. V–VIII. 414 Hüttl 1976, S. 475.
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Tassilo jedoch und schickt ihn ins Kloster; zum Präfekten in Bayern setzt er seinen Vasallen Gerold ein.
Setzt man diese historischen Personen zu denen der Gegenwart in Beziehung, dann steht Tassilo für Max Emanuel, Karl der Große für Kaiser Leopold I. und Gerold von Schwaben für Johann Wilhelm von der Pfalz. Diese Bezüge werden weiter gestützt durch eine auffällige Übereinstimmung der Ver wandtschaftsbeziehungen der Personen zueinander, denn Gerold war mit Karl, Johann Wilhelm mit Leopold verschwägert. Hauptperson der für Johann Wilhelm verfassten Oper ist konsequenterweise Gerold, dessen Tugendhaftigkeit unter Übertreibungen gegenüber der historischen Figur besonders herausgestrichen wird und der mit sieben Arien und zwei Duetten auch musikalisch am reichsten bedacht ist. Ein Beispiel für die Bezugnahme des Münchner Musiktheaters auf die Tagespolitik mag die Oper Ciro sein, die 1733 anlässlich eines Besuchs des Kölner Kurfürsten Klemens August aufgeführt wurde. Klemens August war häufig zu Gast am Hofe seines älteren Bruders Karl Albrecht, dennoch ist dies das einzige ihm explizit gewidmete Libretto. Dort findet sich der Hinweis: »Da rappresentarsi per l’augusta presenza della serenissima e reverendissima altezza elettorale di Clemente Augusto«. 415 Die damit bezeugte besondere Ehrerbietung erklärt sich offenbar dadurch, dass Klemens August zum Zeitpunkt der Aufführung in offener Konfrontation zu seinem Bruder vorübergehend die Habsburger Erbfolgeregelung unterstützte und nicht die Pläne Karl Albrechts, der selbst auf die Kaiserwürde spekulierte. Der bayerische Kurfürst wünschte daher von Klemens August, dass er »sich alle ihrer versprechen und gemachten bindnussen so wohl erindern« 416 möchte. Bei dem längeren Aufenthalt in München im Jahre 1733 konnte Klemens August dann schließlich doch überzeugt werden, seine für die Kaiserwahl entscheidende Stimme im Kurfürstenkollegium seinem Bruder zu versprechen. Damit im Zusammenhang steht die Handlung des von Pietro Torri vertonten Dramma per musica Ciro, dessen Libretto Leopoldo De Villati eigens für München verfasst hatte. Die Handlung, die nicht mit der von Pietro Metastasios später entstandenem Ciro riconosciuto (Wien 1736, vertont von Antonio Caldara) identisch ist, stellt den persischen König Kyros (601 v. Chr. – 530 v. Chr.) in den Mittelpunkt. Dabei handelt es sich um eine der zahlreichen Aussetzungssagen, für die charakteristisch ist, dass der gerettete Held eine Stadt, 415 Ciro 1733, Deckblatt. 416 Heigel 1874, S. 10.
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ein Heiligtum oder ein Reich gründet. 417 Zum Inhalt: Astiage, dem König der Meder und Perser, wurde geweissagt, dass das Kind seiner Tochter Mandane ihn einst von der Herrschaft verdrängen werde. Aus Furcht entschloss er sich, »dieselbe an Cambise, einen gemeinen Perser […] zu verheyraten, indem er glaubte das die Niedrigkeit des Vätterlichen Geblüths in dem Sohn nicht einen solchen hohen Muth erwecken würde, wie ihm vom Verhängnis gedrohet war«. Es folgt die Vorgeschichte der Oper, als deren Quellen neben Herodot auch Justinian sowie ein Jesuitendrama genannt werden, den zeitgenössischen Anschauungen, wonach Kyros’ Vater aus einfachen Verhältnissen stammte, was seine staatsmännischen Taten noch größer erscheinen lässt. 418 Astiage beauftragt »seinen vornehmsten Bedienten« Arpago, »das noch kaum gebohrne Kind umzubringen, welcher es aber, weil er eine solche Grausamkeit nicht über sein Herz bringen konte, heimlich einem Hirten zustellete, der es als sein eignes unter dem Namen Ciro auferzog«. Astiage wird als besonders grausamer Herrscher dargestellt, denn als Kyros endlich erwachsen, und zufälliger weise vom Astiage erkannt war, gab derselbe dem Arpago, zur Straff seines Ungehorsambs, dessen eignes Kind zu essen. Arpago damahls seinen Schmerz verbergend, ließ dem Ciro von dem, so ein Groß-Vatter wieder sein Leben verordnet gehabt, heimliche Nachricht geben, und daneben anzeigen, auf was Arth er sich durch Aufwieglung der Perser, und nachgehens der Meder, diserwegen rächen könne. Als ihnen dises endlich gelungen, ward Astiage, nach blutigen Kriegen durch den Ciro des Reichs entsetzt, und ihm jedoch das Königreich Ircania eingeraumt. 419
Die zu großen Teilen frei erfundene Handlung der Oper zeigt an ihrem Beginn den wütenden Astiage, der seine Herrschaft wiederzuerlangen hofft. Auf Drängen seiner Tochter Mandane verzeiht er ihr und seinem Enkel Ciro, fordert aber für die Freilassung von Gambise (Mandanes Gatte und Ciros Vater) Arpagos Kopf. Ciro schwankt, denn es wäre gleichermaßen verwerflich, den treuen Arpago zu ermorden, seinen Vater dem drohenden Tod zu überlassen oder Großvater Astiage zu töten. Schließlich will sich Arpago selbstlos opfern, um Gambise zu retten und den Frieden wiederherzustellen. Davon berührt, wenden 417 Binder 1964, S. 63. Mit der Sage um die Gründung Roms durch Romulus und Remus hat der Kyros-Mythos überdies gemeinsam, dass Kyros in anderen Varianten von einem Tier (einer Hündin) gesäugt wurde. 418 So stellt der Artikel in Johann Heinrich Zedlers wenig später veröffentlichtem Lexikon (Band 6, Sp. 1966ff.) die Historie ähnlich dar. Diese weicht vom heutigen Forschungsstand dahin gehend ab, dass Kyros’ Vater keineswegs ein »gemeiner Perser«, sondern ein mächtiger König Persiens war. Vgl. Binder 1964, S. 21. 419 Ciro 1733, ohne Paginierung.
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sich Astiages Gefolgsleute von diesem ab und wählen Ciro zum König. Trotz ihres Triumphs unterwerfen sich Ciro und Mandane dem Urteil Astiages, der seinem Enkel das Königreich übergibt; alle stimmen in den Jubel ein. Dass gerade dieser Stoff für eine zu Ehren von Klemens August gespielte Oper ausgewählt wurde, legt es nahe, nach Parallelen von Opernhandlung und Realität zu suchen. Mit dem von den Griechen für seine Gesittung und Bildung idealisierten Kyros ist offenbar Karl Albrecht gemeint, dessen Tun gleichfalls danach strebte, zum Gründer eines Großreichs aufzusteigen. Bei Herodot ist Kyros das Beispiel eines vorbildlichen Herrschers, der die gottgewollte Ordnung repräsentiert: An ihm zerbricht der Eroberungswille des hybriden Despoten.420 Von Kyros wie von Karl Albrecht bestehen zwar Verwandtschaftsbeziehungen zum schließlich beerbten (bzw. zu beerbenden) Herrscher, aber beide müssen sich die Regentschaft mühsam erkämpfen, was ihre Taten in ein noch helleres Licht rückt. Thematisiert wird in der Oper also das Aufbegehren gegen die bestehende Ordnung einer Herrschaft Astiages, wie auch Karl Albrecht gegen die Habsburger Vormachtstellung Position bezog. Die Geste Arpagos, sich selbstlos zu opfern, was die Wahl Kyros’ zum König ermöglicht, scheint sich schließlich auf die von Klemens August erhoffte Handlung zu beziehen, die erforderlich war, um Karl Albrecht die Mehrheit im Kurfürstenkollegium zu verschaffen. Die Worte, die Kyros in der deutschen Übersetzung zum Dank an Arpago richtet, dürften auch Karl Albrechts Gefühle zum Stimmungswandel des Bruders zum Ausdruck gebracht haben: »O werter Freund / Zierde und Beschützer des Vatterlands / dem ich alles zu dancken habe / durch deine Widerkunfft gibst du mir das Leben wieder.« 421
Gegenwart als Fortsetzung der Antike Wenngleich in Bayern im Gegensatz zum französischen Hof eine zentrale Instanz fehlte, die programmatisch die dem Herrscher geltenden Huldigungen im Sinne einer gezielten Propaganda lenkte und überwachte, 422 so war die Stoff wahl keineswegs zufällig. Aus dieser Vorliebe für antike Stoffe – besonders aus dem Umkreis Thebens –, die über die Häufigkeit an anderen Höfen deutlich hinausgehe, leitet Reinhard Strohm eine eigene klassizistische Ästhetik der Münchner 420 Fahr 1985, S. 113. 421 Ciro 1733, ohne Paginierung. 422 Seelig 1976, S. 6.
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Oper ab. An anderen Theatern dominierten Themen aus der feudalen mittelalterlichen Kultur einschließlich byzantinischer, orientalischer und Kreuzzugsgeschichte sowie in Tradition der Renaissance allegorische und mythologische Stoffe, die nicht auf die Antike zurückgehen. 423 In dieser Arbeit wird vorgeschlagen, den Hintergrund für die Bevorzugung des oben genannten Stoffkreises in den dynastischen Ambitionen der Wittelsbacher zu suchen. Die Beschäftigung mit der Geschichte geschah in der Frühen Neuzeit vor allem mit dem Blick auf das aktuelle politische Geschehen. Von Hofleuten wurde Vertrautheit mit den wichtigsten Fakten auch der weiter zurückliegenden Vergangenheit erwartet, da historische Ereignisse vielfach Auswirkungen auf die Gegenwart zeitigten. Kenntnisse seien hier notwendig, weil »die neueste Historie der Fürstlichen Häuser, und das Studium Genealogicum an allen Höfen beliebt sind, und in der Conversation gar öffters vorkommen«. 424 Besonders zukünftige Fürsten sollten darin gründlich unterwiesen werden, rät Julius Bernhard von Rohr in seiner 1718 erschienenen Einleitung zur Staatsklugheit. Ein Prinz müsse vor allem die Historie seines Hauses sich bekannt machen, und diejenigen Häuser, mit welchen er aliirt, oder darauff er rechtmäßige Ansprüche zu machen und die Succession in denselbigen zu hoffen hat. Gleichwie ein Hof-Meister bey einem Prinzen alles auff die politische Klugheit appliciren muß. Also muß er auch die Historie so tractieren und dem Prinzen zeigen, auff welche Provincien er rechtmäßiger Weise ein Praetentions-Recht formiren könne, und was vor Gelegenheit solches herrühre, mit welchen Häusern seine Fürstliche Familie in Erbverbrüderungs-Bündnissen stehen, was ihnen vor Recht über andere gewisse Fürsten, die ihm das jus vasallagii streitig machen oder sich demselben entziehen wollen, wohl zukomme, worauf die Leges fundamentales, Capitulationes und andere öffentliche pragmatische Sanctiones und Verträge mit den Land-Ständen gegründet sind, welches alles aus historischen Gründen untersucht und erörtert werden muß. 425
Die Vergangenheit eines Fürstenhauses begründete seinen Rang. Je »älter die nascita, das Geschlecht und und das adeliche Geblüt sich zaiget«, betont der Verfasser des Mundus christiano bavaro politicus, »so edler seind auch und werden hervorscheinen die Tugenten, welche andere zur Nachfolge an sich ziehen«. 426 Nach Gottfried Stieves Hof-Ceremoniell aus dem Jahre 1713 habe das Alter »inter Pares statu allemahl den Vorzug für der Jugend gehabt«. Weil »die Könige (wie auch die Fürsten) unter sich quoad dignitatis statum einander glei423 424 425 426
Strohm 2007, S. 12. Rohr 1728, S. 234. Rohr 1718, S. 159f. Zitiert nach Straub 1969b, S. 197.
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che sind, so hat man, um diese Paritatem Status gleichwohl in eine Imparitatem Ordinis zu setzen, die dem Dato ihrer Monarchie nach, älteren Könige den jüngeren vorzuziehen gesuchtet«. 427 Die Stellung eines Fürsten lasse sich nach Stieve mithilfe folgender Kriterien bestimmen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Aus dem Alterthum der Monarchie oder Souverainitée. Aus dem Alterthum des Christensthums. Von der Macht. Von Vielheit der Königreiche. Aus den Ehren-Tituln. Von der absoluten Gewalt. Aus der besonderen Wohlthat und Dienst, welche dem Pabst und der Catholischen Kirche erwiesen worden. 8. Von Würdigkeit der Vasallen, über welche eine Majestät herrschet. 428
Wie am spanischen oder französischen Hof waren auch an dem Bayerns die Bestrebungen evident, »den Ursprung der Monarchie mit Hilfe einer dynastischen Legende möglichst weit zurückzuverlegen und damit mit einem Schimmer mystischer Weihe zu umgeben«. 429 Diese Absicht hatte bereits Massimo Trojano in seiner Beschreibung der Hochzeit von Herzog Wilhelm V. mit Renata von Lothringen im Jahre 1568 verfolgt. Dort leitete er die Herkunft der Bayern wie folgt her: Zu der Zeit, als der Sohn des Prometheus, des Königs von Thessalien, mit seinen Schiffen viele Menschen vor der Griechenland bedrohenden Flut rettete, da regierte Boio, der elfte König Germaniens, über Böhmen, wonach die Boiarii, Bovarici, Bavari und Bavaria benannt seien. 430 Umfängliche Traktate, die Historiker im Auftrag der Wittelsbacher erstellten, sollten Ahnenreihen des bayerischen Fürstenhauses bis in die Antike konstruieren. 1722 verfasste Johann Joseph Pock aus Anlass »der hohen Hochzeits-Festivitet« der Vermählung Karl Albrechts mit Maria Amalia eine Schrift, bei der schon der fast eine halbe Seite umfassende Titel 431 427 428 429 430 431
Stieve 1723, S. 12f. Ebd. Skalweit 1957, S. 69. Reinhardstöttner 1892, S. 98. Der volle Buchtitel lautet: Immergrünender Lorber-Baum. Einfach in dem Uhr-Alten HauptStammen der alten Königen von Francken. Zweyfach in seinenzweyen Haupt-Aaesten als dem Durchleuchtigsten Chur-Hauß Bayren / und dem Durchleuchtigsten Ertz-Haus Oesterreich / Welche sich widerumben zusammen gefüget / und Immerwehrend durch Göttlichen Seegen fortblühen werden. In denen zu allgemeiner Freud aller aufrichtig getreuisten Patrioten durch sonderbare Vorsichtigkeit GOttes Neu-Verlobten Durchleuchtigsten Brauth-Personen Dem Durchleuchtigsten CAROLO ALBERTO Chur-Printzen aus Bayren Dann Der Durchleuchtigsten Kayser- und Königl. Princessin Ertz-Herzogin von Oesterreich. Maria Amalia. Das ist / Außführlich Genealogisch: auch historische Beschreibung und Beweisthumb / dass beyde höchstge-
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die Zielsetzungen hinlänglich ausbreitet. Er wollte damit nachweisen, dass unsere Durchleuchtigste neu-verlobte Brauth-Persohnen / zeigen und weisen können / dass Ihre Durchleuchtigste und Großmächtigste Urahnen schon vor ChristiGeburt mächtigiste König gewesen / da anderer Helden-Stamm: Vätter noch unbekannt waren / und dass in ihren Geschlechts-Registern lautter Helden zu finden / welches ein glückseeligistes Anzeigen / dass auß ihnen auch gleiche Durchleuchtigiste Erben entspringen werden / sonderbahr da beyde Durchleuchtigste Braut-Persohnen die Göttliche Anweisung beobachtet / da nemblich in Göttlicher heiliger Schrift verzeichnet ist.432
In der Ahnengalerie der Wittelsbacher wurden politische Positionen zum Ausdruck gebracht wie die, in männlicher Linie von Karl dem Großen abzustammen. Auf diesen keineswegs unumstrittenen Sachverhalt verweisen auch die Prologe der Festopern Servio Tullio (1686) und Adelaide (1722) mit der Absicht, so den bayerischen Anspruch auf die Kaiserwürde zu unterstreichen. Die Verwendung antiker Stoffe im Musiktheater steht mit diesen Bestrebungen in Verbindung, denn zum Zwecke der Herrschaftslegitimation sollte den Untertanen Kontinuität der Herrscher von der Antike bis zur Moderne vorgespiegelt werden. Diese war zwar nur metaphorisch zu verstehen, denn es war im späten 17. Jahrhundert nicht mehr glaubhaft ernsthaft zu behaupten, dass ein Herrscher etwa von einer Nixe abstammt. Im höfischen Kontext, in dem die Grenzen zwischen Realität und Kunst vielfach verschwammen, war diese Strategie dennoch wirksam. Zugleich wurde mit den Theateraufführungen die Absicht verfolgt, das Bild des bayerischen Herrschers mit den positiven Eigenschaften aufzuladen, die nach allgemeiner Überzeugung den antiken Vorbildern zukamen. Antike Helden und Götter galten als Sinnbilder von Tugend, und indem die Herrscher des 17. Jahrhunderts sich mit diesen in eine Reihe stellten und auch als diese kostümierten – oder sogar wie Max Emanuel inmitten von diesen auftraten –, versuchten sie, etwas von den positiven Einstellungen, die die Mitglieder der Hofgesellschaft mit den großen Vorbildern verbanden, auf sich zu übertragen. 433 dachte Durchleuchtigste Brauth-Personen auß einem Uhr-alten Königlich-Fränckischen HauptStammen entsprossen / und durch vile hundert Jahre hero besonders grünende zwey Haupt-Aeste mit allgemeinem Frohlocken aller Kayserlicher Erb Länder / deß gantzen Churfürstenthumbs Bayren / und aller auffrichtigen Teutschen Gemüther anjetzo auffs neue zusammen gesetzt seynd. 432 Ebd., f. O.v. 433 Für die dieser Strategie zugrunde liegenden Überragungsmechanismen liefert René Descartes ein anschauliches autobiografisches Beispiel. Er schreibt, er habe als Kind ein Mädchen gemocht, das geschielt habe; wenn er dann später schielende Personen gesehen habe, fühlte er sich spontan zu diesen hingezogen, und zwar genau wegen dieser Auffälligkeit. Das
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Die Wahl für ihre Staatskunst berühmter Herrscher diente also dazu, die Legitimität der Regierung zu unterstreichen, indem die Fürsten der Gegenwart als ihnen ebenbürtig verklärt wurden. Dazu diente nicht allein das Musiktheater; auf die Ansprüche der Wittelsbacher verwiesen auch die beim diplomatischen Zeremoniell von den Gesandten durchquerten Räume, in denen die Besucher vorbei an Bildnissen römischer Imperatoren schritten, um im Audienzzimmer auf ein Porträt Kaiser Ludwigs des Bayern zu stoßen. Der Deckenstuck des Audienzzimmers betonte durch allegorische und symbolische Darstellungen auf Größe und Vollkommenheit des Herrschers. 434 Die zur Regierungsübernahme Max Emanuels 1680 aufgeführte Festoper Ermione macht beispielhaft deutlich, wie die Antikendarstellungen in der Münchner Hofoper der oben beschriebenen Strategie dienten. Die von Librettist Ventura Terzago frei nach antiken Vorbildern gestaltete Handlung um Ermione, die Tochter des Menelaos und der Helena, nimmt nach dem für die Oper der Zeit obligatorischen Lieto fine und Jubelgesang aller Beteiligten eine überraschende Wendung: Plötzlich verwandeln sich die Dekorationen, und die antiken Heroen sehen sich von Sparta nach München versetzt, nicht ohne ihre Bewunderung über die noch nie gesehene dortige Pracht zum Ausdruck zu bringen. Ermione wird, voller Glück über die unermessliche Ehre, als Belohnung für ihre Standhaftigkeit, die sie zuvor in der Oper bewiesen hatte, dem bayerischen Kurfürsten Max Emanuel vorgestellt. Dieser wird in jenem Moment leibhaftig vom Schnürboden des Salvatortheaters auf die Bühne herabgelassen. Für Eberhard Straub war es ein glücklicher Einfall, die Huldigungen des Herrschers nicht in einem Prolog der Handlung voranzustellen, sondern mit einem Epilog dieser anzuschließen: Die ideale Welt höfischer Tugend erfuhr so eine beträchtliche Steigerung, und die ewige Gültigkeit adligen Ethos wurde sinnfällig gemacht. Die Zusammenführung der Großen der Vergangenheit mit den Großen der Gegenwart in einer zeitlichen und räumlichen Einheit betonte die Zeitlosigkeit der höfischen Ideale. 435 Objekt seiner späteren Sympathie war offenkundig nicht mit der ursprünglichen Ursache identisch; denn die Personen haben die Emotion nicht ausgelöst, sondern nur reaktiviert. Die ursprüngliche Ursache wurde in bestimmter Hinsicht (als schielend) repräsentiert und als sympathisch bewertet; alle späteren Personen, die in gleicher Hinsicht repräsentiert wurden, erfuhren dann die gleiche Bewertung als sympathisch (vgl. Perler 2008, S. 282). Auf die hier beschriebenen Antikendarstellungen bezogen heißt dies: Die Wertschätzung und Sympathie, die den als groß und würdig empfundenen antiken Vorbildern entgegenbracht wurde, sollte auf lebende Herrscher wie Max Emanuel übertragen werden. 434 Heym 2002, S. 37. 435 Straub 1969, S. 256f.
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Ziel der höfischen Oper war es nicht, Geschichte historisch ›korrekt‹ (wie immer dies aussehen könnte) darzustellen, sondern sie den jeweiligen Notwendigkeiten entsprechend zu interpretieren. Die mit den Aufführungen verfolgten didaktischen Absichten konnten sich auch an Max Emanuel selbst richten, wie das 1681 mit Musik von Agostino Steffani aufgeführte Dramma per musica Marco Aurelio deutlich macht, das die Tugenden des römischen Kaisers Mark Aurel (121–180) zu denen des jungen Kurfürsten in Beziehung setzt. Im Vorwort bedauert Librettist Terzago, dem römischen Kaiser mit seinem Stück nicht gerecht werden zu können, was begründet sei mit dem »suagamento poetico, ed alla bizzarria della scena, che cerca oggidì dalla vanità gli ornamenti, ne sembra saper far bene che errando«. 436 Die Handlung spiegelt die tatsächliche Historie nur insofern wieder, als Terzago Mark Aurel als den Schöpfer der Idee eines weisen und milden Herrschers preist. Dies führe Max Emanuel heute in Bayern fort, wo man sich glücklich schätzen könne, von so einer Hand regiert zu werden. Grund für die Wahl des Stoffes war freilich nicht, dass der bayerische Kurfürst sich bereits so tugendhaft wie der antike Kaiser verhalten hatte. Das Stück brachte in der Art eines Fingerzeigs vielmehr zum Ausdruck, dass genau dies vonseiten der staatlichen Administration von ihm erwartet wurde. Mit Opern wurde der Herrscher nicht allein verherrlicht, sondern auch in die Pflicht genommen, denn höfische Panegyrik war keineswegs nur Lob; sie beschrieb nicht, wie der Gelobte war, sondern auch, wie man ihn sich erhoffte, wobei das Lob den Gelobten ermahnte, dieses Ziel anzustreben. Der reale Mark Aurel war das genaue Gegenteil von Max Emanuel: Mit Eifer betrieb der Römer das Studium der Philosophie und richtete seine ganze Lebensweise danach aus, sich besonders durch Pflichterfüllung und Askese auszeichnend. Max Emanuel dagegen hatte einem Bericht des kaiserlichen Gesandten Graf Nostiz aus dem Jahre 1679 zufolge sich »in Philosophicis […] nit viel occupiert«. Zwar zeigte der junge Kurfürst »ad cognitionem historice et Geographice […] grosse inclination, ueber alles aber ist er denen exercitiis corporis zugethan, besonders denen zu Pferdt, daher nit gern lang zu München, sondern verlanget, so viel es die publica, zu denen er von dem Herzog Maximilian mit aller sorgfalt angewiesen wirdt, zulassen, vielmehr zu Schleissheim und anderen Lusthausern sich zu divertiren« 437 Der französische Gesandte Denis de la Haye zeichnet Max Ema436 Marco Aurelio, F. A.4r. Ein Erfordernis war die Einfügung spektakulärer Bühneneffekte, die sich in der venezianischen Oper der Zeit großer Beliebtheit erfreuten. Das Libretto nennt acht »Azione extraordinarie della Scena«, die mit der Kernhandlung nur locker in Verbindung stehen. 437 Zitiert nach Strich 1915, S. 59, Anm. 3.
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nuel sogar als geradezu vergnügungssüchtig. 438 Auf die außerordentliche sittliche Festigung Mark Aurels wird im Vorwort des Librettos auch nicht ausdrücklich eingegangen, da der Vergleich mit dem jungen Kurfürsten allzu absurd gewesen wäre. Vielmehr wird die Opernfigur des Mark Aurel sogar ganz unhistorisch in eine verwickelte Liebeshandlung 439 eingebunden. Die Handlung ist vor allem als eine Warnung zu verstehen, die deutlich machen soll, welche Folgen Unmäßigkeit in der Liebe haben kann. Dies lässt auf die Absicht schließen, den für das ungezügelte Ausleben seiner Sexualität bekannten Max Emanuel in die Schranken zu weisen. Als ein möglicher Urheber dieser Belehrung ist Herzog Maximilian Philipp denkbar, der Onkel Max Emanuels, der nach dem Tod von Kurfürst Ferdinand Maria vorübergehend die Regentschaft innegehabt hatte und der mit der neuen Politik seines Neffen nicht immer einverstanden war. Zugleich richteten sich die durch das Medium Oper ausgesprochenen Ermahnungen auch an die Untertanen, denn das Verhalten der Herrscher wurde als wegweisend für das Wohlergehen eines Staates angesehen. Dass der Fürst dem Volk als Vorbild dienen solle, hebt der Mundus christiano bavaro-politicus mit plastischen Vergleichen hervor. 440 438 »Il a beaucoup d’esprit et tout plein de feu. Il ne s’épargne en rien. Il va à la campagne par la neige et par le plus rude froid que l’on ait jamais senty sans se donner un seul jour de repos; il court le soir en schlitte par les rues. Il danse à l’Allemand quattre et cinq heures de suite toujours en action, et si quelqu’un de ses gens luy di queque parole pour le retenir, il l’appelle sot et l’envoye promener. « Zitiert nach ebd., S. 58f. 439 Zum Ausgangspunkt der Handlung nahm Terzago die Zuneigung Mark Aurels zu seiner Gattin Faustina. Dazu führt er folgende Vorgeschichte aus: Kaiser Hadrian hatte Faustina einst zur Gattin des Lucius Verus bestimmt, des Adoptivbruders von Mark Aurel, während dieser Domizia, die Schwester von Lucius Verus, heiraten solle. Hadrians Nachfolger Antoninus Pius vermählte Mark Aurel jedoch mit Faustina, und Lucius Verus heiratete schließlich Lucilla, die Tochter Aurels und Faustinas. Darauf aufbauend konstruierte Terzago die obligatorischen Liebesintrigen mehrerer Paare: Seit Lucius Verus einst zu Faustinas Bräutigam bestimmt gewesen war, liebt er diese, weswegen er sich nicht zu Mark Aurels Tochter Lucilla hingezogen fühlen kann, die auf dem Land als Hirtenmädchen aufwuchs, um vor den Gefahren des Hofes geschützt zu sein. Lucius Verus’ Schwester Domizia wiederum war über die Hochzeit ihres einstigen Bräutigams Mark Aurel mit Faustina so verstört, dass sie aus Rom flüchtete, wodurch sie den römischen Patrizier Vettilius in Verzweiflung stürzte, der ihr leidenschaftlich verfallen war; sie lebt verkleidet als Hirte unter dem Namen Silvio. Den Konventionen der venezianischen Oper folgend, treten komische Figuren hinzu wie die des Dieners Delfo, der in einer der primär zur Vorführung der Bühnentechnik dienenden Szene versehentlich den Magier Merlin in Aktion versetzt. Aus den ungeklärten Liebesbeziehungen resultieren vielfältige Verwirrungen – unter anderem verliebt sich Faustina in ihre als Silvio auftretende Rivalin Domizia und erregt so die Eifersucht Mark Aurels –, die sich am Ende wieder aufklären. Ein allegorischer Epilog und ein Gladiatorenballett beschließen die Oper. 440 »Gott hat die fürsten auf die obriste Staffel der hochheit gesezt, und lasset sye zu allererst das guette und das böse Wetter erfahren. Gott hat die fürsten mit selbstaigener handt als Planeten
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Entscheidend war der Verweis auf Mark Aurel als ein Vorgänger Max Emanuels, nicht das Maß der Übereinstimmung von Opernhandlung und realer Historie, die in derartigen Stücken generell nur als »lockerer Anspielungsrahmen«441 fungierte. Innenpolitisch brachten Stoffe wie Marco Aurelio oder das Turnierspiel Giulio Cesare ricovrato (1680) den Wunsch zum Ausdruck, dass Bayern in Max Emanuel ein Herrscher mit den Tugenden dieser Heroen erwachsen werde. Inwieweit die Wahl gerade letzteren Herrschers erzieherischen Zwecken diente, wird daran deutlich, dass bereits in den Anweisungen, die Ferdinand Maria zur Erziehung seines Sohnes ausgegeben hatte, als zu lehrende Vorbilder eines Herrschers ebendieser Julius Cäsar besonders empfohlen wurde, neben Karl dem Großen, Alexander dem Großen sowie allen »Principe famosi, honorati dal Mondo col titolo di Grandi«. 442 Dass Begründer großer Reiche gleichermaßen als Erziehungsvorbilder wie als Opernfiguren in Erscheinung traten, brachte überdies zum Ausdruck, dass dies auch das politische Ziel des bayerischen Fürstenhauses sei.
Anreize Die politischen Ränkespiele, die häufig im Mittelpunkt von Opernhandlungen stehen, waren auch im engsten Berater- und Favoritenkreis eines Herrschers üblich – nicht anders als in der heutigen Politik. Man dürfe sich bei Hofe nicht täuschen, warnte Ludwig XIV. in den Mémoires pour l’instruction du Dauphin seinen Sohn, »dass wir es nicht mit Engeln zu tun haben, sondern mit Menschen, die, wenn man ihnen zu viel Macht überlässt, stets in Versuchung geraten, sich ihrer zu bedienen«. 443 Anders als auf der Bühne triumphierte in der an den Himmel der Ehren gesezet, an Ihren Influenzen oder Wirckungen hanget die beschaffenheit der ganzen anderen Welt, wan diese guett ist, so bringt sye gesundt und fröhlichkeit, und dass Leben in die ganze Welt; ist sye aber bös, so fillet sie alle Elemente mit Pest und Gifft an: das Volk ist wie das Meer, die fürsten aber sind wie der Windt, die dasselbige aufblasen, und widerum erniderigen wan es Ihnen gefällt: das Volck scheinet als sye es dem Visch Polybus genannt gleich, welcher seine gestalt und underschiedt der farbe dess Orths, an dem er sich befindet, ändert, die fürsten sind die felsen, an welchen sich das volck an einer langen Kötten der dankbarkeit anhänget, und dem seine farb geben nach Ihrem belieben: das Volck ist wie das Evey, welches an der Erde herumbkriechet und an den Päumen, die es ergreiffet, sich aufrichtet: Das Volck hat ein herz von Laimb und Wachs und die fürsten sind dieienigen welche demselben die formb und gestalt dareintrucken, welche ihnen gefällig ist.« Zitiert nach Straub 1969b, S. 207. 441 Rode-Breymann 2005, S. 26. 442 Zitiert nach Schmidt 1892, S. 194. 443 Ludwig XIV. 1931, S. 104.
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Wirklichkeit mitnichten stets die Tugend. Eine wichtige Aufgabe des Theaters war es, Auswüchsen wie Machtmissbrauch entgegenzuwirken, indem den Zuschauern eine ideale Welt vorgeführt wurde, die Wunschbilder des Zusammenlebens in Ordnung und Harmonie befriedigte. Die regelmäßig im Triumph der bestehenden Ordnung kulminierenden Stoffe sollten lehren, dass Intrigen und Verrat langfristig keinen Nutzen versprechen. Drammi per musica gaben Beispiele, wie man sich bei Hofe verhalten sollte, wobei sowohl der Herrscher über seine Pflichten instruiert wie auch den Untertanen ihre jeweilige Rolle im Staatsgefüge aufgezeigt werden sollte. Dies traf besonders auf Pietro Metastasios 444 Stücke zu, bei denen Vorgeschichte und Situationsschilderung den ersten, Verwicklung und Intrige den zweiten und Kulmination/Auflösung den dritten Akt ausmachen. Dabei werden »in der aktuellen Handlung […] eine oder mehrere Tugenden des Herrschers / der Herrscherin entsprechend den Vorgaben des Tugendkodex dargestellt. Demgemäß haben alle (Haupt-)Personen auf der Bühne von adeligem Geblüt zu sein und in den erniedrigtsten Situationen (Gefangenschaft, Sklaverei) königliches Handeln und Haltung zu zeigen.« 445 Diese Zielsetzung war freilich nicht auf die Oper am bayerischen Hof beschränkt; hier ist überdies evident, dass diese Tendenzen zudem durch das französische Sprechtheater vor allem von Pierre Corneille und Jean Racine angeregt wurden, das in München häufig gespielt wurde und das zahlreichen Libretti als Vorlage diente. Der bayerischen Staatsdoktrin des Mundus christiano bavaro politicus zufolge galt Gerechtigkeit als die höchste Zierde eines Fürsten, denn »unter allen tugenden und schennen qualitäten, wormit die fürsten sonderbar glanzen als stralen der glori, so ihre majestet umgeben, ist die Gerechtigkeit die vornehmste«. 446 In der Geschichte Bayerns hatten sich schon viele Regenten bewährt, »welche wegen ihrer Weisheit, Großmüthig: und Gerechtigkeit noch auf heutige Tag mit solchem Glanz schimmern, dass man nit zweifeln mög dieselben seyn tauglich für sich allein allen Regenten die Gesetz der wahren Regierungsarth vorzustöllen, und durch ihr herrliches Exempel vozutragen«. 447 Diese Herrscher haben »nach dem Titel des Gerechten gestrebt, und getrachtet, wohlwissend […] die Richtschnur aller Ihrer actiones und thatten war die liebe Gerechtigkeit, et christiana politica, so in der Wahrheit auch die herrlichste und erleichteste 444 Zur entsprechenden Wirkung des Metastasianischen Theaters siehe Sala di Felice 1983, besonders S. 120. 445 Hilscher 2000, S. 158. 446 Zitiert nach Burglechner 1920, S. 77. 447 Zitiert nach Straub 1969b, S. 197.
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oder durchleichtigste Vollkommenheiten eines fürsten sind«. 448 Das Thema des gerechten Herrschers zieht sich durch die ganze Librettistik des 17. und 18. Jahrhunderts – nicht nur am Münchner Hof. Als Inbegriff hierfür galt Alexander der Große, da er die Großmut gezeigt hatte, den besiegten indischen König Poro wieder in sein Amt einzusetzen. Historische Szenen aus seinem Leben schmückten die Bildausstattung des von Max Emanuel nach Regierungsantritt neu gestalteten Appartements, das aus diesem Grund den Beinamen »Alexanderzimmer« trug. Diese Konnotation macht Metastasios Alessandro nell’Indie deutlich, der 1735 in München in der Vertonung von Leonardo Vinci aufgeführt wurde. Das Vorwort der neben dem italienischen Libretto separat gedruckten deutschen Übersetzung betont, dass dieses »Schau-Spill« den »Haupt-Zweck« habe, »die Welt-bekannte Großmüthigkeit vorzustellen, welche Alexander der Grosse gegen Porum, einen König eines Theils deren Indien, hat gebühren lassen, da er ihme das Reich und die Freyheit öfters zugestellet, nachdem er öfters von ihme überwunden, und zum Gefangenen gemacht worden«. 449 Bei der Untersuchung der Münchner Libretti lassen sich weitere Motive erkennen, denen am Wittelsbacher Hof besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Ein immer wieder aufgegriffener Themenkreis berührt die damals verbreitete Anschauung, wonach hohes Geblüt die wesentliche Voraussetzung von Tugend sei. Einblicke in diese Gedankenwelt geben erneut die bereits zitierten Mémoires von Ludwig XIV. Danach sind nicht persönliche Begabung und Erfahrung maßgeblich für die Eignung zum Herrrscher; entscheidend sei, dass die tiefsten Einsichten nur demjenigen zugänglich sind, der durch legitime Geburt die höchste Herrschaftsstellung erreicht hat. Dagegen werde derjenige, der nicht in der »grandeur« geboren ist und dennoch dazu gelangt, zwischen Übermut und rastloser Niedergeschlagenheit schwanken. Wer zur Herrschaft dränge, sei also entweder ein selbstsüchtiger Tyrann oder ein Dummkopf, der sich über die Tragweite des angestrebten Amtes täusche. 450 Das Geblütsrecht wirkte noch bis ins die neuere Zeit nach, denn dass bei der Gründung neuer Königreiche im 19. Jahrhundert wie in Belgien, Bulgarien oder Rumänien nicht ein Mitglied einer von dort stammenden vornehmen Familie, sondern das eines ausländischen Fürstenhauses zum König bestimmt wurde, erklärt sich für Eberhard Straub nicht allein durch die Schwierigkeiten der möglichen Erhebung eines einheimischen Standesherrn über seine Standesgenossen; er deutet dies 448 Ebd. 449 Alexander in Indien 1735, S. 3. 450 Hinrichs 1986, S. 98.
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als Nachklang an Vorstellungen, dass eine Herrscherfamilie von königlichem Geblüt abstammen müsse. 451 Auch die Häufigkeit dieses Themenkreises auf der Münchner Bühne scheint mit den politischen Ambitionen des bayerischen Herrscherhauses in Beziehung zu stehen. Aus diesem Blickwinkel erfüllen die Opern die Funktion aufzuzeigen, was einem alten und ehrwürdigen Geschlecht – wie es die Wittelsbacher fraglos waren – zustehe. Mehrere Münchner Drammi per musica folgen einem gleichbleibenden Muster, das auf den oben skizzierten Vorstellungen des Geblütsrechts fußt: In der Vorgeschichte wurde der Herrscher von einem Widersacher ermordet, der anschließend eine Gewaltherrschaft begründete. Anschließend kommt es zu einer Vertauschung von Neugeborenen, weswegen der Sohn des rechtmäßigen Herrschers incognito von einer anderen Person aufgezogen wird. Dieser Prinz triumphiert am Ende der Oper wegen seiner Tugendhaftigkeit, die darauf beruht, dass in seinen Adern tatsächlich königliches Blut fließt. In der Festoper Eraclio (1690) wird dies folgendermaßen umgesetzt: Nach dem Aufstand gegen den Herrscher Maurizio gibt Foca dessen Sohn Heraclio an Leontina, die ihn töten soll. Sie führt den Befehl jedoch nicht aus, sondern gibt das Kind als ihren eigenen Sohn Leonzio aus, der kurz zuvor verstorben war. Als später bekannt wird, dass Leonzio in Wirklichkeit Heraclio ist, vertauscht sie ihn mit Marziano, dem Sohn des Tyrannen Foca. Nach vielen Verwicklungen klärt sich alles auf; Heraclio wird zum Herrscher erhoben, heiratet Leontinas Tochter Eudossa und gibt Marziano seine Schwester Pulcheria zur Frau.
Diesem Muster folgte auch die Festoper I veri amici (1722), wobei der Impuls zur Stoff wahl nachweislich von der Kurfürstenfamilie ausging, da Kurfürstin Therese Kunigunde eine auf dem Libretto von Francesco Silvani und Domenico Lalli beruhende Oper im Jahre 1713 in Venedig gesehen und das Textbuch nach München mitgebracht hatte. 452 Die Handlung folgt der von Eraclio mit nur geringen Variationen: Nach der Ermordung von König Aprio schwang sich der Vasall Amasi zum Tyrannen auf. Um seine Herrschaft zu sichern, erteilte er Befehl, das neugeborene Kind Aprios zu töten. Dieser wird jedoch mit seinem eigenen Sohn vertauscht. Der eigentliche Thronfolger Evergete wächst also als vermeintliches Kind des Tyrannen Amasi auf, während dessen Sohn Lagide für das Kind einer Amme gehalten wird. Wenn man sich »über die Tugend und Vollkommenheit« des vermeintliche Tyrannensohns wundert – der in Wirklichkeit ja der Sohn des ermordeten Königs ist –, die ihn vom unrechtmäßigen 451 Straub 1969b, S. 199. 452 Zu den Musikalien der Kurfürstin Therese Kunigunde siehe Over, im Druck.
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Herrscher Amasi »so entscheidet / dass er sein Vatter zu seyn nit scheinet«, 453 dann wird auf die aus hoher Abstammung resultierende Eignung zu Herrschaft verwiesen. Nach vielen Verwicklungen kann Evergete am Ende der Oper endlich den Thron besteigen und sich, wie es einem Herrscher geziemt, großmütig erweisen: Er vergibt Amasi, überhäuft seinen Freund Lagide mit Ehren und macht ihn zum zweitmächtigsten Mann im Staate. Eine ähnliche Konstellation findet sich weiterhin in Il Lamano (1725), dessen Textbuch ebenfalls von Lalli stammte und in der Vertonung von Michelangelo Gasparrini erstmals im Karneval 1719 im venezianischen Teatro San Giovanni Grisostomo mit identischer Besetzung der Hauptpartien gespielt worden war (wie in München hatte dort Bartolomeo Bartolo die Titelpartie und Agostino Galli den Setino verkörpert). Auch in dieser Oper gibt sich der rechtmäßige Thronerbe durch seine außerordentliche Tugendhaftigkeit zu erkennen. 454 Vor dem Hintergrund des Geblütsrechts erscheint der Stoff der Dramma per musica Gordio umso bemerkenswerter. Dieses Libretto, das Perozzo di Perozzi eigens für München geschrieben hatte, kam 1727 – also kurz nach dem Regierungsantritt Karl Albrechts – zur Aufführung. In dieser Oper erfährt der Herrschaftsdiskurs eine überraschende und noch zu entschlüsselnde Wendung, denn ein Bauer besteigt den Thron: Als einsmahls das Volck in Phrygien / nach Absterben ihres damaligen Königs / wegen der Nachfolge zur Cron in Aufruhr verfallen war / und dieserwegen das Oraculum befraget wurde / hat dasselbe zur Antwort gegeben / dass derjenige solte König seyn / der am nechst-folgenden Morgen mit einem Bund Sayler im Tempel deß Jupiters erscheinen wurde. Da sie nun hingiengen / und einen / Namens Gordius, mit einem Packen Sailer in der Hand antrafen / indem er mit Ochsen zu ackern pflegte / haben sie denselben nach Hof geführet / und ihn zum König gecrönet.455
453 I veri amici 1722, S. 26. 454 Als der lydische König Otero Syrien eroberte, vertauschte Minister Astano den Sohn des getöteten Königs, Lamano, mit seinem eigenen Sohn Setino, um den Thronfolger zu schützen. Später verliebt sich Otero in Altile, die ältere Schwester Lamanos, und will diesem das Königreich Syrien zurückgeben und mit seiner Schwester Tamira verheiraten; diese aber liebt den wahren Lamano und nicht Setino, der für diesen gehalten wird. Altile will die Vertauschung aufdecken, um ihrem Bruder die Hochzeit mit Tamira zu ermöglichen; dies verhindert Astano, der den Thron für seinen Sohn Setino will. Als Altile Astano erstechen will, wird sie von Lamano daran gehindert, der durch sein tugendhaftes Verhalten Otero derartig beeindruckt, dass er ihm den Thron und die Hand Tamiras gibt. Astano deckt alles auf, großmütig verzeiht ihm Lamano. 455 Gordio 1727.
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Die Wahl Gordios zum König erregt den Neid des hochmütigen Prinzen Orsena, der gleichfalls auf den Thron spekuliert hatte. Gordio fühlt sich der Aufgabe nicht gewachsen, stimmt der Wahl der Götter aber schließlich zu. Auch seine Frau Mirane hält sich als Schäferin nicht für hoffähig und bekundet, an seiner Seite nicht herrschen zu können. Orsena verübt einen Anschlag auf Gordio, der jedoch unverletzt bleibt. Der Edelmann Sibari möchte seine Tochter Gemira mit Gordio vermählen, die sich aber nur unwillig dem Entschluss fügt, da sie den Bauern ihrer nicht für würdig erachtet, sondern Orsena liebt. Schließlich lösen sich die Verwicklungen: Mirane besteigt nun doch mit Gordio den Thron, Orsena gibt seine Prätention auf die Krone auf und heiratet Gemira. Alle stimmen in den Jubel ein. »Der Himmel allein theilet die Cronen auß / der Gott der Liebe füget die Herzen zusammen. / Wer der Billichkeit nachlebt / kan Zufriedenheit der Seelen gewärtig seyn.« 456 Tugend beinhaltete das Gebot, alle Neigungen unter die Gewalt seiner Vernunft zu bringen. Dies hieß insbesondere, dem Gebot der Herrschaft über sich selbst nachzukommen – und gerade in den metastasianischen Libretti entsteht der Konflikt in der Regel aus dem Widerstreit von Pflicht und Neigung. Dies galt auch in der Realität: Könige seien oft gezwungen, »etwas zu tun, was ihrer Neigung widerspricht und ihr gutes Gemüt verletzt«, betont Ludwig XIV. in Betrachtungen über den Herrscherberuf. Zwar wollen Herrscher gerne Freude bereiten, »aber doch müssen sie häufig strafen und Menschen ins Verderben bringen, denen sie, wenn sie nur ihrer Natur folgen würden, gerne Gutes tun möchten«. 457 Das Staatsinteresse müsse stets oberste Priorität habe, und man müsse »seine Neigung bezwingen und so handeln, dass man sich bei wichtigen Dingen niemals vorzuwerfen hat, man hätte besser handeln können, wenn einen nicht gewisse Privatinteressen gehindert und den Blick abgelenkt hätten, den man stets auf die Größe, das Wohl und die Macht des Staates richten muss«. 458 Dem konnte, zumindest auf dem Papier, auch der bayerische Herrscher beipflichten. In einem Brief aus Brüssel ermahnte Max Emanuel 1697 seinen Sohn Joseph Ferdinand: »Ermane dich absonderlich, den zorn […] zu meistern unnd dich zu überwündten.« 459 Ein typischer Held des Dramma per musica ist der sich selbst besiegende Fürst, der seine Leidenschaften bezwingt. 460 Auch dies ist als Ausdruck der an Herrscher gerichteten Erwartungen zu werten. Auf die 456 457 458 459 460
Ebd., S. 30. Ludwig XIV. 1931, S. 295f. Ebd. Zitiert nach Schmidt 1892, S. 305f. Reimer 1991, S. 108.
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Tugend der Selbstüberwindung verweist bereits der Titel des im Karneval 1738 in München mit Musik von Bernardo Aliprandi aufgeführten Mitridate, re di Ponto, vincitor di sè stesso. Der Text stammte von Benedetto Pasqualingo und war 1723 mit Musik des Abbate Gianmaria Capello erstmals im Teatro San Giovanni Grisostomo in Venedig aufgeführt worden. Im Mittelpunkt steht ein geschichtlicher Held, Mitridates VI. (132–163 v. Chr.), König von Pontus, dessen Reich große Küstengebiete an der südlichen Schwarzmeerküste umfasste. Dem Libretto zufolge war er »der Römer schärffister Feind«, der »wegen vieler Tugenden, und vieler Laster; wegen seiner Tapfferkeit im Krieg, und wegen vieler Niederlagen seiner Eigenen« 461 in die Geschichte eingegangen war. Die Handlung zeigt die Wandlung eines Despoten zum gerechten Herrscher. 462 Der Beruf des Herrschers sei »groß, edel und erquickend, wenn man sich würdig fühlt, alle Aufgaben, zu denen er verpflichtet, wohl zu erfüllen«, notierte Ludwig XIV., »aber er ist nicht frei von Kummer, Mühen und Unruhe«. 463 In München wurde in mehreren Opern die Frage aufgeworfen, wie sich ein Fürst in einem derartigen Zwiespalt zu verhalten habe. Dies geschah unter anderem mit dem von Matteo Noris stammenden Textbuch Tito Manlio, das mit Musik von Carlo Francesco Pollarolo erstmals 1696 in Venedig gespielt worden war. In München gelangte das Libretto 1724 auf die Hofbühne, nachdem der Stoff bereits im September 1717 bei den Jesuiten zu sehen gewesen war. Es handelt vom römischen Patrizier und Konsul Titus Manlius, der in seinem dritten Konsulat die Latiner bezwang. Nach dem Sieg ließ Titus Manlius seinen gleichnamigen Sohn hinrichten, da dieser einen väterlichen Befehl übergangen hatte. Für die Oper ist dieser grausame Schluss allerdings zu einer Begnadigung abge461 Mitridate, König in Ponto 1738, S. 3. 462 Aus zwei Ehen hatte Mitridate die Söhne Farnace und Sifare, denen er während seiner Feldzüge das Land anvertraute, »dem ersten das Königreich Ponto und dem anderen das Königreich Colco welchen beeden die Römische Waffen droheten«, mit dem Befehl, diese in keinem Falle zu verlassen. Als der König nach seiner Niederlage gegen die Römer für tot gehalten wird, machen sich beide gleichermaßen in Mitridates Verlobte Ismene verliebten Söhne auf den Weg. Mitridate erfährt, dass Farnace nicht nur um seine Braut wirbt, sondern auch mit den Römern paktiert. Er lässt seinen Sohn festnehmen, der jedoch entkommt und mit den römischen Truppen gegen seinen Vater vorrückt. Mit den Truppen des Königs schlägt Sifare seinen Bruder. Vom sterbenden Mitridate, der sich in sein Schwert gestürzt hat, um nicht den Römern in die Hände zu fallen, bekommt er zur Belohnung Ismenes Hand und das Königreich. Neben dem Tyrannen, der sich im Angesicht des Todes selbst überwindet, ist die positive Figur der selbst im Unglück dem Vater ergebene Sifare, der sogar bereit ist, seiner Liebe zu Ismene zu entsagen. Im Widerstreit von Treue und Verrat, Pflicht und Neigung zeigt er sich stets vorbildlich und verweist auf Ideale von Aufrichtigkeit und Tapferkeit. 463 Ludwig XIV. 1931, S. 296f.
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mildert, da »der Author die Opera nit traurig« 464 enden lassen wollte. Titus Manlius hatte seinem Sohn befohlen, das Lager der Latiner auszuspionieren, die den Römern Krieg angekündigt hatten. Dabei hatte er ihm aber aufgetragen, sich keinesfalls in eine direkte Auseinandersetzung verwickeln zu lassen. Manlio jedoch, »weilen er von Geminio Mezio dem Feld-Herren der Lateiner zum Duell mit hochmütigen Worten geforderet wurde / auch solchen ohne Schimpff nit enfliehen konte / laßt sich in selben ein / erleget Geminio, und hinterbringet seinem Vatter mit Freuden den erhaltenen Sieg«. Dass der Sieg im Sinne Roms war, spielte keine Rolle – »wegen Uberschreitung deß Gesatz unnd Vätterlichen Befehl« und um »die Authorität des Römischen Raths und Disziplin unter denen Soldaten zu erhalten«, verurteilte Titus Manlius seinen Sohn »nit als Vatter sondern als Römischer Burgermeister zum Todt«. 465 Dieses aus Sicht der Staatsräson notwendige Handeln des Vaters wird in der Oper von einem nicht weniger beispielhaften Verhalten des Sohnes begleitet. Eine wahrhaft höfische Gesinnung legt dieser an den Tag, wenn er sich nach Übermittlung des Todesurteils »standhafftig dem Todt ergibet«, nicht ohne den Vater bitten zu lassen, »ihme zu erlauben / weilen er als Ungehorsamer Sohn nit würdig seine Händ zu küsen / wenigstens seinen Füssen den letzten Kuß zu geben«. 466 Ein Vergleich von Münchner Fassung und Vorlage zeigt, dass zwar das »Argomento«, die meisten Schauplätze mit Ausnahme der ersten Szene sowie ein Teil der Rezitative und Arien beibehalten wurden. Dennoch kam es zu weitreichenden Änderungen, denn Szenen wurden hinzugefügt beziehungsweise gestrichen sowie inhaltliche Verschiebungen vorgenommen. Bei der Bearbeitung wurde unter anderem das Verhältnis Vater–Sohn neu akzentuiert: In der in der Republik Venedig aufgeführten Fassung beklagt Titus Manlius den Verrat seines Sohnes am Staat, in München den Verrat am Vater. Dass ein Herrscher entgegen seinen privaten Neigungem dem Wohl des Staates oberste Priorität einzuräumen habe, verdeutlichen exemplarisch auch die von Pietro Torri vertonten Libretti zu Venceslao 467 (Apostolo Zeno, 1725) und 464 465 466 467
Tito Manlio 1724, Vorwort. Ebd., F. A1v-A2r. Ebd., F. Bv. General Ernando kehrt siegreich aus dem Krieg zurück. Casimiro, der Sohn König Vencelaos, versucht ihn zu verleumden, wird aber vom Vater in die Schranken gewiesen: »Se vuoi dar leggi al mondo / Serba le leggi in te. / Non sono gl’ostri o’l trono / Ma’l retto esempio e’l giusto / Ciò che temuto e augusto / Rende à vasalli un Rè.« Casimiro kommt mit blutigen Schwert zu seinem Vater; er hat jedoch versehentlich nicht den Rivalen Ernando, sondern seinen Bruder Alessandro erstochen. Venceslao ringt zwischen Pflichten des Königs und der Vaterliebe: Muss er seinen Sohn der gerechten Todesstrafe zuführen? Alle verzeihen Casi-
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Nicomede 468 (Domenico Lalli, 1728). Wie Titus Manlius müssen auch die Fürsten Venceslao und Prussia ihre Söhne zum Tod verurteilen. Diese Thematik war nicht auf die Münchner Hofoper beschränkt, sondern fand sich auch im dortigen Jesuitentheater: 1690 griff Franciscus Lang in Erkembaldus ein Gleichnis des Dominikaners Angelus Pacuchelli auf, in dem die Titelfigur seinen Sohn zum Tode verurteilt, da dieser einem jungen Mädchen Gewalt antuen wollte; als die Untergebenen den Befehl nicht ausführen wollen, ersticht König Erkembaldus selbst den Sohn. 469 Neben den skizzierten Herrschaftsdiskursen greifen die Münchner Opern auch allgemeine Fragen der höfischen Lebenspraxis auf wie die der Freundschaft. Aus Venedig stammte das Libretto zu L’amor d’amico vince ogni altro amore (1721), das auf Pirro e Demetrio (1690) von Adriano Morselli beruhte und das in München mit Musik von Torri zur Aufführung gelangte. Die zeitgenössische Inhaltsangabe betont die Großmütigkeit der beiden Freunde: Pirro König in Epiro, und Demetrio König in Macedonia, vereinigten sich nach einem hartnäckigen und langwürigen Krieg. Demetrio trug grosses Verlangen Climene Lisimacos Tochter / die er inniglich liebte / vor seine Ehegemahlin zu erwerben / da er sich aber von Lisimaco als einem seiner geschwornisten Feinden keiner anderen als einer abschlägigen Antwort zu gertrösten hätte / beredete er den König Pirro ihme zu liebe bey Lisimaco umb Climene (als ob er sie zu seiner Ehegemahlin verlangte) verstelter Weis anzuhalten / und selbe gleichwohlen ihme Demetrio hernach zu überlassen / dises alles geschickt / und ob schon Pirro gegen Climene nit geringe Liebs-Flammen / wolte er gleichwohlen selbe dem Demetrio seinem Freund getreulich zustellen; hingegen Demetrio vermerckend / dass Pirro selbst in Climene verliebt / will keineswegs gestatten / dass er sich derselben beraube; Mit gleicher Großmüthigkeit begegnete jener dem Demetrio, biß endlich diser die von ihrem miro, aber Venceslao lässt sich nicht umstimmen. Erst als das Volk und der Senat Casimiro befreien, kann er vom König wieder zum Vater werden, seinem auf den rechten Weg zurückgekehrten Sohn verzeihen und ihn zum König krönen. 468 Prussia, König vom Bithynien, hat zwei Söhne: Nicomede aus erster Ehe, Attalo aus der Verbindung mit seiner zweiten Gattin Arsinoe. Diese will den Thron für ihren Sohn und unternimmt alles, um dem Erstgeborenen den ihm zustehenden Platz streitig zu machen. Am Hofe Prussias trifft die armenische Königin Laodice ein, die den Thronfolger heiraten soll; auch dies will Arsinoe verhindern, da ihr Sohn Attalo Laodice liebt. Nicomede bewährt sich im Krieg und bekommt vom Vater die Order, erst auf ausdrücklichen Befehl in die Heimat zurückzukehren, diesen missachtet er jedoch, als er von den Intrigen erfährt. Unter dem Einfluss der Intrigen Arsinoes verurteilt Prussia seinen Sohn zum Tode. Als das Volk sich wegen des Unrechts erhebt, wird Nicomede befreit. Großmütig stellt sich Nicomede vor Prussia; dieser sei der König, den es zu achten gelte. Erneut unterwirft sich Nicomede dem Urteil seines Vaters, der anfangs noch zweifelt, bis schließlich alles aufgeklärt wird. Prussia ernennt Nicomede zu seinem Nachfolger. 469 Kindig 1965, S. 60.
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leiblichen Bruder dem Pirro wegen einer gegen ihme angesponsenen Verrätherey zu dem Todt verdambte Deidamia zu errethen / vor seine Ehegemahlin erkisen / und also durch seine Heldenmüthigste That dem Pirro überlassen.470
Wahre Freunde gehen füreinander in den Tod, lautet auch die Kernaussage von Lallis Libretto Damiro e Pitia (1724, Musik: Nicola Porpora). Damiro und Pitia sind enge Vertraute. Als Pitia zu Unrecht zum Tode verurteilt wird, bietet sich Damiro für den Freund als Geisel an, damit dieser vor seiner Hinrichtung nochmals in der Heimat den Vater besuchen kann. Die sechsmonatige Frist verstreicht, ohne dass Pitia zurückkehrt, aber Damiro ist gerne bereit, sein Leben für den Freund zu geben: »Un grand’atto distingue / Dal plebeo l’Uom ch’è forte.« 471 Inkognito kehrt Pitia, der seinen Freund bereits tot wähnt, nach Syrakus zurück. Damiro erkennt ihn, will sich jedoch weiterhin opfern. Pitia entdeckt sich nun König Dionisio und wird gefangengesetzt. Von der Freundschaft der beiden ergriffen, begnadigt der König sie und gibt ihnen seine Töchter als Gattinnen. Bereits mit dem Titel verweist schließlich auch die bereits erwähnte Festoper I veri amici auf das Thema Freundschaft. Die Inhaltsangabe im Festbericht hebt ganz darauf ab und verzichtet dafür auf alle Nebenhandlungen und sogar sämtliche Namen der Protagonisten: Es waren zwey Printzen / denen weder ihr rechter Name / noch welchen das Recht zu Herrschaft am meisten zukomme / bekand war. Weil sie nun einander alle beyde mit einer wahren und aufrichtigen Freundschaft zugethan waren / so wolte einer vor dem andern das Leben / und ihm also auch die Herrschaft überlassen. Der Königin war das Geheimniß allein bekand / doch unterstande sie sich nicht / solches zu offenbahren / aus Furcht vor dem Tyrannen / welcher den König / ihren Gemahl / hatte hinrichten lassen / und also besorgte / es möchte auch ihrem Sohn / als dem rechtmäßigen Cron-Erben das Leben kosten. Nachdem sie aber sahe / dass das Volck wider den Tyrannen sich auflehnte / so entdeckte sie / welcher von obbemelden beyden Printzen ihr Sohn sey / dem man auch sofort die ihm gebührende Huldigungs-Pflicht leistete. Dieser neue König pardonirte den Tyrannen / überhäufte den Printzen / seinen Freund / mit vielen Wohlthaten / und machte ihn zum nächsten nach sich selbst und mächtigsten im gantzen Königreiche. 472
Der Kontext dieser Oper macht deutlich, dass mit Freundschaft mehr als nur zwischenmenschliche Beziehungen gemeint sein konnten. Das durch die Hochzeit des bayerischen Kurprinzen Karl Albrecht mit Maria Amalia von Habs470 L’amor d’amico vince ogni altro amore 1721, f. A1v. 471 Damiro e Pitia 1724, S. 3. 472 Festbericht 1722, f. H.r.
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burg angestrebte, durch zahlreichen Festaktivitäten unterstrichene Ziel war es, die nach dem Spanischen Erbfolgekrieg zerrüttete Verbindung von Bayern und Österreich wieder zu festigen und eine neue »Freundschaft« zwischen beiden Staaten herzustellen.
Warnungen Musikgeschichtlich ungewöhnlicher als die genannten Beispiele sind die Münchner Opern, die abschreckende Verhaltensweisen in den Vordergrund stellen. Auch das weltliche Musiktheater führte »die Laster unartiger Leute« vor – wenn auch seltener als das Jesuitentheater –, um »sie gleichsam mit solch heßlichen Farben« zu zeichnen, »dass sich andere daran spiegeln, und vor dergleichen hüten lernten«. 473 Die 1687 mit Musik von Agostino Steffani aufgeführte Niobe ist hierfür ein Beispiel von seltener Eindringlichkeit. Der Stoff, der die Schilderung der Niobidentragödie in Ovids Metamorphosen aufgreift, war für die höfische Bühne insofern ungewöhnlich, als er schwerlich zur Verherrlichung eines Fürsten taugte. Hauptpersonen der Oper sind das über Theben herrschende Königspaar Amphione und Niobe, die »beyde / durch allgemeinen Ruff des gantzen Griechenlands / für die ruhmbarsten gehalten« wurden. Amphione, »weilen er von Jupiter dem mächtigsten König in Creta herstammte; jene aber / weilen sie eine Dochter deß berühmtesten Phrygischen Königs Tantalus« 474 war, sodass beide wie Götter angesehen wurden. Hochmut kommt vor dem Fall, und so »erstolzte […] Niobe ob so unmässigen Ehren so sehr / dass sie keinen Scheuh truge die Götter selbst zuverunehren / der Latona / einer von den Thebanern angebeteten Göttin gewöhnliche Opffer-dienst einzustellen«. Die Königin beschimpfte die Priester, wofür sie von den Göttern »mit dem urplötzlichen Todt aller ihrer Kinder« bestraft wurde, »worüber sich Amphione / auß Verzweifflung / ermordete / und Niobe auß Schmertzen und Bedrangnuß das Leben aufgabe«. 475 Der Bezug zum höfischen Leben am Münchner Hof stellt sich hier weit komplizierter dar als bei Helden wie einem Julius Cäsar. Trotz einiger offenkundig beabsichtigter Parallelen von Bühnenhandlung und Realität können die Opernfiguren nicht ohne weiteres mit dem bayerischen Fürstenpaar einfach 473 Rohr 1733, S. 813f. 474 Niobe [deutsche Übersetzung] 1687, ohne Paginierung. 475 Ebd.
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gleichgesetzt werden. Bei einer differenzierteren Betrachtung bleibt zudem festzuhalten, dass das exemplarische Scheitern eines Fürsten nicht die Ordnung in Frage stellte, sondern aufzeigen sollte, dass selbst Herrscher vor Fehlern nicht gefeit sind; umso mehr mussten sich aus diesem Blickwinkel die Untertanen in acht nehmen, die die Natur in weit geringerem Maße mit Vollkommenheit bedacht hatte. Dramaturgisch lässt sich die Stoff wahl damit begründen, dass nur mit einem regierenden Fürsten als Hauptfigur die für die didaktische Wirkung notwendige dramatische Fallhöhe erreicht werden konnte. Nach den bis ins 19. Jahrhundert nachwirkenden Vorstellungen der sogenannten »Ständeklausel« fehlte es dem Leben der niederen Schichten generell an Größe und Bedeutung – sie konnten von Natur aus überhaupt nicht in dem Maße tragisch scheitern wie ein griechisches Herrscherpaar. Niobe hat in der Allegorese stets als Bild für Hochmut und Vermessenheit gedient. Nach Benjamin Hederichs mythologischem Lexikon bedeute der Stoff, »dass Hochmuth endlich alle stürze, und keiner, er sey sonst auch so gut, als er wolle, ungestraft bleibe, wenn er GOtt und dessen Dienst geringe zu achten anfange«. 476 Das Libretto von Luigi Orlandi folgt dieser Deutung: Wann die Unterdruckung deß Lasters denen beewigten Augen der Götter das angenehmste Schauspiehl ist / so könte ja meine gehorsambste Dienstfertigkeit denen genädigisten Augen Eurer Churfürstl. Durchl. zu einer beliebten Vorstellung / nichts anständigeres darzeichen / als die Vertilgung eines Lasters / und zwar eines solches Lasters / welches jener Tugend / so von dero großmütigsten Seelen höchstwerth gehalten wird / schnurstracks zuwider ist. Zu diesem Ende sehen nun Eure Churfürstliche Durchleuchten / auf der berühmten Thebanischen Burg / das ungeheure Thier der Hoffart auff die Schaubühne treten / und der Götter erschröcklichen Händen blitzende Donnerkeule abzwingen / damit solche in Eurem Königliche Palast / allwo die himmlische Tugend der Demut mit edelmütigen Herzen verehret wird / zu helleuchtenden Facken dienen solten. Dieser herzlichen Tugend / dieser deß eytlen Ubermuts gewaltigen Bezwingerin / so auff dero Churfürstlichen Throne mehr als Sonnen-hell schimmert / muß die Hoffart von selbsten prächtiger Siegzeichen auffrichten / und zwar in der merckwürdigen Glücks-abwechslung einer unsternhaften Königlichen Mutter / von welcher deß Ruhm-Gerichts weit-erschallende Trompeten verkündet: Der Niobe Glück wär g’wesen höchst vollkommen / Wann sie sich nicht so sehr hätt dessen übernommen.477
Gerade bei Fürsten sei die Gefahr groß, hochmütig zu werden, warnte Ludwig XIV. seinen Sohn. Wenngleich die Stellung eines Königs zu Recht stolz mache, seien Bescheidenheit und Demut lobenswerte Tugenden, über die Fürs476 Hederich 1724, Sp. 209. 477 Niobe [dt.] 1687, ohne Paginierung. Hervorhebung von Orlandi.
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ten verfügen müssen, »denn schließlich können diejenigen, die weder durch Glück noch durch Verdienst auf einen hohen Rang gestellt sind, niemals wirklich bescheiden und demütig sein, mögen sie sich selbst auch noch so klein und bescheiden denken. Diese Eigenschaften setzen notwendigerweise bei dem, der sie besitzt, voraus, dass er aus seiner Größe und hohen Stellung heraus an sich dem Gefühl der Eitelkeit verfallen könnte«. 478 Niobe ist aber nicht nur hochmütig, sondern sie verleugnet auch die Götter. Im Mundus christiano bavaro politicus wird auf die Gefahr eingegangen, dass ein Herrscher den Allmächtigen nicht gebührend achte. Fürsten sollten immer bedenken, dass »sye zwar Götter auf der Welt, aber nit unsterblich seyen«. 479 Fürsten müssten außerdem als gutes Beispiel vorangehen, denn ein »frommer guetter fürst zaiget seinen unterthanen mit seinem exempel wie sye recht tuen sollen«. 480 Für Friedrich Carl von Moser sollte »in dem Herzen und Gewissen aller Regenten eingeschrieben und in immerwährend tiefem Angedencken seyn, dass dieselbe als das Haupt ihres Hauses mit unsträflichem Wandel ihren ganzen Hof-Gesinde voran gehen, da sie GOtt dem Allerhöchsten nicht nur vor ihr privat Leben an sich, sondern auch zugleich vor die aus ihrem Beyspiel entstehende Folgen dereinstige schwere Rechenschafft geben müssen«; da ihnen »vil anvertraut ist«, wird auch viel von ihnen gefordert. 481 Ob die Handlung von Niobe auf konkrete Begebenheiten des Münchner Hoflebens Bezug nimmt, ist bisher nicht bekannt. Wenn im Libretto der »Asiatische Hochmuth« erwähnt wird, über den der »sieg-reiche Waffenblitz dero Weltgeprisenen Kriegsmacht« 482 triumphiere, scheint ein Bezug zu den Türken beabsichtigt, mit denen die europäischen Mächte sich im Krieg befanden. Die im Zusammenhang mit der Person der Niobe betonte »Schwachheit ihres Geschlechts« macht überdies deutlich, dass die grundsätzliche Rolle von Fürstinnen berührt wird. Besondere Aktualität bekam die grundsätzliche Frage nach der Regierungsfähigkeit von Frauen wenige Jahrzehnte später durch die 1713 von den Habsburgern aus der Notlage des Fehlens männlicher Erben verabschiedeten sogenannten »Pragmatischen Sanktion«, die besagte, dass die Töchter Karls VI. die Thronfolge antreten dürften. 483 Eine unmissverständliche 478 479 480 481 482 483
Ludwig XIV. 1931, S. 96f. Zitiert nach Straub 1969b, S. 217. Ebd., S. 207. Moser 1754/55, Bd. I, S. 53. Niobe [dt.] 1687, ohne Paginierung. Kaiser Joseph I. hatte zwei Töchter hinterlassen, sein Bruder und Nachfolger Karl VI. konnte mit der 1717 geborenen Maria Theresia und der 1718 zur Welt gekommenen Maria Anna ebenfalls Töchter. Das Reichsrecht sah jedoch nur die männliche Thronfolge vor. Unter
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Botschaft von Niobe ist das Aufzeigen der schrecklichen Folgen, die es nach sich zieht, wenn einer Frau die Regierungsgewalt überlassen wird. Und wenngleich im Vorwort ausdrücklich die Demut des Kurfürstenpaars gewürdigt wird, erscheint es denkbar, dass der didaktische Auftrag sich auf die stolze Kurfürstin Maria Antonia bezogen haben mag. Die noch junge Ehe des Kurfürstenpaars war selbst nach den Maßstäben einer arrangierten Fürstenhochzeit ausgesprochen unglücklich, wobei Maria Antonia weniger die Eifersucht wegen Max Emanuels zahlloser Affären geplagt zu haben scheint, als dass sie sich empfindlich verletzt fühlte, weil er allzu oft die ihrem Rang und ihrer Stellung in der Welt gebührende Achtung vermissen ließ. 484 Gestützt wird eine derartige Interpretation durch Parallelen der Figur des Amphione zu Max Emanuel. Die Figur des Amphione lässt sich gleichermaßen als Allegorie der Kunst wie der Staatskunst deuten. Dem Vorwort zufolge sei »Amphione / neben seiner fürtrefflichen Lieblichkeit in der Singkunst / so wohl durch angeborenen hohen Verstandt / als erworbene Klugheit zuherrschen / so weit gelanget / dass er den erwildeten Pöbel zu heylsamer Leutseligkeit ond burgerlicher Vereinigung gebracht / und hierdurch den Titel einer Gottheit eroberet«. 485 Die Verbindung von künstlerischer und politischer Befähigung wird besonders in der Szene der Oper deutlich, in der die »Thebanische Gegend erschallet von Thessalischen Trompeten-Klang / und eine unvorhergesehene Menge bewaffneter Kriegsschaaren überströmet allbereit die Beotischen Felder«. 486 Amphione rettet die Stadt durch die Schönheit der Musik: »Immittels er […] singet / sieht man / dass sich nach und nach eine Mauer umb Thebe erhebet.« 487 Vor den Augen der verblüfften Thebaner entstehen hohe Mauern, die die Feinde abhalten. Eine Deutung der Rolle der Musik in dieser Sage bietet Magnus Daniel Omeis’ Lexikon, wonach Harmonie in der Musik für Harmonie im Staate stehe. Amphione habe durch seine Music und Wolredenheit / welche beede Qualitäten durch die von Mercurius empfangene Cither oder Laute bemerket werden / rauhe und wilde Leute / so weiland zerstreuet und weit voneinander gewohnet / zu einer Politischen Ge-
484 485 486 487
Übergehung der Töchter Josephs I. – die jüngere heiratete Karl Albrecht 1722 – legte Karl VI. mit der »Pragmatischen Sanktion« die weibliche Erbfolge und das Vorrecht seiner Töchter fest. In den folgenden Jahren konnte Karl VI. diese Regelung weitgehend durchsetzen; 1732 wurde sie auf dem Reichstag in Regensburg gegen die Voten von Bayern, der Pfalz und von Sachsen bestätigt. Vgl. Straub 1994, S. 132. Niobe [dt.] 1687, ohne Paginierung. Ebd., S. 23. Ebd., S. 33.
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meinschaft versammlet / sie bezähmet / im Häuser-bauen unterrichtet / und die Städte mit Mauern umzuzingeln gelehrt habe. Wie dann noch heute zu Tage so wol der Music als Wolredenheit große Nutzen und Würckungen zugeschrieben werden: auch einem Regenten löblich und vorträglich ist / wann er mit seiner beredten Lieblich- und Annehmlichkeit die Gemüths-Regungen seiner Unterthanen bezähmen / beherrschen / und die allerstärkeste Stadt-Mauern (welches gehorsame und einträchtige Bürger sind) zusammen bringen und erbauen kan. 488
Der Mythos macht nach Ansicht Hederichs deutlich, »wie kräftig die Musique« sei, die sogar die Sterne bewegen könne. »Wenn aber solches insbesonderheit durch die Cithar geschehen seyn soll, diese aber ein Bild der Einträchtigkeit ist, will man daher noch beweisen, dass nichts eine festere Mauer um eine Stadt und dergleichen bauen könne, als die Eintracht und gute Harmonie der Bewohner.« 489 Für Gerhard Croll bezieht sich der thebanische Herrscher auf Kurfürst Max Emanuel, der im Winter 1687/88 zwischen Ausgelassenheit angesichts seiner großen militärischen Erfolge und Verärgerung über den nicht erhaltenen Oberbefehl über die kaiserlichen Truppen schwankte. Wie Amphione flüchtete Max Emanuel vor der Tagespolitik in die Musik, 490 in das »Reggia della Armonia«, wie eine zentrale Szene der Oper betitelt ist. Die kompositorische Sorgfalt, mit der Steffani dies vertonte, verweist nicht nur auf die Imaginationskraft des Komponisten, sondern auch auf die Bedeutung der Szene, 491 die in Verbindung mit dem oben skizzierten Zusammenhang von Musik und Staatskunst zu sehen ist. Mit musikalischen Mitteln zeichnet Steffani hier die Harmonie der Welt: Als Bühnenmusik (»In Scena nascosti«) verwendet er vier Violen in Sopran, Alt, Tenor und Basslage, die als eine Art »Sphärenharmonie« 492 einen wesenlosübernatürlichen, durch Vorhaltdissonanzen gekennzeichneten Streicherklang entfalten. Dem gegenübergestellt ist das nach zehn Takten einsetzende, Amphione zugeordnete fünfstimmige Orchester, besetzt mit Flöten, ersten und zweiten Violinen, Viola und Bässen, aber ohne Generalbass (»I Cembali e le Teorbe tacciano tutta la scena«). In Amphiones Arie »Sfere amiche« sorgt ein eintaktiges, in A- und B-Teil gleichermaßen verwendetes Bassostinato zugleich für Ordnung 488 489 490 491
Omeis 1712, S. 42. Hederich 1724, Sp. 209. Croll 1995, S. 37f. 26 Jahre komponierte Torri um die aus der Oper zitierte Szene ein neues Stück, das gleichfalls La reggia dell’armonia betitelt ist. 492 Ebd., S. 39.
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und gleichmäßige Bewegung. Das Ostinato durchquert sieben Tonarten (F- und C-Dur im A-Teil; d-, c-Moll, Es-Dur, g-Moll, As-Dur und wieder c-Moll und Es-Dur im B-Teil), was Colin Timms als die Bahnen der sieben damals bekannten Planeten dechiffriert. 493 Die Szene verweist mit ihrer Darstellung musikalischer Harmonie auf die aus idealer Herrschaft resultierende Harmonie des Staates. Dies dient sie dazu, die Fallhöhe abzustecken: Amphione hat das Höchste erreicht und fällt nun umso tiefer. Nicht anders als im Jesuitentheater wurde die abschreckende Wirkung durch vielfältige Theatereffekte wie »Flugwercke und Erscheinungen« 494 unterstützt, die von Instrumentalsätzen begleitet wurden. So werden alle Register der Bühnentechnik gezogen, wenn Niobe ihre Söhne zu einem Triumphzug antreten lässt: Nach deme man durch ein urplötzliches Erdbeben alle Gebäwe einfallen / und die gantze Schawbühne unversehens mit einer duncklen Wolcken überzogen sieht / erscheinen in der Höhe / zwischen Donner / Hagel / und Wetterleuchten Latona / Apollo / und Diana neben andern Gottheiten / welche die Sieg-prangenden beblitzen / und hernach widerumb verschwinden. 495
Einen gleichermaßen auf die venezianische Maschinenoper wie das Jesuitentheater verweisenden Bühnenzauber entfaltet auch der zweite Akt. Dort sieht man Creonte und den Zauberer Poliferno, die »ieder auff einem Drachen sitzend / von der Erden herauff kommen«. 496 Sie verstecken sich hinter einer Wolke und belauschen die Thebaner. Als Niobe ihrem Gatten erklärt, dass er kein König mehr sei, sondern ein Gott, da »eröffnet sich die [einen Teil der Dekoration bildende] Kugel / und erscheinet ein Himmels-Pracht«. 497 Nun lässt Poliferno seine ganze Magie walten und zaubert »eine Hölle hervor / welche die gantze Schaubühne überschattet. […] Unter mehrenden erschröcklichen Donnerknallen versincket er sambt der Höllen unter die Erden / und die Schaw493 Timms 2003, S. 218. 494 »Ein grosses Unthier / welches sich in viel Kriegsleuth verwandelt. / Ein ungeheures Gesicht / welches von unten herauff steigend / eine tieffe Höle in Lüfften darstellet. / Die Mauer / welche sich nach und nach umd Thebe erheben. / Zwei höllische Drachen / welche den Creonte und Poliferno auß der Erden herauß / auff die Schaubühne tragen. / Eine Volck / welche in die Lufft steiget / die benennten zwey zu bedecken. /Grosses Gewülck / worinnen Creonte in Gestalt deß Mars von oben herab kommet. / Eine Sieges-Wagen / welcher von der Latona / Diana / und dem Apollo neben anderen mit ihnen in Lufft erscheinenden Göttern beblitzet wird. / Einfall vieler Gebäu / zu einem Erdbeben«. 495 Niobe [dt.] 1688, S. 86. 496 Ebd., S. 45. 497 Ebd., S. 52.
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bühne stellet wiederumb den Vorigen Schau-Platz / jedoch gantz verfinsteret / und ohne Personen vor.« 498 Poliferno gibt sich als Merkur aus und macht Niobe weis, dass der Gott Mars sie als Gemahlin erwählt habe; willig lässt sich Niobe Creonte zuführen, der »in der Gestalt deß Mars ob einem grossen Gewülcke von oben herab« kommt. 499 Die Illusionstechniken stammten von dem Münchner Bildhauer Andreas Faistenberger. Seine Rechnung der für die Aufführung angefertigten Dekorationen, die in Ermangelung von Bildquellen neben dem Libretto das einzige Zeugnis der verwendeten Theatereffekte ist, gibt Hinweise, welch immenser Aufwand zur Überwältigung der Zuschauer betrieben wurde.500 Aber auch die die Konventionen sprengenden Gesangsnummern dienten einer didaktischen Wirkung, etwa wenn Steffani den Selbstmord Amphiones für die Zeit unerhört naturalistisch vertont. Der Herrscher, der sich das Schwert in den Bauch gerammt hat, steuert schließlich nur noch Wortfetzen bei und stirbt, bevor die dreiteilige Arie mit einer vollständigen Wiederholung des Rahmenteils ihr reguläres Ende erreicht hat. Steffani verwendet durchweg musikalische Mittel zur Darstellung höchster Emotionen wie die Tonart f-Moll im Rahmenteil, der überdies durch ab- und aufsteigende chromatische Floskeln gekennzeichnet ist, die durch die verschiedenen Stimmen des Streichersatzes laufen, welcher durch Gegenüberstellung von Soli und Tutti ausgesprochen differenziert gestaltet ist. Im Mittelteil, in dem Amphione die Götter anruft, zeichnet Steffani mit a- und c-Moll und durch gleichförmige Tonwiederholungen der Streicher eine düstere Stimmung. Stoffgeschichtlich ebenso ungewöhnlich wie Niobe war auch eine zweite Münchner Oper. Mit der Ödipus-Sage kam im 1729 aufgeführten Edippo (Lib498 Ebd., S. 54. 499 Ebd., S. 62. 500 Faistenberger berechnete dem Hofzahlamt: »Erstlich einen löbensgroßen Elephanttin in welchen sich 17 Persohnen verborgen, den Khopf von Erdten possiert und darüber gepapt, den Corpus aber erstlich von Raiffen zusammen gemacht, yber welchen an von corton lauther schilt in ein und and gericht wahren, welche den Elephantten formierten, so dan von obbemelten Persohnen auseinander gerissen und fir schilt gethragen worden, daran verdienth 42 Gulden Mer habe ich ein ser grosses Monstrum gemacht, in dessen Rachen und laib ein mahn aufrecht hinein gehen miessen, wahr von holz und Raiffen zusamben gericht in und auswendig mit leinwath yberzogen, darfür 38 Gulden So habe obbemeltes wider ver Endtern missen, und machen das man das ober und under Maul wie auch die Zungen auf und zue thuen kinen 8 Gulden Mer habe 2 etwas khleinere Thier mit fliglen gemacht auf welchen 2 Menschen von unden herauf khomben, die khöpf wurdten zweyerlei auch von Erdten possierth und gepapt, die leiber von holz und leinwath zusamben gemacht und ausgeschopt, für bede 28 Gulden.« Zitiert nach Löwenfelder 1955, S. 61f.
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Agostino Steffani, Niobe
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retto: Domenico Lalli, Musik: Pietro Torri) der im 17. und 18. Jahrhundert nur selten für das Musiktheater bearbeitete Tragödienstoff schlechthin auf die Bühne. Eine moderne Interpretation des Stoffes würde die Beziehung des jungen Kurfürsten Karl Albrecht zu seinem übermächtigen Vater Max Emanuel zu beleuchten suchen, wird die Figur des Ödipus heute meist im Zusammenhang mit dem von Sigmund Freud geprägten psychoanalytischen Modell des Ödipuskomplexes gesehen. Für einen Text aus dem 18. Jahrhundert erscheint eine derartige Annäherung freilich kaum angemessen. Der durch Sophokles’ Drama bekannte Stoff stand in dieser Zeit vielmehr für die Unabwendbarkeit des Schicksals: Schon bei der Geburt Ödipus’ wird das schreckliche Geschehen prophezeit, das die Beteiligten zu erdulden haben, und obwohl sie sich mit aller Macht gegen das vorherbestimmte Schicksal stemmen, tritt es doch unausweichlich ein. Da das Orakel verkündet hatte, dass Ödipus einst seinen Vater ermorden und seine Mutter heiraten werde, beauftragt Laios einen Diener, das Kind zu töten. Dieser setzt aus Mitleid Ödipus jedoch nur aus, der gefunden und vom korinthischen Herrscherpaar aufgezogen wird. Als Ödipus den Spruch des Orakels hört, verlässt er Korinth, um seine vermeintlichen Eltern zu schützen. Unterwegs trifft er auf Laios, den er tötet. Später wird auch der zweite Teil der Prophezeiung erfüllt, als Ödipus Theben von einem Monster retten kann, wofür er zur Belohnung den Thron und die Hand seiner Mutter erhält. Erzürnt lassen die Götter Theben von einer schrecklichen Pest heimsuchen. Anders als in der mit dem Tod des Herrscherpaars endenden Niobe wurde der Stoff jedoch für die Münchner Bühne abgemildert, denn die Oper wurde zu einem freudigen Anlass aufgeführt – dem Geburtstag von Kurfürstin Maria Amalia, die im Anschluss an die eigentliche Handlung mit einer Licenza gefeiert wird. 501 Den Schluss ändert Lalli daher dahin gehend, dass Jokaste sich nicht das Leben nimmt; die Oper endet mit einem Duett von Ödipus und Jokaste, die beide Theben verlassen. Das Volk trauert um seinen König, wendet sich dann aber der Vermählung von Ismene und Philoktet zu. Die Plagen für die Bevölkerung Thebens haben eine Ende, es »donnert und blitzet / und das Traur-Zimmer verändert sich allmählich in ein beleuchtetes Gebäu / so die Hoffstatt der Glückseeligkeit vorstellet«. 502 Die zentrale Aussage der Ödipus-Sage, dass der Mensch seinem Schicksal ausgeliefert sei, wurde in der zeitgenössischen Literatur unterschiedlich ausgelegt, was sich auch in dem Münchner Libretto niederschlug. Zwar bezieht sich 501 Edippo [dt.] 1729, S. 92. 502 Ebd., S. 91.
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eine spätere Bearbeitung von Lallis Text für Venedig aus dem Jahre 1732 ausdrücklich auf die »Tragedia di Sofocle«. Lalli folgte aber zugleich der Neuinterpretation, die Pierre Corneille 1659 vorgelegt hatte und die zu den meistgespielten Dramen der Zeit gehörte. Wie bei Corneille verkündet im zweiten Akt der Oper das Orakel, dass, um Theben zu retten, zur Sühne des Mordes an Laios sich ein Nachkomme von seinem Blut opfern müsse. In der Oper soll sich also Ismene, »des verstorbenen Königs Laio Bruders Tochter« und »Erbin des Thebanischen Reichs / wann besagter König ohne Erben verstorben wäre«, 503 für Theben opfern. Dazu kommt es nicht, da enthüllt wird, dass Ödipus selbst der Mörder des Laios ist und für das Heil seiner Untertanen sein eigenes Blut vergießen muss. Wie in dem französischen Drama reißt sich Ödipus zur Sühne die Augen heraus, wobei die Blindheit zugleich als eine Metapher für Ödipus’ Unvermögen anzusehen ist, rechtzeitig den Lauf des Schicksals zu erkennen. Corneille war von den Zeitgenossen scharf kritisiert worden für die Einfügung einer auf Theseus und Dirce konzentrierten Liebesgeschichte, die als von der Haupthandlung ablenkend angesehen wurde; den Erfordernissen der Gattung Oper folgend, hat Lalli sich an diesem Zusatz orientiert und eine ausladende Liebeshandlung ausgeführt, die sich allerdings um Ismene und Philoktet rankt (Theseus und Dirce treten in der Oper nicht auf ). Eine Umdeutung erfuhr der Stoff durch Voltaires Neubearbeitung aus dem Jahre 1718, die einen aktuellen Bezug hatte – sie wurde auf Gerüchte bezogen, die dem französischen Regenten Philipp von Orléans fortschreitende Erblindung und ein inzestuöses Verhältnis nachsagten. Lallis Libretto folgt ihr unter anderem mit dem Aufgreifen einer Eifersuchtsintrige, nach der Jokaste einst in Philoktet verliebt gewesen sei, den man deshalb für Laios’ Mörder hält. In der Oper wie bei Voltaire ist Philoktet der Liebhaber Ismenes; er wird eingeführt als »Griechischer Fürst / zu erst ein Liebender und Liebhaber der Giocasta, und als diese mit dem Laio vermählet ward / ein versprochener Bräutigamb der Ismene«. 504 Um Theben zu retten, soll er Ismene töten. Die Nebenhandlung Jokaste–Philoktet wird gemeinhin als Abmilderung der Schicksalvorherbestimmung gedeutet, denn Jokaste hatte nach dem Tode Laios’ Gelegenheit, durch eine Heirat mit Philoktet das Schicksal in eine andere Bahn zu lenken. Diese Tendenz gipfelt bei Voltaire in aufklärerische Aussagen, dass man nur sich selbst vertrauen solle und alles mit den eigenen Augen sehen müsse. Bei Lalli findet sich von aufklärerischen Ideen allerdings kaum etwas. Am Ende des zweiten 503 Ebd., S. 7. 504 Ebd.
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Aktes wird Ödipus zum ersten Mal damit konfrontiert, dass er Laios’ Mörder ist. Von Corneille übernahm Lalli die Bühnensituation, dass Ödipus vor Laios’ Bild betet. Die daraus resultierende Arie ruft mit dem Bild eines den Gewalten des Meeres hilflos ausgelieferten Schiffers genau das Gegenteil eines selbstbestimmten Schicksals auf: Son’io quel nocchiero Nel mar fra procelle; Che l’onda il percuote, Che il vento lo scuote, Nel raggio di stele Nel cielo l’appar. Col dubio pensiero, D’intorno s’aggira Ma scogli sol mira, Naufragi sol vede, Ond’egli gia crede Dover naufragar [Son’io &c.
Ich bin der Schiffer / auf welchem beym Umgewitter auf dem Meer die Wellen stossen den Winde erschüttern und dem kein Glanz der Sternen erscheint. Mit zweifelhafften Gedancken irret er herumb siehet aber nichts als Klippen erblickt nicht als als Schiffbrüche und vermeinet daher auch zu grunde gehen zu müssen. 505
Vertieft wird diese Aussage noch im anschließenden Chor der thebanischen Rachegeister. Danach sind selbst Könige vor den Unbilden des Schicksals nicht gefeit: O de Regi grandezza pur frale O schwache Hoheit der Königen Poco vale das hohe Glück L’eccelsa Fortuna. ist wenig nutz. Ella è un’ombra piu lieve del vento Sie ist ein Schatten / leichter als der Wind Che un momento indem ein Augenblick La illustra, e l’imbruna. sie erleuchtet und verduncklet. Chi non giunge felice alla morte, So lang einer noch lebet Mai la forte kan er sich mit Sicherheit Vantar può sicura. nicht nicht für beglückt schätzen. Legno è in mare sul trono il regnante Ein König auf dem Thron Che costante ist wie ein Schiff auf dem Meer Mail l’onda gli dura. dem das Wasser nie beständig bleibt. E il contento dell’uom si misura, Und das Vergnügen des Menschen Sol nel fine, non già nella cuna. wird im Sarg und nicht in der Wiegen [O de Regi &c. abgemessen. 506
Offen bleibt die Frage, warum gerade dieser Stoff, der sich nach Andeutungen des Librettisten Lalli der besonderen Wertschätzung von Kurfürst Karl Albrecht 505 Ebd., S. 57. 506 Ebd., S. 58.
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erfreute, 507 auf die Münchner Bühne kam. Das Libretto verweist auf die Machtlosigkeit des Menschen im Angesicht des Schicksals und seine Geringfügigkeit gegenüber Gott. Dies lässt sich lesen als eine Mahnung, dass selbst die Macht von Herrschern nicht unbegrenzt ist – vergleichbar dessen, dass römische Imperatoren im Moment ihres größten Triumphs an ihre Sterblichkeit erinnert wurden. Karl Albrecht hat dieses Gefühl selbst zum Ausdruck gebracht, als er 1742 endlich zum Kaiser gekrönt war: »So konnte ich wähnen, den höchsten Gipfel menschlicher Größe erklommen zu haben, musste aber unwillkürlich der allmächtigen Hand Gottes gedenken, der zur selben Zeit, da er uns so hoch steigen ließ, gar dringlich daran erinnert, dass wir nur seine Geschöpfe sind und stets im Augen behalten müssen: Wir sind nur Menschen!« 508
507 Vgl. Reinhardstöttner 1892, S. 142. 508 Zitiert nach Hammerstein 1986, S. 49.
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Europäische Standards Wenngleich Max Emanuel und Karl Albrecht also starken Einfluss auf das Musikleben am Münchner Hof nahmen, unterlag die Wahl der zu verwendenden Formen nicht allein ihrem persönlichen Geschmack. Nicht anders als bei der Demonstration militärischer Stärke und der Zurschaustellung des ökonomischen Potenzials durch das Errichten monumentaler Bauten, versuchten Fürsten im 17. und 18. Jahrhundert durch die großzügige Förderung der Künste, das Sammeln von Kunstwerken und die Veranstaltung glanzvoller Feste ihren absolutistischen Anspruch nach außen und innen deutlich zu machen. 509 Repräsentation erschöpfte sich aber nicht in der bloßen Anhäufung wertvoller Objekte und dem Vorführen aufwendiger Theateraufführungen; von Belang war gleichfalls, welcher Formen man sich bediente und wie diese künstlerisch gefüllt wurden. Modernität – im Sinne von Beherrschung des Formkanons – war unabdingbar, um das Ziel zu erreichen, die Angehörigen anderer Höfe zu beeindrucken. 510 Das Musiktheater war hierfür in besonderem Maße geeignet, da es im späten 17. Jahrhundert noch als eine neue und aktuelle Kunstform galt. An anderer Stelle wurde bereits darauf eingegangen, dass der betriebene Aufwand auf dem Sektor der Hofkultur nicht zwangsläufig die tatsächliche Stellung des betreffenden Hofes abbildete. Indem Höfe mittelgroßer Staaten wie Bayern einen Standard von äußeren Formen aufgriffen, den die in ihrem Rang höhergestellten Hofhaltungen wie Paris und Wien vorführten, versuchten sie »trotz des Machtgefälles zu den großen Monarchien des Westens und Nordens […] im europäischen Konzert eine Rolle zu spielen«.511 Zugleich hatte sich die Kunst aber den zeremoniellen Regelungen zu unterwerfen, und im Streben nach gesellschaftlicher Anerkennung konnten Fürsten sie nicht nach Belieben als Statussymbol verwenden, sondern mussten sich an das halten, was ihnen als gerade noch angemessen zugebilligt wurde. Mit anderen Worten: Ein unbedeutender Adliger durfte nicht Hof halten wie ein König, auch wenn er über die dazu 509 Schlechte 1990, S. 30. 510 Bauer 1993, S. 55. 511 Ebd., S. 78.
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notwendigen finanziellen Mittel verfügt hätte. Der Zeremonialwissenschaftler Friedrich Carl von Moser warnte: »Ein Herr, der es übertreibt und mit dem seinem Stand gebührenden Glantz nicht zufriden ist, zeigt, daß er seiner Würde in der That selbst unwerth seye, weil er sie nicht nach ihrem Gehalt zu schätzen und die Schale von dem Kern zu unterscheiden weiß.« 512 Wie die Historikerin Monika Schlechte betont, wurde das Durchbrechen der durch das Zeremoniell gezogenen Grenzen als Privileg ausgesprochen oder auch nur geduldet, wodurch der Prestigewert stieg; oder die versuchte Statuserhöhung entlarvte sich als Schein und schlug ins Gegenteil um. Die Kriterien dessen, was als gerade noch angemessen oder schon als anmaßend galt, betrafen nicht nur die Anwendung des Formenkanons, die Größendimensionen und den sich in der Pracht oder in der Kostbarkeit des Materials eines Kunstwerks äußernden Aufwand. Sie schlossen auch die Wahl bestimmter Sujets, Themen oder allegorischer Programme ein: Ein Duodezfürst als Herkules machte sich lächerlich. Bereits die Vergabe eines Auftrags an einen hochgeschätzten Künstler durch einen Fürsten, dem dies nicht zustand, konnte bereits als Hybris gewertet werden. 513 Eine Einordnung des Münchner Hofs in die europäische Hofkultur macht deutlich, dass in Bayern in erster Linie Leitbildern gefolgt wurde, die andernorts vorgegeben wurden. Nur in engen Grenzen konnten die Wittelsbacher hingegen auf den Formenkanon Einfluss nehmen, wenngleich Bayern durch die Errichtung des ersten Opernhauses nördlich der Alpen und die fast kontinuierliche Pflege des Musiktheaters auf diesem Sektor eine gewisse Bedeutung erlangt hatte. Für Volker Bauer kann der bayerische Hof wegen seiner begrenzten politischen Bedeutung, die nur Adlige geringer Bedeutung anzog, nicht als Ausstrahlungszentrum einer Hofkultur eigener Provenienz gelten. 514 Max Emanuel selbst klagte, dass er »wohl den Geschmack Frankreichs in Schlössern und Gärten zu imitieren [vermag], jedoch die Leute ändern sich nicht«. 515 Noch um 1680 galt der bayerische Adel nur eingeschränkt als für den Hofdienst verwendbar. 516 Im 16. Jahrhundert war das reiche Augsburg Maßstab gewesen, und in der Mitte des 17. Jahrhunderts rückte der Hof Savoyens in den Fokus; nun richtete sich der Blick vor allem auf Wien und Paris – bezeichnenderweise waren sowohl Schönbrunn und Versailles die Modelle für das in größten Dimensionen entworfene Schloss Schleißheim. Diese beiden Höfe waren zugleich die politischen Vorbil512 513 514 515 516
Moser 1754/55, I, S. 197. Schlechte 1990, S. 30. Bauer 1993, S. 119. Zitiert nach Kruedener 1973, S. 124, Fn. 66. Kruedener 1976, S. 120.
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der: Wien stand für die Kaiserschaft der Habsburger, die die Wittelsbacher zu beerben suchten, Paris für das Streben nach Machtzuwachs, das auch Max Emanuels politisches Tun bestimmte. Über die Gewichtung der jeweiligen Einflüsse auf die Münchner Hofkultur kann hier kein abschließendes Urteil gefällt werden. Unstreitig war Ludwig XIV. prägendes Vorbild bei der Nutzung von Theater und Festlichkeiten zur Versinnbildlichung politischer Ideen, zur Selbstdarstellung wie auch zur Darlegung der aktuellen Politik. Max Emanuel folgte dem französischen Herrscher jedoch nicht vollständig; so wurden das bühnenhafte, am Versailler Hof zur Staatsangelegenheit erhobene ›Lever‹ und ›Coucher‹ in München nicht üblich. Ansonsten dominierte jedoch das Wiener Vorbild, also das Aufgreifen der spanisch-italienischen Tradition. So notierte der Freiherr Carl Ludwig von Pöllnitz im Jahre 1737: »La cour de Bavière observe presque toutes les Etiquettes de la Cour de Vienne, quant aux Cérémonies; car au reste c’est une manière très différente de vivre: il y a plus d’aisance & plus de divertissement.« 517 Bauer erkennt das Hofleben durch eine »barocke Festkultur französischen Zuschnitts« geprägt, während das Zeremoniell spanisch geprägt war. 518 Dieser Befund ist von besonderem Gewicht, da das Hofzeremoniell nicht nur die Handlungen bei Hofe bestimmte, sondern auch die Anlage der Münchner Residenz: Es legte fest, wie Diplomaten zu empfangen und Privataudienzen durchzuführen seien, wonach sich die Abfolge der Gemächer ausrichtete. In einer Untersuchung von Hofzeremoniell, Innenräumen und Möblierung der kurfürstlichen Appartements der Münchner Residenz kommt die Kunsthistorikerin Henriette Graf zu dem Schluss, dass die Innengestaltung dem Vorbild Wiens folge, während aus Frankreich lediglich »modische Elemente« rezipiert worden seien. 519 Die Beobachtung einer mit französischen Elementen lediglich angereicherten, primär aber an Wien orientierten Ausrichtung lässt sich auch auf den Musikbereich übertragen: Bekanntlich wurden in der Münchner Hofoper in erster Linie die Formen der italienischen Oper verwendet, was nicht nur durch die engen Verbindungen der Wittelsbacher nach Italien begründet ist, sondern wofür in gewisser Weise auch die in Wien gepflegte spanisch-italienische Tradition als Vorbild anzusehen ist. Der Pariser Musikbetrieb diente als eine Ergänzung zu dem, was aus italienischen Quellen geschöpft wurde. Die nach 1715 häufigen in die Handlung integrierten Ballettszenen stammten aus der Tragédie 517 Pöllnitz 1737, S. 297f. 518 Bauer 1993, S. 90. 519 Graf 2002.
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lyrique, aus Paris bezog der Münchner Hof auch neuartige Musikinstrumente wie Oboen sowie Ausstattungsteile. 520 Die Auseinandersetzung mit der französischen Musik begann bereits unter Kurfürst Ferdinand Maria, der Agostino Steffani 1678 an den Pariser Hof entsandt hatte. Dort musizierte dieser vor Ludwig XIV. und studierte gleich anderen aus Deutschland gesandten Musikern wie Georg Muffat. Die Rezeption der französischen Oper verstärkte sich unter Max Emanuel, der sie während seines Exils in Frankreich, vor allem während der Brüsseler Statthalterschaft schätzen gelernt hatte. 521 Dort wurden die Opern Jean-Baptiste Lullys an den neuen Kontext des Wittelsbacher Hofes angepasst, denn die Ludwig XIV. verherrlichenden Prologe wurden vielfach weggelassen beziehungsweise durch neu komponierte ersetzt. Dies trifft allerdings nicht auf den zweiten Abschnitt der Statthalterschaft Max Emanuels in Brüssel zu, der von Frankreich protegiert wurde und während der die Opern Lullys in der ursprünglichen Form aufgeführt wurden. 522 Insbesondere die Prologe der großen Münchner Festopern wie Servio Tullio und Adelaide greifen auf die Muster der Opern Lullys zurück. An französischen Modellen orientieren sich vielfach auch die Ouvertüren, die häufig das ursprünglich zwar nicht von Lully stammende, aber durch seine Opern bekannt gewordene (und später unter anderem von Georg Friedrich Händel übernommene) Schema verwenden, das durch gravitätischen gradtaktigen Beginn und 520 Neuere Forschungen haben etwa anhand der Korrespondenz des bayerischen Residenten in Paris, Martin Mayr von Oberschellang, mit dem kurfürstlichen Kabinettssekretär Caspar Hueber gezeigt, dass der bayerische Hof in musikalischen Angelegenheiten zumindest kurzzeitig in Verbindung mit dem ›surintendant de la musique du roi‹ Lully stand. Im Auftrag Max Emanuels und einiger Hofmusiker verhandelte Mayr von Oberschellang mit französischen Künstlern, Musikern, Instrumentenbauern und Kostümbildnern und kaufte Kostüme für die Festoper Servio Tullio, Noten und Instrumente. Vgl. Scharrer, im Druck. 521 In Brüssel wurde seit 1682 regelmäßig Oper gespielt, als die neu erbaute Académie de musique mit Antonio Gianettinis Medea in Atene eröffnet worden war. Nachdem der Stadtkern einschließlich des Opernhauses 1695 durch den Beschuss französischer Truppen weitgehend zerstört worden war, erteilte Max Emanuel die Order, ein neues Theater mit 1200 Plätzen zu errichten; in der Zwischenzeit wurde in einer provisorischen Spielstätte gespielt, dem Théâtre au Quai du Foin. Zwischen 1696 und 1700 wurde das Théâtre de la Monnaie nach Plänen des Architekten Paolo Bezzi erbaut. Nach Fertigstellung überließ Max Emanuel dem Theater die Bühnentechnik des Hofes und subventionierte die Opernproduktionen, deren Repertoire vor allem aus Werken Lullys bestand (unter anderem Armide, Atys, Acis et Galathée, Bellérophon, Thesée, Alceste). Mercier 1980, S. 231–235. 522 In der Bayerischen Staatsbibliothek aufbewahrte Librettodrucke dreier während dieser Zeit in Brüssel aufgeführter Opern Lullys (Acis et Galathée, Alceste und Roland) weisen die originalen Prologe auf, die Ludwig XIV. (bzw. in Acis et Galathée den Dauphin) preisen.
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sich daran anschließendes Fugato gekennzeichnet ist. Wegen seines feierlichen Charakters war dieses Modell besonders geeignet, um auf die Bedeutsamkeit der folgenden Handlung einzustimmen, und findet sich daher vor allem in den der Huldigung dienenden Prologen. Im Kern blieben die Münchner Drammi per musica jedoch genuin italienische Opern, denn die Übernahme französischer Stilelemente berührte nicht die Satztechnik. Die Eigenart des französischen Streichorchesters bestand darin, dass die erste und zweite Stimme nicht, wie im italienischen und deutschen Streichorchester der Zeit, mit gleichwertigen Instrumenten (Violine I und II) besetzt waren, denn die zweite Stimme war einem Instrument in Bratschenstimmung, der »haute-contre de violon« zugeteilt. 523 Vierstimmigen Satz verwendete Lully nur, wenn Bühnensituationen illustriert werden sollen, die einen weniger voluminösen Klang erfordern; er bevorzugte einen fünfstimmigen Satz, bei dem keine gleichberechtigten Stimmen verwendet werden, sondern zwei deutlich unterscheidbare Gruppen von Stimmen, wobei in den beiden Außenstimmen das Wesentliche des Satzes festgelegt ist. 524 In den Münchner Opern dominiert dagegen vierstimmiger Satz beziehungsweise in den Werken des späten 17. Jahrhundert die Generalbassarie; selbst die überaus seltenen fünfstimmigen Münchner Instrumentalsätze wie in Pietro Torris Turnierspiel Gli Oracoli di Pallade e Nemesi (1690) finden sich zwei gleichberechtigte Oberstimmen, zu denen dann zwei Mittelstimmen und Bass treten. Als Ganzes fand die französische Oper am bayerischen Hof keinerlei Anklang, wenngleich die Quellen darauf hinweisen, 1686 sei eine bislang nicht identifizierte französische Oper »2mahl probiert und 2mahl recht gehalten« worden. 525 Vom französischen Repertoire wurde hingegen das Sprechtheater beherrscht. Kurfürstin Henriette Adelaide verpflichtete 1671 eine Theatertruppe unter der Leitung von Philippe Millot, eines ehemaligen Weggefährten von Molière, den wahrscheinlich Angehörige des Savoyer Hofes empfohlen hatten. 526 1671–76, 1701–04, 1715–20 und 1728–42 gab es in München ein fes-
523 Eppelsheim 1961, S. 51. 524 Ebd., S. 183f. 525 Rudhart 1865, S. 79. Nach Löwenfelder handelte es sich um Jean Racines Tragödie Andromache (1667), von der in der Bayerischen Staatsbibliothek eine zeitgenössische Übersetzung unter dem Titel Der getrewen Trojanerin Andromachae wider deß Pyrrhi unbefuegt angemaßte Liebs-Flammen vertheidigte Unschuld erhalten ist. Gegen die Identität dieses Stückes mit der erwähnten französischen Oper spricht jedoch, dass in den Münchner Quellen sonst stets zuverlässig zwischen Musik- und Sprechtheater differenziert wird, ein Drama von Racine also nicht als »opera« bezeichnet worden wäre. 526 Trautmann 1888, S. 216.
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tes französisches Ensemble, 527 wenngleich im späten 17. Jahrhundert wiederholt auch italienische Theatertruppen am bayerischen Hof tätig wurden. 528 Ihre Vorstellungen fanden in dem 1703 für das Schauspiel umgebauten Sankt-GeorgsSaal in der Residenz statt, gelegentlich im Salvatortheater oder auf der Gartenbühne des Nymphenburger Schlosses. 529 Offenbar wurde in Blöcken gespielt, denn für viele Monate notiert Graf Preysing überhaupt keine Aufführungen, während er zu anderer Zeit fast täglich »in die fr. comedie« ging. 530 Anhand der nur lückenhaften Angaben in den Tagebüchern Preysings lässt sich das Repertoire immerhin teilweise rekonstruieren.531 Franzosen dominierten auch den Tanz: Jakob Rodier leitete das Ballett wie die Tanzausbildung von Max Emanuel; die Taufpatenschaft seiner Kinder durch die kurfürstliche Familie bezeugt die enge Verbindung Rodiers mit dem Hof. 532 Sein Sohn Franz Rodier übernahm die Position nach dessen Tod; ihm folgten ab 1715 Jean Pierre Dubreil und ab 1732 dessen gleichnamiger Sohn. Die Ausrichtung des Münchner Hofes an der Festkultur italienischer und französischer Prägung setzte erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhundert ein. Obwohl Künstler aus Italien schon im 15. und 16. Jahrhundert in Bayern gewirkt hatten, begann ihr Einfluss dort erst nach der Heirat Ferdinand Marias mit Henriette Adelaide von Savoyen nachhaltig an Bedeutung zu gewinnen. Noch unter Maximilian I. war München alles andere als ein für glänzende Feste bekannter Hof gewesen. Der Dreißigjährige Krieg hatte Bayern verwüstet und der Kurfürst das Land mit religiöser Strenge geführt: Vom Rat der Stadt verlangte er unter Strafe die Teilnahme an der Donnerstagsprozession, von jedem Einzelnen den Besitz eines Rosenkranzes, und die Beichtzettel wurden von Haus zu Haus eingesammelt; übermäßiger Aufwand bei Hochzeiten, Taufen und anderen Familienfesten wurde unter Strafe gestellt, das Auftreten von Komödianten, Gauk-
527 528 529 530
Siehe Steltz 1965, S. 16–35. Für eine ausführliche Darstellung siehe Trautmann 1887. Trautmann 1888, S. 259. Seinen Angaben zufolge besuchte er etwa im Juni 1728 achtmal das französische Theater, in den Monaten Oktober bis Dezember dagegen überhaupt nicht. Siehe ebd., S. 328f. 531 Danach wurden im Jahre 1719 an klassischen Autoren gespielt: Pierre Corneille mit Nicomède, Polyeucte, Heraclius, Rodogune, Le Menteur, Thomas Corneille mit Le Comte d’Essex, Racine mit Iphigénie und Andromaque, Molière mit Le Médecin malgré lui, Les Fourberies de Scapin, Le Mariage forcé, Le Bourgois gentilhomme, Le Malade imaginaire, Madame d’Escarbagnas, L’Etourdi. Weiterhin kamen auch Stücke nachmolièrescher Autoren wie Boindin, Boursault, Campistron, Dancourt, Dufresny, Hauteroche, Lafont und Regnard zur Aufführung. Siehe Trautmann 1888, S. 258. Zum Repertoire unter Karl Albrecht siehe ebd., S. 265f. 532 Mlakar 1992, Bd. I, S. 43.
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lern und Sängern gänzlich verboten. 533 Neben dem Jesuitentheater blieb kein Raum für andere Unterhaltungsaktivitäten, denn Maximilian hatte keine Neigung zu »vberflüssigen essen und trincken, spilen, zu vilen jagen, Ritterspilen und anderen kurtzweillen und vaniteten«. 534 Noch 1657, also bereits sechs Jahre nach Maximilians Tod, verglich der Abbé de Coulanges den Münchner Hof mit einem Kloster. Erst Henriette Adelaide habe den zuvor fast ausschließlich durch Gottesdienste und religiöse Übungen geprägten Tagesablauf aufgebrochen. Il n’est point de cloître où l’on vive plus régulièrement et avec plus de sévérité que dans cette cour; on s’y lève tous les jours a six heures du matin, on y entend la messe à neuf, on y dîne à dix ou dix et demie; on est une heure et demie à table; on y assiste à vêpres tous le jours, et il n’y a plus personne au palais à six heures du soir, hors quelques domestiques nécessaires; on soupe à cette même heure, on se couche à neuf, ou à dix, tout au plus tard, et par-dessus tout cela, ils ont tous les avents un rorate qui finit seulement à Noël, et où il faut se trouver dès les sept heures de matin. C’est ainsi que la belle Adélaide passe sa vie qui doit lui être bien pénible, après avoir été élevée dans la cour de Savoie, la plus agréable et la plus divertissante de toutes les cours. 535
Erst gegen Ende seines Lebens öffnete Maximilian das Münchner Hofleben allmählich den Tendenzen moderner Festkultur und gab unter anderem den Bau eines Opernhauses in Auftrag – dies offenbar unter dem Druck, mit dem Savoyer Hof konkurrieren zu müssen, den Jacques Bonnet in seiner 1715 erschienenen Musikgeschichte als in der Förderung der Musik führend darstellt: »Il est pue de Cour dans toute l’Italie, qui ait surpassé dans tous les siècles précedents de celle de Savoye.« 536 Ausdrückliches Modell des für München geplanten Hochzeitsfestes von Ferdinand Maria und Henriette Adelaide war dasjenige, das 1650 zur Prokurhochzeit des Brautpaars in Turin ausgerichtet worden war. Dort war die Fülle an Veranstaltungen so groß gewesen, dass der bayerische Verhandlungsführer Graf Maximilian Kurz zu Senftenau sich beklagte, er sei »mit hochzeitlichen Freudenfesten so okkupiert«, dass er kaum Zeit zum Verfassen seiner Berichte finde. 537 Zurück in München, entwarf er eine ebenso ausgreifende Anhäufung von Festlichkeiten, die angesichts des plötzlichen Todes von Kurfürst Maximilian 1651 dann allerdings deutlich beschnitten werden musste. 538 533 534 535 536 537 538
Schattenhofer 1982, S. 199. Zitiert nach Trautmann 1889, S. 189. Zitiert nach Trautmann 1888, S. 190. Bonnet 1715, S. 357. Zitiert nach Mlakar 2004, S. 93. Zu den Planungen siehe ebd. S. 95–98.
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Auch wenn die zentrale Rolle von Kurfürstin Henriette Adelaide bei der nun einsetzenden Erneuerung des bayerischen Hoflebens gelegentlich angezweifelt wird, 539 scheinen die Veränderungen wesentlich auf ihr Wirken zurückzuführen sein. Für den Lokalhistoriker Karl von Reinhardstöttner waren selbst die Räume, in denen die Kurfüstin sich aufhielt, »das genaue Abbild ihres italienischen Vaterhauses«, wie auch »ihre Umgebung nur welsch [war]. Die Klänge der heimatlichen Sprache berührten von Morgen bis Abend ihr Ohr; ihre Dienerschaft, ihr Hofstaat, ihr Klerus war italienisch.« 540 Eine italienisch-piemontesische Kolonie etablierte sich am bayerischen Hof und »versuchte, gegen den Geist und das Herkommen dieses Hofes eine Revolution zu veranlassen«. 541 In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde München vom Stadtbild her »nahezu eine italienische Stadt«, 542 das durch Baumeister wie Agostino Barelli, Lorenzo Perti, Francesco Santurini, Antonio Pistorini, Giovanni Viscardi und dessen Vetter Antonio Andreotti geprägt worden war. Markantes Beispiel für die italienischen Einflüsse auf die bayerische Architektur ist die 1662 aus Anlass der Geburt von Kurprinz Max Emanuel gestiftete und 1676 fertiggestellte Theatinerkirche, deren Vorbild San Andrea delle Valle in Rom war, die Mutterkirche des Ordens der Theatiner, der den Beichtvater der Kurfürstin stellte. Die Theatinerkirche, als deren einzige bayerische Zutat die Zwiebeltürme gelten, war wiederum das Vorbild für zahlreiche Kirchenbauten in Bayern. Italiener besetzten auch außerhalb der Hofkapelle zahlreiche Positionen am Münchner Hof; Scipione Maffei, als Verfasser der Tragödie Merope einer der bekanntesten italienischen Dichter des 18. Jahrhunderts, kämpfte 1704 auf der Seite Max Emanuels in der Schlacht am Schellenberg bei Donauwörth zusammen mit seinem Bruder Alessandro, der als bayerischer General diente. 543 Unter Henriette Adelaide öffnete sich Bayern aber nicht nur der italienischen, sondern auch der französischen Kultur, der sie als Enkelin Heinrichs IV. 539 Elisabeth Luin verweist darauf, dass wesentliche italienische Künstler wie Henriette Adelaides Musiklehrer Giovanni Battista Maccioni unabhängig von ihr nach München kamen und dass die Briefe Adelaides an ihre Mutter nicht von Kunstbegeisterung, sondern von Heimweh geprägt sind; für Luin war es »vielmehr der eigene Gatte, der […] als echter Wittelsbacher, der Tradition seines Hauses gemäß selbst soviel Begabung, Interesse an Musik, Theater und Bauten hatte, dass er mit Freuden der künstlerischen Entwicklung seiner jungen Gemahlin folgte und alles tat, ihren Schönheitssinn zu befriedigen und alle ihre künstlerischen Anlagen aufs äußerste kultivieren zu lassen«. Luin 1953, S. 154f. 540 Reinhardstöttner 1892, S. 107. 541 Ebd. 542 Bosl 1967, S. 520. 543 Reinhardstöttner 1892, S. 141.
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gleichfalls nahestand. Ihre Jugend hatte sie kriegsbedingt überwiegend nicht in Turin, sondern in Chambéry und auf der Burg Montmellian verbracht.544 Das Schaffen deutscher Künstler wurde in dieser Zeit am Wittelsbacher Hof hingegen nur in Ausnahmefällen als hochstehend genug angesehen, den Ansprüchen der internationalen höfischen Gesellschaft zu genügen. Wie im Musiksektor stieß die Bevorzugung fremder Künstler verständlicherweise nicht immer auf Zustimmung bei den Einheimischen. Deutsche wurden daher am Münchner Hof seit den 1670er-Jahren stärker beschäftigt, unter anderem lieferte der vor allem durch die Entwürfe zum »Heiligen Grab« in der Theatinerkirche bekannte Johann Anton Gumpp bis zu seinem Tod 1719 die Bühnendekorationen für die Hofbühne. Herausragende Ereignisse wie die Hochzeit Max Emanuels im Jahre 1686 vertraute man jedoch auch weiterhin nicht bayerischen Künstlern an, sondern berief die als Theatermaler angesehenen Gasparo und Domenico Mauro, um Dekorationen für die Opern zu entwerfen und das bisher nur sparsam ausgestattete Salvatortheater umzugestalten. Als bezeichnend für die geringe Einschätzung der nationalen Kunst kann eine Äußerung Julius Bernhard von Rohrs über den deutschen Tanz gelten, der im Gegensatz zu den in der Kunstmusik gebräuchlichen aus Frankreich und England weit weniger Renommee genoss: »Die Teutschen überlassen die teutschen Däntze größten theils dem Pöbel, und verweisen diese Arten derselben in die Schencken und Wirths-Häuser.« 545 Deutschsprachige Unterhaltung gab es am Münchner Hof lediglich beim Sprechtheater. Hier sprachen für deutsche Schauspieler allein die im Vergleich zu den französischen und italienischen Darstellern erheblich niedrigeren Kosten. Ihr Auftreten ist erstmals 1604 belegt, als einem »Martin Roßt aus Straßburg und seinen mit verwohnten Comedianten« Geld dafür gezahlt wurde, dass sie »vor Sr. Drl. gespillt« hatten; 546 im Jahre 1658 traten Komödianten aus Innsbruck und Freising in München auf. 547 Elf Jahre später wurde die deutsche Bühne sogar institutionalisiert, und 1669 brachte die Theatertruppe von Michael Daniel Treu 19 Stücke zur Aufführung: zwölf in der Residenz, sieben im Dachauer Schloss. Ein Teil der Schauspieler fand anschließend bei Hofe Anstellung, da man neben der Oper ein preiswerteres Theatervergnügen etablieren wollte, das ohne große Vorbereitungen gezeigt werden konnte und auch im Sommer auf den Lustsschlössern zur Verfügung stand. Weiterhin wurde es Treu 544 545 546 547
Luin 1953, S. 152. Rohr 1728, S. 483. Trautmann 1889, S. 290. Ursprung 1927, S. 142.
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gestattet, auch in der Stadt seine »actiones zu exibieren, so den guetten tugenden und sitten gemäs und recht, so lang man’s wiederum abschaffen würdt«. 548 Gefallen an diesen Veranstaltungen fanden jedoch offenbar vor allem die altbayerischen Adligen, die dem Eindringen der italienischen und französischen Kultur am Münchner Hof feindlich gegenüberstanden. Denjenigen, die mit dem Theater Corneilles und Racines vertraut waren, waren diese Aufführungen künstlerisch zu dürftig. Dies war nicht allein durch das niedrige Niveau der von der Truppe Treus aufgeführten Stücke begründet, sondern auch durch die mangelnden Fähigkeiten der bayerischen Schauspieler, über die der Franzose Samuel Chappuzeau nach einem Besuch im Jahre 1671 zu dem Urteil gelangte, sie seien die schlechtesten der Welt. 549 Dagegen galten die französischen Schauspieler Millots als »eine kleine, aber auserlesene Gesellschaft«; sie hatten »nichts gemein mit gewöhnlichen, herumziehenden Wandertruppen«. 550 Das deutsche Schauspiel wurde nach Henriette Adelaides Tod 1676 neu belebt, aber auch Max Emanuel empfand diese Form von Unterhaltung als zu primitiv und ließ 1684 in Venedig italienische Schauspieler anwerben. 551 Diese wurden zwar bereits 1686 wieder entlassen, jedoch nicht zugunsten Treus, sondern um durch Komödianten aus Mantua ersetzt zu werden, die wiederum ein Jahr später der angesehenen Gesellschaft von Francesco Calderone, genannt Silvio, Platz machen mussten. 552 Erst im Jahre 1696, als der Hof sich in Brüssel aufhielt, führte Treu – nun wieder ohne Konkurrenz – in München erneut Schauspiele auf, was offenbar durch hier zuvor gastierende deutsche Wandertruppen angeregt war. 553 Nach 1715 wurden bei Hofe zuerst französische Schauspieler engagiert, wenig später aber auch deutsche. Wie aus einer 1719 datierten Eingabe hervorgeht, führte ein gewisser Johann Heinrich Prunius mit »16 Lebendigen Persohnen theatralische und Moralische sehenswürdige Actiones« auf. 554 In der Oper, die der Repräsentation diente und die sich daher an ein internationales Publikum richtete, konnte sich die deutsche Sprache in München hingegen nie etablieren. Deutschsprachiges Musiktheater gab es hier mit wenigen Ausnahmen nur außerhalb des höfischen Kontextes: Theatergesellschaften spielten während der Abwesenheit Max Emanuels in München vor Adel und Bür548 549 550 551 552 553 554
Trautmann 1889, S. 303; ders. 1887, S. 254. Trautmann 1887, S. 255f. Trautmann 1888, S. 218. Trautmann 1887, S. 258. Trautmann 1889, S. 307. Trautmann 1888, S. 249. Trautmann 1889, S. 344.
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gerschaft im Rathaussaal, wobei Textbücher zu Leoldo und Leona (1694), Die gecrönte Treu oder Von dem Todt zum Leben erweckte Lucidor und Die gertruckte, aber nicht unterdruckte Unschuld (beide ohne Jahr) erhalten sind. Weitere derartige Aufführungen 1697 standen möglicherweise in Zusammenhang mit dem gleichzeitigen Augsburger Gastspiel von Johann Sigismund Kusser, zuvor Kapellmeister an der Hamburger Gänsemarkt-Oper. 555 Dass deutschsprachiges Musiktheater im bayerischen Raum den Mustern höfischer Panegyrik folgte, die bei Hofe gespielten Darbietungen an künstlerischer Potenz aber weit unterbot, macht exemplarisch das nur als Textbuch erhaltene »Drama musicum« Hercules oeteus, das ist: Der unter der Götter-Zahl aufgenommene Hercules deutlich, das zur Rückkehr Max Emanuels aus dem Exil im niederbayerischen Straubing verfasst wurde und das den Dank der »Churfürstliche Regierung / Geistlichkeit / Adel und gefreyten Ständen / Statt-Magistrat, und ganz treu-ergebnister Burgerschafft« zum Ausdruck bringt. Das Libretto gibt über die Autoren wie auch über eine tatsächliche Aufführung keinerlei Auskunft, wobei die wenig präzise Datierung »Im Jahr / In dem der Churfürst gnädigst wollen / Sein Bayrland widerumb erhollen« zur Vermutung Anlass gibt, das Stück könne auf Vorrat verfertigt worden sein. Angesichts von Max Emanuels Rückkehr bei Nacht und Nebel – er war am 10. April 1715 absichtlich erst in den Abendstunden von Dachau kommend durch das Neuhauser Tor in München eingezogen, 556 um die Reaktion der Bevölkerung abzuwarten – von einer »glorreichen Zuruckkonfft« zu sprechen erscheint kaum weniger gewagt als die Wahl gerade des Herkules 557-Stoffes angesichts des vollständigen politischen Scheiterns des bayerischen Kurfürsten. In Hercules oeteus treten die in Huldigungsstücken üblichen allegorischen Figuren auf. Im »Prologus« bringt Fama »der Stadt Straubing freudenreiche Zeitung / dass die Durchl. Herrschafften nunmehro glücklich zu München angelangt seyen / Straubing munderet derohalben ihre Einwohner zu allgemeiner Freude auff / und entschliesset sich / ihnen den Durchl. Chur-Fürsten in einem göttermässigen Ebenbild / zur unterthänigsten Verehrung vorzustellen«. 558 Das Stück entpuppt sich als eine Anbiederung der Landstände an Max Emanuel, von dem sie sich eine Verminde555 Ursprung 1927, S. 143. 556 Stahleder 2005, 2, S. 46. Erst am 11. Juli 1715 kam es zum feierlichen offiziellen Einzug des Kurfürsten. Ebd., S. 48. 557 Herkules wurde gemeinhin als »die mit der Stärcke vereinbarte Klugheit gedeutet, als welcher sodann fähig ist, auch die größten monstra, oder Laster zu bezwingen.« Hederich 1724, Sp. 1023. 558 Hercules, Folio A3r.
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rung der Abgaben erhofften: Adel, Zünfte und die einfache Bevölkerung wenden sich hilfesuchend an Herkules; so erbittet der Landmann mit einem als »Aria« bezeichneten Strophenlied eine »Ringerung der bißherigen Burden«, wobei die Vortragsbezeichnung angibt: »Hänßl singt auff Bayerische Arth«. 559 Merkur öffnet den Bittstellern den »Gnaden-Tempel« des Herkules, eine Arie mit Trompetenbegleitung verbreitet Zuversicht auf eine freudige Zukunft. Inwieweit das Stück als »Ebenbild« des Kurfürsten diente, macht der Epilog deutlich: MERCURIUS In unbekannter Schrift entflammet sich Alcmene was vermercke ich Es scheinet alles seye Hercules zu ehren Aber das grosse Wunder will mir ganz ein anders lehren Wie lesest Du diese Schrift NOBILITAS Ich lese M.E.R.I.T.I.S. H.E.R.C.U.L.I.S. Ich aber lese: MAXIMILIANO EMANUELI Reduci Istud Theatrum Instruxit Straubinga, Hodie, Excelsum Regimen Cum Universis Loci Istius Statibus. MAXIMILIANO EMANUELI zu Ehren Unsern Durchleuchtigisten Chur-Fürsten und Herrn Die Ehren-Pinn hat aufgerichtet Straubing so ewig verpflichtet. 560
Den Göttern zufolge habe Bayern einen »Hercules Maximilian«. Da weicht auch der antike Herkules gerne, denn gegen Max Emanuels »Tugend-Thatten« sei er nicht mehr als ein »Gedicht von Schatten«. 561 Mit einem Freudenchor schließt das Stück. Das aus heutiger Sicht fast schon parodistisch wirkende Unvermögen Deutsch schreibender bayerischer Autoren macht auch das 1681 bei Hofe aufgeführte dreiaktige »Musicalische Drama« Lisimen und Calliste deutlich, das als erste in München aufgeführte deutschsprachige Oper gilt. Die Musik, deren Partitur verloren ist, stammte von dem »Churfürstl. Hof- und Cammer-Musicum« Veit Weinberger, der bis 1704 in den Besoldungsbüchern als »Instrumentist« geführt wurde 562 und der auch für die Instandhaltung und Stimmung der 559 560 561 562
Ebd., Folio C4r. Ebd., Folio D1r. Ebd., Folio D1v. Sandberger 1900, S. XX. Weinberger taucht in den Akten bis zur Auflösung der Hofkapelle 1706 infolge der österreichischen Besatzung Münchens auf. Einer Eingabe zufolge war Wein-
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Tasteninstrumente der Hofkapelle zuständig war. 563 Den Gesangstexten nach handelte es sich bei den mit »Aria« überschriebenen Nummern um Strophenlieder mit jeweils zwei bis sechs Strophen. Autor des Textbuchs war Franz Georg von Leublfing, ein Hofrat und Diplomat in Diensten Max Emanuels, 564 der seine Versuche auf dem Gebiet der Dichtkunst in einem Vorwort rechtfertigt: Ich hätte billich ein vernünfftiges Abscheuen fragen sollen / mit dergleichen LiebsGedichte des Tags-Licht zu betretten; so fern ich der Laster-Mäuler selbst Tadlhaffte Schnader-Zungen / unnödige Erörterung hätte achten wollen. Indem mir etliche gleich anfänglich werden vorstossen / dass ich hierinn / als ein Cavallier, ein / denen Comoedianten / und Choragis, Unerfahrenen / ja auch mir selbst höchst nachtheiligen Eingriff begangen habe: da sie doch (so fern sie nur einen Tritt außer das Vatterland gethan hätten) nicht allein Adelich- sonder auch höhere Stands-Personen mit dergleichen Materi wurden ocupirt gefunden. 565
Leublfing erwartete, und angesichts der Unbeholfenheit seines Textes auch sicherlich zu Recht, dass »nicht wenig Lateinische Grillen-Fänger / unnd unfundierte Scrupulanten« sein Libretto verreißen werden. Manche würden »in Tadlung deß geringfügigen Inhalts / in Beschnarchung der ungleichen Vers, dann in Durchsuchung / der (wegen Kürze der Zeit) gähling eingeschlichenen Fähler / ihren Witz zusammen rueffen«. Die Schlichtheit seines Textes, bei dem er »nit all’ darinn begriffne Wörter auff die Waag« hatte legen können, könne als dem Stoff unangemessen angesehen werden; man würde »die Nasen rümpffen / dass der Context mit so niedrig- und nit etwan / mit Lateinischen Eruditionen, oder / sonst hoch stylisierten Sentenzen eingespickt seye«. Da die Texte »unserem Hoch-Adelich teutschen Frauenzimmer zu schuldigsten Ehren« verfasst worden seien, habe er es aber bewusst darauf verzichtet, »durch ein halb Teutsch- und halb Lateinisches Abentheyer unser teutsch Muttersprach zu ver-
berger jetzt »ein gantz alter Mann, und wassersichtig«; man solle ihm »als ein Beyhilfe woll 5 fl. vergönnen«, denn er sei »allbereith auf den Tod krankh« und müsse ins Spital. Zitiert nach Nösselt 1980, S. 70. 563 Focht, im Druck. 564 Der in verschiedenen Funktionen am bayerischen Hof tätige Freiherr Franz Georg von Leublfing (Leiblfing) gehörte dort zeitweise zu den einflussreichsten Politikern: 1663 wurde er von Kurfürst Ferdinand Maria als Gesandter nach Wien geschickt, 1665 nach Turin; 1676 war er erneut als außerordentlicher Gesandter in Wien, wo er möglicherweise den Auftrag hatte, die Aussichten einer Ehe zwischen Kaiser Leopold und Kurprinzessin Maria Anna zu erkunden. Ab 1665 als Hofrat bezeichnet, erhielt er später die Würde eines Erztruchsess und wurde 1690 von Kaiser Leopold in den Grafenstand erhoben, was Kurfürst Max Emanuel 1701 bestätigte. Siehe Strich 1915, S. 59, Anm. 9. 565 Lisimen und Calliste 1680, Vorwort.
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Giuseppe Antonio Bernabei, La fiera
derben«. 566 Das Ungenügen seines Textes tritt umso deutlicher hervor, als die Handlung 567 den Mustern höfischer Librettistik folgt, was einen Vergleich mit diesen Stücken geradezu herausfordert. Hintergrund des zweiten für den Münchner Hof belegten deutschsprachigen Bühnenwerks, Giuseppe Antonio Bernabeis »Trattenimento Musicale« La fiera (Der Jahrmarkt), ist nach Robert Münster die Vorliebe der Kurfürstin Maria Antonia für die deutsche Sprache. 568 Wahrscheinlich wurde das Stück an 566 Ebd. 567 »Lisimen, ob er schon Anfangs seines Lebens / die Lieb in dem Feld / Calliste aber sie in der Einsamkeit fliehen wolte / verlieben sich doch beyde unverhofft / und schwören an einander eine unsterbliche Treue. Ihre Vergnügnen zerstörete alleinig Climander; so die Gegen-Liebe der Calliste (weil er si mit gutem nit erlangte) durch Gewalt / und all’ erdenckliche Mittel zu erreiche / sich bemühete: dahero er auch Lisimen den Tod schwöret; wird er doch durch selbst eygne Untreu deß Lebens / und seiner verhofften Liebe / unverhofft verlustigt: und ob zwar Lisimen, nach Aussag des beratschlagten Oracul, an seiner Vergnügung allerdings verzweifflete / Calliste ingleichen ihren einzig geliebten Lisimen vor todt beweinete / werden sie doch endlich ihres Unglücks entbunden / und mit dem Ehe-Band / da es keines verhoffte / gebunden. Dahero in dem Titel deß Theatri billich eingeschrieben worden. Was Cupido thut beschliessen /Wird noch endlich g’schehen müssen.« Ebd. 568 Münster 1976, S. 302.
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ihrem 22. Geburtstag, also am 18. Januar 1691, zur Aufführung gebracht. 569 Die Partitur vereint zehn Gesangsnummern für Sopran und Alt in deutscher Sprache, die ohne Rezitative aufeinander folgen. Sie schildern das bunte Treiben auf einem Jahrmarkt, wo Verkäufer Artikel wie Seide, Brokat, Kristall, Silber oder Juwelen bewerben. Bei den sieben Arien und drei als »Aria a due« gestalteten Duetten handelt es sich mit einer Ausnahme um einfache Generalbassarien. Für die Sinfonia und die Ritornelle ist vierstimmiger Satz vorgesehen, wobei auch instrumentale Effekte wie die Gegenüberstellung von Streichern und Bläsern verwendet werden. In ihrer musikalischen Schlichtheit und dem liedhaften, auf Melismen verzichtenden Stil verweisen die wenigen Nummern darauf, dass deutsche Kunst im Rahmen eines am Vorbild Wien und Paris orientierten Hofes nicht darauf angelegt war, den Repräsentationsansprüchen europäischer Hofkultur zu genügen. Die deutsche Sprache war überdies ein Kennzeichen protestantischer Kultur und daher für einen dezidiert katholischen Kontext wie den Bayerns nur bedingt geeignet.
Oper Für das höfische Musiktheater bildete sich nach Erich Reimer generell »ein Normensystem heraus, das die Verwendung verschiedener musiktheatraler Gattungen in Abhängigkeit von bestimmten hierarchisch abgestuften Aufführungsanlässen regelte«. 570 Dabei befand sich in München die Oper italienischer Provenienz neben den Turnierspielen an oberster Stelle. Schauplatz der Aufführungen war das Salvatortheater, das als das erste freistehende Opernhaus Deutschlands gilt. Ab 1729 wurde Oper zusätzlich gelegentlich auf einer Bühne im »ComodiHauß« des Schlosses Nymphenburg gespielt, das zu diesem Zweck mit Bühnentechnik versehen worden war. 571 Nachdem das Salvatortheater bereits 1799 wegen Baufälligkeit geschlossen und 1802 abgetragen worden war, soll es hier kurz beschrieben werden: Es befand sich zwischen der damals noch vorhandenen Stadtmauer mit Jungfernturm und der Salvatorkirche; also in einer gewissen Entfernung von der Residenz, mit der das Theater durch einen gedeckten Gang verbunden war, der bei 569 Münster 1979, S. 1. 570 Reimer 1991, S. 101. 571 Löwenfelder 1955, S. 77.
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schlechter Witterung Schutz bot. Entstanden war es ab 1651 durch den Umbau eines zuvor als Kornspeicher genutzten Gebäudes, an das zwei Anbauten angefügt wurden. Wie die Theaterhistorikerin Gertraud Löwenfelder anhand des in den Kupferstichen des Librettos abgebildeten Proszeniums nachgewiesen hat, wurde das Theater am 12. Februar 1654 mit der Oper La ninfa ritrosa eröffnet. 572 Dabei zeigten sich gravierende Unzulänglichkeiten der Bühnentechnik, zu deren Abhilfe Vorschläge eines »welschen Paumaisters Francisci« eingeholt werden mussten. 573 Nach erneutem Umbau war das Opernhaus nachweislich erst ab 1657 wieder in Betrieb, denn im Textbuch der in diesem Jahr gespielten Oper Oronte wird es als »teatro novissimo« gefeiert. 574 Es verfügte nun über eine moderne Bühnentechnik mit acht Kulissengassen, Flugmaschine und Versenkung, die die Illusionstechniken ermöglichten, die das in diesen Jahren verbreitete Musiktheater venezianischer Prägung erforderte. Die Außenmaße des Gebäudes lassen sich mit rund 30 Meter Länge und 15 Meter Breite rekonstruieren, die Bühnentiefe dürfte rund 10 Meter betragen haben. 575 Nach einer ersten Renovierung aus Anlass des Festes zur Vermählung von Max Emanuel und Maria Antonia durch die Gebrüder Mauro im Jahre 1686 fand 1724 ein weiterer Umbau durch »zwey Theatristen aus Italien« statt, die inzwischen als die Bühnenbildner Giuseppe und Domenico Valeriani identifiziert werden konnten. 576 Hierbei wurden das Logenhaus erweitert und für die Lagerung der Dekorationen »ein Stadl beim opera hauß« errichtet. 577 1737 erfolgte der Einbau einer kleinen Galerie von 10 Fuß Breite und 20 Fuß Länge; Fenster und Türen wurden versetzt sowie eine Kanalisation geschaffen. 578 In dieser Zeit besuchte der Freiherr von Pöllnitz das Opernhaus. Seinem Bericht nach führte die »Schloß-Galerie, so an den großen verdeckten Garten-Gang stösset, […] auch in den ziemlich grossen und erhabenen Opern-Saal. Die Schaubühne kommt mit Kostbarkeit und Pracht des Saals vollkommen überein. Die Auszierungen darauf sind prächtig und in überaus großer Anzahl.« 579 Pläne zu einem weiteren Umbau durch Nikolaus Stuber blieben unausgeführt, da der Bau 1753 mit Eröffnung des von François Cuvilliés dem Älteren entworfenen Resi572 Ebd., S. 18. Nach Rudhart fanden diese Aufführungen noch im Herkulessaal statt. Siehe Rudhart 1865, S. 40f. 573 Zitiert nach Löwenfelder 1955, S. 24. 574 Rudhart 1865, S. 40f. 575 Ebd., S. 19. 576 Zuber 1999, S. 60. 577 Löwenfelder 1955, S. 56. 578 Ebd., S. 76. 579 Zitiert nach ebd.
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Kupferstich von Michael Wening im Libretto Servio Tullio (Theatermuseum, München)
denztheaters seine Funktion als Hofoper verlor. Das Salvatortheater wurde weiterhin für französische und deutsche Schauspiele sowie später für deutsche Singspiele genutzt, da es wegen der einfacheren Bühnentechnik weniger technisches Personal erforderte und daher kostengünstiger zu bespielen war. Im Opernhaus saß das bayerische Herrscherpaar ursprünglich in herausgehobener Position im Parkett auf einem erhöhten, mit Sesseln ausgestatteten Podest, von wo es von allen Zuschauern während der Aufführung gesehen werden konnte. Nach dem Umbau des Theaters im Jahre 1686 verfolgte der Kurfürst die Vorstellungen in der Fürstenloge. Diese ist auf der Innenansicht des Theaters im Libretto der Festoper Servio Tullio zu sehen wie auch die gleichzeitig eingezogene bemalte Flachdecke, die ein schlichtes Holzdach ersetzte. Bei dem Stich von Michael Wening handelt es sich um das einzige bekannte Bilddokument des Theaterinnenraums. Die Loge bot nicht nur bestmögliche Sichtverhältnisse, sondern hob den bayerischen Kurfürsten in noch stärkerem Maße als ein Podest aus dem Kreis der Anwesenden heraus. Dies unterstrich, wer letztlich im Mittelpunkt einer Opernaufführung stand: Für die Historikerin Ute Daniel waren nicht die Sänger die wesentlichen Darsteller, die eigentlichen Protagonisten saßen in der Hofloge. 580 Die Fürstenloge im Salvatortheater griff gleich mehrere Würdeformeln auf, denn die von Säulen eingefasste Öffnung deutet einen Triumph-
580 Daniel 2000, S. 50.
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bogen an, der zusätzlich von einem Thronbaldachin nobilitiert wird. 581 Wenn Max Emanuel in sie hineintrat, bekam auch er einen triumphalen Auftritt, denn die Architektur verklärte seine Präsenz zu einem mythischen Ereignis und überhöhte sie mittels der imposanten Ausschmückung. Nach italienischem Vorbild war das Münchner Opernhaus als dreigeschossiges Rangtheater konzipiert. Die schlechte Sicht auf die Bühne, die heute an diesem Theatertyp kritisiert wird, kam in der Zeit allerdings den Sehgewohnheiten entgegen. Auch wenn nicht von allen Plätzen jedes Detail des Bühnengeschehens verfolgt werden konnte, so wurde der ideelle Zusammenhang des Geschehens in der Fürstenloge und dessen, was auf der Bühne zu sehen war, umso deutlicher. Das Bühnenportal war nicht das heutige »Scharnier zwischen Zuschauerraum und Bühne […], sondern nur eine Art Triumphtor in einem architektonischen Kontinuum von der Loge bis hin zu dem entferntesten Punkt des Bühnenprospekts«. 582 Zudem wurde das ›Schauspiel‹ des Hofstaats im Zuschauerraum, wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, von den Anwesenden kaum weniger aufmerksam verfolgt als das auf der Bühne. Noch 1792 klagte ein französisches Kunstlexikon, dass »die Zuschauer beyderley Geschlechts glauben […], man beraube sie eines Theils ihres Rechts, wenn ihre respective Sehbegierde nicht befriedigt wird. Sie wollen die Bühne, sie wollen die Schauspieler sehen; vorzüglich aber wollen sie selbst einander sehen, und sich wenn man so sagen darf, gegeneinander detaillieren.« 583 Eine von der traditionellen Opernforschung abweichende Sichtweise ist auch aus anderen Gründen sinnvoll. Was in den Augen der Ausrichter der Münchner Hoffeste das Hauptziel von Opernaufführungen war, macht wiederum der Festbericht von 1722 deutlich. Dass in derartigen Texten generell keine Beschreibungen zu finden sind, die modernen Werkanalysen auch nur entfernt nahekommen, liegt nicht nur im Fehlen einer geeigneten Hermeneutik begründet, sondern auch daran, dass eine detaillierte Erfassung des ästhetischen Ereignisses für die Veranstalter offenbar nicht als berichtenswert galt. Der Rang der künstlerischen Darbietung war zwar fraglos von Bedeutung, wird aber stets mit knappsten Worten als besonders herausragend gekennzeichnet. Neben einer Darstellung des Inhalts und der damit zum Ausdruck gebrachten politischen Ziele beschränken sich Aufführungsberichte in Festberichten meist auf die Hervorhebung einer starken Wirkung auf das Publikum. Eine bei diesem Fest aufgeführte Pastorale wird als »vortrefflich« charakterisiert und betont, dass sie 581 Für eine grundsätzliche Diskussion von Fürstenlogen siehe Krückmann 1998, S. 9ff. 582 Ebd., S. 11. 583 Zitiert nach Meyer 1998, S. 18.
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»welches drey actus hatte und die Zuschauer ungemein ergötzte«. 584 Bei einer Aufführung von Pietro Torris Adelaide betonte der Berichterstatter, dass die Sänger sich befleißigten, »durch die Arien, welche sie sangen / ein neues Vergnügen zu geben / worinnen sie auch ihren Endzweck erreichten«. 585 Das durch die Opernaufführungen hervorgebrachte »Vergnügen« der dazu versammelten Fürsten wie auch »vornehmer Standes-Personen« 586 war kein Selbstzweck, sondern in hohem Maße zielgerichtet. Das Musiktheater war wesentlich daran beteiligt, die Hofgesellschaft emotional an den Fürsten zu binden, zumal Oper in Bayern exklusiv an den Kurfürsten gebunden war: Für Mitglieder der Hofgesellschaft war das Salvatortheater der einzige Ort, an dem sie Drammi per musica sehen konnten, sofern nicht Gelegenheit zu einer Reise ins Ausland bestand. Die Hofoper fungierte als eine Art von Erlebnisraum, dessen Aufgabe es war, bei der dort versammelten Hofgesellschaft positive kollektive Stimmungen hervorzurufen. Wie Johann Mattheson unterstreicht, bot gerade die Oper, in der man »einen Confluxum aller Musicalischen Schönheiten antreffen« könne, zahlreiche Gelegenheiten, Affekte darzustellen und damit beim Zuschauer auch hervorzurufen: Da hat ein Componist rechte Gelegenheit seinen Inventionibus den Zügel schießen zu lassen / da kan er auff unzehlige Art Liebe / Eifersucht / Haß / Sanfftmuth / Ungedult / Begierde / Gleichgültigkeit / Furcht / Rache / Tapferkeit / Zagheit / Großmuth / Entsetzen / Hoheit / Niedrigkeit / Pracht / Dürfftigkeit / Stoltz / Demuth / Freude / Lachen / Weinen / Lust / Schmerzen / Glückseeligkeit / Verzweiflung / Sturm / Stille / ja Himmel / Erde / Meer / Hölle / und alle darinn vorkommende Verrichtungen (wenn anders das Gesicht den Ohren nur ein wenig Beystand leisten will) mit tausenderley Veränderungen und Anmuth sehr natürlich abbilden. 587
Letztlich war der Komponist lediglich der Mittler, um die beschriebenen Wirkungen zu erzielen. So wird an Torris Adelaide besonders gewürdigt, dass der Komponist »voller Eifer / Treu und Liebe / die Vergnügung derer Fürsten / denen er zu dienen die Ehre hat / zu befördern bedacht war«. 588 Für die Besucher des Salvatortheaters war nur allzu deutlich, wem sie die durch die Opern hervorgerufene »Ergötzung« zu verdanken hatten: Dass diese allein dem Kurfürsten geschuldet waren, wurde durch seine während der Aufführung stets 584 585 586 587 588
Festbericht 1722, f. J2v. Ebd., f. J3r. Ebd., f. F2v. Mattheson 1713, S. 160f. Festbericht 1722, f. F2v.
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sichtbare und von den Anwesenden beobachtbare Präsenz ebenso deutlich wie dadurch, dass sein Eintreffen im Saal den Beginn der Vorstellung markierte. Die Theateraufführungen zielten darauf ab, die gesellschaftliche Ordnung zu befestigen, und zwar nicht nur durch die bereits geschilderten moralischen Prinzipien der Opernhandlungen und den zeremoniellen Rahmen der Aufführungen, sondern auch durch die Darstellungen zeremonieller Handlungen auf der Bühne. So finden sich in mehr als der Hälfte der Texte Pietro Metastasios Altar und Thronszenen, die die Etikette und Rangordnung abbilden. 589 Die Oper bot sich nach Bernhard Jahn besonders zur Darstellung von Fragen des Zeremoniells an, da Oper und Zeremoniell sich derselben Medien bedienen und durch dieselben Gesetze des Decorums strukturiert werden. 590 Die Opernaufführung fungierte als politisches Medium, indem sie eine Möglichkeit zur Simulation zeremonieller Situationen eröffnete. Die Aufführung war selbst in das Zeremoniell eingebunden, zugleich ahmte die Oper auf der Bühne zeremonielle Situationen (vor allem Krisen) wie deren Lösung durch zeremonielle Mechanismen nach. Die Oper, die im Gegensatz zur lediglich diskursiv verfahrenden Zeremonialwissenschaft über alle Medien des Zeremoniells (Architektur, Kostüme, musikalische Zeichen, Bewegungen im Raum) verfügte, fungierte als »metazeremonielles Medium«. 591 Dem angestrebten Rang des Münchner Hofes entsprechend, befanden sich die im Salvatortheater aufgeführten Drammi per musica immer auf der Höhe der Zeit. Stets standen auch modernes Instrumente zur Verfügung; so findet sich bereits 1690 in der Festoper Il segreto d’amore nel petto del savio als Soloinstrument das Violoncello, das sich in den Orchestern nördlich der Alpen erst nach 1700 allmählich etablieren sollte. Musikinstrumente wurden dabei vielfach aus dem Ausland bezogen; so kamen 1681 aus Paris unter anderem sieben Gamben, später zwei Oboen, eine ›flûte douce‹, eine Musette und eine große Bassflöte. Im Auftrag von Konzertmeister Melchior Dardespin wurden dort 1684 weitere Flöten für die Hofmusik erworben, 592 und 1720/21 kaufte der Comte d’Albert als bayerischer Gesandter dort Jagdhörner, Flöten und Oboen. 593 Nach der Wiederaufnahme des Spielbetriebs im Jahre 1715 594 wurde das Repertoire erneuert 589 590 591 592 593 594
Giuntini 2006, S. 222. Jahn 2005, S. 357. Ebd., S. 357f. Scharrer, im Druck. Hartmann 1973, S. 354. Dass schon kurz nach der Rückkehr Max Emanuels Opern gespielt wurden, belegt eine Anweisung an die Hofkammer, »die aus der Kunstkammer zu den jüngsthin gespielten welschen opera abgegebenen Kleidungen wieder dorthin zu übernehmen«. Rudhart 1865, S. 96.
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und dem neuesten Standard italienischer Opernhäuser angeglichen, die Bühnentechnik professionalisiert, indem allein dafür verantwortliche Beamte eingestellt wurden. 595 Die im Sinne der Reformbemühungen um 1700 gestrafften Handlungen führten auch in den Münchner Opern zu den von anderen Theatern bekannten Veränderungen der Musikdramaturgie. Die dafür notwendige stilistische Wandlungsfähigkeit ist insofern bemerkenswert, als mit Giuseppe Antonio Bernabei und Pietro Torri auf den wichtigsten Positionen der Hofmusik über Jahrzehnte personelle Kontinuität herrschte. Hatten die verwickelten Handlungen des späten 17. Jahrhunderts dazu gedient, »die Vielzahl von Situationen zu motivieren, aus denen Affekte hervorgehen, die sich in kurzen und darum zahlreichen Arien ausdrücken«, 596 so ging die Stringenz der Reformlibretti einher mit einer Reduktion der Anzahl der Musiknummern, die zugleich an Ausdehnung gewannen: In Bernabeis Ascanio (1686) finden sich mehr als 90 meist kurze Arien, zwei Duette und ein Schlusschor bei großer musikalischer Vielfalt an Reihenformen, Strophenformen und unterschiedlich gestalteten Da-capo-Formen. Die Oper geht über in ein Ballett, getanzt von Mitgliedern des Hofstaats. Torris Adelaide (1722) hingegen umfasst trotz der enormen Spieldauer von mehr als sechs Stunden dagegen lediglich 36 Arien ausschließlich in Da-capo-Form mit Streichersatz (eine ist in zwei Fassungen erhalten), ein Duett, ein Terzett, zwei Chorsätze und den Schlusschor; zuvor hörte man im Prolog der Oper zwei Da-capoArien, ein Duett und zwei Chöre. In die Handlung sind Ballettszenen integriert, die von professionellen Tänzern dargeboten wurden. Begleitet wurden diese Veränderungen der Musikdramaturgie durch eine Standardisierung der instrumentalen Mittel wie auch der musikalischen Formen. Die Arien in Münchner Opern des späten 17. Jahrhunderts hatten zwar meist lediglich Generalbassbegleitung aufgewiesen; zur Darstellung starker Emotionen konnten aber auch hier Arien größerer Ausdehnung mit einer aufwendigeren Begleitung (»con strumenti«) verwendet werden. Nach 1715 dominiert gänzlich die Da-capo-Arie mit Orchestereinleitung, die zuvor Situationen mit großem Pathos vorbehalten war. Dies scheint insofern mit der veränderten Dramaturgie in Verbindung zu stehen, als die Handlungen sich nun weit stärker als Die Sekundärliteratur nennt für 1715 eine Aufführung von Alessandro Scarlattis Il Tigrane, siehe Zehetmair/Schläder 1992, S. 260. Dies stützt sich offenbar auf ein ehemals in der Bayerischen Staatsbibliothek befindliches Libretto, das heute als Verlust geführt wird und das im Katalog als bibliothekarischen Zusatz die Ortsangabe »Monaco« trägt. 595 Zuber 1999, S. 63f. 596 Dahlhaus 1992, S. 88.
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zuvor auf Situationen konzentrierten, in denen hohe Personen Entscheidungen mit weitreichender Tragweite zu treffen haben. In den frühen Opern war noch eine Vielzahl von Instrumenten und Instrumentenkombinationen zum Einsatz gekommen; so gebraucht Bernabei beispielsweise in Il segreto d’amore nel petto de savio ausgesprochen individuelle Klangkombinationen: In Melissas »Arie con le viole d’amore« (III/12) finden sich etwa drei getrennte Systeme für Viola d’amore, der Bass ist auf die Violone beschränkt, während Cembali und Theorbe schweigen. In einer Arie für Periandro (III/15) imitiert das Violoncello die Gesangsstimme, nur begleitet von Theorbe und Cembalo. In der Licenza wird die Arie der »Virtù con sotto i piedi La discordia« allein von der solistischen Theorbe sowie Cembalo/Violone begleitet. Zahlreiche ähnliche Beispiele finden sich auch in den anderen Opern Bernabeis und Steffanis, jedoch kaum in den Werken Torris nach 1715. Hermann Junker beobachtet, dass Torri das Streichorchester bevorzugt, und zwar in einem Maße, »dass man häufig das Fehlen von Blasinstrumenten sehr vermisst. Einigermaßen wird der Zuhörer durch die zum Teil wundervolle Behandlung von Soloinstrumenten innerhalb des Streichorchesters versöhnt. Treten einmal Bläser hinzu, so spielen sie bloß eine klangverstärkende Rolle, indem sie gewöhnlich mit den ihrem Umfang entsprechenden Streichern unisono gehen.« 597 Auf die Münchner Oper lässt sich generell die Einordnung in den europäischen Opernkontext übertragen, die Junker zu Torris Bühnenwerken angestellt hat. Danach ging dieser Komponist von der spätvenezianischen Schule aus, macht sich während seines niederländischen Aufenthalts die französische Opernkompositionsweise zu eigen, um sie in seinen darauf folgenden italienischen Hauptwerken für den Münchner Hof geschickt zu verwerten. Scarlatti »verdankt er dabei das flüssige Seccorezitativ, das Accompagnato, die Anlage der Da-capoArie, die er zunächst ganz nach des Neapolitaners Art knapp hält und mit möglichst wenig Koloraturen versieht«; ferner die dialogisierende Form des Duetts, überhaupt des mehrstimmigen Gesangs, während Steffani der Urheber der imitierenden Anlage desselben ist. Den Sinn für die Wirkung breit ausgeführter Chöre sowie frisch und anmutig gehaltener Ballette wurde durch den näheren Umgang mit Jean-Baptiste Lullys Werken gefördert. 598 Durch die Integration von Ballett hoben sich Münchner Opern von denen an anderen deutschen Höfen ab, wo derartige Szenenkomplexe weit seltener Verwendung fanden. »In des Torri seiner Opera waren 2 oder 3 Chöre / wie sonst in 597 Junker 1919, S. 52. 598 Ebd.
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Französischen Opern gebräuchlich«, notierte ein Besucher des Festes von 1722 über Adelaide, »die thaten einen grossen effect, so wohl dem Gehör / als der Kunst nach.« 599 Derartige Ballette finden sich dabei nur in den Opern der am bayerischen Hof angestellten Komponisten, nicht jedoch in den für München komponierten Opern auswärtiger Musiker wie Tommaso Albinoni, Nicola Porpora oder Girolamo Donnini. Für Torris Opern nach 1715, in denen sich vielfach derartige Chor- und Ballettszenen finden, hat Reinhard Strohm den Begriff des »Münchner zeremonialen Stils« 600 vorgeschlagen. Dass dieser Stil auf die Auseinandersetzung mit der in Frankreich gepflegten Tragédie lyrique zurückzuführen ist, wird dadurch belegt, dass er sich bereits in Torris wahrscheinlich noch im französischen Exil entstandener 601 und dort aufgeführter L’innocenza difesa dai Numi andeutet. In München wurde er regelmäßig seit der Umarbeitung von Astianatte (1716) verwendet, für deren Zweitfassung sich in der Literatur der Titel Andromaca (1717) eingebürgert hat (auf dem Librettodruck wird auch diese Oper Astianatte genannt). Hinzugefügt wurden bei der Neufassung mehrere »Ingressi e balli«, die von Jean Pierre Dubreil choreografiert wurden, einem Tänzer, den Max Emanuel aus Brüssel nach München mitgebracht hatte. Der erste Akt wird mit einem »Ballo de’ Greci sbarcarti con Oreste« eröffnet, am Schluss desselben findet sich ein »Ballo di Sogni fausti e di Sogni malaugurosi«. Mentre Oreste dorme appariscono divisi alcuni sogni fausti ed altri malaugurosi. Il Coro de’ sogni fausti ad Oreste Lieto posa, e spera ancor. Che d’Amor ai dardi aurati Cedon l’ire, e gli odi armati Ogni, senno ed ogni cor. Il Coro de’ Sogni malaugurosi ad Oreste Puoi sol vincer con la morte L’aspra sorte e’l tuo dolor. A’ tuoi esempi han congiurato Gli odi infausti con l’Amor, La ragione col furor, Il Dover, i Numi, il Fato. Segue il ballo de’ Sogni. 602
Endlich verjagen die guten die bösen Träume und kündigen damit das Ende der Oper an, die mit der Vereinigung von Oreste und Ermione beschlossen wird. 599 Mattheson 1722ff., Addenda. 600 Strohm 2007, S. 102. 601 Im Manuskript finden sich zahlreiche Anweisungen in französischer Sprache, so wird die direkt in einen Chor übergehende Orcherstereinleitung als »Ouverture« bezeichnet. 602 Astianatte 1717, S. 30.
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Modell für diese Szene und ihre Funktion, das Drama in nuce zusammenzufassen, ist für Manuela Jahrmärker die Traumszene im dritten Akt von Lullys Atys (1676). Da diese Oper im Brüssel der 1690er-Jahre häufig gespielt wurde, muss sie Torri bekannt gewesen sein. Wie beim klassischen Modell Lullys und den zeitgenössischen Vorbildern von André Campra oder André Cardinal Destouches fungieren Torris Aktschlüsse als Verdichtung und Höhepunkt des musikalischen und vermutlich auch des optisch-szenischen Geschehens. 603 In unterschiedlich enger Verknüpfung mit dem jeweiligen Inhalt der Oper finden sich Ballette auch in den auf Astianatte folgenden Bühnenwerken Torris; so dient der »Coro e ballo« am Ende des ersten Aktes von Nicomede (1728) dazu, die Bedrohlichkeit der sich zuspitzenden Situation zu verdeutlichen: »Qui compare il Monte Etna, che dividendosi fà vedere la Fucina di Vulcano dalla quale si vedono uscire ballando molti Ciclopi che con loro istrumenti fabricano i strali per l’Inganno, accompagnato dal Coro.« 604 Diese Szenen machen das Spannungsfeld von italienischer und französischer Oper deutlich, das nach 1715 das Musikleben am bayerischen Hof dominierte. Unter Max Emanuel gab es weiterhin die übliche italienische Festoper, deren Tänze nur in losem Zusammenhang mit der Handlung stehen, an die die Ballette einfach angefügt werden; davon heben sich deutlich die großen Festopern mit den genannten Szenenkomplexen französischer Provenienz ab. Der Anlass für Astianatte ist unklar; offensichtlich ist aber, dass alle weiteren derartigen Opern für Ereignisse von großer politischer Bedeutung bestimmt waren: Adelaide wurde 1722 zur Hochzeit von Karl Albrecht aufgeführt, Amadis di Grecia 1724 zur Geburt seines ersten Kindes, der Prinzessin Maria Antonia Walpurgis, L’Epaminonda zur Geburt des Kurprinzen Max Joseph im Jahre 1727 und Nicomède (1728) aus Anlass des Besuchs des Kurfürsten Franz Ludwig von Trier, auf dessen Wohlwollen Karl Albrecht zu diesem Zeitpunkt besonders angewiesen war. War der Anlass ein einmaliger, wurden in München Opern mit Elementen französischer Repräsentation in Auftrag gegeben, weswegen die auf der Bühne dargebotene zeremonielle Pracht als direkte Pracht- und Machtenfaltung des Auftraggebers zu deuten ist, wozu sich die französische Oper mit ihren Chören, Tänzen und Divertissements weit besser eignete als die rein italienische. Wenn ›nur‹ der Namenstag des Kurfürsten gefeiert wurde, entstanden fast durchgehend italienische Opern üblichen Zuschnitts. 605 603 Zu Torris Nummern- und Szenentypen siehe Jahrmärker, im Druck. 604 Nicomede 1728, S. 29. 605 Jahrmärker, im Druck.
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Turnierspiel Besonders deutlich werden die Affinitäten von höfischer Repräsentation und Theaterinszenierung bei Stücken, die in den Libretti als »Torneo«, »Introduzione a’ Torniamenti«, »Carroussel« und so weiter bezeichnet und die in Ermangelung einer einheitlichen zeitgenössischen Terminologie hier unter »Turnierspiel« subsumiert werden. Die Einführung dieser Theaterform in München stand wie die der Oper mit der Hochzeit Ferdinand Marias in Verbindung; bis ins erste Drittel des 18. Jahrhunderts blieben Turnierspiele in Bayern integraler Bestandteil höfischer Feste. Sie verbanden ein mit militärischen Mitteln geführtes Turnier 606 mit einer Theateraufführung, in der kostümierte Darsteller auftraten und eine Handlung zu sehen war, in der meist Götter der Antike oder Allegorien, gelegentlich auch historische Personen auftraten. Dabei folgten sie einem zuvor genau festgelegten Ablauf, die Aufführungen wurden intensiv geprobt. Eine zentrale Rolle spielten Gesang und Instrumentalmusik, weswegen die Historikerin Helen Watanabe-O’Kelly Turnierspiele als Turnieropern (»Tournament Opera«) bezeichnet. 607 Zum Einsatz kamen weiterhin eine Theatermaschinerie, die spektakuläre Wirkungen ermöglichte, und aufwendige Dekorationen. Um den Zuschauer in Erstaunen zu versetzen, konnte diese sehr vielfältig gestaltet sein und Bewegungen auf dem Wasser, in der Luft und auf der Erde umfassen. Für den Jesuiten Claude François Ménestrier, der Turnierspiele in seinem 1669 erschienen Traité des Tournois, Ioustes, Carrousels, et autres spectacles publics ausführlich darstellt, ermöglichten erst diese Effekte eine überzeugende Darstellung der mit den Stücken zum Ausdruck gebrachten abstrakten Werte und Ideen. 608 Drei Dinge waren nach Ménestrier bei der Konzeption besonders zu beachten: »L’Ordre« (die die soziale Hierarchie in der Aufführung spiegelte), »La Varieté« (die heute als »multimedial« zu bezeichnende Zusammenführung verschiedener Künste) und »La Magnificence« (die den Herrscher überhöhende Prachtentfaltung). 609 Eine zeitgenössische Münchner Beschreibung verdeutlicht gleichfalls den typischen Ablauf eines Turnierspiels. Besonders wird dabei die Absicht deutlich, mit den Aufführungen bei den Zuschauern emotionale Wirkungen zu erzielen (»mit Bewunderung deß zusehenden Volcks«). Nach dem 606 Zum Turnierwesen in Mittelalter und Renaissance siehe Barber und Barker 1989; Barker 1986; Gurlitt 1889; Niemöller 2001; Watanabe-O’Kelly 1992; Vale 1981. 607 Watanabe-O’Kelly 1992. 608 Ménestrier 1669, S. 144. 609 Ebd., S. 46.
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durch den Trionfo-Gedanken geprägten Einzug der Teilnehmer und einer von professionellen Sängern dargebotenen Handlung kommt es zum eigentlichen Turnier: Der Auff-vnd Einzug wird bey herrlicher Music / Trompeten vnnd Paucken-Schall / auch erhöchten Triumph-Wägen mit sonderem Pracht der darauf folgenden / und zu Pferdt mit Lantzen bewaffneten Ritterschaft / durch beede Porten gegen einander genommen / denen nach Musicalischen Streitt in der Mitte / linker Seiths durch ein grosses Thor noch ein anderer in Hof-Musicanten bestehender Auffzug entgegenkommet / und mithin den Zweck des Thurniers oder Ritterspils außstecket: wie danen hiederauff beederseits zu den Waffen gegriffen / jedesmahl von vier vnd vier deß Adels mit Lantzen / Degen / Pistolen vnd Pfeil im schnellisten Pfert-Lauff / mit Bewunderung deß zusehenden Volcks / umb die von Gnädigisten Herrschaft Preyß gegebne verschidene Gewinnet tapffer und Ritterlich gekämpffet wird. 610
Den Beginn derartiger Aufführungen in München markiert das 1654 »im Beysein der verwittibten Churfürstin und über 4000 Zuseher« 611 gespielte Turnierspiel Mercurio e Marte discordi (Text: Giovanni Battista Maccioni; Musik: Giovanni Giacomo Porro). Eine Bildquelle dokumentiert das Fußturnier, das in dem für diesen Anlass temporär überbautem Brunnenhof der Residenz stattfand, der durch das Gesims in der Mitte des Bildhintergrunds identifiziert werden kann. Dem so entstandenen Saal gab man durch Leuchter und Ornamente den Anschein eines riesigen Innenraums, über den der bayerische Hof erst einige Jahre später nach Errichtung des Turnierhauses tatsächlich verfügte. Der Stich zeigt im Bildvordergrund den mit einem großen Federbusch auf dem Haupt auch visuell herausgehobenen Kurfürsten Ferdinand Maria, der gemessen inmitten seiner Mitkämpfer schreitet und so den zahlreichen Zuschauern seine Würde zum Ausdruck bringt. In den folgenden Jahren kam es in München zu zahlreichen Aufführungen, wobei eine stete Zunahme des Aufwands zu beobachten ist. Turnierspiele beschieden sich nicht mehr mit der schlichten Form eines Fußturniers: Beim Besuch Kaiser Leopolds I. im Jahre 1658 fuhren bei Applausi festivi (Text: Maccioni; Musik: Johann Kaspar Kerll) Schiffen nachempfundene Festwagen ein, auf denen unter anderem Kurfürst Ferdinand Maria als die Sonne und sein Bruder Max Philipp als der Mond saßen. Noch beträchtlich überboten wurde der Aufwand vier Jahre später bei Antiopa giustificata (Text: Pietro Paolo Bissari; Musik: Kerll), aufgeführt zum Fest anlässlich der Geburt Max Emanuels. An dem thematisch mit der Festoper Fedra incoronata und dem Feuerwerk Medea 610 Wening 1701, S. 9. 611 Zitiert nach Löwenfelder 1955, S. 23.
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Kupferstich des Turnierspiels Mercurio e Marte discordi (Bayerische Staatsbibliothek, München)
vendicativa eng verknüpften Turnierspiel nahmen mehr als 500 Personen teil, wobei der als die Hauptfigur Solon verkleidete Ferdinand Maria eine der neun Quadrillen anführte. Die Musik sah nicht weniger als 19 Gesangspartien und einen Chor vor. Es war für das im Mittelpunkt der Veranstaltung stehende Turnier charakteristisch, dass militärische Gruppierungen gegeneinander antraten. Aufgabe der Rahmenhandlung war es, diese kriegerische Auseinandersetzung zu motivieren, damit sie anschließend im Turnier ausgetragen werden konnte. Ménestrier betont, dass die Handlungen von Turnierspielen idealerweise militärischen und kriegerischen Charakter haben sollten, »parceque les Exercises, & les Courses […] sont militaires«. 612 Es gebe jedoch auch andere Möglichkeiten: Ainsi si c’est de l’Histoire ou de la Fable, que l’on emprunte ces sujets, il faut choisir entre les combats des Heros, ou des Divinitez. Si on les emprunte de la nature il faut choisir des choses, qui ayent de l’antipathie, & de la repugnance, comme les Vents qui se combattent, les uns les autres dans la nature. Les Temperaments, les Humeurs: les Saisons, qui ont des qualitez opposées: les couleurs: la lumiere, & les tenebres: le jour, & la nuit. Ou celles, qui estant de mesme espece, se peuvent disputer quelques avantage: comme le Rivieres, les Montagnes, les Plantes, les Metaux, les Pierreries. Dans la Morale, les Passions, & les Vices opposez aux Vertus, ou les Vices attaquez par les Vertus. 613 612 Ménestrier 1669, S. 82. 613 Ebd.
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So wurde beispielsweise in Mercurio e Marte discordi verhandelt, ob der weise Prinz Elidauro – gemeint war Kurfürst Ferdinand Maria – mehr der Gelehrsamkeit (Merkur) oder dem Krieg (Mars) zugeneigt sei. Das Stück endete damit, dass Jupiter vom Himmel herabstieg und zwischen den Anhängern der beiden Gruppen Frieden stiftete. 614 Im Gegensatz zu Opern, in denen auf den Herrscher meist lediglich in verschlüsselter Form verwiesen wird, wirkte dieser im Turnierspiel selbst als Akteur mit. Im Januar 1688 wurde beispielsweise in München das Turnierspiel La gloria festeggiante (Text: Luigi Orlandi; Musik: Bernabei) dargeboten. Nach einer einleitenden Theateraufführung mündete das Geschehen in ein Turnier, dessen Teilnehmer durch Veröffentlichung im Libretto namentlich publik gemacht wurden.615 Danach wurde eine der beiden miteinander wetteifernden Gruppen von Max Emanuel angeführt, die andere von seinem Bruder, dem Kölner Kurfürsten Joseph Klemens. Neben diesen Fürsten traten weitere Mitglieder der höfischen Gesellschaft auf, deren Teilnahme Beleg ihrer sozialen Stellung war; darunter befanden sich der französische Gesandte Marquis Louis Hector de Villars und enge Vertraute des Kurfürsten wie die aus Savoyen stammenden Grafen Sanfré, Riviera und Saint Maurice, mit denen er als Kind gemeinsam erzogen worden war. Seguaci del Valore. Sua Altezza Elettorale, Il Serenissimo Elettore Il Sig.re Gran Maestro di Stalla Il Sig.re Marchese Villars Il Sig.re di Rechberg Il Sig.re di Perfall Il Sig.re Conte di Riviera Il Sig.re Cavagliere di Beauveau Il Sig.re Conte di Volkenstain Il Sig.re di Haimbhausen Il Sig.re di Henneberg Il Sig.re Conte Felice di Preising Il Sig.re Ignatio di Fraunhofen Il Sig.re Conte Massimiliano Fuggher Il Sig.re Amadeo di Fraunhofen Il Sig.re Conte di Preising in Veikerzhofen
614 Watanabe-O’Kelly 1992, S. 86. 615 La Gloria festeggiante 1688, S. 15f.
Seguaci della Costanza guerriera. Sua Altezza, Il Serenissimo Duca Giuseppe Clemente Il Sig.re Marchese di S. Mauritio Il Sig.re Gran Maresciallo Il Sig.re Conte Ladislao di Terring Il Sig.re Conte di Sanfre Il Sig.re Baron di Simeoni Il Sig.re Conte Leonardo di Terring Il Sig.re di Castiglia Il Sig.re Baron Hund Il Sig.re di Mugghental Il Sig.re Viguleo di Veichs Il Sig.re Gabaglione Il Sig.re Conte Massimiliano di Tattenbach Il Sig.re di Tan Il Sig.re Conte Ferdinando di Tattenbach
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Turnierspiel
Il Sig.re Conte Antonio Fuggher Il Sig.re Conte del la Tour Maestro di campo
Il Sig.re Baron di Tassis Il Sig.re Conte di Nothasse Maestro di Campo
Mit seinen Auftritten in Turnierspielen folgte Max Emanuel einer erst im frühen 18. Jahrhundert allmählich verblassenden Tradition, nach der souveräne Herrscher ihre eigenen Herrschaftssymbole darstellten, indem sie durch ihr Auftreten ihre Mission und ihren Anspruch sinnfällig machten. In der Mitwirkung des Herrschers an derartigen Veranstaltungen lagen »für die Zeitgenossen keine Herabminderung seiner Würde und kein Herabsinken der Reichskleinodien zum Theaterrequisit. Es war vielmehr der tiefe Ernst darin gesehen, der diesem Effekt und damit dem Theatralischen zugrunde lag.« 616 Die in diesem Kontext aufgeführten Turniere waren Veranstaltungen, bei denen es sich nicht um eine echte Konkurrenz, sondern um mit größtmöglicher Eleganz zu bewältigende »Geschicklichkeitsübungen« 617 handelte. Aus dem kampfartigen Waffenspiel des Mittelalters und der Renaissance war allmählich ein »Gesellschaftsspiel mit Waffen« 618 geworden, eine komplexe Form ritterlicher Übung, die es den Teilnehmern ermöglichte, ihre Kräfte in verschiedenen militärischen Disziplinen wie etwa dem Lanzenstechen zu messen und dies nach außen zu dokumentieren. Im 12. und 13. Jahrhundert hatte man bei Turnieren noch die gleichen Waffen wie auf dem Schlachtfeld verwendet, was vielfach zu nicht mehr hinnehmbaren Verletzungen der Teilnehmer führte. So positiv Turniere nach Ansicht des Zeremonialwissenschaftlers Johann Christian Lünig »zur Beförderung der Tugend angesehen« wurden, »so hatten sie doch auch ihre Gebrechen, und waren vielen Gefährlichkeiten unterworffen«. Denn in der Frühzeit dieser Veranstaltungen ging es »sehr hitzig zu, also dass kein Turnier vorbey lieffe, auf welchem nicht ein oder anderer tapfferer Held seine Leben jämmerlich einbüssen mußte, welches dann die Geistlichkeit veranlasset hat, wider solche Turnier […] sich zu setzen, und dergleichen Blut-Vergiessungen, welche alleine um eitele Ehre zu erlangen geschehen, zu mißrathen«. 619 »Thournoi à thème«, bei denen kostümierte Teilnehmer eine Aneinanderreihung von Handlungsepisoden darboten, hatte es bereits im 16. Jahrhundert gegeben; eine Neuheit des frühen 17. Jahrhunderts war jedoch die vollständige Unterordnung des Turniers unter einen einzigen Handlungsstrang, in dem klar identifizierbare Protagonisten auftreten und der auch mit musikalischen Mitteln illus616 617 618 619
Tintelnot 1959, S. 348. Jung 2001, S. 208. Ebd., S. 204. Lünig 1720, Bd. II, S. 1165f.
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Stich eines Turniers aus dem Jahre 1727 (Bayerische Staatsbibliothek, München)
triert wird. Watanabe-O’Kelly verortet die Herausbildung dieser Gattung im Florenz des frühen 17. Jahrhunderts und erkennt als prägendes Modell das Turnierspiel Erote ed Anterote, aufgeführt im Jahre 1613 am Hofe von Cosimo II. de’ Medici. 620 Ebenso wie durch Auftritte als Tänzer gaben Turnierspiele den Fürsten Gelegenheit, ihre Beherrschung des Körpers zu demonstrieren und sich durch Vortrefflichkeit auszuzeichnen. Der Stich eines Münchner Turniers aus dem Jahre 1727 macht mit den auf beiden Längsseiten des Turnierplatzes aufgebauten und voll besetzten Tribünen deutlich, dass es hierbei um das Vorführen und Zuschauen ging. Die Aufführungen waren voller Symbolik; so verwies das Reiten auf die Ritterlichkeit der Teilnehmer: ›Ritter‹ bedeutet nichts anderes als Reiter. Zugleich dienten die militärischen Kampfspiele aber auch dazu, Männlichkeit zu inszenieren, zumal Frauen fast nur als auf der Tribüne situierte Beobachter teilnahmen. Die Genderforschung hat herausgearbeitet, inwiefern auch Männlichkeit ein kulturelles Produkt ist, das mit Anstrengungen erworben werden muss, wobei sich ein ›richtiger‹ Mann nach landläufiger Meinung gerade durch Kraft, Härte gegen sich selbst und andere sowie durch sexuelle
620 Watanabe-O’Kelly 1992, S. 86f.
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Stich des kurfürstlichen Turnierhauses (Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, Schloss Nymphenburg)
Potenz auszeichne. 621 Gerade das Messen der Kräfte im direkten Vergleich – auf nichts anderes zielen die Turnierspiele ab – ist seit jeher ein probates Mittel gewesen, männliche Stärke zu demonstrieren. Soziale Abgrenzungen brachte das Turnierspiel schließlich zum Ausdruck, indem die niederen Schichten von der aktiven Teilnahme ausgeschlossen waren und in die Rolle des bewundernden Beobachters verwiesen wurden. Mit den Turnierspielen sollte ein umfassenderes Publikum erreicht werden als mit den Opern. Sie fanden daher nicht im Salvatortheater statt, sondern an Orten, die mehr Zuschauern Platz boten. In Abhängigkeit von der je nach Jahreszeit zu erwartenden Witterung fanden sie in den Höfen der Residenz oder in dem von Max Schinnagl 1661/62 erbauten Turnierhaus statt, das auch als Reitschule diente. Ein Stich des Innenraums (siehe oben) macht die großen Dimensionen deutlich. Da das Turnierhaus schon im frühen 19. Jahrhundert im Zuge der Umgestaltung Münchens durch Leo von Klenze abgebrochen wurde, 622 sind über seinen Bau nur spärliche Informationen erhalten. Kurz nach der Eröffnung notierte 621 Vgl. allgemein Gilmore 1990. 622 Rattelmüller 1967, S. 5.
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ein französischer Besucher, dass es zu dieser Zeit über zwei Ränge verfüge: »Le manege touche l’Arsenal, et l’on peut dire de méme que c’est un des plus beaux qui se puissent voir. La Lice ou se font les Carrousels est un long et large couvert, autour duquel regne un double rang de tres belles galeries peintes et enjolivées, et dans toute l’Allemagne on ne voit rien d’aprochand.« 623 Eine spätere Beschreibung dokumentiert den Zustand nach einem Umbau im Jahre 1690, denn hier werden drei Ränge beschrieben. Neben den Maßen des Gebäudes findet sich hier auch der Hinweis, dass in dem Saal fast 10 000 Zuschauer Platz finden konnten: Das Turnier-Hauß ist ein drey gädiges über 80 schuech hohes gebeu / haltet in der Länge 360 in der Breite aber 80 Schuech. Die Oberdecke ist 52 Schuech hoch, und ist diser Platz unten und oben mit zwey grossen Porten / worob Zwey Löwen mit den churbayerischen Wappen-Schild auß Metall gezieret / wie auch beyderseits mit zwey kleinen Thüren / vnd 84 Fenstern; item mit drey Gängen obeinander versehen. Für Ihro Churf. Durchleucht aber hat es ob jeder Porten / und in der Mitte des Turnier-Hauß absonderliche Gäng. Auff den übrigen sehr weiten Gängen / und undenher ist so vil Platz / dass ohne Hinderung der Turnier und Ritterspilen von 9 biß 10 000 Persohnen allda gar bequemlich zusehen können. 624
Das regional verschiedene Längenmaß »Schuh«, vergleichbar der noch heute üblichen Einheit »Fuß«, umfasste in Bayern 29,1859 Zentimeter. Das Turnierhaus hatte demnach eine Höhe und Breite von jeweils 23,3 Metern bei einer Länge von 105 Metern. Angaben über die Häufigkeit von Turnierveranstaltungen in München gibt das von 1717 bis 1734 geführte Turnierbuch Karl Albrechts, welches von rund 30 Turnieren in tabellarischer Form die Ergebnisse der namentlich erwähnten Teilnehmer in den jeweils ausgetragenen Disziplinen wie zum Beispiel Lanzenstechen festhält. Der konkrete Ablauf der Turniere lässt sich daraus nicht erschließen; ebenso wenig gibt die Quellenlage Aufschluss, ob Turniere stets von Theateraufführungen begleitet wurden. Das Turnierbuch gibt jedoch Hinweise, dass nicht nur die die Turniere umrahmenden Theateraufführungen, sondern auch die militärischen Auseinandersetzungen selbst musikalisch begleitet wurden. Auf einer Doppelseite finden sich Oberstimme und Bass von 20 Musiknummern, die 1721 bei einem Verkleidungsturnier mit dem Titel Crotesque oder Lustiges Faßnachts Rennet erklangen. Die jeweils nur wenige Takte umfassenden Musiknummern beginnen mit einem Marsch, dem unter anderem ein Menuett als »balet vor dem Course« folgt: 623 Zitiert nach Trautmann 1888, S. 305. 624 Wening 1701, S. 9.
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Turnierbuch Karl Albrechts
Das klangliche Resultat war vielfältiger, als es das Notenbild vermuten lässt, da in mehreren Nummer Instrumentationsangaben auf die Verwendung eines reichen Arsenals an Blas- und Schlaginstrumenten hinweisen. Dabei bemühten sich die Veranstalter des Turniers um eine klangliche Charakterisierung des Geschehens, die auch Ménestrier als notwendig heraushebt. Danach sind »Trompettes, Tambours, Tymbales, Clairons, Nacaires, Attabales, Cornets, Timbes, Cimbales, Dulcines, Haut-bois, Cromornes, Fifres, Flutes traversieres« geeignete Instrumente für kriegerische Darstellungen, während sich für die »Harmonie des Chars, & des Machines« vor allem »Luths, Theorbes, Guiterres, Musettes, Clavessins, Epinettes, petite Orgues, Violons, Violes, Harpes, Flutes douces« anbieten. 625 Besser beurteilen als die nur fragmentarisch erhaltene Musik der Turniere lässt sich diejenige der im Rahmen von größeren Festen gespielten Turnierspiele. Von einigen Stücken haben sich umfassende Partituren erhalten, die Instrumentalstücke, Arien, Ensembles und Chöre dokumentieren. Stilistisch stehen die dabei verwendeten musikalischen Formen denen der Oper nahe. Auf diese ver625 Ménestrier 1669, S. 169.
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Pietro Torri, Gli Oracoli di Pallade e Nemesi
weisen ebenfalls die durch Rezitative, Arien und Chöre vorangetriebenen Rahmenhandlungen, in denen professionelle Sänger spielten – im erwähnten Turnierspiel La gloria festeggiante traten je zwei Soprane und Alte auf sowie Tenor und Bass. Torris Partitur zu Gli Oracoli di Pallade e Nemesi (1690) beginnt mit einer mehrteiligen Opernsinfonia, auf die Orchesterritornelle, Arien und Duette in Da-capo-Form folgen. Wie in der gleichzeitig gepflegten Oper finden sich in den Turnierspielen gleichermaßen knapp gehaltene Generalbassarien wie ausgedehnte Arien mit mehrstimmigem Orchestersatz, dessen Instrumentation allerdings nicht konkretisiert wird. Lediglich am Höhepunkt des Stükkes, dem Einzug der Turnierteilnehmer, werden mit den Herrschaftssignalen Pauken und Trompeten hierzu detaillierte Angaben gemacht. »A suono di Strumenti militari entrano con il loro Seguito nella Lizza a Cavallo il Valore, l’Ardire, e le Squadre, che devono torniare.« 626 Sie dienten als klangliches Signet (siehe oben), um den Einzug des Regenten auf den Turnierplatz sinnfällig zu machen und die Zusammenführung von mythologischer Rahmenhandlung und Selbstrepräsentation des Hofes auch akustisch zu vergegenwärtigen. Die Partituren der Turnierspiele weichen jedoch in einigen Punkten von der Oper ab. Dabei fällt besonders die hohe Anzahl von Duetten auf; so sind in Gli Oracoli di Pallade e Nemesi Arien und Duette ungefähr gleichgewichtig verteilt. Dagegen werden in den Opern der Zeit Ensembles bekanntlich nur selten verwendet, in Steffanis Niobe etwa finden sich neben 57 Arien lediglich zwei 626 Gli Oracoli 1690, S. 5.
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Duette. Die Häufigkeit von Duetten erklärt sich durch die oben beschriebene Dramaturgie der Turnierspiele, die durch das Aufeinandertreffen widerstrebender Ideen wie hier des »Valore« (Bedeutung) mit dem »Ardire« (Kühnheit) gekennzeichnet ist. Das Aufeinandertreffen miteinander ringender Kräfte prägte neben den kriegerischen Auseinandersetzungen der Kämpfer auch die Musikdramaturgie, wobei Duette neben dem Gegeneinander der wetteifernden Ideen vor allem ihre abschließende Versöhnung sinnfällig machen konnten. Die ausführliche Beschreibung einer Aufführung soll die Konzeption von Turnierspielen exemplarisch verdeutlichen. Bei dem anlässlich der Hochzeit Karl Albrechts mit Maria Amalia von Österreich 1722 im Turnierhaus bei einem »Caroussel« aufgeführten »Componimento poetico« La publica felicità handelt es sich um einen der letzten Münchner Gattungsbeiträge und zugleich um den am besten dokumentierten, denn neben Libretto und Partitur ist eine ausführliche Beschreibung im Festbericht erhalten. Nach Friedrich Carl von Mosers Teutschem Hof-Recht wurden »Caroussels« »nur bey sehr feyerlichen Gelegenheiten gehalten«. Sie hatten »vil mit den Turnieren gemein und seynd eigentlich ein höchst-feyerliches in Ring-Quintan- und anderen Rennen bestehendes Ritter-Spil, wobei die Haupt-Personen in Quadrillen eingetheilt und durch Benennung, Tracht und Farbe voneinander unterschieden werden«. 627 Dass es sich primär um eine Form von Herrschaftsdemonstration handelt, macht auch ihre historische Herleitung im Festbericht deutlich. Danach haben die alten Griechen und Römer »gleich bey dem Anfang ihres Ursprungs diese Schauspiele gehabt / welche sie mit den prächtigsten Ceremonien hielten / und die ihren Feinden abgenommenen Beute dahin gleichsam in Triumph brachten«.628 Affektive Wirkungen sollte nach der Schilderung des Festberichts bereits die bloße Präsenz des Hofadels hervorrufen, der um sich eine Aura von Auserwähltheit verbreitete. Die Souverainität der hohen Häupter / die Beschaffenheit der Ritter / die Aufrichtigkeit der Richter / die Treu der Zeugen / die Pracht der Kleider / die Schönheit der Pferde / die Kostbarkeit des Geschirrs / die Triumph-Wägen / die Vortrefflichkeit der Music, die Kunst der Maschinen / die Menge der Pagen, Laqueien und Domestiquen, welche alle auf das Kostbarste gekleidet waren / die Harmonie der Trompeten und Paucken / und die Kostbarkeit der Gewinner waren also beschaffen / dass man alles dis nicht genung bewundern kunte. 629
627 Moser 1754, Bd. II, S. 568. 628 Festbericht 1722, f. H1.v 629 Ebd.
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Pietro Torri, La publica felicità
Wie der Festbericht mittels zumeist im Superlativ gehaltener Beschreibungen zu vermitteln versucht, zielten die Aufführungen auf Überwältigung ab: Die »vielen Bilder / Statuen / Wägen / Pferde / Maschinen / und Personen / aus denen diese prächtige Aufzüge bestanden / machten in Wahrheit das allerherrlichste und vortrefflichste Schauspiel«. 630 Die Musik diente gleichfalls dazu, das Besondere des Geschehens hervorzuheben; das Beherrschende und Ergreifende einer Atmosphäre ist generell nicht ihrer semiotischen Entschlüsselbarkeit geschuldet, »sondern dass der Zuschauer ›von ihr umfangen und umgeben‹ wird: er ›taucht in sie ein‹«. 631 Torris Musik fungiert in La publica felicità als eine Art 630 Ebd. 631 Schouten 2007, S. 110.
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von Schauspielmusik, wenn etwa am Ende des Stückes ein Marsch (siehe linke Seite) – der erst von Bläsern und Schlagzeug, dann vom gesamten Orchester erklingt – dem Auszug der Reiter nicht nur zusätzliche Würde und Gemessenheit verleiht, sondern überdies die Geschwindigkeit koordiniert. Raumwirkungen wurden auch durch die sorgsam kalkulierte Verteilung der Musiker erreicht, die auf den aufwendigen Dekorationen platziert waren. Der Bühne gegen über / wo die Chur-Printzessin sasse / hatte man eine überaus schöne und sinnreich erfundene Maschine aufgerichtet / welche aus einem grossen / beleuchteten Gewölcke mit vielen Sternen bestande / in dem einem / welches / die allerhelleste war / wurde die Liebe vorgestellet. Mitten in diesem Gewölcke sasse der Gott Hymen mit einer brennenden Fackel in der Hand / und unbeschreiblich viel Musici, welche verschiedene Chöre machten / und um dieses grosses Gewölcke herum ihren Platz hatten. 632
Der vom Altkastraten Antonio Bernacchi verkörperte Hymen, der Gott der Hochzeit, wurde in den Künsten meist »fürgestellt als ein Jüngling mit einem Krantze von Blumen und Majoran, so in der rechten Hand eine Fackel, in der lincken aber einen Flammeum oder Schleyer, und an der Füssen Safran-gelbe Socken hatte«. 633 Weiter traten auf die »Allgemeine Glückseligkeit« (La publica felicità), »Ruhm« (La Gloria), »Ehre« (L’Onore), »Verdienst« (Il Merito) und »Renommee« (La Fama). Deren Kostümierung folgte wahrscheinlich den tradierten Mustern. 634 Die Aufführung begann mit einem Prolog, wobei der Festbericht sich als ungenau in der Anzahl der Musiknummern erweist. Auf eine kurze Sinfonia in D-Dur, in der Pauken und Trompeten verwendet werden, folgten ein Chor, Rezitativ und Arie des Imeneo sowie ein weiterer Chor. Unter dem Schall der Trompeten und Paucken nahm der Prologus seinen Anfang / dessen erste Aria von denen Bayrischen Schutz-Göttern abgesungen wurde. Hierauf verschwande das Gewölcke mit dem Gestirn / und bliebe das / in welchem sich die Liebe und der Gott Hymen befand / allein noch übrig. So dann erschiene die allgemeine Glückseeligkeit zu oberst der Maschine auf einem prächtigen Thron. Nachdem nun viele Arien von verschiedenen Chören zum Lobe der hohen Vermählung abgesungen worden / öffneten sich die zwey grossen Thore der Reit-Schul zum Einzug der Ritter. 635 632 Ebd. 633 Hederich 1724, Sp. 1060. 634 Danach war die Göttin Fama »mit Flügeln und zwar mit weissen gebildet, wenn sie etwas wahres, mit schwarzen aber, wenn sie etwas falsches brachte. Sonst aber war sie über und über mit Federn, unter denen ieden sie aber auch ein Auge, wie nicht minder darbey so viel Ohren, Mäuler und Zungen hatte.« Ebd., Sp. 897. 635 Festbericht 1722, f. H.v.
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Nun zogen die vier Reiterquadrillen ein, wobei jeder Quadrille eine der allegorischen Figuren zugeordnet war. Angeführt wurden sie von Kurfürst Max Emanuel (»Ruhm«), Kurprinz Karl Albrecht (»Ehre«) und den Prinzen Ferdinand (»Verdienst«) und Klemens August (»Renommee«). Bei den weiteren im Festbericht namentlich genannten Teilnehmern handelte es sich um ausgewählte Mitglieder des Hofstaats. Die Zusammenstellung der Quadrillen beachtet dabei die einleitend erwähnten Kategorien von Ordnung, Vielfalt und Pracht. Es war dieses Carrousel in 4. Quadrillen eingetheilet / wovon eine jede Gottheit auf einem Triumph-Wagen hatte. Die erste war dem Ruhm gewidmet / und in Feuerfarbenen Sammet gekleidet / mit schwartzen Aufschlägen / und Gold bordiret / auch über und über mit Jubelen besätzt. Die andere Quadrille war der Ehre gewidmet und blau mit Gold gekleidet / auch mit Jubelen gezieret. Die dritte war gewidmet dem Verdienst / und ihre Kleider waren Himmel-blau mit Silber und Jubelen. Die vierte aber der Renomée, und hatte Perlen-farbene Sammetne mit Silber und Edelsteinen gezierte Kleider an. Vorher ritten 16. Trompeter und 4. Paucker / und vor jeder Quadrille wurde derselben Gottheit auf einem Triumph-Wagen geführet / an dem 4. Pferde neben einander gespannet waren / welche von kostbar gekleideten Sattel-Knechten geführert wurden. Hierauf kamen die Parade-Pferde eines jeden Haupts von der Quadrille, deren Zeug und Decken ungemein kostbar waren / dann die Laqueyen zu Fuß / hernach die Pagen, und alsdenn ein jedes Haupt mit seinen Rittern / vor denen ihre aufs prächtigste gekleideten Diener vorher marschirten. Alle diese Ritter stelten sich mitten in der Reit-Schule in Schlacht-Ordnung / worauf die 4. Gottheiten anfungen zu singen / denen die Chöre folgten / und eine unvergleichliche Harmonie hören liessen. 636
Nach einem einleitenden Rezitativ der »Allgemeinen Glückseligkeit« und einem Chor sang jede der allegorischen Figuren in der Reihenfolge des Einzugs der dazugehörigen Quadrille eine Arie – den Anfang machte der Max Emanuel zugeordnete »Ruhm« –, auf die jeweils ein homophoner Chor folgte. Dieser Abschnitt wurde abgeschlossen durch einen Chorsatz, der die im Raum verteilten Teilchöre vereinte. Inhaltlich beziehen die Texte sich auf den Huldigungszweck des Festes, wie auch das »Carrousel an sich selbst ist allezeit eine allegorische und emblematische Invention [ist], um die Verdienste der Fürsten dadurch zu verehren, oder sie zu unterrichten« 637 Das »Renommee« etwa stimmt einen Preisgesang auf die bayerischen Helden an, nur von Max Emanuel müsste selbst er schweigen: Dessen Tugend sei so groß, dass man sie nicht in Worte fassen könne. Über das eigentliche Turnier berichtet der Festbericht nur knapp. Hierbei standen Aspekte der Körperbeherrschung der Teilnehmer im Vorder636 Festbericht 1722, f. Hr. 637 Ebd.
Turnierspiel
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Pietro Torri, La publica felicità
grund, die man »man nicht genug bewundern« konnte, denn »kein Ritter / der nicht mit der Lantze seine Stärcke / mit dem Wurf-Pfeil seine Geschicklichkeit / mit dem Pistohl seine Fermeté und mit dem Degen seine Hurtigkeit gezeigt hätte«. 638 Nach Ende des Turniers formierten sich erneut die Reiterquadrillen, und es wurden Preise verteilt. Im Festbericht zeigen sich wieder Unschärfen, 638 Ebd., f. H2r.
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wenn bei der Beschreibung der Fortsetzung der Aufführung von »unterschiedlichen Arien« zu lesen ist: Indem man nun mit Austheilung der Gewinne beschäftiget war / sangen indessen der Gott Hymen und die allgemeine Glückseligkeit unterschiedliche Arien, welche von ihren Chören repetirt wurden / und die Chöre insgesamt unterliessen keines weges unter der angenehmen Harmonie aller Instrumenten / zum Lobe der hohen Neuvermählten zu singen / biß die Ritter wieder aus der Reit-Schule waren / um sich unter dem Schall der Trompeten und Paucken / welche sich vor ihnen stets hören liessen / wieder nach Hof zu begeben. 639
Nach einem Rezitativ folgte ein Duett von Imeneo und La Publica felicità, das gleichsam als Zielpunkt der Aufführung die solistischen Gesangsdarbietungen abschloss. Die Personifikationen der Ehe und des allgemeinen Wohles machen dabei die so überaus lobenswerte Verbindung der Wittelsbacher und Habsburger auch musikalisch sinnfällig. Der dargestellten Bühnensituation gemäß findet in dem homorhythmischen Duett, bei dem beide Stimmen denselben Text simultan in parallelen Terzen und Sexten vortragen, keine Auseinandersetzung statt; wie zahlreiche ähnliche Duette lässt es sich eher »als eine Art Antidialog beschreiben, indem die besondere Situation der Affekt-Identität keinen sich zuspitzenden Dialog mehr zuläßt, sondern gerade die lösende, kontemplative Uniformität des Zwiegesangs im Sinne einer Aria a due hervorzwingt«. 640
Kantaten Neben der Opera seria und dem Turnierspiel, die Anlässen besonderer Bedeutung vorbehalten waren, wurde in München auch eine Vielzahl kleinerer dramatischer Kompositionen unterschiedlicher Faktur aufgeführt. Von der Forschung wurde dieses Repertoire bisher kaum beachtet; noch Hermann Junker belässt es in seiner Untersuchung der Kompositionen Pietro Torris bei dem Hinweis, die »Bedeutung« dieser Stücke sei »zu gering, um länger dabei zu verweilen«. 641 Zudem lassen sich genaue Aussagen über die Häufigkeit der Aufführungen derartiger Kompositionen am bayerischen Hof kaum treffen, wobei die Quellenlage auf eine im Vergleich zu den Drammi per musica erheblich geringere Anzahl hinzuweisen scheint. Allerdings dürfte dieser Eindruck allein der 639 Ebd. 640 Becker 1980, S. 83. 641 Junker 1920, S. XXVI.
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Überlieferungssituation geschuldet sein; so sind etwa zahlreiche Partituren aus dem Zeitraum von 1688 bis 1692 erhalten, während sonst oft für mehrere Jahre keinerlei Quellen erhalten sind. Erschwerend kommt hinzu, dass vor 1715 außer Opernlibretti offenbar nur die Textbücher zu Turnierspielen gedruckt wurden, nicht aber die weniger gewichtiger kleinerer Kompositionen. Hinweise darüber, dass derartige Stücke dennoch häufig zu sehen gewesen sein müssen, gibt das Programm der Hochzeit von 1722, das sie in dichter Folge aneinanderreiht. Dort wurde am 23. Oktober »auff dem Canal nacher Dachau gefahren« und »einem kleinen Pastorale beygewohnet«, am 26. Oktober in Starnberg eine »Serennata« gehört, am 29. Oktober im Schloss Nymphenburg die Kantate Gli applausi delle muse besucht und auch am folgenden Tag eine weitere Pastorale »auff dem Theatro […] gehalten«. 642 Die musikhistorische Einordnung wird weiterhin durch das Fehlen einer einheitlichen zeitgenössischen Terminologie erschwert, denn Bezeichnungen in den Titeln verweisen eher auf die Funktion der Stücke als auf ihre Struktur. Vielfach verweist der Titel auch auf den Anlass der Aufführung: Zur Hochzeit des Prinzen Ferdinand Maria mit Maria Karolina von Pfalz-Neuburg im Jahre 1719 wurde eine Kantate gespielt, die schlicht mit Epitalamio (Hochzeitsgedicht) bezeichnet ist. Der in diesem Falle lediglich begrenzten politischen Bedeutung gemäß ist die kurze Festkantate schlichter Machart und verlangt nur vier Solisten und Chor. Tafelmusik bezeichnet »keine bestimmte musikalische Gattung, sondern ist ein funktionaler Begriff, hinter dem sich theoretisch jede musikalische Gattung und Form verbergen kann«. 643 Nicht als eine Gattung kann auch die Serenata bezeichnet werden, die Johann Gottfried Walter definiert als »eine NachtMusic, oder Abend-Ständigen; kommt her von Serenare oder Serener hell und klar werden«. 644 Der Begriff sagt aber nichts über die konkrete Realisierung aus, die abhängig vom Anlass als Ode (Strophenarie), Madrigal, Kantate oder allegorisches Spiel strukturiert sein konnte. 645 Diese Akzentuierung der Funktion wird durch Bemerkungen des Zeremonialwissenschaftlers Julius Bernhard von Rohr gestützt, für den »Serenaden […] gewisse Abend-Musicken [sind], die bey Fackeln durch Menschen-Stimmen und Instrumenta überbracht und vorgestellet werden«. 646 Seine Bemerkungen zeigen weiterhin, dass die Stücke nicht kon642 643 644 645 646
Entwurff 1722, S. 6f. Clostermann 1994, S. 143. Walter 1955, S. 53. Hirschmann 1994, S. 89. Rohr 1733, S. 785.
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zertant dargeboten wurden, sondern sich mitunter durch einen erheblichen szenischen Aufwand auszeichneten. Serenaden sind entweder simpler oder zusammengesetzt, historisch und allegorisch. Die simplen bestehen in der blossen Music, die historischen aber stellen zugleich eine ganze Historie vor, die sich zu einer ieden Solennität schickt. Die Personen sind auf eine besondere Weise gekleidet, es werden heydnische Götter und allerhand Maschinen mit dabey angeführt. Die Sänger und Sängerinnen formieren bey viel tausend Fackeln besondere Figuren, u.s.w. 647
Silke Leopold schlägt vor, den Begriff Kantate als eine nicht generell festgelegte Abfolge von Rezitativen und Arien, bisweilen auch Instrumentalstücken und Chören zu verstehen. Darunter befanden sich größere Werke mit dramatischer Handlung allegorisch-mythologischen Inhalts, die vor geladenem Publikum im Garten eines Palastes oder in einem Festsaal, nicht aber im Theater gespielt wurden. 648 Für Reinhard Strohm lassen sich trotz oft fließender Grenzen unterscheidbare Formen herausarbeiten: Von der mehraktigen Oper trennt er die rein panegyrischen, einteiligen Stücke, die als Einleitungen/Prologe den Dramen, Balletten, Turnieren oder andern Veranstaltungen vorangestellt waren oder auch für sich aufgeführt werden konnten. Bei diesen oft szenisch mit Kostümen aufgeführten »Kantaten und Prologen« handelte es sich um »auf mehrere Sprecher verteilte zelebrative Ansprachen oder Debatten nach Art des tensone (oft auch contesa genannt), die eine zeremonielle, gegenwärtige Funktion hatten und je nach Funktion in Huldigungschöre, in Aufforderungen zum Tanz oder zum Turnier münden konnten«. 649 Besonders deutlich werde die Abgrenzung von der Oper im Falle der Verwendung von Präsens-Partezipien im Titel wie »festeggiante« oder »trionfante«, die andeuten, dass eine sich gerade vollziehende Zeremonie dargestellt wird. 650 Bei aller Heterogenität der Stücke bleibt für den hier untersuchten Münchner Kontext als äußerliches Abgrenzungsmerkmal gegenüber der Oper festzuhalten, dass sie – mit Ausnahme der einem Dramma per musica vorangestellten Prologe – in der Regel nicht auf der Bühne des Salvatortheaters, sondern in anderen Räumlichkeiten der Residenz oder sogar weiteren Schlössern der Wittelsbacher zur Aufführung gebracht wurden. Hierbei wäre zuerst das Schloss Nymphenburg zu nennen, das damals noch außerhalb der Stadt lag und den Wittelsbachern als Sommerresidenz diente. Der Radius derartiger Darbietun647 648 649 650
Ebd., S. 785. Leopold 1985, S. 85. Strohm 2007, S. 9. Ebd.
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gen reichte bis in die von München weit entfernte Oberpfalz. Ein Eintrag auf dem Einband der Partitur der bereits erwähnten Serenata I pregi de la Primavera belegt, dass diese im Juni 1691 auf der südlich von Weiden gelegenen Burg Leuchtenberg gespielt wurde. In den Schlössern kamen auch die offenbar nie im Salvatortheater gespielten pastoralen Stoffe zur Aufführung; 1722 wurde beispielsweise in Dachau das »Drama pastorale« Dafni aufgeführt, das als Schauplatz nennt: »La Scena è in Arcadia«. Während Drammi per musica die Taten fiktiver, nach historischen Vorbildern modellierter Herrscher behandeln, beziehen sich Kantaten inhaltlich meist auf den realen Fürsten. Die von Torri vertonte Serenata I pregi de la Primavera etwa schildert die im Frühling erwachende Natur und preist die Kurfürstin sowie die kurfürstliche Ehe. Die in den Stücken auftretenden Allegorien versinnbildlichen Tugenden, die den Gefeierten zugeschrieben werden sollten. Noch in der Mitte des 18. Jahrhunderts, als allegorische Figuren bereits weitgehend aus den Opern verschwunden waren, fanden sie sich weiter in Huldigungskantaten. Zur Geburtstagsfeier Karl Albrechts vertonte Bernardo Aliprandi beispielsweise die »Festa teatrale« Apollo tra le muse in Parnasso von Perozzo di Perozzi, die in Nymphenburg am 6. August 1737 aufgeführt wurde. Der Huldigungscharakter wird bereits durch das Maria Amalia gewidmete vorangestellte Sonett deutlich gemacht, welches mit dem Stoff des Stückes in enger Verbindung steht. Wie der Titel umreißt, treten dort Apollo und die nach der griechischen Mythologie in seinem Gefolge reisenden neun Musen auf, die Töchter des Zeus und zugleich Schutzgöttinnen der Künste: Kalliope (die Muse der epischen Dichtung), Melpomene (die Muse der tragischen Dichtung), Thalia (die Muse der komischen Dichtung), Euterpe (die Muse der Lyrik), Terpsichore (die Muse der Chorlyrik und des Tanzes), Erato (die Muse der Liebesdichtung), Polyhymnia (die Muse der Hymnendichtung), Klio (die Muse der Geschichtsschreibung) und Urania (die Muse der Sternkunde) feiern Karl Albrecht, der sich damit als Förderer der Künste inszeniert. Die Faktur der Stücke richtete sich nach den am Aufführungsort vorhandenen Möglichkeiten, an denen meist keine voll ausgestatteten Theater zur Verfügung standen, sowie an der Bedeutung des Anlasses, mit dem Besetzung, Länge und Inhalt zu korrelieren hatten. In der Regel blieben die verlangten Mittel und die zeitliche Ausdehnung dabei hinter denen eines Dramma per musica zurück. Wie vielfältig die Strukturen derartiger Kompositionen ausfallen konnten, macht der Vergleich dreier Stücke deutlich, die alle den bezeichnenden Titel Gli dei festeggianti tragen. Max Emanuel ließ mit Stücken dieses Titels 1688 seinen Geburtstag und 1715 seinen Namenstag begehen; das Stück von 1721 erklang
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zum Geburtstag des Kurprinzen Karl Albrecht. Die ersten beiden Stücke stehen in Verbindung mit Balletten, die von Angehörigen des Hofadels getanzt wurden. Die wahrscheinlich von Giuseppe Antonio Bernabei stammende Partitur von 1688 trägt die Bezeichnung »Introduzione à 3 Balli«. Die Partitur gliedert sich in drei Akte, von denen der erste und dritte jeweils vier Szenen umfassen, während der zweite lediglich zwei Szenen umfasst. Schauplätze sind eine »Piaggia deliziosa sotto al Monte Olimpico«, »Isola con Grotte, nei quali abitano Eolo ed i venti« und »Tempio di Pallade circondato di Palme, e di Allori«. In ihnen treten zwölf allegorische Figuren auf, darunter Jupiter, das Schicksal, der Triumph oder die Unsterblickeit, die allesamt von hohen Stimmen (also wahrscheinlich von Kastraten) gesungen wurden. Funktion des Stückes war es, auf die im Titel genannten Ballette hinzuführen, denn die letzte Szene geht unmittelbar in ein Menuett über, als dessen Urheber Tanzmeister Melchior Dardespin genannt wird; es folgen weitere Tänze. 1715 war der Tanz dagegen bereits in das Stück integriert. Die Szenerie zeigte hier eine idyllische Landschaft bei München, der Fluss Isar und Nymphen feiern den glücklichen Tag. Die Jagdgöttin Diana eröffnet den Reigen mythologischer Figuren und leitet sogleich zum ersten der drei von Gesang begleiteten »balli« über. Es tanzen ihre Genien, die von vier Söhnen des Kurfürsten (Philipp, Ferdinand, Klemens und Theodor) und drei weiteren Adligen (Ferdinand und Clemens von Tering, Alois von Fugger) verkörpert wurden. Im zweiten Akt gibt Apollo den Anlass zum Tanz, als er seine Musen dazu auffordert. Diese sind die Prinzessin Marianne von Bayern, Eleonore von Preysing, Marianne und Antonie von Neuhaus, Eleonore von Taufkirchen, Violante von Tering und Eleonore von Perfald. Pallas leitet im dritten Akt kriegerische Helden zum Tanz an, die sich wiederum aus den Familien des Hofstaats rekrutierten, denn neben Kurprinz Karl Albrecht agierten Maximilian von Baumgarten, Franz von Neuhaus, Maximilian von Preysing und Maximilian von Perfald. Die Bestimmung des dritten Stückes, eine Kantate gleichen Titels mit Musik von Torri, klärt ein Hinweis auf der Partitur: »Anniversario per la nascita di Sua Altezza Ser.ma Carlo Alberto Principe Elettorale 1721«. Der Anlass hatte geringere dynastische Bedeutung als der Geburtstag des Kurfürsten im Jahre 1715, der Aufwand ist folglich geringer. Es folgen Rezitativ und Da-capo-Arie der Jagdgöttin Diana (Sopran), des Kriegsgottes Mars (Alt), des »L’Eroico valore« (Sopran), des Apollo (Sopran) und von »L’ardire consigliato« (Tenor); ein Chor der Solisten beschließt die Kantate. Beschränkung prägt auch die instrumentalen Mittel: Verwendet werden lediglich Streichersatz sowie zwei Corni da caccia, die als Instrumente der Jagd die Arie Dianas sowie Sinfonia und Schlusschor illustrieren.
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Befestigung der sozialen Ordnung Wenn in dieser Arbeit von Festen die Rede ist, dann wird nicht auf die umgangssprachliche Verwendung des Wortes abgehoben: auf ausgelassene Fröhlichkeit mit Freunden. Ein Vergnügen dürften die außerordentlich strapaziösen Veranstaltungen keineswegs immer gewesen sein, zumal die Teilnahme dem Einzelnen keineswegs freigestellt war; denn es wurde genau registriert, wer sich den Veranstaltungen zu entziehen suchte. 651 Feste werden heute gedeutet als zeremonielle und rituelle Handlungen, die der »rituell-zyklischen Erneuerung« 652 des Zusammenhalts der Gesellschaft und der ihr zugrundeliegenden Prinzipien dienten. Bis zum Abklang des Absolutismus dienten Feste vor allem als Kundgebung der Staatsmacht, »ähnlich wie die festliche Ausfahrt des Bucintoro in Venedig und die Vermählung des Dogen mit dem Meer«. 653 Sie waren »politische Veranstaltungen, bei denen die Gesamtheit der Ideen, die den Staat und die Gesellschaft belebten, veranschaulicht wurden«. 654 Eine Untersuchung von Hoffesten zeigt zudem die enge Verzahnung von politischer Geschichte und Kulturgeschichte, 655 die früher eher als Gegensatz angesehen wurde, denn »symbolische« und »reale« Politik lassen sich kaum strikt trennen. Wie an anderen Höfen, standen die großen Feste auch in München zumeist mit einer Hochzeit von Mitgliedern des Herrscherhauses in Verbindung, die neben Regierungsantritten neuer Herrscher die einschneidendsten Ereignisse darstellen. Denn wie »die Verbündnisse und Vermählungen grosser Prinzen eine Stütze ihrer Durchleuchtigsten Häuser zu nennen [sind] / so verkündigen
651 Ludwig XIV. legte besonderen Wert auf die vollständige Anwesenheit seines Hofstaats bei höfischen Veranstaltungen. Dies drückte sich unter anderem darin aus, dass er den Nichten des Herzogs von Duras versagte, die abendliche Theateraufführung zu schwänzen und an das Totenbett des Onkels zu eilen. Sie zeigten sich daher am Abend kurz im Theater, um es unter dem Vorwand, keinen Platz zu bekommen, umgehend wieder zu verlassen. Siehe Kolesch 2006, S. 86f. 652 Münkler 1995, S. 218. 653 Tintelnot 1955, S. 338. 654 Straub 1969b, S. 201. 655 Siehe dazu allgemein Stollberg-Rillinger 2005.
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sie auch die Ruhe ihrer Länder und das Glück ihrer Untertanen«. 656 In der Regel korrelierte die Prachtentfaltung mit der politischen Bedeutung der neu eingegangenen Verbindung. Die Theateraufführungen waren Teil umfassender Programme, die antike Mythologie und christliche Ideen zu verbinden suchten. Aufgrund ihrer Anlassbezogenheit sind für Jörg Jochen Berns weder das höfische Gesamtfest noch seine einzelnen demonstrativen Bestandteile wiederholbar, denn in seinem lehrhaft-demonstrativen Anspruch war das Fest »so sehr auf den dynastiegeschichtlich akuten Fall, den existenziellen casus, fixiert, dass seine Aussage durch Wiederholung sinnentleert würde«. 657 Im Idealfall waren die Veranstaltungen durch gemeinsame Inhalte und Themen miteinander verbunden. So verknüpfte Pietro Paolo Bissari, der das Münchner Fest zur Geburt des lang ersehnten Thronfolgers Max Emanuel im Jahre 1662 entwarf, die zentralen Veranstaltungen durch das Auftreten des antiken Helden Theseus, der sinnbildlich für den neugeborenen Kurprinzen stand. In der Oper Fedra incoronata exemplifiziert eine Folge galanter und heroischer Episoden am Beispiel des Helden Theseus »den in allen Lebenslagen als gesellschaftlich-heroisches Ideal sich bewährenden Galanthomme«. 658 Im Turnierspiel Antiopa giustificata wird Medeas Rache an ihrem Stiefsohn Theseus vorbereitet, um im Feuerwerksdrama Medea vendicativa ausgetragen zu werden. Die dort mit pyrotechnischen Mitteln erzeugten Schreckensbilder gipfeln in der Zerstörung der dargestellten Welt, »aus deren Trümmern die zur Apotheose verklärte Erscheinung eines starken, all diese Fährnisse überwindenden Heroen aufblüht: nun nicht mehr die symbolische Gestalt des Helden Theseus, sondern der unmittelbar affirmierte Kurprinz Max Emanuel«. 659 Neben den nur bei besonderem Anlass ausgerichteten Großveranstaltungen gab es in München im Jahresablauf zahlreiche kleinere Veranstaltungen, die auch als Feste bezeichnet werden können. Auch dabei wurde mitunter erheblicher Aufwand betrieben, wie die Beschreibung der Veranstaltung deutlich macht, die 1733 anlässlich des Münchenaufenthalts des Kölner Kurfürsten Klemens August ausgerichtet wurde. Es mündete in einer Seeschlacht auf den Kanälen in Nymphenburg: Um 5 Uhr gingen neun Zug Condolieren und zwei Küchenschiffe gegen die Schießhütte auf dem Kanal zu attaque über. 5/4 Stunden wurde dabei gefeuert. Von den 656 657 658 659
Festbericht 1722, F. A.r. Berns 1984, S. 305. Schläder 1999, S. 43. Ebd.
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70 Batterien wurden über tausend Schuss abgefeuert. Es ist bei diesem Fest großzügig geklatscht worden. Gottlob ist nur einer der Beteiligten gestorben. Nachts wurde ein Feuerwerk [abgebrannt], über eine Stunde gedauert, danach Soupee an fünf Tafeln und Damasttüchern gehalten. Danach Ball. Es wurde bis 3 Uhr früh gefeiert. 660
Die Musiktheateraufführungen waren stets Teil von Festen; so wurden im Karneval »alle Mondtäge italienische Opern mit aller Pracht und Kunst gegeben«. 661 Unter Max Emanuel wurde Oper jeweils an seinem Namenstag (12. Oktober) gespielt, da der Geburtstag (11. Juli) für Opern wenig geeignet war: Im Sommer hielt sich die kurfürstliche Familie meist außerhalb Münchens wie dem damals noch weit vor der Stadtgrenze gelegenen Schloss Nymphenburg auf. Nach dem Regierungsantritt Karl Albrechts fanden Operaufführungen meist am Geburtstag von Kurfürstin Maria Amalia (22. Oktober) statt. Wegen der dort zahlreichen kirchlichen Feiertage häuften sich Feste besonders in den Monaten April und Dezember. Auf die generell in Festen zelebrierte Verbindung von religiöser und weltlicher Sphäre verweist noch Johann Wolfgang von Goethe, der 1764 in Frankfurt als 14-Jähriger Zeuge der Krönung Josephs zum Römischen König wurde. Danach habe eine »politisch-religiöse Feierlichkeit […] einen unendlichen Reiz. Wir sehen die irdische Majestät vor Augen, umgeben von allen Symbolen ihrer Macht; aber indem sie sich vor der himmlischen beugt, bringt sie uns die Gemeinschaft beider vor die Sinne. Denn auch der einzelne vermag seine Verwandtschaft mit der Gottheit nur dadurch zu betätigen, daß er sich unterwirft und anbetet.« 662 Generell entfiel ein großer Teil höfischer Festes auf religiöse Aktivitäten wie den Besuch von Gottesdiensten; mitunter reiste der Hofstaat direkt im Anschluss an ein Fest zur Wallfahrt nach Altötting. Über die Häufigkeit von Hoffesten und ihre typischen Anlässe gibt der seit 1727 erscheinende Chur-Bayerische Hof-Calender Auskunft, wonach beispielsweise im Oktober dieses Jahres vorgesehen war: Den 1. ist Galla wegen Geburts-Tag Sr. Röm. Kayserl. und Königl. Majest. &c. &c. Caroli VI. so gebohren Anno 1685. Den 12. Galla wegen Ihrer Durchl. des erstgebohrnen Prinzens von Ihro Durchl. Herzog Ferdinand aus Bayern principalen Namens-Tag Maximilianum. Den 15. Galla wegen Ihrer Churfürstl. Durchl. der verwittweten Churfürstin, gebohrne Königliche Prinzessin aus Polen, &c. principalen Namens-Tag. 660 Zitiert nach Stahleder 2005, Bd. III, S. 145. 661 Lipowsky 1830, S. 52. 662 Goethe 1948, S. 202.
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Den 19. Galla wegen Ihro Durchl. Herzog Ferdinandi in Bayern, &c. principalem Namens-Tag. Den 22. Galla wegen Geburts-Tag Ihrer Churfürstl. Durchl. Maria Amalia Anna, Erz-Herzogin aus Österreich, als unser Genädigisten Lands-Fürstin und Frauen, so gebohren Anno 1701. Den 28. ist das Fest des heiligsten Apostlen Simonis und Judae, allwo die Gebrauchung des Toison pflegt observiert zu werden. 663
Feste dienten der absichtsvollen Markierung außerordentlicher Ereignisse, denn über die durch das Fest verursachte Durchbrechung des Alltäglichen sollte man sich an den Anlass erinnern. 664 Ein Fest wird für Aleida Assmann durch die Polarität zum Alltag bestimmt; es ist undenkbar ohne die »Differenzqualität zwischen alltäglicher Regel und sorgfältig inszenierter Ausnahme«. 665 Die Sonderstellung im Leben der Teilnehmenden wird markiert durch die Besonderheit der äußeren Formen, mit denen Feste begangen werden wie Tanz, Illuminationen, Mahl und Trunk. 666 Vor allem kam der Musik eminente Bedeutung zu: »La plus grande partie de ces divertissements tirent leurs agréments de la Musique«, bemerkte Jacques Bonnet im Jahre 1715. 667 Zur Verdeutlichung des Nichtalltäglichen diente auch eine Fülle akustischer Zeichen: In München war es unter anderem üblich, die An- und Abreise von Staatsgästen mit einem Ehrensalut der Kanonen zu würdigen. Neben dem akustischen Ereignis waren schon die Vorbereitungen ein großes Spektakel, weil die Bierbrauerzunft die Kanonen jedesmal mit großem Aufwand aus dem Zeughaus holen und auf die Wälle schaffen musste. 668 Der französische Gesandte Denis de la Haye betonte, wie nachhaltig sich die Bevölkerung Bayerns durch Feste und Zeremonien beeindrucken ließ – bei aller ohnehin vorhandenen Fügsamkeit von bayerischem Adel, Stadt- und Landbevölkerung, welche seiner Ansicht nach vor allem von deren Liebe zum Bier herrührte. 669 Zeremonien dienen für den Soziologen Émile Durkheim dem gesellschaftlichen Zusammenhalt, denn sie setzen »die Kollektivität in Bewegung; die Gruppen versammeln sich, um sie durchzuführen«. 670 Dies deckt sich mit zeitgenössischen Anschauungen; so waren für den Zeremonialwissen663 664 665 666 667 668 669 670
Hof-Calender 1727, F. C. Maurer 2004, S. 25. Assmann 1989, S. 243. Mohrmann 2000, S. 2. Bonnet 1715, S. 354. Ebd., S. 112. Strich 1915, S. 72. Durkheim 1994, S. 470.
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schaftler Johann Christian Lünig zur »Erhaltung einer gewissen Ordnung, ohne welche die menschliche Gesellschaft nicht bestehen kann, gewisse Ritus und Ceremonien von nöthen«. 671 Auch nach Ansicht Julius Bernhard von Rohrs sind »einige Ceremonien […] gar vernünftig, und mit gutem Grunde etabliret. Sie sind als Mittel anzusehen, dadurch ein Landes-Herr einen gewissen Endzweck erreicht, inmassen den Unterthanen hiedurch eine besondere Ehrfurcht und Ehrerbietung gegen ihren Landes-Herrn zuwege gebracht wird.« 672 Die Verschwendung im Fest wird aus Sicht der Ethnologie als eine notwendige, momentane Antithese zu einer harten, dauerhaften Realität gedeutet; die Verschwendung etwa von Nahrung in festlicher Gemeinschaft, zu der die ganze Gruppe eingeladen sei, bewirke einen Reichtum sozialer Beziehungen und Werte, der Spannungen löse und antikompetitiv wirke. 673 Aus Anstandsbüchern des 17. Jahrhunderts leitet Assmann eine therapeutische Funktion von Festen ab: Während im Alltag nutzbringende Beschäftigungen und der an der Energie zehrende tägliche Kampf gegen die Widrigkeiten des Lebens im Mittelpunkt stehen, verschwinden diese Beschäftigungen an Feiertagen. 674 Letztlich wurde im höfischen Fest die Ordnung aber sogar befestigt, denn im Wechselspiel »zwischen Zügelung und Ausleben der Affekte bestimmte das Zeremoniell im Fest in gleichem Maße Ordnung, Disziplinierung und soziale Integration wie im Alltäglichen«, beobachtet Monika Schlechte. 675 Denn wie alle Aktivitäten bei Hofe folgten auch diese Veranstaltungen hierarchischen Prinzipien. Den außerordentlich prächtigen Einzug des Brautpaars Max Emanuel und Maria Antonia in München im Oktober 1685 beschreibt etwa ein detaillierter zeitgenössischer Bericht, der die durch die Zusammensetzung des Zuges und die äußerlichen Attribute der Teilnehmer ausgedrückte Ordnung exemplarisch verdeutlicht: Zwischen vier und sechs Uhr nachmittags durchmaß der Zug die Stadt und die vier eigens errichteten Triumphbögen, um durch die Kauffingergasse die Liebfrauenkirche zu erreichen, in der dem Tedeum beigewohnt wurde; der Zug endete an der Residenz. Den Anfang des Festzugs machten Trompeter, zahlreiche Diener und 120 »auff das schönste« gekleidete berittene »Kauff- und Handelsleuth«. Ihnen folgten insgesamt 82 von Hand geführte, mit »schönsten Decken und Wappen« geschmückte Pferde, acht gleichermaßen geschmückte Maultiere, drei Sänften sowie sechs Glieder kurfürstlicher Offiziere. Nun kamen 671 672 673 674 675
Lünig 1719, S. 3. Rohr 1733, S. 2. Hugger 1987, S. 19. Assmann 1989, S. 232. Schlechte 1989, S. 41.
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die Züge: zwei vom Magistrat, sechs von namentlich genannten Adligen, drei Züge des Kurfürsten, je einer der Kurfürstin, von Prinz Joseph Klemens und von Herzog Maximilian Philipp sowie drei weitere Züge des Kurfürsten, »darunter einer von rothem Sammet / in: und außwendig / und mit schwär guldenen Pforten / und Franzen verbrämbt / oben auff den Ecken des Himmels stunden vier grosse Federburschen«. Dann erschien die »Reitterey«: zuerst Pauker und Trompeter, dann ein Teil des Hofstaats, darunter 92 »wol gekleydete / und berittene Cavalier« sowie 22 »Churfl. und Herzogl. Hof-Laque / in schönster Liberey«. Nach Joseph Klemens und Maximilian Philipp kam nun Max Emanuel selbst, »in schwarz Sammet gekleyd / und mit Diamantsknöpffen / auch dick nach der schwär / mit dergleichen Spangen der Rock besetzt / unnd ein dergleichen unschätzbares Huetschnuer / reittend auf einem schön schwarzen Pferd / welches über und über mit gelben Bänder eingeflochten war«. Dann die Brautkutsche, »welche mit rothem Sammet auß: und inwendig / solcher Gestalt / aber mit Gold allenthalben gestickt / daß wenig Sammet zu sehen ist«. Nach Pauken und Trompetern, Bedienten und 80 Leibgardisten kamen vier weitere Züge von Maximilian Philipp sowie 28 namentlich genannte Hofleute. Den Festzug schlossen 50 berittene Diener, sechs Maultiere und 30 von je sechs Pferden gezogene, aber einfache Kutschen ab. 676 Die disziplinierende Wirksamkeit von Festen beruht nicht allein auf ihrem semantischen Gehalt der in ihnen enthaltenen Rituale und Zeremonien, sondern diese beziehen ihre Effektivität auch aus ihrem Charakter als Handlungen. Die unteren Schichten bekamen als von der aktiven Teilnahme ausgeschlossene Zuschauer ihren niederen Stand am eigenen Leib zu spüren, wenn sie sich um den Freiwein schlugen, der vor der Residenz aus Röhren sprudelte, oder um das unter die Menge geworfene Geld. Zur Geburt des Kurprinzen Max Joseph im Jahre 1727 wurden trotz leerer Staatskassen nicht weniger als 26 000 Münzen ans Volk verteilt. 677 Ein Stich im Festbericht verdeutlicht die demütigende Geste. Während die Menge sich um die Münzen prügelt, schauen Mitglieder der Hofgesellschaft aus den Fenstern der Münchner Residenz auf sie herab. Dagegen wurden die höfischen Teilnehmer durch die ihnen eingeräumte Teilnahmemöglichkeit ihrer privilegierten Stellung versichert. Durch ihre bei Umzügen und so weiter ostentativ zur Schau gestellte Zugehörigkeit zum Hofkreis lebten sie ein Gefühl von Überlegenheit aus, das sie im Interesse der Fürsten korrumpierte. »Die Beteiligung am fürstlichen Lebenskreis privilegierte den 676 Ausführliche Beschreibung 1685, ohne Paginierung. 677 Schattenhofer 1982, S. 204.
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Stich des Geldauswurfs in die Menge anlässlich der Geburt des Kurprinzen Max Joseph im Jahre 1727 (Bayerische Staatsbibliothek, München)
höfischen Adel in jedem Falle so gegenüber den Untertanen, dass sein Verlust an politischer Macht dadurch gesellschaftlich kompensiert werden konnte.« 678 Zugleich banden absolutistische Herrscher durch die mit unterschiedlichen Formen sozialer Aufführung erzeugte Hervorbringung von Emotionen »die gesamte Hofgesellschaft in Relationen reziproker Verpflichtung und Affektion zueinander«. 679
1680: Ein Herrscher antiker Größe Als Kurfürst Ferdinand Maria 1679 starb, führte zunächst sein Bruder Herzog Max Philipp die Amtsgeschäfte für den noch unmündigen Max Emanuel, bis dieser wenige Monate später an seinem 18. Geburtstag selbst die Regierung übernahm. Die damit im Zusammenhang stehenden Festlichkeiten konzentrierten sich in der Residenzstadt München, in die nach dem Bericht des kaiserlichen 678 Kruedener 1973, S. 40f. 679 Kolesch 2006, S. 258.
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Gesandten Wenzel Graf Lobkowitz nicht nur der europäische Adel gereist, sondern auch viel »unterschiedlich Volck« 680 zusammengeströmt war. Sie reichten aber auch über die Landesgrenzen hinaus, denn in Rom ließ der bayerische Gesandte Abbé Scarlatti am 22. August ein »Componimento per Musica« mit dem Titel La Baviera trionfante aufführen, als dessen Verfasser Giovanni Pietro Monesio genannt wird. In dem Stück traten Allegorien Bayerns, Roms und der Zeit auf, darauf hinweisend, dass die bayerischen Herrscher schon immer Verteidiger der katholischen Kirchen gewesen seien, und die Gefolgschaft zu Papst Innozenz XI. betonend; es endete mit der Darstellung von Donner und Blitz, die die Ketzerei zerschmettern. 681 Es gab zwei große Theateraufführungen, die zwar durch Libretti belegt sind, von denen sich jedoch keine Partituren oder Aufführungsbeschreibungen erhalten haben. In beiden Fällen stammten die Texte von Ventura Terzago und die Musik von Giuseppe Antonio Bernabei, den Autoren, die bereits gemeinsam die letzten beiden unter Ferdinand Maria gespielten Opern Alvilda in Abo (1678) und Enea in Italia (1679) verfasst hatten. Am 12. Juli wurde ein Turnier mit dem »Tornamento festivo« Giulio Cesare Ricovrato umrahmt, 682 am 14. Juli gelangte die Festoper Ermione auf die Bühne des Münchner Salvatortheaters. Die Stücke zeigen mit exemplarischer Deutlichkeit die oben beschriebene Strategie auf, den Herrschaftsanspruch des jungen Kurfürsten durch seine Inszenierung als eine Fortsetzung antiker Größe zu unterstreichen. Das Libretto zu Giulio Cesare ricovrato datiert auf den 11. Juli 1680, die Aufführung kann jedoch erst am darauf folgenden Tag stattgefunden haben, da der Geburtstag Max Emanuels mit anderen Aktivitäten ausgefüllt war: Um neun Uhr hatte der Hofstaat in der Theatinerkirche Messe und Predigt sowie einem Tedeum beigewohnt, während 60 Böllerschüsse ertönten. Anschließend wurden dem jungen Kurfürsten in der Residenz vom kaiserlichen Gesandten Glückwünsche übermittelt, bevor um vier Uhr in der Theatinerkirche die Vesper besucht wurde. 683 Nach dem Abendessen gab es um neun Uhr abends ein durch eine Bildquelle belegtes großes Feuerwerk, für das auf dem Hirschanger (im heutigen Englischen Garten) eine große Bühne errichtet worden war. Der Stich verweist auf die Ansprüche Max Emanuels, denn zwei bayerische Löwen halten die 680 Zitiert nach Straub 1969, S. 251. 681 La Baviera trionfante 1680. 682 Straub vermutet als das bei diesem Anlass aufgeführte Turnierspiel Il litigio del cielo e della terra (Straub 1969, S. 251). Dieses war jedoch bereits am 30. Januar 1680 zur Hochzeit von Max Emanuels Schwester Maria Anna mit dem Dauphin gespielt worden. 683 Straub 1969, S. 251.
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Kupferstich, 1680, von Michael Wening nach Christoph Helle (Stadtmuseum, München)
Wappen der vier Rentämter hoch, während zwei weitere Löwen zwischen den Kolonnaden die der bayerischen Städte emporrecken. Im offenen Mittelpavillon bringen Bavaria und der bayerische Löwe Kurhut und Reichsapfel dar, über dem Rondell schweben die Götter des Olymps. Der Stich dürfte primär dazu gedacht gewesen sein, dem Feuerwerk nachträglich eine politische Bedeutung zu unterlegen, denn es erscheint fraglich, dass die dort dargestellten Inhalte sich tatsächlich den Zuschauern erschlossen haben könnten. Dennoch ging die Funktion von Feuerwerken über die Befriedigung bloßer Schaulust hinaus, denn den Gästen wurde zugleich das militärische Potenzial des Hofes vorgeführt. Dieser demonstrierte seine Beherrschung der Pyrotechnik, was Rückschlüsse auf die artilleristischen Fähigkeiten der Armee zuließ. Auf die so verdeutlichte militärische Stärke Bayerns verweist ausdrücklich der Festbericht von 1722. 684 Zugleich dienten Feuerwerke der Disziplinierung der Untertanen, die staunend der anscheinend göttlichen Macht des 684 Nach Beschreibung des Gesehenen betont der Autor, dass man zum »Ruhme dieser Bombardirer sagen kann / dass sie eben so wenig ihres gleichen in solchen Erfindungen haben / als unerschrocken sie sich bey Belagerungen und Schlachten zeigen / und dass sie sich mit dem Pulver ihr Vaterland eben sowol zu beschützen / als ihren grossen Fürsten / dem zu dienen sie die Ehre haben / zu divertieren wissen«. Festbericht 1722, F. G[2]r.
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Fürsten gegenüberstanden. 685 Diese Wirkung entfaltete sich umso mehr, als die Menschen in jener Zeit den im Feuerwerk gebändigten Naturgewalten wie dem Feuer sonst machtlos ausgeliefert waren. Auf das mit dem jungen Herrscher verknüpfte politische Programm verweisen die Themen der aufgeführten Stücke. Mit dem Regierungsantritt Max Emanuels kam es zu einer entscheidenden Kursänderung in der Außenpolitik Bayerns. Ferdinand Maria war es mit vorsichtigem Taktieren gelungen, Bayern von Kriegen zu verschonen, wobei die bayerische Regierung eine Politik der Annäherung an Frankreich betrieben hatte: Noch Anfang 1680 war Max Emanuels Schwester Maria Anna mit dem französischen Thronfolger verheiratet worden. Unter dem neuen Kurfürsten wandte sich Bayern nun gegen die französische Hegemonialpolitik und orientierte sich wieder stärker nach Habsburg, wie der französische Gesandte Denis de la Haye konstatierte: »Mr. L’Électeur de Bavière s’est absolument abandoné à la maison d’Austriche et sans qu’il soit facile d’en découvrir la véritable raison, il a pris une aversion si grande pour les Français qu’il ne les peut souffrir.« 686 Zugleich rückte immer mehr das Streben nach Machtvergrößerung ins Zentrum des politischen Handelns, das unter seinen unmittelbaren Vorgängern keine Rolle gespielt hatte. Ferdinand Maria hatte es vorgezogen, »lieber für einen reichen und mächtigen Churfürsten, als für einen dürfftigen und ohnmächtigen Kayser gehalten« 687 zu werden. Dezidierte Auskunft über die mit Giulio Cesare ricovrato verfolgten Interessen gibt das Textbuch Terzagos, dem eine dem Kurfürsten gewidmete sechsseitige Vorrede vorangestellt ist. Nachdem der Hofdichter den Festanlass und dessen Bedeutung für Bayern gewürdigt hat, schließt er topische Demutsfloskeln an, die die Unwürdigkeit seiner Poesie betonen: Diese sei leichtgewichtig, behandle aber einen erhabenen Stoff. Im Mittelpunkt seiner Ausführungen steht die Konstruktion von Verbindungen der historischen Figur des Julius Cäsar zum jungen Kurfürsten. Hierbei bildet die unmittelbare Aufeinanderfolge ihrer Geburtstage – Max Emanuel war an einem 11. Juli geboren, Cäsar an einem 12. Juli – den zentralen, wenngleich auf heutige Leser gezwungen wirkenden Argumentationsstrang. Aufgrund dessen, dass sein Geburtstag ein Tag vor dem Cäsars liegt, wird der bayerische Herrscher sogar über den römischen Feldherrn und Staatsmann erhoben: »Nato nel mese di Cesare: ecco Giulio Cesare; prima di Cesare. O fortunato Natale!« 688 Mit umständlichen Darlegungen 685 686 687 688
Horn 2004, S. 184. Zitiert nach Strich 1915, S. 66. Moser 1745, S. 3. Giulio Cesare Ricovrato 1680, S. 5.
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zieht Terzago weitere Vergleiche des Kurfürsten mit antiken Vorbildern, wobei der Bogen auch zum Löwen, dem Wappentier der Wittelsbacher, und dessen Tugenden geschlagen wird. E nato il Serenissimo Elettore nel mese di Luglio, Luglio ch’era il Quintile di Romolo, e perciò come Cuore dell’Anno fortunato in ordine. Reso poi celebre per tutt’i secoli dal Nome di quel Giulio Cesare perpetuo Dittatore; e primo Imperatore di Roma; bellicoso terrore del Mondo; onorato trofeo delle scienze; soavissimo portento dell’Eloquenza; Simolacro famoso della Fortuna. Nacque Giulio Cesare a 12. di Luglio; Massimiliano Emanuele è nato un giorno prima. Nel mese di Luglio dato alla tutela di Giove, e che fin la sù nel Zodiaco ha sortito il piu grande, il piu decoroso de’ segni, il Leone. Ma: non è il Leone impresa generosa di questa Reale Prosapia? Dunque è nato il Principe nella sua Casa non meno in terra, che in Cielo; ed il Rè de’ Pianeti non ha saputo servire a cosi portentoso Natale, se non s’universa prima con il Rè delle Fiere. Il Leone figurato per la Clemenza nella medaglia di Severo; per la virtu dell’animo in qulla di Trajano. Da gli Egizii simboleggiato per il dominio di se stesso; per la fortezza; per la giusta vendetta. Abbracciato con il Toro per la temperanza; unito con l’Agnello per la pace. Dato a Cibelle, e alla ragio di Stato: segno di Dominio, al valore, al terrore, alla Magnanimità: testimonio di grandezza. Significante nella complessione colerica, a detto dell’Alciato, l’animosità e la fierezza. Spiegato dalla scuola salernitana per la natura magnanima e liberale; ed approvato da Solino per vero esempio d’una savia cautela. 689
Er wolle nicht mit weiteren Beispielen langweilen, fährt Terzago fort, es genüge, darauf hinzuweisen, dass die Gnade des Himmels den Löwen zum Diener der Geburt des Prinzen gemacht habe. Der mit diesem verknüpften Erhabenheit entspreche Max Emanuel vollkommen, da er eine Vielzahl höchster Tugenden verkörpere: »[E]gli porta in fronte unite alla maestà tutte le grazie; è elevatissimo di Spirito; studiosissimo delle virtu, e delle lettere, inclintissimo all’armi; avido di gloria; Clemente, Magnanimo, Liberale.« 690 Die Wahl eines Cäsar als Helden eines Turnierspiels ist als Ausdruck zeitgenössischer Ideale zu verstehen, denn auf den absolutistischen Herrscher bezogen, erhielt die Gestalt des Heroen einen spezifischen Sinn; sie wurde »zum kämpferischen Gegenbild der bloßen Würde herrscherlichen Seins, zum Inbegriff von Energie, Tatkraft, Selbstentfaltung, von kriegerischem Ruhm und staatsmännischen Erfolg des Herrschers – kurz: seiner menschlich-persönlichen Bewährung«. 691 Zudem steht sie fraglos im Zusammenhang mit den ambitionierten Zielsetzungen Max Emanuels. Dass gerade der hier zum Vergleich 689 Ebd., S. 2–4. 690 Ebd., S. 5. 691 Skalweit 1957, S. 72.
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mit dem Kurfürsten bemühte Cäsar dem Herrscherideal der Zeit in besonderem Maße entsprach, macht der Eintrag im fünften Band von Johann Heinrich Zedlers Universal-Lexikon deutlich. Auch wenn dieses Nachschlagewerk erst einige Jahrzehnte nach der Aufführung des hier besprochenen Turnierspiels veröffentlicht wurde, fasst es allgemeine Anschauungen zusammen, die sich von denen um 1680 nicht wesentlich unterschieden haben dürften. Bei Zedler erscheint Cäsar als ein Herrscher ohne Makel, der sich gleichermaßen durch körperliche Stärke, gefestigten Charakter, militärisches Geschick und staatsmännische Klugheit auszeichnet. Er sei »ansehnlich von Statur, starck von Gliedern, weiß von Gesichte, mit schwartzen und lebhafften Augen und von einer gesunden Leibes-Constitution« gewesen. Zwar habe er neben seinen zahlreichen Ehen auch »Liebes-Intriguen« mit »vielen Römischen Weibern« und »ausländischen Frauen-Zimmer[n]« gehabt, aber in anderen Dingen sei er »sehr mäßig« gewesen. »Fürnehmlich konnte er das Kriegs-Ungemach gut ertragen, gieng in allen Dingen behutsam, marschirte nirgends hin, wo er nicht zuvor alle Gelegenheit und Umstände des Wegs voraus wuste.« 692 Von seinen Soldaten sei er geliebt worden, gegen »seine Feinde war er sonderlich gnädig«. 693 Es liegt auf der Hand, dass der Vergleich Max Emanuels mit Cäsar kaum auf Beobachtung tatsächlicher Taten oder zumindest geäußerter Gedanken des gerade erst 18-jährigen Kurfürsten gründen konnte. Wie andere frühneuzeitliche Panegyrik hat auch diese Darstellung Terzagos eher Entwurfscharakter, sie »ist nicht als deskriptiv zu lesen (also daran zu messen, wie sie die Realität beschönigt oder zurechtbiegt), sondern als präskriptiv, als notfalls ohne Rücksicht auf die Realität entworfene Norm, der der Gelobte, im Netz des Lobes zappelnd, nachzukommen hat«. 694 Sie diente gleichermaßen als eine Art von Fürstenspiegel, wobei die Verpflichtung auf ein bestimmtes Ideal sich nicht allein an den Fürsten richtete. Wenn dieser wie hier als eine »Agglomeration aller Tugenden« vorgestellt wird, dann muss die Realisierung dieses Kontrukts als ein ›utopisches Vorhaben‹ angesehen werden, an dem die höfische Gesellschaft und schließlich die gesamte Untertanenschaft mitzuwirken hatten. 695 Zwar weisen frühe Berichte immer wieder auf die guten Anlagen Max Emanuels hin; so betonte ein kaiserliche Gesandter im Jahre 1670, er habe
692 693 694 695
Zedler 1733, Bd. 5, S. 87–94, hier S. 93. Ebd., S. 94. Müller 1981, S. 133f. Berns/Franke 1997, S. 8.
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»von Gott schöne dona naturalia und guete indoles« erhalten. 696 Der Vergleich mit einem römischen Herrscher wie Cäsar konnte dennoch einer Überprüfung anhand der Realität nicht standhalten, zumal es Max Emanuel wegen der durch die frühe Regierungsübernahme verkürzten Ausbildungszeit an mancherlei notwendigen Kenntnissen und Fertigkeiten fehlte. Die Urteile über seinen historischen Rang als Herrscher gehen allerdings weit auseinander: Zwar betonen spätere Urteile über Max Emanuel als Feldherrn seine Tapferkeit bis hin zur Tollkühnheit, eine der Jagd- und der Spielleidenschaft verwandte Kampfeslust und Freude am Ruhm; sie beklagen aber zugleich seine mangelnde Selbstdisziplin und das Desinteresse an den mühevollen Aufgaben der strategischen Planung und Truppenführung. Der Militärhistoriker Marcus Junkelmann hat jedoch dem Bild des leichtsinnigen Draufgängers das eines vorsichtigen Feldherrn entgegengesetzt und aufgezeigt, dass viele der als Untentschlossenheit gewertete Entscheidungen Max Emanuels seinem Bestreben nach Risikobegrenzung geschuldet waren. 697 Auch wenn er kein souverän agierender Heerführer wie Marlborough, Prinz Eugen oder Villars gewesen sei, wofür sein Mangel an Durchsetzungs- und Beharrungsvermögen als Ursache anzusehen sei, und er in der Wahl der konkreten Maßnahmen merkwürdig labil und beeinflussbar war, verfolgte er die großen Ziele mit Hartnäckigkeit. 698 Messen konnte sich Max Emanuel mit Cäsar allein hinsichtlich seiner zahlreichen »Liebes-Intriguen«. Der bayerische Kurfürst war, wie auch der fast zeitgleich in Sachsen regierende August der Starke, einem Herrscherbild verpflichtet, als deren Personifikation heute allgemein Ludwig XIV. gilt. Dieser im späten 17. Jahrhundert etablierte männliche Idealtypus zeichnete sich durch Exzessivität in allen Bereichen aus: im Zurschaustellen des Konsumierens, dem Errichten von Prachtbauten, im Kriegführen, aber auch durch ungezügelte sexuelle Aktivität. 699 Max Emanuel soll nicht weniger als 60 uneheliche Kinder gezeugt haben, 700 sein Nachfolger Karl Albrecht sorgte ebenfalls für zahlreichen Nachwuchs. 701 Dabei bleibt festzuhalten, dass sexuelle Potenz eines Herrschers kei696 697 698 699 700 701
Zitiert nach Straub 1969, S. 244. Junkelmann 2000, bes. S. 283ff. Ebd., S. 295. Schmale 2003, S. 126f. Reiser 2002, S. 10. Ebd. – Karl Albrecht war dem Urteil des Kölner Kurfürsten Joseph Klemens zufolge »ein violenter Junger Tollhans«, der »ein grosse Inclination vor die Weiber, spillen und den Wein [zeigte], allein mit der Einwendung, das solches seiner reputation nachtheilig sein kundte, kan man [ihn] gar leichtlich abhalten«. Zitiert nach Schmidt 1892, S. 393.
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neswegs ausschließlich seinem Vergnügen diente (dazu natürlich auch), sondern ein dynastisches Erfordernis war. Der Fortbestand des Herrschergeschlechts war von der Geburt von Nachkommen abhängig, und daran konnte das Wohl ganzer Länder hängen: Um das Erbe des kinderlos verstorbenen spanischen Königs Karl II. entspann sich bekanntlich der Spanische Erbfolgekrieg. Den Charakter von Giulio Cesare ricovrato als eine auf Außenwirkung abzielende Theaterveranstaltung macht das in Druckformat und Gestaltung einem Opernlibretto gleichende Textbuch des Turnierspiels deutlich. Nach den dort zu findenden ausführlichen Szenenanweisungen befand sich auf dem Schauplatz der Veranstaltung eine eigens errichtete Dekoration, die das geschmückte München darstellte. Darauf saßen Verkörperungen allegorischer Figuren, die die wichtigsten Tugenden darstellten: La bella Città di Monaco sparsa tutta d’allori, e palme. Nel sito piu eminente in maestoso Trono siede la BAVIERA e’l FATO. A piè di quella stanno le 4. Virtu cardinali. PRUDENZA, GIUSTIZIA, FORTEZZA, e TEMPERANZA. Sotto a queste le 4. Età del Mondo. ORO, ARGENTO, RAME, e FERRO. Più alto apparisce il Zodiaco con tutt’i dodici segni; tra quali piu vago risplende il celeste LEONE, che preme con superba zampa una grande, e luminosa stella, dalla quale in lunga catena d’oro pende uno scudo in cui sta effiggiato il LEONE della Serenissima Elettoral Casa di Baviera, il quale alzando l’altera fronte verso lo stellato Conforte della sua presente allegrezza esprime un atto di fastoso ruggito col moto Ubique Felix. 702
Das Schicksal (Il Fato) beglückwünscht Bayern: Eine neuer Atlas werde das Schicksal Bayerns nun entscheiden. Mit dem Auftreten der oben genannten allegorischen Figuren ist es jedoch noch nicht getan. Auf einem Wagen kommen auch die Zeit (Tempo) und der Monat Juli (Il mese di Luglio) hineingefahren. Auf beiden Seiten des Letzteren stehen die Vergangenheit (Tempo passato) und die Zukunft (Futuro), neben ihnen die Zuversicht (Confidenza) und die Unsterblichkeit (L’Immortalità), und zu ihren Füßen befinden sich Fleiß (Dilligenza), Eifer (Sollecitudine), Schnelligkeit (Velocità) und Wachsamkeit (Vigilanza). 703 Bereits diese Aufzählung der durch kostümierte Darsteller verbildlichten Tugenden macht deutlich, welche Erwartungen an die künftige Herrschaft gestellt wurden. Zu einem späteren Zeitpunkt wird noch die Freude (Allegrezza) vom Anlass (Occasione) hereingeführt, um zum Ausdruck zu bringen, dass der Regierungsantritt Max Emanuels ein Grund zum Feiern sei. Von den allegorischen Figuren werden um den Festanlass krei702 Giulio Cesare ricovrato 1680, S. 7. 703 Ebd., S. 9.
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sende Sachverhalte verhandelt, um zu dem in diesen Stücken üblichen Schluss zu kommen: Auf einen freudigeren Tag als diesen werde Bayern vergebens warten. Endlich tritt auch Cäsar auf, dessen Erscheinen durch akustische Signale angekündigt wird. Nach einem »festivo suono di trombe e taballi« 704 kommt der römische Imperator auf dem von vier Pferden gezogenen Wagen des Kriegsgottes Mars hereingefahren, in seinem Gefolge zahlreiche Waffenträger und eine Quadrille von Kämpfern. In Rezitativ und Arie Cäsars werden die bereits im Vorwort hergestellten Verbindungen des antiken Herrschers zu Max Emanuel berührt, bevor sein Widersacher Brutus auf dem gleichfalls reich geschmückten Wagen des Gottes Saturn auf den Turnierplatz gelangt. Die Historie wird dabei in Hinblick auf ihren Zweck als ein Mittel zum Ausdruck aktueller politischer Interessen grob verändert, da die Ermordung Cäsars dem Anlass – der Feier Max Emanuels als seiner Wiedergeburt – kaum angemessen gewesen wäre: »Bruto! Dal sen discaccia / Il tragico desio«, fordert die Verkörperung Bayerns Brutus auf, der Ermordung des Kaisers zu entsagen. Dieser gehorcht bereitwillig: »Cedo a tuoi cenni, e riserbando il ferro / A men crudo destino / Cesare abbraccio, e al soglio tuo m’inchino.«705 Nun wird zum eigentlichen Turnier übergeleitet: BAVIERA
TUTTI
CESARE BRUTO
TUTTI
704 Ebd., S. 12. 705 Ebd., S. 15. 706 Ebd., S. 15f.
Dunque a piu lieta pugna Le generose squadre omai spingete, E di MASSIMILIANO A gloria memorabile, e festiva Giulio Cesare viva. Viva Viva MASSIMILIANO Che del grand’Eroe Romano La Fortuna oggi ravviva. Viva Viva. Oggi del mio coraggio Fo alla Norica Reggia illustre omaggio. Del magnanimo Core Seguendo le vestigie amico Bruto Darà solo di gioia umil tributo. Su guerrieri al tumulto E sia gioco il furor, scherzo l’infinito. 706
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Die geschmückten Wagen fahren davon, die Dekorationen verschwinden. Der Schauplatz wird für die Kämpfer des Turniers freigemacht, die sich in die Anhänger Cäsars und Brutus’ aufteilen, deren Kampfeslust die oben thematisierte Versöhnung der beiden noch nicht hat besänftigen können. Im Libretto folgen weitschweifige Ermunterungen und Ermahnungen der Teilnehmer beider Gruppierungen, die an dieser Stelle der Aufführung offenbar verlesen wurden. 707 Auch wenn die einzelnen Teilnehmer hier nicht explizit genannt werden, ist davon auszugehen, dass die Cäsar zugeordnete Quadrille von Max Emanuel angeführt wurde. Anschließend begann das eigentliche Turnier, über dessen Verlauf nicht viel mehr bekannt ist, als dass Herzog Max Philipp dort zum Sieger erkoren wurde.708 Nach der Preisverleihung wurde die Aufführung fortgesetzt, die Wagen mit den Sängern kehrten zurück. Cäsar richtet sich schließlich direkt an den bayerischen Kurfürsten. Den Tiber habe er verlassen, um nun an den Ufern der Isar seine Heimstatt zu finden, denn in der Person Max Emanuels werde er wiedergeboren: CESARE
TUTTI
Io già’l Tebro abbandono, Rivolto al Serenissimo Elettore Principe augusto, e poi che in te rinasco, Qui de l’Isero tuo mi fermo in riva. Viva Viva MASSIMILIANO Che del grand’Eroe Romano La Fortuna oggi ravviva. Viva Viva. 709
Max Emanuel übernimmt seine Würde also aus den Händen eines so geschichtsträchtigen Helden wie Julius Cäsar. Diese Botschaft war unmissverständlich, zumal sie szenisch dargestellt wurde – dem Darsteller Cäsars stand der reale bayerische Kurfürst gegenüber. Einen Theaterauftritt des Kurfürsten verband auch die Festoper Ermione mit den politischen Zielen des Festes. Librettist Terzago hatte den Stoff um die Tochter des Menelaos und der Helena etwas modifiziert: Pyrrhus, der nach der griechischen Mythologie von Orest (seinem Rivalen um die Gunst Ermiones) ermordet wird, entsagt hier großmütig den älteren Ansprüchen und bleibt am Leben. Orest kann die Geliebte Ermione heimführen, mit einem Jubelgesang 707 Ebd., S. 16–19. 708 Straub 1969, S. 251. 709 Giulio Cesare ricovrato 1680, S. 21.
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aller Beteiligten endet die Oper. Statt nun aber in die Königsburg Spartas eintreten zu können, sehen sich das Königspaar Menelaos und Helena, Ermione und Orest samt allem Gefolge zu ihrem größten Erstaunen plötzlich in eine fremde Umgebung versetzt: in die bayerische Residenzstadt München: »Mentre gli attori si ritrovano tutti nella via solitaria contigua ai Giardini reali di Sparta, si veggono con loro grandissima meraviglia trasportati nella Reggia di Baviera.« 710 Nach anfänglicher Verwirrung fassen sich die Spartaner wieder und bestaunen Pracht und Schönheit der Münchner Residenz – nie habe man etwas Herrlicheres gesehen. Plötzlich senkt sich Jupiter auf einem gewaltigen Adler nieder, der in seinen Klauen den Ganymed hält, der durch niemand anderen als den jungen Kurfürsten selbst dargestellt wurde. 711 Auch ohne die sonst oft schwierige Dechiffrierungsarbeit höfischer Allegorien machte der Theatereffekt überdeutlich, dass Fürsten wie Max Emanuel in direkter Kontinuität zu antiken Herrschern stehen. Jupiter sei gekommen, um Ermione zur Belohnung für ihre Standhaftigkeit Max Emanuel vorzustellen. Sie erklärt, dass ihr nie eine größere Ehre zuteil geworden sei, und informiert das Publikum, dass Max Emanuel der Herrscher Bayerns sei. Während Jupiter in den Himmel zurückkehrt, verherrlicht er den neuen Herrscher, dessen Name unsterblich werde als der eines unbesiegten Prinzen und dem alles Glück der Erde zuteil werden möge: »Il tuo nome o Prince invitto / Giri’l Mondo quanto sà / Immortal sempre sarà / Quanto v’ha sotto la Luna / Di fortuna / Al tuo trono / Giove in dono Porgerà.« 712 Die Rufe der Spartaner »viva Massimiliano Emanuele« leiteten über zum abschließenden Ballett des Ganymed, in dem Max Emanuel seine Tanzkunst entfalten und mit seiner den Zeitgenossen nach eminenten Beherrschung seines Körpers den Eindruck von Vollkommenheit vertiefen konnte. Wie sein Vorbild Ludwig XIV. trat auch Max Emanuel öffentlich als Tänzer auf; nach dem Urteil von Samuel Chapuzeau, einem häufigen Gast von Festen am bayerischen Hof, tanzte er dabei »mit einer Grazie, mit einer ungezwungenen Kraft und einer Genauigkeit, worüber seine Meister nicht genug des Lobes finden« konnten. 713 710 L’Ermione 1680, S. 76. Einer Rechnung des Malers Domenicus Schöfflhuber kann man entnehmen, wie die Darstellung der »Reggia della Baviera« ausgesehen hat: »Erstliche ein großes Portall oder Frontispicium mit vill Säullen vnd Bildern, auch sonsten vill Mühesame arbeith auß gemahlt, so dan in disem Portall die Statt München mit zehen Tallar oder Sennen vnd ein grossen Prospect repaesentiert, ober diser Statt 8 Süffl als Himmel, darin die 12 Himmlische Zeichen gemalt.« Löwenfelder 1955, S. 51. 711 Mlakar 1992, Bd. I, S. 48. 712 Löwenfelder 1955, S. 80. 713 Zitiert nach Mlakar 1992, Bd. I, S. 43.
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Derartige Selbstinszenierungen des Fürsten dienten generell dazu, »das Dynastische in die Sphäre des Überweltlichen und der personifizierten Allegorie« zu heben, wobei souveräne Herrscher »ihre eigenen Herrschaftssymbole, ihre Mission und ihren Anspruch« darzustellen hatten, um »ihre Stellung im Leben mit ihrer Rolle im Staatsschauspiel« zu identifizieren. 714 Am Beginn seiner Herrschaft trat Max Emanuel noch häufig öffentlich im Theater auf. Rohr bemerkt, dass »an etlichen Höfen Hoch-Fürstliche Personen ihren Purpur nicht vor unanständig geachtet, in den Opern und Comoedien, theils mit zu tanzen, teils auch als Acteurs, sich der zuschauenden Gesellschaft zu zeigen«. 715 Diese Auftritte waren mit langer Hand vorbereitet worden, denn schon als Kind hatte Max Emanuel – wie es für Fürstenkinder üblich war – Schauspielunterricht erhalten. Im Alter von sechs Jahren trat er am Geburtstag seines Vaters neben professionellen Sängern in Domenico Gisbertis »Trattenimento notturno« La Cuna Elettorale auf, wobei er inmmiten allegorischer Figuren wie dem Verdienst (Merito) oder der Gnade (Gratia) spielte und tanzte. 1670 agierte der Kurprinz in Benedetto Giustanis Komödie Capriccio poetico als jugendlicher König Dorindo, der von Amarilis und Cloris in ungestümer Liebe verfolgt wird. 716 Ein Grund, dass Auftritte von Fürsten im Theater allmählich seltener wurden, dürfte die zunehmende Professionalisierung der Aufführungen gewesen sein, durch die adlige Dilettanten sich immer mehr in Gefahr begaben, der Lächerlichkeit preisgegeben zu werden. Überdies war gerade das Zeremoniell diesen Auftritten mitunter hinderlich: In der kleinen Oper Diana amante, die 1688 in der Residenz aufgeführt wurde, spielte Kurfürstin Maria Antonia die Hauptrolle, was den Fortgang der Vorstellung insofern behinderte, als die Zuschauer sich jedesmal erhoben, wenn sie die Bühne betrat, um sich erst wieder zu setzen, wenn sie die Bühne wieder verließ. 717
1686: Inszenierung mystischer Vergangenheit Die Strategie, Max Emanuel als eine Fortsetzung antiker Größe zu inszenieren, prägte auch das Fest anlässlich seiner Hochzeit mit Maria Antonia von Österreich, der einzigen Tochter Kaiser Leopolds I. Die Eheschließung erfolgte am 15. Juli 1685 in Wien, wo anschließend eine Reihe von Veranstaltungen ausge714 715 716 717
Tintelnot 1955, S. 348. Rohr 1733, S. 805. Reinhardstöttner 1892, S. 133f. Straub 1969, S. 286.
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richtet wurde. In München wurde das Ereignis am Tag der Hochzeit von den Jesuiten durch die Aufführung eines Dramas über Konstantin den Großen begangen, 718 das eigentliche Fest fand wegen der Teilnahme Max Emanuels an den Feldzügen gegen die Türken aber erst im darauf folgenden Jahr statt. Die Verbindung Max Emanuels mit der 1669 geborenen Maria Antonia hatte zu diesem Zeitpunkt bereits eine lange Vorgeschichte. Schon 1672 hatte Kurfürstin Henriette Adelaide gegenüber dem kaiserlichen Gesandten Leopold Wilhelm Graf von Königsegg geäußert, die Vermählung ihres Sohnes mit der Erzherzogin sei ihr heimlicher Wunsch. Der Wiener Hof hatte diesem Anliegen zwar keineswegs ablehnend gegenübergestanden, um Ferdinand Marias zu dieser Zeit auf ein Bündnis mit Frankreich ausgerichtete Politik im eigenen Sinne zu beeinflussen. 719 Zu einem ernstzunehmenden Kandidaten für die Hand der Erzherzogin wurde Max Emanuel aber erst nach politischer Abwendung von Frankreich und seiner Bewährung als Feldherr gegen die Türken. Ende 1684 begannen die Verhandlungen über den Heiratskontrakt, der mit Datum vom 12. April 1685 geschlossen wurde. 720 Die Ehe eröffnete den Wittelsbachern die Aussicht auf die Krone Spaniens, da der spanische König Karl II. kinderlos war und Maria Antonia als seine Nichte Ansprüche auf die Erbfolge geltend machen konnte – nicht für sich selbst, aber für ihre Nachkommen. Den dynastischen Hintergrund der Eheschließung macht auch ein Brief des spanischen Botschafters Diego Antonio Felice de Croy y Peralta Falces aus dem Jahre 1679 an Karl II. deutlich, in dem er die Ehe als zwar nicht unbedingt vorteilhaft für Österreich betrachtet, in ihr aber eine Lösung für die offene Thronfolge in Madrid sah. 721 Für die europäischen Mächte war ein Wittelsbacher auf dem spanischen Thron ein akzeptabler Kompromiss, da sich angesichts der militärischen Schwäche Bayerns das politische Gleichgewicht kaum verschoben hätte. Mit dem Erbprinzen Joseph Ferdinand ging 1692 aus der Ehe von Max Emanuel und Maria Antonia nach zwei innerhalb weniger Tage verstorbener beziehungsweise totgeborener Söhne endlich ein lebensfähiges Kind hervor, dass den Wittelsbachern die »größte dynastische Chance« 722 ihrer Geschichte bescherte. Zwei Monate später verstarb die Kurfürstin, ohne sich von der Niederkunft erholt zu haben. Inwieweit sie mit der Geburt des Erbprinzen endlich die an sie gerichteten Erwartungen des bayerischen Hofes erfüllt hatte, macht das nach ihrem Ableben errichtete 718 719 720 721 722
Reinhardstöttner 1889, S. 48. De Schreyer 1996, S. 10. Ebd., S. 21. Ebd. Glaser 1976, S. XII.
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Trauergerüst sinnfällig: Es verglich Joseph Ferdinand mit einer Perle, die der Lebensgenius der im Tod sich öffnenden Muschel entreißt. 723 Die spanische Krone schien greifbar nahe, als Karl II. den bayerischen Kurprinzen im Jahre 1698 tatsächlich zum Universalerben ernannte. Joseph Ferdinand starb jedoch überraschend im darauf folgenden Jahr, sodass Bayern bei Eintritt des Erbfalls im November 1700 keinen Einfluss auf die spanische Thronfolge mehr nehmen konnte. 724 Ein zeitgenössisches Porträt macht die mit seiner Person verknüpften Ansprüche deutlich, denn es zeigt den Knaben mit dem Zeigefinger der rechten Hand auf die Flotte weisend, die ihn nach Spanien bringen soll, während der Globus zu seiner Linken die weltumfassende Bedeutung symbolisiert, die das spanische Erbe ihm verschaffen werde. In den Kontext der Hochzeit Max Emanuels mit Maria Antonia von Österreich gehört auch das Turnierspiel Audacia e Rispetto, obwohl es bereits Anfang 1685 aufgeführt wurde, also noch vor Abschluss des Ehevertrags. Es bezieht sich jedoch inhaltlich auf die Verbindung des bayerischen Kurfürsten mit der Erzherzogin, denn in ihm wird die Frage aufgeworfen, welche Tugenden einem Ehemann besonders anstehen. Dies wird symbolisch in einem Turnier ausgefochten, wobei eine Partei für die Kühnheit (audacia), die andere für die Achtung (rispetto) eintritt. Da die Partitur Agostino Steffanis und Bildquellen fehlen, gibt allein das wieder von Terzago stammende Libretto Hinweise zum Ablauf der Veranstaltung. Das Textbuch macht zudem deutlich, dass die Teilnahme an der Veranstaltung ein besonderes Privileg darstellte, denn von 55 Seiten widmen sich nicht mehr als achteinhalb den Gesangstexten, während der Rest allein dazu benötigt wird, die Identität der 34 Turnierteilnehmer offenzulegen und diese zu charakterisieren. Den Szenenanweisungen lässt sich entnehmen, dass auf dem Turnierplatz drei Tore standen, durch die mit Fackeln geschmückte Wagen hineinfuhren. Der erste Wagen kam durch das mittlere, weiter hinten gelegene Tor; auf ihm saßen Personifizierungen von Cupido, dem Gott der Liebe, und die Freude (Diletto). Auf dem zweiten Wagen saßen Verkörperungen der Kühnheit, des Verdienstes und des Vertrauens. Ihm folgte die erste Reiterquadrille, deren Reiter feder723 Seelig 1976, S. 11. 724 In seinem letzten Testament ernannte Karl II. schließlich einen Großneffen, den zweiten Enkel Ludwigs XIV., zum Thronfolger (der älteste Enkel und der Sohn kamen als französische Thronfolger nicht in Betracht, um eine Personalunion von Frankreich und Spanien zu vermeiden). Philipp V. wurde von Österreich anfangs nicht anerkannt, im Spanischen Erbfolgekrieg jedoch bestätigt. Der bayerische Kurprinz Karl Albrecht stammte aus der zweiten Ehe Max Emanuels und stand daher in keinerlei verwandtschaftlicher Beziehung zum spanischen Thron.
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Kurprinz Joseph Ferdinand von Bayern; Gemälde von Joseph Vivien (Wittelsbacher Ausgleichsfonds, München)
geschmückte Gewänder in den Farben Rot, Grün und Weiß trugen und deren Rösser durch Harnische geschützt wurden. Ihnen folgten, ebenfalls geschmückt und waffentragend, Schildknappen und Diener. Angeführt wurde diese Quadrille vom Kurfürsten selbst, dem sich die gleichfalls noch ledigen Kämpfer angeschlossen hatten. Die verheirateten Turnierteilnehmer versammelten sich in der dem Respekt gewidmeten zweiten Quadrille, die hinter einem Wagen einzog, auf dem Verkörperungen der Standhaftigkeit und der Verschwiegenheit Platz genommen haben. Der sorgfältig choreografierte Einzug der Wagen und Quadrillen wurde dem Libretto zufolge durch Instrumentalmusik begleitet (»sinfonia strepidosa di Cembali, trombe, e taballi, e di quanti altri stromenti«). In der Mitte des Turnierplatzes angekommen, bildeten die Wagen einen Halbkreis. Die auf den Wagen sitzenden Personifizierungen – Cupido, Audacia, Merito, Confidenza, Rispetto, Costanza und Segretezza – fochten einen als Rezita-
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tiv gestalteten Disput aus; anschließend rief ein Duett die Teilnehmer zum Kampf auf: AUDACIA Sù miei fidi RISPETTO Vibrate l’asta Trionfate, E mostrate Che a dispor beltà severa A donarvi gioia intera Il Rispetto oggi non basta Sù, ecc. parte
Sù miei fidi Venite all’armi! Combattate, E togliete A l’Audacia il preggio altero Che d’Amore l’impero Tenta invano oggi rubarmi Su, ecc. parte
Die drei Wagen verlassen den Turnierplatz, und die beiden Quadrillen stellen sich auf, begleitet vom Klang von Pauken und Trompeten. Mit großer Ausführlichkeit und Gelehrtheit charakterisiert das Libretto »in Form einer akademischen Disputatio« 725 die Tugenden der Achtung und der Kühnheit. Zum Ablauf des darauf folgenden Turniers erfährt man nur so viel, dass Teilnehmer der beiden Quadrillen in drei Durchgängen gegeneinander antraten, um sich mit Lanze, Wurfspieß, Kugel, Pistole und Schwert zu messen. Anschließend kehrten die Wagen auf den Platz zurück, die Quadrillen nahmen erneut hinter ihnen Aufstellung, und Cupido verteilte Preise an die Sieger. Das Stück endet damit, dass die allegorischen Figuren ein salomonisches Urteil fällen: Militärische Kühnheit und Achtung seien gleichermaßen wichtig für einen Ehemann. Die Hauptaussage des Torneo kommt für Bernhard Jahn »so einem Wink mit dem Zaunpfahl gleich. Dass Max Emanuel die Tugend der Audacia besitzt, hatte er in den Türkenkriegen schon hinlänglich unter Beweis stellen können, die Tugend des Rispetto, vor allem gegenüber seiner zukünftigen Gattin, ließ der Kurfürst noch vermissen.« 726 Das eigentliche Fest von 1686 war ausgesprochen umfangreich – im Gegensatz zur politisch weitgehend bedeutungslosen zweiten Hochzeit des bayerischen Kurfürsten mit Therese Kunigunde von Polen 727 –, wobei in München 725 Jahn, im Druck. 726 Ebd. 727 Diese wurde als Prokuravermählung in Warschau vollzogen, wobei sich Max Emanuel durch den Bruder der Braut vertreten ließ. Dazu fand dort vom 15. bis 19. August 1694 ein Fest statt. Neben einer öffentlichen Tafel, zu der »die Französische, Welsche und Polnische Vocalund Instrumental-Musiquen« gespielt wurden und der die »Ceremonien-Täntze« folgten, wurde »auf der Weichsel gegen dem Schloß über ein Feuerwerk angezündet« und »auf dem grossen Comoedien-Saal […] eine Italiänische Oper gespielet, und zu Ende eine ieden Actus erstlich ein Mohren= hernach ein Satyrisches, und letztlich ein Schäffer=Ballett getanzet«. Für eine ausführliche Beschreibung siehe Lünig 1720, Bd. 2, S. 446f.
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drei Opern und ein Turnierspiel zur Aufführung gelangten. Hofzahlamtsrechnungen, die die Kosten der für das Fest zusätzlich engagierten Kräfte summieren, geben Auskunft über den Probenaufwand und die Anzahl der Aufführungen: Die französische opera ist in der Residenz 2mal probirt und 2mal recht gehalten, dafür man 16 Studenten gebraucht; trüfft einen als Lohn à 20 Kreuzer = 21 Gulden 20 Kreuzer. Die erste wälsche Oper hat man 2mal probirt und 4mal recht gehalten, dabei sich 119 Studenten, wie auch beim Thurnieraufzug und also 7mal gebrauchen ließen; trifft einen 2 Gulden 20 Kreuzer = 277 Gulden 40 Kreuzer. Bei der letzten wälschen Oper sind 92 Studenten und jeder fünfmal bedient gewesen, macht ihr begöhrter Lohn 153 Gulden 20 Kreuzer. 728
Die französische Oper konnte bisher nicht identifiziert werden (belegt ist nur eine französische Sprechtheateraufführung). Bei den italienischen Drammi per musica handelte es sich um Servio Tullio mit Musik von Agostino Steffani und den von Giuseppe Antonio Bernabei vetonten Ascanio. Von beiden Festopern wurden – in dieser Zeit in München eigentlich unüblich – neben den originalen Libretti auch separate deutschsprachige Fassungen gedruckt. Offenbar wurde ein auswärtiges Festpublikum erwartet, auf dessen Italienischkenntnisse man nicht vertrauen wollte. Wie schon beim Fest von 1680 stellten die Theateraufführungen enge Verbindungen von Geschichte und Gegenwart her: In Wien gab es neben Aufführungen der Kantate Musica, pittura e poesia, in der Allegorien der Künste dem Brautpaar huldigen, 729 auch die Festoper Il Palladio in Roma (Text: Niccolò Graf Minato; Musik: Antonio Draghi) zu sehen. Mit dem im Libretto abgedruckten »Argomento« wird dem Leser eine umfangreiche Deutung angeboten, die den Bezug des Stoffes zum politischen Tagesgeschehen klärt. 730 728 Rudhart 1865, S. 79. 729 Seifert 1985, S. 238. 730 Das Palladium sei vom Himmel gekommen und ursprünglich in Troja, dann in Rom gehütet worden; Autoren der Antike deuten es entweder als Schild, als Statue mit Lanze, Flachs und Spindel oder als Abbild der Pallas Athene; seine Größe sei drei Ellen gewesen. Im Rom habe man es im Venustempel aufbewahrt; bei dessen Brand wurde es von Lucio Metello gerettet, der im zweiten Punischen Krieg dann viele Gefangene gemacht und 120 Elefanten erbeutet habe. Dann wird aufgeschlüsselt, wie dies gedeutet werden könne: Nicht nur wird der Brand des Vestatempels mit dem türkischen Kriegsbrand in Beziehung gesetzt – gleich Lucio Metello, der einst das Palladium gerettet und dafür unsterblichen Ruhm geerntet habe, sei Max Emanuel den Habsburgern zu Hilfe gekommen, wofür er nun die ruhmreiche Braut Maria Antonia erhalte. Die Parallelen reichen noch weiter: Wie das Palladium vom Himmel gekommen sei, habe Gott das Haus Habsburg erhöht, weswegen das Erzhaus immer ein Schild zur Verteidigung der Unterdrückten und zum Schutz des katholischen Glaubens gewesen sei. Mit der Statue und dort verwendeten Symbolen des Krieges und des Friedens hät-
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In dem 1686 in München aufgeführten »Thurnieraufzug« Erote ed Anterote wird Max Emanuel in Beziehung gesetzt zu Kadmos, dem Gründer des antiken Theben. Der griechischen Mythologie nach war dieser von seinem Vater Agenor ausgeschickt worden, um seine Schwester Europa aus Zeus’ Händen zu befreien. Nachdem ein Drache seine Begleiter getötet hatte, erschlug ihn Kadmos und säte auf Athenes Befehl die Drachenzähne aus, woraus geharnische Männer hervorwuchsen. In der Frühen Neuzeit galt Kadmos nicht nur als exemplarischer Staatengründer und -lenker, sondern stand auch für Weisheit: Da Kadmos seinem Vater und den Ratschlägen der Götter gehorcht hatte, »soll er nach vieler Arbeit und Dämpfung derer Affecten endlich die schöne Harmoniam, oder die Gelassenheit und Ruhe der Seelen erlanget haben, mit der er endlich auch in eine Schlange verwandlet worden, das ist eine grosse Weisheit durch seine Erfahrung und Gedult erlanget«. 731 Den Text hatte Ventura Terzago verfasst (die Musik von Ercole Bernabei ist verloren), dessen Vorwort zufolge die Handlung keineswegs nur eine Fabel sei, sondern letztlich »la nostra, vera istoria«. Aktualität bezog der Stoff seiner Ansicht nach daraus, dass Max Emanuel ein neuer Kadmos sei, wobei der getötete Drache für die vom Kurfürsten besiegten Türken stand. Seine Siege werden nun belohnt durch Liebe (Erote) und Gegenliebe (Anterote) – der Stich auf dem Librettodeckblatt zeigt sie als knabenhafte Jünglinge –, die ihm und seiner Gattin jetzt zuteil werden: Erote ed Anterote sono i due Numi del reciproco affetto; e questi vedranno le SERENISSIME ELETTORALI ALTEZZE VOSTRE nascer dai detti del Drago ucciso seminati da Cadmo; per che il nostro giubilo estremo, non ammettendo il tragico spettacolo, che le due Squadriglie nate da questo seme diedero di se stesse in Beozia, ha forza di rivoltar la favola con più giusto, e lieto argomento. E chi non sà qual Drago abbia reso esanime la destra generosa ed invitta del nostro Clementissimo Sovrano, e che in mezzo alle stragi, e alle ruine del medesimo è nato quell’Erote ed Anterote, che nell’aquisto fatto da noi di cosi augusta Padrona illustrano oggidì questa felicissima Reggia? 732
Von den Brüdern Gasparo und Domenico Mauro, zwei der bekanntesten Bühnenbildner der Zeit, stammten die Theaterdekorationen, die dem Libretto ten die Habsburger gemein, dass ihnen in Krieg und Frieden die Palmen und die Oliven in der Hand geblüht hätten. Mit Pallas, der Göttin der Tugenden und Wissenschaften, verbinde die Habsburger, dass sie immer deren Schatzkammer gewesen seien. So wie das Palladium drei Ellen groß gewesen sein, habe die Familie drei Würden: die erzherzogliche, die königliche und kaiserliche. Und wie Rom, wo das Palladium aufbewahrt wurde, uneinnehmbar war, könne niemand untergehen, der sich mit den Habsburgern verbindet. Seifert 1985, S. 275f. 731 Hederich 1724, Sp. 488. 732 Erote ed Anterote 1686, ohne Paginierung.
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zufolge das Turnierhaus in eine blühende Landschaft verwandelten. Auf der einen Seite war ein Wald zu sehen, durch den der Fluss Erinno floss, auf der anderen zwei liebliche Hügel; über dem Wald öffnete sich eine große strahlende Wolke, und auf Pegasus sitzend erschien Apoll, begleitet von den Musen, die mit Lorbeer, Efeu, Myrte, Rosen und Palmen geschmückt waren und verschiedene Instrumente in ihren Händen hielten. Apoll ergreift das Wort, um auf die so überaus lobenswerte Ehe von Max Emanuel und Maria Antonia hinzuweisen. Mit der Realität hatten die Ausführungen Apolls freilich nichts zu tun: Die Verbindung gestaltete sich ausgesprochen unglücklich wegen der fortgesetzten Untreue Max Emanuels, dem seine als schwierig geltende und äußerlich wenig attraktive Gattin mitnichten als die »Austriaca bellezza«733 erschien, als die sie im Libretto tituliert wird. Dem Orakel Apolls folgend, werde Kadmos Theben nun an den Ufern der Isar erbauen, besser noch als an denen des Flusses Erinno. In einer Arie beglückwünscht Apoll das hohe Brautpaar Max Emanuel und Maria Antonia und verschwindet mit den Musen. Es treten Kadmos und seine Freunde Euripios und Targestes auf, die sich anschicken, die Mauern Thebens zu errichten. Nach einer Arie Kadmos’ erscheint auch der Drache; Euripios und Targestes bekommen noch Gelegenheit zu je einer Arie, bevor sie Opfer des Ungeheuers werden. Die anschließende Ermattung des Drachen nutzt Kadmos, ihn zu erstechen. Dies wurde offenbar durch beeindruckende Theatereffekte verdeutlicht: Mentre Euripio vuol ferire il Drago, egli con un veemente colpo di coda gliela leva di mano, e presolo stretto trà gli audunchi piedi e con le orride fauci lo getta come l’altro nel bosco. Indi quasi stanco dal lungo moto, battendo l’ali vaste per allegrezza, si mette come in atto di riposo. Esce in questo Cadmo estremamente afflitto per la perdita funesta di tutt’i suoi seguaci, e veduto il Drago, che lambendo il sangue di cui va asperso à lui non bada, imbrandisce il ferro, e s’avventa disperatamente contro di lui dicendo. CADMO O del spietato Avverno Immanißima furia, astro ministro! A me crudo ti volgi, E l’avvanzo de’ Tirij in me di sciolgi Si rivolge il Drago con la solita furia per incontrarlo. CADMO Vieni: prendi Apre il Drago le vaste fauci, e Cadmo gl’investe la Spada nel palato cacciandola à tutta forza in modo, che passandogli l’ossa, e le dure squame gli esce dal capo. La morte Un di noi de’ provar. 733 Ebd., S. 5f.
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Va rinculando il Drago per l’angoscia del colpo mortale. Sinne l’Abisso Per suenarti anderei. Cade finalmente estinto. 734
Kadmos verleiht in einer Arie seiner Verzweiflung über den Verlust der Gefährten Ausdruck. Hierauf steigt Minerva (Athene) vom Himmel herab, um ihn zu belehren, dass am heutigen Freudentag – dem der Hochzeit von Max Emanuel und Maria Antonia – kein Platz für Trauer sei. Sie rät ihm, dem Drachen die Zähne auszureißen und diese auszusäen, denn daraus würden Kadmos neue Gefährten entstehen. Dies Handlungselement bot eine weitere Gelegenheit, beeindruckende Illusionstechniken anzuwenden, die den unmittelbar darauf auftretenden bayerischen Kurfürsten in eine mystische Sphäre hoben: Appena son seminati i denti, che scossa d’improviso terremoto la terra s’aprono con spaziosa bocca i due monti di fronte, e n’escono due vaghissime Squadre di generosi guerrieri, che nella superbia degli abiti, del portamento, e del seguito, danno di se agli astanti un lieto insieme e portentoso spettacolo con l’ordine che segue. 735
Kadmos’ aus den Drachenzähnen erwachsene neue Gefährten sind Erote und Anterote, deren Personifizierungen auf zwei prächtig geschmückten Wagen sitzend mit großem Gefolge auf den Turnierplatz fahren: Due Superbissimi Carri coperti d’oro e di gemme, e brillanti di vive fiamme, conducono assisi sulla più alta cima i due Amori Erote ed Anterote ; e à piè di questi siedono liete e volontarie seguaci de’ due potentissimi Numi le più vaghe e famose bellezze dell’Europa, e dell’Asia: E tirato ognun di loro da quattro candissimi destrieri, ed Auriga del primo è la Speranza, del secondo la Gratitudine. Un solto stuolo d’Amanti forma il pedestre corteggio dell’una, e l’altra parte, e altrettanti Amorini, legato loro il piede con ceppo d’oro gli vanno conducendo con lunga catena quasi superbo trofeo del prorio valore. 736
Hinter den Wagen zogen die beiden jeweils aus 24 Mann bestehenden prächtig geschmückten Quadrillen ein, die teils nach europäischer, teils nach asiatischer Art gekleidet waren. Die erste wurde von Max Emanuel angeführt, die zweite vom Markgrafen Ludwig von Baden, der wegen seiner Erfolge als Heerführer auch den Beinamen »Türkenlouis« trug. Die auf die Schilderung des Einzugs folgenden 48 Seiten des Textbuchs widmen jedem Teilnehmer eine Seite, wobei jeweils mit einem Stich die individuelle Devise illustriert wird, die der Teil734 Ebd., S. 9. 735 Ebd., S. 11. 736 Ebd., S. 12.
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nehmer auf seinem Schild trug: Beim bayerischen Kurfürsten waren dies die Sonne sowie der Spruch »Rien si constant que ma flamme«. Nach Aufstellung der Turnierteilnehmer, unter denen sich Joseph Klemens, Bischof von Freising und späterer Kurfürst von Köln, sowie Mitglieder der Familien Fugger, Preysing, Tattembach, Tauffkirchen und Taxis befanden, wurde die Handlung fortgesetzt. Kadmos wird von Erote und Anterote belehrt, dass das Schicksal ihn hergeführt habe, damit er das schönste Band bewundern könne, das die Liebe zu binden vermöge: die Ehe von Max Emanuel und Maria Antonia. Sie preisen das Brautpaar und fragen, ob die edlen Taten des Bräutigams oder die Treue der Braut die größeren Tugenden sind. Da ist auch Kadmos wieder versöhnt mit dem Schicksal, das ihn zu diesem freudigen Ereignis herbeigeführt hat: CADMOS O me felice! adora La catastrofe strana Di quei tristi accidenti Che m’han condotto à cosi fausti eventi. D’una più vaga Tebe La mole ergerà quivi Amor concorde; Io qui mi celo, e contro Il mio destino infido Mi sia il Bavaro suol sicuro nido. parte. 737
Erote und Anterote rufen die Turnierteilnehmer zum Wettstreit auf, die Wagen fahren davon, und die Dekorationen verschwinden. Auf dem Festplatz blieben nur die Kämpfer, die im Turnier mit der Lanze, dem Wurfspieß, der Pistole und dem Schwert fochten. 738 Nach dessen Ende streiten Erote und Anterote erneut; da erscheint auf einem von zwei Störchen gezogenen Wagen der Gott Merkur und löst den Konflikt auf: Beide Gruppen von Kämpfern hätten den gleichen Wert gezeigt. Merkur verleiht Preise und fährt davon, während Erote und Anterote beschließen, für immer dem Brautpaar beizustehen. Sicherlich ist es geraten, den topischen Superlativen wie denen, dass gerade dieses Ereignis so freudig sei wie nie eines zuvor oder dass die Tugend der Gefeierten niemals übertroffen werden könne, nicht zu viel Bedeutung beizumessen: Derartige Ausführungen schmückten dynastische Ereignisse stets aus, nicht anders als prächtige Dekorationen. Die Wirksamkeit der Aufführung lag aber nicht allein darin, dass diese Diskurse in den Libretti ausgeführt 737 Ebd., S. 66. 738 Ebd., S. 67.
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wurden. Sie entfalteten eine Wirkung durch die begleitenden Theatereffekte wie das vom Donner und Theaternebel begleitete Auftreten Max Emanuels, das körperliche Reaktionen wie Staunen hervorrief und den Zuschauer so am eigenen Leib erfahren ließ, dass das von ihm beobachtete Geschehen bedeutungsvoll war. Zudem steht zu vermuten, dass aufgrund der an anderer Stelle geschilderten Theorie der Auswirkung von Körperreaktionen auf Entscheidungssituationen, durch die die von dem Neurologen António R. Dámasio als »somatische Marker« genannten Veränderungen im Gefühlshaushalt ausgelöst wurden, die Vorstellungsbilder der Zuschauer auch dann geprägt wurden, auch wenn er nicht mit Theatereffekten auftrat. Mit anderen Worten: Wenn bei anderen Gelegenheiten das Bild des Kurfürsten aufgerufen wurde, erinnerte sich der Körper des einstigen Zuschauers an die damals bei der Aufführung erlebten emotionalen Erfahrungen; dies beeinflusste wiederum das Handeln des Einzelnen. Die metaphorische Inszenierung Max Emanuels als ein bayerischer Kadmos bringt zum Ausdruck, dass auch der Kurfürst einst als ein Staatengründer von Format in die Geschichte eingehen solle. Diese Strategie setzte sich in den Drammi per musica fort. Während die Oper Ascanio (Text: Filippo Renato Sbarra; Musik: Giuseppe Antonio Bernabei) allgemeine Exempla des Herrscheramts gibt, in dem man sich nicht privatem Kummer hingeben und darüber alle Pflichten vergessen dürfe, und aufzeigt, wozu kluge Staatskunst führen kann, wird das Hauptwerk des Festes erneut durch die Verschmelzung von Geschichte und Gegenwart gekennzeichnet. In Steffanis Servio Tullio treten nicht weniger als 25 Gesangspartien in Erscheinung (die teilweise mit denselben Sängern besetzt werden können), welche sich im Prolog vor allem aus Göttern und Allegorien, in der Oper aus historischen Personen rekrutieren. Ein Dedikationsstich im Libretto zeigt den römischen Feldherrn Servio Tullio, der durch die Flamme 739 auf seiner Stirn identifiziert werden kann. Er ist im Begriff, vor dem Altar in einer römischen Tempelhalle niederzuknien und den Eid auf Krone und Zepter abzulegen. Das Bild bezieht sich aber nicht allein auf den Protagonisten der Oper, sondern zugleich auch auf Max Emanuel, denn über Servio Tullio 739 Servius Tullius, der sechste König des Römischen Reiches, wurde der Sage nach als Sohn eines im Kampf gegen Rom gefallenen Adligen in der Gefangenschaft des Tarquinius Priscus geboren, weswegen ihn seine Mutter Servius nannte. Über dem Kopf des jugendlichen Servius Tullius zeigte sich eine Flamme, die die Gattin des Königs, die Etruskerin Tanaquil, als Zeichen seiner zukünftigen Herrschaft deutete. Servius wurde mit der ältesten Tochter des Königs verheiratet und bestieg nach der Ermordung von Tarquinius Priscus im Jahre 578 v. Chr. den römischen Thron.
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Titelkupfer des Librettos Servio Tullio, München 1686 (Theatermuseum, München)
schweben, auf einem das kurbayerische Wappen tragenden Reichsapfel sitzend, zwei Tuba blasende lorbeerbekränzte Genien, die das Lob des bayerischen Herrscherhauses verkünden. Die Dichtkunst Terzagos sei »durch jene glorwürdigste Fackel« auf der Stirn Servio Tullios »angefeuret« worden, die zur »höchstansehnlichen Vermählung Ruhm-glanzend brennet«. Dieses Feuer sei vom Himmel gekommen und daher mehr als würdig »der geheiligten Inbrunst / welche mit so hellstralenden Bande dero Königliche Hertzen verknüpffet / vereinbahret zu werden«. Umso mehr, da diese Flamme Servio Tullio »die Köngliche Cron-betrettung vorgedeutet« habe. Es bedeute, dass auch die Nachkommen von Max Emanuel und Maria Antonia »einer ewig-wehrenden Reichsbeherrschung« entgegensehen dürfen. Der Bezug zum Tagesgeschehen wird durch die Verherrlichung von Max Emanuels militärischen Erfolgen über die Türken hergestellt. Ewi-
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Stich des Bühnenbilds zum Prolog der Oper Servio Tullio von Agostino Steffani (Theatermuseum, München)
gen Andenkens würdig sei, dass er »von denen Weich-sänfftigkeiten deß BrautBeths zu denen blutigen Gefahren der grausambsten Schlachten« geeilt sei. Max Emanuel sei »Sighafft über sich selbsten« gewesen, da er sein Liebesglück den Pflichten untergeordnet hatte. Seine Taten werden mit denen antiker Kriegsherren verglichen, er sei sogar noch grösser als Achilles / sintemalen diser omb sich denen Gefährlichkeiten des Troianischen Kriegss zu entziehen lange Zeit in weiblicher Kleydung mit der Deidamia in Sciro gelebet hat: sie hingegen omb jene des Hungerlands zu begegnen entferneten sich von der verliebten Seyten der Durchleuchtigsten Maria Antonia in Wienn. Glorwürdiger als Alcius? welcher von der beygefälligkeit der Jole verzucket den Löwen-Hauts Mantel in einen Weiber Rock / und den Streit-Kolbe in einen Spinrocken verwechßlet? Euer Churfürstl. Durchleucht hingegen haben die zartesten Liebkosungen obschon allerrechtmässigsten zuneigung aufhebend / unnd durch unüberwindliche und Löwenhaffte Hertzhafftigkeit bezieret den sieghafften Degen ergriffen. Ruhmbahrer als Marcus Antonius / welche den verlust jenes höchstwichtigen Treffens wider Octavianus der gewaltsamen Begirde der Cleopatra zu folgen auffgeopffert hat. Hingegen Euer Churfürstl. Durchl.
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sich ganz unerschrocken von dero Durchleuchtigen Gemahlin entfernent befügte der Ottomaner stoltzen Hochmuth bey Graan zu demütigen und zu vernichten. 740
Der Prolog inszeniert die Hochzeit Max Emanuels mit Maria Antonia als schon immer von der Geschichte vorherbestimmt. Ihm ist eine »Sinfonia« benannte vierstimmige Ouvertüre vorangestellt, die mit der Abfolge Grave und fugiertes Allegro dem für würdevolle Situationen besonders geeigneten gravitätischen Modell Jean-Baptiste Lullys folgt. Schauplatz des Geschehens ist der Himmel, in dem sich zahlreiche Götter versammelt haben. Diese schwebten auch durch die Luft, »so dass der ganze Bühnenraum von gleitenden Figuren erfüllt war. Das Auge erfreute ›fließende Ruhe‹ und die Harmonie beständiger Bewegung.« 741 Auf einem von zwei Hirschen gezogenen Wagen kommt die Zeit hereingefahren und überbringt Jupiter frohe Nachricht: »Höchster GOtt: der Himmel entflamme sich mit nie gehörter Freude.« 742 Er habe das Schicksal studiert und herausgefunden, dass Servius Tullius noch viel größeres Glück als nur der römische Thron zuteil werden wird, denn er dürfe auf diesem Fest dem hohen Paar huldigen. ZEIT Nach deme die Römische Oberherrschaft vil von den underschiedlichsten Abwechslungen versuchet / und eine Anzahl der Jahrhunderte das Fellen meine Sense werden außgestanden haben / wird ein Carl / welcher Siegnahmen zu den Ruhm nie-verweslicher Unsterblichkeit / unnd ewiger Angedenck-Würdigkeit erheben wird durch die Tapfferkeit seiner unüberwindlichen Hande / so weit sich die Sonne erbreit / aller Orten Lorbeer Zweig pflantzen. Demnach wird seyn Geblüte vermitls ruhmbarer Helden-Thaten der gantzen Welt Umbkreiß zu seinen Füssen gedemütigt sehen. Ingleichen wird hernach das Durchleuchtigste Ertzhauß von Oesterreich hell-glantzend seyn / und der hohe Werth / die glücklichste Thaten / und Heiligen Wercke dises glorwürdigsten Stammen unbeschreiblich. Die beewigte Vorsehung wird dise zwey Königliche Zweige mit vilfältiger Vermählung verbinden / deren die Glorwürdigste seyn wird jene / wormit Maximilian und Antonia untrennbahr gemacht werden / von deren 740 Servius Tullius 1686, ohne Paginierung. 741 Mlakar 1992, S. 51. 742 Servius Tullius 1686, S. 16.
Carl der Große Durchl. Hauß Bayern Urheber
Das Hauß von Oesterreich und Bayrn vilmahlige Verwandtschafft.
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Königlichen Geschlecht unendliche Lorbeer-Zweig / unzahlbare Ruhm-Sprossen entstehen werden. Also hat die unenderliche ewige Verordnung entschlossen / dass zu diser glückseeligsten Vermählung Servius widerumb erscheine / und das Glück geniesse / eine willfährige Huldigung bey diser allgemeinen Freude abzulegen. 743
Ihre Durchleucht der Churfürst und Ihre Durchleucht die Churfürstin.
In der neben dem italienischen Originaltext separat publizierten deutschen Übersetzung helfen Erläuterungen, die intendierte politische Bedeutung zu verstehen. Mit dem Hinweis, dass mit dem von der Zeit genannten Carl der als des »Durchl. Hauß Bayern Urheber« titulierte Karl der Große gemeint ist, wird nebenbei eine höchst umstrittene Genealogie zum Faktum erhoben: Die Wittelsbacher behaupteten, in männlicher Linie von Karl dem Großen abzustammen, was rechtliche Ansprüche untermauern sollte und daher Gegenstand heftiger Kontroversen besonders mit den Habsburgern war. Da diese wie auch andere wichtige Aussagen als nur vom Generalbass begleitete Rezitative vertont sind, kann der Zuschauer dem Text gut folgen. Der Textverständlichkeit räumte Steffani generell hohe Priorität ein, wobei er Aussagen von besonderer politischer Bedeutung wirkungsvoll ausdeutet. Bereits Arthur Neisser beobachtete, dass Steffani sich in dieser Oper im Dialog nicht durchweg an scharfe Trennung von Rezitativ und Arie hält, sondern dort, wo der Textinhalt bedeutungsvoll wird, unmittelbar und ohne besonders markant zu kadenzieren in das Arioso übergeht, um dann ebenso schnell vom Arienton ins Rezitativ zurückzugehen. 744 Dies macht auch die oben zitierte Textstelle deutlich, »wormit Maximilian und Antonia untrennbahr gemacht werden / von deren Königlichen Geschlecht unendliche Lorbeer-Zweig / unzahlbare RuhmSprossen entstehen werden«. Als die Zeit auf die aus der Verbindung des Paares erhofften Nachkommen zu sprechen kommt (»Nasceran mille allori«), wechselt das Metrum in den Dreivierteltakt, und ein kurzes Arioso hebt an, das sogleich wieder in ein Rezitativ zurückfällt. Die Zeit fliegt in ihrem Wagen davon; kurz darauf verschwinden auch Himmel und Gottheiten, die Szene verändert sich in Eliseische Felder: »In dem Zwischen-Raum der Schaubühne sihet man die beglückte Seelen / under welchen auch die Vorbildungen der künfftigen Personen Reyweiß in grosser Menge / theyls in süsser Ruhe / theils mit erfreulichem Flug in Luffte schweben und lustwandeln. Under disen erscheint auch auf einer Senk Tarquinius Pri743 Ebd. 744 Neisser 1902, S. 85.
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Agostino Steffani, Servio Tullio
seus / auff der anderen die Zeit in Lufft ob ihren Wagen.« 745 Die Zeit hält im Himmel Zwiesprache mit Tarquinius, dieser solle den Glanz seiner »Königlichen Ehre widerumb« besehen, um der »Marzier Glück zu erheben / unnd zugleich deß Servius Vermählung und Überantwortung des Throns zu befürderen«, da diesem das Geschick in den folgenden Jahren »weit grössere Ehr« vorgesehen habe. Erneut verwandelt sich die Szene, und es erscheinen »die Vorbildungen deß Durchleuchtigsten Churfürsten und Ertz-Fürstlichen Durchleucht der Churfürstin gerzlich geziehret / sambt noch zwölff andern / wodurch ihre glorwürdigste Nachkömblingen vorgebildet werden.« 746 Tarquinius wird von der Zeit aufgeklärt, um wen es sich dabei handelt. Auch diese wichtige Aussage wird als Rezitativ vertont und im Libretto mit Erläuterungen ausgeschmückt: ZEIT Jener / der seinen Mayestätischen Ansehen nach eine Pallas im Angesicht / ein Mars an Gemüthe ist / wird Stoffe geben Bücher mit Ruhm zu füllen. Er wird noch das achtzehnte Jahr seiner Jugend nicht erreichet haben / als seine getreue Unterthanen den milden Zaum seiner Beherrschung demütigst küssen werden. Folgends wird er sein Helden-mütiges Hertze voll Edler Tapfferkeit zur Verfinsterung des Ottomanischen Mon745 Servius Tullius 1686, S. 20. 746 Ebd., S. 21.
Der Durchl. Churfürst / welcher mit 18. Jahren die Regierung angetreten. Die Milde seiner Regierung.
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des anwenden. Aber: was verweile ich? Jene die du mit ihme vereinet sichst / wird unseres Helden Durchleuchtigste Gemahlin seyn / welche ab der holdseeligsten Stirne eingedruckt führet die Wahrzeichen jenes hohen Ertz-Stammens / welcher mehrer Königreich mit mildreichster güte beherrscht / und zwischen immerwehrenden Veränderungen deß Fried und Krieges von Himmel geschützet / und von der Erde verehret wird. Zu disem Königlichen Beylager hat das Geschick entschlossen / soll Servius erscheinen. 747
Seine Thaten wider die Türcken. Der hohe Werth Ihro Durchl. der Churfürstin einer Ertzherzogin von Oesterreich.
Der historische Servius Tullius darf also zur Hochzeit des bayerischen Kurfürsten, der sich als dessen Nachkomme inszeniert, noch einmal auf die Erde zurückkehren. Eine mit Streichersatz instrumentierte Da-capo-Arie des Tarquinius beschließt den Prolog, der in einen »Ballo delle Idee Reali« übergeht. Mit den Mitteln des Tanzes vergegenwärtigt das Ballett die freudige Zukunft, die die Vermählung des Kurfürstenpaars bescheren werde. Wie die weiteren Ballette, die die folgenden Akte beschließen, wurde es in einer Choreografie des Tanzmeisters Franz Rodier von Angehörigen des Hofstaats getanzt. Die Musik stammte nicht von Steffani, sondern, wie auch die Ballettkompositionen in anderen Münchner Opern der Zeit, von Konzertmeister Melchior Dardespin. Grund für diese Arbeitsteilung war vermutlich, dass das Einstudieren der Tänze mit ausgewählten Mitgliedern des Hofstaats einen größeren Zeitraum in Anspruch nahm, sodass die Ballettmusik schon wesentlich früher als der Rest der Oper vorhanden sein musste. 748 Auch die an den Prolog anschließende Handlung, in der Servius Tullius den römischen Thron besteigt und in der drei glückliche Ehen geschlossen werden, weist für Eberhard Straub Parallelen zur Gegenwart des Jahres 1686 auf: Die Ehen zwischen den Häusern der Tarquinier und der Ancier, die beide königliche Familien waren und miteinander um die Herrschaft konkurrierten, stifteten die Eintracht, die der Welt so viel Glück und Frieden brachte. Die Ehe zwischen der Habsburgerin und dem Wittelsbacher verhieß nicht weniger Glück und Frieden. 749
747 Ebd., S. 21f. 748 Siehe Mlakar 1992, S. 52. 749 Straub 1969, S. 278.
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1690: Retter der Christenheit Das letzte große Fest im München des 17. Jahrhunderts ließ Max Emanuel vom 4. bis 15. Februar 1690 aus Anlass des Besuchs von Kaiser Leopold I. ausrichten. Dieser war auf der Rückreise nach Wien, nachdem er in Augsburg der Wahl seines elfjährigen Sohnes Joseph zum Römisch-Deutschen König beigewohnt hatte. Die Krönung hatte zwar nur symbolische Bedeutung in Hinblick auf eine spätere Kaiserschaft Josephs. Sie wurde dennoch reichsweit gefeiert, und selbst in entfernten Städten wie Hamburg wurde im Beisein des kaiserlichen Gesandten in der Gänsemarkt-Oper eine Festoper gespielt, die vom römischen König Numa Pompilius handelte, dem Idealbild eines auf das allgemeine Wohl bedachten Herrschers, was die Erwartungen der Hansestadt an den Kaiser zum Ausdruck brachte. 750 Dem Anlass entsprechend, zielten die Veranstaltungen in München nicht primär auf eine Verherrlichung des bayerischen Kurfürsten, sondern auf die des Kaisers ab. Leopold I. wurde als Retter der Christenheit inszeniert, womit die bayerischen Festorganisatoren an Strategien der Selbstdarstellung des Wiener Hofes anknüpften. Ein ausführlicher Bericht der Münchner Festivitäten findet sich in Johann Christian Lünigs 1719 veröffentlichtem Theatrum Ceremoniale Historico-Politicum, das zahlreiche Berichte von Festen aus ganz Europa sammelt. Die Beschreibungen sollen als Exempla dienen, die zeigen, wie in der Vergangenheit für die unterschiedlichsten Anlässe Feste ausgerichtet wurden, um damit anderen Höfen Anhaltspunkte für die Konzeption zukünftiger Feste zu geben. Der Bericht der Veranstaltungen in München diente dabei als ein Beispiel, »[w]ie ein Kayser von Chur-Fürsten, wenn er sie besuchet […], tractiret« 751 wird. Nachdem Leopold I. und sein Sohn »Dero hohe Verrichtungen in Augspurg glücklich zu Ende gebracht, und nun zu Dero Heimreise nach Wien alle Anstalt machen liessen, baten Ihre Churfürstl. Durchl. aus Bayern sich diese Gnade aus, dass sämtliche Majestäten in Dero Churfürstlicher Residenz-Stadt München vorher eine kleine Einkehr zu nehmen gnädigst sich belieben lassen möchten«. 752 Das Fest richtete sich also nicht allein an den Kaiser, sondern auch an die anderen Fürsten, die der Krönung beigewohnt hatten. Aber auch wenn die Verherrlichung Leopolds I. im Mittelpunkt stand, diente es zugleich den750 Schröder 1998, S. 84ff. 751 Lünig 1719, S. 195. 752 Ebd.
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noch der Selbstdarstellung des bayerischen Fürstenhauses. Der Bericht betont die hohe Stellung Max Emanuels, wenn darauf hingewiesen wird, dass er beim Einzug in der Nähe des Kaisers reiten durfte: »Ihre Kayserliche und Königl. Majestät fuhren in einem Wagen, zu dessen lincker Seiten die Kayserin in einem Sessel getragen wurde, beyde Herren Churfürsten aber, nehmlich Chur-Bayern und Chur-Pfaltz« voranfuhren. 753 Bayern wollte sich gegenüber den zahlreichen Gästen in ein möglichst glänzendes Licht rücken, daher wurden keine Kosten »gespahret, wie hoch sie gleich zu Anordnung eines sehr magnifiquen LuftTurniers und Ausrichtung eines Opern-Hauses sich belieffen«. Dabei »zeigte sich der Welt=beruffene Churfürstl. Pallast zu diesemmahl in einer solchen Zierde, dass man gleichsam die Schätze und Kostbarkeiten vieler Fürstenthümer in demselbigen allein beschauen kunte«. 754 Mithilfe des Berichts kann der Aufenthalt Leopolds detailliert nachvollzogen werden. Dabei fällt der über die anderen Münchner Feste erheblich hinausgehende Anteil religiöser Veranstaltungen auf, der durch die besondere Frömmigkeit des Kaisers erklärt werden kann. Sie wird durch die zeitgenössische Zuspitzung unterstrichen, dass Ludwig XIV. ausschließlich Monumente und Bilder zu seinem eigenen Ruhm beauftragte, Leopold I. diese hingegen nur zur Ehre Gottes errichten ließ. 755 Dieser Anteil wäre noch höher ausgefallen, wenn der Kurfürst nicht zum Verdruss der Jesuiten eine von diesen geplante Veranstaltung mit musikbegleiteter Begrüßung (Hospes Austriacus) und Huldigungsfestspiel (Palma triumphalis) kurzfristig abgesagt hätte. 756 Nach Lünigs Bericht gab es folgende Veranstaltungen: 3. Februar: Unter »vielen Thränen der anwesenden Volcks-Menge«Aufbruch des Kaisers und seines Gefolges in Augsburg, gegen elf Uhr abends Ankunft im Kloster Fürstenfeld bei München. 4. Februar: Messe in Fürstenfeld, mittags Zusammentreffen in Schloss Menzingen mit Kurfürst Max Emanuel, der seinen Gästen – wie es deren hohem Rang entsprach – entgegengefahren war. Gegen Einbruch der Dunkelkeit Ankunft des Kaisers in München, wo das Geschehen für das wartende Volk »durch die Menge der angeordneten grossen Feld-Feuer […] und […] Wind-Lichter« beleuchtet wurde. Festzug durch die Stadt und Messe in der Frauenkirche, schließlich Ankunft in der Residenz. 757
753 754 755 756 757
Ebd., S. 196. Ebd., S. 195. Goloubeva 2000, S. 1. Kindig 1965, S. 25. Lünig 1719, S. 196.
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5. Februar: Um acht Uhr Andacht mit Beichte und Messe, anschließend zu den Jesuiten, wo alle »dem Hoch-Amt, welches der Herr Weyh-Bischoff vor Freysing gehalten, beywohnten, wobey von denen Churfürstlichen Musicanten eine unbeschreibliche Music gehöret wurde«. Öffentliche Tafel in der Residenz, die durch goldenes Gedeck geschmückt wurde und bei der die »Churfürstl. Tafel-Music abermahlen bey allen Anwesenden ein sonderbares Vergnügen« hervorrief. Abends Oper. 758 6. Februar: Messe, gegen Mittag Turnier, »zu welchem sämtliche Majestäten, wie auch die Chur- und Fürstl. hohe Anwesende in zierlicher Ordnung für die Stadt hinaus abfuhren«. Abends Rückkehr in die Residenz, wo die Gesellschaft »wiederum mit einer trefflichen Welchen Comoedie delectiret« wurde. 759 7. Februar: Am Vormittag »Wirtschaft«, bei der Max Emanuel und seine Gattin als Wirtsleute fungierten. Abends in die Oper, die »von 6 biß 10. Uhren währete«. Danach Tafel, anschließend Ball. 760 8. August: »[G]eistliche Verrichtungen und Vorbereitungen zu der heiligen Fasten-Zeit«, abends »artige Comoedie« der »Englischen Fräulein bey unser lieben Frauen Grufft«. 761 9. August: Messe, Mittagessen in Schleißheim, Abendessen in München. 10. Februar: Vormittags »[g]eistliche Verrichtungen« bei den Theatinern, abends erklang in der Hofkapelle »annehmliche welsche Music […] mit hohen Belieben der Zuhörer bey nahe zwey Stunden«. 762 11. und 12. August: Gottesdienste und Besprechungen. 13. August: Abreise des Kaisers aus der Residenzstadt München, die »das Glück gehabt, eine so hohe Ehre bis an den neunten Tag zu geniessen«. 763
In den Vorworten der Libretti und anderen Texten zum Fest wurde Leopold I. gefeiert. Dies ist aber nicht dahin gehend zu verstehen, dass die Freudenerklärungen über die Unterordnung unter den Kaiser aufrichtige Gefühle im modernen Sinne zum Ausdruck brachten. Eine Huldigung war ein Rechtsakt, »eine eidliche Versicherung der Treue und Gehorsams, welche die Unterthanen ihren Territorial- oder Landes-Herrn« abstatten. 764 Obwohl Leopold I. der Schwiegervater des bayerischen Kurfürsten war, gestaltete sich die Beziehung alles andere als herzlich. Dem französischen Gesandten zufolge hasste Max Emanuel 758 759 760 761 762 763 764
Ebd. Ebd., S. 196f. Ebd., S. 197f. Ebd., S. 198. Ebd. Ebd., S. 199. Zedler 1735, Bd. 13, Sp. 717f.
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den Kaiser und die Kaiserlichen sogar und wünschte nichts mehr als die Erniedrigung Österreichs. 765 Er war jedoch zur Durchführung seiner politischen Pläne auf die Unterstützung Leopolds angewiesen, wenngleich die beiden sich immer mehr entfremdet hatten; bereits im darauf folgenden Jahr begann Max Emanuel im Geheimen Verhandlungen mit Ludwig XIV.766 Zudem gehorchten die für Leopold I. veranstalteten Festivitäten barocken Konventionen von Höflichkeit. Dem französischen Diplomaten François de Callières zufolge galt für Komplimente, Einladungen, Gratulationen und so weiter dasselbe konstitutive Prinzip der Höflichkeitssprache, dass, »wenn man von sich selber redet, man solches in demütigen und bescheidenen Worten thue, und dass man hingegen diejenigen mit Lob erhebe, mit denen man redet. Ein Mensch muß sich zu diesem Zweck angewöhnen, mit seines gleichen zu reden, als ob sie seine Obern wären; und mit seinen Untern, als ob sie seines gleichen wären.« 767 Dass Bayern als würdig angesehen wurde, den Kaiser zu beherbergen und ein derartiges Fest auszurichten, bezeugte die hohe Stellung des Hauses Wittelsbach. Es gehörte ein gewisser Stand dazu, ein Kompliment überhaupt abstatten zu dürfen – undenkbar wäre es gewesen, dass etwa eine Magd dem Herrscher zum Geburtstag gratuliert –, sodass sie nicht als Ausdruck von Knechtschaft, sondern des Standesbewusstseins galten.768 Das Kommunikationsverhalten war genau reglementiert: Gegenüber Ranghöheren hatte man Verehrung und Demut zur Schau zu tragen, gegenüber Ranggleichen Bescheidenheit und Freundlichkeit, gegenüber Rangniedrigeren Leutseligkeit und Liebe. 769 Stand der Sprecher mit dem Adressaten auf gleicher oder niedrigerer Stufe, dann führt das Kompliment zu einer Vergrößerung der sozialen Distanz und zur rituellen Statuserhöhung des Adressaten; aufgefangen wird dies wieder dadurch, dass der Ranghöhere, nachdem ihm Eherbietung gezollt wurde, sich Wohlwollen leisten kann, um den Rangniedrigeren so für die Respektierung sozialer Unterschiede zu belohnen. 770 Das Fest schloss zwei Opernaufführungen ein, wie man neben Lünigs Bericht auch einer Festbeschreibung von Thomas Bernard de Lillis, eines ehemaligen »Chur-Cölln.-Obristen Trompeter, Direktor des Luft-Feuerwerks und teutscher Poet«, entnehmen kann: Am 5. Oktober ließ »Ihro Churf. Durchl. 765 766 767 768 769 770
Hüttl 1976, S. 182. Ebd., S. 287. Zitiert nach Beetz 1990, S. 131. Beetz 1990, S. 133. Ebd., S. 132. Ebd.
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dero hohe Gäste mit einer angestellten Opera belustigen, wobey die Künstliche Maschinen, und das in 16 mal verenderliche Theatrum, wie auch die Music und die wolgeschickte Comödianten so wol als die Sinnreiche Action des Heraclio an ihr selbsten nicht geringe Admiration verursachten.« 771 Bei der Oper handelte es sich um L’Eraclio, deren nicht erhaltene Musik nach Robert Münster vom ehemaligen kaiserlichen Hofsänger Clementin von Hadersberg stammte. 772 Die Partitur ist verloren, überliefert ist lediglich die von Melchior Dardespin stammende Ballettmusik, denn nach jedem Akt wurde eine Folge aus vier Tänzen aufgeführt, die meist französischen Modellen folgen. 773 Agostino Steffani stand als Komponist nicht mehr zur Verfügung, da er 1688 aus Münchner Diensten ausgeschieden war. Daher wurde für die zweite Oper wieder auf die Dienste Giuseppe Antonio Bernabeis zurückgegriffen, der nach dem Tod seines Vaters Ercole inzwischen zum Hofkapellmeister aufgerückt war. Um dem Dramma per musica beizuwohnen, hatte der Hofstaat sich am 7. Februar »der Ordnung nach in die Opera [begeben], allda ein sehr treffliches Stück Il segretto d’amore praesentiret wurde«. 774 Ihre Partitur zeigt das Bild formaler Vielfalt und farbiger Instrumentation, das auch Bernabeis andere Opern aus diesen Jahren kennzeichnet. 775 Zwischen beiden Opernaufführungen wurde am 6. Februar »umb den Mittag […] ein herrliches Turnier angestellt, zu welchem sämmtliche Majestäten in zierlicher Ordnung durch den Hofgarten in das Turnierhaus sich begaben. Auf dem Platze stund ein Parnassus, auff welchem sich die Hofmusici verhielten und unterweilen sehr annehmlich hören liessen.« 776 Das Stück war das bereits an anderer Stelle beschriebene Turnierspiel Gli Oracoli di Pallade e di Nemesis, zu 771 Einzug 1690, ohne Paginierung. 772 Münster 1976, S. 299. Nach Felix Joseph Lipowsky stammt die Musik von Vincenzo Bernabei, vgl. Lipowsky 1810, S. 17. 773 1. Akt [»Di traci«]: [Sinfonia], Entrée, Gigue, Menuet, Rondeau. 2. Akt [»Di Cavalieri, ch’escono dai Bagni«]: Menuet, Gigue, Entrée, Aria. 3. Akt [»Di Soldati festeggianti«]: Aria, Bourrée, Entrée, Chaconne. 774 Einzug 1690, ohne Paginierung. 775 Auch wenn hier weiter die Generalbassarie dominiert, finden sich zahlreiche größer besetzte und meist auch ausgehntere »Arie con strumenti«. Neben vier Trompetenarien, bei denen zwischen »clarino« (II, 2; Scena ultima) und »tromba« (III, 6; Licenza) differenziert wird, fällt der Gebrauch von ungewöhnlichen Streichinstrumenten auf. In einer »Aria con le Viole d’amore« (III, 12) finden sich drei Systeme für dieses Instrument sowie die Bassstimme, wobei angemerkt ist: »Le cembali, e la Teorba in quest’aria non suonano«. Zwei Arien »con il violoncello« (I, 7; III, 15) sind deswegen bemerkenswert, da sich das Instrument erst in diesen Jahren nördlich der Alpen zu etablieren begann. 776 Ebd.
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dem der als kurfürstlicher Kammerorganist angestellte Pietro Torri die Musik geschrieben hatte, der damit am Münchner Hof erstmals als Komponist eines größeren Werkes in Erscheinung trat. Am 7. Februar nahmen der kaiserliche Besuch und das Kurfürstenpaar an einer »Wirtschaft« teil, über die der Bericht zahlreiche Einzelheiten mitteilt. 777 Die Festopern verwiesen auf verschiedenen Ebenen auf Leopold I. Die Vorworte richteten sich dezidiert an den Gast, beide Stücke enden mit einer Licenza, die das Kaiserpaar und den Erzherzog verherrlicht. Formal folgen die Opern damit dem Wiener Vorbild, denn in Münchner Drammi per musica dieser Jahre wie Servio Tullio war es eher üblich, die Huldigungen nach französischem Vorbild in einem Prolog voranzustellen. Die Licenza von Il segreto d’amore in petto del savio führt in das Königreich der Tugenden (Reggia della Virtù), die auf Leopold I. anspielen. Hier herrscht die als Gesangspartie ausgestaltete heroische Tugend (Virtù Heroica); sie wird unterstützt von ihren siegreichen Gefährten, der durch Tänzer dargestellten Eintracht (Concordia), Treue (Fedeltà), Milde (Clemenza), Reinheit (Purità) und Unschuld (Innocenza). Wie ein Ballett symbolisch darstellt, halten diese ihre Feinde am Boden, nämlich die Zwietracht (Discordia), Untreue (Infedeltà), Gottlosigkeit (Empietà), Verstellung (Fintione), Ungerechtigkeit (Ingiustizia) und Neid (Invidia). Im Vorwort des Librettos hebt Hofdichter Luigi Orlandi auf das Cäsarentum ab, wenn er Leopold I. als Erneuerer Roms und der dort hoch gehaltenen Werte feiert. Als Hintergrund der Opernhandlung wählte Orlandi Periander, einen der sieben Weisen des alten Griechenland, der zuvor bereits in der Oper L’Onore trionfante (Wien 1663) als Folie der Tugenden Leopolds Verwendung gefunden hatte. 778 Perianders Weisheit wird durch die Aufzählung ihm zugeschriebener Sentenzen wie »Osserva inviolabilmente la Fede«, »La Voluttà è corruttibile, e l’Honor immortale«, »L’Interesse non deve esser l’oggetto delle Attioni«, »È meglio esser fortunato di Benevolenza, che d’Armi« charakterisiert. 779 Das Münchner Dramma per musica, das auch in diesem Fall nur die Namen historischer Personen aufgreift und diese in eine ansonsten weitgehend neu konstruierte Handlung einfügt, sollte durch das Auftreten des griechischen Weisen auf die außerordentliche Bildung des Kaisers verwiesen. Im Vorwort wird betont, dass Periander sein Anliegen kaum besser vertreten sehen könne als bei Leopold I., denn auch dessen Brust berge Weisheit. 777 Ebd. 778 Goloubeva 2000, S. 172. 779 Il segreto d’amore in petto del savio 1690, Vorwort.
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In der Licenza von L’Heraclio preisen mythologische Figuren den hohen Besuch des »Cesare Germano«. Das auf dem gleichnamigen Drama von Pierre Corneille basierende Libretto bezieht sich durch die Stoff wahl gleichfalls dezidiert auf den Gast. Dabei handelt es bei der Titelfigur Eraclio nicht – wie Eberhard Straub in seiner Festgeschichte des Münchner Hofes fälschlich annimmt – um Herkules, 780 sondern um den byzantinischen Kaiser Herakleios (Heraklius), der von 610 bis 641 über Ostrom herrschte. Nach topischen Demutsfloskeln stellt der Librettist ausdrücklich den Bezug zwischen Gast und Operngestalt her: Herakleios, der die Macht seiner Gegner niedergezwungen hatte und dem es gelungen war, die Bedrohung aus dem Orient abzuwehren, präsentiere sich hier zu Füßen des Kaisers. Dies solle der Welt zeigen, dass der Kaiser dazu bestimmt sei, all die Reiche und Imperien zurückzuerobern, die gegenwärtig noch von fremden Mächten besetzt sind. Die Bedeutung Herakleios’ für den zeitgenösisschen Diskurs macht der Eintrag in Johann Heinrich Zedlers Universal-Lexikon deutlich, in dem dessen Kampf gegen die Perser unterstrichen wird. Denn ungeachtet sich Heraclius zu einem jährlichen Tribut erbot, ließ [Choroes II., König in Persien] sich doch nicht besänfftigen; sondern nahm Palaestinam nebst Cappodocien, Armenien und Jerusalem ein, und führte den Patriarchen Zacchariam, nebst vielen Christen und dem vermeynten wahrhafftigen Kreuz Christi, mit sich hinweg […]. Als Heraclius zum andern Mahl um Friede bat, wollte Chosroes solchen nicht eingehen, als mit dieser Bedingung, wofern Heraclius und seine Unterthanen vom Christenthum abfallen und die Sonne anbeten würden. Dieses erbitterte die Christen dermaßen, dass nun jedermann den Krieg mit Ernst fortsetzten wollte, […] auch gab die Clerikey einen Theil derer geistlichen Einkünfte zu Fortsetzung des Krieges her, worauf der Kayser die Ungläubigen in verschiedenen Schlachten erlegte. 781
Die Parallelen sind offenkundig: Wie Herakleios ist Leopold I. ein Retter des Abendlands. Das von Bayern und anderen europäischen Mächten unterstützte Österreich stand bekanntlich in diesen Jahren im Kampf gegen die Türken. Erst 1683 war die zweite Belagerung Wiens gebrochen worden, und in den folgenden Jahren gelang es, ganz Ungarn zurückzuerobern. Der Kaiser steht demnach in Kontinuität zu Herakleios nicht nur durch seinen Kampf gegen die Barbaren, sondern auch durch die religiöse Motivation, die der Artikel aus Zedlers Lexikon besonders betont. Im Selbstverständnis der Habsburger spielte ihre Position
780 Straub 1969, S. 292. 781 Zedler, Sp. 1601.
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als Bollwerk des katholischen Glaubens eine zentrale Rolle. 782 So war Leopold I. neben dem Kampf gegen die Osmanen (und damit gegen den Islam) auch für die Vertreibung der Juden aus Wien verantwortlich, wie er sich auch für die Zurückdrängung des Protestantismus einsetzte. Theaterstücke hatten wichtigen Anteil an dieser Inszenierung des Hauses Habsburg; so wurde Leopold I. von den Wiener Jesuiten in dem »Hochzeitlichen Ehren-Spihl« Cyrus (1673) zu dem Perserkönig Kyros in Verbindung gesetzt, 783 der nicht nur als Beispiel eines idealen Herrschers angesehen wurde, sondern der auch vergleichbare mitlitärische Erfolge vorweisen konnte. 1687 wurde an Leopolds Namenstag in Pressburg die Oper La Fama addormentata e risvegliata aufgeführt: Der Ruhm, früher unablässig die Taten Roms feiernd, ist mangels Beschäftigung eingeschlafen; nun wurde er aber durch den Albtraum von in Europa einfallenden Barbaren aufgeschreckt. Der Wert (Valor) weckt ihn auf und verkündet, dass Leopolds Taten die der alten Herrscher überstrahlen. Die Schlussszene akzentuiert den Kaiser als Verteidiger des Katholizismus. 784 Das Münchner Turnierspiel Gli oracoli di Pallade e di Nemesis lässt sich ebenfalls als Rekurs auf die Habsburger als Kämpfer für den Glauben lesen. Der Bezug zu Kaiser Leopold wird in vordergründiger Weise am Ende des Turnierspiels hergestellt, wenn sich die Solisten zum Schlusschor formieren: »Vinca Leopoldo il Grande, e dove arriva / Temuto il Nome, giunga il brando ancora. / S’eterna è la Virtù, che n’lui si adora, / Con vita egual regni felice, e VIVA.« 785 Auf den so Gelobten verweist aber auch das Stück selbst. Der Szenenanweisung nach stellt es folgendes Geschehen dar: »Tentano i Giganti di assalire una Reggia difesa da gli Dei.« Giganten versuchen ein Reich zu überfallen, das von den Göttern verteidigt wird. Ihnen treten Pallas und Nemesis entgegen und geben in einem Duett ihrer Zuversicht Ausdruck, dass die Götter die Giganten bezwingen werden. Was mit diesen Figuren gemeint war, enthüllt das mythologische Lexikon von Benjamin Hederich. Danach verstand man unter den Giganten »gottlose und böse Leute, welche geleugnet, dass es Götter gebe, und sie also damit gleichsam vom Himmel zu vertreiben gesucht«. 786 In dem Turnierspiel treten ihnen entgegen Pallas Athene, die Göttin der Weisheit und der Kriegstaktik, sowie Nemesis. Diese galt als eine »strenge Göttin«, da sie die Menschen 782 783 784 785 786
Zum barocken Heiligenkult in Wien siehe Kapner 1978. Seifert 1988, S. 43. Goloubeva 2000, S. 139f. Gli oracoli 1690, ohne Paginierung. Hederich 1724, Sp. 937.
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»ihres Hochmuths halber, und daher rührenden Frevel-Thaten, und übermütiger Boßheit strafete, hingegen aber auch das Gute belohnte, und mithin bald die Stolzen unterdrückte, die Frommen aber dargegen aus dem Staub erhub«. 787 Sie wird für die göttliche Rache gehalten, und gebildet mit Flügeln, weil selbige geschwind und unverzüglich zu folgen pfleget, mit einer Krone auf dem Haupte, um ihre Herrschaft über alle zu bemercken, auf welchem Hirsche stehen, weil die sehr furchtsam sind, welche solche Rache einmal betroffen, allein auch mit dem Zeichen des Sieges, weil ihr nichts widerstehen kan, sondern sie alles besieget; mit einem Zweige von einem Eschen-Baume in der Hand, weil von solchem ehemals insonderheit die Schäffte der Spiesse gemacht worden, sie aber sich der Kriege zur Bestrafung der menschlichen Boßheit mit bedienet. 788
Die Giganten stehen für die Türken, und die göttliche Rache, die mittels Kriegskunst an den Ungläubigen genommen wird, ist die der Habsburger als Hüter des katholischen Glaubens.
1722: Strategien des Staunenmachens Den Höhepunkt im Münchner Hofleben des frühen 18. Jahrhunderts markierte zweifellos die im Jahre 1722 mit einem zweiwöchigen Fest begangene Hochzeit des Kurprinzen Karl Albrecht mit der Erzherzogin Maria Amalia Josepha von Österreich. Die Heirat mit der Tochter des 1711 verstorbenen Kaisers Joseph I. diente der Versöhnung der Häuser Wittelsbach und Habsburg. Zugleich verband Max Emanuel damit – wie bei seiner eigenen Hochzeit mit Erzherzogin Maria Antonia – die Aussicht auf Machtgewinn: Er hoffte, den Wittelsbachern so Ansprüche auf das österreichische Erbe zu sichern, falls Karl VI. ohne Nachkommen bleiben sollte. Da dessen 1708 geschlossene Ehe in den ersten Jahren kinderlos geblieben war – ein 1716 geborener Thronerbe verstarb nach wenigen Monaten, erst 1717 kam Maria Theresia auf die Welt –, richtete sich das Interesse der europäischen Höfe auf die beiden Töchter seines Bruders und Vorgängers Joseph I., die in der Erbfolge an nächster Stelle kamen. Seit 1714 war zwischen Wien und München über die mögliche Heirat des bayerischen Kurprinzen mit einer der Erzherzoginnen verhandelt worden. 789 Noch im sel787 Ebd., Sp. 1364. 788 Ebd., Sp. 1367. 789 Sommer-Mathis 1994, S. 31.
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ben Jahr hatte Max Emanuel einen geheimen Allianzvertrag mit Frankreich geschlossen, der im Falle des Ablebens des Kaisers französische Unterstützung nicht nur zur Erlangung der Kaiserwürde, sondern auch zur Geltendmachung von Erbansprüchen auf einen Teil der österreichischen Lande, insbesondere von Böhmen, in Aussicht stellte. 790 Zwar mussten die Wittelsbacher im Vorfeld der Hochzeit 1722 einen formalen Verzicht auf Maria Amalias Erbansprüche erklären. Die Verzichtserklärung hinderte Karl Albrecht nach Eintritt des Erbfalls im Jahre 1740 aber nicht, dennoch Ansprüche zu erheben. Diese wurden nun eben durch weiter zurückreichende Verbindungen der Wittelsbacher mit dem Hause Habsburg begründet. Das Münchner Fest von 1722 stand in direkter Konkurrenz zu demjenigen, das drei Jahre zuvor in Dresden veranstaltet worden war. 791 Wie Max Emanuel spekulierte auch August der Starke auf die Kaiserwürde seines Sohnes Friedrich August. Diesen hatte er mit Maria Josepha von Österreich, der älteren Tochter Josephs I., verheiratet, der dem sächsischen Kurfürsten einst die Zusicherung gegeben hatte: »Wenn ihm GOtt Töchter bescheeren würde, so sollte die älteste davon der Chur-Prinz von Sachsen zur Gemahlin bekommen.« 792 Dem Wiener Hof waren die Absichten der sächsischen und bayerischen Höfe durchaus bekannt: Die fast gleichzeitige Verheiratung beider Töchter in derartig ambitionierte Fürstenhäuser diente offensichtlich dazu, ein Gleichgewicht der Kräfte hinsichtlich etwaiger Erbansprüche herzustellen. 793 Die Feste in Dresden und München sollten alles bisher Dagewesene überbieten, um zu zeigen, dass die beiden Höfe nunmehr in die große Politik einzusteigen bereit waren. Die mit den Festen vorgespiegelte Prosperität beider Länder entsprach besonders im Falle des durch Krieg und die österreichische Besatzung ausgebluteten Bayerns allerdings keineswegs der Realität. Dennoch betrieb man im größten Stil den Ausbau der Schlossanlagen: des Zwingers in Dresden, von Schloss Schleißheim in München. Die Bedeutung, die der Wittelsbacher Hof der Hochzeit Karl Albrechts beimaß, wird schon dadurch deutlich, dass die Kosten für das Fest rund vier Millionen Gulden betragen haben, 794 was den gesamten kurbayerischen Staatseinkünften eines Jahres entsprach. Allein die Kosten für die beiden Festopern beliefen
790 791 792 793 794
Heigel 1874, S. 4. Siehe dazu Sommer-Mathis 1994, S. 31–53. Moser 1745, S. 13. Ebd., S. 53. Mussinan 1831, S. 13.
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sich auf fast 200 000 Gulden. 795 Der bereits mit 20 Millionen Gulden verschuldete bayerische Staat musste weitere Kredite aufnehmen, die die Staatskasse auf Jahrzehnte schwer belasteten und Steuererhöhungen erforderlich machten. 796 Eine Beschränkung der Kosten wurde jedoch nicht erwogen, da der bayerische Kurfürst »das Beylager mit außerordentlichen Solennitäten und Pracht celebriert wissen wollte«. 797 Wenngleich beide Festprogramme durch den ständigen Wechsel zwischen den Schlössern geprägt waren und ähnliche Veranstaltungsformen verwendet wurden, unterschied sich ihre Konzeption grundlegend. Dies vor allem durch die besonderen konfessionellen Rahmenbedingungen in Sachsen bedingt, denn wie Wolfgang Braunfels betont, konnte in einem protestantischen Land mit katholischem Fürsten kein Gottesdienst im Mittelpunkt stehen, wie dies in München selbstverständlich war. Um den langen Programmen in Dresden einen Sinn zu geben, bediente man sich daher der Gestalten des antiken Götterhimmels. 798 In München nahm dagegen die Jagd auffallend breiten Raum ein, was dadurch begründet war, dass sowohl Braut wie Bräutigam passionierte Jäger waren. Nachdem die Hochzeit bereits im April vereinbart und im Sommer 1722 vertraglich fixiert worden war, fand die kirchliche Trauung von Karl Albrecht und Maria Amalia am 5. Oktober des Jahres in Wien statt. Bevor das Paar nach Bayern aufbrach, kam es dort zur Aufführung der »Festa teatrale« Le nozze di aurora, zu der der Wiener Hofpoet Pietro Pariati den Text und Johann Joseph Fux die Musik verfasst hatten. Eine Chronologie der Theateraufführungen macht deutlich, welchen großen Anteil diese innerhalb des Festes einnahmen, das am 17. Oktober mit dem Einzug der Neuvermählten in München begann und am 4. November mit einem Turnier endete. Mit Ausnahme des 19. Oktober, an dem abends ein spektakuläres Feuerwerk vor der Stadt abgebrannt wurde, und des darauf folgenden Tages, als die Festgesellschaft zur Wildschweinjagd in Schleißheim und anschließendem Souper in Lustheim weilte, gab es jeden Tag Vorstellungen. 799 18. Oktober 21. Oktober 22. Oktober 795 796 797 798 799
Adelaide (Dramma per musica, Text: Salvi, Musik: Torri) I veri amici (Ibid., Text: Silvani/Lalli, Musik: Albinoni) La publica felicità (Turnierspiel, Text: Pariati, Musik: Torri)
Rudhardt 1865, S. 105, nennt eine Hochrechnung, jedoch keine detaillierten Quellen. Für eine ausführliche Darstellung siehe Sundheimer 1924. Ebd., S. 2. Braunfels 1988, S. 217. Weiterhin wurde von den Jesuiten für ein breites, nicht primär höfisches Publikum Die vom Himmel gesegnete Liebe zwischen Isaac und Rebecca dargeboten.
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23. Oktober 24. Oktober 25. Oktober 26. Oktober 27. Oktober 28. Oktober 29. Oktober 30. Oktober 31. Oktober 2. November 4. November
Dafni (Pastorale) in Dachau Adelaide Il trionfo d’amore (Turnierspiel; Text: Pariati; Musik: Albinoni) Serenade in Starnberg? I veri amici Adelaide Gli applausi delle muse (Kantate) in Nymphenburg Dafni (Pastorale) in Nymphenburg I veri amici Adelaide Il trionfo d’amore
Zentrale Quellen zum Ablauf der Münchner Hochzeitsfeierlichkeiten sind eine den Stand der Planung zusammenfassende Druckschrift und der außerordentlich ausführliche (in dieser Arbeit bereits mehrfach zitierte) Festbericht. Diese Schrift, die wahrscheinlich von Pierre de Bretagne stammte, dem Beichtvater Max Emanuels, erschien neben der französischen Originalfassung auch in deutscher Übersetzung. Detailliert werden die Zeremonien behandelt, unter anderem werden sämtliche Teilnehmer beim Einzug des Brautpaars namentlich genannt. Beschrieben werden Gegenstände und Handlungen, die heute als nebensächlich erscheinen mögen, für das zeitgenössische Kommunikationssystem aber eminente Bedeutung hatten wie Juwelen, Stoffe oder Kutschen, die man herbei geschafft hatte, um »dieses hohe Vermählungs-Fest mit aller Pracht und möglichsten Magnificenz zu celebriren«. 800 Ausführlich werden die bayerischen Schlösser beschrieben – die Veranstaltungen fanden nicht nur in der Residenz, sondern auch außerhalb Münchens statt (in Schleißheim, Lustheim, Nymphenburg, Starnberg, Fürstenried und Dachau) – wie auch die dort zu sehenden Darbietungen. Der Autor hatte weiterhin die Nahmen derjenigen Künstler mit angemerckt / welche ihre Geschicklichkeit bey Verherrlichung diese Palläste haben sehen lassen. Denn solche berühmte Meister hat man nöthig gehabt / das Vorhaben eines Fürstens auszuführen / welcher nur hohe Gedanken hat. Alles dieses habe ich billich beschrieben und einem jeden / der nicht so glücklich gewesen / solch schöne Wercke selbst zu sehen / eine rechte Idée davon geben sollen. 801
Ziel des Festes war es, in einem bisher ungekanntem Maße Staunen zu machen. Diese Strategie zieht sich auch durch den Festbericht, der genau dies mit sprachlichen Mitteln fortzusetzen versucht. Da er keine neutrale Dokumentation sein 800 Festbericht 1722, f. A2v. 801 Ebd., f. [4]v.
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will, sondern Ausdruck dessen, was die Veranstalter durch das Fest erreichen wollten, tritt dieses umso deutlicher hervor. Bei der Beschreibung wird vor allem auf den Glanz abgehoben, den man noch nie gesehen habe. Dabei ging es nicht darum, den Wohlstand der Wittelsbacher quasi buchhalterisch zu erfassen, als dem Leser mit sprachlichen Mitteln die von den Veranstaltern intendierte Atmosphäre von verschwenderischer Üppigkeit zu evozieren. Beispielsweise wurden den Gästen in der Schatzkammer Perlen gezeigt, die an »Vortrefflichkeit alle menschliche Einbildung übertreffen«; auch andere Schatzkammern seien opulent ausgestattet, aber »wer die schönen und alten Bilder / die Menge der Jubelen und kostbaren güld- und silberner Geschirr in der Churfürstl. Residenz zu München gesehen / der wird gar bald auf andere Gedanken gebracht werden«. 802 Beim Einzug des Brautpaars in München hatte »[n]iemalen […] ein Menschliches Auge etwas angenehmeres erblickt / als die nächtlichen Beleuchtigungen / welche sowol wegen der unbeschreiblichen Menge derer vor denen Fenstern brennenden weissen Wachs-Fackeln / als derer sinnreichen Devisen / womit alle Häupter gezieret waren / unvergleichlich genennet werden kunten«. 803 Aus den Zentren der damaligen Welt hatte der Hof nur die teuersten Dinge herbeischaffen lassen; so hatten »die berühmtesten Handwercks-Leute zu Paris an einer der allerprächtigsten Kutschen [gearbeitet] / so jemalen von einem menschlichen Auge erblickt worden«. 804 Den Reichtum des Landes sollten auch die Ausflüge zu den um München verstreuten Schlössern der Wittelsbacher aufscheinen lassen. Hierbei wird zugleich auf den erhofften Machtzuwachs abgehoben, wenn der Autor betont, dass die Anwesen eigentlich eines dynastisch Höhergestellten würdig seien. Schleißheim sei »ein prächtiger / eines Fürstens / ja eines Königs und Kaysers würdiger Pallast / dessen Schönheit / Ordnung und Regularität der Bau-Kunst von aussen einem gleich in die Augen fällt / und zu denen grosse Schönheiten / so man von innen mit Erstaunen erblickt«. 805 Nachdem im Festbericht der äußere Eindruck des Schlosses beschrieben worden ist – wobei kühn behauptet wird, es sei »um viele Klastern grösser / als der Pallast der Thuilleries zu Paris« und »das allerbequemste Palais, so auf der Welt zu finden« –, wird das imaginäre Durchschreiten des Gebäudes als ein sinnliches Erlebnis inszeniert. Besichtigt wurde etwa eine Galerie, »worinnen Mahlereyen von den berühmtesten im
802 803 804 805
Ebd., f. F2v. Ebd., Fv. Ebd., A2r. Ebd., f. G2r.
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Original zu sehen / von denen die besten Kenner in dergleichen Kunst bekennen müssen / dass in ganz Europa keine Gallerie / welche grösser / an Mahlereyen schöner / herrlicher und wohlausgesonnener zu finden sey«. Auf Marmorböden gelangte man in kurfürstliche Gemächer, deren »Eintheilung schön und unvergleichlich« war, 806 im Garten bewunderten die Gäste »die vortrefflichen Blumen-Bette« ebenso wie »eine prächtige Allee« und die »Schönheit der Bäume«. 807 Der überwältigende Eindruck wiederholte sich in Schloss Nymphenburg, wo der Rundgang mit dem Großen Saal begann, der charakterisiert wird als »einer der schönsten / so jemalen ein Menschliches Auge erblickt hat«. 808 Diese Beschreibungen sollten beim Leser die besondere Gestimmtheit hervorrufen, die im Idealfall seine leibliche Teilnahme am Fest in ihm ausgelöst hätte. Im Gegensatz zu den ausführlichen Darstellungen von Gebäuden und Preziosen fallen die Beschreibungen der Theateraufführungen knapp aus und stimmen zudem, etwa die Abfolge der Nummern im Turnierspiel La publica felicità betreffend, auch nicht immer mit den anderen Quellen überein. Dabei handelt es sich um ein grundlegendes Defizit derartiger Texte, das darin begründet ist, dass Opernaufführungen in dieser Zeit als sinnliche Ereignisse galten, die für die Zeitgenossen aus sich heraus evident waren und keiner Auslegung bedurften: Es gab noch keine Hermeneutik für die medialen Besonderheiten von Oper. 809 Entscheidend war für den Autor des Festberichts nicht das meist nur pauschal gelobte künstlerische Detail, sondern neben einer Zusammenfassung des Inhalts vor allem das Herausarbeiten einer starken Wirkung auf die Zuschauer. Der Autor des Festberichts schreibt: Mit einem Wort: Es war alles auf das prächtigste angestellet / und mit solcher Geschicklichkeit ausgeführt / dass alle anwesende hohe Fürsten und liebenswürdige Fürstinnen / wie auch eine sehr grosse Menge der vornehmsten Standes-Personen / so sich bey dieser Durchleuchtigsten Gesellschaft befanden / den Eifer und die Fähigkeit derjenigen / welche darinnen eine wahre Ehre gesucht / zu dem Vergnügen so hoher Personen etwas beyzutragen / nicht genug bewundern konnte. 810
Die Aufzählung der Bühnenbilder, die alle als »sehr schön und über die massen wohl erfunden« bezeichnet werden, versucht die Fülle der erlebten visuellen 806 807 808 809 810
Ebd. Ebd., f. G2v. Ebd., f. L2r. Jahn 2005, S. 42. Festbericht 1722, f. F2v.
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Eindrücke nachzuzeichnen. Weiterhin waren auch »die Auszierungen […] schön und prächtig zu nennen«, und man verspürte von den »Acteurs […] eine rühmliche Aemulation, daher ein jeder sein möglichstes thate / so grosse Fürsten und Fürstinnen und die alleredelste und zahlreiche Versammlung von Europa zu vergnügen«. 811 Dies ist im Zusammenhang mit der an anderer Stelle diskutierten »Politik der Verführung« zu sehen, nach der höfische Aufführungen dazu dienten, in der Hofgesellschaft eine positive kollektive Gestimmtheit hervorzurufen und sie damit emotional an den Herrscher zu binden. Pietro Torris Oper Adelaide sei »in wahrheit so schön / dass / wenn man eine seiner Piecen das ganze Jahr durch spielen solte / […] man sie doch allezeit neu und Verwunderungs würdig finden würde«. 812 Zumindest in dieser Wertung belegen die nur gelegentlich verfügbaren Augenzeugenberichte, dass der Festbericht, wie bereits vermutet, nicht das tatsächliche ästhetische Ereignis abbildet. Danach bestand über die künstlerische Qualität offenbar keineswegs Einigkeit. In Critica musica druckt Johann Mattheson den Brief eines Festbesuchers ab, wonach die Musik der Adelaide zwar »mit großer accuratesse verfertiget worden« sei und er »zwo biß drey Arien […] mit Lust angehöret« habe. Da die Arien »aber fast alle [mit] dergleichen Zierlichkeiten ausgespickt waren / ist es mir ekelhaft vorgekommen«. Er bemängelte vor allem Einförmigkeit, die darin bestand, »dass keine Variation der Instrumente gehöret wurde / da doch die Opera über sechs Stunden dauerte; außer / dass der berühmte Schubauer eine einzige Arie mit der Traversiere accompagnirte« 813 Eine Untersuchung der Partitur bestätigt diesen Eindruck: Mit Ausnahme der genannten Arie mit obligater Flöte (I/10) finden sich in den Gesangsnummern der Oper tatsächlich ausschließlich Streichersatz, den die Blasinstrumente (ohne dass dies in der Partitur genannt wird) möglicherweise verdoppelt haben; Oboen und Fagott bekommen jedoch in den »Balli di Ninfe, e Pastori« (II/1) Gelegenheit zum Konzertieren. Ebenso waren die Leistungen der Sänger keineswegs unumstritten: Während sie im Festbericht pauschal als herausragend dargestellt werden, sind die Augenzeugenberichte auch hier differenzierter. Durchweg positiv beurteilte sie der Autor des ersten von Mattheson abgedruckten Briefes: »Die Sänger in beyden Opern / so meistens Italiäner sind / waren alle gut.« 814 Dem widersprach ein zweiter Brief, 811 812 813 814
Ebd., f. Hr. Ebd., f. J3r. Mattheson 1722, S. 254 Ebd., S. 255.
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den Mattheson später nachreichte: »Der ihnen die Nachricht von der Münchner Opera gegeben / hat seine Relation hin und her nicht gar just abgestattet: denn alle Sänger / absonderlich Sängerinnen / waren nicht gut. Eine sang durch die Nase / als wenn sie das Zapffel verloren […] Sr. Bernacchi & La Sign. Regiana (ein trefflicher Contralto) haben mich am meisten contentiret.« 815 Dass es bei den Vorbereitungen des Festes zu einer engen Zusammenarbeit des Wiener und des Münchner Hofes kam, zeigt sich darin, dass die Texte der beiden Turnierspiele von dem kaiserlichen Hofdichter Pietro Pariati stammten, der Erfahrung in der Konzeption derartiger Stücke hatte. Die Musik dazu war dagegen offensichtlich in München komponiert worden: Torri hatte La publica felicità vertont, Tommaso Albinoni Il trionfo d’amore ; von diesen Musikern stammten auch die beiden großen Festopern. Bei dem Fest waren erstmals in München derb-komische Zweipersonenintermezzi zu sehen, denn in Albinonis I veri amici fügte man als komisches Intermezzo bei der ersten Vorstellung Vespetta e Pimpinone von Albinoni, bei der zweiten Serpilla e Bacocco von Giuseppe Maria Orlandini ein. Der Festbericht weist auf die für den bayerischen Hof neuartigen Intermezzi hin: »Es sind in dieser Oper keine Entréen, oder Täntze / sondern lustige Interscenia, oder Zwischen-Spiele gewesen / welche durch die artigen Expressionen oder Stellungen der Acteurs die Zuschauer ungemeine vergnügt haben.«816 Über die Faktur des Dramma per musica I veri amici selbst lässt sich keinerlei Aussage treffen, da die Partitur mit Ausnahme zweier Arien verloren ist; das Libretto zeigt eine rein italienische Anlage ohne Ballettszenen. Torris Adelaide weist hingegen den typischen italienisch-französischen Mischstil dieser Jahre auf, denn es findet sich in jedem Akt eine in die Handlung integrierte Ballett- und Chorszene, die nach dem Vorbild der Tragédie-lyrique durch den Wechsel von Chorsätzen und Tänzen gekennzeichnet ist. Dem Vorbild Jean-Baptiste Lullys folgt der Prolog der dreiaktigen Oper auch inhaltlich, denn er stellt – analog dem des zur Hochzeit Max Emanuels aufgeführten Servio Tullio – einen Bezug zur aktuellen Situation her. Wie in Servio Tullio wird weiterhin zur Einstimmung auf den Prolog das besonders feierliche, gravitätische Ouvertürenmodell der französischen Oper verwendet. Er beginnt mit einem langsamen Satz in punktiertem Rhythmus:
815 Ebd., Addenda. 816 Festbericht 1722, f. F2.r
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Pietro Torri, Adelaide
Daran schließt sich ein fugiertes Allegro an:
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Torri weicht anschließend jedoch vom Formmodell Lullys ab, denn es schließt sich ein kurzes »Adaggio« an, dem die Wiederholung des imitatorischen Allegro folgt. Die Verwendung einer dem Lullys Mustern ähnelnden Ouvertüre dürfte auch hier dem Wunsch nach einer besonders feierlichen Eröffnung geschuldet sein. Für die Oper selbst, die nach der bedeutsamen Einleitung des Prologs einen mehr unterhaltsamen Charakter hat, bedient sich Torri dagegen einer italienischen Opernouvertüre.
Pietro Torri, Adelaide
Die beiden Festopern waren vor allem durch ihre Prologe thematisch eng in das Fest eingebunden. Im Vergleich zur Handlung der eigentlichen Opern werden diese im Festbericht weit überproportional ausführlich dargestellt. Offensichtlich galt ihr politisch konnotierter Inhalt als besonders berichtenswert, während das »dynastisch-historisierende Drama trotz poetischer Individualisierung als kanonische Überlieferung galt«. 817 Das Vorspiel von I veri amici han817 Strohm 2007, S. 13.
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delt »von einer Nymphe und einem Hirten / welchen der Iser-Fluß das Glück verkündiget / so ihnen diese hohe Vermählung [von Karl Albrecht und Maria Amalia] hoffen läßt / weßwegen ein Chor seine Freude durch ein fröhliches Singen bezeigte«. 818 Dass die Prologe nur in lockerem Zusammenhang mit der eigentlichen Opernhandlung stehen, wird dadurch deutlich, dass derjenige von Adelaide in Bearbeitungen dieses Librettos für andere Gelegenheiten ohne weiteres entfallen konnte. 819 Durch das Auftreten antiker Gottheiten wird das Wittelsbacher Fürstenhaus im Prolog von Adelaide – eine weitere Parallele zum dem von Servio Tullio – metaphorisch in die Nähe der Götter gerückt. Die dem Libretto beigefügte Inhaltsangabe fasst das allegorische Geschehen zusammen: Neptunus auf einem Meer-Wagen von Syrenen bekleydet kombt hervor / befiehlt / dass das stille Meer zu wütten anfange. Die der Göttin Pallas zugethane Jüngling und Nachfolger / erbitten selbe / dass sie ihnen zur Hülffe komme / welche dann also gleich in einer Wolcken herunter steiget / und nachdem Neptunus und sie lang mit einander gestritten / wer auß ihnen das schönere Werck vollziehen werde / stosset jener seine dreyspitzige Gabel an einen Felsen / so sich gleich in ein Pferdt / als ein Wahrzeichen deß Krieges verwandlet. Pallas setzt ihre Lantzen in die Erd / die sich in einen Olivenbaum verändert / ein Wahrzeichen deß Fridens. Jupiter wird angeruffen den Spruch über ihre vollbrachte Werck zu fellen / diser kommt alsobald auf einem Adler liegend vom Himmel herab / lobet beeder ihre Werck / massen zur Erhaltung aller Königreich der Krieg sowohl als der Friden / die Gelehrtigkeit sowohl als die Waffen vonnöthen seynd. 820
Der Auftritt Jupiters wird durch ein bewegtes Orchesterritornell untermalt, das die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf die Besonderheit des Kommenden lenkt. Dazu wurde Jupiter auf den Schwingen eines Adlers vom Schnürboden herabgelassen: »Scende Giove sull’Ale della Aquila, che tiene tra gl’artigli il fulmine e dietro ad esso in una gran Nuvola un corteggio di Deità.« 821 Dem Göttervater Jupiter obliegt das Lob des Hauses Bayern. Verkörpert vom Soprankastraten Agostino Galli, leitet er in einem Seccorezitativ die Abstammung der Wittelsbacher her. Wie im Prolog zu Servio Tullio nimmt diese ihren Anfang bei Karl dem Großen und reicht über Max Emanuel, dessen Beistand für die Österreicher in der Not besonders gewürdigt wird, bis zu Karl Albrecht. 818 Festbericht 1722, f. H[1].r 819 Etwa in der Bearbeitung von Antonio Salvis Libretto für Georg Friedrich Händel als Lotario (1729). 820 Adelaide 1722, f. A3. 821 Ebd., S. 4.
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Pietro Torri, Adelaide GIOVE […] Da Carlo Magno nasceranno eroi, Che delle due baviere il doppio freno Con giusta man reggendo Formidabile in Guerra, incliti in pace Fieno al Romano Impero D’alto sostegno e di Terrore al Trace. Lodovico il Severo, Ottone il Grande, quindi Alberto il saggio E per lungo retaggio Di virtù, di Valor, d’erano al mondo I due Massimiliani primo e secundo Questi nel gran periglio Del sacro Austriaco Impero Col ferro e col consiglio Sul Pannonico suolo Rettrograda farà, la Tracia luna. Ed in ogni Fortuna, Sempre serbando un cuor da Grande, e Forte Mostrera che la forte Non hà giurisdizion sulle grand’Alme; Finche stanco alla fin di mieter Palme, Ricco d’Eccelsa Prole,
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De fidi suoi Vasalli in mezzo à Voti, Da CARLO, e da AMALIA Simili a gl’Avi attenderà i Nipoti, Che chiari in Pace e segnalati in Guerra, Dall’Arso, al freddo Polo, Dè Nomi lor ricolmeran la Terra. 822
Bevor der Prolog mit einem das Brautpaar verherrlichenden homophonen Chor »Viva Carlo, Amalia viva!« mit Pauken, Trompeten und Jagdhörnern endet, schlägt Jupiter noch den Bogen vom Anlass des Festes zu dem als vorbildhaft zu verstehenden Inhalt der Oper, die die Standhaftigkeit der Königin Adelaide behandelt. 823 Bei allen thematischen Unterschieden – Adelaide spielt im mittelalterlichen Italien, I veri amici im alten Ägypten – ist ihren Stoffen gemein, dass sie die an anderer Stelle diskutierte Frage der Legitimation von Herrschaft aufgreifen: In beiden Opern wurde in der jeweiligen Vorgeschichte der eigentliche Herrscher von einem Widersacher ermordet, der anschließend eine Gewaltherrschaft begründete; sie enden mit der Vertreibung des Tyrannen und der Thronbesteigung des rechtmäßigen Herrschers. Adelaide ist zudem als Antwort auf Antonio Lottis zur Dresdner Fürstenhochzeit aufgeführte Festoper Teofane zu verstehen, in der es um die Legitimierung sächsischer Ansprüche auf den Kaiserthron ging. Diese wurden am Beispiel der Hochzeit des sächsischen Kaisers Otto II. mit der byzantinischen Prinzessin Theophanu exemplifiziert. In München wurde mit der Hochzeit Ottos I. und Adelheids von Burgund ebenfalls ein mittelalterliches Sujet gewählt, wobei der eigentlich ebenfalls sächsische Kaiser in der im Prolog entfalteten Genealogie einfach in das Haus Wittelsbach
822 Ebd., S. 5f. 823 Um den Frieden zu erhalten, teilte der italienische König Lotario sein Reich mit Berengario. Berengario ließ Lotario jedoch vergiften, um über das ganze Reich allein zu herrschen. Zu diesem Zweck möchte Berengario seinen Sohn Adelberto mit der Witwe Lotarios verheiraten, der für ihre Tugend und Schönheit berühmten Adelaide, die sich jedoch diesem Ansinnen widersetzt. Um sie zum Einlenken zu zwingen, lässt Berengario Pavia belagern, wohin sich Adelaide zurückgezogen hat. In ihrer Not wendet diese sich an Ottone, den König der Deutschen, der sich mit einem Heer zu ihrer Unterstützung aufmacht. Adelaide gerät in die Hände der Feinde; zwar ist Berengario inzwischen von Ottone besiegt worden, aber seine Gattin Matilde stellt der immer noch standhaften Adelaide ein Ultimatum: Heirat mit Adelberto oder Tod. Adelberto wiederum liebt zwar Adelaide, lehnt es aber ab, sie zur Heirat zu zwingen; er flieht zu Ottone und rettet schließlich Adelaide. Ottone zieht siegreich in Pavia ein und heiratet Adelaide. Großmütig verzeihen beide ihren Widersachern und übergeben Adelberto das Reich seines Vaters.
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eingereiht und in der Oper als »bavaro regnante« bezeichnet wird. 824 I veri amici greift überdies das allgemeine Thema Freundschaft auf, dem angesichts der neuerlichen Verbindung der Häuser Wittelsbach und Habsburg besondere Aktualität zukam. Zahlreiche bildliche Darstellungen brachten dies zum Ausdruck; dabei wurden immer wieder Löwe und Adler aufgegriffen, die Wappentiere der Wittelsbacher beziehungsweise der Habsburger. Auf die erneuerte Verbindung wird in den Texten der weiteren Theaterstücke verwiesen, 825 und dem Festbericht zufolge prägte sie überdies das Programm des Feuerwerks. »Freuden-Feuer« im ersten Akt sollten dort zeigen, dass die »Verbündnisse […] von Oben beschaffen« sind, wobei »mitten im Werck […] die Oesterreichischen und Bayrischen Wappen unter einem Baldachin zu sehen« waren. »Luft-Feuer und Luft-Kugeln« veranschaulichten der »Vereinigung der zweyen Durchleuchtigsten hohen Häusser«, ein weiteres »Freuden-Feuer« verhieß eine »Glückliche Regierung«. Im zweiten Akt zeigte das Feuer die Namen von Karl Albrecht und Maria Amalia, erneute »Luft-Kugeln« bedeuteten: »Das gantze Land wünschet dem neuvermählten Paar ewig Liebe und Verständniß. 6 Löwen / welche anzeigten 6. Hertzoge in Bayern. Oben unter denen Chur-Hüten zwischen denen Löwen ware in verzogenen Buchstaben Bayern mit Oesterreich und Oesterreich mit Bayern verflochten. Zwischen denen Chur-Hüten und der Providenz standen 2. Adler / gleich als wenn sie die Providenz betrachteten. Man sahe auch in die Höhe steigende Lerchen.« Der dritte Akt bot wieder »Luft-Feuer« und »Freuden-Feuer« als »Landes Bayern Devotion«. »Ausfahrende Donner- und Blitz-Feuer« verdeutlichten die »Gewalt von oben«: »Man sahe Palmen / Lorbern / Linden und Eich-Bäume / wie auch Pyramiden / wodurch denen Durchleuchtigsten Vermählten Sieg / Friede / Gesundheit / langes Leben und ewiges Angedencken abgewünschet wurde.« Den »Segen von Oben« illustrierte »Thau- und Regen-Feuer«: »Die Erde eröfnet und erfreuet sich / gleich dem Himmel / über die glückliche Verbindung.«826 Neben den beiden Festopern stellten fraglos die drei Turniere den Höhepunkt des Festes dar. Das »componimento poetico« La publica felicità, an dessen Aufführung Max Emanuel und seine drei Söhne Karl Albrecht, Klemens August und Ferdinand teilnahmen, wurde an anderer Stelle bereits dargestellt. Es kam am 22. Oktober (dem Geburtstag Maria Amalias) im Turnierhaus zur 824 Jahn 1997, S. 311 825 So wird etwa in Il trionfo d’amore vom »Coro d’Imenei« verkündet: »Con il crin cinto d’alloro / qui trionfi il dio d’amor. / E la gran Aquila invitta / spieghi l’ali sue immortali / e il consorte suo Leone / piu corone appresti ogn’or.« Il trionfo d’amore 1722, S. 6. 826 Festbericht 1722, f. G[1].r.
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Aufführung und erklang bei einem »Caroussel«, einem Ringrennen, bei dem die Reiter in vollem Galopp mit der Lanze einen Ring treffen müssen, der an einem Seil zwischen zwei Pfosten aufgehängt ist. Zwei offenbar weitgehend identisch gestaltete weitere Turniere fanden am 25. Oktober und am 4. November statt, wobei als »Römer« und »Griechen« verkleidete Mitglieder des Hofstaats gegeneinander antraten. Anhand der Berichte und des Librettos kann der Ablauf der Veranstaltung rekonstruiert werden, jedoch ist die Partitur verloren. Im Küchelhof der Residenz wurde das Turnier in nächtlicher Dunkelheit bey einer unzähligen Menge Liechter preasentieret / und zu dem Ende hatte man an drey Orten Amphitheatra vor die Zuschauer aufgerichtet / und auf der vierten Seite einen Triumph-Bogen mit drey grossen Gängen / und diesem gegen über eine mit rothen und mit Gold bordirten Sammet bedeckte Bühne / auf welcher sich Ihro Churfürstl. Durchleucht zu Cöln / wie auch Ihro Durchleucht die Churfürstin / Ihro Durchleucht die Chur-Prinzessin / und Ihro Durchleucht des Herzogs Ferdinand Frau Gemahlin nebst denen Cavaliers und Dames befanden. 827
Es »bestand […] aus zwey Quadrillen / wovon die erste Römer / die andere aber Griechen praesentirte; Jene wurden von Ihro Churfürstlichen Durchleucht / diese aber von Ihrer Durchleucht dem Chur-Prinzen angeführet«. 828 Als römische Götter traten Amore (Bortolo Bartoli) und Mars (Antonio Bernacchi) auf, die Griechen wurden angeführt von Venere (Elisabetta Casolani) und Pallas (Catterina Gianettini), den Gott Neptun sang der Bass Andreas Eckart. Wie in La publica felicità saßen sie mit anderen Göttern auf Triumphwagen, die unter Musikbegleitung auf den Festplatz gefahren wurden. 829 Zu festlichen Klängen folgten ihnen die Teilnehmer des Turniers. 830 Diesen dem Libretto entnommenen Ablauf belegt auch der Festbericht, wobei er Hinweise darauf gibt, dass die Instrumentation auf die von den Teilnehmern dargestellten Volksgruppen Bezug genommen hat: Den Anfang gienge sich auf Seiten der Römer mit 12. Trompeter und ihren Pauckern an / und auf Seiten der Griechen mit Cymbeln und andern denen alten Griechen gewöhnlichen musicalischen Instrumenten. Nachdem nun der Parade-Zug 827 Ebd., f. J3r. 828 Ebd. 829 »Si sente dentro la Machina uno strepitoso suono di Trombe, di Timpani, e d’altri Instromenti musicali da guerra, succedendo poi al medemo una gran Sinfonia nel terminarsi della quale si alza la Tenda del mezzo, si vede Amore assiso nel suo carro Trionfale, e d’intorno a lui diversi Imenei suoi seguaci.« Il trionfo d’amore 1722, S. 5. 830 »Novamente sotto lo strepitoso di Trombe, e di Timpani, ch’è una Marchia guerriera, entrano nel campo le due squadre, Romana e Greca: passeggiano esso campo, e fanno alto in faccia alla Machina.« Ebd.
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geschehen / stelten sich die Ritter in Schlachtordnung / und giengen auf einander los gleich als in einer Schlacht / da indessen die Infanterie kontinuierlich Feuer gab / dass man nicht anders hatte dencken sollen / als wenn es eine rechte Schlacht sey. 831
Auf den Festanlass verwies das Stück bereits durch seinen Titel, der den Triumph der Liebe über alle Unbilden verkündet. Symbolisch wird im Turnier der Kampf der Liebe auf dem Weg zum Glück ausgefochten. Denen Erckern / allwo sich die Durchleuchtigsten Printzeßinnen befanden / warenn gerade gegen über 3. hohe Triumph-Wagen gestellt / auf deren mittleren der Mars und die Liebe / auf dem anderen Venus und Pallas, und auf dem dritten der Neptunus, welche insgesamt noch andere Heydnische Götter um sich herum hatten / zusehen waren. Rückwärts waren diese Triumph-Wägen mit Tüchern eingefangen. Worauf unter einem Trompeten und Paucken-Schall / auch andern im Kriege gewöhnlichen Musicalischen Instrumenten / beyde Ritterliche Squadren der Römer und Griechen kräfftig herein drungen / und sich mitten auf dem Tummel-Platz in Schlacht-Ordnung stellten / dahingegen / als eben selbige / aufeinander zu treffen / im Anzug waren / der Triumph-Wagen der Liebe dazwischen ruckte / und sie beyde auf der Stelle anzuhalten nöthigte / daher dann auch dieses Vorspiel das Sieges-Gepräge der Liebe betitult wurde. Die übrigen Gottheiten kamen zwar auch nach der Hand mit ihren Triumph-Wägen hervor und bemüheten sich / der Liebe diese Ehre strittig zu machen / richteten aber nichts damit aus / und wurden nach vielen deßwegen Wechsels-weiß gesungenen / aber auch durch eine zahlreiche Musicalische Harmonie untermischten lieblichen Arien gezwungen / der Liebe zu weichen. 832
Ebenso wichtig wie der durch die Erläuterungen offengelegte Inhalt der Aufführung war für den Verfasser des Festberichts die sinnliche Wirkung des Turniers, »welches bey einer so grossen Menge Liechter / vielen blitzenden Diamanten / und so prächtig geschmückten muthigen Pferden / weit schöner zu sehen war / als sich menschliche Gedanken einbilden können«. So erschienen die von Max Emanuel angeführten Römer und die in Karl Albrechts Gefolge einreitenden Griechen in »mit Edelgesteinen durchgehends besetzten Kleidern; auch war der Aufbutz derer Printzeßinnen und übrigen Damen sehr kostbar und der Zulauff von allerhand Standes-Personen unbeschreiblich. Der Auftritt / oder Aufzug war so schön / als jemahlen einer gesehen worden.« Hatte schon das erste Turnier »alle Zuschauer in Verwunderung gesetzt / so war dieses nicht weniger […] zu admirieren«. 833 Es war 831 Festbericht 1722, f. J3r. 832 Ebd. 833 Ebd.
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unbeschreiblich / was vor Pracht bey der Kleidung dieser Ritter gewesen. Die 5. Fürstlichen hohen Häupter waren in lauter gülden-Stück gekleidet / welches mit einer grossen Menge Diamanten besetzt war. Die Kleidung derer Cavaliers war gleichfalls von lauter Gold oder Silber / und mit vielen Jubelen gezieret. So waren auch die Pagen und Laqueyen der hohen Herrschaften / wie auch die Cavaliers auf das prächtigste gekleidet / und die Pferde auf das vortrefflichste geschmückt. Die Kleidung derer Fürstinnen und Dames war gleichfalls ungemein kostbar / und mit so vielen Diamante besetzt / dass durch deren blitzende Strahlen die Nacht gleichsam einen neuen Schein erhielte. 834
1727: Allmähliche Entmythologisierung Im Februar 1726 hatte es der »unerforschlichen Vorsichtigkeit GOTTES […] gefallen«, das Kurhaus Bayern »mit finsterem Trauer-Flor zu behängen«, denn nach wenigen Wochen Krankenlager war Kurfürst Max Emanuel »aus disem vergänglichen in das ewige Leben Gottseeligist abgeschiden«. 835 Umso freudiger war das Ereignis, das im darauf folgenden Jahr gefeiert werden konnte: Am 28. März wurde Karl Albrecht, der bereits »vom Himmel [mit] zwey Durchl. Prinzessinnen beglücket« 836 worden war, endlich ein Sohn geboren, der spätere Kurfürst Max III. Joseph. Aufgrund des Trauerjahrs war der Regierungsantritt Karl Albrechts noch nicht festlich begangen worden. Man entschied – sicherlich auch zur Reduktion der Kosten –, die beiden Ereignisse mit einem gemeinsamen Fest zu feiern. Die Feste unter Karl Albrecht unterschieden sich in einigen Aspekten von den während der Regierungszeit seines Vaters veranstalteten. Dabei lässt sich jedoch nicht immer klären, welche Veränderungen nicht einer neuen Konzeption, sondern allein den äußeren Umständen geschuldet waren, da die dramatische Staatsverschuldung zu entschiedenen Sparmaßnahmen zwang. Der 1727 verfasste Bericht kann zwar wiederum nicht als Abbild der Volksstimmung gelten, wenn unterstellt wird, dass man im ganzen Land »durchgehends umb glücklichiste Geburt eines Chur-Prinzen« 837 gebetet habe. Die ausführliche Beschreibung der angespannten Stimmung der Hofgesellschaft während der Niederkunft und der anschließenden Erleichterung über die Geburt eines gesunden Jungen, die in aller »anwesenden Gemütheren eine solch außerordentliche Freud« aus834 835 836 837
Ebd. Vollständiger Bericht 1727, F. A2r. Ebd. Ebd., F. A2v.
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löste und die »allen die Augen benetzet«, 838 macht aber die politische Bedeutung des Ereignisses deutlich, das die Thronfolge Bayerns sicherte. Der Festtermin wurde erst zweieinhalb Wochen nach der Geburt Max Josephs festgelegt. Dies geschah wahrscheinlich, um angesichts der hohen Kindersterblichkeit in dieser Zeit abzuwarten, ob das Neugeborene am Leben bliebe. Erst am 18. April 1727 erging der Befehl, dass Vorbereitungen zu treffen seien, wonach die Taufe Max Josephs am 11. Mai und die Erbhuldigung Karl Albrechts am darauf folgenden Tag stattfinden sollten. Darauf wurden »die kostbariste Anstalten allerseits gemacht, dass all obbenambte Freuden-Fest in gezimmenden Gepräng und vergnügten Frohlocken vorbeygehen« sollten.839 Angesichts der Kürze der Vorbereitungszeit mussten offenbar Kompromisse gemacht werden. So reiste der Kölner Kurfürst Klemens August inkognito an – also unter Verzicht auf seinen zeremoniellen Rang –, was es ermöglichte, ihn ohne den sonst erforderlichen Aufwand mit »Übergehung anderer sonst gebührender Einbegleitungs-Zierlichkeiten nur allein mit dreymahliger Abfeuerung« 840 der Kanonen zu empfangen. Ein Stich im Festbericht, der das bei diesem Fest durchgeführte Scheibenschießen darstellt, macht das Verblassen der noch bei Max Emanuel dominanten mythologischen Themen deutlich. Das Bildprogramm zeigt die Gestirne, die auf der linken Seite erfreut über Bayern strahlen, das durch die abgebildeten Bauwerke wie die Frauenkirche sowie durch Erklärungen am unteren Bildrand erkennbar ist. Auf der rechten Seite zeigt die Topografie laut Erläuterungen am Bildrand Österreich-Ungarn sowie die spanischen Niederlande, also Länder, deren Besitz Bayern anstrebte. Hatten über Max Emanuel auf dem Stich des Feuer werks von 1680 noch die Götter des Olymps geschwebt und so seine gottgleiche Stellung betont, so wurde der Kurprinz hier lediglich mit seinen Ahnen in eine Reihe gestellt. Die Inschrift auf der rechten Seite der linken Bildmitte erklärt: Zwei Maximilians habe der Himmel Bayern bereits genommen, aber durch Karl Albrecht habe es nun einen dritten geschenkt bekommen. Am Tag der Taufe durchmaß ein Festzug die Innenstadt. Die gewohnt detaillierte Nennung der Teilnehmer zielt mit der Beschreibung ihrer wertvollen Accessoires auch hier darauf ab, bei den Zuschauern das von den Veranstaltern gewünschte sinnliche Erleben in Erinnerung zu rufen; vor allem aber, es bei denjenigen zu evozieren, die dem eigentlichen Ereignis selbst nicht beigewohnt 838 Ebd. 839 Ebd., F. B2r. 840 Ebd.
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Stich des Scheibenschießens am 18. Mai 1727 (Bayerische Staatsbibliothek, München)
hatten. Im Vergleich zu anderen Münchner Festzügen erscheint dieser allerdings als wenig imposant. Die Ausführlichkeit der Beschreibung und die häufige Verwendung von Attributen wie »prächtig« oder »kostbar« soll Fülle suggerieren. Dies erscheint aber kaum glaubhaft, denn es nahmen zwar Mitglieder der kurfürstlichen Familie und deren Hofstaat teil, jedoch keine hohen Häupter anderer Höfe, deren Anreise vielleicht die allzu kurzfristige Anberaumung des Festes im Wege gestanden hatte. Als erstlich giengen vorauß in schönsten Livereyen mit abgedeckteren Häupteren die Laquay der H.Hn. Cavalier und Ministres. Denen folgten die Churfürstl. HofLaquay, Ritter- und Hof-Fourier, Cammer-Portier, und beede Cammer-Fourier, Hof- und Hof-Cammer-Räthe, und Ministri, sodann die sechs Churfürstl. prächtige Kutschen, das Durchleuchtigste Chur-Hauß und Hof-Damen, und zwar ware die erste Kutschen, worinnen beyde Churfürstl. Durchl. sassen, bespannet mit sechs grossen Braunen des Leibzugs. Der ganze Zeug ware von rothem Sammat, alles mit gut Silber im Feuer vergoldet beschlagen, die Kutschen ware aussen auch mit rothem Sammat überzohen, auf das allerkostbariste gestickt, innwendig mit reichistem Trap d’Or, goldenen Crepinen, und anderem Stickwerk reichist aufgemacht. Neben der Kutschen rechter Hand wurde in einem bedeckt-roth-sammaten, in- und auswendig mit Gold vortrefflichist ausgezierten Trag-Sessel getragen Ihro Exzellenz die Frau Aya, welche auf einem reichen Kiß den Durchleuchtigisten Erb-Prinzen haltete, so mit kostbarist-goldenen Decken bedeckt war. Die andern Kutschen waren auch sehr prächtig, und besetzt mit Ihro Durchl. Herrn Herzog Ferdinand, auch dessen Durchl. Gemahlin, und Ihro Durchl. Herrn Herzog Theodor, Bischoffen zu
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Freysing und Regensburg, eingespannt waren sechs Falchen, mit roth-eingefaßten Geschirr und vergoldeten Beschläg. Die übrigen vier Kutschen waren besetzt mit denen Hof-Damen, die erste bespannt mit 6. Fuchsen, mit weissen roth-eingefaßten Geschirr und rothen Laiteisen. Die andere zogen 6. Rappen, mit schwarzen rotheingefaßten Geschirr und rothen Laitaisen. In der dritten waren gleichfalls 6. Rappen eingespannt, mit rothem Geschirr und rothen Laitaisen. In der vierten befunden sich 6. Schwarz-Braun mit weissen Laitaisen. 841
In der Marienkirche vollzog der Kölner Erzbischof an seinem Neffen die Taufzeremonie, bevor der Festzug in der beschriebenen Ordnung zur Residenz weiterzog, wo Bürgerschaft und Militär ihre Reverenz abstatteten. Im Kaisersaal wurde anschließend offene Tafel gehalten, wobei »eine gantz neu-componiert annmblichste Tafel-Music gehört wurde«. 842 Das Programm der folgenden Tage mischte in gewohnter Manier Turniere und Theateraufführungen: 11. Mai Taufzeremonie, Festzug, abends Oper 12. Mai Turnier, abends zeigte man eine französische Komödie, »zur größten Vergnügung deß Durchl. Auditorij, und ware solche betitelt: l’Edourti, das ist: Der dumme Herr / und kluge Diener« 843 13. Mai Erbhuldigung, abends Wiederholung der Oper 14. Mai Bauernhochzeit in Fürstenried, »Damen-Carousel« 15. Mai Turnier in Nymphenburg 16. Mai Theateraufführung im Kolleg der Jesuiten 17. Mai Zwölfstündiges Dankgebet in der Marienkirche 18. Mai Scheibenschießen, ? Aufführung der Oper zum dritten Mal
Zum ersten Mal seit 1619 nahm mit Karl Albrecht ein bayerischer Kurfürst an einem Schützenfest teil, das auf der bürgerlichen Schießstätte stattfand. 844 Das Fest endete am 19. Mai mit der Grundsteinlegung der Kirche Sankt Anna der Hieronymitaner im Lehel. 845 Zwar wurden auch bei diesem Fest Turniere in Verkleidung bestritten, aber die sonst bei herausragenden Ereignissen in München übliche künstlerische Überhöhung mit einem groß angelegten Turnierspiel entfiel. Ungewöhnlich bei der Konzeption des Festes war allein das »Damen-Carousel« in Fürstenried, von dem ein Stich überliefert ist. Soweit bekannt, handelte es sich um das erste Münchner Turnier, das von Frauen bestritten wurde. Vorbild war eine
841 842 843 844 845
Ebd. Ebd., F. B2v. Ebd., F. Cr. Stahleder 2005, Bd. III, S. 107. Ebd.
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Stich des Damenturniers in Fürstenried (Bayerische Staatsbibliothek, München)
ähnliche Veranstaltung, die 1709 in Dresden ausgerichtet worden war. 846 36 im Festbericht genannte »Hochadeliche Frauenzimmer« kämpften im Römerkleidern, angeführt von der Kurfürstin Maria Amalia und der Gattin des Herzogs Ferdinand. Auf dem Stich ist zu sehen, dass sie allerdings nicht selbst auf Pferden ritten, sondern in von Männern gesteuerten Turnierwagen gefahren wurden. Sie mussten unter anderem im Vorbeifahren mit einer Lanze und einem Wurfpfeil das Herz eines Cupidos treffen. Der Hintergrund dieser offensichtlichen Aufwertung der Rolle der Frau am Münchner Hof bleibt vorerst noch im Dunkeln. Festzuhalten bleibt lediglich, dass sich – im Gegensatz zu jener Max Emanuels – die Ehe von Karl Albrecht und Maria Amalia recht harmonisch gestaltete. Der Chronist Johann Jakob Moser notierte dazu: »Mit dieser Gemahlin lebte der Herr gantz vergnügt. Denn sie wuste sich mit der Zeit in sein Naturell überaus wohl zu schicken, und hatte fast duchgehends eine seiner Neigung gleiche Gemüths-Art.« 847 Dass er ihr mehr Achtung entgegenbrachte, als es in den Ehen seines Vaters üblich gewesen war, macht auch der Umstand deutlich, dass während der Regierungszeit Karl Albrechts Oper stets am Geburtstag der Kurfürstin aufgeführt (zuvor am 846 Straub 1969, S. 315. 847 Zitiert nach Hartmann 1985, S. 47f.
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Namenstag Max Emanuels); mehrfach sind den Libretti Texte voran- bzw. nachgestellt, die Maria Amalia huldigen. Das Theaterprogramm sah eine »vortreffliche welsche Oper« vor. Der musikalische und szenische Aufwand von Epaminonda blieb jedoch weit hinter der an Bühneneffekten reichen Zauberoper Amadis di Grecia zurück, 848 mit der 1724 die Geburt von Maria Antonia Walpurgis, des ersten Kindes von Karl Albrecht, gefeiert worden war. Die Vermutung liegt nahe, dass bereits bei den Vorbereitungen dieser Oper auf die Geburt eines männlichen Thronfolgers spekuliert worden war. Die Handlung von Epaminonda »ware theils eine wahre Geschicht, teils nach Gebrauch der Poeten und Comoedianten, mit Gedicht vermischet, wie nemblich der Spartaner Feld-Herr Epaminondas die Tebanische Berg-Festung Cadmen belageret«. 849 Reinhard Strohm identifiziert die Thebaner als für die Bayern stehend, während Sparta auf die Österreicher verweist.850 Das Libretto, das Domenico Lalli für München verfasst hatte, greift das an anderer Stelle behandelte Motiv der Selbstüberwindung auf, denn Epaminonda muss seinen Sohn wegen Missachtung eines Befehls zum Tode verurteilen. Das Vorwort fasst das historische Geschehen zusammen und nennt die Vorlagen: Avendo li Spartani occupata una Rocca de Tebani, detta Cadmea, e non volendo restituire, si cominciarono le guerre fra queste due Republiche; onde avendo li Spartani portato l’assedio sotto le mura di Tebe guidati da Cleombroto loro Capitano; Epaminonda Capitano de Tebani, mandò il suo figlio Stesimbroto à parlare col Duce nemico per renderlo persuaso della pace, con la restituzione del sud.° Castello; ma ordinò al figlio con impermutabil legge à non pugnar col nemico per qualunque motivo ne ricevesse. Andò Stesimbroto nel campo, e provocato con villanie all’armi, con esser chiamato codardo, & esseminato; ne potendo ciò soffrire, Dimenticatosi gli ordini del Padre, combattè con il Capitano nemico, e lo vinse, di che sdegnato Epaminonda, gli fè nel suo ritorno troncar la testa con tutta la corona d’Alloro che vi teneva. Così scrive Plutarco nelli suoi Paralelli; e Clesifone nel 3.° libro dell’Istorie Tebane. 851
Für eine Festoper zu einem freudigen Anlass wie der Geburt eines Thronfolgers war der originale Ausgang mit Hinrichtung des Thronfolgers allerdings ungeeignet. Lalli mildert den Schluss durch die auch in den anderen Münchner Libretti mit jener Thematik übliche Begnadigung ab. Den Namen Stesimbroto veränderte er zu Aristeno, Cleombroto in Lisandro, »per commodo del Verso,
848 849 850 851
Zu Amadis di Grecia siehe Zuber 1999. Festbericht 1727, F. Cr. Strohm 2007, S. 93. Epaminonda 1727, f. A2.
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e della Musica.« 852 Daneben fügt er die operntypischen Verwicklungen und Nebenhandlungen ein: Mà per togliere l’orrore d’un tal successo, si finge che Stesimbroto non uccidesse il capitano nemico, mà lo lasciasse à terra vinto, e diformato; onde questo per vendicarsì s’introduca in Tebe travestito, e si porti nelle stanze Argea, figlia d’Epaminonda, sorella di Stesimbroto, la quale era stata antecedentemente promessa sua sposa prima delle guerre; e che ivi gionto sentendo che Stesimbroto doveva morire, per aver trasgredita la legge del Padre, mosso da un generoso istinto, facendosi capo del Popolo Tebano, che vo leva la vita del sud.° Stesimbroto, la tolga al supplicio, e conducendolo al Padre n’interceda la vita, con offrirli la pace, e la restituzione del Castello, essendo in lui tutto l’arbitrio concesso da spartani cosi della guerra, come della pace. 853
Die Handlung der Oper wird in der Einleitung und in der Licenza durch Bezüge zum Festanlass ergänzt. Der Beginn der Oper zeigt den »Tempio della Libertà« in Theben, dessen Priester gerade ihrem Gott opfern, damit er ihnen im Kampf gegen Sparta beistehe. Da senkt sich eine Wolke nieder auf den Hauptplatz, und dieser verwandelt sich in das Reich des Flusses Isar, das das »Genio della Baviera« beherbergt. Die von einem Tenor verkörperte Figur erklärt, weswegen der thebanische Herrscher an diesem so freudigen Tag auftrete: »D’Epaminonda il gran tebano Eroe, / Se celebrar volete / Il Valor, le vittorie; io vò che queste / Servan per onorar di si bel giorno / Il contento, il piacer.« 854 Aus der Unterwelt kommt die »Amor de Vassalli« (Bass) und bringt die Freude der Untertanen über die Geburt zum Ausdruck. GENIO/AMOR à 2 Scene, e Orcheste risuonata, E il valor d’Epamoninda, Consacrate ogg’ in suo onor. AMOR Al Germe amabile, Di un si gran Padre, Per sempre stabile, Gli sacro il cor. GENIO Al Pegno nobile Di si gran Madre, Per sempre immobile, Gli serbo amor.
Scene, &c. 855
Nun beginnt die eigentliche Handlung, in deren Verlauf Aristeno den Spartaner Lisandro besiegt. Der zweite Akt führt den um seinen Sohn besorgten Epa852 853 854 855
Ebd, f. A3v. Ebd., f. A2. Ebd., S. 13. Ebd., S. 15.
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minonda vor, der dessen Ungehorsam erkennen muss. Das Stück zeigt die ganze Breite an vorbildhaften höfischen Verhaltensweisen; so beweist der Spartaner Lisandro Großmut, wenn er sich über das Unrecht empört, das seinem Widersacher Aristeno widerfährt. 856 Epaminonda schwankt zwischen Staatsräson und Vaterliebe; schließlich unterschreibt er das Todesurteil. Als Kommentar seiner Selbstüberwindung dient das unmittelbar anschließende Ballett: Es tanzten die wegen ihrer genau festgelegten Kostümierung dem mit Allegorien vertrauten Zuschauer sofort erkennbaren Verkörperungen der Werte, die bei dem inneren Ringen Epaminondas gesiegt hatten: »Comparisce la Giustizia, accompagnata dalla Fortezza, dalla Costanza, dall’Intrepidezza, e dall’amor della Patria, e dal Valore, che formando un ballo Eroico, fanno applauso all’Atto Eroico d’Epaminonda.« 857 Auch Aristeno muss sich selbst überwinden: Als seine Braut Mirene ihn befreien will, schwankt er zwischen dem Wunsch, ihr den Kummer seines Todes ersparen zu wollen, und der Pflicht, die ihm zugedachte Bestrafung erdulden zu müssen, und bleibt in seiner Zelle. Vor der Hinrichtung erfleht er Vergebung von Epaminonda, die ihm dieser anfangs hartherzig verweigert, dann aber doch gewährt. Das innere Ringen wird nicht nur durch Worte, sondern auch durch starke Gesten verdeutlicht: Epaminonda lässt es anfangs nicht zu, dass sein Sohn ihm die Hand küsst; dieser ergreift die Hand des Vaters mit Gewalt, schließlich umarmt Epaminonda seinen Sohn. Auf dem Hauptplatz in Theben steht ein Gerüst, auf dem Aristeno enthauptet werden soll. Dieser wendet sich ein letztes Mal an das Volk, das ihn als Beispiel nehmen solle, welche Strafe der zu erwarten habe, der die Gesetze des Senats missachte. Epaminonda erkennt seine Grausamkeit; da wird ihm berichtet, dass Lisandro Aristeno befreit hat. Berührt von der generösen Geste des Spartaners, gibt er ihm seine Tochter zur Frau und begnadigt seinen Sohn. Während des Schlusschors verwandelt sich erneut die Dekoration, und es erscheint der Ruhm (»Fama«), begleitet von einem Zug Tänzer, die Trompeten in den Händen halten und auf diesen zu spielen vortäuschen. Trotz inhaltlicher Kontinuitäten – Max Emanuel hatte sich bei seinem Regierungsantritt als Wiedergeburt des Gründers von Theben inszeniert, Karl Albrecht wird durch die Festoper Epaminonda zu dem thebanischen Staatsmann Epaminonda in Beziehung gesetzt – scheint sich in diesem Fest anzudeuten, dass die Erfindung herrschaftsbegründender Mythen, wie sie noch mit Servio Tullio betrieben wurde, nicht mehr als zeitgemäß angesehen wurde. Karl 856 Ebd., S. 45. 857 Ebd., S. 53.
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Albrecht unternahm auch keine Versuche, sich durch Theateraufführungen als gottgleich zu inszenieren. Aus der Kargheit des Festes im Frühjahr 1727 kann man jedoch sicherlich nicht auf eine grundsätzliche Abkehr von den Leitbildern höfischer Repräsentation schließen; eher dürften Sparzwänge angesichts der katastrophalen Finanzlage des bayerischen Staates hierfür ursächlich sein. Denn schon nach kurzer Zeit wurde von ihr abgerückt; nach dem Urteil eines französischen Gesandten fehlte es auch Karl Albrecht an Realitätssinn. Dieser Fürst besitzt zwar großen Ehrgeiz, aber offenbar hat er nicht die Mittel, ihn zu befriedigen; seine Einkünfte sind mittelmäßig, und außerdem betragen seine Schulden mehr als 40 Millionen [Gulden]. Äußerlich erscheint seine Hofhaltung ökonomisch, aber im Innern verbraucht er ungeheure Summen für den verschwenderischen Unterhalt seiner Mätressen und durch die geringe Aufmerksamkeit, die er auf den Eingang seiner Einkünfte verwendet. Bringt man ihm 100 000 Taler, so glaubt er bei ihrem Anblick, die Welt erobern zu können, und schmeichelt er sich zudem mit französischer Hilfe, so setzt ihm das noch größere Rosinen in den Kopf: Drei Viertel der österreichischen Erbschaft hofft er an sich zu reißen. 858
1742: Widersprüche von Schein und Realität Die Wittelsbacher konnten das Ziel dynastischer Aufwertung schließlich doch noch erreichen: 1742 wurde Karl Albrecht als Karl VII. zum Kaiser gekrönt. Das sich daran anschließende Fest, das wie alle Kaiserkrönungen in Frankfurt am Main stattfand, ist zwar musikgeschichtlich nur von geringem Interesse, da es keine Opernaufführungen einschloss. Überdies konnte das Fest nur eingeschränkt politische Ziele der Wittelsbacher zum Ausdruck bringen, da der Ablauf einer Kaiserkrönung seit dem Mittelalter weitgehend festgelegt war. Es wird hier dennoch in die Untersuchung einbezogen – wenn auch ohne den Anspruch, alle Veranstaltungen zu berücksichtigen –, da es mit der Krönung Karls VII. sowohl den Höhe- als auch den Endpunkt der beschriebenen Politik einer Machtvergrößerung Bayerns markiert. Zudem verweist ein zeitgenössischer Zeugenbericht pointiert auf das Verblassen der Mechanismen höfischer Repräsentation. Zwar wäre noch zu klären, inwieweit die Darstellung Johann Michael von Loens als repräsentativ zu werten ist; sie macht aber exemplarisch die fortschreitende Bedeutungserosion höfischer Zeremonien deutlich, die ihre Wirkung zur Beherrschung der Untertanen und zur Aufrechterhaltung der staatliche Ordnung immer mehr einbüßten. 858 Zitiert nach Wagner 1938, S. 23f.
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1740 trat mit dem Tod Karls VI. der lang erwartete Habsburger Erbfall ein. Seine Nachfolge war insofern ungeklärt, als es umstritten war, ob seine Tochter Maria Theresia als Frau die Thronfolge antreten dürfe. Zwar war von vielen Höfen die von den Habsburgern bereits 1713 verabschiedete »Pragmatische Sanktion« anerkannt worden, die besagte, dass die Töchter Karls VI. und nach deren erbenlosen Tod die Töchter seines Bruders und Vorgängers Joseph I. die Thronfolge antreten würden. Mit einer der beiden Töchter Josephs I. war Karl Albrecht verheiratet, was wegen Maria Amalias Erbverzicht allerdings nicht zur Begründung von Ansprüchen herangezogen werden konnte. Bayern leitete jedoch Ansprüche aus älteren Verbindungen der Wittelsbacher mit den Habsburgern ab. Aus Dokumenten der 1546 erfolgten Hochzeit Herzog Albrechts V. mit Erzherzogin Anna (der ältesten Tochter Kaiser Ferdinands I.), dem Testament Ferdinands (1543) sowie dessen Testamentskodizill (1547) gründete Franz Joseph von Unertl, Vorsteher des Inneren Archivs und Geheimer Reichskanzler am bayerischen Hof, eine kühne Beweisführung. Sie gründete darauf, dass im Falle der Eröffnung einer weiblichen Erbfolge die Nachkommen der ältesten Erbtochter eines Geschlechts berücksichtigt werden müssten. Dies wären die Nachkommen Erzherzogin Annas, folglich der bayerische Kurfürst Karl Albrecht. Seine Argumente legte Unertl 1732 in der Schrift Deductio jurium Bavaricorum ad Successionem Austriacam deficiente in moderna Sacra Majestate Sobole mascula nieder. Die dort vertretenen Rechtspositionen standen allerdings auf unsicherem Grund. Sie beruhten auf Dokumenten, deren genauer Wortlaut dem bayerischen Hof nicht bekannt war, da die Originale sich in fremden Händen befanden. In der Tat erwies sich die Beweisführung als nicht stichhaltig genug, als die Habsburger 1740 endlich Einsicht in die Unterlagen gewährten. 859 Unertl wich nun auf noch spitzfindigere Begründungen aus, die hier darzustellen nicht der Raum ist. 860 Karl Albrecht selbst ging, wie Briefwechsel und ein in diesen Jahren geführtes Tagebuch belegen, offenbar davon aus, im Recht zu sein. Allgemeiner Konsens an den meisten europäischen Höfen war, dass Bayern durchaus berechtigte Ansprüche erhebe, dass aber so weitreichende Forderungen wie die vorgebrachten schwerlich zu begründen seien. Aber selbst in Österreich war die Stimmung keineswegs ungünstig für den bayerischen Kurfürsten, wie der Berliner Botschafter meldete:
859 Kraus 1986, S. 79. 860 Ebd., S. 80; Heigel 1874, S. 29ff.
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Die Bevölkerung Wiens und des Landes spricht sich offen und unverhohlen für Bayern aus, dass ohne Zweifel, wenn der Kurfürst an der Spitze von nur zwei Bataillons hieher käme, Alles ihm zufallen würde. Um diese Volksstimmung zu charakterisieren, theile ich einen Anschlag mit, den man anden Kirchenthoren fand und den man in allen Straßen singt: Vivat! Der Kayser Carl ist todt! Wir bekommen jetzo größeres Brod, – Der Lothringer ist uns zu schlecht, – Der Bayernfürst ist uns eben recht! 861
Wenngleich Ansprüche auf das österreichische Kernland nicht durchzusetzen waren, blieb Karl Albrecht die Möglickeit, zum Kaiser erhoben zu werden. Entscheidend war hierfür weniger die höchst verwickelte und kaum zu klärende Rechtslage als die Unterstützung von Verbündeten. Die Wahl eines Wittelsbachers zum Kaiser wurde entscheidend dadurch begünstigt, dass Frankreich und Preußen ein Interesse an der Schwächung des Hauses Habsburg hatten. Gewählt wurde der Kaiser vom Kurfürstenkolleg, das sich seit dem 12. Jahrhundert gewohnheitsrechtlich herausgebildet hatte und durch die Goldene Bulle von 1356 reichsrechtlich verankert worden war. Anfangs war die Zahl der Kurfürsten auf sieben begrenzt gewesen: auf die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier sowie vier weltliche Kurfürsten (den Pfalzgrafen, den Herzog von Sachsen, den Markgrafen von Brandenburg und den König von Böhmen). 1623 ging die pfälzische Kur an Bayern, wurde aber bereits 1648 als achte Kur wiederhergestellt; 1701 folgte eine neunte Kur für Hannover. Dank der 1724 geschlossenen Wittelsbacher Hausunion konnte Karl Albrecht auf die Unterstützung von Kurköln und der Pfalz hoffen. Entscheidend war die Hilfe Frankreichs, das zwar selbst nicht wahlberechtigt war, das aber seinen Einfluss zugunsten Bayerns bei den anderen Kurfürsten geltend machen konnte. Finanzielle Zuwendungen von dieser Seite zogen Mainz und Trier in das Lager Karl Albrechts. Am 4. Juni schloss Preußen einen Vertrag mit Frankreich, der die schlesischen Besitzungen garantierte und dem bayerischen Kurfürsten die preußische Stimme sicherte; durch den Verzicht Preußens auf Jülich und Berg bekam wiederum die Pfalz Handlungsfreiheit. 862 Nach militärischen Erfolgen Bayerns – mit französischer Unterstützung hatten die Truppen Linz und schließlich Böhmen eingenommen und Karl Albrecht sich zum König von Böhmen gekrönt – schloss sich im September auch Sachsen der Allianz an. Nachdem als Letzter der englische König gewonnen war, die hannoversche Stimme dem Wittelsbacher zu geben, stand der Wahl nichts mehr im Wege. Nach 30 Wahlkonferenzen wurde am 24. Januar 861 Zitiert nach Heigel 1874, S. 42. 862 Kraus 1986, S. 81.
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1742 in Frankfurt am Main einstimmig beschlossen, Karl Albrecht zu »einem römischen König in künftigen Kaiser zu erheben«. 863 Jedoch hatte sich das österreichische Heer in der Zwischenzeit von seinen Niederlagen erholt, und unmittelbar nach der Krönung in Frankfurt besetzte es München. Angesichts dieser verzweifelten Lage war selbst Karl Albrecht der krasse Widerspruch von festlichem Schein und machtpolitischer Realität bewusst, wie er in seinem bereits zitierten Tagebuch festhielt: Meine Krönung ist gestern vor sich gegangen mit einer Pracht und einem Jubel ohnegleichen, aber ich sah mich zu gleicher Zeit von von Stein- und Gichtschmerzen angefallen. Krank, ohne Land, ohne Geld, kann ich mich wahrlich mit Job, dem Mann der Schmerzen vergleichen und kann nur auf Gott meine Hoffnungen bauen, auf ihn, der dieses Unheil zuließ, der uns auch wieder Rettung senden kann. […] Alles ist darüber einig, dass keine Krönung jemals herrlicher und glänzender war als die meine, der Luxus und die Verschwendung, die sich an allem und jedem kundgaben, überstiegen alle Vorstellungen. So konnte ich wähnen, den höchsten Gipfel menschlicher Größe erklommen zu haben, mußte aber unwillkürlich der allmächtigen Hand Gottes gedenken, der zur selben Zeit, da er uns so hoch steigen ließ, gar dringlich daran erinnert, dass wir nur seine Geschöpfe sind und stets im Augen behalten müssen: Wir sind nur Menschen! 864
Ein wesentliches Ziel von Festen – den Anlass durch Prachtentfaltung in das Gedächtnis der Bevölkerung einzubrennen – wurde mit den Veranstaltungen erfüllt. Die Frankfurter erinnerten sich noch jahrzehntelang an das Ereignis, wie der zu diesem Zeitpunkt selbst noch nicht geborene Johann Wolfgang von Goethe weitergibt. In Dichtung und Wahrheit berichtet er, was ihm »die Seinigen sowie ältere Bekannte und Verwandte« erzählt hatten, nämlich »die Geschichte der zuletzt kurz aufeinander gefolgten Krönungen« (nach dem Tod Karls VII. wurde schon 1745 Maria Theresias Ehemann Franz von Lothringen zum Kaiser gewählt). Denn es war kein Frankfurter von einem gewissen Alter, der nicht diese beiden Ereignisse, und was sie begleitete, für den Gipfel seines Lebens gehalten hätte. So prächtig die Krönung Karls VII. gewesen war, bei welcher besonders der französische Gesandte, mit Kosten und Geschmack, herrliche Feste gegeben, so war doch die Folge für den guten Kaiser desto trauriger, der seine Residenz München nicht behaupten konnte und gewissermaßen die Gastfreiheit seiner Reichsstädter anflehen mußte. War die Krönung Franz’ I. nicht so auffallend prächtig wie jene, so wurde sie doch durch die Gegenwart der Kaiserin Maria Theresia verherrlicht, deren Schönheit ebenso großen Eindruck auf die Männer scheint gemacht 863 Zitiert nach Hammerstein 1986, S. 53. 864 Goethe 1948, Bd. 9, S. 21f.
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zu haben, als die ernste würdige Gestalt und die blauen Augen Karls VII. auf die Frauen. 865
Dem Anlass entsprach die mediale Aufbereitung des Ereignisses, die an Aufwand alle anderen Feste der Wittelsbacher bei Weitem übertrifft. Das zweibändige, großformatige Vollständige Diarium von den merckwürdigsten Begebenheiten, die sich vor, in und nach der Höchst-beglückten Wahl und Krönung […] Karls des VII. […] zugetragen sammelt alle denkbaren Einzelheiten der Wahlvorbereitungen, der Wahl und der Krönung – allein die Darstellung der kirchlichen Krönungszeremonie nimmt mehr als 30 Seiten ein. Weiterhin gibt die Schrift zahllose Aufzüge, Sitzordnungen, Huldigungsschreiben, Predigten, Ansprachen und so weiter wieder und vermittelt mit einer Vielzahl an Stichen auch visuelle Eindrücke. Musikgeschichtlich liefert sie jedoch kaum verwertbare Informationen, da das entsprechende Programm – im Gegensatz zu den Festen in München – schmal ausfiel. Zwar wurde durch deutsche und französische Schauspieltruppen Sprechtheater aufgeführt (über das das Diarium allerdings keine Angaben macht). 866 Den Quellen zufolge gab es jedoch keine Opern oder Turnierspiele, was im Fehlen einer geeigneten Infrastruktur in Frankfurt am Main begründet sein könnte, wenngleich Musiker greifbar waren, denn bei verschiedenen Anlässen musizierten Mitglieder der bayerischen Hofkapelle. So wurde bei einer öffentlichen Tafel »auf einer unten im Saal, der Kayserlichen Tafel gegen über, aufgerichteten Bühne, so mit grünem Damast behänget war, von der Kayserlichen Hof-Capelle eine vortreffliche Music aufgeführet«. 867 Wahrscheinlich handelt es sich dabei um das Componimento drammatico per l’Incoronazione della Sacra Cesarea, e Real Maesta di Carlo Settimo, dessen Musik von Giovanni Ferrandini stammte. In dem allein erhaltenen Textbuch wird mit den üblichen Topoi höfischer Panegyrik die hohe Abstammung und Würde Karls VII. betont, der (in Verkehrung seiner völligen realen Machtlosigkeit) als Retter in der Not gefeiert wird. Dieser halte nach Zeiten des Krieges nun schützend seine Hand über die Untertanen, die sich glücklich schätzen könnten, von ihm beherrscht zu werden. Über die Wahl, ihre Vorgeschichte und die zahlreichen die Krönung begleitenden Veranstaltungen berichtet ausführlich auch Loen, der schon stark den Ideen der Aufklärung verpflichtete Verfasser zahlreicher poetischer und literarischer Schriften. Seine durchweg subjektiv gefärbten Darstellungen unter865 Ebd., S. 49. 866 Trautmann 1888, S. 269. 867 Diarium 1742, Bd. 2, S. 69.
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scheiden sich von denen in offiziellen Festberichten dadurch, dass er als unabhängiger Beobachter nicht die intentionale Wirkung des Festes beschreibt, sondern auf eine Beschreibung des tatsächlich Erlebten abzielt. Dabei befand er sich erklärtermaßen im Zwiespalt von Bewunderung und Ablehnung. Bei aller Faszination am Festgeschehen äußert er immer wieder grundsätzliche Kritik am zeremoniellen System und beschreibt Fehlleistungen, die die würdevollen Selbstdarstellungen ins genaue Gegenteil verkehrten. So war auf dem Fest des spanischen Gesandten Cristóbal Graf von Montijo der »Zulauf des Volkes […] so ungemein, dass man Mühe hatte, der Unordnung des allenthalben eindringenden Pöbels« 868 Herr zu werden. Beim anschließenden Feuerwerk entzog sich eine Rakete »ihrer Bestimmung, und wurde vom Wind bis in die Stadt getrieben, wo sie auf das Haus eines Zimmermanns fiel, und eine kleine Entzündung« verursachte. 869 Er mokierte sich beim ansonsten prächtigen Einzug des französischen Botschafters Louis Charles Auguste Fouquet, Herzog von Gisors, genannt von Belle-Isle, über »die zwölf leeren Karren, welche den Zug eröffneten«. Diese schienen von keiner gar anständigen Erfindung zu seyn. Die kostbaren Decken von grünem Sammet, worauf mit erhabener Arbeit das belleislische Wappen mit dem Marschallstab auf das herrlichste gestrickt waren, hatten […] nicht die geringste Beziehung auf schlechte zweyrädrige Wagen, welche nicht das mindeste Ansehen hatten, als ob darinnen grosse Schätze verborgen wären.870
Die Sinnentleerung vieler Zeremonien wird besonders deutlich an Loens Beschreibung des Beschirmungseids, den die Frankfurter Bürgerschaft der Tradition folgend zu leisten hatte. An diesem Tag im Januar war es jedoch unfreundlich kalt, und viele, »deren Reichthümer und Lebensart sie vorlängst zu dergleichen Aufwartung verzärtelt und untüchtig gemacht, fühleten nicht so bald den Schnee an ihren Füssen, so schlichen sie von ihren Posten und begaben sich zu ihren guten Freunden in die Nachbarschaft«. 871 Später las man den Mitgliedern der Bürgerschaft von der Schaubühne den Eid vor, »darauf sie die Finger in die Höhe reckten, und schwuren was sie nicht verstunden«. 872 Neben ausländischen Gesandten und dem kurfürstlichen Kollegium waren Vertreter von Fürstentümern wie Sachsen-Gotha, Braunschweig-Wolfenbüttel und Württemberg nach Frankfurt gereist, wenngleich »diese Herren […] mit 868 869 870 871 872
Loen 1749–52, Bd. II, S. 103. Ebd. Ebd., S. 171. Ebd., S. 173. Ebd., S. 174.
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Einzug des Kölner Kurfürsten Klemens August in Frankfurt am Main 1742; Kupferstich von Michael Rößler nach Johann Nikolaus Lentzner (Historisches Museum der Stadt Frankfurt am Main)
allen ihren bisher so mühsam gepflogenen Rathschlägen, dem Ansehen nach, nicht viel ausrichten« durften. 873 Die Einzüge der Fürsten sollten den jeweils vertretenen Anspruch verdeutlichen. Der Kölner Kurfürst plante alle anderen zu übertreffen, indem er in Paris eine auch auf dem Stich seines Einzugs als überdimensioniert erkennbare Staatskutsche orderte, so groß, »dass man deswegen genöthiget wird, ein Thor grösser zu machen und dessen Durchgang von unter her, wo es ausgegraben wird, zu erhöhen: Weil sie sonst dieses überaus stolze Gebäude nicht durchfahren könnte«. 874 Als der bayerische Kurfürst am 12. Februar 1742 zum Kaiser gekrönt wurde, erkannte Loen »kaum den Platz mehr vor dem Rathause, so sehr waren alle Häuser von unten auf mit Schaugerüsten nach einer amphitheatrischen Form« bebaut; nie sei »der menschliche Witz sinnreicher gewesen, Gesichter an Gesichter zu fügen, und einer Anzahl von ungefähr hundert tausend Menschen ein Schauspiel gemein zu machen«. 875 Für das Volk war ebenfalls gesorgt worden, denn auf »der einen Seite dieses Platzes war eine grosse Küche von Holz und Brettern aufgerichtet, in welcher ein ganzer Ochse, der mit allerhand Federvieh, Spanferkeln und dergleichen gespickt war, an einem hölzernen Spieß gebra873 Ebd., S. 146. 874 Ebd., S. 175. 875 Ebd., S. 211.
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ten wurde; man mußte den Eingang in dieses Spektakel, sich mit Geld erkaufen und noch überdies sich dergestalt durchdrängen, dass einem bey nahe die Kleider zerrissen wurden«. 876 Der starke Zulauf des Volkes erschwerte es Loen, alles zu sehen. Dennoch schreibt er enthusiastisch: »Der Thron des Kaysers, die beyde Stühle der Churfürsten, die Sitze der Gesandten, die Tapeten, womit die Kirche behänget wurde: Alles war glänzend, reich und prächtig.« 877 Problematisch gestaltete sich der Besuch der überfüllten Kirche, wo er anfangs nur einen Platz fand, der befürchten ließ, »einer andern Reihe von Edelleuten, die eben so gefährlich stunden als ich, auf den leib zu fallen, und die kayserliche Krönung durch ein schreckliches Poltern anzufangen«. 878 Schließlich kann er sich doch auf eine bessere Position vorkämpfen und ist begeistert: »Welcher Pomp! Welche Pracht!« 879 Detailliert beschreibt Loen die Krönungszeremonie: Der Kayser erschien mit den Grossen seines Hofs, den Reichersamtsverwesern, den Gesandten; ingleichen diese beyde Churfürsten, denen eine Menge Bischöffe und Prälaten in ihrem Kirchenornat mit ihren Insuln und Bischoffsmützen auf dem Haupte, vorher giengen. Die kayserliche Kapelle erthönte zugleich unter dem Schall der Trompeten und Pauken mit einer prächtigen Musik, worauf das hohe Amt seinen Anfang nahm. Der Kayser bestieg den für ihn verfertigten Betstuhl: derselbe war drey Schuhe erhöht, oben darüber war eine Himmelsdecke, vor ihm stund ein Tisch und hinter ihm ein Lehnsessel: alles von rothem Sammet. Nachdem er hier kniend seine Andacht verrichtet hatte, wurde ihm der Orden des goldenen Vlieses und sein churfürstlicher Mantel abgenommen; Er begab sich darauf vor den Altar, wo er den gewöhnlichen Eid ablegte, die Kirche, das Reich, wie auch die Wittwen, die Waysen und die Armen zu beschützen: Hierauf empfing er die Salbung und verfügte sich in das Conclave, um den kayserlichen Ornat anzulegen. Die Herren Deputirten von Nürnberg, als die Bewahrer dieser kostbaren Altertümer, verrichteten hier ihr Amt auf den Knien. Der Kayser, als er in diesem altfränkischen aber doch majestätischen Aufputz aus dem Conclave kam, kniete vor dem Altar nieder, wo sein Bruder, der Churfürst von Köln, das Gebet über den neuen Gesalbten that und über ihn den Segen sprach. 880
Die hier beschriebenen zentralen Handlungen der Krönung fasst auch ein Kupferstich zusammen. Durch die in ein Hochamt integrierte Zeremonie wurde die Rolle des neuen Kaisers als irdischer Stellvertreter Gottes betont, die Demutsbezeugungen der anderen Fürsten gegenüber Karl VII. verdeutlichen seine Herrscherrolle. 876 877 878 879 880
Ebd. Ebd., S. 212. Ebd., S. 214. Ebd. Ebd., S. 214f.
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Krönung Kaiser Karls VII.; Kupferstich von Elias Baeck (Historisches Museum der Stadt Frankfurt am Main)
Im Kontrast zu dieser offensichtlich gelungenen und daher überaus wirkungsvollen Zeremonie fiel Loen das Ungenügen anderer Veranstaltungen umso deutlicher auf. Der Auftritt des schon vom Alter gezeichneten Freiherrn von Schwerin auf dem Festplatz, der in Vertretung des Fürsten von Hohenzollern als Erzkämmerer zu Pferde eine symbolische Handlung zu vollziehen hatte, veranlasst ihn zu der Feststellung: So andächtig und erhaben mir die Ceremonien, die ich in der Kirche gesehen hatte, vorkamen, so lächerlich schienen mir im Gegentheil diese poßirliche Aufzüge; zum wenigsten solte man alte und ernsthafte Männer von hohem Stand und den vornehmsten Würden, nicht dazu gebrauchen, dem Volk ein solches öffentliches Schauspiel zu geben […]. Ich fand hier nichts hohes, nichts grosses. 881
Als problematisch erwiesen sich die körperlichen Anforderungen einer Krönungszeremonie auch für den gebrechlichen Mainzer Erzbischof und Kurfürsten Philipp Carl von Eltz, der als Reichserzkanzler bei der Zeremonie eine zen881 Ebd., S. 221.
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trale Rolle spielte und bei seinen Handlungen unterstützt werden musste. 882 Eine Last im wörtlichen Sinne war überdies die Kaiserkrone, die mehr als 14 Pfund wog; rechnet man darzu noch den Mantel, das Kleid, die Fußsohlen und den ganzen heiligen Ornat, der nach der alten Mode mit Gold und Perlen besetzt ist, so macht dieses alles ein rechtes Geschleppe aus, welches den Gang des Kaysers nicht wenig beschwert; zumahl, da derselbe ohnedem sich nicht wohlauf befand, und unter währenden diesen Herrlichkeiten mit einer starken Colick geplagte wurde. O wie sehr betrügt man sich, wenn man einer Krone die höchste menschliche Glückseligkeit zuschreibt. 883
Loen verzichtet bewusst auf die Wiedergabe zeremonieller Einzelheiten, die man seiner Ansicht nach ebenso gut in den offiziellen Berichten nachlesen könne. Dafür spart er aber nicht an weiteren Details, die den Bruch von Inszenierung und Realität deutlich machen. So hatte jeder an der Krönung mitwirkende Gesandte eine Art von Spickzettel, »damit keiner, wann die Reihe einer Verrichtung an ihm war, etwas dabey vergessen möchte«.884 Der nicht an der Zeremonie beteiligte französische Botschafter Belle-Isle »spielte mit dem goldenen Knopf auf seinem Stock, den er beständig im Mund herum drehete und schien bey der größten Begebenheit, welche Frankreich so lange gewünschet hatte, neue Anschläge auf die künftige Zeiten zu machen«. Er wirkte »wie ein Mann, der in tiefen Gedanken saß, und an allem was vorgieng, nicht den geringsten Antheil nahm«. 885 Die notwendige Würde fehlte dem Fest nach Ansicht Loens schon deshalb, weil die Massen kaum kontrolliert werden konnten. Zu Tumulten kam es beim Auswurf von Geld in die Menge, als der Graf von Stollberg 3000 Gulden vom Pferd unter das Volk werfen sollte, wobei das »Drängen und Pressen um den freygebigen Ausspender« so ungemein war, dass man um ihn herum »nichts als Hände und Gesichter« sah; je »mehr die Münzen durch die Luft flogen, desto mehr regte sich der dicht zusammen gepreßte Hauffe«. 886 Dies verdross die für die öffentliche Ordnung zuständige Reiterei der Bürgerschaft, einige sprengten auf den Platz, um dem Grafen zu Hilfe zu eilen, »andere aber wurden durch den Glanz der Schaustücke, die vor ihren Augen erbeutet wurden, dermassen geblen-
882 883 884 885 886
Ebd., S. 218. Ebd., S. 219. Ebd., S. 217. Ebd., S. 219. Ebd., S. 224.
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Ochsenbraterei für das Volk; Kupferstich von Michael Rößler nach J. G. Funck (Historisches Museum der Stadt Frankfurt am Main)
det, dass sie ihm selbst auf den Leib ritten, und ihre Hüte aufhielten«. 887 Ebenfalls kaum von der Obrigkeit zu bändigen war der Ansturm auf den gebratenen Ochsen, bei dem »viele Leute elendig verwundet, und übel zugerichtet« 888 wurden. Die offizielle Festbeschreibung teilt davon freilich nichts mit, der Kupferstich zeigt die Massen bei den für sie veranstalteten Belustigungen sogar in einer geradezu vorbildlichen Ordnung:
887 Ebd., S. 225. 888 Ebd., S. 223.
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Ausblick Die Förderung des Musiklebens durch die bayerischen Kurfürsten war stets mehr als nur private Liebhaberei, wie es noch die ältere Geschichtsschreibung (und mitunter selbst die neuere Musikforschung) interpretiert haben, wonach das »(kostspielige) Mäzenatentum« Max Emanuels »innerstes Bedürfnis« gewesen sei. 889 Wie zuvor bereits zahlreiche Arbeiten über anderen Formen höfischer Kunst an den verschiedenen Höfen gezeigt haben, handelte auch der Münchner Hof mitnichten uneigennützig, sondern bediente sich der Künste als ein bewusst eingesetztes Mittel von Politik: Äußeres Gepränge des Herrschers war erforderlich, damit die Untertanen ihn verehren, denn Einsicht in die Notwendigkeit der Unterordnung konnte angesichts einer Analphabetenrate von 85–95 Prozent kaum erwartet werden. 890 Gerade das Beispiel Max Emanuel zeigt zudem, dass selbst ein Fürst, der wie er das militärische Machtinstrument so virtuos zu nutzen verstand, nicht daran dachte, alle Mittel dafür zu verwenden; dies beweist, dass auch die Investionen in höfischer Repräsentation machtpolitische Auswirkungen verhieß. 891 Letztlich ist die Politik der beiden hier behandelten Kurfürsten vollständig gescheitert. Fraglich ist aber gleichwohl, ob die zwischenzeitlich erreichten, keineswegs marginalen, Erfolge – 1699 war der spanische Thron bereits greifbar nahe, 1742 wurde Karl Albrecht tatsächlich zum Kaiser gekrönt – ohne die hier beschriebenen Aktivitäten auf dem Sektor von Musik und Theater hätten erreicht werden können. Der Bedeutungsverlust höfischer Repräsentation, der sich im Rahmen dieser Arbeit bereits zu Lebzeiten Karl Albrechts andeutete, war ein schleichender Prozess, der mit der Französischen Revolution seine markante Zuspitzung finden sollte. Schon in der Mitte des 18. Jahrhunderts mehrten sich im Zuge des Umsichgreifens von Ideen der Aufklärung Stimmen, die das zeremonielle System grundsätzlich in Frage stellten. Zwar war Johann Michael von Loen »überzeugt, dass die Ceremonien, wenn sie mit einem heiligen Wohlstand begleitet werden, mit einer unvergleichlichen Macht durch die Sinnen dringen, und die Gemüther der Menschen bewegen«. Aber man solle sie auf die Religion beschränken und »solches mit nichts albernen und kindischen verwirren«. 892 Hinzu kam, dass eine weitere Steigerung des Aufwands nicht mehr möglich war, diese aber notwendig gewesen wäre, da höfische Repräsentation der ständigen 889 890 891 892
Dirrigl 1968, S. 42. Berns 1982, S. 607f. Kruedener 1976, S. 114. Loen 1749–52, Bd. II, S. 216.
Ausblick
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Überbietung des Vorherigen bedarf. Zugleich gewann die Überzeugung Oberhand, dass die Stärke eines Landes auch auf realen Ressourcen gegründet sein solle. Der preußische König Friedrich der Große kritisierte bezeichnenderweise seinen dem Gedanken der Repräsentation verpflichteten Großvater, dieser habe »Eitelkeiten mit echter Größe« verwechselt und sei daher »groß im Kleinen und klein im Großen« gewesen. 893 Gleichwohl ließ sich selbst der junge Johann Wolfgang von Goethe von der Prachtentfaltung verführen, die er 1764 bei der Krönung Josephs zum Römischen König in Frankfurt am Main miterlebte. In Dichtung und Wahrheit erinnerte sich noch fast ein halbes Jahrhundert später, wie das »ganze Volk von Schauer und Erstaunen ergriffen« 894 war, als die Reichskleinodien zum Dom gebracht wurden. »Das Auge war schon ermüdet durch die Menge der reichgekleideten Dienerschaft und der übrigen Behörden, durch den stattlich einherwandelnden Adel«, als endlich der Kaiser und sein Sohn erschienen. Da »war das Auge nicht mehr sich selbst genug. Man hätte gewünscht, durch eine Zauberformel die Erscheinung nur einen Augenblick zu fesseln, aber die Herrlichkeit zog unaufhaltsam vorbei, und den kaum verlassenen Raum erfüllte sogleich wieder das hereinwogende Volk«.895 Zwar verschwanden in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts allmählich die großen höfischen Feste, nicht aber das Bedürfnis »nach Versinnbildlichung oder Verkörperung von politischen Normen und Machtansprüchen wie von Institutionen«. 896 Für das Zeitalter der Französischen Revolution bemerkt der Historiker Hans-Ulrich Thamer, dass das Symbolische angesichts des Ansturms von Rationalität keineswegs verschwand, sondern dass beide Sphären »eng miteinander verbunden waren und blieben, dass das Symbolische nicht nur ein bloß aufgesetzter, beliebiger Zusatz, sondern Teil einer institutionellen Wirklichkeit war, die auf Verdeutlichung und Sichtbarmachung angewiesen ist, wenn sie zu kollektiver Verbindlichkeit kommen soll«. 897 Auch die Moderne bedarf expressiver Vermittlungsformen, und besonders in Umbruchsituationen mit einer großen Veränderungsdynamik komme es geradezu zu einer Flut von rituellen Handlungsformen und symbolischen Deutungsangeboten. 898 Mit dem Tode Karls VII. am 20. Januar 1745 endete nicht nur die kurze Kaiserschaft der Wittelsbacher, sondern auch die auf dynastischen Aufstieg 893 894 895 896 897 898
Zitiert nach Baumgart 1981, S. 31. Goethe 1948, S. 199. Ebd., S. 200. Thamer 2004, S. 586. Ebd., S. 587. Ebd., S. 586.
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Feste
abzielende Politik Bayerns. Sein Nachfolger Max III. Joseph suchte den Ausgleich mit Habsburg. Er erkannte bereits drei Monate nach dem Tod seines Vaters im Frieden von Füssen die Pragmatische Sanktion an und unterstützte die Kaiserwahl von Franz Stephan von Lothringen, des Ehemanns von Maria Theresia. Oper blieb zwar für den neuen bayerischen Kurfürsten wichtig, was sich daran ablesen lässt, dass er unmittelbar nach einer ersten Konsolidierung der Staatsfinanzen den Bau des »Neuen Opera Hauß« (des heutigen Cuvilliés-Theaters) anordnete, das am 12. Oktober 1753 mit Giovanni Ferrandinis Catone in Utica eröffnet wurde. Jedoch hatte die Oper zumindest einen Teil ihrer Aufgaben im Kontext höfischer Repräsentation verloren; Turnierspiele waren schon unter Karl Albrecht nicht mehr aufgeführt worden. Für Bernhard Jahn lässt sich die Geschichte der Oper und des Musiktheaters generell »als die einer schleichenden Entpolitisierung beschreiben«, 899 da es nicht mehr als ein Medium diente, durch das politische Ideen und Ansprüche verbreitet wurden. Opern dienten auch nicht mehr der sakralen Überhöhung des Herrschers, sondern die Handlungen entwickelten sich zum historischen Schauspiel hin, »in dem die bedeutsame Aktion wichtiger war als die Verklärung des Herrscheramts«. 900
899 Jahn, im Druck. 900 Straub 1969, S. 329.
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Aufführungen am Münchner Hof Bei den Angaben zu den Darstellern wurde bei deutschen Künstlern die Italianisierung des Namens beibehalten, wie sie mit Ausnahme des Bassisten Andreas Eckart in den Libretti üblich war. Alle Sängernamen wurden zudem stillschweigend auf die jeweils häufigste Schreibweise vereinheitlicht. Die Stimmlage gibt die Schlüsselung der Partituren wieder. Falls keine musikalischen Quellen erhalten sind, wurde die Stimmlage anhand der Besetzung rekonstruiert.
1680, 11. Juli [Regierungsantritt Kurfürst Max Emanuels] Giulio Cesare ricovrato. »Tornamento festivo« von Ventura Terzago; Musik von Giuseppe Antonio Bernabei. Aufführung in München Libretto: D-As, D-Mbs, D-Sl 1680, 14. Juli [Regierungsantritt Kurfürst Max Emanuels] L’Ermione. »Drama per musica« in drei Akten von Ventura Terzago; Musik von Giuseppe Antonio Bernabei. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: D-Do; D-Kn-Theaterwiss. Inst.; D-Mbs; D-Mh-Reiss-Museum; I-Mb; Us-Wc MENELAO, Rè di Sparta in abito di privato Soldato col nome di Delmite; ELENA, sua moglie; ERMIONE, sua figluola; ORESTE, amante d’Ermione in figura di schiavo seguace di; PILLADE, suo amico; PIRRO, figluolo d’Achille innamorato d’Ermione; ANDROMACHE, sposa di Pirro vestita da maschio col nome d’Orminda; ADRASPE, Luogotenente del Regno; EGASTO, nobile Spartano confidente della Regina; ALFEA, Nodrice d’Ermione; BIROLLO, servo d’Oreste; 4. STALLARI; GIOVE, che scende sull’acquila, la quale porta negli artigli GANIMEDE; Coro di: PAGGI E DONZELLE con Elena e con Ermione. PAGGI E CAVALIERI con Pirro. GUARDIE con Adraspe. SCUDIERI con Ergasto. STALLARI nelle regie stalle. PAGGI e GUARDIE in fine con il Rè.
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1681, Karneval [12./13. Februar?] Marco Aurelio. »Drama per musica« in drei Akten von Ventura Terzago; Musik von Agostino Steffani. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: GB-Lbl; Libretto: A-Wn; D-DO; D-Es; D-Mbs; D-Mh-Reiss-Museum ANTONINO PIO [Bass]; FAUSTINA, sua figliuola [Sopran]; MARCO AURELIO, marito di Faustina [Bass]; LUCILLA, sua figliuola [Sopran]; LUCIO VERO, fratello adottivo di Marco Aurelio [Alt]; VETTILLO, patrizio romano [Tenor]; DOMIZIA, sorella di Lucio Vero in abito di pastore col nome di Silvio [Sopran]; TERTULIO, musico favorito di Faustina [Sopran]; CURZIA, nodrice di Faustina [Alt]; DELFO, servo di Marco Aurelio [Tenor]; TIRAMBO, pastore [Tenor]; LISAURA, sua moglie [Alt]; MERLINO MAGO [Tenor]; CINQUE MUSICI DI CORTE che formano uno scenico spettacolo; TERTULIO, figurato per ROMA fa il PROLOGO [Sopran]; SEMPRONIO fà da ENCELADO mascherato da ANTEVORTE [Tenor]; MANILIO rappresenta l’INVIDIA [Tenor]; LEPIDO recita da CUPIDO [Sopran]; FLAVIO fa la parte della CONCORDIA [Alt]; CORO DI Paggi, Cavalieri e Guardie con Antonino / con Marco Aurelio. Dame, Cavalieri e Paggi con Faustina, e nelle sue anticamere. Pastori e Ninfe con Lucilla. Dame, Cavalieri, Paggi, Guardie, e Popolo allo spettacolo. La Scena è in Roma. 1681, Februar Lisimen und Calliste. »Musicalisches Drama« in drei Akten von Franz Georg Ignaz von Leublfing; Musik von Veit Weinberger. Aufführung in München Libretto: D-Mbs 1685, [25. Februar?] Solone. »Drama per musica« in drei Akten von Ventura Terzago; Musik von Agostino Steffani. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: A-Wn; D-Mbs; F-Pn SOLONE, Legislator d’Atene; PISISTRATO, suo consanguineo; TALETE MILESIO, suo confidente amico; ANFICLE, Personaggio illustre di Salamina; ORIGENE, sua figluola; HIPARETA, sua schiava; CLEOMENE, Senator Ateniese; ASPASIA, nodrice d’Origene; EURIA, servo confidente di Pisistrato; Coro di: Esercitu Ateniese. Senatori con Cleomene. Paggi, servi, e guardi con Solone e con Pisistrato.
Aufführungen am Münchner Hof
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1685, Karneval Audacia e Rispetto. »Torneo« von Ventura Terzago; Musik von Agostino Steffani. Aufführung in München Libretto: D-Mbs 1686, [4. Januar?, Hochzeit Max Emanuels mit Maria Antonia von Österreich] Servio Tullio. »Drama per musica« in drei Akten von Ventura Terzago; Musik von Agostino Steffani. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: A-Wn, D-WINtj; Libretto: A-Wgn; B-Bc; I-Bc; I-Vgc; D-DI, D-Es; D-Mbs; D-Mth (ital.); D-Au; D-Mbs; GB-Lbl (dt.) GIOVE [Sopran]; GIUNONE [Sopran]; NETTUNO [Tenor]; VESTA [Alt]; APOLLO [Sopran]; VENERE [Sopran]; MARTE [Bass]; PALLADE [Sopran]; MERCURIO [Tenor]; DIANA [Alt]; VULCANO [Tenor]; TEMPO [Bass]; OMBRA DI TARQUINIO PRISCO [Tenor]; TANAQUIL, Regina di Toscana, Vedova di Tarquinio Prisco [Sopran]; SILVIA, supposta sua figluola, figliuola di Anco Marzio [Sopran]; SERVIO TULLIO [Sopran]; TULLIA, Sorella di Servio Tullio [Sopran]; TITO MARZIO, con finto nome di Valerio [Sopran]; GIUNIO MARZO, fratello di Tito, in abito di Donna e con finto nome di Drusilla, Dama di Tamaquil [Alt]; EGERIO, nipote di Tarquinio Prisco [Bass]; RUTILIO, Prencipe Latino amico confidente dei due fratelli Marzij [Bass]; LICINIO, Capitano delle regie guardie [Tenor]; ALBINA, nodrice di Silvia [Alt]; LINCO, servo di Egerio [Tenor]; Comparse di: Deità in Cielo; Imagini e Idee delle persone passate e future ne’ Campi Elisi; Dame, Cavalieri, Paggi e Guardie con Tanaquil; Dame e Paggi con Silvia e con Tullia; Cavalieri, Paggi e Valetti con Servio Tullio e con Egerio; Paggi e Valetti con Rutilio e con Valerio; Soldati e Valetti con Licinio; Fora di Popolo nel Circo Massimo. 1686, Januar [Hochzeit Max Emanuels mit Maria Antonia von Österreich] Erote ed Anterote. »Torneo« von Ventura Terzago; Musik von Ercole Bernabei Aufführung in München, Turnierhaus? Libretto: B-Bc; D-Mbs; I-Nv; GB-Lbm; US-NYp 1686, Januar [Hochzeit Max Emanuels mit Maria Antonia von Österreich] L’Ascanio. »Drama per musica« in drei Akten von Filippo Renato Sbarra; Musik von Giuseppe Antonio Bernabei. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: A-Wsn; Libretto: CS-Pu; I-Mb; D-MH-Reiss-Museum; D-Sl; US-Wc (ital.); D-Msb (dt.)
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SILVIA, Regina dei Rutuli [Sopran]; CELINDA, sua Cugina, alla quale in caso, che Silvia non havesse figli ricadono le ragioni del Regno [Sopran]; LICOMEDE, Ajo alla Regina [Bass]; ARGEA, Nodrice della medesima [Alt]; TAZIO, Rè de Volsci, Amante di Silvia [Bass]; CAMILLO, Rè de Equi, Amante di Silvia [Alt]; PALAMEDE, Principe delli Albani, Amante di Celinda [Sopran]; EUMENE, Principe dei Sanniti, Amante di Celinda [Tenor]; ASCANIO, Rè di Lavinio in habito mentito, sotto nome di Tindaro [Sopran]; BATILLO, suo servo [Tenor] 1687, 18. Januar [Geburtstag Kurfürstin Maria Antonias] Alarico il Baltha. »Drama per musica« in drei Akten von Luigi Orlandi; Musik von Agostino Steffani. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: A-Wn; D-SWI; D-WINtj; Libretto: D-Kn-Theaterwiss. Institut; D-Mbs; D-Rp; US-Wc ALARICO, Rè de Gothi [Sopran]; SEMIAMIRA, Regina di Tracia [Alt]; HONORIO, Imperadore di Roma [Sopran]; PLACIDIA, sorella Augusta [Sopran]; STILICONE, Capitano dell’Imperio [Tenor]; SABINA, Nobile Romana figlia di Pisone [Sopran]; PISONE, Patrizio Romano [Bass]; LIDORO, servo Confidente d’Honorio [Bass]; Comparse: Di Gothi con Alarico. Di Traci con Semiamira. Di Romani con Stilicone. Di Dame con Placidia. Di Paggi con Honorio, e Sabina. 1688, 4. Januar Niobe, regina di Thebe. »Drama per musica« in drei Akten von Luigi Orlandi; Musik von Agostino Steffani. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: A-Wn*; D-SWI; D-WINtj; Libretto: D-Mbs; US-Wc (ital.); D-Mbs; D-Rs (dt.) NIOBE, Regina di Tebe [Sopran]; ANFIONE, Re [Sopran]; MANTO, Donzella Tebana figlia di [Sopran]; TIRESIA, Indovino, e Sacerdote di Latona [Tenor]; CLEARTE, Principe Tebano [Alt]; CREONTE, figlio de Rè di Tessaglia [Alt]; POLIFERNO, Prencipe d’Attica Mago [Bass]; TIBERINO, figlio del Rè d’Alba [Tenor]; NEREA, Nutrice di Niobe [Sopran]; Comparse di: Di sei figli e sei figlie di Niobe. Di Dame, Paggi e Deità apparenti con Niobe. Di Cavalieri, Paggi e Popolo con Anfione. Di Pastorelle con Manto. Di Servi con Tiresia. Di nobili Tebani con Clearte. Di Guerrieri con Creonte e Poliferno. Di Cacciatori con Tiberino.
Aufführungen am Münchner Hof
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1688, 18. Januar [Geburtstag Kurfürstin Maria Antonias] La gloria festeggiante. »Introducimento Dramatico Musicale« von Luigi Orlandi; Musik von Giuseppe Antonio Bernabei. Aufführung in München, Turnierhaus? Libretto: CS-Pu; D-Msb; I-Mb; PL-LZu LA GLORIA; IL SOLE; AMORE; MARTE; L’ISTRO; IL TAGO; L’ISARA; IL VALORE; LA COSTANZA GUERRIERA; ASTREA; GENIJ DELLA GLORIA. Gran Nuvolosa, all’aprirsi della quale comparisce una Celeste con Terrestre al di sotto. 1688, 26. Februar Diana amante. »Componimento drammatico« in drei Akten von Luigi Orlandi; Musik von Giuseppe Antonio Bernabei, Ballettmusik von Melchior Dardespin. Aufführung in München Partitur: A-Wn ORIONE [Alt]; LEUCILLA [Sopran]; ENCLIMIONE [Sopran]; DIANA [Sopran] 1688, 11. Juli [Geburtstag Kurfürst Max Emanuels] Gli dei festeggianti. »Introduzione a 3 Balli« in drei Akten, Textdichter unbekannt, Musik von Giuseppe Antonio Bernabei. Aufführung in München Partitur: A-Wn GIOVE [Sopran]; AURORA [Sopran]; PALLADE [Sopran]; TITONE [Sopran], EOLO [Sopran]; VALORE [Sopran]; TRIONFO [Sopran]; IMMORTALITÀ [Sopran]; FATO [Alt]; ECATE [Alt]; CLORI [Alt]; ZEFFIRO [Alt] 1688, 21. November [Hochzeit Violante Beatrix’ von Bayern mit Großherzog Ferdinand von Toskana] Venere pronuba. »Serenata« von Luigi Orlandi; Musik von Giuseppe Antonio Bernabei. Aufführung in München Partitur: A-Wn VENERE [Sopran]; SONNO [Bass]; AMANTE GELOSO [Sopran]; AMANTE TIMIDO [Alt]; AMANTE LONTANO [Sopran]; AMANTE NON CORRISPOSTO [Tenor] 1688, 22. November [Hochzeit Violante Beatrix’ von Bayern mit Großherzog Ferdinand von Toskana] Il Trionfo d’Imeneo. »Drama per musica« in fünf Akten von Luigi Orlandi;
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Musik von Giuseppe Antonio Bernabei. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: A-Wn LUCE [Sopran]; ALBA [Alt]; AURORA [Sopran]; IMENEO [Sopran]; IL SOLE [Sopran]; VERTUNNO [Tenor]; FAMA [Sopran]; TEMPO [Alt]; VERITÀ [Alt]; GLORIA [Sopran]; NOTTE [Alt]; ISARO [Tenor]; ARNO [Tenor]; NETTUNO [Alt]; CIBELLE [Sopran]; FLORA [Sopran]; EGLE [Alt]; FELICITÀ [Sopran] 1688, 23. November [Hochzeit Violante Beatrix’ von Bayern mit Großherzog Ferdinand von Toskana] Torneo. »Opus dramaticum unicus actus«, Textdichter unbekannt; Musik wahrscheinlich von Vincenzo Bernabei. Aufführung in München Partitur: A-Wn GENIO [Sopran]; LA DISCORDIA [Sopran]; TESEO [Sopran]; ERCOLE [Alt]; GIASONE [Alt]; ATLANTE [Bass] 1689, Herbst? Fetonte. [Kantate]. Textdichter unbekannt; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München Partitur: D-Mbs AURORA [Sopran]; LUCINA [Sopran]; FETONTE [Alt]; ALCIPPE [Alt]; [Bass] 1690, 5. Februar [Besuch Kaiser Leopolds I.] L’Eraclio. »Drama per musica« in drei Akten. Textdichter unbekannt; Musik wahrscheinlich von Clementin von Hadersberg. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: A-Wn [nur Ballettmusik von Melchior Dardespin]; Libretto: A-Wn; D-DI; D-DO; D-Es; D-Mbs; D-Mth; D-Rs FOCA; ERACLIO; MARZIANO; PULCHERIA; LEONTINA; EUDOSSA; CRÍSPO; SUPERIO 1690, 6. Februar [Besuch Kaiser Leopolds I.] Gli Oracoli di Pallade e di Nemesi. »Introduzione a’ Torniamenti«. Textdichter unbekannt; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München, Turnierhaus? Partitur: D-Mbs; Libretto: A-Wn; D-DO; D-Mbs; D-Rs; I-Mb
Aufführungen am Münchner Hof
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NEMESIS [Sopran]; PALLADE [Alt]; OCEANO [Bass]; SERAPI [Tenor]; VALORE [Sopran]; ARDIRE [Alt] 1690, 6. Februar [Besuch Kaiser Leopolds I.] Il Segreto d’amore in petto del savio. »Drama per musica« in drei Akten von Luigi Orlandi; Musik von Giuseppe Antonio Bernabei. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: A-Wn; Libretto: A-Wn; D-DI; D-DO; D-Es; D-HEu; D-Mbs; D-Rs PERIANDRO, Savio della Grecia, e Rè di Corinto [Sopran]; MELISSA [Sopran]; LEUCIPPO [Sopran]; ALVINDA, Donzelle nobili di Corinto [Sopran]; EUGERIO, Fratello di Leucippe, & Amante prima di Melissa, poi di Alvinda [Alt]; SOLINDO, Fratello di Melissa, & Amante prima di Alvinda, poi di Leucippe [Alt]; TERSACE, Prefetto dell’Armi di Periandro [Tenor]; CORASPE, Padre di Solindo, e di Melissa [Tenor]; Comparse: Di dieci Cavalieri della Guardia Regia; Di dodeci Donzelle. Il Luogo è la Città di Corinto. 1691, 18. Januar? [Geburtstag Kurfürstin Maria Antonias] La Fiera. »Trattenimento musicale« in deutscher Sprache von Luigi Orlandi; Musik von Giuseppe Antonio Bernabei. Aufführung in München Partitur: A-Wn [Sopran]; [Alt] 1691, Juni I Pregi de la Primavera. »Serenata« von Luigi Orlandi; Musik von Pietro Torri. Aufführung in der Burg Leuchtenberg in der Oberpfalz Partitur: A-Wn; Libretto: D-Msb [Sopran]; [Sopran]; [Sopran]; [Sopran]; [Alt]; [Alt], [Tenor]; [Bass] 1691, Juli Gli Amori di Titone e d’Aurora. [Kantate]. Textdichter unbekannt; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München Partitur: A-Wn [Sopran]; [Sopran]; [Alt]; [Alt]; [Tenor] 1692, November? [Geburt Kurprinz Joseph Ferdinands] Il Vaticinio di Apollo e Diana. [Kantate]. Textdichter unbekannt; Musik von Giuseppe Antonio Bernabei. Aufführung in München
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Partitur: A-Wn Apollo [Sopran]; Diana [Sopran] 1715, 901 August La reggia dell’armonia. [Prolog]. Textdichter unbekannt; Musik von Pietro Torri. Eventuell Aufführung in München Partitur: D-Mbs 1715 Il Tigrane. »Drama per musica« in drei Akten von Domenico Lalli; Musik von Alessandro Scarlatti für Neapel 1715. Aufführung in München, Salvatortheater 1715, 11. Oktober Gli dei festeggianti. »Componimento drammatico« in drei Akten. Textdichter und Komponist unbekannt, Aufführung in München, Turnierhaus? Libretto: D-Mbs DIANA; APOLLO; PALLADE; [Chor] La Scena rappresenta una piaggia deliziosa al fiume Iser, che scorre vicino alla città di Monaco. 1715 oder 1716 Introduzione a balli. Textdichter und Komponist unbekannt, Aufführung in München Partitur: D-Mbs 1716, 12. Oktober [Namenstag Kurfürst Max Emanuels] Astianatte. »Drama per musica« in drei Akten von Antonio Salvi, erstmals vertont von Giacomo Antonio Perti, Florenz 1701; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: D-Mbs; Libretto: D-DI; D-Mbs; US-Wc ANDROMACA [Sopran]; PILADE [Sopran]; ERMIONE [Alt]; ORESTE [Alt]; PIRRO [Tenor]; CREONTE [Bass]
901 Für 1715 sind in der älteren Literatur gelegentlich Hinweise auf eine Aufführung von L’innocenza difesa dei Numi overo Ismene zu finden. Eine Aufführung in München ist jedoch nicht sicher belegt; das Stück wurde 1713 in Valenciennes gespielt. Vgl. Zuber, im Druck.
Aufführungen am Münchner Hof
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1717, Winter Astianatte [zweite, bearbeitete Fassung, in der Literatur auch unter dem Titel Andromaca]. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: D-Mbs; Libretto: D-KN-Theaterwiss.; D-Mbs ANDROMACA [Sopran]; PILADE [Sopran]; ERMIONE [Alt]; ORESTE [Alt]; PIRRO [Tenor]; CREONTE [Bass] 1718 Torneo. Textdichter und Komponist unbekannt, Aufführung in München Partitur: D-Mbs FLORA [Sopran]; IL NARCISO [Alt]; IL GIACINTO [Tenor]; IL VALORE [Bass] 1719, 16. Februar [Hochzeit Prinz Ferdinand Marias mit Maria Karolina von Pfalz-Neuburg] Epitalamio. [Kantate]. Textdichter unbekannt, Musik von Pietro Torri. Aufführung in München, Schwarzer Saal? [Sopran]; [Alt]; [Tenor] 1719, 12. Oktober [Namenstag Kurfürst Max Emanuels] Merope. »Drama per musica« in drei Akten von Apostolo Zeno, erstmals vertont von Francesco Gasparini, Venedig 1711; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: D-Mbs; Libretto: D-Mbs; I-T-Fanan POLIFONTE: Filippo Balatri [Sopran]; MEROPE: Elena Croci Viviani [Alt]; EPITIDE: Bartolomeo Bartoli [Sopran]; ARGIA: Elisabetta Casolani [Sopran]; LICISCO: [Abate] Faustino Botelli [Alt]; ANASSANDRO: Francesco Cignoni [Tenor]; TRASIMEDE: Francesco Venturini [Bass] 1720, 11. Juli Eumene. »Drama per musica« in drei Akten von Apostolo Zeno, erstmals vertont von Marc Antoni Ziani für Venedig 1697; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: D-Mbs; Libretto: D-Mbs; D-HEu; US-Wc EUMENE: Filippo Balatri [Sopran]; CLEARCO: Francesco Cignoni [Tenor]; LISAURA: Bartolomeo Bartoli [Sopran]; BERENICE: Elena Croce Viviani [Alt]; CREONTE: Francesco Venturini [Bass]; GUSMANO: Vincenzo Corradi [Alt]
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1720, 12. Oktober [Namenstag Kurfürst Max Emanuels] Lucio Vero. »Drama per musica« in drei Akten von Apostolo Zeno, erstmals vertont von Carlo Francesco Pollarolo, Venedig 1700; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: D-Mbs; Libretto: D-Mbs; I-Bc; US-Wc LUCIO VERO, Imperatore, Sposo di Lucilla, Amante di Berenice: Antonio Bernacchi [Alt]; LUCILLA, Figlia di Marco Aurelio Imperatore, Sposa di Lucio Vero: Margarita Albinoni [Sopran]; VOLOGESO, Re de Parti, Sposo di Berenice: Bartolomeo Bartoli [Sopran]; BERENICE, Regina d’Armenia, Sposa di Vologeso: Diana Vico [Alt]; FLAVIO, Ambasciatore di Marco Aurelio, Aio di Lucilla: Francesco Cignoni [Tenor]; ANICETO, Confidente di Lucio Vero, Amante di Lucilla: [Abbate] Faustino Boteli [Alt]; NISO, Liberto di Lucio Vero: Andreas Eckart [Bass]. La Scena è in Efeso. 1721, 11. Juli [Geburtstag Kurfürst Max Emanuels] Per l’anniversario della nascita di S.A.S.E. Massimiliano Emanuele. [Kantate]. Textdichter unbekannt; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München Partitur: D-Mbs OLENIO [Sopran]; LISAURA [Sopran] 1721, 6. August [Geburtstag Kurprinz Karl Albrechts] Gli dei festeggianti. [Kantate]. Textdichter unbekannt; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München Partitur: D-Mbs DIANA [Sopran]; MARS [Alt]; L’EROICO VALORE [Sopran]; APOLLO [Sopran]; L’ARDIRE CONSIGLIATO [Tenor] 1721, 12. Oktober [Namenstag Kurfürst Max Emanuels] L’amor d’amico vince ogni altro amore. »Drama per musica« in drei Akten, nach Pirro e Demetrio von Adriano Morselli, erstmals vertont von Giuseppe Felice Tosi, Venedig 1690; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: D-Mbs; Libretto: D-KN, Theaterwiss.; D-Mbs; I-Mb; B-Bc PIRRO, Re d‘Epiro: Antonio Bernacchi [Alt]; DEMETRIO, Re di Macedonia: Filippo Balatri [Sopran]; DEIDAMIA, Sorella di Pirro: Margarita Durastante [Sopran]; CLIMENE, Figlia del Re Lisimaco nemico di Demetrio: Maria Caterina Gianettini [Sopran]; CLEARTE, Principe straniero, amante di Deidamia: Francesco Cignoni [Tenor]; ARBANTE, Cavalier privato favorito di
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Pirro: Andreas Eckart [Bass]; MARIO, suo figlio: Bartolomeo Bartoli [Sopran]; BRENO, Servo di Deidamia: Ferrante Balatri [Tenor] 1722, August Dafni. »Drama pastorale«. Textdichter und Komponist unbekannt. Aufführung in Schloss Dachau [weitere Aufführungen dort am am 23. Oktober sowie am 30. Oktober im Schloss Nymphenburg] Libretto: D-Msb DAFNI: Luca Antonio Mengoni [?]; GALATEA: Lucia Grimani [Sopran]; NERINA: Elisabetta Casolani [Sopran]; TIRSI: Agostino Galli [Sopran]; FILENO: Andreas Eckart [Bass]; SELUAGGIA: Rosa Ungharelli [Sopran]; DAMETTA: Antonio Maria Ristorini [Bass]. La Scena è in Arcadia. 1722, 18. Oktober [Hochzeit Kurprinz Karl Albrechts mit Maria Amalia von Österreich] Adelaide. »Drama per musica« in drei Akten von Antonio Salvi; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: D-Mbs; Libretto: D-Dl; D-Mbs ADELAIDE, Vedova di Lotario Regina d’Italia: Aurelia Marcello [Sopran]; BERENGARO, già Duca di Spoleti, or Re d’Italia: Francesco Costanzi [Tenor]; MATILDE, sua Consorte: Giovanna Albertini detta la Regiana [Alt]; ADELBERTO, lor Figlio: Bartolomeo Bartoli [Sopran]; OTTONE, Re di Germania: Antonio Bernacchi [Alt]; CLAUDIO, Capitano di Berengario: Agostino Galli [Sopran]; ATTO, Marchese di Toscana e Zio d’Adelaide: Andreas Eckart [Bass]; CORRADO, suo Capitano: Giovanni Battista Palmerini [Bass; Partitur: Alt]; GIOVE: Agostino Galli [Sopran]; PALLADE: Elisabetta Casolani [Sopran]; NETTUNO: Giovanni Battista Palmerini [Bass] 1722, 21. Oktober [Hochzeit Kurprinz Karl Albrechts mit Maria Amalia von Österreich] I veri amici. »Drama per musica« in drei Akten von Francesco Silvani und Domenico Lalli, erstmals vertont von Andrea Paulati, Venedig 1713; Musik von Tommaso Albinoni. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: D-B; D-Dl; D-Mbs; D-MH-Reiss-Museum; I-Bc; US-Wc AMASI, Tiranno d’Egitto: Francesco Cignoni [Tenor]; LAGIDE, suo figlio creduto Evergete: Giovanni Battista Minelli [Alt]; CANDACE, Vedova del Morto Aprio e Madre di Evergete creduto Lagide: Rosaura Mazzanti [Sopran]; EVERGETE, creduto Lagide: Filippo Balatri [Sopran]; NICETA, amante
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di Lagide Figlio del Tiranno: Maria Caterina Gianettini [Sopran]; TILAME, Primo Ministro d’Amasi ma fedele al Sangue d’Aprio: Lucia Grimani [Sopran]. La Scena è l‘antica Mensi oggi il gran Cairo. 1722, 21. Oktober [Hochzeit Kurprinz Karl Albrechts mit Maria Amalia von Österreich] Vespetta e Pimpinone. »Intermezzo« von Pietro Pariati; Musik von Tommaso Albinoni für Venedig 1708. Aufführung in München [zwischen den Akten von I veri amici] VESPETTA: Rosa Ungharelli [Sopran]; PIMPIONE: Antonio Maria Ristorini [Bass] 1722, 22. Oktober [Hochzeit Kurprinz Karl Albrechts mit Maria Amalia von Österreich] La publica felicità. »Componimento poetico per musica« von Pietro Pariati; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München Partitur: D-Mbs; Libretto: D-Mbs LA PUBLICA FELICITA: Bartolomeo Bartoli [Sopran]; IMENEO: Antonio Bernacchi [Alt]; LA GLORIA: Elisabetta Casolani [Sopran]; L’ONORE: Filippo Balatri [Sopran]; IL MERITO: Francesco Cignoni [Tenor]; LA FAMA: Maria Caterina Gianettini [Sopran] 1722, 25. Oktober [Hochzeit Kurprinz Karl Albrechts mit Maria Amalia von Österreich] Il trionfo d’amore. »Componimento poetico« von Pietro Pariati; Musik von Tommaso Albinoni. Aufführung in München Libretto: D-Mbs AMORE: Bartolomeo Bartoli [Sopran]; MARTE, Deità della Squadra Romana: Antonio Bernacchi [Alt]; VENERE: Elisabetta Casolani [Sopran]; PALLADE, Deità della Squadra Greca: Maria Caterina Gianettini [Sopran]; NETTUNO: Andreas Eckart [Bass] 1722, 27. Oktober [Hochzeit Kurprinz Karl Albrechts mit Maria Amalia von Österreich] Serpilla e Bacocco. »Intermezzo« von Antonio Salvi, Musik von Giuseppe Orlandini für Verona 1715. Aufführung in München, Salvatortheater (zwischen den Akten von I veri amici) Rosa Ungharelli [Sopran]; Antonio Maria Ristorini [Bass]
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1722, 29. Oktober [Hochzeit Kurprinz Karl Albrechts mit Maria Amalia von Österreich] Gli applausi delle muse. »Serenata per musica«. Textdichter und Komponist unbekannt. Aufführung in Schloss Nymphenburg Libretto: D-Mbs APOLLO: Bartolomeo Bartoli [Sopran]; CALLIOPE: Elisabetta Casolani [Sopran]; URANIA: Maria Caterina Gianettini [Sopran]; ERATO: Antonio Bernacchi [Alt]; CORO delle Muse, e Coro delle Grazie e de gli Amori 1723, 24. Januar Merope [Wiederaufnahme der Oper von Zeno/Torri aus dem Jahre 1719]. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: D-Mbs POLIFONTE: Francesco Cignoni [Tenor]; MEROPE: Elisabetta Casolani [Sopran]; EPITIDE: Agostino Galli [Sopran]; ARGIA: Maria Caterina Gianettini [Sopran]; LICISCO: [Abate] Faustino Botelli [Alt]; ANASSANDRO: Francesco Costanzi [Tenor]; TRASIMEDE: Andreas Eckart [Bass] 1723 Lucio Vero [Wiederaufnahme der Oper von Zeno/Torri aus dem Jahre 1720]. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: D-Mbs LUCIO VERO: Francesco Cignoni [Tenor]; LUCILLA: Maria Caterina Gianettini [Sopran]; VOLOGESO: Agostino Galli [Sopran]; BERENICE: Elisabetta Casolani [Sopran]; FLAVIO: Francesco Costanzi [Tenor]; ANICETO: Vincenzo Corradi [Alt]; NISO: Andreas Eckart [Bass] 1723, 12. Oktober [Namenstag Kurfürst Max Emanuels] Griselda. »Drama per musica« in drei Akten von Apostolo Zeno, erstmals vertont von Antonio Pollarolo, Venedig 1701; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: D-Mbs; Libretto: D-Mbs GUALTIERO, Rè di Sicilia: Antonio Bernacchi [Alt]; GRISELDA, Regina, sua moglie: Faustina Bordoni [Sopran]; COSTANZA, Principessa, loro Figlia: Elisabetta Casolani [Sopran]; OTTONE, Grande del regno: Filippo Balatri [Sopran]; CORRADO, Principe di Puglia: Francesco Cignoni [Tenor]; ROBERTO, Fratello minore di Corrado: Bartolomeo Bartoli [Sopran]; EVERARDO, altro Figlio di Griselda, e di Gualtiero, fanciullo
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1724, Karneval Tito Manlio. »Drama per musica« in drei Akten von Matteo Noris, erstmals vertont von Carlo Francesco Pollarolo, Florenz 1696; Komponist unbekannt. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: D-Mbs; I-Mb Personaggi romani: TITO MANLIO: Francesco Costanzi [Tenor]; VITELLIA, Amante di Geminio e Figlia di Tito: Maria Caterina Gianettini [Sopran]; MANLIO, Amante di Servilia, e figlio di Tito: Filippo Balatri [Sopran]; DECIO, Capitano delle Falangi; Personaggi latini: SERVILLIA, Sorella di Geminio, destinata sposa a Manlio: Elisabetta Casolani [Sopran]; LUCIO, Amante di Vitellia: Giovanni Battista Minelli [Alt]; GEMINIO, Capitano de Latini: Andreas Eckart [Bass] 1724, Oktober [Geburt Prinzessin Maria Antonia Walpurgis’] Amadis di Grecia. »Dramma per musica« in drei Akten von Perozzo di Perozzi nach Amadis de Grèce von Antoine Houdar de Lamotte, vertont von André Cardinal Destouches, Paris 1699; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: D-Mbs; Libretto: D-B (ital.); I-Vnm (ital.); D-Mbs (dt.) AMADIS di Grecia, amante di Nicea: Antonio Bernacchi [Alt]; MELISSA, Regina di Sparta, Maga, Amante di Asprando e poi d’Amadis da cui non viene corrisposta: Faustina Bordoni [Sopran]; ASPRANDO, Rè di Tebe, Amante di Melissa, ma poi non corisposto: Bartolomeo Bartoli [Sopran]; NICEA, Sorella d’Asprando, amante d’Amadis: Catterina Gianettini [Sopran]; ARSACE, Principe di Tracia, amico d’Amadis e poi suo Rivale: Francesco Cignoni [Tenor]; OMIRO, Capitano di Melissa e di lei amante Secreto: N.N. [Alt]; ISMEDORO, Principe Tebano, Mago, Parente d’Asprando, Amico d’Amadis, e nemico di Melissa: Andreas Eckart [Bass]. La Scena si finge nei Contorni di Tebe. 1724, 12. Oktober [Namenstag Kurfürst Max Emanuels] Damiro e Pitia. »Dramma per musica« in drei Akten von Domenico Lalli; Musik von Nicola Porpora. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: D-B; D-KN-Theaterwiss.; I-Mb DIONISO, Tiranno di Siracusa: Francesco Costanzi [Tenor]; DORIDE, Figlia di Dionisio, amante amata da Pitia: Elisabetta Casolani [Sopran]; ALDRETTA, sua sorella minore, amante amata di Damiro: Anna Ambrevilla; DAMIRO, Signore di Tessaglia, amico Fedelissimo di Pitia: Carlo Scalzi [?]; PITIA, Signore di Tessaglia, amico Fedelissimo di Damiro: Filippo Balatri [Sopran]; MAR-
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SIA, Favorito del Tiranno amante non corrisposto di Doride: Agostino Galli [Sopran]. La Scena è il Palazzo Reale di Siracusa sopra il Porto, e Lido di Mare; et un scoglio vicino. 1725, 14. Januar [Karneval] Porsena. »Drama per musica« in drei Akten von Agostino Piovene; Musik von Antonio Lotti für Venedig 1713. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: D-Mbs (ital.), D-Mbs (dt.) PORSENA: Filippo Balatri [Sopran]; CAMILLA: Caterina Gianettini [Sopran]; VALERIO: Francesco Cignoni [Tenor]; CLELIA: Elisabetta Casolani [Sopran]; MUZIO SCEVOLA: Bartolomeo Bartoli [Sopran]; ORAZIO: Agostino Galli [Sopran]; SACERDOTE: Andreas Eckart [Bass] 1725, 12. Oktober [Namenstag Kurfürst Max Emanuels] Venceslao. »Drama per musica« in drei Akten von Apostolo Zeno, erstmals vertont von Carlo Francesco Pollarolo, Venedig 1703; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: D-Mbs; D-Rs; Partitur: D-Mbs VENCESLAO, Rè di Polonia: Giovanni Paita [Tenor]; CASIMIRO, suo figlio: Antonio Bernacchi [Alt]; ALESSANDRO, altro figlio di Venceslao: N.N. [Bass]; LUCINDA, Regina di Lituania: Catterina Giannettini [Sopran]; ERENICE, Principessa Polacca discendente dagl’antichi Rè di Polonia: Elisabetta Casolani [Sopran]; ERNANDO, Generale, e favorito di Venceslao: Bartolomeo Bartoli [Sopran]; GISMONDO, Capitano delle Guardie, Confidente di Casimiro: Agostino Galli [Sopran]; LA PACE: Vincenzo Corradi [Alt]; LA DISCORDIA: Andreas Eckart [Bass]. La Scena è in Graconia Capitale della Polonia. 1726, Karneval Il Lamano. »Drama per musica« in drei Akten von Domenico Lalli, erstmals vertont von Michelangelo Gasparrini, Venedig 1719; Musik von Girolamo Donnini. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: D-Mbs OTERO, Tiranno di Siria, Amante d’Altile: Francesco Cignoni [Tenor]; ALTILE, Sorella di Lamano, creduto Setino Principe di Lidia, prigioniera: Elisabetta Casolani [Sopran]; TAMIRA, Sorella di Otero, amata amante di Lamano creduto Setino: Maria Catterina Giannettini [Sopran]; LAMANO, Fratello di Altile, creduto Setino Figlio d’Astano: Bartolomeo Bartoli [Sopran]; SETINO,
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creduto Lamano, Principe di Siria, ma vero Figlio d’Astano, prigioniero: Agostino Galli [Sopran]; ASTANO, Ministro del morto Rè di Siria, Padre di Setino creduto Lamano, e confidente d’Otero: Andreas Eckart [Bass]. La Scena è in Damasco Capitale della Siria. 1726 [Regierungsantritt Kurfürst Karl Albrechts] La Baviera. »Serenata«. Textdichter unbekannt; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München Partitur: D-Mbs BAVIERA [Sopran]; FAMA [Sopran]; ISER [Alt] 1726 [Regierungsantritt Kurfürst Karl Albrechts] Egloga Pastorale. »Serenata in musica«. Textdichter unbekannt; Musik wahrscheinlich von Giuseppe Antonio Bernabei. Aufführung in München Partitur: D-Mbs MIRTILLO: Antonio Bernacchi [Alt]; ELPINO: Bartolomeo Bartoli [Sopran]; LICISCO: Agostino Galli [Sopran]; NICANDRO: Francesco Cignoni [Tenor]; ALCINDO: Francesco Costanzi [Tenor]; TIRSI: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor] 1727, 11. Mai [Geburt Kurprinz Max Josephs] Epaminonda. »Drama per musica« in drei Akten von Domenico Lalli; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: D-Mbs; Partitur: D-Mbs EPAMINONDA, capitano de Tebani: Francesco Cignoni [Tenor]; ARISTENO, suo figlio: Antonio Bernacchi [Alt]; MIRENA, sposa di Aristeno: Elisabetta Casolani [Sopran]; ARGEA, sorella di Aristeno, figlia d’Epaminonda: Maria Caterina Gianettini [Sopran]; LISANDRO, capitano de Spartani, promesso sposo di Argea: N.N. [Sopran]; PELOPIDA, altro capitano de Tebani, padre di Mirene & amico caro d’Epaminonda: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]; GENIO DELLA BAVIERA: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor, Partitur: Sopran]; AMOR DE VASSALLI: Andreas Eckart [Bass, Partitur: Alt]; LA FAMA: Vincenzo Corradi [Alt]. L’Azzione si finge nel Palazzo Senatorio di Tebe, e dinanti alla sua piazza, & fuori le mura della medesima. 1727, 22. Oktober [Geburtstag Kurfürstin Maria Amalias] Gordio. »Drama per musica« in drei Akten von Perozzo di Perozzi; Musik von Giovanni Ferrandini. Aufführung in München, Salvatortheater
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Libretto: D-Mbs (ital.), D-Mbs (dt.) GORDIO, Bifolco, poi Rè di Frigia: Francesco Cignoni [Tenor]; MIRANE, Pastorella, sua moglie: Elisabetta Casolani [Sopran]; ORSANE, Principe di Frigia: Agostino Galli [Sopran]; SIBARI, Diffensore del Regno: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]; GEMIRA, sua figlia: Maria Caterina Gianettini [Sopran]; FANETE, Capo del Regio consiglio: Andreas Eckart [Bass]. La Scena si finge in Cutaja Capitale della Frigia e ne suoi contorni. 1728, Oktober [Besuch Kurfürst Franz Ludwigs von Trier] Nicomede. »Drama per musica« in drei Akten von Domenico Lalli; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: D-Mbs; Libretto: D-Mbs; I-Mb PRUSSIA, Rè di Bitinia: Francesco Cignoni [Tenor]; ARSINOE, sua moglie, inimicia di Nicomede suo figliastro: Elisabetta Casolani [Sopran]; LAODICE, Regina d’Armenia, amante di Nicomede e sua promessa sposa: Maria Caterina Gianettini [Sopran]; NICOMEDE, Primogenito di Prussia, Figluolo del primo letto: Carlo Broschi detto il Farinello [Sopran]; ATTALO, Figlio di Prussia, e d’Arsinoe del secondo letto: Agostino Galli [Sopran]; CLEONZIO, Confidente d’Arsinoe, ed Amico di Nicomede in apparenza: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]. Si finge nella Bitinia, paese dell’Asia che si distende dal Fiume Hoilys, fino al Mare di Costantinopoli, e propriamente nella Città di Nicomedia sua Capitale. 1729, 10. Juli [Namenstag Kurfürstin Maria Amalias] Il Sacrificio invalido. »Dramma per musica« in drei Akten von Perozzo di Perozzi; Musik von Giovanni Ferrandini. Aufführung in Schloss Nymphenburg Libretto: D-Mbs ADIROBANE, del Real Sangue d’Epito Pretendente alla Corona: Francesco Cignoni [Tenor]; AMFIA, sua moglie: Elisabetta Casolani [Sopran]; MEROPE, loro figlia promessa Sposa di Polimero: Maria Caterina Gianettini [Sopran]; POLIMERO, Cavaliere Messeno promesso Sposo di Merope: Agostino Galli [Sopran]; LICISCO, del Real Sangue d’Epito: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]; TISI, Indovino, e Ministro del Regno: Andreas Eckart [Bass]; ARENA, creduta figlia di Licisco, che non si vede; CREONE, e Dami Pretendenti nel Regno, che non si vedono; CASTORE, e POLLUCE in Machina corteggiati da Deità Celestin nel fine 1729, 6. August [Geburtstag Kurfürst Karl Albrechts] Colloquio pastorale. »Serenata in Musica« in einem Akt. Textdichter unbe-
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kannt; Musik von Giovanni Ferrandini. Aufführung in Schloss Nymphenburg Partitur: D-Dl; Libretto: D-Mbs DAMONE: Francesco Cignoni [Tenor]; ASPASIA: Elisabetta Casolani [Sopran]; TIRSI: Agostino Galli [Sopran]; GALATEA: Maria Caterina Gianettini [Sopran]; AMINTA: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]; CLEONTE, Passagiero: Bartolomeo Strapparapa [Alt]. La Scena è nel Contorno di Ninfeborgo. 1729, 22. Oktober [Geburtstag Kurfürstin Maria Amalias] Edippo. »Drama per musica« in drei Akten von Domenico Lalli; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: D-Mbs [unvollständig]; Libretto: D-Mbs; I-Mb GIOCASTA, Regina di Tebe, vedova di Laio, Madre di Edippo, e poi sua Sposa senza avvedersene: Faustina Bordoni [Sopran]; EDIPPO, Rè di Tebe suo figlio e poi suo Sposo senza potersene accorgere: Carlo Broschi detto il Farinello [Sopran]; ISMENE, Nipote del morte Rè Laio, amata amante, e promessa Sposa di Filoteto, erede del Regno di Tebe, col supposto che quello morte fosse senza successori: Elisabetta Casolani [Sopran]; FILOTETTO, Principe greco, amato amante in prima di Giocasta, e poi per essersi quella sposata à Laio, amante e promesso Sposo d’Ismene: Agostino Galli [Sopran]; MENECEO, sommo Ministo del Tempio di Giove: Francesco Cignoni [Tenor]; SORETE, vecchio confidente del morto Rè Laio, il medesimo, ch’ebbe l’ordine di esponere Edippo alle Fiere e l’istesso che si ritrovò nella sua morte: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]; CORIFO, Capo de Pastori di Corinto, l’istesso che prese Edippo dall’albore dov’era sospeso nel monte Citero, e che lo presentò al Rè Polibo suo Signore: Bartolomeo Strapparapa [Alt]. La Scena è il Real Palagio di Tebe, e nella contigua sua Piazza dov’era il Tempio di Giove. 1730, 5. Februar [Karneval] Berenice. »Drama per musica« in drei Akten von Leopoldo De Villati; Musik von Giovanni Ferrandini. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: I-Moe; Libretto: D-Mbs TITO, Imperadore di Roma, amante di Berenice: Francesco Cignoni [Tenor]; BERENICE, Regina di Palestina, amante di Tito: Elisabetta Casolani [Sopran]; ANTIOCO, Principe Reale di Assiria, amante di Berenice: Agostino Galli [Sopran]; DOMIZIANO, fratello di Tito, amante di Emilia: Bartolomeo Strapparapa [Alt]; EMILIA, figluola di Corbulone, Patrizio Romano: Angela Gavoni [Sopran]; RUTILIO, Senatore Romano, confidente di Tito: Andreas Eckart [Bass]; ARSACE, Cavaliere di Antioco, e confidente ancora di Domiziano:
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Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]. L’azione si rappresenta in Roma, e principalmente nel Palazzo Imperiale. 1731, 22. Oktober [Geburtstag Kurfürstin Maria Amalias] L’Ippolito. »Tragedia per musica« in drei Akten von Domenico Lalli; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: D-Ful; D-KN-Theaterwiss.; D-Mbs; D-MH-Reiss-Museum TESEO, Figlio di Egeo, Decimo Rè d’Atene: Francesco Cignoni [Tenor]; FEDRA, sua moglie, Figlia di Minosse Rè di Creta, amante occulta d’Ippolito suo l’igliastro: Teresa Dencia [Sopran]; IPPOLITO, Figlio di Teseo, e di Antiope, Regina delle Amazzoni; giovane non chiamato per gli amori, e inclinatissimo per le caccie; ma al fine amante di Aricia: Giovanni Carestini [Sopran]; ARICIA, Principessa del sangue Reale di Atene, Figlia de nemici di Teleo, e sua prigioniera, amante amata d’Ippolito: Rosa Schwartzmannin detta la Bavarese [Sopran]; TERRAMENE, Confidente, e Governatore d’Ippolito: Agostino Galli [Sopran]; PALLANTE, Capitano delle Guardie di Teseo, e suo fedele: Bartolomeo Strapparapa [Alt]; EGISTO, confidente fedelissimo di Fedra, ch’esporrebbe la propria vita per vederla contenta, e da ella amato per l’esperienza della sua fedeltà: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]. La Scena è Trezene, ò Apollonia, dove naque Teseo, Città di Argia, o Argolis; situata su la riva del Mare, in una delle sei Provincie del Peleponneso; oggi Morea, e propriamente nel Palazzo Reale, e sue contigue Campagne. 1731 Venceslao [Wiederaufnahme der Oper von Zeno/Torri aus dem Jahre 1725]. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: D-Mbs VENCESLAO, Rè di Polonia: Francesco Cignoni [Tenor]; CASIMIRO, suo figlio: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]; ALESSANDRO, altro figlio di Venceslao: Vincenzo Corradi [Alt]; LUCINDA, Regina di Lituania: Bartolomeo Strapparapa [Alt]; ERENICE, Principessa Polacca discendente dagl’antichi Rè di Polonia: Elisabetta Casolani [Sopran]; ERNANDO, Generale, e favorito di Venceslao: Agostino Galli [Sopran]; GISMONDO, Capitano delle Guardie, Confidente di Casimiro: Andreas Eckart [Bass]. La Scena è in Cracovia, Capitale della Polonia. 1732, Karneval Scipione nelle Spagne. »Drama per musica« in drei Akten von Apostolo Zeno,
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erstmals vertont von unbekanntem Komponisten, Barcelona 1710; Musik von Giovanni Ferrandini. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: A-Wgm; Libretto: I-Mb P. CORNELIO SCIPIONE, Proconsolo de’ Romani nelle Spagne, amante di Sofonisba: Francesco Cignoni [Tenor]; SOFONISBA, figluola di Magone, Capitano Cartaginese, prigioniera di Scipione, e promessa sposa a Lucejo: Rosa Schwartzmann detta la Bavarese [Sopran]; ELVIRA, sorella di Cardenio, prigioniera di Marzio, e amante di Lucejo: Teresa Dencia [Sopran]; LUCEJO, Principe de’ Celtiberi, amante di Sofonisba: Bartolomeo Strapparapa [Alt]; L. MARZIO, Tribuno Romano, amante di Elvira: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]; Q. TREBELLIO, altro Tribuno Romano, amico di Cardenio: Andreas Eckart [Bass]. La Scena é nella nuova Cartagine. 1733 [Besuch von Kurfürst Klemens August von Köln] Ciro. »Drama per musica« in drei Akten von Leopoldo Di Villati; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: D-Mbs; Libretto: D-DI; D-Mbs; I-Mb ASTIAGE, Monarca de’ Medi e de’ Persi: Francesco Cignoni [Tenor]; MANDANE, sua figlia, moglie di Cambise, il quale si nomina, ma non parla nel Dramma: Rosa Schwartzmann detta la Bavarese [Sopran]; CIRO, figliuolo di Mandane e di Cambise, amante di Palmira: Agostino Galli [Sopran]; ARPAGO, Satrapo di Persia, Ajo di Ciro, e suo primo Ministro: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]; PALMIRA, figliuola d’Arpago, e amante di Ciro: Cristoforo Rapparini [Sopran]; MEGABISE, Satrapo di Persia, confidente di Ciro e d’Arpago: Bartolomeo Strapparapa [Alt]; ARSAME, Satrapo di Media, confidente d’Astiage: Andreas Eckart [Bass]. La Scena è intorno e dentro di Persepoli, città capitale anticamente della Persia, presso il fiume Arasse, diverso però da quello dell’istesso nome, che bagna l’Armenia. 1733, 22. Oktober [Geburtstag Kurfürstin Maria Amalias] L’Isara festeggiante. »Festa teatrale« in zwei Teilen von Domenico Lalli; Komponist unbekannt. Aufführung in München Libretto: D-Mbs DIANA; ENDIMIONE; AURORA; CEFALO; IL FIUME ISARA; Coro di Pastori. La Scena rappresenta un delizioso Boschetto con varie colline all’intorno, il quale poi si cangia in una magnifica Reggia.
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1735, Karneval Alessandro nell’Indie. »Drama per musica« in drei Akten von Pietro Metastasio, erstmals vertont von Leonardo Vinci, Rom 1729; Musik von Leonardo Vinci für Rom 1729. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: D-Mbs; Libretto: US-Wc (ital.); D-Mbs (dt.) ALESSANDRO, Macedone: Cristoforo Rapparini [Sopran]; PORO, Re d’una parte dell’Indie, Amante di Cleofide: Francesco Cignoni [Tenor, Partitur: Sopran]; CLEOFIDE, Regina d’un’altra parte dell’Indie, Amante di Poro: Cristina Monchicca [Sopran]; ERISSENA, Sorella di Poro: Orsola Mayerin [Sopran]; GANDARTE, Generale dell’Armi di Poro, Amante di Erissena: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]; TIMAGENE, Confidente di Alessandro e nemico occulto del Medesimo: Vincenzo Corradi [Alt]. La Scena è sulle sponde dell’Idaspe; in una delle quali è il Campo di Alessandro, e nell’altra la Reggia di Cleofide. 1735 Griselda [Wiederaufnahme der Oper von Zeno/Torri aus dem Jahre 1723]. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: D-Mbs; Us-Wc GUALTIERO: Bartolomeo Strapparapa [Alt]; GRISELDA: Rosa Schwartzmann [Sopran]; COSTANZA: Giovanna Brentani [Sopran]; OTTONE: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]; ROBERTO: Agostino Galli [Sopran] 1736, Karneval Catone in Utica. »Tragedia per musica« in drei Akten von Pietro Metastasio, erstmals vertont von Leonardo Vinci, Rom 1728, in der revidierten Fassung erstmals vertont von Leonardo Leo, Venedig 1729; Musik von Pietro Torri. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: D-Mbs; Libretto: D-Mbs CATONE: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]; CESARE: Bartolomeo Strapparapa [Alt]; MARZIA, figlia di Catone: Rosa Schwartzmann detta la Bavarese [Sopran]; EMILIA, vedova di Pompeo: Orsola Mayerin [Sopran]; ARBACE, principe reale di Numidia: Agostino Galli [Sopran]; FULVIO, Legato del Senato Romano a Catone: Andreas Eckart [Bass]. La Scena è in Utica Città dell’Africa. 1736, Karneval La clemenza di Tito. »Drama per musica« in drei Akten von Pietro Metasta-
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sio, erstmals vertont von Antonio Caldara für Wien 1734; Musik von Francesco Peli. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: I-Mb TITO VESPASIANO, Imparador di Roma: Francesco Cignoni [Tenor]; VITELLIA, Figlia dell’Imperador Vitellio: Cristina Monchicca [Sopran]; SERVILIA, Sorella di Sesto, Amante d’Annio: Giovanna Brentani [Sopran]; SESTO, Amico di Tito, Amante di Vitellia: Cristoforo Rapparini [Sopran]; ANNIO, Amico di Sesto, Amante di Servilia: Carlo Francesco Landriani [?]; PUBLIO, Prefetto del Pretorio: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]. Il luogo dell’Azione è quella parte dell Colle Palatino, che confina col foro Romano. 1736, 22. Oktober [Geburtstag Kurfürstin Maria Amalias] Ipermestra. »Drama per musica« in drei Akten von Antonio Salvi, erstmals vertont von Giminiano Giacomelli, Venedig 1724; Musik von Giovanni Ferrandini. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: D-Mbs; I-Rsc DANAO: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]; IPERMESTRA: Rosa Pasquali [verh. Schwartzmann] detta la Bavarese [Sopran]; LINCEO: Cristoforo Rapparini [Sopran]; ARGIA: Giovanna Brentani [Sopran]; NICANDRO: Bartolomeo Strapparapa [Alt]; DELMIRO: Andreas Eckart [Bass] 1737, Karneval La costanza in trionfo ovvero L’Irene. »Drama per musica« in drei Akten von Perozzo di Perozzi; Musik von Francesco Peli. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: D-Mbs; I-Bc SOLIMANO, Serisso Rè di Marocco destinato sposo d’Irene poi Amante d’Edige, e di nuovo innamorato d’Irene: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]; IRENE, Figlia d’Acmat Rè di Fez destinata a Solimano poi Sposa di Selino, Bascia di Solimano: Santa Santini [Sopran]; ULITTE, Fratello d’Irene sotto nome di Zilauro: Filippo Balatri [Sopran]; EDIGE, Principessa del sangue reale: Giovanna Brentani [Sopran]; SELINO, Amante d’Edige e poi sposo d’Irene: Cristoforo Rapparini [Sopran]; RUSTENO, Capitano delle Guardie Reali, Amante d’Edige non corisposto: Andreas Eckart [Bass]. La Scena si finge in Marocco. 1737, Karneval Adriano in Siria. »Drama per musica« in drei Akten von Pietro Metastasio,
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erstmals vertont von Antonio Caldara, Wien 1732; Musik von Giovanni Ferrandini. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: D-Dl; Libretto: A-Wgm; D-KN-Theaterwiss.; I-Mb ADRIANO, Imperadore, amante di Emirena: Agostino Galli [Sopran]; OSROA, Re de’ Parti, Padre di Emirena: Bartolomeo Strapparapa [Alt]; SABINA, Amante, e promessa Sposa d’Adriano: Magdalena Ferrandini [Sopran]; EMIRENA, Prigioniera d’Adriano, Amante di Farnaspe: Orsola Mayrin [Sopran]; FARNASPE, Principe Parto, Amante, Amico, e tributario d’Osroa, Amante, e promesso Sposo di Emirena: Cristoforo Rapparini [Sopran]; AQUILIO, Tribuno, confidente d’Adriano, ed amante occulto di Sabina: Antonio [Anton] Raaf [Tenor]. L’azione si rappresenta in Antiocha. 1737, 6. August [Geburtstag Kurfürst Karl Albrechts] Apollo tra le muse in Parnasso. »Festa teatrale« von Perozzo di Perozzi; Musik von Bernardo Aliprandi. Aufführung in Schloss Nymphenburg Libretto: D-Mbs APOLLO: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]; MERCURIO: Cristoforo Rapparini [Sopran]; CLIO: Cristina Monchicca [Sopran]; TALJA: Giovanna Brentani [Sopran]; TERSICORE: Orsola Mayrin [Sopran]; MELPOMENE; EUTERPE; ERATO; POLLINIA; URANIA; CALLIOPE. Rappresenta il Monte Parnaso col Fiume Hippocrene, sopra di esso il Cavallo Pegaso. 1737, 22. Oktober [Geburtstag Kurfürstin Maria Amalias] Demofoonte. »Drama per musica« in drei Akten von Pietro Metastasio, erstmals vertont von Antonio Caldara, Wien 1733; Musik von Giovanni Ferrandini. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: D-Mbs (dt.) DEMOFOONTE, re di Tracia: Francesco Cignoni [Tenor]; DIRCEA, segreta moglie di Timante: Rosa Pasquali [Schwartzmann] detta la Bavarese [Sopran]; CREUSA, principessa di Frigia, destinata sposa di Timante: Orsola Mayrin [Sopran]; TIMANTE, creduto principe ereditario e figlio di Demofoonte: Lorenzo Ghirardi [Sopran]; CHERINTO, figlio di Demofoonte, amante di Creusa: Cristoforo Rapparini [Sopran]; ADRASTO, capitano della guardie reali: Bartolomeo Strapparapa [Alt]; MATUSIO, creduto padre di Dircea: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]. Il luogo della Scena è la reggia di Demofoonte nella Chersoneso di Tracia.
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1738, Karneval Mitridate, Re di Ponto, Vincitor di sè stesso. »Drama per musica« in drei Akten von Benedetto Pasqualingo, erstmals vertont von Gianmaria Capello, Venedig 1723; Musik von Bernardo Aliprandi. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: D-Mbs (ital.), D-Mbs (dt.) MITRIDATE, Re di Ponto: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]; ISMENE, Vergine greca. Accordatagli in Efeso dal di lei padre in Isposa: Giovanna Brentani [Sopran]; IRENE, Vedova Giovanetta Reina de Parti Ausiliari di Mitridate: Margarita Kampmeirin [Sopran]; FARNACE, Figlio di Mitridate. Nato della prima Moglie. Amico de Romani: Cristoforo Rapparini [Sopran]; SIFARE, Figlio di Mitridate. Nato di Stratonica: Lorenzo Ghirardi [Sopran]; CLELIA, in Abito virile sotto nome di Lepido Romano. Riconosciuta per Edelvira, Figlia di Mitridate, nata di Stratonica, ed a lei consegnata Bambina co’ Tesori dell’Asia a Pompeo: Cristina Monchicca [Sopran]; ARBATE, Governatore di Ninfea: Andreas Eckart [Bass]. La Scena è Ninfea Porto di Mare nel Bosforo Cimmerio. 1738, Karneval Ifigenia in Aulide. »Drama per musica« in drei Akten von Apostolo Zeno, erstmals vertont von Antonio Caldara, Venedig 1718; Musik von Giovanni Porta. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: D-Mbs, D-Dlb; Libretto: D-Mbs; US-Wc (ital.); D-Mbs (dt.) AGAMENNONE, Re di Micene: Agostino Galli [Sopran]; CLITENNESTRA, sua Moglie: Giovanna Brentani [Sopran]; IFIGENIA, loro Figliuola: Orsola Mayerin [Sopran]; ACHILLE, Principe di Tessaglia, amante di Ifigenia: Lorenzo Ghirardi [Sopran]; ELISSENA, Principessa di Lesbo, amante di Achille: Margarita Kampmaierin [Sopran]; ULISSE, Re di Itaca: Francesco Cignoni [Tenor]; TEUCRO, uno de’ Capitani Greci, amante di Elissena: Bartolomeo Strapparapa [Alt]; ARCADE, Confidente di Agamennone: Andreas Eckart [Bass]; Il Combattimento fu concertato dal Signor Filippo Mozzetti, Maestro d’Armi della Nobile Accademia di Ettal. La Scena è in Aulide. 1738, 10. Juli [Namenstag Kurfürstin Maria Amalias] Dafne. »Serenata per musica« in zwei Teilen von unbekanntem Textdichter; Musik von Giovanni Porta. Aufführung in Schloss Nymphenburg Libretto: D-Mbs AURORA: Margarita Kampmeirin [Sopran]; GIORNO: Cristoforo Rapparini [Sopran]; GIOVE: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]; LATONIA: Cristina Monchicca [Sopran]; DAFNE: Orsola Mayerin [Sopran]; MELLIBEO: Agos-
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tino Galli [Sopran]; APOLLO: Bartolomeo Straparappa [Alt]; CLIZIA: Giovanna Brentani [Sopran]; PENEO: Cristoforo Rapparini [Sopran] 1738, 22. Oktober [Geburtstag Kurfürstin Maria Amalias] Gianguir. »Drama per musica« in drei Akten von Apostolo Zeno, erstmals vertont von Antonio Caldara, Wien 1724; Musik von Giovanni Porta für Mailand 1732. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: D-Dlb; Libretto: D-Mbs GIANGUIR, Imperator del Mogol: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]; COSROVIO, Primogenito di Gianguir, Amante di Semira: Giovanni Carestini [?]; SEMIRA, sotto nome di Alinda Principessa di Cambaja, e Sorate amante di Cosrovio: Orsola Mayerin [Sopran]; ZAMA, Moglie di Gianguir, Imperatrice del Mogol: Giovanna Brentani [Sopran]; MAHOBET, Generale dell’Esercito di Gianguir, e amico di Cosrovio: Agostino Galli [Sopran]; ASAF, Fratello di Zama, favorito di Gianguir, e amante di Semira; JASINGO, Pro de’ Capitani di Gianguir, e amante di Semira: Andreas Eckart [Bass]. La Scena è in Agra. 1739, 22. Oktober [Geburtstag Kurfürstin Maria Amalias] Artaserse. »Drama per musica« in drei Akten von Pietro Metastasio, erstmals vertont von Leonardo Vinci, Rom 1730; Musik von Giovanni Ferrandini unter Mitarbeit von Giovanni Porta. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: D-Dl; Libretto: I-Mb; I-Bc ARTASERSE, principe, e poi re di Persia, amico d’Arbace ed amanate di Semira: Agostino Galli [Sopran]; MANDANE, sorella d’Artaserse ed amante d’Arbace: Antonia Merighi [Sopran]; ARTABANO, prefetto delle guardie reali, padre d’Arbace e di Semira: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor]; ARBACE, amico d’Artaserse ed amante di Mandane: Domenico Giuseppe Galletti [Alt]; SEMIRA, sorella d’Arbace ed amante d’Artaserse: Giovanna Brentani [Sopran]; MEGABISE, generale dell’armi e confidente d’Artabano: Bartolomeo Strapparapa [Alt]. L’azione si rappresenta nella città di Susa reggia de’ monarchi persiani. 1740, Karneval Semiramide riconosciuta. »Drama per musica« in drei Akten von Pietro Metastasio, erstmals vertont von Leonardo Vinci, Rom 1729; Musik von Bernardo Aliprandi. Aufführung in München, Salvatortheater Libretto: D-Mbs SEMIRAMIDE in abito virile sotto nome di Nino Re degli Assiri, amante di
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Anhang
Scitalce conosciuto, ed amato da lei antecedentemente nella Corte d’Egitto come Idreno: Antonia Merighi [Sopran]; TAMIRI, Principessa Reale de’ Battriani amante di Scitalice: Rosa Pasquali [Schwartzmann] detta la Bavarese [Sopran]; SCITALICE, Principe Reale d’una parte dell’Indie creduto Idreno da Semiramide, pretensore di Tamiri, ed amante di Semiramide: Agostino Galli [Sopran]; IRCANO, Principe Scita amante di Tamiri: Bartolomeo Strapparapa [Alt]; MIRTEO, Principe Reale d’Egitto fratello di Semiramide da lui non conosciuta, e amante di Tamiri: Cristoforo Rapparini [Sopran]; SIBARI, Confidente, e amante occulto di Semiramide: Giovanni [ Johann] Perprich [Tenor] 1740, Karneval Farnace. »Drama per musica« in drei Akten von Antonio Maria Lucchini, erstmals vertont von Leonardo Vinci, Rom 1724; Musik von Giovanni Porta für Bologna 1731. Aufführung in München, Salvatortheater Partitur: D-Dlb; Libretto: D-Mbs FARNACE, Re di Ponto: Agostino Galli [Sopran]; BERENICE, Regina di Cappodocia: Antonia Merighi [Sopran]; TAMIRI, Regina sua sposa: Rosa Pasquali [Schwartzmann] detta la Bavarese [Sopran]; SELINDA, Sorella di Farnace: Margarita Kampmayerin [Sopran]; MERIONE, Principe greco: Domenico Giuseppe Galletti [Alt]; GILADE, Generale di Berenice: Giovanni [ Johann] Perprich; ARBANTE, Generale di Merione: Andreas Eckart [Bass]; Un Fanciullo figlio di Farnace, e di Tamiri, che non parla. 1742, 12. Februar [Krönung Karls VII.] Componimento drammatico per l’Incoronazione della Sacra Cesarea, e Real Maesta di Carlo Settimo. [Kantate]. Textdichter unbekannt; Musik von Giovanni Ferrandini. Aufführung am in Frankfurt am Main Libretto: D-Mbs ERGASTO, Pastore; EURISO, suo Figlio; NUNZIO; SOLDATO; CORO DE PASTORI; CORO DE SOLDATI
Bibliografie
Quellen 1. Festberichte und -beschreibungen [Pierre de Bretagne:] Réjouissances et fêtes magnifiques qui se sont faites en Baviere l’an 1722, München 1723 [Pierre de Bretagne:] Ausführliche RELATION von denen herrlichen Festivitäten und offentlichen Freuden-Bezeugungen welche so wohl bey Hofe in der Stadt München als auch auf denen Chur-Fürstl. Jagt- und Lust-Schlössern wegen der hohen Vermählung des Chur-Printzens zu Bayrn Durchl. CAROLI ALBERTI mit der Durchleuchtigsten Erz-Herzogin MARIA AMALIA gehalten worden und zu sehen gewesen. Nebst einer accuraten Beschreibung was in obbenannten Chur-Fürstl. Jagt und Lust-Schlössern merckwürdiges zu besehen und zu bemercken, Augsburg 1723 [= Festbericht 1722] Entwurff jener Fest die wegen deß vorstehend-höchsten Beylagers zwischen Ihro Durchl. dem Chur-Printzen auß Bayrn CARLO ALBERTO und der Durchl. Chur-Prinzessin MARIA AMALIA sowol in der Chur-Bayrischen Haupt- und Residenz-Stadt München als auff denen Chur-Fürstlichen Lust-Häuseren gehalten werden, München 1722 [= Entwurff 1722] Lilien, Thomas Bernhard von: Ausführliche Beschreibung von dem prächtigen Einzug Ihro Churfürstl. Durchl. in Bayrn ec. ec. mit dero Durchleuchtigsten Ertz-Herzogin von Oesterreich Maria Antonia Theresia, &c. &c. So in München den 9. October diß 1685. Jahrs vorbeygegangen. […] München 1685 [= Ausführliche Beschreibung 1685] Lilien, Thomas Bernhard von: Der Röm. Kayserl. und Röm. Königl. Majet. Einzug, München 1690 [= Einzug 1690] Vollständiger Bericht von allen Sehens-würdigen Freudenfesten, welche hochfeyerlich begangen worden in und nahe der Churfürstl. Haupt- und Residenz-Stadt München Anno 1727. vom 28. Mertzen bis 26. May als dem Durchleuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Carolo Alberto [Titulatur] auß der Durchleuchtigsten Fürstin und Frauen / Frauen Maria Amalia [Titulatur] zu allgemeiner Lands-Freud gebohren worden ein Durchl. Chur- und Erb-Prinz. Auch zu gleicher Zeit von denen Hochansehnlich- Geist und Weltlichen Landständen in Bayern die Erb-Lands-Huldigung Höchstgemelt-Regierend Durchl. Chur- und Lands-Fürsten in unterthänigster Treu abgelegt wurde, München 1727 [= Festbericht 1727] Vollständiges Diarium von den merckwürdigsten Begebenheiten, die sich vor, in und nach der Höchst-beglückten Wahl und Krönung […] Karls des VII. […] zugetragen, 2 Bände, Frankfurt am Main 1742 [= Diarium 1742]
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Bibliografie
2. Textbücher Acis et Galathée. Pastorale Heroique en Musique. Representée pour le jour de la naissance de Son Altesse Electorale de Baviere. Par l’Academie Roiale de Musique, Brüssel 1705 Adelaide. Primo Dramma Per Musica Da Rappresentarsi in occasione che si Festeggiano Le Augustissime Nozze De’ Serenissimi Sposi Carlo Alberto Principe Elettorale Di Baviera &c. &c. E Maria Amalia Principessa Elettorale, Arciduchessa d’Austria &c. &c., München 1722 Alarico, il Baltha, cioè l’Audace, Rè de Gothi. Drama per Musica. Comandato dall’Altezza Serenissima di Massimiliano Emanuele [Titulatur] Per celebrare il Dì natalizio dell’Augustissima Consorte la Serenissima Elettrice Maria Antonia [Titulatur]. L’anno 1687. Composto da Luigi Orlandi Segretario di S.A.E. e Posto in Musica dal S.D. Agostino Steffani, Direttore della Musica di Camera di S.A.E. Con l’Arie per i Balletti del S. Melchior d’Ardespin Maestro di Concerti, & Aiutante di Camera di S.A.E., München 1687 Alceste ou Le Triomph d’Alcide. Tragedie. Representée devant Son Altesse Electorale de Baviere pour l’ heureux jour de Naissance de Sa Majestè. Par l’Academie Roiale de Musique le 19. Decembre 1705, Brüssel 1705 Alexander in Indien. Musicalisches Schau-Spill umb auf Sr. Churfürstl. Durchleucht Schau-Bühne in der Fastnacht-Zeit des 1735sten Jahres vorgestellet zu werden. Aus dem Wälschen übersetzt, München 1735 Amadis aus Griechenland. Musicalisches Schau-Spiel umb bey feyerlicher Begehung der Höchst-glücklichen Entbindung Ihro Durchleucht Maria Amalia [Titulatur]. Auf gnädigen Befehl und Anordnung Seines Churfürstlichen Durchleucht Maximilian Emanuel [Titulatur]. Mit gewöhnlichem Pracht zu München im Monat October des 1724. Jahrs vorgestellet zu werden. Aus dem Wälschen ins Teutsche übersetzet, München 1724 Amadis di Grecia. Drama per musica da rappresentarsi con Pompa usitata, festeggiandosi il Parto Felice di Sua Altezza Serenissima Maria Amalia [Titulatur]. Per Comando et Ordinanza di Sua Altezza Serenissima Elettorale di Massimiliano Emanuele [Titulatur]. In Monaco nel Mese di Ottobre, 1724. La Poesia è di Perozzo di Perozzi, München 1724 L’amor d’amico vince ogni altro amore. Drama per Musica. Da rappresentarsi nel Giorno del Nome faustissimo dell’Altezza Serenissima Elettorale di Massimiliano Emanuele [Titulatur]. Dedicato al medesimo Serenissimo Elettore ed all’Altezza Serenissima Elettorale di Cunegunde Teresia [Titulatur] dall Serenissimo Principe Elettorale e da tutta la serenissima elettorale casa &c., München 1721 Apollo trà le Muse in Parnasso. Festa teatrale da rappresentarsi in Ninfenburgo festeggiandosi il Faustissimo Giorno Natalizio dell’Altezza Serenissima Elettorale di Carlo Alberto [Titulatur]. Per comando dell’Altezza Serenissma Elettorale di Maria Amalia [Titulatur]. La Musica è del Sign. Bernardo Aliprandi, Virtuoso di Camera di S.A.S.E. Monaco li 6. Agosto 1737, München 1737 L’Ascanio. Drama per Musica da rappresentarsi nel Carnovale del 1686. Alle Altezze Elettorali del Serenissimo Massimiliano Emanuele [Titulatur] e della Serenissima Elettrice Maria Antonia [Titulatur]. Posto in Musica dal S.D. Giuseppe Antonio
Quellen
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Bernabei V. Maestro di Capella di S.A.E. Con l’Arie per i Balletti del S. Melchior Dardespin, Musico ed Ajuntante di Camera di S.A.E, München 1686 Ascanius. Gesungene Vorstellung auff allergnädigsten Befelch Ihrer Churfürstl. und Herzoglichen Durchleucht Maximilian Emmanuel [Titulatur]. Aus dem Welschen in das Teutsche übersetzet worden von Carl Langetl, München 1686 Astianatte. Drama per Musica. Da rappresentarsi nel Giorno del Nome faustissimo dell’Altezza Serenissima Elettorale di Massimiliano Emanuele [Titulatur]. Dedicato al medesimo Serenissimo Elettore, &c. ed all’Alttezza Serenissima Elettorale di Cungunde Teresia [Titulatur]. Dall Serenissimo Principe Elettorale e da tutta la serenissima elettorale casa &c., München 1716 Astianatte. Drama per Musica. Da rappresentarsi in Monaco nel Teatro della Corte, nel Verno dell’Anno MDCCXVII. Per comando dell’Altezza Serenissima Elettorale di Massimiliano Emanuele [Titulatur], München 1717 Audacia e Rispetto. Prerogatione d’Amore, disputate in Campo di Marte. Torneo celebrato tra i carnevaleschi divertimenti della sua Elettoral Corte dal Serenissimo Massimiliano Emanuele [Titulatur]. Nell’anno 1685. Posto in Musica dal S.D. Agostino Steffani, Direttore della Musica di Cam.a di S.A.E, München 1685 La Baviera trionfante. Applauso festivo per la Maggiorità del Serenissimo Elettore Massimiliano Emanuele, Duca di Baviera, &c. &c. Componimento per Musica di Gio: Pietro Monesio. Dedicato à Sua Altezza Serenissima Elettorale, Rom 1680 Die Beständigkeit im Triumph oder Irene. Musicalisches Schau-Spihl auf der SchauBühne Sr. Churfl. Durchl. in Bayrn ec. ec. In der Faßnacht-Zeit des 1737. Jahrs vorgestellet. Aus dem Italienischen übersetzet, München 1737 Catone in Utica. Tragedia per musica da rappresentarsi nel teatro di S.A.S.E. di Baviera. Nel Carnevale dell’anno 1736, München 1736 Ciro. Drama per musica da rappresentarsi per l’augusta presenza della serenissima e reverendissima altezza elettorale di Clemente Augusto [Titulatur]. Per comando della ser.ma elettorale altezza di Carlo Alberto [Titulatur]. L’anno M.DCC.XXXIII. La Poesia è del Sig. Leopoldo di Villati, Poeta di S.A.S.E. di Baviera, München 1733 Ciro. Musicalisches Schau-Spiel, Umb wegen der hohen Gegenwarth S.r Churfürstl. Durchl. Clemens August [Titulatur] auf gnädigsten Befehl S.r. Churfürstl. Durchl. Karl Albrecht [Titulatur] im Jahr 1733 vorgestellet zu werden. Aus dem Welschen übersetzt, München 1733 Componimento drammatico per l’Incoronazione della Sacra Cesarea, e Real Maesta di Carlo Settimo, Imperador de Romani, sempre Augusto. La Musica è del Sig. Giovanni Ferrandini, Consigliere e direttore della musica di camera di S.M.C Monaco, München 1742 La costanza in trionfo ovvero L’Irene. Dramma per musica, da rappresentarsi nel teatro di S.A.S.E. di Baviera. Nel Carnovale dell’anno 1737. La Musica è del Sig. Francesco Peli Modenese, all’attual servizio di S.A.S.E. di Baviera, München 1737 La Cuna Elettorale. Trattenimento Notturno festeggiato la sera del Giorno Natalitio di Ferdinando Maria [Titulatur]. Per Comando della Serenissima Elettrice. Autore Domenico Gisberti, Segretario di S.A.S.E., München 1668 Dafne. Serenata per musica da rappresentarsi nella Sala di Ninfenburgo. Per comando dell’altezza serenissima elettorale di Carlo Alberto [Titulatur] festeggiandosi il Glo-
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Bibliografie
riosissimo Giorno del Nome di Maria Amalia [Titulatur]. Li 10. Luglio 1738, München 1738 Dafni. Drama pastorale per musica. Da rappresentarsi nel Castello di Dachau, e Giardino di Ninfenburgo di S.A.S.E. di Baviera. L’anno MDCCXXII, München 1722 Damiro, e Pitia ovvero Le gare dell’amicitia e dell’amore. Drama per musica festeggiandosi il Felicissimo Giorno del Nome dell’Altezza Serenissima Elettorale di Massimiliano Emanuele [Titulatur]. Per Commando del Serenissimo Principe Elettorale, München 1724 Gli Dei festeggianti. Componimento drammatico, od introducimento a’ balli da rappresentarsi nel Giorno del Nome faustissimo dell’Altezza Serenissima Elettorale di Massimiliano Emanuele [Titulatur] ed all’Altezza Serenissima Elettorale di Cunegunde Teresia [Titulatur] dal serenissimo principe elettorale e da tutta la serenissima elettorale casa, München 1715 Edippo. Drama per musica. Da rappresentarsi per comando di Carlo Alberto [Titulatur] nel faustissimo giorno natalizio dell’altezza serenissima elettorale di Maria Amalia [Titulatur]. La Poesia è del Sr. Domenico Lalli, Poeta di S.A.S.E. di Baviera, München 1729 Edippo. Musicalisches Schau-Spiel umb auf gnädigsten Befehl seiner Chrufürstl. Durchl. Karl Albrecht [Titulatur] am hohen Geburts-Tag Ihro Churfürstl. Durchl. Maria Amalia, [Titulatur] in München den 22. Octob. deß 1729. Jahrs vorgestellet zu werden. Auß dem Welschen übersetzt, München 1729 Epaminonda. Dramma per musica per festeggiare il Felicissimo giorno in cui L’Altezza Serenissima Elettorale di Maria Amalia [Titulatur]. Fece uscire alla Luce il Glorioso suo Parto. Per Comando dell’Altezza Serenissima Elettorale di Carlo Alberto [Titulatur]. In Monaco il di 11. Maggio 1727, München 1727 Epitalamio per le nozze del Serenissimo Principe Ferdinando Maria [Titulatur] e della Serenissima Principessa Maria Anna Carolina [Titulatur], München 1719 L’Eraclio. Drama per Musica da rappresentarsi nel Teatro Elettorale di Monaco e consecrato alla S.C.R.M.ta di Leopoldo Imperatore &c. &c., München 1690 L’Ermione. Drama per musica. Nel giorno natalizio, e primo di Maggiorità dell’Altezza Serenissima Elettorale di Massimiliano Emanuele [Titulatur] nel Giorno faustissimo in cui passa alla sovranità de‘ suoi Stati. Tornamento festivo per comando della Serenissima Altezza di Massimiliano Filippo [Titulatur]. L’Anno M.DC.LXXX. Posto in Musica dal S.D. Giuseppe Antonio Bernabei, V. Maestro di Cap. Di S.A.E., München 1680 Erote ed Anterote. Torneo celebrato dall’Altezza Serenissima Elettorale di Massimiliano Emanuele [Titulatur]. Alle sue augustissime nozze con la Serenissima Elettrice Maria Antonia [Titulatur]. Posto in Musica dal Signor Ercole Bernabei, Maestro di Capella di S.A.E. In Monaco, München 1686 Eumene. Drama per musica. Da Rappresentarsi nel Giorno Natalizio dell’Altezza Serenissima Elettorale Di Massimiliano Emanuele [Titulatur] Dedicato Al Medesimo Serenissimo Elettore, &c. Dal Serenissimo Principe Elettorale e da tutta La Serenissima Elettorale Casa &c. in Monaco il di 11. Luglio dell’anno 1720, München 1720 Farnace. Dramma per musica da rappresentarsi nel teatro di S.A.S.E. di Baviera. Nel Carneval del’anno 1740, München 1740
Quellen
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Giulio Cesare Ricovrato. All’ombra natalizia della Serenissima Altezza Elettorale di Massimiliano Emanuele [Titulatur] nel Giorno faustissimo in cui passa alla sovranità de’ suoi Stati. Tornamento festivo per comando della Serenissima Altezza di Massimiliano Filippo [Titulatur]. L’anno M.DC.LXXX. Posto in musica dal S.D. Giuseppe Antonio Bernabei, V.M.o Cap. di S.A.S.E., München 1680 La Gloria festeggiante. Introducimento Dramatico Musicale del Torneo celebrato dall’Altezza Serenissima Elettorale di Massimiliano Emanuele [Titulatur]. Nel Giorno Natalitio della Serenissima Elettrice Maria Antonia [Titulatur]. A dì 18. Gennaro 1688. Composto da Luigi Orlandi Segretario di S.A.E. e Posto in Musica dal Signor D. Giuseppe Antonio Bernabei Maestro di Cappella, e Consigliere di S.A.E., München 1690 Gordio. Drama per musica. Da rappresentarsi per comando di Carlo Alberto [Titulatur] nel faustissimo giorno natalizio dell’altezza serenissima elettorale di Maria Amalia [Titulatur]. In Monaco li 22. Octob. 1727. La Poesia è di Perozzo di Perozzi, München 1727 Gordio. Musicalisches Schauspiel. Umb auf gnädigsten Befehl seiner Chrufürstl. Durchl. Karl Albrecht [Titulatur] am hohen Geburts-Tag Ihro Churfürstl. Durchl. Maria Amalia [Titulatur] in München den 22. Octob. 1727 vorgestellet zu werden. Auß dem Welchen übersetzt, München 1727 Griselda. Drama per musica. Da rappresentarsi in Monaco nel Autunno dell’anno 1723. Nel teatro elettorale festeggiandosi il felicissimo giorno del nome dell’altezza serenissima elettorale di Massimiliano Emanuele [Titulatur]. Dedicato al medesimo Serenissimo Elettore, &c. dal serenissmo principe elettorale e da tutta la serenissima elettorale casa, München 1723 Hercules oeteus, das ist: Der unter der Götter-Zahl aufgenommene Hercules. In gesungener Vorstellung zu Befrohlockung der Glorreichen Zuruckkonfft Maximilian Emanuel, [Titulatur]. Mit dero ganzen Hauß unserer Durchleichtigsten Churfürstin, Durchleichtigsten Chur-Prinzen und übrigen Durchleichtigisten Herrschafften. Offentlich hervor gegeben von der getreu unterthänigst verpflichteten Haupt-Stadt Straubing in gesambt und sonders einer churfürstlichen Regierung, Geistlichkeit, Adel und gefreyten Ständen, Statt-Magistrat, und ganz treu-ergebnister Burgerschafft. Im Jahr, in dem der Churfürst gnädigst wollen, sein Bayrland widerumb erhollen, Straubing o. J. Ifigenia in Aulide. Dramma per musica, da rappresentarsi nel teatro di S.A.S.E. di Baviera. Nel Carnevale dell’anno 1738. La Musica è del Sig. Giovanni Porta, Maestro di Capella di S.A.S.E., München 1738 Ifigenia in Aulide. Teutsch Musicalisches Trauer-Spiel. So aus Befehl des durchleuchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Karl Albrecht [Titulatur] zu feyerlicher Begehung dero durchläuchtigisten Chur-Prinzens Maximilian Joseph glorreichen Geburts-Tag auf der Chur- Fürstl. Hof-Schau-Bühne im Jahr 1738 vorgestellet worden. Die Musik ist von Herrn Joanne Porta Academico Philharmonico, Seiner Churfürstl. Durchl. Rath. und Hof-Kapell-Meistern, München 1738 L’Ippolito. Tragedia per musica da rappresentarsi per comando dell’altezza serenissima elettorale Carlo Alberto [Titulatur]. Nel Giorno natalizio dell’altezza serenissima elettorale di Maria Amalia [Titulatur]. La Poesia è del S.r Domenico Lalli, Poeta di S.A.S.E. di Baviera, München 1731
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Bibliografie
Il Lamano. Drama per musica. Da rappresentarsi nel Teatro di S.A.S.E. di Baviera nel carnevale dell’anno M.DCC.XXVI, München 1726 Lisimen und Calliste. Dem Durchleuchtigisten Fürsten und Herrn, Herrn Maximilian Emanuel [Titulatur]. Durch ein Musicalisches Drama in dem Monat Februarij Anno 1681, vorgestellet von Franz Georg Ignati, Freyherrn von Leublfing ec. Höchstgedacht Ihro Churfürstl. Durchl. Truchseß ec. In die Music versetzt durch Veit Weinberger, Churfürstl. Hof- und Cammer-Musicum, München 1680 Lucio Vero. Drama per musica. Da rappresentarsi in Monaco nel Autunno dell’anno 1720. Nel teatro elettorale ferteggiandosi il felicissimo giorno del nome dell’altezza serenissima elettorale di Massimiliano Emanuele [Titulatur]. Dedicato al medesimo Serenissimo Elettore, &c. dal serenissmo principe elettorale e da tutta la serenissima elettorale casa, München 1720 La Merope. Drama per Musica. Da rappresentarsi nel Giorno del Nome faustissimo dell’Altezza Serenissima Elettorale di Massimiliano Emanuele [Titulatur]. Dedicato al medesimo Serenissimo Elettore, &c. ed all’Altezza Serenissima Elettorale di Cunegunde Teresia [Titulatur]. Dall Serenissimo Principe Elettorale e da tutta la serenissima elettorale casa &c., München 1719 Mitridate König in Ponto, sein eigener Überwinder. Musicalisches Schau-Spiel auf der Schau-Bühne Sr. Chur-Fürstl. Durchl. in Bayrn ec. ec. in der Faßnachts-Zeit des 1738. Jahres vorgestellet. Aus dem Italiänischen übersetzt von J. F. A. Aubert, München 1738 Mitridate, Re di Ponto, Vincitor di sè stesso. Drama da cantarsi nel Teatro di S.A.S.E. di Baviera. Nel Carnevale dell’anno 1738. La Musica è del Sig. Bernardo Aliprandi, München 1738 Nicomede. Drama per musica. Da rappresentarsi festeggiandosi il Felice arrivo dell’altezza serenissima elettorale di Francesco Ludovico [Titulatur]. Per comando di Carlo Alberto [Titulatur], München 1728 Niobe, Königin in Theben. Ihro Churfürstlichen Durchleucht Maximilian Emanuel [Titulatur] wie auch Maria Antonia [Titulatur] gesungener vorgestellet, München 1688 Gli Oracoli di Pallade, e di Nemesi. Introduzione a’ Torniamenti, da rappresentarsi alle Sacre Cesaree, e Regie Maestà di Leopoldo Imperatore, di Eleonora, Maddalena, Teresa, Imperatrice, e di Giuseppe, Rè de’ Romani, &c. &c. &c. In Monaco a dì 6. di Febraro dell’Anno 1690. La Musica fu del S.r Pietro Torri, Organista di Camera di S.A.S.E. di Baviera, München 1690 Porsena. Drama per Musica. Da rappresentarsi nel Teatro di S.A.S.E. di Baviera nel Carnevale dell’anno MDCCXXV, München 1725 Porsena. Musicalisches Schau-Spiel umd auf seiner Churfürstl. Durchl. Schau-Bühne in der Fastnacht des 1725igsten Jahrs vorgestellet zu werden. Auß dem Welchen ins Teutsche übersetzet, München 1725 La Publica Felicita. Componimento Poetico per Musica, per Introdurre, et Accompagnare un Carosello in occasione di festeggiare le Felicissime Nozze tra la Serenissima Altezza di Carlo Alberto [Titulatur] e la Serenissima Altezza di Maria Amalia [Titulatur], München 1722 Roland. Tragedie. Representée devant Son Altesse Electorale de Baviere. Par l’Academie Roiale de Musique le 19. Decembre 1705 [recte: 1706], Brüssel 1706
Quellen
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Il Sacrificio invalido. Drama per musica da rappresentarsi per comando dell’altezza serenissima elettorale Carlo Alberto [Titulatur] nel faustissimo Giorno del Nome dell’altezza serenissima elettorale di Maria Amalia [Titulatur]. In Ninfeborgo Castello di Delizie, München 1729 Il segreto d’amore in petto del savio. Drama per Musica. Trà le Feste celebrate in Monaco alle Sacre, Cesaree, Reali Maestà di Leopoldo Imperatore, dell’Imperatrice Eleonora, Maddalena, Teresa, e di Giuseppe, Rè de’ Romani, &c. &c. Comandato dall’Altezza Serenissima di Massimiliano [Titulatur]. Composto, e consacrato alle medesime Sacre, Cesaree, Reali Maestà da Luigi Orlandi, Consigliere, e Segretario di S.A.E., München 1690 Semiramide riconosciuta. Dramma per musica da rappresentarsi nel teatro di S.A.S.E. di Baviera. Nel Carneval del’anno 1740. La Musica è del Sig. Bernardo Aliprandi, Compositor di Camera di S.A.S.E., München 1740 Servius Tullius. Gesungene Vorstellung zu Befrohlockung des Beglücktest vollzogenen Beylagers Ihrer Churfürstl: Durchleucht Maximilian Emanuelis [Titulatur] mit Ihro Ertz-Fürstl: Durchleucht Maria Antonia [Titulatur], München 1685 Tito Manlio. Drama per Musica da rappresentarsi nel Famosissimo Teatro di S. Gio: Grisostomo, Venedig 1697 Tito Manlio. Drama per Musica da rappresentarsi nel Teatro di S.A.E. di Baviera nel Carnovale dell’ anno MDCCXXIV, München 1724 Il Trionfo D’Amore. Componimento Poetico per servire ad’un Carosello di due squadre, L’una di Guerrieri Romani, e l’altra di guerrieri Greci da eseguirsi nella Elettorale Corte di Monaco, per comando di S.A.S.E. Festeggiandosi le felicissime nozze de Serenissimi Principi Carlo Alberto Principe [Titulatur] e Maria Amalia [Titulatur], München 1722 Venceslao. Drama per musica. Da rappresentarsi in Monaco nel Autunno dell’anno 1725. Nel teatro elettorale festeggiandosi il felicissimo giorno del nome dell’altezza serenissima elettorale di Massimiliano Emanuele [Titulatur] dal serenissmo principe elettorale e da tutta la serenissima elettorale casa, München 1725 Venceslao. Dramma per musica. Da rappresentarsi nel Teatro di S.A.S.E. di Baviera. Nel Carnevale dell’anno MDCCXXXI, München 1731 I Veri Amici. Secondo Dramma per musica da Rappresentarsi in occasione che si Festeggiano Le Augustissime Nozze De’ Serenissimi Sposi Carlo Alberto [Titulatur] e Maria Amalia [Titulatur], München 1722 Die vom Himmel gesegnete Liebe zwischen Isaac und Rebecca. Auff das Freuden-volle Vermählungsfest deß durchleuchtigsten Herrn / Herrn Caroli Alberti, Chur-Printzens in Bayern / mit der durchleuchtigsten Frauen / Frauen Maria Amalia, Erz-Herzogin in Oesterreich vorgestellet / und beyden Durchleuchtigkeiten in demütigister Untertänigkeit dedicirt von dem Churfürstlichen Collegio Societatis Jesu in München, München 1722
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Register
Personen Alexander, Herzog von Lothringen 41 Albert, Louis Joseph von 86, 166 Albertini, Giovanna 281 Albinoni, Margarita 280 Albinoni, Tommaso 61, 70, 90, 169, 235f., 240, 281f. Albrecht V., Herzog von Bayern 53, 98, 258 Aliprandi, Bernardo 73, 127, 189, 293–295 Althoff, Gerd 32 Ambrevilla, Anna 284 Andreotti, Andrea 154 Arco, Agnes Françoise de Le Louchier, Gräfin von 56 Arco, Ferdinand Graf von 56 Aretin, Karl Otmar von 54 Assmann, Aleida 194f. Auer, Sebald 93 Balatri, Ferrante 281 Balatri, Filippo 57f., 86, 279–285, 292 Balthassar, Ignatz 90 Barberini, Francesco 35 Barbier, Patrick 78 Barelli, Agostino 92, 154 Bartoli, Bartolomeo 86f., 125, 227, 279–286 Bauer, Volker 24, 148f. Baumgarten, Maximilian Freiherr von 190 Bavìere, Maximilien Emanuel François Joseph Comte de 56 Beauveau, Ludwig Marquis de 174 Begnudelli Basso, Carlo 71 Béhar, Pierre 47
Belle-Isle, Louis Charles de Fouquet, Comte de 262, 266 Benevoli, Orazio 65 Benjamin, Walter 29 Bernabei, Ercole 53, 65f., 69, 214, 229, 273 Bernabei, Giuseppe Antonio 50, 62–66, 68f., 71f., 93–95, 160, 167f., 174, 198, 213, 218, 229, 271, 273, 275–277, 286 Bernabei, Vincenzo 66, 93, 229, 276 Bernacchi, Antonio 79–82, 87, 183, 240, 247, 280–286 Berns, Jörg Jochen 38, 41, 192 Bezzi, Paolo 150 Bissari, Pietro Paolo 172, 192 Bluemb, Franz Xaver 94 Bluemb, Johann 93 Böhme, Gernot 29f., 36 Boindin, Nicolas 152 Bombarda, Giovanni Paolo 95 Bonnet, Jacques 96, 153, 194 Bordoni, Faustina 43, 78, 81f., 87, 283f., 288 Botelli, Faustino 279f., 283 Boursault, Edmé 152 Boussuet, Jacques Bénigne 45 Braun, Werner 37 Braunfels, Wolfgang 235 Brentani, Giovanna 88, 291–295 Bretagne, Pierre de 236 Broschi, Riccardo 85 Burckhardt, Jacob 44 Burke, Peter 17, 31 Burney, Charles 79, 82, 84f., 90 Caldara, Antonio 292–295 Calderone, Francesco 72, 156 Callières, François de 228
322 Campistron, Jean-Galbert de 152 Campra, André 170 Capello, Gianmaria 127, 294 Carestini, Giovanni 62, 289, 295 Carissimi, Giacomo 65 Casolani, Elisabetta 82, 88, 247, 279, 281–289 Chappuzeau, Samuel 156, 207 Chelleri, Fortunato 61 Christian Ernst, Markgraf von Brandenburg-Bayreuth 67 Cignoni, Francesco 62, 82, 86, 279–293 Closner, Johannes 94 Corneille, Pierre 122, 143f., 152, 156, 231 Corneille, Thomas 152 Corradi, Vincenzo 86, 279, 283, 286, 289, 291 Corsi, Giuseppe 65 Cosimo II. de’ Medici, Großherzog von Toskana 176 Cosimo III. de’ Medici, Großherzog von Toskana 71 Costanzi, Francesco 87, 281, 283f., 286 Coulanges, Abbé de 153 Croce Viviani, Elena 279 Croll, Gerhard 135 Croy y Peralta Falces, Diego Antonio de 209 Cuvilliés, François, d.Ä. 162 Dall’Abaco, Felice Evaristo 59, 89, 93 Damásio, António R. 28, 218 Dancourt, Florent Carton 152 Daniel, Ute 163 Da Ponte, Lorenzo 73 Dardespin, Melchior 58, 89, 166, 190, 224, 229, 275f. Deichl, Johann Dominicus 95 Dencia, Teresa 289f. Descartes, René 27, 117 Destouches, André Cardinal 170, 284 Deus, Christien 89 Döhring, Sieghart 13
Register
Donnini, Girolamo 70, 169, 285 Draghi, Antonio 213 Dubos, Jean Baptiste Abbé 103 Dubreil, Jean Pierre 152, 169 Dufresny, Charles 152 Durastante, Margarita 280 Durkheim, Émile 44, 46, 194 Eleonora Magdalena Gonzaga von Mantua-Nevers, Gemahlin Kaiser Ferdinands III. 72 Eckart, Andreas 88, 247, 280–292, 294–296 Elias, Norbert 7, 63 Eltz, Philipp Carl von, Kurfürst von Mainz 265 Erichsen, Johannes 107 Eugen, Prinz von Savoyen 203 Faistenberger, Andreas 50, 137 Farinelli (Carlo Broschi) 78f., 81–84, 287f. Ferdinand I., Kaiser des Heiligen Römischen Reichs 53, 258 Ferdinand IV., Römisch-Deutscher König 39 Ferdinand Maria, Kurfürst von Bayern 55, 63–66, 77, 120, 150, 152f., 159, 171–174, 197, 200, 209 Ferdinand Maria Innozenz, Herzog von Bayern 32, 56, 60, 184, 187, 190, 193f., 246, 253, 279 Ferdinando de’ Medici, Großherzog von Toskana 71, 275f. Ferrandini, Giovanni 62, 64, 69f., 73, 89, 94, 261, 270, 286–288, 290, 292f., 295f. Ferrandini, Magdalena 293 Ferrandini, Stefano 94 Fiocco, Pierre-Antoine 67 Fischer-Lichte, Erika 30 Focht, Josef 37 Foucault, Michel 18f. Franz Ludwig von der Pfalz, Kurfürst von Trier 170, 287
323
Personen
Franz Stephan, Herzog von Lothringen, seit 1745 Kaiser des Heiligen Römischen Reichs 41, 260, 270 Fraunhofen, Amadeus von 174 Fraunhofen, Ignatius von 174 Freud, Siegmund 142 Friedrich II. (der Große), König von Preußen 90f., 269 Friedrich III., Kurfürst von Preußen, als Friedrich Wilhelm I. König in Preußen 24 Friedrich August I. (der Starke), Kurfürst von Sachsen, als Friedrich August II. König von Polen 203, 234 Friedrich August II., Kurfürst von Sachsen, als Friedrich August III. König von Polen 87, 234 Frigimelica Roberti, Girolamo 73 Fugger, Alois Graf von 190 Fugger, Anton Graf von 175 Fugger, Maximilian Graf von 174 Fux, Johann Joseph 235 Galletti, Domenico Giuseppe 88, 295f. Galli, Agostino 87, 125, 243, 281, 283, 285–291, 293–296 Ganspöck, Johann Caspar 90, 93 Ganspöck, Mathias 90, 93 Gasparini, Francesco 279 Gasparrini, Michelangelo 125, 285 Gavoni, Angela 288 Gestrich, Andreas 20, 109 Ghirardi, Lorenzo 87, 293f. Giacomelli, Geminiano 82, 292 Gianettini, Antonio 150 Gianettini, Maria Caterina 82, 88, 247, 280, 282–288 Gisberti, Domenico 71, 208 Gitam, Pierre 89 Giustani, Benedetto 208 Goethe, Johann Wolfgang von 193, 260, 269 Graf, Henriette 149 Graun, Carl Heinrich 73 Grimani, Lucia 281f.
Grimani, Vincenzo 60 Gumpp, Johann Anton 48, 155 Hadersberg, Clementin von 66, 77f., 229, 276 Haimbhausen, Ferdinand von 174 Händel, Georg Friedrich 150 Hasse, Johann Adolf 42, 81 Hawkins, John 84 Haye, Denis de la 119, 194, 200 Hechenthaller, Joseph Peter 93 Hederich, Benjamin 107f., 132, 135 Heinrich IV., König von Frankreich 54, 154 Henneberg, Freiherr von 174 Henriette Adelaide von Savoyen, Gemahlin Kurfürst Ferdinand Marias 52, 54f., 65, 107, 151–154, 156, 209 Hindermayr, Franz Anton 93 Hobbes, Thomas 15 Hölzl, Georg 18 Houdar de Lamotte, Antoine 284 Huizinga, Johan 44 Hüttl, Ludwig 52, 55 Hunold, Christian Friedrich 104 Ignatius von Loyola 99f. Innozenz XI. (Benedetto Odescalchi), Papst 198 Jahn, Bernhard 13, 105, 166, 212, 270 Jahrmärker, Manuela 170 Johann Wilhelm, Kurfürst von der Pfalz 111f. Joseph I., Kaiser des Heiligen Römischen Reichs 58, 96, 133f., 225, 233f., 258 Joseph II., Kaiser des Heiligen Römischen Reichs 193 Joseph Ferdinand, Kurprinz von Bayern 52, 54, 58, 126, 209f., 277 Joseph Klemens, Herzog von Bayern, Kurfürst von Köln 174, 196, 217 Junkelmann, Marcus 203 Junker, Hermann 168, 186
324 Kampmeir, Margarita 294, 296 Kantorowicz, Ernst 45 Karl II., König von Spanien 204, 209f. Karl VI., Kaiser des Heiligen Römischen Reichs 133f., 193, 233, 258 Karl Albrecht, Kurfürst von Bayern, als Karl VII. Kaiser des Heiligen Römischen Reichs 7, 9, 15, 17, 22, 34, 45, 50, 52–56, 58, 60f., 68f., 71, 78, 112, 114, 116, 125, 130, 134, 142, 144f., 147, 170, 178, 181, 184, 189f., 193, 203, 210, 233–235, 243, 248–250, 252–254, 256–261, 264, 268f., 280–283, 286f., 293, 296 Karl Theodor, Kurfürst von der Pfalz 70 Keiser, Reinhard 29 Kemmerich, Dietrich Hermann 57 Kerll, Johann Christoph 93 Kerll, Johann Kaspar 58, 62, 64, 66, 92, 172 Kircher, Athanasius 35, 102 Klemens XI. (Gian Francesco Albani), Papst 99 Klemens August, Herzog von Bayern, Kurfürst von Köln 57, 59, 61, 67, 89, 111, 114, 184, 190, 192, 246, 250, 290 Klenze, Leo von 177 Koch, Michael 58 Kolesch, Doris 12, 28 Königsegg, Leopold Wilhelm Graf von 209 Kruedener, Jürgen Freiherr von 16, 48 Kundtmann, Sylvester 9 Kunze, Stefan 27 Kurz zu Senftenau, Maximilian 153 Kusser, Johann Sigismund 157 La Boétie, Étienne de 15f. Laborde, Benjamin de 68f., 79 Lalli, Domenico 61, 70, 73, 124f., 129f., 142–144, 235, 254, 278, 281, 284–290 Lambert, Erneste 89 Landriani, Carlo Francesco 292
Register
Lang, Franciscus (Franz) 34, 43, 47f., 100f., 103, 129 Lanterey, Graf 58 Lederer, Ignatius 93 Leo, Leonardo 291 Leopold I., Kaiser des Heiligen Römischen Reichs 23, 96, 112, 159, 172, 208, 225–228, 230–232, 276f. Leopold, Silke 188 Leublfing, Franz Georg Freiherr von 159, 272 Leuré (Sängerin) 78 Lillis, Thomas Bernhard de 228 Lipowsky, Felix Joseph 31, 66, 88, 229 Lobkowitz, Wenzel Graf von 198 Loen, Johann Michael von 11, 21, 34, 98, 257, 261–266, 268 Löwenfelder, Gertrud 151, 162 Loiellet, Jacques 93 Lotti, Antonio 70, 87, 245, 285 Lucchini, Antonio Maria 296 Ludwig, Dauphin von Frankreich 198, 200 Ludwig IV. (der Bayer), Kaiser des Heiligen Römischen Reichs 118 Ludwig XIV., König von Frankreich 9, 12, 16f., 19, 28, 31, 33, 46, 51f., 54, 111, 121, 123, 126f., 132, 149f., 191, 203, 207, 210, 226, 228, 240, 242 Ludwig XV., König von Frankreich 56 Ludwig Wilhelm, Markgraf von Baden 216 Luin, Elisabeth 154 Lully, Jean-Baptiste 47, 67, 150f., 168, 170, 221 Lünig, Johann Christian 19, 175, 195, 225f. Maccioni, Giovanni Battista 65, 154, 172 Maculinus, Thomas 77 Maffei, Alessandro 154 Maffei, Scipione 154 Magalotti, Lorenzo Graf 110 Maillen, Johann Christoph 90
325
Personen
Mancini, Carl Felix 94 Mancini, Gianbattista 79, 87 Mannstein, Heinrich 80 Marcello, Aurelia 281 Marchand, Johann Antoni 90 Maria Amalia, Erzherzogin von Österreich, Gemahlin Kurfürst Karl Albrechts 28, 56, 116, 130, 142, 181, 189, 193f., 233f., 243, 246, 253f., 258, 281–283, 286–290, 292–295 Maria Anna, Herzogin von Bayern, Gemahlin Ludwigs, Dauphin 159, 198 Maria Antonia, Erzherzogin von Österreich, Gemahlin Kurfürst Max Emanuels 52, 56, 110, 134, 160, 162, 195, 208–210, 215–217, 219, 221, 233, 235, 273–275, 277 Maria Antonia Walpurgis, Herzogin von Bayern, Gemahlin Kurfürst Friedrich Christians 59, 69f., 170, 254 Maria Josepha, Erzherzogin von Österreich, Gemahlin König Friedrich Augusts III. 234 Maria Karolina von Pfalz-Neuburg, Gemahlin Herzog Ferdinand Maria Innozenz’ 187, 279 Maria Theresia, Erzherzogin von Österreich, Kaiserin des Heiligen Römischen Reichs 41, 133, 233, 270 Marlborough, John Churchill, Herzog von 203 Marselle, Claude Jacques 94 Martinelli, Vincenzo 81 Masen, Jakob 98 Matsche, Franz 51 Mattheson, Johann 51, 91, 165, 239f. Mauro, Domenico 155, 162, 214 Mauro, Gasparo 155, 162, 214 Max Emanuel, Kurfürst von Bayern 9, 15, 23, 26, 32, 40, 45, 52, 55–59, 61, 63f., 66–68, 72f., 86, 89f., 94f., 109, 111, 116–121, 123, 126, 134f., 142, 147–150, 154–159, 162, 164, 166, 170, 172, 174, 184, 189, 192f., 195–198, 200f., 203–210, 212, 214–221,
225–228, 233f., 236, 240, 243, 246, 248–250, 253f., 256, 268, 271, 273, 275, 278–280, 283–285 Maximilian I., Kurfürst von Bayern 105, 152f. Max(imilian) III. Joseph, Kurfürst von Bayern 26, 59, 170, 196, 249f., 270, 286 Max Philipp, Herzog von Bayern 119f., 172, 196f., 206 Mayer, Ursula 88, 291, 293–295 Mayr von Oberschellang, Martin 150 Mazzani, Rosaura 61, 281 Ménestrier, Claude François 46, 98, 171, 173 Mengoni, Luca Antonio 281 Merighi, Antonia 295f. Metastasio, Pietro 43, 61f., 71, 75f., 87, 122f., 166, 291–293, 295 Millot, Philippe 151, 156 Minato, Niccolò 213 Minelli, Giovanni Battista 79, 281, 284 Molière 151f. Monchicca, Cristina 291–294 Monesio, Giovanni Pietro 198 Montijo, Cristobal de 262 Morelli, Giovanni Battista 77 Morselli, Adriano 129, 280 Moser, Friedrich Carl von 17, 34, 133, 148, 181 Moser, Johann Jakob 253 Mozart, Wolfgang Amadeus 70, 79 Muffat, Georg 150 Müller, August Friedrich 25 Müller-Lindenberg, Ruth 13 Mungen, Anno 13 Münster, Robert 66, 160, 229 Murschhauser, Franz Xaver 64 Neuhaus, Antonie von 190 Neuhaus, Franz von 190 Neuhaus, Marianne von 190 Neisser, Arthur 72, 222 Neumayr, Franz 100
326 Neuner, Michael 57 Nicola, Thomas 90 Noris, Matteo 60, 127, 284 Normand, Remy 93 Nostiz, Graf 119 Omeis, Magnus Daniel 108, 134 Orlandi, Luigi 72, 109, 132, 174, 230, 274f., 277 Orlandini, Giuseppe Maria 240 Ottoboni, Pietro 68 Pacuchelli, Angelus 129 Paita, Giovanni 285 Pallavicino, Carlo 60, 111 Pallavicini, Stefano Benedetto 111 Pallavicino, Ranuccio 107 Palmerini, Giovanni Battista 281 Pariati, Pietro 235f., 240, 282 Pasquali, Giuseppe 88 Pasqualingo, Benedetto 294 Paulati, Andrea 281 Paulin, Johannes 99 Paulus, Richard 56 Peli, Francesco 73, 292 Perfald, Graf von 174 Perfald, Eleonore Gräfin von 190 Perfald, Maximilian Gräfin von 190 Perozzi, Perozzo di 73, 125, 189, 284, 286f., 292f. Perprich, Johann 82, 88, 286–296 Perti, Giacomo Antonio 71, 278 Perti, Lorenzo 154 Philipp, Herzog von Orléans 143 Philipp V., Herzog von Anjou, König von Spanien 210 Philipp Moritz, Herzog von Bayern 61, 190 Pindtl, Jacob Andreas 93 Piovene, Agostino 285 Pistocchi, Francesco Antonio 79, 87 Pistorini, Antonio 154 Pock, Johann Joseph 116 Pollarolo, Carlo Francesco 71, 127, 280, 284f.
Register
Pöllnitz, Carl Ludwig Freiherr von 24, 149, 162 Porpora, Nicola 70, 73, 130, 169, 284 Porro, Giovanni Giacomo 172 Porta, Giovanni 61, 64, 68f., 294–296 Press, Volker 27 Preysing, Eleonore Gräfin von 190 Preysing, Felix Graf von 174 Preysing, Johann Maximilian Graf von 56, 60, 152, 190 Pröll, Mathias 93 Prunius, Johann Heinrich 156 Quantz, Johann Joachim 83 Quinault, Philippe 51 Raaff, Anton 79, 88f., 293 Racine, Jean 122, 151, 156 Rahn, Thomas 12 Rapparini, Cristoforo 88, 290–296 Rechberg, Graf von 174 Regnard, Jean-François 152 Reimer, Erich 106, 161 Reinhardstöttner, Karl von 71, 154 Reininger, Paul 93 Renata von Lothringen, Gemahlin Herzog Wilhelms V. 116 Rey, Pierre 94 Ricous, Louis Gaspard de 33 Ristorini, Antonio Maria 281f. Riviera, Giovanni Battista Conte di 174 Rode-Breymann, Susanne 10 Rodier, Franz 152, 224 Rodier, Jakob 152 Rohr, Julius Bernhard von 19, 22, 33, 40, 43, 57, 97, 103–105, 110, 115, 155, 187, 195, 208 Roßt, Martin 155 Rudhart, Franz 8 Saint-Maurice, Cabò Sigmund Marquis de 174 Salvi, Antonio 71, 235, 278, 281, 292 Sander, Gottfried 90 Sanfré, Anton Felix Graf von 174
327
Personen
Santini, Santa 292 Santurini, Lorenzo 154 Sarro, Domenico 62 Sbarra, Filippo Renato 72, 218, 273 Scalzi, Carlo 284 Scarlatti, Alessandro 70, 167f., 278 Scarlatti, Pompejo Abbé 198 Schinnagl, Max von 177 Schlechte, Monika 41, 148, 195 Schmeling-Mara, Gertrud 91 Schmid, Franz Freiherr von 17 Schmid, Kaspar Freiherr von 17 Schubart, Christian Friedrich Daniel 88 Schuechpaur, Franz 93 Schwartzmann (verh. Pasquali), Rosa 88, 289–293, 296 Seerieder, Jacob Philipp 95 Senesino (Francesco Bernardi) 81, 87 Silvani, Francesco 60, 63, 124, 235, 281 Simeoni, Ferdinand Freiherr von 174 Sixtus V. (Felice Peretti), Papst 77 Sophokles 142f. Souve, Gerard 89 Spoglia, Giuseppe 65 Stadler, Johann 94 Steffani, Agostino 62–67, 71f., 77, 109, 111, 119, 131, 135, 137, 168, 210, 213, 218, 222, 229, 272–274 Stieve, Gottfried 45, 115 Stollberg, Graf von 266 Strapparapa, Bartolomeo 82, 88, 288–296 Straub, Eberhard 118, 123, 224, 231 Strohm, Reinhard 10, 62, 114, 169, 188, 254 Stuber, Nikolaus 162 Tattenbach, Ferdinand Graf von 174 Tattenbach, Maximilian Graf von 174 Taufkirchen, Eleonore Gräfin von 190 Tering, Clemens von 190 Tering, Ferdinand von 190 Tering, Ladislaus von 174 Tering, Leonard von 174 Tering, Violante von 190
Terzago, Ventura 65, 71f., 74, 118–120, 198, 200f., 210, 214, 219, 271–273 Teubner, Hannß Caspar 58, 90 Thamer, Hans-Ulrich 269 Therese Kunigunde Sobieska, Gemahlin Kurfürst Max Emanuels 55, 59, 61, 68, 70f., 73, 86, 124, 212 Thomas, Ferdinand 93 Thomas, Joseph Niclas 93 Torri, Pietro 40, 59f., 62, 65, 67f., 70, 73, 78, 81, 83f., 86, 112, 128f., 142, 151, 165, 167–170, 180, 182, 186, 189f., 230, 235, 239f., 242, 276–291 Törring-Jettenbach, Ignaz Felix Graf von 7 Tosi, Giuseppe Felice 60, 280 Tosi, Pier Francesco 81 Treu, Martin Daniel 155f. Trojano, Massimo 116 Unertl, Franz Joseph von 258 Ungharelli, Rosa 281f. Valeriani, Domenico 162 Valeriani, Giuseppe 162 Venturini, Francesco Maria 87, 279 Vico, Diana 280 Villars, Louis Hector Marquis de 174, 203 Villati, Leopoldo di 73, 112, 288, 290 Vinci, Leonardo 62, 82, 123, 291, 295f. Violante Beatrix, Herzogin von Bayern, Gemahlin Großherzog Ferdinands 71, 86, 275f. Viscardi, Giovanni 154 Vivaldi, Antonio 68, 87 Vogler, Georg Joseph Abbé 70 Volkenstein, Graf von 174 Voltaire 143 Walter, Johann Gottfried 187 Watanabe-O’Kelly, Helen 171, 176 Weinberger, Georg 93, 158, 272 Wening, Michael 24, 163 Widengren, Geo 46
328 Wiesend, Reinhard 42 Wilhelm V., Herzog von Bayern 116 Wolff (Musiker) 94 Wolff, Christian 20 Zedler, Johann Heinrich 55, 202, 231 Zeiller, Franz 57 Zeno, Apostolo 71, 73, 75f., 128, 279f., 283, 285, 289, 291, 294f. Ziani, Marc Antonio 60, 279 Zuccalli, Enrico 92 Zur Lippe, Rudolf 42
Werke Acis et Galathée (Lully) 150 Adelaide (Torri) 43, 71, 117, 150, 165, 167, 169f., 235f., 239–245, 281 Adriano in Siria (Ferrandini) 89, 292 Alarico il Baltha (Steffani) 72, 109, 274 Alceste (Lully) 150 Alessandro nell’Indie (Vinci) 62, 123, 291 Alvilda in Abo (G. A. Bernabei) 72, 198 Amadis di Grecia (Torri) 73, 81, 170, 254, 284 amor d’amico vince ogni altro amore, L’ (Torri) 129, 280 amor di figlio non conosciuto, L’ (Albinoni) 61 amori di Titone e d’Aurora, Gli (Torri) 277 amor tirannico, L’ (Chelleri/Porta) 61 Andromaca (Torri) [2. Fassung von Astianatte] 169, 279 Antiopa giustificata (Kerll) 172, 192 Apollo tra le muse in Parnasso (Aliprandi) 73, 189, 293 applausi delle muse, Gli (N.N.) 236, 283 Applausi festivi (Kerll) 172 Armide (Lully) 150 arpa festante, L’ (Maccioni) 65 Artaserse (Ferrandini) 295
Register
Ascanio (G. A. Bernabei) 66, 72, 167, 213, 218, 273 Astianatte (Torri) 59, 62, 71, 169f., 278f. Atys (Lully) 150, 170 Audacia e Rispetto (Steffani) 210, 273 Baviera, La (Torri) 286 Baviera trionfante, La (N.N.) 198 Bellérophon (Lully) 150 Berenice (Ferrandini) 73, 288 Cartagine nova (Giacomelli) 82 Catone in Utica (Torri) 69, 76, 87, 270, 291 Ciro (Torri) 73, 112, 290 Ciro riconosciuto (Caldara) 112 clemenza di Tito, La (Peli) 291 Colloquio pastorale (Ferrandini) 287 Componimento drammatico per l’Incoronazione della Sacra Cesarea (Ferrandini) 296 costanza in trionfo ovvero L’Irene, La (Peli) 73, 292 Cuna Elettorale, La (N.N.) 208 Dafne (Porta) 294 Dafni (N.N.) 236, 281 Damiro e Pitia (Porpora) 70, 73, 130, 284 dei festeggianti, Gli (G. A. Bernabei) 44, 189f., 275, 278, 280 dei festeggianti, Gli (N.N.) 189f., 278 dei festeggianti, Gli (Torri) 189f., 280 Demofoonte (Ferrandini) 43, 89, 293 Diana amante (G. A. Bernabei) 208, 275 Edippo (Torri) 73, 81f., 84f., 137, 288 Egloga Pastorale (G. A. Bernabei) 50, 286 Enea in Italia (G. A. Bernabei) 72, 198 Epaminonda (Torri) 73, 170, 254, 256, 286 Epitalamio (Torri) 279 Eraclio, L’ (Hadersberg) 66, 124, 229, 231, 276
329
Werke
Ermione (G. A. Bernabei) 45, 66, 72, 118, 198, 206, 271 Erote ed Anterote (E. Bernabei) 176, 214, 273 Eumene (Torri) 279 Farnace (Porta) 69, 296 Fedra incoronata (Kerll) 172, 192 Fetonte (Torri) 276 fiera, La (G. A. Bernabei) 160, 277 Gecrönte Treu oder Von dem Todt zum Leben erweckte Lucidor, Die (N.N.) 157 gertruckte, aber nicht unterdruckte Unschuld, Die (N.N.) 157 Gianguir (Porta) 69, 295 Giulio Cesare ricovrato (G. A. Bernabei) 9, 45, 66, 121, 198, 200, 204, 271 gloria festeggiante, La (G. A. Bernabei) 174, 180, 275 Gordio (Ferrandini) 73, 125, 286 Griselda (Torri) 81, 283, 291 Hercules oeteus (N.N.) 157 Ifigenia in Aulide (Porta) 69, 294 innocenza difesa dei Numi, L’ (Torri) 169, 278 Ipermestra (Ferrandini) 292 Ippolito, L’ (Torri) 73, 289 Isara festeggiante, L’ (N.N.) 73, 290 Issipile, L’ (Porta) 61 Lamano, Il (Donnini) 70, 73, 125, 285 Leoldo und Leona (N.N.) 157 litigio del cielo e della terra, Il (G. A. Bernabei) 198 Lisimen und Calliste (Weinberger) 158, 272 Lotario (Händel) 243 Lucio Vero (Torri) 48, 76, 280, 283 Marco Aurelio (Steffani) 74, 119, 121, 272
Medea in Atene (Gianettini) 150 Medo (Vinci) 82 Mercurio e Marte discordi (Porro) 172–174 Merope (Torri) 40, 60, 279, 283 Mitridate (Aliprandi) 127, 294 Nicomede (Torri) 73, 81–84, 129, 170, 287 ninfa ritrosa, La (N.N.) 162 Niobe (Steffani) 72, 131, 133f., 137, 141f., 180, 274 nozze di aurora, Le (Fux) 235 Numitore (Porta) 69 oracoli di Pallade e di Nemesi, Gli (Torri) 67, 151, 180, 229, 232, 276 Orazio (Tosi) 60 Oronte (Kerll) 162 Palladio in Roma, Il (Draghi) 213 Per l’anniversario della nascita di S.A.S.E. Massimiliano Emanuele (Torri) 280 peripezzie della Fortuna o il Baiazetto, Le (Torri) 62 Pirro e Demetrio (Tosi) 129, 280 pomo d’oro, Il (Cesti) 23 Porsena (Lotti) 70, 285 pregi de la Primavera, I (Torri) 277 pretensioni del Sole, Le (Kerll) 64 publica felicità, La (Torri) 181f., 185, 235, 238, 240, 246f., 282 re infante, Il (Pallavicino) 60 reggia dell’armonia, La (Torri) 135, 278 Roland (Lully) 150 sacrificio invalido, Il (Ferrandini) 73, 287 Scipione nelle Spagne (Ferrandini) 289 segreto d’amore in petto del savio, Il (G. A. Bernabei) 66, 72, 166, 168, 229f., 277
330 Semiramide riconosciuta (Aliprandi) 76, 295 Serpilla e Bacocco (Orlandini) 240, 282 Servio Tullio (Steffani) 23, 43, 117, 150, 163, 213, 218–220, 223, 230, 240, 243, 256, 273 Solone (Steffani) 272 Tassilone (Steffani) 111 Teofane (Lotti) 245 Thesée (Lully) 150 Tigrane, Il (Scarlatti) 70, 73, 278 Tito Manlio (N.N.) 71, 127, 284 Tito Sempronico Gracco (Sarri) 62
Register
Torneo (V. Bernabei) 276 trionfo d’amore, Il (Albinoni) 236, 240, 246f., 282 trionfo d’Imeneo, Il (G. A. Bernabei) 275 vaticinio di Apollo e Diana, Il (G. A. Bernabei) 277 Venceslao (Torri) 76, 128, 285, 289 Venere pronuba (G. A. Bernabei) 275 veri amici, I (Albinoni) 73, 90f., 124, 130, 235f., 240, 242, 245f., 281 Vespetta e Pimpinone (Albinoni) 240, 282 virtù trionfante dell’amore, La (Ziani) 60