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German Pages 336 [341] Year 2002
Spätmittelalter und Reformation Neue Reihe begründet von Heiko A. Obermann herausgegeben von Berndt Hamm in Verbindung mit Johannes Helmrath, Jürgen Miethke und Heinz Schilling
21
ARTIBUS
Nicole Kuropka
Philipp Melanchthon: Wissenschaft und Gesellschaft Ein Gelehrter im Dienst der Kirche
(1526-1532)
Mohr Siebeck
Nicole Kuropka, geboren 1970; 1990—1996 Theologiesstudium an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal, der Ruhr-Universität in B o c h u m und der Friedrich-Wilhelms-Universität in B o n n ; 1996—1998 Geschichtsstudium an der University o f Arizona/Tucson (USA) bei Prof. Heiko A. O b e r m a n n f ; 1998—2001 Promotionszeit; 1998—2000 Stipendiatin am Institut für Europäische Geschichte in Mainz; 2000—2001 Förderung durch die Evangelische Kirche im Rheinland; Sept. 2 0 0 1 Rigorosum (Kirchliche Hochschule Wuppertal); seit dem 1 . 1 0 . 2 0 0 1 Vikarin der Evangelischen Kirche im Rheinland.
Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der V G Wort.
Die Deutsche Bibliothek Kuropka
—
CIP-Einheitsaufnahme
Nicole:
Philipp Melanchthon — Wissenschaft und Gesellschaft : ein Gelehrter im Dienst der Kirche ( 1 5 2 6 - 1 5 3 2 ) / Nicole Kuropka. Tübingen : M o h r Siebeck, 2 0 0 2 (Spätmittelalter und R e f o r m a t i o n ; N. R . , 21) 978-3-16-158562-3 Unveränderte eBook-Ausgabe ISBN 3-16-147898-3
2019
© 2 0 0 2 J . C . B . M o h r (Paul Siebeck) Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das B u c h wurde von Guide-Druck in Tübingen aus der B e m b o - A n t i q u a belichtet, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Großbuchbinderei Heinr. K o c h in Tübingen gebunden. ISSN 0937-5740
In memoriam Heiko A. Oberman
Vorwort Diese Arbeit wurde im Sommersemester 2001 als Dissertation an der Kirchlichen Hochschule in Wuppertal angenommen. Mit der Veröffentlichung kamen meine langjährigen Bemühungen um Philipp Melanchthon zu einem vorläufigen Abschluß. Der Weg begann noch während meines Studiums in einem Seminar bei Professor Dr. Karl-Heinz zur Mühlen in Bonn. Von da an hat mich der Wittenberger und seine dialektisch-rhetorische Exegese beschäftigt, und mein Doktorvater Professor Dr. Manfred Schulze schickte mich ermutigend auf den Weg, Philipp Melanchthon zum Gegenstand einer Doktorarbeit zu machen. Meine noch vagen Forschungsinteressen habe ich nach dem Ersten Theologischen Examen mit auf die Reise an die Historische Fakultät in Tucson / Arizona (USA) genommen. Während meines Studiums bei Professor Dr. Heiko A. Oberman gewann mein Promotionsvorhaben den Fragehorizont, der ihre jetzige Gestalt prägt: Theologische Wissenschaft in ihrer konkreten Wirklichkeit zu verstehen und zu beschreiben. Nach meiner Rückkehr nach Deutschland eröffnete mir ein Promotionsstipendium am Institut für Europäische Geschichte in Mainz die Möglichkeit, intensiv und mit einer ausgezeichneten Bibliothek im Haus mein Vorhaben voranzutreiben. Die Abschlußphase forderte schließlich die Evangelische Kirche im Rheinland. Wichtige Impulse habe ich über die Jahre von unzähligen Menschen erhalten. Dankbar schaue ich zurück auf die ermutigenden, hilfreichen und kritischen Worte, die mich immer wieder bestärkt haben, das Wirken und die Ideen dieses großen Reformators zum Sprechen zu bringen. Daß aus meinen Forschungen schließlich eine Doktorarbeit wurde, verdanke ich meinem Doktorvater und dem Zweitkorrektor Professor Dr. Hellmut Zschoch, die beide auch flir die Überarbeitung zur Drucklegung wichtige Hinweise und Hilfestellungen gegeben haben. Besonders verbunden bin ich Dr. Jens-Martin Kruse und unserer gemeinsamen Zeit am Institut in Mainz. Schließlich war ich mit meinen Fragen bei Dr. Heinz Scheible und Dr. Johanna Loehr an der Melanchthonforschungsstelle in Heidelberg immer gut aufgehoben. Viele ungenannte Menschen dürfen sich in diesen Dank eingeschlossen wissen, nicht zuletzt ein Freundeskreis, der das Wachsen der Arbeit mitverfolgt und mich tatkräftig in der letzten Phase der Überarbeitung unterstützt hat. Weiter gilt mein Dank dem unermüdlichen Bibliotheksteam der Kirchlichen Hochschule Wuppertal. Die VG-Wort hat durch einen namhaften Druckkostenzuschuß die Veröffentlichung ermöglicht, und ich danke den Professoren
Vili
Vorwort
Dr. Berndt H a m m , Dr. Johannes Helmrath, Dr. Jürgen Miethke und Dr. Heinz Schilling als Herausgebern für die Aufnahme in die neue R e i h e „Spätmittelalter und R e f o r m a t i o n " . Wuppertal, im April 2002
Nicole Kuropka
Inhaltsverzeichnis Vorwort Einleitung: Zur Methode der Arbeit
Kapitel 1: Melanchthons dialektische und rhetorische Handbücher I.
II.
VII 1
11
Melanchthons Lehrbücher aus seinen ersten Wittenberger Jahren (1518-1521) 1. Melanchthons erste Rhetorik: „De rhetorica libri tres" (1519) . . . 2. Die beiden kurzen Lehrbücher der Dialektik (1520) und Rhetorik (1521)
16
Die dialektischen Lehrbücher 1527-1529 1. Die Notwendigkeit der präzisen Definition: „Dialéctica" (1527) . . 2. Die Rückkehr zu Aristoteles: „Dialectices libri quatuor" (1528) . .
21 21 23
a) Aristoteles im Kreuzfeuer b) E r f a h r u n g gegen T h e o r i e — Cicero gegen Aristoteles c) D i e W i e d e r e n t d e c k u n g des Aristoteles
3. Die Methodenlehre: „De Dialéctica libri quattuor" (1529) a) Dialektik u n d Erkenntnistheorie b) Dialektik u n d Ethik c) Dialektik u n d Theologie
4. Die drei dialektischen Lehrbücher III. Die Rhetorik von 1531 1. Dialektik und Rhetorik 2. Rhetorik und Theologie a) Juristischer Streit u n d theologische Kontroversen: Die Gerichtsrede . . b) Schriftauslegung und R h e t o r i k c) Loci communes
11 13
24 27 29
31 33 34 36
40 41 41 44 44 45 48
IV. Sprache für das Leben
50
Kapitel 2: Das Ideal der dialektisch-rhetorischen Exegese zur Klärung von Konflikten - der Kolosserkommentar
52
I. II.
52 55
Der erste selbstveröffentlichte Kommentar Die exegetische Vorgehensweise
X
Inhaltsverzeichnis
1. Sprachkompetenz und Exegese: Wahrheitsfindung und Lösung von Konflikten
56
2. Die dialektisch-rhetorische Exegese a) Gliederung des Kolosserbriefes b) Die Schrift legt sich selber aus c) Textgrundlage und Ubersetzung
60 61 65 69
III. Die Obrigkeit als gute Ordnung Gottes 1. Rechtsstaat und Friedenssicherung: Melanchthons Auslegung von R o m 13 a) Das ehrenhafte und göttliche Amt der Obrigkeit b) Friedens- und Kirchenpolitik: Melanchthons Appell an Philipp von Hessen c) Die Abwehr jeglichen Aufruhrs: die „Zwei-Reiche-Lehre"
70 71 71 73 76
2. Die Pflichten der Untertanen: die Geltung der territorialen Rechtsprechung
80
3. Die staatliche Gewalt als göttliches Amt im irdischen R e i c h : politische Ethik bei Luther und Melanchthon
85
IV. Schriftauslegung und Epikie als Heilmittel theologischer Kontroversen
88
Kapitel 3: Die Visitationen und die Lehrtätigkeit in Jena — Grenzen der Gesprächsbereitschaft
90
I. II.
Außere und innere Konflikte Die Arbeit an der ausgelagerten Universität in Jena 1. Die Psalmenvorlesung 2. Die Proverbienauslegung a) Die Proverbien Salomos als Mittel zur sittlichen Besserung b) Aufbau und Inhalt
III. Die Visitationserfahrungen: Die Sorge um Ordnung und Eintracht . .
90 95 96 99 100 105 108
1. Ordnung und Eintracht in der Kirche: Gegen Anarchie und Häresie
108
a) Einträchtige Lehre und Häresie
109
b) Die kirchlichen Lehrer und die Reform der Kirche 2. Die Stärkung obrigkeitlicher Autorität a) Die Obrigkeit als Garant von Sittenzucht und Frömmigkeit b) Arbeitsethik
117 122 122 127
IV. Grenzen der Gesprächsbereitschaft
131
Kapitel 4: Der Frieden im R e i c h — auf dem Speyerer Reichstag (1529) . .
134
I.
Melanchthon und die Reichspolitik
134
II.
Auf dem Reichstag in Speyer 1529
136
Inhaltsverzeichnis
1. Mit dem R ö m e r b r i e f fiir die Einheit der Kirche a) Die Widmung und der Kommentar b) Die Intention der Widmung: Hermann von Neuenahr und die Wissenschaftsreform in Köln c) Politische Verbindungen zwischen Kursachsen und Kurköln d) Die Folgen der Widmung
XI 138 141 146 153 156
2. Mit dem Danielbuch fiir ein Religionsgespräch
158
a) Eine Widmung ohne Kommentar b) Die religionspolitische Absicht der Widmung
158 161
3. Widmungen ohne Erfolg
166
III. Melanchthons Einsatz fiir die Einheit der Kirche auf reichspolitischer Ebene
169
Kapitel 5: Auf dem Weg nach Augsburg. Die Methodenlehre zur Absicherung von Theologie und Ethik
171
I.
Die Einfuhrung und Entfaltung der Methodenlehre 1529 1. Die Dialektik als methodus 2. Der methodus der politischen Ethik: Aristoteles a) Nikomachische Ethik, Bücher I—II b) Politik Bücher I-III 3. Der methodus der evangelischen Lehre: Der R ö m e r b r i e f
II.
171 173 176 176 182 183
Melanchthons politische Ethik am Vorabend des Augsburger Reichstages
187
1. Die politische Ethik und Theologie der Rechtfertigung a) Die Obrigkeit als Götter (Ps 826) bei Melanchthon und Luther b) Bürgerpflicht als Gottesdienst - Melanchthon gegen Erasmus
187 188 192
2. Melanchthons Kampagne gegen die Bündnispolitik und das schweizerische Abendmahlsverständnis
199
a) Klärendes Gespräch oder militärische Verteidigung? b) Der theologische Knotenpunkt im Streit um das Abendmahl und die Bündnispolitik
200 204
III. Die Methodenlehre zur Absicherung von Theologie und Ethik
207
Kapitel 6: Bis an die Grenzen des Möglichen fiir die Einheit der Kirche. Der Augsburger Reichstag und seine Auswirkungen
211
I.
Der Augsburger Reichstag: Höhepunkt der Zusammenarbeit zwischen Kurfürst Johann und Melanchthon 1. Kursächsische Friedenspolitik: Der Weg des Religionsgespräches . 2. Melanchthons politische Aktivitäten (Mai bis Juli 1530) a) Melanchthons Verhandlungen als Fortsetzung der kursächsischen Diplomatie
211 212 217 219
XII
Inhaltsverzeichnis
b) Luther und Melanchthon: Was vermag ein Bekenntnis zu leisten? . . .
223
3. Der gescheiterte Diskurs: Nicht menschliches Vermögen, sondern Gottvertrauen (August und September 1530)
227
II.
Verfehlte Politik und wahre Theologie: Von Augsburg bis N ü r n b e r g (1532) 1. Melanchthons Kritik an der protestantischen Bündnispolitik 2. Melanchthons wissenschaftliche Arbeiten zur Gerechtigkeit a) Der erste Kommentar zum fünften Buch der Nikomachischen Ethik (1531) b) Der Ethikkommentar von 1532 c) Der Römerbriefkommentar von 1532 III. Weicht ihr Waffen der Toga
232 234 239 239 242 244 249
Zusammenfassung: Ein Gelehrter im Dienst der Kirche
252
Anhang
256
I.
Abkürzungsverzeichnis 1. Bibliotheken 2. M o d e r n e Editionen und Verzeichnisse
256 256 256
II.
Quellenlage 1. Die Lehrbücher der Dialektik 2. Die Lehrbücher der R h e t o r i k 3. Biblische Kommentare a) Psalmenkommentare b) Proverbienkommentare c) Danielvorrede d) Römerbriefkommentare e) Kolosserkommentare 4. Klassische Kommentare
258 259 263 265 266 268 269 270 273 275
III. Chronologisches Verzeichnis der Kommentare und Lehrbücher IV. Literaturverzeichnis 1. Quellen: Philipp Melanchthon a) Moderne Editionen b) Einzelwerke 2. Andere Quellen 3. Sekundärliteratur
284 288 288 288 288 291 293
V.
317 317 318 320
Register 1. Bibelstellen 2. Sachregister 3. Namens- und Ortsregister
Einleitung Zur Methode der Arbeit In der Forschung gehört Melanchthon zu den unterschätzten Reformatoren, so daß sein Leben und Wirken lange Zeit auf wenige Ereignisse und Jahre begrenzt wahrgenommen wurde. Vor allem seine frühe Wittenberger Tätigkeit bis zum Erscheinen der ,Loci communes' (1521), der Augsburger Reichstag (1530) und die innerlutherischen Streitigkeiten nach dem Tode Luthers standen dabei im Mittelpunkt des Interesses. In der Theologie dominierte vor allem die Frage nach dem Verhältnis von Philosophie und Theologie sowie dem freien Willen, wobei die Suche nach Ubereinstimmungen mit oder Differenzen zu Luther oft die Sichtweise prägte. 1 Dieser auf einzelne Themen und Jahre eingeengte Blickwinkel wurde in den letzten Jahrzehnten zunehmend aufgebrochen, so daß Melanchthon weniger im Kontrast zu und als Abweichler von Luther gedeutet, sondern nunmehr als Sprachenlehrer 2 , biblischer Exeget 3 , Phi1 Vgl. dazu den Forschungsüberblick von OESTRICH, Luther und Melanchthon in der T h e o l o giegeschichte, bes. S. 29—41. Daneben sei hier genannt: BIZER, Entwicklung des j u n g e n M e l a n chthon; GEYER, Welt und Mensch; MAURER, Melanchthon Bde. 1 - 2 , NEUSER, Theologie. 2 Die wohl ausfuhrlichsten, aber wenig beachteten, Untersuchungen zur Dialektik hat in den sechziger Jahren VASOLI (La dialettica e la retorica; L'insegnamento logico) bereitet. Daneben deu-
t e n MAURER ( M e l a n c h t h o n B d . 1 ) , M A C K ( R e n a i s s a n c e A r g u m e n t ) u n d ASHWORTH ( L a n g u a g e a n d
Logic) Melanchthons Dialektik im Kontext der europäischen Entwicklungen. Z u r R h e t o r i k vgl. MCNALLYS Aufsatz (Rhetoric) über Melanchthons Wiederbelebung der ciceromanischen und quintilianischen Ideale, der weitgehend unbeachtet blieb, so daß auch in der Folge Melanchthon nur kurz in Überblicken der Rhetorikgeschichte gestreift wurde. Einen neuen Anstoß zur R h e t o rikforschung hat KNAPE (Rhetorik) gegeben, der einen ersten Einblick in die Entstehungsgeschichte der drei Handbücher gibt und eine Ubersetzung von großen Teilen der letzten R h e t o r i k anbietet. Ausgehend von Knape stellt BERWALD (Melanchthons Rhetoriklehrbücher) die Verortung der melanchthonischen R h e t o r i k in der res publica heraus und zeigt ihre politische N o t w e n digkeit im Staat auf: D e r Staat bedarf der rhetorischen Kompetenz der Regierenden, um nicht in eine Tyrannei zu verfallen. In einem Aufsatz (Melanchthons Rhetoriklehrbücher) hat Berwald zudem einen kurzen, aber informativen Uberblick über die Struktur und den Inhalt der drei R h e t o riklehrbücher zusammengestellt. 3 Eine systematische Studie zu Melanchthons alttestamentlicher Exegese hat SICK (Ausleger des Alten Testaments) erarbeitet. D e n frühen Vorlesungen Melanchthons widmet sich BARTON ( E x egetische Arbeit) der auch die wissenschaftliche Diskussion dazu sehr gut zusammenfaßt. Mit dieser frühen Zeit hat sich neuerdings auch SCHNEIDER (Biblical Authority, Hermeneutics o f C o m mentary) beschäftigt. Das Paulusstudium bis 1522 im Vergleich mit Erasmus untersucht SCHIRMER (Paulusverständnis). SCHÄFER (Hermeneutik) hat den R ö m e r b r i e f k o m m e n t a r von 1532 einer ausfuhrlichen Analyse unterzogen. Die neuere Diskussion um Melanchthons Exegese dürfte z.T.
2
Einleitung
losoph 4 , Pädagoge 5 oder Politiker 6 wahrgenommen wird. Insbesondere das J u biläumsjahr 1997 hat mit umfangreichen Festschriften, Sammelbänden und Ausstellungen Melanchthon zu größerer Popularität verholfen. 7 Die Probleme der Engfuhrung sind jedoch in der Forschung auch in den letzten Jahren nicht überwunden worden, was vor allem mit der Quellenlage zusammenhängt. Die meisten Untersuchungen greifen immer wieder auf dieselben Quellen zurück, so daß viele andere Arbeiten von Melanchthon gänzlich unbeachtet bleiben. Dabei stellt sich das Quellenproblem als besonders schwerwiegend dar, weil bis jetzt abgesehen vom Briefwechsel eine kritische Edition des Opus Melanchtonis weder existiert noch in Aussicht steht. Die fortschreitende Herausgabe der Briefe durch Heinz Scheible 8 hat die Untersuchungen nicht nur auf eine umfangreichere Quellenbasis gestellt, sondern die starken redaktionellen Eingriffe von Zeitgenossen des 16. Jahrhunderts in die im Corpus Reformatorum überlieferten Briefe offenbart und korrigiert. Vergleichbare Schwierigkeiten betreffen auch alle anderen Quellen, sofern sie nur im Corpus Reformatorum zugänglich sind. Dort wurde zumeist nur die letzte Ausgabe eines Werkes aufgenommen, was insbesondere irreführend ist, da Melanchthon seine Schriften zahlreichen Überarbeitungen unterzogen hat; zum anderen hat der Vergleich mit den Originaltexten hohe Fehlerquoten zu Tage gebracht. Einher mit dem Mangel an einer kritischen Edition geht die Unkenntnis über die Existenz und den Entstehungszeitpunkt vieler Werke. Erst jüngst hat Timothy Wengert einen Überblick über die biblischen K o m mentare geschaffen; über die klassischen wie sprachlichen Werke wird hingegen viel geschrieben, ohne die Quellenlage zu erkunden. 9
auch dadurch angestoßen worden sein, daß die gegenwärtige neutestamentliche Forschung die Bedeutung der Rhetorik in den paulinischen Briefen entdeckt und damit Melanchthon wiederentdeckt hat, vgl. RAEDER, Ausleger des Neuen Testaments und LEINER, Hermeneutik. HOFFMANN (Rhetoric and Dialectic) spürt den verschiedenen Ursprüngen der Dialektik und Rhetorik von Melanchthon und Erasmus am Beispiel des Johannesevangeliums nach, wobei dieser K o m mentar schon eigens von WENGERT (Melanchthon's Annotationes) untersucht worden ist. Vgl. von Wengert auch den Uberblick über Melanchthons gesamte exegetische Tätigkeit (ders., C o m m e n taries), sowie seine Einzelstudien zu Melanchthons Römerbriefkommentar von 1522 (ders., Ann o t a t i o n on Romans) und seine detaillierten Monographien zu der Auseinandersetzung mit Erasmus (ders., Human Freedom) und Agricola (ders., Law and Gospel). 4 Vgl. den Forschungsüberblick von MATZ, Philosophie und Anthropologie, S. 46—60. 3 Einen detaillierten Forschungsüberblick über den Pädagogen Melanchthon in den jüngsten Veröffentlichungen bietet G . R . SCHMIDT, Rückblick auf das Melanchthonjahr, S. 6 9 1 - 7 0 4 . 6 Vgl. den Forschungsüberblick bei JANSEN, Melanchthon und die Reichspolitik, S. 46—60 und WARTENBERG, M e l a n c h t h o n als P o l i t i k e r , S. 1 5 3 - 1 6 8 . 7 Uber die schon in den Anm. 1—6 genannten Forschungsüberblicke hinaus sei noch aufJUNG, Neuerscheinungen zum Melanchthonjahr, S. 177—206 und SCHILSON, Rückblick auf Publikationen, S. 4 0 - 4 5 verwiesen. 8 Die Regesten sind bereits vollständig erschienen: Melanchthons Briefwechsel. Kritische und kommentierte Gesamtausgabe. Regesten, hg. v. HEINZ SCHEIBLE, 10 Bde. ( 1 9 7 7 - 1 9 9 9 ) . Von den Textbänden wurden bis jetzt die Jahre bis 1529 veröffentlicht: Melanchthons Briefwechsel. Kritische und kommentierte Gesamtausgabe. Texte, hg. v. HEINZ SCHEIBLE, 3 Bde. ( 1 9 9 1 - 2 0 0 0 ) . 9 Vgl. den Anhang, S. 284ff, WENGERT, Commentaries, S. 1 0 6 - 1 4 8 . Vor allem die zahlreichen
Zur Methode
der Arbeit
3
Mit der Quellenproblematik gehen in der Forschung methodische Fragen einher. Zwar suchen die meisten neueren Studien Melanchthons Wirken positiv zu beschreiben und trennen dabei doch seine Persönlichkeit in den Theologen, den Philologen, den Philosophen oder den Politiker auf. In allen Feldern wird M e lanchthons Leistung gewürdigt, ohne ihn damit von dem Vorurteil einer Nebenrolle in der Reformationsgeschichte befreien zu können. Wer Melanchthons T ä tigkeit und Arbeitsfelder voneinander getrennt betrachtet, kann nur zu einem zerstückelten Melanchthonbild vordringen und das Ansehen dieses Reformators nur Schönheitskorrekturen, nicht aber einer Revision unterziehen. Nicht nur die ungesicherte Quellenlage, sondern auch die separierenden Fragestellungen behindern somit einen Durchbruch zu einem Melanchthonbild, das seine Rolle in und seinen Beitrag für die Reformation darzustellen vermag. Grundlegender Ausgangspunkt dieser Arbeit ist deshalb, die verschiedenen B e reiche von Melanchthons Leben zusammen zu betrachten. Melanchthon wurde als Universitätsprofessor nach Wittenberg berufen und hat diese Tätigkeit in allen Wirren und trotz der hohen Arbeitslast nie aufgegeben, weil - wie zu zeigen sein wird — Theorie und Praxis, Lehre und Leben für ihn untrennbar waren. Das heißt für diese Arbeit, daß erstens die verschiedenen Quellen gesichtet und sie zweitens in ihren Kontext gestellt und historisch gelesen werden. 1) U m die Lehre an der Universität nachzeichnen zu können, mußten die vorhandenen Quellen gesichtet und aufgefunden werden, die Entstehungszeitpunkte rekonstruiert, verschiedene Auflagen verglichen und die Revisionen herausgearbeitet werden. Melanchthon kam als Professor der Artistenfakultät nach Wittenberg, und aufgrund dieser Berufung war für ihn klar, daß die Fächer der Dialektik und Rhetorik zu seinem Lehrdeputat zählten. Aus dieser Lehrtätigkeit sind von 1519— 1532 vier dialektische und drei rhetorische Kompendien erwachsen. Kurfürst J o hann sprach 1526 Melanchthon über die begrenzten Lehrmöglichkeiten an der artistischen Fakultät hinaus umfangreiche Lehrfreiheiten in der theologischen Fakultät zu, obwohl Melanchthon nie über den Grad des baccalaureus biblicus hinausgekommen ist. Sieben biblische Kommentare verließen bis 1532 die Druckerpressen. Daneben hielt Melanchthon weiterhin Vorlesungen über die klassische Antike. Sein besonderes Interesse galt in dieser Zeit Aristoteles, zu dessen Werken und Philosophie er zwischen 1529 und 1532 fünf Kommentare verfaßte. Angesichts der zahlreichen Quellen findet sich in dieser Arbeit ein ausführlicher Anhang zu den biblischen, klassischen und sprachlichen Kommentaren des untersuchten Zeitraumes, der einen Uberblick sowohl über die vorhandenen Werke und deren Fundorte, als auch über deren Inhalt gibt. W i e eng Melanchthon die wissenschaftliche und gesellschaftspolitische Tätigkeit verband, vermögen zwei weitere Beobachtungen hinsichtlich der Quellen zu Auflagen des Kolosserkommentares in ihren historischen Kontexten hat Wengert ausfuhrlich u n tersucht, vgl. WENGERT, Human Freedom und ders., Law and Gospel.
4
Einleitung
verdeutlichen. Erstens bezeugen die zahlreichen Auflagen derselben Werke den intensiven Forschungsprozeß in Auseinandersetzung mit aktuellen kirchenpolitischen Fragen. D i e Dialektik erlebt in drei Jahren drei ausführliche Revisionen, der Kolosserkommentar wird 1527 u n d 1528 aufgelegt, der R ö m e r b r i e f erscheint von 1529 bis 1532 in drei Ausgaben u n d an den Aristoteleskommentaren hat M e l a n c h t h o n kontinuierlich weitergearbeitet. Zweitens zeigt ein Blick auf die W i d m u n gen der Kommentare, daß sich unter den Adressaten b e d e u t e n d e politische Persönlichkeiten der Gegenseite, nämlich K ö n i g Ferdinand oder Erzbischof Albrecht von Mainz finden. Für M e l a n c h t h o n sind Wissenschaft u n d Gesellschaftspolitik eben nicht getrennte Bereiche. D a ß er gerade die biblischen K o m m e n t a r e Fürsten u n d H e r r s c h e r n zueignet, verdeutlicht, daß M e l a n c h t h o n in der Heiligen Schrift Lösungen für die kirchenpolitischen Fragen suchte u n d seine A n t w o r t e n den R e gierenden als Ratschläge für ihr Handeln nahelegte. 1 0 2) Diese Arbeit sucht einen M e l a n c h t h o n herauszustellen, der sein W i r k e n als Universitätsprofessor u n d R e f o r m a t o r in den Dienst der Kirche - u n d das heißt einer von vielen Seiten bedrohten u n d bedrängten Kirche — gestellt hat. D i e Jahre 1526 bis 1532 waren dabei entscheidende Jahre. Die reformatio ecclesiae war schon lange nicht m e h r ein kursächsisches Territorialereignis, sondern hatte das gesamte R e i c h erfaßt. Das R i n g e n u m die eine katholische Kirche stand z u n e h m e n d unter d e m Vorzeichen der Kirchenspaltung u n d bedrohte zugleich die Einheit des R e i ches. N e b e n seiner h o h e n wissenschaftlichen Produktivität ist M e l a n c h t h o n von seinem Kurfürsten in diesen Jahren auf die Kirchenvisitationen (ab 1527) geschickt u n d mit auf die Reichstage in Speyer (1529) u n d Augsburg (1530) g e n o m m e n worden. D e r Briefwechsel u n d die Reichstagsakten geben reichlich Auskunft über diese Tätigkeit. Weil M e l a n c h t h o n gleichzeitig als Universitätsprofessor, politischer R a t g e b e r u n d Visitator tätig war, müssen sprachliche Lehrbücher u n d politische Ratschläge, K o m m e n t a r e u n d Briefe in dieser Arbeit zusammen gelesen u n d interpretiert werden. D e n Z u s a m m e n h a n g von T h e o r i e u n d Praxis, Lehre u n d Leben bringt M e lanchthon in der Einleitung zu seinem Kolosserkommentar von 1527 z u m Ausdruck: „In diesen Tagen werden viele Streitigkeiten ausgetragen, von d e n e n es sich gebührt, daß sie in diesem K o m m e n t a r dargestellt werden. Bei den Erklärungen will ich nicht nur m e i n e Sorgfalt, sondern auch m e i n e Epikie den Lesern beifallswert erscheinen lassen, weil Epikie sich besonders in kirchlichen Meinungsverschiedenheiten gebührt. Anders kann nämlich weder die kirchliche Eintracht b e wahrt n o c h wiederhergestellt werden. H o m e r sagt, daß Ü b e r d r u ß an allen D i n g e n existiere, nicht aber am Krieg. W i r erleben, daß jenes in der Kirche nur zu wahr ist, w o o h n e irgendeinen gerechten G r u n d wiederholt neue Kriege u n d n e u e U n r u -
111 Ü b e r die W i d m u n g e n an Fürsten i m allgemeinen vgl. SCHOTTENLOHER, W i d m u n g s v o r r e d e , bes. S. 194. Z u M e l a n c h t h o n s F ü r s t e n w i d m u n g e n in der W i t t e n b e r g e r Lutherausgabe (1539—
1 5 5 9 ) v g l . WOLGAST, F ü r s t e n w i d m u n g e n , S. 2 5 3 - 2 6 5 .
Zur Methode
der
Arbeit
5
hen aus menschlichen Eitelkeiten erwachsen." 1 1 Epikie in der Wissenschaft, d.h. sorgfältiges Behandeln von theologischen Streitfragen, betreibt Melanchthon im Kontext der gesellschaftspolitischen Ereignisse. 12 Für ihn hingen die Gefahren von Krieg und Kirchenspaltung an theologischen Problemen und an den Lösungswegen dieser Konflikte. Sprachverständnis und Exegese, T h e o l o g i e und Politik sind im Leben Melanchthons untrennbar miteinander verbunden, so daß sein Wirken nur dann umfassend verstanden werden kann, wenn man die verschiedenen Aspekte seines Lebens zusammen betrachtet. In diesem Sinne ist die Arbeit mit dem Titel „Philipp Melanchthon: Wissenschaft und Gesellschaft. Ein Gelehrter im Dienst der Kirche (1526—1532)" überschrieben. Was die moderne Sprache mit dem B e g r i f f der Gesellschaft bezeichnet, drückt Melanchthon in der R e g e l mit dem B e g r i f f der res publica aus. Das ist der Oberbegriff für Gemeinwesen, welcher Verfassungsstruktur auch immer, die sich durch eine rational geleitete Ordnung auszeichnen und dem gemeinen Nutzen verpflichtet sind. Res publica, das ist eine Stadt, genauso wie ein fürstlich regiertes Territorium oder ein kaiserliches Imperium. Da die res publica durch Ordnung und Gemeinnutz gekennzeichnet ist, kann auch die Kirche als Gemeinwesen bezeichnet werden und gehört die Kirche unabdingbar zur res publica dazu. 13 Im Mittelpunkt der Arbeit stehen die Jahre 1526 bis 1532, weil beide Daten sich sowohl von der Lehrtätigkeit wie von der politischen Eingebundenheit M e l a n chthons ableiten lassen. 1527 erscheint der erste von Melanchthon autorisiert herausgegebene Kommentar, nämlich zum Kolosserbrief, den er 1526/27 in einer Vorlesung ausgelegt hatte. Alle vorherigen biblischen Exegesen sind oft zum M i ß fallen Melanchthons — und vom modernen Leser zumeist übersehen — als Fremdveröffentlichungen erschienen. Deswegen setzt die Arbeit zeitlich mit dem Entstehungszeitpunkt dieses ersten autorisierten Kommentars, dem Jahr 1526, ein. D e n Schluß setzt der große R ö m e r b r i e f k o m m e n t a r von 1532, den Melanchthon als theologisches Manifest der reformatorischen T h e o l o g i e angesichts des gescheiterten Einigungsversuches in Augsburg verfaßt hat. In das Jahr 1532 fallen zwei weitere, für diese Arbeit wichtige Daten. Z u m einen sorgt ein Reichstag in Nürnberg
"
„ M u l t a e h o c t e m p o r e c o n t r o v e r s i a e tractantur, quas h i c attingere o p o r t u i t . In his explicandis
volui n o n t a n t u m diligentiam raeam probari lectoribus, sed e t i a m è m e i x e i a v , q u a m in ecclesiasticis dissensionibus i m p r i m i s praestari o p o r t e b a t . N e q u e e n i m aliter aut c o n s e r v a r i aut sarciri ecclesiae c o n c o r d i a potest. H o m e r u s v i r [ait] o m n i u m r e r u m satietatem esse, belli n o n esse. Id nimis q u a m v e r u m e x p e r i m u r in ecclesia esse, ubi subinde n o v a bella, n o v i tumultus sine ulla iusta causa ab a m bitiosis h o m i n i b u s e x c i t a n t u r . " Kolosser 1 5 2 7 , S. 2 1 0 , 1 0 — 1 9 . 12
Z u d e m B e g r i f f u n d d e r B e d e u t u n g v o n è m e i x e i a siehe u n t e n Kapitel 2 , S. 5 8 f .
13
Siehe u n t e n Kapitel 2 . I I I . u n d 5 . I I . BERWALD, Sicht d e r R h e t o r i k , S. 8 - 9 . E x p l i z i t v e r w e n d e t
M e l a n c h t h o n d e n B e g r i f f d e r res publica
für die K i r c h e z . B . in s e i n e m L o b l i e d a u f Paulus: „ Q u e m
e n i m h a b e m u s alium s c r i p t o r e m , qui g e n e r a d o c t r i n a r u m , philosophiae et evangelii, artificiosius discernit, qui u s u m u t r i u s q u e tarn p e r s p i c u e m o n s t r a t , qui nobis r e m p u b l i c a m n o s t r a m , id est e c clesiam, clarius describit, qui saepius m o n e t q u a r u m r e r u m d o c t r i n a ecclesiae necessaria sit?" D e P a u l o A p o s t o l o ( 1 5 4 3 ) , C R 1 1 , Sp. 6 1 8 , 2 7 - 3 3 .
6
Einleitung
für einen vorübergehenden Friedensschluß, dem Nürnberger Anstand, zum anderen stirbt der Kurfürst Johann von Sachsen. Johann hatte 1525 sein Amt angetreten und in den folgenden Jahren Melanchthon zunehmend in den landesherrlichen Dienst gestellt. Für den Fürsten und den Professor war es eine Zeit des intensiven Zusammenarbeitens mit ähnlichen Zielen; beide strebten j e auf ihre Weise nach der Einheit der Kirche. Mit dem Tod des kursächsischen Landesherrn geht eine Regierungsära zuende, und sein Sohn Johann Friedrich verfolgte als Kurfürst eigene Ziele und diplomatische Vorgehensweisen. 14 Der Tod des Fürsten, der Friedensschluß in Nürnberg und die Widmung des Römerbriefkommentars fallen alle in den Sommer 1532. U m Melanchthons wissenschaftliche wie politischen Tätigkeit nachzuzeichnen, legt sich deswegen zunächst einmal eine Begrenzung auf die Zeit von 1526 bis 1532 nahe. Mit der zeitlichen Eingrenzung ergab sich die Auswahl der Quellen. Diese Arbeit stützt sich vor allem auf die sprachlichen Lehrbücher wie die biblischen und aristotelischen Kommentare der Jahre 1 5 2 6 - 1 5 3 2 . Aufgrund verschiedener Faktoren mußten Melanchthons Arbeiten zu weiteren griechischen Autoren und zu C i cero unberücksichtigt bleiben: Liest Melanchthon immer wieder über Demosthenes und Homer, gilt sein Hauptinteresse unter den Philosophen in der untersuchten Zeit dennoch Aristoteles. 15 Die Entdeckung des Cicero fällt in den Anfang der zwanziger Jahre, als die theologische Kritik an Aristoteles die ethischen Vorlesungen über dessen Nikomachische Ethik in Zweifel zogen. An deren Stelle las M e lanchthon von 1524 an über Ciceros ,De officiis' und seine kurzen Erläuterungen dazu erschienen ab 1525. Ebenso hat Melanchthon Ciceros Dialog über den R e d ner von 1525 an immer wieder als kurz kommentierte Textausgabe herausgegeben. 1 ' 1 Ab 1526 wendete sich der Wittenberger aber wieder Aristoteles mit neuer Intensität zu und veröffentlichte in der Folgezeit ausführliche Kommentare. Deshalb wird in dieser Arbeit der Frage nachgegangen werden, welche Rolle Cicero und Aristoteles in Melanchthons Denken zukommt, ohne daß dabei die Cicerokommentare ausführlich besprochen würden. U m einer übersichtlicheren Darstellung willen wird in einem ersten Kapitel die Entwicklung von Melanchthons Dialektik- und Rhetorikverständnis zur Sprache kommen, weil beide Fächer die Grundlagen seines wissenschaftlichen Arbeitens und damit den theoretischen Ausgangspunkt für die Untersuchung vermitteln. In den folgenden fünf Kapiteln werden die exegetischen wie klassischen Kommentare und die gesellschaftspolitische Tätigkeit Melanchthons chronologisch und im historischen Kontext dargestellt werden.
Vgl. WARTENBERG, Melanchthon als Politiker, S. 167. Zu Melanchthons Vorlesungen über griechische Klassiker vgl. die Ubersicht bei RHEIN, Gräzist, S. 6 5 - 6 6 . 16 Vgl. dazu KEEN, Checklist, S. 1 4 3 - 1 4 5 und KIRSCH, Cicero, S. 1 3 1 - 1 4 9 . 14 15
Zur Methode
der Arbeit
7
Das erste Kapitel behandelt die R e f o r m der Sprache als Voraussetzung des wissenschaftlichen Arbeitens. Die Untersuchung der Lehrbücher setzt mit dem ersten rhetorischen Kompendium aus dem Jahre 1519 ein und verfolgt die Entwicklung bis zum letzten sprachlichen Lehrbuch des Untersuchungszeitraums, der Rhetorik von 1531. Damit wird der gesetzte zeitliche Rahmen zwar überschritten, aber nur im Vergleich mit den ersten Lehrbüchern sind die späteren zu würdigen und ihre Besonderheiten zu verstehen. Ziel der Analyse ist nicht eine umfassende quellengeschichtliche Untersuchung, sondern das Augenmerk soll auf die Aspekte gelenkt werden, die bei Melanchthon neu oder mit neuer Kraft zu Tage treten: Die Sprachkompetenz, wie sie insbesondere die Dialektik und Rhetorik vermitteln, ist für Melanchthon die unabdingbare Voraussetzung für jegliches weitere wissenschaftliche Arbeiten, sei es in der Theologie, Medizin oder den Rechtswissenschaften. Den Nutzen der Dialektik und Rhetorik stellt er in seinen Lehrbüchern jedoch vor allem für die Theologie heraus, die der Sprachkompetenz für die Schriftexegese, Predigtlehre wie die sachgerechte Lösung theologischer Streitfragen bedarf. Somit zeichnet das erste Kapitel das Verständnis und die Weiterentwicklung der sprachlichen Disziplinen bis 1532 nach und hat einen ideengeschichtlichen Schwerpunkt. Wenn der historische Kontext dabei nur kurz angerissen werden kann, wird damit keine eingleisig, theoretisch motivierte Entwicklung des Sprachverständnisses konstatiert. Melanchthons Tätigkeit als Professor und zunehmend als theologischer Berater des Kurfürsten sind der Kontext, in dem er seine Theorie der Sprachkompetenz weiterentwickelt. Die Aufteilung in ein sprachtheoretisches Kapitel und danach folgenden theologisch-historischen Kapiteln fordert weniger die Sache als die Verständlichkeit. Im Verlaufe des ersten Kapitels werden deswegen einige Ereignisse angesprochen, die erst später behandelt werden. Verfolgt das erste Kapitel damit die grundlegenden wissenschaftstheoretischen Voraussetzungen, folgt in der weiteren Arbeit die praktische Umsetzung in biblischer und klassischer Exegese. Deswegen bauen die folgenden Kapitel auf den Ergebnissen des ersten Kapitels auf und verweisen zu diesem zurück. Die Kapitel zwei bis sechs verfolgen, wie Melanchthon in seinen Kommentaren die von ihm vorgestellten sprachlichen Ideale der wissenschaftlichen Exegese mit Blick auf praktische Anfragen umzusetzen suchte. Sprachkompetenz war für M e lanchthon die unabdingbare Voraussetzung für die Schriftauslegung, aber auch für das Leben und Handeln in der Gesellschaft. In einer Zeit der wachsenden kirchlichen Zwietracht gewann die Frage an Bedeutung, wie die biblische Wahrheit gefunden und damit die kirchliche Eintracht gewahrt bzw. wiederhergestellt werden kann. Für Melanchthon waren die zahlreichen theologischen Streitfragen letztendlich ein Problem des korrekten Sprachgebrauchs in der Schriftauslegung. In seinem Kolosserkommentar von 1527 schreibt er über das Gegengift zu den theologischen Streitigkeiten: „Gegen j e n e Übel gibt es ein sicheres Heilmittel: Aus den Auseinandersetzungen sind [jene Dinge] herauszufiltern, worin Übereinstimmungen bestehen und worin sie der geistlichen Erbauung dienen. Verfährt man so,
8
Einleitung
würde nicht viel übrigbleiben, worin sie [seil, die Streitenden] sich uneinig sind. O f t wird über ein Wort gestritten, oft fälschlicherweise getadelt, was von anderen nicht pflichtvergessen geschrieben wurde. Wie aber kann ohne Dialektik und R h e t o r i k verstanden werden, wie viel übereinstimmt und was nicht übereinstimmt?" 17 Die sprachliche Ungenauigkeit als Ursache des theologischen Streits forderte für Melanchthon vor allem zwei Konsequenzen: Z u m einem galt ihm als entscheidender Schlüssel zur Lösung der Konflikte eine präzise dialektisch-rhetorische Exegese der Heiligen Schrift. Z u m anderen forderte er immer wieder, daß die streitenden Parteien sich an einen Tisch setzen und gemeinsam auf Gottes Wort hören. Mit Schriftexegese wie Religionsgesprächen wollte Melanchthon die Konflikte beheben, weil die biblische Schrift für ihn die eine Wahrheit offenbarte und diese eine Wahrheit unter Anwendung wissenschaftlicher Präzision gefunden werden kann. In den Kapiteln zwei bis sechs wird in einem ersten Schritt die jeweilige Vorlesung im historischen Kontext verortet. Der dialektisch-rhetorischen Exegese soll dann das Augenmerk im zweiten Schritt gelten. In großen Zügen wird die sprachliche Auslegung des gesamten biblischen bzw. klassischen Buches nachgezeichnet, u m schließlich die zentrale Frage nach der politischen Ethik im Detail zu erörtern. Diese Entscheidung drängte sich aufgrund des exegetischen Befundes und der gesellschaftspolitischen Ereignisse auf: Bereits im Kolosserkommentar von 1527 fügt Melanchthon eine Exegese zu R o m 13 ein. Beginnend mit diesem Kommentar von 1527 liegen für die Jahre bis 1532 fast jährlich neue oder überarbeitete Auslegungen zu diesem zentralen paulinischen Obrigkeitskapitel in Melanchthons biblischen und klassischen Kommentaren vor. Dadurch läßt sich die Entwicklung der politischen Ethik über die Jahre hinweg genau verfolgen. 18 Daß Melanchthon sich in diesen Jahren immer wieder der politischen Ethik zuwandte, ist nicht allein auf exegetische Entscheidungen zurückzuführen. Die Auswirkungen des Bauernkrieges, die Erfahrungen auf den Kirchenvisitationen wie mit den Reichstagen haben der schrifttheologischen Suche nach der wahren Theologie spezifische Fragen gestellt. Melanchthons Kontakte zu führenden politischen Gestalten werden verdeutlichen können, daß die Frage nach der Einheit und der einen Wahrheit ihn nicht nur am Lehrpult der Universität bewegt hat. Die zu wahrende Eintracht in der Kirche stand auf den Kirchenvisitationen wie Reichstagen gleichermaßen zur Diskussion, wenn die Fragestellungen und Gegner dabei auch variierten. In einzelnen Gemeinden wie bei großen politischen Treffen hat Melanchthon sich mit seinen Mitteln und Möglichkeiten für die eine wahre Kirche eingesetzt. Welcher Weg der Einheit zu beschreiten sei, hat M e 17 „Eius mali [seil, o d i o r u m et discordiae f a c t i o n u m ] aliquod r e m e d i u m fuerit e x c e r p e r e ex controversiis, quae c o n v e n i u n t q u a e q u e ad aedificationem faciunt, ita n o n multa r e l i n q u e n t u r quae dissideant: saepe de verbo litigatur, saepe calumnióse exagitantur, quae ab aliis n o n sunt i m p i e scripta. Q u o m o d o a u t e m sine dialéctica et rhetorica d e p r e h e n d i poterit, q u a n t u m conveniat, quae n o n c o n v e n i a n t . " Kolosser 1527, S. 237,28—34. 1H Siehe Kapitel 2, S.70ff, Kapitel 3, S. 108ff, Kapitel 5, S. 187ff, Kapitel 6, S . 2 3 2 f f .
Zur Methode
der Arbeit
9
lanchthon immer wieder neu überdenken müssen, weil die gesellschaftspolitischen Ereignisse ihn zur wissenschaftlichen Beantwortung der Frage drängten. Wie M e lanchthon die Theorie der Wahrheitsfindung in den praktischen Auseinandersetzungen der bedrohten Kircheneinheit umzusetzen vermochte, welche Konsequenzen er für die Wissenschaft wie Gesellschaftspolitik über die Jahre gezogen hat, wird im Verlauf der Kapitel darzustellen sein. Die Konzentration auf die Bereiche von Sprachkompetenz, biblischer wie klassischer Exegese und politischer Ethik folgt einem der Sache innewohnenden Z u sammenhang. Auf dem Reichstag in Speyer wendet Melanchthon sich 1529 in seiner Widmung zum Danielkommentar an den König Ferdinand: „Obgleich ich dir mit diesem Kommentar meine Ehrerbietung und Redlichkeit beweisen wollte, habe ich dennoch einen anderen, viel achtbareren und offensichtlich dringenden Grund, dir zu schreiben. Es werden heute von vielen die außerordentlich gehaßt, welche die heiligen Schriften klar ergründen. Weil einige Heuchler überall die Fürsten gegen diese aufwiegeln, gibt es heutzutage kein schwereres Verbrechen, als die wahre Lehre der Religion zu umfassen. Und schon seit einigen Jahren wollen viele angesehene Männer in ziemlich vielen Angelegenheiten den Ausgleich, die auf widerstreitende Weise den Streit der Kirchen lieber unterdrücken wollen als im rechten Verfahren die Streitfragen zu prüfen. Aber es wäre nicht nur rechtens, sondern auch dem öffentlichen Frieden nützlicher, zuerst die Lehre zu erkennen, als sie mit Edikten zu erwürgen. Es kann nämlich kein dauerhafter Frieden existieren, wenn in den Kirchen falsche Lehren festsitzen."' 9 Alle drei Bereiche, Sprache, Exegese und politische Ethik, drehen sich für Melanchthon zu dieser Zeit letztendlich um die Fragen nach der einen biblischen Wahrheit, der wahren kirchlichen Einheit und dem gesellschaftlichen Frieden. Wird Melanchthons Arbeit als Theologe, Pädagoge, Philologe oder Politiker in diesem Kontext gesehen, treten nicht nur kleinere theologische, pädagogische, philologische und diplomatische Teilerrungenschaften zu Tage. Sondern es wird ein reformatorischer Theologe sichtbar, der Exegese und Wissenschaft um der einen wahren Kirche willen im gesellschaftspolitischen Kontext betrieben und damit der Christenheit einen großen Dienst geleistet hat.
19
„ Q u a m q u a m a u t e m v o l u i tibi h a c in re m e a m o b s e r v a n t i a m m e u m q u e erga te S t u d i u m p r o -
bare, tarnen et aliarli q u a n d a m h a b u i c a u s a m a d te s c r i b e n d i , m u l t o i u s t i o r e m ac p l a n e n e c e s s a r i a m . M a g n o in o d i o m u l t o r u m s u n t h o c t e m p o r e n o n n u l l i q u i sacras literas p u r e tractant. A d v e r s u s h o s c u m s y c o p h a n t a e q u i d a m u b i q u e p r i n c i p e s c o n c i t e n t , n u l l u m h o c t e m p o r e g r a v i u s est c r i m e n , q u a m g e n u i n a m religionis d o c t r i n a m a m p l e c t i . E t annis i a m a l i q u o t m u l t i b o n i viri d e s y d e r a n t a e q u i t a t e m in n o n n u l l i s q u i q u o v i s alio m o d o dissensiones ecclesiae m a l u n t o p p r i m e r e q u a m o r d i n e cognitis d o g m a t i b u s . A t n o n m o d o a e q u i u s erat, sed e t i a m p u b l i c a e p a c i utilius, d o c t r i n a m p r i u s c o g n o s c e r e , q u a m edictis iugulare. N e q u e e n i m p o t e s t esse d i u t u r n a p a x , si in ecclesiis falsae o p i n i o n e s h a e s e r i n t . " M e l a n c h t h o n an K ö n i g F e r d i n a n d , S p e y e r v o r d e m 1 1 . 4 . 1 5 2 9 , D a n i e l 1 5 2 9 , fol. a 3 v - a 4 r = M B W . T 3, S. 4 7 8 , 7 9 - 9 0 , N r . 7 6 9 .
Kapitel 1
Melanchthons dialektische und rhetorische Handbücher I. Melanchthons Lehrbücher aus seinen ersten Wittenberger Jahren (1518-1521) Im August 1518 folgte Philipp Melanchthon dem R u f an die noch junge Universität in Wittenberg und übernahm die neu errichtete Professur für griechische Sprache. Mit den in diesem Jahr neu eingerichteten Lehrstühlen des Hebräischen und Griechischen verfolgte die Universität eine R e f o r m des Grundstudiums, mit der die Attraktivität des Lehrangebotes gesteigert werden sollte. Dabei gewann die Hochschule mit Melanchthon nicht nur eine Fachgröße des Griechischen, sondern auch einen Initiator für die R e f o r m der übrigen Disziplinen des Grundstudiums, vor allem der Dialektik und Rhetorik. 1 In seiner Antrittsvorlesung im August 1518 forderte Melanchthon programmatisch eine solide Grundlage aller Wissenschaften, die nur zu verwirklichen sei, wenn die Bedeutung der Dialektik und Rhetorik wieder erkannt werde: „Die Studien der Studienanfänger [...], die Grammatik, Dialektik und Rhetorik, müssen soweit erlernt werden, daß man, auf diese Weise ins Reden und Urteilen eingewiesen, nach den höheren Wissenschaften wohlüberlegt trachtet." 2 Melanchthon verwarf eine Logik, die im traditionellen Schulgebrauch fern jeder Praxis zur Sprachphilosophie verkommen war, und eine Rhetorik, die zur Wortklauberei verzerrt wurde, weil sie nur noch durch Spitzfindigkeiten blenden konnte. Beide Disziplinen seien in der Ausbildung zu sinnlosen Fleißaufgaben für Studenten geworden, so spitzt Melanchthon sein Urteil zu. Dagegen ruft er in Erinnerung, daß 1
Zur Gründungsgeschichte der Universität und den Reformen bis 1518 vgl. vor allem FRIE-
DENSBURG, G e s c h i c h t e , S. 1 - 1 1 8 , GROSSMANN, H u m a n i s m i n W i t t e n b e r g , S. 3 6 - 1 3 4 , dies., H u m a n i s m u s , S. 14—30, KRUSE, U n i v e r s i t ä t s t h e o l o g i e u n d K i r c h e n r e f o r m , S. 3 1 — 5 2 , LUDOLPHY, F r i e d -
rich der Weise, S. 3 1 5 - 3 3 6 , SCHEIBLE, Gründung und Ausbau der Universität Wittenberg, S. 1 3 1 147, TEWES, Kölner Artisten-Fakultät, S. 6 0 1 - 6 3 8 . Zu Melanchthons Berufung nach Wittenberg vgl. HANNEMANN, D i e B e r u f u n g M e l a n c h t h o n s , S. 1 0 8 - 1 3 8 u n d MAURER, M e l a n c h t h o n B d . 2 , S. 9 - 2 7 . 2 „Puerilia studia [...] grammatica, dialéctica, rhetorica eatenus discenda sunt, qua ad dicendum ac iudicandum instructus, fastigia studiorum non temere affectes." De corrigendis adolescentiae studiis, MWA 3, S. 3 0 - 4 1 , hier S. 38,28-31. Zur gesamten Rede vgl. MAURER, Melan-
c h t h o n B d . 2 , S. 1 3 - 1 6 , SCHNEIDER, B i b l i c a l A u t h o r i t y , S. 5 4 - 6 0 , M . SCHULZE, V o n d e n s ä k u l a r e n W i s s e n s c h a f t e n , S. 1 0 4 - 1 0 7 .
12
Kapitel
í: Dialektische
und rhetorische
Handbücher
die klassischen Meister der Sprachdisziplinen, Aristoteles und Cicero, den praktischen Nutzen dieser Fächer gelehrt hätten — und der gelte bis heute und müsse wieder hervorgehoben werden. 3 Der Theologe bedarf der Dialektik und Rhetorik ebenso wie der Politiker, um Tatbestände der Religion oder Staatsangelegenheiten klar zu erfassen und ein sachverständiges Urteil zu fällen. 4 Melanchthon kritisierte in seiner R e d e die herkömmlichen Schulbücher zu den Grundschriften der Logik, der „Logica vetus" (das Organon von Aristoteles und der Isagogus von Porphyrios) und der „Logica nova" (erste und zweite Analytik, die Topik sowie die „Sophistici elenchi" des Aristoteles). Dabei hatte er vor allem Johannes Versor 5 und den ausfuhrlichen Kommentar zum Organon von Petrus Tartaretus 6 im Auge. Für Melanchthon hatten jene „Meister des Nichtwissens" dem Grundwissen ihren Inhalt geraubt. 7 Melanchthons Kritik an den überladenen Handbüchern, die sich fern jeder Anwendbarkeit in endlosen Spezialfragen ergingen, und seine Forderung nach einer erneuerten Dialektik und Rhetorik reihen sich in weit verbreitete Reformversuche ein. Seit der Wende zum 16. Jahrhundert wurden nördlich der Alpen vermehrt Stimmen zu einer R e f o r m der Dialektik und Rhetorik laut. 8 Ohne diese komplexe Geschichte hier darstellen zu können, ist für das Verständnis Melanchthons wichtig, daß ihm die Lektüre von R u d o l f Agrícolas ("J" 1485) „De inventione dialéctica" einen entscheidenden Anstoß für seine R e -
3 4 1
M W A 3, S. 3 5 , 1 4 - 2 6 , vgl. MCNALLY, R h e t o r i c , S . 3 9 . M W A 3, S. 3 8 , 3 6 - 3 9 , 2 , vgl. BERWALD, Sicht der R h e t o r i k , S. 8 - 2 4 . Johannes Versor ( f u m 1 4 8 0 ) war M i t t e des 15. Jahrhunderts ein einflußreicher Lehrer an der
Bursa Montis in K ö l n und hat alle aristotelischen Hauptwerke sowie die „Summulae logicae" des Petrus Hispanus thomistisch erläutert, PRANTL, Logik B d . 4, S. 220—221. 6 Petrus Tartaretus (tätig u m 1480—1490) war skotistischer Lehrer in Paris. Seine Erläuterungen zur aristotelischen Kategorienlehre und die L e h r b ü c h e r des Petrus Hispanus ( f l 2 7 7 ) wurden in W i t t e n b e r g wie in vielen Universitäten verwendet, PRANTL, Logik B d . 4, S. 204—209; ASHWORTH, Language and Logic, S. 2. 7 8
,,[...] n o n esse SUAEXTIXCI, quae isti amussi, inscitiae magistri profitentur." M W A 3, S. 35,1—3. D i e Kritik an dem traditionellen Verständnis der Grammatik, Dialektik und R h e t o r i k sah im
einzelnen sehr verschieden aus. Erasmus brandmarkte die Spitzfindigkeiten der scholastischen L o gik und stellte den N u t z e n der Dialektik gänzlich in Abrede, so daß er sich in seiner „ D e copia verb o r u m ac r e r u m " allein der R h e t o r i k zuwandte, RISSE, Logik der Neuzeit, S. 4 1 . Andere b e schritten den Weg, beide Fächer zu reformieren. Als wichtige Vertreter sind neben dem weiter unten erwähnten R u d o l p h Agricola vor allem L o r e n z o Valla ( f 1 4 5 4 ) und die B r ü d e r v o m G e meinsamen L e b e n zu nennen. Valla hat seinem Dialektikverständnis in der „Repastinatio dialecticae et philosophiae" (um 1 4 3 0 ) Ausdruck verliehen. D o r t wird der Dialektik die Vorrangstellung i m Trivium abgesprochen und zu e i n e m Teil der R h e t o r i k reduziert, vgl. MACK, Renaissance A r gument, S. 1 7 - 1 1 6 . D i e B r ü d e r v o m G e m e i n s a m e n L e b e n suchten dagegen vorhandene L e h r b ü cher zu verbessern, wie z.B. das W i r k e n des Alexander Hegius (F 1 4 9 8 ) bezeugt, HEATH, Logical Grammar, S. 16—47. Im allgemeinen sei auf den guten U b e r b l i c k zu den R e f o r m i d e a l e n der H u manisten und ihrem Streit mit der traditionellen Lehrweise von R u m m e l verwiesen, RUMMEL, Humanistic-Scholastic Debate, bes. S. 63—94; 126—190. Z u r Dialektik und Logik i m speziellen siehe ASHWORTH, Traditional Logic, S. 1 4 3 - 1 7 2 , JARDINE, Humanistic Logic, S. 1 7 3 - 1 9 8 . Einen umfassenden Einblick in einzelne Autoren gewähren für das ausgehende 15. Jahrhundert PRANTL, Logik B d . 4, S. 1 6 1 - 2 9 8 , für das 16. Jahrhundert RISSE, Logik der Neuzeit, S. 1 4 - 1 2 1 .
13
I. Lehrbücher aus den ersten Wittenberger Jahren
form der sprachlichen Disziplinen gab. 9 Rückblickend berichtet Melanchthon 1541, welchen Einfluß dieses 1515 zum ersten Mal erschienene Werk auf ihn ausübte: „Zu jener Zeit [in Tübingen] wurden zum ersten Mal die drei Bücher der Dialektik von R u d o l f Agricola herausgegeben, welche mir — gerade erst erschienen — Oekolampad [...] schenkte. Durch die Lektüre dieser Dialektik habe ich nicht nur viel dazugelernt, sondern wurde auch angespornt, in den R e d e n Ciceros und Demosthenes' die Argumentationsweisen sorgfältiger zu betrachten und zu unterscheiden. Dadurch wurde mir zu zweierlei verholfen; sowohl ihre R e d e n besser zu verstehen und sie lieber zu lesen als auch den Nutzen der Vorschriften zu durchschauen." 1 0 Agricola hat Melanchthon zwei Türen geöffnet: Erstens mittels der dialektischen Regeln die klassische Literatur zu ergründen und zweitens durch den neugewonnenen Zugang den Nutzen dieser Disziplin seinen Studenten vermitteln zu können. 1 1 Anders als der Friese Agricola hat Melanchthon seine Arbeit nicht auf die Dialektik beschränkt, sondern diese in seinem ersten Handbuch in den Dienst der Rhetorik gestellt.
1. Melanchthons
erste Rhetorik:
„De rhetorica libri tres"
(15t9)
Nur wenige Monate nach seiner Ankunft in Wittenberg erschien Melanchthons erstes Handbuch der Rhetorik, dessen Grundstock größtenteils zu seiner Tübinger Zeit entstanden sein dürfte. 12 Grundsätzlich will Melanchthon den Studenten durch die Rhetorik die Fähigkeit vermitteln, Argumentationen zu erkennen und selber zu erarbeiten (inventio), sachgerecht anzuordnen (dispositio) und stilvoll aus9 Agricola hatte seine Dialektik schon 1483 vollendet, die erst mit ihrer postumen Veröffentlichung im Jahre 1515 Breitenwirkung erzielen konnte. In seiner Dialektik behandelt Agricola vor allem das Auffinden von Argumenten und das Strukturieren von Beweisgängen. Die Rhetorik hat dagegen für ihn allein die Stilmittel zum Gegenstand, vgl. dazu ausfuhrlich MACK, Renaissance Argument, S. 1 1 7 - 2 5 6 , MEUTHEN, Humanistisch-rhetorische Dialektik, S. 1 0 8 - 1 1 0 , MÜNDT, De inventione dialectica, S. 83—146. 10 „Eo ipso tempore [seil, in Tübingen] primum editi sunt libri dialectici tres Rodolphi Agricolae, quos mihi recens excusos Oecolampadius [...] donavit. Horum lectione non erudiebar tantum, sed etiam excitabar, ut in orationibus Ciceronis et Demosthenis argumentorum formas diligentius considerarem ac distinguerem. Qua ex re utrumque adsequebar, ut et orationes illas melius intelligerem ac legerem libentius, et usum praeeeptionum perspicerem." C R 4, Sp. 716,5—15, Nr. 2418; KNAPE, Rhetorik, S. 24. Zu Melanchthons Ciceroverständnis siehe unten S. 24FF; zu D e -
m o s t h e n e s , v g l . R H E I N , G r ä z i s t , S. 5 7 - 5 9 . 1 ' „Cumque seu natura seu fato aliquo ad hanc scholasticam militiam traherer, et docere prius alios coepissem, quam ipse didicissem, impulsus sum a commilitonibus, ut ea, quae in familiaribus colloquiis disserentem audierant, ederem." C R 4, Sp. 716,16—20. 12 D e rhetorica libri tres, Wittenberg: Johann Grunenberg, 1519 (vgl. den Anhang, S. 263). Eine ausfuhrliche Untersuchung zu dieser Rhetorik fehlt noch; einen ersten Einblick gewährt MCNALLY, Rhetoric, S. 33—48, der auch eine englische Ubersetzung ausgewählter Abschnitte bietet. Ausfuhrlich behandeln den Aufbau und Inhalt BERWALD, Melanchthons Rhetoriklehrbücher,
S. 1 1 1 - 1 1 5 ,
CLASSEN, B e d e u t u n g d e r R h e t o r i k ,
SCHNEIDER, B i b l i c a l A u t h o r i t y , S. 6 5 - 9 6 .
S. 2 4 0 - 2 4 5 ,
KNAPE, R h e t o r i k , S. 2 4 - 2 8
und
14
Kapitel
1: Dialektische
und rhetorische
Handbücher
zuformulieren (elocutio). n Anders als seine rückblickende Würdigung von 1541 suggerieren mag, folgt Melanchthon mit diesem Aufbau nicht R u d o l f Agricola, der die Rhetorik allein auf die Stilmittel begrenzt sehen wollte und die anderen Bereiche der Dialektik vorbehalten hatte. 14 Als Vorbild hat vielmehr der lateinische R h e t o r Cicero zu gelten, und man kann mit Melanchthons Selbstzeugnis vermuten, daß die Lektüre von Agricolas Dialektik ihm vor allem zu diesem neuen Verständnis und zur Hochachtung Ciceros gefuhrt hat. 15 Die Denkweise des Lateiners dominiert das gesamte Lehrbuch, wenn Melanchthon darüber hinaus auch in einzelnen Abschnitten auf Agricola, Erasmus oder Trapezunt verweist. 16 Gleichrangig neben Cicero tritt für die dialektischen Fragen, denen Melanchthon in diesem Lehrbuch zum vollkommenen Verständnis der Rhetorik breiten R a u m gewährt, Aristoteles. 17 Gleich zu Beginn der Erörterung formuliert Melanchthon prägnant das Ziel der Rhetorik: Die Sprachfähigkeit dient „[...] der Verwaltung des Gemeinwesens, den Gerichtsverhandlungen, um Ratschläge und Gesetze einzubringen, Lastern entgegenzuwirken, um Kriegs- und Friedensrecht zu schaffen, und schließlich allen Amtern einer recht zu verwaltenden Bürgerschaft. Deswegen hat die Rhetorik auch den ersten Platz unter den wichtigen Künsten inne. Die Rhetorik wird den Knaben beigebracht, damit sie ihnen einerseits als ein gewisses Instrument dient, aus dem die anderen Disziplinen hervorgehen, und sie andererseits daran gewöhnt werden, die Probleme der Bürgerschaft richtig zu beurteilen; Aristoteles nennt sie 13 R h e t o r i k 1519, fol. a3 v . Dementsprechend gliedert sich diese R h e t o r i k in drei Bücher, in denen zuerst und am ausfuhrlichsten die inventio (ebd., fol. a3v—hv), dann die dispositio (ebd., fol. h 2 r - h 4 r ) und abschließend die elocutio (h4 r -i3 r ) behandelt wird, BERWALD, Melanchthons R h e t o riklehrbücher, S. 1 1 1 - 1 1 5 . 14 Vgl. MÜNDT, D e inventione dialectica, S. 85; MACK, Renaissance Argument, S. 120. In der B e t o n u n g der inventio dürfte Melanchthon allerdings Agricola verpflichtet gewesen sein, KNAPE, R h e t o r i k , S. 26. 15 Vgl. MCNALLY, R h e t o r i c , S. 34, RISSE, Logik der Neuzeit, S. 84. 16 A u f Cicero bezieht sich Melanchthon meistenteils und legt seinen Studenten vor allem dessen „ D e ofEciis" ans Herz: Diese Abhandlung über das moralisch richtige Handeln werde ihnen die mustergültige Umsetzung der R h e t o r i k exemplarisch vorfuhren ( R h e t o r i k 1519, fol. b3 v ; b4 r ~
; c r ). Zudem verweist Melanchthon auf Cicero bei den loci communes (ebd., fol. d r ) und greift auf die R e d e n „Pro M i l o n e " (ebd., fol. d2 r ) und „Pro Marcello" (ebd., fol. d4 v ; e4 r ) als Beispiele der Lobrede zurück. Aber auch die Affektenlehre (ebd., fol. e4 v ), die beratende R e d e (ebd., fol. f4 r _ v ; g1) und die Gerichtsrede (ebd., fol. g2 r ; g3 r ; g4 r ) können bei Cicero nachgeschlagen werden. Von Erasmus sollen die Rhetorikschüler vor allem die „ D e copia verborum ac rerum" zur Hand n e h men, aus der sie vieles über die Lobrede lernen können (ebd., fol. b3 v ; c2 r ; e2 v 3 r .) B e i den loci communes gesellen sich neben Cicero als gleichwertige Maßstäbe Erasmus und Agricola (ebd., fol. e3 v ; d r ). Quintilian ist hingegen bei der Affektenlehre die Hauptreferenz (ebd., fol. e4 r ~ v , ansonsten fol. a3 r ; c4 r ; P), und das Personenlob schlägt man am sinnvollsten bei Georg Trapezunt ( f l 4 8 6 ) nach (ebd., fol. d2 r ), der seine „ R h e t o r i c o r u m libri quinque" etwa 1433 verfaßt hatte, vgl. MONFASANI, George o f T r e b i z o n d , S. 261; 2 7 1 - 2 9 9 . 17 Melanchthon verweist seine Studenten für grundlegende Fragen der Dialektik auf die „Analytica posterior" des Aristoteles ( R h e t o r i k 1519, fol. a4 r ; b3 r ; c4 v ), darüber hinaus auch auf die „Topik" (vgl. ebd., fol. b3 v ). Zu Aristoteles siehe unten, S. 24ff. Zur Betonung der Dialektik in dieser R h e t o r i k siehe KNAPE, R h e t o r i k , S. 2 5 - 2 6 . v
I. Lehrbücher aus den ersten Wittenherger Jahren
15
daher bürgerliche Fähigkeit." 1 8 Die Rhetorik wird damit aus der Schattenexistenz früherer Jahrhunderte herausgeholt, als wichtigste Grundlagendisziplin benannt, auf der alles weitere Fachwissen aufbaut, und zugleich an ihren klassischen Ort zurückgestellt. Melanchthon zählt die Rhetorik nicht allein zu einer theoretischen Sprachwissenschaft, die nur in der begrenzten Welt der Universität ihren Nutzen zeigt. Wenn sie dort den Studenten beigebracht werden muß, dann doch nur, um diese auf die Anforderungen ihrer späteren Berufe als Juristen oder politische Berater vorzubereiten. Ihren praktischen Sitz hat die Rhetorik in der Öffentlichkeit, und sie zielt über sich hinaus auf das Handeln, so daß letzteres ohne die Rhetorik nicht denkbar ist. 19 Melanchthons Rhetorik trägt dieser Forderung Rechnung, indem sie neben den drei rhetorischen Gattungen der Lobrede (genus demonstrativum), der Gerichtsrede (genus iudiciale) und des An- und Abratens {genus deliberativum) eine vierte Gattung vorstellt, die ihren klassischen Sitz in der Dialektik hatte: die methodische Lehrrede, die als Untergruppe des genus demonstrativum behandelt wird und kurz als angewandte Dialektik zu charakterisieren ist. 20 Diese Gattung ist die Grundlage aller Grundlagen, ohne deren Kenntnis niemand irgendeine Disziplin meistern wird, weil sie alles behandelt, was man über irgendeine Sache wissen muß und lehrt, in welcher Ordnung dieser Stoff sinnvoll präsentiert werden kann. 21 Das Lehrbuch ist darüber hinaus besonders auf die Arbeit der Theologen zugeschnitten. Hatte Melanchthon in der Antrittsrede die Notwendigkeit der Beschäftigung mit der Rhetorik für die Theologen allen vor Augen gestellt, nahm er mit seinem Lehrbuch die Studenten an die Hand und zeigte ihnen, wie sie mittels der Rhetorik die Bibel auslegen und der Gemeinde predigen können. Melanchthon verdeutlicht die rhetorischen Regeln nicht nur mit Beispielen aus der klassischen Literatur und den Kirchenvätern, sondern greift zudem auf biblische Bücher zurück. Zeigen sich schon in anderen Rhetoriken erste Ansätze zu dieser Anwendung der Rhetorik auf die Bibel, gewinnt das Verfahren bei Melanchthon an D o minanz. Neben häufigen Verweisen auf die paulinischen Briefe zeigt Melanchthon anhand des Alten Testaments, daß die rhetorischen Regeln für die Exegese der Psalmen oder der Königsbücher notwendig sind. 22 18 „[...] ad rei publicae administrationem, forum, consilia, suadendas leges, dissuadenda vitia, sancienda belli pacisque iura, denique ad omnia civitatis recte constituendae munera. Eam ob causam inter ingenuas artes vel primas tenuit, docebantur rhetorica pueri, partim quo haberent veluti organon quoddam, ad quod exigerunt reliquas disciplinas, partim quo de civilibus causis recte iudicare consuescerent. Et Aristoteles quidem civilem facultatem vocat." R h e t o r i k 1519, fol. a3 r . Vgl. VASOLI, La dialettica, bes. S. 2 8 9 - 2 9 1 . 19
Vgl. B . BAUER, Melanchthon, S. 4 4 8 , BERWALD, Sicht der R h e t o r i k , S. 8 - 3 5 .
„Duplex igitur est genus demonstrativum, velque docentibus accommodatum est, velque ad laudandum et vituperandum pertinet." R h e t o r i k 1519, fol. a3 v , KNAPE, Hermeneutik, S. 125. Siehe unten, S. 41 f. 2(1
21 „ D u o huius generis officia sunt, alterum ut per locos suos in promptu habeat statim quidquid de unaquaque re dici potest, alterum ut ordine, qui maxime insinuet causam, audientis animo locos dispenset." R h e t o r i k 1519, fol. a4 r . 22
Z u Paulus vgl. R h e t o r i k 1519, fol. b4 v ; c v ; c2 r , zu den Psalmen ebd., fol. c2 r , zu den Königs-
16
Kapitel
1: Dialektische
und rhetorische
Handbücher
Die Ausrichtung der Rhetorik auf theologische Aufgaben wird besonders an der eingefügten Predigtlehre (Desacris concionibus) ersichtlich. Entgegen der derzeitigen Gepflogenheit, fordert Melanchthon, bedürfen gerade die kirchlichen Lehrer der Rhetorik, um verständlich und sachgemäß zu predigen. Ihrer Gattung nach kann eine Predigt entweder als Mahnung oder als Lehre verfaßt werden. Letzterer gilt dabei Melanchthons Hauptinteresse, weil die wichtigste Aufgabe der Prediger die Formung guter Sitten ist. Und hier gewinnt nun die neue Redegattung an B e deutung: Will der Pfarrer seine Gemeinde recht und verständlich belehren, muß die Predigt methodisch eine Lehrrede sein. 23
2. Die beiden kurzen Lehrbücher der Dialektik Rhetorik
(i520)
und
(152i)
Obwohl Melanchthon in seiner ersten Rhetorik große Teile der Dialektik behandelt hatte, drängten seine Studenten auf die Veröffentlichung eines separaten dialektischen Lehrbuches. 1520 erschien die knapp gefaßte „Compendiaria dialectices ratio", die ähnlich wie die Rhetorik bereits auf seine Lehrtätigkeit in Tübingen zurückgehen dürfte. 24 Schon der Titel ist Programm. Melanchthon verzichtet wie sein Vorbild R u d o l f Agricola auf den gängigen Begriff der Logik und grenzt sich damit von seinen Vorgängern klar ab. 25 In dieselbe Richtung zielt die Kürze der Darstellung. Melanchthon ist nicht daran interessiert, die Vollständigkeit aller möglichen Regeln zu erreichen. Vielmehr will er eine Einführung schreiben und reduziert daher den Stoff auf das notwendige Minimum: „Wir überlassen das Geschwätz, das dem gesunden Menschenverstand nicht einsichtig ist, denen, welche die dialektischen Lehrsätze zu nichts anderem verwenden als zur Quelle des Streitens, Sticheins und Phrasendreschens." 26 Vehement kritisiert Melanchthon die Eigenart der aristotelischen Logiker (Aristotelici). Sie vermehren die dialektischen Vorschriften bis zur Sinnlosigkeit mit Spitzfindigkeiten und meinen noch, daß dieser Irrgarten brauchbar wäre. In seiner eigenen Darstellung der Materie übergeht Melanchthon die ihm überflüssig erscheinenden Ausführungen und streicht dagegen die Fähigkeit der Dialektik heraus, jedes beliebige Thema dem Stoff angemessen behandeln zu bücher ebd., fol. ß v ; CLASSEN, R h e t o r i k , S. 2 4 0 - 2 4 5 , KNAPE, Hermeneutik, S. 1 2 5 - 1 2 9 , SCHNEIDER, Biblical Authority, S. 8 0 - 8 6 . 23 R h e t o r i k 1519, fol. g4v—hv. Einen guten Einblick über Melanchthons Verständnis und E n t wicklung der Predigtlehre bietet Schnell, zur Predigtlehre von 1519 siehe SCHNELL, Homiletische Theorie, S. 6 0 - 6 2 . 2 4 Compendiaria dialectices ratio, C R 20, Sp. 711—764 (vgl. den Anhang, S. 2 6 0 ) und die Vorrede zur Dialektik von 1520, M B W . T 1, S. 1 8 1 , 1 - 2 5 , N r . 7 8 und C R 4, S p . 7 1 6 , N r . 2 4 1 8 . 25 MULLER, Logik, S. 9 9 - 1 0 1 , FRANK, Melanchthons Dialektik, S. 129. R u d o l f Agricola hatte sein Werk als „ D e inventione dialéctica libri tres" bezeichnet, siehe oben, S. 12f. 2 6 „Nugas, quae a civili sensu remotae sunt, relinquemus iis, qui non aliud a dialecticis petunt, quam rixandi, cavillandi, nugandique materiem." Dialektik 1520, Sp. 731,6—9.
I. Lehrbücher aus den ersten Wittenberger Jahren
17
können. 2 7 Wer sich die dialektischen Regeln erarbeitet und zu eigen macht, wird beim Lernen wie Lehren leichter und vor allem sachgerechter eine Angelegenheit durchschauen und die zentralen Aussagen erfassen wie darstellen können. 2 8 Mit einfachen, leicht lernbaren und verständlichen Regeln präsentiert M e lanchthon den Studenten die Grundpfeiler der Dialektik: die Definition eines Begriffes, Regeln zur Erstellung von Thesen, verschiedene Beweismöglichkeiten und wie sie gefunden werden können. Wie Agricola lehrt Melanchthon dabei eine angewandte Theorie, indem er viele Vorschriften anhand kurzer Beispiele erklärt. Dabei umfaßt das Repertoire klassische, biblische und theologische Beispiele. 29 Bleibt Melanchthon darin den Idealen seines Rhetoriklehrbuches verbunden, hat sich in der Zwischenzeit seine Beurteilung des Aristoteles verändert. 30 Hatte er in der R h e t o r i k noch die dialektischen Abschnitte mit Hilfe des Griechen erklärt, verschwinden die Verweise auf Aristoteles in diesem Lehrbuch fast gänzlich. 31 Dagegen zieht Melanchthon als Autoritäten vor allem Cicero und Quintilian heran. 32 Einen neuen Entwurf oder gar Gegenentwurf zu Aristoteles hat Melanchthon in Gliederung und Inhalt dennoch nicht vorgelegt. 33 Bei der Stoffauswahl hält er sich an die traditionellen Teile der Dialektik. Er behandelt die Stücke, die man in dem Lehrbuch des Petrus Hispanus 34 finden kann, das mindestens bis 1517 in Wittenberg verwendet wurde. 3 5 Bleibt der Grundstock damit letztendlich doch aristotelisch, sucht Melanchthon nach neuen Wegen, wenn er in der Darstellung so oft wie möglich auf Cicero oder Quintilian statt auf Aristoteles zurückgreift und den Nutzen einiger klassischer Regeln in Frage stellt. 36 27
Dialektik 1520, Sp. 738,40-43; 748,24-30. „Dialéctica est artificium apposite ac proprie de quocumque themate disserendi." Dialektik 1520, Sp. 711,2—3. „Imprimís dialecticum artificium ordo commendat qui cum et in discendo, et in docendo plurimum habeat momenti, facilius certiusque cum discunt, tum docent, qui Dialecticae periti sunt." ebd., Sp. 712,11—17. Zu den Unterschieden und Gemeinsamkeiten mit Agricola vgl. MÜNDT, De inventione dialéctica, S. 96—98. Z u m Aufbau und Inhalt siehe RISSE, Logik, 28
S. 8 3 - 8 7 . 2 " Auf Paulus verweist Melanchthon in Dialektik 1520, Sp. 722,20-24; 747,25-26; 748,8-14, weitere biblisch-theologische Beispiele finden sich ebd., Sp. 739,20—24; 755,39—41; auf die Irrlehre des Pelagius verweist er ebd. S. 723,33—37. Zu Agricola vgl. FAUST, Dialektik, S. 127. 30 Das veränderte Aristotelesverständnis wird unten ausfuhrlich behandelt, siehe S. 24fE 31 Explizit taucht Aristoteles nur Dialektik 1520, Sp. 748,33-35 auf. 32 Zu Quintilian vgl. vor allem Dialektik 1520, Sp. 717,21-34; 734,21-737,4; 743,23-40; 750,20-22, zu Cicero ebd., S. 723,43-45; 734,19-737,4; 739,24-31; 743,23-40, daneben verweist Melanchthon auf Erasmus' „De copia verborum ac rerum" ebd., Sp. 728,10—13. 33 R u m m e l urteilt allgemein über die humanistischen Dialektiken: „Whatever the nature of their criticism, however, it is significant that their own proposals for a humanistic dialectic remained a modification of medieval Aristotelianism rather than an original construct, a reaction to an existing system or curriculum rather than a completely new initiative." RUMMEL, Humanistic-Scholastic Debate, S. 153-154. 34 Z u Hispanus (J" 1277) und seiner „Summulae logicales" vgl. PRANTL, Logik Bd. 3, S. 33—74. In der Gliederung bringt Melanchthon u.a. die Kategorien viel früher als Hispanus und behandelt nicht De terminorum proprietatibus. Zur Gliederung bei Hispanus siehe ebd., S. 34—35, Anm. 142. 35 FRIEDENSBURG, Urkundenbuch, S. 85, Nr. 63; RISSE, Logik der Neuzeit, S. 79. 36 Wie Melanchthon in der Dialektik von 1520 mit den verschiedenen Autoritäten umgeht,
18
Kapitel í: Dialektische und rhetorische
Handbücher
Der Hintergrund dieser versuchten Abkehr von einer aristotelischen Dialektik ist in der theologischen Kritik an dem griechischem Philosophen zu finden. Martin Luther hatte den Gebrauch des Aristoteles in der Theologie scharfer Kritik ausgesetzt, weil die logischen Regeln des Aristoteles eine tyrannische Herrschaft über die Auslegung der Heiligen Schrift ausübten. Für Luther versklavte die Dialektik die biblischen Worte mit ihrem Regelwerk, so daß eine Logik der Vernunft und nicht die Schrift gelehrt werde. Deswegen hatte -Luther der Dialektik jeglichen Nutzen für die Theologie abgesprochen. 37 Hatte Melanchthon sich 1519 noch ausgiebig auf Aristoteles berufen, ging er in seiner Dialektik von 1520 verhaltener mit dieser klassischen Autorität um; die Notwendigkeit beider Fächer vertrat er weiterhin auch für die Theologen. Ohne diese Sprachfähigkeit kann die Heilige Schrift weder verstanden noch sachgerecht gelehrt oder gepredigt werden. Durch die Kürze der Darstellung wie die Erläuterung der Regeln an Beispielen boten Melanchthons Kompendien Alternativen zu den scholastischen Lehrbüchern. O b und wie diese beiden ersten Lehrbücher in Wittenberg eingesetzt wurden, läßt sich mangels Belegen nicht eindeutig sagen. Erstes Zeugnis, daß M e lanchthons Lehrentwürfe die alten Kommentare in der Vorlesung ersetzt haben, ist seine Rhetorik aus dem Jahre 1521. 3 8 Die als Vorlesungsdiktat konzipierten „Institutiones rhetoricae" 3 9 sind bedeutend gestraffter konzipiert als ihre Vorläuferin. Melanchthon erklärt die rhetorischen Elemente mit nur wenigen Sätzen und verweist für weiterführende Fragen auf Cicero, Erasmus, Agricola und Peter Moselläßt sich an dem Abschnitt über die Syllogismen am besten zeigen. Seine Erläuterung beginnt mit einer Ausfuhrung über Cicero und Quintilian: Detailliert erklärt Melanchthon deren Vernunftschluß (ratiocinatio, Dialektik 1520, Sp. 734,29—737,4). Ohne Uberleitung setzt er dann erneut mit der Erklärung der vernünftigen Schlußfolgerung (Defiguris syllogismorum, ebd., S. 737,5—743,16) ein: Er erläutert die Schlußfiguren, wie sie im Anschluß an Aristoteles formuliert wurden. Bei der Vorstellung der drei klassischen Arten des Syllogismus wird jedoch deutlich, daß Melanchthon den dritten (syllogismus expositorius) mißbilligt, obwohl er diesen vorstellt. Weil man mit diesem Syllogismus keine allgemeingültige Aussage beweisen kann, sei der dritte Syllogismus hinfällig. Melanchthon faßt abschließend zusammen: „Atque hae sunt syllogismorum figurae, quarum duabus recte uti queas; tertiam repudiari velim." ebd., Sp. 743,7—8. Siehe auch RISSE, Logik der Neuzeit, S. 85. 17 Luther an Spalatin: „Scripsi denique ad d. Isennacensem [seil. Jodokus Trutfetter], nostra aetate (ut videtur) prineipem dialecticorum, in eandem rem, potissimum allegans id, quod negari non potest, videlicet ideo non posse dialecticen prodesse theologiae, sed magis obesse, quod eisdem vocabulis grammaticis longe aliter utatur theologia quam dialéctica. Quomodo ergo, inquam prodest dialéctica, cum, postquam accessero ad theologiam, id vocabuli, quod in dialéctica sie significabat, cogar reiieere et aliam eius significationem aeeipere?" Wittenberg, 2 2 . 2 . 1518, W A B r 1, S. 1 5 0 , 2 1 - 2 8 , Nr. 61. GRANE, Modus loquendi theologicus, S. 1 4 1 - 1 4 2 , RISSE, Logik der Neuzeit, S. 79—82. Neben Luther hat auch Karlstadt den Nutzen der Dialektik in Frage gestellt, vgl. GRANE, a.a.O., S. 141 und KRUSE, Universitätstheologie und Kirchenreform, S. 147. 3 8 U m 1530 fand an deutschen Universitäten ein abrupter Wechsel bei den verwendeten Lehrbüchern im Grundstudium statt: Die alten Lehrbücher wurden durch modernere ersetzt, allen voran durch die von Melanchthon und Johannes Caesarius, vgl. NAUERT, Academic World, S. 803, RISSE, Logik der Neuzeit, S. 87. 3 9 Institutiones rhetoricae, Wittenberg: Melchior Lotter d.J., 1521 (vgl. den Anhang, S. 264), KNAPE, Rhetorik, S. 2 9 - 3 2 .
I. Lehrbücher aus den ersten Wittenberger Jahren
19
lan. 40 Mit dieser Kürze will Melanchthon die rhetorischen Elemente klarer und fehlerfreier als zuvor darstellen. Im Vergleich zu dem ersten Lehrbuch hat sich in Struktur und Inhalt vor allem das Hauptgewicht der Darstellung verlagert. Uber die Hälfte des Buches widmet Melanchthon den Stilmitteln (elocutio), womit er der Relevanz der Rhetorik für die Theologie Rechnung trägt. 41 Stilmittel wie der bildliche Ausdruck 42 , die M e tapher 43 , der übertragene Gebrauch eines Wortes (metonymia) 44 oder der Bildbruch (icatachresis)45 müssen von Theologen erkannt werden, weil sie in der Bibel gebräuchlich sind. Die Theorie des vierfachen Schriftsinnes sei nicht mit den Regeln der Rhetorik zu vereinbaren. Melanchthon widerlegt den Versuch, hinter dem wörtlichen Sinn nach einer moralischen, allegorischen und geistlichen Sinnebene zu suchen. Die Tropologie sei nichts anderes als eine Übertragung der biblischen Beispiele auf die Sittenlehre. 46 Hinter der theologischen Erfindung der Anagogie verstecke sich in Wirklichkeit eine Allegorie, d.h. ein rhetorisches Stilmittel, das sich häufig in den biblischen Büchern finden lasse.47 Wurde in Wittenberg schon seit einigen Jahren der vierfache Schriftsinn verworfen und der einfache Wortsinn gelehrt, 48 stellt Melanchthon den Studenten eine theoretische Begründung der exegetischen Methode zur Verfügung. Nach sprachlichen Regeln kann es allein 4 0 Auf Ciceros Reden verweist Melanchthon auf fast jeder Seite der Rhetorik. Über den G e brauch der loci communes sollen Agrícola und Erasmus zur Hand genommen werden (Rhetorik 1521, fol. c3 v ), die stilistischen Verzierungen behandeln die „De copia verborum ac rerum" von Erasmus ausfuhrlich (ebd., fol. e2 v ). Den Gebrauch der grammatischen Figuren können die Studenten in den Tabellen des Peter Mosellan nachschlagen (ebd., fol. d2 v ). Mosellan (j" 1524) lehrte an der Leipziger Universität und war mit Melanchthon befreundet, vgl. MAURER, Melanchthon Bd. 2, S. 1 1 - 1 2 ; 3 5 - 3 6 . 41 R h e t o r i k 1521, fol. e4 r -g3 v . KNAPE, Rhetorik, S. 30. Die Predigtlehre wird in dieser R h e t o rik nicht mehr behandelt. Sie erscheint später als separates Lehrbuch, siehe unten Kapitel 3, S. 125. Gegen KNAPE, Rhetorik, S. 32 muß festgehalten werden, daß diese Rhetorik trotz der herausgelassenen Predigtlehre auf die Bedürfnisse der Theologen eingeht. 4 2 „Est autem tropus, verbi seu sermonis in aliam significationem a propria mutatio. [...]. Tale est hoc apud Esaiam: Beati qui seminatis super omnes aquas, immittentes pedem bovis et asini. [Jes 3 2 2 0 ] " R h e t o r i k 1521, fol. d3 r . 4 3 „Observa in sacris crebras metaphoras: onus, iugum, messis, operarii." Rhetorik 1521, fol. d3 v . 4 4 „Metonymia: cum nomine inventoris utimur pro re [...]. Si quis in sacris literis pro lege ponat Mosen [...]." Rhetorik 1521, fol. d3 v . 4 5 „Catachresis, verbi abusio [...]. Ferme tale est, quod apud Paulum in Corinthiis legitur, XtJtög ävihpamog, humano more sapiens ac iustus." Rhetorik 1521, fol. d4 r . 4 6 „Hic temperare mihi non possum, quin submoneam eos qui in sacris versantur, quid intersit inter allegoriam, tropologian et anagogian. Ac principio non est inter ulla Schemata numeranda tropología. Nam alias non aliud est tropología, nisi exempli scripturae ad mores accommodatio; hic nihil de sententia histórica immutatur." Rhetorik 1521, fol. d4 v . Mit accomodatio greift M e lanchthon einen Begriff auf, der eine zentrale R o l l e in der Exegese des Erasmus spielt, vgl. WALTER, Schriftauslegung des Erasmus, S. 33—53. 4 7 „Iam quod etiam ávayoyág repererunt theologastri, rectius aUaf/opia; vocaris, quoties in cognatum significatum et per similitudinem quandam transfertur oratio." Rhetorik 1521, fol. e'. Die verschiedenen allegorischen Figuren finden sich ebd., fol. ev—e2v. 48
V g l . EBELING, E v a n g e l i e n a u s l e g u n g ,
S . 2 7 4 - 2 8 9 , R A E D E R , L u t h e r als A u s l e g e r , S. 2 5 8 - 2 6 1 .
20
Kapitel
i: Dialektische
und rhetorische
Handbücher
den wörtlichen Sinn geben, dieser muß aber mittels der Rhetorik festgestellt werden, d.h. eben durch Gattungsbestimmung, Gliederung und Auflösung der Stilmittel. Melanchthon zeigt mit seinem Lehrbuch über die exegetischen Fragen hinaus, wie die Rhetorik zur Lösung aktueller kirchenpolitischer Fragen eingesetzt werden kann. In dem Abschnitt über die Redegattung des An- und Abratens {genus deliberatwum) ist zu lesen, daß zu Berichtendes (narratio) häufig mit einer Themenangabe ersetzt wird, „wie: es ist in dieser Zeit gottesfurchtig und erforderlich, Deutschland von der päpstlichen Tyrannei zu befreien." 4 9 Melanchthon beließ es jedoch nicht dabei, diese Aufforderung in sein Handbuch einzubauen. Im selben Jahr gab er unter einem Pseudonym eine solche überzeugende R e d e wider das Papsttum heraus. 5 " Der Verdienst dieser drei Lehrbücher muß im Kontext der Umbrüche in W i t tenberg gesehen werden. Im Rahmen der Universitätsreform konnte Melanchthon den bleibenden Nutzen der sprachlichen Fächer verdeutlichen und somit deren Weiterbestehen sichern. Sinnvoll reformiert stellen Rhetorik und Dialektik die unentbehrlichen Grundlagen jedes Redens und Verstehens dar und müssen den Studenten weiterhin beigebracht werden. 31 Insbesondere profitierte davon die Theologie, weil den sprachlichen Disziplinen ihre Zweckdienlichkeit gerade für dieses Fach abgesprochen worden war. Mit seinen Lehrbüchern stellte Melanchthon heraus, daß eine richtig verstandene Dialektik und Rhetorik nicht nur die Forderung unterstütze, Theologie allein aus der Schrift zu betreiben, sondern daß sie damit ein theoretisches Fundament bereitstelle. Werden die sprachlichen R e geln in den Dienst der Schriftauslegung gestellt, wird es erst möglich, den einfachen und wahren Sinn der Bibel zu entschlüsseln. Melanchthon versuchte in diesen ersten Jahren die Sprachdisziplinen über die Exegese hinaus für die weiteren Aufgabenbereiche der Theologen fruchtbar zu machen, was sich insbesondere an der Predigtlehre erkennen läßt.
4 9 „[...] ut vindicare Germaniam a pontificia tyrannide, et pium et necessarium est hoc tempore." R h e t o r i k 1521, fol. b3 v . 111 Didymi Faventini adversus T h o m a m Placentinum pro Martino Luthero theologo oratio, Februar 1521, M W A 1, S. 5 6 - 1 4 0 , bes. S. 1 0 2 - 1 3 0 . In R o m war eine theologische Begründung der Verdammung Luthers herausgegeben worden, die Melanchthon mit seiner Schrift widerlegen wollte. Nachdem Melanchthon in seiner Schrift die scholastische Theologie entkräftet hat, zeigt er auf, daß eine theologische Begründung des Papsttums nicht haltbar ist: Der Primat des Papstes lasse sich weder aus der Schrift noch den altkirchlichen Synoden ableiten. Z u m Entstehungshintergrund und der gesamten R e d e , vgl. MAURER, Melanchthon Bd. 2, S. 131—133. Vgl. auch Adversus furiosum Parrisiensium theologastrorum decretutn Philippi Melanchthon pro Luthero apología, M W A 1, S. 1 4 2 - 1 6 2 , und dazu B. BAUER, R h e t o r i k des Streitens, S. 5 7 - 5 8 . 51 Melanchthons Lehrbücher der Dialektik und R h e t o r i k sind bis jetzt noch nicht auf ihren Beitrag zur Universitätsreform untersucht worden, vgl. aber SCHEIBLE, Aristoteles, S. 138—140.
II. Die dialektischen
Lehrbücher
21
Í527—I529
II. Die dialektischen Lehrbücher 1527—1529 Nach den ersten drei Kompendien erschien in den folgenden fiinfJahre kein weiteres sprachliches Lehrbuch. Vermutlich sah Melanchthon keine Notwendigkeit, die vorhandenen Ausgaben weiter zu überarbeiten. Zudem haben ihn die Pflichten als Universitätsrektor, die Veröffentlichung des Neuen Testaments in deutscher Sprache zusammen mit Luther und Spalatin, sowie die Gründung der Schule in Nürnberg stark beansprucht. 32 1526 wandte sich Melanchthon wieder der Dialektik zu und hielt über sie von Juni 1526 bis mindestens Mai 1527 eine Vorlesung.53 Lehre und Überarbeitung des Lehrbuches sind dabei auf das Engste verbunden. Bereits im April 1527 druckte Johann Setzer die „Dialektik, vom Verfasser erweitert und überprüft, so daß du an vielen Stellen die alte Fassung nicht wiedererkennen kannst". 54 Melanchthons Arbeit an der Dialektik führte über diese Ausgabe hinaus zu weiteren Verbesserungen an dem Lehrbuch, so daß — von der Forschung bisher übersehen — in den Jahren 1527 bis 1529 insgesamt drei Fassungen des dialektischen Kompendiums die Druckereien verließen. 55
i.
Die Notwendigkeit
der präzisen
Definition:
„Dialéctica"
(Í527)
Im Vergleich zu seinem Handbuch von 1520 zeigt sich, daß Melanchthon den ersten Teil über die Definitionsweisen vollständig neu geschrieben hat, während die übrigen Teile nahezu wortgetreu übernommen wurden. Diese Überarbeitung bringt eine neue Gewichtung des Lehrbuches mit sich. Über ein Drittel des gesamten Werkes beschäftigt sich mit den vier Kategorien (Substanz, Quantität, Qualität, Relation) und den Regeln der Definition. 56 Die ausführlichere Behandlung dieser Teile begründet Melanchthon zu Beginn seines Lehrbuches mit einem Beispiel: „Der Begriff des Schicksals ist in aller Ohren. Wenn du aber fragst, was sie darunter verstehen, wird jeder anders antworten. Aber die in der Dialektik Geschulten werden alle Aspekte der Definition von Schicksal betrachten und das Wort sachgemäß erklären." 57 Ohne die Fähigkeit des Definierens von Begriffen, Vgl. SCHEIBLE, Biographie, S. 3 4 - 4 9 . Melanchthon an J o a c h i m Camerarius in Nürnberg, Wittenberg, 2 . 7 . 1526, M B W . T 2, S. 436,19—21, Nr. 4 7 3 . Die Vorlesung hat mindestens bis Mai 1527 gedauert, Winsemius an G r y naeus in Heidelberg, Wittenberg 1 4 . 5 . 1527, GRYNÄUS, Briefe, S. 41. 5 4 Dialéctica, ab autore audacta et recognita, ita ut in multis veterem non queas agnoscere, H a genau: J o h a n n Setzer, 1527, siehe Anhang, S. 2 6 1 . 55 Zwar weiß schon M W A 7/2, S. 96—97, Anm. 22 von vier Versionen, aber die gesamte S e kundärliteratur geht von nur zwei Fassungen ( 1 5 2 0 und 1528/29) in den zwanziger Jahren aus. Siehe Anhang, S. 259ÍF. 56 Dialektik 1527, fbl. A a 3 r - D d 2 ' . 57 „Fortunae nomen vulgus numquam non in ore habet. Q u o d si interroges quid ita vocent, alius aliud respondebit, sed dialecticae periti causas fortunae colligent et diserte rem ostendet." Dialektik 1527, fol. Aa3 r . 52 53
22
Kapitel
1 : Dialektische
und rhetorische
Handbücher
folgert Melanchthon, kann man zu komplexeren Fragen Lösungen nur erdichten. Deswegen schreibt Piaton zu R e c h t der Dialektik die Kraft zu, den mit Dreck verschmutzten Augen wieder Sehschärfe zu verleihen. Diese Schärfung der Urteilskraft will Melanchthon mit seiner Dialektik erreichen. 5 8 An der Stoffauswahl und dem Regelwerk hat er im ersten Teil nicht viel verändert. Dafür nimmt er sich mehr R a u m , die verschiedenen Regeln zu erklären und mit ausführlichen Beispielen zu illustrieren. Dahinter steht die Idee, daß die Studenten nicht zahlreicherer Vorschriften, sondern einer besseren Erläuterung zur praktischen Anwendung bedürfen. Wie in seinem ersten Lehrbuch zählt Melanchthon 1527 zu den Grundregeln des Definierens, daß die Wortbedeutung in unterschiedlichen Kontexten variiert. Neu hinzugefügt hat er, daß diese R e g e l beachtet werden muß, wenn man über die christliche Gerechtigkeit spricht. Denn das Wort Gerechtigkeit (iustitia) hat in der Heiligen Schrift eine andere Bedeutung als in den bürgerlichen Gesetzen. 5 9 Ahnlich verfährt Melanchthon bei der Kategorienlehre. Dort lehrt er seine Studenten über das Regelgerippe hinaus, daß die Kategorien bei der Definition des menschlichen Willens helfen können. Denn in dieser Frage geht es, so fährt Melanchthon fort, um die Bestimmung der Wesenseigenschaft (substantia) des Menschen, also ob wir aus freiem Willen Gott lieben und furchten können. Nicht aber um Attribute (accidentia) unseres Menschseins, also ob wir essen, schlafen oder bürgerliche Pflichten erfüllen können. 6 0 Melanchthon spricht mit vielen seiner neu eingefügten Beispiele aktuelle theologische Diskussionen wie die Frage nach der Rechtfertigung oder dem freien Willen an. Mit diesen Ergänzungen dürfte er den Widerwillen gegen die Dialektik auf Seiten der Theologiestudenten im Auge gehabt haben. Weil in Wittenberg das Grundstudium vernachlässigt wurde, um schneller zur wahren Kunst der T h e o l o gie zu gelangen, zeigt Melanchthon mit seinem Handbuch, daß die Dialektik ein unentbehrliches Werkzeug jeglichen Redens und daher auch der Theologie ist.61 Vor der Gefahr, die von ungebildeten Theologen für Kirche und Gesellschaft ausgeht, warnt Melanchthon in seinem Kolosserkommentar aus derselben Zeit. Ohne die Dialektik fehlt dem Lernen und Lehren die sinnvolle Vorgehensweise, ermahnt Melanchthon seine Leser. Wer ohne Kenntnis der dialektischen Grundregeln an das Studium der Theologie herangeht, lernt ohne Sinn und Ordnung. Scharf formuliert er die Kritik an Studenten wie Theologen: W i e wollen sie die Bibel ausleDialektik 1527, fol. Aa3 v . „Si cum de Christiana iustitia disputo, constituendum est initio, quae verbi vis sit. N a m iustitiae nomen latius patet in sacris Uteris, quam in civilibus legibus, et pro religionis nomine seu pietatis usurpatur." Dialektik 1527, fol. Aa6 v . 58 M
„Et in longis controversiis diligenter considerandum est, quid ad rei naturam, de qua disseritur, proprie pertineat, quid extra causam dicatur: U t cum de voluntatis humanae viribus disputatur, id quaeritur, utrum humanis viribus possimus D e u m amare, metuere, sperare aliquid a Deo, eiicere ex animo pravas cupiditates. Extra causam quaeruntur ilia, utrum nostris viribus agantur, edamus, bibamus, geramus res civiles." Dialektik 1527, fol. Bb r - V . 61
140.
Zur Situation an der Universität in den zwanziger Jahren vgl. SCHEIBLE, Aristoteles, S. 136—
II. Die dialektischen
Lehrbücher
23
1527— 1529
gen, wenn sie nichts über den Aufbau einer Schrift, Stilmittel und Beweisgänge gelernt haben? Wie wollen sie in der Gemeinde predigen und lehren, wenn sie zum einen die Heilige Schrift nicht verstanden und zum anderen keine angemessene Lehrweise haben? Bedingt durch derart ungebildete Theologen, die sich mit Titeln und nicht mit Wissen brüsten, sieht Melanchthon die Kirche von Zank und Streit gezeichnet. Mit endlosen Büchern fuhren sie einen Schriftenkrieg, ohne zu wissen, was sie sagen oder worüber sie streiten. 62 Würden Theologen die sprachlichen Grundregeln beherrschen, könnten die Gefechte und die Zwietracht leicht gelöst werden. „Gegen jene Übel gibt es ein sicheres Heilmittel: Aus den Auseinandersetzungen sind [jene Dinge] herauszufiltern, worin Ubereinstimmungen bestehen und worin sie der geistlichen Erbauung dienen. Verfährt man so, würde nicht viel übrigbleiben, worin sie [seil, die Streitenden] sich uneinig sind. Oft wird über ein Wort gestritten, oft fälschlicherweise getadelt, was von anderen nicht pflichtvergessen geschrieben wurde. Wie aber kann ohne Dialektik und Rhetorik verstanden werden, wie viel übereinstimmt und was nicht übereinstimmt?" 63 M e lanchthon führt den Großteil der theologischen Streitigkeiten auf mangelnde Sprachkompetenz zurück. Würde bei den Diskussionen genauer auf die Begriffsbestimmungen geachtet sowie klarer definiert werden, worüber man redet, und hörten die Theologen endlich auf, sich hinter zweideutigen Worten zu verstecken, gäbe es bedeutend weniger Streit und viel mehr Klarheit in der Kirche. Für M e lanchthon stand zweifelsfrei fest: Die Wahrheitsfindung kann in all diesen Wortgefechten nur dann erlangt werden, wenn man sich in der Theologie auf die Grundregeln der Dialektik und Rhetorik besinnt. 64
2.
Die Rückkehr
zu Aristoteles:
„Dialectices
libri quatuor"
(Í528)
Bereits im darauffolgenden Jahr 1528 hat Melanchthon seine Dialektik erneut überarbeitet und zusammen mit der Rhetorik von 1521 zum Druck gebracht. 65 Zur neuen Gestalt des Lehrbuches gesellt sich eine neue Widmung. An den befreundeten Kenner und Förderer der sprachlichen wie klassischen Bildung Wilhelm Reiffenstein 66 adressiert Melanchthon sein Werk. In dieser Widmung stellt 62
Kolosser 1 5 2 7 , S. 237,1—27. Z u m Kolosserkommentar siehe ausfuhrlich Kapitel 2.
Kolosser 1 5 2 7 , S. 237,28—34, lateinischer Text siehe oben S. 8, Anm. 17. Vgl. auch die R e d e „ D e dialéctica" (1528), Oratio Iacobi Milichii de dialéctica, habita in promotione Magistrorum, C R 11, Sp. 159—163. O b diese R e d e wirklich von Melanchthon verfaßt, aber von einem anderen Fakultätsmitglied gehalten wurde, muß an dieser Stelle offen bleiben. Sachlich ist festzuhalten, daß die Forderung des dialektischen Wissens für T h e o l o g e n originär Melanchthonisch ist. Z u m P r o blem der Authentizität der Melanchthonreden vgl. SCHEIBLE, Melanchthons biographische R e den, bes. S. 1 2 0 - 1 2 2 . 6 4 Dialektik 1 5 2 9 , fol. a 3 v - a 4 r , KUSUKAWA, Lutheran M e t h o d , S . 3 4 9 . 6 5 Dialectices libri quatuor ab autore nuper ipso deintegro in lucem conscripti ac editi. Item, eiusdem R h e t o r i c e s praeeeptiuneula doctissima, Hagenau: J o h a n n Setzer, 1 5 2 8 , siehe Anhang, S. 2 6 1 f . 6 6 Z u W i l h e l m Reiffenstein ( * 1 4 8 2 , f unbek.) siehe unten Kapitel 4, S. 146ff. 63
24
Kapitel
í: Dialektische
und rhetorische
Handbücher
Melanchthon zwei Verbesserungen der Ausgabe heraus. Z u m einen habe er B e i spiele aus der klassischen Literatur wie der Heiligen Schrift zum besseren Verständnis der Regeln eingefügt, zum anderen will er mit seinem Lehrbuch auf das Aristotelesstudium vorbereiten. 67 Führte Melanchthon mit den zusätzlichen Beispielen die Entwicklungslinie seiner vorherigen Werke fort, ist das offene Bekenntnis zu Aristoteles neu und bedarf genauer Betrachtung. a) Aristoteles im
Kreuzfeuer
Melanchthons erste Begegnung mit dem griechischen Original des Aristoteles könnte schon in seiner Pforzheimer Schulzeit stattgefunden haben - so berichtet Melanchthon selber rückblickend. 68 O b dies nun wahr ist oder nicht, Melanchthons Schul- und Studienjahre fallen in die Zeit, in der sich nördlich der Alpen ein neues Aristotelesverständnis Bahn brach. Das neu erwachte Interesse an der griechischen Sprache und griechischen Originaltexten war von Italien aus nach Deutschland gekommen. Der an den Universitäten gebräuchliche, fehlerhafte lateinische Text konnte nun am Original überprüft und korrigiert werden. Ausläufer dieser Bewegung mag Melanchthons Beschäftigung mit Aristoteles in Pforzheim gewesen sein; sicher aber waren seine Forschungen zusammen mit Franz Stadian 69 in Tübingen durch diesen neuen Wissenschaftsansatz beeinflußt. Obwohl ihnen damals noch eine lateinische Aristotelesausgabe als Vorlage diente, befreiten sie die Aristoteleslektüre von theologischen Fragestellungen, indem sie den klassischen Kommentar des Themistios als Verständnishilfe nutzten. Aus sich selbst heraus verstanden, gab Aristoteles nach Themistios klar strukturierte und begründete Antworten auf die Grundfragen der Philosophie. 7 " Die nachhaltige Wirkung dieses neuen Verständnisses bezeugt Melanchthons Wittenberger Antrittsvorlesung, in der er um den neu entdeckten Philosophen wirbt: Aristoteles gehe es nicht um die Struktur der Wirklichkeit, wie die barbarischen Theologen der vergangenen Jahrhunderte lehren, sondern um das verständliche und überzeugende Reden. So gelesen handeln die Schriften des Stagiriten, wie die Kategorienlehre oder das zweite Buch der Analytik, nicht von Fragen nach der Wirklichkeit von Begriffen, sondern sind vorbildhafte Erörterungen im Umgang mit der Sprache. 71
67
„Itaque, q u a m q u a m alicubi videri poterit ineptum, adscripsi praeceptis multos locos ex b o -
nis autoribus et ex sacris literis sumptos, et ut l u m e n afferrent exempla praeceptis et ut videri posset q u a n t u m utilitatis afferat haec ars ad intellegendas d o c t o r u m h o m i n u m disputationes." Dialektik 1 5 2 8 , fol. a.2". Z u Aristoteles vgl. ebd., fol. a3 r , zitiert unten A n m . 9 2 . 68
R e s p o n s i o Philippi M e l a n c h t h o n i s ad scriptum q u o r u n d a m d e l e c t o r u m a clero secundario
C o l o n i a e Agrippinae ( 1 5 4 3 ) , M W A 6, S. 3 8 3 , 1 2 - 1 8 , SCHEIBLE, P f o r z h e i m e r Schulzeit, S. 2 2 - 2 3 , C . SCHMIDT, M e l a n c h t h o n s L e b e n , S. 5 . 69
Z u m T ü b i n g e r T h e o l o g i e p r o f e s s o r Stadian siehe MAURER, M e l a n c h t h o n B d . 1, S. 74—76.
70
T h e m i s t i o s (317—388) war ein R e d n e r und Philosoph, der Paraphrasen zu den wichtigsten
W e r k e n des Aristoteles verfaßt hat. Lateinische Ausgaben seiner K o m m e n t a r e wurden in Italien E n d e des 15. Jahrhunderts zugänglich, vgl. MAURER, M e l a n c h t h o n B d . 1, S. 7 5 . 71
„ L i b r u m xaTriyopubv aiunt [seil, doctores barbari] dialecticae tabulis n o n censeri, c u m inde
II. Die dialektischen
Lehrbücher
1527—1529
25
Als Melanchthon diese Sicht bei seiner Antrittsvorlesung in Wittenberg vorstellte, traf er bei vielen anwesenden Professoren auf Zustimmung. Wenige M o n a te zuvor hatte die Universität neue Lehrstühle für aristotelische Philosophie beantragt und bewilligt bekommen. Anhand eines bereinigten Originaltextes sollten die Fächer der Logik, Physik und Metaphysik nach Aristoteles gelehrt werden. 72 Zeitgleich wurde diese philosophische Autorität von Luther hinterfragt. Während der Heidelberger Disputation (1518) zog er gegen den Aristotelismus in der T h e o logie zu Felde. Der Gegensatz zwischen einer von Aristoteles vergewaltigten Theologie und der Theologie der Heiligen Schrift läßt sich nach seiner Auffassung gut an den Erläuterungen zur 25. These zeigen. „Nicht jener ist gerecht, der viel wirkt, sondern der ohne Werke viel an Christus glaubt. Denn die Gerechtigkeit Gottes wird nicht aus häufig wiederholten Taten erworben, wie Aristoteles gelehrt hat, sondern eingegossen durch den Glauben. Der Gerechte lebt nämlich aus Glauben [ R o m 1 1 7 ; 10 1 0 ]." 7 3 Für die Bestimmung der Gerechtigkeit des M e n schen vor Gott sei nicht der aristotelische Tugendbegriff- die häufige Wiederholung von gerechten Taten bringe die Gerechtigkeit hervor 74 — anzuwenden, sondern allein das Schriftzeugnis. 75 Eine grundsätzliche Absage hat Luther der Philosophie nicht erteilt, aber er weist sie in klare Schranken. In den abschließenden Thesen zur Philosophie folgerte er, „wer ohne Gefahr in Aristoteles philosophieren will, für den ist es notwendig, daß er vorher in Christus ordentlich zum Narren
o m n e artificium inveniendi ceu e fönte fluat, [...]. Analytica posteriora, c u m sint disponendi series, ac ut Simplicius Peripateticus ait, canon ac amussis artificiosae disputationis, inter metaphysica nostri rettulerunt, n e m p e q u o rem per se n o n a d m o d u m difficilem, ac mire utilem studiis honeste tractandis, et difficilem et inutilem redderent." M W A 3, S. 3 5 , 1 4 - 2 6 ; MAUREH, M e l a n c h t h o n B d . 1, S. 7 4 - 7 6 , SCHNEIDER, Biblical Authority, S. 5 5 - 5 6 . 7 2 D i e Geschichte der neuen Lehrstühle war von kurzer D a u e r : Spätestens 1 5 2 2 wurde die letzte Veranstaltung über Aristoteles eingestellt, SCHEIBLE, Aristoteles, S. 131—136. 7 3 „ N o n ille iustus est, qui multum operatur, sed qui sine opere multum credit in Christum. Q u i a iustitia D e i n o n acquiritur e x actibus frequenter iteratis, ut Aristoteles docuit, sed infunditur per fidem. Iustus enim ex fide vivit [ R o m 1 1 7 ; I O k J . " W A 1, S. 364,2—5. 7 4 Aristoteles definiert i m zweiten B u c h der N i k o m a c h i s c h e n Ethik die Tugend: W e n n ein U r teil des Verstandes vorliegt und der W i l l e — d e m Urteil folgend — handelt, dann entsteht schließlich durch zahlreiche wiederholte Taten eine Tugend (1103a,14—1103b,25). In dem fünften B u c h der Ethik behandelt Aristoteles ausschließlich die Tugend der Gerechtigkeit. Z u M e l a n c h t h o n s Auslegung siehe unten, Kapitel 6 . I I . 2 a . 7 3 Z u r M ü h l e n untersucht diese T h e s e und ihre Kritik an der traditionellen T h e o l o g i e ausführlich mit B l i c k a u f den K o n t e x t der Heidelberger Disputation, einer genaueren Beschreibung des scholastischen Aristotelismus, wie dem Hintergrund der mittelalterlichen Aristoteleskritik, ZUR MÜHLEN, Kritik am scholastischen Aristotelismus, S. 40—65. Z u Luthers Aristoteleskritik siehe des weiteren: GRANE, M o d u s loquendi theologicus, bes. S. 133—135. DIETER, Lutero e Aristotele, S. 247—262; in seiner Habilitationsschrift findet sich ein ganzer Abschnitt zur „Logik i m Urteil des j u n g e n Luthers". D o r t untersucht Dieter die „Disputatio contra scholasticam t h e o l o g i a m " ( 1 5 1 7 ) ausfuhrlich, ders., D e r j u n g e Luther, S. 4 8 5 - 5 5 5 . O b w o h l D i e t e r in der „Disputatio" eine klare Kritik an der Logik feststellt, sei diese nicht v o l l k o m m e n , sondern nur eingeschränkt zu verstehen, weil Luther auch einen positiven N u t z e n der L o g i k kenne. D i e Quellenbelege für dieses positive Urteil stammen allerdings größtenteils aus den 3 0 e r Jahren und besagen somit nichts über die frühe Zeit.
26
Kapitel 1: Dialektische und rhetorische Handbücher
w i r d . " 7 6 E i n e klare T r e n n u n g v o n T h e o l o g i e u n d a r i s t o t e l i s c h e r P h i l o s o p h i e - das s c h l i e ß t die D i a l e k t i k m i t e i n - b a r g e i n unlösbares P r o b l e m . B e i d e F a c h b e r e i c h e w a r e n l e t z t e n d l i c h n i c h t s c h a r f zu t r e n n e n , w e i l t h e o l o g i s c h e s R e d e n i m m e r d e r S p r a c h e b e d a r f . L u t h e r schätzte die G e f a h r des A r i s t o t e l e s für die T h e o l o g i e j e d o c h derart g r o ß e i n , daß e r d e r a r i s t o t e l i s c h e n D i a l e k t i k j e g l i c h e n N u t z e n für die T h e o l o g i e wie Schriftauslegung bestritt.77 M e l a n c h t h o n t r a f in W i t t e n b e r g e i n , als d e r K o n f l i k t i m v o l l e n G a n g e war. S e i n i m J a n u a r 1 5 1 9 e r s c h i e n e n e s L e h r b u c h b e z e u g t d e u t l i c h das T ü b i n g e r Ideal e i n e r an A r i s t o t e l e s a u s g e r i c h t e t e n D i a l e k t i k , was i h n andererseits n i c h t daran h i n d e r t e , die a r i s t o t e l i s c h e P h y s i k a b z u l e h n e n . 7 8 M e l a n c h t h o n hat e i n differenziertes U r t e i l ü b e r A r i s t o t e l e s also s c h o n n a c h W i t t e n b e r g m i t g e b r a c h t .
1 5 2 0 wird
Melan-
c h t h o n s K r i t i k an d e r P h i l o s o p h i e z u n e h m e n d l a u t e r 7 9 , was in d e r F o r s c h u n g zu u n t e r s c h i e d l i c h e n I n t e r p r e t a t i o n e n g e f ü h r t h a t . 8 " F ü r das J a h r 1 5 2 0 ist festzuhalt e n : E i n e g e n e r e l l e A b s a g e hat M e l a n c h t h o n d e n p h i l o s o p h i s c h e n W i s s e n s c h a f t e n d e r D i a l e k t i k , R h e t o r i k u n d E t h i k n i c h t erteilt. S e i n e a b w e r t e n d e n U r t e i l e dieser
7 6 „Qui sine periculo volet in Aristotele philosophari, necesse est ut ante bene stultificetur in Christo." WA 1, S. 355,2-3. ZUR MÜHLEN, Luthers Kritik am scholastischen Aristotelismus, S. 42. 77 Siehe oben, Anm. 37. 7 8 Rhetorik 1519, fol. a4'—dv, siehe oben, S. 14. Zur Ablehnung der Physik siehe Melanchthon an Georg Spalatin in Altenburg, Wittenberg, 13.3. 1519, M B W . T 1, S. 109,12-110,17, Nr.46. 7 9 Als Melanchthon 1520 Aristophanes Wolken — eine satirische Kritik an der scheinheiligen Philosophie — herausgibt, prangert er in der Vorrede die Nutzlosigkeit der Philosophie an: Aus philosophischen Büchern lerne man nichts als dumme, unbrauchbare und widersprüchliche Meinungen, die heutzutage mit der Theologie vermischt werden, obwohl die Heilige Schrift über Gesetze, Tugenden und Laster hinlänglich lehre, Melanchthons Vorrede zur Aristophanesausgabe (1520), M B W . T 1, S. 204,11-28, Nr. 89. In seiner anonymen Verteidigungsrede für Luther aus dem Jahre 1521 zielt Melanchthons Kritik eindeutig auf Aristoteles: Dort verwirft er sowohl Aristoteles' Naturphilosophie, seine Metaphysik sowie seine Vorstellung von der Ewigkeit der Welt, MWA 1, S. 74,16—79,4, zur Rede siehe oben Anm. 50. In den „Loci communes" (1521) kann man schließlich lesen, daß sich Aristoteles in die christliche Lehre eingeschlichen und Christus ersetzt habe, so daß Melanchthon folgert: Mit der Philosophie Aristoteles gebe ich mich nicht ab. Was geht mich an, was dieser Streithammel denkt? MWA 2 / 1 , S. 42,21—23. 8 0 Lange herrschte die These vor, daß Melanchthon sich nach seinem Wechsel an die Wittenberger Universität unter dem Einfluß Luthers radikal von der Philosophie abwendet, bevor ihm eine tragfähige Synthese zwischen Philosophie und Theologie gelingt. Mit unterschiedlichen Akzenten vertreten dies NEUSER, Theologie, S. 2 6 - 4 0 , GEYER, Welt und Mensch, S. 9 - 1 0 , MÜHLENBERG, Humanistisches Bildungsprogramm, S. 431—444. Diese Deutung einer ausgeprägten Pendelbewegung zwischen beiden Größen ist in der neueren Forschung vermehrt kritisiert worden. So hat Heinz Scheible zu Recht angemahnt, den Philosophiebegriff differenzierter zu verwenden. Die Philosophie im Sinne der artes liberales hat Melanchthon nie in Frage gestellt, denn er habe immer wieder über die Dialektik und die Rhetorik gelesen. Daneben verwende Melanchthon den Begriff als Umschreibung für die Naturphilosophie und Ethik, SCHEIBLE, Bildungsprogramm, S. 233—248. Gegen diese philosophischen Bereiche wende sich Melanchthon nur, so Günter Frank, wenn sie zur nutzlosen Spekulation verkommen, d.h. ohne Relevanz für den politischethischen Bereich, oder wenn sie mit der Theologie vermischt werden. Diese schon in der Antrittsvorlesung geäußerte Kritik spiegele sich in den eben angeführten Quellen der Aristophanes Ausgabe, in seiner Verteidigungsrede für Luther und den „Loci communes" (1521), FRANK, Theologische Philosophie, S. 52—71, ähnlich PETERSEN, Philosophie, S. 2 0 - 3 7 .
II. Die dialektischen
Lehrbücher
1527—1529
27
Zeit zeigen aber, daß er von Luther die Gefahr der Philosophie und insbesondere des Aristoteles für die Theologie erkennen lernt. Anders als Luther hat Melanchthon aber den Nutzen der Dialektik nie in Frage gestellt. Wenn ab 1520 explizite Verweise auf Aristoteles aus Melanchthons dialektischem Lehrbuch verschwinden, wird deutlich, daß die theologische Kritik an Aristoteles ihre Kreise bis in die sprachlichen Lehrbücher hinein zog und ziehen mußte. Weil Aristoteles die wahre Rede von Gottes Offenbarung gefährdete, mußte seine Autorität als Lehrer der Sprache ins Wanken geraten. Melanchthon bemühte sich jedoch um eine tragfähige Alternative und suchte mit seinem Rückgriff auf Cicero und Quintilian das Weiterbestehen der Dialektik zu gewährleisten. 81 b) Erfahrung gegen Theorie—
Cicero gegen
Aristoteles
Melanchthon machte sich in den folgenden Jahren zum Sprecher wider die Verachtung der klassischen Bildung. 82 1523 klagt er in seinem Loblied der Eloquenz über Studenten, die nur noch nach Theologie streben, dabei aber die Grundlagen vernachlässigen, ohne die doch niemand ein guter Theologe sein kann. Die B e deutung der Sprachwissenschaften wird in dieser Rede an den klassischen Autoren Homer und Cicero dargelegt, die nicht nur das Sprachgefühl und die Urteilskraft formen, sondern auch die Zusammenhänge des menschlichen Lebens und die Moralphilosophie wunderbar behandeln. Wie in seinen Sprachlehrbüchern bleibt Aristoteles hier unerwähnt. 83 Die Verdrängung des Stagiriten wird über die Dialektik hinaus am Lehrfach Ethik deutlich. Im Frühjahr 1524 beginnt Melanchthon mit seiner Vorlesung über Ciceros „Vom pflichtgemäßen Handeln" (De qffiäis).s4 Warum diese antik-heidnische Ethik nicht die Theologie gefährde, erklärt M e lanchthon in seiner dazugehörigen Vorrede: Es ist nur möglich, Wissen über das bürgerliche Leben und die Rechtsgewohnheiten aus diesen Büchern zu schöpfen; bei allem, was die Religion betrifft, ist allein die Heilige Schrift zu Rate zu zie-
Siehe o b e n , S. 16 ff. M . SCHULZE, Von den säkularen Wissenschaften, S. 110—115. M e l a n c h t h o n begegnete über der Unlust der Studenten an der Grundausbildung hinaus auch einer Wissenschaftsfeindlichkeit der Professoren: Francois Lambert ( f 1 5 3 0 ) , der 1523—1524 in W i t t e n b e r g Vorlesungen über die Heilige Schrift hielt, hatte die Nutzlosigkeit der universitären Grundausbildung für die T h e o l o g i e propagiert. In seinen K o m m e n t a r e n liest man, daß kein menschliches Wissen irgendetwas zum Verständnis des göttlichen Wortes beiträgt. In den „ C o m m e n t a r i i de prophetia, eruditione et Unguis, deque litera et spiritu" ( 1 5 2 6 ) kritisiert er scharf die Dialektik, die R h e t o r i k und die Philosophen, dazu WENGERT, H u m a n Freedom, S. 94—95, G. MÜLLER, Lambert, S. 4 1 6 . 81
82
8 3 E n c o m i u m eloquentiae ( 1 5 2 3 ) , M W A 3, S . 4 3 - 6 2 , hier S . 5 1 , 3 - 5 2 , 2 0 ; 5 9 , 2 5 - 6 0 , 1 1 . Vgl. SCHEIBLE, Bildungsprogramm, S. 238—239. B e i der B e g r ü n d u n g des Naturrechtsgedankens o r i e n tiert M e l a n c h t h o n sich in dieser Z e i t an Piaton und Cicero, STROHM, Zugänge zum Naturrecht bei M e l a n c h t h o n , S. 3 4 1 - 3 4 2 . 8 4 S o verfaßte M e l a n c h t h o n schon 1 5 2 4 ein Gedicht a u f C i c e r o ( C R 10, Sp. 4 9 2 , Nr. 3 4 ) , und im März 1 5 2 4 las er nach den Aussagen des Felix Raytherus über „ D e officiis", siehe HARTFELDER, Praeceptor Germaniae, S. 5 5 7 .
28
Kapitel 1: Dialektische und rhetorische Handbücher
h e n . 8 5 D i e klare T r e n n u n g v o n V e r n u n f t u n d O f f e n b a r u n g e r m ö g l i c h t , sich d e n klassischen A u t o r e n — u n t e r d e n e n C i c e r o hier b e s o n d e r s h e r v o r g e h o b e n w i r d - in F r a g e n des m e n s c h l i c h e n Z u s a m m e n l e b e n s z u z u w e n d e n . 8 6 W o l l e n d i e M e n s c h e n n i c h t z u B e s t i e n v e r k o m m e n , b e s t e h t f ü r sie g a r k e i n e a n d e r e M ö g l i c h k e i t als d i e s e Studien zu pflegen.87 M e l a n c h t h o n hat damit nicht nur in der Dialektik, sondern a u c h in der E t h i k Aristoteles d u r c h C i c e r o ersetzt. D e n G r u n d d a f ü r gibt M e l a n c h t h o n in seiner R e d e ü b e r die Gesetze ( 1 5 2 3 / 2 4 ) zu e r k e n n e n , in der er d e n N u t z e n des Lateiners d e n N a c h t e i l e n d e r g r i e c h i s c h e n P h i l o s o p h e n g e g e n ü b e r stellt. D o r t f r a g t M e l a n c h t h o n :
Was n ü t z e n
Piatons Spekulationen über
den
Kriegsdienst von Frauen o d e r Aristoteles' arithmetische u n d geometrische B e rechnungen bei der Lösung der akuten Probleme der Rechtsprechung?
Cicero
lehre hingegen eine praxisorientierte, erprobte Morallehre u n d müsse daher den theoretischen M u t m a ß u n g e n der Griechen vorgezogen werden.88 D i e Diskussion u m die Ethik verdeutlicht den Autoritätenstreit. M e l a n c h t h o n sieht k e i n e n N u t z e n i m aristotelischen L e h r g e b ä u d e u n d hinterfragt die A n w e n d -
85 „Civilis vitae consuetudo a Cicerone describitur, cum qua religio nihil pugnat. [...] Verum ego religionem ex divinis literis censeo hauriendam esse. D e civilibus moribus malim audire Ciceronem, qui maximis rebus gestis versatus in republica, principe orbis terrarum, usu pleraque comperit [...]." In officia Ciceronis praefatio (1525), C R 11, Sp.88,2—10. 86 GUIDO KISCH (Soziallehre, S. 77-126) gewährt den bisher ausfuhrlichsten Einblick, wie M e lanchthons Verständnis der staatlichen Gesetzgebung sich wandelt: In den „Loci communes" (1521) formuliere Melanchthon zwar klar, daß die staatliche Gewalt nicht dem Evangelium widerspreche, in Rechtsfragen aber waren ihm die mosaischen Gesetze bedeutend lieber als die „törichten Regeln der Heiden". In der Auseinandersetzung mit den Täufern sowie durch die laufende Diskussion in Wittenberg verändert sich Melanchthons Sicht der profanen Gesetze. Seine R e de „De legibus" von 1523/4 zeigt, daß sich ein neues Verständnis anbahnt. Hier gehe er einen Schritt weiter als in den „Loci communes": Das weltliche R e c h t und die Obrigkeit widersprechen nicht dem Evangelium, sondern seien als sanctum officium geboten. Wichtiger aber noch, es bestehe kein Widerstreit mehr zwischen den heidnischen und mosaischen Geboten. Sie stehen gleichwertig nebeneinander, so daß beide vor Gericht Anwendung finden können. Melanchthon neige schon hier zur römischen Rechtsprechung, wie sein Lob über die Vorzüge der römischen Gesetze im Verlauf der R e d e durchschimmern läßt. Der Durchbruch zur gänzlichen Befürwortung der römischen Rechtsprechung vollziehe sich dann im April 1525, wie ein Brief an Spalatin bezeuge. Dort schreibt Melanchthon: Die Frage, ob die Obrigkeit nach geltenden Gesetzen R e c h t sprechen soll oder nach biblischen, habe Luther in seiner Predigt über den Obrigkeitsgehorsam (1 .Tim 1 1 8 -2 2 ; vgl. die Anm. Q 5 M B W . T 2, S. 281, Nr. 388) schon vor wenigen Wochen klar bejaht. Darüber hinaus verweist Melanchthon auf den Streit in der Urgemeinde, die mit dem Aposteldekret (Act 15) festgelegt hatte, daß den Heiden das mosaische Gesetz nicht auferlegt werden solle, Wittenberg, 10.4. 1525, M B W . T 2, S. 281,1-282,24, Nr. 388. 87 „Beluam dicas, non hominem, quisquis non est excultus hoc doctrinae genere, et ad humanitatem et civilia officia assuefactus. [...] Porro non alius extat libellus de moribus absolutior officiis Ciceronis", C R 11, Sp. 87,24—30; vgl. auch PFISTER, Entwicklung der Theologie Melanchthons, S. 1 0 0 . 88 Die R e d e findet sich C R 11, Sp. 66-86, Nr. 7, zur Datierung KISCH, Soziallehre, S. 107-108. „Plato [...] mulieres etiam militare iubet. [...] Ad haec frigidis argutiis fere immodice delectantur. [...] Aristoteles partim in geometricis proportionibus, partim in aritmeticis consistere iustitiam scribit. Laus ingenii petitur his parergis, ad rem non ita multum faciunt." ebd., Sp. 80,37—46; zu Cicero vgl. ebd., Sp. 79,26-80,5.
II. Die dialektischen
Lehrbücher
1527—1529
29
barkeit der ethischen Erörterungen genauso wie die des dialektischen Regelwerkes. Anders als die Theorie der Griechen zielen Ciceros Ausführungen auf das Leben. Weil Bildung für Melanchthon kein Selbstzweck ist, sondern im Alltag zum Einsatz kommen will, hat er sich Aristoteles ab- und Cicero zugewandt. In der Studienreform von 1526 trägt Melanchthon dieser Erkenntnis Rechnung. Was schon lange den Universitätsalltag praktisch bestimmte, wurde hier festgeschrieben. Ciceros „De officiis" wurde zum ethischen Standardlehrbuch erhoben, das die Nikomachische Ethik ersetzen sollte. 89 D o c h auch hier lohnt ein genauer Blick. Melanchthons Studienordnung schreibt nicht nur „Vom pflichtgemäßen Handeln" als lateinisches Lehrbuch vor, sondern läßt R a u m für griechische Lehrbücher in der Originalsprache. Autoren werden nicht explizit genannt; die M ö g lichkeit, über Aristoteles im griechischen Original zu lehren, blieb damit also erhalten. 90
c) Die Wiederentdeckung
des Aristoteles
Als Melanchthon sich 1526 an die Überarbeitung seines dialektischen Lehrbuches begab, wandte er sich wieder Aristoteles zu. In Briefen des Jahres 1526 und in der Dialektik von 1527 taucht Aristoteles ohne negativen Beigeschmack auf. 91 In der Widmung zu dem neu aufgelegten dialektischen Lehrbuch erklärt Melanchthon 1528: „Ich wünschte sehr, daß Aristoteles in den Händen aller Studenten wäre; ich will nämlich mit diesem kleinen Kommentar einen Weg zur Aristoteleslektüre b e reiten." 9 2 Eine Rechtfertigung oder Erklärung für diesen Schritt bleibt Melanchthon seinen Lesern schuldig - erst ein Jahr später weiß er Aristoteles als Meister der Methodik theoretisch zu legitimieren. 93 1528 bemerkt Melanchthon in seinem Lehrbuch bei der Behandlung der Schlußfolgerungen nur knapp, daß es keinen Grund gebe, warum man die klassischen Lehrer der Dialektik nicht zur Hand nehmen solle. 94 Die neue Fassung atmet deutlich den Geist des Aristoteles, weil Melanchthon seine Leser nicht nur auf Aristoteles verweist, sondern die Darstellung der Kategorienlehre und der Syllogismen entgegen seiner vorherigen G e pflogenheit an dem Griechen ausrichtet. 89
FRIEDENSBURG, U r k u n d e n b u c h , S. 1 4 6 - 1 4 7 , N r . 1 4 8 ; v g l . SCHEIBLE, A r i s t o t e l e s , S. 1 3 4 .
„Et quia pleraque de natura et moribus a Graecis autoribus petenda sunt, debet ad haec accedere etiam Studium eius linguae [ . . . ] . " FRIEDENSBURG, Urkundenbuch, S. 147, Nr. 148. 91 Melanchthon schreibt an Camerarius, daß er ein Beispiel in der Nikomachischen Ethik gefunden habe, das ihm sehr gefalle und über das er gerne mit ihm reden wolle, weil er in Wittenberg dafür keine Gleichgesinnten hat, Wittenberg, 2 . 6 . 1526, M B W T 2, S. 4 3 6 , 2 5 - 2 7 , Nr. 4 7 3 ; vgl. einen weiteren B r i e f an Camerarius in Nürnberg, Wittenberg, 7 . 9 . 1526, M B W . T 2, S. 482,28— 4 8 3 , 3 0 , Nr. 4 9 4 . 1527 verweist Melanchthon in der Dialektik mehrfach auf Aristoteles: Dialektik 1527, fol. Aa4 v ; Aa8 v ; B b v - B b 2 r ; Bb5 r ; C c 2 r . 9 2 „Et Aristotelem maxime velim omnibus studiosis in manibus esse, ad cuius lectionem viam sternere h o c nostro commentariolo voluimus." Dialektik 1528, fol. a3 r . 9 3 Siehe unten S. 31 fT. 9 4 „Sequamur igitur veterem scholarum consuetudinem, nec nobis excuti de manibus veterum inventa sinamus, sed ea tamquam sacra colamus et venerentur." Dialektik 1528, fol. £8r. 90
30
Kapitel 1: Dialektische und rhetorische Handbücher
Melanchthon behandelt erstmals in diesem dialektischen Kompendium alle zehn aristotelischen Kategorien. Das Wesen (substantia), das Wieviel (quantitas), das W i e beschaffen (qualitas) und In-Bezug-auf (relativi) hatte er schon in früheren Versionen besprochen. N u n fugt er das Tun und Widerfahren (actio et passio), Wann 95 (.quando), Wo ( u b i ) , Lage (situs) und Haben (habitus) hinzu. Diese letzten sechs Kategorien können als Untergruppen der Relation verstanden werden, erklärt M e lanchthon — und gibt damit den Grund an, warum er sie vorher nicht behandelt hat. Diesmal folgt er den alten Autoritäten und fuhrt deswegen alle zehn als einzelne Kategorien auf, was einen lerntechnischen Vorteil mit sich bringt. Für den Studenten sei es viel einfacher, zehn Kategorien zu lernen, als einen Relationsbegriff, der mit zusätzlichen Fragen überlastet werde. 96 Steht die Änderung bei den Kategorien nicht im inhaltlichen Widerspruch zu den vorherigen Fassungen, sieht es bei den Schlußfolgerungen (syllogismi) anders aus. Dort schließt sich Melanchthon wieder Aristoteles an und widerruft damit zum Teil seine Lehrmeinung aus den vorherigen Lehrbüchern. Die dritte Art des Syllogismus hatte Melanchthon noch 1527 explizit kritisiert und dessen Nutzen gänzlich in Frage gestellt. 97 In Abgrenzung von dem Hauptkritiker Lorenzo Valla verteidigt Melanchthon in dieser Version nun den dritten Syllogismus. Melanchthon gesteht zwar ein, daß diese Figur nicht so leicht eingängig und formschön sei wie die anderen Schlußfolgen. Deswegen habe Valla diesen Syllogismus mit aller Macht kritisiert. D o c h dem Streit habe er damit kein Ende bereitet — und Aristoteles letztendlich auch nicht verstanden, läßt Melanchthon zwischen den Zeilen durchblicken. 98 An einem Beispiel zeigt Melanchthon die Form und die Schwäche dieses Schlusses auf: Jeder Obrigkeit ist zu gehorchen. Manche Obrigkeit schreibt Ungerechtes vor, daher ist denen zu gehorchen, die Ungerechtes vorschreiben. Der Mittelbegriff (medium), in diesem Fall Obrigkeit, ist im Hauptsatz (major) wie im Untersatz (minor) das Subjekt. Gefahr birgt diese Schlußfolgerung, weil der Untersatz nicht einfach verändert und daher mit Vorsicht formuliert werden muß. D e n n hieße die Minor: Die Obrigkeit, die Ungerechtes vorschreibt, ist eine O b rigkeit, wäre die Schlußfolgerung nicht so überzeugend. Trotz dieser kleinen Schwäche spreche die häufige Verwendung und Zweckmäßigkeit für diese Art des 55
Dialektik 1528, fol. b 2 v - c 5 v . „ P o t e r a n t reliqua p r a e d i c a m e n t a in relationibus c o m p r e h e n d i . Sed quia placuit veteribus, d e c e m praedicamenta numerare, s e q u e m u r i l l o r u m a u t o r i t a t e m et nos. V i d e n t u r a u t e m d o c e n d i causa, a p r a e d i c a m e n t o relationis, hae quae s e q u u n t u r praedicamenta, separasse. N a m c u m p e n e infinita m u l t i t u d o sit relationum, m a l u e r u n t plures classes facere, ne si o m n i a talia n o m i n a in u n a m includerent, m u l t i t u d i n e p e r t u r b a r e n t u r discentes." Dialektik 1528, fol. c4 v . 97 Dialektik 1527, fol. E e 5 v - F f 2 v , siehe o b e n , A n m . 3 6 . 98 „Tertia figura est, in qua m e d i u m p o n i t u r subiecti loco in m a i o r e et m i n o r e . N e c sane tam molliter c o h a e r e n t huius figurae syllogismi ut s u p e r i o r u m , id q u o d intelligi potest, si syllogismus in e n t h y m e m a m u t e t u r . Itaque Laurentius Valla n o n leviter s t o m a c h a t u r h o c loco, et Aristotelem t a m q u a m capitali iudicio accusat, q u o d hanc figuram tradiderit. Sed Valla d u m n u l l u m rixandi fin e m facit, saepe etiam incurrit, ut fit ab iracundis, in illos qui nihil peccaverunt. M i h i n o n tam p l u m b e o i n g e n i o Aristoteles fuisse videtur, ut nulla de causa tertiam f i g u r a m tradiderit." Dialektik 1528, fol. f7 v -£8 r . 96
II. Die dialektischen Lehrbücher
31
1521-1529
Syllogismus." Wirkt Melanchthons Legitimation dieser dritten syllogistischen Figur noch unbeholfen, weiß er ein Jahr später einen stärkeren Beweis anzuführen, den er im Neuen Testament gefunden hat. In Mt 22 32 antwortet Jesus auf die Frage der Sadduzäer nach der Auferstehung und fragt sie, ob sie nicht von dem Gott gehört hätten, der da sagt: „Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden." Melanchthon sieht darin eine klare syllogistische Argumentation: Gott ist der Gott der Lebenden. Gott ist der Gott Abrahams, daher lebt Abraham. 100
3.
Die Methodenlehre:
„De Dialectica libri quattuor"
(i529)
Melanchthon war mit der bei Setzer gedruckte Ausgabe von 1528 derart unzufrieden, daß er sich sofort an eine verbesserte Auflage machte, die im Juni 1529 in Wittenberg bei Joseph Klug als „De dialectica libri quattuor" erschien. 1 " 1 Dabei hat Melanchthon nicht nur die Druckfehler korrigiert, sondern eine Begründung für seine Rückkehr zur aristotelischen Dialektik eingearbeitet und den Abschnitt über die Syllogismen einer ausfuhrlichen Revision unterzogen.' 0 2 Das neue Lob des Stagiriten gründet in der Erkenntnis, daß Aristoteles ein Meister der dialektischen Methode und daß die Dialektik die grundlegende Methodenlehre für alle anderen Wissenschaftszweige ist. „Die Alten bezeichneten als Methode richtigerweise das Verfahren des rechten und ordnungsgemäßen Lehrens, das den Vorschriften der Dialektik folgt. U n d oft ermahnen sie, daß wir uns bei jeder Beschäftigung, Auseinandersetzung und in allen Wissenschaften M ü h e geben, einer Methode zu folgen, weil ein unsicherer Geist notwendigerweise u m herschweift, wenn er nicht durch dieses Verfahren regiert wird. U n d in jeder Wissenschaft lehren immer die erfolgreicher, die sich auf diese Methode verstehen, als die, die sich nicht darauf verstehen, wie sehr sie auch sonst mit Begabungen ausgestattet sein mögen. Aristoteles ist nützlicher beim Lehren der Moral- und Naturphilosophie als Piaton, denn Piaton und andere halten nicht die richtige Methode ein — weil sie nicht ausreichend in der Dialektik bewandert sind — auch wenn Pla1,9 „ Q u a m q u a m igitur n o n sit c o a g m e n t a t i o tarn c o n c i n n a v o c u m in hac figura q u a m est in superioribus, tarnen quia saepe uti ea perspicua possumus, n o n fuit hac figura p r a e t e r u n d a . Si quis e n i m ita colligat: O m n i b u s magistratibus est o b t e m p e r a n d u m . Q u i d a m magistratus i n i q u e praecipiunt, ergo: I n i q u e praecipientibus est o b t e m p e r a n d u m . H i c vides m i n o r e m c o m m o d e m u t a r i n o n posse, erit e n i m m u l t o ineptius si feceris: Sed magistratus iniqua praecipientes sunt magistratus." Dialektik 1528, fol. för. „ D e u s est D e u s v i v o r u m ; D e u s est D e u s Abrahae; igitur: A b r a h a m vivit." Dialektik 1529, fol. h4 v . 101 Siehe A n h a n g , S. 2 6 2 f . 102 D e r Abschnitt ü b e r die Syllogismen ist k o m p l e t t n e u gearbeitet: M e l a n c h t h o n b e h a n d e l t nach w i e vor dieselben Schlußfolgen w i e in seiner Dialektik v o n 1528, hat aber lange E r k l ä r u n g e n m i t Beispielen u n d syllogistischen M e r k s p r ü c h e n eingefugt. I m m e r w i e d e r zieht M e l a n c h t h o n dabei Aristoteles als Lehrer der Syllogismen heran, vgl. bes. Dialektik 1529, fol. g6r—g7r; h7 r ~ v . Z u d e n zahlreichen biblischen Beispielen siehe u n t e n S. 36 ff.
32
Kapitel 1: Dialektische und rhetorische
Handbücher
ton unter diesem Aushängeschild den Gorgias103 erörtert. In der Medizin wird vor a l l e m A v i c e n n a ' 0 4 w e g e n d e r M e t h o d e v o r g e z o g e n . I m R e c h t ist das B u c h d e r I n s t i t u t i o n e s 1 0 5 b e i n a h e e i n e M e t h o d e . I n d e n h e i l i g e n S c h r i f t e n ist d e r p a u l i n i s c h e B r i e f an die R ö m e r e i n e M e t h o d e . E s k a n n n ä m l i c h nichts voll u n d ganz verstand e n w e r d e n , a u ß e r unser Geist prägt sich eine gewisse M e t h o d e ein, der er b e i m B e d e n k e n , U n t e r s u c h e n u n d Erklären dieser Sache folgt."106 D e r B e g r i f f des methodus
bzw. verwandte F o r m e n t a u c h e n schon früher an ver-
s c h i e d e n e n S t e l l e n i n M e l a n c h t h o n s S c h r i f t e n a u f , e r e n t f a l t e t a b e r erst m i t d e r D i a l e k t i k v o n 1 5 2 9 s e i n v o l l e s P o t e n t i a l . 1 0 7 U n t e r methodus
faßt M e l a n c h t h o n zwei
v e r s c h i e d e n e B e d e u t u n g e n z u s a m m e n : z u m e i n e n d i e D i a l e k t i k als G r u n d l a g e a l l e n w i s s e n s c h a f t l i c h e n R e d e n s u n d z u m a n d e r e n die G r u n d r i s s e d e r v e r s c h i e d e n e n Wissenschaftszweige.108
1 0 3 Der Gorgias ist ein Gespräch über die rechte Redeweise und die rechte Lebensweise, vgl. dazu KOBUSCH, Gorgias, S. 4 7 - 6 3 . 1 0 4 Avicenna ( f 1037) verfaßte philosophische und medizinische Werke. An europäischen U n i versitäten gelangte er vor allem als Mediziner zur Ehre, nachdem Gerhard von Cremona ( f 1187) seine Werke ins Lateinische übersetzt hat, vgl. VÖLKER, Medizin, S. 481—484, der zudem eine kurze Einführung in Melanchthons medizinische Vorstellungen bietet, ebd., S. 4 9 1 - 4 9 3 ; Melanchthons Galenrezeption widmet sich HELM, Philipp Melanchthons „De anima", S. 298—321, und der Wittenberger medizinischen Fakultät BÖHMER, Universität Wittenberg, S. 225—230. 105 Die Institutiones sind ein Teil der von Justinian ("("565) besorgten Gesetzessammlung, die seit dem 12. J h . Corpus iuris civilis genannt wurde. Zur juristischen Fakultät der Wittenberger Universität vgl. LÜCK, Zentrum kursächsischer Rechtspflege, S. 241. 1 0 6 „Veteres methodum vocant rationem recte atque ordine docendi iuxta praecepta dialectices, ac saepe monent ut in omnibus negociis, controversiis, artibus demus operam, ut methodum teneamus, quia necesse sit animum vagari incertum, nisi hac ratione regatur. Ac in uno quoque genere Semper foelicius docent hi, qui callent methodum, quam qui non callent, quantumvis abundent ingeniis. Utilior est Aristoteles discentibus moralem aut naturalem philosophiam, quam Plato, quia Plato non observavit iustam methodum, tametsi is hoc nomine exagitet Gorgiam, et similes, quod non satis periti sint dialectices. In medicina amatur ab omnibus Avicenna propter methodum. In iure civili propemodum methodus est über Institutionum. In sacris literis methodus est epistola Pauli ad Romanos. Nulla res est enim, quae penitus perspici possit, nisi animus noster m e thodum sibi quandam informet, quam in eius rei cogitatione, inquisitione, et explicatione sequatur." Dialektik 1529, fol. k8 r " v . 107 In der ersten Rhetorik von 1519 bezeichnet Melanchthon Ciceros „De ofFiciis" als methodica, Rhetorik 1519, fol. c r , vgl. auch ebd., fol. b4 r . In der Dialektik von 1520 widmet sich Melanchthon der Frage nach der sicheren Erkenntnis (Dialektik 1520, Sp. 724,35—40), begrenzt dort aber den Begriff des methodus vor allem auf die Syllogismen, ebd., Sp. 733,8—11; vgl. Sp. 713,8—13; 723,17—19. Melanchthon ist nicht der erste, der die methodischen Qualitäten der Dialektik betont; Schon R u d o l f Agricola hat dies in dem Vorwort seiner Dialektik getan, vgl. FAUST, Dialektik, S. 130. U n d Erasmus hatte seine Vorrede zum Neuen Testament programmatisch als „Ratio seu methodus compendio perveniendi ad veram theologiam" bezeichnet, ERASMUS, Ausgewählte Schriften Bd. 4, S. 117.
los Vasoli hat schon Ende der sechziger Jahre in kaum zur Kenntnis genommenen Studien auf die Methodenlehre Melanchthons hingewiesen. Dabei beruft er sich bewußt nicht auf die Dialektik von 1528, sondern — mit Verweis auf ONG, Ramus, S. 236 — auf eine Version von 1537, weil ersterer der Abschnitt über die Methodik fehle. Eine neue Version der Dialektik aus dem Jahr 1537 ist nicht bekannt. Da das Zitat über die Methodik (VASOLI, La dialettica e la retorica, S. 298) zudem wörtlich mit der mir vorliegenden Version von 1529 übereinstimmt, werden Vasoli und O n g wohl
II. Die dialektischen Lehrbücher
a) Dialektik
und
Í527-Í529
33
Erkenntnistheorie
Melanchthon bezeichnet die Dialektik als Methode, weil sie den Weg des sicheren Erkennens und Lehrens ebnet. 109 Die ausfuhrliche Begründung dazu hat Melanchthon in sein Lehrbuch 1529 neu eingefügt. Den Lesern wird erklärt, daß der Dialektik Allgemeingültigkeit zukommt, weil sie allen Menschen zugänglich ist. Sie ist keine Erfindung der Gelehrten, denn die dialektischen Regeln wurden den Menschen von Gott als grundlegende Sätze (principia) eingegeben. 110 So wie der Mensch von Natur aus mit seinen Augen sieht, d.h. also, die Augen ohne zusätzliche Hilfe zu sehen vermögen, so gehören Verstand und Prinzipien zusammen: Der denkende Geist umfaßt von Natur aus diese Grundlagen. 111 Die der Sprache zugrunde liegenden Prinzipien sind die Regeln des grammatisch korrekten Satzaufbaus, der logischen und tragfähigen Beweise der Dialektik. Die Lehre der Definition, der Kategorien und Syllogismen, die Melanchthon in seinen sprachlichen Handbüchern darlegt, ist deswegen nicht eine dem Verstand von außen aufgepreßte Analysehilfe, sondern sind von Gott dem Menschen eingegebene principia.U2 Methodische Grundvoraussetzung aller Wissenschaften ist also die Dialektik, weil sie die Technik zur Verfügung stellt, mit der, ausgehend von nicht beweisbaren Grundwahrheiten, jedes weitere Wissen zuverlässig erschlossen werden kann. Angewandt auf die Medizin und Rechtswissenschaft heißt das, daß sie nur dann als Wissenschaft (ars) bezeichnet werden können, „wo aus sicheren Grundlagen sichere Schlußfolgerungen notwendiger Weise fließen", d.h., wo die Regeln der Dialektik angewendet werden. 113 Wahrscheinliche Sätze und Vermutungen sind dageeinen N e u d r u c k der Dialektik v o n 1520 aus d e m Jahre 1528 u n d die n e u e Version aus d e m Jahre 1529 in einer Ausgabe v o n 1537 vorliegen gehabt h a b e n — n a c h Risse erschien ein solcher N a c h d r u c k 1537 in Straßburg, RISSE, Bibliographia lógica. S. 49. Diese Verwechslung der Dialektiken ist tragisch, weil O n g s T h e s e ist, daß R a m u s als erster eine M e t h o d e n l e h r e entwickelt habe. O n g ist z u z u s t i m m e n , daß M e l a n c h t h o n die M e t h o d e n l e h r e nicht systematisch f ü r alle Fächer dargelegt hat. G e g e n O n g m u ß b e t o n t w e r d e n , daß M e l a n c h t h o n schon 1529 — also vor R a m u s u n d J o h a n n S t u r m — die M e t h o d e n l e h r e zu seinem zentralen Anliegen m a c h t u n d zur gleichen Z e i t m e t h o d i s c h e L e h r b ü c h e r zur T h e o l o g i e u n d E t h i k verfaßt, siehe u n t e n , Kapitel 5. E i n e gute Z u s a m m e n f a s s u n g der M e t h o d e n l e h r e bietet Kusukawa, deren D a t i e r u n g der Dialektik auf 1528 allerdings falsch ist, KUSUKAWA, Lutheran M e t h o d , S. 3 4 1 - 3 5 2 . 109 „ E t m e t h o d i n o m e n , de q u o supra diximus, p o t i s s m u m ad h a n c d o c e n d i v i a m a c c o m o d a r i debet, c u m d e m o n s t r a t i o n e u t i m u r , c u m definitiones tradimus, c u m causas quaerimus, c u m ex c a u sis efFectus et propria officia ducimus, c u m ostendimus principia a r t i u m . " Dialektik 1529, fol. l v . 1111 „ E t ars ipsa [seil, dialéctica] d o m i nobis et in animis nostris nata, sicut n u m e r a n d i scientia plana et facilis est." Dialektik 1529, fol. a4 v . „Impressit e n i m D e u s animis nostris quasdam notitias, quae sunt velut regula in i u d i c a n d o de natura et de m o r i b u s civilibus." ebd., fol. l v . 1,1 Dialektik 1529, fol. c r . 112 Allgemein siehe Dialektik 1529, fol. a4v—a5r. I m Verlauf des Lehrbuches b e t o n t M e l a n c h t h o n i m m e r wieder, daß das dialektische R e g e l w e r k kein G e d a n k e n k o n s t r u k t ist: D i e N a t u r heißt die E i n t e i l u n g der Syllogismen gut, ebd., fol. g6 v ; g8 r . D e r erklärende Syllogismus, der v o n d e n Einzele r s c h e i n u n g e n auf allgemeingültige Aussagen schließt, u n d das Verfahren der I n d u k t i o n , die B e w e i s f ü h r u n g d u r c h Einzelfälle, gleichen d e m ersten E r k e n n t n i s w e g der N a t u r , ebd., fol. h8 v ; k r . " 3 „[...] ubi necessario s e q u u n t u r ex certis principiis certae conclusiones [...]." Dialektik 1529, fol. b8 r .
34
Kapitel 1: Dialektische und rhetorische Handbücher
gen als Meinung (opinio) zu bezeichnen — und Melanchthon schränkt ein, daß die Rechtswissenschaft wie Heilkunde neben wissenschaftlicher Lehre immer auch wahrscheinliche Ansichten enthalte. 114 Die Wissenschaftsdefinition enthält über die allgemeinen Grundwahrheiten und stichhaltige Beweise hinaus zwei weitere Aspekte: die Übung und das Ziel der Praxis. O h n e Zweifel wird nur der ein Meister seiner Kunst, der sich darin unentwegt übt. Denn allein Übung und Erfahrung können unsere Fähigkeiten vervollkommnen. Erkennen bleibt darüber hinaus nicht auf einen theoretischen Akt begrenzt; wahre Gelehrsamkeit liegt nur vor, wenn sie den Menschen zum Handeln anleitet. 115 Eine untätige Einsicht ist M e lanchthon fremd. In seinem Ethikkommentar von 1529 formuliert er eindrücklich: „Es kann nicht sein, daß in jemandem die vollkommene Erkenntnis existiert, der sie nicht auf den Gebrauch ausrichtet, nicht handelt, und sie nicht ausübt." 116 Erkenntnis findet nicht in einem abstrakten Raum, abgeschieden von der Welt und ihren Anforderungen statt. Wissen leitet, lenkt und führt zum Handeln, sonst ist es nicht als solches zu bezeichnen. Deswegen ist die Sprachfähigkeit nicht nur die besondere Auszeichnung des Menschen, die ihn von allen anderen Lebewesen unterscheidet, sondern die grundlegende Fähigkeit, die ihn für das Zusammenleben in der Gesellschaft begabt. 117
h) Dialektik
und
Ethik
In der zweiten Weise bezeichnet Melanchthon die konstitutiven Lehrbücher einer Disziplin als methodus. Diese behandeln die Grundfragen ihres Faches, mittels welcher der gesamte Wissensbereich aufgeschlüsselt, verstanden und erlernt werden kann. In diesem Sinne präsentiert der paulinische Brief an die R ö m e r die Hauptinhalte der Theologie und ermöglicht, die gesamte Heilige Schrift zu verstehen. 118 In ähnlicher Weise erschließen die „Institutiones" des Justinian oder Aristoteles' Nikomachische Ethik die Grundpfeiler der Rechtswissenschaften und Morallehre, weil sie den Studenten ein Orientierungssystem für den gesamten Fachbereich bereitstellen. Die Bedeutung der Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie für Melanchthon läßt sich besonders gut an seinem Umgang mit Aristoteles verdeutlichen, denn 1529 beginnt Melanchthon, Kommentare zur aristotelischen Politik und Ethik zu veröffentlichen. 119 Dort ist zu lesen, warum Aristoteles wieder als Meister der Moral114 „In m e d i c i n a sunt certa q u a e d a m principia, ex quibus certae q u a e d a m conclusiones seq u u n t u r , atque eatenus p r o p r i e ars est, sed praeter certas conclusiones multas habet veresimiles sententias et coniecturas, q u a r u m notitiam v o c a m o p i n i o n e m n o n a r t e m . " Dialektik 1529, fol. b8'. 115 „Ars est o r d o c e r t a r u m p r o p o s i t i o n u m , exercitatione c o g n i t a r u m ad f i n e m utilem in vita." Dialektik 1529, fol. b 8 ™ 116 „Et fieri nequit, ut perfecta notitia existat in eo, qui n o n adhibet u s u m , qui n o n agitat, n o n exercet e a m . " E t h i k 1529, fol. b7 r = E t h i k 1531, fol. b6 v . 1,7 E t h i k 1531, fol. b 6 v - b 7 r ; Politik 1529, fol. f4 r = C R 16, Sp.423. " " Siehe u n t e n , S.36ff. 119 Siehe ausfuhrlich Kapitel 5.1.2.
II. Die dialektischen Lehrbücher
1527—1529
35
lehre angesehen wird. W i e alle anderen M e n s c h e n ist der Grieche mit der Urteilsfähigkeit u n d den principia ausgestattet worden. I h m waren sowohl die natürlichen Gesetze als auch die R e g e l n der Sprache von G o t t her gegeben, mit deren Hilfe er die Nikomachische Ethik verfaßt hat. U b e r die allgemeinen Grundvoraussetzungen habe Aristoteles zusätzlich über einen göttlichen Anstoß (impetus) verfugt, durch den ihn Gott bei seinen philosophischen Studien angetrieben u n d zu seiner Meisterhaftigkeit befähigt habe. Bei der K o m m e n t i e r u n g der aristotelischen B ü cher wird M e l a n c h t h o n nicht müde, i m m e r wieder auf die M e t h o d i k zu verweisen u n d damit den Philosophen zu legitimieren. Vernunftgemäß zeichne Aristoteles anhand sprachlicher G r u n d f r a g e n den W e g von der natürlichen Erkenntnis zu der Tugendlehre nach. In seinen U n t e r s u c h u n g e n über die Ethik folge er nämlich der dialektischen Maxime, i m m e r nach Beweisen, d.h. den G r ü n d e n u n d Ursachen der Tugend, zu suchen. In der Nikomachischen Ethik lege Aristoteles die G r u n d lagen nach dialektischer Vorgehensweise dar u n d leite so zu den Moralvorschriften hin. 1 2 0 Anders liege der Fall bei den Epikureern oder Stoikern, deren Lehre M e lanchthon als widernatürlich u n d unvernünftig zurückweist. 1 2 1 D a m i t hat M e l a n c h t h o n das Verhältnis von Cicero u n d Aristoteles geklärt. D e r Lateiner ist f ü r ihn deijenige, der in „ D e officiis" eine wunderbare Auslegung der Morallehre geliefert hat, den theoretischen Vorbau dazu bietet aber der Grieche. 1 2 2 U m diesen Sachverhalt zu verdeutlichen, greift M e l a n c h t h o n das Beispiel von Ärzten heraus, bei d e n e n zwei G r u p p e n zu unterscheiden sind. D i e einen erkennen lediglich die S y m p t o m e eines Krankheitsbildes u n d verschreiben Heilmittel, die anderen aber k e n n e n die Krankheitsursachen. Was für die Medizin gilt, kann auf die Ethik übertragen werden. Cicero beschreibt die Gesetze, w ä h r e n d Aristoteles deren U r s p r u n g ableitet. 123 Auf diese Weise hat M e l a n c h t h o n j e n e n Konflikt gelöst, der n o c h in der R e d e „ D e legibus" zur Verachtung der griechischen Philosop h e n gefuhrt hatte. 1 2 4 D o r t zog er die praxisnahen Lateiner d e m theoretischen Aristoteles vor, dessen Kopflastigkeit i h m nichts für die R e c h t s p r e c h u n g auszutragen schien. N u n hat er erkannt, daß der Stagirit die theoretischen Voraussetzungen u n d Grundlagen f ü r die Gesetze liefert. Praxis schließt die T h e o r i e eben nicht
120 „ N o s vero Aristotelem s e q u a m u r simplici q u a d a m via et ordine ad d o c e n d u m a c c o m m o d a te, seu iusta jj,etìóò(0, et usitatis verbis o m n i a quae tradere instituit p r o p o n e n t e m . Ita fit ut q u a m m i n i m u m deerret a vero, d u m et o r d i n e et simpliciter docere studet. Est e n i m veritatis oratio s i m p lex." E t h i k 1529, fol. a3 v = E t h i k 1531, fol. a3 r " v . 121 Siehe z.B. E t h i k 1529, fol. a3 v ; b2 v ; c4 r . 122 „ A t q u e haec [seil, libri e t h i c o r u m Aristotelis] velut elementa philosophiae moralis existimari d e b e n t , quae si quis diligenter cognoverit, ut n u l l u m alium f r u e t u m hinc auferat, certe melius intelliget pleraque scripta Ciceronis, quae, c u m ex his fontibus [Aristotelis] manaverint. N o n satis intelliguntur ab illis, qui philosophiae prorsus rudes sunt. Si sensero h u n c l a b o r e m studiosis g r a t u m esse, adiieiam per o t i u m reliquos libros. Interea, si qui tarnen h o c studio delectantur, c u m haec i n itia philosophiae moralis ex Aristotele cognoverint, q u o d r e l i q u u m est, sumant a C i c e r o n e . " E t h i k 1529, fol. e6 r _ v . 123 E t h i k 1531, fol. i2 v . 124 Siehe o b e n S.28.
36
Kapitel
i : Dialektische
und rhetorische
Handbücher
aus, sondern beide bedürfen einander, wollen sie nicht willkürlich oder sinnlos sein. In diesem Sinne zieht Melanchthon in seinem Lehrbuch gegen j e n e zu Felde, die nur mangelnde Kenntnis der Dialektik mitbringen und damit jede Diskussion zum Scheitern verurteilen: Es sei unerheblich, welche dialektischen Regeln man herausgreife, denn mangelndes Verständnis wird in allen Fällen zum Fiasko fuhren. Wer die Regeln der Definition nicht beachtet, wird nur sinnlos fabulieren, was Beispiele der gelehrtesten Köpfe belegen. 125 Bei Mißachtung der Gesetzmäßigkeiten des Beweisganges wird die Argumentation irregehen, wie Seefahrer, die in kompletter Finsternis navigieren wollen. 126 Sinnentstellende Kompositionen der R e d e zeigen sich häufig in theologischen und rechtlichen Diskussionen, 127 die zudem oft den Sachverhalt nur unzureichend darstellen oder gar Nebensächlichkeiten ins Zentrum stellen. 128 Ausdrücklich wendet sich Melanchthon in diesem Z u sammenhang an die Theologen, weil die Kenntnis der Dialektik für die Auslegung der Heiligen Schrift von besonderer Bedeutung ist. 129
c) Dialektik und Theologie Die Standortbestimmung der Dialektik in der Theologie war von besonderer B r i sanz, weil damit die Frage nach der R o l l e der Vernunft in der Theologie gestellt war. 130 Gegen eine Theologie der menschlichen Logik — das muß betont werden — hat Melanchthon sich scharf zu Wort gemeldet, ohne dabei eine antirationale Theologie zu befürworten. Unentwegt wies er seine Studenten auf die Grenzen des Verstandes hin: Die Gotteserkenntnis, die Sündenlehre, Gottesfurcht und Gottvertrauen übersteigen die Urteilskraft des Menschen. Ohne Gottes Wort und die Führung des Heiligen Geistes werden wir unsere verkehrte menschliche Natur, Gottes Barmherzigkeit und seine befreiende Liebe zum Sünder nicht verstehen, betont Melanchthon immer wieder. 131 So klar er dem menschlichen Verstand 125 „Ni longum esset, commemorarem aliquot exempla, ubi est cernere magnos viros in longis disputationibus turpiter hallucinatos esse, quia parum cauti fuerant ita definiendo." Dialektik 1529, fol. e2 r . 126 „Hic primum est cernere, quae vis et quanta utilitas sit dialecticae, cum enim in omni oratione a r g u m e n t a t i o n utamur, neque de argumento ullo recte iudicare possint huius artis imperiti, et nulla controversia sit, quae non sit conferta argumentis; quid intelligent hi, qui non norunt argumenta iusto ordine connectere, aut videre quomodo singula membra cohaerent? Mihi quidem tamquam caeca noeta navigantes, nullam certam sententiam isti tenere posse videntur, qui ad lectionem cuiuscumque scripti h o c instrumentum [seil, librum de argumentatione] non afferunt." Dialektik 1529, fol. ffiv-gr. 127 Dialektik 1529, fol. n4 v . 128 Dialektik 1529, fol. o 2 \ 129 Dialektik 1529, fol. k3 r ; m3 v . 130 Siehe oben, S . 2 5 f . 131 In der Dialektik erläutert Melanchthon Hebr 11] und faßt zusammen: „Philosophia docet nos de rebus, quas ratio perspicit, de arithmetica, de geometrica, de architectonica, de morbis c o r porum, de civilibus moribus. At de voluntate Dei tantum ex verbo Dei iudicandum est, non ex
II. Die dialektischen Lehrbücher
1527-1529
37
j e d e Erkenntnisfähigkeit und jedes Urteilsrecht über die göttliche Offenbarung absprach, formulierte und forderte er in eben solcher Schärfe die Legitimität des Verstandes in der R e d e aus der Offenbarung heraus. Melanchthon entfaltet in seinem dialektischen Lehrbuch nicht systematisch, wie sich logische Sprache zur T h e o l o gie verhält, macht aber an verschiedenen Stellen deutlich, daß Gottes R e d e zu den Menschen in der Heiligen Schrift den grundlegenden R e g e l n der Sprache entspricht, wenn der Inhalt der Botschaft dabei auch die Grenzen des Verstandes sprengt. In dem Abschnitt über das Beweisverfahren mittels des Vergleiches (ex similitudine) unterbreitet Melanchthon, daß Christus sich dieses Argumentationsganges b e dient habe. In J o h 3 8 spricht Christus: „ D e r W i n d weht, wo er will, und du hörst seine Stimme, aber weißt nicht, woher er k o m m t und wohin er fährt. So ist jeder, der aus dem Geist geboren ist." Melanchthon erläutert den Vergleich. D e r W i n d stehe für Gottes Geist, der die im Glauben Erneuerten durch das Wort aufrichte und zum Hören befähige. D e n n die Drohungen und Verheißungen der Bibel kann der menschliche Verstand nur verstehen, wenn ihn der Heilige Geist dazu anleitet. 1 3 2 Gerade um den Geist zum Sprechen zu bringen, muß die vernunftgeleitete Auslegung hinzutreten. Melanchthon fährt mit einem Zitat des verstorbenen Landesvaters Friedrich des Weisen ( f 1525) fort. Dieser habe die Verkündigung C h r i sti mit menschlichem R e d e n verglichen und gefolgert: „Christi Predigten haben eine so große Erhabenheit, auch ist der Scharfsinn so einzigartig, daß sie bei weitem das Fassungsvermögen der Menschheit übertreffen. Wenn daher auch die J u den noch so weise Erdachtes vorbrachten, so Friedrich, kann deutlich wahrgen o m m e n werden, daß das, was Christus entgegensetzte, bei weitem sicherer und humana ratione. Quod autem mentio fit rerum sperandum [seil. Hebr 11]] ostendit et circa quäle verbum versetur fides et quod fides non modo notitia sit historiae, sed quod etiam affectum c o m plectatur aeeipientem seu expectantem Dei promissa. [...] Et ea demum vera fides est, quae non modo novit historiam, sed etiam credit promissionibus, quae expectat Dei promissa, quae credit non modo Christum passum esse ac resurrexisse, sed propter Christum nobis patrem placatum esse, nosque propter Christum in gratiam reeipi, tegi ac servari a patre. Vides quantum utilitatis afferat dialéctica, cum iuxta eius praeeepta gravium autorum sententiae expenduntur." Dialektik 1529, fol. d7v—d8r. Vgl. Melanchthons ausfuhrlichen Exkurs über das Verhältnis von Philosophie und Theologie (Kol 2 8 ) in seinem Kolosserkommentar, Kolosser 1527, S. 230—243; siehe Kapitel 2, S. 62f. In allen Kommentaren aus dieser Zeit taucht diese Frage an exponierter Stelle auf. Vgl. Proverbien 1529, S. 3 0 9 , 1 5 - 3 1 1 , 2 2 ; 3 7 3 , 1 9 - 3 7 4 , 3 , siehe dazu Kapitel 3, S. 138ÍF. Die Aristoteleskommentare werden mit einer Erläuterung zum Unterschied zwischen Evangelium und Philosophie am Anfang und Ende gerahmt (Ethik 1529, fol. a3 v -a5 v ; e6 v -e7 r , Politik 1529, fol. e 8 v - ß v = C R 16, Sp. 4 1 7 - 4 2 2 ) , siehe Kapitel 5.1.2. , , 2 \„Itaque Christus etiam multis usus est similitudinibus, ut Johannes tertio descripturus formam et modum iustificationis, ait Qoh 3¡J: .Spiritus ubi vult spirat et vocem eius audis, sed nescis unde veniat aut quo vadat, sie est omnis qui natus est ex spiritu.' [...]. Ita qui renascuntur, audiunt verbum Dei et agitantur spiritu saneto. Neque enim sine verbo movet spiritus sanetus, et nec verbum nec motum spiritus saneti humanae vires excitare possunt." Dialektik 1529, fol. m 4 v - m 5 r . Damit bringt Melanchthon in anderen Worten zum Ausdruck, was Luther in „De servo arbitrio" mit der Unterscheidung von äußerer und innerer Klarheit der Schrift bezeichnet hatte, vgl. bes. WA 18, S. 609,5-9, BEUTEL, Luthers Sprachverständnis, S. 372-406.
38
Kapitel
1: Dialektische
und rhetorische
Handbücher
der Sache bedeutend angemessener war." 1 3 3 Christus spricht nicht in mysteriösen Äußerungen, sondern wählt ausgesprochen verläßliche und angemessene Worte. Zweierlei bewegt Melanchthon hier. Z u m einen umschreiben^?rrniora und magis ad rem apposita die höchsten dialektischen Prädikate, die einer wahren und vollkommenen R e d e zuteil werden können. Christus bedient sich meisterhaft der Sprache, wenn er den Menschen die Verheißungen verkündigt. Zugleich überschreiten seine Worte die begrenzten sprachlichen Möglichkeiten. W e n n die Wahrheit dieser Predigten nicht logisch zu beweisen ist, sind sie dennoch genauso wahr wie das, was wir mit Händen greifen können. 1 3 4 Melanchthon faßt für die Theologiestudenten zusammen: Kann die Wahrheit der christlichen Botschaft nicht mit logischen R e g e l n bewiesen werden, hat die göttliche Offenbarung sich dennoch der logischen Sprache bedient. Deswegen darf der Verstand b e i m Lesen der Bibel nicht ausgeschaltet werden. Vielmehr haben sich T h e o l o g e n der Sprache und ihrer G e setzmäßigkeiten zu bemächtigen, um die Heiligen Schriften sorgfältig betrachten und auslegen zu können. 1 3 5 Die Bedeutung der Dialektik für die Schriftauslegung k o m m t in diesem Lehrbuch von 1 5 2 9 mit ungekannter Macht bei den Schlußfolgen (syllogismi) zum Tragen. Melanchthon zitiert als erläuternde Beispiele Syllogismen aus der Bibel bzw. entwickelt theologische Schlußfolgerungen, in denen ein biblisches Zitat vork o m m t . 1 3 6 Als Beispiel des erklärenden Schlusses (enthymema) zieht Melanchthon R o m 4 1 5 heran. D o r t legt Paulus dar, daß das Gesetz nur Z o r n hervorbringt und deswegen den Menschen nicht rechtfertigen kann. Weil das Enthymem ein abgekürzter Schluß ist, also nur zwei anstatt drei Teile hat, sollte man die Schlußfolge zum besseren Verständnis auffüllen, was Melanchthon wie folgt verdeutlicht: „[1] Niemand, der Gottes Z o r n kennt und umgekehrt von Gott angeklagt wurde, ist gerecht. [2] Das Gesetz bewirkt, daß wir Gottes Z o r n kennen, und wir zürnen dem Urteil Gottes. [3] Daher bewirkt das Gesetz nicht, daß wir gerecht wer133 „[...] etiam si humano more iudicare liceret de scripturis, tarnen animadverti in Christi sermonibus quandam sapientiam maiorem ac superiorem humana mente. Tantam esse gravitatem, tantum etiam acumen, ut longe vincant communem captum ingeniorum humanorum. Itaque quamvis prudenter cogitata afferant Iudei, tarnen clare cerni posse, aiebat [seil. Fridericus], ea quae Christus opponit, longe firmiora esse ac magis ad rem apposita." Dialektik 1529, fol. m5 r . Ahnliches berichtet Luther in seiner Vorrede zum zweiten Psalmenkommentar, W A 5, S. 21,24—35. 1 3 4 „Hic autem monendi sunt iuvenes, quod parem vim demonstrationibus habeant ea quae sunt in sacris literis. N a m in his etiam certa est veritas, sentire igitur debemus tarn certas esse promissiones ac minas Dei, quam certa sunt, quae manibus palpamus et oculis cernimus." Dialektik 1529, fol. 1 3 " . 1 3 5 „Huius vocis [seil. Friderici] hoc libentius niemini, ut tanti prineipis auetoritate commoverem adolescentes, ut diligenter considerent argumentationes quae extant in sacris literis, et observent quomodo ad artem [seil, dialecticae] revocari possint." Dialektik 1529, fol. n15' *. Damit greift Melanchthon einen mittelalterlichen Topos auf: Der lateinische Text von Prov 93 („[...] misit ancillas suas ut vocarent ad arcem [...]") wurde im Mittelalter als „misit ancillas suas ut vacarent ad artem" gelesen. Dadurch wurde diese Stelle zur Begründung der Theologie als Krone der Wissenschaften, vgl. GREGOR VON RIMINI, 1 Sent prol q 1, S. 2 3 , 2 6 - 2 7 . 1 3 6 Vgl. zu den dialektischen Schlüssen in dem Lehrbuch der R h e t o r i k von 1531 SICK, Ausleger des Alten Testaments, S. 60—66.
II. Die dialektischen
Lehrbücher
1527—1529
39
den." 1 3 7 Häufiger verwendet Melanchthon jedoch eine Bibelstelle als Teil einer Schlußfolgerung, wie: „Keiner Sünde muß Ehre gezollt werden. Die Schrift lehrt, daß der Obrigkeit Ehre gezollt wird [ R o m 13t]. Daher lehrt die Schrift, daß O b rigkeit zu sein, keine Sünde ist." 1 3 8 Für Melanchthon war dieses Verfahren legitim, weil der Syllogismus für ihn eine Grundstruktur menschlichen Denkens war, der nicht den Inhalt bestimmte, sondern vorgegebene Materie in einen logischen Schluß faßte. 1 3 9 Der Unterschied von Vernunft und Offenbarung blieb für M e lanchthon durch die Unterscheidung von (syllogistischer) Form und (biblischem) Inhalt gewahrt. Mit dieser Legitimation begab sich Melanchthon auf eine schwierige Gratwanderung, weil Form und Inhalt nicht so eindeutig zu trennen sind, wie sein Lehrbuch suggerieren mag. Die praktische Umsetzung seiner Römerbriefkommentare vermag jedoch zu zeigen, wie Melanchthon die biblische Offenbarung vor der menschlichen Logik schützte. In der Dialektik von 1529 bezeichnet Melanchthon den R ö m e r b r i e f als methodus der Theologie; das ist inhaltlich nicht neu, sondern findet sich schon früher. 140 Diese Auszeichnung kommt dem R ö m e r b r i e f zu, weil er alle grundlegenden Elemente der christlichen Lehre enthält, wie Melanchthon in seinem Römerbriefkommentar von 1 5 2 9 / 3 0 deutlich macht: Die Lehre von der Rechtfertigung des Sünders, Gesetz und Evangelium, Sünde und Gnade. Entschlüsseln kann diese Botschaft des Römerbriefs nur sachgerecht, wer sich die Regeln der Dialektik und Rhetorik zu eigen macht. Entsprechendes leistet Melanchthon mit seinem K o m mentar, der den Aufbau des gesamten Briefes wie die dialektische Funktion jeden Verses aufschlüsselt. 141 Sein Kommentar von 1532 geht über die Analyse der dialektischen Struktur hinaus und legt die einzelnen Verse aus. 142 Gleich zu Anfang der Auslegung thematisiert Melanchthon das Problem der Unerreichbarkeit der göttlichen Offenbarung durch den menschlichen Verstand. R o m 1 1 9 („Denn was man von Gott erkennen kann, ist unter den Heiden offenbar, denn Gott hat es ihnen offenbart") ist für ihn der theologische Syllogismus par excellence. „Obgleich nämlich [...] der Verstand etwas über Gott logisch denkend aus seinen wunderba1 3 7 „ N e m o sentiens iram Dei, et vicissim iratus D e o , est iustus. Lex efficit, ut sentiamus iram Dei, et irascamur iudicio Dei. Ergo lex non efficit iustos." Dialektik 1529, fol. i8 r . 1 3 8 „Nulluni peccatum est honore afficiendum. Scriptura praecipit magistratum honore affici. Ergo, scriptura docet magistratus gerere non esse peccatum." Dialektik 1529, h 6 " ' . 1 3 9 „ N e c putent adoloscentes ex his syllogismorum formulis materiam dicendi petendam esse. Tunc cum aliunde oblata est materia, imitandae hae formulae sunt in connectendo et videndum in quam formulam recte includi connexa possint." Dialektik 1529, fol. g4 r . 1 4 0 1520 schreibt Melanchthon in seiner R e d e zum Bekehrungstag des Paulus: „Si rerum theologicarum compendiariam rationem desideras [...] nemo accuratius, nemo commodius Paulo d o cet." Declamatiuncula in divi Pauli doctrinam, M W A 1, S. 42,1—7. 1 4 1 „ C u m autem epistola ad R o m a n o s praecipuum doctrinae christianae locum tractet ac veluti methodum universae scripturae contineat, non satis est, unum atque alterum ex illa versiculum decerpere." Vorrede zum R ö m e r b r i e f 1529, C R 1, Sp. 1044, zum R ö m e r b r i e f als methodus vgl. unten Kapitel 4, S. 1 4 2 f und Kapitel 5.1.3.; zu den unterschiedlichen Ausgaben des Kommentars siehe den Anhang, 2 7 0 f . 142
Siehe unten Kapitel 6.II.2c.
40
Kapitel
t: Dialektische
und rhetorische
Handbücher
ren Werken in der ganzen Natur ableitet, dennoch hätte der Verstand diesen Syllogismus nicht, wenn Gott unserem Verstand nicht eine gewisse Erkenntnis und Vorwissen eingegeben hätte." 143 Melanchthon kann keine einfache Lösung für das komplexe Problem von Vernunft und Offenbarung liefern. In immer wieder neuen Anläufen legte er die Chancen und Grenzen des Verstandes dar und suchte in der Theologie die U n überbrückbarkeit zwischen Gottes Offenbarung und menschlicher Logik zu wahren. Die Heilige Schrift steht im Zentrum, und insbesondere der Römerbrief ist der methodus der Theologie. Das Verstehen der biblischen Botschaft bedurfte für Melanchthon außer der Leitung des Heiligen Geistes immer auch der sprachlichen Analyse. 4. Die drei dialektischen
Lehrbücher
Die von der Forschung bisher übersehenen und nicht ausgewerteten drei dialektischen Lehrbücher vermögen einen detaillierten Einblick zu geben, wie Melanchthon Schritt für Schritt an einem Verständnis von Sprache und Logik arbeitet, das den Anforderungen der neuen Theologie allein aus der Schrift gerecht werden will. Denn gerade eine Theologie aus der Schrift bedarf einer Legitimation jenseits der überkommenen Tradition. Das von ihm dargelegte Zusammenspiel von geistbegabter und vernunftgelenkter Schriftauslegung schützt für Melanchthon die Theologie vor einer willkürlichen Rede, die sich allein auf den Geistbesitz oder gar spezielle Offenbarungen beruft, vor der Philosophie einer menschlichen Logik, die den Verstand zum Richter über die Offenbarung macht, und vor den Angriffen einer kirchlichen Herrschaft. Nicht die Suche nach einer abstrakten Wahrheit, sondern konkrete Nöte haben Melanchthon bei der Weiterentwicklung der Dialektik bewegt. Eine dem Verstand entzogene Theologie und deren Konsequenzen für die Kirche begegneten Melanchthon von 1527 an bei den Kirchenvisitationen. 144 Eine vom Verstand verbogene Theologie vertraten für ihn weite Kreise. Die schweizer Theologen, die eine Politik des Evangeliums und ein Evangelium des Verstandes mit ihren Bündnisvorstellungen und Abendmahlslehren forderten, konnte Melanchthon genauso dazu zählen, wie die altgläubigen Theologen und schließlich nach dem Ausgburger Reichstag sogar seinen eigenen Kurfürsten. 14:> Daß Melanchthon genau in den Jahren sein Lehrbuch intensiver Überarbeitung unterzieht, in denen er auf Kirchenvisitationen und Reichstagen tätig war, zeigt, 143 „ Q u a m q u a m enim [...] mens ratiocinatur aliquid de Deo ex consideratione mirabilium eius operum in universa natura rerum, tarnen hunc syllogismum ratio non haberet, nisi etiam Deus quandam notitiam xal indidisset mentibus nostris." Römerbrief 1532, S. 71,29—72,2. 144 Siehe Kapitel 3.111. 145 Z u m Streit mit den Schweizern siehe bes. Kapitel 5, S. 204ff; zur Auseinandersetzung mit dem Kurfürsten und den Altgläubigen Kapitel 6, S. 232ff.
III. Die Rhetorik von 1531
41
wie eng das Zusammenspiel von praktischen Problemen und theoretischen Lösungen bei ihm ist. Die Suche nach der einen Wahrheit und der einen Kirche, die M e lanchthon als Theologe auf der reichspolitischen Bühne betrieben hat, bewegen ihn genauso am Katheder der Universität. Erkenntnis und Handeln, Theologie und Kirchenleben hängen untrennbar zusammen. Seine drei dialektischen Lehrbücher zeugen davon, wie Melanchthon um den rechten Zusammenhang von Vernunft und biblischer Offenbarung ringt, während er gleichzeitig nach der einen biblischen Wahrheit und der einen wahren Kirche sucht. 146
III. Die Rhetorik von 1531 Zehn Jahre nach dem Erscheinen der zweiten Rhetorik veröffentlichte Melanchthon 1531 eine vollständige Neuausgabe seines Lehrbuches. Aus dem kurzen Vorlesungsdiktat ist ein umfangreiches Kompendium geworden, das den rhetorischen Lernstoff in neuer Anordnung bringt. 147 In seiner Widmung erläutert Melanchthon, welchen Anforderungen der neue Entwurf gerecht werden will. Die enge Verbindung von Dialektik und Rhetorik soll zum Tragen kommen, der Leser soll auf die Lehrbücher Ciceros und Quintilians vorbereitet werden, und schließlich werden die rhetorischen Regeln anhand von praktischen Beispielen erklärt. 148 1. Dialektik
und
Rhetorik
Da Melanchthon von 1526 bis 1529 unentwegt die Dialektik überarbeitet hat, legt sich der Eindruck nahe, daß ihm die Dialektik wichtiger geworden sei als die R h e torik. Dagegen wendet Melanchthon zu Anfang seines Lehrbuches ein, daß beide Schwesterdisziplinen so eng miteinander verbunden sind, daß sie zusammen stu146 Schon Petersen bewertete Melanchthons Betonung der Dialektik wie folgt: „Und j e dringlicher nun die Verteidigung der neuen Lehre ward, ihre Abgrenzung gegen die alte und ihre B e gründung auf die biblischen Schriften, desto größer die Nötigung zu verstandesmäßiger Klarheit." PETERSEN, Philosophie, S. 43. Kusukawa kommt zu einem ähnlichen Schluß und bezeichnet die Dialektik als vinculum concordiae, die eine .einstimmige Meinung unter allen Lehrenden' sichert,
KUSUKAWA, L u t h e r a n M e t h o d , S. 6 5 - 7 6 . 147 Elementorum rhetorices libri duo, C R 13, Sp.417-506 (siehe Anhang, S. 265F). Einen knappen Uberblick zu den allgemeinen Charakteristika und den Unterschieden zu den vorherigen Versionen bietet KNAPE, Rhetorik, S. 36—39, der auch eine gekürzte Ubersetzung anbietet,
e b d . , S. 6 3 - 1 1 6 ; vgl. a u c h BERWALD, M e l a n c h t h o n s R h e t o r i k l e h r b ü c h e r , S. 1 1 8 - 1 2 2 . 148 Die Widmung findet sich C R 2, Sp. 5 4 2 - 5 4 4 = M B W Nr. 1183. „Et hos meos libellos spero profuturos his, qui postea legent Ciceronem et Quintilianum. Quaedam enim illorum praecepta explicamus et exempla addimus, sumpta ex praesentibus negotiis, ex quibus facilius intelliguntur praecepta, quam ex istorum exemplis, quae sunt ab usu nostro remota." ebd., Sp. 543; „[...] quod videlicet necessaria sit [seil, ars rhetorica] ad maximas ac difficillimas causas omnes, in hac tota civili consuetudine vitae explicandas, ad retinendas religiones, ad interpretandas et defendendas leges, ad exercenda iudicia, ad consilium dandum reipublicae in maximis periculis." ebd., Sp. 544.
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Kapitel 1: Dialektische
und rhetorische
Handbücher
diert werden müssen, um ihr volles Potential zu entfalten. Zur Begründung des eigenen Verfahrens gibt Melanchthon seinen Studenten unterschiedliche Definitionsweisen beider Disziplinen zu bedenken. Einige - damit dürfte u.a. R u d o l f Agricola gemeint sein — würden die R h e t o r i k allein auf die Stilmittel (elocutio) begrenzen. Obwohl das heftige Kritik hervorgerufen habe, ließe sich dieses Vorgehen rechtfertigen, erklärt Melanchthon, weil diese Aufteilung dem Lernvermögen der Studenten entgegenkomme und der Begriff der Rhetorik sich etymologisch von elocutio ableite. Andererseits, so wendet Melanchthon ein, bedürfen gerade die Rhetoren des dialektischen Werkzeuges der vollkommenen Lehrweise, wie Cicero selber forderte und die aktuelle kirchenpolitische Situation wieder deutlich mache. Rhetorik setze die Dialektik voraus, weil nur so eine sichere Erkenntnis gewährleistet werden könne. D e n Beweisgang, die nackte, logische Argumentation zeichne die Dialektik gleich den Konturen in einem Bild. D o c h dieses Bild bliebe mißverständlich und nichtssagend, würde nicht die Rhetorik dazutreten und das Bild mit Farben lebendig gestalten. 149 Deswegen folgt Melanchthon einem anderen Weg als Agricola und behandelt in der Rhetorik viele Fragen, die schon in der Dialektik angesprochen wurden. 1 5 0 In seinen Lehrbüchern gibt Melanchthon dem Sachzusammenhang von Dialektik und Rhetorik eine konzeptionelle Verankerung, indem er das Auffinden (inventio) und Anordnen (dispositio) von Argumenten in beiden Disziplinen behandelt und eine vierte Redegattung hinzufügt. Schon in den vorherigen Versionen seines Rhetorikkompendiums hatte Melanchthon die drei Redegattungen um die dialektische Gattung erweitert, wobei er diese R e d e als Untergruppe der Lobrede behandelt hatte. 131 1531 zählt Melanchthon vier verschiedene Gattungen auf und gibt der Neuschöpfung den Namen der Lehrrede (genus öiöaoxaXixöv bzw. didascalicum). Melanchthon begründet diese Neuerung: Die Lehrgattung muß den anderen Gattungen zur Seite gestellt werden, weil man ihrer besonders in dieser Zeit der kirchlichen Bedrängnisse bedarf. Nicht nur profitieren Predigten von dieser Gattung — das hatte Melanchthon schon 1519 gelehrt —, sondern die Menschen müssen heutzutage nach dialektischer Sitte über die Religion unterrichtet werden, und dazu eignet sich eben diese Gattung am besten. 1 5 2 Die dialektische Redeweise wird die schwierigsten Themen den Zuhörern leicht verständlich vermitteln können. Beachtet der Redner die dialektischen Fragen der Definition: Worum geht es? ( Q u i d sit?), W a s s i n d d i e B e s t a n d t e i l e ? ( Q u a e sint partes
vel species?),
W i e w i r d es
begründet? (Quae causae?), Worauf zielt es? (Qui effectus?), Was sind verwandte und , 4 '' Dialektik 1529, fol. a5 r , R h e t o r i k 1531, Sp. 4 1 9 , 4 - 2 2 , FRANK, Melanchthons Dialektik, S. 133. 150 R h e t o r i k 1531, Sp. 4 1 9 , 4 6 - 4 2 0 , 2 3 . 151 Siehe oben, S . 1 5 f . 1 5 2 „Ego addendum censeo 6i6aoxaXixöv genus, quod etsi ad dialecticam pertinet, tarnen, ubi negotiorum genera recensentur, non est praetermittendum, praesertim, cum hoc tempore vel maximam usum in ecclesiis habeat, ubi non tantum suasoriae conciones habendae sunt, sed multo saepius homines dialecticorum more de dogmatibus religionis docendi sunt, ut ea perfecte cognoscere possint." R h e t o r i k 1531, Sp. 4 2 1 , 2 0 - 2 8 , vgl. ebd., Sp. 4 2 4 , 3 - 6 .
III. Die Rhetorik von 1531
43
was sind gegenteilige Themen? (Quae cognata etpugnantia?), habe er gleich ein R a ster an der Hand, u m die Gemeinde über die wahre Theologie zu belehren. M e lanchthon exerziert das anhand der Beispiele von Gnade, Tugend, Buße und Glauben für seine Studenten vor: Wer über den Glauben lehrt, m u ß zuerst die Wortbedeutung erforschen. D e n n manchmal bedeute Glaube die Kenntnis des Lebens Christi, bei den Propheten oder Aposteln aber sei damit Vertrauen in Gottes Verheißung gemeint. Entsprechend beantwortet Melanchthon alle Teilfragen und zeigt auf, wie mit diesem Werkzeug auf den Klärungs- und Bildungsbedarf bei den Gemeindegliedern geantwortet werden kann. D e n Studenten wird nahe gebracht: Nicht nur der Pfarrer soll gelehrt sein, sondern er soll sein Wissen weitergeben können. Mit unterweisenden R e d e n soll er den Laien die Eckpfeiler der kirchlichen Lehre vermitteln. 1 5 3 Melanchthons Lehrrede ist ein Teil seines Bildungsprogrammes. Ihm geht es u m wahre Erkenntnis und kompetente Vermittlung. Deswegen sind Dialektik und R h e t o r i k als Einheit zu verstehen, denn das „Ziel der Dialektik ist zu lehren, der R h e t o r i k aber, den Verstand zu bewegen u n d anzustoßen und zu anderen Affekten zu führen, damit, wenn wir über die Natur der Tugend diskutieren, die Dialektik um R a t gefragt wird, was die Tugend sei, und aus welchen Ursachen, Teilen und Wirkungen sie bestehe. Wenn wir aber die Menschen zur Pflege der Tugend ermahnen, müssen die rhetorischen Hilfsmittel verwendet werden. Wenn wir über die Natur der Buße reden und den Menschen lehren, was die Buße sei, aus welchen Teilen sie besteht, ist der dialektischen Lehre zu folgen. Die Ermahnung zur Buße aber bedient sich der rhetorischen Mittel." 1 5 4 Dialektik und R h e t o r i k bedürfen sich gegenseitig. Fehlt das dialektische Grundgerüst, fehlt die sachgerechte Behandlung. Die rhetorische Ausgestaltung aber bringt den Z u h ö r e r n und Lesern erst die Inhalte nahe und motiviert sie zur Umsetzung und zum Handeln. 1 5 3
133
R h e t o r i k 1531, Sp. 424,11—428,7. Was Melanchthon selber in seinem Lehrbuch nur a n d e u ten kann, macht sich einer seiner Schüler z u m Anliegen: D e r Mansfelder R e f o r m a t o r und Prediger Erasmus Sarcerius (f 1559) veröffentlicht ein Lehrbuch der R h e t o r i k , das vornehmlich exemplarische Lehrreden zur Taufe, B u ß e u n d Obrigkeit vorlegt. ERASMUS SARCERIUS: R h e t o r i c a plena ac referta exemplis, Marburg: Christian Egenolphi, 1539, zur Taufe siehe ebd. fol. i3 v , zur B u ß e ebd. fol. i4 r_v , u n d zur Obrigkeit ebd. fol. i4v—i5r. Eine knappe E i n f ü h r u n g in Sarcerius R h e t o r i k bietet SEIFERT, R h e t o r i k , S. 143-145. Vgl. auch die Dialektik von SARCERIUS: Dialéctica multis ac variis exemplis illustrata, M a r b u r g 1536. 154 „[...] dialecticae finis est docere, rhetoricae autem permovere atque impeliere ánimos et ad affectum aliquem traducere, ut c u m de natura virtutis disputamus, dialéctica consulenda erit, quae quid sit virtus et quas habeat causas, partes, effectus ostendat. C u m autem ad virtutem colendam homines adhortamur, loci rhetorici sequendi erunt. C u m de natura poenitentiae dicimus, c u m q u e docemus homines, quid sit poenitentia, quas habeat partes, sequenda erunt praecepta dialectices. Adhortado autem ad poenitentiam, adhibet locos rhetoricos." R h e t o r i k 1531, Sp. 420,28-39. 155
Dialektik 1529, fol. g 8 \
44
Kapitel
i: Dialektische
und rhetorische
Handbücher
2. Rhetorik und Theologie Uber die Lehrrede hinaus entfaltet Melanchthon die Bedeutung der Rhetorik für die Theologie und fuhrt den Studenten vor, wie die rhetorische Materie bei der Auslegung der Heiligen Schrift und der Lösung theologischer Probleme hilft.
a) Juristischer Streit und theologische Kontroversen: Die Gerichtsrede Wie die Redegattungen der Theologie dienstbar gemacht werden können, stellt Melanchthon in diesem Lehrbuch ausführlicher dar als zuvor. Schon die Gewichtung der Gattungen zeigt, daß der Schwerpunkt der rhetorischen Ausbildung auf der Gerichtsrede (genus iudiciale) liegt. 156 In den ersten beiden Auflagen hatte M e lanchthon diese Gattung als letzte nur kurz behandelt.' 5 7 1531 fängt er nach der Lehrrede direkt mit der ausfuhrlichen Erklärung der Gerichtsrede an und folgt mit dieser Umstrukturierung Cicero. 1 5 8 Darüber hinaus erweitert Melanchthon den Anwendungsbereich dieser Redegattung auf die Theologie. Den Nutzen des genus iudiciale für die Schriftauslegung hatte er schon 1521 benannt, weil die Darlegung der Gerechtigkeit des Menschen vor Gott im R ö m e r b r i e f einer Verteidigungsrede gleiche. 1 5 9 Zehn Jahre später geht Melanchthon erheblich über diese Erkenntnis hinaus: „Wir vermitteln aber diese Vorschriften entweder zum Beurteilen fremder R e d e n oder um die Studenten in die Untersuchung brieflicher Streitfragen einzuweisen, oder für kirchliche Verhandlungen." 1 6 0 Melanchthon holt diese Gattung aus ihrem ursprünglichen Sitz als Spezialwerkzeug für Juristen heraus und macht sie für das Beurteilen aller brennenden Fragen und kirchlichen Probleme fruchtbar. Nicht nur in den biblischen Schriften finde sich die Gattung, sondern gerade in den theologischen Disputen solle sie zur Lösung der Konflikte Anwendung finden: „Denn die kirchlichen Diskussionen gleichen zum großen Teil den gerichtlichen Prozessen. Sie interpretieren Gesetze, lösen Widersprüche auf, nämlich die Lehrsätze, die äußerlich im Widerspruch scheinen, erklären Doppeldeutigkeiten, 1 5 6 KNAPE, R h e t o r i k , S. 40. Bauer sieht darin eine R e a k t i o n auf den Augsburger Reichstag: „Analog zu einer Gerichtsklage und einemjuristischen Prozeß ging es in den controversiae fidei um Glaubenssätze, deren Wahrheitsanspruch strittig geworden war, weil die bisherigen Grundlagen für den Beweis ihrer Gültigkeit - Konzilsbeschlüsse, die Exegese der Väter und die Deutung der Hl. Schrift — in Frage standen. D i e Protestanten wurden in die R o l l e von Angeklagten [...] gedrängt, die katholischen Stände vertraten die Klägerpartei [...]." B. BAUER, R h e t o r i k des Streitens, S. 43. 1 5 7 „Tertium genus causarum est, quod ad forum litesque pertinet, ac ob id iudiciale solet vocari, de quo mihi pauciora, sed tarnen aliquae dicenda sunt [ . . . ] . " R h e t o r i k 1519, fol. g v , vgl. R h e t o rik 1521, fol. b4 v . ,5B
KNAPE, R h e t o r i k ,
S.40.
R h e t o r i k 1521, fol. b4 v . Zur wandelnden Gattungsbestimmung des Römerbriefes, siehe WENGERT, Annotations on R o m a n s , S. 1 2 6 - 1 2 8 . 1 6 0 „Sed nos tradimus haec praecepta vel ad iudicandas aliorum oratione vel ut etiam instruamus adolescentes ad controversias in epistolis tractandas et ad ecclesiastica negocia." R h e t o r i k 1531, Sp. 4 2 9 , 2 1 - 2 5 . 159
III. Die Rhetorik von 1531
45
diskutieren bald über die Rechtslage, bald über den Tatbestand, suchen Ratschläge für Handlungen." 1 6 1 O b nun ein des Mordes Angeklagter vor Gericht verteidigt werden muß oder ob Theologen im Streit um die Buße aneinandergeraten, die Aufklärung des Falles erfolgt auf beiden Kampfplätzen durch dieselbe Vorgehensweise und dasselbe rednerische Werkzeug. 162 b) Schriftauslegung
und
Rhetorik
Für Melanchthon ist die Heilige Schrift in der Auslegung methodisch genauso wie die klassische Literatur zu behandeln. Auch die biblischen Bücher sind stilvoll verfaßte Texte (textus163) und von daher den Regeln der Rhetorik unterworfen, was Melanchthon in seinem Lehrbuch von 1531 anhand zahlreicher biblischer Beispiele verdeutlicht. Als erster Schritt der Exegese eines jeglichen Buches erfolgt die Gattungsbestimmung. N u r wer den Gesamtaufbau im Auge hat, kann die Intention des Werkes verstehen. Das verdeutlicht Melanchthon an verschiedenen Psalmen. Psalm 51 ist der Gattung nach eine überzeugende Rede (genus deliberativum), die darauf zielt, den Hörer zum Handeln zu bewegen. Dementsprechend fordert dieser Psalm die Christen auf, um Gottes Barmherzigkeit und Sündenvergebung zu flehen.164 Die Lobrede {genus demonstrativum) beschreibt eine Sache voller Verzierungen — gleich einem Bild - und kann besonders leicht von Ungebildeten verstanden werden. Ein derartiges Lob auf Christus findet Melanchthon in Ps 110, der auf vielfältige Weise eindrücklich das Priestertum und die Königsherrschaft Christi beschreibe. 165 Z u derselben Gattung zählt Melanchthon Ps 67. Rhetorisch entschlüsselt, würde dem Leser sofort einsichtig sein, daß dieser Psalm Christus und seine göttliche Macht beschreibt. 166 Die Gattungsbestimmung hilft dem Leser, nicht nur die Gesamtaussage, sondern auch die Struktur des Buches zu verstehen. Wie Gattung und Gliederung bei biblischen Werken zusammenhängen, kann Melanchthon in seinem
161 „ N a m disputationes ecclesiasticae magna ex parte similitudinem quandam habent forensium certaminum. Interpretantur enim leges, dissolvunt avuvo|i»ag videlicet sententias, quae in speciem pugnare videntur, explicant ambigua, interdum de iure, interdum de facto disputant, quaerunt factorum consilia." R h e t o r i k 1531, Sp. 429,25—31. 162 Für die Gerichtsrede bietet Erasmus Sarcerius in seiner Rhetorik exemplarische R e d e n über die Fragen von Kircheneigentum (Rhetorik, fol. k6—12v), der leiblichen Gegenwart Christi im Abendmahl (ebd. fol. m8v—n5r) sowie eine Verteidigung der Kindertaufe gegen die Wiedertäufer (ebd. fol. p3 r -p4 v ). 163 Melanchthon verwendet textus für die Heilige Schrift in Rhetorik 1531, Sp. 471,8; so auch im Kolosserkommentar von 1528, Kolosser 1528, fol. e5 v . 164 R h e t o r i k 1531, Sp. 448,9-23. Zur Psalmenexegese von 1528 siehe unten, Kapitel 3.II.1. 165 Rhetorik 1531, Sp. 421,37-422,11. Vgl. SICK, Ausleger des Alten Testaments, S. 47-48. 166 „Haec fere summa est Psalmi [seil. 67], quem si quis hoc m o d o ad artis [rhetoricae] praeeepta conferet, planius intelliget et animadvertet, qui loci proprie ad Christum accommodandi sint, qui tribuant ei divinam potentiam." R h e t o r i k 1531, Sp. 449,25-29.
46
Kapitel
i: Dialektische
und rhetorische
Handbücher
Lehrbuch nur andeuten. In seinen exegetischen Kommentaren verfolgt er aber den Aufbau der jeweiligen Schrift im Detail. 1 6 7 I m zweiten B u c h der R h e t o r i k behandelt Melanchthon die R e g e l n der sprachlichen Formulierung (elocutio). Dieser Teilbereich der R h e t o r i k werde fatalerweise oft unterschätzt, kritisiert Melanchthon gleich zu Anfang. Bringen die inventio und dispositio das Argumentationsgerippe hervor, wird die R e d e ohne den Stil schwer faßbar bleiben: „ D e n n es ist die sprachliche Formulierung, die einen Gegenstand deutlich und verständlich darlegt." 1 6 8 O h n e Stilkenntnis wird nichtssagend dummes Zeug geredet, und gerade viele T h e o l o g e n und Juristen erliegen diesem F e h ler. 1 6 9 In gleicher Weise führe die Verachtung des Stils zur Mißinterpretation der Schrift. Als Beispiele fiir diese folgenreiche Unkenntnis benennt Melanchthon die Täufer sowie die Vertreter der vierfachen Schriftauslegung. Die Täufer ereilt Melanchthons Kritik, weil sie sich gerade auf schwer verständliche Bibelzitate stützen und deren Auslegung in den wörtlichen Sinn pressen, o h ne dabei den Unterschied von Aussage und Intention (pr|TÖv x a i öiavoia) zu b e achten. B e i doppeldeutigen oder schwer verständlichen Schriftstellen enthüllt aber gerade diese Unterscheidung den wahren Sinn, belehrt Melanchthon. Z u m richtigen Verständnis müssen in schwierigen Fällen die R e g e l n der Dialektik herangezogen und der Vers durch eindeutigere Schriftzitate ausgelegt werden. Als Beispiel führt er die Begründung der Gütergemeinschaft an. D i e Täufer beriefen sich dabei auf die biblische Forderung, in der Gemeinde Geld zu sammeln (2. K o r 8) und das Eigentum zu verkaufen (Luk 12 3 2 ). Aus diesen Schriftstellen einen Armutsanspruch für alle Christen abzuleiten bedeutet für Melanchthon, den wörtlichen Sinn einzeln herausgelöster Zitate zu strapazieren und die Intention nicht zu b e achten. W i e man als Christ zum R e i c h t u m zu stehen hat, so Melanchthon, wird deutlich, wenn die Definition von R e i c h t u m und der Umgang damit beachtet werden. Z u r Klärung des Problems muß er ein wenig ausholen: In 1. T i m 6 , 7 , y finde sich eigens eine Mahnung, die R e i c h e n zu unterrichten, daß sie nicht stolz und selbstüberheblich werden, sondern sich allein auf Gottes Güte verlassen. D e s halb ist für Melanchthon die einzig richtige Folgerung: D e n Aposteln wurde b e fohlen, die R e i c h e n zu unterrichten und nicht, sie von ihrem R e i c h t u m abzubringen. Ist der Definition nach aber der ein R e i c h e r , der Eigentum besitzt, kann den Christen der Besitz von Privateigentum nicht verboten worden sein. 1 7 0 M e l a n c h thon ist sich der Gefahren dieser Auslegungsweise bewußt und schränkt ein, daß bei der Unterscheidung von Aussage und Intention Vorsicht geboten ist, will die Exegese nicht der Willkür verfallen. In erster Linie muß sich die Schriftauslegung an das geschriebene Wort halten. N u r wenn ein Vers einem der christlichen 167 Melanchthons rhetorischer Gliederung der verschiedenen biblischen Bücher wird in den jeweiligen Kapiteln ausfuhrlich nachgegangen. , f ' 8 „Est itaque elocutio, quae dilucida et perspicua oratione res exponit." R h e t o r i k 1531, Sp. 4 5 9 , 1 8 - 1 9 . R h e t o r i k 1531, Sp. 4 5 9 , 3 8 - 4 3 . 17(1 R h e t o r i k 1531, Sp. 4 4 2 , 2 4 - 4 4 3 , 4 5 .
III. Die Rhetorik von
1531
47
Hauptartikel widerspreche, muß mit Hilfe anderer Belege nach dem gemeinten Sinn gefragt werden. 171 Mißachten die Täufer die Regeln der Rhetorik, ist Melanchthons Kritik an den Verfechtern des vierfachen Schriftsinnes schärfer. Wer nach mehreren Sinnebenen suche, lasse sich von einer selbsterfundenen Rhetorik leiten und verdrehe die Schrift. 1 7 2 Anhand von Ps 110 4 („Du bist der Priester in Ewigkeit nach der Weise Melchisedeks") zeigt Melanchthon auf, wie lächerlich und absurd die Methode der vierfachen Schriftauslegung sei. Folge man den vier Schritten, ginge es erstens historisch um das Priestertum Davids, der über den Kult seines Staates wacht. Tropologisch betrachtet, müßten wir zweitens Davids Freigebigkeit nachahmen, so wie David Melchisedek nachahmte. Drittens spräche der Psalm allegorisch von der Kirche und viertens anagogisch von unserer zukünftigen Seligkeit im Himmel als Priester. Nicht nur die Auslegung sei absurd, sondern auch die Begriffe der unterschiedlichen exegetischen Schritte. Denn tropos — was sich angeblich auf die Sitten beziehen soll - habe nicht im entferntesten damit zu tun. Der rhetorische Begriff des Tropos bedeute, daß für die ursprüngliche Bezeichnung eines Ausdruckes eine bildliche Entsprechung verwendet werde. 173 Der Begriff der Anagogie sei in sich absurd; etymologisch müsse er nämlich von anagogos abgeleitet werden — dann verweise dieser Schriftsinn aber auf die Wildheit der Sitten. 1 7 4 Melanchthon zeigt nicht nur auf, daß die Tropologie und Anagogie unsinnige Erfindungen sind, sondern zielt auf das zentrale Problem von vier Sinnstufen des Wortes: „Wir werden uns erinnern, daß überall nur eine sichere und einfache Auslegung gemäß der grammatischen, dialektischen und rhetorischen Regeln gesucht werden muß. Denn eine Rede, die nicht eine einfache Auslegung hat, kann nichts Sicheres lehren. Wenn Redefiguren auftauchen, erzeugen diese nicht viele Sinnebenen, sondern gemäß der Eigentümlichkeit von Sprache nur eine Auslegung [.. ,]." 1 7 5 Sprache ist ihrer Natur nach eindeutig und nicht mehrdeutig. Weil Worte 171 ,,Sed in sacris literis hoc observandum est, ut in dogmatibus et praeceptis retineatur tö prjtöv, nisi impingat absurditas in aliquem articulum fidei seu manifestum scripturae locum." Rhetorik 1531, Sp. 4 4 2 , 4 5 - 4 9 . 172 R h e t o r i k 1531, Sp. 4 6 6 , 3 3 - 4 7 4 , 2 5 . Eine kürzere, aber inhaltlich vergleichbare Widerlegung des vierfachen Schriftsinnes hat Melanchthon schon in seiner Homiletik von 1529 vorgelegt, Predigtlehre 1529, S. 1 0 - 1 2 . 173 „Sed quamcumque historiam affinxissent, deinde addebant tponoXoyiav, quae transferebat historiam ad mores [...]. Hanc translationem ad mores vocabant Tpojto^oyiav, cum quidem in hac voce errarent, aliud enim significat xporeoi-oyta, videlicet, non sermonem aut interpretationem de moribus, sed in genere quidquid figurate effertur [...]. Nam xponog hoc loco significat mores, sed vocem versam a nativa significatione ad vicinam." Rhetorik 1531, Sp. 467,17—29. 1 7 4 „Errant autem et in hac voce, cum dicunt ävaywyiav pro dvayüiyr], significat enim ävaymyia petulantiam seu feritatem morum, ab ctvaycoyög, quod est intractabilis et petulans." Rhetorik 1531, Sp. 4 6 7 , 4 0 - 4 3 . 175 „Caeterum nos meminerimus unam quandam ac certam et simplicem sententiam ubique quaerendam esse iuxta praecepta grammaticae, dialecticae et rhetoricae. Nam oratio, quae non habet unam ac simplicem sententiam, nihil certi docet. Si quae figurae occurrent, hae non debent mukös sensus parere, sed iuxta consuetudinem sermonis unam aliquam sententiam [...]." R h e t o rik 1531, Sp. 4 6 8 , 7 - 1 4 .
48
Kapitel í: Dialektische und rhetorische Handbücher
ihrer Art nach nur eine Interpretationsmöglichkeit haben, die gemäß den bekannten sprachlichen Richtlinien entziffert werden kann, muß der vierfache Schriftsinn als menschliches Fantasiegebilde verworfen werden. Die vierfache Schriftauslegung mißachtet die Regeln der Sprache und untergräbt damit die Autorität des Wortes Gottes. Hätte die Schrift tatsächlich mehrere Verständnisebenen, könnte sie nichts Sicheres lehren und das angefochtene Gewissen müßte über Gottes Gnade im Zweifel bleiben. 176 Zusammenfassend ermahnt Melanchthon die Studenten, nach der einfachen und wahren Lehre der Schrift zu suchen und dabei den Kontext der R e d e zu beachten. 177 Eine besondere Warnung ergeht an sie für den Umgang mit Allegorien. Die bildliche Redeweise komme zwar als Stilmittel in der Heiligen Schrift vor, sie sei aber schwer zu verstehen. Die Studenten sollen die wichtigsten Arten der Allegorie und dazugehörige biblische Beispiele aus Melanchthons Rhetorik lernen. Wer darüber hinaus bei der Exegese über einzelne Allegorien im Unklaren sei, dem rät Melanchthon, in Luthers Kommentaren zum Deuteronomium und den Propheten nachzulesen, wie die Stelle auszulegen sei.178 c) Loci
communes
Ein weiteres Werkzeug des Redners sind die Allgemeinplätze (loci communes), denen besonders in theologischen Untersuchungen viel Aufmerksamkeit geschenkt worden ist.179 Agricola und Erasmus folgend, hat Melanchthon sein Verständnis der loci entwickelt und ihren besonderen Nutzen für die Theologie erkannt. Die verschiedenen Bedeutungen des /oois-Begriffes müssen jedoch klar unterschieden werden. Grundlegend hat Rudolf Agricola in „De inventione dialéctica" mit seinen loci ein praktisches Verfahren vorgestellt, mit dem Argumentationen aufgefunden und erstellt werden können, die sogenannten loci oder sedes argumentorum.m) Diese M e thode hatte schon Erasmus für die Theologie umgesetzt. In seinem „Methodus" rät er den Studenten, sich bis zu 300 Schlagwörter zusammenzustellen, die sie wie
176
R h e t o r i k 1531, Sp. 469,1-19. „Haec duxi hoc in loco, de quatuor sensibus dicenda esse, ut admonerem u n a m aliquam, ac simplicem, et certam sententiam in singulis locis quaerendam esse, quae c u m perpetuo contextu orationis, et c u m circumstantiis negocii consentit. N e c ubique licet allegorias quaerere, nec temere aliud ex grammatica sententia ratiocinandum est, sed videndum, quid in u n o q u o q u e loco deceat, nec pugnantia fingenda sunt c u m articulis fidei." R h e t o r i k 1531, Sp. 472,30—38. 178 R h e t o r i k 1531, Sp. 469-474. Vgl. SICK, Ausleger des Aken Testaments, S. 6 6 - 7 7 . 179 Vor allem Wilhelm Maurer hat die Weiterentwicklung der theologischen loci-Lehre bei M e lanchthon in ihrer Konzentration auf die vier paulinischen loci (Sünde, Gesetz, Evangelium, G n a de) herausgearbeitet, MAURER, Melanchthons Loci communes, S. 1—50. Vgl. auch: JOACHIMSEN, Loci communes, S. 27-97; SCHIRMER, Paulusverständnis, S. 7 1 - 8 5 , SCHNEIDER, Biblical Authority, 177
S. 7 0 - 7 8 ; 2 0 5 - 2 6 2 , u n d n e u e r d i n g s CLASSEN, B e d e u t u n g d e r R h e t o r i k , S. 2 4 0 - 2 4 1 , LEINER, H e r -
meneutik, S. 477-479. 1811 MÜNDT, D e inventione dialectica, S. 86. Vgl. Dialektik 1529, fol. k5 r _ v .
III. Die Rhetorik
von
1531
49
Nester nutzen sollen, um dort Wissen anzusammeln. Diese Liste der Begriffe solle durch die Lektüre biblischer und klassischer Literatur erstellt und angefüllt werden, Christus als ihr Zentrum haben und auf Tugenden und Ethik abzielen. Ein solcher Wissensschatz würde beim Lesen der Schrift und der klassischen Autoren sofort den Weg weisen, schwierige Stellen im Vergleich mit anderen zu entschlüsseln. 181 In ähnlicher Weise trat Melanchthon für den Gebrauch der loci ein, entwickelte diese Lehre aber mindestens in einer Hinsicht weiter. Im Anschluß an Agricola betont Melanchthon den Nutzen der dialektischen loci zum Auffinden von Argumenten (loci argumentorum). Ohne diese kann niemand irgendeinen Fall richtig beurteilen und wird hilflos in den gewichtigen Diskussionen herumirren, weil er nicht weiß, wie er diesen Fall beurteilen oder widerlegen soll. So gibt es sowohl für Personen wie für Gegenstände oder Themen einfache Fragen zur Definition oder Herkunft, zu Eigenschaften, Unterschieden und Ähnlichkeiten. Wer diesen Fragen folgt, kann damit eine vollkommene Darstellung sichern. Den Streit, ob diese loci-Lehre eher in die Dialektik oder in die Rhetorik gehöre, schiebt Melanchthon mit einem Lob beiseite: Diese Technik sollte nicht nur in Lehrbüchern vermittelt, sondern auf alle Wände geschrieben werden, damit jeder Mensch Kenntnis davon erhält. 182 Des weiteren verwendet Melanchthon den Begriff der loci wie Erasmus für Schlagwörter, die der systematischen Erfassung und als Gedächtnisstütze dienen: „Und ich bezeichne als loci communes nicht nur die Tugenden und Laster, sondern in jeder Art von Lehre die Hauptgedanken, welche die Quelle und die Summe der Wissenschaft enthalten." 1 8 3 Schon Agricola verstand die loci communes als wahre oder für wahr gehaltene Aussagen. Melanchthon macht nun den entscheidenden Schritt für die Theologie. Loci sind anders als bei Erasmus nicht willkürliche Merkworte, die aus den unterschiedlichsten Quellen gesammelt werden, sondern die der Schrift innewohnenden Hauptaussagen. Die zentralen theologischen Punkte fand Melanchthon im Römerbrief, der ihm als Schlüssel der Schrift galt. Deswegen können die wichtigsten theologischen loci durch eine Analyse des paulinischen Briefes gefunden werden. 1 8 4
1S1 „[...] ut locos aliquot theologicos aut tibi pares ipse aut ab alio quopiain traditos accipias, [...]. Q u o d si cui visum erit, poterit ex antiquis interpretibus, postremo ab ethnicorum item libris hue conferre, quod usui futurum existimarit." ERASMUS, Ausgewählte Schriften Bd. 3, S. 64,22— 66,10; vgl. S. 6 4 , 2 0 - 6 8 , 2 5 , bes. 6 6 , 8 - 1 0 . WALTER, Schriftauslegung des Erasmus, S. 1 8 9 - 1 9 4 ; HOFFMANN, R h e t o r i c and Theology, S. 1 5 1 - 1 5 6 . 1 8 2 Dialektik 1529, fol. k5 v . 1 8 3 „Ac voco locos communes non tantum virtutes et vitia, sed in omni doctrinae genere praeeipua capita, quae fontes et summam artis continent." R h e t o r i k 1531, Sp. 452,28—31. 1 8 4 WIEDENHOFER, Formalstrukturen, S. 3 7 3 - 3 7 6 , WENGERT, Melanchthon's Annotationes, S. 1 8 3 - 1 9 1 .
50
Kapitel
i: Dialektische
und rhetorische
Handbücher
IV. Sprache für das Leben Melanchthon hat ein reformiertes Dialektik- und Rhetorikverständnis aus seiner Studien- und Lehrzeit in Tübingen mitgebracht, das insbesondere auf dem R e formentwurf R u d o l f Agricolas aufbaut. M i t diesem Programm der sprachlichen Disziplinen im Gepäck hat Melanchthon seine Griechischprofessur 1 5 1 8 in W i t tenberg angetreten. In seiner Antrittsrede forderte er eine Erneuerung der Dialektik und R h e t o r i k , die er in den folgenden Jahren mit seinen zahlreichen Lehrbüchern in die Tat umsetzte. In Wittenberg setzte der j u n g e Professor seine Arbeit an der Sprachkompetenz fort, von der er theoretisch forderte, daß sie für die Alltagsund Lebenswelt relevant sein müsse. D e n Sitz im Leben fand Melanchthon erst in Wittenberg, wo er sich insbesondere mit den Fragen der Schriftexegese und der Verteidigung des wahren Glaubens auseinandersetzen mußte. Melanchthon wurde in Wittenberg mit verschiedenen Diskussionsprozessen konfrontiert, welche die Weiterentwicklung von Dialektik und R h e t o r i k nachhaltig prägten. Als Melanchthon an der kursächsischen Universität eintraf, war die Diskussion um Aristoteles in der T h e o l o g i e voll im Gang. I m R a h m e n der U n i versitätsreform hatte Luther scharfe Kritik an der Dialektik geübt, weil die aristotelische Logik die schriftgemäße T h e o l o g i e zu gefährden schien. Melanchthon brachte von Anfang an den Nutzen der sprachlichen Disziplinen gerade für die Schriftauslegung und Predigtlehre ein. Die R o l l e des Aristoteles in den sprachlichen Disziplinen mußte er aber neu überdenken. Hatte Melanchthon zu seiner Tübinger Zeit den Aristoteles des Originaltextes als Lehrer der Sprache entdeckt, wandte er sich in den ersten Wittenberger Jahren dem praxisorientierten Cicero zu und versuchte, Aristoteles in der Sprachtheorie wie in der Ethik durch den Lateiner zu ersetzen. Das bis ins kleinste Detail ausgeklügelte aristotelische Regelwerk drängte Melanchthon in den Lehrbücher zugunsten einer Ausrichtung auf die Praxis zurück. W i e sehr die Praxis eines theoretischen Fundamentes bedarf, erkannte M e lanchthon in den kirchenpolitischen Kontroversen der ausgehenden zwanziger Jahre. Seine drei dialektischen Lehrbücher (1527—1529) bezeugen, daß die logische Sprache ein Werkzeug Gottes ist, dessen man sich bemächtigen muß, um die Lebenswelt um sich herum zu begreifen und aktiv an ihr teilnehmen zu können. Wahre Erkenntnis und rechtes Handeln sind untrennbar verbunden - und das gilt für Ärzte, Juristen und T h e o l o g e n gleichermaßen. Das rechte Zusammenspiel von Erkenntnis und Handeln entfaltet Melanchthon in seinen Lehrbüchern vor allem für die Theologen. In diesen Jahren arbeitet er an einer methodischen Absicherung der schriftgemäßen Theologie, die weder vom Verstand beherrscht wird noch der Willkür verfallen ist. D i e Forderung des sola scriptum konnte mittels der Dialektik und R h e t o r i k theoretisch fundiert und die wahre Schriftauslegung basierend auf dem literalen Sinn abgesichert werden. Weil Sprache ihrer Natur nach auf Eindeutigkeit zielt, kann die Bibel nicht nach mehreren Sinnebenen befragt werden. D e n vierfachen Schriftsinn stellt Melanchthon deswegen als menschliche
IV.
Zusammenfassung
51
Erfindung bloß. D e r T h e o l o g e bedarf der Sprachkompetenz über die Exegese hinaus auch fiir die Bildung der Gemeindeglieder wie fiir die Lösung kirchenpolitischer Fragestellungen. Wissen muß kompetent weitervermittelt werden, das b e tont Melanchthon in seiner R h e t o r i k von 1531 genauso wie er zur sachgerechten Lösung theologischer Streitigkeiten mahnt. Inmitten der theologischen Diskussionen verweist er die Studenten darauf, daß die kirchliche Zwietracht durch eine B e sinnung auf die Dialektik und R h e t o r i k gelöst werden kann. D i e Lehrbücher aus den Jahren 1 5 1 9 bis 1531 zielen somit auf einen verbesserten Unterricht an der Universität, der Lehre und Leben R e c h n u n g trägt. M e lanchthon profilierte sich dabei als Verteidiger der sprachlichen Wissenschaften und stellte diese Disziplinen in den Dienst der täglichen Anforderungen als B i b e l exeget, T h e o l o g e und politischer Ratgeber. Sprachkompetenz war für M e l a n c h thon die unentbehrliche Grundvoraussetzung für das rechte Kommunizieren und Handeln in der res publica — in Staat und Kirche. 1 8 5
185 „Haec studia literarum non tantum ad privatam utilitatem pertinent, sed ad rempublicam. Nam haec tractatio literarum togata quaedam militia est. Sicut enim foris defensio reipublicae armatis exercitibus commissa est, ita domi custodia reipublicae literatis mandata est, qui religiones docent et exercent iudicia, quibus rebus pax domi continetur." Rhetorik 1531, Sp. 486,48—487,6.
Kapitel 2
Das Ideal der dialektisch-rhetorischen Exegese zur Klärung von Konflikten — der Kolosserkommentar I. Der erste selbstveröffentlichte Kommentar Melanchthon wurde 1518 als Griechischprofessor an die Wittenberger Universität berufen und studierte entsprechend der damaligen Gepflogenheit als Magister selber an einer höheren Fakultät weiter. Der universitären Laufbahn folgend, erwarb er im September 1519 an der theologischen Fakultät den Grad des baccalaureus biblicus, der ihn zu biblischen Vorlesungen verpflichtete. Bis in den Spätwinter 1523/ 24 hinein hielt Melanchthon kontinuierlich diese exegetischen Veranstaltungen ab; die theologische Doktorwürde hat er jedoch nie angestrebt oder erlangt, obwohl Luther ihn ständig dazu drängte.1 Melanchthon lehnte es ab, sich als Professor auf die Theologie zu spezialisieren, und wollte sich weiterhin seinen Veranstaltungen an der artistischen Fakultät widmen. Als Begründung schrieb er 1522 an Georg Spalatin, daß es genügend Lehrer der Theologie gäbe, aber zu wenige für die Grundausbildung. 2 Ein Theologenüberschuß verbunden mit einem Mangel an 1 Vgl. die Bakkalaureatsthesen M W A 1, S. 2 4 - 2 5 , BARTON, Exegetische Arbeit, S. 7 9 , MAURER, Melanchthon Bd. 2, S. 1 0 1 - 1 1 9 , SCHEIBLE, Biographie, S. 2 8 - 3 4 . 2 Melanchthon an Spalatin in Lochau: „Doctorem Martinum audio velle, ut Graeca praelectio alteri demandetur; quod nolim ego. N a m theologica, quae praelegere coeperam propter baccalaureatum, ut mos est, omittere malim. Hactenus enim mea opera vicaria tantum fuit, vel absente vel foelicius occupato Martino. Et humanarum literarum et multis et assiduis doctoribus opus esse Video quae non minus hoc saeculo quam sophistico illo negligentur." Wittenberg, Ende September 1522, M B W . T 1, S. 4 9 2 , 3 4 - 4 0 , Nr. 2 3 7 . Diese Erklärung wurde immer wieder hinterfragt und Melanchthon wurde unterstellt, daß die Wittenberger Unruhen ihn in eine theologische Krise gestürzt hätten und er sich danach aus der T h e o l o g i e zurückgezogen habe (BARTON, Exegetische Arbeit, S. 79; MAURER, Melanchthon Bd. 2, S. 2 0 0 - 2 2 3 ) . Diese Deutung ist differenziert zu hinterfragen: Melanchthon hat auch nach den sogenannten Unruhen weiterhin biblische Vorlesungen gehalten, wobei seine Pflichten als R e k t o r ihn stark in Anspruch genommen und sein Vorlesungspensum beeinflußt haben (SCHEIBLE, Bildungsprogramm, S. 2 3 3 - 2 4 8 ; WENGERT, Human Freedom, S. 14—15). Des weiteren blieb Melanchthon in die Diskussion um aktuelle theologische Fragen eingebunden, vgl. seine kurze Abhandlung über die biblische Begründung des Regierens, Ende August 1523, M B W . T 2, S. 8 6 - 8 7 , Nr. 2 9 0 , seinen B r i e f an Oekolampad vom 1 4 . 2 . 1524, M B W . T 2, S. 115—116, Nr. 3 1 1 , und seine Beurteilung der Theologie von Jakob Strauß um den 2 4 . 4 . 1524, M B W . T 2, S. 1 2 8 - 1 3 1 , Nr. 3 2 1 . O h n e Frage hat Melanchthon Anfang der zwanziger Jahre mit vielen Fragen gerungen, theologische Antworten gesucht und neu formuliert. D e r Grund für seine fortgeführten Bemühungen an der artistischen Fakultät ist j e d o c h nicht in einer
/. Der erste selbstveröffentlichte
Kommentar
53
guten Artisten gefährdet für Melanchthon gerade die Ausbildung der zukünftigen Theologen, die ohne sprachliche Fähigkeiten nur ziellos in der Schrift herumirren werden. 3 Luther gab nicht nach und wandte sich im März 1524 direkt an den Kurfürsten Friedrich, um nun mit obrigkeitlicher Autorität Melanchthon zu einem biblischen Vorlesungsschwerpunkt zu bewegen. Friedrich nahm Luthers Vorschlag unverzüglich auf und legte der Universität nahe, Melanchthons Aufgabenbereich in die Theologie zu verlagern. 4 Trotz dieses kurfürstlichen Eingreifens scheint das Anliegen bis zum Tode Friedrichs ("f 1525) nicht weiter verfolgt und erst unter seinem Nachfolger Kurfürst Johann ("fl532) im R a h m e n der Universitätsreformen wieder aufgenommen worden zu sein. Das Weiterbestehen der Universität und die Ausbildung evangelischer Theologen wollte Johann durch eine neue Studienordnung und eine attraktivere Vergütung der Lehrkräfte gewährleisten und damit die noch in Wittenberg verbliebenen Studenten und Professoren am Abwandern hindern. 5 Diese R e f o r m wirkte sich auch auf Melanchthons Stelle aus. Die neue Anweisung vom September 1525 sieht vor, daß er jährlich hundert Gulden als Gehalt und weitere hundert Gulden aus Gnaden erhalten soll. 6 Melanchthon sah in dieser Lohnerhöhung allerdings weniger den Dank für seine unersetzlichen Dienste in der artistischen Fakultät, sondern den Versuch, zu weiteren theologischen Vorlesungen gedrängt zu werden. Ein biblischer Lehrstuhl war zu besetzen, für den man ihn gerne gewonnen hätte. Neben seinen alltäglichen Pflichten konnte Melanchthon sich jedoch nicht vorstellen, die zusätzlichen, zumal täglichen exegetischen Vorlesungen zu übernehmen. 7 Konsequenterweise weigerte er sich, die Gehaltserhöhung — und damit auch diese Stelle — anzunehmen. Luther versuchte, Melanpersönlichen Verängstigung oder einem R ü c k z u g aus der Theologie, sondern in seiner H o c h a c h tung der Grundausbildung zu finden. Gegen die Krisendeutung wandten sich schon SCHEIBLE, Luther und Melanchthon, bes. S. 21 und 34, und WENGERT, Human Freedom, bes. S. 1—25. 3 Vgl. das E n c o m i u m eloquentiae (1523), M W A 3, S. 59,9—62,4 und siehe oben Kapitel 1, S.27ff. 4 Luther an Kurfürst Friedrich: „Nü hab ich an M . Philippus gehallten, weyl er von gottes sondern gnaden reichlich begabt ist, die schrifft zu lesen, auch besser denn ich selbs, |...] das er an stat seiner greken lection der heyligen schrift lection sich unterwünde, weyl die gantze schule und wyr alle des hochlich begeren. [...]. U n d wo E . C . f . g . solchs geliebt zu verschaffen, bitt ich, wollt dasselb dem genanten Philipps mit ernst eynbinden, der schrifft mit vleys zuwartten, und sollt man yhm auch noch mehr soldes geben, so soll und mus er hieran." Wittenberg, 2 3 . 3 . 1524, W A B r 3,
S. 2 5 8 , 8 - 1 2 . 2 8 - 2 5 9 , 3 2 ,
N r . 7 2 3 ; v g l . FRIEDENSBURG, U r k u n d e n b u c h , N r . 1 3 3 , S . 1 3 0 . A m
31.3.
schrieb der Kurfürst an die Universität, daß Melanchthon eine Veranstaltung weniger m der artistischen, dafür aber eine zusätzliche biblische halten soll, W A B r 3, S. 259,1 —11. 3 FRIEDENSBURG, Geschichte, S. 1 7 3 - 1 7 9 . 6 „Jhrlich [sie!] hundert gülden für besoldunge und noch hundert gülden aus gnaden [ . . . ] . " FRIEDENSBURG, Urkundenbuch, Nr. 139, S. 133, vgl. auch Nr. 145, S. 142 vom 1 3 . 1 0 . 1525. 7 Melanchthon an Johann Agricola in Eisleben: „Proximis his diebus, cum domum rediissem, coeptum est de professore theologico deliberari, qui reliquis doctoribus adiieeretur. Mihi id oneris imponi quidam volunt, estque ea conditione aueta merces annua. Verum me multae causae deterrent, nec videtur ei labori sufficere valetudo, qua ego, ut scis, pertenui utor." Wittenberg, 2 0 . 1 2 . 1525, M B W . T 2, S. 3 6 5 , 2 - 6 , Nr. 432.
54
Kapitel 2: Der
Kolosscrkommentar
chthon von seinem Entschluß abzubringen; seine Anstrengungen blieben aber ohne Erfolg. So appellierte Luther schließlich Anfang Februar 1526 wieder an den Kurfürsten: Johann möge sich direkt an Melanchthon wenden und ihn zu weiteren biblischen Veranstaltungen bewegen, und wenn es nur einmal die Woche sei. 8 Der Kurfürst nahm die Anregung auf und schrieb an Melanchthon, daß er sich durch die Gehaltserhöhung nicht genötigt sehen solle, mehr zu arbeiten als seinem Körper gut tue, schließlich habe er schon viel für die Universität getan. Die bessere Vergütung geschehe allein aus Dankbarkeit für seine bereits geleisteten Dienste, und auch für das, was er insbesondere in der Theologie für die Universität in Z u kunft weiter leisten werde. 9 Damit hatte der Kurfürst seinem jungen Professor geschickt zusätzliche exegetische Vorlesungen auferlegt und den Fall entschieden: Nicht die Pflicht, sich täglich der Mühe biblischer Kollegien zu unterziehen, sollte mit dem Mehrverdienst vergolten werden, sondern Melanchthon sollte - wo immer es möglich war - den Studenten die Heilige Schrift auslegen. Damit waren ihm exegetische Veranstaltungen jenseits des üblichen Turnus freigestellt. Eine direkte Reaktion auf den B r i e f des Fürsten ist nicht überliefert; die Vorlesungen der folgenden Jahre belegen jedoch Melanchthons Zustimmung. 111 Wann Melanchthon dann aber welches Buch der Heiligen Schrift ausgelegt hat, liegt zumindest bis in den Sommer 1527 hinein im Dunkeln, und die vorhandenen Hinweise lassen nur Vermutungen zu. Vielleicht hat er gleich auf die Gehaltserhöhung im September 1525 mit biblischen Vorlesungen geantwortet. In Frage kämen die bis jetzt nicht zu datierenden Exegesen v o n j e r 31 und Hebr 1—6, die heute leider als verloren gelten müssen. 11 Da diese Auslegungen unvollständig sind, könnte in ihnen das Produkt des gescheiterten Versuchs vorliegen, täglich über biblische Schriften zu lesen. Nach dem wirkungsvollen B r i e f von Kurfürst Johann im Februar 1526 wird Melanchthon sich erneut einer exegetischen Vorlesung gewidmet haben. Das nächste belegte biblische Projekt ist Melanchthons Kolosserauslegung, zu der er im Mai 1527 den Widmungsbrief für die veröffentlichte Fassung des Kommentars schreibt. 12 Zum ersten Mal, seit er exegetische Vorlesungen Luther an Kurfürst Johann, Wittenberg, 9 . 2 . 1526, WA Br 4, S. 3 0 , 4 - 1 3 , Nr. 979. Kurfürst Johann an Melanchthon in Wittenberg, Torgau, 13.2. 1526, M B W . T S. 4 0 0 , 5 - 4 0 1 , 1 9 , Nr. 446. H 9
111
2,
SCHEIBLE, Aristoteles, S. 1 4 0 - 1 4 1 .
Stephan R o t h hat zwischen 1523—1528 in Wittenberg studiert. Seine Nachschriften zur Jeremia- und Hebräervorlesung, die sich in der Zwickauer Ratsschulbibliothek befanden, scheinen allerdings nicht mehr auffindbar zu sein, vgl. BARTON, Exegetische Arbeit, S. 85—86, siehe auch M W A 4, S. 12. 12 Scholia in epistulam Pauli ad Colossenses, Johann Setzer: Hagenau, 1527, vgl. den Anhang S. 273f. Der Widmungsbrief ist an Alexander Drachstadt gerichtet und findet sich M W A 4, S. 210,1—211,7 = M B W . T 3, S. 6 4 - 6 5 , Nr. 547. Melanchthon wird diesen paulinischen Brief zu dieser Zeit zum ersten Mal behandelt haben. Zwar spricht Luther in einem Brief an Amsdorf im Juli 1521 beiläufig über Melanchthons Kolosservorlesung (WA Br 2, S. 364,64, Nr. 420), aber Luther dürfte diese Vorlesung mit der Korintherbriefvorlesung verwechselt haben: Im April / Mai 1521 läßt Melanchthon eine lateinische Textausgabe des Korintherbriefes erscheinen ( M B W . T 1, S. 2 7 9 - 2 8 0 , Nr. 138). Ende Oktober liest er bereits über 1. Kor 13. Er schreibt am 20.10. an Spala11
II. Die exegetische
Vorgehensweise
55
hält, will Melanchthon den voreiligen Händen Luthers und den unautorisierten Druckern zuvorkommen: Er stellt sein überarbeitetes Vorlesungsdiktat selber für die Drucklegung fertig. 13 Der erste von Melanchthon autorisierte Kommentar erscheint im September als schmales Büchlein bei Setzer in Hagenau, denn M e lanchthon kann schon Anfang Oktober 1527 Johann Agricola ( f 1566) von der gedruckten Fassung in Kenntnis setzen. 14 U m einer erneuten Herausgabe durch fremde Hände vorgreifen zu können, wird Melanchthon direkt nach Abschluß der Vorlesung die Veröffentlichung vorbereitet haben. Deshalb wird der Vorlesungszeitpunkt üblicherweise auf den Winter 1526 datiert.' 3 Möglich wäre aber auch, daß Melanchthon sich gleich nachdem er im Frühjahr 1526 die neuen Lehrfreiheiten erhalten hatte, erneut an eine biblische Vorlesung begeben und sie auf nur wenige Stunden pro Woche angelegt hat. Zusammen mit der Uberarbeitungsphase für die Drucklegung könnte so der lange Zeitraum bis zur Veröffentlichung im Sommer 1527 erklärt werden.
II. Die exegetische Vorgehens weise Melanchthons Auslegung des Kolosserbriefes fällt in die gleiche Zeit wie seine Lehrveranstaltung zur Dialektik. 1 6 In seiner sprachlichen Vorlesung führt er aus, daß die Studenten die Heilige Schrift nur dann richtig verstehen, wenn sie die sprachlichen Regeln und Gesetzmäßigkeiten beachten. Seinem biblischen K o m mentar stellt er dieselbe methodische Überlegung zur Schriftexegese programmatisch voran und demonstriert sie Schritt für Schritt in seiner Auslegung.
tin, daß Wolfgang Capito ihn besucht habe und „Postridie meam praelectionem Paulinam audivit; tractabatur locus 1. ad Corinthios 13[1 2 ] de ,aenigmate' et .speculo' obscurus." M B W . T 1, S. 3 7 3 , 6 6 - 6 7 , Nr. 175. 13 In der Widmungsrede zu den Sprüchen Salomos (1525) reflektiert Melanchthon die bisherigen Fremdeditionen: „Nihilo foelicius et antea editi sunt aliquot commentarii mei, primum anteaquam maturuissent, deinde mutili et plerisque locis opificum incuria adeo depravati, ut non agnoscam." M B W . T 2, S. 2 9 8 , 9 - 1 2 , Nr. 3 9 4 . Alle Kommentare Melanchthons, die vor 1527 erschienen sind, wurden als FremdveröfFentlichungen und ohne Zustimmung Melanchthons herausgegeben — ein Tatbestand der selten erwähnt und bei der Nutzung dieser Quellen kaum reflektiert wird. In der Widmung zum Kolosserbrief 1527 liest man denn auch: „Sed cum viderem futurum, ut vel me invito ederent alicubi, ut nunc fere fit, typographi, recognovi ea, quae in scholis dictaveram, quaedam edam illustravi." Kolosser 1527, S. 210,7—10. 14 Melanchthon an Johann Agricola in Eisleben: „Alexandra Drachstadio dicas editum esse commentarium epistolae ad Colossenses, ipsi inscriptum, sicut promiseram." Jena ca. 2 . 1 0 . 1527, Suppl. 6 / 1 , S . 3 8 8 - 3 8 9 , N r . 5 8 4 = M B W . T 3, S. 1 7 3 , 9 - 1 1 , N r . 5 9 8 . 15 16
Vgl. BARTON, Exegetische Arbeit, S. 82; WENGERT, Commentaries, S. 143. Siehe oben, Kapitel 1 .II.
56
Kapitel 2: Der
i. Sprachkompetenz
Kolosserkommentar
und Exegese: Wahrheitsfindung von
und Lösung
Konflikten
Bevor Melanchthon mit der versweisen Exegese beginnt, stellt er übergreifende Überlegungen zur methodischen Vorgehensweise an. Eine zuverlässige Exegese, die den wahren Sinn der Schrift wiedergibt und die Gewissen der Christen tröstet, kann nur durch eine sprachliche Aufschlüsselung des biblischen Textes erfolgen. Deswegen kann man nicht nur Satzfetzen herausgreifen, sondern m u ß den ganzen paulinischen Brief als Gegenstand der Untersuchung betrachten. Sodann gilt wie bei anderen Schriften die rhetorische Regel der Themenbestimmung, nenne man es lateinisch nun status oder mit den Griechen UJt0xei|iEV0V. Betrachtet man den ganzen Kolosserbrief, so fahrt Melanchthon fort, werde deutlich, daß das allesumfassende Thema das Evangelium ist und Paulus uns den Unterschied zwischen menschlicher und christlicher Gerechtigkeit aufzeigt. Mit diesem Zielgedanken im Kopf können nun die einzelnen Verse ausgelegt werden. 1 7 Wer hingegen nur herausgerissene Sätze kontextlos betrachte, wird die Aussage verfehlen. D e n n eine Auslegung basierend auf isolierten Textpassagen würde dem Leser vortäuschen, daß Paulus im Kolosserbrief nur die Abkehr von den mosaischen Zeremonialgesetzen, nicht aber vom ganzen Gesetz lehre: ein folgenreicher methodischer Fehler, denn die Mißachtung der Gesamtkomposition zieht falsche theologische Aussagen nach sich.111 Im Kommentar von 1527 verschweigt M e lanchthon die N a m e n der angeklagten Exegeten; daß er sie seinen Studenten in der Vorlesung genannt hat, ist wahrscheinlich, aber nicht zu beweisen. In seiner überarbeiteten Fassung des darauffolgenden Jahres macht er jedoch das Kardinalbeispiel dieser Zerstückelungstaktik namhaft: Origenes, der altkirchliche Exeget, und seine Nachfolger würden nur der Einhaltung der Zeremonialgesetze die Rechtfertigung vor Gott absprechen, der Befolgung des Dekaloges jedoch zusprechen, die Würdigkeit vor Gott verdienen zu können. Für Melanchthon lehrt hingegen der paulinische Brief, daß die Erfüllung jeglicher Gebote, und das schließt den Dekalog wie die Zeremonialgesetze mit ein, keine rechtfertigenden Verdienste vor Gott erzielen kann. 19 Melanchthon zielt über die historische Kritik an der 17 „Sicut in aliis scriptis p r i n c i p i o c o n s t i m i solet, q u o d sit a r g u m e n t u m operis, ita in Paulinis epistulis p r i m u m m o n e n d u s est lector, qua d e re dicatur, qui sit c u i u s q u e epistulae status, q u o d , u t G r a e c i d i c u n t : iijtoxeinevov, ut, q u i d p e t e r e et exspectare ex t o t o s c r i p t o debeat, sciat. N e c utiliter legeris, si t a n t u m mutilatas sententias i n d e e x c e r p s e r i s totius orationis series c o g n o s c e n d a est, u t i n d e colligatur certa sententia, q u a e m u n i r e c o n s c i e n t i a m et d o c e r e possit, q u o d , qui n o n f a c i u n t , ii saepe in u n i v e r s u m a b e r r a n t a totius scripti s c o p o ac propositio. [... ] Est i t a q u e a r g u m e n t u m h u i us epistulae et status, q u i d sit E v a n g e l i u m . " Kolosser 1527, S. 211,9—18.26—27. 18
Kolosser 1527, S. 2 1 1 , 1 8 - 2 5 . „ A d e x t r e m u m h o c q u o q u e m o n e n d i sunt lectores, q u o s d a m i n t e r p r e t a r i Pauli s e n t e n t i a m d e iustificatione h o c m o d o . F a t e n t u r c a e r e m o n i a r u m Observationen! n o n iustificare, quia hic P a u lus de c a e r e m o n i i s a p e r t e l o q u i t u r , et vetat eas t a m q u a m necessarias exigere, sed i u d i c a n t d e c a l o g u m iustificare, seu, ut v o c a n t , o p e r a moralia. N e q u e e n i m p r a e t e r m i t t e r e illa licet. Est h a e c O r i g m i s sententia et q u o r u n d a m qui e u m secuti s u n t . " Kolosser 1528, fol. g " . 19
II. Die exegetische
Vorgehensweise
57
exegetischen M e t h o d e u n d T h e o l o g i e des Kirchenvaters hinaus auf die zeitgenössischen K o m m e n t a t o r e n , vor allem auf Erasmus, der in seiner Kolosserauslegung d e m Gesetzesverständnis des O r i g e n e s gefolgt war. 2 0 E i n e derartige T h e o l o g i e der Werkgerechtigkeit weist M e l a n c h t h o n gleich zu A n f a n g seiner Exegese als eine Folge v o n r h e t o r i s c h e m Dilettantismus zurück. 2 1 Bei so scharfer Kritik an f u h r e n d e n T h e o l o g e n m u ß die eigene exegetische M e t h o d e abgesichert sein, u n d M e l a n c h t h o n verteidigt seine Vorgehensweise in sein e m K o m m e n t a r zu Kol 1 3 : „Ich werde vielleicht t ö r i c h t erscheinen, w e n n ich die rhetorischen R e g e l n an den paulinischen Brief herantrage. Ich m e i n e d e n n o c h , daß diese paulinische R e d e so besser verstanden w e r d e n kann, w e n n die F o r m u l i e r u n g (series) u n d die G l i e d e r u n g (dispositio) aller Teile genau betrachtet w e r d e n . U n d in der Tat hat Paulus durchaus die R e i h e n f o l g e der R e d e t e i l e (ordo) bzw. ein der Sache i n n e w o h n e n d e s O r d n u n g s p r i n z i p (ratio) vor A u g e n , j e n e s zeigt der B r i e f selbst. Paulus hat seine allgemeinen Gesichtspunkte (loci), durch die er die Seelen vorbereitet, er hat ein gewisses O r d n u n g s p r i n z i p zu lehren u n d zu erzählen. Was ist es anderes, diese b e i m Auslegen nicht zu beachten, als was die G r i e c h e n mit in Finsternis tanzen b e z e i c h n e n o d e r C h r y s o s t o m u s als nachts zu kämpfen."22 W e r sich die M ü h e m a c h t , den ganzen Brief zu lesen, wird die stilvolle G l i e d e r u n g des Kolosserbriefes o h n e Zweifel e r k e n n e n . D a r ü b e r hinaus verweist M e l a n c h t h o n auf den apostolischen U r s p r u n g dieser dialektisch-rhetorischen Exegese. Paulus habe nämlich selber den K o r i n t h e r n die G a b e der Sprache a n b e f o h l e n (1. Kor 14j_ 40 ), was f ü r M e l a n c h t h o n n u r b e d e u t e n kann, daß C h r i s t e n die R e g e l n der Sprache b e h e r r s c h e n müssen. 2 3 M e l a n c h t h o n w e i ß andere biblische Belege a n z u f ü g e n , die seine Vorgehensweise stützen. W e n n Paulus davon spricht, daß die Bischöfe g e lehrt ( ö i ö a x t i x ö v , 1. T i m 3 2 ; Tit 1 9 ) sein sollen, fordere der Apostel damit, daß die Lehrer in der Kirche der R h e t o r i k u n d Dialektik m ä c h t i g sein sollen, weil sie sonst w e d e r die Schrift auslegen n o c h predigen k ö n n e n . 2 4
211 ERASMUS, O p e r a o m n i a Bd. 6, S. 8 8 1 - 8 8 2 , vgl. dazu WENGERT, H u m a n F r e e d o m , S. 8 7 - 8 8 , ders., M e l a n c h t h o n ' s Patristic Exegesis, S. 131—133. Z u r B e d e u t u n g des O r i g e n e s f ü r Erasmus vgl. BOEFT, Erasmus and t h e C h u r c h Fathers, S. 5 6 7 - 5 6 9 . 21 Z u den U n t e r s c h i e d e n u n d G e m e i n s a m k e i t e n in der A n w e n d u n g der sprachlichen Disziplin e n in der Exegese bei M e l a n c h t h o n u n d Erasmus vgl. vor allem WENGERT, H u m a n F r e e d o m , S. 3 1 - 6 4 ; HOFFMANN, R h e t o r i c and Dialectic, S. 4 8 - 7 8 . 22 ..Vidc.ir fortassis ineptus, si Pauli s e r m o n e m ad rhetorica praecepta c o n f e r a m . E g o tarnen sie existimo intelligi melius posse o r a t i o n e m Paulinam, si series et dispositio o m n i u m p a r t i u m consideretur. N e q u e e n i m o m n i n o nullo ordine aut nulla r a d o n e scripsit Paulus, id q u o d res ipsa ostendit. H a b e t suos locos, quibus praeparat animos, habet suam q u a n d a m d o c e n d i et narrandi ration e m ; q u a m in e n a r r a n d o n o n animadvertere, quid aliud est, q u a m q u o d Graeci dicunt: in tenebris saltare, seu ut C h r y s o s t o m u s ait: vi)Kxo|xaxEtv." Kolosser 1527, S. 2 1 4 , 3 2 - 2 1 5 , 7 . 23 „ D o n u m l i n g u a r u m sive d o n u m interpretandi linguas q u i d aliud est q u a m eloquentia? Fateainur igitur eloquentiae Studium utile esse Christianis, siquidem Paulo placet, ut l i n g u a r u m d o n u m exerceant C o r i n t h i i . " Kolosser 1527, S. 236,28—31. So schon 1523 in seinem Loblied der B e r e d samkeit, M W A 3, S. 6 1 , 5 - 7 . 24
Kolosser 1527, S. 2 3 6 , 3 2 - 3 6 .
58
Kapitel 2: Der
Kolosserkommcntar
Die verheerenden Folgen mangelnder Sprachkompetenz belegt Melanchthon mit einem historischen Beispiel. Bei dem altkirchlichen Häretiker Arius ( t 3 3 5 ) gesellte sich zur mangelnden Gelehrsamkeit Stolz und Arroganz, was die schrecklichsten Irrlehren hervorgebracht habe. Viel schlimmer sei aber, daß die theologische Bildungsfeindlichkeit kein Problem der Vergangenheit sei, sondern gerade in der aktuellen kirchenpolitischen Situation beobachtet werden könne. Melanchthon weist seine Leser auf die Zwietracht hin, die derzeit die Kirche in ihrer Existenz wie wohl noch nie zuvor in der Geschichte bedrohe. 25 Mit Namen nennt Melanchthon nur den Zeitgenossen Thomas Müntzer (f 1525), bei dem zur mangelnden Bildung die Selbstanmaßung trete, so daß er in seiner Lehre nichts als U n gewisses für Wahres ausgebe. 26 Derartige tagespolitische Ereignisse bewegen den Wittenberger in seinem Kommentar nicht als Randproblem, wie seine Widmung deutlich macht: „In diesen Tagen werden viele Streitigkeiten ausgetragen, von denen es sich gebührt, daß sie in diesem Kommentar dargestellt werden. Bei den Erklärungen will ich nicht nur meine Sorgfalt, sondern auch meine Epikie den Lesern beifallswert erscheinen lassen, weil Epikie sich besonders in kirchlichen Meinungsverschiedenheiten gebührt." 2 7 Was versteht Melanchthon unter Epikie? Der Begriff der emeixeia taucht im allgemeinen als Rechtsbegriffauf und meint im aristotelischen Sinne die Milderung der Gesetze im Sinne einer Gerechtigkeit des Einzelfalls. Das bedeutet jedoch weder die Billigung von Delikten noch die Aufhebung des Gesetzes, sondern nur die Milderung der Strafe in bestimmten Fällen. 28 Auch Melanchthon kennt und verwendet den Begriff der emeixEia bzw. lateinisch der aequitas im j u r i stischen Sinne. 2 9 Für den Kontext der Schriftexegese ist der Begriff allerdings noch differenzierter zu füllen. Im weiteren Verlauf des Kolosserkommentares taucht dieser Begriff nicht mehr auf, so daß für eine genauere Definition auf den Proverbienkommentar von 1529 zurückgegriffen werden muß. Dort erklärt Melanchthon 2 3 „ N o n alio saeculo plus rixarum in ecclesia fuit quam hoc nostro [...]. Interea dum öitaxuxptu övoxwtpog exQivexo, animadversum est factionum odia discordiamque ita crevisse, ut credibile sit numquam ecclesiae statum magis pertubatum fuisse." Kolosser 1527, S. 237,16—27. 2 6 Kolosser 1527, S. 2 5 4 , 5 - 2 5 5 , 4 . Zu Müntzer siehe unten, S. 78ff. Durch die Kirchenvisitation wird Melanchthons Beurteilung noch schärfer werden, siehe unten, Kapitel 3, S. 111 fF. 2 7 „Multae hoc tempore controversiae tractantur, quas hic attingere oportuit. In his explicandis volui non tantum diligentiam meam probari lectoribus, sed etiam ejuebistav, quam in ecclesiasticis dissensionibus imprimis praestari oportebat." Kolosser 1527, S.210,10—14. 2 8 B. BAUER, Jurisprudenz und Naturrecht, S. 5 5 2 - 5 5 3 , KISCH, Soziallehre, S. 1 6 8 - 1 6 9 , M i CHELATUS, Billigkeit bei Aristoteles, S. 2 8 - 4 7 , SCHRÖDER, Aequitas in der frühen Neuzeit, S. 2 6 7 2 7 5 , ders., Aequitas und rechtswissenschaftliches System, S. 36—38, STRANGOLAS, Billigkeit im Rechtssystem, S. 4 0 - 4 8 . 2 9 Ausgehend von der aristotelischen Definition (Aristotelis Opera, 1137a-b) entwickelt M e lanchthon sein juristisches Verständnis der smeixeia: Mit Aristoteles sieht er darin ein notwendiges Korrektiv zum ius scriptum. Gegen Aristoteles, der ihr eine „das Gesetz korrigierende und verbessernde Funktion zuspricht", versteht Melanchthon darunter die Milderung (mitigatio) des G e setzes und liefert „der Reformation wesentliche Grundlagen für eine Rechtstheologie, die an der reformatorischen Neuentdeckung der Barmherzigkeit Gottes orientiert ist." STROHM, Ethik im frühen Calvinismus, S. 2 2 1 , KISCH, Soziallehre, S. 1 6 8 - 1 8 4 .
II. Die exegetische
Vorgehensweise
59
die Epikie in seinen Ausfuhrungen zu Prov 10 1 2 („Haß erregt Hader; aber Liebe deckt alle Übertretungen zu") und Prov 13 5 („Der Gerechte ist der Lüge feind; aber der Gottlose handelt schimpflich und schändlich"). Prov 10 1 2 ermahnt, „daß durch die Liebe der eine die Fehler des anderen verbergen kann und daß wir Frieden in gegenseitiger Epikie bewahren [...]. So im ganzen Leben zu fühlen steht uns gut, damit nicht unsere Streitigkeiten aus Bitternis geboren werden. Diese Tugend nennen die Griechen Epikie. Sie ist besonders wichtig für die, die den Staat leiten, viel mehr aber muß sie in der Kirche verehrt werden [...]." 3 ( l D i e Schwächen der anderen in Liebe zu ertragen ist für Melanchthon eine wichtige Grundvoraussetzung für das friedvolle Miteinander im Staat wie in der Kirche. D o c h der Epikie kommt, so Melanchthon, eine doppelte Funktion zu. Es reicht nicht, die Fehler der anderen nur zu bedecken und zu vergeben, sondern Epikie heißt auch, Fehler zu heilen. So schreibt er zu Prov 13 5 : „ U n d Frieden kann überhaupt nicht anders bewahrt werden, außer wir machen uns die Epikie zu eigen und erlassen und heilen die gegenseitigen Fehler." 3 1 Epikie heißt für Melanchthon Milde und N a c h sicht, die auf Einsicht beruht und im B e h e b e n der Fehler resultiert. Epikie schont den Menschen, nicht aber die Fehler. Für die Schriftauslegung wie im Kolosserkommentar bedeutet Epikie dann: Die theologische Verantwortung nötigt M e lanchthon, auf die aktuellen Streitigkeiten einzugehen; um aber die Einheit der Kirche nicht durch persönliche Selbstgefälligkeit aufs Spiel zu setzen, ist den theologischen Gegnern verantwortlich und mit Sachkompetenz entgegenzutreten. D e n n zu häufig werden Streitereien in der Kirche aus rein persönlichen Motiven entfacht und beruhen nicht auf einer sachlichen Differenz. So verweist M e l a n chthon in seiner Exegese zwar auf abweichende Darstellungen, verzichtet aber meist auf eine namentliche Nennung der T h e o l o g e n und beschränkt sich darauf, das Problem darzustellen und zu erläutern. Theologische Brennpunkte des Kommentars sind vor allem das rechte Verständnis der B u ß e und des menschlichen Willens. D e r Widmungsbrief offenbart den schwelenden Streit um das Bußverständnis, denn Melanchthon eignet den Kolosserkommentar Alexander Drachstadt zu, der ein Anhänger Johann Agricolas war. M i t Agricola befand Melanchthon sich schon seit einigen Jahren im Streit um das wahre B ü ß - und Gesetzes Verständnis. Agricola hatte in verschiedenen Schriften 311 „[...] ut per caritatem alter alterius errata dissimulet, et ut pacem retineamus mutua éraeixEÍa. [...] Sic in omni vita sentire nos decet, ne ex acerbitate nostra dissidia oriantur. Hanc virtutem èjtietxeiav Graeci vocant. Est autem imprimis necessaria his, qui gerunt rem publicam, multo magis vero in ecclesia colenda est [-••]." Proverbien 1529, S.343,31—344,10. 31 „Ñeque enim aliter retinen pax umquam poterit, nisi èraeixeia quadam mutua utamur et mutua errata condonemus ac sanemus." Proverbien 1529, S. 385,9—11. Melanchthon könnte dabei auch auf den Gebrauch des Epikie-Begriffes im Konziliarismus anspielen, in der die emeixEia zur Lösung der aussichtslosen Situation der gespaltenen Kirche angesichts mehrerer Päpste entweder durch entsprechendes Verhalten der Päpste oder mithilfe eines Konzils eingefordert wurde, vgl. dazu Lefebvre, Epikie, S. 3 6 4 - 3 7 5 und D ' A g o s t i n o , La tradizione dell'epieikeia, der die B e griffsverwendung bei den Konziliaristen wie auch bei Albert Magnus, Duns Scotus und Marsilius von Padua ausfuhrlich beleuchtet.
60
Kapitel
2: Der
Kolosserkommentar
dargelegt, daß Buße allein das Werk des Evangeliums sei, dem Gesetz jeglichen Nutzen abgesprochen und sich sogar die Freiheit genommen, bei der Ubersetzung von Melanchthons Kommentaren sein eigenes Bußverständnis einzutragen und Melanchthons theologische Interpretation stillschweigend zu löschen. Melanchthon widerlegt in den ausführlichen Passagen über die Abtötung und Wiederbelebung des Menschen (Kol 211_15) sowie die Darstellung der Notwendigkeit des Gesetzes (Kol 2 17 und 3)_12) Agrícolas Bußverständnis. 32 Zudem wendet Melanchthon sich bei der Behandlung des vermeintlich freien Willens (Kol 1 ] 5 und 28) gegen Erasmus: In der Unterscheidung von göttlicher und menschlicher Gerechtigkeit zeigt Melanchthon auf, daß dem Willen keine Wahlmöglichkeit im Hinblick auf die Rettung des Menschen zukomme. 3 3 Den Gedanken über den verantwortungsvollen Umgang mit theologischen Streitfragen setzt Melanchthon in seiner Widmung fort: „Anders kann nämlich die kirchliche Eintracht weder bewahrt noch wiederhergestellt werden. Homer sagte, daß Überdruß an allen Dingen existiere, nicht aber am Krieg. Wir erleben, daß j e nes in der Kirche nur zu wahr ist, wo ohne irgendeinen gerechten Grund wiederholt neue Kriege und neue Unruhen aus menschlichen Eitelkeiten erwachsen." 34 Melanchthon spielt auf die jüngsten reichspolitischen Ereignisse des Bauernkrieges und des Speyerer Reichstages an, die ihn auch im Verlauf der Auslegung bewegen werden, wie später noch dargestellt wird. 35 Bei all diesen Problemen ist M e lanchthon wichtig, daß mit Hilfe von Dialektik und Rhetorik die Streitigkeiten als Wortgefechte entlarvt, auf wenige Fragen reduziert und schließlich auch gelöst werden können. 3 6 Sachgerechter Umgang mit den theologischen Disputen unter wissenschaftlicher Berufung auf die Heilige Schrift wird die Streitfragen klären.
2. Die dialektisch-rhetorische
Exegese
Wie vollzieht Melanchthon nun seine dialektisch-rhetorische Exegese im Detail? Erstens gliedert er den gesamten Brief entsprechend rhetorischen Konventionen. Zweitens folgt er in der versweisen Auslegung der von Luther geforderten Maxi12 Kolosser 1527, S. 2 5 2 , 1 - 2 5 4 , 4 ; 2 7 7 , 1 8 - 2 9 4 , 2 . D e n Streit zwischen M e l a n c h t h o n u n d A g r i cola zeichnet W e n g e r t sehr detailliert nach, WENGF.RT, Law and Gospel, S. 36—38;76—94, ders., Gesetz u n d B u ß e , S. 3 7 5 - 3 9 2 . 33 Kolosser 1527, S. 2 2 1 , 1 1 - 2 2 5 , 3 3 ; 2 3 0 , 3 - 2 4 3 , 2 . Ausführlich dazu WENGERT, H u m a n Free-
d o m , S. 7 9 — 1 0 1 , v g l . SCHEIBLE, M e l a n c h t h o n z w i s c h e n L u t h e r u n d E r a s m u s , S. 1 8 7 — 1 9 3 . 34 „ N e q u e e n i m aliter aut conservari aut sarciri ecclesiae concordia potest. H o m e r u s vir [ait] o m n i u m r e r u m satietatem esse, belli n o n esse. Id nimis q u a m v e r u m e x p e r i m u r in ecclesia esse, ubi subinde nova bella, novi tumultus sine ulla iusta causa ab ambitiosis h o m i n i b u s excitantur." Kolosser 1527, S. 2 1 0 , 1 4 - 1 9 . 33 Siehe u n t e n Abschnitt III. 36 „ N o n alio saeculo plus r i x a r u m in ecclesia fuit q u a m hoc nostro, nec d u b i u m est, plerasque controversias, si c o m m o d e et diserte enarrarentur tractarenturque, dirimi ac tolli posse." Kolosser
1 5 2 7 , S . 2 3 7 , 1 6 - 1 9 . V g l . SCHWARZENAU, W a n d e l i m t h e o l o g i s c h e n A n s a t z , S . 3 3 - 3 4 .
II. Die
exegetische
Vorgehensweise
61
me, daß die Schrift sich selber auslege und nicht mit Hilfe kirchlicher Traditionen oder D o g m e n verstanden werden müsse. 37 Bei dieser Auslegung der einzelnen Verse bietet Melanchthon drittens den Studenten Ubersetzungsvarianten, bei denen er stärker die Verständlichkeit des Textes als eine wortgetreue Übertragung verfolgt. a) Gliederung
des
Kolosserbriefes
Auf die Fragen von Aufbau, Formulierung und grundlegenden Gesichtspunkten (loci communes) kommt Melanchthon in seiner Vorlesung immer wieder zurück, und er verdeutlicht im Laufe der Kommentierung seinen Studenten die stilvolle Komposition des Briefes. Grob gegliedert teilt sich der Kolosserbrief in die Einleitung (exordium, Kap. li_n)> den Hauptteil über das Evangelium (narratio, Kap. 112— 2 ] 5 ) 3 8 und die Schlußrede über das Gesetz (epilogus, Kap. 2,6—46)39 ein. Eine klare Gattungsbestimmung unterbleibt hingegen. Melanchthon definiert jedoch, was das Evangelium ist: Eine Predigt über die Wohltaten, die uns durch Christus zuteil geworden sind. 4 " Im Briefeingang (inscriptio) stellt Paulus sich als Gesandter Gottes vor: Als Diener und Vermittler des göttlichen Wortes betet er für Gotteserkenntnis und Früchte des Glaubens bei den Kolossern. 41 Daran schließen sich die Definition (deßnitio, Kap. 113-22) u n d die Begleitumstände (circumstantia, Kap. I 2 3 ) 4 2 des Evangeliums sowie ein Exkurs über den paulinischen Dienst (excursus, Kap. l23b-29)43 i m Hauptteil an. Das Evangelium verkündigt den Menschen die Wohltaten, die ihnen durch Christus geschenkt wurden: die christliche Gerechtigkeit, d.h., daß Gott den Menschen den Glauben an Christus allein für ihre Gerechtigkeit anrechnet. M e lanchthon beschäftigt im Kolosserkommentar nicht die Art der Rechtfertigung, vielmehr geht es ihm um die christliche Gerechtigkeit und ihre Unterscheidung von der menschlichen. 4 4 Die Gerechtigkeit des Christen vor Gott umfaßt die zwei 37 G r u n d l e g e n d u n d ausfuhrlich hat Luther sein Schriftverständnis 1 5 2 5 in „ D e servo arbitrio" in der A u s e i n a n d e r s e t z u n g m i t Erasmus dargelegt, bes. W A 1 8 , S. 8 0 8 , 2 4 — 3 1 , vgl. zur Klarheit der Schrift bei Luther des weiteren, BEUTEL, Luthers Sprachverständnis, S. 2 4 6 - 2 5 0 . 38 „ H i c orditur narrationem, in qua definivit e v a n g e h u m , et c u m ante precatus sit, ut u b e r i o r c o g n i t i o evangelii illis contingat, subicit, quid sit e v a n g e l i u m . " Kolosser 1 5 2 7 , S. 220,9—11. 39 „ H i c e p i l o g u m instituit, quia e n i m ante, quid sit Christiana iustitia, d o e u i t e a m q u e c o n t u l i t c u m carnali et civili iustitia; adicit e p i l o g u m de caeremoniis et politica M o s a i c a et de traditionibus h u m a n i s [...]." Kolosser 1 5 2 7 , S . 2 5 1 , 1 5 - 1 8 . 40 „Est a u t e m e v a n g e l i u m sermo, q u o beneficia, quae per C h r i s t u m donata sunt, recitantur [...]." Kolosser 1 5 2 7 , S . 2 2 0 , 1 1 - 1 3 . 41 „In epigrapha seu inscriptione solet Paulus o f f i c i u m s u u m seu f u n e t i o n e m praedicare, ut sciamus v e r b u m D e i esse id, q u o d ipse d o c e t . " Kolosser 1 5 2 7 , S. 213,6—8. 42 „ H a c t e n u s [Kol 122] definit E v a n g e l i u m , n u n c adicit circumstantiam, q u o m o d o nobis c o n tingant b e n e f i c i a ostensa in evangelio [...]." Kolosser 1 5 2 7 , S. 227,28—30. 41 „ D e s u o ministerio inserit e x c u r s u m , n e dubitent a se v e r b u m D e i praedicari." Kolosser 1 5 2 7 , S. 2 2 8 , 1 0 - 1 1 . 44
N u r kurz charakterisiert M e l a n c h t h o n die R e c h t f e r t i g u n g : „[...1 m a g n a c o n s o l a t i o est p i o -
62
Kapitel 2: Der Kolosserkommentar
Teile der Abtötung (Kol 2 1 l _ 1 2 ) und der Wiederbelebung (Kol 2 1 3 _ 1 4 ): „Abtötung oder Buße heißt Sünde zu erkennen, so daß uns das Urteil Gottes in Mark und Bein erschrickt." 4 3 Diesen Vorgang bezeichnet Paulus auch als Beschneidung, mit Christus zu Grabe zu getragen werden oder Taufe. Mit allen Begriffen meine Paulus aber das Gleiche, die wahre Buße. 4 6 Wenn Melanchthon an dieser Stelle noch nicht vom Gesetz spricht, so trägt er später vor, daß die Furcht vor dem Urteil und dem Zorn Gottes eine Wirkung des Gesetzes ist. Denn nur durch das Gesetz weiß der Christ um seine Fehltritte, für die er im Gericht Gottes verurteilt werden müßte. 47 Der zweite Teil der christlichen Gerechtigkeit ist die Wiederbelebung: „Daß das Gewissen durch den Glauben und Vertrauen aufgerichtet wird, um Trost zu erhalten, so bald man glaubt, daß Gott die Sünden um Christi willen erlassen hat. Und indem Christus die lebendige Ewigkeit schenkt, tröstet er auf diese Weise das Herz, wie er sagt: ,Wer an mich glaubt wird nicht sterben' [Joh 112&] - Er verleiht auch die anderen Geschenke des Geistes: Liebe, Demut, Keuschheit, usw." 48 Das Gewissen klagt uns unserer Sünden gegen Gott an und ist der Ort der tiefsten Verzweiflung, weil es uns an unsere Hoffnungslosigkeit erinnert, vor dem göttlichen Gericht nicht bestehen zu können. Durch die Wiederbelebung oder Auferstehung wird diese Sündenliste in unserem Gewissen gelöscht und gleich einem Siegeszeichen an das Kreuz Christi geheftet. Dann treten die Gaben des Heiligen Geistes hinzu. Der neue Mensch wird durch den Heiligen Geist in seinem Leben gelenkt und dabei vor den Anschlägen des Teufels und dem Versinken in der Sünde bewahrt (Kol 2 1 4 _ 1 5 ). 4 9 Im Unterschied dazu ist die Gerechtigkeit, die der Mensch aus seinen eigenen Kräften erlangen kann, durch die Erkenntnismöglichkeit des Verstandes und die Fähigkeiten des Willens begrenzt (Kol 2 8 ). Der Verstand kann weder aus sich heraus Gott begreifen noch über Gottes Willen urteilen, weil die Erhaltung der gefallenen Schöpfung, die Rechtfertigung und Heiligung das menschliche Denkvermögen übersteigen. Aber nicht nur die ratio scheitert an der Erlangung der wahren Gerechtigkeit, sondern auch der Wille. Zwar hat der Mensch eine gewisse M ö g rum, quod non ex rationis nostrae iudicio aestimanda est voluntas Dei, ut quoties de iustificatione cogitamus scire, quod Deus solam fidem imputet pro iustitia, mirifice consolatur animum." Kolosser 1527, S. 240,23-27 (Hervorhebung N.K.). Die Rechtfertigungslehre bei Melanchthon im Unterschied zu Luther zwischen 1528 und 1537 hat GRESCHAT, Melanchthon neben Luther, untersucht, wobei er sich vor allem auf Bekenntnisschriften und einige Kommentare bezieht. Melanchthons Kolosserkommentare kommen dabei leider nicht in den Blick. 45 „Mortificatio seu poenitentia est cognoscere peccatum et vere terreri iudicio Dei [...]." Kolosser 1527, S. 247,1-2. 4 6 „Itaque omnes hae figurae: mortificano, baptismus, crucifigi, sepeliri cum Christo, circumcidi circumcisione Christi nihil significant nisi veram poenitendam." Kolosser 1527, S. 248,26—28. 47 Vgl. Kolosser 1527, S. 252,1-253,30. m „[...] conscientiam erigi per fidem seu fiduciam et consolationem capere, ita ut credat Deum condonasse peccata propter Christum. Et cum Christum consolatur ad hunc moduni cor, affert vivam [sic!] aeternam, sicut ait: ,Qui credit in me, non morietur.' Affert et dona alia spiritus: caritatem, humilitatem, castitatem etc." Kolosser 1527, S. 247,8—13. 4 9 Kolosser 1527, S. 251,5-13.
¡1. Die exegetische
Vorgehensweise
63
lichkeit zur weltlichen Gerechtigkeit, kann aber aus natürlichen Kräften nicht wahre Gottesfurcht, wahres Gottvertrauen und die übrigen geistlichen Affekte hervorbringen. 5 0 Sind die Grenzen der Vernunft und des Willens klar umrissen, können die menschlichen Fähigkeiten in dem so beschränkten R a u m ihre volle Kraft für Ethik, Theologie, Natur- und Gesellschaftswissenschaften entwickeln. 3 ' Die Schlußrede über die Sittenlehre (2 16 -4 6 ) behandelt die doppelte Aufgabe des Gesetzes, das Gott allen Menschen gab, um sie zu erziehen und in die Gottesfurcht zu treiben. Israel schrieb er den Dekalog auf die Steintafeln, und den Heiden gab er das natürliche Gesetz in ihren Verstand. 32 Die Aufgabe des Gesetzes ist j e doch bei allen Völkern dieselbe: Es wurde um der Sünder willen gegeben (1. T i m 1 9 ). U m auf dieser Welt Ordnung, R u h e und Frieden zu sichern, müssen dem affektbestimmten Menschen Schranken gesetzt werden, und er m u ß durch Strafandrohung zum sittlich richtigen Handeln gezwungen werden. Durch die Gesetze treibt Gott die Menschen zu einer gewissen Gerechtigkeit in der Welt an und gibt ihnen in ihrem gesellschaftlichen Leben viele Möglichkeiten zum moralisch guten Handeln. O b w o h l der Wille die Affekte nie gänzlich besiegen kann, hat der Mensch dennoch die Chance, nicht gänzlich von den Affekten besiegt zu werden. 53 Neben der sittlichen Erziehungsfunktion ist die wichtigere Aufgabe des Gesetzes, „Schrecken hineinzutreiben, zu verurteilen und zu demütigen, damit wir wissen, daß wir Sünder sind, und gedrängt werden, die Gnade und Rechtfertigung durch Christus zu suchen [,..]." 54 Melanchthon stellt mit Paulus die Frage: Wenn das Gesetz aber nur erzieht und zur Rechtfertigung treibt, ist dann die Einhaltung des Gesetzes nach der Rechtfertigung noch nötig? Z u r Beantwortung mahnt Melanchthon an, die Unterscheidung des Gesetzes in kirchliche Zeremonien, bürgerliche Gesetze und den Dekalog zu beachten. Für die kirchlichen Traditionen gilt, daß die Riten, die nicht zur Rechtfertigung, sondern u m der O r d n u n g willen gegeben wurden, eingehalten werden müssen, weil Lieder, Fasten- und Feiertage der Regelung des kirchlichen Lebens dienen. Die Christen, die sich aber durch die Rechtfertigung zur Freiheit von allen Regelungen berufen sehen, versündigen sich, weil sie zu Urhebern von M
„ H o c itaque t e n e n d u m est naturam h o m i n i s naturalibus viribus n o n posse efficere v e r u m tim o r e m D e i et veram fiduciam erga D e u m et reliquos affectus et m o t u s spirituales." Kolosser 1527, S. 2 2 3 , 1 - 4 . 51 Kolosser 1527, S. 2 3 0 , 3 - 2 4 4 , 2 ; WENGERT, H u m a n F r e e d o m , S. 8 2 - 8 7 , siehe o b e n , Kapitel 1, S.24ff; 36ff. 52 „Est a u t e m decalogus n o n t a n t u m in Moisi tabulis scriptus, sed etiam ea cognitio in m e n t i b u s nostris scripta est, etiam si n o n o b t e m p e r e m u s et dicitur lex naturae, usque adeo n o n est abrogatus, ut m e n t i b u s nostris scriptus exstet ac m a n e a t . " Kolosser 1527, S. 2 9 0 , 8 - 1 2 . 53 „Discamus igitur, q u o d ne q u i d e m civilem iustitiam praestare sola ratio Semper possit, nec sane libertatem nostram m a g n o p e r e praedicaremus, si hanc tantam imbecillitatem consideraremus. Q u o t u s q u i s q u e e n i m etiam diligenter v i v e n t i u m n o n saepe succumbit affectibus." Kolosser 1527, S. 2 2 5 , 1 4 - 1 8 . 54 „ S e c u n d u m o f f i c i u m legis est t e r r o r e m incutere, c o n d e m n a r e , et humiliare, ut sentiamus nos esse peccatores, et c o g a m u r quaerere gratiam et iustificationem per C h r i s t u m [...]." Kolosser 1527, S. 2 5 3 , 9 - 1 1 .
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Kapitel 2: Der
Kolosserkommentar
Ärgernissen werden, dadurch Christen gegeneinander aufbringen und letztendlich gesellschaftlichen Aufruhr provozieren. 3 '' Melanchthon wird nicht müde, um die Einheit und R u h e in der Kirche zu werben. Viel zu viele berufen sich auf die Rechtfertigungslehre für die R e f o r m der Kirche und laufen dabei Gefahr, einer neuen Gesetzlichkeit anzuhängen, ohne dabei zu bedenken, wie viel Unruhe sie mit dem Zwang zur Neuerung entfachen. Dagegen ruft Melanchthon eine christliche Freiheit ins Gedächtnis, die sich bestehenden kirchlichen Strukturen fügt, soweit sie das christliche Gewissen nicht belasten. Damit sei der Kirche mehr gedient, weil so Eintracht und Frieden gewahrt würde. Wie Paulus den Juden ein J u de werden konnte, das Nizänum die Einhaltung einzelner alter Gebote befahl und auch Augustin sich den Lebensgewohnheiten seiner Umgebung anpaßte, wirbt Melanchthon für die christliche Freiheit mit Rücksicht auf den kirchlichen Frieden. 56 Zum Schluß verweist Melanchthon auf den Nutzen des Gesetzes (Kol 3]—45) für die Heiligen. 57 Denn nachdem der Christ durch die Rechtfertigung in seinem neuen Leben an der göttlichen Natur teilhat, werden Gott wohlgefällige Taten folgen. Die Rechtfertigung des Menschen wird nicht folgenlos bleiben, sondern in dem neuen Leben Früchte zeigen. Denn wer wahrhaftig mit Christus gestorben und auferstanden ist, lebt nicht mehr in den Sünden des Fleisches. 38 Dabei unterscheidet sich das Verhaken des neuen Menschen von dem des alten in seinem innersten Beweggrund: Die weltliche Disziplinierung dient nur der körperlichen Selbstbeherrschung und dem irdischen Wohlergehen, weil der alte Mensch durch den Verstand gelenkt wird. Im neuen Leben ist der Mensch dagegen durch den
Kolosser 1527, S . 2 7 3 , 7 - 1 8 . „[...] quantum fieri sine peccato possit, veteres ordinationes servandas esse, quia Petrus vetat aliquid constituí in ecclesia, nisi ex virtute divinitus suppeditata. At plerique cum addueti ambitione veteres ritus abolent et novos instituunt, quid aliud agunt, nisi quod Paulus alt, ut novo modo circumcidant ecclesiam et sint maximorum scandalorum auetores, videlicet dissensionis in ecclesiis, licentiae vulgi, quorum utrumque infinita mala parit [ . . . ] . " Kolosser 1527, S. 276,26—277,1. 55
57 D e r Begriff des dreifachen Gebrauchs des Gesetzes (triplex usus legis) taucht erst später auf, der Sache nach ist dieser Gedanke schon früher vorhanden, wie Ebeling feststellt: „Ja, es ließe sich sogar zeigen, daß Melanchthon bereits 1528 in dem Unterricht der Visitatoren sowie in der Apologie der CA die Idee eines tertius usus legis streift." EBELING, Lehre vom triplex usus legis, S. 58, vgl. MATZ, Die Willenslehre, S. 1 4 1 - 4 3 . Leider sind Melanchthons zahlreiche Kommentare zur Klärung dieser Frage bis jetzt nur wenig herangezogen worden. Hier kann nur festgehalten werden, daß sich im Kolosserkommentar von 1527 die dreifache Inanspruchnahme des Gesetzes andeutet, wenn Melanchthon auch nur von zwei Aufgaben spricht, der Disziplinierung des M e n schen und dem Aufzeigen der Sünde. Kol 3—4 handeln für ihn j e d o c h von den auf den Glauben notwendig folgenden Taten. U n d der Dekalog, der die Gerechtigkeit des Herzens lehrt, bleibt in Geltung, Kolosser 1527, S. 2 8 7 , 7 - 2 9 1 , 7 , vgl. Kolosser 1528, fol. m 3 v - m 5 r . Siehe dazu WENGERT, Law and Gospel, S. 197—198. Wengert stellt mit der Untersuchung des überarbeiteten Kolosserkommentars von 1534 heraus, daß sich dort der dritte Gebrauch des Gesetzes explizit findet. 1534 schreibt Melanchthon: „Tertia causa est retinendi decalogi, ut requiratur obedientia." zitiert ebd., S. 199, Anm. 101, vgl. WENGERT, Human Freedom, S. 142. 5K
Kolosser 1527, S. 2 7 8 , 7 - 2 7 9 , 1 3 .
II. Die exegetische
Vorgehensweise
65
Heiligen Geist erneuert worden. 5 9 Beschenkt mit dem Geist Gottes bringt er so Früchte der Weisheit, Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit und Heiligkeit hervor/'" Auch das neue Leben steht unter dem Gesetz Gottes, der neue Mensch folgt ihm allerdings ohne Zwang. 6 1 Der Dekalog bleibt für die Gerechtfertigten in Geltung und predigt ihnen immer wieder die Buße. So fordere das erste Gebot die Gottesfurcht und Treue, das zweite die Gottesanrufung, das dritte sodann die Haltung der Feiertage u m der O r d n u n g willen, das vierte, die Obrigkeit zu ehren usw.62 Da sie Frieden mit Gott geschlossen haben und auch in Notlagen auf seine Hilfe vertrauen, leben die Heiligen im Einklang mit der Welt und gehorchen als Staatsuntertanen den geltenden Staatsgesetzen. O h n e Zweifel stellt sich auch in dem neuen Leben der Teufel immer wieder gegen die Christen, und die teuflischen Anfechtungen sind nur in der Meditation des göttlichen Wortes in Lehre und Gebet zu bekämpfen. 6 3 Abschließend (Kol 45_6) bleibt für Melanchthon nur noch, die C h r i sten zu ermahnen, daß ein jeder seine Pflicht in Staat und Kirche, als Erwachsener oder Schüler tue. 64
b) Die Schrift legt sich selber aus Uber die Grobgliederung hinaus tritt die Analyse der dialektischen und rhetorischen Komposition hinter die versweise Auslegung des Kolosserbriefes zurück. Melanchthon verzichtet auf eine detailliertere Gliederung oder Gattungsbestimmung und entgeht damit der Gefahr, den paulinischen Brief in rhetorische K o n ventionen zu zwängen bzw. seine Vorlesung zu einer rhetorischen Ü b u n g verk o m m e n zu lassen. R h e t o r i k bleibt im Dienste der Schriftauslegung und wird nicht zum Selbstzweck betrieben: Das zentrale Anliegen des Kolosserbriefes w u r de mit der Abgrenzung des Hauptteiles bestimmt, und von dort aus können die einzelnen Verse der R e i h e nach ausgelegt werden. Wo sich bei dieser Einzelexege-
19 „ N o v u s h o m o dicitur, n o n qui ratione t a n t u m se coercet, n a m ratio ad veterem h o m i n e m pertinet. Affert e n n n h o m o secum rationem, c u m nascitur. Sed novus h o m o dicitur, qui per Spirit u m s a n c t u m renovatur, et in q u o Spiritus sanctus t i m o r e m Dei, fìdem, castitatem, caritatem, et similes b o n o s fructus efficit." Kolosser 1527, S. 284,24—29.
„Est e n i m cernere vestigia divinitatis impressa multis creaturis. Paulus a u t e m de alia q u a d a m i m a g i n e loquitur, quae novi h o m i n i s t a n t u m est. F o r m a e D e i sunt sapientia, iustitia, Veritas, sanctitas; has c u m i m p r i m i t D e u s nobis, sumus i m a g o dei et participes divinae naturae." Kolosser 1527, S. 2 8 5 , 2 1 - 2 6 . 61 „ P o r r o D e u s iussit e d a m , ut sancti subditi essent potestati, sicut et Christus subditus fuit et dedit 6tòpa§nov, etiamsi sancti n o n habeant opus, ut aliqua legitima aut publica vi h u m a n a c o e r c e antur, quia propter D e u m recte faciunt: t a m e n exigit Deus, ut magistratibus subditi sint [...]." K o losser 1527, S. 2 6 5 , 4 - 1 0 . 62
Kolosser 1527, S. 2 8 9 , 1 8 - 3 3 . „Et contra satanae insidias n o n alia sunt arma nisi precatio et pia p u r a q u e tractatio verbi D e i . " Kolosser 1527, S. 2 9 5 , 3 4 - 3 5 . 64 Kolosser 1527, S. 3 0 0 , 3 3 - 3 0 2 , 3 . 63
66
Kapitel
2: Der
Kolosserkommentar
se dialektische oder rhetorische Elemente zeigen, wie z.B. Tautologien 6 3 , R e d e w e n d u n g e n 6 6 oder die logische Einteilung eines Begriffes (dtstributio)('7, verweist M e l a n c h t h o n auf diese, u m die B e d e u t u n g scharfsinnig aufzuzeigen. W e n n Paulus in Kol 2 1 4 „sagt, ,die Aufzeichnung w u r d e ans Kreuz geheftet', spielt er auf die Sitte an, Denkmäler aufzustellen u n d von dort holt er die Metapher. Es war nämlich an j e n e n O r t e n Sitte, D e n k m ä l e r aufzustellen, w o die Feinde besiegt w u r d e n , d.h. eine Säule oder einen Bogen, auf die sie die Kriegstaten schrieben oder malten. Genauso sagt Paulus: ,Christus habe die Aufzeichnung ans Kreuz heftet', d.h., er habe eine Säule aufgerichtet, gleich als o b er auf diese seinen Sieg geschrieben oder gemalt hätte. Ferner bezeichnet j e n e R e d e w e n d u n g nichts anderes, als daß C h r i stus gesiegt habe u n d j e n e n Sieg allen Völkern durch die Auferstehung u n d den Heiligen Geist öffentlich verkündigt habe."'' 8 In diesem Fall kombiniert M e l a n c h t h o n geschickt rhetorische Kenntnisse über die bildhafte Ü b e r t r a g u n g mit historischem Wissen über die Gebräuche der paulinischen Zeit u n d gelangt so zu einer eindrücklichen Erklärung: Das Kreuz ist die Trophäe, die Christi Sieg über die menschlichen Sünden u n d den Tod verkündet. M e l a n c h t h o n hält sich fast durchgängig an die versweise Auslegung des Kolosserbriefes, die nur durch eine Versumstellung (Kol 29_1((), mehrere Auslassungen u n d schließlich zwei exegetische Einschübe unterbrochen wird: N a c h seinen langen A u s f ü h r u n g e n über den Unterschied zwischen menschlicher u n d christlicher Gerechtigkeit (Kol 2 8 ) bleibt M e l a n c h t h o n erst bei seinem Gedankengang über die christliche Gerechtigkeit (Kol 2 10a ), bevor er aufzeigt, wie die M e n s c h e n an dieser Gerechtigkeit teilhaben k ö n n e n (Kol 2 9 ). So wie M e l a n c h t h o n sich hier die Freiheit n i m m t , die R e i h e n f o l g e des Briefes seiner G e d a n k e n f u h r u n g zu unterwerfen, kann er o h n e weitere Erklärung größere Teile des Kolosserbriefes u n k o m m e n t i e r t übergehen, d e n n mit seiner Bibelexegese erstrebt er nichts anderes, als auf die wichtigsten Lehrstücke zu verweisen. 6 9 D e r Dienst des Apostels Paulus für die H e i den (Kol 125-29) > seine E r m a h n u n g e n an die Kolosser (25_7), die christliche Haustafel (3 18-25) u n d der Briefschluß mit G r u ß Worten (4 7 _ l8 ) sind f ü r M e l a n c h t h o n u n 'l5 Vgl. Melanchthons Auslegung: ,„In omni sapientia et prudenda etc.' [Kol 1 9 ] Est xaiiTO^oyia, quia cognitio voluntatis Dei est ipsa spiritualis sapientia." Kolosser 1527, S. 218,8—9. Melanchthon zu Kol 2 l l f f : „Paulus in hoc loco variis figuris [seil, circumcisio, sepultura et baptismusj eiusmodi poenitentiam descripsit." Kolosser 1527, S. 247,30—31. Vgl. Kolosser 1527, S. 249,14-29. 67 Kolosser 1527, S. 215,14-18. ' ,s „ C u m ait .affixum chirographum cruci', alludit ad m o r e m trophaeorum erigendorum et inde metaphoram sumpsit. Erat e m m mos iis locis, ubi hostes superati erant, erigi trophaea, hoc est: coluninas vel arcus, in quibus scribebant aut pingebant rem gestam. Sic Paulus ait .Christum affixisse chirographum cruci', id est: trophaeum erexisse, tamquam in quo scripserit aut pinxerit victoriam suam. Porro ea figura nihil aliud significat nisi Christum vicisse et earn victoriam omnibus gentibus palain fecisse per resurrectionem et per Spiritum sanctum." Kolosser 1527, S. 250,16—25. Vgl. WENGERT, H u m a n Freedom, S. 35. 69 Melanchthon an Veit Amerbach: „Ego ingenii laudem neque capto neque ambio ex tractatione sacrarum literarum. Id u n u m studui, ut simplicissime ostenderem, quos locos maxime urgere docentes in ecclesiis optarim." Torgau, 2 8 . / 2 9 . 1 1 . 1527, M B W . T 3, S. 225,7-10, Nr. 629.
II. Die exegetische Vorgehensweise
67
w i c h t i g e S e i t e n p f a d e , die er ausläßt, u m sich a u f das W e s e n t l i c h e z u k o n z e n t r i e ren. 7 " G r ö ß e r e m e t h o d i s c h e B e d e u t u n g k o m m t d e n b e i d e n E i n s c h ü b e n in Kol 2 (über R o m 13,_ 5 ) u n d in Kol 3 (über E p h 4 8 _k,) zu, in d e n e n M e l a n c h t h o n d e m Leser z u m besseren Verständnis d e r s c h w i e r i g e n Verse E x e g e s e n a n d e r e r p a u l i n i scher T e x t e b i e t e t . In Kol 2 2 3 b l e n d e t M e l a n c h t h o n e i n e a u s f ü h r l i c h e A u s l e g u n g v o n R o m 13]_ 5 ü b e r die O b r i g k e i t ein. 7 1 In d e n v o r a u s g e g a n g e n e n Versen g e h t es u m die Frage, o b m e n s c h l i c h e G e s e t z e b e f o l g t w e r d e n m ü s s e n u n d o b dieses E i n h a l t e n d e n M e n s c h e n r e c h t f e r t i g e n k a n n . 7 2 U m dies s a c h g e r e c h t b e a n t w o r t e n zu k ö n n e n , m u ß M e l a n c h t h o n eine U n t e r s c h e i d u n g e i n f ü h r e n , die d e r K o l o s s e r b r i e f h i e r n i c h t b i e tet: M e n s c h l i c h e U b e r l i e f e r u n g e n sind in b ü r g e r l i c h e G e s e t z e u n d k i r c h l i c h e T r a d i t i o n e n e i n z u t e i l e n . „ A b e r b e v o r ich ü b e r j e n e k i r c h l i c h e n T r a d i t i o n e n rede, m ü s s e n v o r h e r d i e d e r b ü r g e r l i c h e n O b r i g k e i t e n bzw. die b ü r g e r l i c h e n G e s e t z e b e h a n d e l t w e r d e n . [...]. U n d weil d a v o n fast das g a n z e Kapitel 13 des R ö m e r b r i e fes l e h r t , w o l l e n w i r j e n e paulinische Stelle (locus) w i e d e r h o l e n [. ,.]." 7 3 D i e L e h r e v o n d e n loci communes, die dazu anleitet, alle a l l g e m e i n e n G e s i c h t s p u n k t e , die ein Fall e n t h ä l t , zu b e d e n k e n , läßt M e l a n c h t h o n h i e r j e d e n A s p e k t d e r m e n s c h l i c h e n U b e r l i e f e r u n g e n (traditiones humanae)
b e r ü c k s i c h t i g e n . 7 4 Bei d e r Frage: „ O b es
n i c h t S ü n d e sei, m e n s c h l i c h e U b e r l i e f e r u n g e n zu verletzen?" 7 5 , stellt M e l a n c h t h o n zuerst fest, d a ß d e r K o l o s s e r b r i e f an dieser Stelle m i t traditiones
humanae
k i r c h l i c h e B r ä u c h e b e z e i c h n e t . Weil dieser B e g r i f f die staatliche O b r i g k e i t m i t einschließt, i m K o l o s s e r b r i e f a b e r n u r die k i r c h l i c h e n V o r s c h r i f t e n b e h a n d e l t w e r d e n , m u ß a u f R o m 13 z u r ü c k g e g r i f f e n w e r d e n , w o d e r locus de magistratu m u s t e r gültig dargelegt ist. M e l a n c h t h o n e x t e m p o r i e r t d a m i t n i c h t , s o n d e r n b a u t seine A u s f u h r u n g e n a u f e i n e r w e i t e r e n biblischen E x e g e s e auf, u m die besagte Textstelle v o n K o l 2 2 3 voll erfassen zu k ö n n e n . D a m i t g e s c h i e h t dreierlei: Erstens e r f o r d e r t d e r A r g u m e n t a t i o n s g a n g e i n e A b h a n d l u n g des O b r i g k e i t s t h e m a s , zweitens a b e r läßt sich M e l a n c h t h o n v o n d i e s e m locus z u e i n e r a n d e r e n Bibelstelle verweisen, die d r i t t e n s i m methodus d e r H e i l i g e n S c h r i f t , d e m p a u l i n i s c h e n B r i e f an die R ö m e r g e f u n d e n wird.76 A u c h d e r z w e i t e E i n s c h u b in K o l 3] basiert a u f M e l a n c h t h o n s Analyse n a c h r h e t o r i s c h e n R i c h t l i n i e n . E r legt K o l 3 als weitläufige E i n k l e i d u n g eines G e d a n k e n ganges (circumductio rhetorica) aus, w o b e i das T h e m a aus 3, ( „ W e n n ihr a u f e r s t a n d e n seid, s u c h t j e n e s was o b e n ist") n i c h t n u r v o n d e r U r s a c h e o d e r S c h u l d i g k e i t (a cau711
Diese Passagen werden auch in der überarbeiteten Fassung von 1528 nicht ausgelegt. Die inhaltliche Diskussion der Obrigkeitsfrage findet unten (Abschnitt III.) statt. 72 Siehe oben, S.63f. 71 „Sed priusquam de traditionibus istis ecclesiasticis dicam, quaedam ante tradenda de magistratibus civilibus et civilibus legibus [...]. Et quia hoc docet totum fere caput tredeeimum ad R o manos, volumus illum Pauli locum repetere [...]." Kolosser 1527, S. 260,33—261,6. 74 Rhetorik 1531, Sp. 452,32-34, vgl. Kolosser 1527, S. 215,3-13. 75 „Sit ne peccatum violare traditiones humanas?" Kolosser 1527, S. 260,28—29. 7( ' Zum methodus-Begriit siehe oben, Kapitel 1, S. 31 ff, zum Römerbrief als methodus vor allem unten, Kapitel 5.1.3. 71
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Kapitel 2: Der Kolosserkommentar
sa seu debito), sondern auch von der Machbarkeit (a possibili seufacili) aus betrachtet werden muß. 7 7 Hier nutzt Melanchthon die rhetorische Unterscheidung, eine B e weisführung von der Ursache einer Wirkung oder von den die Tat ermöglichenden Umständen herzuleiten. So kann dieser Vers zum einen bedeuten, daß die Auferstehung zum neuen Leben Ursache einer anderen Lebensführung ist: Weil wir ein neues Leben erlangt haben und an der göttlichen Natur teilhaben, muß ein Gott wohlgefälliges Verhalten folgen. Die Gedankenführung a possibili verweist zum anderen auf die Erhöhung Christi, durch die uns diese neue Lebensweise ermöglicht wird. Weil Christus zur rechten Gottes sitzt und mit dem Vater regiert, wird er uns helfen, gegen die Anschläge des Teufels gewappnet zu sein. In M e lanchthons Sicht spielt Paulus hier mit „sucht was oben ist, wo Christus ist, sitzend zur R e c h t e n Gottes" (Kol 3i) auf Ps 6 8 i 9 an: „Du bist aufgefahren zur Höhe und führest Gefangene gefangen und hast Gaben empfangen unter den Menschen." Diesen Psalmvers zitiert Paulus in modifizierter Form in Eph 4 8 („Er ist aufgefahren zur Höhe und hat Gefangene mit sich geführt und hat den Menschen Gaben gegeben") und deutet den Psalm in den folgenden Versen (Eph 4 9 _ 10 ) christologisch. Melanchthon macht sich die paulinische Psalmenexegese zu eigen: Gott konnte nur gen Himmel auffahren, wenn er vorher hinabgestiegen ist, deshalb spreche der Psalm von der Erhöhung Christi. Dann führt Melanchthon mit Hilfe eines synoptischen Textvergleiches von Eph 4 8 und Ps 6 8 , 9 die Exegese über das von Paulus im Epheserbrief Gesagte hinaus 78 , um schließlich bei der Deutung von Kol 3, a possibili anzukommen: „Und so ermahnt er uns, daß wir nicht dulden, vom Teufel getäuscht zu werden, noch zulassen, von der Begierde des Fleisches bezwungen zu werden, als ob er sagt: Ich schreibe euch Großes vor, aber Leichtes, nachdem ihr euch umgesehen habt, wo Christus ist und was er verspricht; nämlich, daß er den Menschen die Gaben geben wird, daß er uns zurüsten wird. Wahrlich sind die glücklich, die wagen, die himmlische Hilfe zu fordern und zu erwarten." 7 9 Bei der rhetorischen Analyse von Kol 2 2 3 und 3, stößt Melanchthon auf die Schwerverständlichkeit dieser Verse, weshalb er sich von dort den Weg zu anderen Bibelstellen weisen läßt. Damit führt er seinen Studenten wirkungsvoll vor Augen, wie die Schrift sich selber auslegt: Wo immer sich ein unklarer Vers zeigt, müssen 77
„ O r d i t u r a u t e m Paulus h o c caput a c i r c u m d i c t i o n e r h e t o r i c a : , C u m resuscitati sitis, q u a e r i t e
ea, q u a e sursum', ubi C h r i s t u s est ad d e x t r a m D e i sedens. N e q u e t a n t u m a r g u m e n t u m a causa seu a d e b i t o t r a c t u m est, sed e d a m a possibili seu a f a c i l i . " K o l o s s e r 1 5 2 7 , S. 2 7 8 , 1 1 — 1 6 . 7B
„ P o s t r e m o , A c c e p i t [Deus] d o n a pro h o m i n i b u s ' [Ps 68,,,) — id Paulus fecit [Eph 4 S |: ,dedit
d o n a h o m i n i b u s ' . [ . . . ] , D e d i t d o n a h o m i n i b u s 4 seu ,dat dona h o m i n i b u s ' significai e n i m : i d e o C h r i s t u m ascendisse, ut dona daret; id est: ut iuvaret nos, daret S p i r i t u m sanetum et fruetus S p i r i tus saneti. Si i d e o audis ascendisse C h r i s t u m , ut d o n a largiatur, postulare igitur et exspectare auxiliu m d e b e m u s . " K o l o s s e r 1 5 2 7 , S. 2 7 9 , 1 9 — 2 7 . 7
„ E t sic h o r t a t u r nos, ut n e patiamur nos decipi a diabolo, neve sinamus nos a cupiditatibus
carnis e x p u g n a r i , quasi dicat: M a g n a n i r e m vobis praeeipio, sed f a c i l e m , si respexeritis, ubi C h r i stus sit, quid polliceatur, n e m p e se d o n a d a t u r u m h o m i n i b u s , se o p i t u l a t u r u m n o b i s esse. Felices vero, qui audent postulare et exspectare caeleste a u x i l i u m ! " Kolosser 1 5 2 7 , S. 2 8 0 , 5 — 1 1 .
II. Die exegetische
Vorgehensweise
69
andere Bibelstellen — vorzugsweise aus dem Römerbrief - zur Erhellung dazugenommen werden.
c) Textgrundlage und Übersetzung Anders als bei vorausgegangenen Vorlesungen hat Melanchthon für seine Kolosservorles'ung weder eine eigens edierte griechische noch eine lateinische Textausgabe für seine Studenten besorgt. 80 Als exegetische Grundlage dient ihm der lateinische Text, wie ihn Erasmus in seinem „Novum Instrumentum" besorgt hatte, wobei er sich nicht durchgehend an die lateinische Ubersetzung des Erasmus hält, sondern vereinzelt auf den griechischen Text des „Novum Instrumentum" zurückgreift. 81 Von den vielen kleinen Unterschieden zu dem lateinischen Text des Erasmus fällt eine Stelle theologisch ins Gewicht. In Kol 2 1 4 übersetzt Melanchthon anstelle von Lehrsätzen (decreta) Gesetze (leges). 82 Erasmus - und mit ihm die Vulgata — übersetzt damit das griechische 6öy(xa genauer, weil das griechische Äquivalent für Gesetz vo^ög wäre. 83 Melanchthon erklärt seinen Studenten, warum er diese Stelle anders liest: Mit Lehrsätzen meine Paulus das Gesetz, denn nur das Gesetz - und nicht menschliche Bestimmungen - zeigt uns den Zorn Gottes und kann das Gewissen erschrecken und zu wahrer Gottesfurcht fuhren. 84 Die klare Unterscheidung zwischen Gottes Gesetz, das Mose auf die Steintafel und den Heiden ins Herz geschrieben wurde, und Lehrsätzen der Kirche, wie z.B. Zölibats- oder Fastenvorschriften, ist ein zentrales Thema, das den Kolosserbrief durchzieht. 8 ' M e lanchthon paßt seine lateinische Ubersetzung der theologischen Aussage des Kolosserbriefes an, oder kurz gesagt: der Skopus rechtfertigt die Ubersetzung. 86 Vermag Melanchthon an vielen Stellen durch den Rückgriff auf die griechische Sprache den Sinn des Verses herauszuarbeiten, bleiben dagegen seine Hinweise auf die hebräische Redensart unbefriedigend. Weder zitiert Melanchthon in hebräischer Sprache noch verweist er auf alttestamentliche Stellen, mittels der die soge811 Für seine allererste Titusvorlesung hatte Melanchthon noch eine griechische Textgrundlage geschaffen, vgl. Melanchthon an Spalatin 1 2 . 1 0 . 1518, M B W . T 1, S . 8 2 - 8 4 , N r . 2 9 ; daneben erscheinen Anfang der 20er Jahre noch griechische Textausgaben für den R ö m e r - und Galaterbrief und lateinische zu den Korintherbriefen, vgl. W A Br 1, S. 3 8 2 , A n m . 2 .
Eine ausführliche Untersuchung dazu findet sich bei WENGERT, Human Freedom, S. 32—36. Melanchthon zitiert Kol 2 ] 4 : „[...] delens chirographum, quod contra nos est, quod erat n o bis contrarium per leges." Kolosser 1527, S. 249,16—18. 81
82
ERASMUS, N o v u m Instrumentum, z.St., S. 105. „Et quia ,lex iram efficit' [ R m 4 , 5 ] , hoc est: terret conscientiam ostenso peccato, ideo addit: Chirographum illud adversari per decreta, id est: per legem. Legem enim decreta vocat [seil. Paulus] [ . . . ] . " Kolosser 1527, S . 2 4 9 , 3 2 - 2 5 0 , 2 . 83 84
Vgl. Kolosser 1527, S. 2 8 7 , 6 - 2 9 1 , 7 . In ähnlicher Weise hat Luther in seiner deutschen Bibelübersetzung versucht, die „Sache des Textes selbst möglichst deutlich auszudrücken" und im Bemühen um den bestmöglichen deutschen Ausdruck eine gewisse Freiheit vorn Buchstaben geübt, vgl. RAEDER, Luther als Ausleger, S. 2 7 4 - 2 7 8 . 85
86
70
Kapitel 2: Der
Kolosserkommentar
nannten Hebraismen erklärt werden könnten. 87 Melanchthon fuhrt z.B. im Tugendkatalog Kol 3 1 2 geradezu thetisch aus: „Geduld (Muxpoüi!|ii«) bezeichnet einfach nach hebräischer Redensart Geduld." 8 8
III. Die Obrigkeit als gute Ordnung Gottes Melanchthon hat in seinen Kolosserkommentar eine ausfuhrliche Exegese zu R o m 13 eingefügt, in der er über die Rechte und Pflichten der Herrscher und ihrer Untertanen reflektiert. Diese Vorgehensweise konnte Melanchthon exegetisch legitimieren, da für ihn Kol 223 die Frage über die weltliche Herrschaft aufgreift, aber nicht ausreichend behandelt. 89 Dennoch dürften bei diesem Schritt ganz praktische Überlegungen eine Rolle gespielt haben. Als Melanchthon seine Vorlesung zum Kolosserbrief 1526 begann, lag die vernichtende Schlacht gegen die Bauern weniger als ein Jahr zurück, und noch immer war nicht jeder Widerstand gebrochen. 90 Bei Melanchthon riefen diese kriegerischen Erhebungen der Bauern Angst vor Gesetzlosigkeit und Zerstörung der Staaten hervor, durch die alle Verdienste und Sicherheiten der Gesellschaft — wie das ungestörte Familienleben, Pflege der Religion und Wissenschaften — auf dem Spiel standen. 91 Angesichts dieser existentiellen Bedrohung jeglicher Zivilisation hatte er in aller Schärfe die Forderungen der Bauern widerlegt und Müntzers gottlose, ja teuflische Gesinnung bloßgestellt. 92 U m weiteren Bauernaufständen und vor allem dem vermeintlichen Urheber — der lutherischen Lehre — Einhalt zu gebieten, riefen Georg von Sachsen 8 7 „ P a x a u t e m significat non tantum conscientiae tranquillitatem seu g a u d i u m , [...] sed significat generaliter res secundas hebraica c o n s u e t u d i n e . " Kolosser 1527, S. 2 1 3 , 3 3 - 2 1 4 , 4 ; „ S ^ c t y x ^ oixTip|ixöv [tiefer Schmerz] H e b r a i s m u s est, Semper a u t e m n o m e n onkäyxva significat, q u o d nos ex a n i m o d i c i m u s . " ebd., 291,9—10; „ [ . . . ] figura ipsa [seil. In n o m i n e D o m i n i Iesu] sermonis hebraei videntur uti b e n e p r e c a n d o . " ebd., 297,3—4. 8 8 „M7 BÖTTCHER, Ungehorsam oder Widerstand, S. 147, WOLGAST, Wittenberger Theologie und Politik, S. 175. 1114 105
II.
Von Augsburg bis Nürnberg
(1532)
233
sich gegen die juristische Herleitung des Widerstandsrechts aus dem Naturrecht („vis vim repellere licet"), das in den Kompetenzbereich der Theologen falle, die gerade aus naturrechtlicher Argumentation den Widerstand ablehnten. Anders verhielte es sich mit dem geschriebenen Recht (ius positimm), über das Luther als Theologe nicht zu entscheiden vermochte. Aufgrund dieser Trennung von weltlichem und geistlich-naturrechtlichem Bereich entsprechend der Zwei-ReicheLehre billigten die Theologen das juristische Gutachten entgegen ihrer vorherigen Meinung. Ein Schritt, der außerhalb Kursachsens auf Widerspruch gestoßen ist. 108 Gleichzeitig betonten die Theologen in einem weiteren Gutachten, daß der Kurfürst die Prediger nicht vor Verfolgungen schützen, noch die Restitution der Klöster verhindern darf. Nur wenn er selbst geächtet werde, dürfe er sich im Rahmen des weltlichen Rechtes wehren. 109 Dieses zweite Gutachten wurde jedoch von den kursächsischen Räten entgegen Luthers und Melanchthons Intention mißachtet. Und damit wurde ihre Billigung des Widerstandsrechts entstellt weiterverbreitet, so beschwerte sich Melanchthon später bei Camerarius. 11 " Wie sehr die Torgauer Verhandlungen der Legitimation eines schon geklärten Kurses dienten, wird daran deutlich, daß die Wittenberger Theologen in die weiteren Bündnis- und Einigungsgespräche kaum noch eingebunden und befragt wurden. Luther und Melanchthon verfaßten noch Gutachten zur Königswahl, die der Kurfürst nicht seiner Politik dienstbar machte. 1,1 Nach dem Augsburger ,I,K Das Gutachten wurde ca. am 27.10. in Torgau verfaßt und findet sich bei SCHEIBLE, Widerstandsrecht, S. 6 7 - 6 8 , Nr. 16 = M B W Nr. 1091. Vgl. BÖTTCHER, Ungehorsam oder Widerstand, S. 1 4 8 - 1 5 2 . WOLGAST, Wittenberger Theologie und Politik, S. 1 7 8 - 1 9 0 . 109 „Darumb, so der K. process furnimpt wider die prediger und der gleichen personen, will die selbigen nit dulden, bitten wir, wie wir schuldig sind, das sich m.g.h. nicht unterstehe, dem k. mit gewaltt zu weren, sonder lasß yhn machen, so fern ehr nicht weiter denn wider solch person handeltt. Der gleichen mag sich m.g.h. auch halden, so der k. die restitucio der closter furnemen wurde, quia princeps debet cavere bellum. Wo aber der k. wider m.g.h. person on mittel procedirt, als nemlich das m.g.h. inn die acht gethan wurde, etc. und eyn gewaltt s.c.f.g. zu besweren, nicht alley der prediger personen, furgenomen wurde, so dann weltlich recht zelesßt, sich wider solchen gewaltt auffzuhalden, wissen wir das nit anzufechten, dweyl wir müssen ia welttlich recht bleyben lassen." Melanchthon mit Luther, Jonas, Spalatin u.a., Torgau, 2 7 . 1 0 . 1530, M B W Nr. 1090. 1,11 Melanchthon betont Camerarius gegenüber, daß die Wittenberger eine deutlich andere Position vertreten haben, als die, die nun verbreitet werde: ,,[...] aklu jtEpixf]5 ^r)Tr|0£a)5 diserte hoc positum est, si de restitutione ageretur, ne impediremus, sed si attingere personam principum vellent nonnulli, quos scis, uterentur suo iure, si quod ei promittunt iurisconsulti. Hanc ejueixeuxv tarnen moderatissime scripsit Lutherus, et vix extorsit illi o prfucop [seil. Brück]." Melanchthon an Camerarius in Nürnberg, Wittenberg, 15.2. 1531, C R 2, Sp. 471, Nr. 957 = M B W Nr. 1125. 111 Melanchthons Gutachten bringt historische Beispiele ins Feld, welche die Wahl von K ö n i gen zu Lebzeiten des Kaisers belegen, Wittenberg, 1 2 . 1 2 . 1530, C R 2, Sp. 4 4 7 - 4 4 8 , Nr. 946 = M B W Nr. 1105. Luther rät mit politischen Argumenten ebenso fiir eine Beteiligung an der Wahl Ferdinands zum König, Wittenberg, 1 2 . 1 2 . 1530, W A B r 5, S. 6 9 7 - 6 9 9 , Nr. 1761; WOLGAST, W i t tenberger Theologie und Politik, S. 2 0 1 - 2 0 3 . Den sächsischen Wahlprotest haben beide Gutachten nicht verhindern können. Nach der Wahl Ferdinands zum König (Dezember 1530 / Januar 1531 in Köln) formierte sich eine Oppositionspolitik der Kursachsen, Hessen und Bayern, die zur Gründung des Saalfelder Bundes (1531) führte, KOHLER, Antihabsburgische Politik, S. 203—244, FABIAN, Entstehung des schmalkaldischen Bundes, S. 98—99.
234
Kapitel
6: Für die Einheit der Kirche
Reichstag beherrschte vor allem der Kanzler Georg Brück als Berater das Geschehen, die Theologen standen außen vor. Eine Entwicklung, die bei Melanchthon nicht nur zunehmend Mißmut, sondern auch scharfe Kritik am kursächsischen Kurs hervorrief.
1. Melanchthons
Kritik
an der protestantischen
Bündnispolitik
Nachdem Ende 1530 in Schmalkalden ein protestantisches Defensivbündnis geschlossen worden war, berichtet Melanchthon Anfang Januar 1531 Camerarius über die laufenden Verhandlungen in Schmalkalden." 2 Der Wittenberger beklagte den schlechten Informationsstand über die politischen Entwicklungen — eine Klage, die fast stereotyp in den Briefen der nächsten zwei Jahre auftauchen wird. Weiter schreibt Melanchthon, daß die Wittenberger Theologen kaum noch zum W i derstand befragt werden. Allerdings rieten sie auch nicht von den Rüstungen ab, schränkt Melanchthon in seinem B r i e f ein. Bei Camerarius hatte das Wittenberger Einlenken bezüglich des Widerstandes keine Zustimmung gefunden. Im weiteren Verlauf des Briefes sucht Melanchthon die kursächsische Politik zu legitimieren, doch die Argumente überzeugen kaum. Er fuhrt verschiedene Situationen an, die eine Verteidigung richtigerweise nötig machen würden, denn würden die Kursachsen nicht präventiv rüsten, würden die Gegner diese Schwäche sicher ausnutzen. Kritisch relativiert er diese Aussage jedoch, wenn er weiter ausfuhrt, daß er bei einigen einen wundersamen Sinnesverlust beobachte, so ungelehrt würden sie sich verhalten und sich nicht einmal von j e n e m Schriftwort leiten lassen: Sorgt euch nicht, denn euer Vater im Himmel weiß, an welchem Mangel ihr leidet. Viel lieber beruhigen sie ihre Sorgen mit Aufrüstung der Waffengewalt. In einer derartigen Schwäche der Vernunft sei es vergeblich, folgert Melanchthon, theologisch die Frage nach dem Widerstand und dem Bündnis zu bearbeiten. 1 1 3 Melanchthon 1 1 2 Von Dezember 1530 bis Januar 1531 tagten die protestantischen Fürsten und Städte in Schmalkalden und verhandelten über ein Bündnis, die anstehenden Religionsprozesse vor dem Reichskammergericht und eine Botschaft an den Kaiser. Brandenburg und Nürnberg waren j e doch nur durch Gesandte ohne Beschlußvollniacht vertreten. In Schmalkalden wurde die Legitimität des Widerstandes thematisiert, die Ansbach, Brandenburg und Nürnberg unter Berufung auf Luthers Gutachten vom 3 . 3 . 1 5 3 0 in Frage stellten. D e r Bundesvertrag wurde am 2 8 . 1 2 . geschlossen und nach einer sechswöchigen Erklärungsfrist am 2 7 . 2 . 1531 gültig. Aufgrund des E i n spruchs des jüngsten theologischen Gutachtens (vom 2 7 . 1 0 . 1530, vgl. Anm. 109) taucht die naturrechtliche Argumentation der Gegenwehr nicht auf. BÖTTCHER, Ungehorsam oder W i d e r stand, S. 1 6 6 - 1 7 4 , WOLGAST, Wittenberger Theologie und Politik, S. 1 9 1 - 2 0 0 . 1 1 1 Melanchthon an Joachim Camerarius in Nürnberg: „Neque de edicto Augustenis, neque de actis Smalcaldensibus, neque de electione R e g i s Fernandi quidquam habebam [...]. riEplxris ¡¡r)rr|0E0SEiE§E0TtävTLJt0>.E^£w parcius nunc interrogamur, nec nos dehortamur apparatum. M u l tae enim incidere occasiones necessariae et iustae defensionis possunt. [...]. Et tanta aliquorum malitia est, ut, si viderent prorsus imparatos esse nostros, ex ea occasione facinus auderent animo c o n cipere ac tentare. Et mirae sunt ominum ¿biövoim, sie sunt imperiti et indocti. N e m o iam movetur illa voce: Ne sitis solliciti, seit enim pater vester in coelis, quibus indigeatis. N o n possunt acquies-
II.
Von Augsburg bis Nürnberg
(1532)
235
scheint nicht nur Zweifel am politischen Kurs zu haben, sondern bezweifelt in dieser Lage jeglichen Nutzen theologischer Ratschläge. Der in diesem B r i e f an Camerarius angesprochene Gegensatz von leidendem Ungehorsam in Gottvertrauen und menschlichen Schutzmaßnahmen war der Kernpunkt des Streites um den Widerstand zwischen den Theologen und Juristen. Folgte der Kurfürst seit dem Augsburger Reichstag dem juristischen Rat, kritisierte Melanchthon diesen Sinneswandel als Verlust des Verstandes. Eine Kritik, die ihm nicht nur in Bezug auf den Widerstand begründet erscheinen konnte, sondern auch auf die Bündnisverhandlungen zutraf. Der Kurfürst bemühte sich nämlich, die Anhänger der Tetrapolitana in ein Bündnis einzubinden. Dieses oberdeutsche Bekenntnis war auf dem Augsburger Reichstag wegen des unterschiedlichen Sakramentsverständnisses entstanden. In Schmalkalden sollte nun der Graf Albrecht von Mansfeld die theologische Frage nach dem Abendmahlsdissens klären. Der Mansfelder Graf konnte zwischen diesem oberdeutschen Bekenntnis und der Confessio Augustana keinen Unterschied im Abendmahlsartikel feststellen. Somit sah Albrecht den Bekenntnisunterschied als geklärt an und den Weg zum gemeinsamen Bündnis frei. Ohne tiefgehendere theologische Befragungen folgte der Kurfürst seinem gräflichen Ratgeber. 1 1 4 Angesichts der offensichtlichen Unterschiede im Abendmahlsverständnis der beiden Bekenntnisse muß man wohl folgern, daß Johann einen derartigen politischen R a t suchte. Den Theologen entging der politische Wandel ihres Kurfürsten nicht. Melanchthon kommentiert die Politik seines Landesherrn wiederholt gegenüber Camerarius: Während die T h e o l o gen in den Jahren zuvor in die Bündnisverhandlungen eingebunden und ihr R a t befolgt wurde, werde nun weder er noch Luther gefragt." 3 Johanns Bündnisbestrebungen liefen ungeachtet der Position der Wittenberger Theologen weiter. 116 Die Unterhandlungen in Schmalkalden (Ende März 1531 1 1 7 ), sowie in Frankfurt (3.—11. Juni 1531 1 1 8 ) und die Verfassungsverhandlun-
cere animis, nisi videant se satis magnis validisque praesidiis munitos. In tanta imbecillitate animorum frustra nos ista nostra öeoXoyovi^Eva Jiepi £xeivr)g £r|Tf|a£U)g obiiceremus." Wittenberg, 1 . 1 . 1531, C R 2, Sp. 469, Nr. 9 5 5 = M B W Nr. 1111. WOLGAST, Wittenberger Theologie und Politik, S. 191. 1 1 4 BÖTTCHER, Ungehorsam oder Widerstand, S. 171, WOLGAST, Wittenberger Theologie und Politik, S. 1 8 8 - 1 8 9 . 1 1 5 Melanchthon an Camerarius in Nürnberg, Wittenberg, 1 5 . 2 . 1531, C R 2, Sp. 4 7 1 , Nr. 9 5 7 = M B W Nr. 1125. Vgl. WOLGAST, Wittenberger Theologie und Politik, S. 1 8 9 - 2 0 3 . 117 FABIAN, Entstehung des schmalkaldischen Bundes, S. 86—88, ders., Entstehung des schmalkaldischen Bundes (1962), S . 2 1 7 - 2 2 3 ; Reichstagsakten Bd. 1 0 / 1 , S . 8 7 - 8 9 . 1 1 8 In Frankfurt trafen sich die Oberdeutschen, Sachsen, Hessen, Brandenburg, Magdeburg, Nürnberg, Lübeck, Braunschweig, Göttingen, Lüneburg und Bremen. Die Aufnahme der Eidgenossen in den Bund scheiterte. Am 11.6. wurden die Verfassungsberatungen abgebrochen, „weil man die von Kurmainz und Kurpfalz betriebenen Ausgleichsverhandlungen zwischen den Protestierenden und Kaiser und R e i c h nicht durch eine nach außen als bedrohlich erscheinende E r richtung einer Bundesverfassung - ,Verfassung zur Gegenwehr' — stören wolle." FABIAN, Entstehung des schmalkaldischen Bundes, S. 93.
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Kapitel
6: Für die Einheit der Kirche
gen in Frankfurt und Schweinfurt (Ende Dezember 1531 bis April 1532 1 ' 9 ) verliefen jenseits des Einflußbereiches Melanchthons. Die anhaltende Klage, aus den politischen Entscheidungsprozessen ausgeschlossen zu sein, läßt Melanchthon zunehmend nicht nur ahnen, daß die Verhandlungen in die flir ihn falsche Richtung laufen, sondern verschärft seine Kritik am Kurs der Protestanten. An Johannes Brenz schreibt Melanchthon im Mai 1532: Evangelium und Politik werden miteinander vermischt und unter dem Vorwand der Religion werde Politik getrieben. 1 2 0 Ein vernichtenderes Urteil hätte er nicht fällen können. Was vormals die Täufer, Bauern und schweizer Theologen aburteilte, trifft nun die eigenen R e i hen, allen voran den Landgrafen von Hessen. 121 Aus den Bündnisverhandlungen sah Melanchthon sich ausgeschlossen; in die gleichzeitig laufenden Ausgleichsverhandlungen in der Religionsfrage, die von altgläubiger Seite durch Erzbischof Albrecht und den Pfälzer Kurfürst Ludwig V. angeregt und ausgeführt wurden, hat er nicht mit eingegriffen. 122 In der Frühphase der Verhandlungen haben Melanchthon und Luther zusammen ein eigenes Verhandlungsprogramm aufgestellt. 123 In der Folgezeit blieb Melanchthon wohl über die Sonderverhandlungen informiert, schrieb aber - anders als Luther - weder eigene Gutachten noch unterschrieb er Luthers Ratschläge für den Kurfürsten. 124 Man wird nicht fehlgehen, wenn man annimmt, daß Melanchthon darin seiner
m A m Ende dieser Verhandlungen stand nur eine Teilverfassung, weil die Widerstände der niederdeutschen Bundesstätte zu überkommen waren, FABIAN, Entstehung des schmalkaldischen Bundes, S. 1 0 6 - 1 1 2 . 120 Melanchthon an Johannes Brenz in Schwäbisch Hall: „ N a m publica omnia, quae quidem expetis scire, nosse te arbitror, de actis Suinfordensibus, de expectatione conventus Norinbergensis. Video tot profana negotia admisceri Evangelio, et praetextu religionis causas suscipi, ut nihil aliud dicam, longissime distantes a controversiis ecclesiasticis, ut verear Emxaoiv gravem fore: Deus det nobis KaTaotpo XUXEW äxpwg xaXejiöv, x a x a xöv öeijxEpöv cpam nXofi'V x a eX.axi.axa, XT|JIEOV xräv x a x ö v [Ethik, 1109a,34— 35]. Altera navigatione, inquit, quasi dicat: Erat optandum ut secundi venti deferrent nos ad m e d i u m . " Ethik 1529, fol. e 5 v - e 6 r . 95
VOLZ, Wittenberger Buchdrucker, S. 1 5 3 - 1 5 4 , A n m . 7 4 - 7 5 , siehe oben A n m . 6.
„ U n a tantum est ratio iusta docendi, q u a m in unaquaque arte m e t h o d u m vocant, ubi res certo ordine traditur: A n sit? Q u i d sit? Q u a s habeat causas? P r i m u m itaque doeuit Aristoteles esse aliq u e m hominis finem. D e i n d e exposuit, quid sit, n e m p e actio secundum perfectam virtutem. Hic quaerit de causis foelicitatis, sit ne foelicitas a D e o , an comparetur doctrina et consuetudine nostra." Ethik 1529, fol. c 4 v - c 5 r . 96
278
Anhang
D e m g e m ä ß wird in diesem zweiten Buch die Tugend definiert [Kapitel 7—8], nach deren Gründen gefragt [Kapitel 1+4] und die Arten aufgezählt [Kapitel 5 - 6 ] " 9 7 Als nächstes aristotelisches Projekt nahm sich Melanchthon die Politik (Bücher I—III) vor. Einen Aufschluß über den Entstehungszeitraum gibt der früh verstorbene Sohn Melanchthons, Georg: Melanchthon widmet dem Taufpaten, Ulrich Schilling, diesen Kommentar in Erinnerung an das verstorbene Kind. Nachdem Melanchthon von Georgs Tod am 23. August 1529 98 berichtet, die Politik aber noch 1530 erschien, wird Melanchthon sie vor seiner Abreise zum Augsburger Reichstag (Mai 1530) aber nach seiner R ü c k k e h r vom Marburger Religionsgespräch (September/Oktober 1529) geschrieben h a b e n . " Dieser Kommentar sollte zwar häufige Nachdrucke, allerdings keine Überarbeitung durch Melanchthon erfahren. Die Originalausgabe der Politik von 1530 liegt in M ü n c h e n nur in einer unvollständigen Ausgabe vor, weswegen hier der Nachdruck von Setzer aus dem Jahre 1531 verwendet wird. 100 Auf den 40 Blättern der Oktavausgabe begrenzt Melanchthon seine K o m m e n tierung auf die loci der aristotelischen Politik, mit denen er die Grundlagen des öffentlichen Lebens und der Staatsgesetze erklären kann. 101 W i e in seiner Ethik stellt Melanchthon dieser Studie einen Abschnitt über den Unterschied zwischen Politik und Evangelium richtungsweisend voran. 102 Im ersten Buch behandelt M e lanchthon überblicksartig die Gründe der Gesellschaft, die Frage nach der Legitimität der Knechtschaft, der Erwerbswissenschaft und dem Wucher. 1 0 3 Aus dem zweiten Buch greift sich Melanchthon vor allem zwei aktuelle Aspekte heraus: Z u m einen die Auseinandersetzung mit Piaton und der Forderung der Gütergemeinschaft, zum anderen die Frage, ob Gesetze geändert werden dürfen. 1 0 4 Im dritten Buch legt Melanchthon das Hauptgewicht auf die Darstellung der rechten 97 „ C u m in d e f i n i t i o n e foelicitatis in p r i m o libro m e n t i o facta sit virtutis, res postulabat ipsa, ut d e virtutis natura ac partibus d e i n c e p s diceretur. P r o i n d e in h o c s e c u n d o libro d e f i n i t u r virtus, et q u a e r u n t u r eius causae et e n u m e r a n t u r species." E t h i k 1529, fol. c8 v . 98 M e l a n c h t h o n an C a s p a r Aquila in Saalfeld, W i t t e n b e r g 2 3 . 8 . 1529, M B W . T 3 , S. 5 6 6 - 5 6 7 , Nr. 813. 99 W i d m u n g s r e d e an U l r i c h Schilling, Politik 1530, fol. e6 v —e8\ m i t e i n i g e n A b w e i c h u n g e n f i n d e t sich diese W i d m u n g in C R 2, Sp. 4 5 2 - 4 5 4 , N r . 9 5 1 = M B W N r . 8 5 5 , vgl. d o r t Scheibles K o m m e n t a r zur Datierung. 11,0 Bei d e r M ü n c h e n e r A u s g a b e fehlt a u f fol. b 5 r _ v jeweils die H ä l f t e d e r Seite, d e s w e g e n w u r d e in dieser A r b e i t d e r D r u c k v o n Setzer v e r w e n d e t . 101 W i d m u n g s r e d e an U l r i c h Schilling in W i t t e n b e r g : „ E l i g a m e n i m illos locos, qui p l u r i m u m usui esse p o t e r u n t in s u p e r i o r i b u s disciplinis. H o s p r o virili p a t e f a c i a m u s a t q u e explicabimus. N a m hi libri t r a d u n t e l e m e n t a seu p r i n c i p i a , ex q u i b u s leges in rebus publicis s u m p t a e ac derivatae sunt. A c p r o d e s t his qui v e r s a n t u r in legibus v i d e r e f o n t e s i l l a r u m et p r i n c i p i a . " Politik 1530, fol.e7 v , ä h n l i c h in C R 2, Sp. 4 5 3 , 4 3 - 4 9 . 1112 Politik 1530, fol. f - f 4 r = C R 16, Sp. 4 1 7 , 9 - 4 2 2 , 3 7 . 1 :! " Z u d e n causae societatis vgl. bes. Politik 1530, fol. f 4 " ' = C R 16, Sp. 4 2 2 , 4 2 - 4 2 3 , 2 0 , z u r K n e c h t s c h a f t bes. fol. f7 r = Sp. 4 2 6 , 1 9 - 4 1 , z u r oeconomia fol. f 7 v - f 8 r = Sp. 4 2 7 , 1 1 - 3 8 , z u m W u c h e r bes. fol. g " = Sp. 4 2 9 , 1 2 - 4 3 0 , 2 9 . 1114 Z u r G ü t e r g e m e i n s c h a f t vgl. bes. Politik 1530, fol. g 2 v - g 4 r = C R 16, Sp. 4 3 0 , 4 2 - 4 3 3 , 1 8 , z u r M ö g l i c h k e i t d e r G e s e t z e s ä n d e r u n g bes. fol. g4 v —g5 r = Sp. 434,16—38.
II.
Quellenlage
279
Staatsform, die Fragen nach der Notwendigkeit von Gesetzen und der R e c h t m ä ßigkeit von gottlosen Herrschern. 1 0 5 Damit war Melanchthons Eifer noch lange nicht zu Ende. 1531 erschien der Kommentar zum fünften B u c h der Ethik, der bislang von der Forschung gänzlich übersehen wurde. 1 0 6 Setzer veröffentlichte in Hagenau eine Gesamtausgabe der bisher von Melanchthon verfaßten Aristoteleskommentare, die im D r u c k anscheinend nach dem Entstehungszeitpunkt angeordnet wurden. So beginnt das B u c h mit der Auslegung zu den ersten beiden B ü c h e r n der Nikomachischen Ethik, das selbst bis zu Druckfehlern mit der Ausgabe von 1 5 2 9 identisch ist. Daran wird der Politikkommentar mit W i d m u n g angeschlossen, um erst dann den Kommentar zum fünften B u c h der Ethik 1 0 7 zu bieten. Die Ausgabe schließt mit einer thesenartigen Zusammenfassung des fünften, zweiten und ersten Buches der Nikomachischen Ethik. 1 0 8 Christian Wechel ( f 1 5 5 3 / 5 4 ) , der in Paris schon die Kommentare zu den ersten beiden B ü c h e r n der Ethik und der Politik herausgegeben hatte, druckte 1531 auf 12 Blättern eine Oktavausgabe des fünften Buches als Einzelausgabe. 1 0 9 Das fünfte B u c h der Nikomachischen Ethik, das für Melanchthon das Wichtigste werden sollte, behandelt die Tugend der Gerechtigkeit. 1 1 0 W i e gewohnt wird vor der Interpretation des Aristotelestextes zuerst der Unterschied von Evangelium und Philosophie vorgetragen. Dann folgen die Erörterungen über die unterschiedlichen Arten der Gerechtigkeit, die Wiedervergeltung, dem Naturrecht und dem geschriebenen R e c h t , den (un-)wissentlichen Straftaten, das Erleiden von Unrecht sowie dem Unterschied von einsichtiger und wortgetreuer Auslegung der Gesetze (eraebceia / ius strictum). Im April 1532 schrieb Melanchthon seine W i d m u n g zu einer neuen Ethikausgabe, die bei Klug in Wittenberg erschien. 1 1 1 Nachdem dieser Kommentar auch 105 Zur Monarchie als bester Staatsform vgl. bes. Politik 1530, fol. g7 r = C R 16, Sp. 4 3 6 , 2 6 - 3 1 , zum Problem des Weltherrschers bes. fol. g8r—hr = Sp. 438,15—439,26, zur Notwendigkeit der G e setze bes. fol. h 5 v - h 6 r = Sp. 4 4 5 , 4 5 - 4 4 6 , 2 3 , zu den gottlosen Herrschern bes. fol. i r = Sp. 4 5 0 , 3 3 451,3. 1 0 6 Der Hinweis auf diese Auslegung des fünften Buches fehlt schon im Corpus Reformatorum; dort wird die erste Ausgabe auf 1532 angesetzt, C R 16, Sp. 277—278. Vgl. oben Kapitel 6.II.2a. 1,17 Ethik 1531, fol. i2 r -k v . " , 8 Ethik 1531, fol. k v -k4 r . 1IW Christian Wechel war seit 1522 in Paris als Buchdrucker tätig und übernahm dort vermutlich 1526 die Presse des Baslers Konrad Resch. Wechel gab vor allem philologische Werke, Klassikerausgaben und medizinische Arbeiten heraus, STEIFF, Wechel, S. 365—366. 1531 hatte Wechel die „In Aristoteles ethica commentarii" und „Commentarii in aliquot políticos libros Aristotelis" publiziert; beide Ausgaben sind heute in der Staatsbibliothek München zugänglich. Wechels Ethikausgabe ist bedeutend sorgfältiger angelegt als die von Klug und Setzer. Offensichtliche Druckfehler wurden von ihm korrigiert; so wurden z.B. die häufigen Tippfehler von affectus mit effectus berichtigt, vgl. Wechels Ethikausgabe, In quintum librum ethicorum, fol. b2 r und Ethik 1529, fol. b2 r sowie Ethik 1530 fol. b2 r . 110 Vgl. dazu PETERSEN, Philosophie, S. 8 7 - 9 0 . 1 , 1 Melanchthon an Ulrich Schilling, Wittenberg, April 1532, Ethik 1532, fol. g 3 v - g 4 v = M B W Nr. 1236, vgl. C R 2, Sp. 5 8 5 - 5 8 7 , Nr. 1050.
280
Anhang
das dritte Buch der aristotelischen Ethik behandelt, hat Melanchthon sich damit einen festen Grundbestand der Nikomachischen Ethik erarbeitet, dem er sich auch in Zukunft immer wieder zuwenden sollte: Wenn Melanchthon auch kontinuierlich seine Kommentare überarbeitet hat, hat er nie mehr als diese vier Bücher der aristotelischen Morallehre, nämlich die Bücher I—III und V, ausgelegt. 112 Der Z u gänglichkeit wegen wurde hier ein Nachdruck von 1535 benutzt, der in dem Straßburger Offizin von Johann Albert (j"1538) erschienen ist. Abgesehen von kurzen überschriftsartigen Randbemerkungen in der Straßburger Ausgabe stellen die Ausfuhrungen zu den ersten beiden Büchern einen unveränderten Nachdruck der alten Fassung dar. Nachdem im zweiten Buch die Definition der Tugend vorgenommen wurde, erklärt Melanchthon — Aristoteles folgend — im dritten Buch auf 25 Seiten nun einzelne Tugenden und besonders das Problem der Wahl (electio), d.h. wie man dazu kommt, eine bestimmte Handlung und keine andere auszuführen. Denn eine Tat kann entweder unwillentlich, willentlich oder aus einer M i schung zwischen beidem entstehen. 113 Da die Entscheidung beim Handeln sich aus der Entschlußbildung und dem freien Willen zusammensetzt, wird die W i l lensfrage in Bezug auf die äußerlichen Werke, nicht jedoch vor Gott behandelt. Den freien Willen zu äußerlichen Taten lehrt jedoch nicht nur der Verstand, sondern auch die Schrift. 1 1 4 Melanchthon kritisiert mit Aristoteles Piatons Lehre, daß Menschen nur wider Willen schlecht handeln. Dagegen erkenne Aristoteles zwar den menschlichen Hang zum Bösen, aber nur die christliche Lehre kann den Grund des Bösen mit der Ursünde erklären, wie Melanchthon in seinem K o m mentar betont. Bei der Behandlung der Tugenden wählt Melanchthon exemplarisch die Tapferkeit (fortitudo) aus, weil sie für ihn die wichtigste der von Aristoteteles in diesem Buch behandelten Tugenden ist. 115 Der Kommentar zum fünften Buch wurde komplett überarbeitet und eine Widmung an Ulrich Schilling vorangestellt. 116 Erstmals bietet Melanchthon eine lateinische Fassung des Aristotelestextes, der nach Sinneinheiten von Erläuterungen unterbrochen wird und so zu einem Oktavdruck von 55 Blättern angewachsen ist. 117 Weil dieser Kommentar dadurch größtenteils zu einer Textausgabe wird, legt sich nahe, daß das griechische Editionsprojekt in Wittenberg gescheitert ist. Inhaltlich baut dieser Kommentar auf dem vom Vorjahr auf, erläutert die einzelnen Passagen jedoch ausfuhrlicher als 1 1 2 Die letzten Ausgaben zur Ethik umfassen auch nur die B ü c h e r I—III und V, vgl. C R 16, Sp. 2 7 9 - 4 1 6 . 1 1 3 Ethik 1532, fol. e 7 r - P .
Ethik 1532, fol. f - f 6 r . Ethik 1532, fol. f6 r -g'. 1 1 6 W i d m u n g an Ulrich Schilling in Wittenberg, Wittenberg April 1532, Ethik 1532, fol. g 3 v g4 v , vgl. C R 2, Sp. 5 8 5 - 5 8 7 , Nr. 1 0 5 0 = M B W Nr. 1236. 117 Eine Untersuchung zu Melanchthons Textausgabe, welche die Frage nach den griechischen und lateinischen Vorlagen klären würde, wäre wünschenswert. Ein auffälliger Unterschied zwischen der modernen Aristotelesausgabe und Melanchthons Textausgabe findet sich bei der E r ö r terung über das freiwillige Erleiden von Unrecht, vgl. Aristoteles opera 1 1 3 6 b - l 137a und Ethik 1532, fol. m 5 v - m 8 v . 1,4
115
II. Quellenlage
281
zuvor. Z w e i w i c h t i g e E i n s c h ü b e sind in M e l a n c h t h o n s A u s f u h r u n g e n ü b e r die D e f i n i t i o n v o n G e r e c h t i g k e i t u n d der B e h a n d l u n g der m e n s c h l i c h e n G o t t e b e n bildlichkeit zu finden. A m A n f a n g seines K o m m e n t a r s liefert M e l a n c h t h o n seinen L e s e r n n u n e i n e detaillierte A u s f u h r u n g ü b e r die u n t e r s c h i e d l i c h e n B e d e u t u n g e n v o n iustitia u n d i h r e m A n t o n y m . D a b e i w e r d e n n i c h t n u r die v e r s c h i e d e n e n A r t e n von Gerechtigkeit, d.h. d e m Gehorsam gegenüber den Gesetzen oder den tugendhaften L e b e n s w e i s e n , b e s c h r i e b e n , s o n d e r n auch die paulinische D e f i n i t i o n v o n G e r e c h t i g k e i t eingeführt. D i e s e erklärt M e l a n c h t h o n in d e m passiven Verhältnis z w i s c h e n M e n s c h u n d G o t t : T h e o l o g i s c h ist der M e n s c h als g e r e c h t zu b e t r a c h t e n , der v o n G o t t g e r e c h t g e s p r o c h e n w u r d e . 1 1 8 D a m i t m a r k i e r t M e l a n c h t h o n d e n U n terschied z w i s c h e n e i n e r verstandesmäßigen Analyse v o n G e r e c h t i g k e i t u n d der G e r e c h t i g k e i t des Evangeliums. W i d m e t er sich in s e i n e m A r i s t o t e l e s k o m m e n t a r der iustitia i n der W e l t , b e h a n d e l t sein i m selben J a h r e r s c h i e n e n e r R ö m e r b r i e f k o m m e n t a r ü b e r w e i t e S t r e c k e n die iustitia vor G o t t . ' 1 9 In d e m z w e i t e n g r ö ß e r e n E i n s c h u b erläutert M e l a n c h t h o n die M ö g l i c h k e i t e n u n d G r e n z e n zur E r k e n n t n i s der Naturgesetze. Ä u ß e r s t präzise u n d e i n d r ü c k l i c h b e s c h r e i b t M e l a n c h t h o n die m e n s c h l i c h e N a t u r in ihrer G r ö ß e der G o t t e b e n b i l d l i c h k e i t w i e in ihrer G r ö ß e der Bösartigkeit: Liegt die A u s z e i c h n u n g der M e n s c h e n darin, daß i h n e n die h ö c h s t e Weisheit G o t t e s in d e n Verstand g e s c h r i e b e n wurde, ist diese E r k e n n t n i s durch d e n Sündenfall verdunkelt u n d der G e h o r s a m g e b r o c h e n . ' 2 " G l e i c h g e b l i e b e n ist die a b s c h l i e ß e n d e Z u s a m m e n f a s s u n g der B ü c h e r I, II u n d V. 1 2 1 In d e m Z e i t r a u m v o n 1 5 2 8 - 3 2 sind aus M e l a n c h t h o n s Feder K o m m e n t a r e zu d e n B ü c h e r n I—III u n d V der E t h i k sowie den ersten drei der Politik entstanden. W e l c h e r dieser zahlreichen K o m m e n t a r e M e l a n c h t h o n s a u f seine Vorlesungstätigkeit an der Universität z u r ü c k g e h t , k a n n n u r v e r m u t e t w e r d e n . A u f s c h l u ß r e i c h ist hierzu die W i d m u n g des E t h i k k o m m e n t a r s v o n 1 5 3 2 an U l r i c h Schilling. S o e r öffnet M e l a n c h t h o n seine V o r r e d e m i t d e m Verweis, daß das fünfte B u c h der E t h i k in der R e k t o r a t s z e i t U l r i c h Schillings gelesen, übersetzt u n d veröffentlicht wurde. D i e ausgesprochene G e r e c h t i g k e i t , die Schilling w ä h r e n d seiner Amtszeit hat w a l ten lassen, veranlaßte M e l a n c h t h o n dazu, i h m dieses B u c h ü b e r die T u g e n d der iustitia zu w i d m e n . 1 2 2 V e r m u t l i c h versteckt sich h i n t e r dieser D e d i k a t i o n m e h r als nur ein L o b a u f die rechtschaffene Amtstätigkeit seines Freundes. W a h r s c h e i n l i c h ist a u c h , daß in dessen Amtszeit die erste Vorlesung ü b e r d e n lange g e ä c h t e t e n P h i l o s o p h e n fiel.123 Was sich hinter d e n Kulissen ereignet hat, läßt sich aus M a n g e l an Q u e l l e n n i c h t m e h r rekonstruieren, d o c h war M e l a n c h t h o n u n d Schilling die L i e 118 „Apud Paulum, cum dicitur, homines fide iustos pronunciari, necesse est iustum exponere tantum relative, pro eo qui est acceptus Deo: et iustitiam passive reputationem iustitiae, seu acceptationem [...]" Ethik 1532, fol. h5 r , vgl. dazu auch Melanchthons Ausführungen zu R o m 3 2 I aus demselben Jahr, R ö m e r b r i e f 1532, S. 9 9 , 9 - 1 7 . 119 Siehe oben, S . 2 4 4 f . 1 2 0 Ethik 1532, fol. 1 7 " . 121 Ethik 1532, fol. n 7 v - o 2 v . 122 Ethik 1532, fol. g3 v -g4 r . 123 Vgl. auch M W A 3, S. 151.
282
Anhang
be zu Aristoteles gemeinsam und so ist es zumindest vorstellbar, daß Schilling das Wiederaufleben der Nikomachischen Ethik im Vorlesungsplan unterstützt hat. Auffallend ist weiter, daß in der Vorrede nur auf das fünfte Buch der Ethik verwiesen wird, wo doch auch das dritte Buch ungefähr in diesem Zeitraum von M e lanchthon kommentiert wurde. Das könnte bedeuten, daß Melanchthon es zwar in dieser Zeit verfaßt, aber nicht an der Universität gelehrt hat. Die Begrenzung auf das fünfte Buch in der Vorlesungstätigkeit läßt sich mit weiteren Argumenten untermauern: 1) Für den Gebrauch in einer Vorlesung spricht, daß dem K o m m e n tar zum fünften Buch eine lateinische Ubersetzung beigefügt wurde. Angesichts des gescheiteren Editionsprojektes wurde den Studenten so wenigstens der Z u gang zu einem besseren Aristotelestext ermöglicht. 2) In der Ausgabe von Johann Albert ist die Widmung vor das fünfte Buch gestellt und bezeugt damit seine Eigenständigkeit. 124 3) Melanchthon hat in der Folgezeit fast ausschließlich Vorlesungen über dieses Buch angeboten, dem er die höchste Wertschätzung zukommen ließ. 1 2 5 Die verbleibenden Kommentare zur Ethik und der Politik sind dann entweder im R a h m e n der Studien mit seinen Schülern zu Hause entstanden oder aber auf Melanchthons Privatstudium zurückzufuhren. Seine Studien zu den anderen Büchern der Nikomachischen Ethik sind jedoch in eine andere Vorlesung miteingeflossen: Noch 1532 hat Melanchthon eine Veranstaltung zur philosophischen Morallehre angeboten, die „Epitome Ethices" von 1532. Die Vorlesungsmitschrift zirkulierte bis zu ihrer Veröffentlichung 1538 1 2 6 nur in handschriftlichen Abschriften, ist heute aber durch die Ausgabe von Heineck leicht zugänglich. Die Vorlesung beginnt mit einer ausfuhrlichen Einleitung über den Unterschied zwischen Philosophie und Evangelium und geht den Fragen nach, ob der christlichen Lehre der Rückgriff auf die Philosophie erlaubt sei, wozu diese Philosophie den Menschen nütze und wo die Unterschiede zu der staatlichen Gesetzgebung liegen. 127 D e m Aufbau der Nikomachischen Ethik folgend stellt Melanchthon dann die Frage nach dem Ziel des Menschen, das er in dieser Vorlesung mit Aristoteles in der Glückseligkeit findet. Gemäß des Evangeliums hat der Mensch sein Leben auf die Gotteserkenntnis auszurichten, ermahnt Melanchthon seine Studenten. 1 2 8 Wiederum mit Aristoteles vollzieht Melanchthon die Definition der Tugend. Die unterschiedlichen Arten der Tugend teilt Melanchthon j e doch weder auf aristotelische noch ciceronianische Weise auf, sondern gemäß der besten Darstellungsweise, den beiden Tafeln des Dekaloges. 1 2 9 In einem nächsten Schritt beleuchtet Melanchthon die Gründe der Tugend und untersucht sodann Ethik 1532, fol. g 3 - g 4 v . Vgl. die Angaben bei HARTFELDER, Praeceptor Germaniae, S. 5 5 9 - 5 6 5 ; PETERSEN, Philosophie, 8 8 - 9 0 . 124
125
Vgl. C R 16, Sp. 2 1 - 1 6 4 . Epitome ethices 1532, S. 1 3 1 - 1 3 3 . 12ti Epitome ethices 1532, S. 1 3 3 - 1 3 6 . 1 2 9 Epitome ethices 1532, S. 136—141. „Nos enim prius distribuemus iuxta gradus praeceptorum decalogi, cum nulla sit aptior virtutum methodus quam decalogus, quare species aptissime et exactissimae ex ordine praeceptorum sumi possunt." ebd., S. 138. 126 127
II.
Quellenlage
283
die menschlichen Affekte, bevor er die vier ciceronianischen Grundtugenden selber behandelt. 130 Dabei widmet Melanchthon sich am ausfuhrlichsten der Gerechtigkeit und lehnt sich in seiner Darstellung stark an die Auslegung des fünften Buches zur Nikomachischen Ethik an; die Wohltätigkeit (beneficientia), die Dankbarkeit (gratitudo) und die Freundschaft (amicitia) werden dagegen nur knapp angerissen. 131
13,1 1,1
E p i t o m e ethices 1532, S. 1 4 1 - 1 4 9 E p i t o m e ethices 1532, S. 1 5 0 - 1 7 4 .
284
Anhang
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288
Anhang
IV. Literaturverzeichnis D i e in d e n F u ß n o t e n v e r w e n d e t e n Kurztitel sind i m Literaturverzeichnis kursiv gedruckt.
1. Quellen: a) Moderne
Philipp
Melanchthon
Editionen
BINDSEIL, HEINRICH ERNST: Philipp Melanchthon. Epistolae, iudicia, consilia, testimonia aliorumque ad e u m epistolae quae in C o r p o r e R e f o r m a t o r u m desiderantur (Hildesh e i m 1975 = Nachdr. d. Ausg.: Halle, 1874) BEYER, M I C H A E L / R H E I N , STEFAN / WARTENBERG, G Ü N T H E R ( H g g . ) : Melanchthon
deutsch,
2
Bde. (Leipzig 1997) BOSSERT, GUSTAV: D r e i B r i e f e M e l a n c h t h o n s , i n : A R G 17 ( 1 9 2 0 ) S. 6 7 - 7 0
C o r p u s R e f o r m a t o r u m , Philippi Melanchthonis opera quae supersunt omnia, hg. v. Karl Bretschneider / H e i n r i c h Bindseil, 28 Bde. (Halle 1834-1860) E p i t o m e ethices, hg. v. H e r m a n n H e i n e c k in: P h M 29 (1893) S. 1 2 9 - 1 7 7 Melanchthons Werke in Auswahl, hg. v. R o b e r t Stupperich, 7 Bde. (Gütersloh 1 9 5 1 1975) Melanchthons Briefwechsel. Kritische und k o m m e n t i e r t e Gesamtausgabe. Regesten, hg. v. H e i n z Scheible, 10 Bde. (1977-1999) Melanchthons Briefwechsel. Kritische und k o m m e n t i e r t e Gesamtausgabe. Texte, hg. v. H e i n z Scheible, bis jetzt erschienen 3 Bde. (1991-2000) PARKER, D.C. (Hg.): Pauls Letter to the Colossians. Philip M e l a n c h t h o n , Historie, Texts and Interpreters in Biblical Scholarship (Sheffield 1989) Supplementa Melanchthoniana. Werke Philipp Melanchthons, die im C o r p u s R e f o r m a t o r u m vermisst werden, hg. v. Verein für Reformationsgeschichte, 6 Bde. (Leipzig 1910-1926)
b)
Einzelwerke
[Cicero] - M . Tullii Ciceronis OfEcia, D e amicitia, de senectute, paradoxa. O m n i a denuo vigilantiori cura recognita, per Des. Erasmvm R o t . et C o n r a d u m Goclenium, deprehensis ac restutis aliquod locis, n o n cuilibet obuiis. Additis etiam scholiis Philippi M e lancht. Q u a e possint esse vice prolixi commentarii, n e m plerique loci quos hactenus n e m o attigit hic explicantur, Köln: Johannes Gymnicus, 1530 (Wf = V D 16: C 3183) [Daniel] - Danielis enarratio. Praefatio ad regem Ferdinandum (1529), in: Köhler, Fiche 1876, Nr. 4789, u n d M B W T 3 , S. 4 7 4 - 4 8 0 , Nr. 769, u n d C R 1, Sp. 1 0 5 1 - 5 8 — Das sibend Capitel Danielis. Von des T ü r c k e n Gotteslesterung vnd schrecklicher mörderey, mit Unterricht Justi Jone, Wittenberg: [Hans Lufft,] 1530 (Sb M ü = V D 16: J 897) — Lantgrevisch gemein ausschreiben Protestation u n d ursach, das sein F.G. neben ettlichen des Reichs Churfiirsten, Fürsten u n d Steetten ynn iungsten des R e i c h s zur
IV.
Literaturverzeichnis
289
Speyr beschehnen abscheid Christlichen glauben belanngend nit haben gehellen noch bewilligen wollen. Sampt einer Christlichen ermanung Philippi Melanchthonis and Ferdinandum ynn einer furrede der ausslegung über den Propheten Danielem iungst zu Speyr geschrieben. Aus dem Latin ynns Teutsch abgesatzt Marburg: [Franz Rhode] 1529, in: Köhler, Flugschriften des frühen 16. Jahrhunderts, Fiche 935, Nr. 2335 (VD 16: M 4003) [Dialektik] — Compendiaría dialectices ratio (1520), in: C R 20, Sp. 711-764 — Dialéctica Philippi Melanchthonis. Epitome dialectices, Theobald Billicano autore. Scholia in Tópica Ciceronis autore Hegendorphino. Ab autore audacta et recognita, ita ut in multis veterem non queas agnoscere, Hagenau: Johann Setzer, 1527 (SB R ) — Dialectices Philippi Melanchthonis, libri quatuor, ab autore nuper ipso deintegro in lucem conscripti ac editi, Hagenau: Johann Setzer, 1528 (Wf = VD 16: M 2996) — De dialéctica libri quattuor, Wittenberg: [Joseph Klug,] 1529 (Wf = VD 16: M 2997) Eine Epistel von Sitten und Tugenden des Kaisers, Dresden: [Stockei] 1531, in: Köhler, Flugschriften des späteren 16. Jahrhunderts, Fiche 396, Nr. 754 [Ethik] — In ethica Aristotelis commentarius, Wittenberg: Joseph Klug, 1529 (Ub ErNü) — In quintum librum ethicorum Aristotelis, [Paris:] Christian Wechel, 1531 (Sb Mü) — In Aristotelis ethica commentarius, Paris: Christian Wechel, 1531 (Sb Mü) — Commentaria in ethica Aristotelis, Hagenau: [Johann Setzer], 1531 (Sb Mü = VD 16: M 3448) — In primum, secundum, tertium et quintum ethicorum commentarii, Wittenberg: Joseph Klug, 1532 (Wf) — Epitome ethices (1532), in: PhM 29 (1893) S. 131-174 — Commentarii in primum, secundum, tertium et quintum ethicorum, eiusdem in Aristotelis aliquot libros politicos commentaria, Straßburg: Jonas Albertum, 1535 (Sb Mü = VD 16: M 2739) — Enarrationes aliquot librorum ethicorum Aristotelis (1546/60), nicht historische Edition in: C R 16, Sp. 277-416 Die histori Thome Müntzers des anfengers der Doeringischen uffrur, see nutzlich zulesen. Ermanung des Durchleuchtigen Fürsten unnd Hernn, Herrn Philippsen Landtgrave zu Hessen an die RitterschafFt, die Bauren (under dem scheyn des Evangelions sich wider alle oberkeit durch falsch Predicanten verfurt, setzende) trostlich anzugreyffen, Hagenau: Johann Setzer, 1525, in: Köhler, Flugschriften des frühen 16. Jahrhunderts, Fiche 11, Nr. 48 [Kolosser] — Scholia in epistulam Pauli ad Colossenses (1527), in: MWA 4, S. 210-303 — Auslegungen der Epistel S. Pauli zu den Colossern / durch Philips Melanch., Marburg: [Johann Loersfelt,] 1527 (Wf = VD 16: M 4194) — Scholia in epistolam Pauli ad Colossenses, recognita ab autore, Wittenberg: Joseph Klug, 1528 (Wf = VD 16: M 4188) — Die Epistel S. Pauli zun Colossern durch Philippum Melanchthon ym latein zum andern mal ausgelegt. Verdeutscht durch Justum Jonam mit einer schoenen vorrhede Martini Luther an die deutschen Leser, Michael Lotter: [Magdeburg,] 1529 (Ub Mü = VD 16: M 4195) De officiis concionatoris (1529), in: Suppl. 5/2, S. 5 - 1 4
290
Anhang
[Politik] - C o m m e n t a r i i in aliquot politicos libros Aristotelis, Wittenberg: [Joseph Klug,] 1530 (Sb M ü = V D 16: M 2737), nicht historische Edition in: C R 16, Sp. 4 1 7 - 4 5 2 - In Aristotelis aliquot libros politicos. C o m m e n t a r i a , Hagenau: [Johann Setzer,] 1531 (Sb M ü = V D 16: M 2738) [Proverbien] - Paroimiae, sive Proverbia Salomonis filii Davidis. C u m adnotationibus Philippie M e lanchthonis, Hagenau: Johann Setzer, [o.J. — Nachdr. d. Ausgabe von 1525] (Ub T ü ) - Salomonis sententiae. Versae ad hebraicam veritatem, Hagenau: Johann Setzer, 1525 (Ub Tü) - Die spruch Salomo aus Ebreischer sprach verdeutschet durch Doktor Martin Luther mit der auslegung Philipps Melanchthon. Verdeutscht durch Justum M e n i u m zu ErfFurt, [Erfurt: M e l c h i o r Sachse,] 1525 (VD 16: B 3622) - Nova scholia in proverbia Salomonis ad iusti paene commentarii m o d u m conscripta (1529), in: M W A 4, S. 3 0 6 - 4 6 6 - Nova scholia in proverbia Salomonis, ad iusti pene commentarii m o d u m conscripta, Hagenau: Johann Setzer, 1531 [auf fol. a8 r findet sich die Jahresangabe 1530] ( M ü Sb) [Psalmen] - Formica declamatio Philippi Melanchthonis. Psalmi aliquot per e u n d e m carmine redditi, in calce libelli adiecti sunt, [Tübingen: U l r i c h Morhart, 1527] (SUb Gö = V D 16: M 3337) - Farrago aliquot e p i g r a m m a t u m Philippi Melanchtonis et aliorum q u o r u n d a m eruditorum. O p u s c u l u m sane elegans ac novum, Hagenau: Johann Setzer, 1528 (Sb M ü ) - In Psalmos aliquot Davidicos enarrationes doctissimae, Hagenau: Johann Setzer, 1528 ( W f = V D 16: M 3468) - Psalmi o m n i u m selectissimi, adflictis conscientiis, ac D e u m invocantibus, non vulgariter utiles, Latino carmine rediti per doctissimos viros ac dominos, D. H e r m a n n u m Novae Aquilae comitem, Philippum M e l a n c h t h o n e m , H e l i u m Eobanum Hessum, Iacobum M i c y l l u m , V i n c e n t i u m Obsopoeum, Petrum Pherntorphium, Hagenau: Johann Setzer, 1532 (SB M ü ) [Rhetorik] - De rhetorica libri tres, Wittenberg: Johann Grunenberg, 1519 (Sb N ü = V D 16: M 4180) - Institutiones rhetoricae, Wittenberg: [Melchior Lotter d.J., 1521] (Ub T ü = V D 16: M 3517) - Elementa rhetorices, Hagenau: Johann Setzer, 1528 ( W f = V D 16: M 2996) - E l e m e n t o r u m rhetorices libri duo, Wittenberg: Georg R h a u , 1531, in: C R 13, Sp. 4 1 7 - 5 0 6 [Römerbrief] - Dispositio orationis in epistola Pauli ad R o m a n o s , Hagenau: Johann Setzer, 1529, in: Köhler, Flugschriften des frühen 16. Jahrhunderts, Fiche Nr. 1753; Flugschrift Nr. 4546 - Dispositio orationis in epistolam Pauli ad R o m a n o s (1530), in: C R 15, Sp. 4 4 3 - 4 9 2 - Epistola S. Pauli ad Titum, iam recens per Iohannem A g r i c o l a m scholiis novis illustrata ac multis in locis locupletata. Item: Dispositio orationis in epistola Paulis ad R o m a nos, in qua totius disputationis series breviter ostenditur, Philippo M e l a n c h t h o n e authore. Item: Enarratio quaedam in Psalmum L X X X I I pia et luculenta et docta, o m -
IV.
291
Literaturverzeichnis
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in decem tractatus digesta, K ö l n : [Cervicornus,] 1 5 3 2 ( U L b
Bn) -
In h o c opuscolo haec c o n t i n e n t u r : Epistola ad generosum et illustrem d o m i n u m , d o m i n u m H e r m a n n u m C o m i t e m N u e n a r i u m . Apologia eiusdem in mali consulentes.
Dialéc-
tica eiusdem in decem tractatus digesta, iuxta p r a e c e p t o r u m decalogi n u m e r i , [Köln: C e r v i cornus, 1 5 2 0 ] ( U L b B n ) -
Rhetorica
in Septem libros sive tractatus digesta,
universam fere eius artis v i m c o m p e n d i o
complectens, tertio iam per authorem diligenter recognita, et castigata locupletaque, Freiburg i m Breisgau: [Johann Faber,] 1 5 4 1 ( U L b B n ) JOHANNIS CALVINI, Opera Selecta, hg. von Peter B a r t h / W i l h e l m Niesei, B d . 5: Institutionis Christianae religionis 1 5 5 9 l i b r u m IV. continens ( M o n a c h i i 1 9 3 6 ) M . TULLÍ CICERONIS: D e officiis, hg. v. M . W i n t e r b o t t o m ( O x f o n i i 1 9 9 4 ) CORNELIUS, CARL ADOLPH: Briefwechsel Graf
Wilhelm
zwischen
Herzog fohann
Friedrich
von Sachsen und
von N u e n a r in den Jahren 1 5 2 9 bis 1 5 3 6 , Z B G V 1 0 ( 1 8 7 4 ) [= N F 1]
S. 1 2 9 - 1 5 8 ECK, JOHANNES: S u b D o m i n i Jesu et M a r i a e patrocinio artículos 4 0 4 , partim ad disputationes Lipsicam, B a d e n s e m et B e r n e n s e m attinentes, partim vero e x scriptis p a c e m e c c l e siae perturbantium ectractos, c o r a m divo Caesare C a r o l o V., R o m a n o r u m imperatore Semper augusto, ac proceribus imperii J o a n n e s Eckius, minimus ecclesiae minister, ofFert se disputaturum Augustae V i n d e l i c o r u m die et hora consensu Caesaris posterius publicandus, Ingolstadt: [ohne D r u c k e r , ] 1 5 3 0 , in: W i l h e l m Gussmann (Hg.): Q u e l l e n und F o r s c h u n g e n zur G e s c h i c h t e des Augsburgischen Glaubensbekenntnisses, B d . 2: D . J o hann E c k s Vierhundertvier
Artikel
zum R e i c h s t a g von Augsburg 1 5 3 0 (Kassel 1 9 3 0 )
S. 1 0 3 - 1 5 1 ERASMUS VON ROTTERDAM: Opera omnia, Ausg.: Leiden 1 7 0 3 - 1 7 0 6 )
1 0 B d e . (Hildesheim 1 9 6 1 - 1 9 6 2 = Nachdr. d.
Anhang
292
-
Opera omnia Desiderii Erasmi Rotterdami,
-
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- Ausgewählte
Bd. 9/1
(Amsterdam u.a. 1982)
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Bde. (Darmstadt 1 9 6 8 - 1 9 8 0 ) -
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i n : R A C 3 ( S t u t t g a r t 1 9 5 7 ) S. 7 1 2 - 7 3 5
BUCKWALTER, STEPHEN E.: Die Priesterehe in Flugschriften der frühen R e f o r m a t i o n , Q F R G 68 (Gütersloh 1998) BURKHARDT, KARL AUGUST HUGO: G e s c h i c h t e d e r d e u t s c h e n Kirchen-
und
Schulvisitationen
im Zeitalter der R e f o r m a t i o n , Bd. 1 : Geschichte der sächsischen Kirchen- u n d Schulvisitationen von 1524 bis 1545 (Aalen 1981 = N e u d r u c k der Ausg.: Leipzig, 1879) CHRISTENSEN, CARL C.: John of Saxony's Diplomacy, 1529-1530; R e f o r m a t i o n or Realpolitik?, in: SCJ 15 (1984) S. 4 1 9 - 4 3 0 CLASSEN, CARL JOACHIM: D i e Bedeutung
der Rhetorik
für Melanchthons Interpretation pro-
faner und biblischer Texte, in: N A W G 5 (1998) S. 2 3 5 - 2 7 2 CZERNY, ALBIN: Die Anfänge der R e f o r m a t i o n in der Stadt Steyr 1520-1527, Bericht des M u s e u m Francisco-Carolinum (1894) D'AGOSTINO, FRANCESCO: La tradizione dell'epieikeia nel medioevo latino. U n contributo alla storia dell'idea di equità (Milan 1976) DECOT, ROLF: Confessio Augustana und Reichsverfassung. Die Religionsfrage in den R e i c h s -
IV. Literaturverzeichnis
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Luthers Kompromißvorschlag
an die Bischöfe auf dem Augsburger Reichstag 1530, in:
Martin Brecht (Hg.): Martin Luther und das Bischofsamt (Stuttgart 1990) S. 1 0 9 - 1 1 9 -
Religionsgespräch
und Reichstag. D e r Regensburger Reichstag von 1 5 5 6 / 5 7 und das
Problem der Religionsgespräche auf Reichstagen, in: Erich Meuthen (Hg.): Reichstage und Kirche, S H K B A 4 2 (Göttingen 1991) S. 2 2 0 - 2 3 5 -
(Hg.): Vermittlungsversuche
auf dem Augsburger Reichstag
1530.
Melanchthon - Brenz -
Vehus, V I E G Beiheft 2 6 (Stuttgart 1989) -
Vermittlungsversuche
auf dem Augsburger Reichstag. Melanchthon und die Confessio
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B K G D 1 (Berlin 1953)
Soziale U n r u h e n und apokalyptische Visionen
im Zeitalter der R e f o r m a t i o n (Göttingen 1979) DIETER, THEODOR: II giovane Lutero e Aristo tele, in: Protestantismo 51 (1996) S. 2 4 7 - 2 6 2 -
Der junge Luther und Aristoteles, Habilitationsschrift (masch., Tübingen, 1997)
DITTRICH, CHRISTOPH: D i e Vortridentische katholische Kontroverstheologie und die T ä u fer, E H S R e i h e 3, 4 7 3 (Frankfurt 1991) DÜLFER, KURT: D i e Packschen Händel. Darstellung und Quellen, V H K H W 24,3: Quellen und Darstellungen zur Geschichte des Landgrafen Philipp des Großmütigen (Marburg 1958) EBELING, GERHARD: Evangelische Evangelienauslegung. meneutik (Tübingen -
3
Eine Untersuchung zu Luthers H e r -
1991)
Z u r Lehre vom triplex usus legis in der reformatorischen Theologie, in: ders.: Wort und Glaube (Tübingen 3 1 9 6 0 ) S. 5 0 - 6 8 .
-
Luthers Seelsorge. T h e o l o g i e in der Vielfalt der Lebenssituationen, an seinen Briefen dargestellt (Tübingen 1997)
ECKSTEIN, FRIEDRICH AUGUST: Johannes Caesarius,
in: A D B 3 (1876) S. 6 8 9 - 6 9 1
ELLIGER, WALTER (Hg.): Philipp Melanchthon. Forschungsbeiträge zur vierhundersten Wiederkehr seines Todestages dargegeben in Wittenberg 1960 (Göttingen 1960) ERHARD, HEINRICH AUGUST: D i e ersten Erscheinungen der Reformation
in Halle.
Nach
gleichzeitigen, bisher grösstentheils unbekannten, urkundlichen Nachrichten dargestellt, in: Allgemeines Archiv für die Geschichtskunde des Preussischen Staates 2 (1830) S. 9 7 - 1 2 6 . 2 5 2 - 2 7 4 ESTES, JAMES M . : Erasmus, Melanchthon, and the Office o f Christian Magistrate, in: Erasmus o f R o t t e r d a m Society Yearbook 18 (1998) S. 2 1 - 3 9 -
Luthers First Appeal to Secular Authorities for Help with Church R e f o r m , 1520, in: R o bert J . Bast / Andrew C . G o w (Hgg.): Continuity and Change. T h e Harvest o f L a t e M e dieval and R e f o r m a t i o n History. Essays Presented to Heiko A. O b e r m a n on his 70th Birthday (Leiden u.a. 2 0 0 0 ) S. 4 8 - 7 6
-
Officium prinicipis christiani. Erasmus and the Origins o f the Protestant State Church, in: A R G 8 3 (1992) S. 4 9 - 7 2
-
T h e R o l e o f Godly Magistrate in the Church: Melanchthon as Luthers Interpreter and Collaborator, in: C h H 67 (1998) S. 4 6 3 - 4 8 3
Anhang
298
FABIAN, EKKEHART: Die Abschiede der Bündnis- und Bekenntnistage protestierender Fürsten und Städte zwischen den Reichstagen zu Speyer und zu Augsburg 1 5 2 9 - 1 5 3 0 (Tübingen 1960) - Die Entstehung des schmalkaldischen Bundes und seiner Verfassung 1 5 2 9 - 1 5 3 1 / 3 3 . Brück, Landgraf Philipp von Hessen und Jakob Sturm. Mit archivalischen Beilagen und einer Brück-Bibliographie, S K R G 1 (Tübingen 1956) - Die Entstehung des schmalkaldischen Bundes und seiner Verfassung 1 5 2 4 / 2 9 - 1 5 3 1 / 3 5 . Brück, Philipp von Hessen und Jakob Sturm, S K R G 1 (Tübingen Í962) FARR, WILLIAM: John Wiclijas Legal Reformer, S H C T 10 (Leiden 1974) FAUST, AUGUST: Die Dialektik Rudolf Agrícolas. Ein Beitrag zur Charakteristik des deutschen Humanismus, in: A G P h 3 4 ( 1 9 2 2 ) S. 1 1 8 - 1 3 5 FLATHE, THEODOR: H a n s v o n D ö l z i g , in: A D B 5 ( 1 8 7 7 ) S. 3 2 2
- Hans von Planitz, in: A D B 26 (1888) S. 2 3 2 - 2 3 3 FRAENKEL, PETER: Testimonia Patrum. The Function o f the Patristic Argument in the T h e o logy o f Philip Melanchthon (Genf 1961) FRANK, GÜNTER: Die theologische Philosophie Melanchthons (1497-1560): Ein Plädoyer zur Rehabilitierung des Humanisten und Reformators, in: KuD 42 (1996) S. 22—36 - Die theologische Philosophie Philipp Melanchthons (1497-1560), EThSt 67 (Hildesheim 1995) - Melanchthons Dialektik und die Geschichte der Logik, in: Jürgen Leonhard (Hg.): M e lanchthon und das Lehrbuch des 16. Jahrhunderts. Begleitband zur Ausstellung im Kulturhistorischen Museum Rostock 25. April bis 13. Juli 1997, Rostocker Studien zur Kulturwissenschaft 1 (Rostock 1997) S. 1 2 5 - 1 4 5 FRIEDEBURG, ROBERT VON: Widerstandsrecht
und Konfessionskonflikt. N o t w e h r und G e -
meiner Mann im deutsch-britischen Vergleich 1530 bis 1669, Schriften zur Europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte 27 (Berlin 1999) FRIEDENSBURG, WALTER: Geschichte der Universität Wittenberg (Halle 1917) - Der Reichstag zu Speier 1526. Im Zusammenhang der politischen und kirchlichen Entwicklung Deutschlands im Reformationszeitalter (Nieuwkopp 1970 = Nachdr. d. Ausg.: Berlin 1887) - Die Reformation und der Speierer Reichstag von 1526, in: LJ 8 (1926) S. 1 2 0 - 1 9 5 - Urkundenbuch der Universität Wittenberg, Teil 1 (1502—1611), hg. v. der Historischen Kommission für die Provinz Sachsen und für Anhalt (Magdeburg 1926) FUCHS, THOMAS: Konfession und Gespräch. Typologie und Funktion der Religionsgespräche in der Reformationszeit, Norm und Struktur. Studien zum sozialen Wandel in Mittelalter und früher Neuzeit 4 (Köln u.a. 1995) GABLER, ULRICH: Melanchthon und die Schweiz, in: Günter Frank (Hg.): Der Theologe Melanchthon, Melanchthon-Schriften der Stadt Bretten Bd. 5 (Stuttgart 2000) S. 2 2 7 242 GADAMER, HANS-GEORG: Rhetorik und Hermeneutik, in: ders.: Kleine Schriften IV. Variationen, (Tübingen 1977) S. 1 4 8 - 1 6 3 GÄNSSLER, HANS-JOACHIM: Evangelium und weltliches Schwert. Hintergrund, Entstehungsgeschichte und Anlaß von Luthers Scheidung zweier Reiche oder Regimente, V I E G 109 (Wiesbaden 1983) GEIGER, LUDWIG: Hermann,
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von Peter Fliesteden u n d Adolf Ciarenbach, in: Bekenner u n d Z e u g e n . Z u m G e d e n k e n an den 450. Todestag der Märtyrer Adolf Ciarenbach u n d Peter Fliesteden (Düsseldorf 1979) S. 1 1 - 2 7 GORDON, BRUCE: Wary Allies: M e l a n c h t h o n and the Swiss R e f o r m e r s , in: Karin Maag (Hg.): M e l a n c h t h o n in Europe. His W o r k and Influence beyond Wittenberg, Text and Studies in R e f o r m a t i o n and Post-Reformations T h o u g h t (Grand Rapids 1999) S. 4 5 - 6 8 GRANE, LEIF: Modus loquendi theologicus. Luthers Kampf u m die E r n e u e r u n g der Theologie (1515-1518), A T h D 12 (Leiden 1975) GREEN, LOWELL CLARK: D i e e x e g e t i s c h e n V o r l e s u n g e n d e s j u n g e n M e l a n c h t h o n , K u D 3
(1957) S. 1 4 0 - 1 4 9 — Formgeschichtliche u n d inhaltliche Probleme in den Werken des j u n g e n M e l a n c h t h o n : ein neuer Z u g a n g zu seinen Bibelarbeiten und Disputationsthesen, Z K G 84 (1973) S. 3 0 - 4 8 GRESCHAT, MARTIN: Melanchthon neben Luther. Studien zur Gestalt der Rechtfertigungslehre zwischen 1528 u n d 1537, U K G 1 (Witten 1965) G R I M M , H E I N R I C H : Caesarius,
GROSSMANN, MARIA: Humanism
in: N D B
3 ( 1 9 5 7 ) S. 9 0 - 9 1
in Wittenberg
1485-1517 (Nieuwkoop
1975)
- Humanismus in Wittenberg, 1486-1517, in: LuJ 39 (1972) S. 1 1 - 3 0 GRUNDMANN, HERBERT: Landgraf Philipp von Hessen auf dem Augsburger Reichstag, S V R G 176 = 63,2 (Gütersloh 1959) GUENTHER, ILSE: Johannes Caesarius of Jülich, in: Peter G. Bietenholz / T h o m a s B. D e u t scher (Hgg.): Contemporaries of Erasmus. A Biographical Register of the Renaissance and R e f o r m a t i o n Bd. 1 (Toronto 1985) S. 2 3 7 - 2 3 9 GUMMELT, VOLKER: Bugenhagens Tätigkeit an der Wittenberger Universität, in: Z K G 105 ( 1 9 9 4 ) S. 1 9 1 - 2 0 1
GUSSMANN, WILHELM: Melanchthon
und Eck. E i n B e i t r a g z u r E n t s t e h u n g s g e s c h i c h t e d e r
Augustana, in: N K Z 41 (1930) S. 2 8 9 - 3 1 4 - Quellen u n d Forschungen zur Geschichte des Augsburger Glaubensbekenntnisses. Bd. 1: Die Ratschläge der evangelischen Reichsstände z u m Reichstag von Augsburg 1530, 2 Bde. (Leipzig u.a.: 1911) HAFFNER, FRANZ, Die Konzilsfrage auf d e m Reichstag zu Speyer 1526 im Spiegel der damaligen a u ß e n - u n d innenpolitischen Situation, in: B P f K G 3 7 / 3 8 (1970/71) S. 5 9 - 2 0 1 HAGEN, KENNETH: Luther's Approach to Scripture as seen in his , C o m m e n t a r i e s ' o n Galatians 1 5 1 9 - 1 5 3 8 (Tübingen 1993) HAIKOLA, LAURI: Melanchthons u n d Luthers Lehre von der Rechtfertigung. Ein Vergleich, in: ders.: Teologisia tutkimuksia, Suomalaisen teologisen kiijallissuusseuran julkaisuja 203 (Helsinki: 1997) S. 7 7 - 1 0 0 HAMM, BERNDT: Zwingiis Reformation der Freiheit (Neukirchen-Vluyn 1988) HAMMER, WILHELM: D i e Melanchthonforschung im Wandel der Jahrhunderte. Ein beschreibendes Verzeichnis, 4 Bde., Q F R G 35.36.49.65(Gütersloh 1967-1996)
300
Anhang
HÄNDLER, KLAUS: W o r t u n d Glaube bei M e l a n c h t h o n . Eine U n t e r s u c h u n g über die Voraussetzung u n d Grundlagen des melanchthonischen Kirchenbegriffes, Q F R G 37 (Gütersloh 1968) HANNEMANN, KURT: R e u c h l i n u n d die Berufung Melanchthons nach Wittenberg, in: J o h a n nes R e u c h l i n (1455-1522). N a c h d r u c k der 1955 von Manfred Krebs herausgegebenen Festgabe. N e u herausgegeben u n d erweitert von H e r m a n n Kling und Stefan R h e i n , Pforzheimer Reuchlinschriften 4 (Sigmaringen 1994) S. 173—196 HARTFELDER, KARL: M e l a n c h t h o n als Praeceptor Germaniae, M G P 7 ( N i e u w k o o p 1972 = Nachdr. d. Ausg.: Berlin 1889) HARTMANN, JULIUS: Balthasar Merklin, in: A D B 21 (1885) S. 4 4 5 - 4 4 6 - Theobald Billican, in: A D B 2 (1875) S. 6 3 8 - 6 3 9 HAUG-MORITZ, GABRIELE: Kursachsen und der Schmalkaldische Bund, in: Christine R o l l (Hg.): R e c h t u n d R e i c h im Zeitalter der R e f o r m a t i o n : Festschrift für Horst R a b e (Frankfurt 2 1997) S. 5 0 7 - 5 2 4 - Pack, O t t o von, in: N D B 19 (1999) S. 7 5 0 - 7 5 2 -
/ SCHMIDT, GEORG: S c h m a l k a l d i s c h e r B u n d , i n : T R E 3 0 ( 1 9 9 9 ) S. 2 2 1 - 2 2 8
HEATH, TERRENCE: Logical Grammar, Grammatical Logic, and H u m a n i s m in T h r e e G e r m a n Universities, in: S H R 18 (1971) S . 9 - 6 4 HECKEL, JOHANNES: Cura religionis. Ius in sacra. Ius circa sacra (Darmstadt 2 1962) = Kirchenrechtliche Abhandlungen H e f t 1 1 7 / 1 1 8 (1938) S. 2 2 5 - 2 9 8 - M e l a n c h t h o n u n d das heutige deutsche Staatskirchenrecht, in: ders.: Das blinde, u n deutliche W o r t , K i r c h e ' . Gesammelte Aufsätze hg. v. Siegfried G r u n d m a n n (Köln 1964) S. 3 0 7 - 3 2 7 = Festgabe Erich Kaufmann: U m R e c h t und Gerechtigkeit (Stuttgart u.a. 1950) S. 8 3 - 1 0 2 HELM, JÜRGEN: Die Galenrezeption in Philipp Melanchthons „De anima" (1540/1552), in: Medizinhistorisches Journal 31 (1996) S. 2 9 8 - 3 2 1 HERRMANN, R . : D i e Kirchenvisitationen im Ernestinischen T h ü r i n g e n vor 1558, in: Beiträge z u r t h ü r i n g i s c h e n K i r c h e n g e s c h i c h t e 1 (1929—1931), S. 1 9 1 - 2 2 7 u n d B e i t r ä g e z u r t h ü -
ringischen Kirchengeschichte 3 (1933-1935), S. 1 - 6 9 HINSCHIUS, PAUL: System des katholischen Kirchenrechts mit besonderer Rücksicht auf Deutschland. Das Kirchenrecht der Katholiken u n d Protestanten in Deutschland, Bd. 3 (Graz 1959) HOFFMANN, MANFRED: Rhetoric and Dialectic in Erasmus's and M e l a n c h t h o n s Interpretation o f j o h n ' s Gospel, in: T i m o t h y J. Wengert / Matt Patrick Graham (Hgg.): Philip M e lanchthon (1497-1560) and the C o m m e n t a r y (Sheffield 1997) S. 4 8 - 7 8 - Rhetoric and Theology. T h e H e r m e n e u t i c of Erasmus (Toronto 1994) HOLL, KARL: Luther u n d das landesherrliche Kirchenregiment, in: ders.: Gesammelte Aufsätze zur Kirchengeschichte. Bd. 1: Luther (Tübingen f '1932) S. 3 2 6 - 3 8 0 = Z T h K 31, Ergänzungsheft 1 (1911) HOLLERBACH, MARION: Das Religionsgespräch als Mittel der konfessionellen u n d politischen Auseinandersetzung im Deutschland des 16. Jahrhunderts, EHS, R e i h e 3, Bd. 165 (Frankfurt 1982) HUBIG, CHRISTOPH: M e l a n c h t h o n als Interpret der aristotelischen Ethik, in: G ü n t h e r Wartenberg (Hg.): Werk u n d R e z e p t i o n Philipp Melanchthons in Universität u n d Schule bis ins 18. Jahrhundert. Tagung anläßlich seines 500. Geburtstages an der Universität Leipzig, H e r C h r , Sonderband 2 (Leipzig 1999) S. 1 6 1 - 1 7 8 HUSCHKE, ROLF BERNHARD: Melanchthons Lehre vom Ordo politicus. Ein Beitrag z u m Verhältnis von Glauben u n d politischem H a n d e l n bei Melanchthon, SEE 4 (Gütersloh 1968)
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und die Reichspolitik,
i n : V F 4 5 ( 2 0 0 0 ) S. 2 4 — 4 5
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PETERS, CHRISTIAN: „Er hats immer wollen besser machen [ . . . ] " Melanchthons fortgesetzte Arbeit am Text der lateinischen Apologie auf und nach dem Augsburger Reichstag von 1530, in: Herbert Immenkötter / Gunther Wenz (Hgg.): Im Schatten der Confessio Augustana. D i e Religionsverhandlungen des Augsburger Reichstages 1 5 3 0 im historischen Kontext, R G S T 136 (Münster 1997) S. 9 8 - 1 2 7 - Apologia Confessionis Augustanae.
Untersuchungen zur Textgeschichte einer lutherischen
Bekenntnisschrift ( 1 5 3 0 - 1 5 8 4 ) , C T h M . S t 15 (Stuttgart 1997) -
Apologie des Augsburgischen Bekenntnisses: Genese - Uberlieferung - Erforschung und Rezeption, in: Günther Wartenberg (Hg.): Werk und R e z e p t i o n Philipp M e l a n chthons in Universität und Schule bis ins 18. Jahrhundert. Tagung anläßlich seines 5 0 0 . Geburtstages an der Universität Leipzig, HerChr, Sonderband 2 (Leipzig 1999) S. 3 1 - 5 2
-
Reformatorische
Doppelstrategie:
Melanchthon und das Augsburger Bekenntnis, in: Günter
Frank (Hg.): D e r T h e o l o g e Melanchthon, Melanchthon-Schriften der Stadt Bretten Bd. 5 (Stuttgart 2 0 0 0 ) S. 1 6 9 - 1 9 4 PETERSEN, PETER: Geschichte der aristotelischen Philosophie
im protestantischen Deutsch-
land (Leipzig 1921 = Stuttgart-Bad Cannstatt 1964) PETZOLD, MARTIN: Politisches Handeln bei Luther und Melanchthon, in: Günther Wartenberg / Matthias Zentner (Hgg.): Philipp Melanchthon als Politiker zwischen R e i c h , Reichsständen und Konfessionsparteien, Themata Leucoreana (Wittenberg 1998) S. 23— 36
Anhang
308
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der Theologie
Melanchthons
unter dem Einfluß der Aus-
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sein theologischer B e i -
trag in ihnen und seine Sicht der Konfessionsgegensätze, in: E r w i n Iserloh (Hg.): J o h a n nes E c k ( 1 4 8 6 - 1 5 4 3 ) im Streit der Jahrhunderte, R S T 1 2 7 (Münster 1 9 8 8 ) S. 2 2 3 - 2 4 9 -
D i e Rechtfertigungslehre
der Confessio Augustana ( 1 5 3 0 ) und die Stellungnahmen der ka-
tholischen Kontroverstheologen zwischen 1 5 3 0 - 1 5 3 5 , V I E G 6 0 (Wiesbaden 1 9 7 0 ) PRANTL, CARL: Geschichte der Logik im Abendlande, Bd. 3 (Darmstadt 1 9 5 5 = Nachdr. d. Ausg.: M ü n c h e n 1 8 6 7 ) -
Geschichte der Logik im Abendlande, Bd. 4 (Darmstadt 1 9 5 5 = Nachdr. d. Ausg.: M ü n chen 1 8 7 0 )
PRESS, VOLKER: Landgraf Philipp der G r o ß m ü t i g e von Hessen, in: Klaus Scholder / D i e t e r K l e i n m a n n (Hgg.): Protestantische Profile. Lebensbilder aus f ü n f Jahrhunderten ( K ö n i g s t e i n 1 9 8 3 ) S. 6 0 - 7 7
RAEDER, SIEGFRIED: M e l a n c h t h o n als Ausleger des Neuen
Testaments,
in: T h B e i t r 2 0 (1998)
S. 7 5 - 9 4
-
Luther als Ausleger und Ubersetzer der Heiligen Schrift, in: H e l m a r Junghans (Hg.): L e ben und W e r k Martin Luthers von 1 5 2 6 bis 1 5 4 6 . Festgabe zu seinem 5 0 0 . Geburtstag, B d . 1 (Göttingen 1 9 8 3 ) S. 2 5 3 - 2 7 8
RAMP, ENRST: Das Zinsproblem. E i n e historische Untersuchung, Q A G S P 4 (Zürich 1 9 4 9 ) RAUCH, MORITZ VON: Johann REIMER, LOUIS: Reichstag,
Lachmann,
der R e f o r m a t o r Heilbronns (Heilbronn 1 9 2 3 )
R e i c h s r e g i m e n t und reformatorische
Predigt in Speyer 1526—1529,
in: B P f K G 3 4 ( 1 9 6 7 ) S. 1 8 8 - 2 1 0 REINHARD, WOLFGANG: Die kirchenpolitischen
Vorstellungen Kaiser Karls V, ihre Grundlagen
und ihr Wandel, in: E r w i n Iserloh (Hg.): Confessio Augustana und Confutatio. D e r Augsburger R e i c h s t a g 1 5 3 0 und die Einheit der Kirche. Internationales Symposion der Gesellschaft zur Herausgabe des Corpus C a t h o l i c o r u m in Augsburg v o m 3 . - 7 . S e p t e m ber 1 9 7 9 , R S T 1 1 8 (Münster 1 9 8 0 ) S. 6 2 - 1 0 0 RHEIN, STEFAN: M e l a n c h t h o n and G r e e k Literature, in: T i m o t h y J . W e n g e r t / Matt Patrick Graham (Hgg.): Philip M e l a n c h t h o n ( 1 4 9 7 - 1 5 6 0 ) and the C o m m e n t a r y
(Sheffield
1 9 9 7 ) S. 1 4 9 - 1 7 0 -
Philipp M e l a n c h t h o n als Gräzist,
in: G ü n t h e r Wartenberg (Hg.): W e r k und R e z e p t i o n
Philipp M e l a n c h t h o n s in Universität und Schule bis ins 18. Jahrhundert. Tagung anläßlich seines 5 0 0 . Geburtstages an der Universität Leipzig, H e r C h r , Sonderband 2 (Leipzig 1 9 9 9 ) S. 5 3 - 6 9 RICH, ARTHUR: Zwingli als sozialpolitischer Denker, in: Z w i n g . 13 ( 1 9 6 9 ) S. 6 7 - 8 9 RICHTER, GREGOR (Hg.): D i e Schriften Georg Witzeis bibliographisch bearbeitet nebst einigen bisher ungedruckten R e f o r m a t i o n s g u t a c h t e n und B r i e f e n Witzeis, Veröffentlic h u n g des Fuldaer Geschichtsvereins 10 (Fulda 1 9 1 3 ) RISSE, WILHELM: Bibliographia
logica. Verzeichnis der Druckschriften zur Logik mit Angabe
ihrer Fundorte, B d . 1 ( 1 4 7 2 - 1 8 0 0 ) , Studien und Materialien zur Geschichte der P h i l o sophie 1 (Hildesheim 1 9 6 5 ) -
D i e Logik der Neuzeit.
B d . 1: 1 5 0 0 - 1 6 4 0 (Stuttgart-Bad Cannstatt 1 9 6 4 )
RITTER, GERHARD: D i e Heidelberger Universität. E i n Stück deutscher Geschichte, B d . 1: Das Mittelalter ( 1 3 8 6 - 1 5 0 8 ) (Heidelberg 1 9 3 6 ) ROGGE, JOACHIM: D e r Beitrag des Predigers Jakob
Strauß zur frühen R e f o r m a t i o n s g e s c h i c h -
te, T h A 6 (Berlin 1 9 5 7 ) ROTHER, SIEGFRIED: D i e religiösen und geistigen Grundlagen
der Politik Huldrych Zwingiis.
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Anhang
310
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M e l a n c h t h o n s Bildungsprogramm,
in: H a r t m u t B o o c k m a n n / B e r n d M o e l l e r / Karl
S t e c k m a n (Hgg.): Lebenslehre und Weltentwürfe im U b e r g a n g v o m Mittelalter zur N e u z e i t . Politik — B i l d u n g - N a t u r k u n d e — T h e o l o g i e . B e r i c h t über die K o l l o q u i e n der K o m m i s i o n zur E r f o r s c h u n g der Kultur des Spätmittelalters 1 9 8 3 bis 1 9 8 7 , A A W G . P h 1 7 9 ( G ö t t i n g e n 1 9 8 9 ) S. 2 3 3 - 2 4 8 = B P f K G 5 3 ( 1 9 8 6 ) 1 8 1 - 1 9 5 -
Melanchthons
biographische
Literarische F o r m und akademischer U n t e r r i c h t , in:
Reden.
ders.: M e l a n c h t h o n und die R e f o r m a t i o n . Forschungsbeiträge, hg. von Gerhard M a y / R o l f D e c o t , V I E G B e i h e f t 4 1 : Abteilung abendländische R e l i g i o n s g e s c h i c h t e (Mainz 1 9 9 6 ) S. 115—138 = Walter B e r s c h i n (Hg): B i o g r a p h i e zwischen R e n a i s s a n c e und B a rock (Heidelberg 1 9 9 3 ) S. 7 3 - 9 6 -
M e l a n c h t h o n s Pforzheimer
Studien zur humanistischen Bildungselite, in: ders.:
Schulzeit.
M e l a n c h t h o n und die R e f o r m a t i o n . Forschungsbeiträge, hg. von Gerhard M a y / R o l f D e c o t , V I E G B e i h e f t 4 1 : Abteilung abendländische R e l i g i o n s g e s c h i c h t e (Mainz 1 9 9 6 ) = H a n s - P e t e r B r e c h t (Hg.): P f o r z h e i m in der frühen N e u z e i t , P f o r z h e i m e r G e s c h i c h t s blätter 7 (Sigmaringen 1 9 8 9 ) S.S. 9 - 5 0 -
R e u c h l i n s E i n f l u ß a u f M e l a n c h t h o n , in: A r n o Herzig / Julius H . Schoeps (Hgg.): R e u c h l i n und die J u d e n , P f o r z h e i m e r R e u c h l i n s c h r i f t e n 3 (Sigmaringen 1 9 9 3 ) S. 123— 149
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auf Publikationen
zum 5 0 0 . G e -
burtstag M e l a n c h t h o n s , H e r K o r r 5 2 ( 1 9 9 8 ) S. 4 0 - 4 5 SCHIRMER, ARNO: Das Paulusverständnis
M e l a n c h t h o n s 1 5 1 8 - 1 5 2 2 , V I E G 4 4 (Wiesbaden
1967) SCHLAICH, KLAUS: Maioritas
— protestatio
— itio in partes — corpus E v a n g e l i c o r u m . Das Ver-
fahren i m R e i c h s t a g des H l . R ö m i s c h e n R e i c h s D e u t s c h e r N a t i o n nach der R e f o r m a tion, in: Z S R G . K 6 3 (94) ( 1 9 7 7 ) S. 2 6 4 - 2 9 9 SCHLÜTTER-SCHINDLER, GABRIELE: D e r Schmalkaldische
Bund und das Problem der causa
religionis, E H S . G 2 8 3 (Frankfurt u.a. 1 9 8 6 ) SCHMALTZ, KARL: Kirchengeschichte
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B d . 2 . : R e f o r m a t i o n und G e g e n r e f o r m a -
tion ( S c h w e r i n 1 9 3 6 ) SCHMIDT, C . : P h . Melanchthons
und ausgewählte Schriften, V ä t e r der lutherischen
Leben
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-
N S 41 (1983)
Erbe,
D i e Lösung des Katzenelnbogischen Erbfolgestreits,
in: A H G N S 4 2 ( 1 9 8 4 ) S . 9 - 7 2
SCHMIDT, GÜNTER R . : Philippus M e l a n c h t h o n — paedagogus christianus. E i n Rückblick das Melanchthonjahr
in:
S.9-54
auf
1 9 9 7 , T h L Z 1 2 4 ( 1 9 9 9 ) S. 6 9 1 - 7 0 4
SCHMIDT, HEINRICH RICHARD: Reichsstädte,
R e i c h und R e f o r m a t i o n . Korporative R e l i -
gionspolitik 1 5 2 1 - 1 5 2 9 / 3 0 , V I E G 1 2 2 (Stuttgart 1 9 8 6 ) SCHNEIDER, JOHN R . : Philip M e l a n c h t h o n s R h e t o r i c a l Construal o f Biblical Authority
Ora-
tio Sacra, T S R 51 (Lewiston 1 9 9 0 ) -
T h e Hermeneutics
of Commentary.
O r i g i n s o f M e l a n c h t h o n s Integretation o f Dialectic
into R h e t o r i c , in: T i m o t h y J . W e n g e r t / M a t t Patrick G r a h a m (Hgg.): Philip M e l a n c h t h o n ( 1 4 9 7 - 1 5 6 0 ) and the C o m m e n t a r y (Sheffield 1 9 9 7 ) S. 2 0 - 4 7 -
M e l a n c h t h o n s R h e t o r i c as a C o n t e x t for Understanding His T h e o l o g y , in: Karin Maag (Hg.): M e l a n c h t h o n in E u r o p e : His W o r k and Influence beyond W i t t e n b e r g , Text and Studies in R e f o r m a t i o n and P o s t - R e f o r m a t i o n T h o u g h t (Grand R a p i d s 1 9 9 9 ) S. 1 4 0 159
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M e l c h i o r Lotter, A D B 19 (1884) S. 2 7 3 - 2 7 9
SCHOTTENLOHEE, K A R L : D i e Widmungsvorrede
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rentini per la storia del pensiero guiridico moderno 2 6 (1997) S. 2 6 5 - 3 0 5 -
Aequitas
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System, in: Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte
21 (1999) S. 2 9 - 4 4 SCHUBERT, H A N S VON: D i e A n f ä n g e d e r e v a n g e l i s c h e n B e k e n n t n i s b i l d u n g b i s SVRG
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1928)
Bekenntnisbildung und Religionspolitik 1 5 2 9 / 3 0 ( 1 5 2 4 - 1 5 3 4 ) . Untersuchungen und Texte (Gotha 1910)
-
Bündnis und Bekenntnis
1 5 2 9 / 3 0 , in: Nikolaus Müller (Hg.): Georg Schwarzerdt, der
Bruder Melanchthons und Schultheiß zu Bretten. Festschrift zur Feier des 2 5 jährigen Bestehens des Vereins für Reformationsgeschichte, S V R G 26 (Leipzig 1908) S. 1—35 -
D i e Entstehung des sächsisch-fränkischen Bekenntnisses (der sog. Schwabacher Artikel), in: ders.: Bekenntnisbildung und Religionspolitik 1 5 2 9 / 3 0 ( 1 5 2 4 - 1 5 3 4 ) .
Untersu-
chungen und Texte (Gotha 1910) S. 21—63 -
D i e Sonderverhandlungen
zwischen dem Kurfürsten von Sachsen und dem Kaiser vor dem
Reichstag zu Augsburg, in: ders.: Bekenntnisbildung und Religionspolitik
1529/30
(1524—1534). Untersuchungen und Texte (Gotha 1910) S. 2 3 5 - 2 7 3 -
D i e Vorgeschichte des Marburger Gespräches, in: ders.: Bekenntnisbildung und R e l i gionspolitik 1 5 2 9 / 3 0 ( 1 5 2 4 - 1 5 3 4 ) . Untersuchungen und Texte (Gotha 1910) S. 1 - 2 0
SCHULZE, MANFRED: Was erwartet Melanchthon von den säkularen
Wissenschaften?
in: D e s -
mond Bell / Heike Lipski-Melchior / Johannes von Lüpke / Birgit Ventur (Hgg.): M e n schen suchen - Zugängen finden. A u f dem Weg zu einem religionspädagogisch verantwortetem U m g a n g mit der Bibel. Festschrift für Christine R e e n t s (Wuppertal 1999) S. 1 0 2 - 1 2 3 -
Vom Nutzen des Bekennens. Was erwartet Herzog Ernst von der Reformation?, in: Hans-Jürgen Vogtherr (Hg.): Herzog Ernst der Bekenner und seine Zeit. Beiträge zur G e schichte des ersten protestantischen Herzogs von Braunschweig-Lüneburg anläßlich der 500jährigen Wiederkehr seines Geburtstages in Uelzen im Jahre 1497 (Uelzen 1998) S. 7 1 - 9 0
-
Fürsten und Reformation.
Geistliche Reformpolitik weltlicher Fürsten vor der R e f o r m a -
tion, S u R N R 2 (Tübingen 1991) -
Martin Luther and the Church Fathers, in: Irena Backus (Hg.): T h e R e c e p t i o n o f the Church Fathers in the West. From Carolingians to the Maurists, B d . 2 (Leiden u.a. 1997) S. 5 7 3 - 6 2 6
-
Vom Gelehrtenstreit zum Glaubenskampf. D i e Anfänge der R e f o r m a t i o n in den R h e i n landen, in: Hermann-Peter Eberlein (Hg.), 4 4 4 Jahre Evangelische Kirche in Elberfeld. Vorträge anläßlich der Eröffnung der historischen Bibliothek im Kirchenkreis Elberfeld im S o m m e r 1996, S V R K G 136 (Köln 1998) S . 7 - 3 1 .
SCHULZE, WINFRIED: Zwingli, lutherisches Widerstandsdenken,
monarchomachischer W i -
derstand, in: Peter Blickle / Andreas Lindt / Alfred Schindler (Hgg.): Zwingli und E u ropa. Referate und Protokoll des Internationalen Kongresses aus Anlaß des 5 0 0 . G e burtstages von Huldrych Zwingli vom 26. bis 30. März 1984 (Zürich 1985) S. 1 9 9 -
216
312
Anhang
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IV. Literaturverzeichnis -
313
Vorwürfe als Trost? - Z u m officium consolandi in Luthers Coburg-Briefen,
in: T h B e i t r 2 9
(1998) S. 2 7 0 - 2 8 3 STROHM, CHRISTOPH: Ethik im frühen Calvinismus.
Humanistische Einflüsse, philosophische,
juristische und theologische Argumentationen sowie mentalitätsgeschichtliche Aspekte am Beispiel des Calvin-Schülers Lambertus Danaeus, A K G 65 (Berlin u.a. 1996) -
Zugänge zum Naturrecht
bei Melanchthon,
in: Günter Frank (Hg.): D e r T h e o l o g e M e -
lanchthon, Melanchthon-Schriften der Stadt Bretten B d . 5 (Stuttgart 2 0 0 0 ) S. 3 3 9 - 3 5 6 STRICKHAUSEN, WALTRAUD: Staatstheorie - Sozialethik — Fürstenerziehung, in: Barbara Bauer (Hg.): Melanchthon und die Marburger Professoren ( 1 5 2 7 - 1 6 2 7 ) , B d . 1, Schriften der Universitätsbibliothek Marburg 8 9 (Marburg 1999) S. 2 6 3 - 3 1 3 STUHLMACHER, PETER: Schriftauslegung in der Confessio Augustana.
Überlegungen zu ei-
n e m erst noch zu fuhrenden Gespräch, in: K u D 2 6 (1980) S. 1 8 8 - 2 1 2 STUPPERICH, ROBERT: Erasmus und Melanchthon
in ihrem Verhältnis zu den Kirchenvätern,
Vox Theologica 3 9 (1969) S. 8 0 - 9 2 -
Kirche und Synode bei Melanchthon, in: Friedrich Hübner (Hg.): Beiträge zur historischen und systematischen Theologie. Gedenkschrift für D. Werner Eiert (Berlin 1955) S. 1 9 9 - 2 1 0
-
Melanchthon und die Täufer, in: K u D 3 (1957) S. 1 5 0 - 1 7 0 Melanchthons Proverbien-Kommentare,
in: August B u c k (Hg.): D e r Kommentar in der
Renaissance, Mitteilung. Deutsche Forschungsgemeinschaft, Kommission für H u m a nismusforschung 2 (Boppard 1975) S. 2 1 - 3 4 -
D i e Rechtfertigungslehre
bei Luther und Melanchthon
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bis zur Mitte des 16. Jahr-
hunderts, Studien zur Geschichte der Universität zu Köln 13 (Köln u.a. 1993) TRÄGER, JOSEF: D i e Bischöfe des mittelalterlichen Bistums Schwerin. M i t einem Anhang: Administratoren und Kanditaten in nachreformatorischer Zeit. Niels Stensen als B i s c h o f i n Schwerin 1 6 8 5 / 8 6 (Leipzig 1983) TRÜDINGER, KARL: Luthers Briefe und Gutachten an weltliche Obrigkeiten
zur Durchfuhrung
der R e f o r m a t i o n , S V R G 111 (Münster 1975) TSCHACKERT, PAUL: N i k o l a u s Storch,
A D B 3 6 ( 1 8 9 3 ) S. 4 4 2 - 4 4 5
T Ü C H L E , HERMANN: J o h a n n F a b n , N D B
4 ( 1 9 5 9 ) S. 7 2 8 - 7 2 9
UEDING, GERT (Hg.): Historisches W ö r t e r b u c h der R h e t o r i k , bis jetzt erschienen Bde. 1 - 5 (Tübingen 1 9 9 2 - ) UNRUH, GEORG-CHRISTOPH VON: Obrigkeit und Amt bei Luther und das von ihm beeinflußte Staatsverständnis, in: R o m a n Schnur (Hg.): Staatsräson. Studien zur Geschichte eines politischen Begriffs (Berlin 1975) S. 3 3 9 - 3 6 3 VASOLI, CESARE: La dialettica e la retorica dell'umanesimo. ,Invenzione' e ,método' nella cultura del X V e X V I secolo (Milano 1968) -
R i c e r q u e sulle ,dialettiche' del cinquecento II: L'insegnamento
logico del Melantone,
R C S F 2 0 (1965) S. 4 5 1 - 4 8 0 VINKE, RAINER: Luther auf der Coburg, Melanchthon in Augsburg und das Augsburger B e k e n n t n i s , i n : E b e r n b u r g - H e f t e 3 0 ( 1 9 9 6 ) S. 3 0 5 - 3 2 5
VIRCK, H . : M e l a n c h t h o n s politische Stellung auf dem Reichstag zu Augsburg 1530, in: Z K G 9 (1888) S. 6 7 - 1 0 4 . 2 9 3 - 3 4 0 VÖLKER, STEFAN: Geschichte der Medizin - Ein Überblick, in: Barbara Bauer (Hg.): M e lanchthon und die Marburger Professoren (1527—1627), B d . 2, Schriften der Universitätsbibliothek Marburg 8 9 (Marburg 1999) S. 4 7 7 - 4 9 3
314
Anhang
VÖLZ, HANS: Beiträge zu Melanchthons
und Calvins Auslegungen
des Propheten
Daniel,
in:
Z K G 67 (1955/56) S. 9 3 - 1 1 0 -
D i e Arbeitsteilung der Wittenberger
Buchdrucker
zu Luthers Lebzeiten, in: Gutjb 32
(1957) S. 1 4 6 - 1 5 4 WALTER, PETER: T h e o l o g i e aus dem Geist der R h e t o r i k . Z u r Schriftauslegung
des Erasmus
von Rotterdam, T S T P 1 (Mainz 1991) WAPPLER, PAUL: Die Stellung Kursachsens und des Landgrafen Philipp von Hessen zur T ä u ferbewegung, R G S T 13/14 (Münster 1910) -
D i e Täuferbewegung
in Thüringen von 1526—1584, Beiträge zur neueren Geschichte T h ü -
ringens B d . 2 (Jena 1913) -
Inquisition und Ketzerprozesse
in Zwickau zur Reformationszeit. Dargestellt im Zusam-
menhang mit der Entwicklung der Ansichten Luthers und Melanchthons über Glaubens- und Gewissensfreiheit (Leipzig 1908) WARTENBERG, G Ü N T H E R : M e l a n c h t h o n b i o g r a p h i e n v o m 1 6 . b i s z u m 1 9 . J a h r h u n d e r t , i n :
ders. (Hg.): Werk und R e z e p t i o n Philipp Melanchthons in Universität und Schule bis ins 18. Jahrhundert. Tagung anläßlich seines 5 0 0 . Geburtstages an der Universität Leipzig, HerChr, Sonderband 2 (Leipzig 1999) S. 1 7 9 - 1 6 8 -
Melanchthon
als Politiker, in: Günter Frank (Hg.): D e r T h e o l o g e Melanchthon, M e l a n -
chthon-Schriften der Stadt Bretten B d . 5 (Stuttgart 2 0 0 0 ) S. 1 5 3 - 1 9 3 WEBER, GOTTFRIED: Grundlagen und Normen politischer Ethik bei Melanchthon, T E H N F 96 (München 1962) WENGERT, TIMOTHY J . : T h e Biblical Commentaries
o f Philip Melanchthon, in: T i m o t h y J .
Wengert / Matt Patrick Graham (Hgg.): Philip Melanchthon ( 1 4 9 7 - 1 5 6 0 ) and the C o m m e n t a r y (Sheffield 1997) S. 1 0 6 - 1 4 8 -
Gesetz und Buße: Philipp Melanchthons erster Streit mit Johannes Agricola, in: Günter Frank (Hg.): D e r Theologe Melanchthon, Melanchthon-Schriften der Stadt Bretten B d . 5 (Stuttgart 2 0 0 0 ) S. 3 7 5 - 3 9 2
-
Human
Freedom,
Christian Righteousness. Philip M e l a n c h t h o n s Exegetical Dispute
with Erasmus o f Rotterdam, Oxford Studies in Historical T h e o r y (Oxford 1998) -
Law and Gospel. Philip Melanchthon's Debate with J o h n Agricola o f Eisleben over Poenitentia, Text and Studies in R e f o r m a t i o n and Post-Reformation T h o u g h t (Grand Rapids 1997)
-
Philip Melanchthon's 1522 Annotations on Romans and the Lutheran Origins o f R h e t o r i cal Criticism, in: Richard A. Muller / J o h n L. T h o m p s o n (Hgg.): Biblical Interpretation in the Era o f the R e f o r m a t i o n . Essays Presented to David C . Steinmetz (Grand Rapids 1996) S. 1 1 8 - 1 4 0
-
Philip Melanchton's Annotationes
inJohannem
in Relation to its Predecessors and C o n t e m -
poraries, T H R 2 2 0 ( G e n f 1987) -
„ Q u i vigilantissimis oculis veterum omnium commentarios excusserit": Philip Melanchthon's Patristic Exegesis, in: David C . Steinmetz (Hg.): D i e Patristik in der Bibelexegese des 16. Jahrhunderts, Wolfenbütteler Forschungen 85 (Wiesbaden 1999) S. 1 1 5 - 1 3 4
WENZ, GUNTHER: C A X X I I und der Streit um den Laienkelch.
Ein historisches Beispiel m i ß -
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des Augsburger
Reichstages 1 5 3 0 im historischen Kontext, R G S T 136 (Münster 1997) S. 5 0 - 7 0 -
Theologie
der Bekenntnisschriften
der evangelisch-lutherischen Kirche, Bd. 1 (Berlin u.a.
1996) WETZEL, RICHARD: Melanchthon und Karlstadt im Spiegel von Melanchthons Briefwech-
IV. Literaturverzeichnis
315
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1513-1515,
RST
137 (Münster 1997) ZELZNER, KLAUS: Theodor Fabricius aus Anholt. Ein vergessener westfälischer Humanist und Reformator, in: Unsere Heimat. Jahrbuch des Kreises Borken 20 (1970) S. 107—112
316
Anhang
ZIMMERMANN, GUNTER: Die Antwort der Reformatoren auf die Zehntenfrage.
Eine Analyse
des Zusammenhangs von R e f o r m a t i o n und Bauernkrieg, E H S . R 164 (Frankfurt 1982) -
D i e Einführung des landesherrlichen Kirchenregiments,
in: A R G 7 6 (1985) S. 1 4 6 - 1 6 8
ZÖLLNER, WALTER: Herausbildung und Weiterentwicklung der Wissenschaftsgebiete an der Universität Wittenberg bis zum Ende der Lutherzeit (unter besonderer Berücksichtigung der Artistenfakultät), in: Heiner Lück (Hg.): Martin Luther und seine Universität. Vorträge anläßlich des 4 5 0 . Todestages des Reformators (Köln u.a. 1998) S. 1 1 7 - 1 3 2 -
Melanchthons Stellung zum Bauernkrieg,
in: M e l a n c h t h o n - K o m i t e e der deutschen D e -
mokratischen Republik (Hg.): Philipp Melanchthon 1 4 9 7 - 1 5 6 0 . Bd. 1: Philipp M e lanchthon. Humanist, Reformator, Praeceptor Germaniae (Berlin 1963) S. 1 7 4 - 1 8 9 ZUR MÜHLEN, KARL-HEINZ: D e r Dialog als Mittel zur Lösung religiöser und politischer K o n flikte bei Philipp Melanchthon, in: A. Lexutt / Q. von B ü l o w (Hgg.): K a u m zu glauben. Von der Häresie und dem U m g a n g mit ihr. Heiner Faulenbach zum 60. Geburtstag, Arbeiten zur Theologiegeschichte 5 (Rheinbach 1998) S. 123—139 -
Luthers Kritik am scholastischen Aristotelismus in der 25. These der ,Heidelberger Disputation' von 1518, in: ders.: Reformatorisches Profil. Studien zum Weg Martin Luthers und der R e f o r m a t i o n , hg. von Johannes Brosseder / Athina Lexutt (Göttingen 1995) S. 4 0 - 6 5 = LuJ 4 8 (1981) S. 5 4 - 7 9
-
Luthers Tauflehre und seine Stellung zu den Täufern, in: Helmar Junghans (Hg.): Leben und Werk Martin Luthers von 1526 bis 1546. Festgabe zu seinem 500. Geburtstag, B d . 1 (Göttingen 1983) S. 1 1 9 - 1 3 8
317
V. Register
V. Register 1.
Sirach
Genesis 128 9„ 920-23 15(>
82 77f, 87, 125, 81 144
Deuteronomium 17
214
45 45 68 138 125, 188-92, 45, 47, 97 34 108f, 118 97 f, 117
Proverbien 6* 93 10,2 "3, 1223 135 19mfr 20, 2 28 3025
33,5
Matthäus 539.44 28 20 20 25 2223
128 38 135 59, 118 107 111 59 107 107 122 128
12,2
Galater 181
$22f
Epheser 67, 68,
4«
57 60 110»9 60, 62 60 69 110 67, 70, 60, 67 129
I3 24 28 2i,ff 2,4
Apostelgeschichte 5^9
83
Römer 1,7 1.9 2 •^24 5,, 714-1
85 10,o 13
/. 159
46
1,5
37 62
1 1 M
Korinther
8
Kolosser 46
38
54
Daniel 424
77 f, 86 108 83 , 109 77 31
Johannes
Jeremía 31
2. 127f
Lukas
Psalmen 51 67 68,9 6831 82 110 122 133
Bibelstellen
4,3 14
25 39f 241 247 38f 140, 142 186 186 25 39, 67f, 70-73, 76-83, 89, 125152, 187-99, 201, 206
Korinther 138 57, 214
2,8 223 3 45
1.
Timotheus
1,
63,242
32
57
6,7fr
46
Titus 19
57
1. Petrus 2
87
Hebräer 1 - 6 11,
54 37'-
318
Anhang
2.
Sachregister
Abendmahl 94, 101, 112, 113, 121, 164, 167, 193, 199-207, 208f, 215, 220, 225, 235, 246 Allegorie 19, 48, 104 Armenfursorge 131, 159 A u f r u h r 64, 7 6 - 7 6 , 87, 115, 120, 128, 156, 164, 168, 197-99, 203f, 206, 208f Bauernkrieg 8, 60, 81, 83, 112, 121 141 Bekenntnis 201 f, 203, 209, 215, 217, 2 2 3 - 2 7 , 231, 232, 235, 255 Beutelordnung, W i t t e n b e r g (1520/21) 131 Bildung 22f, 29, 43, 53, 58, 102, 124, 125f, 133, 147 Bischofsamt 92f, 1 1 8 - 2 0 , 2 1 4 B u n d , Saalfelder 2 3 3 ' " Bündnis, Breslauer 1 3 4 - 3 6 Bündnis, Schmalkaldisches 234 Bündnispolitik 40, 165 1 3 ', 168, 1 9 9 - 2 0 7 , 211, 212, 220, 232, 2 3 4 - 3 8 - u n d Bekenntnis 201 f, 203, 232, 2 3 4 - 3 8 B u ß e 43, 45, 59f, 62, 65, 102, 107, 124, 275 Catholica Responsio 223 5 6 Confessio Augustana 217, 222, 224f, 226, 227f, 235, 273 - Apologie 212 3 , 239, 273 C o n f u t a t i o 222, 223 5 6 , 228 Dekalog 56, 6 3 - 6 5 , 102, 105, 106, 124, 186, 194, 243, 245, 282 Dialektik 3, 7, 11-41, 55, 57, 141f, 146-52, 173-75, 178, 252, 2 5 9 - 6 3 - inventio 13f, 42, 46, 152, 264f - dispositio 13f, 42, 46, 57, 152, 264f - Logica vetus / nova 12 - Syllogismus 1 8 * , 29f, 31, 33, 38f, 145, 260, 262 2 9 , 273 -
u n d Erkenntnistheorie 33 f u n d Exegese 3 6 - 4 0 , 6 0 - 6 5 , 98f, 107, 1 4 1 46, 183-87, 272
-
und Rhetorik 41-44 siehe auch: M e l a n c h t h o n , Schriften
Epikie 4, 5 8 - 6 0 , 88f, 116, 118, 119f, 121, 195, 198, 241, 279 Epikureer 35, 178, 273 Ethik 2 7 - 2 9 , 3 4 - 3 6 , 1 2 7 - 3 1 - Arbeitsethik 2 7 - 3 1 - biblische 63, 105, 182, 193, 194-99, 206 - Nikomachische Ethik 99, 173, 1 7 6 - 8 1 , 2 3 9 42, 2 4 2 - 4 4 , 2 7 6 - 8 3
- officium u n d vocatio 71 f, 118 127 , 128f - politische 7 1 - 8 8 , 122-32, 176-81, 1 8 7 - 9 9 - Sittenzucht 100-102, 1 2 2 - 2 5 siehe auch: Dekalog Exegese 3 6 - 4 0 , 4 5 - 4 8 , 5 0 - 7 0 , 7 1 - 7 3 , 8 0 - 8 5 , 9 5 - 1 0 8 , 146-53, 158-61, 183-87, 188-99, 244-49 - Textgrundlage 54 1 2 , 69f, 105, 280 1 1 7 siehe auch: M e l a n c h t h o n , Schriften Frieden 59, 63, 7 1 - 7 9 , 98, 113f, 118f, 121, 129f, 135, 159f, 161-63, 2 1 2 - 1 7 , 220f, 237f siehe auch: Politik Frömmigkeit 101 50 , 122-27, 255 3 Fürstenspiegel 159, 161 Geist Gottes 3 6 - 3 8 , 62, 65, 98, 99, 110, 117, 177, 179, 181, 187 Gerechtigkeit 22, 25, 58, 6 1 - 6 3 , 143f, 159, 239-49 siehe auch: Epikie siehe auch: R e c h t f e r t i g u n g Gesetz 28, 38f, 56, 58, 60, 6 2 - 6 5 , 82, 101 f, 144f, 184f, 193, 245, 248, 275 - menschliches 67, 73, 80, 8 1 - 8 5 , 129, 241, 188-90, 193-99, 241 - mosaisches 56, 82f, 193-96, 143f - Naturrecht 82, 177f, 182, 241, 243 - triplex usus 64 5 7 Gütergemeinschaft 46, 115, 194, 278 Häresie siehe Kirche u n d Häresie Ideenlehre 179 32 Kaiser siehe Karl V. Kastenordnung / Leisnig (1523) 131 Kategorienlehre 21 f, 30, 33, 260 Kirche - Amter siehe Bischofsamt - Einheit / Eintracht 6, 64, 92, 99, 103, 108-17, 118, 138-58, 161-66, 226, 228 - Häresie 111-17, 156 - Reform 117-22 Kirchenväter 15, 94 Krieg 60, 74f, 134-36, 154, 167f, 204, 249 Konzil 5 9 3 \ 71, 93, 140, 154, 166, 167, 216, 228, 238 siehe auch: Religionsgespräch
V. Medizin 32, 33 Methodenlehre 31-36, 141 f, 171-87, 208f Nürnberger Anstand (1532) 6, 238 Obrigkeit - cura religionis 117, 120-22, 123-25, 189 - Friedenssicherung 71—76, 129f, 161-66, 212-17 - Kritik an der 81, 92, 192 - officium divinum 28 86 , 71-73, 81, 85-88, 219f - Sittenzucht 100-102, 122-25 - vicarii Dei 82, 124f, 188-92 Papst 20, 74™, 93, 103, 182 Philosophie 2", 24f, 26 80 , 36 131 , 176-83, 197, 205f, 225, 229f, 239f Politik 73-76, 1 3 4 - 7 0 , 2 1 1 - 5 0 - und Eintracht 64, 92, 99, 103, 108-17, 118, 138-58, 161-66, 226, 228 - und Theologie 71-79, 138-66, 187-207, 232-49 siehe auch: Frieden, Obrigkeit Predigtlehre 16, 19 41 , 125-27, 2 6 4 - 6 5 Priesterehe 91, 119, 215, 220, 222, 225, 241 Rechtfertigung 63f, 102, 124, 144-46, 172, 183-87, 196-99, 221, 239, 2 4 4 - 4 9 Rechtsprechung 73, 80-85, 123, 195f Rechtswissenschaft 34 R e f o r m des Studiums 11-13, 18 38 , 20, 25f, 29, 53 f, 147f Reichstag - Augsburg (1530) 2 1 1 - 3 2 , 2 4 7 — Melanchthons Sonderverhandlungen 217, 219-23 — Sonderverhandlungen 228f, 239, 247, 249 — Sonderverhandlungen des sächs. Kf. vor dem Reichstag 212—17, - Speyer (1526) 74, 136 - Speyer (1529) 116, 136-66, 172, 200 - Worms (1521) 237 Religionsgespräche 74, 92f, 158-66, 209, 2 1 2 18 siehe auch: Konzil Responsio Theologorum 223 5 6 Rhetorik 3, 7, 13-16, 18-20, 41-50, 57, 252 - Gattungen 15, 42, 45, 65, 98, 126, 185 - genus didascalicum 42, 126, 185 - genus iudiciale 44f, 126, 185
Register
319
- loci communes 14"', 19 40 , 48f, 61, 67, 71, 105, 106 74 , 107 - und Dialektik 4 1 - 4 5 - und Exegese 44-48, 56-60, 60-69, 98f, 141-46, 152, 183-87, 244f siehe auch: Erasmus, Schriften und Melanchthon, Schriften Römerbrief 32, 39, 44, 49, 67, 138-58, 1 8 3 87, 2 4 4 - 4 9 Saalfelder Bund (1531) 233 111 Schleitheimer Artikel (1527) 77 Schriftsinn, vierfacher 19, 47f, 103f, 126, 129 Schwabacher Artikel 201, 215, 217 3 0 Sonderverhandlungen siehe Reichstag, Augsburg Stoiker 35 Syngramma Suevicum (1525) 207 Synode siehe Religionsgespräch Taufe 43 , s '\ 101, 115 Täufer 46f, 77f, 101, 111-17, 140, 164, 167, 187, 193, 197, 236 Tetrapolitana (1530) 235 Todesstrafe 113-18 Torgauer Artikel 213, 217 3 " Türken 91, 136f, 237f Tugend 25, 35, 43, 177-81, 191, 240, 244 Universitäten - Bologna 146 - Ferrara 146 - Jena 95f, 134 - Köln 147-50 - Rostock 104 - Wittenberg 11, 5 2 - 5 5 siehe auch: R e f o r m des Studiums Ursünde 128, 180, 241 147 , 2 4 2 - 4 4 Visitationen, sächsische 8, 40, 95, lOOf, 1 0 8 31, 136, 213 - Visitationsartikel (1528) 101, 102, 124, 125 Widerstand 2 1 2 3 , 232-34, 2 3 4 - 3 6 Wille, freier 1, 60, 172«, 242f Wittenberg, sog. Unruhen 52 2 , I I I 9 6 Wormser Edikt 216, 218 Zinsnehmen 194 Zwei-Reiche-Lehre 7 6 - 7 9 , 82, 86-88, 233
320
Anhang
3. NamensAesticampianus (f 1520) 150 75 Agricola, Johann ( f l 5 6 6 ) 55, 59f, 88, 101, 264, 274, 275 Agricola, Rudolf (f 1485) 12f, 14, 16, 42, 48f, 50, 148, 151 - De inventione dialéctica 12f, 48, 148 Albert, Johann (|1538) 276, 280, 282, 287 Albrecht VII, Herzog von Mecklenburg (f 1547) 104 Albrecht, Erzbischof von Brandenburg und Mainz (f 1545) 4, 90-95, 113, 118127, 121, 131, 1342, 2 1 9f, 222 55 , 236, 238, 249, 272 Albrecht, Graf von Mansfeld ( f l 5 6 0 ) 154, 155, 235 Amsdorf, Nikolaus ( f l 5 6 5 ) 111 % , 129 Anna von Wied 15387 Ansbach 2173", 234 112 Anshelm, Thomas (f 1523) 266 44 Arandt, Charles P. 212 3 Aristoteles ( f 3 2 2 v. Chr.) 12, 14f, 17f, 24-31, 50, 147, 174, 176-83, 19082, 194'", 239-44, 261, 275-83 - Methodenlehre 31 - Nikomachische Ethik 99, 173, 176-81, 23942, 242-44, 276-83 - und Theologie 18, 25f Arius (|335) 58, 111, 172 Arnold von Wesel (f 1534) 14867, 219 Ashworth, EarlineJ. I 2 Augsburg 205, 212-32 Augustijn, Cornelis 1724 Augustin, Aurelius (f430) 64, 245 163 Aulinger, Rosemarie 225"', 2 3 8 m Avicenna ( f l 0 3 7 ) 32 Barton, Peter F. 1 \ 52 2 , 96 25 Bast, Robert James 1 9 4 " Bauer, Barbara 4415i>, 226 77 Baumgartner, Hieronymus ( f l 5 6 5 ) 108, 201, 205 Bernhardi, Johannes aus Feldkirch ( f l 5 5 1 ) 901, 96 Berwald, Olaf l 2 , 263 Beutel, Albrecht 6 1 " Beutelhans, aus Königsberg / Franken (f 1527) 113 Boethius (f 524) 151 Böttcher, Diethelm 211 3 , 215 18 Bonfiglio, Luca (Bonfio) aus Padua (t 1540) 221 Borth, Wilhelm 164 126
und Ortsregister Botho, Graf von Stolberg ( f l 5 3 8 ) 91 5 , 150 Brecht, Martin 109 85 Brenz, Johannes ( f l 5 7 0 ) 207, 236, 2 1 2 \ 246, 273 Brück, Gregor ( f l 5 5 7 ) 166135, 213' ; , 215 18 , 230 95 , 231, 234 Bugenhagen, Johannes ( f l 5 5 8 ) 95, 96 23 , 10148, 103 61 , 114, 217 29 Busche, Hermann von (f 1534) 147 6 ' Caesarius, Johannes ( f l 5 5 0 ) 1338, 148-55, 156 Laube, Adolf 134 2 Lefevre d'Etaples (+1536) 146 56 Leiner, Martin 2 3 Lieberg, Hellmut 118 126 Lienhard, Marc 117 119 Loehr, Johanna 229 91 Loersfelt, Johann (tätig 1527/28) 274 Lohse, Bernhard 212 3 Lotter, Melchior, d j . (+1542) 259f, 263, 264, 275 87 , 277 Lotter, Michael (f 1554/55) 2 6 3 , 2 7 5 Ludwig V., der Friedfertige, Pfalzgraf (+ 1544), Kurfürst seit 1508 70 92 , 236 Luther, Martin (+1546) 1, 18, 21, 25-27, 38 133 , 52-54, 69 86 , 60f, 85-88, 91, 95, 101 48 , 103 61 , 114, 118, 120, 122, 125, 135, 167, 168, 172, 176, 188-92, 200, 201, 202, 204, 208f, 216, 217 , 222, 223-27, 229 21 , 232f, 235, 236, 238' 3 0 , 239, 253, 255 — Schriften - An die Gemeinde in Halle (1527) 91 - Der 82. Psalm (1530) 191-92 - De servo arbitrio (1525) 37 132 - Bauernschrift (1525) 87 - Von weltlicher Obrigkeit (1523) 86 - sog. Trostbriefe 225 f - Zwei Reiche Lehre 8 5 - 8 8
Mack, Peter l 2 Magnus von Mecklenburg (+1550), Bischof von Schwerin 102-104, 118 127 , 124, 189 Marburg 202, 203, 205, 209 Maurer, Wilhelm l 2 , 48 1 7 ', 52 2 Maurus, Bernhard (+1519) 264 McNally, J . R . I 2 , 263 Melanchthon, Philipp (+1560) - Fremdveröffentlichung 54f, 100, 139, 239f, 268 - Quellenlage 2, 2 5 6 - 8 6 - Schriften - Abendmahl (1530) 101, 165 131 , 2 0 5 f - Adversus Anabaptistas iudicium (1528) 77' 1 9 - Antrittsvorlesung (1518) l l f , 24 - Bauernschrift (1525) 70 92 , 84 - Daniel 158-66, 2 6 9 f - Dialektik (1520) 16-18, 2 6 0 f - Dialektik (1527) 21-23, 55, 80, 125, 261 - Dialektik (1528) 23, 29-31, 125, 150f, 162, 261 f - Dialektik (1529) 31-40, 97, 141, 173-75, 262f - Epitome ethices (1532) 2 8 2 f - Ethik (1529) 34, 173, 176-81, 2 7 6 - 7 8 - Ethik (1531) 82 143 , 239-42, 279 - Ethik (1532) 242-44, 279-81 - Die historiTh. Müntzer (1525) 70 92 , 79, 81 - Kolosser (1527) 22, 52-89, 127, 187, 274 - Kolosser (1528) 83 148 , 96, llOf, 125f, 129, 187, 2 7 4 f - Loci communes (1521) 1, 28 8f ', 217 29 - Politik (1530) 83 148 , 165, 173, 182f, 189f, 192-99, 2 7 8 f - Predigtlehre (1529) 47 142 , 127-29, 2 6 4 f - Proverbien (1529) 58f, 99-107, l l l f , 119f, 122f, 127-31, 269 - Psalmen (1528) 96-99, 108f, 117f, 267 - Quare fide iustificemur (1531) 241 f - Rede über die Gesetze (1523/24) 28 - Rede wider das Papsttum (1521) 20 - Rede über die Dialektik (1528) 23 M - Rhetorik (1519) 13-16, 26, 2 6 3 f - Rhetorik (1521) 18-20, 23, 264 - Rhetorik (1531) 41-49, 265 - Römerbrief (1529) 39, 1 3 8 - 5 8 , 2 7 1 - Römerbrief (1530) 39, 139, 173, 183-87, 189f, 192-99, 228, 2 7 1 f - Römerbrief (1532) 39, 80 131 , 244-49, 272f - Thesen zur Rechtfertigung 221
V. Register -
Widmungen - an Erzbischof Albrecht von Mainz 4, 9 1 95, 113, 238, 249, 272 — an Hermann von Neuenahr 137, 139, 141-58, 183 - an König Ferdinand 9, 137, 1 5 8 - 6 6 - an Magnus von Mecklenburg 1 0 2 - 1 0 4 — an Ulrich Schilling 183
— an Wilhelm Reiffenstein 23 f - Zwei Reiche Lehre 7 6 - 7 9 , 82, 8 6 - 8 8 , 233 Menius, Justus ( f 1558) 268 Menser, Andreas 130 Merklin, Balthasar ( f 1531) 154 Metz, Burkhart 113 Meuthen, Erich 146 5 5 Morhart, Ulrich (f 1554) 266 Mosellan, Peter (+1524) 18, 147 Mühlenberg, Ekkehard 26™ Müller, Gerhard 218 3 2 Müntzer, Thomas ( f 1525) 58, 78f, 83 1 4 8 , 88, l l l f , 164, 175 - Fürstenpredigt (1524) 78f, 164 Musa, Anton ( f 1547) 161 Myconius, Friedrich (+1546) 116, 136 9
323
Quintilian (+um 96) 14 1 6 , 17, 27, 260 Raeder, Siegfried 2\ 69 8i ' Ramus, Peter (+1572) 33 U I 8 Raytherus, Felix 27 8 4 Regensburg 237 1 2 7 Reiffenstein, Albrecht 265 Reiffenstein, Johannes 265 Reiffenstein, Wilhelm (*1482, +unbek.) 23, 91 5 , 150, 262, 265 Resch, Konrad 2 7 9 ™ Rhau, Georg (+1548) 263, 265 Rhode, Franz (+1559) 166 1 3 2 , 269 Rhodos 91 Risse, Wilhelm 33 1 0 8 , 148 ( ' 5 Roth, Stephan (+1546) 5 4 " , 284 Rummel, Erika 12 8 , 17 33
Philipp (+1567), Landgraf von Hessen seit 1509 70, 7 3 - 7 6 , 93, 134-36, 138 1 8 , 165 13 ", 166, 202f, 207, 220, 223f, 270 Planitz, Hans von der (+1535) 95 Piaton (348/7 v.Chr.) 22, 27 8 3 , 38, 31, 179,
Sachse, Melchior (+1551) 268 Sallust (+35 v. Chr.) 98 Sandaeus, Felinus (+1503) 232 Sarcerius, Erasmus (+1559) 4 3 1 5 \ 45 1 6 2 Schäfer, R o l f 1\ 272 Schappeler, Christoph (+1551) 83 1 4 8 Scheible, Heinz 2, 26™, 52 2 , 85 1 5 4 , 2 7 8 " Schilling, Ulrich 183, 278, 280, 2 8 1 f Schirmer, Arno l 3 Schiaich, Klaus 167 1 3 6 Schleiz 202, 203 Schmalkalden 234, 235 Schmid, Erasmus 138 1 9 Schneider, John R . I 3 Schnell, Uwe 16 2 3 , 125' 5 8 Schnepf, Erhard (+1558) 205, 207 Schreiner, Wolf (+1527) 113 1 0 4 Schubert, Hans von 201 1 2 8 Schuldorp, Marquard (+1529) 129 Schulze, Manfred 94 1 7 Schulze, Winfried 1 9 9 1 , 8 Schurff, Hieronymus (+1554) 95 Schwarz, Reinhard 212 3 Schwarzenau, Paul 85 1 5 4 Schweinfurt 236, 237 1 2 7 Schwertfeger, Johann 261 Seebaß, Gottfried 117 1 2 1 Setzer, Johannes (+1532) 21, 31, 55, 91, 96f, 100, 139, 160, 239f, 259, 261 f, 263, 264, 266f, 268f, 270f, 272, 276, 2 7 8 f — Widmung an J. Lachmann 9 6 f Sick, Hansjörg 1\ 70 8 8 Singer, Bruno 159 1 0 9
278, 280 Porphyrios (+ um 304) 12 Prantl, Carl 12 8
Spalatin, Georg (+1545) 21, 52, 101 4 8 , 227 8 1 Spengler, Lazarus (+1534) 2 0 3 , 2 6 7 Stadian, Franz 24
Nauert, Charles 146 5 5 Neuhaus, Helmut 212 3 Neunstetten, Hans von 136 9 Neuser, Wilhelm H. 26 8 ", 165 1 3 1 , 171' Nürnberg 205, 217 3 0 , 234 1 1 2 , 237 1 2 7 Oberman, Heiko A. 195 K ", 228 8 5 Oekolampad, Johannes (+1531) 13, 172 4 , 207 Ong, Walter J. 3 2 l u 8 Origenes (+254) 56, 186f, 208, 245, 273 Orlamünde 108, 131 Ottmars, Johann (tätig 1498-1514) 266 4 4 Oyer, J o h n S . 117' 1 9 Pack, Otto von (+1537) 1 3 4 - 3 6 Parker, D.C. 274 Pegel, Conrad (+1567) 103 5 6 , 103 5 8 Peters, Christian 212 3 , 225 6 6 , 241 1 4 7 Petersen, Peter 41 14