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German Pages 320 Year 2022
NORDAFRIKA UND NAHOST IM KAMPF FÜR NATIONALE UND SOZIALE BEFREIUNG
S T U D I E N ZUR G E S C H I C H T E ASIENS, AFRIKAS UND LATEINAMERIKAS Herausgegeben von
W A L T E R MARKOV in Verbindung m i t Manfred Koeeok u n d L o t h a r R a t h m a n n
Rand 19 Nordafrika und Nahost im Kampf für nationale und soziale Befreiung
NORDAFRIKA UND NAHOST IM KAMPF FÜR NATIONALE UND SOZIALE BEFREIUNG
AKADEMIE - VERLAG 19 6 8
•
BERLIN
Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin
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Erschienen i m Akademie*Verlag GmbH» 108 Berlin, Leipziger Straße 3—4 Copyright 1968 b y Akademie-Verlag G m b H Lizenznummer: 202 • 100/40/68 Gesamtherstellung: V E B Druckerei „ T h o m a s Müntzer", 582 Bad Langensalza Bestellnummer: 2091/19 • ES 14 D / F 24,50
I n h a l t
Vorwort Manfred Voigt Die Hauptlinien und -probleme der ägyptischen Wirtschaftsentwicklung von 1952 bis 1956 Lothar Rathmann / Armin Börner Die antiimperialistische demokratische Einheitsfront der Volkskräfte in der Vereinigten Arabischen Republik
. . 7
9
46
Horst Grienig Probleme der genossenschaftlichen Entwicklungen den Ländern des arabischen Ostens unter besonderer Berücksichtigung der VAR
103
Herrmann B. Daubert Der Mechanismus der obersten Staatsorgane Algeriens nach der Verfassung von 1963
140
Gert Kiick Zum Problem der interarabischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit
185
Günter HUbner Zu den Außenhandelsbeziehungen der sozialistischen Staaten mit den Entwicklungsländern unter besonderer Berücksichtigung der VAR, des Irak und Syriens
224
Günter Bartel Die türkischen Industrialisierungsbestrebungen der Gegenwart
258
V o r w o r t
Seit dem Morgen des 5. Juni 1967, an dem israelische Bomben den Frieden im Nahen Osten störten und die Gefahr eines allgemeinen Weltbrandes heraufbeschworen, verfolgen Freund und Feind der nationalen Befreiungsbewegung der arabischen Völker, die ihrer bisher härtesten Belastungsprobe ausgesetzt ist, mit wachsender Aufmerksamkeit die Entwicklung in dem traditionsreichen Gebiet zwischen Marokko und Irak. Noch ist die Entwicklung im Fluß, noch stehen die Aggressoren 120 km vor Kairo und 55 km vor Damaskus. Eine Analyse der Hauptereignisse der letzten Monate läßt jedoch bereits folgende Schlußfolgerungen zu: Der Überfall Israels auf die arabischen Staaten, die eine der größten Abteilungen der nationalen Befreiungsbewegung darstellen, ist weder auf ein tragisches Mißverständnis noch auf Fehlkalkulationen zurückzuführen. Er war vielmehr das Resultat einer genau geplanten imperialistischen Provokation gegen den sozialen Fortschritt, ein Bestandteil des Klassenkampfes des historisch zum Untergang verurteilten Imperialismus gegen den weltweiten Übergang der Völker vom Kapitalismus zum Sozialismus. Diese Aggression sollte die nationale Befreiungsbewegung der arabischen Völker torpedieren, die fortschrittlichen Regierungen in der Vereinigten Arabischen Republik und in der Syrischen Arabischen Republik stUrzeh, die arabische Einheit untergraben sowie die gesetzmäßige Ausbreitung von Demokratie und Sozialismus und damit die Schwächung des Einflusses des Weltimperialismus und die weitere Dezimierung seines Herrschaftsgebietes verhindern. Israel war ein Werkzeug der mächtigeren imperialistischen Staaten, vor allem der Ölgesellschaften und der Generale des Pentagon sowie der Militaristen von Rhein und Ruhr. Die von der Aggression betroffenen arabischen Staaten erlitten eine schmerzliche militärische Niederlage. Ihre Ursachen sind in einer Kombination verschiedener Faktoren zu suchen, die schlagartig sowohl die Gefährlichkeit der imperialistischen Globalstrategie mit ihrer generalstabsmäßigen Vorbereitung auf die Aggression als auch die Widersprüche innerhalb der arabischen Staaten und zwischen ihnen sichtbar werden ließen. Aber sein strategisches Hauptziel, den Abbruch der nichtkapitalistischen Entwicklung im arabischen Osten, hat der Imperialismus nicht zu erreichen vermocht. Diese fortschrittsfeindliche Ambition scheiterte an der verantwortungsbewußten Haltung des sozialistischen Lagers unter Führung der Sowjetunion, das sich als fester Rückhalt der nationalen Befreiungsbewegung erwies, sowie an den arabischen Volksmassen, die ihrer Rolle als Haupttriebkraft der sozialen Revolution im entscheidenden Augenblick gerecht wurden. Auch wenn in dem vorliegenden Sammelband diese aktuellen Auseinandersetzungen zwischen Reaktion und Fortschritt unberücksichtigt bleiben mußten, wird doch durch die Analyse des Kampfes der Völker Nordafrikas und des Nahen Ostens um den sozialen Fortschritt der gesetzmäßige Prozeß des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus in dieser Region erhellt, gegen den die Weltreaktion vergeblich anzurennen versucht.
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Vorwort
Der hier vorgelegte Band ist das Ergebnis einer Gemeinschaftsarbeit von Wirtschaftswissenschaftlern, Historikern und Rechtswissenschaftlern des Orientalischen Instituts der Karl-Marx-Universität Leipzig; seine Beiträge umfassen sowohl innere Entwicklungsprozesse als auch die Wechselwirkung zwischen der nationalrevolutionären Emanzipation und den beiden Weltsystemen. Im. Mittelpunkt des Bandes steht die Analyse verschiedener Aspekte der ägyptischen Revolution. Das Verständnis der gegenwärtigen Problematik wird durch eine wirtschaftshistorische Betrachtung der Zeit zwischen 1952 und 1956 erleichtert. In dieser Zeit bereiten die "Freien Offiziere" den Übergang von gesetzgeberischen Eingriffen des Staates in das wirtschaftliche Leben bis zu dessen Auftreten als Wirtschaftssubjekt vor. Eine weitere Untersuchung läßt die tragenden Kräfte der ägyptischen Revolution und die Herausbildung der antiimperialistischen demokratischen Einheitsfront beim Übergang zur nichtkapitalistischen Entwicklung deutlich werden. Eine dritte auf die VAR orientierte Arbeit würdigt die Rolle des Genossenschaftswesens im gesellschaftlichen Produktionsprozeß, insbesondere die Herausbildung bestimmter Formen neuer Produktionsverhältnisse in Gestalt der Agrarreformgenossenschaften. In den weiteren Beiträgen werden der Mechanismus der obersten Staatsorgane Algeriens nach der Verfassung von 1963, die Problematik der interarabischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit, die Außenhandelsbeziehungen zwischen den sozialistischen Ländern und der VAR, Irak und Syrien, die den Industrialisierungsprozeß intensiv stimulieren und die Bindungen an das kapitalistische Weltwirtschaftssystem mindern, sowie Entwicklungstendenzen in der TUrkei beleuchtet. Möge dieses Buch als ein bescheidener wissenschaftlicher und politischer Beitrag zur Würdigung des Kampfes der Völker Nordafrikas und des Vorderen Orients für Demokratie, sozialen Fortschritt und Frieden betrachtet werden. Die Autoren sagen Dank dem Akademie-Verlag für die Drucklegung des Werkes und Frau Henny Blunck, Hauptsachbearbeiterin des Orientalischen Instituts, für ihre wertvolle Hilfe.
Prof. Dr. Lothar Rathmann Direktor des Orientalischen Institus der Karl-Marx-Universität Leipzig
MANFRED VOIGT Hauptlinien und -probleme der ägyptischen Wirtschaftsentwicklung von 1952 bis 1956
Die wirtschaftliche Situation im Revolutionsjahr 1952 Unter den Staaten und Wirtschaftsgebieten des afrikanischen Kontinents nahm Ägypten am Beginn der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts - sieht man von der damaligen Südafrikanischen Union ab* - hinsichtlich der Entwicklung seiner Ökonomie die führende Stelle ein. Diese Tatsache, die in der gesamten einschlägigen Literatur übereinstimmend konstatiert wird, setzt f ü r die Untersuchung einen bestimmten Ausgangspunkt. Wird zudem der Blick Uber Afrika hinaus auf die arabischen Länder des Nahen Ostens gelenkt, deren Gesamtheit Ägypten ebenfalls zuzurechnen ist, so ist auch dort der wirtschaftlich und politisch erste Rang des Nillandes unbestritten. Allein bereits der Vergleich dieses unter ähnlich gearteten Bedingungen führenden Landes mit den fortgeschrittenen Industriestaaten der Erde offenbart die bestehenden Unterschiede und zeigt die Relativität des oben Gesagten. Eine in bezug auf andere afro-asiatische Gebiete entwickeltere Wirtschaft läßt Ägypten doch im Vergleich zu vielen Staaten Europas oder den USA eindeutig als Entwicklungsland in der Weltwirtschaft erscheinen. Eine bestimmte Entwicklungsstufe von Landwirtschaft und Industrie läßt sich noch keinesfalls identifizieren mit guten Voraussetzungen für eine günstige oder gar leichtere Weiterentwicklung der Wirtschaft. Vorhandene Industrie darf nicht mit allseitiger, proportionale nicht mit ausreichender Industrie, auf dem Weltmarkt bekannte und anerkannte landwirtschaftliche Produktion (d. h. ägyptische Baumwolle) nicht mit hochentwickelter Landwirtschaft gleichgesetzt oder gar verwechselt werden. Die Wirtschaft insgesamt war unterentwickelt, im Wechselverhältnis mit den politischen Zuständen im Staat rückständig. 2 Nüchterne Wirtschaftszahlen beweisen das. Auch eine in begrenztem Maße positive Entwicklung während des zweiten Weltkrieges und in den darauffolgenden Jahren ändert diese Einschätzung nicht, obwohl sie Ägypten die eingangs erwähnte führende Stellung im afrikanisch-asiatischen Raum einnehmen ließ. 3 Im Gegenteil, an der Wende der vierziger zu den fünfziger Jahren griff wieder eine rückläufige Tendenz Raum. 1. Die Landwirtschaft Wie im Jahrhundert vorher, so war auch noch 1952 der agrare Sektor Hauptzweig der ägyptischen Volkswirtschaft. 63,1 % der Bevölkerung waren
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Manfred Voigt
in ihm tätig; er produzierte 44,1 % des Nationaleinkommens. ^ Um so schwerwiegender ist deshalb'der Umstand, daß sich seine Produktion bis 1952 nur wenig Uber das Vorkriegsniveau erhob. Setzt man den Durchschnitt der Jahre 1935 - 1939 gleich 100, so ergibt sich für den vergleichbaren Zeitraum 1948 - 1952 folgender Index: Tabelle 1 Landwirtschaftliche Produktion Ägyptens 1948 - 1952 (1935 - 1939 = 100) 1948 1949 1950 1951 1952
111 109 108
105 110
Quelle: Auszugsweise nach A. Rahm an, A Survey of Foreign Trade of Egypt in the post-war period, Kairo 1959, S. 23. Weist diese Tabelle ein - wenn auch jährlich erntebedingt unterschiedliches - höheres Ergebnis als in den Vorkriegsjahren aus, so ist die reale Situation wesentlich schlechter, ja sogar ungünstiger als vor 1939. Dafür seien einige Faktoren genannt. Ohne daß an dieser Stelle näher auf das g e n e r e l l e Zurückbleiben der Landwirtschaft im Wachstum der Volkswirtschaft Ägyptens eingegangen werden soll (es wird im nächsten Abschnitt "Industrie" vergleichsweise sichtbar gemacht), gibt es sowohl ökonomische als auch politische Momente bzw. das Zusammenwirken beider als gesellschaftliche Faktoren, die die kommerziellen Ergebnisse des Agrarsektors so gering sein ließen. Sie führten dadurch die gesamte Wirtschaft Ägyptens in eine äußerst prekäre Lage. Die folgende Übersicht verdeutlicht zunächst die Nachkriegsentwicklung der Landwirtschaft hinsichtlich der Hauptanbauprodukte. Sie läßt den Schluß einer Reorientierung auf Vorkriegsverhältnisse - bei einigen Einschränkungen - zu.
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Ägyptische Wirtschaftsentwicklung 1952-1956 Tabelle 2
Prozentualer Anteil der Hauptanbauarten der ägyptischen Landwirtschaft an der Gesamtfläche im Zeitraum von 1935/39 bis 1950/51 Art
1935/39
1942/43
1950/51
Baumwolle Mais Weizen Klee Hirse Reis Bohnen Gerste Verschiedenes
21 19 17 20 4 5 5 6 3
8 21 21 18 8 7 4 5 8
21 16 15 24 5 8 4 1 6
Quelle: Ch. Issawi, Egypt in Revolution. An Economic Analysis, London/New York/Toronto 1963, S. 138 (auszugsweise). Issawi meint dazu, daß die ägyptische Landwirtschaft damit zu ihrem normalen Schema zurückgekehrt sei.5 Dem kann bei näherer Prüfung der gegebenen Bedingungen nur bedingt zugestimmt werden. Selbstverständlich war es richtig, die durch die Kriegsereignisse erzwungene Deformierung der Anbaustruktur zu ändern und sie teilweise stärker als in den Vorkriegsjahren exportorientiert zu entwickeln (Reis). Gleichzeitig wurde diese Umorientierung mit einem erheblichen Abfall der Anbaufläche für Nahrungsmittel des Binnenmarktes erkauft. Diese erste sich auftuende Kluft konnte aus zwei Gründen nicht geschlossen werden. Erstens: Die Produktion pro Flächeneinheit war nicht genügend gestiegen bzw. sogar gesunken, wie folgende Tabelle sichtbar macht: Tabelle 3 Entwicklung der Ernteerträge Ägyptens von 1934/38 bis 1952 (in dz/ha) Art
1934/38
1948
1949
1950
1951
1952
Baumwolle Weizen Mais Reis Gerste Bohnen
5,4 20,1 24,9 34,9 19,8 17,9
6,6 17,0 21,6 39,6 18,2 17,2
5,4 19,6 19,9 39,6 19,5 18,0
4,6 17,7 21,4 42,2 18,6 13,3
4,4 19,2 20,4 30,3 20,1 17,3
5,4 18,5 21,0 32,9 20,5 16,7
Quelle: Zusammengestellt nach Länderbericht Ägypten 1958, hrsg. vom Statistischen Zentralamt der Bundesrepublik, Wiesbaden, S. 23/24
Manfred Voigt
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Läßt man vorerst die Ertragsentwicklung bei Baumwolle unberücksichtigt, so ist das Ergebnis eine deutliche Verminderung der Nahrungsmittelproduktion. Da die höheren Erträge bei Reis zunehmend in den Export eingehen, bleibt als einzige Verbesserung die des Durchschnittsertrages 1948 - 1952 bei der relativ unbedeutenden Gerste. Alle anderen Arten erreichten nie das Vorkriegsniveau. Hinzu kommt, daß - keineswegs nur witterungsbedingt - die Erträge pro Einheit im Jahre 1952 teilweise wieder absinken. Somit reduzieren sich die vorn dargestellten etwas erhöhten Indexzahlen auf die gewachsene .Gesamtackerfläche 6 bzw. auf höhere Erlöse bei Baumwolle, d. h. auf ein leichtes Ansteigen des Produktionswertes, basieren also nicht auf einer realen Steigerung der Produktion. Deshalb kommt doppelt erschwerend als zweiter Grund das rasche Bevölkerungswachstum Ägyptens im Untersuchungszeitraum in Anrechnung. Tabelle 4 Wachstum der ägyptischen Bevölkerung Jahr
Einwohner (in Mill.)
1937 1947 1952
15,93 19,02 21,47
Quelle: Department of Statistics, Population Census, Kairo 1937 und 1947; Department of Public Mobilization and Statistics, Statistical Pocket-Book 1952 - 1963, Kairo 1964, S. 11 Somit steht 1952 einer um höchstens 10 % gestiegenen Agrarproduktion (die nicht im vollen Umfang des Zuwachses Nahrungsmittelproduktion ist) ein Bevölkerungswachstum von rd. 5,5 Mill. Menschen = 34,6 % mehr als im Basisjahr gegenüber. Da ferner die Zahlen des Zensus von 1937 einen Anteil der Stadtbevölkerung von 24 % an der Gesamtheit, die des Zensus von 1947 30 % und die Zählung I960 sogar 37 % ausweisen (wobei im Trend das Jahr 1952 etwa bei 32 % liegen dürfte), ergeben sich für 1937 3,82 Mill, städtische Bevölkerung, für 1952 ca. 6,87 Mill. Diese rasche Steigerung der Urbanen Bevölkerung Ägyptens wirft zusätzliche Probleme bei der Betrachtung der agraren Produktion auf, da man annehmen darf, daß mithin fast drei Fünftel des Bevölkerungszuwachses (der zu Lasten der Städte geht) mit Nahrungsmitteln versorgt werden muß, ohne daß er zu deren Produktion unmittelbar zur Verfügung steht. Eine natürliche Folge dieser Situation war das schnelle Steigen der Nahrungsmitteleinfuhren. Grienig gibt dafür folgende Zahlen:?
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Ägyptische Wirtschaftsentwicklung 1952-1956 Tabelle 5 Exporte Importe (in Mill. i E ) 1940 1945 1950
4,7 6,1 11,0
3,3 9,6 45,7
Quelle: Economic Bulletin, National Bank of Egypt, Bd 17 Nr 2, Kairo 1964, S. 225. Bei einer Spezifikation dieser Zahlen zeigt sich, daß 1952 bei Weizen das Eigenaufkommen Ägyptens nur noch 60,5 % betrug und bereits neben 710 000 t Rohweizen auch 144 000 t Mehl importiert werden mußten. 8 An eine einigermaßen ausreichende Eigenversorgung war also nicht mehr zu denken. Als weiterer ungünstiger Faktor kommt die in der ägyptischen Gesellschaftsordnung begründete reaktionäre, wirtschaftlich überholte und untaugliche Agrarstruktur innerhalb der Landwirtschaft hinzu. Tabelle 6 Besitz- und Betriebsgrößenverhältnisse in der ägyptischen Landwirtschaft 1939 Feddan
1952
Zahl der Fläche % der Besitzer insgesamt Gesamtin 1000 i. 1000 Fedd. fläche
bis 5 2323 5-10 85 1 0 - 20 40 20 - 50 21 50 - 100 ) 100 - 200 ) 12 über 200 2481
1893 569 549 646
32,4 9,7 9,4 11,1
2180
37,4
5837
100,0
Zahl der Besitzer in 1000
% der Fläche insgesamt Gesamti.1000 Fedd. fläche
2642 79 47 22 6 3 2
2122 526 638 654 430 437 1177
35,4 8,8 10,7 10,9 7,2 7,3 19,7
2801
5984
100,0
Quelle: Economic Bulletin, a. a. O., S. 234. Die Schlüsse aus diesen statistischen Angaben lassen wiederum keine Verbesserungen, wohl aber Verschlechterungen in der inneren Struktur der Landwirtschaft als - das sei nochmals betont - Hauptzweig der ägyptischen Ökonomik erkennen. Der höchste Zugang an Menschen ist in der Betriebsgrößenklasse bis 5 Feddan festzustellen. Er beträgt über den zweiten Weltkrieg hinweg 319 000 Besitzer von 320 000 in der gesamten Landwirtschaft. Das müßte entsprechend der durchschnittlichen Familiengröße im ägyptischen Dorf ein Zuwachs von
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Manfred Voigt
etwas mehr als 2 Millionen Menschen im Agrarsektor sein. Diese Zahl korrespondiert mit dem städtischen Zuwachs (3 Millionen) und stimmt mit dem Gesamtzuwachs von rd. 5,5 Millionen überein.® Da gleichzeitig die Kulturfläche nur um rd. 150 000 Feddan stieg, liegt - verglichen mit den landwirtschaftlichen Ergebnissen - auf der Hand, - daß ein Absinken der Produktivität Tatsache ist, - daß ein höherer Besatz an Arbeitskräften pro Feddan vorhanden ist, der zu einer volkswirtschaftlich unrentablen Unterbeschäftigung oder versteckten Arbeitslosigkeit führte, - daß die mit Menschen übersättigten Kleinbetriebe weniger für den Markt produzieren (bei gleichzeitiger Senkung des Lebensniveaus, da trotz höherer Kopfzahl bei Strafe der physischen Liquidierung doch noch ein Minimum für den Markt produziert werden muß), - daß eine Abwanderung vom Land die Problematik noch verschärft, solange die städtische Wirtschaft nicht in der Lage ist, diese Arbeitskräfte zu absorbieren, und zwar vorwiegend produktiv. Zum 'anderen gab es eine weitere, ökonomisch zweiseitige und in sich gegenläufige Tendenz. Nach der technischen Normalisierung des weltwirtschaftlichen Austauschs etwa 1948 fanden die Baumwollproduzenten der Erde für ihre Produkte einen günstigen Absatzmarkt vor. Der Nachholebedarf der meisten Länder und die zeitweise Konjunktur auf Grund des sogenannten KoreaBooms schufen erhöhte Nachfragen und damit einhergehend ein höheres P r e i s niveau. Ein Ergebnis waren höhere Erlöse, ein anderes - abgeleitetes höhere Bodenpreise, die zudem bei anhaltender Baumwoll-Hausse oftmals der Spekulation verfielen. Dem standen, verursacht durch den kapitalistischen Preismechanismus, höhere Preise für landwirtschaftliche Maschinen, Düngemittel usw. entgegen*®, d. h. auch die Produktion verteuerte sich. Für die ägyptische Agrarproduktion berechnet Issawi folgendes:
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Ägyptische Wirtschaftsentwicklung 1952-1956 Tabelle 7 Vergleich des landwirtschaftlichen Einkommens 1935 39 und 1952 (in Mill. tiE, in 1952er Preisen)
Bruttoeinnahmen*
1935-39
1952
340,4
381,8
. / . Ausgaben: Arbeitskraft Maschinen Futter ehem. Düngemittel Saatgut
29,1 7,2 79,1 22,7 24,0 1,6
Verschiedenes 97,3
163, 7
Nettoeinnahmen
243,1
218, 1
. / . Bodenrente
140,9
150, 6
Reineinkommen
102,2
67, 5
Ausgaben insgesamt
+ = einschließlich tierischer Produktion Quelle: Ch. Issawi, Egypt in Revolution, a. a. O., S. 154 (gekllrzt). Unter diesen Bedingungen waren die Großgrundbesitzer schon seit einigen Jahren stärker zur Verpachtung des Bodens in kleinen Parzellen Ubergegangen. Sie konnten dadurch die heftig gestiegenen Ausgaben in allen Positionen für sich weitgehend eliminieren, sich aber gleichzeitig in den vollen Genuß der ebenfalls höheren Grundrente bringen. Mehr noch: Sie stellten innerhalb der ägyptischen Pachtgesetze und -traditionen meist den kleinen Pächtern Maschinen, Saatgut und Futtermittel zur Verfügung und brachten das, was normalerweise steigende Ausgaben für sie dargestellt hätte, über die Verpachtung als eigenen Gewinn ein, wobei nicht selten mangels Zahlungsfähigkeit des Pächters dessen Ernte Eigentum des Großgrundbesitzers wurde. So nimmt es nicht wunder, daß bei der Masse der Kleinst- und Kleinbesitzer die Produktivität noch weiter absank und die ökonomischen Fesseln in starkem Maße zu gesellschaftlichen wurden. Feudale und Großgrundbesitzer neigten aber unter solchen attraktiven Bedingungen noch weit weniger als sonst dazu, ihre agraren Gewinne in der Industrie anzulegen. Bodenspekulationen in agrar- und bauunternehmerischer Sicht hatten eindeutig den Vorrang. Daraus folgte, daß die Ausfuhr u n b e a r b e i t e t e r , d. h. Rohbaumwolle im Vordergrund stand. Und gerade diese Tatsache hatte ihre negativen Rückwirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft. Hier lag die Achillesferse der zunächst richtig erscheinenden Devise, daß eine Verstärkung des Baumwollanbaus einer verstärkten Erzeugung von Nahrungsmitteln vorzuziehen sei. Eine Entscheidung, die man nicht einfach als falsch abtun kann.
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Manfred Voigt
Sie mußte jedoch zu einer ernsten Lage, wenn nicht zur volkswirtschaftlichen Katastrophe führen, wenn sie sich überwiegend auf die Ausfuhr von Rohbaumwolle stützte. Wie wir aus den Zahlenangaben bereits an dieser Stelle ermessen können, wurden die Deviseneriöse zu einem guten Teil durch die gestiegenen Importpreise für Maschinen und Düngemittel11 aufgebraucht (es wird im Abschnitt 3 näher zu belegen sein). Und während die Werte der Baumwollausfuhren um 1952 nicht mehr wesentlich anstiegen, nahmen die Nahrungsmittelimporte ständig größeren Raum ein. Eine ausgleichende exportorientierte Industrie aber fehlte fast völlig, und die Kapitalwanderung der Landwirtschaft ließ keine reale Möglichkeit für den raschen Aufbau solcher Zweige erkennen, nicht einmal für die Textilindustrie. So hat Issawi wohl formal recht: Das Vorkriegsschema der Landwirtschaft schien 1952 wieder erreicht. Aber die entscheidenden inneren Verhältnisse, womit hier vorerst nur die Ökonomik gemeint i s t 1 ^ waren völlig verändert. Die Landwirtschaft konnte nur dann S t ü t z e der Volkswirtschaft bleiben, wenn mit ihr die Errichtung einer leistungsstarken, exportierenden Industrie verbunden wurde. Das Nahrungsmittelproblem war bei gleichbleibendem Bevölkerungswachstum aus eigener Kraft kaum noch zu lösen, wohl aber durch starke Exportimpulse von Industriewaren zu mildern. 2. Die Industrie Seit dem Jahre 1930 setzte im Gefolge der ersten ägyptischen Zollgesetze^ und als Auswirkung anderer, vor allem innerer wirtschaftsorganisatorischer Maßnahmen1^ ein beachtlicher Aufschwung industrieller Entwicklung in Ägypten ein. Die Zwangslage des zweiten Weltkrieges mit ihrer nahezu vollständigen Prohibitiv- und Autarkiewirkung verstärkte die Tendenz zur Förderung verarbeitender Unternehmen im gewerblichen Sektor der Wirtschaft. Freilich muß hier sofort angemerkt werden, daß es sich keinesfalls um eine allseitige, sondern vielmehr um einen recht einseitig auf die Nutzbarmachung bis dahin erschlossener Rohstoffquellen des Landes gerichteten Aufbau von Betrieben handelte. Immerhin verfügte gerade diese in die Kriegswirtschaft einbezogene Industrie nach 1945 über genügend flüssiges Kapital, um bei fortlaufender Erweiterung ihrer Kapazitäten am Nachholebedarf zunächst des Binnenmarktes teilhaben zu können. Aufschlußreich sind hierfür die Indexzahlen der Industrieproduktion Ägyptens von 1945 bis 1952:
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Ägyptische Wirtschaftsentwicklung 1952-1956 Tabelle 8 Index der ägyptischen Industrieproduktion im Zeitraum 1945 - 1952 (1948 = 100) Jahr
Fabriken (verarbeitende Industrie)
1945 1946 1947 1948 1949 1950 1951 1952
79 83 89 100 109 111 117 117
Bergbau und Steine 72 66
72 100 123 141 134 134
Bauunternehmen 37 62 78 100 127 147 138 110
Quelle: A. Rahman, a. a. O . , S. 23. Diese Zahlen sind in mehrfacher Hinsicht recht interessant. Generell ist am Beginn der fünfziger Jahre ein teils sehr fühlbares Sinken der Produktion, zumindest aber eine Stagnation zu erkennen, nachdem die vorangegangenen Jahre einen starken Auftrieb in allen Teilen der produktiven Unternehmen gebracht hatten. Die Fabrikproduktion (wobei hier nicht näher auf die Berechtigung des Wortes "Fabrik" als Sammelbegriff der ausgewiesenen Zahlen eingegangen werden soll) scheint noch am wenigsten betroffen. Doch ihre Stagnation hat wohl die ernstesten Auswirkungen. Wir sehen es bereits am Zahlenbild der Tabelle, obwohl diese nicht die vollen Rückwirkungen verdeutlichen kann. Der - wohl auch spekulativ beeinflußte - Baumarkt reagiert naturgemäß überempfindlich. Sowohl die großen Spekulationsgewinne als auch die Neigung zu echten, wenn auch nur teilweise produktiven Neugründungen verschwinden beim Niedergang der allgemeinen Konjunktur. Hinzu kommt die zunehmende Instabilität der politischen Konstellation im Lande. Die Zahlen für 1952 lassen bereits erste Auswirkungen der Revolution erkennen: Vorhandene rückläufige Tendenzen in der Produktion werden aufgefangen, die Baisse in unsoliden Auswüchsen des Baumarktes aber verstärkt sich. So ist die letzte Zahl in der Tat Ausdruck einer Entwicklung zur Gesundimg. Doch was stand der Revolutionsregierung an realer Industrie zur Verfügung? Welche Wirkungen konnten von dieser Industrie auf die Volkswirtschaft Ägyptens ausgehen? Unumstößliche Tatsache war, daß die "Industrie" nur in verschwindend kleinem Teil eine leistungsfähige Mittel- und Großindustrie darstellte. Von 124 551 gewerblichen Betrieben, die im Jahre 1951 gezählt wurden, hatten nur etwa 3 500 mehr als zehn Beschäftigte, nur 66 beschäftigten mehr als 500 Arbeiter und Angestellte. 1 5 Nach den Angaben des offiziellen Industriezensus des J a h r e s . 1947 verfügten vergleichsweise nur 591 Unternehmen (= 2,6 %) über ein Kapital von mehr als 10 000 5LE. Die Zahl der in der Industrie insgesamt Beschäftigten
Manfred Voigt
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betrug nach diesen amtlichen Angaben 797 148 Menschen*', die sich wie folgt auf einzelne Bereiche verteilten: Bergbau und Natursteingewinnung
12 947 Beschäftigte
Verarbeitende Industrie
648 554 Beschäftigte
Baugewerbe
113 172 Beschäftigte
Strom, Gas, Wasser
22 475 Beschäftigte
Eine Gegenüberstellung der Anzahl der Betriebe zur Gesamtzahl der Beschäftigten verdeutlicht Verstreutheit oder Dezentralisation der Produktion. Die Zahlen zeigen jedoch nicht, daß sich diese Verstreutheit weder territorial noch in der Aufteilung auf Industriezweige fortsetzt. Im Gegenteil, es stehen ihr drei wesentliche Konzentrationsmerkmale gegenüber: a) eine Konzentration und Zentralisation der Produktion innerhalb eiiiiger weniger Großbetriebe b) eine Konzentration auf wenige territoriale Produktionsgebiete, c) eine Konzentration in relativ wenige Industriezweige bzw. -Untergruppen. Die erstgenannte Konzentration und Zentralisation der Produktion läßt sich wohl am besten innerhalb der ägyptischen Textilindustrie nachweisen. Obwohl im Rahmen des vorliegenden Aufsatzes auf umfassende Untersuchungen verzichtet werden muß, belegen wenige Fakten diese Tatsache. Zwei große Monopolgruppen, der Konzern Misr und die Gruppe Filature National, brachten allein 75 % aller Textilerzeugnisse auf den Markt; beide verfügten über 77 % aller mechanischen Spindeln im Bereich der ägyptischen Spinnereien, während sich weitere 13 % auf ebenfalls zwei andere Betriebe verteilten. Das zu Misr gehörige Werk in Mehalla el-Kubra beschäftigte 1952 allein ca. 16 000 Arbeitskräfte. In der Gesamtindustrie erreichten die obenerwähnten 2,6 % der Unternehmen 69 % des gesamten Produktionsausstoßes. Starke Konzentrationen oder Produktionsballungen finden wir auch in der regionalen Verteilung der ägyptischen Industrie.
Ägyptische Wirtschaftsentwicklung 1952-1956
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Tabelle 9 Anteil einzelner Regionen bzw. Ballungsgebiete an Beschäftigung und Nationaleinkommen der ägyptischen Industrie im Jahre 1952 Gebiet
Beschäftigung Erzeugung von Nationaleinkommen (jeweils in c, £>, gesamte Industrie = 100)
Kairo Alexandria Kanalzone, Suez und Damietta Übriges Unterägypten Oberägypten Grenzgebiete
23,8 25,4
17,9 23,1
3,6 33,0 12,1 2,1
10,4 26,8 18,1 3,7
Quelle: Zusammengestellt nach: D. Weiß, Wirtschaftliche Entwicklungsplanung in der Vereinigten Arabischen Republik, Köln / Opladen 1964, S. 120. Vgl. auch L. Gordonov, Egipet, Moskau 1953, S. 184. Die Zahlen bestätigen das Gesagte: Unterägypten einschließlich seiner beiden Großstädte konzentrierte in seinem Bereich 85, 8 % aller gewerblich Beschäftigten. Sein Anteil an der Schaffung des industriell produzierten Nationaleinkommens betrug 78, 2 %. Auf das ganze Oberägypten von Kairo südwärts bis zum Sudan entfiel nur ca. ein Fünftel. Die Wertung, ob diese Situation Vorteil oder Nachteil für das Land sei, ist nicht ganz einfach. Sicherlich gibt es eine Reihe von positiven Faktoren zu nennen, wie etwa Arbeitskräftekonzentration in Großstädten, Verkehrsnetz, Zuliefer- und Transportbetriebe, Nähe der Küste für Verbindungen mit Übersee usw. Fest steht aber ebenso, daß damit die Marxsche These von der Wanderung des Kapitals zu seinen besten Verwertungsbedingungen in der Praxis belegt wird und daß es gerade deshalb innerhalb auch eines Entwicklungslandes wiederum "entwickelte" und "unterentwickelte" Gebiete gibt.*® Gerade dieser letzte Umstand stellt sich einer schnellen Gesamtentwicklung eines Landes äußerst hemmend in den Weg. Er ist nur zu Uberwinden durch die Beseitigung des Systems selbst, das ihn hervorbringt, nämlich des Systems des Kapitals. 2 " Die dritte Art der Konzentration - die der Produktion auf einige wenige Zweige - war wesentlich historischer Genesis. Halbkoloniale Abhängigkeit hatte frühzeitig die Ausrichtung des ägyptischen Wirtschaftslebens auf Baumwoll(mono)kulturen erzwungen. Die verarbeitende Industrie baute ökonomisch auf ihr auf. Eine starke Nahrungsmittelindustrie folgte ihr, gleichfalls auf heimischen Rohstoffen basierend. Und das, was die inländische Landwirtschaft ferner zu liefern imstande war - wie etwa Häute und Felle - , wurde genauso von der verarbeitenden Industrie ergriffen. Dazu kamen einzelne mineralische Rohstoffe, die dem Bergbau und einer chemischen Grundstoffindustrie Entwicklungsmöglichkeiten boten. So wurde bereits Ende der dreißiger Jahre in einzelnen Produkten eine Sättigung des Binnenmarktes mit ägyptischen Erzeug-
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nissen erreicht, wie etwa bei Zucker, Salz, Zigaretten, Schuhen, Zement und Seife. Wenn diese Angaben auch angesichts der geringen Kaufkraft nicht zu hoch bewertet werden dürfen, zeigen sie doch ein bestimmtes Entwicklungsniveau und ebenso eine Richtung der industriellen Entwicklung. Daran hatte sich auch bis 1952 nichts Wesentliches geändert. Bei einem Gesamtproduktionswert der Industrie in Höhe von 310, 8 Mill. £E im Jahre 1952 waren die hauptsächlichen Branchenanteile wie folgt gegliedert 21 : Textilindustrie 27,3 % (= 85 Millionen LE), Nahrungsmittelindustrie 23,6 % (= 73,5 Mill. LE), Genußmittelindustrie 15,8 % (= 49 Mill. LE), Erdölindustrie 11 % (= 34,2 Mill. LE). Alle anderen Industriezweige blieben - teilweise bis zur Bedeutungslosigkeit darunter. Besonders schwerwiegend sind dabei folgende Einzelheiten: - Eine Schwerindustrie bestand überhaupt nicht. 22 - Vorhandene Bodenschätze waren zum großen Teil noch nicht erforscht; selbst bekannte Vorkommen, wie etwa die Eisenerzlager bei Assuan, waren nur ungenügend erschlossen. - Die bestehende verarbeitende Industrie war nahezu hundertprozentig von Maschinen- und Ersatzteillieferungen aus dem Ausland abhängig. Daß eine solchergestalt ungenügend strukturierte Industrie volkswirtschaftliche Schwierigkeiten mit sich bringt bzw. sehr leicht auslösen kann, dürfte ohne weiteres auf der Hand liegen. Eine Änderung dieser Struktur Uber außenwirtschaftliche Beziehungen war nur schwer möglich, da sich die kapitalistischen Industriestaaten kaum bereit fanden, beim Aufbau einer Schwerindustrie in Entwicklungsländern mitzuhelfen. Die um so dringender nötigen inneren Anstrengungen waren jedoch in Ägypten bis 1952 gleichfalls nur völlig unzureichend vorhanden. Private Kapitalinvestitionen flössen vorherrschend in die Landwirtschaft oder in den Bausektor, der Staat aber investierte pro Jahr lediglich etwa 2 Mill. LE in die - bereits vorhandenen - Zweige der Industrie. Und selbst diese Situation hatte noch zwei weitere erhebliche Nachteile: Zum ersten war die Produktivität selbst in relativ modernen Betrieben - verglichen mit den führenden Industrieländern - niedrig. Sie betrug teils nur 20 - 35 % solcher Staaten. 2 ^ Zum andern war die vorhandene Industrie nicht durchweg als national anzusehen. Ein starker Einfluß ausländischen Kapitals war vorhanden. Insbesondere englisches Kapital dominierte. Der Bergbau einschließlich der Erdölförderung wurde von britischen Gesellschaften kontrolliert, ebenso die Tabakindustrie und das Fernmeldewesen. Weitere Teile der Industrie wie auch des Großhandels wurden über das durch britische Banken (Barclay s Bank, Commercial Bank of Near East, Ionian Bank Ltd.) beherrschte ägyptische Finanzwesen kontrolliert. Andererseits darf nicht übersehen werden, daß speziell die baumwollverarbeitende Industrie bemerkenswerte Fortschritte in Richtung der eigenständigen Deckung des Inlandsbedarfs bis 1952 gemacht hatte.
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Tabelle 10 Entwicklung der Produktion von Baumwollgarnen und -geweben Jahr
Produktion von Baumwollgarnen in 1000 t
Produktion von Baumwollgeweben in Mill. qm
1939 1946 1947 1948 1949 1950 1951
24,0 32,9 32,5 33,2 33,7 31,7 31,3
100,4 136,5 142,6 155,7 151,7 157,8 178,0
Quelle: UN Statistical Yearbook, New York, entsprechende Jahrgänge. Diese Zahlen sind noch aussagekräftiger, wenn man die Bewegung der Baumwollwarenimporte ergänzend betrachtet: Tabelle 11 Bewegung der ägyptischen Baumwollwarenimporte Jahr
Menge (in Mill, qm)
1949 1950 1951 1952
26,2 32,9 21,7 14,5
Quelle: Monthly Summary of Foreign Trade, Kairo, entspr. Jahrgänge Ein ähnliches Bild bietet sich auch - neben den oben erwähnten Deckungsquoten verschiedener Industriezweige - bei einzelnen Positionen der chemischen, speziell der Düngemittelindustrie. Der steigende Bedarf der ägyptischen Landwirtschaft konnte in manchen Teilen besser befriedigt werden, so daß sinkende Importe die positive Folge waren, so etwa bei Chilesalpeter von 344 600 t 1949 auf 248 000 t im Jahre 1952 oder bei Ammonsalpeter und -sulfat im gleichen Zeitraum von 169 000 t auf 77 400 t. Diese importsubstitute Entwicklung brachte entsprechende Deviseneinsparungen. Sie wurden allerdings durch die steigenden Bedürfnisse an Maschinen- und vor allem Ersatzteilimporten bei weitem Uberkompensiert. Und hier lag das große Manko, das aus Niveau und Struktur der ägyptischen Industrie herrührte und das aus der folgenden kurzen Übersicht des Außenhandels abzulesen ist: Dieser Abwehrreaktion in der Außenwirtschaftspolitik, einer in gewissem Sinne passiven Handlung (die selbstverständlich innere Aktivität zur Voraussetzung hatte), stand keine oder nur ungenügende Aktivität im Außenhandel in Richtung einer Durchsetzung erhöhter Ihdustriewarenausfuhren gegenüber.
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Es wird nicht übersehen, daß es sich dabei um sehr komplizierte Probleme handelt, die letztlich noch stark von äußeren Faktoren, wie etwa der Haltung der kapitalistischen Industriestaaten zu einer solchen Politik, abhängig waren. 2 ® Bei der gegebenen Größe - oder besser Kleinheit - der inneren ägyptischen Anstrengungen zur Entwicklung einer exportorientierten Industrie waren ägyptische Erfolge auf diesem Gebiet bis 1952 jedoch ziemlich ausgeschlossen. So bleibt als Fazit der Situation Ägyptens im industriellen Sektor, daß einer teilweise - aber eben nur teilweise und auf wenige Branchen beschränkten beachtlichen Entwicklungsstufe mit voll oder nahezu binnenmarktdeckender Produktion ein ungenügendes Gesamtgefüge gegenüberstand. Die Deviseneinsparungen, erreicht in einem Teil der Industrie, wurden nicht effektiv genug, da andererseits nötige Ihdustriewarenimporte sie bei weitem Ubertrafen. Eine Milderung dieser Lage war durch fast vollständig fehlende Exporte von Fertigwaren gewerblichen Ursprungs nicht möglich bzw. nicht gegeben. Addiert man die Verhältnisse des agraren Sektors, so ist ein negatives Ergebnis vorhanden, wie es auch in der Außenhandelsbilanz seinen Niederschlag findet. 3. Der Außenhandel Genauso wie die Entwicklungsrichtungen von Landwirtschaft und Industrie in ihrem historischen Wachstum von der wirtschaftlich herrschenden ausländischen Macht - Großbritannien - gesteuert worden waren, beeinflußte dieser Staat schließlich in logischer Fortsetzung seiner Politik auch die Richtung des Außenhandels. (Seine Struktur war ja durch die erzwungene Baumwollmonokultur im vorhinein bereits fixiert.) Es soll an dieser Stelle keine Spezialuntersuchung des Außenhandels Ägyptens unternommen werden. Das meiste dieser Materie ist bekannt oder kann den einschlägigen Statistiken entnommen werden. Es kommt hier nur auf einige Gesichtspunkte zur Abrundung der wirtschaftlichen Situation in Ägypten im Jahre 1952 an. Dazu gehört als erstes die Feststellung, daß der ägyptische Außenhandel in allen Jahren nach 1945 negativ abschloß.
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Tabelle 12 Die Außenhandelsbilanz Ägyptens in den Jahren 1946 - 1952 (in Mill. LE) Jahr
Export und Reexport
Import
Saldo
1946 1947 1948 1949 1950 1951 1952
69,0 89,8 143,1 138,0 175,4 203,0 145,1
83,2 102,5 172,9 178,2 212,7 279,6 218,7
-
14,2 12,7 29,8 40,2 37,3 76,6 73,6
Quelle: Zusammengestellt nach L. Gordonov, a. a. O., S. 231. Es handelt sich dabei um eine bereinigte Bilanz, da Ägypten die Goldbewegung in der Außenhandelsbilanz mit auswies. Was das Jahr 1952 angeht, so zeigt sich hier erstmals ein einschneidender Fall des Exportwertes. Er wurde verursacht durch einen starken Preisrückgang für Baumwolle, der seinerseits wesentlich aus der Beendigung des sogenannten Korea-Booms in der westlichen Welt resultierte. Damit offenbaren sich gleich zwei wirksame Labilitätsfaktoren, die der ägyptischen Verbindung zur Weltwirtschaft eigen waren: a) Der hohe Grad des Anteils an Baumwolle am ägyptischen Export machte die A u s f u h r e n des Landes zum Barometer der kapitalistischen Weltmarktbewegung dieses Rohstoffes. Tabelle 13 Anteil der Rohbaumwolle am Export Ägyptens und ihre Exportpreise in den Jahren 1946 - 1952 Jahr
1946 1947 1948 1949 1950 1951 1952
Anteil der Rohbaumwolle am ägypt. Export (in %)
77 79 77 86 81 87
Exportpreise (fob) in Talaris/Kantar Ashmouni Karnak 35,74 45,77 73,82 64,46 110,99 145,93 91,30
48,51 99,136 90,74 107,79 193,80 138,55
Quelle: Zusammengestellt nach: H. Pentzlin, Ägypten. Eine Analyse der Entwicklungsprojekte, Berlin 1957, S. 86, und Länderbericht Ägypten 1958, a. a. O., S. 36.
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b) Ein Preisfall, wie e r 1952 eintrat, hatte gleichzeitig fühlbare Auswirkungen auf den Umfang der E i n f u h r e n Ägyptens, d. h. eine eigene Wirtschaftspolitik im Inland war unmittelbar abhängig von der Bewegung der kapitalistischen Weltwirtschaft. Bei alledem ist ferner bemerkenswert, daß der rasche und enorme Aufschwung der Baumwollpreise, mit dem - das sei ausdrücklich betont - in diesen Jahren kein entsprechender Anstieg der Industriewarenpreise gleichlief^, nicht einmal eine temporäre Erholung der Handelsbilanz Ägyptens brachte. Die reellen Einfuhrbedürfnisse (plus der Luxusimporte) lagen höher als die zeitweise bestmöglichen Terms of Trade für ein Land mit agrarer Exportstruktur. Und als die Konjunktur der Baumwolle 1952 nachließ, konnten an ihre Stelle keine Fertigwarenexporte treten. Die innere Industriepolitik hatte, wie vorn dargestellt, versagt, und die geringe Steigerung der Produktionsmitteleinfuhren zwischen 1948 und 1952*2® konnte das nicht ausgleichen, zumal im letzteren Jahr allein 65,2 % des Wertes der Importe Nahrungs- und Genußmittel ausmachten! Die Ausfuhr an Industriewaren (außer Erdölderivaten) machte im selben Jahr ganze 2,5 % (wertmäßig) des ägyptischen Exports aus. Als ein weiteres Hemmnis des Außenhandels Ägyptens stellte sich noch immer die alte, "ererbte" Richtung der Warenströme dar. Sie vermittelte im wesentlichen den Verkehr zu alten Kolonialmächten und deren ehemaligen Besitzungen. Großbritannien und Indien, Frankreich sowie Italien vereinigten auf sich 51 % der ägyptischen Exporte und stellten etwa 40 % der Importe. 4. Zahlungsbilanz und Preise Mit welchen Mitteln war es möglich, das permanente und steigende Defizit der Handelsbilanz innerhalb der Zahlungsbilanz auszugleichen? Ägypten standen solche Positionen wie Einnahmen aus Transportleistungen (Transit, Frachtführungen zu Wasser usw.) oder Tourismus nicht zur Verfügung. Im Gegenteil, beide Posten schlössen meist mehr oder minder negativ ab. Gewisse Erleichterungen brachten Stationierungskosten der (meist britischen) Truppen und - wenn auch in bescheidenem Maße - die Anteile an den Suezkanalgebühren. War dieser Anteil für Ägypten, gemessen an der Gesamthöhe der Einnahmen, sowieso schon gering, ging seine Wirkung auf die Zahlungsbilanz durch den Kapitaltransfer der Gesellschaft im Ausland in Gestalt des Abflusses von Kapitalerträgen noch weiter zurück. Ergo blieben als hauptsächliche Ausgleichsfaktoren nur die Aufnahme von Krediten und Anleihen sowie - in letzter Not - Goldverkäufe. Zu beiden Möglichkeiten nahm die ägyptische Regierung Zuflucht. 1950 und 1951 wurden zum Ausgleich der Zahlungsbilanz Goldverkäufe in Höhe von 43 Mill. LE vorgenommen. Gleichzeitig Uberschritten die Kreditaufnahmen bei weitem die 100-Millionen-PfundGrenze. Das Preisgefüge des Inlands konnte ab 1949 ebenfalls nicht mehr stabil gehalten werden.
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Tabelle 14 Index der Großhandelspreise und der Lebenshaltungskosten (1950 = 100) Jahr 1948 1949 1950 1951
Großhandelspreise 86 100
111
Lebenshaltungskosten 96 95 100 107
Quelle: Auszugsweisenach: Länderbericht Ägypten 1958, a. a. O., S. 36. Schon diese auf einige Hauptgesichtspunkte beschränkte Skizze der 1952 anstehenden wirtschaftlichen Probleme^® zeigt deutlich die Schwere der ökonomischen Aufgabe, mit der die Revolutionsregierung der "Freien Offiziere" konfrontiert war. Der in Relation zu anderen Ländern des afrikanischen oder arabischen Bereichs ansehnliche Stand der wirtschaftlichen Entwicklung mit einer großen Erfahrung im Baumwollanbau und einem beachtlichen Niveau der Textilindustrie konnte jedoch sowohl hinsichtlich eines weltwirtschaftlichen Vergleichs als auch der eigenen volkswirtschaftlichen Bedürfnisse nicht genügen. Das Grundproblem, das es zu verändern galt, stellte sich tatsächlich in jenem Kreislauf dar, der für Ägypten im "Export von Rohmaterialien und Import von industriellen Fertigwaren" 30 bestand. Diese notwendige Veränderung bedurfte im Innern einer grundlegenden Wandlung der Besitz- und Eigentumsstruktur.31 Auch in Ägypten mußte zwangsläufig die nationale Revolution von 1952 ihre soziale Seite haben. Die Frage konnte also nicht nach einem "Ob" dieser zweiten Seite der Revolution lauten, sondern nur nach dem "Wie, wieweit, mit welchen Zielsetzungen" gestellt sein. Die Hauptaufgaben, Zielsetzungen und Maßnahmen der neuen Wirtschaftspolitik 1952 - 1954 Die Übernahme der Staatsmacht durch die "Freien Offiziere" erfolgte, wie wir sahen, in einer Zeit sich ständig verschlechternder ökonomischer Bedingungen. Es lag auf der Hand, daß bei einer solchen weiteren Entwicklung die Volkswirtschaft Ägyptens - und damit das Land selbst - einer Katastrophe entgegenging. Die sich immer negativer gestaltende Zahlungsbilanz zeitigte erhöhte Staatsschulden und die Gefahr weiterer Goldverkäufe. Die Stabilität des Preissystems schwand ständig, während durch die gleichzeitig fallenden Baumwollpreise keine Möglichkeit der Herstellung des Bilanzgleichgewichts abzusehen war. Der Bevölkerungsdruck konnte sozial verheerende Ausmaße annehmen, da unter den gegebenen Umständen sich auch die Produktion (und damit die Erweiterung des produktiven und des nichtwarenproduzierenden Sektors der Volkswirtschaft) für den Binnenmarkt abschwächen mußte; eine erweiterte Reproduktion war nicht gesichert.
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Diese Situation erkannte die Revolutionsregierung. Einen ihrer ersten Schritte beschreibt Nasser wie folgt: "Um in der Zukunft das Wirtschaftsleben zu sichern, suchten wir die bedeutendsten Professoren im Lande auf und sagten ihnen: Plant Wohlstand für das Land und sichert jedem Bürger seinen täglichen Kanten Brot!" 3 3 Das mag zunächst wenig programmatisch klingen. Es war aber eine ebenso reale wie schwere Aufgabe. Der geforderte tägliche Kanten Brot für jeden hieß: Kampf der ungünstigen wirtschaftlichen Entwicklung und der Arbeitslosigkeit schlechthin; er hieß im Spezifischen: Kampf den ungleichen Eigentumsverhältnissen. Die Weite dieser Aufgabenstellung aber war durch die konkreten Produktionsd. h. vor allem die Klassenverhältnisse im Land geprägt und zugleich durch die nationale Zielsetzung der Revolution. Das Nahziel der revolutionären Bewegung bestand in der Erringung der nationalen Unabhängigkeit. Sie mußte sich somit gegen den äußeren Feind der nationalen Freiheit, gegen den Imperialismus gleichermaßen richten wie gegen die tragenden *Säulen der Konservierung entwicklungshemmender Faktoren im hinern, gegen den Feudalismus. Die nationale Revolution war demnach in erster Linie antiimperialistisch und antifeudal. Diese Zielstellung konnte im gegebenen Moment nur unter der Bedingung der politischen und bis zu einem gewissen Grade auch sozialen Einheit (nämlich in der Bewegungsrichtung) aller Volkskräfte erreicht werden. Das aber bedeutete die Entscheidung zugunsten einer Einbeziehung der Bourgeoisie, die als eine Nationalbourgeoisie von ihrem Klassenstandpunkt aus an der Durchführung der nationalen Revolution im Dienste der Entwicklung ihrer Produktionsverhältnisse interessiert sein konnte. Das war - im Sinne der Entwicklung der Ökonomik sogar eine Förderung der nationalen Kräfte der Bourgeoisie. Das alles vereinfachte die Situation keineswegs. Die Aufgabe auf sozialökonomischem Gebiet bestand in etwa darin, daß - die soziale und wirtschaftliche Stellung breiter Kreise der bäuerlichen Bevölkerung möglichst rasch gehoben werden m u ß t e . Ü b e r die Erhöhung ihrer Kaufkraft bzw. überhaupt erst einmal ihre Einbeziehung in die Ware-GeldWirtschaft konnte der Binnenmarkt erweitert, die gewerbliche, vor allem industrielle Produktion erhöht und einer zunehmenden Arbeitslosigkeit in den Städten vorgebeugt werden. Letzteres konnte zu einer weiteren Ausdehnung des Binnenmarktes führen; - die industrielle Produktion mittels verstärkter Investitionen gefördert wurde. Diese aber konnten vorerst - abgesehen von ausländischem Kapital im wesentlichen nur durch die Sammlung vorhandenen nationalen Geldkapitals aufgebracht werden. Das heißt, den materiellen Grundstock dieser Politik bildete in den ersten Jahren das Kapital der nationalen Bourgeoisie. Eingriffe des Staates in die bestehenden Eigentumsverhältnisse konnten also nur gegen die in ihrer Gesamtheit antinationale Klasse der Feudalen und bis zu einem bestimmten Grade auch anderer Kompradoren erfolgen, wobei gleichzeitig die bisher bevorzugte Investitionsrichtung Grund und Boden auf industrielle Kapitalanlagen umgelenkt werden mußte. Die Schwierigkeit bestand in Ägypten insonderheit darin, daß die schon vorhandene Großbourgeoisie, die zwar zahlenmäßig schwach, jedoch ökonomisch von relativer Stärke war, ebenfalls große Kapitalanlagen in der Landwirtschaft hatte3 ^ und somit von der
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Agrarreform zumindest mittelbar betroffen wurde. Ihre Haltung zur Eevolutionsregierung blieb abwartend. Nichtsdestoweniger scheint dieser "Kompromiß" die einzig reale Lösung gewesen zu sein. Er entsprach objektiv der gegebenen Situation. Von der wirtschaftspolitischen Seite gesehen konnte die Aufgabenstellung der Revolution - nationale Unabhängigkeit - nur vermittels einer leistungsfähigen nationalen Industrie bzw. Uberhaupt einer nationalen Wirtschaft erreicht werden. Aber auch hier konnte der Schlag nicht sofort gegen das Auslandskapital, etwa im Sinne seiner radikalen Beseitigung, gerichtet werden. Es kam zunächst auf die Festigung der eigenen Wirtschaftsteile, mithin auf eine Entwicklung der vorhandenen nationalen, d. h. der Betriebe der nationalen Bourgeoisie an. Die neue Staatsmacht mußte diese Möglichkeiten zur Durchsetzung der Ziele der Revolution nutzen. Darüber hinaus war der Staat auch aus anderen Gründen gar nicht in der Lage, etwa die gesamte Wirtschaft in eigede Regie zu nehmen. Es fehlte an finanziellen und technischen Mitteln ebenso wie an entsprechenden Kadern. Dazu kam das Fehlen einer revolutionären Partei, die mit wissenschaftlicher Weltanschauung und mit einem wissenschaftlichen Programm ausgerüstet war. Das steckte im wesentlichen den Rahmen der objektiven Möglichkeiten ab. Daß die Staatsmacht teils rasch und energisch, teils nach und nach vorsichtig versuchte, unmittelbar Einfluß auf die ökonomische Entwicklung zu nehmen, wird im folgenden darzustellen sein. 1. Die Wirkungen der Agrarreform Es ist bekanntlich.bereits eine stattliche Anzahl allgemeiner und detailliert e r Werke und Abhandlungen über die erste ägyptische Agrarreform vorhanden."*7 Wenn dennoch auch hier nicht auf eine kurze Darlegung ihrer Auswirkungen verzichtet werden kann, so vor allem deshalb, weil ohne sie der weitere Weg und Inhalt sowohl der ägyptischen Revolution als Ganzes als auch der Wirtschaft des Landes nicht voll zu erfassen sind. Das Gesetz über die Agrarreform vom 9. September 1952 war der erste Schritt zur Verwirklichung jener Gedanken, "daß der Lebensstandard (des ägyptischen Volkes - d. Verf .) gehoben werden müsse und daß ihm soziale und ökonomische Vorteile verschafft werden müßten"^®. Es war der Anfang auf dem Wege zur "Begründung einer sozialen Gerechtigkeit"*®*'. Das Gesetz* bestimmte in seinen hauptsächlichen Artikeln, daß die Höchstgrenze des Bodenbesitzes 200 Feddan sei (Art. 1), zuzüglich evtl. weiterer 100 Feddan f ü r die Kinder des Eigentümers. Ferner konnterf bis zur Beschlagnahme Bodeneinheiten bis zu je 5 Feddan an solche Bauern verkauft werden, die das Land bislang bearbeitet hatten (Art. 4). Die dann noch die gesetzliche Höchstgrenze übersteigenden Bodenflächen wurden gegen Entschädigung enteignet (Art. 3 und 5). Das Gesetz richtete sich demnach eindeutig und ausschließlich gegen den Großgrundbesitz, womit sein Umfang und seine Grenzen (im Sinne der oben dargestellten politischen Ziele) gleichermaßen charakterisiert sind. Die Agrarstruktur wandelte sich im Laufe seiner Durchsetzung wie folgt:
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Tabelle 15 Veränderung der Eigentumsverhältnisse der ägyptischen Landwirtschaft von 1952 bis zur Agrarreform 1958 Vor dem Gesetz 1952 Feddan
Zahl der Fläche Eigentümer (in 1000 tin 1000) Feddan)
bis 5 5-10 10 - 20 20 - 50 50 - 100 100 - 200 über 200
2642 79 47 22 6 3 2
2122 526 638 658 430 437 1177
Veränderungen bis 1958
in % der Gesamtfläche
Zahl der Eigentümer tin 1000)
Fläche (in 1000 Feddan)
in % der Gesamtfläche
35,4 8,8 10,7 10,9 7.2 7.3 19,7
2737
2324 548 672 693 472 433 698f
39,8 9,4 11,5 11,9 8,1 7,4 11,9+
81
49 24 7 3
1+
Anmeikung: Die mit + versehenen Zahlen wurden als zeitweilig von der Regierung verwaltetes Eigentum ausgewiesen. Dabei gilt in der ersten Kolonne statt "Eigentümer" richtiger "Besitzungen". Quelle:
Zusammengestellt nach: H. Grienig, Zur Agrarumgestaltung in einigen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens unter besonderer Berücksichtigung der VAR (Ägypten), wirtschaftswiss. Diss. Leipzig 1965, Tab. 2 - 5 .
Die ökonomische Stellung des Großgrundbesitzes über 200 Feddan wurde mit der Agrarreform erschüttert. Ihr Einfluß auf das gesellschaftliche Leben wurde zurückgedrängt. ^ Auf der anderen Seite wuchs das Kleineigentum an Land um nahezu 220 000 Feddan an, und mehr als 100 000 Familien kam allein bis 1958 zu Landeigentum. Interessant sind die Vergrößerungen in den wirtschaftlich kräftigeren, zum Teil sogar ökonomisch staiken Eigentums- und Betriebsgruppen zwischen 10 und 100 Feddan. Im Verlauf der Verwirklichimg des ersten Reformgesetzes erhöhte sich die Zahl dieser Eigentümer um 5 000; ihre Bodenflächen wuchsen um 111 000 Feddan. Hier findet zunächst eine gänzlich legale Entwicklung ihren Ausdruck, die auf der gesetzlichen Möglichkeit des Landzukaufs bis zu 5 Feddan fußt. Daß dabei ein Eigentümer aus der Größengruppe 5 - 1 0 Feddan leicht hinauswachsen kann, ist offenkundig. Schwieriger dürfte das - bei Zugrundelegung der erlaubten fünf Feddan - in den nachfolgenden Kategorien mit ihrem großen Von-bis-Spielraum sein. Hier können auch andere Momente, wie die weiterhin üblichen Pachtverhältnisse mit schließlicher Ruinierung des Kleinpächters, Halbpacht und auch Wucher, eine Rolle spielen.
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Leider liegen keine übereinstimmend genauen Angaben über die im Zuge der ersten Agrarreform an Kleinbesitzer vergebenen Landflächen vor. Die hier ausgewiesenen Zahlen stimmen in etwa mit den amtlichen Mitteilungen bis 1958 überein. Dennoch besteht theoretisch die Möglichkeit (und das dürfte wahrscheinlich auch in der Praxis der Fall gewesen sein), daß ökonomisch stärkere Eigentümer den Ruinierungsvorgang von Kleinbesitzern fortsetzten, d. h . , daß der Differenzierungsprozeß auf dem Lande sich - in dem durch die Agrarreform abgesteckten Rahmen - weiter vollzog. Es ist sicher nicht zulässig, alle sich Uber die einfache Warenproduktion hinaushebenden Schichten des ägyptischen Dorfes am Beginn der fünfziger Jahre als kapitalistsche Eigentümer zu bezeichnen. Die verbleibenden, in wirtschaftlicher und politischer Stärke differenzierten Gruppen zwischen 20 und 200 Feddan waren aber in ihr e r ökonomischen Stellung zumindest potentielle Dorfbourgeoisie. Sie mußten in dieser Entwicklung um so mehr voranschreiten, je stärker der volkswirtschaftliche Prozeß in seiner Gesamtheit der nationalen Bourgeoisie Förderung gewährte. Die getroffenen Maßnahmen waren in der gesamten Ökonomie bürgerlich-demokratischer Art. Der Kampf der Klassen war damit nicht beseitigt, sondern lediglich auf andere Klassen verlagert, die vorerst in der antiimperialistischen und antifeudalen Zielsetzung zusammengingen, ohne daß jedoch die objektiv existierenden inneren Entwicklungsgesetze damit aufgehoben waren. Welche kurzfristigen Auswirkungen hatte die Agrarreform vom September 1952 auf die ägyptische Wirtschaft? Sicherlich ist es nicht einfach so, daß alle Produktionsergebnisse der folgenden Jahre einzig und allein der durchgeführten Agrarreform zuzuschreiben sind. Festzustellen ist - verglichen mit den letzten Jahren vor 1952 - eine leichte Steigerung der Erträge pro Feddan bei Weizen, Mais und Gerste. Sehr stark steigen die Ernten bei Reis an, während die Erträge an Bohnen - einem Hauptnahrungsmittel - jährlichen Schwankungen unterworfen sind. Das Aufkommen an Baumwolle pro Flächeneinheit geht nach 1952 zurück und hebt sich erst 1957 wieder an. Gleichzeitig sinkt auch die Anbaufläche - eine Auswirkung der rückläufigen Baumwollpreise des kapitalistischen Weltmarktes. Trotz der gesunkenen Erntemengen steht selbstverständlich für die Eigenverarbeitung noch genug Rohstoff zur Verfügung. Die Vieh- und Geflügelhaltung übertrifft - nach zeitweisem Rückgang - im Jahre 1955 in allen wesentlichen Arten das Niveau von 1950/52. Sie kann trotzdem nicht befriedigen. Hier wie auch bei pflanzlichen Nahrungsmitteln, deren Ertragssteigerung nicht mit dem Bevölkerungswachstum Schritt hält, sind ständig größere Importe notwendig. Grundsätzlich Neues, die bisherige Produktion in Höhe oder Struktur Umwandelndes war freilich auch gar nicht zu erwarten. Die neuen, von der Agrarreform ausgehenden Einflüsse mußten andere Umrisse tragen: 1. Die gesellschaftlich reaktionäre Klasse der Großgrundbesitzer mußte entmachtet werden, um Ägypten seine nationale Unabhängigkeit zu sichern. 2. Die von der Agrarreform begünstigten Klassen und Schichten des Dorfes mußten eine wirtschaftliche Besserstellung erfahren. Das würde ihre eigene und die Produktion der übrigen Wirtschaft positiv beeinflussen. Für Hunderttausende schien das bereits mit der Übereignung von Grund und Boden erreicht. Damit allein war jedoch kein wesentlicher volkswirtschaftlicher Effekt erzielt. Deshalb richteten sich weitere Maßnahmen der Regierung zu Recht auf die
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Sicherung eines erhöhten Einkommens, verbunden mit der verstärkten Einbeziehung der Millionen Kleinbauern in die Marktwirtschaft. Ersteres wurde über die Senkung der laufenden Zahlungen für Boden, Pacht u. a. zu erreichen versucht. 'Die Angaben über die Erfolge dieser Maßnahmen differieren stark. Unter Bezugnahme auf Veröffentlichungen des Agrarian Reform Committee werden Erhöhungen des Geldeinkommens zwischen 25 und 50 % genannt. Dabei bleibt jedoch zu berücksichtigen, daß ein Anstieg der Lebenshaltungskosten um 10 15 % erfolgte (siehe Abschnitt 2. Maßnahmen und Ziele . . . ) und in manchen Fällen die gesetzlichen Bestimmungen immer noch überschritten wurden. Insgesamt ist wohl das gesteckte Ziel nicht voll erreicht worden, was nicht zuletzt auch in der weiteren Reduzierung der finanziellen Belastungen der kleinen Bauernschaft durch die Agrargesetze des Jahres 1958 seinen Ausdruck fand. Nichtsdestoweniger verstärkte sich die soziale Sicherheit und damit die Produktionsfreudigkeit vor allem der Pächter. Verbesserungen in der landwirtschaftlichen Produktion, Erweiterung der Anbauarten und höhere Marktproduktion durch Absatz- und Preisgarantien stellten sich ein. Gleichzeitig stieg, daraus resultierend, die Nachfrage nach Konsumgütern, was wiederum neue Probleme für die gewerbliche Produktion aufwarf. 3. Das Gesetz über die Agrarreform sollte ferner eine Änderung der Richtung des Kapitalflusses bringen. Mit der Beschränkung des Eigentums hinsichtlich seiner Größe an Grundbesitz war die Lust zur Kapitalanlage in landwirtschaftlichen Bodenkäufen reduziert. Die volkswirtschaftliche Notwendigkeit gebot die Zuführung akkumulierten Kapitals vor allem in die Industrie. Der e r hoffte und angestrebte Erfolg trat jedoch nur in geringem Maße ein. Die kapitalkräftigere Großbourgeoisie, zumeist durch die Agrarreform in ihrem Großgrundbesitz getroffen, wich mit den bisher auf dem Lande angelegten Vermögen in den Bausektor, d. h. in Luxuswobnbauten aus. Das verschärfte die Lage in der Beschaffung produktiven Kapitals für die Industrialisierung nicht unbeträchtlich. 2. Maßnahmen und Ziele zur Förderung der Industrie und zur Festigung der Volkswirtschaft Mit der begonnenen, wenn auch begrenzten Lösung des Agrarproblems hatte sich die Revolutionsregierung ein zumindest zeitweilig "sicheres Hinterland" für weitere nationale Maßnahmen in der übrigen Wirtschaft gesichert. Die Heimstatt der Reaktion war erschüttert, die Agrarreform zeigte breiten Schichten des Dorfes den unbedingten Willen der neuen Regierung, jahrzehntelang fällige Verbesserungen in Angriff zu nehmen. Die Unterstützung dieser Massen war ihr gewiß. Die schweren Aufgaben zur Festigung der Volkswirtschaft können im wesentlichen in zwei Punkte gefaßt werden: 1. Es galt, die künftige industrielle Entwicklung des Landes zu sichern. Dazu mußten wenigstens die nächsten Aufgaben abgesteckt, die hauptsächlichen Bedürfnisse ermittelt und die Schwerpunkte skizziert werden. 2. Dringende unmittelbare Aufgabe war es, die sich rapid negativ entwickelnde volkswirtschaftliche Bilanz zu stabilisieren.
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Es war wohl bereits bei der ersten Sicht dieser beiden Notwendigkeiten nicht zu verkennen, daß ein Teil der Bedürfnisse der Industrialisierung der strengen Ausgabenpolitik widersprechen würde. Er mußte jedoch, der Lage der Dinge zufolge, den Erfordernissen der unabdingbaren Sofortmaßnahmen untergeordnet werden. Zur Förderung der Industrialisierung: Die Regierung schuf dazu ein eigenes Organ, den "Permanent Council for the Development of National Production". Dieser Nationale Produktionsrat^® war eigentlich eine Studiengruppe, die sich sowohl mit der Ausarbeitung von Verfügungen über die stärkere Heranziehung bzw. Beschaffung nationalen Kapitals für die Industrie als auch mit perspektivischen Ausarbeitungen befaßte. Dabei war die erste Aufgabe vorerst die schwierigere. Ägypten war, wie die meisten der Entwicklungsländer, ein an Akkumulationsquellen armes Land. Die Akkumulation von Kapital - wir beschränken uns auf die Untersuchung dieser Seite - geht ausschließlich in der Produktionssphäre vonstatten. Die vorhandene Zweigstruktur der Wirtschaft bot dafür sehr ungünstige Voraussetzungen. Als ein Hauptgrund dürfen das überlegene Primat der Landwirtschaft und die - mit großem Abstand - sekundäre Daseinsform der verarbeitenden Industrie gelten. Die feudalen Kreise der Landwirtschaft zeigten von jeher ein sehr starkes Bedürfnis, das Mehrprodukt im privaten Konsum zu verbrauchen. Am ägyptischen Beispiel ging das, wie wir sahen, sogar noch weiter. Die großgrundbesitzenden Kapitalisten neigten ebenfalls dazu, potentielles produktives Kapital eher in der konsumtiven und Zirkulationssphäre (Wucher etc.) als in industriellen Investitionen anzulegen, wobei sogar ein Teil der in der städtischen Produktion erzeugten Akkumulationsmittel mit abwanderte. Dieser Entwicklung sollte die Agrarreform einen Riegel vorschieben. (Wir sehen hier also auch aus der Sicht der Kapitalakkumulation bzw. der Lenkung ihrer Quellen die Notwendigkeit der landwirtschaftlichen Reformen!) Damit war ein Versickern vorhandener Quellen weitgehend unterbunden. Dennoch konnten aus dem agraren Sektor (der nach wie vor Hauptzweig der Volkswirtschaft blieb) nicht sofort größere nutzbare Kapitalüberschüsse erwartet werden. Generell ist in Entwicklungsländern nur mit einer langsamen und geringen Produktivitätssteigerung der Landwirtschaft zu rechnen, der sich meist - wie auch in Ägypten ein rasches Eevölkerungswachstum entgegenstellt. Die eigene schwache v e r a r beitende Industrie kann auch keinen Zustrom z . B . von Maschinen in die Landwirtschaft sichern, um dort Anlagereize zu bewirken. Der Import solcher Ausrüstungen bedeutet aber zunächst weiteren Verlust von Mitteln für die innere Akkumulation.^ 7 Die eigene, schwach entwickelte Industrie hält - vor allem durch das Fehlen der Produktionsmittelindustrie - noch weitere Probleme parat. In ihr entsteht nur ein recht bescheidenes Nationaleinkommen, meist noch reduziert durch eine niedrige Arbeitsproduktivität. Dazu kommt, daß die mögliche oder vorhandene Effektivität der Produktion durch Faktoren wie fehlende qualifizierte Kader, unzureichenden Ausbau der Infrastruktur und hohe Rohstoffpreise gedrosselt wird. So war es für Ägypten unumgänglich, zuerst die privaten Kapitalquellen für
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eine Akkumulation, d. h. Investitionen in der verarbeitenden Industrie, und auch für deren Voraussetzungen, also für Inf rast rukturproj ekte, heranzuziehen. Deshalb wurden von der ägyptischen Regierung auf Vorschlag des Nationalen Produktionsrates u. a. Gesetze erlassen, die eine Steuerbefreiung neuer industrieller Aktiengesellschaften auf sieben Jahre und Neuinvestitionen auf fünf Jahre (mit zweijähriger Karenzzeit) bewirkten. 4 ® Die Gründung neuer Aktiengesellschaften wurde durch weitere Stückelung der Aktien (Senkung von 4 i E auf 2 LE) erleichtert. 4 9 Gleichzeitig sollten damit auch kleinste vorhandene Geldvermögen produktiv genutzt werden. Im gleichen Zeitraum wurden Zollabgaben auf ökonomisch notwendige Maschineneinfuhren aufgehoben 50 usw. Bei der Begrenztheit der nationalen Mittel konnten selbst diese und andere noch zu skizzierende Maßnahmen keine volle Lösung der großen Aufgaben zur Förderung der Industrialisierung bringen. Deshalb wurden zeitweise auch ausländischem Kapital Anlagemöglichkeiten in Ägypten eingeräumt. Entsprechende Gesetze in der Zeit von 1952 bis 1954 51 eröffneten dem Ausland Beteiligungen an Unternehmen bis zu 51 % des Gesamtkapitals des jeweiligen Betriebes bei Rücktransfer der Anlagesumme innerhalb von fünf Jahren. 5 Beide Entwicklungsrichtungen der Industrieförderung brachten selbstverständlich neue Probleme mit sich. Neben den möglichen Auswirkungen auf die ägyptische Gesellschaft durch eine Verschiebung der Klassenstruktur und die Einflußnahme ausländischer Gesellschaften auf die Entwicklung des Landes war auch die Frage nach der zweckmäßigen Verwendung der bereitgestellten Kapitalien aufgeworfen. Das private Kapital fließt entsprechend den ihm innewohnenden objektiven Gesetzmäßigkeiten immer in die profitabelsten Zweige der Wirtschaft ein. Das konnte sich nicht immer mit den Belangen der aufzubauenden ägyptischen Volkswirtschaftsstruktur d e c k e n . ^ Gewiß mußte, wie vorn dargestellt, die t r a d i tionelle Leichtindustrie hinsichtlich ihrer Exportfähigkeit verbessert werden. Die zweite Seite aber war die Schaffung einer metallerzeugenden und - v e r a r beitenden Industrie, für die - ganz abgesehen von dem Großteil der Infrastrukturprojekte - schwerlich der Zufluß einheimischen Kapitals zu erwarten war Es war übrigens auch für die Lösung a l l e r Aufgaben gar nicht in genügendem Maße vorhanden. Was das ausländische Kapital anbetraf, so bedeuteten dessen Gewinntransaktionen ins Ausland einen ständigen Abfluß geschaffenen National einkommens, das dann als weitere Akkumulationsquelle nicht mehr zur Verfügung stand. In Konsequenz all dessen konnte der Staat nicht bei legislativen Eingriffen in die Wirtschaft beharren, sondern mußte sich auf ein eigenes Auftreten als Wirtschaftssubjekt vorbereiten. Zwar wurde in den Jahren bis 1956 noch kein staatlicher Sektor in Ägypten geschaffen; Vorbereitungen wurden jedoch durch die Tätigkeit des Nationalen Produktionsrates bereits getroffen. Eine Anzahl seiner perspektivischen Ausarbeitungen ging in das Wirken der Anfang 1957 gegründeten Staatlichen Wirtschaftsorganisation und in den späteren 1. Industrialisierungsplan ein.® 4 In diesem gesamten Zeitraum war trotz der Zurückdrängung der politischen Stellung der ägyptischen Bourgeoisie die reale Möglichkeit einer wirtschaftlichen Machtakkumulation dieser Klasse durch ihre ökonomische Unterstützung vorhanden. Präsident Nasser äußert sich selbst rückblickend dazu wie folgt: "Der Kapitalismus . . . spürte vom ersten Tage
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(23. Juli 1952 - d. Verf.) an, daß er nicht die Herrschaft über die Regierung erreichen kann. Aber der vorhandene Kapitalismus glaubte, daß er seine Positionen konsolidieren und die Konzentration seiner Monopole Uber alle Reichtümer der Nation steigern könne, da die Revolution eine Ausdehnung der Produktionsbasis anstrebte."®® Die Entwicklung der ägyptischen Industrie in den ersten Jahren nach der Revolution läßt sich an Hand einiger Zahlen darstellen. Tabelle 16 Industrielle Entwicklung von 1952 bis 1956 (Firmen ab 10 Beschäftigte) 1952
1954
1956
3 445
3 786
3 514
273
276
263
276
321
333
79
93
117
Anzahl der Firmen mit 10 Beschäftigten und darüber Beschäftigte (einschl. Angestellte) in 1 000 Produktion swert (in Mill. LE) Wert Schöpfung (in Mill. £E)
Quelle: D. Weiß,Siea.weisen a. O., eine S. 117. SchonZusammengestellt diese Zahlen sindnach: interessant. Zunahme an Betrieben und Beschäftigten bis 1954 aus - eine Folge der obengenannten Wirtschaftspolitik. Sie zeigen dann bis 1956 - wenn auch recht undifferenziert - den einsetzenden Konzentrationsprozeß, der unter Berücksichtigung des wertmäßigen Produktionsvolumens offensichtlich gegeben igt. Gleichzeitig weisen sie eine Steigerung der Arbeitsproduktivität aus. Hansen®® errechnet unter Zugrundelegung derselben Betriebskategorien zwischen 1952 und 1960 eine durchschnittliche jährliche Steigerung der Produktivität von 3,5 %.®7 Die obigen Zahlen liegen etwas höher. Sie können bei Berücksichtigung des Untersuchungszeitraumes von Hansen real sein. Im Index der Industrieproduktion schlägt sich diese Entwicklung folgendermaßen nieder:
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34 Tabelle 17 Index der industriellen Produktion Ägyptens (1952 = 100) Jahr
Gesamte Industrie einschl. Elektrizitätserzeugung
1952 1953 1954 1955 1956
100 101 106 115 122
davon verarbeitende Industrie insgeTextilsamt industrie 100 102 109 119 128
100 103 112 119 129
Quelle: Zusammengestellt nach: B. Hansen / G. A. Marzouk, Development and Economic Policy in the U. A.R. (Egypt), Amsterdam 1965, S. 115 (auszugsweise). Auch diese Zahlen sind aufschlußreich. Vom Wirtschaftsjahr 1953 an setzt ein nahezu gleichbleibendes gutes Wachstum der ägyptischen Industrie ein, wobei auf den ersten Blick das Anwachsen der verarbeitenden Industrie recht positiv erscheint. Vergleicht man es mit der letzten Spalte, so sind die vorn beschriebenen Richtungen privatkapitalistischen Investitionsflusses bestätigt. Die schnelle Profite versprechende Textilindustrie wurde bevorzugt und wächst in den ersten Jahren schneller als die übrige verarbeitende Industrie (wobei hinzuzufügen ist, daß zu letzterer auch die traditionelle Nahrungsmittelindustrie zählt). Ab 1955 beginnt sich dann zwischen beiden ein Gleichgewicht herzustellen, was sich auch - als Wachstumsgleichgewicht - in den folgenden Jahren annähernd erhält. Den Zahlen des Industrieindexes kann entnommen werden, daß die administrativen Maßnahmen zur Förderung der ägyptischen Industrie Erfolge zeitigten. Gleichzeitig machen sie sichtbar, daß a l l e i n durch eine Förderung der nationalen Bourgeoisie eine Wandlung der volkswirtschaftlichen Zweigstruktur entsprechend den gesellschaftlichen Belangen nicht oder zumindest nicht rasch genug zu erwarten war. Das erkannte die ägyptische Regierung sehr schnell und richtig. Es war deshalb eine hoch zu schätzende Leistung der Staatsführung, daß sie trotz der (hier noch darzustellenden) mißlichen Finanzlage in Erkenntnis der perspektivischen Entwicklung des Landes jährlich größere Investitionssummen für Entwicklungsprojekte zur Verfügung stellte. Sie betrugen in % des Nationaleinkommens : Wirtschaftsjahr Wirtschaftsjahr Wirtschaftsjahr Wirtschaftsjahr
1952/53 = 1953/54 = 1954/55 = 1955/56 =
3,0 5,5 6,2 9,2
Diese staatliche Entwicklungspolitik ist ferner um so höher zu bewerten, als jeder um seine Unabhängigkeit kämpfende Staat - und, wie sich 1956 zeigte, Ägypten in starkem Maße - gleichzeitig eine Schutzfunktion, insbesondere nach
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außen, zu erfüllen hat, so daß militärische Ausgaben zusätzlich die an sich schon geringen Akkumulations- und damit Investitionsmöglichkeiten im ökonomischen Sektor belasten.®® Gerade deshalb auch erscheint eine Gesamteinschätzung dahingehend richtig, daß es sich nicht um eine Entwicklung unter kapitalistischer Führung, sondern um einen Entwicklungsweg unter Einbeziehung und Förderung aller nationalen Kräfte zur Erreichung des Zieles nationaler Unabhängigkeit (der freilich notwendige Kompromisse einschließt siehe Auslandskapital) handelt. Zur zweiten Hauptaufgabe, der Stabilisierung der volkswirtschaftlichen Bilanz: Bekanntlich stellt der Außenhandel einen wesentlichen Faktor innerhalb der Gesamtbilanz eines Landes dar. Durch eine aktive und erfolgreiche Exportpolitik kann oftmals eine Wandlung der Zahlungsbilanzsituation erzielt werden. Im Falle Ägyptens war ein durchgreifender Umschwung jedoch zumindest nicht sofort zu erwarten, im Gegenteil, Nachfrage und Preise für Baumwolle gingen ab 1952 zurück. Die Terms of Trade verschlechterten sich.60 Tabelle 18 Entwicklung des ägyptischen Außenhandels sowie der Außenhandelspreise für ägyptische Baumwolle im Zeitraum von 1951 bis 1953 Jahr
Importe in Mill. LE
Exporte (ohne Reexporte) in Mill. £E
davon Baumwolle in Mill. LE
Baumwollexportpreise (fob) in Talaris/Kantar Ashmouni Karnak
1951 1952 1953
242,5 223,5 177,8
200,6 142,9 135,9
164,1 126,4 116,3
145.93 91.30 69.64
193.80 138.55 87.19
Quelle: Auszugsweise nach: Economic Bulletin, a. a. O., Jg. 1954, S. 31\7, und Jg. 1961, S. 111. Zur Stabilisierung der volkswirtschaftlichen Bilanz: Der starke wertmäßige Exportabfall von 1951 auf 1952, vornehmlich eine Folge der sinkenden Baumwollpreise, wurde - und das ist beachtlich - trotz weiter stark zurückgehender Preise 1953 fühlbar abgefangen. Die Ausfuhr lag nun allerdings auch bei einem volkswirtschaftlichen Minimum. Beachtenswert, weil neu, ist jedoch die Tatsache, daß einer um 10,1 Mill. LE zurückgehenden Baumwollausfuhr von 1952 zu 1953 nur ein Rückgang der Gesamtausfuhren von 7,0 Mill. £E gegenübersteht. Mithin hatten also andere Zweige der Wirtschaft eine wenn auch vorerst noch schüchterne Verbesserung der Exportlage gebracht. Es waren erste Erfolge der neuen Wirtschaftspolitik. Wenn die Exportsteigerungen dabei nicht adäquat der Produktionssteigerung bei in Frage kommenden Industriegütern verliefen (beispielsweise stieg von 1951 bis 1953 die Produktion von Garnen um nahezu 30 %, die von Geweben um 37 ), so war das vor allem
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zwei Umständen zuzuschreiben: - Die durch die sozialen Maßnahmen der neuen Regierung gestiegene Kaufkraft der Bevölkerung schlug sich vor allem in höheren Käufen von Nahrungsmitteln und industriellen (Grund-)KonsumgUtern nieder. - Die kapitalistischen Industrieländer, gewohnt im Denken des Rohstoffbezuges aus ehemalig kolonialen Gebieten, zeigten nur geringe Neigung, die Struktur ihrer Importe aus diesen Ländern umzustellen. Da Ägypten trotz der genannten Leistungen keine Verbesserung seiner Exportwerte (insgesamt) erreichte, griff die Regierung zur zweiten Möglichkeit, die Kluft der Handelsbilanz zu verengen: Sie drosselte die Importe von 1952 zu 1953 sehr stark. Obwohl diese Restriktionen in erster Linie die Einfuhr von Luxusgütern betrafen®^, konnten sie bei dem gleichzeitig steigenden Importbedarf an industriellen Ausrüstungen nur eine zeitweise Lösung darstellen. Da die Regierung aber - bei sich gegenüber 1951/52 gleich entwickelnden anderen Zahlungsbilanzfaktoren - ihre eigenen Ausgaben drastisch reduzierte, nämlich von 232, 9 Mill. i E auf 199,7 Mill. LE®^, waren zwei sehr positive Auswirkungen zu verzeichnen: Erstens schloß die Zahlungsbilanz 1953/54 mit einem Plus von 6,7 Mill. &E ab. Zweitens gewann die neue Regierung innen- und außenpolitisch und wirtschaftlich an Vertrauen. Ihr Wille, die Lage Ägyptens und seines Volkes zu bessern, war offenkundig. Die ersten innen^virtschaftlichen Erfolge und Wirkungen können neben dem bereits Gesagten wie folgt zusammengefaßt werden: Das erzeugte Nationaleinkommen stieg an. War die Erhöhung 1953 mit 0,7 % gegenüber dem Vorjahr noch recht bescheiden, betrug sie 1954 doch beachtliche 6 %, im folgenden Jahr weitere 5,6% und 1956 3,2 %. 6 4 Weiterhin gelang es trotz steigender Nachfrage und sich ständig erhöhender Kaufkraft, auf dem Binnenmarkt die Preise nicht nur stabil zu halten, sondern die vor der Revolution kletternden Lebenshaltungskosten spUrbar zu senken. Sie konnten sogar trotz anziehender Preise auf dem Außenmarkt (ab 1954) noch für weitere Jahre stabil gehalten werden.
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Tabelle 19 Index der Lebenshaltungskosten, der Nominal- und der Reallöhne im Zeitraum von 1951 bis 1956 (1952 = 100) Jahr
Lebenshaltungskosten
Durchschnittsnominallohn Reallohn pro Industriearbeiter
1951 1952 1953 1954 1955 1956
101 100 93 91 90 91
101 100 110 118 121 127
100 100 118 130 134 140
Quelle: Zusammengestellt nach: B. Hansen / G. A. Marzouk, a. a. O., S. 139. In absoluten Zahlen betrugen danach die Nominallöhne im Basisjahr 187 Piaster pro Woche. Mit dieser Entwicklung wurde ein g r o ß e r Schritt hin zu jener von Nasser erhobenen Forderung nach dem Stück Brot für jeden getan, der - bei Berücksichtigung des niedrigen Ausgangsniveaus - eine positive Leistung darstellt. Sie sicherte, im Verein mit anderen sozialen Maßnahmen, der ägyptischen Regierung die Unterstützung durch große Massen des Volkes. Fast jeder konnte in der seit 1952 zurückgelegten Zeit Verbesserungen in seiner persönlichen Lage feststellen. So nimmt es auch nicht wunder, daß der anglo-französischisraelischen Aggression im Jahre 1956 ein so entschlossener Wille des ägyptischen Volkes zur Verteidigung der Errungenschaften der Revolution und der Unabhängigkeit seines Landes entgegenschlug. Seite an Seite mit dem sozialistischen Lager konnte die ägyptische Nation jedem Anschlag des Imperialismus furchtlos entgegensehen. Weit ernstere ökonomische Probleme erwuchsen Ägypten aus einer anderen Tatsache, nämlich aus dem weiterhin raschen Wachstum seiner Bevölkerung. Tabelle 20 Bevölkerungswachstum Ägyptens Jahr
Bevölkerung
Zuwachs gegenüber dem Vorjahr
Zuwachs in %
(in Millionen) 1952 1953 1954 1955 1956
21,473 22,003 22,557 23,063 23,643
0,601 0,530 0,554 0,506 0,580
2,879 2,468 2,518 2,243 2,515
Quelle: Statistical Pocket-Book 1952 - 1963, a. a. O., S . U .
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Hier ist nicht nur in Rechnung zu stellen, daß sich die vom dargestellte Erhöhung des Nationaleinkommens auf eine immer steigende Pro-Kopf-Zahl verteilte und somit auch potentielle Akkumulationsmittel in wachsendem Maße für soziale, Bildungs- und andere Zwecke eingesetzt werden mußten (Nahrungsmitteleinfuhren ! ) . 6 5 Das Bevölkerungswachstum hatte - und hat noch heute starken Einfluß auf Beschäftigung und Produktivität. Eine sozial brauchbare Politik in Richtung der Vollbeschäftigung wird bei dem gegebenen quantitativen und qualitativen Verhältnis von Nationaleinkommen und Bevölkerungswachstum, will man nicht zu umfangreichen Manipulationen auf finanziellem Gebiet und zu Auslandsanleihen großen Stils greifen, auf den ersten Blick eine Erweiterung der Produktion vermittels erhöhten Einsatzes von variablem Kapital, also extensive Ausdehnung des Produktionsprozesses erheischen. Solche Maßnahmen,. die - erinnern wir uns der Wirtschaftsgeschichte etwa Deutschlands- in den vierziger und fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts noch tauglich waren, sind bei der ungeheuren Produktivität der modernen Technik als Konkurrenzmittel auf dem Weltmarkt heute nicht mehr anwendbar. Der Einsatz hochproduktiver Technik wird aber, zumindest für eine Reihe von Jahren, nicht in der Lage sein, das starke Arbeitskräfteangebot in p r o d u k t i v e n Sektoren der Volkswirtschaft aufzusaugen. Der ganze Umfang der einzelnen dabei entstehenden Probleme kann hier unmöglich dargetan werden; dazu sind Spezialstudien nötig. Der Verfasser befürwortet jedoch für die Binnenmarktproduktion eine sogenannte "Kleinindustrie" mit relativ großem v-Kapital-Anteil für eine bestimmte Zeit. Dennoch muß die Zielstellung im Aufbau moderner Industrien bestehen. Ohne diese möglichst schnell mit perspektivischer Sicht zu beginnende Arbeit kann keine grundlegende Wandlung in der volkswirtschaftlichen und Außenwirtschaftsstruktur erreicht werden. Es ist eine Aufgabe, die große Investitionssummen verlangt, ohne daß in vielen Fällen, insbesondere was die Grundstoff- und Produktionsmittelindustrie angeht, ein schneller Gewinn zu erwarten ist. Der private Kapitalist wird hier in den meisten Entwicklungsländern kaum investieren können (wegen der Kleinheit seines Kapitals). Diese Anlagen müssen und sollen Sphären der Errichtung eines staatlichen Sektors sein. Mit ihrer Beherrschung wird e r zum dominierenden Sektor der Wirtschaft werden. Dieser Prozeß ist also nicht nur ein technischer im Sinne der Ersetzung der einen durch eine andere Methode der Produktion. Er ist vorrangig und zutiefst ein Prozeß der Wandlung gesellschaftlicher Strukturen, eine Auseinandersetzung um die führende Rolle in der Ökonomie, er ist echter Klassenkampf.
Die Veränderungen im ägyptischen Außenhandel seit 1954 Das Jahr 1954 brachte eine tiefgreifende Änderung der Richtungen des ägyptischen Außenhandels. Als sich nach innenpolitischen Auseinandersetzungen um den weiteren Weg der ägyptischen Revolution der konsequent nationale Flügel um Gamal Abdel Nasser durchsetzte und dieser die Staatsführung in die Hand nahm, gingen im Zusammenhang mit außenpolitischen Kontroversen die alten und neuen Kolonialisten dazu Uber, das Mittel wirtschaftlicher P r e s sionen gegen Ägypten anzuwenden. Geführt von Großbritannien und ökonomisch
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unterstützt durch die USA 67 , gingen sie daran, die Lebensader der ägyptischen Wirtschaft, den Baumwollexport, zu boykottieren. Tabelle 21 Rückgang der ägyptischen Baumwollausfuhren in Hauptabnehmerländer Land
Ausfuhren 1953/54 in Ballen
Ausfuhren 1954/55 in Ballen
Rückgang in %
Großbritannien Frankreich Italien Westdeutschland
135 137 83 103
39 655 92 329 46 887 57 993
70,8 32,9 44,2 47,3
773 665 953 530
Quelle: M. Voigt, Die Außenhandelspolitik der Deutschen Bundesrepublik gegenüber Ägypten, wirtschaftswiss. Diss. Leipzig 1961, S. 185. Aus diesen Zahlen ist ohne weiteres der ungeheure Umfang der negativen Auswirkungen auf die Handelsbilanz Ägyptens abzulesen. In diesen Monaten der Gefahr für die ägyptische Wirtschaft und darüber hinaus für die Unabhängigkeit der ägyptischen Nation überhaupt zeigten sich die sozialistischen Länder unter Führung der Sowjetunion als wahre Freunde und Verbündete der r e volutionären Befreiungsbewegung. Sie kamen den ägyptischen Sondierungen nach einem verstärkten Handel mit dem sozialistischen Lager entgegen und e r klärten sich bereit, eine laufende Abnahme von Baumwolle zu garantieren und im Austausch Maschinen und Ausrüstungen für den wirtschaftlichen Aufbau des Nillandes zu liefern. So entstand eine verständnisvolle Zusammenarbeit, die auf den Leninschen Prinzipien der Hilfe sozialistischer Länder für die sich aus der kolonialen Herrschaft lösenden Völker aufbaute. Wie groß diese Hilfe innerhalb kurzer Zeit wurde, kennzeichnen die Äußerungen des damaligen ägyptischen Finanzministers Dr. Al-QaysünT, der im Sommer 1955 erklärte, daß für Ägypten die Gefahr einer Währungsabwertung gebannt sei, da die Außenhandelsbilanz durch den Abschluß günstiger Handelsabkommen mit der Sowjetunion, Volkschina, der DDR und den volksdemokratischen Ländern eine überraschend günstige Entwicklung genommen-habe. Diese Länder seien bereit, die Landesprodukte, insbesondere Baumwolle, abzunehmen und dafür die dringend benötigten industriellen Ausrüstungen zu liefern, ohne daß Ägypten dafür harte Devisen aufbringen müsse.®® Die Außenhandelsanteile des sozialistischen Lagers entwickelten sich dabei wie folgt:
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Manfred Voigt Tabelle 22 Anteil der sozialistischen Länder am ägyptischen Außenhandel
Jahr
Anteil am ägypt. Export in %
Anteil am ägypt. Import in %
1954 1955 1956
14,3 27,0 34,2
5,9 7,4 12,1
Quelle: M. Voigt, a. a. O., S. 164. Besonders sei darauf verwiesen, daß in jener Zeit, als Westdeutschland sich seiner Rolle getreu in die Reihe derer eingliederte, die Ägypten ökonomisch - und damit politisch - in die Knie zwingen wollten, die Deutsche Demokratische Republik ihre mit dem Handelsabkommen vom 7. März 1953 angebahnten Wirtschaftsbeziehungen zu Ägypten beträchtlich erweiterte. Die Folgen der Neuorientierung des Außenhandels waren für Ägypten unverkennbar positiv. Tabelle 23 Entwicklung des ägyptischen Außenhandels sowie der Außenhandelspreise für ägyptische Baumwolle im Zeitraum von 1953 bis 1956 Jahr
Importe in Mill. i E
Exporte (ohne Reexporte) in Mill. i E
Baumwollexpo rtdavon Baumwolle preise (fob) in Mill. i E in Talaris/Kantar Ashmouni Karnak
1953 1954 1955 1956
177,8 161,4 1 83,2 1 86,0
135,9 136,7 137,0 140,9
116,3 113,1 107,4 98,9
69,64 78,59 74,65 88,17
87,19 97,29 97,66 124,73
Quelle: Zusammengestellt nach: Economic Bulletin, a. a. O., Jg. 1961, S. 111, und Länderbericht Ägypten 1958, a. a. O., S. 36. Stellt man den oben beschriebenen scharfen Boykott durch die hauptsächlichsten imperialistischen Abnehmerländer in Rechnung, so ist diese Bilanz der Ausweis eines glänzenden Erfolges. Hinzu kommt, daß erstens die von den kapitalistischen Staaten bewußt für Ägypten stark negativ gehaltenen Bilanzen ihres Austausches durch die Beziehungen Ägyptens zum sozialistischen Lager, wo positive Bilanzen überwogen, insgesamt gemildert wurden und zweitens durch die Bereitschaft der sozialistischen Länder, auch Industrieerzeugnisse aus Ägypten aufzunehmen, sich deren Exportwert von 1953 bis 1956 mehr als verdoppelte; er stieg um 114,3 % an. Damit war die Umorientierung des Außenhandels für Ägypten eine bedeutende
Ägyptische Wirtschaftsentwieklujpg 1952-1956
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Zäsur seiner ökonomischen Entwicklung und der Fortführung seiner nationalen Befreiungsrevolution. Mit der vorliegenden kurzen Darstellung der Hauptlinien und Hauptprobleme der ägyptischen Wirtschaftsentwicklung in der Zeit von 1952 bis 1956 sollten einige der wichtigsten Probleme dieser Jahre beleuchtet werden. Der Weg der Wirtschaft dieses Landes liegt heute für einen Zeitraum von 15 Jahren Überschaubar vor uns. Die Zielstellung der Revolution des Jahres 1952 erfüllt sich immer mehr. Ihr Anfang war auf ökonomischem Gebiet - und nicht nur hier - schwer. Es galt, eine antinationale Wirtschaftspolitik und untaugliche Eigentums- und Zweigstruktur zu verändern. Die Wirtschaft mußte gehoben und gleichzeitig die antifeudale und antiimperialistische Aufgabe der Revolution gelöst werden - eine Aufgabe, die in ihren inneren Wirkungen zugleich antimonarchistisch war. So war die erste Etappe dieser Entwicklung gekennzeichnet durch Maßnahmen gegen den Feudalismus in der Landwirtschaft^, zur Förderung der Industrie unter Einbeziehung des nationalen Kapitals im Sektor der gewerblichen Produktion. Hinsichtlich der Finanzgebarung war es eine Etappe strenger, ja drastischer Maßnahmen. Es war aber auch eine Etappe der Vorbereitung und des Keimens. Zwar waren Gesetze, Verordnungen, Administrationen noch traditioneller Art. In ihnen aber bereitete sich Neues, mit dem gesamten weiteren Weg der Befreiungsrevolution Verbundenes vor. So waren jene staatlichen Eingriffe in die Wirtschaft der Jahre 1952 bis 1956 kein wirtschaftspolitisches Novum. Sie waren in vielen ähnlichen Fällen und unter ähnlichen Umständen in anderen Ländern praktiziert worden. Aber mit ihnen wuchs unter der gegebenen Zielstellung der ägyptischen Revolution etwas qualitativ Neues, die Vorbereitung des staatlichen Sektors, heran. Auch die Wandlungen der Außenhandelsrichtungen im Jahre 1954 beinhalteten Voraussetzungen, die sich heute in einer völlig neuen Zusammenarbeit mit dem sozialistischen Lager, im speziellen mit der DDR, ausdrücken. Eine zweite Etappe der ökonomischen Entwicklung Ägyptens begann 1956. Außenpolitisch war sie durch die haßerfüllte imperialistische Verschwörung und bewaffnete Aggression am Suezkanal gekennzeichnet, die so heroisch vom ägyptischen Volk mit Unterstützung der sozialistischen Länder abgewehrt werden konnte. Wirtschaftspolitisch wurde sie mit der Enteignung ausländischen Kapitals eingeleitet. In dieser neuen Etappe wurde die nationale Wirtschaft stärker organisiert und geplant. Der staatliche Wirtschaftssektor entstand und erweiterte sich. Die Auseinandersetzungen mit dem privaten Kapital begannen. Sie mündeten schließlich in die Maßnahmen des Sommers 1961. Die ägyptische Revolution war sich selbst treu geblieben; sie hatte den objektiven Erfordernissen und Gesetzmäßigkeiten Rechnung getragen.
Manuskriptabschluß Anfang 1966
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Anmerkungen 1
Seit 31. 5. 1961: Südafrikanische Republik
2 Vgl. dazu den Begriff "Entwicklungsländer" in: Ökonomisches Lexikon A - K, Berlin 1967, S. 571. 3 Im Rahmen dieser Arbeit muß auf einen statistischen Vergleich verzichtet werden. Es wird auf die entsprechenden Publikationen der UNO, New York, verwiesen. Ausgezeichnetes Material bietet dazu auch Azija i Afrika 1950 - 1960 goda. Statistiöeskij sbornik, Moskau 1964, S. 562 - 576. 4 Errechnet nach: Handbook of U.A.R. Economy, Kairo 1963, S. 18 ff. u. S. 32. 5 Ch. Issawi, Egypt in Revolution. An Economic Analysis, London / New York / Toronto 1963, S. 138 6 Die Anbaufläche stieg vom Durchschnitt 1935/39 bis 1952 um rd. 1 Mill. Feddan (= 420 000 ha), das sind ca. 12 %. Einem weiteren Steigen waren jedoch starke Schranken gesetzt. Siehe H. Pentzlin, Ägypten. Eine Analyse der Entwicklungsprojekte, Berlin 1957, S. 28. 7 H. Grienig, Zur Agraramgestaltung in einigen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens, unter besonderer Berücksichtigung der VAR (Ägypten), wirtschaftswiss. Diss. Leipzig 1965, S. 230. 8 Zusammengestellt nach: D. Weiß, Wirtschaftliche Entwicklungsplanung in der Vereinigten Arabischen Republik, Köln u. Opladen 1964, S. 275, und Statistical Pocket-Book 1952 - 1963, Kairo, S. 49. 9 Siehe Tab. 4. 10 Es dürften übrigens auch höhere Löhne angenommen werden können; allerdings ist hier der Grad der Steigerung nicht exakt nachweisbar. 11 Der Bau dreier Düngemittelfabriken (zwei 1946, eine 1949) konnte den zunehmenden Bedarf bei weitem nicht decken. 12 Es sei hier vorweggenommen, daß der Verfasser die Industrialisierung für den richtigen Weg hält, um die wirtschaftlichen Probleme der Entwicklungsländer nachhaltig zu lösen. 13 Der bisherige Zoll von durchschnittlich 8 % auf Importe wurde nunmehr auf durchschnittlich 15 % erhöht. In den dabei vorhandenen Modifikationen (z.B. auf Textileinfuhren 18 %, auf Textilmaschinen6 %) ist eine erste Anpassung der Zollpolitik an die wirtschaftlichen Bedürfnisse des Landes zu erkennen. 14 Als Beispiel sei die Schaffung von Industrie- und Handelskammern genannt. 15 A. F. Haikai, Analyse des gegenwärtigen Standes und der Entwicklungstendenz der Industrialisierung Ägyptens, wirtschaftswiss. Diss. Leipzig 1961, S. 46/47.
Ägyptische Wirtschaftsentwicklung 1952-1956
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16 Der Außenhandel, Berlin, 13/1954, S. 308. 17 Lt. Ihdustriezensus vom 26. 3. 1947, Kairo. 18 A. F. Haikai, a. a. O., S. 50. 19 Die These, die als Gesetz des kapitalistischen Reproduktionsprozesses bereits von Marx belegt wird, findet in den letzten Jahren auch bei bürgerlichen Wissenschaftlern hinsichtlich der Entwicklungsländer Eingang. So z.B. bei G. Myrdal, Ökonomische Theorie und unterentwickelte Regionen, Stuttgart 1959, S. 24 ff. Allerdings scheinen hier die staatlich-regulierenden Mittel überschätzt. 20 Siehe Karl Marx, Das Kapital, Bd 3, Berlin 1951, S. 278/79. 21 Alle Angaben nach: Handbook of U.A.R. Economy, a. a. O., S. 30/31. 22 Industry in the U.A.R., Kairo 1963, S. 3/4. - Diese Behauptung abstrahiert von einigen wenigen, volkswirtschaftlich jedoch unbedeutenden Martinöfen und ebenso von handwerklichen Werkstätten. 23 Ebenda, S. 3. 24 Ch. Issawi, a. a. O., S. 181. 25 I. Petrov / A. Nikolajeva, Die Wirtschaftslage Ägyptens, in: Der Außenhandel, Berlin, 2/1952, S. 62 f. 26 Ausführliche Darstellungen solcher Momente u. a. bei G. Myrdal, Internationale Wirtschaft, Stuttgart 1956, und G. Kück, Probleme der interarabischen wirtschaftlichen ¡Zusammenarbeit unter besonderer Berücksichtigung der Wirkungen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, wirtschaftswiss. Diss. Leipzig 1965. Selbstverständlich wirkt hier auch die Position des Auslandskapitals in Ägypten ein. 27
Ch. Issawi, a. a. O., S. 231.
28 Der Außenhandel, Berlin, 7/1953, S. 165. 29
Für hier nicht genannte Einzelheiten wie öffentliche Finanzen, Zölle, Steuern usw. wird auf Economic Bulletin, National Bank of Egypt, Kairo, 1/1964, S. 26 f f . , verwiesen.
30 Handbook of U.A.R. Economy, a. a. O., S. 3. 31 Economic Bulletin, a. a. O., S. 28. 32
Siehe dazu G. A. Nasser, Die Philosophie der Revolution (dt.), o. O., o. J . (wahrscheinlich Kairo 1954), S. 22.
33
Ebenda, S. 45.
34
Damit wurde die Bauernschaft zu einer politischen Kraft, von der eine deutliche Parteinahme für die Revolution ausging.
35 Ausgezeichnetes Material findet sich hierzu bei K. Lehmann, Die Bedeutung des staatlichen Sektors für die ökonomische Unabhängigkeit der VAR, wirtschaftswiss. Diss. Berlin 1965.
44 36
Manfred Voigt Vgl. W. G. Solodovnikov, Die bürgerliche Ökonomie und die schwachentwickelten Länder, in: Weg und Ziel, Wien, 1/1961, S. 65 ff.
37 Aus der Fülle dieser Literatur seien - neben bereits zitierten Quellen hier genannt: D. Warriner, Land Reform and Development in the Near and Middle East, London / New York / Toronto 1962; S. Marei, Agrarian Reform in Egypt, Kairo 1957; S. Gadalla, Land Reform in Relation to Social Development in Egypt, Columbia 1962; M. S. Darling, Land Reform in Italy and Egypt, Oxford 1956; A. F. Sultanov, Polozenie egipetskogo krest' janstva pered zemel' noj reformoj 1952, Moskau 1958. 38 Interview Präsident G. A. Nassers mit R. K. Karanjia 1957, in: Die arabische Revolution, Frankfurt a. M. 1958, S. 58. 39
Economic Bulletin, a. a. O., S. 31.
40
Gesetz Nr 178/1952.
41 Im weiteren Sinne gehört hierzu auch die Regelung der Pachtverhältnisse (Art. 32, 35 u. 36), die nunmehr aber größere Sicherheiten für die Kleinpächter bot. 42 Siehe Khaled Mohi El-Din, Die ägyptische Revolution, ihre Entwicklung und ihre Perspektiven, in: Probleme des Friedens und des Sozialismus, Berlin, 8/1966, S. 629. 43 Übrigens hatten auch einige Feudale Schlupflöcher in der Gesetzgebung gefunden, die es ihnen - teils auch durch Korruption - gestatteten, bis 3 000 Feddan weiterhin faktisch zu besitzen. Siehe dazu Rede Präsident Nassers am 26. 7. 1961 in Alexandria. 44 Insgesamt muß also allein die Tatsache der vorhandenen Kooperation als positiv bezeichnet werden. 45
Gebräuchliche Kurzform: National Production Council.
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Dieses Zurückbleiben drückt sich ferner innerhalb der verarbeitenden Industrie noch darin aus, daß 1952 das Verhältnis zwischen Konsumgüterund Produktionsmittelindustrie 18 : 1 war. Vgl. dazu Fawzi R. Fahmy, Growth Pattern of Manufacturing Sector in Egypt (1950 - 1970), Institute of National Planning, Kairo, Memo. Nr. 386, Kairo 1964, S. 10.
47 Siehe I. Potemkin / V. Sandakov, Razvivaju££iesja strany. Nekotorye aspekty problemy nakoplenija, in: Mirovaja Ekonomika i Mezdunarodnye Otnoäenija, Moskau, 4/1965, S. 39 ff 48
Gesetz Nr 430/1953.
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Gesetz Nr 26/1954.
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Gesetze Nr 324/1952 u. 418/1955.
51 Gesetze Nr 120/1952, 156/1953 u. 475/1954.
Ägyptische Wirtschaftsentwicklung 1952-1956
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52 Das wichtigste Projekt, das mit Hilfe von ausländischem Kapital in Angriff genommen wurde, war die Errichtung des Eisen- und Stahlwerkes in Heluan mit westdeutschem Kapital (ab 1954). Siehe dazu M. Voigt, Die Außenhandelspolitik der Deutschen Bundesrepublik gegenüber Ägypten, wirtschaftswiss. Diss. Leipzig 1961, S. 109 u. S. 152 ff. 53
Vgl. Solodovnikov, a. a. O., S. 67.
54 Kh. Mohi El-Din, a. a. O., S. 630. 55 Address by President G. A. Nasser at the Meeting of the National Assembly s Ordinary Session, Kairo, 24. 3. 1964, Information Department, Kairo, S. 14. 56 B. Hansen / G. A. Marzouk, Development and Economic Policy in the U.A.R. (Egypt), Amsterdam 1965. 57
Ebenda, S. 133.
58
Economic Bulletin, a. a. O., S. 32.
59 Vgl. dazu J . Bognar, The Future Place and Role of the Developing Countries in the World Economy, in: Publications of the Center for Afro-Asian Research of the Hungarian Academy of Sciences, Nr 1, Budapest 1965, S. 12. 60
Siehe Ch. Issawi, a. a. O., S. 231.
61 Azija i Afrika 1950 - 1960 goda, S. 568. 62 Siehe M. Voigt, a. a. O., S. 135 ff. 63 Economic Bulletin, a. a. O., S. 30. 64 Ebenda, S. 29 u, S. 32. 65 Mehr als 40 % der ägyptischen Bevölkerung waren nach diesen Angaben im Jahre 1956 jünger als 16 Jahre. 66
Z. B. die Studie von P. Khalatbari, Überbevölkerung, Beschäftigung und wirtschaftliches Wachstum in den Entwicklungsländern, in: Wirtschaftswissenschaft, Berlin, 7/1965, S. 1132 ff.
67 Siehe dazu Die Wirtschaft, Berlin, Nr 44 v. 3. 11. 1955. 68 M. Voigt, a. a. O., S. 160f. 69
Umfangreiches Material hierzu findet sich bei G. Scharschmidt, Die Bedeutung der ökonomischen und politischen Entwicklungstendenzen der VAR/ Ägypten für die Handelsbeziehungen mit der DDR, wirtschaftswiss. Diss. Berlin 1961.
70 Die ökonomischen Komponente dieser in erster Linie politischen Maßnahme tritt uns in der Zerschlagung monarchistischen Großgrundbesitzes gegenüber. 71 Neben den antifeudalen Maßnahmen sei auch auf die Inangriffnahme eines so hervorragenden Projektes wie des Hochstaudammes bei Assuan verwiesen. Da sich wirtschaftliche Auswirkungen im behandelten Zeitraum hinsichtlich der Landwirtschaft und der industriellen Produktion noch nicht ergaben, wurde nicht näher darauf eingegangen.
LOTHAR RATHMANN / ARMIN BÖRNER Die antiimperialistische demokratische Einheitsfront der Volkskräfte in der Vereinigten Arabischen Republik
Die gegenwärtige Etappe der nationalrevolutionären Befreiungsbewegung der arabischen Völker zeichnet sich durch die enge Verflechtung bedeutsamer Aufgaben verschiedenartigen Charakters und eine stürmische Entwicklung der Ereignisse aus. Doch ungeachtet der ökonomischen, sozialen und politischen Unterschiede in den einzelnen Ländern geben ihr folgende Grundmerkmale das Gepräge: Die nationalrevolutionäre Befreiungsbewegung der arabischen Völker trägt den Stempel unserer Epoche, ihr Hauptinhalt wird durch den weltweiten Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus bestimmt, ihre Siege sind untrennbar mit den Erfolgen des sozialistischen Lagers und der internationalen Arbeiterklasse verbunden, sie ist ein Bestandteil des weltumspannenden revolutionären Prozesses. * Die breiten Massen beginnen durch ihr gewachsenes Bewußtsein, ihre revolutionäre Aktivität und ihre Orientierung auf den sozialen Fortschritt einen stärkeren Einfluß auszuüben. Die sozialen Widersprüche in jedem einzelnen arabischen Land wie in der gesamten arabischen Welt verschärfen sich. Der nationale Aspekt der Revolution verschmilzt in immer stärkerem Maße mit ihrem sozialen Inhalt. Im Kampf um den künftigen Entwicklungsweg vollzieht sich die weitere Polarisierung der Klassenkräfte. 2 Diese Entwicklung hat die in den Erklärungen der kommunistischen und Arbeiterparteien von 1957 und i960 sowie im Programm der KPdSU theoretisch verallgemeinerten Feststellungen über die Entwicklungstendenz und Perspektive der Befreiungsbewegung voll und ganz bestätigt. 3 Die nationalrevolutionäre Befreiungsbewegung der arabischen Völker e r kennt in wachsendem Maße durch die Praxis ihres antiimperialistischen Kampfes - besonders seit dem festen Bündnis zwischen den sozialistischen Staaten und der ägyptischen Revolution bei der Niederwerfung der Suezaggression im Jahre 1956 - in der Sowjetunion und den anderen sozialistischen Ländern die Hauptverbündeten im Ringen für nationale Befreiung und sozialen Fortschritt.* Das sozialistische Weltsystem, der ausschlaggebende Faktor unserer Zeit und die Vorhut im allgemeinen antiimperialistschen Kampf, übt auf die Kräfte der Befreiung im arabischen Raum eine immer stärkere Anziehungskraft aus. Die enge Zusammenarbeit und kämpferische Solidarität der nationaldemokratischen Kräfte der arabischen Völker mit dem sozialistischen Weltlager und der revolutionären Arbeiterbewegung in den entwickelten kapitalistischen Ländern e r hält immer größere Bedeutung. ® Die Zusammenarbeit des Weltsozialismus mit den Kräften der nationalrevolutionären Befreiung im arabischen Raum bestätigt Überzeugend die Wahrheit der Worte Lenins, daß "für ganz Asien und für alle
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Kolonien, für viele Millionen Menschen... das Verhältnis der Sowjetrepublik der Arbeiter und Bauern zu den schwachen, bisher unterdrückten Völkern praktische Bedeutung haben" wird. Dieses Bündnis der Sowjetunion, der mit ihr verbundenen sozialistischen Länder und der internationalen Arbeiterklasse mit dem Kampf der arabischen Staaten gegen Imperialismus und für sozialen Fortschritt, ein Bündnis, das längst seine Bewährungsprobe bestanden hat und das Millionen Araber die Gewißheit der siegreichen Perspektive ihres Kampfes gibt, versucht die Gruppe der chinesischen Führer um Mao Tse-tung vergeblich zu sprengen. Ihre abenteuerliche Universallosung des bewaffneten Kampfes, ihre Ablehnung des nichtkapitalistischen Entwicklungsweges für die nationalrevolutionäre Befreiungsbewegung, ihre Versuche zur Spaltung der fortschrittlichen Kräfte sowie vor allem ihre Verleumdung der Rolle des sozialistischen Weltsystems in unserer Zeit konnten im arabischen Raum keine Wurzeln schlagen. So wie die revolutionär-demokratischen Kräfte der arabischen Völker in ihrem Kampf für den sozialen Fortschritt die Freundschaft und Solidarität des Weltsozialismus finden, so treffen sie gleichzeitig auf den erbitterten Widerstand der imperialistischen Reaktion. Der Durchbruch der nichtkapitalistischen Entwicklung im arabischen Raum bedroht sowohl die strategische Basenbrücke, die die imperialistischen Militärpaktsysteme NATO in Europa und SEATO in Asien noch notdürftig zusammenhält, als auch die imperialistischen Ausbeutungs- und Unterdrückungsmöglichkeiten in Nordafrika und Nahost, insbesondere die imperialistische Monopolstellung in der Exploitation der Ölquellen, der größten Ölreserve der kapitalistischen W e l t . ' Deshalb rückte der Nahe Osten wieder stärker in das Zentrum der neokolonialistischen Expansion des Imperialismus, die in den letzten Jahren das Ausmaß einer permanenten und abgestimmten imperialistischen Verschwörung angenommen h a t . 8 Die amerikanische Orientpolitik, muß der westdeutsche Publizist Henle zugeben, scheint sich auf "einen Kampf auf Biegen und Brechen vorzubereiten"^. Das strategische Ziel dieser Verschwörung ist es, die antikapitalistische Entwicklung der am weitesten fortgeschrittenen arabischen Zentren abzubrechen und die anderen Länder daran zu hindern, diesen Entwicklungsweg zu beschreiten. Neben diesen allgemeingültigen Merkmalen lassen sich im Entwicklungsniveau der nationalrevolutionären Befreiungsbewegung der arabischen Völker folgende Unterschiede markieren: Das "klassische" imperialistische Kolonialsystem ist durch den opferreichen Kampf der arabischen Volksmassen zusammengebrochen. Nur noch einige Gebiete am Arabischen Golf und im Süden der Arabischen Halbinsel befinden sich in der antikolonialen Etappe der Befreiungsrevolution. Durch bewaffnete Aufstände werden diese Restpositionen des britischen Kolonialregimes - besonders in Aden - unterhöhlt. Die Mehrzahl der arabischen Länder befindet sich nach Erringung der Nationalstaatlichkeit in einer Etappe der Befreiungsbewegung, die in unterschiedlichem Grade historische Parallelen zur bürgerlich-demokratischen Revolution aufweist. Typisch für diese Länder ist trotz des unterschiedlichen Niveaus der sozialökonomischen Verhältnisse und des verschiedenartigen Charakters der politischen Macht der Kampf der fortschrittlichen Kräfte für die volle politische Unabhängigkeit, die Befreiung der nationalen Wirtschaft
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und vor allem eine nichtkapitalistische Entwicklung. Die revolutionäre Praxis dieser Länder demonstriert besonders anschaulich die objektive Verschmelzung der Aufgaben und Ziele der nationalen und der sozialen Revolution. Drei arabische Länder, die Vereinigte Arabische Republik, Algerien und Syrien, vollzogen bereits den Übergang zur nationaldemokratischen, nichtkapitalistischen Entwicklung. Sie sind die wichtigste Errungenschaft der nationalrevolutionären Befreiungsbewegung im arabischen Raum, und sie verkörpern ihren Umschlag in eine neue Qualität. Der Allianz der Volkskräfte in der Vereinigten Arabischen Republik, die sowohl in der Tiefe der nichtkapitalistischen Entwicklung als auch in der Konsequenz des Kampfes gegen Imperialismus und Kolonialismus in der vordersten Front der afro-asiatischen Staaten steht, gilt der folgende Versuch einer wissenschaftlichen Analyse. Der Übergang der Vereinigten Arabischen Republik zur nichtkapitalistischen Entwicklung Der Übergang der VAR zur nichtkapitalistischen Entwicklung im Jahre 1961 läßt einige Grundziige erkennen, von denen die folgenden hervorgehoben werden sollen: a) Der qualitative Übergang zur nichtkapitalistischen Entwicklung erfolgte in der VAR im Ergebnis der Verschärfung des antiimperialistischen und vor allem des sozialen Kampfes der Volksmassen, insbesondere der Arbeiterklasse, der armen Bauernschaft und der revolutionären Intelligen?. Waren die Existenz und die Stärke des sozialistischen Weltlagers die entscheidende äußere Voraussetzung für die Orientierung der Führungskräfte auf die nichtkapitalistische Entwicklung, so bildeten die aus den historischen Erfahrungen kolonialer bzw. halbkolonialer Unterdrückung geborene spontane Ablehnimg des Kapitalismus durch die Volksmassen und ihr Streben nach sozialem Fortschritt die grundlegende innergesellschaftliche Voraussetzung. Diese Feststellung muß, so selbstverständlich sie scheint, betont werden, nicht zuletzt deshalb, weil gewisse neokolonialistische Theoretiker, jedoch auch Vertreter des liberalen Flügels der arabischen Intelligenz bemüht sind, die Bedeutung des primären inneren Faktors für den Übergang zur nichtkapitalistischen Entwicklung zu bagatellisieren und die Rolle der Zwischenschichten einseitig aufzuwerten, sie zur gesellschaftlich stärksten Kraft zu erheben. Diese Theoretiker gehen von der oberflächlichen Erscheinung aus, daß in der VAR der Umschlag zur nationaldemokratischen Entwicklung tatsächlich nicht von u n m i t t e l b a r e n Massenaktionen der Volkskräfte begleitet w a r . 1 1 Dabei ignorieren sie aber, daß einmal der Widerstand der konterrevolutionären Kräfte durch den Klassenkampf der Massen bereits in der Periode des antikolonialen Kampfes erheblich geschwächt worden war und daß die gepanzerte Faust der Streitkräfte Gegenaktionen der feudalen und kapitalistischen Kräfte bereits im Keim erstickte und den friedlichen Übergang zur neuen Revolutionsetappe sicherte. Zutreffend wird in der Nationalcharta der ägyptischen Revolution festgestellt: "Am Tage, da es am 23. Juli 1952 seine ruhmvolle Revolution begann, wandte das ägyptische Volk für immer den überholten Begriffen, welche seine positiven Anstrengungen zunichte gemacht hatten, den Rücken zu.
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Das Volk Uberrannte die aus Jahrhunderten des Despotismus und der Ungerechtigkeit verbliebenen Restbestände. Es warf endgültig all die negativen Faktoren Uber Bord, welche seinen Willen zur Gestaltung eines neuen Lebens erdrUckt hatten..." . Und weiter heißt es: "Das Größte an der Revolution vom 23. Juli 1952 ist, daß die bewaffneten Kräfte, die sie durchführen, nicht die Schöpfer der Revolution, sondern ein Werkzeug in der Hand des Volkes waren. b) Der Hauptwiderspruch bestand beim Übergang zur nichtkapitalistischen Entwicklung in der VAR zwischen den revolutionär-demokratischen Kräften einerseits und dem Imperialismus und der inneren Reaktion andererseits. Neu dabei war in bezug auf die soziale Zusammensetzung der inneren Reaktion, daß die oberen Schichten der nationalen Bourgeoisie mit der sprunghaften Vermehrung ihres persönlichen Reichtums und der Verschärfung der sozialen Widersprüche ihre engen Klasseninteressen befriedigt sahen, sich ihrer antiimperialistischen Potenz entäußerten, radikale sozialökonomische Umgestaltungen sabotierten und als Klassenfraktion in das Lager der Konterrevolution Uberwechselten.Jede fortschrittliche Maßnahme der Führungskräfte, die auf die Lösung unaufschiebbarer ökonomischer und sozialer Fragen zielte, traf auf den Widerstand groß- und auch mittelbourgeoiser Interessen, deren Nationalismus nunmehr eine reaktionäre Rolle zu spielen begann. c) Die Hegemonie im Kampf der fortschrittlichen Kräfte für die nichtkapitalistische Entwicklung übten infolge der objektiven Schwäche des Proletariats und seiner politischen Organisationen revolutionär-demokratische Kräfte aus den Reihen der Zwischenschichten aus. Die Logik und die Erfahrungen des Klassenkampfes hatten bewirkt, daß die Revolutionsführung, beeinflußt durch das Streben der Massen zum sozialen Fortschritt und den konterrevolutionären Widerstand des rechten Flügels der Bourgeoisie, die Erkenntnis gewann, daß auf der Grundlage der kapitalistischen Produktionsweise der Revolution ein schwerer Rückschlag drohte und ihre Weiterführung nur durch eine eindeutig sozialistische Orientierung gesichert werden konnte. Die Entwicklung in der VAR lehrte erstmals in dieser Prägnanz, daß gegenwärtig durch die Veränderung des Kräfteverhältnisses im Weltmaßstab bei einer bestimmten Klassenkonstellation die Revolution sich noch vor der Herbeiführung der Hegemonie des Proletariats gegen den Kapitalismus zu wenden und den Weg der antikapitalistischen Entwicklung einzuschlagen vermag. Die ideologische Position der revolutionär-demokratischen Führungskräfte war in jenen Jahren des Übergangs zur nichtkapitalistischen Entwicklung einer tiefgehenden Wandlung unterworfen. Unter dem Eindruck der Erfolge des Weltsozialismus, der allgemeinen Diskreditierung des Kapitalismus als Gesellschaftssystem und des spontanen Strebens der Volksmassen zum sozialen Fortschritt gingen die revolutionär-demokratischen FUhrungskräfte in Ägypten von der Ideologie des bürgerlichen Nationalismus zur Ideologie des Arabischen Sozialismus Uber. 17 Diese Doktrin ist ein Produkt der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus und wie sie der Veränderung unterworfen. Aber im Gegensatz zur "sozialistischen" Konzeption bourguibistischer Prägung und dem sozialen Credo islamischer Modernisten, das eine Synthese vom Islam und den reformistischen Heilslehren eines John Mill oder auch der Fabian Society anstrebte, begann sie einen mobilisierenden
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Einfluß auf die Volksmassen auszuüben. Sie ist kein Antipode des wissenschaftlichen Sozialismus, sondern eine von den Spezifika wie Gesetzmäßigkeiten nichtkapitalistischer Entwicklung wie natürlich auch subjektiven Eigenheiten ihrer Träger geprägte Übergangsstufe zu ihm. Die politische Grundlage der revolutionären Macht in der VAB Seit dem Übergang der VAR zur nichtkapitalistischen Entwicklung sind sechs Jahre vergangen. Im Kampf um die Schaffung der materiellen, sozialen, politischen und kulturellen Grundlagen der nationaldemokratischen Entwicklung beschritten die Volksmassen unter Berücksichtigung ihrer nationalen Traditionen und des gesellschaftlichen Entwicklungsniveaus neue Wege. Damit leisten sie, "die auch schon in der Vergangenheit die Schatzkammer des menschlichen Denkens bereichert haben, heute zusammen mit den anderen Völkern ihren Beitrag zur Schatzkammer des Marxismus-Leninismus. Welches sind die wichtigsten Merkmale der bisherigen Entwicklung in bezug auf die Rolle der verschiedenen sozialen Klassen und Schichten im Block der Volkskräfte und die antiimperialistische demokratische Einheitsfront ? Welche Erfahrungen lassen sich ableiten, welche Tendenzen deuten sich an? Die politische Grundlage der revolutionären Macht bildet in der VAR das Bündnis der Volkskräfte, d. h. das Bündnis zwischen der Arbeiterklasse, den bäuerlichen Massen, den Soldaten und fortschrittlichen Offizieren, der revolutionären Intelligenz, dem Kleinbürgertum und einem Teil der nationalen Bourgeoisie. Die Hegemonie in diesem Bündnis verblieb in den Händen revolutionärer Vertreter der kleinbürgerlichen Demokratie. Entsprechend der unterschiedlichen sozialen Stellung in der Gesellschaft ist der Anteil der einzelnen Klassen und Schichten der Volkskräfte an der Durchsetzung der nichtkapitalistischen Entwicklung jedoch unterschiedlich: 1. Die Stellung der Arbeiterklasse im Block der Volkskräfte Die Arbeiterklasse bildet die soziale und politische Haupttriebkraft, die Klassengrundlage der nichtkapitalistischen Entwicklung. Sie ist der entschlossenste Kämpfer gegen Imperialismus, Neokolonialismus und für sozialen Fortschritt. Bereits im bisherigen Verlauf des antikapitalistischen Kampfes vermochte sie ihre Autorität im politischen, ökonomischen, sozialen und ideologischen Leben bedeutend zu stärken. In den letzten Jahren entwickelte sie sich aus einer rechtlosen und der Produktionsmittel beraubten Klasse der ägyptischen Gesellschaft in zunehmendem Maße in den vorwärtsweisenden Teil der revolutionär-demokratischen Allianz. Ihr Mitbestimmungsrecht an der Leitung und Verwaltung der Betriebe wurde gesichert, ihre Vertretung in allen in der Verfassung vorgesehenen Körperschaften von der Nationalversammlung bis zu den Gemeinderäten rechtlich fixiert, ihre materielle Lage verbessert und ihrem Recht auf gewerkschaftliche Organisierung entsprochen.^® Gamal Abdel Nasser brachte vor der Nationalversammlung zum Ausdruck: "Die Arbeiterklasse wurde vor der Revolution ausgebeutet und war zahlenmäßig gering. Seither ist sie beträchtlich gewachsen als Ergebnis der politischen,
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wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandlungen, die in unserem Land stattfanden. Die Arbeiterklasse repräsentiert das sozialistische System." 2 * Mit der Bildung des staatlichen Sektors entstanden die objektiven Bedingungen für eine neue Einstellung zur Arbeit, und der Kampf fttr die Steigerung der Arbeitsproduktivität erhielt wachsende Bedeutung. Besonders seit Frühjahr 1965 verdichteten sich die zunächst noch vereinzelten Hinweise führender Repräsentanten der VAR auf die Notwendigkeit einer erhöhten Verantwortung und Mitarbeit der Arbeiterklasse bei der Verwirklichung der gesellschaftlichen und der sich daraus ergebenden individuellen Aufgaben zu einer richtungsweisenden, prinzipiellen Orientierung, nachdem die Praxis nachgewiesen hatte, daß die nichtkapitalistische Entwicklung nur durch bahnbrechende Leistungen in der Produktion erfolgreich beschritten werden konnte. Die historische Funktion der ägyptischen Arbeiterklasse bestand nunmehr darin, zum Hauptakteur im Kampf um die Erhöhung der Produktion und die Schaffung einer breiten volkseigenen industriellen Basis zu werden. Der 1. Mai 1965, zum ersten Mal gesetzlicher Feiertag in der ägyptischen Geschichte^, gab Präsident Nasser Gelegenheit, die ägyptische Arbeiterklasse auf diese veränderte Aufgabenstellung eindringlich hinzuweisen und zur revolutionären Aktion aufzurufen. Auf einer eindrucksvollen Massenkundgebung erklärte er den nahezu 500 000 versammelten Arbeitern und Angestellten: "Es ist ein glückliches Zusammentreffen, daß ich am Beginn dieser neuen Etappe der nationalen Aktion zu jener avantgardistischen Kraft spreche, die als ein fester Bestandteil des werktätigen Volkes unser Experiment f ü h r t . . . Wir stehen an der Schwelle der Etappe der Schwerindustrie, der wissenschaftlichen Agrarumgestaltung, der vollständigen Elektrifizierung aller Teile der Republik, der Stabilisierung der sozialen Struktur und der Vertiefung der sozialistischen Demokratie... Es ist unsere Pflicht, in dieser Etappe durch die revolutionäre Aktion einen grundlegenden Wechsel des ererbten Systems herbeizuführen... Wir sind kein reicher Staat, wir haben weder Schätze noch Rohstoffvorkommen... Unser Hauptkapital ist die Arbeit... Wir müssen unsere Position real einschätzen... Wir wünschen, eine ideale Gesellschaft zu schaffen. Aber das erfordert zu sparen, um investieren, produzieren und neue Arbeitsplätze schaffen zu können. Es ist unsere Pflicht, mehr zu geben als zu f o r d e r n . . . Dies ist der einzige Weg, der uns befähigt, vorwärts zu schreiten und die Gegenwart zu bewältigen. 1,23 Dieser Appell des Präsidenten an die ägyptische Arbeiterklasse rief ein breites Echo hervor. Der Allgemeine Gewerkschaftsbund der VAR , die Arabische Arbeiter-Union 2 ® und der Verband der Arabischen Ölarbeiter 2 ® erklärten sich solidarisch. Zugleich war e r das auslösende Signal für den "Monat der erhöhten Produktion", der von fortschrittlichen Journalisten des "Ahbär al-Yaum"-Verlage's angeregt, organisiert und ausgewertet sowie der breiten Öffentlichkeit als mobilisierendes Beispiel nahegebracht wurde. Die besten Ergebnisse erzielten in diesem ersten sozialistischen Wettbewerb in der Geschichte der VAR die 7 000 Stahlwerker von Heluan. Aber auch von OQ anderen Produktionsstätten gingen starke Impulse aus , so vor allem von den Erbauern des Hochdammes von Assuan. Zu Ehren des 1. Mai schlössen am 9. April von den 30 000 Hochdammarbeitern 1871 ihre von sowjetischen Fach-
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kräften geleitete technische Spezialausbildung ab, und 600 neue Kader traten an ihre Stelle. ^ Der Leiter des sowjetischen Expertenteams, Alexandrow, erklärte bei dieser Gelegenheit vor 8 000 ägyptischen Arbeitern, daß die Abnahme der sowjetischen Spezialisten in den verschiedenen Sektoren des Hochdammes ein gutes Zeichen dafür sei, daß die wachsende Erfahrung die ägyptischen .Werktätigen in zunehmendem Maße befähige, alle notwendigen Arbeiten in eigener Verantwortung auszuführen.3® M. L. Suqair, Minister für Planung, Wirtschaft und Außenhandel, bezeichnete den Monat der Produktion als "ein erfolgreiches Experiment", das bewies, "daß die Zuverlässigkeit und die Fähigkeiten des ägyptischen Volkes weit größer sind als alle inneren und äußeren Herausforderungen".®* Während des Massenwettbewerbs entstanden in einigen Betrieben Produktionsräte der Arbeiter und des wissenschaftlich-technischen Personals, die sich zur entscheidenden Kraft im Kampf um eine höhere Arbeitsproduktivität entwickelt e n . 3 2 Ihre erfolgreiche Tätigkeit veranlaßte Ministerpräsident 'All Sabrt auf der Konferenz der ägyptischen Öl- und Bergbauarbeiter am 20. Mai 1965 in Alexandria, die Einführung von Produktionsräten in allen Industriezweigen vorzuschlagen, um mit ihrer Hilfe die Planerfüllung, die Erhöhung der Produktion und die Senkung der Produktionskosten zu sichern. 3 3 Allein fttr den Bereich der Textilindustrie wurde die Bildung von 33 Produktionsräten in Aussicht genommen.3^ Der Allgemeine Gewerkschaftsbund der VAR proklamierte in Auswertung des Massenwettbewerbs und der Reden Präsident Nassers vom 1. und 16. Mai durch seinen Generalsekretär, Ahmad Fahim, am 21. Mai 1965oeein Aktions• Programm für die'kommende Etappe des industriellen Aufbaus. Darin wird die ägyptische Arbeiterklasse aufgefordert, alle ihre Fähigkeiten für die Erhöhung der Produktion zu mobilisieren und von weiteren ökonomischen Forderungen zunächst Abstand zu nehmen. Über die Bedeutung der "Arbeiter-Charta" schrieb "Al-Ahräm": "Die Arbeiter waren die erste Abteilung in der Allianz der Volkskräfte, die Präsident Nasser auf die offene und klare Einschätzung der Probleme in der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus Antwort gaben... Die Arbeiter bewiesen damit, daß sie sich ihrer historischen Verantwortung bewußt sind. Die von der Führung der Gewerkschaftsbewegung der VAR proklamierte Charta der Arbeit dient dem ägyptischen Proletariat als Orientierung in der kritischsten und schwierigsten Etappe unserer nationalen Entwicklung." 3 ' Einen neuen Höhepunkt fanden die Diskussionen Uber die nationale Verantwortung der ägyptischen Arbeiterklasse und die politische Mobilisierung der Volkskräfte mit der Durchführung der I. Produktionskonferenz der VAR vom 17. bis 20. Oktober 1965 in Kairo. Im Mittelpunkt der Beratungen standen die Forderungen nach Steigerung der Arbeitsproduktivität und des Exportgewinns, Verbesserung der Qualität der Erzeugnisse und Kostensenkung, Wirtschaftlichkeit der Betriebe, Wettbewerb und Herausbildung materieller Interessiertheit, Abgrenzung der Verantwortlichkeit der verschiedenen Leitungen, Beseitigung bürokratischer Hemmnisse sowie nach Sparsamkeit auf allen Gebieten. "Kein Verbrauch ohne Produktion" war die von Zakarlyä Muhl ad-DIn verkündete. Losung. "Wir müssen darauf hinwirken, unsere
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Wirtschaft auf eine richtige Art und Weise zu fiihren"39, hob e r hervor und wandte sich damit nicht nur an die verantwortlichen Leiter der Betriebe und Funktionäre des Wirtschaftsapparates, sondern an alle Werktätigen im Produktionsprozeß. Der Übergang zur nationaldemokratischen Revolution hob zugleich die Verantwortung der Gewerkschaften. Es galt, ihre Rolle und Position in der nichtkapitalistischen Gesellschaft neu zu bestimmen. Die Grundfunktion der Arbeiterklasse besteht in der sozialistischen Gesellschaft nicht nur im Kampf gegen die Reaktion und in der Mitgliedschaft in bestimmten Organisationen, erklärte Z. Muhl ad-Dtn am 2. November 1965 auf einer Beratung mit Gewerkschaftsführern, sondern vor allem in der Steigerung der Arbeitsproduktivität. "Die Arbeiter sind die wichtigsten Baumeister des Sozialismus, Soldaten der Revolution"4*-, und den Gewerkschaften erwächst die Pflicht, sich aus Organen zur Bekämpfung des kapitalistischen Unternehmertums in eine avantgardistische Kraft zum Aufbau der sozialistischen Gesellschaft zu entwickeln. Er forderte die Gewerkschaftsführer auf, die bewußte Disziplin der Arbeiter zu entwickeln, an ihrer fachlichen Qualifizierung Anteil zu nehmen und sie zum Schutz des Volkseigentums aufzurufen. Die II. Konferenz der VAR-Gewerkschaften Mitte 1966 in Kairo4** stimmte dieser Konzeption zu, da sie die sozialistischen Prinzipien der Revolution stärken und die führende Rolle der Arbeiterklasse in der bevorstehenden Periode sichern hilft. Indem die Konferenz die Leistungen der ägyptischen Arbeiterklasse bei der erfolgreichen Erfüllung des ersten Fünfjahrplanes würdigte, stellte sie ihr zugleich neue Kampfaufgaben für die neue Planperiode. Über den Inhalt der Losung der Konferenz, die Interessen der Arbeiterklasse mit den gesamtgesellschaftlichen Interessen der Produktion zu verbinden, sprach Präsident Nasser am 1. Mai 1966 vor 21 000 Arbeitern und Angestellten des Textilwerkes von Al-Mahalla al-kubrä. 4 4 Wenn es auch bei der knappen Zeitspanne nichtkapitalistischer Entwicklung selbst für eine umfassende gesellschaftliche Analyse äußerst schwierig ist, den genauen Ort zu bestimmen, an dem sich die verschiedenen sozialen Kategorien im Klassenkampf befinden, so läßt sich doch für die VAR die Tendenz einer allmählichen Veränderung des Kräfteverhältnisses zugunsten des Proletariats erkennen. Die Arbeiterklasse wächst im Prozeß der Industrialisierung nicht nur zahlenmäßig an, sondern vergrößert auch durch die wachsende Organisiertheit, die Entwicklung des Klassenbewußtseins und größere Kampfeserfahrungen ihr politisches Gewicht. Mit diesen qualitativen Veränderungen wachsen zugleich gesetzmäßig die objektiven und subjektiven Voraussetzungen für die Hegemonie des Proletariats im Bündnis der Volkskräfte. Dabei geht es in keiner Weise um die unmittelbare Übernahme der Führung durch die Arbeiterklasse. "Die Arbeiterklasse wird diese führende Position so lange nicht übernehmen können", erklärte Fu ad Mursi auf der Konferenz der revolutionären Kräfte Afrikas im Oktober 1966 in Kairo, "bis die bäuerlichen Massen, die revolutionäre Intelligenz und die patriotischen Offiziere in der Allianz der Volkskräfte ihre Fähigkeiten zur Führung anerkennen, ehe sie nicht davon überzeugt sind, daß diese Hegemonie der Arbeiterklasse die zuverlässigste Garantie für den vollständigen und endgültigen Sieg der sozialen Revolution darstellt." 4 ** Aber es gilt, sich immer stärker auf die Arbeiterklasse zu
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stützen, ihr "die Entfaltung ihrer Initiative und ihres Schöpfertums zu ermöglichen, ihr politisches Bewußtsein unablässig zu heben", ihr "die Möglichkeit zur Ausübung der Kontrolle Uber die verschiedenen staatlichen Einrichtungen"^® zu geben, den Anteil der Arbeiterklasse an den politischen und technischen Kadern im Staatsapparat wie in der Wirtschaft zu erhöhen und die Gewerkschaft als Klassenorganisation des Proletariats stärker bei der Lösung der Aufgaben in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens h e r a n z u z i e h e n . Die bisherige Entwicklung zeigt, daß die Gewerkschaften zwar in steigendem Maße im Kampf gegen das Auslandskapital, bei der Mobilisierung der werktätigen Massen sowie beim Schutz der revolutionären Errungenschaften als vorwärtstreibende Kraft in Erscheinung treten, daß aber insgesamt die Arbeiterklasse durch den Mangel an bewußten revolutionären Kadern mit Führungsqualitäten, den Einfluß bestimmter Vertreter der alten Gewerkschaftsbürokratie und das Fehlen eines klar umrissenen antikapitalistischen Programms der Gewerkschaften die ihr gegebenen Möglichkeiten nur in unzureichender Weise wahrzunehmen in der Lage ist. Wie die Zeitschrift "At-f all'a" feststellte, waren bis Ende 1966 von den in der Industrie beschäftigten Werktätigen nur 20 % gewerkschaftlich organisiert.^® Die Wahlen zu den Gewerkschaftskomitees Anfang 1967 sollten die Mängel in der gewerkschaftlichen Arbeit beseitigen und die Komitees zu wirklichen Vertretungen der Werktätigen entwickeln, die die politisch-ideologische und fachliche Erziehung und Anleitung sichern und ihre Kräfte auf die Lösung der Produktionsaufgaben konzentrieren.^ Die fachlich besten und politisch aktivsten revolutionären Arbeiter sollten in die Komitees gewählt und durch die Bildung von Produktionsräten in allen Betrieben das Mitspracherecht der Arbeiterschaft bei der Planung und Leitung der Produktion und der Hebung der Arbeitsproduktivität voll zur Wirkung gebracht werden. Besondere Bedeutung wurde der Beseitigung des alten, berüchtigten " C o n t r a c t o r - S y s t e m s " 5 0 beigemessen. Es ist vorgesehen, ein oberstes gewerkschaftliches Organ zu schaffen, das die Probleme der politisch-ideologischen sowie der fachlichen Bildung der Werktätigen organisiert und leitet. Der Hauptinhalt der Wahlen zu den Gewerkschaftskomitees bestand darin, dazu beizutragen, die Arbeit der Trade Unions in der VAR zu verbessern und zu garantieren, daß diese ihre Aufgaben voll erfüllen. 2. Die revolutionäre Potenz der Bauernschaft Neben der Arbeiterklasse bilden die bäuerlichen Massen eine mächtige revolutionäre Potenz in der Front der Volkskräfte. Mit den Agrarreformen von 1952 und 1961 sowie der Entwicklung des genossenschaftlichen Sektors wurde die ökonomische Grundlage des Kolonialismus und Feudalismus auf dem Lande entscheidend geschwächt und der inneren Reaktion die Massenbasis entzogen. Das Bündnis zwischen den revolutionär-demokratischen Kräften der Stadt und des Dorfes erhielt objektiv eine neue Ausgangsposition. Die Voraussetzungen für die Weiterentwicklung der Agrarverhältnisse im Sinne des gesellschaftlichen Fortschritts sind damit gegeben. Aber trotz dieser revolutionären Veränderungen ist das ägyptische Dorf nach wie vor ein wahres Bollwerk der Elemiente des Privateigentums. Die Bodenreformen
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haben sein Gesicht zwar erheblich verändert, aber die Großgrundbesitzer und die Großbauern behaupteten einen wesentlichen Anteil am Nationaleinkommen des Agrarsektors. Die steigende Tendenz der Grundrente und die damit verbundene Erhöhung der Bodenpreise - letzteres ist auch ein Ausdruck von Spekulationen - verschafften ihnen zusätzliche Akkumulationsquellen, die es ihnen in Verbindung mit ihrem hohen Anteil an der Marktproduktion von Baumwolle und Reis ermöglichten, verstärkt kapitalistische Methoden der Wirtschaftsführung anzuwenden. Diese Entwicklung führte dazu, daß sich der kapitalistische Sektor in der Landwirtschaft festigte. Aus der Bauernschaft entwickelte sich eine starke Fraktion bourgeoiser Elemente, deren wirtschaftlich mächtigster Flügel sich auch bezüglich seiner Klassenziele mehr und mehr den "verbürgerlichten" Großgrundbesitzern nähert, wenn nicht gar mit ihnen verschmilzt. Nach Einschätzung Gunaims, des Agrarexperten von "At-Tall'a", wuchs die Dorfbourgeoisie der VAR von 22 000 im Jahre 1952 auf 29 000 im Jahre 1964, und ihr Anteil an der landwirtschaftlichen Kulturfläche beträgt 13,3 Der rechte Flügel dieser Schicht setzte im Bündnis mit den politisch entmachteten Feudalen der sich vor allem seit 1965 vollziehenden Änderung des politischen Kräfteverhältnisses zugunsten der landlosen und landarmen Bauern erbitterten Widerstand entgegen. In dem Streben nach Sicherung seiner Positionen im Dorfe versuchte e r unter Anwendung mannigfaltiger Methoden die Agrarreformgesetze zu umgehen. Untersuchungen ergaben - fiktiven Landverkauf an Familienmitglieder, die bisher in keiner Verbindung zur landwirtschaftlichen Produktion standen, - fiktiven Landverkauf an arme Bauern, - vorgetäuschte Verpachtung von Großgrundbesitzerland an Fellachen, - Verheimlichung von Boden durch Besitzungen in verschiedenen Teilen des Landes, die insgesamt weit über die zulässige Höchstgrenze von 100 Feddan hinausgingen, - Überschreibung von Landbesitz an längst verstorbene Personen u.ä.*^ Die unrechtmäßige Erweiterung des Bodenbesitzes Uber die festgelegte Höchstgrenze hinaus wurde ergänzt durch die bevorzugte Verfügungsgewalt der Dorfbourgeoisie Uber Bewässerungsanlagen, Brunnen und Schöpfräder. Durch ihre dominierende Stellung in diesen für die landwirtschaftliche Produktion am Nil lebensnotwendigen Einrichtungen war es ihr möglich, besonderen ökonomischen Druck auszuüben. Die Beispiele sind daher nicht selten, daß arme Bauern den ihnen Ubergebenen Boden wieder in die Verfügung der Großgrundbesitzer gaben, da sie nicht in der Lage waren, das Land zu bewirtschaften. Den Feudalkräften und den mit ihnen verbundenen parasitären bourgeoisen Schichten im Dorf kamen in ihren Bemühungen um die Erhaltung ihres ökonomischen und politischen Einflusses auf dem Lande, wobei sie ihre berüchtigte Praxis der Korruption und Bestechung anwandten, eine Reihe traditionsbedingter Faktoren entgegen, die sie für ihre Interessen auszunutzen vermochten: - Im bisherigen revolutionären Prozeß wurde erst damit b e g o n n e n , die jahrhundertealten sozialen Beziehungen, traditionellen Abhängigkeitsverhältnisse und Gepflogenheiten zu verändern bzw. zu beseitigen. Die Furcht der Fellachen vor dem überlieferten Einfluß der Feudalfamilien auf dem Lande wirkte - noch verstärkt durch das als koloniales Erbe übernommene Analphabetentum - weiter.
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- Da es zu keiner Zeit in der modernen ägyptischen Geschichte eine revolutionäre Bauernorganisation, ja Uberhaupt keine einzige fortschrittliche politische Organisation mit einer Massenbasis und mit politischer Kampferfahrung gab - auch sämtliche in der Kolonialzeit gegründeten bürgerlichen Parteien beschränkten sich auf sogenannte Eliten - , blieben das politische Bewußtsein, der Glaube der Fellachen in die eigene Kraft nur schwach entwickelt. - Sekundantendienste leisteten den feudal-bourgeoisen Ausbeuterschichten auf dem Lande Elemente aus den Reihen der islamischen Geistlichkeit und der lokalen kommunalen Einrichtungen, wie Bürgermeister, 'Umdas, Polizeibeamte, Mitarbeiter der Agrarreformbehörde und der Justizorgane, die zum Teil in verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Feudalen standen oder finanziell von ihnen abhängig waren. Mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln versuchten sie den Prozeß der revolutionären Umgestaltung des lokalen Verwaltungssystems, dem die Regierung besonders im letzten Jahr erhöhte Aufmerksamkeit schenkte, zu hintertreiben oder zu hemmen und wichtige Funktionen in den kommunalen Organen, in der Landreformbehörde und auch in den ASU-Einheiten weiterhin mit ihnen hörigen Elementen zu besetzen. - Nicht zuletzt war es den feudal-bourgeoisen Kräften auf dem Lande möglich, bestimmte temporäre Schwierigkeiten der Revolutionsführung auszunutzen, von denen vor allem zeitweilige wirtschaftliche Komplikationen (z.B. bei der Getreideversorgung), geringe Erfahrungen beim Aufbau und bei der Leitung des staatlichen Sektors und bei der Wirtschaftsplanung sowie das Fehlen einer starken politischen Organisation der revolutionären Volkskräfte, die mit einer zielgerichteten politisch-ideologischen Erziehung der Dorfbevölkerung die traditionellen Bande beseitigt und die Fellachen aus ihrer politischen Lethargie reißt, zu nennen sind. Die Maßnahmen der Führungskräfte der VAR zur verstärkten Einbeziehung der werktätigen Massen in den sozialökonomischen und politischen Umgestaltungsprozeß, die Proklamierung der breiten politischen Erziehung des werktätigen Volkes, insbesondere der Bevölkerung auf dem Lande, als Hauptaufgabe der neuen Entwicklungsetappe nach der Wiederwahl Präsident Nassers zum Staatsoberhaupt im Frühjahr 1965 riefen neue Aktivitäten seitens der feudal-bourgeoisen Reaktion hervor. Gedrängt von der Furcht, nunmehr endgültig ihren sorgsam gehüteten Einfluß zu verlieren, ging sie dazu über, ihren Widerstand zu verstärken. Am drastischsten zeigte e r sich in der Verschwörung der "Al-Ihwän al-Muslimln" (Moslembruderschaft)®®, die, unterstützt von der CENTO^® und Schwesterorganisationen in anderen arabischen Ländern, besonders im Sudan®' und in Saudi-Arabien®®, zu einem konterrevolutionären Anschlag gegen die nichtkapitalistische Entwicklung in der VAR auszuholen versuchte. 5 ® Im Frühjahr 1965 wurden von den Sicherheitsorganen der Armee detailliert ausgearbeitete Verschwörungspläne der Moslembruderschaft enthüllt und große Arsenale von zum Teil aus dem Ausland eingeschleu^in Waffen und Munition sichergestellt. 6 0 Die Geheimorganisation der Moslembrüder plante Mordanschläge auf Präsident Nasser und andere führende Repräsentanten der VAR®1 während der Revolutionsfeierlichkeiten und Terrorakte gegen ausländische Diplomaten 6 ^, die Sprengung von Fabriken, Staudämmen, Kraftwerken, Fernmeldeeinrichtungen, des Rundfunkgebäudes und des Flugplatzes in Kairo,
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Brandstifungen in Filmtheatern und dichtbevölkerten Stadtteilen u s w . 6 3 "Wir wollten ein Maximum an Chaos und T e r r o r unter der Bevölkerung schaffen, um auf diese Weise einen schnellen Sturz der Regierung zu erreichen"®^, bekannte einer der Verschwörer. Erstmalig in ihrer nahezu 40jährigen konterrevolutionären Tätigkeit blieb die Moslembruderschaft ohne Basis, ihre demagogische antisozialistische Flüsterpropaganda zeigte keine nennenswerte Wirkung. In zahlreichen Städten und Dörfern kam es zu Protestkundgebungen gegen die Machenschaften der inneren Reaktion. Auch ein nicht unbeträchtlicher Teil der 'Ulamä 1 distanzierte sich in Übereinstimmung mit dem Rektor der AI-Azhar-Universität entschieden von den Verschwörern.®® Die Verbindungsfäden der Verschwörung der Moslembruderschaft führten zu jenen feudal-bourgeoisen Kreisen in der VAR, denen der nichtkapitalistische Entwicklungsweg ein Dorn im Auge ist, und zu jenen Kräften im Ausland, die in der konsequenten antiimperialistischen Politik der VAR-Regierung eine Gefahr f ü r ihre Positionen in Nordafrika und Nahost erblicken. Über die Gruppe um den ehemaligen Besitzer und Chefredakteur der großen Tageszeitung "Al-Ahräm", Mustafa Amin, lief die Verbindung zur amerikanischen Botschaft und zum CIA und strömte zugleich der Geld- und Informationsfluß. ®7 "Die Verbindungen zu ausländischen Mächten und Pakten, die die Verschwörung der Moslembruderschaft besonders ernst machten", schrieb "Al-Aljbär", "führten außerdem zur CENTO und nach Westdeutschland"®®, das Mitgliedern der Moslembruderschaft politisches Asyl gewährte und ihnen am Propagandasender "Deutsche Welle" Anstellung verschaffte®^. Auf dem Lande schreckte die Feudalreaktion weder vor der Vergiftung von Vieh und der Vernichtung der Ernte noch vor offenem Mord zurück, wie es die Schüsse von KamSfä, einem Dorf im Nildelta, beweisen. Der ASU71 Funktionär Saläh ad-DTn Husain fiel der feudalen Reaktion zum Opfer , "nur weil er für die Anerkennung der Rechte der Fellachen und ihre menschliche Behandlung seine Stimme erhoben hatte" 7 ^. Dem verschärften Klassenkampf im Dorf zeigten sich die revolutionären Volkskräfte gewachsen. Nach der Zerschlagung des Stoßtrupps der Reaktion im mißbrauchten Ordensgewand, der Moslembruderschaft, bildete die Regierung zur Brechung des politischen Einflusses und der ökonomischen Macht der Großgrundbesitzer und der mit ihnen verbundenen parasitären bourgeoisen Schichten am 11.. Mai 1966 das "Komitee zur Liquidierung der Überreste des Feudalismus" unter der Leitung des Ersten Vizepräsidenten der VAR, Feldmarschall 'Abd al-Haklm « A m i r . jn den Gouvernoraten wurden 17 Hauptund 45 Unterkommissionen gebildet 74 , die dem zentralen Komitee unterstehen. Sie sollen die exakte Einhaltung der Agrarreformgesetze sowie die Durchführung der Beschlüsse des Komitees auf dem Lande kontrollieren. Die Subkomitees in den Gouvernoraten setzen sich aus je einem Vertreter der Armee, der Agrarreformbehörde und der lokalen Verwaltung als Vertretung der ASU zusammen. 7 5 Sie stehen außerhalb des Staatsapparates und arbeiten direkt unter der Leitung der Gouverneure. Die örtlichen Organe der ASU wurden zur Arbeit der Komitees ausdrücklich herangezogen. Nach den ersten Untersuchungen des Komitees wurde die Sequestrierung des beweglichen und unbeweglichen Vermögens von 92 Feudalfamilien verfügt7®, denen grobe Verstöße gegen die Agrarreformgesetze nachgewiesen 7 3
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werden konnten. Das Komitee beschloß außerdem die Umsiedlung der betreffenden Feudalfamilien aus ihren ländlichen Einflußgebieten in die Nähe Kairos und Alexandrias. Bis Ende 1966 stellte das Komitee zur Liquidierung der Überreste des Feudalismus den Besitz von 216 Großgrundbesitzerfamilien mit mehr als 200 000 Feddan Ackerland unter Sequester. Im gleichen Zeitraum verwandelten sich 94 Dorfpaläste in Hospitäler, Schulen und andere soziale Einrichtungen. Mehr als 1 600 landwirtschaftliche Maschinen und 200 000 Rinder und Kamele gingen in bäuerlichen Besitz ü b e r . 7 7 Der Großangriff auf die feudale Bastion der Konterrevolution auf dem Lande erfaßte seit den ersten Maitagen des Jahres 1966 das gesamte gesellschaftliche Leben der VAR und führte zu einer verstärkten politischen Aktivität, in die alle Bevölkerungsschichten einbezogen wurden und die sich in der Stoßrichtung längst nicht mehr auf den Kampf gegen die Großgrundbesitzerklans auf dem Lande beschränkt, sondern in ihrer ganzen Breite und Tiefe gegen die innere Reaktion in zahlreichen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens orientiert i s t . 7 8 Das zeigte sich deutlich in den Debatten der Nationalversammlung, die sich seit ihrer Sommersession 1966 ausführlich mit den Verhältnissen im ägyptischen Dorf befaßte und selbst zwei ihrer Mitglieder entfernte, die sich der Verletzung der Bodenreformgesetze schuldig gemacht und beträchtliche Ländereien verheimlicht h a t t e n . I m Namen des Sekretariats für Bauernangelegenheiten der ASU stellte 'Abd al-Hamid Gäzl an die Nationalversammlung u . a . folgenden Antrag®®: - Enteignung des landwirtschaftlichen Bodens, der sich im Besitz von P e r sonen oder deren Familien befindet, die die Bodenreformgesetze sabotieren, und seine Verteilung an landlose Fellachen oder Landarbeiter; - Enteignung der landwirtschaftlichen Fläche, die von Personen oder deren Familien zur Ausbeutung benutzt wird; - Beseitigung des Einflusses reaktionärer Kräfte in den örtlichen Verwaltungen und öffentlichen Organisationen; - Beseitigung der berufsmäßigen Landvermieter; - entschlossener Kampf gegen die Ausbeutung im Dorf; - Beseitigung des Einflusses und der Vorherrschaft der Feudalfamilien. Die Forderung nach Ausschaltung aller reaktionären Elemente aus dem Staatsapparat und allen öffentlichen Organisationen geht weit über die unmittelbaren Auseinandersetzungen mit der feudalen Reaktion hinaus. Sie richtet sich insbesondere auch gegen den reaktionären Flügel der Bürokratie. 8 1 Die bisherigen Untersuchungen des Komitees zur Liquidierung der Überreste des Feudalismus ergaben, daß die Agrarreformgesetze im Interesse der werktätigen Bauernschaft zu ergänzen und zu verbessern sind. Die im Juni 1966 von der Regierung unterbreiteten Zusätze zu den Bodenreformgesetzen von 1952 und 1961 bildeten einen ersten Schritt in dieser Richtung. Sie beinhalten Vorschriften zur Regulierung der Beziehungen zwischen den Landeigentümern und den Pächtern sowie Uber die Verpachtung und Bearbeitung des Landes. Es wurden neue Bestimmungen für die Schlichtung von Streitigkeiten, besonders zwischen Landeigentümern und Pächtern, festgelegt. Spezielle Komitees, die in jedem Dorf gebildet wurden, haben in Streitfällen zu entscheiden.
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Von der verstärkten politischen Aktivität auf dem Lande, bei der die ASU - trotz ihres akuten Mangels an ausgebildeten revolutionären Kadern im agraren Sektor - ihre wachsende Rolle unter Beweis stellt, zeugt auch die Einberufung des Ersten Kongresses der Landwirtschaftsgenossenschaften zum 14. Jahrestag der ersten Agrarreform am 9. September 1966. Der Kongreß stellte eine Fortsetzung der Konferenz der Agrarreformgenossenschaften vom Mai 19658® dar und bezog erstmalig in breiter Form die Bauernschaft aktiv in die Beratung über die vorgesehenen sozialökonomischen Veränderungen ein. Die 450 Delegierten aus 20 Gouvernoraten repräsentierten alle sozialen Kategorien der Landbevölkerung der VAR. Am stärksten waren die landarmen Fellachen und solche mit einem Bodenbesitz zwischen 3 und 5 Feddan vertreten. Die Interessen der Landarbeiterschaft wurden durch Vertreter ihrer Gewerkschaften wahrgenommen. Angehörige der Feudalreaktion blieben von diesem Kongreß ausgeschlossen. In seiner Eröffnungsrede am Vorabend des "Tages der Fellachen" hob der Generalsekretär der ASU, 'All SabrT, hervor, daß das Volk vom Kongreß Resultate erwarte, "die es ermöglichen, neue soziale Verhältnisse auf dem Lande zu schaffen" 8 ®. Besondere Beachtung ist der raschen Verbesserung der Lebenslage der Fellachen und Landarbeiter sowie der Steigerung der Produktion zu schenken. Es ist notwendig, das Genossenschaftswesen in der Landwirtschaft weiterzuentwickeln, die Agrarumgestaltungen und den Kampf gegen die Überreste des Feudalismus konsequent fortzusetzen und die Suche nach neuen fortschrittlichen Wegen zur Entwicklung der ländlichen Gebiete zu verstärken. (A1T SabrT unterstrich nachdrücklich, daß die genossenschaftliche Entwicklung der einzige Weg sei, das ökonomische und soziale Niveau auf dem Lande zu heben und. eine sozialistische Gestaltung des Agrarsektors zu gewährleisten. 8 7 Der Kongreß hob die Notwendigkeit hervor, die Struktur der alten Agrargenossenschaften, die nicht im Zuge der Agrarreformen gebildet worden waren, zu verändern, um den Einfluß der Feudalreaktion zu beseitigen. 8 8 Die alten Verwaltungsräte dieser Genossenschaften sollen aufgelöst und dafür nach sorgfältiger Kaderauswahl durch die Exekutivbüros der ASU in den Gouvernoraten neue Verwaltungsräte - zunächst für die Dauer von zwei Jahren - eingesetzt werden. Der Bodenbesitz der Mitglieder der neuen Verwaltungsräte darf 25 Feddan nicht Uberschreiten. Die Mitglieder dieser Räte müssen ständig im Dorf leben. Die Verwaltungsräte sollen die Produktion leiten und alle damit zusammenhängenden Fragen klären. Sie haben alle Verkäufe von Ländereien, die bis 1970 der Agrarreform anheimfallen, zu überprüfen und die Verteilung des Pachtlandes zu überwachen. 8 9 Der Kongreß der Landwirtschaftsgenossenschaften und seine Empfehlungen bedeuten einen weiteren Schritt auf dem Wege der Überwindung der kapitalistisch-halbfeudalen Verhältnisse auf dem Lande. Die Lage im ägyptischen Dorf zeigt in besonderem Maße, daß die nichtkapitalistische Entwicklung nicht nur ökonomische und soziale Veränderungen, sondern auch grundlegende Veränderungen im Bewußtsein der Volksmassen voraussetzt und daß sich das koloniale und feudale Erbe leichter im Bereich der Wirtschaft als im Bewußtsein der Menschen bekämpfen läßt. Der durch jahrhundertelange koloniale und feudale Ausbeutung und Unterdrückung und
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unter dem erstickenden Mantel der Unwissenheit konservierte gesellschaftliche Fatalismus, die Bindung an rückständige Produktionsmethoden und die Angst vor der zwar politisch geschlagenen, aber noch ökonomisch mächtigen Feudalklasse und der neuen Dorfbourgeoisie sowie die Beeinflussung durch die gegenrevolutionäre Flüsterpropaganda eines nicht unbeträchtlichen Teils der l Ulamä ) lassen die progressiven Ideen der Revolution nur relativ langsam in die Welt des Fellachen eindringen, und die Entfaltung der revolutionären Potenzen der bäuerlichen Massen und ihre Mobilisierung für den a k t i v e n Kampf um die Durchsetzung der nichtkapitalistischen Entwicklung erweisen sich als eine äußerst komplizierte Aufgabenstellung. Aber auch die Erfahrungen der ägyptischen Revolution haben die Erkenntnis des Marxismus-Leninismus bestätigt, daß der Kampf um die Aktionseinheit zwischen der Arbeiterklasse und der Bauernschaft den Eckpfeiler jeder revolutionären Politik zur Stärkung der Einheitsfront der Volkskräfte bildet. "Wenn ein progressives Regime seine Anstrengungen im wesentlichen nur auf die Hauptstadt konzentriert", erklärte MTSll Kümil auf dem Kairoer Seminar "Afrika - Nationale und soziale Revolution" im Oktober 1966, "und die Stadt vom Dorf isoliert, haben es die konterrevolutionären Kräfte leicht, die Revolution zu unterminieren. Wenn aber die Revolution das ganze Land erfaßt, auch die Bauern mobilisiert, wird jede gegenrevolutionäre Kraft selbst nach einem erfolgreichen Putsch dem raschen Gegenangriff der Revolution unterliegen."®® Die differenzierte Bündnispolitik der ägyptischen Revolutionsführung gegenüber der Bauernschaft läßt folgende Orientierung erkennen**1: - Die Hauptfront der nichtkapitalistischen Kräfte im Dorf stellen das Landproletariat und die landarmen Bauern, die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung, dar. Diese potentielle Kraft der Revolution, bisher weniger mit dem städtischen Proletariat als .mit den verschiedenen Schichten der bäuerlichen Bevölkerung verbunden, soll zuerst für eine antikapitalistische Agrarpolitik gewonnen werden. Das erfordert die Vertiefung der Agrarreformen, die Befreiung der Genossenschaften aus der Kontrolle der bäuerlichen Oberschicht und der Dorfreaktioii, die Gewährung von Krediten an die Landarmut, die politische und gewerkschaftliche Organisierung der proletarischen und halbproletarischen Massen des Dorfes und ihre gleichberechtigte Vertretung in der örtlichen Exekutivgewalt. - hi der zweiten Linie der progressiven Kräfte im Dorf stehen die Kleinbauern, die in der VAR mehr als 500 000 Eigentümer zählen. Gegen diese Schicht richtet sich vor allem die antisozialistische Propaganda der inneren Reaktion. Deshalb muß diesen Fellachen, die entsprechend ihrer sozialen Lage einen Bündnispartner der antikapitalistischen Kräfte darstellten, "die Furcht vor den früheren Landlords genommen werden", schrieb Hälid Mufyi ad-DIn in "Ahbär al-Yaum". 9 2 - Auch die Interessen der bäuerlichen Mittelschichten, in der VAR 145 000 Eigentümer mit einem Besitz von je 5 - 25 Feddan, wertsten durch die fortschrittliche Gesellschaft, die auf ihre Mitarbeit nicht verzichten kann, geschützt . Doch da diese bäuerliche Fraktion ständig zwischen Reaktion und Fortschritt schwankt und zum Teil unter dem Einfluß der Dorfbourgeoisie der antikapitalistischen Entwicklung reserviert gegenübersteht, setzt ihre aktive Einbeziehung in die Front der Volkskräfte eine ständige ideologische Auseinandersetzung voraus.
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- Die Zusammensetzung der Oberschicht des Dorfes ist äußerst heterogen; sie umfaßt neben den Großbauern - d . h . der dorfbourgeoisen Fraktion - auch die ehemaligen Feudalherren. Ausgehend von der Notwendigkeit, die Entwicklung kapitalistischer Agrarverhältnisse zu verhindern bzw. einzuschränken und schließlich zu überwinden, wurden die Anstrengungen verstärkt, den größten Teil der Großbauern mit ihrem starken ökonomischen Potential unter schärferer Beachtung der revolutionären Wachsamkeit auf friedlichem Wege für die nichtkapitalistische Entwicklung zu gewinnen. Gerade in dieser Hinsicht vermittelt die Deutsche Demokratische Republik wertvolle Erfahrungen. Orientierte die Bündnispolitik der SED bereits in den Jahren des Übergangs zur sozialistischen Revolution auf die Erhaltung der antiimperialistischen Stoßrichtung des politischen Bündnisses mit den Großbauern und ihre Einbeziehung in die Nationale Front des demokratischen Deutschland, so wurde diese Bündnispolitik auch in der Periode sozialistischer Umgestaltungen in der Landwirtschaft beibehalten. Mehr als 20 000 Großbauern fanden durch diese Politik den Weg in die Genossenschaften. Diese "erfolgreiche Politik der SED zur Lösung der Großbauernfrage in der DDR bereichert die marxistisch-leninistische Theorie um die neue Erfahrung, daß es prinzipiell möglich ist, Großbauern und mittlere Agrarkapitalisten in den Genossenschaftsweg einzubeziehen und damit auch ihnen im genossenschaftlichen sozialistischen Großbetrieb eine echte Perspektive zu geben."®® - Prinzipiell anders steht die Frage jedoch mit'der rechten Fraktion der Dorfbourgeoisie, die sich heute in der VAR - ebenso wie ein Teil der Handelsbourgeoisie - zu einer Basis der Konterrevolution entwickelt hat und zu einem Hauptaktionsfeld des parasitären Kapitalismus geworden ist. Ihr Ausschluß aus dem Verband der Volkskräfte erscheint als eine vordringliche Aufgabe zur Sicherung der weiteren antikapitalistischen Entwicklung. 3. Der Platz der Intelligenz in der antiimperialistischen Einheitsfront In richtiger Erkenntnis der entscheidenden Kettenglieder für den Fortgang des revolutionären Prozesses konzentrierten sich die Führungskräfte der VAR besonders seit dem Frühjahr 1965 auf die Bestimmimg des Platzes, der Rolle und Bedeutung der Intelligenz in der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus, auf die Skizzierung und Festlegung ihrer Aufgaben beim Aufbau der nationalen Wirtschaft, bei der Lenkung und Leitung des Staates und bei der Erhöhung der Verteidigungsbereitschaft des Landes sowie auf die Bestimmung ihrer Verantwortung bei der sozialistischen Bewußtseinsbildung des Volkes. In seiner Rede am 29. Juli 1965 vor dem Lehrkörper und den Studenten der Universität Alexandria hob Präsident Nasser hervor, daß die Intelligenz - meist Schlüsselpositionen einnehmend - mitverantwortlich ist für die Gestaltung der Zukunft und die "Hauptverantwortimg für die revolutionäre und sozialistische Aufklärung des Volkes" trägt. "Das Ziel der ersten Etappe der Revolution war die Beseitigung des alten Staates der Kolonialisten, Feudalisten und Kapitalisten. Das Ziel der neuen Etappe der Revolution ist der Aufbau eines Staates der Bauern, Arbeiter und der Intelligenz,
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Dabei erweist sich auch in der VAR die Intelligenz auf Grund ihrer unterschiedlichen sozialen Herkunft und ihrer sehr verschiedenartigen Ausbildungswege als eine sehr heterogene Schicht. - Der revolutionäre Flügel, zum Teil ideologisch auf dem Boden des wissenschaftlichen Sozialismus stehend, spielt eine avantgardistische Rolle bei der sozialistischen Bewußtseinsbildung der Volksmassen, in den verschiedenen Abteilungen des Staatsapparates, besonders im kulturellen Sektor und in der Volkswirtschaft. Die Kaderbasis dieser revolutionären Schicht konnte im Verlauf der ersten Phase der nichtkapitalistischen Entwicklung durch die Intensivierung der politisch-ideologischen Erziehungsarbeit an den Universitäten und den Aufbau neuer Ausbildungsstätten durch die ASU erweitert werden. Im November 1964 nahm das neugeschaffene "Institut fiir Sozialistische Studien" der ASU in Heliopolis die Ausbildung auf. Seitdem wurden mehrere Zweigstellen des Instituts in verschiedenen Gouvernoraten eröffnet.®® - Eine zweite Gruppierung der Intelligenz, teilweise an den Hochschulen der imperialistischen Länder ausgebildet, hat sich noch nicht restlos von der Effendi- und Bei-Mentalität bzw. von den Tendenzen des bürgerlichen Liberalismus befreien kämen und bezieht - obgleich antikolonial und antiimperialistisch eingestellt - eine reservierte, schwankende Position, analog der Haltung der oberen Schichten des Kleinbürgertums. Nicht zuletzt auf Grund der Wirksamkeit dieser einflußreichen und zahlenmäßig starken Gruppierung werden Literatur und Kunst, Presse, Funk und Fernsehen sowie die Universitäten und Hochschulen ihrer Verantwortung im Prozeß der revolutionären Umgestaltung noch nicht im vollen Umfang gerecht. "Teile unserer Intelligenz sind noch vom kapitalistischen Gedankengut beeinflußt", schrieb Hälid Muhl ad-DIn, "und es ist nicht leicht, sie davon zu befreien."®' - Schließlich ist ein weiterer Teil der Intelligenz seiner sozialen Herkunft und politischen Haltung nach den verschiedenen Schichten der Bourgeoisie und feudalen Kreisen zuzuordnen. E r bildet das Hauptreservoir der revolutionsfeindlichen Bürokratie. Diese Gruppe - gleichfalls fast ausschließlich im imperialistischen Ausland ausgebildet - verfügt über enge Kontakte zum Auslandskapital, sie stellt eine potentielle Kaderreserve für die Fünfte Kolonne des Imperialismus dar, betreibt eine gefährliche ideologische Diversion und Obstruktion gegen die nichtkapitalistische Entwicklung und schreckt selbst vor der Wirtschaftssabotage nicht zurück. Zur Sicherung der nichtkapitalistischen Entwicklung und einer von jeglicher Ausbeutung und Unterdrückung freien Gesellschaft ist die Revolutionsführung zielstrebig bemüht, den Kern des revolutionären Flügels der Intelligenz ständig zu erweitern, den revolutionsfeindlichen Teil der Intelligenz aus allen verantwortlichen und einflußreichen Positionen auszuschalten und die zahlenmäßig recht beträchtliche Gruppierung, die gegenüber der antikapitalistischen Entwicklung noch Vorbehalte hegt, durch zielgerichtete Zusammenarbeit aktiv in den Umgestaltungsprozeß einzubeziehen. Da das Intelligenzproblem zugleich ein Kaderproblem ist, ergibt sich darüber hinaus die unaufschiebbare Notwendigkeit der Ausbildung einer neuen jungen Intelligenz, die als "Kapitäne und Steuerleute auf der Fahrt zur materiellen Emanzipation"®8 sowohl hohe fachliche Kenntnisse besitzt als auch von der Richtigkeit des politischen Weges der Revolutionsführung überzeugt
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ist. Diese Aufgaben beinhalten die schrittweise Erweiterung der Kaderbasis des revolutionären Flügels insbesondere in den Hochschulen und Universitäten durch die Veränderung der sozialen Zusammensetzung der Studentenschaft und die demokratische Erneuerung des Lehrkörpers sowie eine Bildungs- und Kulturpolitik, die den revolutionären Erfordernissen entspricht. Im April 1966 beriet der Ministerrat der VAR über den "Regierungsplan zur Reorganisation und Entwicklung des Bildungswesens der VAR". Für den Bereich des Hochschulwesens wurden neue Grundsätze zur Verstärkung der politischen Grundausbildung der Studenten, zur Förderung der Ausbildung der technischen Intelligenz und zur Verbesserung der Berufsausbildung beschlossen, um diesen wichtigen Teil des gesellschaftlichen Überbaus in Übereinstimmung mit den ökonomischen und politischen Hauptaufgaben der gegenwärtigen Entwicklungsetappe zu bringen. Der "Regierungsplan" hob als wesentlichste Gesichtspunkte der neuen Bildungspolitik hervor 1 0 1 : - Reduzierung der Dauer der Schulzeit in der Grundschule (primary school) von 6 Jahren auf 5 Jahre. Diese Festlegung ist nicht ftir diejenigen Schüler gUltig, die die Mittelschule (preparatory school) besuchen möchten. Die Schulzeit der Mittelschule erstreckt sich über 3 Jahre; - Reduzierung der Klassenfrequenz in der Grundschule auf maximal 35 Schiller; - Einrichtung eines Koordinierungsbüros, das verantwortlich ist für die Vermittlung der Absolventen der Mittelschule (preparatory school) an höhere Bildungsinstitutionen. Dafür wurden folgende Kontingente festgelegt: 20 % für die Oberschule (secondary school) mit dem Ziel des Besuchs einer Universität oder Hochschule, 20 % zur kurzfristigen Weiterbildung an Ausbildungszentren mit dem Ziel des Einsatzes als angelernte Arbeiter, 25 % für Berufsbildungszentren und technische Oberschulen mit dem Ziel des Einsatzes als Facharbeiter oder Technikerassistenten, 5 % für die Ausbildung als Grundschullehrer, 20 % für die Ausbildung an speziellen technischen Einrichtungen, die zum ersten Mal die erforderlichen spezialisierten Techniker für die Landwirtschaft, die Industrie und andere Bereiche der Wirtschaft herausbilden. Mit der langfristigen Entwicklung eines wissenschaftlichen Nachwuchses im technischen Bereich und der Ausbildung qualifizierter Facharbeiter sollen die bestehenden Disproportionen zwischen den gesellschaftswissenschaftlichen und den technischen Disziplinen beseitigt werden; - Angliederung einiger Hochschulinstitute für technische Ausbildung an bestehende Universitäten; Gründung einer neuen Technischen Universität; - Herausbildung qualifizierten Lehrpersonals an allen Schulen und Hochschulen; - Ausarbeitung neuer Lehrpläne, die die gesellschaftliche Entwicklung real widerspiegeln; Überarbeitung vorhandener bzw. Herausgabe neuer akademischer Lehrbücher; - Verstärkung der Positionen der ASU im Bereich des Bildungswesens, Festigung ihrer Stellung in den Reihen der Intelligenz.
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Der Regierungsplan zur Durchsetzung einer der nichtkapitalistischen Entwicklung adäquaten Bildungspolitik der VAR hebt die Leitung und perspektivische Planung der Volksbildung entsprechend den nationalen Bedürfnissen durch die nationaldemokratische Staatsordnung hervor, orientiert die Bildung und Erziehung auf die neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft und die politischen, ökonomischen, ideologischen und kulturellen Hauptaufgaben der sozialen Umgestaltung, betont die Verbindung des Bildungsprozesses auf allen Stufen mit dem nationalen und sozialen Aufbauwerk und sieht die Einbeziehung aller progressiven gesellschaftlichen Kräfte, insbesondere der Arbeiterklasse und der Bauernschaft, in die Gestaltung eines demokratischen Volksbildungswesens vor. Ganz bewußt wird die Verstärkung der naturwissenschaftlich-technischen Bildimg und Ausbildung als vordringlich bezeichnet. "Ohne die Techniker", erklärte Präsident Nasser, "wären wir weder fähig, neue Industriezweige zu errichten noch die landwirtschaftliche Produktion auszudehnen. Die technischen Kader, die leitende Positionen im öffentlichen Sektor einnehmen, gehören zur Creme der Gesellschaft. Wir müssen um sie besorgt sein, denn sie 101 arbeiten unter schwierigen Bedingungen..." Der Kampf um die Industrialisierung und den Aufbau einer Schwerindustrie unterstreicht die Notwendigkeit der Ausbildung qualitativ und quantitativ ausreichender technischer Kader und Facharbeiter. In der Auswertung des e r sten Planjahrfünfts von 1960 bis 1965 wurde z. B. festgestellt, daß den Bedürfnissen an technischen Kadern und graduierten Absolventen praktischer Institute bei weitem nicht entsprochen werden konnte. Der Bedarf an hochqualifizierten technischen Kadern wurde nur zu 86 % und der für mittlere Kader (Facharbeiter) sogar nur zu 35 % (den kommenden Bedarf eingeschlossen) gedeckt . Nach den offiziellen Berichten an den Ministerrat wurde der Fehlbedarf Ende 1965 auf ca. 139 000 gelernte Arbeiter geschätzt. 1 0 5 Auf wissenschaftlichen Konferenzen an den Universitäten und Hochschulen, in Beratungen der verantwortlichen Ministerien und in Versammlungen der ASU standen die revolutionäre Umgestaltung und Entwicklung des Bildungsund Erziehungswesens, dessen umfangreiches Budget höher als das der Armee, des Ge sundheitswesens und anderer Einrichtungen i s t 1 0 , die Verbindung von Wissenschaft und Praxis, die verstärkte Einbeziehung des Forschungspotentials der VAR in die volkswirtschaftliche Entwicklung und ähnliche Themen im Mittelpunkt der Diskussion. Im Mai 1965 fanden an den Fakultäten für Wirtschaftsund Rechtswissenschaften der Universität Kairo 1 0 7 sowie in Tanta 1 0 8 und in Kafr aS-Saih1®® wissenschaftliche Konferenzen unter Teilnahme leitender technischer Kader und führender Vertreter des Staatsapparates Uber Probleme der Produktionssteigerung und des industriellen Aufbaus statt. Auf der am 17. Oktober 1965 von dem damaligen Ministerpräsidenten Zakarlyä Muhl ad-Düi eröffneten ersten Produktionskonferenz in der Geschichte der VAR11®, auf der über 500 verantwortliche Leiter der Betriebe des staatlichen Sektors mit Vertretern der Regierung über die zukünftige Wirtschaftspolitik berieten, standen die Aufgaben der wissenschaftlichen Planung und Leitung der Wirtschaft im Vordergrund.
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Von besonderer Bedeutung für die Orientierung der Intelligenz auf ihre Hauptaufgaben in der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus war die Konferenz der ägyptischen Auslandsstudenten vom 30. Juli bis 10. August 1966 in Alexandria 111 , auf der erstmalig vor den Augen der Öffentlichkeit die Verantwortung der Intelligenz im Prozeß der sozialen Revolution tiefgründig diskutiert wurde. Anfang des Jahres 1967 fanden weitere Konferenzen und Beratungen zur Entwicklung der VAR-Wissenschaft auf hoher Ebene statt, in denen u. a. folgende Fragen auf der Tagesordnung standen: - Erhöhung der Wirksamkeit der wissenschaftlichen Forschung für die Volkswirtschaft der VAR, - Rolle des Hochschulwesens und der Hochschullehrer, - Vereinheitlichung der Ausbildung an den Universitäten und Instituten mit Hochschulcharakter, - Konzentration der Hochschulausbildung, - Probleme des Verhältnisses von Lehre und Forschung. Zur Ausarbeitung von Empfehlungen für die Erhöhung der Wirksamkeit der wissenschaftlichen Forschung sowie ihre Verbindung mit der Praxis wurde Ende Dezember 1966 durch Erlaß des Ministerpräsidenten Sidql Sullmän ein "Komitee für das Studium und die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschung" unter dem Vorsitz des stellvertretenden Ministerpräsidenten Mahmud YUnis gebildet. 112 Ohne Zweifel verliefen die Bemühungen der ägyptischen Staatsführung um die Mobilisierung der drei entscheidenden Abteilungen der Volkskräfte für den aktiven Kampf um die Weiterführung des revolutionären Prozesses in allen Sphären des gesellschaftlichen Lebens recht erfolgreich. Diese Tatsache wird noch durch die Maßnahmen ergänzt, die die VAR-Regierung zur revolutionären Umgestaltung und Erweiterung der Kaderreserve der sozialistischen Kräfte auf dem Gebiet der Kultur unternahm. Ausgehend von ihrer ideologischen Grundkonzeption forderten die Führungskräfte der VAR die Entwicklung einer neuen revolutionären nationalen Kultur, die das kulturelle Erbe vom revolutionären Standpunkt kritisch behandelt, das Neue erfaßt und es dem Volk vermittelt und damit die werktätigen Massen erzieht und vorwärtsträgt. Auf der Grundlage des im Herbst 1965 diskutierten Entwurfs einer "Charta der Kulturrevolution" 11 ^ konzentrierte die VAR-Regierung ihre Maßnahmen auf folgende Schwerpunkte: - Aufbau eines nationalen Bildungssystems, insbesondere schrittweise Umgestaltung der Universitäten und Hochschulen in volksverbundene Pflegestätten der Wissenschaften; - Kampf gegen das Analphabetentum; - Umgestaltung und Einsatz der Massenmedien (Presse, Rundfunk, Fernsehen, Film, Theater) zur Entwicklung des revolutionären Bewußtseins des werktätigen Volkes; - Veränderung des Inhalts von Literatur und Kunst in dem Sinne, daß sie den gesellschaftlichen Fortschritt widerspiegeln und fördern; - Festigung der kulturellen Beziehungen mit den sozialistischen Ländern; - Zurückdrängung der imperialistischen Kulturinfiltration.
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In der Diskussion Uber den Entwurf der Charta der Kulturrevolution vom Herbst 1965 und während der Kulturkonferenz der VAR vom 11. bis 17. Dezember 1965 in Kairo 1 1 5 wurde unter anderem festgestellt, daß ein Teil der ägyptischen Intellektuellen noch in dem aus der kapitalistisch-feudalen Kolonialzeit übernommenen Denken verhaftet i s t 1 1 6 und noch nicht seine volle Verantwortung für die notwendigen kulturellen Veränderungen, die der nichtkapitalistische Entwicklungsweg gesetzmäßig verlangt, erkannt hat. Deshalb wird vorgeschlagen, gemeinsame Standpunkte zu erarbeiten und sich organisatorisch in einer zu gründenden Vereinigung aller Kulturschaffenden, einem "Kulturbund der VAR" mit Zweigstellen in allen Gouvernoraten, zusammenzuschließen. Schwerpunktmäßig orientiert der Chartaentwurf auf die Herausbildung junger revolutionärer Kader, insbesondere aus den Reihen der Arbeiterklasse und der Bauernschaft, die die offenkundige Vorherrschaft bürgerlicher Elemente in diesem Bereich beseitigen und unter Anwendung kollektiver Leistungsprinzipien konsequent den Prozeß revolutionärer Umgestaltungen im kulturellen Sektor verantwortlich durchführen. 1 1 8 "Auch Kunst und Literatur müssen dazu beitragen, die Feinde des Volkes zu entlarven... Wir können nicht neutral zwischen links und rechts stehen", heißt es in dem Entwurf der Charta. 11 ® Zur Bildung eines festen Klassenstandpunktes ist es notwendig, daß die Künstler und Schriftsteller eng mit dem Volk verbunden leben und vor allem die Entwicklung in den neugeschaffenen Wirtschaftszentren der VAR, am Sadd al-'Ali, in den Neulandgebieten der At-Tahrir-Provinz oder im Neuen Tal (New Valley), aus unmittelbarer Nähe studieren. 12 ® Das Theaterwesen muß dazu beitragen, das Volkskunstschaffen stärker auszubilden. Es sind neue Theater und Volkskunstensembles in den Gouvernoraten zu gründen. Die bestehenden Theater werden aufgefordert, mit ihren Kollektiven im ganzen Land zu gastieren und so zur Erziehung des Volkes beizutragen. 1 2 1 Dekadente E r scheinungen des kapitalistischen Kulturverfalls besonders auf den Gebieten der Musik und der Malerei sollen beseitigt werden. Das Filmschaffen ist von dem überwuchernden imperialistischen Einfluß zu befreien und die Monopolstellung amerikanischer Verleiher auf dem Filmmarkt der VAR zu bekämpfen. 1 2 2 In den Programmen des Rundfunks und Fernsehens ist der ideologischen Konzeption der revolutionären Volkskräfte endgültig zum Durchbruch zu verhelfen.123 Aber die Durchsetzung dieser revolutionären Konzeption verläuft schleppend. Insgesamt bleiben die qualitativen Veränderungen im kulturellen Sektor und die sozialistische Bewußtseinsbildung der Bevölkerung hinter dem ökonomischen und sozialen Fortschritt zurück. Bürgerliche und proimperialistische Ideen haben noch ein relativ breites Betätigungsfeld. In dieser bedenklichen Situation im kulturellen Bereich sieht der Imperialismus eine Chance für seine ideologische Diversion.
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4. Zur Rolle des städtischen Kleinbürgertums und der Bourgeoisie Wie die Bauernschaft stellt auch das städtische Kleinbürgertum eine potentielle Reserve der nationaldemokratischen Revolution dar. 1 Seine Hauptdomäne sind der vom Staat mehr oder weniger unkontrollierte Einzelhandel, der allein in Kairo Hunderttausende Menschen beschäftigt, und die Vielzahl der kleinen Werkstätten. Die heterogene Sozialstruktur dieser kleinbürgerlichen Schicht und ihre soziale Position zwischen Proletariat und Bourgeoisie bedingen zwar eine unterschiedliche Haltung zur nichtkapitalistischen Entwicklung, aber die Mehrheit dieser Bevölkerungsgruppe, die in den Arabervierteln der ägyptischen Städte einen nahezu unbegrenzten Einfluß ausübt, ist ein potentieller Partner in der Allianz der Volkskräfte*'*®, dessen bewußte Mobilisierung und Organisierung allerdings noch weitestgehend aussteht und dessen Position letzten Endes in der Auseinandersetzung zwischen den werktätigen Massen und den verschiedenen Fraktionen der Bourgeoisie entschieden wird. Die Bourgeoisie, die auf einen Teil der kleinbürgerlichen Schichten in Stadt und Land einen nicht unbeträchtlichen Einfluß ausübt und im bisherigen Verlauf der nationaldemokratischen Entwicklung ein gefährliches Anwachsen erkennen läßt, umfaßt nach Ausschaltung der großbourgeoisen Gruppierung drei Fraktionen: Ein echter Partner im Ringen um die Sicherung und Fortsetzung der nichtkapitalistischen Entwicklung sind die Kapitalisten im p r o d u k t i v e n S e k t o r der Industrie. Diese Besitzer mittlerer und vor allem kleiner Unternehmen der Leicht- und der extraktiven Industrie, die als der schwächste Teil der alten Kapitalistenklasse dem mächtigen Druck des Imperialismus, der Feudalklasse und der eigenen Großbourgeoisie ausgesetzt waren, stehen zwar als Kapitaleigentümer den revolutionären Eingriffen in die alten Machtverhältnisse mit Vorbehalten gegenüber, blieben aber in der Mehrheit ihrer antiimperialistischen Grundhaltung treu, brachten und bringen ihre ökonomischen Interessen in Einklang mit den nationaldemokratischen Umgestaltungen und fanden - analog der Entwicklung in einigen sozialistischen Ländern, insbesondere in der DDR - einen Platz im Prozeß der nichtkapitalistischen Ent1 9fi Wicklung. Der kleinere Teil dieser Schicht, besonders im Bauwesen und häufig mit der Landwirtschaft verbunden, begann sich mit dem Anwachsen seines persönlichen Reichtums seiner revolutionären Potenz zu entledigen und wird zu einem Hemmschuh im Kampf tun die Fortsetzung der nätionaldemokratischen Revolution. Eine zweite Abteilung bilden die H a n d e l s b o u r g e o i s i e und die G r u n d s t ü c k s s p e k u l a n t e n . Diese Gruppierung vermochte ihre ökonomischen Positionen stark auszubauen, und ein nicht imbeträchtlicher Teil entwickelte sich zu einer parasitären Kapitalistenschicht . Im Windschatten des antiimperialistischen und antikapitalistischen Kampfes eignete er sich in Ausnutzung des Wachstums der Kauffähigkeit der Bevölkerung einen erheblichen Teil des Nationaleinkommens an, ohne an seiner Vergrößerung teilzunehmen. Er organisierte den "Schwarzen Markt" und suchte den staatlichen Sektor in eine Quelle der Akkumulation für den privaten Sektor zu verwandeln, sich der Pflicht notwendiger Opfer zu entziehen und seine Klassenprivilegien zuungunsten der Interessen der Nation zu erweitern. Im Gegensatz zu den Klein-
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händlern der Basars entwickelte sich ein nicht geringer Teil dieser Kapitalisten zu einer Fünften Kolonne im Lager der Volkskräfte 12 ® und zum Financier der bürokratischen Bourgeoisie. Die Stärke der g e h a l t e m p f a n g e n d e n oder b ü r o k r a t i s c h e n B o u r g e o i s i e , die wie "ein Vampir die Lebenssäfte aus dem jungen, noch nicht gekräftigten Organismus" 12 ** saugt, ist nicht der Besitz von Produktionsmitteln, sondern die Beherrschung einflußreicher Kommandohöhen im staatlichen Sektor der Wirtschaft und auf den verschiedenen Ebenen und Institutionen des Staatsapparates. Sie rekrutiert sich in der VAR vorwiegend aus kleinbourgeoisen Kreisen und den kleinbürgerlichen Zwischenschichten. Natürlich stellt auch sie keine einheitliche reaktionäre Masse dar, und sie steht auch nicht in ihrer Gesamtheit auf dem Boden der kapitalistischen Gesellschaftsordnung - ihr demokratischer Flügel ist vielmehr fest an den revolutionären Prozeß gebunden - , aber ihre rechte Gruppierung machte sich die Lebensart der alten herrschenden Klasse zu eigen und neigt zum Paktieren mit den entmachteten Ausbeuterschichten und dem Imperialismus. Sie sabotiert die Weiterführung des revolutionären Prozesses vor allem durch die Verzerrung bzw. reaktionäre Auslegung fortschrittlicher Gesetze, die Behinderung der genossenschaftlichen Entwicklung, eine systematische Störarbeit in den politischen Organisationen, eine gegen den wissenschaftlichen Sozialismus gerichtete Infiltration der Presse, die Abschirmung des Staatsapparates gegen r e volutionäre Kader und gegen die Entfaltung einer demokratischen Masseninitiative. Ihre Basis sucht sie unter bestimmten Kreisen des Offizierskorps und der Polizei, den Kapitalisten in Stadt und Land und dem Kleinbürgertum, denen sie sämtlich mit dem "Gespenst des Kommunismus" droht. Im Bündnis mit der in Ägypten seit je starken traditionellen staatlichen Bürokratie, den geschlagenen großbourgeoisen und feudalen Schichten, dem Neokolonialismus, aber auch rechten Kreisen der Intelligenz und des städtischen Kleinbürgertums wurde die konterrevolutionäre bürokratische Bourgeoisie zur Hauptgefahr für die Festigung des nichtkapitalistischen Entwicklungsweges und die Weiterführung der nationaldemokratischen Revolution. M. H. Haikai schrieb in "AI-Ahr am" zu dieser Frage: "Die Bürokratie ist das komplizierteste Problem, dem sich unsere Gesellschaft vor der Revolution gegenübergestellt sah und unter dem sie jetzt noch leidet. Die Bürokratie wendet noch immer mit bewußter Regelmäßigkeit Gesetze und Bestimmungen aus der Zeit der Mameluken- und Türkenherrschaft sowie der britischen Kolonialokkupation an, obwohl sie längst überholt und gegen die Interessen des Volkes gerichtet s i n d . . . Die ägyptische Revolution vertrieb mit E r folg die britischen Okkupanten, entwurzelte die innere Reaktion und befreite die gewaltigen Kräfte des arbeitenden Volkes, aber sie stand hilflos vor dem Problem der Bürokratie." 1 3 1 Präsident Nasser konfrontierte das verhängnisvolle Problem der Bürokratie mit der Notwendigkeit der Schaffung einer echten Demokratie für und durch das Volk: "Natürlich muß die Revolution alles in ihren Kräften stehende tun, um die Bürokratie auszurotten. Unsere Hauptwaffe für die Beseitigung der Bürokratie und der Abweichungen ist die Entwicklung und Erweiterung der sozialistischen Demokratie" , deren "Grundlage die politische, ökonomische und soziale Befreiung der Volksmassen von der kapitalistischen und feudalen Reaktion" 1 3 3 ist.
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Auch 'Ali SabrI verwies in seinem Artikel "Some people took advantage of development" auf konterrevolutionäre Umtriebe feindlicher Kräfte im Staatsapparat und in der Volkswirtschaft. "In den bisherigen Etappen der r e volutionären Bewegung kam das Vertrauen der ägyptischen Gesellschaft in die Kader mit technischen und administrativen Fähigkeiten und Erfahrungen darin zum Ausdruck, daß ihnen führende und verantwortliche Positionen im sozialistischen und genossenschaftlichen Sektor der Volkswirtschaft übertragen wurden. Viele dieser Kräfte haben ihre Loyalität gegenüber der Gesellschaft, der Revolution und ihren edlen Prinzipien bekundet... Aber einige von ihnen waren nicht bereit, sich mit den von der Gesellschaft übertragenen ehrenvollen und führenden Stellungen in den verschiedenen Sphären der nationalen Aktion zu begnügen. Sie versuchen vielmehr ihren Einfluß für die Stärkung ihrer eigenen Positionen und für die Vermehrung ihres persönlichen Reichtums und des Reichtums jener Schicht, mit der sie sozial verbunden sind, auszunutzen. Sie sind gegen die Interessen des Volkes, das sie beauftragt und ihnen leitende Funktionen übertragen hat. Die ägyptische Gesellschaft wurde Augenzeuge eines wilden Wettrennens dieser Kräfte um Sonderprivilegien, ihrer Verwandlung in eine ausbeuterische Gruppierung, ihrer sozialen Isolierung und ihrer Gleichgültigkeit gegenüber den Interessen und dem Kampf des werktätigen Volkes . . . Bedeutender als ihre zahlenmäßige Stärke ist der materielle Einfluß dieser Schicht auf die Gesellschaft... Diese zahlenmäßig kleine Gruppe von Ausbeutern, Betrügern und Defätisten, die ausschließlich daran interessiert ist, für sich und zum Nutzen ihrer sozialen Fraktion zu wirken, hat das Recht verwirkt, auf den verschiedensten Ebenen unserer sozialistischen Gesellschaft Verantwortung zu tragen. Sie gehört nicht in die Reihen der werktätigen Kräfte des Volkes, denn sie befindet sich in Übereinstimmung mit der Reaktion; sie hegt Feindschaft gegenüber dem Volk, seinen Führern und dem Aufbau einer Gesellschaftsordnung, in der die Ausbeutung des Menschen durch den M e n s c h e beseitigt und die Klassenunterschiede ausgeschaltet sind. 5. Armee und Revolution Eine bedeutende Rolle übten im bisherigen Verlauf der nichtkapitalistischen Entwicklung der VAR die revolutionären Kader im Mannschaftsbestand und vor allem im Offizierskorps der bewaffneten Kräfte aus. Die Fragestellung "Armee und Revolution" fordert angesichts der Entwicklung in der VAR eine dringende Beantwortung durch die marxistisch-leninistische Arabistik. Auch Hasanin Haikai stellte in einem seiner wöchentlichen Leitartikel in "Al-Ahräm" den Gesellschaftswissenschaftlern seines Landes die dringende Aufgabe, "die Rolle der bewaffneten Kräfte in nationalrevolutionären Bewegungen im allgemeinen und in der arabischen Revolution im besonderen zu untersuchen" 1 . Aus diesem Grunde wird die nachfolgende Analyse Uber die Rolle der bewaffneten Kräfte in der nichtkapitalistischen Entwicklung mit einem historischen Exkurs eingeleitet. Die Etablierung der modernen ägyptischen Armee erfolgte nach Ausschaltung der Mamelukenherrschaft zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts durch Muhammad 'All als Unterdrückungsinstrument einer neuen volksfremden
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Feudalklasse. Ihre Offiziere waren Türken, Kurden, Tscherkessen, Mazedonier und vor allem Albanier. Dieser antiägyptische Charakter der Armee verstärkte sich weiter unter 'Abbäs durch den Zustrom mehrerer tausend albanischer Söldner und Offiziere. Erst die Eroberungspolitik im Sudan zwang zwischen 1860 und 1870 zur Aufnahme ägyptischer Elemente aus den Reihen der bäuerlichen Mittel- und Oberschicht, der 'Umdas und der ÜSaih al-balad nach Ausbildung in französischen und britischen Militärschulen bzw. in der Militärschule von Al-'Abbaslya in das niedere Offizierskorps. 1 3 7 Auf diese Weise formierte sich erstmals ein Kern von etwa 3 000 ä g y p t i s c h e n Offizieren unterer und mittlerer Dienstgrade. Im 'Uräbi-Auf stand bewiesen diese Offiziere - seit 1876 in der illegalen Vereinigung revolutionärer Armeeoffiziere, seit 1879 in der ersten Partei der ägyptischen Emanzipation, der Al-Hizb al-Watanl, politisch organisiert - ihre Fähigkeiten zur revolutionären Aktion und zur Übernahme der Hegemonie der Befreiungsbewegung. Sie verwandelten für eine kurze Zeitspanne die Armee aus einem Werkzeug der Reaktion in ein Instrument des Fortschritts und begründeten die nationalrevolutionäre Tradition in den ägyptischen Streitkräften. Die Armee wurde zum Reservoir politischer Führungskader. Nach der Niederlage bei At-Tall al-Kabtr durch die britischen Okkupationstruppen wurde die ( UräbT-Armee - von den Kolonialisten mehr als politische Organisation der Befreiungsbewegung denn als militärischer Verband betrachtet - aufgelöst. 13® Die patriotischen Offiziere wurden verhaftet oder deportiert*^", kleinere Einheiten im November 1883 von den Mahdi-Truppen im Sudan vernichtet. Die in den neunziger Jahren reorganisierten ägyptischen Streitkräfte, gering an Zahl, unterstanden der Kommandogewalt britischer und nichtägyptischer Offiziere aus der herrschenden Feudalklasse. Im Kampf gegen die unter Mustafa Kämil wiedererstandene Befreiungsbewegung stand die Armee gezwungenermaßen an der Seite des Khediven und der Kolonialmacht. Die revolutionäre Erhebung jungtürkischer Offiziere gegen das absolutistische Regime 'Abd al-Hamlds II. (1908/09) und die Agitation der im Geheimbund Al-Qatäniya (1909) und im AI- 'Ahd (1914) unter Major 'Aziz 'Ali al-Misr? zusammengeschlossenen syrischen und irakischen Offiziere der ottomanischen Armee für die Gewinnung der Autonomie der ostarabischen Vilajets mußten infolge der reaktionären Zusammensetzung des ägyptischen Offizierskorps und der Vorherrschaft britischer Offiziere ebenso ohne Auswirkungen bleiben wie der "Aufstand in der Wüste" von 1916. Auch in der revolutionären Nachkriegskrise von 1919 bis 1922, die mit dem März-Aufstand von 1919 in eine neue Etappe der Befreiungsrevolution überging, standen die Streitkräfte - nach wie vor unter scharfer britischer Kontrolle jenseits der Barrikade. Die ägyptische Armee war von 1882 bis 1922 ein zuverlässiges Unterdrückungsinstrument der imperialistischen Kolonialmacht und der inneren Feudalreaktion. Der Vertrag von 1 9 2 2 ^ zementierte die Herrschaft des Kolonialismus und der ägyptischen Feudaldynastie über die Armee in Form einer Gewaltenteilung: Großbritannien behauptete das Recht auf militärische Kontrolle der ägyptischen Verbindungswege. Es stellte bis 1927 den Oberbefehlshaber (Sirdär), danach den Generalinspekteur und die Ausbilder der ägyptischen Armee. Die Bewaffnung der Streitkräfte blieb das Monopol der britischen
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Rüstungsindustrie. Die ägyptischen Grenztruppen standen bis zum Vertrag von 1936 unter britischem Kommando. Britische Einheiten blieben in den wichtigsten Städten und in der Suezzone stationiert. Der ägyptische König bestimmte von nun an die Zusammensetzung des Generalstabes und des Lehrkörpers der Militärakademie, e r ernannte die Offiziere des höheren Offizierskorps und kontrollierte die Zulassungen zur Offizierslaufbahn. Die Monopolstellung der herrschenden nichtägyptischen Feudalklasse im Offizierskorps blieb unangetastet, die Bemühungen des Wafd um die Schaffung bourgeoiser Positionen innerhalb der Streitkräfte hatten keinen Erfolg. In den Zusammenstößen zwischen der ägyptischen Befreiungsbewegung und der von der Kolonialmacht gestützten Krone (1924, 1930/35) behielt die Armee objektiv ihren regressiven Charakter. Weder die fortschrittliche Rolle nationaler Offiziere in der kemalistischen Revolution noch die antikoloniale Erhebung der KabylenArmee Abd al-Karims, die antibritischen Aktionen der illegalen sudanesischen Offiziersvereinigung der "Weißen Fahne" (1923/24)* und die nationalen Aspekte im Militärputsch Bekir SidqTs vom 29. Oktober 1936 im Irak vermochten - infolge der Herrschaft des britischen Kolonialismus - in der ägyptischen Armee sichtbare Wirkungen zu hinterlassen. Doch die im Ergebnis revolutionärer Massenaktionen erfolgte Machtübernahme des Wafd im Mai 1936 und der britisch-ägyptische Vertrag vom 26. August 1936 hatten im Unterschied zum Abkommen von 1922 tiefgreifende Bedeutung für die ägyptische Armee. Großbritannien behauptete zwar das Recht, Ägypten im Kriegsfall als militärische Aufmarschbasis zu benutzen, und britische Truppen blieben in Kairo, Alexandria und der Suezkanalzone stationiert, aber die unmittelbare Kontrolle der ägyptischen Armee und Polizei durch britische Offiziere wurde aufgehoben. Gleichzeitig wurden die Aufnahmebedingungen für die Zulassung zur Militärakademie sowohl auf Druck der Nationalbewegung als auch infolge des erhöhten Offiziersbedarfs angesichts der wachsenden Aggressionsgefahr durch das faschistische Italien liberalisiert. Ab 1936 wurden Jugendliche aus den Reihen der nationalen Bourgeoisie, besonders aber aus den städtischen Zwischenschichten und der Bauernschaft zur Militärakademie und damit zur Offizierslaufbahn zugelassen. Die permanente ökonomische Krise veranlaßte in den Jahren 1936 bis 1945 mehr als 2 000 Absolventen der secondary schools und Universitäten sowie Angehörige verschiedenster Berufsgruppen (Beamte, Hochschullehrer, Rechtsanwälte, Journalisten usw.) zum Eintritt in die Armee. Erstmals wieder seit 1882 bildete sich ein starker nationaler Offiziersblock. Sowohl durch diese Masseninfiltration nichtfeudaler Kräfte als auch durch die zunehmende Abneigung der reaktionären und konservativen Elemente im zivilen Bereich gegen die Modernisierung der Armee und die hohen Anforderungen der technischen Ausbildung sowie gegen die Verbürgerlichung des Offizierskorps wurden innerhalb weniger Jahre die feudalaristokratischen Positionen im niederen und mittleren Offizierskorps entscheidend zurückgedrängt. Nach der Niederlage der Hofclique und der sie tragenden Feudalklasse im Kampf um die Zusammensetzung des niederen und mittleren Offizierskorps wurde nunmehr die Sicherung der feudalen Exklusivität der höheren Offiziersdienstgrade und der Generalität zum wichtigsten Grundzug der reaktionären Militärpolitik. Der Hauptwiderspruch der ägyptischen Gesellschaft zwischen innerer und äußerer Reaktion
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einerseits und den Triebkräften der nationalen Befreiungsrevolution andererseits fand jetzt auch in den Streitkräften seine eindeutig markierte Ausprägung. Die feudale Führungsclique der Armee blieb im wesentlichen identisch mit der feudalen Führungsclique im Staatsapparat. Doch die Öffnung des Offizierskorps für die Zwischenschichten und die nationale Bourgeoisie verwandelte nicht nur seine soziale Zusammensetzung, sondern auch seine politische Haltung zur nationalen Befreiungsrevolution. Die Mehrzahl der Offiziersschüler, die nach 1936 zur Armee stießen, hatten als Schüler und Studeirten aktiven Anteil an den Massendemonstrationen der frühen dreißiger Jahre. Beeinflußt durch verschiedene ideologische Strömungen - sozialistische, revolutionär-demokratische, aggressiv-muslimische, bourgeois-liberalistische - , unterstützten sie den antikolonialen, antifeudalen, auch antimonarchistischen und vor allem, bedingt durch ihre Herkunft, den sozialen Aspekt der Befreiungsrevolution. Somit begann bereits vor dem zweiten Weltkrieg die innere Transformation der ägyptischen Armee aus einem Unterdrückungsinstrument der Feudalklasse in eine Triebkraft der nationalen Befreiungsrevolution. Die soziale Rekrutierung vor allem aus den Reihen der Zwischenschichten einschließlich der Bauernschaft und die hohe Selbstrekrutierung, die weitgehend einheitliche antikoloniale, antifeudale und später auch antimonarchistische Grundhaltung, das Bekenntnis zu sozialen Reformmaßnahmen, der Gegensatz zu den antinationalen und klassenfremden Elementen im höheren Offizierskorps, die gemeinsame Absolvierung der ägyptischen Militärakademie und nicht der Ausbildungszentren imperialistischer Länder wie zumeist im Falle der älteren Offiziere, der hohe Grad der Organisation und Konzentration und das Bewußtsein militärischer Stärke verwandelten das niedere und weitgehend auch das mittlere Offizierskorps der ägyptischen Armee in eine spezifische, relativ selbständige soziale Gruppierung der Zwischenschichten mit einem ausgeprägten Elitebewußtsein und Zusammengehörigkeitsgefühl, aber im Gegensatz zur kastenmäßigen Abgeschlossenheit des Offizierskorps der imperialistischen Staaten mit einer relativ engen Bindung an die Mannschaftsdienstgrade und die Soldaten, Angehörige der ärmsten Schichten der ägyptischen Gesellschaft, denen die Mittel zum Loskauf fehlten. Das britische Ultimatum im Februar 1942 war das Signal für die bewußtesten Kader der patriotischen Offiziere zum Aufbau einer revolutionären illegalen Organisation. Neben autonomen Militärsektionen unter Gamal Abdel Nasser entstanden Zivilsektionen unter As-Sädät zur Kontaktaufnahme mit dem zivilen Flügel der Befreiungsbewegung. Am Ende des Krieges umfaßte die Organisation etwa 1 500 Offiziere, von denen ein Teil - da der Durchführung eigener antikolonialer Aktionen durch die starken britischen Truppenkonzentrationen enge Grenzen gesetzt waren - in Verkennung des aggressiven Wesens des Faschismus von der Achse Berlin-Rom die Befreiung aus den kolonialen Fesseln erhoffte. Der Aufschwung der Befreiungsrevolution nach Kriegsende und die Niederlage im Palästinakrieg führten 1949 zur Reorganisation der Offiziersbewegung und zur Gründung der politischen Organisation "Freier Offiziere". Die 11 Mitglieder des Gründungskomitees besuchten zwischen 1936 und 1940 gemeinsam die Militärakademie. Sie entstammten den Zwischenschichten, hatten sich in den dreißiger Jahren als Schüler oder Studenten an antibritischen Demonstrationen beteiligt und unterhielten als Offiziere Kontakte
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zu unterschiedlichen Strömungen der Nationalbewegung bzw. der Moslembruderschaft. Die Hauptforderungen ihres Programms - Beseitigung der Kolonialherrschaft, Sturz der Monarchie, Zerschlagung der ökonomischen und politischen Positionen der Feudalklasse und Durchführung sozialer Reformmaßnahmen - entsprachen dem Programm der bürgerlich-demokratischen Etappe der Befreiungsrevolution. Zwischen 1949 und 1951 erfaßte das Exekutivkomitee die Masse der Kader des niederen und mittleren Offizierskorps im Heer und in der Luftwaffe. Da die führenden Kräfte Schlüsselstellungen in der Militärakademie und im Staff College besetzt hielten, wurde die Einbeziehung der Kadetten in die Organisation gesichert. Bereits 1950 war die Organisation der "Freien Offiziere" das bestorganisierte und schlagkräftigste Instrument der nationalen Befreiungsrevolution. Durch gezielte Flugblattaktionen ihrer "Stimme Freier Offiziere" unter gälid Muhl ad-Dih und Ahmad Fu'äd hatte sie bedeutenden Anteil an der politisch-ideologischen Vorbereitung der Massendemonstrationen in der Periode der revolutionären Krise im Oktober 1951 und im Frühjahr 1952. In diesen Monaten erweiterten die "Freien Offiziere" ihre Kaderbasis durch die Einbeziehung sympathisierender Kräfte aus den Berufsgruppen der Journalisten und Rechtsanwälte. Als sich die Wafd-Regierung an der Jahreswende 1951/52 gegen die Volksaktionen wandte und schließlich ohne Widerstand demissionierte, reihte das Exekutivkomitee die Wafd-Pa&as in die Gruppe seiner politischen Gegner ein und orientierte sich nicht mehr allein auf den Sturz- des monarchistischen Regimes, sondern gleichzeitig auf die eigene Machtübernahme, die schließlich am 23. Juli 1952 innerhalb weniger Stunden erfolgte. Die Machtergreifung der "Freien Offiziere" bedeutete zunächst die Einleitung der letzten Phase der Revolutionsetappe, für die bürgerlich-demokratische Merkmale charakteristisch waren. Ihren Hauptinhalt bildeten die Beseitigung der Monarchie, die ökonomische und politische Entmachtung der Feudalklasse, der Abzug der letzten britischen Okkupationstruppen aus der Suezkanalzone und die Nationalisierung der wichtigsten Unternehmen des Auslandskapitals. Der Verlauf der ägyptischen Revolution erbrachte bereits in dieser Etappe, die bis 1961 gefaßt werden soll, für Afrika das erste Beispiel, daß eine spezifische und relativ selbständige Gruppierung der Zwischenschichten, begünstigt durch die wachsende Macht des Weltsozialismus und den raschen Zerfall des imperialistischen Kolonialsystems, in der Lage ist, in der Klassenkonstellation nationale Bourgeoisie - Proletariat nicht nur die Rolle von Verbündeten und Mitläufern zu spielen, sondern - getragen von einer revolutionären Massenbewegung - selbst die Macht zu erobern, zu behaupten und eine eigene Staatspolitik zu betreiben. 1 5 0 Allerdings scheint es, daß in Ländern mit relativ entwickelten kapitalistischen Verhältnissen, d. h. mit stark ausgeprägten Klassengegensätzen, außer den Offizieren keine andere Gruppierung der Zwischenschichten zu dieser Rolle befähigt ist, vor allem, wenn es ihr nicht gelingt, die Armee zu integrieren. Das Proletariat, aus objektiven und subjektiven Gründen noch nicht zur Übernahme der Hegemoniefunktion prädestiniert, hatte durch sein aktives Auftreten in der Periode der revolutionären Nachkriegskrise bedeutenden Anteil an der Schwächung des reaktionären Regimes. Die besten Gewerkschafter und politisch aktivsten Kämpfer des Proletariats stellten die Armeewerkstätten, die während des Krieges bereits
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Zehntausende Arbeiter beschäftigten. Sie waren der Transmissionsriemen zwischen den patriotischen Offizieren und der Arbeiterklasse. Die Machtübernahme der Offiziere erfolgte nicht auf der Grundlage eines wegweisenden politischen und sozialökonomischen Programms, einer Theorie der revolutionären Umgestaltung. Die Ende Juli 1952 proklamierten Grundsätze beschränkten sich auf eine antikoloniale, antimonarchistische und antifeudale Stoßrichtung, sie waren Ausdruck des Entwicklungsstandes der Revolution, jedoch offensichtlich auch eines Kompromisses zwischen den verschiedenen ideologischen Strömungen innerhalb der Offizierskader, der aber ihren Zerfall in rivalisierende Flügel verhinderte und die Weiterführung der Revolution ermöglichte. In der Revolutionsphase von 1952 bis 1958 konzentrierte das Exekutivkomitee der "Freien Offiziere" seine Hauptkraft auf die politische Konsolidierung der Macht, d. h. vor allem auf die Sicherung der Hegemonie des militärischen Flügels der Zwischenschichten in der Weiterführung der Revolution gegen konterrevolutionäre Angriffe von rechts und politische Führungsansprüche - verbunden mit der Forderung nach einer "permanenten" Revolution - von links. Folgende Merkmale dieser Periode seien genannt: Obwohl zunächst ein Zivilkabinett eingesetzt wurde, übte der sofort gebildete Revolutionsrat, der sich ausschließlich aus Mitgliedern der "Freien Offiziere" zusammensetzte, die tatsächliche Macht aus. Nach der Proklamierung der Republik im Juni 1953 besetzten vier Mitglieder des Revolutionsrates unter Beibehaltung ihrer Offizierspatente Schlüsselpositionen in der Regierung, der bereits General Nagib vorstand. Nach Ausschaltung Nagibs bildete Gamal Abdel Nasser am 18. April 1954 sein erstes Kabinett, in dem acht Mitglieder des Revolutionsrates Ministerposten übernahmen. Damit hatten die "Freien Offiziere" die unmittelbare Exekutivgewalt übernommen und der scheinbaren Machtteilung mit Politikern des alten Regimes ein Ende gesetzt. Parallel zur Übernahme der zentralen Exekutivgewalt durch den Revolutionsrat vollzogen sich die Besetzung hoher Funktionen im Bereich des Sicherheitsdienstes, in den Polizeikräften, in den zivilen Bereichen des Staatsapparates und im Auswärtigen Dienst mit Offizieren sowie die Bildung von Offizier skomitees zur Bekämpfung der Korruption. Gleichzeitig wurden monarchistische und feudale Elemente aus den verschiedenen Sektoren des Staatsapparates entfernt. Das Parlament wurde aufgelöst. Diese Maßnahmen bedeuteten keine Vernichtung des alten Machtapparates, sondern seine Umwandlung in ein Instrument des militärischen Flügels der Zwischenschichten und von Teilen der nationalen Bourgeoisie. infolge Kadermangels - die Armee konnte keinesfalls von der Masse der "Freien Offiziere" entblößt werden - behaupteten proimperialistische Kräfte und eine zahlenmäßig starke Bürokratie einflußreiche Positionen. Die Versuche reaktionärer politischer Parteien und Organisationen, vor allem des Wafd und der Moslembruderschaft, sich mit dem Revolutionsrat zu arrangieren und die Revolution von rechts zu unterwandern, wurden vereitelt. Durch die Zerschlagung dieser konterrevolutionären Organisationen in den Jahren 1953 und 1954 und die Bekämpfung ihrer illegalen Tätigkeit durch Kriegs- bzw. Revolutionsgerichte wurde der inneren Reaktion und den im Staatsapparat verbliebenen reaktionären Kräften das Hauptkampfmittel gegen das Revolutionsregime entzogen.
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Im Zusammenhang mit dem Verbot der politischen Parteien der Reaktion und mit der Verhaftung ihrer Wortführer erfolgten die Ausschaltung offen prokolonialistischer, monarchistischer und feudaler Elemente in der Generalität und im hohen Offizierskorps der Armee, der Polizei und der Sicherheitskräfte (29. September 1952: Entlassung von 450 Wafd-Anhängern im höheren Offizierskorps, Herbst 1954: Pensionierung von 31 Generalen, 150 höheren Offizieren und 109 Polizeioffizieren wegen ihrer Zugehörigkeit zur Moslembruderschaft oder Sympathisierung mit ihr) sowie die Entfernung von mit der Moslembruderschaft verbundenen Offizieren um General Nagib aus dem Revolutionsrat und der Organisation der "Freien Offiziere". Mit diesen Maßnahmen wurden erstmals die Monopolstellung reaktionärer Kräfte im hohen Offizierskorps durchbrochen und Schlüsselstellungen mit Mitgliedern der "Freien Offiziere" besetzt, die Gefahr eines konterrevolutionären Putsches unter Führung der Generalität ausgeschaltet und der Infiltration des Revolutionsrates und der "Freien Offiziere" durch die Moslembruderschaft entgegengewirkt. Die soziale Hauptstütze seines Regimes sah der Revolutionsrat entsprechend seiner klassenmäßigen Bindung an die Zwischenschichten in der zahlenmäßig stärksten Schicht der Bevölkerung, der Bauernschaft. Aus diesem Grunde verfolgte die erste Bodenreform auch vorrangig politische Ziele. Durch sie sollten die sozialökonomische Basis der Feudalherren erschüttert, die Macht des Wafd in seinem traditionellen Einflußbereich gebrochen und vor allem der Revolutionsführung die Unterstützung der bäuerlichen Mittelschichten gesichert werden. Zugleich war diese erste Agrarreform im arabischen Raum ein gezieltes Moment für die Festigung der politisch-ideologischen Geschlossenheit der patriotischen Offiziere selbst, die in hohem Maße bäuerlicher Herkunft waren. Nach der Ausschaltung der politischen Parteien unternahm der Revolutionsrat im Januar 1953 zum ersten Mal den Versuch, sich mit der Gründung der "Befreiungsfronreine Massenbasis zu schaffen. Aber dieser Versuch schlug fehl, denn die sogenannten Prinzipien der "Front" waren ein Konglomerat verworrener - vor allem von der Labour-Party beeinflußter - Gedanken, die auf eine Versöhnung von Kapital und Arbeit hinausliefen, und ihr Statut gestattete nicht nur der Bourgeoisie den Beitritt, sondern ermöglichte auch die Unterwanderung ihrer paramilitärischen Formationen durch die militante Moslembruderschaft. Anfang 1956 hatten die Offiziere ihre politische Macht und ihre Hegemonie in der Befreiungsrevolution im wesentlichen konsolidiert. Nach der durch Plebiszit verabschiedeten Verfassung vom Juni 1956 löste sich der Revolutionsrat auf, und die in die zivilen Bereiche des Staatsapparates als zuverlässige politische Kader übernommenen Offiziere hatten ihre Offizierspatente niederzulegen. Es erfolgte-die Trennung der politischen Gruppen der Offizier skader von den Streitkräften. Die militärische Machtergreifung vom 23. Juli 1952 hatte sich - erstmalig im arabischen Raum - zu einer echten Revolution entwickelt. Ihrem Klasseninhalt nach verkörperte die revolutionäre Staatsmacht Ägyptens in dieser Periode die Diktatur des militärpatriotischen Flügels der Zwischenschichten. Vom Vertrauen der Massen getragen und von der Bourgeoisie toleriert, war es vor allem eine Diktatur gegen den Kolonialismus und die reaktionärsten Schichten der ägyptischen Gesellschaft. ^
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Der bestimmende Grundzug der neuen politischen Macht war die Progressivität. Mehr noch: Ohne die Übernahme der Hegemoniefunktion durch die "Freien Offiziere" wäre die ägyptische Revolution angesichts der Stärke der inneren Reaktion und vor allem infolge des Fehlens einer zielklaren politischen Organisation der Triebkräfte noch Jahre führerlos und schwere Niederlagen erleidend dahingetrieben, ohne sie hätte die Unzufriedenheit der Massen in der Situation von 1952 kaum den revolutionären Umschlag erzwingen können. Welche Rückwirkung hatten die imperialistische Aggression von 1956 und die Vermehrung des Lagers der Konterrevolution durch die groß- und zum Teil auch mittelbourgeoisen Klassenfraktionen auf die politische Haltung der Armee? Im folgenden soll eine knappe Beantwortung dieser - materialmäßig durchaus noch nicht gesicherten - Fragestellung versucht werden. Im Kampf gegen die imperialistische Suezaggression drückte sich, wie HälTd Muhlad-DIh schrieb, "der neue Geist Ägyptens a u s " . D i e Armee bestand ihre erste ernste politische Bewährungsprobe. Der Überfall der Interventen, die Aggression gegen Libanon und die patriotischen Kräfte Jordaniens sowie die Drohungen gegen die irakische Revolution erweiterten die Basis antiimperialistischer Kader der ägyptischen Armee. Die Lücke, die durch das Überwechseln der Hauptmasse der politischen Offizierskader in die zivilen Bereiche des Staatsapparates entstanden war, konnte geschlossen werden. Der Prozeß der Revolutionierung der Armee beschleunigte sich. Ein Putschversuch einiger prowestlicher Offiziere wurde rasch unterdrückt. Der von den imperialistischen Geheimdiensten erhoffte und erwartete Anti-Nasser-Putsch der Streitkräfte blieb aus. An der Seite der regulären Truppen kämpften Arbeiter und Studenten unter Führung spontan entstandener Widerstandskomitees gegen die Interventen. Diese Haltung der Volksmassen, insbesondere der Stadt Port Said, war in doppelter Hinsicht bedeutsam: Zum ersten demonstrierte sie überzeugend die gesicherte politische Basis der Revolutionsführung im Volk, zum zweiten machte sie aber auch die marxistische Erkenntnis deutlich, daß eine revolutionäre Armee zwar Avantgarde der Revolution sein kann, daß sie aber die Kraft der Volksmassen weder negieren noch ersetzen kann. Gamal Abdel Nasser würdigte mit folgenden Worten das Heldentum der Volksmassen: "1956, während der Suezaggression, erhielt die Konterrevolution Auftrieb... Es gab auch Verräter in dieser Zeit. Aber die Zuverlässigkeit des Volkes besiegte s i e . . . Das unbewaffnete Volk war bereit, die Aggressoren zu bekämpfen. Dieses Volk vertrat die Revolution... Es kämpfte und starb in Port Said. Ich sah das Volk in Ismailia: die Arbeiter, die B?uern, die Intelligenz, die Soldaten, die nichtausbeutenden nationalen Kapitalisten... Sie wußten, daß die Revolution ihre Hoffnungen und Wünsche repräsentiert, daß sie die Beseitigung des Imperialismus und des Feudalismus, der Ausbeutung und des Kapitalismus zum Ziele hat."1®® Die entschlossene Unterstützung Ägyptens bei der Abwehr der Dreieraggression durch die Sowjetunion "war eine markante Verkörperung des festen Bündnisses zwischen dem sozialistischen Weltsystem und der arabischen nationalen Befreiungsbewegung"1®® und eine "glänzende Bestätigung des Charakters unserer Epoche" 1 ® 7 . Sie begründete nicht nur die enge Waffenbrüderschaft zwischen den Armeen Ägyptens und der Sowjetunion, sondern hatte auch
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hervorragenden Anteil an der Verbreitung sozialistischer Ideen in den ägyptischen Streitkräften. Anläßlich des Besuches des sowjetischen Ministerpräsidenten Kossygin in der VAR erklärte der Vorsitzende des Offiziersklubs Al-'ArlS: "Die ägyptischen bewaffneten Kräfte unterhalten freundschaftliche Beziehungen mit den Streitkräften der Sowjetunion. Der 1955 begründeten Waffenbrüderschaft folgte die Freundschaft zwischen beiden Völkern auf der Grundlage der gemeinsamen Verteidigung der Freiheit und des Friedens... Die Quelle unserer Bewaffnung ist die Sowjetunion, und das wird immer so bleiben."158 Neben der Aufnahme enger militärischer Beziehungen zur Sowjetunion orientierte sich die ägyptische Führung nach dem rigorosen Abbruch des Waffengeschäfts mit den imperialistischen Rüstungsmonopolen auf den beschleunigten Aufbau einer eigenen Waffenproduktion. Das ökonomische Potential der bekannten Militärfabriken wurde durch die Nationalisierung der ausländischen Unternehmen beträchtlich erweitert. Besonders die Militärfabriken in Heluan entwickelten sich in jenen Jahren zum eigentlichen Kern der ägyptischen Industrie. Neben der Waffenherstellung hatten sie bald den Hauptanteil an der Produktion von Konsumgütern. Diese Werke wurden zu den wichtigsten Ausbildungszentren f ü r die Arbeiter des staatlichen Sektors, besonders auf dem Gebiet der Metall-, Chemie- und Elektroindustrie, und für eine neue militärische technische Intelligenz, die Ihgenieuroffiziere. Die Nationalisierung der Suezkanalgesellschaft und der britischen, französischen und belgischen Gesellschaften schuf die Ausgangsbasis für eine neue Funktion der Offiziere. Hatten die politisch motiviertesten Mitglieder der "Freien Offiziere" in der ersten Periode der Revolution die entscheidenden politischen Positionen im Staatsapparat besetzt, so übernahmen nunmehr mehr e r e hundert ehemalige Offiziere, insbesondere Ingenieuroffiziere, die Schlüsselpositionen in den verstaatlichten ausländischen Gesellschaften in allen Bereichen der Volkswirtschaft. Man trifft sie in der Suezkanalbehörde, im Hochdammkomitee, bei den Meliorationsarbeiten in Wädi Natrün, in der westlichen und in der Sinai-Wüste, als Direktoren der Aufsichtsräte der verstaatlichten Gesellschaften. Die Wüstenentwicklungsorganisation steht unter ihrer Führung, der Chef der Umsiedlung der Nubier ist ein General, der Generaldirektor der Ölgesellschaften ist ehemaliger Offizier, und auch das Verkehrswesen Kairos wurde einer Armeegruppe übertragen. Die Mehrzahl dieser Offiziere bewährte sich nicht nur in dieser neuen Funktion - die Verwaltung des Suezkanals und das Hochdammunternehmen gelten als Musterbeispiele militärischer Organisation im Wirtschaftssektor - , sie erlangte auch Kenntnis von den korrupten Wirtschaftspraktiken der Bourgeoisie und ihren Klassenkampfmethoden gegen den staatlichen Sektor. Bei der Durchsetzung der Juli-Gesetze von 1961, also in der überaus schwierigen Übergangsperiode zur antikapitalistischen Entwicklung, wurde diese Schicht der Wirtschaftsfunktionäre unter den patriotischen Offizieren zu einem zuverlässigen Bundesgenossen der Revolutionsführung in den nichtagraren Zweigen der Volkswirtschaft, und sie war es auch, die nach 1961 ein beträchtliches Kontingent der leitenden Wirtschaftskader der verstaatlichten Unternehmen der Groß- und Mittelbourgeoisie stellte.
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Die Einstellung der Revolutionsführung gegenüber den Wirtschaftsfunktionären brachte Präsident Nasser auf der Großkundgebung zum 1. Mai 1965 zum Ausdruck, damit zugleich gewissen sektiererischen Auffassungen entgegentretend: "Die technischen K a d e r . . . sehen sich neuen Aufgaben, einer neuen Art von Verantwortung gegenübergestellt, die sich grundlegend von der Verantwortung der technischen Intelligenz im privatkapitalistischen System unterscheidet. . . Wir müssen ihnen helfen, diese Verantwortung zu tragen. Wir müssen sie kritisieren, aber ohne mit ihnen zu brechen... Doch werden wir jene zur Verantwortung ziehen, die ihre Pflicht nicht erfüllen und vom revolutionären Kurs abweichen." 1 ® 9 Aber da die Armee nicht klassenindifferent ist, blieb die Verschärfung der KlassenwidersprUche innerhalb der ägyptischen Gesellschaft durch den Übergang des rechten Flügels der Bourgeoisie auf die Seite der Konterrevolution nicht ohne Auswirkungen auf die Streitkräfte. Ein Teil der Kader des hohen und mittleren Offizierskorps war seiner sozialökonomischen Herkunft und politisch-ideologischen Haltung nach mit der Bourgeoisie verbunden, besonders auch mit der bäuerlichen Oberschicht, die sich in Ausnutzung der Landreform von 1952 zur Dorfbourgeoisie zu entwickeln begann. Die bürgerliche Position dieser Offiziere äußerte sich insbesondere in antikommunistischen Ressentiments, in der Ausnutzung ihrer privilegierten gesellschaftlichen Stellung zur persönlichen Bereicherung und in einer ungenügenden Verbundenheit mit den Soldaten und Mannschaftsdienstgraden. Wenn der Übergang der VAR zur antikapitalistischen Entwicklung dennoch ohne gegenrevolutionäre Aktionen bürgerlicher Elemente der Streitkräfte verlief, so hatte das vor allem folgende Gründe: Erstens: Die antikapitalistischen Maßnahmen der Regierung - insbesondere die zweite Agrarreform, die Erhöhung des Einflusses der ärmeren Schichten des Dorfes in den Leitungen der Genossenschaften, die Vergabe von zinslosen Darlehen an Kleinbauern, die Reduzierung der noch ausstehenden Ratenzahlungen und der Zinsen für das von der Landreform an Kleinbauern verteilte Land auf die Hälfte, die Beteiligung der Arbeiter und Angestellten an der Leitung der verstaatlichten Betriebe und die Beteiligung an den Betriebsgewinnen - festigten schlagartig, wie die spontane Welle der Zustimmung bewies, die Einheit von Führung und Volk. Zweitens: Wie die widerstandslose Kapitulation der von der zweiten Agrarreform und den Verstaatlichungsgesetzen betroffenen Großgrundbesitzer und Kapitalisten zeigte, gab es im zivilen Bereich, auch im Untergrund, keine einflußreiche o r g a n i s i e r t e politische Kraft zur Verteidigung der kapitalistischen Positionen. Drittens: Die patriotischen Offizierskader behielten trotz des Übergangs vieler ihrer Mitglieder in die zivilen Bereiche des Staatsapparates bedeutende Schlüsselpositionen in den Streitkräften unter Kontrolle und vermochten in den Jahren von 1956 bis 1961 ihre Basis in der Armee durch die Übernahme neuer Absolventen der Militärakademie in den Offiziersdienst, deren Ausbildung erstmals in starkem Maße vom sowjetisch-ägyptischen Waffenbündnis getragen wurde, wesentlich zu erweitern. Diese jungen Offiziere entwickelten sich zum antikapitalistischen Kern der Streitkräfte.
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Viertens hatten außer den bereits genannten gesellschaftlichen Faktoren auch die Autorität des ehemaligen Obersten Gamal Abdel Nasser und seine revolutionären Führereigenschaften starken Einfluß auf die Haltung der Offiziere. Für die VAR läßt sich feststellen: Der Übergang zur antikapitalistischen Entwicklung vollzog sich im Jahre 1961 unter Hegemonie des militärpatriotischen Flügels der Zwischenschichten innerhalb und außerhalb der Armee. Die fortschrittlichen Kader der ägyptischen Armee bewiesen ihre Fähigkeit als staatlich-administrative, politische und wirtschaftliche Führungskräfte. Das ägyptische Beispiel demonstriert Uberzeugend die Bedeutung, die der revolutionären Infiltration der Armee beim Übergang zur sozialen Revolution zukommt, zumal wenn sich der qualitative Umschlag ohne eine politisch-ideologisch und organisatorisch festgefügte Partei der Volkskräfte vollzieht. Seit dem Übergang der VAR zur antikapitalistischen Entwicklung lassen sich im Verhältnis Armee und Revolution einige Tendenzen erkennen, von denen die folgenden hervorgehoben werden sollen: - Ehemalige aktive Offiziere üben nach wie vor die Hegemonie im Prozeß der Befreiungsrevolution aus. Im Kabinett, im Obersten Exekutivkomitee der ASU, auf der oberen Ebene des zentralen Staatsapparates und der Provinzverwaltung, im staatlichen Sektor der Volkswirtschaft und im diplomatischen Dienst dominieren progressive Kader, die vor und nach der Revolution von 1952 in den bewaffneten Kräften den nationalrevolutionären Kern gebildet hatten. Aber trotz dieser Tatsache wäre es eine Verkennung des Entwicklungsniveaus der Revolution, wollte man die Klassengrundlage des ägyptischen Staates als "Militärdiktatur" oder "Militärgesellschaft" bezeichnen. Mit dem Übergang der führenden Revolutionskader auf antikapitalistische Positionen, der Anerkennimg der Volksmassen als Träger des gesellschaftlichen Umwälzungsprozesses, den sozialökonomischen Veränderungen, den Maßnahmen gegen die Verschwörung reaktionärer Kräfte im Frühjahr 1966 und dem Kampf um die Sicherung und Fortsetzung der nationaldemokratischen Revolution in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens begann sich eine echte Demokratisierung des Staates zu vollziehen, machte der Prozeß der Herausbildung eines Staates der nationalen Demokratie weitere Fortschritte. - Seit 1961 festigte sich die Rolle der ägyptischen Armee als Instrument der Revolution. Das zeigte sich im Kampf gegen die innere Reaktion. Die Ausschaltung der Moslembruderschaft und die Aufdeckung und Bekämpfung der Verschwörung feudaler Kräfte im Frühjahr 1966 vollzogen sich unter der Führung der Armee. "Ein neuer Wechsel wird stattfinden", erklärte der Vorsitzende des Komitees zur Bekämpfung des Feudalismus im Offiziersklub AI- 'AriS, "und ein neuer Geist wird in diesem Lande auftauchen. Die Bauern werden fähig sein, sich dem Feudalismus zu widersetzen, gleich, welche schmutzigen Methoden er anwendet... Die Revolution muß voranschreiten, ein Verzicht darauf bedeutet Rückschritt... Die soziale Revolution in den ländlichen Gebieten muß geschützt und die Dörfer müssen von dem noch bestehenden feudalistischen Einfluß befreit werden." Zugleich wurde diese progressive Funktion der ägyptischen Armee durch die Ausbildung revolutionärer Kader der afrikanischen Revolution in der VAR, den Abschluß des Verteidigungspaktes mit der Syrischen Arabischen Republik zum Schutze der
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syrischen Revolution*®* und vor allem durch die Rolle der ägyptischen Armee in Jemen nach außen sichtbar. Ohne die Anwesenheit ägyptischer Truppen hätte die jemenitische Revolution sich schwerlich gegen die Offensive der überlegenen Kräfte der äußeren Reaktion behaupten können. "Unsere bloße Anwesenheit in Jemen", erklärte der Stellvertretende Oberkommandierende der VARStreitkräfte, "hat progressive Kräfte der Arabischen Halbinsel ermutigt, den Kampf gegen den Imperialismus aufzunehmen. Sie fühlen, daß sie in diesem Kampf durch die Anwesenheit ägyptischer Truppen Rückenfreiheit erhalten haben... Die ersten vier jemenitischen Regimenter, der Kern der neuen republikanischen Streitkräfte, beendeten im November 1966 ihre Ausbildung in der VAR. Ihre Offiziere wurden nicht mehr, wie im Falle der sogenannten älteren republikanischen Armee, aus den Reihen der Stammesscheichs, sondern aus der Stadtbevölkerung rekrutiert - ein beachtenswerter Versuch, der Revolution eine eigene militärische Basis zu schaffen und die Streitkräfte aus den Fesseln der Stammesbeziehungen und Stammesauseinandersetzungen zu lösen. Durch die Wachsamkeit der Volksmassen und die Aktivität der progressiven Kader der Armee wurde der friedliche Verlauf der nationaldemokratischen Revolution gesichert. Die Ereignisse machten sichbar, daß das ägyptische Volk nicht nur seine eigene Revolution verteidigt, sondern auch mit großer Verantwortung seine internationalen revolutionären Verpflichtungen erfüllt - ein Faktor, der angesichts der gegenrevolutionären Militäraktionen im transsaharischen Afrika und der reaktionären Verschwörung im ostarabischen Raum besondere Beachtung verdient. Die imperialistische Hetze gegen die Streitkräfte der VAR 164 - "privilegierte Schicht", "alleiniger Nutznießer der Revolution", "Militarisierung der Wirtschaft", "Feind der Demokratie", "Expansion nach außen" - zielt auf einen Bruch des Bündnisses der Volkskräfte und, wie der Prozeß gegen Mustafa Amin beweist*®®, auf eine Entmachtung nicht nur der ägyptischen Revolution, sondern auch der Revolution in anderen arabischen Ländern. Im Kern der Frage geht es heute in der VAR nicht um eine Machtteilung zwischen den militärischen und den zivilen Kadern der Volkskräfte, sondern um die weitere politisch-ideologische und organisatorische Integration der revolutionär-demokratischen Kräfte innerhalb und außerhalb der Armee, d . h . der politisch bewußtesten Kader, in e i n e r politischen Vorhut im Interesse der Sicherung und erfolgreichen Weiterführung der Revolution und um die systematische Erhöhung des Anteils der Revolution ergebener, volksverbundener Kader im Offizierskorps. Die erfolgreiche Lösung dieser Aufgabe ist der maßgebliche Hebel für die weitere Demokratisierung aller Bereiche der Gesellschaft. Die Staatsführung der VAR handelt nach der Devise: Die Macht allein ist nicht die Quelle des Sozialismus. Ohne die breite und aktive Teilnahme der werktätigen Massen und ihrer politischen Organisation ist eine Revolution, die sich auf den Sozialismus orientiert, nicht denkbar. Darin liegen die Kraft und die Stabilität der Revolution und ihr Vorwärtsschreiten zum Sozialismus.
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Diese Einschätzung der verschiedenen Klassen und Schichten im Block der Volkskräfte läßt folgende Schlußfolgerung zu: Die Allianz der Volkskräfte, entstanden in der antikolonialen und bürgerlich-demokratischen Etappe der Befreiungsrevolution, bewährte sich auch nach dem Übergang in die nationaldemokratische Etappe; sie festigte sich im Kampf um die Vertiefung und Weiterführung der antikapitalistischen Entwicklung gegen die äußere und innere Reaktion. In der VAR existiert eine a n t i i m p e r i a l i s t i s c h e d e m o k r a t i s c h e E i n h e i t s f r o n t . Die gemeinsamen Interessen dominieren; sie schufen die Grundlage für einen friedlichen Revolutionsverlauf. Zugleich verstärkte sich aber infolge der nichtkapitalistischen Entwicklung der politisch-ideologische Klärungsprozeß im Block der Volkskräfte. Die Klassenbasis der Revolution begann sich durch das allmähliche Ausscheren kompromißlerischer Kräfte objektiv zu verengen, andererseits durch die erhöhte Wirksamkeit der Arbeiterklasse und ihr näheres Zusammenrücken mit der werktätigen Bauernschaft, der revolutionären Intelligenz und den bewaffneten Kräften zu vertiefen. Trotz der Interessengemeinschaft in den Grundfragen entwickelten sich mit dem Vorwärtsschreiten der Revolution zwischen den Massen mit ihrer konsequent antikapitalistischen Orientierung und einem zahlenmäßig kleinen Teil der Zwischenschichten und der Bourgeoisie - vor allem ihrer Fraktion im Offizierskorps - mit seinem wachsenden Widerstand gegen die soziale Revolution politische und ideologische Meinungsverschiedenheiten im Block der Volkskräfte. Diese Widersprüche treten zwar hinter dem Hauptwiderspruch zurück, bedürfen aber im Interesse der Weiterführung der nichtkapitalistischen Entwicklung und ihres friedlichen Verlaufs der Lösung. Denn ohne eine klare Bestimmung der Klassenunterschiede und der Haupt- und Nebenkräfte in der Allianz der Volkskräfte werden die Klassengrenzen bestimmter Gruppierungen verkannt, die Unterscheidung zwischen Freund und Feind erschwert und das Eindringen antagonistischer Kräfte in die Reihen der Volkskräfte und ihre revolutionären Organisationen begünstigt. Die revolutionären Erfordernisse einer weitsichtigen Bündnispolitik werden heute in der VAR von der Festigung der Einheit aller revolutionären Kräfte diktiert; sie ergeben sich aus der Tatsache, daß die gemeinsame Kampffront durch die immer bewußtere schöpferische Aktivität der Massen gleichsam nach links rückt; sie entsprechen der Notwendigkeit einer Veränderung des Kräfteverhältnisses im Block der Bündnispartner zugunsten der werktätigen Massen, und sie sichern letzten Endes über alle Widersprüche hinweg in den grundlegenden gemeinsamen Interessen das einheitliche Handeln der Volkskräfte bei der fortschrittlichen Lösung der politischen, ökonomischen und sozialen Probleme. Die führenden Repräsentanten der ägyptischen Revolution haben mehrfach mit großer theoretischer Klarheit und Weitsicht auf diese dringende Aufgabenstellung verwiesen. So schrieb 'All SabrI: "Die Aktivität der reaktionären Partei vollzieht sich ohne eine traditionelle Organisation und periodische Versammlungen auf der Grundlage der Handlungen ihrer individuellen Mitglieder. . . Die Gesamtsumme dieser konterrevolutionären Einzeltätigkeit bildet einen Strom gegen die soziale Revolution... Die werktätigen Kräfte des Volkes haben auf ihrem Wege der sozialen Revolution keine Alternative, sie müssen die reaktionäre Partei bekämpfen, die sich ausbreitet, in die Reihen
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der- Volkskräfte eindringt oder im Untergrund wirkt. Einige ihrer Mitglieder verfügen noch über finanzielle Möglichkeiten oder moralische Autorität, während andere sich durch Täuschungsmanöver führende Postionen erschlichen haben und auf gewissen Ebenen noch Kontrollfunktionen ausüben. Die werktätigen Kräfte des Volkes werden nur durch Aktivität auf allen Ebenen und mit Hilfe wachsamer Organisationen in der Lage sein, die Reaktion zu entlarven und erfolgreich zu bekämpfen. Die Ansicht, wir verfügten bereits über diese wirksamen und mächtigen Organisationen, beruht auf einer großen Selbsttäuschung. . . Eine wirksame politische Organisation muß eng mit den Massen verbunden sein. Sie muß die Schmerzen und Hoffnungen des Volkes kennen... Nur eine solche Aktion kann die Aktivität der reaktionären Kräfte entlarven und bekämpfen, nur sie vermag die nationale Aktion in der Produktion und in den öffentlichen Diensten auf die Hauptaufgaben zu konzentrieren. Wir müssen mit Beharrlichkeit von den Volksorganisationen auf allen Ebenen verlangen, daß sie verantwortlich, bewußt und wirksam handeln und von revolutionärem Geist erfüllt sind. Diese Eigenschaften sind insbesondere von jenen Führern zu fordern, die in dieser entscheidenden und bedeutenden Etappe der revolutionären Entwicklung der Gesellschaft für das Zentralkomitee der ASU ausgewählt werden... Die reaktionären Elemente, alte und neue, verfügen noch Uber solchen materiellen und intellektuellen Einfluß, daß sie versuchen werden, sich dem Strom des Fortschritts entgegenzustemmen. Sie hoffen eines Tages fähig zu sein, über die Gewinne und Rechte des werktätigen Volkes h e r zufallen und ihre soziale Ungerechtigkeit und Klassenherrschaft wieder zu e r richten." 1 6 7
Die "Arabische Sozialistische Union" (ASU) und der Prozeß der Herausbildung einer politischen Organisation als Vorhut der werktätigen Massen Die Festigung des Bündnisses der Volkskräfte als Basis der politischen Macht und der Garantie für die Durchsetzung des antikapitalistischen Entwicklungsprozesses erforderte die Schaffung einer revolutionären politischen Organisation, die die antiimperialistischen Klassen und Schichten zusammenschließt, deren Interessen konsequent vertritt und in der das Volk seine politische Aktivität voll entfalten kann. Da der Umschlag der ägyptischen Revolution in ihre neue Qualität zunächst ohne eine solche politische Organisation erfolgte, sollte die vom Nationalkongreß der Volkskräfte am 4. Juli 1962 beschlossene Bildung der "Arabischen Sozialistischen Union" (ASU) diesem E r fordernis Rechnung t r a g e n . F ü r die Revolutionsführung ergab sich dabei in bezug auf den Aufbau der politischen Organisation und ihre wirksame Beteiligung an der Ausübung und Kontrolle der politischen Macht das Problem, unter Berücksichtigung der Lehren aus dem Versagen der 1957 gebildeten "Nationalen Union"1®® und im Interesse der weiteren revolutionären Entwicklung einerseits die Bildung eines prinzipienlosen Blocks zu vermeiden, andererseits alle Schichten des Volkes, die antiimperialistische Positionen einnehmen, aktiv einzubeziehen. Die ASU bildet somit keine Partei im strengen Sinne des Wortes, sondern eine breite politische Massenorganisation vom Typ der Volksfront, die faktisch die gesamte arbeitende Bevölkerung umfaßt und heute etwa 7 Millionen Mitglieder zählt.
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Um die revolutionäre Initiative breiter Schichten des Volkes nicht einzuschränken, war es nach Meinung der VAR-Führung nicht möglich, unmittelbar mit dem Beginn der sozialen Revolution eine avantgardistische Partei der bewußtesten Kräfte zu bilden. Sie sah vielmehr in der ASU das entscheidende Instrument, um den Elan der Volkskräfte voranzutreiben und die politische Einheit der progressiven Kräfte durchzusetzen. Wie in der "Nationalcharta", dem vom Nationalkongreß der Volkskräfte am 30. Juni 1962 beschlossenen Programm*' 1 , dargelegt, bestand die Hauptaufgabe der ASU darin, alle fortschrittlichen sozialen und politischen Kräfte um die revolutionär-demokratische Führung zusammenzuschließen, als Antriebskraft der Potenzen der Revolution zu wirken und die vorgesehenen antikapitalistischen sozialökonomischen Umgestaltungen auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens zu verwirklichen. Bei der Durchsetzung dieser Aufgabenstellung errang die ASU bald erste Erfolge, hi den Grundeinheiten der Betriebe begannen sich die Mitglieder der ASU f ü r die Verwirklichung der von Juli 1961 bis März 1964 in verschiedenen Etappen vollzogenen Nationalisierungsmaßnahmen verantwortlich einzusetzen und mit den Arbeitern und Betriebsleitungen über die neuen Aufgaben im Ringen um die Verbesserung des Lebensstandards zu beraten. In den Dörfern e r zielte die ASU Erfolge bei der Mobilisierung der bäuerlichen Massen für die Durchsetzung der Bodenreformen und im Kampf gegen das Analphabetentum. Sie begann, breite Bevölkerungsschichten in Stadt und Land aus ihrer aus der vorrevolutionären Zeit übernommenen politischen Lethargie zu reißen und sie für die Ziele der neuen Entwicklungsetappe zu begeistern. Wie die Revolution keinen Stillstand duldet, so war auch die ASU bald nicht mehr in der Lage, die mit dem Voranschreiten des revolutionären Prozesses gewachsenen Aufgaben zu bewältigen. Sowohl im Rahmen ihres organisatorischen Aufbaus als auch bei der Erhöhung ihrer Wirksamkeit, vor allem im Staatsapparat, in der nationalisierten Presse und im Dorf, hatte die ASU eine Reihe von Schwierigkeiten zu überwinden, die sie daran hinderten, den Geist der revolutionären Umgestaltung in alle Sphäre des gesellschaftlichen Lebens zutragen. "Der größte Mangel besteht darin", sagte Präsident Nasser, "daß die Arabische Sozialistische Union noch nicht die Rolle als Instrument des echten und vollständigen Ausdrucks der sozialistischen Demokratie spielt. Es gab eine breite Palette von Ursachen für die ungenügende Wirksamkeit der ASU in dieser Anfangsphase: - Die durch die Verstaatlichungs- und Bodenreformgesetze betroffenen reaktionären Elemente standen zwar in ihrer Mehrheit auf der Liste der politisch Isolierten, und der Beitritt zur ASU war ihnen verwehrt, aber über Familienangehörige und unter Ausnutzung ihrer ehemaligen ökonomischen und politischen Macht betrieben sie eine versteckte Hetze innerhalb und außerhalb der ASU. - Sekundantendienste leistete den Ausbeuterschichten der prowestlich orientierte Teil der Bürokratie, der Intelligenz und der Journalisten. Die Vertreter dieser Schichten benutzten ihre Mitgliedschaft in der ASU, um die weitere inner e Revolutionierung der Volksfront zu hintertreiben. - Auf dem Lande behinderten die Dorfbourgeoisie, die von den Agrarreformen betroffenen Großgrundbesitzer, ein Teil der 'Umdas und - entgegen den
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Weisungen der Al-Azhar-Universität - auch einzelne (Ulamä' die Wirksamkeit der ASU. Unter Ausnutzung ihres ökonomischen, politischen und vor allem ideologischen Einflusses versuchten sie, die werktätige Bauernschaft von der aktiven Mitarbeit in der ASU abzuhalten. - Die moderne ägyptische Geschichte kennt keine einzige politische Organisation mit einer Massenbasis und politischer Kampferfahrung. Sämtliche in der Periode der Kolonialherrschaft entstandenen bürgerlichen Parteien beschränkten sich auf sogenannte Eliten. Es gab zu keiner Zeit eine revolutionäre Bauernorganisation. Die Gewerkschaften waren zersplittert und standen meist unter dem Einfluß der Bourgeoisie. Auch diese fehlende Tradition einer revolutionären Massenorganisation bedingte den schwierigen Wachstumprozeß der ASU. - Schließlich ist festzustellen, daß die klare Orientierung, die die Nationalcharta über den weiteren Weg der ägyptischen Revolution gab, nur zu einem Teil von der ASU erfaßt wurde und nicht in allen Belangen ihre ideologische Basis bildete. Freilich trug der akute Mangel an revolutionären Kadern nicht unerheblich zu diesem Tatbestand bei, er läßt sich aber auch mit einer gewissen Unterschätzung der ideologischen Arbeit zugunsten organisatorischer .Fragen erklären. In einer kritischen Analyse über die politisch-ideologische Erziehungsarbeit an den Universitäten und Hochschulen der VAR, die die Zeitschrift "Al-Iätiräkl" veröffentlichte, wird dies bestätigt. Darin wurde die Auffassung vertreten, daß die drei Pflichtvorlesungen für alle Studenten "Die arabische Gesellschaft", "Die Revolution vom 23. Juli 1952" und "Sozialismus" vielfach mit der theoretischen Konzeption der Nationalcharta und dem "wissen1 (TO schaftlich-sozialistischen Trend" der Revolution nicht übereinstimmten. Die VAR-Führung erkannte, daß die ASU allein nicht ausreichte, um den Unterschied zwischen der radikal veränderten Basis und einigen entscheidenden Bereichen des gesellschaftlichen Überbaus zu beseitigen und den nichtkapitalistischen Entwicklungsprozeß zu sichern. Es fehlte eine avantgardistische Partei, die fähig war, sich als Vortrupp an die Spitze der werktätigen Massen im Block der Volkskräfte zu stellen, sie zur Verwirklichung tiefgreifender ökonomischer, sozialpolitischer und kultureller Umgestaltungen auf der Grundlage des wissenschaftlichen Sozialismus zu mobilisieren und sie im Kampf gegen die innere und äußere Reaktion zum Siege zu führen. Die Erfahrungen der ägyptischen Revolution zeigten, daß in einem Land mit ausgeprägter Klassendifferenzierung eine Nationale Front mit losen Organisationsformen, wie sie die ASU darstellte, den komplizierten Prozeß der antikapitalistischen Entwicklung allein nicht zu verwirklichen vermag. Auch unter den konkreten Bedingungen der VAR kann dieser Rolle nur eine Avantgardepartei, die mit der wissenschaftlichen revolutionären Theorie ausgestattet ist und sich an die Spitze der Massen stellt, gerecht werden. Dieser Prozeß ist gegenwärtig unter Berücksichtigung der Erfahrungen der kommunistischen und Arbeiterparteien, insbesondere der sozialistischen Länder, durch die Schaffung einer politischen Vorhut innerhalb der ASU, die die aktivsten und bewußtesten Vertreter der Arbeiterklasse, der werktätigen Bauernschaft und der revolutionären Intelligenz und erstmals auch der Streitkräfte erfaßt, in vollem Gange. Ohne Zweifel ein interessanter, erfolgversprechender Versuch, der auch die Unterstützung der marxistischen Kräfte der VAR findet
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und eine Bereicherung der marxistisch-leninistischen Lehre von der Partei bedeutet. Seit Mitte 1964, als begonnen wurde, die ideologischen und organisatorischen Voraussetzungen für eine Avantgardepartei zu schaffen, sind mehrere Etappen erkennbar: Die von den März-Dekreten 1 '*' geprägte Entwicklung wurde mit bedeutenden Veränderungen in der ASU-Presse eingeleitet. Hälid Muhl ad-Dm, einer der bekanntesten Repräsentanten des linken Flügels der "Freien Offiziere" und Verfasser vieler ihrer illegalen Flugblätter gegen Kolonialismus und innere Reaktion in den Jahren vor der Machtergreifung 1 ", erhielt im Mai 1964 die Leitung des "Ahbär al-Yaum"-Verlages Ubertragen. Etwa 50 revolutionsfeindliche Redakteure, darunter Chefredakteure, wurden entlassen und durch fortschrittliche Journalisten ersetzt. Diese personellen Veränderungen trugen wesentlich dazu bei, daß sich ein Teil der VAR-Presse, insbesondere das Massenblatt "Al-A£bär", die Wochenzeitung "Ahbär al-Yaum" und die Illustrierte "Ähir Sä'a", die satirisch-politische Wochenzeitung "Rüzä al-Yflsuf" unter der Leitung von Ahmad Fu'äd, "Al-Masa" und "Al-öumhüriya" im TaJirTr-Verlag, in einen Propagandisten der Revolution zu entwickeln und Grundfragen der wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Wiedergeburt aufzugreifen begann. Im Januar 1965 erschien - einer Empfehlung des Journalistenkongresses vom 30. Oktober bis 7. November 1964 folgend - die erste Nummer der Monatszeitschrift "At-TalT a" (Vortrupp) 1 '®, und wenig später folgte die für die Funktionäre der ASU bestimmte Wochenschrift "AlIstiräki" (Sozialist)1®". Beide Organe, deren Redaktionsstäbe mit der Revolution ergebenen Journalisten besetzt sind, spielen eine hervorragende Rolle im ideologischen Klärungsprozeß. Damit wurden ein entscheidender Strukturwandel des gesamten Pressewesens der VAR eingeleitet und dieser Bereich des Überbaus den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen angepaßt. Angesichts der konsequenten Fortsetzung des nichtkapitalistischen Entwicklungsweges nach den März-Dekreten von 1964 beschloß die Kommunistische Partei Ägyptens (HDTU), die Hauptgruppierung der ägyptischen Marxisten, am 14. März 1965 ihre Auflösung, sandte ein Begrüßungsschreiben an P r ä s i dent Nasser und empfahl gleichzeitig ihren Mitgliedern im Interesse aller sozialistischen Kräfte und der Weiterführung der Revolution die aktive Mitarbeit im Rahmen der ASU. 1 8 1 Bei der Lösung eines der schwierigsten Probleme der Revolution, der E r weiterung ihrer Kaderbasis, begann sich die Revolutionsführung immer mehr auf die Jugend und die Mobilisierung der bewußtesten Kräfte aus den Reihen der Arbeiterklasse zu konzentrieren. Diesem Ziel entsprechend wurde am 9. Mai 1965 das mit der politisch-organisatorischen Struktur der ASU verbundene "Institut fUr Sozialistische Studien" in Heliopolis unter der Leitung des Mitglieds des Generalsekretariats der ASU Ibrahim S a ' d ad-DIn gegründet. 1 ® 2 In seiner Begrüßungsrede forderte Vizepräsident Husain as-Safi i die 75 Studenten des ersten Lehrgangs auf, Revolutionäre und Sozialistischen zu werden und für die Fortsetzung der Revolution und die Allianz der Volkskräfte einzut r e t e n . ! ^ in einem Leitartikel nahm "Al-Ahräm" zu der Institutsgründung wie folgt Stellung: "Die Eröffnung des Instituts markiert den Beginn einer neuen Etappe in der revolutionären Organisationsarbeit der ASU. Eine der bedeutendsten Aufgaben des Instituts ist die Ausbildung sozialistischer Führungskader
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für die Gewerkschaften, die Frauenorganisation, den Staatsapparat, den staatlichen und den privaten Sektor. Auf diese Weise wird die ASU ihre positive Gegenwart in allen Sphären der Gesellschaft begründen."1®* Das Institut erhielt die Aufgabe, drei Kategorien von Kadern auszubilden: Propagandisten, Organisationsfunktionäre und verantwortliche politische Mitarbeiter. 1 ® 5 Nach der Regierungsumbildung vom 2. Oktober 1965 und der Ernennung ' All SabrTs zum Generalsekretär der ASU1®®, der Erweiterung des Obersten Exekutivkomitees1®' und der Konstituierung eines Ständigen Komitees, bestehend aus Gamal Abdel Nasser, den fünf Vizepräsidenten und dem Sprecher der Nationalversammlung18®, erfolgte der Startschuß für die organisatorische Festigung der ASU. Durch die Gründung von "Technical Committees" und "Executive Committees" hauptamtlicher Funktionäre - zunächst auf Gouvernoratsebene - und den Aufbau von Leitungsgruppen in den Kreisen und wichtigen Produktionszentren sollten bessere Voraussetzungen für eine aktive Leit- und Kontrolltätigkeit der ASU in allen Sphären der Wirtschaft und des Staatsapparates geschaffen w e r d e n . " W i r müssen innerhalb der Organisation erfahrene Körperschaften bilden", sagte 1A1T SabrT in einem Interview mit "AlIltiräkl", "die jenen des Staatsapparates zwar ähnlich sind, aber durch ihre ständigen Kontakte mit dem Volk die Befähigung erlangen, ohne bürokratische Komplikationen, administrative Fehler und Rücksichten auf traditionelle Regeln die Probleme zu lösen." 1 ® 1 Entsprechend der tragenden Rolle der Arbeiterklasse im Verband der Volkskräfte, deren Bedeutung in der nationalrevolutionären Entwicklungsetappe immer stärker von den Führungskräften der VAR erkannt und hervorgehoben wird 1 9 2 , beschloß das Generalsekretariat der ASU, vorrangig aus ihren Reihen und aus der Jugend Kader für die politische Vorhut zu g e w i n n e n . " J e n e , die ausgewählt sind, als hauptamtliche Funktionäre zu arbeiten", heißt es in "Al-Ajibär", "müssen loyal zur Revolution stehen, Uber hohes politisches Bewußtsein verfügen und die Wünsche des Volkes studieren und verwirklichen."1®* Als Beitrag zu der von Präsident Nasser geforderten gründlichen Aussprache innerhalb der Arabischen Sozialistischen Union und zur Festigung der Zusammenarbeit zwischen Führung und Mitgliedern wurde vom 11. bis 17. Januar 1966 die erste Generalkonferenz aller Mitglieder der ASU-Exekutivbüros der Gouvernorate mit Präsident Nasser in Kairo durchgeführt, auf der die gegenwärtige und zukünftige Arbeit der ASU auf der Tagesordnung stand.1®® In den folgenden Monaten schlössen sich weitere Beratungen mit dem Präsidenten in den Gouvernoraten an. Hauptinhalt der ideologischen Schulung der Mitglieder in Stadt und Land bildeten die Entwicklung des politischen Bewußtseins der werktätigen Massen und ihre Erziehimg durch ein einheitliches politisches Programm. Systematisch wurden die Institutionen für die ideologische Arbeit erweitert. Dem Institut für Sozialistische Studien wurden Zweig196
stellen in Suez und anderen Gouvernoratshauptstädten angegliedert. Die der ASU unterstehende Presse der VAR wandte sich seit Frühjahr 1966 insbesondere durch ihre Organe "At-TalT l a" und "Al-Istiraki" verstärkt Fragen der sozialistischen Theorie und Praxis zu. Die im Sommer 1965 begonnene Ausbildung von Jugendfunktionären in Jugendlagern der ASU wurde intensiv vorangetrieben1®' und die Reorganisation der ASU-Grundeinheiten an den Universitäten und Hochschulen1®® eingeleitet. Die führenden Bildungsstätten
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der VAR erhielten die Anweisung, für alle Studenten ein obligatorisches Grundstudium über Probleme der sozialen Revolution durchzuführen. Mit der Gründung der ASU-Jugendorganisation (SYO) am Vorabend der Feierlichkeiten zum 14. Jahrestag der Revolution erreichte die forcierte Arbeit mit der Jugend einen Höhepunkt. Mit der Bildung der Sozialistischen Jugendorganisation beschritt die VAR einen neuen Weg, da an keine Traditionen einer nationalen politischen Jugendorganisation Ägyptens angeknüpft werden konnte. Die ASU-Führung ist bestrebt, die junge Organisation rasch zu festigen und ihren Einfluß in der Jugend des Landes umfassend zu erweitern. Dabei stützt sie sich auf die Erfahrungen der sozialistischen Länder, wie es der Austausch von Jugenddelegationen zeigt, und auf die Zusammenarbeit mit fortschrittlichen Bewegungen in anderen arabischen Ländern. 1 9 9 Gegenwärtig arbeitet die SYO daran, ihren Einfluß auch auf andere, bereits bestehende Jugendorganisation«! - insbesondere der Studentenschaft - auszudehnen. Die ASU widmet besondere Aufmerksamkeit der Festigung ihrer Kontakte mit kommunistischen und Arbeiterparteien, vor allem denen der sozialistischen Staaten. Im Mittelpunkt dieser Beratungen stehen Fragen der Parteiarbeit, der Verwirklichung der führenden Rolle der Partei in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens und der Einbeziehung der verschiedenen Klassen und Schichten in den sozialistischen Aufbau. Zugleich bemüht sich die ASU um engere Beziehungen zu den Parteien der befreundeten arabischen Länder und den progressiven Organisationen anderer Nationalstaaten Afrikas. Den staatlichen Beziehungen entsprechend wurde auf Parteiebene auf eine stärkere Koordinierung der revolutionären Aktivität orientiert, tun den neokolonialistischen Bestrebungen der imperialistischen Mächte eine einheitliche Front entgegenzustellen. Einen besonderen Höhepunkt in diesen Beziehungen bildete das theoretische Seminar zu Problemen der gesellschaftlichen Entwicklung in Afrika, das von den Zeitschriften "At-Tall'a" und "Probleme des Friedens und des Sozialismus" (Prag) vom 24. bis 29. Oktober 1966 in Kairo veranstaltet wurde. 2 0 0 An den Beratungen nahm eine offizielle Delegation der ASU unter der Leitung des Generalsekretärs des Afro-Asiatischen Solidaritätskomitees, Yüsuf as-Sabay, teil. Die ASU leistete durch eine Reihe überaus wertvoller wissenschaftlicher Referate, die auf Grundprobleme der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus in der VAR orientierten, einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen der Konferenz. Welche Aufmerksamkeit die Führung der VAR dieser Thematik entgegenbrachte, wurde nicht zuletzt durch das Begrüßungsschreiben Präsident Nassers unterstrichen, das e r dem Seminar übersandte. Der ideologische Klärungsprozeß ist gegenwärtig so weit gediehen, daß die Konstituierung eines Zentralkomitees der ASU als in Zukunft wichtigstes Führungsgremium sowie die Einberufimg des Nationalkongresses auf der Tagesordnung stehen. Die ausführliche Diskussion über die Schaffung des Zentralkomitees beweist, mit welcher Intensität um die politisch-ideologische und organisatorische Profilierung dieses Gremiums gerungen wird. In einer Artikelserie, die der Problematik der Bildung des Zentralkomitees der ASU, seiner Rolle und Bedeutung, seinen Kompetenzen und seiner Zusammensetzung gewidmet ist, orientiert Generalsekretär 'All SabrI im Zentralorgan der ASU,
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"Al-öumhüriya", auf die Sicherung aller Ressourcen und Energien ftir die Verwirklichung einer Gesellschaft, die auf Wohlstand und Gerechtigkeit basiert, auf den beharrlichen Kampf für die vollständige Beseitigung aller Klassenunterschiede und auf die Herstellung gesunder sozialer Beziehungen, aus denen alle Formen menschlicher Ausbeutung verbannt sind. Zur Verbesserung der einheitlichen politischen Leitung der ASU erfolgte im November 1966 auch eine Umbildung des Obersten Exekutivkomitees durch seine Reduzierung auf sechs M i t g l i e d e r . D a s neue Gremium, das praktisch als Präsidium des noch zu bildenden Zentralkomitees der ASU fungiert, setzt sich aus der Führungsspitze der VAR zusammen. Die Bemühungen um die organisatorische und ideologische Festigung der ASU finden ihren sichtbaren Ausdruck in der Mobilisierung der werktätigen Massen zur Lösung der ökonomischen Hauptaufgaben, in ihrer erhöhten Aktivität im Kampf gegen die Überreste des Feudalismus, in ihrem Beitrag zur revolutionären Umgestaltung des kommunalen Verwaltungssystems, das insbesondere auf dem Lande noch stark unter dem Einfluß reaktionärer Elemente steht, in der Bekämpfung des Bürokratismus, in der verantwortlichen Einberufung des ersten Kongresses der Landwirtschaftsgenossenschaften der VAR und der Konferenz der ägyptischen Auslandsstudenten in Alexandria, in ihren Anstrengungen um die von Präsident Nasser in seiner Rede zum 1. Mai 1966 in Al-Mahalla al-Kubrä angeregte Ausarbeitung einer neuen ständigen Verfassung der VAR2®^ und in der Vertiefung der Kontakte zu den progressiven Kräften im arabischen Raum und vor allem zu den sozialistischen Staaten und ihren marxistisch-leninistischen Parteien. All diese Aktionen rechtfertigen die Feststellung, daß die ASU - trotz ihrer bekannten Anfangsschwierigkeiten und des Mangels an revolutionären Kadern - ihrer hauptsächlichen Funktion, Mobilisator und Organisator dès werktätigen Volkes zu sein, nähergekommen ist. Bei der Würdigung der Erfolge der ASU darf jedoch nicht übersehen werden, daß die Schaffung einer avantgardistischen Vorhut innerhalb der ASU eine Aufgabe ist, deren Lösung im wesentlichen noch aussteht. Die antikapitalistischen Kräfte der VAR-Führung sind sich bewußt, daß die Schaffung einer revolutionären Organisation der Volkskräfte das entscheidende Mittel ist, um die Einheitsfront zwischen Führung und Volk zu festigen, die politische Organisierung der Volksmassen und ihre Bewußtseinsbildung voranzubringen und die Weiterführung der Revolution gegen den wachsenden Widerstand der äußeren und inneren Reaktion zu sichern. Die erfolgreiche Meisterung dieser grundlegenden Aufgabe wird in hohem Maße dazu beitragen, die Frage Wer - wen ? endgültig zugunsten der antikapitalistischen Entwicklung der VAR zu entscheiden.
Manuskriptabschluß: 3. Mai 1967.
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Anmerkungen 1 XXm. Parteitag der KPdSU. L. I. Breshnow, Unsere Zeit im Zeichen des wachsenden Einflusses des Sozialismus, Berlin 1966. 2 I. ProninCev, Nekapitalistiöeskij put' razvitija i ego mesto v istori£eskom processe, in: Mirovaja Ekonomika i MeSdunarodnye OtnoSenija, Moskau, 12/1966; N. K. Vajncvajgjü. a] , Teorija i praktika nekapitalistiCeskogo puti razvitija, in: Narody Azii i Afriki, Moskau, 4/1966 (deutsche Übersetzung in: Sowjetwissenschaft. Gesellschaftswissenschaftliche Beiträge, Berlin, 3/1967, S. 217 - 239). 3 Erklärung der Beratung der Vertreter der kommunistischen und Arbeiterparteien, Berlin 1960. 4 Siehe Khaled Mohieddin, Der neue Typ gegenwärtiger Beziehungen, in: Probleme des Friedens und des Sozialismus, Berlin 1/1967, S. 29 - 31. 5 Siehe Fuad Nassar, Der antiimperialistische Kampf der arabischen Völker, in: ebenda, 9/1966, S. 700 - 707. 6 W. I. Lenin, Werke, Bd 30, Berlin 1961, S. 122. 7 Siehe Expansion der imperialistischen Mächte in die Länder Asiens und Afrikas, in: Probleme des Friedens und des Sozialismus, 2/1965, S. 130 - 137. 8 Siehe hierzu L. Rathmann, Die VAR und die beiden deutschen Staaten, in: Die nationale Befreiungsbewegung. Jahresübersicht 1965, Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig, Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe, Leipzig 1966, S. 108 ff. 9 H. Henle, Der neue Nahe Osten, Hamburg 1966, S. 378. 10 1h der Charta der VAR heißt es: "Der Weg für die demokratische Zusammenarbeit der verschiedenen schaffenden Kräfte des Volkes, nämlich der Bauern, Arbeiter, Soldaten, Geistesarbeiter und des nationalen Kapitals, muß . . . geebnet werden... Nur diese Zusammenarbeit kann an die Stelle der reaktionären Demokratie eine wirkliche Volksherrschaft setzen." (Charta der VAR, Informationsamt, Kairo 1963 [deutsch] , S. 43.) 11 Vgl. hierzu insbesondere die bürgerliche Literatur zur Einschätzung der Revolution vom 23. Juli 1952, so vor allem: Manfred Halpern, Middle Eastern Armies and the New Middle Class, in: The Role of the Military in Underdeveloped Countries, Princeton, N. J . , 1962; Morroe Berger, The Arab World Today, Garden City, N. Y., 1964; Majid Khadduri, The Army Officer: His Role in Middle Eastern Politics, in: Social Forces in the Middle East, Ithaca, N. Y., 1955; Tom Little, Egypt, London 1958; Keith Wheelock, Nasser's New Egypt, New York 1960. 12 Charta der VAR, S. 3. 13 Ebenda, S. 29.
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14 Siehe hierzu H. Grienig / L. Rathmann, Der Weg der ägyptischen Revolution, in: Die nationale Befreiungsbewegung. Jahresübersicht 1964, Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig, Gesellschaftsund sprachwissenschaftliche Reihe, Leipzig 1965, S. 71 - 95. 15 Siehe Charta der VAR, Die Unvermeidlichkeit der sozialistischen Lösung, S. 47 - 58. 16 Fuad Nassar, a. a. O., S. 705. 17 Kamäl Rifa 'at, Arab Socialism, Publication of the Workers Education Association, Kairo 1962. 18 Fuad Nassar, a. a. O., S. 705. 19 Auf dem Seminar "Afrika - nationale und soziale Revolution", das vom 24. bis 29. Oktober 1966 in Kairo stattfand, stellte Fu'äd MursI fest, daß "gerade die Natur der gegenwärtigen Etappe der Revolution, der Übergangsetappe von der feudal-kapitalistischen Gesellschaft zur sozialistischen, die objektive Grundlage ist, um im revolutionären Lager die verschiedenen sozialen Schichten - Arbeiter, Bauern, Soldaten, Vertreter der revolutionären Intelligenz sowie breite Schichten der nationalen Bourgeoisie, die den sozialistischen Entwicklungsweg anerkennen und bei der Steigerung der Produktion mitwirken - zu vereinigen". (F. Mursl, The Alliance of the Working People's Forces, Seminar Africa - National and Social Revolution, Kairo, 24. - 29. Oktober 1966, Reference 19.) 20 In der Nationalcharta der VAR wird u. a. hervorgehoben, "daß die neue Verfassung bestimmen muß, daß Bauern und Arbeiter die Hälfte der Sitze in den politischen und völkischen Organisationen auf allen Ebenen einnehmen, einschließlich des Hauses der Volksvertreter, denn sie bilden die Mehrheit des Volkes. Darüber hinaus sind sie die Mehrheit derjenigen, die am längsten ihres unveräußerlichen Rechtes, ihre Zukunft zu gestalten und zu bestimmen, beraubt gewesen sind." (Charta der VAR, S. 44.) In der am 25. März 1964 verkündeten Provisorischen Verfassung der VAR wurden diese Forderungen garantiert. Und weiter heißt es in der Charta: "Die Kraft der Arbeiterschaft ist zum Herren des Produktionsprozesses geworden. Die Arbeiterschaft ist beteiligt an der Verwaltung und an den Gewinnen und genießt die besten Bedingungen hinsichtlich der Löhne und Arbeitsstunden." (Ebenda, S. 45.) Siehe hierzu auch ebenda, S. 66 - 77. 21 Cairo P r e s s Review, Kairo, v. 13. 11. 1965. 22 Siehe May Day, Leitartikel in Al-Ahbär, Kairo, v. 19. 4. 1965. 23 U. A.R. People expresses full response to President's Call, in: Cairo P r e s s Review v. 2. 5. 1965. 24 Cairo P r e s s Review v. 9. 5. 1965. 25 Ebenda. 26 Ebenda. Siehe auch Das Echo auf die Rede des Präsidenten, in: Al-öumhürxya, Kairo, v. 3. 5. 1965, und Unser Kapital ist unsere Arbeit, in: Al-Ahbär v. 2. 5. 1965.
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27 Siehe A. Kabus, Von Heluans Stahlwerkern kam der Funke, in: Neues Deutschland, Berlin, v. 22. 4. 1965; Muhammad Tabarak, Die Idee des Monats der Produktion und die Rolle der Presse im Dienste des neuen Lebens, in: Al-Ahbär v. 31. 5. 1965. 28 Siehe Arbeiter verkünden ihr Aktionsprogramm, in: Al-Ahbär v. 22. 5. 1965; ebenda v. 31. 5. 1965. 29 Al-öumhüriya v. 10. 4. 1965. 30 Ebenda. 31 Al-Afebär v. 26. 5. 1965. 32 Al-äumhüriya v. 22. 5. 1965; Cairo Press Review v. 22. 5. 1965. 33 Ebenda v. 21. 5. -1965. 34 AI-Ahrain, Kairo, v. 28. 5. 1965. 35 Cairo Press Review v. 22. 5. 1965. 36 Ebenda. 37 Al-Ahräm v. 22. 5. 1965. 38 Cairo Press Review v. 18., 19. u. 21. 10. 1965. Siehe hierzu auch R. Günther, Ägyptens Volk ist zum "großen öihäd" aufgerufen, in: Neues Deutschland v. 11. 11. 1965. 39 Cairo Press Review v. 18. 10. 1965. 40 Al-Ahbär v. 3. 11. 1965. 41 Ebenda. 42 Ebenda. Siehe auch Die Rolle der Arbeiterklasse in der Produktion, in: Allbär al-Yaum, Kairo, v. 6. 11. 1965. 43 Cairo Press Review v. 13. 3. 1966. 44 Rede Präsident Nassers anläßlich der Feierlichkeiten zum 1. Mai 1966 in Al-Mahalla al-Kubrä. 45 F. Mursi, a. a. O. Siehe auch Von der Tribüne des Kairoer Seminars, in: Probleme des Friedens und des Sozialismus, 3/1967, S. 213/14. 46 F. Nassar, a. a. O., S. 707. 47 Siehe hierzu auch E. Fröhlich, Zur gewerkschaftlichen Mitbestimmung in der VAR, in: Protokoll der wissenschaftlichen Beratung der Fakultät für Ausländerstudium am 11. und 12. Juni 1965 an der Hochschule der Deutschen Gewerkschaften "Fritz Heckert", Bernau, S. 129 - 140. 48 AtVTali'a, Kairo, v. Dezember 1966. 49 Cairo Press Review v. 23. 1. 1967. 50 Vertragssystem auf privatkapitalistischer Basis zur Beschaffung von Arbeitskräften in der Landwirtschaft und im Bauwesen.
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51 Siehe hierzu im vorliegenden Band den Beitrag von H. Grienig "Probleme der genossenschaftlichen Entwicklung in den Ländern des arabischen Ostens unter besonderer Berücksichtigung der VAR". 52
'Abd al-Gunaim, Agrarian Problems in Africa, Seminar Africa - National and Social Revolution, Reference 6.
53 The Arab World, Beirut, v. 13. 5. 1966 u. 10. 6. 1966; Cairo P r e s s Review v. 3. 6. 1966. 54 Ebenda v. 12. 5. 1966; The Egyptian Gazette, Kairo, v. 8. 7. 1966. 55 Siehe Hälid Muhl ad-DIn, Die Moslembruderschaft, ihre Entstehung und ihr Ende, in: Ahbär al-Yaum v. 11. 9. 1965; Die dreißigjährige Geschichte der terroristischen Organisation der Moslembrüder, in: Al-IStiräki, Kairo, Nr 7 v. 20. 9. 1965. - Die jüngsten amerikanischen Arbeiten Uber die Geschichte der Moslembrüder geben zwar interessante Details, erfassen aber nur partiell die destruktive Tätigkeit dieser Terrororganisation. Vgl. Chr. Ph. Harris, Nationalism and Revolution in Egypt. The Role of the Muslim Brotherhodd, Den Haag / London / Paris 1964. 56 Siehe Cairo P r e s s Review vom 7. bis 10. 9. 1965. 57 Ebenda v. 9. 9. 1965. 58 Ebenda v. 10. 9. 1965 u. 16. 10. 1965. 59 Ebenda v. 7. 9. 1965. 60 Vgl. hierzu Hälid Muhl ad-Din, Die Moslembruderschaft, ihre Entstehung und ihr Ende, a. a. O. 61 Cairo P r e s s Review v. 8. 9. 1965 u. 25. 10. 1965. 62 Ebenda v. 8. 9. 1965. 63 Ebenda v. 7. 9. 1965; Al-Ahbär v. 7. 9. 1965 u. 11. 9. 1965. 64 Cairo P r e s s Review v. 7. 9. 1965. 65 In der Zeitschrift Ahbär al-Yaum schrieb 'Ali aS-§alaqärii über die Hintergründe und die Lehren des Putschversuches der Moslembrüder: "Die Verschwörung der Moslembruderschaft erteilt die Lehre, daß die Feinde des Volkes in ihrem blinden Haß gegen die Revolution vor nichts zurückschrecken und selbst die geheiligtsten Werte verletzen... Es ist gesetzmäßig, daß immer dann, wenn sich die Volksmassen zur Revolution gegen die Reaktionäre erheben, diese ihre Interessen Uber die des Landes stellen. Dies war während der '-Uräbt-Revolution der Fall, als der Khedive und die Großgrundbesitzer die Interessen des Landes zugunsten ihrer eigenen Klasseninteressen verrieten, und diese Tatsache kam auch während der Kolonialherrschaft in der Allianz der Großgrundbesitzer mit der Okkupationsmacht zum Ausdruck... Die Reaktionäre haben der Revolution nichts entgegenzustellen... Sie hassen ihre Resultate, wie die Unabhängigkeit, die Bodenreform, die Industrialisierung, den Bau des Hochdammes, die führende Rolle der VAR in der arabischen Welt, die Politik der Blockfreiheit
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und ihr wirksames Auftreten auf internationaler Ebene. Die Reaktionäre finden keine anderen Mittel gegen die Revolution als Verrat, Konspiration und T e r r o r , der sogar die Ermordung ausländischer Botschafter einschließt. Auf diese Weise beabsichtigen sie die ausländische Intervention zu provozieren. Wurde nicht Alexandrien an jenem schicksalhaften Tag des Jahres 1882 durch die britische Flotte unter dem Vorwand des Schutzes der Ausländer bombardiert? . . . Doch die Geschichte wiederholt sich nicht. Die Konspiration gegen 'Uräbi war erfolgreich, aber die Konspiration der Moslembruderschaft schlug fehl. Das Volk triumphierte, und es wird auch weiterhin seine revolutionären Errungenschaften schützen." (S\.li aS-§alaqänl, Eine Lehre in Geschichte, in: Ahbär al-Yaum v. 11. 9. 1965.) 66
Cairo P r e s s Review v. 11. 9. 1965.
67 Al-öumhürTya schrieb: "Der Versuch des Kolonialismus, seine verlorenen Positionen in jungen unabhängigen Staaten zurückzuerobern, treibt ihn dazu, hinterhältige Verschwörungen gegen Unabhängigkeit und Souveränität dieser Staaten anzustiften. Der USA-Geheimdienst, der die Verwirklichung solcher Sabotageaktionen übernimmt, mißbraucht amerikanische diplomatische Missionen für diese A k t i v i t ä t . ( A l - ö u m h ü r l y a v. 23. 1. 1966.) Vgl. auch Cairo P r e s s Review v. 1. 12. 1965 sowie Al-Ahräm v. 21. u. 22. 8. 1966 zum Abschluß des Prozesses gegen Mustafa Amin. 68 Al-AhbSr v. 6. 10. 1965. w 69 Ebenda v. 9. 1. 1966. 70 Der Affäre von KamSIä (Gouvernorat Minüflya) ging bereits im April 1966 ein politischer Mord im Gouvernorat Miniya voraus, dem der ASU-Funktionär 'All Ahmad DassüqT aus dem Dorf Bant Muhammad Sultan zum Opfer fiel. Siehe hierzu die Exklusivreportagen von Saläh Ahmad Häfi?, Sa'd Kämil und Ruädi 'Abdul Hasan in: Ähir Sä'a, Kairo, v. 11. 5. 1966; ferner Arab Observer, Kairo, Nr 310/1966, S. 6 - 9. 71 Über die für den Mord an Saläh ad-Düi Husain verantwortliche feudale Al-Fiqql-Familie siehe The Egyptian Gazette v. 9. 5. 1966. 72 Rede Präsident Gamal Abdel Nassers v. 1. 5. 1967. 73 Al-Ahräm v. 12. 5. 1966. Vgl. hierzu auch Philip Galab / M. Sayyid Ahmad, Die Mission des Komitees zur Liquidierung des Feudalismus, in": Ahir-Sä'a v. 1. 6. 1966. y 74 AI-Ahbär v. 25. 5. 1966. 75
Ebenda.
76 Al-Öumhüriya v. 24. 5. 1966. 77 R. Günther, Acht Monate Komitee gegen die Dorfpaschas, in: Neues Deutschland v. 11. 1. 1967. 78 Ende 1966 wurde ein Oberstes Kontrollkomitee der VAR zur Beseitigung der Konterrevolution im ganzen Land gebildet.
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94 79 Cairo P r e s s Review v. 15. 7. 1966. 80 Ebenda v. 24. 5. 1966. 81
Siehe Resolution der Nationalversammlung der VAR vom 24. 5. 1966, in: Al-Ahbärv. 25. 5. 1966.
82 Die wichtigsten Zusätze zu den Agrarreformgesetzen sind: - Land darf nur an Personen verpachtet werden, die es selbst bebauen; - jeder Landbesitzer, der mehr als das Siebenfache der Grundbesitzsteue r für Pacht pro Feddan fordert, wird mit 3 Monaten Gefängnis oder einer Geldstrafe von 200 i E oder mit beidem bestraft; - Streitigkeiten über Pachtangelegenheiten werden erst behandelt, wenn die Pacht bei der landwirtschaftlichen Genossenschaft hinterlegt ist; - der Landeigentümer ist verpflichtet, dem Pächter bei Zahlung der Pacht eine Quittung darüber auszuhändigen; - die Höchstgrenze der Pacht bezieht sich nicht auf Gärten oder Ländereien, die ständig bebaut werden. In diesen Fällen wird eine zusätzliche Grundbesitzersteuer von 40 % auferlegt. (The Arab World v. 23. 6. 1966.) 83 Ebenda. 84 Der 12tägige Kongreß wurde am 21. September mit einer Massenversammlung in der Kairoer Universität abgeschlossen. Zu den Beratungsthemen des Kongresses gehörten u. a. Probleme des genossenschaftlichen Absatzsystems, der Saisonarbeiter, der Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktion und der weiteren Mechanisierung der Landwirtschaft, ein neues Genossenschaftsgesetz und das Studium von Genossenschaftssystemen anderer Länder. 27. 5. 1965. 85 Al-Ahbärv. V 86
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87 Ebenda. 88
Al-Ahbärv. 19. 9. 1966.
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