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German Pages 505 [514] Year 2021
Marie Johanna Karner
Neo-diasporische Gemeinschaften Blouzaniyye in Sydney, Australien
Erdkundliches Wissen | 167 Franz Steiner Verlag
Erdkundliches Wissen Schriftenreihe für Forschung und Praxis Begründet von Emil Meynen Herausgegeben von Martin Coy, Anton Escher, Thomas Krings und Eberhard Rothfuss Band 167
Marie Johanna Karner
NEO-DIASPORISCHE GEMEINSCHAFTEN Blouzaniyye in Sydney, Australien
Franz Steiner Verlag
Mit freundlicher Unterstützung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und des Geographischen Instituts der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Coverabbildung: Die Blouza Hall der Blouzaniyye in Granville (Sydney, Australien). © Marie Karner Die vorliegende Studie wurde vom Fachbereich Chemie, Pharmazie, Geographie und Geowissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz im Jahr 2020 als Dissertation angenommen (D77). Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2021 Layout und Herstellung durch den Verlag Druck: Memminger MedienCentrum, Memmingen Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-12830-8 (Print) ISBN 978-3-515-12832-2 (E-Book)
Für meine Familie
„The first time that I really knew I wanted to be a part of this community was the very first Heritage Day that I ever experienced!“ (Mitglied einer Neo-Diaspora ohne persönliche und familiäre Migrationserfahrung)
Vorbemerkung
Finanzielle, infrastrukturelle und beratende Unterstützung für das Forschungsprojekt stellten die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), das Orient-Institut Beirut (OIB), das Moise A. Khayrallah Center for Lebanese Diaspora Studies (USA, North Carolina State University), das Institute for Migration Studies (IMS, Libanon, Lebanese American University), das Lebanese Emigration Research Center (LERC, Libanon, Notre Dame University), das Zentrum für Interkulturelle Studien (ZIS) und das Geographische Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ( JGU) bereit. Coverabbildung: Die Blouza Hall der Blouzaniyye in Granville (Sydney, Australien) mit dem Werbeslogan der Arab Bank Australia „We understand your finance needs.“ (Aufnahme: Karner 04.12.14, bearbeitet mit Tontrennung und Kantenbetonung; siehe Seite 403 für unbearbeitetes Foto in Farbe) Das Manuskript für diese Publikation wurde im Dezember 2019 abgeschlossen. Unerhebliche Modifikationen wurden im April 2020 vorgenommen.
Zusammenfassung
Die Dissertation untersucht neo-diasporische Gemeinschaften zu Beginn des 21. Jahrhunderts, um deren Praxis und Dynamik aufbauend auf empirischen Befunden zu theoretisieren. Mit Blick auf die bisherigen Konzepte des Phänomens Diaspora ist es aufgrund der sich verändernden Rahmenbedingungen erforderlich, auf theoretischer Ebene neue Perspektiven einzubeziehen. Im Zuge einer zirkulären Forschungsstrategie erwiesen sich ethnologische, soziologische und ökonomische Ansätze und Modelle (z. B. Communities of Practice, Neo-Tribes) als nützlich, um die Identitätskonstruktionen, Prozesse der Vergemeinschaftung und die soziale Vernetzung der Mitglieder neo-diasporischer Gemeinschaften besser zu verstehen. Elemente vorhandener Theorien, die für die Existenz und Dynamik neo-diasporischer Gemeinschaften als konstituierend anzunehmen sind, werden zu einer Analysefolie verdichtet. Sie beinhaltet fünf Dimensionen, die sich lebensweltlich überschneiden und im Zuge der Auswertung des empirischen Materials ausdifferenziert werden: (1) Individuen und deren Engagement, (2) konstruierte kollektive Identität bzw. imaginierte Ethnizität der Gemeinschaft, (3) reale und digitale Orte der Kommunikation und Treffpunkte, (4) emotionale Praktiken und gemeinsame Interessen sowie (5) die Anlässe kollektiver Vergemeinschaftung und die Events zur Vernetzung. Die multi-lokale, empirische Erhebung fand in den Städten Sydney (Australien), Halifax (Kanada), Easton (Pennsylvania, USA), Providence (Rhode Island, USA) und Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) sowie in neun maronitischen Identifikationsorten im Wadi Qadisha (Qadisha Tal, Libanon) statt. An diesen Standorten wurden unterschiedlich aktive, lokale Communities einbezogen, deren Mitglieder gemeinschaftsstiftende Institutionen gegründet haben. Die multimethodische, empirische Erhebung umfasste ero-epische Interviews mit 185 Personen, teilnehmende Beobachtungen von über 100 Zusammenkünften, die Kommunikation auf Online-Plattformen sowie ergänzende Materialrecherchen. Die Auswertung der Daten erfolgte mit einer qualitativen Komplexanalyse. Maronitische Gemeinschaften eignen sich zur Isolation theorierelevanter Elemente aufgrund ihrer ähnlichen Prägung und geteilten Identitätselemente bei einer gleichzeitig starken Fragmentierung und inneren Differenzierung.
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Zusammenfassung
Im Mittelpunkt der vorliegenden Studie steht die neo-diasporische Gemeinschaft der Blouzaniyye in Sydney (Australien). An diesem Ort weisen die geteilten Absichten und initiierten Zusammenkünfte von Personen, die sich mit dem Ort Blouza im Libanon identifizieren, eine besonders hohe innovative und spezifische Ausrichtung auf. Am Beispiel der Blouzaniyye, deren Migrationsgeschichte in das beginnende 20. Jahrhundert zurück reicht, wird deutlich, dass viele Mitglieder inzwischen auf ökonomischer, politischer, kultureller und sozialer Ebene in der neoliberal-kapitalistisch geprägten australischen Gesellschaft in unterschiedlichem Ausmaß mit Erfolg wirken und zu ihrer dynamischen Veränderung beitragen. Die theoriegeleitete empirische Beschreibung dieser Gemeinschaft erfolgt gegliedert nach den fünf Analysedimensionen. Zusätzlich werden relevante empirische Daten der anderen, in vergleichbarem Umfang untersuchten, Communities in Fußnoten berücksichtigt. Die theoretischen Erkenntnisse beziehen sich folglich nicht nur auf das Fallbeispiel der Blouzaniyye, sondern auch auf das gesamte im Laufe der empirischen Arbeit erhobene Datenmaterial. Auf Grundlage dieser empirischen Datenbasis erfolgt eine schrittweise theoretische Abstraktion. Formuliert wird eine „Theorie neo-diasporischer Gemeinschaften zu Beginn des 21. Jahrhunderts“, die auf vergleichbare Diaspora-Gemeinschaften anwendbar sein soll. Die Vorsilbe „neo“ steht für ein neues Diasporaverständnis, das auf die grundlegende Transformation vormals ethnischer Gruppen aufmerksam macht: Das Zusammengehörigkeitsgefühl neo-diasporischer Gemeinschaften beruht auf Differenz erzeugenden Bausteinen imaginierter ethnischer Identität, auf die sich ihre Mitglieder situativ und kontextabhängig beziehen. Bedürfnisgerechte reale und digitale Orte der Kommunikation, sozialisierte bzw. erlernte Gruppensolidarität und alltagspraktische Gemeinsamkeiten werden durch das Engagement von Individuen mobilisiert, modifiziert und stabilisiert. Mitglieder sind in ökonomische, politische, solidarische und kulturelle Interaktionsfelder eingebunden und haben Institutionen zur Vernetzung und Verfolgung gemeinsamer Interessen gegründet. Die formulierte Theorie beansprucht unter den Rahmenbedingungen der heutigen nationalstaatlichen Weltordnung Gültigkeit, wobei die spezifische Ausprägung einer Neo-Diaspora von den umgebenden politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kontexten beeinflusst wird. Solange eine ökonomische Verwirklichung und/oder soziale Sicherung vieler Mitglieder gegeben ist, kann eine Neo-Diaspora bei unterschiedlichen Regierungs- und Wirtschaftsformen in nahezu allen Nationalstaaten der Welt existieren. Die folgenden, sich gegenseitig durchdringenden theoretischen Dimensionen sind in unterschiedlicher Gewichtung und Ausprägung für die Dynamik, das Bestehen und den Fortbestand einer Neo-Diaspora ausschlaggebend: (1) Engagierte Individuen übernehmen, basierend auf ihren individuellen Kompetenzen, ihrer familiären Sozialisation sowie ihrer ökonomischen, politischen, kulturellen und gemeinnützigen Interessen und Netzwerke, spezifische Funktionen zum Erhalt der neo-diasporischen Gemeinschaft. Sie bestimmen deren Schwerpunktsetzung, beeinflusst von um-
Zusammenfassung
gebenden Kontexten. (2) Das Zusammengehörigkeitsgefühl wird über Fundament-, Standard- und Sonderbausteine einer sich stetig verändernden, imaginierten ethnischen Identität reproduziert, die wechselnde Mitglieder in unterschiedlichem Ausmaß als individuelle Identitätsressource begreifen. Als zentrales Identitätselement wird die Imagination einer gemeinsamen Herkunft durch mythische Erzählungen mit multiplen, vor allem idealisierenden Zuschreibungen verbunden. Paradiesische Imaginationen ermöglichen Mitgliedern spirituelle Gemeinsamkeit und transzendente Erfahrungen. (3) Institutionen werden in Anpassung an die gesellschaftlichen Organisationsprinzipien der Residenzländer von Mitgliedern gegründet und mit Blick auf aktuelle Trends und Lebensstile modifiziert. Reale und digitale Orte der Kommunikation werden zur Bewahrung leiblich erfahrbarer, gemeinsamer emotionaler Erlebnisse geschaffen und gezielt an geltende Gesetze der Residenzländer und an die Bedürfnisse von Mitgliedern angepasst. Sie haben für Individuen einen unterschiedlichen Nutzen. (4) Die impliziten Regeln und sozialen Verpflichtungen werden durch kollektive Narrative und emotionale Praktiken im Rahmen der Sozialisation und Interaktion erlernt und sichern die solidarische Interaktion, die neben der synergetischen und externen Interaktion für die Stabilisierung der Community von Bedeutung ist. (5) Mitglieder organisieren gemeinschaftsstiftende, öffentlichkeitswirksame und fachspezifische Veranstaltungen, die auf unterschiedliche Weise der Verfolgung gemeinsamer Absichten sowie der internen und externen Vernetzung dienen. Anlässe der Vernetzung betten die Neo-Diaspora einerseits in die Residenzgesellschaft ein und erzeugen andererseits eine kulturelle Differenz zu ihr. Das Netzwerk neo-diasporischer Gemeinschaften spannt sich nicht zwingend dauerhaft deterritorial auf, sondern kann sich potenziell auf unterschiedliche, spezialisierte Interaktionsfelder beschränken. Mitglieder neo-diasporischer Gemeinschaften können die Herkunftsorientierung und Aufrechterhaltung transnationaler Beziehungen durch neue Interessen substituieren oder erweitern. Im Fall einer Transformation in Interessenverbände bewahren Mitglieder dennoch die Fiktion einer gemeinsamen Herkunft diskursiv in geeigneten Settings als zentrales Identitätselement. Allerdings ist die tatsächliche Herkunft einer Person nicht von ausschlaggebender Relevanz für die Zugehörigkeit zur neo-diasporischen Gemeinschaft. Der diffuse und durchlässige Grenzbereich wird durch das Verständnis von Wissensordnungen, die Übernahme emotionaler Praktiken, geteilte Interessen und das individuelle Engagement für die Gemeinschaft definiert. Neo-diasporische Gemeinschaften weisen eine hohe Emotionalität, Spiritualität, Flexibilität, Situativität, Konnektivität und Prozessualität auf, durch die sie sich äußerst dynamisch an wandelnde gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Kontexte anpassen. Angesichts der anhaltenden, digitalen Globalisierung und komplexer werdenden Geopolitik sowie restriktiverer Grenzregime werden sich einige neo-diasporische Gemeinschaften permanent verändern. Die Communities stiften ihren Mitgliedern Identität, soziale Sicherheit, Geborgenheit und Anerkennung. Sie wirken damit
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Zusammenfassung
der Verunsicherung und Orientierungslosigkeit in Zeiten der Postmoderne entgegen. Gleichzeitig verursachen sie positive Effekte auf gesamtgesellschaftlicher Ebene durch das von Individuen geschaffene Angebot an unterschiedlichen kulturellen und edukativen Veranstaltungen, zur Verfügung gestellte Gemeinschaftsräume, geteiltes spezifisches Wissen sowie das wohltätige, ehrenamtliche und zivilgesellschaftliche Engagement der Mitglieder. Aus diesem Grund ist es wichtig, neo-diasporische Gemeinschaften in der Politik, den Medien und der Wissenschaft angemessen zu beachten und konstruktiv in den gesellschaftlichen Diskurs einzubeziehen.
Summary
The dissertation examines neo-diasporic communities at the beginning of the 21st century in order to theorise their practices and dynamics based on empirical findings. The changing framework conditions require new perspectives on a theoretical level with respect to previous concepts of diaspora. As part of a circular research design, ethnological, sociological and economic approaches and models (e. g. Communities of Practice, Neo-Tribes) have proven to be useful for gaining extensive insight into identity constructions, processes of community building and the social networking among members of neo-diasporic communities. Elements of existing theories, which can be assumed to be constitutive for the existence and dynamics of neo-diasporic communities, have been combined into an analytical matrix. It contains the following five dimensions, which overlap in the lifeworld and will be differentiated in the course of the analysis of the empirical material: (1) Individuals and their involvement, (2) constructed collective identity or imagined ethnicity of the community, (3) real and digital places of communication and meeting places, (4) emotional practices and common interests, as well as (5) occasions for gatherings and networking events. The multi-local empirical research was conducted in the cities of Sydney (Australia), Halifax (Canada), Easton (Pennsylvania, USA), Providence (Rhode Island, USA) and Dubai (United Arab Emirates) as well as in nine Lebanese villages in the Wadi Qadisha (Qadisha Valley, Lebanon). Local communities with different levels of activities and a variety of community-based institutions were studied at these locations. The multi-method, empirical study consisted of ero-epic interviews with 185 individuals, participant observations at more than 100 gatherings and communication on online platforms, as well as additional research of secondary sources. The collected data were interpreted using a qualitative complex analysis. Maronite communities, whose members identify with villages in North Lebanon, were selected as case studies due to their similar character and shared identity elements. Simultaneously, they show a high degree of fragmentation and internal differentiation which is useful for isolating relevant theoretical elements. This study focuses on the case study of the Blouzaniyye in Sydney (Australia), i. e. persons who identify with the village of Blouza in Lebanon. The intentions shared by
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Summary
Blouzaniyye living in Sydney and their initiated events are particularly innovative and specific which is why the location is the focal point of the analysis. Taking the example of the Blouzaniyye, whose migration history dates back to the beginning of the 20th century, it becomes clear that many members are today successful on economic, political, cultural and social levels. To varying degrees, they contribute to the dynamic transformation of the Australian neoliberal-capitalist society. The empirical examination of this community is structured according to the five analytical dimensions. In addition, relevant empirical data of other communities studied in a comparable scope are included in footnotes. They illustrate that certain aspects are more pronounced in the other neo-diasporic communities studied and thus easier to identify. Consequently, the theoretical findings do not only refer to the case study of the Blouzaniyye, but also to the entire data material collected in the course of the empirical work. A ‘theory of neo-diasporic communities at the beginning of the 21st century’ was derived from the empirical database, which should be applicable to comparable diaspora communities. The prefix ‘neo’ indicates a new understanding of diaspora which draws attention to a fundamental transformation of former ethnic groups: The sense of belonging in neo-diasporic communities is based on differentiating components of an imagined ethnic identity, to which members relate depending on the situation and context. Appropriate real and digital places of communication, socialised or learned group solidarity and everyday commonalities are mobilised, modified and stabilised through the commitment of individuals. Members involved in economic, political and cultural fields of interaction have created institutions for networking and pursuing common interests. The presented theory claims validity under the circumstances of today’s nationalist world order. However, the specific characteristics of each neo-diaspora are influenced by the surrounding political, social and economic contexts. As long as members can realise a viable income and/or rely on social security, a neo-diaspora can evolve under different governmental and economic systems in almost all nation states of the world. The following interrelated theoretical dimensions are crucial for the dynamics, existence and continuity of a neo-diaspora: (1) The dynamics of neo-diasporic communities largely depend on committed individuals. These include trend-setting leaders, pragmatic providers of ideas, careful observers, ambitious experts, responsible stakeholders, precise administrators, motivating coordinators, helpful supporters, supportive sponsors, observing community keepers, intellectual mentors, interested newcomers, researching librarians, talented storytellers, exemplary heroes, social reporters, influential ambassadors, strategic facilitators and informal ‘big men’, as well as external scholars, supporters, sponsors and experts. The assumption of these functions by members is based on family socialisation, individual experiences and influences as well as economic, political, cultural and charitable interests, affected by overall contexts. At the individual level, the performed functions may overlap. The main driving force of personal commitment is the feeling of being part of the community. It motivates people who feel an
Summary
intimate connection to members through their socialisation or interaction to become involved in various ways. Emotional experiences of solidarity create a sense of identity. Because of this, those who are not part of the community feel the desire to belong. (2) The sense of belonging of a neo-diaspora is reproduced through rather static fundamental, exchangeable standard and exclusive special components of an everevolving imagined ethnic identity. These components contribute to processes of boundary maintenance. They are used by alternating members to varying degrees as individual identity-building resources. Examples of such components are the imagined notion of a common origin, views of life and values as well as normative imperatives. They are passed on to members through collective narratives relatable to different thematic complexes as well as through paradigmatic narratives and counterstories. Collective narratives build on historical events that have been handed down. They are reproduced as myths that provide members with reference points to strengthen their existing cohesion. The evaluation of a collective narrative depends on the message conveyed. The assumed truthfulness plays a subordinate role. (3) Members establish institutions in accordance with the societal principles of organisation in the countries of residence. Their orientation is constantly modified with regard to existing laws of the countries of residence, as well as current trends and lifestyles, in order to provide attractive offers and pursue appropriate initiatives that go beyond self-interest. Real and digital places of communication are created to preserve shared emotional experiences and are continuously adapted to the needs of members. Places of communication not only serve the potentially exclusive interaction of members but also offer access to outsiders. The place or region of identification is associated by community members with various qualities, e. g. recreational, calming and identity-forming functions. A stay in the village or area of identification enables an escape from everyday life, adventurous experiences, self-presentation and communication, as well as experiences of deprivation and appreciation. Meeting places, which become anchoring places of the community, are necessary for preserving everyday commonalities, maintaining a collective identity and strengthening the sense of belonging. As central and fictional elements of collective identity, paradisiacal imaginations about the place or territory of the assumed origin enable spiritual commonality and transcendent experiences. Digital places of communication encourage the communities’ visibility, the transfer of knowledge, the exchange of opinions and learning, as well as the construction of common places of longing. They contribute to a perceived dissolution of spatial distances. (4) The implicit rules and social obligations are acquired and reflectively renewed through collective narratives and emotional practices including regulating, mobilising, naming and communicative ones. Normative imperatives determine the interaction of members in an internal solidary field of interaction that is characterised by differentiation and flexibility. The synergetic field of interaction of the community promises benefits on an individual level, which lead to a strengthening of the collective agency
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of the group. External fields of interaction, in which members work on behalf of the community, for charitable causes and for non-profit purposes, are of crucial importance for stabilising the community. In accordance with the legal regulations of each nation state, strategies are pursued that promise collective and individual benefits. Individuals move situationally between the fields of interaction of the neo-diaspora and other specialised fields of interaction in which they are involved. (5) Networking events have a target group-specific orientation and serve to promote common interests. Community development events offer attractive, identity-building community experiences to strengthen the communicative connectivity of members in the long run. With increasing social inclusion, outsiders are specifically addressed to ensure the persistency of community meetings. Decisions relating to the organisation of highly visible heritage festivals depend to a large extent on societal conditions. They contribute to the cohesion of members responsible for realising the event. Specialised boundary work events are useful for the external networking of members. The focus is directed at universal intentions in order to attract external supporters who can provide access to specific resources. On the one hand, networking events incorporate the neo-diaspora into the society and, on the other, create a cultural difference to society. The network of neo-diasporic communities does not have to be permanently deterritorial, but can potentially and even exclusively extend into different specialised fields of interaction. Members of neo-diasporic communities can substitute or expand the homeland orientation and maintenance of transnational relations with new interests. Even if neo-diasporas transform into interest groups, members continue to preserve the perceived notion of a common origin in suitable settings. However, the actual origin of a person is not of crucial importance for belonging to the neo-diasporic community. The diffuse and permeable boundaries are defined by the understanding of knowledge orders, the adoption of emotional practices, shared interests and the individual commitment to the community. Neo-diasporic communities reveal a high degree of emotionality, spirituality, flexibility, situativity, connectivity and processuality which allows them to adapt to changing societal conditions and contexts in a very dynamic way. In the face of ongoing digital globalisation, increasingly complex geopolitics and more restrictive border regimes, some neo-diasporic communities will be subject to permanent change. Neo-diasporas provide their members with identity elements, social stability, security and recognition, thus counteracting the uncertainty and disorientation in postmodern times. At the same time, they have positive effects on society as a whole due to the range of different cultural and educational events initiated by members, provision of communal spaces, shared specific knowledge and the charitable, voluntary and civic involvement of individuals. For this reason, it is important to recognise neo-diasporic communities adequately in politics, media and science and to include them constructively in the societal discourse.
Inhaltsverzeichnis
A B C D E
Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kartenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formale Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I
„We are a very close-knit community, very much so“
II
Vielschichtige theoretische Perspektiven auf Diaspora
1
Diaspora-Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Definitionen von Diaspora als Ausgangspunkt für Typologien . . . . . . . . . . Bestimmungskriterien und Kernelemente von Diaspora . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ansätze zur Typologisierung von Diaspora . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxis- und akteursorientierte Perspektiven auf Diaspora . . . . . . . . . . . . . . . Diaspora als hybride Gemeinschaftsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diaspora als mediale Produktionsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diaspora als Prozess sozialer Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kritik an Diaspora-Konzepten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1 1.1.1 1.1.2 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.3 2
2.1 2.2 3
3.1 3.2
22 25 26 27 30
. . . . . . . . . . . . . . . 33 . . . . . . . . . . . . . . 40 41 42 42 45 48 49 51 53 55
Konzepte der imaginierten Ethnizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Kollektive Identität und ethnische Differenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Narrative (Re-)Konstruktion (ethnischer) kollektiver Identität . . . . . . . . . 65 Konzepte der Vergemeinschaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Neo-Tribes als gefühlte Vergemeinschaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Communities of Practice . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
4.1 4.2
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 Kommunikative Konnektivität deterritorialer Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . 79 Netdoms als spezialisierte Interaktionsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
5
Arbeitsdefinition von Neo-Diaspora und theoretische Analysefolie
4
Konzepte sozialer Netzwerke
. . . . . . . 86
18
Inhaltsverzeichnis
. . . . 93
III
Stand der empirischen Forschungen zur libanesischen Diaspora
1
Historische und empirische Forschungen
2
Insider-Studien zur Lebenswelt von Lebanese Australians
IV
Multi-lokale empirische Feldforschung
1
Reflexion der empirischen Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Vom Outsider zum Insider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Herausforderungen bei der empirischen Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Eingrenzung des multi-lokalen Feldes und Strategien der Erhebung . . . . . 113 Auswahlkriterien des Fallbeispiels und Untersuchungsstandorte . . . . . . . . . . . . 113 Feldzugang, Untersuchungsablauf und Grenzen der Studie . . . . . . . . . . . . . . . . 120
1.1 1.2 1.3 1.3.1 1.3.2
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 . . . . . . . . . . . . . . . . 98
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
2.1 2.1.1 2.1.2 2.2 2.2.1 2.2.2 2.3
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Ero-epische Interviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Auswahl und Charakterisierung der GesprächspartnerInnen . . . . . . . . . . . . . . . 130 Gesprächsverlauf, Interviewtechniken und Themen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 Teilnehmende Beobachtung – Offline und Online . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Nosing Around und Soaking and Poaking der Lebenswelt . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 Beobachtung neo-diasporischer Online-Plattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Materialrecherche zur Explikation und Ergänzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
3
Qualitative Komplexanalyse als Auswertungsschema
V
Die neo-diasporische Gemeinschaft der Blouzaniyye
1
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft: „Everyone has different skills and different strength“
2
1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.2 1.2.1 1.2.2
Multimethodische Erhebung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 . . . . . . . . . . . . . . . 148 . . . . . 149
Offizielle EntscheidungsträgerInnen unterschiedlicher Interaktionsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Erfolgreiche Unternehmer übernehmen die Kontrolle: „So they took control of the committee“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Ein rekrutierter Innovator bestimmt die Transformation: „They begged me to join the association“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Der Village Priest beeinflusst Gemeinschaftsangelegenheiten: „If you add one new idea, it may bring people“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 Big Men und Synergie-Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 Die Financial Person sorgt für Einsparungen und externe Fördermittel: „It is quite a rigorous process and quite time-consuming“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Die Charity Woman fördert die Außenwahrnehmung der Blouzaniyye: „I don’t have to go to work. So, it’s important for me to work for charity“ . . . . . 169
Inhaltsverzeichnis
1.2.3 1.3 1.3.1 1.3.2 2
2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 3
3.1 3.1.1 3.1.2 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3
Der Media Man dokumentiert und archiviert Gemeinschaftsangelegenheiten: „I haven’t had to work a day in my life“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Engagierte Blouzaniyye außerhalb Australiens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VermittlerInnen in Blouza: „He’s like a middleman between the communities here and there“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Engagierte Blouzaniyye in den USA: „We don’t really have a lot of contact with them“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
173 178 178 182
Kollektive Identität und imaginierte Ethnizität: „We are one“ . . . . . . . . . . . 186 Diasporische Medienproduktion und Narration zur (Re-)Konstruktion kollektiver Identität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Dokumentation und Veröffentlichungen von Bildermaterial: „I take a photo, straight away“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Erfassung und Verbreitung von Narrativen: „He’s telling me story after story“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Genealogie mittels digitaler Stammbäume: „If I had to print all the families, I’d need maybe five football fields“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Themenkomplexe und Bedeutungen kollektiver Narrative . . . . . . . . . . . . . . 205 Geteilte Herkunft als Basis für Solidarität: „We all have a link to that common denominator, Blouza“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Christliche Grundherrschaft als Basis für eine christliche Lebensweise: „We have a stronger morale, a stronger connection, a stronger faith“ . . . . . . . . . 216 Identifikation mit Australien und Erfolg als Basis für Wohltätigkeit: „We made it here, because it’s a fair country“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Normative Prinzipien und symbolische Distinktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 Normative Prinzipien: „Family awareness and togetherness“ . . . . . . . . . . . . . . . 230 Geteilte Leidenschaft: „They are very musically talented“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 Symbolische Erkennungszeichen: „We are just so proud, obviously, to be from Blouza and we show it!“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 Orte der Kommunikation und Treffpunkte: „It’s a wonderful meeting place for everyone“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
247 Treffpunkte in Sydney . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 Die Blouza Hall: „We’re the envy of all the villages because we have the best hall“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 Treffpunkte in der Nachbarschaft: „We don’t see each other all the time“ . . . . . 255 Der lebensweltliche und imaginierte Identifikationsort Blouza . . . . . . . . . . 261 Nutzungs- und Bodenrechte: „BLAWZA’s LAND NOT for RENT“ . . . . . . . . 264 Infrastrukturmaßnahmen: „Any capital works that are required to be done to the village, that’s what we’re there for“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Libanonbesuche als Kontrast zum australischen Alltag: „It’s like coming here and sitting around doing nothing“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273
19
20
Inhaltsverzeichnis
3.3 3.3.1 3.3.2 4
4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.2 4.2.1 4.2.2 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 5
5.1 5.1.1 5.1.2 5.2 5.2.1 5.2.2 5.3 5.3.1 5.3.2
Digitale Treffpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Online-Plattformen: „Facebook is probably the biggest thing at the moment“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Webkameras und Live-Videos: „So visit Blouza daily“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 Emotionale Praktiken und gemeinsame Interessen: „To mutually support each other“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290
Alltägliche Solidarität und Wejbet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 Unterstützung der kranken, alten und bedürftigen Blouzaniyye: „They believe that it’s an obligation that they have for their family“ . . . . . . . . . . 291 Trauerfeiern: „It’s amazing how they all amalgamate when there’s a death in the family“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 Emotionale Praktiken und Geselligkeit: „You would have seen me hugging some of those elderly ladies. Mate, I love it!“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 Ökonomische Synergien innerhalb der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Das Blouza Directory: „Fellow Blouza businesses supporting other Blouza businesses“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 Wohnungsbau in Western Sydney: „The Christian Lebanese people own the residential construction market“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 Spezialisierte Interaktionsfelder und Wasta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 Lokale Wohltätigkeit: „We believe that we’ve got to help others“ . . . . . . . . . . . . . 316 Lokale Lobbyarbeit: „They often help us, and it’s been really wonderful“ . . . . . 321 Transnationale politische Anerkennung: „We appreciate everything you do for our village“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Vergemeinschaftung und Vernetzung: „With all those functions, different people get involved“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
333 Gemeinschaftsstiftende Events der Blouzaniyye . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 Anlässe zum sozialen Austausch: „Everyone is busy with their own lives“ . . . . 335 Reaktivierung der Jugend: „It’s really hard to get the youth of Blouza together, there is so much influence and integration with other nationalities“ . . 339 Veranstaltungen zur externen Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 Seminare für Bauunternehmer: „Please invite your friends, workmates who need the points“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 Wohltätigkeitsveranstaltungen: „We got outsiders involved, so we could raise more funds to support further charities“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 Feste zum Erhalt des deterritorialen Beziehungsnetzwerks . . . . . . . . . . . . . 352 Mar Saba Feast in Blouza: „One is the real feast, and the other one is the moved feast“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 Die Blouza Reunion in den USA: „We used to have Blouzaniyye from Australia going to those reunions“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357
Inhaltsverzeichnis
VI
Theorie neo-diasporischer Gemeinschaften zu Beginn des 21. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365
1
Individuen des Engagements
2
Bausteine imaginierter ethnischer Identität
3
Institutionen und reale/digitale Orte der Kommunikation
4
Soziale Verpflichtungen und Interaktionsfelder
5
Anlässe der Vernetzung und gemeinsame Interessen
VII
Resümee: „I really knew I wanted to be a part of this community“
VIII
Geltungsbereich der Theorie und Versuch eines Blicks in die Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
F G H I J
363
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 . . . . . . . . . . . . . . 374
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 . . . 381 384
Karten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485
21
A
Abb. 1: Abb. 2: Abb. 3: Abb. 4: Abb. 5: Abb. 6: Abb. 7: Abb. 8: Abb. 9: Abb. 10: Abb. 11: Abb. 12: Abb. 13: Abb. 14: Abb. 15: Abb. 16: Abb. 17:
Abbildungsverzeichnis
Dynamisches Prototypenmodell der imaginierten Ethnizität aus personenbezogener Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Das Kleeblatt zur Identifizierung von Neo-Tribes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Mitglieder und Beteiligungsebenen von Communities of Practice (CoP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Konnektivitätstheoretische Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Netdoms als spezialisierte Interaktionsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Theoretische Folie zur Analyse neo-diasporischer Gemeinschaften . . . . 89 Übersicht der InterviewpartnerInnen und Veranstaltungen nach Untersuchungsstandort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 Auswertungsmodell zur Analyse neo-diasporischer Gemeinschaften . . . 144 Das ABA-Komitee, ihr Sitzungssaal und die Trophäe für das Komitee-Mitglied des Jahres . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Der Innovator (rechts) bei der Verleihung des Committee Member of the Year Awards 2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Der Village Priest vor einem Bild des Schutzpatrons Mar Saba in der Blouza Hall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Der als Financial Person bekannte Moderator (rechts) des Blouza Picnic in Sydney . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Die Initiatorin des DebütantInnenballs (M. o. und 4. v. l. u.) und das Ladies Auxilary Committee der ABA in Sydney . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Der Media Man mit seiner ersten Kamera (oben) und bei der Arbeit im ABC Fernsehstudio (unten), wo er die von ihm erstellte Webseite über Blouzaniyye präsentiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Der Middleman (3. v. l.) mit BesucherInnen aus dem Ausland vor dem Haus seiner Familie in Blouza . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Treffen von einigen Mitgliedern der ABA und im Libanon lebenden Blouzaniyye mit dem maronitischen Patriarchen in Diman . . . . . . . . . . . . 180 Die Vorsitzende des Damen-Komitees in Blouza bei dem Verkauf von Wertbons an Blouzaniyye . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
Abbildungsverzeichnis
Abb. 18: Die Ehefrau des Media Man mit BewohnerInnen in Blouza in den 1990er Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 Abb. 19: Der Media Man bei der Dokumentation von Ereignissen in Blouza und Sydney . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Abb. 20: Die alte und neue Startseite der Webseite www.blouza.com . . . . . . . . . . . 191 Abb. 21: Rekonstruktion der Familienhäuser im Dorf Blouza . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Abb. 22: Vermittlung von Narrativen mithilfe digitaler Technik im Libanon und in Sydney (rechts) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Abb. 23: Privatmuseum in Blouza mit im Libanon erworbenen Artefakten . . . . . . 200 Abb. 24: Digitaler Stammbaum der Blouzaniyye . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Abb. 25: Das Poster mit dem Titel „We are one“, das in der Blouza Hall und in Privathäusern zu finden ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Abb. 26: Die angeblich zweite Einwanderergruppe der Blouzaniyye Anfang der 1950er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Abb. 27: Die Käfige für Tänzerinnen in einem ehemaligen Tanz- und Nachtclub, der Blouzaniyye kurze Zeit als Vereinsgebäude diente . . . . . . 220 Abb. 28: Einfache Häuser mit Flachdächern und die Mar Saba Kirche in Blouza in den 1940er Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Abb. 29: Der angebliche Patriarch der Blouzaniyye in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Abb. 30: Das Emblem der Australian Blouza Association (ABA) . . . . . . . . . . . . . . . . 238 Abb. 31: Vorstandsmitglieder der ABA in Dresscode beim Blouza Ball . . . . . . . . . . 240 Abb. 32: Fotomontage der Blouza Hall mit dem später realisierten Schriftzug „BLOUZA“, einem Foto des Dorfes Blouza und einem Logo mit der Aufschrift „tribe“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Abb. 33: Bilder des Dorfes Blouza und des Hauses der Familie in Blouza (l. u.) und libanonbezogene Symbole in Wohnhäusern in Sydney und Blouza 242 Abb. 34: Devotionalien in einem Privathaus in Sydney neben Fotos von verstorbenen Familienmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Abb. 35: Der Schutzpatron Mar Saba in der OLOL Ko-Kathedrale . . . . . . . . . . . . . 244 Abb. 36: St. Saba Mass for the Souls of Blouza und St. Barbara and St. Saba Feast in der Blouza Hall in Sydney, in der Gemäldekopien der Schutzheiligen von Blouza hängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Abb. 37: Libanesische Speisen bei gemeinschaftsstiftenden Veranstaltungen der Blouzaniyye . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 Abb. 38: Die ehemaligen Vereinshäuser der Blouzaniyye vor dem Erwerb der Blouza Hall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Abb. 39: Die gemeinschaftlich renovierte Blouza Hall in Granville . . . . . . . . . . . . . . 254 Abb. 40: Gemeinsames Anschauen von Videos aus Blouza in einem Wohnzimmer in Sydney . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 Abb. 41: Mitglieder des ABA-Komitees beim Frühstück im Inbiss El-Daia Bakery and Pizza in der Nähe der Blouza Hall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 Abb. 42: Panoramabild des Dorfes Blouza . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
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Abb. 43: Die Einweihung der Solaranlagen in Blouza . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Abb. 44: Tägliches Zusammensitzen von in Sydney lebenden BesucherInnen in Blouza auf einem der Balkone mit modernen Lounge-Möbeln und zusätzlichen Plastikstühlen mit Blick auf das Wadi Qadisha . . . . . . . . 275 Abb. 45: Gemeinsame Ausflüge von Blouzaniyye zu Restaurants sowie spirituellen und touristischen Orten im Libanon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 Abb. 46: Webkamera Nummer elf in Blouza und Screenshot eines Live-Broadcast einer Messe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Abb. 47: Vorbereitungen des wöchentlichen Seniors’ Lunch in der Blouza Hall und Servieren der Speisen durch Mitglieder der Habib Familie . . . . . . . . 293 Abb. 48: Kirchliche Begräbnisfeier, Beileidsbekundungen und Sympathy Box von Blouzaniyye in Sydney . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 Abb. 49: Emotionaler Abschied von BesucherInnen, die ihre Rückreise nach Australien antreten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 Abb. 50: Dabke-Tanz während der Feier eines 80. Geburtstags in Blouza, an der viele australische Blouzaniyye teilnehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 Abb. 51: Sew-In unterstützt von Blouzaniyye in Sydney . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 Abb. 52: Eine Blouzaniyye erhält den Granville Local Woman of the Year Award . . 321 Abb. 53: Komitee der ABA mit einem Scheck des NSW Governments zur Renovierung der Blouza Hall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 Abb. 54: Öffentlichkeitsarbeit von Julia Finn während ihres Blouza-Besuchs . . . . 326 Abb. 55: Treffen von Blouzaniyye mit dem politischen Leader der Lebanese Forces und seiner Ehefrau in Sydney . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 Abb. 56: Blouza’s got Talent in der Blouza Hall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 Abb. 57: Eine Schulung der Organisation Dial Before You Dig in der Blouza Hall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 Abb. 58: Networking und Auszeichnung eines Goldsponsors während des Blouza Ball . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 Abb. 59: Werbebanner des Sponsors Arab Bank Australia mit der Aufschrift „We understand your community“ an der Blouza Hall . . . . . . . . . . . . . . . . 348 Abb. 60: ABA Annual Charity Golf Day zugunsten der Organisation SIDS and Kids . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 Abb. 61: Feste und Familienfeiern in Blouza und ihre digitale Dokumentation . . 355 Abb. 62: Frühstück, ausgerichtet vom Damen-Komitee in Blouza für die Mitglieder der ABA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 Abb. 63: Modellhafte Darstellung der Theorie neo-diasporischer Gemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 Abb. 64: Ausdifferenzierte theoretische Dimensionen (II–V) einer Neo-Diaspora . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 Abb. 65: Einwanderung von im Libanon geborenen Personen nach Australien im Vergleich zu in anderen Ländern geborenen Personen (Auswahl) . . . 404
B
Kartenverzeichnis
Karte 1: Karte 2a: Karte 2b: Karte 3: Karte 4: Karte 5: Karte 6:
Karte 7:
Ausgewählte neo-diasporische Gemeinschaften und ihre weltweiten Orte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 Anteile der christlichen und muslimischen Bevölkerung sowie die Verteilung der Haushalte von Blouzaniyye in Greater Sydney . . . . . . . . . 392 Die Infrastruktur maronitischer Gemeinschaften und die Verteilung der Haushalte von Blouzaniyye in Greater Sydney . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 Verteilung der Haushalte von Blouzaniyye im Vergleich zu Personen mit einer Lebanese Ancestry in Greater Sydney . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 Verteilung der Haushalte von Blouzaniyye im Vergleich zu Personen mit einer Lebanese Ancestry in den Stadtteilen der Local Government Areas (LGAs) Parramatta, Cumberland und Canterbury-Bankstown . . . 396 Im Blouza Directory beworbene Unternehmen verglichen mit dem Anteil des Baugewerbes an den Wirtschaftssektoren in Greater Sydney . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 Verteilung der Haushalte von Blouzaniyye verglichen mit dem mittleren Haushaltseinkommen der lokalen Bevölkerung in den Stadtteilen der Local Government Areas (LGAs) Parramatta, Cumberland und Canterbury-Bankstown . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 Inselkarte Australiens versehen mit Nachnamen von angeblich aus Blouza stammenden Familien und kollektiven Identitätselementen der Blouzaniyye . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402
C
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6: Tabelle 7: Tabelle 8: Tabelle 9: Tabelle 10: Tabelle 11: Tabelle 12: Tabelle 13: Tabelle 14: Tabelle 15: Tabelle 16:
Merkmalskataloge zur Definition diasporischer Gruppen . . . . . . . . . . . 43 Kernelemente diasporischer Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Typen von Diaspora in unterschiedlichen Kontexten . . . . . . . . . . . . . . . 46 Idealtypen von Diaspora . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Theoretisches Paradigma zur Charakterisierung der Akteure der Triade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Zentrale Ausgangspunkte des Konzeptes performativ-hybrider Diasporen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Diasporische Medien und Aneignungspraktiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Kategorien zur Analyse von Diaspora als Prozess sozialer Bewegung . . 54 Geschätzte Anzahl an libanesischen EinwanderInnen nach Kontinent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Untersuchungsablauf nach Aufenthaltsort und wichtige Projektworkshops . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Syrisch-libanesische EinwanderInnen in Australien laut Zensusdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 Einnahmen und Ausgaben der Australian Blouza Association (ABA) in AUD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 Liste der GesprächspartnerInnen nach Identifikationsort . . . . . . . . . . . 451 Besuchte Veranstaltungen und Zusammenkünfte mit Mitgliedern der unterschiedlichen neo-diasporischen Gemeinschaften . . . . . . . . . . 472 Beobachtete und herangezogene Facebook-Gruppen, FacebookSeiten, Blogs und Webseiten der Gemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 Ämter im Executive und Non-Executive Committee der ABA seit 2006 (Auswahl*) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477
D
Abkürzungsverzeichnis
ABA ABN ABR ABS ACBC ACNC AKA AKLA ALA ALCF ALHS ALPS ANZAC AUB AUD BAL BBQ BLNR BTV CACW CBP CGL CLCC CLS CoP CPD DBYD DFG DIAC
Australian Blouza Association (Incorporated) Australian Business Number Australian Business Register Australian Bureau of Statistics Australian Catholic Bishops Conference Australian Charities and Not-for-profits Commission Australian Kfarsghab Association (Limited) Australian Kfarsghab Lebanese Association Australian Lebanese Association Australian Lebanese Christian Federation (Incorporated) Australian Lebanese Historical Society Incorporated Academy of Languages and Practical Scills Australian and New Zealand Army Corps American University Beirut Australischer Dollar (1 Euro = 1,63 AUD; 1 AUD = 0,61 Euro am 31.12.18) Becharrie Association of NSW Limited Barbecue BLAWZA’s LAND NOT for RENT (Facebook) BLAWZA THE VILLAGE (Facebook) Council for Australian Catholic Women Community Building Partnership Consulate General of Lebanon Canadian Lebanese Chamber of Commerce Canadian Lebanon Society of Halifax Community of Practice, Communities of Practice Continuing Professional Development Dial Before You Dig Deutsche Forschungsgemeinschaft Department of Immigration and Citizenship
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Abkürzungsverzeichnis
FL GST IKT IL IMDb IMS JGU KAFTA LAU LERC LGA LRLF MA MCHF MO MYO NCSU Netdom NNALebanon NSW OIB OLOL PA Pty. Ltd. Qld RI RSL SA SUV TA TX UN UNDP USA USD VAE VIC VT WA WLCU ZIS
Florida (Bundesstaat USA) Goods and Services Tax Informations- und Kommunikationstechnologie Illinois (Bundesstaat USA) Internet Movie Database Institute for Migration Studies Johannes Gutenberg-Universität Mainz Kfarsghab Australian Family Tree Association Lebanese American University Lebanese Emigration Research Center Local Government Area Lebanese Rugby League Federation Massachusetts (Bundesstaat USA) Maronite College of the Holy Family Missouri (Bundesstaat USA) Maronite Youth Organisation North Carolina State University Netzwerkdomäne National News Agency Lebanon New South Wales (Australischer Bundesstaat) Orient-Institut Beirut Our Lady of Lebanon Maronite Catholic Parish, Harris Park (Sydney) Pennsylvania (Bundesstaat USA) Proprietary Limited Company Queensland (Australischer Bundesstaat) Rhode Island (Bundesstaat USA) Returned and Services League of Australia South Australia (Australischer Bundesstaat) Sport Utility Vehicle Tasmanien (Australischer Bundesstaat) Texas (Bundesstaat USA) United Nations United Nations Development Programme United States of America United States Dollar (1 Euro = 1,15 USD; 1 USD = 0,87 Euro am 31.12.18) Vereinigte Arabische Emirate Victoria (Australischer Bundesstaat) Vermont (Bundesstaat USA) Western Australia (Australischer Bundesstaat) World Lebanese Cultural Union Zentrum für Interkulturelle Studien der JGU
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungen empirische Belege
B FB IG IP NL
Beobachtung (vgl. Anhang 5) Facebook-Beitrag (vgl. Anhang 6) Informelles Gespräch (vgl. Anhang 4) InterviewpartnerIn (vgl. Anhang 4) Elektronischer Newsletter (via E-Mail) Abkürzungen Fotoaufnahmen
l. o. l. u. M. o. M. u. r. o. r. u. v. l. v. r. v. l. n. r.
links oben links unten Mitte oben Mitte unten rechts oben rechts unten von links von rechts von links nach rechts
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E
Formale Hinweise
Namen: Zur Wahrung der Privatsphäre der Interview- und GesprächspartnerInnen wird auf die Verwendung von Vor- und Nachnamen weitgehend verzichtet. Ausnahmen bilden Aussagen oder Beschreibungen, die sich auf Personen des öffentlichen Lebens beziehen. Fotoaufnahmen: Die in dieser Arbeit enthaltenen Fotos dienen zum einen der Dokumentation der Forschungsarbeiten, zum anderen sollen sie relevante, beobachtete Sachverhalte verdeutlichen, die im Rahmen der empirischen Ausführungen thematisiert werden. Die abgebildeten Konstellationen veranschaulichen und konkretisieren zudem die abstrakten Formulierungen der Theorie neo-diasporischer Gemeinschaften. Bewusst erfolgte die Reproduktion der Aufnahmen in kleiner Bildgröße und in Graustufen, um eine Identifikation einzelner Personen zu verhindern, die nicht explizit ihre Zustimmung zur Veröffentlichung gaben. Der Dokumentations- und Bedeutungsgehalt der Aufnahmen bleibt trotz Reduktion der Bildgröße und Umwandlung in Graustufen gewahrt. Sind Individuen auf den Fotos identifizierbar, liegt ein persönliches Einverständnis der abgebildeten Personen vor. Die Aufnahmen wurden entweder von der Verfasserin persönlich gemacht oder von Mitgliedern für diese Studie zur Verfügung gestellt. Einige wenige genutzte Fotos wurden in den öffentlich zugänglichen Sozialen Netzwerken geteilt und sind entsprechend gekennzeichnet. Rechtschreibung: Deutschsprachige Zitate, die im Original der alten Rechtschreibung folgen, wurden in die neue Rechtschreibung übertragen. Rechtschreibfehler in den von InterviewpartnerInnen verschriftlichten Dokumenten und in ihren Beiträgen in den Sozialen Medien wurden korrigiert. Zur besseren Lesbarkeit wurden grammatikalische Fehler, ausgelassene Wörter und fehlerhafte Satzstellungen bei der Transkription von Interviewaussagen korrigiert, sprachliche Dialekte und umgangssprachliche Ausdrucksweisen jedoch beibehalten. Eckige Klammern wurden in wörtlichen Zitaten zur Markierung von Namensauslassungen und bei ergänzenden Hinweisen verwendet.
Formale Hinweise
Geschlechtergerechte und inklusive Sprache: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in der Regel die Binnen-I-Variante verwendet. Diese Schreibweise schließt in dieser Arbeit die Vielfalt von Geschlechterkategorien ein und bezieht sich auf alle Personen unabhängig von ihrer individuellen Geschlechtsidentität und geschlechtlichen Lebens- und Ausdrucksweise. Aus lesetechnischen Gründen wird bei der Bezeichnung von ethnischen, religiösen und konfessionellen Gruppen auf das Binnen-I verzichtet; dennoch sind alle Geschlechter gemeint. Fremdsprachliche Begriffe: Alle fremdsprachlichen Begriffe und Ausdrücke, mit Ausnahme von Ortsbezeichnungen, sind aus Gründen der besseren Lesbarkeit kursiv gesetzt und beginnen vornehmlich mit Großbuchstaben. Arabische Begriffe werden in einer vereinfachten Umschrift wiedergegeben. Auf Kennzeichnungen von Dialekt und Hocharabisch wird verzichtet. In der Regel wird die Schreibweise verwendet, die Mitglieder der Gemeinschaften in Chats, Beiträgen in Sozialen Medien und Dokumenten der Vereine nutzen. Im Fall von Ortsnamen orientiert sich die Umschrift an Straßenschildern und Karten. In zitierten Dokumenten und Beiträgen wird die Schreibweise von arabischen Ortsnamen vereinheitlicht. Zitate: Alle wörtlichen Zitate aus Print- und Online-Publikationen, aus qualitativen Interviews sowie von Webseiten und aus den Sozialen Medien sind im Text mit Anführungszeichen gekennzeichnet. Zur besseren Lesbarkeit wurden wörtliche Zitate, die mehrere Zeilen umfassen, vom Fließtext abgesetzt und auf Anführungszeichen verzichtet. Hervorhebungen, die im Original von der/m AutorIn bzw. den AutorInnen vorgenommen wurden, werden übernommen sofern kein gegenteiliger Hinweis nach dem Zitat angegeben ist. Ergänzungen, die im Originalzitat nicht vorkommen, sind in eckige Klammern gesetzt. Auslassungen werden mit drei Punkten und runden Klammern gekennzeichnet. In Interviewaussagen weisen Auslassungspunkte ohne Klammern auf Pausen im Redefluss der Interviewpartnerin bzw. des Interviewpartners hin. Quellenangaben und Jahr der Publikation: Die Reihenfolge der Nennung ergibt sich bei Mehrfachnachweisen aus der Relevanz der Quellen bezüglich der jeweiligen Thematik. Ansonsten sind die Nachweise in chronologischer Reihenfolge gelistet. Im Literaturverzeichnis wird zusätzlich zum Erscheinungsjahr des zitierten Werkes das Jahr der Erstpublikation angegeben.
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I
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Im beginnenden 21. Jahrhundert gewinnen einige diasporische Gemeinschaften, beeinflusst von neuen Kommunikations- und Transporttechnologien, veränderten strukturellen Rahmenbedingungen, sich ausweitenden Globalisierungstendenzen und komplexer werdenden geopolitischen und neoliberalen Strategien an Bedeutung. Dieser Trend widerspricht der Vorstellung, dass sich derartige Gemeinschaften, beeinflusst von gesellschaftlichen Individualisierungsprozessen, in den jeweiligen Residenzgesellschaften auflösen. Im Gegensatz dazu lassen lebensweltliche Beobachtungen auf unterschiedlichen Ebenen auf intensive Kommunikationszusammenhänge zwischen weltweit verstreut lebenden Mitgliedern schließen. Digitale Plattformen werden intensiv zum Austausch über alltägliche Ereignisse, in Vergessenheit geratene, imaginierte Verwandtschaftsbeziehungen und legendäre Anekdoten genutzt. Blogs und Soziale Medien lösen zunehmend die vormals in Eigenproduktion hergestellten Printmagazine ab, in denen über historische und aktuelle gemeinschaftsinterne Belange berichtet wurde. In den Medien, politischen Debatten und in der Wissenschaft wird die Lebenswelt diasporischer Gemeinschaften meines Erachtens nicht adäquat beschrieben. Vielmehr werden sowohl in öffentlichkeitswirksamen, als auch in akademischen Diskursen Extrempositionen vertreten, die sich diametral gegenüberstehen. Stereotype über Zuwanderer und deren Gemeinschaften entstanden in Deutschland bereits mit der Anwerbung von GastarbeiterInnen Mitte der 1950er Jahre. In jüngster Vergangenheit erreichten negative Fremdzuschreibungen sowohl in Europa, als auch in den klassischen Einwanderungsländern eine neue Qualität. Dies hängt mit der Zunahme von weltweiten Terroranschlägen seit der Jahrtausendwende, mit immigrantenfeindlichen nationalistischen Mobilisierungen im Internet (Ekman 2019; Bozdağ 2019) und besonders mit der Darstellung von Migration in nahezu allen Medien zusammen (Leurs et al. 2020). Die überwiegend konfliktzentrierte mediale Berichterstattung in Zeiten anhaltender Migrationsbewegung nach Europa, die mit dem sogenannten „langen Sommer der Migration“ (Tsianos und Kasparek 2015: 8; Hess et al. 2017) im Jahr 2015 ihren unerwarteten Anfang nahm, hat den gesellschaftspolitischen Diskurs über
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FluchtmigrantInnen und Menschen mit statistischem „Migrationshintergrund“ stark beeinflusst. Das zunächst thematisierte humanitäre Mitgefühl wich Repräsentationen von Zuwanderergruppen als ökonomische, kulturelle oder kriminelle Bedrohung (Christensen und Christensen 2019: 375 f.), wobei zeitliche sowie medienformat-, gruppen- und länderspezifische Unterschiede zu beachten sind (Eberl et al. 2018: 217; Fengler und Kreutler 2020: 6). Aktuelle Debatten über den Flüchtlingsschutz und das Bleiberecht knüpfen an die Asyldiskussion vergangener Jahrzehnte an (Niehr 2020: 230). In der deutschen Presse werden soziale Kollektive, die mit der arabischen Welt in Verbindung gebracht werden, vornehmlich als feindlich, nicht integriert und unkontrollierbar dargestellt. Schlagzeilen wie „Berlin gehört den Clans“ (Bergson 2017), „Die Gangster von nebenan“ (Backes et al. 2019) oder „Kampf gegen die kriminelle Parallelgesellschaft“ (Frigelj 2019) befördern die Skandalisierung arabischer Großfamilien in Deutschland. Hinzu kommt die überproportionale Erwähnung der Herkunft ausländischer Tatverdächtiger in Medienberichten, die im Vergleich zur polizeilichen Kriminalstatistik ein stark verzerrtes Bild über den Anteil mutmaßlicher Gewalttäter mit „Migrationshintergrund“ zeichnet (Hestermann 2019: 5). Die öffentliche Wahrnehmung wird außerdem von den zahlreichen, jüngst publizierten Büchern mit Titeln wie „Arabische Clans“ (Ghadban 2018), „No-Go-Areas“ (Schubert 2016) oder „Feindliche Übernahme“ (Sarrazin 2018) sowie von erfolgreichen Serien (z. B. „Dogs of Berlin“, „4 Blocks“) und aktuellen Spielfilmen (z. B. „Gegen die Angst“) geprägt. Hinzu kommen Talkshows (z. B. „Das kriminelle Netz der Clans“), Dokumentationen (z. B. „Arabische Großfamilien im Visier der Polizei“), aber auch die eigens produzierten Videos und Instagram-Beiträge bekannter Hip-Hop Künstler. Selbst Kunstprojekte wie die „Clan-Map“ (Roth 2019) für Berlin machen medial vermittelte Hotspots der „Parallelwelt“ öffentlich, die als Sightseeing Locations auf einer Karte verortet werden. Im Vordergrund dieses kulturindustriellen Komplexes stehen die organisierte Kriminalität und migrantische Randständigkeit, verbunden mit einer angeblichen Beherrschung ganzer Stadtviertel und der Entstehung von sogenannten „abgekapselten Parallelgesellschaften“. Als Ursachen werden ein anderes Rechtsverständnis, eigene Normen- und Wertesysteme sowie langjährige Erfahrungen der gesellschaftlichen Ausgrenzung angenommen, die sinnbildlich für eine gescheiterte Integrationspolitik stehen. Die ausgeprägten Loyalitäten innerhalb der Gruppen und deren scheinbar respektlosen Einstellungen gegenüber dem demokratischen Rechtsstaat werden als Überlebensstrategie beschrieben, die auf anarchischen Familienhierarchien und Abschottung beruhe. Mit derartigen Erklärungen behaupten die medialen Beiträge, einen sonst verwehrten Einblick in die Funktionsweise arabischer Großfamilien zu gewähren, der auf viele Rezipienten eine große Faszination ausübt. Angesichts des dominanten Krisendiskurses um sogenannte „Clan-Kriminalität“ entsteht ein von negativen Stereotypen durchzogenes Bild, das in keiner Weise der Lebenswelt eines Großteils der MigrantInnen und nachkommender Generationen entspricht. Es wer-
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den Ängste vor einer allgegenwärtigen Bedrohung, Überfremdung und Destabilisierung des deutschen Staates geschürt und fremdenfeindliche Einstellungen bekräftigt, anstatt mit einem Fokus auf andere Themen die kulturelle Diversität als ökonomische und politische Ressource unserer Gesellschaft zu unterstreichen. Die dominanten medialen Diskurse in Australien, dem Land in dem ein Großteil der Individuen lebt, die im Rahmen dieser Studie betrachtet werden, ähneln den geschilderten Repräsentationen in Deutschland. Die Berichterstattung über Arab Australians thematisiert fast ausschließlich die kriminellen Handlungen sogenannter Lebanese Gangs, islamistisch motivierte Terroranschläge (Poynting 2014) sowie die Verwicklungen korrupter Politiker mit einer Lebanese Ancestry. Hinzu kommen Comedy-Formate in denen arabische Großfamilien überzogen porträtiert werden, darunter die erfolgreiche TV-Serie „Here Come the Habibs“. In den beiden erschienenen Staffeln werden kulturelle Differenzen zwischen einer zu Reichtum gekommenen libanesisch-australischen Familie und ihren neuen Nachbarn in einem wohlhabenden Vorort im Osten Sydneys dargestellt. Die in dieser Serie und anderen Medienformaten reproduzierten Stereotype werden von vielen Lebanese Australians als stigmatisierend empfunden (Royalle 2016a): „There is not a single major, positive Middle Eastern character on Australian television – we are only represented in the most negative of ways“ (Royalle 2016b). Obwohl die Macher der Serie versuchen, ebenfalls Angehörige der „weißen Elite“ zu parodieren (Ayoub 2016) und den Ansatz des seit 1996 von konservativen Regierungen zurückgestuften Multikulturalismus zu stärken (Stratton 2017: 250), befürchten Kritiker eine Verstärkung von Xenophobie, Islamfeindlichkeit und rassistischen Spannungen im Land. Derartige Tendenzen haben in Australien eine lange Tradition. Sie wurzeln in der White Australia Politik, die sich mit unterschiedlichem Ziel und Umfang bis zum Jahr 1973 gegen die Einwanderung von Nichteuropäern richtete. Zwar haben die Parteien die positiven Einflüsse von Zuwanderung auf die Wirtschaft und Demographie erkannt, Maßnahmen wie der gegenwärtige kompromisslose Umgang mit internationalen Bootsflüchtlingen werden jedoch als Ausdruck einer Abkehr von multiethnischen Ideen interpretiert (Voshage 2019: 150). Selbst im Einwanderungsland par excellence, den USA, trägt die Null Toleranz-Politik des Präsidenten der Vereinigten Staaten Donald Trump an der Grenze zu Mexiko zu einer nationalen Neudefinition bei. Auch in Europa sind rechtspopulistische Kräfte trotz Gegenmobilisierung auf dem Vormarsch. Sie stellen gemeinsame Grundwerte und Haltungen wie die Wahrung der Menschenrechte und Solidarität infrage und beeinflussen die Agenda der Europäischen Union, deren Flüchtlingspolitik immer mehr einer Logik der Abschottung folgt. In politischen Diskussionsrunden werden häufig Begriffe wie „Parallelgesellschaft“, „Ethnie“, „Subkulturen“ oder „Minderheiten“ im Kontext der aktuellen Flüchtlingsdebatte benutzt. Sie finden insbesondere bei VertreterInnen rechtspopulistischer Parteien Verwendung, die gesellschaftliche Problemlagen und Konfliktsituationen, die FluchtmigrantInnen und Zugewanderten zugeschrieben werden, für zielgerichtete
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Kampagnen instrumentalisieren. Allerdings finden die Begriffe auch Einzug in die Wahlprogramme etablierter Parteien, wie folgende Beispiele aus der deutschen Politik verdeutlichen. Im Unterschied zur Alternative für Deutschland (Af D), die eine weitere Ausbreitung „abgeschottete[r] islamische[r] Parallelgesellschaften“ (Af D 2017: 45) aufhalten möchte und mit derartigen Formulierungen deren Existenz festzuschreiben versucht, beabsichtigen die Christdemokraten „das Entstehen von Parallelgesellschaften und von Multi-Kulti [zu] verhindern“ (CDU/CSU 2017: 70). Maßnahmen wie Wohnsitzauflagen, die zur Begrenzung von stadträumlicher Segregation und befürchteter gesellschaftlicher Desintegration wiedereingeführt wurden, begünstigen Überzeugungen, die Gemeinschaftsbildung unter Zugewanderten als problematisch einzustufen. Die in Debatten um Migrationskontrolle- und Regulierung, Asylpolitik, Integration und Residenzpflicht von PolitikerInnen verwendeten Begriffe zeigen zugleich, dass Grenzziehungen zwischen Gruppen von MigrantInnen und einer als christlich geprägt und demokratisch orientiert verstandenen Mehrheitsgesellschaft derzeit eher zementiert statt überwunden werden (Özbabacan 2017: 17). Besonders FluchtmigrantInnen werden tendenziell von Politik, Medien und Gesellschaft durch eine Opfer-Linse betrachtet, die das Bild einer von staatlicher Unterstützung abhängigen passiven Gruppe fest in den Köpfen verankert (Ghorashi 2005: 185). Im Kontrast zu den medialen und politischen Diskursen weltweit sieht die deutschsprachige Forschung mit wenigen Ausnahmen von Fragestellungen ab, die ethnisch imaginierte Konstrukte thematisieren. Untersuchungen von Gemeinschaften, die ethnische Identitätselemente nutzen, sind in Deutschland nicht nur unpopulär, sondern werden nahezu vollständig gemieden. Die deutschsprachige Diasporaforschung unterscheidet sich damit von Perspektiven, die in angelsächsischen Ländern seit den 1970er Jahren gewählt wurden. Inzwischen wird die methodische Verwendung sogenannter „ethnischer Linsen“ (Glick Schiller et al. 2006) allerdings unabhängig von nationalen Forschungstraditionen als essenzialisierend gewertet. Stattdessen werden zur Erforschung der Ausdehnung und Verstärkung translokaler sozialer Netzwerke in der Regel Einzelpersonen betrachtet. Analysiert werden individuelle Beziehungsnetzwerke mit Blick auf verwendete Kommunikationsmittel und verschiedene Lebensbereiche wie Familie, Arbeit und Freizeit, ohne ethnische Selbstzuschreibungen zu erfassen. Zudem zielt ein Großteil der aktuellen Forschungsprojekte in Deutschland darauf ab, unter Einbezug von strategischen Praxispartnern (z. B. Kommunen, lokalen Organisationen, Vereinen, Unternehmen) (Pott und Schmiz 2018: 6 f.) Faktoren einer möglichst schnellen gesellschaftlichen Integration und Teilhabe zu untersuchen (Kleist 2018: 23; Kleist et al. 2019: 17). In diesem Themenkomplex wird der Fokus unter anderem auf spezifische Altersgruppen, die Funktion der Zivilgesellschaft (Behrensen und Westphal 2019) und auf räumliche Differenzierungen gelegt (Glasze und Pott 2014: 48 ff.). Allerdings blenden derartige Blickwinkel das Phänomen bestehender und sich formierender diasporischer Gemeinschaften in der Regel aus. Sie verkennen die lebensweltliche Bedeutung ethnischer Kategorien, die Identitätskonst-
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ruktionen, Kommunikationsnetzwerke und Praktiken beeinflussen. Um angemessen auf Individuen und Gemeinschaften eingehen zu können, ist es sinnvoll ethnische Zuschreibungen auf empirischer Ebene zu berücksichtigen. Die gegensätzlichen Diskurse der Medien und der Wissenschaft werden den einführend geschilderten, lebensweltlichen Beobachtungen nicht gerecht. Die Dominanz an diffamierenden und ignorierenden Perspektiven begründet die Forschungsrelevanz dieser Arbeit, die sich mit dem Phänomen neo-diasporischer Gemeinschaften befasst. Die Analyse geht von einem alternativen Diaspora-Begriff aus, der nicht nur die innere Fragmentierung, Diversität und Dynamik, sondern insbesondere die Imagination, Kohäsion durch alltagspraktische Gemeinsamkeiten und mögliche Neuausrichtungen als zentrale Elemente begreift. Um sowohl die Bedeutung der Gemeinschaft für ihre Mitglieder als auch ihr komplexes Wirken zu verstehen, lautet die zentrale Forschungsfrage dieser Arbeit: Wie sehen Praxis und Dynamik neo-diasporischer Gemeinschaften zu Beginn des 21. Jahrhunderts aus? Das übergeordnete Ziel der Studie ist schließlich, eine theoretisch inspirierte und empirisch fundierte Theorie neo-diasporischer Gemeinschaften zu formulieren. Um das globale, multi-lokale und damit geographische Phänomen neo-diasporischer Gemeinschaften näherungsweise nachvollziehen zu können, gliedert sich die Arbeit in sechs Abschnitte. Zunächst wird eine breite Palette theoretischer Ansätze unterschiedlicher Disziplinen einbezogen, die im Zuge einer zirkulären Forschungsstrategie als bedeutsam identifiziert wurden. Die bisherigen Definitionen, Typologien und theoretischen Ansätze der Kultur-, Geistes- und Sozialwissenschaften zur Erklärung von Diaspora bilden zwar einen wichtigen Ausgangspunkt, erfassen die innere Komplexität und dynamische Wandelbarkeit der Gemeinschaften jedoch nicht adäquat. Nach einer Dekonstruktion des Konzeptes Diaspora werden Ansätze der Soziologie, Ethnologie und Ökonomie hinzugezogen, um das Phänomen unter Einbezug neuer Perspektiven betrachten zu können. Vier Modelle dienen als heuristische Inspiration, um Invarianten zu isolieren, die den inneren Zusammenhalt und die Vielschichtigkeit der Beziehungsstrukturen neo-diasporischer Gemeinschaften verständlicher machen. Dazu zählen das Prototypenmodell der Ethnizität (Haller 2010: 94), das Kleeblatt zur Identifizierung von Neo-Tribes (Cova und Cova 2002: 606), das Communities of Practice (CoP) Modell (Wenger 1998) und das der Netdoms (White 2008: 20). Wichtige Elemente dieser Konzepte werden danach zu einer Analysefolie für die empirische Arbeit verdichtet. Sie dient als eine Art multispektrale interdisziplinäre Perspektive, um die folgenden Unterfragen, die durch den Dialog von Empirie und Theorie ausdifferenziert wurden, zu untersuchen. Die Fragen zielen auf die strukturgebenden, gemeinschaftsstiftenden und -erhaltenden Elemente ab, die zum Verständnis neo-diasporischer Gemeinschaften zu beachten sind: (1) Wer sind die zentralen AkteurInnen, die sich für den Zusammenhalt und die Weiterentwicklung einer neo-diasporischen Gemeinschaft einsetzen und wie
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wirken deren Kompetenzen und Erfahrungen aus unterschiedlichen Bereichen auf die Community? Welche identitätsrelevanten, symbolischen Ressourcen und Erzählungen, die zur Imagination von Gemeinschaft und Grenzziehung zirkulieren, sind für Mitglieder bestimmt? Auf welche Weise werden gegründete Institutionen von Individuen erhalten und welchen Nutzen haben wichtige reale und digitale Orte der Kommunikation? Wie werden normative Imperative vermittelt und in welchen Bereichen bestimmen sie die Interaktionen von Mitgliedern? Welche gemeinsamen Absichten verfolgen Mitglieder und wie werden zielgruppenspezifische Anlässe für die Stärkung und Vernetzung der Gemeinschaft genutzt?
Die Darstellung des Forschungsstands über die libanesische Diaspora lässt erkennen, dass Gemeinschaften vorwiegend in Differenz zur Mehrheitsgesellschaft untersucht werden. Mit einem Fokus auf Führungspersonen und ethnisch-religiöse Trennlinien wird die innere Heterogenität nur bedingt erfasst. Um Unterschiede zur Methodik bisheriger Studien zu verdeutlichen, werden zunächst die eigene Position im Feld und Herausforderungen der empirischen Arbeit beschrieben. In Abgrenzung zu vorangegangenen Migrationsstudien wird keine ethnische Linse zur Auswahl von Communities und zur Wahl der GesprächspartnerInnen verwendet. Der Fokus liegt auf Interaktionen und Netzwerken, die über Verwandtschaftsbeziehungen und ethnische Zuschreibungen hinausgehen. Basierend auf qualitativen Interviews mit Mitgliedern unterschiedlicher, maronitisch geprägter Gemeinschaften in fünf Ländern, werden empirische Ergebnisse einer neo-diasporischen Gemeinschaft im fünften Abschnitt exemplarisch vorgestellt. Die Darstellung erfolgt ausgehend von der aktivsten lokalen Community der neo-diasporischen Gemeinschaft der Blouzaniyye, die sich in Sydney (Australien) befindet, um die Konnektivität der Mitglieder und damit zusammenhängende Wechselwirkungen angemessen darstellen zu können. Der Fokus auf das Engagement von Individuen machen die dynamische Organisation der Gemeinschaft und die Praktiken zur Konstruktion einer kollektiven Identität verständlich. Die ausgeprägte Kommunikation untereinander wird bei der Analyse von lebensweltlichen und digitalen Treffpunkten greifbar. Emotionale Praktiken und gemeinsame Interessen geben Aufschluss über die Bedeutung der Gemeinschaft für Individuen. Der Blick auf außeralltägliche Anlässe kollektiver Vergemeinschaftung und auf Events zur Vernetzung zeigt, wie Mitglieder ihre sozialen Beziehungen untereinander und zu Außenstehenden stärken. In Fußnoten werden theorierelevante Elemente ausgeführt, die ausschließlich oder besonders stark bei den anderen untersuchten Communities ausgeprägt sind.
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Aufbauend auf den skizzenhaft ausgebreiteten empirischen Befunden erfolgt im letzten Abschnitt die Formulierung und modellhafte Darstellung einer Theorie neodiasporischer Gemeinschaften. Geeignete Begrifflichkeiten der einbezogenen, theoretischen Konzepte fließen in die abschießende Theorie ein. Fünf theoretische Dimensionen werden festgelegt, die das Fortbestehen einer Neo-Diaspora garantieren und auf deren Anpassungsfähigkeit, Funktion und Sinn für ihre Mitglieder hinweisen. Der Fokus auf eine neo-diasporische Gemeinschaft mit Bezug zum Libanon, deren Mitglieder mehrheitlich in den anglophonen Einwanderungsländern leben, eröffnet konzeptionelle Freiräume, um in Abgrenzung zur deutschsprachigen Forschungstradition neue Impulse für die weltweite Diasporaforschung zu erzeugen. Der in jüngeren Studien erkennbaren Tendenz, ethnische Zuschreibungen zu übergehen, obwohl sie Identitätskonstruktionen mitbestimmen und im Alltag der Mitglieder einen hohen Stellenwert haben können, wird damit entgegengewirkt. Die empirischen Ausführungen und theoretischen Abstraktionen dieser Arbeit sollen einen Beitrag leisten, die AkteurInnen, Strategien und Interessen neo-diasporischer Communities in Abhängigkeit umgebender Kontexte besser zu verstehen. Eine gesellschaftliche und behördliche Zusammenarbeit mit Mitgliedern ist für den Erfolg städtischer, regionaler und landesweiter Planungskonzepte zur Förderung von Partizipation, Mitgestaltung und einem vielfältigen Miteinander ausschlaggebend. Die vorgelegte Analyse liefert Anknüpfungspunkte, um deren Bedürfnisse besser zu erkennen und Potenziale effektiver zu nutzen.
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II
Vielschichtige theoretische Perspektiven auf Diaspora
Die konzeptionellen Ansätze der weltweiten Diasporaforschung bilden einen Ausgangspunkt der beabsichtigten theoretisch-empirischen Untersuchung sich modifizierender diasporischer Gemeinschaften1. Sie erfassen meines Erachtens die komplexen Prozesse, die für den Zusammenhalt und die dynamische Modifikation heutiger diasporischer Gemeinschaften verantwortlich sind, nur unzureichend. Zu den zentralen Defiziten der Konzepte zählen eine mangelnde Erfassung der Bedeutungen reproduzierter Narrative, eine Unterbewertung des Einflusses gemeinschaftsstiftender Praktiken und eine zu undifferenzierte Betrachtung der AkteurInnen und ihrer persönlichen Netzwerke. Zur Schließung dieser Forschungslücke zieht diese Arbeit eine breite Palette an ethnologischen, soziologischen und ökonomischen Ansätzen und Modellen heran. Sie wurden mit Blick auf die empirischen Daten ausgewählt und thematisieren imaginierte Ethnizität, Vergemeinschaftung und soziale Netzwerke. Die im Folgenden isoliert betrachteten Ansätze und Modelle weisen konzeptionelle Überschneidungen auf. Ihre Verzahnung ermöglicht eine multiperspektivische, empirische Analyse. Dazu werden die Elemente, die für die beabsichtigte Theorie als konstituierend anzunehmen sind, zu einer interdisziplinären Analysefolie verdichtet. Ihre Anwendung auf ein Fallbeispiel macht die dynamische Flexibilität diasporischer Gemeinschaften verständlicher, die im beginnenden 21. Jahrhundert in einer neoliberal kapitalistisch geprägten, geopolitisch bestimmten, globalisierten, postmodernen Welt existieren.
1 Der Begriff „Gemeinschaft“ gilt als übertheoretisiert und umstritten, da ihm homogenisierende und harmonisierende Konnotationen anhaften. Auch werden MigrantInnen und Minoritäten häufig unreflektiert als Gemeinschaft gefasst. In dieser Arbeit wird er im Sinne von Community of Practice (vgl. II 3.2) verwendet, um die Konstruktion, Fragmentiertheit, Diversität und Dynamik imaginierter Gemeinschaften zu betonen.
Diaspora-Konzepte
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Diaspora-Konzepte
Der Begriff „Diaspora“ geht auf das griechische Verb diaspeirein zurück. Es hat die Bedeutung von sich verbreiten in Bezug auf Atome, die in einzelne Glieder aufgelöst und zerstreut werden. Erst im 3. Jh. v. Chr. wurde es auf soziale Gruppen übertragen. In den griechischen Übersetzungen der jüdischen Schriften wurde der Begriff „Diaspora“ zur Beschreibung der Jüdinnen und Juden außerhalb des „Gelobten Landes“ verwendet (van Unnik 1993: 75, 79 ff.).2 Bis in die 1960er Jahre war der Begriff an die jüdische und christliche Religionsgeschichte gebunden. Frühe Studien3 befassten sich mit einer historisch-deskriptiven Darstellung der Situation von Diasporen (Baumann 2003: 22 f.). Davon beeinflusst sind erste Konzepte von Diaspora negativ mit Vertreibung, Heimatverlust, Entwurzelung, Schmerz, Leid und Machtlosigkeit konnotiert (Tölölyan 1996: 9, 12). Der Begriff setzte sich seit den 1970er Jahren in sozial- und kulturwissenschaftlichen Studien durch (Baumann 2003: 20). Im Laufe der 1980er Jahre wurde er auf GastarbeiterInnen, Expats, Vertriebene, politische Flüchtlinge, ausländische MitbürgerInnen, EinwanderInnen und ethnische sowie race4-bezogene Minderheiten ausgeweitet (Cohen 2008: 1). Innovationen in Kommunikations- und Transporttechnologien, die Veränderungen der juristischen, politischen, administrativen, kulturell-ideologischen und bildungsbezogenen Rahmenbedingungen der Residenzländer sowie die Zunahme von Migration, diasporischer5 Organisationen und Aktivitäten seit 1945, zählen laut Tölölyan (1996: 20 ff.) zu Ursachen der Verbreitung des Diaspora-Konzeptes. Noch zu Beginn der 1990er Jahre galt das Diaspora-Phänomen als untertheoretisiert (Safran 2004: 9). Anfängliche Diskussionen bezogen sich nur auf transnationale ethnische Minderheiten, die fest in einem konzeptionellen Herkunftsland verwurzelt waren (Safran 1991: 83). Als die Aufmerksamkeit auch auf andere Gruppen, darunter die sogenannte afrikanische, palästinensische, libanesische6, chinesische und indische
2 Für Informationen zur Etymologie und der Geschichte der jüdischen Diaspora siehe Krings (2003: 138 ff.). 3 Eine Aufzählung zahlreicher Grundwerke des 20. Jahrhunderts ist bei Baumann (2003: 22 ff.) zu finden. 4 Race ist eine soziale und keine biologische Kategorie, die im Kontext sozialer Distinktion konstruiert wird: „(…) [D]ie in diesen Klassifikationen zugrunde gelegten physischen Merkmale [sind] (…) bedeutsam für Zuschreibungen, soziale, ökonomische, kulturelle, politische Platzzuweisungen und Chancen im Leben. Race ist also eine soziale und ideologische Konstruktion, aber auch real durch eben diese Attribute. Die gesellschaftlichen Institutionen und Praktiken machen race wirksam“ (Amesberger 2016: 352). 5 Das Adjektiv diasporisch bringt eine Einstellung oder Modalität zum Ausdruck, um zum Beispiel Identitäten, Bewusstsein, Imaginationen, Netzwerke, Kulturen, Religionen (Brubaker 2005: 4) und globale Gemeinschaften zu charakterisieren (Arnold et al. 2019: 23 ff.). 6 Der Begriff „libanesische Diaspora“ bezeichnet im Sinne von Levitt (2001: 15) eine nationale Diaspora, bestehend aus mehreren transnationalen Gemeinschaften, die sich vom Herkunftsland ausgehend über mehrere Residenzländer erstrecken und durch reale und imaginäre Verbindungen zu diesem Herkunftsland zusammengehalten werden. Diese Vorstellung greift mit Blick auf den Libanon zu kurz. Wie Kapitel III ver-
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Vielschichtige theoretische Perspektiven auf Diaspora
Diaspora gerichtet wurde, dienten der paradigmatische Fall der jüdischen Diaspora und die anderen klassischen Diasporen der ArmenierInnen und GriechInnen als Anhaltspunkte (Brubaker 2005: 2). In neuen Diaspora-Konzepten werden diasporische Erfahrungen als Weltoffenheit und Flexibilität positiv interpretiert (Moosmüller 2002a: 11). In der Forschung lassen sich zwei Herangehensweisen zur Auseinandersetzung mit dem Phänomen Diaspora unterscheiden, die zur kritischen Würdigung gegenübergestellt werden. Eine Richtung, die von der Politikwissenschaft und Soziologie ausgeht, zielt auf die Definition von Diaspora zur Abgrenzung von anderen Gruppen ab. Darauf aufbauend werden Typologien zur Analyse der Entstehungsursachen unterschiedlicher Diaspora-Formen entwickelt. Die andere Richtung betrachtet Diaspora als „Kategorie der Praxis“ (Brubaker 2005: 12 f.) und setzt sich seit Mitte der 1990er Jahre geprägt von poststrukturalistischen Theorien durch. Mit sozialkonstruktivistischen Sichtweisen, die Flores (2009: 24) mit „Thinking Diaspora from Below“ umschreibt, geht es nicht um Begriffsbestimmungen, sondern um die Analyse von Prozessen, relationalen Bezügen, Komplexitäten, Widersprüchlichkeiten, Kontinuitäten, Dynamiken und der Hybridität7 von Diasporen. 1.1
Definitionen von Diaspora als Ausgangspunkt für Typologien
Die theoretische Herausforderung besteht darin, den Diaspora-Begriff für sozialwissenschaftliche Analysen brauchbar zu machen. Es geht darum, Kriterien zu finden, um zu entscheiden, ob es sich bei einer sozialen Formation um eine Diaspora handelt. WissenschaftlerInnen unterschiedlicher Disziplinen stellten Merkmalslisten und Typologien auf, die zwar mit Problemen behaftet sind, aber bis heute als Pflichtreferenzen für weitere Überlegungen gelten (Toro 2013: 91). 1.1.1
Bestimmungskriterien und Kernelemente von Diaspora
Ausgehend von der klassischen, jüdischen Diaspora erstellte Safran (1991: 83 f.) einen Merkmalskatalog, der sechs Kernbereiche des diasporischen Fremdverständnisses festlegt (vgl. Tabelle 1). Mehrere der aufgelisteten Kriterien sollten zutreffen, deutlicht, ist aufgrund der starken Fragmentierung treffender von „libanesischen diasporischen Gemeinschaften“ zu sprechen, weshalb „libanesische Diaspora“ nur in Paraphrasen verwendet wird. 7 Es muss angemerkt werden, dass der Begriff „Hybridität“ nicht unkritisch aus den Quellen zitiert wird, da er ursprünglich aus der Biologie stammt. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde er in wissenschaftlichen Debatten verwendet, die aus heutiger Sichtweise als rassistisch einzustufen sind (Pieterse 2001: 237). Kritisiert wird zudem ein versteckter Essentialismus, da die Vermischung von Kultur, Sprache und Identität von einer vorausgehenden Reinheit abgeleitet wird (Rademacher 1999: 259).
Diaspora-Konzepte
um eine ethnische Gruppe als Diaspora zu bezeichnen. Beeinflusst vom jüdischen Fall betrachtet er Bezüge zum Herkunftsland als zentrales Charakteristikum.
Safran 1991: 83 f. (Politikwissenschaftler)
1 Räumliche Verteilung der Mitglieder oder ihrer Vorfahren von einem bestimmten ursprünglichen Zentrum in mindestens zwei periphere oder fremde Regionen8 2 Aufrechterhaltung einer kollektiven Erinnerung, Vision oder eines Mythos über das Herkunftsland, seiner räumlichen Lage, Geschichte und Errungenschaften 3 Glaube im Residenzland, nicht völlig akzeptiert zu sein und vielleicht nie zu werden 4 Idealisierung des Herkunftslandes als Rückkehrort, sobald Bedingungen es zulassen 5 Kollektives Engagement für den Erhalt, Wiederaufbau, Wohlstand und die Sicherheit des Herkunftslandes 6 Fortführung der Beziehungen zum Herkunftsland als Basis ihrer ethnischen Gruppenzugehörigkeit und ihres Solidaritätsgefühls
Cohen 1997: 26, 180; Cohen 2008: 6 f., 17 (Soziologe)
Tabelle 1 Merkmalskataloge zur Definition diasporischer Gruppen
1 Migration in mindestens zwei fremde Gebiete, die oftmals traumatisch ist 2 alternativ oder zusätzlich von Arbeitsuche, Handel oder kolonialen Absichten motiviert sein kann 3 Kollektive Erinnerung und Mythos über das Herkunftsland (z. B. Standort, Erfolge) 4 Idealisierung der vermeintlichen Herkunft und kollektives Engagement zu dessen Erhalt, Wiederaufbau, Sicherheit, Wohlstand sowie dessen Erschaffung 5 Bestrebung zur Rückkehr, die kollektive Zustimmung erfährt, selbst wenn viele Mitglieder indirekte Beziehungen und sporadische Besuche des Herkunftslandes bevorzugen 6 Starkes langwährendes ethnisches Gruppenbewusstsein dank empfundener Besonderheit, gemeinsamer Geschichte, der Überlieferung eines gemeinsamen kulturellen und religiösen Erbes und dem Glauben an ein gemeinsames Schicksal 7 Schwieriges Verhältnis zur „Gastgesellschaft“ aufgrund beanstandeter fehlender Akzeptanz oder der Möglichkeit, dass der Gruppe erneutes Unheil widerfährt 8 Empathie und Verantwortungsbewusstsein für Mitglieder der ethnischen Gruppe in anderen Ländern, selbst wenn territoriale Ansprüche nicht stark artikuliert werden 9 Möglichkeit, eines distinktiven, kreativen und bereichernden Lebens in pluralistischen Residenzländern
Mit Blick auf die dynamische Veränderung diasporischer Gruppen nahm Cohen (1997: 23 ff., 180; 2008: 6 ff.) Modifikationen und Ergänzungen an Safrans (1991: 83 f.) Katalog vor (kursiv in Tabelle 1) und differenziert insbesondere die Gründe der Migration in freiwillige und unfreiwillige aus. Die von Safran (1991) und Cohen (1997) begonnene Ausweitung des DiasporaBegriffs, die Diaspora in Bezug auf moderne Gesellschaften definierten, setzte sich in den 1990er Jahren fort. Das Kriterium der Herkunftsorientierung wurde zum Teil ganz aufgegeben (Bauböck 2012: 20).9 Zu dem breiten Spektrum an postmodernen Diasporen zählen neben ethnischen und religiösen Gruppen auch Akademiker, SportDie Historikerin Butler (2001: 192) hält die Ergänzung für sinnvoll, dass eine Diaspora mindestens zwei Generationen existieren muss, um sie von Gruppen im temporären Exil abzugrenzen. 9 Dies ist beispielsweise mit Blick auf muslimische Gemeinschaften sinnvoll, die ihre kollektive Identität nicht zwingend auf eine mythische territoriale Herkunft beziehen, wie Albrecht et al. (2016: 3) betonen. 8
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Vielschichtige theoretische Perspektiven auf Diaspora
ler und Homosexuelle, die auf irgendeine Art räumlich verteilt und identifikatorisch miteinander verbunden sind (Cohen 2008: 8 f.). Mit den Worten „Diaspora des Begriffs Diaspora“ verweist Brubaker (2005: 1 ff.) auf dessen Ausbreitung in semantischer, konzeptueller und disziplinärer Hinsicht. Als „catch-all phrase“ (Braziel und Mannur 2003: 3) drohte Diaspora allerdings seinen theoretischen Definitionsgehalt und seine analytische Stärke zu verlieren und zu einer nutzlosen Metapher zu verkommen (Safran 2004: 10): „If everyone is diasporic, then no one is distinctively so. The term loses (…) its ability to pick out phenomena, to make distinctions“ (Brubaker 2005: 3). Diese Ausfaserungstendenzen mündeten seit den 2000er Jahren in eine Phase der Konsolidierung (Cohen 2008: 1, 12 ff.). Der inflationäre Gebrauch des Begriffs machte es erforderlich, zu Kernelementen des Konzeptes zurückzukehren. Brubaker (2005: 5 f.) isoliert anhand eines Vergleichs der verschiedenen Definitionen drei Kriterien als konstitutive Elemente einer Diaspora (vgl. Tabelle 2). Sie unterscheiden sich je nach Gruppe in ihrer Bedeutung und verändern sich im Laufe der Zeit. Tabelle 2 Kernelemente diasporischer Gruppen
BruBaker 2005: 5 f. (Soziologe)
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1 Räumliche Verteilung (Dispersion), die auf eine traumatische Erfahrung zurückgehen kann, aber auch in einem weiteren Sinne als Verteilung über Staatsgrenzen bzw. Teilung einer Personengruppe verstanden wird. 2 Orientierung an der Herkunft (Homeland Orientation), die sich auf ein tatsächliches oder vermeintliches Herkunftsland bezieht und in jüngeren Definitionen an Bedeutung einbüßt. 3 Grenzerhalt (Boundary Maintenance) durch Aufrechterhaltung einer Identität, die sich von der Aufnahmegesellschaft unterscheidet und Solidarität und enge Beziehungen über Grenzen hinweg hervorruft.
Das erste Kriterium der „räumlichen Verteilung“ wird von einigen AutorInnen durch Teilung (Division) ersetzt. Gemeint ist die Spaltung einer Personengruppe durch nationalstaatliche Grenzen. In diesem Sinne können auch Gruppen als Diaspora bezeichnet werden, die geschlossen außerhalb des Herkunftslandes siedeln (Brubaker 2005: 5). Die emotionale „Orientierung an der Herkunft“ zeichnet sich als zweites belastbares Kriterium ab (Brubaker 2005: 5 f.). Sie kann auf den Geburtsort, eine Region, das Herkunftsland oder auf mehrere räumliche Skalenebenen gleichzeitig ausgerichtet sein (Blunt und Dowling 2006: 27). Herkunftsorientierung weist vielfältige Ausprägungen auf (Safran 2009: 78 f.) und reicht von symbolischen Verbindungen (Smith 1986a: 28) bis hin zu Investitionen oder politischem Aktivismus, der eher translokal als transstaatlich ist (Bauböck 2012: 27). Im Unterschied zu traditionellen Klassifikationen, die auf feststehende Orte und Rückkehrbestrebungen referieren (vgl. Tabelle 1), ist das Heimatgefühl als translokale Arnold (2016: 186 ff.), fluide Kategorie aufzufassen: „(…) [H]ome is (…) neither here nor there. Rather, itself a hybrid, it is both here and there – an amalgam, a pastiche, a performance“ (Bammer 1992: ix).
Diaspora-Konzepte
In jüngeren Debatten nimmt die Herkunftsorientierung eine geringere Bedeutung ein. Wie Clifford (1994: 306, 312, 322) betont, nehmen translokale10, deterritoriale Verbindungen, die sich nicht in erster Linie auf das Herkunftsland beziehen, an Wichtigkeit zu. Selbst Gruppen, die über keinen spezifischen Ort, kein Herkunftsland oder keinen Rückkehrwunsch (mehr) verfügen, können als diasporisch bezeichnet werden (Toro 2013: 93). Das dritte konstitutive Element des „Grenzerhalts“ sichert den Fortbestand der Diaspora (Brubaker 2005: 6 f.). Es besagt, dass „Institutionen und Netzwerke existieren, die die soziale Kohäsion herstellen und eine gewisse Unabhängigkeit von der Residenzgesellschaft ermöglichen (…) [und] sich Werte, Normen und Praktiken entwickelt haben, die die Diaspora-Gemeinde von der umgebenden (Mehrheits-)Kultur unterscheiden (…)“ (Moosmüller 2002a: 13). Solidaritäts- und organisationale Abhängigkeitsbeziehungen11 verbinden verstreut lebende Individuen durch Institutionen wie Familien, Hometown Associations sowie religiöse und politische Organisationen (Mohan 2006: 867; Portes et al. 2007: 242 ff.). Angesichts bestehender Supportsysteme setzte sich die Vorstellung durch Diaspora als Ressource (Kokot et al. 2013: 9) und nicht als machtlose Randgruppe zu begreifen. Insgesamt ist zu beachten, dass Grenzerhalt (Boundary Maintenance) und Grenzauflösung (Boundary Erosion) in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen. Die Betonung von Hybridität, Verflüssigung, Kreolisierung und Synkretismus (vgl. II 1.2.1) zeigt diese gegenläufige Tendenz (Brubaker 2005: 6). 1.1.2
Ansätze zur Typologisierung von Diaspora
Zur Betonung der Transformation von Diasporen leitet Ben-Rafael (2001: 349 f.) basierend auf soziolinguistische Forschungen drei Typen her, die in unterschiedlichen Epochen vorherrschend waren bzw. sind (vgl. Tabelle 3). Die gemeinsamen Eigenschaften der Teilgruppen beziehen sich auf die Beziehungen innerhalb der DiasporaGruppe, das Verhältnis zur Gesellschaft und auf sprachliche Muster. Der derzeit dominierende Typus der transnationalen Diaspora zeichnet sich durch Mitglieder aus, die Beziehungen zu Personen an unterschiedlichen Orten aufrechterhalten, sich an
10 Translokale Beziehungen sind von der Wechselwirkung zwischen Mobilität und Situiertheit geprägt (Verne 2012a: 19 f.). Als konzeptioneller Zugang stellt Translokalität „(…) die Gleichzeitigkeit von Mobilität und Einbettung von Akteuren und sozialer Interaktion in den Fokus“ (Porst und Sakdapolrak 2017: 111). 11 Velayutham und Wise (2005: 27, 34) bezeichnen die moralischen Verpflichtungen von Mitgliedern translokaler Gemeinschaften als „Economy of Obligations and Responsibilities“. Sie greifen das Konzept der Moral Community von Werbner (2002: 61 f.) auf, welches aufbauend auf Baumanns (1993) Ausführungen, das gegenseitige Verantwortungsbewusstsein von Mitgliedern betont.
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Vielschichtige theoretische Perspektiven auf Diaspora
mehreren Orten heimisch fühlen, zwischen Sprachen wechseln und Neologismen verwenden.12 Tabelle 3 Typen von Diaspora in unterschiedlichen Kontexten
Ben-rafael 2001: 350 (Soziologe)
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Typ
Kontext
Soziologische Eigenschaften
Linguistische Merkmale (S=Sprache)
Enklave
Frühe Moderne
Gemeinschaft am Rande der Gesellschaft, Aufrechterhaltung der Kontakte zur Diaspora
Dominanz von S1, Einflüsse von S2, Bilingualität von Brokern und Eliten
Moderne
Individuelle Integration der Mitglieder in Gesellschaft, Diaspora als zweite Identität, Symbole zeigen variierende Bekenntnis
Gemeinschaft wird von S2 dominiert, Elemente von S1 dienen als Marker zum Ausdruck ethnischer Aspekte
Globalisierung
Mitglieder fühlen sich an zwei Orten zu Hause, Beziehungen zu Mitgliedern an anderen Orten
S1 und S2 kommen an unterschiedlichen Orten zum Einsatz, Code-Switching, linguistische Innovationen
Symbolischethnische Diaspora
Transnationale Diaspora
Eine vieldiskutierte Typologisierung, die an die bereits vorgestellten Merkmalskataloge (vgl. Tabelle 1) anknüpft, stammt vom Soziologen Cohen (1997). Er betrachtet die neun Kriterien als „Fasern eines diasporischen Seils“ (Cohen 1997: 180), die in ungleicher Gewichtung für unterschiedliche Diaspora-Typen konstituierend sind (vgl. Tabelle 4). Anhand von historisch-deskriptiven Studien über unterschiedliche Fallbeispiele bildet Cohen (1997: 31 ff.) fünf Idealtypen. So entwickelt er am Beispiel der sogenannten libanesischen Diaspora, der Safran (1991: 83 ff.) noch keinen Diaspora-Status zugesprochen hatte, den Idealtypen Handels-Diaspora. Er hebt die Anpassungsfähigkeit der Mitglieder an lokale Bräuche und Geschäftspraktiken als eine Ursache ihres ökonomischen Erfolgs hervor.13 Auch übernehmen sie Geschäftsrisiken für andere Mitglieder, denen sie sich aufgrund enger familiärer und verwandtschaftlicher Beziehungen und religiöser Verbundenheit moralisch verpflichtet fühlen. Die Etablierung von gemeinsamen Handelspraktiken sei für die diasporische Gemeinschaft mit Vorteilen verbunden (Cohen 2008: 83, 99). Sie erlaube kleinen Firmen und Familienunternehmen, auf globaler Ebene zu agieren und verspreche materielle Gewinne und soziale Mobilität (Cohen 1997: 160) sowie
Zu hinterfragen ist die Annahme Ben-Rafaels (2001: 338), dass die Stärke der Betonung der diasporischen Identität negativ mit dem sozioökonomischen Status korreliere: „(…) [B]etter-off members of the group (…) have more contacts with out-groups and tend to emphasize their ethnic identity less than others do.“ 13 Als weitere Erfolgsursache nennt Moosmüller (2002a: 12) den hohen Stellenwert von Bildung. 12
Diaspora-Konzepte
größere Autonomie gegenüber lokalen und staatlichen Organisationen (Moosmüller 2002b: 12). In der globalisierten Welt fungiert eine Handels-Diaspora als „[a] network of mutual trust of global proportions (…)“ (Cohen 1997: 160). Den Unternehmergeist sogenannter Ethnic Entrepreneurs führt Cohen (2008: 97) auf die koloniale Herrschaft zurück: „The combination of blocked opportunities, hostility from others and ethnic cohesiveness seem to create an advantageous sociological and commercial ethos (…).“
Cohen 2008: 18, 97, 123 ff. (Soziologe)
Tabelle 4 Idealtypen von Diaspora Idealtyp
Beispiele
Erläuterungen
OpferDiaspora
Jüdische, Afrikanische, Armenische, Irische, Palästinensische
Viele heutige Flüchtlingsgruppen sind angehende Opfer-Diasporen, die sich kreolisieren oder als Diaspora mobilisieren können.
ArbeitsDiaspora
Indische, Chinesische, Japanische, Türkische, Italienische, Nordafrikanische
Es gibt zahlreiche weitere Beispiele. Als Synonym ist proletarische Diaspora gängig.
Imperiale Diaspora
Britische, andere ehemalige Kolonialmächte, Russische
Dieser Typ wird auch als Siedler-Diaspora oder koloniale Diaspora bezeichnet.
HandelsDiaspora
Libanesische, Chinesische, Venezianische, Japanische, Indische (Fachkräfte)
Zu unterstützenden Elementen zählen versperrte Möglichkeiten, Erfahrungen der Ablehnung und ethnischer Zusammenhalt.
Deterritoriale Diaspora
Karibische, Roma, Muslimische andere religiöse Diasporen
Die Begriffe „hybrid“, „kulturell“ und „postkolonial“ sind mit der Idee der Deterritorialisierung verbunden.
Um der Hyperdifferenzierung und Dynamik von Diaspora-Gruppen, Herkunfts- und Residenzländern gerecht zu werden, entwickelte Shuval (2000: 48 ff., 53 f.) einen detaillierten Bestimmungskatalog zur Ausdifferenzierung von Diaspora-Typen und zur Konzeptualisierung von Diaspora. In Ablehnung enger Definitionen, die den Blick auf die komplexe Realität verstellen, formuliert sie offene und flexible Parameter, die Veränderungsprozesse berücksichtigen (vgl. Tabelle 5). Sie hebt unter anderem das Gefühl, ein „Naturrecht“ auf die eigene Herkunft zu haben, als wesentliches Merkmal einer Diaspora-Gruppe hervor (Shuval 2000: 45).
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Vielschichtige theoretische Perspektiven auf Diaspora
Tabelle 5 Theoretisches Paradigma14 zur Charakterisierung der Akteure der Triade
Shuval 2000: 51 ff. (Soziologie)
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1 Charakteristika der diasporischen Gruppe: Zeitliche Dimension der Migration, Gründe der Migration, interne Differenzierung (Kriterien für Untergruppen), bewahrte kulturelle Elemente, räumliche Verteilung, Qualität der Beziehungen, Emotionen und Einstellungen zum Herkunftsland (z. B. Ausmaß der Unterstützung, Emotionen, Aktivitäten, Kontakte, Inhalte) 2 Charakteristika des Herkunftslandes: Realitätslevel, Legitimität, Einstellungen und Handlungen gegenüber Rückkehrern, Verhalten von Rückkehrern (z. B. Ausmaß der Integration, Inversionen, Remigration) 3 Charakteristika des Residenzlandes: Strukturelle Merkmale, kulturell-ideologische Einstellungen gegenüber ethnischen Gruppen, Regierungsmaßnahmen, Relevanz der Beziehungen zum Herkunftsland
Durch den Vergleich verschiedener Diasporen erhofft sich die Autorin „(…) Aussagen über kausale Zusammenhänge zwischen bestimmten Charakteristika der Akteure des triadischen15 Beziehungsgeflechts (…)“ (Krings 2003: 151). Das empfohlene theoretische Paradigma geht zwar von sozialer Konstruktion aus und berücksichtigt Untergruppen, vernachlässigt jedoch alltägliche Praktiken. 1.2
Praxis- und akteursorientierte Perspektiven auf Diaspora
Zur Vermeidung von essenzialisierenden und homogenisierenden Tendenzen, schlägt Brubaker (2005: 12 f.) vor, Diaspora als „Kategorie der Praxis“ zu verstehen und erst im zweiten Schritt als Analysekategorie. Als Praxiskategorie hängt Diaspora mit dem Erheben von Ansprüchen, der Artikulation von Projekten, Absichten und Erwartungen sowie mit der Mobilisierung von Kräften und Loyalitäts-Appellen zusammen. Sie hat demnach einen stark normativen Charakter. Zur Analyse sollte man Kategorien wie diasporische Haltungen, Projekte, Forderungen, Praktiken und Umstände heranziehen, um das Ausmaß und die Art (z. B. aktiv, passiv) der Unterstützung durch Mitglieder empirisch zu untersuchen: „We should seek (…) to bring the struggles themselves into focus, without presupposing that they will eventuate in bounded groups“ (Brubaker 2005: 13).
Als früher Vorläufer können die von Hettlage (1993: 81 ff.) formulierten „Umrisse zu einer soziologischen Theorie der Diaspora“ angesehen werden. Der Autor konzeptualisiert die Parteien der Triade aber als abgestimmt handelnde Akteure. Basierend auf Migrations-, Ethnizitäts- und Identitätsstudien beschreibt er Inklusions- und Exklusionsbestrebungen unter Beachtung struktureller Bedingungen. Neben der Strukturperspektive nimmt er somit eine Kulturperspektive zur Analyse der Identitätsbildungsprozesse ein. 15 Der Begriff „Triade“ im Kontext der Migrationsforschung geht auf den Politologen Sheffer (1986: 9 f.) zurück. Er bezeichnet die konfliktreichen oder kooperativen Beziehungen zwischen Diaspora-Gemeinschaften, Residenz- und Herkunftsländern. 14
Diaspora-Konzepte
In diesem Kontext sind akteursorientierte Perspektiven von Relevanz, die sich bereits seit den 1980er Jahren in der Migrationsforschung durchsetzen. Mit einem Fokus auf die Mikro- und Mesoebene, wurden die individuelle Agency16 von AkteurInnen und deren Eingebundenheit in transnationale17 bzw. translokale Netzwerke untersucht (Castles et al. 2014: 37; Brickell und Datta 2011: 3). In Bezug auf diasporische Gemeinschaften wurde frühzeitig auf Leadership Elites (Tölölyan 1996: 18 f.), Elite Community Members (Levitt 2001: 13) oder Community Leader (Portes et al. 1999: 221) hingewiesen. Sie bringen sich auf politischer und institutioneller Ebene für diasporische Belange und die Aufrechterhaltung der Gemeinschaft ein, auch wenn sie nur einen geringen Anteil ausmachen: „In order to maintain its diasporic identity, an ethnic or religious community must have an elite that is committed to the maintenance of a diasporic culture and ideology“ (Safran 2004: 18). Safran (2004: 18) ergänzt, dass bei manchen Personen, die er als Diasporic Entrepreneurs bezeichnet, der eigene Status vom Fortbestand der Diaspora abhängt, ohne dass ihre Aktivitäten auf ökonomischer, politischer und soziokultureller Ebene zwingend auf das Herkunftsland ausgerichtet sind. 1.2.1
Diaspora als hybride Gemeinschaftsform
Hall (1990), Gilroy (1991), Clifford (1994, 1997) und Brah (1996) gelten neben vielen weiteren Cultural Studies-RepräsentantInnen als Vertreter einer postmodernen Diaspora-Debatte18. Sie begreifen Diaspora als einen Zustand und richten den Fokus auf Prozesse territorialer und kultureller Verschiebungen (Shifts) (Anthias 1998: 564 f.). So versteht Hall (2017: 164 ff.) Diasporen als diskursiv hergestellte neue Zwischenräume, als Schauplatz kultureller Hybridisierung:
16 In Anlehnung an Bender et al. (2013: 271) ist Agency als „multidimensionaler Prozess zu verstehen, der sich aus Ressourcen-, Autonomie-, Empfindungs- sowie Perspektiv- bzw. Orientierungsdimensionen konstituiert“. Agency bezeichnet die kontextuell situierte Handlungsfähigkeit von Individuen (Scherr 2013: 233) basierend auf Gewohnheiten, Vorstellungen und Überzeugungen (Emirbayer und Mische 1998: 970). 17 Das Adjektiv „transnational“ charakterisiert einerseits Beziehungen von MigrantInnen über Nationalstaaten hinweg und andererseits unterschiedlichste soziale Formationen (z. B. Netzwerke, Gruppen, Organisationen), zu denen laut Faist (2010: 9, 21, 33) Diasporen als Untergruppe gezählt werden können. 18 Als postkolonialer Vertreter der britischen Black Cultural Studies untersucht Gilroy (1987: 155 ff.) die synkretistische Kultur der sogenannten afrikanischen Diaspora, die sich aus US-amerikanischen, afrikanischen, europäischen und jamaikanischen Elementen formiert hat. Er definiert die afrikanische Diaspora jedoch nicht essentialistisch anhand ihrer Roots, sondern verweist auf die Verschränkung zwischen Verwurzelung und Routes. Diese dynamischen transnationalen Strukturen des Fühlens, Produzierens, Kommunizierens und Erinnerns zwischen Dispersed Blacks bezeichnet er metaphorisch als „Black Atlantic World“ (Gilroy 1993: 3, 19, 190). Auch Hall (1990: 225) greift diesen Prozessgedanken neuer Konfigurationen von Unfinished Identities (Gilroy 1993: 1) auf: „(…) [It] is a matter of ‚becoming‘ as well as of ‚being‘.“
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Vielschichtige theoretische Perspektiven auf Diaspora
The diaspora experience as I intend it here, is defined, not be essence or purity, but by the recognition of a necessary heterogeneity and diversity; by a conception of ‚identity‘ which lives with and through, not despite, difference; by hybridity. Diaspora identities are those which are constantly producing and reproducing themselves anew, through transformation and difference (Hall 1990: 235).
Diasporaformationen sind von der Überlagerung verschiedener Kulturen19 geprägt und verändern sich durch Interaktionen: „[E]s werden Elemente20 aus der Herkunfts-, der Residenz- und der Diasporakultur ausgewählt und auf passende Weise kombiniert“ (Moosmüller 2002a: 17). Angesichts der heterogenen Identitäten von Angehörigen, ihrer interkulturellen Beziehungen und der Komplexität der internen Politik und Organisation einer Diaspora, sind Diasporen als segmentiert (Werbner 2005: 469 f., 480) aufzufassen: „[D]iasporas are not neatly organized political units, united under a single cause but are replete with contradictory positionalities as individuals and groups articulate different ways of being, feeling and acting diasporic“ (Christou und Mavroudi 2015: 2). Interne Spaltungen prägen sich unter anderem anhand von Gender, Sexualität und sozioökonomischem Status aus (Alexander 2010: 116). Sie sind in Machtverhältnisse eingebettet, die politische, soziale und kulturelle Bereiche umfassen (Brah 1996: 19, 205, 230) und auf mehreren Skalenebenen (Scales)21 wirken (Porst und Sakdapolrak 2017: 121). Die mit diesen Vorstellungen verbundenen Forderungen, permanente Verhandlungen von Differenz anzuerkennen und Diaspora als neue Form von Praktiken zu verstehen anstatt ihr definitorisch einen Gruppencharakter zuzuschreiben, greift das Konzept performativ-hybrider Diasporen von Toro (2013: 95) auf. Aufbauend auf den Überlegungen von Hall (1996) zu New Ethnicities versteht er „(…) Identität (aber auch Kultur und Diasporas) als ein permanentes Werden, als etwas Unabgeschlossenes, als eine immerwährende Andersheit und Differenz (…)“ (Toro 2013: 89). Er beabsichtigt, ein emanzipatorisches Konzept vom diasporischen Zusammenleben zu formulieren, um das problematische Konzept der Integration zu überwinden. Situationalität, Differenzerfahrungen, Praktiken, Bedürfnisse, selbstbestimmte Zugehörigkeit, Gefühle und externe Zuweisungen bilden Grundpfeiler seines Konzeptes (vgl. Tabelle 6) (Toro 2013: 92, 95 ff.).
Diese Arbeit geht in der Regel von einem bedeutungsorientierten Kulturbegriff aus: Im Gegensatz zu normativen, differenztheoretischen und totalitätsorientierten Verständnissen, wird Kultur als übersubjektive soziale Praktiken und kognitive Wissensordnungen verstanden (Reckwitz 2001: 180, 187). 20 Dazu zählt nicht nur Materielles (z. B. Dinge, Plätze, Bilder) sondern auch die Suche nach Ähnlichkeiten im zwischenmenschlichen Miteinander (Moosmüller 2002a: 17). 21 In dieser Arbeit wird Scale als sozial konstruiert verstanden und zur Beschreibung translokaler sozialer Interaktionen genutzt, die räumliche Grenzen überschreiten (Porst und Sakdapolrak 2017: 116 f.). 19
Diaspora-Konzepte
Toro 2013: 95 f. (Literaturwiss. und Kulturstudien)
Tabelle 6 Zentrale Ausgangspunkte des Konzeptes performativ-hybrider Diasporen 1 Differenzerfahrungen und anhaltende Verhandlungen als komplexer und konfliktreicher Prozess, der konstitutiver Bestandteil postmoderner, globaler, von inneren Differenzen geprägter Gesellschaften ist. 2 Eine neue Form von ökonomischen, politischen, sozialen, religiösen bzw. kulturellen Praktiken, die nicht mehr primär auf ein Herkunftsland oder eine bestimmte Staatsform ausgerichtet sind. Sie sind unabhängig von Anzahl und Homogenität der Mitglieder, deren Rückkehrwunsch kein vorrangiges Ziel mehr ist. 3 Zu ergänzende pluriethnische bzw. plurisoziale Charakteristika (d. h. kulturell-soziale Konstellationen) sind Bewegung, Raum- und Zeitverortung, Identifikationsstrukturen, Diaspora-Bewusstsein, ähnliche Schicksalserfahrung, vergleichbare Lebens- und emotionelle Situation, gemeinsame Repräsentation, starke Loyalität und Solidarität, transethnische, transkulturelle bzw. transidentitäre Konstellationen, Invention der Herkunft und Neuerfindung des Selbst.
Darauf aufbauend beschreibt er Diasporen als kulturelle, psychologische und emotionelle Konstruktionen, die durch Performierungen22 dynamisch-offen repräsentiert und verhandelt werden. Das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Diaspora bildet sich an der Schnittstelle von Kulturen und Subjekten, die permanent neue Loyalitäten erfahren. Demzufolge gründet das performativ-hybride Diaspora-Konzept (Toro 2013: 96 f.) auf der Vorstellung fragmentierter Identitäten mit unterschiedlichen Loyalitäten, Nationalitäten, Sprachen, Glauben und Ursprüngen in einer kosmopolitischen Welt, in der Begriffe wie „MigrantIn“ oder „AusländerIn“ obsolet werden. 1.2.2
Diaspora als mediale Produktionsweise
Als eine von drei Bedeutungen23, die sich in der Literatur der 1990er Jahre zeigt, verweist Vertovec (1997: 289 f.) auf Diaspora als Modus kultureller Produktionsweise, eingebettet in Diskussionen über Globalisierung. Diese Untersuchungsebene befasst sich mit der (Re-)Produktion von transnationalen, sozialen und kulturellen Phänomenen unter Berücksichtigung der Fluidität von Lebensstilen und Identitäten diasporischer Personen. Die Phänomene werden mit Begriffen wie „synkretisch“, „kreolisiert“, „crossover“ oder „hybrid“ beschrieben. Sie gehen oftmals von Jugendlichen aus, deren Primärsozialisation dank moderner Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) von diversen kulturellen Strömungen beeinflusst war: „An increasingly Diaspora ist als performativer und evokativer Begriff zu verstehen, da er ein Zugehörigkeitsgefühl beschwört und ein Bekenntnis zu einer kollektiven Identität hervorrufen möchte (Bauböck 2012: 20). 23 Als weitere Bedeutungen zielt Diaspora als Sozialform auf die triadischen Netzwerke einer weltweit zerstreuten Gruppe mit kollektiver Identität sowie auf deren gegründete Organisationen, politische Orientierungen und ökonomische Strategien ab. Diaspora kann auch als eine Bewusstseinsform, die von Spannungen geprägt ist, begriffen werden. Es umschließt die Vielfalt positiver und negativer Erfahrungen, Geisteshaltungen (State of Mind) und Identitätsgefühle (Vertovec 1997: 278 ff.). 22
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Vielschichtige theoretische Perspektiven auf Diaspora
key avenue for the flow of cultural phenomena and the transformation of diasporic identity is global media and communications“ (Vertovec 1997: 290). Zum Verständnis diasporischer Identitätskonstruktionen sind sowohl Praktiken als auch Bilder, Filme (Vertovec 1997: 290 f.) und andere materielle Produkte zu beachten, die soziale Beziehungen innerhalb von Familien, Institutionen, Unternehmen und politischen Organisationen prägen (Glick Schiller et al. 1992: 11). Die von und für Mitglieder diasporischer Gemeinschaften hergestellten Informationsquellen, die je nach Art mit unterschiedlichen Praktiken verbunden sind (vgl. Tabelle 7) werden in dieser Arbeit als diasporische Medien24 in Anlehnung an Bozdag et al. (2012: 97) bezeichnet. Sie prägen den Diskurs unter Mitgliedern und tragen so zur Konstruktion und Aufrechterhaltung einer verbindenden Identität bei, wie Georgiou (2006: 22) erklärt: „[D]iasporic media renew the sense of sharing a common identity among dispersed populations, they shape a common cultural discourse.“ Mit der fortschreitenden Etablierung digitaler Medien seit Mitte der 1990er Jahre nimmt die Bedeutung von Webseiten, Blogs, Rundmails, Ethnoportalen und Sozialen Medien als diasporische Medien zu.25 Die damit verbundene Intensivierung interner Tabelle 7 Diasporische Medien und Aneignungspraktiken
(Bozdag et al. 2012: 112) (Medienwissenschaften)
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Praxisfeld
Art diasporischer Medien
Aneignungspraktiken
Information
Diskussionsforen, diasporische Webportale, E-Mail Verteiler und Newsletter, Nachrichtenwebseiten, (online) Radiosender, Zeitungen und Magazine
Suchen, Erkundigen
Unterhaltung
Diasporische Webportale, (online) Radiosender, online Musik- und Videoplattformen, Spielewebseiten
Einholen, Belustigung, Spielen
Einbindung
Blogs, E-Mail Verteiler, (online) Radiosender, Social-Web Gruppen, Zeitungen
Publizieren, Mobilisieren, Organisieren, Produzieren
Kommerz
Diasporische Webportale, Onlineshops
Kaufen, Verkaufen, Organisieren
Bekenntnis
Diasporische Webportale, Videoplattformen
Praktizieren, Suchen, Austauschen
Dazu zählen auch Printmedien und audio-visuelle Angebote für MigrantInnen, die als Ethnomedien bezeichnet werden. Sie werden im Residenzland hergestellt oder im Herkunftsland für den dortigen Markt produziert und global zur Verfügung gestellt (Weber-Menges 2005: 242). 25 Für nähere Informationen zu Praktiken in der digitalen Welt (Digital Identity Practices), genutzten Artikulationsräumen, ausgetauschten Inhalten und Einflüssen auf Identitätskonstruktionen siehe Dayan 1999, Georgiou 2006, Karim 2006, Bailey et al. 2007, Georgiou 2011, Leurs 2012, Madianou und Miller 2012 und Georgiou 2013. Das Integrations- bzw. Segregationspotenzial von Medien für MigrantInnen wird von Geissler und Pöttker 2006, Bonfadelli und Moser 2007, Kissau 2008, Geissler und Pöttker 2009 untersucht. 24
Diaspora-Konzepte
Kommunikationsprozesse bedingt eine Stabilisierung diasporischer Gemeinschaften (Hepp 2009: 36, 39 f.). Ergänzend zu den in Tabelle 7 gelisteten Arten müssen auch Telefonbücher mit Kontaktdaten von Mitgliedern einer diasporischen Gemeinschaft (Escher 2004), Branchenverzeichnisse ihrer Unternehmen für bestimmte Residenzländer (z. B. Mokarzel und Otash 1908) und Almanache (z. B. Haiek 2010) zu diasporischen Medien gezählt werden. Hinzu kommen Autobiographien, Gedichte, Romane und Kochbücher (Sandhoff 2003) sowie Gedenkbücher für verstorbene Mitglieder und Memorial Books26. Erinnerungsbücher können als strategisches Instrument zur Bewahrung der Erinnerung und Stärkung der Gruppenidentität gewertet werden: „A memoralizing consciousness, clearly manifested as the force behind memorial books, becomes, therefore, the principal strategem to promote social cohesion for a group’s endangered identity“ (Slyomovics 1998: 4). AkteurInnen, die mit der Herstellung und Verbreitung diasporischer Medien in Zusammenhang stehen und „Imaginaries in Migration“ (Hillmann et al. 2019) erzeugen, werden in der Fachliteratur „Agents of Commemoration“ (Ben-Ze’ev 2005: 124, 136 f.), „Agents of Diasporic Imagination“ (Sökefeld 2006: 271) oder „Diasporic Writers“ (Bhatia und Ram 2001: 9) genannt. Unter ihnen und anderen Mitgliedern der Gemeinschaft werden Inhalte diasporischer Medien kontrovers diskutiert (BenZe’ev 2005: 136; Slyomovics 1998: 227 f.). 1.2.3
Diaspora als Prozess sozialer Bewegung
Den Prozess der Entstehung diasporischer Gemeinschaften versteht Sökefeld (2006; 2014) als eine Art „soziale (und politische) Bewegung“. Ausgehend von einem konstruktivistischen Ethnizitätsverständis können Diasporen als Sonderfall von Ethnie verstanden werden, die nicht auf natürliche Weise aus Migration und räumlicher Verteilung hervorgehen. Sie sind das Ergebnis von Mobilisierungsprozessen eines diasporischen Bewusstseins, das auf der Imagination primordialer Beziehungen basiert: „(…) [S]entiments of belonging, attachment to a home and ideas of a place of origin do not constitute the ‚substance‘ from which diasporas – like other identity groups – are made but the codes in terms of which ‚a‘ diaspora is imagined“ (Sökefeld 2006: 267).
26 Erinnerungsbücher beinhalten in der Regel Informationen zu physisch-strukturellen Gegebenheiten der Identifikationsorte (z. B. Lage der Häuser), Nachkommentafeln und ethnographische Berichte (z. B. über Folklore, Ökonomie, Bildung, Gesundheitsmaßnahmen, Beziehungen zu anderen Orten, Politik) (Slyomovics 1998: 6). Von PalästinenserInnen, ArmenierInnen, Jüdinnen und Juden, Heimatvertriebenen und BosnierInnen ist bekannt, dass sie im 20. Jahrhundert Erinnerungsbücher und andere Arten der Dokumentation produzierten (Slyomovics 1998: 1 f.; Ben-Ze’ev 2005: 137).
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Vielschichtige theoretische Perspektiven auf Diaspora
Der Ethnologe definiert Diaspora in Anlehnung an Anderson (1983) als transnationale vorgestellte Gemeinschaft27, deren verbindende Identität durch erfolgreiche Mobilisierung ausgebildet, verbreitet und wirksam gemacht wird (Sökefeld 2014: 226). Die Identitätskonstruktion erfolgt in Abgrenzung und Differenz zu Anderen und ist auf Anerkennung28 durch Andere angewiesen (Sökefeld 2008: 16 ff.). Unter Rückgriff auf Theorien sozialer Bewegungen hält Sökefeld (2006: 267, 270 ff.; 2014: 226) folgende Konzepte für Prozesse der Mobilisierungen von Diaspora für relevant: „Politische Gelegenheitsstrukturen“ (z. B. gesellschaftliche und politische Bedingungen, Kommunikationsmittel, Medien, Transportmittel), „Strukturen und Praktiken der Mobilisierung“ (z. B. Netzwerke, Organisationen, Veranstaltungen) sowie Meta-Frames, d. h. rahmende Ideen (z. B. zu Mitgliedschaft, Beziehungen, Orten, „Wurzeln“, historischen Ereignissen) aus denen sich die Imagination von Gemeinschaft zusammensetzt. Mit einem Fokus auf die beiden letztgenannten Konzepte schlägt er vor, Analysen der Formationsprozesse auf die in Tabelle 8 genannten vier Themenfelder zu beziehen und „(…) sowohl ‚interne‘, in der Struktur und Praxis der jeweiligen ‚Gemeinschaft‘ begründete Bedingungen, als auch die ‚externen‘ Verhältnisse, die die staatliche Anerkennungspolitik oder den Kontext der Mehrheitsgesellschaft betreffen [zu beachten] (…)“ (Sökefeld 2014: 249). Tabelle 8 Kategorien zur Analyse von Diaspora als Prozess sozialer Bewegung Sökefeld (2006: 271 ff.) (Ethn.)
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1 Kritische Ereignisse und Entwicklungen als Ausgangspunkt der transnationalen Gemeinschaftsvorstellung29 2 AkteurInnen diasporischer Imagination, die den Diskurs über die transnationale Gemeinschaft bestimmen 3 Praktiken der Mobilisierung sowie Events und Strategien30 4 Soziale und politische Dynamiken der Mobilisierung (z. B. interne Dynamiken, Widerstand, soziale Prozesse)
27 Diasporen lassen sich wie alle Gemeinschaften, die über Face-to-Face-Kontakte hinausgehen, als vorgestellte Gemeinschaften (Anderson 1983: 6 f.) beschreiben. Obwohl ihre Verbundenheit imaginiert ist, sind sie ebenso mächtig, gemeinschaftliche Vorhaben umzusetzen. Das Konzept eignet sich allerdings nur bedingt für diese Arbeit, da es größere Strukturen und weniger die individuelle Agency fokussiert. 28 Dazu erklärt Vertovec (2009: 139), dass AkteurInnen „Politics of Recognition“ zur Akzeptanz bestimmter Praktiken, zur Durchsetzung von Bildungszielen und zum rechtlichen Schutz vor Diskriminierung verfolgen. 29 Safran (2004: 21) führt dazu aus, dass Identitätsmarker mit Bezug zur Herkunft (z. B. Sprache, Religion) durch Ereignisse, Erfahrungen und Probleme der jüngeren Vergangenheit kompensiert werden können. 30 „Strategie“ wird in dieser Arbeit nach Raschke und Tils (2010: 22 f.) verwendet und bezeichnet „(…) eine spezielle Form des menschlichen Handelns (…) [, das] in der Zielsetzung vom Zeithorizont über den Augenblick und das Hier und Heute hinaus[greift und dem] (…) ein Prozess vorgespannt [ist], bei dem auf wohldurchdachte Art und Weise durch Suche nach geeigneten Mitteln und Maßnahmen eine Vorgehensweise festgelegt wird, mittels derer sich ein ins Auge gefasste[s] Ziel möglichst zielgenau verwirklichen lässt“.
Diaspora-Konzepte
Der Autor hebt die Bedeutung von AkteurInnen diasporischer Imagination hervor. Sie bestimmen die Interpretation von Ereignissen maßgeblich mit und halten die Vorstellung von Gemeinschaft aufrecht. Im Rahmen ihrer Einbindung in Netzwerke und Institutionen (re-)produzieren sie kontinuierlich Diskurse und Praktiken, damit sich die Diaspora nicht „de-mobilisiert“ und an Überzeugungskraft verliert (Sökefeld 2014: 227): „At a micro level this continuum is constituted by the multitude of actors in their respective positions in networks and institutions producing and reproducing a variety of discourses and practices“ (Sökefeld 2004: 151). Die AkteurInnen sind auf unterschiedliche Weise diasporisch und daher differenziert zu betrachten (Sökefeld 2014: 227). Unterschiede sind in Bezug auf ihre Gemeinschaftsvorstellungen (Sökefeld 2006: 267 f.) und Gewichtung von Identitätselementen (z. B. politisch, religiös, kulturell) feststellbar (Sökefeld 2004: 151). Auch variieren das Ausmaß und die Art ihres Engagements: Vordenker entwickeln Ideen von Gemeinschaft, die von Aktivisten verbreitet werden, um Anhänger und Unterstützer zu finden. Zudem gibt es Individuen, die sich mit der Diaspora-Gemeinschaft identifizieren ohne aktiv an Gemeinschaftsveranstaltungen zu partizipieren (Sökefeld 2006: 276 ff.; 2014: 226 f.). 1.3
Kritik an Diaspora-Konzepten
Die angesprochenen Merkmalskataloge und Typologisierungen lösten große Debatten aus. An Safrans (1991) Katalog wird besonders die räumliche Fixierung von Diasporen in Bezug auf Herkunft (Axel 2001: 9) und der damit verbundenen essenzialistischen Auffassung einer Gemeinschaft, die quasi natürlich entsteht und kollektiv handelt, kritisiert . Auch ist sie zu eng an dem idealen Typen einer Diaspora ausgerichtet und führt zu einer Klassifizierung von Gruppen als mehr oder weniger diasporisch (Clifford 1994: 305 f.), die zudem als statisch begriffen werden. Darüber hinaus sind zahlreiche Merkmale der beiden Kataloge nach heutigem Kenntnisstand als äußerst problematisch anzusehen. Sie schreiben ein Spannungsverhältnis zwischen „gesellschaftlicher Inkorporation“31 und diasporischem Bewusstsein fest, das mit Auffassungen partieller Integration einhergeht. So ist Pries (2010: 480) der Meinung, dass sich Diaspora-MigrantInnen nur bis zu einem gewissen Grad so31 Der eher praxis- und netzwerktheoretische Begriff der „gesellschaftlichen Inkorporation“ bezeichnet im Unterschied zu den politisch stark besetzten Begriffen „Assimilation“, „Integration“ und „Eingliederung“ nach Pries (2003: 30) einen „(…) ergebnisoffene[n] soziale[n] Prozess der ökonomischen, kulturellen, politischen und sozialen Verflechtung von Migranten auf der lokalen, regionalen, nationalen und transnationalen Ebene (…)“ (Pries 2003: 32, ohne Herv. des Orig.). Es zeigen sich dynamische Formen der partiellen, segmentierten und multiplen Inkorporation (Pries 2003: 30 ff.) In dieser Arbeit wird der englische Begriff der Incorporation mit Inklusion übersetzt, da bei der Verwendung von Inkorporation im deutschen Sprachgebrauch eine biologische Konnotation mitschwingt (Nieswand 2008: 39).
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Vielschichtige theoretische Perspektiven auf Diaspora
zial und politisch in der Gesellschaft des Ankunftslandes einrichten.32 Moosmüller (2002a: 13) behauptet, dass sich Mitglieder mit dem Dilemma konfrontiert sehen, sowohl gegenüber dem Herkunftsland als auch gegenüber dem Residenzland loyal sein zu wollen bzw. zu müssen. Vorstellungen wie diese gehen zurück auf den bereits in den 1920er Jahren von Park (1928: 881, 892) charakterisierten Marginal Man, der sich als kultureller Hybrid im Grenzbereich zweier Kulturen befindet. Er möchte sich nicht von seiner Vergangenheit trennen und ist in der neuen Gesellschaft nicht völlig akzeptiert, aber aufgrund seiner Erfahrung den „Verwurzelten“ hinsichtlich seiner Weltsicht überlegen33 (Park 1961: xvii). Im Gegensatz zu derartigen Ansichten sollten Gefühle der Ausgrenzung im 21. Jahrhundert als optionale, fluide Kategorie aufgefasst werden, denn: „Not all diasporic groups feel excluded from or ‚othered‘ by the wider society, and it is important to recognize that this measure of difference can shift radically over time“ (Berns-McGown 2007/2008: 8 f.). Zur Überwindung von Ansätzen, die von partieller Integration ausgehen, wird das Model der Netdoms (White 2008: 20) herangezogen, um die Bedeutung der individuellen Inklusion und persönlicher Netzwerke für Diasporen zu konzeptualisieren.34 Zur Hauptkritik an den Typologien zählt, dass Diaspora-Formationen mehreren Idealtypen zugeordnet werden können (Flores 2009: 26). Cohen (1997: xi, 179 f.) bemerkt selbst, dass die Grenzen zwischen den Typen fließend sind und es Überlappungen geben kann. Mit seiner Referenz auf nationale Diasporen (z. B. libanesische Handelsdiaspora), die zwar metaphorisch und nicht territorial gemeint ist, werden diese zudem als Einheiten beschrieben und interne Spaltungen und Differenzen übergangen. Zudem basiert seine Typologie auf nicht vergleichbaren Kriterien (z. B. Entstehungsgründe, soziale Funktion), die nicht in Beziehung zueinander gesetzt werden können (Anthias 1998: 562 ff.). Jüngere Ansätze wie der von Shuval (2000) berücksichtigen zwar die hohe Differenz unter Diaspora-Gruppen, sehen aber die Makroebene von Nationalstaaten und den Einfluss politischer Kontexte und gesellschaftlicher Haltungen als ausschlaggebend für die Stärkung oder Abschwächung diasporischer Projekte. Verankert im methodologischen Nationalismus werden die Kontexte 32 Sie unterscheiden sich laut Pries (2003: 29) von TransmigrantInnen, die den Wechsel zwischen verschiedenen Lebensorten als Normalzustand betrachten. 33 Die Verarbeitung der Entwurzelung führt dazu, dass er gleichzeitig die Rolle eines Fremden und Kosmopoliten einnimmt: „Inevitably he becomes, relatively to his cultural milieu, the individual with the wider horizon, the keener intelligence, the more detached and rational viewpoint“ (Park 1961: xvii f.). 34 Das Konzept ist mit Vorstellungen von Kontaktzonen (Mayer 2005: 96 ff.) zwischen der Diaspora und der Mehrheitsgesellschaft und Verhandlungsräumen (Deffner und Pfaffenbach 2011) vereinbar und integriert spezialisierte Interaktionsfelder. Für Staaten, die keine dauerhafte Zuwanderung und Einbürgerung anstreben, zeigen Deffner und Pfaffenbach (2013: 244) am Beispiel des Sultanats Oman, dass Individuen abhängig von ihrem ökonomischen, sozialen und kulturellen Kapital nur mit bestimmten Segmenten des heterogenen Gesellschaftskonglomerats interagieren. Individuelle Handlungsspielräume, gesellschaftliche Anerkennung und die Art der genutzten Kontaktzonen (z. B. im öffentlichen oder privaten Raum) hängen maßgeblich von der sozioökonomischen Position ab (Deffner und Pfaffenbach 2015a: 12).
Diaspora-Konzepte
der Mikro- und Mesoebene zu wenig beachtet (Glick Schiller et al. 2006: 612), obwohl sie für das Verständnis diasporischer Gemeinschaften unabdingbar sind. Insgesamt konstituieren die Definitionen, Typologien und empirischen Ausführungen der ersten Forschungsrichtung noch keine Theorie, die kausale Zusammenhänge bestimmter Variablen erklärt. Sie können nur als Ansatz dienen, um Hypothesen hinsichtlich der Ursachen und Konsequenzen von Diaspora-Formationen zu formulieren (Wahlbeck 2002: 231). Aus diesem Grund resümiert Vertovec (1997: 277) Ende der 1990er Jahre, dass es sich bei Diaspora um einen zu viel genutzten, aber zu wenig theoretisierten Begriff handelt. Die zweite neuere Forschungsrichtung distanziert sich von essenzialistischen Ethnizitätskonzepten und begreift Diasporen als transethnische, transnationale und transkulturelle hybride sozial-gesellschaftliche Formationen (Toro 2013: 91). Im Fokus stehen AkteurInnen und deren Praktiken zur Konstruktion und Aufrechterhaltung eines Gruppenbewusstseins. Die vorgestellten Ansätze weisen zahlreiche brauchbare Analysekategorien aus. Allerdings fehlt bis heute ein theoretisches Konzept, das mit starker empirischer Fundierung die konstitutiven Elemente, die den Entstehungsprozess, Fortbestand, die differente Weiterentwicklung und die dynamische Flexibilität diasporischer Gemeinschaften verstehbar macht, integriert und ausdifferenziert. Die vorgestellten Ansätze thematisieren lediglich Einzelemente diasporischer Gemeinschaften wie Differenzerfahrungen, pluriethnische Charakteristika, mediale Produktionen, AkteurInnen der Imagination und Dynamiken der Mobilisierung, ohne die Wechselwirkungen zwischen Identitätskonstruktionen, gruppeninternen Bedingungen und die Vielschichtigkeit der Netzwerke hinreichend zu thematisieren. Im Hinblick auf das hybride Selbstverständnis diasporischer Gruppen verdeutlicht das Konzept performativ-hybrider Diasporen, dass ethnische Bindungen und starre Grenzen durch fluide Identitäten ersetzt wurden. Aus Kritik an ethnischen Linsen untersuchen Glick Schiller et al. (2006: 614) daher nicht nur ethnische, sondern insbesondere ökonomische, politische, religiöse und nachbarschaftliche Pfade migrantischer Inklusion in Abhängigkeit vom Maßstab (Scale) (Glick Schiller und Ça ǧ lar 2008: 40 ff.). Ihr Analysefokus auf einzelne Individuen birgt jedoch die Gefahr, Beziehungen zwischen Mitgliedern von Gemeinschaften und wechselseitige Abhängigkeiten zu verkennen. Mit Blick auf diasporische Gemeinschaften sollte die Kategorie „imaginierte Ethnizität“ nicht vollständig ausgeblendet werden, denn sie kann für alltägliche Kommunikationsnetzwerke von außerordentlicher Bedeutung sein. Bislang fehlt es an differenzierten Erkenntnissen über den lebensweltlichen Umgang mit sozialen Zuschreibungen und konstruierten Grenzen. Diskursiv reproduzierte essenzialistische Vorstellungen von Lebensweisen und spezifischen Geographien werden häufig vernachlässigt (Carter 2005: 54 f., 61 f.). Das Zusammenspiel von Diasporen, Medien und Kultur wird von WissenschaftlerInnen mithilfe unterschiedlichster konzeptueller Rahmen untersucht, wie die jüngst erschienenen Handbücher von Smets et al. (2019) und Retis und Tsagarousia-
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Vielschichtige theoretische Perspektiven auf Diaspora
nou (2019) aufzeigen. Letztgenannte Herausgeberinnen formulieren zwar eine kritische Perspektive auf den diasporischen Zustand (Tsagarousianou und Retis 2019: 16 f.), verzichten jedoch auf eine, die Einzelstudien integrierende, theoretische Abstraktion zum besseren Verständnis der damit verbundenen Praktiken und Imaginationen von Mitgliedern. Als verbindendes Element steht vielmehr die Selbstreflexion von WissenschaftlerInnen im Vordergrund, die MigrantInnen eine Stimme geben (Erhaim et al. 2019: 608 ff.). In diesem und anderen Werken werden die kulturellen (Re-)Produktionen und die damit verbundenen Diskurse vorrangig in Bezug auf ihr Mobilisierungspotenzial oder die zum Ausdruck gebrachten negativen Erfahrungen der Entwurzelung, Marginalisierung, Machtlosigkeit (Ogunyemi 2015: 2), Diskriminierung und Ungerechtigkeit thematisiert (Prins et al. 2013: 81). Nur am Rande werden die mittels diasporischer Medien zirkulierten normativen Implikationen aufgezeigt. Zudem werden affektive Dimensionen, die transnationale soziale Felder durchdringen, in den Konzepten zwar angesprochen, abgesehen von wenigen Ausnahmen (z. B. Boos 2013) werden damit verbundene emotionale Praktiken aber nicht auf Basis einer breiten empirischen Erhebung ausdifferenziert. Das Kleeblatt zur Identifizierung von Neo-Tribes (Cova und Cova 2002: 606) eignet sich zur Isolation von Dimensionen, um das emotional Geteilte von Mitgliedern zu analysieren. Die Perspektive von Sökefeld (2006), Diasporen als „Prozess sozialer Bewegung“ zu verstehen, unterstreicht die Bedeutung von AkteurInnen. Die unterschiedlichen Bereiche, in denen sich Mitglieder auf der Mikroebene engagieren, werden aber nur in Ansätzen angesprochen. Zur Schließung dieser Forschungslücke werden die Konzepte Communities of Practice (CoP) (Wenger 1998) und Netdoms (White 2008: 20) einbezogen, die Praktiken und Vernetzungen von AkteurInnen und deren Effekte für die Gemeinschaft analytisch greifbar machen. Alltägliche Unterstützung, die auf nachbarschaftlicher35 oder beruflicher Nähe basiert, kann wie Deffner (2014: 187) mit Blick auf die segmentierte Einwanderungsgesellschaft des Sultanats Oman zeigt, für die Zugehörigkeit zu einer Community ausschlaggebender sein als Identitätselemente wie Religion oder Herkunft. Wichtige Differenzierungskriterien wie Sprache, Nationalität oder kulturelle Praktiken, verlieren in Muscat bei Personen mit hohem Qualifikationsniveau oder sozioökonomischem Status an Bedeutung (Deffner und Pfaffenbach 2015b: 8). Darauf aufbauend liegt der Schwerpunkt dieser Arbeit auf Interaktionen und Netzwerken, die über Verwandtschaftsbeziehungen und ethnische Zuschreibungen hinausgehen. Die in den folgenden Kapiteln gewählten theoretischen Perspektiven imaginierte Ethnizität, Vergemeinschaftung und soziale Netzwerke setzen bei den Defiziten der
35 Nachbarschaft wird in dieser Arbeit als Lebensraum mit Ressourcen- und Identifikationsfunktion entsprechend der Definition von Healey (1998: 69) verstanden.
Konzepte der imaginierten Ethnizität
Diaspora-Konzepte an, die auch heute noch unter einem fehlenden Einbezug nachbarwissenschaftlicher Ansätze leiden (Baumann 2003: 31). Ungeachtet dessen sind wichtige Elemente der Diaspora-Konzepte Ausgangspunkt der zu formulierenden vorläufigen Arbeitsdefinition und fließen in die Analysefolie ein. 2
Konzepte der imaginierten Ethnizität
Erste grundlegende Überlegungen zum Zusammengehörigkeitsgefühl von Mitgliedern einer Gemeinschaft stammen vom Historiker und Soziologen Ibn Khaldun (1332–1406) (2015: 97 ff.) aus dem 14. Jahrhundert. Mit seinen Auffassungen fordert er weit verbreitete Annahmen und Missverständnisse über die arabischen Staaten Westasiens heraus (Fromherz 2010: 159). Der von ihm umgedeutete Begriff der ʿAsabiyyah (arab. für binden) steht für die kraftvolle Solidarität und Loyalität innerhalb von Gruppen. Khaldun (2015: 98 ff.) betonte, dass ʿAsabiyyah nicht zwangsläufig auf tatsächlicher Blutsverwandtschaft, sondern auf dem Anschein bzw. Gefühl gemeinsamer Herkunft basiert: „When the things resulting from common descent are there, it is as if (common descent) itself were there (…). In the course of time, the original descent is almost forgotten“ (Khaldun 2015: 100). ʿAsabiyyah wirkt als Antriebskraft politischer Machtentfaltung und ist Quelle neuer Dynastien: „Ibn Khaldun claimed that rural tribes, not cities, were the true reservoir of power“ (Fromherz 2010: 137). Dynastien werden jedoch nach höchstens drei Generationen von anderen abgelöst, da Herrscher zur Machtausweitung Mitstreiter der eigenen Gruppe ausgrenzen, um neue Klienten und Anhänger zu gewinnen (Khaldun 2015: 136 f., 141 f.). ʿAsabiyyah verliert an Stärke, wenn (konstruierte) Blutsverwandtschaft (arab. Silat ar-rahem) von Klientschaft (arab. wala) und Allianz (arab. hilf), die ebenfalls ʿAsabiyyah ausmachen, abgelöst wird (Alatas 2013: 61). Mit der Entstehung der Nationalstaaten transformierten sich Stämme und traditionelle Gemeinschaften, die integraler Bestandteil staatlicher Strukturen wurden, in ethnische Kollektive (Cohen 1974: ix). Im Zuge von Einwanderung kommt es langfristig, laut Begründer der Chicagoer Schule, zu multiethnischer Integration: „(…) [P]eoples and races who live together, sharing in the same economy, inevitably interbreed, and in this way if in no other, the relations which were merely co-operative and economic become social and cultural“ (Park 1928: 891). Als Gegenentwurf zu Parks (1928: 890) Theorie des ethnischen Schmelztiegels (Melting Pot), dem US-amerikanischen Gründungsmythos, entstand das Konzept Ethnizität36 (Glazer und Moynihan 1975: 4 f.). Ethnizität bezeichnet das Verhältnis zwischen mindestens zwei Gruppen, unter denen die Ansicht vorherrscht, unter-
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Der griechische Begriff Ethnos steht für fremde Völker und Nationen (Omar 2002: 33).
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Vielschichtige theoretische Perspektiven auf Diaspora
schiedliche, tatsächliche oder angenommene Meinungen in Bezug auf Lebensweise und Weltbilder zu haben. Demnach ist Ethnizität weder identisch mit Nation noch mit Kultur, Volk oder Race (Gingrich 2008: 102 ff.). Zur Erklärung von Ethnizität lassen sich zwei einander entgegengesetzte Perspektiven unterscheiden. Primordialistische Positionen gehen davon aus, dass biologische Ursprünge bzw. ursprüngliche Beziehungen die Bildung von ethnischen Gruppen bedingen (Salzborn 2006: 99). Neugeborene werden in ein bestimmtes Umfeld hineingeboren und erhalten ihre Basisidentität über Sozialisation: „(…) [B]asic group identity consists of the ready-made set of endowments and identifications which every individual shares with others from the moment of birth (…)“ (Isaacs 1975: 31). Damit verbundene essenzialistische Erklärungen nehmen an, dass ethnische Identitäten auf „wirklichen“ Gemeinsamkeiten beruhen, eine historische Kontinuität aufweisen und sich höchstens langsam verändern. Diskurse bilden nach dieser Auffassung die „gegebene Realität“ ab. Demgegenüber versteht die konstruktivistische Perspektive, die sich seit den 1980er Jahren durchsetzt (Sökefeld 2007: 32), ethnische Kollektive nicht als naturgegeben, sondern als soziale Konstrukte, die aus menschlichem Handeln hervorgehen. Ihre Grenzen sind in der Regel durchlässig, veränderbar und fließend. Die Konstrukte unterliegen zeitlichen und relationalen Dynamiken, hervorgerufen durch sich wandelnde soziale und politische Umstände und Rahmenbedingungen (Gingrich 2008: 106 f.). Zu einem weltweiten Ethnic Revival (Smith 1981) trugen der antirassistische und antikoloniale Diskurs der 1960er und 1970er Jahre und die damit verbundene Bürgerrechtsbewegung in den USA, die zunehmende politische Anerkennung von Differenz (Hall 2017: 90 f.), der Perspektivwechsel der Forschungsliteratur vom AssimilationsParadigma zur Persistenz von Ethnizität (Brubaker 2005: 7 f.) sowie der Wunsch nach Vergemeinschaftung bei (Cornell und Hartmann 2010: 90 f.). Die Rückkehr von Ethnizität bzw. das steigende Selbstbewusstsein ethnischer Gruppen (Glazer und Moynihan 1963) äußerte sich u. a. in der kulturellen Zelebrierung von Differenz (Hall 2017: 91), die zur Formulierung der Konzepte Multikulturalismus und Diversity führte (Bös 2010: 48 f.). Aufbauend auf dem Ansatz, Diasporen als Prozesse sozialer Bewegung (vgl. II 1.2.3) zu verstehen, sind die Ausführungen in den folgenden Kapiteln inspiriert von Arbeiten über kollektive Identitätskonstruktionen von Social Movements und Organisationen, um den aktuellen Diskurs über die narrative (Re-)Konstruktion ethnischer Identität mit analytisch brauchbaren Aspekten anzureichern. 2.1
Kollektive Identität und ethnische Differenz
Kollektive Identität bezeichnet die Imagination eines Wir-Bewusstseins, das kognitive, moralische und emotionale Komponenten beinhaltet (Polletta und Jasper
Konzepte der imaginierten Ethnizität
2001: 285) und seine Stärke aus der kollektiven Solidarität, Wirksamkeit und Agency37 bezieht (Snow 2013: 267). Das Konzept baut auf den klassischen soziologischen Theorien des späten 19. und 20. Jahrhunderts auf, bei denen insbesondere strukturellkulturelle Kontexte für Identitätsbildungsprozesse von Kollektiven betrachtet wurden. Nach heutigem Verständnis sind kollektive Identitäten soziale Konstrukte, die aus Diskursen und gemeinschaftsbildendem Handeln hervorgehen (Sökefeld 2007: 33) und folgende Charakteristika aufweisen: (1) [E]in subjektives Wir-Gefühl und demnach (die Fiktion von) Gemeinsamkeiten, die eine eigene Abgrenzung der eigenen Referenzgruppe nach außen ermöglichen, sowie (2) Formen von Vergemeinschaftung, die durch anhaltende Interaktion bzw. Organisation stabilisiert und [3] nach innen wie nach außen symbolisch vermittelt werden (Rucht 1995: 10).
An der Konstruktion und Rekonstruktion kollektiver Identitäten sind ethnische Gruppen aktiv beteiligt. Ethnische Zugehörigkeit beruht auf einem subjektiven Prozess der wechselseitigen Zuordnung von Personen, weshalb Ethnizität nur in Abgrenzung zu anderen Gruppen existiert (Gingrich 2008: 102). Ethnische Identitätsbildung ist von Selbstwahrnehmung und Fremdzuschreibung beeinflusst. Diese gegenseitigen Konstruktionsprozesse erfolgen kontinuierlich, basierend auf Vorannahmen, Dispositionen, Absichten und äußeren Umständen. Neben gemeinsamen Interessen und Institutionen zählen gemeinsame kulturelle Praktiken zu den dynamischen Bindekräften kollektiver ethnischer Identität (Cornell und Hartmann 2010: 71, 79 ff.). Mit der Frage, wie ethnische Identität konstruiert wird, beschäftigte sich bereits Barth (1969: 14 f.) in seinem vielzitierten Artikel „Ethnic Groups and Boundaries“. Er formuliert eine relationale Theorie von Ethnizität, in der er Grenzziehungsprozesse und deren Aufrechterhaltung als konstitutiv für ethnische Gruppen betrachtet. Statt einer essenzialistischen Definition von Grenzen wird nur bestimmten kulturellen Merkmalen bzw. Unterschieden eine besondere Bedeutung zugemessen. Beeinflusst vom vorherrschenden soziokulturellen System, können sich diese jederzeit ändern. Darauf aufbauend eignet sich ein Ethnizitätsmodell, das auf Prototypen basiert (vgl. Abb. 1). Haller (2010: 95) verwendet die Metapher von Bausteinen38 auf die im Differenzierungsprozess häufig zurückgegriffen wird. Dazu zählen ein gemeinsamer Name, der Glauben an eine gemeinsame Abstammung, ein Abstammungsmythos, symbolische Bindungen an ein Territorium oder einen Ort, gemeinsame historische Erfahrungen sowie gemeinsame kulturelle Elemente (z. B. Sprache, Feste, Speisen, Ri-
Handlungsspielräume eines Kollektivs, die durch Bemühungen einzelner AkteurInnen ermöglicht werden, bezeichnet man als kollektive Agency (Bender et al. 2013: 259, 268). 38 In diesem Sinne betont auch Hall (1990: 227), dass Diaspora-Identitäten auf komplexe Wechselbeziehungen zwischen unterschiedlichen Komponenten (z. B. Sprache, Religion, Identifikationsort) zurückgreifen. 37
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tuale39). Zu ergänzen sind neue Gewohnheiten und Umgangsformen sowie wiederbelebte, zuvor in Vergessenheit geratene kulturelle Praktiken (Cornell und Hartmann 2010: 70). Tradition ist also stets als etwas Neugeformtes und Transformiertes
Abb. 1 Dynamisches Prototypenmodell der imaginierten Ethnizität aus personenbezogener Perspektive
Nach Goffman (1974: 97) wird Ritual verstanden als „(…) mechanische, konventionalisierte Handlung, durch die ein Individuum seinen Respekt und seine Ehrerbietung für ein Objekt von höchstem Wert gegenüber diesem Objekt oder seinem Stellvertreter bezeugt“. Dieser erweiterte Ritualbegriff bezieht sich nicht nur auf das Mystische oder Heilige, sondern schließt interpersonelle Rituale zur Respekterweisung (z. B. Grüße, Komplimente) und korrektive Rituale bei Normverstößen (z. B. Entschuldigungen) ein (Werlen 1984: 65). Vertovec (2009: 142 f.) bezeichnet die rituelle Sakralisierung eines Raums im diasporischen Kontext als Re-Spatialization. Umgekehrt kann es zu einer Desacralization kommen, wenn Rituale symbolisch eingesetzt werden, nur um die Identität basierend auf kultureller Differenz zu bestätigen (Sökefeld 2004: 139 f.). 39
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aufzufassen (Hall 2017: 170). Eine hilfreiche Einteilung liefert Barth (1969: 14 f.), der zwischen offenkundigen Markern (z. B. Kleidung, Sprachstil, Behausungsform, Lebensstil)40 und grundsätzlichen Einstellungen und Werteorientierungen unterscheidet. Letztere umfassen die moralischen Standards zur Beurteilung von Verhalten. Diese „Signifikanten kultureller Differenz“ (Hall 2017: 126) werden auch Boundary Marker, die der symbolischen Markierung der Grenze dienen (Boundary Maintenance) (Brubaker 2005: 5 f.), genannt. Im Vergleich zu anderen Kollektiven, überwiegen bei ethnischen Gruppen Bausteine wie die Imagination einer gemeinsamen Abstammung, angenommene physische Unterschiede und/oder Religion als Identitätsressourcen (Fuhse 2008: 28). Sie fördern das Bewusstsein von Gemeinsamkeiten und Zusammengehörigkeit, denn „[d]ie Differenzierung vereinheitlicht die Ethnie im Inneren und trennt sie von anderen“ (Haller 2010: 95). Die damit verbundenen sozialen Differenzierungen und Symboldeutungen werden in Interaktion (re-)produziert (Fuhse 2008: 28). Das Prototypenmodell ist inspiriert von Konzepten, die Individuen als Bastler41 beschreiben und dank verschiedener Lebenserfahrungen neue kulturelle Identifikationsmöglichkeiten begründen (Haller 2010: 95). Im Sinne des Konzeptes Patchwork-Identitäten42 von Keupp et al. (2002), nach dem Individuen unterschiedlichste Identitäts-Fragmente43 patchworkartig44 miteinander verknüpfen, müssen Merkmale von Personen, die sich einer ethnischen Gruppe zugehörig fühlen, nicht übereinstimmen (vgl. Abb. 1). Individuen müssen Nationalität, Herkunft, Freizeitgestaltung oder 40 Selbstdarstellungen und deren Objekte, die dazu dienen, Beziehungen zu anderen auszudrücken, bezeichnet Goffman (2010: 194 f.) als Tie Signs (Bindungszeichen). 41 Den Begriff der „Bastelei“ (Bricoler) führte Lévi-Strauss (1973: 29 ff.) in die Anthropologie ein. Er bezog ihn auf AkteurInnen, die Probleme mithilfe von mythischem Denken lösen. Wie Bastler verwenden sie abwegige, begrenzte und heterogene Mittel im Vergleich zu denen des Fachmanns. In diesem Sinne beschreibt das Konzept der Bastelmentalität von Gross (1985: 72, 78 ff.) Individuen in der Postmoderne als Heimwerker, die sich ihre Identität aus diversen, gerade passenden, gewünschten und verfügbaren Bausteinen zusammenbasteln. Im übertragenen Sinne sind damit die gesellschaftlichen Lebensstile und Haltungen gemeint. Davon inspiriert sprechen Hitzler und Honer (1994: 310 ff.) von der Bastelexistenz individualisierter Menschen, die vorgefertigte Stil-Kriterien und Sinn-Elemente zu einem Sinn-Ganzen bzw. einer Collage zusammenfügen, die sich permanent aktualisiert. 42 Inspiriert von Eriksons (1980) prozessualem Identitätsverständnis gehen Keupp et al. (2002: 10, 217 f.) davon aus, dass Menschen aus den lebensweltlichen Erfahrungen Patchwork-Identitäten anfertigen. Die zunehmende Komplexität moderner Lebenszusammenhänge und veränderter Orientierungsmuster erfordern eine permanente und zukunftsoffene alltägliche Identitätsarbeit, um soziale Anerkennung zu erfahren (Keupp et al. 2002: 36, 60, 63). 43 Die Fragmente werden als Teilidentitäten bezeichnet. Sie sind das Ergebnis der Integration situativer Selbsterfahrungen und beziehen sich unter anderem auf Arbeit, Freizeit oder Familie. Kriterien wie ethnische Zugehörigkeit, ideologische oder religiöse Bekenntnisse, sexuelle Orientierung, sozialer Status oder regionale Herkunft fließen in die persönliche Identitätsbildung ein. Insgesamt betont das Konzept die Bedeutung von Narrationsarbeit zur eigenen Positionierung und zur Erzeugung von Kohärenz (Keupp et al. 2002: 218, 268, 207 ff.). 44 Die Metapher Patchwork soll die kreative Eigenleistung der Subjekte bei der Verknüpfung von teils widersprüchlichen Identitäts-Fragmenten betonen (Keupp 2008: 295).
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Behausungsform nicht teilen, sondern können unterschiedliche Merkmale mit derselben ethnischen Identität verbinden und als Mitglied der Gruppe gelten. Sie identifizieren sich mit bestimmten Bausteinen (z. B. Sprache, Feste), die sie mit anderen Mitgliedern der ethnischen Gruppe teilen (Haller 2010: 94 f.). Ethnische Identifikation bezeichnet die Zuordnung zu einer ethnischen Gruppe, die oftmals durch primäre Sozialisation vermittelt wird, jedoch wandelbar ist. Sie kann nicht nur auf einem diffusen Gefühl, sondern auch auf bewusster Entscheidung basieren (Haller 2010: 95 f.). Wie bei sozialen Bewegungen können also rationale Abwägungen über die potenziellen Vorteile, die Mitgliedern vorbehalten sind, eine Rolle für Teilhabe und Identifikation spielen (Polletta und Jasper 2001: 290). Als situationaler und prozessualer Ansatz betont das Prototypenmodell der Ethnizität, dass Individuen mehreren ethnischen Gruppen angehören, die je nach Interaktionskontext (z. B. Arbeit, Freizeitgestaltung) variieren und sich im Laufe des Lebens verändern können (Haller 2010: 94 f.). Gleichzeitig vereinen ethnische Kollektive eine Vielzahl von differenten individuellen Patchwork-Identitäten. Mit dieser Argumentation ist das Prototypenmodell ein Gegenentwurf zu primordialen Ansätzen und Merkmalslisten, die auf holistischen Konzepten von Kultur beruhen. Es konzeptualisiert die Aussagen von Hall (2017: 116 f.) zur Rekonfiguration von Ethnizität, die eine lockerere, durchlässigere, offenere45 und zunehmend hybridisierte Form kultureller Identität aufweist und widersprüchliche Verknüpfungen entstehen lässt (vgl. II 1.2.1). In diesem Sinne ist Ethnizität als nur eine von zahlreichen Konstituierungsgrundlagen von Gemeinschaften zu begreifen (Fuhse 2008: 28): „Der Begriff Ethnizität ist somit eng mit der Auseinandersetzung mit kollektiven Identitäten verbunden, bildet jedoch zugleich nicht den ausschließlichen oder maßgeblichen Teil kollektiver Identitäten“ (Rohstock et al. 2015: 80). Weitere denkbare Grenzmarkierungen, die sich bei sozialen Bewegungen zeigen, können bei folgenden Ausprägungen ansetzen: „Boundary markers can vary from geographical, racial, and religious characteristics to more symbolically constructed differences such as social institutions and cultural systems“ (Taylor und Whittier 1992: 112). Als symbolische Ressourcen sind auch erklärte und zugeschriebene Bezeichnungen, Zeichen, Slogans, Schmuck und Musik denkbar (Snow und Corrigall-Brown 2015: 177). Zu ergänzen sind die Überlegungen von Kraus (2010: 145 f., 149 ff.), der eine konzeptionelle Verknüpfung von personaler, das Individuum betreffender und kollektiver, die Gruppe betreffender Identität versucht.46 Ebenfalls aufbauend auf den Ansatz der
45 Wie Ausführungen von Hall (2017) erkennen lassen, unterscheidet er zwischen geschlossenen und offenen Arten der diskursiven Formation bzw. Codierungen kultureller Differenz. Sie treten gegenwärtig beide auf, entweder als abwehrende Form oder als „Gewebe von Differenz“ (Hall 2017: 134). 46 Die Verbindung dieser Themenkomplexe gelingt ihm durch Einbezug theoretischer Ansätze zu sozialer Anerkennung, die den Fokus auf gesellschaftliche Dominanzverhältnisse legen (z. B. Identity-Politics-Ansatz) oder Identitätsbildung als sozialen Prozess verstehen (z. B. Konzept Citizenship) (Kraus 2015: 152 ff.).
Konzepte der imaginierten Ethnizität
Patchwork-Identitäten von Keupp et al. (2002) erklärt er, dass Individuen im Rahmen ihrer Identitätsarbeit bestimmte Wir-Bezüge situativ verwalten, mit dem Ziel Individualitätsbehauptung zu ermöglichen ohne den Gemeinschaftsbezug, Vertrauen und Anerkennung zu gefährden (Kraus 2015: 156). Aus diesem Grund sollte laut Kraus (2015: 149 ff.) an dem Begriff der „kollektiven Identität“ festgehalten, jedoch Hybridisierung47 und Labilisierung von Wir-Bezügen sowie deren affektive Dimensionen stärker betont werden. 2.2
Narrative (Re-)Konstruktion (ethnischer) kollektiver Identität
Im Zuge des Narrative Turn wird in den Kultur- und Sozialwissenschaften der narrativen Konstruktion von Identität eine hohe Bedeutung zugemessen (Kraus 2015: 145). Dieser Ansicht folgend, muss ein Fokus auf Narrationen von Gemeinschaften gerichtet werden, um besser zu verstehen, wie ethnische Differenzen bzw. Boundary Marker konstruiert, aufrechterhalten und reproduziert werden und wie sie sich verändern. Denn „(…) Ethnizität [ist] ein Artefakt der Kommunikation“ (Fuhse 2008: 28) oder hinsichtlich sozialer Bewegungen formuliert: „Fundamentally, collective identities are talked into existence“ (Hunt und Benford 2004: 445). Narrationen sind laut Keupp et al. (2002: 207 f., 216)48 vom jeweiligen sozialen Kontext sowie von Machtstrukturen und Metaerzählungen49 geprägt. Damit sind „die dominierenden Erzählungen über [die Praxis einer Gesellschaft] (…) samt der Werte- und Normen-Systeme“ (Keupp et al. 2002: 286) gemeint, die medial verstärkt werden. Der Begriff „Narration“ steht für das Erzählerische basierend auf der kognitiven Fähigkeit „(…) des Menschen, Ereignisse der Lebenswirklichkeit sinnvoll zu organisieren und zu vermitteln“ (Mahne 2007: 9). Ein Sprechakt wird durch das Verleihen einer Handlungsstruktur (Plot) zur Narration (Meyer 2018: 1). Narrationen sind Die kulturelle Hybridität innerhalb von Kollektiven beschreibt Reckwitz (2001: 193 ff., 197) mit dem Konzept kultureller Interferenzen. Auf Kollektive wirkt eine komplexe lebensweltliche Kombination verschiedener kultureller Praktiken, Elemente, Codes und Wissensordnungen unterschiedlicher Herkunftsmilieus, die für die Lebensführung konstitutiv sind, ein. Kollektive, die ihre Kultur als inhomogen, hybride oder kreolisiert charakterisieren, erreichen „(…) so indirekt doch eine kollektive Identität als einzigartige Kombination spezifischer kultureller Traditionen und Vokabulare (…)“ (Reckwitz 2001: 194). 48 Diese Aussage trifft Keupp et al. (2002: 216) zwar in Bezug auf Selbsterzählungen, es ist aber anzunehmen, dass sie auf Narrationen, die für kollektive Identitätskonstruktionen bedeutsam sind, übertragbar ist. 49 Beispiele für die richtungsweisenden großen Erzählungen (Grand Narratives) der Moderne sind nach Lyotard (1996: 32 f.) die Emanzipation von Vernunft und Freiheit, die Idee der Aufklärung und die Bereicherung der Menschheit durch technischen Fortschritt. Sie legitimieren Institutionen, politische und soziale Praktiken, Gesetze, Denkweisen und Ethiken. In der Postmoderne zerfallen sie laut Lyotard (1994: 175) in nur noch lokal wirksame kleine Erzählungen. Seine völlige Ablehnung von großen Erzählungen in Zeiten der Postmoderne wird von Boje (2001: 43 f.) kritisiert: „Rather than reject all grand narratives, it is possible to resituate and restory them (…). [W]e can juxtapose alternative big and little stories and trace their interplay (…).“ 47
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„Bündel kultureller Praktiken“ (Meyer 2018: 1), die performative50, semiotische und soziale Aspekte aufweisen (Duranti 1997: 14 ff.). Narrationen beinhalten laut Ochs und Capps (2001: 19 f., 82) fünf Dimensionen: Tellership verweist auf die Erzähler, Tellability auf die Relevanz und verwendete Rhetorik, Embeddedness auf die diskursive Verankerung, Linearity auf die Abfolge der erzählten Begebenheiten und Moral Stances auf die vermittelten Moralvorstellungen. Die Ausdrücke Narration und Story werden in dieser Arbeit synonym und weit gefasst verwendet, sodass sie persönliche und kollektive Stories diverser Genres bezeichnen: „[F]ables, legends. foundation myth, fairy tales, oral history, jokes, reminiscences, gossip, (auto) biographies and ethnographic vignettes“ (Bönisch-Brednich 2016: 205). Der Narrative Bond (narrative Zusammenhalt) (Eder 2009: 431) ethnischer Kollektive bzw. diasporischer Gemeinschaften fußt auf Geschichten und Mythen durch die Wissensvorräte, Deutungsmuster (z. B. Prioritätsordnungen, Wirklichkeitsverständnis), handlungsanleitende Direktive sowie kollektive Wünsche, Bedürfnisse und das Selbstverständnis der Gruppe51 vermittelt werden (Cornell und Hartmann 2010: 70, 80; Dayan 1999: 23): „These narratives tell members important things about themselves. (…) A community cannot be a community without a shared narrative“ (Rappaport 2000: 4, 6). Für diasporische Gemeinschaften haben digital zirkulierte Narrative eine besondere Bedeutung (Bernal 2010: 167). Referenzrahmen und kulturelle Codes werden durch transnationale Vernetzungspraktiken artikuliert und tragen zur Aufrechterhaltung bestimmter (digitaler) diasporischer Gemeinschaften bei (Leurs 2012: 74, 59, 61). Bönisch-Brednich (2019: 67) verweist auf „one sentence trigger“ und „one word trigger“, die als Mnemonic Device (Gedächtnisstütze) Erinnerungen hervorrufen und von Mitgliedern unterschiedlich verwendet werden. Solche Trigger müssen im Rahmen der Analyse als Schlüsselsymbole (Ortner 1973) Beachtung finden. Einerseits repräsentieren sie vielfältige Bedeutungszuschreibungen von Mitgliedern, andererseits machen sie komplexe Gefühle und Ideen verständlich und kommunizierbar (Ortner 1973: 1339 f.). Collective Narratives sind wiedererzählte, einzelne Geschichten, die an bestimmte Ereignisse erinnern, auf gleiche Weise enden (Prins et al. 2013: 84) und Interpretation vorgeben: „Constructing an ethnic identity involves, among other things, a gradual layering on and connecting of events and meanings, the construction of a collective narrative“ (Cornell 2000: 42 f.). Collective Narratives können als Mythos bezeichnet werden, wenn es sich um verfestigte, verinnerlichte und transformierte Vergangenheit Das Konzept der Performance umfasst Absichten und Wirkungen sowie unter anderem Poesie, Kreativität und Ästhetik und wird von der adressierten sozialen Gruppe bewertet. In Bezug auf die Semiotik ist besonders die Indexikalität von Geschichten (z. B. Sprachwahl, Konnotationen) von Interesse (Duranti 1997: 14 ff.). 51 In Bezug auf soziale Bewegungen wird der Begriff Identity Talk (z. B. Hunt und Benford 1994: 488) verwendet, der für die Etablierung von Grenzen, für die Identifikation anderer Gruppen und für die Schaffung bzw. Bewahrung eines kollektiven Bewusstseins ausschlaggebend ist. 50
Konzepte der imaginierten Ethnizität
handelt. Der (vorzugsweise narrative) Bezug auf faktische oder fiktive vergangene Ereignisse liefert Anhaltspunkte für gegenwärtige Selbstbilder, zukünftige Hoffnungen und bevorstehende Handlungsziele. Ein Mythos kann eine fundierende oder kontrapräsentische Funktion52 haben und handlungsleitend wirken. Er dient der Orientierung in der Welt, hat Appell-Charakter und übt so normative und formative Kraft aus (Assmann 2007: 52, 76 ff., 168). Hilfreiche konzeptionelle Überlegungen über die permanente (Re-)konstruktion bzw. Bewahrung eines Gruppenbewusstseins durch Narrationen liefern Arbeiten aus dem Bereich der Organisationsforschung. Sie differenzieren den Prozess und unterschiedliche Arten von Stories, die von Mitgliedern geteilt werden, aus. Narrative Induction (Linde 2000: 608 ff.) beschreibt den Prozess, bei dem neue Mitglieder einer Organisation im Laufe der Zeit ihre Personal Narratives entsprechend der Erzähltradition der Organisation gestalten. Dies führt zur Konstruktion einer neuen Identität. Als Referenz für Erzählungen von Mitgliedern einer Gemeinschaft dienen sogenannte Paradigmatic Stories: I define the paradigmatic narrative as a representation of the ideal life course within an institution, including its stages (…). The narratives that form the paradigmatic narrative have evaluations that form a set of core values, which are exemplified in the story of the founder (Linde 2000: 621 f.).
Die Übernahme von ähnlichen Themen in persönlichen Erzählungen beruht auf kollektiv geteilten Erinnerungen, die innerhalb von Organisationen reproduziert werden. Dies erfolgt insbesondere durch Non-Participant Narratives (Linde 1997: 462), d. h. mündliche Erzählungen von Personen, die bei den Ereignissen nicht persönlich anwesend waren. Wenn Non-Participant Narratives bei Betrachtung von Artefakten wie Fotografien und Plaketten geteilt werden, die in (Unternehmens-)Museen, auf Webseiten und an anderen Orten ausgestellt werden, spricht Linde (2000: 612) von Occasioned Stories. Zudem tragen unterschiedliche Dokumente wie verfasste Biographien, Firmengeschichten, Newsletter sowie Videos und Spiele zur Verbreitung identitätsrelevanter Narrative bei. Die verbal und medial vermittelten Narrative ermöglichen die Gestaltung und den Erhalt eines kollektiven Gedächtnisses53 und den Einbezug neuer TeilnehmerInnen samt ihrer Geschichten (Linde 2000: 609 ff.).
Ein Mythos wirkt fundierend wenn Gegenwärtiges in das Licht einer Geschichte gestellt wird, die es sinnvoll, gottgewollt, erforderlich und unabänderlich erscheinen lässt (Assmann 2007: 76, 78 f.). Demgegenüber beschwört „kontrapräsentische Erinnerung“ (Theissen 1988: 171) eine heroische Vergangenheit herauf, welche die Gegenwart als fehlerhaft, aufgegeben, verloren und marginalisiert erscheinen lässt. 53 Der Begriff „kollektives Gedächtnis“ wird im Sinne von Halbwachs (1967: 2, 74 f., 129) verwendet, der davon ausgeht, dass individuelle Erinnerungen kollektiv erzeugt werden. Jede soziale Gruppe konstruiert ihre eigene Geschichte und teilt die Vorstellung, ihre Identität bewahrt zu haben, obwohl sie sich verändert (z. B. neue Mitglieder, Ereignisse, materielle Veränderungen). 52
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Die angesprochenen paradigmatischen Erzählungen dürfen jedoch nicht überbewertet werden (Humle 2014: 22), da auch Antenarrative Teil der fragmentierten, mehrstimmigen und kollektiv produzierten Narrationen von Organisationen sind. Antenarrative sind zergliederte, nicht-lineare, inkohärente Vorstufen von Narrativen (Boje 2001: 1). Hinzu kommen Counterstories (Linde 2009: 200), die von den offiziellen Berichten abweichen. Auch Aussagen von sogenannten Outsidern sowie Konversationen und Interaktionen zwischen Insidern und Outsidern tragen zur diskursiven Erzeugung kollektiver Identität bei (Coupland und Brown 2004: 1341). Mit einer konstruktivistischen Perspektive auf Ethnizität als „konstruierte Ursprünglichkeiten“ (Cornell und Hartmann 2010: 84) müssen primordiale Codes bei der Analyse von Diskursen diasporischer Gemeinschaften als Dimension ergänzt werden. Vorstellungen von ursprünglichen Trennlinien unter Mitgliedern und anderen können als „Subtext von Ethnizität“ (Wilmsen 1996: 2) aufgefasst werden, die Emotionen auslösen: „The premise is faulty, but if phenomena are real in their effects, they are real“ (Wilmsen 1996: 2). Essenzialistische Annahmen und imaginierte primordiale Bindungen dürfen nicht ausgeklammert werden, da sie Identitätskonstruktionen beeinflussen und in der Lebenswelt eine Rolle spielen (Appadurai 1990: 306): When groups and circumstances construct ethnicity, what they construct is an identity that typically claims for itself primordial moorings – an anchor in blood ties or common origins – no matter how thick or thin it may be in the practice of daily life or in social organization. (…) This is a crucial source of ethnic power (Cornell und Hartmann 1998: 89).
Derartige Konstruktionen bezeichnet Hall (2017: 107 ff.) als starke Auffassung des Ethnos einer Gemeinschaft, die im Kulturellen (z. B. Sprache, Sitten, Traditionen) gründet, aber stets in eine ursprüngliche Fixierung (z. B. Vorstellungen von Blutsverwandtschaft, Abstammung) abgleitet. In der Regel sind sie, um sich durchsetzen zu können, nicht völlig frei erfunden, sondern schließen an überliefertes Vergangenes an (z. B. Erfahrungen der Diskriminierung, geographische Herkunft). Auch wird auf Ereignisse, Bräuche und ehemalige Symbole zurückgegriffen, die durch Narrationen interpretiert und in Interaktion reproduziert werden (Sökefeld 2007: 33). 3
Konzepte der Vergemeinschaftung
Konzepte zu unterschiedlichen Gemeinschaftsformen, darunter religiöse, politische, populärkulturelle, ethnische und posttraditionale54 Vergemeinschaftungen gehen auf Das Konzept der posttraditionalen Vergemeinschaftung (Hitzler 1998: 82, 85 f.) bezieht die Überlegungen zu Neo-Tribalismus mit ein, betrachtet Kommerzialisierung jedoch als strukturgebendes Merkmal. Die Kollektive werden von einer profitorientierten Organisations-Elite, die ein Angebot der Verführungen
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Konzepte der Vergemeinschaftung
spezifische Merkmale der Entstehung, Zugangsmöglichkeiten, kohäsive Kräfte, Intentionen, Praktiken sowie auf deren Dynamik und Persistenz ein. Mit Blick auf diasporische Gemeinschaften eröffnen die beiden abstrakten Konzepte Neo-Tribes und Communities of Practice (CoP) neue Perspektiven. Sie sind nicht nur deutlich von Konzepten, die Bindungen mit Blutsverwandtschaft, Konformität und tief wurzelnden kulturellen Traditionen erklären, abzugrenzen, sondern gehen auch über situationale und prozessuale Ansätze wie das Prototypenmodell von Ethnizität hinaus. Als Gemeinsamkeit nehmen beide Konzepte an, dass Vergemeinschaftungen durch Interaktion und Kommunikation entstehen. Die Zugehörigkeit ist individuell frei gewählt und verändert sich graduell. Darüber hinaus beziehen Neo-Tribes und CoP ihren kollektiven Zusammenhalt nicht aus imaginierter geteilter Herkunft und Abstammung, sondern im Fall der fluiden Neo-Tribes aus einer von Konsum geprägten emotionalen Hingabe55 ihrer Mitglieder (Maffesoli 1988: 141 ff.) und im Fall der CoP durch gegenseitiges Engagement (Mutual Engagement), ein gemeinsames Vorhaben (Joint Enterprise) und einen geteilten Werkzeugpool (Shared Repertoire) (Wenger 1998: 72 ff.). Aus darauf aufbauenden Konzepten zu Tribal Marketing (Cova und Cova 2002), emotionalen Praktiken (Scheer 2012) und der Erhaltung von CoP (Wenger et al. 2002) lassen sich analytische Dimensionen ableiten, um einerseits das emotional Geteilte diasporischer Gemeinschaften und andererseits den Einfluss von Mitgliedern auf die Dynamik von Gemeinschaften zu Beginn des 21. Jahrhunderts näher zu untersuchen. 3.1
Neo-Tribes als gefühlte Vergemeinschaftung
Der Soziologe Maffesoli (1988: 141, 148 ff.) entwickelte die These, dass die Postmoderne mit Prozessen der De-Individualisierung und neuartigen flüchtigen Vergemeinschaftungen einhergehe. Die Ablösung der Moderne komme darin zum Ausdruck, dass Personen mit steigender Tendenz unterschiedlichen affektiven Tribes angehören und sich existenzielle Netzwerke vergrößern (Maffesoli 1996: 6, 40). Maffesoli (1996: 19, 90 ff., 148) verwendet den Begriff Tribe56 als Metapher, um auf die nicht
bereitstellt, getragen, stabilisiert und weitergeführt. Posttraditionale Gemeinschaften resultieren aus kommerziell evozierten, kostenpflichtigen Zugehörigkeitsentscheidungen von Individuen, die vermuten, dass ihr Konsum bzw. ihre Teilhabe der Realisierung eigener Interessen dient (Hitzler et al. 2008: 17 f.). 55 Die gemeinschaftsstiftende Wirkung von Emotionen betont Boos (2015: 94) als Grundlage ethnischer Sphären. 56 Das ethnologische bzw. anthropologische Konzept Stamm (Tribe) beschreibt eine Gruppe von Mitgliedern, die von einem tatsächlichen oder imaginären Ahnen abstammen und deren Organisation vom Nationalstaat unabhängig ist (Haller 2010: 197).
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Vielschichtige theoretische Perspektiven auf Diaspora
zweckrationalen57, archaischen Elemente postmoderner Sozialität hinzuweisen. Dazu zählt das implizite Wissen über Praktiken und kollektiv verwendete Symbole, das Vertrauen unter Mitgliedern erzeugt. Der Zusammenhalt innerhalb der Neo-Tribes wird durch „Rituale und normative Prinzipien sowie die dabei geteilten Empfindungen und Erfahrungen konstituiert“ (Keller 2008: 91 f.). Traditionale Formen von Gemeinschaftlichkeit58, für die räumliche Nahbeziehungen (Proximität) grundlegend sind, kommen in veränderter Weise wieder auf (Maffesoli 1996: 40, 135): (…) [T]he many ecstatic forms of contemporary effervescence (musical, sexual, consumer, sporting, etc.) which, in a more or less enduring way, ‚are embodied‘, delineate a territory, in short, reinvest these archaic, primitive values of proximity that rationalism seemed to have destroyed so easily (Maffesoli 1996: 136).
Ästhetische59 Erfahrungen kollektiver Vergemeinschaftung werden zunehmend und wiederholt gesucht und stellen einen Gegenimpuls zu Individualisierungsprozessen dar. Maffesoli (1996: 19, 73 ff., 147 f.) betont deren affektive Dimensionen, darunter die sinnlich erfahrene Nähe zu anderen Mitgliedern, geteilte Leidenschaften und kollektive Erregung. Die identitätsstiftenden Gemeinschaftserlebnisse gehen auf temporäre Anziehungskräfte (Keller 2008: 103) und individuelle Wahlentscheidungen (Elective Sociality) zurück (Maffesoli 1996: 86 ff.). Fluidität, gelegentliche Zusammenkünfte und Auflösung unterscheiden Neo-Tribalismus vom klassischen Tribalismus, dessen beständige, identitätsumschließende Gemeinschaftsform auf Tradition und Stammeskultur fußt (Maffesoli 1988: 146 ff.). Die Zugehörigkeit zu einer emotionalen Gemeinschaft ergibt sich sukzessive aus individueller Partizipation auf Zeit und wird mithilfe von austauschbaren Masken (in Anlehnung an Mauss 1979), also äußerlichen Looks ausgedrückt. Individuen spielen sowohl in ihren beruflichen Tätigkeiten als auch in den diversen Neo-Tribes, denen sie angehören, unterschiedliche Rollen60. Die Pluralität von Rollen und Masken wird durch das vorübergehende, wiederholte orts- und zeitgebundene Eintauchen in durch Zeitgeist- und Modeströmungen
Neo-Tribes können zwar bestimmte Absichten und Ziele auf der Grundlage gemeinsamer Wertsetzungen verfolgen, jedoch sind rationale Entscheidungen und die Suche nach dauerhafter authentischer Identität nicht ausschlaggebend (Maffesoli 1996: 19, 96, 145 f.). 58 Keller (2008: 104) verweist auf weitere Merkmale traditioneller Stammeskulturen: „Neo-Stämme stabilisieren sich über Rituale, Kultobjekte und kultische Handlungen, über Zeichen der Zugehörigkeit (die Vereinsfarben, die Kleidung, das Tattoo, der Haarschnitt, der Button) oder wechselseitige Verpflichtungen. Sie verlangen Konformismus, die Einhaltung der ‚Spielregeln‘, sie können bestimmte Kompetenzen erfordern und mitunter Stammeskriege heraufbeschwören.“ 59 Maffesoli (2007: 27) versteht Ästhetik nicht als oberflächliche Schönheit, sondern als kollektive Gefühlswahrnehmung, also als „people feeling emotions together“. 60 Mit dem Begriff wird nach Goffman (1967: 5 ff., 108) auf das Rollenspiel von Schauspielern verwiesen, um metaphorisch zu erklären, dass Individuen in Interaktionssituationen ein Face bzw. Image von sich vermitteln: „The term face may be defined as the positive social value a person effectively claims for himself by the line others assume he has taken during a particular contact“ (Goffman 1967: 5). 57
Konzepte der Vergemeinschaftung
geprägte Gemeinschaftswelten, die Identität stiften, möglich. Beziehungen zwischen den mannigfachen mehr oder weniger beständigen Neo-Tribes können von wechselseitiger Toleranz, gegenseitiger Anziehung oder Abstoßung geprägt sein (Maffesoli 1996: 10 f., 66, 76, 145 ff.). Postmoderne Gesellschaften sind nach Maffesolis (1996: 110, 147) Verständnis also heterogen und von einem ständigen Wechsel der Personen zwischen Neo-Tribes und Massen gekennzeichnet. Diese Vorstellung stellt die Bedeutung der Klassenzugehörigkeit für individuelle Identitätskonstruktionen infrage. Die Epoche der Moderne, in der Individuen funktional in Strukturen politisch-ökonomischer Organisationen, Vereine und beständiger Gruppen integriert waren, erfährt eine Sättigung (Maffesoli 1996: 6 f., 76). Aus soziologischer Perspektive können Neo-Tribes im Unterschied zu traditionellen Subkulturen, die bestimmte Dresscodes, Lebensstile und Interaktionsformen pflegen (Brownlie et al. 2007: 113) und über klar definierte Hierarchien sowie ein (in-)formelles System der Mitgliedschaft verfügen (Livi 2017: 370) wie folgt definiert werden: [Neo-tribes sind] (…) durch eine gemeinsame (von Konsum geprägte) Subjektivität, einen emotionalen Impuls, eine kollektive Vorstellungswelt oder ein gemeinsames Ethos miteinander verknüpft. (…) [Es sind] ephemere und (anscheinend) akephale soziale Zusammenhänge, die ihre Verbindlichkeit und Zugehörigkeit (…) durch eine Semantik der Emotionen und der Sehnsucht eher ästhetisch (…) begründen. (…) Neo-Tribes sind aus soziologischer Perspektive also hybride informelle Gemeinschaften, die sich als Ausdruck einer provisorischen Dynamik der multiplen und nicht selten widersprüchlichen Definition von situativen Identitäten und parallelen Verbindlichkeiten präsentieren (Livi 2017: 370 f.).
Aus ökonomischer Perspektive erfordert das postmoderne Bedürfnis nach Herstellung sozialer Bindungen nicht mehr personenbezogenes Marketing, sondern Tribal Marketing (Cova 1997). Konsumenten achten bei Produkten und Dienstleistungen nicht nur auf Gebrauchswerte (Use Values), die der sozialen Distinktion dienen, sondern auch auf deren Vernetzungspotenzial (Linking Value). Dieser Wert beschreibt, inwieweit Produkte und Dienstleistungen Beziehungen zu anderen Mitgliedern postmoderner Kleingruppen fördern (Cova 1997: 311). Zukunftsfähiges Markenmanagement von Unternehmen muss daher den Fokus von Marketing auf Societing (Cova 1999: 80), d. h. in Anlehnung an Maffesoli (1996: 6) auf die mikrosoziale Ebene der Sozialität richten: „The unit of reference used in tribal marketing is more a micro-social cohort of individuals who share similar experiences and emotions, and bond together in loosely interconnected communities, e. g. tribes“ (Cova und Cova 2002: 602). Angesichts der erwähnten Flüchtigkeit, Fluidität und Situativität von Neo-Tribes, die emergieren, sich vergrößern und anschließend wieder auflösen, entwickeln Cova und Cova (2002: 605 f.) ein Kleeblatt zu deren Identifikation, das folgende sichtbare Spuren und unsichtbare Hinweise integriert. In zeitlicher Hinsicht zählen Anlässe,
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zu denen sich Mitglieder treffen und Rituale praktizieren zu den sichtbaren Spuren und Anhaltspunkten, die im Kleeblatt auf der horizontalen Achse dargestellt sind (vgl. Abb. 2). Auf räumlicher Ebene kommen reale und digitale Orte (Institutionen), an denen Mitglieder sich unter anderem für quasi-kultische Veranstaltungen versammeln, hinzu. Beispiele sind öffentliche Plätze, Sitzungssäle, Versammlungslokale sowie Kultund Gedenkstätten. Orte, die ausschließlich einer bestimmten Gruppe vorbehalten sind, fungieren laut Aubert-Gamet und Cova (1999: 40 f.) als Ankerorte (Anchoring Places), da Gemeinschaften sich dort verwurzelt bzw. vorrübergehend zu Hause fühlen. Gleichzeitig können mondäne Orte (z. B. Nachtclubs), die nur zeitweise genutzt werden, identitätsstiftend sein. Das Konzept Place Attachment, das die Komponenten Person bzw. Gruppe, Ort und den Prozess der ausgebildeten Verbundenheit integriert, bietet in diesem Kontext einen hilfreichen analytischen Rahmen: „(…) [P]lace attachment is a bond between an individual or group and a place that can vary in terms of spatial level, degree of specificity, and social or physical features of the place, and is manifested through affective, cognitive, and behavioral psychological processes“ (Scannell und Gifford 2010: 5). Im Fokus des Konzeptes stehen Fragen nach der Bewertung und dem Gefühl einer örtlichen Verbundenheit und den Entstehungsprozessen (Bruns und Münderlein 2019: 108).
Abb. 2 Das Kleeblatt zur Identifizierung von Neo-Tribes
Konzepte der Vergemeinschaftung
Auf der vertikalen Achse sind die unsichtbaren Zeichen dargestellt. Hinweise und Schemen (Shadows) gehen von alltäglichen Praktiken sowie persönlichen und geteilten Erfahrungen aus. Auf der anderen Seite des Spektrums zählen (Mode-)Trends, Fantasien und Imaginationen der Mitglieder dazu (Cova und Cova 2002: 606). Die Mitglieder von Neo-Tribes können entsprechend ihrer Positionen (Roles) wie folgt eingeteilt werden: AnhängerInnen institutionalisierter Verbände (z. B. Vereine, Religionsgemeinschaften), TeilnehmerInnen informeller Zusammenkünfte (z. B. Demonstrationen), Practicioners, die täglich in Aktivitäten eingebunden sind und von Trends geleitete SympathisantInnen, die an den Grenzen von Neo-Tribes integriert werden (Cova und Cova 2002: 606 f.). Aufbauend auf diesen Überlegungen können Unternehmen mithilfe von Tribal Marketing ihre Kundenbindung stärken, indem sie die Interaktion von Mitgliedern unterstützen und deren Rituale und Treffpunkte einbeziehen. Dazu sollten KundInnen als MitentwicklerInnen von geteilten Erfahrungen und Kompetenzen bzw. Neo-Tribes als Teil des Unternehmens betrachtet werden (Cova und Cova 2002: 604, 613). Die alltäglichen Praktiken sind bedeutsam, da die zeitgleiche Identifikation einer Person mit mehreren Neo-Tribes, die gelegentlich mit Mitgliedern an bestimmten Orten ausgelebt wird, im Alltag61 fortbesteht (Cova und Cova 2002: 604 f., 613). In Anbetracht der Bedeutung von Emotionen für die Formation von Gemeinschaften sollen sie in dieser Arbeit, der Argumentation von Scheer (2012: 193, 209)62 folgend, als eine Art Praxis aufgefasst werden: Emotionen sind immer mit einem körperlichen Akt der Erfahrung und des Ausdrucks verbunden und in soziale Kontexte eingebettet. „Emotions as Practice“ (Scheer 2012) sind von anderen „Doings and Sayings“ (Schatzki 1996: 24) (z. B. Sprechen, Gestikulieren, Erinnern, Umgehen mit materiellen Artefakten, Wahrnehmen von Geräuschen, Gerüchen und Räumen) abhängig und eng mit ihnen verflochten. Praktiken, die auf inkorporiertem Wissen aufbauen und als Komplex körperlicher und mentaler Aktivitäten erscheinen, können als emotionale Praktiken bezeichnet werden, da ihnen mögliche Gefühle und Stimmungen eingeschrieben sind: „Emotional practices are habits, rituals, and everyday pastimes that aid us in achieving a certain emotional state“ (Scheer 2012: 209). Die unterschiedlichen Bedeutungen des Begriffs „Alltag“ zeigen sich laut Bennett (2005: 115) im Kontrast zu anderen Begriffen: Alltag als das tägliche Geschehen (anstatt Außeralltägliches), als das Informelle (anstatt Formelles), als das Bekannte oder Gewöhnliche (anstatt Ungewöhnliches) bzw. als das Mundane, Unbeachtliche und Routinierte (anstatt dessen Ablehnung). Kennzeichen des Alltags ist die „grundsätzliche Vertrautheit der Handlungsbedingungen und Problemlöseverfahren, (…) [oder] das alltäglich vertraute Kommunikationsnetz (…)“ (Krotz 2007: 109). 62 In ihren Überlegungen bezieht sich Scheer (2012) auf das Habitus Konzept von Bourdieu (1977: 72): „The structures constitutive of a particular type of environment (…) produce habitus, systems of durable, transposable dispositions, structured structures predisposed to function as structuring structures (…).“ Das Habitus Konzept eignet sich, so Scheer (2012: 199), für die Untersuchung von Emotionen, da es die Inkorporierung der sozialen Strukturen betont: „(…) [I]t elaborates most thoroughly the infusion of the physical body with social structure, both of which participate in the production of emotional experience.“ 61
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Emotionale Praktiken umfassen mobilisierende (z. B. Rituale), benennende (z. B. Statements), kommunizierende (z. B. Gefühlsausdrücke) und regulierende Praktiken (z. B. angezeigte Regeln), deren Mechanismen Gefühle hervorrufen, die geäußert und basierend auf bestimmten Normen und Erwartungen erlernt werden (Scheer 2012: 209 ff.). Das Potenzial emotionaler Praktiken sehen Blok et al. (2018: 17 ff.) in den durch Imagination aufkommenden Gefühlen von Verbundenheit und verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Personen, die sich noch nie begegnet sind. Zur Analyse derartiger Emotionen müssen die Erfahrungen der Gruppenzugehörigkeit, die Metaphern, durch die die Gemeinschaft imaginiert wird, die Artefakte, die sie verkörpern sowie das Interesse an der Vergangenheit einzelner Mitglieder näher untersucht werden. 3.2
Communities of Practice
Das von Lave und Wenger (1991) eingeführte Konzept Communities of Practice (CoP)63 beschreibt Personengruppen, die ein Anliegen oder eine Leidenschaft für ein Thema teilen und durch ihre regelmäßige Interaktion voneinander lernen. Lernen kann der Grund der Zusammenkunft oder das Resultat der Interaktion sein (Wenger-Trayner und Wenger-Trayner 2015: 1 f.). Das Konzept CoP bedient sich als Theorie des situierten Lernens an Überlegungen der folgenden vier sozialwissenschaftlichen Denkrichtungen: Strukturtheorien und Theorien situierter Erfahrung sowie Praxistheorien64 und Identitätstheorien. Die PerDie Ausführungen zum Konzept Communities of Practice (CoP) beziehen sich weitgehend auf den Sozialforscher Wenger (1998), der es erstmalig mit der Sozialanthropologin Lave vorstellte (Lave und Wenger 1991) und später deutlich erweiterte. Im Laufe der Zeit wurde der Schwerpunkt des Konzeptes verändert (Li et al. 2009). Zu Beginn wurde Situated Learning thematisiert, also Lernen durch informelle Interaktionen zwischen erfahrenen Mitgliedern und Newcomern (Lave und Wenger 1991: 121 f.). Danach bedient sich Wenger (1998: 3 ff., 143 ff.) theoretischer Konzepte, um die Identitätsentwicklung, Eingebundenheit und Mehrfachzugehörigkeit von Mitgliedern zu verstehen. Später präsentieren Wenger et al. (2002: 49 ff.) das Konzept als Managementinstrument, um die Innovationsfähigkeit einer Organisation zu stärken. Derzeit prägt das Ehepaar Wenger-Trayner und Wenger-Trayner (2015) die kontinuierliche Weiterentwicklung des Konzeptes CoP maßgeblich. 64 Die Praxistheorie geht davon aus, dass Praktiken durch Sozialisation innerhalb von Gemeinschaften erlernt werden. Reckwitz (2003: 289 ff.) versteht soziale Praktiken als Verhaltensroutinen, die von inkorporiertem Wissen und bestimmten Artefakten abhängig sind. Folgende verflochtene Elemente zählen zum praktischen Wissen: „[E]in Wissen im Sinne eines interpretativen Verstehens, d. h. einer routinemäßigen Zuschreibung von Bedeutungen zu Gegenständen, Personen, abstrakten Entitäten, dem ‚eigenen Selbst‘ etc.; ein i. e. S. methodisches Wissen, d. h. script-förmige Prozeduren, wie man eine Reihe von Handlungen ‚kompetent‘ hervorbringt; schließlich das, was man als ein motivational-emotionales Wissen bezeichnen kann, d. h. ein impliziter Sinn dafür ‚was man eigentlich will‘, ‚worum es einem geht‘ und was ‚undenkbar‘ wäre“ (Reckwitz 2003: 292). Es handelt sich bei routinierten Praktiken allerdings nicht um reine Reproduktion, da kontextspezifische Umdeutungen fortlaufend notwendig sind (Reckwitz 2008: 121 f.). Die Praxistheorie konzipiert Handeln demnach im Spannungsfeld von routinierter Geschlossenheit und „einer 63
Konzepte der Vergemeinschaftung
spektiven stehen wie folgt miteinander in Beziehung: „Practice and identity constitute forms of social and historical continuity and discontinuity that are neither as broad as sociohistorical structure on a grand scale nor as fleeting as the experience, action, and interaction of the moment“ (Wenger 1998: 13). Lernen ist in historische, kulturelle und institutionelle Diskurse, soziale Kontexte sowie in zeitliche und räumliche Zusammenhänge eingebettet, sodass es sich bei CoP nicht um abgeschlossene Konstrukte handelt (Wenger 1998: 12 f., 130 f., 141): „Communities of practice are not selfcontained entities“ (Wenger 1998: 79). Bezugnehmend auf verschiedene Theoretiker (z. B. Bourdieu 1977; Eckert 1989) erklärt Wenger (1998: 13, 281 f.) wie Lernen soziale Strukturen reproduziert und gleichzeitig transformiert. CoP lassen sich anhand von drei Charakteristika eingrenzen und werden als solche identifizierbar. Die Interaktionen von Mitgliedern basieren auf wechselseitigem Engagement65 (Mutual Engagement). Jedes Mitglied trägt entsprechend seiner Kompetenzen zum Fortbestand der Community bei. Die wechselseitigen Beziehungen innerhalb einer CoP können harmonisch und konfliktreich, kompetitiv und kooperativ, autark und abhängig, autoritär und kollegial, politisch und unzweckmäßig, erfreulich und schmerzhaft, spezialisiert und universal, erfolgreich und erfolglos, anerkennend und missbilligend, vertraut und unbekannt sowie freundschaftlich und feindselig sein und zeichnen sich durch ihre komplexe Vermischung aus (Wenger 1998: 56, 72 ff.). Mitglieder von CoP verhandeln ein gemeinsames Vorhaben (Joint Enterprise), das von Wenger (1998: 77 ff.) als zweites Charakteristikum benannt wird. Es ruft ein gegenseitiges Verantwortungsgefühl hervor, wobei die Bedeutungen im Leben des Einzelnen differieren. Rahmenbedingungen, äußere Einflüsse, externe Beschlüsse und einzelne TeilnehmerInnen haben einen Einfluss auf das gemeinsame Ziel, bestimmen es jedoch nicht vollständig. Erfahrene Mitglieder haben gelernt, zwischen festgeschriebenen Regeln, Richtlinien, Standards bzw. Zielen und ungeschriebenen Gesetzen zu unterscheiden und wissen, wie sie sich gruppenkonform einbringen. Als drittes Charakteristikum entwickeln und verinnerlichen Mitglieder als Practicioners gemeinsame Ressourcen (Shared Repertoire), darunter Konzepte, Maßnahmen, Werkzeuge und andere Artefakte, Verhaltensroutinen (Ways of Doing Things), Gesten, Ausdrücke ( Jargon), Scherze, lokale Überlieferungen, geteilte Geschichten,
relativen ‚Offenheit‘ für Misslingen, Neuinterpretationen und Konflikthaftigkeit des alltäglichen Vollzugs“ (Reckwitz 2003: 294). Sie betreibt eine Umkehrung von Max Webers Handlungstheorie, die zweckrationales Handeln und traditionales Handeln (Sitten und Gebräuche) unterscheidet. Handeln ist „als ein routinisierter Strom der Reproduktion typisierter Praktiken [zu denken]“ (Reckwitz 2003: 294). Der praxeologische Anspruch beabsichtigt, „(…) die Voraussetzungen impliziter Wissensschemata jeglichen Handelns, auch sog. zweckrationalen Handelns herauszuarbeiten, die Art und Weise, in der sich auch in diesem ein repetitiver Typus aktualisiert“ (Reckwitz 2009: 173). 65 Engagement beschreibt im Sinne von Becker (1960: 32, 36, 40) den konsistenten Einsatz eines Individuums für soziale Organisationen aufgrund von mit der Aktivität verknüpfter Fremdinteressen. Commitment bleibt daher selbst auf Kosten anderer potenzieller Aktivitäten und Interessen bestehen.
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Symbole, Gestaltungsweisen von Aktionen sowie Ausdrucksweisen der Zugehörigkeit. Die Ressourcen werden auf eine dynamische Weise durch Interaktionen geteilt (Wenger 1998: 83 f., 125, 288). CoP tragen zur Identitätsbildung bzw. der Transformation von Identitäten bei, je mehr sich die Gemeinschaft als anschlussfähig an die Vergangenheit ihrer Mitglieder erweist. Zudem steigt die Identifikation, wenn Mitglieder ihre Teilnahme als förderlich für die eigene Zukunft bewerten (Wenger 1998: 13, 152, 215). Soziale Beziehungen innerhalb von CoP überschreiten geographische und organisatorische Grenzen. CoP unterscheiden sich daher nicht nur in ihrer Reichweite (lokal und global) und Eingebundenheit in Organisationen, sondern auch in ihrer Größe, Art der Interaktion (Face-to-Face, online), Sichtbarkeit, Finanzierung und Formalität (informell, registriert) (Wenger-Trayner und Wenger-Trayner 2015: 3 f.). Die unterschiedlichen Beteiligungsebenen von CoP umfassen eine richtungsweisende, relativ kleine Kerngruppe (Core Group) sowie aktive, sporadische und periphere Mitglieder (Wenger-Trayner und Wenger-Trayner 2011). Newcomer erwerben durch legitimierte periphere Teilnahme (Lave und Wenger 1991: 37) Kompetenzen, mithilfe derer sie dann die anerkannten Sichtweisen und Problemlösungsstrategien anwenden können. Sie bringen ihre eigenen Routinen ein und tragen dadurch gestaltend zur Weiterentwicklung der CoP bei. Die Aufnahme neuer Mitglieder garantiert folglich das Bestehen der sich verändernden Gemeinschaft (Wenger 1998: 99 f., 138). Im Unterschied zu früheren Werken, die vom spontanen Entstehen und Auflösen von CoP ausgehen (Wenger 1998: 241), stellen Wenger et al. (2002) in späteren Publikationen mit dem Titel „Cultivating Communities of Practice“ Maßnahmen zur Erhaltung von CoP vor. Individuen mit Fachkenntnis in unterschiedlichen Bereichen (z. B. Wissensmanagement, Sponsoring, Marktentwicklung) spielen bei der Weiterentwicklung der drei charakteristischen Merkmale Domain, Community und Practice66 eine Schlüsselrolle. Als heuristische Inspiration dienen Mitglieder (vgl. Abb. 3), die Einfluss auf die Führung, Sichtbarkeit, Legitimierung, Finanzierung, Organisation, Abgrenzung, Wissenssicherung, Identitätskonstruktion, Interaktion, Ausrichtung und Netzwerkarbeit nehmen (Wenger-Trayner und Wenger-Trayner 2012: 12 ff.).
Diese drei Charakteristika von CoP werden in den jüngeren Publikationen genannt: Community beschreibt die sozial strukturierte Gemeinschaft, Domain steht für das die gemeinsame Identität prägende Interesse und Practice bezeichnet das gemeinsame Repertoire (Wenger et al. 2002: 27 ff.; Wenger-Trayner und Wenger-Trayner 2015: 2). Aufgrund der höheren Aussagekraft werden die Bezeichnungen der vorher eingeführten drei Charakteristika von CoP in dieser Arbeit bevorzugt.
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Konzepte der Vergemeinschaftung
Abb. 3 Mitglieder und Beteiligungsebenen von Communities of Practice (CoP)
Handelt es sich bei einem sogenannten Leader um eine informelle Führungsposition, kann diese mit dem Konzept des Big Man beschrieben werden, das vom Anthropologen Sahlins (1963: 288 ff.) mit Blick auf indigene Völker Melanesiens entwickelt wurde. Die Anerkennung wird durch eigene Verdienste, abhängig von persönlichen Leistungen (z. B. besondere Fähigkeiten), erworben. Aufgrund von Wettbewerb ist die Position situational, also vergänglich: „The attainment of big-man status is rather the outcome of a series if acts which elevate a person above the common herd and attract about him a coterie of loyal, lesser men“ (Sahlins 1963: 289). Die unscharfen Grenzen (Fuzzy Boundaries) einer CoP manifestieren sich als mangelnde geteilte Kompetenz entlang der drei genannten Dimensionen. Eine CoP löst sich auf, wenn ihre Mitglieder dem Thema keine Relevanz mehr zusprechen und gemeinsames Lernen als nutzlos gewertet wird (Wenger et al. 2002: 42). Bei der Rekonfiguration einer CoP sollten daher die übergeordneten Kontexte, die Selbstpositionierung der CoP sowie die umgebenden unterschiedlichen Vorhaben, Diskurse und Trends berücksichtigt werden (Wenger 1998: 220). Auf die Gemeinschaft ausgerichtetes Community Development ist ebenso wichtig wie die nach außen gerichtete Vernetzungsarbeit (Boundary Work). Boundary Crossing ermöglicht Einblicke in andere Gemeinschaften und lässt intensive Formen des Lernens zu (Wenger et al. 2002: 153 f.). Die komplexe Aufgabe des Brokering umfasst, so Wenger (1998: 109), die Vermittlung, Koordination und Zusammenführung unter-
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schiedlicher Perspektiven zur Aushandlung neuer Bedeutungen und erfordert folgende Fähigkeiten: „(…) [It] requires an ability to manage carefully the coexistence of membership and nonmembership, yielding enough distance to bring a different perspective, but also enough legitimacy to be listened to“ (Wenger 1998: 110). Gleichzeitig können sich mehrere CoP als Konstellation formieren. Als Voraussetzungen gelten geteilte historische „Wurzeln“, ähnliche Bedingungen, Vorhaben und Anliegen, die Zugehörigkeit zur gleichen Institution, gemeinsame Mitglieder, geteilte Artefakte, geographische Nahbeziehungen und Interaktion oder Abhängigkeiten von den gleichen Ressourcen. Gestaltungsweisen und Diskurse können Grenzen von CoP überschreiten und in umgedeuteter bzw. adaptierter Weise Bestandteil von Praktiken anderer CoP werden. Die stattfindenden Wechselwirkungen zwischen Praktiken beruhen unter anderem auf der Diaspora bzw. räumlichen Verteilung von CoP (Wenger 1998: 127 ff.). Komplexe Interaktionen zwischen dem Lokalen und Globalen prägen Lernprozesse, Bedeutungsaushandlungen, Praktiken, Beziehungsstrukturen und Identitätskonstruktionen (Wenger 1998: 133, 141). Das Konzept CoP leistet also integrative Vorarbeit, um die für die Analyse relevanten Elemente der bereits vorgestellten Modelle mit den nun fokussierten Netzwerkansätzen zu kombinieren. 4
Konzepte sozialer Netzwerke
Mediatisierung in der Perspektive von Krotz (2001: 34 f.) bietet einen metatheoretischen Rahmen für die Analyse. Als Prozess thematisiert Mediatisierung die zunehmende Durchdringung unserer alltäglichen Lebenswelt mit Medien und medienvermittelter Kommunikation67. Sie verändert die Konstruktion von Alltag und die sozialen Beziehungen und damit Kultur und Gesellschaft (Krotz 2001: 26, 50). Auch können Sozialwelten im Kontext des Medienwandels zu mediatisierten Welten werden, „(…) in denen sich die relevanten Formen gesellschaftlicher Praktiken und kultureller Sinngebung untrennbar mit Medien verschränkt haben“ (Krotz et al. 2017: 1). Die Produktion und Rezeption von medialen Angeboten bietet besonderes Potenzial für deterritoriale Vergemeinschaftungsnetzwerke, die neben Regionen, Nationen und Nationenbündnisse (sog. territoriale Verdichtungen) treten (Hepp 2006: 283). Aus diesem Grund werden Struktur- und Prozessaspekte von kommunikativer Konnektivität (Hepp 2008a) auf der Mikroebene von Gemeinschaften beleuchtet. Zudem muss der Blick für sogenannte spezialisierte Interaktionsfelder (Mische und White 1998: 702) geschärft werden. Das Konzept Netdoms von White (2008: 20) liefert weiter67 Drei zunehmend ineinandergreifende Typen von Medienkommunikation sind zu unterscheiden: Die Kommunikation zwischen Menschen mittels Medien, die Produktion und Rezeption medialer Angebote und die interaktive Kommunikation von Menschen mit Hard-Software-Systemen (Krotz 2007: 90 ff.).
Konzepte sozialer Netzwerke
führende Einsichten in Organisationsprinzipien von Netzwerken, die vielschichtigen Beziehungsstrukturen von Mitgliedern und Neukonfigurationen durch Vernetzung. Es ist nützlich, um die dynamische Wandelbarkeit diasporischer Gemeinschaften zu verstehen. Die gewählten Netzwerkperspektiven bilden außerdem ein notwendiges Korrektiv zu anti-essenzialistischen Modellen, bei denen die Durchlässigkeit von Grenzen überbewertet wird (Vásquez 2008: 179). Im Unterschied dazu ist die Ambivalenz gleichzeitiger Offenheit und Geschlossenheit von deterritorialen Netzwerken zu berücksichtigen. 4.1
Kommunikative Konnektivität deterritorialer Netzwerke
Die (kommunikations-)theoretische Auffüllung der Theorie der Netzwerkgesellschaft von Castells (2000)68 durch Hepp (2008a: 69) hat zum Ziel, die Prozesse der kommunikativen Vernetzung und deren Spezifik zu verdeutlichen und auf deterritoriale Gemeinschaften zu übertragen. Hepp (2008b: 160 ff.) fügt die Theorie in den Kontext des Wandels kommunikativer Konnektivität ein. Konnektivität beschreibt bestehende kommunikative Beziehungen, Verbindungen oder Relationen zwischen Dingen. Etabliert werden Konnektivitäten durch elektronische und digitale Medien69. Ihre Repräsentationen stellen symbolische Verbindungen zwischen Menschen und Kulturen her. Konnektivitäten unterscheiden sich in ihrer Qualität (z. B. stimmig, paradox). Sie können gegenseitiges Verstehen, aber auch Missverständnisse und Konflikte begünstigen und tragen somit nicht zwangsläufig zu kultureller Nähe und emotionaler Verbundenheit bei (Hepp 2008a: 69). Das Konzept Konnektivität beinhaltet also keine Ausdifferenzierung hinsichtlich der qualitativen Wirkungsspezifik der Relationen. Es vermeidet voranalytische Bewertungen über Kommunikationsbeziehungen und Machtverhältnisse. Dank dieser Abstraktheit eignet es sich laut Hepp (2006: 67) als übergeordnetes Analysekonzept. Konnektivität lässt sich in Anlehnung an Castells (2000) auf konzeptueller Ebene in Struktur- und Prozessaspekte einteilen. Sein Begriffsverständnis von „Netzwerk“ thematisiert die strukturierende Kraft von Konnektivität: „Networks are open structures, able to expand without limits, integrating new nodes as long as they are able to
68 Der makrotheoretische Ansatz der Netzwerkgesellschaft Castells (2000: 507) richtet den Fokus auf herrschende Funktionen (z. B. Kapitalmarkt, Politik), die in Netzwerken organisiert werden. Die weltumspannenden Ströme dieser Netzwerke bedingen eine räumliche Fragmentierung untergeordneter Funktionen und Menschen. An Castells (2000) Argumentationen kritisiert Hepp (2008a: 69), dass sie zu einer Essentialisierung bzw. Verdinglichung von Netzwerken neigen. Es fehlen Überlegungen, wie Vergemeinschaftungen „strukturell als Netzwerke beschrieben werden können“ (Hepp 2008a: 66). 69 In Anlehnung an Hepp et al. (2012: 253) bezeichnet der Sammelbegriff „digitale Medien“ verschiedene Formen elektronischer Kommunikationsmedien (z. B. E-Mail, Social Web, Chat, Mobiltelefon), die über ein rein technisches Verbreitungssystem (z. B. Internet) hinausgehen.
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communicate within the network, namely as long as they share the same communication codes“ (Castells 2000: 501). Kommunikationscodes, kulturelle Werte oder politische Ziele bestimmen demnach das Spezifische eines Netzwerks und prägen dessen Geschlossenheit. Als strukturierende Kräfte werden sie kontinuierlich (re-)produziert, sodass „sich die Konnektivität eines Netzwerks entlang bestimmter Kodes artikuliert“ (Hepp 2008a: 72). Mithilfe der von Castells (2000: 501 f.) eingeführten Begriffe erklärt Hepp (2008a: 72 f.), dass ein Knoten (Node) ein Punkt (Point) ist, an dem sich eine Konnektivität (Linie, Faden, Kurve für Curve) mit sich selbst schneidet (vgl. Abb. 4). Knoten können sich je nach Art und Ebene, auf der sich die Netzwerkstrukturen befinden, unterscheiden (z. B. Personen, lokale Gruppen, Organisationen, Unternehmen). Ein Schalter (Switch) ist ein spezifischer Knoten, der die Interaktion verschiedener Netzwerke durch Vermittlung bzw. Übersetzung von Codes ermöglicht. Schalter werden daher als „Instrument der Macht“ (Castells 2000: 502) angesehen. Indem Schalter die Kommunikation über bestimmte Codegrenzen hinweg gestatten, bestimmen sie das Paradox der gleichzeitigen Offenheit und Geschlossenheit von Netzwerken (Hepp 2008a: 74).
Abb. 4 Konnektivitätstheoretische Konzepte
Prozessaspekte von Netzwerken beschreibt Castells (2000: 409, 501) mit dem Begriff „Flüsse“ (Flows). Flüsse wie Kapitalströme, Informationen oder Personen operieren entlang bestimmter Netzwerkstrukturen, was sich bei Personen in Form von Kettenmigration ausdrücken kann. Bei Überschreitung von Schaltern können Flüsse Netzwerke ausdehnen. Flüsse sind keine Einzelereignisse, sondern „langfristige Konglomerate von Prozessen (…) [als] Teil eines komplexeren Ganzen“ (Hepp 2008a: 76), was Castells (2000: 407) als „Raum der Ströme“ (Space of Flows) bezeichnet. Derartige Langzeitkonglomerate charakterisiert Hepp (2011: 56) mithilfe des Konzepts der Verdichtung (Cultural Thickening). Es macht in Anlehnung an Löfgren (2001: 11 ff.) „den offenen und überschreitenden Charakter von Netzwerken und Flüssen greifbar (…) und gleichzeitig das Charakteristische des Raums oder Scapes lang
Konzepte sozialer Netzwerke
anhaltender Konglomerate“ (Hepp 2008a: 76). In diesem Sinne verdichten sich heutige medienkulturelle70 Gebilde im Inneren zu „spezifischen kulturellen Einheiten“ (Hepp 2011: 56) mit zunehmend unscharfen Grenzbereichen, die ineinander übergehen. Die vorgestellten konnektivitätstheoretischen Überlegungen lassen sich auf die Ebene des Alltags übertragen. In struktureller Hinsicht kann die Alltagswelt71 mit ihren Beziehungsstrukturen als Netzwerk verstanden werden. Auf prozessualer Ebene ist die Alltagswelt (Hepp 2008a: 80 f.) von Flüssen physischer Mobilität und von (Medien-) Kommunikation bestimmt (Urry 2003: 61 ff.). Ein Indikator für Beziehungsstrukturen ist die Dauerhaftigkeit kommunikativer Flüsse (Hepp 2008a: 82). Hepp (2009: 38 f.) wendet diese Überlegungen auf diasporische Gemeinschaften an, „(…) die sich als Netzwerk subjektiv gefühlter Zusammengehörigkeit über verschiedene Territorien hinweg erstrecken“ (Hepp 2009: 38).72 Wie andere „deterritoriale Gemeinschaften“ (Hepp 2006: 283) sind sie auf analytischer Ebene durch drei Aspekte identifizierbar. Diasporische Gemeinschaften setzen sich aus lokalen Gruppen zusammen, die an bestimmten Lebensorten verwurzelt sind und sich über Faceto-Face-Kommunikation austauschen. Dieses translokale Netzwerk lokaler Gruppen weist eine deterritoriale Erstreckung mit nationalen und regionalen Verdichtungen73 auf. Innerhalb des Netzwerks besteht ein „translokaler Sinnhorizont“ (Hepp 2009: 38 f.), also eine gemeinschaftsbegründende Orientierung, die transmedial74 bewahrt wird. Translokale Sinnhorizonte sind „‚bestimmbare Unbestimmtheiten‘, da sie nicht auf direkter bzw. wechselseitiger (Kommunikations-)Erfahrung beruhen, sondern auf ‚Vorstellungen‘, wie sie durch standardisierte Medienkommunikation entstehen können“ (Hepp et al. 2011: 303). „Kulturelle Verdichtungen“ (Hepp und Couldry 2009: 40 f.) deterritorialer Vergemeinschaftungen verlangen aufgrund der verstärkten globalen kommunikativen
70 „Medienkulturen [sind] solche Kulturen (…), deren primäre Bedeutungsressourcen mittels technischer Kommunikationsmedien vermittelt werden (…)“ (Hepp 2013: 64, ohne Herv. des Orig.). 71 Schütz und Luckmann (2003: 53) verstehen die Alltagswelt, im Unterschied zu fiktiven Welten und Traumwelten, als den Teil der Lebenswelt, den „(…) der wache, normale Erwachsene in der natürlichen Einstellung als schlicht gegeben vorfindet“. Hepps (2008a: 81) Ausführungen bauen auf Schütz und Luckmanns (2003: 69 ff.) Überlegungen zur räumlichen Aufschichtung der Alltagswelt und der Welt in potenzieller Reichweite auf. 72 Die Vorstellung eines Raums, der sich auf diverse Flächenräume ausbreitet, basiert auf einer relativen Raumvorstellung. Pries (2003: 27) beschreibt den pluri-lokalen transnationalen Sozialraum als ein „(…) relativ dichtes und dauerhaftes relationales Anordnungsgefüge von alltagsweltlichen sozialen Praktiken sowie von ihn konstituierenden spezifischen Symbolsystemen und Artefaktestrukturen.“ 73 Eine weit verbreitete Bezeichnung für „regionale Verdichtungen“ (Hepp 2009: 39) ist Overseas Communities (Tölölyan 1991: 4). Zur Abgrenzung von Perspektiven, die vom Identifikationsort ausgehen, werden die untersuchten Overseas Communities als lokale Communities diasporischer Gemeinschaften bezeichnet. 74 Der Begriff „transmedial“ meint, dass die Artikulation „über verschiedene (digitale) Medien und Kommunikationsformen hinweg [erfolgt]“ (Hepp et al. 2011: 302). Das Internet integriert als Hybridmedium unterschiedliche Formen von Kommunikation (z. B. Chats, E-Mail, Internettelefonie) (Krotz 2007: 97).
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Vielschichtige theoretische Perspektiven auf Diaspora
Konnektivität ein „transkulturelles Analyseparadigma“ (Hepp und Couldry 2009). Indem deren medienvermittelte Konstitutionen jenseits territorial bezogener Kulturen untersucht werden, können die Spezifik der Verdichtungen, deren komplexe Wechselbeziehungen und die Bedeutung unterschiedlicher Medien erfasst werden (Hepp 2009: 43). 4.2
Netdoms als spezialisierte Interaktionsfelder
Mit dem Neologismus Netdom werden Netzwerkbeziehungen (Net) und dazugehörige thematische bzw. kulturelle Domänen (Dom) (White 2008: 7) bezeichnet. Der Soziologe White (1992) war stark vom Strukturalismus beeinflusst und entwickelte eine konstruktivistische Perspektive auf soziale Prozesse.75 Als Alternative zu deterministischen Ansätzen betont er sozial produzierte Zu- und Beschreibungen sozialer Beziehungen ohne umfassendere soziale Strukturen außer Acht zu lassen (Holzer 2006: 79 ff.). Beziehungsnetzwerke versteht er als sinnhaft-kommunikativ konstruierte, überindividuelle und dynamische Strukturen, die eng mit einem kulturellen Repertoire (Domäne) verbunden sind. Eine Domäne ist eine Kombination von geteilten Sinnformen wie Regeln und Bedeutungen, die sich durch regelmäßige Interaktion innerhalb eines Netzwerks formiert, sachlich-inhaltlich differenziert ist und nach außen abgegrenzt werden kann (Schmitt und Fuhse 2015: 63, 91, 107 f., 132): „We define domain as the perceived array of such signals – including story sets, symbols, idioms, registers, grammatical patternings, and accompanying corporeal markers – that characterize a particular specialized field of interaction“ (Mische und White 1998: 702). White (2008: 1 f., 27 f., 37) geht davon aus, dass der „chaotische Kontext“ (Turbulent Context) der Welt Identitäten dazu veranlasst, Ordnung zu suchen. Unter Identitäten fasst er nicht nur Personen, sondern auch Entitäten (z. B. Gemeinschaften, Organisationen, Unternehmen), die sich über sinnhafte Sozialbeziehung (Ties) zu anderen Identitäten in Netdoms stabilisieren (Social Footing), zusammen. Die geteilten Regeln und Bedeutungen werden über Stories76, die auf Zuverlässigkeit, Qualität und Belastbarkeit von Beziehungen schließen lassen, artikuliert: „Stories describe the ties in networks. (…) A social network is a network of meanings (…). Stories cite behavior. Behavior guides stories“ (White 1992: 65, 67, 83). Durch Stories wird der Bereich des Erwartbaren vorgegeben, allerdings ist dieser Orientierungsrahmen nicht endgültig festgelegt. Innerhalb einer soziokulturellen Konstellation findet schrittweise eine
75 Das von Bourdieu (1977) inspirierte Konzept der Netdoms eignet sich, um kontextabhängige Verhaltensänderungen von Mitgliedern einer Gemeinschaft und Veränderungen der Organisationsweise von Communities zu verstehen. 76 White (2008: 31) versteht auch einfache Zustandsbeschreibungen und Plaudereien als Story und benutzt den Begriff nicht nur im Sinne von Narrativen (vgl. II 2.2).
Konzepte sozialer Netzwerke
Aushandlung von Verbindlichkeiten und Referenzen statt, da unerwartetes Verhalten die Geschichten und schließlich den Rahmen von Erwartungen beeinflusst (Holzer 2006: 88). Dabei bestimmen nicht singuläre Geschichten, sondern eine Reihe von Standard-Erzählungen (White 2008: 29 f.), die von Involvierten in vergleichbarer Weise über eine längere Periode erzählt werden, die Erwartungen über zukünftiges Verhalten.77 Als Bestandteil einer Domäne charakterisieren bestimmte Story-Sets die jeweiligen Interaktionsfelder und deren Beziehungsqualität (z. B. Freundschaft, Liebe, Konkurrenz, Patronage) (White 1995: 1044): Eine Netzwerkdomäne (‚netdom‘) besteht aus einem Netzwerk, das mit einer Domäne von spezifischen kulturellen Formen (Narrative für Sozialbeziehungen, Sprachmuster, Interaktionsregeln, Bewertungen) verwoben ist. Netzwerkdomänen sind reale soziokulturelle Strukturen mit vorfindlichen Sinngrenzen, sie bilden also unterscheidbare soziale Kontexte (Schmitt und Fuhse 2015: 109, ohne Herv. des Orig.).78
Seit Mitte der 1990er Jahre wurden Kontextwechsel (Switchings) zentraler Baustein der Theorie von White (1995). Beteiligte, die in vielen Netdoms aktiv sind, entscheiden sich in Abhängigkeit von bestehendem Wissen und neuen Informationen für jene spezifische Story, die dem jeweiligen Setting am geeignetsten scheint (Bayessche Gabelung79). Ein situativer Wechsel80 in einen anderen Netdom erfolgt, wenn andere Stories zu dominanten Referenzen werden und der Inhalt kommunikativ wechselt (Mische und White 1998: 704, 712). Diese ständigen Entscheidungen erfolgen oftmals unbewusst und sind stets lokale und temporäre Lösungen, bei denen die anderen Geschichten nicht negiert sondern im Hintergrund mitgeführt werden (Philipp 2017: 69 ff.). Switching einspricht also einer zeitweiligen Entkopplung (Decoupling) aus einer Regelumgebung mit ihren jeweiligen Beziehungsstrukturen und Kopplung (Coupling) in eine andere. Gleichzeitig entstehen durch diesen Mechanismus neue Verknüpfungen auf der Sinnebene, den Domänen, die neuartige Bedeutungen (Fresh Meanings) (White 2008: 2, 12) und eine Veränderung sozialer Strukturen erzeugen (Schmitt und Fuhse 2015: 138). Bezugnehmend auf Untersuchungen von Padgett und McLean (2006) betont White (2008: 8), dass Kontextwechsel zwischen Netdoms nicht nur Whites (2008: 29 f.) Überlegungen zu Standard-Geschichten über Entitäten und deren Sozialbeziehungen in der Alltagswelt bauen auf den Ausführungen von Tilly (2002: 8 f., 26) auf. Referenz-Erzählungen wurden in Kapitel II 2.2 als Paradigmatic Stories bezeichnet. 78 Das Einführungswerk „Zur Aktualität von Harrison White“ von Schmitt und Fuhse (2015) ist als ergänzende Lektüre zu empfehlen, da Whites (2008) Ausführungen zu zentralen Begriffen (z. B. Disziplinen, Stories, Netdoms) recht abstrakt, umgangssprachlich und vage bleiben und je nach Publikation differieren. 79 Der Begriff ist der Bayes-Statistik entlehnt (White 1995: 1049), die aus Vorwissen über Fälle Wahrscheinlichkeiten für Schätzwerte und Hypothesen ableitet. Sie eignet sich um Messunsicherheiten zu ermitteln (Tschirk 2019: 8). 80 Dabei kann es sich um gleichbleibende Beteiligte innerhalb einer Situation oder um andere Personen im Fall eines Situationswechsels handeln (Schmitt und Fuhse 2015: 138). 77
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Vielschichtige theoretische Perspektiven auf Diaspora
in kleinmaßstäbigen informellen Settings, sondern auch in der Geschäftswelt und auf politischer Ebene eine Rolle spielen. Am Beispiel vom Florenz der Renaissance81 entwarfen Padgett und McLean (2006: 1465 f.) einen schematischen Querschnitt der Domänen Wirtschaft, Verwandtschaft und Politik zur Analyse neuer Organisationsprinzipien innerhalb dynamischer multipler Netzwerker. Zwischen Firmen, Familien und Fraktionen bestanden konstitutive Beziehungen (Strong Ties) bzw. People Flows, die Kooperationen und Allianzen
Abb. 5 Netdoms als spezialisierte Interaktionsfelder
Zuvor zeigten Padgett und Ansell (1993: 1274 ff., 1310) mit der Blockmodellanalyse, dass man den Aufstieg der Familie der Medici im Florenz der Renaissance nur verstehen kann, wenn man die soziale Einbettung der wichtigsten Familien untersucht. Sie waren über Heirat mit alten Patrizier-Familien vernetzt, unterschiedlich stark um eine Anführer-Familie zentralisiert und im Fall der Medici-Fraktion mit „Neureichen“ aus der Nachbarschaft über Geschäfts- und Kreditbeziehungen verbunden (Padgett und Ansell 1993: 1277). Obwohl die Analysen eher strukturalistisch-deterministisch sind, werden sie für die Berücksichtigung von Kultur und Agency geschätzt (Schmitt und Fuhse 2015: 86).
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Konzepte sozialer Netzwerke
hervorbrachten. Relationale Beziehungen (Weak Ties82) bzw. Ressource Flows dienten dem Austausch von Ressourcen (vgl. Abb. 5). Die vertikalen Linien veranschaulichen, dass Beteiligte, die über mehrere institutionelle Mitgliedschaften verfügen, ihre persönlichen Fähigkeiten in diversen Domänen unterschiedlich einbringen. Ihre multiplen Rollen können sie als belastend, emanzipierend, informativ und befreiend empfinden. Wenn sich Beziehungsarten (z. B. Finanzgeschäfte, Ehen und wirtschaftliche Zusammenarbeit) überlagern, haben sie das Potenzial Vertrauen und normatives Umdenken herbeizuführen. Bei diesem Prozess fungieren Individuen als Bindeglied zwischen Institutionen wie Familien und Firmen und können Innovationen von einem Netdom auf einen anderen übertragen (Vertical Innovation). Anschließend können sich grundlegend neue Organisationsprinzipien (z. B. Klientelismus, internationales Kreditwesen) innerhalb der Domänen durchsetzen und verbreiten (Invention Spillover) (Padgett und McLean 2006: 1543 ff.; Padgett und Powell 2012a: 5 ff.).83 Zusammenfassend versucht White (2008: 18, 325) als Gegenentwurf zu rigiden Netzwerkkonzepten, die turbulent und chaotisch scheinende (messy) soziale Welt zu fassen. Er beschreibt die Komplexität metaphorisch84 als zerstückelte Masse aus Gelen (Gels) vermischt mit Stücken kristallisierter Ordnung (Crystal Bits) und definiert Identitäten grundlegend relational. Dementsprechend hängen die komplexen dynamischen Beziehungsstrukturen von Relationierungsprozessen ab, die von subjektivem und kontextabhängigem Vorwissen beeinflusst sind und keinen übergreifenden Gesetzmäßigkeiten folgen (Philipp 2017: 77).85
82 Diese Bezeichnungen sind von Granovetter (1973: 1360 f., 1370 ff.) entlehnt, der in seinem Aufsatz „The Strength of Weak Ties“ argumentiert, dass flüchtige Bindungen nützlicher seien als langfristige. Schwache Bindungen (z. B. latente Freundschaften) können Brücken zu indirekten Kontakten, die in andere Netzwerke eingebunden sind, darstellen. Die mögliche Zirkulation von neuen Ideen, Informationen und Einflüssen, die wiederum auf Gemeinschaften zurückwirkt, erklärt ihre Stärke. Hingegen weisen enge Bindungen zwischen Personen, die sich auch in anderen Aspekten ähneln (z. B. Familienmitglieder), eine Schwäche auf. Zwar zeichnen sie sich durch emotionale Verbundenheit, Vertrautheit sowie häufige Interaktion aus und bilden dichte Netzwerke, tendieren jedoch zu Fragmentierung. Auch White (2008: 43 f.) greift dieses Konzept auf, kritisiert jedoch dessen binäre Darstellung von Beziehungen als zu statisch. 83 Padgett und Powell (2012b) widmen ihren Band H. C. White und gelten als vielseitig von ihm beeinflusst. 84 Metaphern wie Rhizom (Deleuze und Guattari 1976) und Meshwork (Ingold 2006) werden verwendet, um den komplexen, heterogenen, dynamischen und relationalen Charakter von Verbindungen, die durch Prozesse translokaler Mobilität ständig neu entstehen, zu beschreiben (z. B. Verne 2012a: 23 ff.). Problematisch bei der rhizomatischen Vorstellung kontinuierlicher Veränderung ist, dass Machtbeziehungen vernachlässigt werden, weshalb ein Konzept, das Knoten und Konnektivitäten thematisiert, bevorzugt wird. Wichtig ist dabei zu untersuchen, welcher Dynamik dieses Netzwerk unterliegt. 85 Im Unterschied dazu weist das von White (1992: 22, 38 ff.) in den 1990er Jahren eingeführte Konzept relativ stabiler Disziplinen eine verhärtete relationale Struktur auf. Weitere Begriffe seines netzwerktheoretischen Vokabulars (z. B. Institutionen, Stile, Kontrollregime) sollen hier nicht weiter ausgeführt werden.
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Arbeitsdefinition von Neo-Diaspora und theoretische Analysefolie
Die Tendenzen des Begriffs „Diaspora“, ein Catch-all-Begriff zu werden und die problematischen Annahmen klassischer Diaspora-Konzepte machen die Formulierung einer Arbeitsdefinition für diese Studie erforderlich. Unter Berücksichtigung der bisherigen theoretischen Ausführungen, bildet sie die Grundlage der Auswahl von Gemeinschaften zur empirischen Untersuchung. Dabei wird der Fokus auf Interaktionen und Netzwerke86 der potenziellen Gemeinschaften gerichtet, die über ethnische Zuschreibungen und verwandtschaftliche Beziehungen hinausgehen. Die Arbeitsdefinition entspricht einem engen Begriffsverständnis, da sich klar abgrenzende Definitionen und prototypische Beispiele eignen, um die Spezifik sozialer Formen zu untersuchen (Brubaker 2005: 11; Wahlbeck 2002: 231): Neo-Diaspora bezeichnet vorläufig eine Gemeinschaft, deren Mitglieder in territorial getrennten Siedlungsräumen leb(t)en.87 Die diskursiv erzeugte Imagination einer geteilten Herkunft (z. B. von einem realen und zugleich fiktiven Ort bzw. Territorium) sowie alltagspraktische Gemeinsamkeiten erzeugen ein Zusammengehörigkeitsgefühl und dienen der symbolischen Grenzziehung. Die folgenden drei anzunehmenden Merkmale, die mithilfe geeigneter theoretischer Ansätze vertieft wurden, sind für heterogene, diverse und dynamische neo-diasporische Gemeinschaften in dieser Arbeit kennzeichnend: (1) Die Imagination einer geteilten Herkunft als erstes konstitutives Element bringt zum Ausdruck, dass die tatsächliche Herkunft nicht zwingend von Relevanz ist88. Weder Mitglieder noch deren Vorfahren müssen Migrationserfahrung haben. (2) Alltagspraktische Gemeinsamkeiten werden über emotionale Praktiken (re-)produziert und rufen Gefühle von Verbundenheit hervor. Soziale Institutionen tragen zur Aufrechterhaltung von Interaktion bei. (3) Drittens wird angenommen, dass die Orientierung an der Herkunft durch neue Interessen und Beziehungen ergänzt werden kann. Aufrechterhaltene 86 Mit diesem Ansatz erfolgt eine Abgrenzung vom methodologischen Nationalismus. An den jeweiligen Untersuchungsstandorten wurden nicht beliebige Personen einbezogen, die zur sogenannten libanesischen Diaspora gezählt werden. Die Fremdzuschreibung wird durch Statistiken, Medienberichte und einige wissenschaftliche Studien konstruiert und zum Teil von Mitgliedern neo-diasporischer Communities anlassbezogen reproduziert. Im Unterschied dazu spielen im Libanon regionale Identitäten und familiäre Bezüge für viele eine größere Rolle als die nationale Identität. Regionale und familiäre Loyalitäten sind auch für Personen mit einer Lebanese Ancestry außerhalb des Libanon in differentem Ausmaß von Bedeutung. 87 Polyzentrismus, also das Wohnen von Mitgliedern in mindestens zwei fremden Gebieten (Safran 2009: 76) wird nicht als notwendige Bedingung angesehen, da bereits ein weiterer Siedlungsraum hinreichend sein kann. Darüber hinaus soll die Vergangenheitsform „lebten“ ausdrücken, dass selbst Gemeinschaften, bei denen ein Großteil der Mitglieder nur noch in einem Siedlungsraum lebt, zu Neo-Diasporen zählen. 88 Dies lehnt an das Verständnis der Vorsilbe „neo“ von Roy (2004: 124) in Bezug auf Neo-Ethnicity an.
Arbeitsdefinition von Neo-Diaspora und theoretische Analysefolie
transnationale Beziehungen sind für die Existenz einer Neo-Diaspora nicht unbedingt erforderlich. Die Vorsilbe „neo“ steht für einen alternativen Diaspora-Begriff, der deutlich von essenzialistischen Ansätzen abzugrenzen ist, die dem Phänomen eine quasi natürliche Entstehung zuschreiben, Gemeinschaften als Einheit konzeptualisieren, Herkunftsorientierung betonen und eine umfassende Integration von Mitgliedern infrage stellen. Darüber hinaus unterscheidet sich das Verständnis der Vorsilbe in dieser Arbeit deutlich von dem anderer AutorInnen, die mit „neo“89, „new“90 oder „post“91 zwar bereits Prozessualität, Hybridität, innere Fragmentierung und Relationalität betonen, aber weiterhin räumliche Verteilung, makro-strukturelle Einflüsse und transnationale Beziehungen als prägende Hauptelemente einer Diaspora begreifen. Das Ziel der Studie ist zu zeigen, dass ein statisches Gruppendenken, eine Orientierung an Herkunfts- und Aufnahmekontexten92 und ein begrenzter Fokus auf Vorteile der Vernetzung93, wie es für vorangegangene Migrationsstudien charakteristisch war, überwunden werden muss. Hierfür lässt sich eine theoretische Analysefolie formulieren, die Elemente der vorgestellten theoretischen Ansätze berücksichtigt, die für 89 Der Begriff „Neo-Diaspora“ wird bislang zur Abgrenzung vom klassischen prototypischen Fall einer Opfer-Diaspora (Cohen 1997: 31 ff.) verwendet, allerdings mit unterschiedlichen Konnotationen. Yeboah (2008: xiii) wendet den Begriff auf Gemeinschaften aus Ghana an, die aus freiwilliger Migration hervorgehen. Demgegenüber definieren Koshy und Radhakrishnan (2008: 3 f., 6 ff., 21) die südasiatische Diaspora als Neo-Diaspora, die alte und neue Formationen einschließt, zwischen denen Kontinuitäten und Differenzen bestehen. Die Vorsilbe „neo“ verweist auf den Einfluss politischer und ökonomischer makrostruktureller Kontexte (z. B. Kapitalismus, Kolonialismus, Nationalismus) ohne dass Beziehungen zum Herkunftsland prägende Kraft bei der Entstehung einer Neo-Diaspora sein müssen. 90 Die Vorsilbe „new“ bezieht sich auf die neue Qualität transnationaler Beziehungen innerhalb von Gemeinschaften, die seit den 1990er Jahren im Zuge postkolonialer Strömungen konzeptualisiert werden (vgl. II 1.2) (Flores 2009: 29). Ursachen für die Entstehung von New-Diasporas sind die zunehmenden Wanderungsbewegungen seit Ende des Ost-West-Konfliktes und die Innovationen in Kommunikations- und Transporttechnologien (van Hear 1998: 1). Im Fall der südasiatischen neuen Diaspora geben Koshy und Radhakrishnan (2008: 15) das Ende des Zweiten Weltkrieges als Entstehungszeitraum an, als die Migration von angelernten und qualifizierten Arbeitskräften nach England, Kanada, Australien und die USA beginnt. 91 „Postmigrantisch“ bzw. „postdiasporisch“ bezeichnet prozessuale Veränderungen durch Einwanderung als Teil des Alltagslebens (Şahin 2017: XXV). „Postmigrantische Gesellschaften“ zeichnen sich nach Foroutan (2016: 239 ff.) dadurch aus, dass sie politisch anerkannt haben, ein Einwanderungsland zu sein, Aushandlungsprozesse um Anerkennung stattfinden, Zuwanderung ambivalent bewertet wird, Organisationen bzw. Individuen mit und ohne statistischem „Migrationshintergrund“ Allianzen bilden und es zu Polarisierungen über Fragen der Zugehörigkeit und der nationalen Identität kommt. 92 In viele bisherigen Studien werden zunächst der Ort oder das Land der angenommenen Herkunft und die Geschichte der Auswanderung fokussiert, bevor die Dynamiken von Communities im Residenzland analysiert werden. Diese gängige Perspektive misst den Herkunftskontexten eine Bedeutung zu, die der Lebenswelt vieler Mitglieder einer Neo-Diaspora nicht gerecht wird. Im Unterschied dazu werden die empirischen Daten dieser Studie von Sydney ausgehend ausgebreitet. 93 Viele Studien blenden Unsicherheiten und negative Effekte von Netzwerken aus. Verne (2012b: 187 f.) kritisiert, dass häufig ausschließlich nach positiven und unterstützenden Funktionen gefragt wird.
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die beabsichtigte „Theorie neo-diasporischer Gemeinschaften zu Beginn des 21. Jahrhunderts“ als konstituierend anzunehmen sind. Gemäß einer zirkulären Forschungsstrategie wurde die Folie mittels eines Dialogs von Theorie und Empirie mehrmals modifiziert. Die empirische Datenaufnahme und die abstrahierende Darstellung der Daten orientieren sich an der Folie. Die Analysefolie bezieht fünf Dimensionen ein, die angesichts der herangezogenen Konzepte hinreichende Bedingungen für die Existenz, das Fortbestehen und die Dynamik neo-diasporischer Gemeinschaft darstellen: Dazu zählen (1) Individuen und deren Engagement, (2) die konstruierte kollektive Identität bzw. imaginierte Ethnizität der Gemeinschaft, (3) die physischen und digitalen Orte der Kommunikation und Treffpunkte, (4) die emotionalen Praktiken und gemeinsamen Interessen sowie (5) die Anlässe kollektiver Vergemeinschaftung und die Events zur Vernetzung. Die von Individuen geschaffenen Organisationsstrukturen (z. B. Vereine, religiöse Institutionen, Bildungseinrichtungen) stellen keine eigene Analysedimension dar. Angewendet wird eine poststrukturalistische Perspektive, die das Engagement von Individuen und die von ihnen gegründeten Institutionen, genutzten Symbole und Trigger, geschaffenen Orte und organisierten Veranstaltungen in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt. Die institutionelle Verankerung findet in allen fünf Dimensionen Beachtung und kann aufgrund der Bestimmung durch Individuen nicht isoliert analysiert werden. Die in der theoretischen Folie skizzierten Dimensionen des Achsenkreuzes lassen sich in eher sichtbare Spuren (horizontale Achse) und, aus der Perspektive von Nichtmitgliedern, eher unsichtbare Marker (vertikale Achse) ausdifferenzieren (vgl. Abb. 6). Die analytisch trennbaren Dimensionen verschmelzen in der lebensweltlichen Ausprägung und wirken aufeinander ein. Dementsprechend kann ein Phänomen mehreren Dimensionen zugeordnet werden. Überschneidungen in der Darstellung der Ergebnisse sind daher unumgänglich. (1) Im Rahmen der ersten Dimension „Individuen und Engagement“ wird der Fokus auf einzelne Mitglieder, deren Kompetenzen und individuelle Vernetzung gerichtet. Von Bedeutung ist ihr Engagement zum Erhalt von Institutionen (z. B. Vereine, Organisationen), mit denen sie die Interessen der Mitglieder fördern. Analysiert werden Individuen in offiziellen und informellen Führungspositionen, die auf die Dynamik der Community einwirken. Wie theoretisch aufgezeigt, kann das soziokulturelle Phänomen einer Neo-Diaspora als expandierendes Netzwerk bzw. spezialisiertes Interaktionsfeld (Netdom)94 mit geteilten Sinnformen, die sich durch Interaktion der Netzwerkpopulation formieren, gedacht werden. Von besonderem Interesse sind Die in Abb. 6 skizzierten Scheiben stehen für unterschiedliche Domänen verschiedener Netdoms. Die differenten Größen symbolisieren eine unterschiedliche Reichweite von Netzwerkkontakten innerhalb einer Domäne. Die vertikale Anordnung der Domänen gibt keine Rangordnung in der Lebenswelt vor, sondern bildet den Fokus der Analyse ab. Die Untersuchung geht von einer neo-diasporischen Gemein-
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Abb. 6 Theoretische Folie zur Analyse neo-diasporischer Gemeinschaften
Schalter95, die als Stellen der Machtkonzentration96 gelten und Individuen, die spezifische Aufgaben übernehmen. Die potenziellen vielschichtigen und sich dynamisch verändernden Interaktionszusammenhänge von Mitgliedern sind in Abb. 6 mit vertikalen Linien angedeutet. Zu untersuchen ist, welche Auswirkungen die Einbindung von Mitgliedern in mehreren Netdoms, zwischen denen sie situativ wechseln (Switching)97, auf die neo-diasporische Gemeinschaft haben. Aus den Daten können Rückschlüsse auf Beziehungsstrukturen, Machtverhältnisse, die Arten von Beziehungen, deren Stärke, Belastbarkeit und Reichweite sowie auf bestehende räumliche und soziale Grenzen98 schaft aus, deren Mitglieder auf der oberen Domäne abgebildet und in unterschiedlichen Netdoms eingebunden sind. 95 Diese Arbeit analysiert kommunikative bzw. soziale Netzwerke nicht personenspezifisch, sondern legt den Fokus auf Knoten und Schalter des Netzwerkes, von denen Kommunikationsflüsse ausgehen sowie auf kommunikativ vermittelte Bedeutungen. Dabei werden mediale Kommunikationsnetzwerke im Sinne von Hepp (2011: 60) als Voraussetzung translokaler, sozialer Netzwerke angesehen ohne diese gleichzusetzen. 96 Im Sinne von Foucault (1977) meint Macht nicht die Regierungsmacht als die Gesamtheit der Institutionen oder die Herrschaft einer Gruppe gegenüber einer anderen. Zunächst ist Macht zu verstehen als „die Vielfältigkeit von Kräfteverhältnissen, die ein Gebiet bevölkern und organisieren; das Spiel, das in unaufhörlichen Kämpfen und Auseinandersetzungen diese Kräfteverhältnisse verwandelt, verstärkt, verkehrt (…)“ (Foucault 1977: 113). 97 Diese Arbeit nimmt an, dass Kontextwechsel stattfinden, ohne die damit einhergehenden Änderungen sozialen Verhaltens differenziert auswerten zu können. Der Fokus der Analyse liegt auf dem damit verbundenen Veränderungspotenzial der neo-diasporischen Gemeinschaft. 98 Räumliche und soziale Grenzen werden, wie Bönisch-Brednich und Trundle (2010: 3) anregen, aus den Aussagen und Praktiken der befragten Personen abgeleitet. Eine analytische Abgrenzung zwischen
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und nicht zuletzt auf die Rolle von materiellen Ressourcen und anderen Kapitalsorten für die Praktiken von Mitgliedern gezogen werden. (2) Die zweite Dimension umfasst die „konstruierte kollektive Identität bzw. imaginierte Ethnizität“ der Gemeinschaft. Zum Verständnis des Aushandlungsprozesses müssen zunächst die gemeinschaftsinterne Produktion diasporischer Medien und die Art und Weise der Reproduktion von Narrativen in den Fokus rücken. Dabei sind die damit befassten AkteurInnen, die Orte und Gelegenheiten, an denen Occasioned Stories und Non-Participant Narratives erzählt werden, sowie die verwendeten Hilfsmittel von Interesse. Zur Dekonstruktion des subjektiven Wir-Bewusstseins werden anschließend Collective Narratives und als Unterkategorie Paradigmatic Stories untersucht. Die Geschichten können mit Blick auf Themenkomplexe99 geordnet und in Bezug auf den Sinn von Sozialbeziehungen und die vermittelten Deutungsmuster interpretiert werden.100 Sowohl Antenarrative und Counterstories als auch Erzählungen von Anderen über die Gemeinschaft sind als Bestandteil der diskursiv erzeugten kollektiven Identität zu beachten. Darüber hinaus sind normative Prinzipien und symbolische Ressourcen einzubeziehen, um deren Bedeutung als Bausteine im Abgrenzungsprozess zu bewerten. Bei dieser Dimension müssen Vorstellungen ursprünglicher Beziehungen berücksichtigt werden, um ihrer alltagsweltlichen Relevanz Rechnung zu tragen. Narrative und verwendete Symbole können Hinweise geben, ob ein formelles System der Mitgliedschaft existiert und wie es informell ausprägt ist. (3) Die als eher sichtbar geltende dritte Dimension bezieht sich auf die physischen und digitalen „Orte der Kommunikation und Treffpunkte“, an denen Mitglieder in Interaktion treten. Zunächst sollen die lokal in der Nachbarschaft gelegenen Treffpunkte, die zur Kommunikation und Interaktion von Mitgliedern beitragen, untersucht werden. Zu zeigen ist, welche Orte der Kommunikation gezielt erhalten und geschaffen werden und welchen spezifischen Nutzen reale Treffpunkte haben. Im Rahmen dieser Dimension müssen die sozialräumlichen Charakteristika der Hauptwohngebiete analysiert werden, um die alltägliche Lebenswelt, Abgrenzungsprozesse und Interessen der Mitglieder raumbezogen interpretieren zu können. Im Hinblick auf den
Lokalem und Globalem würde den Blick für Praktiken verstellen, die konzeptionelle Grenzen überschreiten. 99 Inspirierend für die Analyse von Themen kollektiver Narrative waren die von Bönisch-Brednich (2002a: 412 f.) identifizierten „ausgearbeiteten Narrative“ (Ready Mades). Dabei handelt es sich um feste Geschichten, die im Rahmen der individuellen Narrationsarbeit reproduziert werden. Bönisch-Brednich (2014: 1752 f.; 2016: 204 f.; 2002b: 70 ff.) differenziert zwischen sechs Themenkomplexen ausgeformter Narrative (z. B. Geschichten von Aufbruch, Ankunft und erste Eindrücke; Geschichten von Zugehörigkeit). 100 Im Unterschied zu vorangegangenen Studien wird darauf verzichtet, eine Geschichte der Migration der Blouzaniyye zu rekonstruieren. Von Relevanz für das Zusammengehörigkeitsgefühl der Mitglieder ist die gegenwärtig imaginierte Geschichte, weshalb kollektive Narrative über die angebliche Vergangenheit Themenkomplexen zugeordnet und deren Bedeutungen interpretiert werden.
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Identifikationsort101 ist zu hinterfragen, inwiefern ein physischer Aufenthalt zur Stärkung der Identifikation mit der Gemeinschaft nützlich ist, welche unterschiedlichen Bedeutungen der Ort für BesucherInnen hat und welche Gruppendynamik sich bei gemeinsamen Aktivitäten von Mitgliedern entwickelt, die an unterschiedlichen Orten weltweit leben. Darüber hinaus kann das Ausmaß der sozialen Kontrolle, basierend auf wechselseitiger Beobachtung, an den verschiedenen Orten nachvollzogen werden. Ein weiterer Schwerpunkt der Betrachtung liegt auf digitalen Treffpunkten. Zu analysieren ist die Funktion von Online-Plattformen der Gemeinschaft als Extension der alltäglichen Lebenswelt der Mitglieder. (4) Die vierte Dimension befasst sich mit den „emotionalen Praktiken und gemeinsamen Interessen“ der Mitglieder. Sie ist als eher unsichtbar zu charakterisieren. Der Schwerpunkt der Analyse liegt auf der Identifikation von alltäglichen Praktiken, die Solidarität und ein Zusammengehörigkeitsgefühl erzeugen. Es ist zu untersuchen, wie alltägliche Praktiken durch regelmäßige Interaktion erlernt werden, inwieweit normative Vorgaben zu konformen Verhalten beitragen und welche ortsabhängigen und personenbezogenen Variationen bestehen. Darüber hinaus sind formelle und informelle Praktiken und Strategien, die mit wirtschaftlichen Synergieeffekten verbunden sind, aufzuschlüsseln. Auch soll analysiert werden, in welchem Verhältnis das emotional und ästhetisch Geteilte als Charakteristikum neo-tribaler Vergemeinschaftung und rationale Abwägungen zueinanderstehen. Die Betrachtungen innerhalb dieser Analysedimension lassen zudem Aussagen über unterschiedliche Beteiligungsebenen, eine mögliche Partizipation auf Zeit und ortsabhängige Reproduktionen von Macht und hierarchische Genderordnungen102 zu. (5) Die fünfte Dimension beinhaltet „Anlässe kollektiver Vergemeinschaftung und Events zur Vernetzung“, die trotz ihrer Flüchtigkeit als eher sichtbare Phänomene einzustufen sind. Veranstaltungen geben Auskunft über Vorhaben, Strategien, Haltungen und interne Auseinandersetzungen der Mitglieder. Bei Events, die zur Stärkung der inneren Kohäsion beitragen, ist zu betrachten, an welchen Trends und Gestaltungsweisen sie sich orientieren. Bei Veranstaltungen und Initiativen zur externen Vernetzung sind der Zweck und die Auswirkungen für die kollektive Agency von Interesse. Eine Beschreibung der TeilnehmerInnen derartiger Treffen ermöglicht Rückschlüsse auf die Beschaffenheit der Grenze, die Art der Beziehungen (z. B. Strong Ties, Weak 101 In dieser Arbeit wird statt Herkunftsort/-dorf bzw. Heimatort/-dorf der Begriff „Identifikationsort“ verwendet, es sei denn es handelt sich um Zitate oder Paraphrasen anderer AutorInnen oder um empirische Ausführungen. Indem Ort als Prozess der Konstruktion und Rekonstruktion verstanden wird, soll der Begriff „Identifikationsort“ zum Ausdruck bringen, dass die kollektive Identität mit dem Ort der imaginierten Herkunft als zentrales Element sozial konstruiert wird. 102 Um geschlechtsspezifische Differenzierungen neo-diasporischer Gemeinschaften zu verstehen, sind die Überlegungen von Butler (1990) grundlegend. Gender ist sozial konstruiert und das Resultat von Institutionen, Praxen und Diskursen von Macht. Als gesellschaftliches Ordnungsprinzip positioniert und hierarchisiert es Menschen und produziert damit verschiedene Formen von Identität (Jensen 2005: 257 ff.).
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Vielschichtige theoretische Perspektiven auf Diaspora
Ties, kooperativ/kompetitiv) sowie die mögliche Expansion des neo-diasporischen Netzwerks. Außerdem muss analysiert werden, ob Anlässe genutzt werden, um das deterritoriale Beziehungsnetzwerk zu erhalten und welche Differenzierungsprozesse unter TeilnehmerInnen erkennbar sind. Mit dieser theoretischen Folie werden die Dynamik und Praxis neo-diasporischer Gemeinschaften zum Gegenstand der Analyse gemacht, ohne umgebende Kontexte auszublenden. In der Auswertung werden Bezüge zum Identifikationsort und zu lokalen Rahmenbedingungen erwähnt, wenn sie aus dem empirischen Material hervorgehen. Ergänzende Hintergrundinformationen zu naturräumlichen, sozialen, politischen, ökonomischen und historischen Gegebenheiten in Sydney bzw. Australien und im Wadi Qadisha (Qadisha Tal, Libanon) werden in Fußnoten vertieft. Sie sind zum Verständnis der Identitätskonstruktion, Praktiken, Erfahrungen und Empfindungen von Mitgliedern hilfreich und liefern Hinweise, um die Organisationsweise der Community besser zu verstehen. Ziel der Analyse ist, aufbauend auf den einbezogenen Ansätzen und Modellen die konstituierenden Elemente neo-diasporischer Communities herauszustellen (Diagnosis) (Geertz 1973: 27), um eine Theorie zu generieren: „The aim is to draw large conclusions from small, but very densely textured facts (…)“ (Geertz 1973: 28). Dazu werden die nun vorgestellten, theoretischen Analysedimensionen, die als deduktives Element die grobe Struktur der qualitativen Komplexanalyse vorgeben, schrittweise mit empirischem Inhalt versehen. Unterkategorien werden nahe an den empirischen Daten ausdifferenziert und bestimmende Elemente zu einer neuen Theorie verwoben.
III
Stand der empirischen Forschungen zur libanesischen Diaspora
Die Ausführungen zu bisherigen Untersuchungen über (syro-)libanesische1 Gemeinschaften lassen Forschungslücken erkennen, an denen diese Arbeit ansetzt. Die Studien zeigen entweder historische Entwicklungen auf oder fokussieren Teilaspekte der Lebenswelt mit einem beschränkten Fokus auf Praktiken von Kollektiven, deren Grenzen an ethnischen Zuschreibungen festgemacht werden. Dabei dominieren Perspektiven, die prägende Elemente libanesischer diasporischer Gemeinschaften in Differenz zur Mehrheitsgesellschaft analysieren. Zwar wird die zunehmende gesellschaftliche Einflussnahme der Communities untersucht, deren Institutionen allerdings als einheitlich handelnde Akteure entlang religiöser Grenzen aufgefasst. Auch Arbeiten mit einem Fokus auf Machtzentralen bleiben äußerst begrenzt. Sie lassen offen, wie und welche Art von Beziehungsstrukturen entstehen und welche Effekte sie auf diasporische Gemeinschaften haben. Die folgenden Ausführungen sollen nicht mehr als einen Überblick über wichtige Analysen, den Wandel der Schwerpunkte und die gerade angerissenen Begrenzungen geben.
1 Die Vorsilbe „syro“ verweist darauf, dass Personen, die Ende des 19. Jahrhunderts aus dem heutigen Libanon auswanderten in der neuen Welt als Syrer bezeichnet wurden. Als neben der Kategorie Turks, die zuvor für alle Auswanderer aus dem Bilad al-Sham verwendet wurde, die Kategorie Syrian (1899 in den USA) eingeführt wurde, registrierten sich Christen aus der autonomen Provinz Mount Lebanon als Syrian, um sich von den überwiegend muslimischen Turks abzugrenzen. Dies bezeugt laut Khater (2005: 304) jedoch keine Identifikation mit der Idee einer syrischen Nation, die sich auf die phönizische Vergangenheit bezieht. Den mehrheitlich aus ländlichen Regionen kommenden MigrantInnen war diese von Beiruter Intellektuellen konstruierte Idee unbekannt (Khater 2005: 304). Ab 1926 migrierten Personen mit libanesischen Pässen, wurden aber in Australien erst im Jahr 1954 als LibanesInnen registriert (Batrouney 2006: 56).
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Stand der empirischen Forschungen zur libanesischen Diaspora
1
Historische und empirische Forschungen
Eine der ersten Abhandlungen über die Immigration von Personen aus dem Bilad alSham2 in die USA stammt von Hitti (1924: 36, 48 ff.). Er betrachtet die überwiegend ökonomischen Ursachen (z. B. Preisverfall für Seide) sowie politische und religiöse Hintergründe der Auswanderung unter Einbezug der ethnischen und sozialen Gegebenheiten der Herkunftsregionen. Darüber hinaus beschreibt er die Lebensbedingungen der EinwanderInnen in den USA und listet in einem Register alle aus der Levante stammenden christlichen Kirchengemeinden und Priester3 sowie arabisch-sprachigen Zeitungen und Magazine auf, die in den USA herausgegeben wurden. Viele Jahre gilt das Werk, abgesehen von wenigen soziologischen Analysen des frühen 20. Jahrhunderts, als einzige umfassende Darstellung der (syro-)libanesischen Gemeinschaft in den USA. Erst in den 1980er Jahren kommt es zu einer bedeutsamen Zunahme von Studien, begleitet von politischen Motiven vonseiten der AuslandslibanesInnen (Orfalea 1989: 28 ff.). Parallel dazu erscheinen seit 1974 „Arab American Almanacs“ mit Angaben zu Organisationen und religiösen Institutionen (Haiek 2010). Die Publikationen der 1970er und 1980er Jahre beschreiben die Migrationsströme in ihrer geschichtlichen Dimension und zeigen allgemeine Strukturen und Muster bei der Herausbildung (syro-)libanesischer Gemeinschaften auf. Mit einem Fokus auf die Haupteinwanderungsländer werden die Einwanderungsphasen und Geschehnisse (z. B. Orfalea 1988; Mehdi 1978), historische Portraits bestimmter Communities (z. B. Sweet 1974; Zogby 1984; Hooglund 1985; Hooglund 1987; Orfalea 1988) sowie Erfahrungen von MigrantInnen thematisiert. Die Werke schildern ökonomische Tätigkeiten von HausiererInnen, LohnarbeiterInnen, Ladenbesitzern und Landwirten (z. B. Naff 1985: 128 ff.) sowie Aktivitäten im religiösen (z. B. Kayal und Kayal 1975; Haddad 1993; 2004) politischen und kulturellen Bereich4 (z. B. Abu-Laban und Suleiman 1989; Zogby 1984), die als Indikatoren für Assimilationsbereitschaft interpretiert werden. Im Kontext des Ethnic Revivals (vgl. II 2) kommen Untersuchungen zu aufrechterhaltenen und transformierten kulturellen Praktiken hinzu (z. B. Aswad 1974, Ahdab-Yehia 1983).5
2 Der arabische Begriff Bilad al-Sham bezeichnet das historische Groß-Syrien und umfasst das westliche Gebiet des fruchtbaren Halbmonds ohne den Irak. Dazu zählen die heutigen Staatsgebiete Syrien, Libanon, Jordanien und das Gebiet des historischen Palästinas (Shehadi und Harney 1989: 54). 3 Zu Beginn der Auswanderung Ende des 19. Jahrhunderts migrierten aus dem Bilad al-Sham fast ausschließlich Christen und Drusen. Aus manchen Distrikten war Anfang des 20. Jahrhunderts ein Viertel bis über 40 Prozent der Bevölkerung ausgewandert (Ruppin 1917: 14). 4 Für eine Übersicht über literarische Werke (z. B. Romane, Autobiographien, Gedichte) zur libanesischen Diaspora-Erfahrung siehe Bayeh (2015), Bayeh (2017) und Orfalea (1989: 33 ff.). 5 Die exemplarisch genannten Studien beziehen sich alle auf die USA, da sich dort viele der untersuchten lokalen Communities befinden. Studien mit Fokus auf Australien werden in Kapitel III 2 thematisiert.
Historische und empirische Forschungen
Tabelle 9 Geschätzte Anzahl an libanesischen EinwanderInnen nach Kontinent Kontinent
Gesamt
Größte Anzahl in:
Nordamerika (Kanada, USA, Mexiko)
1.717.650
USA 1.300.000
Südamerika
2.039.660
Brasilien 939.640 Argentinien 774.000
Europa
184.000
Deutschland 54.328
Afrika
221.000
Elfenbeinküste 45.000
Westasien
162.660
Australien
176.000
Gesamt
4.500.970
Quelle: Muglia 2015
Als Überblickswerk fasst „The Lebanese in the World“ von Hourani und Shehadi (1992) Aufsätze bedeutender Forscher zur libanesischen Diaspora zusammen. Neben historischen Ursachen der Auswanderung wird die Lebenssituation von Personen mit einer Lebanese Ancestry6 in Amerika, Australien, Afrika, den Golfstaaten und europäischen Ländern vergleichend beleuchtet.7 Einen quantitativen Überblick über deren weltweite Verbreitung gibt Tabelle 9 von Muglia (2015), deren Schätzungen nur Personen einbeziehen, die noch eine Lebanese Ancestry angeben.8 Die Studien der 2000er Jahre unterscheiden sich von den historisch-deskriptiven Abhandlungen durch die Dominanz interdisziplinärer Perspektiven und neuer Schwerpunkte. Gefragt wird nach gegenwärtigen Identitätskonstruktionen, Zugehörigkeitsgefühlen, Erfahrungen der gesellschaftlichen Integration und Akzeptanz9 sowie nach Institutionalisierung, transnationalen Praktiken und kulturellen Ausdrucksformen (z. B. Tabar 2005a; Zabel 2006; Tabar und Skulte-Ouaiss 2010). Der Begriff Lebanese Ancestry ist der Zensussprache entlehnt und bezieht sich auf die imaginierte ethnische Identität eines Individuums. In Australien wird die Kategorie mit folgender Frage erhoben und bezieht sich in der Regel auf geographische Gebiete mit denen sich Gruppen identifizieren: „What is the person’s ancestry?“ (maximal zwei Antworten möglich) (ABS 2016a). 7 In dem Werk „Arabs in America. Building a New Future“ (Suleiman 1999) wird der Einfluss von Personen mit einer Arab Ancestry in den USA und Kanada und ihr Kampf um Anerkennung aufgearbeitet. 8 Die Werte liegen deutlich unter den häufig genannten Schätzungen von mindestens zwölf Millionen Personen (WLCU o. J.). Für Schätzungen zu Personen mit einer Arab Ancestry siehe Cainkar (2013: 150, 154). Der „Atlas des Diasporas“ enthält zwei Karten zu den wichtigsten Migrationsrouten und Städten mit Communities von Personen mit einer Lebanese Ancestry (Chaliand und Rageau 1997: 170 f.). 9 Im Jahr 2006 bringt Orfalea (2006) ein aktualisiertes Werk heraus, das nicht nur die historische Entwicklung der Einwanderung, sondern auch Reaktionen infolge der Terroranschläge vom 11. September 2001 darstellt. 6
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Stand der empirischen Forschungen zur libanesischen Diaspora
Mit einem Fokus auf bestimmte Länder in Mittel- und Lateinamerika (z. B. Almeida 1997; Cazorla 2003; Sterzinger 2004; Beck 2004; Boos 2007; Agar und Hauser 2009; Boos 2013; Pinto 2014; Pastor Maria y Campos 2014; AlfaroVelcamp 2014; Bruckmayr 2014; Truzzi 2014; Mücke 2015), West- und Südafrika (z. B. Blenck 1973; Peleikis 2003; Zimprich 2009; Arsan 2010; Adebayo 2010) sowie Asien (z. B. Clarence-Smith 2004) werden der innere Zusammenhalt und die ökonomische und politische Präsenz untersucht. Im Sammelband von Batrouney et al. (2014) werden theoretische Schlüsselkonzepte mithilfe empirischer Studien reflektiert. Gegenübergestellt werden Erfahrungen von Personen, die der libanesischen, syrischen oder palästinensischen Diaspora angehören. Eine bedeutende komparative Analyse auf der Ebene einzelner Städte stammt von Abdelhady (2011). Sie stellt Erfahrungen arabischer EinwanderInnen in Montreal, New York und Paris gegenüber. Darüber hinaus werden Netzwerke ausgehend von Ländern wie Kolumbien, Venezuela, Mexiko und anderen karibischen Staaten erforscht (z. B. Salloum 2000; Escher 2000; Juárez Lang 2001; Sandhoff 2003; Escher 2008; Bruckmayr 2010; Escher und Karner 2016). Ein thematischer Schwerpunkt liegt auf Remittances (Rücküberweisungen), darunter monetäre, soziale und politische.10 Aktuelle Studien von HistorikerInnen setzen sich, im Unterschied zu gegenwartsbezogenen Arbeiten, mit Identitätsformationen (syro-)libanesischer EinwanderInnen in vergangenen Epochen (z. B. Monsour 2014) und Einflüssen auf den Libanon auseinander (z. B. Khater 2001).11 Mit Blick auf die Frage nach der narrativen Konstruktion kollektiver Identitäten in dieser Arbeit sind Studien zu erwähnen, die kulturelle (Re-)Produktionen von Personen mit einer Lebanese Ancestry untersuchen. Abdelhady (2007: 43, 53, 57 f.) beschreibt KünstlerInnen als „Agents for Social Change“. Sie betrachtet Kunstwerke, die negativen Stereotypen12 widersprechen und kosmopolitische Ideale vermitteln, als Teil eines kosmopolitischen Gedächtnisses. Mit den Wechselwirkungen zwischen Konflikt, Krieg und Migration, die in grafischen Narrativen verarbeitet werden, befasst sich Chatta (2019: 597 ff.). Sie betrachtet libanesische Comics als alternative ErkenntnisLevitt (1998: 927) definiert soziale Rimessen wie folgt: „Social remittances are the ideas, behaviors, identities, and so that flow from receiving- to sending-country communities.“ Zu den WissenschaftlerInnen, die über soziale und politische Rimessen arbeiten, zählen Hourani 2007; Wischnat 2009; Pearlman 2013; Tabar 2014; Pearlman 2014; Fakhoury 2018; Skulte-Ouaiss und Tabar 2014. 11 Als Antwort auf Gualtieris (2001) Aufsatz „Becoming ‚White‘: Race, Religion, and the Foundations of Syrian/Lebanese Ethnicity in the United States“ befasst sich Khater (2005) mit der Konstruktion einer syrischen Identität im Aufnahmeland (arab. Mahjar). Er verfasst auch das erste Buch, das sich mit den Auswirkungen von RückkehrerInnen auf die libanesische Staatsgründung befasst (Khater 2001). Anschließend analysiert Gualtieri (2009a) im Buch „Between Arab and White“ die Identitätsbildung arabischsprachiger EinwanderInnen der ersten Einwanderungsphase in den USA. 12 Massenmedial und institutionell hervorgerufene Fehlwahrnehmungen und Stereotype von arabischer Kultur und Lebensweise wurden bereits in den 1970er Jahren von Abu-Laban und Zeadey (1975) untersucht. 10
Historische und empirische Forschungen
quelle, um Aussagen über kollektiv geteilte Vorstellungen und aktivistische Anliegen der ZeichnerInnen treffen zu können. Howell (2000: 60 f.) betrachtet kulturelle Reproduktionen (z. B. Tanz, Kunst) in Detroit und differenziert zwischen Produktionen für den Mainstream und solchen für die Gemeinschaft. Einen anderen Schwerpunkt legt Rowe (2010: 52) und erfasst die Bedeutung genealogischer Projekte für individuelle Identitätskonstruktionen. Bei allen Studien zeigt sich, dass kollektive Erzählungen nur sehr bedingt als Praktik des Identitätsmanagements libanesischer diasporischer Gemeinschaften erforscht werden. Von Bedeutung für die Wahl des Analysefokus (vgl. IV 1.3.1) sind Arbeiten, aus denen die hohe Komplexität der libanesischen Diaspora mit ihren differenten Segmenten hervorgeht. Die hohe Fragmentierung wird nicht nur in fast allen historischen Arbeiten angesprochen (Monsour 2017: 14, 33), sondern auch mittels Studien in der digitalen Welt nachgewiesen (Asal 2012: 503). Vor diesem Hintergrund richten einige Studien den Fokus auf sogenannte „diasporische Dorfgemeinschaften“13, deren Zusammenhalt auf der Imagination eines geteilten Herkunftsortes gründet. Für den libanesischen Ort Bishmizzini zeigt Nabti (1992: 60) in den 1990er Jahren, dass BewohnerInnen die Auswanderer als Teil eines „globalen Dorfes“14 betrachten, obwohl die sozialen Beziehungen aufgrund der räumlichen Distanz geschwächt wurden. Bereits eine Dekade später konnte Escher (2004) am Beispiel der diasporischen Gemeinschaft des syrischen Ortes Amar el-Hosn eine weltweite telefonische Vernetzung und kommunikative Praxis nachweisen. Der Identifikationsort als fixer, „heiliger Ort“ definiert laut Escher (2004: 202) die Mitglieder der Gemeinschaft, ermöglicht symbolische Handlungen und entwickelt unterschiedliche Bedeutungen: „Der Herkunftsund Ursprungsort der globalen Gemeinschaft wird zum Ferienort, zum Ort der Ruhe, zum Ort der Kommunikation, zum Ort zukünftiger Geschäfte, zum Ort neuer Allianzen sowie zum Ort der Ruheständler und Pensionisten.“ Peleikis (2000: 297 ff.; 2003: 17 ff.) untersuchte mithilfe einer akteurzentrierten Perspektive (Kommunikations-) Praktiken von BewohnerInnen und Ausgewanderten des schiitischen Ortes Zrariye und weist die Produktion eines „translokalen Dorfes“ nach. Des Weiteren analysiert sie den Wandel von Verwandtschaft, Nachbarschaft, Freundschaft, generations- und geschlechterspezifischen Beziehungen und Identifikationsmustern (Peleikis 1999). Diese Arbeit geht über die angesprochenen Studien, deren Betrachtung weitgehend bei ethnischen Zuschreibungen verbleibt, hinaus.
13 Derartige Studien wurden von Tannous (1942/43) (Bishmizzine), von Gulick (1955) (Munsif), von Touma (1958) (Hadath el Jebbeh), von Fuller (1961) (Buarij) und Kepler-Lewis (1968) (Hadchit) durchgeführt. 14 Der Begriff Global Village wurde von McLuhan (1962: 31) angesichts der neuen elektronischen Verflechtung eingeführt, um die Welt als globales Dorf zu beschreiben: „We now live in a global village. (…) We have begun again to structure the primordial feeling, the tribal emotions from which a few centuries of literacy divorced us“ (McLuhan und Fiore 1967: 63).
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Stand der empirischen Forschungen zur libanesischen Diaspora
Umfangreiche Forschungen über (syro-)libanesische Migration und Diaspora finden in vier Zentren statt, darunter das Moise A. Khayrallah Center for Lebanese Diaspora Studies (USA, North Carolina State University), das Lebanese Emigration Research Center (LERC, Libanon, Notre Dame University), das Institute for Migration Studies (IMS, Libanon, Lebanese American University) und das Centre for Lebanese Studies (Beirut, London). Neben Archiven und Bibliotheken bieten sie Konferenzen zum wissenschaftlichen Austausch und veranstalten öffentliche Diskussionsplattformen zu aktuellen Migrationsthemen. 2
Insider-Studien zur Lebenswelt von Lebanese Australians
Die Geschichte der libanesischen Einwanderung nach Australien wird in den Büchern „The Lebanese in Australia“ (Batrouney und Batrouney 1985), „Phoenician Farewell: Three Generations of Lebanese Christians in Australia“ (McKay 1989) und „Not Quite White“ (Monsour 2010)15 dargestellt. Die erste umfassende quantitative Studie zur Lebenssituation von EinwanderInnen mit einer Lebanese Ancestry in Australien fertigte Humphrey (1984) basierend auf einer Befragung von 291 Haushalten an. Wissenschaftliche Untersuchungen der Lebenswelt von Lebanese Australians entstanden insbesondere im Zuge des steigenden Rassismus und der zunehmenden Islamophobie, sind aber laut Bayeh und Amer (2017: 2) im internationalen Vergleich unterrepräsentiert. Zu den wichtigen Publikationen zählt der Sammelband „ArabAustralians Today. Citizenship and Belonging“ (Hage 2002), der sich nicht nur mit Themen wie der politischen Beteiligung und unternehmerischen Aktivitäten, sondern auch mit aktivistischen und anti-rassistischen Bewegungen von Lebanese Australians befasst. Gleichzeitig werden negative Fremdbilder der Mehrheitsgesellschaft, die arabischen Jugendlichen kriminelle Eigenschaften zuschreiben, diskutiert. Die fremdenfeindlichen Übergriffe der 1990er Jahre in Australien, die vorrangig auf muslimische Frauen und libanesische Jugendliche gerichtet waren, werden bei Collins et al. (2000) wissenschaftlich aufgearbeitet. Im beginnenden 21. Jahrhundert intensivieren sich die rassistischen Spannungen in Australien. Lokale und internationale Ereignisse wie die Lebanese Gang Rapes, die Vorfälle vom 11. September 2001 und andere islamistisch motivierte Terroranschläge (Poynting et al. 2004) bildeten den Kontext der Cronulla Riots im Jahr 2005, die Anlass zu weiteren Studien geben. Mit Blick auf populistische Medien und Maskulinität wurden die gegen Personen aus arabischen Staaten gerichteten Angriffe und damit verbundene Reaktionen von mehreren WissenschaftlerInnen analysiert und als Zeichen eines scheinbar gescheiterten Multikul-
15 Zwei Werke von Monsour (2009, 2012) analysieren die Historie von Lebanese Australians in Queensland.
Insider-Studien zur Lebenswelt von Lebanese Australians
turalismus gedeutet (z. B. Noble 2009; Poynting et al. 2009; Poynting 2006; Poynting 2014; Hussein und Poynting 2017). Einen vielseitigen Einblick in soziale Erfahrungen der Ausgrenzung, Kriminalisierung und rassistischer Diskriminierung sowie kulturelle Praktiken (z. B. Ashura, Dabke) von Lebanese Australians liefern Tabar et al. (2010) in dem Werk „On Being Lebanese in Australia. Identity, Racism and the Ethnic Field“.16 Anhand von Untersuchungen persönlicher Erfahrungen und isolierter Praktiken wird eine essenzialistische und hybride Identität hergeleitet (Tabar et al. 2010: 19). Deren emotionale Bedeutung und gemeinschaftsbildende Funktion wird am Rande thematisiert. Beschreibungen von Praktiken sogenannter Cultural Practicioners (Bayeh und Amer 2017: 2), die mit Blick auf individuelle Identitätskonstruktion von Arab-Australians analysiert werden, klammern kohäsive Effekte auf diasporische Gemeinschaften in Australien aus. In Australien dominieren außerdem Untersuchungen mit einem Fokus auf Machtzentralen, bei denen die bereits angesprochenen Spaltungen (Fissures) innerhalb der libanesischen Gemeinschaft und Strategien des Machterhalts aufgezeigt werden. Insbesondere Ethnic Leader bzw. Community Leader17, die Dachorganisationen vertreten, werden hinsichtlich ihrer individuellen Motivationen und Vorteile, sich für die diasporische Gemeinschaft zu engagieren, analysiert (Tabar et al. 2003: 276 ff.; Tabar et al. 2010: 60 ff.). Darüber hinaus wurden die Reaktionen religiöser Führungspersonen auf die Lebanese Gang Crisis bzw. die Cronulla Riots gegenübergestellt und gegensätzliche Strategien im Umgang mit Rassismen entlang ethnisch-religiöser Trennlinien erkannt (Collins et al. 2000: 211 ff.; Tabar et al. 2003: 280 f.; 2010: 69 f.). Bei der Betrachtung von Strategien von Führungspersonen bleiben Rückwirkungen auf die kollektive Agency diasporischer Gemeinschaften weitgehend unberücksichtigt. Zudem werden häufig lediglich VertreterInnen von Dachorganisationen der libanesischen Diaspora einbezogen und nur am Rande die über 50 Organisationen in New South Wales (NSW), die religiöse, familiäre oder regionale Loyalitäten widerspiegeln, erwähnt (CGL 2016). Stehen derartige Organisationen im Fokus der Betrachtung, wird fast ausschließlich die transnationale Politik zur finanziellen Unterstützung des imaginierten geteilten Herkunftsortes thematisiert. Exemplarisch seien die wissenschaftlichen Ausführungen zur Tannourine Charitable Association (Tabar 2010: 325 f.), der Charitable Association of I’aal (Skulte-Ouaiss und Tabar 2014: 13 f.) und der Becharrie Association (BAL) (Taouk 2010: 75) genannt. Eine Lücke vieler Studien ist, dass die jeweiligen Vorstände als einheitlich handelnde Akteure konzeptualisiert werden. Dies ist ein
16 Der Band führt einige Inhalte zuvor publizierter Aufsätze zusammen (z. B. Tabar 2002; Tabar et al. 2003; Tabar 2005b; Tabar 2007; Poynting 2009). 17 Die Bezeichnung Community Leader setzte sich in der australienbezogenen jüngeren Literatur durch und spiegele laut Tabar et al. (2003: 283 ff.) die Abwertung von Ethnizität durch die jeweilige Regierungspolitik.
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Stand der empirischen Forschungen zur libanesischen Diaspora
Grund, weshalb sogenannte „Migrantenselbstorganisationen“ als nicht hinreichend erforscht gelten: „(…) [F]urther research into other organisations is an important topic for future scholarship to enable a better understanding of leadership and its interaction with community issues, class and generational differences“ (Tabar 2009: 249). Ethnographisch ausgerichtete, empirisch fundierte Untersuchungen einzelner diasporischer Gemeinschaften, deren kollektive Identität sich auf bestimmte Identifikationsorte bezieht, sind am Beispiel von Australien eher selten. Eine Ausnahme bildet die Arbeit von Hyndman-Rizik (2009), die am Beispiel einer maronitisch geprägten Gemeinschaft, deren Mitglieder Hadchit als Identifikationsort nutzen, die Konstruktion eines „sozialen Dorfes“ in Sydney aufzeigt.18 Als weiterer Schwerpunkt werden libanesisch-australische Familien in Sammelbänden zur kulturellen Diversität in Australien mit Familien aus anderen Herkunftsländern verglichen. Dabei werden nicht nur differente Werte, traditionelle Geschlechterrollen, patriarchalische Strukturen, Organisationsweisen, religiöse Praktiken und Bräuche der Familien erklärt, sondern auch Anpassungsprozesse an die Mehrheitsgesellschaft thematisiert (Batrouney 1995; Hassan et al. 1985). Mit Blick auf generationsspezifische Differenzierungen zeigen andere Studien, wie maronitische Jugendliche Elemente des Libanon und verschiedenste australische Einflüsse zur Identitätskonstruktion nutzen (Ghosn 2009: 193 f.; Hyndman-Rizik 2010). Die Lebensbedingungen muslimischer Personen aus dem Libanon in Australien, die zum Großteil nach dem Beginn des libanesischen Bürgerkriegs19 im Jahr 1975 einwanderten, werden in einigen jüngeren Forschungsarbeiten untersucht (z. B. Humphrey 1998; Cleland 2002, Betts und Healy 2006; Wadumestri 2010). Beziehungen innerhalb und zwischen heterogenen libanesischen diasporischen Gemeinschaften sowie Beziehungen zu anderen Einwanderergruppen sowohl im australischen Kontext als auch in anderen Ländern20 werden nur selten thematisiert. Durch den Fokus auf Machtzentralen werden alltägliche Praktiken der allermeisten
Am Geographischen Institut der JGU Mainz verfasste Abschlussarbeiten verweisen auf Village Associations in Australien (Betzler 2004: 148 ff.) und auf die „Gemeinde aus Aitou in Australien“ (Fleck 2011: 100 ff.). 19 Als ein Auslöser des libanesischen Bürgerkriegs gelten die ethnisch-konfessionellen Spannungen im Land, aufgrund von zunehmenden sozialen und wirtschaftlichen Disparitäten. Außerdem delegitimierte ein großer Teil der muslimischen Bevölkerung die territoriale Einheit des Libanon mit dem Ziel eines größeren, wenn möglich panarabischen Staates (Glasze 2004: 499). Internationale Spannungen im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt führten zur Einmischung externer Mächte, sodass sich mehrere Konfliktebenen bei wechselnden Konfliktlinien und Koalitionen überlagerten (Perthes 1993: 438; Rink 2009: 123). 20 Eine Ausnahme bildet das Projekt von Gualtieri (2009b), in dem Beziehungen (syro-)libanesischer Gemeinschaften zu anderen ethnischen Gruppen in Los Angeles vor dem Zweiten Weltkrieg untersucht werden. 18
Insider-Studien zur Lebenswelt von Lebanese Australians
Mitglieder nicht adäquat beschrieben.21 Auch ist die Kritik von Hage (2005a) berechtigt, dass WissenschaftlerInnen von imaginierter Gemeinschaft und Mobilität ausgehen und aufgrund einer fehlenden, empirischen Basis die Lebenswelt unzutreffend konzeptualisieren. Libanesische und andere ethnische Gruppen werden zudem vorrangig von WissenschaftlerInnen, die selbst über Migrationserfahrungen verfügen und oftmals Mitglieder diasporischer Gemeinschaften sind, in Bezug auf die Mehrheitsgesellschaft untersucht. In der Regel stellen sie libanesische, diasporische Gemeinschaften als kulturell eigenständig und gleichzeitig als ökonomisch assimiliert dar. Auch wird der zunehmende politische und soziale Einfluss betont. Problematisch ist die damit verbundene Fremd-Machung (Othering) und Marginalisierung (Bayeh und Amer 2017: 2), die von einem Widerspruch zwischen Praktiken des Grenzerhalts und gelungener gesellschaftlicher Inklusion ausgeht. Diese Arbeit distanziert sich von derartigen dichotomen Betrachtungsweisen und richtet den Fokus auf Interaktionen und Netzwerke einer neo-diasporischen Gemeinschaft innerhalb der australischen Gesellschaft. Der Fokus auf die Praktiken zur Stärkung des Zusammenhalts und auf solche zur Förderung der Vernetzung eröffnet neue Perspektiven auf die Lebenswelt von Lebanese Australians.
So bleiben viele Studien über Maroniten beim Thema soziale Pflichten sehr abstrakt (z. B. Ghosn 2009).
21
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IV
Multi-lokale empirische Feldforschung
Die Auswahl potenziell aktiver Communities, das multi-lokale Vorgehen, die verwendeten empirischen Methoden und das theoretische Auswertungsschema werden transparent beschrieben. Die Intersubjektivität des Forschungsprozesses und der Analyseschritte sollen eine Evidenz der Interpretationen ermöglichen (Mayring 2016: 145 f.). Mit Blick auf die zentralen Fragen dieser Studie müssen interpretativ-verstehende Verfahren der qualitativen Sozialforschung angewendet werden. Eine nach dem Prinzip der Offenheit angelegte induktive Vorgehensweise bedeutet, dass „(…) sich die Strukturierung des Forschungsgegenstandes durch die Forschungssubjekte heraus[bildet] (…)“ (Hoffmann-Riem 1980: 343). Durch eng verwobene Phasen von Datenerhebung und -auswertung wurde die empirische und theoretische Arbeit permanent reflektiert. Die Fragestellungen, Konzepte, Modelle, Methoden und das Kategoriensystem wurden in Interaktion mit dem Forschungsfeld laufend überprüft (Przyborski und Wohlrab-Sahr 2014: 3). Inhalt und Methoden wurden kontinuierlich konstruiert, um eine möglichst hohe Validierung und Vertrauenswürdigkeit der Ergebnisse zu erzielen (Lamnek und Krell 2016: 151, 161 f.). Im Rahmen dieser zirkulären Forschungsstrategie mussten einerseits neue geeignete theoretische Konzepte identifiziert und sich gleichzeitig von gängigen Typologien (z. B. libanesische Diaspora als Handels-Diaspora), angenommenen transnationalen Beziehungen und homogenisierenden Vorstellungen distanziert werden. Mit dem Fokus auf die als relevant identifizierten analytischen Dimensionen wurden auch Daten gesammelt, die im Rahmen der Auswertung nur bedingt von Relevanz waren. Die Vorgehensweise ist vom Forschungsstil der Grounded Theory inspiriert, bei dem man sich einem Forschungsfeld nicht strikt induktionistisch, sondern mit theoretischer Sensibilität, also geeigneten heuristischen Konzepten nähert (Glaser und Strauss 1998: 54). Dieses Theorieverständnis hebt die Offenheit von Theorien hervor (Strübing 2014: 59): „Theoretical ideas are not created wholly anew in each study; as I have said, they are adopted from other, related studies, and, refined in the process, applied to new interpretive problems“ (Geertz 1973: 27). Die Problematik der mehrfachen Hermeneutik, d. h. der wiederholten subjektiven Deutung des vorliegenden Materials, ist integrativer Bestandteil der Erkenntnisgewin-
Reflexion der empirischen Vorgehensweise
nung. Zur Anerkennung von Forschungsprozessen, die auf der Auswertung subjektiver Konstruktionen durch ForscherInnen beruhen, hat Giddens (1988: 338) den Begriff der „Doppelten Hermeneutik“ geprägt. Bei den empirischen Ausführungen dieser Studie handelt es sich um subjektive Konstruktionen. Es sind „Konstruktionen zweiten Grades“ (Schütz 1971: 68), da subjektive Deutungen von InterviewpartnerInnen interpretiert werden. Die Auswertung bezieht sich auf ein Fallbeispiel, das durch theorierelevante Elemente, die sich ausschließlich oder besonders ausgeprägt bei den anderen untersuchten Communities zeigen, in Fußnoten ergänzt wird. Die schrittweise theoretische Abstraktion ermöglicht die Formulierung einer „Theorie neo-diasporischer Gemeinschaften zu Beginn des 21. Jahrhunderts“. Die generierten, theoretischen Dimensionen sind in spezifischer Ausprägung und unterschiedlicher Gewichtung für deren Existenz und Fortbestand ausschlaggebend. 1
Reflexion der empirischen Vorgehensweise
Zu Beginn müssen Überlegung zur Rolle der Autorin als forschendes Subjekt angestellt werden, die einen Einblick in persönliche Interessen, individuelle Fähigkeiten zur empirischen Arbeit, subjektive Erfahrungen und Herausforderungen im Feld geben (Bernard 2011: 282). Die Schilderung erfolgt aus der Ich-Perspektive, um die eigenen Handlungen und die Subjektivität der Datenaufnahme zu verdeutlichen. Die vorgestellte Arbeitsdefinition von Neo-Diaspora bildet die Grundlage für die Auswahl geeigneter Communities. Daran anknüpfend werden der Zugang zum multi-lokalen Feld, strategische Entscheidungen und der Ablauf der empirischen Erhebung nachgezeichnet. 1.1
Vom Outsider zum Insider
Tölölyan (1996: 19) macht darauf aufmerksam, dass bei Auseinandersetzungen mit diasporischen Gemeinschaften zentrale diasporische Figuren wie WissenschaftlerInnen und Intellektuelle, die einen diasporischen Diskurs produzieren, außer Acht gelassen werden. Sie tragen wie SchriftstellerInnen, MusikerInnen und KünstlerInnen, metaphorisch gesprochen, zur Errichtung eins Fundaments der diasporischen Identität bei. WissenschaftlerInnen fungieren als Storyteller und entscheiden darüber, welche Stimmen gehört werden (Johansen 2014: 344). Aufgrund des potenziellen Einflusses der Studie auf die kollektive Identität einer neo-diasporischen Gemeinschaft, muss die eigene Position im Feld offengelegt und reflektiert werden (Alleyne 2002: 616). Einführend ist festzuhalten, dass ich weder Mitglied einer (neo-)diasporischen Gemeinschaft bin, noch über eigene internationale Migrationserfahrungen verfüge. Auch mein familiärer „Migrationshintergrund“ hatte für meine alltägliche Lebensführung
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Multi-lokale empirische Feldforschung
und Sozialisation nur eine marginale Bedeutung. Die Familie meiner Großmutter mütterlicherseits stammt aus dem ehemaligen Königreich Württemberg und siedelte im Zuge der Anwerbungen von Katharina II. im 18. Jahrhundert ins Kaiserreich Russland, bevor meine Großeltern Anfang des 20. Jahrhunderts nach Westpreußen zogen. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges, im Januar 1945, flohen sie auf unterschiedlichen Routen mit zwei Kindern in den Südharz. Im Jahr 1958, als meine Mutter zehn Jahre alt war, flüchtete die nun sechsköpfige Familie getrennt voneinander über Westberlin aus der Deutschen Demokratischen Republik und siedelte sich in einer pfälzischen Gemeinde an. Mein Vater migrierte im Jahr 1976 von Wien in den Landkreis Neuwied, wo ich bis zu meinem studienbedingten Umzug nach Mainz im Jahr 2006 aufwuchs. Singuläre Reisen in den Geburtsort meiner Mutter im Südharz fanden aufgrund der Teilung Deutschlands erst im Jahr 1990 sowie 2018 statt. Den Geburtsort bzw. ehemaligen Wohnort meines Vaters besuchte ich im Rahmen von Familienreisen in den Jahren 1991 und 2011. Im Unterschied zur Migrationsgeschichte meiner Familie beeinflussen meine eigenen Erfahrungen mit räumlicher Mobilität mein Verständnis für veränderte Lebenssituationen maßgeblich. Für einen ersten längerfristigen Wechsel meines Wohnstandortes entschied ich mich im Alter von 16 Jahren, um für sechs Monate die Central Dauphin East High School in Harrisburg (PA, USA, 2003) zu besuchen. Anschließend folgten ein Auslandssemester an der Universitat de València (2010) zwei mehrwöchige Praktika in Bolivien (2010) und der Dominikanischen Republik (2011), mehrmonatige (Forschungs-)Reisen durch Südamerika und die Karibik (2011, 2014, 2016), mitkonzipierte universitäre Exkursionen (z. B. Dubai 2014/2018, Halifax 2015, Neuseeland 2016, Karibik 2019, Brasilien 2019, Kuba 2020) sowie ein einjähriger Aufenthalt im Libanon im Jahr 2017 im Rahmen eines Promotionsstipendiums des Orient-Instituts Beirut (OIB). Darüber hinaus konnte ich mir bereits im Jahr 2012, im Zuge von zwei Forschungsaufenthalten in Jbeil (Byblos) im Rahmen der Diplomarbeit (Karner 2016), regionale Kenntnisse über den Libanon aneignen. Das Verständnis kultureller Praktiken, gesellschaftlicher Normen sowie ökonomischer und politischer Bedingungen im Libanon war nicht nur für einen erfolgreichen Feldzugang, sondern auch für die Interpretation der Daten von Relevanz. Eine an christlichen Werten orientierte Erziehung, die durch den Besuch eines evangelischen Kindergartens, einer christlichen Jugendgruppe sowie eines Gymnasiums in römisch-katholischer Trägerschaft gefestigt wurde,1 half mir, religiöse Haltungen zu verstehen und mich in Empfindungen von Christen einzufühlen. Der Feldzugang erfolgte als Outsider, da Kontakte zu Mitgliedern der Gemeinschaften erst im Zuge der empirischen Arbeit aufgebaut wurden. Die Kenntnis von 1 Darüber hinaus nahm ich am Konfirmations- und Religionsunterricht sowie an zahlreichen Kinder- und Jugendgottesdiensten teil. Diese wurden an der weiterführenden Schule sowohl in der Liturgie der katholischen als auch der evangelischen Kirche abgehalten.
Reflexion der empirischen Vorgehensweise
bedeutsamen Identifikationsorten, das Erlernen emotionaler Praktiken der Gemeinschaft und ausweitende persönliche Kontakte bewirkten Akzeptanz und Vertrauen bei Mitgliedern. Zunehmend kam es zu Überschneidungen der Outsider mit der Insider-Rolle. Von Angehörigen getroffene Aussagen wie: „You are more Kfarsghabiyye than some of us!“ (IP102) spiegeln die Fluidität der Kategorien wider (Rabe 2003: 150). Im Allgemeinen ist anzumerken, dass unterschiedliche Perspektiven von Insidern und Outsidern immer als Konstruktionen anstelle von Enthüllungen aufzufassen sind (Hodkinson 2005: 141 f.).2 Von Beginn an war es wichtig, das eigene wissenschaftliche Interesse im Feld nachvollziehbar zu schildern. Den kontaktierten Personen wurde die Absicht erläutert, diasporische Gemeinschaften besser verstehen und darüber eine geographische Doktorarbeit schreiben zu wollen. Mitglieder zeigten eine große Gesprächsbereitschaft, die nicht selten auf der Überzeugung gründete, das Wissen über die Geschichte und kulturelle Besonderheiten für zukünftige Generationen konservieren zu wollen (Cornell und Hartmann 2010: 70). Die folgende Ankündigung in einem Newsletter der untersuchten Gemeinschaft in Sydney zeigt, dass konträr zum vermittelten Forschungsinteresse, eine historisch ausgerichtete Arbeit angenommen wurde. Derartige Missverständnisse konnten in persönlichen Gesprächen aufgelöst werden: We had a visitor from Germany via North Lebanon including Blouza. Marie Karner is a Ph. D. candidate in Mainz (Germany), arrived from Lebanon the previous day and attended the picnic. Marie’s research project involves migration from Northern Lebanon. Marie’s recent trip included three months in Northern Lebanon, six weeks in Sydney – Australia and a week in Dubai interviewing families and following migration and cultural patterns, history etc. (NL3, 13.01.15).
Die Unterstützung für das Forschungsprojekt habe ich insgesamt als sehr groß wahrgenommen. Einige InterviewpartnerInnen setzten sich besonders engagiert für die Bereitstellung von Informationen ein, um einen möglichst tiefen Einblick in ihre Gemeinschaft zu gewähren. Skeptischen Haltungen4, die sich in spezifischen VerhaltensWie bereits Merton (1972: 36) argumentierte, sollte sich die Kritik auf Methodik, Auswertung und theoretische Einbettung beziehen, unabhängig von der Perspektive eines Forschers als Insider oder Outsider. Stattdessen wird oftmals behauptet, Outsidern fehle es an der notwendigen Sensibilität für die jeweiligen kulturellen Wertvorstellungen (Kusow 2003: 592). Simultan dazu wird Insidern unterstellt, dass sie für das Gewöhnliche und Alltägliche blind seien. Von Vorteil sei jedoch ihr kontextuelles Verständnis, das ihnen ermögliche, gängige Konzeptualisierungen aufzubrechen (Innes 2009: 442 f., 447). Die Annahme einer „single insider truth“, die von Outsidern nur bedingt verstanden werden kann, ist laut Hodkinson (2005: 141) eine essentialistische Falle. Die Vorstellung, dass sich ausschließlich Mitglieder der gleichen Gruppe verstehen, schreibt laut Merton (1972: 22 f.) soziale Spaltungen fest. 3 Die Abkürzung NL steht für elektronischer Newsletter, der per E-Mail an Mitglieder versendet wird. 4 Angesichts meiner detaillierten Fragen wurde ich gelegentlich scherzhaft als „Spionin“ oder „German CIA“ bezeichnet. Mit Humor wurden Misstrauen und Restzweifel zum Ausdruck gebracht, die historisch begründet sind, da der Libanon bis 2005 von syrischen Sicherheitsdiensten überwacht und kontrolliert 2
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und Kommunikationsformen5 ausdrücken, konnte, dank der im Rahmen vorheriger Forschungsaufenthalte im Libanon gesammelten Erfahrungen, mit geeigneten Strategien begegnet werden. Das hier vorgelegte Ergebnis ist ein zusammengefasstes und synkretisches Narrativ über die Blouzaniyye auf der Basis mündlicher Erzählungen, meiner methodischen Beobachtungen der AkteurInnen und ergänzenden Materialien. Letztendlich ist die Darstellung der alltäglichen Lebenswelt und die Geschichte der Blouzaniyye meine individuelle, subjektive Konstruktion, beruhend auf einer multimethodischen Erhebung. Meine Ausführungen sind in hohem Maße aus der Perspektive der Betroffenen verfasst und werden durch deren Zitate und andere Materialien untermauert. Die dadurch erzeugte Theorie geht aufgrund der befolgten methodischen Ansprüche und der analytischen Perspektiven über die eigene Subjektivität6 hinaus und beansprucht Gültigkeit im beginnenden 21. Jahrhundert innerhalb der kapitalistisch geprägten Welt von Nationalstaaten. 1.2
Herausforderungen bei der empirischen Arbeit
Die aufkommenden Schwierigkeiten bei der empirischen Arbeit und geeignete Verhaltensweisen sind äußerst vielseitig. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf Aspekte, die zum Verständnis der Empirie als ausschlaggebend einzuordnen sind. Der Fokus wird zunächst auf meine Beziehungen zu Mitgliedern der Gemeinschaft in Abhängigkeit ihrer Funktion, ihres Geschlechts sowie Alters gerichtet. Darauf aufbauend werden die Verständigung mit Mitgliedern sowie Fehler und Irrtümer reflektiert. Einige Aspekte stufte ich zunächst als ungünstig ein, musste sie jedoch mit zunehmender Erfahrung als nutzenbringend revidieren. Eine besondere Aufmerksamkeit erforderte der Umgang mit Personen, die in der Methodenliteratur als Gatekeeper (z. B. Emmel und Hughes 2009: 320 f.) bezeichnet werden. Ihr Wissen, ihre Netzwerke und ihr Einfluss waren für die empirische Arbeit wurde. Der Kommentar eines Mitglieds, der ein Interview mit folgenden Worten unterbrach, kann sowohl positiv als auch als Ausdruck von Besorgnis gewertet werden: „This girl is going to know more about us than we know about each other“ (IP160: 135). Die Aussage wurde von der Person auf Arabisch getroffen und vom Interviewpartner direkt ins Englische übersetzt, um mir zu erklären, dass Mitglieder sich über meine Praktiken der Wissensaneignung bewusst sind. 5 Personen, die einer Interviewanfrage nicht nachkommen möchten, vermitteln ihre Absage häufig auf indirektem Wege. Auf diese Weise lassen sie Möglichkeiten einer zukünftigen Kommunikation in einer anderen Situation und einem neuen Kontext offen. Im Unterschied dazu ist die Aufforderung, sich am nächsten Tag nochmals bei einer kontaktierten Person zu melden, in der Regel so zu interpretieren, dass GesprächspartnerInnen sehr zeitnah für ein Treffen zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund erforderte die Organisation der Feldaufenthalte eine hohe Flexibilität und Spontanität. 6 Eine differente, subjektive Konstruktion einer anderen Person würde zu vergleichbaren abstrakten Ergebnissen kommen, die auf Communities mit einer imaginierten ethnischen Identität anwendbar sind.
Reflexion der empirischen Vorgehensweise
förderlich, allerdings war zu beachten, dass sie bei der Vermittlung von GesprächspartnerInnen in der Regel versuchen, ihre Gemeinschaft von einer möglichst positiven Seite zu präsentieren. Darauf weist auch Batrouney (2010: 88) hin, der über Lebanese Australians forschte: „It was necessary to be aware of the tendency of the leading figures in the community organization to seek to accentuate the positive elements of their story and underplay any negative aspects such as conflicts between individuals or groups.“ Durch eine geeignete Samplingstrategie und unterschiedliche Methoden konnte eine derart einseitige Darstellung relativiert werden. Viele Schlüsselpersonen tendierten dazu, die empirische Arbeit aufmerksam zu beobachten und wendeten unterschiedliche Strategien an. Dazu zählten Anrufe und unangekündigte Besuche während meiner Treffen mit anderen Mitgliedern, die ich als Einmischung in die Interviewsituation empfand. Mit offenen Gesprächen erklärte ich den Gatekeepern, dass ihre Anwesenheit bei Gesprächen nicht erforderlich sei. Außerdem wurden sie möglichst transparent dafür sensibilisiert, dass nicht nur mehrere neo-diasporische Gemeinschaften, sondern auch unterschiedlichste GesprächspartnerInnen einbezogen werden, um die Heterogenität innerhalb der Gemeinschaften zu erfassen. In der Regel reagierten sie mit Akzeptanz auf mein ihnen gegenüber geäußertes Interesse, auch Personen zu interviewen, die als ehemalige Mitglieder, Nichtmitglieder, Provokateure und Abweichler angesehen werden. Nachdem sie meine Arbeitsweise über einen längeren Zeitraum beobachtet hatten, machten Gatekeeper sogar von sich aus auf interne Konflikte, Fraktionierungen und Herausforderungen der Gemeinschaften aufmerksam. Ein Großteil meiner Tätigkeiten während der Aufenthalte im Feld wurde von Mitgliedern neo-diasporischer Gemeinschaften sehr bewusst wahrgenommen. Auch Personen, die mich nicht persönlich kannten, registrierten mich als Outsider und schenkten meinen Praktiken im öffentlichen und privaten Raum Aufmerksamkeit. An den jeweiligen Untersuchungsstandorten und innerhalb der translokalen Beziehungsnetzwerke tauschten sich Mitglieder über meine Absichten und Tätigkeiten aus. Diese Verständigung bezüglich meiner Person, deren Inhalte ich durch mein Verhalten mitbestimmte, erleichterte mir den Zugang zu unbekannten Kontaktpersonen. Darüber hinaus war die empfundene soziale Kontrolle eine wichtige, subjektive Erfahrung im Rahmen meiner Forschungsarbeit. Die Erfahrung ermöglichte es mir, die handlungsleitende Wirkung der sozialen Kontrolle innerhalb der Gemeinschaft besser nachvollziehen zu können. Mir wurde unter anderem bewusst, dass Handlungen wie unangekündigte Besuche und regelmäßige Telefonanrufe innerhalb der Gemeinschaft weit verbreitet sind. Sie werden nicht als grenzüberschreitende Praktik verstanden, sondern dienen der gegenseitigen Normenkontrolle und sind Ausdruck von Zusammengehörigkeit und Fürsorge. Die selbst beobachteten Praktiken übernahm ich als Richtlinie für mein eigenes Verhalten (Hauser-Schäublin 2003: 38). Ich orientierte mich an den Sitten, Regeln und Werten, die Mitglieder der Gemeinschaft vorgaben (z. B. Wejbet, Anrede mit Titel,
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gender-sensibles Verhalten, vgl. V 2.3.1) (Girtler 2009: 3). Als Orientierungshilfe für angepasstes Verhalten im Feld dienten meine Erfahrungen, die ich mir im Rahmen meiner Diplomarbeit im Libanon häufig nach der Methode Trial-and-Error7 angeeignet hatte. Die Anpassung betrifft unterschiedlichste Ebenen wie die Wahl angemessener Kleidung, den Respekt vor genderspezifischen Erwartungen sowie den Ausdruck von Anteilnahme und Mitgefühl. Eine Herausforderung war die Koordination von Terminen, wenn für die Gemeinschaften wichtige Veranstaltungen parallel stattfanden. In diesen Fällen versuchte ich, zumindest temporär an traurigen und freudigen Anlässen, denen Mitglieder eine hohe Bedeutung zumessen, teilzunehmen. Schwierigkeiten waren außerdem mit meiner eigenen Rolle als junge, in Deutschland sozialisierte und nordeuropäisch aussehende Forscherin verbunden. In dem von Männern vordergründig dominierten Forschungsfeld waren eine seriöse und konsistente Selbstpräsentation, die Wahl geeigneter Treffpunkte und gewisse Verhaltensregeln besonders wichtig. Bei der Vorstellung habe ich unabhängig vom Alter meines Gegenübers stets mein wissenschaftliches Interesse betont, öffentlich einsehbare Orte für Interviews und sonstige Gespräche gewählt und körperliche Nähe bei Begrüßungsund Verabschiedungsritualen und Tänzen nur in dem Ausmaß zugelassen, wie es zwischen Mitgliedern der Gemeinschaft üblich ist, die keine Partnerschaft miteinander führen und die nicht nach PartnerInnen suchen. Vor allem ältere Mitglieder schlugen wiederholt vor, für mich einen geeigneten Ehepartner der eigenen Community ausfindig zu machen. Derartige Vermittlungsangebote beruhen auf Einstellungen, die mit der Gewichtung der Ehe und dem Konzept der Ehre in Verbindung stehen. Sie sind innerhalb der Gemeinschaft nicht unüblich und wurden damit begründet, mir Stabilität und Sicherheit zu gewährleisten und mich als langfristiges Mitglied der Gemeinschaft zu gewinnen. Anstatt die Angebote als aufdringlich abzuwerten, zeigte ich einen respektvollen Umgang mit den geäußerten Anliegen der Mitglieder. Mit Verweis auf meine beruflichen Ziele und die begrenzte Zeit meines Aufenthalts konnte ich die Angebote ohne nachfolgende Probleme höflich ablehnen. Im Unterschied dazu nahmen mich unverheiratete junge Männer in der Regel nicht als potenzielle Ehepartnerin wahr. Ihre geäußerten Vorstellungen über eine geeignete Ehepartnerin waren nicht mit der individualistischen Sozialisation, hohen beruflichen Mobilität und geringen Religionsverbundenheit meiner Person vereinbar. Sie zeigten indes eine große Bereitschaft, Interviews mit mir zu führen. Manche bekundeten unEin Beispiel für die Vorgehensweise des Ausprobierens ist der Umgang mit der Frage nach meiner Religionszugehörigkeit. Als ich bemerkte, dass meine Antwort, evangelisch zu sein, bei einigen Personen maronitischen Glaubens Unbehagen erzeugte, erklärte ich, dass ich Christin sei und eine römisch-katholische Schule besucht habe. Mit dieser modifizierten Aussage konnte ich religiös begründete Vorbehalte gegenüber meiner Person vermeiden, ohne falsche Informationen zu geben. Bei Rückfragen zu meiner Biographie habe ich insbesondere solche Ausschnitte preisgegeben, die dem kulturellen Kontext angemessen sind (z. B. über den Zusammenhalt meiner Familie, meine beruflichen Ziele, eine beabsichtigte Familiengründung in der Zukunft). Dies stärkte meine Akzeptanz innerhalb der Gemeinschaften.
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aufgefordert großes Interesse, mir ihre positiven und negativen Erfahrungen innerhalb der Gemeinschaft mitzuteilen. Meinen Fragen begegneten sie mit einer außerordentlichen Ernsthaftigkeit, Selbstreflexion und Offenheit. Nur vereinzelt haben männliche Interviewpartner versucht auszutesten, ob ich auf romantische Verabredungen eingehe. Auf verständnisvolle Weise akzeptierten sie meine Ablehnungen und den Hinweis, dass ich an weiteren Treffen nur in Gruppen interessiert bin. Bis heute ist es in konservativen Familien mit Bezug zum Libanon üblich, dass bei Treffen von zwei potenziellen Sexualpartnern eine verwandte Begleitperson der Frau anwesend ist, wenn die beiden nicht in einem engen familiären Verhältnis zueinander stehen. Der Sinn dieser Tradition ist auch jüngeren Mitgliedern bekannt. Aus diesem Grund konnten sie die von mir genannte Voraussetzung für weitere Treffen nachvollziehen, um zu verhindern, dass Dritte mir eine Liebesbeziehung oder Liaison nachsagen könnten. Als zögerlich empfand ich den Aufbau vertrauensvoller Beziehungen zu jüngeren Frauen, die im Libanon leben. Erst im Laufe der Zeit konnte mit Angehörigen dieser Personengruppe eine Vertrauensbasis geschaffen werden, was an den Hauptuntersuchungsstandorten in Australien, USA und Kanada unmittelbar gelang. Folgende Empfindungen geben Hinweise, weshalb sich viele im Libanon lebende weibliche Jugendliche mir gegenüber vorerst verhalten zeigten. In Gesprächen wurde deutlich, dass sie meine aus ihrer Sicht bestehende familiäre Unabhängigkeit, Selbstständigkeit und weltweiten Reiseerfahrungen als different zu ihrer eigenen Lebenswelt wahrgenommen haben. Hinzu kommt, dass mich einige ledige Frauen zunächst als Konkurrentin um potenzielle Ehepartner sahen. Sie erhalten durch die überdurchschnittlich vielen jungen Männer mit einer Lebanese Ancestry, die außerhalb des Libanon leben, Möglichkeiten zur Migration und zum Erwerb einer neuen Staatsbürgerschaft mit größerer Reisefreiheit und ausgeprägteren Verwirklichungsmöglichkeiten. Im Laufe der Zeit veränderten sich ihre Denkmuster, da sie ihre Vorbehalte nicht bestätigt sahen. Letztlich zeigte sich ein Großteil von ihnen hilfsbereit und interessiert an meinem Forschungsprojekt. Gleiches gilt für gleichaltrige Frauen an den Hauptuntersuchungsstandorten und im Libanon, die nicht zwingend ein hohes Engagement für die Gemeinschaft zeigen. Diejenigen, die sich spätestens seit ihrer Adoleszenz von libanonbezogenen Identitätselementen distanzieren, waren von meinem Forschungsinteresse überrascht. Sie versuchten, meine erlangte Insider-Outsider-Perspektive für sich zu nutzen, um das Besondere ihrer Community ausfindig zu machen und die Einstellungen und Mitwirkung ihrer Eltern besser nachvollziehen zu können. Vornehmlich ältere Frauen begegneten mir mit Unvoreingenommenheit und einer auffallend großen Herzlichkeit. Ihre Gastfreundschaft brachten sie mit dem Servieren von Mahlzeiten, Snacks, Getränken und der Mitgabe von Speisen sowie Umarmungen zum Ausdruck. In Anpassung an die in vielen Familien aufrechterhaltenen traditionellen Geschlechterrollen bot ich Frauen meine Unterstützung bei der alltäglichen Küchenarbeit an und ließ mir die Zubereitung von libanesischen Gerichten zeigen. Dieser praktische Erfahrungsaustausch trug zum Aufbau emotionaler Beziehungen bei.
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Im Unterschied zu Erwachsenen und Jugendlichen wurde meine Anwesenheit von Kindern nicht hinterfragt. Ihnen wurde in der Regel von den Bezugspersonen suggeriert, dass ich eine Verwandte sei, die derzeit zu Besuch ist. Mit dieser Erklärung konfrontierten sie ihre Kinder mit einer bekannten Situation. Es kommt häufig vor, dass Kindern Mitglieder der erweiterten Großfamilie, die an anderen Orten leben, nicht persönlich bekannt sind. Förderlich war, dass mich einige Kinder wiedererkannten, obwohl sie mich zuvor nie getroffen hatten. Sie erinnerten sich an Foto- und Filmaufnahmen von Festen der Gemeinschaft an anderen Untersuchungsstandorten, auf denen sie mich gesehen hatten. Die Aufrechterhaltung der notwendigen Distanz zu Mitgliedern bei gleichzeitiger Kontrolle der emotionalen Verbundenheit war eine weitere Herausforderung meiner empirischen Arbeit. Besonders bei Personen, die mich in vielerlei Hinsicht unterstützten und mir das Gefühl vermitteln wollten, dass ich Teil ihrer Familien und ihrer Community sei, entwickelte sich eine gewisse emotionale Nähe. Um jedoch eine Vereinnahmung durch Individuen und einzelne Familien zu verhindern, war das Wohnen in vorwiegend touristischen und religiösen Einrichtungen sowie die weitgehend unabhängige Mobilität vor Ort durch einen Mietwagen, Taxis und öffentliche Verkehrsmittel ausschlaggebend. Wie wichtig derartige Maßnahmen zur Abgrenzung sind, wurde mir trotz meiner zuvor erlangten Forschungserfahrung im Libanon erst mit einem besseren Feingefühl für gemeinschaftsinterne Dynamiken, andere Denkmuster und Verhaltensweisen bewusst. Mit der Zeit konnte ich einschätzen, welche problematischen Konsequenzen es beispielsweise gehabt hätte, bei Familien in Gästezimmern zu wohnen. Die Annahme derartiger Angebote hätten den Zugang zu anderen GesprächspartnerInnen nicht nur erschwert, sondern womöglich verhindert. Auch über die Forschungsaufenthalte hinaus pflegte ich mit denjenigen InterviewpartnerInnen, die sich kommunikationsfreudig zeigten, den Kontakt durch Text- und Video-Chat-Programme. Auf diese Weise konnte ich mein ernsthaftes Interesse an der Gemeinschaft bekunden, aufgebaute Vertrauensbeziehungen aufrechterhalten und mögliche aufkommende negative Gefühle der Ausnutzung oder Respektlosigkeit vermeiden. Die Zeitpunkte und das Ausmaß des kommunikativen Austauschs steuerte ich bewusst und begrenzte den Kontakt auf wichtige Feiertage, freudige und traurige Anlässe des Lebenszyklus’ sowie zentrale singuläre Ereignisse innerhalb der Communities. Von Beginn an hatte ich mein Vorhaben offengelegt, Informationen über möglichst zahlreiche Personen aus unterschiedlichen Gemeinschaften zu erhalten. Trotzdem zeigten sich einige Beteiligte überrascht als sie damit konfrontiert wurden, dass ich gleichwertige Beziehungen zu verschiedenen Familien aufgebaut hatte. Belegt wurde dies durch zufällige Begegnungen bei Ausflügen und auf Festen, als ich von Mitgliedern anderer Communities freundlich und herzlich begrüßt wurde. Ein Feingefühl für die Interpretationen meiner Kontaktpersonen und darauf bezugnehmende Erklärungen von mir waren wichtig, um bei unterschiedlichen Gemeinschaften im gleichen Zeitraum Akzeptanz zu erlangen. Den GesprächspartnerInnen versicherte ich einen vertrauens-
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vollen Umgang mit den Daten. Sie konnten davon ausgehen, dass meine empirischen Erhebungen und spätere Veröffentlichungen keine negativen Auswirkungen auf den Zusammenhalt und die Fremdwahrnehmung ihrer Community haben würden. Meine Präsenz bei zahlreichen gemeinschaftsübergreifenden Veranstaltungen wurde von anwesenden VertreterInnen verschiedener Dachorganisationen (z. B. WLCU, CLCC, MYO) positiv aufgefasst. Sie sahen mein bekundetes Forschungsinteresse bestätigt und luden mich zu weiteren Events ein. Die Bereitschaft, mich derart umfassend am Gemeinschaftsleben teilhaben zu lassen, war mit dem Bewusstsein verknüpft, dass meine Aufenthalte jeweils zeitlich auf einige Monate begrenzt sind. Meine temporäre Anwesenheit wirkte auf Mitglieder motivierend, mir möglichst vielseitige Einblicke in das Gemeinschaftsleben zu gewähren. Die Kommunikation mit Mitgliedern der untersuchten Gemeinschaften war unproblematisch. An den Hauptuntersuchungsstandorten in Australien, USA und Kanada wird im Alltag, in den Familien und bei allen Zusammentreffen der Communities Englisch gesprochen, eine Sprache, die ich dank meiner Ausbildung und Aufenthalte im anglophonen Ausland fließend beherrsche. Selbst in den libanesischen Dörfern verwendet ein Großteil der Mitglieder die englische Sprache. Sie wurden von mir aufgrund der emotionalen Ortsbezogenheit der Mitglieder zur Exploration und Verdichtung der empirischen Daten aufgesucht. Mit den wenigen Personen, die im Libanon und in anderen Ländern fast ausschließlich libanesisches Arabisch sprechen, konnte ich mich dank meiner Basiskenntnisse der arabischen Umgangssprache ebenfalls verständigen. Das Verständnis von Alltagsgesprächen auf Arabisch ermöglichte mir einen weiteren Einblick in emotionale Praktiken der Neo-Diaspora und gewährleistete eine gute Orientierung im Libanon. Bei komplexen Gesprächsthemen mit Personen, mit denen ich keine gemeinsame Sprache, darunter Englisch, Spanisch und Deutsch teilte, bat ich vorwiegend ältere Familienmitglieder, die den lokalen Dialekt beherrschen, um Hilfe. Auf diese Weise konnten auch Vorbehalte, Rückfragen und Missverständnisse von Arabisch sprechenden Mitgliedern aufgeklärt werden. Auf Dolmetscher gestützte Interviews in arabischer Sprache verzichtete ich aufgrund der zu erwartenden Übersetzungsprobleme und -schwierigkeiten. Sie hängen insbesondere mit der poetischen, akzentuierenden und emotionalen arabischen Sprache zusammen (Feghali 1997: 359). Die im Arabischen häufig verwendeten Metaphern und die im Rahmen der Interviews thematisierten kulturellen Besonderheiten machen Übersetzungen besonders komplex. Die fortwährenden Bemühungen, meine Aussprache im lokalen arabischen Dialekt zu verbessern, werteten Mitglieder als Zeichen der Identifikation mit ihrer Herkunftsregion. Vor allem Gleichaltrige und jüngere Mitglieder sprechen im Alltag ausschließlich Englisch und verstehen die arabische Umgangssprache ihrer Großeltern nur mit Einschränkung, ohne sich fließend in dieser artikulieren zu können. Aus diesem Grund erzeugten meine Basiskenntnisse der arabischen Sprache identitätsrelevante Gemeinsamkeiten mit einem Großteil der Mitglieder.
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Abschließend sind Fehler und Irrtümer zu erwähnen, die zu einem tieferen Verständnis der Lebenswelt von Mitgliedern diasporischer Gemeinschaften geführt haben. Obwohl die Studie explorativ angelegt war und ich stets versuchte, dem Gegenstand mit größtmöglicher Sensibilität und Offenheit zu begegnen, musste ich lernen, mich von bisherigen theoretischen Erkenntnisse der Diasporaforschung und Typologisierungen der LibanesInnen im Ausland als Handels-Diaspora zu lösen, um empirisch begründete neue Erkenntnisse generieren zu können. Selbstkritisch hinterfragte ich daher immer wieder meine Leitfäden, um Gespräche möglichst offen und nicht von Vorannahmen beeinflusst zu führen. Im Laufe der Zeit wurde mir beispielsweise bewusst, dass gegenseitige Empathie einen höheren Stellenwert hat als ausgeprägte ökonomische Beziehungen untereinander. Darüber hinaus musste ich feststellen, dass meine anfänglichen Befürchtungen, Personen könnten kein Verständnis für mein Forschungsinteresse aufbringen, unbegründet waren. Viele GesprächspartnerInnen überraschten mich mit ihrem hohen Grad an Reflexionsfähigkeit bezüglich ihrer Gemeinschaft, ihrem Bewusstsein über die Fragilität des Fortbestandes ihrer Community und mit ihrer Überzeugung, dass eine wissenschaftliche Studie durch eine außenstehende Forscherin auf unterschiedlichen Ebenen einen Nutzen für Mitglieder erbringen kann. Während der Feldaufenthalte gab es im Libanon einige Situationen, in denen ich den beobachteten Umgang mit anderen Menschen als indiskutabel empfunden habe. Viele der im Libanon sozialisierten Personen, aber auch einige AuslandslibanesInnen begegnen Hausangestellten, die aus afrikanischen und süd(ost)asiatischen Ländern kommen und unter dem regional weit verbreiteten Kafala-System8 arbeiten, mit entwürdigender Haltung. FluchtmigrantInnen aus Syrien, die sich in vergleichsweise geringer Anzahl in den Bergregionen aufhalten, werden als unwillkommene Gäste behandelt, obwohl die Landwirtschaft seit Dekaden von ihrer billigen Arbeitskraft profitiert. Wie Girtler (2009: 4) empfiehlt, habe ich keine offene Kritik gegenüber derart verbreiteten Formen der Ausbeutung und rassistischen Haltungen geäußert. Stattdessen habe ich eine innere Bedrücktheit über das Beobachtete hingenommen und versucht, zu den Entstehungsursachen dieser Haltungen vorzudringen (Kaufmann 1999: 77). Außerdem versuchte ich jederzeit, den betroffenen Personen Wertschätzung und Dankbarkeit für ihre Arbeit entgegenzubringen.
Im Libanon wurde das Kafala-System in den 1950er Jahren eingeführt. Es macht den legalen Aufenthalt ausländischer Arbeitskräfte von StaatsbürgerInnen, die als individuelle SponsorInnen auftreten und die rechtliche Verantwortung haben, abhängig. ArbeitgeberInnen ermächtigt es zur Ausbeutung, da Aufenthaltsgenehmigungen zurückgezogen werden, sobald das Arbeitsverhältnis endet. SponsorInnen ziehen in der Regel die Pässe der ArbeitnehmerInnen ein, um Kontrolle auszuüben und Risiken zu minimieren, die mit deren räumlicher Mobilität verbunden sein könnten (Sater 2013: 121). Das Kafala-System hat in der Golfregion eine lange Geschichte und verlagert einen Großteil der staatlichen Verantwortung auf individuelle StaatsbürgerInnen. Historisch beschrieb es eine Beziehung zwischen Gastgebern und ausländischen Besuchern, für die Gastgeber die Verantwortung übernahmen und gleichzeitig deren Sicherheit garantierten (Gardner 2011: 8). 8
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1.3
Eingrenzung des multi-lokalen Feldes und Strategien der Erhebung
Die empirischen Erhebungen erfolgten im Rahmen des Forschungsprojektes „Libanesische globale Dorfgemeinschaften: Praktiken zur Bildung und Erhaltung globaler Gemeinschaften“9 unter Leitung von Prof. Dr. Anton Escher, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) von 2013 bis 2016 gefördert wurde (Projektnummer 242406455). Zunächst wählte ich neun aktive neo-diasporische Gemeinschaften anhand spezifischer Kriterien aus, die sich zur Analyse der Kohäsion, Dynamik, inneren Differenzierung und Vernetzung eignen. Um ein tieferes Verständnis zu gewinnen, wurde der Fokus im weiteren Verlauf der Forschung auf drei neo-diasporische Gemeinschaften gerichtet, von denen ein Fallbeispiel im Rahmen der Analyse vorgestellt wird. Die breite empirische Erhebung bildet die Grundlage, um verallgemeinerbare Aussagen zu Identitätskonstruktionen, gemeinschaftserhaltenden Kräften und der Wandelbarkeit einer Neo-Diaspora zu formulieren. Ebenfalls werden die mit der Erhebungsstrategie verbundenen Limitierungen der Studie reflektiert. 1.3.1
Auswahlkriterien des Fallbeispiels und Untersuchungsstandorte
Zur Untersuchung des Phänomens Neo-Diaspora eignen sich libanesische diasporische Gemeinschaften aufgrund der hohen Anzahl an Mitgliedern, die sich trotz der vergleichsweise langen Migrationsgeschichte als Personen mit einer Lebanese Ancestry identifizieren (vgl. Tabelle 9). Eine weitere Besonderheit ist, dass die sogenannte libanesische Diaspora aufgrund der geschichtlich gewachsenen gesellschaftlichen Spaltung im Libanon10 bis heute als äußerst fragmentiert gilt (Humphrey 2004: 47). Individuen identifizieren sich mit unterschiedlichen religiösen, familiären und ortsbezogenen Identitätselementen, wie Batrouney (1995: 196) für Lebanese Australians
Von der Verwendung des Begriffs „globale Dorfgemeinschaft“ wird in dieser Arbeit abgesehen, da der Fokus auf der Interaktion und den Netzwerken von Neo-Diasporen liegt, deren Mitglieder weder zwingend in mehreren Siedlungsräumen leben noch deterritoriale Beziehungen aufrechterhalten müssen. 10 Erklärungen sind die soziale, religiöse und politische Fragmentierung im Libanon, der erst 1943 unabhängig wurde (Skulte-Ouaiss und Tabar 2014: 18). Der im Nationalpakt vereinbarte politische Konfessionalismus und die privilegierte Stellung der Maroniten, die seither den einflussreichen Posten des Staatspräsidenten besetzen dürfen (Hanf 1990: 101; Felsch 2010: 380), „(…) festigte und verstärkte konfessionalistische Züge in der Gesellschaft (…)“ (Perthes 1993: 436). Der Bürgerkrieg (1975–1990) und die in der Nachkriegszeit nur bedingt gelungene Herstellung einer nationalen libanesischen Identität wirkt sich auch auf die Diaspora aus, die laut Harik (2003: 33) nicht als geschlossene Gemeinschaft agiert. Transnationale Praktiken diasporischer Institutionen tragen wiederum zur Fixierung der Segmentierung und des Partikularismus im Libanon bei (Skulte-Ouaiss und Tabar 2014: 20). Die gesellschaftlichen Spaltungen haben sich im Zuge des syrischen Bürgerkriegs und wegen des Einflusses anderer Mächte weiter vertieft. 9
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ausführt: „Religious affiliation, family membership and village or town of origin constitute the major means of social identification among Lebanese-Australians.“ Angesichts dieser Segmentierung der libanesischen Diaspora bietet sich ein Fokus auf neo-diasporische Gemeinschaften an, die sich mit maronitischen11 Orten im Wadi Qadisha, das im Norden des Libanon liegt (vgl. Karte 1), identifizieren. Die damit verbundene ähnliche Prägung bewahrte davor, erkannte Differenzen in den neo-diasporischen Organisationsprinzipien ausschließlich auf unterschiedliche religiöse und soziokulturelle Kontexte bzw. naturräumliche Gegebenheiten der Herkunftsregion zurückzuführen, wie in einigen bisherigen Studien angedeutet (z. B. Peleikis 2003: 22; Hyndman-Rizik 2009: 135). Vielmehr müssen die innere Heterogenität und ihre Relevanz im diasporischen Alltag und gleichzeitig Interaktionen und Netzwerke untersucht werden. Dieser Fokus wirkt der zentralen Kritik der frühen Diasporaforschung entgegen, Gemeinschaften als homogene Einheiten zu konzeptualisieren. Maroniten haben ein stark ausgebildetes kollektives Identitätsgefühl, das historisch gewachsen ist und besonderes Potenzial für die Untersuchung interner Dynamiken neo-diasporischer Gemeinschaften bietet. Zu den historischen Ursachen werden die schwere Zugänglichkeit und extremen Lebensbedingungen im Libanongebirge gezählt, was insbesondere für das Wadi Qadisha gilt, das den Maroniten bereits seit dem späten siebten Jahrhundert als Rückzugsort diente. Sie wurden von Gouverneuren kontrolliert und litten unter Einfällen schiitischer Gruppen, von denen sie im 16. und 17. Jahrhundert beherrscht wurden (Hakim 2013: 110; Khater 2011: 24). Nach dem Bürgerkrieg im Libanongebirge zwischen Maroniten und Drusen im Jahr 1860 wurde Mount Lebanon 1861 aufgrund des Drucks Frankreichs12 zu einer autonomen Provinz innerhalb des Osmanischen Reiches (arab. Mutasarrifiya Gabal Lubnan) (Hanf 1990: 85). Das 1864 eingeführte konfessionelle Repräsentativsystem förderte die Herausbildung einer libanesischen Identität (Felsch 2010: 381; Rosiny 2011: 2 f.). Die Errichtung des Grand Liban13 im Jahr 1920 festigte die maronitische Ideologie des
11 Die maronitische Kirche ist eine mit Rom unierte katholische Ostkirche westsyrischen/antiochenischen Ursprungs, die ihren Namen vom heiligen Maron ableitet. Sie bildet die größte christliche Gemeinschaft im Libanon und hat die Kulturlandschaft durch zahlreiche Innovationen maßgeblich geprägt (Wirth 1965). 12 Bereits während der Kreuzzüge fanden Frankreich und die römisch-katholische Kirche in den Maroniten ihre Verbündeten (Felsch 2010: 388). Ab 1535 standen Maroniten unter französischem Schutz (Hanf 1990: 85). Christen orientierten sich an ihrer Schutzmacht und wurden Mitte des 20. Jahrhunderts als offen in Bezug auf die Übernahme westlicher Anschauungen und Verhaltensweisen betrachtet (Wirth 1965: 269). 13 Erst 1920 wurde der Grand Liban (arab. für Großlibanon) durch Beschluss der französischen Mandatsmacht errichtet, dessen Gebiet in etwa den heutigen Grenzen entspricht. Der vormalige Kleine Libanon, der die Gebiete Mount Lebanon und dessen Küstenregion ohne Beirut umfasste, genoss seit der osmanischen Eroberung im Jahr 1516 bis zum Ende des Ersten Weltkrieges fast durchgehend einen quasi-autonomen Status als Teil des Osmanischen Reiches. In den strategisch für die Osmanen eher unbedeutenden Gebirgsregionen übergaben sie die Autorität an drusische Feudalherren, die dazu tendierten mit Maroniten zu kooperieren (Perthes 1993: 434; McCallum 2010: 28).
Reflexion der empirischen Vorgehensweise
Phönizianismus, die eine phönizische Vergangenheit speziell der Maroniten behauptet.14 Darauf aufbauend betonen Maroniten die eigenständige Identität von LibanesInnen und unterstreichen die Unabhängigkeit von Syrien und Arabern (Kaufman 2004: 36). Diese Perspektive ist auch bei Maroniten außerhalb des Libanon verbreitet (Rowe 2008: 125 f.) und motiviert einige dazu, maronitische Politiker bei der Sicherung ihrer Vormachtstellung zu unterstützen (Tabar 2014: 452). Der gegenwärtige Einfluss der transnational agierenden maronitischen Kirche (Tabar 2006; McCallum 2010: 27) auf Mitglieder neo-diasporischer Gemeinschaften wird im Rahmen der Analyse verdeutlicht. Als Gebiet zur Identifikation von neo-diasporischen Gemeinschaften wurde das Wadi Qadisha festgelegt, da trotz der erwähnten ähnlichen Prägung eine starke Fragmentierung kennzeichnend ist. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde der osmanische administrative Bezirk al-Jibba, in dem das Wadi Qadisha liegt, wie die anderen Bezirke der Gebirgsregion umstrukturiert. Innerhalb der maronitischen Gemeinschaft ernannte man lokale Sheikhs15 (arabischer Ehrentitel) zur effizienteren Steuereinholung. Die Entstehung neuer Machtverhältnisse und klientelistischer Netzwerke (van Leeuwen 1994: 74 f.; Hakim 2013: 110) führte zu Auseinandersetzungen zwischen Großfamilien um die Vorherrschaft der nördlichen Gebiete. Einschlägige Ereignisse (z. B. Ehden Massaker 1978) werden in Mythen erinnert und schreiben innere Spaltungen der maronitischen Gemeinschaft bis heute fort (Naor 2016: 326): „The community is comprised of elite families that have consistently fought each other for political influence16 and gains“ (Naor 2016: 324). Mit Blick auf eine maronitisch geprägte neodiasporische Gemeinschaft müssen die in bisherigen Studien identifizierten Brüche, die laut Skulte-Ouaiss und Tabar (2014: 8 f.) den konfessionellen und politischen Trennlinien des Libanon entsprechen, beleuchtet und hinterfragt werden. Zusammenfassend gilt für die Identifikationsorte, dass sie zwar alle maronitisch geprägt sind (Wirth 1965), sich jedoch hinsichtlich ihrer Größe, ihrer Infrastruktur, ihrer heutigen kulturlandschaftlichen Nutzung, ihrer politischen Loyalitäten bzw. politisch einflussreichen Familien, ihrer Abhängigkeit vom maronitischen Patriarchen, ihrer saisonalen Pendelwanderung, ihrer deterritorialen Netzwerke sowie in Anbetracht des Einflusses von Rimessen unterscheiden. Diese Charakteristika bilden nicht nur einen Kontext von Identitätskonstruktionen und emotionalen Praktiken, sondern
14 Erfolgreiche Beiruter Geschäftsleute und Bankiers, darunter vorwiegend christliche Intellektuelle legitimierten den neu gegründeten Staat, „(…) indem sie die nationale Identität und das Territorium als Erbe oder Wiedergeburt des antiken Phönizien[s] beschrieben. (…) Die Lage am Mittelmeer mache die Libanesen zu einem Volk von Händlern – genau wie ihre ‚Vorfahren‘, die Phönizier“ (Glasze 2004: 498). 15 Arabische Begriffe werden in vereinfachter Umschrift wiedergegeben, wenn sie im Alltag von Mitgliedern gebraucht werden. 16 Heute kommen politisch bedeutsame Familien aus den Orten Ehden und Bcharre (Naor 2016: 326), hingegen haben politische Leader aus Kfarsghab ihren Einfluss Mitte der 1950er Jahre verloren (Karner 2018).
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Multi-lokale empirische Feldforschung
können Erklärungen für interne Spaltungen liefern und werden im Rahmen der Analyse vertieft. Für eine Vorauswahl potenziell geeigneter maronitischer, neo-diasporischer Gemeinschaften konnten Informationen aus bisherigen Studien von Jabbra und Jabbra (1984), Hyndman-Rizik (2009), Taouk (2010), Rowe (2008; 2010), Adebayo (2010), Smith (2015) und studentischen Abschlussarbeiten von Betzler (2004), Outmani (2008), Fleck (2011), Huerta Roostaeyan (2013) und Gambino (2014) gewonnen werden. Die endgültige Festlegung erfolgte während des explorativen Feldaufenthalts im Libanon im Jahr 2014. Anhand der Aussagen von Mitgliedern und mittels teilnehmender Beobachtung wählte ich Gemeinschaften anhand der folgenden sichtbaren und unsichtbaren Kriterien aus, um nur solche einzubeziehen, bei denen es sich entsprechend der engen Arbeitsdefinition (vgl. II 5) um potenziell aktive neo-diasporische Communities handelt: Sie müssen über Mitglieder verfügen, deren Imagination einer spezifischen Herkunft zentraler Bezugspunkt der kollektiven Identität ist und die in territorial getrennten Siedlungsräumen leben. Zur Aufrechterhaltung alltagspraktischer Gemeinsamkeiten haben sie soziale Institutionen gegründet. Mitglieder aller neun ausgewählten aktiven neo-diasporischen Gemeinschaften leben an mehreren Orten weltweit und haben mindestens einen Verein gegründet (vgl. Karte 1). Maronitische Kirchen befinden sich an allen weltweiten Orten der ausgewählten neo-diasporischen Gemeinschaften. Als zentrale Bezugspunkte nutzen sie die folgenden im Wadi Qadisha gelegenen Dörfer: Kfarsghab, Ehden, Aitou, Hadath el Jebbeh, Diman, Hadchit, Miziara, Blouza und Bcharre.17 Angesichts der zunehmenden räumlichen Zersiedlung sind in Karte 1 nur solche Orte abgebildet, in denen ein Großteil der Familien lebt. Weitere Untersuchungsstandorte wurden in den anglophonen Einwanderungsländern USA, Kanada und Australien festgelegt. Die drei Siedlergesellschaften, die sich hinsichtlich ihres nationalistischen Selbstverständnisses, ihrer Integrationspolitiken18 GesprächspartnerInnen, die sich mit anderen Orten identifizieren, sind in Anhang 4 im letzten Tabellenabschnitt aufgelistet. 18 Die Integrationspolitik in Australien und Kanada orientiert sich an der Symbolik des multikulturellen Mosaiks (Cultural Mosaic). Es beruht auf der Vorstellung, dass klar abgrenzbare Kulturen von Einwanderergruppen existieren, deren kulturelle Praktiken und Sprachen gefördert werden sollten, um eine Verschmelzung zu einer homogenen Kultur zu verhindern. Im Unterschied dazu wird in den USA das Bild des gemischten Salats (Salad Bowl) im Rahmen der Debatte über das Konzept des kulturellen Pluralismus als Antithese zum Schmelztiegel verwendet. Kulturelle Elemente sollen sich in eine nationale Kultur einfügen und zu einem gemeinsamen Ganzen beitragen, in dem Unterschiede aber noch deutlich zu erkennen sind. Problematisch an diesen beiden statischen Symboliken ist, dass sie der Dynamik kulturell vielfältiger Gesellschaften nicht gerecht werden (Wersich 2013: 134). Zudem wird gewarnt, dass sie den konservativ-traditionalen Kräften ethnischer Minderheiten und ihren teils fundamentalistischen Selbstdefinitionen Vorschub leistet (Ayadin 2003: 55). Im Fall von Kanada liefere, so die Kritiker, eine Politik der Anerkennung ethnischen Minderheiten „(…) Möglichkeiten, die vormodernen Werte und Traditionen ihrer ‚communities‘ zu überhöhen und aufrechtzuerhalten. Sie berge zudem die Gefahr, sozioökonomische Konflikte zu verschleiern“ (Schultze 2013: 161). Einen Ausgleich soll das kanadische Bildungssystem 17
Reflexion der empirischen Vorgehensweise
und gesellschaftlichen Organisationdynamiken sowie der Bedeutung von Religion19 unterscheiden, nahmen im weltweiten Vergleich (vgl. Tabelle 9) einen Großteil der Auswanderer aus dem Libanon auf. Mit ihrem hohen Bildungsniveau gelten Personen mit einer Lebanese Ancestry tendenziell als ökonomisch erfolgreich und als gut in die Gesellschaften der drei Einwanderungsländer integriert (Skulte-Ouaiss und Tabar 2014: 16, 20). Trotzdem haben viele Individuen und Gruppen libanonbezogene Identitätselemente über mehrere Generationen bewahrt. Als wichtige Voraussetzung ist in allen drei Ländern die Gründung von religiösen, sozialen und politischen Vereinen erlaubt. Die Exploration und die genannten bisherigen Studien ließen auf eine entsprechend aktive Organisation libanesischer neo-diasporischer Gemeinschaften in den USA, Kanada und Australien schließen. Auch Skulte-Ouaiss und Tabar (2014: 7 ff.) zeigen für die drei Siedlergesellschaften, dass sich Mitglieder vor allem in Hometown Associations, aber auch in politischen Parteien und religiösen, wohltätigen Vereinigungen und nur selten in Libanon-übergreifenden Verbünden engagieren, was mit der erwähnten Fragmentierung zusammenhängt. Basierend auf qualitativen Interviews wurden die fünf Städte Sydney (Australien), Halifax (Kanada), Easton (Pennsylvania, PA, USA) und Providence (Rhode Island, RI, USA) sowie Dubai (Vereinigte Arabische Emirate, VAE) als Untersuchungsstandorte ausgesucht, um unterschiedlich aktive lokale Communities der identifizierten neodiasporischen Gemeinschaften erforschen zu können. Die Betrachtung unterschiedlicher Standorte ermöglicht das Erkennen von Gemeinsamkeiten und Unterschieden: „By selecting dissimilar settings in a systematic fashion, investigators can discover what their concepts (…) have in common accross settings. Similarily, the unique features of these concepts will be discovered in their situated context“ (Denzin 1978: 295). Die Untersuchungsstandorte unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Einwohnerzahl20 und der Zusammensetzung und Komplexität der Libanon-bezogenen Gemeinschaftsorganisation. schaffen, das den Spracherwerb garantiert, Bildungschancen unabhängig vom sozioökonomischen Status ermöglicht und gleichzeitig multikulturelle Besonderheiten einbezieht (Schultze 2013: 167). Die multikulturalistische Politik Australiens wird an geeigneten Stellen des Auswertungskapitels mit Blick auf die Strategien und Einstellungen der Blouzaniyye in Fußnoten vertieft. Wie in Kanada basiert die Philosophie des Multikulturalismus auf den Grundsätzen der Akzeptanz ethno-kultureller Verschiedenheit, dem Recht auf kulturelle Differenz sowie dem Prinzip der kulturellen Gleichwertigkeit und gegenseitigen Toleranz (Geissler 2003: 21). 19 In Australien geben 18 Prozent der Bevölkerung an, dass Religion eine große Bedeutung in ihrem Leben hat. In Kanada trifft dies auf 27 Prozent und in den USA auf 53 Prozent der Bevölkerung zu (Hackett et al. 2018: 52, 64), wobei sich die Bedeutung der Religiosität in beiden Ländern in unterschiedliche Richtungen entwickelt. Die Annäherung der kanadischen Werte an westeuropäische Verhältnisse hängt mit dem höheren Maß an sozialer Sicherheit durch den kanadischen Wohlfahrtsstaat zusammen. Dadurch wird die Anziehungskraft der Religion geschwächt: „With relatively high existential security, the society remains resistant to the economic forces that drive heightened religious values“ (Marger 2013: 79). 20 Im Großraum Sydney leben über fünf Millionen Personen, in Halifax etwa 430.000, in Easton circa 27.000, in Providence etwa 180.000 und im konträren Standort Dubai über drei Millionen Menschen.
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Multi-lokale empirische Feldforschung
In der Metropole Sydney (Australien) leben Mitglieder aller untersuchten neo-diasporischen Gemeinschaften21, von denen sechs einen ortsbezogenen Verein gegründet haben. Darüber hinaus sind in Sydney Einrichtungen aller Religionsgemeinschaften sowie Dachorganisationen bestimmter Gruppen, Familienassoziationen, libanesische politische Parteien und libanesische Handelskammern vertreten. Dies ist laut Batrouney (2010: 88) in Metropolregionen häufig zu beobachten: „(…) In the larger centres of Lebanese settlement there exists not a single Lebanese community but rather a series of sub-communities each with their own community organization.“ In Halifax22 (Kanada), der Hauptstadt der Provinz Nova Scotia, stammt ein Großteil der Mitglieder der maronitischen Kirchengemeinde aus Diman und Hadath el Jebbeh, wobei erstere ein Clubhaus als Treffpunkt nutzen. Die Vertreter der maronitischen und antiochenisch-orthodoxen Kirche in Halifax beschreiben die religiös-heterogene neo-diasporische Gemeinschaft als „one community with two lungs“ (IP133; IP134). Mitglieder beider christlicher Konfessionen engagieren sich in der Canadian Lebanon Society (CLS) of Halifax und in der Canadian Lebanese Chamber of Commerce (CLCC) in Nova Scotia. In den USA wurde die Kleinstadt Easton (PA)23 in die Studie einbezogen, wo die maronitische Kirchengemeinde sich fast ausschließlich aus Personen zusammensetzt, die sich mit Kfarsghab identifizieren. Zusätzlich gibt es dort einen ortsbezogenen Verein für kirchenunabhängige Aktivitäten. Als weitere Kleinstadt in den USA wurde Providence (RI) ausgesucht. Die dortige maronitische Gemeinde besitzt nicht nur Mitglieder, die sich mit unterschiedlichen Orten (u. a. Blouza) identifizieren, sondern versucht, Personen römisch-katholischen Glaubens der Vorgängergemeinde zu integrieren, die keinen familiären Bezug zum Libanon haben. Als konträrer Standort mit einer jüngeren Einwanderungsgeschichte wurde Dubai einbezogen. Die Metropole liegt in den autoritären Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), in denen
21 In Sydney leben laut Schätzungen der Mitglieder zwischen 12.000 und 15.000 Personen, die sich mit Kfarsghab identifizieren (AKA 2018), was ebenfalls für etwa 6.000 Personen gelten soll, die sich mit Zgharta, 6.000 Personen, sie sich mit Bcharre, 3.000 (Hyndman-Rizik 2009: 177) bis 5.000 Personen, die sich mit Hadchit, 3.000 bis 4.500 Personen, die sich mit Blouza, 1.000 Personen, die sich mit Miziara, 650 bis 900 Personen, die sich mit Hadath el Jebbeh, 500 Personen, die sich mit Diman sowie 80 Personen, die sich mit Aitou identifizieren. Diese Angaben werden als übertrieben gewertet (Batrouney 2010: 88) und können daher nur einer groben Orientierung dienen. Als weiterer Anhaltspunkt umfasst die E-Mail-Liste der Australian Kfarsghab Association (AKA) 1.296 Haushalte und die der Hadath El Jebbeh Charity 87 Haushalte. Das Zgharta Telephone Directory beinhaltet 967 Einträge (2012) von Haushalten, die im Gebiet Greater Sydney leben. Das Bcharre Community Directory umfasst 870 (2011), das Hadchit Directory 712 (2011) und das Blouza Directory 581 Einträge (ABA 2011a). 22 Von den 7.000 bis 8.000 Personen mit einer Lebanese Ancestry in Halifax identifizieren sich laut Schätzungen der Mitglieder etwa 4.000 Personen mit dem Ort Diman und 200 bis 300 Personen mit dem Ort Hadath el Jebbeh. Das Lebanese Directory listet 1.426 Haushalte (2015) in Nova Scotia auf. 23 Die maronitische Kirchengemeinde in Easton zählt etwa 350 Familien, die sich mit dem Ort Kfarsghab identifizieren, was auch für circa 50 der 500 maronitischen Familien in Providence gilt. Eine Karte, die unter anderem auf Basis von US-Zensusdaten der Jahre 1900 bis 1930 erstellt wurde, verdeutlicht, dass diese Städte in Gebieten mit einem hohen Anteil an Personen mit einer Lebanese Ancestry liegen (Khater 2018).
Reflexion der empirischen Vorgehensweise
AusländerInnen kein Recht auf Staatsbürgerschaft haben. Aufgrund strenger Restriktionen hinsichtlich freier Meinungsäußerung, dem Recht auf Versammlungsfreiheit und der Gründung von Vereinen, sind in Dubai24 keine politischen und diasporischen Vereine, die einen Ort als zentrales Identitätselement nutzen, aktiv. Das muslimisch geprägte Land gewährt Christen allerdings gewisse Rechte. Aktive Institutionen sind die maronitische Kirche und ökonomisch ausgerichtete Vereinigungen (z. B. Alumni Vereine libanesischer Universitäten). Die weiteren in Karte 1 eingetragenen Orte25 wurden als weniger geeignet zur empirischen Untersuchung der inneren Differenzierung und Organisationsweise eingestuft. In einigen Regionen mit einem hohen Sicherheitsrisiko aufgrund von kriminellen Übergriffen, politischen Unruhen und Terrorismus wären schützende Vorkehrungen (z. B. ortskundige Begleitung, Sonderschutzfahrzeuge) nötig gewesen, die eine unabhängige Forschung erschwert hätten. Die multi-lokale vergleichende Untersuchung neo-diasporischer Gemeinschaften macht bemerkenswerte Differenzen im Hinblick auf die kommunikative Konnektivität zwischen Mitgliedern in territorial getrennten Siedlungsräumen sichtbar. Der internationale Vergleich von Gemeinschaften, die sich in unterschiedlichen nationalstaatlichen Kontexten weiterentwickelt haben, ermöglicht außerdem Aussagen über die Orientierung an den gesellschaftlichen Organisationsprinzipien, kulturellen Setzungen und politischen Verhältnisse der Residenzländer. Gleichzeitig bewahrt der multi-lokale Vergleich vor einer Überbewertung externer Rahmenbedingungen. Es zeigt sich, dass die Dynamik der einbezogenen Communities different ist, obwohl Faktoren wie Integrationspolitiken, gesellschaftliche Diskurse oder die Aufenthaltsdauer von Mitgliedern an manchen Untersuchungsstandorten weitgehend übereinstimmen. Dies ist beispielsweise in Sydney (Australien) oder in Providence und Easton (USA) der Fall. Exemplarisch sind die Blouzaniyye in Providence zu nennen, bei deren Gemeinschaft Auflösungstendenzen erkennbar sind. Im Gegensatz dazu gelten die Kfarsghabis in Easton als äußerst aktive Gemeinschaft. Zum besseren Verständnis
Die Datenbank des maronitischen Priesters in Dubai umfasst etwa 7.000 Haushalte. In Peoria (Illinois, IL, USA) leben etwa 6.000 angebliche Nachkommen aus Aitou (Fleck 2011: 72). Zwischen 2.000 (Kepler-Lewis 1968: 247 ff.) und 5.000 Personen, die sich mit dem Ort Hadchit identifizieren, leben in St. Louis (Missouri, MO, USA). Von vielen Familien ist bekannt, dass Mitglieder in Venezuela (u. a. Caracas) leb(t)en, wo ein Club de Zgharta als Treffpunkt fungiert/e. Viele haben das Land aufgrund der politischen Lage wieder verlassen. In Karte 1 sind ansonsten keine Markierungen für neo-diasporischen Gemeinschaften in Südamerika verzeichnet, da die Mehrheit der Individuen der fünften und älteren Einwanderergeneration angehört und sich unter anderem aufgrund der politischen Maßnahmen ihrer Residenzländer nicht mehr mit einem bestimmten Ort identifizieren. Dennoch gehen Personen in Miziara von mehreren tausend angeblichen Nachkommen in Brasilien aus. Auch leben laut Schätzungen von Mitgliedern etwa 4.000 Personen in Lagos (Nigeria), die sich mit Miziara identifizieren. Weitere Orte in afrikanischen Ländern, an denen Personen leben, die angeblich aus Diman und Hadath el Jebbeh auswanderten, sind Kumasi (Ghana) und Accra (Ghana). Auch in Klergsdorp (Südafrika) wohnen etwa 300 Personen, die sich mit Hadath el Jebbeh identifizieren. Dort fungieren maronitische Kirchen als Treffpunkt.
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Multi-lokale empirische Feldforschung
der Unterschiede von Communities an einem Ort oder an vergleichbaren Standorten müssen demnach die Praktiken engagierter Individuen und deren komplexe Beziehungsstrukturen auf lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene in unterschiedlichsten Bereichen (z. B. Wirtschaft, Politik, Religion, Kultur, Rechtswesen, Zivilgesellschaft) im Fokus der Analyse stehen. Die erzielten Ergebnisse zur Theorie neo-diasporischer Gemeinschaften beziehen sich auf alle empirisch bearbeiteten Gemeinschaften des Projekts. Die Darstellung der Empirie erfolgt am Beispiel der Gemeinschaft der Blouzaniyye. Die Ausführungen gehen von ihrer wichtigsten Community, die sich in Sydney befindet, aus. Mit Blick auf die betrachteten Analysedimensionen handelt es sich nicht nur hinsichtlich ihrer Größe und Aktivität um die bedeutendste lokale Community der Blouzaniyye weltweit, sondern auch um eine besonders innovative und dynamische Gemeinschaft unter allen untersuchten Gemeinschaften. Dies hängt mit der starken externen Vernetzung der Mitglieder vor allem in der Baubranche, ihrer vielseitigen Kontakte zu Lokalpolitikern und religiösen Vertretern sowie der umfangreichen Wohltätigkeitsarbeit und des ehrenamtlichen, zivilgesellschaftlichen Engagements von Mitgliedern in Western Sydney zusammen. Ungewöhnliche Fallbeispiele eignen sich besonders, um Themen zu verdeutlichen, die in typischen Fällen übersehen werden (Stake 1995: 4). Folglich sind auch bei gewöhnlichen Fallbeispielen beispielsweise Mitglieder für den Fortbestand und die Veränderung der Gemeinschaften von Relevanz, selbst wenn sich die Transformation dieser Communities zeitverzögert und mit einer geringeren Intensität vollzieht. 1.3.2
Feldzugang, Untersuchungsablauf und Grenzen der Studie
Erste Zusammenkünfte mit Mitgliedern neo-diasporischer Gemeinschaften fanden im Rahmen einer Exploration in den libanesischen Dörfern im Wadi Qadisha während der Sommermonate des Jahres 2014 (01.06.–15.09.) statt. Mit der Methode des Nosing Around (Poferl et al. 2018: 13) konnten zahlreiche Phänomene an öffentlichen Orten beobachtet und spontane Begegnungen herbeigeführt werden (vgl. IV 2.2.1). Darüber hinaus suchte ich vor Ort zunächst RepräsentantInnen der neo-diasporischen Gemeinschaften wie Vertreter der maronitischen Kirche (z. B. Patriarch26, Bischöfe27,
26 Begegnungen mit dem derzeitigen Patriarchen Bechara Boutros al-Rahi fanden am 03.09.14 (Hadchit) und am 24.08.15 (Diman) statt. Situativ erwähnte Verweise auf die Treffen und vereinzelt gezeigte Fotos des Handschlags erzeugten Vertrauen bei Mitgliedern. 27 Im Libanon fand ein Treffen mit Bischof Maroun Amar in Diman (26.07.14), in Sydney mit Bischof Antoine-Charbel Tarabay (14.12.14; 29.12.14) und in New York mit Bischof Gregory Mansour (21.07.15) statt.
Reflexion der empirischen Vorgehensweise
Priester28), Vorsitzende von diasporischen und lokalen Vereinen und Bürgermeister auf.29 In persönlichen Gesprächen konnte ihnen das Forschungsinteresse in Alltagssprache30 geschildert werden. Anschließende explorative qualitative Interviews dienten dazu, potenzielle GesprächspartnerInnen, die zentrale Funktionen innerhalb der neodiasporischen Gemeinschaft innehaben, anhand ihrer persönlichen Netzwerke zu identifizieren. RepräsentantInnen vermittelten Kontakte zu Personen, die als Leader oder Sheikh31 bezeichnet werden sowie zu FunktionsträgerInnen, die verantwortungsvolle Aufgaben für die Gemeinschaft übernehmen. Auch stellten sie Individuen mit einem historischen bzw. genealogischen ExpertInnenwissen vor, die einen Ruf als Inofficial Historians innehaben. An vielen Untersuchungsstandorten (z. B. Bcharre, Kfarsghab, Miziara, Easton, Halifax) wurden Personen32, die über den Zeitraum meines Aufenthalts als AnsprechpartnerInnen zur Verfügung standen und Kontakte herstellten, von RepräsentantInnen bestimmt. Von dieser Unterstützung machte ich nur bedingt Gebrauch, um bei der Wahl der GesprächspartnerInnen möglichst unabhängig zu bleiben. VertreterInnen und Schlüsselpersonen der Gemeinschaften setzten sich dafür ein, Mitglieder mit dem Forschungsvorhaben vertraut zu machen. Sie stellten mich nicht nur persönlich, sondern auch bei öffentlichen Veranstaltungen und über die Social Media Seiten den Gemeinschaften vor (vgl. Anhang 1). Ihr wiederkehrender Hinweis, dass ich mich in bestimmten Dörfern im Wadi Qadisha aufgehalten habe, unterstreicht die Eignung des gewählten Zugangs, um Vertrauen bei Mitgliedern der neo-diasporischen Gemeinschaft weltweit zu erwecken. Derartige Bekanntgaben erleichterten nicht nur die Kontaktaufnahme33 mit potenziellen GesprächspartnerInnen, auch bewirkten sie,
28 Nachdem ich mich in Ehden mit dem Priester in Verbindung setzte, vermittelte er Kontakte zu GesprächspartnerInnen in der eigenen neo-diasporischen Gemeinschaft und vernetzte mich mit Priestern anderer Orte, über die Kontakte zu weiteren InterviewpartnerInnen hergestellt werden konnten. 29 Zu einigen RepräsentantInnen wurde der Kontakt über VertreterInnen der im Libanon ansässigen Institutionen hergestellt, die sich mit der Erforschung der libanesischen Diaspora befassen (z. B. LERC, IMS, WLCU). Mit VertreterInnen fanden vorbereitende Gespräche statt. 30 Das auf Englisch und Arabisch verfasste kurze Informationsschreiben mit dem modifizierten Titel „Biographies, Places of Residence and Media Use of Lebanese Migrants“ gibt Auskunft über die Ziele und Absichten des Forschungsprojektes. Es wurde nur dann verwendet, wenn VertreterInnen schriftliche Informationen einforderten. Darüber hinaus wurde bei Bedarf ein Informationsblatt auf Englisch und Arabisch (Übersetzerin Rania Fawaz, Academy of Languages and Practical Scills (ALPS) Beirut) mit meinen Kontaktdaten und Informationen zu zentralen Themen der Interviews ausgehändigt. Das Einverständnis zur Teilnahme am Forschungsprojekt wurde mündlich eingeholt. 31 Der arabische Ehrentitel Sheikh wird heute nicht nur für Nachkommen von Personen verwendet, deren Vorfahren zu Zeiten der Osmanischen Herrschaft den Titel innehatten (van Leeuwen 1994: 74 f.), sondern auch für Personen, die sich in jüngerer Vergangenheit durch beachtenswerten politischen und ökonomischen Erfolg sowie soziales Engagement um die Gemeinschaft verdient gemacht haben. 32 Die Personen sind in Anhang 4 mit einem Stern (*) gekennzeichnet. 33 Ein erster Kontakt wurde oftmals per Mobiltelefon hergestellt. Aufgrund der schlechten Mobilfunkverbindung im Wadi Qadisha wurden ebenfalls WhatsApp-Mitteilungen und Sprachnachrichten verschickt, entsprechend der vor Ort gängigen Kommunikationspraxis: Aufgrund der hohen Mobilfunkkosten wurden Telefongespräche durch kurze, im unmittelbaren Wechsel verschickte Sprachnachrichten substituiert.
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Multi-lokale empirische Feldforschung
dass einige Personen von sich aus ihr Interesse an einem Interview bekundeten. Ergänzend standen auf meiner Mitarbeiterwebseite des Geographischen Instituts34 und auf der Webseite des OIB, von dem ich als Gastwissenschaftlerin von Juni 2014 bis Dezember 2014 und im Jahr 2017 als Stipendiatin unterstützt wurde, Informationen über das Forschungsprojekt bereit.35 Ein weiterer „Eisbrecher“ waren meine Basiskenntnisse der arabischen Umgangssprache, die ich mir im Rahmen eines Intensivsprachkurses in Beirut angeeignet hatte. Von besonderer Bedeutung waren arabische Ausdrucksweisen im lokalen Dialekt der jeweiligen Dörfer, die ich während des explorativen Aufenthalts im Libanon erlernte. Sie wurden von Mitgliedern der Neo-Diaspora an den Hauptuntersuchungsstandorten in Australien, USA und Kanada als Hinweis gewertet, dass ich mich mit ihrer Herkunftsregion in gewisser Weise identifiziere. Besonders Angehörige der zweiten, dritten und vierten Einwanderergeneration, die selbst nur über einen begrenzten aktiven Wortschatz des libanesischen Dialekts verfügen, unterstützen es, das Sprechen dieser Sprache außerhalb des Libanon zu bewahren. Angesichts der (historischen) Konfliktlinien und Konkurrenzverhältnisse und dem Ziel, mehrere neo-diasporische Gemeinschaften zu untersuchen, war es wichtig, als eine von internen sozialen und politischen Dynamiken unabhängige Forscherin wahrgenommen zu werden. Während der Aufenthalte in den libanesischen Dörfern und an anderen Untersuchungsstandorten wurden daher Unterkünfte in Hotels, einem Gästehaus und einer Klosterschule angemietet, um für alle potenziellen GesprächspartnerInnen anschlussfähig zu sein und gleichzeitig die Balance zwischen emotionaler Nähe und notwendiger Distanz zu Mitgliedern und Familien wahren zu können. Die komparative Ausrichtung des Projektes wirkte sich positiv auf das Engagement der Mitglieder unterschiedlicher Gemeinschaften aus. Sie versuchten, einen möglichst umfassenden Einblick in ihre Projekte, Ziele und Organisationsstrukturen zu geben und stellten selbst vertrauliche Dokumente bereit, um als einzigartige Gemeinschaft wahrgenommen zu werden und sich so von anderen abzugrenzen. Zur Teilnahme an mehrtätigen Events bildeten zwei kurztägige Aufenthalte in einem familieneigenen Gästehaus in Miziara und bei einer diasporischen Familie aus Ehden im Gästezimmer ihres Zweitwohnsitzes in Ajaltoun im Jahr 2014 Ausnahmen dieser Strategie. Damit verbundene potenziell negative Effekte wurden aufgrund der räumlichen Entfernung zum Untersuchungsgebiet als gering eingestuft. Im Jahr 201636
34 Auf der institutseigenen Webseite veröffentliche die Autorin einen Aufruf an potenzielle InterviewpartnerInnen in deutscher und englischer Sprache und berichtete fortlaufend über die Feldaufenthalte und Workshops des Forschungsprojektes (Geographisches Institut der JGU Mainz 2018). 35 Die bereitgestellten Informationen können Anhang 2 und Anhang 3 sowie den folgenden Webseiten entnommen werden: https://oib.hypotheses.org/987#more-987. 36 Alle vorherigen Angebote von Familien und Einzelpersonen, längerfristig in Gästezimmern und Privatunterkünften wohnen zu können, lehnte ich aus den genannten Gründen ab.
Reflexion der empirischen Vorgehensweise
nahm ich die Einladung einer australischen Familie wahr, an einem zweiwöchigen Besuch ihrer in Sydney lebenden Tochter in Blouza teilzunehmen. Der Aufenthalt im Haus der Familie ermöglichte eine intensivere authentische Beobachtung alltäglicher Praktiken während jährlicher Besuche der libanesischen Dörfer. Mit Blick auf die Vorteile der neuen Perspektive erwies sich die zuvor erwartete Dynamik, dieser Familie zugeordnet zu werden37, als unproblematisch für den weiteren Verlauf des Projektes, da ein Großteil der Daten bereits erhoben war. Dem Ansatz der Multi-Sited Ethnography38 (Marcus 1995: 95 ff.) folgend, suchte ich Mitglieder der Gemeinschaften sowie ihre Treffpunkte und Feste39 an unterschiedlichen Orten weltweit stets alleine40 auf. An den jeweiligen Untersuchungsstandorten Sydney (27.11.14–06.01.15, 18.09.16–06.10.16), Easton (21.07.15–04.08.15, 26.11.18), Providence (12.01.18–21.01.18), Halifax (05.07.15–20.07.15) und Dubai (12.10.14–27.10.14, 07.01.15–14.01.15) (vgl. Tabelle 10) kontaktierte ich durchweg, wie eingangs beschrieben, neue RepräsentantInnen und Schlüsselpersonen (z. B. Vereinsvorsitzende, Bischöfe, Konsuln). Allerdings war das lokale Feld nicht vollständig unbekannt, da auf transnationale Kontakte zuvor interviewter Personen zurückgegriffen werden konnte. Auch wurden bereits persönlich bekannte GesprächspartnerInnen teils verabredet, teils zufällig an den weiteren Untersuchungsstandorten angetroffen. Mehrmalige Treffen an unterschiedlichen Orten schufen eine Vertrauensbasis, die sich positiv auf die empirischen Arbeiten auswirkte. Das multi-lokale Vorgehen ermöglichte umfassende Einblicke in ortsspezifische Lebensverhältnisse, Treffpunkte, Anlässe und alltägliche emotionale Praktiken. Darüber hinaus suchte ich an allen Orten lokale Archive und Bibliotheken zur Dokumentenrecherche auf.
Ein Beispiel, dass ich der Familie „Michael“ zugeordnet wurde, ist der Eintrag „Marie Michael“ auf einer Gästeliste eines 80. Geburtstags in Blouza. Den OrganisatorInnen war mein Nachname nicht bekannt (Beobachtung am 20.08.16). Auch wurde ich von der Mutter und dem Großvater der Familie Michael nach einigen Tagen mit Mum bzw. Jiddo (arab. für Opa) gerufen. Eine Ansprache von Familienmitgliedern mit der Bezeichnung der Rolle des Sprechers bzw. der Sprecherin konnte bei Familien im Libanon und in anderen Ländern häufig beobachtet werden. 38 Das ethnographisch inspirierte Vorgehen mit dem Ziel, gesellschaftliche Konstruktionen zu rekonstruieren, basiert auf einer dialogisch-reflexiven Forschungshaltung. Die Offenheit und methodologische Dimension des „Sich-Einfühlens“ ermöglicht es, Zusammenhänge „aufzuspüren“ und subjektive Sinngebungen besser nachvollziehen zu können (Poferl et al. 2018: 12 ff.). 39 Der erste Forschungsaufenthalt in Sydney wurde während der Vorweihnachtszeit absolviert, da eine Vielzahl von Veranstaltungen im australischen Sommer stattfinden. Die Aufenthalte in Halifax und Easton erfolgten im Zeitraum der jährlichen libanesischen Festivals. 40 Alle empirischen Daten wurden von mir persönlich und ohne Begleitung erhoben, um die Vertrauensbasis zu Mitgliedern zu festigen. Der Projektleiter war während der Arbeiten in Dubai (2014), in Halifax (2015) und im Libanon (2015) zumeist im Rahmen von Lehrveranstaltungen vor Ort und beratend tätig. 37
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Multi-lokale empirische Feldforschung
Tabelle 10 Untersuchungsablauf nach Aufenthaltsort und wichtige Projektworkshops
Phase
Jahr
Daten
Untersuchungsstandort/ Veranstaltungsort
Erläuterung
2013
08.12.– 15.12.
Wadi Qadisha (Libanon)
Interner Workshop Preparation of Fieldwork
27.05.
Geographisches Institut der JGU Mainz
Interner Workshop Doing Research in Lebanon
Phase I: Vorbereitung
Intensivsprachkurs für libanesisches Arabisch
2014
Phase II: Feldforschung (zunächst neun neodiasporische Gemeinschaften; im Verlauf des Projekts zunehmender Fokus auf Gemeinschaften, die sich mit den Orten Blouza, Kfarsghab und Diman identifizieren, für eine Erklärung siehe IV 1.3.2)
2015
2016
Explorative Feldforschung in neun ausgewählten Identifikationsorten neo-diasporischer Gemeinschaften, Gastwissenschaftlerin am OIB, Recherche in Forschungseinrichtungen zur libanesischen Diaspora
01.06.– 15.09.
Wadi Qadisha (Libanon)
12.10.– 27.10.
Dubai (VAE)
Feldforschung mit Fokus auf die maronitische Gemeinschaft
27.11.– 06.01.
Sydney (Australien)
Feldforschung mit Fokus auf neun neo-diasporische Gemeinschaften
07.01.– 14.01.
Dubai (VAE)
Feldforschung mit Fokus auf die maronitische Gemeinschaft
19.03.– 21.03.
NC State University, Raleigh (USA)
Teilnahme an einer Konferenz zur libanesischen Diaspora: Bodies in Motion
05.07.– 20.07.
Halifax (Kanada)
Feldforschung mit Fokus auf die neo-diasporischen Gemeinschaften die sich mit den Orten Diman und Hadath el Jebbeh identifizieren
21.07.– 04.08.
Easton (USA)
Feldforschung mit Fokus auf die neo-diasporische Gemeinschaft die sich mit dem Ort Kfarsghab identifiziert
18.08.– 28.08.
Wadi Qadisha (Libanon)
Vertiefende Feldforschung mit Fokus auf die neo-diasporischen Gemeinschaften die sich mit den Orten Blouza, Kfarsghab, Diman und Hadath el Jebbeh identifizieren
27.11.– 28.11.
Orient-Institut Beirut (OIB, Libanon)
Internationaler Workshop in Beirut zum Thema Migration Studies: Reflections and Challenges in Zusammenarbeit mit dem IMS und dem OIB
18.08.– 01.09.
Blouza (Libanon)
Vertiefende Feldforschung mit Fokus auf Community der Blouzaniyye (Aufenthalt bei Familie)
18.09.– 06.10.
Sydney (Australien)
Vertiefende Feldforschung mit Fokus auf die neo-diasporischen Gemeinschaften die sich mit den Orten Blouza und Diman identifizieren
Reflexion der empirischen Vorgehensweise
Phase
Jahr
Daten
Untersuchungsstandort/ Veranstaltungsort
Erläuterung
07.01.– 23.12.
Orient-Institut Beirut (OIB) und Wadi Qadisha (Libanon)
Stipendiatin am OIB, Auswertung und ergänzende Erhebungen sowie Erfassung der jahreszeitlichen Dynamik im Wadi Qadisha
17.07.– 19.07.
Geographisches Institut der JGU Mainz
Internationaler Workshop zum Thema Migrant Narratives – Moving Stories in Zusammenarbeit mit der Victoria University of Wellington (NZ)
12.01.– 21.01.
Providence (USA)
Feldforschung mit Fokus auf die neo-diasporischen Gemeinschaften die sich mit den Orten Blouza und Kfarsghab identifizieren
22.01.– 01.02.
NC State University, Raleigh (USA)
Stipendium als Gastwissenschaftlerin am Moise A. Khayrallah Center for Lebanese Diaspora Studies
18.04.
Institute for Migration Studies (IMS, Libanon)
Internationaler Workshop in Beirut zum Thema Syrian Refugees in Lebanon, Germany and beyond – Research and Analysis in Kooperation mit dem IMS
26.07.– 28.07.
Geographisches Institut der JGU Mainz
Internationaler Workshop zum Thema Exploring Migrant Narratives in Zusammenarbeit mit der Victoria University of Wellington (NZ)
26.11.
Easton (USA)
Ergänzender Besuch für Gespräch mit Kuratorin einer Ausstellung über LibanesInnen im Lehigh Valley
2017
Phase III: Ergänzende Erhebungen und Auswertung 2018
In diesem Forschungsprojekt fanden von Anfang an jeden Sommer mehrwöchige Forschungsreisen (01.06.14–15.09.14, 18.08.15–28.08.15, 18.08.16–01.09.16) in die libanesischen Dörfer statt, die von saisonaler Mobilität geprägt sind. Von Juli bis September ziehen LibanesInnen, die außerhalb der Sommermonate in Küstennähe leben, in die kühler temperierten Bergorte, die ebenfalls als Ferienorte von AuslandslibanesInnen dienen. Als Anlässe der Zusammenkunft dienen insbesondere die zu dieser Zeit ausgerichteten Feste zu Ehren der Schutzpatrone der Orte. Im Jahr 2017 konnte die jahreszeitliche Dynamik mittels temporärer Besuche der libanesischen Dörfer erfasst werden. Eine wertvolle Ergänzung bildete die anhaltende Beobachtung der OnlineKommunikation von Mitgliedern in Sozialen Netzwerken. Über die Zeiträume der eigentlichen Feldaufenthalte hinaus konnten aktuelle Ereignisse und Debatten zwischen Mitgliedern aktiv verfolgt werden. Auch nutzten InterviewpartnerInnen vereinzelt die Chat- und Telefonie-Funktion der Plattformen, um mich über Neuigkeiten zu informieren. Insgesamt wurden 185 Personen (vgl. Anhang 4) von Juni 2014 bis Januar 2018 qualitativ interviewt und ihre Praktiken beobachtet. Die genannte Anzahl der InterviewpartnerInnen spiegelt dabei nicht die Anzahl der stattgefundenen Gespräche wider, da rund ein Fünftel an mehreren Standorten bzw. mehrfach an einem Standort interviewt wurden (vgl. Abb. 7). Den Großteil der Gespräche führte ich in englischer Sprache,
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Multi-lokale empirische Feldforschung
der Alltagssprache der meisten Mitglieder. Mit Mitgliedern, die Spanisch und Deutsch im Alltag sprechen, fanden Interviews in diesen Sprachen statt.
Abb. 7 Übersicht der InterviewpartnerInnen und Veranstaltungen nach Untersuchungsstandort. Entwurf: Karner 2019
Reflexion der empirischen Vorgehensweise
Die Erhebung zielte nicht darauf ab, die neun ausgewählten neo-diasporischen Gemeinschaften mit vergleichbarer Tiefe zu untersuchen,41 weshalb die Anzahl der GesprächspartnerInnen zwischen zwölf und 48 Personen pro neo-diasporischer Gemeinschaft variiert. Es kristallisierten sich drei Communities mit einer besonders hohen Aktivität, Komplexität und Transformationsdynamik heraus, auf die im Verlauf des Projekts der Fokus gerichtet wurde. Zum besseren Verständnis dieser neo-diasporischen Gemeinschaften, deren Mitglieder sich mit Blouza, Kfarsghab bzw. Diman identifizieren, wurden während der jüngeren Feldaufenthalte gezielt noch fehlende Daten mittels einer spezifischeren Auswahl von GesprächspartnerInnen (z. B. wenige aktive Mitglieder, passive AnhängerInnen, Nichtmitglieder) (vgl. IV 2.1.1) und Zusammenkünften (z. B. alltägliche Treffen, Familienfeiern) erhoben. Zur Identifikation außenstehender GesprächspartnerInnen und zur Teilnahme an privaten Familienfeiern war die geschaffene Vertrauensbasis eine wichtige Voraussetzung. Forschungsbegleitend präsentierte ich das methodische Vorgehen und erste Erkenntnisse der Projektarbeitsgruppe42 und anderen WissenschaftlerInnen im Rahmen von internen Sitzungen und Workshops43 (vgl. Tabelle 10), um gemeinsam über Modifikationen und geeignete theoretische Konzepte zu reflektieren. Vertiefend war die Teilnahme an internationalen Konferenzen zur libanesischen Diaspora bzw. zu Migrationsthemen44 zur Abgrenzung der eigenen Arbeit wichtig. Nach Abschluss der empirischen Erhebung nutzte ich das Angebot des Moise A. Khayrallah Center for Lebanese Diaspora Studies, einen Blogbeitrag über Teilergebnisse auf deren Webseite zu veröffentlichen (Karner 2018), der wiederum von Mitgliedern neo-diasporischer Gemeinschaften auf Social Media Seiten geteilt und kommentiert wurde. Dies bestätigt die bereits an anderer Stelle angesprochene Mitwirkung von WissenschaftlerInnen bei der Produktion eines diasporischen Diskurses. Um Wechselwirkungen mit der empirischen Arbeit auszuschließen, wurden ergebnisbezogene Beiträge weder während der Erhebungsphase publiziert, noch Mitglieder aktiv auf diese aufmerksam gemacht. Die nach Beendigung der Datenaufnahme geäußerten zustimmenden Kommentare von Mitgliedern stellten im Sinne des Gütekriteriums der „kommunikativen Validierung“ (Mayring 2016: 147) eine Möglichkeit dar, 41 Mit Blick auf multi-lokale empirische Studien weist Hage (2005a: 466) darauf hin, dass nicht alle sozialen Beziehungen einer neo-diasporischen Gemeinschaft mit gleicher Intensität erforscht werden können. An den jeweiligen Orten (A, B, C) lassen sich nur bestimmte Ausprägungen der Sub-Kulturen (X1, X2, X3) und einige der sozialen Beziehungen erfassen, was die vorliegende Studie versucht. 42 Der Projektleiter Prof. Dr. Anton Escher und Dr. Tobias Boos waren weitere Teammitglieder. 43 Zur Vorbereitung der empirischen Arbeiten organisierte die Arbeitsgruppe zwei Workshops, die im Libanon (2013) und in Mainz (2014) unter Teilnahme von Prof. Dr. Paul Tabar (LAU) stattfanden. Gemeinsam mit dem IMS wurden zwei internationale Workshops (2015, 2018) in Beirut ausgerichtet. In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Brigitte Bönisch-Brednich von der Victoria University of Wellington (NZ) konnten zwei Workshops zum Thema Migrant Narratives (2017, 2018) in Mainz veranstaltet werden. 44 Neben der im Jahr 2015 vom Moise A. Khayrallah Center for Lebanese Diaspora Studies (USA, North Carolina State University) organisierten Fachkonferenz besuchte ich zahlreiche weitere Konferenzen.
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Multi-lokale empirische Feldforschung
die Interpretationen zu überprüfen. Bereits zuvor konnten Teilergebnisse vereinzelt mit Mitgliedern in informellen Dialogen diskutiert werden. Eine bereits angesprochene Grenze der Studie ist, dass nicht alle Gemeinschaften mit gleicher Intensität erfasst werden konnten. Der Fokus auf drei Neo-Diasporen mit bis zu drei zu untersuchenden lokalen Communities, der unterschiedlich lange Aufenthalt an den jeweiligen Standorten, die Dynamik der Gemeinschaften im Jahresverlauf und weitere Faktoren sind Gründe, dass die Tiefe der Einblicke differiert. Gleichzeitig ermöglichte der dynamische Umgang mit Chancen und Begebenheiten im Feld eine besonders intensive Beschäftigung mit einzelnen Mitgliedern der lokalen Communities, die wichtige Erkenntnisse für die zu formulierende Theorie lieferte. Zu bedenken ist auch, dass der Fokus auf aktive neo-diasporische Gemeinschaften nur bedingt Aussagen über die Lebenswelt von Personen mit einer Lebanese Ancestry zulässt, die sich nicht mehr als Mitglieder verstehen. Zwar wurde auch die Insider-Outsider-Perspektive von ehemaligen Mitgliedern einbezogen, allerdings lag der Schwerpunkt der Untersuchung auf der Auseinandersetzung mit mehr oder weniger involvierten Personen. Laut einer Studie von Humphrey (1984: 62 f.) waren bereits in den 1980er Jahre nur 37 Prozent der Maroniten in Associations aktiv, was Anhaltspunkte dafür liefert, dass sich viele Nachkommen von EinwanderInnen nicht mit diasporischen Gemeinschaften identifizieren. Für diese Personengruppen greifen die theoretischen Schlussfolgerungen nicht. In Bezug auf die zu analysierenden emotionalen Praktiken können aufgrund des Umfangs dieser Arbeit nicht alle Typen von Praktiken in gleicher Tiefe untersucht und dargestellt werden. Beschrieben werden insbesondere solche, die aus meiner Sicht ein Gefühl von Solidarität und Zusammengehörigkeit bezeugen. Der Umfang der Arbeit erlaubt es nicht, beispielsweise im Detail auf kommunizierende Praktiken (Scheer 2012: 195) in unterschiedlichen Situationen einzugehen. Sie können lediglich exemplarisch ausgeführt werden. 2
Multimethodische Erhebung
Die multimethodische Vorgehensweise eröffnet unterschiedliche Perspektiven auf das Phänomen, um konvergente, komplementäre oder divergente Ergebnisse zu erzielen (Flick 2012: 318). Die übereinstimmenden, sich ergänzenden oder widersprüchlichen Ergebnisse dienen dazu, ein besseres Verständnis der Komplexität zu erlangen. Darüber hinaus stellt der Einsatz unterschiedlicher Methoden45 sicher, dass die Schwächen
45 Der Einsatz verschiedener Methoden und die dabei angewandten Variationen sind vergleichbar mit dem, was Denzin (1978: 301 ff.) unter Between-Methods und Within-Methods Triangulation versteht.
Multimethodische Erhebung
einer Zugriffsweise durch die Stärken einer anderen ausgeglichen werden und so ein höheres Maß an Validität erreicht wird (Denzin 1978: 304). Im Folgenden müssen wichtige Charakteristika, die spezifische Anwendung der Erhebungstechniken sowie aufgetretene Probleme diskutiert werden, ohne auf methodologische Grundfragen, allgemeine Ziele, Anforderungen und Defizite der verwendeten qualitativen Erhebungsverfahren einzugehen. Ausführungen dazu sind in der methodischen Spezialliteratur, zum Beispiel bei Girtler (2001), Flick et al. (2012), Lamnek und Krell (2016), Przyborski und Wohlrab-Sahr (2014) sowie Schnell et al. (2018) zu finden. 2.1
Ero-epische Interviews
In ero-epischen Gesprächen46 wirkt die Forscherin oder der Forscher selbst erzählend mit und verbindet Fragen und Erzählungen im Gespräch harmonisch miteinander. Es soll eine ausgeglichene, feinfühlige, eingehende, offene und persönliche Gesprächssituation vorherrschen (Girtler 2001: 147 ff.): „Der Forscher erscheint so auch als ein Lernender, den man über die ihn interessierende fremde Lebenswelt bereitwillig aufklären will“ (Girtler 2001: 152). Diesem Konzept folgend, wurden problemzentrierte Interviews geführt, zu denen nach Mayring (2016: 67) alle Formen der offenen, halbstrukturierten Befragung zählen. Witzel (2000) benennt als drei Grundpositionen dieses theoriegenerierenden Verfahrens die Problemzentrierung, Gegenstandsorientierung und Prozessorientierung. Erstere beschreibt die Ausrichtung der Interviewfragen an einer gesellschaftlich relevanten Problematik. Sie charakterisiert den Erkenntnisprozess, bei dem sich Datenaufnahme und Interpretation wechselseitig beeinflussen. Zur flexiblen Anpassung an die verschiedenen Anforderungen des Gegenstandes, werden Interviewformen (z. B. qualitatives Interview, biographisches Interview, Gruppendiskussion) und Gesprächstechniken (z. B. Nachfragen, Impulse) im Verlauf der Forschung variiert, kombiniert und integriert: „(…) Zusammenhang und Beschaffenheit der einzelnen Elemente [schälen] sich erst langsam und in ständigem reflexiven Bezug auf die dabei verwandten Methoden heraus“ (Witzel 1982: 71). Diese Prozessorientierung des gesamten Forschungsablaufs hat zum Ziel, den Kommunikationsprozess sensibel auf die Problemsicht der Befragten sowie deren Haltungen und Orientierungen zentrieren zu können. Dabei sollen die GesprächspartnerInnen Vertrauen gewinnen und Erinnerungen abrufen, um Sachverhalte zu explizieren und zu korrigieren (Witzel 1982: 71).
Der Begriff setzt sich aus den beiden altgriechischen Wörtern Erotema (Frage) und Epos (u. a. Erzählung, Nachricht, Kunde) zusammen und wurde von Girtler (2001: 150) kreiert.
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Multi-lokale empirische Feldforschung
Im Anschluss an die Vorstellung der ausgewählten InterviewpartnerInnen werden die Themen der Leitfäden, der Interviewverlauf und die Interviewführung transparent gemacht. 2.1.1
Auswahl und Charakterisierung der GesprächspartnerInnen
Die Auswahl der InterviewpartnerInnen erfolgte systematisch nach den nun ausgeführten Kriterien (Kelle und Kluge 2010: 43), die über ethnische Zuschreibungen und verwandtschaftliche Beziehungen hinausgehen. Inspiriert vom Theoretischen Sampling nach Glaser und Strauss (1998: 53 ff.) habe ich die Fälle bzw. GesprächspartnerInnen schrittweise entsprechend der für die Theoriebildung wichtigen Aspekten ausgewählt. Mit einem Fokus auf Interaktionen, Konnektivitäten und Engagement von Individuen wird die Datenerhebung durch die entstehende Theorie kontrolliert. Als Grundlage dienten die Arbeitsdefinition von Neo-Diaspora als allgemeine Perspektive und geeignete Konzepte die im Dialog mit den empirischen Daten herangezogen wurden. Bei dieser Herangehensweise ist folgendes zu beachten: Der mit der Entwicklung einer materialen oder formalen Theorie befasste Soziologe darf auch brauchbare Gruppen kreieren, vorausgesetzt, er bleibt sich dessen bewusst, dass sie ein Artefakt seines Forschungsdesigns sind, und fängt in seiner Analyse nicht damit an, ihre Eigenschaften als die einer natürlichen Gruppe zu behandeln (Glaser und Strauss 1998: 60).
Die anhand der Arbeitsdefinition ausgesuchten Neo-Diasporen dienten als Ansatzpunkt für die Auswahl erster GesprächspartnerInnen. Wie bereits beim Zugang zum Feld erwähnt, habe ich zunächst RepräsentantInnen der neo-diasporischen Gemeinschaften einbezogen (z. B. Geistliche, Vereinsvorsitzende, Bürgermeister) und mithilfe des Schneeballprinzips GesprächspartnerInnen mit zentralen Funktionen basierend auf deren persönlichen Netzwerken identifiziert. Im weiteren Verlauf beeinflussten die einbezogenen theoretischen Perspektiven und die sich herauskristallisierenden Analysedimensionen die Entscheidungen, welche Untersuchungsgruppen zur Datengewinnung konsultiert wurden (Kelle und Kluge 2010: 48). Verändert wurden die Auswahlkriterien Art der Positionen (Roles) und Ausmaß des Engagements, während ein Zugehörigkeitsgefühl zu einer der ausgesuchten neo-diasporischen Gemeinschaften vorhanden sein musste, d. h. konstant gehalten wurde. Zunächst wurde vornehmlich die Methode der Minimierung von Differenzen angewandt (Glaser und Strauss 1998: 62 ff.) und Untersuchungseinheiten betrachtet, die große Ähnlichkeiten in Bezug auf ihr hohes Engagement für die neo-diasporische Gemeinschaft aufweisen. In Anlehnung an den Ansatz Communities of Practice (CoP) (Wenger-Trayner und Wenger-Trayner 2011) können sie der Kerngruppe zu-
Multimethodische Erhebung
geordnet werden und bringen sich auf unterschiedliche Weise ein. Die gesammelten ähnlichen Daten dienen der Erfassung der Innensicht der Gemeinschaften. Sie ermöglichten nicht nur, die Brauchbarkeit der fünf theoretischen Analysedimensionen zu prüfen sowie Eigenschaften und Abstufungen zu generieren, sondern auch das Ausleuchten zentraler Unterschiede (z. B. Alter, Geschlecht) nach denen die auszudifferenzierenden Kategorien variieren (Glaser und Strauss 1998: 65). Nachdem eindeutige theoretisch relevante Analysedimensionen, die den Zusammenhalt neo-diasporischer Gemeinschaften verstehbar machen, isoliert werden konnten, habe ich zunehmend die Methode der Maximierung von Differenzen angewandt, um relevante Unterschiede erkennen und die Reichweite der Theorie bestimmen zu können. Einbezogen wurden Personen, die sich als weniger aktive TeilnehmerInnen oder als passive AnhängerInnen bezeichnen. Hinzu kamen Individuen, die sich explizit nicht mehr als Mitglied der Gemeinschaft sehen, um deren Insider-OutsiderPerspektive zu erfassen. Hinweise anderer Mitglieder wurden aufmerksam verfolgt, um Außenstehende zu identifizieren und sie als GesprächspartnerInnen zu gewinnen. Diese Innen-Außenperspektive auf neo-diasporische Gemeinschaften konnte ich durch Gespräche mit Personen in übergeordneten Funktionen, die sich nicht als Mitglied der untersuchten Gemeinschaften verstehen, aber über ein lebensweltliches ExpertInnenwissen47 über neo-diasporische Gemeinschaften verfügen, ergänzen. Die maximalen Unterschiede in den Untersuchungsgruppen ermöglichten, fundamentale Gemeinsamkeiten der Kategorien (z. B. Werte, Berufsfelder) festzustellen (Glaser und Strauss 1998: 65). Gleichzeitig zwingt der Einbezug kontrastierender Fälle (z. B. Nichtmitglieder), theoretische Erklärungen zu prüfen und eventuell zu modifizieren bzw. zu präzisieren (Kelle und Kluge 2010: 45). Zusammenfassend ermöglicht die beschriebene und sich verändernde qualitative Samplingstrategie48 dank der Methode der Minimierung, die theoretische Relevanz der in der Analysefolie vordefinierten Analyse- bzw. Kategoriendimensionen zu prüfen. Gleiches gilt für die im Rahmen der Auswertung ausdifferenzierten Unterkategorien (vgl. IV 3). Die faktische Heterogenität und Varianz des Untersuchungsfeldes kann mittels der Methode der Maximierung abgebildet werden (Kelle und Kluge 2010: 109; Glaser und Strauss 1998: 63). Diese theoretisch inspirierte, systematische Auswahl erfolgte, bis sich eine theoretische Sättigung der nahe an den empirischen Daten erzeugten Kategorien abzeichnete: „Sättigung heißt, dass keine zusätzlichen Daten mehr gefunden werden können, 47 In Anlehnung an Gläser und Laudel (2009: 12, ohne Herv. des Orig.) bezieht sich der Begriff „ExpertIn“ auf „(…) die spezifische Rolle [der InterviewpartnerIn bzw.] des Interviewpartners als Quelle von Spezialwissen über die zu erforschenden sozialen Sachverhalte“. 48 Die beiden unterschiedlichen Samplingstrategien gingen fließend ineinander über und wurden zu keinem Zeitpunkt der Untersuchung stringent verfolgt. Tendenziell lag der Fokus zunächst auf eher engagierten und später auf weniger aktiven TeilnehmerInnen sowie auf Personen, die sich als Nichtmitglieder verstehen.
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Multi-lokale empirische Feldforschung
mit deren Hilfe der Soziologe weitere Eigenschaften der Kategorie entwickeln kann“ (Glaser und Strauss 1998: 69). Die empirische Erhebung wurde beendet, als die Sammlung zusätzlicher Daten keine neuen theoretischen Einsichten mehr erzeugte. Es war anzunehmen, dass alle, mit Blick auf die ausdifferenzierte Fragestellung relevanten Gruppen einbezogen waren. Die interviewten Personen unterscheiden sich hinsichtlich ihres Alters, Geschlechts und Bildungsstatus. Es wurden sowohl die ältesten Mitglieder der Gemeinschaften als auch Personen mittleren Lebensalters und junge Erwachsene interviewt. Dies machte generationsspezifische Dynamiken und Differenzen wie die Nutzung und Bedeutung moderner Kommunikationsmedien verstehbar. Von den 185 interviewten Personen, fühlen sich dreizehn männliche und sechs weibliche Personen zur Gemeinschaft der Blouzaniyye zugehörig. Hinzu kommen vier Frauen, die sich temporär am Interview mit ihrem Ehemann beteiligten. Zur besseren Nachvollziehbarkeit, welche Aussagen von EhepartnerInnen getroffen wurden, erhalten sie die identische, zur Wahrung der Anonymität vergebene Kennziffer (IP16; IP91; IP109; IP170) und werden zusätzlich mit Kleinbuchstaben gekennzeichnet (a=Ehefrau, b=Ehemann) (vgl. Anhang 4). Von den interviewten Mitgliedern habe ich, unabhängig von ihrem Engagement für die Gemeinschaft, drei Personen an mehr als einem Untersuchungsstandort und acht Personen mehrfach an einem Untersuchungsstandort interviewt (vgl. Abb. 7). Darüber hinaus fließen Aussagen von 22 Personen, mit lebensweltlichem, auf die Gemeinschaft der Blouzaniyye bezogenem ExpertInnenwissen, in die Auswertung ein (vgl. Fettsetzung in Anhang 4). Die Auswertung in Kapitel V konzentriert sich auf diese 41 GesprächspartnerInnen, wobei vereinzelt auch auf allgemeine, untermauernde Aussagen von Mitgliedern anderer neo-diasporischer Gemeinschaften zurückgegriffen wird. Hinzu kommen zahlreiche informelle Gespräche, die im Text mit IG für „informelles Gespräch“ gekennzeichnet werden. Insbesondere mit PolitikerInnen und GeschäftspartnerInnen, die sich als Nichtmitglieder verstehen, wurde diese Gesprächsform im Rahmen spontaner Zusammentreffen bevorzugt.49 Zusätzlich konnten Informationen über deren Beziehungen zu Mitgliedern unproblematisch mithilfe der teilnehmenden Beobachtung und aus weiteren Quellen (z. B. Ansprachen, Posts) gewonnen werden. 2.1.2
Gesprächsverlauf, Interviewtechniken und Themen
Neuen GesprächspartnerInnen teilte ich zunächst das Forschungsinteresse und die Arbeitsweise in Alltagssprache mit. Die offenen Gespräche mit ero-epischem Charak49 Gatekeeper (Emmel und Hughes 2009: 320 f.) standen dem Einbezug von Nichtmitgliedern neutral bis ablehnend gegenüber und mussten dafür sensibilisiert werden. Dies mag mit deren Vorstellungen von Grenzen und mit informellen Wasta-Praktiken, die nicht in den Fokus rücken sollten, zusammenhängen.
Multimethodische Erhebung
ter eigneten sich dazu, Neugier für das Projekt zu wecken, eine Vertrauenssituation herzustellen und GesprächspartnerInnen zum Erzählen anzuregen. Gleichzeitig beantwortete ich Fragen der InterviewpartnerInnen möglichst aufgeschlossen, die sich um Themen rund um meine Ausbildung, Familie, Lebensweise, Mobilität, Libanonerfahrungen sowie „deutsche Traditionen“ drehten. Zur Operationalisierung der zentralen Forschungsfrage wurden Leitfäden entwickelt, die eine gewisse Problemzentrierung (Witzel 1982: 70) und Vergleichbarkeit der gewonnenen Daten sicher stellen (Mayring 2016: 70). Die Leitfragen dienten lediglich der Orientierung, um die Sichtweise von Personen zu Dynamik, Heterogenität und Transformation neo-diasporischer Gemeinschaften sowie ihrer Eingebundenheit zu erfassen. Angepasst an die jeweilige Gesprächssituation habe ich Fragen formuliert und ohne festgelegte Reihenfolge in die Gespräche verwoben. Das Führen der Interviews orientierte sich an den Ausführungen von Kaufmann (1999: 70 ff.) zum verstehenden Interview. Mit geeigneten Techniken zur Aufrechterhaltung des Gesprächsfadens konnten die Wertesysteme und Ordnungsschemata von Befragten erschlossen werden: „Die beste Frage steht nicht im Leitfaden, sondern man leitet sie aus dem bereits Gesagten ab. (…) Um die richtige Frage zu finden, gibt es keinen anderen Weg, als intensiv auf das zu hören, was gesagt wird (…)“ (Kaufmann 1999: 72 f.). Bei den ero-epischen Interviews50 wurde das Prinzip der Offenheit gewahrt und stets ausschweifende Erzählungen zu unvorgesehenen Themen und aufkommenden Fragen zugelassen. Um den GesprächspartnerInnen nicht das Gefühl zu vermitteln, lediglich als Auskunftsperson bzw. DatenlieferantIn instrumentalisiert zu werden (Girtler 2001: 147, 157; Girtler 1984: 11), waren nicht nur der äußerst variable Einsatz passender Fragen, sondern auch eine großzügige Zeitplanung für Gesprächstermine und die Wahl einer gewohnten Umgebung förderlich. Die Gespräche dauerten im Durchschnitt 1,5 bis zwei Stunden. Bei etwa einem Fünftel der interviewten Personen fanden mehrere mehrstündige Sitzungen statt. In der Regel wurden die von den GesprächspartnerInnen vorgeschlagenen Orte, darunter Privathäuser, Pfarrhäuser, Kirchplätze, Restaurants oder Cafés, Hotellobbys, Büros sowie spontan das Auto genutzt. Die offene Gesprächsführung und weitgehend natürliche Gesprächsdynamik und -atmosphäre begünstigte Erkenntnisse, ohne auf die Vergleichbarkeit bestimmter Aspekte des erhobenen Materials verzichten zu müssen. Aufbauend auf den explorativen qualitativen Interviews wurden zunächst drei Leitfäden für (1) problemzentrierte Interviews mit RepräsentantInnen neo-diasporischer Gemeinschaften, (2) Interviews mit narrativ-biographischen Elementen und (3) Interviews mit (Nicht-)Mitgliedern mit ExpertInnenwissen vorbereitet. Sie wurden im Den kritischen Ausführungen Girtlers (2001: 147 ff.) zum Begriff des „Interviews“ und der Nützlichkeit von Leitfäden ist weitgehend zuzustimmen. Trotzdem wurde es als sinnvoll erachtet, Fragen als flexible Orientierungshilfe vorzubereiten, um zu bestimmten Themen einen intensiven Austausch auf Augenhöhe einzuleiten (Kaufmann 1999: 70) ohne die offene und persönliche Gesprächsführung zu vernachlässigen.
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Multi-lokale empirische Feldforschung
Verlauf des Forschungsprozesses modifiziert und konkretisiert. In der Praxis kamen oftmals Aspekte aller drei Leitfäden im Gesprächsverlauf zur Sprache. Tendenziell habe ich FunktionsträgerInnen (1) insbesondere zu geschichtlichen Hintergründen der Vereine, zum organisatorischen Aufbau, zu Größe, Zielen, Aktivitäten, Projekten, finanziellen Mitteln, Zukunftsplänen sowie transnationaler Vernetzung und dem Einsatz neuer Medien befragt, abgerundet durch Fragen zu ihren persönlichen Hintergründen. Bei anderen Mitgliedern neo-diasporischer Gemeinschaften wurde verstärkt die (2) biographisch-narrative Methode eingesetzt, um die Gefragten zu animieren, ihre derzeitige Lebenssituation in zeitlicher Dimension zu rekonstruieren (Bahrdt 1975: 13). Es ging darum, „(…) den Befragten die Möglichkeit zu geben, gemäß ihrer Artikulations- und Verarbeitungsweise in den in Frage stehenden Gegenständen einen roten Faden durch deren komplexe Zusammenhänge zu spinnen“ (Witzel 1982: 75). Den InterviewpartnerInnen erklärte ich vorab, dass das Gespräch nicht in einem FrageAntwort-Schema ablaufen wird. Vielmehr seien sie eingeladen, frei über ihre Lebensgeschichte und deren räumliche Dimension zu erzählen, um einen hohen Anteil narrativer Sequenzen zur Biographie zu erhalten. Als erzählgenerierende Impulse stellte ich Fragen in Bezug auf die Migrationsgeschichte der Familie und den zentralen Stationen der persönlichen Biographie. Ebenfalls enthält der Leitfaden (Nach-)Fragen zur Überwindung der Erzählschwelle hinsichtlich bestimmter Themen. Dazu zählen lokale und transnationale Beziehungen, saisonale Mobilität, wichtige Treffpunkte und die Eingebundenheit in Aktivitäten diasporischer und anderer Vereine. Mit einigen Personen wurde in Interviews die individuelle Nutzung moderner Kommunikationsmittel (z. B. Instant-Messaging-Dienste) vertieft. Dabei erwies sich das im Forschungsprojekt als Ergänzung vorgesehene Instrument der Netzwerkkarte51 und des Medientagebuchs als ungeeignet52. Zeitnah wurde von einer exemplarischen Erfassung und Auswertung der subjektiven Visualisierung personenspezifischer kommunikativer Netzwerke abgesehen. Es war zielführender, den Fokus auf Knoten und Schalter der Netzwerke zur Erfassung der Ausgangspunkte medienübergreifender Kommunikationsflüsse zu richten. (Nicht-)Mitglieder mit ExpertInnenwissen (z. B. Priester anderer Orte) (3) wurden über die Geschichte der Migration, die räumliche Verortung von lokalen Communities sowie den Einfluss von Remittances und diasporischen Medien befragt. Personen, die
51 Zu Beginn der Erhebung wurden einige InterviewpartnerInnen gebeten, ihre persönlichen Netzwerke in Anlehnung an den Entwurf von Oliver (2013: 99 ff.) in eine sektorale, egozentrierte Schablone einzutragen. Netzwerkkarten sollten als Hilfsmittel dienen, um über die emotionale Nähe zu Personen zu sprechen. 52 Netzwerkkarten zwangen GesprächspartnerInnen zu Differenzierungen nach unterschiedlichen Dimensionen (z. B. geographische Distanz, Nationalität), die ihren imaginierten Grenzen und Praktiken nicht entsprechen. Zudem konnte die hohe Anzahl an Kontakten und die Komplexität der Beziehungsstrukturen nicht auf einem Papier abgebildet werden. Der von Hepp (2011: 68) vorgeschlagene Einsatz von Medientagebüchern wurde im Jahr 2014 mit Einzelpersonen erprobt, erwies sich jedoch angesichts der Verbreitung von Smartphones und nahezu kontinuierlicher Nutzung von Instant-Messaging-Diensten und Social MediaPlattformen als nicht zeitgemäß. Die Dokumentation beanspruchte unverhältnismäßig viel Zeit.
Multimethodische Erhebung
pseudo-wissenschaftliche Recherchen betreiben und Mitgliedern als Informationsquelle und Wissensvermittler dienen, motivierte ich, über ihre individuellen Tätigkeiten zu sprechen, um Einblicke in die Dynamiken der Wissens(re-)produktion zu erhalten. Mit zunehmendem Erkenntnisgewinn notierte ich im Vorfeld jedes Interviewtermins mit Blick auf die unterschiedlichen Untersuchungseinheiten (z. B. Community Librarian, Nichtmitglieder) spezifischere Fragen zum Beispiel zu Praktiken, Motivationen, Erfahrungen, Lebensverwirklichungen, Freizeitaktivitäten, andere Vereinstätigkeiten in einem Feldbuch, die anschließend memoriert und flexibel in die Gespräche eingeflochten wurden. Die Gesprächssituationen dienten auch dazu, Erklärungen von Mitgliedern zu eigens beobachteten Praktiken zu erhalten. Auf dieser Grundlage konnte eine Lesart entwickelt werden (Geertz 1973: 10), um Bedeutungszuschreibungen und komplexe Vorstellungsstrukturen neo-diasporischer Gemeinschaften besser nachzuvollziehen. Mit zunehmendem Wissen über die Regeln der Gemeinschaft wurden im Gespräch diskutierende und Suggestivfragen gestellt, um Einstellungen zu bestimmten Themen zu erfahren: „Suggestivfragen haben nicht nur die Funktion, den Befragten zum Erzählen zu animieren, sondern auch zusätzliche Informationen zu erhalten“ (Girtler 2001: 161). Zudem ergaben sich ungeplant bei unterschiedlichen Gemeinschaften sieben Gruppeninterviews, bei denen bis zu acht Personen über relevante Probleme debattierten (vgl. Anhang 4). Während qualitativer Interviews verwendete ich ein Feldbuch für kurze Notizen nur dann, wenn es angemessen erschien. Dies war besonders in Büros und anderen formellen Settings der Fall. Die Mitschriften unterstützten die tägliche Anfertigung ausführlicher digitaler Gedächtnisprotokolle, in denen ich aussagekräftige kurze Zitate im Wortlaut dokumentierte. Für alle Gespräche wurden neben den Gesprächsinhalten, formale Daten (z. B. Datum, Ort, Name Interviewpartner, Kontaktdaten, Nummer des Mitschnitts, fortlaufend vergebene Kennziffer für InterviewpartnerInnen) sowie Anmerkungen zur Kontaktaufnahme und Gesprächssituation digital festgehalten. Nahezu alle Interviews wurden nach mündlich erteiltem Einverständnis der InterviewpartnerInnen digital aufgezeichnet und der Hinweis gegeben, dass jederzeit auf vertrauliche Aussagen hingewiesen werden könne. Diese Aussagen habe ich mit einem entsprechenden Vermerk in den Protokollen und Transkripten versehen. Die Mitschnitte wurden in einer MaxQDA Datei gemeinsam mit den Gedächtnisprotokollen und den nachträglich angefertigten Transkripten abgespeichert. 2.2
Teilnehmende Beobachtung – Offline und Online
Die teilnehmende Beobachtung gewährte eine weitere Perspektive auf das zu untersuchende Phänomen, mit der methodische Schwächen der qualitativen Interviews kompensiert werden konnten (Denzin 1978: 302). Aufgrund des routinierten Ab-
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Multi-lokale empirische Feldforschung
laufs von Praktiken, lassen InterviewpartnerInnen bei deren Beschreibung wichtige Informationen, die als selbstverständlich angesehen und nicht hinterfragt werden, aus. Die teilnehmende Beobachtung richtet die Aufmerksamkeit bewusst auf eingespielte Interaktionen und Selbstverständlichkeiten. Auf diese Weise können das „(…) nahezu unsichtbar Gewordene des alltäglichen Lebens von ‚normalen‘ Teilnehmern (…)“ (Hauser-Schäublin 2003: 37), sowie die Ansichten, Gefühle und Emotionalität unter Mitgliedern erfasst werden. Darüber hinaus relativierten sich durch den Einsatz der teilnehmenden Beobachtung gewisse Aussagen von InterviewpartnerInnen, was zusätzliche Erkenntnisse verschaffte. Aus einer Netzwerkperspektive erlaubt die Kombination beider Methoden „(…) die konkrete Praxis, Interaktionen und Handlungsvollzüge der Subjekte in ihrem jeweiligen Kontext zu rekonstruieren, also gewissermaßen die Vernetzungs- und ‚Netzwerkarbeit‘“ (Hollstein 2006: 21). Auch in Bezug auf die Analysedimension „kollektive Identität bzw. imaginierte Ethnizität“ der Gemeinschaft war die Verwendung unterschiedlicher Methoden nützlich. Es kamen selbst im Rahmen von qualitativen Interviews bestimmte Mythen bzw. Non-Participant Narratives zur Sprache, die allerdings nur bedingt explizit erfragt werden können. Die teilnehmende Beobachtung wurde möglichst offen gestaltet, um umfassende Datenströme zu erfassen. Die eingenommene Innenperspektive lässt wichtige Themen und Ereignisse, relevante AkteurInnen, Strukturen der Kommunikationsnetzwerke, Bedeutungs- und Sinnzusammenhänge sowie die Funktion für die soziale Integration erkennen (Hollstein 2006: 11, 18 ff.). Verzerrungen durch den Einsatz von Untersuchungsmethoden können bei der teilnehmenden Beobachtung weitgehend vermieden und eine größtmögliche Nähe zum Gegenstand erreicht werden (Mayring 2016: 80 f.). 2.2.1
Nosing Around und Soaking and Poaking der Lebenswelt
Während des explorativen Feldaufenthalts und an jedem Untersuchungsstandort habe ich zunächst mit der als Nosing Around53 bezeichneten Methode unerwartete Spuren verfolgen können und dabei Praktiken und materielle Symbole entdeckt. Dazu habe ich Treffpunkte aufgesucht, an denen BewohnerInnen und BesucherInnen der libanesischen Dörfer öffentlich zusammenkommen (z. B. Midan in Ehden, Junkyard in 53 In der soziologischen Methodenliteratur wird das Verfahren dem Begründer der Chicagoer Schule Robert E. Park zugeschrieben. Er habe den Ausdruck aus dem Reporter-Jargon entnommen, um seine Studierenden aufzufordern, (vor)urteilslos und neugierig in städtischen Teilgebieten (insb. Ethnic Villages) ethnographisch zu arbeiten, um den inneren Zusammenhalt zu verstehen (z. B. Lindner 2007: 10 ff.; Strübing 2018: 65; Dangschat 2004: 48 f.). In den dort zitierten sowie in anderen bekannten Publikationen konnte der Begriff jedoch nicht gefunden werden (z. B. Park 1915; Park und Burgess 1921; Park et al. 1925).
Multimethodische Erhebung
Kfarsghab, Kirchplätze und Kirchen, Internetcafés) und folgte spontan Einladungen von Mitgliedern der neo-diasporischen Gemeinschaften. Dem Feld wurde mit größtmöglicher Offenheit begegnet und Vororientierungen aufzugeben versucht. Dadurch ergaben sich zahlreiche Beobachtungsmöglichkeiten, die vorab nicht abzusehen waren (Poferl et al. 2018: 13). Das zusätzlich angewandte methodische Vorgehen des Soaking and Poaking (Eintauchen und Aufsaugen), das der Politikwissenschaftler Fenno (1978: 249) zur interaktiven Beobachtung des Verhaltens von Kongressabgeordneten vorschlägt, zeichnet sich durch die Nähe zu den Daten aus: It is not like looking through a one-way glass at someone on the other side. You watch, you accompany and you talk with the people you are studying. (…) That interaction has its costs-most notably a considerable loss of control over the research process. It also has its benefits. It brings you especially close to your data. You watch it being generated and you collect it at the source (Fenno 1986: 3).
Als Form der teilnehmenden Beobachtung begünstigt Soaking and Poaking ein möglichst umfassendes Verständnis der Weltsicht der beobachteten AkteurInnen, konkreter Lebensumstände und alltäglicher Verhaltensmuster. Es entsteht ein Gespür für den Untersuchungsgegenstand, das über das rein intellektuelle Wissen hinausgeht (Schöne 2005: 176). Dazu habe ich die Rolle eines „Teilnehmers als Beobachter“ (Participant as Observer) (Gold 1958: 220 f.) eingenommen. Im Rahmen einer offenen Form der Beobachtung wussten Beobachtete und ich als Beobachterin, dass ein Forschungsprojekt durchgeführt wird. Primär bemühte ich mich erfolgreich mitzumachen, mit zu kommunizieren und mich zu beteiligen. Beispielsweise konnte ich bei der Essenszubereitung und -ausgabe auf Festivals, bei der Vorbereitung von Familienfeiern, beim Tanzen von Dabke und bei Trauerfeiern beobachten, wie körperliches Verhalten, Aussagen und Gefühlsausdrücke den Gemeinschaftssinn bekräftigen. Während der Feldaufenthalte ergaben sich unterschiedliche raum-zeitliche Beobachtungssituationen. Zu den über 100 teilnehmend beobachteten Veranstaltungen und Zusammenkünften (vgl. Anhang 5) zählen regelmäßige, gemeinsame Aktivitäten (z. B. Familientreffen, Seniorentreffen, Jugendtreffen, Vorstandstreffen), saisonale gemeinschaftsbildende Feste (z. B. Feste zu Ehren der Schutzpatrone der Orte, Picknicks, Ehrungsveranstaltungen54) sowie religiöse Zeremonien (z. B. Messen, Beerdigungen, Hochzeiten). Hinzu kamen Feste in den libanesischen Dörfern, die explizit für BesucherInnen aus der Diaspora ausgerichtet werden, sowie Ausflüge und Pilgerwanderun-
54 Dazu zählen eine Anerkennungsfeier in Hadath el Jebbeh am 06.07.14 für eine Politikerin, deren Familie sich mit Diman identifiziert. Auch die beiden Wahlen der Miss Lebanon Emigrant, die von den zwei Lagern der World Lebanese Cultural Union (WLCU) unter Mitwirkung von Interviewpartnern ausgerichtet wurden, konnten am 02.08.14 in Jounieh (8th of March Alliance) und am 09.08.14 in Dhour Chouier (14th of March Alliance) teilnehmend beobachtet werden.
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Multi-lokale empirische Feldforschung
gen von Mitgliedern. Eine selektive Auswahl der besuchten Veranstaltungen fand zu Beginn nur bedingt statt. Lediglich Einladungen, die meine neutrale Position und Unabhängigkeit infrage gestellt hätten, nahm ich nicht wahr. Ansonsten nahm ich an fast allen Begegnungen teil, die Mitgliedern wichtig erscheinen (Breidenstein et al. 2015: 68), um die unterschiedlichen Bedeutungsebenen der Zusammenkünfte zu erfassen. Mit zunehmender Präzisierung der Fragestellung kristallisierten sich wichtigere und unwichtigere Optionen in Bezug auf die Beobachtung heraus. Der Auswahlprozess wurde stärker beeinflusst, um fokussierte Einblicke zu erhalten und unter anderem Occassioned Stories, die zu bestimmten Anlässen erzählt werden, zu erfassen. Aus diesem Grund absolvierte ich, wie erwähnt, einen zweiwöchigen Aufenthalt bei einer australischen Familie in Blouza in der Endphase der empirischen Erhebungen und nahm auch wohlüberlegt an einem Vorstandstreffen der Australian Blouza Association (ABA) teil. Die Anwesenheit bei freudigen wie traurigen Anlässen und alltäglichen Zusammenkünften55 unterstützte den Aufbau von Vertrauensverhältnissen in der Feldforschung. Die hergestellte Nähe und Empathie machten es erforderlich, mit geeigneten Strategien die notwendige Distanz zum Gegenstand zu wahren: „Teilnehmende Beobachtung setzt sich deshalb aus widersprüchlichem Verhalten zusammen, nämlich so zu sein, wie einer, der dazu gehört und gleichzeitig mit einer Wahrnehmung wie einer, der außerhalb steht“ (Hauser-Schäublin 2003: 38). Während der Feldphasen wurden daher eigene, gedankliche Kategorien und teils ablehnende Ansichten zurückgestellt (vgl. IV 1.2). Entsprechend einer Dichten Teilnahme (Splitter 2001: 19) beinhaltet die Rolle des Teilnehmers als Beobachter nicht nur das Sehen und Hören sondern ein empathisches Erleben mit allen Sinnen. Es ermöglichte mir ein Eintauchen in alltägliche und außeralltägliche Lebenskontexte der Mitglieder neo-diasporischer Gemeinschaften und machte das Zusammengehörigkeitsgefühl, deren vielschichtige Beziehungsstrukturen und interne Differenzierungen verständlich. Um einen möglichst geringen Einfluss auf die Praktiken und Interaktionen der TeilnehmerInnen zu nehmen, verzichtete ich bei der Beobachtung auf Feldnotizen. Fotos und kurze Videoaufnahmen machte ich nur dann, wenn ich sie als den Prozess nicht störend einschätzte. Die aufgesuchten Orte der Zusammenkunft (z. B. Vereinshäuser56, Friedhöfe, Plätze) und dort zur Schau gestellte Artefakte und Bilder konnten unproblematisch fotografisch dokumentiert werden. Zudem konnte ich einige Die Teilnahme an alltäglichen Begegnungen von interviewten Personen, die sich spontan im Anschluss an Gesprächstermine ergaben, sind nicht in Anhang 5, sondern in den digitalen Feldnotizen dokumentiert. 56 In Sydney konnten die Räumlichkeiten der Association of Zgharta bzw. Youssef Bey Karam Batal Lebanon (Zgharta House), der Saint Raymond Charity of Hadchit (Community Hall), der Australian Blouza Association (Blouza Hall), der Bcharre Association (Bcharre Centre), der Hadath el Jebbeh Charity (Charity House) sowie das im Jahr 2014 verkaufte Clubhaus der Australian Kfarsghab Association (AKA) besucht werden. Seit 2019 besitzt die AKA ein neues Clubhouse (vgl. Karte 5). In Halifax wurden das Diman Lebanese Centre und das Gebäude der Canadian Lebanon Society (CLS) of Halifax und in Easton der Kfarsghab Club besichtigt. 55
Multimethodische Erhebung
offizielle Ansprachen von Mitgliedern und Nichtmitgliedern (z. B. von PolitikerInnen, SponsorInnen, GeschäftspartnerInnen), die ebenfalls von anderen ZuhörerInnen gefilmt wurden, digital mitschneiden. Die Ausführungen lassen auf Selbst- und Fremdbeschreibung der Gemeinschaft, das Engagement der Vereine und bestehende Abhängigkeiten und Beziehungsstrukturen schließen. Ergänzend dazu bot die Teilnahme an Veranstaltungen Möglichkeiten, Interaktionen zwischen Mitgliedern und Nichtmitgliedern zu beobachten und informelle Gespräche zu führen, aus denen sich neue Interviewtermine ergaben: „(…) [D]er Forscher bleibt nicht bloß reiner Beobachter, sondern er tritt in einen kommunikativen Kontakt zu den Menschen, deren Lebenswelt er studieren will“ (Girtler 1984: 11). Die Teilnahme an alltäglichen Lebenssituationen von Mitgliedern neo-diasporischer Gemeinschaften hatte zum Ziel „(…) Sinnstrukturen der Feldsubjekte situativ zu erschließen (…) [, d. h.] deren Interaktionsmuster und Wertvorstellungen zu explorieren und für die wissenschaftliche Auswertung zu dokumentieren“ (Lamnek und Krell 2016: 515 f.). Täglich verfasste ich digitale Gedächtnisprotokolle der unstrukturiert beobachteten Praktiken, angehörten Erzählungen, geführten und aufgegriffenen Gespräche sowie hergeleitete Interpretationen. Bei der Niederschrift wurde eine möglichst Dichte Beschreibung (Thick Description) (Geertz 1973: 27) angestrebt. Die Interpretationen basieren auf Erkenntnissen der qualitativen Interviews, da anhand der Erklärungen von GesprächspartnerInnen den beobachteten Praktiken Bedeutungen zugeschrieben werden konnten. Das zu entwickelnde analytische Begriffssystem baut auf den identifizierten Vorstellungsstrukturen sowie den einbezogenen theoretischen Ansätzen auf. 2.2.2
Beobachtung neo-diasporischer Online-Plattformen
Soziale Beziehungen werden heute sowohl Face-to-Face als auch mediatisiert gepflegt. Vergemeinschaftungsprozesse finden zunehmend im digitalen Raum statt, der als virtuelle Extension der alltäglichen Lebenswelt aufzufassen ist und neue Formen der Interaktion und Organisation bietet (Katz und Rice 2002: 13, 119, 323): „(…) [T]he Internet is a form of syntopia – an extension of but still heavily integrated with other face-to-face and mediated channels and processes“ (Katz und Rice 2002: 150). Aufgrund der häufig unbewussten Nutzung charakterisiert Hine (2015: 14, 19 ff.) das Internet als eingebettetes (embedded), verkörpertes (embodied) und alltägliches (everyday) Phänomen. Aus diesem Grund muss die teilnehmende Beobachtung auch Online-Plattformen der untersuchten neo-diasporischen Gemeinschaften umfassen. Mit wenigen Ausnahmen können sie als semiprivat und hinsichtlich der Initiativen als user-generated beschrieben werden. Die Aufnahme als Mitglied erlaubte es, über die Phasen der Feldaufenthalte hinaus medienübergreifende Kommunikationsflüsse zu beobachten. Wichtige Gesprächsthemen, Ereignisse, translokale Sinnhorizonte,
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zentrale AkteurInnen57, Beziehungsstrukturen, dynamische Veränderungen der Netzwerke58 und deren Reichweite konnten identifiziert werden. Die Beobachtung der Kommunikation auf Online-Plattformen wurde ebenfalls offen gestaltet, anstatt bestimmte Daten durch ein stark fokussiertes Erhebungsinstrument59 auszuklammern (Hollstein 2006: 18): „Ein dichtes Datenmaterial (…) [ist] geeigneter, um ‚zwischen den Zeilen‘ die relevanten Deutungsstrukturen zu erschließen“ (Manger 2006: 228). Von Interesse sind die Inhalte, die von Mitgliedern online veröffentlicht, konsumiert und kommentiert werden. Sie geben Aufschluss über Vorstellungen von Solidarität, Erwartungen an Verbindlichkeiten, relevante Diskussionsthemen und deren Ernsthaftigkeit, Imaginationen von Herkunft, Selbstbilder der Gemeinschaft und virtuelle Beziehungsstrukturen. Besonders die ausgedrückten Gefühle und Reaktionen lassen Rückschlüsse auf Wechselwirkungen in der Lebenswelt zu (Kardorff 2006: 90). Als Untersuchungsgegenstand eigneten sich die digitalen Plattformen60 der Mitglieder, darunter die Facebook-Gruppen, Facebook-Seiten und Blogs der ausgewählten neo-diasporischen Gemeinschaften, der dazugehörigen Großfamilien, der lokalen maronitischen Kirchengemeinden und übergeordneter Zusammenschlüsse (vgl. Anhang 6). Die in der Regel geschlossenen oder für Nichtmitglieder unsichtbaren Facebook-Gruppen verfügen über strikte Zugangsbeschränkungen61. Erst nach persönlicher Kontaktaufnahme mit den Administratoren und der Vorstellung des Projektes nahmen mich diese als Gruppenmitglied auf.62 Auch verfügen einige neo-diasporische Gemeinschaften über Instagram-Profile, deren Beiträge und Stories ich ebenfalls beobachtet habe. Darüber hinaus wurde mit knapp der Hälfte der InterviewpartnerInnen oder deren Nachkommen eine Verbindung (z. B. Facebook-Freundschaft, InstagramFollower) hergestellt. Besonders interessant sind Statusmitteilungen, Beiträge, Kommentare und Stories, die an andere Gemeinschaftsmitglieder gerichtet sind. In der Ergebnisdarstellung werden zur Wahrung der Anonymität ebenfalls die vergebenen Codes verwendet (vgl. Anhang 4), um Beiträge und Kommentare von Interviewpart-
57 Diese ethnographisch inspirierte Arbeit analysiert Motivationen und Ansichten zentraler AkteurInnen. In Abgrenzung dazu fokussiert Nethnographie, eine Methode der Konsum- und Marketingforschung die Online-Kommunikation und Interaktion, ohne die Mitglieder selbst zu untersuchen (Kozinets 2010: 131). 58 Dabei ist erneut zu betonen, dass mediale Kommunikationsnetzwerke nicht mit sozialen Netzwerken gleichzusetzen sind. Sie ermöglichen aber die Ausbildung translokaler Netzwerke (Hepp 2011: 60). 59 Eine Datensammlung über einen festgelegten Zeitraum hätte quantitative Aussagen zu geteilten Themen und Reaktionen ermöglicht, wurde jedoch mit Blick auf die Fragestellung als wenig zielführend gewertet. 60 Zur Kommunikation innerhalb der Familien und unter Freunden werden insbesondere WhatsAppGruppen genutzt. Gruppenchats von Instant-Messaging-Diensten waren nicht Bestandteil der Analyse. 61 Die Policy für die Mitgliedschaft wird festgelegt. Dazu zählen Kriterien wie die angenommene Herkunft aus einem Dorf oder wie im Fall der Facebook-Gruppe Kfarsghab Lebanon eine Facebook-Freundschaft mit mindestens fünf anderen Mitgliedern. 62 Eine Ausnahme bildet die geschlossene Facebook-Gruppe Diman Association in Canada.
Multimethodische Erhebung
nerInnen zu markieren. Wurden diese bei Facebook gepostet, wird zusätzlich das Kürzel FB vor der Kennziffer bzw. der Plattform verwendet und die beiden Abkürzungen mit einem Unterstrich verbunden (z. B. FB_IP). Regelmäßig habe ich von Juni 2014 bis Oktober 2019 die Beiträge, Veranstaltungsankündigungen und geteilte Fotos unstrukturiert beobachtet. Screenshots wurden vor allem von Beiträgen angefertigt, die von Mitgliedern durch Likes und Kommentare eine hohe Aufmerksamkeit erfuhren. Gleiches gilt für Inhalte, die mit Blick auf die analytischen Dimensionen von Relevanz sind. Dazu zählen insbesondere die online verbreiteten Informationen und Narrative von Personen, die als Knoten und Schalter der Netzwerke fungieren. Im Internet habe ich die Rolle eines „Beobachters als Teilnehmer“ (Observer as Participant)63 (Gold 1958: 221) eingenommen. Der primäre Fokus lag auf der Beobachtung, ohne aktiv in die beobachtete Kommunikation einzugreifen. Von eigenen Posts und Kommentaren habe ich abgesehen und nur bei direkter Ansprache durch Mitglieder der Gemeinschaft auf die jeweiligen Beiträge reagiert. Auch den „Gefällt mir“-Button habe ich nur sehr begrenzt zur Anerkennung ausgewählter Posts, die direkten Bezug zum Forschungsprojekt hatten, eingesetzt. In den Sozialen Medien nutzte ich aus Gründen der Glaubwürdigkeit keine neu angelegten, sondern meine privaten Profile. Die Mitglieder neo-diasporischer Gemeinschaften habe ich einer speziellen „Freundesliste“ zugeordnet, um für diese Gruppe sichtbare private Inhalte filtern zu können. 2.3
Materialrecherche zur Explikation und Ergänzung
Der Einbezug von zusätzlichen Materialien und Sekundärdaten zur Explikation fraglicher Textstellen und zur Kontextualisierung ist für das gewählte Auswertungsschema, das sich an der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2016: 117 f.) orientiert, von Bedeutung. Außerdem wirken einige, innerhalb der Gemeinschaften zirkulierende Materialien auf deren Selbstverständnis und deren Narrative ein und sind daher zu berücksichtigen. Durchweg werden relevante Dokumente nicht als unbeeinflusste Daten, sondern als „kommunikative Mittel in der Konstruktion von bestimmten Versionen“ (Flick 2007: 321) von Erfahrungen und Entwicklungen aufgefasst. Im Zuge der Analyse müssen daher die Kontexte ihrer Herstellung und Verwendung berücksichtigt werden. Zu den informativen Ergänzungen zählen bereits existierende Materialien wie Dokumente (z. B. Vereinssatzungen, Förderanträge, Strategiepapiere), Texte, Fotografien, Filme, graphische Darstellungen, Dateien (z. B. Adresslisten) und amtliche Statistiken.
63 Im Unterschied zur Auffassung von Gold (1958: 221) handelte es sich nicht um eine kurzweilig eingenommene Rolle. Die passive Beobachtung der Online-Plattformen erfolgte langfristig und regelmäßig.
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Multi-lokale empirische Feldforschung
Der Großteil wurde von InterviewpartnerInnen in digitaler und analoger Form bereitgestellt, aber auch in Archiven und Bibliotheken ausfindig gemacht. Einige geeignete Materialien zu den ausgewählten neo-diasporischen Gemeinschaften sind in den Archiven des Moise A. Khayrallah Center for Lebanese Diaspora Studies (USA, North Carolina State University), des LERC (Libanon, Zouk Mosbeh) und der Australian Lebanese Historical Society (ALHS, Sydney) zu finden. Institutionelle Bibliotheken im Libanon verfügen über Studien zu den im Wadi Qadisha gelegenen Identifikationsorten (z. B. American University Beirut Library, Institut Francais du Proche-Orient, Beirut). Auch die öffentlichen Bibliotheken an den jeweiligen Untersuchungsstandorten weisen in der Regel einen kleinen Bestand an Studien zu Personen mit einer Lebanese Ancestry in den entsprechenden Regionen auf (z. B. Halifax Public Libraries, Easton Area Public Library, Providence Athenaeum). Bei einem Teil der gesammelten Materialien handelt es sich um diasporische Medien (Bozdag et al. 2012: 97), darunter analoge Telefonbücher der Gemeinschaften, Kalender und Dorf-Ethnographien. In digitaler Form liegen Materialien wie Magazine, historische Fotos, Poster64, Zeitungsartikel, Stammbaumdatensätze65, Satzungen, Forschungsarbeiten, Rundbriefe und Newsletter vor, die von GesprächspartnerInnen zur Verfügung gestellt oder von mir gescannt wurden. Mit Blick auf die unterschiedlichen Gemeinschaften ist anzumerken, dass sich die Quantität und Qualität66 der verfügbaren Dokumente erheblich unterscheidet, worauf auch Batrouney (2010: 88) hinweist. Die Webseiten der Vereine und maronitischen Kirchen sowie Blogs (vgl. Anhang 6) fungieren als öffentlich zugängliche Informationsquelle und werden wie Dokumente als Archival Nethographic Data in die Analyse einbezogen: „These can be used analogously to the way that archival and historical data are used in ethnographies to extend and deepen the knowledge of the cultural context“ (Kozinets 2010: 104). Darüber hinaus können Facebook-Gruppen und Facebook-Seiten als digitale Archive mit Daten zu internen Diskursen, kollektiven Narrativen, Aktivitäten, ehemaligen Ereignissen und vergangenen Veranstaltungen angesehen werden. Mithilfe der Suchfunktion konnte ich veröffentlichte Beiträge, Kommentare und andere Informationen in Sozialen Medien nach bestimmten Schlagworten filtern, die sich auf zu explizierende Inhalte aus qualitativen Interviews und Beobachtungen beziehen.
Eine Hauptverantwortliche der Ausstellung zum 125-jährigen Jubiläums der Einwanderung von Kfarsghabis nach Australien stellte alle digital erstellten Informationstafeln sowie digitalisierte Texte der Vereinszeitschrift AKLA News (Australian Kfarsghab Lebanese Association News) zur Verfügung. Die Kuratorin einer Ausstellung über LibanesInnen im Lehigh Valley übergab eine Kopie der Artefakte, die im Jahr 2019 im Sigal Museum in Easton ausgestellt werden sollen. 65 Mir wurden digitale Kopien von genealogischen Datenbanken der Blouzaniyye sowie ein Web-Zugang bereitgestellt, um die Datenbank der Kfarsghab Australian Family Tree Association (KAFTA) einzusehen. 66 Die Kfarsghabis verfügen über eine unvergleichlich hohe Zahl an Dokumenten, was mit der ausgeprägten Aufbereitung von Informationen durch einzelne Personen zusammenhängt (Karner und Escher 2019: 73). 64
Qualitative Komplexanalyse als Auswertungsschema
Dank Dokumentenrecherche fanden sich außerdem Materialien (z. B. Rundbriefe, Zeitungsartikel) und Posts von nicht zur Gemeinschaft gehörenden Personen, die in der Öffentlichkeit stehen. Die Materialien ergänzen informelle Gespräche, die mit einigen Outsidern geführt wurden. In die kartographischen Visualisierungen fließen Sekundärdaten des aktuellen Zensus für Australien aus dem Jahr 2016 ein, der auf Ebene der Regierungsbezirke und Stadtteile (Local Government Areas und Suburbs) erstellt wurde (Myth Buster 2017). 3
Qualitative Komplexanalyse als Auswertungsschema
Analog zur methodischen Vorgehensweise war auch die Auswertung vom Prinzip der Offenheit, also einer dynamischen Weiterentwicklung geprägt. In Anlehnung an die strukturierende qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (2016: 118) wurde „(…) eine bestimmte Struktur aus dem Material herausgefiltert“. Dazu wurden die folgenden, in Abb. 8 visualisierten Schritte durchgeführt. (1) Zunächst mussten die Analyseeinheiten mit Blick auf das ausgewählte Fallbeispiel67 bestimmt werden. Etwa ein Drittel der angefertigten 8468 Volltranskriptionen, die von Gesprächen mit Gemeinschaftsmitgliedern und Nichtmitgliedern mit ExpertInnenwissen über die Gemeinschaft erstellt wurden, waren für die Auswertung von Relevanz (vgl. IV 2.1.1). Hinzu kommen Gespräche mit 15 Personen, von denen die erstellten digitalen Gedächtnisprotokolle sowie zentrale, in Form von Teiltranskriptionen isolierte Aussagen, in die Analyse einbezogen wurden. Die angefertigten Gedächtnisprotokolle der teilnehmenden offline-Beobachtung wurden ebenfalls in die MaxQDA Datei geladen. Von den Fotos, Videoaufnahmen, gesammelten Materialien und Screenshots, die in unterschiedliche digitale Ordner pro Community abgelegt wurden, fließen die Dateien der Gemeinschaft der Blouzaniyye ein. Das Kategoriensystem wurde auf Basis dieser Daten ausdifferenziert.69 (2) Die vorgestellte, von der Fragestellung abgeleitete und empirisch begründete theoretische Folie definiert die grundsätzlichen Strukturierungsdimensionen der Analyse als deduktives Element. Bei der Formulierung der fünf Analyse- bzw. Kate-
67 In MaxQDA wurden die Transkripte und Gedächtnisprotokolle fallbeispielbezogenen Daten-Sets zugeordnet. So gibt es für alle neun untersuchten neo-diasporischen Gemeinschaften jeweils ein Daten-Set, um die Dateien zu sortieren. 68 Die Zahl bezieht sich auf die Anzahl der volltranskribierten Mitschnitte, die von Gesprächen mit 58 Personen stammen. Mit einem großen Anteil der Personen wurden mehrere Gespräche geführt. Die GesprächspartnerInnen gehören größtenteils den drei Gemeinschaften an, auf die im Verlauf der Forschung zunehmend der Fokus gerichtet wurde (vgl. Tabelle 10). 69 Indem Haupt- und Unterkategorien die Auswertungsaspekte in Kurzform ausdrücken, ähneln sie den Codes der Grounded Theory (Mayring 2010: 603).
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Multi-lokale empirische Feldforschung
Abb. 8 Auswertungsmodell zur Analyse neo-diasporischer Gemeinschaften
goriendimensionen70 wurde darauf geachtet, dass sie abstrakt formuliert sind, um die Vorteile eines offenen und entdeckenden Vorgehens nicht zu unterminieren (Kelle und Kluge 2010: 108). (3/6) Das Kategoriensystem wurde mit Unterstützung der Software MaxQDA sukzessive entwickelt. Die unterschiedlichen Ausprägungen der theoriegeleiteten inhaltlichen Hauptkategorien wurden im Zuge der Auswertung weiter ausdifferenziert.
Der Begriff „Analysedimension“ ist synonym mit „Kategoriendimension“ zu verstehen und beschreibt die theoriegeleiteten Hauptkategorien, die in der theoretischen Analysefolie vorgestellt wurden (vgl. II 5). 70
Qualitative Komplexanalyse als Auswertungsschema
Unterkategorien und weitere Aufgliederungen wurden bei Durchgang des Materials, also induktiv gebildet, überarbeitet und deren Bezeichnung im Codebaum (vgl. Anhang 7) wenn nötig revidiert (Mayring 2015: 85 f., 98). Exemplarisch sei die erste Analysedimension „Individuen/Engagement“ als Hauptkategorie genannt, der die folgenden drei Unterkategorien nach Sichtung des Materials zugeordnet wurden: „EntscheidungsträgerInnen und spezialisierte Interaktionsfelder“, „spezifisch Engagierte und interne UnterstützerInnen“ und „Engagierte im Libanon und an anderen Orten“. Diese Unterkategorien konnten mit Blick auf Kompetenzen, offizielle und informelle Positionen sowie Funktionen weiter ausdifferenziert werden (z. B. Leader, Priester, Media Man)71. Das Kategoriensystem habe ich nahe an den empirischen Daten bei gleichzeitiger Orientierung an den in der theoretischen Folie vorgegebenen Analysedimensionen entwickelt. So konnten bestimmte Inhalte, Themen und Aspekte schrittweise und systematisch aus dem Material herausgefiltert, zusammengefasst und die Analysefolie mit empirischem Inhalt versehen werden (Mayring 2015: 97 ff.). (4) Mit Blick auf die komplexeren, eher unsichtbaren Analysedimensionen zwei und vier wurden weitere Konzepte deduktiv an das Material herangetragen, die eine Orientierungshilfe bei der Kodierung boten. Im Rahmen der zweiten Analysedimension, die sich mit der Dekonstruktion kollektiver Identitätskonstruktionen und den normativen Implikationen befasst sowie der vierten Analysedimension, die emotionale Praktiken einschließt, waren die von Giesen (1993: 27 ff., 48 ff., 66) formulierten Idealtypen72 von Codes73 kollektiver Identität hilfreich. Die Codes wurden zur Paraphrasierung passender Textstellen genutzt. Sie unterscheiden sich durch die Konstruktion von Differenzen und Grenzen bzw. die Klassifikation des Gegenübers und durch die Selbstreproduktion der Gemeinschaft (z. B. durch Rituale, Inklusion oder Missionierung). In der Praxis sind sie in verwobener Kombination für die Konstruktion kollektiver Identitäten von Bedeutung, wobei in der Regel ein Typus überwiegt. „Primordiale Codes“ gründen auf vermeintlich objektive und unveränderliche Gemeinsamkeitsmerkmalen (z. B. Herkunft, Verwandtschaft, Religion). „Konventionelle Civic Codes“ basieren hingegen auf der Vertrautheit mit den impliziten (unbewussten) Im Rahmen der Ergebnisdarstellung werden die Bezeichnungen für Personen genutzt, die von Blouzaniyye verwendet werden. Bei der formulierten Theorie der Neo-Diaspora sind einige Begriffe zur Charakterisierung von engagierten Individuen von den Ausführungen der AutorInnen Wenger-Trayner und Wenger-Trayner (2011; 2012 ff.), Wenger et al. (2002: 74, 103 f. 154, 214, 80 ff.) und Wenger (1998: 109) über Mitglieder von Communities of Practice (CoP) inspiriert. 72 Der theoretische Ansatz wird auf der Makroebene von Nationalstaaten zur Analyse kollektiver Identitätskonstruktion genutzt (Giesen 1993: 102 ff.; Eisenstadt und Giesen 1995: 73). Er kann auf neo-diasporische Gemeinschaften übertragen werden, um die Bedeutung unterschiedlicher Codes zu bestimmen. Giesen (1993: 66 f.) erläutert neun Typen der Codierung, da die sinnstiftende Kraft der Codes an situative neue Interaktionsbeziehungen gebunden ist, die eine Verlagerung und Präzisierung der Grenze erfordern. 73 Codes sind nach Giesen (1995: 230 ff.) raum-zeitlich nicht gebundene Systeme von Zeichen (z. B. Sprache, soziale Normen, kulturelle Rationalisierungskriterien, Utopien, Mythen). Sie ordnen die chaotische Vielfalt der Welt, dienen der Komplexitätsreduktion und erbringen so Orientierungsleistung. 71
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Multi-lokale empirische Feldforschung
Verhaltensregeln einer Lebenswelt und den sozialen alltäglichen Routinen (Giesen 1993: 50 ff.; Eisenstadt und Giesen 1995: 77 ff.). In dieser Arbeit werden Civic Codes nach Schlenker-Fischer (2009: 35) zutreffender als „traditionale Codes“ bezeichnet, da sie sich auf Lebenswelten, rituelle Inklusion und Reflexion über Konventionen beziehen. „Kulturelle Codes“, die im Folgenden „exklusive Codes“ genannt werden, gründen auf der Annahme, dass Mitglieder eine besondere Beziehung zu einer übernatürlichen Sphäre haben. Anhänger verstehen sich als etwas Besonderes aufgrund des Wissens um ein angebliches Geheimnis, mit dem sie die Welt deuten (Giesen 1993: 60 ff.). Zur Kodierung der emotionalen Praktiken, die nach innen gerichteten solidarischen und synergiebezogenen sowie externen Interaktionsfeldern als Unterkategorien zugeordnet werden können, bot außerdem die Charakterisierung von Scheer (2012: 209 ff.) eine Orientierungshilfe. Zur Paraphrasierung der beobachteten und beschriebenen Praktiken wurden daher außerdem die Codes „mobilisierend“, „benennend“, „kommunizierend“ und „regulierend“ verwendet. In dieser Arbeit werden Codes als vorbestimmte Optionen zur Paraphrasierung genutzt. Bei der Theorieformulierung wird auf geeignete Begrifflichkeiten dieser Codes zurückgegriffen.74 (5) Im Rahmen der Kodierung wurden relevante Textstellen passenden Kategorien zugeordnet. Zur besseren Übersicht und Informationsreduktion wurden die Textstellen mit Paraphrasen bzw. den vorgestellten Codes, wenn diese geeignet erschienen, versehen (Mayring 2015: 98, 103). Die Zuordnung eines Textabschnittes zu mehreren Kategorien ist zulässig, da in derselben Textstelle verschiedene Themen angesprochen werden können. (7) Die strukturierende Inhaltsanalyse ermöglichte schließlich, die Transkripte und Protokolle der qualitativen Interviews sowie die Dichten Beschreibungen (Thick Description) (Geertz 1973: 27) der teilnehmenden offline-Beobachtungen in Bezug auf die entwickelten Haupt- und Unterkategorien vergleichend auszuwerten. Im Rahmen der Ergebnisdarstellung werden die in den Kategorien abgelegten und gebündelten Textpassagen verschiedener Interviews und Beobachtungssituationen mit Blick auf das Fallbeispiel der Blouzaniyye zusammengefasst. Dazu habe ich zunächst die mit Paraphrasen bzw. Codes versehenen Textstellen verglichen und aussagekräftige Zitate des extrahierten Materials ausgewählt, die wörtlich wiedergegeben werden. Darüber hinaus wurden Aussagen zu bestimmten Themen und Problemen mithilfe der Suchfunktion ausfindig gemacht. Die Aufschlüsselung der hinter den Aussagen angegebenen Kennziffern von InterviewpartnerInnen (IP) ist Anhang 4 zu entnehmen. Bei wörtlichen Zitaten wird nicht nur die Kennziffer, sondern auch die Absatznummer der Textstelle im Transkript angegeben. Informelle Gespräche bzw. Beobachtungen werden mit dem Kürzel IG bzw. B, dem Datum sowie bei wörtlich notierten Zitaten
Die vorgestellten Codes von Giesen (1993) und Scheer (2012) wurden nicht zur Entwicklung von Unterkategorien herangezogen, da beabsichtigt war, diese induktiv aus dem Material zu entwickeln.
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Qualitative Komplexanalyse als Auswertungsschema
mit der Absatznummer im Protokoll versehen. Beiträge bei Facebook werden mit FB markiert. Zur Explikation bestimmter interpretationsbedürftiger Aussagen und beobachteter Begebenheiten wird das zusätzlich recherchierte und in Ordnern abgespeicherte Material verwendet (Mayring 2015: 90). Allerdings wurden die kontextualisierenden Erklärungen nicht, wie Mayring (2016: 117 f.) vorschlägt, systematisch als erklärende Paraphrasen in die Interviewtranskripte eingefügt, sondern im Rahmen der Auswertung einbezogen. Handelt es sich um Materialien, bei denen der strategische Hintergrund von zentraler Relevanz ist, wird dieser in der Analyse aufgedeckt. Im Rahmen der Ergebnisdarstellung werden problematische Inhalte ohne Rückbezugsmöglichkeit auf Einzelpersonen wiedergegeben, um negative Effekte der Studie auf Individuen und die Gemeinschaft möglichst auszuschließen. Dazu wird deren personenbezogene Kennziffer hinter Aussagen, die innerhalb der Community durch Querbezüge im Text bestimmten Personen zugeordnet werden könnten, mit dem Kürzel IP00 versehen. Insgesamt wird der Anspruch verfolgt „(…) ‚gültige Interpretationen‘ zu erbringen, die mit denen der Handelnden übereinstimmen (…)“ (Lamnek und Krell 2016: 144), auch wenn diese der Außenpräsentation der Mitglieder widersprechen. Mögliche Kontroversen innerhalb der Gemeinschaften sind, wie Dorf-Ethnographien (vgl. II 1.2.2) zeigen, nicht ungewöhnlich und unvermeidbar. Sie beleben den Diskurs und sind daher, neben vielen anderen Einflüssen, als gemeinschaftsförderndes Element einzustufen. Die exemplarische Anwendung der Analysedimensionen auf eine der besonders aktiven Communities erlaubt, Elemente, die für die Aufrechterhaltung neo-diasporischer Gemeinschaften zentral sind, zu isolieren. Sie zeigen sich in unterschiedlich starker Ausprägung auch bei den anderen untersuchten Communities. Hinzu kommen theorierelevante Elemente, die ausschließlich oder besonders auffällig bei den anderen untersuchten neo-diasporischen Communities zu finden sind. Obwohl der Fokus auf der Gemeinschaft der Blouzaniyye liegt, werden diese mit folgendem Hintergrund in Fußnoten ergänzt und fließen in die Theorie ein: „We seek an accurate but limited understanding. (…) Still, some comparison with other cases is inevitable“ (Stake 1995: 134). Außerdem ermöglicht die breite empirische Datenbasis, im Text auf Spezifika der Blouzaniyye aufmerksam zu machen.
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Die neo-diasporische Gemeinschaft der Blouzaniyye1
In Sydney (Australien) wohnen derzeit laut Schätzungen ihrer Mitglieder zwischen 3.000 und 4.500 Personen, die zur Gemeinschaft der Blouzaniyye gezählt werden (E. & O. E. 2011; ABA President 2005; IP101). Global2 betrachtet leben die meisten Personen, die sich heute mit dem Ort Blouza identifizieren, außerdem im Libanon und in mehreren US-amerikanischen Städten3. Die aktivste Community der Blouzaniyye weltweit befindet sich in Sydney. Dort führen Mitglieder mit der Australian Blouza Association (ABA) einen erfolgreichen Verein, der sich als zentrale Institution4 der Blouzaniyye vor Ort etabliert hat. In der Satzung
1 Der Ausdruck Blouzaniyye ist eine Selbst- bzw. Fremdzuschreibung, die auf der Imagination einer geteilten Herkunft vom Ort Blouza beruht. 2 Angeblich aus Blouza ausgewanderte Familien leb(t)en vor allem in Australien, USA, Brasilien (Petrópolis) (Toney 2013a), Venezuela (Ciudad Guayana), Argentinien, Kanada und Kuwait. Mitglieder fühlen sich nicht kompetent, Schätzungen über die Anzahl von Personen an diesen Orten abzugeben (IP91b; IP171; IP162). Das Ausmaß der Kommunikation zwischen der australischen und diesen sogenannten Overseas Blouza Communities (ABA 2017a) ist äußerst different und vom individuellen Engagement einzelner Mitglieder abhängig. 3 Ein Anhaltspunkt zur Anzahl von Blouzaniyye in den USA gibt die E-Mail-Liste zur Verkündung der Blouza Reunion (vgl. V 5.3.2), die über 100 Adressen beinhaltet. Die Familien leben mehrheitlich im Großraum Providence (RI), einzelne in Barre (VT), Burlington (VT), North Adams (MA), Amarillo (TX), Miami (FL) sowie in Massachusetts (MA), New Hampshire (NH), Maine (ME), New York (NY), North Carolina (NC), Washington D. C., Georgia (GA) und Kalifornien (CA) (IP91b; IP171; IP177; IP178; Toney 2013a; Toney 2011a; Doumato 1985: 104). 4 Im Unterschied zu Australien, wo Vereine bzw. Clubs als zentrale Institutionen von Mitgliedern der untersuchten Gemeinschaften gegründet wurden, fungieren die maronitischen Kirchen in den USA, Kanada und den VAE als zentrale Institutionen. In den Vereinigten Staaten ist Religion beispielsweise ein wichtiger Baustein der US-Identität. Die Bekundung und Ausübung eines Glaubens zählt zu den Normen der amerikanischen Gesellschaft (Marger 2013: 80). Die Beibehaltung religiöser Werte und der Erhalt religiöser Institutionen durch Mitglieder neo-diasporischer Gemeinschaften in den US-amerikanischen Städten Easton und Providence sind also Mittel und Ausdruck der gesellschaftlichen Inklusion. Dies bestätigen Forschungsarbeiten zu libanesischen Communities in den USA (z. B. Hitti 1924; Kayal und Kayal 1975; Zogby 1984; Hooglund 1985; Fleck 2011).
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft
von 1993 ist festgehalten, dass dem Verein Personen beitreten können, die aus Blouza stammen, deren Verwandte aus Blouza stammen oder die mit einer Person aus Blouza verheiratet sind (Wehbe & Co. 1993: 2). Faktisch werden alle geschätzten 4.500 Blouzaniyye in Sydney als Mitglieder der ABA betrachtet. Sie profitieren, unabhängig von ihrem Engagement für die Gemeinschaft, von den geschaffenen Ressourcen wie Beratungsangeboten, der Infrastruktur und den organisierten Zusammenkünften. Aufnahmegebühren und Mitgliedsbeiträge werden nicht erhoben. Bei Investitionen und gemeinnützigen Vorhaben werden alle in Sydney lebenden Blouzaniyye von Personen des Vorstandes um Spenden und Mithilfe gebeten (IP101; IP109). Vorstandsmitglieder verstehen sich als InteressenvertreterInnen der Blouzaniyye in Sydney und repräsentieren sie weltweit. Aus diesem Grund werden die Begriffe „Mitglied der ABA“ und „in Sydney lebende Blouzaniyye“ in der Analyse synonym verwendet. Obwohl durch diese einführenden Hinweise der Eindruck entsteht, dass der Verein ABA und die Affiliation zum Ort Blouza die zentralen Elemente zur (Re-)Produktion der Blouzaniyye in Sydney verkörpern, wird die nachfolgende empirische Analyse ein anderes, differenzierteres und dynamisches Bild der neo-diasporischen Gemeinschaft zeigen. Entsprechend der theoretischen Analysefolie werden die empirischen Daten im Sinne eines Theorie-Empirie-Dialogs ausgewertet und aufbereitet. Die dichten Beschreibungen stehen für die empirisch verankerte „Theorie neo-diasporischer Gemeinschaften zu Beginn des 21. Jahrhunderts“. 1
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft: „Everyone has different skills and different strength“
Die Gemeinschaft der Blouzaniyye habe Mitglieder mit höchsten Bildungsabschlüssen und qualifizierten beruflichen Positionen hervorgebracht, ist auf der Webseite der ABA zu lesen: „(…) Blouza has produced university graduates, business and trade persons from almost every discipline, and is indeed proud of [its] distinguished professionals (…)“ (ABA 2016a). Ungeachtet des persönlichen Erfolgs würden viele Mitglieder beachtliche Unterstützung für andere bereitstellen: „A lot of those individuals, when you look at them now and you look at the success that they’ve been able to achieve in raising their families, in running their businesses, in acquiring the assets that they’ve got to secure their future, in the help that they’ve provided to others … Unbelievable!“ (IP101: 175). Engagierte Einzelpersonen, die ihre Kenntnisse und Kompetenzen auf spezifische Weise einbringen, sind dafür verantwortlich, dass gemeinschaftliche Vorhaben von Blouzaniyye kostengünstig, kreativ und enthusiastisch umgesetzt werden konnten.
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Um zu verstehen, auf welche Weise sich Mitglieder für Vereine5, Kirchen, das Miteinander und eine geteilte Identität einbringen, werden exemplarisch sieben Individuen vorgestellt, die offiziell und auf informelle Weise leitende Funktionen übernehmen und sich für Spezialgebiete interessieren. Der Blick wird auf ihre Biographien, Netzwerke, Überzeugungen und Motive gerichtet. Darauf aufbauend werden die im Libanon lebenden zentralen KommunikationspartnerInnen für kollektive Belange beschrieben und die globale Reichweite der Vernetzung betrachtet. In den anschließenden analytischen Abschnitten werden bei wichtigen Entwicklungen, Maßnahmen und Praktiken Bezüge zu diesen und weiteren Personen hergestellt, um deren Engagement und individuelle Vernetzung zu verdeutlichen. Es fällt auf, dass unter den vorgestellten engagierten Individuen nur zwei Frauen vertreten sind. Bei den Blouzaniyye wird eine Art Fassade aufrechterhalten, die hierarchischen Ordnungen und traditionellen Geschlechterrollen entspricht. Repräsentative Funktionen werden überwiegend von Männern wahrgenommen.6 Frauen fungieren hingegen auf institutioneller Ebene mehrheitlich als UnterstützerInnen der männlichen Führungspersonen. Ihre Expertise und die externen Beziehungen von Frauen werden als gleichwertig angesehen und als wichtige Ressource betrachtet. Dies kann als Anzeichen einer stattfindenden inneren Transformation gedacht werden, in der Gender als Kategorie sozialer Hierarchisierung an Bedeutung verliert.
5 Die ABA zeichnet sich durch eine hohe innovative Ausrichtung im Vergleich zu anderen aktiven Vereinen aus, die von Personen mit einer Lebanese Ancestry in Sydney geleitet werden. Batrouney (2002: 55) unterscheidet zwischen Organisationen zur Bewahrung kultureller Elemente (z. B. Sprache, Religion, Musik, Tanz), darunter Village Associations und religiöse Einrichtungen sowie Institutionen, die sich für alltägliche Belange einsetzen (z. B. Sozialhilfe, politische Interessen). Hinzu kommen familiäre Vereine, libanesische Handelskammern und Dachorganisationen bestimmter Gruppen. Die Gründung derartiger Organisationen, die ab den 1970er Jahren zunahm, verdeutlicht das steigende Selbstbewusstsein von Lebanese Australians, ihre Rechte in einer multikulturellen Gesellschaft zu sichern. Die in den 1980er Jahren gegründeten Australian Lebanese Welfare Groups leisten Sozialarbeit für Personen, die während des libanesischen Bürgerkriegs nach Australien kamen. Die Organisationen ergänzen laut Batrouney (2006: 61, 66 f.) die Arbeit staatlicher Einrichtungen und fungieren als Vermittler. In Melbourne wurde sie in Arabic Welfare umbenannt und kann ihre Dienste dank staatlicher Finanzierung als non-sectarian und non-political Organisation bereitstellen. In den 1990er Jahren organisierten VertreterInnen ein Lebanese Festival, vergaben Auszeichnungen an Lebanese Australians und sammelten Gelder für wohltätige Zwecke. Diese Community Projects wurden mit öffentlichen Mitteln gefördert (Batrouney 2014: 78 f.). 6 Eine derart augenscheinliche Aufrechterhaltung traditioneller Geschlechterrollen ist bei den anderen untersuchten maronitischen Communities nicht erkennbar. Bei ihnen ist der Anteil von Frauen in leitenden Positionen sowie im Bereich der Dokumentation und Verbreitung von Narrativen deutlich höher. Werden Frauen in ein wichtiges Amt gewählt, organisieren Mitglieder Anerkennungsfeiern und vergeben symbolische Ehrenzeichen, um deren Erfolg als Frau der Gemeinschaft in einer gesellschaftlich wichtigen Funktion zu würdigen. In Hadath el Jebbeh fand beispielsweise eine Feier für die erste Frau mit Lebanese Ancestry statt, die in das Kabinett des kanadischen Staates Nova Scotia zum Attorney General, Minister of Justice und Minister of Immigration gewählt wurde (B, 06.07.14). In Diman wurde ein Banner mit folgender Aufschrift über der Hauptstraße aufgehängt: „Lebanon and Diman Proudly Welcome the Hon. Lena Metlege Diab Minister of the Crown in Canada“ (B, 11.07.14).
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft
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Offizielle EntscheidungsträgerInnen unterschiedlicher Interaktionsfelder
Einige Mitglieder der Gemeinschaft der Blouzaniyye übernehmen leitende offizielle Funktionen im Verein. Nachdem eine Person für mindestens ein Jahr als Mitglied im Generalkomitee tätig war, kann sie für eines der Hauptämter (Executive Position), darunter Präsident, Vizepräsident, Vorstandsvorsitzender, Schriftführer, Finanz- und Vizefinanzverwalter und Hallenkoordinator nominiert werden (ABA 2017b; Wehbe & Co. 1993: 6). Mit der metaphorischen Schilderung, dass alle Vereinsmitglieder im gleichen Boot säßen, jedoch über unterschiedliche Fertigkeiten, Einstellungen und Charakterzüge verfügten, beschreibt ein Vorstandsmitglied die Stärke des Vereins, den er als besonders enges Netzwerk auffasst: Our association is a very close-knit association. We have differences of opinion. You have people with different ideas and perspectives. Marie, in the boat at the Olympics, when you have those boat races … Not everyone in that boat is exactly the same. Everyone has different skills and different strengths. (…) So, as an association, there are different skills, different mindsets, different personalities, but that’s what makes us unique (IP101: 77, 79).
Zum Verständnis der Dynamiken innerhalb der Führungsgruppe der Blouzaniyye werden beispielhaft zwei Unternehmer, die Vorstandsmitglieder der ABA sind, vorgestellt. Anschließend werden eine strategisch rekrutierte Person sowie der tonangebende Einfluss eines maronitischen Priesters beleuchtet. Dies zeigt, dass Führungspersonen ihre erworbene Expertise einbringen oder aufgrund ihrer Fähigkeiten zur Mitarbeit im Verein der Blouzaniyye motiviert werden. 1.1.1
Erfolgreiche Unternehmer übernehmen die Kontrolle: „So they took control of the committee“
Blouzaniyye gelten als die ersten Personen mit einer Lebanese Ancestry in Sydney, die im Jahr 1954 mit der Australian Blouza Association (ABA) eine der ersten sogenannten Village Associations7 gegründet haben (ABA 2017c). Im Laufe der Zeit veränderte sich die personelle Zusammensetzung der Führungsgruppe des Vereins, bedingt durch ge-
Derartige Vereine wurden mehrheitlich in den späten 1970er bis in die frühen 1990er Jahre zur Zeit des libanesischen Bürgerkriegs (Tabar et al. 2010: 80 f.; Drury 1981: 73) und der multikulturalistischen Politik Australiens gegründet. Die im Zuge des Bürgerkriegs zunehmende Heterogenität innerhalb der libanesischen Gemeinschaft in Australien gilt als eine Ursache der vermehrten Formierung von Village Associations und politischen Gruppierungen. Verbindungen zur Kataeb Partei verhinderten, dass sich die Australian Lebanese Association (ALA) als Dachorganisation etablierte (Batrouney und Batrouney 1985: 91,113). Laut einer Befragung von Humphrey (1984: 62 f.) waren in den 1980er Jahren vier von fünf der in Vereinen aktiven Maroniten mit einer Lebanese Ancestry in Village Associations aktiv. Von den damals 93 libanonbezogenen Organisationen in Sydney waren 64 regionale Vereine oder Village Associations.
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nerationsbezogene Dynamiken und interessenspezifische Differenzen. Die Söhne der Gründungsmitglieder sollen in den späten 1980er Jahren tragende Funktionen (ABA 2017d) zu einer Zeit übernommen haben, als die Vereinsarbeit aufgrund interner Unstimmigkeiten zeitweise zum Erliegen gekommen sei (IP91b): „So there was a split8, but as the young people still wanted to get together they took control of the committee“ (IP170a: 464). Manche der neuen Vorstandsmitglieder stellen ihre Väter als eigensinnig, andere sogar als weniger engagiert und desinteressiert dar. Sie beschreiben den Führungswechsel als positive Entwicklung, ohne ihre Vorgänger auf persönlicher Ebene diskreditieren zu wollen: „It was a great committee formed by the people who were before us. (…) We have taken over and we work harder. We try to update the committee (…)“ (IP173: 116). Die Aussage stammt von einem Mitglied der neuen Führungsgruppe, das im Jahr 2010 Präsident wurde und vorher als Vizepräsident tätig war (ABA 2017d). Als einer der erfolgreichsten Bauunternehmer der Blouzaniyye ließ er sich überzeugen, im Verein mitzuwirken. Auch sei er damit unzufrieden gewesen, dass familiäre Auseinandersetzungen, die häufig auf lange zurückliegenden Konflikten beruhen, die Zusammenarbeit blockiert habe: But they didn’t come together 100 per cent. They were always against each other, between families, in their personal relationships. They didn’t want to get a hall; they didn’t want to do rewarding work. (…) Behind the scenes, some of them hated each other (IP173: 120). 9
Er ist der Meinung, dass sich die jüngeren Mitglieder mit Drang nach Verbesserung und im Sinne der Gemeinschaft um die Führung bemüht haben: „The community thought they weren’t doing the right thing (…). That’s why we went inside“ (IP173: 116). Andere Vorstandsmitglieder teilen diese Auffassung. Ihre Erinnerungen an die Anfangsjahre lassen erkennen, dass sie sich deutlich von der als rückständig angesehenen familiären alten Führungsriege abzugrenzen versuchen: „We didn’t care about what happened in the past. We just wanted to form the Blouza committee and run it as a Blouza committee, not a Hanna one, not a Wehbe one, not a Younis one“ (IP170b: 740). Der erfolgreiche Bauunternehmer ist der Überzeugung, dass das hohe finanzielle und personelle Engagement des neuen Vorstandes maßgeblich zur Gemeinschaftsbildung beigetragen habe. Dadurch seien auch andere Vereinsmitglieder bereit, größtmögliche Unterstützung zu leisten:
Die Charity Woman sieht familiäre Konflikte als Auslöser der temporären Aufgabe von Vereinsaktivitäten der ABA: „Then there was a little friction between different families. They went away for a while, and then the young people started it up again. (…) it must have been before 1988“ (IP170a: 48). 9 Auch eine andere Führungsperson verweist auf historische Konfliktlinien: „There was a problem from way back in Lebanon. But once the oldies died – forgive me, Dad – when my father and all the elders from the Hanna family died, and all these older people. (…) They got past it“ (IP170b: 726). 8
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft
All those gentlemen, they’re very kind people, very nice people. (…) We put our hands together, we support with money, with work, and we build up the community. The rest of the community members do whatever they can to give support. Most of the people from the village give support, but all the work and the organisation was done by [name] and myself (IP173: 3, 114).
Er betont, dass sich eine Einheit formiert habe, die Entscheidungen einstimmig treffe, gut gebildet sei und auf dieser Grundlage die Gemeinschaft der Blouzaniyye kontrollieren könne. Als Beleg für diese Aussage ist die Information wichtig, dass seit etwa einer Dekade fast immer die gleichen Vereinsmitglieder im Wechsel die unterschiedlichen Positionen des Vorstandes (IP106; IP172), der jährlich von anwesenden Mitgliedern auf der Hauptversammlung nominiert bzw. gewählt wird (Wehbe & Co. 1993: 6), inne haben (vgl. Anhang 8)10: We are close to ten people but in the committee, we are one. If we want to say one word, all ten of us agree on that one word. All of us are educated, all of us understand the billings, all of us understand what was going on in the past. We control the community just like that (IP173: 118).11
Mehrere Jahre zählte der Bauunternehmer zu den acht bis zehn Führungspersonen im Vorstand und fungierte von 2014 bis 2017 als stellvertretender Finanzverwalter (ABA 2017b). Zur Sicherung der Transparenz muss jede Rechnung von zwei Befugten, die unterschiedlichen Familien angehören, unterschrieben werden. Auch lässt das neue Führungsteam alle Unterlagen von einem unabhängigen externen Buchhalter prüfen (IP172; IP101; ABA 2009a: 3). Die Laufbahn des Bauunternehmers ist von Interesse, da sie beispielhaft für den Erfolg vieler Vorstandsmitglieder in der Baubranche steht. Als Sohn eines Steinmetzes sei er im Jahr 1945 in Blouza geboren und Mitte der 1960er Jahre nach erfolgreichem Schulabschluss als erster von neun Kindern nach Australien ausgewandert. Er habe bei einem Verwandten gelebt und sei für etwa zwei Jahre in einer Stahlfabrik und später als Hochofenarbeiter tätig gewesen. In den Folgejahren habe er parallel zur nächtlichen Fabrikarbeit als Schweißer, tagsüber einfache Tätigkeiten als Gartenbauer und Betonierer gemeinsam mit zwei Cousins und seinem Bruder, der ihm nach Australien gefolgt war, wahrgenommen (IP173): „We were cleaning bricks and doing renovations 10 Tabelle 16 zeigt, dass seit 2006 rund ein Dutzend Personen Hauptämter übernommen haben und diese mit Ausnahme des Hall Coordinator zirkulieren, wie die ehemalige Präsidentin erklärt: „For ten years they have been alternating the presidency among them. (…) It is always the same circle of people leading the association“ (IP106: 22). Ein ehemaliger Präsident führt dazu aus: „But there are five main people who have always been there. (…) We have an election, but we appoint the same people“ (IP172: 53). 11 Im Unterschied zu dieser auf alle Blouzaniyye bezogenen Aussage, ist in der Satzung der ABA folgende Kompetenz für das Komitee festgehalten: „The Committee (…) shall control and manage the affairs of the Association (…)“ (Wehbe & Co. 1993: 5). Dazu zählen Veranstaltungen und Managementaufgaben.
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and landscaping work. We made concrete footpaths and driveways. After that, we have worked our way up“ (IP173: 184). Anfang der 1980er Jahre habe er drei seiner Brüder bei der Auswanderung nach Australien unterstützt und im Jahr 1982 das erste Unternehmen erworben. Nachdem sie sich mit vier Cousins zusammenschlossen, wurde im Jahr 1989 das Unternehmen Hanna & Mansour Pty. Ltd. gegründet. Im Jahr 1991 habe er nach Abschluss von Abendkursen seine Baulizenz erworben, expandierte in den Bereich der kommerziellen Bebauung und rief im Jahr 1990 mit seinen Brüdern das Unternehmen Hanna Brothers ins Leben (IP173). Fünf Jahre später hatten sie bereits über 200 und im Jahr 2013 über 1.000 Wohnbauprojekte realisiert, nachdem sie sich nach eigenen Angaben bereits im Jahr 2004 als Marktführer etabliert hatten (Hanna Bros Investments Pty. Ltd. 2013). Im Jahr 2014 gründete er Darcy Projects Pty. Ltd. als Tochterunternehmen. Er baut gewerbliche Objekte, Wohnhäuser und mehrgeschossige Gebäude vorrangig in Bankstown, wo er mit seiner Ehefrau, die er im Jahr 1967 in Sydney heiratete, lebt. Sie wuchsen gemeinsam in Blouza auf und gehören der gleichen Großfamilie an (IP173). Die Schilderung einer weiteren Biographie soll die angesprochenen Kongruenzen hinsichtlich des beruflichen Werdegangs von Führungsmitgliedern der ABA verdeutlichen. Ebenfalls im Jahr 1945, als Sohn eines Steinmetzes in Blouza geboren, sei der heutige Bauunternehmer mit seinen Brüdern nach Sydney ausgewandert. Das erste Geld haben sie durch einfache Betonierarbeiten verdient und mit steigendem Eigenkapital begonnen Wohnhäuser zu errichten. Im Jahr 1992 trennte er sich gemeinsam mit seinen drei Söhnen, die Universitätsabschlüsse erlangten, vom Unternehmen seiner Brüder. Er gründete das erfolgreiche Unternehmen Raysons Construction Pty. Ltd., um Ein- und Mehrfamilienhäuser, Hochhäuser und Gewerbegebäude in Parramatta zu bauen (IP170b). Von Blouzaniyye erhält der mehrfache12 Präsident der ABA besondere Anerkennung für seinen herausragenden Einsatz beim Bau und der Renovierung der ersten Vereinshäuser im Jahr 1991 (ABA 2017d). Er nutzte sein berufliches Netzwerk und brachte seine eigene Arbeitskraft ein, um die Kosten13 niedrig zu halten: „I have connections to all the tradespeople but I really worked my bum off. (…) I didn’t want it to cost too much. (…) Instead of it costing 300,000, by the time we’d finished, all we owed the bank was 64,000 [Australian] dollars“ (IP170b: 515). Die bisherigen Ausführungen erwecken den Eindruck, dass gegenwärtig im Vorstand ein großer Zusammenhalt herrscht. Allerdings gibt es vereinzelt Mitglieder, die kritisieren, dass die Führungspersonen sich äußerst dominant verhalten und Vorschläge weniger erfolgreicher Personen nicht ernst nehmen:
12 Er war in den Jahren 1991/92, 2006/07, 2008/09 und 2012/13 Präsident sowie in den Amtsperioden 2010/11, 2015/16 und 2016/17 Vizepräsident (ABA 2017d). 13 Zur Finanzierung besuchten sie alle Blouzaniyye-Haushalte in den Abendstunden und akquirierten Spenden der Mitglieder während einer Veranstaltung (IP101: 131).
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft
They always want to enforce their ideas. You make a comment and have a good idea, but they shrug it off as if you were an idiot and had the silliest idea ever. (…) They think they have better ideas because they are successful in business and very rich. They disrespect everyone from my class with their ideas, like we have no clue (…). They think we don’t understand anything when it comes to money etc. They don’t hear my voice (IP00: 14).
Die bereits angesprochene geringe personelle Dynamik innerhalb des ABA-Komitees hänge auch damit zusammen, dass nicht jeder bereit sei, ein Amt und die damit verbundene Arbeit zu übernehmen: „Depends who wants to do it ’cause there’s a bit of work involved putting it together“ (IG: 79, 24.08.15). Aus den Newslettern geht hervor, dass der Präsident neue Mitglieder nachdrücklich dazu aufruft, sich anlässlich der jährlich stattfindenden Wahlen nominieren zu lassen: „Would you like to nominate to assist on a committee(s)? – Your help would be greatly appreciated (…) some rules apply“ (z. B. NL, 11.04.15). Auch werden Blouzaniyye erinnert, an der jährlichen Mitgliederhauptversammlung teilzunehmen, um die Vorstandsmitglieder zu wählen und zu legitimieren: „By attending you get the chance to vote for the people who want to be in the committee. More importantly, you show the incoming committee that they have the support of the community. So again, please come to the elections“ (ABA 2003a). Um mehr Personen zu involvieren, wurden zusätzlich zu den in der Satzung festgelegten Funktionsträgern (Wehbe & Co. 1993: 6) Positionen für unterschiedliche Teilbereiche bestimmt. Zum Non-Executive Committee zählen ein Function Coordinator, Funeral Coordinator, Deputy Chairperson, Ladies Auxiliary Coordinator, Property Maintenance Coordinator, Youth Group Coordinator bzw. mehrere Communication Officer, und ihre jeweiligen AssistentInnen (IP101; vgl. Anhang 8). Zur Würdigung von hohem Engagement, vergibt der Präsident jedes Jahr einen Award an das Committee Member of the Year (vgl. Abb. 9 rechts). Im Anschluss an eine Amtsperiode wird ein beschriftetes Bild, bestehend aus dem Gruppenfoto des Generalkomitees (vgl. Abb. 9 links), das von Portraitfotos der acht bis zehn Personen mit Hauptämtern umrahmt wird, im Sitzungssaal der Blouza Hall aufgehängt. Die Sammlung lässt erkennen, dass Frauen in leitenden Funktionen deutlich unterrepräsentiert sind, jedoch ist vereinzelt bekannt (z. B. IP170a; IP106; IP91a), dass sie Positionen im Generalkomitee übernahmen. In den letzten Jahren waren lediglich zwei Schwestern nacheinander, in den Amtsperioden 2005 bis 2007 und 2008/09 im ABA-Komitee vertreten. Mit Stolz wird auf die erste Präsidentin der ABA zu dieser Zeit verwiesen. Sie arbeitet für eine australische Kirchengemeinde in Westmead und wurde aufgrund ihrer vielversprechenden Beziehungen und Kenntnisse in der Verwaltung in das Amt gewählt. Ebenfalls lässt das Gruppenfoto erkennen, dass sich die meisten Mitglieder des Komitees bereits im dritten Lebensabschnitt befinden. Dies spiegelt sich auch in Fremdbildern, die den Amtsträgern außerdem eine hohe Finanzkraft zusprechen:
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Blouza – there is no one under seventy on the charity; they’re all oldies. (…) The thing about Blouza is they’ve got money. They’ve got money to blow, you know what I mean? So, those men there, they’re well-off, they’re honorable members of the committee, they’ve always been there because every year I see the same people (IP21: 254, 258).
Abb. 9 Das ABA-Komitee, ihr Sitzungssaal und die Trophäe für das Komitee-Mitglied des Jahres. Privatarchiv: Michael 2016; Aufnahmen: Karner 05.10.16, 14.12.14 (v. l. n. r.)
Ein wichtiges Anliegen der VertreterInnen des Komitees ist daher, jüngere Mitglieder zum Mitmachen zu bewegen, um das Zusammengehörigkeitsgefühl der Blouzaniyye zu sichern.14 Bereits im Jahr 2004, als die Anzahl an Veranstaltungen für Jugendliche merklich abgenommen hatte, richtete die damalige Präsidentin der ABA folgenden Appell an die Jugend: I urge the Youth of our village not to forget their roots and to be proud of their parents’ origin. BLOUZA needs you – YOU ARE THE FUTURE. Don’t let the seed which our parents planted and nurtured all these years wither away. Be the branches that spread out like the Cedars of Lebanon. Come and be part of the Association, make new friends – rekindle old friendships (ABA President 2004).
Ein Jahr später wurde die Gründung einer Jugendgruppe von der Präsidentin als strategisches Ziel benannt, um das Überleben der Gemeinschaft in Australien und im Libanon zu sichern: „Interested in re-establishing a Blouza Youth Group – Integral to the survival and future development of Blouza in Australia (and indeed in Lebanon)“ (ABA President 2005). Ein Flyer von 2007 kündigt monatliche Treffen des Blouza Youth Committee an (ABA 2007a). In einem Rundbrief von 2009 ist von einer erfolgreichen Wiederbelebung der Jugendgruppe die Rede. Gleichzeitig werden Eltern dazu aufgerufen, ihre Kinder zum Mitmachen zu motivieren (ABA 2009a: 2). Trotzdem war
14 Vor dem Problem eines geringeren Zuspruchs für Vereinsaktivitäten stehen auch alle andere untersuchten maronitischen, neo-diasporischen Gemeinschaften. Mit Blick auf die Literatur mag dies ein zentraler Unterschied zu Dynamiken innerhalb der muslimischen Communities mit Bezug zum Libanon sein. Laut Tabar (2009: 234, 242 ff.) sehen muslimische Leader ihre Macht durch eine aufstrebende muslimische Mittelschicht der zweiten Einwanderergeneration bedroht, was auf maronitische Leader nicht zutreffe.
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft
das Youth Committee in den letzten Jahren nicht merklich aktiv. Als inaktiv bezeichneten sich im Jahr 2016 sogar die ernannten Jugendkoordinatoren des Generalkomitees der ABA (IG, 20.08.16). Eine weitere Maßnahme war die im Jahr 2017 ins Leben gerufene Gruppe Blouza Next Gen. VertreterInnen seien für familien- und jugendfreundliche Events wie die State of Origin Nichts mit BBQ oder 80er Retro Party’s verantwortlich: „Blouza Next Gen is a new social group set up to organise events for the youth of the Blouza community“ (ABA 2017e). Es handelt sich um eine Gruppe von Personen zwischen 40 und 50 Jahren, die sich aufgrund ihrer digitalen Fähigkeiten von der derzeitigen Führungsgruppe unterscheiden und als potenzielle Nachfolger gesehen werden (IP162): „Lately we have up to ten young people in the association that are willing to help. And they’re knowledgeable with computers and stuff like that. The old people my age or below me, some of them don’t have any interest in computers or e-mails“ (IP162: 75). Um diesen Trend aufrechtzuerhalten, betont der Präsident der ABA in einem Rundschreiben von November 2015: „We have a great group of committee members, but I would hope that in 2016 we can encourage new and younger members to get involved. It’s a great way to create new friends while serving our community“ (ABA 2015a). Seit 2017 wurde der ehemalige Jugendkoordinator im Alter von Mitte 40, der regelmäßig nach Blouza reist, zum ABA Präsident gewählt (ABA 2018a). Außerdem setzen sich Vorstandsmitglieder der ABA damit auseinander, wie Stärken und Fähigkeiten von Blouzaniyye für den Verein strategisch besser genutzt werden können. Es werde angestrebt, die Kommunikation15 untereinander, die alltäglichen Abläufe und die finanziellen Ressourcen zu verbessern, wie aus einem Rundschreiben der Präsidentin von 2005 hervorgeht: „In particular we are looking to draw on the skill and expertise of all individuals in our community, in sharing the responsibility of running the Association“ (ABA President 2005). Die FunktionsträgerInnen des Vereins versuchen inaktive Blouzaniyye gezielt zu involvieren, wenn sie sich von ihrer Mithilfe positive Effekte für die Gemeinschaft erhoffen. 1.1.2
Ein rekrutierter Innovator bestimmt die Transformation: „They begged me to join the association“
Eine Person, die als Innovator die Veranstaltungen und verwendeten Embleme von Blouzaniyye maßgeblich verändert hat, habe sich Mitte der 2000er Jahre dazu überreden lassen, bei der ABA mitzuwirken. Die VertreterInnen hatten auf seine Erfahrungen im Bereich Wohltätigkeitsarbeit gesetzt. Sein sich wandelndes Verhältnis zur VereinsIm Jahr 2005 wurde ein Communication Plan entwickelt. Dazu wurden Blouzaniyye von der Präsidentin in einem Rundbrief aufgerufen, Vorstandsmitglieder zu entlasten und als Area Representatives zu fungieren, um in sechs unterschiedlichen Zonen die 4.000 Personen mit Informationen zu versorgen (ABA President 2005).
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arbeit verdeutlicht, welche Dynamiken mit dem aufkommenden Engagement neuer Personen verbunden sein können. Im Jahr 1945 in Blouza geboren, sei er seit 1955 in Sydney aufgewachsen, ohne sich für die Initiativen und Aktivitäten der Blouzaniyye zu interessieren. Seine Gleichgültigkeit gegenüber der Community rechtfertigt er rückblickend mit seiner hohen beruflichen Eingebundenheit (IP162): „Prior to that, I had no interest because I was too busy at work. I’m in construction so before that, I had no time for the community“ (IP162: 6). Den aktiven Mitgliedern der ABA sei er als rugbybegeisterter Installateur und Bauherr, der Familienmitglieder, Verwandte und Freunde ausbildete16, bekannt gewesen, ohne dass sie eine persönliche Beziehung zu ihm gepflegt haben. Im Vergleich zu seinen Eltern habe er sich weder in den Verein eingebracht, noch für die zu bewahrende Kultur der Blouzaniyye interessiert (IP170b). In diesem Kontext wird sein damaliges Verhalten heute wie folgt erinnert: „He was (…) like a rebel, not interested in Lebanese culture or anything like that. He speaks English very fluently. (…) No one knew him [personally] before“ (IP91b: 54, 52). Allerdings habe er sich das Netzwerk der Blouzaniyye zunutze gemacht, wenn er Benefizveranstaltungen für den St. Gerards17 Football Club organisierte. Seine eigenen Kinder seien in diesem schulischen Club aktiv gewesen. Als Mitspieler in den Kinder- und Jugendteams nahmen sie an Wettbewerben der Junior Rugby League18 teil. Über viele Jahre habe der Innovator im Rahmen von großen Veranstaltungen Gelder eingeworben, um die Sportausrüstung der Mitglieder zu finanzieren und wohltätige Einrichtungen zu unterstützen. Seinen Einladungen seien vorwiegend Blouzaniyye gefolgt, die als Spender auftraten, wie er heute erklärt: „So I used to bring a total of about three hundred guests, people from Blouza, and only about a hundred Aussies. So the majority were people from Blouza at those functions“ (IP162: 12). Blouzaniyye werten die ihm entgegengebrachte Unterstützung als Hauptmotivation seines gestiegenen Engagements für die Gemeinschaft in den vergangenen Jahren: We used to go along and put in money and things like that, and I think that sort of woke him up too. You know, like Blouza helped him a lot (…) Once he retired his full time job, he’s 24/7 Blouza now. Whatever the Blouza people make, he even pays money out of his own pocket to help (IP91b: 54, 56).
Mitglieder der ABA blicken auf sein berufliches Engagement wie folgt zurück: „(…) Joe soon became a well-renowned plumber within the Lebanese community, apprenticing many of his family, relatives and friends over the years, including his older brother Norm and his younger brother Ray“ (FB_ABA, 05.04.20). 17 St. Gerards wurde im Jahr 1966 als kleiner schulisch geführter Rugby League Club von den Barmherzigen Schwestern in Carlingford gegründet. Im Jahr 2001 wurde der Club in Carlingford Cougars umbenannt. Der Unternehmer verfügt seit dem Jahr 1987 über eine lebenslange Mitgliedschaft (Carlingford Cougars o. J.). 18 Der Vater ist in der Gemeinschaft insbesondere als Fan der South Sydney Rabbitohs bekannt, einer professionellen australischen Rugby League Mannschaft, die ihren Sitz in Redfern hat (ABA 2017d). 16
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft
Er selbst begründet seinen späten Einstieg in die Vereinsaktivitäten der ABA damit, dass ihm die wohltätige Orientierung des Vereins zuvor nicht bewusst gewesen sei. Nachdem ihn Mitglieder der ABA aufgrund seiner erfolgreichen gemeinnützigen Arbeit für den Rugby League Club aufgefordert haben sollen, im Verein mitzuwirken, habe er sich mit Beginn seiner Altersteilzeit Mitte der 2000er Jahre überreden lassen (IP162: 6): People from Blouza got jealous. Why does someone with a Lebanese-Blouzaniyye background not do anything to help the community from Blouza? And they saw that I was achieving good results for the football club that I was involved with (…). So, they finally asked me and begged me to join the association (IP162: 10–12).
In seinen Anfangsjahren unterstützte er den Verein als Vorstandsvorsitzender und wurde in den Jahren 2013 bis 2016 zum Präsidenten der ABA gewählt. Hervorzuheben ist darüber hinaus sein Einsatz als Function Coordinator. In dieser Funktion hat er eine Bandbreite neuer Veranstaltungen etabliert (ABA 2017d) und den Fokus bestehender Veranstaltungen modifiziert. Er gilt als Ideengeber dafür, dass sich Vorstandsmitglieder die persönlichen Netzwerke der in der Baubranche tätigen Mitglieder zunutze machen. Hinzu kommen von ihm angeregte und von seiner Tätigkeit im Rugbyverein inspirierte symbolische Maßnahmen, wie die Vergabe von Auszeichnungen (vgl. Abb. 10) und der Einsatz optisch einheitlicher Kleidung als Ausdruck einer geteilten „Blouza Identity“ (ABA 2017d). Sein Wirken hat die Ausrichtung und die Events des Vereins maßgeblich verändert (vgl. V 2.3.3 und 5.2). Von anderen Mitgliedern wird sein hohes Engagement wie folgt honoriert: „And he’s been in the committee for a long time. He puts a lot of time and effort into it to organise all these functions and to keep people together“ (IG: 67, 24.08.15).
Abb. 10 Der Innovator (rechts) bei der Verleihung des Committee Member of the Year Awards 2014. Aufnahme: Karner 14.12.14
Sein Interesse für Blouza und für kulturelle Praktiken habe sich im Zuge seiner zunehmenden Eingebundenheit in den Verein verstärkt. Seitdem er nach 44 Jahren im
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Jahr 1996 das erste Mal nach Blouza reiste, unternahm er sechs Reisen in den Libanon. In Blouza hat er sein Elternhaus renoviert aber nicht modernisiert, um den ursprünglichen Bau- und Einrichtungsstil zu bewahren (IP162). 1.1.3
Der Village Priest beeinflusst Gemeinschaftsangelegenheiten: „If you add one new idea, it may bring people“
Ein maronitischer Priester, der Mitte der 2000er Jahre von Blouza nach Sydney versetzt wurde und von Blouzaniyye als Village Priest bezeichnet wird, übt einen steuernden Einfluss auf die Gemeinschaft der Blouzaniyye vor Ort aus. Die traditionelle Rolle von maronitischen Geistlichen im Libanon, die nicht nur als religiöse, sondern auch als soziale und politische Führer ihrer Gemeinschaft agierten19, ist zu beachten. Der bei Blouzaniyye bemerkbare Respekt vor ihrem Village Priest ist mit dem historisch begründeten Einfluss maronitischer Geistlicher verknüpft und wird heute von Blouzaniyye narrativ gefestigt. Alle angeblich in Blouza aufgewachsenen Repräsentanten des Klerus werden auf der Webseite des Vereins unter Our Clergy wie folgt gewürdigt: „Blouza brought many bright faces to the Maronite Church“ (ABA 2017f). Er wurde im Jahr 1972 in Blouza als zweitjüngstes von neun Kindern geboren und wird auf einer Webseite des Our Lady of Lebanon Maronite Catholic Parish (OLOL) in Sydney, auf der seine Biographie skizziert wird, als lernfreudiges Kind beschrieben. Nachdem er die örtliche Grundschule Maronite Sisters of the Holy Family besucht habe, konnte er seinen Sekundarschulabschluss im Nachbarort Bcharre absolvieren. Bereits als Jugendlicher habe er sich regelmäßig im Mar Antonius-Kloster Quzhaya in der Nähe von Blouza aufgehalten. Ein ihm unerklärlicher Gefühlszustand, der ihn im Alter von 17 beim Beten heimgesucht habe, soll ihn dazu bewegt haben, die Heilige Messe täglich zu besuchen, in der Kirche zu helfen und die Gemeinschaft in Blouza zu unterstützen. Für ein Studium der Theologie und Philosophie an der University of the Holy Spirit in Kaslik habe er sich jedoch erst entschieden, nachdem er fünf Jahre im Libanon, Sydney und Miami gearbeitet und zuvor ein Priesterseminar abgebrochen hatte. Im Jahr 2002 empfing er die Weihe zum Subdiakon im libanesischen Ort Ghazir und knapp neun Monate später die Diakon-Weihe in Blouza (Nouh 2013). In einem Rundbrief des Präsidenten der ABA aus dem Jahr 2004 werden Mitglieder über die Biographie des Priesters und seine anstehende Priesterweihe informiert. Im Namen des Vereins wird ihm und seiner Familie in dem Schreiben die Anerkennung der Blouzaniyye in Sydney ausgedrückt. Sie wünschen ihm Gottes Segen für den Weg Die enge Verknüpfung von Religion mit wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten hat historische Ursachen. Maronitische Geistliche waren beispielsweise die Initiatoren für die Bodenreformen der 1860er Jahre im maronitischen Siedlungsgebiet, wodurch die maronitischen Bauern unabhängig von drusischen Grundherren wurden (Wirth 1965: 283).
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Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft
in die Priesterschaft und bitten um selbigen für die Gemeinschaft: „We ask that Deacon [name] keep us in his prayers“ (ABA 2004a). Nachdem er schließlich im Jahr 2004 in Diman (Wadi Qadisha) zum Priester geweiht wurde, sammelte er für ein Jahr pastorale Erfahrungen in Zgharta nahe Tripoli. Aufgrund seiner Englischkenntnisse sei er für eine Auslandstätigkeit in Australien vorgeschlagen worden. Im Januar 2005 migrierte er nach Sydney (Nouh 2013) und war bis 2014 als Hilfspriester im Our Lady of Lebanon Maronite Catholic Parish (OLOL) in Harris Park tätig. Seit 2015 betreut er als verantwortlicher Priester die neu gegründete maronitische Kirche St. Raymond Church in Auburn South (St. Raymond 2017). Der Priester wird nicht nur als eines der geistlichen Mitglieder der Community hoch geschätzt (ABA 2017c) und nimmt an Zusammenkünften in der Blouza Hall teil (vgl. Abb. 11), sondern sei seit seiner Ankunft in Sydney der favorisierte Priester der Blouzaniyye, wenn es um religiöse Zeremonien von Mitgliedern der Gemeinschaft gehe: Well, when we have a wedding, a christening, or a funeral, mostly we ask our village priests to accompany, if not be, the main celebrant. They usually have them. That’s right, he was so popular when he came out that everybody here was getting quite annoyed because his pages were full to the brim, and not just from Blouza people. Everybody wanted him to be their celebrant so it caused a little friction in the church (…). He is a very, very popular and very spiritual man. (…) I am telling you, Father [name] was the most popular priest here for a long time. He is wonderful to talk to (IP170a: 230, 232, 242).
Abb. 11 Der Village Priest vor einem Bild des Schutzpatrons Mar Saba in der Blouza Hall. Privatarchiv: Michael 2007
Für die Abhaltung von Heiligen Messen und Ritualen (z. B. Trauung, Taufe) erhält er, wie in der maronitischen Kirche üblich, ein Honorar von den Auftraggebern. Die Einkünfte der Priester variieren daher, wobei die Erwartungen der maronitischen Kirche für solche Dienstleistungen einer Preisliste zu entnehmen sind: „The priests in Australia, they make at least rock, rock, down the bottom 1,000 [Australian] dollars a week, at least!“ (IP91b: 202).
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Im Jahr 2016 organisierte er eine Pilgerreise in das Heilige Land und nach Italien, bei der unter anderem das vom Schutzpatron von Blouza gegründete Kloster Mar Saba20 in der Nähe von Bethlehem besucht wurde (IP170a). An dieser Reise haben größtenteils Personen teilgenommen, die sich mit Blouza identifizieren. Im Anschluss an die Pilgerreise trafen sich einige mit ihren australischen Familien in Blouza und berichteten mit Begeisterung von ihren Erlebnissen und dem Engagement des Priesters. Auf Rückfragen zu dem hohen finanziellen Aufwand entgegneten sie mit Aussagen wie „totally worth it“ (B: 134, 19.08.16). Auf Instagram dokumentierte eine Jugendliche die Reise mit einigen Fotos der besuchten religiösen Stätten. Dazu zählen eine Aufnahme von ihr und dem Priester vor einem Altar des Klosters Mar Saba sowie ein Gruppenfoto an einer Marienstatue mit dem Titel „A Family that Prays Together Stays Together – Pilgrimage Family“ (B, 25.08.16). Der maronitische Priester bringt sich aktiv in Gemeinschaftsangelegenheiten ein und hat das Potenzial und die Akzeptanz, diese zu beeinflussen. Die im Folgenden zusammengefasste Diskussion während eines monatlichen Treffens des Vorstandes verdeutlicht exemplarisch, wie er es schafft, trotz skeptischer Einstellungen von Komiteemitgliedern, Veränderungen zu bewirken. Im Vorfeld der besagten Sitzung im Oktober 2016 hatte er seinen Besuch angemeldet, um den Vorschlag zu unterbreiten, die Gedenktage der beiden Schutzpatrone von Blouza am 04.12. (Mar Barbara) und 05.12. (Mar Saba) erstmalig gemeinsam in seiner Kirchengemeinde St. Raymond zu feiern. Als er zur Überraschung vieler zunächst nicht zu dem Treffen erschien, herrschte Einigkeit unter den Anwesenden, die Pläne nicht ändern zu wollen. Wie gewohnt seien sie gewillt, die jährliche Messe für die verstorbenen Blouzaniyye (St. Saba21 Mass for the Souls of Blouza) am Vorabend des Weihnachtspicknicks in der OLOL Ko-Kathedrale oder der Mar Charbel Kirche abzuhalten. In unmittelbarem Anschluss an dieses einvernehmliche Bekenntnis traf der Priester schließlich doch ein. Mit klaren Worten verschaffte er seiner Unzufriedenheit Ausdruck, dass die bisher für die St. Saba Mass zuständigen Priester sich nicht mit Blouza identifizieren würden. Auch die Art und Weise des Gottesdienstes werde einer Ehrung des Schutzpatrons Mar Saba nicht gerecht (B, 06.10.16):
Ein Schutzpatron des Ortes Blouza ist der Heilige Sebastian (arab. Mar Saba, engl. St. Saba). St. Saba wurde laut historischer Quellen im Jahr 439 n. Chr. in Mutalaska bei Caesarea (Kappadokien) geboren und trat als Kind in ein nahe gelegenes Kloster ein, bevor er im Alter von 18 Jahren nach Palästina zog. Seit 469 n. Chr. lebte er als Eremit am Toten Meer und gründete mehrere Lauren (Eremitenhöhlen). Ab 483 n. Chr. entwickelte sich aus einer seiner Höhlen südöstlich von Jerusalem das älteste bis heute erhaltene Kloster Palästinas Mar Saba, wo sich seine Reliquien befinden. Im Jahr 494 wurde er vom Patriarchen von Jerusalem zum Archimandriten aller Klöster in Palästina ernannt. Er gilt in den damaligen christologischen Auseinandersetzungen als Gegner des Monophysitismus (Kasper 1999: 1400). 21 Die Begriffe Saint (abgekürzt St.) und Mar werden von Lebanese Australians synonym für den Begriff „Heilige“ bzw. „Heiliger“ verwendet und sind in Sydney beide gebräuchlich. 20
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft
I am telling you now, I am not going to Our Lady if there is any priest not from Blouza doing the mass, and I am standing next to him, I am not gonna accept it anymore. I accepted it for eleven years. (…) He didn’t speak about Mar Saba, no choir, no Mar Saba on the screen. It had nothing to do with Mar Saba, no one knew it was the mass for Mar Saba (B: 14, 06.10.16).
Mit Bezug auf seine persönliche Bindung zu Blouza, versuchte er Vorstandsmitglieder davon zu überzeugen, eine Messe in seiner Kirchengemeinde speziell für Blouzaniyye zu zelebrieren, um mehr Mitglieder zu erreichen. Auch schlug er vor, spezifische Traditionen aus Blouza in Sydney neu zu etablieren, so wie eine für die Heilige Barbara zubereitete Süßspeise aus gekochtem Weizen: That’s a Blouza tradition, I am not talking about traditions that come from somewhere else. (…) And it will bring more people, more youth and more children, they are coming to have fun. (…) Nobody is gonna talk about Mar Saba and do the mass as we do it. (…) I have a choir, I have the best one in Sydney, most are from Blouza. (…) We will all come together. We will really have a Blouzaniyye night (…) (B: 14, 06.10.16).
Zunächst äußerten Anwesende logistische Einwände gegen den Vorschlag. Befürchtet wurden einerseits zu geringe Teilnehmerzahlen und andererseits Parkplatzprobleme bei hohem Zuspruch. Außerdem müsste die bereits angekündigte St. Saba Mass abgesagt und der frühere Termin am 4. Dezember kommuniziert werden. Auf inhaltlicher Ebene kritisierte die einzige anwesende Frau mit respektvollem Unterton, dass die neue Zeremonie mit einer Umdeutung der Dezembermesse einhergehe. Der angedachte Fokus auf die Schutzpatrone übergehe den herkömmlichen Beweggrund der Zeremonie, der verstorbenen Blouzaniyye zu gedenken: „Father [name], with all your respect, (…) we’re honoring all the past souls of Blouza, that’s what we celebrate that mass for in December. We do not celebrate Mar Saba; we celebrate it in August22“ (IP91a: 16). Diese Kritik aufgreifend betonte der Priester, dass sich die drei Anlässe gut miteinander verbinden ließen. Viele Blouzaniyye könnten angesprochen werden, wodurch die Möglichkeit bestünde, auch das Weihnachtspicknick breiter anzukündigen: „Think about it. Ana … [arab. for I], I am happy to help you as much as I can for you and for the benefit of Blouza. (…) I am trying to help you. (…) If you add one new idea, it may bring people“ (B: 27, 06.10.16). Seine Argumentation veranlasste Vorstandsmitglieder dazu, unmittelbar eine neue Abstimmung durchzuführen und den gefundenen Kompromiss, alle drei Anlässe im Jahr 2016 erstmalig gemeinsam zu feiern, umzusetzen (FB_ABA, 22.11.16). Auch aus Aus online verfügbaren ABA Rundschreiben geht hervor, dass im August der Jahre 2007, 2012, 2013, 2014 und 2015 Feiern zum St. Saba Feast Day in der Blouza Hall und Messen für die Verstorbenen im Dezember veranstaltet wurden. Die Anlässe wurden lediglich im Jahr 2004 in umgekehrter Reihenfolge zelebriert (Souls of Blouza Mass am 23. August und St. Saba Mass am 6. Dezember) (ABA 2000–2015).
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den Folgejahren wird in den Sozialen Medien berichtet, dass im Anschluss an eine von ihm abgehaltene Messe in der Kirche St. Raymond, eine Feier zu Ehren von Mar Barbara und Mar Saba, bei der die Süßspeise Slee’a (vgl. V 2.3.3) neben einem reichhaltigen libanesischen Buffet serviert wurde, in der Blouza Hall stattfand (FB_ABA, 02.12.17; FB_ABA, 02.12.18). 1.2
Big Men und Synergie-Effekte
Die Gemeinschaft der Blouzaniyye wird von Personen mit spezifischen Fähigkeiten in unterschiedlichem Ausmaß und auf unterschiedlichste Weise geprägt. Diese Individuen, die keine formellen Positionen im Generalkomitee der ABA übernehmen, können als Big Man bezeichnet werden. Sie führen die Community informell und genießen ein hohes Ansehen bei Mitgliedern. In Abhängigkeit von ihrer zeitlichen Verfügbarkeit, ihren Präferenzen und ihren Beziehungen können sie zwischen informellen und offiziellen Führungspositionen wechseln, aber diese auch vollständig verlieren, wenn sich andere qualifiziertere Mitglieder einbringen. Der kontinuierliche Wettbewerb um Anerkennung macht die vergängliche Position des Big Man aus. Das Engagement der nun vorgestellten Personen beruht auf persönlichen Interessen, Leidenschaften, Fachkenntnissen und der Motivation, die Community mit ihren Überzeugungen und den übernommenen Aufgaben zu unterstützen und zu steuern. Durch die Zusammenarbeit von Individuen werden Synergie-Effekte für die Gemeinschaft und für persönliche Anliegen erzielt. Besonders bei den Veranstaltungen sind viele Blouzaniyye unterstützend tätig und steuern Bargeld, Speisen und Tombola-Preise bei. Mit folgenden Worten werden sie fortlaufend zur Mitarbeit motiviert: „You can also volunteer to help organise the night(s) – please let us know if you can help – contact any committee member“ (NL, 06.01.16). „Also, if you would like to sponsor a prize or assist on the day, phone [e. g. IP109]“ (NL, 06.08.16). Gleichzeitig bedankt sich der Präsident der ABA kontinuierlich für die geleistete Unterstützung und nutzt dazu die Rundbriefe: „I would like to take this opportunity to thank all our generous supporters, including the Arab Bank Australia, for their continued assistance of our Blouza Association“ (ABA 2006: 1). Offiziellen Angaben ist zu entnehmen, dass die geschätzte Anzahl der UnterstützerInnen der Blouzaniyye bei 50 Personen liegt (ACNC 2018), von denen nur einige Funktionen im Komitee der ABA übernehmen (vgl. Anhang 8). Aus diesem Grund ist es nicht möglich im Rahmen der Analyse die gesamte Spannbreite an unterschiedlichem Big Men-Engagement darzustellen. Der Fokus wird auf drei Personen gerichtet, um die Diversität des individuellen Engagements und wie dieses von anderen Mitgliedern bewertet wird, zu beleuchten. Als Beispiele eignen sich die Financial Person, die Charity Woman und eine Person, die den Spitznamen Media Man trägt.
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft
1.2.1
Die Financial Person sorgt für Einsparungen und externe Fördermittel: „It is quite a rigorous process and quite time-consuming“
Ein gelernter Buchhalter ist davon überzeugt, dass er bei fast allen Entscheidungen und Ereignissen des Vereins mitgewirkt habe: „But very little has happened in the Blouza Association in the past 30 years that I haven’t had a hand in“ (IP101: 211). Er zählt zu den einflussreichen Mitgliedern und zeichnet sich durch seine Expertise, Affinität und Akkuratesse in Bezug auf Verwaltungsangelegenheiten aus. Selbst in den Jahren, in denen er keine offizielle Position als Treasurer innehatte, bestimmt er als sogenannte Financial Person die finanziellen Angelegenheiten der Blouzaniyye in Sydney maßgeblich mit. Im Jahr 2012 wurde ihm eine Anerkennungsurkunde vom Präsidenten der ABA überreicht. Er erhielt eine Auszeichnung als ältestes, aktives Mitglied des Komitees. Lange bevor er zum ersten Mal im Alter von 32 nach Blouza reiste, habe er begonnen, sich mit 19 Jahren für den Verein zu engagieren und setze sich insbesondere für eine transparente Arbeitsweise ein. Der Erhalt von externen Fördermitteln sei seinem Engagement zu verdanken.23 Sein Werdegang verdeutlicht den engen Zusammenhang zwischen seiner beruflichen Ausbildung und seinem Engagement für Blouzaniyye. Der im Jahr 1963 in Australien geborene Sohn einer Familie, die aus Blouza ausgewandert sei, habe eine Ausbildung als Buchhalter absolviert, bevor er vorwiegend in den Bereichen Liquiditätssteuerung und Finanzierung tätig war. Die ersten 20 Berufsjahre sei er im IT- und Beratungsunternehmen IBM für Corporate Finance, Treasury und Unternehmensentwicklung verantwortlich gewesen. Im Zuge einer angestrebten beruflichen Veränderung habe er anschließend als Unternehmensberater gearbeitet und sich zu einem qualifizierten Finanzplaner weiterentwickelt. Mit Beginn der Finanzkrise im Jahr 2007, so seine Aussage, fand er Beschäftigung bei Einrichtungen der katholischen Kirche und erstellte Kalkulationen für einen Pensionsfond und für die Finanzierung einer maronitischen Schule (IP101). Im März 2013 erwarb er ein Kurierunternehmen in Clyde (Sydney), das er bis heute als Familienunternehmen mit seiner Tochter erfolgreich leitet (Black & White Couriers 2017). Er beschreibt seine Dankbarkeit für die Möglichkeiten, die Australien ihm in seinem Leben geboten hat: „But Australia: opportunity, opportunity, opportunity. Then I decided to buy a business. I thought, well, let’s do something different. And here we are today“ (IP101: 261). Als Unternehmer unterstützt er die Initiativen des Vorstandes der ABA als Sponsor, was ebenfalls für die anderen beiden bereits genannten Firmeninhaber gilt, die Mitglied der Führungsgruppe
23 Sein Enthusiasmus und seine ausgeprägten Fähigkeiten, schnell zwischen verschiedenen Aufgaben umzuschalten konnte während des ersten Interviews, das in seinem Büro stattfand, beobachtet werden. Das Gespräch wurde ständig durch Anrufe seiner KundInnen und Kurierfahrer unterbrochen, denen er sich konzentriert zuwandte. Unmittelbar nach Lösung der Probleme richtete er automatisch wieder die volle Aufmerksamkeit auf meine Fragen (B, 04.12.14).
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sind. Darüber hinaus sind auf seiner Firmenwebseite weitere wohltätige Vereine, unter anderen die weltweit aktive christliche NGO World Vision, genannt, für die er als Unternehmer eine Kinderpatenschaft übernommen hat (Black & White Couriers 2017). Einen Großteil seiner Freizeit widme er der Blouza Community aus der Motivation heraus, das Überleben des „Blouza Spirit“ (IP101: 85) sichern zu wollen. Dieser außergewöhnliche Gemeinschaftssinn beruhe seiner Meinung nach auf geteilten Traditionen wie gegenseitigen Besuchen, der libanesisch-arabischen Sprache, libanesischem Kaffee und Speisen sowie auf einer gemeinsamen Geschichte. Er hebt hervor, dass sich Mitglieder freiwillig für die Umsetzung der Blouza Vision engagieren: It’s all been done voluntarily for the sake of keeping that vision alive, the Blouza vision. Being able to get together and remain together and to pass on any sense of tradition and history that we’ve got to the next generation. If we didn’t believe in the cause, what would possess you to spend all that time and effort on Sundays? (IP101: 247).
Darüber hinaus möchte er durch sein Engagement der australischen Gesellschaft, die ihm so viel ermöglicht habe und der er sich zugehörig fühle, etwas zurückgeben. Er hebt ausdrücklich hervor, dass es ihm wichtig sei, insbesondere der australischen, aber auch der libanesischen Gemeinschaft seinen Dienst zu erweisen. Er fühlt sich der australischen Gesellschaft tief verbunden und identifiziert sich gleichzeitig stark mit der libanesischen Gemeinschaft, was die gegenseitige Durchdringung von Identitätsbezügen exemplarisch erkennen lässt (IP101): I mean, our generation was really lucky to be able to grow up in a country like Australia, and to have the freedom, and to have all the things that we were able to have here. So, it’s just my way of being able to give something back to the community that I belong to. And when I say community, I’m talking about the Australian community and the Lebanese community. But it is Australian first and foremost (IP101: 211).
Abgesehen von seiner Funktion als Präsident der ABA im Jahr 1995, damals war er 30 Jahre alt, übernahm er immer wieder offizielle Positionen im Generalkomitee. Mehrfach wurde er als Finanzverwalter bzw. Stellvertreter nominiert und gewählt und fungierte außerdem als Vorstandsvorsitzender. Wie die aktuellen Mitglieder des Generalkomitees teilt er die Überzeugung, dass Konflikte der Vergangenheit überwunden werden müssen, um Fortschritte erzielen zu können: „You’ll never be able to progress and advance if you continually worry or concentrate on the feelings of the past. Build on it, learn from it, move on“ (IP101: 247). Seit vielen Jahren (ABA 2017d) übernimmt er den Großteil der Verwaltungsarbeit der ABA, darunter die Bereiche Rechnungslegung und Berichterstellung. Darüber hinaus kümmerte er sich um behördliche Angelegenheiten. In dieser Funktion reichte er
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft
Anträge zur steuerlichen Befreiung (Tax Exemption)24 bzw. steuerlichen Absetzbarkeit von Spenden (Tax Deductible Status, Stamp Duty Exemption)25 ein, um finanzielle Vorteile für Blouzaniyye zu sichern. Auch habe er die Beantragung staatlicher Zuschüsse für die Renovierung der Blouza Hall initiiert und Unterlagen zusammengestellt: „There always has to be someone from the association that actually initiates it. (…) And so, I’ve actually taken it upon myself to take more advantage of concessions (…). Whether it be a grant, whether it be tax exemption status, whether it be tax deductibility. In most cases, we’re successful“ (IP101: 23). Es sei äußerst wichtig, transparent zu arbeiten, um das Vertrauen der Mitglieder und den Zusammenhalt zu bewahren, auch wenn dies mit einem hohen Zeitaufwand einhergehe: So, it is quite a rigorous process and quite time-consuming. There’s a lot of paperwork involved. But at the end of the day, when you’re, I guess, a custodian of someone else’s money, you really have to be very transparent in what you do. And that’s really what we – or me in particular, I suppose – we’ve always gone to great lengths to be transparent in what we do, because it just strengthens your integrity that way. (…) And I think if the foundations are solid, then it just gives us a platform to grow into the future (IP101: 7, 131).
Er könne eine Übersicht der Finanzen der letzten 15 Jahre und alle Unterlagen jederzeit zur Verfügung stellen (vgl. Anhang 9 und 10). Auf die Möglichkeiten zur Einsicht werden Mitglieder auch in Rundbriefen aufmerksam gemacht: „A full set of accounts is available by contacting [name]“ (ABA 2009a: 3). Bei Vorstandstreffen erstattet er, wenn er die Funktion als Treasurer innehat, monatlich Bericht über die aktuelle Finanzsituation (vgl. Anhang 11). Einige Monats- und Jahresberichte sind auch online26 einsehbar. Ausdrücklich begrüßt er, dass der externe Buchhalter an der jährlichen Hauptversammlung teilnehme, damit Mitglieder ihm Fragen stellen können (IP101). Außerdem setzte er sich dafür ein, dass die Satzung des Vereins geprüft und weiterentwickelt wurde, die zuletzt im Jahr 1993 in Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten der Gemeinschaft aktualisiert worden war: „[He] was instrumental in the development and implementation of the current Blouza Constitution, and the organisational structure, financial integrity and administration and of the auditee integrity“ (ABA 2017d). Die Satzung ist seiner Meinung nach ein wichtiges Instrument, da sie gemeinsame Ziele und Prioritäten der Blouzaniyye festschreibe und Leitlinien vorgebe. Auf dieser
Seit 2005 ist die ABA von der Goods and Services Steuer (GST) und der Einkommenssteuer befreit und profitiert vom Fringe Benefits Tax (FBT) Rabatt (ABA 2006: 1; ABR 2016; IP172). 25 Der Antrag auf steuerliche Absetzbarkeit von Spenden sei im Jahr 2000 abgelehnt worden, da die Ausrichtung der ABA nicht ausreichend gemeinnützig sei (IP101). Eine Neubeantragung habe derzeit aufgrund der hohen Anforderungen an Organisationen (ACNC 2019) keine Priorität, so die Financial Person (IP101). 26 Einige monatliche Finanzberichte der ABA werden in digitalen Ordnern bereitgestellt: http://blouza. com/wordpress/wp-content/uploads/. Jahresfinanzberichte der ABA, die für die Australian Charities and Not-for-profits Commission (ACNC) zu erstellen sind, sind ebenfalls online einzusehen: https://www.acnc. gov.au/charity/0592c2bfd9c7f99fb78666e29ea0aa05#financials-documents. 24
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Grundlage werde an Wohltätigkeitszielen festgehalten und als Verein stets eine neutrale politische Position bewahrt: „One of the things that we’re big on in the association, we’re non-political, you know? We respect our identity because being from a Christian village, that’s what our DNA is all about“ (IP101: 69). Sein kontinuierliches Engagement als Financial Person, das er unabhängig von diversen offiziellen Funktionen aufweist, wird von anderen Mitgliedern hoch geschätzt. Sie honorieren die Beständigkeit seiner Unterstützung, da er sich selbst in Zeiten beruflicher Krisen und steigender familiärer Verpflichtungen eingebracht habe: „This man was in the community, with income, with no income. (…) Now he’s married, and his daughter is married now, and he still loves the community“ (IP173: 118). Im Zuge seiner langjährigen Erfahrung hat er verschiedene Dynamiken zwischen Vorstandsmitgliedern miterlebt, sich jedoch stets geduldig und anpassungsfähig gezeigt: He’s the financial person. He’s very, very good, very committed. He’s been in the association for 33 years. I’ve only been in ten years. And he’s gone through bad people, good people. You know? And he’s still patient, he’s got the patience to be with them. He started when he was a young man. (…) So, he’s the best. He’s knowledgeable, and he does all our treasury reports and stuff like that (IP162: 93, 95).
Abb. 12 Der als Financial Person bekannte Moderator (rechts) des Blouza Picnic in Sydney. Aufnahme: Karner 30.11.14
Das Foto zeigt ihn während eines Weihnachtspicknicks (vgl. Abb. 12), als er die Gäste enthusiastisch durch das Programm führt und dazu beiträgt, dass auch die jüngsten BesucherInnen sich mit Blouza identifizieren. Er motiviert sie beim Warten auf den Nikolaus, den Namen des libanesischen Dorfes wiederholt und gemeinsam laut auszurufen (vgl. V 4.1.3).
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft
1.2.2
Die Charity Woman fördert die Außenwahrnehmung der Blouzaniyye: „I don’t have to go to work. So, it’s important for me to work for charity“
Die Einbindung von Personen in mehrere soziale und religiöse Organisationen kann gut am Beispiel der ehemaligen Koordinatorin des Ladies Auxiliary Committee nachvollzogen werden. Ihre Mitarbeit in drei Komitees (ABA, Maronite Ladies of the Gospel, Making a Difference for Christmas Charity) garantiert ihr vielfältige Unterstützung für wohltätige Initiativen. Von ihrer Reputation und ihren sozialen Beziehungen profitieren die Blouzaniyye, sodass positive Wechselwirkungen bestehen. Darüber hinaus hat sie das Potenzial und die Akzeptanz der meisten Mitglieder, die Arbeit des Ladies Auxiliary Committee auf informelle Weise zu lenken, obwohl sie nicht mehr die offizielle Funktion als Koordinatorin innehat. Zur Begründung ihres hohen gesellschaftlichen Engagements verweist sie auf ihre Kindheitserlebnisse, die nach ihrer Darstellung konträr zu ihrer heutigen privilegierten Lebenssituation waren. Sie sei im Jahr 1947 in Blouza geboren und im Alter von vier Jahren mit ihren Eltern nach Australien ausgewandert. Ihre Eltern haben ihr vorgelebt, welch hoher Arbeitseinsatz erforderlich sei, um die Lebenssituation in einem Einwanderungsland zu verbessern. Ihr Vater sei tagsüber auf dem Gemüseacker und nachts als Fabrikarbeiter tätig gewesen. Von den Einkünften zahlte er eine in Blacktown (LGA im Westen Sydneys) erworbene Farm ab, die er zusätzlich als Unterkunft für EinwanderInnen vermietete, bevor die Familie in den Folgejahren nach Granville zog. In jungen Jahren habe sie einen Mann geheiratet, dessen Familie ebenfalls aus Blouza ausgewandert war (vgl. V 1.1.1, IP170b). Seine heutige, gute wirtschaftliche Situation als Bauunternehmer erlaube es ihr, keiner beruflichen Tätigkeit nachgehen zu müssen. Ihre tief empfundene Dankbarkeit vor Gott für diese Lebenssituation in Australien und die damit verbundenen Möglichkeiten veranlasse sie, sich jeden Tag für einen guten Zweck einzusetzen (IP170a): To be honest, the most important reason why I help with everything is because I’m so grateful to God that we are in this country, and we have all these opportunities, and I don’t need to work. So, to me, you should be doing something good with your life every day. If you can say, today, I visited a sick person or I helped a lonely person, or a committee, then your day is more acceptable to yourself. People have to go to work; I don’t have to go to work. So, it’s important for me to work for charity (IP170a: 88).
In den 1970er Jahren, als ihre drei Söhne und eine Tochter heranwuchsen, unterstützte sie vor allem die katholischen Schulen, die ihre Kinder besuchten. Ehrenamtliche Tätigkeiten übernahm sie für die St. Patrick’s Primary School Parramatta, die Parramatta Marist High School und das St. Patrick’s College Strathfield. Eine Dekade später wurde sie als eine der ersten Frauen im Generalkomitee der ABA aktiv. Eine enttäuschende Konfrontation mit Gästen einer Tanzveranstaltung habe sie zur Mitarbeit im Verein motiviert, wie sie sich heute erinnert (IP170a):
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Some people that were not from our village were saying, ‚Oh, is this what Blouza calls a ball?‘ So, I was upset. So, I went to the committee, and I said to them, ‚I’m not happy that people are talking about us.‘ And they said, ‚Everyone comes and complains but no one wants to do anything about it.‘ I said, ‚No, I’m complaining, and I want to join the committee, and I want to do something about it. Next year, I want to have a debutante ball.‘ That brought me into that (IP170a: 48).
Im Folgejahr übernahm sie die Verantwortung für die Organisation eines DebütantInnenballs (vgl. Abb. 13 oben). Für ihre Kinder habe sie während der Adoleszenz das soziale Umfeld der Blouzaniyye begrüßt, was ein weiteres Motiv ihres Engagements gewesen sei. Anschließend brachte sie sich als Kassenwärterin des Ladies Auxiliary Committee ein und übernahm später dessen Koordination (ABA 2004b; ABA 2008a). Das von Frauen getragene Hilfskomitee der ABA wurde von ihrer Schwägerin (vgl. Abb. 13 unten, 2. v. l.) als angeblich erste derartige Organisation in Australien in den 1980er Jahren gegründet (IP101) und wird als große Errungenschaft angesehen: „The ladies auxiliary was really the best thing that happened. We used to make a lot of money, bring a lot of people together, and it was a lot of fun“ (IP170a: 182).
Abb. 13 Die Initiatorin des DebütantInnenballs (M. o. und 4. v. l. u.) und das Ladies Auxilary Committee der ABA in Sydney. Privatarchiv: Michael 2003 (oben); Aufnahme: Karner 14.12.14 (unten)
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft
Ihr Bedürfnis, sich für Blouzaniyye einzusetzen, bezieht sie heute auf ihre gemeinnützige Arbeit an den katholischen Privatschulen ihrer Kinder. Die Erfahrungen führten ihr Missstände in der eigenen Community vor Augen: „I’ve helped at all the schools. I guess because I’ve helped in the outside community I could see a need to help in my own. So, when my children were a bit older, I felt I had the time“ (IP170a: 88). Aus diesem Grund habe sie ihr damaliges Engagement für die lateinische Kirche für die maronitische Kirche aufgegeben. Auf Wunsch des im Jahr 2002 zum maronitischen Bischof von Australien ernannten Ad Abi Karam (Maronite Eparchy of Australia 2015), sei sie von maronitischen Geistlichen zur Mitarbeit angehalten worden: It’s really funny. I worked with the Aussie Church and with the Catholic school. My children were going to the Maronite Church and the young priest there saw what we do and how many functions we had and everything. (…) They rang me and they said, ‚We’d like you to come to a meeting.‘ And I said to [my husband], ‚I don’t even go to the Maronite Church, except for a funeral or a wedding.‘ I said, ‚I don’t know if I should go.‘ I thought about it, and then I thought maybe it’s God calling me to help my community, I’d better go (…) (IP170a: 89).
Daraufhin übernahm sie für sieben Jahre die Funktion als Präsidentin der Maronite Ladies of the Gospel. Sie unterbrach ihre Tätigkeit, als ihre Mutter pflegebedürftig wurde, ließ sich aber im Jahr 2016 wiederwählen (IP170a: 89). Im Jahr 2014 initiierte sie eine Veranstaltung anlässlich des Besuchs des maronitischen Patriarchen in Australien in der Blouza Hall. Das Vereinsgebäude der Blouzaniyye habe dadurch an Popularität gewonnen, was Mitglieder begrüßten: „They were very pleased to be there, and very honoured to have the patriarch there. And that was the instance where our hall got publicity all over because it was on television“ (IP170a: 89). Außerdem gründete sie, wie andere Blouzaniyye, ihren eigenen wohltätigen Verein (IP101). Als Vorsitzende der Making a Difference for Christmas Charity habe sie zum ersten Mal im Jahr 2001 in der Weihnachtszeit ein kostenloses Mittagessen für Obdachlose und Bedürftige in Parramatta bereitgestellt. Seit vielen Jahren erhält sie dafür von Mitgliedern der ABA, der Mar Vincent de Paul Society und der Stadtverwaltung personelle, finanzielle und infrastrukturelle Unterstützung. Als Sponsoren der Initiative treten Inghams, Primo, Red Lea Chickens, die Arab Bank Australia, die Bank of Queensland und die Organisation Dial Before You Dig (DBYD) auf (ACBC und CACW 2010; Parramatta Sun 2014; Stevens 2016; ABA 2017c). Mehrere der Sponsoren unterstützen ebenfalls die Initiativen der ABA Vorstandsmitglieder. Der stetig wachsende Zulauf veranlasste die Stadtverwaltung, im Jahr 2016 erstmalig eine Lokalität im Parramatta Park zur Verfügung zu stellen und ein Rahmenprogramm zu organisieren: „To accommodate its growing popularity, this year’s New Year’s Eve celebrations will take place at a new venue in Parramatta Park with the City’s largest ever fireworks display“ (City of Parramatta 2016). Im Jahr 2016 wurde laut Medienberichten etwa 500 Personen ein Mittagessen ausgegeben und ein Geschenk überreicht. Unter den circa 100 Helfern
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waren viele Blouzaniyye (Stevens 2016; ABA 2017c). Der Ehemann und die Kinder der Charity Woman nutzen die Initiative, um sich als spendable Bauunternehmer zu inszenieren: „They are a very, very rich family. They’re building a 35–40 story building near Parramatta, you know. But the way they show off, they don’t show off … The way they enjoy their happiness is by meeting people, taking them out to dinner, and by being involved in charity work, things like that, you know“ (IP00: 149). Ihr ausgeprägtes wohltätiges Engagement und ihre Bemühungen um die Vernetzung unterschiedlicher Institutionen wurde in einer Ausstellung über inspirierende weibliche australische Katholiken wie folgt beschrieben: „One can say that she has finessed fundraising into a fine art! (…) Her faith inspires her to these acts of philanthropy“ (ACBC und CACW 2010). In Australien habe sie medizinische Forschungseinrichtungen, (Kinder-)Krankenhäuser, die Caritas, Altenheime und Umweltmaßnahmen zur Verhinderung von Buschfeuern und Fluten mit Spendengeldern unterstützt. Auch im Libanon habe sie die Caritas und Altersheime sowie Missionare in den arabischen Staaten Westasiens gefördert (ACBC und CACW 2010). In Blouza setze sie sich mit ihrem Ehemann für die Wasserversorgung, lokale Beschäftigungsmöglichkeiten und andere Projekte ein: „They are very charitable, they gave Blouza 8,000 [Australian] dollars last year to fix the roof of the church“ (IP91b: 149). Sie selbst beschreibt sich als Koordinatorin, die ein Talent habe, Personen zu vernetzen und Arbeiten zu koordinieren: I’ve always coordinated everything. I usually get somebody to take the job as president and I’ll stay there as a coordinator and organise everything. (…) It’s very close to my heart. I like to do things and I love getting people together. I love that we can help our people with money, and even by bringing them together. I love to see that continue. They all say, ‚[Name] can’t stop. What have you got on your mind today?‘ They say that to me because I’m always saying, ‚Let’s do this, and let’s do that!‘ (IP170a: 142).
Als ehemalige Koordinatorin des Ladies Auxiliary Committee genießt sie ein hohes Ansehen bei Mitgliedern, macht sich allerdings Sorgen um die Zukunft der Fraueninitiative der ABA. Ihre Kapazitäten seien aufgrund ihrer gestiegenen Einbindung in die Aktivitäten der maronitischen Kirche begrenzt und viele der ehemals aktiven Frauen haben mittlerweile das Rentenalter erreicht: „The ladies that were in there became older and more tired“ (IP170a: 182). Jüngere Frauen würden den Verein lediglich unterstützen, indem sie hausgemachte Speisen für Veranstaltungen mitbrächten, jedoch fehle es an einer Führungspersönlichkeit. Aus diesem Grund setze sie sich gegenwärtig dafür ein, jüngere Töchter der Blouzaniyye für die leitenden Positionen zu motivieren. Sie gilt aufgrund ihrer fortbestehenden Einmischung als informelle Leiterin der Fraueninitiative (IP00: 12): See, if the ladies that we have from previous years would come to a meeting and we invite younger ones, they could show them the ropes. (…) We’re going to call the younger ones,
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft
have a meeting with them, and I’ll tell them I’ll support them with whatever if they want me to do something. But I’ll get them to run it (IP170a: 192).
Sie beabsichtige, das im Laufe der Jahre akkumulierte Wissen an die jüngere Generation weiterzugeben. Dazu sei ein Austausch mit ihr und anderen erfahrenen Damen unerlässlich (IP170a). 1.2.3
Der Media Man dokumentiert und archiviert Gemeinschaftsangelegenheiten: „I haven’t had to work a day in my life“
Der sogenannte Media Man27 dokumentiert, archiviert und produziert unterschiedliche Arten von Informationen über und für die Gemeinschaft. Er übernimmt gemeinsam mit seiner Ehefrau seit über einer Dekade die von Vorstandsmitgliedern der ABA ins Leben gerufene Funktion des Communication Officers (ABA 2006: 2; ABA 2017b). Mitglieder erklären, dass ihm besonders die Sammlung von Materialien und weniger eine einflussnehmende Mitsprache bei Vereinsangelegenheiten wichtig sei: „He is a member of the committee but he hardly shows up28. All his concern is if I’ve got some photos … I’ll send them to him and he will put them on the website. That’s all. He doesn’t want to be involved in the everyday face-to-face“ (IP172: 184). Den Großteil seiner Freizeit verbringe er vor dem Computer, wie seine Tochter berichtet (B, 22.08.16). Der Media Man sammelt umfassende Informationen über Mitglieder (z. B. Geburtsdaten, Adressen, Fotos, Medienberichte) und entscheidet über deren Verbreitung und Weitergabe an Dritte. Auf informelle Weise koordiniert und überwacht er die in Blouza geleistete finanzielle Unterstützung, ohne dafür eines der Ämter im Generalkomitee der ABA inne zu haben. Um die diesem Engagement zugrunde liegende Motivation zu verstehen, hilft der Blick auf seinen Lebenslauf und seine Interessen. Er gibt an, sich an die Schiffsreise nach Australien im Jahr 1963 zu erinnern, als seine Mutter29 mit ihm, einem dreijährigen Kind, seiner Schwester und einem Verwandten nach Australien migrierte, wo sein Vater seit 1951 in einer Silbermine arbeitete. Seine Familie habe schon immer eine wichtige Rolle für die Community gespielt. Ankom-
27 In der Regel nennen ihn Mitglieder bei seinem Vornamen, verwenden aber auch die Bezeichnung Media Man. 28 Aufgrund seiner Berufstätigkeit in Downtown Sydney konnte er viele Jahre nicht an den in Granville stattfindenden Sitzungen teilnehmen. Dies habe sich seit seinem Frühruhestand grundlegend geändert (IP91b). 29 Seine Urgroßmutter mütterlicherseits stammt aus dem libanesischen Ort Arde in der Nähe von Tripoli. Nachdem sie im Jahr 1904 für etwa sechs Monate in die USA gereist war, heiratete sie nach ihrer Rückkehr in den Libanon einen Blouzaniyye, mit dem sie zwei Kinder bekam, bevor er in die USA migrierte. Als sie während des Ersten Weltkrieges verstarb, unterstützte ihr Mann seine Schwester finanziell, die sich um die Erziehung und Versorgung seiner Kinder kümmerte (IP91b).
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mende Blouzaniyye seien beispielsweise von seinem Vater bei bürokratischen Hürden in der Arbeitswelt unterstützt worden. Sein Vater sei einer der wenigen Personen mit guten Englischkenntnissen gewesen, die er sich im Libanon angeeignet hatte (IP91b): They found it very difficult to actually get employment [in Australia]. So my uncle sent a letter to my grandfather and said, ‚Send my dad to learn English, and send him to Australia so he can help us fill in the forms and get work.‘ So my father, ’cause he knew a bit of French, found it very easy, and then a year later, he followed them. And he used to fill in all the forms for people from Blouza to get jobs and apply for work and that (IP91b: 74).
Er selbst habe eine Ausbildung als Elektriker gemacht und zunächst in der Technologiebranche gearbeitet. Anschließend fand er für 35 Jahre in den Studios des staatlichen Fernsehsenders, der Australian Broadcasting Cooperation (ABC), Beschäftigung und war hauptsächlich im technischen und grafischen Bereich tätig. In diesem Beruf habe er seine Leidenschaft ausleben können, die sich bereits in seiner Kindheit abzeichnete. Er interessierte sich schon im Grundschulalter für Fotografie und belegt mit einem Foto (vgl. Abb. 14), dass er stolzer Besitzer einer Kodak Brownie Flash II Kamera war, die er im Jahr 1967 als Geburtstags- und Kommunionsgeschenk erhalten hatte.
Abb. 14 Der Media Man mit seiner ersten Kamera (oben) und bei der Arbeit im ABC Fernsehstudio (unten), wo er die von ihm erstellte Webseite über Blouzaniyye präsentiert. Privatarchiv: Michael o. J. (oben); Aufnahme: Karner 07.12.14 (unten)
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft
Im Laufe seines Lebens habe er hohe Summen für technische Geräte ausgegeben und stets die neuesten Modelle erworben (IP91b). Dies zeigt sich in einer breiten Palette von synchronisierten Apple Produkten: „If I didn’t love technology, I would probably be a millionaire“ (IP91b: 13). Sein privates Interesse für Fotografie und seine berufliche Spezialisierung stehen seiner Meinung nach in Zusammenhang. Seine beruflichen und privaten Tätigkeiten empfindet er nicht als „Arbeit“: That’s why I like pictures. So from that industry I like collecting pictures and family history and things like that. So when somebody asks me how long you have been working – I work for the ABC – I say I haven’t had to work a day in my life, because I love what I do, I don’t consider it work. So, I’ve never worked ’cause I love computers, I love graphics, I work on cameras, sound, lighting (IP91b: 400, 404).
Seitdem er aufgrund betriebswirtschaftlicher Umstrukturierungen im Jahr 2015 von der ABC in den Frühruhestand versetzt wurde, reist er zweimal im Jahr für mehrere Monate nach Blouza. Sein erster Besuch fand im Jahr 1987 statt. Er war einer der ersten Blouzaniyye30 in Sydney, die seit Beginn des Bürgerkriegs in den Libanon gereist waren. Aufgrund der Kampfhandlungen in einigen Gebieten nahm er von Zypern aus eine Fähre nach Jounieh31. In Begleitung seiner Ehefrau, die er zwei Jahre zuvor geheiratet hatte, besuchte er den gemeinsamen Geburtsort und hatte das Gefühl, das Land nie verlassen zu haben (IP91b): „In my experience, when I came to Lebanon it was like I had never left“ (IP91b: 583). Heute terminiert er seine regelmäßigen Besuche so, dass er zumindest einen der beiden Aufenthalte gemeinsam mit seiner ebenfalls für mehrere Monate in den Libanon reisenden Mutter verbringt. Durch seine häufigen Besuche und sein Engagement ist er bei den im Libanon lebenden Blouzaniyye sehr bekannt, wie folgende Situation veranschaulicht: Als seine Tochter 26 Jahre nach ihrem ersten Besuch als Kleinkind, in Blouza auf Verwandte trifft und sich vorstellen möchte, wird sie von einer Cousine aufgeklärt: „You just have to say, ‚Bint [arab. for daughter] Louie.‘ Everybody knows your father. He is famous in the village!“ (B: 130, 20.08.16).32 Im Zuge seiner häufigen Aufenthalte in Blouza übernehme er die Aufgabe, zu überprüfen, ob die aus Sydney geleistete finanzielle Unterstützung gerecht verteilt werde. Als einer von drei Trustees ist er für die Gelder mitverantwortlich, die aus dem Nachlass einer Verwandten stammen und für Bedürftige in Blouza bestimmt sind. Zur Dokumentation und zur Bestätigung der geleisteten Finanzhilfen, die von Verantwort30 Zuvor war sein Onkel nach Blouza zurückgekehrt und im Jahr 1986 sein Vater nach Blouza gereist (IP91b). 31 Während des libanesischen Bürgerkriegs entwickelte sich die nördlich von Beirut gelegene Küstenstadt Jounieh zu einem Ausflugsort und Zentrum des Nachtlebens in dem von konservativ-christlichen Milizen kontrollierten Territorium (Karner 2016: 157). 32 Die Aussage steht diametral zur Annahme seiner Tochter, die bei ihrer Ankunft in Blouza erklärte: „He thinks he is important in the village, and [brother’s name] also makes fun of that“ (IG: 90, 19.08.16).
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lichen vor Ort ausgezahlt werden, erstellte er eine Excel-Tabelle33 mit den Namen der Bedürftigen und dem beabsichtigten Verwendungszweck der Gelder. Im Jahr 2014 habe er gemeinsam mit seinem Schwager, dem zweiten Trustee aus Sydney, den Unterstützungsbedarf aller Familien in Blouza erfasst: Him and I still like to keep an eye on what’s going on and what they are doing and who they are helping. (…) I actually go and ask these people and say, ‚Have you been receiving money, have they been helping you, what are the needs that you have?‘ We went to every home and found out what sort of medication they had, what the medical condition is, the need for food, if they have children, the needs for their children like school costs (IP91b: 96).
Der Media Man weist darauf hin, dass nicht alle Personen offen über ihre finanziellen Notlagen sprechen würden, weshalb er durch Beobachtung und Informationen Dritter, versuche den Bedarf der unterschiedlichen Haushalte einzuschätzen: I’m a very good observer when I go to someone’s home and I have a look at how they live. (…) If they don’t even have peanuts to give me or (…) they might just give you a coffee. (…) Basically, I’ve been to everyone’s house, but I don’t ask everybody the same questions because (…) some are pretty wealthy, (…) but they point things out to us, you know. (…) People that are wealthy in the village don’t sort of beg. They know that they are wealthy and they help too. There are a lot of people in Blouza that help the poor (IP91b: 95, 96).
Als Begründung, weshalb er alle Haushalte besuche, auch solche von wohlhabenden Familien, gibt er an, dass sie ihm Informationen über die Bedürfnisse anderer bereitstellen würden. Gleichzeitig eröffne ihm diese Tätigkeit die Möglichkeit, persönliche Beziehungen zu Blouzaniyye in Blouza aufzubauen. Das sich entwickelnde Vertrauensverhältnis zu BewohnerInnen nutzte er, um den Stammbaum der Gemeinschaft zu vervollständigen. Dazu erfasse er während seiner Hausbesuche biographische Daten von Familienmitgliedern. Zudem nutze er die Besuche, um Geschichten aus der Vergangenheit zu erfahren und historische Fotos der Familien in Blouza zu sammeln und zu scannen (IP91b): „I just love history, my family history. So all I do is I keep storing the pictures“ (IP91b: 233).34 Sein Engagement im Bereich des Monitorings wird von anderen Vorstandsvorsitzenden begrüßt. Es habe zu einer transparenteren Verteilung der Gelder beigetragen, wie ein Bauunternehmer erklärt: „When he goes overseas every year, he checks on who is getting money and who is not. Now that [name] is involved in that, it looks like every-
Grundlage für die Erstellung der Tabelle war eine Liste mit Namen der Bedürftigen, die in Blouza leben. Die handschriftliche Liste habe der Verteilung der Gelder gedient (IP91b). Im Oktober 2016 wurde mir vom Media Man Einsicht in die digitalen Tabellen der Jahre 2014, 2015 und 2016 gewährt (B, 03.10.16). 34 Eine detaillierte Analyse seiner kosten- und zeitintensiven Tätigkeiten zur (Re-)Konstruktion einer imaginierten gemeinsamen Geschichte und vergleichbarer Aktivitäten anderer Mitglieder erfolgt erst in den Kapiteln V 2.1 und 3.3. 33
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft
one is doing the right thing. (…) If someone is sick or has no food or cannot work, this is what the money is for. That is what we are asking from here“ (IP173: 57). Insbesondere seine technischen Fähigkeiten, durch die Personen in Sydney unter anderem Zugang zu Videoaufnahmen aus Blouza erhalten, werden als große Bereicherung angesehen: „[Name] is the biggest help ever; he is wonderful. Because everything that happens in Blouza or here, he has that connection and he puts it on the cameras and he knows how to do all that stuff and it’s really wonderful, it’s really wonderful. He a big asset for us“ (IP170a: 122). Diese Wertschätzung wurde auch in der bereits geschilderten Vorstandssitzung deutlich, als der maronitische Priester erklärte, dass die Verständigung über eine kurzfristige Terminänderung unproblematisch sei: „[Name] will help us as much as he can with Facebook; he is the media man“ (B: 26, 6.10.16). An religiösen Praktiken nehme er allerdings nicht teil, sondern sei nur anwesend, um Fotos und Videos aufzunehmen. Seine Ablehnung begründet er mit der Kommerzialisierung der maronitischen Kirche.35 Für die Pflege der Webseite des Vereins, bei der er von seiner Ehefrau Unterstützung erfährt, wird ihm bereits in einem Rundbrief im Jahr 2005 gedankt. Der Brief wurde von seiner Schwägerin und ersten Präsidentin der ABA verfasst: „An example of this is the great work done by [name] and [name of wife]. Both are unable to attend any meetings yet are responsible for maintaining the Blouza.com website and mailing list“ (ABA President 2005). Auf der Webseite und Facebook-Seite des Vereins ist seine E-Mail-Adresse als Kontakt angegeben. Anfragen zu Verwandtschaftsbeziehungen werden von seiner Frau beantwortet: „She does the talking“ (IP91b: 253). Von dem Informationsaustausch mit Blouzaniyye in den USA profitiere er durch Zugang zu historischen Fotos36: ’Cause I get a lot of requests on my Blouza website, ‚Oh, my dad said he was from Blouza and their family name is Wehbe. Do you have anyone named Wehbe?‘ And then I send them all the information. And they say, ‚Oh, you know, we know this.‘ And they send me pictures. (…) My wife, she’s very good at looking at someone and saying, ‚This guy is from this family.‘ And then we make a connection. I send them e-mails (IP91b: 490).
Das Ehepaar zeigt großes Interesse, WissenschaftlerInnen, die über die libanesische Diaspora arbeiten, zu unterstützen. Sie stellten nicht nur für diese Studie zahlreiche Informationen, Fotos und Dokumente bereit37, sondern boten auch einer amerikani35 Er kritisiert besonders das Finanzsystem der maronitischen Kirche in Australien: „The way the financial system works is very wrong. Because, for example in Sydney, if you have a funeral, they have a list of how much money they expect for a funeral or a wedding and how much the church should get“ (IP91: 194). 36 Analog dazu, erwähnte Rowe (2010: 50) vor einer Dekade, dass die OrganisatorInnen der Blouza Family Reunion in den USA dank des Internets Blouzaniyye, insbesondere in Australien, ausfindig machen konnten, mit denen sie online historische Fotos austauschen würden (Rowe 2010: 50). 37 Auch über die Phasen der Feldforschung hinaus, bot das Ehepaar an, für Detailfragen zu ihrer Gemeinschaft zur Verfügung zu stehen. Der Media Man richtete dafür im Januar 2018 einen digitalen Notizblock
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schen Wissenschaftlerin aus Vermont, die sich seit 30 Jahren auf libanesische Genealogie spezialisiert hat, über Facebook an, sie während eines für Herbst 2018 geplanten Forschungsaufenthalts in Sydney aufzunehmen. Die Familie der Genealogin sei aus dem in der Nähe von Blouza gelegenen Ort Wadi Qannoubine in die USA und nach Australien ausgewandert und mit der Familie des Media Man verwandt (FB-Chat, 17.01.18). 1.3
Engagierte Blouzaniyye außerhalb Australiens
Kommunikative und kooperative Beziehungen bestehen insbesondere zwischen Blouzaniyye in Sydney und Personen, die im Libanon leben. Engagierte Individuen sind für diverse Belange in Blouza zuständig. Ihre Verantwortungsbereiche, darunter die Verteilung finanzieller Unterstützung an Bedürftige in Blouza, werden im Folgenden skizziert. Die transnationale Zusammenarbeit, die durch Effizienz- und Transparenzproblemen belastet gewesen sei, brachte trotzdem wichtige Infrastrukturprojekte hervor, die in Kapitel V 3.2.2 ausgeführt werden. Ausgeprägte transnationale Beziehungen zwischen Mitgliedern in Sydney und Blouzaniyye an anderen Orten der Welt außer dem Libanon bestehen gegenwärtig hingegen nicht, obwohl sich in den USA Personen für den Zusammenhalt der Gemeinschaft einsetzen. Allerdings habe niemand die Vernetzungsarbeit einer in den vergangenen Jahren verstorbenen Frau übernommen. Ein alltäglicher, globaler Austausch über gemeinschaftsinterne Ereignisse, Anekdoten und Kuriositäten findet im Vergleich zu anderen untersuchten Gemeinschaften bei Blouzaniyye nur sehr begrenzt statt. Eine ausgeprägtere Kommunikation besteht lediglich innerhalb weniger Familien, deren Mitglieder an unterschiedlichen Orten leben. 1.3.1
VermittlerInnen in Blouza: „He’s like a middleman between the communities here and there“
Einer der Hauptansprechpartner für Angelegenheiten in Blouza ist der im Jahr 1966 im Libanon geborene Cousin des Media Man, der in zwei lokalen Komitees in Blouza vertreten ist. Der unverheiratete Mann lebt mit seinen Eltern und drei Schwestern in einer Wohnung in der libanesischen Küstenstadt Jounieh und ist beruflich für die maronitische Kirche im nahegelegenen Bkerke, wo der Patriarch seinen Hauptsitz hat, tätig. Mit seiner Familie verbringt er, wie viele andere an der Küste Lebende, die Sommer-
mithilfe einer Smartphone-Applikation ein, auf dem ich Fragen stellen konnte. Ein Großteil der Fragen beantwortete er umgehend und versah sie mit Zusatzmaterialien wie zum Beispiel Fotoaufnahmen.
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft
monate in Blouza. Er gehört zu den wenigen Personen, die auch an zahlreichen Wochenenden im Jahr den etwa zwei Stunden von seinem Hauptwohnsitz entfernten Ort besuchen. In Blouza besitzt seine Familie ein Haus neben der Kirche, das insbesondere nach Gottesdiensten ein Treffpunkt für Verwandte und Freunde ist (vgl. Abb. 15).
Abb. 15 Der Middleman (3. v. l.) mit BesucherInnen aus dem Ausland vor dem Haus seiner Familie in Blouza. Aufnahme: Karner 28.08.16
Für den Verein Star of Lebanon Blouza38 ist er seit vielen Jahren als Schriftführer tätig. Außerdem habe er sich im Jahr 2014 bereit erklärt, gemeinsam mit einer Bewohnerin und dem maronitischen Priester von Blouza in einem neu gegründeten Kirchenkomitee mitzuwirken, das mit der Verteilung von Geldern aus dem bereits erwähnten Trust39 betraut wurde (IG, 30.08.18). Dies begründet sein Cousin und Trustee in Sydney wie folgt: „(…) We actually handed that responsibility over to the church committee in Blouza“ (IP91b: 96). Man habe ihn als Mitglied des Kirchenkomitees in Blouza vorgeschlagen, da er bereits zuvor durch seine Vermittlerfunktion aufgefallen war, wie ein Vorstandsmitglied der ABA erklärt: „He was involved in the trustee account with us and he deals with the priest all the time. He’s like a middleman between the communities here and there“ (IP173: 67). Zuvor hatte der maronitische Priester von Blouza die Verteilung der Gelder in alleiniger Verantwortung übernommen. Blouzaniyye in Sydney beschreiben ihn zwar als ehrlich und wohlwollend, jedoch habe er sich zu wenig kooperativ gezeigt und Entscheidungen ohne Absprache getroffen: „We don’t have a good relationship. I mean, our priest is very good but he’s a micro-manager. He likes to have control of everything. He’s an honest priest, I truly believe. I believe he’s a priest that really worries about his
Der Verein ist vermutlich als Partnerverein der Star of Lebanon Society in Barre (VT) gegründet worden, wo Familien leben, die sich mit Blouza identifizieren. Der Verein in Barre wurde Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet (The Burlington Free Press 1937: 16) und galt in den 1980er Jahren als ruhend (Vachon 1980). 39 Im libanesisch-arabischen Dialekt verwenden Blouzaniyye das Wort Waqf (arab. religiöse Stiftung) zur Bezeichnung des Trusts. 38
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village“ (IP00: 184). Die mangelnde Transparenz habe in Sydney lebende Blouzaniyye dazu bewogen, Kontrollmechanismen einzuführen. Heute begrüßen Vorstandsmitglieder der ABA, dass man zwei weitere Personen zur Mitarbeit gewinnen konnte: We’re happy that [name] is involved now, because he is a very honest man and everybody likes him. He’s involved, but got involved afterwards. (…) We told them we need to get the money to the right people. That money is for poor people, and not for anyone who is doing work. That’s why the three people take care of that now. The priest cannot do anything by himself, the three of them all have to sign and determine who the poor people are. And when the money goes there, the three of them need to know (IP173: 65).
Der Vertreter des Church Committee gibt an, über die finale Entscheidungskompetenz zu verfügen, wem jährlich Gelder ausgezahlt werden: „We decide. In our village, we know who the poor are, we decide. That person, she is a widow and even her children are poor. We are gonna help her with 300 dollars to buy some beans and bread“ (IG: 8, 30.08.18). Zur Verfügung stehe dem Church Committee derzeit ein jährlicher Betrag von rund 10.000 AUD. Die überarbeitete Liste diene zur Orientierung, für wen die Finanzhilfen aus Sicht der Trustees vorgesehen sind. Sollte mehr Geld benötigt werden, könne dies telefonisch und mit anschließendem schriftlichem Antrag bei den Trustees erbeten werden (IG: 6, 30.08.16). Der Middleman sei außerdem ein Ansprechpartner für VertreterInnen der ABA zur Realisation von Infrastrukturprojekten in Blouza, für die sich vor Ort die Star of Lebanon Association einsetzt. Für das jüngste Projekt konnten selbst internationale Gelder von Hilfsorganisationen akquiriert werden, die wiederum von UnternehmerInnen in Sydney Unterstützung erhalten. Die enge Zusammenarbeit von australischen Blouzaniyye und der Star of Lebanon Association wurde nicht nur bei der Einweihungsfeier der neuen Solaranlage im August 2015 augenscheinlich. Im Anschluss besuchten knapp 40 Personen, darunter zahlreiche Vorstandsmitglieder der beiden Vereine, den maronitischen Patriarchen in seinem Sommersitz in Diman, um Befürchtungen bezüglich ihrer Nutzungsrechte in Blouza auszuräumen (vgl. Abb. 16). Zu Wort kamen
Abb. 16 Treffen von einigen Mitgliedern der ABA und im Libanon lebenden Blouzaniyye mit dem maronitischen Patriarchen in Diman. Aufnahme: Karner 24.08.15
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft
Vertreter beider Organisationen, die im Namen der Gemeinschaft ihre Sorgen und Wünsche vorbrachten (B, 24.08.15).40 Die Großtante des vorgestellten Middleman setzt sich seit mehreren Jahrzehnten als Vorsitzende des Damen-Komitees in Blouza ein (Bsot Rahme, arab. für Stimme der Gnade) (vgl. Abb. 17). Sie sei im Jahr 1942 in Blouza geboren, habe für 25 Jahre in Venezuela gelebt und sei im Jahr 1982 in den Libanon zurückgekehrt (IP175; IG: 18, 24.08.15). Seit rund dreißig Jahren engagiert sich das Damen-Komitee41 (IG: 508, 28.08.17) für Bedürftige und Unterhaltungsprogramme für Kinder in Blouza. Die Frauen seien hauptsächlich während des Frühlings und der Sommermonate aktiv, wenn sich der Ort mit BesucherInnen füllt. Die erforderlichen Finanzmittel stellen sie selbst bereit: „Recojemos plata de nosotros y le partimo a lo gente pobre, me entiende. Nosotros ayudamos a la gente pobre. Es de comité nuestro, el pueblo nuestro“ (IP175: 5).42 Eine weitere Einnahmequelle sind die vom Damen-Komitee während der Sommermonate ausgerichteten Feste. Besonders von im Ausland lebenden Blouzaniyye werde ihr Einsatz für die Zubereitung und Ausgabe von libanesischen Speisen und die Organisation von Tombolas großzügig unterstützt. Verwandte und Freunde, die in Sydney leben, betrauen die Vorsitzende mit der Verwaltung von größeren Geldbeträgen für anstehende Projekte (IP91b). Dies war kürzlich im Fall des renovierungsbedürftigen Kirchendachs der Mar Saba Church zu beobachten, als der vorgestellte Bauunternehmer (vgl. V 1.1.1, IP170b) und Ehemann der Charity Woman ihr eine Spende von 8.000 AUD überließ: „He left it with [name]. He didn’t leave it with the church or with anybody else, because he trusted [name]. She works so hard for the community“ (IP170a: 379).
Abb. 17 Die Vorsitzende des Damen-Komitees in Blouza bei dem Verkauf von Wertbons an Blouzaniyye. Aufnahme: Karner 24.08.16
40 In einem Brief von 2005 dankt die damalige Präsidentin insbesondere dem Ladies Auxiliary Committee und dem Komitee der ABA für die kontinuierliche Unterstützung der Star of Lebanon Blouza (ABA President 2005). 41 Es gibt weitere kirchlich organisierte Frauengruppen in Blouza wie die Legion of Saint Mary (ABA 2016a). Die Frauen kümmern sich unter anderem um die Blumen und Kerzen in der Kirche (B, 28.08.17) und treffen sich zum Rosenkranzgebet (IP175). 42 „Wir sammeln untereinander Gelder und verteilen es an die bedürftigen Menschen. Sie verstehen, was ich meine. Wir unterstützen die armen Menschen. Das macht unser Komitee, unser eigenes Dorf “ (IP175: 5).
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Die neo-diasporische Gemeinschaft der Blouzaniyye
Im Jahr 2016 erhielt die Vorsitzende des Damen-Komitees in Blouza während der Feierlichkeiten für Mar Saba eine Anerkennung, die von einem maronitischen Bischof für ihren jahrelangen gemeinschaftsfördernden Einsatz überreicht wurde. Neben den genannten Aktivitäten übernimmt sie auch die Organisation der Friedhofsreinigung in Blouza und wird dafür von Blouzaniyye und maronitischen Geistlichen wertgeschätzt (B, 24.08.16). Im Unterschied zu den vorgestellten Personen, die sich nur temporär in Blouza aufhalten, übernimmt ein Mann, der das ganze Jahr über in Blouza wohnt, sogenannte Community Services. Blouzaniyye in Sydney betonen, dass er nicht nur ältere Personen täglich medizinisch versorge (z. B. Blutdruckmessung, Insulininjektionen), sondern auch Autos repariere und sich um einige Gärten kümmere: „As I told you, anything that has to do with that village, [name], he’ll be there all the time“ (IP173: 43). Viele der Tätigkeiten übernehme er ohne Bezahlung, werde jedoch von im Ausland lebenden Blouzaniyye für die Gartenarbeit auf ihren Grundstücken oder Abholdienste vom Flughafen entlohnt: „He gets paid for gardening by [name] and does things for [name] and gets paid. He does plumbing jobs as well“ (IP91a: 555). Er ist ein Beispiel für BewohnerInnen in Blouza, die Dienstleistungen und körperliche Arbeit für Blouzaniyye übernehmen, die an anderen Orten leben. 1.3.2
Engagierte Blouzaniyye in den USA: „We don’t really have a lot of contact with them“
Blouzaniyye in Sydney bringen zum Ausdruck, dass keine nennenswerten Verbindungen zwischen ihrer Gemeinschaft in Sydney und Personen in den USA bestünden,43 insbesondere im Vergleich zu früheren Zeiten: „The people from Blouza that went to America, there is very little connection anymore. We don’t even know a lot of them anymore. Whereas the Lebanese – the Blouzaniyye – that went from Blouza to America 50 years ago, there was a lot more contact“ (IP91b: 490). Jede Familie, die sich mit Blouza identifiziere, habe zwar entfernte Verwandte in den USA, aber nur einige pflegten kommunikative Beziehungen zu Familienmitgliedern. Als bekannte Persönlichkeiten in den USA werden Prominente wie Tom Shadyac und dessen Vater Rich-
43 Wie in der Arbeitsdefinition festgehalten, werden transnationale Beziehungen zwischen Mitgliedern nicht als Voraussetzung für neo-diasporische Gemeinschaften betrachtet. Es besteht die Möglichkeit, dass sich Gemeinschaften auch ausschließlich auf Basis lokal begrenzter Netzwerke organisieren. Der Annahme, dass die gemeinsame Identifikation mit einem Ort zwingend zur Herausbildung globaler Gemeinschaften führe, widersprechen auch Untersuchungen von Hage (2005a: 467 ff.): „Villagers certainly had a sense of belonging to a village whose members are globally spread around the world. But to say that the villagers formed a global community and that they had a communal sense of belonging to a transnational community of villagers was a bit stretching it in most cases. (…) [D]espite the arguments about people now being increasingly transnationally mobile (…), most migrants move once or twice in their lives.“
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft
ard Shadyac44 (IP101), deren Vater angeblich aus Blouza ausgewandert sei, erinnert (United Press International Archives 1982): „You feel very proud when you hear of a Blouza member being involved and making a contribution like that, always very proud of people like that“ (IP101: 183).45 Im Vergleich zu anderen untersuchten Gemeinschaften hat sich keine digitale Kommunikationsplattform etabliert, auf der sich eine große Anzahl von Personen, die sich weltweit mit Blouza identifizieren, regelmäßig familienübergreifend über Zusammenkünfte und besondere Ereignisse austauschen. Auch über andere Kommunikationsmedien scheint kein ausgeprägter Austausch stattzufinden: „I really couldn’t comment more about the members in America. In terms of direct contact with them, we don’t really have a lot of contact with them“ (IP101: 181). Eine Ausnahme bildet die im Jahr 2014 gegründete private, für Nichtmitglieder unsichtbare Facebook-Gruppe RELATIVES (Herv. i. Orig.). Sie hat zwar eine nicht zu vernachlässigende Anzahl an amerikanischen Mitgliedern, dient jedoch vorwiegend der Kommunikation unter Blouzaniyye in Sydney und dem Libanon (B_FB). Selbst an diesen Orten ist die Gruppe vielen Mitgliedern nicht bekannt und stellt derzeit nur einen ersten Versuch dar, kommunikative Beziehungen zu Blouzaniyye in weiteren Ländern aufzubauen (IP171). Die Abwesenheit ausgeprägter kommunikativer Beziehungen spiegelt sich auch in den von Blouzaniyye produzierten Materialien. Das in Sydney erstellte Telefonbuch Blouza Directory (ABA 2011a) enthält einzig für Sydney und den Libanon Einträge und Kontaktdaten von Blouzaniyye.46 Auch das in der Blouza Hall hängende Poster mit der Aufschrift „We are one“ und die in Australien bzw. USA erstellten Stammbäume (vgl. V 2.1.3) lassen darauf schließen, dass kein umfassender Datenaustausch stattfindet. Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass Mitglieder in Sydney keinerlei Schätzungen47 zur Anzahl von Blouzaniyye in den USA abgeben. Dies wird auch auf der Webseite erklärt: „The Blouza population in the United States is also thought to be significant despite the absence of reliable census data“ (ABA 2016a). Bei Fragen
44 Der Regisseur, Filmproduzent und Autor Tom Shadyac ist bekannt für Filmkomödien wie „Bruce Allmächtig“ mit Jim Carrey (IMDb 2017; Collins 1997). Sein Vater war Anwalt und Vorsitzender der Fundraising-Organisation American Lebanese Syrian Associated Charities (ALSAC) des St. Jude Children’s Research Hospital, half das Arab Anti-Discrimination Committee zu gründen und war Mitglied der National Association of Arab Americans. Auch war er politisch aktiv und habe den Wahlkampf zur Wiederwahl Jimmy Carters in den 1980er Jahren unterstützt, was jedoch aufgrund seiner Verbundenheit mit Libyen als umstritten gilt. Im Jahr 1999 wurde ihm die Ellis Island Medal of Honor für sein vielseitiges Engagement verliehen (United Press International Archives 1982; St. Jude Children’s Research Hospital 2017; Sullivan 2009). 45 Die Strategie, Berühmtheiten als Personen mit libanesischem Hintergrund zu konstruieren, bezeichnet Batrouney (2006: 57) als Claiming. Sie kann dazu beitragen, den wahrgenommenen Wert der eigenen Gruppe zu steigern. 46 Gleiches gilt für die drei Telefonbücher von anderen untersuchten Gemeinschaften in Sydney. Sie enthalten allerdings weder Kontaktdaten von Personen außerhalb Australiens, noch von Familien im Libanon. 47 Getroffene Schätzungen sind mit hohen Unsicherheiten behaftet: „In America, I’m not really sure on the numbers, but it’s probably like three, four hundred. It potentially could be a lot more“ (IP101: 181).
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nach Blouzaniyye in den USA geben viele Personen in Sydney an, weder Kontakte48, noch ein tiefgreifendes Wissen über die Migrationsgeschichte zu haben: „I’m not even sure what year the first Blouzinia actually went to America“ (IP101: 183). Ein zentraler Unterschied zwischen Blouzaniyye in Sydney und den USA sei die längere Auswanderungsgeschichte und die Ansiedelung an entfernten Orten: „But in America they spread out. They went back in the old days“ (IP162: 29). Historische Informationen stellt ein informativer Blog namens „My big Lebanese family. Our family stories, from Blouza to the America’s …“ (Toney 2013b) bzw. die Vorgängerwebseite www.blouzausa.com bereit. Die AutorInnen der Webseiten sind als engagierte Blouzaniyye in den USA aufgrund ihrer ausgeprägten Vernetzungsarbeit von Interesse. Die Gründerin der ersten Domain49 tauschte sich unter anderem mit dem Media Man in Sydney über historische Informationen und jüngere Ereignisse aus. Im Jahr 2017 war dieser allerdings nicht darüber informiert, dass die Dame verstorben war und bemerkte lediglich, dass der Kontakt abgenommen habe (IP91b). Blouzaniyye in den USA erinnern sich an ihre frühe Affinität zu Sozialen Medien und ihre Fähigkeit, Gemeinschaften zu vernetzen. Sie sei eine der wenigen Personen gewesen, die regelmäßig aus den USA in den Libanon reiste, um ihre Tante in Jounieh bzw. Blouza zu besuchen (IP178): She was more, you know, a little bit more out there. She had the capacity with her knowledge. She was much more inclined to that [social media] when it first started, she just understood it. She was very gracious about what she would do. She had quite a bit of a history of her own family, the Lebnan family, genealogy of that family. (…) She actually managed to connect a lot of different communities (IP178: 70, 14).
Auch ist sie in den USA als Ansprechpartnerin, die per E-Mail Auskünfte zur Familiengeschichte erteilte, bekannt: „People would e-mail her all the time“ (IP178: 70). Nach ihrem Tod50 im Jahr 2010 übernahm ein promovierter Archäologe die Aufgabe, die Geschichte der Blouzaniyye in den USA zu bewahren ohne die weltweite Vernetzungsarbeit der Dame weiterzuführen. Sein Engagement liege darin begründet, durch die Initiativen in der digitalen Welt, seine berufsbedingte räumliche Distanz von seiner Familie und von verwandten Blouzaniyye in Vermont (USA) kompensieren zu wol-
Das Bild wenig ausgeprägter Kontakte zwischen Personen in Sydney und Providence (RI) bestätigte sich im Rahmen der empirischen Erhebung, als mehrere InterviewpartnerInnen in Sydney keine Kontaktdaten, sondern nur Hinweise zu Familiennamen und einer maronitische Kirche geben konnten: „My relatives in Rhode Island have surnames of Wobby & Peasley. (…) I think there is a Lebanese Church there, you may find some Blouza descendants there also“ (FB-Chat_IP171). 49 Die Domain www.blouzausa.com wurde nach ihrem Tod nicht erneuert (IP178). 50 Ihr Wissen über die Gemeinschaft sei Blouzaniyye in den USA nicht mehr zugänglich, da sie ihre Recherchen mit keiner anderen Person geteilt habe: „Unfortunately, you know, some of that information, we just don’t have access to it, getting her records at this point. (…) She really didn’t have any other family members that were involved. So, I don’t know, you know, a lot of that is destroyed“ (IP178: 14). 48
Individuen und Engagement zum Erhalt und zur Dynamik der Gemeinschaft
len. Nach Abschluss seines Studiums in Vermont besuchte er eine Graduiertenschule in Florida und unternahm zahlreiche Forschungsreisen im Rahmen seiner Doktorarbeit51, bevor er nach Hawaii zog (IP177): „So I was really, really far from my family and feeling the need to do something to contribute“ (IP177: 4). Sein erster Beitrag mit dem Titel „Welcome to the family blog!“ war nicht nur durch die fehlenden historischen Aufzeichnungen motiviert: I started this blog so we can all experience the rediscovery of that history together. I wanted to start this partly out of frustration for the lack of records and stories that have been handed down to us, partly out of joy for the history and records I am finding, and partly (and this is a BIG part) for the fact that I haven’t been to a reunion or hung out with my cousins in almost ten years. I miss you guys! So, let’s start sharing. Write a story, post a picture, share a thought, or just say hello (Toney 2011b).
Trotz hoher Besucherzahlen52 zeigen die Leser Zurückhaltung beim Kommentieren seiner Beiträge. Aus diesem Grund nutze er den Blog weniger als Interaktionsplattform, sondern vielmehr als öffentlichen Speicherort eigener aufbereiteter Rechercheergebnisse.53 Seit 2011 hat er 25 Beiträge veröffentlicht, in denen er unter anderem Erklärungen für die Herkunft seines Familiennamens Toney, biographische Erzählungen über die angeblichen ersten Auswanderer aus Blouza (z. B. Amos Toney), Links zu informativen Materialien (z. B. Interview-Transkripte, Publikationen) sowie Rezepte, Fotos und Informationen zu bevorstehenden Blouza Reunions bereitstellt (Toney 2013b). In den USA werden sein Wissen und die Fähigkeit, Personen in den USA zu vernetzen honoriert, obwohl er fernab der Orte lebt, an denen Gemeinschaftsaktivitäten stattfinden: „He is on the other side of the country, but, you know, he’s got many great resources, he’s got great knowledge, he kind of connects people“ (IP178: 47). Sein Interesse für die libanesische Kultur begründet er mit seiner Sozialisation. Dank seines Vaters habe er unter anderem die jährlichen Reunions der Blouzaniyye in den USA besucht. Gleichzeitig bedauert er, dass er als Kind dazu angehalten wurde, kein Arabisch zu sprechen, denn er ist bezugnehmend auf wissenschaftliche Studien davon überzeugt, dass die Sprache das wichtigste Element kultureller Identität sei. Im Vergleich zu LibanesInnen, die erst im Zuge des libanesischen Bürgerkriegs
51 Seine Dissertation in Anthropologie befasst sich mit der Entwicklung der Töpferei in der Neuzeit am Beispiel von alten Dörfern im Amazonasgebiet (IP177). Derzeit arbeitet er als archäologischer Berater für Forschungs-, Erhebungs-, Identifizierungs-, Evaluierungs- und Überwachungsprojekte (Toney 2017a). 52 Er richtete einen Blog zum Schutz der Privatsphäre als halböffentliche Webseite ein und wundert sich über die hohen Besucherzahlen: „(…) And sometimes there has been thousands of views and I don’t know if its family or just randomly“ (IP177: 8). 53 Kommentare werden ausschließlich dazu genutzt, die Arbeit des Autors zu loben ohne sie auf inhaltlicher Ebene zu diskutieren: z. B. „[Name] – This is VERY interesting – I was never aware of much of this history …“ (Toney 2013a) und „I’ve read the whole blog – love it …“ (Toney 2011c).
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Die neo-diasporische Gemeinschaft der Blouzaniyye
(1975–1990) und später in die USA einwanderten und libanesische Kultur als Teil des Alltags praktizieren, müsse sich seine Familie kulturelle Praktiken wie die Zubereitung von libanesischen Speisen gezielt vornehmen, um sie zu bewahren. Als Historiker und Anthropologe sehe er sich gezwungen, die Erinnerung auch für andere Mitglieder der Familie zu konservieren, die dieses Bewusstsein nicht zwingend haben (IP177): (…) You know, holding on to the culture is like keeping – it’s the same reason we write history books – it’s just to keep something alive, a good memory, you know, something that makes you who you are, really. You have to know your history. For me, as a historian, an anthropologist, that’s what was always interesting to me. For other members of the family I can’t say, you know. They are proud of being Lebanese, we’re always made to be proud of being Lebanese and you can still be proud, but you have to keep something going. Otherwise you are just Lebanese in name (IP177: 41).
Ein derart hoher Reflexionsgrad individueller Praktiken ist besonders bei Personen, die sich für die Bewahrung der kollektiven Identität der Gemeinschaft einsetzen, charakteristisch. Die bisherigen Ausführungen haben an zahlreichen Stellen verdeutlicht, dass die Bewahrung des sogenannten „Blouza Spirit“ (IP101: 85) ein erklärtes Ziel von Mitgliedern der Gemeinschaft der Blouzaniyye ist. 2
Kollektive Identität und imaginierte Ethnizität: „We are one“
Erzählungen von Individuen und von ihnen erstellte und zirkulierte diasporische Medien (vgl. Tabelle 7) erzeugen die Imagination einer geteilten Herkunft von dem Ort Blouza. Darüber hinaus fördern sie Vorstellungen gemeinsamer Charaktereigenschaften und Talente von Mitgliedern. Die (re-)produzierten Diskurse vermitteln außerdem Deutungsmuster, beinhalten normative Implikationen und klären über den Sinn auf, weshalb eine Interaktion mit Mitgliedern der Gemeinschaft der Blouzaniyye für die persönliche Selbstverwirklichung als vorteilhaft zu bewerten ist. Zum Zusammengehörigkeitsgefühl tragen außerdem normative Prinzipien und symbolische Ressourcen bei. Eignen sich Außenstehende Wissen über die Geschichten, Symbole und die damit verbundenen Sichtweisen und Interpretationen an, können sie als Teil der Gemeinschaft der Blouzaniyye akzeptiert werden. 2.1
Diasporische Medienproduktion und Narration zur (Re-)Konstruktion kollektiver Identität
Blouzaniyye haben weder wichtige Ereignisse innerhalb der Gemeinschaft schriftlich dokumentiert, noch die Historie des Ortes detailliert rekonstruiert oder eine Chro-
Kollektive Identität und imaginierte Ethnizität
nik der Auswanderung erstellt.54 Auf der Webseite der ABA (2016a) werden lediglich die Rahmendaten der Auswanderung skizziert und auf dem Blog „My big Lebanese family“ (Toney 2011a) vor allem Geschichten über Familienmitglieder in den USA erzählt, die von Blouzaniyye in Sydney nicht merklich rezipiert werden. Eine große Rolle spielen, wie in anderen untersuchten Gemeinschaften, Foto- und Videoaufnahmen sowie mündlich weitergegebene Narrationen, die kollektiv geteilte Erinnerungen generieren. Die folgenden Ausführungen richten den Fokus auf die diasporische Medienproduktion und die Erfassung und Verbreitung von Narrativen. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen die (pseudo-)wissenschaftlichen Methoden des Akteurs, der von der Gemeinschaft als Media Man bezeichnet wird, ohne ähnliche Tätigkeiten anderer Mitglieder auszublenden. Die Analyse zeigt, dass Blouzaniyye Publikationen, die von Außenstehenden verfasst werden, als Element zur Belebung des Gemeinschaftsdiskurses begrüßen. Selbst umstrittene Inhalte bieten Diskussionspotenzial und motivieren sie zur Reflexion ihrer Identität. 2.1.1
Dokumentation und Veröffentlichungen von Bildermaterial: „I take a photo, straight away“
Eine bildliche und filmische Dokumentation von Gemeinschaftsereignissen und Treffpunkten der Blouzaniyye wird seit vielen Dekaden auf unvergleichliche Weise durch den Media Man betrieben. Bereits während seiner ersten Reise nach Blouza im Jahr 1987 nutzte er eine der ersten tragbaren Kameras, die ihn 4.000 AUD gekostet habe (IP91b). Die Videos zeigen nicht nur die Erlebnisse seiner Ehefrau (vgl. Abb. 18), als sie ihre Tante und Großmutter zum ersten Mal persönlich traf, sondern auch BewohnerInnen bei ihren alltäglichen Tätigkeiten. Er filmte Blouzaniyye, die ausgiebig Grüße an Verwandte in Sydney richteten, meist ohne ihnen jemals persönlich begegnet zu sein: „She knows my brother, my sister, she knows them all by name. She goes on for hours, I said that’s enough! (…) She even knew [the address] where they lived“ (IP91b: 382, 402).55 Zu einer Zeit, als Libanonbesuche noch eine Seltenheit waren, habe er aus sei-
Im Unterschied dazu haben Mitglieder der Gemeinschaft der Kfarsgabis von 1968 bis 2000 das Magazin AKLA News mit bis zu drei Ausgaben pro Jahr in Sydney produziert. Die enthaltenen Informationen über die Geschichte der Auswanderung, Lebensereignisse von Mitgliedern, Geschehnisse an den unterschiedlichen Orten und Vereinsaktivitäten werden heute von Einzelpersonen (z. B. IP31; IP120; IP185) verwendet, aufbereitet und mithilfe von Ausstellungen und digitalen Medien verbreitet. 55 Die detaillierten Kenntnisse erklärt sich der Media Man damit, dass in Blouza ein reger Austausch über Familienmitglieder im Ausland stattfand, der zur Unterhaltung und Verarbeitung der räumlichen Distanz beitrug: „Every single kid in the village knows ’cause they never had TV, they never had anything to do. And then the parents would always talk, let’s see, they get a letter and say, ‚Oh that’s from auntie [name] and her daughter is [name] and she was married to [name].‘ (…) And they remember them“ (IP91: 382). Ein 54
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nem über vierstündigen Material einen Film geschnitten, um die Erlebnisse in Sydney zeigen zu können.56 Während einer Veranstaltung von Blouzaniyye in Sydney habe er etwa 50 bespielte VHS-Kassetten verschenkt. Dieser Videofilm soll seiner Meinung nach ein Auslöser gewesen sein, dass auch andere Familien damit begonnen haben, nach Ende des Bürgerkriegs im Jahr 1990, in den Libanon zu reisen: „Kids and parents come up to me and say, ‚Ahh, thanks for showing me my uncle, my dad, things like that.‘ Three years, four years later, people come to me saying they went back to Lebanon because of my video, because they missed all their family“ (IP91b: 370).
Abb. 18 Die Ehefrau des Media Man mit BewohnerInnen in Blouza in den 1990er Jahren. Privatarchiv: Michael 2011
Als erster und einziger Besitzer einer portablen Kamera sei er außerdem von vielen Blouzaniyye zur Dokumentation wichtiger Feierlichkeiten eingeladen worden: „Everyone used to invite me to their weddings, ‚Could you come to that wedding and take videos?‘, ’cause no one had a video camera“ (IP91b: 13). Auch die vom Function Coordinator der ABA bzw. von Mitgliedern der maronitischen Kirche ausgerichteten Feste in Sydney und Ereignisse in Blouza habe er fortlaufend dokumentiert. Seit der im Jahr 2016 bereitgestellten Funktion von Facebook, anderen Nutzern Live-Videos zeigen zu können, greift der Media Man immer öfter auf dieses Tool zurück. Zuschauer
hohes Maß an zeitlicher Verfügbarkeit sei ebenfalls dafür verantwortlich, dass ein berufsunfähiger Mann in Sydney ein umfangreiches Wissen über Geschichten der Community akkumulieren konnte. Bezogen auf seine eigene Lebenslage erklärt der Media Man, dass er sich seit dem Frühruhestand vermehrt in Situationen begeben kann, die ihm ermöglichen, sein Wissen über Geschichten von Blouzaniyye durch Gespräche auszubauen (IP91b). 56 Die auf acht Filmkassetten gespeicherten Aufnahmen habe er mittlerweile digitalisiert. Eine Kopie der Filmdatei stellte er mir zur Verfügung. Die von ihm während einer gemeinsamen Teil-Sichtung getroffenen erklärenden Kommentare zu gefilmten Personen und Situationen fließen in die Auswertung ein.
Kollektive Identität und imaginierte Ethnizität
können durch Kommentare und Emojis Reaktionen und Empfindungen auf das Gefilmte in Echtzeit austauschen.57 Während einer Feier in Blouza im Jahr 2016 konnten seine dokumentarischen Strategien beobachtet werden. Die Geschehnisse während des 80. Geburtstag der Mutter seines Schwagers hielt er mit drei unterschiedlichen Geräten fest, darunter eine Digitalkamera, sein Smartphone und eine Videokamera.58 Anstatt mit den Gästen gemeinsam zu speisen, fotografierte und filmte er aus unterschiedlichen Perspektiven und bediente unter Einsatz beider Hände durchgehend zwei Geräte gleichzeitig (vgl. Abb. 19 M. o.) (B, 20.08.16). Zusätzlich besorgte er sich im Anschluss digitale Kopien aller Aufnahmen von anderen Personen, um Mitgliedern in Sydney eine Diashow aller Fotos präsentieren zu können. Als er die Fotos während eines abendlichen Zusammentreffens in Sydney mit Familienmitgliedern auf einem Plasmabildschirm betrachtete, entdeckte er überrascht, dass Aufnahmen mit einem iPad gemacht wurden, die in seinem Archiv noch fehlten (B: 9, 30.09.16; B, 02.10.16).
Abb. 19 Der Media Man bei der Dokumentation von Ereignissen in Blouza und Sydney. Aufnahmen: Karner 24.08.15 (l. o.), 20.08.16 (M. o.), 25.08.16 (r. o.), 27.08.16 (l. u., M. u.), 13.12.14 (r. u.)
57 Einen weiteren Film eines Blouzabesuchs habe er im Jahr 2000 gedreht, das Material allerdings noch nicht geschnitten. Er wertet es heute als wichtiges historisches Zeugnis, da viele Personen nicht mehr am Leben seien (IP91b). 58 Von anderen Personen ist bekannt, dass sie Familienmitglieder, die bei Festen nicht anwesend sein konnten, mithilfe von Skype zuschalteten (z. B. IP25; IP12). Skype war bis vor wenigen Jahren weit verbreitet, um innerhalb von Familien zu kommunizieren (Hyndman-Rizik 2014: 87 ff.). Gegenwärtig sind die Funktionen von Facebook, FaceTime und WhatsApp gebräuchlicher, um per Video zu kommunizieren.
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Seine Sammlung59 umfasse insgesamt 700.000 Fotos, die er auf zwei lokalen Servern und in einer Cloud60 speichere. Jährlich kommen zwischen 10.000 und 12.000 Fotos hinzu. Darunter seien auch zahlreiche historische Aufnahmen, die er von Dias digitalisiert bzw. von ausgeliehenen Fotos gescannt und abfotografiert habe (IP91b): „When I see a picture I take a photo, straight away“ (IP91b: 233). Fotos aus dem Libanon und für Touristen nützliche Informationen stellte er auf seiner ersten Domain für weltweite Nutzer bereit. Er habe sie www.blouza.com61 genannt, ohne zu antizipieren, dass die Webseite sich als Informationsplattform für Blouzaniyye etablieren würde (vgl. Abb. 20 oben): So, when they went to Blouza.com, then it spread around and then the president of Blouza said to me, ‚We would like to support you in the Blouza website‘ and I said, ‚No, no, no, that’s my website, I do what I want with it. You can look at it, you can give me information and I’ll put it on there for you, but it stays in my name.‘ So, it’s still registered for me, I am the one that still pays62 for it (IP91b: 58).
Die Aussage zeigt, dass er als Gründer der Webseite zunächst beabsichtigte, die Macht über die veröffentlichten Materialien und Informationen sowie die Gestaltung für sich zu beanspruchen. Nachdem Vorstandsmitglieder der ABA einen Relaunch der Webseite anstrebten, erklärte er sich im Jahr 2017 bereit, die Schreibrechte an den Sohn des vorgestellten Innovators zu übergeben. Als Grafikdesigner verfüge er über die notwendigen Fachkenntnisse und sei mit der Aufgabe betraut worden: „His father pushed him. He did this as a favour to his father ’cause his father keeps saying, ‚My children wouldn’t do anything for Blouza‘“ (IP91b: 52). Die umgestaltete Webseite (vgl. Abb. 20 unten) ist als zentrales Informationsmedium für Blouzaniyye weltweit vorgesehen: 59 In den USA scheiterte das sogenannte Blouza Archive Project zur Rekonstruktion der Geschichte von Blouzaniyye in New England (Toney 2013c), obwohl Leser der Dringlichkeit zustimmten: „My generation is the last one that knows all the stuff. See you at the Hafle [arab. for party]“ (Toney 2013d). Der Autor des Blogs hatte im Jahr 2013 erfolglos dazu aufgerufen, Fotos und Briefe zu den Reunions mitzubringen, um diese scannen zu können (Toney 2013d): „I thought I’ll write down some histories and I’ll scan photos and nobody brought anything. Nobody wanted to help me at all“ (IP177: 33). Derartige systematische Dokumentationsversuche wertet Rowe (2010: 43) als neuartige Form der Wissensgenerierung. Auch im Rahmen der Veranstaltung Celebration of Lebanese Cuisine and Music wurden Gäste nach historischen Daten ihrer Familien, Orten der angenommenen Herkunft und Erinnerungen früherer organisierter Treffen von LibanesInnen in den USA gefragt: „This action acknowledges an embodied aspect of Lebanese cultural knowledge, but directs it toward a new output: a one-off record keeping moment as opposed to repeated transmission of knowledge through direct contact, oral explanations, and demonstrated acts over time“ (Rowe 2010: 43). 60 Vor der Kommerzialisierung des World Wide Web in den 1990er Jahren richtete er ein sogenanntes Bulletin Board System bzw. Rechnersystem ein, das er zur Archivierung von Fotos, Dokumenten und Texten nutzte (IP91b): „Basically, that was my backup or storage, and just learning how to do it all“ (IP91b: 41). 61 Zur Erstellung der Webseite und zur Animation des Schriftzugs BLOUZA auf der Startseite erlernte er mühevoll die Skriptsprache: „It was just very complicated and it took me ages and ages“ (IP91b: 63). 62 Für die Domain habe er früher bis zu 1.700 AUD jährlich bezahlt. Heute koste sie nur noch 200 AUD (IP91b).
Kollektive Identität und imaginierte Ethnizität
Abb. 20 Die alte und neue Startseite der Webseite www.blouza.com. Screenshots: 01.03.17 (oben); 09.10.19 (unten)
„We trust the website will continue to be the central source of the latest information and developments in the Australian and overseas Blouza communities“ (ABA 2017a). Kontaktanfragen werden unverändert vom Gründer der Domain bearbeitet, der auch die Kategorie Blouza Media63 verwaltet. Mitglieder werden aufgerufen, jegliche Art von Informationen an ihn zu senden. Die Medienseite zählte im Oktober 2019 insgesamt knapp 3.900 BesucherInnen (ABA 2019a). Im Jahr 2011 richtete er einen YouTube Kanal namens BlouzaTV ein. Bislang hat er neun in Blouza aufgenommene Kurzvideos über Arbeiten (z. B. Hausbau, Straßenbau) und Zeremonien (z. B. Beerdigungen, Feste), die bis in die 1960er Jahre zurück reichen, hochgeladen (ABA 2011b). Dazu digitalisierte er die von anderen Blouzaniyye
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Sortiert nach Jahren und Ereignissen sind 5.503 von ihm aufgenommene Fotos und 76 Videos verfügbar.
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zur Verfügung gestellten Super 8 Filme dank der technischen Möglichkeiten an seinem Arbeitsplatz.64 Auf Anfrage von Vorstandsmitgliedern produzierte er außerdem einen Film für die 50-Jahrfeier65 des Vereins. Für diesen nahm er Zeitzeugen in Sydney auf, die von ihren Migrationserfahrungen erzählten.66 Wie auch für viele andere Orte im Wadi Qadisha, gibt es seit 2015 mehrere Drohnenaufnahmen von Blouza. Ein jugendlicher Blouzaniyye hat diese gemeinsam mit einem Fotografen produziert, mit romantischer Hintergrundmusik unterlegt und auf YouTube67 hochgeladen. Bei der Weihnachtsfeier in Sydney im gleichen Jahr wurden die Videos auf einer großen Leinwand vorgeführt. Derartige Aufnahmen werden vom Media Man als neue Möglichkeit angesehen, die jahreszeitliche Dynamik der Landschaft und bauliche Veränderungen in Blouza zu dokumentieren. Er habe seinen Neffen zweiten Grades daher um Folgendes gebeten: „Do one good video every year. It’s just history, it’s like what’s changed in our village. Ok? And I’m willing to give you 1,500 to 1,600 dollars“ (IP91b: 118). Zu den früheren Versuchen, den Ort zu dokumentieren, zählt eine handgezeichnete Karte (vgl. Abb. 21) der Haupt- und Nebenstraßen, Häuser und markanten Reliefgrenzen aus dem Jahr 1992. Die Karte ziert den Flur eines Wohnhauses in Blouza, das als eines der wenigen das gesamte Jahr über von einer älteren Dame und ihren beiden Töchtern bewohnt wird. Die Karte hat der bereits verstorbene Familienvater gezeichnet und den Gebäuden Namen zugeordnet, deren Familien mehrheitlich im Ausland leben. Verzeichnet sind auch die Stockwerkzahl und die Anzahl der talseitigen Fenster. Weitere Blouzaniyye in Sydney befassen sich mit der Dokumentation von Ereignissen, fokussieren ihre Arbeit jedoch hauptsächlich auf ihre eigene Großfamilie. Eine Person, die für den Seniors’ Lunch und den elektronischen Newsletter (NL) verantwortlich ist, aktualisiert einmal jährlich ein Faltblatt mit den Geburts- und Sterbedaten aller Nachfahren seiner Eltern. Im Jahr 2014 umfasste die Liste 154 Personen, darunter EhepartnerInnen und 57 Enkelkinder. Das Faltblatt trägt den Titel „A Century of Children“ und wird auf der Weihnachtsfeier jedem Familienmitglied ausgehän-
Auf dem US-amerikanischen Blog sind editierte Videos ehemaliger Blouza Reunions, ein Video einer Hochzeit aus dem Jahr 1970 sowie 17 Reunion Gruppenfotos abrufbar (Toney 2017b; Toney 2018). 65 Zum Anlass des 50-jährigen Bestehens des Vereins sollten die bisherigen Präsidenten des Vereins während der Feier gewürdigt werden (ABA 2003b). Aufgrund fehlender Dokumentation wurden die Mitglieder aufgefordert, Informationen für die Erstellung einer Liste aller Präsidenten bereitzustellen: „We are putting together a detailed list of past presidents and the years in which they served. We are looking for your help to compile this list. If you are a past president or know any who served and the year, please contact [name]“ (ABA 2003c). Die gesammelten Informationen sind heute auf der Webseite der ABA zu finden (ABA 2017d). 66 Der Verein habe die Absicht gehabt, diesen Videofilm an Mitglieder zu verteilen. Eine Firma habe den Film allerdings in mangelnder Qualität vervielfältigt, sodass er nicht ausgegeben wurde (IP91b). 67 Drei Videos erzielten zwischen 940 und 4700 Aufrufe innerhalb der letzten vier Jahre (Takchi 2016). 64
Kollektive Identität und imaginierte Ethnizität
digt (B, 21.12.14). Anlässlich des Todes seiner Mutter im Jahr 201068, fertigte er einen 64-seitigen Gedenkband mit dem Titel „A life lived to the full. The joys of caring and sharing“. Das Heft enthält untertitelte Fotos, biographische Informationen, Lebensweisheiten, Rezepte der Alltagsgerichte und Informationen zu den ehrenamtlichen Initiativen der Verstorbenen. Anhand von aufgedruckten Nummern wird notiert, wer eine Kopie erhalten hat (z. B. Nr. 167 an M. Karner) (IP109b).
Abb. 21 Rekonstruktion der Familienhäuser im Dorf Blouza. Aufnahme: Karner 26.10.17
Das erste historische Buch über ‚Blouza während des Ersten Weltkrieges‘ publizierte eine außenstehende Person im Jahr 2014. Es sei eines von fünf Büchern des Qannoubine Vereins über die prekären ökonomischen und sozialen Lebensbedingungen im Wadi Qadisha, die zunehmende Auswanderung und die Situation der maronitischen Kirche. Verfasst wurde es von einem Historiker, der in Diman lebt (Arab 2016). Zuvor veröffentlichte der Autor gemeinsam mit anderen Herausgebern, darunter der Bischof der maronitischen Eparchie in Australien, hochwertig produzierte Bildbände in englischer Sprache für die maronitische Kirche (Tarabay und Arab 2008; Tarabay et al. 2014), die für AuslandslibanesInnen gedacht sind (IG, 30.07.14). Der Band über Blouza wurde, wie die anderen Werke dieser Reihe, auf Hocharabisch verfasst und verfügt über wenige Schwarz-Weiß-Fotos. Die im Werk abgedruckten historischen Fotos stammen aus Sammlungen von Personen, die in Sydney leben. Dazu zählen Fotos des Gründers der privaten Facebook-Gruppe RELATIVES, der viele seiner Bilder für Mitglieder in Online-Alben bereitstellt, sowie einige vom Media Man archivierte Aufnahmen. An beide wurde die Anfrage des Autors über den vorgestellten Middleman, der wie der Autor für die ma-
68 Die Idee zu dem Band kam auf, als er anlässlich ihrer Beerdigung Fotos ausgedruckt habe und viele Familienmitglieder Kopien der Bilder anfragten (IP109).
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ronitische Kirche arbeitet, herangetragen. Sie seien der Bitte unmittelbar nachgekommen, zeigen sich jedoch bei Durchsicht der Publikation wenig beeindruckt. Einerseits werden bei den verwendeten Fotos keine Quellen genannt, andererseits wurde keinerlei verfügbares Wissen zu den Aufnahmen bei BewohnerInnen eingeholt. Das Buch sei nicht nur unvollständig, sondern von sensiblen Informationen69 über Familien durchzogen (IP170a): The books they did in Lebanon were done in Arabic. They’ve taken a lot of his photos and things, but they haven’t written who they are and haven’t got enough information on them. I said to the man, ‚This is not any good to all of us. You’re trying to get us to buy it? You’ve got to do it in English‘ (IP170a: 244).
Von BesucherInnen aus dem Ausland wird bedauert, dass der Band keine englische Übersetzung enthält. Trotzdem kauften zahlreiche in Sydney lebende Blouzaniyye am 24.08.16 das Werk, als es während des jährlichen Mar Saba Festes in Blouza feierlich vom Autor in Anwesenheit eines maronitischen Bischofs vorgestellt wurde. Es habe aufgrund der Fotos von Häusern ihrer Familien ihr Interesse geweckt. Als erste Publikation70 über Blouza sei es wertvoll, auch wenn viele die arabische Schrift nicht lesen können. Sie planen, sich den Text von Verwandten übersetzen zu lassen (B, 24.08.16). 2.1.2
Erfassung und Verbreitung von Narrativen: „He’s telling me story after story“
Unter den Blouzaniyye in Sydney zählt der sogenannte Media Man zu den wenigen Personen mit ExpertInnenwissen über die Geschichte der Gemeinschaft.71 Seine Fähigkeit, Geschichten zu (re-)produzieren, ohne sie aufgeschrieben zu haben, erklärt
69 Ein Beispiel für sensible Informationen ist eine abgedruckte Tabelle mit Namen über noch ausstehende Zahlungen an den Patriarchen (IP170a). Vor diesem Hintergrund erkundigte sich die Financial Person, kurz nachdem das Buch von Arab (2016) veröffentlicht wurde, bei der Autorin, wie sie mit derartigen Informationen umgehen wird. Mit folgender Rückmeldung waren alle Anwesenden der monatlichen Vorstandssitzung einverstanden: Alle Aussagen werden anonymisiert wiedergegeben und Kürzel bei kritischen Aussagen mit IP00 vereinheitlicht, damit sie von Mitgliedern nicht mittels Querbezügen auf bestimmte Personen zurückgeführt werden können (B, 06.10.16). Der Einwand spiegelt wider, dass Führungspersonen versuchen, Veröffentlichungen sensibler Informationen und damit verbundene potenziell unerwünschte Effekte zu verhindern. 70 Mit Blick auf Sydney erklärt Batrouney (2010: 88), dass VertreterInnen das Schreiben von Büchern über die eigenen religiösen Gemeinschaften befürworten. Texte festigen nicht nur das kollektive Gedächtnis der Mitglieder, sondern machen der australischen Gesellschaft die Geschichte der Community zugänglich. 71 Dies trifft auf mindestens drei weitere Mitglieder zu, darunter der genannte LKW-Händler und ein 103 Jahre altes Mitglied: „You could actually sit down with him now and he’ll tell you about what happened in Blouza back in the days when we used to have cotton“ (IP101: 195). Gemeint ist die Seidenraupenzucht, die im Wadi Qadisha landschaftsprägend war (Wirth 1965: 270). In Easton organisierte ein Kfarsghabi im Jahr 2016 eine Podiumsdiskussion, bei der sich Mitglieder über die Geschichte der Community austauschten. Das Event wurde filmisch dokumentiert (IP151; Karner und Escher 2019: 72).
Kollektive Identität und imaginierte Ethnizität
er mit seiner persönlichen Neugier: „Mainly it’s memory. Like, I am not a historian, it’s just my own curiosity“ (IP91b: 94). Er zieht selbst nicht in Erwägung, eine Niederschrift über die Geschichte von Blouza zu verfassen, da er seine Interessen und Talente ausschließlich in der Dokumentation, Digitalisierung und mündlichen Weitergabe verortet.72 Wie er sich Narrative der Gemeinschaft aneignet, zu welchen Gelegenheiten er diese mit anderen teilt und welche Hilfsmittel er einsetzt, wird nun in genannter Reihenfolge geschildert. Derzeit nutzt er drei Hauptquellen, um neue Informationen zur (Re-)Konstruktion der Geschichte der Blouzaniyye zu erhalten. Eine Quelle sei ein LKW-Händler, der Geschichten über Blouzaniyye von seinem Vater, der ein unvergleichliches Repertoire an Erzählungen akkumuliert hatte, erfahren habe. Bei den morgendlichen Autofahrten zu dessen Betrieb, für den der Media Man seit seinem Frühruhestand den Onlineshop betreut, erzähle der LKW-Händler unaufhörlich Geschichten (IP91b): Every morning he is like a radio. He’s telling me story after story. (…) All stories about Blouza here, because his (…) father was very well respected and (…) he had a sore back and he couldn’t work anymore so he was at home during the day. And then, he had a lot of people that turned up every day (…) and talked about the old times and would be listening to him. (…) His parents would tell stories and they had nothing to do. They had no television, no iPhones, iPads, things like that. (…) He remembers all these stories and who did what and what this guy did and what affairs people had, and there was a couple of murders in Blouza too, who killed who and what conflicts they had. And they had all these little stories. (…) I get a story every morning and, believe me, I am the person that really enjoys them and I request that story to be told to me again so that I can listen to them again (IP91b: 45, 46).
Als zweite Quelle für Informationen nutze er die Erzählungen von Blouzaniyye im Libanon. Er erfreue sich daran, über seine Verwandten eine stärkere Verbindung zu seinen „Wurzeln“ aufzubauen: „I enjoy my relatives … And I got a house. (…) It’s the ties with my grandparents, my uncle, my relatives, that brings me back here. I just – like I said – I have this thing that sort of grabs you and says, ‚This is where you’re from, your roots‘“ (IP91b: 55). Im Gegensatz zu seinen jährlichen Aufenthalten im Sommer, in denen er viel Zeit mit AustralierInnen verbringe, erfreue er sich während seiner Besuche im Winter73 an den Geschichten der BewohnerInnen, um Informationen über die Lebensweisen, Gepflogenheiten sowie saisonalen Besonderheiten zu erfahren:
72 Im Rahmen der Interviews betont er mehrfach, dass er meine Studie unterstütze, da die damit verbundene Verschriftlichung weder seiner Leidenschaft, noch seiner Begabung entspreche (IP91b). 73 Bereits im Jahr 1992 besuchte er Blouza im Winter, wie ein Fotoalbum zeigt, das er im November 2017 bei Facebook hochgeladen hat (FB_IP91b).
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In my winter holidays I spend a lot more time with people from here, that’s why I come twice. I do a Blouza trip and an Aussie-Blouza trip, because these last two years that I’ve come I’ve spent time in Blouza on my own. I’ve been going around to everyone’s house and just walked around more and just socialised more with the villagers (…). I spent a lot of time with the locals and I basically like to find out how they used to work, what they used to do, what they did. (…) They tell me stories like, ‚People used to fight over that tree (…), because it has a particular flower on it. That flower, you use that to make a tea, and (…) now it just falls on the ground.‘ (…) But these are stories you won’t hear in summer because, if you come here for different seasons and periods in Lebanon, they can actually point things out to you that you don’t see in summer, or in a period where you’ve got a lot more Australian friends here that actually socialise with you (IP91b: 90–91).
Als dritte Informationsquelle liefern ihm historische Fotos, gesammelte Dokumente und Artefakte Informationen über Lebensweisen und kulturelle Praktiken. Ein Beispiel ist ein Foto seines Vaters aus dem Jahr 1986. Zu erkennen ist, dass damals Frauen in den hinteren Reihen der Kirche gesessen haben, damit die Männer, seiner Interpretation zufolge, nicht abgelenkt würden (IP91b). Ist er im Libanon von im Ausland lebenden BesucherInnen umgeben, lässt er nach eigenen Beobachtungen keine Gelegenheit aus, um dieses angeeignete Wissen weiterzugeben. Er begeistert die ZuhörerInnen mit Legenden zu maronitischen Heiligen, historischen Erklärungen und kuriosen Detailkenntnissen74, die er anschaulich und angepasst an das jeweilige Hintergrundwissen der Beteiligten schildert. Oftmals liefert er Anknüpfungspunkte zu maronitischen und Blouza-spezifischen, aber auch australischen Identitätselementen, wie die nachfolgenden Schilderungen erkennen lassen. Seine rhetorischen Fähigkeiten zeichnen sich dadurch aus, dass er direkte Rede verwendet, dabei die Stimmlage an den entsprechenden Charakter anpasst, eine leicht verständliche Sprache wählt, ausschmückende Details integriert und zum Abschluss in der Regel eine Pointe bereithält. Die folgende mythische Geschichte zur Bedeutung von Familiennamen, die er in nahezu identischem Wortlaut BesucherInnen in Blouza erzählte (B, 22.08.16), konnte im Rahmen eines Gesprächs aufgezeichnet werden: His name was Younis … Well, he fell off when he was cutting the timber. When he was cutting the timber, he fell off there. Now, the people that could just about hear him are the people across in Diman. They can hear him yelling out, ‚Wooohhh somebody help me, woooooohhh.‘ And then the people in Diman would call back to Blouza, because the village is up here and say, ‚Do you have somebody from the Wow family, because he keeps yelling?‘ They said, ‚What are you talking about?‘ And they said, ‚Down there by the bot-
Bei einem Gang über den Mar Sarkis Friedhof erklärt er den australischen BesucherInnen, dass es Familiengräber in Form von Mausoleen und Gemeinschaftsgräber gebe. Humorvoll macht er auf herumliegende Schädel in der Nähe des Beinhauses aufmerksam (B, 28.08.16).
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tom.‘ So they walked down and they heard him. So, from then on, he was named El-Wow and his family, all his descendants became El-Wow. So that’s how they got their family [name] changed. And the Takchi family, their great-grandfather was a shepherd, and when they walked through the village, [it made the sound] tack, tack, tack, tack, tack. When the sheep were following and that’s how they became Takchi.75 So the Takchi, the El-Wow and the Younis are all one family (IP91b: 175).
Auch macht er die BesucherInnen mit der Umgebung von Blouza vertraut, indem er sie zu lokalen kulturellen Sehenswürdigkeiten und Naturstätten führt bzw. mit seinem Geländewagen76 chauffiert. Zu den Orten, die er wiederholt mit unterschiedlichen Gruppen pro Saison besucht, zählen das Mar Antonius-Kloster Quzhaya, wo der ehemalige Patriarch, der angeblich in Blouza aufgewachsen sei, begraben ist, der Mar Elias Schrein und die Grotte Mar Barbara77 in Blouza sowie der Zedernwald und der höchste Punkt des Libanon al-Qurnat as-Sawda‘, der nur über eine unbefestigte Straße zu erreichen ist. Die Fahrten werden von ihm als Abenteuer inszeniert. Er fährt Umwege, schildert eigene Grenzerfahrungen und berichtet von einer vier Meter hohen Schneedecke, die er während seiner Erkundungsfahrten78 im Winter mancherorts gesehen habe. In Abhängigkeit von Lokalität und Situation erzählt er passende Geschichten79, die von den interessierten Zuhörern auf emotionale Weise mit Gefühlsausdrücken, Nachahmungspraktiken und Dankesworten gewürdigt werden. Zur Visualisierung verwandtschaftlicher Beziehungen nutzt er eine Smartphone-Applikation, mit der er ad hoc in den Stammbaum der Blouzaniyye zoomen kann. Zu sehen sind nicht nur Namen und Daten, sondern auch Portraitfotos von Personen. Das Werkzeug wird als nützliche, scheinbar objektive Informationsquelle eingestuft (B, 19.08.16–31.08.16) (vgl. Abb. 22 2. v. r.).
75 Seine Ehefrau stellt in der Facebook-Gruppe ihrer Familie folgende zwei Versionen der Namensherkunft vor: „1. About the big shoes; 2. As a shepherd, they used to round the goats/sheep with a sound of ‚Tak Tak chi‘ hence forth the name … not sure which one is correct“ (FB_IP91a, 31.10.11). 76 Anstatt wie früher einen Mietwagen für mehrere Monate zu bezahlen, kaufte er sich im Jahr 2015 einen SUV (Sport Utility Vehicle) mit sieben Sitzplätzen, den sein Onkel in Barsa nahe Tripoli während seiner Abwesenheit nutzt (IP91b). 77 Dabei handelt es sich um eine Kulturerbestätte in Blouza, die in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts errichtet wurde und sich im Kliff auf halber Höhe zum Talboden befindet (ABA 2016a). 78 Er gibt an, der erste Blouzaniyye zu sein, der auf den höchsten Berg gefahren sei: „No one has ever been there in our village. (…) And then I started taking groups of people up there“ (IP91b: 673). 79 So erzählt er einer Jugendlichen namens Marina in der Kapelle von Mar Marina (vgl. Abb. 22 2. v. l.) die Legende der Heiligen: Marina, die von ihrer Mutter verlassen wurde, sei ihrem Vater als Junge verkleidet ins Kloster gefolgt. Marina habe dort als Mönch Marinos gelebt, ohne dass ihr biologisches Geschlecht bekannt wurde. Eines Tages habe man sie beschuldigt, ein uneheliches Kind gezeugt zu haben. Aus dem Kloster verstoßen, habe sie für das Kind gesorgt. Erst nach ihrem Tod sei ihr Schicksal bekannt geworden (IP91b).
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Mehrere Jahre organisierte er eine etwa 90-minütige Wanderung zum Ausflugsrestaurant Abou Joseph80, an dem mehrheitlich in Sydney lebende Blouzaniyye teilnahmen. Während des steilen Abstiegs berichtet er, wie vermeintliche Vorfahren mehrmals täglich ins Wadi Qadisha gegangen seien, um Holz zu beschaffen. Dies bewegt einige Jugendliche dazu, den Aufstieg zurück nach Blouza, für den ein Transport organisiert wurde, zu Fuß zu bewältigen. Sie geben an, die Anstrengungen ihrer Vorfahren nachempfinden zu wollen.81 Auf dem Weg ins Tal plant der Media Man jedes Mal ein Gespräch mit dem vermeintlichen kolumbianischen Eremiten Dario Escobar ein, dessen Eremitage (Saydet Hawqa) mit touristischen Hinweisschildern ausgewiesen ist. BesucherInnen versucht er, dessen angebliche Biographie und abgeschiedene Lebensweise eindrucksvoll näher zu bringen. Er bedient sich dabei an den für Touristen aufbereiteten sonderbaren Geschichten über Dario, die er in Online-Medien nachgelesen hat: Der Eremit sei ein Verwandter des Drogenbarons Pablo Escobar: Er verlasse die Ermitage nur zum Gedenktag des Mar Antonius und wisse über alle Weltereignisse nur durch den Austausch mit Gästen Bescheid, die ihn vorwiegend im Sommer aufsuchen. Erst seit einem Jahr verfüge er über einen Telefonanschluss für medizinische Notfälle und schlafe auf einer dünnen Strohmatte mit einem Stein als Kissen (B, 23.08.17, 27.08.16).82 Abgesehen davon organisiert der Media Man Tagesausflüge nach Baalbek, Zahle, Tripoli, Miziara, Jbeil (Byblos), Jounieh/Harissa, Tannourine, Beirut, Saida (Sidon), Sour (Tyros) etc. Er nutzt seinen eigenen SUV oder mietet kurzfristig einen Kleinbus an, wenn sich viele Personen aus dem Ausland und Blouzaniyye, die im Libanon leben, anmelden. An den Orten übernimmt er die Rolle eines Touristenführers und wird von TeilnehmerInnen entsprechend anerkannt, wie folgender Facebook-Post exemplarisch zeigt: „Exploring the ancient city of Byblos and yet another amazing view. 6 %) haben folgende Stadtteile: Punchbowl (8,5 %), Merrylands (East) (8,3 %), Merrylands (Central) (8,0 %), South Wentworthville (8,0 %), Oatlands (7,9 %), 216 217
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rung220 allerdings deutlich höher. In Granville wo sich die Blouza Hall befindet, lebten im Jahr 2016 5,6 Prozent Maroniten und 22,0 Prozent Muslime. Das Gebiet grenzt im Süden an einen Stadtteil (South Granville – Chester Hill) mit 3,7 Prozent Maroniten und 47,4 Prozent Muslimen an (idcommunity 2016c). Die hohe Präsenz muslimischer BürgerInnen wird als Charakteristikum von Granville hervorgehoben: „Did you notice there are a lot of Muslims in Granville?“ (IP108: 383). Ein Maronit nimmt die räumliche Differenzierung zwischen dem Süden und Norden wie folgt wahr: „There are two areas actually; my area [Parramatta] and another area where the mosque is. The Muslims all stay there, the Christians stay on this side around the church. And that’s the biggest church. Lady of Lebanon“ (IP58: 448). Eine radikalere Metapher verwendet der Präsident einer anderen Association und verweist auf die Konkurrenz unter maronitischen und muslimischen Lebanese Australians: „So, there’s a lot of competition here in this area, you know, in Granville, Guildford, Merrylands. This is the green line221, if you wanna put it that way. And we’re in competition with the Muslims“ (IP00: 429). Orte, an denen Personen unterschiedlicher Konfessionen in Interaktion treten, sind insbesondere öffentliche Schulen, Versorgungs- und Freizeiteinrichtungen und der öffentliche Raum (IG, 21.08.16; IG, 06.10.16; IP112). Das heutige Zentrum222 der maronitischen Kirche befindet sich in Harris Park, wo die Our Lady of Lebanon Ko-Kathedrale im Jahr 1972 als erste Kirche in einem westlichen
Guildford West – Woodpark – Smithfield (7,7 %), Guildford (East) (7,6 %), Belfield (7,5 %) und Merrylands West (6,3 %) (idcommunity 2016c; idcommunity 2016d). 220 In Lakemba, wo sich seit den frühen 1960er Jahren die erste Moschee der Sunniten befand und auf dessen Grundstück im Jahr 1976 die Imam Ali Moschee fertig gestellt wurde (Humphrey 2001: 564), beträgt der Bevölkerungsanteil von Muslimen 59,1 Prozent. In folgenden Stadtteilen mit einem hohen Anteil an Personen mit einer Lebanese Ancestry leben ebenfalls überdurchschnittlich viele Muslime. Des Weiteren ist die Anzahl an Moscheen und Gebetszentren höher: Wiley Park (50,4 %), Auburn (South) (44,0 %), Greenacre – Mount Lewis – Chullora (41,6 %), Auborn (North) (39,9 %), Guildford (East) (37,4 %), Punchbowl (35,6 %), Bankstown CBD (32,2 %) und Villawood (29,7 %) (idcommunity 2016c; idcommunity 2016e). Im südlichen Stadtteil Arncliffe befindet sich seit 1983 die Al-Zahra Moschee der Schiiten, wo 19,9 Prozent der Bevölkerung muslimischen Glaubens sind (idcommunity 2016f). Darunter geben nur rund ein Fünftel der Muslime eine Lebanese Ancestry an und etwa ein Viertel eine andere arabische Ancestry (Betts und Healy 2006: 24, 27). Im Jahr 2018 leben in Australien Schätzungen zufolge 373.270 Personen, die in einem arabischen Land geboren sind, darunter 94.830 Personen im Libanon, 87.750 im Irak, 71.390 im Iran, 46.230 in Ägypten, 28.760 im Sudan, 27.490 in Syrien und 14.420 Personen in Saudi Arabien (ABS 2018). 221 Die Green Line war die während des libanesischen Bürgerkriegs durch Beirut verlaufende Frontlinie. Sie trennte die überwiegend muslimischen Gruppierungen im Westen vom christlich dominierten Osten. 222 Die erste maronitische Kirche St. Maroun wurde 1897 in Redfern eröffnet, wo sich einige libanesische Unternehmer mit Warendepots und Produktionsstätten entlang der Elizabeth Street niedergelassen hatten (Batrouney 1992: 421 ff.). Als Antwort auf die White Australia Politik, die von den 1880er bis in die 1920er Jahre bestimmend war, wechselten viele EinwanderInnen der ersten Generation ihre religiöse Zugehörigkeit von der maronitischen Ostkirche zu einer anglikanischen oder lateinischen Kirche (Westkirche). Manche kaschierten oder leugneten ihre ethnische und religiöse Identität und gaben eine mediterrane Herkunft an (Batrouney 2006: 56 f.), da sich die nationalistischen, imperialen und rassistischen Ideologien gegen alle nicht-europäischen MigrantInnen richteten. Die Bevölkerung Australiens hatte eine ökonomische Depression zu überwinden und hatte sich in den letzten 30 Jahren des 19. Jahrhunderts aufgrund des
Orte der Kommunikation und Treffpunkte
Vorort Sydneys geweiht wurde.223 Das Our Lady of Lebanon Maronite Catholic Parish (OLOL) ist heute mit 30.000 Mitgliedern und über 18 Komitees die größte maronitische Kirchengemeinde in Australien (OLOL 2013a). Darüber hinaus gibt es acht weitere Kirchengemeinden in New South Wales (NSW), die zur maronitischen Eparchie in Australien gehören. Um für die Jugend attraktiver zu werden, wurden seit den 1980er Jahren nicht nur Heilige Messen auf Englisch erfolgreich eingeführt (IP122), sondern im Jahr 2012 auf einer Fläche von 3.000 Quadratmeter das OLOL Community Youth and Pastoral Centre neben der OLOL Ko-Kathedrale eröffnet (OLOL 2013b). Für viele Jugendliche und junge Erwachsen, die in der maronitischen Kirche aktiv sind, hat die Blouza Hall keine zentrale und exklusive Bedeutung mehr als Ort der Interaktion mit Gleichaltrigen, wie dies bei der Generation ihrer Eltern in den ehemaligen Vereinsgebäuden der Fall war (B, 20.12.15; IP106). Zudem gewinnt die maronitische Kirche durch die Eröffnung von Schulen224 an Bedeutung, wo Kinder nicht nur Arabisch lernen, sondern laut Überzeugung der Eltern ihnen auch libanesische Werte und Traditionen vermittelt werden (IG, 01.09.14). Hinzu kommen Einrichtungen wie eine Vorschule, Kindertagesstätte und Altenpflegeeinrichtung, die wie die Schulen von maronitischen Ordensschwestern geleitet werden, die seit 1968 in Sydney leben (vgl. Karte 2b). 3.2
Der lebensweltliche und imaginierte Identifikationsort Blouza
Der Ort Blouza liegt etwa 1.300 Meter über dem Meeresspiegel auf der Talschulter des Wadi Qadisha (vgl. Abb. 42) (Michael 2007). Die Entfernung nach Tripoli, der zweitgrößten Stadt des Landes, beträgt 42 km und zur libanesischen Hauptstadt BeiGoldrauschs in NSW und Victoria und der Zuwanderung aus China und Asien verdoppelt (Batrouney 2006: 52 f.). Im Sinne der Überzeugung „Australia for the Australians“ (Jupp 2002: 7 ff.) wurden mit dem Immigration Restriction Acts von 1901 Kenntnisse einer europäischen Sprache zur Einreise erforderlich. Der Naturalisation Act von 1903 erkannte Asiaten und anderen Nicht-Europäern das Recht auf Einbürgerung ab. Personen aus dem Bilad al-Sham wurden aufgrund der regionalen Lage als Asiaten klassifiziert, seien jedoch inoffiziell von Regierungsvertretern als eher europäisch angesehen worden. Ein Grund dafür waren ihre Kenntnisse europäischer Sprachen (Batrouney 2006: 54), die sie unter anderem in Bildungseinrichtungen von angelsächsischen und amerikanischen Missionaren erlernt hatten (Escher 2006: 56; Khater 2017). Mit dem Nationality Act von 1920 konnten ZuwandererInnen, die für fünf Jahre in Australien lebten, die Staatsbürgerschaft erhalten, das Wahlrecht blieb ihnen verwehrt (Batrouney 2006: 55). 223 Mitglieder der zweiten Einwanderergeneration, die die maronitische Kirche nicht aus dem Libanon kannten, besuchten St. Maroun nur selten und zogen lateinische Kirchen vor (Azize 2015). Im Zuge der zweiten Einwanderungsphase von LibanesInnen nach Australien (1947–1976) wurde St. Maroun renoviert und neue maronitische Kirchen im Westen Sydneys gegründet (McKay und Batrouney 2001: 558). 224 Das im Jahr 1973 gegründete Maronite College of the Holy Family (MCHF) wird fast ausschließlich von Kindern mit einer Lebanese Ancestry besucht und bietet obligatorisch arabischen Sprachunterricht an (MCHF 2016: 3 ff.). Seine im Jahr 1970 eröffnete Schwesterschule St. Maroun’s College verfolgt einen multikulturellen Ansatz mit heterogener Schülerschaft (St. Maroun’s College 2015). Das im Jahr 1984 vom libanesisch-maronitischen Orden gegründete St. Charbel’s College hat im Gegensatz dazu fast ausschließlich Schüler, in deren Familien unter anderem Arabisch gesprochen wird (St. Charbel’s College 2015).
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Die neo-diasporische Gemeinschaft der Blouzaniyye
rut 106 km. Bei durchschnittlichem Verkehrsaufkommen bedeutet dies eine Fahrtzeit von einer Stunde nach Tripoli und drei Stunden nach Beirut. Die Bevölkerungszahl wird gegenwärtig auf rund 350 bis 500 geschätzt (IP162; ABA 2016a). Die Anzahl der tatsächlichen BewohnerInnen in Blouza schwankt saisonal stark. Ein Besucher, der in Sydney lebt und alle Haushalte in Blouza im Jahr 2013 besuchte, zählte während der Sommermonate, zur Zeit der dreimonatigen Sommerferien libanesischer Bildungseinrichtungen, 295 Personen vor Ort. Weitere 95 Personen, die im Libanon wohnen, besuchen den Ort während des Sommers im Rahmen von Kurzaufenthalten (IP18). In der übrigen Zeit des Jahres wohnen etwa 60 bis 70 Personen dauerhaft in Blouza (IP101; IP95b). Der Großteil der Blouzaniyye im Libanon lebt in den Orten Jounieh, Kferzayna, Majdalaiya, Sebaal, Sad El Baouchriyeh (Beirut) und Jbeil (Byblos). Hintergründe dafür sind berufliche Tätigkeiten, die schulische bzw. universitäre Ausbildung, eine bessere medizinische Versorgung und das wärmere Klima in Küstennähe.225 Zu religiösen Gedenktagen, Festen, Familienfeiern und Beerdigungen fahren viele der temporären BewohnerInnen im Rahmen von Tages- und Wochenendausflügen nach Blouza.
Abb. 42 Panoramabild des Dorfes Blouza. Aufnahme: Michael 2015
Als wichtigstes kulturelles Erbe von Blouza gilt die im 19. Jahrhundert erbaute Kirche Mar Saba, die im Jahr 1900 und 1990 umfangreich renoviert wurde und im Jahr 2002 einen neuen Kirchturm erhalten haben soll (ABA 2017i). Auf der gegenüberliegenden Seite des Kirchplatzes, dem zentralen Feierplatz des Ortes, befindet sich der zweistöckige Gemeindesaal neben dem Gesundheitszentrum des Roten Kreuzes. An der 225 Auf die saisonale Mobilität bzw. Wintermigration weist auch Wirth (1965: 275) hin und spricht von „Winterfrischeaufenthalten in libanesischen Küstenstädten“. Eine Besonderheit der Bergorte Ehden und Kfarsghab sind deren Siedlungen an der Küste, in denen ein Großteil der BewohnerInnen außerhalb der Sommermonate in direkter Nachbarschaft lebt. Im Fall von Ehden/Zgharta haben viele Geschäftstreibende Räumlichkeiten für ihren Betrieb an beiden Orten, die im saisonalen Wechsel geöffnet werden. In Miziara leben die Familien ganzjährig und fahren nur gelegentlich zu besonderen Anlässen in den historischen Bergort Sawaqi (vgl. Karte 1).
Orte der Kommunikation und Treffpunkte
oberhalb des Ortes verlaufenden Landstraße findet man zwei Restaurants226, einen Manouche Imbiss, eine Tankstelle und einen Treffpunkt für Jugendliche. Für den wöchentlichen Einkauf nutzen die Anwohner die Supermärkte und Geschäfte im sieben Kilometer entfernten Bcharre bzw. in Ehden. Mobile Händler, die Gemüse, Fisch und Lebanese Sweets verkaufen, kommen mehrmals wöchentlich mit einem Kleinbus in den Ort (B, 30.08.16; FB_ABA, 27.08.19). Seit 2019 weist der Schriftzug „BLAWZA“227, der in großen roten Buchstaben entlang der Landstraße aufgestellt wurde, Vorbeifahrende auf den Ort hin (FB_ABA, 06.08.19). Der Media Man hat das Flachdach seines Hauses mit dem Schriftzug „BLOUZA“ versehen, in der Hoffnung, dass der Name des Ortes auf dem nächsten Satellitenbild zu erkennen ist (FB_IP95b, 19.10.19). Die ersten MigrantInnen beabsichtigten, binnen weniger Jahre nach Blouza zurückzukehren. Dies habe sich mit zunehmender Dauer des Bürgerkrieges zu einer Wunschvorstellung entwickelt (IP101). Heute wird eine dauerhafte Rückkehr in den Libanon generationsübergreifend ausgeschlossen. Für Mitglieder der ersten Einwanderergeneration228 sei die Vorstellung jedoch bis heute emotional ergreifend: „But when you sit down and talk to them about the village, their eyes light up. It’s like they’re still going to go back“ (IP101: 203). Die Aufgabe des Rückkehrwunsches hängt nicht nur mit der guten medizinischen Versorgung229 und den Rentenbezüge in Australien zusammen, sondern auch damit, dass ein Großteil der Familienmitglieder mittlerweile in Sydney lebt. Blouzaniyye fühlen sich inzwischen mit dem Ort Sydney emotional verbunden: „And lots of the people in Australia from Blouza wanted to come to Australia only to live here for five years, six years and go back. (…) They wanted to go back to Lebanon and live. But when we all established our souls, we couldn’t move back, it’s very hard to go back“ (IP91b: 138). In den folgenden Abschnitten wird analysiert, warum einige Blouzaniyye, die in Sydney leben, versuchen, ihre Bodenrechte in Blouza für nachkommende Generationen zu sichern. Die Unterstützung von Infrastrukturprojekten im Dorf soll eine Lebensgrundlage für BewohnerInnen von Blouza schaffen, um die landwirtschaftliche Prägung des Ortes zu erhalten. Die Ausführungen zur infrastrukturellen Entwick-
226 Von den beiden Restaurants Saba und La Luna öffnete in jüngerer Vergangenheit nur das Saba. Es wird für Familienfeiern (vgl. Abb. 61 rechts) und offizielle Anlässe angemietet (z. B. Mayor of Blouza Golden Jubilee). Zusätzlich gibt es das Restaurant Abou Joseph im Talgrund des Wadi Qadisha. Er wird von einem Ehepaar, das in Blouza lebt, während des Sommers betrieben und ist ein beliebtes Ausflugsziel. 227 Im Libanon werden unterschiedliche Schreibweisen für die Bezeichnung der Orte in Umschrift verwendet. 228 Statistisch bezieht sich „Personen der ersten Einwanderergeneration“ auf im Libanon Geborene. Bei „Personen der zweiten Einwanderergeneration“ trifft dies auf mindestens ein Elternteil zu (ABS 2001). 229 Eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung ist im Libanon mit hohen Kosten verbunden. Leben ältere Personen dauerhaft im Libanon, haben sie in der Regel eine Hausangestellte aus afrikanischen oder süd(ost)asiatischen Ländern, die sich mehrere Jahre um ihre Pflege und Versorgung kümmert (IP16).
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lungsarbeit von Blouzaniyye lässt Differenzierungsbestrebungen vonseiten der VertreterInnen der ABA erkennen, die dadurch ihr Selbstbild einer einheitlich agierenden Führungsgruppe stärken. Ebenso grenzen sich australische Blouzaniyye in Blouza von anderen ab. Das gemeinsame Entfliehen vor dem stressigen Alltag in Sydney bewirkt eine Festigung ihres Zusammengehörigkeitsgefühls. Die von Personen aus dem Ausland initiierten Maßnahmen in Blouza wie installierte Webkameras oder Feste mit exklusivem Charakter werden von den Mitgliedern, die im Libanon leben, nicht sichtbar kritisiert. Die Zurückhaltung hängt mit ihren bestehenden finanziellen und politischen Abhängigkeiten von den Familienmitgliedern im Ausland zusammen. 3.2.1
Nutzungs- und Bodenrechte: „BLAWZA’s LAND NOT for RENT“
Im Gegensatz zu den bereits geschilderten romantisierenden Erzählungen, die an einen Schenkungsakt erinnern, führt das Relikt der christlichen Grundherrschaft, die auf die osmanische Zeit zurück geht, in der Lebenswelt zu Bedrohungsgefühlen und Auseinandersetzungen unter HausbesitzerInnen. Etwa die Hälfte der 93 Parzellen des Ortes Blouza sind bis heute im Besitz der maronitischen Kirche230 (ABA 2016a), deren Einflussnahme und Macht aus aktuellem Anlass von Blouzaniyye unmissverständlich infrage gestellt wurde. Als in den heute zum Teil brachliegenden Parzellen231 Landver-
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts hatte die maronitische Kirche, deren Klöster die Seiden-, Früchte-, und Weinproduktion anführten, Ländereien von den Khazin Sheikhs übernommen. Im späten 19. Jahrhundert etablierte sich die maronitische Kirche als prominentester Besitzer von Ländereien (Farha 2019: 79 ff.). Mit der Staatsgründung im Jahr 1920 und im Zuge der französischen Mandatszeit (1920–1943) blieb ein Großteil der Flächen in ihrem Besitz (Firro 2003: 86). Heute sind noch etwa fünf Prozent des libanesischen Staatsgebiets in den Händen der maronitischen Kirche (Haboush 2019). Ein Pachtsystem gibt es gegenwärtig im Wadi Qadisha nur in Blouza und Diman: „They’re still part of the old feudal system from centuries ago“ (IP135: 11). Durch die Initiativen der Diman Association in Halifax sei die Pacht in den 1970er Jahren von 50 Prozent auf 25 Prozent der Erträge reduziert worden. Verzichten BewohnerInnen auf die Zahlung, würden im Gegensatz zu früher keine Konsequenzen mehr folgen (IP135). Viele Familien der anderen untersuchten Communities, die im In- und Ausland leben, sind Eigentümer ihrer Grundstücke im libanesischen Dorf. Sie betonen, dass sie ihre Ländereien als Sinnbild ihrer Identität und Gemeinschaft nicht weiterverkaufen würden: „I won’t sell it. If they paid me three million dollars, I wouldn’t sell it“ (IP146: 171). 231 Anfang des 20. Jahrhunderts war die Kulturlandschaft von Blouza von Maulbeerbaumhainen für die Seidenraupenzucht geprägt. Der Preisverfall von Seide, die Abholzung von Maulbeerbäumen und Dürreperioden führten dazu, dass sich Blouza während des Ersten Weltkrieges in einer äußerst prekären Lage befand und weniger Unterstützung als Diman, wo sich der damalige Hauptsitz des Patriarchen befand, erhalten habe. Eine alternative Einnahmequelle wurde im Tabakanbau gesehen (Arab 2016: 11 ff.), der allerdings für niedrigere Höhenlagen prägend ist. Ab Mitte der 1950er Jahre pflanzten die Bauern im Wadi Qadisha Apfelbäume und konnten eine hohe Rendite erwirtschaften. Charakteristisch war der Anbau von hochwertigen amerikanischen Apfelsorten, die mit Beregnungs-Bewässerung aus großen Betontanks zur Marktproduktion gezogen wurden (Wirth 1965: 266 ff.). Aufnahmen aus dem Jahr 1990 zeigen BewohnerInnen in Blouza bei der Apfel- und Traubenernte auf den landwirtschaftlichen Parzellen (B, 01.10.16). 230
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messungen beobachtet wurden, begannen Spekulationen unter BewohnerInnen. Sie waren besorgt, der Patriarch könne angesichts der bestehenden Besitzverhältnisse die ungenutzten Parzellen anderen Personen aus dem Nachbarort Hadchit zusprechen oder Brachflächen gar an Außenstehende verpachten: „But people, you know, rumours start and people were getting worried and they become paranoid and you know, some things evil or sinister behind it and it could happen one day“ (IP91b: 70). Als Reaktion auf derartige Befürchtungen, wurde im Mai 2015 die Facebook-Seite BLAWZA’s LAND NOT for RENT (BLNR, Herv. i. Orig.) gegründet und folgende Kundgebung über das Soziale Netzwerk verbreitet: „Blouza it was and will be for Blouzaniyye forever. We won’t give our land to anyone, whoever they may be.“ Daraufhin fand im August 2015 ein persönliches Gruppengespräch mit dem Patriarchen in Diman statt. Etwa 40 Blouzaniyye, darunter VertreterInnen der ABA diskutierten mit ihm dieses und weitere Anliegen232. Der Patriarch beteuerte, dass die Landvermessungen einen anderen Hintergrund gehabt haben und versicherte Blouzaniyye die Möglichkeit des Grundstückserwerbs in Blouza. Es bestehe für jede Hausbesitzerin und jeden Hausbesitzer die Möglichkeit, die Grundfläche seines Hauses und mindestens 1.000 Quadratmeter käuflich zu erwerben. Jedoch behalte sich die maronitische Kirche im Falle eines Weiterverkaufs das Vorkaufs- und Mitspracherecht vor, um sicherstellen zu können, dass das Land auch in Zukunft in den Händen maronitischer Besitzer bleibe233 (B, 24.08.15). Zuvor seien in Diman und Blouza HauseigentümerInnen die Grundfläche des Hauses und höchstens 1.000 Quadratmeter angeboten worden. Diese Festlegung wurde als nicht gerecht im Hinblick auf die historische Nutzung und die Lage der Parzelle gewertet (IP172; B, 24.08.15). Folgender Vorschlag eines Betroffenen ähnelt daher dem neuen großzügigeren Angebot des Patriarchen: What I would like is the church to recognise the family lineage of 600 years on this land. If they own 10,000 m2, they get 10,000 m2 and if you own 5,000 m2 you get 5,000 m2. I told you they offered us the opportunity to pick our house and 1,000 m2, and some people in Blouza and Diman took this offer. But at the top 1,000 m2 is very lucrative ’cause it’s on the road, but down the bottom, 1,000 m2, you can’t even grow, you need more to survive (IP165: 90).
Im Anschluss an das Gespräch mit dem Patriarchen wurde unter Blouzaniyye über die Notwendigkeit diskutiert, die Parzellen auf den eigenen Namen überschreiben zu lassen. Dies sei bislang nur von einigen wenigen Personen, die im Ausland leben, veranEs wurden Einwände des Patriarchen zur Errichtung des Mar Elias Schrein in Blouza besprochen. Das als Schrein genehmigte Bauwerk wird von einem Blouzaniyye als persönliche Opfergabe gebaut, wobei es Rückfragen des Patriarchen hinsichtlich der umgesetzten Größe und finanzieller Aspekte gab (B, 24.08.15). 233 Überproportional viele Grundstücke, die in der Hand maronitischer Eigentümer waren, wurden angesichts ihrer hohen Auswanderungsraten weiterverkauft. Vertreter der maronitischen Kirche, maronitische Politiker und einzelne Gemeinden versuchen, den Ankauf von Flächen durch Muslime mittels Vorschriften und neue Gesetze zum Weiterverkauft aufzuhalten (Mikdashi 2011). 232
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lasst worden. Mehrheitlich gehen Mitglieder davon aus, dass die Pachtverträge durch die Kirche gesichert und erblich übertragbar seien und somit im Familienbesitz bleiben. Derzeit zahle man 100 USD pro Jahr als Pacht an den Patriarchen (B, 24.08.15): „We’ve discussed it within the community in Blouza and in Sydney and a lot of people say no one is gonna take your land (…), you won’t lose your land“ (IP91b: 84). Diejenigen Hauseigentümer, die bereits vor längerer Zeit bewirkt haben, dass die Grundfläche ihrer Häuser und die damals möglichen 1.000 Quadratmeter auf ihren Namen eingetragen werden, wollten damit sicherstellen, dass das Land offiziell Teil ihres Familienbesitzes ist (IP170a). Durch die Eintragung könne man ausschließen, dass die maronitische Kirche, auch wenn es unwahrscheinlich scheint, eines Tages Blouzaniyye die Pacht- und Nutzungsrechte abspreche. Auch seien die Kosten234 für den Grundstückserwerb eher symbolischer Natur. Man könne das Eigentum für nachkommende Generationen sichern, die vielleicht gegenwärtig noch kein Interesse zeigen: I bought my land just in case they do [take it away]. (…) And what will happen if you’ve got children that are not interested and then their children are not interested, but their children might be interested? (…) For some families, paying 7,000 or 8,000 dollars to secure your property with your name on it is not much of an investment for your children (IP91b: 84).
Ein anderer Blouzaniyye habe im Kontext derartiger Befürchtungen seine Parzelle in Blouza umzäunen lassen, was als unübliche Praktik angesehen wird (B, 29.08.16). Angesichts der neuen Möglichkeit, mehr als 1.000 Quadratmeter erwerben zu können, wird angenommen, dass mehr Personen das von ihnen beanspruchte Terrain käuflich erwerben werden. Zur Klärung der Ansprüche sei man auf das Wissen von noch lebenden Zeitzeugen angewiesen, die über die Besiedlungs- und Nutzungsgeschichte jeder einzelnen Parzelle Auskunft geben können: People who want to purchase their land, they are entitled to buy their land. You can buy the land you are living on, where your family had worked. (…) So you get the patriarch to get a surveillant over, you point out your land and usually you get about two or three elderly people to judge where the borders are and then after they do that, he draws a plan and he tells you that you’ve got 2,000 m2 after you purchase that property (IP91b: 82).
Mit dem Tod der älteren BewohnerInnen steige die Gefahr, dass nicht nur das Wissen, welche Familie welchen Grund und Boden über Generationen genutzt habe, sondern damit einhergehend auch die Besitzansprüche verloren gehen: „If this guy didn’t fence his property, somebody else can come down later on and say, ‚That’s part of my
234 Die Quadratmeterpreise variieren zwischen sieben USD für landwirtschaftliche Flächen, zehn USD für 1.000 Quadratmeter um das Haus und 13 USD für alle weiteren Flächen (B, 24.08.15).
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property‘. How do you know? When you’ve got all the elderly people dying and we just go over there for a holiday and come back, we don’t know“ (IP91b: 70). Darüber hinaus sei ein Problem, dass nicht jedes Haus in direkter Umgebung eine Freifläche von 1.000 Quadratmeter zur Verfügung habe, sodass bei zunehmender Anzahl an GrundstückseigentümerInnen über faire Grenzziehungen235 verhandelt werden müsse (B, 24.08.15). In einem aktuellen Rundbrief des Präsidenten der ABA erklärt er, dass VertreterInnen weiterhin im Kontakt mit dem Patriarchen seien, um abzustimmen, wie mit den Nutzungs- bzw. Besitzansprüchen auf das Land in Zukunft umgegangen werden kann (ABA 2019b). Ein Zeichen, dass sich die Befürchtungen der GründerInnen der erwähnten Facebook-Seite primär gegen eine antizipierte Nutzung durch Außenstehende richteten, ist die Umbenennung der Gruppe in BLAWZA’s LAND. Die aktuell diskutierten Themen können außerdem als Hinweis gewertet werden, dass die Missverständnisse und damit verbundenen Ängste durch die Gespräche mit dem Patriarchen aufgeklärt werden konnten (FB_BL, 22.10.19). 3.2.2
Infrastrukturmaßnahmen: „Any capital works that are required to be done to the village, that’s what we’re there for“
Die Ausrichtung des Vereins der Blouzaniyye in Sydney, der im Jahr 1952 zur Hilfe bei finanziellen Notsituationen von Familien vor Ort gegründet wurde, verlagerte sich mit zunehmender wirtschaftlicher Absicherung in Australien und dem außergewöhnlichen ökonomischen Erfolg einzelner Familien zugunsten von Belangen in Blouza: „Once they became wealthy, or wealthy in the sense that they were comfortable here, they said, ‚Oh, like the association said; oh, let’s do something together to help over there‘“ (IP91b: 210). Damit knüpften Blouzaniyye in Sydney an eine Tradition an, die von der Gemeinschaft in den USA bereits vor ihrer Auswanderung nach Australien begonnen wurde. Blouzaniyye in den USA standen ebenfalls mit Vertretern der Star of Lebanon Association in Blouza in engem Kontakt. Assaf Solomon hatte gemeinsam mit anderen in den USA lebenden Auswanderern den Bau der Schule in Blouza im Jahr 1953 finanziert. Eine Gedenktafel mit seinem Namen, die am ehemaligen Schulgebäude angebracht ist, erinnert noch heute an diese Initiative (B, 24.08.15). In den Folgejahren sollen während der Blouza Reunions, die seit 1979 von Blouzaniyye in den USA organisiert werden, Spendengelder für die Schule in Blouza gesammelt worden sein: „We were trying to raise money for the school there, that was always something as part of our Die großzügigere neue Regelung habe in Diman zu Konflikten zwischen HausbesitzerInnen geführt. Personen, die beim Patriarchen vorstellig wurden, seien Flächen von 1.000 Quadratmetern zugesprochen wurden, die andere Familien aufgrund der historischen Nutzung ebenfalls für sich beanspruchen (IP166).
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reunion. We would have little raffles or little things to raise money and send it back to the school there, and the cousin that went every year he would take the money and give it to the school“ (IP177: 65). Mittlerweile komme aus den USA keine finanzielle Hilfe mehr, sodass in Sydney lebende Blouzaniyye diese Verantwortung alleine übernehmen (IP101). Seit vielen Jahren unterstützten sie insbesondere die am Gemeinwohl orientierten Projekte der Star of Lebanon Association in Blouza. Die lokale Organisation veranlasst Maßnahmen zur Instandhaltung der Infrastruktur, die im Libanon üblicherweise zum kommunalen Aufgabenfeld zählen. Allerdings hat Blouza aufgrund der historischen Abhängigkeitsbeziehungen zur maronitischen Kirche nur einen Muchtar (arab. für Ortsvorsteher)236 und keine eigene Gemeindeverwaltung (ABA 2016a). Die Aufgabenfelder der Star of Lebanon Association seien mit dem Ziel des Vereins in Sydney vereinbar, Projekte zur Verbesserung der Lebensbedingungen aller BewohnerInnen zu fördern: „Any capital works that are required to be done to the village, whether it be water (…) or anything that the church might require (…). You know, that’s what we’re there for. (…) Our role here is to assist in the best way we can over and above what that individual family responsibility is“ (IP101: 95, 119). Die Verantwortlichen der ABA beabsichtigen also nicht, in die familiäre Verantwortlichkeit einzugreifen, Verwandten im Libanon zu helfen. Vielmehr sollen Projekte umgesetzt werden, von denen alle in Blouza Lebenden profitieren.237 Die kostenintensivste und seit mehreren Jahren geförderte Initiative entwickelte sich zu einem Erfolgsprojekt. Zur Revitalisierung des Obst- und Gemüseanbaus in Blouza seien aus Sydney insgesamt etwa 300.000 AUD gespendet worden (ABA 2017c), davon 175.000 AUD bis zum Jahr 2002 (ABA 2002a). Weitere Spendengelder konnten während einer Tanzveranstaltung namens Water Project Dinner Dance im April 2003 in Sydney eingeworben werden. Auch die Gemeinschaft in Blouza habe 27.000 AUD für das Projekt beigesteuert. Mit diesen Mitteln konnten in Blouza Quellwasser durch Bohrungen gewonnen und ein Betontank mit einem Fassungsvermögen von zwei Millionen Litern Wasser errichtet werden, um die Versorgung der Häuser und Bewässerungsbecken sicherzustellen. Über Zwischenziele des Projekts wurden die Mitglieder in Sydney kontinuierlich informiert. So sei bereits 2002 der Anbau von Früchten und Gemüse wieder aufgenommen worden:
Das Amt des Muchtar wird üblicherweise vom Vater an den Sohn weitergegeben. Folgende Projekte wurden durch die ABA und/oder durch Einzelpersonen aus der Diaspora finanziert: Asphaltierung der Straße, Renovierung der Kirche (IP162) und des Kirchendachs (IP170b), Anbau des Gemeindesaals (Neda genannt) für die Jugendorganisation (ABA 2016a), Bau der Schule, eines medizinischen Zentrums und einer Kirchenhalle (IP173), Errichtung von Denkmälern, Kauf eines Generators für die Kirche (IP91a). In jüngster Zeit wird die Errichtung des Mar Elias Schrein auf dem sogenannten Blouza’s Mountain, das ein Bewohner in Blouza baut, finanziell gefördert (B, 24.08.15; B, 30.08.16). 236 237
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The present committee of the Association, its members and the wider Blouza community are thrilled that water – a vital substance of life – has finally become part of Blouza (…). Water is now plentiful and each house in Blouza is thankful that they have water to drink, to wash with and to use for gardening. Planting and growing has now recommenced. 3,000 apple trees have been planted along with plantation and growth of vegetables and other fruits. This has been made possible due to your overwhelming generosity (ABA 2002a).
Um die vier Pumpen anstatt mit teuren und klimaschädlichen Dieselgeneratoren mit Solaranlagen betreiben zu können, haben Vertreter der Star of Lebanon Association in Blouza mithilfe der Financial Person in Sydney im Rahmen eines UN-Entwicklungsprogramms einen Antrag an World Vision gestellt und 50.000 USD Förderung erhalten. Die Solaranlage wurde im August 2015 unter Anwesenheit von VertreterInnen der UNDP (United Nations Development Programme), der ABA, des Priesters und der involvierten InitiatorInnen in Blouza feierlich eingeweiht (vgl. Abb. 43) (NNALebanon 2015; B, 24.08.15).
Abb. 43 Die Einweihung der Solaranlagen in Blouza. Aufnahmen: Karner 24.08.15
Der Vereinspräsident bedankte sich brieflich bei den Geldgebern in Sydney und berichtete über die Erfolge. Die von BewohnerInnen in Blouza zum Ausdruck gebrachte Dankbarkeit erfährt eine besondere Betonung. Auf diese Weise wird Blouzaniyye in Sydney versichert, dass ihre Großzügigkeit wertgeschätzt werde. Gleichzeitig werden Mitglieder zur weiteren Unterstützung motiviert: The village, the people, the atmosphere, the water project, the hall and the medical centre. With all the support and fundraising through our beloved Blouza people in Australia – we made it happen. We hope to continue our generosity for future projects. The eyes and the hearts of our village people in Blouza tell the story of their appreciation towards the help and support we have given them (ABA President 2003).
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Derartige Erfolge können nicht über die von VertreterInnen der ABA erklärten Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit hinwegtäuschen. Sie seien dafür verantwortlich, dass das angebliche Potenzial an großzügiger finanzieller Unterstützung vonseiten der Blouzaniyye in Sydney noch nicht ausgeschöpft werden konnte. Zentrales Hindernis sei, dass das Gremium in Blouza unproduktiv zusammenarbeite und aufgrund von Eigeninteressen nicht mit einer Stimme spreche: Everybody in this village has their own agenda and family wishes. You have different families that want to expand their properties and their positions and they don’t work together. So it’s just a basic thing like the ʿayn [arab. for well], where the water comes down to the village, they can’t get together and go up there so that we have water in the village (IP95b: 87).
Die Art und Weise, wie VertreterInnen in Sydney die Arbeitsweise des Komitees in Blouza darstellen, trägt zur Bekräftigung der proklamierten Einheit des Vorstandes der ABA bei. Angeblich gehe es Personen in Blouza ausschließlich um die Steigerung der individuellen Reputation: „The Blouza people are like I, I, I, it’s not like we. You know what I mean? They like to be praised as they did something as one, not as a group“ (IP91a: 231). Mit Ausführungen dieser Art stellen sich VertreterInnen in Sydney in Interviews als fortschrittlicher dar und schreiben Personen im Libanon irrationale Ansichten zu: „Whereas sometimes, as you know, in Lebanon, people can hold on to grudges and really mundane, silly things“ (IP101: 245). Viele sinnvolle Projekte238, darunter selbst das vorgestellte Wasserprojekt, seien nicht zu Ende geführt worden: Everybody in Blouza donates, no one would say no. And then we’ll send that money to you but we wanna see progress. But they don’t do anything with it. They had a lot of projects and they haven’t done them. So, when they built the dam, that was a good project but they never actually supplied the water to everybody in the village. (…) So, one project that they want to do is pipework, get water to every house. And the other one is they want to
238 Ein nützliches Projekt wäre beispielsweise, einen Generator für den gesamten Ort anzuschaffen (IP95a). Derzeit hat in Blouza jedes Haus einen eigenen Generator oder verzichtet täglich für sechs Stunden auf Strom. Denn die Stromversorgung im Libanon wird von öffentlicher Seite aufgrund von Engpässen nur während bestimmter Zeitfenster gewährleistet. Im Wadi Qadisha wird der Strom alle 18 Stunden für jeweils sechs Stunden abgestellt. Aus diesem Grund haben Mitglieder anderer Gemeinschaften die Anschaffung von Generatoren zur kollektiven Stromversorgung finanziert (IP21; IP105). In Hadath el Jebbeh wurde ein Generator für 90.000 USD mithilfe von Spendengeldern aus Australien, Kanada und Südafrika angeschafft. Dies sollte nicht nur der lokalen Bevölkerung zugutekommen, sondern auch die Aufenthaltsqualität des Ortes für BesucherInnen aus dem Ausland steigern, wie der Präsident des Hadath el Jebbeh Vereins in Sydney erklärt: „And now the power is always on. What that means is that people that come in summer to Hadath can go into houses and switch the light on, the light is on at any time of the day or night. And you get more people coming to the village. And if my daughters – I’ve got four daughters – they want to come and do their hair, at least there is power for them to have a hot bath and do their hair. And then if I say we want to go to Lebanon for holidays, they’ll say, ‚Yes, we want to go to Lebanon‘“ (IP21: 83).
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fix certain roads; they want to extend the hall; they want to buy a mortuary fridge for the dead (…). There are a lot of projects that need to be done (IP91b: 234).
Um zu erreichen, dass Gelder in Blouza zielgerichteter verwendet werden, sei das Komitee der Star of Lebanon Association mehrfach aufgefordert worden, in einer Liste anzugeben, für welche Infrastrukturmaßnahmen Gelder benötigt werden. Mit einer eindeutigen Festlegung bestimmter Dringlichkeiten könne man in Sydney effektiver Spendengelder akquirieren: „I told them for us to support you, we’re happy to support you but make us a list of what you want money for. (…) When we come here [Sydney], we have a function, we can say this function today or the Blouza picnic today, we are collecting money to help with this project“ (IP91b: 234). Bis heute sei eine derartige Liste nicht erstellt worden. Von dem im Jahr 2016 gewählten Komitee der Star of Lebanon Association mit einem Präsidenten, Vizepräsidenten, Schriftführer, Schatzmeister, Buchprüfer und Sprecher versprechen sich Mitglieder in Sydney eine bessere Kooperation (B, 06.10.16). Kritik wird nicht nur vonseiten der Blouzaniyye in Sydney gegenüber der lokalen Organisation in Blouza geäußert. Eine Frau, die in Deutschland lebt und jeden Sommer für einige Wochen in Blouza wohnt, wünscht sich bei strukturellen Entscheidungen wie der Schließung der Schule in Blouza eine konsequentere Einmischung von VertreterInnen aus Sydney: „Die sind zu egoistisch, also da kommt nichts. (…) Dass die sich die Schule wegnehmen lassen, jetzt müssen sie ihre Kinder bis Hasroun oder wo zur Schule schicken“ (IP00: 350). Selbstkritisch führen in Sydney lebende Blouzaniyye, strukturelle Probleme in Blouza auf die von ihnen geleisteten finanziellen Transfers zurück. Insbesondere die individuelle, familiäre, finanzielle Unterstützung, die 90 Prozent aller Familien erreiche (IP162), schaffe falsche Anreize. Sie wirke beispielsweise ihrem am Gemeinwohl orientierten Ziel der Aufrechterhaltung der agrarischen Nutzung diametral entgegen. Viele BewohnerInnen würden trotz des seit dem Jahr 2002 gelösten Wasserproblems heute auf eine landwirtschaftliche Nutzung der Parzellen in Blouza verzichten. Sie seien aufgrund der Zahlungen aus dem Ausland nicht auf die agrarischen Einkünfte239 angewiesen. Folgende in Interviews geäußerten Klagen über Einzelfälle sind allerdings auch als Möglichkeit zu deuten, die eigene Spendenzurückhaltung zu rechtfertigen und sich implizit als außergewöhnlich fleißig und ehrgeizig darzustellen:
239 Man könne durch den Anbau von Obst und Gemüse 7.000 bis 10.000 USD pro Jahr verdienen, nachdem circa 2.000 USD für Dünge- und Schädlingsbekämpfung ausgegeben wurden. Blouzaniyye in Sydney sind der Meinung, dass man von diesen Erlösen die Grundbedürfnisse im Libanon befriedigen könne (IG, 02.09.14): „That’s a lot of money in their terms. So at least you can sustain even a modest form of living“ (IP101: 223). Dennoch würden heute einige Familien die familiäre Hilfe aus dem Ausland der eigenen agrarischen Arbeit vorziehen: „Now I’ve got relatives here who are not really interested in looking after the land anymore. They’re more interested in, ‚Can you help me?‘“ (IP91b: 63).
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But they’ve also become lazy since they haven’t done it, because all the families from here support them. And they said, to pay somebody to help them then it’s not profitable. (…) There’s a family here and they’re all healthy, they’re all young. They’ve all got plenty of land. There’s plenty of water for them to actually grow. But they wait for the season when their brothers or uncles come here and cry poor and request that, ‚I need to do this I need to do that.‘ And these uncles and brothers and sisters just throw out money at them (IP170a: 10, 152).
Stets wird von Blouzaniyye in Sydney betont, dass eine derartige Erwartungshaltung in Bezug auf Hilfeleistungen, nur auf einige Familien in Blouza zutreffe. Auf der anderen Seite gebe es viele Personen, die zu stolz seien, Unterstützung anzunehmen und selbst in Notlagen nicht um Hilfe bitten: „But they’ve got pride, you know?“ (IP162: 16). Aus diesem Grund wurden Strategien etabliert, um Bedürftigen, die dies nicht bekennen, Hilfe zur Verfügung zu stellen. BewohnerInnen in Blouza, so die Vorstellung in Sydney, profitieren nicht nur von den geförderten Infrastrukturprojekten, sondern auch von individuellen Bauaufträgen sowie Erweiterungs-, Renovierungs- oder Instandhaltungsprojekten. Die benötigten Gelder für die Arbeit und die Materialien werden kontinuierlich an die Verantwortlichen überwiesen. Die Innenausstattung und das Mobiliar werden von den Auftraggebern ausgesucht. Beides entspricht oftmals den australischen Standards und Gestaltungsweisen – wie eine Jugendliche, die in Sydney lebt, bei der Besichtigung eines Neubaus kommentiert: „This looks like an Aussie house“ (IG: 83, 19.08.16). Ein Unternehmer, der in Sydney lebt, zeigt sich begeistert, dass er lediglich Geld schicken und das Inventar aussuchen musste: I got my cousin to do it. (…) So I went out to buy all the tools like the toilets and vanities and picked the kitchens out, I just picked everything out and said there it is, there is everything you need. And I just sent him money whenever he needed. I just wired some money and I came here and it was all finished. Ray got here for about two weeks before me. Ray got it all furnished before I got here. So that was good (IG: 9, 24.08.15).
Heute seien mit wenigen Ausnahmen240 fast alle neuen Häuser von australischen Blouzaniyye finanziert worden. In der Regel handelt es sich um Gebäude mit Flachdächern, die aus einheitlich gefertigten Bausteinen errichtet und anschließend verputzt werden. Nicht selten werden im Erdgeschoss natürlich gebrochene regionale Kalksteine, aus denen auch die Kirche, die ehemalige Schule und die traditionellen Häuser der Familien gebaut sind, belassen oder wiederverwendet. Das Flachdach ermögliche eine unproblematische Aufstockung der Häuser, was derzeit häufig von Mitgliedern der ersten oder zweiten Einwanderergeneration, die Kinder im jugendlichen oder erwach-
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Nur etwa fünf Häuser in Blouza seien derzeit im Besitz von Familien, die in den USA leben (IP91b).
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senen Alter haben, praktiziert wird. Im Vergleich zu anderen Orten im Wadi Qadisha seien die Häuser in Blouza von in Sydney lebenden Blouzaniyye eher funktional und weniger opulent241: „They are not flamboyant houses, they are not showy houses. They are just, ‚I’m going there for a month, two-month holiday. I just wanna stay in a comfortable home!‘“ (IP95b: 131). Jemand, der sich mit dem Nachbarort Wadi Qannoubine identifiziert, bewertet die spezifische Art und Weise des Hausbaus in den libanesischen Dörfern als offensichtliches Zeichen der Unterschiede zwischen Communities: It also has to do with personal opinions. Where the people from Blouza prefer to build a castle in Sydney, the people from Diman like to show their castle in the village. (…) Again it’s a different culture as I said it’s the different colors. (…) In the Hadath, Diman and in Hasroun there is a lot of large construction. People see themselves; they display themselves there, that’s a personal thing (IP165: 106).
Ergänzend zu dieser Aussage begründen die in Sydney lebenden Blouzaniyye, dass sie in Blouza lediglich einfache Ferienhäuser errichten, da niemand die Absicht habe, dauerhaft in den Libanon zurückzukehren. Wichtig sei, dass ausreichend Gästezimmer, eine Küche, ein Wohnzimmer und ein Balkon mit Blick auf das Wadi Qadisha zur Verfügung stehe. Diese Einfachheit werde sogar von den wohlhabendsten Mitgliedern der Gemeinschaft präferiert: „They just wanna to go there on holidays. And they are multi, multi-millionaires“ (IP91b: 145). Darüber hinaus sollen einige Personen, deren Häuser in Blouza Gärten mit Fruchtbäumen oder Weinstöcke haben, Blouzaniyye vor Ort dafür bezahlen, die Pflanzen zu beschneiden, zu bewässern und mit Insektiziden zu behandeln. 3.2.3
Libanonbesuche als Kontrast zum australischen Alltag: „It’s like coming here and sitting around doing nothing“
Während der Sommermonate im Libanon nehmen die Bewohnerzahlen in Blouza stark zu. Viele BesucherInnen aus dem Ausland, darunter überwiegend in Sydney lebende Personen, halten sich in dem angenehm temperierten Ort auf, in den auch ein Großteil der sonst in libanesischen, küstennahen Städten lebenden BewohnerInnen temporär migriert. Einige Rentner, die in Australien leben, kommen sogar für drei bis vier Monate während der australischen Wintermonate nach Blouza, andere Familien Unter den untersuchten Gemeinschaften befinden sich in Miziara mit deutlichem Abstand die größten, prunkvollsten und mit unterschiedlichsten Symboliken belegten Anwesen. Dies hängt nicht nur mit Investitionsentscheidungen und der Zurschaustellung ökonomischen Erfolgs zusammen, sondern auch damit, dass viele Bewohner in Nigeria arbeiten und mehrfach im Jahr zurückkehren, um ihre Familien und Kinder, die häufig im Libanon bleiben, zu besuchen. In der Regel besteht ein Rückkehrwunsch, weshalb die Häuser als Familienwohnsitz konzipiert werden. Folgendes Haus einer Person, die in Sydney lebte, zieht selbst Touristengruppen an: „You probably saw that huge house in the shape of an airplane“ (IP115: 91).
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bleiben mehrere Wochen. Die Anzahl der BesucherInnen aus dem Ausland schwanke jedes Jahr in Abhängigkeit von langfristig angekündigten Familienfeiern: „Some years you might only get, like, maybe 20 people from Australia. There was, two years ago I was here, there were 150 people here from Australia. So it just depends every year pretty much“ (IP17: 51). In den Jahren 2015 und 2016 sei die Anzahl von BesucherInnen aus Down Under besonders hoch gewesen. Im Jahr 2015 wurde eine Hochzeit von einer in Sydney aufgewachsenen Frau und einem Blouzaniyye aus dem Libanon in Blouza gefeiert. Dieser Anlass habe maßgeblich dazu beigetragen, dass laut einer Zählung242 180 AustralierInnen und jeweils zwei Personen, die in den USA und Deutschland ihren Wohnsitz haben, angereist waren. Im Folgejahr, als eine 80-jährige Dame, deren Kinder, Enkel und Urenkel größtenteils in Australien leben, zum Geburtstag einlud, seien es 148 Personen aus Sydney, 21 aus den USA und zwei aus Deutschland gewesen (IP91b).243 Trotzdem leben in Sydney viele Blouzaniyye, die Blouza nie besucht haben und dies auch in Zukunft nicht beabsichtigen.244 Der Aufenthalt in Blouza stellt aus unterschiedlichen Gründen einen diametralen Gegensatz zum Alltag in Sydney dar. In Blouza sei das Leben einfach und entschleunigt und biete die Möglichkeit, eine temporäre Auszeit von der stressigen Lebensweise in Australien zu nehmen und sich seiner Untätigkeit zu erfreuen: „It’s like coming here and sitting around doing nothing, ’cause I have a very busy lifestyle back home with work“ (IG: 41, 24.08.15). Die hohe berufliche Eingebundenheit in Australien erlaube es nicht, viel Freizeit mit Blouzaniyye zu verbringen. Abgesehen von beruflicher Zusammenarbeit mit Familienmitgliedern und wöchentlichen Treffen im engeren Familienkreis, sehe man einen Großteil der Blouzaniyye, wenn man nicht im Vorstand aktiv ist, nur während der größeren Veranstaltungen und Feste: „It’s different. (…) There are too many of us. Like I said, there are thousands of us. (…) I don’t really see that many people outside the village [in Sydney] except with the functions. It is this thing with the relatives“ (IG: 41, 24.08.15). Aus diesem Grund biete der Aufenthalt in Blouza die Möglichkeit mit Verwandten und Freunden, die in Sydney einem ähnlich stressigen Beruf nachgehen, Zeit zu verbringen: „I mean, when we come here, you see a lot of people in the houses here that are from Australia. And you probably see them
242 Der Media Man hat im Jahr 2015 damit begonnen, eine von ihm als Blouza Zensus bezeichnete Statistik zu erstellen. Er zählt Blouzaniyye, die während eines Sommers nach Blouza reisen, auch wenn sich deren Aufenthaltszeiten nicht überschneiden. Dazu erstellt er vor Ort eine handschriftliche Liste mit Namen, die er fortlaufend ergänzt. In Sydney überträgt er die Endsummen in eine Excel-Tabelle. Meine Anwesenheit im Jahr 2016 wurde nicht gezählt, da ich nicht in die Kategorie „Blouzaniyye“ falle (B, 29.08.16; B, 03.10.16). 243 In einem der Wohnhäuser in Blouza gebe es einen Küchenschrank, in den die BesucherInnen ihren Namen und die Jahreszahl der Reise eingeritzt haben. Dies verdeutlicht, dass Libanonbesuche als Besonderheit angesehen wurden und werden, die es zu erinnern gilt (B, 01.10.16). 244 Als Grund nennen InterviewpartnerInnen vor allem fehlende finanzielle Mittel und Sicherheitsbedenken. Ein Blouzaniyye in Sydney sei aus Furcht, seine Frau könnte einer bewaffneten Person begegnen, nie nach Blouza gereist (IP109b). Viele jugendliche Blouzaniyye ziehen andere Destinationen vor.
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more here than you would in Australia. Because obviously, you know, here you are on holiday and stuff like that“ (IP17: 51). Beliebte Treffpunkte zum gemeinsamen Zeitvertreib sind die Verandas, Balkone und Terrassen der Häuser, die oftmals von außen einsehbar sind. Sie bieten flanierenden Personen die Möglichkeit zum spontanen Verweilen und zu Besuchen ohne telefonische Vorab-Ankündigung, was heute in Australien zur Etikette gehört. Viele der Zusammenkünfte in Blouza beruhen allerdings ebenfalls auf kurz- und langfristigen Einladungen anlässlich von Geburtstagen und anderen Festen. Im Fall von Erkrankungen oder der An- und Abreise von Familienmitgliedern zählen Besuche zu den obligatorischen Aufgaben. Ankommende Blouzaniyye werden mit „Welcome Home!“ in Blouza selbst von Personen, die ebenfalls in Sydney leben, herzlich begrüßt (B, 20.08.19). Am Vorabend ihrer Abreise werden sie mit Sätzen wie „Have a safe trip home!“ (B, 28.08.19) verabschiedet, was ein fluides, multi-lokales Heimatgefühl zum Ausdruck bringt. Während des geselligen Zusammensitzens in Blouza (vgl. Abb. 44) werden Getränke (z. B. Kaffee, Arak, Bier) und Snacks (z. B. Nüsse, Obst, Süßigkeiten) gereicht, die von den Familien für diese Anlässe in den Nachbarorten auf Vorrat gekauft und in der Regel von weiblichen Familienmitgliedern serviert werden. Die Stimmung ist ausgelassen und wird durch Scherze und witzige Aktionen aufgelockert, die sich situativ in der Gruppe ergeben: „And then indeed when they do go back, they’re like little kids“ (IP101: 203). Zentrale Gesprächsthemen sind skurrile, aufregende und amüsante Erlebnisse bezüglich aktueller und vergangener Libanonaufenthalte, geplante Unternehmungen während der Reise, Erledigungen, der Gesundheit von Mitreisenden (z. B. Magen-Darm-Probleme, Kopfschmerzen) sowie persönlicher Neuigkeiten aus den Familien, die nicht mitgereist sind. Rückt die Abreise näher, unterhält man sich über die verbleibende Zeit im Libanon und subjektive Empfindungen zur Schnelllebigkeit (B, 18.08.16–01.09.16). Zu beliebten Tätigkeiten zählen die Beschäftigung mit dem Smartphone, das Rauchen von Arghileh (arab. für Wasserpfeife), gemeinsames Musizieren und Kartenspielen: „Because there is nothing else to do“ (B: 116, 20.08.16).
Abb. 44 Tägliches Zusammensitzen von in Sydney lebenden BesucherInnen in Blouza auf einem der Balkone mit modernen Lounge-Möbeln und zusätzlichen Plastikstühlen mit Blick auf das Wadi Qadisha. Aufnahme: Karner 30.08.16
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Häufig wird der erste Blouzabesuch von in Sydney lebenden älteren Mitgliedern mit Erinnerungen an die Kindheit verbunden. Viele verbrachten die ersten Lebensjahre in Blouza, da die Auswanderung nach Australien erst Mitte des 20. Jahrhunderts begann: „When I drove into Blouza, that first road, all of my childhood days came flashing back. And it was really lovely to think that I was here once, but then I shared it all with my children“ (IP106: 95). Viele Eltern beabsichtigen, ihre Kinder während der Adoleszenz mit dem eigenen Geburtsort bzw. dem der Großeltern vertraut zu machen, um deren Verbundenheit mit Blouza und dem maronitischen Glauben zu stärken und ihnen die in Blouza angeblich bewahrten konventionellen Werte und Verbindlichkeiten vor Augen zu führen.245 Selbst gedrehte Videosequenzen einer Sängerin246, die im Jahr 2016 das erste Mal anlässlich des 80. Geburtstags ihrer Großtante (vgl. Abb. 61 rechts) nach Blouza reiste, verdeutlichen, dass sich die Absichten der Eltern erfüllen können. Ihre Kommentare der gefilmten Inhalte bringen zum Ausdruck, dass sie die in Blouza beobachteten solidarischen Praktiken idealisierend wahrnimmt. Sie glorifiziert die Community als „society of love and caring“ (IP169: 608).247 Das kommentierte Material möchte sie zu einem Videofilm zusammenfügen, um ihre Eindrücke in den Sozialen Medien mit ihren australischen Freunden und Verwandten zu teilen. Als besonders außergewöhnlich heben BesucherInnen, vor allem im Rahmen ihres ersten Aufenthalts, den Ausblick in das Wadi Qadisha und die Sonnenuntergänge hervor, wie folgender Kommentar zu einem geposteten Foto zeigt: „Seriously, Lebanon, you can stop now. Sunset looking towards Blouza“ (FB_IP169, 23.08.16). Derartige Kommentare sind auch häufig von EhepartnerInnen, die zuvor keinen familiären Bezug zu Blouza hatten, zu hören. Sie drücken dadurch ihre Identifikation mit dem Ort aus, die durch den Aufenthalt hervorgerufen oder maßgeblich gestärkt wird (B, 10.07.14; B, 20.08.16). 245 In diesem Kontext merkt Batrouney (1995: 208) an, dass Libanonbesuche von Eltern lanciert werden, um die Beziehungen ihrer Kinder zu Verwandten zu stärken, libanesische Werte zu vermitteln und womöglich potenzielle EhepartnerInnen für die Kinder zu finden. Der persönliche Umgang mit Verwandten im libanesischen Dorf konfrontiert Kinder mit einer anderen Art des familiären Kapitals: „(…) [K]inship and familial relations [are] bound by responsibilities and altruistic commitments [of various sorts, including financial] that surpass western notions of the nuclear family“ (Urrieta und Martínez 2011: 274, 271). 246 Die Sängerin lebt mit Ende Zwanzig alleine in einer Wohnung in Downtown Sydney und finanziert sich die wöchentliche Miete von 350 AUD durch ihre Auftritte. Ihre Eltern leben mit ihren beiden Brüdern eine Autostunde von der Blouza Hall entfernt, seien kaum in das Gemeinschaftsleben der Blouzaniyye involviert und nehmen vorwiegend an familiären Treffen teil. Die Familie ihres Vaters sei aus Blouza, die ihrer Mutter aus Italien eingewandert. Sie beschreibt ihre Eltern als open-minded. Sie haben keinen großen Wert auf die Aussagen von Blouzaniyye über die unkonventionellere Lebensweise ihrer Kinder gelegt. Sie selbst beschreibt sich vor anderen als „Australian with Lebanese Heritage“ (IP169). Bei Veranstaltungen der Blouzaniyye tritt sie oft mit einer Band auf (FB_ABA, 30.05.19). Sie trug bei ihrem Blouza-Besuch bei Festen und Zusammentreffen mit Gitarre und Live-Gesang zur musikalischen Unterhaltung bei (B, 20.08.16). 247 Nicht alle Jugendlichen teilen die Begeisterung über die Erlebnisse in Blouza in gleichem Maße. Die Tochter des Media Man, die sich bereits in ihrer Kindheit gegen das Lernen der arabischen Sprache wehrte und in der Schule ihre familiären Bezüge zum Libanon aus Angst vor Ausgrenzung nicht preisgab (IG, 21.08.16), behält ihre distanzierte und differente Haltung bei. Auf die Frage ihrer Eltern, wie ihr Eindruck von dem Ort sei, antwortet sie: „It’s alright. I like it, but I don’t love it“ (IG: 90, 20.08.16).
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Blouza wird als vollkommener, idealer und naturbelassener Ort wahrgenommen. Durch Erzählungen und Bildaufnahmen, die häufig in Sozialen Medien geteilt werden, erschließen sich folgende romantisierende Eindrücke, die sich von Metropolen wie Sydney unterscheiden: Well, you were above the cloud level there, and that’s just amazing. Like, it’s just hard to fathom. When you’re in Blouza there and you’re looking out the window and you think, ‚Where did that mountain come from? I don’t remember seeing that yesterday.‘ But every day you’d wake up and you’d discover something new, because it’s rich in beauty, rich in landscape, rich in tradition, in history (IP101: 49).
Blouzaniyye beabsichtigen außerdem, ihre eigenen Kinder mit den einfacheren Verhältnissen in Blouza zu konfrontieren, um ein Bewusstsein für die privilegierte Lebenssituation in Australien zu schaffen und eine höhere Wertschätzung des dafür erbrachten Arbeitseinsatzes der (Groß-)Eltern anzubahnen. Die Tochter des vorgestellten LKW-Händlers, die im Jahr 1995 mit 16 Jahren zum ersten Mal mit ihren Eltern nach Blouza reiste, habe durch ihren Aufenthalt in Blouza vermeintliche Selbstverständlichkeiten in Australien zu schätzen gelernt: Whereas obviously in Australia we have all these luxuries. Also, the hot water systems. Here, you used to actually burn a fire to heat it up which we didn’t know as well. So just little things, bits and pieces I think. Once we came, we kind of appreciated life in Australia. We thought we were lucky ’cause we knew what we had there. And the way they lived here. And after that, that was my first trip and I’m here again, I’ve been here, like, eight times now since then (IP17: 37).
Heute entspricht die Ausstattung vieler renovierter bzw. neugebauter Häuser nahezu den australischen Standards, dafür versprechen die Aktivitäten der BesucherInnen im Libanon außeralltägliche, teils exotische Erlebnisse und Eindrücke, die einen deutlichen Kontrast zum Alltag in Australien bieten. Die Facebook-Posts der Sängerin geben einen Einblick in ungewöhnliche und emotional ergreifende Erfahrungen. Eigene Fotoaufnahmen aus Tripoli kommentiert sie mit Aussagen zu politischen und gesellschaftlichen Missständen, die ihre Betroffenheit zum Ausdruck bringen: A confronting, dirty, charming city that highlights the impacts of war, over-population, no government and severe unemployment rates. The more I see of this amazing country the more I realise how many rely on the kindness and humanity of others. In the end, it is all we have (FB_IP169, 01.09.16).
In diesem Kommentar hebt sie Freundlichkeit und Menschlichkeit als einzigen Trost hervor. Die Aussage begründet sie mit den anschließend geschilderten Erfahrungen einer außergewöhnlichen Hilfsbereitschaft, die ihnen in Tripoli während einer Autopanne entgegengebracht wurde. Sehr berührt schildert sie die Situation einer somalischen Hausangestellten, die von einer älteren Dame in Blouza beschäftigt wird und
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ihre Familie erst in sechs Jahren wieder sehen wird. Sie resümiert ihre Eindrücke mit folgendem bei Facebook geposteten Satz, den sie mithilfe von Großbuchstaben vom Rest des Beitrags absetzt: „WE ARE SO LUCKY IN AUSTRALIA. SO. LUCKY“ (FB_IP169, 06.09.16, Herv. i. Orig.). Innerhalb der jüngeren Generation zeichnet sich der Trend ab, nicht die gesamte Zeit des Aufenthaltes mit ihren Familien in Blouza zu verbringen, sondern Unterkünfte an anderen Orten (z. B. Beirut, Faraya, Jounieh) zum Besuch von Strand-Resorts248 und Nachtclubs anzumieten. Dort treffen sich die Jugendlichen mit Freunden, die ebenfalls in Sydney leben, sich aber mit anderen Orten identifizieren. Auch Familien und Ehepaare unternehmen Tagesausflüge zu touristischen Sehenswürdigkeiten und religiösen Stätten (z. B. Klöster, Heiligtümer)249 und buchen luxuriöse Hotels, um eine Abwechslung zum „Village Life“ (B, 21.08.16; B, 23.08.17) zu erleben. Die Sängerin kommentiert ein Foto, aufgenommen am Pool des Phoenicia Hotels in Beirut mit den Worten: „Being a spoilt brat in Beirut“ (FB_IP169, 22.08.16). Für Kinder und Jugendliche ist der Aufenthalt in Blouza attraktiv, da im Ort alle Freunde in fußläufiger Entfernung zu erreichen sind, sie einen eigenen Treffpunkt mit Billiard-Tisch haben, wo weniger strenge Regeln250 (z. B. feste Bettzeit) als in Sydney gelten. Hinzu kommen weitere Erlebnisse (z. B. Zündeln mit Feuerwerkskörpern, Quad-Touren) und aufregende Beobachtungen (z. B. Checkpoints, Cannabis-Felder in der Bekaa-Ebene, Eremiten-Höhlen). Ein junger Erwachsener hat sich angeblich im Sommer 2016 einen Esel bei einem Bewohner von Blouza ausgeliehen, mit dem er durch den Ort ritt. Diese ausgefallene Aktion beobachteten andere BesucherInnen aufmerksam und fanden sie höchst witzig, was der Akteur sehr positiv aufnahm (IG, 19.08.16; B, 29.08.16). Erwachsene haben ebenfalls das Gefühl, im Libanon außergewöhnliche Erfahrungen machen zu können und weniger strengen Regeln als in Australien unterworfen zu sein.251 Dies äußert sich besonders beim Autofahren, wenn auf das Tragen von Sicherheitsgurten verzichtet wird. Lediglich bei Fahrten in Beirut wird der Sicherheitsgurt angelegt, da dort diese Regelung einer strengeren Kontrolle unterliegt (B, 16.07.14; B, 248 Die Entstehungsursachen und Folgen von Strand-Resorts und bewachten Wohnkomplexen im Libanon werden in der Studie von Glasze (2003) mit Blick auf die steigende internationalisierte und lebensstilorientierte Nachfrage detailliert aufgearbeitet. 249 Besucht werden vor allem die Klöster und Heiligtümer im Wadi Qadisha, die eine besondere Bedeutung als Pilgerort haben. Darüber hinaus werden andere religiöse Stätten im Libanon angesteuert, besonders solche, die im Zusammenhang mit maronitischen Heiligen stehen (B, 19.08.16–01.09.16). 250 Jugendliche BesucherInnen aus den USA freuen sich darüber, dass im Libanon Alkohol bereits ab einem Alter von 18 Jahren ausgeschenkt wird (IG, 06.08.14; IG, 26.08.14). 251 Der Präsident der World Lebanese Cultural Union (WLCU), der in Sydney lebt, bewertet die schwache Durchsetzungskraft von Gesetzen als positiv für den eigenen Aufenthalt, sie sei jedoch ein Problem für die Ordnung des Landes: „It’s a beautiful life. It’s freedom here, but it’s too much freedom. There is nothing to say no. You can park anywhere; you can smoke anywhere. You can drink as much as you want and you can drive“ (IP39: 58).
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01.09.16). Geschwindigkeitsbegrenzungen werden nicht beachtet und alle fahren rasanter als in Australien: „Well, you have to drive a certain way in the country, in Australia you wouldn’t drive like that“ (IG: 201, 22.08.16). Im Unterschied zur empfundenen geringeren Durchsetzungskraft staatlicher Kontrollorgane, nehmen BesucherInnen die soziale Kontrolle in Blouza stärker wahr als in Sydney. Im Ort ist aufgrund der eng stehenden Häuser und der zum Tal gerichteten Verandas, Balkone und Terrassen alles zu hören und zu sehen: „In Blouza everyone knows everything“ (IP106: 8). Die Aussage stammt von einer Frau, die eines Abends einen Spaziergang mit ihrem Mann machte und aufgrund eines Stromausfalls eine Kerze in der Hand hielt. Am nächsten Tag wurde sie von Personen in der Kirche darauf angesprochen (IP106). Gewisse Verhaltensweisen seien an den Ort anzupassen, wie die Sängerin, die sich in den Sozialen Medien äußerst freizügig präsentiert, erklärt. In Blouza sehe sie davon ab, sich im Bikini zu bräunen. Dies würde zu einem zentralen Gesprächsthema werden, weshalb nur das Dach ihres Onkels, dessen Haus am höchsten Punkt des Ortes liegt, infrage komme (IG: 261, 23.08.16). Eine weitere entscheidende Motivation des Aufenthalts in Blouza ist die Zusammenkunft mit Verwandten. Durch die gemeinschaftlichen Aktivitäten lernen sich Personen kennen, die an anderen Orten der Erde leben. Sie führen von Beginn an vertrauliche Gespräche und tauschen sich über ihre beruflichen Tätigkeiten, die ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen sowie ihre Freizeitinteressen am jeweils anderen Ort aus. Als Gesprächseinstieg dient häufig die Diskussion ihrer verwandtschaftlichen Beziehungen (B, 27.08.16; B, 23.08.17). Die Freude über neue Bekanntschaften wird in folgendem Facebook-Kommentar deutlich: „My cousin [name] from Germany I didn’t know I had! Such a legend. So happy we met!“ (FB_IP169, 01.09.16). War es früher üblich, dass Libanonbesuche mit der Intention durchgeführt wurden, Ehepartnerinnen zu finden und gemeinsam in Sydney zu leben, kommt dies heute nur noch sehr selten vor (z. B. IP17; IP171).252 Die angebliche Bereitschaft einiger Familien in Blouza, ihre Töchter mit Besuchern aus dem Ausland bekannt zu machen, werten in Sydney lebende Blouzaniyye als überholt: „But they still have the mentality 252 Eine Person, die sich mit Kfarsghab identifiziert erklärt dazu: „That happens less often than it used to but more often than you’d probably think“ (IP160: 109). Einige junge Männer sind der Ansicht, eine Person, die im Libanon aufgewachsen sei, garantiere den Erhalt kultureller Praktiken, sei familienorientierter und weniger verwöhnt (IP44; IP144). Ein konträrer, aktueller Diskurs unterstellt Frauen, die im Libanon aufgewachsen sind, zu hohe Erwartungen. Sie würden sich von einer Ehe und Migration erhoffen, in Wohlstand leben zu können, ohne dafür arbeiten zu müssen, was nicht der Realität entspreche (IP185; IP140). Von 1990 bis heute, der vierten Einwanderungsphase aus dem Libanon, ist eine Verlobung oder Ehe mit australischen StaatsbürgerInnen der häufigste Grund der Auswanderung nach Australien. Als EhepartnerInnen von AustralierInnen müssen die jährlich 1.100 und 1.600 Personen die Kriterien des Punktesystems nicht erfüllen (Betts und Healy 2006: 25; ABS 2017) und können eine australische Staatsbürgerschaft beantragen (Australian Government 2019). Die Anzahl der AustralierInnen, die im Zensus eine Lebanese Ancestry angeben und oftmals mindestens der zweiten Einwanderergeneration angehören, lag im Jahr 1996 bei etwa 150.000 (Humphrey 2001: 561), im Jahr 2001 bei 162.239 und im Jahr 2016 bei 230.880 Personen.
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of 50 years ago. That if somebody comes to Lebanon and wants to know your daughter, they offer her to him, as, ‚Yeah he’s a good man, marry him.‘ She didn’t even know him“ (IP91b: 87). Die skizzierte aufgeschlossene Interaktion zwischen Personen, die sich zuvor nicht kannten, trifft allerdings nicht auf alle, während der Sommermonate in Blouza anwesenden Personen zu. Im Gegensatz zu früher, als man laut Aussagen einiger kontinuierlicher BesucherInnen, von unterschiedlichen, selbst unbekannten Familien in Blouza zum Abendessen eingeladen wurde, habe sich der Umgang verändert. Heute würden BesucherInnen aus dem Ausland eine Art eigene Community formieren und bei Aktivitäten weitgehend unter sich bleiben (IP162). Die Anzahl von Verwandten, die im Libanon leben, ist sowohl bei den Zusammenkünften in den Häusern (z. B. Grillabende, Begrüßungs- und Abschiedsfeiern) als auch bei Ausflügen (z. B. Bustrips, Wanderungen, Restaurantbesuche, Off-Road-Fahrten) gering (vgl. Abb. 45253) (B, 23.08.17; B, 19.08.16). Die Aktivitäten werden, wie folgende Aussage bestätigt, von australischen Blouzaniyye für andere BesucherInnen organisiert: „Sometimes we get buses together in the village here where we ask all the Australians that are here in the village at the time, and we might do bus trips during the day, like we go out for the day, you know, just to have fun and enjoy ourselves. Yeah, it’s pretty good“ (IP17: 51). Aufgrund derartiger Gruppenbildungen254 unter Blouzaniyye, die sich aus Sydney kennen, charakterisiert der Media Man, der zu unterschiedlichen Jahreszeiten vor Ort ist, den Alltag in Blouza während der Hauptbesuchszeit wie folgt: „I mean, it’s really an Australian way of life in August and September, October for me“ (IP91b: 69). Die so bezeichnete australische Lebensweise wird durch Symbole und Praktiken wie das Tragen von Trikots australischer Sportteams, Fahrten mit dem Auto auch bei fußläufiger Entfernung und die englische Sprache der BesucherInnen unterstrichen.
Exemplarisch für die Ausflüge ist ein Besuch im Restaurant Abou Joseph, das sich in der Talsohle des Wadi Qadisha befindet und ein beliebtes Wanderziel der Blouzaniyye ist. An einem anderen Tag wurde eine Wallfahrtskirche mit Devotionalien-Laden im christlichen Ort Bechouat in der Bekaa-Ebene besucht, in dem es Bilder maronitischer Heiliger und andere religiöse Artefakte zu kaufen gibt. Im Weingut Château Ksara wurde eine Führung mit anschließender Weinprobe gemacht (vgl. Abb. 45 v. l. n. r.). 254 Derartige Segregationsprozesse konnten unter anderem bei Festen und regelmäßigen Zusammenkünften in anderen libanesischen Dörfern in schwächerer Ausprägung beobachtet werden. In einigen Orten zeigen sich Differenzierungsprozesse eher entlang familiärer Trennlinien, die ortsunabhängig bestehen können. Sie können sich generationsbezogen oder abhängig von Alltagspraktiken und Einstellungen ausprägen (z. B. B, 01.08.14). 253
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Abb. 45 Gemeinsame Ausflüge von Blouzaniyye zu Restaurants sowie spirituellen und touristischen Orten im Libanon. Aufnahmen: Karner 23.08.17, 26.08.16 (v. l. n. r.)
Nehmen im Libanon lebende Blouzaniyye an Unternehmungen der australischen Blouzaniyye teil, handelt es sich in der Regel um enge Verwandte, die Familienmitglieder in ihrem Haus aufgenommen haben und zu Aktivitäten eingeladen wurden. Die anfallenden Kosten für Fahrten, Eintritte und Restaurantbesuche werden aufgrund ihrer geringeren finanziellen Mittel von Familienmitgliedern übernommen, die ihr Geld in Australien verdienen. Auffallend ist, dass die Person, die als Middleman vorgestellt wurde, häufig anwesend ist und die Anwesenden mit Scherzen und dem positiven, offenen Gemüt erheitert. Die vertrauensvollen Beziehungen zwischen ihm und engagierten Individuen, die in Sydney leben, beruhen folglich auf gemeinsamen Erlebnissen und persönlichem Austausch. Bei mehrstündigen gemeinsamen Ausflügen von australischen Blouzaniyye und Mitgliedern, die im Libanon leben, werden soziale Abgrenzungsversuche besonders offensichtlich, wie folgendes Beispiel einer Busfahrt nach Baalbek verdeutlicht. Als sich eine weitere Familie, die in Blouza lebt, spontan entschied, in den nahezu voll besetzten Bus einzusteigen, verließ ein Gast, der in Sydney lebt, fluchtartig den Bus. Beim Aussteigen erklärte er, dass er angeblich klaustrophobische Ängste verspüre. Während der mehrstündigen Fahrt äußerten australische Blouzaniyye lautstark ihre Abscheu vor unbekannten Anblicken (z. B. hängende Tierkadaver vor Fleischereien) und unangenehmen Gerüchen, die sie mit herablassendem Unterton kommentierten: „Ma fi bi Sydney!“ (arab. für „In Sydney gibt es dies nicht!“) (B: 417, 26.08.16). Blouzaniyye, die im Libanon leben, fielen durch ihre lauten arabischen Gesänge und kollektiven Gebete im Bus auf. Aus diesem Anlass stellte eine in Australien aufgewachsene junge Erwachsene anderen BesucherInnen folgende abschätzige rhetorische Frage: „Who invited these people who are singing? There are too many Takchis on the Bus!“ (B: 414, 26.08.16). Die ausgedrückte Distanz ließ sich an der Sitzordnung und dem Interagieren insbesondere zwischen Jugendlichen, die in Australien und denen, die im Libanon leben festmachen. Älteren Personen, die in der Lage sind, im lokalen Dialekt zu kommunizieren, zeigten sich weniger distanziert gegenüber Blouzaniyye, die eine differente Lebensweise haben. In Interviewsituationen grenzen sie sich dennoch deutlich ab und artikulieren ihre empfundene intellektuelle und ökonomische Überlegenheit. Der Media Man versteht sich als welterfahren und open-minded, was ihn von
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der Mehrheit der BewohnerInnen unterscheide: „And most of my family here, friends and that, they’re very simple. They don’t have social lives and talk intellectually to you. They’re all, ‚Are you hungry? Do you want to eat? Can I do something for you?‘ That’s their communication, they don’t have any other communication“ (IP91b: 50). Während des Aufenthalts in Blouza, nehmen die BesucherInnen die Dienstleistungen von dauerhaft im Libanon lebenden Blouzaniyye in Anspruch. Zahlen sie diesen über das Jahr finanzielle Unterstützung, erwarten sie kostenlose haushaltsbezogene Tätigkeiten.255 Alle anderen Personen werden für die angenommenen Dienstleistungen entlohnt. Alternativ werden die Tätigkeiten durch Einladungen, Geschenke und Spenden vergolten. Bei BesucherInnen ist beispielsweise ein Imbiss an der Landstraße, bei dem Frühstück eingenommen oder Gebäck (z. B. Manouche, Ftayir) nach Hause bestellt wird, hoch frequentiert. Die Betreiberin übernimmt außerdem die Reinigung und Vorbereitung von Häusern der Gäste aus dem Ausland und kümmert sich vor deren Ankunft um das Staubwischen und das Beziehen der Betten. Eine andere Frau betreibt einen mobilen Friseur-, Nagel- und Makeup-Salon und wird nicht nur für feierliche Anlässe, sondern auch im Alltag zum Föhnen der Haare für 13 USD oder für Maniküre gebucht. Von in Australien lebenden Individuen werden die Preise für die genannten Dienstleistungen als günstig bewertet. Die Zahlung hoher Trinkgelder begründen sie mit der Annahme, dass die Personen ihre Einkünfte überwiegend während der Sommermonate erzielen müssen und ihre Familien von diesen abhängig seien. Die Großzügigkeit wird mit Empathie und dem Bewusstsein, sich in einer privilegierteren Situation zu befinden, erklärt (IP106; IP162; B, 27.08.16). Allerdings diskutieren die BesucherInnen parallel dazu, dass sich hohe Trinkgelder negativ auf die Preisgestaltung vor Ort auswirken könnten, da bereits jetzt viele Restaurants ihre Preise an australische Verhältnisse angepasst haben. Außerdem würden großzügige Trinkgelder und Spenden den Eindruck erwecken, als spiele Geld für australische Blouzaniyye keine Rolle. Man möchte vermeiden, für finanziell sorgenfrei gehalten zu werden, denn die Mittel für die Reise und für die geleistete Unterstützung seien in Sydney hart erarbeitet worden (B, 31.08.16): They might think people are very wealthy; they come over here and splurge with their money and they don’t realise that this person worked for three or four years very hard to save and then come over here and give his family money. He goes back over there, ohh empty pockets, and he comes over here and he sees the people here, you know Haram
255 Beobachtet wurde, dass zeitaufwendige Arbeiten häufig diejenigen Frauen übernehmen, die das ganze Jahr in Blouza leben. Vereinzelt wurden ihnen derartige Arbeiten (z. B. Sardellen ausnehmen) explizit aufgetragen. Im Falle der Sardellen rechtfertigte der Bruder, der in Sydney lebt, seine Bitte an die Schwestern vor mir: „They need something to do“ (IG, 30.08.16). Es war den Frauen anzumerken, dass sie die Aufgabe als unangenehm empfinden, sie aber dennoch übernahmen (B, 30.08.16). Dies ist Ausdruck asymmetrischer Abhängigkeitsverhältnisse, wobei einschränkend hervorzuheben ist, dass sich in der Regel, wie in Sydney beobachtet, alle Ehefrauen an der Zubereitung von Gerichten beteiligen.
Orte der Kommunikation und Treffpunkte
[arab. sympathy expression], I feel sorry for this guy, you know. Look at his clothes or he doesn’t have a house that’s painted, ‚Here’s 400 bucks, paint your house‘, or give them stuff and then they think, ohh this guy is wealthy, but he’s not wealthy, but it is just that they come over here and see these people worse off than they are and, you know? (IP91b: 95).
Der Diskurs verdeutlicht, dass australische BesucherInnen das Gefühl genießen, gebraucht zu werden und in Blouza als erfolgreich und spendabel wahrgenommen werden wollen. Gleichzeitig fordern sie Anerkennung für den damit verbundenen Arbeitseinsatz in Australien ein. Blouza hat für die Mitglieder in Amerika eine andere Bedeutung als für Blouzaniyye, die in Sydney leben. Der Ort ist zu einem mythischen, paradiesischen Sehnsuchtsort geworden, dessen Existenz unvorstellbar scheint, wie ein Blogpost erkennen lässt: „I’m starting this blog with a picture of Blouza because it’s hard to believe sometimes that Blouza is a real place and not some mythical homeland“ (Toney 2011b). Zwar habe bei vielen Mitgliedern der zweiten und dritten Einwanderergeneration in die USA der Wunsch eines Besuchs bestanden. Er konnte aber nur in seltenen Fällen realisiert werden: „My father’s mother was born there, he always wanted to go to Blouza but never made it“ (IP177: 24). Dem Autor des Blogs ist nur ein Verwandter aus New Hampshire, der regelmäßig nach Blouza reist, bekannt. Er präsentierte seine aktuellen Fotos im Rahmen einer kleinen Ausstellung bei einer Blouza Reunion im Jahr 2008 (IP177: 35: Toney 2018). 3.3
Digitale Treffpunkte
Soziale Medien werden von Blouzaniyye genutzt, um an Geschehnissen der Gemeinschaft teilzuhaben und sich mit anderen, auch unbekannten Mitgliedern, auszutauschen. Die etablierten Plattformen dienen vorwiegend der Kommunikation unter Personen in Sydney und dem Libanon, bieten aber Anschlussmöglichkeiten für Mitglieder weltweit. Live-Videos bei Facebook und Instagram und Webcams dienen vorrangig der virtuellen Teilhabe an Ereignissen in Blouza. Sie kommen darüber hinaus vermehrt in Sydney zum Einsatz, um Blouzaniyye über Zusammenkünfte zu informieren. 3.3.1
Online-Plattformen: „Facebook is probably the biggest thing at the moment“
Vor 15 Jahren gewann die Homepage www.blouza.com rasch an Bekanntheit, heute liegt die Aktivität via Facebook eindeutig vorne: „Because I have a clock that tells you how many people look at the web page, and it’s very minimal now. Not many people
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look at the webpage. Well it’s Facebook and WhatsApp and all that type of technology now, you know. Things change!“ (IP91b: 493). Die öffentliche Facebook-Seite der ABA, die durch den Media Man aktualisiert wird, wurde im Jahr 2011 erstellt und hat derzeit 635 AbonnentInnen (FB_ABA, 22.10.19). Er benachrichtigt über Todesfälle der Gemeinschaft in Sydney und im Libanon mit folgenden, sich ähnelnden Formulierungen: „BLOUZA DEATH ANNOUNCEMENT. It is with great sadness we announce the passing of (…). Condolences will take place on (…). The Funeral service will be held on (…). In lieu of flowers please make a donation to The Heart Foundation. May He Rest In Peace“ (FB_ABA, 21.10.19). Mitglieder kommentieren die Todesanzeigen mit Worten wie „May you rest in peace uncle Loui“ (FB_ABA, 21.10.19) und drücken ihre Betroffenheit und Trauer über Emojis aus. Mit einem SMS Verteiler werden Blouzaniyye in Sydney, die Facebook nicht nutzen, über Todesfälle von Mitgliedern informiert (IP109). Die Facebook-Seite des Vereins wird zur Verbreitung von Informationen über ABA Veranstaltungen genutzt, die mithilfe von eingestellten Flyern beworben werden. Aktuelle Fotos und mehrere Minuten andauernde Videos werden seit 2015256 mit steigender Tendenz aus Sydney und Blouza gepostet, je nachdem wo sich der Media Man gerade aufhält. In Sydney veröffentlichte Aufnahmen decken die Community Events sowie repräsentative Anlässe ab, zu denen das Generalkomitee der ABA zusammenkommt. Während seiner Besuche in Blouza dominieren Aufnahmen von religiösen Feiern und Gottesdiensten in der Mar Saba Kirche, auf die Mitglieder in Australien mit Sätzen wie „God bless the Blouza community in Lebanon“ (FB_ABA, 25.08.19) reagieren. Die im Winter in Blouza aufgenommenen Videos stellen die extremen Schneefälle vor Ort in den Mittelpunkt (FB_ABA, 17.01.19). Abonnenten der Facebook-Seite erfahren alles über sportliche Erfolge und Auszeichnungen von Mitgliedern, Blouza im aktuellen Pressespiegel, Besuche von australischen Prominenten in Blouza (z. B. Parramatta Eels, FB_ABA, 28.12.18) und Wahlergebnisse der Hauptversammlung der ABA. An religiösen und profanen Feiertagen entwirft die Ehefrau des Media Man digitale Grußkarten, die er auf der Facebook-Seite veröffentlicht. Selbst Dienstleistungen von Mitgliedern werden mit Hinweisen zu Rabatten für Blouzaniyye beworben (FB_ABA, 10.12.18). Im Durchschnitt werden derzeit etwa zehn Facebook-Beiträge pro Monat veröffentlicht. Sie werden alle vom Administrator gepostet, da die Seiten-Einstellungen es den NutzerInnen nicht erlauben, eigene Beiträge zu erstellen. Mitglieder nutzten allerdings die Funktion von Likes und Kommentaren, um auf die Posts zu reagieren. Rund zehn Prozent der AbonnentInnen, die größtenteils in Sydney leben, macht von diesen Interaktionsmöglichkeiten Gebrauch.
256 In den Jahren 2011 bis 2014 pflegte ein anderes Mitglied die ABA Facebook-Seite. Gepostet wurden vorwiegend Veranstaltungsankündigungen und nur sehr selten Fotos (FB_ABA; IP95b).
Orte der Kommunikation und Treffpunkte
Der privaten Facebook-Gruppe RELATIVES (Herv. i. Orig.) können nur Personen beitreten, die von einer/m der zwölf AdministratorInnen hinzugefügt werden. Die Gruppe kann nicht über die Suchfunktion gefunden werden. Gegründet wurde sie im Jahr 2014 von einem Mann, der im Jahr 1950 in Blouza geboren wurde, danach in Sydney aufwuchs und heute mit seiner Frau im Vorort Oatlands in der Nähe seiner fünf Kinder und Enkelkinder lebt (IP171). Gegenwärtig hat die Gruppe 576 Mitglieder (FB, 22.10.19), die in Australien, dem Libanon und den USA leben und von ihm zur Mitarbeit motiviert werden: „WE ARE ALL COUSINS IN THE RELATIVES’ GROUP. Family. Like branches on a tree we go in different directions. But our roots remain the same. If you don’t think photos are important wait until they are all you have left. Please post photos in the Relatives Albums“ (FB_IP171, 17.08.14, Herv. i. Orig.). Mit Posts stellt er Mitgliedern neu aufgenommene NutzerInnen vor und erklärt ihnen gleichzeitig das Konzept der Gruppe: „Welcome [name] member 480 to the secret relatives’ group. Look up the various albums in the photos area & add what you like to them. Whatever you post here is only seen by relatives. Hope you enjoy“ (FB_IP171. 05.11.17). Die vom Gründer bereitgestellten und aktualisierten Alben umfassen Portraitfotos von Blouzaniyye in Sydney und Blouza (464 Fotos), Fotos bzw. abfotografierte Todesanzeigen von Verstorbenen257 (306 Fotos), Familienalben (79 Fotos) sowie Familienstammbäume (18 Fotos) (IP171). Nur vereinzelt fügen die dazu aufgerufenen NutzerInnen eigene Fotos und Videos hinzu, die dann im Party Album (89 Fotos) und Wedding Photo Album (143 Fotos) eingepflegt sind. Für amerikanische Blouzaniyye hat der Gründer ein eigenes American Relatives Album kreiert, in das er die Profilfotos der Mitglieder von Facebook (91 Fotos) hochlädt. Ein Mitglied aus den USA, das in Kommentaren als talentierte Genealogin gewürdigt wird, stellte außerdem im Album Blouza Records in the US Kopien von 48 Dokumenten (z. B. Forms for Naturalized Citizens) zur Verfügung (FB_IP171, 22.01.17). Die Interaktion in der RELATIVES’ Gruppe, in der Mitglieder Beiträge veröffentlichen können und sollen, ist mit etwa fünf Beiträgen pro Monat und einer überschaubaren Anzahl an Kommentaren im Vergleich zu Facebook-Gruppen anderer Gemeinschaften258 als eher gering zu bewerten. Bei vielen Beiträgen handelt es sich 257 Blouzaniyye tauschen sich erregt darüber aus, dass der Gründer, sobald er von einem Sterbefall erfahre, das Portraitfoto vom Album der Mitglieder in das Album der Verstorbenen verschieben würde (B, 02.10.16). 258 Ein Gegenbeispiel ist die Gemeinschaft der Kfarsghabis, deren Mitglieder von allen untersuchten Communities am stärksten digital-kommunikativ miteinander vernetzt sind. Ein Student der sich mit Kfarsghab identifiziert und in Philadelphia lebt, schildert die Effekte: „There are people in the village [Kfarsghab] that know something that happened down the street [in Easton] before I do“ (IP160). Als Hauptkommunikationsplattform wird die Facebook-Gruppe Kfarsghab Lebanon mit 1.497 Mitgliedern (FB, 22.10.19) genutzt, die aufgrund von Zugangsbeschränkungen einen geschützten Kommunikationsraum bietet. Die Administratoren haben eine weltweit genutzte Plattform zum Austausch über aktuelle Ereignisse, Anekdoten, Beobachtungen und kuriose Erlebnisse geschaffen. Auch werden dort ungeklärte verwandtschaftliche Beziehungen diskutiert. Rund zehn monatliche Posts entfachen angeregte Diskussionen.
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um Re-Posts der ABA Facebook-Seite, darunter Todesanzeigen und anstehende Veranstaltungen. Nur wenige Mitglieder berichten in der Gruppe über Familienereignisse (z. B. Kommunion, Family Dinner). Nach eigener Aussage, habe der Gründer seit Frühjahr 2016 seine eigene Aktivität in der Gruppe reduziert, nachdem er im Zuge der Fastenzeit vollständig auf Soziale Medien verzichtet hatte: „Whatever I do, I get 100 per cent involved in it. So I said I take a break and come off Facebook for lent and then I came back but not as incessantly as I was previously“ (IP171: 18). Gelegentlich nutzen amerikanische Blouzaniyye die Plattform, um mit ihren Verwandten in Kontakt zu treten: Hello everyone! My name is [name and surname], first daughter of [name and surname], and [name and surname]. Wow so many family members I never knew I had :) here are some pictures of me, my sister [name], my brother [name] and cousin [name]. Lots more pictures to come (FB, 20.08.14).
Der Beitrag wird mit elf Kommentaren beantwortet, die sich um familiäre Beziehungen und ihre Verortung im Stammbaum drehen. Eine Verwandte in Sydney reagiert wie folgt: „Welcome to the Relatives’ Gp [group]! Seeing all the interconnected families on a global scale is even better“ (FB, 20.08.14). Eine weitere familienbezogene Facebook-Gruppe hat die Ehefrau des Media Man im Jahr 2015 gegründet, um Kontakt zu Familienmitgliedern in den USA herzustellen. Sie nutzte die steigende Popularität Sozialer Netzwerke auch vor dem Hintergrund, dass konventionelle Mail-Anfragen an das Ehepaar über Verwandtschaftsbeziehungen zurückgegangen waren: „But from America, it’s very rare now. (…) My wife was able to get in touch with another branch of the family“ (IP91b: 490, 253). Mit der FacebookGruppe möchte sie Nachkommen ihrer Urgroßeltern väterlicherseits erreichen, die sie wie folgt anspricht: „Family & Friends. This page was set up so our long-lost cousins, The John Family, can communicate with the Khoury & related families“ (FB_IP91a, 02.10.15). Dort teilt sie Informationen über Verwandtschaftsbeziehungen, historische Familienfotos, Traueranzeigen von Verwandten, Veranstaltungsankündigungen und poetische Sprüche über den Wert von Familie mit Mitgliedern, die in den USA, Australien und dem Libanon leben. Auch heißt sie neue Mitglieder, die sich in der Gruppe vorstellen259, euphorisch willkommen: „That’s how you fit in our family tree! Welcome cousin!“ (FB_IP91a). Anfragen von Personen aus den USA, die sich erkundigen, ob
259 Die Person stellte sich wie folgt ihren Verwandten in der Gruppe vor: „Hello cuzns [colloq. cousins]. Feel free to add me anytime. I’m the eldest granddaughter, 3rd grandchild born to [name] and [name and surname], eldest daughter to [name] (3rd child born to [name] and [name and surname]) and [name and surname]“ (FB, 04.10.15).
Orte der Kommunikation und Treffpunkte
eventuell familiäre Beziehungen bestehen, beantwortet sie direkt und verspricht, weitere Nachforschungen anzustellen:260 [Name]. You came to the right place. Not sure if your great-grandmother is on our Blouza forest but we do have similar names in the community that I’m sure would be your family line. There is [name] & [name and surname] that live in Florida with a lot of Khoury family living here in Australia. We have a [name and surname] still living in Blouza. (…) I will do a bit more research and get back to you tomorrow (FB_IP91a, 27.12.16).
Als weitere öffentliche Plattformen sind die Facebook-Seiten BLAWZA’s LAND NOT for RENT (BLNR, 589 AbonentInnen, seit 30.05.15, Herv. i. Orig.) und die öffentliche Facebook-Gruppe BLAWZA THE VILLAGE (BTV, 545 Mitglieder, seit 09.01.09, Herv. i. Orig.) zu nennen, auf denen fast ausschließlich religiöse Beiträge in arabischer Sprache veröffentlicht werden. Auf beiden Plattformen berichten Mitglieder mit Fotos und Verlinkungen über Ereignisse in Blouza (z. B. Infrastrukturmaßnahmen, religiöse Zeremonien), über den Libanon (z. B. Neuigkeiten der maronitischen Kirche, Proteste) und Sydney (z. B. ABA Zusammenkünfte, Feste der maronitischen Kirche). Unter den durchschnittlich 15 Beiträgen pro Monat, die hauptsächlich vom Administrator, aber auch von AbonnentInnen erstellt werden, sind zahlreiche Bilder christlicher Heiliger und Landschaftsaufnahmen von Blouza enthalten (FB, 22.10.19). Die Kommunikation, die Facebook und andere Instant-Messaging-Dienste ermöglicht, wird von einer Blouzaniyye folgendermaßen kommentiert: „Yeah, so pretty much Facebook is probably the biggest thing at the moment, and then you’ve got all your others like WhatsApp. See, that’s how we communicate with these here in Blouza instead of making an international call (…)“ (IP17: 116). Vor der Verbreitung digitaler und Sozialer Medien in den 1990er Jahren erfolgte die Kommunikation über Briefe, besprochene Kassetten, Videos und das Telefon, von dem es viele Jahre nur einen Anschluss im ehemaligen kleinen Lebensmittelladen in Blouza gab (IG: 533, 28.08.16; IP96). 3.3.2
Webkameras und Live-Videos: „So visit Blouza daily“
Seit mehreren Jahren haben Blouzaniyye weltweit die Möglichkeit, das Dorf Blouza zu fast jeder Tages- und Nachtzeit aus unterschiedlichen Perspektiven in Echtzeit zu betrachten. Der Service ist, abgesehen von den täglichen sechsstündigen Zeitfenstern, in denen Blouza nicht mit Elektrizität versorgt wird, online verfügbar. Mit Vereinsmitteln und finanzieller Unterstützung einzelner Mitglieder, deren Namen auf der Webseite 260 Sie ist ebenfalls in der öffentlichen Facebook-Gruppe der TAKCHI Family aktiv, die im August 2007 erstellt wurde, gegenwärtig 160 Mitglieder hat, jedoch eine sehr geringe Aktivität erkennen lässt (FB, 22.10.19, Herv. i. Orig.).
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der ABA erwähnt werden (ABA 2017j), hat der Media Man bereits elf Webkameras auf privaten und öffentlichen Gebäuden in Blouza installiert (vgl. Abb. 46 links). Die Live-Aufzeichnungen können kostenfrei und ohne Registrierung auf der Webseite des Vereins aufgerufen werden. In einem Rundschreiben von 2014 werden Blouzaniyye auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, dass sie das Dorf live beobachten können: „P. S. Have you seen Blouza recently? Live via camera on the Blouza Website: www. blouza.com.au Select ‚Blouza Web Cameras‘. There are six in all, which update every minute as long as we have electricity. Thanks to [name] who set these up and keeps them working. So visit Blouza daily“ (NL, 14.04.14). Blouzaniyye in Sydney schildern freudig, dass sie ihre Verwandten in Blouza bei der Gartenarbeit, bei Spaziergängen oder beim Autofahren durch den Ort beobachten konnten. Eine Person machte von der Möglichkeit Gebrauch, die Renovierung seines Hauses in Blouza mithilfe der Webkameras zu verfolgen. Von Sydney aus habe er die Arbeiter bei ihren Tätigkeiten beobachten können: „I used to watch it most when I was doing the house. So I get on there and see if the wall is up or the roof is up. (…) You’d see people on the veranda or on the roof. Yeah, I used to see people but couldn’t recognise them. But that was good. (…) It’s a great idea“ (IG: 109, 24.08.15). Die Initiative des Media Man wird in Sydney gelobt: „He doesn’t stop. Louie is quite active with doing things around the village. (…) He puts cameras around the place“ (IG: 105, 24.08.15). Sein Schwager hat ihn beauftragt, eine Kamera am Eingang des Hauses seiner Mutter in Blouza zu installieren. Er habe von Sydney aus Zugriff, um ungebetene Gäste in den Wintermonaten, wenn sich der Ort leert, erkennen zu können (B, 26.07.17). Der Schutz der Privatsphäre261 wurde in Gesprächen nicht hinterfragt. Der Media Man hat einen Live-Broadcasting Kanal eingerichtet, um besondere Heilige Messen in Blouza für Mitglieder in Sydney und weltweit zur Verfügung zu stellen (vgl. Abb. 46 rechts). Im August 2016 wurde erstmalig die Mar Saba Messe262, die an einem Sonntagmorgen in Blouza abgehalten wurde, in der Blouza Hall ausgestrahlt. Aufgrund der Zeitdifferenz fand die Live-Übertragung in Sydney am Abend statt (B, 28.08.16). In Zukunft soll dies regelmäßig erfolgen, weshalb er BewohnerInnen in Blouza schult, die durch Vereinsgelder finanzierte Technik zu bedienen. Gründe dafür sind nicht nur seine temporäre Rückkehr nach Sydney, sondern auch seine Haltung zur maronitischen Kirche, die er nur zu Dokumentationszwecken und, wie in der Community bekannt und akzeptiert, nicht aus religiöser Überzeugung besucht (IP91b). Als Reaktion auf die Erstübertragung der Mar Saba Messe wurde von Blouzaniyye in Sydney der Wunsch geäußert, den Gottesdienst in Blouza auf Englisch anstatt in syrisch-ara-
261 Gegenteiliges war in einem Nachbarort der Fall, wo eine Kamera zur Überwachung des Kirchplatzes installiert wurde. BewohnerInnen und BesucherInnen kritisieren derartige Kontrollen (IG, 26.08.16). 262 Im Jahr 2019 wurde von einem libanesischen Fernsehsender über die Mar Saba Feast Celebrations in Blouza berichtet. Der Beitrag wurde auf vielen der vorgestellten Facebook-Seiten geteilt (FB_ABA, 29.08.19).
Orte der Kommunikation und Treffpunkte
mäischer Sprache abzuhalten. Da der Priester vor Ort allerdings kein Englisch spricht, kam der Vorschlag auf, das Gesagte wie in der OLOL Ko-Kathedrale in Sydney auf Englisch einzublenden. Man könnte eine Kopie der dort bereits vorhandenen PowerPoint-Präsentation besorgen, um die englische Übersetzung begleitend zum LiveVideo der Messe auf eine Leinwand zu projizieren (B, 29.08.16).
Abb. 46 Webkamera Nummer elf in Blouza und Screenshot eines Live-Broadcast einer Messe. Aufnahme: Karner 19.08.16; Screenshots: 17.07.17; 28.08.16 (v. l. n. r.)
Seit 2016 ist der Media Man dazu übergegangen, nahezu täglich Live-Videos auf seiner öffentlich zugänglichen Facebook-Profilseite zu zeigen. Dies sei im Libanon263 erst durch das schnellere und günstigere mobile Internet im Jahr 2017 möglich: „So with the new telephone SIM cards in Lebanon now, last year wasn’t like that. (…) I got ten gigabytes, I use ten gigabytes because I send pictures all the time and live-videos, yeah. It’s very convenient“ (IP91b: 64, 65). Im Unterschied zu dem offizielleren Video-Material, das er über religiöse und repräsentative Veranstaltungen für die ABA FacebookSeite produziert dokumentiert er auf seiner persönlichen Facebook-Seite exotische, amüsante und spannende Aktivitäten in Blouza (z. B. Autofahrten, Brände, Arak-Produktion, Ziegenherden) und Sydney (z. B. Garage Sale eines Mitglieds). Im Rahmen der Live-Übertragung nehmen die ZuschauerInnen durch Kommentare und Emojis in Echtzeit an den Erlebnissen teil. Sie beeinflussen die Stimmung mit, indem sie mit Emojis Gefühle ausdrücken, Grüße ausrichten und filmische Perspektiven einfordern.
263 Während der Libanonaufenthalte nimmt seine Aktivität in den Sozialen Netzwerken zu. Selbst während eines Abendessens in Beirut wurden Personen in Blouza via Videoanruf integriert und zahlreiche Fotos der Ausflugsgruppe über Facebook geteilt (B, 30.08.17).
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Emotionale Praktiken und gemeinsame Interessen: „To mutually support each other“
Emotionale Praktiken, die von vielen Mitgliedern der Gemeinschaft vorgelebt und deren Bedeutungen mithilfe der bereits vorgestellten Narrative vermittelt werden, sichern das Gemeinschaftsgefühl. Solidarität im Alltag und soziale Pflichten (arab. Wejbet) werden von den meisten Mitgliedern der ersten Einwanderergeneration nicht infrage gestellt und sind mit positiven Emotionen verbunden. Ihre Erwartungshaltungen an jüngere Generationen werden jedoch nicht uneingeschränkt erfüllt. Das Zusammenwirken von Mitgliedern auf ökonomischer Ebene beruht auf gegenseitigem Vertrauen und wird gezielt gefördert. Blouzaniyye sind in unterschiedlichen Interaktionsfeldern aktiv und nutzen ihre Beziehungen zu Entscheidungsträgern, die nicht als Mitglieder der Community angesehen werden, um Vorteile für sich und die Gemeinschaft zu erzielen (Wasta). Die Pflege kooperativer Beziehungen untereinander, mit Personen, die sich mit benachbarten Orten im Wadi Qadisha identifizieren sowie mit Individuen, die keinen familiären Bezug zum Libanon haben, trägt zum Fortbestehen der Gemeinschaft der Blouzaniyye bei. 4.1
Alltägliche Solidarität und Wejbet
Mit dem Ausdruck „I have to do my wejbet“ (IP163: 4) begründen Mitglieder der untersuchten Gemeinschaften bestimmte Praktiken mit denen sie Solidarität ausdrücken. Der arabische Begriff Wejbet geht auf die Verbform Wajbak (arab. für „Du bist dazu verpflichtet!“) zurück und bezeichnet soziale Pflichten. Viele Mitglieder messen den damit verbundenen und über Sozialisation vermittelten Verhaltensnormen eine hohe Bedeutung zu. Die latent vorhandenen und sich situativ verstärkenden Pflichtgefühle bilden die Basis der gegenseitigen sozialen, emotionalen und materiellen Unterstützung unter den Blouzaniyye. Die Einhaltung der Normen wird eingefordert und durch die gegenseitige Beobachtung bei Zusammenkünften kontrolliert.264 Das normative Konzept hat seinen Ursprung in Gesellschaften der Levante und prägt die soziale Organisation des Libanon bis heute unabhängig von ihrer religiösen Prägung. Die mit Wejbet verknüpften handlungsleitenden Implikationen265 sind dyna264 Mit folgender Metapher beschreibt eine Person in Easton, die angibt, die Schattenseiten der Community zu kennen, die gegenseitige Kontrolle: „The community is like a basket of crabs, you know the fish. They’re all alive in the basket, and as one tries to crawl out, the others grab it and pull it back“ (IP153: 68). 265 Der Begriff Wejbet bezeichnet Verhaltensnormen, die von Außenstehenden erlernt werden können: „Wejbet, often unspoken and unquestioned, can simply be defined as the things one has to do. (…) While less stringent in urban areas, the ebb and flow of interaction in smaller cities and villages remains regulated by wejbet, associated heavily with hospitality, reciprocity, and commitment to a larger collective. (…)
Emotionale Praktiken und gemeinsame Interessen
mischen Veränderungen unterworfen. Wejbet hat je nach Generation und Einbindung in der Gemeinschaft für Individuen eine unterschiedliche Bedeutung. Es zeigt sich die Tendenz, dass Mitglieder der zweiten und dritten Einwandergeneration dazu neigen, derartige Praktiken zu hinterfragen und nicht per se zu akzeptieren. Sie pflegen einen anderen Umgang mit normativen Erwartungen als ihre Eltern. Individuell abweichende Orientierungen werden, wie bereits anhand der in Kapitel V 1 beleuchteten Biographien verdeutlicht wurde, von anderen Mitgliedern akzeptiert. Dies bietet stets die Möglichkeit einer zukünftigen oder zeitweisen Verstärkung der Anteilnahme bzw. des persönlichen Engagements und ist bei den folgenden Ausführungen einzubeziehen. Mit Blick auf Wejbet haben Außenstehende die Möglichkeit, als Mitglied der Gemeinschaft akzeptiert zu werden. Sie müssen an gewissen Praktiken, die als verpflichtend gelten, teilnehmen, um von anderen Blouzaniyye anerkannt zu werden, wie der Appell zum Ausdruck bringt: „They have to do their duties“ (IP143: 13). 4.1.1
Unterstützung der kranken, alten und bedürftigen Blouzaniyye: „They believe that it’s an obligation that they have for their family“
Innerhalb der Gemeinschaft wird ein starkes Solidaritätsgefühl durch Narrative und vermittelte normative Imperative aufrechterhalten. Zur Unterstützung von Familien bei der Problembewältigung und Veränderungen im Zuge von Krankheits-, Pflegeoder Todesfällen haben Blouzaniyye bestimmte Strukturen und Initiativen etabliert, die nachfolgend skizziert werden.266 Im Falle der Erkrankung eines Mitglieds, übernehmen ein „dedicated team visiting the sick“ (ABA 2015c: 2) oder vier bis fünf während der monatlichen Sitzung bestimmte Vorstandsmitglieder des Vereins Krankenbesuche stellvertretend für die Gemeinschaft in Sydney (IG: 26, 26.10.17). Beim Besuch überreichen die VertreterInnen Schokolade, erkundigen sich, welche Hilfe benötigt werde und bleiben mit der erkrankten Person oder ihrer Familie in Kontakt, um beim nächsten monatlichen Treffen des Komitees alle Anwesenden über den Gesundheitszustand zu informieren (IP91b). Erkrankte Personen werden unabhängig vom Alter, also nicht nur von Mitgliedern der eigenen Großfamilie und von maronitischen Priestern besucht, sondern normalerwei-
[A]wareness of and behaviors related to wejbet can be learned in such situations as visiting, giving and accepting congratulations, and paying condolences. Wejbet can also be used as an excuse to avoid another obligation“ (Feghali und Braithwaite 2018: 122 f.). 266 Es ist nicht davon auszugehen, dass ein derartiges Tun auf Blouzaniyye beschränkt bleibt. Von mehreren Personen ist bekannt, dass sie kranken oder armen Personen in der Nachbarschaft helfen. So fährt beispielsweise eine Frau wöchentlich ihre Nachbarin zum Einkaufen (IG: 465, 27.08.16) und ein Mann ist für Aktivitäten wie diese bekannt: „One day I saw him at a mall and he was at the escalator and I see his trolley full with pillows and I asked, ‚What do you do with these pillows?‘ and he goes, ‚There’s gonna be a few blokes in the park who will be sleeping more comfortably‘“ (IG: 71, 06.10.16).
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se auch von Vorstandsmitgliedern der ABA. Diese Selbstverständlichkeit ist nicht auf Sydney beschränkt, sondern findet ebenfalls in Blouza statt. Sind VertreterInnen der ABA vor Ort, fühlen sie sich im Fall eines Krankheitsfalls, der mit Arztbesuchen und Bettlägerigkeit oder Krankenhausaufenthalten verbunden ist, verantwortlich, im Namen aller australischen Mitglieder Krankenbesuche zu leisten (B, 24.08.16). Fotos, auf denen die erkrankte Person und ihre BesucherInnen neben dem Krankenbett zu erkennen sind, werden häufig in den Sozialen Medien geteilt und von anderen kommentiert (FB_IP169, 15.12.17). Geraten im Libanon lebende Blouzaniyye krankheitsbedingt in Not, werden von Mitgliedern in Sydney Benefizveranstaltungen ausgerichtet. In den 1970er Jahren seien 12.000 AUD für eine Person in Blouza gesammelt worden, die bei einem Traktorunfall beide Beine verloren hatte (IP172; IP101). Ein Blouzaniyye, der seine Mutter, die in Blouza lebte, in den 1990er Jahren für eine über 100.000 AUD teure Nierentransplantation, im Westmead Krankenhaus in Sydney behandeln ließ, erhielt finanzielle und moralische Unterstützung von Vorstandsmitgliedern der ABA. Er selbst beschreibt sich zu dieser Zeit als nicht in den Verein involviert und verstand die persönlich erfahrene Hilfe als Aufforderung, sich einzubringen: (IP172): „When she came out, everybody knew she was having the operation and she needed help. (…) Everybody came in, and they supported us with money and everything. (…) That’s when the Blouza committee came out, and wanted me to get involved“ (IP172: 254, 260). Die Unterstützung von Senioren, die sich in Sydney mit Blouza identifizieren, ist ein in der Vereinssatzung festgeschriebenes Ziel: „To assist with the care of the elderly and those bereaved amongst people in Australia with ancestry from the town of Blouza in the North of Lebanon“ (Wehbe & Co. 1993: 2). Im Sinne dieses Ziels äußerten Blouzaniyye in Interviews den Wunsch, ein eigenes Altenheim zu gründen, das nur für Mitglieder der Gemeinschaft bestimmt sei: „I want it for Blouza people only. I’d like to have a care home for old people with ten to 15 beds next to or behind the hall, so that all the Blouza people can get together to the end of their life“ (IP173: 125). Bereits etabliert hat sich ein Senior’s Morning Tea and Lunch, das seit 2014 jeden zweiten Dienstag oder Donnerstag im Monat von 10:15am bis 12:30pm in der Blouza Hall ausgerichtet wird: „We have a seniors’ lunch where we invite all our seniors from our community“ (IP101: 95). Initiiert und finanziert wird das Mittagessen von Mitgliedern der Habib Familie zu Ehren der verstorbenen Eltern (IP109). Der jüngste Sohn von acht Geschwistern267 übernimmt den Einkauf und wird bei der Zubereitung der Speisen und beim Servieren durch seine Familie unterstützt (vgl. Abb. 47). Libanesische Gerichte werden nach Der Hauptorganisator des Seniors’ Lunch sei im Jahr 1951 im Libanon geboren, bis 1959 in Blouza aufgewachsen und habe als jüngster Sohn der Familie im Anschluss an seine Schulbildung in Australien eine gute Ausbildung genossen. Nach erfolgreichem Abschluss eines Accounting- und Jurastudiums, wurde er als Berater im 1975 gegründeten Familienunternehmen seiner Brüder tätig (IP109b; Habib Bros. 2015): „They have the technical skills, but don’t have the business skills and the financial skills“ (IP109b: 4). Verheiratet ist er mit einer Australierin, deren Familie aus dem Vereinigten Königreich eingewandert sei und lebt im zentrumsnahen Stadtteil Annandale, außerhalb der Hauptwohngebiete von Blouzaniyye (IP109b).
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Rezepten seiner verstorbenen Mutter zubereitet (z. B. Mujadara) und als Nachtisch libanesische Süßigkeiten, Obstsalat, Eis und Kaffee angeboten. Im Anschluss unterhält er die Senioren mit einer kostenlosen Tombola, in der für alle BesucherInnen eine lustige oder nützliche Überraschung vorgesehen ist (B, 16.12.14). Dies wird wie folgt angepriesen: „Please note, there are no charges or entry fees. Just show up & enjoy. (…) Morning tea commences at 10.30 am for all the 50 and over Blouzawians or if you have a day off. (…) Whilst we enjoy desserts, we draw the winner of the lucky door prize(s)“ (ABA 2015b). Die Veranstaltung findet bereits am Morgen statt, damit sich die Senioren austauschen und Backgammon oder Karten spielen können. In diesem Zeitraum helfen Senioren in guter körperlicher Verfassung dem Maintenance Team der Blouza Hall bei Reparaturen.
Abb. 47 Vorbereitungen des wöchentlichen Seniors’ Lunch in der Blouza Hall und Servieren der Speisen durch Mitglieder der Habib Familie. Aufnahmen: Karner 16.12.14
Im Jahr 2016 nahmen maximal 20 Senioren am Mittagessen teil, weshalb die Financial Person während einer Sitzung der ABA Anwesende dazu aufrief, alle Familienmitglieder, die älter als 50 Jahre sind, zur Teilnahme zu motivieren: „The last seniors’ lunch was fully attended, but if you have a senior person at home, try to bring them along, new faces would help. Otherwise it’s disappointing on their [organising family] behalf “ (IP162: 6). Auch könne bei Bedarf der Transport organisiert werden: „If they can’t make their way there, we offer to go and pick them up“ (IP101: 95). Als weiteres Ziel haben Mitglieder der Gemeinschaft in der Satzung der ABA die Absicht formuliert, die Armut und Notlagen betroffener Blouzaniyye zu lindern, die im Libanon einen 15 Jahre andauernden Bürgerkrieg268 durchlebten: „To assist in the relief of poverty and genuine hardship amongst people in Australia and Lebanon, and In der Region des Wadi Qadisha fanden während des libanesischen Bürgerkriegs innermaronitische Machtkämpfe und Morde (z. B. Ehden Massaker 1978), die von den lokalen Warlords (z. B. Samir Geagea) angeführt wurden, statt (Naor 2016: 332). Die in Australien in den 1970er Jahren gegründeten Village As-
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in particular those from or with ancestry from the town of Blouza in North Lebanon“ (Wehbe & Co. 1993: 2). Heute werden Sachspenden wie Öfen von Vorstandsmitgliedern an bedürftige Familien vergeben, die den Winter in Blouza verbringen: „We usually have one-and-a-half to two meters of snow in the village. A lot of people don’t have stoves to keep warm“ (IP172: 250). Darüber hinaus werden etwa dreißig Personen in Blouza, deren Namen und Bedürfnisse auf einer Liste vermerkt sind, fortwährend mit einem jährlichen Betrag von 300 AUD unterstützt. Dieser Betrag soll zur Sicherung ihrer absoluten Grundbedürfnisse und für andere essenzielle Zwecke verwendet werden, darunter insbesondere Medikamente, Nahrungsmittel, Brennstoffe zum Heizen (Holz bzw. Diesel) sowie Schulgeld und Schuldenabtrag (B, 03.10.16). Als Bedürftige gelten Personen, die weder im Libanon über ein ausreichendes Einkommen verfügen, noch eine Unterstützung von ihrer Familie aus dem Ausland erhalten. Etwa zehn Prozent der BewohnerInnen erhalten keine monetären Rücküberweisungen von Verwandten: People who don’t have family overseas. For argument’s sake, that lady you just met out there, it’s only her and her husband. Her husband is 74 and he works very, very hard, but he’s got a bad back and everything. And that’s the only means of support for them. In winter, he’s got no work at all because it’s a snow-area so the only income he gets is in summer. They try to accumulate enough assets for winter. He’s the only person who doesn’t have anybody in Australia to support him. He’s a needy person. When it gets to the middle of winter, they don’t have any funds at all. So he runs out and he’s like a beggar. But they’ve got pride269, you know? So, in other words, those are the sort of people that we look after. In other words, when winter comes, he’s needy. And there are sick people here that don’t have outside help. But usually, 90 per cent of them in Blouza have outside family in Australia, America, Canada that continuously sends them funds and help and that. Yeah (IP162: 16).
Während der Hausbesuche der Trustees im Jahr 2014, die versuchten, alle Personen in Notlagen in Blouza zu erfassen (vgl. V 1.2.3), forderten einige aus Stolz keine Hilfe ein, wie das Zitat am Beispiel eines Ehepaars verdeutlicht. Andere, als bedürftig eingestufte Personen, verweigern die Annahme finanzieller Unterstützung, um die Mittel Personen zu überlassen, die diese noch dringender benötigen. Dies wird als Ausdruck von Nächstenliebe gewertet: After her mum passed away she is entitled to assistance being a female, and she doesn’t work. (…) I remember giving her 500 dollars through the committee thing, she returned it and goes, ‚My brothers look after me, give that to somebody else who needs it.‘ So you
sociations richteten Veranstaltungen in Sydney aus, um Spendengelder für Dörfer im Libanon zu sammeln und die Versorgung der BewohnerInnen mit Nahrungsmitteln zu sichern (Hyndman-Rizik 2009: 48). 269 Ein Sprichwort von Gibran (2012: 23), das von religiösen Institutionen in Australien aufgegriffen wird (ALCF 2014a), lautet: „Generosity is giving more than you can, and pride is taking less than you need.“
Emotionale Praktiken und gemeinsame Interessen
get good people. And others who you give 500 and they say, ‚Oh that’s not enough, give me more‘ (IP91b: 98).270
Die Finanzmittel stammen aus dem bereits erwähnten Nachlass (Trust) einer Frau und ihrer Tochter. Beide starben im Jahr 2004 in Sydney und hatten in ihrem Testament festgehalten, dass ihr Anwesen verkauft und zur Unterstützung der Armen in Blouza dienen solle (IP172). Im Sitzungssaal der ABA wird mit Fotos und den folgenden Worten an die beiden Frauen erinnert: „The Blouza community acknowledges and appreciates the generosity of [name] and [name] (…) for bequeathing their estate to charity. Thanks to their foresight and God’s providence, funds will continue in perpetuity to help the needy in our beloved village Blouza“ (B, 06.10.16). Der Betrag von 300 AUD werde als Bargeld in Briefumschlägen, die mit dem Namen des Trusts beschriftet sind, von den drei VertreterInnen des Church Committee in Blouza verteilt (IP91b). Der jährlich ausgezahlte Gesamtbetrag von rund 10.000 AUD entspreche einem Teil der Zinsen einer Geldanlage, wenn man den Nachlass in Höhe von 415.233 AUD fest angelegt hätte (IP91b; IP172). Der Nachlass wurde jedoch als vorübergehender Kredit zur Reduktion der Schulden der Blouza Hall verwendet. Dazu hatten die Trustees dessen Verwaltung der Financial Person übertragen und konnten so zusätzlich die Vermögenssteuern einsparen. Im Gegenzug wird ein Teil der geschätzten Zinsen an die Trustees zur Verteilung in Blouza ausgezahlt: „So, instead of paying interest on that money to the bank, (…) we’ll pay some of the interest toward that trustee“ (IP172: 220).271 Seit 2013 wurden laut Treasurer’s Report insgesamt 49.358 AUD als Benefit Payment entrichtet, wobei der Assumed Interest seit 2013 76.171 AUD entspricht (vgl. Anhang 10). Das einbehaltene Geld können die Verantwortlichen im Libanon bei Bedarf bei den Trustees anfragen (IG: 6, 30.08.16). Die Strategie macht deutlich, dass sich die Gemeinschaft in Sydney das Geld ebenfalls zunutze macht: „We’re trying to use it for our use, and we put some of it back into the community“ (IP172: 220). Anstatt in Blouza eine große Investition beispielsweise für Weiterbildungsmaßnahmen zu tätigen, werden kontinuierliche Zahlungen geleistet: „And we contribute to the hungry and needy and sick people in Blouza as well. Not to educate them, but to help the needy and sick of Blouza“ (IP162: 12).272Abgesehen von den kontinuierlichen Zahlungen seien Familien,
270 Bei der Bereitstellung von Öfen sollen einige nicht bedürftige BewohnerInnen versucht haben, sich zu bereichern: „People who had got brand new stoves that were only three months old said, ‚Yeah, we need a stove!‘ And they put their name on the list. There’s not much honesty when it comes to money (…) when it goes from here to there. If you’re really poor or not, if there’s money being given away, everybody will put their hands out. Unfortunately, humanity gets too greedy“ (IP172: 250). 271 Eine andere Person erklärt die Strategie mit den Worten: „They sort of end up selling the house and put the money in the bank and the money they earn interest on, they just sent it to the Blouza and it just helps the different people in the community. (…) They talk to people around the village“ (IG: 117, 24.08.15). 272 Um eine faire Verteilung zu sichern, haben die Trustees 2014 ein Monitoring eingeführt und drei Verantwortliche vor Ort bestimmt, deren Verbund als Church Committee bezeichnet wird (IP91b).
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die sich aufgrund eines Todesfalls oder einer Krankheit in finanziellen Ausnahmesituationen befinden, bereits seit vielen Jahren unterstützt worden. Auf Anfrage werde ihnen von der Financial Person ein höherer Betrag zugewiesen: And if there are people in need, or they need money there, they just send us a letter and we send them the money (…). Even before we got that 400,000 from the lady, if someone was sick or in need and wanted help, the committee would send money and not ask for anything in return (IP172: 216, 218).
Die imaginierte Ursprünglichkeit und Bedürftigkeit von BewohnerInnen in Blouza, auf die GeldgeberInnen in Sydney ihren Tatendrang projizieren, motiviere sie zur Hilfe: „I like the support; I like the help; I like my village; I like my people; I like the dust in my village. That’s my energy. I will spend money to support them, the poor people“ (IP173: 168). Der Diskurs über prekäre Lebensverhältnisse in Blouza verstärkt die Vorstellung der SpenderInnen, sich in einer privilegierten Situation zu befinden und lässt die Migrationsentscheidung und das Leben in Australien notwendig erscheinen. Die Ressourcenknappheit wird als Differenzierungskriterium und Finanzhilfen als Selbstverständlichkeit herausgestellt, wie folgende in Blouza getroffene Aussage eines Blouzaniyye, der in Sydney ein erfolgreiches Unternehmen führt, zeigt: „Like these ones sitting around us now, they sort of don’t have much so we help them a bit, yeah“ (IG: 125, 24.08.15). In jeder Hinsicht beruhe die angeblich hohe Spendenbereitschaft auf dem normativen Prinzip, sich mit anderen Blouzaniyye solidarisch zu zeigen. Sie kann als Ausdruck von Pflichtgefühlen verstanden werden: They have a tie, a connection. They believe that it’s an obligation that they have for their family, because their father was such a good man and their mother was such a good woman they must have come from a good village because they were blessed. They want to help here [in Blouza] (IP91b: 169).
4.1.2
Trauerfeiern: „It’s amazing how they all amalgamate when there’s a death in the family“
Veranstaltungen anlässlich eines Trauerfalls haben die höchste Priorität273 bei Mitgliedern maronitischer Gemeinschaften. Im Vergleich zu anderen Ereignissen des Lebenszyklus’ oder bei Community Events zählen Kondolenzfeiern und Beerdigungen die meisten BesucherInnen: „Like, a thousand people would come to the hall to give their condolences, you know, at the Blouza Hall. And the average wedding is four, five hun273 Nicht alle sozialen Pflichten haben die gleiche Bedeutung, wie ein in arabischen Ländern verbreitetes Sprichwort besagt: „A common saying goes that you can miss a wedding but do not miss a funeral. As people remember who supported them during their time of sorrow“ (Feghali und Braithwaite 2018: 124).
Emotionale Praktiken und gemeinsame Interessen
dred people on average, you know“ (IG: 85, 24.08.15). Damit verbundene Rituale sollen eine lange Tradition haben und werden aus Respekt gegenüber den Verstorbenen und ihren Angehörigen vollzogen: The church was packed. There must have been over 1,100 people inside that church. They knew the family in some way or another. It’s amazing how they all amalgamate when there’s a death in the family. You see the Blouzaniyye people together. You see a majority of them at a wake. They’ve still got that respect. They go to the wakes more than the other events. It becomes personal if you invite someone to your wedding or christening. Those are more private functions (IP170b: 12).
Persönliche Beileidsbekundungen und die Teilnahme an der Beerdigung werden als soziale Pflicht (Wejbet) der Mitglieder empfunden: „You know, invariably, people feel a sense of responsibility whenever there’s a death of a member from the village. Then they’ll come and pay their respects, because they feel a sense of responsibility and a sense of obligation also to do that“ (IP101: 149). Entsprechend des Sprichwortes „Joy shared is joy multiplied. Grief shared is grief divided“ (IP120: 3) empfinden Angehörige den Beistand der Community als schmerzlindernd. Das gemeinsame Gedenken an die verstorbene Person wirke heilend (IG, 21.08.15; B, 02.10.16). In derartigen Situationen seien Mitglieder dazu angehalten, bestehende Auseinandersetzungen zu überwinden.274 Personen zeigen Empathie, um die Erwartungen innerhalb der Gemeinschaft zu erfüllen und eine derartige Unterstützung bei eigener Betroffenheit zu erhalten. Eine hohe Anzahl an Kondolierenden werde als Zeichen der Anerkennung gegenüber der verstorbenen Person und der Familie gewertet: It’s all about status. If the church is full, it means you’re important in the community, you do your duties, you do your obligations, and you’re respected. And so the whole community comes to your funeral, whoever died, your brother’s funeral or whoever. If someone close to you dies and no one comes, well, that’s a tragedy. Because it means you’re not respected in the community, you don’t mix much, you’re sort of ostracised. You don’t want that, it’s all for show. Some people go and pray. A few, a few might go to actually pray for the soul of the person who died (IP108: 576).
Mit den hohen Teilnehmerzahlen geht ein enormer organisatorischer und finanzieller Aufwand für die betroffenen Familien einher. Aus diesem Grund erklären sich die verantwortlichen Koordinatoren der ABA ausdrücklich dazu bereit, Familien auf Anfrage 274 In den USA erklärt eine Maronitin, dass man bei Trauerfällen dazu angehalten sei, Konflikte beizulegen: „They have situations where I fought with your brother, and because I fought with your brother, his brother and sisters won’t talk to me until it’s resolved, or until, God forbid, somebody dies on my side or their side, and they come to pay their respects to me. Then everybody’s happy“ (IP153: 32). Die Gemeinschaft in Blouza wird aufgrund der familiären Interessen, die das Leben der BewohnerInnen bestimmten, vom Media Man wie folgt charakterisiert: „It’s only in days of hardship that people work together“ (IP91b: 88).
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bei der Organisation der Kondolenzfeier (Wake Ceremony) und Beerdigung (Funeral) zu unterstützen (ABA 2017k): „So when a family member or a member of the village passes away, we’ll assist with the funeral arrangements and the wake that follows with that“ (IP101: 95). Der ABA Funeral Coordinator versucht, alle Blouzaniyye über einen Sterbefall in Kenntnis zu setzen und hilft, einen alternativen Saal für die Kondolenzfeier ausfindig zu machen, sollte die Blouza Hall vermietet sein. Während der Kondolenzfeier, die an zwei bis drei Abenden stattfindet, sollten alle Mitglieder der Großfamilie anwesend sein, die sich in einer Reihe neben einem Foto der/s Verstorbenen aufstellen. Von allen ankommenden BesucherInnen, die sich in einer Schlange anstellen und bei jeder/m Angehörigen stehen bleiben, empfangen sie persönliche Beileidsbekundungen und einen Handschlag oder eine Umarmung (vgl. Abb. 48 Mitte). Ein maronitischer Priester ist anwesend, der für die verstorbene Person betet, bevor Lieder von Frauen und Männern gemeinsam gesungen werden (B, 15.12.14). Während der 2,5 stündigen Veranstaltung reicht der Funeral Coordinator, unterstützt durch die Funeral Assistants libanesischen Kaffee, Tee und Wasser (IP172). Er ist für die Sympathy Box (vgl. Abb. 48 rechts) verantwortlich, die auf Anfrage der Betroffenen im Eingangsbereich aufgestellt wird275, um Geldspenden anstatt Blumen als Ausdruck des Mitgefühls zu sammeln (ABA 2017k). Die Angehörigen spenden das Geld entweder an die ABA, deren Vorstandsmitglieder dies eingeführt haben oder an eine Einrichtung mit Bezug zur Todesursache des Angehörigen (z. B. Krebsforschung), wenn sie das Geld nicht zur Finanzierung der Beerdigung benötigen (IP106; IP91b).
Abb. 48 Kirchliche Begräbnisfeier, Beileidsbekundungen und Sympathy Box von Blouzaniyye in Sydney. Aufnahmen: Michael 2015, 2004 (v. l. n. r.)
Viele besuchen Kondolenzfeiern unabhängig davon, ob sie den Verstorbenen persönlich kannten: „If I know his family, I would even go if I don’t know him. (…) Most of the time, you know someone from the family. So, normally, you would go if you can“ (IP109: 347). Steht man als Mitglied an keinem der Abende zur Verfügung, sei
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Bis 2013 wurde die Spendenbox am Eingang der OLOL Ko-Kathedrale aufgestellt (ABA 2013).
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es wichtig, dass zumindest ein Familienmitglied als RepräsentantIn276 auftritt. Wie unterschiedlich der Umgang mit normativen Vorgaben ist, zeigen Aussagen von Personen, die angeben, Kondolenzfeiern nur dann zu besuchen, wenn sie der verstorbenen Person persönlich nahe standen: „We know the person, so we go to pay our respect and then we may go to the funeral if we are not working“ (IP17: 110). Es findet eine individuelle Abwägung der anstehenden Verpflichtungen statt. Die Teilnahme von persönlichen Beziehungen abhängig zu machen, ist besonders für die jungen Erwachsenen charakteristisch: „Why should I go to a funeral if I don’t know the person?“ (IG, 28.09.16). Die Elterngeneration nimmt häufig ohne Begleitung ihrer Kinder an Kondolenzfeiern und Beerdigungen teil und toleriert deren Haltung: „My children do not go for blood connections but for personal relationships. They only go to a funeral if they know the person“ (IP163: 35). In Erzählungen werden die unterschiedlichen Auffassungen der Mitglieder ausgeblendet und Trauerfeiern als außeralltägliche Momente beschrieben, die das Zusammengehörigkeitsgefühl von Blouzaniyye attestieren und gemeinschaftsstabilisierend wirken: See, there’s something that binds us all together. Like, that’s probably what I was getting at on Sunday. We might be different families and different personalities, but at the end of the day, when you mention Blouza and there’s something happening about Blouza, everyone just forgets about all that other unimportant stuff and we all band together. Like, when we have our wakes at the hall there – sadly, when someone passes away, and they come to give their respects – we can have up to 500 people in that hall, a night! And for three nights277. And they’re all278 there (IP101: 203).
Bevor die Blouza Hall im Besitz der ABA war, haben Familien die Mitglieder der Gemeinschaft für mehrere Tage bei sich zu Hause empfangen. Die Tradition sei für die trauernden Familien trotz Hilfe von Mitgliedern mit viel Arbeit verbunden gewesen, da den Kondolierenden bis 23 Uhr Speisen und Kaffee gereicht wurden (IP173; IG,
276 Eine Kfarsghabiyye in Sydney, die ein hohes Engagement für ihre Community zeigt, vertritt ihre Familie häufig bei Kondolenzfeiern und übernimmt diese Pflicht aus Dankbarkeit für die soziale Unterstützung, die ihre Verwandten von anderem Mitgliedern erhalten haben: „I never miss one. And I respect it because of my mother and father and my grandparents. I represent them. Because they accepted all those sympathies over all those years, it’s just repaying that“ (IP102: 153). 277 Von Januar bis Oktober 2019 starben in Sydney 14 und in Blouza fünf Mitglieder der Blouza Community, wenn man die bei Facebook geteilten Todesanzeigen heranzieht (FB_ABA). Ein Mitglied der Kfarsghab Community in Sydney weist auf die Anzahl der damit verbundenen Zusammenkünfte hin: „So that means 26 mercy meals, 26 funerals, and probably 26, at least one of the two nights, visiting the actual condolence lounge, the hall that we go to, to see the people. And you sit with them for three hours“ (IP102: 153). 278 In ähnlichen Worten beschreibt ein anderer Blouzaniyye seine Annahme, dass alle Mitglieder teilnähmen: „When someone dies from the community, everybody comes to offer their condolences. That’s the beauty about them. They’re more into deaths than functions. So, they pay their respects when somebody dies. Everybody from the village comes and offers their condolences. And that hall, it’s good for the community. Some of them only meet once in a blue moon when somebody dies“ (IP162: 60).
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24.09.16): „Because what would happen is you couldn’t get people out of the house. They might stay there until after midnight. And the poor family was very tired, and they’ve got to be welcoming people and taking condolences“ (IP102: 133). Heute treffen sich nur nahe Verwandte in dem Haus der Kernfamilie der jeweils Verstorbenen. Bei dem gemeinsamen Abschiednehmen werden Begebenheiten aus dem Leben der verstorbenen Person erzählt, deren Leistungen gewürdigt und mit Fotoshows an gemeinsame Erlebnisse erinnert. Zu Unterstützung der betroffenen Familie bringen Verwandte vorbereitete Speisen mit (B, 02.10.16). Den großen Beistand bei Trauerfällen hebt die zuvor vorgestellte Sängerin in einem Facebook-Kommentar, der sich an ihre Freunde ohne familiären Bezug zum Libanon richtet, als kulturelle Besonderheit ihrer Gemeinschaft hervor. Sie versucht damit, den negativ geprägten Fremdbildern bezogen auf Lebanese-Australians entgegenzuwirken und verweist explizit auf die vorherrschenden konträren Diskurse in Australien: I wish I could bottle up the love and community of my Lebanese family, but I will try to explain how special it is in an attempt to show gratitude and hopefully transfer some inspiration to people who might need it. Within an hour of my grandma passing last week, there were about 40 people at the nursing home there to say goodbye. That night approximately 70 gathered at the family home where one of my situ or jidu’s sibling’s families catered dinner for everyone. For the next three nights each group of families take turns to cater, serve drinks, clean and organise things as literally hundreds of people visited the house, the hall, the funeral and the mercy meal. (…) Everything that needed to be organised between the house, church, cemetery and mercy meal was taken care of, leaving the immediate family to simply grieve and send off my situ [arab. for grandmother] in style. And as we remember and are so grateful, when the time comes we will offer the same help to those families who helped us. (…) This is something veryyy [sic] special about Lebanese culture and the way it has remained so strong as Australian-Lebanese. While we aren’t often portrayed in a positive light, there are so many beautiful parts of who we are (FB_IP169, 15.12.17).
Während der mehrtägigen Kondolenzfeier, die bei Verfügbarkeit in der Blouza Hall ausgerichtet wird, treffen die Angehörigen auf den Großteil der Community. Am Folgetag findet die kirchliche Begräbnisfeier in einer der maronitischen Kirchen in Sydney statt (vgl. Abb. 48 links), gefolgt von der Beisetzung279 und einem Leichenschmaus (Mercy Meal). Die Speisen werden heute nicht mehr selbst zubereitet, sondern bei einem Caterer bestellt. Mitglieder der maronitischen Community greifen auf die gleichen Cateringunternehmen zurück, die libanesische Gerichte servieren (IP109; IG, 24.09.16). Diese veränderte Art der Organisation werde von Mitgliedern als entlastend empfunden, ohne dass sich der Sinn des Zusammenkommens gewandelt hat: Im Blouza Directory werden vier Bestattungsunternehmen aufgeführt, von denen Liberty Funerals folgenden Slogan nutzt: „Professional and caring funeral directors assisting all cultures with traditional funeral services“ (ABA 2011a: 18).
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„And this is the modern way to do it. It became that way. It’s still the same principle, and it’s still the same connection and sympathies, but it’s much more orderly. And it’s typically easier on the family“ (IP102: 133). An Kondolenzfeiern und Beerdigungen nehmen Mitglieder anderer maronitischer Gemeinschaften, GeschäftspartnerInnen und lokale PolitikerInnen teil, wenn sie der verstorbenen Person nahe standen und/ oder den Angehörigen ihr Mitgefühl ausdrücken möchten. Bei Trauerfeiern kommen also nicht ausschließlich Blouzaniyye, sondern darüber hinaus Personen zusammen, zu denen die Verstorbenen bzw. deren Familien persönliche Beziehungen pflegten (IP108; IP119; IP49). Sterben Familienmitglieder in Blouza, richten Angehörige Trauergottesdienste in maronitischen Kirchen in Sydney aus. In diesem Fall wird für Beileidsbekundungen kein gesonderter Termin angekündigt, sie werden vielmehr im Anschluss an den Gottesdienst entgegengenommen (FB_ABA). Umgekehrt wird in Heiligen Messen in Blouza der in Sydney verstorbenen Blouzaniyye gedacht. Die Trauerfeiern im Libanon unterscheiden sich in ihrem Ablauf von der Durchführung in Sydney und zeichnen sich durch genderspezifische Praktiken aus. Im Untergeschoss des Gemeindesaals neben der Mar Saba Kirche ist das Singen von Klageliedern weiblichen Trauergäste vorbehalten, während sich die Männer im oberen Stockwerk aufhalten (IG, 24.08.15). In der anschließenden kirchlichen Begräbnisfeier in Blouza wird die früher übliche patriarchalische Sitzordnung280 heute nicht mehr strikt eingehalten. Ein höherer Männeranteil ist in den vorderen Reihen allerdings unabhängig vom Anlass des Gottesdienstes erkennbar, besonders, wenn wenige australische BesucherInnen anwesend sind (FB_BTV, 25.08.14; B, 20.08.16). Dies hängt damit zusammen, dass in maronitischen Kirchen in Sydney Blouzaniyye weder bei kirchlichen Begräbnisfeiern und Andachten noch bei eucharistischen Gottesdiensten nach Geschlechtern getrennt sitzen (B, 25.05.14; FB_ABA, 03.12.17), was sie in Blouza beibehalten. Die bei Trauerzeremonien geltende Kleiderordnung ist in Sydney und Blouza identisch. Frauen kleiden sich in schwarz, Männer hingegen lediglich in einer dunklen Hose und einem weißen, hellen oder gestreiften Hemd mit oder ohne Jackett und Krawatte. In Sydney organisieren viele Familien eine 40 Day Mass zum Gedenken an verstorbene Mitglieder vor Ort, gefolgt von einer One Year Mass (IP172; IP108). Zum Gedenken an alle Verstorbenen in Syndey und Blouza kommen Mitglieder der Blouzaniyye zur jährlichen St. Saba Mass for the Souls of Blouza Anfang Dezember zusammen (B, 29.11.14).
280 Im Nachbarort Kfarsghab ist eine deutlichere Geschlechtertrennung bei alltäglichen Messen, kirchlichen Begräbnisfeiern und Andachten erkennbar. In der Mar Awtel Kirche befindet sich bis heute ein Trenngitter aus Holz aus dem Jahr 1795, dessen Funktion auf einem Hinweisschild für Touristen erklärt wird: „The church contains a handmade wooden divider to separate seating for man and woman“ (B, 16.07.14; B, 26.08.15; B, 27.08.15).
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4.1.3
Emotionale Praktiken und Geselligkeit: „You would have seen me hugging some of those elderly ladies. Mate, I love it!“
Emotionale Verbundenheit wird bei persönlichen Zusammentreffen von Blouzaniyye durch körperliche Nähe und Gefühlsäußerungen kommuniziert und dadurch gestärkt. Zur Begrüßung und Verabschiedung werden Handschlag oder Umarmungen und Wangenküsse ausgetauscht. In Sydney werden drei Wangenküsse oder nur ein Wangenkuss, wie in Australien üblich, gegeben. Ersteres wird vor Außenstehenden als „the Lebanese way“ (B, 28.12.14) bezeichnet und ist bei Aufenthalten in Blouza eine Selbstverständlichkeit.281 Begegnet man sich am gleichen Tag mehrfach, wird das Begrüßungs- und Abschiedsritual jedes Mal wiederholt, auch wenn nur wenige Stunden dazwischen liegen. Derartige Interaktionsrituale bekräftigen das Gefühl der Zusammengehörigkeit: Every time I go there [ABA Seniors’ Lunch], you would have seen me hugging some of those elderly ladies. Mate, I love it! I sit there and say, ‚Hi, how are you, mate?‘ You just don’t get that. There is something that binds that elderly lady with me. And you can just imagine where she was born in the village there (IP101: 247).
Bei Begegnungen in Sydney und Blouza wird besonders unter älteren Mitgliedern, wie im arabischen Raum üblich, wiederholt nach dem Wohlbefinden und der Gesundheit einzelner Familienmitglieder gefragt, oftmals ohne die Antwort des Gegenübers abzuwarten: Kifik/ak? (arab. für „Wie geht dir?“), Kif Halik/ak? (arab. für „Wie läuft es?“), Kif Sahtik/ak? (arab. für „Wie steht es um deine Gesundheit?“). Die Fragen werden nicht ausführlich oder gar nicht beantwortet, sondern wie ein „Wie geht es dir?“ behandelt (z. B. B, 20.08.16; B, 03.12.14). Emotionale Ergriffenheit in traurigen und erfreulichen Momenten äußern sich vor allem bei Mädchen und Frauen durch Tränen282. Als sich die Dame, die im Sommer 2016 ihre 80. Geburtstag in Blouza feierte, von den ersten 19 Familienmitgliedern, die ihre Rückreise nach Sydney antraten (vgl. Abb. 49), verabschieden musste, weinte sie bitterlich. Sie drückte damit ihre Trauer aus, dass sie viele ihrer Gäste für mehrere Jahre nicht wiedersehen wird. Einige Kinder, die später zurückreisten, hatten beim Ab-
281 Als im Sommer 2016 mehrere Personen in Blouza Magen-Darm-Probleme hatten und eine Besucherin, die in Sydney lebt, Kontaktübertragung als Ursache vermutete, erklärte sie ihren engsten Vertrauten: „I tried to avoid but no way“ (B: 32, 18.08.19). Zur Kompensation desinfizierte sie sich im Anschluss die Hände. 282 In Erzählungen über das Gefühl von Heimweh und die räumliche Distanz zu Verwandten wird häufig Weinen als emotionale Gefühlsäußerung beschrieben (IP105; IP146). Der empfundene Verlust und die Schwierigkeiten konnten jedoch durch die Unterstützung der Community vor Ort aufgefangen werden: „I know and I believe strongly that because of my family, because of the people in my village, I was able to get over all the difficulties, all the emotions that really stay with you for years. For the first couple of years you can’t even think without really crying. You feel so lonely, you can’t speak the language“ (IP49: 28).
Emotionale Praktiken und gemeinsame Interessen
schied ebenfalls Tränen in den Augen. Eine Mutter beruhigte sie humorvoll mit der Frage „What are you crying for?“ (B: 577, 29.08.16), da sie sich in wenigen Tagen alle in Sydney wiedersehen würden.
Abb. 49 Emotionaler Abschied von BesucherInnen, die ihre Rückreise nach Australien antreten. Aufnahme: Karner 29.08.16
Die emotionale Verbundenheit mit dem Dorf Blouza wird nicht nur durch den realen Aufenthalt283 hergestellt, sondern auch im Rahmen der Sozialisation vermittelt. Der Name wird als das zentrale, geteilte Identitätselement der Gemeinschaft immer wieder genannt und prägt sich so bei den Mitgliedern ein. Eine Situation während des Weihnachtspicknicks im Jahr 2014 verdeutlicht solche benennenden Praktiken exemplarisch. Beim Warten auf den Nikolaus motivierte der Moderator, der als Financial Person geschätzt wird, die Kinder zu einem Sprechchor. Er fragte: „Where are we from? [Answer:] ‚Blouza!‘ Where are we from? [Answer:] ‚Blouza!‘“ Die Kinder beantworteten seine laut gerufene Frage lautstark mit dem Wort „Blouza“. Nach zahlreichen Wiederholungen und andauerndem Hinauszögern der Nikolaus-Zeremonie, erklärte ihnen der Moderator: „And in case Santa doesn’t come, at least we know that we’re all from Blouza“ (B: 11, 30.11.14). Einige Tage später reflektiert er im Interview seine Absicht, das Bewusstsein der jüngeren Generation für die gemeinsame, imaginierte Herkunft zu schärfen und sie dafür zu begeistern: We were yelling on the mic there about ‚Blouza! Blouza!‘ But at least these kids were getting excited. We’ve got to, in our own unique and special way, we’ve got to keep reminding these kids. Because here in Australia, if you don’t reinforce that in them all and keep reminding them who we are and where we came from over the generations … You know,
283 Realisieren Eltern mit ihren Kindern Besuche des libanesischen Dorfes, vermitteln sie ihnen Emotionen der tiefen Verbundenheit, die übernommen und reproduziert werden: „I said, ‚You guys‘, started telling them that we were almost there. And I kind of choked up. I got emotional, because it was kind of … you feel you have an attachment because of your roots, because of your parents“ (IP136: 26).
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you think of my grandson, if I don’t sit down and tell him where his grandfather came from, or what influences my thinking as a result of that, it’s gone. We’ve lost it (IP101: 103).
Eine Praktik, die bei vielen Zusammenkünften von Blouzaniyye zentraler Bestandteil ist, trägt maßgeblich zum Zusammengehörigkeitsgefühl bei. Gemeint ist der Gruppentanz Dabke284, der in Blouza und Sydney heute wie folgt ausgeübt wird: Männer und Frauen, die ihre Hände verschränkt halten, führen zeitgleich eine bekannte rhythmische Schrittfolge285 aus, bei der sie sich gegen den Uhrzeigersinn im Kreis bewegen. Sind Anwesende nicht mit dem Tanz vertraut, wird ihnen die Schrittfolge von anderen vorgemacht und kann aufgrund der Einfachheit unmittelbar nachgeahmt werden. Es tanzen Personen aller Altersklassen und Fähigkeiten mit unterschiedlichem sozioökonomischen Status miteinander, die ihre Begeisterung durch fröhliche Gesichter und Ausrufe teilen (z. B. B, 24.12.14; B, 24.08.15; B, 20.08.16). Ist der anführende Tänzer männlich, wirft dieser, wenn er die dafür nötige körperliche Ausdauer hat, seine Beine aus der Hocke abwechselnd nach vorne. Solo-Improvisationen von Frauen und Männern, die sich bei ausgelassener Stimmung abwechselnd in die Mitte begeben, werden von den anderen bejubelt. Dabei bieten Frauen in der Regel eine feminine, sinnliche oder vergnügte, Männer eine maskuline, Stärke demonstrierende oder amüsante Performance. Paar-Tänze im Zentrum des Kreises sind ebenfalls nicht unüblich. Die Anzahl der TänzerInnen variiert kontinuierlich, da Personen hinzukommen und sich andere nach eigenem Ermessen jederzeit ausklinken können (z. B. B, 30.12.14; B, 28.12.14). Durch die Verschränkung der Hände und den engen Körperkontakt (vgl. Abb. 50) wird die individuelle Bewegungsfreiheit der TänzerInnen eingeschränkt und ein Gruppengefühl mobilisiert bzw. temporär verstärkt. Die kreisförmige, nach innen gerichtete Menschenkette und die synchrone Schrittfolge trägt zu dem körperlich spürbaren So-
284 Dabke hat seinen Ursprung in den ländlichen Gemeinschaften der Levante, die je nach Region und Ort eigene Schrittfolgen entwickelt haben. In Abhängigkeit zur Zusammensetzung der Gruppe (geschlechtergetrennt/gemischt) waren genderspezifische Bewegungsarten charakteristisch (Tabar 2005b: 151 f.), die heute im Libanon weniger streng und in transformierter Weise praktiziert werden (z. B. Frauen als Anführerinnen) (z. B. B, 26.08.14; B, 24.08.14). Gleiches gilt für Australien, wo Dabke besonders bei Community Functions, die seit den 1950er Jahren organisiert werden, getanzt wird. Mit dem Aufkommen des Multikulturalismus in den 1970er Jahren formierten sich Tanzgruppen, die Dabke als Folkloretanz bei öffentlichen Veranstaltungen aufführen, was auch in Kanada und USA zu beobachten ist (B, 01.08.15; B, 09.07.15): „(…) [D]abki is not only reified, but also taken away from its owners and transformed into a fetishized spectacle for the audience to consume and intrusively gaze upon“ (Tabar 2005b: 141). Gleichzeitig behielt Dabke als Gruppentanz eine Funktion für Mitglieder. Im Zuge von Diskriminierungserfahrungen wurde er zu einem symbolischen Identitätselement und drückt in seiner heutigen transformierten Art der Performance veränderte Machtverhältnisse aus (Tabar 2005b: 151 f.). 285 Personen, die sich mit Ehden identifizieren, betonen ihren eigenen Dabke-Stil als Differenzierungselement (IP70): „[T]o reinforce its distinctive identity vis-à-vis other villages“ (Tabar 2005b: 145).
Emotionale Praktiken und gemeinsame Interessen
lidaritäts-, Gleichheits- und Geborgenheitsgefühl bei.286 Obwohl sich Dabke bei vielen Anwesenden einer außerordentlichen Beliebtheit erfreut, bedeutet dies nicht, dass alle an dem Gruppentanz teilnehmen. Es wird versucht, Personen zum Mitmachen zu motivieren, jedoch auch respektiert, wenn sie nicht tanzen wollen. Die Tochter des Media Man scheut sich nicht, vor ihren Cousins, die sich an dem Tanz erfreuen, ihre Ablehnung zum Ausdruck zu bringen: „It’s not my kind of dance“ (B, 24.08.16). Kinder werden bereits in jungen Jahren zu Hause, bei Festen in der Blouza Hall und an anderen Orten mit dem Tanz vertraut gemacht (B, 25.12.14).
Abb. 50 Dabke-Tanz während der Feier eines 80. Geburtstags in Blouza, an der viele australische Blouzaniyye teilnehmen. Aufnahme: Karner 24.08.16
In maronitischen Gottesdiensten ist körperliche Interaktion ein Bestandteil der Zeremonie, die das Gefühl der Verbundenheit stärkt. Zum Empfang des Segens, der vom Priester an Personen mit Gangplätzen weitergereicht wird, werden die betenden Hände dieser Personen, die horizontal ausgerichtet sind, abgestrichen, bevor man die eigenen betenden Hände dem Sitznachbarn auf der anderen Seite entgegengestreckt, der diese berührt und abstreicht. Auf diese Weise wird der Segen in jeder Messe von der Mitte zum Rand an alle TeilnehmerInnen weitergereicht. Wie in katholischen Gottesdiensten üblich, geben KirchgängerInnen ihren Sitznachbarn außerdem beim Friedensgruß („Peace be with you“) die Hand (B, 07.12.14; B, 09.01.15). Als ein Ausdruck der maronitischen Identität, enden die monatlichen Sitzungen des ABA Vorstandes mit einem Schlussgebet, in dem Danksagungen und Fürbitten der Gemeinschaft gesprochen werden (B, 06.10.16).
In den USA betont eine Organisatorin der Blouza Reunions, dass Treffen wichtig seien, um jüngeren Mitgliedern die gegenseitige Fürsorge bewusst zu machen: „(…) They get to know about the whole big family of cousins and support and love. You know, we are not isolated in the world. (…) It’s only fair to allow our kids and their children to have that sense of a safety net where you have, you know, that incredible opportunity to belong to something that is unconditional. (…) I think that the knowledge there is, is that people are there for you“ (IP178: 47, 49, 51). Die Atmosphäre bei Events zeichne sich durch Innigkeit und eine sinnliche Stimmung aus: „There is an intimacy that people are not afraid of intimacy. It’s very intimate. (…) And there is a level of support that it’s, you know, it’s a very spiritual kind of environment. It’s not necessarily the God environment, (…) I feel like that is beyond the doctrine of the church“ (IP178: 51).
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Die bereits angesprochene Gastfreundlichkeit als wichtiger Schlüsselwert von Blouzaniyye beruht auf emotionaler Verbundenheit, Gegenseitigkeit und aufgrund der Größe der Gemeinschaft auf Selektion. Mit zunehmender Anzahl von Blouzaniyye haben sich Cluster von Kernfamilien formiert, deren Mitglieder mehr Zeit miteinander verbringen und sich gegenseitig verstärkt zu Hilfe kommen. Zu den unterstützenden Hilfestellungen zählen Kinder-, Kranken und Seniorenbetreuung, Kochen für Familien in schwierigen Lebenslagen und Finanzhilfen für Familienmitglieder (IP106; IP170a). Bei wichtigen Lebensereignissen wie Hochzeiten, Geburten und Taufen werden Besuche von Mitgliedern des eigenen familiären Clusters erwartet, die Aufmerksamkeiten (z. B. Blumen, Geschenke, feiertagstypische Süßigkeiten) mitbringen. Ein unentschuldigtes Fernbleiben wird als Kränkung empfunden und mit ähnlichen Verhaltensweisen beantwortet. Die Beziehungen relativieren sich, sobald Rechtfertigungen oder indirekte Entschuldigungen ausgesprochen werden. Die GastgeberInnen bieten (alkoholische) Getränke, Kaffee, Nüsse, Süßigkeiten und/oder Früchte an, die üblicherweise erst nach mehrfachem Anbieten angenommen werden. Bei besonderen Anlässen haben sie Andenken, Schokolade oder andere festliche Speisen für die Gäste vorbereitet und nicht selten den Ort der Zusammenkunft nach einem passenden Motto aufwändig dekoriert (IP31; IP17; B, 13.12.14; B, 31.12.14; B, 24.09.16). Kitchen Teas, Bachelorettes, Bucks Nights und Baby Shower Parties, die sich auch im Libanon durchgesetzt haben, sind heute bei Lebanese Australians weit verbreitet und werden als übernommene Gepflogenheiten gedeutet: „We’ve adopted it from the Australians“ (IP103: 965). In geselliger Atmosphäre werden bei Zusammentreffen in Sydney Neuigkeiten über Familienmitglieder, über Krankheits- und Todesfälle der Community und alltägliche Probleme im Berufsleben ausgetauscht. Die alltägliche Kommunikation und die Moderation von Events und Vereinssitzungen erfolgt auf Englisch. Ein situativer Wechsel zum libanesischen Arabisch findet statt, um Personen einzubeziehen, die Englisch nicht fließend beherrschen. Dies betrifft vorwiegend ältere Frauen, die zum Teil Analphabetinnen sind (IP101) und aus folgenden Gründen kaum Englisch sprechen: My mother doesn’t even know how to speak English very well. She’s been in Australia for 50 years. Because she doesn’t need to, she goes to a Lebanese Church, she goes to a Lebanese shopping centre. She goes to Lebanese friends all the time. There are so many people that basically have their own community. Which I think is wrong, by the way (IP91b: 205).
Aus diesem Grund haben Blouzaniyye, beraten von Rechtsanwälten der Gemeinschaft, in der Satzung der ABA festgehalten, Mitglieder ohne englische Sprachkenntnisse beim Erlernen der Sprache zu unterstützen. Für auftretende Probleme bei Anträgen auf Sozialhilfe sollen Beratungsmöglichkeiten geschaffen werden. Ein weiteres Anliegen ist, das Sprechen der arabischen Sprache bei Personen zu fördern, die nur
Emotionale Praktiken und gemeinsame Interessen
Englisch sprechen (Wehbe & Co. 1993: 2).287 Dies trifft insbesondere auf Mitglieder der zweiten und dritten Einwanderergeneration zu, die sich mit ihren Großeltern nur oberflächlich austauschen können. Sie verstehen zwar Alltagsgespräche, können aber nicht auf Arabisch antworten und zeigen oftmals keine intrinsische Motivation, die Sprache zu lernen (IG, 18.08.16). Andere konnten den libanesischen Dialekt in Interaktion mit ihren Großeltern erlernen. Ihre Eltern, die zur Zeit der Assimilierungspolitik (1950er bis 1970er Jahre) aufwuchsen, hatten mit ihnen in Erinnerung an ihre eigene Kindheit nur Englisch gesprochen (B, 04.12.14): „The only way we could communicate was to learn the Lebanese language, so that we could communicate with our grandparents and uncles and aunts that couldn’t speak the English language“ (IP17: 49). 4.2
Ökonomische Synergien innerhalb der Gemeinschaft
Blouzaniyye sind in Sydney in unterschiedlichsten Berufsfeldern tätig, wie ein Vorstandsmitglied beschreibt: „The Blouza Association, it consists of members from all walks of life. We have doctors, we have solicitors288, we have accountants, we have builders, we have electricians, we have members from a broad spectrum of industry“ (IP101: 131). Die Aussage stellt zwar den Verein in den Mittelpunkt, bezieht sich dennoch auf alle 4.500 geschätzten Blouzaniyye in Sydney. Individuen können sich, wie deutlich wurde, situativ und zeitweilig einbringen und erhalten unabhängig von ihrem Engagement Zugang zu Vorteilen. Alle Haushalte in Sydney, die mit der Auswanderung eines Familienmitglieds aus Blouza assoziiert werden, sind im Blouza Directory aufgeführt. Mithilfe des Telefonbuchs sollen die ökonomischen Synergien, die derzeit
An zwei anderen Untersuchungsstandorten wird arabischer Sprachunterricht von dafür gegründeten Institutionen oder der maronitischen Kirchen angeboten bzw. angedacht. In Halifax wurde bereits im Jahr 1960 eine arabische Sprachschule auf Bestreben des damaligen Leaders George Arab gegründet, die nach einer Schließung im Jahr 1979 als Lebanese Heritage Language School wiedereröffnet und staatlich gefördert wurde. Dies hängt mit dem kanadischen Multikulturalismus zusammen. Besonders in der Einführungsphase der 1970er Jahre lag der Fokus auf der Hervorhebung von Unterschieden, weshalb Sprache, Konfession und Folklore gefördert wurden (Schultze 2013: 154 ff.). Gegenwärtig wird den circa 100 SchülerInnen im Alter von vier bis 15 Jahren von den Verantwortlichen der Sprachschule Folgendes versprochen: „Canadian Lebanese youth will enjoy speaking and listening and ultimately reading and writing Arabic in daily life and during travels. This will include communicating with relatives, friends and classmates as well as co-workers and clients, understanding the Lebanese news on TV and in text and understanding speeches at events“ (CLS 2017). Das Erlernen der arabischen Sprache wird in Halifax beworben und soll Mitgliedern und Nichtmitgliedern bessere Einstellungsvoraussetzungen in Unternehmen von Gründern mit einer Lebanese Ancestry ermöglichen, die sich in der Canadian Lebanese Chamber of Commerce (CLCC) in Nova Scotia zusammengeschlossen haben (Language Trainers o. J.). In der Our Lady of Lebanon Kirche in Easton gibt es erste Initiativen und auch langfristige Bestrebungen, wöchentlichen Sprachunterricht anzubieten (IP185). 288 In Easton wird betont, dass Mitglieder der Gemeinschaft Richter seien, die in Pennsylvania durch das Volk gewählt werden, Events sponsern und von den Stimmen der Community profitieren (IP153; IP75; IP150). 287
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besonders in der Wohnungsbaubrache in Western Sydney entstehen, auf andere Wirtschaftsbereiche ausgeweitet werden. 4.2.1
Das Blouza Directory: „Fellow Blouza businesses supporting other Blouza businesses“
Um nicht nur den sozialen Austausch unter Blouzaniyye, sondern auch deren ökonomische Zusammenarbeit zu stärken, haben VertreterInnen der ABA bereits vor mehreren Dekaden ein Telefonbuch289 zusammengestellt. Das Blouza Directory wurde in den Jahren 2002, 2005 und 2011 neu aufgelegt (ABA 2002b; ABA 2003a; ABA 2011a; IP170a) und wird als hilfreiches Mittel gewertet, das die Kommunikation unter Mitgliedern der Gemeinschaft gestärkt habe: „That phone book was a good idea because it supported our committee very well“ (IP170a: 111).290 Derzeit umfasst es 581 Einträge291, darunter die Adressen und Festnetznummern von Blouzaniyye in Sydney und im Libanon (Relatives in Blouza, Lebanon, 199 Einträge). Zusätzlich sind 39 Werbeanzeigen im Telefonbuch verzeichnet. Werbeseiten, die jeweils 200 AUD (bzw. 100 AUD für eine halbe Seite) kosten, werden zur Finanzierung der Herstellungskosten benötigt. Die WerbepartnerInnen werden als SponsorInnen bezeichnet (IP101), bei denen es sich vorwiegend um UnternehmerInnen handelt, die sich mit Blouza identifizieren. Dies hängt mit deren Bereitwilligkeit und mit Bestrebungen von Vorstandsmitgliedern der ABA zusammen, in erster Linie Mitgliedern der eigenen Gemeinschaft eine Werbeplattform zu bieten, um ihnen potenzielle Vorteile zu verschaffen. Zusätzlich werden einige UnternehmerInnen angesprochen, die sich mit benachbarten Orten im
Vier der neun untersuchten Gemeinschaften in Sydney haben Telefonbücher, in denen die Kontaktadressen der Mitglieder und Werbeanzeigen von UnternehmerInnen zu finden sind. Im Falle des Blouza Directory sei die Vervollständigung der Datenbank zeitaufwendig gewesen und habe fünf Jahre in Anspruch genommen (IP172). Blouzaniyye werden dazu aufgefordert, Änderungen ihrer Adressen an den Media Man und seine Ehefrau zu melden, die diese in die Datenbank einpflegen (ABA 2006: 3). Die Fertigstellung und kostenlose Verteilung der Telefonbücher an Blouzaniyye übernehmen Mitglieder des Vorstandes (ABA 2011a): „Some of the new Blouza Directories have already been distributed, please be patient a committee member will visit to present you with your copy“ (ABA 2003a). Aus Datenschutzgründen werde das Telefonbuch nicht an Außenstehende ausgehändigt: „Obviously for privacy purposes, we don’t disclose it. Because there are some members in there that don’t want their numbers to be public. (…) We’re always very reluctant to hand it out“ (IP101: 231). Für das Forschungsprojekt wurde ein Exemplar bereitgestellt. 290 Das Telefonbuch erleichtere die Kommunikation unter Mitgliedern, die angesichts der zunehmenden Zahl von Blouzaniyye-Haushalten nicht mehr alle Nummern kennen, wie die Charity Woman schlildert: „Although you know each other, you don’t know everybody’s phone number. When you’re having a wedding, you want to invite all the relatives. You’ve lost connection with where they’ve moved to (…) My mum came from a family of 11. She had a lot of sisters and brothers. So, their children are married, and they’ve got great-grandchildren. It’s just grown so much“ (IP170a: 113). 291 Im Jahr 2014 wurde die Anzahl von neu gegründeten Haushalten, deren Adressen noch nicht im Telefonbuch enthalten sind, auf hundert geschätzt, weshalb eine Neuauflage in Planung sei (IG, 16.12.14). 289
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Wadi Qadisha identifizieren. Dies gilt ebenfalls für einen Politiker, zu dem kooperative Beziehungen bestehen (IP115; IP162): What we try and do is encourage – You know, when we go to seek advertisers for the directory, we obviously go to members of Blouza first. We want to support those that support us, type of thing. And we encourage others to do it. So, for example, I’m going to get my car tyres changed, I’ll try and see someone from Blouza that’s got a car tyre place. It’s something that we’ve got to continue. It’s all about making people aware that there are businesses around them from around the villages (IP101: 147).
Auf der ersten Seite des Blouza Directory werden die Mitglieder ausdrücklich dazu aufgefordert, die SponsorInnen der Gemeinschaft durch gezielten Konsum und Aufträge zu unterstützen: „Please support the businesses that support the Blouza community“ (ABA 2011a: 1). Ein maronitischer Priester bringt, nachdem er das Telefonbuch einer anderen Community aufgeschlagen hat, mit folgender Aussage den Effekt von Werbeanzeigen zum Ausdruck: „Funeral services, page 62. You can see there’s one place for funeral services. Just about every funeral I go to from Zgharta, they use that firm“ (IP115: 29). Die Financial Person betont, dass bei der Auswahl von GeschäftspartnerInnen letztlich betriebswirtschaftliche Berechnungen entscheidend seien und UnternehmerInnen der Gemeinschaft von daher konkurrenzfähige Angebote machten. Aus diesem Grund seien ökonomische Synergien unter Blouzaniyye noch nicht ausgeschöpft: „But ultimately, business is business. But what we don’t do well enough is encourage that. You know, fellow Blouza businesses supporting other Blouza businesses“ (IP101: 149). Zur weiteren Förderung der Zusammenarbeit sei geplant, ein Business Directory von und für Blouzaniyye zusammenzustellen.292 Die Kosten für einen Eintrag sollen pro Jahr 110 AUD betragen. Es ist vorgesehen, die Anzeigen mit Angabe der Dienstleistung, Produkte, Kontaktdaten und Firmenlogo auf der Webseite der ABA zu veröffentlichen (FB_ABA, 30.05.15). Branchenübergreifend sei eine positive Reputation bei AuftraggeberInnen und KundInnen ein wichtiger Garant für Erfolg. Das enge Beziehungsnetzwerk zeichnet sich durch den Austausch unter Mitgliedern über positive und negative Erfahrungen aus, sodass Aufträge und Nachfrage nach Dienstleistungen von gegenseitigen Empfehlungen beeinflusst werden: So we all use people we know because we trust that they’re giving us a fair deal. And anyone that is not Lebanese, or even from a different village, that has a business that someone from our village has used, it spreads very quickly, ‚Who did you get to do that for your
292 Es gab Pläne, einen Blouza Business Club zu gründen, dessen Mitglieder sich vier Mal im Jahr zum Frühstück oder Mittagessen treffen. Als SponsorInnen sollten Unternehmen, deren EigentümerInnen Blouzaniyye seien sowie deren GeschäftspartnerInnen gewonnen werden (ABA President 2005).
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party?‘ ‚Oh, I used this company.‘ ‚Oh, I’m going to use them, too.‘ And it just passes word of mouth like this. (…) If you are good, they will spread the word about you that you are good, and everyone will use you. If you are bad, nobody will use you (IP126: 178).293
Von den im Blouza Directory beworbenen Unternehmen sind mehr als die Hälfte direkt oder indirekt mit der Baubranche verbunden, was die Bedeutung des Wirtschaftszweigs innerhalb der Gemeinschaft anzeigt (vgl. Kategorie 1–5 in Karte 5). Handwerkliche Betriebe, die zahlreiche Aufträge von Bauunternehmern erhalten, machen mit acht Einträgen den größten Anteil aus. Sie befinden sich in LGAs, in denen das Baugewerbe einen überdurchschnittlich großen Anteil am Einkommen hat. Die zwei größten Bauunternehmer unter den Blouzaniyye treten ebenfalls als Sponsoren auf (IP170b; IP173). Dies gilt für viele weitere Unternehmen, darunter Finanz- und Versicherungsdienstleister, professionelle Dienstleister und Unternehmen, die Vermietung, Verleih und Immobiliendienstleistungen bereitstellen und eng mit der Baubranche verknüpft sind. In den häufig als Familienbetrieb294 geführten Unternehmen arbeiten Blouzaniyye aller Geschlechter mit unterschiedlichen Ausbildungsniveaus zusammen (z. B. IP101; IP17; 118). 4.2.2
Wohnungsbau in Western Sydney: „The Christian Lebanese people own the residential construction market“
Der Wohnungsbau in Western Sydney gilt als aufstrebende Branche, die nicht nur von vielen Blouzaniyye, sondern von Christen mit einer Lebanese Ancestry insgesamt dominiert werde: „The Christian Lebanese people across all villages, I could say that they would own the residential construction market“ (IP167: 30). Mit der Baubranche sind zahlreiche Berufsfelder verknüpft, in denen Mitglieder der Gemeinschaft berufliche Tätigkeiten ausüben: „Well, it starts with construction, real estate, valuers, solicitors, various types“ (IP162: 36). Baufirmen von Blouzaniyye werden in der Regel als Familienunternehmen, die sich durch Weiterqualifizierung der Gründer und ihrer Kinder professionalisiert haben, geführt (IP170b; IP173): „The children went to university and studied, but their father didn’t“ (IP170a: 107). Auch kommt es vor, dass sich GeschäftspartnerInnen zusam293 Die gegenseitige Unterstützung beziehe sich insbesondere auf die Handwerksbranche, wie eine Frau in Sydney, die sich mit Kfarsghab identifiziert, ausführt: „If you have a trade of any kind, hairdresser, plumber, electrician, something like that, you will get a lot of work from the village (…). But if you have an office job then you will not be interacting with the people from the village so much“ (IP126: 168). 294 In den 1980er Jahren arbeiten in Sydney nur rund zehn Prozent der Maroniten mit einer Lebanese Ancestry in Familienunternehmen und rund 40 Prozent in Fabriken (Humphrey 1984: 78). Die Anteile haben sich angesichts der Restrukturierung der australischen Wirtschaft zugunsten der Selbständigkeit verschoben.
Emotionale Praktiken und gemeinsame Interessen
menschließen, zwischen denen keine direkten familiären, sondern freundschaftliche Beziehungen bestehen, um Bauprojekte gemeinsam zu realisieren. Sie identifizieren sich entweder mit dem gleichen Ort oder mit benachbarten Orten im Wadi Qadisha: „And it’s people that you know. (…) They all get together, good friends. They went to the same school. They’re all in the building industry, one’s a plumber, one’s an electrician (…). One of the boys will manage that building site“ (IP91b: 197). Hinzu kommen Personen, die ihre Finanzmittel in anderen Tätigkeitsbereichen erwirtschaftet haben und als Developer in die Baubranche einsteigen. Viele Blouzaniyye investieren ihr Geld in den florierenden Wohnungsmarkt Sydneys und kooperieren mit Bauunternehmern der Community, die über die notwendige Expertise verfügen und das Management der Projekte übernehmen. Die Bedeutung von ausländischen Investoren habe in Sydney zugenommen295, auch wenn unter Blouzaniyye keine Zusammenarbeit mit chinesischen Partnern bestehe (IP96; IP118; IP170). Bauunternehmer, die sich mit Blouza identifizieren, beauftragen bevorzugt Handwerker der eigenen Gemeinschaft als Subunternehmer. Eine Voraussetzung sei allerdings, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis gegenüber anderen Firmen wettbewerbsfähig sei. Aus diesem Grund erklärt einer der Bauunternehmer, der im Blouza Directory eine Werbeseite finanziert (vgl. Karte 5): „The plumbers, the concreters, the electricians, they’re all from Blouza. Sometimes, the painters. I get prices. But they have worked for us, from Blouza“ (IP170b: 438). Ebenfalls vergeben Blouzaniyye in Sydney bevorzugt Aufträge an HandwerkerInnen, die Mitglieder der maronitischen Gemeinschaft sind. Vertrauensverhältnisse beruhen auf dem Bewusstsein, dem gleichen Netzwerk anzugehören und gleiche kulturelle Werte zu teilen. Persönliche Verbindungen über Bekannte und potenzielle Verwandtschaftsverhältnisse werden oftmals beim ersten Gespräch eruiert und ausgelotet296 (B, 20.12.14): Mainly because they trust each other, the Lebanese, you’re just one village away from my village. My father knows your father. Your grandfather knows me. You know there’s still that family contact. And from the north of Lebanon and you’re Christian, you’re Maronite. You know, there’s this attachment (IP91b: 205).
295 Im Jahr 2015 wurden rund ein Viertel aller neuen Wohnungsbauprojekte in Australien mit Geldern von ausländischen Investoren finanziert (Janda 2016). Einige Bauunternehmer mit einer Lebanese Ancestry arbeiten für Großprojekte mit chinesischen Investoren als Partner zusammen: „So the most common partnership in Sydney or in eastern Australia is Chinese and Lebanese. The Chinese put in the money and the Lebanese have the brains and they are building empires“ (IP163: 45). 296 Die Feststellung derartiger Gemeinsamkeiten erzeugt ein Gefühl der Verbundenheit: „It took a chance meeting like that to appreciate or to learn that this bloke was from the same village. Now, obviously, his parents were from Blouza and my parents were from Blouza. But again, there’s a commonality there. There’s something that actually ties the two together“ (IP101: 149).
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Die neo-diasporische Gemeinschaft der Blouzaniyye
Darüber hinaus arbeiten Blouzaniyye mit Zulieferern, Subunternehmern und Bauarbeitern diverser ethnischer Hintergründe297 zusammen (IP170b; IP11; IP118). Den Anbietern von Baustoffen- und Materialien sei bewusst, dass die Gemeinschaft der Blouzaniyye einen großen Kundenkreis ausmache. Aus diesem Grund erhalten Blouzaniyye nicht nur Preisnachlässe, sondern Unterstützung von Außenstehenden für ihre Initiativen, wie in den nachfolgenden Kapiteln deutlich wird: „The bulk of them are in construction, because in our Blouza community most of them build. They build home units, they build houses, and these companies know that the community buys products from them“ (IP162: 36). Eingrenzend wird erwähnt, dass eine Zusammenarbeit mit Muslimen mit einer Lebanese Ancestry äußerst selten sei. Negative Stereotype über Muslime in der Baubranche beruhen auf historisch gewachsenen Fremdzuschreibungen.298 Die Aussage stammt von einem maronitischen Bauunternehmer, der sich mit einem Nachbarort von Blouza identifiziert und Misstrauen zwischen Muslimen und Christen attestiert, was Blouzaniyye in ähnlicher Weise schildern: We try not to employ the Muslim Lebanese. We try, but sometimes you have to because of availability. To get workers is very hard. If they are into your projects, you have always trouble. Their work standards are low, the quality is poor, they wanna get paid before they finish and if you don’t pay them there are a hundred people on your door the next day. Unfortunately, this is very true. The crime rate of people from the Middle East is now increasing in Bankstown. (…) It doesn’t work that way. Even those with money wanna employ other people because it’s safer not to. They don’t trust each other. A successful Muslim developer would employ the Australian, English (IP00: 121, 123).
Muslime mit einer Lebanese Ancestry sind mit zunehmender Tendenz seit den 1975er Jahren in der Baubranche nicht nur als Bauarbeiter, sondern auch als Entwickler und Bauunternehmer vertreten. Selbst während des zweimal jährlich stattfindenden Events der Australian Lebanese Chamber of Commerce ergebe sich keine Interaktion299 mit Muslimen, da man an unterschiedlichen Tischen Platz nehme (IP165). Derzeit ist die Konkurrenz der Baubranche in Western Sydney nur schwach ausgeprägt, da es eine hohe Nachfrage nach Wohnraum bei gleichzeitiger Verfügbarkeit von
Studien über Arabic Businesses weisen darauf hin, dass diese nicht als ethnische Enklaven agieren, obwohl Co-Ethnicity eine wichtige Bedeutung in Bezug auf KundInnen, ZulieferInnen und Angestellte habe. Die innerhalb der libanesischen Community dominanten Stereotype und religiösen Trennlinien werden von vielen AutorInnen nur am Rande erwähnt und nicht weiter ausdifferenziert (Wray et al. 2011: 14, 32 f., 35). 298 Die von maronitischen Unternehmern reproduzierten Stereotype über muslimische Arbeiter mit einer Lebanese Ancestry entsprechen den vom islamophoben Diskurs beeinflussten negativen Fremdbildern anderer Bauunternehmer von Lebanese Australians (Loosemore et al. 2010: 370 f.). 299 Im Unterschied dazu zeigen sich sowohl die religiösen Leader als auch Mitglieder mit einer Lebanese Ancestry bei terroristischen Anschlägen untereinander solidarisch (IG, 31.12.14). Im März 2019 informierte eine Blouzaniyye in einem Facebook-Post, dass der maronitische Bischof von Australien anlässlich der Anschläge in Christchurch (Neuseeland) eine Moschee in Sydney besucht habe (FB_IP169, 15.03.19). 297
Emotionale Praktiken und gemeinsame Interessen
Baugrund gebe: „There is so much work in this country that we don’t worry about each other. We don’t work against each other“ (IP170b: 588). Ein erfolgreicher Bauunternehmer, der sich mit dem Nachbarort Diman identifiziert, verweist in diesem Kontext auf den informellen, vorteilhaften Austausch unter Mitgliedern seiner Gemeinschaft. Die Kontakte zu EntscheidungsträgerInnen seien besonders für den Erhalt von Baugenehmigungen und zur Bewertung der Bodenspekulationen wichtig: You know, there is a very informal collaboration (…), ‚What do you think the market is doing?‘ Or, ‚I just bought this, what do you think about this.‘ ‚Ahh, be careful here, I heard about this.‘ ‚Ahh, do you know this council?‘ – like, council ’cause we have to seek approvals from the local council – ‚Do you know anybody there or can you ring them?‘ (…) And we would share resources, not in terms of money, but in terms of consultants or architects (IP167: 27).
Ein derartiger Austausch findet auch unter Blouzaniyye statt und wirkt auf Berufsentscheidungen der jungen Generation in Sydney ein. So wurde einem Jugendlichen von mehreren älteren Blouzaniyye geraten, nicht Sport zu studieren, sondern Builder oder Plumber zu werden. Argumentiert wurde damit, dass alle seine Cousins in dieser Branche tätig seien und er von deren Netzwerk profitieren könne, um zu erfahren, wer die günstigsten und vertrauenswürdigsten Subunternehmer seien. Er könne mit einem kleinen Projekt anfangen und, wie es zahlreiche Blouzaniyye vorgemacht haben, nach und nach größere Bauvorhaben realisieren (B, 23.08.16). Der sozioökonomische Status von Mitgliedern der Community der Blouzaniyye kann grob anhand ihrer Hauptwohngebiete abgeschätzt werden. In den im Vergleich zur Kernstadt günstigeren zentralwestlichen Gegenden Sydneys (Wray et al. 2011: 19) leben Blouzaniyye überwiegend in Stadtteilen mit einem durchschnittlichen bis überdurchschnittlichen wöchentlichen Haushaltseinkommen.300 Besonders die nördlichen Stadtteile wie Oatlands und Carlingford (vgl. Karte 6), aber auch die LGAs The Hills und Blacktown (vgl. Karte 3) gelten als wohlhabendere Bezirke mit hohem Anteil an Blouzaniyye-Haushalten. Allerdings erlitten einige vermögende Familien im Zuge der Finanzkrise Rückschläge und mussten sich beruflich umorientieren (IP163): „Then Statistische Daten für im Libanon geborene Personen, zeigen ein unterdurchschnittliches wöchentliches Einkommen (333 AUD, Australien Ø 597 AUD), einen niedrigeren Anteil mit höherer Ausbildung (34,2 %, Australien Ø 55,9 %) sowie geringere Beschäftigungsraten (43,6 %, Australien Ø 65,0 %) (DIAC 2014: 3 f.). Dies hängt damit zusammen, dass viele Personen mit einer Lebanese Ancestry, die durchschnittliche und überdurchschnittliche Werte aufweisen (Betts und Healy 2006: 28 f.), der zweiten und jüngeren Einwanderergeneration angehören und nicht in diese Kategorie fallen. Die soziale Benachteiligung muslimischer Personen mit einer Lebanese Ancestry ist mit dem nicht gewährten Flüchtlingsstatus und strukturellen Veränderungen der Wirtschaft in den 1970er Jahren, die zu einem Mangel an geringqualifizierten Arbeitsplätzen führte, zu erklären (Humphrey 1984: 4 ff., 109 ff.). Von staatlicher Seite wurden weder finanzielle Hilfen, noch Unterkünfte oder Sprachkurse angeboten. Die öffentliche institutionelle Unterstützung von Moscheen setzte erst in den 1980er Jahren ein. Moscheen wurden zu den zentralen Community Organisations der sunnitischen und schiitischen Gemeinschaften (Humphrey 2001: 565 f.).
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the GFC [Global Financial Crisis] hit in 2007, market fell 50 per cent. So then, obviously, I was made redundant where I was“ (IP101: 261). Ihre heutigen Tätigkeitsfelder und unternehmerischen Strategien bezeugen flexible Reaktionen auf Veränderungen der ökonomischen Rahmenbedingungen und tragen so zum beruflichen Erfolg bei. 4.3
Spezialisierte Interaktionsfelder und Wasta
Blouzaniyye sollen dazu motiviert und geschult werden, ihre Kompetenzen und Führungsqualitäten zu stärken. Sie sollen unterstützt werden, nach höchsten gesellschaftlichen Idealen an der Entwicklung aller gesellschaftlichen Teilbereiche mitzuwirken. Dieses Ziel haben Mitglieder in Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten der Gemeinschaft in der Satzung der ABA verankert: To inspire and train by self-imposed standards and example all people in Australia of ancestry in Blouza in the North of Lebanon in the qualities and elements of leadership, and according to the highest social ideals and aims to enable them to mutually support each other in their participation in civic, educational, social, charitable, cultural, professional and sporting opportunities and pursuits (Wehbe & Co. 1993: 1).
Vor dem Hintergrund dieser normativen Grundsätze zur Förderung der gesellschaftlichen Inklusion von Blouzaniyye werden im Folgenden drei Bereiche, in denen sich Mitglieder in Sydney engagieren, beleuchtet. Dazu zählen das wohltätige Engagement vor Ort, die Lobbyarbeit der Mitglieder mit lokalen Politikern und die transnationale politische Unterstützung lokaler Machthaber im Libanon durch Blouzaniyye. Die solidarischen Projekte engagierter Blouzaniyye und ihr Selbstverständnis als erfolgreiche, gut ausgebildete, arbeitswillige und gesetzestreue BürgerInnen (vgl. V 2.3.1) sind vor dem Hintergrund der dominanten Fremdbilder über Lebanese bzw. Arab Australians zu interpretieren. Die Selbstdarstellungen sind eine Reaktion auf die vorherrschenden Stereotype über jugendliche Lebanese Australians oder Muslime, die in der medialen Berichterstattung in Sydney und Australien häufig als kriminell, aggressiv und terroristisch dargestellt werden (Kabir 2015: 282). Ein Beispiel sind die sogenannten Lebanese Gang Rapes im Jahr 2002, die von JournalistInnen mit einem angeblich frauenfeindlichen und gewaltbereiten kulturellen Hintergrund und vermeintlichen rassistischen Tatmotiven erklärt wurden (Tabar et al. 2010: 96). Auf nationaler Ebene zeichnet sich in Australien seit Mitte der 1990er Jahre eine Schwächung der multikulturellen Politik durch konservative Regierungen ab (Voshage 2019: 150). Zum besseren Verständnis der Praktiken und Strategien der Blouzaniyye, müssen zusätzlich die Dynamiken auf lokalpolitischer Ebene Beachtung finden. Im Fall von Western Sydney wird deutlich, dass lokale PolitikerInnen den Einfluss neo-diasporischer Communities anerkennen. Sie sind von deren Unterstützung abhän-
Emotionale Praktiken und gemeinsame Interessen
gig und verfolgen Strategien, um den Bedürfnissen der Mitglieder unterschiedlicher neo-diasporischer Gemeinschaften in ihren Wahlbezirken gerecht zu werden. Mit Blick auf die Lobbyarbeit der Blouzaniyye ist anzuführen, dass ihr normatives Ziel, höchste gesellschaftliche Ideale einzuhalten, durch das Prinzip Wasta301 beeinflusst wird. Wasta durchdringt die soziale Organisation von Gesellschaften im arabischen bzw. mediterranen Raum auf allen sozioökonomischen Ebenen. In den untersuchten Communities in Australien spiele Wasta als Strategie zur Sicherung von Vorzügen, wie InterviewpartnerInnen erklären, ebenfalls eine Rolle.302 Der arabische Begriff verweist auf den Prozess, Vorteile auf Basis des eigenen Netzwerks zu erhalten (Feghali 1997: 368). Ausschlaggebend sind Beziehungen zu Personen, die über die Verteilung von Ressourcen entscheiden (Czichowski 1988: 566). Wasta-Geflechte beruhen auf Gegenleistungen (Feghali und Braithwaite 2018: 121 f.) und ermöglichen in der Regel informellen Zugang zu knappen Gütern, Dienstleistungen, Arbeitsplätzen, Regierungsposten303, Aufträgen und Genehmigungen, stets zum Nut301 Der arabische Begriff geht auf die Wörter Wasat (arab. für Mitte) und Waseet (arab. für Vermittler) zurück (Feghali und Braithwaite 2018: 121). Ähnliche Prinzipien in andere Gesellschaften werden wie folgt bezeichnet: „[J]eitinho in Brazil, influencia or socialismo in South and Latin America, palanca in Mexico, connections in the United States, Vetternwirtschaft in Germany, piston in Marocco, svyazi in Russia, and guanxi in China“ (Feghali und Braithwaite 2018: 121). Das Ausmaß an Korruption und Klientelismus, die gesellschaftlichen Missstände und die Umweltverschmutzung im Libanon lösten zuletzt im Oktober 2019 friedliche Massenproteste gegen die politische Elite und das konfessionell basierte Regierungssystem aus. Über mehrere Monate beteiligten sich alle gesellschaftlichen Gruppen in verschiedenen Regionen des Landes. Unterstützung erhielten sie von zahlreichen Personen mit einer Lebanese Ancestry im Ausland, die Demonstrationen in unterschiedlichen Städten weltweit organisierten. Gefordert werden tiefgreifende politische und wirtschaftliche Reformen. Die täglichen Demonstrationen im Libanon wurden durch die COVID-19-Pandemie unterbrochen, die seit Mitte März 2020 für mehrere Wochen mit einer Ausgangssperre bekämpft wurde und als Legitimation für die Räumung des Protestcamps auf dem Märtyrer-Platz in Beirut diente. 302 Tabar et al. (2003; 2010) verzichten in Publikationen über Lebanese Australians im Unterschied zu Hyndman-Rizik (2009: 79) auf den Begriff Wasta und verwenden stattdessen das damit in Verbindung stehende Konzept Wajaha. Dieses Prinzip wurde in Australien durch staatliche Maßnahmen reaktiviert. Mitglieder verfügen über Wajaha (arab. für Prestige) in Abhängigkeit ihrer Bereitschaft, es zur Lösung kollektiver Probleme einzusetzen (Tabar et al. 2003: 270 ff.). Im Zuge der Etablierung des politischen Multikulturalismus erhielt Wajaha im Sinne Bourdieus (1998: 50 f.) einen neuen Wert als objektiviertes symbolisches Kapital bzw. ethnisches Kapital. Dies motivierte potenzielle Führungspersonen, sich für ihre Gemeinschaft einzusetzen, um ihre Position im sozialen Raum zu stärken (Tabar et al. 2010: 60 ff.). 303 Im Libanon sind politische Akteure auf die Wählerstimmen ihrer Klientel angewiesen, die im Gegenzug mit staatlichen Leistungen, Beamtenstellen, Aufträgen und Kapital unterstützt werden. Parteien sind ebenfalls meist an Konfessionsgruppen und Klientelstrukturen gebunden (Hamzeh 2001: 170 ff.) anstatt über Programme und Ideologien ihre WählerInnen zu mobilisieren. Dies hängt mit dem konfessionellen Proporzsystem zusammen, das die Vergabe von Parlamentssitzen paritätisch zwischen Christen und Muslimen sowie proportional nach Einzelkonfessionen innerhalb der beiden Religionen vorsieht. Maroniten stellen den einflussreichen Posten des Staatspräsidenten, der Ministerpräsident muss ein sunnitischer und der Parlamentspräsidenten ein schiitischer Muslim sein. Obwohl lediglich als Übergangslösung im Friedensabkommen von Taif (1989) festgeschrieben, hat der politische Konfessionalismus bis heute Bestand. Es gelang nicht, den Libanon als einen stabilen und souveränen Nationalstaat zu konstituieren (Felsch 2010: 379, 386 f.; Salloukh et al. 2015: 98 ff.).
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zen derselben Koalitionen und Familien. Auf gesamtgesellschaftlicher Ebene gehen damit Verteilungsprobleme, Produktionsineffizienzen und Innovationshemmnisse einher (Czichowski 1988: 562 ff.). Gleichzeitig kann Wasta bürokratische Prozesse beschleunigen und gemeinschaftsfördernd sein: „Not always self-serving, wasta can be used to service and improve the community“ (Feghali und Braithwaite 2018: 122). In Gesellschaften wie der libanesischen ist für nahezu jede persönliche Absicht der Einsatz von Wasta notwendig (Cunningham und Sarayrah 1993: 12). Angesichts dieser umfassenden Notwendigkeit ist Wasta von Begriffen wie „Korruption“, „Bestechung“, „Günstlingswirtschaft“ oder der „Verschwendung öffentlicher Mittel“ abzugrenzen, obwohl Praktiken des Schenkens und Bezahlens nicht ausgeschlossen sind (Feghali und Braithwaite 2018: 121). Im Rahmen dieser Studie äußerten Mitglieder neo-diasporischer Communities in Australien vereinzelt Kritik an Problemlösungen und Vorzügen mittels Wasta (IP108; IP165). Dies kann auf sozialer Erwünschtheit oder der Überzeugung beruhen, Unternehmen seien auf derartige Koalitionen nicht mehr angewiesen (Hyndman-Rizik 2009: 79). Um solche Tendenzen und die Bedeutung von im Libanon erforderlichen Prinzipien für neo-diasporische Gemeinschaften besser zu verstehen, werden Aussagen zu formellen und informellen Beziehungen in die Analyse einbezogen.304 Die Unterstützung lokaler Machthaber im Libanon durch Blouzaniyye in Sydney ist Ausdruck einer Konservierung klientelistischer Strukturen, die über nationalstaatliche Grenzen hinausgehen. 4.3.1
Lokale Wohltätigkeit: „We believe that we’ve got to help others“
Unter den ortsbezogenen Associations, die von Mitgliedern mit einer Lebanese Ancestry gegründet wurden, gelten Blouzaniyye als besonders aktiv im Bereich wohltätiger Initiativen305 (IP21; IP108), die mithilfe des Vereins vermarktet werden. Blouzaniyye beabsichtigen, durch ihre Taten und Aktivitäten Anerkennung innerhalb der austra304 Mit Blick auf NSW verweisen Noble und Tabar (2014) auf ein ethnisches Feld, das sich im Zuge der Etablierung des politischen Multikulturalismus seit den 1970er Jahren bildet. In Anlehnung an die Definition des Feldes von Bourdieu und Wacquant (1992: 97) beschreiben sie das ethnische Feld als multidimensionale Schnittstelle, an der formierende ethnische Gemeinschaften in Beziehung treten, die um staatliche Ressourcen, Anerkennung und Bündnisse konkurrieren: „This field (…) [is] a multi-dimensional interface between the sub-field of an ethnic community and the larger political field on which it is dependent“ (Noble und Tabar 2014: 24 f.). Die Ende der 1990er Jahre sich verstärkenden rassistischen Spannungen bewirkten eine Abwertung von Ethnizität, die mit einer Dekonstruktion des ethnischen Feldes einhergingen (Tabar et al. 2003: 284 f.). Die Analyse spezialisierter Interaktionsfelder macht verständlich, welche Strategien Blouzaniyye verfolgen, die über ethnische Konnotationen hinausgehen. 305 Schon die ersten EinwanderInnen aus dem heutigen Libanon setzten sich seit 1914 für wohltätige Zwecke und patriotische Stiftungen in Sydney ein, um sich gegenüber Australien während der White Australia Politik loyal zu zeigen. Wohltätige Initiativen verstärkten sich in den 1980er Jahren (Batrouney 2006: 55 f.).
Emotionale Praktiken und gemeinsame Interessen
lischen Gesellschaft zu erfahren: „Continue to foster an environment where all members of Blouza are united and respected by their peers in Australia and abroad by virtue of our deeds and actions“ (ABA 2017c). Die Stadtverwaltung von Parramatta richtete im Jahr 1996 einen Empfang aus, um die Initiativen von Mitgliedern der ABA zu würdigen (ABA 2017c). Im Vergleich zu anderen Vereinen deren Mitglieder sich mit benachbarten Orten im Wadi Qadisha identifizieren306, sei die ABA der einzige seit 1993 unter dem Charitable Collections Act of 1934 registrierte Verein (Wehbe & Co. 1993: 19; IP101). Er ist mit dem Namen Australian Blouza Association Incorporated als wohltätiger Verein eingetragen. Die Mitglieder erhalten jedoch keine staatliche Unterstützung für ihre gemeinnützige Arbeit307 (ABR 2016). Vorstandsmitglieder beabsichtigen, wie in den jährlichen Berichten des Treasurers an die ACNC (2013; 2014) festgehalten, Armut, Krankheiten und Notlagen besonders von Senioren zu lindern, Religion zu fördern und Spenden für wohltätige Zwecke zu akquirieren. Positive Effekte sollen die Initiativen nicht nur für Blouzaniyye, sondern für alle Mitglieder der lokalen Gemeinschaft haben und besonders Personen mit chronischen, psychischen oder unheilbaren Erkrankungen entlasten. Trotzdem konnte die Financial Person keinen Tax Deductible Status zur steuerlichen Absetzbarkeit von Spenden erzielen, da die Ausrichtung nicht den strikten Auflagen308 zum Erhalt dieses Vorzugs entspreche (IP101). Im Falle einer Vereinsauflösung muss die Hälfte der Vermögenswerte an eine Charity mit ähnlichen Zielen in Australien und die andere Hälfte einer wohltätigen Organisation im Libanon überschrieben werden (Wehbe & Co. 1993: 17 f.). Mitglieder der ABA geben an, sich aus Dankbarkeit für die erhaltenen Möglichkeiten für die lokale Gemeinschaft in Sydney zu engagieren: „As you see, I have a nice home. Thank God. We came to this country and we were able to build this up, work hard, and get somewhere. Now, I feel that we have to give back what we have. God has given us so much that we should share. So we do help a lot of people in a lot of ways“ (IP173: 171). In einer Dekade haben Blouzaniyye im Namen des Vereins, entsprechend der Angaben auf der Webseite, Gelder in Höhe von 350.000 AUD gespendet. Vergeben 306 Im Gegensatz dazu ist die St. Raymond Association of Hadchit Inc. seit 2000 (ABN 2016a; IP174) und die Haddeth El Joubbeh Charity Association seit 2008 als Other Unincorporated Entity (ABN 2016b) registriert, um von Einkommenssteuern befreit zu sein (IP21: 88). Andere Vereine sind als Unternehmen registriert, darunter die Australian Kfarsghab Association Limited (AKA) und die Becharrie Association of NSW Limited (BAL) (Saracen Holdings) (AKA 2001; BAL 1996). Auf diese Weise dürfen sie Gewinne erwirtschaften (z. B. aus der Vermietung einer Bar im Erdgeschoss des Bcharre Centre), was ihnen als non-profit Organisation nicht erlaubt wäre. Die Gewinne werden zur Renovierung des Centers genutzt (IP108). 307 Die einzige libanonbezogene christliche Charitable Association (IP108), die staatliche Unterstützung vom Department of Community Services erhält, sei die Australian Lebanese Christian Federation (ALCF 2014b). Die Moscheen erhalten ebenfalls staatliche Unterstützung für Welfare (Humphrey 2001: 566). 308 Der Fokus auf die eigene Community sei ein Ausschlusskriterium für den Erhalt des Charity Status: „We applied to the tax office (…) and they said, ‚Your organisation is like many other organisations. You do valuable work, you’re very important to the community, but you’re not a charity‘“ (IP108: 512).
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werden die Spenden vor allem an medizinische Forschungs-, Bildungs- und Versorgungseinrichtungen vor Ort.309 Darüber hinaus werden lokale Projekte (z. B. St. Patrick’s Cathedral Rebuilding Fund, Victorian Bushfire310) gefördert. Im Jahr 2002 wurden zusätzliche 170.000 AUD bei der bislang erfolgreichsten Benefizveranstaltung eines Mitglieds für das NSW Breast Cancer Institute gesammelt. Es sei deren größte erhaltene Einzelspende gewesen (ABA 2017c). In Berichten hält der Treasurer der ABA fest, dass seit Anfang der 2000er Jahre eine halbe Millionen AUD für wohltätige Zwecke gespendet wurde (ABA 2015c): „I’m pleased to say, with our association, in the past ten years or so, we probably would have raised close to 500,000 Australian dollars for worthwhile causes“ (IP101: 61). Tabelle 12 Einnahmen und Ausgaben der Australian Blouza Association (ABA) in AUD
Gesamteinnahmen
davon Spenden
Gesamtausgaben
davon gespendet in Australien
im Libanon
2007
123.964
43.928
243.459
6.300
2008
105.282
0
286.680
0
2014
187.070
16.795
150.735
3.400
0
2015
182.115
13.295
177.027
8.700
14.334
2016
179.080
13.751
149.481
0
12.000
2017
205.496
19.420
156.565
10.687
4.476
2018
173.486
13.253
140.502
0
12.086
1.156.493
120.442
1.304.449
Gesamt
71.983
Quellen: ABA 2009a: 3; ACNC 2014–2018
Die Initiative für die erfolgreichste Veranstaltung namens Believe in a Miracle Ball311 ging von einer Blouzaniyye aus, deren Brustkrebserkrankung geheilt werden konnte. In Anerkennung der Arbeit des NSW Breast Cancer Institute (2002) unterstützten Vorstandsmitglieder der ABA den von ihr ausgerichteten Tanzabend. Eine zunehmende
309 Zu den Einrichtungen zählen das NSW Breast Cancer Institute, The Australian Cancer Research Foundation, The National Heart Foundation of Australia, The Royal Australasian College of Surgeons, The Asthma Foundation of NSW, The NSW Leukemia Foundation, The Millenium Foundation, SIDS and Kids NSW Prostate Cancer Foundation of Australia (ABA 2017c). Im Sitzungssaal des Vorstandes der ABA hängen Danksagungen (Certificates of Appreciation) der Organisationen Sidskids (von 2011), Leukemiafoundation, Prostata Cancer Foundation und The National Heart Foundation of Australia für Spenden aus (B, 06.10.16). 310 Im Jahr 2009 wurden bei Veranstaltungen 7.500 AUD für Betroffene gesammelt (ABA 2009b: 1). 311 Ein Ticket kostete 125 AUD und beinhaltete Champagner als Begrüßungsgetränk, ein Vier-GängeMenü sowie Getränke und ein Unterhaltungsangebot (NSW Breast Cancer Institute 2002).
Emotionale Praktiken und gemeinsame Interessen
Zahl an Krebserkrankungen weiterer Mitglieder bewegte Blouzaniyye dazu, diesbezügliche Einrichtungen bevorzugt zu unterstützen (IP162): „You know, we have a lot of members from Blouza that have obviously taken ill, that have passed away with cancer. This is one way of reminding our members of focusing, giving something back to the community“ (IP101: 61). In den Berichten an die ACNC (2015) ist dieser Schwerpunkt explizit genannt: „Fundraising efforts to worthwhile cancer organisations have served as a means to raising both awareness and much-needed funds for the betterment of our Australian community.“ In den letzten Jahren, hat die Spendenaktivität im Namen der ABA allerdings abgenommen, was im Zusammenhang mit der Kreditbelastung aufgrund des Kaufs der Blouza Hall im Jahr 2006 steht (IP170b). In den sieben Jahren, für die Finanzberichte vorliegen, wurden etwa die Hälfte der erhaltenen Spenden, für wohltätige Zwecke in Australien und in Blouza verwendet (vgl. Tabelle 12). Anstatt jedoch alle eingenommenen Spenden zur Tilgung der Schulden zu verwenden, seien sich Vorstandsmitglieder einig, weiterhin wohltätige Zwecke unterstützen zu wollen: „We believe that we’ve got to help others, and we sponsor the Cancer Council. We help with the Prostate Council (…)“ (IP170b: 533). Die wohltätige Arbeit der Blouzaniyye wird seit vielen Jahren von der ehemaligen Koordinatorin des Ladies Auxiliary Committee und ihrem Mann vorangetrieben. Für ihre Initiativen erhalten sie Unterstützung von Mitgliedern der ABA, der Maronite Ladies of the Gospel, der Making a Difference for Christmas Charity und von ihren Kindern. Seit Anfang der 2000er Jahre richtet das Ehepaar jährlich einen Biggest Morning Tea312 in ihrem Garten313 aus: „So, I’ve got the three committees to join together with me to put it on. (…) It’s really fantastic that the three committees can work together and help like that“ (IP170a: 72). Sie rufen die lokale Bevölkerung dazu auf, für 20 AUD ein Frühstück bei Ihnen einzunehmen: „Everyone is welcome to the biggest spread of breakfast and morning tea. If you’re on your way to work or dropping children off at school, please drop in and join us for either breakfast or morning tea“ (Wehbe 2015, Herv. i. Orig.). Die Initiatorin schätzt, dass bis zu 500 Personen an dem Frühstück teilnehmen, zu dem sie den Bürgermeister, den katholischen Bischof von Parramatta und einen Vertreter des Cancer Council, der die Spendengelder in Empfang nimmt, mit der Bitte einlädt, eine Ansprache zu halten (IP170a). Die ehemalige Koordinatorin des Ladies Auxiliary Committee habe sich stets vehement dafür eingesetzt, möglichst viele Spendengelder bei Veranstaltungen der ABA 312 Australia’s Biggest Morning Tea ist die populärste Spendenaktion von Verantwortlichen des Cancer Council. Durch die Unterstützung von Privatpersonen und Einrichtungen, die Gäste mit Frühstück bewirten, wurden im Jahr 2016 Einnahmen von 11,9 Mio. AUD erzielt (Cancer Council Australia 2017). Das Ehepaar unterstützt das Cancer Council, da eine Schwester der Ehefrau an Krebs gestorben sei (IP170a). 313 Im Jahr 1996 veranstalteten sie infolge des Brandes der St. Patrick’s Kathedrale in Parramatta (Padre Pio Parish Glenmore Park 2013) eine Spendenaktion zur Unterstützung des Wiederaufbaus in ihrem Haus (ACBC und CACW 2010).
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zu sammeln. Ihre ständige Bitthaltung wird von einer anderen Blozaniyye kritisiert: „For her it is always only about the money and how much can be donated“ (IP00: 37). Selbst beim Weihnachtspicknick werde nicht darauf verzichtet, obwohl Mitglieder das ganze Jahr finanzielle Unterstützung leisten: „It is Christmas and the whole year you are asking everyone to dip into their pockets, so why not have one event per year that is for free“ (IP00: 12). Eine Hinwendung zu Events ohne Fundraising betrachtet die Charity Woman als problematisch. Sie fürchtet, dass ihr derzeitiger Rückzug aus der ABA den wohltätigen Praktiken des Vereins schaden könnte: Now I’ve got myself too busy with my Maronite Church again. So I’m doing a lot for them, and I don’t have as much time for my Blouza. That’s why I want to get the younger people back involved. (…) They’re getting together to have disco days, picnic days, and bowling days and holidays. That’s not to bring in money, they just want to do that to keep the families together, which is fair enough. The ladies’ auxiliary always made money for the committee. So, that’s what I want them to do again (IP170a: 188).
Abb. 51 Sew-In unterstützt von Blouzaniyye in Sydney. Privatarchiv: Michael 2008
Das Ehepaar steht beispielhaft für Blouzaniyye, die sich für wohltätige Projekte zur Unterstützung der lokalen Community in Sydney einsetzen und dabei auf die Unterstützung anderer Blouzaniyye im Sinne einer Solidargemeinschaft zurückgreifen. Der Mann, der den Seniors’ Lunch organisiert, engagiert sich in Fortführung des Engagements seiner verstorbenen Mutter für Charity: „Our Mum [name] was very supportive of many charities and foundations who undertake medical research and others that support people in need.“ In einem Gedenkband, den er über seine Mutter erstellte, listet er zwanzig von ihr geförderte Charities, Stiftungen sowie ein Stipendium314 auf. Gemeinsam haben sie seit 2006 drei Sew-In’s organisiert, um Decken aus selbst gestrickten Quadraten mit Familienmitgliedern und Frauen der ABA herzustel314 Das Stipendium Nemettallah and Kamele Habib Family Scholarship wurde im Jahr 1998 bei der University of Sydney etabliert. Unterstützt werden Projekte von MedizinstudentInnen in den Bereichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfälle mit 3.000 AUD jährlich für bis zu drei Jahre.
Emotionale Praktiken und gemeinsame Interessen
len (vgl. Abb. 51). Der sogenannte The Knitters, Sewers and Chatterers Club, der als Untergruppe der ABA verstanden wird, hatte bis 2015 bereits 530 Decken fertiggestellt. Sie werden an die NGO Wrap With Love gespendet und mit der Beschriftung „A gift from Australia“ in über 75 Ländern kostenlos verteilt (Wrap With Love 2017; ABA 2015b: 3). Um eine Suppenküche für obdachlose Personen zu unterstützen, die von ihm gemeinsam mit anderen Mitgliedern einer lateinischen Kirche organisiert wird, stellt er jedes Mal während des Seniors’ Lunch eine Spendenbox auf (IP109b). Er selbst wird als bescheiden beschrieben, da er sich dafür nicht in der Öffentlichkeit zu profilieren versuche: „He is a very generous man“ (IP71a: 16).
Abb. 52 Eine Blouzaniyye erhält den Granville Local Woman of the Year Award. Fundort: FB_Julia Finn MP, 14.03.19
Exemplarisch für die Anerkennung des wohltätigen Engagements von Blouzaniyye steht der Granville Local Woman of the Year Award. Er wurde der Schwägerin der Charity Woman, die als Begründerin des Ladies Auxiliary Committee der ABA bekannt ist, im Jahr 2019 mit folgender Begründung verliehen: „[Name] has devoted herself to charity work and supporting the less fortunate over many decades“ (FB_Julia Finn MP, 14.03.19). Sie wurde von der australischen Politikerin Julia Finn im Krankenhaus besucht, da sie aufgrund eines Unfalls nicht an der offiziellen Zeremonie teilnehmen konnte (vgl. Abb. 52). Die politische Vertreterin von Granville hat in den letzten Jahren eine besondere Beziehung zu Blouzaniyye aufgebaut, wie im nachfolgenden Kapitel deutlich wird. 4.3.2
Lokale Lobbyarbeit: „They often help us, and it’s been really wonderful“
Blouzaniyye haben aus beruflichem Eigennutz und um Vorteile für die Vereinsarbeit zu erhalten, ein Interesse an der Ausweitung ihres Netzwerks. Insbesondere der Erfolg
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in der Baubranche hänge von lokalen Kenntnissen und Kontakten ab, weshalb sich die Projekte von Bauentwicklern auf bestimmte Gebiete konzentrieren: „Yeah. I built three quarters of Bankstown“ (IP173: 207).315 Kontakte zu lokalen EntscheidungsträgerInnen seien förderlich, da Baugenehmigungen beim Gemeinderat, der außerdem über Änderungen von Flächennutzungsplänen entscheidet, einzuholen sind (IP167; IP108). In einem Interview kritisiert ein kleinerer Bauentwickler, der sich abgehängt fühlt, dass Wasta in Sydney eine bedeutende Rolle spiele: „In Lebanon, the word for it is wasta (…) The migrants brought a lot of vices with them. (…) There are connections with the government. (…) At the local council here in Burwood, the two people who decide everything are Lebanese“ (IP00: 102). In den lokalen Medien wird die enge Verzahnung von AkteurInnen der Immobilienwirtschaft und Politikern in Western Sydney, von denen viele eine Lebanese Ancestry haben, diskutiert. In diesem Zusammenhang werden erschlichene Vorteile für familiäre Koalitionen kritisiert (z. B. Saulwick 2019). Die folgende Analyse gibt einen Einblick in die Verwobenheit von formellen und informellen Beziehungen, die den legalen Erhalt von Vorzügen begünstigt. Es wird deutlich, weshalb kollektive Interessen der Blouzaniyye von EntscheidungsträgerInnen offiziell gefördert werden und dass Wasta-Beziehungen in Australien auf politischer und ökonomischer Ebene wirksam sein können.316 Innerhalb der Community gebe es kein Mitglied, das ein politisches Amt begleite: „We haven’t got anybody in council. There are a lot of people from Kfarsghab. (…) They are a bigger community and they’re more affluent. They’ve been in this country a lot longer. They like to join all those things“ (IP170a: 128). Gleichwohl haben Blouzaniyye persönliche und berufliche317 Beziehungen zu PolitikerInnen: „We’ve been friends with every mayor that’s been through. There have been a few Lebanese ones.318 Tony Issa, John Chedid, but they’re not from our village. They’re from other villages, but they’re Lebanese“ (IP170a: 138). Mit fast identischen Worten berichtet ein Mitglied stolz: „We know Tony Issa, we know John Chedid, we know Paul, what’s his
315 Ein Bauentwickler, der sich mit Diman identifiziert, stellt seine Spezialisierung auf Hurtsville als Erfolgsstrategie dar: „We develop in the south of Sydney and we stay in this area because I know it and people know that I know it. If there is a deal to be held in this area, because I am a ‚specialist‘ they [real estate agents] would come to me with a deal and that’s something we are very proud of. (…) We have been very exclusive in our thinking and we have tried to specialise in this area and we have been quite successful“ (IP167: 31). 316 Mit Blick auf Australien erklärt auch Hyndman-Rizik (2009: 76, Herv. i. Orig.): „While wasta might imply favouritism based on kinship it can also mean networking and building business connections through returning favours.“ 317 Ein Mitglied war zum Beispiel von 1991 bis 2016 als Angestellte für Laurie Ferguson, einem Abgeordneten der Labor Party, im australischen Repräsentantenhaus tätig (House of Representatives 2016: 4518). 318 Viele Personen mit einer Lebanese Ancestry sind Premierminister, Minister, Senatoren und Abgeordnete im Australischen Parlament sowie Bürgermeister und Gemeinderatsmitglieder der lokalen Regierungen. Im Jahr 1925 war Alexander Alam der erste Politiker mit einer Lebanese Ancestry (McKay und Batrouney 2001: 557; Fa’our 2016: 9). Shaoquett Moselmane ist seit 2009 der erste muslimische Abgeordnete mit einer Lebanese Ancestry im Parlament von NSW als Vertreter der Labor Party (Moselmane 2010).
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name, he’s an Australian fellow. Three or four, and we know them all. They’re always coming to our functions“ (IP173: 139). Viele Blouzaniyye haben enge Beziehungen zu dem letztgenannten, mehrmals gewählten Oberbürgermeister von Paramatta, Paul Garrard319. Er zählt zu den Personen ohne Lebanese Ancestry, die die Initiativen der VertreterInnen der ABA unterstützen. Im Gegenzug erhielt er als einziger Politiker die Möglichkeit, eine Werbeanzeige im Blouza Directory (ABA 2011a) zu finanzieren und sei mit einem Vorstandsmitglied der ABA in den Libanon gereist. Folgende Aussage lässt auf tägliche kommunikative Kontakte schließen: „He might already be in the pub with all the Blouza people. They are best buddies. (…) And don’t worry if you said you have his number from [name], he will definitively call you back“ (IP91b: 22, 24). Vorstandsmitglieder der ABA laden Politiker und Personen zum Blouza Ball ein, von denen sie in den vergangenen Jahren Unterstützung erfahren haben: „For the Blouza events, we would invite anybody who has helped us in our area, rather than the greater area. (…) For us, we invite our state members, our federal members for the area, and anyone who has helped us from the people around us“ (IP170a: 188). Politiker nehmen die Einladungen an, um ihr Engagement auszudrücken und sich den Rückhalt von Personen mit einer Lebanese Ancestry mit Blick auf Wahlen320 zu sichern: „They come to the Blouza function if you invite them. Because they know the community, like, not only Blouza, but the Lebanese community have a big influence“ (IP91b: 388). PolitikerInnen arbeiten mit VertreterInnen von Vereinen zusammen und fördern deren Initiativen mit dem Ziel, ihre lokale Reputation zu steigern.321 Staatliche Förderung erhielten Vorstandsmitglieder für die Renovierung und Modernisierung der Blouza Hall. Ein im Jahr 2009 beantragter Heritage Grant im Umfang von 75.000 AUD zum Einbau einer Klimaanlage und zum Ausbau des Parkplatzes (ABA 2009a: 4) wurde mit 55.000 AUD vom NSW Government genehmigt und im
In Granville geboren, feierte er im Jahr 2014 sein 40-Jähriges Dienstjubiläum als Ratsmitglied der Stadtverwaltung von Parramatta und als Oberbürgermeister dieser LGA (in den Amtsperioden 1995/96, 1998/99, 2002–2004, 2009/10, 2015/16). Er setzte sich für ein Freundschaftsabkommen zwischen Parramatta und dem Norden des Libanon ein (Research Services City of Parramatta Council 2015). 320 Tendenziell unterstützen Blouzaniyye in Angestelltenverhältnissen die Labor Party und UnternehmerInnen die Liberal Party (IP91b). PolitikerInnen der Labor Party setzen sich für das Recht auf Gesundheitsversorgung und Bildung ein. Sie gelten als Unterstützer ethnischer Gemeinschaften (Fa’our 2016: 9). 321 Die damalige Ministerin für Künste in NSW, die zuvor als Ratsmitglied und Bürgermeisterin von Strathfield (1995 bis 2004) tätig war, soll sich im Jahr 2011 für die Vergabe einer staatlichen Förderung von 600.000 AUD zur Ausrichtung einer Khalil Gibran Ausstellung eingesetzt haben (IP108). Organisiert von der Staatsbibliothek von NSW konnten 60 Originalwerke eingeflogen und ausgestellt werden (Gibran National Committee 2011). Ein Mitglied der Bcharre Association interpretiert ihre Intentionen wie folgt: „She’s the one who helped get the funding from the government to hold the exhibition. Now of course she didn’t do it because she loves Gibran, she did it because she’ll get brownie points. In Australia we say brownie points. So she’ll get credit for it. It will get her votes from the Lebanese and from the Australian community as well“ (IP108: 216). Mitglieder der Communities stellen ebenfalls Gelder für Ausstellungen zur Verfügung. In Halifax sponserte der libanesische Honory Consul das Canadian Museum of Immigration at Pier 21. Die dortige Wall of Tribute wurde aufgrund seiner Initiative nach ihm benannt (B, 05.07.15). 319
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Jahr 2011 feierlich überreicht (vgl. Abb. 53) (DPC 2011: 207). Darüber hinaus wurden, dank der Initiativen der Financial Person, Zuschüsse in Höhe von 25.000 AUD für den Umbau des Sitzungssaals sowie 18.000 AUD für fortlaufende Renovierungen (u. a. Anstrich der Hall) (IP170b) im Programm Community Building Partnership bewilligt (CBP 2011; CBP 2014).
Abb. 53 Komitee der ABA mit einem Scheck des NSW Governments zur Renovierung der Blouza Hall. Aufnahme: Khoury 11.03.11
Die für die Beantragung der Mittel verantwortliche Financial Person erklärt, dass die Zusammenarbeit mit kompetenten ExpertInnen ausschlaggebend sei, um geeignete Programme zu finden und förderungsfähige Anträge zu stellen: So you really have to channel or funnel all those requests that you are seeking through the right channels. We work closely with our external accountant in that regard. (…) You’ve got to engage the right people to be able to make the right representation to obviously take advantage of those things that are available (IP101: 19, 23).
Für den Zugriff auf Fördertöpfe seien persönliche Kontakte eine Hilfe, wobei formale Vorschriften eingehalten werden müssen, wie ein Präsident eines anderen Vereins bestätigt: „In Australia, you can’t go bribing anybody. They can help you more than they help anybody else, but you have to fill out everything and send it in. (…) They got funding from the government so they did their job properly“ (IP21: 258). Blouzaniyye erklären, dass ihnen insbesondere die Politiker David Borger, der Granville von 2007 bis 2011 als Mitglied der Labor Party in der NSW Legislative Assembly des Parlaments von NSW vertrat, sowie sein Nachfolger Tony Issa geholfen haben. Im Wahlkampf machte er ihnen angeblich folgendes Versprechen: „David Borger came along and he said, look, if I win this term, in this state, in this political area, I guarantee I will help you“ (IP00: 368). Andere Blouzaniyye verstehen die zugesprochene Hilfe als Anerkennung ihrer wohltätigen Arbeit: „We help with other things, you see? He [politician] thought that it was a very good community to support. So he got us a grant. Most of the members from that area, they know that the Blouza people are very hard-working so they often help us, and it’s been really wonderful“ (IP170a: 70). Von
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2011 bis 2015 repräsentierte Tony Issa, der im Libanon in Bkerkacha in der Nähe von Bcharre geboren sei (IP108), den Stadtteil Granville im NSW Parlament als Vertreter der Liberal Party. Zuvor war er in den Jahren 2008 und 2009 der erste Oberbürgermeister in Parramatta mit einer Lebanese Ancestry (Finn 2015). Er habe ebenfalls die Vorhaben der Blouza Community gefördert: „Well, he gave us support. He passed the plan. Whatever we needed to ask him, like regarding the heritage hall, he was happy. He’ll help. He always comes to our functions. We always invite him“ (IP173: 139). In den letzten Jahren wurden Vorwürfe gegen Tony Issa laut, er habe seinem Sohn, der nicht über die entsprechende Qualifikation verfüge, zu einem politischen Amt verholfen (Lawrence 2012). Einige Mitglieder sind der Meinung, dass es sich dabei um übernommene Vorgehensweisen aus dem Libanon handele, wo politische Positionen bis heute quasi vererbt werden: He groomed his son, he mobilised all his connections in Australian and Lebanese communities, and he got his son elected to the Parramatta Council. Now his son is in his twenties, he’s got no experience (…) So in Lebanon, the political system is the political leaders pass the power on from father to son. (…) So now it’s happening in Australia. Like, come on, we came to a new country, it’s a new system. (…) You’ve got to ask questions (IP00: 154).
Am Beispiel der Nachfolgerin von Tony Issa kann nachvollzogen werden, mit welchen Strategien LokalpolitikerInnen versuchen, Rückhalt von Lebanese Australians zu erfahren. Im Jahr 2015 wurde die in Rosehill und Granville ansässige Politikerin Julia Finn als Repräsentantin für Granville und Mitglied der Labor Party in das Parlament von NSW gewählt, nachdem sie seit 1999 im Parramatta City Council als Ratsmitglied und Oberbürgermeisterin (2004 bis 2005) tätig war (Parliament of New South Wales 2017). In ihrer Antrittsrede betont sie die kulturelle Vielfalt des Viertels, in dem über 42 Prozent der BewohnerInnen nicht in Australien geboren seien. Sie verspricht, sich weiterhin für Glaubensfreiheit und Diversität einzusetzen. Den libanesischen Familien widmet sie eine eigene Passage, in der sie deren gesellschaftliches Engagement hervorhebt. Ihr Plädoyer für Akzeptanz und Chancengleichheit (Finn 2015) ist im Kontext diskriminierender Diskurse zu sehen: They have made a great contribution to the local community and to Australia in business, politics, sport and charity work. (…) I want to be a part of a Parliament that values diversity where we welcome people with backgrounds different from our own and ensure they share the opportunities that we, as Australians, benefit from (Finn 2015).322
Der australische Politiker David Clarke habe nicht nur die gemeinnützigen Initiativen, sondern auch die vermittelten Werte der Dachorganisation Wadi Kannoubine Charitable Association hervorgehoben: „But more than that, it seeks to acquaint the wider Australian community with these virtues and their relevance to life today. Most importantly, it seeks to manifest the Maronite tradition of Christian service and charity by engaging in charitable activities that help not only those in Lebanon and not only those in the Lebanese Australian community but also those in the wider Australian community“ (Younan 2009: 7).
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Abb. 54 Öffentlichkeitsarbeit von Julia Finn während ihres Blouza-Besuchs. Fundort: FB_Julia Finn MP, 01.10.16
Im April 2016 unternahm sie ihre zweite Libanonreise seit 2001. Als Mitglied einer parlamentarischen Delegation der Labor Party323 traf sie nicht nur politische und religiöse Vertreter324, sondern besichtigte Orte und Andachtsstätten, mit denen sich Lebanese Australians unterschiedlicher Konfessionen identifizieren.325 In einem Schreiben an Lebanese Australians, die in ihrem Wahlbezirk leben, erwähnt sie gleich zu Beginn, dass es sich um eine selbstfinanzierte Reise gehandelt habe. Sie spricht die Haushalte in dem Brief namentlich an und lobt ihren Erfolg und Beitrag vor Ort (B, 29.07.16). In einem beiliegenden, vierseitigen farbigen Newsletter mit zahlreichen Fotos stellt sie ihren Besuch in Blouza als einen Höhepunkt dar: „A highlight of the trip was visiting Blouza, the home village of many people in our area“ (Granville Gazette 2016). Ein Foto vor dem Duplikat-Straßenschild Joseph Wehbe Walk in Blouza, präsentiert sie als Zeugnis ihrer erfolgreichen Lobbyarbeit. Sie habe sich dafür eingesetzt, dass ein Weg
323 Ein Mitglied der Delegation, der Abgeordnete Luke Foley, berichtet im Juni 2016 in seinem Newsletter auf Englisch und Arabisch, dass die Treffen mit PolitikerInnen (u. a. Dr. Samir Geagea, General Michel Aoun, Justizminister Ashraf Rifi, Sheikh Amine Gemayel, Sleiman Frangieh, Rima Frangieh, Dr. Fadi Karam, Saad El Hariri, Nabil Berri) und religiösen Vertretern, die er auf Fotos festhält, sein Wissen über den Libanon und seine Beziehungen zur libanesischen Community in NSW gefestigt haben: „This trip has truly deepened my understanding of Lebanon and build our relationship with the Lebanese community here in NSW and in their homeland“ (Community News 2016). 324 Im Unterschied zum Newsletter von Luke Foley beinhaltet der von Julia Finn nur Fotos mit religiösen Vertretern, darunter der maronitische Patriarch Bechara Boutros al-Rahi, der Erzbischof der melkitischgriechisch-katholischen Kirche Issam John Darwich, Sheikh Abdul-Latif Derian (Großmufti des Libanon) und der Vorsitzende der NGO LabOra, Tony Khadra. Als politischer Vertreter wird lediglich der Bürgermeister von Kfarsghab namentlich erwähnt (Granville Gazette 2016). Beide Strategien zeigen einen bewussten Umgang mit den parteilich-konfessionellen Trennlinien der Lebanese Australian Community. Die australischen PolitikerInnen versuchen auf diese Weise, Mitglieder der unterschiedlichen Gruppen in ihren Wahlbezirken anzusprechen. 325 Sie besuchte Syr el Dunnieh, El Minieh, Kfarsghab, Hadchit, Bekaa Kafra, Blouza, Hrar, ein Flüchtlingslager in Zahle, die Zedern bei Bcharre und den Commonwealth War Cemetery, auf dem viele australische Veteranen begraben sind, die auf libanesischem Gebiet fielen (Granville Gazette 2016).
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in Carlingford nach dem Vor- und Nachnamen eines erfolgreichen und sozial engagierten Bauunternehmers326 benannt wurde, anstatt ihn lediglich Wehbe Lane327 zu nennen: „I successfully lobbied the Minister for Lands to overturn a Geographical Names Board decision to not allow a laneway to be named after Joseph Wehbe“ (Granville Gazette 2016). Dieses Foto (vgl. Abb. 54) postete sie auf ihrer Facebook-Seite mit fast identischem Text (FB, 30.04.16). Blouzaniyye interpretieren ihre Libanonreise als Bemühung, die Bedürfnisse potenzieller Wähler besser zu verstehen und sind sich ihrer Intentionen bewusst: If you are a minister, a politician, to understand the people you are dealing with, you need to know where they come from. (…) So she went to Lebanon to find out about the different communities and (…) to understand more of their lifestyle and their background. (…) They’ve started to do that a lot now. Because there are a lot more community members that are not Australian anymore. (…) I think this is all just, yeah, we want you to vote (IP91b: 7, 25, 31).
Im Begleitschreiben zum Newsletter bekundet sie ihr Interesse an allgemeinen Erfahrungen von Menschen, die sich für die Gemeinschaft engagieren, fragt nach speziellen Erfahrungen mit NSW Behördendiensten328 und bietet gleichzeitig ihre Hilfe bei Angelegenheiten an, welche die NSW Landesregierung betreffen: As our local Member of Parliament, I invite you to contact me if you ever need help with any State Government matter. I can help in a variety of ways, from making private enquiries on your behalf, to contacting Ministers or raising matters in Parliament. If I can assist your family with any of these issues or any other state government matter, please contact me.
Die Vorstandsmitglieder der ABA gehen davon aus, dass ihre Beziehungen zu religiösen Entscheidungsträgern förderlich gewesen seien, um ihre Interessen zum Erwerb eines neuen Vereinsgebäudes durchzusetzen. Die erste Präsidentin der ABA, die für die australische Kirchengemeinde Sacred Heart Parish in Westmead arbeitet, habe den katholischen Bischof von Parramatta persönlich kontaktiert: „At a mass in St. Patrick’s Father [name] mentioned to two people that they want to sell the Blouza Hall and I,
326 Zu Lebzeiten habe sich Joseph Wehbe, der zahlreiche Gebäude in Carlingford, Parramatta und Granville errichtete, für die lokale Gemeinschaft eingesetzt. Zur Würdigung und Erinnerung an sein Engagement wurde ein öffentlicher Weg hinter seinem Wohnhaus, der jahrelang von ihm gepflegt worden sei, auf Wunsch seiner Angehörigen nach ihm benannt (The Middle East Times Australia 2017). 327 Zunächst sollte der Weg nach der Familie Wehbe benannt werden: „The extended Wehbe family has made a great contribution to the Parramatta area. There are over a hundred families across the former Parramatta City Council local government area with Wehbe as their surname and many are quite prominent and active in their local communities“ (The Middle East Times Australia 2017). 328 Dazu ruft sie Familien auf, an einer beiliegenden Umfrage (Resident’s Survey) in Bezug auf ihre Erfahrungen mit Behördendiensten in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Infrastruktur, Kriminalität und Umwelt teilzunehmen.
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as a president, said I can do the phone calls to the bishop. Because of my connections with the Sacred Heart [the same diocese] where I was working I knew a lot of people“ (IP106: 24). Auf ähnliche Weise hebt ein involvierter Unternehmer sein gutes Verhältnis zum Bischof hervor, das auf seinem Engagement für Bauarbeiten der katholischen Schulen seiner Kinder beruhe: „Luckily, I knew the bishop and I knew the people. (…) All my children were baptised in St. Patrick’s Cathedral. They all went to St. Pat’s for their education, and then they went to Marist Brothers. (…) Anything that they needed (…) I dug the art room underneath the school, believe me“ (IP170b: 27). Lobbyarbeit für kollektive Anliegen kann bei involvierten Mitgliedern zu Enttäuschungen führen, wenn sie das Gefühl haben, ihr Engagement werde von anderen nicht entsprechend gewürdigt: „And when I invited the bishop to a committee meeting, [name] attracted all the attention and ensnared him and didn’t appreciate that I had done all the phone calls previously. (…) I decided to drift into the background“ (IP00: 30). Andere VertreterInnen von Community Organizations329 setzen sich auf übergeordneter Ebene für die Belange von Mitgliedern mit einer Lebanese Ancestry ein. In Australien bestehen kooperative Beziehungen zur Regierung in den Bereichen Diskriminierungsbekämpfung, internationale Vernetzung und Bildung. Widersprechen politische Ideologien und Maßnahmen den Interessen der VertreterInnen von Community Organizations, wie im Fall des Gedankenguts der One Nation und der restriktiven Einwanderungspolitik330 Australiens (z. B. Obergrenze der Familienzusammenführung), versuchen sie, diesen Strömungen331 entgegenzuwirken (Batrouney 2006: 67 ff.). 329 Ein Beispiel ist das Australian Arabic Council in Melbourne, das Regierungsanfragen und Gesetzesvorschläge einreicht, insbesondere um erforderliche Bildungsprogramme zur Bekämpfung von Diskriminierung zu etablieren. Auch überwachen sie die Medien und publizieren Artikel in (arabischen) Zeitungen, um diskriminierenden und ausgrenzenden Diskursen entgegenzuwirken (Batrouney 2006: 67 ff.). 330 Im Jahr 1979 wurde ein Punktesystem zur strategischen Ausrichtung im Hinblick auf qualifizierte MigrantInnen eingeführt (Metz et al. 2016: 135). Die Neufassung aus dem Jahr 1999 bezieht fast ausschließlich ökonomische Kriterien ein. Das Punktesystem richtet sich an BewerberInnen unter 45 Jahren, die über englische Sprachkompetenz und eine in Australien anerkannte Berufsausbildung verfügen. Auch wurden eine Obergrenze für die Programme zur Familienzusammenführung eingeführt und höhere Garantien von den Angehörigen gefordert. Personen, die nicht im Rahmen eines humanitären Programms einreisen, bzw. deren SponsorInnen, müssen Anleihen für den Fall eintreffender Sozialhilfeabhängigkeit erwerben und zum Teil für die Kosten der Sprachkurse aufkommen (Jupp 2002: 150 ff., 223): „[P]olicy has been rationalized in purely economic terms (…) to the immediate employability of selected migrants. (…) These government policies reflect, and to some extend foster, negative public attitudes to immigration and multiculturalism“ (Batrouney 2006: 65). Zwei Drittel der permanenten Aufenthaltsgenehmigungen wurden in den Jahren 2015 und 2016 an 128.550 Fachkräfte vergeben. Zudem kam es seit Ende der 1990er Jahre zu einer Zunahme zeitlich begrenzter Aufenthalte (Phillips und Simon-Davies 2016). Angezogen werden besonders internationale Studierende aus asiatischen Ländern, die zu einem Brain Gain beitragen (Metz et al. 2016: 139). 331 Der sogenannte Post-Multiculturalism seit Mitte der 1990er Jahre ist von Strömungen geprägt, die sich gegen den Multikulturalismus richten (Metz et al. 2016: 137). Populisten, PolitikerInnen, einige JournalistInnen und vereinzelt WissenschaftlerInnen kritisieren eine angeblich fehlende Integration und Anpassung an anglo-australische Werte der Mehrheitsgesellschaft. Nachdem die Labor Party 16 Jahre lang regierte, beeinflusste die im Jahr 1997 gegründete rechtspopulistische One Nation Party, die Multikulturalismus und Aussöhnungsprozesse mit Aborigines ablehnt, die Regierungspolitik der Liberal Party (Batrouney 2006:
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4.3.3
Transnationale politische Anerkennung: „We appreciate everything you do for our village“
Die Präsenz libanesischer politischer Parteien ist angesichts der Größe und Bedeutung der libanesischen Diaspora nicht auf den Libanon begrenzt. Zur Sicherung von finanzieller Unterstützung, Wählerstimmen332, Investitionen im Libanon und schließlich zum Machterhalt wenden sich libanesische Politiker und ihre VertreterInnen aktiv an Personen mit einer Lebanese Ancestry im Ausland. In Australien haben fast alle libanesischen politischen Parteien333 Büros mit lokalen VertreterInnen (Fa’our 2016: 8 f.): „Every Lebanese political party in Lebanon, they have a branch here, right? So whatever developments happen in Lebanon, it is reflected here“ (IP103: 499). Die Parteien sind mehrheitlich seit den 1970er Jahren aktiv, was mit der aufkommenden Politik des Multikulturalismus in Australien und dem libanesischen Bürgerkrieg334 in Verbindung steht (Tabar 2014: 447). Ihre Auslandsaktivitäten tragen dazu bei, dass die im Libanon bestehenden parteilich-konfessionellen Trennlinien, die Community in Australien in gleicher Weise prägen: „The division in Lebanon is the division in Australia. It’s the same, it’s a mirror“ (IP164: 143). Einzelne Blouzaniyye der ersten Einwanderergeneration in Sydney zählen, wie die große Mehrheit der Blouzaniyye im Libanon, zu AnhängerInnen der Partei Lebanese Forces. Sie betrachten den Parteivorsitzenden und ehemaligen Milizführer Samir Geagea sowie seine Ehefrau Sethrida, die während seiner Inhaftierung die Partei führte und seit 2005 Parlamentsmitglied ist, als InteressenvertreterInnen. Als die beiden
61 f.). Die neoliberale Agenda der Howard Regierung, die im Jahr 2001 ihre dritte Amtszeit aufnahm und dem individuellen Streben nach Wohlstand vor Gruppenbelangen den Vorzug gab (Stratton 2017: 250), wird wie folgt charakterisiert: „This was conservative, assimilationist, reactionary and nationalistic. It was never overtly racist. But it led directly to the punitive detention of asylum seekers“ (Jupp 2002: 139). Dennoch war Multikulturalismus in abgeschwächter Form richtungsweisend, was sich in steigenden Zuwanderungskontingenten ausdrückt. Mit der Wiederwahl der Labor Party im Jahr 2006 blühte der Multikulturalismus wieder auf und äußerte sich vor allem in Maßnahmen zur Rassismus-Bekämpfung (Metz et al. 2016: 137 f.). Die Richtline von 2017 Multicultural Australia: United, Strong, Successful markiert eine Wende des Post-Multiculturalism unter der liberal-nationalen Koalitionsregierung: „The imperative now (…) [is] to focus on what Australians share rather than play to their differences“ (Brahm Levey 2019: 98). 332 Vor dem Hintergrund, dass im Libanon Wahlkreise nicht nach Wohnort, sondern nach District of Origin definiert werden (Salloukh et al. 2015: 98 f.), richten sich libanesische Politiker seit 2008 verstärkt an AuslandslibanesInnen, die aus ihren Wahlbezirken ausgewandert sind. Zur Gewinnung von Wählerstimmen besuchten sie nicht nur die Communities außerhalb des Libanon, sondern finanzierten bei abzusehenden knappen Wahlausgängen hunderten potenziellen WählerInnen Flugtickets in den Libanon. Dies beeinflusste den Ausgang der Parlamentswahlen im Juni 2009 maßgeblich (Tabar 2014: 450 ff.). 333 Eine Ausnahme ist die in Australien als illegal klassifizierte Partei Hisbollah (Fa’our 2016: 8), deren Anhänger in Sydney die mit der Hisbollah verbündeten libanesischen Parteien unterstützen (Tabar 2014: 451). 334 Vom Nachbarort Hadchit seien etwa hundert Personen während des Bürgerkriegs aufgrund ihrer politischen Ansichten nach Australien geflohen. Bis heute nehmen sie an Veranstaltungen der Lebanese Forces in Sydney teil (IP89), was ebenfalls für viele Personen gilt, die sich mit Bcharre identifizieren (IP108).
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im Oktober 2017 Australien besuchten, um Mitglieder der Diaspora zur Registrierung für die Parlamentswahlen 2018 zu bewegen, an denen erstmalig im Ausland Lebende teilnehmen konnten (LBC International 2017), trafen sie sich mit Blouzaniyye. Das Treffen in Sydney wurde als Ausdruck der Anerkennung mit einem Gruppenfoto auf der Facebook-Seite BLAWZA’s LAND NOT for RENT veröffentlicht335, jedoch nicht von VertreterInnen der ABA hochgeladen, die ihren Verein als politisch neutral charakterisieren (vgl. Abb. 55).
Abb. 55 Treffen von Blouzaniyye mit dem politischen Leader der Lebanese Forces und seiner Ehefrau in Sydney. Fundort: FB_BLNR, 19.10.17
Es ist nicht davon auszugehen, dass der Besuch eine große Anzahl an Blouzaniyye in Sydney dazu bewogen hat, an der Wahl teilzunehmen. Weltweit registrierten sich nur 82.900 für die Teilnahme an der Präsidentschaftswahl (Naharnet 2018). In Gesprächen bekundet die Mehrheit der Blouzaniyye der zweiten und dritten Einwanderergeneration eine Indifferenz gegenüber der libanesischen Politik.336 Sie halten eine Beteiligung an der Wahl nicht für notwendig, da sie die Hoffnung auf positive Veränderungen, darunter die Bekämpfung der Korruption und des Klientelismus, aufgegeben haben. Andere haben das Gefühl, die Komplexität der Interessen und Allianzen nicht zu durchdringen. Ihnen fehle ein fundiertes Verständnis der libanesischen Geschichte und des politischen Systems, um ihre Stimme aus Überzeugung abzugeben. Folgende Aussage spiegelt diese Haltung wider und deutet an, dass abweichende politische Anhängerschaften zu libanesisch-maronitischen Parteien die Interaktion in Sydney nicht einschränken: „Anyone my parents’ age that are born in Australia don’t really give a
335 Personen mit einer Lebanese Ancestry, die in der australischen Politik aktiv sind, nehmen, unabhängig von ihren individuellen Ansichten, an Empfängen libanesischer Parteien teil, um Anhänger aller Allianzen für sich zu gewinnen: „Because he’s an MP [member of parliament] here, and because he doesn’t want to alienate anyone in the community, he wouldn’t make his views known. So if he’s invited to a March 14 event, he would go. And if he’s invited to a March 8 event, he would go. So that he’s not, sort of, seeming to take sides“ (IP108: 148). 336 Der Blick auf die Facebook-Gruppe Lf Blawza, die über 218 Mitglieder verfügt, bestätigt diese Aussage. Nur zwei der interviewten Personen sind Mitglied dieser Lebanese Forces Gruppe, was auf ein geringes Interesse an den libanesischen, politischen Belangen vieler in Sydney lebenden Blouzaniyye hindeutet.
Emotionale Praktiken und gemeinsame Interessen
shit what’s going on with these politicians. Obviously, they care about the country, but they’re not like, ‚Oh, you support this party, we’re not going to talk to you.‘ It’s not a major issue in Sydney“ (IP126: 74). Die fortwährende Loyalität gegenüber libanesischen Machthabern hängt damit zusammen, dass Familienmitglieder im Libanon auf deren Unterstützung angewiesen seien. Das Unvermögen des libanesischen Staates, seinen Wohlfahrtsaufgaben nachzukommen und Gemeinwohlinteressen zu schützen, bedingt die hohe individuelle Abhängigkeit von der eigenen Familie und das beträchtliche Ausmaß der Patronage. Politische MachthaberInnen und Angestellte im öffentlichen Dienst legitimieren ihre Posten durch eine gezielte Verteilung von Ressourcen und indem sie sich für Partikularinteressen bestimmter regionaler und konfessioneller Gruppen einsetzen. PolitikerInnen verschaffen ihrem Klientel Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen und gewähren finanzielle Hilfe für Wählerstimmen. Der Erhalt von Zuschüssen, die einige Familien im Libanon für Nahrungsmittel, medizinische Behandlungen und Ausbildungskosten benötigen (Cammett 2011: 70 ff.)337, hängt von persönlicher Interaktion und Wasta ab (IP29; IP96). Zur Festigung des eigenen Einflusses nehmen die politischen VertreterInnen der Lebanese Forces an wichtigen Veranstaltungen in Blouza teil. Einen Blouza-Besuch von Sethrida Tawk Geagea im September 2019, die lokale VertreterInnen (z. B. Priester, Vereinsvorsitzende) und Kranke in ihren Häusern besuchte und dies fotografisch dokumentieren ließ, würdigt der Media Man auf der ABA Facebook-Seite mit einem Link zu den 294 professionellen Aufnahmen wie folgt: „The Lebanese politician and Member of Parliament representing the district of Bcharre. We appreciate everything you do for our village. Thank you“ (FB_ABA, 23.09.19). Libanonbezogene politische Loyalitäten spielen tendenziell bei Communities, deren familiäre Leader im Libanon um politische Positionen konkurrieren, eine größere Rolle. Sie haben, wie Interviews mit Ehden- und Bcharre-affinen Mitgliedern erkennen lassen, einen stärkeren Einfluss auf ihre AnhängerInnen außerhalb des Libanon (IP108; IP112; IP103). Mittels Sozialisation wird insbesondere in diesen Communities versucht, politische Loyalitäten über Generationen hinweg aufrechtzuerhalten (B, 07.12.14). Trotzdem zeigen sich viele junge Erwachsene, die den libanesischen Bürgerkrieg nicht miterlebt haben, gegenüber politischen Machthabern ihrer Identifikationsorte gleichgültig selbst in Anwesenheit ihrer Eltern (IP28; IP74; B, 28.09.16). In der Generation der Eltern führten differente Einstellungen bezüglich maronitischer-politischer Leader im Libanon zu Konflikten unter Mitgliedern, die zum Teil Spaltungen von Vereinen in Sydney nach sich zogen.338 Im Bewusstsein, dass politische Affinitäten
337 Der Zugang zu sozialer Unterstützung hängt, wie Cammett (2011: 70 ff.) zeigt, vom politischen Bekenntnis zu Machthabern ab. Die Höhe der Hilfe korreliert positiv mit dem Ausmaß des gezielten Engagements. 338 Aus diesem Grund sind politische und familiäre Associations in Sydney aktiv. Ortsbezogene Vereine versuchen hingegen, als einende Kraft zu wirken (IP108): „They all have their own groups of family. (…)
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und Diskurse einen erheblichen Einfluss auf die Integrität und Ausrichtung der Vereinsarbeit339 haben können, bekunden die Verantwortlichen auf der Webseite, dass die ABA unpolitisch sei (ABA 2017c). Auf kollektiver Ebene setzen sie sich, wie die Financial Person betont, weder für politische Belange in Australien, noch im Libanon ein: But ultimately, we are a very close-knit community, very much so. And the fact that we keep politics out of it, whether it be politics on an organisational level or politics on Lebanese domestic affairs, we keep all that out. Our main purpose is to get together. From that perspective, I think, as an association, we would be probably be the closest (IP101: 179).
Blouzaniyye verzichten im Rahmen der Vereinsarbeit darauf, politische Standpunkte zu beziehen: „But as an association, we keep a neutral stance. So if something is going on and they want the support of the Australian Blouza Association, if it’s of a political nature we don’t get involved. And we’re quite renowned for that“ (IP101: 97). Im weiteren Verlauf des Gesprächs verdeutlicht die Financial Person, dass politische Anhängerschaften nicht untersagt seien, politischer Aktivismus jedoch im Kontext der Vereinsarbeit keinesfalls akzeptiert werde: „Politics – If you want to get into politics, that’s your personal view. If you want to get into politics, go and join a political party“ (IP101: 101). Bevor das oben beschriebene Treffen zwischen Blouzaniyye und dem Ehepaar Geagea stattfand, beteuerte die Financial Person, dass sie als VertreterInnen der ABA keine PolitikerInnen besuchen: We generally – No, not necessarily. I mean, look, at the end of the day, we say to our members, if someone’s coming from the North that you follow in particular, well, that’s a personal thing. If you want to go and visit them, well, there are no restrictions on that. But as an association, we would generally not participate in something like that (IP101: 99).
Dass Mitglieder bei diesem Treffen, das die Financial Person als private Angelegenheit deklariert, Kleidung mit dem ABA Emblem trugen (vgl. Abb. 55), weist auf differente Interpretationen unter Mitgliedern hinsichtlich der kollektiven Positionierung hin. Im Widerspruch zur angestrebten neutralen politischen Ausrichtung des Vereins steht auch die von VertreterInnen der ABA unterstützte Kampagne, sich als libanesischer Staatsbürger zu registrieren. Sie wird von der Allianz des 14. März340, dem die Lebanese
But the association is being promoted and has succeeded in being that uniting place. (…) The minute I’m going to speak as a Karam in the association, I should be rejected“ (IP103: 499). 339 Selbst wenn ein Großteil der Mitglieder sich mit dem gleichen libanesischen politischen Leader identifiziert, können damit verbundene Initiativen die soziale Vereinsarbeit blockieren: „Politics is a huge problem. (…) When Samir Geagea was in prison and it was an injustice. (…) Like, he’s one of our townspeople. And if Bcharre doesn’t support him, who’s going to support him? (…) But, we need to cut back on political activity, let’s just focus on our community, on our village. And that’s it. So, we started to do that. But even then, you’re still being accused of being political“ (IP108: 61, 69). 340 Das pro-westliche Bündnis strebt in Fortführung der Zedernrevolution eine Wiederherstellung der libanesischen Souveränität an und wird von Frankreich, den USA und Saudi-Arabien gestützt. Die Gegen-
Vergemeinschaftung und Vernetzung
Forces angehören, vorangetrieben (Tabar 2014: 448 f.). Mitglieder der ABA werden auf der Webseite des Vereins über die notwendigen Formalien und die Ansprechpartnerin in Australien341 informiert (ABA 2017a). Mit folgendem Aufruf reproduzieren Vorstandsmitglieder den unter libanesischen Christen verbreiteten Diskurs, die politische Macht der eigenen Gruppe im Libanon bewahren zu wollen. Die privilegierte Stellung der Maroniten gilt unter anderem aufgrund ihrer bis 1975 höheren Auswanderungsrate als bedroht und ist der Hauptgrund, weshalb der letzte Zensus im Libanon auf das Jahr 1932 zurückgeht (Maktabi 1999): Anyone who has not registered the birth of their children or their marriage is invited to do so. This is to boost the numbers of Maronites registered in Lebanon so as to ensure Maronites keep their numbers in the government. This is vital to keep Lebanon as a Christian Country and we urge you to fill out the registration forms (ABA 2009a: 2).
Eine Beantragung der libanesischen Staatsbürgerschaft sei hingegen selten mit Wahlabsichten verbunden. Für viele Personen, die im Ausland leben, hat der Besitz eines Lichtbildausweises symbolischen Wert als Ausdruck ihrer Identität und biete bei Libanonreisen Vorteile, da man vergünstigten Eintritt für den Besuch historischer Stätten erhalte und lange Wartezeiten bei der Einreise umgehen könne (IP185; IP91b). 5
Vergemeinschaftung und Vernetzung: „With all those functions, different people get involved“
Blouzaniyye werden im Bulletin und per SMS dazu aufgerufen, an Events teilzunehmen, die von Mitgliedern im Namen der ABA organisiert werden. Eine Anwesenheit ist unabhängig von dem Engagement für den Verein ausdrücklich erwünscht: „If you are unable to join our Committee, I look forward to seeing you at our upcoming planned events“ (ABA 2006: 1). Eine frühe Bekanntgabe der Termine ist wichtig, damit Familienfeiern nicht zeitgleich stattfinden. 342 Dazu wurde im Jahr 2015 ein Wandkalender erstellt, der dank Sponsoring der Arab Bank Australia kostenlos an alle Blouzaniyyebewegung Allianz des 8. März ist mit Syrien und dem Iran verbündet und wendet sich gegen tatsächliche oder vermutete Pläne der USA, die Region im Interesse Israels neu zu ordnen (Hanf 2010: 139 ff.). 341 Die Person ist außerdem die Vorsitzende des australischen Büros der Maronite Foundation (IP96), die sich dafür einsetzt, dass Maroniten weltweit für die Wichtigkeit ihrer gesellschaftlichen und insbesondere politischen Teilhabe sensibilisiert werden (Maronite Foundation 2009). Die Stiftung veranstaltet jedes Jahr die Maronite Academy, eine Gruppenreise, an der ausgewählte Jugendliche mit einer Lebanese Ancestry kostenlos teilnehmen dürfen, um anschließend als Multiplikatoren aufzutreten (Maronite Academy 2014). 342 Für die postalische Verbreitung der Bulletins fallen Kosten in Höhe von 1.300 AUD an. Trotz Verwendung einer Falzmaschine ist damit ein erheblicher zeitlicher Aufwand verbunden (IG, 06.10.16). Aus diesem Grund übernimmt der Organisator des Seniors’ Lunch die Erstellung eines elektronischen Newsletters, der mehr als ein Drittel aller Mitglieder per E-Mail erreiche. Er enthält Informationen zu Events, Finanzen, der Anmietung der Blouza Hall sowie weiterführende Links zu anderen Ereignissen und Gruppen (IP109b).
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Haushalte verschickt werden konnte und über alle Treffen des kommenden Kalenderjahres informiert (ABA 2015a). Von Mitgliedern wird eine breite Palette an Events ausgerichtet, die bestimmte Zwecke verfolgen und unterschiedlichen Zielgruppen die Möglichkeit der gemeinsamen Freizeitbeschäftigung und Vernetzung bieten: „With all those functions, different people get involved“ (IP172: 153). Zusammenkünfte von Blouzaniyye zeichnen sich dadurch aus, dass Außenstehende explizit einbezogen werden, was in den Berichten an die Australian Charities and Not-for-profits Commission ausdrücklich betont wird: Our activities helped encourage community participation by providing a meeting place for local social and educational events, including dance lessons, market days, charity and fundraising events, community family nights and local business networking opportunities e. g. free building safety seminars and State of Origin family screenings (ACNC 2014).
Die folgenden Ausführungen verdeutlichen, dass emotionale Verbundenheit und gleichgerichtete Interessen die Hauptmotivation der Interaktion sind. Ein Großteil der von Blouzaniyye organisierten Events für Familien mit Kindern, Jugendliche und Erwachsene zielt auf die Stärkung des Zusammenhalts der Gemeinschaft ab. Darüber hinaus wurden Veranstaltungen ins Leben gerufen, die der lokalen Beteiligung und Vernetzung mit Außenstehenden dienen. Dazu zählen Golfturniere und Charity Balls, die zwar gemeinschaftsinterne Trennlinien entlang der ökonomischen Ressourcen von Familien produzieren und somit eine ausschließende Funktion haben, jedoch eine Integration von wohlhabenden Außenstehenden ermöglichen. Angesprochen werden Personen, die ein Interesse haben, sich mit den Blouzaniyye zu vernetzen und ihre wohltätigen Absichten zu unterstützen. Diese neoliberal geprägte Veränderung der Gemeinschaft wird von Mitgliedern nicht unkritisch akzeptiert. Die Schwerpunkte der Veranstaltungen werden kulturellen Setzungen und gesellschaftlichen Diskursen der Residenzgesellschaften angepasst. Sie stehen in Beziehung zu den spezialisierten Interaktionsfeldern der Mitglieder. Bei Benefizveranstaltungen stellen die Blouzaniyye in Australien im Vergleich zu den Gemeinschaften in Kanada und den USA kulturelle Elemente, die mit ihrer imaginierten Herkunft in Verbindung stehen, nur sehr begrenzt zur Schau. Mit Ausnahme libanesischer Speisen wird in Sydney bei öffentlichkeitswirksamen Events weitgehend auf folkloristische Elemente verzichtet. Dies ist im Zusammenhang mit den diskriminierenden und ausgrenzenden Diskursen zu verstehen. Rassismuserfahrungen bewirken besonders bei Personen in der Adoleszenz eine Distanzierung von kulturellen Markern, die mit der imaginierten Herkunft assoziiert werden. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, weshalb diese Elemente vor allem bei gemeinschaftsstiftenden Events benutzt werden. Abschließend wird die Ausrichtung von Festen thematisiert, die der Aufrechterhaltung des deterritorialen Beziehungsnetzwerks der Blouzaniyye dienen. Dabei treten unterschiedliche Dynamiken auf, die Hinweise über die interne Differenzierung der Blouzaniyye in Abhängigkeit von Alltagspraktiken und Einstellungen geben.
Vergemeinschaftung und Vernetzung
5.1
Gemeinschaftsstiftende Events der Blouzaniyye
Mithilfe von Veranstaltungen beabsichtigen engagierte Blouzaniyye, durch soziale Interaktion die Identifikation mit der Gemeinschaft zu stärken und zu bewahren: „That’s why they try to organise these functions, just to bring them together I guess“ (IG: 61, 24.08.15). Bei gemeinschaftsstiftenden Veranstaltungen geht es folglich nicht primär darum, Gelder für die laufenden Kosten des Vereins oder für wohltätige Zwecke einzuwerben. Zur Steigerung der Teilnehmerzahlen wird kein oder nur geringer Eintritt verlangt. Es werden nur Beiträge zur Kostendeckung für Speisen und Getränke erhoben oder eine Spendenbox343 aufgestellt. Ein Teil der Kosten wird aus Vereinsmitteln bestritten. Vom Innovator werden Awards vergeben und Preise ausgeschrieben, um höhere Teilnehmerzahlen zu erreichen und das Interesse der Jugend zu wecken, deren zukünftiges Engagement ausschlaggebend für das Überleben der Gemeinschaft ist. Die Teilnahme an gemeinschaftsstiftenden Veranstaltungen bietet Außenstehenden die Möglichkeit, geteilte Praktiken und kulturelle Elemente der Blouzaniyye kennenzulernen sowie eine emotionale Nähe zu ihnen aufzubauen. 5.1.1
Anlässe zum sozialen Austausch: „Everyone is busy with their own lives“
Function Coordinators der ABA organisieren Veranstaltungen, um den nicht im Komitee aktiven Blouzaniyye Gelegenheiten zum sozialen Austausch zu bieten. Mitglieder begrüßen die Veranstaltungen, da sie ihre entfernt wohnenden Verwandten im Alltag nur selten treffen: „I’ve probably got, like, 100 first cousins, you know. So that’s why you can’t catch up with everyone. Like, it’s hard. Everyone is busy with their own lives, work and everything“ (IG: 57, 24.08.15). Einige Veranstaltungen, die sich an Blouzaniyye, neue Mitglieder und insbesondere an Kinder richten, werden als jährlich wiederkehrende Feste organisiert. Sie knüpfen sowohl an angenommene ortsspezifische Traditionen in Blouza sowie an wichtige Sportereignisse in Australien und Freizeitaktivitäten der Mehrheitsgesellschaft an. Dazu zählen das Mar Saba Barbecue (BBQ) bzw. Thanksgiving Festival, das Weihnachtspicknick und die State of Origin Nights344. Hinzu kommen Harbour Cruises und Bustrips zum Beispiel nach Mudgee, Wollongong oder Weekend Reunions ins Hunter 343 Im Jahr 2014 seien beim Weihnachtspicknick 3.000 AUD gespendet worden (IP109b). Zu den Veranstaltungen mit freiem Eintritt zählen ebenfalls das State of Origin Screening und die Kinderdisko (ABA 2015d). 344 State of Origin Series ist ein jährlich in Australien ausgetragener Rugby League Wettbewerb, bei dem die besten Spieler der Staaten NSW und Queensland in drei Matches gegeneinander antreten. Er gilt als Publikumsmagnet und erreicht im Fernsehen hohe Einschaltquoten (Tasker 2005). Vor dem Erwerb der Blouza Hall fanden von Mitgliedern der ABA organisierte Übertragungen auf großem Bildschirm im Parramatta Golf Club statt (ABA 2003c).
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Valley (ABA 2003d; ABA 2000–2015; FB_ABA, 22.07.19). In Rundbriefen werden Mitglieder über die anstehenden Veranstaltungen informiert und vom Präsidenten der ABA zur Teilhabe animiert: „Please remember these dates and be a part of the Blouza family“ (ABA 2015e). Beim jährlichen Weihnachtspicknick werden insbesondere junge Familien zusammengebracht, für die ein Buffet vorbereitet wird. Wichtigster Programmpunkt ist der Besuch des Weihnachtsmanns, der jedem Kind ein Geschenk überreicht. Zu den gebotenen Attraktionen zählen eine Kinderschminkecke, eine Tombola, Hüpfburgen und ein Glücksrad (B, 30.11.14). Im Unterschied dazu zieht die Übertragung der drei State of Origin Spiele Jugendliche und Erwachsene an. Sie werden aufgerufen, ihre Freunde mitzubringen, was auch bei anderen Ankündigungen betont wird: „Come eat and drink and watch the game with your family and friends on the big screen. Free entry. Be part of the atmosphere“ (ABA 2013; ABA 2014; ABA 2015e). Zu diesen Events kommen meist 120 bis 200 Personen (B, 30.11.14), die den Tag als besonderes Erlebnis wahrnehmen: Our annual celebration and picnic was well attended by all ages. Each child was given a gift and met Santa and enjoyed this wonderful picnic area & rides, whilst the adults caught up with friends and family. It was a fantastic day! Ask any of the 200 plus that attended. The food was excellent, thanks to the ladies who prepared it all. Also, a big thank you to all who attended and made it a successful day (NL, 13.01.15).
Community Development Events sprechen aktive Vorstandsmitglieder und passive Mitglieder an, die sich nicht (mehr) im Komitee der ABA engagieren: „Yeah, it was good. Like I said, I go to the functions but I’m not involved in the committees“ (IG: 33, 24.08.15). An den Veranstaltungen nehmen zahlreiche (Ehe-)PartnerInnen teil, die vorher keinen familiären Bezug zu Blouza hatten. Durch die Interaktion und das gemeinsame „Anpacken“ bei Events werden emotionale Beziehungen zu Mitgliedern aufgebaut. Sie erfahren Anerkennung, eignen sich Wissen über normative Imperative an und erhalten das Gefühl, Teil der Gemeinschaft zu sein (B, 30.11.14; B, 13.12.14).345 Bei Events, die auf die Gemeinschaft zugeschnitten sind, werden die in Kapitel V 2 thematisierten, imaginierten Traditionen aufgegriffen und reproduziert. Dazu zählen Veranstaltungen, die sich um die potenziell geteilte Leidenschaft für Musik drehen und von Musik affinen Mitgliedern organisiert werden. In Fortführung der Live-Auftritte der Blouza Band während der jährlichen Tanzveranstaltung, die in den 1970er und 1980er Jahren den größten Zulauf von Mitgliedern hatten (IP106), wurde im Jahr
345 In Easton schildert eine Amerikanerin, die Teil der Community ihres Partners werden wollte, dass sie sich zugehörig fühle: „The first time that I really knew I wanted to be a part of this community was the very first Heritage Day that I ever experienced! (…) They truly have a sense of who they are, where they come from, their ethnic heritage. (…) They had something that was just so different, that I’ve never experienced before. And it’s one of those things where I felt different but still very much that I belonged“ (IP156: 10).
Vergemeinschaftung und Vernetzung
2003 ein Music Workshop ausgerichtet (ABA 2003e). Anschließend fanden eine Reunion of the Bands (ABA 2007b) sowie mehrere Blouza’s Band Nights statt, die in den letzten Jahren mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederholt wurden (NL, 14.09.14; ABA 2015d; FB_ABA, 07.12.16, FB_ABA, 30.03.19). Im Unterschied zu früher, als, mit Ausnahme von Hochzeiten, Lieder internationaler KünstlerInnen gespielt wurden, werden heute auch traditionelle Musikstücke einbezogen, die mit der Oud und anderen Instrumenten aus der Levante gespielt werden (FB_ABA, 12.17). Eine Men’s Social Night im Jahr 2016 war explizit darauf ausgerichtet, gemeinsam Lebanese Folk Music zu spielen: „Bring your Oud, Der-baké and Mijwiz“346 (FB_ABA, 07.12.16, Herv. i. Orig.). Die online veröffentlichten Fotos der Veranstaltung belegen, dass Instrumente mitgebracht wurden. Darüber hinaus werden Auftritte von Musikern der Community in lokalen Bars, wie die der Jazz-Band Smooth Grooves, mit Verweis auf Leidenschaft und Begabung der Blouzaniyye, beworben: „Now, this is proof that Blouza has got some talent. Support the Blouza boys on Thursday nights in Parramatta“ (FB_ABA, 29.11.12). Tanzveranstaltungen (Cabarets) wurden bis zu Beginn der 2000er Jahre ausgerichtet (ABA 2002a). Versuche der Wiederbelebung in den Jahren 2014 (NL, 14.04.14) und 2015, scheiterten aufgrund fehlender OrganisatorInnen (ABA 2015d; NL, 06.11.15). Beabsichtigt war eine informelle Veranstaltung für Blouzaniyye mit einer Gebühr von 70 AUD als Alternative zum teureren und formaleren Blouza Ball. Einige Veranstaltungen richten sich gezielt an junge Frauen und Mütter. Sie werden mit Unterstützung der jeweiligen Mitglieder der Komitees initiiert. So organisierten die Vertreterinnen der Ladies Auxiliary der ABA eine Fashion Parade im Jahr 2006, Feste zum Muttertag und einen gemeinsamen Stadtbummel (ABA 2009a): „So we ran lots of things. We did Melbourne Cup lunches, fashion parades, a lot of daytime affairs with the women“ (IP170a: 28). Das von Männern dominierte ABA-Komitee rief unter anderem ein Blouza Boys & Friends Long Weekend Car Cruise (FB_ABA, 01.10.12), mehrere Men’s Games Nights, monatliche Pokerabende für Männer über 18 Jahren (ABA 2006: 3) und eine Blouza Car Show ins Leben. An den Veranstaltungen nahmen nicht nur Männer teil, wie aus Aussagen und Fotoaufnahmen hervorgeht. In folgendem Facebook-Kommentar wird das Erscheinen einer einzigen Frau honoriert: „Just like to thank the boys and girl for showing up. Had an awesome day“ (FB_ABA, 19.08.12). Singuläre Events gehen oft auf die Initiative von Einzelpersonen zurück. Sie werden von Blouzaniyye aus Solidarität und Anerkennung besucht, selbst wenn sie das individuelle Interesse von Mitgliedern nur bedingt ansprechen. Function Coordinators der ABA unterstützen die individuellen Initiativen. Die Erstellung und online Verbreitung der Flyer mit ABA Emblem übernimmt der Media Man (IG, 28.09.16).
Bei den drei genannten Instrumenten aus der Levante, die in der Volksmusik weit verbreitet sind, handelt es sich um ein halbbirnenförmiges Saiteninstrument (Oud), eine kelchförmige Trommel (auch Tablah genannt) und ein Holzblasinstrument aus zwei zylindrischen Spielröhren (Mijwiz).
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Die Veranstaltungen werden von OrganisatorInnen und HelferInnen auf freiwilliger Basis ausgerichtet: „Everyone running around, and the ladies behind them serving and preparing the food, and the guys serving the drinks, and the guys on the chocolate wheel, and that idiot [myself] that was on the microphone. It’s all voluntary“ (IP101: 247). Die Aufgaben sind nach Männern und Frauen differenziert. Die Frauen der Ladies Auxiliary der ABA übernehmen, sofern kein Catering bestellt wird, die Vorbereitung der Speisen, um die Eintrittspreise niedrig zu halten. Sie fordern andere Frauen zur Mithilfe auf: „Happy New Year from the Ladies. We would love to see you at our meetings, the first Tuesday of the month at 12.30pm at the Blouza House. Please come to one of our meetings and have a coffee with us and help the committee organise a few outings“ (ABA Ladies Auxiliary 2002). Im Unterschied dazu sind alle, die mit dem Aufbau, Grillen und dem Ausschank der Getränke betraut sind, in der Regel Männer (B, 30.11.14). Zum Dank an die HelferInnen veranstalten Vorstandsmitglieder ein Blouza Committee and Friends Dinner in der Weihnachtszeit. Mit Awards werden sowohl Mitglieder des Komitees geehrt als auch Personen, die über das Jahr ein besonders hohes Engagement für den Verein gezeigt haben (vgl. Abb. 9 rechts und Abb. 10). Das Ziel sei, sie längerfristig für die Vereinsarbeit und womöglich für die Übernahme einer Position im Komitee zu begeistern (B, 13.12.14).347 Ein aus dem Libanon bekannter Brauch wird in Sydney anlässlich des Gedenktages des Schutzpatrons Mar Saba in transformierter Weise gepflegt. Mitglieder bereiten die Speise Hrisee, deren Garzeit mehrere Stunden beträgt, gemeinsam zu und schätzen das damit verbundene Gefühl der Entschleunigung und die gemeinsame Interaktion (IP75; IP123). Anstatt, wie im Wadi Qadisha am Vorabend von religiösen Festen, ganze Lämmer in mehreren großen Töpfen über offenem Feuer eine Nacht lang zu köcheln, werden in Sydney348 Gaskocher genutzt. Als Orte bieten sich Kirchenvorplätze wie im Libanon und die Parkplätze vor Vereinsgebäuden an (IG, 31.12.14; IP106). An religiösen Veranstaltungen, wie dem seit 2016 ausgerichteten St. Barbara and St. Saba Feast, nehmen maronitische Geistliche349 teil, die den Blouzaniyye nahe stehen (FB_ABA, 02.12.17). Dieses identitätsstiftende Fest mit libanesischem Catering kostete den Verein ABA im Jahr 2018 rund 3.600 AUD (ABA 2018c).
Die Kosten im Restaurant für Speisen und Getränke (circa 60 bis 70 AUD) werden von den Teilnehmenden übernommen (ABA 2019b). 348 In Sydney pflegen Mitglieder der Communities, die sich mit Hadchit, Kfarsghab und Aitou identifizieren, ebenfalls zum Gedenktag des jeweiligen Schutzpatrons diesen Brauch (IG: 13, 20.12.14; IP120; B, 19.07.14). 349 Vorstandsmitglieder laden Blouzaniyye mit folgendem Hinweis zu der Veranstaltung ein: „The ABA together with Fr. Antoun Chidiac, Fr. Sam Wehbe, Sr. Genevieve Doumit, Sr. Josephine Wehbe, Sr. Rose Therese Tannous would like to invite you“ (FB_ABA, 02.12.17). 347
Vergemeinschaftung und Vernetzung
5.1.2
Reaktivierung der Jugend: „It’s really hard to get the youth of Blouza together, there is so much influence and integration with other nationalities“
Die verstärkte Einbindung der Jugend ist ein ausgesprochenes Ziel von Vorstandsmitgliedern der ABA. Sie gehen davon aus, dass fröhliche Zusammenkünfte zum Aufbau persönlicher Beziehungen beitragen, die insbesondere für junge Erwachsene eine Voraussetzung solidarischer Praktiken sind: „Now what we try and encourage is try to get as many of the youth together, (…) so that at least we get to see each other in good times“ (IP101: 149). Vorstandsmitglieder erinnern sich wehmütig an ihre Aktivitäten, als sie im Jugendalter waren: „We had the ball and the cabaret, a lot of disco stuff back then. (…) We’d go on bus trips, you know, go to the snow for the weekend or go to the wineries. We organised a lot of fun things back then. Certainly, they don’t get as many people today“ (IG: 37, 24.08.15). Die hohen Teilnehmerzahlen werden als Ausdruck der damaligen Attraktivität der Veranstaltungen gewertet. Mit Blick auf die Vergangenheit erklärt die Charity Woman, dass ihr damaliges Engagement für Jugendveranstaltungen von der Intention getragen war, das soziale Umfeld und die moralische Erziehung ihrer vier Kinder zu beeinflussen: „Because I wanted them to mix with some of the Lebanese people. And I knew that morals and everything were stronger there, and I didn’t want them to go out [with other friends], and you know. Anyway, that was the reason we went to that function“ (IP170a: 50). Seit den 1970er bis in die frühen 2000er Jahre richtete sie als Koordinatorin des Ladies Auxiliary Committee DebütantInnenbälle350 aus, unter anderem im Westella Reception Centre (ABA 2003a). Im Unterschied dazu habe das Interesse jugendlicher Blouzaniyye in den letzten Jahren angesichts ihrer von Diversität gekennzeichneten Freundeskreise abgenommen: We were very much involved in the association youth group. We used to have bus picnics, car rallies. We used to have what we called dance parties. (…) I think that’s where we met each other. Those were good days. They don’t have that kind of thing now. It’s really hard to get the youth of Blouza together these days, because there is so much influence and integration with other nationalities (IP106: 67).
Im Kalenderjahr 2000 gab es viele Angebote für die Jugendlichen, zum Beispiel einen Harbour Cruise, eine Tanzparty, State of Origin Nights mit BBQ und einen Ausflug in den Schnee. Darüber hinaus wurde ein Cricket Team351 (ABA 2000) und eine Rugby Im Jahr 2003 fand der vierte DebütantInnenball statt, wie die Beschriftung des Gruppenfotos an der Wand des ehemaligen Vereinshauses zeigt (B, 16.12.14). 351 Bei Kfarsghabis hat sich Cricket als beliebter Teamsport durchgesetzt. Im Jahr 1984 haben Mitglieder den Cricketclub AKA Crusaders gegründet, der bis heute aktiv ist. Das Training trägt maßgeblich zum Aufbau sozialer Beziehungen bei: „And that’s where my son met a lot of his friends. Otherwise, they may not have met their Lebanese or Kfarsghabi friends, if not for the cricket“ (IP117: 604). Waren die Spieler des familienfreundlichen Clubs anfangs überwiegend Kfarsghabis, machen sie heute nur noch die Hälfte aus (IP117). 350
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Jugendmannschaft gegründet.352 In den Folgejahren nahm die Anzahl der Aktivitäten ab, die explizit Jugendliche ansprechen sollten. Auch das im Jahr 2007 re-etablierte Youth Committee habe diesen Trend nicht aufgehalten. Seit 2017 versuchen Mitglieder der Gruppe Blouza Next Gen mit 80er Retro Party’s in der Blouza Hall und Harbour Cruises353 die Jugend erneut zu interessieren (ABA 2007a; ABA 2017e; FB_ABA 18.01.19). Regelmäßige Veranstaltungen für Kinder (z. B. Kids Disco, Under 18’s Disco) sollen deren Identifikation mit der Community fördern (NL, 14.04.14, ABA 2015d). Bereits in den 1980er Jahren von Blouzaniyye ausgerichtete musikalische Talentwettbewerbe (IP106: 41) finden heute, beeinflusst von der erfolgreichen von 2007 bis 2012 produzierten Reality TV-Show Australia’s got Talent, unter dem Namen Blouza’s got Talent statt (vgl. Abb. 56). Sie knüpfen an die angebliche musikalische Leidenschaft von Blouzaniyye an, eine Vorstellung, die durch solche Events reproduziert wird. Mit folgenden Worten werden Mitglieder zum Mitmachen und Zuschauen aufgefordert: You will be talking about the night for days!!! (…) Entry is $10 but it is worth $80 plus. What a night, what talents on our Blouza stage. From our Blouza children, teens and adults. It is a must do!! Not just once, but every time!! Just go once and you will appreciate and be pleasantly surprised at the brilliance of our members!! Don’t miss the next event!!! Also, you can encourage your children, teens or yourself to register and then entertain us (NL, 16.07.16).
Zur Steigerung der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an Veranstaltungen, werden sogar finanzielle Anreize und Preise geboten. Vorstandsmitglieder versuchen das Interesse der jungen Generation für den Verein zu wecken: They come in, they do a show, and we give them a present. Say, you give them 50 dollars each, just to keep them happy. (…) Sometimes, it will cost you money to run that function, but at least you get people involved, and they’re talking about Blouza. Sometimes you have to spend money so that people will know about you. So that’s why you bring in the young people! (IP172: 146, 149).
Sportarten, die in den Ländern des Commonwealth betrieben werden und zum Nationalsport Australiens zählen, erfreuen sich großer Beliebtheit bei Mitgliedern maronitischer Gemeinschaften. In den 1960er Jahren wurde das erste maronitische Rugby League Team gegründet (Norman 2012). Gegenwärtig spielen die sogenannten Blouza Boys (FB_ABA, 18.09.18) in der Jugendmannschaft der Lebanese Rugby League Federation (LRLF), die im Jahr 2003 ins Leben gerufen wurde. Einige Blouzaniyye sind als Trainer und Manager tätig. Die Liga positioniert sich gegen Sektarianismus und trägt zum sozialen Austausch innerhalb der Lebanese Community bei (FB_LRLF). Besonders erfolgreiche Sportler werden von Mitgliedern weltweit verehrt. Ein Beispiel ist Benny Elias, der in der Rugby League Karriere machte und Kfarsghabis mit Stolz erfüllt (IP5; IP102; IP120). 353 Die Kosten des ABA Events betragen 80 AUD pro Person und beinhalten Buffet und Getränke. Bei Kfarsghabis werden Harbour Cruises für unterschiedliche Altersgruppen veranstaltet. VertreterInnen der Australian Kfarsghab Association (AKA) und des Younger Set richten jeweils eigene Events aus (B, 24.12.14; B, 28.12.14). 352
Vergemeinschaftung und Vernetzung
Abb. 56 Blouza’s got Talent in der Blouza Hall. Privatarchiv: Michael 2014
Als Erklärung für das abnehmende Interesse von Jugendlichen an der ABA werden deren Einbindung in andere Vereine und Gruppen sowie gestiegene Ansprüche an Freizeitaktivitäten genannt, denen die Function Coordinators der ABA nur bedingt gerecht werden (IP162): No, we haven’t got a lot of youth yet. Unfortunately, we don’t. The youth is more involved in their own social skills, clubs and … You know, we can’t attract youths, because there’s nothing for them. (…) The only time we get youths is when we hold what they call ‚Blouza’s got Talent.‘ (…) Yeah. We don’t get a lot, but we get a few (IP162: 79, 81).
Eine Institution, die für einige jugendliche Blouzaniyye attraktive Freizeitaktivitäten bietet, ist die maronitische Kirche (IP106; IG: 293, 23.08.16). Sie nehmen an den von der Maronite Youth Organisation (MYO) organisierten Partys, Wohltätigkeitsveranstaltungen und Ausflügen sowie an den Jugendgottesdiensten gemeinsam mit Jugendlichen teil, die sich mit anderen libanesischen Orten identifizieren (B, 30.12.16). Im Anschluss an den sonntäglichen, englischsprachigen Gottesdienst gehen Jugendliche in Kleingruppen in die Restaurants der Church Street. Die Gruppen setzen sich aus Familien und Freunden mit einer Lebanese Ancestry zusammen. Der Identifikationsort spielt dabei keine Rolle (B, 07.02.14). VertreterInnen von The Maronite Frassati354 Adventurers, einer Untergruppe der MYO, richten monatliche Outdoor Ausflüge mit Abenteuercharakter aus. Aktivitäten wie Kajaktouren, Paint Ball oder ein Winter Camp werden mithilfe der Sozialen Medien beworben: „Walking in Faith, adventuring together … which adventure will you mark in your diary this year …?“ (IG, 23.02.17). Die spirituellen und außerreligiösen Erlebnisse der MYO, die sich einer steigenden
354 Der Name bezieht sich auf den von der römisch-katholischen Kirche selig gesprochenen Pier Giorgio Frassati (1901–1925), der die maronitischen Jugendlichen aufgrund seiner ausgedehnten Alpenwanderungen inspiriert.
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Beliebtheit erfreuen, konkurrieren mit den Angeboten der Function Coordinator der ABA. In den 1970er und 1980er Jahren war das Gegenteil der Fall. Maronitische Priester versuchten, das Interesse von Jugendlichen der zweiten und dritten Einwanderergeneration für die maronitische Kirche zu wecken. Sie begannen damit, heilige Messen in englischer Sprache abzuhalten, Treffpunkte für Jugendliche zu schaffen und Bildungsstätten einzurichten. Ein maronitischer Monsegnior erinnert sich: From the 50s, I think 50s, some of the associations started. Then later, the focus [of village associations] was to keep the young people together because the priests, they were mainly from Lebanon, couldn’t connect with the young people, they didn’t have the language, the English. (…) Yes, so the village associations had a strong youth. So up until about, let’s say, 15, ten years ago, the big villages had a youth group, younger sets. I think now the only (…) two that might have one is Kfarsghab, which is the biggest, and maybe Bcharre. I don’t know if Bcharre still has. They used to (IP122: 11).
Der Monsegnior gilt derzeit als zentraler Motor für das hohe Engagement der VertreterInnen der MYO (IG, 07.02.14). Er selbst ist der Überzeugung, dass er die Teilhabe der Jugend fördere, indem er ihnen Möglichkeiten zum eigenverantwortlichen Arbeiten einräume: „My style is to give them more responsibility. (…) Their energy, their ideas, as long as they keep it within the frame of the church and what we’re doing (…). They’re doing a lot more charity work for others“ (IP122: 21). Das Zusammengehörigkeitsgefühl der Jugendlichen basiere auf dem gemeinsamen Glauben und stehe nicht im Widerspruch zu ihrer Identifikation mit einem bestimmten Ort: „They like to be together. They like big numbers and they are passionate for their identity and their faith, to know their faith so they can be together. They can be passionate for the identity in their village“ (IP122: 53). Obwohl manche Village Associations an der Integration der Jugend festhalten, geht der Monsegnior davon aus, dass die auf Jugendliche wirkende Anziehungskraft der maronitischen Kirche weiter zunehmen wird. Junge Erwachsene fühlten sich mit steigender Tendenz zu gemeinsamen spirituellen Erlebnissen hingezogen: „They’re passionate about their faith and commit to their faith. This has an extra push and extra attraction to them“ (IP122: 53). 5.2
Veranstaltungen zur externen Vernetzung
Die Förderung lokaler Möglichkeiten für geschäftliche Netzwerke ist ein zentrales Ziel von Blouzaniyye, wie der Treasurer der ABA in seinen Berichten an die ACNC (2014) festhält. Dazu werden einerseits Schulungen von Personen, die in der Baubranche beschäftigt sind, durch den Innovator ausgerichtet und andererseits Wohltätigkeitsveranstaltungen zum Sammeln von Spendengeldern organisiert. Die Gelder sollen für patriotische und humanitäre Zwecke verwendet werden, wie in der Satzung festgehalten
Vergemeinschaftung und Vernetzung
ist (Wehbe & Co. 1993: 2). Diese non-profit Strategie folgt dem Club-Konzept, das in Australien in Anlehnung an das britische Clubwesen besonders verbreitet ist.355 Mit den genannten Veranstaltungen werden außenstehende Personen angesprochen. Besonders attraktiv sind Networking Events für Bauunternehmer und PolitikerInnen356. Viele identifizieren sich mit anderen libanesischen Orten oder haben keinen familiären Bezug zum Libanon. 5.2.1
Seminare für Bauunternehmer: „Please invite your friends, workmates who need the points“
Die Idee, Seminare für Bauunternehmer in der Blouza Hall auszurichten und dadurch Einnahmen für die Vereinsarbeit der Blouzaniyye zu erzielen, stamme von einem der größten Bauunternehmer der Community, dem Ehemann der Charity Woman. Er habe eine Zusammenarbeit zwischen den Vorstandsmitgliedern der ABA und der staatlichen gemeinnützigen Organisation Dial Before You Dig (DBYD) ins Leben gerufen. Förderlich seien seine persönlichen Beziehungen zu dem Vizemanager gewesen, einem Mitglied der Kfarsghab Community357 (IP170a). Die Organisation DBYD bietet kostenfreie Schulungen und Beratungen für Beschäftigte in der Baubranche an, um arbeitsbedingte Schäden an der kommunalen Infrastruktur zu verhindern. Ihre Dienste werden von Installateuren, Elektrikern, IngenieurInnen, LandvermesserInnen, ArchitektInnen, Bauunternehmern, Maschinenführern und anderen Fachleuten und Handwerkern genutzt.358 Seit dem Erwerb der Blouza Hall im Jahr 2006, finden jedes Jahr im Februar bzw. März Seminare statt, bei denen wechselnde Unternehmen, die Mitglied359 von DBYD sind, für Vorträge eingeladen werden. Die Organisation der Schulungen übernimmt In Australien gibt es, dem britischen Konzept folgend, über 6.500 lizensierte und registrierte non-profit Clubs, die Infrastruktur und Dienstleitungen für die lokale Community bereitstellen und bestimmte Ziele wie die Förderung von Sportaktivitäten oder die Fürsorge von Veteranen verfolgen (Clubs Australia 2015). 356 VertreterInnen der Labor Party und in geringerem Maße der Liberal Party sind auf die Wählerstimmen von Mitgliedern diasporischer Gemeinschaften angewiesen. In ihren Wahlbezirken nehmen sie daher aktiv an Veranstaltungen der Communities teil (Hyndman-Rizik 2009: 79; Tabar et al. 2003: 277 f.). 357 Der auf der Webseite der Organisation DBYD NSW/ACT (2017a) genannte Nachname des Vizemanagers ist einer der häufigsten Familiennamen von Kfarsghabis, was diese Aussage bekräftigt. 358 Die Organisation stellt registrierten Nutzern, die bei Bauvorhaben vor dem Erdaushub eine Anfrage an DBYD senden, kostenfrei Kontakte und Pläne der Infrastruktur-Eigentümer, die Mitglied der DBYD sind, zur Verfügung (DBYD 2017). 359 Im Jahr 2008 waren das Telekommunikationsunternehmen Telstra und der Gasanbieter Jemena Natural Gas (ehemals Alinta) mit Vorträgen vertreten (ABA 2008b). Sie informierten darüber, wie Schäden an Rohren und Kabeln im Untergrund verhindert werden können, welche Art von Rohren und Kabeln sich dort befinden und wie diese zu erkennen seien (ABA 2008b). Die beiden Unternehmen zählen zu den über 100 Mitgliedern der lokalen Unterorganisation DBYD NSW/ACT (2017b). Im Jahr 2009 trugen VertreterInnen von HIA, Integral Energy, Gas Company und Workcover vor (ABA 2009a: 2). 355
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derzeit der vorgestellte Innovator. Unterstützung erhält er von Blouzaniyye, die in der Baubranche aktiv sind. Sie stellen ihm Kontaktadressen ihrer Geschäftspartner zur Verfügung, um neue Teilnehmer akquirieren zu können (IP170a). Als Ansprechpartner für die Veranstaltung werden im Newsletter drei Bauunternehmer namentlich genannt, die im Vorstand der ABA sind (ABA 2008b). Teilnehmer können sich nach Vervollständigung eines Tests gebührenfrei vier CPD-Punkte (Continuing Professional Development) zum Erhalt ihrer Baulizenz anrechnen, die bei anderen Veranstaltern mindestens 80 AUD kosten würden (NL, 02.02.16). Darüber hinaus werden ihnen ein kostenloses, hausgemachtes Abendessen, das von Vertreterinnen des Ladies Auxiliary Committee zubereitet wird, Getränke und Werbegeschenke geboten (ABA 2008b). Der Innovator wirbt damit, dass der Preis, der für derartige Angebote üblicherweise verlangt werde, 200 AUD pro Person betrage (ABA 2009a: 2). Die Schulung ist nicht nur bei Blouzaniyye beliebt, deren Teilnehmeranteil auf weniger als 50 Prozent geschätzt wird (IP170b), sondern auch bei ihren Geschäftspartnern. Mitglieder der ABA werden dazu aufgerufen, ihre Mitarbeiter und andere Interessierte einzuladen: „Support staff can also attend. (…) Please pass this on to other interested parties in your office or on your site!!! (…) Please invite your friends, workmates who need the points. See you there!!“ (NL, 02.02.16). Folgende Ankündigung lässt auf eine hohe Auslastung der Seminarplätze schließen: „Meanwhile speak to those who attended last year, and you will see why you need to book EARLY – Do it NOW!!!“ (NL, 02.02.16, Herv. i. Orig.). Mitglieder der Organisation DBYD profitieren von der Zusammenarbeit mit Blouzaniyye. Über deren Netzwerke können sie viele Beschäftigte der Baubranche im Rahmen ihrer Präventionsarbeit erreichen. Im Jahr 2014 nahmen 150 Personen teil (vgl. Abb. 57), von denen sich zwei Drittel für CPD-Punkte registriert haben (DBYD 2014a): We have a lot of builders in our community, I suppose you know. So, because we have a lot of builders and a lot of connections to builders in our community, we invite them all. (…) So, what DBYD wanted to do was get them all aware that they should ‚dial before they dig‘, and get the plans of where all the electrical and water is going so that they don’t interfere with it. So, for them it’s important. It’s less money for them to educate people than for them to repair ruined pipes (IP170a: 40).
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Abb. 57 Eine Schulung der Organisation Dial Before You Dig in der Blouza Hall. Fundort: Webseite Australian Blouza Association 2011
Für Blouzaniyye lohne sich die Veranstaltung nicht nur in fachlicher, sondern auch in finanzieller Hinsicht. Der Innovator habe mit DBYD einen Betrag pro TeilnehmerIn ausgehandelt: „They’ll give us money back because they’re supported by the government. We do all the food; the ladies do all the food. So, if we get ten to twenty [Australian] dollars a head from them, that’s a profit that goes into our pocket360. We don’t pay rent for the hall“ (IP172: 127). Indem weder Mietkosten anfallen, noch ein Catering bestellt werde, können hohe Einnahmen für die Gemeinschaft erzielt werden: „In the last few years, we’ve made the food for the ‚Dial Before You Dig‘, which raises a lot of money for our community“ (IP170a: 34). Seit dem Jahr 2016 ist die Teilnahme nicht mehr gebührenfrei, sondern kostet 25 AUD und seit 2017 30 AUD. Hinzu kommen die Beträge, die von der Organisation DBYD gezahlt werden. Aus diesem Grund wurden, wie im Treasurer’s Report nachzulesen ist, im Jahr 2017 1.454 AUD an Gewinnen im Rahmen der Schulung erzielt (ABA 2017l). Teilnehmer werden bereits im Vorfeld darüber informiert, dass die Erlöse der Veranstaltung im Namen der ABA als Spenden an Krebsforschungsinstitute fließen. Die mehrere Jahre unter dem Namen Dial Before You Dig (DBYD) ausgerichtete Veranstaltung, wurde im Jahr 2016 in Blouza Builder’s Forum bzw. A Builder’s Forum und im Jahr 2017 in A Builder’s Seminar umbenannt (FB_ABA, 02.03.16; FB_ABA, 26.02.17). Die Namensänderung unterstreicht, dass Blouzaniyye alle Beschäftigten der Baubranche ansprechen möchten. Sie beabsichtigen, eine lokale Austauschplattform zu bieten, die über die eigene Community der Blouzaniyye hinausgeht.
360 Die Einnahmen fließen auf das Konto der ABA, die als Interessenvertreter aller Blouzaniyye in Sydney fungiert. In Berichten des Treasurers werden die Ein- und Ausgaben detailliert festgehalten (IP170a).
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5.2.2
Wohltätigkeitsveranstaltungen: „We got outsiders involved, so we could raise more funds to support further charities“
Nach Erwerb der Blouza Hall veranstalteten Blouzaniyye zunächst wöchentliche Bingo-Abende für die lokale Bevölkerung. Am Haus waren Plakate mit dem Slogan „BINGO IS BACK at the Crest where it belongs! Every Friday night at 7:30pm. Starting July 25, 2008“ angebracht (B: Fotoarchiv). Mit dem Werbespruch wurde auf die Bingo-Abende der Gemeindemitglieder der römisch-katholischen Holy Family Church in Granville, die zuvor im Besitz des Gebäudes war, Bezug genommen. Ein Jahr später organisierten Vorstandsmitglieder der ABA erstmalig den Annual Charity Blouza Ball in der Blouza Hall (ABA 2009a). Basierend auf den vom Innovator angeregten strukturellen Veränderungen, unterscheidet sich diese Veranstaltung grundlegend von den zuvor organisierten Cabarets bezüglich des Zwecks, des Zielpublikums und des Programms (IP106): „We called it the Blouza Ball. Anyway, it was his idea to get all the trades involved to take a table“ (IP170a: 822). War das Cabaret auf das Zusammenkommen von Blouzaniyye ausgerichtet, dient der Blouza Ball dazu, möglichst viele Einnahmen für wohltätige Zwecke zu erzielen: Before the functions were for Christmas parties, they had functions to invite someone to perform Lebanese music, or disco parties, something like that; little functions. But the balls cost big money, and you get big money out of them when you have sponsors who help with charities for cancer research, heart disease, for everything (IP170b: 247).
Einladungen zum Annual Charity Blouza Ball werden daher nicht mehr ausschließlich an Blouzaniyye, sondern an deren GeschäftspartnerInnen und lokale PolitikerInnen gerichtet. Die Neuausrichtung beschreibt der verantwortliche Innovator folgendermaßen: „No, they never used to invite outsiders. It was mainly a raffle within the community, and that’s all they had, it was only the Blouza community. But when I got involved, we got outsiders involved, so we could raise more funds to support further charities“ (IP162: 44).361 Unternehmen und Einrichtungen werden schriftlich darum gebeten,
Jährliche Charity Balls werden auch von vielen anderen VertreterInnen der untersuchten Communities veranstaltet. Sie laden Mitglieder anderer Village Associations, VertreterInnen religiöser Institutionen und PolitikerInnen ein: „We, or our association, gets invited to a lot of functions, other villages’ functions, other churches’ functions. And we all attend those functions from our pocket, not from the association. But this shows interaction between Zgharta, Hadchit, Bcharre. We all see each other at all those functions because we all get invited, and we all interact with each other. And at the end of the day, we’re all Lebanese. We’re all there to interact with each other and also interact with the Australian government. This is why we also have a lot of guests, not only from Zgharta but from different villages, as well as representatives of the government, federal government, state government and it goes down to the local government, they all get invited to all these functions. So, it’s all about interacting, and there is no one association that is against another association“ (IP103: 415). In Halifax organisiert die CLCC regelmäßig Mayoral Debates mit dem Bürgermeister für Business Leader der Gemeinschaft (NL_CLCC, 11.10.16). Dies sei eine erfolgreiche Strategie,
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Tische mit zehn Sitzplätzen in unterschiedlichen Kategorien zu sponsern. Ein Tisch in der Kategorie Gold kostet 5.000 AUD, in der Kategorie Silber 3.500 AUD und in der Kategorie Bronze 1.000 AUD (IP172) und beinhaltet für jeden Gast ein Vier-GängeMenü und eine Auswahl an Getränken (Bier, Wein, Scotch, Soft Drinks). Während der Veranstaltungen werden den TischsponsorInnen als Dank Trophäen verliehen. Zusätzlich erhalten sie während der Servierpausen zwischen den Gängen die Möglichkeit, auf der Bühne für ihr Unternehmen bzw. ihre Einrichtung zu werben. Als weitere Vorzüge können SponsorInnen Roll Ups aufstellen und Flyer auslegen. Ihr Logo ist, in Abhängigkeit der Höhe des Sponsorings, am Veranstaltungsort präsent (ABA 2016b; IP172; IP91b).
Abb. 58 Networking und Auszeichnung eines Goldsponsors während des Blouza Ball. Aufnahmen: Hassarati 2015; Fundort: FB_ABA, 27.05.19 (v. l. n. r.)
Im Jahr 2015 war die Arab Bank Australia der Goldsponsor (vgl. Abb. 58 rechts). Als Silbersponsoren traten Dyldam, das größte Bauunternehmen Parramattas, deren Besitzer sich mit Hadchit identifizieren (IP118) und das Reifenhandelsunternehmen Bob Jane T-Marts auf. Weitere elf Unternehmen finanzierten Tische als Bronzesponsoren (FB_ABA, 30.05.15). Viele der Sponsoren sind jedes Jahr in der gleichen Kategorie vertreten, darunter die Arab Bank Australia ebenso wie Firmen von Geschäftsführern, die sich mit Blouza (z. B. Habib Brothers, Hanna Bros. Investments, Raysons Constructions) oder benachbarten Orten im Wadi Qadisha identifizieren (z. B. Dyldam, Liberty Funerals). Dies trifft ebenfalls auf UnternehmerInnen zu, die keinen familiären Bezug zum Libanon haben, wie beispielsweise auf einen lokalen Zementzulieferer. Sie unterstützen die wohltätigen Initiativen der Blouzaniyye dauerhaft, da viele Bauunternehmer zu ihrer Kundschaft zählen (IP172):
um auf die Interessen der UnternehmerInnen mit einer Lebanese Ancestry aufmerksam zu machen (IP132). Darüber hinaus wird seit 2008 jährlich die Cedar & Maple Gala in Halifax veranstaltet, um libanesische und kanadische Unternehmen und Geschäftsleute des Jahres zu küren (CLCC 2020).
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See, I’ve been buying concrete from this company since 1970. Everything that I do, they sponsor for Blouza. When we have golf days, if we’re having a ball, they sponsor it. Because we buy so much concrete from them, not just me, a lot of Lebanese in our community. So if they don’t support us, we won’t support them. We don’t buy it (IP170b: 430).
Die zuvor genannte Organisation DBYD ist einer der HauptsponsorInnen des Annual Charity Blouza Ball (IP170b). Auf der Webseite der Organisation wird erklärt, dass sie Mitglieder libanesischer Gemeinschaften als ihre Zielgruppe verstehen und daher deren Initiativen unterstützen: „Lebanese Australians are well represented in building, engineering, construction, trades and engineering. For this reason, Dial Before You Dig NSW/ACT has been a supporter of Lebanese village associations and the Maronite Catholic Church362“ (DBYD 2014b). Bei vielen der genannten SponsorInnen handelt es sich um Unternehmen und Einrichtungen, deren EigentümerInnen ebenfalls Werbeseiten im Blouza Directory kaufen und damit den Druck finanzieren (ABA 2011a). Darüber hinaus zahlt die Arab Bank jährlich 13.000 AUD für zwei Reklametafeln an der Blouza Hall mit der Auschrift „We understand your community“ und „We understand your finance needs“ (B, 05.12.14; 06.10.16; IP170b) (vgl. Abb. 59).
Abb. 59 Werbebanner des Sponsors Arab Bank Australia mit der Aufschrift „We understand your community“ an der Blouza Hall. Aufnahme: Karner 04.12.14
Der Blouza Ball wird auf der Einladung als Formal Event angekündigt. Dementsprechend wird die Blouza Hall von Mitgliedern des ABA-Komitees festlich mit aufwändigen Blumengestecken aus weißen Rosen, Stuhl-Hussen und vergoldeten Kerzenständern dekoriert. Zu Beginn begrüßen die Vorstandsmitglieder die Gäste per Handschlag, weisen ihnen den gesponserten Tisch zu und führen mit einer Moderation durch den Abend (vgl. Abb. 58). Musikalische Darbietungen umfassen Auftritte
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Die Organisation DBYD sponserte im Jahr 2014 den Besuch des Patriarchen (DBYD 2014b).
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von Live-Bands, die internationale Coversongs unterschiedlicher Genres spielen (z. B. Pop, R&B, Jazz). Der Verzicht auf arabische Musik und Dabke-Tänze363 liegt in der Ausrichtung auf die beschriebene Zielgruppe begründet: „They are Australian nights I guess. You know, they [the guests] are not that concerned about the heritage“ (IG, 24.08.15). Als beim General Meeting der VertreterInnen der ABA im Jahr 2016 mögliche Programmänderungen zur Attraktivitätssteigerung des Blouza Ball diskutiert wurden, kamen Bedenken auf, ob die Integration eines libanesischen Sängers von Gästen als unprofessionell gewertet und nicht angemessen gewürdigt werden könnte (B, 6.10.16). Als neuen Programmpunkt entschied man sich in den Jahren 2018 und 2019 für den Komödianten Rob Shehadie364, der in seinen Auftritten die Lebenswelt der libanesischen Community in Sydney humorvoll-überzogen darstellt (FB_ABA, 28.08.18; FB_ABA, 22.04.19). Darüber hinaus gibt es jedes Jahr eine Versteigerung von signierten und gerahmten Rugby Trikots sowie anderen Erinnerungsstücken, deren Erlöse für einen wohltätigen Zweck verwendet werden. Im Jahr 2016 wurde beispielsweise ein gerahmtes Landschaftsfoto von Blouza, das vom Media Man aufgenommen wurde, für 3.000 AUD von dem vorgestellten Bauunternehmer (vgl. V 1.1.1, IP170b) und Ehemann der Charity Woman ersteigert (ABA 2016b). Personen die keinen Tisch sponsern, können einzelne Tickets erwerben. Die Preise stiegen in den vergangenen Jahren von 100 auf 150 AUD, was unter anderem mit dem exklusiveren Unterhaltungsprogramm und der Wahl der Location zusammenhängt. Im Jahr 2017 wurde die Veranstaltung in Annual Charity Dinner umbenannt und fand erstmalig in der auf Großveranstaltungen spezialisierten Lokalität Monamor Reception in Fairfield statt (FB_ABA, 20.05.17), um die Qualität der servierten Speisen zu erhöhen und die OrganisatorInnen zu entlasten: „The committee members could actually enjoy themselves as part of the cabaret, because when we held it in the Blouza Hall we had to do all the work. We had to sit people down and make sure they were ok and it took a lot of effort. (…) And they made a lot of money, a lot more money than they did before“ (IP91b: 57, 58). In den Jahren 2018 und 2019 wurde das Annual Charity Dinner in den Paradiso Crystal Room, eine auf große Events spezialisierte Einrichtung in Fairfield, verlegt (FB_ABA, 28.08.18; FB_ABA, 22.04.19).
Nur aus dem Jahr 2010 ist bekannt, dass eine folkloristische Tanzaufführung in das Programm aufgenommen wurde, was verfügbare Fotoaufnahmen bestätigen. Arabische Musik und Dabke sind hingegen bei Hochzeiten und Veranstaltungen, die auf Blouzaniyye ausgerichtet sind, ein zentraler Bestandteil. Dabke wird von Blouzaniyye nicht als Möglichkeit gesehen australische Gäste zu integrieren (Tabar 2005b: 146). 364 Rob Shehadie besuchte mit anderen Blouzaniyye das katholische St. Patrick’s College und wuchs in Western Sydney auf. Er war an der Entstehung der TV-Comedy Serie „Here Come the Habibs“, in der er ebenfalls mitspielt, beteiligt (Ayoub 2016). Aus Kritik an der Reproduktion von Stereotypen wurde eine Petition von einer Aktivistin mit einer Lebanese Ancestry gestartet, um die von ihr als rassistische Serie charakterisierte Comedy-Show abzusetzen (Stratton 2017: 243). Die Petition wurde von 2.670 Personen unterschrieben (Royalle 2016c). Blouzaniyye grenzen sich von der Serie ab und kritisieren die überzogene Darstellung (IP00: 31). 363
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Die Neuausrichtung der Veranstaltung habe dazu geführt, dass der Anteil von Blouzaniyye unter den über 300 Gästen (NL, 14.09.14) nur noch etwa 30 Prozent beträgt: „From Blouza, we probably get 20 to 30 per cent maximum, it’s not a big number. Most of them are all outside people that we deal with“ (IP172: 107). Die Mehrheit der Gäste seien GeschäftspartnerInnen und PolitikerInnen sowohl mit einer Lebanese Ancestry, als auch ohne familiären Bezug zum Libanon (IP172; IP91b): The 70 per cent are both Australians and Lebanese. They could consist of counsellors, mayors or politicians or concrete companies. People that they associate with or have dealings with like electricians or building material suppliers or some other charities. People from other charities come along to support us, because we support them as well (IP91b: 54).
Diese gewinnorientierte Ausrichtung der Veranstaltung wird von einigen Mitgliedern bedauert. Im Vergleich zu den früheren Cabarets sei die Abendveranstaltung nicht mehr auf die Förderung des Gemeinschaftsgefühls und die Interaktion unter Blouzaniyye ausgerichtet: Years ago, the cabaret was mainly just to bring the people together and have a good time and to raise funds ’cause we used to have a raffle. But now the balls over the last ten years, they have a programme and it’s being commercialised. Yeah, it’s really focused on making money and because it’s focused on making money, it’s not so much the people from Blouza that come. (…) They target the corporate companies and they buy tables off them, so that’s a thousand. And they’ve got grades of sponsors. So, you know, it’s more targeted to be a money spinner than bringing the people from Blouza together, seriously. That’s how I see it (IP00: 50).
Viele der SponsorInnen des Annual Charity Dinner folgen dem Aufruf „Sponsor a hole“ im Rahmen der ABA Annual Charity Golf Days, einer anderen wohltätigen Veranstaltung der Blouzaniyye. Das Sponsoring pro Loch kostet für die Prime-Nummern von eins bis zehn zwischen 500 AUD und 700 AUD. Ein weiteres Mal tritt die Arab Bank Australia bei diesem Event als einer der Hauptsponsoren auf (IP172). Dafür werden neben dem Loch der Name oder das Logo der Bank präsentiert und vier Eintrittskarten im Wert von je 85 AUD bereitgestellt. Angeboten werden ein Spiel über 18 Löcher auf dem Woodville Golf Course in Guildford, ein Frühstück, Erfrischungsgetränke, ein (BBQ-)Mittagessen (vgl. Abb. 60 Mitte), die Chance auf Preise sowie eine Tombola365 bei der unter anderem Golfbags verlost werden. Vor Ort werden die TeilnehmerInnen mit Kappen und Handtüchern ausgestattet, die mit dem ABA Emblem bestickt sind (vgl. Abb. 60 links) (FB_ABA, 26.10.17).
365 Die Tickets für die Tombola müssen zusätzlich erworben werden. Zwei Tickets kosteten im Jahr 2016 fünf AUD, fünf Tickets zehn AUD und 20 Tickets 30 AUD (FB_ABA, 27.10.16).
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Abb. 60 ABA Annual Charity Golf Day zugunsten der Organisation SIDS and Kids. Fundort: FB_ABA, 27.10.16
Die Einnahmen der Veranstaltung liegen bei 10.000 bis 12.000 AUD366 (IP170b) und wurden im Jahr 2015 an die drei Einrichtungen SIDS & Kids, ein Krebsforschungsinstitut und eine Leukämiestiftung367 gespendet (FB_ABA, 23.10.15). Um die Kosten niedrig zu halten, werden die Preise für die Tombola, die Ausstattung vor Ort (z. B. Zelte, Tische) und das Fleisch für das Barbecue als Spenden eingeworben. Blouzaniyye und außenstehende, potenzielle Spender werden von den OrganisatorInnen persönlich angesprochen, wie ein Fleischhändler aus Rydalmere, der jedes Jahr spendet: „We have to ask him face-to-face like we always do“ (B: 46, 06.10.16). Diese Aussage fiel während einer monatlichen Sitzung der Vorstandsmitglieder, bei der die HelferInnen bestimmt und die Verteilung der Aufgaben (z. B. Aufbau, Transport, Grillmeister) festgelegt wurde. Fehlt es an Freiwilligen, werden Blouzaniyye angesprochen. So erkundigte sich der Function Coordinator während des Treffens bei einer Frau, die bei einem Blouzaniyye in der Bauentwicklungsfirma angestellt ist, ob ihr Vorgesetzter sie für den Tag freistellen könne, da er sicher Verständnis für ihr Engagement habe (B, 06.10.16). Unter den TeilnehmerInnen des ABA Annual Charity Golf Day seien nur etwa 15 bis 20 Prozent Blouzaniyye (IP172). Aus dem folgenden Facebook-Kommentar geht hervor, dass die anderen Gäste als Kunden aufgefasst werden. Darüber hinaus werden das Engagement der Familie des Innovators und die Hilfe aller anderen Personen von Verantwortlichen auf folgende Weise honoriert: „What a fantastic day. Our staff and clients had a wonderful time. Congratulations and thank you to [name], [name of wife] and [name of son] and everyone else who helped“ (FB_ABA, 28.10.16). Den Golf Day nutzen Blouzaniyye dazu, die TeilnehmerInnen mit Flyern auf zukünftige Veranstaltungen aufmerksam zu machen. Geworben wird für die zeitnah anstehende Men’s Games Night, die auch als Charity Men’s Night368 bezeichnet wird
366 Im Jahr 2016 wurden, wie im Treasurer’s Report festgehalten, 7.409,91 AUD an Einnahmen erzielt (ABA 2016c). 367 Die Leukaemia Foundation (2016) stellt dem Hauptorganisator eine Vollmacht aus, an diesem Tag für die Stiftung Spenden sammeln zu dürfen (FB_ABA, 27.10.16). 368 Die Veranstaltung kostet 50 AUD, wobei Getränke und Speisen, darunter Salat, Chicken Wings und Garnelen, im Preis inbegriffen sind (ABA 2015d; ABA 2014; IG, 06.10.16).
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(FB_ABA, 17.11.14; FB_ABA, 26.10.17). Der Versuch, sogenannte Outsiders für die Veranstaltung zu gewinnen, geht auch aus den Newslettern hervor: „One entry fee with a vast selection of cold food. Many don’t get to the salads once they arrive at the prawns. That’s ok!! Except we do ask that you speak to your friends“ (NL, 09.07.16). Gleiches gilt für andere Events, wie den Talentwettbewerb oder die State of Origin Nights. Wiederholt werden Mitglieder dazu aufgefordert, gemeinsam mit Familienmitgliedern, Freunden und Nachbarn zu kommen: „So bring your family, friends and neighbours and ENJOY!!!“ (NL, 16.07.16, Herv. i. Orig.). Selbst zum Seniors’ Lunch werden Freunde der Mitglieder eingeladen: „All welcome, bring your friends“ (NL, 03.10.15). Der Einbezug von Außenstehenden wird von Personen, die sich mit anderen Orten im Wadi Qadisha identifizieren, nicht als Selbstverständlichkeit angesehen. Dies zeigt eine Diskussion, die sich im Rahmen einer Facebook-Veranstaltungsankündigung der Back to the 80’s Retro Party ergab. Nachdem der Beitrag von einem Blouzaniyye geteilt wurde, erkundigte sich eine in der Kfarsghab Community äußerst aktive Person, wohl wissend, dass sie eigentlich keine Adressatin ist, ob sie teilnehmen dürfe: „Sounds like an awesome night. Can we pretend to be from Blouza?? Lol“ (FB_IP120, 17.10.17). Die einladenden Antworten auf diese Frage lauteten: „[Name] come with me“ oder „You are ALL welcome! (…) Blouza welcomes EVERYONE“ (FB_ABA, 17.10.17, Herv. i. Orig.). Wie der gewählte Name der Veranstaltungen vermuten lässt, geht es bei der Retro Party vorrangig darum, Personen zwischen 25 und 60 Jahren anzusprechen, um ihnen gemeinschaftsstiftende Erlebnisse zu bieten und nicht darum libanesische Traditionen zu bewahren. Es werden Sequenzen mit alten Pop-Songs im Wechsel mit arabischer Musik gespielt. Bei Dabke-Liedern erfreuen sich die Teilnehmenden am Gruppentanz. Zur Vernetzung mit Außenstehenden dienen auch spirituelle Anlässe. Die ehemalige Koordinatorin des Ladies Auxiliary Committee organisiert jährlich einen Gebetstag (Prayer Day) in Mulgoa (Western Sydney) mit Besuch einer Schönstatt-Kapelle (IP170a; NL, 23.02.16). Das Event wird im Jahreskalender des Vereins angekündigt (ABA 2009a) und erhält einen hohen Zuspruch von Christen, mit und ohne familiären Bezug zum Libanon: „We have about four buses that go when we have our prayer day. It’s very popular, but they’re not all from Blouza“ (IP170a: 182). 5.3
Feste zum Erhalt des deterritorialen Beziehungsnetzwerks
Blouzaniyye setzten sich an unterschiedlichen Orten dafür ein, die Beziehungen untereinander aufrechtzuerhalten. In Blouza fördern Feste die Interaktion zwischen den BesucherInnen, die im Ausland und den Blouzaniyye, die im Libanon leben. Gleichzeitig spiegelt die Aufgabenverteilung Differenzierungsprozesse zwischen BesucherInnen und im Libanon lebenden Personen wider.
Vergemeinschaftung und Vernetzung
Abschließend wird die Blouza Reunion in den USA als Event vorgestellt, das in der Vergangenheit mitunter der Zusammenkunft von Blouzaniyye weltweit diente. Gegenwärtig kann man die Gemeinschaft der Blouzaniyye nicht mehr als weltweit vernetzt beschreiben. Es finden weder regelmäßige Besuche, noch eine ausgeprägte Kommunikation auf einer digitalen Plattform statt. Persönliche Beziehungen von Blouzaniyye in Sydney und dem Libanon zu Blouzaniyye in den USA beschränken sich weitgehend auf wenige Familien. Die Skizzierung der historischen Entwicklung der Blouza Reunion erfolgt aus der Perspektive von Blouzaniyye, die in den USA leben. Erkennbar sind wichtige theorierelevante Parallelen zu den in Sydney aufgezeigten Dynamiken. Für den Zusammenhalt der Gemeinschaft sind emotionale Praktiken und symbolische Elemente ausschlaggebend. Die Ausrichtung auf Außenstehende war für den Fortbestand der Events wichtig. Aktuelle Tendenzen zeigen einen Bedeutungsverlust der Blouza Reunions, deren Öffnung für Außenstehende, ebenso wie die einstige Etablierung des Treffens, vom Engagement Einzelner abhängen wird. 5.3.1
Mar Saba Feast in Blouza: „One is the real feast, and the other one is the moved feast“
Der wichtigste jährliche Anlass der Zusammenkunft in Blouza und anderen Dörfern ist das Fest zu Ehren des örtlichen Schutzpatrons. An diesem Tag danken viele, die sich mit Blouza identifizieren, Mar Saba für seine über das Jahr geleistete Hilfe. Gläubige Blouzaniyye sind der Überzeugung, dass er die Mitglieder der Gemeinschaft beschützt und deren Gebete erhört. Sie bitten Mar Saba um Unterstützung bei der Heilung von Krankheiten, der Erfüllung eines Kinderwunsches, bei beruflichen Herausforderungen, in Lebenskrisen und anderen lebensweltlichen Belangen (IG, 06.08.14; IG, 27.08.15). Um Fürbitten auszusprechen besuchen Mitglieder den Gottesdienst und ziehen sich während des anschließenden Festes temporär alleine zum Beten in die Kirche zurück. Eigentlich ist der Gedenktag des Mar Saba der 05.12. (Kasper 1999: 1400), doch wurde vor unbekannter Zeit festgelegt, diesen in Blouza am Vorabend des 25. August zu feiern, wenn sich viele BesucherInnen, die weltweit verstreut leben, in Blouza aufhalten: One is the real feast, and the other one is the moved feast. In Lebanon, there are not many people who stay in the village for winter so they moved it to the summer months. So they have two, but one of them is not celebrated much in Lebanon. Or they do, but not many people attend because not many are in the village for that particular time (IP170a: 28).
Das Mar Saba Fest in Blouza wird von Blouzaniyye in Australien zum Anlass genommen, sich für Gruppenreisen anzumelden. Im Jahr 2003 luden vier Personen in Sydney
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Blouzaniyye dazu ein, sie bei ihrem sogenannten Lebanon Blouza Trip369 zu begleiten. In der Ankündigung wurde die Reise als unvergessliches Erlebnis angepriesen. Als Hauptgründe wurden die Teilnahme an der Feier zu Ehren von Mar Saba und Ausflüge zu unterschiedlichen Sehenswürdigkeiten im Libanon genannt (ABA 2003f). Im Jahr 2012 organisierten Blouzaniyye in Sydney anlässlich des Mar Saba Festes eine Pilgrimage Tour370 in den Libanon, nach Italien und Griechenland, die 6.550 AUD inklusive Flug kostete (FB_ABA, 08.09.12). Das Fest ist außerdem für viele BesucherInnen, die individuell anreisen, das Datum, wonach sie ihren Reisezeitraum richten. Die Feier spricht Mitglieder aller Generationen an. Sie bietet Möglichkeiten des sozialen Austauschs und zur emotionalen Teilhabe an spirituellen und gemeinschaftsstiftenden Praktiken371. In Blouza wird das Fest zu Ehren von Mar Saba (vgl. Abb. 61 links) auf dem Kirchvorplatz der Mar Saba Kirche im Anschluss an die Heilige Messe gefeiert. Für die Ausrichtung des Festes sind die Mitglieder der lokalen Jugendorganisation Al-Intilak verantwortlich (ABA 2016a). Sie organisieren entweder eine Live-Band, die arabische Musik spielt oder bauen ein Mischpult für einen DJ auf, der vor allem Dabke-Lieder auflegt. Umherziehende Musikanten (Nawar) kommen an dem jährlich wiederkehrenden Festtag ebenfalls nach Blouza, um zum Tanz aufzuspielen. Der Gruppentanz, bei dem sich Blouzaniyye, die im Libanon leben mit Personen, die aus dem Ausland angereist sind, mischen, stellt für viele Anwesenden die Hauptattraktivität des Abends dar. Andere Gäste sitzen am Rand des Platzes und beobachten die Tanzenden auf dem Kirchplatz.372 Selbst wenn die Anzahl der Gäste abnimmt, bleibt stets eine Gruppe zurück, die bis zum Ende des Festes gemeinsam tanzt. Von den Anwesenden kommt nur ein geringer Anteil aus den umliegenden Orten nach Blouza. Sie erfahren von dem Fest spätestens durch die laute Musik, die aus Blouza in das Wadi Qadisha schallt (B, 24.08.14; B, 24.08.15; B, 24.08.16; FB_ABA, 25.08.19).
369 Die TeilnehmerInnen wohnten in Blouza und der ABA Präsident des Jahres 2016/17 organisierte einen Kleinbus für 50 Personen mit dem sie Tagesausflüge machten (IP172). 370 Die maronitischen Kirchen in Sydney organisieren ebenfalls Pilgerreisen wie im Jahr 2015 nach Italien und Frankreich in Verbindung mit einem optionalen Aufenthalt im Libanon für 7.750 AUD pro Person (Flyer). 371 Urrieta und Martínez (2011: 256, 263 ff.) weisen auf die Bedeutung von Besuchen des Herkunftslandes hin, um Kindern „Ancestral Diasporic Community Knowledge“ zu vermitteln. Die Wissensaneignung erfolgt durch die Teilnahme an kulturellen und spirituellen Ritualen sowie Alltagsaktivitäten (z. B. Tänze, Prozessionen, Kochen). 372 Tabar (2005b: 152) macht darauf aufmerksam, dass Dabke im Libanon eine Möglichkeit für Jugendliche sei, Körperkontakt herzustellen und der Öffentlichkeit zu signalisieren, dass ein Interesse füreinander bestünde. Die vom Autor beschriebenen, genderspezifischen Bewegungsarten zeigen sich heute in transformierter Weise. Dies gilt sowohl für Sydney, als auch für die libanesischen Dörfer (B, 24.08.14; B, 28.12.14; B, 30.12.14; B, 24.08.15; B, 24.08.16).
Vergemeinschaftung und Vernetzung
Abb. 61 Feste und Familienfeiern in Blouza und ihre digitale Dokumentation. Aufnahmen: Karner 24.08.15, 23.08.17, 20.08.16 (v. l. n. r.)
Im Jahr 2016 war ausnahmsweise kein Shawarma-Stand aufgebaut. Es wurden Speisen, die wie Village Bread373 als traditionell oder wie Tabouleh als typisch libanesisch charakterisiert werden, von den Frauen des lokalen Damen-Komitees auf dem Kirchplatz frisch zubereitet und mit Unterstützung der Jugendlichen verkauft. Um Gelder für ihre gemeinnützige Arbeit einzuwerben, organisierten sie darüber hinaus eine Tombola. Dieses Engagement des Damen-Komitees im Jahr 2016 hing mit unterschiedlichen Ereignissen zusammen, die verdeutlichen, dass derartige Feste in jedem Jahr modifiziert zelebriert werden. In besagtem Jahr war einerseits ein maronitischer Bischof anlässlich einer Buchpräsentation anwesend, andererseits überstieg die Anzahl der BesucherInnen aus dem Ausland aufgrund eines 80. Geburtstags die Werte der Vorjahre. Der Media Man hatte seiner Verwandten und Vorsitzenden des Damen-Komitees daher persönlich nahegelegt, das Fest attraktiver zu gestalten. Es sei nicht nur eine Einnahmequelle, sondern trage dazu bei, dass BesucherInnen aus dem Ausland wiederkommen würden (B, 19.08.16). Andere Elemente des Festes wie die arabische Musik und Speisen zu Ehren von Heiligen374 ähneln sich in den Orten des Wadi Qadisha. Die bereits erwähnten Differenzierungsprozesse, die bei der Analyse der aufkommenden Gruppendynamiken während gemeinsamer Ausflüge beschrieben wurden (vgl. V 3.2.3), zeigen sich auch bei den Festen. Im Unterschied zum Mar Saba Feast, bei dem sowohl Personen, die im Libanon, als auch Blouzaniyye, die im Ausland leben, zahlreich vertreten sind, werden private Feste ausgerichtet, bei denen australische Be-
373 Im Videofilm, den der Media Man im Jahr 1987 aufnahm und anderen Blouzaniyye aushändigte, gibt es eine Szene, in der Brot mit der gleichen Technik in einem alten Haus gebacken wird. Brot sei damals auf diese Weise einmal wöchentlich von den Frauen gebacken worden (IP91b). 374 In den meisten libanesischen Dörfern wird Hrisee am Vorabend von Gedenktagen Heiliger über offenem Feuer auf den Vorplätzen der Kirchen zubereitet. Der Verzehr findet nach dem Gottesdienst statt und hat eine spirituelle Bedeutung für die Menschen (B, 06.08.14; B, 14.08.14; B, 26.07.14; B, 27.08.15). In Blouza war dieser spirituelle Brauch mehrere Jahre nicht zu beobachten (B, 24.08.14; B, 24.08.15; B, 24.08.16). Eine weitere Ausnahme ist Hadchit, wo in den vergangenen Jahren anlässlich des St. Raymond Gedenktages große Feste mit Live-Konzerten stattfanden (B, 31.08.14–03.09.14). Bei diesen Festen sei für die Zubereitung von Hrisee aufgrund der vielen Gäste kein Platz, weshalb dies an vier Gedenktagen anderer Heiliger erfolgt (IG: 3, 04.09.14).
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sucherInnen weitgehend unter sich bleiben. Lediglich ihre engsten Verwandten, bei denen sie während des Aufenthalts im Haus wohnen sowie Einzelpersonen, wie der vorgestellte Middleman, werden einbezogen. Hinzu kommen Personen, die über bestimmte Fähigkeiten verfügen, die man in Australien verlernt habe: Frauen des DamenKomitees wurden zu einem sogenannten Traditional Feast, das von einer Familie bereits mehrfach ausgerichtet wurde, eingeladen. Sie erklärten sich bereit, Village Bread für die Gäste, die vornehmlich in Sydney leben, zuzubereiten. Die Schwierigkeit besteht darin, den Teig mithilfe eines runden fest gepolsterten Kissens hauchdünn zu ziehen (vgl. Abb. 62 rechts). Simultan dazu produzierten die männlichen Gäste mit Unterstützung von Personen, die im Libanon leben, während des Traditional Feast Arak. Sie hielten sich in der Nähe der Apparatur Karkeh (vgl. Abb. 61 Mitte) auf und konsumierten die Spirituose der Vorjahresproduktion oder, je nach Präferenz, libanesisches Almaza Bier bzw. Whisky (B, 25.08.16; B, 23.08.17). Bei Veranstaltungen zur externen Vernetzung in Sydney, wird hingegen auf Arak verzichtet. Anstatt des hochprozentigen Anisschnapses wird Whisky als Statussymbol bei Veranstaltungen in Sydney ausgeschenkt. In anderen Dörfern richten Familien aus dem Ausland private Feste deutlich prunkvoller aus.375 Diese Anlässe bieten Individuen eine Bühne, um ihren Erfolg, der in Australien aufgrund zahlreicher anderer erfolgreicher Unternehmer eher untergeht, wirkungsvoll zu präsentieren: „In Sydney they are one out of many, in their village they feel like Sheikhs“ (IG, 30.08.14). Finanzstarke UnternehmerInnen aus dem Ausland sponsern die Feste der Schutzpatrone (z. B. Hadath el Jebbeh, Hadchit). Sie finanzieren Auftritte bekannter KünstlerInnen, für die Showbühnen errichtet werden und spenden kontinuierlich Gelder an lokale Sportvereine (IP96; IP30).
Abb. 62 Frühstück, ausgerichtet vom Damen-Komitee in Blouza für die Mitglieder der ABA. Aufnahmen: Michael 2015
375 Exemplarisch sei das private Fest eines Unternehmers genannt, der in Sydney eine Firma für Erdarbeiten besitzt und sich mit dem Ort Hadath el Jebbeh identifiziert. Im Jahr 2014 richtete er eine große Gartenparty aus, für die er mehrere renommierte Cateringfirmen (z. B. Hallab 1881) engagierte. Unter den Gästen waren maronitische Geistliche, libanesische PolitikerInnen, UnternehmerInnen, die sich mit Hadath el Jebbeh oder anderen Orten identifizieren, der libanesische Designer Elie Saab und der libanesische Botschafter von Australien in Begleitung ihrer EhepartnerInnen und Kinder (B, 13.09.14).
Vergemeinschaftung und Vernetzung
Zum Dank für die vielseitige Hilfe aus Australien, richten Frauen des Damen-Komitees jedes Jahr ein libanesisches Frühstück für die im Sommer nach Blouza gereisten Vorstandsmitglieder der ABA und deren EhepartnerInnen aus. Sie bereiten Village Bread zu und servieren es mit Labneh (arab. für eine Art Frischkäse), Oliven, Gurken, Tomaten, Zaatar (arab. Gewürzmischung), Tee und Kaffee (vgl. Abb. 62). Als Räumlichkeiten nutzen sie das ehemalige Restaurant Saba, das der Vorsitzenden des DamenKomitees in Blouza gehört. Im Gegenzug werden in Sydney von Vorstandsmitgliedern der ABA Zusammenkünfte organisiert, wenn Personen, die im Libanon wichtige Funktionen für die Gemeinschaft übernehmen, in Australien zu Gast sind. Als der sogenannte Middleman im September 2015 nach Sydney reiste, fand ein Abendessen für ihn statt, an dem über zwanzig Mitglieder teilnahmen (FB_BLNR). Ein weiteres Beispiel ist der Besuch des Muchtar von Blouza. Ihm wurde im Februar 2016 in Sydney eine Trophäe mit folgender Aufschrift verliehen „In Appreciation for Outstanding Dedication and Service to the Blouza Community“ (ABA 2016b). Als der Priester von Blouza im Jahr 2003 nach Sydney reiste und eine Messe in der OLOL Ko-Kathedrale abhielt, rief der Präsident der ABA die Mitglieder zur Teilnahme und einem anschließenden Treffen in der Halle der Kirche auf, um ihm die Ehre zu erweisen (ABA 2003g). 5.3.2
Die Blouza Reunion in den USA: „We used to have Blouzaniyye from Australia going to those reunions“
Vielen Blouzaniyye in Sydney ist die sogenannte Blouza Reunion in den USA ein Begriff, obwohl kein ausgeprägter kommunikativer Austausch zwischen ihnen und amerikanischen Blouzaniyye stattfindet. Aus diesem Grund ist Mitgliedern in Sydney unbekannt, ob derartige Treffen heute noch veranstaltet werden: „They used to book out a motel, the whole of the motel, and they used to gather from all over the states there. I’m not sure if they’ve continued that practice. I think in the last two or three years, probably not“ (IP101: 181). Mitglieder erinnern sich daran, dass Blouzaniyye, die in Sydney leben, in der Vergangenheit zur Teilnahme an Blouza Reunions in die USA reisten: „And at one point we used to have Blouzaniyye from Australia going to those reunions as well“ (IP101: 181). Von mehreren Gruppen ist bekannt, dass sie vornehmlich in den 1990er Jahren376 an den Treffen in Vermont teilnahmen. Die ehemalige Präsidentin der ABA, die selbst eine Reunion besuchte, nennt ad hoc die Namen von zehn
376 Rowe (2010: 50) erklärt, dass im Jahr 2006 Lebanese Australians teilgenommen haben, was jedoch von Blouzaniyye, die in Sydney leben (IP106) und einer der Organisatorinnen in den USA nicht bestätigt wurde: „There’s nobody recently who has come“ (IP178: 22). Ebenfalls sei in den letzen Jahren niemand aus den USA nach Australien gereist: „I don’t know of anyone who’s travelled to Australia recently either“ (IP178: 16).
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Personen, die in den Jahren 1993 und 1996 teilgenommen haben sollen (IP106).377 An die Besuche von zwei Gruppen erinnert sich auch eine der heutigen OrganisatorInnen in den USA, die nach ihren Erzählungen seit ihrer Kindheit an den Treffen teilgenommen hat (IP178). Der Gründer des Blogs in den USA erinnert sich: „People were coming from all over the world“ (IP177: 17). Damit sind, wie seine nachfolgenden Schilderungen erkennen lassen, australische Blouzaniyye gemeint. Sie waren demzufolge eine Ausnahme bei den seit dem Jahr 1979 jährlich lückenlos378 stattfindenden Zusammenkünften von Blouzaniyye in den USA. Die Reunion wurde von Tony Solomon, der den Blouzaniyye in den USA als ehemaliger Patriarch bekannt ist, ins Leben gerufen. In einem Videofilm über die Blouza Reunion aus dem Jahr 1980 erklärt der Kommentator: „There is Tony Solomon, he’s the patriarch (…)“ (Toney 2017b). Sein Name ist in dieser Arbeit bereits mit Blick auf seine heute von Mitgliedern berichtete angebliche Leidenschaft für das Oud-Spielen, genannt worden. Begonnen habe das Treffen als jährliche Familienfeier, um Mitglieder zusammenzubringen, die zuvor in Providence in der Benefit Street nebeneinander aufgewachsen und im Zuge der eigenen Familiengründung wegzogen waren. Dies wird in dem Videofilm wie folgt kommentiert: „The whole clan get together up there (…). Eating and dancing – that’s what it’s all about“ (Toney 2017b). Aus heutiger Perspektive wird darauf verwiesen, dass Blouza Reunions vermutlich damals mit der Absicht ausgerichtet wurden, Ehebündnisse unter Jugendlichen anzubahnen. Sie wurden als förderlich für die Bewahrung des Gemeinschaftssinns angesehen: So there was sort of an effort by some of the older people in their family. They say, ‚Well we need to start having a weekend once a year when, you know, we get everybody together and so that the kids are not gonna be left out of this very rich, you know, fabric of community.‘ And that they would know something of their cousins, and also I suspect they were hoping that more distantly related cousins would get together and get married and, you know, continue the whole nationality and group and, you know, that type of thing (IP178: 2).
Für etwa dreißig Jahre sollen zwei Schwestern379 der Ziter Familie die Organisation der Blouza Reunion in Vermont übernommen haben (o. A. 2011): „They were the leaders
377 Ihr Ehemann habe an der ersten, Sie und Ihre Schwester an der zweiten Reise teilgenommen. Von den weiteren Personen wurden vier interviewt (IP106; IP18; IP91a; IP171) und mit anderen informell gesprochen. 378 InterviewpartnerInnen betonen, dass es jedes Jahr eine Reunion „of some sort (…) uninterrupted since 1979“ gab (IP178: 10). Hinweise geben zudem die online veröffentlichten Fotos. So zeigt eine Aufnahme aus dem Jahr 2008 einen Kuchen mit der Aufschrift „Happy 30th Blouza Reunion“ (Romanos 2008). Zu finden ist ein Flyer über die 31. Reunion, der aus dem Jahr 2009 stammt (ABA 2009c). 379 Die beiden Schwestern haben außerdem über 30 Jahre hinweg jährliche Benefizveranstaltungen zur Celebration of Lebanese Cuisine and Music in Barre organisiert (o. A. 2016; o. A. 2011), was ein Priester der katholischen St. Monica Gemeinde angeregt habe. Nachdem das Event als Reaktion auf die Stimmung nach
Vergemeinschaftung und Vernetzung
and the ones that organised it for at least for 25 years“ (IP178: 40). In dem Nachruf einer Schwester ist festgehalten, das sie stolz auf ihre libanesischen „Wurzeln“ gewesen sei und sich leidenschaftlich für derart große Familientreffen eingesetzt habe: „Marie loved nothing more than bringing the people she loved together to eat, laugh, and make memories“ (o. A. 2016). Finanziell wurden die beiden Schwestern von ihren Ehemännern, die Blouza nahe standen, unterstützt (IP178). Aufgrund der Konzentration von Blouzaniyye in den nordöstlichen Staaten Neuenglands habe das Treffen oftmals in Brattleboro (Vermont) sowie einige Male in Littleton und Hinsdale (New Hampshire), Smithfield und Providence (Rhode Island) stattgefunden (Toney 2018; Toney 2016). Die erste Reunion sei in einem Motel namens Putney Inn gefeiert worden, das nur über 20 Zimmer verfügte und einem Mitglied der Ziter Familien gehörte (IP178). Im Jahr 1980 sei erstmalig das größere Perkins Resort Inn in Littletown (Toney 2017b) und im Jahr 1984 das gesamte Quality-In Hotel in Brattleboro gebucht worden (Toney 2018): „But then after they got started and people got word of it, we would get the Quality Inn and there were about 90 rooms. And we would just take the whole place“ (IP178: 212). In der Regel dauerte das Programm drei Tage und begann freitagsabends mit einem informellen Zusammenkommen namens „Friday hugging and kissing“ (IP177). Es folgte ein Tag im Freien mit spielerischen Wettbewerben (z. B. Golf, Baseball, Hufeisenwerfen) und Aktivitäten für unterschiedliche Altersgruppen (z. B. Schwimmen, Kanufahren, Live-Band). Am Abend fanden ein formales Abendessen und eine Tanzparty statt, bei der eine Live-Band und Oud-Spieler auftraten und einige Anwesende Dabke-Solos tanzten. Am Sonntag danach wurde ein gemeinsamer Gottesdienst gefeiert, bevor die Familien den Heimweg antraten (IP177; Toney 2018).380 Die Teilnehmerzahl veränderte sich im Laufe der Jahre, aus finanziellen, strukturellen und personellen Gründen. Ein Anstieg der Gäste in den 1980er Jahren381 hing unter anderem damit zusammen, dass die Blouza Reunion von den beiden Schwestern als eine Art Cultural Weekend (IP177) vermarktet worden sei, um Interessierte ohne Bezug zu Blouza anzusprechen: „Local people, American people. But also, people that
dem 11. September 2001 für vier Jahre ausgesetzt wurde, übernahmen Mitglieder der dritten Einwanderergeneration, die sich dem Nachbarort Hadath el Jebbeh zugehörig fühlen, die Ausrichtung des Events (Rowe 2010: 42 ff.; Pasanen 2014). Im Jahr 2014 sollen etwa zweihundert Personen teilgenommen haben (Cengeri und Bastian 2015). Die Elks Lodge in Barre wurde von ihnen mit libanesischen Nationalsymbolen bunt dekoriert. Den Gästen seien traditionelle Speisen und traditionelle Livemusik geboten worden, zu der man Dabke tanzte (Cengeri und Bastian 2015; Rowe 2010: 43). 380 Dieser Ablauf und die Aktivitäten sind in einem Videofilm aus dem Jahr 1980 dokumentiert (Toney 2017b). 381 Basierend auf zwölf im Internet hochgeladenen Gruppenfotos kann geschätzt werden, dass die Teilnehmerzahl der Reunions (1983 bis 2013) im Durchschnitt bei etwa 130 Personen lag, mit überdurchschnittlichem Zuspruch in den 1980er Jahren und einem Höchststand im Jahr 1988 mit 198 TeilnehmerInnen (Toney 2018).
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happened to know about it (…) from Lebanon382 or from Palestine or from Syria“ (IP178: 36).383 Diese Öffnung zur Kostenreduktion wurde als Notwendigkeit angesehen, um das Event zur Förderung des Zusammenhalts zu bewahren: The original organisers really wanted to keep it very pure. But they understood also that it was ok, you know. Certainly, the idea was to keep Blouza together but this was one way that this could continue to happen. And there was a lot of interest in the event. (…) But we don’t want to have to share it necessarily for that one weekend with other people (IP178: 32).
Seit den 2000er Jahren hat die Teilnehmerzahl deutlich abgenommen. Im Jahr 2013 habe die letzte große Blouza Reunion mit 52 Gästen stattgefunden (Toney 2018). Viele Angehörige der ersten und zweiten Einwanderergeneration seien bereits verstorben und ihre Kinder haben eine schwächere Bindung zu dem Fest: „A lot of the older people were the reason that their children would come with their grand-children“ (IP178: 2). Die zunehmende räumliche Distanz der Familien, von denen einige aus beruflichen und klimatischen Gründen in entfernte Regionen des Landes zogen, sei ein weiterer Grund. Darüber hinaus ließen sich terminliche Überschneidungen mit anderen bedeutsamen Events nicht vermeiden. Finden an dem Wochenende der Blouza Reunion wichtige Turniere oder Meisterschaften statt, habe die Teilnahme der Kinder an den Ereignissen ihrer Sportvereine häufig Priorität: „In the US, people do a lot of sports with their kids (…) and they make that a priority“ (IP178: 8). Als die Kinder der Ziter Schwestern im Jahr 2011 die Organisation übernahmen, seien sie von dem Gründer des Blogs unterstützt worden, der seit dem Jahr 2010 die leitende Funktion der Online-Kommunikation innehat. Mit seiner jungen Familie lebe er seitdem auf Hawaii und sei fünf Jahre später nach Los Angeles gezogen (IP177). Zwar habe er selbst nicht mehr an der Blouza Reunion teilnehmen können, macht aber seitdem auf seinem Blog Werbung für das Fest: „If you are still on the fence about coming to the reunion, the time has come to make the logical decision and start packing your bags for a fun weekend with your cousins in the mountains of Vermont! Bring your dancing shoes and your swimsuit“ (Toney 2013b). Er fühle sich verantwortlich, Engagement für die jährlichen Treffen zu zeigen, um das Interesse seiner Generation zu stärken. Sein Ansporn sei die Überzeugung, dass sich die Community ohne persönliche Treffen auflösen werde: „Now I am feeling the pressure of taking the lead for my generation and making the reunion strong again. The older generation is sort of fading
382 Rowe (2010: 50) weist darauf hin, dass die Reunion zunächst nur an Blouzaniyye adressiert war, sich jedoch im Laufe der Jahre für befreundete Personen mit Bezug zum Libanon öffnete. 383 Auf einem Gruppenfoto aus dem Jahr 1984 ist eine Anzeigetafel vor dem Hotel mit der Aufschrift „Blouza Reunion & Friends“ zu sehen, was die Bestrebung zur Öffnung widerspiegelt. Im Jahr 2013 wurden die Gäste hingegen mit der Aufschrift „Welcome Blouza Family“ auf der Anzeigentafel begrüßt (Toney 2018).
Vergemeinschaftung und Vernetzung
away and it is time for the newer generation to feel the same importance that the older generation felt. (…)“ (IP177: 39). Auch bei den kleineren Reunions der letzten Jahre, die sich auf einen Nachmittag beschränkten, habe man an libanesischem Essen, arabischer Musik und Tänzen festgehalten, auch wenn auf eine Live-Band verzichtet wurde: „The last couple of years we just have, like, a day, a one-day sort of Blouza family picnic. But we have the music, we still have music and food“ (IP178: 10). Die Aussage stammt von einer Person, die sich als Enkelkind des Oud-Spielers Tony Solomon vorstellt, der klare Vorstellungen zu genderspezifischen Tätigkeiten gehabt habe: „I always wanted to play the Oud. Really wanted to play badly. He wouldn’t let me ’cause I was a girl. No, you have to dance“ (IP178: 323, 325). Fotos der jüngeren Reunions zeigen sie, wie sie jüngeren TeilnehmerInnen enthusiastisch Dabke-Schrittfolgen beibringt (Toney 2018). Ihr Ziel sei, Jugendliche für das kulturelle Erbe384 und das Gemeinschaftsgefühl zu begeistern: „It can’t just randomly be taken for granted. Oh, this is here, this is our birth right, (…) not true. You know, it needs to be nurtured and respected and encouraged. So that’s what I think the gathering is also for“ (IP178: 49, 51). Sie selbst habe durch die Blouza Reunions erfahren, dass sie Mitglied in einem Netzwerk sei, das ihr Sicherheit, Unterstützung und Anerkennung biete: It’s a networking, the ability to network, the ability to know that you have guidance, you know, just a generally supportive, loving group of people that are looking out for you to succeed in life. Whether you use it or whether you don’t, it’s available, it’s there. That’s how people feel about each other. (…) It plants the seed in a child’s mind that they are safe here. Always, people care about me, I’m in a nurturing, very nurturing environment (IP178: 47, 51).
Zur Finanzierung der kleineren Reunions wurden Spenden eingeworben, ein Obolus verlangt und Tombolas organisiert. Selbst Personen, die aufgrund ihres Wohnortes nicht an der Reunion teilnehmen können, wurden zum Mitmachen motiviert. Zu gewinnen gab es Gruppenfotos der Vorjahre und andere Memorabilien (Toney 2016). Im Jahr 2017 fand die Reunion erstmalig während des St. George’s Food Festival der maronitischen Gemeinde385 in Providence statt:
Seit Ende der 1990er Jahre übernimmt sie die Vorbereitung einiger Speisen in ihrem libanesischen Imbiss Sarkis Market in Brattleboro (IP178). 385 Ein Pendant zu dem Festival in Providence sind die Lebanese Heritage Days in Easton, die für einige Jugendliche das wichtigste Ereignis des Jahres darstellen: „They look forward to this Heritage Day weekend more than they look forward to Christmas. This to them, this is like their holiday, this is their Mecca, this is their pilgrimage“ (IP160: 317). An beiden Festivals sind Personen, die sich mit Kfarsghab identifizieren, maßgeblich an der Organisation beteiligt. Zu den Zielen zählen möglichst hohe Spendeneinnahmen für die Kirche, die Stärkung des Gemeinschaftsgefühls durch die gemeinsame Vorbereitung und Teilhabe, die Integration neuer Mitglieder, die Reproduktion von Identitätselementen und eine positive Außenwirkung. In Halifax organisieren die Mitglieder der antiochenisch-orthodoxen Kirche seit dem Jahr 2002 jährlich 384
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Die neo-diasporische Gemeinschaft der Blouzaniyye
The event in Providence is great because it’s already being organised as a public event. And we can have our own little gathering within that (…) just amongst our own cousins. But being part of the community, the parish community and with them dancing, and hearing the music and eating the food, you know, all the things we want to experience in the first place. So it’s still present and it’s still available but it’s not specifically Blouza (IP178: 32).
Der organisatorische und finanzielle Aufwand der Blouza Reunion habe sich dank der gemeinsamen Teilnahme an einem Festival der maronitischen Kirche minimiert. Die Entwicklungen der letzten Jahre zeigen, dass es derzeit an Personen mangelt, die folgenden, im Januar 2018 vom Bloggründer in den USA geäußerten Wunsch umsetzen: „I am sure there will be another reunion, (…) hopefully in the next year or so, otherwise people will just forget each other“ (IP177: 39).
ein Lebanese Festival. Das jährliche Cedar Festival wird von den Mitgliedern der maronitischen Our Lady of Lebanon Kirchengemeinde ausgerichtet. Beide Festivals werden von Personen mit einer Lebanese Ancestry unabhängig von der Konfession und in geringerer Anzahl von Mitgliedern anderer neo-diasporischer Gemeinschaften besucht, um an den kulturellen Programmpunkten teilzuhaben. Auf den Festivals der Kirchengemeinden in Halifax (Kanada) und Easton (USA) führen Kinder- und Jugendgruppen einstudierte Dabke-Tänze auf. Geboten werden außerdem offizielle Ansprachen von Community Leadern und lokalen Politikern, von Mitgliedern zubereitete libanesische Speisen, Kochshows, Fotostände mit arabischen Requisiten, arabische (Live-)Musik und Wasserpfeifen (B, 09.07.15–12.07.15; B, 01.08.15–02.08.15).
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Theorie neo-diasporischer Gemeinschaften zu Beginn des 21. Jahrhunderts
Neo-diasporische Gemeinschaften sind als integraler Bestandteil heutiger postmigrantischer Gesellschaften zu begreifen, die von Migration, Diversität und Individualisierung geprägt sind. Ein Großteil ihrer Mitglieder zeichnet sich durch Erwerbstätigkeit, Emanzipation, Bildung und Empowerment aus. Engagierte Individuen bringen ihre Erfahrungen, Fähigkeiten und Beziehungen aus unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern in die Gemeinschaft der Neo-Diaspora ein. Mit geeigneten Strategien passen sie ihre Institutionen an die Ökonomie und Politik der Residenzgesellschaften an, die zu ihren Gesellschaften geworden sind. Neo-diasporische Gemeinschaften haben das Potenzial, unter den Rahmenbedingungen des beginnenden 21. Jahrhunderts nicht nur zu bestehen, sondern an Bedeutung zu gewinnen. In Zukunft sollte die globale, nationale, regionale und lokale Politik einen intensiveren Austausch mit Mitgliedern neo-diasporischer Gemeinschaften suchen und sie stärker in die konstruktive Gestaltung der Gesellschaft einbeziehen. Die aus dem Dialog der theoretischen Analysefolie und der empirischen Datenbasis generierte Theorie der Neo-Diaspora ist auf das Verständnis der Stabilisierung, Funktionalität und Bedeutung neo-diasporischer Gemeinschaften ausgerichtet. Sie beansprucht Gültigkeit für neo-diasporische Communities mit einer imaginierten ethnischen Identität unter den Bedingungen von Digitalisierung, globaler kommunikativer Konnektivität, nationalstaatlicher Ordnungen und neoliberal-kapitalistischer Dominanz. Ökonomischer Erfolg und/oder soziale Sicherung ihrer Mitglieder garantieren die Existenz einer Neo-Diaspora in Nationalstaaten unterschiedlicher Regierungs- und Wirtschaftsform. Die Theorie der Neo-Diaspora besteht aus fünf sich gegenseitig durchdringenden, in der Lebenswelt des Alltags sichtbaren und unsichtbaren Dimensionen. Sie sind für die Existenz einer Neo-Diaspora zwingend erforderlich und daher als Invarianten zu verstehen, die unabhängig von externen Veränderungen Bestand haben. Die fünf Dimensionen, die auf den Sinn, die Funktion und Anpassungsfähigkeit einer Neo-Diaspora hinweisen, lassen sich durch folgende, empirisch begründete Definition zusammen-
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fassen: Das Zusammengehörigkeitsgefühl neo-diasporischer Gemeinschaften beruht auf Differenz erzeugenden Bausteinen imaginierter ethnischer Identität, auf die sich ihre Mitglieder situativ und kontextabhängig beziehen. Bedürfnisgerechte reale und digitale Orte der Kommunikation, sozialisierte bzw. erlernte Gruppensolidarität und alltagspraktische Gemeinsamkeiten werden durch das Engagement von Individuen mobilisiert, modifiziert und stabilisiert. Mitglieder sind in ökonomische, politische, solidarische und kulturelle Interaktionsfelder eingebunden und haben Institutionen zur Vernetzung und Verfolgung gemeinsamer Interessen gegründet (vgl. Abb. 63 und Abb. 64).
Abb. 63 Modellhafte Darstellung der Theorie neo-diasporischer Gemeinschaften
Die Ausführungen1 zu den fünf theoretischen Dimensionen einer Neo-Diaspora zeigen, dass Emotionalität, Spiritualität, Flexibilität, Situativität, Konnektivität und Pro-
1 Die Theorie der Neo-Diaspora wird ohne Literaturreferenzen formuliert. Definitionen verwendeter Begriffe und dazugehörige Konzepte sind im Theorieteil dieser Arbeit dargelegt (vgl. II). Die herangezogene
Individuen des Engagements
zessualität als dimensionsübergreifende Merkmale für die Existenz der Neo-Diaspora ausschlaggebend sind. Die Vorsilbe „neo“ bringt eine grundlegende Transformation der ehemaligen ethnischen Gruppe zum Ausdruck, verbunden mit Partizipationsmöglichkeiten für neue Mitglieder und der simultanen Zugehörigkeit zu mehreren Gemeinschaften. Die Stärke einer Neo-Diaspora wird durch die erfolgreiche gesellschaftliche Inklusion von Mitgliedern nicht gehemmt. Ebenso wenig muss eine NeoDiaspora global vernetzt oder von der räumlichen Mobilität vieler Mitglieder geprägt sein. Herkunft ist nur eine imaginierte Kategorie. Folglich muss ein Denken nach festgeschriebenen Kategorien zum Verständnis der Dynamik neo-diasporischer Gemeinschaften überwunden werden.
Abb. 64 Ausdifferenzierte theoretische Dimensionen (II–V) einer Neo-Diaspora
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Individuen des Engagements
Einzelne Individuen setzen sich freiwillig und mit außerordentlichem Engagement explizit und zum Teil implizit dafür ein, dass neo-diasporische Gemeinschaften eine
Analysefolie wird, wie im methodischen Teil der Arbeit skizziert (vgl. IV), im Lichte der Empirie neu interpretiert.
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lebensweltliche Bedeutung für ihre Mitglieder haben. Sie bringen Kompetenzen aus diversen spezialisierten Interaktionsfeldern ein und tragen dadurch zum kontinuierlichen Wandel der geteilten Werte, Normen, Praktiken und Ressourcen bei. Der Einsatz ihrer Arbeitskraft, ihres Expertenwissens und finanzieller Mittel beruht in erster Linie auf dem Gefühl, ein Mitglied der Gemeinschaft zu sein. Richtungsweisende Leader legen die Leitlinien und Regeln der Zusammenarbeit fest, fordern Personen zur Mithilfe auf und beziehen externe ExpertInnen zur Legitimation und Professionalisierung der Arbeitsweise der gegründeten Institutionen ein. Pragmatische IdeengeberInnen bringen innovative Gedanken, Überzeugungen und Einflüsse aus anderen Bereichen (z. B. Corporate Identity, Charity, Geistliches) ein, die Veränderungen der Organisationsweise verursachen. Ihre Betonung von Identitätselementen, durch die sich Mitglieder als etwas Besonderes verstehen, trägt zur Abgrenzung der Gemeinschaft bei. Dazu erfassen sie und andere Mitglieder als aufmerksame BeobachterInnen die gesellschaftlichen Trends sowie vorherrschende generations-, gender-, berufs- und identitätsspezifische Interessen. Ambitionierte ExpertInnen sind in Wirtschaftszweigen, der Politik, dem Finanzwesen, dem Rechtswesen, der Presse, der Bildung, der Wissenschaft, der Medizin, der Zivilgesellschaft, im Bereich des Religiösen und/oder in kulturellen Sphären involviert. Sie verstehen sich in unterschiedlichem Ausmaß als verantwortliche InteressenvertreterInnen der Gemeinschaft und setzen sich für kollektive Ziele und gesellschaftliche Belange ein, die über die Anliegen der Mitglieder hinausgehen. Hervorzuheben sind erfahrene FinanzexpertInnen, die sich um Kostenreduktion, Akquise externer Fördermittel sowie Überwachung der Einnahmen und Ausgaben gegründeter Institutionen bemühen. Von Bedeutung sind außerdem vorausschauende RechtsexpertInnen, die ihre Expertise für Mitglieder zur Verfügung stellen und Vorschläge für Gesetzesänderungen im Interesse der Gemeinschaft machen. Akribische AdministratorInnen pflegen und aktualisieren Adressdatenbanken, um Mitglieder über aktuelle Geschehnisse zu informieren. Sie erstellen Listen, um den Bedarf an Unterstützung und bereitgestellten Hilfeleistungen zu verfolgen. Motivierende KoordinatorInnen kennen die gruppeninternen Abläufe, helfen UnterstützerInnen dabei, sich auf ihre Arbeitsgebiete (z. B. Öffentlichkeits-, Jugend-, Altenarbeit) zu konzentrieren, organisieren Veranstaltungen für unterschiedliche Zielgruppen und gewinnen GeldgeberInnen. Von den Intentionen überzeugte SponsorInnen, deren Unternehmen, Betriebe, Parteien oder Institutionen von der gebotenen Werbeplattform profitieren, stellen Finanz- und Sachmittel als Spende oder Leihgabe bereit. Kritisch beobachtende GemeinschaftsbewahrerInnen behalten die Dynamiken und Machtverhältnisse im Auge und geben konstruktive Rückmeldungen und Anregungen für eine gerechte Partizipation und Verteilung der Ressourcen. Ihr Anliegen ist, unterschiedliche Stimmen zu Wort kommen zu lassen und Vertrauensverhältnisse zwischen Mitgliedern zu bewahren. Außerdem plädieren sie dafür, gewisse Vorzüge nur Mitgliedern zu gewähren. Intellektuelle VordenkerInnen begründen die gelebte Praxis der Gemeinschaft, philosophieren über ihre Bedeutung für Angehörige
Individuen des Engagements
verschiedener Altersklassen, plädieren für geeignete Strategien der In- und Exklusion von inaktiven Mitgliedern und Außenstehenden und sichern die Akzeptanz potenziell interessierter Neulinge, von denen sie sich temporär oder langfristig Unterstützung für die Gemeinschaft versprechen. Die Archivierung und Aufbereitung von Ereignissen übernehmen erkundende BibliothekarInnen, die durch intensives Reflektieren zur Rekonstruktion und zur Verbreitung einer imaginierten gemeinsamen Geschichte beitragen. Sie wenden (pseudo-)wissenschaftliche Methoden (z. B. Befragungen, Sekundärdatenrecherche) an, setzen Hilfsmittel (z. B. Genealogiesoftware) ein und vernetzen sich mit Gleichgesinnten zum Informationsaustausch und zur Wissensproduktion. Ihr Wissen vermitteln sie als talentierte GeschichtenerzählerInnen, wenn sie über die Fähigkeit verfügen, Ereignisse zu schildern, räumlich zu verankern und in historische Kontexte einzubetten. Sie bereiten Aspekte der gesammelten Daten für andere Mitglieder und für ein externes Publikum auf. Dadurch fördern sie das Bewusstsein einer kollektiven Identität, tragen zur (Re-)Konstruktion von verstorbenen und lebenden vorbildlichen HeldInnen bei und steigern die öffentliche Sichtbarkeit gemeinsamer Errungenschaften. Häufig sind sie ebenfalls als soziale ReporterInnen mit der Dokumentation bedeutender sozialer Momente der Gemeinschaft und individueller Erfolge von Mitgliedern befasst. Mit dem Einsatz innovativer, digitaler Technologien (z. B. Live-Videos) und deren Funktionen zur Publikumsauswahl in den Privatsphäre-Einstellungen re-definieren sie, für wen Ereignisse zugänglich sind und wer dabei mitwirken darf. Darüber hinaus stellen sie sich als AnsprechpartnerInnen für externe WissenschaftlerInnen zur Verfügung, deren Interesse und das generierte Wissen den Gemeinschaftsdiskurs beleben. Sie vermitteln ihnen Kontakte und versorgen sie mit gesammelten und sortierten Dokumenten und Informationen. Öffentlichkeitswirksame BotschafterInnen sind für die Außenwirkung verantwortlich und stellen einem interessierten Publikum ausgewählte Informationen bereit. Strategische VermittlerInnen stellen Kontakte zwischen Mitgliedern her, übersetzen Codes zwischen Personen an unterschiedlichen Lebensorten, führen differente Perspektiven zusammen und übernehmen die Netzwerkarbeit mit verschiedenen Interessengruppen und Organisationen, um Synergie-Effekte zu erzielen. Sie bilden die Schalter des neodiasporischen Netzwerks und tragen zu dessen Ausdehnung bei. Über externe UnterstützerInnen, SponsorInnen und ExpertInnen aus den Bereichen Politik, Recht, Wirtschaft, Finanzen, Religion, Kultur, Bildung, Presse und Medizin akquirieren sie finanzielle, materielle und personelle Unterstützung. Als Außenstehende werden Personen angesehen, die sich nicht mit der gemeinsamen, imaginierten Geschichte identifizieren und kein Verständnis für die alltagspraktischen Gemeinsamkeiten, kongruenten Sichtweisen und übereinstimmenden Interessen der Mitglieder haben. Die Aneignung des Wissens und ein Verständnis der damit verbundenen Implikationen ermöglichen, als Mitglied der Gemeinschaft akzeptiert zu werden, obwohl die diskursive Markierung als Outsider nicht aufgegeben wird. Diese differenzierten Bemühungen und Fähigkeiten von Mitgliedern definieren
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die kollektive Agency und lassen an global agierende Unternehmen und transnationale Organisation denken. Die angesprochenen Typen von engagierten Individuen sind von gegenseitiger Durchdringung und Flexibilität gekennzeichnet. Eine Person kann im Laufe ihres Lebenszyklus’ sowohl unterschiedliche als auch zeitgleich mehrere Funktionen innehaben, situativ zwischen diesen wechseln und kontextabhängig multiple Rollen, zum Beispiel im beruflichen, sozialen oder spirituellen Bereich ausleben. Diese zeitweilige Entkopplung und Kopplung kann als Switching bezeichnet werden. Wechsel von der aktiv steuernden Kerngruppe in die Gruppe gelegentlich Involvierter oder passiver AnhängerInnen sind von abnehmender Eingebundenheit begleitet. Von aktiven Mitgliedern wird die Passivität oder temporäre Distanzierung anderer Individuen akzeptiert. Sie bieten ihnen beharrlich Möglichkeiten zur Mitwirkung. Eine Ausgrenzung von passiven Mitgliedern findet nur statt, wenn die kollektiven Ressourcen der Aktiven begrenzt scheinen. Auf individueller Ebene zahlt sich das Engagement durch gruppeninterne Wertschätzung, Identitätsstiftung, Stabilität, Beistand, gruppenexterne Akzeptanz und eine potenzielle Ausweitung des eigenen Netzwerkes aus. Das Ausmaß des persönlichen Engagements für die Neo-Diaspora ist unabhängig vom sozioökonomischen Hintergrund und der gesellschaftlichen Inklusion eines Mitglieds. Es steigert das soziale Kapital von Mitgliedern, die als UnternehmerInnen, ÄrztInnen, AnwältInnen, (Finanz-)dienstleisterInnen, HandwerkerInnen, Geistliche, PädagogInnen, WissenschaftlerInnen, PolitikerInnen, JuristInnen, JournalistInnen, Auszubildende, Hausfrauen, Hausmänner, RentnerInnen oder Erwerbslose von den gruppeninternen Beziehungen profitieren. Ethnisches Kapital (z. B. Verständnis kultureller Praktiken, Codes, Wissensordnungen) kann durch staatliche Anerkennungspolitiken in Wert gesetzt werden. Die Zugehörigkeit zur Neo-Diaspora wirkt sich positiv auf individuelle Aktivitäten in externen Interaktionsfeldern aus. Sie kann, neben der erworbenen Expertise, für den Wettbewerb um Ressourcen und unternehmerische Aufträge bzw. für den Erhalt von Ämtern oder Mandaten in der Exekutive, Legislative und Judikative ausschlaggebend sein. Die Allianzen von Mitgliedern zeichnen sich durch Diversität und ein unterschiedliches Maß an Komplexität aus und beschränken sich nur selten auf die Identifikationsort-Lebensort-Achse. Die Übernahme bestimmter Funktionen hängt von vielen Faktoren ab. Dazu zählen individuelle Kompetenzen, ökonomische, politische, kulturelle und gemeinnützige Interessen, emotionale Erlebnisse, Alteritätserfahrungen, die Identifikation mit Orten, Ritualen, Werten und Überzeugungen der Gemeinschaft, Identitätsfragen und die Intensität der Beziehungen zur steuernden Kerngruppe. Hinzu kommen rationale Abwägungen zu unmittelbaren oder zukünftigen, potenziellen Vorzügen in anderen Bereichen sowie die erfahrene familiäre Sozialisation, elterliche Erwartungen, Vorbilder, gesellschaftliche Wertmaßstäbe, eigene Erziehungsideale und Visionen. Häufig übernehmen ökonomisch gut situierte Personen repräsentative Funktionen innerhalb
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der gegründeten neo-diasporischen Institutionen und treten als Spender, Sponsoren und Kreditbürgen auf. Der sozioökonomische Hintergrund korreliert in der Regel positiv mit der Höhe der geleisteten finanziellen Unterstützung. Tendenziell haben Personen fortgeschrittenen Alters leitende Funktionen inne. Der Antritt erfolgt oftmals in Nachfolge ihrer Eltern, um die als stabilisierend empfundene Community für die eigenen Kinder zu sichern. Männer und Frauen in Führungspositionen ohne institutionelle Anerkennung und ohne realen Posten verdanken ihren Status als informelle Big Man ihrem spezifischen Engagement. Sie übernehmen eine oder mehrere der genannten Funktionen und bestimmen über die Verteilung von Ressourcen und die Produktion von Diskursen. Big Men steuern die Ausrichtung und Dynamik der Gemeinschaft maßgeblich. Demzufolge operiert Macht hinter den sichtbaren Dimensionen einer Neo-Diaspora, die von den finanzstarken FunktionsträgerInnen verkörpert und vermarktet werden. Sie ist für Außenstehende nicht erkennbar. Bei fehlendem Einsatz bzw. der Konkurrenz durch qualifiziertere Engagierte verlieren Big Men ihre Stellung. Interne Differenzen sind Ausdruck der kontinuierlichen Verschiebungen von Knotenpunkten der Machtkonzentration, Loyalitäten sowie gemeinschaftsinternen und -externen Grenzziehungen. Eine soziale Hierarchisierung entlang von Gender kann bei neo-diasporischen Gemeinschaften in vielen Bereichen als überwunden betrachtet werden. Die beschriebenen Typen von engagierten Individuen sind hinsichtlich Gender als austauschbar aufzufassen, was durch die Verwendung des geschlechtergerechten Binnen-I bei der Typenbezeichnung zum Ausdruck kommt, das in dieser Arbeit die geschlechtliche Vielfalt einbezieht. Allerdings werden klassische Rollenverteilungen insbesondere bei Communities, die aus patriarchalischen Gesellschaften hervorgegangen sind, nach außen gewahrt, obwohl sich die Genderverhältnisse nach innen anders ausdifferenzieren. Hervorgerufen durch den hohen Grad an externer Vernetzung der Mitglieder einer Neo-Diaspora und anderer Einflüsse werden insbesondere patriarchalische Machtverhältnisse zunehmend infrage gestellt. Der Wunsch nach Zugehörigkeit motiviert Außenstehende dazu, mitzuwirken. Die subjektiv empfundene Verbundenheit unter Mitgliedern und opportunistische Überlegungen zu möglichen Vorteilen spielen in individuell unterschiedlicher Gewichtung eine Rolle. 2
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Das Gruppenbewusstsein und die alltagspraktischen Gemeinsamkeiten von Mitgliedern neo-diasporischer Gemeinschaften beruhen auf geteilten Bausteinen imaginierter ethnischer Identität, die Differenz erzeugen und für Außenstehende eher unsichtbar sind. Der Begriff Fundamentbaustein beschreibt die eher statischen Signifikanten, mit denen sich ein Großteil der Mitglieder identifiziert. Dazu zählen die
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Imagination einer gemeinsamen Herkunft von einem realen und zugleich fiktiven Ort bzw. Territorium, angenommene primordiale Bindungen und physische Merkmale, Religion sowie ein gemeinsamer Name. Einzelne Worte wie der Name eines Ortes wirken als mnemonische Trigger, die bei Mitgliedern unterschiedliche Erinnerungen und Gefühle hervorrufen und das Vertrauen untereinander stärken. Selbst bei der Transformation in Interessenverbände halten Mitglieder neo-diasporischer Wahlgemeinschaften die Fiktion einer gemeinsamen Herkunft diskursiv aufrecht und schaffen bzw. reproduzieren dazu bestimmte Settings, Narrative, Bräuche und Rituale. Die Markierung durch eher statische Signifikanten kultureller Differenz wie zum Beispiel eine gemeinsame, imaginierte Herkunft erzeugt Unterschiede zu Gemeinschaften, mit denen Mitglieder andere Identitätselemente, Interessen und emotionale Praktiken teilen. Im Vergleich dazu ist die Religionszugehörigkeit nicht nur als kollektiv geteiltes Identitätselement neo-diasporischer Gemeinschaften von Relevanz. Sie impliziert zudem differente oder geteilte moralische Werte mit der Mehrheitsgesellschaft. Verwendete religiöse Symbole, aufrechterhaltene Praktiken und gegründete Institutionen drücken einerseits gesellschaftliche Anschlussfähigkeit aus und werden andererseits zur Abgrenzung von Teilgruppen genutzt. Hinzu kommen eher dynamische, austauschbare Standardbausteine wie kulturelle Elemente, Einstellungen, Werteorientierungen und neue identitätsstiftende Orte, deren Bedeutung sich kontinuierlich verschiebt. Zu den kulturellen Elementen, die bei neo-diasporischen Gemeinschaften überwiegen, zählen die mit der imaginierten Herkunft verknüpfte Sprache, spirituelle und interpersonelle Rituale sowie Artefakte, Symbole, Feste, Speisen und Musik. Konventionelle Einstellungen und Werte beziehen sich häufig auf genderbezogene, normative Erwartungen und soziale Pflichten. Sie bieten Mitgliedern Orientierung für das Verhalten bei einem Trauerfall, zur Behandlung von Familienmitgliedern und bezüglich individuell anzustrebender Ziele (z. B. beruflicher Erfolg, Eigentum). Hinzu kommen neue Identitätselemente, die sowohl von der Mehrheitsgesellschaft (z. B. Nationalsport), als auch von Berufsfeldern und globalen Trends (z. B. Musik) übernommen werden. Diese kulturelle Hybridität wird von Mitgliedern als einzigartige Kombination aufgefasst und als Teil der kollektiven Identität reproduziert und weiterentwickelt. Darüber hinaus nutzen Mitglieder neo-diasporischer Gemeinschaften spezifische Elemente zur Abgrenzung gegenüber anderen Communities, mit denen sie Fundamentund Standardbausteine (z. B. nationale, religiöse, kulturelle Elemente) teilen und aufgrund dessen sie einem größeren Kollektiv zugeordnet werden. Die spezifischen Elemente können als exklusive Sonderbausteine aufgefasst werden, die an Überlieferungen anschließen und dazu beitragen, dass sich Mitglieder als etwas Außergewöhnliches und Besonderes verstehen. Beispiele sind bestimmte Traditionen, besondere Rezepte, lokale Helden, angenommene Talente, kollektive Charaktereigenschaften, sprachliche Dialekte und spezifische Tanzstile. Derartige Alleinstellungsmerkmale werden in modifizierter Weise wiederbelebt oder neu geschaffen (z. B. Embleme,
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Slogans, Denkmäler). Die Spezifika können auf die Interaktion mit anderen neo-diasporischen Communities am Wohnort zurückgehen. Das Resultat wird als einzigartiges, identitätsstiftendes Repertoire von Teilgemeinschaften einer neo-diasporischen Gemeinschaft an bestimmten Lebensorten betrachtet. Im Gegensatz dazu kommt es zu einer Folklorisierung, wenn rituelle Elemente ihre identitätsstiftende Bedeutung für Mitglieder verlieren und lediglich der Unterhaltung von Mitgliedern und Außenstehenden dienen. Mitglieder neo-diasporischer Gemeinschaften nutzen unterschiedliche Fundament-, Standard- und Sonderbausteine als Identitätsressourcen. Zudem ziehen sie jeweils weitere Elemente, die von anderen Mitgliedern nicht geteilt werden, patchworkartig zur individuellen Identitätsbildung heran. Durch die unproblematische Annahme neuer und unterschiedlicher Identitätselemente können Mitglieder einer Neo-Diaspora mehrere imaginierte ethnische Identitäten gleichzeitig haben und an scheinbar gegensätzlichen Gruppen teilhaben. Die vielschichtigen Zugehörigkeitsverhältnisse werden situativ aktiviert. Die Durchlässigkeit der Grenze einer Neo-Diaspora kommt in der Verhandelbarkeit der Bausteine zum Ausdruck. Es werden auch Mitglieder oder deren Vorfahren inkludiert, die keine Diaspora-Erfahrung haben. Die Anerkennung neuer Mitglieder wird als stabilisierender Faktor von VordenkerInnen thematisiert, die Toleranz für das Fehlen oder die individuelle Distanzierung von einzelnen kulturellen Markern (z. B. Herkunft, Sprache) fördern. Eine aufkommende Identifikation mit Identitätsbausteinen beruht auf erlernten Geschichten und damit verbundenen Bedeutungen. Loyalitäten zu konkurrierenden Bausteinen (z. B. Parteien, Konfessionen, Familien) können Fragmentierungen der Gemeinschaft bedingen und bestehende Spaltungen vertiefen. Angestrebt wird ein flexibler Umgang mit bestimmten Brüchen, um das Verhältnis von Personen in anderen Kontexten nicht zu beeinträchtigen. Gewisse Trennlinien scheinen jedoch zumindest zweitweise unverhandelbar und haben Auswirkungen auf die Lebenswelt der Mitglieder. In Abhängigkeit zu den umgebenden Kontexten und Situationen betonen Mitglieder bestimmte nationale, lokale oder religiöse Identitätselemente, um ihre Identifikation mit der Mehrheitsgesellschaft oder ihre Individualität durch Differenz zu unterstreichen. Das variierende Ausmaß der individuellen Identifikation mit Bausteinen imaginierter Ethnizität unterliegt weder räumlichen noch zeitlichen Begrenzungen. Individuen drücken mit geeigneten Symbolen ihren Bezug zu Identitätselementen von Teilgemeinschaften aus, deren Mitglieder an anderen Orten in räumlicher Nähe leben. Gleichzeitig grenzen sich Mitglieder auf emotionale und kritische Weise von Teilgemeinschaften an anderen Orten ab. Tendenziell nimmt die Identifikation mit der imaginierten ethnischen Identität mit zunehmender Lebenserfahrung und aufkommenden Identitätsfragen zu. Sie hängt in hohem Maße von der Attraktivität der geschaffenen Institutionen ab.
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Personen tragen durch ihr individuelles Engagement in differentem Ausmaß zur Ausformung der kollektiven Identität bei. Die Wissensvermittlung erfolgt mithilfe von selbst produzierten diasporischen Medien (z. B. Artikel, Filme, Fotoalben, Karten) und Online-Plattformen (z. B. Facebook-Seiten, Blogs, Webseiten) besonders über auditive und visuelle Sinneskanäle. Selbst edukative Events (z. B. Ausstellungen, PanelDiskussionen) werden zur Reproduktion der gemeinsamen Geschichte organisiert. Das genealogische Netzwerk wird mittels Genealogie-Software möglichst umfassend erfasst und bildlich visualisiert, zum Teil ad hoc mithilfe mobiler Apps. Zur (Re-)Konstruktion, Aufrechterhaltung und Reproduktion imaginierter ethnischer Identität tragen insbesondere Collective Narratives neo-diasporischer Gemeinschaften bei, die von Personen je nach narrativem Repertoire in unterschiedlicher Weise wiedererzählt werden. Sie lassen sich diversen Themenkomplexen zuordnen. Dazu zählen die gemeinsame, imaginierte Herkunft, die „Ursprungsfamilien“, die Migration in Kleingruppen, die gegenseitige Unterstützung und Teilung von Ressourcen am Ankunftsort, die herausfordernden Anfangsjahre der Pioniere, Heimweh, Vorhaben der Rückkehr, die gemeinschaftliche Freizeitgestaltung, kollektive Errungenschaften, die Identifikation mit den Menschen und dem Ort der Niederlassung, die Dankbarkeit für Verwirklichungsmöglichkeiten, kontrastierende Vergleiche zwischen den Lebensbedingungen, Lebensweisen und Einstellungen an Identifikations- und Lebensorten und einschlägige historische Ereignisse, die mit Gewalt, traumatischen Erfahrungen, Verlusten oder Erfolgen assoziiert werden. Gegenwärtige Ereignisse, in die Mitglieder involviert sind, haben das Potenzial, Teil der kollektiven Erinnerung zu werden, wenn sie im Anschluss verbreitet oder dank Dokumentation mit zeitlicher Verzögerung als erzählenswert bewertet und aufgegriffen werden. Eine Unterkategorie kollektiver Narrative sind Paradigmatic Stories über lebende oder historische Figuren, die als HeldInnen in Erinnerung geblieben sind und bleiben sollen. Sie werden mit Betonung auf ihren fortwährenden Einsatz für die Community bei gleichzeitiger Ausblendung potenzieller Abhängigkeitsverhältnisse als Vorbilder (re-)konstruiert. Sie bieten Mitgliedern Orientierung und dienen der Steigerung des wahrgenommenen Wertes der eigenen Gruppe. Von heroisierenden Erzählungen beeinflusst sind verallgemeinernde Ausführungen zu scheinbaren Standardbiographien von Mitgliedern, in denen Misserfolge Einzelner ausgespart werden. Standartbiographien können zu paradigmatischen Narrativen gezählt werden, die persönliche Erzählungen prägen. Persönliche Narrative tragen zur Reproduktion von ReferenzErzählungen bei, indem ähnliche Themen in individuellen biographischen Darstellungen angesprochen werden. Kollektive Erzählungen erzeugen nicht nur Identifikation, sondern vermitteln Mitgliedern moralische Standpunkte, Werteorientierungen, normative Imperative und soziale Pflichten. Sie transportieren das sich verändernde Selbstverständnis der neodiasporischen Gemeinschaft in Abgrenzung zur Mehrheitsgesellschaft und anderen Communities. Von Mitgliedern werden sie unabhängig von empirisch prüfbaren Fak-
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ten und Widerspruchsfreiheit reproduziert, wenn die Botschaft als überzeugend gewertet wird. Als fundierende oder kontrapräsentische Mythen, die mit historischen Gegebenheiten verknüpft sind, umschreiben sie die Bedeutung von Solidarität, bestimmten Lebensweisen und kollektiven Absichten als Basis des Zusammengehörigkeitsgefühls. In Mythen werden die imaginierten Gegebenheiten an Orten bzw. Territorien der ebenfalls imaginierten Herkunft kontextabhängig idealisiert, beanstandet oder bemitleidet. Kontrastierende Idealisierungen wirken als Appell für traditionale und solidarische Praktiken. Darüber hinaus wird der Ort bzw. das Territorium durch verherrlichende Narrative zum „heiligen Ort“ der Neo-Diaspora. Die von Mitgliedern geteilten paradiesischen Imaginationen bilden ein zentrales, fiktives Element zur Generierung und Erhaltung ihrer kollektiven Identität, das ihnen spirituelle Gemeinsamkeit und transzendente Erfahrungen ermöglicht. In der Lebenswelt vermittelt die Identifikation mit dem angenommenen, paradiesischen Herkunftsort normative Orientierung und stiftet gleichzeitig einen Sinn menschlicher Existenz. Im Gegensatz dazu tragen kritische und bedauernde Berichte über Lebensweisen und Herausforderungen am Identifikationsort bzw. in der Region der imaginierten Herkunft dazu bei, die Migrationsentscheidung und physische Abwesenheit als sinnvoll anzusehen. Abwertende Darstellungen haben eine fundierende Funktion, da sie die eigene Lebenssituation aufwerten. In demokratischen Staaten, die staatsbürgerliche Rechte und soziale Absicherung gewähren, wird der angebliche Rückkehrwunsch in Narrativen auf die Pioniere projiziert. Die Abkehr von diesem Wunsch erfolgt mit zunehmender Selbstbestimmung, ökonomischer Verwirklichung und erfahrener gesellschaftlicher Akzeptanz. Sie unterstreicht die Dankbarkeit und Loyalität zum Residenzland. Eine weitere Subkategorie kollektiver Narrative sind abweichende Counterstories, die über Mitglieder, die sich den Normen der Gemeinschaft widersetzt haben, erzählt werden. Sie zeigen die Konsequenzen von Fehlverhalten auf und verdeutlichen, mit welchen Mitteln dieses wiedergutzumachen ist. Counterstories werden ebenfalls über kollektive Fehlentscheidungen erzählt. Sie unterstreichen die Bedeutung einer gemeinsamen Krisenbewältigung und zeigen Korrekturmöglichkeiten auf. Erzählungen oder Niederschriften von Outsidern über die Gemeinschaft fördern die kollektive Identität, da damit verbundene zustimmende oder kritische Meinungen den Diskurs beleben. Metaerzählungen und externe Kontexte wie die Anerkennungspolitik von Nationalstaaten, gesellschaftliche Diskurse und damit verbundene Stereotype haben einen Einfluss auf Entstehungsprozesse neo-diasporischer Gemeinschaften. Die kollektiven Narrative werden kontinuierlich, bewusst oder intuitiv an umgebende Eindrücke angepasst. Mitglieder wägen in Abhängigkeit lokaler, nationaler und globaler Kontexte strategisch und zielgruppenspezifisch ab, welche kulturellen Elemente imaginierter Ethnizität sie in bestimmten Settings präsentieren und welche Initiativen sie unterstützen.
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Institutionen und reale/digitale Orte der Kommunikation
Angepasst an die gesellschaftlichen Organisationsprinzipien, kulturellen Setzungen und politischen Verhältnisse der Residenzländer gründen Mitglieder neo-diasporischer Gemeinschaften unterschiedliche Institutionen. Sie verleihen einerseits Struktur und ermöglichen andererseits Dynamik zur Sicherung der Permanenz der Neo-Diaspora. Dazu zählen Vereine, Clubs, religiöse Institutionen, Bildungseinrichtungen, Dachverbände und industrielle sowie kommerzielle Zusammenschlüsse (z. B. Handelskammern). Ihre juristische Organisation entspricht den Gesetzen und Regeln der Residenzländer und ist damit nur graduell bzw. nicht durch imaginierte Ethnizität markiert. Verantwortlich für die Bedeutung, Stärke und Ausrichtung (z. B. religiös, politisch, ökonomisch, kulturell, sportlich) der Institutionen sind die jeweils engagierten Individuen. Mit geeigneten Strategien passen sie die Konzepte, Ziele, Außendarstellung, Versammlungsorte, Aktivitäten und Veranstaltungen kontinuierlich an aktuelle Trends und Lebensstile an, um sich Vorteile gegenüber konkurrierenden Einrichtungen zu verschaffen. Zur Einwerbung öffentlicher Mittel sorgen erfahrene FinanzexpertInnen für förderungswürdige Anträge und eine transparente Rechenschaftslegung. Die von Einzelnen geschaffenen und gesteuerten Organisationsstrukturen werden häufig sowohl für Communtiy Projects als auch für wohltätige Zwecke genutzt. Dies gilt ebenfalls, wenn mit Angeboten generations-, freizeit- oder berufsbezogene Interessen einer Teilgemeinschaft bedient werden und die Einnahmen den Bedürfnissen und Anliegen aller Mitglieder zugutekommen. Institutionen stehen nur in der Konstruktion über dem Tun von Involvierten und sind durch die von Mitgliedern verwendeten Embleme, materiellen Orte, digitalen Treffpunkte und Events in der Lebenswelt jederzeit und überall präsent. Eindeutig definierte Orte des realen Zusammentreffens und digitale Kommunikationsplattformen werden zur internen, potenziell exklusiven Interaktion bzw. für physisch erfahrbare, emotionale Erlebnisse aufrechterhalten, neu geschaffen und dynamisch an die Bedürfnisse der Mitglieder neo-diasporischer Gemeinschaften angepasst. Sie sind eher sichtbar und nicht hermetisch abgeriegelt. In Abhängigkeit zu den umgebenden Kontexten bieten sie Anschlussmöglichkeiten für zunächst Außenstehende. Den Orten werden unterschiedliche Bedeutungen und Bewertungen zugeschrieben, basierend auf persönlichen Erfahrungen, Eindrücken und Wissensständen. Identifizieren sich Mitglieder mit einem realen Ort oder einem Territorium, stellen sie finanzielle, materielle und personelle Ressourcen für den Erhalt bereit. Derartige Hilfeleistungen werden mit Solidaritätsgefühlen und einem Verantwortungsbewusstsein für BewohnerInnen begründet. Darüber hinaus geht es um die Bewahrung unentdeckter und exklusiver Räume. Je nach Vorlieben, Alter und Erwartungen von Mitgliedern dienen sie dem Bedürfnis nach Erholung, Ruhe und Abenteuer. Aufenthalte am Identifikationsort bzw. in der Region der imaginierten Herkunft ermöglichen eine Flucht aus dem arbeitsbestimmten Alltag und verstärken die Kommunikation unter
Institutionen und reale/digitale Orte der Kommunikation
Mitgliedern über Gegenwärtiges und imaginiert Vergangenes. Sie werden für jüngere und neue Mitglieder organisiert, um den emotionalen Bezug zu dem Ort bzw. Gebiet zu steigern und soziale Bindungen zu Verwandten zu fördern. Aufenthalte tragen zur Identifikation mit kulturellen Praktiken und konventionellen Werten bei, die als wertvoll für den Zusammenhalt angesehen werden. Entbehrungen am Wohnort werden durch gustatorische und als authentisch deklarierte Erlebnisse am Ort der imaginierten Herkunft spürbar. Im Unterschied dazu führen kontrastierende Erfahrungen und Beobachtungen von Lebensweisen und Verhältnissen, die von BesucherInnen als minderwertig eingestuft werden, zur Wertschätzung der persönlichen, oftmals als privilegiert empfundenen Lebenssituation. Zur Demonstration von Wohlstand und Identitätselementen, die mit dem Lebensort verknüpft sind, bietet der besuchte Ort bzw. das Territorium eine Bühne. BesucherInnen werden von BewohnerInnen als HeldInnen bzw. Personen mit der nationalen Identität des Residenzlandes wahrgenommen, was von den Fremdzuschreibungen am Wohnort abweichen kann und Identität stiftet. Einerseits ist der Identifikationsort ein Interaktionsort und stärkt deterritoriale Beziehungen, andererseits können sich vor Ort soziale Abgrenzungsprozesse mit Blick auf Alltagspraktiken, Einstellungen, Konfliktlinien, Generationen und Wohnorte intensivieren, die das Zusammengehörigkeitsgefühl von Kleingruppen stärken. Derartige Segregationsprozesse können durch die Annahme von Dienstleistungen vor Ort vorangetrieben werden. Sie werden als Beitrag zur lokalen Wirtschaft legitimiert, können aber ebenso wie finanzielle Transfers und Political Remittances Abhängigkeiten, prekäre Situationen und eine Verhärtung lokaler Machtstrukturen verursachen. Orte und Territorien der imaginierten Herkunft sind dynamischen Veränderungsprozessen unterworfen. Sie werden vor allem bei fehlenden persönlichen Erfahrungen vor Ort von Mitgliedern der Neo-Diaspora als ursprünglich angenommen. Treffpunkte wie religiöse Bauten (Kirchen, Moscheen, u. a.) und Vereinshäuser werden als räumliche Manifestation der gegründeten Institutionen von Mitgliedern geschaffen und dienen der Aufrechterhaltung der kollektiven Identität. Ein Hauptanliegen ist, emotionale Praktiken, die mit der gemeinsamen, imaginierten Herkunft verknüpft werden, via Interaktion zu bewahren. Durch die Markierung mit Symbolen und ästhetischen Aufnahmen vom Identifikationsort werden sie zu Anchoring Places, mit denen sich Mitglieder identifizieren. Sie bieten nicht nur Raum für wiederbelebte, spezifische Traditionen, sondern auch für übernommene Trends, mit denen besonders jüngere Mitglieder und Außenstehende angesprochen werden. Genutzt werden sie als Orte der Vernetzung, die als lokale Ressource vermarktet werden. Ehemalige Treffpunkte der Gemeinschaft im öffentlichen Raum (z. B. Strände, Parks, Restaurants) werden durch Narrative und Bildmaterial als Anchoring Places erinnert, die zum Teil wiederholt aufgesucht und als Treffpunkte re-etabliert werden. Privaträume eignen sich als alltägliche Treffpunkte von Kleingruppen und familiären Clustern. Die Funktion von digitalen Orten der Kommunikation geht über die Stärkung der deterritorialen Vernetzung hinaus. Webseiten der Vereine fördern die Sichtbarkeit
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neo-diasporischer Gemeinschaften. Sie dienen der Information über die imaginierte, gemeinsame Geschichte, angenommene „Ursprungsfamilien“, spezifische Identitätselemente und anstehende Ereignisse. Blogs ermöglichen BibliothekarInnen eine kontinuierliche Wissensvermittlung ihrer (pseudo-)wissenschaftlichen, aufbereiteten Erkenntnisse. Historische und aktuelle Aufnahmen von Gemeinschaftsereignissen werden Mitgliedern in Online-Archiven von sozialen ReporterInnen bereitgestellt. Die Sozialen Netzwerke bilden die wichtigsten digitalen Orte des Meinungsaustausches für Mitglieder. Als interaktive Lern- und Diskussionsplattformen beleben sie den Austausch über imaginierte Verwandtschaftsbeziehungen, Mythen, Kuriositäten, gemeinschaftsrelevante Ereignisse und Errungenschaften. Exklusive Kommunikationsräume werden durch die Einrichtung strikter Zugangsbeschränkungen gewährleistet. Das medial verfügbare Vergangene und Aktuelle wird über mobile Endgeräte jederzeit im Alltag und ortsunabhängig rezipiert und kommentiert. Mit romantisierenden Foto-Aufnahmen werden reale Orte als mythische, paradiesische Sehnsuchtsorte konstruiert, die von einem Großteil der Mitglieder nicht persönlich besucht werden. Bei Facebook und Instagram veröffentlichte Live-Videos ermöglichen eine Echtzeit-Kommunikation unter ZuschauerInnen weltweit. Die virtuelle Interaktion mit Protagonisten und das Einwirken in das Geschehen erfolgt über Live-Kommentare. Mitglieder empfinden durch die Gleichzeitigkeit von mediatisierter und Face-to-FaceKommunikation eine Aufhebung räumlicher Distanzen, die zu einer Austauschbarkeit von realen Orten führt. Ähnliche Effekte werden mithilfe von Webcams, Videotelefonie und Live-Übertragungen wichtiger Anlässe erzielt, die durch interaktivere digitale Kommunikationsmöglichkeiten eine neue Qualität erhalten haben. 4
Soziale Verpflichtungen und Interaktionsfelder
Die Gruppensolidarität ist ein unerlässliches und konstitutives Prinzip neo-diasporischer Gemeinschaften. Sie beruht auf gewissen Regeln und Pflichten, die für Außenstehende zunächst unsichtbar sind. Über kollektive Narrative mit normativem Charakter und emotionale Praktiken werden sie vermittelt und reflektierend erneuert. Zeichnet sich ab, dass soziale Pflichten von Mitgliedern nicht ohne zu hinterfragen eingehalten werden, sind Narrative und emotionale Praktiken umso bedeutender, um die Kohäsion neo-diasporischer Gemeinschaften zu sichern. Regulierende Praktiken, mit denen an die Moral von Mitgliedern appelliert wird, zeigen den Versuch, einem Bedeutungsverlust konventioneller Normen und Werte und damit verbundener sozialer Verbindlichkeiten entgegenzuwirken. Dazu zählen Leitsätze, mit denen wegweisende Normen vereinfacht ausgedrückt werden. In Satzungen gegründeter Institutionen und Richtlinien von Kommunikationsorten wird die Teilhabe und Machtverteilung zur Sicherung des Gemeinschaftssinns definiert. Die Erwartungen der Gruppe an andere Mitglieder sind mobilisierenden Praktiken
Soziale Verpflichtungen und Interaktionsfelder
inhärent. Sie umfassen spirituelle und interpersonelle Rituale, Bräuche und routiniert ablaufende Kommunikationsformen. Zusammenhalt wird besonders durch körperliche Nähe artikuliert und gestärkt. Zu benennenden Praktiken zählen die Verbreitung von Slogans, die eine kollektive Identität ausdrücken. Kommunizierende Praktiken, darunter Gefühlsausdrücke, Mimik und Gestik, können von Mitgliedern eingeordnet werden, um Anerkennung, Ablehnung und Anteilnahme zu empfinden und zu zeigen. Die impliziten, unbewussten Regeln und Pflichten müssen im Zuge der Sozialisation vermittelt und durch Interaktion erlernt werden. Der diffuse und durchlässige Grenzbereich neo-diasporischer Gemeinschaften ist definiert durch die Übernahme emotionaler Praktiken, das Verständnis von Wissensordnungen, geteilte Interessen und das individuelle Engagement für die Gemeinschaft. Auf diese Weise können Personen, die keine verwandtschaftlichen oder partnerschaftlichen Beziehungen zu Mitgliedern haben, Teil einer Neo-Diaspora werden. Demzufolge reichen Schwellenrituale wie Hochzeiten ohne gelebte Solidarität nicht aus. Es besteht Einigkeit darüber, dass weder alle Mitglieder noch deren Vorfahren eine Diaspora-Erfahrung haben. Eine Neo-Diaspora kann als Netdom gedacht werden, deren Mitglieder in mehreren spezialisierten Interaktionsfeldern agieren, die sich gegenseitig durchdringen und keinen räumlichen Grenzen unterliegen. Das nach innen gerichtete, solidarische Interaktionsfeld ist in hohem Maße von sozialen Pflichten und Emotionen geprägt. Es zeichnet sich durch gegenseitige Hilfe, alltägliche Unterstützung von Mitgliedern mit besonderen Bedürfnissen und dem Mitgefühl bei traurigen und freudigen Anlässen des Lebenszyklus’ aus. Konformes, genderspezifisches Verhalten und physische Anteilnahme erzeugen Gefühle von Sicherheit, Respekt, Innigkeit, Geborgenheit und Identität in Zeiten der Postmoderne, die aufgrund der dynamischen Veränderungen der Welt von Orientierungslosigkeit und Verunsicherung sowie von neuen Risiken, Ungewissheiten und Krisen geprägt ist. Aus diesem Grund werden solidarische Routinen von vielen Mitgliedern weder infrage gestellt, noch wird der eigene Nutzen bewusst reflektiert. Pflichtgefühle verstärken sich unmittelbar bei Notlagen, Schicksalsschlägen oder Erkrankungen anderer Mitglieder. Dieses Interaktionsfeld zeichnet sich durch das höchste Maß an informeller, sozialer Kontrolle aus, da die Einhaltung der Normen durch gegenseitige Beobachtung bei Zusammenkünften registriert und dadurch subtil eingefordert wird. Abwesenheit oder Spendenzurückhaltung ist mit Schuld- und Schamgefühlen verbunden, kann aber durch die gezeigte Solidarität von Familienmitgliedern kompensiert werden. Spendenzahlungen von Individuen dienen, ebenso wie das Engagement für Mitglieder, der Hierarchisierung und Machtaushandlung innerhalb der Gemeinschaft. Transnationale finanzielle und politische Unterstützung kann zu einer Erhaltung klientelistischer Strukturen und zu einer Konservierung von Abhängigkeiten am Ort bzw. im Land der imaginierten Herkunft beitragen. Das solidarische Interaktionsfeld beruht auf Gegenseitigkeit und zeichnet sich durch interne Differenzen aus. Es besteht die Gefahr der Auflösung, wenn die emp-
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Theorie neo-diasporischer Gemeinschaften zu Beginn des 21. Jahrhunderts
fundene, persönliche Nähe zu Mitgliedern und die Verantwortungsgefühle für die Gemeinschaft nachlassen. In Anpassung an postmoderne, individualistisch orientierte Gesellschaften erfolgt die Stabilisierung durch einen flexiblen Umgang mit abweichendem Verhalten. Die Einhaltung von Imperativen darf einen Teilzeitcharakter haben und lässt jederzeit eine temporäre oder dauerhafte Steigerung der individuellen Anteilnahme und des Engagements zu, welches von Mitgliedern mit Anerkennung honoriert wird. Demzufolge ist die gelebte Praxis der gültigen Regeln und Verpflichtungen auf einem Kontinuum von konventionell bis gelockert anzusiedeln. Die Gewichtung und Bedeutung hängt von spezifischen Präferenzen, Interessen, der Intensität der Beziehungen, Erfahrungen und externen Verhältnissen ab und unterscheidet sich daher innerhalb von Generationen, Teilgemeinschaften, Familien und Individuen, die ihr Verhalten orts- und kontextspezifisch anpassen. Tendenziell orientieren sich ältere Mitglieder stärker an den normativen Erwartungen und sozialen Pflichten der NeoDiaspora. Sie setzen sich dafür ein, Jugendlichen die Bedeutung konventioneller Einstellungen und Werte zu vermitteln. Im ebenfalls nach innen gerichteten synergiebezogenen Interaktionsfeld verschaffen sich Mitglieder neo-diasporischer Gemeinschaften durch gegenseitige Begünstigungen Vorteile. Networking untereinander prägt ihr emotionales und rationales Denken und Handeln. Aufträge werden bevorzugt an Mitglieder vergeben und deren Versorgungseinrichtungen und Dienstleistungen gewählt, ohne marktwirtschaftliche Bewertungen auszublenden. Zu erwarten sind eine faire Preisgestaltung und hochwertige Arbeit, da eine positive Reputation aufgrund des engen Netzwerks zentraler Erfolgsmotor von Mitgliedern ist. Individuelle Selbstverwirklichung auf ökonomischer, politischer, religiöser, wohltätiger, ehrenamtlicher, zivilgesellschaftlicher, kultureller und sportlicher Ebene stärkt die kollektive Agency, da die Kompetenzen und neuen Allianzen weitere Handlungsspielräume der Gruppe eröffnen. Von besonderer Bedeutung sind externe Interaktionsfelder, in denen Mitglieder neo-diasporischer Gemeinschaften zur Sicherung von kollektiven Vorzügen und zur Förderung altruistischer Belange aktiv sind. In Übernahme britisch-amerikanischer Praxis tragen wohltätige Initiativen zur gesellschaftlichen Akzeptanz bei, stiften Identität und gelten als Ausdruck der Dankbarkeit für erhaltene Chancen im Residenzland. Durch Lobbyarbeit und Networking auf lokaler, regionaler, nationaler und globaler Ebene können Mitglieder, die zum Teil selbst in der Politik und Justiz tätig sind, staatliche Förderungen und Änderungen von Regelungen und Gesetzen erreichen, die über die Interessen der eigenen Mitglieder hinausgehen. Die Anwendung variabler Strategien an unterschiedlichen Orten verdeutlicht die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit von Mitgliedern im Umgang mit den gesetzlichen Vorschriften des jeweiligen Nationalstaates. Die innerhalb der Gemeinschaft erworbene soziale Kompetenz ist für den Aufbau informeller Beziehungen zu EntscheidungsträgerInnen förderlich. Die Nutzung informeller Beziehungen zur Verschaffung außerordentlicher Vorteile kann intern als reaktiviertes Organisationsprinzip der imaginierten Herkunft aufge-
Anlässe der Vernetzung und gemeinsame Interessen
fasst werden. Weichen derartige Praktiken von den normativen Prinzipien am Wohnort ab, werden sie von einigen VordenkerInnen öffentlich abgelehnt, obwohl viele sie als nützlich für kollektive und individuelle Anliegen begreifen. Der situative Wechsel zwischen Interaktionsfeldern spiegelt sich in den zum Ausdruck gebrachten Bausteinen imaginierter Ethnizität. So können Sprachwechsel oder der Bezug auf bestimmte kulturelle Elemente Veränderungen des Interaktionsfeldes, in dem sich Mitglieder bewegen, anzeigen. 5
Anlässe der Vernetzung und gemeinsame Interessen
Die unterschiedliche Schwerpunktsetzung einer Neo-Diaspora, die von sozialen, ökonomischen, politischen, wohltätigen, kulturellen, religiösen und sportlichen Motiven dominiert sein kann, wird maßgeblich von den Interessen und Interaktionsfeldern der engagierten Mitglieder bestimmt. Je stärker Individuen über die neo-diasporische Gemeinschaft hinaus vernetzt sind, desto mehr Invention Spillover tragen zu ihrer dynamischen Veränderung bei. Mitglieder fördern die Formation fluider Teilgemeinschaften und wenden zur interessen- und kontextgebunden Interaktion geeignete Strategien des Ein- und Ausschlusses von Personen an. Folglich ist das Netzwerk neo-diasporischer Gemeinschaften von einer spezifischen Dynamik gekennzeichnet. Einerseits betten Anlässe der Vernetzung die Neo-Diaspora in die Residenzgesellschaft ein und erzeugen andererseits eine kulturelle Differenz zu ihr. Eher sichtbare Anlässe, die von Mitgliedern neo-diasporischer Gemeinschaften ausgerichtet werden, lassen sich drei Kategorien zuordnen. Ihr Vernetzungspotenzial ist zielgruppenspezifisch ausgeprägt. Community Development Events werden zur Förderung identitätsstiftender Gemeinschaftserlebnisse organisiert, die möglichst viele Mitglieder ansprechen sollen. Mithilfe digitaler Technologien kann dieser Anspruch sehr gut umgesetzt werden. KoordinatorInnen müssen aufgrund der Konkurrenz mit anderen Freizeitangeboten stets auf eine zeitgemäße, attraktive und einzigartige Ausrichtung achten. Herangezogen werden aktuelle Trends und innovative Formate aus den Medien sowie Rituale und Bräuche, die auf Traditionen zurückgehen. An den Lebensorten trägt die Reproduktion kultureller Elemente zur Steigerung der emotionalen Ortsbindung von Mitgliedern bei. Eine besondere Bedeutung hat die gemeinsame, identitäts- und gemeinschaftsstiftende Zubereitung von Speisen. Die Geschmackserlebnisse werden mit der imaginierten Herkunft assoziiert. Es findet eine Orientierung am imaginierten, traditionalen Festzyklus bei gleichzeitiger Adaptation an die festlichen Praktiken der Lebensorte statt. An allen Orten kommt es zu einer Transformation von Ritualen und Bräuchen, sodass sie selbst am Ort bzw. Territorium der imaginierten Herkunft in modifizierter Weise praktiziert werden. Zu Anlässen des individuellen Lebenszyklus’ werden möglichst viele Verwandte und Mitglieder der Gemeinschaft eingeladen. Werden sie von Personen besucht, die an unterschiedlichen
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Theorie neo-diasporischer Gemeinschaften zu Beginn des 21. Jahrhunderts
Orten leben, fördert das vorrübergehende Eintauchen in die Gemeinschaftswelt, das virtuell mit Mitgliedern geteilt wird, die Aufrechterhaltung des deterritorialen Beziehungsnetzwerks. Die kommunikative Konnektivität unter Mitgliedern kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Tendenziell findet eine höhere Interaktion zwischen Mitgliedern von Kernfamilien statt, die ortsüberschreitende Cluster neo-diasporischer Gemeinschaften bilden. Mit zunehmender, gesellschaftlicher Inklusion der Mitglieder werden gemeinschaftsstiftende Veranstaltungen für interessierte Außenstehende geöffnet. Die Aufnahme neuer Mitglieder sichert die Finanzierung und die Regelmäßigkeit der Events. Community Development Events werden zudem genutzt, um engagierte Mitglieder durch die Vergabe von Auszeichnungen als Ausdruck gruppeninterner Wertschätzung zur Weiterarbeit zu motivieren. Davon zu unterscheiden sind öffentliche Heritage Festivals, die von Beginn an zur Außendarstellung und Spendenakquise initiiert werden. Der damit verbundene Organisations- und Durchführungsaufwand fördert gleichzeitig die Kohäsion der verantwortlichen Mitglieder. VordenkerInnen bewerten kontinuierlich die Eignung öffentlichkeitswirksamer Festivals. In Abhängigkeit von externen Verhältnissen (z. B. fremdenfeindliche Diskurse) sehen sie temporär oder dauerhaft von derartigen Inszenierungen ab oder werden aufgrund einer Assimilierungspolitik dazu gezwungen. Eine Politik des Multikulturalismus oder andere Politiken, die Vielfalt und Heterogenität fördern, tragen dazu bei, dass Bräuche bei öffentlichen Veranstaltungen gezeigt werden. Es handelt sich um Folklore, wenn kommerzialisierte Darbietungen keine identitätsstiftende Bedeutung für Mitglieder haben. Spezifisch interessierte Mitglieder organisieren Boundary Work Events, um ihre individuellen Netzwerke für die Stabilisierung der neo-diasporischen Gemeinschaft zu nutzen und diese gleichzeitig auszuweiten. Wohltätigkeitsveranstaltungen und Sportturniere, bei denen weniger die Partikularinteressen der Gemeinschaft, sondern eher universelle Absichten beworben werden, richten sich an externe UnterstützerInnen, SponsorInnen und ExpertInnen lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Institutionen. Angestrebt werden kooperative Beziehungen zu Personen externer Interaktionsfelder, die Zugang zu Ressourcen für die Gemeinschaft bieten können. Ist ein Großteil der Mitglieder in einer Wirtschaftsbranche führend und/oder wohnt räumlich konzentriert in bestimmten Wahlbezirken, haben externe, lokale UnternehmerInnen und PolitikerInnen ein besonderes Interesse am Aufbau von kooperativen Beziehungen. Aus strategischen Gründen realisieren sie Besuche in die Orte und Territorien, auf die neo-diasporische Gemeinschaften ihre imaginierte Herkunft beziehen. Ihr Verständnis für die Einstellungen und Werteorientierungen können sie durch die situative Interaktion mit Mitgliedern vertiefen und mittels Empathie zum Ausdruck bringen.
VII
Resümee: „I really knew I wanted to be a part of this community“
Die erarbeitete, modellhafte und empirisch fundierte „Theorie neo-diasporischer Gemeinschaften zu Beginn des 21. Jahrhunderts“ besteht aus fünf Dimensionen, die auf Communities mit imaginierter ethnischer Identität anwendbar sind. Die Theorie beansprucht unter den Rahmenbedingungen der heutigen nationalstaatlichen Weltordnung Gültigkeit, wobei die spezifische Ausprägung einer Neo-Diaspora von den umgebenden politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kontexten beeinflusst wird. Ihre Existenz ist unabhängig von der Regierungs- und Wirtschaftsform eines Nationalstaates so lange die Mitglieder ökonomischen Erfolg haben und/oder soziale Sicherungssysteme greifen. Folgende Dimensionen sind für deren Existenz und Fortbestand in unterschiedlicher Gewichtung und Ausprägung unbedingt erforderlich: (1) Die Dynamik neo-diasporischer Gemeinschaften hängt maßgeblich von engagierten Individuen ab. Dazu zählen richtungsweisende Leader, pragmatische IdeengeberInnen, aufmerksame BeobachterInnen, ambitionierte ExpertInnen, verantwortliche InteressenvertreterInnen, akribische AdministratorInnen, motivierende KoordinatorInnen, helfende UnterstützerInnen, befürwortende SponsorInnen, beobachtende GemeinschaftsbewahrerInnen, intellektuelle VordenkerInnen, interessierte Neulinge, erkundende BibliothekarInnen, talentierte GeschichtenerzählerInnen, vorbildliche HeldInnen, soziale ReporterInnen, öffentlichkeitswirksame BotschafterInnen, strategische VermittlerInnen und informelle Big Men sowie externe WissenschaftlerInnen, UnterstützerInnen, SponsorInnen und ExpertInnen. Die persönliche Übernahme von Funktionen, die sich überlagern können, beruht auf der familiären Sozialisation, individuellen Erfahrungen und Einflüssen sowie ökonomischen, politischen, kulturellen und gemeinnützigen Interessen, beeinflusst von umgebenden Kontexten. Das Gefühl, Teil der Community zu sein, ist die Hauptantriebskraft des individuellen Engagements. Es motiviert Personen, die aufgrund ihrer Sozialisation bzw. durch Interaktion eine innige Verbundenheit zu Mitgliedern verspüren, sich auf diverse Weise einzubringen. Emotionale Erlebnisse der Solidarität stiften Identität und rufen bei zunächst Außenstehenden den Wunsch hervor, dazugehören zu wollen.
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Resümee: „I really knew I wanted to be a part of this community“
(2) Die sich verändernden Bausteine imaginierter ethnischer Identität einer Neo-Diaspora umfassen eher statische Fundamentbausteine, austauschbare Standardbausteine und exklusive Sonderbausteine. Sie tragen zu Abgrenzungsprozessen der Gemeinschaft bei und werden unterschiedlich stark zur individuellen Identitätsbildung genutzt. Beispiele für Bausteine sind die Imagination einer gemeinsamen Herkunft, Wertorientierungen und normative Imperative. Sie werden Mitgliedern über kollektive Narrative zu unterschiedlichen Themenkomplexen, paradigmatische Erzählungen und Counterstories vermittelt. Kollektive Narrative schließen an überlieferte historische Ereignisse an und werden als Mythen reproduziert, die Mitgliedern Anhaltspunkte zur Stärkung ihres gegenwärtigen Zusammenhalts liefern. Die Bewertung einer kollektiven Erzählung hängt von der transportierten Botschaft ab. Der angenommene Wahrheitsgehalt spielt eine untergeordnete Rolle. (3) Geeignete Institutionen werden von Mitgliedern neo-diasporischer Gemeinschaften in Anpassung an die gesellschaftlichen Organisationsprinzipien der Residenzländer gegründet. Ihre Ausrichtung wird permanent an die vor Ort geltenden Gesetze, aktuelle Trends und Lebensstile angepasst, um wettbewerbsfähige Angebote bereitzustellen und zeitgemäße Initiativen zu verfolgen, die über Eigeninteressen hinausgehen. Bedürfnisgerechte, reale und digitale Orte der Kommunikation dienen der potenziell exklusiven Interaktion von Mitgliedern, verhelfen zu emotionalen Erlebnissen und bieten Außenstehenden Anschluss. Mitglieder verbinden mit dem Identifikationsort oder Territorium diverse Funktionen der Erholung, Ruhe und Identitätsstiftung. Ein Aufenthalt ermöglicht die Flucht aus dem Alltag, Abenteuererlebnisse, Selbstpräsentation und Kommunikation sowie Erfahrungen der Entbehrung und Wertschätzung. Treffpunkte, die zu Anchoring Places der Gemeinschaft werden, sind für die Bewahrung alltagspraktischer Gemeinsamkeiten, die Aufrechterhaltung der kollektiven Identität und die Stärkung der Zusammengehörigkeit notwendig. Paradiesische Imaginationen über den Ort bzw. das Territorium der angenommenen Herkunft ermöglichen Mitgliedern als zentrales und fiktives Element der kollektiven Identität spirituelle Gemeinsamkeit und transzendente Erfahrungen. Digitale Kommunikationsorte fördern die Sichtbarkeit, die Wissensvermittlung, den Meinungsaustausch und das Lernen sowie die Konstruktion von mythischen Sehnsuchtsorten. Sie tragen zu einer empfundenen Aufhebung räumlicher Distanzen bei. (4) Die impliziten Regeln und sozialen Verpflichtungen werden durch kollektive Narrative und regulierende, mobilisierende, benennende sowie kommunizierende emotionale Praktiken erlernt und reflektierend erneuert. Sie bestimmen die Interaktion von Mitgliedern in einem nach innen gerichteten solidarischen Interaktionsfeld, das sich durch interne Differenzierung und Flexibilität auszeichnet. Das synergiebezogene Interaktionsfeld der Gemeinschaft verspricht Vorteile auf individueller Ebene, die mit einer Stärkung der kollektiven Agency der Gruppe einhergehen. Von ausschlaggebender Bedeutung für die Stabilisierung der Community sind externe Interaktionsfelder, in denen sich Mitglieder für die Gemeinschaft, für wohltätige Zwecke und für gemein-
Resümee: „I really knew I wanted to be a part of this community“
nützige Ziele einsetzen. In Anpassung an die gesetzlichen Vorschriften des jeweiligen Nationalstaats werden Strategien verfolgt, die kollektive und individuelle Vorzüge versprechen. Individuen wechseln situativ zwischen den Interaktionsfeldern der NeoDiaspora und anderen spezialisierten Interaktionsfeldern, in die sie eingebunden sind. (5) Anlässe der Vernetzung haben eine zielgruppenspezifische Ausrichtung und dienen der Förderung gemeinsamer Interessen. Durch Community Development Events, die attraktive, identitätsstiftende Gemeinschaftserlebnisse bieten, wird die kommunikative Konnektivität von Mitgliedern nachhaltig gestärkt. Mit zunehmender gesellschaftlicher Inklusion werden Außenstehende gezielt angesprochen, um eine Beständigkeit der Treffen für die Gemeinschaft zu sichern. Entscheidungen für die Organisation öffentlichkeitswirksamer Heritage Festivals hängen in hohem Maße von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Sie tragen zur Kohäsion der für die Organisation verantwortlichen Mitglieder bei. Fachspezifische Boundary Work Events sind für die externe Vernetzung der Mitglieder nützlich. Bei ihnen werden universelle Absichten in den Vordergrund gestellt, um externe UnterstützerInnen anzusprechen, die Zugang zu bestimmten Ressourcen bieten können. Gemeinschaftsstiftende, öffentlichkeitswirksame und fachspezifische Veranstaltungen betten die Neo-Diaspora einerseits in die Residenzgesellschaft ein und erzeugen andererseits eine kulturelle Differenz zu ihr. Das Netzwerk neo-diasporischer Gemeinschaften spannt sich nicht zwingend dauerhaft deterritorial auf, vielmehr kann es sich zunehmend und potenziell ausschließlich auf unterschiedliche, spezialisierte Interaktionsfelder ausdehnen. Neo-diasporische Gemeinschaften haben in Abhängigkeit des Engagements ihrer wechselnden Mitglieder das Potenzial, unter den Rahmenbedingungen des beginnenden 21. Jahrhunderts nicht nur zu bestehen, sondern an Bedeutung zu gewinnen. Mit geeigneten Strategien passen Mitglieder die Organisationsweise an bestimmte Settings an und bestimmen die Dynamik der Neo-Diaspora. Einige neo-diasporische Gemeinschaften werden sich angesichts der anhaltenden, digitalen Globalisierung und komplexer werdenden Geopolitik sowie restriktiverer Grenzregime permanent verändern.
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VIII
Geltungsbereich der Theorie und Versuch eines Blicks in die Zukunft
Die auf der Basis einer umfangreichen empirischen Erhebung generierte „Theorie neo-diasporischer Gemeinschaften zu Beginn des 21. Jahrhunderts“ enthält situationsunabhängige und allgemeine abstrakte Aussagen, die sich in der täglichen Praxis zu bewähren haben. Sie beansprucht Gültigkeit für neo-diasporische Communities, die unter den Rahmenbedingungen der heutigen Weltordnung kontinuierlich modifiziert werden. In zeitlicher Hinsicht gilt die Theorie, solange das Geflecht von souveränen Nationalstaaten, internationalen Organisationen und supranationalen Zusammenschlüssen maßgeblich die Aktivitäten der menschlichen Lebens- und Wirtschaftsweise bestimmen. Hinzu kommen Digitalisierung, Globalisierung und Regionalisierung unter der Vorherrschaft des neoliberalen Kapitalismus. Die jeweilige Regierungs- und Wirtschaftsform eines Nationalstaates schränkt diesen Geltungsanspruch nicht ein. Eine liberale, rechtsstaatliche Grundordnung wie in den untersuchten angelsächsischen Demokratien, ist keine Voraussetzung für eine Neo-Diaspora. Stattdessen müssen Möglichkeiten zur ökonomischen Verwirklichung und/oder Maßnahmen zur sozialen Sicherung als eine Art notwendige Bedingung für einen großen Teil der Mitglieder an einem Standort gewährt werden. Sie schaffen Freiräume für gemeinschaftsstiftende Praktiken und Initiativen, die zur Förderung des Zusammenhalts einer neo-diasporischen Community unverzichtbar sind. Verhindern oder begrenzen politische Neuregelungen und damit verbundene veränderte ökonomische Rahmenbedingungen hingegen unternehmerische Verwirklichungsmöglichkeiten an einem Standort, werden Migrationsentscheidungen von Mitgliedern neodiasporischer Gemeinschaften wahrscheinlicher.1
1 Die Republik Kuba wurde infolge der Revolution im Jahr 1959, als private Unternehmen abgeschafft wurden, von vielen SyrerInnen und LibanesInnen verlassen. Eine Abhängigkeit der Migrationsentscheidungen von ökonomischen Verwirklichungsmöglichkeiten ist im gesamten karibischen Raum mit Blick auf syrische und libanesische Gemeinschaften besonders deutlich zu erkennen (Escher und Karner 2016: 21).
Geltungsbereich der Theorie und Versuch eines Blicks in die Zukunft
Die Unabhängigkeit der Existenz einer Neo-Diaspora von der Regierungsform zeigt sich auch in Studien anderer WissenschaftlerInnen über Gemeinschaften in Staaten mit repressiven Regimen, darunter autoritäre Systeme und Militärregierungen bzw. -diktaturen, die sich zum Teil mit demokratisch legitimierten Regierungen abwechselten (z. B. Argentinien, Brasilien, Nigeria) (vgl. III 1). Trotz Einschränkungen der Freiheitsrechte konnte ein Großteil der Mitglieder kollektiv geteilte Identitätselemente sowie alltagspraktische Gemeinsamkeiten bewahren und dafür legitime Treffpunkte und Anlässe etablieren. Dies unterstreicht die dynamische Anpassungsfähigkeit neo-diasporischer Gemeinschaften an veränderte Rahmenbedingungen. Auf die Wechselwirkung zwischen den vor Ort geltenden Freiheiten und Einschränkungen, die Handlungs- und Verhaltensweisen mitbestimmen, wird in der Theorie mit dem Begriff „Kontextabhängigkeit“ hingewiesen. Insbesondere die Durchlässigkeit der Grenzen trägt zur Stabilisierung neo-diasporischer Communities bei. Die Ergebnisse dieser Studie können nicht auf alle Gemeinschaften übertragen werden, deren Mitglieder ein gemeinsames Interesse teilen. Die formulierte Theorie beansprucht lediglich Gültigkeit für Communities, die ihre imaginierte Herkunft als zentrales Identitätselement definieren, unabhängig davon, ob andere gemeinsame Interessen im Laufe der Zeit integriert wurden. Die angenommene Herkunft bietet als statischer Fundamentbaustein der kollektiven Identität eine Art Markierung. Sie trägt zur Abgrenzung der Gruppe bei und erzeugt gegenseitiges Vertrauen, Verantwortungsbewusstsein und Empathie gegenüber Mitgliedern. Die neo-diasporische Community ist eine emotionale Wahlgemeinschaft mit geteilten Alltagspraktiken, Interessen und Institutionen, deren Mitglieder eine verhandelbare imaginierte ethnische Identität reproduzieren. Einige neo-diasporische Gemeinschaften werden sich im Zuge der ausweitenden Globalisierungstendenzen, der Innovationen in Kommunikations- und Transporttechnologien sowie der restriktiver werdenden Einwanderungspolitiken vieler Nationalstaaten kontinuierlich an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen. Die Communities stiften ihren Mitgliedern Identität, soziale Sicherheit, Geborgenheit und Anerkennung. Sie bilden damit ein Gegengewicht zur Verunsicherung und Orientierungslosigkeit in Zeiten der Postmoderne. Gleichzeitig wirken sie, wie diese Studie deutlich macht, auf gesamtgesellschaftlicher Ebene positiv. Dazu tragen das von Mitgliedern geschaffene Angebot an unterschiedlichen kulturellen und edukativen Veranstaltungen, zur Verfügung gestellte Gemeinschaftsräume, geteiltes spezifisches Wissen sowie das wohltätige, ehrenamtliche und zivilgesellschaftliche Engagement der Mitglieder bei. Neo-diasporische Gemeinschaften sind aufgrund ihrer Dienste, Initiativen, Vernetzung und der interkulturellen Kompetenz ihrer Mitglieder als unverzichtbare Partner für Kommunen und Städte der Postmigrationsgesellschaft anzusehen. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Integration von FluchtmigrantInnen. Aus diesem Grund ist es wichtig, neo-diasporische Gemeinschaften in der Politik, den Medien und der Wissenschaft angemessen zu beachten und konstruktiv in den
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Geltungsbereich der Theorie und Versuch eines Blicks in die Zukunft
gesellschaftlichen Diskurs einzubeziehen. In Nationalstaaten mit einer pluralistischen Gesellschaft sollten die politischen EntscheidungsträgerInnen die Heterogenität ihrer BürgerInnen und Gemeinschaften anerkennen. Diese Diversität ist als wirtschaftliche, soziale und kulturelle Ressource zu begreifen und bietet auf unterschiedlichsten Ebenen Chancen zur Vernetzung. Nicht zielführend ist hingegen, eine Assimilation von Zugewanderten anzustreben und jegliche Formen der Gemeinschaftsbildung aus Sorge um ethnische Abschottung abzulehnen, eine Vorstellung, die den Ergebnissen dieser Studie diametral widerspricht. Damit verbundene politische Maßnahmen fördern Xenophobie und Islamophobie in der Bevölkerung und schüren Ängste vor Überfremdung und dem Verlust einer vermeintlichen eigenen Kultur. Eine gesellschaftliche Inklusion von Mitgliedern neo-diasporischer Gemeinschaften, also deren dynamische und prozessuale Eingliederung in ökonomische, kulturelle, politische und soziale Bereiche auf der lokalen, regionalen, nationalen und globalen Ebene, kann besonders erfolgreich gelingen, wenn ihre Communities stärker eingebunden werden. Politische EntscheidungsträgerInnen und VertreterInnen von staatlichen Institutionen sollten den Austausch mit Mitgliedern neo-diasporischer Gemeinschaften aktiv suchen, um deren soziale, kulturelle, ökonomische, psychologische und rechtliche Bedürfnisse und Probleme zu verstehen. Kooperationen zwischen VertreterInnen von MigrantInnen-initiierten Organisationen und MitarbeiterInnen lokaler, regionaler, nationaler und globaler Einrichtungen, Verbände und Behörden eröffnen Wege, möglichst geeignete Beratungsangebote, Unterstützungsmaßnahmen und Förderprogramme zu entwickeln. Anzustreben ist eine Kommunikation auf Augenhöhe, die das Empowerment aller Mitglieder neo-diasporischer Gemeinschaften zum Ziel hat. Eine adäquate Behandlung fördert Gefühle der Akzeptanz und Zugehörigkeit zu den jeweiligen Residenzgesellschaften. Auf diese Weise werden das gesellschaftliche Verantwortungsbewusstsein der Mitglieder und der soziale Zusammenhalt innerhalb der Gemeinschaft gestärkt. Im Rahmen weiterer Forschungsprojekte ist empfehlenswert, die Permeabilität, Dynamik, spezifische Ausprägung, innere Differenzierung, kollektive Agency und gesellschaftliche Relevanz unterschiedlicher Fallbeispiele empirisch näher zu untersuchen. Inwieweit Ausdifferenzierungen und Modifikationen der formulierten Theorie bei Anwendung der Analysefolie auf weitere Fallbeispiele mit liberalen oder repressiven Staatsformen notwendig sind und welchen Einfluss wirtschaftliche Deregulierungen, sozialpolitische Aktivitäten, Integrationsmaßnahmen und antirassistische Initiativen auf die spezifische Ausprägung einer neo-diasporischen Community haben, können ausschließlich zukünftige Untersuchungen zuverlässig aufzeigen. Aus diesem Grund sollten diverse gesellschaftspolitische Zusammenhänge und lokale Kontexte sowie der Einfluss von globalen Krisen (z. B. Klimawandel, Wirtschafts- und Finanzkrisen, Pandemien) berücksichtigt werden, um die in dieser Arbeit dargelegte Theorie neo-diasporischer Gemeinschaften zu präzisieren und zu modifizieren. Darüber hinaus können neo-diasporische Gemeinschaften auch im Licht der theoretischen An-
Geltungsbereich der Theorie und Versuch eines Blicks in die Zukunft
sätze von Kapital, Macht und Gender diskutiert werden. Sie haben einen Einfluss auf die soziale Hierarchisierung innerhalb von Communities und können zum Verständnis gruppeninterner und -externer Dynamiken beitragen. Der begrenzte Geltungsbereich der generierten Theorie kann möglicherweise erweitert werden, wenn die Analysefolie (vgl. Abb. 6) zur Untersuchung anderer Gemeinschaften herangezogen wird. Die entwickelte Folie eignet sich für Studien zu unterschiedlichen Arten von Communities, da die eingeflossenen theoretischen Konzepte der Ethnologie, Ökonomie und Soziologie in den Kontext von Community Dynamiken einzuordnen sind. Bei Anwendung der Analysefolie wird sich zeigen, welche Typen von Akteuren und strukturierenden Elemente bei anderen Gemeinschaftstypen in den Vordergrund treten und welche geteilten Imaginationen und Strategien zur Gemeinschaftsbildung Relevanz haben.
387
F
Karten
(Tyr)
Nabatieh
Baabda Zahleh
50 km
SYRIEN
Baalbek
LIBANON
BATRO UN
KO URA
Hadath El Jebbeh
Aitou
NORD-
Morh Kfarsghab
ZG HART A
Zgharta
5 km
i
Kfarsghab
Ehden
Diman
ha
BCH AR R E
Q adis
Bcharre
LIBANON
Sawaqi
MI NI EH -D I NNI EH
Blouza Hadchit
Miziara
Grenze einer Caza
Wichtige Straße
Gelegentliche Ausflüge in den Bergort
Saisonale Wanderung und Mobilität von Bewohner*innen zwischen dem Bergort und der auf der Küstenebene gelegenen Siedlung
M O H A FA Z A
Wa
Sour
(Sidon)
Saïda
(Byblos)
Jbeil
Jounieh
Beirut
m e e r
M i t t e l -
Tripoli
TRIPOLI
390 Karten
d
Illinois Missouri Pennsylvania Rhode Island
(MO, USA)
St. Louis
(Venezuela)
(RI, USA)
Providence
Caracas
(PA, USA)
Easton
Accra
(Ghana)
(Südafrika)
Klergsdorp
Lagos
(Nigeria)
Dubai (VAE)
Blouza Bcharre
Aitou
Hadath El Jebbeh
Karte 1 Ausgewählte neo-diasporische Gemeinschaften und ihre weltweiten Orte
Diman
Miziara
* Die Farben der Hexagone verweisen auf die Orte im Libanon, mit denen sich die Mehrheit der Familien identifizieren. Nicht dargestellt sind weitere Städte weltweit, in denen einzelne Mitglieder und Familien leben, die Bezug zu den Identifikationsorten im Libanon haben sowie Städte, die wieder verlassen wurden.
mit maronitischer/n Kirche(n) und Verein(en) mit maronitischer/n Kirche(n), ohne Verein
Hadchit
Ehden / Zgharta
Weltweite Orte der ausgewählten neo-diasporischen Gemeinschaften (Auswahl)*:
(Ghana)
Kumasi
(Libanon)
Wadi Qadisha
Kfarsghab / Morh Kfarsghab
Identifikationsorte im Libanon, auf die sich neodiasporische Gemeinschaften beziehen (Auswahl):
IL MO PA RI
Peoria
(IL, USA)
Halifax
(Kanada)
Entwurf: M. Karner, Kartographie: T. Bartsch Geographisches Institut, JGU Mainz, 11/2019
Zu untersuchende kommunikative Beziehungen der Blouzaniyye auf globaler Ebene (Auswahl)
Fallbeispiel Blouzaniyye
Fett = Orte, in denen empirische Daten erhoben wurden
Sydney
(Australien)
Karten
391
0,13* Campbelltown
0,50
S.
CanterburyBankstown
Blaue Flächenfärbung: siehe Karte unten
Liverpool
Fairfield
0,29
Cumberland
3,85
1,56
0,07*
0,07*
9,1 Durch5,3 schni Greater Sydney, in Prozent
9,0
0,7
Einwohner
50.000 25.000
100.000
200.000
300.000
51,0
24,9
Maroniten Andere christliche Religionen Islam Andere nicht christliche Religionen Keine Religion Keine Angabe * Die Frage im Zensus lautete: “What is the person’s religion?”.
Religionszugehörigkeit*
Entwurf: M. Karner, Kartographie: T. Bartsch, Geographisches Instut, JGU Mainz, 11/2019
10 km
0,03 * Wav.
Wool.
Randwick
0,07* Sydney
0,21* Bayside
Inner West
0,47
0,02*
0,03 *
Northern Beaches
Wiloughby 0,29* 0,06* 0,07* 0,03* L.C. H.H. M. North 0,61 Sydney
0,29
2,14 B.
0,07* Ku-ring-gai 0,50
Canada Bay
Ryde
Georges River
2,82
St.
2,32
Hornsby
Parramatta
The Hills
0,55
Karte 2a Anteile der christlichen und muslimischen Bevölkerung sowie die Verteilung der Haushalte von Blouzaniyye in Greater Sydney
C.
* Prozentwert der Maroniten nicht darstellbar
P.
Blacktown
0,34
0,78
392 Karten
Ku-ring-gai
Northern Beaches
Quellen: Australian Blouza Associaon (ABA) (2011a): The Blouza Directory [unveröffentlicht]. Sydney. .idcommunity (2016c-g): [LGA]. Community Profile. Religion. Internet: hps://profile.id.com.au/ (22.01.2019).
Campbelltown
S.
Georges River
10 km
Parramatta Ryde Wiloughby Our Lady of Lebanon Co-Cathedral Australian Kfarsghab Lane Association Clubhouse Maronite College Cove of the Holy Family North St Raymond of Hadchit Hunters Sydney Mosman Community Hall Hill Cumberland Blouza Canada Hall Bay Beit Maroun Zgharta House Fairfield (Bischofssitz) St Raymond’s St Joseph’s Church St Maroun’s BurWoolChurch Cathedral lahra Strath- wood Inner West field Bcharre St Maroun’s College Waverly Hadath el Jebbeh Sydney Center Charity House Maronite Sisters St Charbel’s Maronite Sisters of the Holy Family Village Church St Charbel’s of the Holy Family CanterburyCollege (Child Care) Liverpool Bayside Bankstown Randwick
The Hills
St George’s Church Hornsby
0
9
50
150
Durchschni (Ø) Greater Sydney: 18
1
Ø 18
100
Haushalte von Blouzaniyye 2016
Entwurf: M. Karner, Kartographie: T. Bartsch, Geographisches Instut, JGU Mainz, 11/2019
Grenze eines Local Government Area (LGA)
Libanesisches Konsulat
Friedhof (Rookwood Cemetery)
Vereinsgebäude der untersuchten maronischen neo-diasporischen Gemeinschaen
Maronisches Seniorenheim
Maronische Bildungseinrichtung
Maronische Kirche
Karte 2b Die Infrastruktur maronitischer Gemeinschaften und die Verteilung der Haushalte von Blouzaniyye in Greater Sydney
C.
St Rafqa’s Church
P.
Penrith Sutherland Strathfield Waverly Woollahra
Blacktown
P. Burwood S. Camden St. Hunters Hill Wav. Lane Cove Wool. Mosman
St John the Beloved Church
B. C. H.H. L.C. M.
Karten
393
5,0
15,0
Haushalte von Blouzaniyye (1 Kästchen = 1 Haushalt)
Blue Mountains
* Der Begriff Lebanese Ancestry bezieht sich auf die imaginierte ethnische Identät eines Individuums und wird im australischen Zensus mit folgender Frage erhoben: „What is the person’s ancestry?“ (maximal zwei Antworten möglich).
Grenze eines Local Government Area (LGA)
Libanesisches Konsulat
Zentraler Treffpunkt der Blouzaniyye
1,5 >0 Durchschni (Ø) Greater Sydney: 3,3 %
Ø 3,3
10,0
Personen mit einer Lebanese Ancestry* 2016, in Prozent
Penrith
The Hills
Cumberland
C.B.
Northern Beaches
Wil. L.C. N.S. M. H.H.
Ku-ring -gai
Hornsby
Blacktown Parramatta Ryde
Hawkesbury
25 km
siehe untenn
394 Karten
Strathfield
Campbelltown
Burwood
Sydney
10 km
Woollahra Waverly
B. C.B. H.H. L.C. M. N.S. St. Wav. Wil. Wool.
Vergrößerung
Burwood Canada Bay Hunters Hill Lane Cove Mosman North Sydney Strathfield Waverly Wiloughby Woollahra
Entwurf: M. Karner, Kartographie: T. Bartsch, Geographisches Instut, JGU Mainz, 11/2019
Quellen: Australian Blouza Associaon (ABA) (2011a): The Blouza Directory [unveröffentlicht]. Sydney. .idcommunity (2016h): [LGA]. Community Profile. Ancestry. Internet: h
ps://profile.id.com.au/ (22.01.2019).
Sutherland
Wool. St. B. Inner Sydney Wav. West CanterburyRandBankstown Bayside wick Georges River
Karte 3 Verteilung der Haushalte von Blouzaniyye im Vergleich zu Personen mit einer Lebanese Ancestry in Greater Sydney
Inner West
Canada Bay
Wiloughby Lane Ryde Cove North Sydney Mosman Hunters Hill
Canterbury-Bankstown
Blouza Hall
Cumberland
Parramatta
Wollondilly
Camden
Liverpool
Fairfield
Karten
395
Guildford WestWoodparkSmithfield
Greystanes
Merrylands West
WestmeadMays Hill
4
Granville
9
Granville (part)-Clyde
1
Guildford (East)
5
2
South GranvilleChester Hill Auburn (South) Lidcombe (North)
Silverwater
Camellia
Eastwood
Epping
CBD Central Business District k. A. keine Angabe k. St. z. keinem Stadtteil zugehörig
Beecroft
Wentworth Point
k. St. z.
ErmingtonMelrose Park
Dundas Valley
Sydney Olympic Park
Newington
Rydalmere
5 km
Carlingford
Telopea Dundas
Oatlands
Rosehill
k. A.
North Parramatta
C u m b e r l a n d Auburn (North)
Merrylands (East)
7
Harris Park
Parramatta
Westmead
Merrylands (Central)
South Wentworthville
6
Wentworthville
North Rocks
Parramatta
Winston Hills
Constitution Hill Northmead WentworthvillePendle Hill
Toongabbie Old Toongabbie
1 Our Lady of Lebanon Co-Cathedral Guildford (West)2 St Raymond’s Church Yennora 3 St Charbel’s Church 4 Blouza Hall 5 Zgharta House 6 Australian Kfarsghab Association Clubhouse 7 St Raymond of Hadchit Community Hall 8 Hadath el Jebbeh Charity House 9 Maronite College of the Holy Family
Pemulwuy
Pendle Hill
GirraweenToongabbie
71,6 % aller Haushalte von Blouzaniyye befinden sich in diesen drei LGAs.
Haushalte von Blouzaniyye (1 Kästchen = 1 Haushalt)
396 Karten
Villawood
Lakemba Belmore
11
Belfield CampsieClemton Park
PadstowPadstow Heights
Roselands Narwee-Beverley Hills
Grenze eines Stad eils (engl. Suburb)
Vereinsgebäude der untersuchten maronischen neo-diasporischen Gemeinschaen
Maronische Bildungseinrichtung
Maronische Kirche
Riverwood
Earlwood
Entwurf: M. Karner, Kartographie: T. Bartsch, Geographisches Instut, JGU Mainz, 11/2019
Quellen: Australian Blouza Associaon (ABA) (2011a): The Blouza Directory [unveröffentlicht]. Sydney. .idcommunity (2016h): [LGA]. Community Profile. Ancestry. Internet: h
ps://profile.id.com.au/ (22.01.2019).
Kingsgrove
Canterbury Hurlstone Park
Croydon Park (part) Ashbury
Karte 4 Verteilung der Haushalte von Blouzaniyye im Vergleich zu Personen mit einer Lebanese Ancestry in den Stadtteilen der Local Government Areas (LGAs) Parramatta, Cumberland und Canterbury-Bankstown
Picnic Point
Wiley Park
10
Ø 11,3
30,0
2,5 >0 Durchschni (Ø): Diese 3 LGAs: 11,3 % Parrama a: 3,6 % Cumberland: 13,3 % Canterbury-Bankstown: 15,1 % Greater Sydney: 3,3 %
5,0
20,0
Personen mit einer Lebanese Ancestry* 2016, in Prozent
Canterbury-Bankstown
RevesbyRevesby Heights
3
8
Lidcombe (South)Rookwood Rookwood Cemetery
GreenacreMount LewisChullora
Berala
Punchbowl
Bankstown CBD
Balance
Bankstown
Regents Park
BirrongRegents ParkPotts Hill
Yagoona
Sefton
Chester Hill
Condell ParkBankstown Aerodrome
Georges Hall
Bass Hill-Lansdowne
Panania-East Hills
Milperra
* Der Begriff Lebanese Ancestry bezieht sich auf die imaginierte ethnische Identität eines Individuums und wird im australischen Zensus mit folgender Frage erhoben: „What is the person’s ancestry?“ (maximal zwei Antworten möglich).
10 St Charbel’s College 11 Maronite Sisters of the Holy Family (Child Care)
Karten
397
C.
P.
Liverpool
Fairfield
Blacktown
Campbelltown
C. Camden P. Penrith S. Sutherland
S.
Canterbury-
Cumberland Blouza Hall
Parramatta
The Hills
Ryde
Georges River
Bankstown
Strathfield Burwood
Canada
Hornsby
North Sydney
Sydney
Bayside
Inner West
Bay
Hunters Hill
Wiloughby Lane Cove
Ku-ring-gai
10 km
Randwick
Waverly
Woollahra
Mosman
Northern Beaches
398 Karten
Anteil des Baugewerbes* an den Wirtschassektoren 2016, in Prozent 16 10 Ø 8,2 6 4 2 Durchschni
(Ø) Greater Sydney: 8,2% Entwurf: M. Karner, Kartographie: T. Bartsch, Geographisches Instut, JGU Mainz, 11/2019
Quellen: Australian Blouza Associaon (ABA) (2011a): The Blouza Directory [unveröffentlicht]. Sydney. .idcommunity (2016i): [LGA]. Community Profile. Industry Sector. Internet: h
ps://profile.id.com.au/ (22.01.2019).
Grenze eines Local Government Area (LGA)
Libanesisches Konsulat
Friedhof (Rookwood Cemetery)
Maronische Kirche
Karte 5 Im Blouza Directory beworbene Unternehmen verglichen mit dem Anteil des Baugewerbes an den Wirtschaftssektoren in Greater Sydney
* Die Fragen im Zensus lauteten: “What best describes the business of your employer?” und “What are the main goods produced or main services provided by your employers business?”.
Bauunternehmen Finanz- und Versicherungsdienstleistungen Professionelle, wissenschaliche und technische Dienstleistungen Vermietung, Verleih und Immobiliendienstleistungen Handwerk (Baugewerbe) Gastronomie und Catering Handwerk (Druckerei) Handwerk (Frisör) Gesundheitswesen Handwerk (Juwelier) Besta
ungsunternehmen Krafahrzeug-Gewerbe Polik
Im Blouza Directory beworbene Unternehmen nach Branche:
Karten
399
Guildford WestWoodparkSmithfield
4
Granville
7
1 9
Granville (part)-Clyde
Harris Park
Parramatta
Guildford (East)
5
2
South GranvilleChester Hill Auburn (South) Lidcombe (North)
Silverwater
Camellia
k. A.
AUD CBD k. A. k. St. z.
Beecroft
Wentworth Point
k. St. z.
ErmingtonMelrose Park
Dundas Valley
Sydney Olympic Park
Newington
Rydalmere
5 km
Carlingford
Telopea Dundas
Oatlands
Rosehill
k. A.
North Parramatta
C u m b e r l a n d Auburn (North)
Merrylands (East)
WestmeadMays Hill
1 Our Lady of Lebanon Co-Cathedral Guildford (West)2 St Raymond’s Church Yennora 3 St Charbel’s Church 4 Blouza Hall 5 Zgharta House 6 Australian Kfarsghab Association Clubhouse 7 St Raymond of Hadchit Community Hall 8 Hadath el Jebbeh Charity House 9 Maronite College of the Holy Family
South Wentworthville
Westmead
Merrylands (Central)
Greystanes
6
Wentworthville
North Rocks
Parramatta
Winston Hills
Constitution Hill Northmead WentworthvillePendle Hill
Toongabbie Old Toongabbie
Merrylands West
Pemulwuy
Pendle Hill
GirraweenToongabbie
71,6 % aller Haushalte von Blouzaniyye befinden sich in diesen drei LGAs.
Haushalte von Blouzaniyye (1 Kästchen = 1 Haushalt)
Australischer Dollar Central Business District keine Angabe keinem Stadtteil zugehörig
Eastwood
Epping
400 Karten
Villawood
Lakemba Belmore
11
Belfield
PadstowPadstow Heights
RevesbyRevesby Heights Roselands Narwee-Beverley Hills
Grenze eines Stadeils (engl. Suburb)
Vereinsgebäude der untersuchten maronischen neo-diasporischen Gemeinschaen
Maronische Bildungseinrichtung
Maronische Kirche
Riverwood
Earlwood
Entwurf: M. Karner, Kartographie: T. Bartsch, Geographisches Instut, JGU Mainz, 11/2019
Quellen: Australian Blouza Associaon (ABA) (2011a): The Blouza Directory [unveröffentlicht]. Sydney. .idcommunity (2016j): [LGA]. Community Profile. Median Household Income. Internet: hps://atlas.id.com.au/ (22.01.2019).
Kingsgrove
Canterbury Hurlstone Park
Croydon Park (part) Ashbury CampsieClemton Park
Canterbury-Bankstown
Wiley Park
10
1.000
1.500
2.000
Diese 3 LGAs: ca. 1.500 AUD Parramaa: 1.755 AUD Cumberland: 1.377 AUD Canterbury-Bankstown: 1.296 AUD Greater Sydney: 1.745 AUD
1.250
1.750
Mileres Haushaltseinkommen* der lokalen Bevölkerung pro Woche 2016, in AUD
Karte 6 Verteilung der Haushalte von Blouzaniyye verglichen mit dem mittleren Haushaltseinkommen der lokalen Bevölkerung in den Stadtteilen der Local Government Areas (LGAs) Parramatta, Cumberland und Canterbury-Bankstown
Picnic Point
3
8
Lidcombe (South)Rookwood Rookwood Cemetery
GreenacreMount LewisChullora
Berala
Punchbowl
Bankstown CBD
Balance
Bankstown
Regents Park
BirrongRegents ParkPotts Hill
Yagoona
Sefton
Chester Hill
Condell ParkBankstown Aerodrome
Georges Hall
Bass Hill-Lansdowne
Panania-East Hills
* Das Mittlere Haushaltseinkommen ist der Wert, der genau in der Mitte liegt, wenn alle Haushaltseinkommen aufsteigend geordnet werden. Es ist im Unterschied zum Durchschnittseinkommen unempfindlicher gegenüber Extremwerten. Die Frage im Zensus lautete: “What is the gross income (including pensions and allowances) that the Milperra person usually receives each week from all sources?”.
10 St Charbel’s College 11 Maronite Sisters of the Holy Family (Child Care)
Karten
401
Karte 7 Inselkarte Australiens versehen mit Nachnamen von angeblich aus Blouza stammenden Familien und kollektiven Identitätselementen der Blouzaniyye. Fundort: E. & O. E. 2011; Scan: Karner 26.01.17
402 Karten
Coverabbildung (unbearbeitet) Die Blouza Hall der Blouzaniyye in Granville (Sydney, Australien) mit dem Werbeslogan der Arab Bank Australia „we understand your finance needs.“ Aufnahme: Karner 04.12.14
403
404
Einwanderung aus unterschiedlichen Ländern nach Australien1
Abb. 65 Einwanderung von im Libanon geborenen Personen nach Australien im Vergleich zu in anderen Ländern geborenen Personen (Auswahl). Entwurf: Karner 2017 nach Daten von ABS 2017
1 Die Abweichungen zwischen den in Abb. 65 angegebenen Werten, die anhand der Zensusbefragung von 2016 rekonstruiert wurden und den in Tabelle 11 dargestellten historischen Zensusdaten mögen damit zusammenhängen, dass manche EinwanderInnen der ersten Phase ihre ethnische Identität verschwiegen haben (Batrouney 2006: 56).
G
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447
H
Anhang
1
Beispiel für Vorstellungen des Projektes durch Mitglieder der Gemeinschaft
Screenshot Facebook-Gruppe Australian Kfarsghab Association (AKA) am 21.12.14 (links) und Screenshot der privaten, für Nichtmitglieder unsichtbaren Facebook-Gruppe RELATIVES am 01.10.16 (rechts)
Anhang
2
Informationen auf OIB-Webseite über Gastwissenschaftlerin Marie Karner (2014)
Webseite Orient-Institut Beirut (OIB), Screenshot: 03.11.14
449
450
Anhang
3
Informationen auf OIB-Webseite über Stipendiatin Marie Karner (2017)
Webseite Orient-Institut Beirut (OIB), Screenshot: 11.01.17
Liste der InterviewpartnerInnen
4
Liste der InterviewpartnerInnen
Tabelle 13 Liste der GesprächspartnerInnen nach Identifikationsort InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Blouza Kennziffer
IP17
IP18
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
Sydney
Hat Blouzaniyye geheiratet und ist in den Libanon gezogen; arbeitete in Sydney in der Firma des Vaters (LKW-Aufrüstung & Verkauf)
10.07.14
Blouza (H)
712_255
10.07.14, 30.08.14
Blouza (H)
712_0256, 712_0376
Sydney
Er ist Bauherr in Australien; war auch im Bereich Security tätig; hat mit seinen Brüdern ein Haus in Blouza gebaut und verbringt jeden Sommer mehrere Wochen dort; organisiert jedes Jahr ein Familienpicknick vor Weihnachten in Sydney
29.11.14
Parramatta/ Sydney (K)
-
07.12.14
Granville/ Sydney, Soccer Club
-
02.09.14
Blouza (H)
712_0382-3
a: Unterstützt IP91b bei der Kommunikation mit Mitgliedern weltweit; arbeitet in einem Immobilienbüro für Bauentwickler, der sich ebenfalls mit Blouza identifiziert
IP91* a, b
IP16* a, b
Sydney
Blouza
b: Hat Ingenieurwissenschaften studiert, arbeitete als Ingenieur für TV-Sender ABC; mittlerweile ist er pensioniert und arbeitet für LKW-Aufrüstungsfirma des Vaters von IP17; er war der erste, der nach dem Bürgerkrieg Blouza besuchte und den Besuch mit einer Kamera dokumentierte, übermittelte Videobotschaften an Familie in Sydney; gilt heute als der engagierteste Dokumentator sozialer Ereignisse innerhalb der Gemeinschaft und archiviert alle Daten; hat genealogische Datenbank und führt Statistiken Er ist Arzt und hatte in Deutschland eine Praxis; er lebt in Deutschland und dem Libanon; verheiratet mit einer „gebürtigen“ Deutschen
18.08.16– 01.09.16 30.09.16– 03.10.16**
Blouza (H, A)
22.08.17– 24.08.17**
550667-9, 550674-6, 550679 M4p (iPhone)
30.08.17
Beirut (R)
-
26.10.17– 27.10.17**
Westmead/ Sydney (H)
DM550718 Gruppeninterview
10.07.14**
Blouza (H)
712_254
451
452
Anhang
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Blouza Kennziffer
IP101
IP106
IP107
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Sydney
Sydney
Sydney
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
Chairman der ABA; hat einen Kurierservice eröffnet, den er mit seiner Tochter aufbaut; bearbeitet Anträge für ABA zum Erhalt von Fördermitteln
04.12.14, 05.01.15 (Telefon)
Clyde/ Sydney (B)
712_0405, 712_0475
13.12.14
Sydney (R)
712_0422-3
War erste Frau als Präsidentin der ABA; hat mit ihrem Mann eine Ferienwohnung über dem Haus der Schwiegermutter in Blouza gebaut
04.12.14, 11.12.14
North Parramatta/ Sydney (R, H)
712_0416
Nimmt spontan an Aktivitäten der Blouzaniyye in Sydney teil; seine Frau hat keinen familiären Bezug zum Libanon; bei Familienfeiern gibt es keine libanesischen Speisen Organisiert Seniors’ Lunch für die Blouzaniyye und eine Weihnachtsfeier für die Großfamilie; seine Familie finanziert Seniors’ Lunch
26.10.17– 27.10.17
DM550718
11.12.14
Bella Vista/ Sydney (H, R)
712_00417-8
15.12.14
Bankstown/ Sydney (H)
-
15.12.14**
Parramatta/ Sydney (R)
712_0425
04.01.15**
Sydney (H)
712_0474
IP109 a, b
Sydney
IP162*
Sydney
Präsident der ABA bis 2016; hat Professionalisierung der ABA und Corporate Identity gefördert
24.08.15
Blouza (H)
712_0596-7
IP169
Sydney
Musikerin, die im Jahr 2016 zum ersten Mal in Blouza war; ihr Vater ist Blouzaniyye
29.09.16
Sydney (R)
DM550663
30.09.16**
Oatlands/ Sydney (H)
DM550665, DM550666
01.10.16
Oatlands/ Sydney (H)
DM550671, DM550672, DM550673
02.10.16
Sydney (H, A)
DM550677
IP170* a, b
Sydney
a: Veranstalten Biggest Morning Tea im Garten, ehemalige Vorsitzende des Ladies Auxiliary Committee b: Bauunternehmer, der im Vorstand der ABA aktiv ist und für Blouza Hall bürgte
IP171*
Sydney
Hat unsichtbare private Facebook-Gruppe RELATIVES gegründet und eine genealogische Datenbank; informiert Mitglieder über Todesfälle
IP172*
Sydney
Präsident der ABA 2016/17; besitzt Tankstellen und einen Childcare-Centre
Liste der InterviewpartnerInnen
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Blouza Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
IP173
Sydney
Vorstandsmitglied der ABA; einer der erfolgreichsten Bauentwickler der Gemeinschaft
03.10.16
Bankstown/ Sydney (H)
DM550678
IP175
Jounieh (Libanon)
Sie ist aktiv in der Ladies Association in Blouza und spendet einmal jährlich Geld für die Bedürftigen und die Reinigung des Friedhofs
30.03.17
Jounieh/ Libanon (H)
DM550697
IP177*
Los Angeles (USA)
Gründer und Autor des Blogs http://mybiglebanesefamily. blogspot.com/ ; Organisator der Blouza Reunions in USA
13.01.18; 15.01.18
Telefon
DM550721, DM550725
15.01.18, 17.01.18,
Telefon
DM550727-8
Vermont (USA)
Organisatorin der Blouza Reunions in USA; sie fährt zu Beerdigungen nach Providence, wo ein Großteil ihrer Familie lebt; hat Familie in Sydney
20.01.18
Providence (K, R)
DM550730, DM550735-7
IP183
Providence
Autohändler der dritten Einwanderergeneration; in Vermont geboren
19.01.18
Providence (R)
DM550734
IP184
Providence
Ältestes Mitglied der Solomon Familie; erinnert sich an gemeinsame Picknicks in Rhode Island
20.01.18
Providence (R)
DM550735, DM550737
Sydney
Mitglied der Blouza Community; ihr Mann ist kein Blouzaniyye, nimmt an Events teil
21.12.14
Granville/ Sydney (C)
712_0441
Sydney
Ist in der ABA aktiv und in der Baubranche tätig
16.12.14
Granville/ Sydney (C)
712_0426-8
Sydney
Hat Immobilienfirma in Sydney und entwickelt Projekte; hat Haus in Blouza renovieren lassen
24.08.15
Blouza (H)
712_0594
Blouza
Sekretär im lokalen Verein Star of Lebanon Blouza und der Waqf; Vertrauensperson für Familien, die in Sydney leben
30.08.16
Libanon (A)
712_0635
IP178
IG
453
454
Anhang
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Kfarsghab Kennziffer
IP5
Wohnort
Sydney
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Eigentümer einer Immobilienfirma, die in Sydney Häuser gekauft und weitervermietet hat; seine Tochter leitet mittlerweile das Unternehmen; sein Sohn gilt als Rugby-Legende in Sydney
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
29.06.14, 03.07.14, 04.07.14, 07.07.14, 08.07.14, 23.07.14
Kfarsghab (H), Bcharre/ Libanon (R)
712_213, 712_0221-6, 712_0242-5, 712_0247, 712_0283
01.12.14, 03.12.14
Harris Park/ Sydney (R)
702_403-4
IP10
Kfarsghab
Bewohner und Landwirt, der betont, sich mit der Geschichte des Ortes auszukennen
08.07.14
Kfarsghab (H)
712_0246
IP11 a, b
Sydney
Immobilienmakler, verlor sein Augenlicht und hat zwei blinde Kinder
08.07.14**
Kfarsghab (H)
712_0248
IP23
Sydney
Bekannter Rugby-Spieler in Australien
13.07.14
Kfarsghab (H)
712_0262,
IP24
Kfarsghab
Priester; er hat in Bibelstudien promoviert, lehrt an einer Universität und ist Lehrer an einer Schule; seine Tochter lebt in Australien
13.07.14, 15.07.14
Kfarsghab (H, A)
712_0263, 712_0270-2, 712_0266, 712_0268
IP26
Kfarsghab
Bruder des Sheikhs
15.07.14
Kfarsghab (H)
712_0267
IP27
Sydney
Obstgroßhändler in Australien; seine Tochter besitzt viele Dokumente über Kfarsghab
15.07.14
Kfarsghab (H)
712_0269
Kfarsghab
Sheikh (wird als Vertreter des Ortes angesehen); Administrator der Facebook-Gruppe Kfarsghab Lebanon
19.07.14
Kfarsghab (H)
712_0278
Sydney
Investmentbanker; Mitglied der OLOL Youth Group; ist gemeinsam mit seinen australischen Freunden mit einer Lebanese Ancestry zu Besuch in Kfarsghab
19.07.14
Kfarsghab (K)
712_0279
Sydney
b: Rentner; kommt einmal im Jahr nach Kfarsghab; zur Unterstützung reist immer ein anderes Enkelkind mit
22.07.14**
Kfarsghab (H)
712_0284
IP31
IP32
IP35 a, b
Liste der InterviewpartnerInnen
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Kfarsghab Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
IP44
Easton
Mitarbeiter einer Marketingfirma; war aktiv im Kfarsghab Club in Easton; ist interessiert daran, ein Mädchen, das in Kfarsghab aufgewachsen ist, zu heiraten
27.07.14, 01.08.14, 26.08.14
Kfarsghab (K)
712_0294, 712_0311, 712_0365
IP48
Kfarsghab
Interner Bilanzprüfer einer Firma; organisiert Lunch für Frozzies; lebte früher in Sydney; arbeitet heute in Beirut
29.07.14
Oyoun Orgosh/ Libanon (R)
712_029
IP52
Sydney
Inhaber einer Nudelfabrik in Asien; Kinder leiten das von ihm aufgebaute Warenhaus in Sydney
31.07.14
Kfarsghab (H)
712_0307
Paris
Universitätsstudentin; sie versucht, jeden Sommer für das Mar Awtel Fest zurück nach Kfarsghab zu kommen
07.08.14, 26.08.14
Kfarsghab (H)
712_0321, 712_0366
Ehemaliger Motel-Besitzer in Australien, hat ein großes Haus in Kfarsghab gebaut
11.08.14
Kfarsghab (H)
712_0331-2
IP59
IP63
Sydney
IP73
Kfarsghab
Rückkehrer aus Australien; er erzählt viele Geschichten über Mitglieder der Gemeinschaft
16.08.14
Kfarsghab (H)
712_034950
IP83
Kfarsghab
Bürgermeister von Kfarsghab
27.08.14
Kfarsghab (H)
712_0367-8
IP85 a, b
Sydney
b: Eigentümer eines Geschäfts für Partydekoration und -zubehör
28.08.14**
Kfarsghab (H)
712_0371
28.08.14
Kfarsghab (H)
712_0372
Easton
Bauunternehmer; führte früher ein Restaurant; seine Kinder leben weltweit verstreut; sein Bruder lebt in Australien
29.07.15
Easton (H)
712_056567
IP86
IP88
Sydney
Apothekerin; ihre Eltern haben Wohnung zwischen Ehden und Kfarsghab gekauft
30.08.14
Ehden (R)
712_0375
IP102
Sydney
Software-Entwickler; KAFTA-Administrator, um einen Stammbaum des Ortes nachzeichnen zu können sammelt er Daten
06.12.14, 08.12.14
Parramatta/ Sydney (L)
712_040610
IP105
Sydney
Ehemaliger AKA-Präsident, der Konflikte zwischen den Vorgängerorganisationen erinnert
10.12.14
Rydalmere/ Sydney (H)
712_0415
455
456
Anhang
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Kfarsghab Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
IP116
Sydney
Veranstalter des Australian Kfarsghab Association Golfturniers
23.12.14
Oatlands/ Sydney (H)
712_0443
23.12.14
Rydalmere/ Sydney (H)
712_0444-5
Sydney
AKA-Präsident; seine Kinder engagieren sich für das Younger Set und organisieren Events, um Jugendliche Kfarsghabis zusammenzubringen
24.12.14
Sydney (A)
712_0448
31.12.14
Rydalmere/ Sydney (H)
712_0472
15.12.14
Parramatta/ Sydney (K)
712_0424
26.12.14
Parramatta/ Sydney (A)
712_0452-6
28.12.14
Parramatta/ Sydney (A)
30.12.14
Parramatta/ Sydney (R)
712_0469
21.08.15
Kfarsghab (R, H)
712_0590-1
IP117*
IP122*
IP120*
Sydney
Monsignore der OLOL Ko-Kathedrale, wird als Kfarsghabi angesehen
Sydney
IT-Mitarbeiterin einer Firma; Administratorin der FacebookGruppe Kfarsghabi in Australia; organisierte Ausstellung der AKA; hat für jeden Zweig ihrer Familie eine eigene Facebook-Gruppe gegründet, um Familienmitglieder mit Materialien zu versorgen; verfügt über eine umfangreiche genealogische Datenbank
712_0462
IP123
Dubai
Journalistin für ein Reisemagazin in Dubai
07.01.15
Dubai Media City (R)
712_0477
IP126
Dubai
Stewardess bei Emirates; ist in Sydney aufgewachsen, wo ihre Familie noch heute lebt
10.01.15, 11.01.15
Dubai (L)
712_0480, 712_0484
IP139
Easton
Schauspielerin; Model; Sängerin; Organisatorin der Kinderbibelwoche
23.07.15
Easton (K)
712_0526-7
23.07.15; 24.07.15**
Easton (H)
712_0528, 712_0533, 712_0538
24.07.15
Easton (H)
712_0537
IP140 a, b
Easton
a: In Easton geboren; Lehrerin; zwei Kinder; ihre Familie ist sehr aktiv in der Kirchengemeinde b: Mann ist zu ¼ Kfarsghabi
IP141
Easton
Immobilienmaklerin; hat Kfarsghabi aus Easton geheiratet und emigrierte in die USA
Liste der InterviewpartnerInnen
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Kfarsghab Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
Easton
b: Eigentümer eines chemischen Reinigungsunternehmens; hat sieben Söhne, von denen einer mit einer Amerikanerin verheiratet ist
24.07.15**
Easton (H)
712_539
Easton
b: Leiter eines Stahlunternehmens; Familienvater; hat Frau, deren Familie sich mit Hadchit identifiziert, geheiratet; hat vier Kinder und neun Enkelkinder, die alle in Easton leben und täglich im Haus der Großeltern sind
25.07.15; 28.07.15**
Easton (H)
712_0543; 712_0560-1
Easton
Besitzer einer Textilreinigungsfirma; hat eine Frau, die im Libanon aufgewachsen ist, geheiratet; sie hat ein libanesisches Restaurant eröffnet; sein Sohn möchte eine Frau, die in Kfarsghab aufgewachsen ist, heiraten
26.07.15
Easton (K)
712_0547
IP145
Easton
Alumni des Liquor Control Board; kennt sich gut mit der Geschichte der Gemeinschaft aus; hat Frau, deren Familie sich mit Hadchit identifiziert, geheiratet
26.07.15
Easton (H)
712_0549
IP147
Easton
Diakon der OLOL Kirche in Easton; gehört einer der großen und mächtigen Familien an
27.07.15
Easton (R)
712_0552-4
IP148
Easton
Immobilieninvestor; trifft morgens andere Männer in einem Café; verbringt oft Zeit im Casino
28.07.15
Easton (R)
712_0555-6
IP149
Easton
Rechtsanwältin, deren Vater und Schwester sich sehr für die Community einsetzen
28.07.15**
Easton (R)
712_0555-6
IP150
Easton
Eigentümerin eines Feinkostladens; ihr Mann war ein erfolgreicher Richter
28.07.15
Easton (R)
712_0555-6
IP151*
Easton
Kommissionsmitglied der Professional Sports League der USA; Gründungsmitglied des Kfarsghab Club
28.07.15
Easton (R)
712_0558
IP152
Easton
Eigentümerin eines Feinkostladens mit Catering und Imbiss
28.07.15
Easton (R)
712_0559
IP142 a, b
IP143 a, b
IP144
457
458
Anhang
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Kfarsghab Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
Easton
Besitzerin eines Süßwarenladens; Familienstreit und Reaktion der Community haben sie zum Austritt bewogen
29.07.15
Easton (R)
712_0562
Schulleiterin, die angibt einen besonderen Bezug zu libanesischen Kindern zu haben
29.07.15
Easton (B)
712_0564
Easton
Professioneller Pokerspieler, der in Nigeria lebt; er besucht seinen Geburtsort Easton
30.07.15
Easton (R)
712_0568-9
IP157
Easton
Universitätsstudent, der in Easton geboren, im Libanon aufgewachsen und für das Studium zurück nach Easton gekommen ist
31.07.15
Easton (K)
712_0573-4
IP158
Easton
Besitzerin eines libanesischen Restaurants; in Kfarsghab aufgewachsen; Ehemann ist Kfarsghabi aus Easton
01.08.15
Easton (R)
712_0575
IP160
Philadelphia
Universitätsstudent, der weggezogen ist und nur noch zu besonderen Anlässen nach Easton kommt; sieht die Gemeinschaft kritisch
02.08.15
Easton (K)
712_0585
IP180
Providence
Vorsitzende der Order of St. Charbel der St. George Kirche; hat Familie in Easton und besucht diese bei Feiern und Beerdigungen
16.01.18, 20.01.18
Providence (R)
DM550729 Gruppeninterview, DM550735
26.07.15, 27.07.15, 26.11.18
Easton (H)
712_0548; 712_0550
Easton
Arabischlehrerin, die in wissenschaftliche Projekte über die eigene Community eingebunden ist; gibt Sprachkurse an der Lafayette Universität; Priester bestimmt sie als zuständige Person für mein Projekt
22.08.17
Kfarsghab (H)
-
22.12.16
Facetime
DM550695
IP153
IP154
IP155
IP185*
Easton
Liste der InterviewpartnerInnen
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Kfarsghab Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
Sydney
AKA-Komiteesitzung mit Gruppendiskussion über Geschichte und Erfahrungen der Kfarsghabis; Austausch kollektiver Erzählungen
08.12.14
Sydney (K)
712_040910 Gruppendiskussion
Sydney
War Präsident des Younger Set; ist als Banker gefragt, da Mitglieder der Kfarsghab Community als wohlhabend gelten
24.12.14
Sydney
Treasurer des Younger Set
24.12.14
Sydney
Nimmt regelmäßig an Pferderennen teil
28.12.14
Sydney, AKA Harbour Cruise
712_0463
Reist mit Familie zum ersten Mal nach Kfarsghab
11.08.14
Kfarsghab (H)
712_0330
Hat Cateringunternehmen; in Easton geboren, hat in Australien gelebt und kam zurück
23.07.14, 24.07.14
Easton (H)
712_0570
Erzählt über das Leben im Ausland
26.08.15
Kfarsghab (K)
712_0600
IG
Sydney
Easton
Sydney
Sydney, Younger Set Harbour Cruise
712_0450
712_0451
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Diman Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
IP50*
Sydney
War erster libanesischer Richter in Sydney; ist in maronitischer Kirche aktiv
30.07.14
Diman (H)
712_0303-4
IP9*
Halifax
Erste Justizministerin and Einwanderungsministerin mit einer Lebanese Ancestry in Nova Scotia (Kanada)
06.07.14
Hadath El Jebbeh (R)
712_0240
IP49* a, b
Honory Consul; Bauentwickler; hat Haus in Diman, wo seine Mutter lebt
30.07.14**
Diman (H)
712_0302
Halifax
15.07.15
Halifax (B)
712_0512
Halifax
Verheiratet mit Frau, die sich mit Diman identifiziert; interessiert sich sehr für Geschichte der Community, sammelt Zeitungsausschnitte, Todesanzeigen, hat Datenbank der Mitglieder
Halifax (R)
712_0439; 712_0508509; 712_052123
IP130*
08.07.15; 13.07.15; 19.07.15
459
460
Anhang
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Diman Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
IP131*
Halifax
Präsident der Canadian Lebanon Society (CLS) of Halifax; identifiziert sich mit Brizzat nahe Diman
11.07.15
Halifax, CLS
712_0503
IP135*
Halifax
Gründungsmitglied der Diman Association Canada
15.07.15
Halifax (C)
712_0513-5
IP137*
Halifax
Präsident der Diman Association Canada
16.07.15
Halifax (R)
712_0517
IP164
Sydney
Herausgeber der arabisch- und englischsprachigen Zeitung Annahar in Sydney
23.09.16
Campsie/ Sydney (B)
DM550656
IP166
Sydney
Facebook-Seite der Diman Community; hat Firma, die Überwachungssysteme bereitstellt
26.09.16
Parramatta/ Sydney (R)
DM550658
IP167
Sydney
Bauentwickler in Sydney, der mit Personen, die sich ebenfalls mit Diman identifizieren, zu Sportveranstaltungen geht
27.09.16
Hurstville/ Sydney (B)
DM550659; DM550660
IG
Halifax
Aushilfspfarrer, der die Community in Halifax im Vergleich zu anderen Gemeinden beschreibt
09.07.15; 10.07.15
Halifax (A)
712_0496
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
11.07.14
Hadath El Jebbeh (R)
712_0260
29.12.14
Greenacre/ Sydney (C)
712_0467
11.07.14
Hadath El Jebbeh (B)
712_0258-9
12.09.14
Hadath el Jebbeh (H)
712_0395
31.12.14
Sydney (R)
712_0471
25.08.15
Hadath el Jebbeh (R)
712_0598-9
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Hadath el Jebbeh Kennziffer
IP21*
IP20
IP96*
Wohnort
Sydney
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Präsident der Hadath El Jebbeh Association in Sydney
Hadath el Jebbeh
Bürgermeister der Gemeinde und Anwalt in Beirut
Sydney
Vize Präsident der Hadath El Jebbeh Association in Sydney; sein Sohn nahm an dem Programm der Maronite Academy teil und bereiste den Libanon mit einer Gruppe ausgewählter internationaler Jugendlicher
Liste der InterviewpartnerInnen
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Hadath el Jebbeh Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
IP57* a, b
Montreal (Kanada)
Zahnarzt, der mit seinen fünf Kindern im Sommer in den Libanon reist, wo sich die Familienmitglieder treffen, die in Südafrika und USA leben
06.08.14**
Hadath el Jebbeh (H)
712_0317
IP33*
Hadath el Jebbeh
Leitet mit seinem Bruder das Unternehmen FAB; war früher in Ghana; wird Sheikh genannt
20.07.14
Hadath el Jebbeh (H)
712_0281
IP97 a, b
Hadath el Jebbeh
Mann hat bei Bank in SaudiArabien gearbeitet; sie haben Wochenendhaus in Hadath el Jebbeh
13.09.14
Hadath el Jebbeh (H)
712_0396
Südafrika
War Mathematikprofessor; wechselnde Aufenthaltsorte zwischen Libanon, USA (Kinder) und Afrika; Sohn ist in Führungsriege von Facebook
11.09.14
Hadath el Jebbe (R)
712_0394
IP29*
Dubai
Engagiert sich für den Club Social Hadath el Jebbeh; arbeitet für FAB; war früher in Ghana und hat dort für FAB gearbeitet
17.07.14, 18.07.14, 11.09.14
Bouza (R)
712_0274, 712_0393
IP100
Dubai
Arbeitet bei der Choureiri Group
22.10.14
Dubai (B)
712_0401
IP121
Sydney
Hat Unternehmen für Baugrabungen; bezahlt das Mar Daniel Fest der Community; Frau leitet Maronite Academy; wird Sheikh genannt
31.12.14
Greenacre/ Sydney (H)
712_0470-1
IP136
Halifax
Einer der bedeutendsten Bauunternehmer
16.07.15
Halifax (R)
712-0516
IP138
Halifax
Rentner, der in Ghana, dem Libanon und Edminton gelebt hat und nun in Halifax ist
16.07.15**
Halifax (R)
712_0518, 712_0520
IG
Halifax
Mann von Politikerin in Nova Scotia; er identifiziert sich mit Hadath El Jebbeh; sie identifiziert sich mit Diman
08.07.15, 09.07.15, 10.07.15
Halifax (R, A)
712_0492, 712_0494-5
IP95
461
462
Anhang
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Ehden Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
IP2
Ehden/ Zgharta
Hat Firma für Matratzen und Polstermöbel in Zgharta; lebte früher in Caracas
21.06.14
Ehden (L)
712_0206-7
Ehden (R)
721_0208,
IP3
Leitet kleines Imbiss-Restaurant in der Miden-Straße; lebte früher in Caracas; einer seiner Söhne lebt in Deutschland
14.06.14
Ehden/ Zgharta
22.06.14
Ehden (R)
712_0218-9
01.07.14
Ehden (R)
712_0282
IP4
Sydney
Bauherr in Australien
29.06.14
Ehden (R)
712_210
IP19*
Ehden/ Zgharta
Priester und Manager des Fußballvereins Salam Zgharta
10.07.14
Ehden (K)
712_0257
IP28
Sydney
Bauherr in Sydney
16.07.14
Ehden (R)
712_0273
IP34
Caracas (Venezuela)
Hatte Möbelgeschäft; Insolvenz aufgrund von Krankheit eines Kindes; heute unterstützen ihn seine Kinder
21.07.14
Ehden (R)
712_0282
IP36
Ehden/ Zgharta
Rückkehrer; reist ab und zu nach Venezuela; baut ein großes Haus für seine Familie am Eingang von Ehden
22.07.14
Ehden (L)
712_0285
IP39*
Sydney
Präsident der WLCU; hat Reinigungsunternehmen in Sydney; wird Sheikh genannt
24.07.14
Ehden (H)
712_0290
IP41
Ibadan (Nigeria)
Besitzt eine Hühnerzucht mit libanesischem Freund in Nigeria
25.07.14
Ehden (H)
712_0292
IP55
Ehden/ Zgharta
Er führte einen kleinen Supermarkt in Nigeria und hatte dort viele libanesische KundInnen
04.08.14
Ehden, Mini Markt
712_0313-4
07.08.14
Ehden (L)
712_0318
IP58
Sydney
Er hat einen Steinmetzbetrieb in Sydney und baut Häuser in Zgharta; war Präsident der Zgharta Association
02.12.14
Parramatta/ Sydeny (R)
-
IP60
Ehden/ Zgharta
Journalist und Buchautor
07.08.14
Ehden (L)
712_0322
IP62
Ehden/ Zgharta
Schriftsteller
29.06.14, 01.07.14
Ehden (H)
712_0212, 712_0217
IP70
Eden/ Zgharta
Richter in Beirut; kommt an den Wochenenden nach Ehden
14.08.14
Ehden (L)
712_0345, 712_0347
Liste der InterviewpartnerInnen
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Ehden Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
IP74
San Francisco (USA)
Hatte eine Marketingfirma; plant, in den Libanon zu ihrem Vater zu ziehen
17.08.14
Jounieh/ Libanon, Seaview
712_0351-2
IP76
Sydney
Im Baugewerbe tätig
19.08.14
Ehden (L)
712_0355
IP79
Ehden/ Zgharta
Er leitete ein Restaurant namens El Miden in Sydney und baut jetzt Häuser im Libanon
22.08.14
Ehden (H)
712_0360
IP80
Ehden/ Zgharta
Ehemaliger Besitzer von Bingohallen und dem Nachtclub Crazy Horse in Halifax, war bei den Freimaurern
23.08.14, 29.08.14, 31.08.14**
Ejbba/ Libanon (H)
712_0361, 712_0373, 712_0378
IP81*
Ehden/ Zgharta
Leader einer der fünf wichtigsten Familien
23.08.14
Ehden (H)
712_0362
IP82
Ehden/ Zgharta
Arbeitete in Deutschland als Elektrotechniker; besitzt ein Bekleidungsgeschäft und eine Firma, die den TV-Empfang im Ort bereitstellt
26.08.14
Ehden (L)
712_0364
IP84*
Los Angeles (USA)
Richter, war im Vorstand der American Lebanese Foundation
27.08.14
Ehden (R)
712_0369
IP87
Ehden/ Zgharta
Bürgermeister
29.08.14
Ehden (B)
712_0374
IP98
Dubai
Arbeitet im Bereich Financial Accounting
17.10.14
Dubai (R)
712_0399
IP103
Sydney
Präsident der Zgharta Association; Komiteemitglieder
09.12.14
Sydney (C)
712_0411-3 Gruppeninterview
IP104*
Sydney
Koordinator des Independence Movement
10.12.14
Parramatta/ Sydney (B)
712_0414
09.12.14
Sydney (C)
712_0411-3 Gruppeninterview
17.12.14
Rydalmere/ Sydney, Soccer Club
712_0432-3
18.01.18
Providence (R)
DM550731
IP112*
IP181
Sydney
Providence
Präsident des Rydalmere Soccer Clubs
Besitzer des libanesischen Restaurants Opa – The Phoenician
463
464
Anhang
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Ehden Kennziffer
IG
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
San Francisco (USA)
Hat Abschleppfirma in San Francisco, erschließt derzeit eine Villensiedlung im Libanon
10.08.14
Ajatoun/ Libanon (H)
712_0325-9
Sydney
Preisträgerin Miss Australian Pacific World
13.08.14
Ehden (H)
712_0344
Sydney
Leiter der Frassati Group (Freizeitaktivitäten für Jugendliche der OLOL Ko-Kathedrale)
20.12.14
Sydney, Kiama Beach
712_0439
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Hadchit Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Hadchit (H)
712_0275-7
Hadchit
Arbeitet mit Priester zusammen, programmiert Software für Schulen
18.07.14**
IP30
03.09.14**
Hadchit, Store
712_0387-8
IP45
Sydney
Bauunternehmer
28.07.14
Hadchit (H)
712_0295
IP46
Sydney
Mann hat in Fabriken gearbeitet; sie erwarben vor zehn Jahren ein Haus in Hadchit
28.07.14
Hadchit (H)
712_0296
IP47
Hadchit
Hatte Familienunternehmen in Australien; versucht derzeit, in der Immobilienbranche im Libanon Fuß zu fassen
28.07.14
Hadchit (H)
712_0296
IP89
Sydney
Familie lebt mit drei Kalendern (Kirche, Lebanese Forces, Village Association); macht Ausgrabungen für den Bau von Häusern
01.09.14
Hadchit (H)
712_0379
IP90
Hadchit
Richter
02.09.14
Hadchit (H)
712_0381
IP92
Sydney
Lebensmittelvertrieb als Familienunternehmen
03.09.14
Hadchit (H)
712_0384
IP110*
Sydney
Präsident der Charities of St. Raymond Hadchit
09.12.14, 16.12.14**
Sydney (H)
712_042930
16.12.14**
Sydney (H)
712_042930
22.12.14**
Rookwood Friedhof/ Sydney
712_0447
IP174
Sydney
Ist für die Gräber der Community in einer Sektion des Rookwood Friedhofs zuständig
Liste der InterviewpartnerInnen
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Hadchit Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
IP114
IP118
IG
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
Sydney
Hat mehrere Jahre als Beraterin im Council der OLOL Ko-Kathedrale gearbeitet
19.12.14
Parramatta Leagues Club/ Sydney
712_0435
Sydney
Verantwortlich für Human Resources der Dyldam Company
27.12.14
Sydney (R)
712_045861
Sydney
Koordinator der Maronite Youth der OLO in Sydney
07.12.14
Merrylands Central Gardens/ Sydney
-
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Miziara Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
IP8
Nigeria
Sie lebt in Adonis (vor Beirut); ihr Mann arbeitet in Nigeria; sie haben ein Haus in Miziara
06.07.14
Miziara (H)
712_0236-7
IP61*
Sydney
Vorsitzender der Arabic Heritage Leagues
08.08.14
Miziara (B)
712_0324 Gruppeninterview
IP66
Miziara
Ist für Mazar verantwortlich; war früher in Nigeria
13.08.14
Mazar, Miziara
712_0335-6
IP67
Miziara
Promoviert über neuartige Lehrmethoden, lebte in Dubai
13.08.14
Miziara (H)
712_0337
13.08.14
Miziara (H)
Sydney
Eigentümer mehrerer Tankstellen in Australien; besucht Miziara regelmäßig; hat ein neues Haus in Sawaqi gebaut
13.12.14
North Parramatta/ Sydney (H)
712_0420-1
IP68
712_0338
IP69
Dayton (Ohio, USA)
Kennt sich gut mit Geschichte der Auswanderung aus Miziara aus
13.08.14
Miziara (H)
712_0339
IP93
Lagos (Nigeria)
Familie leitet mehrere Restaurants (Laguna)
06.09.14
Sawaqi (H)
712_0389
IP94
Miziara
Pflegt Facebook-Seite der Gemeinde
08.09.14
Miziara (H)
712_0391
465
466
Anhang
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Miziara Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
IP99
Dubai
Mann arbeitet für amerikanische Firma und hat bei der Gründung Personen, die sich mit Miziara identifizieren, eingestellt
18.10.14
Dubai (R)
712_0400
IP113
Sydney
Ist aktiv in der OLOL Ko-Kathedrale; war als Tagesmutter tätig
18.12.14
Parramatta, Sydney (H)
712_0434
Dubai
Freunde, die gemeinsam in Dubai leben und arbeiten und auch ihre Freizeit meist gemeinsam gestalten; sie sind alle Maroniten
09.01.15
Dubai (R)
712_0479 Gruppeninterview
Lagos (Nigeria)
Hat einen Gebetspark in Miziara gebaut; ist Besitzer einiger Gastronomiebetriebe in Nigeria
20.08.14
Miziara, Mazar
712_0357
Lagos (Nigeria)
Nigerianische MitarbeiterInnen eines Libanesen, der sie nach Miziara eingeladen hat
05.09.14– 07.09.14
Sawaqi (H)
712_0390
Bankstown/ Sydney
Arbeitet bei internationaler Firma im Bereich Sportsbekleidung
31.12.14
Parramatta/ Sydney (R)
712_0473
Sydney
Leitet Facebook-Gruppe Miziariyeh in Australia
20.12.14
Kiama Beach/ Sydney
712_0440
IP125
IG
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Aitou Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
IP25
Ohio (USA)
War früher in Aitou Society aktiv, ihre Familie lebt dort immer noch
14.07.14
Aitou (H)
712_0264
IP38
Aitou
Spendet Geld an Community von Aitou und Zgharta, lebte früher in Caracas
24.07.14
Ehden (R)
712_0289
IP42
Peoria (USA)
Buchautorin
26.07.14
Aitou (H)
712_0293
IP43
Peoria (USA)
Jugendlicher, der im Libanon in den Ferien Arabisch lernt
26.07.14
Aitou (H)
712_0293
IP51*
Aitou
Priester
30.07.14
Aitou (K)
712_0305
Liste der InterviewpartnerInnen
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Aitou Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
IP53
Aitou
Großteil seiner Familie lebt in Peoria, war bei 100-Jahr-Feier in Peoria
31.07.14
Aitou (H)
712_0308
IP54
Chicago (USA)
Mann arbeitet bei Caterpillar; hat Haus in Aitou renoviert; hängt emotional sehr an dem Ort
01.08.14
Aitou (K)
712_310
IP56
Aitou
Tochter eines Bildhauers; viele Verwandte leben in Australien
04.08.14, 01.09.14
Aitou (H)
712_0315, 712_0380
IP64
Aitou
Bildhauer
12.08.14
Aitou (H)
712_0333
IP65
Aitou
Verbringt viel Zeit mit Jugendlichen, die aus Peoria zu Besuch kommen; möchte auswandern
12.08.14
Aitou (H)
712_0334
IP71
Aitou
War in Kamerun in Holzverarbeitung tätig
13.08.14
Ehden (L)
712_0346
18.08.14
Aitou (H)
712_0354
20.12.14
Guilford/ Sydney, Country Soccer Club
-
IP75*
IP77
IP78
Sydney
Vorsitzender der Maronite Community
Chicago (USA)
Hat aufgrund der Tätigkeit seines Vaters in vielen Ländern gelebt; studiert in Chicago, sucht in Dubai nach Arbeit, um nahe an Aitou zu sein
19.08.14
Aitou (H)
712_0356
Mann hat bei Catterpillar in Peoria gearbeitet; er baut NGO im Libanon auf
06.08.14, 21.08.14
Ehden (H)
712_0319, 712_0358
Aitou
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Bcharre Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
IP40*
Sydney
Präsident der Taouk Association in Sydney
25.07.14
Bcharre (H, A)
712_0291
IP14
Bcharre
Betreibt in Bcharre einen Minimarkt; lebte früher in Sydney
09.07.14
Bcharre, Mini Market
712_0252
IP37
Bcharre
Ist mit ihrem Mann aus Sydney zurückgekehrt; hat strenge Erziehung erfahren
23.07.14
Bcharre (H)
712_0286
467
468
Anhang
InterviewpartnerInnen mit Identifikationsort Bcharre Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
IP15
Bcharre
Ist mit Familie aus Kanada zurückgekehrt; betreiben drei Restaurants in Bcharre
09.07.14
Bcharre (R)
712_0253
IP13
Lagos (Nigeria)
Lebt mit Mann und Tochter in Nigeria; sie sind zu Besuch nach Bcharre
09.07.14
Bcharre (H)
712_0152
IP12 a, b
Cedars (Libanon)
Haben dieses Jahr das Le Notre Ski Resort gebaut; sind aus Sydney zurück in den Libanon gezogen
09.07.14
Cedars (L)
712_0249
IP108*
Sydney
Sekretär der Taouk Association
12.12.14, 19.12.14
Parramatta (R)
712_0419, 712_043637
IP111*
Sydney
Mitglied der Bcharre Association
17.12.14
Sydney (R)
712_0431
IP127*
Dubai (VAE)
Priester der maronitischen Kirche in Dubai
11.01.15
Dubai (K)
712_0482
Bcharre
Arbeitet in der Stadtverwaltung
04.07.14, 09.07.14
Bcharre (B)
712_0227-8, 712_0250
Sydney
Präsidentin der Bcharre Association
28.12.14
Sydney
Chairman der Firma Sarasa, die eine Holding für die Bcharre Association ist
28.12.14
Sydney
Mitglied der Maronite on Missions
28.12.14
IG
712_0464 Guilford Natural Reserve/ Sydney
712_0465 712_0466
InterviewpartnerInnen, die sich mit anderen libanesischen Orten identifizieren Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
712_214-6, 712_0392
712_0261, 712_0316
IP6*
Beirut
WLCU General Secretary Adjunct; lebte früher in Ghana
30.06.14, 10.09.14
Ministry of Emigrants and Foreign Affairs/ Beirut
IP22
Mazrata el Teffah (Libanon)
Studiert Fremdsprachenkorrespondenz in Beirut und spricht vier Sprachen; Vater arbeitet beim Militär
12.07.14, 04.08.14
Mazrata el Teffah (H)
Liste der InterviewpartnerInnen
InterviewpartnerInnen, die sich mit anderen libanesischen Orten identifizieren Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
IP72*
Bane (Libanon)
Musiker, der sich gut mit der libanesischen Geschichte und dem Patronagesystem des Landes auskennt
15.08.14, 21.08.14, 25.08.14
Bane (H)
712_0348, 712_0359, 712_0363
IP1*
Jounieh (Libanon)
Leiterin des Lebanese Emigrant Research Center (LERC)
20.06.14
NDU, LERC/ Zouk Mosbeh
712_0204-5
IP7
Bcharre
Gründer der NGO Help for Lebanon
02.07.14
Dora/Beirut (H)
712_0220
IP119*
Sydney
Maronitischer Bischof von St. Maron in Sydney
IP115*
Sydney
IP132*
Halifax
14.12.14
IG
29.12.14
Strattfield/ Sydney (B)
Maronitischer Priester der OLOL Ko-Kathedrale
22.12.14
Sydney (K)
712_0442
Präsident der CLCC in Nova Scotia; identifiziert sich mit Batroun; junger Unternehmer
13.07.15
Halifax (R)
712_0507
712_0468
IP124*
Abu Dhabi (VAE)
Libanesischer Botschafter in Abu Dhabi; arbeitete temporär in Deutschland
08.01.14
Lebanese Embassy/ Abu Dhabi
712_0478
IP128*
Dubai
War zuvor im Vorstand des Lebanese Business Council; Vorsitzender der LAU Alumni Association
12.01.15
Dubai (B)
712_0485
IP129*
Dubai
Consul General of Lebanon in Dubai and Northern Emirates
12.01.15
Konsulat/ Dubai (B)
712_0486
IP133*
Halifax
Priester der OLOL Kirche in Halifax
14.07.15
Halifax (K)
712_0510
IP134*
Halifax
Priester der antiochenisch-orthodoxen Kirche
14.07.15
Halifax (R)
712_0511
IP146
Easton
Besitzer einer Pizzeria; Sponsor der maronitischen Community; identifiziert sich mit Kousba
27.07.15
Easton (H)
712_0551
Easton
Ehefrau des Chairman der Lebanese Heritage Days, sie hat die Regeln der Gemeinschaft erlernt und fühlt sich akzeptiert
30.07.15
Easton (K)
712_0571
IP156
469
470
Anhang
InterviewpartnerInnen, die sich mit anderen libanesischen Orten identifizieren Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
IP159
Allentown (USA)
Eigentümer eines großen MiddleEastern Supermarktes; Sponsor der maronitischen Community; Libanese mit syrischem Vater, der sich mit Byblos identifiziert; versucht Mitglied mehrerer Communities zu sein
01.08.15
Allentown, Elias Market (B)
712_0576-9
IP161
Allentown (USA)
Inhaber einer Textilfabrik; Hauptsponsor des Festivals; Libanese mit syrischer Frau; Mitglied der maronitischen Gemeinde
02.08.15
Easton (K)
712_0589
IP163*
Sydney
Präsident der Wadi Annoubine Association, Gründer der Federation of Association’s [Becharrie Region]
22.09.16, 28.09.16
Sydney (B)
DM550654, DM550655, DM550663
Sydney
Wissenschaftler, der über LibanesInnen in Australien gearbeitet, aber aufgrund des Drucks von der Gemeinschaft von Publikationen abgesehen hat
24.09.16
Sydney (R)
DM550657
IP168*
Sydney
Versteht sich selbst als Intellektueller, Kritiker der Wadi Annoubine Association, ist als Bauentwickler tätig, aber nur mäßigen Erfolg
28.09.16
Burwood/ Sydney (R)
DM550662
IP176*
Massachusetts (USA)
Diakon St. George Maronite Church
14.01.18
Cranston/ Providence (K)
DM550722
IP179*
Providence
Vorsitzende der Holy Rosary Sodality der St. Georges Maronite Church; organisiert Food Festival
14.01.18, 16.01.18
Providence (R)
DM550723, DM550729 Gruppeninterview
IP182*
Providence
Priester der maronitischen Kirche St. George
19.01.18
Cranston/ Providence (K)
DM550733
IP165*
Liste der InterviewpartnerInnen
InterviewpartnerInnen, die sich mit anderen libanesischen Orten identifizieren Kennziffer
Wohnort
Kurzbeschreibung/Beruf/Funktion innerhalb der Gemeinschaft
Datum
Ort/e der/s Interviews
Interviewmitschnitt
Dubai
AUB Alumni Association Dubai & Northern Emirates
11.01.14
Telefon
712_0481
New York (USA)
Bischof der maronitischen Kirche
21.07.15
Brooklyn/ New York (B)
712_0524-5
Sydney
Bauentwickler in Sydney, der mit IP130 in Halifax in Kontakt steht
21.09.16
Wahroonga/ Sydney (H)
-
Easton
Kuratorin einer Ausstellung zur libanesischen Einwanderung ins Lehigh Valley
26.11.18
Sigal Museum/ Easton (M)
-
IG
IP00
Kritische Aussagen, die von Mitgliedern mittels Querbezügen im Text bestimmten Personen zugeordnet werden könnten, werden nicht mit der personenbezogenen Kennziffer, sondern mit dem Kürzel IP00 vereinheitlicht.
Die Kennziffern von Personen in leitenden Positionen, die sich nicht als Mitglied der Blouzaniyye verstehen, aber ein lebensweltliches ExpertInnenwissen über neodiasporische Gemeinschaft haben, sind fett gesetzt. *RepräsentantInnen oder Schlüsselpersonen (Gatekeeper), die Kontakte zu anderen InterviewpartnerInnen herstellten. **Bei dem Gespräch war eine andere Person oder EhepartnerInnen [a=Ehefrau, b=Ehemann] anwesend. Hinzu kommen zahlreiche lebensweltliche Gespräche mit Mitgliedern und Nichtmitgliedern, die im Text mit IG (Informelles Gespräch) gekennzeichnet sind.
fett & kursiv = Transkribiert H = Haus K = Kirche C= Clubhaus R = Restaurant/Café L = Lobby B = Büro A = Auto F = Facetime
Abkürzungen empirische Belege: B = Beobachtung FB = FacebookBeitrag IG = Informelles Gespräch IP = InterviewpartnerIn NL = Newsletter (via E-Mail)
471
472
Anhang
5
Besuchte Veranstaltungen
Tabelle 14 Besuchte Veranstaltungen und Zusammenkünfte mit Mitgliedern der unterschiedlichen neo-diasporischen Gemeinschaften Libanon 2014–2017 (Angabe des Identifikationsortes in Klammern) Gedenktage der Schutzpatrone: Mar Elias Fest (19.07.14, Hadchit), Mar Doumit Fest (06.08.14, Mazrat et Teffah), Mar Marys Fest (14.08.14, Zgharta), Mar Saba Fest (24.08.14, Blouza), Mar Autil Fest (26.08.14, Kfarsghab), Mar Augustin Fest (28.08.14, Kfarsghab), Fest Mazar (05.09.14, Miziara), Fest (06.09.14, Sawaqi), Mar Raymond Fest (31.08.14–03.09.14, Hadchit), Mar Daniel Fest (11.09.14–13.09.14, Hadath el Jebbeh), Mar Saba Fest (24.08.15, Blouza), Mar Autil Fest (27.08.15, Kfarsghab), Mar Saba Fest (24.08.16, Blouza) Gemeinschaftliche Abendessen: Picknick Yammouneh (30.07.14, Kfarsghab), Annual Dinner of Sport Club (23.08.14, Hadath el Jebbeh), Salam Zgharta (30.08.14, Ehden), Rural Dinner (17.08.14, Hadath el Jebbeh), Mar Raymond Dinner (03.09.14, Hadchit), Village Dinner (26.08.15, Kfarsghab), Traditional Feast at Takchis (Blouza, 25.08.16), Traditional Feast at Takchis (Blouza, 23.08.17) Pilgerwanderungen: Mar Marys (14.08.14, Ehden), Mar Rafqua (24.08.14, Aitou) Exkursionen: Mar Elias Schrein (19.08.16, Blouza), Seastar/Chekka (22.08.16, Blouza), Byblos/Jeitta/ Harissa/Balou Balaa (23.08.16, Blouza), Mar Antonius (24.08.16, Blouza), Baalbek (26.08.16, Blouza), Mar Marina (27.08.16, Blouza), Mar Marina (23.08.17, Blouza) Beerdigungen/Kondolenzfeiern: Kfarsghab (16.07.14, 26.07.14, 26.08.15), Hadath el Jebbeh (06.07.14), Bcharre (23.07.14) Einweihungszeremonien: Statue Mazar (20.08.14, Miziara), Gemeindesaal (03.09.14, Hadchit), Solaranlage (24.08.15, Blouza) Familientreffen: Familie Stephan (19.07.14, Kfarsghab), Silberhochzeit (06.08.14, Aitou), Hochzeit (08.08.14, Byblos), Familie Dahdah (10.08.14, 13.08.14, 17.08.14, Ajaltoun und Ehden), Familie Karam (31.08.14, Ejbba), Familie Gebran (31.08.14, Ehden), Familie Karam (13.09.14, Hadath el Jebbeh), Familie Chagouri (05.09.14–07.09.14, Miziara/Sawaqi), Familie Ghossain (13.09.14, Hadath el Jebbeh), 80. Geburtstag Takchi (Blouza, 20.08.16), Familie Wehbe (23.08.16, 30.08.16 Blouza), Familie Michael/Takchy (Blouza, viele Treffen vom 18.08.16–01.09.16), Familie Takchy in Jounieh 30.08.16, Blouza), Familie Takchy (Blouza, 31.03.17), Familie Karam (Kfarsghab, 22.08.17), Familie Michael/Takchi (Blouza, 26.10.17) Andere: Feier für Lena Metlege Diab (06.07.14, Hadath el Jebbeh/Diman), Miss Lebanon Emigrant (02.08.14, Jounieh und 09.08.14, Dhour Chouier), Besuch des Patriarchen in Diman (Blouza, 24.08.15), Lebanese Diaspora Energy Conference (04.05.17–06.05.17, Beirut), Eröffnung Lebanese Diaspora Houses (Batroun, 06.05.17), Treffen mit General Michel Aoun im Presidential Palace (Baabda, 06.05.17), Lebanese Diaspora Planting Day mit H. E. Minister Gebran Bassil, Minister of Foreign Affairs and Emigrants (Shatine, 07.05.17), Beirut Dinner (Blouza, 30.08.17)
Besuchte Veranstaltungen
Sydney (Australien) 2014, 2016 (Angabe des Identifikationsortes in Klammern) Weihnachtspicknicks: 30.11.14 (Blouza), 07.12.14 (Ehden), 07.12.14 (Hadchit), 20.12.14 (Aitou), 28.12.14 (Bcharre) und 26.12.14 (Kfarsghab) Gemeinschaftliche Abendessen: Blouza Committee and Friends Christmas Dinner (13.12.14, Blouza), AKA Harbour Cruise Younger Set (24.12.14, Kfarsghab), AKA Harbour Cruise Generation Y (28.12.14, Kfarsghab) Messen/kirchliche Feiern: z. B. Mar Saba Mass (29.11.14, Blouza), OLOL Youth Mass (07.12.14), Book Launch at the Bischops Residence (14.12.14), Kondolenzfeier (15.12.14, Kfarsghab), Christmas Carols (19.12.14), Frassati Barbecue (20.12.14), Friedhofsbesuch (22.12.14, Hadchit), Maronite Youth Christmas and Pre New Years Party (30.12.14), The Epiphany of the Lord (06.01.14) Wöchentliche Treffen: ABA Seniors’ Lunch (16.12.14, Blouza) Organisatorische Treffen: Mailout of the AKA Committee (08.12.14, Kfarsghab), ABA General Meeting (06.10.16, Blouza) Familientreffen: Familie Lebnan (07.12.14, Blouza), Familie Tannous (15.12.14, Blouza), Familie Habib (21.12.14, Blouza), Familie Takchi (04.12.14, 25.12.14, Blouza), Familie Sleiman (13.12.14, 31.12.14, Miziara), Trauerfeier bei Familie Ayoub (02.10.16, Blouza) Dubai (VAE) 2014, 2015 Messen/kirchliche Feiern: Mar Mary’s Festival und Mass (09.01.15), Saturday Mass at Mar Francis of Assisi (10.01.15), Monday Mass at Mar Francis of Assisi (13.01.15) Andere: Weekly Friends Dinner (13.01.15, unterschiedliche maronitische Identifikationsorte) Halifax (Kanada) 2015 (Angabe des Identifikationsortes in Klammern) Messen/kirchliche Feiern: Lebanese Festival (09.07.15–12.07.15), Öffentlicher Rundgang der Mar Antonios Orthodox Church (11.07.15), Kondolenzfeier Familie Fares (11.07.15, Diman), Messe OLOL (12.07.15, Diman / Hadath el Jebbeh) Easton (USA) 2015, 2018 (Angabe des Identifikationsortes in Klammern) Messen/kirchliche Feiern: Vacation Bible School (23.07.15–24.07.15, Kfarsghab), Kondolenzfeier (26.07.15, Kfarsghab), Bingo (28.07.15, Kfarsghab), Essensvorbereitungen Lebanese Heritage Days (30.07.15, Kfarsghab), Opening Mass Lebanese Heritage Days (01.08.15, Kfarsghab), Lebanese Heritage Days (01.08.15–02.08.15, Kfarsghab) Familientreffen: Familie Moussa (29.07.15, Kfarsghab), Familie Lahoud (24.07.15, Kfarsghab), Familie Elias (25.07.15, Kfarsghab), Familie Karam (26.07.15, Kfarsghab), Familie Karam (25.11.18, Kfarsghab), gemeinschaftliches Frühstück (26.11.18) Providence (USA) 2018 (Angabe des Identifikationsortes in Klammern) Messen/kirchliche Feiern: Kondolenzfeier (14.01.18), Messe (20.01.18) Gemeinschaftliches Mittagessen: 200 Club Lunch (14.01.18) Familientreffen: Familie Michael (20.01.18, Blouza)
473
474
Anhang
6
Beobachtete Online-Plattformen der untersuchten Neo-Diasporen
Tabelle 15 Beobachtete und herangezogene Facebook-Gruppen, Facebook-Seiten, Blogs und Webseiten der Gemeinschaften Identifikationsort
Facebook-Gruppen
Öffentliche FacebookSeiten
Blogs/Webseiten/ Instagram
Blouza
TAKCHI Family; BLAWZA THE VILLAGE (;)بلوزا الضيعة RELATIVES (unsichtbar)
Australian Blouza Association; BLAWZA’s LAND
http://mybiglebanese family.blogspot.com/ https://blouza.com/
Kfarsghab
AKA – Australian Kfarsghab Association; Kfarsghab Lebanon; Kfarsghab Ancestry; Laban Family; AKA Youngerset Events; Kfarsghab Club of Easton, PA; team sports Kfarsghab; LAAA Basketball Tournament; Descendants of Khoury Nehmtullah and Maureena Samyia (from Kfarsghab); Descendants of Hanna & Saidie Boutros Hanna (from Kfarsghab); Descendants of Mikhael & Terekmane Elias (from Kfarsghab); Descendants of Youssef and Barbara Boulous from Kfarsghab
Mar Awtel Charity Trust Australia; BBA’s Junkyard; Junkyard-Kfarsghab; YOUTH Brotherhood – Kfarsghab; MKCC – Merh Kfarsghab Church Committee;
Diman
Diman Association Australia Sydney; Diman Association Canada
http://dimansisterhood. org/
Hadath el Jebbeh
Hadeth EL Joubbeh Australia
Live Love Hadath; Hadath el Jebbeh
http://www.hadatheljeb beh.com/home http://www.kcou. mu.org/ Instagram: hadatheljebbeh
Ehden
Youssef Bey Karam, the Prince of Heroes; The Association of Zgharta (YBKBL) Australia; Youssef Beik Karam’s House
Municipality of Zgharta Ehden اهدن-;بلدية زغرتا Rotaract Club Zgharta Zawie; The Association of Zgharta Photos; Salam Zgharta
https://www.ze.org.au/ https://www.ehdenfami lytree.org/ http://www.zgharta.gov. lb/web/ Instagram: liveloveehden
http://www.kfarsghab. net/labans/ https://kfarsghab-ances try.online/ https://www.kfarsghab. com.au/ Instagram: livelovekfarsghab, bbasjunkyard
Beobachtete Online-Plattformen der untersuchten Neo-Diasporen
Hadchit
Saint Raymond Charities of Hadchit – Australia
Instagram: livelovehadchit
Miziara
Miziara Online.com; Miziara Municipality; Two Brothers Mediterranean; Club de la Jeunesse Meziara
Instagram: cjm_miziara
Itoo Society; The Sculptor Nayef Alwan
http://society.itoohall. com/ Instagram: liveloveaitou
Miziariyeh in Nigeria
Aitou
Bcharre
BCHARRIE YOUTH CLUB; Bsharri Association of NSW
Taouk Association; Becharrie Youth Club
http://website.bcharri. net/ Instagram: livelovebcharre
Übergeordnet
Facebook-Gruppen
Öffentliche FacebookSeiten
Blogs/Webseiten/ Instagram
The Maronite Frassati Adventurers
Our Lady of Lebanon CoCathedral – Sydney; Bishop Antoine-Charbel Tarabay; OLOL Maronite Youth Organisation (MYO); Saint Raymond’s Maronite Parish Sydney; St Charbel’s Maronite Catholic Church Sydney; Australian Lebanese Historical Society Inc. (ALHS); Our Lady of Lebanon Church – Easton; Our Lady of Lebanon Catholic Church – Maronite Rite (Halifax); Lebanese Cedar Festival (Halifax); Lebanese Business Council in Dubai and Northern Emirates; St. Mary’s Catholic Church, Dubai; echristian.ae
https://www.olol.org.au/ https://www.ololeaston. org/ https://saintantonios.ca/ cal.html https://www.stgeorge maronitecatholicchurch. com/ https://saintmarysdubai. org/ https://stfrancisjebelali. ae/
LAU Alumni
Wadi Annoubine Association; Federation of Association’s (Becharrie Region); Canadian Lebanese Chamber of Commerce (CLCC) in Nova Scotia (Halifax); Consulate of Lebanon in Halifax; Canadian Lebanon Society (CLS) of Halifax; AUB Alumni of Dubai and Northern Emirates
https://www.lebanese chamber.ca/ http://alhs. org.au/ http://canadianlebanon society.ca https://www.lebanese consulatehalifax.com/
Maronitische Kirche
Verbund/Dachorganisation
475
476
Anhang
7
Codebaum mit Haupt- und Unterkategorien der strukturierenden Inhaltsanalyse
MaxQDA, Screenshot: 19.07.19
Ämter der Australian Blouza Association (ABA)
8
Ämter der Australian Blouza Association (ABA)
Tabelle 16 Ämter im Executive und Non-Executive Committee der ABA seit 2006 (Auswahl*) AmtsträgerIn: Kennziffer IP bzw. Initiale IP162
Non-Executive Committee
Amt in Executive Committee
President
Vice President
14/15 13/14
Chairperson
Secretary
Treasurer
18/19 13/14
16/17 14/15 08/09
10/11
06/07 CPO
13/14 10/11 06/07
08/09
16/17 15/16
14/15
IP170
12/13 08/09 06/07 91/92
16/17 15/16 10/11
14/15 13/14
IP173
10/11
08/09 06/07
16/17 14/15
18/19 17/18
M. Y.
14/15
13/14 10/11
16/17
14/15
R. E.
18/19 17/18 17/18
16/17 YGA 18/19 PA 17/18, 16/17, 14/15 FUC
16/17 18/19 17/18
J. K.
T. K.
18/19 17/18
14/15 YGC
I. H.
L. K.
18/19 FCO 16/17 FC
10/11 08/09 06/07
R. S. S.
Ämter (sofern in Listen aufgeführt) 18/19, 06/07 FC 16/17 FA
IP172
M. H.
Hall Coordinator
18/19 17/18 16/17
10/11 08/09
IP101
Assistant Treasurer
13/14
16/17 YGC 16/17 FA 16/17 FA
06/07
477
478
Anhang
AmtsträgerIn: Kennziffer IP bzw. Initiale
IP91a
Non-Executive Committee
Amt in Executive Committee
President
Vice President
Chairperson
Secretary
Treasurer
Assistant Treasurer
Hall Coordinator
Ämter (sofern in Listen aufgeführt) 17/18 LAC; 17/18, 16/17 PA 18/19, 15/16 CO; 14/15 AS
08/09
IP91b
16/17 PA; 18/19, 17/18, 15/16 CO
J. H.
17/18, 16/17, 14/15, 13/14, 10/11, 08/09, 06/07 FUC
J. N. Y.
18/19, 17/18, 16/17, 14/15, 13/14, 10/11, 08/09
M. M.
18/19, 16/17 FA; 06/07 AO
A. Y.
18/19, 17/18 DC; 14/15 YGA
A. C.
16/17 DC; 15/16 AS
C. H.
18/19, 17/18, 16/17 PC
H. T.
16/17 PA; 14/15 PC
W. W.
18/19, 17/18 PA
L. K.
16/17, 14/15 PA
N. H.
16/17, 14/15 PA
L. Y.
16/17, 14/15 LAC
IP106
06/07 AO
W. B.
14/15 FUA
Ämter der Australian Blouza Association (ABA)
AmtsträgerIn: Kennziffer IP bzw. Initiale
Non-Executive Committee
Amt in Executive Committee
President
Vice President
Chairperson
Secretary
Treasurer
Assistant Treasurer
Hall Coordinator
Ämter (sofern in Listen aufgeführt)
J. S.
14/15 FUA
T. S.
14/15 FUA
J. S.
14/15 FUA
L. Y.
14/15 DC
E. Y.
14/15 FC
J. B.
17/18 FC
S. N.
18/19 FC
P. B.
14/15 LAC
NonExecutive Committee
FC = Function Coordinator, FA = Function Assistant, FUC = Funeral Coordinator, FUA = Funeral Assistant, DC = Deputy Chairperson, AS = Assistant Secretary, PC = Property Maintenance Coordinator, PA= Property Assistant, LAC= Ladies Auxiliary Coordinator, YGC = Youth Group Coordinator, YGA = Youth Group Assistant, CO = Communication Officer, CPO = Compliance Officer, AO = Administration Officer
*Für die Jahre 07/08, 09/10, 11/12 und 12/13 lagen keine vollständigen Listen vor. Quellen: B, 06.10.16; ABA 2017b; ABA 2008a; ABA 2018a; ABA 2019b; ABA 2017d
479
480
Anhang
9
Jährliche Finanzberichte der ABA für die Jahre 2007 und 2008
Quelle: ABA 2009a
Anhang
10
Jährlicher Finanzbericht der ABA für das Jahr 2018
Quelle: ACNC 2018
481
482
Anhang
11
Treasurer’s Report Australian Blouza Association Inc (für den Monat Juni 2018)
Quelle: ABA 2018b
I
Danksagung
Für die große Unterstützung bei meiner Dissertation gilt mein außerordentlicher Dank folgenden Personen und Institutionen. Mein größter Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Anton Escher für die intensive Betreuung dieser Arbeit und für die Unterstützung meiner wissenschaftlichen Karriere. Die ausgiebigen Diskussionen in den vergangenen Jahren gaben mir besonders bei der theoretischen Einbettung und Präzisierung der Fragestellung wertvolle Impulse. Ebenso bedanke mich aufrichtig bei meinen beiden Zweitgutachterinnen. Frau Prof. Dr. Veronika Cummings danke ich für ihre motivierenden Worte, vor allem beim Endspurt und für den spannenden konzeptionellen Austausch. Frau Prof. Dr. Brigitte Bönisch-Brednich bin ich für ihre detaillierten und konstruktiven Anregungen zur Überarbeitung meiner Dissertationsschrift sehr dankbar. Für die finanzielle und inhaltliche Unterstützung danke ich der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem Orient-Institut Beirut (OIB), dem Moise A. Khayrallah Center for Lebanese Diaspora Studies (USA, North Carolina State University), dem Institute for Migration Studies (IMS, Libanon, Lebanese American University), dem Lebanese Emigration Research Center (LERC, Libanon, Notre Dame University) sowie dem Zentrum für Interkulturelle Studien (ZIS) und dem Geographischen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ( JGU). Zur kritischen Reflexion des eigenen Vorgehens leisteten insbesondere die Kolloquien am OIB sowie der wissenschaftliche Austausch mit der Direktorin Frau Prof. Dr. Birgit Schäbler und der ehemaligen stellvertretenden Direktorin Frau Prof. Dr. Astrid Meier einen äußerst wichtigen Beitrag. Mein ausgesprochener Dank gilt außerdem den LeiterInnen der Forschungsinstitute zur libanesischen Diaspora Herr Prof. Dr. Akram Khater, Herr Prof. Dr. Paul Tabar und Frau Prof. Dr. Guita Hourani. Sie werden stellvertretend für alle anderen ExpertInnen des Forschungsfeldes genannt, die das Projekt auf unterschiedliche Weise förderten. In ausführlichen persönlichen Gesprächen gaben sie mir wegweisende Einschätzungen zum gewählten Vorgehen und dem Fokus der Analyse. Ebenso dankbar bin ich allen InterviewpartnerInnen im Libanon, in Sydney (Australien), Halifax (Kanada), Easton (PA, USA), Providence (RI, USA) und Dubai (VAE) für ihre Gesprächsbereitschaft sowie für das mir entgegengebrachte Vertrauen.
484
Danksagung
Die Offenheit und Zeit, mit der sie sich den Unterhaltungen und meinen Fragen widmeten, bilden die Grundlage meiner Arbeit. Ein herzlicher Dank gilt ebenso den Priestern, VertreterInnen von Dachorganisationen und Bürgermeistern, die mir in außerordentlicher Weise während des gesamten Forschungsprozesses hilfreich zur Seite standen. Stellvertretend sind Jennifer Hanna (Sydney/Kfarsghab), Yasmin Karam (Easton/Kfarsghab), Sally und Louie Michel (Sydney/Blouza), Ross Mac Kay (Halifax), Robert Frangie (Ehden), Wadih Fares (Halifax/Diman), Georges Chedrawy (Hadath el Jebbeh), Youssef Taouk (Sydney/Bcharre) und Nabil Sleiman (Miziara) zu nennen. Mehrstündige und wiederholte Gespräche, zur Verfügung gestellte Materialien, Einsichten in ihre Datenbanken und Kommunikationsplattformen sowie ihre Vermittlung von Kontakten, gewährten einen tiefen Einblick in die Alltagswelt der untersuchten neo-diasporischen Gemeinschaften. Ich danke sehr für die vielen Eindrücke und herzlichen Begegnungen mit den verschiedensten Menschen in unterschiedlichsten Lebenskontexten, von denen ich nicht nur auf wissenschaftlicher, sondern auch auf persönlicher Ebene sehr viel für mein eigenes Leben lernen konnte. Stellvertretend für meine KollegInnen am Geographischen Institut der JGU Mainz danke ich Dr. Ahmad Izzo, Dipl.-Geogr. Helena Rapp und Dr. Elisabeth Sommerlad für die bereichernden Anregungen in den Diskussionen über meine Arbeit und für die emotionale Unterstützung vor der Einreichung und Verteidigung meiner Dissertation. Einen großen Dank möchte ich Herrn Dipl.-Ing. Thomas Bartsch aussprechen, der mit außerordentlicher Kreativität, Sorgfalt und Geduld die kartographische Visualisierung der Studie übernahm. Für die äußerst zuverlässige organisatorische Abwicklung der zahlreichen Dienstreisen und die zeitnahen Antworten auf formale Fragen zur Abrechnung danke ich ganz besonders Frau Bellinda Ziegler und Frau Marianne Borowiak. Nicht zuletzt bin ich meinen FreundInnen in Deutschland und dem Libanon sehr dankbar für die unzähligen Denkanstöße, abwechslungsreichen Momente und aufbauenden Worte, die mich in meiner Neugier und Ausdauer beim Erreichen meiner Ziele bestärkt haben. Meiner Familie und meinen Verwandten danke ich von ganzem Herzen für den großen Rückhalt, Beistand und für das Interesse an meiner Forschung. Besonders danke ich allen, die beträchtliches Engagement beim Lektorieren dieser umfangreichen wissenschaftlichen Arbeit gezeigt haben, allen voran meiner Patentante Eva Frank.
J
Register
Sachregister A
Abgrenzung 42, 226, 366, 370–372 – siehe auch Distinktion, Symbole zur Abgrenzung Abgrenzung der Gruppe 54, 61, 228, 241 Anm. 177, 370 Abgrenzung der Studie 38–39, 56–58, 86–87, 97 Abgrenzungsprozesse, soziale 90, 226 Anm. 140, 375 Abgrenzungsversuche 281 AdministratorInnen, akribische 284–285, 287, 364, 366 Agency 49 Anm. 16, 61 Anm. 37, 91, 368, 378 Airplane, siehe Flugzeug Airport, siehe Flughafen AKLA (Australian Kfarsghab Lebanese Association) News 142 Anm. 64, 187 Anm. 54 AkteurInnen 37, 53–58, 90, 149–186, 365–369 Alltag 73 Anm. 61, 111, 246, 273–283, 290, 374 Alltagspraktiken 280 Anm. 254, 334, 375, 385 – siehe auch Praktiken, alltägliche alltägliche Solidarität 231, 290–307 alltagspraktische Gemeinsamkeiten 86, 290–307, 367, 369, 385 amerikanische Gesellschaft 148 Anm. 4 Analysedimensionen (Kategoriendimensionen) 72–73, 88–92, 116, 131, 144 Anm. 70, 145, 147 Analysefolie (theoretische Folie) 86–92, 131, 145, 149, 363 Anchoring Places, siehe Ankerorte
Anekdoten 33, 178, 285 Anm. 258 Anerkennungen, siehe Auszeichnungen/ Awards Ankerorte (Anchoring Places) 72, 375 Anlässe 38, 91–92, 333–362, 379–380 Annual Charity Dinner 349–350 Annual Charity Golf Day 240, 350–351 Anonymität/anonymisiert 132, 140–141, 194 Anm. 69 Antenarrative 68, 90 ANZAC (Australian and New Zealand Army Corps) 199 Anm. 83 Arab Bank Australia 164, 171, 240, 250, 347–348, 350 Arabisch 111, 209 Anm. 104, 234, 261, 306–307 arabischer Raum 302, 315 Arbeiten 155, 169, 172, 174–175, 191, 212 – empirische 37, 106, 107, 123, 127 – gemeinnützige 159, 171, 317, 355 – körperliche 182 – wohltätige 319, 324 Archival Nethographic Data 142 Archivierung 190 Anm. 60, 367 Arghileh (arab. für Wasserpfeife, HubblyBubbly) 258, 275, 360 Anm. 385 Assimilation 55 Anm. 31, 205 Anm. 97, 386 Association of Zgharta 138 Anm. 55, 239 Anm. 174 Associations, siehe Vereine Ästhetik 66 Anm. 50, 70 Anm. 59 Auseinandersetzungen 91, 115, 152, 264, 297 Ausflugsrestaurant 198 Anm. 80 – siehe auch Restaurants Außenstehende, siehe Outsider Aussie 158, 171, 196, 199, 232, 272
486
Register
Ausstellungen 125, 142 Anm. 64, 172, 223 Anm. 132, 283, 372 – siehe auch Museum Australian Army 199, 221–222 Australian Blouza Association (ABA) 148, 151, 238, 317–318 Australian Kfarsghab Association (AKA) 118 Anm. 21, 138 Anm. 56, 317 Anm. 306 Australian Lebanese Chamber of Commerce 312 Australian Lebanese Historical Society (ALHS) 142, 221, 223 Australian Lebanese Welfare Groups 150 Anm. 5 Australian Royal Engineers 221 Anm. 131 australische Gesellschaft 166, 194 Anm. 70, 224, 231 Anm. 154, 236 Anm. 171, 238 Auswahl besuchter Veranstaltungen 138 Auswahl der InterviewpartnerInnen 130–132 Auswahlkriterien des Fallbeispiels 113–120 Auswertung, siehe qualitative Komplexanalyse Auswertungsmodell 144 Auszeichnungen/Awards (Anerkennungen, Trophäen) 155–156, 159, 284, 321, 357, 380 B
Bastelei (Bricoler) 63 Anm. 41 Baubranche/Baugewerbe 120, 153–154, 213, 310–314, 343–345, 398–399 Bausteine imaginierter ethnischer Identität 63–64, 364, 369–373 – Fundament~ 369–370 – Sonder~ 370–371 – Standard~ 370 Bauunternehmer 152–154, 172, 311, 313, 343–345 Bcharre Centre 317 Anm. 306, 138 Anm. 138 Becharrie Association of NSW Limited (BAL) 99, 317 Anm. 306 Beerdigungen 137, 191, 258, 262, 296–301 – siehe auch Trauerfeiern Begräbnisfeier, kirchliche 298, 300–301 Beileidsbekundungen 297, 298, 301 Beobachter als Teilnehmer (Observer as Participant) 141 BeobachterInnen, aufmerksame 137–139, 364, 366
Bergorte 125, 262 Anm. 225, 390–391 Bestimmungskriterien von Diaspora 42–45 Beziehungen (Bindungen, Verbindungen) 74–79, 82–85, 86–91, 149–186, 368, 377–378 – deterritoriale 45, 113 Anm. 9, 375 – informelle 316, 322, 378 – ökonomische 112 – primordiale 53, 68, 204 Anm. 95, 370 – soziale 52, 76, 127 Anm. 41, 139, 224, 375 – translokale 45 Anm. 10, 107 – transnationale 87, 102, 134, 178, 182 Anm. 43 – verwandtschaftliche 74, 86, 130, 208, 285 Anm. 258, 279 – siehe auch Verwandtschaftsbeziehungen BibliothekarInnen, erkundende 364, 367, 376 Big Man, informelle 77, 164, 369, 381 Bindungen, siehe Beziehungen Bindungszeichen, siehe Tie Signs 63 Anm. 40 biographische Darstellungen 129, 151–178, 372 biographische Daten 176, 201 Anm. 88, 201–202, 204 biographische Erzählungen 129, 185 biographische Informationen 193 biographisches Interview 129, 134 BLAWZA’s LAND NOT for RENT 264–267, 287, 330 Blogs 140, 184–185, 187, 192 Anm. 64, 283, 360 Blouza Archive Project 190 Anm. 59 Blouza Boys 337, 340 Anm. 352 Blouza Directory 118 Anm. 21, 183, 255, 307– 310, 348, 394–395 – siehe auch Telefonbücher Blouza (Family) Reunion 177 Anm. 36, 205 Anm. 97, 283, 357–362 Blouza Hall 167, 227, 241, 245, 248–254, 348 Blouza Spirit 166, 186 Blouza’s got Talent 340–341 Blouzabesuche 273–283 Blouzaniyye 143 Anm. 1, 149–186, 255 Anm. 206, 291–296 BlouzaTV 191 Booklets 211 Anm. 108 – siehe auch Magazine BotschafterInnen, öffentlichkeitswirksame 356 Anm. 375, 364, 367 Boundary Crossing 77
Sachregister
Boundary Maintenance, siehe Grenzerhalt Boundary Marker (Grenzmarkierungen) 63–65 – siehe auch Marker Boundary Work Events 342–352, 380 Boundary Work, siehe Vernetzungsarbeit Bricoler, siehe Bastelei Bücher 34, 98, 193, 194 Anm. 70 Builder’s Seminar 345 Bürgerkrieg, libanesischer 100 Anm. 19, 227 Anm. 141–142, 260 Anm. 221, 263, 293 Anm. 268 BürgermeisterIn 121, 319, 322 Anm. 318, 323 Anm. 321, 325, 346 Anm. 361 C
Cabarets, siehe Tanzveranstaltungen Canadian Lebanese Chamber of Commerce (CLCC) 118, 307 Anm. 287, 346 Anm. 361 Canadian Lebanon Society (CLS) of Halifax 118, 138 Anm. 56 Catch-all-Begriff 44, 86 Cedar Festival 362 Anm. 385 Charity 317, 317 Anm. 307–308, 316–321 Charity Balls 334, 346 Anm. 361 Charity Woman 169–173, 181, 250, 320, 339, 343 Charity Work, siehe Wohltätigkeitsarbeit Chicagoer Schule 59, 136 Anm. 53 Christen 104, 209 Anm. 104, 211 Anm. 108– 109, 217 Anm. 123, 242 Anm. 177, 315 Anm. 303, 333 christliche/religiöse Werte 218, 148 Anm. 4 – siehe auch Werte Church Committee 179–180 Citizenship 64 Anm. 46, 98, 236 Anm. 171 Clans 34, 219 Anm. 128, 258 Clubs 138 Anm. 56, 148 Anm. 4, 257, 339 Anm. 351, 343, 374 Codebaum 145, 476 Codes 53, 80, 141, 145 Anm. 73, 146, 367–368 – exklusive 146 – konventionelle Civic 145 – kulturelle 66, 146 – primordiale 68, 145 – traditionale 146 Collective Narratives, siehe kollektive Narrative
Colleges, siehe Schulen Communities of Practice (CoP) 37, 58, 69, 74–78, 130, 145 Anm. 71 – siehe auch Neo-Tribes, Vergemeinschaftung Community Development Events 335–342, 379, 380 Community Leader 49, 99 Anm. 17, 228 Anm. 148, 362 Anm. 385 Community Youth and Pastoral Centre 261 Community, siehe Gemeinschaft Computer 173, 200, 202 Corporate Identity 366 Counterstories 68, 90, 206, 215–216, 373 Cricket 339 Cronulla Riots 98–99, 228 Anm. 148 Cultural Studies 49 Cultural Weekend 359 D
Dabke 304 Anm. 99, 237, 284–285, 305, 349 Anm. 363, 354 Anm. 372 Dachorganisationen 99, 111, 118, 150 Anm. 5, 151 Anm. 7, 325 Anm. 322 Damen-Komitee, siehe Ladies Auxilary Committee Datenbank 119 Anm. 24, 142 Anm. 65, 201 Anm. 88, 204–205, 308 Anm. 289 Datenmaterial 140 DebütantInnenbälle 249 Anm. 190, 339 Anm. 350 Denkmäler 241 Anm. 176, 268 Anm. 237, 370 Desacralization 62 Anm. 39 deterritoriale Beziehungen 45, 113 Anm. 9, 375 deterritoriale Netzwerke 78–79, 92, 115, 334, 352, 380 deterritoriale Vernetzung 352–362, 375 Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) 113 Devotionalien 243, 280 Anm. 253 Dial Before You Dig 171, 343–345, 348 Dialekt, arabischer/libanesischer/lokaler 111, 122, 208 Anm. 102, 281, 307 Diaspora 41–59, 86–87, 93–101, 330, 363–380, 384–387 – Arbeits- 47 – Definitionen von 42–48
487
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Register
– deterritoriale 47 – Handels- 46–47, 102, 112 – imperiale 47 – Kernelemente von 42–45 – Kritik an Konzepten der 55–59 – Opfer- 47, 87 Anm. 89 – performativ-hybride 50–51, 57 – symbolisch-ethnische 46 – transnationale 45–47 – Typen von 45–48 Diaspora als Bewusstseinsform 51 Anm. 23 Diaspora als hybride Gemeinschaftsform 49–51 Diaspora als Kategorie der Praxis 42, 48–55 Diaspora als mediale Produktionsweise 51–53 Diaspora als Prozess sozialer Bewegung 53–55 Diaspora als Sozialform 51 Anm. 23 Diasporaforschung 36, 39–59, 93–101, 112, 114 Diaspora-Gemeinschaften 10, 45 Anm. 15, 55 – siehe auch diasporische Gemeinschaft Diaspora-Konzepte 41–59 Diasporakultur 50 Diaspora-MigrantInnen 55 Diasporaverständnis 10 – klassisches 42, 86, 87 Anm. 89 – neues 48–55, 86–88, 363–380 Diasporic Entrepreneurs 49 diasporische Erfahrungen 42 diasporische Gemeinschaft 33, 49, 53, 57, 97, 99 – siehe auch Diaspora-Gemeinschaften diasporische Imagination 54–55 diasporische Medien 52, 142, 186 diasporisches Bewusstsein 55 Dichte Beschreibung (Thick Description) 139, 146, 149 Dichte Teilnahme 138 Differenzen, kulturelle 35, 63–64, 117 Anm. 18, 227 Anm. 142, 370, 379 Differenzierung, innere 113, 119, 386 Digital Identity Practices 52 Anm. 25 Digitale Medien 52, 79 Anm. 69, 81 Anm. 74, 187 Anm. 54 Diman Lebanese Centre 138 Anm. 56
Diskriminierung 54 Anm. 28, 58, 68, 99, 237 Anm. 172, 328 Anm. 329 Diskurse 33–37, 55, 60–61, 68, 75–78, 369 – diskriminierende 325, 334 – fremdenfeindliche 380 – gegensätzliche 37 – gesellschaftliche 119, 334, 373 – konträre 220–221, 279 Anm. 252, 300 – mediale 35–36 – politische 36 – rassistische 229 – (re-)produzierte 58, 186 Diskussionsplattformen 98, 376 Distanz, räumliche 97, 184, 187 Anm. 55, 248, 302 Anm. 282, 360 Distinktion 41 Anm. 4, 71, 229–247 – siehe auch Abgrenzung, Symbole zur Abgrenzung DNA 168, 204 Anm. 95, 208 Anm. 100 DNA-Test 204 Anm. 95 Dokumentation 53 Anm. 26, 175, 187–194, 355, 367, 372 Dokumentenrecherche 123, 143 Domäne/Domain 76, 82–85, 88 Anm. 94, 184 Anm. 49, 190–191 Doppelte Hermeneutik 108 Dörfer (Villages) 97–100, 120–125, 206–216, 261–283, 287–289, 303 Dorf-Ethnographien 142, 147 Dorfgemeinschaften 97, 113 Anm. 9 Dyldam 347 Dynamiken 37, 40 Anm. 1, 47, 69, 88, 363–380 E
Ehden Massaker 115, 219 Anm. 128, 293 Anm. 268 Ehe 108, 219 Anm. 127, 231–233, 255 Anm. 206, 279 Anm. 252 ehrenamtliches Engagement 172, 149–186 Einwanderergeneration 119 Anm. 25, 122, 234 Anm. 166, 263 Anm. 228, 291, 330, 342 – dritte 122, 210 Anm. 106, 246 Anm. 185, 307, 359 Anm. 379 – erste 232 Anm. 157, 290, 329, 360 – zweite 156 Anm. 14, 227 Anm. 142, 233 Anm. 159, 261 Anm. 223, 313 Anm. 300, 360
Sachregister
Einwanderergruppe 100, 116 Anm. 18, 212, 213, 226 EinwanderInnen 210, 211 Anm. 108–109, 227 Anm. 141, 255 Anm. 207 Einwanderung 35, 59, 87 Anm. 91, 98, 142 Anm. 64, 404 Einwanderungsländer 33, 39, 94, 116–117 Einwanderungsphasen 94 211 Anm. 108–109, 227 Anm. 141, 261 Anm. 223, 279 Anm. 252 Einwanderungspolitik 223, 328 Anm. 330, 385 Eisbrecher 122 Elective Sociality, siehe Zugehörigkeit, gewählte Elemente, theorierelevante 38, 103, 147 Embleme 157, 199, 238–239, 332, 350, 370, 374 Emojis 189, 284, 289 emotionale Ortsbezogenheit 111 – siehe auch Place Attachment, Sense of Belonging emotionale Praktiken 73–74, 86, 111, 145, 290–333, 376 – siehe auch Praktiken Emotionalität 136, 364 empirische/n Erhebung 58, 102–143, 184 Anm. 48, 384 – siehe auch Methoden – Herausforderungen bei der 106–112 – multi-lokale 102–128 – multimethodische 128–143 Empowerment 363, 386 Engagement 38, 69, 75 Anm. 65, 88, 149–186, 365–369 – ehrenamtliches 172 – individuelles 164, 252, 371 – kollektives 43 – wohltätiges 316–321 – zivilgesellschaftliches 385 engagierte Individuen, siehe Individuen des Engagements Enklave 46 EntscheidungsträgerInnen 145, 313, 322, 378 – informelle 77, 164–178, 369 – offizielle 151–164 – politische 386 Entwurzelung 41, 56 Anm. 33, 58 Eparchie 193, 261 Eremit 162 Anm. 20, 198 Anm. 82, 278
Erfahrungen 38, 199, 211–215, 277, 372–375, 378 – Alteritäts~ 368 – außergewöhnliche 278 – Differenz~ 50–51, 57, 229 Anm. 150 – Diskriminierungs~ 304 Anm. 284 – Rassismus~ 334 – transzendente 373 Erfolgsgeschichten 225 Erinnerungsbücher, siehe Memorial Books Erlebnisse, emotionale 368, 374 ero-epische Interviews 129 Anm. 46, 132–133 Erzählungen (Narrative, Stories) 66, 82 Anm. 76, 83, 90, 205–229, 372–373 – siehe auch kollektive Narrative Essentialisierung/Essentialismus 42 Anm. 7, 79 Anm. 68 essentialistische Falle 105 Anm. 2 Ethnic Revival 60, 94 ethnische Differenz 60–65 ethnische Kollektive 59–60, 64 ethnische kollektive Identität 65–68 ethnische Linsen 36, 38, 57 ethnischer Schmelztiegel (Melting Pot) 59, 116 Anm. 18 Ethnizität, imaginierte 40, 57–59, 88–90, 136, 186–247, 374 – siehe auch imaginierte ethnische Identität Events 54, 66, 91, 333–362, 379–380, 472–473 – siehe auch Veranstaltungen – edukative 343–345, 372, 385 – fachspezifische 343–345, 383 – gemeinschaftsstiftende 335–342, 380 – öffentlichkeitswirksame 383 Executive Committee der ABA 477–479 Exil 43 Anm. 8 ExpertInnen 131 Anm. 47, 324 – ambitionierte 364, 366 – externe 364, 366–367, 380 ExpertInnenwissen 121, 132–134, 143, 194 Exploration 111, 117, 120 explorative Feldforschung 124 explorative qualitative Interviews 121 externe Vernetzung 91, 120, 230, 342–352, 356, 369, 380, 383 Extrempositionen 33
489
490
Register
F
Fabrikarbeit 153 Facebook 139–143, 147, 177, 376, 283–287, 474–475 Facebook-Alben 214, 285 Facebook-Gruppe 140, 183, 193, 203–204, 285–287 Facebook-Kommentar 279, 300, 337, 351 Facebook-Seite 265, 284, 289, 330, 140, 372 FaceTime 189 Anm. 58 Face-to-Face 54 Anm. 27, 76, 139, 173, 351, 376 Fallbeispiele 40, 46, 103, 113, 120, 146, 386, 391 Familie/Family 207–208, 234 Anm. 167 – siehe auch Ursprungsfamilien Familienansehen 235 Familienfeiern 127, 137, 257, 262–263, 274, 333–355 Familiensinn 234 Anm. 167 Familienunternehmen 46, 165, 213, 292 Anm. 267, 310 Family Association 228 Anm. 144 Family Dinner 286 Family Room, siehe Wohnzimmer Family Trees, siehe Stammbäume Ferienhäuser 273 Feste 61, 110, 123, 137, 352–362, 370 Financial Person 165–168, 214, 247, 269, 293, 303 Finanzkrise 165, 313, 386 Flexibilität 40, 42, 57, 106 Anm. 5, 364, 368, 378 Flüchtigkeit 71, 91 Flüchtlinge 41 – palästinensische 223 Anm. 133 – Quasi- 227 Anm. 141 – syrische 223 Anm. 133 Flüchtlingspolitik 35 FluchtmigrantInnen 34–36, 112, 385 Flughafen (Airport) 182, 211 Anm. 110, 214–215 Flugzeug (Airplane) 211 Anm. 107, 273 Anm. 241 Fluidität 51, 70–71, 105 Football, Australian Rules 158–159 Fördermittel 165–168, 254, 366 Forschungslücke 40, 58, 93
Forschungsstand, siehe Stand der empirischen Forschung Forschungsstrategie, zirkuläre 37, 88, 102 Fotoalbum 195 Anm. 73, 200, 253 Anm. 203 Fotos 138, 141–143, 173–177, 185, 189, 243 Fragmentierung 79 Anm. 68, 85 Anm. 82, 97, 113 Anm. 10, 117, 371 – innere 37, 87 – starke 42 Anm. 6, 115 französische Mandatszeit 222, 264 Anm. 230 Fremdbilder 98, 229, 300, 314 Fremdzuschreibungen 33, 61, 86 Anm. 86, 148 Anm. 1, 219 Anm. 128, 312, 375 Friedhof 196 Anm. 74, 258, 393, 399 Frühstück 257–258, 282, 309 Anm. 292, 319, 350, 356–357 Function Coordinator 155, 159, 237, 257, 335, 342, 351 Fundraising 172, 183 Anm. 44, 269, 319–320, 334 Funeral Assistants 298 Funeral Coordinator 155, 259, 298 Funktion 145, 152, 164, 357, 368, 381 – leitende 150, 155, 360, 369 – offizielle 151, 168–169 – repräsentative 150, 368 – übergeordnete 131 – untergeordnete 79 Anm. 68 – unterstützende 87 Anm. 93 – zentrale 121, 130 Fußnoten 38, 92, 103, 117 Anm. 18, 147, 206 G
Gangs 35, 227 Anm. 142 Gastfreundschaft/Gastfreundlichkeit 109, 229, 235, 306 Gatekeeper 106–107, 132 Anm. 49 Geborgenheit 246 Anm. 185, 305, 377, 385 Geburtstag 189, 274–275, 302 Gedächtnisprotokolle 135, 139, 143 Gedächtnisstütze, siehe Mnemonic Device gefühlte Vergemeinschaftung 69–74 Geistliche 130, 160 Anm. 19, 161, 171, 235, 356 Anm. 375, 368 Geltungsbereich der Theorie 384–387 gemeinsame Interessen 38, 61, 88–91, 290– 332, 364, 379–380, 385
Sachregister
Gemeinsamkeiten, alltagspraktische 37, 86, 364, 367, 369, 385 Gemeinschaft (Community) 37–38, 40 Anm. 1, 46, 68–78, 86–92, 363–380 – siehe auch Gruppe GemeinschaftsbewahrerInnen, beobachtende 364, 366 Genealogie 178, 201–205, 372 – siehe auch Stammbäume Gender 50, 91 Anm. 102, 108, 150, 369, 387 General Meeting 349 Generator 268 Anm. 237, 270 Anm. 238 Geopolitik 383 Geschichte der Migration, siehe Migrationsgeschichte Geschichte, gemeinsame 166, 176 Anm. 34, 205–229, 238, 367, 372, 376 Geschichte der libanesischen Migration 94–98, 211 Anm. 108–109, 227 Anm. 141, 279 Anm. 252 GeschichtenerzählerInnen, talentierte (Storyteller) 66, 103, 194–201, 367 Geschlechterrollen 100, 109, 150, 230, 232 Geselligkeit 302–307 Gesellschaft 35–36, 45–46, 56, 78, 363, 386 – amerikanische 148 Anm. 4 – australische 166, 194 Anm. 70, 224, 231 Anm. 154, 236 Anm. 171, 238 – multikulturelle 150 Anm. 5 gesellschaftliche Inklusion 101, 148 Anm. 4, 314, 365, 368, 380, 386 Gesetze 65 Anm. 49, 75, 224, 235, 239, 366, 374 GesprächspartnerInnen, siehe InterviewpartnerInnen Gesprächsverlauf 132–135 geteilte Werte 210, 235, 366, 368 – siehe auch Werte Gewohnheiten 49 Anm. 16, 62 Global Village 97 Anm. 14 Globalisierung 46, 51, 219 Anm. 127, 383–384 Golf 240, 257, 335 Anm. 344, 348, 350–351, 359 Grand Liban (Großlibanon) 114 Anm. 13 Grand Narratives (Metaerzählungen) 65 Anm. 49, 373 Grenzbereich 56, 81, 377
Grenzen 56, 90 Anm. 98, 93, 114 Anm. 13, 145, 385 – imaginierte 134 Anm. 52 – nationalstaatliche 44, 316, – räumliche 50 Anm. 21, 377, 89 Anm. 98 – religiöse 93 – soziale 89 Anm. 98 Grenzen der Studie 128 Grenzerhalt (Boundary Maintenance) 44–45, 63, 101 Grenzmarkierungen, siehe Boundary Marker Grenzregime 383 Grenzziehungen 36, 38, 61, 86, 267 Anm. 235, 369 Großfamilien 34–35, 110, 115, 140, 154, 192, 214, 219 Anm. 128, 226, 291, 298 Großlibanon, siehe Grand Liban Grounded Theory 102, 143 Anm. 69 Grundherrschaft, christliche 216–221 Gruppe, ethnische 42, 60–61, 101 – siehe auch Gemeinschaft Gruppenbewusstsein (Wir-Bewusstsein) 43, 60–65, 90, 369 Gruppenfotos 192 Anm. 64, 155–156, 212, 245, 330, 361 Gruppensolidarität 364, 376 – siehe auch Solidarität Guide 198–199 H
Habitus 73 Anm. 62, 229 Anm. 150 Hadath el Jebbeh Charity 118 Anm. 21, 138 Anm. 56, 393, 396, 400 Hall Coordinator 153 Anm. 10, 252 Handels-Diaspora 46–47, 102, 112 Handlungen 74 Anm. 35, 48, 64, 70 Anm. 58, 103, 231 Anm. 152 Harbour Cruises 340 Anm. 353, 335 Hauptkategorien 144–145, 144 Anm. 70, 476 Hauptwohngebiete (Wohngebiete) 90, 247– 249, 255, 257 Anm. 213, 313, 394–395 Haus, siehe Privathaus Hausangestellte (Maids) 112, 263 Anm. 229, 277 Haushaltseinkommen 313, 401 HausiererIn/Hawker 94, 211 Anm. 108
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Register
Heiliger (arab. für Mar, Saint) 162 Anm. 21, 242 Anm. 178, 244, 280 Anm. 253, 287, 353–357 Heimatgefühl 44, 246 Anm. 185, 275 Heimatort/-dorf, siehe Identifikationsort HeldInnen, vorbildliche 364, 367, 372, 375 Here Come the Habibs 35, 227, 349 Anm. 364 Heritage Festivals 380 Heritage Grant 323 Herkunft, imaginierte 206–216, 303, 370, 372, 380, 385 Herkunftsland 42 Anm. 6, 41–51, 56, 87 Anm. 89 Herkunftsorientierung (Homeland Orientation) 43, 87 Herkunftsort/-dorf, siehe Identifikationsort Hilfeleistungen 272, 366, 374 Homeland Orientation, siehe Herkunftsorientierung Homepage, siehe Webseite Hometown Associations, siehe Village Associations Hrisee (arab. für Weizengericht) 245 Anm. 183, 338, 355 Anm. 374 Hubbly-Bubbly, siehe Arghileh Hybridität 42 Anm. 7, 45 65 Anm. 47, 87, 370 I
Idealisierung 43, 373 IdeengeberInnen, pragmatische 364, 366 Identifikationsort (Heimatort/-dorf, Herkunftsort/-dorf) 91 Anm. 101, 97, 208 Anm. 102, 261–283, 368, 373–375 Identität, kollektive 60–65, 88–90, 100, 186–246, 369–373, 377 Identitätselemente (Identitäts-Fragmente, Identitätsressourcen) 58, 63, 234, 369–371, 376, 385 – ethnische 36 – libanonbezogene 117 – zentrale 216 Identitäts-Fragmente, siehe Identitätselemente Identitätskonstruktionen 39, 52, 57, 78, 65– 68, 204 Anm. 95 – individuelle 71, 97 – kollektive 60, 65 Anm. 48, 145 – siehe auch kollektive Identität
Identitätsmarker 54 Anm. 29 Identitätsressourcen, siehe Identitätselemente Identitätsverständnis, prozessuales 63 Anm. 42 Identity Talk 66 Anm. 51 Imaginationen (Vorstellungen) 38, 51–55, 60–74, 86, 369–373, 387 – diasporische 54–55 – paradiesische 382 – romantisierende 214, 277 Imagined Communities, siehe vorgestellte Gemeinschaften imaginierte ethnische Identität 95 Anm. 6, 106 Anm. 6, 246 Anm. 187, 363–364, 369–373, 385 – siehe auch Ethnizität implizite Regeln 382 Individualismus 230 Anm. 152 Individuen des Engagements (engagierte Individuen) 145 Anm. 71, 149–151, 178, 363, 365–369, 374 induktive Vorgehensweise 102, 145 Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) 51 informelle Beziehungen 73 Anm. 61, 316, 322, 377–378 informelle EntscheidungsträgerInnen 76–77, 164–178, 369 informelle Gespräche 132, 139, 143, 146, 229 Anm. 149 Infrastruktur 115, 149, 257, 267–273, 343, 392–393 Infrastrukturmaßnahmen 267–273, 287 Inklusion 55 Anm. 31, 56, 145–146, 237 Anm. 172 – gesellschaftliche 101, 148 Anm. 4, 314, 365, 368, 380, 386 – migrantische 57 Inkorporation, gesellschaftliche 55 Anm. 31 Innovator 157–160, 239, 335, 342–346 Insider-Outsider-Perspektive / Insider-Outsider-Sicht 103–128, 131, 234 Anm. 165 Insider-Studien 98–101 Instagram 34, 140, 162, 283, 376, 474–475 Instant-Messaging-Dienste 134 Anm. 52, 140 Anm. 60, 287
Sachregister
Institute for Migration Studies (IMS) 98, 121 Anm. 29, 124–125, 127 Anm. 43 Institutionen 45, 72, 86–88, 93–94, 364–371, 374–376 – diasporische 113 – geeignete 382 – gegründete 38, 366, 370, 376 Integration 87, 95, 238, 328 Anm. 331, 339–342, 385 Interaktionen 38, 101, 114, 130, 136–139, 205 Interaktionsfelder, spezialisierte (Netdoms, Netzwerkdomänen) 82–85, 151–164, 314– 332, 364–379 – externe 146, 368, 378, 380 – kulturelle 364 – ökonomische 364 – politische 364 – solidarische 364, 377 – synergiebezogene 146, 378 Interaktionsrituale 302 Interessen 39, 75 Anm. 65, 248, 366–367, 370, 374, 377–378 – gemeinnützige 368 – gemeinsame 38, 61, 88–91, 290–332, 364, 379–380, 385 – neue 86 – persönliche 103, 164 – politische 150 Anm. 5 Interessenverbände 370 InteressenvertreterInnen 149, 329, 364, 366 interkulturelle Kompetenz 385 InterviewpartnerInnen (GesprächspartnerInnen) 103, 126, 130–136, 140, 146, 451–471 Interviews, siehe qualitative Interviews Interviewtechniken und Themen 132–136 Invarianten 37, 363 Invention Spillover 85, 379 Islam 392 Islamfeindlichkeit 35 Isolation 58, 219 Anm. 127 J
Joseph Wehbe Walk 243, 326 Jüdinnen und Juden 41, 53 Anm. 26 jüdische Diaspora 41 Anm. 2, 42, 47 Jugend, siehe Youth
JugendkoodinatorIn, siehe Youth Group Coordinator Jugendliche 100, 109, 198, 207, 235, 339–343 K
Kafala-System 112 Anm. 8 Kategoriendimensionen, siehe Analysedimensionen Kategoriensystem 102, 143–145 Kennziffern 132, 135, 141, 146–147, 451–471 Kfarsghab Australian Family Tree Association (KAFTA) 142 Anm. 65, 201 Anm. 88 Kfarsghab Club (of Easton) 138 Anm. 56 Kfarsghabis 123 Anm. 132, 225 Anm. 136, 234 Anm. 164, 285 Anm. 258, 339 Anm. 351, 343 Anm. 357 Kfraussies/Frozzies 219 Anm. 128 Kirche 160, 179, 196, 244, 258, 375 – anglikanische 260 Anm. 222 – antiochenisch-orthodoxe 118, 361 Anm. 385 – evangelische (protestantische) 104 – katholische 165, 259 Anm. 218 – lateinische, siehe Westkirche – Mar Awtel 301 Anm. 280 – Mar Charbel 162 – Mar Saba (St. Saba) 222, 284, 301, 354 – maronitische 114 Anm. 11, 216–221, 260 Anm. 222, 261, 264 Anm. 230, 342 – melkitisch-griechisch-katholische 326 Anm. 324 – Our Lady of Lebanon 160–161, 218 Anm. 126, 244, 260, 261 – protestantische, siehe evangelische – römisch-katholische 114 Anm. 12, 249 Anm. 190, 341 Anm. 354 – St. Raymond 161, 164, 245 Anm. 181 – St. Saba, siehe Mar Saba Klientelismus 85, 315 Anm. 301, 330 Kloster 160, 162 Anm. 20, 197 Anm. 79, 217 Anm. 122–123, 264 Anm. 230, 278 Knoten 80, 85 Anm. 84, 89 Anm. 95, 134, 141 – siehe auch Schalter Kochbücher 53, 246 Anm. 187 Kodierung 145–146 kollektive Identität 60–65, 88–90, 100, 186– 246, 369–373, 377
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– siehe auch Identitätskonstruktionen kollektive Narrative (Collective Narratives) 66–67, 90 Anm. 100, 372–373, 376–379 – siehe auch Erzählungen – Bedeutungen 205–247 – Themenkomplexe 90 Anm. 99–100, 205–247, 372 kollektives Gedächtnis 67 Anm. 53 Kollektivismus 230 Anm. 152 Komitee 164, 151–164, 214 Anm. 116, 271, 324, 338 Kommunikation 38, 65, 78 Anm. 67, 80, 247–289, 374–376 Kommunikationsnetzwerke 37, 57, 89 Anm. 95, 136, 140 Anm. 58 kommunikative Flüsse 81 Kompetenzen, individuelle 368 Kondolenzfeiern, siehe Trauerfeiern Konfessionen 118, 255 Anm. 208, 260, 326, 371 Konflikte 79, 107, 116 Anm. 18, 152 Anm. 8, 166, 234, 297 Anm. 274 Konfliktlinien 100 Anm. 19, 122, 152 Anm. 9, 375 Konnektivität, kommunikative 38, 78–82, 119, 363–364, 380 konstruierte Ursprünglichkeiten 68 Konstruktionen 51, 59–68, 103–105, 123 Anm. 38, 186–205, 367, 372 Konstruktionsprozesse 61 konstruktivistische Perspektive 60, 38, 82 konstruktivistisches Ethnizitätsverständnis 53, 59–65 Konsul 123 Kontaktzonen 56 Anm. 34 Kontextabhängigkeit 364, 385 Kontexte 46, 56, 77, 87 Anm. 89, 119, 141, 371, 373 – externe 373 – historische 367 – kulturelle 61, 114 – lokale 386 – politische 56 – soziale 73, 75, 83 – umgebende 39, 92, 371, 374 Kontextwechsel (Switchings) 46, 83, 89 Anm. 97, 368
konventionelle Werte 230, 231 Anm. 154, 276, 370, 376, 378 – siehe auch Werte KoordinatorInnen, motivierende 364, 366, 379 Krankenbesuche 291–296 Kulturbegriff, bedeutungsorientierter 50 Anm. 19 kulturelle (Re-)Produktionen 51, 58, 96 Kulturlandschaft 114 Anm. 11, 115, 264 Anm. 231 KundInnen 165 Anm. 23, 73, 309, 312 Anm. 297, 351 Kunst 97, 232 KünstlerInnen 34, 96, 103, 337, 356 L
Labor Party 321–328, 323 Anm. 320, 328–329 Anm. 331, 343 Anm. 356 Ladies Auxilary Committee (Damen-Komitee) 170–172, 181 Anm. 41, 182, 239, 355–357 Leader 77, 121, 145, 156 Anm. 14, 225 Anm. 136, 312 Anm. 299 – Community 49, 99 Anm. 17, 228 Anm. 148, 362 Anm. 385 – politische 115 Anm. 16, 216 Anm. 120, 330–332 – richtungsweisende 364, 366 – Tribal 216 Anm. 120 Lebanese Ancestry 86 Anm. 86, 95 Anm. 6, 234 Anm. 166, 350, 394–397 Lebanese Australians 98–101, 107, 114, 150 Anm. 5 Lebanese Emigration Research Center (LERC) 98, 121 Anm. 29, 142 Lebanese Forces 329–332 Lebanese Identity 86 Anm. 86, 115 Anm. 14, 209 Anm. 104 Lebensstile 63 Anm. 41, 51, 71, 236 Anm. 171, 374 Lebenswelt 98–101, 136–139, 218 Anm. 124, 248, 255, 362, 371–374 Lebenszyklus 110, 296, 368, 377, 379 Leidenschaften, geteilte 70, 230, 236–238, 336 Leitfäden 112, 130, 133–134 libanesische Diaspora 41–42 Anm. 6, 93–101, 102, 113 Anm. 10, 329
Sachregister
libanesische Küche 234, 246 Anm. 185 Libanon 93 Anm. 1, 94–101, 114 Anm. 13, 115, 390, 404 Libanonbesuche 273–283 Liberal Party 323 Anm. 320, 325, 328 Anm. 331, 343 Anm. 356 Live-Broadcast 288–289 Lobbyarbeit 245 Anm. 181, 314–328, 378 lokale Gemeinschaft 317, 327 Anm. 326 M
Macht 80, 89 Anm. 96, 91, 156 Anm. 14, 190, 227, 264, 333, 369, 387 Magazine 52, 94, 142, 187 Anm. 54, 209 Anm. 103 – siehe auch Booklets Maids, siehe Hausangestellte Maintenance Team 253, 257, 293 Mar Antonios 473 Mar Barbara 162, 164, 197 Anm. 77, 244–246 Mar Charbel 162, 258, 259 Anm. 216 Mar Daniel 472 Mar Elias 197, 265 Anm. 232, 268 Anm. 237 Mar Marina 197 Anm. 79 Mar Saba 161–164, 162 Anm. 20, 244–245, 246 Anm. 184, 288 Mar Saba Feast 288 Anm. 262, 353–357 Mar Sarkis 196 Anm. 74 Mar, siehe Heiliger Marker 46, 63, 88, 334, 371 – siehe auch Boundary Marker Marketing 69, 71, 73, 217 Anm. 123 Maronite Academy 333 Anm. 341 Maronite College of the Holy Family (MCHF) 261 Anm. 224, 393, 396–400 Maronite Frassati Adventurers 341 Anm. 354 Maronite Youth Organisation (MYO) 111, 244, 341–342 Maroniten / maronitische Gemeinschaft 113 Anm. 10, 114–115, 128, 208, 209 Anm. 104, 259–260 maronitische Kirche 114 Anm. 11, 216–221, 260 Anm. 222, 261, 264 Anm. 230, 342 Masken 70 Materialrecherche 141–143 MaxQDA 135, 143–144, 476
Media Man 173–178, 187–205, 214–215, 245, 274 Anm. 242, 280–289 Medien 33, 52, 322, 328 Anm. 329, 372, 379, 385 Mehrheitsgesellschaft 54, 56 Anm. 34, 93, 98–101, 206, 228, 231, 370–372 Melting Pot, siehe ethnischer Schmelztiegel Memorial Books (Erinnerungsbücher) 53 Anm. 26 Metaerzählungen, siehe Grand Narratives Methoden, empirische 102–143 – siehe auch empirische Erhebung methodologischer Nationalismus 56, 86 Anm. 86 Middleman 178–182, 193, 202, 281, 356–357 MigrantInnen 51, 55, 93–94, 229 Anm. 150, 236 Anm. 171, 263, 328 Anm. 330 Migration 33, 97, 109, 124–125, 134, 217 Anm. 12, 221, 372 Migrationsentscheidungen 296, 373, 384 Anm. 1 Migrationsgeschichte (Geschichte der Migration) 90 Anm. 100, 104, 113, 134, 184 Migrationsstudien 38, 87 Minderheiten 35, 41, 116 Anm. 18, 237 Anm. 172 Miss Lebanon Emigrant 137 Anm. 54 Mitgliedschaft 54, 71, 90, 140 Anm. 61, 158 Anm. 17 Mnemonic Device (Gedächtnisstütze) 66 – siehe auch Trigger Mobilität 45 Anm. 10, 81, 85 Anm. 84, 100, 108, 110, 133 – räumliche 104, 112 Anm. 8, 365 – saisonale 125, 134, 262 Anm. 225, 390 – soziale 46 Moise A. Khayrallah Center for Lebanese Diaspora Studies 125, 127, 142 Monitoring 295 Anm. 272 moralische Verpflichtungen 45 Anm. 11, 229–237, 290–301 Morning Tea 292–293, 319 Anm. 312 Moschee 228 Anm. 147, 312 Anm. 299, 313 Anm. 300, 317 Anm. 307, 375 Moschee der Schiiten 260 Anm. 220 Moschee der Sunniten 260 Anm. 220
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Register
Muchtar (arab. für Ortsvorsteher) 202 Anm. 90, 268 Anm. 236, 357 Multikulturalismus 60, 116–117 Anm. 18, 230 Anm. 151, 304 Anm. 284, 380 – australischer 35, 98, 237 Anm. 172, 315 Anm. 302, 316 Anm. 304, 328–329 Anm. 331, 329 – kanadischer 307 Anm. 287 multikulturelle Gesellschaft 150 Anm. 5 multi-lokale empirische Feldforschung / Multi-Sited Ethnography 102–128, 123 Anm. 38 Museum 142 Anm. 64, 200, 241, 323 Anm. 321 – siehe auch Ausstellungen Musik 52, 64, 150 Anm. 5, 225, 232, 236–237, 336, 349 Anm. 363, 352, 354–355, 361–362, 370 Muslime 211 Anm. 109, 227–228, 255 Anm. 208, 260, 265 Anm. 233, 312, 314, 315 Anm. 303 muslimische Gemeinschaften 43 Anm. 9 Mythen 43, 59, 61, 66–67, 115, 136, 145 Anm. 73, 372–373, 376 N
Nachbarschaft 58 Anm. 35, 84 Anm. 81, 90, 97, 248–261, 262 Anm. 225, 291 Anm. 266 Nachtclubs 72, 220, 278 Nahbeziehungen 70, 78 Narrative Turn 65 Narrative, kollektive (Collective Narratives) 66–67, 90 Anm. 100, 372–373, 376–379 – siehe auch Erzählungen Nationalsport 340 Anm. 352, 370 Neo-Diaspora / neo-diasporische Gemeinschaft 86–87, 363–380, 384–387 Neo-Tribes 37, 58, 69–74 – siehe auch CoP, Vergemeinschaftung Netzwerkdomänen (Netdoms), siehe Interaktionsfelder, spezialisierte Netzwerke 36, 38, 40, 78–85, 367–368, 372, 378 – deterritoriale 78–79, 92, 115, 334, 352, 380 – kommunikative 89 Anm. 95, 134 – soziale 40, 58, 89 Anm. 95 – translokale 49, 81 Networking 321–328, 334, 342–352, 361, 378
Netzwerkkarten 134 Anm. 51–52 Neuausrichtung 37, 346, 350 Neulinge, interessierte 364, 367 New Ethnicities 50 Newcomer 74, 76 Newsletter 52, 67, 105, 142, 326–327, 352 Non-Executive Committee der ABA 155, 477–479 Non-Participant Narratives 67, 90, 136 normative Prinzipien 70, 90, 186, 229–246, 379 – siehe auch Verpflichtungen Normen 45, 65, 74, 104, 145 Anm. 73, 215–216, 231 Anm. 154, 290, 366, 373, 376–379 Nosing Around 120, 136–139 Nutzungs- und Bodenrechte 264–267 O
Observer as Participant, siehe Beobachter als Teilnehmer Occasioned Stories 67, 90 Öffentlichkeitsarbeit 326 ökonomische Zusammenarbeit 85, 152, 164, 270, 308–314 One Nation Party 328 Anm. 331 Online-Plattformen (digitale Plattformen) 33, 91, 139–141, 283–287, 372, 474–475 Operationalisierung 133 Opfer 36, 47, 87 Anm. 89, 215 Organisationsprinzipien 79, 84–85, 114, 119, 374, 378 Orientierungslosigkeit 377, 385 Orte der Kommunikation (Treffpunkte) 38, 90–91, 247–289, 374–376 – bedürfnisgerechte 364, 382 – digitale 72, 364, 374–376 – reale 72, 376 Osmanische Herrschaft 121 Anm. 31, 217 Osmanisches Reich 114–115, 216, 217 Anm. 122, 219 Ostkirche 114 Anm. 11, 260 Anm. 222 Oud (arab. für Saiteninstrument) 225–226, 236, 337 Anm. 346, 358–361 Our Lady of Lebanon Maronite Catholic Parish (OLOL) 160–161, 218 Anm. 126, 244, 260, 261
Sachregister
Outsider (Außenstehende) 103–108, 128, 131, 186, 207, 234 Anm. 165, 364, 367, 369, 374–376, 380 Overseas Blouza Communities 148 Anm. 2, 191 Overseas Communities 81 Anm. 73 P
PalästinenserInnen 53 Anm. 26 palästinensische Flüchtlinge 223 Anm. 133 Paradigmatic Stories (Referenz-Erzählungen, Standard-Erzählungen) 67, 83 Anm. 77, 90, 206, 372 Parallelgesellschaften 34, 36 Parramatta Road 243 Anm. 179 Participant as Observer, siehe Teilnehmer als Beobachter Partizipation 39, 70, 91, 366 Pässe 112 Anm. 8 Patchwork-Identitäten 63–65, 63 Anm. 42 Patriarch 178, 197, 216 Anm. 120–121, 217–218, 225 Anm. 137, 226, 265, 358 Performance/Performierung 44, 51, 66 Anm. 50, 304 Phönizianismus / phönizische Vergangenheit 93 Anm. 1, 209 Anm. 104, 115 (Place) Attachment 53, 72, 303 Anm. 283, 311 – siehe auch emotionale Ortsbezogenheit, Sense of Belonging Plattformen, digitale, siehe Online-Plattformen Politik 35–36, 116 Anm. 18, 329–333, 363, 366–380, 385 – Einwanderungs~ 223, 328 Anm. 330, 385 – Flüchtlings~ 35 – Geo~ 383 – White Australia 35, 237 Anm. 172, 260 Anm. 222, 316 Anm. 305 PolitikerInnen 36, 343 Anm. 356, 321–333, 366–380, 368, 380 politische Leader 115 Anm. 16, 216 Anm. 120, 330–332 politischer Konfessionalismus 113 Anm. 10, 315 Anm. 303 Polyzentrismus 86 Anm. 87 Poster 142, 183, 207–209, 239, 402 postmigrantische Gesellschaften 87 Anm. 91, 363
Postmoderne 51, 63 Anm. 41, 65 Anm. 49, 69, 377–378, 385 postmoderne Diaspora 43 postmoderne Diaspora-Debatte 49–51 postmoderne Gesellschaften 71 postmoderne Sozialität 70 Post-Multiculturalism 328–329 Anm. 331 Posts 132, 141, 143, 199, 277, 284–286 poststrukturalistische Perspektive 88 poststrukturalistische Theorien 42 posttraditionale Vergemeinschaftung 68–69 Anm. 54 Practicioners 73, 75, 99 Praktiken 74 Anm. 64, 74–78, 86, 91, 375–377, 379 – alltägliche 48, 73, 91, 100, 123, 248 – siehe auch Alltagspraktiken – benennende 74, 303, 377, 382 – emotionale 73–74, 86, 111, 145, 290–333, 376 – kommunizierende 74, 128, 146, 377 – mobilisierende 74, 146, 376 – regulierende 74, 146, 376 – soziale 50 Anm. 19, 65 Anm. 49, 74 Anm. 64, 81 Anm. 72 – transnationale 113 Anm. 10, 95, 291–296, 329–333 Praktiken des Grenzerhalts 101 Praxis 37, 42, 48–55, 65, 73, 136, 230, 366, 378, 384 Praxistheorie 74 Anm. 64 Priester 121 Anm. 28, 160–164, 209, 291, 298, 342 Printmagazine 33 Printmedien 52 Anm. 24 Privathaus (Haus, Wohnhaus) 273 Anm. 241, 272–273, 243, 255–261, 274, 288 Prototypenmodell 62–64, 69, 37 Prozessualität 364, 87 pseudo-wissenschaftliche Recherchen 135 Publikationen 76, 94–101, 136 Anm. 53, 185, 187, 315 Anm. 302 – siehe auch Veröffentlichungen Q
qualitative Inhaltsanalyse 141, 143 qualitative Interviews (Interviews) 38, 121, 129–135, 139, 142, 146
497
498
Register
qualitative Komplexanalyse (Auswertung) 143–147 Quellen 59, 131 Anm. 47, 132, 162 Anm. 20, 194–197, 216 Anm. 120 R
Race 41 Anm. 4, 60, 96 Anm. 96 Rahmenbedingungen 60, 75, 92, 119, 314, 363, 384–385 Rassismus 98, 228 Anm. 148, 329 Anm. 331, 334 Raum 51, 62 Anm. 39, 80, 81 Anm. 72, 200 Anm. 86, 244, 260 – arabischer 302, 315 – digitaler 139 – ländlicher 211 Anm. 108 – öffentlicher 56 Anm. 34, 107, 260, 375 – privater 56 Anm. 34, 107 – sozialer 315 Anm. 302 Raum der Ströme, siehe Space of Flows räumliche Mobilität 104, 112 Anm. 8, 365 räumliche Verteilung 43–44, 48, 78, 87, 259 Ready Mades 90 Anm. 99 Recognition/Anerkennung 50, 54 Anm. 28 Referenz-Erzählungen, siehe Paradigmatic Stories Regeln 74–75, 82, 107, 135, 235, 278 Anm. 250, 366, 374, 376–378 RELATIVES’ Facebook-Gruppe 183, 193, 203, 285–286 Religion 54 Anm. 29, 58, 63, 117 Anm. 19, 216–221, 370 religiöse Stiftung, siehe Waqf Remittances (Rücküberweisungen) 96 – political 375 – social 96 Anm. 10 Renovierung 154, 167, 248, 268 Anm. 237, 288, 323–324 ReporterInnen, soziale 187–194, 367, 376 RepräsentantInnen 121, 133, 325 Residenzgesellschaft 33, 45, 230, 334, 363, 379, 386 Residenzland 43, 48, 52 Anm. 24, 56, 87 Anm. 92, 373, 375, 378 Respekt 62 Anm. 39, 108, 160, 233–235, 239, 377
Ressourcen, symbolische 38, 64, 90, 186, 238–247 Restaurants 133, 258, 263 Anm. 226, 281, 341, 357, 375 – siehe auch Ausflugsrestaurant Rezepte 185, 193, 293, 370 Rituale 62 Anm. 39, 70 Anm. 58, 72–74, 145, 297, 368, 370, 377, 379 Rollen 70, 85, 232 Anm. 156, 368 Roots, siehe Wurzeln Routes 49 Anm. 18 Rückkehrwunsch 45, 51, 263, 273 Anm. 241, 373 Rücküberweisungen, siehe Remittances Rugby 158 Anm. 17–18, 159, 239, 335 Anm. 344, 339, 340 Anm. 352, 349 Rundbrief 142–143, 156–157, 160, 177, 204, 251, 267, 336 S
Saint Raymond Charity of Hadchit 138 Anm. 56 Saint, siehe Heiliger saisonale Mobilität 125, 134, 262 Anm. 225, 390 Scales (Skalenebenen) 44, 50 Anm. 21, 57, 75, 286 Schalter 80, 89 Anm. 95, 134, 141, 376 – siehe auch Knoten Scheidung 234 Anm. 163 Schiiten 227 Anm. 141, 260 Anm. 220 Schlüsselpersonen 107, 121, 123 Schmuck 64, 241 Anm. 177 Schulen (Colleges) 108 Anm. 7, 160, 169–171, 217 Anm. 123, 226, 258 Anm. 215, 261 Anm. 224, 267 Schulungen, siehe Seminare Schutzpatrone/Schutzheilige 137, 162 Anm. 20, 244–245, 353–357 Schwerpunktsetzung 379 Segmentierungen (Spaltungen) 50, 56, 99, 113 Anm. 10, 114–115, 331, 371 Segregationsprozesse 280 Anm. 254, 375 Sekundärdaten 141–143 Selbstbeschreibungen 219 Anm. 128, 226 Selbstbilder 67, 140, 237, 264 Selbstverwirklichung 186, 225, 235, 378
Sachregister
Seminare (Schulungen) 343–345 Seniors’ Lunch 192, 292 Anm. 267, 293, 302, 352 Sense of Belonging 182 Anm. 43 – siehe auch emotionale Ortsbezogenheit, Place Attachment Settings 83–84, 117, 135, 370, 373, 383 Sheikh (arabischer Ehrentitel) 121 Anm. 31, 225 Anm. 136, 235, 326 Anm. 323–324 Sicherheit 43, 108, 117 Anm. 19, 361, 377, 385 SIDS and Kids 318 Anm. 309, 351 Sinnformen, geteilte 82, 88 Situated Learning 74 Anm. 63 Situativität 71, 364 Skalenebenen, siehe Scales Skype 189 Anm. 58 Slee’a (arab. für eine Süßspeise) 164, 245 Anm. 182, 246 Slogans 64, 300 Anm. 279, 346, 370, 377 Smartphone 178 Anm. 37, 134 Anm. 52, 189, 197, 202, 275 Soaking and Poaking 136–139 Soccer 239 Anm. 174 Solaranlage 180, 269 Solidarität 44, 51, 59, 91, 128, 140, 206–216, 337, 373 – siehe auch Gruppensolidarität – alltägliche 231, 290–307 – gelebte 377 – kollektive 61 soziale Bewegungen / Social Movements 60, 64 soziale Kontrolle 91, 107, 216, 232, 279, 377 Soziale Medien 52, 141–142, 283, 286, 276– 279, 292, 341 soziale Praktiken 50 Anm. 19, 65 Anm. 49, 74 Anm. 64, 81 Anm. 72 Sozialisation 60, 64, 108, 185, 290, 368, 377 Space of Flows (Raum der Ströme) 80 Spaltungen, siehe Segmentierungen Speisen 181, 186, 245–247, 246 Anm. 186–187, 258 Anm. 214, 334, 362 Anm. 385 Spenden 149, 169–173, 251, 282, 346–352, 367 Spiritualität 219, 364 SponsorInnen 112 Anm. 8, 139, 308–309, 328 Anm. 330, 347–350, 366 Sprachkurse 313 Anm. 300, 328 Anm. 330
Sprachschule 307 Anm. 287 St. George’s Food Festival 361 St. Maroun Kathedrale 218 Anm. 126, 260 Anm. 222, 261 Anm. 223 St. Maroun’s College 261 Anm. 224 St. Monica Gemeinde 358 Anm. 379 St. Patrick’s Kathedrale 319 Anm. 313, 328 Stabilisierung 53, 363, 378, 380, 385 Stamm, siehe Tribe Stammbäume (Family Trees) 142 Anm. 65, 183, 201–205, 286 – siehe auch Genealogie Stand der empirischen Forschung (Forschungsstand) 93–101 Standardbiographien 206, 372 Standard-Erzählungen, siehe Paradigmatic Stories Star of Lebanon (Association) 179, 180, 181 Anm. 40, 267–271 Star of Lebanon Society 179 Anm. 38 State of Origin Nights 335 Anm. 344, 339, 352 Stereotype 33–35, 96 Anm. 12, 227–228, 235, 312 Anm. 297–298, 349 Anm. 364, 373 Stigmatisierungen 219 Anm. 128 Stories, siehe Erzählungen Storytellers, siehe GeschichtenerzählerInnen Strand-Resorts 278 Anm. 248 Strategien 54 Anm. 30, 91, 99, 313–316, 325, 367, 374 Strong Ties 84, 91 Suggestivfragen 135 Sunniten 227 Anm. 141, 260 Anm. 220 Switchings, siehe Kontextwechsel Symbole zur Abgrenzung 70, 76, 90, 238–247, 370 – siehe auch Abgrenzung, Distinktion Sympathy Box 298 Synergie-Effekte/Synergien 164–178, 307– 314, 367 Syrian 93 Anm. 1 syrische Flüchtlinge 223 Anm. 133 syrischer Bürgerkrieg 113 Anm. 10 (syro-)libanesische Gemeinschaften 93–101 T
Tänze 97, 150 Anm. 5, 137, 304–305, 354 Anm. 371, 362 Anm. 385
499
500
Register
Tanzveranstaltungen (Cabarets) 169, 237, 268, 336–337, 346, 350 Teach and Heal 217 Anm. 123 Teilgemeinschaften 371, 374, 378–379 Teilhabe 36, 64, 333 Anm. 341, 336, 342, 354, 361 Anm. 385, 376 teilnehmende Beobachtung, offline 139–141 teilnehmende Beobachtung, online 136–139 Teilnehmer als Beobachter (Participant as Observer) 137–138 Telefonbücher 53, 142, 183 Anm. 46, 255 Anm. 206, 308–310, 309 – siehe auch Blouza Directory Terroranschläge 33, 35, 95 Anm. 9, 98 theoretische Abstraktion 39, 58, 103 theoretische Dimensionen 39, 365, 365–380 theoretische Folie, siehe Analysefolie theoretische Perspektiven 40–92, 130 Theoretisches Sampling 130 Theorie 40–92, 103, 120, 130–131, 149, 363–380 Theorie neo-diasporischer Gemeinschaften 37, 88, 103, 120, 363–380, 384–387 Thick Description, siehe Dichte Beschreibung Tie Signs (Bindungszeichen) 63 Anm. 40 Titanic Legacy 212 Anm. 111 Todesanzeigen 284–286, 299 Anm. 277 Traditionen 62, 65 Anm. 47, 68–70, 109, 163, 166, 219 Anm. 127, 230–232, 370, 379 Transformation (Veränderung) 45, 52, 76, 150, 157–160, 365, 370 Transkriptionen 143 translokale Beziehungen 45 Anm. 10, 107 translokale Netzwerke 49, 81 translokale Sinnhorizonte 81, 140 translokales Dorf 97 translokales Heimatgefühl 44 TransmigrantInnen 56 Anm. 32 transnationale Beziehungen 87, 102, 134, 178, 182 Anm. 43 transnationale Diaspora 45–47, 54, 57–58 transnationale Politik 99, 329–333, 377 transnationale Zusammenarbeit 178, 329–333, 368 transnationaler Sozialraum 81 Anm. 72 transzendente Erfahrungen 373 transnationale (Vernetzungs-)Praktiken 66, 113 Anm. 10, 95, 291–296, 329–333
Trauerfeiern (Kondolenzfeiern) 137, 240, 252, 254, 296–301 – siehe auch Beerdigungen Treasurer 165–167, 318, 342 Treffpunkte, siehe Orte der Kommunikation Trends 73, 77, 91, 366, 370, 374–375 Trennlinien 68, 99, 115, 204 Anm. 95, 280 Anm. 254, 312 Anm. 297, 326 Anm. 324, 329, 334, 371 Triade 48 Anm. 14–15 Trial-and-Error 108 Anm. 7 Tribal Leader 216 Anm. 120 Tribal Marketing 69, 71, 73 Tribe (Stamm) 69 Anm. 56, 70, 240–241 Trigger 66, 88, 207, 370 – siehe auch Mnemonic Device Trophäen, siehe Auszeichnungen/Awards Trustees 175, 180, 252, 294–295 Turks 93 Anm. 1, 217 Typen von Diaspora 45–48 U
Umgang 106, 276, 280, 291, 299, 326 Anm. 324, 371, 378 Umgangsformen 62 Umgangssprache, arabische 111, 122 Umschrift 115 Anm. 15, 263 Anm. 227 Universität/University 104, 124–125, 142, 149, 310, 320 Anm. 314 Unterkategorien 131, 143 Anm. 69, 145–146, 476 UnterstützerInnen 145, 150, 164, 366–367, 380 Unterstützung 48, 58, 149, 291–296, 366–367, 372, 377 Untersuchungsablauf 120–128 Untersuchungsstandorte 113–120 Uploads 167 Anm. 26 Ursachen der Auswanderung 95, 233 Anm. 133 Ursprungsfamilien 203, 206, 208, 372, 376 – siehe auch Familie V
Veranstaltungen 54, 72, 91, 333–362, 379–380, 472–473 – siehe auch Events Verantwortungsbewusstsein 43, 45 Anm. 11, 374, 385–386
Sachregister
Verbindungen, siehe Beziehungen Verdichtungen 78, 82 – kulturelle 81 – regionale 81 Anm. 73 Vereine (Associations) 73, 88, 148 Anm. 4, 150 Anm. 5, 151 Anm. 7, 236 Anm. 171, 374 Vereinsarbeit 152, 220, 239, 321, 332 Anm. 339, 338, 343 Vereinshäuser 138, 154, 250 Anm. 193, 251, 375 Vergemeinschaftung 40, 58, 60–61, 68–78, 91, 333–362 – siehe auch CoP, Neo-Tribes – gefühlte 69–74 – kollektive 38, 70, 91 – posttraditionale 68–69 Anm. 54 Verhaltensroutinen (Ways of Doing Things) 74 Anm. 64, 75 VermittlerInnen, strategische 178–182, 367 Vernetzung 38, 79, 91, 150, 172, 333–362, 379–380 – deterritoriale 352–362, 375 – externe 91, 120, 230, 342–352, 356, 369, 380, 383 Vernetzungsarbeit (Boundary Work) 77, 178, 184, 380 Veröffentlichungen 111, 187–194, 194 Anm. 69 – siehe auch Publikationen Verpflichtungen 70 Anm. 58, 168, 235, 290– 301, 299 – siehe auch normative Prinzipien – moralische 45 Anm. 11, 229–237 – soziale 376–379 Vertrauensbasis 109, 123 Anm. 40, 127 VertreterInnen 99, 121, 151–164, 329–333, 386 Verunsicherung 377, 385 Verwandtschaftsbeziehungen/Verwandtschaftsverhältnisse 33, 58, 177, 201–205, 286, 311, 376 – siehe auch Beziehungen, verwandtschaftliche Village Associations (Hometown Associations) 45, 100 Anm. 18, 117, 150 Anm. 5, 151 Anm. 7, 342, 346 Anm. 361, 348 Village Priest 160–164 Villages, siehe Dörfer Vorbilder 206, 225 Anm. 137, 183 Anm. 44, 368, 372
VordenkerInnen 366, 371, 379–380 vorgestellte Gemeinschaften (Imagined Communities) 54 Anm. 27 Vorsitzende 121, 123, 130, 181–182, 331, 357 Vorstandsmitglieder 151–164, 180, 239–240, 323, 336, 357 Vorstandsvorsitzende 151, 159, 166, 176 Vorstellungen, siehe Imaginationen W
Wählerstimmen 315 Anm. 303, 329 Anm. 332, 329–333, 342 Anm. 356 Wahlgemeinschaften 370 – siehe auch Zugehörigkeit, gewählte Wajaha (arab. für Prestige) 315 Anm. 302 Waqf (arab. für religiöse Stiftung) 179 Anm. 39 Wasta (arab. für vorteilhafte Beziehungen) 132 Anm. 49, 290, 314–316, 315 Anm. 301, 322, 331 Water Project 268–269 Ways of Doing Things, siehe Verhaltensroutinen Weak Ties 85 Anm. 82 Webkameras 264, 287–289 Webseite (Homepage) 190–191, 225, 283, 287– 288, 335 Anm. 343, 336, 372, 375–376 Wechselwirkungen 38, 45 Anm. 10, 57, 78, 96, 127, 140, 169, 385 Weihnachtspicknick 162–163, 168, 257, 303, 320 Weiterentwicklung 37, 57, 74 Anm. 63, 76, 143 Wejbet (arab. für soziale Pflichten) 107, 231, 290 Anm. 265, 291, 297, 370, 376–379 Weltkrieg 87 Anm. 90, 104, 114 Anm. 13, 193, 199, 210 Anm. 105, 223, 226 Anm. 139, 264 Anm. 231 Werbebanner 348 Werte 45, 65, 80, 100, 116 Anm. 18, 233–234, 370 – christliche/religiöse 218, 148 Anm. 4 – geteilte 210, 235, 366, 368 – konventionelle 230, 231 Anm. 154, 276, 370, 376, 378 Wertschätzung 112, 177, 235, 277, 368, 375, 380 Westkirchen (lateinische Kirche) 250 Anm. 192, 258, 260 Anm. 222 WhatsApp 121 Anm. 33, 140 Anm. 60, 189 Anm. 58, 284, 287
501
502
Register
White Australia Politik 35, 237 Anm. 172, 260 Anm. 222, 316 Anm. 305 Wir-Bewusstsein, siehe Gruppenbewusstsein wirtschaftliche Zusammenarbeit 85, 152, 164, 270, 308–314 WissenschaftlerInnen, externe 103–106, 364, 367 Wissensordnungen 50 Anm. 19, 65 Anm. 47, 368, 377 Wogs 229 Anm. 149 Wohltätigkeitsarbeit (Charity Work) 120, 157, 169–173, 316–321, 366 Wohltätigkeitsveranstaltungen 341–342, 346–352, 380 Wohngebiete, siehe Hauptwohngebiete Wohnhaus, siehe Privathaus Wohnzimmer (Family Room) 200, 242 Anm. 178, 256, 273 Workshops 127 Anm. 43, 122 Anm. 34 World Lebanese Cultural Union (WLCU) 111, 121 Anm. 29, 137 Anm. 54, 241 Anm. 176, 278 Anm. 251 Wurzeln (Roots) 49 Anm. 18, 54, 78, 156, 195, 285, 359, 303 Anm. 283 X
Xenophobie 35, 386 Y
Youth (Jugend) 156, 232, 261, 335, 339–342, 366 Youth Committee 156–157, 340 Youth Group Coordinator (JugendkoodinatorIn) 155, 157 YouTube 191, 192 Anm. 67, 237 Z
Zgharta House 138 Anm. 56, 393, 396, 400 Zugehörigkeit, gewählte (Elective Sociality) 70, 385 – siehe auch Wahlgemeinschaften Zusammenarbeit 39, 124–125, 152, 308–333, 366 – berufliche 274 – transnationale 178, 329–333 – wirtschaftliche/ökonomische 85, 152, 164, 270, 308–314
Zusammengehörigkeitsgefühl 59, 86, 91, 186–246, 264, 364, 373 Zusammenhalt 96, 131, 154, 178, 226, 375 Zusammenkunft 125, 138, 248, 258, 279, 333–362 Zusammenkünfte 120, 138, 240, 255, 333–362, 377 Zuschreibungen, ethnische 37–39, 58, 86, 93, 97, 130
Ortsregister A
Accra (Ghana) 119 Anm. 25, 391 Aitou (Libanon) 100 Anm. 18, 116–119, 338 Anm. 348, 390–391 Ajaltoun (Libanon) 122 al-Qurnat as-Sawda‘ (Libanon) 197 Amarillo (Texas, USA) 148 Anm. 3 Annandale (Sydney, Australien) 292 Anm. 267 Arde (Libanon) 173 Anm. 29 Argentinien 95, 148 Anm. 2, 385 Auburn (Sydney, Australien) 161, 227 Anm. 143, 245, 260 Anm. 220, 396, 400 Australien 98–101, 210, 211 Anm. 108–109, 221–229, 260 Anm. 220, 277–279, 402 B
Baabda (Libanon) 472, 390 Baalbek (Libanon) 198, 281, 390 Balou Balaa (Libanon) 472 Barre (Vermont, USA) 148 Anm. 3, 179 Anm. 38, 358 Anm. 379 Barsa (Libanon) 197 Anm. 76, 201 Anm. 89 Bcharre (Libanon) 115 Anm. 16, 116–119, 211 Anm. 108, 219 Anm. 128, 351, 390–391 Beirut (Libanon) 124–125, 198, 221, 260 Anm. 221, 262, 390 Bekaa Kafra (Libanon) 326 Anm. 325 Bekaa-Ebene (Libanon) 278, 280 Anm. 253 Belfield (Sydney, Australien) 260 Anm. 219, 397, 401 Berlin (Deutschland) 34
Ortsregister
Bilad al-Sham 93 Anm. 1, 94 Anm. 2, 217 Anm. 123, 261 Anm. 222 Blacktown (Sydney, Australien) 169, 213 Anm. 114, 313, 392–394, 398 Blouza/Blaouza/Blawza (Libanon) 207– 208, 193, 222, 241, 261–283, 390–391 Brattleboro (Vermont, USA) 359, 361 Anm. 384 Brisbane (Australien) 208 Burlington (Vermont, USA) 148 Anm. 3 Byblos, siehe Jbeil (Libanon) C
Campbelltown (Sydney, Australien) 214, 392–393, 395, 398 Canberra (Australien) 402 Canterbury-Bankstown (Sydney, Australien) 255, 259, 392–401 Caracas (Venezuela) 119 Anm. 25, 391 Carlingford (Sydney, Australien) 158 Anm. 17, 313, 327, 396, 400 Chester Hill (Sydney, Australien) 255 Anm. 209, 260, 396–397, 400–401 Chullora (Sydney, Australien) 255 Anm. 209, 260 Anm. 220, 397, 401 Ciudad Guayana (Venezuela) 148 Anm. 2 Commonwealth War Cemetery (Libanon) 326 Anm. 325 Cumberland (Sydney, Australien) 249, 255, 259, 392–401 D
Dhour Chouier (Libanon) 137 Anm. 54 Diman (Libanon) 116–119, 150 Anm. 6, 161, 180, 193, 390–391 Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) 104– 105, 117–118, 123–124, 247 Anm. 188, 391 E
Easton (Pennsylvania, USA) 117–119, 123–125, 138 Anm. 56, 148 Anm. 4, 235 Anm. 168– 169, 361 Anm. 385, 391 Ehden (Libanon) 115 Anm. 16, 116–119, 219 Anm. 128, 262 Anm. 225, 331, 390–391 Ejbba (Libanon) 472 El Minieh (Libanon) 326 Anm. 325
Ellis Island (New York City, USA) 183 Anm. 44, 204, 212 Anm. 111 F
Fairfield (Sydney, Australien) 349, 392–395, 398 Faraya (Libanon) 278 Florida (FL, Bundesstaat USA) 148 Anm. 3, 185, 287 G
Georgia (USA) 148 Anm. 3 Granville (Sydney, Australien) 254, 321, 324–327, 346, 396, 400 Greenacre (Sydney, Australien) 255 Anm. 209, 397, 401 Guildford (Sydney, Australien) 228 Anm. 147, 255 Anm. 209, 260, 350, 396, 400 H
Hadath el Jebbeh (Libanon) 97 Anm. 13, 116–119, 150 Anm. 6, 270 Anm. 238, 356 Anm. 375, 390–391 Hadchit (Libanon) 97 Anm. 13, 116–119, 329 Anm. 334, 347, 356, 390–391 Halifax (Nova Scotia, Kanada) 117–118, 123–124, 138 Anm. 56, 307 Anm. 287, 362 Anm. 385, 391 Harissa (Libanon) 198 Harris Park (Sydney, Australien) 161, 218 Anm. 126, 244, 260, 396, 400 Hinsdale (New Hampshire, USA) 359 Hrar (Libanon) 326 Anm. 325 Hunter Valley (Australien) 335–336 J
Jbeil (Byblos, Libanon) 104, 198, 262, 390 Jebel Ali (Dubai, VAE) 247 Anm. 188 Jeitta (Libanon) 472 Jounieh (Libanon) 175 Anm. 31, 178, 184, 198–199, 262, 278, 390 K
Kalifornien (USA) 148 Anm. 3 Kanada 118, 124, 148 Anm. 4, 270 Anm. 238, 334, 362 Anm. 385
503
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Register
Karibik / Karibische Staaten / karibischer Raum 96, 104, 384 Anm. 1 Kaslik (Libanon) 160 Kfarsghab (Libanon) 116–119, 211–212, 225 Anm. 136, 234, 237, 243 Anm. 179 Kferzayna (Libanon) 262 Klergsdorp (Südafrika) 119 Anm. 25, 391 Kuba 104, 384 Anm. 1 Kumasi (Ghana) 119 Anm. 25, 391 Kuwait 148 Anm. 2
North Adams (Massachusetts, USA) 148 Anm. 3 North Carolina (USA) 98, 127 Anm. 44, 142, 148 Anm. 3
L
P
Lagos (Nigeria) 119 Anm. 25, 391 Libanon 115–117, 124–125, 290, 314–316, 315 Anm. 303, 390 Little Syria (Sydney, Australien) 211 Anm. 108 Littletown (New Hampshire, USA) 359
Palästina 162 Anm. 20 Paris (Frankreich) 96 Parramatta (Sydney, Australien) 171, 243, 255–260, 317, 325, 392–401 Peoria (Illinois, USA) 119 Anm. 25, 391 Petrópolis (Brasilien) 148 Anm. 2 Philadelphia (Pennsylvania, USA) 285 Anm. 258 Providence (Rhode Island, USA) 117–119, 123–124, 148 Anm. 3–4, 257 Anm. 213, 358–362, 391 Punchbowl (Sydney, Australien) 255 Anm. 209, 259 Anm. 219, 260 Anm. 220, 397, 401
M
Maine (USA) 148 Anm. 3 Mainz (Deutschland) 100 Anm. 18, 104–105, 124–125, 127 Anm. 43 Majdalaiya (Libanon) 262 Massachusetts (MA, Bundesstaat USA) 148 Anm. 3 Mazrat et Teffah (Libanon) 472 Mecca (Mekka, Saudi Arabien) 361 Anm. 385 Melbourne (Australien) 150 Anm. 5, 328 Anm. 329, 337, 402 Merrylands (Sydney, Australien) 259 Anm. 219, 260, 396, 400 Mexiko 35, 95–96 Miami (Florida, USA) 148 Anm. 3, 160 Miziara (Libanon) 116–119, 121–122, 198, 262 Anm. 225, 273 Anm. 241, 390–391 Montreal (Kanada) 96 Morh Kfarsghab (Libanon) 262 Anm. 225, 390–391 Mount Lewis (Sydney, Australien) 255 Anm. 209, 260 Anm. 220, 397, 401 Mudgee (Australien) 335 Mulgoa (Sydney, Australien) 352 Mutalaska (Türkei) 162 Anm. 20 N
New Hampshire (USA) 148 Anm. 3, 283, 359 New York (USA) 96, 120 Anm. 27, 148 Anm. 3
O
Oatlands (Sydney, Australien) 259 Anm. 219, 285, 313, 396, 400 Oman 56 Anm. 34, 58 Oud Metha (Dubai, VAE) 247 Anm. 188
Q
Qadisha Tal, siehe Wadi Qadisha (Libanon) R
Redfern (Sydney, Australien) 158 Anm. 18, 211, 211 Anm. 108, 218 Anm. 126, 260 Anm. 222 Rookwood Cemetery (Sydney, Australien) 258–259, 393, 397–401 Ryde (Sydney, Australien) 227 Anm. 142, 392–395, 398 S
Sad El Baouchriyeh (Beirut, Libanon) 262 Saida (Sidon, Libanon) 198, 390 Sawaqi (Libanon) 262 Anm. 225, 390 Sebaal (Libanon) 262 Shatine (Libanon) 472 Sidon, siehe Saida (Libanon) Smithfield (Rhode Island, USA) 359
Ortsregister
Smithfield (Sydney, Australien) 260 Anm. 219, 396, 400 Sour (Tyros, Libanon) 198, 390 St. Louis (Missouri, USA) 119 Anm. 25, 391 Sydney (Australien) 138 Anm. 56, 87 Anm. 92, 248–261, 263, 271–273, 391–402 Syr el Dunnieh (Libanon) 326 Anm. 325
Vermont (Bundesstaat USA) 148 Anm. 3, 178, 184–185, 204 Anm. 94, 357–360 W
Tannourine (Libanon) 99, 198, 203, 207 Texas (TX, Bundesstaat USA) 148 Anm. 3 The Hills (Sydney, Australien) 256, 313, 392–394, 398 Tripoli (Libanon) 221, 223 Anm. 133, 198, 247, 261–262, 277, 390 Tyros, siehe Sour (Libanon)
Wadi Qadisha (Qadisha Tal, Libanon) 114– 115, 124–125, 192, 262, 275, 390 Wadi Qannoubine (Libanon) 178, 209 Anm. 103, 234 Anm. 165, 273 Washington D. C. (USA) 148 Anm. 3 Wentworthville (Sydney, Australien) 259 Anm. 219, 396, 400 Westmead (Sydney, Australien) 155, 250 Anm. 193, 256, 292, 327, 396, 400 Wollongong (Australien) 335 Woodpark (Sydney, Australien) 260 Anm. 219, 396, 400
U
Y
United States of America (USA) 60, 95, 148 Anm. 4, 182–186, 357–362, 391
Yammouneh (Libanon) 472
V
Zahle (Libanon) 198, 326 Anm. 325, 390 Zgharta (Libanon) 219 Anm. 128, 239 Anm. 174, 262 Anm. 225, 309, 346 Anm. 361, 390–391 Zypern 175
T
Venezuela 96, 119 Anm. 25, 148 Anm. 2, 181, 391 Vereinigte Arabische Emirate (VAE) 9, 117– 118, 124, 148 Anm. 4, 247 Anm. 188, 391
Z
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erdkundliches wissen Schriftenreihe für Forschung und Praxis
Begründet von Emil Meynen. Herausgegeben von Martin Coy, Anton Escher, Thomas Krings und Eberhard Rothfuß.
Franz Steiner Verlag
ISSN 0425–1741
73. Herbert Louis Landeskunde der Türkei Vornehmlich aufgrund eigener Reisen 1985. XIV, 268 S. mit 4 Farb- und 1 Übersichtskte., kt. ISBN 978-3-515-04312-0 74. Ernst Plewe / Ute Wardenga Der junge Alfred Hettner Studien zur Entwicklung der wissenschaftlichen Persönlichkeit als Geograph, Länderkundler und Forschungsreisender 1985. 80 S. mit 1 Abb., 2 Ktn., kt. ISBN 978-3-515-04421-9 75. Ulrich Ante Zur Grundlegung des Gegenstandsbereiches der Politischen Geographie Über das „Politische“ in der Geographie 1985. 184 S., kt. ISBN 978-3-515-04361-8 76. Günter Heinritz / Elisabeth Lichtenberger (Hg.) The Take-off of Suburbia and the Crisis of the Central City Proceedings of the International Symposium in Munich and Vienna 1984 1986. X, 300 S. mit 95 Abb., 49 Tab., kt. ISBN 978-3-515-04402-8 77. Klaus Frantz Die Großstadt Angloamerikas im Wandel des 18. und 19. Jahrhunderts Versuch einer sozialgeographischen Strukturanalyse anhand ausgewählter Beispiele der Nordostküste 1987. 200 S. mit 12 Abb., 32 Ktn., kt. ISBN 978-3-515-04433-2 78. Claudia Erdmann Aachen im Jahre 1812 Wirtschafts- und sozialräumliche Differenzierung einer frühindustriellen Stadt 1986. VIII, 257 S. mit 6 Abb., 44 Tab., 80 Ktn., 19 Fig., kt. ISBN 978-3-515-04634-3 79. Josef Schmithüsen † Die natürliche Lebewelt Mitteleuropas
80.
81.
82.
83.
84.
85.
86.
Hg. von Emil Meynen 1986. 71 S. und 1 Taf., kt. ISBN 978-3-515-04638-1 Ulrich Helmert Der Jahresgang der Humidität in Hessen und den angrenzenden Gebieten 1986. 108 S. mit 11 Abb. und 37 Ktn. im Anh., kt. ISBN 978-3-515-04630-5 Peter Schöller Städtepolitik, Stadtumbau und Stadterhaltung in der DDR 1986. 55 S. mit 12 Ktn. und 4 Taf. mit 8 Fotos, kt. ISBN 978-3-515-04703-6 Hans-Georg Bohle Südindische Wochenmarktsysteme Theoriegeleitete Fallstudien zur Geschichte und Struktur polarisierter Wirtschaftskreisläufe im ländlichen Raum der Dritten Welt 1986. XIX, 291 S. mit 43 Abb. und 12 Taf., kt. ISBN 978-3-515-04601-5 Herbert Lehmann Essays zur Physiognomie der Landschaft Mit einer Einleitung von Renate Müller, hg. von Anneliese Krenzlin und Renate Müller 1986. 267 S., 25 s/w- und 12 Farbtaf., kt. ISBN 978-3-515-04689-3 Günther Glebe / John O’Loughlin (Hg.) Foreign Minorities in Continental European Cities 1987. 296 S. mit zahlr. Ktn. und Fig., kt. ISBN 978-3-515-04594-0 Ernst Plewe † Geographie in Vergangenheit und Gegenwart Ausgewählte Beiträge zur Geschichte und Methode des Faches. Hg. von Emil Meynen und Ute Wardenga 1986. 438 S., kt. ISBN 978-3-515-04791-3 Herbert Lehmann † Beiträge zur Karstmorphologie Hg. von Friderun Fuchs, Armin
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In den Medien postmigrantischer Gesellschaften wird zunehmend von ethnischen Gemeinschaften berichtet, obwohl man im Kontext von Globalisierung, Integration und Individualisierung deren Auflösung erwarten sollte. Allerdings ist eine Transformation ethnischer Migrantengruppen erkennbar, die nach einem neuen Verständnis von Diaspora verlangt. Marie Johanna Karner zieht für ihre Studie ethnologische, ökonomische und soziologische Konzepte sowie geographische Perspektiven heran. Ihre empirischen Erhebungen in Australien, Kanada, den USA, dem Libanon und Dubai ermöglichen die Formulierung einer „Theorie der Neo-Diaspora“, die
ISBN 978-3-515-12830-8
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Sinn, Funktion und Dynamik neo-diasporischer Gemeinschaften im 21. Jahrhundert verstehbar macht. Das Engagement von Individuen fördert die Anpassungsfähigkeit und Stabilität der Neo-Diaspora. Als zentrale Identität dient die Imagination einer gemeinsamen Herkunft, wenngleich geteilte Interessen und Networking im Vordergrund stehen. Die Solidarität unter alten und neuen Mitgliedern wird über Interaktion und Narrative, die zusammenhaltende Imperative vermitteln, gesichert. Aus diesen Gründen werden neo-diasporische Gemeinschaften in einer nationalstaatlichen, globalisierten Welt an Bedeutung gewinnen.
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