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German Pages 312 [320] Year 1968
STUDIEN ZUR DEUTSCHEN LITERATUR
Herausgegeben von Ridiard Brinkmann, Friedrich Sengle und Klaus Ziegler
Band 12
ALEXANDER VON BORMANN
Natura loquitur. Naturpoesie und emblematische Formel bei Joseph von Eichendorff
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1968
D 188 Gedruckt mit Unterstützung der Ernst-Reuter-Gesellschaft Berlin und der Stiftung Volkswagenwerk © Max Niemeyer Verlag Tübingen 1968 Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany Satz und Drude: Bücherdruck Wenzlaff KG, Kempten Einband von Heinr. Koch, Tübingen
INHALT
Einleitung: Naturpoesie und romantische Hieroglyphe (emblematische Formelhaftigkeit)
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§ χ. Der dialektische Ansatz in Eichendorffs Bestimmung der Poesie
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N A T U R ALS IDEE
§ 2. Herders Entgegensetzung von Natur- und Kunstpoesie . . § 3. Eichendorffs Kritik und Rezeption des naturphilosophischen Ansatzes. Positivität und Dialektik § 4. Die Dialektik von Volks- und Naturpoesie in der romantischen Diskussion bis Eichendorff § 5. Naturpoesie und Sänger § 6. Der wandernde Sänger in den Romanen Eichendorffs . . § 7. Das Lied als Kritik der Literatur § 8. Natur und Geschichte. Waldesrauschen und Lied des Vogels
25 37 48 74 86 98 114
D I E GEBUNDENE N A T U R
§ 9. §10. § χι. §12.
Verhüllte Schönheit. Die Mystik des geheimen Liedes Die Göttin Natur. Mythos und Geschichte Das Lied der Sirenen Der scheiternde Sänger (Otto)
. .
128 146 168 184
NATURPOESIE UND ROMANTIK
§13. § 14. § IJ. §16.
Poesie und Prosa Naturpoesie und Positivität Die Ohnmacht der Naturpoesie Das Zauberwort als Aufhebung der Naturpoesie
Literaturverzeidinis Namenverzeichnis Sachregister
. . . .
214 232 254 274 285 29 j 300
EINLEITUNG
Naturpoesie und romantische Hieroglyphe (emblematische Formelhaftigkeit) In dieser Arbeit wird versucht, einen Begriff zur Erschließung v o n Eichendorffs poetischer Technik und dem A u f b a u seiner Werke zu aktualisieren, der in der philologischen Diskussion nur noch gelegentlich auftaucht: den der N a t u r p o e s i e . Dabei erlaubt es gerade dieser Begriff, der in der romantischen Poetik und ihrer Diskussion eine zentrale Rolle spielt, den Zusammenhang von Eichendorffs dichterischem Verfahren mit dem Gehalt seiner Werke genauer aufzuweisen, als den gegenwärtigen Darstellungen zumeist gelungen. D e n von Eichendorff selbst verwandten Begriff N a t u r poesie historisch und systematisch zu reflektieren, bedeutet ja nicht, daß „man jetzt Eichendorffs Naturdichtung ganz v o n der wirklich geschauten N a t u r abziehen und verrätsein w i l l " . 1 Doch geht es auch nicht an, das Lied als Eichendorff „aus der freien N a t u r , aus den W ä l d e r n " zukommend 2 zu denken. Ein solcher ungedachter Bezug der Poesie auf die N a t u r ergibt nicht den Begriff Naturpoesie, führt vielmehr dazu, daß die v o n Eichendorff als Vermittlung angesprochene dichterische Tätigkeit ganz aus dem Blickfeld gerät. Solche isolierende A u f n a h m e der Formeln Eichendorffs läßt ζ . B . H e l m u t O e l l e r s Versuch, ,das schlafende Lied bei Eichendorff' 3 zu bestimmen, scheitern. Das Dichterische wird hier der N a t u r so gegenübergestellt, daß der Begriff Naturpoesie gar nicht in den Blick kommt. „ W i e die N a t u r erscheinung, so steht auch das Kunstphänomen für sich selbst" (S. 5). So ist es nur konsequent, wenn ,das schlafende Lied' als ein „Phänomen des Seins" (S.44) erklärt und v o n der redenden N a t u r noch unterschieden w i r d : das mystische Wesen der N a t u r soll „auf das Unsichtbare, aber Bemerkung: Die Eichendorff-Zitate beziehen sich auf die Cotta-Ausgabe (s. Lit.Verz. Nr. 35); die Zahlen geben Band (röm.) und Seitenzahl (arab.) an. 1 Franz Uhlendorff, Eichendorff, ein Dichter der wirklichen Natur. In: Eichendorff heute. Hg. von Paul Stöddein. 2. erw. Aufl. 1966. S. 27J. 2 Richard Benz, Eidiendorff. In: Eichendorff heute. S. 53. 3 Diss. Würzburg 195 r.
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wirklich Seiende, das schlafende Lied" hinweisen (S. 30). Das ist mindestens ungenau: die Formel vom schlafenden Lied meint ja das mystische Wesen der Natur, ihr „abgebrochenes" Hindeuten auf die als konkret ausstehende Wahrheit, das sich in ihrem Rauschen „wie im Traume gesprochen" kundtut. Die Arbeit Oellers isoliert die Formeln Eichendorffs, die erst zusammengedacht ihren Sinn preisgeben: „Mit dieser Kennzeichnung [sc. vom schlafenden Lied] leistete Eidiendorff seinen Beitrag zur Geschichte der musikalischen Poetik, schuf er die Sonderform(i) der Lehre vom schlafenden Lied, die an seinen Namen geknüpft ist" (S.43). Diese Technik, ein Unbegriffenes als Neues, Besonderes auszurufen, deutet auf Oellers ungenau reflektierten phänomenologischen Ansatz zurück, der Eichendorffs Formeln zusammenhanglos als „elementare künstlerische und menschliche Erfahrung und ursprüngliche Gegebenheit" verdinglicht: „Das schlafende Lied ist ein Phänomen des S e i n s , auf das aufgeschlossene Menschen, die Ohren haben zu hören, in ihrem Erleben der Welt von selbst stoßen" (S. 44). Die durch Kohlschmidt, Alewyn, Seidlin u.a. nachgewiesene F o r m e l h a f t i g k e i t gerade der Naturbilder Eichendorffs bedarf für sich noch einmal der Auslegung, um das Verhältnis von Poesie und Natur angemessen zu bestimmen. Als Ansatz zu einer solchen findet sich zumeist der Bezug auf das artistische Kunstverständnis der Frühromantik, indem die Formel, als „stimmungsmäßig variabel", 4 einer g e h a l t l i c h e n Analyse kaum für wert befunden wird. Für K o h l s c h m i d t entspringt die Formel aus dem Einsetzen der Erinnerung im Erfahren des Neuen, so daß die landschaftliche Formel als „Eindrucksschema" die Funktion erhält, „das eigentlich Subjektive und Individuelle, das Einmalige des Erlebnisses" zu begrenzen.5 Das trifft durchaus Eichendorffs Intention, zumal wenn Kohlschmidt erklärend hinzusetzt, daß „die Realität im Idealischen liegt, nicht aber in der individuellen und augenblicklichen Erfahrung" (S. 192). Ähnlich wäre der Hinweis aufzufassen, daß „die Eidiendorffsehe Landschaftsformel auf der Einheit von Außen und Innen beruht" (S. 200). Dennoch 4
Werner Kohlschmidt, Die symbolische Formelhaftigkeit von Eidiendorffs Prosastil. In: Kohlschmidt, Form und Innerlichkeit. 1955. S. 195. 5 W. Kohlschmidt, S. 188 f. - Audi Herbert Nierhaus deutet im Ansdiluß an Kohlschmidt Eidiendorffs Formelhaftigkeit aus der Intention, „die Welt, das auf Reisen erfahrene Neue immer in Verbindung mit der eigenen Erinnerung als schon Bekanntes eines nicht subjektiv erlebten, sondern allgemeingültigen Existenzraumes zu erfahren". Studien zur Komposition der Eichendorfischen Romane. Diss. Köln 1957. S. 127; doch gleich darauf faßt auch er die Formeln als „Mittel der Stimmungserzeugung" auf (S. 128 ff.).
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führt Kohlschmidt diesen Ansatz nicht konsequent durch. Die Formeln, z.B. „bei der Kennzeichnung der Naditsituation" (S. 191 f.), bleiben inhaltlich ungedeutet, werden aufs Subjekt bezogen, als „der Erregung von Schauer und Ehrfurcht, Sehnsucht oder phantastischer Fülle" dienend (S. 194); und „der altmodische Garten mit seinen stehenden Requisiten ist also die Formel für Wehmut" (S. 198), das Gewitter „die Chiffre fürBangnis und unbestimmte Angst" (S. 194). Wenn Eichendorff jedoch im Anfang des 1 j.Kapitels von ,Ahnung und Gegenwart* die „feindlich lauernde Stille" der Zeit als Gewitterschwüle beschreibt, ist primär auf einen außersubjektiven Sachverhalt gezielt; von diesem her bestimmen sich dann erst Gefühl und Aktion des Helden (Friedrich): „Keine Glockenklänge wehen mehr fromm über die Felder, die Wolken zu zerteilen, der Glaube ist tot, die Welt liegt stumm, und viel Teures wird untergehen, eh die Brust wieder frei aufatmet" (II, 175). Für Kohlschmidt leistet die Formel das „Überspringen der äußeren Realität durch die Phantasie und den jederzeitigen Einsatz der für die Assoziationen bereit liegenden allgemein formelhaften Vorstellungen" (S. 192 f.). Er deutet die Formeln als „stehendes Stichwort . . . für bestimmte innere Vorgänge oder Eigenschaften des menschlichen Charakters" (S. 200), sieht damit nicht ihren e m b l e m a t i s c h e n , nämlich auf gedeutete Sachverhalte zielenden Charakter, von dem nun diese Arbeit auszugehen sucht. So nimmt Kohlschmidt auch „die Einheit von Außen und Innen" nicht eigentlich ernst, wenn er sie auf einen „magischen" (d.h. doch wohl vom Subjekt bewirkten) „Zusammenhang von Natur und Mensch, Landschaft und Charakter" gründet (S. 200). Den Symbolcharakter der Formeln findet er getrübt: „das Symbol als bloßes Stichwort - das ist der Umschlag zum allegorischen Attribut" (ebd.). Solche Auslegung bleibt jenen frühromantischen Kategorien zu nahe, die Eichendorffs Denken und Dichten gerade zu überwinden suchte. Die Landschaft ζ. B. ist für Eichendorff nidit „Vergleichsformel für das menschliche Leben" (S. 202), sondern wird - in emblematisdier Formung - Ausdruck einer transsubjektiven Wahrheit, kritisches Modell, das poetologisch zur Überwindung der Mimesislehre gehört: nicht abbildet, sondern wertet, richtet. Diesen Modellcharakter von Eichendorffs Motiven hat schon Helmut R e h der® auch auf die literarische Überlieferung bezogen7 und als Emblematik zu beschreiben versucht. Doch bleibt er darin nicht konsequent, β
H . Rehder, Ursprünge dichterischer Emblematik in Eidiendorffs Prosawerken. In: J E G P 56, 1957. S. 5 2 8 - 5 4 1 . 7 Manchmal etwas zu unmittelbar: „das Sinnbild des in den Hafen treibenden Schiffleins" muß nidit auf Goethe bezogen werden (S. J J i ) . „Ganz allgemein gilt 3
indem er Eichendorffs Bilderwelt zugleich in einer ganz unmittelbaren Weise sozial zu begründen sucht (adlige Umwelt usw.), so daß sich ihm ein „Widerspruch in Eichendorffs Werk", vor allem „in stilistischer und künstlerischer Hinsicht", ergibt (S. 529). Auch benutzt Rehder die Ausdrücke Symbol/symbolisch (S. 536 u.a.), kryptisch, Chiffre, Allegorie (S. 533) so gut wie gleichbedeutend mit Emblem, so daß seine Distinktionen, wenn von solchen die Rede sein kann, an Wert einbüßen. Bedeutend ist aber der ausführliche Hinweis auf die Nähe Eichendorffs zur barocken Form- und Gedankenwelt (S. 534 ff.) und der damit freigesetzte Ansatz zur Interpretation der Formeln als „gehalt-beladener Bilder" (S. 539). S e i d 1 i η , der sich in Ansdiluß an Rehder und auch an Schönes Deutung der barocken Bildlichkeit 8 des Begriffes emblematisch bedient, um Eichendorffs Landschaften zu kennzeichnen, geht folgerichtig davon aus, daß diese „nicht selbstgenügsame Bilder, nicht Erreger persönlicher Stimmungswellen" seien: „Sondern sie vermitteln die Ontologie menschlicher Existenz und menschlichen Schicksals"; „Berge und Wälder, Flüsse und Schlösser . . . sind nicht einfach malerische Szenerie, sondern das Bild gewordene Innere einer Handlung, einer Situation, einer Figur". 9 Daß sie so aufgefaßt werden können, setzt eine Kritik und Korrektur des modernen objektivierenden, ja verdinglichten Naturbegriffes voraus; Eichendorffs N a turbegriff steht in engem Zusammenhang mit der von solcher Intention getragenen, an Schelling orientierten romantischen Naturphilosophie. In der Natur drückt sich für Eichendorff ein dem Menschen überlegener Wille, der ihres Schöpfers, auf undeutlich-geheime Weise aus. Der Offenbarung im ,Buch der Bücher' entspricht die verschlüsselte Lehre des ,Buches der Natur', das also nur gedeutet werden kann, indem man über es selber hinausgeht. 10 Spätestens seit dem Ausgang des Mittelalters ( 1 4 1 9 wurden die ,Hieroglyphica' des Horapollo gefunden) faßt man entsprechend die Naturerscheinungen auch als H i e r o g l y p h e n auf: als einen verborgenen aber prinzipiell entschlüsselbaren spirituellen Sinn bergend. Die sich an die Entdeckung des Horapollo anschließende Hieroglyphik der die Seefahrt im 16. und 17. Jahrhundert als christliches Sinnbild des Lebens" (Dietrich Walter J o n s , Das ,Sinnen-Bild'. Studien zur allegorischen Bildlichkeit bei Andreas Gryphius. 1966. S. 196; dort auch das Lauretus-Zitat: „Navigatio dici potest vita praesens, quam transigimus inter huius seculi fluctus", Sylva Allegoriarum II, Venedig 1 5 8 7 , Bl. 6 2 8 V ) . 8 Albrecht Schöne, Emblematik und Drama im Zeitalter des Barock. 1964; vgl. Oskar Seidlin, Versuche über Eichendorff. 1965. S . 2 8 2 , Anm. 4. 9 O. Seidlin, Die symbolische Landschaft. In: Versuche. S. 36. 10 Vgl. dazu Sigurd Burckhardt, Zur Theorie der werkimmanenten Deutung. In: Festschrift für B. Blume. 1967. S. 9ff. 4
Renaissance wird eine der Hauptquellen für die Emblematik des 16. und 17. Jahrhunderts. 11 Eichendorffs Denken geht von Voraussetzungen aus, die eine emblematische Bildgestaltung durchaus nahelegen. Es setzt die Wahrheit als (von Gott) gegeben, als ,positiv' voraus; eine entsprechende Positivität hat auch die Natur. Ritters bedeutsame Beobachtung, daß „die ästhetische Entdeckung und Vergegenwärtigung der Natur als Landschaft" zunächst (und auch noch bei Alexander von Humboldt) im Zusammenhang einer auf den ,Kosmos' gerichteten .Theorie' steht, 12 trifft im ganzen auch für Eichendorff zu, dessen formelhafte Landschaftsdarstellung dies dem Bewußtsein stets präsent hält. Dieser Haltung, die „die Natur als ein durch innere Kräfte bewegtes und belebtes Ganzes" auffaßt, 1 3 ist weder die Chiffre, als vom Subjekt entworfene und beliebig eingesetzte, ,verfügende' Formel, noch das Stilprinzip der Allegorie möglich, das die Positivität des Gegenständlichen ebenso auflöst, denn „jede Person, jedwedes Ding, jedes Verhältnis kann ein beliebiges anderes bedeuten". 14 Eichendorff nimmt den Begriff der N a t u r p o e s i e im Sinne des Topos der redenden Natur (Natura loquitur) auf. Die Erkenntnis des klassischen Idealismus (der „die harmonische sittliche Subjektivität als Einheit von Sinnlichkeit und Vernunft bestimmt"), daß „Schönheit nur die Erscheinung derjenigen Freiheit sein kann, die in der Verbindung mit Sinnlichkeit entsteht", 15 zeigt sich bei Eichendorff so, daß der utopische, auf sentimentalisches Sehnen nach spannungsloser Versöhnung zurückweisende Naturbegriff Herders 16 der Kritik verfällt. Die Konkretion der Wahrheit und entsprechend die Poesie werden auf die Natur als das Element der Sinnlichkeit bezogen; „in aller Kunst" haben wir „nur die Sinnenwelt zum Maßstabe des Übersinnlichen" (IV, 399). Diese Anschauung, kann man abgekürzt sagen, macht Eichendorff zum Emblematiker. Der dreiteilige Aufbau des Emblems: inscriptio (Motto, Lemma: die allgemeine Wahrheit), pictura 11 Vgl. Karl Giehlow, Die Hieroglyphenkunde des Humanismus in der Allegorie der Renaissance. 191 j ; auf Giehlows Untersuchungen fußt Walter Benjamin, Ursprung des deutschen Trauerspiels. In: Benjamin, Schriften I. S. 292 ff., ohne freilich Emblem und Allegorie begrifflich und historisch zu unterscheiden. Vgl. auch D . W. Jons, Das ,Sinnen-Bild'. 12 Joachim Ritter, Landschaft. 1963. S. 19 und passim. 18 Alexander von Humboldt, Kosmos. Entwurf einer physischen Erdbeschreibung. Vorrede von 1844 - bei Ritter S. 19. 14 W.Benjamin, S.298. 15 Dieter Henrich, Der Begriff der Schönheit in Schillers Ästhetik. In: Zs. f. philos. Forsdig. 1 1 , 1957. S. 544. ie S o sieht ihn Eichendorff! - Vgl. auch D. Henrich, S. j46.
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(Icon, Imago: meist ein Naturbild), subscriptio (Epigramm: der deutende Text), 17 kehrt in seinem Denken als der Versuch wieder, Wahrheit, Natur und Dichtung in ihre als wesentlich-ursprünglich gedachte Bezüglichkeit zu bringen. In dieser weitausholenden Intention nimmt Eichendorff den Begriff der N a t u r p o e s i e aus der romantischen poetologischen Diskussion auf. Es ist das Verdienst vor allem Klaus Z i e g l e r s , die Bedeutung einer geschicktsphilosophischen Interpretation der romantischen Entgegensetzung von Natur- und Kunstpoesie beispielhaft dargelegt zu haben, womit er über die übliche bloße Darstellung von Abhängigkeiten hinausgelangte. Ziegler zeigt in seinem Grimm-Aufsatz, daß die Idee der Naturpoesie „im Ganzen all die grundlegenden weltanschaulichen Fragen, Spannungen, Nöte zur Auflösung bringt, mit denen Grimm sich von seiner geistesgeschichtlichen Ausgangsposition her beladen sah. An seinem Begriff der Naturpoesie erschließen sich damit geschichts- und sozialphilosophische, mehr noch metaphyisch-religiöse, besonders aber auch erkenntnistheoretische Gehalte und Funktionen, die bisher noch kaum ins Blickfeld rückten." 18 Die Bedeutung, die dieser Begriff sowohl in Eichendorffs theoretischen Schriften als auch in seinen Dichtungen behält, lenkt diesen .Ausblick' 19 nachdrücklich auf unseren Dichter. Jene spirituelle Naturansicht, die Grundlage der emblematischen Kunst und der Rede vom ,Buche der Natur' ist,20 bestimmt auch die romantische Ansicht von der Landschaftsmalerei. Daß gerade die Landschaft in der Romantik als bedeutungsvollster Gegenstand christlicher Kunst angesehen wird, kennzeichnet S e h r a d e als „eine der seltsamsten Verkehrungen der Gegenstandswerte, die für das christliche Kunstschaffen bisher gültig und bindend gewesen sind". 21 Ihre Notwendigkeit begründet R u n g e geschichtlich: die Gesdiichte der christlichen Gottesvorstellung zeige eine wachsende Vergeistigung; die Rückkehr zu den alten mythischen Gestaltanschauungen ist nicht mehr möglich.22 So „drängt sich Alles zur Landschaft", die uns Ahnungen unseres Zusammenhangs mit dem Unendlichen, 17
V g l . dazu v o r allem A . Schöne, Emblematik u. D r a m a , S. 18 ff. Klaus Ziegler, Die weltanschaulichen Grundlagen der Wissenschaft Grimms. I n : Euphorion 46, 1 9 5 2 . S. 2 j 8 .
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Jacob
„ D i e Ergebnisse unserer Betrachtung wollen nicht Ende, sondern A n f a n g sein". K . Ziegler, S. 2 j 8 . 20 V g l . D . W . Jons, S. 3 i f f . 21 H u b e r t Schrade, Die romantische Idee von der Landschaft als höchstem G e genstand christlicher Kunst. I n : Neue Heidelberger Jahrbücher. 1 9 3 1 . S. 1. 22 V g l . Philipp Otto Runge, Bilder und Bekenntnisse. H g . v o n G . P a u l i . 1 9 1 8 . S.u.
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d.i. mit Gott erschließt.23 A n die romantische Theorie der Lyrik („ein ahndungsvoller Unzusammenhang", vgl. I V , 1 3 4 ff.) erinnert die Absage an die geschlossene Komposition, der Übergang zu „brüsken rungen,
Fragmentie-
die Ahnungsvermögen und Einbildungskraft unerhört herausfor-
dern". 2 * Friedrich S c h l e g e l
nennt diese Technik der „wiedergebornen Kunst"
in seiner ,Aufforderung an die Maler der jetzigen Zeit'
hieroglyphiscb.
Seine Überlegungen führen näher auf die Distinktion der romantischen emblematischen Formel, so seien sie ausführlicher zitiert: 25 Hätte nun ein soldier [sc. ein originales Talent] erst den riditigen Begriff von der Kunst wiedergefunden, daß die symbolische Bedeutung und Andeutung göttlicher Geheimnisse ihr eigentlicher Zweck, alles übrige aber nur Mittel, dienendes Glied und Buchstabe sei, so würde er vielleicht merkwürdige Werke ganz neuer Art hervorbringen: Hieroglyphen, wahrhafte Sinnbilder, aber mehr aus Naturgefühlen und Naturansichten oder Ahndungen willkürlich zusammengesetzt, als sich anschließend an die alte Weise der Vorwelt. Eine Hieroglyphe, ein göttliches Sinnbild soll jedes wahrhaft so zu nennende Gemälde sein; die Frage ist aber nur, ob der Maler seine Allegorie sich selbst schaffen oder aber sich an die alten Sinnbilder anschließen soll, die durch Tradition gegeben und geheiligt sind, und die, recht verstanden, wohl tief und zureichend genug sein möchten?26 Wenn Schlegel den zweiten Weg empfiehlt, entspricht das auch Eidiendorffs Lob des A l ten-Wahren. V o r allem gilt: wenn der Gehalt positiv
sein soll,
werden audi die Sinnbilder sich nicht „von aller geschichtlichen und geheiligten Überlieferung" losreißen dürfen, wie Schlegel es Runge vorwirft. 2 7 Dennoch kann das nidit heißen, daß die alten Bildformen unverändert wiederaufgenommen werden. In seinen letzten Vorlesungen in Dresden geht Schlegel noch einmal auf den Zusammenhang von Naturpoesie und Hieroglyphe ein: Die K u n s t . . . selbst ihrem innersten Wesen nach . . . (ist) eine höhere geistige Natursprache, oder wenn man will, eine innere Hieroglyphen-Schrift und Ursprache der Seele . . . Denn der Schlüssel dazu liegt nicht etwa in einer vorher getroffenen Verabredung, wie bei der sinnreich schönen, aber doch bloß conventioneil sinnbildlichen orientalischen Blumensprache, sondern in dem Gefühl und in der Seele selbst; deren ewige Grundgefühle hier, soll man sagen erweckt, oder wieder erweckt werden, in diesem innern Seelenworte der wahren Kunst. 28 24 Zitate und Darstellung bei H. Schrade, S. 7 f. H. Schrade, S. 14. Vgl. auch Liselotte Dieckmann, The Metaphor of Hieroglyphics in German Romanticism. In: Comparative Literature V I I , 1955. S. 3 1 0 f . 2 « F. Sdilegel, Kritische Schriften. Hg. von W. Rasch. o.J. (1956). S. 410. 27 28 F. Schlegel, S. 410 (Anmerkung). Zit. bei L. Dieckmann, S. 3 1 1 .
23 25
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H i e r wird die Natursprache, die hieroglyphische Formel, grundsätzlich aufs Subjekt zurückbezogen, ohne daß damit eine Einschränkung ihrer transempirischen Bedeutung siditbar wird. Eichendorff beschreibt den Dichtungsvorgang ganz analog: 2 9 Waldesrauschen und Vogelsang rufen in der Brust des Dichters „jenes ewige Gefühl wieder hervor, das uns wie in den Mittelpunkt alles Lebens versenkt"; „aus Ahnung und Erinnerung" entsteht „eine neue Welt in uns", die zwar mit der realen vermittelt ist, aber „größer, schöner und gewaltiger und . . . in einem anderen, wunderbaren Lichte" erscheint (II, 75). M a n könnte es sich mit G. A. Bürger bequem machen und sagen: Die Volksoder Naturpoesie geht von „einer kurz an den Mann zu bringenden Wahrheit" aus, entsprechend ihrem Publikum, das keine „langen, schimmernden Abhandlungen" verlangt. 3 0 Dem entspricht das Prinzip der epischen Formelhaftigkeit, 31 die unter bestimmten Voraussetzungen eben emblematisch funktioniert. 32 Oder: die einfache Wahrheit disponiert (als traditionell) zum Gebrauch von Naturbildern, die sich ,naturgemäß' nicht sehr verändern. So vieles für diese Begründung von Eichendorffs dichterischem Verfahren sprechen mag, so wenig reicht sie aber auch aus, die Bedeutung, die Eichendorff selber seinen Begriffen zumißt, aus- und weiterzudenken. Die (romantische) Mythisierung der Natur ist bei ihm nicht Affirmation des Bestehenden, sondern steht in engem Zusammenhang mit seiner gesellschaftlich reflektierten Zeitkritik. Auf diese Bedeutung der romantischen
Mytho-
logie hat vor allem Klaus Z i e g l e r aufmerksam gemacht. Als Maßstab für die Mythos-Interpretation, auch Eichendorffs mythische Bilder gehören dazu, ergibt sich der Grad von Plausibilität, „in dem sie das mythische ,Weltbild', die mythische ,Weltanschauung' jeweils als eine objektiv und real begründete und gültige Erfahrung der Welt, der Welt selber einsichtig machen kann oder nicht". 3 3 Der Mythos will „als erfahrungsmäßige Spiegelung einer durchaus bewußtseinstranszendenten, 29
objektiv-we/thaften
In .Ahnung und Gegenwart', I.Buch, 7.Kapitel: Friedrich im Garten des Herrn von A. 30 Gottfried August Bürger, Über Volkspoesie. In: Werke. Hg. von Reinhard. Bd. 4, S. 39; vgl. unten S. $4. 31 Vgl. dazu Albert B. Lord, Der Sänger erzählt. 1965. 32 Vgl. dazu O. Seidlin, Versuche, S. 39 f.: „Was Eichendorff durch die Hieroglyphe der Landschaft zu vermitteln suchte, waren die Grundwahrheiten, die sein Glaubensbekenntnis und seine Weltkenntnis ausmachten, und um dies zu erreichen, mußte er seinen Szenenbildern spontanen Offenbarungscharakter verleihen und nicht impressionistisches Detail und realistische Individualität." 33 K . Ziegler, Das Problem der Mythologie. In: Symphilosophein. 1952. S.240. 8
Wirklichkeit genommen werden". 34 Diese Überzeugung beschreiben wir als die positive Wahrheitslehre Eichendorffs, die so als Voraussetzung seiner mythischen Naturgestaltung deutlich wird. Wichtig wird für die Intention Eichendorffs vor allem der „wesentlich ,trans-empirischec Charakter" des mythischen Weltbildes, das, so unter der Kategorie des ,Wunders' stehend, grundsätzlich zur Kritik des wesenhaft empirischen Weltbildes der europäisch-abendländischen Neuzeit disponiert. 85 Eichendorff hält so grundsätzlich an der Ungenüge des empirischen Bewußtseins fest, daß ihm auch dessen Gegenbild, der naturpoetische Sänger, nur darin seine Tugend zu bewahren scheint, daß er „gleich dem unbewegten Spiegel eines Sees" den Himmel in sich aufnimmt (II, 75). „Solche ,Gesichtigkeit' des Seienden, in der Erscheinung und Bedeutung, Dingliches und Seelisches, Faktisches und Atmosphärisches, Eindruck und Ausdruck zu unauflöslicher Einheit zusammenschmelzen", faßt Ziegler als das Wesen des neuzeitlichen Symbols, das sich „innerhalb des mythischen Weltbildes bzw. innerhalb der mythischen Welt als eine ontische Realkategorie" darstelle (S. 263). Eichendorffs dichterische Technik wird nun deshalb nicht symbolisch im strengen Sinne, weil er - wie ζ. B. seine Goethe-Kritik ausweist - solche unauflösliche Einheit des Absoluten und Irdischen nicht denken kann. Identifiziert man, wie z.B. Wackenroder, Kunst und Religion auch nur „gewissermaßen", kommt es zu einem „bodenlosen Verhimmeln des Positiven", das es nirgends zu wahrer Vermittlung, nirgends „zum lebendigen Bilde" bringt (IV, 263). Ein solches deutet auf jene Einheit, die Eichendorff überall ausstehen sieht, nur hin, indem es deren Möglichkeiten beschwört, aber jenen, die diese nicht als Aufgabe annehmen, als „geheimnisvoller Buchstabe doch ewig tot" bleibt (IV, 290). Die „Lebendigkeit" des Bildes ist also eng mit der Aufdeckung seiner Bedeutung, mit seiner „Erhellung" verknüpft. Indem die Naturpoesie mit ihrer hieroglyphischen Bildersprache ständig über sich hinausweist, bezeugt sie diese Lebendigkeit, verlangt sie den Leser, der „selber mit und über dem Buche nachzudichten vermag" (IV, 290): wird sie dialektisch. Die Auffassung, daß im Rückgang auf „jenes ewige Gefühl" alle Dinge in ihrem „rechten Namen", nämlich in der ihnen als Schöpfung zuerteilten wahren Bedeutung sichtbar werden, macht Eichendorff zum Emblematiker. Der enge Zusammenhang von Naturpoesie und erhellender Formel (,Geisterblick') wie beider Voraussetzung — die spirituelle Perspektive - kommt gut in seiner Charakterisierung Arnims zum Vorschein: 34
Ebd., S. 259.
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Ebd., S. 259 f.; vgl. zum folgenden S. 2 6 1 - 2 6 6 .
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Seine Poesie ist w i e ein schlanker Baum auf der Höhe über einem blühenden Abgrund, fliegende Morgennebel flattern wie Schleier v o m Wipfel, W a l d vögel mit fremdem Ton singen darin und die Bienen summen sommersdiwül durch die duftigen Zweige, während manche verirrte Taube oben silbern vorübersäuselt und Schmetterlinge wie abgewehte Blüten über der schimmernden Tiefe schweben; unter aber sind die rauschenden Länder aufgerollt, blaue Gebirge, Ströme, Städte, Wälder und die vorüberziehenden Geschlechter der Menschen, bis weithin, w o das Meer aufblitzt und die weißen Segel verschwinden. Wer nicht schwindlich, mag sich getrost in den wiegenden W i p f e l zum Diditer setzen, er weist ihm ohne viel Worte alle die Herrlichkeit der Welt und nennt ein jedes bei seinem rechten N a m e n : und w o sie unten, um ihre goldenen Kälber tanzend, z u viel Staub gemacht, hebt er leise die falschen Nebel, daß durch den R i ß der Wolken der Finger Gottes wieder sichtbar wird. (IV, 289 f.)
Den emblematischen Aspekt der Landschaft 36 und Naturdarstellung mögen wenige Beispiele erläutern. Kohlschmidt, der die Landschaft zumeist „als Chiffre seelischer Vorgänge und Werte" interpretiert, kann auch „die im Landschaftlichen wohl mit am häufigsten auftretende Nachtigall" nur „als Vergleichsmotiv 37 für die Seele des Dichters" nehmen (S. 203). Für Eichendorff hat jedoch der Mensch jene zentrale Stellung eingebüßt, welche die Frühromantik ihm zuschreiben mochte und welche alle Naturbilder in der Weise des Vergleichs auf ihn bezogen sein läßt. Der Mensch ist als Kreatur der Natur eingeordnet, so kann in dieser eine seinem Bewußtsein überlegene, seinem Verständnis sich nur andeutende Wahrheit hervortreten. Es ist die im Käfig sehnsüchtig singende Nachtigall38 das wahre Bild des Dichters, ja der im Kerker des Leibes, der Sinnlichkeit gefangenen Seele überhaupt, ein Bild der Wahrheit, deren Verständnis die unter diesem Anspruch stehenden Helden erst erreichen müssen. Dieser normative Grundzug führt zu emblematisdier Bildgestaltung, nämlich zu positiver Einstellung gegenüber der Bildtradition. Wie für die Spätromantik die Wahrheit immer schon gegeben ist und doch jeweils neu werden muß, so gilt auch für die Poesie, daß „die alte Schönheit" immer neu ausbrechen muß (I, 109); das Neue ist das Ewig-Alte (vgl. I V , 54). Das Bild des V o gels im Käfig „gehört zur Maria- und Spes-Ikonographie und weist auf die O . Seidlin begründet ihn expressis verbis existenz-ontologisch (Versuche, S. 36 ff.), deutet aber zuvor Eichendorffs „Landschaft als sichtbare Theologie, als Schlüssel, der die tieferen Perspektiven der sich entfaltenden Geschichte öffnet"
36
Interessant ist, daß W. Kohlschmidt den Terminus „Vergleich" doch mit dem Zusatz „ M o t i v " zu beschweren sucht, ebenso w i e er die „Chiffren" dort, w o ihre objektive Verbindlichkeit deutlicher ist, fast verlegen „quasimythisch" nennt (S.203). 38 ,Wehmut*: 1 , 7 1 ; II, 177; vgl. unten S. 12$ ff., 268 ff. 37
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künftige Befreiung oder Erlösung der im Erdenleben gefangenen Seele überhaupt durch Christus hin". 3 9 Das entsprechende Emblem·, die Anima in Gestalt eines Kindes in einem großen Vogelbauer, den A m o r Divinus aufschließt, findet sich in Hermann Hugos ,Pia desideria' (Emblem 40). 40 W i r gehen nicht v o n der Frage aus, ob Eichendorff die Emblemliteratur gekannt habe, untersuchen seine Bilderwelt nicht von diesen nur sehr umständlich zu ermittelnden Voraussetzungen her. Doch deuten w i r die Formeln als Ausdruck einer sinnbildlichen Naturbetrachtung, nehmen sie auch gehaltlich, nicht bloß als „seelisches Stichwort" auf. Dabei ergibt sich, d a ß bestimmte Formeln miteinander Zusammenhänge eingehen, die so streng durchgehalten werden, daß sie sogar Grundlage des Handlungsaufbaus werden können. So geht diese Arbeit v o n der Beobachtung aus, die A 1 e w y n als einer der ersten genauer aufwies, daß sich die Landschaft Eichendorffs z w a r „mit dem Betrachter in der engsten Korrespondenz und K o m munikation" befindet, aber letztlich „ihm autonom gegenüber" steht. 41 A l e w y n s Deutung jedoch, daß die Inhalte „als Elemente der Landschaft . . . ausnahmslos auswechselbar" (S.41) seien, scheint uns die Intention v o n Eichendorffs Bildformeln nicht zu treffen, verstellt sich geradezu den Z u gang zu jenen weiteren Zusammenhängen. Keineswegs „ist es unerheblich, ob es die Nachtigallen oder Hunde sind, die man aus der Ferne hört, ob es ein Sommermorgen ist oder Windlichter, was in den Fenstern funkelt" (S. 41 f.). A l e w y n s These, Eichendorffs Landschaft sei „reiner Raum, aus nichts gemacht als aus Bewegung" (S.42), läßt jene eigene Erkenntnis z u sehr außer acht, d a ß „Eichendorffs W e l t . . . . erfüllt nicht nur von Kräften, sondern auch von Bedeutungen sei", 42 daß seine Bilder „mehr sind als nur private und subjektive Erlebnisse", daß sie „vielmehr Grundbestände unserer Welterfahrung ausdrücken, die allen gemein sind". 4 3 Doch muß vermieden werden, den Bildern durch A n k n ü p f u n g an den Terminus .Erfahrung' Subjektivität anders denn als Moment zuzumessen. Nicht erhebt sich eine ,eigentliche' subjektive Bedeutungsebene hinter der objektiv-vordergründigen des Textes, wie Klussmann
es will, 4 4 und die den K o n t e x t über-
springende Objektivität eines Liedes kann nicht mit der Rückführung der Motive auf Tieck, sei's auch nur vorläufig gemeint, „erklärt" werden. 4 5 *» D. W. Jons, Das ,Sinnen-Bild', S. 223. Abgebildet bei D.W.Jons, Abb. 16; beschrieben und gedeutet ebd., S.223 f. 41 Ridiard Alewyn, Eine Landschaft Eichendorffs. In: Eichendorff heute, S. 38. 42 R. Alewyn, Ein Wort über Eidiendorff. In: Eidiendorff heute, S. 14. « Ebd., S. 17. 44 Paul Gerhard Klussmann, Über Eichendorffs lyrische Hieroglyphen. In: Literatur und Gesellschaft vom 19. ins 20. Jahrhundert. Hg. von H. J. Schrimpf. S. 121. « Ebd., S. 122 f. 40
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Bei EidiendorfF heißt das Volkslied „ein unmittelbarer Naturlaut" (IV, 136); seine „Naturwahrheit" gilt als „der Grundstock aller nationalen [d.h. zu historischer Besonderung entfalteten] Poesie" (IV, 134). Die Bildersprache solcher Poesie nennt Eichendorff hieroglyphisch,ie nämlich Wahrheit bergend. Diese tut das Lied nur „sprunghaft und blitzartig, wie es sie erhalten", kund und eröffnet, „gleichsam im Fluge plötzlich und ohne Übergang, wo man es am wenigsten gedacht, die wunderbarsten Aussichten" (ebd.). Eichendorff faßt dies unter der Formel,Geisterblick', der eine nächtige Landschaft 0. ä. unvermutet erhellt, das Geheimnis der Natur auf einen Augenblick entsiegelt; ähnlich setzt er die Bedeutung der AuroraFormel ein.47 Doch wenn er es auch als Wesen der frei schaffenden Phantasie angibt, daß sie „plötzlich ganze Jahrhunderte aufrollt, und in blitzartiger Beleuchtung das Wunderbarste klar faßlich und glaublich macht" (IV, 173),48 ist dies doch nicht als Leistung der Subjektivität zuzurechnen. Jener erhellende Geistesblick kann vom Meere ausgehen (II, 289) wie von der Sonne (11,480, 694); Wetterleuchten (II, 727), Leuchtkugeln (II, 460) und vor allem der Blitz bezeichnen ihn: sie sind gleichsam Boten von jenem „wunderbaren Lichte", das jenseits des theatrum mundi alles enthüllt.49 Nicht auf den ersten Blick hat alles eine geistliche Bedeutung; „sondern es muß am ersten im Licht der Natur erkannt werden". Doch nicht alles ist darin zu ergründen; so ward dem Menschen das Licht des Geistes, das ihn heißt „weiter suchen und enden in dem Ewigen, das ist im göttlichen Wesen und Wandel!" 50 Diese Auffassung, der - zugespitzt charakterisiert die Natur selbst „als ein System von Zeichen" erscheint, „die auf einen Bereich höherer, ,spiritualischer' Wahrheit verweisen",51 wird Grundlage für die Emblematik, die Jons als den letzten Versuch charakterisiert, „auf exegetische Weise die Welt in ihrer Totalität spirituell zu begreifen".52 Vorform der ausgebildeten Emblematik ist die Kunst des „hieroglyphice scribere"; Hieroglyphe ist auch der Name, den die Romantiker für ihre Bildformeln brauchen, und zwar durchweg nicht im Sinne einer dekorati48
Vgl. unten § 9, besonders S. 142 ff. Zu deren emblematischer Bedeutung vgl. D. W. Jons, S. 94 ff., und Hans Steffen, Liditsymbolik und Figuration in Arnims erzählender Dichtung. In: Die deutsche Romantik. Hg. von H . Steffen, 1967. S. 1 8 0 - 1 9 9 . 48 Vgl. dazu IV, 290 und 410. 49 Vgl. I, 87:,Entgegnung'. 50 Paracelsus, Vom Licht der Natur und des Geistes. Eine Auswahl von K . Goldammer. i960. S. 168 f. 81 Vgl. D . W . Jons, S. 43, im Ansdiluß an die Signatur-Lehre des Paracelsus formulierend. 52 Ebd., S. j 1 ; vgl. dazu audi Α . Schöne, Emblematik und Drama, S. 44 ff. 47
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ven Zutat. Bei A.W.Schlegel heißt es: „Im Stil des ächten Diditers ist nichts Schmuck, alles nothwendige Hieroglyphe." 5 3 Ebenso setzt auch Eichendorff seine Bilder, daß sie sich für sich behaupten können und dodi stets über sich hinauszielen, welches Gestaltungsprinzip Seidlin,
mit H i n -
weis auf Baudelaire, als Herstellung von Bezügen und Perspektiven kennzeichnet.54 Der Begriff Bezüge aber geht eben vom Prinzip der
Analogie
aus, 55 welche die Voraussetzung ist „für das Auffinden von Ähnlichkeiten, die im Sichtbaren das Unsichtbare erkennen lassen", 56 dafür, wie Seidlin die Intention Eichendorffs zutreffend beschreibt: „uns die Wahrheit ahnen zu lassen, die in der Hieroglyphe der sichtbaren Welt
verschlüsselt
liegt." 5 7 Paul Gerhard K l u s s m a n n nimmt zwar den Terminus Hieroglyphe auf, um Eichendorffs Bildformeln zu deuten, verwendet ihn aber synonym mit „Chiffre" und deutet Eichendorff dann wiederum von Staigers Lyrikbegriff aus: im Gedicht schaffe sich das lyrische Ich „den Geist- und Traumbezirk einer anderen W e l t " ; „in dieser regiert das Subjekt, sei es durch lustvolles Einschwingen in den Kreis der Natur und den Rhythmus des Lebens, sei es durch Herrschaft oder Hingabe oder Kult". 5 8 Entsprechend bezieht Klussmann „den Umkreis der Motive und Bilder" auf „die lyrische Situation" (S. 1 3 0 f.), er nimmt sie nicht für sich ernst, was die emblematische Formel jedoch - unbedingter als die Chiffre - verlangt. Eines der schönsten Eichendorff-Gedichte, ,In der Fremde' („Ich hör die Bächlein rauschen"), deutet er so von seinem Ansatz aus 59 als mißlungen, was doch nur diesen selbst treffen kann (S. 1 3 1 f.). Das Prinzip der A n a l o g i e erlaubt nicht, res significans und significatio (im Emblem: res picta als Naturdarstellung und in/subscriptio) gegeneinander zu isolieren.80 Für Eichendorffs Dichtungen 61 wie für seinen Poesie53
August Wilhelm Sdilegel, Kritische Schriften I. Berlin 1828. S.429 (Nr. 49). O. Seidlin, Eichendorffs symbolische Landschaft. In: Versuche, S. 52 f. 55 Vgl. O. Seidlin, S. 51 f.; D.W. Jons, S. 107. se D.W. Jons, S. 1 1 1 . 57 58 O. Seidlin, Versuche, S. 53. P. G. Klussmann, S. 1 1 9 . 59 „Durch die Aufdringlichkeit des lyrischen Subjekts ist in ihm [sc. dem Gedicht] der Aufbau der fiktiven lyrischen Welt gestört und gebrochen" (S. 1 3 1 ) . Klussmann fragt nicht, ob es Eichendorff überhaupt um einen solchen gehe. Wie wir durch die Interpretation der Formel und des Begriffs Naturpoesie zu zeigen suchen, ist gerade das Gegenteil das Ziel des Dichters. Vgl. unten S. 258 f. 60 D.W.Jons weist darauf hin, daß „denn auch das unklare Kriterium des .eigenen Wesens' der Natur der Verabsolutierung eines profanen Naturbegriffs entspringt" (S. 99). 81 Sie enthalten denn audi bei weitem nicht so viel Wunderbares, Übersinnliches wie etwa die Romane Brentanos, Arnims, des jungen Tieck. 54
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begriff stellt sich so das Realitätsproblem nicht in dualistischer Weise; „die ewig alte und neue Geschichte des inneren Menschenlebens" (IV, 54) aufzuzeichnen, gilt ihm als „das wahrhaft Historische" (IV, 367). Die Geschichte ist von „größerer poetischer Schönheit, als sie irgendein Dichter je erfinden könnte", allerdings nur „in dem wunderbaren Zusammenhange des Ganzen" (IV, 413). Diesen soll denn auch die Dichtung kenntlich machen, wozu sie selber „eine organische Einheit" sein muß; in diesen Zusammenhang setzt Eichendorff den Begriff Naturpoesie, wie die ArnimCharakteristik schon deutlich machte und wie es die ,Geschichte des Dramas' fast gleichlautend ausspricht: Die Einheit der Handlung soll organisch sein, „insofern diese gleichwie ein gesunder Baum, unbekümmert um die Regeln der Symmetrie, mit mannigfach verschlungenen Zweigen, Laub und Blüten zum Himmel gipfelt, oder eine Landschaft nur mit allem scheinbar verworrenen Reichtum von Wäldern, Bergen und Strömen erst den vollen Ausdruck verhüllter Schönheit gibt" (IV, 547). Die Naturpoesie geht hier selber ins emblematische Modell ein: die freie Bewegung der gegenständlichen Welt zielt auf die obere leitende Idee, ohne doch mit ihr identisch zu werden. Und doch ist der Zusammenhang nicht ersonnen, jener Reichtum der Natur ist nur scheinbar verworren. Freilich bleiben diese Bilder Andeutung, zielen als Bewegung 62 auf jene Erhellung, die - als „ontische Realkategorie" genommen 63 - notwendig Postulat bleiben muß. So begreift Eichendorff die Dichtung unter der Aurora-Formel: „Aurora est tempus ante solis ortum, quo iam radij Solis incipiunt terram illuminare", heißt es bei Lauretus. 64 Die Einschränkung der Dichtung wird auf diese Weise sowohl als ihr Wesen gedacht, als Ohnmacht des Ästhetischen, wie auch auf die Situation der Zeit bezogen, die ohne Mittelpunkt ( = Sonne) weder ein klares Verständnis noch ein lebendiges Ganzes zuläßt (II, 296). Die Naturpoesie in der Bedeutung des Zitats ist der Kunstpoesie entgegengesetzt, von vornherein entwerfen diese Begriffe ja zugleich ihr Gegenteil mit. Das soll vor allem auch durch den Rückgang auf die Tradition dieses V g l . dazu R. A l e w y n , Eine Landschaft Eichendorffs, S. 31 ff., und Bengt A l g o t Sörensen, der freilich recht weit geht, wenn er „die von formelhaften Bildern hervorgerufenen Stimmungen" als „die eigentlichen Träger der Idee" bezeichnet: Zum Problem des Symbolischen und Allegorischen in Eichendorffs epischem Bilderstil. In: A u r o r a 26, 1966. S. 56. 62
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V g l . K . Ziegler, in: Symphilosophein, S. 264.
Hieronymus Lauretus, S y l v a Allegoriarum. Venedig 1587. Bd. I, Bl. i 4 3 v ; zitiert bei D . W . Jons, S . 9 5 ; das. auch die Auslegung von A u r o r a als Gratia Dei durch Picinelli u. a. 64
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Begriffspaares gezeigt werden, wodurch sich auch der Vorwurf einer ideologischen Verwendung des Naturbegriffs mindestens entkräften läßt: die Einheit, die als Ziel der dichterischen Gestaltung wie des diese wiederum bestimmenden gesellschaftlich-geschichtlichen Prozesses angegeben wird, ist stets als Ergebnis eines umständlichen, durch manche Verworrenheit hindurchführenden Vermittlungsganges verstanden. Was „scheinbar verworren" als „Reichtum" der Momente vielfältig sich auftut, muß in seiner Zusammengehörigkeit verstanden werden. Entsprechend ist die von Seidlin im Anschluß an frühere Forschungen so hervorgehobene Bedeutung der Perspektive für Eichendorff eben darin gelegen, daß die „verhüllte Schönheit" ihren „vollen Ausdruck" erst gewinnen muß. Wenn Eichendorffs Denken in dieser Weise in dialektische Bewegung gerät, weist das noch auf die emblematisdie Bildformel zurück, von der seine Dichtungen und - wie durch die Formelhaftigkeit auch seiner literaturtheoretischen Abhandlungen sich nachweisen läßt - ebenso sein Denken ausgehen. Die Natur wird darin sowohl als „ein Stück Wirklichkeit" 65 wie auch als „unzersetzbare sympathetische Naturkrafl" 66 aufgefaßt. Dieser Doppelaspekt hindert, die Formel dem Subjekt zu schrankenloser Verfügung zu unterstellen, also Eichendorff frühromantisch zu interpretieren. Schillers Überlegung, „daß der Künstler kein einziges Element aus der Wirklichkeit brauchen kann, wie er es findet, daß sein Werk in a l l e n seinen Teilen ideell sein muß, wenn es als ein Ganzes Realität haben soll und mit der Natur übereinstimmen soll", 67 findet sich in Eichendorffs Begriff der Naturpoesie aufgenommen. Entsprechend beschreibt Schöne als Voraussetzung des Emblems die „ideelle Priorität" der pictura und deren „potentielle Faktizität" (S. 27). Damit ist zugleich die Ablehnung der unmittelbaren Mimesis gegeben,68 von welcher Beobachtung ja auch die Reflexion auf die Formelhaftigkeit von Eichendorffs Stil ausgeht.69 Wenn die Natur im Emblem nur als ge65
66 Vgl. A . Schöne, S. 27. Heinrich Heine, Die Romantische Schule. 3. Buch. Friedrich Schiller, Über den Gebrauch des C h o r e s . . . In: Werke II. HanserAusgabe 1965. S. 818. 68 A.Schöne zitiert Harsdörffers Frauenzimmer-Gesprädispiele (1644, S . 7 3 ) : „Wird also von denen / welche aus vielbesagten Sinnbildern Erfindung eine Wissenschaft gemacht / nichts zugelassen / als was in der Natur und deroselben Nachfolgerin der Kunst begriffen ist." Daraus erhellt bereits der sich anbahnende Z u sammenhang von emblematischer Bildformel und einer als Nachfolgerin der N a tur begriffenen Kunst, die dies nicht ist, „weil sie die Werke der Natur nachahmt, sondern weil sie Werke hervorbringt wie die N a t u r " (A.Schöne, S.28). 69 Vgl. dazu etwa O. Seidlin, Versuche, S. 1 j ff., und Wilhelm Emridi, Protest und Verheißung, i960. S. 104ff., audi S. 14 fr. 87
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dachte, als gedeutete auftritt, so bedeutet das jedoch nicht ein allegorisches Verfahren „in dem Sinne, daß Geistiges versinnlicht wird", wie Jons einmal (S. 27) im Anschluß an den traditionellen Allegoriebegriff, für den Francis Bacon steht,70 schreibt. Vielmehr geht der Aufbau des Emblems davon aus, „daß das Abgebildete mehr bedeutet, als es darstellt"; 71 die Formeln Eichendorffs, meist aus heterogenen Wortbereichen zusammengesetzt, 72 entziehen sich so einer unmittelbar begrifflichen Analyse und führen auf jene „Antinomie von Diditung und Deutung", die zu bewältigen W.Emrich als die Sisyphos-Arbeit des Philologen beschreibt.73 Die emblematische Formel ist d i a l e k t i s c h darin, daß Natur in ihr für sich erscheint, doch zugleich als gedeutete. D a ß sie, in der inscriptio oder im Epigramm, überstiegen zu werden verlangt, darf nicht als allegorisch ausgelegt werden; sondern die aus einem verbindlichen Sinnganzen emanzipierte emblematische Naturformel führt auf dialektische Gestaltungsweise und ist gerade dadurch bestimmt, daß sie (als pictura), indem sie zu ihrem anderen übergeht (in der Deutung), nicht über sich hinausgeht: res significans bleibt. Ähnlich legt Fricke die barocke Bildtechnik aus: „Nicht die Tiefe der Subjektivität, sondern das gegenständliche Sein der objektiven Sachenwelt gibt den Anstoß zum poetischen Bild." 7 4 D a ß die Natur so als objektive Subjektivität sich bestimmen läßt 7 5 und als kritisches Modell vor der bloßen Subjektivität steht, 76 geht auf die alte Tradition des NATURA LOQUITUR oder NATURA MONET zurück 77 und bestimmt Eichendorffs Begriff der N a turpoesie. Diese soll, als „Hieroglyphenschrift", die unaussprechliche Wahrheit, „das Lied ohne Worte", vernehmbar, sinnlich wahrnehmbar machen 70 Das Bacon-Zitat ( D . W . J o n s , S.27, A n m . 2 ) v o n 1623 (1605) lautet: „Emblema vero deducit intellectuale ad sensibile: sensibile autem semper fortius percutit memoriam, atque in ea facilius imprimitur, quam intellectuale." (The Works. London 1837. Bd. II, S. 365). « A . Schöne, S. 21. 72 Vgl. die Untersuchungen von Hermann Kunisch zum Wortschatz Eichendorffs. I n : Eidiendorff heute, S. 135 ff. 73 W.Emrich, Das Problem der Symbolinterpretation. In: Protest und Verheißung, S. 48 ff. 74 Gerhard Fricke, Die Bildlichkeit in der Dichtung des A . Gryphius. 1933. S . 2 2 1 , anläßlich des Rosengleichnisses in ,Catharina' I, 297-318; vgl. dazu D . W . Jons, S. 10$ ff. 75 Vgl. unten S. 154 ff. (§ 10), S. 114, auch S. 236ff. 76 Vgl. dazu Clemens Brentanos ,Godwi', II.Teil, 28.Kap.: „ E r kehrte oft bei den adlichen Familien auf solchen Fahrten ein, weil er doch nicht lange mit der N a t u r allein sein konnte, die ihm die Wahrheit zu sehr sagte." Werke. H g . v o n 77 F. Kemp. 1963. Bd. II, S. 37$. V g l . auch D . W . Jons, S. 107.
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(IV, 2 j f.). Dazu bedarf die Poesie jener Formeln, die über Zeichen und Worte hinaus sind: das Buch der Natur wird ihr Vorbild (vgl. II, 30). Wenn Eichendorff die Naturpoesie auf eine das Begriffsvermögen transzendierende, vorgegebene („positive") Wahrheit verwiesen denkt, so vollzieht er damit eine in der emblematischen Bildformel selber gelegene Konsequenz: es ist mittelalterliche, die emblematische Denkform fundierende „doctrina", vom Sichtbaren aus das Unsichtbare zu erkennen suchen.78 Durch den seit Herder festgehaltenen Zusammenhang von Natur- und Volkspoesie bekommt Eichendorff zudem die Möglichkeit, seinen dialektischen Ansatz nicht vorzeitig aufzugeben, sondern unter seine Frage, wie alle scheinbare Verworrenheit und Zerrissenheit sich zur Einheit klären oder fügen lasse, auch die Trennung von Poesie und Leben zu stellen. So geht von Eichendorffs Werk, das sich fern aller „weltanschaulichen Unklarheit" 7 9 hält, erneut der Anspruch aus, „die Dinge in ihrer ganzen Tiefe zu nehmen" (IV, 11).
§ 1. D e r dialektische A n s a t z in Eichendorffs Bestimmung der Poesie In seiner ,Geschichte der poetischen Literatur Deutschlands' unternimmt es Eichendorff, aus der kaum zu bewältigenden Masse der Literatur „ein klares organisches Bild möglichst herauszuarbeiten" (IV, 14). Von vornherein wird die Problematik, Literatur für sich behandeln zu wollen, reflektiert, ihre Eigentümlichkeiten werden mit der Nationalgeschichte in Zusammenhang gebracht: „In Frankreich hat die dynastische Politik den freien Adel zu Hofe gezähmt und die Physiognomie der Provinzen verwischt, in England die Reformation fast alles uniformiert. In Deutschland dagegen geht jene Sonderbündlerei durch die ganze Geschichte" (IV, 12). Die Beschränkung auf die Poesie, heißt es weiter, „ist eigentlich nur eine scheinbare", durch die „nur wenig gewonnen" sei. Dennoch erhält sie ein relatives Recht durch den Hinweis, „daß das Leben der Deutschen am entschiedensten durch die Literatur, und ihre Literatur wiederum vorzugsweise durch die Poesie vertreten wird" (IV, 14). Die folgenden Sätze deuten dann in der Einordnung der Dichtung auch schon auf ihren Begriff. „Quod similitudo, ex proprietate rerum et conformitate exorta, est generalis via, qua pervenire oportet de communi cursu a visibilibus ad cognoscendum invisibilia" (14. Jh.; zitiert bei D. W. Jons, S. 111: Pitra III, 437). 79 Diese wirft Lukdcs dem Dichter vor, in: Deutsche Realisten des 19. Jahrhunderts. 1952. S. 62. 78
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Unsere Poesie . . . ist kein bloßer Luxus, keine isolierte Kunstfertigkeit zum N u t z e n und Vergnügen des müßigen Publikums; sie hat, mehr als bei andern, ihre innere Notwendigkeit in dem allgemeinen Organismus der N a t i o nalbildung. Sie ist daher so mannigfaltig, wie diese Bildung selbst, und ihr Einzelnes w i r d nur aus dem G a n z e n verständlich.
Die Nationalbildung wird als Organismus gesehen, dessen mannigfaltige Gliederung die gleiche der Dichtung ist; auch daß „ihr Einzelnes nur aus dem Ganzen verständlich" wird, deutet auf den Organbegriff, der als Leitbild angesprochen wird, wenn „ein klares organisches Bild" der Poesie herausgearbeitet werden soll. Wie der Organismus der Bildung komponiert ist, machen die Ausführungen über die Philosophie deutlich. „Zwei aus den Trümmern des Altertums hervorgegangene Hauptströme" durchziehen das ganze Mittelalter, die Philosophie des Aristoteles und die des Plato. „Jene entsprach mehr dem Verstände, diese mehr der Phantasie und dem Gefühl; beide zusammen", heißt es dann, „umfaßten also so ziemlich das ganze intellektuelle Gebiet der menschlichen Natur" (IV, 15). Die Harmonie dieser Grundkräfte ist für Eichendorff ein Maßstab, der nicht nur über die Leistung des einzelnen Dichters, sondern ebenso über den Zustand eines ganzen Zeitalters befindet. Den Zusammenhang stellt der romantische organische Gesellschaftsbegriff her, der diese als „natürliches Planetensystem" faßt (IV, 356).* Das „harmonische Zusammenwirken" dieser Kräfte finden wir bei allen großen Dichtern" (IV, 26), und die Kunst entartet, wo „dieser Dreiklang gestört, und eine dieser Kräfte alleinherrschend wird" (ebd.). Wenn die Poesie nun „überall der Spiegel des nationalen Seelenlebens" (IV, 56) ist, wird ihr Kreisgang mit dessen Geschichte auch näher bestimmt. Daß Eichendorff so darauf insistiert, „die Stellung möglichst klar zu machen, welche (z.B.) die Romantik in dem allgemeinen Bildungsgange der Nation einzunehmen scheint" (IV, 245), fällt nur teilweise unter den Begriff der „Standpunktliterarhistorie", welchem H.-E. Hass die Bemühungen Eichendorffs zuordnet: indem „ihr Standpunkt von außen an ihren Gegenstand herangebracht war und sie sich wesentlich auf ein Inhaltliches und nicht auf ein Ästhetisch-Formales richteten", läsen diese 1 Vgl. etwa A d a m Müller: „ A u s dem organischen Ganzen der N a t u r , dessen Einheit und Wachstum sie mit Glück und prophetischer Ahndung verfolgt hat, lassen sich die künstlichen Institute, die verwickeltsten Angelegenheiten des bürgerlichen Lebens nicht mehr ausschließen. W a s der Mensch, das organische Wesen, tut und verrichtet, kann der Naturwissenschaft nur als Sprosse, als Z w e i g seines Organismus erscheinen; denn das Organische kann nicht Unorganisches erzeugen." Vorlesungen über die deutsche Wissenschaft und Literatur. Zitiert nach Helmut Schoeck, Die Soziologie und die Gesellschaften. 2. Aufl. 1964. S . I J 4 .
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Untersuchungen „den Maßstab nicht an ihrem Objekt ab", sondern entnähmen ihn „einer bestimmten, standpunktgebundenen Wirkungsabsicht".2 Diese ist nicht zu bestreiten. Doch das nach leisem Vorwurf klingende „von außen" besagt für Eichendorff wenig, nicht nur weil er - wie Hass selber schreibt - „ästhetische Werte letztlich gelten ließ"; 3 sondern weil sich an fast allen seinen Begriffen zeigen läßt, wie sie ontologisch und historisch zugleich entworfen sind. In der Reflexion beider Momente gewinnen Eichendorffs Ausführungen eine geschicbtsphilosophiscbe Dimension, die dem erklärten Gegenstande, dem Wesen der Romantik, von zeitgenössischen Abhandlungen überwiegend versagt blieb. Der gelegentlichen Entschiedenheit von Eichendorffs Urteilen widerspricht keineswegs die Beobachtung, daß sie überwiegend im hermeneutischen Zirkelgang gewonnen sind: wie er das Einzelne aus dem Ganzen verständlich zu machen sucht (IV, 14), so zeigt sich auch seine Gesamtansicht von Einzeleinsichten her stets modifizierbar; seiner allgemeinen Beurteilung der Romantik ζ. Β. (IV, 396 ff.) gehen ausführliche Einzelanalysen voraus. Die hermeneutische Grundeinsicht Schleiermachers findet sich bei Eichendorff wenn nicht als durchgebildete Methode so immerhin als konsequenter Ansatz: „Überall ist das vollkommene Wissen in diesem sdieinbaren Kreise, daß jedes Besondere nur aus dem Allgemeinen, dessen Theil es ist, verstanden werden kann und umgekehrt. Und jedes Wissen ist nur wissenschaftlich, wenn es so gebildet ist." 4 Das Bemühen um solch ein Begreifen führt Eichendorff zu ganz dialektisch angesetzten und formulierten Analysen. So findet auch Hass, der zunächst Eichendorffs Intention „von dem bestimmenden Geist seiner Epoche . . . tief abgetrennt" sieht (S. 1 1 3 ) , schließlich seine Wirkungsabsicht „dem tieferen Zeitgeist... durchaus zugewandt" (S. 139): sie „ist letztlich in der gleichen triadischen Grundkonstellation von Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft zu verstehen, in der sein religiöses, historisches und politisches Denken und sein Dichtungsbegriff gegründet waren" (S. 142). Anders als etwa bei Ε. T. A. Hoffmann löst sich für Eichendorff das triadische Geschichtsmodell nicht vorschnell in einen unfruchtbaren Dualismus auf, vielmehr gelten ihm „alle drei Zeitwandelungen" als „ein unzertrennlicher Strom" (IV, 855). Wo sich „jäh und unversöhnt Kunst und Leben gegenüber" 5 finden, verfallen stets beide der Kritik. 2
Hans-Egon Hass, Eichendorff als Literarhistoriker. Historismus und Standpunktforschung — ein Beitrag zur Geschichte der Literaturgeschiditsschreibung und ihrer Methodenprobleme. In: Jahrbuch für Ästhetik, Bd. 2, 1954. S. 1 1 0 . 3 H.-E.Hass, S . 1 1 1 . 4 F r . D. E. Schleiermacher, Hermeneutik. H g . von H. Kimmerle. 1959. S. 88. 5 Dies bemerkt Alois Arnoldner für Ε. T. A . Hoffmann, Die Motivgruppe des heimatlosen Helden bei Eichendorff. Diss. Wien i960. S. 104.
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Nun begründet ein triadisches Geschichtsbild noch nicht unbedingt eine dialektische Denkweise, wenn es sie auch - in irgendeiner Form - nahelegt. Es ist durchaus zu prüfen, ob sich die Conclusion von Hass halten läßt: „So lassen sich überhaupt bei Eichendorff Denküberzeugungen finden, die einen allerdings nicht materialen, aber einen formalen Einfluß Hegels verraten. Das liegt auch in der ganzen Darstellung der Literaturgeschichte, die als bewegter Prozeß vorgeführt wird, als dialektisch vorgetriebener kämpferischer Ablauf" (S. 145). Gegen einen unmittelbaren Anschluß an Hegel spricht, bei aller Nähe zu seiner Ästhetik, die absagende Bewertung, die dessen Philosophie noch in der ,Geschichte der poetischen Literatur Deutschlands' (1857) erfährt: „Auffallen jedoch muß es, daß ihr die moderne Poesie des Hochmuts und des Hasses auf der Ferse gefolgt ist" (IV, 19). Die Einsicht in die Problematik der Zeit findet zwar bei beiden ganz ähnlich lautende Formulierungen, vor allem in der Auseinandersetzung mit der Französischen Revolution; was Hegel als Entzweiung denkt, faßt Eichendorff als Zerrissenheit; und Subjektivität und Verdinglichung, von Rohrmoser als die LeitbegrifFe des jungen Hegel hervorgehoben,6 sind auch für Eichendorff die grundsätzlichen Verführungen und Gefahren des neuen Zeitalters. 7 Doch schon die Begriffe deuten verschiedene Lösungswege an: „Entzweiung" hält noch als Terminus jene Prozessualität der Begriffe fest, die sie als „Selbstbewegungen, Kreise" 8 Momente einer dialektischen Bewegung sein läßt; „Zerrissenheit" faßt hingegen den allgemeinen Zustand so dinglich, daß Versöhnung aus ihm selbst heraus kaum als denkbar erscheint. So ist auch Voraussetzung des Hegeischen Ansatzes, daß die Diskontinuität „positiv als Form der geschichtlichen Kontinuität und Einheit" begriffen wird. 9 Davon kann bei Eichendorff keine Rede sein. Daß dieser Mangel kein solcher des Problembewußtseins ist, zeigt sich daran, in welch ausführlichem Maße Eichendorff sich jenem Zustand der Entzweiung zuwendet. Es wird zu zeigen sein, daß die Bilder der verzauberten und dämonischen Natur ebenso wie die Gestaltung phantastischer und dämonischer Figuren in ihrer Bedeutung einem dialektischen Ansatz doch folgen; das erhellt in gleicher Weise aus der Gesellschaftskritik Eichendorffs, auf die im Zusammenhang dieser Abhandlung weniger eingegangen 6
Günter Rohrmoser, Subjektivität und Verdinglichung. Theologie und G e sellschaft im Denken des jungen Hegel. 1 9 6 1 . 7 V g l . dazu W . E m r i d i , Dichtung und Gesellschaft bei Eichendorff. I n : Protest u. Verheißung, S. 1 0 7 f. 8 V g l . Hegel, Phänomenologie des Geistes. Vorrede. 6. A u f l . 1 9 5 2 . S. 3 1 . 9 J . Ritter, Hegel und die französische Revolution. 1 9 6 J . S. 6 1 .
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werden kann (der Philister; Kritik des Fabrikwesens, der praktische Abgrund etc.). Eichendorffs dichterischer Rang hängt davon ab, daß er die Reflexion auf die problematische Grundverfassung seiner Zeit gerade nicht von sich abwies, wie jene behaupten, die ihn dem Biedermeier zuredinen wollen. 10 Die Natur, die sich dem triadischen Geschichtdenken des 18. Jahrhunderts zumeist als Ausweg aus aller Gesellschaftsproblematik ergab, führt diese nun fast modellhaft selber vor. Dies beginnt schon bei Goethe, in den Balladen vor allem und im Spätwerk; die Dichtungen Eichendorffs sind davon durchgängig bestimmt, mit dem zusätzlichen formalen Problem, ohne Goethes weltanschauliche, dem Verhältnis von Natur und Kunst schließlich freundliche Voraussetzungen in diesen Themenbereich zu treten. Die Untersuchung der Natur „als Idee" bei Eichendorff mag jenem nur z . T . historischen Mißverständnis wehren, daß die so intensive Hinwendung im Werke zur Natur als Escapismus zu werten sei. Gegen eine zu naive Naturauffassung steht schon der biographische Einwand, „daß Eichendorff . . . weder gesungen noch musiziert noch Wanderungen gemacht, noch überhaupt genußreich abwechslungsvolle Ferienreisen unternommen . . . hat". 1 1 Die enge traditionelle Beziehung von Kunst auf Natur ist gerade für das Werk Eichendorffs neu zu reflektieren, indem er von leitenden Bestimmungen des 18. Jahrhunderts ausgeht, diese aber unter dem Einfluß der neuen geistigen Situation umzuformen genötigt wird, bis er zu einem Dichtungsbegriff gelangt, der „eine der tiefsten theoretischen Ansichten über das Wesen des Dichterischen" sein mag, „welche die nachromantische Epoche hervorgebracht hat". 1 2 Daß sich das triadisch geformte Geschichtsbild einem dialektischen Ansatz öffnet, spricht für die Insistenz auf die vorgegebene allgemeine Problematik der Zeit. Die Bedeutung dieses Ansatzes für die Dichtung sei kurz skizziert, ausführlich und kritischer ist er in den Einzeluntersuchungen zu behandeln.
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A l s Beispiel stehe die - audi die entsprechende Literatur verzeichnende Dissertation v o n Alois Arnoldner (Wien i 9 6 0 ) , die in herkömmlichem M i ß v e r ständnis die „entzückende Leichtigkeit des Feriendaseins" hervorhebt, und die „Sorglosigkeit, mit der sich die Helden über ihre Verbannung aus dem bürgerlichen Leben hinwegsetzen", als „schwerelose Festtagsstimmung" preist (S. 108). 11 Paul Stöcklein, Joseph v o n Eichendorff . . . rm 84. 1 9 6 3 . S. 56. 12
H . - E . Hass, S. 1 5 3 .
21
I. Die Sage „Alle Poesie nimmt ihren Ursprung aus der Sage. In der Sage sind aber die produktiven Seelenkräfte eines Volkes, Verstand, Phantasie und Gefühl, alle Blüte künftiger Bildung, wie ein Märchen, noch ungetrennt in einer gemeinsamen Knospe, wunderbar verhüllt und abgeschlossen" (IV, 43). Der Einheit der Momente, die noch ungetrennt, unentfaltet beieinander sind (,an sich') entspricht ihre Abgeschlossenheit, Verhülltheit. Nach Hegel ist etwas an sich, indem es ein Sein für ein anderes hat, und dies zugleich ausschließt; solange etwas an sich ist, hat es sein Fürsichsein in einem anderen. So die Poesie als Sage. Als „Reflex" (Sein für anderes) bleibt sie doch „innerlich"; „ihre Lapidarschrift", heißt es weiter, „sind die Taten dieses Volkes". Was also als das Fürsichsein der Poesie gelten muß, die Taten, ist noch außer ihr: beim Volke; ein Bezug deutet sich an, wenn es heißt, daß darin das Volk die Sage „poetisch nachträumt". Daß die Analogie im begrifflichen Duktus der gleichen Intention entspricht, die Bedeutung des Subjekts (bei Hegel: der formalen bzw. transzendentalen Logik) zurückzusetzen, zeigt der zusammenfassende Hinweis: „Die Sage ist also ganz objektiv" (IV, 43). 2. Die Dissonanz (Zerrissenheit) Die schöne Einheit von Gefühl, Phantasie und Verstand, die traditionell in eine fabelhafte Urzeit projiziert wird, ging gar bald in der Entwicklung der Dichtkunst verloren, und zwar in der Weise der Besonderung der Momente gegeneinander. „Wo aber . . . eine dieser Kräfte alleinherrschend wird, entsteht die Dissonanz, die Krankheit, die Karikatur. So entsteht die sentimentale, die phantastische und die Verstandespoesie, die eben bloße Symptome der Krankheit sind" (IV, 26). In der Einschätzung dieser Stufe unterscheidet sich Eichendorff von Hegel, die Besonderung wird nur als Vereinzelung genommen; nirgends der Versuch, sie geschichtsphilosophisch als notwendiges Stadium zu begreifen, ihre Konkretion der Abstraktheit des Ansich entgegenzuhalten. Die „natürliche Harmonie", die es zu bewahren galt, erscheint hier willkürlich gebrochen. Die „ursprüngliche Schönheit", die formelhaft die wahre Poesie bezeichnet, wird im Gang der Geschichte zu einer „verhüllten" (IV, 240). Das Gedicht ,Der armen Schönheit Lebenslauf' (I, 378 ff.) kritisiert die Selbstbezogenheit der Schönheit, wie Eichendorff später auch die Subjektivität der Romantik als narzißtisch verurteilt, und wahrt dabei durchaus den dialektischen Ansatz: „arm" mag die Schönheit heißen, die noch unvermittelt 22
an sich hält; ihr Sein für anderes („gesehen werden", „schöne Knaben", „redliche Gesellen") wird ausgeschlossen, so audi ihr Fürsichsein, das sie zunächst im Anderen hat. Das Andere, das im Ansichsein des Etwas ein anderes Etwas war, ist im Fürsichsein das Etwas selbst. Entsprechend gewinnt sich die Schönheit im Gedicht als einfache Beziehung auf sich; sie hat sich selbst als ihr anderes, sie „putzt sich", erhöht ihren Schein, heißt nun „reich", ist aber in dieser festgehaltenen Reflexion in sich erst recht „arm". Nichts mehr erinnert an den Ursprung („Die Seele fühlt sich recht erbauet, / Wie wenn der Frühling neu beginnt"); erst mit büßender Umkehr, Aufheben der Verstockung durch die Liebe, findet die Schönheit Erlösung als „hohe Gnade". Deutlich wird hier die Dichtung auf der dritten Stufe anderen Begriffen untergeordnet, die nicht aus ihr entwickelt, vielmehr „positiv", gesetzt sind; undeutlich bleibt, ob hier die Dichtung, nach der Hegeischen Bestimmung des Anundfürsich, auf sich selbst bezogen bleibt, indem sie auf ein Anderes bezogen ist. Die Beziehung der Dichtung auf die religiösen Wahrheiten könnte als Aufhebung aller Poesie, zumindest als Aufhebung ihres Rechts verstanden werden; so faßt Eichendorff eine Dichtkunst, die nur Religion, wie eine, die ohne Religion ist, als solche, „die keine Poesie mehr ist" (IV, 418). So ließe sich für Eichendorffs Dichtungsbegriff das Beisichsein in seiner Beziehung auf anderes behaupten, wenn zu erweisen ist, daß jene gesetzten Inhalte, die „positive" Wahrheit, ihre Darstellung, also auch die Vermittlung durch die Künste, notwendig in ihrem Begriffe haben. Die Untersuchung von Eichendorffs Begriff der Naturpoesie zielt in diese Fragerichtung. 3. Die Versöhnung „Die Poesie hat, wie jedes geistige Leben, ihren notwendigen Entwicklungsprozeß" (IV, 70). Der erscheint Eichendorff, wie auch Hegel, in der Reihenfolge der Gattungen abgebildet. Dem abstrakt-objektiven Epos folgt die Dichtung der Subjektivität, die Lyrik. „Eine solche bloß experimentale und vorbereitende Trennung der beiden ursprünglichen Grundelemente aller Poesie kann aber nirgends von Dauer sein, und strebt unablässig nach Wiederversöhnung. Und diese Vermittelung ist eben das Wesen des Dramas, wo das lyrisch Subjektive, ohne sich selbst aufzugeben, in der darzustellenden Handlung wiederum objektiv wird" (IV, 71). Die Poesie, lautet die Formel immer wieder, soll die Schönheit erlösen: „aus den Banden der tölpelhaften Riesen und Drachen und pfiffigen Philister" (IV, 187), von der Einseitigkeit der ,für sich' gesetzten Kräfte. Wie Hegel im ,An2}
undfürsidi' die Versöhnung als Beisidisein in der Beziehung auf anderes (das andere hat das andere jeweils als s e i n anderes gewonnen) denkt, bestimmt auch Eichendorff Versöhnung im Rückgang auf die Einheit der Momente. Die Poesie weist darin auf die Religion, hält aber doch die Vermittlung von Natur und Freiheit als ihre Aufgabe fest; fraglidi ist, ob in der genauen Weise Hegels, daß beide, indem sie zu ihrem andern übergehen, darin nicht über sidi hinausgehen.
24
NATUR ALS
IDEE
§ 2. Herders Entgegensetzung von N a t u r - und Kunstpoesie Wenn EichendorfF die Sage als den Ursprungsquell aller Poesie feiert, schließt er sich damit der allgemeinen romantischen Tendenz an, die Volkspoesie aller „überfeinerten Kunstdichtung" (IV, 32) gegenüberzustellen und aus ihr einen kritischen Maßstab noch für die gegenwärtige Produktion zu gewinnen. Es gilt als Vorzug der Deutschen, „eine eigentliche Volkspoesie in so umfassendem Sinne" zu besitzen, wie sie „die andern alten Völker niemals gehabt" haben (ebd.). Dabei hatten sie weder Druiden noch Barden: Ihre Dichterschule w a r das Leben, und ihre Poesie die Freude und Seele dieses Lebens. Die Helden waren selbst die Dichter, sie taten, w i e sie sangen, und sangen, w a s sie taten, allen gleich verständlich, weil in allen wesentlichen Lebensansichten noch ein gemeinsamer Geist die ganze N a t i o n verband, die nicht in Herren und Sklaven, wie bei andern gleichzeitigen Völkern, und noch nicht wie bei uns in Gebildete und Pöbel zerfallen w a r . Daher sehen w i r hier Fürsten und Mannen an der fröhlichen Sangeskunst gleichmäßig t e i l n e h m e n . . . E s w a r der Hauch nationaler Heldenerinnerungen, der durch die W i p f e l dieses uralten Dichterwaldes in wunderbaren Liedern ging, v o n deren mächtigem Einfluß auf das ganze Leben die Römer voll Erstaunen erzählen. ( I V , 3 3 )
Der Einheit von Poesie und Leben entspricht die von Fürsten und Mannen, auf jene fabelhafte Urzeit weisend, die nun „versunken" und „verschlossen" ist (IV, 35). „Das eigentliche Grundwesen dieser Volkspoesie" findet Eichendorff in der Religion der alten Germanen, in ihrem Naturglauben sowohl wie in dem Übersinnlichen ihrer Götterlehre, womit ihr fester Unsterblichkeitsglaube zusammenhing (IV, 33 f.). Später zerbricht die Einheit der Momente; Moral, Religion und Herrschaft treten auseinander - was bleibt, ist ein „trügerisch morsches Prachtgerüst": „die alte Welt war allmählich eine Lüge geworden" (IV, 3 j). Diese Formulierungen erinnern nicht zufällig an Herder, sowohl im einzelnen wie in ihrem Duktus. So heißt es im ,Briefwechsel über Ossian und die Lieder alter Völker' von 1 7 7 1 :
J e wilder, d. i. je lebendiger, je freiwürkender ein Volk i s t . . . , desto wilder, d. i. desto lebendiger, freier, sinnlicher, lyrisch handelnder mäßen auch, wenn es Lieder hat, seine Lieder seyn.i
„Wundertätige Kraft" wird ihnen zugeschrieben, sie sind „die Entzückung, die Triebfeder, der ewige Erb- und Lustgesang des Volkes". 2 Ganz wie später bei Eidiendorff werden Dichtung und Leben unmittelbar aufeinander bezogen. Wie die Poesie einerseits „Stimme zu Thaten und Ruhe, zu Tugenden und zum Tröste" 3 ist, so hängt das Wesen der Lieder andererseits „vom Zusammenhange und gleichsam Nothdrange des Inhalts" ab, von „hundert andern Sachen, die zur lebendigen W e l t . . . gehören". 4 Eidiendorff, der die Philosophie Fichtes und die an diese sich anschließende Romantik als „Negation aller bestehenden Wirklichkeit" (IV, 396) mit zunehmender Schärfe verurteilt, findet für Herder immer freundlicher werdende Bemerkungen. In seinen Voraussetzungen letztlich an Schelling orientiert, wendet sich Eichendorff so erbittert gegen Fichtes Freiheitsbegriff, weil in ihm „die wahre Wirklichkeit" oder die Natur durch das Prinzip des voraussetzungslos produzierenden absoluten Ichs negiert werde (ebd.); die sich auf ihn beziehende Romantik heißt Eidiendorff abgefallen (IV, 403). Die prinzipielle Entgegensetzung von Natur und Kunst, die die Ästhetik des deutschen Idealismus kennzeichnet,5 spiegelt für Eichendorff jenen modernen gesellschaftlichen Zustand der „endlosen Revolution" wider, darin „Staat und Volk unvermittelt, schroff und feindlich, als bloßes Recht und Gegenrecht" einander gegenüberstehen (IV, 408). Die Vermittlung ergibt sich nur einer „Totalanschauung des Lebens", wie sie Eichendorff Schelling zuweist, dessen Philosophie „nur das wissenschaftlich begründete, was gleichzeitig die Romantik an den einzelnen Erscheinungen des Lebens poetisch nachzuweisen strebte" (IV, 397). Ein organologisdi entworfener Gesellschaftsbegriff führt zwar zu meist „reaktionär" klingenden Folgerungen, etwa jener, daß die Staatskunst wie die Astronomie sei: Wie diese den Wandel der Gestirne, so sucht jene das ewige Gesetz der Bewegungen und Wechselbeziehungen der ethischen Kräfte der Menschheit zu entdecken, um das natürliche Planetensystem der Gesellschaft herzustellen.
(IV, 356) Doch gibt Eidiendorff den Begriff der Vermittlung nicht preis, das natür1
2 Ausgabe Suphan, Bd. V, S. 164. Ebd. 4 Suphan V, S. 201. Suphan V, S. 164. 5 Vgl. Dieter Henrich, Kunst und Natur in der idealistischen Ästhetik. In: Nachahmung und Illusion. Hg. von H . R . Jauß. 1964. S. 128 ff. 3
26
lidie Gesellschaftssystem bleibt
herzustellen,
die zu versöhnenden
Momente N a t u r und Freiheit behalten ihr Gewicht. 6 Herder ist für Eichendorff „der Ahnherr der modernen Romantik" ( I V , 823). Bei allen Einschränkungen seiner Anerkennung gilt es doch als sein „unvergängliches Verdienst", die Poesie wieder auf ihren „volkstümlichen Urquell" ( I V , 1 9 2 ) zurückgewiesen zu haben, und mehrfach 7 zitiert Eichendorff aus den,Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit': Gang Gottes in der Natur, die Gedanken, die der Ewige uns in der Reihe seiner Werke tätlich dargelegt hat, sie sind das h e i l i g e B u c h , an dessen Charakteren ich buchstabiert habe und buchstabieren werde. Überall hat midi die große Analogie der Natur auf Wahrheiten der Religion geführt, und diesen Weg verfolgend sehen wir zuletzt das dunkelstrahlende Licht als Flamme und Sonne aufgehen. Es gibt keinen anderen Weg, und man kann ihn nicht sorgsam genug gehen.8 Die N a t u r als Analogie des Geistes und der Religionswahrheiten - dieser Gedanke führte vor allem die Spätromantik immer stärker auf Herder hin, der schließlich in seiner Bedeutung wie ein Vorläufer Schellings erscheint.9 „Wie ein warmer Himmelshauch, der erlösend über die erstarrten Felder und Wälder ging und uns den Frühling brachte" ( I V , 769), hat Herder „der orthodoxen Starrköpfigkeit, sowie der pietistischen Faselei gründlich das Handwerk
gelegt und sein Jahrhundert
umgestimmt"
( I V , 230). W a s Eichendorff für Herder einnahm, geht schon aus dem Wortschatz die6
In seiner Rechtsphilosophie führt Hegel aus: Während die alten Staaten weithin „auf u r s p r ü n g l i c h e natürliche Anschauung gebaut" waren, ist in den neueren der „ G e g e n s a t z der Vernunft zu seiner ganzen Stärke" auseinandergegangen (§ 185). Gegenüber dem gesdiichtsphilosophisch begründeten Recht der Besonderheit ist Einheit nicht mehr als einfaches Prinzip denkbar, vielmehr bedarf es einer wahrhaft unendlichen Kraft, den nunmehrigen Gegensatz in sich zusammenzuhalten, was als „harte Arbeit" sich erweist (§ 187). So macht die Staatsökonomie dem Gedanken Ehre, „weil sie zu einer Masse von Zufälligkeiten die Gesetze findet"; was zunächst ein „Wimmeln von Willkür" scheint, als ob „alles der Willkür des Einzelnen anheimgestellt" wäre, erzeugt doch „aus sich allgemeine Bestimmungen" und hat so „eine Ähnlichkeit mit dem Planetensystem, das immer dem Auge nur unregelmäßige Bewegungen zeigt, aber dessen Gesetze doch erkannt werden können" (§ 189. Zusatz). Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts. H g . von A.Baeumler. Bd. 1 . 1927. S . 7 2 o f . ; vgl. Joachim Ritter, Hegel und die französische Revolution. 1965. S. 54 f. 7 IV, 1 9 1 ; 229; 771. 8 Vgl. dazu Paul Kluckhohn, Das Ideengut der deutschen Romantik. 1966. (Handbücherei der Deutschkunde. Bd. 8) S. 24 ff. 9 Vgl. G.-A. Brandt, Herder und Görres. 1939. S. 12 f.
27
ser Bemerkungen hervor, die Verhältnisse der Literatur, Zustände des Geistes in Naturbildern fassen. Eichendorff versucht ja, darin dem D e n k e n Fichtes, aber auch Hegels entgegen, Kunst auf N a t u r zurückzubeziehen, ohne die durch diese Denker überholte Imitatio-Theorie neu aufzunehmen. Dabei ist er Sdielling am nächsten, 10 den er ganz im Sinne seiner K u n s t theorie interpretiert (vgl. I V , i 6 f . ) ; daß er auch indirekten Schelling-Einflüssen vieles verdankt, ist noch genauer zu zeigen. Steffens ζ . B . charakterisiert die Wirkung Schellings auf sein Denken mit Sätzen, die abschließen: „ S o w a r mir das Universum, selbst geschichtlich aufgefaßt, eine organische Entwicklung geworden, aber eine solche, die erst durch das höchste Gebilde, durch den Menschen ihre Vollendung erhielt." 1 1 Auch Görres gerät, als er sich nach seinen politischen Versuchen der Naturphilosophie zuwendet, unter Schellings Einfluß. 1 2 Die f ü r Eichendorff wichtigsten Lehrer, Steffens in H a l l e und Görres in Heidelberg, weisen so in eine Richtung des Denkens, die Eichendorff sich mehr eingeschränkt als verwandelt später zutiefst zueignete. N u n ist schon länger bemerkt, d a ß „Schelling viel Herdersches Saatgut in seine Scheuern eingefahren hat", und auch Görres weist in vielen A u f f a s sungen unmittelbarer auf Herder als auf Schelling zurück. Für die H e r ausarbeitung v o n Eichendorffs Gedanken allerdings ist es weniger nötig, die Geschichte ihrer wesentlichen Begriffe aufzusuchen, als vielmehr die Weise, w i e deren Zusammenhang gedacht ist, zu analysieren und diesen auf den ihm vorliegenden Problemkomplex zu beziehen. Eichendorff selber verfährt ja in der Wertung v o n Abhängigkeiten und Entwicklungslinien keineswegs objektiv-historisch, 13 das wird u.a. seine Herder-Beurteilung zeigen, wie auch der G a n g seiner Bewußtseinsbildung durchweg anderen Motiven folgt. D i e begriffliche N ä h e Eichendorffs z u Herder, so wird sidi zeigen lassen, ist keineswegs auch eine gedankliche. Dennoch finden sich Gleichheiten in den Voraussetzungen, die Eichendorff nur deshalb nicht betonen mag, weil sie gemeinromantisches Gut geworden sind. Z . B . sprechen die Analogie v o n N a t u r und Geschichte, die f ü r Eichendorff strikt gilt, folgende Sätze i m ι j.Buch v o n H e r d e r s , I d e e n ' 1 4 aus:
Vgl. D. Henrich, Kunst und Natur, S. 130 f. Zitiert bei P. Kluckhohn, Ideengut, S. 27. 12 Vgl. G.-A. Brandt, Herder und Görres, S. 27. 13 Vgl. H.-E.Hass, S. m und S. i j 8 f f . (Historismus und Standpunktbetraditung). 14 Suphan X I V , S. 207. 10 11
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Ist indessen ein G o t t in der N a t u r : so ist er audi in der Geschichte: denn audi der Mensch ist ein Theil der Schöpfung und muß in seinen wildesten A u s schweifungen und Leidenschaften Gesetze befolgen, die nicht minder schön und vortreflidi sind, als jene, nach welchen sich alle Himmels- und E r d k ö r per bewegen. 1 5
Audi die Auffassung des Menschen als eines Mikrokosmos, der lebendiges Abbild des Makrokosmos sei, „das ganze Ebenbild der Welt" (Oken), „ein wundervoller Verein aller Grundgestalten und Kräfte des sichtbaren Weltalls" (Schubert),18 verdankt die Romantik wie audi die organische Staatsauffassung Herders Denken:17 „Jeder Staat hat seine Periode des Werdens, des Bleibens und des Verfalls." 18 Ebenso erinnert „der Nationalismus der Eichendorffschen Geschichtskonzeption . . . in seinen Begründungen durchaus an die Herkunft von Herder".19 Am bedeutsamsten ist für Eidiendorff wohl Herders Unterscheidung von Natur- und Kunstpoesie geworden, die auf den nur eben angedeuteten Voraussetzungen aufruht und der romantischen Opposition gegen den Klassizismus die gewünschte Deckung bot. Die sehr strenge und vor allem in der altgermanischen Philologie durchweg rezipierte Entgegensetzung von Natur- und Kunstpoesie darf nicht in die Nähe der idealistischen Trennung von Kunst und Natur gebracht werden, die mit Fidites Theorie der Produktivität wie mit der Begrifflosigkeit der ,gemeinen Natur* (Hegel) zusammenhängt. Schon ihre Wertung besagt das Gegenteil: Hegel findet „die Natur notwendig unvollkommen in ihrer Schönheit"20 und weist es der Kunst als „durch den Geist produziertem Schein" zu, „gegen die vorhandene prosaische Realität . . . das Wunder der Idealität" zu setzen, als „ein Spott, wenn man will, und eine Ironie über das äußerliche natürliche Dasein".21 15
G . - A . B r a n d t , S . 2 1 , weist auf die ähnliche Geschichtsauffassung bei Görres
hin: „ N a c h bestimmten festen Gesetzen ist die ganze N a t u r organisirt, es ist nicht wilde Anarchie, die in den Stürmen tobt, im Donner b r ü l l t . . . S o auch in der G e schichte der M e n s c h h e i t . . . Wenn der Fanatismus ganze Nationen mit konvulsivischen Zuckungen ergreift, und ganze Welttheile mit Blutströmen tränkt,
...
dann spielt nicht der launige Eigensinn des Z u f a l l s mit seinen Geschöpfen" (Rübezahl, Gesammelte Schriften I, 1 9 2 6 , S. 496). 18
Diese Zitate und weitere Ausführungen bei P . Kluddiohn, Ideengut, S. 3 6 ff.
17
V g l . F . M . B a r n a r d , Zwischen A u f k l ä r u n g und politischer Romantik.
1964.
S. 7 0 ff., besonders S . 89 f . !8
Suphan I X , S. 3 7 5 ; v g l . G . - A . B r a n d t , S . 1 7 .
«
H . - E . H a s s , S. 1 2 9 .
20
Hegel, Ästhetik. H g . von F r . Bassenge. 1 9 5 5 . S. 1 7 2 .
21
Hegel, Ästhetik, S. 1 8 9 .
29
Hingegen macht die Äquivalenz von Natur- und Volkspoesie bei Herder schon einen anderen Ansatz 22 deutlich: Die negative Einschätzung der Kunst, welche die Natur auslöscht,23 ist bei Herder wie bei Eidiendorff gesellschaftlich begründet. Die Dichtung der Skalden wird als Natur angeführt, nicht als Muster zur Nachahmung; die Übersetzung Ossians ist vertan, „eben weil er ein so schönes poetisches Werk geworden ist". 24 Die Volkspoesie erhält den Vorzug nicht nur wegen der rohen, einfältigen, aber zaubermäßig feierlichen Art und der „Tiefe des Eindrucks", sondern vor allem in Hinsicht auf den „freien Wurf, mit dem der Eindruck gemacht wird", 25 der sie eben audi als Naturpoesie aufzufassen leitet. Mit „den Wilden" können heute nur noch „unverdorbne Kinder, Frauenzimmer, Leute von gutem Naturverstande" sich vergleichen; sie nur bekämen die Psalme als „die einzigen und besten Redner unsrer Zeit". 23 Heißt es bei Eichendorff in der Beschreibung des Überganges: „Die alte Welt war allmählich eine Lüge geworden" (IV, 35), so meint Herder: „Endlidi wurde Alles Falschheit, Schwäche, und Künstelei." 26 Diese polemische Gegenübersetzung von Kultur und Natur zugunsten des unverbildeten Zustandes ist ein alter Topos der Kritik, der vor allem die utopische Literatur fundiert. Herders Ansatz ist in jenem genauen Sinne von Engels „zur Utopie verdammt", 27 da „die Lösung der gesellschaftlichen Aufgaben" noch kaum konkrete Möglichkeiten findet und so „aus dem Kopfe erzeugt werden" muß, 28 dabei sich notwendig auf „die ganze Menschheit" 29 beziehend.30 Immerhin wird heute aber „die instrumentale, denkerische Funktion der Utopie" 31 hervorgehoben, die ältere Auffassung der Utopie „als Glücksprogramm, das mit den Kriterien der Verwirklichbarkeit kritisiert werden kann" 32 beiseite gesetzt. 22
H e i n z Stolpe weist Herders Denken „ d e r Ideologie des plebejischen Flügels der deutschen bürgerlichen Emanzipationsbewegung in ihrer unmittelbar v o r revolutionären Aufschwungsphase" zu, w a s grobschlächtiger formuliert als erarbeitet ist (Die A u f f a s s u n g des jungen H e r d e r v o m Mittelalter. 1 9 5 5 . S . 5 0 7 ) . 23
24 Suphan V , S. 1 8 2 . Suphan V , S. 1 6 1 . 28 Suphan V , S. 1 8 1 . Suphan V , S. 1 8 2 f. 27 Friedrich Engels, Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur W i s senschaft. 6. Aufl. 1 9 2 8 . S. 20. 28 29 F . Engels, S. 19. F . Engels, S. 1 7 . 30 Entsprechend heißt es in einer zeitgenössischen Bestimmung der Utopie: „ D e r Zukunftsentwurf, den die Utopie liefert, betrifft die Totalität der Gesellschaft. E r ist nicht partikulär, sondern universell. D a s System, das die Utopie schildert, ist strukturell geschlossen. Daher ist es auch nur durch Isolation erreichbar . . . ( H e r mann Lübbe, Utopie und Planung. In: Ebracher Vorträge 1 9 6 5 . S. 1 1 ) . 31 V g l . H . - J . Krysmanski, Die utopische Methode. 1 9 6 3 . S. 120. 32 H . - J . Krysmanski, S. 1 1 7 . 25
3°
Utopie, so als „modellhafter Entwurf" genommen, „der reale Möglichkeiten und Tendenzen nur in ihre Konsequenzen bringt", 33 sind auch Herders Vorstellungen von Urzeit und Mittelalter wie die beispielhaften „Wilden", indem diese Bilder, wie Stolpe ausführlich nachweist, durchaus in der Spannung von Gegenwart und Zukunft entworfen sind, zumal in jener charakterisierenden Weise, daß „gerade diese Spannung, dieser Mangel an reiner Gegenwärtigkeit den Mangel an jenem Glück indiziert, das die Utopie dann verheißt". 34 Eichendorff hat es sozusagen leicht, die Abstraktheit von Herders Ansatz zu kritisieren (IV, 229), als die diesem verborgen zugrunde liegenden Tendenzen seiner Zeit in der allgemeinen Volksbewegung als „lebendige Romantik" (IV, 406) deutlich hervorgetreten waren. Die Bedeutung Herders für die Romantik liegt gerade darin, daß er „Utopisches an seiner gesellschaftlichen Basis" 3 5 thematisiert, damit aber die Dichtungstheorie sowohl kulturhistorisch zu dimensionieren wie soziologisch zu beziehen anleitet. Dem folgt Eichendorff noch in seiner HerderKritik. Herders Quellen und Abhängigkeiten, sein „vorgeformtes ideologisches Material", 36 sind eingehend untersucht worden. In diesem Zusammenhang sind nur jene Ideen hervorzuheben, die Voraussetzung seines Begriffes von Naturpoesie und für Eichendorff in dieser Hinsicht bedeutsam sind. Das ist einmal die Vorstellung von der allseitigen Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit in den gesellschaftlichen Urzuständen, zum andern die Idee einer „altgermanischen Freiheit". 37 Beide Ideen sind utopisch entworfen, indem sie Teilvorstellungen als (historisch) vollendet darstellen. Darin sind sie zugleich sozial determiniert und kritisch-oppositionell orientiert Herders auf Montesquieu zurückgehende germanische Freiheitsidee etwa gegen den höfischen Klassizismus. Herders Mittelalterbild schließt sich seiner ,Urzeit'-Vorstellung weitgehend an, was deren Aufnahme in der Romantik noch erleichterte. Eines der zentralen Momente von Eichendorffs Dichtungstheorie ist ihr fortwährendes Zielen auf O b j e k t i v i t ä t , wie diese auch im einzelnen verstanden werden möge. In der Kritik an aller Willkür des Subjekts, am Subjektivismus der Romantik zumal, ist sie mit Hegels Ästhetik einig. In diesen Zusammenhang führt die Bedeutung des Begriffs N a t u r - oder V o l k s p o e s i e , dessen Intention sich bei Herder bereits ebenso angeben läßt, was vor allem auch an der kritischen Wendung gegen die Aufklärung zu zeigen ist. 33 35 3
«
34 H. Lübbe, S . u . Ebd. Ernst Blodi, Freiheit und Ordnung. New York 1946. S. 20. 37 H. Stolpe, S. 42. Vgl. dazu H. Stolpe, S. 42-86.
31
So heißt es in der Vorrede zum Zweiten Teil der ,Volkslieder' (1779): „ . . . Es ist wohl nicht zu zweifeln, daß Poesie und insonderheit Lied im Anfang ganz V o l k s a r t i g , d.i. leicht, einfach, aus Gegenständen und in der Sprache der Menge, so wie der reichen und für alle fühlbaren Natur gewesen." 38 Die Sprache der Menge wird als „Chorus der Stimmen und Gemüter" der Sprache der Natur analog gesetzt. Das gilt von ihr „im Anfang", in jenem Zustand vor aller mit Rousseau kritisierten Teilung der Menschengesellschaft in „Classen", da sie „als das Organ unsrer Vernunft und gesellschaftlichen Tätigkeit, . . . als das Band der Geselligkeit und guten Sitten . . . in jeder Menschenclasse zu betrachten" ist.39 Als „volksartig" ist die Poesie zugleich objektiv, „aus Gegenständen", während das Kunstgedicht „als Buchstaben- und SyIbenkunst... für Leser auf dem Polster" eher „Kabinett- und Toilettestück . . . als ohne Einschränkung und Ausnahme Lied" heißen darf. 40 Ganz entsprechend faßt Eichendorff das dichterische Gefühl als „die potenzierte Fähigkeit, das Große, Wahre und Schöne zu empfinden"; gegenüber Verstandesdichtung und Sentimentalität 41 als „einseitig, auf Kosten der anderen Seelenkräfte" aufgefütterten Richtungen heißt es: „Das Gefühl allein ist indes hiernach nichts an sich, es lebt, wie eine biegsame Liane, nur mit und in seinem Objekt, von dem es erst seine Bedeutung und Weihe, oder seine Lächerlichkeit empfängt" (IV, 196). Und das Epos ist, als die in die ältesten Zeiten zurückweisende Dichtungsart, „die Darstellung einer allgemeinen Weltanschauung, wo, wie in der Weltgeschichte, die Tatsachen reden, und das Individuum demütig zurücktritt"; so ist „dort alles objektiv" (IV, 193). Arnims Dichtung erhält deshalb ein so hohes Lob, weil dort, „fast ohne Raisonnement, nur die poetischen Tatsachen reden" (IV, 285). Dies bezeichnet Eichendorff als „ethisches Element" der Dichtung, die sich nicht an „das fait accompli der Bildung", an die „auf der Oberfläche treibenden Tatsachen" (IV, 356f.) zu halten hat; sondern die rechte Kunst zeigt sich - wie bei Arnim - darin, daß sie „fest und unverzagt auf den Grund und die natürliche Figuration der Dinge sieht" (IV, 285). Hier ist der Unterschied zu Herder deutlich genug, der so ontologisch niemals anzusetzen imstande war, dessen utopische Begrifflichkeit ja stets noch mannigfach historisch vermittelt und bezogen bleibt. So heißt es im 38 39
Suphan X X V , S. 3 1 3 . Suphan X V I , S. 607 und X V I I I , S. 384; vgl. F.M.Barnard, S. 75.
40
Vorrede .Volkslieder', Suphan X X V , S. 3 1 3 ff.
41
Diese wird als „Verstimmung und Krankheit der Poesie" wörtlich wie bei Brentano kritisiert - vgl. IV, 196.
32
.Briefwechsel über Ossian' an einer Stelle, die sich auf die moderne Kritik der Aufklärung unschwer beziehen läßt: Sie wißen aus Reisebeschreibungen, wie stark und fest sidi immer die Wilden ausdrücken. Immer die Sache, die sie sagen wollen, sinnlich, klar, lebendig anschauend: den Zweck, zu dem sie reden, unmittelbar und genau fühlend: nicht durch Schattenbegriffe, Halbideen und symbolischen Letternverstand (von dem sie in keinem Worte ihrer Sprache, da sie fast keine abstracta haben, wissen), durch alle dies nicht zerstreuet: noch minder durch Künsteleien, sklavische Erwartungen, furchtsamschleichende Politik, und verwirrende Prämeditation verdorben - über alle diese Schwächungen des Geistes seligunwissend, erfassen sie den ganzen Gedanken mit dem ganzen Worte, und dies mit jenem. Sie schweigen entweder, oder reden im Moment des Intereße mit einer unvorbedachten Vestigkeit, Sicherheit und Schönheit, die alle wohlstudierte Europäer allezeit haben bewundern müßen und - müßen bleiben laßen. 42
Aus diesem Zitat wird die kritisch-utopische Funktion des Begriffs Naturpoesie deutlich. Gegenüber einer „totalitären" Aufklärung, 43 die in universaler Vermittlung alles Inkommensurable wegschneidet, so daß jede Tatsache nichtig wird, kaum daß sie geschah44 (darin das Modell des Mythos wiederholend), erscheint hier Unmittelbarkeit als Utopie, die sinnlich, klar, lebendig auf die Sache bezogen bleibt; die „unvorbedachte Festigkeit, Sicherheit und Schönheit" darin sind entgegengesetzt dem disponierenden Denken der Aufklärung, dem „Macht und Erkenntnis synonym" sind: 45 „Die Distanz des Subjekts zum Objekt, Voraussetzung der Abstraktion, gründet in der Distanz zur Sache, die der Herr durch den Beherrschten gewinnt. - Die Allgemeinheit der Gedanken, wie die diskursive Logik sie entwickelt, die Herrschaft in der Sphäre des Begriffs, erhebt sich auf dem Fundament der Herrschaft in der Wirklichkeit. — Das Selbst, das die Ordnung und Unterordnung an der Unterwerfung der Welt lernte, hat bald Wahrheit überhaupt mit dem disponierenden Denken ineinsgesetzt, ohne dessen feste Unterscheidungen sie nicht bestehen kann. Es hat mit dem mimetischen Zauber die Erkenntnis tabuiert, die den Gegenstand wirklich trifft." 48 Solcher Abstraktion opponiert die Romantik, die sich legitim auf Herder berufen kann. Wenn er die Verfassung der Rede wie der Werke mit Worten kennzeichnet, die aus der gesellschaftlichen Sphäre stammen, und als „furchtsam schleichende Politik" alle Mühe verwirft, die auf äußere «
Suphan V , S. 181 f.
48
Max Horkheimer - Theodor W . Adorno, Dialektik der Aufklärung. 1947.
S. 44
16.
Ebd., S. 23,
21.
«
Ebd., S. 1 5 .
4
«
Ebd., S. 24.
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Ordnung und Regelhafligkeit ängstlich-pedantisdi bedacht bleibt, anstatt den „freien Wurf" walten zu lassen, so geschieht dies aus der Einsicht, daß die Kunst in allen ihren Möglichkeiten und Formen ständig auf die gesellschaftliche Gesamtverfassung bezogen bleibt. Die Zitate zeigten, daß dies bereits als Einsicht festgehalten wird. So vermeidet Herders Utopie auch alle Abstraktheit, indem sie nicht träumend ausschweift, dem Dictum Kants sich entziehend, das alle „leere Begierden und Sehnsuchten, die das Herz ausdehnen und welk machen", als Schmachten verurteilt, das „durch Vorstellungen . . . ihr Objekt wirklich zu machen" sucht, „aber ebenso oft das Gemüt in das Bewußtsein seines Unvermögens zurücksinken" läßt. 47 Ohne jene „Schwächungen des Geistes" erfassen die Wilden „den ganzen Gedanken mit dem ganzen Worte und dies mit jenem". Das weist auf Herders Sprachtheorie zurück. Diese setzt Freiheit als die menschliche Grundbestimmung, durchaus im Sinne der modernen Anthropologie, die im Begriff der Handlung jenen den Menschen definierenden Hiatus zwischen Bewußtsein und Bedürfniswelt (Antrieben) freilegt 48 und bekennt, „seit Herder keinen Schritt vorwärts" getan zu haben. 49 Die „ganze Einrichtung aller Menschlichen Kräfte, . . . die Freiheit heißt", „diese ganze Disposition" nennt Herder Besonnenheit.50 „Der Mensch in den Zustand von Besonnenheit gesetzt, der ihm eigen ist, und diese Besonnenheit (Reflexion) zum erstenmal frei würkend, hat Sprache erfunden." 5 1 Reflexion und Freiheit werden genetisch aufeinander bezogen: D e r Mensch beweiset Reflexion, wenn die K r a f t seiner Seele so frei würket, daß sie in dem ganzen Ocean von Empfindungen, der sie durch alle Sinnen durchrauschet, Eine Welle, wenn ich so sagen d a r f , absondern, sie anhalten, die A u f m e r k s a m k e i t auf sie richten, und sich bewußt seyn kann, daß sie a u f merke.
Aber auch die Besonderung des abstrakt Allgemeinen und die unmittelbare Bezogenheit auf den Gegenstand gehören als bestimmte Erkenntnis mit zu dieser ,Disposition': E r beweiset Reflexion, wenn er aus dem ganzen schwebenden T r a u m der Bilder, die seine Sinne vorbeistreichen, sich in ein Moment des Wachens samm47
Immanuel K a n t , Kritik der Urteilskraft: Einleitung. I n : Werke. H g . v o n W . Weisdiedel. B d . 5. 1 9 5 7 . S. 209.
48
A r n o l d Gehlen, D e r Mensch. Seine N a t u r und seine Stellung in der Welt. 4. Aufl. 1 9 j o . S. 56 ff. «
Ebd., S. 90. J . G . H e r d e r , Abhandlung über den Ursprung der Sprache ( 1 7 7 2 ) . Suphan V , S.31. si Ebd., S. 34. 50
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len, auf Einem Bilde freiwillig verweilen, es in helle, ruhigere Obadit nehmen, und sich Merkmale absondern kann, daß dies der Gegenstand und kein andrer sey. Er beweiset also Reflexion, wenn er nicht blos alle Eigenschaften, lebhaft oder klar erkennen; sondern Eine oder mehrere als unterscheidende Eigenschaften bei sidi anerkennen kann.52
Der Rückgang zum Ursprung versteht sich weniger sentimentalisch, sondern versucht als Methode, „die Sache selbst" zu fassen; zeigt also den Hang zu jener Objektivität an, auf die auch Eichendorff zielt (wenn audi mit veränderten Voraussetzungen) und die sich bei der kritizistischen Entgegensetzung von Natur und Geschichte, Sinnlichkeit und Verstand, natürlicher und geistiger Gesetzlichkeit nirgends beruhigen kann. „Wenn dem kritischen Idealisten einerseits das dinglose Ding, andernteils das alldingvolle Unding erscheinen soll", 53 findet Herder alle Objektivität verflüchtigt; die Kategorien erscheinen als Seifenblasen: „siehe, wie hoch sie steigen, sie transzendieren", und „das wahre Bild der Vernunft" (nach Kant) ist ein „mit sich selbst kämpfendes Nordlicht". 54 Es weist auf den philosophierenden Philologen und auf die Vorbereitung der romantischen Hermeneutik durch Herders Sprachtheorie, wenn Herder Kant entgegenhält: „Soll unser Verstand v e r s t e h e n , so muß ein Verständliches vor ihm sein, das für ihn Bedeutung habe; Verstand ohn' alles Verständliche ist ein Unding." 5 5 Das darin gelegene dialektische Moment findet seinen Ausdruck im Terminus Verständigung anstelle der kantischen Kategorie. Damit soll alles Apriori außer und vor aller Erfahrung zurückgewiesen werden, als „ein Mißbrauch der Sprache, der uns unsrer selbst, d.i. unsrer Sinne und unsers Verstandes, beraubt". Vielmehr wird der Verstand als eine „Organisation" gedacht, die wieder „sich selbst ein lebendiges Bild des In-, Mit- und Durcheinander" ist, „d.i. einer Verknüpfung der Ursache und Wirkung". 56 Diese objektive Tendenz zeigt sich in Herders Sprachtheorie wie in seiner Naturauffassung, die ursprüngliche Zustände mehr aufsuchen als entwerfen, um jene grundlegende Disposition - das Sich-Verständigen zur Besonnenheit - darstellend zu vergegenwärtigen.57 So heißt es in der ,Abhand62
Suphan V, S. 34 f. J. G. Herder, Metakritik zur Kritik der reinen Vernunft. Hg. von Fr. Bassenge. 1955. S. 20. 55 5 μ Ebd., S. 19. Ebd., S. ioj. « Ebd., S. 108. 57 Auf das ontologische Moment auch in jedem zunächst sich utopisch gebenden Ansatz weist das Dictum Benjamins, das direkter freilich auf die phänomenologische Schule zurückdeutet: „Im Ursprung wird kein Werden des Entsprungenen, vielmehr dem Werden und Vergehen Entspringendes gemeint." Schriften I, 195J. S.161.
53
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lung über den Ursprung der Sprache': „Das erste Wörterbuch w a r also aus den Lauten aller Welt gesammlet... Der Gedanke an die Sache selbst schwebte noch zwischen dem Handelnden und der Handlung: der Ton muste die Sache bezeichnen, so wie die Sache den Ton gab . . . Im Stuffengange der Menschlichen Sinnlichkeit wird diese Sache erklärbar." 58 Ebenso die selbständige Auffassung der Natur: „Indem die ganze Natur tönt: so ist einem sinnlichen Menschen nichts natürlicher, als daß sie lebt, sie spricht, sie handelt." 5 9 Wenn nun die Sprache der Ausdruck des menschlichen Geistes ist, zugleich aber zunächst „blos das vorangezeigte Wörterbuch der N a t u r " (S. 83), deutet sich in dieser Doppelbestimmung ein (monistischer) Naturbegriff an, der aus allem (sentimentalischen) Dualismus herausführen könnte. Natur wäre nicht nur materielles Gegenüber des Geistes, als Substrat auf das Handeln des Menschen bezogen, das jene dann so ausdünnte, daß bloß Sehnen als abstrakt-utopische Idylle, in die Ferne verwiesen, übrig bliebe, um jenem subjektivistischen Narzißmus zu entgehen, der in diesem vergeblichen Versuch freilich nur mehr sich zementierte. Indem Herder vielmehr auf das Moment der natura naturans zurückgeht - wie auch die gleichzeitige Ausbildung des Geniebegriffs - , ohne Geist und N a t u r in einen apriorischen Gegensatz zu bringen, vermeidet er die Widersprüchlichkeit Rousseaus, der den natürlichen Menschen und den Staatsbürger deshalb nicht zu versöhnen weiß, weil er die Gesellschaftsbezogenheit des Individuums bei den menschlichen Anfängen negiert. 60 In der Abkehr von jener individualistischen Gesellschaftstheorie der französischen Aufklärung gewinnt Herder einen Naturbegriff, der kritisch eingesetzt werden kann, ohne banausisch zu werden, d. h. Kultur apriori auszuschließen. Die „lehrende Natur" ist dann sozusagen das „Verständliche", das vor dem sich bildenden Verstände ist; der für Eichendorffs Dichtung und Theorie so zentrale Topos der redenden Natur (Natura loquitur) geht auf diesen Ansatz zurück. V o r allem wird, wenn die sprachliche Verfassung als die den Menschen definierende begriffen ist, jener zugleich als in seinem Wesen gesellschaftlich angelegt genommen. Vortreflidi daß dieser neue, selbstgemachte Sinn des Geistes gleich in seinem Ursprünge wieder ein Mittel der Verbindung ist - Ich kann nicht den ersten Menschlichen Gedanken denken, nicht das Erste besonnene Urtheil reihen, ohne daß ich in meiner Seele dialogire oder z u dialogiren strebe; der erste 68
Suphan V , S. j 2 f.
59
Ebd., S. 53.
Vgl. Werner Bahner, Nachwort zu Rousseau, Reclam-Ausgabe. Leipzig 1958. S. 177. 60
36
Der
Gesellsdiaftsvertrag.
Menschliche Gedanke bereitet also seinem Wesen nach, mit A n d e r n dialogiren zu können! Das erste Merkmal, was ich erfaße, ist M e r k w o r t für mich, und Mittheilungswort f ü r A n d r e ! 6 1
Im Begriff der Naturpoesie erscheint also das Lob der Unmittelbarkeit als kritische Wendung gegen eine gesellschaftliche Situation, die der Kunst unangemessen Regeln, Gegenstände, Leidenschaften auferlegt, so daß „alles Falschheit, Schwäche und Künstelei" wird. Ziel ist durchaus, bei Herder wie späterhin, Seele und Mund wieder „in den festen Bund" zu bringen, „sich einander nicht zu verwirren". 62 Nur daß Herder hier kaum Möglichkeiten sieht: W i r sehen und fühlen kaum mehr, sondern denken und grüblen nur; w i r dichten nicht über und in lebendiger Welt, im Sturm und im Zusammenstrom solcher Gegenstände, solcher Empfindungen; sondern erkünsteln uns entweder Thema, oder A r t , das Thema zu behandeln, oder gar beides - und haben uns das schon so lange, so oft, so v o n früh auf erkünstelt, daß uns freilich jetzt kaum eine freie Ausbildung mehr glücken würde, denn wie kann ein Lahmer gehen? 6 3
Eichendorff nimmt diese Kritik auf, es finden sich bei ihm fast wörtliche Entsprechungen; doch ist er nicht bereit, ihr eine so allgemeine Geltung, wie Herder in Anspruch nimmt, zuzugestehen. Den jungdeutschen Realisten, den „terroristischen Nachfolgern" der Aufklärer, gibt er zu, daß es „töricht" sei, „die Gegenwart mit ihren unabweisbaren Existenzen zu ignorieren und das Vergangene als Zukunft fixieren zu wollen, als ob nicht alle drei Zeitwandelungen ein unzertrennlicher Strom wären" (IV, 855). Die Kritik des utopischen Moments in Herders Naturbegriff gewinnt Eichendorffs eigenem eine entscheidend neue Dimension hinzu, wie die Anerkennung des Zeitstroms auch zu einer veränderten Bestimmung der Naturpoesie anhält.
§ 3. Eichendorffs Kritik und Rezeption des naturphilosophischen Ansatzes. Positivität und Dialektik Friedrich und Leontin haben in ,Ahnung und Gegenwart' wieder einmal den Punkt zu einer „unermeßlichen Aussicht" erreicht, den Seidlin als Stelle kennzeichnet, „an der alles sich mißt, die aber audi wieder nicht so 61
J . G . Herder, Abhandlung über den Ursprung der Sprache, Suphan V , S. 47. J . G . Herder, A u s z u g aus einem Briefwechsel über Ossian . . . , Suphan V , S. 1 8 2 . «3 Suphan V , S . 1 8 3 .
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weit entrückt sein darf, daß das Transitorisdie an ihm hinfällig werden müßte"; 1 „worauf es ankommt, ist ein Heraustreten aus der Geschidite, Geschichte verstanden in des Wortes doppelter Bedeutung, die Auffindung eines Punktes ,außerhalb', unter dem das Fließende des Lebensverlaufes sich auf ein Jenseitiges' ausrichtet, ohne freilich seine Eigenbewegung zu verlieren." 2 In dieser Deutung sind bereits beide Motive angeschlagen, die die Ausbildung von Eichendorffs Naturbegriff leiten: einen Maßstab zu geben, der nidit der Geschichte entnommen ist, ihrem als verhängnisvoll beurteilten Gang also entgegengehalten werden kann; 3 dabei aber nicht in dogmatische Abstraktion zu verfallen, was die angestrebte Vermittelung, die die Momente „ohne sich selbst aufzugeben" (IV, 7 1 ) vereinigt, zu einer bloß „willkürlichen Vermischung" (IV, 59) werden ließe. Die Aussicht, die sich den beiden ergibt, wird folgendermaßen beschrieben: Junge, grüne Z w e i g e und wildbunte Blumen beugten sich überall über die dunklen Trümmer der Burg, der W a l d rauschte kühl, Quellen sprangen in hellen, frischlichen Bogen v o n den Steinen, unzählige Vögel sangen, von allen Seiten die unermeßlidie Aussicht, die Sonne schien w a r m über der Fläche, in tausend Strömen sich spiegelnd; es war, als sei die N a t u r hier rüstiger und lebendiger v o r Erinnerung im Angesidite des Rheins und der alten Zeit. (II, 1 8 0 )
Im Unterschied zu Herder wird hier nicht ein ursprünglicher, gesellschaftlich einiger Zustand als Natur entworfen: die Gegenwart ist nicht utopisch, sondern hat Geschichte zum Hintergrund. Dennoch wird im Bild der rüstigen und lebendigen Natur Herders Ansatz aufgenommen, der konkret ja auch „die wunderbare Aussicht" bestimmt: die anthropomorph aufgefaßte Natur erscheint wie ein Modell, doch als solches wie (durch Herder) frei geworden, nicht mehr auf den „wilden Naturstaat" Rousseaus (IV, 170) zielend, wie Eichendorff ja auch Ε. Τ. A. Hoffmann, der „ f ü r die freie Natur durchaus keinen Sinn" hatte, seine Rousseau-Lektüre vorhält (IV, 386). Die „alte Zeit" im Zitat mag zurückweisen auf das germanische Heidentum, das im Anschluß an Herder durdiaus positiv bewertet wird, wegen seiner organischen Gesellschaftsgliederung sowohl wie wegen seines tiefen Naturgefühls, „das in Deutschland alle Wandlungen der Jahrhunderte überlebt hat, und noch bis heut, wie ein erfrischender Windeshauch, auch 1 3
O . Seidlin, Versuche über Eichendorff. 1 9 6 5 . S. 108.
2
E b d . , S. 1 1 0 .
V g l . R . A l e w y n s Hinweis auf die „perspektivische A n l a g e von Eichendorffs Landschaft", in: Eine Landschaft Eichendorffs, Eickendorf! heute, S. 3 7 .
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unsere Poesie . . . von der Poesie aller anderen Nationen unterscheidet" (IV, 32). Die Bedeutung dieses Naturgefühls bestimmt Eichendorff nicht sentimentalisch, sondern im Zusammenhang mit seiner „Anschauung vom Wesen des Subjektivismus als des konstituierenden Faktors der neueren deutschen Literaturgeschichte"4 gesellschaftlich: „Es ist zunächst der erfrischende Hauch eines unverwüstlichen F r e i h e i t s g e f ü h l e s , der uns aus jener schönen Waldeinsamkeit entgegenweht" (IV, 29). Dennoch bedeuten die Naturbilder mehr als bloß ein gesellschaftliches Gegenmodell. Daß „die Natur hier rüstiger und lebendiger vor Erinnerung" ist, weist darauf, daß diese ihre Lebendigkeit sonst in der Gegenwart eingeschränkt scheint. Der „Riesentempel der Natur" ist als solcher verfallen, „dieses von Gebirgen, kräftigen Strömen und grünen Tälern durchzogene Land mit seinen Felsentrümmern und geheimnisvollem Quellenrauschen" (IV, 31) läßt Wahrheit nur noch als Ahnung erkennen; insgesamt gilt „die alte Welt" als vergangen, vor der neuen Entwicklung ist sie „eine Lüge geworden" (IV, 35). Doch hebt sich dieses Urteil vor dem Charakter der Moderne auf, die im Anschluß an Gervinus als „Zeit der Massen" (IV, 927), als „ganz verworrene Zeit" (928) verstanden wird, „wo das zertrümmerte Alte in einsamer Höhe steht, wo nur das Einzelne gilt und sich, schroff und scharf im Sonnenlichte abgezeichnet, hervorhebt, während das Ganze in farblosen Massen gestaltlos liegt, wie ein ungeheurer, grauer Vorhang, an dem unsere Gedanken, gleich Riesenschatten aus einer andern Welt, sich abarbeiten" (II, 182). Daß die alte Zeit und die alten Verhältnisse untergingen, wird als notwendiger und natürlicher Entwicklungsprozeß gedacht (IV, 70), zumal ja auch wesentliche Momente alle Wandlungen der Jahrhunderte überleben (s. o.). Der für die Geschichte der Dichtung wie des Lebens bedeutungsvollste Übergang ist nach Eichendorff der „vom Heidnischen zum Christlichen" (IV, 38). Dieser geschichtliche Prozeß wird für Eichendorff zu einem Geschehen, das sich immerfort wiederholt, bei der einzelnen menschlichen Entwicklung wie in allen Entwicklungs- und Bildungsprozessen überhaupt. 5 Der Blick wurde durch das Christentum „von den geheimnisvollen Naturkräften zu dem Urgrund alles Kreatürlichen, von der Sinnenwelt zum Übersinnlichen" gezogen, was „eine totale Umwandlung der Lebens*
H . - E . H a s s , S. I J J . H a n s J ü r g Lüthi verstellt sich den W e g zu wesentlichen Gedankengängen Eichendorffs, indem er dualistisch auslegt: „ F ü r Eichendorff ist ,eine Partnerschaft von Christentum und A n t i k e ' vollkommen ausgeschlossen, hier gibt es f ü r ihn nur die klare Entscheidung, die eine Versöhnung der beiden Welten ausschließt" (Dichtung u. Dichter bei J . von Eichendorff. 1966. S. 63). 5
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ansieht und Gesamtbildung, und somit auch ihres poetischen Ausdrucks" herbeiführte (IV, 36). Während die alte Poesie „sinnlich, klar und rein menschlich" ist, sucht die christliche „Poesie des Unendlichen . . . das Irdische nur als Vorbereitung und Symbol des Ewigen darzustellen": sie ist daher „übersinnlich, wunderbar, mystisch, symbolisch" (IV, 41), was Eichendorff als gleichbedeutend mit „romantisch" faßt. Dieser Übergang wird zustimmend bewertet, indem das Christentum allen Erscheinungen eine tiefere Bedeutung zumaß (IV, 43): „Es war eine allgemeine Idealisierung des gesamten Lebens, das sich kühn ein höheres Ziel gesteckt hatte" (IV, 43). Doch gilt diese Einschätzung eigentlich nur noch für das Mittelalter,· das ausdrücklich immer wieder als Vermittlung dieser so verschiedenartigen Momente charakterisiert wird. Für die Moderne heißt es: „Der Frühling ist längst verrauscht, und ein scharfer trockener Herbstwind streift über das verwandelte Land" (IV, 70). So ist auch wahre Volks- oder Naturpoesie nicht in den neueren Zeiten zu Hause, die mit der Trennung der Sprache (in „eine gelehrte und eine Volkssprache") wie der Bildung einen Dualismus erzeugen, „den unsere Literatur noch bis jetzt nicht ganz beseitigt hat" (IV, 37). Nur noch „in einzeln abgerissenen Klängen" hallt diese einfältige Poesie fragmentarisch nach. So macht sie den f a s t wehmütigen Eindruck von Trümmern einer untergegangenen W e l t , die in der Waldeinsamkeit längst vergessen sind, die aber der ursprüngliche Boden, als wollte er nicht v o n ihnen scheiden, mit Epheu und wilden Blumen mannigfach umschlungen und überrankt hat. D a s V o l k träumt hier zum letzten M a l e von der alten Herrlichkeit, von der das Rauschen der Wipfel, die W a l d v ö g e l und Quellen den einsamen Hirten und J ä g e r n nodi immer Wunderdinge erzählen. ( I V , 82)
Solche Kennzeichnung der Volkspoesie erhellt auch die Bedeutung der zitierten Stelle, mit der sie bis in die einzelnen Wendungen übereinstimmt. Die „Trümmer der Burg" lassen sich so als die „einer untergegangenen Welt" erläutern; daß sie von „wildbunten Blumen" überwachsen sind, deutet jedoch darauf, daß „der ursprüngliche Boden" seine Kraft noch nicht verloren hat. Das hält Eichendorffs Naturbegriff so konsequent fest, daß audi noch sein Gegenteil, „die frische, kecke Lust an der Negation und Neuerung" (IV, 82), als aus dieser Erbschaft lebend verstanden wird. „Die wahre Poesie", heißt es, „ist . . . in ihrem Grundwesen unverwüstlich" (IV, 91). Wenn sich die im Begriff Naturpoesie gefaßte Einheit von Dich8
G a n z aus der Vorstellungssphäre der Naturpoesie kommt die Bemerkung, der Strom der deutschen Poesie reiche aus dem alten Sagenwalde bis tief in das M i t telalter hinein ( I V , 3 8 ) .
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tung und Leben in der modernen Zeit nidit findet, ist sie dodi als Anspruch festzuhalten. Das hat zur Voraussetzung, daß der Dichter selber sie faßt und f ü r sich herstellt; so erstarkt, kann er erst den Zwiespalt als allgemeinen zu vermitteln suchen. In der begeisterten Anschauung und Betrachtung der Welt, heißt es bei Eichendorff immer wieder, wird die Poesie wahrhaftig lebendig, und dann verschwindet aller Zwiespalt: „Moral, Schönheit, Tugend und Poesie, alles wird eins."
7
Diese Begeisterung schließt auch das ausgelegte Zitat ab: „ , W o ein Begeisterter steht, ist der Gipfel der Welt', rief Leontin fröhlich aus" (II, 180). W a s im „platten L a n d " ( I V , 79), als welche die neuere Zeit erscheint, bedrohlich wirkende Zuflucht der alten Kraft geworden w a r und nur noch „als starre Felsenzacke" hervorragte 8 ( I V , 46), der Gipfel ist wieder erreichbar - Eichendorffs Romane führen am Schluß stets in solche Landschaft.» Leontin muß sich nach seinem Ausruf von einem neumodischen Verehrer der N a t u r als Bruder anreden lassen: .Lassen Sie die Gewöhnlichen sich ewig suchen und verfehlen, die Seltenen wirft ein magnetischer Zug einander an die männliche Brust, und der ewige Bund ist ohne Wort geschlossen in des Eichenwaldes heiligen Schatten, wenn die Orgel des Weltbaues gewaltig dahinbraust.' - Bei diesen Worten fiel ihm ein Buch aus der Tasche. ,Sie verlieren Ihre Noten', sagte Leontin, Schillers Don Carlos erkennend. .Warum Noten?' fragte der Fremde. .Darum', sagte Leontin, .weil Euch die ganze Natur nur der Text dazu ist, den Ihr nach den Dingen da aborgelt, und je schwieriger und würgender die Koloraturen sind, daß Ihr davon ganz rot und blau im Gesichte werdet und die Tränen samt den Augen heraustreten, je begeisterter und gerührter seid Ihr. Macht doch die Augen fest zu in der Musik und im Sausen des Waldes, daß Ihr die ganze Welt vergeßt und Euch vor allem!' (II, 1 8 1 ) Deutlich wird hier die Einheit stiftende Begeisterung, die niemals auf die unmittelbare N a t u r als solche zielt, 10 vom modernen Naturdienst unterschieden, der, ein dissoluter, atheistischer und sittenloser Seelenpriapismus 7
,Ahnung und Gegenwart'; Friedrich über Arnims Dolores-Roman: I I , 142. Vgl. IV, 38: „Hier [im Nibelungenlied] sehen wir noch die starren Zacken des alten Urgebirges drohend hereinragen, aber schon wunderbar beglänzt von dem Morgenrot des Christentums." 8 Zur Bedeutung der Begeisterung f ü r den Dichtungsbegriff der frühen wie der späten Romantik vgl. Volkmar Stein, Die Dichtergestalten in Eichendorffs .Ahnung und Gegenwart'. 1964. S. m f. 10 Uhlendorffs Ausführungen, die im Namen der „alten Eidiendorffverehrer" alle Naturbilder „unmittelbar verstehen und nachempfinden" wollen, sind in ihrer völlig ungeklärten Entgegensetzung von „wirklich" und „symbolisch" widersprüchlich genug. Den Begriff Naturpoesie verwenden sie unhistorisch im 8
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(IV, 17), als Moment - wie auch der Materialismus (IV, 22) - der rationalistischen Geistesentwicklung 11 zugehört. Jener Naturverehrer erweist sich als der ästhetischen Teegesellschaft zugehörig, die vom Naturpoeten Friedrich wegen ihrer Künstlichkeit und Unmoral 1 2 kritisiert, von Leontin verspottet, von Romana verachtet wird. Der entfallene ,Don Carlos' gibt die Perspektive der Kritik an, steht er doch für den „modernen Liberalismus" (IV, 2 1 1 ) , der die allgemeine Indifferenz begründet; zugleich für „die Heiligsprechung der subjektiven Eigenmacht", die Sünde der Reformation, die auch Schiller prägt: „überall aber die Revolution und Glorifizierung der subjektiven Allmacht" (IV, 235). Eine solche Haltung vermag nicht in die Natur zu dringen, geschweige denn bis „zu dem Urgrund alles Kreatürlichen" (IV, 36). Wird die Natur aber nicht bis zu dieser Tiefe durchdrungen, bleibt sie - so Eichendorffs These - unerlöst, unvermittelt in jenem genauen Sinne, daß sie nicht zum Moment herabgesetzt wird; erst dann begänne sie zu reden. - Das schlägt auf die Vernunft zurück, die nun einen „einseitigen Despotismus" entwikkelt, der „natürlich wiederum auch die ganze Physiognomie unserer modernen Poesie" bestimmt (IV, 171). Die Natur dient nur noch als Kulisse, als Vorwand, Gefühle sentimentalisch zu betätigen, die als Rührung stets wieder ins Subjekt münden. Der Schluß der Auslassung Leontins setzt dieser „subjektiven Gefühlskultur" die Naturpoesie als objektiv und - wie sich vielleicht schon sagen läßt -,positiv* entgegen: „Macht doch die Augen fest zu in der Musik und im Sausen des Waldes, daß Ihr die ganze Welt vergeßt und Euch vor allem!" Die Entwicklung dieser Tendenz zum Objektiven war als von Herder herrührend beschrieben, sie ist eine der Voraussetzungen, auf denen sich der Begriff Naturpoesie aufbaut und aus denen er seine Bedeutung gewinnt. Für Eichendorff wird er deshalb so wichtig, weil er die Poesie auch nach der Kritik an den frühromantischen Voraussetzungen noch als wesentliche Aufgabe zuläßt. Die Identifizierung des Begriffs „romantisch" mit dem Subjektivismus der Frühromantik und ihrer pantheistischen N a Sinne einer Poesie von der N a t u r . F r a n z Uhlendorff, Eichendorff, ein Dichter der wirklichen N a t u r . I n : Eidiendorff heute, S. 2 7 4 - 2 7 9 . 11 Eidiendorff nennt die Reihe A r i s t o t e l e s - D e s c a r t e s - L e i b n i z , Wolf—Locke — Voltaire, D i d e r o t - K a n t - F i c h t e ( I V , 1 4 - 1 7 ) . Die Formelhaftigkeit seiner U r teile geht sdion aus deren stereotyper Wiederholung in den verschiedenen A b handlungen hervor. In diesem Zusammenhang aber interessieren weniger die Mißverständnisse im einzelnen, als im ganzen die Leistung des dialektischen A n satzes. 12
42
Ehebruch gilt als Treue und tugendhafte Liebe (II, 1 8 1 ) .
turphilosophie 18 gilt längst als historisch zu eng. 14 Die vermiedene A n strengung der Interpreten, Objektivität und Romantik zusammenzudenken, führt zur Feststellung dualistischer Strukturen, 15 die dann vorschnell als Ausweglosigkeit oder Quietismus 18 dem jeweiligen Denken und Dichten vorgeworfen werden. Eichendorff übernimmt von der Frühromantik (Novalis) die Anschauung, daß Gott das Ziel der N a t u r wie des Menschen sei, wobei mit Schlegel die Phantasie als jene Grundkraft gefaßt wird, welcher die N a t u r ihr inneres Wesen offenbart. Doch verläßt Eichendorff zugleich nicht seinen positiven' katholischen Standpunkt. In seiner Schlegel-Würdigung stellt er P r o testantismus und Katholizismus als negative und positive Religion einander gegenüber ( I V , 270). Zwischen Religion und Poesie aber waltet ein ewiger Bund ( I V , 92), in ihrem Grundwesen fallen sie zusammen, in der Aufgabe nämlich, „das Diesseits an ein Jenseits anzuknüpfen, Vergangenheit und Gegenwart beständig mit der geheimnisvollen Zukunft zu vermitteln" ( I V , 24 f.). Eichendorffs Anschauungen sind von denen der Schlegelsdien Wiener Vorlesungen kaum zu unterscheiden; 17 der neue Standpunkt Schlegels, von Martin als nicht mehr romantisch bezeichnet, setzt allem Menschlich-Natürlichen das Göttliche als ein gegebenes Positives entgegen. 18 Dabei werden die Kirche und ihre Heilswahrheiten streng anerkannt, was Eichendorff zustimmend würdigt: Schlegel dagegen erkannte, daß das Werk der Heiligung alles Lebens schon seit länger als einem Jahrtausend, gründlicher und audi schöner, in der alten Kirche still fortwirke, und daß die Romantik nur dann wahr sei und ihre Mission erfüllen könne, wenn sie von der Kirche ihre Weihe und Berechtigung empfange. Durch Fr. Schlegel daher, den eigentlichen Begründer der Romantik, ist diese in der Tat eine religiöse Madit geworden, gleidisam das Gefühl und poetische Gewissen des Katholizismus. (IV, 272) Vgl. Carl Schmitt, Politische Romantik. 1 9 1 9 ; A. von Martin hält trotz seiner Schmitt-Kritik (S. 139 f.) an jenem eingeschränkten Begriffe fest und äußert: „Der typische Romantiker ist Naturphilosoph und Pantheist", D V j II, H . 3, S. 373; vgl. auch S. 396: „Jetzt [beim späten Schlegel] ist alles auf Objektivität und Gesetz gestellt, alle Romantik . . . ist verlassen - ja man ist sogar moralisch geworden im Sinne der Anerkennung eines objektiven Sittengesetzes." 14 Vgl. Th. Steinbüchel, Romantisches Denken im Katholizismus. (1948). Tübinger Zyklus, S. 94; noch Hans Reiss aber geht in seinen allgemeinen Urteilen von diesem Schema aus: Politisches Denken in der deutschen Romantik. 1966. S.9 ff., 15 i 3 f f . u.ö. Vgl. A . von Martin, S. 396. 16 Vgl. C.Schmitt, S. 60 ff.; Eichendorffs Abwehr dieses Vorwurfs: I V , 244. 17 Eichendorffs Anschluß an die Familie Schlegel 1 8 1 1 / 1 2 in Wien verstärkt nur eigene Motive des Denkens; viele Begriffe haben freilich in dieser Zeit ihre 18 besondere Valenz erhalten. Vgl. A . von Martin, S. 396. 43
Wieviel Raum das kirchlich-katholische Denken den Romantikern ließ, ist verschiedentlich dargestellt worden. 19 Steinbüchel, der wiederum auf Geiselmanns Arbeiten fußt, findet z.B. in Johann Adam Möhlers Werk ,Die Einheit in der Kirche' (182$) Baaders Lehre vom Gemeingeist wieder sowie den Grundsatz der romantischen Organologie: „Wenn das katholische Prinzip alle Gläubigen zu einer Einheit verbindet, so darf die Individualität des Einzelnen nicht aufgehoben werden; denn der Einzelne soll als ein lebendiges Glied im ganzen Körper der Kirche fortdauern." 2 0 Unter diesen Bedingungen steht audi Eichendorffs Vermittlungsbegriff, der Dichtung wie Religion, also auch ihren Zusammenhang bestimmt; so heißt es vom Drama, das als letzte Gattung, nach dem objektiven Epos und der subjektiven Lyrik, hervortritt, daß es „die Durchdringung und Wiederversöhnung beider getrennten Elemente" sei: „eine Vereinigung, die jederzeit erst spät und nur dann mit Erfolg versucht wird, wenn beide Elemente selbständig ausgebildet und stark genug geworden, um sich aneinander messen zu können" (IV, 88). Was von der Vermittlung in der Dichtung gilt, wird für ihren Begriff auch in der Religion festgehalten. Durch die Positivität der Wahrheit wird das Irdische nicht als negativ gesetzt, vielmehr verwandelt, „ohne es abzuschwächen" (IV, 42). 21 So behält der Naturbegriff für Eichendorff seine volle Bedeutung, freilich indem er sich zugleich verwandelt. Die Kritik der Subjektivität findet sich so in sachlichvermittelter Weise auf Herders Kantkritik zurückgeleitet, die „Verstand ohn' alles Verständliche . . . ein Unding" fand; 2 2 dem entspricht in der katholischen romantischen Theologie die Bedeutung der „Vernunft", die „nur ein irgendwie schon Vernommenes suchen und es zu erkennen trachten (kann) in ihren natürlichen Grenzen". 23 P o s i t i v i t ä t steht also als geoffenbarte Wahrheit der Natur gegenüber, ohne dieser aber ganz fremd zu sein. Eichendorffs Begriff von dialektischer Vermittlung ist keineswegs mit Adam Müllers Lehre vom Gegensatz auf eine Stufe zu stellen, deren Voraussetzung gerade die Bestreitung der Positivität des „göttlichen Gesetzes" ist: dieses soll sich von unten her erzeu«
V g l . E r i k W o l f , D a s Problem der Naturrechtslehre. 3. A u f l . 1 9 6 4 . S . 9 5 ff.
20
Zitiert bei Th. Steinbüchel, Romantisches Denken im Katholizismus, S. IOJ.
21
Die ganz andere Valenz des Begriffes Positivität bei Hegel diskutiert ausführlich Günter Rohrmoser, Subjektivität und Verdinglidiung, 1 9 6 1 , v o r allem S. 3 0 f f . ; die negative Wertung wird erklärbar durch das Gewicht, das die „subjektive Religion" in Hegels Jugendschriften h a t : „ A u f subjektive Religion kommt alles an - diese hat einen eigentlichen wahren W e r t " (Theologische J u gendschriften. H g . von H . Nohl. 1907. S. 8). 22
44
V g l . oben S. 3 5 .
««
Th. Steinbüchel, S . 108.
gen, „auch das Leben der Religion steht unter den allgemeinen Lebensgesetzen".24 Nach der von Carl Schmitt 25 so grundsätzlich kritisierten Lehre Adam Müllers entwickelt sich aus zwei Gegensätzen immer ein „höheres Drittes", in dem jene Gegensätze ihren Ausgleich finden: „in derselben Weise wie die Gegensätze, entwickelt sich auch ,das höhere Dritte' mit fort. Auch dieses steht nicht etwa über der Natur, sondern ist mit einbezogen in den Lauf des Natürlichen, und so ist denn auch die A u f hebung des Widerstreits der Gegensätze nie völlig möglich, sondern bleibt unendliche Aufgabe." 26 Den gleichen Ausgang schreibt Schlegel der platonischen Philosophie zu, darin die „eigne, sonderbare Beschränktheit des menschlichen Geistes . . . das Positive nur negativ" zu erkennen gestatte; „unter dem Positiven verstand er die Gottheit, die intellektuelle Welt, alles Bleibende, Ewige, Wahre, - unter dem Negativen die Sinnenwelt, alles Unsichere, Wandelbare, Vergängliche". Daraus entwickelt Piaton aber keinen dualistischen „Schematismus",27 sondern zielt, wie es bei Eichendorff heißt: „nicht ohne christliche Ahnungen", auf den göttlichen Grund aller Erscheinungen (IV, 15). Doch ein vermittelndes Wissen, aufs christliche vordeutend, gibt ihm erst Eichendorff zu. Bei Schlegel heißt es noch in der Charakterisierung des Grundsatzes, „aus dem die ganze Form der (platonischen) Philosophie natürlich fließt": In der Sinnenwelt, der N a t u r , aber sei der steten Wandelbarkeit und V e r ä n derlichkeit aller Dinge wegen kein strenges, bleibendes, gewisses Wissen m ö g lich, w i r erkennen die Gegenstände der N a t u r z w a r positiv, aber diese positive Erkentnis ist wie der Gegenstand selbst, w o r a u f sie sich bezieht, dem Wedisel, der Veränderung und mithin der Ungewißheit unterworfen. 2 8
Ein Hauptmotiv von Eichendorffs Denken ist, wie sich vor allem aus der Lyrik nachweisen läßt, die Sicherung vor dieser Ungewißheit. Doch geschieht diese Sicherung nicht orthodox-dogmatisch 29 - wie wenig eine sol24
A . v o n Martin, S. 4 0 7 . Übrigens geht C . Schmitt ganz eidhendorffisch v o r , wenn er den romantischen Occasionalismus als abstrakte Subjektivität verurteilt, katholische O b j e k tivität als Hintergrund festhaltend; nur führt die Einengung des R o m a n t i k - B e griffs zu Fehldeutungen und Widersprüchen, auf die nodi einzugehen sein w i r d . 2β A . von Martin, S. 4 0 7 f. 27 S o urteilt Eichendorff von Aristoteles: I V , 1 j . 29 F r . Schlegel, Philosophische Vorlesungen ( 1 8 0 0 - 1 8 0 7 ) . Kritische Ausgabe X I I , 1964. S.208. 29 In solchem Sinne schreibt noch Georg Lukacs Eichendorff eine „oft bornierte Überzeugung" z u ; „sein Katholizismus . . . beschränkt seinen weltanschaulichen H o r i z o n t " (Deutsche Realisten. 1 9 5 2 . S. jo). 25
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che taugte, wird oft genug hervorgehoben - sondern, in der Anerkennung der Bedeutung des zu Vermittelnden, eben dialektisch. So wird die Naturphilosophie vor allem wegen ihrer pantheistisdien Neigung kritisiert, „wie Gott in der Welt, so die Welt und mithin auch jedes einzelne in jener allschaffenden, sich stets neugebärenden Weltkraft aufgehen" zu lassen (IV, 401). D i e so sich verstehende Frühromantik wird vor allem wegen ihrer Wirkungslosigkeit verurteilt - im Lied der Romana :30 S o v e r t o s t der g a n z e P l u n d e r , N ü c h t e r n liegt die W e l t w i e ehe,
wie in der Literaturgeschichte: „Der Pöbel lacht und die Gebildeten, kaum noch v o m Staunen und Entzücken erholt, reiben sich die Augen von der Blendung und gehen gleichgültig wieder an ihre alten Geschäfte" (IV, 42 8). Leontins Schlußsatz im eingangs angeführten Zitat fordert auf, die ganze Welt in der Musik und im Sausen des Waldes zu vergessen. Der wörtlichen Auslegung ergibt sich jene nur dialektisch aufzulösende Paradoxie, daß einmal die Welt nichtig wird, 31 zum andern der nur auf sein Gefühl bezogene „Fremde" 3 2 gerade zum Vernehmen der Musik der Welt, der Natur aufgefordert wird. „Die ganze Welt" im Zitat kann nur jene entfremdete Gegenwart, die verworrene Zeit bedeuten, die zur „Bedeutung des Lebens" vorzudringen nicht mehr gestattet; diese Bedeutung des Lebens heißt auch die „Musik", die die Menschen, „die närrisch gewordenen Musikanten . . . vergessen und verloren" haben. 33 Deutlich ist hier der Ansatz zu einer Vermittlung gegeben: die Bedeutung der Welt ist als die fundierende Wahrheit nach Eichendorff gesetzt, „positiv", zugleich aber als „eigentümliche Grundmelodie . . . jedem in tiefster Seele mitgegeben" (II, 64). D a ß der Duktus der Bilder Eichendorffs hier mit den von ihm verwendeten Begriffen übereinstimmt und die Rede von dialektischer Vermittlung erlaubt, mag ein rascher Blick auf Hegels Wesenslogik zeigen, vor allem auf den Abschnitt über „die setzende Reflexion", die wir — in mindestens struktureller Analogie — für Eichendorffs Begriff „Positivität" einsetzen können. Es klingt ganz hegelisch, wenn Eichendorff die von Herder fast
30
A h n u n g u n d G e g e n w a r t : I I , 140.
S o W . E m r i c h i n A n w e n d u n g v o n B e n j a m i n s A l l e g o r i e - B e g r i f f , „als B i l d einer e w i g e n W a h r h e i t , die r ü c k w i r k e n d alles G e b i l d e t e , also auch die Geschichte, v e r s c h l i n g t " . I n : P r o t e s t und V e r h e i ß u n g , 1960, S. 21. 32 „ F r e m d " steht b e i E i d i e n d o r f f meistens, um b o r n i e r t e S u b j e k t i v i t ä t a n z u zeigen. 33 A h n u n g u n d G e g e n w a r t : I I , 64. V g l . d a z u W . Emrich, D i c h t u n g u n d G e sellschaft bei E i c h e n d o r f f . I n : Emrich, P r o t e s t u n d V e r h e i ß u n g , i960. S. IOJ. 31
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schwärmerisch vorgeführte ,Unmittelbarkeit' nur als ,Gesetztsein' anerkennen will. Hegel bestimmt: „Das Gesetztsein steht einerseits dem Dasein, andererseits dem Wesen gegenüber und ist als die Mitte zu betrachten, welche das Dasein mit dem Wesen und umgekehrt das Wesen mit dem Dasein zusammenschließt." 34 So weist Positivität als Begriff noch hinter sich zurück, auf Gott bei Eichendorff, doch ist sie nicht „als eine seiende, ruhende Bestimmtheit" zu denken, „welche bezogen würde auf ein Anderes, so daß das Bezogene und dessen Beziehung verschieden voneinander sind, jenes ein Insichseiendes, ein Etwas, welches sein Anderes und seine Beziehung auf dies Andere von sich ausschließt".35 Bei aller Nähe zum Denken des älteren Schlegel übernimmt Eichendorff nicht seine Unterscheidung von einem „irdisch" und „göttlich Positiven" (vgl. IV, 273). Vielmehr hat der Dichter als „schöner Liebling der Natur" Positivität im Dasein aufzusuchen und zu benennen, somit „im Irdischen des Herren Spur . . . durch Liebeskraft" zu „erlösen" (II, 298). Doch wenn Hegel der Reflexion zuschreibt, „sie selbst und ihr Nichtsein" zu sein,38 sie als „die Einheit ihrer selbst und ihres Andern" bestimmend,37 hört die Analogie zu Eichendorffs Denken auf, der zu Identitäts-Vorstellungen niemals fortschreitet; für diese tritt die Entwicklung eines Gegebenen ein, was wieder aufs Modell der Natur führt, mit umdeutender Entfaltung des Palingenesie-Gedankens. Doch bleibt dies Denken im Sinne Hegels „bestimmend", indem es alles Gesetzte als ein Unmittelbares aufzuheben sucht in die unendliche Beziehung der Wesenheit auf sich. So nur soll das Vernehmen der Musik des Waldes dazu führen, die ganze Welt zu vergessen. Von hier aus wertet auch Emrich38 Eichendorffs Dichtungsbegriff: „Eichendorffs Poesie hat ihren reinen, unvergänglichen Klang bis heute bewahrt, weil sie den Widerspruch zwischen unserer endlichen und unserer unendlichen Existenz nicht einseitig auflöste, sondern durchhielt, weder den Sicherungen einer irdischen Gesellschaft vertraute, noch den Täuschungen des menschlichen Geistes verfiel, im Irdischen das Himmlische und im Himmlischen das Irdische schaute und verehrte. Poesie wurde hier reiner Gesang, weil sie zugleich mehr war als Gesang, Richterin gegen uns selbst und zugleich Wissende in göttlichen Dingen."
G. W. F. Hegel, Wissenschaft der Logik. Zweiter Teil, Hg. von Georg Lasson. 1951 (i934)· S.20. 85 Ebd., S. 22 f. se Ebd., S. 26. " Ebd., S. 23. 38 W. Emrich, Dichtung und Gesellschaft bei Eichendorff, S. 110. 34
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§ 4· Die Dialektik von Volks- und Naturpoesie in der romantischen Diskussion und bei Eichendorff Wenn Eichendorff die Naturpoesie als den „Hauch eines unverwüstlichen Freiheitsgefühles" (IV, 29) dem alten nationalen Heidentum zuweist, so hat er darin Vorgänger, an die er 'wahrscheinlich hierbei -wenig dachte. S . v . B i r k e n beginnt die Vor-Rede seiner Poetik folgendermaßen: „Wer nach der Edlen Kunst / der Poesy / Ankunft forschet / der wird solche in Feldern und Wäldern gebohren / und von den Hirten erzogen befinden." 1 Dies steht in der Tradition der Arkadien-Vorstellung, deren utopischer Charakter schon früh zu ihrer Assoziierung mit dem Begriff der goldenen Zeit führte. 2 Wird das sorglose Dasein in dieser zunächst ganz idyllisch ausgemalt: „Die erste Menschen / vor der Sündflut / hatten ein faules freyes Leben", 1 so wird diese Schilderung doch später eingeschränkt und den heidnischen Völkern zugewiesen: „Dieses thäten die Cainiten." 3 „Die süß-rauschende Buhlerey der Winde mit dem Laub der Wälder" usw. wird Vorbild für den meist der Liebe huldigenden Gesang von Menschen, die noch „um Kost nicht sorgen dorften"; dem christlichen Dasein aber, als das ganz das bürgerliche genommen ist, wird „in den grünen - linden Armen der Kräuter sanft ligen und ruhen" 1 nidit mehr recht zugestanden. Als utopisch, die Wirklichkeit ganz verfehlend, 4 verfällt die ArkadienDichtung im 18. Jahrhundert der Kritik, wird aber von der Klassik „als Sinnbild einer innerlich errungenen Übereinstimmung des Menschen mit sich selbst und mit der Natur" neu aufgenommen. 5 Das wird möglich durch die inzwischen neu erschlossene ästhetische Dimension, die auch das Verhältnis zur Natur verändert. Indem die Dichtung nicht mehr als unmittelbare Nachahmung bestimmt wird, als welche sie auf die allein maßgebende Natur bezogen war, läßt sie, nun als zweite Natur begriffen, die erste erst eigentlich frei, 6 die vorher streng rationalistisch nur für „die gesunde Vernunft" einstand. Natur wie Vergangenheit werden nun gleichsam freigelassen, unterliegen nicht mehr dem Postulat, daß sich darin alles in „rich1
Sigmund von Birken, Ternsche Rede-, bind- und Didit-Kunst. Nürnberg 1679. Vor-Rede (1). 2 Vgl. Hans-Joachim Mähl, Die Idee des goldenen Zeitalters im Werk des Novalis. 1965. S. 103 ff. 3 S. von Birken, Vor-Rede (3). 4 So Herder, Suphan I, S. 341 ff.; vgl. H . - J . Mähl, S. 167. 6 Vgl. H . - J . Mähl, S. 185. 6 Vgl. dazu Walter Rehm, Prinz Rokoko im alten Garten. In: Rehm, Späte Studien. 1964. S. 168.
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tiger Gleich-Maaß, Abtheilung und Einstimmung" befinde.7 Mit der sich durchsetzenden historischen Anschauung, für die vor allem Herder eintritt, verliert auch der kanonische Anspruch des klassischen Altertums an Geltung. Der ζ. B. bei König so bieder hervortretende Rationalismus8 schrieb den Germanen wenig Kunstsinn zu: „Die damals herumschweiffende so genannte Nordische Völker überzogen ganz Europa mit ihrer Unwissenheit, und demjenigen schlimmen Geschmack, welcher ihren Nachkommen beständig angeklebt." 9 Die Überwindung soldier Anschauungen geht vor allem von England aus; so betonen z.B. Richard Hurd's ,Letters on chivalry and Romance' (1762), „daß die Werke der ,gotischen Epoche' nicht nach Normen der antiken Dichtkunst gemessen werden dürfen, da diese Epoche, die der klassischen ebenbürtig zur Seite steht, nur aus sich selber verstanden werden darf". 1 0 Auf den englischen Bemühungen um die Volkspoesie fußt ja auch Herder. Daß man sich überhaupt nun so ausführlich der Volkspoesie zuwendet, richtet sich nicht nur gegen das Regelwesen der Aufklärung, sondern vor allem auch gegen dessen gesellschaftlichen Gehalt. Die Rückbesinnung auf die nationale Vergangenheit und Hinwendung zum deutschen Mittelalter enthält eine deutliche Absage an „die höfische Gesellschafts- und Geschmackskultur, in der der absolutistische Staat seine rationalistische Entsprechung hatte" und die als „Welt strenger Form . . . gegen die ,rohe N a tur' aufgerichtet w a r " . 1 1 Nicht länger kann sich ,Natur' als das rationale Gegenbild der Geschichte behaupten, die nun als organischer Bildungszusammenhang gedeutet wird. 1 2 Wie die italienische Renaissance auf das römische Altertum zurückgeht, in der Hoffnung, es zu erneuern, so treten in der Wendung aufs deutsche Altertum Restauration und Nationalismus als Momente in Zusammenhang mit der Idee einer Erneuerung; 13 als Mo7
Johann Ulrich König, Untersuchung von dem Guten Geschmack . . . , A n h a n g zu Des Freyherrn v o n C a n i t z Gedichte. 1 7 3 4 . S . 4 0 2 . 8 J . U . K ö n i g , S . 4 3 5 : „ D e r gute (Geschmack) ist mehr eine Würckung des Verstandes, als ein Trieb des Hertzens, und erkennet oder beurtheilet gantz genau das nützlichste, wesentlichste und vollkommenste. E r ist der rechte Begriff von allem, w a s in einer Wissenschaft das wahre, das deutliche, das erweißliche, das wahrscheinliche, nöthigste oder zuträglichste: In einer sinnreichen[!] K u n s t das schöne, meisterhaffte, edelste und feinste . . . K u r t z , w a s man untersuchen oder übergehen, verwerfen oder erwehlen soll." β J . U . König, S. 3 7 8 . 10 Siehe S. v o n Lempicki, Geschichte der deutschen Literaturwissenschaft. 1 9 2 0 . S. 2 3 1 . 11 Gottfried Salomon, D a s Mittelalter als Ideal der Romantik. 1 9 2 2 . S. 1 7 . « Ebd., S. 19. 13 Die Bedeutung Rousseaus für H e r d e r ist bekannt und erörtert, vgl. e t w a
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mente - d. h. sie bleiben jener revolutionären Tendenz eingeordnet, die im abstrakten Rationalismus die Ideologie des Absolutismus erkennt und f ü r die Souveränität des Volkes eintritt. 14 Salomon weist darauf hin, daß die nationale Wiedergeburt von dem dritten Stande angestrebt wird, „der gegen H o f und Adel im mittelalterlichen Bürgertum seine große Tradition sieht". 15 So treten Restauration und Revolution1® in einen genauen Zusammenhang, der gerade angesichts der Bedeutung des Mittelalters für die Romantik festzuhalten ist. Er zeigt sich auch in der Äquivalenz der Bezeichnungen mächtig: die Bestimmung der Volks- als Naturpoesie erhält hier einen neuen, jedenfalls einen reflektierteren Sinn als vorher. Den Zusammenhang stellt durchaus schon die rationalistische Poetik heraus: „Die Volkspoesie, ganz Natur, wie sie ist, hat Naivetäten und Reize, durch die sie sich der Hauptschönheit der künstlidivollkommenen Poesie gleichet." 17 Wie das V o l k den herrschenden Ständen, bleibt hier die Naturpoesie noch der Kunstpoesie untergeordnet. Als sie selbständig hervortritt, gelten audi nicht mehr die ästhetischen Maßstäbe, die diese Zuordnung leiteten: die Volkspoesie läßt sich nicht als Reiz auf ein genießendes Subjekt beziehen; sie spricht ein Allgemeines aus, das die „Pedanterie" der Kunstgedichte (IV, 68) längst verloren gegeben hat. Dies Allgemeine ist aber nicht mehr als vorzüglich dem Verstände zugängliche Wahrheit genommen, die Poesie nicht mehr als „der vornehmste Theil der Gelehrsamkeit" 18 bestimmt: der Terminus Naturpoesie zielt auf „das wahrhaft Historische", das für Eichendorff noch „der reinmenschliche Grundton, der durch alle Zeiten geht", ist (IV, 367); Lieder, die diesen anzuschlagen wissen, haben „Klänge, die von keiner Kunst der Welt erfunden werden" (IV, 333). F . M . B a r n a r d , Z w i s c h e n A u f k l ä r u n g u n d politischer R o m a n t i k . 1964. S . 7 0 f f . ; H e i n z S t o l p e , D i e A u f f a s s u n g des j u n g e n H e r d e r v o m M i t t e l a l t e r . 1 9 5 5 . S. 42 f f . u . ö . ; auch E g o n Reiche, Rousseau u n d d a s N a t u r r e c h t . 1935. S. 60 ff. ( . A u f l ö s u n g des statischen Gesellsdiaftsbegriffes d e r A u f k l ä r u n g ' ) . 14 J. J. R o u s s e a u , D e r Gesellschaftsvertrag ( I I , 6): „ D a s V o l k , das d e n G e s e t z e n u n t e r w o r f e n ist, m u ß auch ihr U r h e b e r sein; n u r denen, die sich v e r b i n d e n , liegt es o b , die B e d i n g u n g e n der V e r e i n i g u n g (Gesellschaft) z u regeln." R e c l a m - A u s g a b e . 1958. S. 43 f. 15 G . S a l o m o n , S. 25. 16 Z u m R e v o l u t i o n s b e g r i f f im 18. J a h r h u n d e r t v g l . H e r d e r , S u p h a n X V , S . 2 4 9 ; X V I , S. 1 0 8 - 1 2 8 ; s. F. P a m p , ,Palingenesie' bei B o n n e t , H e r d e r u n d Jean P a u l . D i s s . M ü n s t e r 1955. S . 7 2 f f . 17 M i d i e l de M o n t a i g n e , Essais. Buch 1, K a p . 54; bei H e r d e r : Zeugnisse über V o l k s l i e d e r , S u p h a n X X V , S. 129. 18 J o h a n n C h r i s t o p h Gottsched, Critische D i c h t k u n s t . 1 7 5 1 - N e u d r u c k 1962. S. 67.
5°
Von vornherein finden sich Volks- und Kunstdichtung nach ästhetischem Gesichtspunkt kontrastiert, nicht etwa als „Nacheinander in der genetischen Entwicklung" aufeinander bezogen. 19 Die polemische Entgegensetzung, die schon in Herders ,Fliegenden Blättern', deutlicher noch im angeführten Ossian-Aufsatz hervortritt, verweist merkbar genug auf die philosophische und soziale Problematik der Zeit, wandelt sich also auch mit dieser. Trägt die Natur zunächst, vor allem in der „Verquickung von Anakreontik und Nordenrezeption", etwa bei Gerstenberg und Wieland, aber grundsätzlich auch noch bei Herder, reichlich utopische Züge, als „Flucht aus der deutschen Misere in einen Wunschraum",20 so gewinnt sie später, mit dem fortschreitenden Ausgang des Volkes aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit, eher den Charakter eines kritischen Modells zurück, und Vischer hat auf tiefere Weise recht, wenn er in seiner Rezension über Eichendorff bemerkt: „Er steht um etwa 40 Jahre hinter der Zeit, er steht da, wo die Romantik gegen den Rationalismus auftrat; er steht in jener verschollenen Polemik gegen die Aufklärung." 2 1 Vischer ist es so wenig wie Rüge und Echtermeyer, den schärfsten jungdeutschen Kritikern der Romantik, um ein historisch abwägendes Urteil zu tun; daß Eichendorff letztlich dialektisch der Aufklärung zugehört, sieht Vischer vor Kampfeseifer nicht, wenn er ihn in jene Zeit zurückverweist; so entgeht ihm in seiner standpunktgebundenen Rezension auch die nuancierende, im Deuten und Werten stets neu akzentuierende Arbeit, die Eichendorff an seinen Begriffen leistet. Bevor diese selber sich zeigen läßt, muß sozusagen das ihm vorgegebene begriffliche Material ein wenig ausgebreitet werden. Daß der Begriff Volkspoesie schon da, wo er Geltung gewann, mit dem der Naturpoesie identifiziert wurde, geht auf die polemische Entgegensetzung zur Kunstpoesie zurück. Der Widerstand gegen die „Macherkunst", welche „aus Nichts ein dickes Etwas von vielen Alphabeten" 22 schmiedet, führt schon bei H e r d e r auf den Begriff Naturpoesie: „Unzweifelhaft schwebte Herder die Idee der unbewußten, organischen Produktion vor." 2 3 Die Wertung von Montaigne kehrt sich mit der neu dem Volk zuerkannten Be19
Vgl. S. von Lempicki, S. 400.
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Heinz Stolpe, Die Auffassung des jungen Herder vom Mittelalter.
19$$.
S· 357·
21
Friedrich Theodor Vischer, Ein literarischer Sonderbündler. In: Jahrbücher der Gegenwart, Jan. 1848. Auch: Visdier, Kritische Gänge II, o.J. S. 188. 22 G.A.Bürger, Uber Volkspoesie. Sämtliche Werke. Hg. von Reinhard. Bd.4. 1844. S. 39. 23 S. von Lempicki, S. 400.
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deutung 24 um: die Natur, die von der Kunst ausgelöscht wird, steht gegen Schwäche, Falschheit und Künstelei; sie zeigt sich frei in der Volkspoesie, denn das „ V o l k der Sinne" richtet sidi nach keiner Überlegung, sondern bloß nach dem Naturgesetz. 25 Ein solches scheint also aus der Volkspoesie hervor, die so jenes normative Moment bewahrt, das aus der Dichtung mit dem Hinfall der aufklärerischen Regelpoetik verschwunden schien. Daß die Natur etwas zu sagen habe, rückt die Volkspoesie und noch mehr die sich als solche verstehende romantische Dichtung - wie schon an Vischers Eichendorff-Rezension auffiel - wieder in die Nähe der Aufklärung und ist ja auch Voraussetzung f ü r ein Natura loquitur oder Natura monet. Allerdings ist der Unterschied beträchtlich: die lehrende Natur der Aufklärer ist eine A r t objektiver Verstand, während nun die N a t u r gerade für jene Wahrheit einstehen soll, die über dem menschlichen Verstände ist. A u f die „rüstige Natur", die natura naturans, bezogen, weist die Volkspoesie zugleich alle subjektivistische Willkür von sich ab: „lebendig, freiwirkend" heißt das Volk bei Herder. 26 So kann es der Natur zugeordnet werden, ohne in polemischen Gegensatz zum Begriff der Kultur überhaupt (wie bei Rousseau) zu geraten. Von der Mitte des 18. Jahrhunderts datieren, wenn man von gelegentlichen früheren Anregungen (ζ. B. Leibniz) absieht, die Bemühungen um die Mundarten, 27 die Volkslieder und Volksbräuche, um Erscheinungen also, die sich als , Volkskultur' zusammenfassen lassen, welche als organisch-natürliche bald verehrt und verklärt, bald verachtet wird. In der durch A . W. Schlegels Kritik so verloren wirkenden Abhandlung B ü r g e r s ,Über Volkspoesie' finden sich die bisher aufgeführten Momente des Begriffs durchaus wieder. Die Volkspoesie wird der „sogenannten höheren L y r i k " , die „für Götter und Göttersöhne den erhabensten Werth haben" mag, entgegengesetzt, wobei die soziale Intention sich folgendermaßen äußert: „es ist mir hier mehr für's liebe Menschenvolk, als für Götter und Göttersöhne zu thun". 28 Ähnlich allgemein wird das Vorbild der Deutlidi z . B . in Kants Eintreten für die Volkssouveränität und das Recht auf Revolutionen; vgl. K.Vorländer, K a n t , Fichte, Hegel und der Sozialismus. 1920. S. 1 6 f f . ; vgl. auch Lessings Fabel ,Die Wasserschlange' und Helmut Arntzens A u f s a t z : Dichtung als Aufklärung. N D H 8j, 1962. S. 28 ff. 25 Herder, S u p h a n V , S. 15; vgl. S. von Lempidti, S.401. 2« Suphan V , S. 164. 27 V g l . dazu R . von Raumer, Geschichte der germanischen Philologie. 1870. S. 242 ff. 24
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G . A . B ü r g e r , Bd.4, S. 50.
Natur berufen, als es die „Eintheilung des Schauspiels" zu verurteilen gilt: „Was Mutter Natur thut, das ist recht; was sie paart, das ist wohl gepaart." 26 Es ist deutlich, daß die kritische Schärfe, die zunächst in der Zuordnung von Volks- und Naturpoesie gelegen war, hier schon stumpf geworden ist. Das Volk, dessen Mündigkeit in seiner Poesie erwiesen werden sollte, ist hier als „liebes Menschenvolk" von ebensolcher Allgemeinheit, wie die als „Götter und Göttersöhne" figurierenden gebildeten Bürger- und Adelskreise sich so jeder sozial relevanten Bestimmung entziehen. Die beziehungslose Anerkennung der vorbildlichen Natur zeigt hier ihre Kehrseite; verliert diese ihre negative Beziehung auf die gesellschaftliche Situation, gerät sie zu deren blinder Affirmation. Affirmative Momente werden sind auch in Eichendorffs Begriffsgefügen, bei aller kritischen Schärfe, durchhalten, eben als Folge der frühzeitig einsetzenden, in der Romantik noch verstärkten Ausdehnung des Begriffes Volk. A. W. Schlegel stellt als die leitenden Begriffe Bürgers „Popularität und Correctheit" heraus.30 Als ein Grund für die Verwässerung der sozialkritischen Dimension im Volksbegriff, der nun „auf einen mittleren Durchschnitt aus allen Ständen" hinausläuft, 31 ließe sich Bürgers Nähe zum Denken der Aufklärung angeben. Seine Anrufung der Wahrheit - „unerforschlidie, ewige Gottheit!" etc.32 - legt dies nahe; so ist auch deutlich warum er Herders Ansatz wieder ins Allgemeine rücken muß: die aufklärerische Poetik verpflichtet dazu. So bestimmt Lessing als Aufgabe des Dichters, sein Werk entsprechend „dem ewigen unendlichen Zusammenhange aller Dinge" als „ein Ganzes" auszuarbeiten, „das völlig sich rundet, wo eines aus dem andern sich völlig erkläret, wo keine Schwierigkeit aufstößt, derenwegen wir die Befriedigung nicht in seinem Plane finden, sondern sie außer ihm, in dem allgemeinen Plane der Dinge suchen müssen; das Ganze dieses sterblichen Schöpfers sollte ein Schattenriß von dem ganzen des ewigen Schöpfers sein; sollte uns an den Gedanken gewöhnen, wie sich in ihm alles zum besten auflöse, werde es auch in jenem geschehen." 33 Als „Schattenriß" steht hier die Kunst in der Mitte, zwischen der göttlichen Geschichte und den Empfindungen, freien Entschließungen und Handlungen der Menschen; als Schein ist sie doch nicht ohnmächtig, sie hat „unser Herz in . . . Gewalt" (ebd.). Diese Bestimmung von Kunst als in 2
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si
Ebd., S. 42. A . W . Schlegel, Bürger. In: Kritische Schriften. 1828. Bd. II, S. 12. Ebd., S. 1 3 . 32 G. A . Bürger, Bd. 4, S. 4 1 . 83 G. E . Lessing, Hamburgisdie Dramaturgie, Stück 79. Hg. von O. Mann. 1958. S. 310 f. 3
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sich gegründetem Ganzen zielt auf das Ideal, auf eine klassische Kunst. Bei Bürger dringt sie in den Begriff der Volkspoesie ein und gewinnt ihm, zunächst aus bloßer Derbheit, eine Begründung hinzu, die vor allem in der jüngeren Romantik wesentlich wird. Bürger lehnt es als „Macherkunst" ab, „aus Nichts ein dickes Etwas von vielen Alphabeten, oder von einer kurz an den Mann zu bringenden Wahrheit lange, schimmernde Abhandlungen herauszuspinnen". 34 Lessings Bestimmungen zielten auf das ausgearbeitete Werk, das auf unser Herz wirkt und „durch diese Beschäftigung unserer Seelenkräfte" 35 vergnügt und belehrt. Sie erscheinen bei Bürger, entsprechend dem unvergleichlich schmaleren Hintergrund, zur Wahrheit verkürzt, die „kurz" an den Mann zu bringen sei. Gegen die fixe Wahrheitslehre der Aufklärung wandten sich ja gerade Herders Bemühungen um die Volkspoesie; „vom Lyrischen, vom Lebendigen und gleichsam Tanzmäßigen des G e s a n g e s . . h ä n g t f ü r ihn „die ganze wundertätige Kraft" der Volkslieder ab.3® Bürger verallgemeinert den Volksbegriff und deutet die Wirkung der Volkspoesie neu: die Wahrheit ohne die entstellenden Umschweife der Gelehrtenpoesie, die „meistens todtes Kapital" bleibe,37 „volksmäßig" 38 zu sagen. Dazu taugt nichts mehr, „als das so oft beschriene und citierte, aber so selten gelesene Buch der Natur zu empfehlen", welcher Ratschlag so präzisiert wird: „man lerne das Volk im Ganzen k e n n e n . . ,".39 Der Zusammenhang von Natur- und Volkspoesie bleibt also erhalten, nur daß jetzt weniger die freiwirkende Natur, sondern mehr die natura naturata im Blickfeld steht. Das „Buch der Natur" ist aber doch nicht mehr im aufklärerischen Sinne verhülltes Abbild der Wahrheit; es ist mit dem Verstände nicht zu lesen, weldier der „Versmacherkunst" zugeteilt wird. Poesie bleibt von dieser unterschieden; ihr weist die Natur „das Gebiet der Phantasie und Empfindung" an. 40 Aber auch wenn der Naturgesang mit einem Strom verglichen wird, so bleibt das noch fern von der zentralen Bedeutung dieser Formel bei Eichendorff - dem „Reich des Verstandes und Witzes" geschwisterlich nahe: 41 „mit distinkten, vernehmbaren Wohl34
G . A . B ü r g e r , Bd. 4, S. 39. G . E . Lessing, Hamburgisdie Dramaturgie, S. 3 1 2 . se Suphan V , S. 164. 37 G . A . B ü r g e r , S. 45. 88 Ebd., S. 48. 39 Ebd., S . 4 6 ; ebd.: „Die deutsdie Muse . . . sollte billig nidit auf gelehrte Reisen gehen, sondern ihren Naturkatediismus zu Haus auswendig lernen." 4 « G.A.Bürger, S.47. 41 Ebd.: „Sie [sc. die Poesie und die Versmadierkunst] mögen, als verträgliche Nadibarinnen, neben einander hausen." 35
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getön" strömt er „von mähligem Abhang", 4 2 während in der Romantik, vor allem bei den Heidelbergern, sein „Rausdien" zum Kennzeichen der jugendlichen Naturkraft, des „Lebensrausches" wie überhaupt eines „sangvollen Lebens" wird. 43 Von vornherein ist der Begriff der Naturpoesie auf eine Erweiterung des ästhetischen Feldes gerichtet; der Phantasie und dem Gefühl wird über die Natur Anteil daran gegeben, nicht mehr bestellt es der Verstand allein. Aus der Erfahrung der Wirkungslosigkeit der immer willkürlicher werdenden Kunstdichtung folgt die Zuwendung zur Volkspoesie. Als „Niederschlag der einfachsten menschlichen Regungen" ist sie weder willkürlich noch „Ausdruck einer nur subjektiven Stimmung", sondern bindet sich meistens an eine „typische Situation - Trennung von der Liebsten, Auszug in Krieg, Wanderung - die jedem vertraut ist". 44 Als solche „natürliche" Grundlage, als Ausdruck von allgemein-menschlichen Erfahrungen und Situationen ist die Volkspoesie der am besten geeignete Ansatzpunkt für die auch die Literatur immer stärker bestimmende Tendenz, die als schädlich beurteilte, nämlich die Entfremdung fixierende Aufteilung der Gesellschaft in Klassen zu überwinden. Die auf unterschiedliche Besitzverhältnisse und die Arbeitsteilung zurückgeführte Ungleichheit der Klassen 45 soll im Gedanken einer Volkseinheit modellhaft so überwunden werden, daß „mit dem Gegensatz von Bürgertum und Arbeiterschaft auch der von Gebildet und Ungebildet" 46 wenigstens seine Relevanz einbüßt. Die revolutionäre Annahme einer natürlichen Gleichheit aller Menschen wird, nach dem Gebrauch der Zeit, in die Geschichte zurückprojiziert und ergibt die Vorstellung eines vorgesellschaftlichen Urzustandes, welcher als Naturstand Vorbild der wieder zu erreichenden Einheit wird. Wenn diese Idee auch noch lange, bis tief ins 19. Jahrhundert hinein - etwa im orthodoxen Marxismus - ihre utopische Färbung behält, so wird doch zugleich schon ziemlich früh die Notwendigkeit der gesellschaftlichen Differenzierung für die kulturelle Entwicklung ihr entgegengehalten. 47 Kant z . B . läßt die Kultur „in dem gesellschaftlichen Wert des Menschen" bestehen Ebd., S. 4 j f. V g l . z . B . J. v o n G ö r r e s , D i e teutschen Volksbücher. Gesammelte Schriften 3, S. 180 f., S. 286 usf. 44 Elisabeth Blochmann, Die deutsche Volksdichtungsbewegung. D V j 1, 1923. S.419. 45 V g l . dazu R . D a h r e n d o r f , Ober den Ursprung der Ungleichheit unter den Menschen. 1961. S. 10 ff. 48 E. Blochmann, S. 419. 47 V g l . A d a m Ferguson, Geschidite der bürgerlichen Gesellschaft (1767), und John Miliar, Ursprung der Ranguntersdiiede (1771). 42
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und kritisiert den bloßen Naturstand: „die Menschen, gutartig wie die Schafe, die sie weiden, würden ihrem Dasein kaum einen größeren Wert verschaffen, als dieses ihr Hausvieh hat." 4 8 Das restaurative Moment macht sich - wie bei Bürger - geltend, wo die konkreten Bezüge von Volk auf Natur und umgekehrt, als die von gesellschaftlich-politischer Problematik auf die philosophische und ästhetische Theorie, dem Bewußtsein entschwinden. Die Frühromantik hält nun, wie Petersen gezeigt hat,49 durchaus an der Vorstellung des goldenen Zeitalters fest, fügt sie aber konsequent in das triadische Geschiehtsmodell ein, wobei Vorzeit wie Endzeit gleichermaßen mit ihren Bildelementen bedacht werden. 50 In F. S c h l e g e l s frühem Aufsatz ,Über die Grenzen des Schönen' (1795) heißt es so: „Es gab eine Zeit, es gab ein Volk, wo das himmlische Feuer der Kunst, wie die sanfte Gluth des Lebens beseelte Leiber durchdringt, das All der regen Menschheit durchströmte!" 5 1 Daß aber die Utopie hier schon Idee geworden ist, weist Schlegels methodische Reflexion aus; er erlaubt sich nicht, sie unmittelbar der Zeit zu konfrontieren, wie Herder es noch unbedenklich tat; sondern er versucht, „die Lücke" — „der Mensch ist zerrissen, die Kunst und das Leben sind getrennt" - durch Negation der Selbständigkeit der Momente vermittelnd zu schließen: „Durch Kunst allein wird der Mensch zu einer leeren Form; durch Natur allein wird er wild und lieblos." 52 Das berühmte 116. Athenäumsfragment weist dies der als „progressive Universalpoesie" bestimmten romantischen Poesie zu: „Sie will und soll auch Poesie und Prosa, . . . Kunstpoesie und Naturpoesie bald misdien, bald verschmelzen... Sie umfaßt alles, was nur poetisch ist, vom größten . . . Systeme der Kunst bis zu dem Seufzer, dem Kuß, den das dichtende Kind aushaucht in kunstlosen Gesang." 53 Dieser Versuch, Einheit, Kommunikation, Universalität von der Reflexion, vom Bewußtsein her zu erreichen,54 erinnert ganz an den befreundeten N o v a l i s , bei dem diese Intention die romantische Formel vom Zauberwort belegt: 48
I. K a n t , Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht. Werke. H g . v o n W . Weischedel. B d . 6. 1 9 6 4 . S. 38. 49
J . Petersen, Das goldene Zeitalter bei den deutschen Romantikern. I n : D i e Ernte. Festschrift für F . Muncker. 1 9 2 6 . S. 1 1 7 ff. so V g l . dazu H . - J . M ä h l , S. 3 1 ο ff. 51 F. Schlegels prosaische Jugendschriften. H g . von Minor, B d . I, 1 8 8 2 . S. 2 2 f. 52 Ebd. 53 F. Schlegel, Kritische Schriften. H g . von W . Rasch. 1 9 5 6 . S. 3 7 . 54 V g l . Peter Szondi, Friedrich Schlegel und die romantische Ironie. I n : Szondi, S a t z und Gegensatz. 1 9 6 4 . S. 9 ff.
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Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren Sind Sdilüssel aller Kreaturen, Wenn die, so singen oder küssen, Mehr als die Tiefgelehrten wissen Wenn sich die Welt in's freie Leben, Und in die Welt wird zurück begeben, Wenn dann sidi wieder Lidit und Schatten Zu echter Klarheit werden gatten, Und man in Märchen und Gedichten Erkennt die ewgen Weltgeschichten, Dann fliegt vor Einem geheimen Wort Das ganze verkehrte Wesen fort. 5 5
Wie Bürger sich gegen die „abstrakten Dichter" und alle „Quisquiliengelahrtheit" 56 wandte, so wird hier der abstrakten Erkenntnis bestritten, auf schließend in die Tiefe der lebendigen Individualität zu reichen;57 das „Zeichen" bleibt „deutungslos", Signum der „Fremde", die Sprache verloren sein läßt. 58 Und wie bei Schlegel Seufzer und Kuß als „kunstloser Gesang" gelten, so wird auch hier die Natur als Freiheit gegen das verkehrte Wesen der in sich verschlossenen Welt gestellt. Das „freie Leben" steht dieser gegenüber; Ziel ist, daß auch die Welt frei wird: im Entwurf heißt es, in die „freie" Welt wird zurückbegeben. Die Versöhnung wird jedoch der Erkenntnis zugetraut, dem geheimen Wort, auf das sich der Begriff „poetisierter Idealism" aus den ,Berliner Papieren' zum Roman, in dem das Gedicht ja auch Platz finden sollte, wohl anwenden läßt; so heißt es an der gleichen Stelle: „Das ganze Menschengeschlecht wird am Ende poetisch. Neue goldne Zeit." 59 Darin erscheint deutlich jenes futurische Moment, auf das Szondi bei F. Schlegel verwies.60 Das von der jüngeren Romantik später so kritisierte „in der Mitte Schweben" (Athenäum-Fragment n 6 ) versucht sich als „antizipierte Synthese" 61 zu rechtfertigen, als methodisch sich potenzierende Reflexion seine utopische Leere abzustreifen. Das bleibt vergeblich: „Die Scheinhaftigkeit der Welt und des eigenen Seins nimmt zu, die Reflexion wird immer leerer." 62 55
Novalis, Sdiriften i. Das dichterische Werk. H g . von Kluckhohn-Samuel. 2. Aufl. 1964. S. 344 f. (360). 56 A . Bürger, Über Volkspoesie, S. 46 und 44. 57 Vgl. Novalis, Sdiriften 2. Das philosophische Werk I. 196$. S. 1 5 4 f . : N r . 1 1 9 und 142 ff. (,Gott-Natur-Ich'). 58 Vgl. dazu F.Hölderlin, Mnemosyne (2). In: Große Stuttgarter Ausgabe 2/1. 1951.S.195. 5» Novalis, Sdiriften 1, S. 347. βο P. Szondi, S. 13 fr. «ι P. Szondi, S. 15. «2 P. Szondi, S. 12. 57
Die frühromantische Bindung der Naturpoesie an die Subjektivität hat jedoch die soziale Intention, die sich in der Anwendung des normativen Moments - das der Begriff Naturpoesie von Anfang an enthält - auf die Volkspoesie kundtut, nicht durchweg preisgegeben, wenn sie audi nicht mehr unmittelbar begegnet. So heißt es bei Novalis im ,Blüthenstaub'Fragment Nr. 49 (47): „Das Volk ist eine Idee. Wir sollen ein Volk werden. Ein vollkommener Mensch ist ein kleines Volk. Ächte Popularität ist das höchste Ziel des Menschen." 83 Individuum und Volk werden beide als gegliederter Organismus gedacht, der als „eine freye Verbindung selbständiger, selbstbestimmter Wesen" erst herzustellen ist, als Verwandlung von einem „Haufen" zu einer „Gesellschaft". 64 Doch ist deutlich, daß damit weder der Begriff des Volkes noch jener der Gesellschaft in ihrem geschichtlich-konkreten Gehalt aufgenommen werden; der Naturstand gilt nur noch als sonderbares Bild' der zukünftigen Einheit, „in der das Chaos zur Vernunft und zum Bewußtsein seiner Kräfte, und die Naturanarchie zur vollendeten, d. h. gebildeten Schöpfung durchdrungen ist". 85 Das Volk ist als Idee, als Analogie der Subjektivität, so allgemein gesetzt, daß das revolutionäre Moment der neuen Dichtung, die Opposition gegen die Einteilung der Gesellschaft in Klassen etwa oder die Erkenntnis des Regelwesens als Widerspiegelung eines absolutistischen Herrschaftswillens, unbemerkt verdunstet. So wird der Krieg z.B., wie auch bei Arnim, Eichendorff, ja fast allen Romantikern, zur „poetischen Geschichtskategorie",68 nämlich ganz Symbol; Symbolik im klassischen Sinne aber ist dem Horizont der Volks- und Naturpoesie weitgehend fremd: die in dieser vorgestellte Einheit kann sich niemals als Ergebnis der „Abstraktion" 87 verstehen - deshalb ihr Zug in die Vergangenheit. Wenn Novalis an seinen Bruder Erasmus 1793 schreibt: „Glaube mir, wir können alles aus uns selbst h e r a u s b i l d e n " , 8 8 so ist damit die Besonnenheit, das reflektierende Bewußtsein so zentral in den Einheitspunkt gesetzt, daß die Realität als Widerstand nicht mehr bemerkbar werden kann: die Möglichkeit, sich etwa mit der Zukunft ins Verhältnis zu setzen, „hängt nur von der Richtung und Dauer unsrer Aufmerksamkeit ab", ist Sache der „Er83
Novalis, Schriften 2, S. 433. Blüthenstaub-Fragment 9J (94), Schriften 2, S. 455 ff. 85 H.-J. Mähl, Die Idee des goldenen Zeitalters, S. 308. 88 Vgl. H . - J . Mähl, S. 320 ff. 87 Vgl. Novalis, Schriften 2, S. 4 J j ff. 88 Novalis, Werke. H g . von Kluckhohn-Samuel. 1929. Bd. I V . S. 4 6 ; bei H . - J . Mähl S . 3 2 2 . 84
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findungskunst", welche „durch genialische Selbstbeobachtung zu finden . . . unzweifelhaft" ist.69 So sehr sich durch die Bindung der Frühromantik an die genialische Subjektivität der konkret-revolutionäre Ansatz der Volksdichtungsbewegung verwischte, so bedeutsam war doch zugleich die Wiedergewinnung der historischen Perspektive. Dadurch wurde erst die Grundlage für eine Vermittlung der Volks- und Naturpoesie mit der geistigen Situation der Gegenwart gewonnen. Im Verlaufe dieser Auseinandersetzung tritt, wie sich schon bei Novalis beobachten ließ, der Terminus Volkspoesie immer mehr zugunsten des neutralen Begriffs Naturpoesie zurück. So nimmt F r i e d r i c h S c h l e g e l das „alldurchdringende tiefe Naturgefühl" der Germanen als Ursprung des „Hangs zur Freiheit", der zarteren Liebe, der „uns eignen Begriffe von Adel und Ehre", 70 doch die daraus wachsenden Dichtungen gelten keineswegs bloß als Produktionen des Volksgeistes. A u g u s t W i l h e l m S c h l e g e l s philologische Bildung kommt dem anspruchsvollen Poesiebegriff seines Bruders zu Hilfe, wenn er z.B. gegen Bürgers Verständlichkeitsideal einwendet: 71 „Nun läßt sich aber nicht einsehen, warum die Poesie, der es gegeben ist, das Höchste im Menschen auszusprechen, sich irgend nach der Mittelmäßigkeit bequemen sollte, statt sich an die vortrefflichsten und von der Natur am reichsten begabten Geister zu wenden, und die übrigen sorgen zu lassen, wie sie mit ihr fertig werden möchten!" 7 2 Die Minnelyrik, die stets als Beispiel einer wahrhaften Naturpoesie galt, wird vom Volk weitgehend gelöst: es sind „Minnesänger im Ganzen nicht eigentlich Volksdichter zu nennen . . . Sie übten vielmehr eine adliche und Ritter-Poesie, auf die Sitten, Ansichten und Empfindungsweise des obersten und damals gebildetsten Standes gebaut." 73 Ganz ähnlich bewertet Friedrich Schlegel Shakespeare, den „dramatischen Homer des Nordens", als mit der „spätem" Bildung der Zeit sich vermittelnd. Wenn er „die Tiefen des Herzens wie kein anderer an's Licht zu ziehen und in unserer eigenen Brust zu erschüttern weiß", so ist im Werke doch zugleich der „helle Verstand" des großen Meisters deutlich, damit „die ganze Mannichfaltigkeit des wundervollen Menschenlebens" umfaßt ist. Die Leistung der Subjektivität wird also nicht ohne polemischen Hin60 Blüthenstaub-Fragment 92 (91), Schriften 2, S . 4 5 5 . ™ F. Schlegel, Über nordische Dichtkunst. In: Sämtliche Werke. Bd. 8. 1846. S. j j ; vgl. dazu Eichendorff: I V , 29 ff., 66 f. 71 Vgl. A.W.Schlegel, Kritische Schriften II. 1828. S . 1 4 : „Wie eng würde die Sphäre der Poesie begränzt, welche herrliche Erscheinungen in ihr würden unmöglich gemacht werden, wenn Bürgers Grundsatz allgemein gelten sollte!" 72 Ebd., S. 13 f. 73 Ebd., S. 1 5 .
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tergrund vor allem an Produktionen hervorgehoben, die in der ästhetischen Diskussion mehr oder minder der Naturpoesie zugerechnet waren. Shakespeare wird so - durch die Bedeutung der Subjektivität als Besonnenheit in seinem Werk - der Dichter der Moderne, „einer nicht mehr bloß durdi die freie Naturkraft allein, sondern zugleich auch durch den Verstand beherrschten, gestalteten und vielfältig verwickelten Welt". 74 So wird die im Begriff der Kunstpoesie deprezierte Subjektivität gerade dort wieder zur Geltung gebracht, wo sie am wenigsten Recht sich erhoffen konnte: in der Naturpoesie.™ Denn diese soll nicht als abgelebt der Vergangenheit zugeschlagen werden; F r i e d r i c h S c h l e g e l glaubt, daß „die großen Werke der Natur" auch „noch j e t z t . . . von neuem belebt und erweckt werden" können. 76 Dazu geht er auf das „reinere, unverdorbnere, ernste und strenge Heidenthum" zurück, das die Germanen vor den „sinnlichen Griechen" auszeichnet; eine „geistigere Naturverehrung" wird ihnen zugeschrieben. 77 Die Frage erhebt sich, ob in diesen Bestimmungen auch die Natur, wie schon das Volk, zur Idee poetisiert werden soll. Im Vergleich des deutschen Nibelungenlieds mit dem nordischen hebt F. Schlegel die „tiefere Bedeutung und Ahnung der Natur" im letzteren hervor, das noch nicht vom „sanfteren Geiste der christlichen Rittersitte" gemildert sei. So bleibt das Naturgefühl mit dem Heidentum verbunden wie die Naturpoesie mit der Heldensage, zugleich deutet sich aber ein Weg an, der den Begriff für die Moderne offenhält: Es ist das große Vorrecht der Heldensage, daß sie nicht bloß ein künstliches Werk ist, v o n einem Einzelnen ersonnen und gemacht, sondern durch viele Geschlechter von Dichtern und die wandelnden Zeiten hindurdi lebendig fortwirkend, wie der Geist der N a t u r , und keinem sterblichen Meister allein eigen, noch seiner Willkühr gehorchend. 78
Was bei den Entgegensetzungen freie Naturkraft-Verstand, geistige und sinnliche Naturverehrung usf. erst durch die Satzform („nicht mehr allein, sondern zugleich audi" u. ä.) als Zusammenhang hervortrat, wandert nun als Einheit in den Begriff selber ein. Geist der Natur ist eine aus der Anerkennung der Subjektivität und der positiven Wertung des Verstandes 79 gewonnene Formel, die den Begriff Naturpoesie aus seinen polemischen Gegenstellungen herauszuführen imstande ist. 74
F . Schlegel, Uber nordische Dichtkunst, S. 82. D a s geht nidit ohne Veränderung des Begriffs, woraus Eichendorff die K o n sequenz zieht: v g l . unten § 16. 78 F . Schlegel, U b e r nordische Dichtkunst, S. 54, $ $ . 77 78 Ebd., S. 68. E b d . , S. 7 4 . 79 V g l . den A u f s a t z ,Über die Grenzen des Schönen'. In: Jugendschriften. B d . 1. 1 8 8 2 . S . 2 2 : „Unsere Mängel selbst sind unsere H o f n u n g e n : denn sie entspringen
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Diese waren es jedoch, die den gesellschaftlichen Gehalt des Begriffes verbürgten. Der „geistigen Auffassung" widersteht er noch, wenn „Singen oder Küssen" als „Wissen" anerkannt ist. Wird dann aber die Aufhebung des verkehrten Wesens als Befreiung der Welt dem geheimen Worte zugetraut, so tritt der zunächst in den Bildern noch bewahrte Zusammenhang von Leben und Dichten ganz in die Freiheit einer „Welt für sich" zurück, als welche Novalis die Sprache in Analogie zu den mathematischen Formeln kennzeichnet.80 In den „freien Bewegungen" der Formeln wie der Sprache äußert sich nach Novalis die Natur; sie erscheinen als ein zarter „Maaßstab und Grundriß der Dinge". Die Reflexion nimmt aber nicht den ästhetischen Charakter dieses „Verhältnißspiels der Dinge" als Problem auf. Wenn „damit das Wesen und Amt der Poesie auf das deutlichste angegeben" scheint (ebd.), so hat der Weg, den der Begriff Naturpoesie nahm, ihn im Kreis zurückgeführt. Sein Ausgangspunkt war die Kritik der rationalistischen Kunsttheorie, damit der Abbau der Mimesislehre; aus seiner Verbindung mit der Volkspoesie wird deutlich, daß es darum ging, die Kunst neu auf die gesellschaftliche Wirklichkeit zu beziehen, an deren Veränderung geglaubt wurde. Durch die Bedeutung, die das Subjekt im frühromantischen Denken hatte, geht dieser Bezug mehr und mehr verloren, wird als Gleichnis, als Symbol in die ästhetische Sphäre zurückgezogen 81 : Volk wird Idee 82 und Natur geistig.83 Naturpoesie wird so auf die zweite statt auf die erste Natur bezogen, die gegen jene fast so streng abgedichtet bleibt wie in der klassischen Kunstlehre. Deutlich findet sich diese Auffassung ζ. B. in N . L e n a u s Rezension eben aus der Herrschaft des Verstandes, dessen zwar langsame Vervollkommnung gar keine Schranken kennt." Z w a r wandelt sich diese Einschätzung bis 1 8 1 2 , ohne aber die grundsätzliche Anerkennung des Verstandes zu verändern. 80 Novalis, Monolog. Schriften 2, S. 672 ff. 81 Auch die Analogie von Individuum, Natur und Gesellschaft im Gedanken des gegliederten Organismus stellt die Beziehung als unmittelbare nicht her, hält den Zusammenhang wieder nur als Idee fest. 82 Dem korrespondiert die Wandlung A.W.Schlegels in der Einschätzung des Volks; nimmt er es zunächst — etwa im Bürger-Aufsatz - als sowohl rezeptiv wie produktiv an, so verliert es später immer stärker an Bedeutung: „Der Begriff Volk tritt gar nicht mehr in Erwägung der Produktionsmöglichkeit, weil .unter der Menge der Sterblichen immer nur wenige mit überlegenen Seelenkräften begabt waren'." Charlotte Nicolaus, Volk. Diss. 1926. S. 84. Schlegels Zitat: Heidelberger Jahrbüdier der Literatur. N r . 46. S. 723. 83 Vgl. dazu A.W.Schlegels Bemerkung: „Ehedem wurde unter uns die Natur, jetzt wird das Ideal ausschließend gepredigt. Man vergißt zu oft, daß diese Dinge innig vereinbar sind, daß in der schönen Darstellung die Natur idealisch, und das Ideal natürlich seyn soll." Kritische Schriften I. 1828. S.424.
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,Über Naturpoesie' 84 ausgeführt. Lenau nimmt den Begriff der Naturpoesie durchaus so anspruchsvoll auf, wie ihn die philologisdi-poetologisdie Diskussion qualifiziert hatte. Dazu stimmt, daß er die flache Naturdichtung der „Dichter vorigen Jahrhunderts" hiervon abgrenzt; ihre Mittel sind der „bloß verständige Parallelismus" 85 und die „sterile Enumeration" 86 . Nach solcher Kritik kann die Erläuterung von Lenaus ,negativer Naturpoesie' durch Walter Weiss nicht recht überzeugen: „Der Schmerz, die Einsamkeit und der Verfall der Natur entsprechen dem Schmerz, der Einsamkeit und dem Sterben des Menschen." 87 Naturpoesie funktioniert als kritischer Begriff, wenn die Natur als Gegenmodell gegen das „Menschenleben", genauer noch gegen die Gesellschaft gesetzt wird. Solche Polemik ist ihr Ausgangspunkt, nicht das Ziel, das Lenau konsequent als „drittes Organischlebendiges" angibt: Die wahre Naturpoesie m u ß unseres Bedünkens die N a t u r und das Menschenleben in einen innigen Konflikt bringen, u n d aus diesem Konflikte ein drittes O r g a n i s c h - l e b e n d i g e s resultieren lassen, welches ein Symbol d a r stelle jener höhern geistigen Einheit, worunter N a t u r und Menschenleben begriffen sind. 8 8
Die Verknüpfung aber der Naturpoesie mit der idealistischen Symboltheorie gibt den gesellschaftlichen Gehalt, der in ihrer Gleichsetzung mit der Volkspoesie ursprünglich gelegen war, 89 letztlich preis. Zwar verknüpft Lenau den Naturpoesiebegriff mit der Ironie: 84
Die Rezension v o n 1834 betrifft ein gleichgültiges Werk, ,Liederproben' von Georg Keil. Abgedruckt ist sie im 6. Bd. der Sämtlichen Werke, hg. von Castle, 1923, S. 3 3 - 3 j . 85 Beispiel: „Die v o m Sonnenbrande durchglühte Erde findet Linderung und E r quickung im wohltätigen Regen; das von Schmerzen durchglühte Menschenherz findet die seinige in den wohltätigen Tränen." N . Lenau, S. 34. 86 »Hier werden eine Menge freundlicher Naturerscheinungen je vier u n d vier in jeder Strophe aufgezählt, u n d nach jedem Doppelpaar wird gesagt, d a ß dies alles recht schön sei." (Ebd.) 87 Walter Weiss, Enttäuschter Pantheismus. 1962. S. 88; von dieser Kritik ist das Problem der Entwicklung von Lenaus Verhältnis zur N a t u r , das Weiss zu diskutieren sucht, nicht betroffen. Doch ist audi hier zu bemerken, d a ß der Eifer, Entwicklungsstadien festzustellen, meist der Unlust der Interpreten entspricht, verschiedene Momente eines Begriffes zusammenzudenken. Die fremde/feindlidie, die leidende, die Mutter N a t u r gehören durchaus einander zu, wie an Eichendorffs Naturbegriff dargelegt werden soll; sie d ü r f e n nicht als Stadien vorschnell voneinander isoliert werden. 88 N . Lenau, S. 33; vgl. G. Schneider, Studien zur deutschen Romantik. 1962. S-I53· 89 Meyer weist dies von seinem „aktivistischen" S t a n d p u n k t (S. 95) aus zurück u n d meint: „Hier w i r k t natürlich ebenso das politische Bedürfnis m i t . . . Man
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Diese Gestaltung der Naturpoesie scheint unserer Zeit vorbehalten und auf eine merkwürdige Weise mit der charakteristischen Ironie der neuesten Poesie überhaupt zusammenzuhängen.88 Hier tun sich jene von Eichendorff so intensiv genutzten Möglichkeiten auf, die Fremdheit der Natur 90 durch Ironie kritisch auf ihre eigenen Voraussetzungen zu beziehen. Wie Heine aber die Ironie so übertreibt, daß ihm die ,Fragen' zergehen,91 so reicht Lenaus denkerische Kraft nicht aus, über die Klage hinauszukommen. Sein Naturbegriff bleibt sentimentalisch: Scheint es doch, als ob gerade die ironische Auffassung des Menschenlebens, und ihre schmerzliche Niditbefriedigung das Herz des Dichters näher zur Natur dränge, um in einem innigeren Verkehre mit derselben die ideale Befriedigung zu suchen, welche in der einseitigen Dissonanz der Ironie nimmer zu finden ist.88 Als Komplement zur „schmerzlichen Niditbefriedigung" der Ironie genommen, verliert der Naturpoesiebegriff gerade die in ihm angelegten und bei Herder selbst sich andeutenden Möglichkeiten, die Einseitigkeit des ästhetischen Bildungsideals der Klassik zu kritisieren, ja die Frage nach einer ästhetischen Bildung überhaupt zu stellen.92 Als „ideale Befriedigung" (Lenau) ist die Wirkung der Naturpoesie genau so ästhetisch reflektiert wie die der befehdeten Kunstpoesie, sei diese nun der Aufklärung, der Klassik oder der Romantik selbst zugehörig. wollte ein Volk, das warten und werden lassen sollte" (Volk - Von der Aufklärung zur Romantik, 1961, S. 91). So sympathisch diese Perspektive sein mag, im ganzen reicht sie ganz sicher nicht weit genug. 90 Vgl. N. Lenau, Einsamkeit 2 (Ausgabe Castle, Bd. 1, S. 305; bei W. Weiss, S. 88 f.): Der Wind ist fremd, du kannst ihn nicht umfassen, Der Stein ist tot, du wirst beim kalten, derben, Umsonst um eine Trosteskunde werben, So fühlst du auch bei Rosen dich verlassen; Bald siehst du sie, dein ungewahr, erblassen, Beschäftigt nur mit ihrem eignen Sterben. 91 H.Heine, Buch der Lieder: Die Nordsee - Zweiter Zyklus V I I : Fragen. In: Sämtliche Werke. Hg. von O.Walzel. Bd. 1. 1 9 1 1 . S. 221. - Die törichte, ganz unkritische Allgemeinheit der Frage „Was bedeutet der Mensch?" verliert sozusagen das Recht, die Gleichgültigkeit der Natur anzuklagen: Es murmeln die Wogen ihr ew'ges Gemurmel, Es wehet der Wind, es fliehen die Wolken, Es blinken die Sterne, gleichgültig und kalt, Und ein Narr wartet auf Antwort. 92 Diese ergibt sich z.B. bei Kierkegaard aus einer vergleichbaren Kritik am klassischen Begriff der Idee (genauer: des Ideals) als „gestalthaft sichtbarer Einheit des Endlichen und des Unendlichen": „eben das bestreitet Kierkegaard". (Wilhelm Anz, Kierkegaard und der dt. Idealismus. 1956. S. 13).
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Die Frage, was die Kategorie der Naturpoesie in solcher Trennung von der Volkspoesie und von der gesellschaftlichen Bewegung, die sie hoditrug, noch leiste, ergibt sich für die Dichter selbst. Vor allem im Kreis der Heidelberger Romantik tritt diese Problematik ins Bewußtsein. Das „freie Leben", das Novalis mit der romantischen Bewegung anbrechen sah, hebt audi G ö r r e s in einer seiner ,Korruskationen' als das Ziel der neuen Kunst hervor, die Natur gegen Poesie, welche als „bürgerliches Gewerbe" figuriert, ausspielt: Die Bäume fingen an zu sprechen, und die Kräuter und die Blumen zu singen, jede auf ihre Weise, und der Winde Brausen articulirte sich und das Murmeln der Quellen, und das Todte durchdrang eine ungefühlte Lebenswärme. 93
Doch die Befreiung der Phantasie von den Fesseln, „in die man sie so lange als eine gefährliche, närrische, ausschweifende Gemüthskraft von Polizei wegen gelegt hatte" (ebd.), die Emanzipation der ästhetischen Sphäre trägt gesellschaftlich nichts aus, weil die Voraussetzung dieser „Loskettung" als Zusammenhang nicht reflektiert wird; so weicht Görres in einen märchenhaft-mythischen Sprachgestus aus, der alles nur andeutet, hinter dessen Schleier viel vermutet, nicht so viel gedacht werden kann. Doch das Ungenügen einer bloß ästhetischen Versöhnung, die als solche letztlich ihrem eigenen Begriff zuwider ist, deutet sich in Görres' allegorischen Skizzierungen von Philosophie, Poesie und Politik schon deutlich genug an. 94 Die Phantasie ist dem Verstände entsprungen, benutzt aber ihre Freiheit bloß, um sich ganz abstrakt über „verständige Leute" und „Unverständige" zu erheben: „die Göttliche bemerkte aus ihrer Höhe nicht einmal die Kleinen an der Erde, die auszogen mit Stangen und Netzen, um sie zu fahen". 95 Als Mangel tritt diese Erhebung indirekt in der Beschreibung der dritten Revolution, der ,Politik' hervor. Sie beging Raub, Mord und Todschlag ohne Scheu und Gewissen, schnitt die Ehre ab, und war selber ehrlos und eidbrüchig, ohne Treu und Glauben, und that doch dabei tugendhaft und sittsam, und verdrehte heuchlerisch-fromm die Augen, las in Erbauungsbüchern, und gab auch Almosen von ihrem Raube.
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Aurora-Beitrag 16. In: Gesammelte Schriften 3. 1926. S. 89. Diese sind etwa 1804 entstanden und korrespondieren zeitlich der Wendung audi in der klassischen Symbolik, die W. Emrich als „Umbruch von der tragischästhetischen Schwebehaltung der Hochklassik ins Elementarisch-Symbolische der .Pandora' etc." beschreibt. Vgl. W. Emrich, Die Symbolik von Faust II. 1957. S. 88. 95 J . Görres, S. 90. 94
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Vor dem Volke wird dies ihr Wesen verborgen; nachdem sie sich ausgetobt hat, wird sie von ihren Getreuen geschminkt und ausstaffiert, „damit das Volk sie nicht in ihrer Blöße erblicke". Dem „Pöbel" wird „freundschaftlich" geraten, „nach Hause zu gehen, seine Geschäfte zu besorgen, ihre Weiber zu lieben, über ihr Gesinde zu wachen, und ihre Gäste zu pflegen, ihre Herrschaft sey jetzt besänftigt". 96 Naturpoesie kann in einer solchen Situation mit Recht als „Produkt einer Entfremdung des Menschen von sich selbst" 97 aufgefaßt werden, so jedenfalls nahmen sie die Kritiker der Romantik. 98 Dagegen ist freilich zu halten, wie sich der Begriff selber mit der veränderten Lage wandelt. Das verschärfte Problembewußtsein äußert sich in den angestrengten Versuchen, den Bezug von Volks- und Naturpoesie neu zu durchdenken. Als allgemein sich durchsetzender Grundzug ergibt sich dabei, daß am idealen Charakter der Natur, als einem Ergebnis der Frühromantik, festgehalten wird, so daß die Natur als ein kritisches Gegenbild den ausdrücklich in die dichterische Bildlichkeit einrückenden gesellschaftlichen Problemen und Nöten gegenübergestellt werden kann. Der romantische Antikapitalismus verfestigt diesen Gegensatz bis zu jener Formelhaftigkeit, die wir in den Dichtungen wie in den theoretischen Schriften Eichendorffs, nun freilich bewußt, aufgenommen finden. Der Zusammenhang mit der Volkspoesie wird dabei keineswegs als bloß lästiges Erbteil bewahrt. Auch in dieser wird nun jenes normative Moment hervorgekehrt, das dem Begriff der Naturpoesie vom Anfang her anhaftete, hier aber eine Umdeutung des Volksbegriffes nötig macht. Herder bot auch dazu die Grundlage. Volks- und Naturpoesie sind bei ihm als identisch gegen die Welt als Lüge und Künstelei gesetzt. Bei aller individualisierenden Tendenz, die darin wie im betonten Rückgang auf die Geschichte sich kundtut, enthält sein Ansatz doch auch eine starke normative Komponente, die bereits als Tendenz zur Utopie beschrieben war. Sie macht sich vor allem in der Unterscheidung von Volk und Pöbel geltend, die nicht erst Görres zuzuschreiben ist. In der Abhandlung von den Volksliedern heißt es: „Volk heißt nicht der Pöbel auf den Gassen, der singt und dichtet niemals, sondern schreyt und verstümmelt." 99 Die Aufwertung des Volkes, zu der diese Unterscheidung verhilft, korrespondiert der Hinwendung zur nationalen Vergangenheit und den Hoffee Ebd. 97
G. Schneider, S. ι J4· Vgl. dazu H . Heine, Romantische Schule, S. 7 ff., und Ruge-Echtermeyers Manifest: Der Protestantismus und die Romantik, 1839, Sp. 1962 ff. 99 SuphanXXV, S.323.
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nungen, die sich für eine nationale Erneuerung in diesen Jahren hegen lassen. Fr. Schlegel ermahnte noch den Freund Novalis: „Nicht in die politische Welt verschleudere du Glauben und Liebe, aber in der göttlichen Welt der Wissenschaft und der Kunst opfre dein Innerstes in den heiligen Feuerstrom ewiger Bildung." 100 Es ist dieser Rückzug des Bewußtseins aus der „substanziellen Wirklichkeit", den Carl Schmitt als occasionalistische Struktur der Romantik kritisiert: „Die substanzlosen Formen lassen sich zu jedem Inhalt in Beziehung setzen; in der romantischen Anarchie kann jeder sich seine Welt gestalten und jedes Wort zum Gefäß unendlicher Möglichkeiten machen." 1 0 1 Die Direktheit, mit der sich in den napoleonischen Kriegen politische Geschichte in das Bewußtsein drängt, fordert zur Neubesinnung heraus und zur Erkenntnis, daß bisher „die Nation als solche nur in die wissenschaftliche und religiöse Organisation eingegangen sei, in die politische aber gar nicht" und daß „alles Politische, was bisher bestand, im großen und ganzen angesehen, ein unhaltbares Ding, wie leerer Schein, die Trennung des einzelnen vom Staat und der Gebildeten von der Masse viel zu groß (war), als daß Staat und Masse hätten etwas sein können". 102 S c h l e i e r m a c h e r s Predigt vom 24.8.1806 hat das Thema: „Wie sehr es die Würde des Menschen erhöht, wenn er mit ganzer Seele an der bürgerlichen Vereinigung hängt, der er angehört", und weist allen die Aufgabe zu, das Volk zu „fördern, heilen, stärken". 103 Die neue Zuwendung zum Volk hat so zwar einen stark idealen Zug, ist aber durchaus geschichtlich-politisch vermittelt, wie auch im bedeutenden unmittelbaren Handlungswillen der Romantiker deutlich wird, der keineswegs bloß als „Begleitaffekt" 104 am Rande verbleibt. So rückt nun auch die Volkspoesie wieder in den Mittelpunkt des Interesses, Naturpoesie wird zur subordinierten Kategorie. Neben die Sammlertätigkeit der Brüder Grimm, Arnims und Brentanos tritt die wissenschaftliche Arbeit Tiecks, Görres', der Grimms usw. Die Unterscheidung von Volk und Pöbel ist dabei leitend. G ö r r e s erklärt es in ,Die teutschen Volksbücher' (1807) für notwendig, „daß wir die Pöbelhafligkeit, als Solche rein schlecht und 100 Ideen N r . 106, Kritische Schriften, S. 9 8 ; vgl. dazu P. Kluckhohn, lichkeit und Gemeinschaft. 1925. S. 60. 101
Persön-
C . Schmitt, Politische Romantik. 1 9 1 9 . S. 7 2 f. F. Schleiermacher, A n Reimer, N o v . und D e z . 1 8 0 6 ; zitiert in P. Kluckhohn, Ideengut, S. 95 f. 10s Predigten, Bd. I, Bln. 1843, S . 2 2 6 ; vgl. P . Kluckhohn, S. 96. 104 C . Schmitt, S. 9 9 ; vgl. S. 94 f. 102
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verwerflich, unterscheiden von Volksgeist und Volkessinn . . . V 0 5 Nicht dem Pöbel ist die Volkspoesie zuschreibbar. Vielmehr gibt es „ein anderes Volk in diesem Volke, alle Genien in Tugend, Kunst und Wissenschaft, und in jedem Thun sind dieses Volkes Blüthe; jeder, der reinen Herzens und lauterer Gesinnung ist, gehört zu ihm; durch alle Stände zieht es, alles Niedere adelnd, sich hindurch, und jeglichen Standes innerster Kern, und eigenster Character ist in ihm gegeben." 106 Es ist deutlich, wie Herders Ideal der Unschuld und Unmittelbarkeit aus der Ferne in die Nähe rückt; die räumliche Distanz wird sozusagen in eine bloß zeitliche verwandelt, die als aufhebbar gedacht wird. Wenn das Volk jetzt diesen Charakter nicht ausgeprägt hat, so ist das dem „Ungeschick der Führer" zuzuschreiben. Jene Bestimmungen verstehen sich jedenfalls ontologisch, als solche, die sich in aller Geschichte durchhalten. So ergibt sich eine Nähe des ethischen Volksbegriffs zum Naturbegriff Herders, weshalb der Terminus Naturpoesie auch in den Hintergrund tritt: er kann kein zusätzliches Moment mehr geltend machen. Als Grund dieser Bestimmungen zeigt sich auch bei Görres die zeitkritische Tendenz. Im Wesen der Nation muß sich eine Scheidung vollziehen: „sich lossagend von dem, was die Verworrenheit der nächst vergangenen Zeit ihr aufgedrungen, muß sie zurückkehren in sich selbst, zu dem was ihr Eigenstes und Würdigstes ist, wegstoßend und preisgebend das Verkehrte; damit sie nicht gänzlich zerbreche indem feindseligen Andrang der Zeit". 107 Dieser Ansatz entspricht als triadisches Modell ganz dem allgemeinen romantischen Ansatz, zumal dem Eichendorffs, in ungefähr gleicher Bedeutung der Stufen: der „tiefsinnigen Unschuld", als welche J.Grimm die Volkspoesie bestimmt, 108 folgt die Verworrenheit, die aufzuheben ist in der Rückkehr zu dem einenden Ursprung, der das Wesen rein bewahrt. Görres meint, das Zeitgeschehen - die nationale Besinnung - als Anzeichen jener Umwandlung deuten zu können. Vom Volk heißt es, daß „es längst schon die Region der stumpfen Stupidität verlassen hat, in die seine Verhältnisse es unlösbar gefesselt zu haben scheinen; daß nun in den untersten Classen der Gesellschaft das Bessere siegreich sich offenbart". 109 Die Unterscheidung von Natur- und Volkspoesie bewahrt sich in diesen Ausführungen noch als dialektisches Verhältnis beider, auch wenn sie in den Hintergrund getreten ist: der Rückgang vom Volk auf seine Natur, der sich in der Zuwendung der Wissenschaft zur Volkspoesie abbildet und sich zugleich 105
Görres, Gesammelte Schriften. Bd. 3. 1926. S. 174. 107 « Ebd., S. 1 7 5 . Ebd., S. 176. los j . Grimm, Über den altdeutschen Meistergesang. 1 8 1 1 . S. 170. 100 Görres, S. 178. 10
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daran stärkt, hebt als diese „das Bessere" heraus, gewinnt also ein Ziel, auf das hin sich Geschichte revolutionär entfalten kann. 110 Wie in den „frühsten Zeiten eines Volks" sich „Poesie und Historie ungetrennt" zeigen, nämlich als auf „das Leben mit all seinen Äußerungen" bezogen,111 so soll audi jetzt ihr Zusammenhang erwiesen oder wiederhergestellt werden. A r n i m wünscht daher in seiner Abhandlung , Von Volksliedern', die dem ,Wunderhorn' als Nachwort beigegeben wurde, daß die gesammelten Lieder nicht streng kanonisch, sondern nur als Anregung aufgenommen würden: „von Mund zu Mund getragen, kehrten sie allmälig belebt und verherrlicht zum Volke zurück, von dem sie zum Theil gewissermaßen ausgegangen: so könnte man sagen, das Büchlein habe seine Bestimmung erfüllt und könnte nun wieder, als geschrieben und gedruckt, verloren gehen, weil es in Leben und Bildung der Nation übergegangen".112 Interessant ist die Einschränkung, die hier dem Volk als Autor widerfährt: „zum Theil gewissermaßen", das nimmt die Produktivität des Volkes weniger ernst, als die neue Bedeutung der Kategorie Volkspoesie zunächst vermuten ließ. Spätere Sätze machen diese Tendenz noch deutlicher: Diese A r t Gedichte, die wir seit Jahren Volkslieder zu nennen pflegen, ob sie gleich eigentlich w e d e r vom V o l k nodi fürs V o l k gedichtet sind, sondern weil sie so etwas Stämmiges, Tüchtiges in sich haben und begreifen, daß der K e r n und stammhafte Theil der N a t i o n e n dergleichen D i n g e faßt, behält, sich z u eignet und mitunter fortpflanzt, dergleichen Gedichte sind so w a h r e Poesie, als sie irgend nur sein k a n n . 1 1 3
Es ist nicht ganz einfach zu sehen, wie die grundsätzliche Aufwertung des Volkes, die erneute Hinwendung zur ,Volkskultur' mit solcher Einschränkung, wenn nicht gar Absage sich verträgt. Und doch waltet hier ein Zusammenhang, der erlaubt, die sehr unterschiedlichen Auffassungen der mittleren Romantik zusammenzudenken. Die Aktualisierung des ethischen Volksbegriffs setzte beim Ergebnis der Frühromantik ein, der Volk und Natur Idee geworden waren; nun aber drängt sich, im Zusammenhang mit der politischen Bewegung der Zeit, die unter diesem Begriffskomplex befaßte gesellschaftliche Problematik neu ins Bewußtsein. Die Erfahrung der 110 W i e leicht dieses Modell ideologisdi funktionieren konnte und w i e sehr es dies auch getan hat, weist K a r l Otto C o n r a d y nach: Deutsche Literaturwissenschaft und Drittes Reich. In: Germanistik -
eine deutsche Wissenschaft.
1967.
S. 73 ff· 111 Wilhelm G r i m m , O b e r die Entstehung der altdeutschen Poesie ( 1 8 0 8 ) . I n : Kleinere Schriften 1. 1 8 8 1 . S . 9 a . 112 113 A . V . A r n i m , Sämmtlidie Werke. Bd. 1 3 . 1 8 4 $ . S. 486. Ebd., S . 4 8 6 L
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Ohnmacht jedes unmittelbaren Versöhnungsversuchs, die dem Rüdezug auf Symbolik, aufs Ästhetische zugrundelag, wird in der Unterscheidung von Volk und Pöbel festgehalten: die bloße Entgegensetzung von Volk und Gesellschaft, Natur und Kunst bleibt utopisch, verhallt als Appell. Die erstrebte vaterländische Einheit kann nicht mehr im Gegensatz zu einer zeitgenössischen Bildung gedacht werden, die sich dieses Ziel längst zugeeignet hat; Herders Situation ist so grundsätzlich vergangen. Um dem Volk jetzt an der neueren Geistesgeschichte so wie an der politischen Anteil zu geben, wird es selber als jener Bewegung offen und zugänglich gedacht, als die Bildung und Geschichte erfahren werden, nicht aber länger diesen als feste Größe entgegengesetzt. So wird audi die Volkspoesie nicht mehr ausschließlich der Natur zugeordnet. Wie schon A. W. Schlegel kühl dem „sorglos dichtenden Triebe" die Verfahrensweise des „absichtsvollen Meisters" gleichsetzte,114 so findet Arnim ausdrücklich in den Volksliedern „die Kunst mit der Natur im Conflikt". 115 Wie der letztlich aufklärerische Volksbegriff sich, als statisch genommen, für das Vermittlungen neu suchende Bewußtsein als unfruchtbar ergeben hat, so wird auch bei der Volkspoesie aufs neue ihre fortwirkende Lebendigkeit betont, als „im kleinen Räume die ganze Welt", den allgemeinen Konflikt spiegelnd: „und eben dieses Werden, dieses wechselseitige Wirken, dieses Streben scheint ein Ziel zu suchen und es hat sein Ziel schon erreicht". 116 Der von A.W. Schlegel so streng kritisierte 117 „Irrationalismus" der Brüder Grimm steht zu dieser begrifflichen Bewegung nicht so sehr im Widerspruch, wie es zunächst scheinen möchte. W i l h e l m und J a c o b G r i m m beziehen die Naturpoesie mittelbar aufs Volk; der Gegensatz zur Kunstpoesie lebt in Herderscher Frische wieder auf. So betont Wilhelm ζ. B. in seiner Abhandlung über die ,Entstehung der altdeutschen Poesie' die anfängliche Verbundenheit von Geschichte und Sage und hebt gelegentlich des Nibelungenliedes „die Unschuld undBewußtlosigkeit" hervor, „in welcher das Ganze sich gedichtet hat, die es gar nicht anders denken konnte, daher die Sicherheit, mit welcher immer das Beste ergriffen worden, und daher von so frischem Leben angehaucht ist und fest steht auf deutscher Erde". 118 114
A . W. Schlegel, Kritische Schriften II. 1828. S. 21. A . von Arnim, Von Volksliedern, S. 487. 116 A . von Arnim, ebd. 117 A . W.Schlegel in: Heidelberger Jahrbücher 1 8 1 5 . S . 7 2 2 f . , 7 2 7 f . ; vgl. J.Bahr, Die .Spielmann' in der Literaturwissenschaft des 19. Jahrhunderts. In: Z f d P h 73, 1954. S. 182. u s W. Grimm, Kleinere Schriften 1, S. 100. 115
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Die letzte Bestimmung weist schon auf das Programm, verstärkt noch in dem Satz: „Es hat alles ein so einheimisches Angesicht, keinen fremden Zug darin"; im Rückgang auf einen ursprünglicheren Zustand der Nationalpoesie soll der Zusammenhang von Dichten und Leben, von Kunst und Gesellschaft sich als ein objektiver ergeben, soll der „Schein der Gegensätze" durchbrochen werden.119 Dieser ersdieint in der Dichtung als der ewig gegründete „Unterschied zwischen Natur und Kunstpoesie (epischer und dramatischer, Poesie der Ungebildeten und Gebildeten)". 120 Anders als Herder, der auch neuere Kunstdichtung zur Naturpoesie rechnete, wenn sie vom Gefühl und der Phantasie getragen und gestaltet war, 121 hebt J. Grimm dann den Unterschied auch als einen zeitlichen hervor: „So innerlich verschieden also die beiden erscheinen, so nothwendig sind sie audi in der Zeit abgesondert, und können nicht gleichzeitig sein." 1 2 0 Die Frage ist, ob bei dem Wert, den auch die Grimms der Naturpoesie zumessen, deren Verweisung aus der Moderne zu einem restaurativ-quietistisdien Denkansatz führt oder ob sich die neue Bedeutung des Volks im Denken der Zeit auch bei ihnen als aktuelle Tendenz durchsetzt. Dabei kann die Einteilung der romantischen „Grundeinstellungen" zur Volkspoesie in „eine ästhetisch-literarische122 und eine metaphysische, mythisch-volksgebundene",123 wie sie Moser versucht hat, 124 die Untersuchung nicht leiten. Vielmehr versuchen wir, der Wandlung des Verhältnisses der Begriffe Naturpoesie und Volkspoesie zueinander nachzugehen; es deutet sich eine Bewegung der Begriffe an, eine Beziehung derselben auf die gesellschaftlich-politische Realität und so eine Reflexion der Kunstmedien, die als Dialektik sich darstellen läßt. 125 Dem Streit zwischen den Brüdern Vgl. W . E m r i d i , Geist und Widergeist. 1 9 6 5 . S. 2 5 4 . J . Grimm, Gedanken wie sich die Sagen zur Poesie und Geschichte verhalten. I n : Trost Einsamkeit. H g . von Arnim. 1808 ( 1 9 2 4 ) . Sp. 1 J 2 (auch Grimm, Kleinere Schriften 1. 1864. S. 399). 121 Vgl. dazu H u g o Moser, Volks- und Kunstdichtung in der Auffassung der Romantiker. In: Rheinische Jahrbücher für Volkskunde 4, 1 9 J 3 . S. 70. 1 2 2 Vor allem Tieck, A . W . Sdilegel, v. d. Hagen, Arnim und B r e n t a n o ; „auch die meisten Vertreter der zweiten Richtung in ihrer frühen Zeit" redinet Moser hierher (a.a.O.). 123 Görres; von ihm abhängig C r e u z e r ; die Brüder G r i m m ; Uhland. 124 H . Moser, S. 7 2 f. 125 Dabei ist „die Sprachgebundenheit der damaligen Volkstheorie" wichtig, auf die Eberhard Lämmert hinweist (Germanistik - eine deutsche Wissenschaft. 1 9 6 7 . S. 2 2 f.). D e r Idealisierung des Volksbegriffes zu einem Individuum höheren Grades (E. Lämmert, S. 23) ist jedoch die ständige Beziehung auf „die untersten Classen" entgegenzuhalten, worin der ursprüngliche H i a t von Bedürfnis und 119 120
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Grimm und dem befreundeten Arnim (i 808-11), 1 2 6 an dem fast alle Romantiker Anteil nahmen, liegen - wie sich zeigen läßt - keine so unterschiedlichen Intentionen zugrunde, daß diese Auseinandersetzung einen Ausbruch aus der skizzierten Dialektik unseres Begriffspaares bedeutete. J a c o b G r i m m weist die Naturpoesie, wie es sdion traditionell geworden ist, dem Epos zu; ihre Objektivität stellt er der Subjektivität der Kunstpoesie gegenüber. Diese beiden Begriffe leiten überhaupt die strenge Entgegensetzung. So findet er, „daß in der epischen die Thaten und Geschichten gleichsam einen Laut von sich geben, welcher forthallen muß, und das ganze Volk durchzieht, unwillkührlich und ohne Anstrengung, so treu, so rein, so unschuldig werden sie behalten, allein um ihrer selbst willen, ein gemeinsames, theures Gut gebend, dessen ein jedweder Theil habe. Dahingegen die Kunstpoesie gerade das sagen will, daß ein menschliches Gemüth sein Inneres blos gebe, seine Meinung und Erfahrung von dem Treiben des Lebens in die Welt gieße, welche es nicht überall begreifen wird, oder audi, ohne daß es von ihr begriffen seyn wollte." 127 Das Thema, das der Unterscheidung zugrunde liegt, ist der Zusammenhang von Poesie und Geschichte, die anfangs „in einem und demselben Fluß strömen" und erst von der Bildung, der wachsenden Kultur getrennt werden; vor ihr flüchtet sich die alte Poesie „unter das gemeine Volk". 1 2 8 Volks- und Naturpoesie sind nun identisch, „weil die Sage sich selber ausspricht und verbreitet"; 129 „ihre öftere Abgebrochenheit und Unvollständigkeit", die schon A.W. Schlegel gegen Bürgers Ideal der Korrektheit betonte, 130 läßt sie vor dem modernen Bewußtsein „wie Fremdlinge dastehen, die man auch nicht kennet, aber nichts desto weniger versteht". 131 Wenn nun Grimm sich gegen das Verfahren Arnims und Brentanos ausspricht, die alten Lieder zu ändern, Neues und Altes unbekümmert zu mischen, wenn es nur den alten Klang habe, so faßt er die Unterscheidung von Volks- und Kunstpoesie strenger, will alle Willkür von jener ferngehalten wissen. 132 Ihre Verschiedenheit begründet für ihn ihre notwenIdeal, von dem noch Schiller ausgeht, präsent gehalten wird. Vgl. dazu auch Heinrich Meyer, Volk - Von der Aufklärung zur Romantik. In: Dichtung und Deutung. Hg. von K . S. Guthke. 1961. S. 87 ff. 126 Vgl. dazu vor allem Hugo Moser, Sage und Märchen in der deutschen Romantik, Absatz 3: Die Auseinandersetzung um das Verhältnis von Kunst- und Volkspoesie. In: Die deutsche Romantik. Hg. von H. Steffen. 1967. S. 257 ff. 1 2 ? J.Grimm, in: Trost Einsamkeit, Sp. 152. 1 2 8 Ebd., Sp. 153. 12»Ebd. 13 A. W. Sdilegel, Kritische Sdiriften II, S. 20 und 29. 1 3 1 J. Grimm, in: Trost Einsamkeit, Sp. 154. 182 Vgl, R.Steig, Clemens Brentano und die Brüder Grimm. 1914. S.40; bei H. Moser, Volks- und Kunstdichtung, S. 7J.
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dige Absonderung in der Zeit. Die Moderne denkt Grimm unter der Herrschaft des Prinzips der Subjektivität. Da diese den Anspruch einer Vermittlung von sich fernhält, während doch Poesie als „lebendige Erfassung und Durchgreifung des Lebens" bestimmt wird, 133 bleibt der Subjekt-Objekt-Dualismus für die Gegenwart bestehen, ist eine Gleichzeitigkeit von Natur- und Kunstpoesie nicht denkbar. Als Borniertheit des Subjekts erscheint es, daß es - vor seine Grenze gestellt: „nicht überall" begreift es die Welt - sich auf sich selbst zurückzieht, statt seinen Mangel als objektive Forderung aufzunehmen: weiterhin gießt es seine Meinungen in die Welt, „ohne daß es von ihr begriffen seyn wollte". Gegen solche abstrakte Subjektivität richtet sich der Protest der Brüder Grimm, und darin sind sie im Grunde mit den Heidelbergern einig. Bei beiden Parteien ergibt sich eine Erweiterung des Begriffes Naturpoesie, indem er neu auf die Problematik der Zeit bezogen wird. Sieht Arnim in der Naturpoesie Kunst und Natur in wechselseitigem Wirken enthalten, darin Subjektivität und Objektivität auf ein Ziel hin vermittelnd, so trennt J. Grimm die Momente, weil er Arnims euphorische Einschätzung der Situation, daß die Lösung des Konflikts, der hinter diesen Begriffen steht, als „Ziel schon erreicht" 134 sei, nicht zu teilen vermag. Man ist geneigt, Grimms Vorsicht nicht als Mangel, sondern eher als Tiefe seines Problembewußtseins auszulegen. Die Anerkennung der Subjektivität durch Arnim hat zweifellos das Verdienst, den Begriff der Naturpoesie aus seiner Isolierung vor der modernen Bildung zurückgeholt zu haben. Doch fragt sich, ob er dabei nicht zu eilig verfuhr; die Frage, ob die von einer Naturpoesie stets geforderte Faßlichkeit der Wahrheit audi in dieser Zeit gegeben sei, stellte Arnim sich nicht, wenn vielleicht audi geltend gemacht werden kann, daß er sich ihrer durch die allgemeine Nationalbewegung überhoben glaubte. J. Grimm stellt das Problem der ästhetischen Vermittlung, das unser Begriffspaar beständig involviert, neu vor Augen. In seinem Buch über den ,Meistergesang' heißt es: „Man kann die Naturpoesie das Leben in der reinen Handlung selbst nennen, ein lebendiges Buch, wahrer Geschichte voll." 135 Der Topos Buch des Lebens ist für die Romantik in eben diesem Zusammenhang wichtig:136 als Absage an die Literatur als Lüge und ideologischen Schein, als Hinweis auf „wahre Geschichte", für die sich nun freilich das Problem erhebt, wie sie sich mit dem konkreten Dasein 133 j . Grimm, in: Trost Einsamkeit, Sp. ι y y . 134
A . von Arnim, V o n Volksliedern, S. 4 8 7 . 135 J . Grimm, Über den altdeutschen Meistergesang, S . 6. ise V g l . z . B . bei Eichendorff: I, 6 4 ; 4 6 ; II, 3 0 ; 7 2 6 .
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und Geschehen vermitteln mag. Grimm setzt sich diesem Problem ausführlicher aus als Arnim, für den schließlich Natur und Kunst fast frühromantisch „nur ästhetische Begriffe" wurden, „Kräfte, die bei dem künstlerischen Prozeß wirken". 137 Der Terminus Volkspoesie gewinnt bei den Grimms 138 seine außer-ästhetische Bedeutung zurück, wenn in ihm aufs neue die Poesie als auf Wahrheit bezogen vorgestellt wird. Es wird als Verdienst dem Volke zugerechnet, wenn es bei aller Vernachlässigung der Äußerlichkeiten an der Sage „den unverderblichen Inhalt aber niemals hat fahren lassen".139 Modern ist es und nicht mit Herders Intention gleichzusetzen, 140 wenn für die Wahrheit nun die Kategorie der ,Natur der Sache' eintritt. In seinen abgebrochenen, oft unvollständigen Dichtungen „hat das Volk seinen Glauben niedergelegt, den es von der Natur aller Dinge hegend ist"; sie führen vor, „daß es noch eine Wahrheit giebt, außer den Urkunden, Diplomen und Chroniken". 141 Doch diese Wahrheit wird nicht mehr als einheitlicher Zusammenhang verstanden. Die „Abgebrochenheit" der Volkspoesie ist das Signum auch ihres Gehalts, welches sich in der allgemeinen Forderung nach Objektivität als Hingabe an die reine Sache reflektiert zeigt. Das normative Moment zeigt sich wirksam in der Zuordnung der Poesie zur Geschichte, die „nichts anderes seyn solle, als die Bewahrerin alles Herrlichen und Großen, was unter dem menschlichen Geschlecht vergeht und seines Siegs über das Schlechte und Unrechte, damit jeder einzelne und ganze Völker sich an dem unentwendbaren Schatz erfreuen, berathen, trösten, ermuthigen, und ein Beyspiel holen". 142 Wenn die Volkspoesie oft in eine ,Moral' ausläuft, ist es doch nicht diese selbst, auf die es J. Grimm ankam. Er glaubte, daß in ihr „ein stiller aber wahrhaftiger Grund vergraben" sei, „vor dem wir eine innerliche Scheu tragen". 143 Darin beweist sich die „geheime Wahrheit" als fortwirkend; die als Natur angenommene Einheit von Poesie und Geschichte, die wiederum mit der Religion verflochten sind, wird im Grunde noch gewußt: dies Wissen tritt als Scheu hervor, weil es sich nicht recht deutlich zu machen weiß. Es wird „reinen Gemüthern" zugewiesen, in denen „die Ge137
H . Moser, S. 75. 188 pür Wilhelms ähnliche, wenn auch weniger streng fixierende Ansichten sprechen seine Ausführungen zur Geschichte der Sage. Vgl. W. Grimm, Die dt. H e l densage. Hg. von R.Steig. 1889. S. 38411., 423 f., 426ff. 139 J.Grimm, in: Trost Einsamkeit, Sp. 1 $4. 1 « So H . Moser, S. 74. 141 J. Grimm, in: Trost Einsamkeit, Sp. 15 4 f. 143 1 « Ebd., S p . i j 6 . Ebd., Sp. 154.
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bildetheit (es) nimmer verwischt hat"; ihnen verwandelt sich die Scheu „aus jener geheimen Wahrheit zur Befriedigung". 144 Hier, in dieser Entfaltung, nimmt E i c h e n d o r f f die Begriffe auf, wie vor allem an seinem Sängerbegriff deutlich werden wird. Naturpoesie, als der Wahrheit unmittelbar zugeordnet, zeigt nach Grimm „im Ganzen das innerste Leben"; so läßt sie sich nicht, der Gegenwart unzugänglich, ausschließlich in die Vergangenheit rücken. Geschichtsphilosophische Einsicht kann aber audi nicht die Begriffe als neutrale Kategorien freigeben. Die in der Naturpoesie vorgestellte unmittelbare Einheit ist nicht zu restituieren; das Prinzip der Subjektivität, Bildung, Kultur, die moderne Gesellschaft stehen vor jedem solchen Versuch. Es ergibt sich sogar die Schwierigkeit, von den Sagen angemessen zu sprechen, da auch unsere Sprache modernen Geistes ist: „Wenn die Wörter noch die rechten wären, so mögte ich sagen: es ist Wahrheit in ihnen, ob auch die Sicherheit abgeht." 145 Die Forderung nach originalgetreuen Ausgaben der alten Texte steht in diesem Zusammenhang: dem modernen „treulosen" Bewußtsein soll das ungemodelte Bild eines Daseins zugänglich werden, das „der Dürre, Lauheit und Verwirrung unserer Geschichte" wie „grünes Holz, frisches Gewässer und reiner Laut" entgegensteht.146
§ 5. Naturpoesie und Sänger Die Bedeutung des Begriffes Naturpoesie für Eichendorff läßt sich vor allem an seiner Darstellung der Dichtergestalten als S ä n g e r abnehmen. Auch die scheiternden Dichter (z.B. Otto), auch die Repräsentanten des modernen „treulosen" Bewußtseins - für das Carl Schmitts kritische Beschreibung als occasionalistisch durchaus zutrifft, der Intention der Spätromantik jedenfalls kongruiert - wie Faber und Dryander tragen noch stets Züge des fahrenden Sängers. Der als vagierend vorgestellte ,Sänger' oder ,Spielmann' ist dem Begriff der Naturpoesie von vornherein sachlich zugeordnet; Natur- und Volkspoesie, als „Leben in der reinen Handlung selbst" bestimmt,1 können schon ihrem Begriffe nach keinen individuellen Schöpfer kennen. Ob die alte Poesie nun ausschließlich Sänger kannte, oder ob diese auch als Dichter angesehen werden müssen, ergibt einen durch 144
Ebd.; kritisdi dazu H . M e y e r , Volk - Von der Aufklärung zur Romantik, S.92ff. 145
J.Grimm, in: Trost Einsamkeit, Sp. 155.
1
J . Grimm, Über den altdeutschen Meistergesang, S. 6.
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146
Ebd.
die ganze Romantik sich hinziehenden Streit, dessen Stationen wir hier nicht verfolgen können. Die Positionen der späteren Romantik stehen, wie billig, einander so entgegen wie bei der Bewertung der Naturpoesie. Wieder sind die Brüder Grimm besonders ,hartnäckig', was ihnen manchen Tadel eintrug; wenn sie so ältere Begriffe einem veränderten Bewußtsein überliefern, dringen sie doch auf die Fortführung einer ästhetischen Reflexion, die aktuelle Züge noch für die heutige Diskussion zu bewähren vermag. 2 In seiner Untersuchung über Ursprung und Fortbildung der Heldensage stellt W. Grimm die Frage, auf deren Beantwortung den Romantikern so vieles ankam: „War der Gesang frei oder bildete sich ein besonderer Stand von Sängern mit herkömmlichen Sitten und Rechten?" Die Prüfung der Zeugnisse ergibt, daß beides stattgefunden habe; daß der „Gesang nicht ausschließlich an die Sänger gebunden" war: „der alte König selbst übernimmt beim Feste ihr Amt und singt zur Harfe tapfere Thaten". 3 Das gilt nicht nur vom König: „die gangbaren Lieder" mochten „von jedem im Volke, nach Lust und Gelegenheit" gesungen werden.4 Diese gesellschaftliche Freiheit des Gesanges wird auch im Begriff des Sängers selbst noch festgehalten. Die Gesänge, die beim Volk fortlebten, 5 werden von Sängern gepflegt; diese sind aber nicht ihre Urheber: „Sie waren gerade nicht die Dichter dieser Lieder, und nahmen sie audi nicht zu ausschließendem Besitze dem Volke ab, aber sie waren besonders fähig zu dem Absingen derselben." 6 Dieser Einschränkung liegen zunächst philologische Bedenken zugrunde. Gegenüber dem Bardenenthusiasmus des späten 18. Jahrhunderts, der die Annahme einer Sängerklasse auch bei Germanen und Deutschen begründete, macht A.W.Schlegel schon 1799 im ,Athenäum' kritisch geltend, daß es Barden nur bei den Kelten gab; 7 so werden Sänger nach Art des griechischen Rhapsoden angenommen.8 Eichendorff nimmt diese bald anerkannte Kritik auf, ohne sich sehr auf die impliziten Schwierigkeiten für den Sängerbegriff einzulassen; freilich sind 2
Vgl. dazu W. Emrich, Begriff und Symbolik der .Urgeschichte* in der romantischen Dichtung. In: Emrich, Protest und Verheißung, i960. S. 33 f. 3 W. Grimm, Die deutsche Heldensage, S. 423. * Ebd., S. 426. 5 W.Grimm, Kleinere Schriften 1, S. 97 (Ober die Entstehung der altdt. Poesie...). β Ebd., S.95. 7 A . W. Schlegel, Athenäum II (1799), S. 306 ff.; vgl. J . Bahr, Der .Spielmann', in: Z f d P h 73, S. 178 f. 8 A . W. Sdilegel, Vorlesungen 1803/04. In: Kritische Schriften und Briefe. H g . von E . Lohner. Bd. I V (Geschichte der romantischen Literatur). 1965. S. 108. 75
die philologischen Querellen um dies Problem bei Uhland auch schon ausgestanden. Daß „die Deutschen nur eine Volkspoesie besaßen" (IV, 32), gilt Eichendorff als ihre auszeichnende Besonderheit. Während sich „bei den Kelten . . . die Poesie ausschließlich in den Händen einer besonderen Künstlerklasse, der Barden", befand, kannten die Deutschen keine „abhängige Dichterzunft" (IV, 33). Ihre Diditerschule w a r das Leben, und ihre Poesie die Freude und Seele dieses Lebens. Die Helden waren selbst die Dichter, sie taten, w i e sie sangen, und sangen, w a s sie taten, allen gleich verständlich, weil in allen wesentlichen Lebensansichten noch ein gemeinsamer Geist die ganze N a t i o n verband, die nicht in Herren und Sklaven, wie bei andern gleichzeitigen Völkern, und noch nicht w i e bei uns in Gebildete und Pöbel zerfallen w a r . Daher sehen w i r hier Fürsten und Mannen an der fröhlichen Sangeskunst gleichmäßig teilnehmen. (Ebd.)
Dieses Moment, daß die Helden selbst die Dichter waren, Wort und Tat, Praxis und Theorie noch nicht auseinander getreten sind, wird das Fundament für die Bedeutung des Begriffs Naturpoesie bei Eichendorff. Durch die unterschiedliche Akzentuierung der Begriffe Volks- und Naturpoesie sucht er über den romantischen Streit über den Anteil und die Bedeutung der dichterischen Subjektivität hinauszukommen. Die gegensätzlichen Positionen seien noch einmal kurz gekennzeichnet. Bereits H e r d e r empfand das Problem, das mit der Zuweisung der als vorbildlich proklamierten Naturpoesie an die alte Dichtung für die moderne Produktion entstanden war. Er kritisiert zwar jene neueren Autoren, denen das, „was Körper der Nation ist, unwerth und unfühlbar geworden", als „Virtuosen aller Zeiten vom neuesten Geschmack".9 Doch wird zugleich an den in „Nationalbilligkeit und Schonung alter Zeiten" als Beispiel vorgehaltenen Engländern gezeigt, wie auch die neuere Dichtung auf „diesen alten Resten alter Sänger und Dichter" aufruhe (ebd.). Und in unmittelbarer Wendung an die jungen Dichter deutet Herder auf die Volkspoesie als Modell: „singt Gegenstände unsrer Zeit uns so natürlich, mit so edler Kürze, Wurf und Gang, als diese Volkslieder es sangen für ihre Zeit!" (S.12) Gegen diese ästhetische Deutung als Modell opponiert letztlich der „Irrationalismus" der Brüder G r i m m . Volkspoesie kann nicht nur von der als Vorbild nachahmbaren Form her bestimmt werden; ihre Eigentümlichkeit liegt unverwechselbar und unnachahmlich in ihrem Inhalt zutage, der die verschiedensten Sagen doch als „eine gemeinsame Natur" bindet. »
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A l t e Volkslieder, Vorrede, Suphan X X V , S. 8.
Die Sage folgt der Entwickelung des menschlichen Geistes oder, vielmehr, sie begleitet ihn von einer Stufe zur andern. In diesem Fortgange kann sie alles, was ein V o l k geistig besitzt, Himmlisches w i e Irdisches, berühren und in sich aufnehmen.
So leitet W. Grimm seine Untersuchungen über Ursprung und Fortbildung der deutschen Heldensage ein. 10 Die Trennung der Volkspoesie von der modernen Dichtung beweist sich hier als geschichtsphilosophische Einsicht in ihr Wesen. Die Unterscheidung von Götter- und Heldensage z.B. bezeichnet Stufen der Entwicklung des menschlichen Geistes, macht damit den Anspruch, Interpretation als „perpetuierte Erkenntnis" 1 1 zu leiten; die Volksdichtung ist unmittelbar auf die Entwicklung des Volkes zu beziehen: „Dieses Verhältniß gestattet nicht, ihren Inhalt anders, als auf solche allgemeine Weise zu bestimmen", 12 nämlich wieder als Verhältnis. Von hier aus beginnt Grimm eine dialektische Interpretation, ohne sie freilich in ihren Konsequenzen bis zur modernen Dichtung durchzuführen. Die Ausbildung der Göttersage wird „selbständigen, in ruhigem und abgeschlossenem Daseyn verharrenden Völkern" zugewiesen; „ernste Betrachtung des Übersinnlichen" scheint das „erste Bedürfniß des erwachten Geistes gewesen zu seyn". Daß die Sage „zur Verherrlichung irdischer Ereignisse" übergeht, setzt eine neue geschichtliche Stufe voraus, „deren Keime gleichwohl neben der erstem können vorhanden gewesen seyn"; „Mannigfaltigkeit des Lebens", Bedeutung des Einzelnen und dessen Anregung zu „eigentümlicher Thätigkeit" müssen vorhanden sein, damit sich Heldensage ausbilde. 12 Diese Bestimmungen Wilhelms könnten fast, in ihrer Anerkennung der sich konkret entfaltenden Geschichte, als Kritik an der ,abstrakten' Definition Jakobs genommen werden, Naturpoesie sei „das Leben in der reinen Handlung selbst"; doch auch dieser setzt hinzu: „ein lebendiges Buch, wahrer Geschichte voll". 1 3 Die Beziehung der Dichtung auf Geschichte zeigt sich bei den Grimms zugleich normativ geleitet. Sie wird ernst genommen, indem sie nicht ohne weiteres auf die Gegenwart projiziert wird. Auch wo die Dichtung sich der Mannigfaltigkeit der konkreten Welt zuwendet, wo sie sich nach Völkern und Zeiten besondert - sie bleibt als Naturpoesie auf ihren Ursprung bezogen, es „geht ein verwandter Geist durch alle hin": 10
W . Grimm, Deutsche Heldensage, S. 3 8 3 . V g l . P . Szondi, Z u r Erkenntnisproblematik in der Literaturwissenschaft. In: Universitätstage 1 9 6 2 . S. 7 5 ff., S. 88. 11
12 18
W . G r i m m , S. 3 8 3 . W . Grimm, Über den altdeutschen Meistergesang, S . 6.
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Wunderbare W e r k e ungenannter Dichter, erfüllt von reinster Poesie, schlicht und zwanglos, tiefsinnig und unausmeßbar, bewahren sie das Bild eines jugendlichen, in unverletzter Sitte kraftvoll blühenden Lebens. 1 4
Späteren Zeiten wird zugestanden, „in anderer Hinsicht" geistig begabt zu sein; Volks- als Naturpoesie nicht hervorbringen zu können,ist ihnen nicht einfach als Mangel vorzuwerfen, sondern bezeichnet eben den Fortgang der Geschichte, in deren Verlauf „jener einfache Zustand und das Gefühl frischer Jugend verschwunden ist". 15 Die Betonung des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen reinster Poesie und unverletztem Leben im Ursprung geht so weit, daß die als Grundprinzip der Moderne verstandene Subjektivität auch nicht als Moment der alten Dichtung zugestanden wird. J. Grimm stellt fest: „Die Poesie ist kein Eigentum der Dichter und das zu keiner Zeit weniger gewesen als in der epischen, da sie, ein Blut, den ganzen Leib des Volks durchdrungen." 16 So folgt der als vagierend vorgestellte, Sänger' oder ,Spielmann' aus einem konsequent bestimmten Ansatz; als „bequemen Allgemeinbegriff, in den sich vieles hineinpressen läßt", 17 kann man ihn der romantischen Philologie kaum vorwerfen. Als „von frischem Leben angehaucht" und dieses als Maßstab bewahrend, stehen die alten Dichtungen vor dem Bewußtsein. Notwendig sind dem Epos, von dem W. Grimm bemerkt, daß es „sich gedichtet hat", 18 Sänger zugeordnet, die keine „abhängige Dichterzunft" darstellen: „Die Sänger sind also nur die Uberlieferer der Lieder, die dem ganzen Volk gehören und aus und mit ihm entstehen, die sich nur selbst zu dichten vermögen." 19 E i c h e n d o r f f nimmt diese Auslegung des Begriffs Naturpoesie nicht in aller Strenge auf, bezieht sich aber in der Ausbildung seiner Begriffe eher auf die Grimmsche Position als die der Schlegels zurück, die mit Arnim und Brentano daran festhalten, daß die Sänger auch Dichter seien. Eichendorff kehrt diese Aussage sozusagen um und verbindet darin mit seiner 14
W . G r i m m , Deutsche Heldensage, S. 3 8 3 . E b d . ; daraus zieht der junge F . S c h l e g e l die Konsequenz, die Möglichkeiten des Verstandes hervorzuheben. Dieser kann „dem Menschen eine beharrliche Grundlage sichern", w a s die Voraussetzung ist, daß „die Geschichte des M e n schen" nicht „ w i e ein Zirkel ewig in sich selbst zurückkehre", sondern „ins U n endliche zum Bessern fortschreite". In diesem Sinne sind „unsere Mängel s e l b s t . . . unsere H o f n u n g e n : denn sie entspringen eben aus der Herrschaft des Verstandes". Prosaische Jugendsdiriften I, 1 8 8 2 , S. 2 2 . 18 W . G r i m m , Uber den altdeutschen Meistergesang, S. 7. 17 J . Bahr, D e r ,Spielmann', S. 180. 18 W . Grimm, Kleinere Schriften, 1 8 8 1 , S. 100. 15
19
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J . G r i m m , Kleinere Schriften 1, 1 8 6 4 , S. 4 0 1 .
Subjektivismus-Kritik audi den von den Grimms gedachten unmittelbaren Wahrheitsbezug der Dichtung. Daß eine solche sich in der Naturpoesie unmittelbar zur Geltung bringe, wird vor allem von August Wilhelm S c h l e g e l als irrational kritisiert. Für ihn geht die dogmatisch verklärte Naturpoesie auf einen ungedachten Naturbegriff zurück. Würde unter N a tur „nichts weiter gedacht, als das ohne Zuthun menschlicher Kunst Vorhandene", so wäre „die ganze Kunst in der That ein brodloses Unternehmen". 20 Gegen den „grob verstandenen Grundsatz der Nachahmung" (S. 313) wird vielmehr eingewandt, daß jeder Poesie „etwas durchaus idealisches" zugrunde liege, „und der Natur auf keine Weise abgeborgt" (312). In gewisser Nähe zur Klassik werden dann „Natürlichkeit" und „Künstlichkeit" als Prinzipien gegenwärtiger Kunstausübung gewonnen, indem Natur auch das heißt, „was im Menschen von selbst und ohne Anstrengung zum Vorschein kommt, im Gegensatz mit dem künstlich eingebildeten" (316 f.)· 21 Die Nähe zu Herders aus der Volkspoesie gewonnenem Ideal der Natürlichkeit ist deutlich, wenn audi die Reduktion auf eine formalästhetische Kategorie durch die Wendung „zum Vorschein kommen" vermieden ist. Dem Ansatz A.W. Schlegels folgt weitgehend die romantische Philologie; 22 Koberstein23 und Lachmann2i sind es, die dem Begriff Dichten ein individuelles, schöpferisches Moment zurückgewinnen. Den endgültigen Ausgleich zwischen der ursprungslosen Volkspoesie der Grimm und dem Sänger als einem individuellen Dichter (Schlegel) schaffen dann Uhlands Tübinger Vorlesungen von 1830/31. U h l a n d läßt den Charakter des Mittelalters durch „die Kräfte der Phantasie und des Gemüths" bestimmt sein, „welche aus dem Kampf und der Vermittlung jenes weitgreifenden Gegensatzes [sc. Rom-Germanentum] ein neues Weltalter erschaffen" und welche zugleich diejenigen sind, „deren vorherrschende Wirksamkeit überall der wissenschaftlichen Bildung, dem Reiche des Gedankens vorangeht". 25 2
A . W . Schlegel, Kritische Schriften I I , S. 3 1 1 .
21
Zitate s. A n m . 2 0 ; scharfsinnig w i r d das „Natürliche" dann in seiner historisch-gesellschaftlichen Bezogenheit analysiert. 22 In der Forderung und späteren Erarbeitung kritischer Textausgaben setzt sich freilich die A u f f a s s u n g der Grimms durch, Volksdichtung als vollkommenen A u s druck des M y t h o s nicht ändern zu dürfen, „weil sie ebensowohl, wie die Gesetze auf dem Sinai, v o n G o t t selber geschrieben ist; sie hat keine Stücke wie ein M e n schenwerk" (W. Grimm, zitiert bei H . Moser, V o l k s - und Kunstdichtung, S. 76). 23 A . Koberstein, Grundriß zur Geschichte der deutschen Nationalliteratur. 1 8 2 7 . 2. A u f l . 1 8 3 0 . 24 K . Lachmann, Rezension zu Kobersteins A b h a n d l u n g über den Wartburgkrieg ( 1 8 2 3 ) . I n : Kleinere Schriften 1 . Bln. 1 8 7 6 . S . 3 i 2 f f . 25 Geschichte der altdt. Poesie, 1 8 6 5 , S. 2 ; v g l . J . B a h r , D e r .Spielmann', S. 1 8 3 ff.
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Indem diese Kräfte zugleich „vorzugsweise das dichterische Vermögen ausmachen", finden wir die Poesie wieder auf eine Position vor der wissenschaftlichen Bildung gewiesen, wo ihr Möglichkeiten einer grundsätzlichen Vermittlung zugetraut werden, die als jener nicht mehr zu Gebote stehend erkannt sind. Um nicht wieder dem Verdikt des Irrationalismus zu verfallen, fügt Uhland seiner Bestimmung gleich hinzu, daß es „keineswegs die Absicht" war, „dem Dichter die Denkkraft abzusprechen oder zu erlassen" (S. 3). Ziel ist vielmehr, auf Zustände zurückzuleiten, da Geschichte und Glauben noch „ungeschieden von den übrigen Beziehungen des Lebens" sind (S.212), was eben auf die V o l k s p o e s i e führt. Die Sage oder das Epos stellen als Volkspoesie „das Gesammtieben des Volkes dar, aus dem sie hervorgegangen" sind (ebd.). So geht die Poesie vor alle Geschichte zurück, den Volksgeist zur Erscheinung bringend, dessen Entwicklung oder Taten dann Geschichte bedeuten werden. Entsprechend bezeichnet Eichendorff die Sage als ganz objektiv, darin „Götter- und Heldenwelt [bei Uhland: Volksglauben und Volksgeschichte] noch nicht voneinander geschieden sind" (IV, 43). Daß dieser Rückgriff darauf zielt, durch Vorstellung „einer Welt, die gänzlich vom Gesänge getragen ist", die Bedingungen von dessen Geltung aufzusuchen, macht Uhland gleichfalls deutlich: „ J e weiter hinauf im Reiche der Lieder und Sagen, je unbedenklicher führen noch Könige das Saitenspiel, je wirksamer greift der Zauber der Töne in den Gang der Begebenheiten ein" (S. 271). Ebenso legt Eichendorff Wert darauf, daß in jener Zeit „Fürsten und Mannen an der fröhlichen Sangeskunst gleichmäßig teilnehmen"; die Nation ist noch nicht in Herren und Sklaven, in Gebildete und Pöbel zerfallen (IV, 33). Der „mächtige Einfluß" der Lieder „auf das ganze Leben" ist Ausdruck der konkreten Freiheit des gesellschaftlichen Zustandes selber. Die Lieder sind noch nicht zum Stoff für Unterhaltung, zur Ware entmächtigt; Handlung und Gesang bilden einander ab.26 So gilt, „als Skalde zu glänzen, den Königen und gepriesensten Helden für ehrenvoll", und es stehen „die höchsten Namen in der Reihe der Sänger". 27 28
Ganz ähnlich setzen Horkheimer-Adorno die Fixierung der gesellschaftlichen Rollen (das Auseinanderfallen von Theorie und Praxis) mit der Entmächtigung des ursprünglichen Gesanges „zur Kunst" in einen Punkt. Die gesellschaftliche Dimension der romantischen Anschauung, welche sich schon in den Begriffen durchhält, erfährt freilich eine Verschärfung: „Im Abschied von der Vorwelt" treten Kunstgenuß und Handarbeit auseinander, heißt es in der Auslegung des 12. Gesanges der Odyssee. „Das Kulturgut steht zur kommandierten Arbeit in genauer Korrelation, und beide gründen im unentrinnbaren Zwang zur gesellschaftlichen Herrschaft über die Natur." Dialektik der Aufklärung. 1947. S. 48. « L. Uhland, S. 274.
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Erst wo sich die Wirklichkeit der Kunst entzieht, abstrakt wird, entfaltet diese ihre Macht als bannenden Zauber, der (als Gegenbild) aller technisdien Rationalität ursprünglich zugehört, die darum vergeblich ihn zu brechen sich müht. Zurückgegangen wird also auf einen vor- oder frühgesellschaftlichen Zustand; darin ist das utopische Element dieses Ansatzes gelegen. Denn wenn Gesellschaft heißt, „daß Normen das Verhalten der Menschen regeln" und diese Regelung „durch den Anreiz oder die Drohung von Sanktionen garantiert" wird, was „der abstrakte Kern aller Herrschaft" ist,28 wird Freiheit im romantischen Entwurf der Sagenzeit nicht konkret in diesen fundamentalen Kategorien zu bestimmen gesucht, sondern eben, indem hinter sie zurückgegangen wird. Das weist auch der Begriff des S p i e l m a n n s aus. Diente dieser der romantischen Philologie zunächst, an der ursprungslosen Volkspoesie festzuhalten (J. Grimm), so findet später jene Einschränkung statt, die Naumann so entschieden ausspradi: „So tief wie das Mittelalter das armselige Musikantengesindel moralisch und rechtlich eingeschätzt und verworfen hat, so sehr scheint man es in der Neuzeit künstlerisch und schöpferisch überschätzt zu haben."2® Schon Uhland sieht den Spielmann „mit dem Stempel der Unehre bezeichnet",30 eben weil dieser Kunst nicht mehr als freie, edle Übung, sondern als gewerbsmäßigen Betrieb auffaßt. 8 1 Dies aber gilt schon als Zeichen der neuen Zeit, die „Schwert und Saiten in den selben Händen" (bei Volker) als Gegensatz und Ironie auffassen muß, 82 modern gesprochen: sich durch Arbeitsteilung kennzeichnet.83 So spielt in den Eddaliedern und der Wolsungensage der König Gunnar selbst die Harfe, während erst im deutschen Liede der König das Saitenspiel an seinen Redken Volker abgibt. 32 Für Eichendorff gewinnt diese Unterscheidung Sänger-Spielmann besondere Bedeutung durch den Symbolwert des ,Liedes'. Wenn das Diditen 28
R.Dahrendorf, Über den Ursprung der Ungleichheit unter den Mensdien. 1961. S. 27. 29 Hans Naumann, Versuch einer Einschränkung des romantisdien Begriffs Spielmannsdichtung. In: DVj 2, 1924. S. 794; daselbst audi das lateinische Urteil: „habent spem joculatores? nullam, tota namque intentione sunt ministri Satanae." 80 Vgl. dazu W. Grimm, Heldensage, S. 426 ff. st L. Uhland, S.274. 82 Ebd., S. 27J. 83 Die Arbeitsteilung findet sich in dieser Zeit schon durchaus als Faktor neben dem Eigentum zur Begründung der Ungleichheit unter den Mensdien angegeben; vgl. R.Dahrendorf, S. 13ff.; L.v.Stein, Die Gesellschaftslehre. Stuttgart-Augsburg 18 j 6. 81
aufhört, „eine freie ritterliche Kunst zu sein" und „ein besonderes Metier" wird, ist „das Lied . . . nicht mehr singbar, der Dichter nicht mehr ein Sänger, sondern ein (Sprecher'" (IV, 87 f.). Die Poesie wird zur Prosa. Wenn der Sänger ehedem „für eine gewisse ideale Totalität seiner Nation" dichtete, gerät nun alles Dichten als Schreiben unter die Gesetze der Fabrikation und des Konsums (IV, 91). Doch gilt „die wahre Poesie . . . in ihrem Grundwesen" als „unverwüstlich", wenn sie aus dem weltlidien Getümmel zu ihren Grundelementen zurückkehrt und diese neu zu vereinigen sucht; Eichendorff bestimmt sie im direkten Anschluß an die zeitgenössische Diskussion der Begriffe, denen er, wenn auch in später und so vermittelter Rezeption, einen neuen Zusammenhang abgewinnt. Eichendorffs positive Wahrheitslehre, die auch die Grundlage seiner Kritik an der romantischen Subjektivität bildet, 34 disponiert am ehesten zur Aufnahme der Grimmschen Gedankengänge. Positivität der Wahrheit bedeutet ja immer zugleidl deren Erkennbarkeit; davor darf die Dichtung sich nicht eigensinnig verschließen wollen — als (romantische) Kunstpoesie hat sie diesen Bezug ausdrücklich zu leisten, als Naturpoesie verweist sie ahnend auf die ursprüngliche Wahrheit, unter deren Geltung auch sie unbewußt steht. Neben dem Wahrheitsbezug übernimmt Eichendorff auch die gesellschaftlich-geschichtliche Dimension mit dem Begriff. Die alte Zeit ist notwendig vergangen, mit ihr die Volkspoesie als unmittelbares Bild der Wahrheit, die sich in einer veränderten, gegensätzlich gewordenen Zeit (vgl. IV, i j i , 155) nicht mehr „unschuldig" abbilden läßt. Dennoch gibt Eichendorff, anders als die Grimms, das erste Moment für die gegenwärtige Dichtung nicht preis; das gelingt ihm, indem er auf den dialektischen Zusammenhang von Volks- und Naturpoesie reflektiert, ihn letztlich neu bestimmt. Wie das Volk der Geschichte ausgesetzt ist, so kann auch die Volkspoesie nicht so gedacht werden, daß sie sich als eine Art Urlaut der Wahrheit durch die Zeit hin rein bewahrt hätte; die Zeit, „welche zwischen Poesie und Historie nicht unterscheidet" und die Wahrheit als Überlieferung aufnimmt, 35 geht unter, was auch das „poetische Bedürfniß" 3 0 verändert. W. Grimm hilft sich ein wenig aus der strengen Einteilung seines Bruders heraus, wenn er die Dichtung der neuen Zeit, etwa des Mittelalters, das 34
O t t o Keller, der dies - wie billig - sieht, akzentuiert zu einseitig, wenn er Poesie bei Eidiendorff nur als „Ausdruck eines menschlichen Geistes" angesehen findet (Eichendorffs Kritik der Romantik. 1 9 5 4 . S . 2 j ) . Mit der Aktualisierung des Begriffs Naturpoesie versucht Eidiendorff eben, die Möglichkeit von Dichtung zu erweisen, die seiner so grundsätzlich vorgetragenen Kritik zu entgehen vermag. 35 36 W . G r i m m , Heldensage, S. 390. Ebd., S. 409.
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sich nicht als,Urzeit' im naturpoetischen Sinne auffassen läßt, dennoch der Naturpoesie zuschlägt. Der Zwiespalt zwischen der mannigfaltigen Wirklichkeit und dem „unschuldigen Laut" der Dichtung löst sich folgendermaßen: „Die Wirklichkeit ist nur in das reinere Licht der Poesie hervorgehoben." 37 Damit ist das von A.W. Schlegel so grundsätzlich betonte „idealische" Moment jeder Dichtung prinzipiell anerkannt, was sich auch in der abschwächenden Bezeichnung als „volksmäßig" kundgibt: Volksmäßig ist das Lied allerdings, insoweit nämlich das Beste dieser Zeit, aus der Mitte des ganzen Volkes hervorgegangen, keine abgesonderte Erscheinung w a r . A u d i ist die Person des Dichters niemals durch die geringste E i g e n t ü m lichkeit ausgezeichnet und bedeutet in der T h a t nichts anders als den lebenden M u n d der Sage. 8 7
Diese Einschränkung, zu der sich W. Grimm genötigt sieht, denkt Eichendorff zu Ende, wenn audi im Rahmen der hier nicht weiter zu erörternden romantischen Voraussetzungen. „Verwittert" und „feindselig" heißt bei ihm die neue Zeit (II, 32). „Die langsam zersetzende und zerstörende Gewalt der Verhältnisse" (II, jo6) schafft das freie, lebendige Volk zur chaotischen Menge um (IV, 91), die sich ihres eigenen Willens nicht mehr bewußt werden kann und so notwendig in ihre Fesseln gebannt bleibt: D i e Menge, nur auf weltliche Dinge erpicht, zerstreut und träge, sitzt gebüdct und blind draußen im warmen Sonnenscheine und langt rührend nach dem ewigen Lichte, das sie niemals erblickt. (II, 3 2 )
Eichendorff gewinnt einen konkreteren Zugang zur gesellschaftlichen Problematik seiner Zeit als ζ. B. Görres, indem er die stets ideologieverdächtige Trennung von Volk und Pöbel nicht mitmacht. So kann er sich kritisch zur Volkspoesie selbst verhalten, die „auch ihre Kehrseite" hat: nämlich die „Opposition des sich emanzipierenden Verstandes" (IV, 83) gegen alles Vermittlungsdenken als „frische, kecke Lust an der Negation und Neuerung" (82) aufnimmt und fortführt. Diese Kritik kann sich Eichendorff — bei einer positiven Wahrheitslehre! — nur leisten, indem er das positive Moment, das in der Tradition des Volkspoesiebegriffs gelegen war, nun der Naturpoesie zuteilt und es somit der Geschichte, ihrem zerstörenden Gange entreißt. Das Moment der Ursprünglichkeit geht nun auf die N a turpoesie über - durchaus in dem Sinne, wie es Benjamin formulierte, gedacht: „Im Ursprung wird kein Werden des Entsprungenen, vielmehr dem Werden und Vergehen Entspringendes gemeint." 38 st
Ebd., S. 4 1 7 .
38
W . Benjamin, Schriften I, S . 1 6 1 (Ursprung des deutschen Trauerspiels).
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Mit solcher Bestimmung des Verhältnisses von Volks- und Naturpoesie, die hier nur erst angedeutet werden kann, macht sich Eichendorff den Begriff der Naturpoesie für die moderne Dichtung auf neue Weise nutzbar. Fast lakonisch knapp spricht das Gedicht ,Trost' diese neue Sicht aus: Es haben viel' Dichter gesungen Im schönen deutschen Land, N u n sind ihre Lieder verklungen, Die Sänger ruhen im Sand. Aber so lange noch kreisen Die Stern' um die Erde rund, Tun Herzen in neuen Weisen Die alte Schönheit kund. Im Walde da liegt verfallen Der alten Helden Haus. Doch aus den Toren und Hallen Bricht jährlich der Frühling aus. Und w o immer müde Fediter Sinken im mutigen Strauß, Es kommen frische Geschlechter Und fechten es ehrlich aus. (I, 109 f.)
Inhalt der Dichtung ist die alte Schönheit, die der Kosmosvorstellung zugeordnet wird, als Bürge einer ewigen Wahrheit auftritt. Wenn die alte Dichtung verklungen, ihr Zusammenhang mit dem Leben verfallen ist, so schmälert das doch nicht die Kraft der Wahrheit: wie in einem „cycle paling£n£sique" (Ballanche) 39 tritt sie immer aufs neue mit und in der N a tur hervor. Darin findet schließlich auch die alte Poesie ihre Bewährung. Löst sich die N a t u r aber aus dem Zusammenhang mit der Wahrheit, so bietet sie das Gegenbild, das z.B. in der Fausta im Julian' Gestalt gewinnt. Der in sich selbst versenkten Subjektivität gleich bleibt die Natur nun unerlöst an den stillen Grund gebannt: Verfallen aber, halbversunken L a g Faustas luft'ges Säulenhaus, Giftblumen wuchsen traumestrunken Aus allen Trümmern w i l d heraus. 40
Das ist auch die Bedeutung der sich im stummen Weiher bespiegelnden Vgl. F. Pamp, ,Palingenesie' bei Bonnet, Herder u. J. Paul. Diss. 1 9 J J . S. 2 9 : „ D i e Palingenesie ist ein Vorgang, der durch einen Erde und Lebewesen verbindenden Parallelismus seine Dynamik e r h ä l t . . 40 Julian: I, 433. 39
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Marmorbilder. Die Naturpoesie erlaubt den Trost:*1 daß die Differenz von Leben und Dichten als aufhebbar gedacht werden könne. Dazu darf aber das moderne Moment der Subjektivität nicht länger verfemt werden, denn jeder Versuch, unmittelbar hinter sie zurückzugelangen, landet im Leeren. Vielmehr verlangt die neue, gegensätzliche Zeit die Herstellung jener Einheit durch mühselige Vermittlung, die Eichendorff als Kampf beschreibt, der von frischen Geschlechtern zu bestehen ist.42 Entsprechend wandelt sich die Auffassung vom Sänger, die nun zwanglos mit der vom Dichter zusammengeht. W a s aus uralten Sagen M i t tief verworrener G e w a l t oft sang V o n Liebe, Freiheit, w a s das H e r z erlabe . . . ( 1 , 1 3 7 )
- vom Dichter ist es rein und klar aufs neue auszusprechen, was als Naturklang sich im Volke nicht durchhalten konnte. Dies bestimmt Eichendorff als die Aufgabe der Romantik. „Der Dichter", heißt es in ,Ahnung und Gegenwart', „hat einsam [sc. allein] die schönen Augen offen"; alle Artistik wird dabei abgelehnt (II, 31), die Subjektivität muß sich, wie die Tiroler Jäger es tun, auf die Wahrheit, die der Erfahrung zugänglich gedacht wird, beziehen: „denn es ist nichts groß, als was aus einem einfältigen Herzen kommt" (II, 32). 43 So kann die Volksdichtung, ohne daß ihr Begriff sich aufhöbe, den Sängerdichtern zugeschrieben werden; denn zur Volksdichtung kann nur werden, was deren Telos erreicht: die später in der Naturpoesie modellmäßig herausgelöste „Naturwahrheit" als Vermittlung des Idealen mit dem wirklichen Leben (IV, 136) zu repräsentieren. Subjektivität und Objektivität werden darin beide als aufgehoben gedacht: D e n n selbst das freie Volkslied w i r d nicht v o n der wüsten Menge, sondern von einzelnen berufenen Hirten und J ä g e r n auf einsamer A l p , oder v o m Liebenden oder jauchzenden Tänzer und Zedier in glücklicher Stunde weniger erfunden, als vielmehr nur der durchs ganze V o l k gehende K l a n g v o n Freud und Leid gefunden; und nur in diesem Sinne ist es wahr, daß das V o l k dichte. (IV, 9 0 41
V g l . audi das ebenfalls .Trost' betitelte Stromgedicht I, 1 3 7 . V g l . dazu die Beschreibung der Tiroler J ä g e r in ,Ahnung und Gegenwart', die auf den Felsen als „auf den Zinnen ihrer ewigen B u r g " sitzen, „die großen Augen gedankenvoll nach der Seite hingerichtet, w o die Sonne aufgehn sollte" (II, 2 1 3 f.). S o sind sie einer überzeitlichen Wahrheit zugewandt, die gesdiiditlidi-konkret werden zu lassen, sie als ihren A u f t r a g begreifen. Das begründet die Möglichkeit zum Vergleich mit der N a t u r : sie sind „gleichwie die Stämme in dem W a l d . . . " (ebd.). 48 V g l . auch H . K u n i s d i , Freiheit und Bann, in: Eidiendorff heute, S. 1 3 1 . 42
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§ 6. Der wandernde Sänger in den Romanen Eichendorffs In seiner Dissertation ,Die Didhtergestalten in Eichendorffs ' kennzeichnet Volkmar Stein Leontin als „naturhaften Sänger": 1 „Leontin wird als Naturpoet dargestellt, der zwar einen hohen Grad von Geistigkeit und Bewußtheit erreicht hat, aber in seiner Dichtung ursprüngliche menschliche Regungen ,unschuldig' ausspricht" (S. 75). Als solchen stellt ihn V . Stein Friedrich gegenüber, den er als „verkündenden Dichter" charakterisiert (S. 106). Diese Typisierung folgt so weder den Begriffen noch der Intention Eichendorffs. Stein faßt den Begriff Naturpoesie eher im Sinne von Ausdrucksdichtung denn in jener historisch vermittelten Bedeutung, mit der Eichendorff ihn aufnahm. So heißt es in seinem „Fazit": „Leontin und Romana strömt die Lust zu dichten, die zugleich Lust zu singen ist, aus der Natur der eigenen Seele zu. Ihre Dichtung ist eine fraglose und anspruchslose Weise des SichÄußerns: Aussprache von Freuden, Zweifeln und Schmerzen, beschwörende Wertung und Selbstberuhigung" (S. 126). „Insgesamt" findet Stein, „Dichtung als naturhafter Gesang" sei in diesem Roman „eine unbezweifelte Realität" (S. 126 f.). Weder die Darstellung Leontins noch gar der Romana erlauben aber diese Zuschreibung, wie Stein denn auch sich zu mancherlei Einschränkungen gezwungen sieht. Der Begriff Naturpoesie wird im charakterisierten Sinne im Prolog zu Tiecks ,Kaiser Oktavianus', in Heinses ,Ardinghello' und in Goethes Ballade ,Der Sänger' vorgefunden. „ A m wichtigsten dürfte für Eichendorff Clemens Brentano als lebende Verkörperung dieses Typus gewesen sein." 2 N u n gebraucht zwar Eichendorff in seiner Literaturgeschichte zur Charakterisierung der Gefühlslage und Dichtung Brentanos die Wendung „verlockende Naturmusik"; 3 doch meint dieser Ausdruck nicht etwa Naturpoesie, bei Eichendorff ein fest umrissener Begriff, ja auch nicht - im nicht terminologischen Sinne - „naturhaften Gesang". 4 Vielmehr heißt es bei Eichendorff im Brentano-Kapitel: „Wir jedoch in unserer Sprache möchten diese verlockende Naturmusik, diesen Veitstanz des freiheits1
Winterthur 1964, S.68. Ebd., S. 127; vgl. audi R.Nägele, D i e Muttersymbolik bei Cl.Brentano. 1959. 3 Der Ausdruck schließt sich an ein Zitat aus einem Brief Bettinens an: „Meine Seele ist eine leidenschaftliche Tänzerin, sie springt herum nach einer inneren Tanzmusik, die nur idi höre und die andern n i c h t . . . Ich will auf das Etwas vertrauen, das so jubelt in mir, denn am End ists nichts anderes, als das Gefühl der Eigenmacht, man nennt das eine schlechte Seite, die Eigenmacht. Es ist ja aber auch Eigenmacht, daß man lebt." (IV, 328) 4 V . Stein, S. 126. 2
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trunkenen Subjekts, kurzweg das D ä m o n i s c h e nennen" (IV, 328f.). Die weitere Deutung Brentanos führt dann zu Charakterisierungen, wie sie auf Faber und Dryander passen,5 nicht aber auf die Sängergestalten der Romane. Indem er freilich jenen Zwiespalt in sich bekämpft und sich der positiven Religionslehre zuwendet, zeigt sein Werk am Ende eine Art „höherer Versöhnung" (IV, 334). Doch kann diese so wenig wie die dämonische Naturmusik als Naturpoesie genommen werden, tritt ja unter solcher Disposition vielmehr der „Gegensatz von Naturpoesie und Kunstpoesie" erst als „Hauptthema" hervor (IV, 336).® Die sorgsamen Interpretationen Steins leiden da, w o sie zur Charakterisierung von Dichtertypen ansetzen, eben diesen Mangel, ihre Begriffe weder mit denen Eichendorffs noch überhaupt historisch-philologisch vermittelt zu haben. So heißt es denn auch vom Naturdichter: „Eichendorff fand diesen Typus des Dichters aus sich selbst zur Zeit seiner ersten Liebe." 7 Sobald man für „Dichtung als naturhaften Gesang" den Begriff Naturpoesie einsetzt, ist Steins Folgerung, daß sie „in diesem Roman eine unbezweifelte Realität ist", durchaus in Frage zu stellen. Vielmehr könnte man den Roman gerade als Versuch interpretieren, sich über die Möglichkeiten der Naturpoesie (Eichendorff als Terminus mindestens von Görres her wie aus den Vorlesungen Schlegels geläufig) für die moderne Dichtung zu verständigen, jener historischen Einsargung des Begriffs, die die Brüder Grimm vornahmen, mit guten Gründen zu entgehen. Die Unterscheidung von Sänger und Spielmann findet sich bei Eichendorff durchgehend aufgenommen; Sänger heißt bei ihm nur der freie, ungebundene Dichter, während die professionellen Dichter lächerlich wirken und wenig gelten. Die den Typus am reinsten verkörpernden Gestalten 8 sind Friedrich in .Ahnung und Gegenwart* und Fortunat in .Dichter und ihre Gesellen'. Sie sind als fahrende Sänger charakterisiert, aber im Gegensatz IV, 329: „Daher auch bei ihm, je nachdem die eine oder die andere der im K a m p f begriffenen Gewalten die Oberhand gewann, das Aphoristische, Improvisierte in seinem Leben, eine in den seltsamsten Kontrasten wechselnde, scheinbare Doppelgängerei, jenes chamäleontische, aber immer prächtige Farbenspiel, w o m i t uns seine Erscheinung oft in Erstaunen setzt." • Ähnlich widerspricht das von Stein angeführte Vorbild ,Ardinghello' der Intention Eichendorffs; Heinse ist vielmehr das Muster des „unbedingten, genußsüchtigen Egoismus, der jeden moralischen Maßstab verwirft" (IV, 209); vgl. unten S. 110. 7 V . Stein, S. 127. 8 D a ß die anderen Dichtergestalten auch Züge des Natursängers tragen, versteht sidi, wenn doch die Naturpoesie als Grundform von Dichtung überhaupt verstanden wird. 5
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zum ihnen stets beigegebenen Gegentyp (Leontin, Lothario-Victor) ohne Neigung zu Schauspielern,unter denen sie eher fremd wirken; damit hängt ihre Entwicklungslosigkeit zusammen, die zu Unrecht allen Eichendorffschen Gestalten zugeschrieben wurde und deren Kritik 9 nur die fehlende Einsicht in die typologische Gestaltungsweise EichendorfFs und im besonderen in den diesen Sängerfiguren zugrunde liegenden Begriff der Naturpoesie verrät. Der Roman ,Ahnung und Gegenwart' beginnt mit einem Bilde, das auch das Gedicht von den ,Zwei Gesellen', ein Muster fast der Handlung dieses Romans, 10 eröffnet: Ausfahrt der Jugend auf das Meer des Lebens. 11 Der Absatz endet mit einer unmittelbaren Einschaltung des Erzählers, welche die Symbolik dieser Szene hervorhebt. Tageslauf, Jahreszeiten, Lebensalter entsprechen einander; ihr Symbolcharakter wird deutlich gemacht, indem sie sogleich derZeit enthoben werden: „Unsere freudigen Gedanken werden niemals alt und die Jugend ist ewig" (9).12 Der Kreis der Entsprechungen wird durch den Vergleich mit dem „Schiff der Argonauten" 13 noch wesentlich erweitert, einen Vergleich, der in die mythische Zeit als einen Anfang von Geschichte zurückleitet. Graf Friedrich wird vor seinen Kameraden hervorgehoben: „Er war größer als die andern, und zeichnete sich durch ein einfaches, freies, fast altritterliches Ansehen aus" (9). Auch Rosa erscheint er im Traum „völlig geharnischt, wie ein Ritter" (197). Das Rittertum wird in der Literaturgeschichte als die Vermittlung des Heidnischen mit dem Christlichen bestimmt (IV, 42f.); diese gilt als Voraussetzung der Naturpoesie, welche also nicht mit der vorchristlichen Sage identisch ist. Damit wird der Naturpoesie ein historischer Ort angewiesen, der sich in der Moderne in eine ontologische Bestimmung verwandelt. So heißt es im Abschnitt ,Die christliche Poesie': 14 »
Vgl. dazu V.Stein, S . I J 8 ff. Vgl. dazu Seidlins radikale Interpretation, jetzt in: Versuche über Eichendorff, 1965, S. 1 6 1 - 1 9 2 , eine der genauesten Auslegungen, die Eidiendorff erfahren hat. 11 Die folgende Beschreibung des Donau-Wirbels faßt O. Seidlin als „Vision des Lebensstromes, der wild und wirbelnd dem finsteren Mund des Todes zustürzt, unaufhaltsames Gefälle und rettungsloser Fall, gäbe es den unerschütterlichen Felsen nidit, auf dem Zeichen und Gewähr der Erlösung sich erheben". Versuche, S. 36 (Die symbolische Landschaft). 12 Die Zitate ohne Bandangabe beziehen sich in diesem Kapitel auf Bd. II der Cotta-Ausgabe (Romane, Novellen, Märchen). 13 Vgl. Hermann Lucks, Diss. 1964, S. 6ο. 14 Zu den Einzel-Uberschriften vgl. F. C. Scheibe, Symbolik der Geschichte. In: L.Jb. 6, 1966. S. 156. 10
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Wir sahen im P a r z i v a l das Rittertum mitten aus dem wilden Gestein der v o r christlichen Sage, durdi die es seine Wurzeln getrieben, plötzlich wie eine Eiche emporpfeilern und mit Ästen und Zweigen geheimnisvoll rauschend in den Himmel greifen. (IV, 5 6)
Der Baum steht, wie noch nachzuweisen ist, stets als Zeichen für eine naturhaft gegründete Dichtung, in dem hier abgebildeten Sinne einer Versöhnung des Irdischen mit dem Himmel. Das ist eine ganz allgemeine A u f gabe, so zeigt der Parzival „die ewig alte und neue Geschichte des inneren Menschenlebens, wie es zu allen Zeiten in erhabenen und starken Seelen sich kämpfend offenbart" (IV, 54). Wenn die Naturpoesie in ihrer engen Beziehung aufs Rittertum so als die Grundform aller Dichtung bestimmt wird, rückt sie in große Nähe zu Eichendorffs Begriff der Romantik, deren „universelle Tendenz" eben jene „höhere Vermittelung des Realen und Idealen" (IV, 397) meint. Trotz der ziemlich gleichen Bedeutung werden beide Begriffe unterschieden; dabei ergibt sich sogar wieder eine strenge Entgegensetzung: „das eigentliche romantische Gebiet" nämlich ist die „Kunstdichtung" (IV, 48), die z w a r „dieselbe universelle Tendenz", aber „auf andere Weise geltend zu machen" sucht (IV, 393). 15 Für Friedrich gilt ganz die Beschreibung des Sängers in der Literaturgeschichte, weder ist er geschult noch gehört er einer Zunft an mit überlieferter Sangeskunst. A . W. Schlegels Kritik im .Athenäum' l e ist bei Eichendorff voll aufgenommen: „Die Deutschen aber hatten weder Druiden noch Barden, d.h. weder eine erbliche Priesterkaste noch eine von den Priestern abhängige Dichterzunft" (IV, 33). Daran schließt er die Idee einer allgemeinen Sangesfreudigkeit, die der gesellschaftlichen Einheit der noch nicht in Klassen zerfallenen Nation entsprach: 17 15 A u d i Görres f a ß t in der Entgegensetzung von Volks- und Kunstpoesie die erstere als Grundlage auf, die dann freilich in etwas unklarer Weise als „ O r g a n im allgemeinen Kunstkörper" verschwindet: „Wenn man sich besinnt, wie überhaupt alle Poesie ursprünglich doch immer v o n ihm [sc. dem V o l k ] ausgegangen ist, weil alle Institution und alle Verfassung, und das ganze Gerüste der höheren Stände, immer sich zuletzt auf diesen Boden g r ü n d e t . . ( D i e teutsdien Volks16 bücher. In: Gesammelte Schriften 3, S. 182 f.). Vgl. oben S-7J. 17 Das nimmt das Mittelalterbild v o n Görres auf, jedoch in der die Spätromantik kennzeichnenden Einschränkung, daß der Dichtung nicht die Vermittlungskraft gegen die gesellschaftlichen Zustände zugesprochen wird. Bei Görres heißt es noch: „In der Poesie aber hatte sich aller Unterschied der Stände ausgeg l i c h e n . . . " (Volksbücher, Gesammelte Schriften 3, S. 283). Eichendorff begreift die Dichtung vorsichtiger, eher als Reflex der allgemeinen Nationalbildung (vgl. I V , 14), und findet z . B . für die althochdeutsche Zeit: „So w a r auch das christliche Leben noch nicht erstarkt genug, um die neue Weltansicht poetisch z u bewältigen" (IV, 40).
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Daher sehen w i r hier Fürsten und Mannen an der fröhlichen Sangeskunst gleichmäßig t e i l n e h m e n . . . D a h e r kreiste an den Königshöfen und in ihren Volksversammlungen die H a r f e von H a n d zu H a n d , während die Zuhörer in den Gesang mit einstimmten. ( I V , 3 3 ) 1 8
Das einfädle, freie, fast altritterliche Ansehen Friedrichs weist ihn in diese Reihe ein; auch der Grafentitel hat diese Bedeutung, Dichtung nicht zum Metier werden zu lassen.19 Gegen alle Dicht-Kunst zeugen auch die Charakterisierungen „einfältig" und „unschuldig". Von seinen Kameraden wird er deutlich abgehoben, er ist größer als sie (9) und wird als „der beste und bravste Kerl unter uns allen" von ihnen anerkannt (14). Von vornherein aber hebt ihn sein Verhältnis zur Natur heraus; „wie Tote" schlafen die Studenten im wüsten Zimmer „zwischen Trümmern von Tabakspfeifen"; Friedrich aber geht auf den Balkon hinaus, „wo er die Nacht zuzubringen beschloß". Er singt alte Lieder in sich hinein, die den rauschenden Wäldern korrespondieren, und „das Rauschen des Stromes und die ziehenden Wolken schifften in seine fröhlichen Gedanken hinein"; und als er schließlich einschlummerte, so nicht wie tot wie die Kameraden, sondern träumend (13). Alle diese Züge werden in dem Eindruck zusammengefaßt, den Friedrich gegenüber der ästhetischen Teegesellschaft macht: „Wie ein rüstiger Jäger in frischer Morgenschönheit stand Friedrich unter diesen verwischten Lebensbildern" (146). Ganz entsprechend wird Fortunat im Spätroman eingeführt. Als junger Reiter wird er auf der grünen Höhe sichtbar, er kommt aus der Natur und besucht seinen Studienfreund Walter, der in der Stadt geblieben war. Dieser . . . konnte sich gar nicht satt sehen an den klaren Augen und der heitern, schlanken Gestalt Fortunats, die in der schönen Reisetracht an Studenten, Jäger, Soldaten und alles Fröhliche der unvergänglichen Jugend erinnerte. (50 6)
Dem Helden wird wieder ein geringer beurteiltes Gegenüber zugeordnet, das hier immerhin personale Geltung gewinnt: Walter, der Bürger und Philister, der jedoch keineswegs bloß negativ gezeichnet wird. Die Zeit, die „mit ihrem Pelzärmel seltsam über das frische Bild des Freundes dahingefahren" schien, wird als „die langsam zersetzende und zerstörende Gewalt der Verhältnisse" gefaßt (506). 20 18
V g l . dazu G . Salomon, Das Mittelalter als Ideal der Romantik. 1 9 2 2 . S. 109 f. V g l . ,Dichter und ihre Gesellen' (II, 5 2 9 f . ) : Unter dem allein geltenden G e sichtspunkt der praktischen Nützlichkeit fällt Dichtung in herrschaftliches V e r gnügen (Zeitvertreib) und gelderwerbende Arbeit auseinander. 20 So setzt W . Emrich den A k z e n t durchaus nicht „dogmatisch", wenn er schreibt: „ D i e N a t u r - und Wanderpoesie Eichendorffs hat v o r allem den Sinn, den M e n 19
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Eidiendorffs Poesiebegriff, der ehestens in Fortunat Gestalt gewinnt, richtet sich kritisch gegen die konkreten Lebensformen, die unter der Herrschaft des zunehmend sich einschränkenden Denkens im 19. (und 20.) Jahrhundert entstanden. Das Bild des Reisens,21 eng mit dem des Stromes verbunden, hält das fest.22 Hierbei ergibt sich aber jene Problematik, welche die Deutungen, die Eichendorff dem Biedermeier zuordnen, vorschnell lösen. Alle bürgerliche Arbeit und Lebensweise wird als „Plunder" depreziert, dem man sich entraffen müsse; mit Plunder wird die Welt des Philisters, die auf „Haus und Zimmer" eingegrenzt ist, bezeichnet: das Gegenbild der freien Natur, zu welcher der Baum, „wie ein dunkler Ritter auf der Wacht", ebenso wie die verworrenen Quellen gehören (523).23 Als Otto Geld zum Reisen fehlt, rät Lothario ihm, nach Hohenstein zu schreiben: „Sie kriegen des Plunders genug; wer ehrlich will, was er soll, der kann auch, was er will!" (594). Die Frage ist, ob mit solcher Wertung leichten Sinnes der „zu seiner ganzen Stärke" auseinandergegangene „Gegensatz der Vernunft" 24 noch mit jenem Ernst aufgenommen wird, der zu seiner Vermittlung Voraussetzung ist. Fortunat rät Walter zum Reisen zu: „Was hindert denn zum Exempel dich, alle den Ballast von Vor-, Neben- und Rücksichten frisch wegzuwerfen und frei mit mir in das offene Meer zu stechen? - Reise mit, alter Kumpan!" ($07). Dieser Zuruf entspricht ganz dem Anfang von ,Ahnung und Gegenwart', dem Bild der Ausfahrt, das am Ende des Romans als symbolisch erhärtet wird. Alle Hauptgestalten haben sich nun auf die bergige Höhe eingefunden und ihr Vorhaben in Liedern ausgesprochen; ihr Gespräch hat sich, wie Faber bemerkt, „nach und nach beinah in einen Wechselgesang aufgelöst", der mit der Natur, dem Rauschen der Wälder zusammenstimmt. Auf das Ende des Romans verweist es, daß die Stimmen ihr Ziel finden, in dem sie sich vereinen: Es ist, als hörte die Seele in der Ferne unaufhörlich eine große, himmlische Melodie, wie von einem unbekannten Strome, der durch die Welt zieht, und sdien aus den Beengungen seiner erstarrten Gesellschaftsformen und Vorstellungen zu befreien." Dichtung und Gesellschaft bei Eichendorff. In: Protest u. V e r heißung, S. 106. 21 Die Diss, von Christel Lauerbach, Das Motiv der Wanderschaft in der Dichtung Joseph von Eidiendorffs (1957), verzichtet leider so gut wie ganz auf den gesellschaftlichen Aspekt. 22 Vgl. H . Lucks, S. 60, der jedoch dies Motiv zu direkt als „christliche Existenzdeutung" faßt. 23 Zur Ambivalenz der Natur vgl. u.a. W.Emrich, Skizze einer Ästhetik der Gesdiidite. Protest u. Verheißung, S. 1 2 ff. 24 Hegel, Rechtsphilosophie § 18 j, hg. v. Baeumler, S. 720.
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so werden am Ende auch die Worte unwillkürlich melodisch, als wollten sie jenen wunderbaren Strom erreichen und mitziehen. (295 f.)
Die Vorstellung der Grundmelodie 25 als eines väterlichen Stromes, in den die kleineren Flüsse wie ins Meer münden, beherrscht aber nicht dies Roman-Ende als Bild eines Abschlusses, in fast eschatologischer Wendung. Vielmehr führt der Aufbruch, der Friedrich und Leontin/Julie nach vermittelter Erkenntnis bewegt, diese Bildsphäre mit der symbolischen Szenerie der Handlung zusammen in den Versen Leontins: Und so wollen wir uns teilen, Eines Fels verschiedne Quellen, Bleiben so auf hundert Meilen Ewig redlidie Gesellen! (300)
Dies Motiv bestimmt auch den Schluß des zweiten Romans. Dryander, „das Irrlicht", verläßt vorzeitig „das nächtliche Gebirge", ohne die Morgenröte zu erleben; auch Walter nimmt sich aus: „er sehnte sich recht aus Herzensgrunde nach seinem stillen, schattigen Gärtchen zurück." Von den andern aber heißt es: „Und so sehen wir denn die rüstigen Gesellen auf verschiedenen Wegen das Gebirge langsam hinabreiten..." (728). Es entspricht der deutlicher artikulierten Erkenntnis und Perspektive dieses Spätromans, daß bei diesem Anblick den Erzähler „eine tiefe Wehmut befällt", dem Schluß des Liedes von den ,Zwei Gesellen* vergleichbar, das auch die Deutung nahelegt: immer wieder ziehen „kecke Gesellen" wie „die bunten Wandervögel" auf die Lebensreise, ohne daß sich irrliditernde Verführung oder der flügellahme Rückzug ins Gärtchen als Warnung mitgeben lassen; das bräche den Schwung des Aufbruchs, der gerade von jener Keckheit lebt, die der Wanderdichter Willibald in ,Viel Lärmen um nichts' besingt: „Die Jugend, sagt man, blicke die Welt anders an als andere vernünftige Leute, sehe im funkelnden Walde Diana vorübersprengen und aus den Strömen schöne Nixen wunderbar grüßend auftaudien" (479). Wehmut begleitet, wie noch ausführlicher zu zeigen ist, die Rücknahme alles geschichtlichen Geschehens und Erlebens in den Kreisgang der Natur. Im Spätwerk ,Eine Meerfahrt' (183$) führt der Versuch, die Erkenntnis ausdrücklicher ins Werk hineinzuziehen, zur Doppelung des Geschehens. „Die Meerfahrt ist zwielichtig, verheißungsvoll und unsicher, wie das menschliche Leben mit der unausweichlichen Forderung des Suchens und der ständigen Bedrohung durch den Abgrund." 2 6 So wird das Motiv der 25
Vgl. dazu W.Emridi, Dichtung und Gesellschaft bei Eidiendorff, S. 106 ff. W . Gillespie, Zum Aufbau von Eichendorffs ,Eine Meerfahrt', L.Jb. 6, 1965. S. 195.
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Meerfahrt verdoppelt, und in fast allen Zügen wird die glückliche Fahrt auf die vorherige gescheiterte bezogen, „damit wir die Gefahren der Meerfahrt erst verstehen".27 Damit kann aber auch das Reisemotiv nidit mehr als Ausweichen in den Traum vom goldenen Zeitalter28 gelten, als freies Sdiweifen fern jeder Verantwortungsbereitschaft. Die bürgerlichen Geschäfte werden als Plunder nur abgewiesen, wo sie einen Alleinansprudi an die Kräfte des Menschen machen. Der Bildbereich, der Wandern und Reisen tiefer deutete, nämlidi als Quellen, die zum ewigen Strome eilen, wird auch für Walters Daseinsform gebraucht: E s wäre mir schwer, ja gewissermaßen unmöglich, den einmal mit Ernst und Lust begonnenen Geschäften zu entsagen, die wie ein stiller, klarer Strom in tausend unscheinbaren Nebenarmen das L a n d befruchten und mich so v o n meiner stillen Stube aus in immer wechselndem, lebendigem Verkehr mit den entferntesten Gegenden verbinden. (507 f.)
Daß er in der stillen Stube bleibt, schließt ihn von den Wandersängern aus, wie er sich auch immer in der Versuchung befindet, die so zugestandene Bedeutung seiner Daseinsform wieder preiszugeben, die Fernen auszugrenzen:29 D a ß ich, aus Mangel an Zeit, zu beiden Seiten die schönen Fernen und Tiefen, die uns sonst so wunderbar anzogen, liegen lassen muß, das ist es, w a s mich oft heimlich kränkt. (508)
Im Reisen hält der Sänger die höhere Pflicht fest, „sich auf Erden auszumausern und die schäbigen Flügel zu putzen zum letzten, großen Fluge nach dem Himmelreich" (508); darin wird er dem Philister gegenübergestellt, der als Formel für den selbstvergessenen Bürger eintritt. Das Reisen zielt gegen den bürgerlichen „Reiz der Bequemlichkeit", gegen den Versuch, „ohne Ideen und sonderliche Anstrengung" etwas zu erreichen, wie Eichendorff vor allem das Beamtenwesen charakterisierte;30 der Vorsatz, „fast alle Stunden etwas Rundes fertig zu machen", was zudem mit „Rumor" und „Spektakel" verbunden ist, kann für die Kunst und die Wissen28 W . Gillespie, ebd. S o etwa V . Stein, S. 8 1 . S o äußert Walter später, „ 4 ι Α - , j 8 , 66, 68 f., 70 Α., 7ΐ if·, 78» 120, 169) 2 75 Α. Arnim, Bettina von 86 Α., 241. Arnoldner, Alois 19, 21 Α. Arntzen, Helmut 52 Α., 178 Α., 264.
Baader, Franz von 44, 163 ff. Bachem, Rolf 21 j A. Bacon, Francis 16. Bahner, Werner 36 A. Bahr, Joachim 69 Α., 75 Α., 78, 79 Α. Ballandie, P. S. 84. Barnard, Frederick Μ. 29 Α., 3 2 Α . , j o Α. Baudelaire, Charles 13Bauer, Thea 126 Α. Baumgarten, Alexander G. 261. Benjamin, Walter $ Α., 3 j A . , 83, 210. Benz, Ridiard 1, 170,172 Α., 176, 179. Bergson, Henri 210. Birken, Sigmund von 48. Bloch, Ernst 31. Β lochmann, Elisabeth $ $ , 2 4 4 A . Böhme, Jacob 142 f., 167 Α., 2i6, 236, 240, 247, 2 J 4 f . , 2 J 7 , 2 J 9 . Brandt, Gustav-Adolf 27 Α., 28 Α., 29 Α. Brentano, Bettina siehe v. Arnim
Brentano, Clemens 13 Α., i 6 A . , 32 Α., 66, 7oA., 71, 78, 86f., 160A., 2 i j f . , 241 f., 270 A. Bürger, Gottfried August 8, j 1 ff., j 6 f . , j 9 , 71, 233, 245,274. Burtkhardt, Sigurd 4 Α., 144 Α. Burke, Kenneth 206 Α. Busdior, Ernst 182 f. Calderon 147, 238 Α., 282. Claudian 168. Conrady, Karl Otto 68 A. Creuzer, Georg Friedrich 70 Α. Dahrendorf, Ralf j 5 Α., 81. Dante 238 Α., 280, 282. Descartes, Rene 42 Α. Diderot, Denis 42 A. Dieckmann, Liselotte 7 Α., 142 f., 144 Α., 240 Α. Diels, Hermann 155 A. Dilthey, Wilhelm 211. Dürer, Albredit 104. Editermeyer, Ernst Theodor 51, 65 Α., 2 3 2 f. Α. Ederheimer, Edgar 236 A. Eichendorff, Hermann von 186. Eichendorff, Wilhelm von 187A. Empedokles 170. Emrich, Wilhelm 15 Α., 16, 20 Α., 46 f., 64 Α., 70, 7$ Α., 90 ff. Α., ιοο, 102A., 107, i o 9> 119 Α., i 2 i Α., 123 Α., Ι 2 7> 131, 135Α., 140, 146 Α., 148, 154Α., 159» Ι( >9, 17$Α., ι 8 ι , 193Α., 195Α., 219Α., 228, 2 J 0 A . , 2J7, 266, 2 7 Ι . Engels, Friedrich 30. 295
Fechter, Paul 239 f. Ferguson, Adam 55 A. Fichte, Johann Gottlieb 26, 28 f., 42 A. Ficinus, Marsilius 105. Flamel, Nicolas 240 A. Flemming, Willi 253. Fouque, Friedridi de la Motte 136 Α., 191 Α., 192, 214 Α., 2i7, 22 4· Freud, Sigmund 136, 166Α., 192, 2io, 219. Fricke, Gerhard 16. Gehlen, Arnold 34. Geiselmann, J. R. 44. Gerstenberg, Heinrich Wilhelm von 51. Gervinus, Georg Gottfried 39. Gide, Andri 144 f. Giehlow, Karl 5 Α., 104 f. Gillespie, Gerald 92 f., 202. Görres, Joseph von 28, 29 Α., j j A . , 64ff., 70, 83, 87, 89 Α., 97 f., 102, 120, 130 Α., 144, i6oA., 165 Α., i66A., 172, 220 f., 237, 267, 272 Α., 2 7 j Α. Goethe, Johann Wolfgang von 9, 21, 86, i i 4 f . , i3off., 134, 140A., 14$, 151, 181, 225, 228, 23$, 238 Α., 257, 259, 271. Gottfried von Straßburg 185 Α., 268. Gottsched, Johann Christoph 50,224 A. Grimm, Jakob 6, 66 f., 69-79, 81 f., 87, 234, 235 Α., 243. Grimm, Wilhelm 66, 68-73, 75-79, 81 Α., 82 f., 87, 243. Gruenter, Rainer 130 f. A. Gryphius, Andreas 104, 270 Α., 275 Α. Hagen, Fr. Heinrich v. d. 70 A. Hamann, Johann Georg 234. Harsdörffer, Georg Philipp 15 Α., 105. Hass, Hans-Egon 18 ff., 28 Α., 29, 39, 128Α., 130A., 147Α., I J i A . , 196Α., 228 Α., 232 Α., 249 Α., 2 $4Α·, 265 Α. Hauptmann, Gerhart 175 Α. Hegel, Georg W. F. 20, 22 ff., 27 Α., 28 f., 31, 44 Α., 46 f., 91, 95, 109 fr., 119, 122Α., 137Α., 156Α., 2^6
ΐ57> ι^3 Α., 164, 170, ι88Α., 192, 203ff., 211, 214 Α., 217 f., 224^·> 230, 231 Α., 232, 243, 2 44 Α., 2 49^., 259 Α., 265,169, 27ΐ ff. Heidegger, Martin 98» 119, 210 f., 255 Α., 266. Heine, Heinrich 15,63,65 Α., 1 4 7 , 1 5 1 . Heinimann, Felix 15 5 A. Heinse, Wilhelm 86, 87 Α., n o . Henkel, Arthur 175 Α., 234. Henrich, Dieter 5, 26 Α., 28 Α., 26ο Α., 2 7 9 f· Α. Herder, Johann Gottfried j , 17, 2537» 38, 42> 44» 46, 48 Α., 49-54, 56, 63» 67, 69 f., 73, 76, 79, 105, 1 1 5 , 138, 142, 164, 234, 236 Α., 240, 250, 256. Hölderlin, Friedrich 57, 115 Α., 156, 266.
Höllerer, Walter 109Α., 158f., 1 6 1 A . Hoffmann, Ernst 144 A. Hoffmann, Ernst Theodor Amadeus 19, 38, 138 Α., 142, 229. Hohoff, Curt 184 Α. Holland, Hyazinth 232 A. Homer 279. Horapollo 4, 104, 142. Horkheimer, Max 33, 80 Α., i8i, 183. Hugo, Hermann 1 1 , 270 A. Hugo von Trimberg 227. Humboldt, Alexander von 5. Hurd, Richard 49. Immermann, Karl Leberedit 275 A. Jacobi, Friedrich Heinrich 265. Jamblichus 104 A. Jons, Dietrich Walter 3 ff., 10 ff., 16, 17 Α., io4f., 240 Α., 269 Α., 270. Kafka, Franz 117, 126Α., 185 Α., 2 3 8A. Kainz, Friedrich 130 A. Kaiser, Gerhard 241A. Kant, Immanuel 34 f., 42 Α., 44, 52 Α., 55 f., 137, 164, 256. Keil, Georg 62 A. Keller, Otto 82 Α., 1 1 2 A . , 165 Α., 175 Α.
Kerinyi, Karl 132, i j j f., 168. Kierkegaard, Sören 63 Α. Killy, Walther 102, 121 Α., 268 f. Α. Kleist, Heinrich von i j o , 185, 188, 227, 229 f. Klopstodk, Friedrich Gottlieb 197, 278. Kluckhohn, Paul 27 Α., 28 Α., 29, 66 Α., ιοο Α . Klussmann, Paul Gerhard 1 1 , 1 3 . Koberstein, Α . 79. König, Johann Ulrich 49. Kohlschmidt, Werner 2 f., 10, 100, 250 A. Krause, Karl Chr. Friedrich 2J4 f., 272, 274. Krysmanski, Hans-Jürgen 30. Kunisch,Hermann 16 Α., 85 Α., 185 Α., 187 Α., 232 f. Kunz, Josef 248 f., 257. Ladimann, Karl 79. Lauerbach, Christel 91 Α., i 2 i , 12$. Lämmert, Eberhard 70 f. Α., i 8 i A . , 240 f. Landgrebe, Ludwig 205 A . Lauretus, Hieronymus 3 f. Α., 14. Leibniz, Gottfried Wilhelm 42 Α., j2. Lempidd, Sigmund von 49, 51, 52 A . Lenau, Nikolaus 61 ff. Lent, Dieter i j i , 169, 171 Α., 183 Α . Leo, Heinrich 232. Lessing, Gotthold Ephraim J2A., 53 f., 185 Α., 242 Α. Locke, John 42 A . Loeben, Otto Heinrich Graf von 163 Α., 267 Α . Lord, Albert Β. 8 Α. Lucks, Hermann 88 Α., $ι Α., i 2 i A . , 129 Α., 171 Α . Lübbe, Hermann 30 f. Lüthi, Hans Jürg 39 A. Lukdcs, Georg 17, 45 Α., 129 Α., 209, 220, 222, 224 Α., 2 2 7 A.., 2J2, 28l Α . Lukrez i j j . Luther, Martin 117 A . Mähl, Hans-Joachim 48 Α., $6Α., $8, 102 Α .
Martin, Α . von 43,45. Marx, Karl 119, 281. Marx, Werner 188. Menzel, Wolfgang 130 Α., 265. Mesomedes 155. Meyer, Heinrich 62 f.Α., γο f.Α., 74 Α. Millar, John j j A. Möhler, Johann Adam 44. Montaigne, Michel de 50 f. Montesquieu, Charles de Secondat 31. Moser, Hugo 70 f., 73, 79 Α., 242 Α . Mühlher, Robert 268 Α., ιγ$ Α., 278 Α. Müller, Adam Η. ι 8 Α . , 44 f-> ι S 3 f-> ι,6.
Müller, Günther 284 Α .
Nägele, Rolf 86 Α., i 6 o A . Naumann, Hans, 81, 284 A. Netoliczka, Oskar 193 A. Nicolaus, Charlotte 61 A. Nierhaus, Herbert 2 A . Nietzsche, Friedrich 119, 249 A. Novalis (Friedrich von Hardenberg) 43, 56if., 61, 64, 66, 98 ff., 106 f., i 4 j A . , 162A., 174, 213, 220, 227, 231, 2 j 7 f . , 265,277. Nowak, Herbert 138 A .
Oberle, Werner 190 Α., 284 Α . Oeller, Helmut 1 f. Oken, Lorenz 29. Opitz, Martin 215, 224 A.
Pamp, Friedhelm 50 Α., 84 Α., 236 Α. Paracelsus 12, 257. Parmenides 155. Paul, Jean 153,256,259,264. Petersen, Julius 56. Philo Alexandrinus 152. Picinelli, Filippo 14 A . Pirckheimer, Willibald 104. Pitra, Jean Baptiste 17 A. Platon 18, 45, 104, 124, 138 Α., 142, 144, 270. Plotin i04f. Preisendanz, Wolfgang 15 3 A .
297
Ranegger, Franz 206 Α., 264 Α . Raumer, Rudolf von $2 Α. Rehder, Helmut 3 f., 264 Α., 280 Α. Rehm, Walther 48 Α., i2oA., 268 A. Reiche, Egon j o A . Reiss, Hans 43 A. Requadt, Paul 95 A . Riley, Thomas 163 Α., 172 Α., 5 Α., 220 Α .
Ritter, Joachim 5, 20, 27 Α., ι J2, 154, 204, 230. Rohrmoser, Günter 20, 44 Α., 119, 164, 203 ff., 211, 252 A . Rousseau, Jean Jacques 32,36,38,49 Α., 50 Α., j2, 199f. Α., 2i2 Α. Rüdiger, Horst 96. Rüge, Arnold 51, 65 Α., 232f. Runge, Philipp Otto 6 f., 142, 16$ A. Sachs, Hans 224 A. Salomon, Gottfried 49 f., 90 A. Seidlin, Oskar 2, 4, 8 Α., ioA., 13, 15, 37f., 88Α., 94, 103, n 8 , 1 2 4 ^ 138 f., IJ3 f., IJ9A., 177Α., 178, i8of., 184A., 208, 219A., 222A., 229 Α., 269 Α., 271 Α., 28ο Α. Shakespeare, William $9f·, 134 Α., 238 Α . Sörensen, Bengt Α . 14 Α., ι68, 169 Α. Szondi, Peter 56 Α., 57, 7 7 > 1 1 2 Α . Schanze, Helmut 216 Α . Scheibe, Friedrich Carl 88 Α., ιοοΑ., 109Α., ι ι ο Α . , 135 Α., 158 Α., ι 6 ι Α., ΐ 7 ΐ , 173. 205 Α., 277 Α . Sdielling, Friedrich Wilhelm Joseph v. 4,26 ίϊ., 170,186, 272. Schiffler, Charlotte 184. Sdiiller, Friedrich von 15, 41 f., 70 Α., i i 5 Α., ι ι 6 , 120 Α., 137, 185 Α., 215 f., 224, 235, 259Α., 263, 265, 279 Α . Schlegel, August Wilhelm 13, 52 f., 59, 61 Α., 69, 70 Α., 7 i , 75, 78 f., 83, 87, 89, 141, 142 Α., 143, 224, 2 34, 238 f., 274. Schlegel, Friedrich 7, 43, 45, 47, 56 f., 59 f., 66, 78, 112 f., 121, 149 Α., 298
ι6οΑ., 162A., 193, 235, 238, 246f., 252. Schleiermacher, Friedrich 19,66,160 Α., i67. Schmitt, Carl, 43 Α., 45, 66, 74, 153, 232f.A., 255, 275. Schmitz, G. 1 2 1 A . Schneider, Gerhard 62 Α., 65, 146, 151, 248 Α. Schodrok, Christine 187A. Sdioedc, Helmut 18 A . Schön, Heinrich Theodor von 232 f. A. Schöne, Albredit 4, 6 Α., 12A., 15 f., 103, 104 Α., 105, 143 Α., I 86. Schrade, Hubert 6f., 152A. Schubert, Gotthilf Heinrich 29, 260 A. Schumann, Robert 178,258. Schwarz, Peter 123 Α., 124, 171 Α., 193 Α. Staiger, Emil 13. Steffen, Hans 12 Α., 278 Α. Steffens, Henrik 28. Steig, R. 7 1 A . Stein, Volkmar 41 Α., 86 ff., 93 Α., 132 Α., 133, I 7 j A . , 188 Α., 190 Α., 263 Α., 265 Α., 275 Α., 277 Α . Stein, Lorenz von 81 Α . Steinbüchel, Theodor 43 Α., 44. Sternheim, Carl 126 Α . Stöcklein, Paul 21, 102 Α., 113, 184 Α., 186Α., ι88 Α. Stolpe, Heinz 3° Α., 31» 5° Α., 5 Γ> 200 Α .
Strich, Fritz 157 Α . Taurellus, Nicolaus 103 ff. Tieck, Ludwig 11, 13 Α., 66, 70 Α., 86, ιο6Α., 138 Α., 145, 229· Tobler, Georg Christoph 132. Uhland, Ludwig 70 Α., 76, 79 ff. Uhlendorff, Franz 1, 41 f. Α., 185 Α . Unger, Rudolf 236 A. Veit, Philipp 143. Vergil 155.
Visdier, Friedrich Theodor j ι f., 231 Α . , 2 53; Voltaire 42 A . Vorländer, K a r l
J2A.
Wackenroder, Wilhelm Heinrich 9. Wagner, Johann Jakob 142. Wehrli, R e n i 255 A . Weisdiedel, Wilhelm 192. Weiss, Walter 61.
Werner, Zadiarias 275 A . Wesemeier, Reinhold 130 Α . , 135 A . Wieland, Christoph Martin 51. Wiese, Benno v o n 151. W o l f , Erik 44 A . W o l f f , Christian 42 Α . , 241 Α . , 261. Worbs, Eridi 177 A .
Ziegler, Klaus 23 j Α .
6, 8 f.,
14 Α.,
234,
299
SACHREGISTER
Dieses Register nennt Begriffe und Formeln, die f ü r Eichendorffs Denken und Dichten gleichermaßen konstitutiv sind und so seine Interpretation leiten (mögen). Die Diskussion ist in diese Richtung nicht sehr weit fortgeschritten, und Unsicherheiten in der Nomenklatur sind auch daher zu verstehen; durch Verweise sollen sie sowohl deutlich gemacht als aufgefangen werden. Die Verweise der Formeln aufeinander sollen jene Zusammenhänge explizieren, die Eichendorffs Auffassungen komponieren. Sie ersetzen freilich keine Interpretation, die sich vor allem die Ambivalenz der Begriffe und (Denk-)Bilder stets vor Augen halten muß; jene hebt sich erst in dem Zusammenhang auf, der hier als emblematisdi zu beschreiben versucht wurde. Konstruiert man z . B . die Formelkette aus, die mit Epos zusammenhängt (s. S. 3 1 1 f.), wird man von den 54 sich ergebenden Begriffen wohl j , die irgendwo alternativ auftauchen (Rausch, Sexualität, Schlaf, Utopie, Verdinglidiung), zunächst besser ausklammern: ihr Zusammenhang mit ,Epos' ist vermittelter als der ihrer Konkurrenzformeln Rauschen, Sonne, Phantasie, Wald, Treue. Die Verweise am Sdiluß der Kette führen auf neue Reihen; so gewinnt der Verweis g a r ten' (von .Zuflucht' aus) der ,Epos'-Reihe 38 weitere Begriffe hinzu, die wiederum irgendwann in Begriffe der ersten Kette zurückgehen. Diese Verweisungen mögen dienen, Eichendorffs Hieroglyphen genauer lesen zu helfen.
Abend/Abendrot 126, 207 f. ->· Dämmerung. Abfall 26, 107, 197, 2 1 4 , 217fr., 232, 269. -»• Ästhetizismus. abgebrochen/abgerissen = Fragment. Abgeschiedenheit 101 f., 108, 266 f . —>- Incognito, - ν Mittelpunkt. Abgrund 10, - Frühromantik. Ahnung 7 f., 39, 45, 60, 101 f., 105, 109, 142, 144 f., I J 7 , 162, i6y, 198, 2 1 2 f., 238, 244, 259, 266. Aufgebot. -»• Aurora. Alchemie 240 f. ->· Analogie. Allegorie 3 fr., 7, 16, 160, 162 f., (165), 172 fr., 2 1 6 f., 222, 226, 280. -»· Herrschaff. Altes - Wahres s. Wahres - Altes. Analogie 13, 27 ff., 142 ff., 205, 266. - y Buch der Natur. 300
Anspruch der Natur = Natur-Modell. Antikapitalismus (romantischer) = Protest. Antike = Heidentum. = Marmorbild. Arbeit(swelt) $ j , 80 Α., 147, 150, 190, io6, 273 f. -»- Bürger. Arkadien = goldenes Zeitalter. Aufbruch 88, 91 ff., i n f . , izzi., 180, 1 8 9 ^ , 195, 197, zoi, 207, 2 1 1 , 2 3 6 ^ , 257, 278. - > Aussicht. Aufgebot = Braut der Erde. Aufklärung 3 1 , 33, 36, 49f., j i f f . , 69, 120, 135, 1 3 7 f . , 244, 252, 255. Geschmack. Aurora 12, 14, 99, 1 1 2 , i 4 o f . , 144, 159, 167^, 198f., 202, 214, 217fr., 2$6ff., 261, 266, 278. —> Begeisterung. Ausfahrt = Aufbruch. = Meerfahrt. Aussicht 37 f., 4 1 , 1 1 0 , i 2 i , 167, 191, 196, 199. -*• Baum.
Bann (der N a t u r ) = Zauber. Barden 75 f., 89. —>- Ehre. -*• Metier. Barock
4, ( 2 1 9 ) , 2 2 4 A .
Baum io, 14, 89, 91, 246, -*• Ferne. -»• Geisterblick. Begeisterung 41, 95, 143, 1 7 1 , 257 ff., 276, 284. —> Christentum. Besonnenheit 34 f., 57ff., 85, 95, 108 Α., i68, 172 fr., 179, 181 Α., I8J, 2$6, 261 ff., 272 ff., 275 ff. -*• Besprechen. —> Bewußtsein. Besprechen 109, 1 4 1 , 231, 246 f., ->· Dialektik. —Erlösen. Bewußtsein y6ff., 74, 172, i 7 4 f . , 180, 188, 191 f., 194, 207, 2 i 8 f f . , 243, 246, 256, 261 ff., 281 ff. Ehre. - > Freiheit. Identität. Biedermeier
21,91.
Blitz 12, 129, 242. —Geisterblick. Blüte 13 9 f. -*• Klang. Blütenregen 208. hieros gamos. Braut der Erde 161 ff., 1 7 1 ff., 178, 201. ->• Sehnen. Bruder(-Gedichte) 184 fr. Buch der Natur/des Lebens 4, 6, (9), 17, 27, 36, 54, 72, 97 f., 103, 142ff., 188, 203, 2$6, 278. - > Emblematik. Buchdruck 99, 222 f., 231. -*- Fabrikwesen. Bürger/bürgerliches Dasein 48, 90 f., 93 f., 127, 190 ff., 220 f. - > Entfremdung. Buße 23, 1 3 3 , 1 7 3 ff., 200 A. -*• Demut.
Chiffre
4 f., 10 Α., 13, I 2 j , 280.
Christentum
Subjektivität.
1 0 f., 3 9 f., 4 J , 1 2 8 , 1 5 7 f., 1 6 0 f f . , 1 6 8 , 1 7 6 f., 1 9 4 , 2 0 4 f r . , 2 3 j , 2 5 2 ,
263, 279. — D r ü b e n . -»• Erlösung. dämonisch 87, 12$, 138 f . , 141, 148 fr., 158, 165, 169 f . , 172, 1 7 7 f r . , 186, 193 f . , 201, 241, 254, 256 f., 268 f. -*• Dissonanz. —>• Erstarrung. Demut 1 1 2 , 136, 170ff., 253 f., 274 A. -»· Erlösung. Dialektik, dialektisch 9, 1 5 - 2 4 , 3 5 , 44, 4 6 f . , 6 7 f . , 7 o f . , 7 7 , 1 2 5 , 134fr., 1 4 3 , 147, 153 f., 180, 190, 20J, 250 f., 273, 278. -*• Drama. 301
Diana 92, 125A., 132A., 159, I6J Α., 177 f., 200 Α. - ν Mythos. Dissonanz = Zerrissenheit. Doppelgänger(ei) 87 Α., 219. —»• Dualismus. —> Irrlicht. Drama 23, 44,135 f., 162. -»• Ehe. Drüben = Grüßen. Dualismus, dualistisch 14, 19, 36, 39A., 40, 43, 45, 102, 125, 137, 185, 247, 256. ->· Gegensätzlichkeit. Ehe 42 Α., i 2 j f., 132s., 199, 218. -*• Einzelnes-Ganzes. Ehre 59, 114, 149. -*• Ethos. Einfalt = Unschuld. -*• Treue. Einzelnes - Ganzes 18 f., 27 Α., 35,44, J3, 275. Kampf. —>- Liebe. Emblem(atik) 1-17, 96f., 103fr., 122, 124, 127, 141 Α., 142ff., 180, 185 f., 198 Α., 207, 222, 237, 239 ff·» 2 54> 2 69 ff., 280, 281 Α., 284. —>- Formel. Endlichkeit = Sinnenwelt. Entfremdung 46, j j , 6 j , 119, 182, 188, 193, 2030., (231), 252, 254, 2J9. -»• Fabrikwesen. Epos 23, 32, 44, 71, 80, 9$, 243. - v Goldenes Zeitalter. —»• Helden. Erhabenheit 137, 1 $8. —>• Gebirge. ->- Vermittlung. Erlebnis/Stimmung 1 ff., 177 Α., 2io f. -*• Frühromantik. Erlösung/erlösen 23, 109, 171 f., 174 ff-, 194, 206 f., 244, 2J9, 273. -*• Freiheit. -> Katholizismus. Erstarrung 100, 109, 119, i$8f., 165, i68f., 171, 186f., 190, 241. ->· Gebundenheit. -*• Heidentum. Ethos (der Dichtung) = Männlichkeit. Ewiges Grundgefühl = das Wahre - Alte. Fabrikwesen 82, 1x6, 119, 150, 222ff., 236. —»• Herrschaft, —>- Metier. Fels = Gebirge. Fenster = Aussicht. Ferne 93 fr., 102, 123, 129, IJ8, 161. -*• Fremde. Fest/festlich 152 f., 168, 284 A. Frühling. -»- Musik. Feuer 174. ->• Heidentum. Formbegriff = Kunstpoesie. Formel(hafligkeit) 1-17, 99, 102A., 103^, 110A., i 2 i f . , 146, 239fr., 283. —y Fragment. Fragment(ierung)/fragmentarisch 7, 40, 71, 73, 120, 143 f., 150, i j 2 , 212 f., 239. -*• Geisterblick. Freiheit 24, 27, 30 f., 34, 39, 48, $7, J9, 7$, 80 f., 96, 100, n j - 1 2 7 , 132 ff., 146, I 47 _ I 5 2 > 1 i4> 156, 163, 165 f., 177f., 191, 196f., 199, 201 ff., 204ff., 211, 230ff., 252 ff., 2 j j , 2j8, 272, 279, 281. Gipfel. Fremde/fremd 46, 57, 63, 71, 94f., 108, 117, 179, 182, 203, 249, 258, 282. Grüßen. —>- Herrschaft. Frühling 23, 27, 40, 84, 106, 108, 123 f., IJJ f., 159, 161, 166 f., 168, 171, 248 f. -»• Geisterblidc. Meerfahrt. Frühromantik 2f., io, 15, 22f., 26f., 31, 42 f., 46, $6 f f . , 61, 73, 101, 112, 118, 121, 154,163, 234, 2J3, 275. -»- Genuß. 302
Garten 3, 92, 99, 120, 148, 152, 156, 160, 199. —*• Heimat. Gattungen = Drama/Tragödie; = Epos; = Lyrik; = Roman. Gebirge/Fels 92, 108, 207, 266 f. -*• Gnade. Gebundenheit (von Natur, Poesie, Schönheit) 10 ff., 93 f., 119, 124, 145, 147, IJ6, 165 f., 168 ff., 186, 188, 201, 221 f., 230 f., 272 f., 279. ->- Grab. Gegensätzlichkeit 70, 82, 170, 186ff., 245, 2 j i , 264, 267 ff. —r Indifferenz. Gegensatz der Vernunft (Hegel) 27 Α., 91, 243. ->• Moderne. Lehre vom Gegensatz (A. Müller) 44 f., 153 f. -»- Indifferenz. Geisterblidc
261, 278, Geisterwelt Genuß (der Geschichte
9 f . , 1 2 , 104, 108, 1 2 9 f . , 1 3 3 , 1 3 6 , I 4 i f f . , 1 5 1 , 2 i 2 f . , 2 3 9 f r . , 2 5 7 ,
284. —*- Grüßen. = Signatur. Kunst) $0, 195, 218 f. -*• Gesdimack. 18, 29, 38 f., 49, 59, 66, 68 8., 77S·,
Individualität. 97 f., 100, 102, n o f . , n j f . ,
n 8 f f . , 1 2 6 f . , 13y f., 1 3 9 , 1 4 1 , 145 f., § 1 0 = 1 4 6 - 1 6 8 , 1 6 9 fr., 1 7 9 , 1 9 4 , 20J f.,
215 f., 219, 23J, 243 f., 246fr., 2J5, 258, 283 f. -*• Heidentum. —»- Kampf. Geschichtsphilosophischer Ansatz 6, 17ff., 22, 74, 77, 9$, 126, 158, 163, 170, 175, 1 9 1 , 194, 228, 2 5 2 f., 280. Gesdimack 49, 76, 137 f., 147. -*• Kunstpoesie. Gesellschaft passim. Gipfel = Gebirge. -*• Aussicht. Glanz/Blendung 46. 124, 198 ff. —> Irrlidit. Licht. Glauben = Religion. Gnade 23, 175, 257 ff. -*• Grüßen. Goldenes Zeitalter 48, j6, 93. -»• Idylle. Grab = Kerker. Grüßen 117, 184, 284. —>- Heimat. Hieroglyphe. Grundkräfte = Harmonie. Grundmelodie 92, 187 f. -*• Heimat. -»- Lied. Handlungsaufbau 96, 146. (-»· Palingenesie). Harmonie der Grundkräfte (Ordo) 18, 22ff., 9J, 113, 116, (126), I28f., 138, 201, 203, 2 i j , 238, 241. —»- Kosmos. Heidentum/heidnisch
38fr., 48, 60, 88, 1 3 6 , 1 3 9 - 1 4 8 , 1 5 6 f., 1 7 3 f., 2 0 1 ,
241.
—> irres Rufen. —ν Italien. Heimat/Heimweh 108, 167, 184, 191, 198, 249. -*• hieros gamos. -*• Hornklang. (die alten) Helden 122, 136, 138, 140, 141 Α., 263. Kindheit. Herrsdiaft 33, 42, 64f., 80A., 81, 114, 187, i9of., 206, 263, 282. ->· Ideologie. Hieroglyphe/hieroglyphisdi 4-17, 96f., ioiS., 108, 141 Α., i42ff., 151, 180,239, 242, 260 Α., 26I, 266 f. Klang. hieros gamos 9, 89, 98, 101, 111, 122 Α., 124 f., 139, 144, 165, 167, 172 f., 177, 2oi f., 223, 228, 237, 257, 267. Ideal, -»• Liebe. Hornklang 107 ff., 161. -*• Jagd. I d e a l / i d e a l i s c h 2, I J , 29, 40, 54, ($7), 6 1 Α . , 6}, 79, 8 3 , 8 j , 97, 1 5 1 f., 189, 2 1 4 f r . ,
217, 225, 230, 238, 242, 2 j 9 f . , 263 ff., 284. —»- Klassik. Identität 47, 153, 182. -*• Mimesis. Ideologie/ideologisch
245. M9.
26
I J , 1 8 9 f . , 1 9 3 , 1 9 J , 199, 206, 2 1 1 , 2 1 5 ff., 2 2 o f f . , 2 2 4 , 2 2 7 f r . ,
J . 2 7 ° f-> 2 73 f ·. 2 8 ' · -»• Lüge. 3°3
Idylle 3 6 , 4 8 , 1 6 5 , 1 8 3 , 1 8 7 , 1 9 8 f., 2 4 J , 2 6 5 . Incognito. -»• Kindheit. Incognito 188 Α. ->· verhüllte Sdiönheit. (allgemeine) Indifferenz 42,211, 277 f. ->• Negation. -> Quietismus. Individualität 39, 57£., 109, 138, 174, 226, 254, 279, 281. -»• Krankheit. - > Occasionalismus. Ironie 62 f., 106 Α., 2 7 5 . V o g e l p e r s p e k t i v e , irres Rufen 127, 146, 148, 182, 184, 195, 233 Α., 268. -»• Klage. Irrlidit 87 Α., 111, 265. —>- Wetterleuchten. Italien 1 2 0 Α., 1 5 9 , 1 9 7 - 2 0 2 . —> Kosmos. Marmorbild.
Jagd/Jäger 111 f., 2 0 3 . - > Jugend. Jugend(lidi) 78, 88, 90, 92, 93 Α., 136. —y Kampf. —> Klang. Jun%deutscher Realismus = Tendenzliteratur.
Kampf/Krieg j8, 85, 94, 118, 135, 158, 189 Α., 194, 207f., 234 f., 245, 250, 273, 277 f. -*• Männlichkeit. Katholizismus 43 ff., 95, 163, 234, 249. —> Kirche. —>• Orthodox. Kindheit 96, 108 f., 267 f., 271. -*• Märchen. Kirche 43 f., 149, 169 f., 204, 235. -*• Kosmos. Positivität. Kerker (des Leibes) -*• Klage. Klage 6 3 , 1 4 6 , 1 4 8 , 1 6 0 , 1 7 7 - 1 8 2 , 2 2 3 , 2 6 8 , 2 7 0 . Nachtigall. (alter/ausbrediender) Klang 50, 71, 85, 109, 114, n 8 , 125, 139f., 144, 146, 160, 176, 237ff., 2J7, 268. - > Lerche. Klassik/Klassizismus 29, 48, 54, 63, 64 Α., 109 Α., 188, 215 f. — Labyrinth. Kultur 30, 36, 52, 55 f., 69, 71, 74, 79f., 115, 129, 136, 154, 1 j8, 243. Kunstpoesie. Kunstpoesie 14f., 2 5 , 2 9 f . , 5 0 f . , 6 3 , 6 9 , 7 1 f., 8 9 , 9 J , § 7 = 9 8 - 1 1 4 ( 1 0 7 , 1 0 9 , 112ff.), 1 1 9 , i 3 o f f . , 1 3 7 , 1 8 2 , 2 0 6 f . , 2 1 2 , 2 i j , 2 2 2 f f . , 2 2 8 f., 262®., 2 8 2 f f . —Literatur.
Labyrinth 179 f., 187, 191, 254 f. - > Narzißmus. Landschaft passim Landschaftsmalerei = Malerei. Lebensreise = Aufbruch. = Meerfahrt. Lebensstrom = Strom. Lerche 1 0 6 , i 2 2 f f . , 1 4 0 , 156, 161, 200, 2 0 2 , 2 $ 7 . Licht. Lied. (ewiges/wunderbares) Lidit 8, 12, 101 f., 123 ff., 126, I39f., 144, 149, 155, 198, 2 1 2 f., 2 1 5 , 2 4 1 f., 2 4 7 , 2 5 5 - 2 6 1 , 2 6 8 , 2 7 8 , 2 8 0 , 2 8 3 . Lösen. Liebe 9 6 , 1 3 2 ff., 1 6 7 , 1 7 3 f., 1 7 7 , 2 0 4 ff., 2 8 2 . Lösen. (sdilafendes) Lied (der Natur) i f f . , 1 6 , 8 1 f., 9 8 , § 7 = 9 8 - 1 1 4 , 1 1 6 , 1 1 9 , 1 2 6 , 145 f . , 148, 151. 168 f., 185, 187 f., 1 9 4 f . , 198·, 218 f . , 228, 233 f., 242, 244,
256, 261, 267 f., 283. -»- Lyrik. — M u s i k . Literat(ur) = Kunstpoesie. 304
Lösen/Lösung 109, 165, 167 ff., 174, 279. ->• Maria. Mond. Lüge 25» 30, 39, 65, 170, 1 7 3 , 1 7 $ , 228 f., 24J, 265. Menge. Lyrik 7, 23, 44, 157, 180, 239. -*• Minnesang, - y Naturkraft.
Männlichkeit 32, 88, 90, 198 f., 202, 204, 2 1 2 , 227 f., 275 ff. Mittelpunkt. —>• Morgen. Märdien 242, 268 f. -»· Mystik. Malerei 6f., 1 5 6 f . , 187. -»- Musik. Maria i o f . , i 5 9 f f . , 169, 1 7 1 f., 200. —> Minnesang. Marmorbild 84 f., (109), 156 f., 1 5 9 - 1 6 3 , 165 ff., 193 Α., 20i, 208, 220. Mythos. Masse = Menge. Materialismus 42, 100, 1 1 0 , 1 2 1 , 224. -*• Menge. —> Metier. Meerfahrt 3 Α., 88, 92 f., 177 Α., 184, 202. -»- Morgen. Menge (Masse/Pöbel) 39 f., 46, 65-69, 83, 85, 120, 1 4 4 f . , 148, 165, 1 7 6 f . , 190 f., 225 f., 244. —>- Moderne. Metier 81 f., 87,90, 100, 1 1 2 , 1 1 4 ff., 199, 2 1 5 . - » · Moderne. -»- Novelle. Mimesis 15, 28, 33, 61, 79, 105, 1 4 1 , 228. -*• wirkliche Natur. Minnesang 100, 107, 137, 263, 275. Mittelalter. Mittelalter 40, 49 f., 79, 82 f., 89 f., 1 1 4 , 136, 1 4 1 A . -*• Mittelpunkt. Mittelpunkt 8, 14, 96, 1 0 1 , 1 2 1 , 128, 205, 226 f., 237 f., 240, 247, 260, 266. ->· Organismus. Moderne 39f., 60, 70, 72, 83, 88, 98, 1 1 9 , 1 4 1 , 1 5 1 , 227f., 232, 243, 264, 270, 284. —»- Mühle. -»- Negation. Mond/Mondnacht 122, i 2 4 f . , 1 6 1 , 228, 258, 261. —»-Nacht. ->•Seelenaufschwung. Morgen i n f . , n 8 , 1 2 3 f . , 142, 145, 167, 1 7 1 , 200, 261, 2 7 8 f . - > Perspektive. -*• Reisen. Mühle 227. - > nüchtern. Musik 168. —»- Mystik. Mystik (der Natur) 1 f., 40, 128, 1 3 9 - 1 4 5 , 146, 149, 162, 167, 195, 223, 228, 259. - v Nacht(gesang). -»- Orphik. Mythos/mythisch/Mythisierung 6ff., 33, 95, 104, 138, 141 f., i 5 o f . , 1 5 4 f . , 158 bis 168, 170, 175 f., 1 7 9 - 1 8 3 , 193 f., 208, 219. ->• Narzismuß. - > Natur . . .
Nachahmung = Mimesis. Nacht(gesang) 3, 90, 1 1 8 , 179, 182, 258, 268. —>- Nachtigall. - > Natursprache. Nachtigall 1 0 f . , 108, 125 ff., 1 3 3 , 156, 179, 194, 227, 258, 268 ff. -»- Gebundene Natur. Narzißmus 100, n o f . , 1 3 3 , 1 6 1 Α., 1 7 1 , 193 Α., 2 1 9 , 276. - > Nixen. Phantasie. Nationalismus 29, 49 f., 65 f., 69 f. -»• Positivität. —>- polit. Romantik. Natur, wirkliche 1 , 1 3 , 4 1 f., 185, 283. nüchtern. —>• Positivität. Natur, gebundene 145 ff., 170, 202, 242, 281 f. -*• Ohnmacht. Natur als kritisches Modell!Anspruch der Natur 3, 21, 36, 38 f., 47, 51 f., 62, 65, 96, 105, 1 1 2 f f . , 1 1 7 f f . , (125), 1 2 6 f . , 139 f., 145, 1 5 1 , 1 5 4 f . , 170, 223, 233 f., 236ff., 284. Naturkraft. N a t u r k r a ^ w i r k e n d e Natur/natura naturans 15, 36, 38 ff., 52, 1 1 3 f., 1 3 2 , 134 f., 158, 160, 162, 168ff., 253 ff., 279. -*• Natursprache. -»- Naturwahrheit. 3°5
Naturpoesie passim. Natursprache/Ndian» loquitur $, 7 f., 16 f., 32, 36, 42, $2, 98, 104, 1 1 9 f., 126 f., 143 ff., 1 $2, 237, 240, 2 7 j . -»- Ohnmadit. Naturphilosophie, romantisdie 4, 29, 42 f., 46, 254 ff., 272 ff. —>- Palingenesie. Naturwahrheit 1 2 , 85, 228, 230, 238, 242. —»• Objektivität. -»- Organismus. Negation/Neuerung 40, 83, i 4 9 f . , 1 5 9 - 1 6 3 , 196f., 229, 234, 268f. -*• nüditern. -*• Polemik. Nixen vgl. Sirenen. Rausch. Novelle 1 0 1 Α., 2 ΐ 7 ί ί . , 2 2 i , 233 f . -»• Prosa, nüchtern 46, 176,182, 2 i 7 f . , 2 5 1 . -»• Philister. Prosa.
Objektiv(ität) 8ff., 22, 3 i f f . , 35, 4 2 f . , 7 0 f f . , 80, 9$, 100, 1 1 6 , 127, 234, 2 3 7 f . —>- Positivität. —> Reflexion. Occasionalismus (treuloses Bewußtsein) 45 Α., 66, 74. ->- Pantheismus. Ohnmacht (der Diditung) 14, i 7 4 f . , 2 i 2 f . , § 1 5 = 2 5 4 - 2 7 4 , 274ff., 279, 281. -*• Phantasie. -*• Schlaf. Organismus/organische Einheit 14, 1 7 f., 28 f., 38, 44, 58, 61 Α., 62, n 6 f . , 224 f., 243, 263. —»- Palingenesie. -*• Planetensystem. Orphik 167 f . -»- Seelenaufschwung. Orthodox(ie) 27, 45, 1 3 1 , 135, 163 f., 205, 253 f. -»- Protestantismus. —>• Quixote.
Palingenesie 47, 84, 92, i o i f . , (139), 2 3 6 f . , 243, 248. - > Obj. Subjektivität. Pantheismus 42 f., 46, 124 f., 129 f. -»- Phantasie. Perspektive IJ, 3 7 f . , 1 5 3 , 24of. Reflexion. Phantasie 12, 55, 64, 7 9 f . , 128 f., 133, 141 f., 166, 172, 174, 192, 200ff., 2 i o f f . , 220 f., 224, 241. -»• Rausch. Rauschen. Philister 2 1 , 2 3 , 9 3 , 1 1 2 f., 126, 133, i 8 9 f . , 2 i 6 f f . , 221 f. -*• Plunder. Pietismus 27, 1 3 1 . -»· Protestantismus. -»• Sehnen. Planetensystem 18, 26 f., 27 Α., 29, 150, 247. -*• Restauration. Plunder 46, 91, 93, 200, 267. —* Rumor. Pöbel = Menge. Poesie und Leben 17, 19, 25 f., 40 f., 70, 76, 81 f., 84 f., 98 ff., 106 f., 1 1 2 f., 183, 189, 210 ff., 223, 230, 260 ff., 267 S., 279 fRittertum. Polemik 59 f., 62, 99 ff., 226, 264, 268 f., 284. -»• Politik. Politik 3 3 f . , 62 A . f . , 64IS., 69, 96, i i 7 f . , i 4 7 f . , 2 1 2 , 221, 244ff., 248f. -»-Protest. Politische Romantik s. Romantik, polit. Positivität (der Wahrheit/der Natur) j , 7, 9 f., 17, 23, 42 ff., 72, 82 ff., 1 0 1 , 103, 107, 1 1 9 , i 2 i , 129, 135, 138 f., 146, 163 ff., 1 6 9 0 . , 174, i 8 j , 193, 201, 2 1 1 f., 2 1 J , 231 Α., § 14 = 232-254, 273 f·» 2 7& 284· -»-Rauschen. -»-Religion. Prosa 82, 100, 1 1 0 , 152 Α., 189 f., § 13 = 2 1 4 - 2 3 2 , 262 f. -»• Publikum, (romantischer) Protest 62, 1 5 1 , 199 A. f., 224, 227. —>- Revolution. Protestantismus 43, 120, 193, 226, 243, 252. —> Rationalismus. Publikum 1 1 4 f . , 2 1 7 ® . , 223, 2 2 j . -»-Rationalismus.
Quietismus 43, 70, 246 A . - » Sehnen. Don Quixote 191 Α., 248, 275 Α . ->· polit. Romantik, - ν Rumor. 306
Rationalismus 42, 48 ff., 61, 137 f., 2 j o f f . , 261. - v Realismus. Rausch/berauscht 41 f., 174 f., 198, 216. -*• Rom. (Waldes-)Rauschen 2, 8, 39ff., 55, 91, 98 f., 1 0 1 , 105 f., 1 1 3 , 1 1 6 - 1 2 0 , 123, 140, i 4 4 f . , i 5 o f . , 165, 173, 1 8 1 , 193, 195, 228, 243 f., 280. -»- Romantik. Realismus 97, 1 4 1 , IJI, 2 1 7 f., 2 2 1 , 224 f., 227, 229 f., 245. —• Reformation. -*• Roman. Rebellion = Revolution. Reflexion = Besonnenheit. -*• Romantik. Reformation 42, 226, 229, 243. —>- Revolution. Reisen 90ff., 1 2 1 , 123, 133 fr., 190. -*• Sänger. Religion 6, 44, 95 f., 107, 149, 174, 203 ff., 252 ff., 260. -*- Rittertum. Restauration 49 f., 56, 70, 245 f., 248. —Telosbegriff. Revolution 26, 42, 49 f., 52 Α., 58 f., 64 f., 68, 120, 138, 146, 165, 243 fr., 248 f., 255. -*• Polit. Romantik. -*• Subjektivität. Rittertum 60, 88 f., 100, 136, 263, 277. —>• Romantik. Rom 49, 198 Α., 200, 2 1 3 . -*• Sehnen. Roman 1 1 0 . -*• Subjekt. Romantik 26f., 40, 4 2 f . , 56f., 89, 95, 98, 106, 1 0 7 Α . , i $ 6 f . , 1 9 4 ^ , 2 1 4 - 2 2 1 , 224, 2 3 2 f f . , 247f., 261, 263 f., 269ff., 274ff., 279-284. -*• Sänger. — S u b j e k t Objekt-Dialektik. Politische Romantik 3 1 , 66 ff., 1 1 7 , 232 f., 283 f. -»- Staat. Rumor 93, 98, 106, 191 Α., 196, 222, 236. -»· Spielmann.
Sänger 9, 74, §5 = 7 4 - 8 5 , § 6 = 86-98, 98fr., 1 1 1 , 1 1 4 f r . , 122, § 12 = 1 8 4 - 2 1 3 , 223, 237, 284. -*- Sage. - > Seelenaufschwung. Sage 22, 25, 60, 69, 7 1 , 74, 76 f., 80, 83, 88, 95, 1 1 8 , 157, 242, 270. Signatur. Seelenaufschwung 41 ff., 93, 1 2 1 ff., 162, 187, 207, 236. —>- Sehnen. Sehnen/Sehnsucht/Sentimentalismus 34 ff., 39, 42, 63, 1 1 6 , 1 2 1 , 124, 126 f., 140, 1 J 7 , 1 7 1 ff., 206, 229, 2 3 1 , 260. - v Sexualität. —>- Sonne. Sexualität 180 ff., 201 f., 207 ff. ->• Sinnlichkeit. Signatur (spirituelle Perspektive) 6, 9, 12, 104 f., 240, 254. Soma>Scma. Sinnlich(keit)/Sinnenwelt 5, 10, 39 f., 45, 124, 129, 1 3 1 , 138, 154, 157 f., 160, 167, 204 f., 278 f. Sirenen. —>- Soma=Sema. Sirenen 1 7 7 - 1 8 4 , 184-188, (195), 268, 282. Sphinx. Soma'Sema-Lehre i o f . , i 2 4 f f . , 147, 149, 155, 162, 198fr., 269ff., 272. - > Symbolik. Sonne 1 2 , 1 4 , 38, 83, 85 Α., 1 4 4 , 1 5 5 f., 1 6 7 f . , 257. -»-Sprache. TheatrumMundi. Sphinx i j o f . , 154, 185. —Zauberischer Spielmann. -*• Tier in der Brust. Spielmann 74, 78, 8i, 8 7 , 1 9 1 . -»- Sdiauspielerei. der zauberische Spielmann 176, 193, 27$ r. Subjektivität. arme/gebundene Schönheit. spirituelle Perspektive = Signatur. Sprache 9 f., 34 ff., 74. Theorie-Praxis. Subjekt(ivität) 1 1 f., 16, 20, 39, 42, 44, J 9 f . , 71 f., 84^, 109fr., 1 2 1 , 130, 146, i j 7 f . , i 6 2 f f . , i 7 o f . , 174, 176, 192fr., 2 0 5 - 2 1 3 , 2 1 4 f r . , 2 i 9 f . , 251 f., 260fr., 271 ff., 274 fr., 278-284. -*• Schauspielerei. —»- Strom. Subjekt-Objekt-Dialektik 72, 85, 96, 98, Ι Ι Ι Γ . , I J I , 153, 157, 180, 195, 197, 203 ff:, 209 f., 214 ff., 236, 252, 266, 283 f. obj. Subjektivität. 3°7
objektive Subjektivität 1 6 , 114, 1 1 7 , 138, I J I , I J J . —y Symbolik. Symbol(ik) 3 f., 7, 9, 40, 58, 61 f., 69, 1 0 4 ! . , 1 3 1 , 139t., 14$, 206, 2 1 4 f r . , 223, 228, 2 3 1 f., 233, 239 ff., 251, 254, 259ff., 279-284. verhüllte Schönheit.
Sdiauspieler(ei) 88, 195 ff., 26$. —>- Sdiwindel. Schein der Kunst = Ideal. = Ideologie. = Symbolik. Schlaf 122, 267 ff. —>- Todessdilaf. alte/ursprüngliche Schönheit (5), 22 f., 84, 96, 1 1 2 , 2 5 7 ff. Strom. Trümmer, arme Schönheit 22 f., 1 3 3 , 1 6 9 - 1 7 8 , 2 3 1 . Stadt. -*• Erstarrung, gebundene Schönheit = Gebundenheit. verhüllte Schönheit 14t., zz{., 94, (119), i 3 o f . , 146, I J I , 226, 230, 241, 278. —Theatrum Mundi. -»- Vogel (lied). Sdiwindel(ig) 207 Α., 219. -*• ästhet. Teegesellschaft.
Staat 26, 29, 233 Α., 261 f. -*• Stadt, - v Telos. Stadt 199 f., 2 1 2 , 272. -*• Tendenzliteratur. -»- Tod. Strom 54 f., 91 ff., 101 f., 1 2 1 , 1 8 7 , 200. - > Telos.
ästhetische Teegesellschaft 42,90, 1 0 6 , 1 4 3 . —>• Verdinglichung. Telos-Begriff 8 j , 188. Treue. -»- triadisches Geschichtsmodell. Tendenzliteratur (Jungdeutsdier Realismus) 37, 5 1 , 1 3 $ , 2 1 6 f f . , 229, 231 f., 262 f. Theorie-Praxis, das Theatralische = Schauspielerei. Theatrum Mundi 12. -*• Traum. Theorie-Praxis j6, i j 2 , 168Α., 1 8 2 f . , 2 i o f f . , 214, 230, 262. —»- Treue. - > Verdinglichung. Tier in der Brust 138, 1 4 1 , 146, 158. - v Tragödie. Tod/Todessdilaf 90, 182 f., 199, 2 1 2 , 267. ->· Untergang. Tragödie 162. Untergang. ->• Urzeit. Traum/Traumlied 145, 148, 162 f., 193 f., 209, 218 f., 244, 2 J 8 - 2 6 1 , 266 ff., 275. -*• Trümmer. Treue 74, 180, 229. -*• Unmittelbarkeit. triadisches Geschicbtsmodell 1 9 f f . , 37, 43, 56, 67, 102, 161 Α., 238, 258. —>- Ursprung. Trümmer 38 ff., 1 4 0 , 1 6 0 , 163, 243. Ursprung.
universelle Tendenz = Romantik. ->• Vermittlung. Unmittelbarkeit 33, 37, 69, 85, 126, 1 4 1 , 146, 270. - > Unschuld. Unschuld 30, 33, 67, 69, 7 1 , 73 f., 82 f., 85, 90, 96, 106, 146, 244 Α., 259, 265. —>- Ursprung. Untergang = Verführung. -»- Venus-Natura. Ursprung/ursprünglich 35, 67, 78, 83, 96. —• Urzeit. Volksgeist. Urzeit/alte Zeit 2 j , 3 1 , 55, 83,94, 147 ff., 184, 268 f. Utopie. Wald. Utopie/utopisch 5, 30-38, 48, 51, j j f . , 65, 81, 99, 1 1 2 , 1 1 6 , 1 4 8 f . , I J 3 Α., 1 J 4 A . , 246, 22, 265. -»· Verklärung. 308
Venus-Natura
155-163,
166ff.,
168-172,
1 7 8 f.,
Ι8Ι,
199ff.,
219,
248,
2 7 J f.
-»- V e r f ü h r u n g . Verdinglichung 20, 190, 195, 205, 211, 214 fr., 219 f., 228, 254 f . Verstand. V e r f ü h r u n g 160, 166, 171, 177S; 180, 184, 188, 191 £F., 195, 2 0 7 - 2 1 1 , 2 i 8 f . , 223, 2 J 6 f. ->- V e r w o r r e n h e i t . V e r k l ä r u n g 77, 102, 16$, 245, 260, 278, 283. —>- V e r m i t t l u n g . - > V e r s t a n d . V e r m i t t l u n g 1, 9, 15, 23 f., 26 f., 38, 4 1 ff., 69, 72, 80, 85, 95 f., 107, 118, 120, 131 f., i 3 j f - , 144 f., 151, 154, 166, 176, 181 Α., I 8 J , 187, 195, 2 0 I , 204 fr., 2 1 6 , 2 2 5 , 2 2 9 f r . , 2 3 3 f r . , 2 4 2 - 2 J O , 2 j 4 f T . , 2 6 0 - 2 6 J , 2 7 2 - 2 8 4 . -*•
Vernunft.
V e r n u n f t 34 f., 44, 2 j 1. -*• V e r s ö h n u n g . Versöhnung
23 f., 89, 98,
101, 1 3 9 ^ ,
173-178,
183 f., 195, 197, 2 0 J ,
212,
235,
237, 2 J 9 f. ->• V o g e l ( l i e d ) . Wach. Verstand = Rationalismus. - > Vogelperspektive. V e r w o r r e n ( h e i t ) 1 4 f . , 39, 46, 67, 1 0 8 f . , n 8 f . , 146, 179, 217, 2 1 9 f r . , 2 2 6 , 24$ Α., 2 J 8 , 262, 266, 268 f . Wahn. V o g e l ( l i e d ) 8, 101, 114 f., 1 2 2 - 1 2 6 . ->- Volkspoesie. V o g e l i m K ä f i g 10 f., 190 Α . , 194 f., 269 ff. - > Volkspoesie. Wahn. V o g e l p e r s p e k t i v e 11 j , 123 Α . , 138, 153, 221, 2 5 0 . -»• W a r e . V o l k 22, 26, 4 0 , § 4 = 4 8 - 7 4 , 7 j f f . , 8 2 f . , 107, 120, 140, i 4 7 f f . , 165, 2 2 i f f . , 242 ff., 274. -»- W a h r e s - A l t e s . - > W a h r h e i t . V o l k s g e i s t 59, (68), 80, 2 4 3 . Wahres-Altes. Volkspoesie
8, 1 2 , 1 7 , 2 J - 3 7 , 4 0 , § 4 = 4 8 - 7 4 , 7 $ f., 8 0 , 8 2 f . , 8 $ , 9 6 , 1 1 5 , 1 1 7 Α . ,
147 f-> I 57> 2 2 3 - 2 2 7 , 242 ff., 265, 274, 279, 2 8 1 . -»- W a h r e s - A l t e s .
w a c h ( e n ) / W ä c h t e r 8$, 122, 208, 27J ff. W a n d e r n . W a h n = V e r f ü h r u n g . -*• W e h m u t . d a s W a h r e - A l t e / w a h r h a f t H i s t o r i s c h e 7 f., 10, 14, 32, 39, 50, 89, 118, 139 f., 158, 2 0 J , 236, 241 f., 277, 280. -*• W a l d . Wahrheit = Positivität. = Vermittlung. W a l d 116 ff., 1 4 8 , 1 6 6 , 179, 2 2 3 , 2 4 0 , 2 j 4 f . , 262 A . - v W a l d e i n s a m k e i t . ->• W u n d e r . D i c h t e r w a l d 25, 40 Α . , i 2 o f . W a l d e i n s a m k e i t 39 f., 106, 108, 146, 160, 200, 243, 266 f., 283. Zuflucht. Waldesrauschen = Rauschen. Waldschloß = Waldeinsamkeit. W a n d e r n = R e i s e n . -*• Z a u b e r w o r t . Ware 80, 222 f., 228, 2 3 1 . —>• W e r k . —>- Z e i t g e i s t . W e h m u t 92, 126, 160, 176, 179, i 8 6 f f . , 268, 2 8 4 A . -*• W e t t e r l e u c h t e n . höhere(s) Weltgeschichte/Weltdrama = das W a h r e - A l t e . W e r k 33 r., J 3 f., 9 9 f f . , 106, 143, 197, 208, 276. -+• Z a u b e r w o r t . Abfall. W e t t e r l e u c h t e n 12, 35, 2 5 6 f . -*• W i l d n i s . W i l d n i s / w ü s t 94, 156, 165, 201 f . -*• Z a u b e r . W u n d e r ( b a r ) 9 , 102, 110, 141, 2 J 7 . —>- Z a u b e r w o r t .
Z a u b e r ( r e i c h ) 81, 160, 168 ff., 173, 175 f., 186, 194, 208, 276. ->• Z e r r i s s e n h e i t . Alchemie. Z a u b e r w o r t 5 6 f . , 61, (94), 143, 231 f., 237, 261, 2 7 7 f f . ->• Z u s a m m e n h a n g . -*• G r u n d m e l o d i e .
309
2eitbegriff 209 f. Strom. Zeitgeist = Moderne. - > Zerrissenheit. Zerrissenheit 17, 20, 22f., 87Α., 98, h i , 119, 126, 150, 163, 188, 203, 2i4f., 229, 270 f., 283. —>• Zwielicht. Zwiespalt. Zuflucht = Abgeschiedenheit, Waldeinsamkeit. -*• Garten. Zusammenhang (des Irdischen) mit dem Unendlichen 6 f., 13, 39 f., 43, 47, 89, 104, 109, 128 ff., 158, 194, 216, 219, 228, 234f, 2jo, 267, 274f., 277 f., 282 f. —»- Adel. ->• Ahnung. Zwielicht = Dämmerung, - v Abfall. -*• Ahnung. Zwiespalt 41, $6, 66, 87, 107, 206, 214, 226, 26$, 271. Abfall. -»- Arbeitswelt.
310
EPOS Gold. Zeitaltei
[ ]-nicht verfolgt • - n e u e r Ansatz
verhüllte Schönheit
Theatrum Mundi
Theorie-Praxis Treue [Verdinglichung] Unmittelbarkeit Unschuld Ursprung
Vogejl(lied)
Urzeit
Volkspoesie
[Utopie]
"Wahre Β-Alte Β
Wunder (bar) Zauberwort
IGartenU
IGrundmelodiel
I Adelt- - —Zusammenhang - - -[Ahnung]
I: Beispiel einer Formelreihe
311
GARTEN Heimat
Ia: Fortsetzung der Reihe am Beispiel „Garten"
312