Medizinische Strahlenkunde: Eine Einführung in die Grundlagen der medizinischen Strahlenanwendung für Mediziner und medizinisch-technische Assistentinnen [Reprint 2019 ed.] 9783111706108, 9783111316789


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German Pages 326 [340] Year 1960

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Geleitwort
Vorwort
Inhaltsübersicht
Abkürzungen, Bezeichnungen, Einheiten
Geschichtliches
I. Elektrizitätslehre
II. Allgemeine Strahlenkunde
III. Die Erzeugung von Röntgenstrahlen
IV. Die Erzeugung sehr harter und ultraharter Strahlen
V. Röntgengeräte
VI. Eigenschaften und Anwendung energiereicher Strahlen
Sachregister
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Medizinische Strahlenkunde: Eine Einführung in die Grundlagen der medizinischen Strahlenanwendung für Mediziner und medizinisch-technische Assistentinnen [Reprint 2019 ed.]
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W E R N E R SCHLUNGBAUM M E D I Z I N I S C H E STRAHLENKUNDE

MEDIZINISCHE STRAHLENKUNDE Eine Einführung in die Grundlagen der medizinischen Strahlenanwendung für Mediziner und medizinisch-technische Assistentinnen

Von Dr. med. W E R N E R

SCHLUNGBAUM

Oberarzt am Strahleninstitut der Freien Universität Berlin

Mit einem Anhang: Rechtliche Grundlagen für die Ausbildung und Arbeit der medizinisch-technischen Assistentin Von Dr. med. GEORG FABIAN Leitender Medizinaldirektor a. D.

W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung • J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer

• Karl J. Trübner

• Veit & Comp.

B E R L I N 1960

Mit 146 Abbildungen und einer Farbtafel

© Copyright 1959 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — K a r l J. Trübner — V e i t & Comp., Berlin W 3 5 , Genthiner Straße 13. — A l l e Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen und der Übersetzung, vorbehalten. Printed in Germany. — Archiv-Nr. 5189 59 Satz: Walter de Gruyter & Co., Berlin W 35 — Druck: Paul Funk, Berlin W 35

Geleitwort Die qualifizierte Röntgenassistentin ist das Aushängeschild des guten Radiologen! Der Arzt, insbesondere der Röntgenologe, bedarf ihrer Mithilfe bei der Anfertigung einwandfreier Röntgenaufnahmen. Der Strahlentherapeut verdankt einen Teil des Vertrauens seiner Patienten ihrer Mitarbeit. Der erfahrene Arzt zollt deshalb dem Wissen und dem Geschick der Röntgenassistentin Achtung und Anerkennung. Der beruflichen Ausbildung der Röntgenassistentin kommt also weitreichende Bedeutung zu. Verschiedene Lehranstalten und Lehrbücher vermitteln heute der medizinisch-technischen Assistentin die Kenntnisse. Herr Dr. W. SCHLTJNGBAUM ist aus eigener Lehrtätigkeit mit dieser Aufgabe, aber auch mit den Mängeln bei der Unterrichtung der medizinischtechnischen Assistentinnen vertraut. Eine straffe Zusammenfassung des Unterrichtsstoffes wurde von ihm in diesem Buch angestrebt und geschaffen. Die gewählte Form eines Leitfadens soll dabei keinesfalls der heute gewünschten raschen — um nicht zu sagen: oberflächlichen Belehrung entgegenkommen, sie will nicht das Einarbeiten in das Wissensgebiet verdrängen, sondern dieses Buch möchte dem Lernenden helfen, zuerst den Überblick zu gewinnen und zuletzt bei auftauchenden Fragen schnell Antwort zu geben. Die Grundlagen der medizinischen Strahlenanwendung, die Erkenntnisse der Strahlenbiologie und die Richtlinien für den Strahlenschutz werden in präziser Form dargeboten. Mein Wunsch: Möge jeder Leser Nutzen von diesem Buch haben! Berlin, Juli 1959

Heinz

Oeser

Vorwort Langjährige Unterrichtserfahrungen an der technischen Abteilung des Lettevereins Berlin und eine Anregung des Verlages haben mich zur Arbeit an der vorliegenden Einführung in die Medizinische Strahlenkunde veranlaßt. Ich habe mich dabei bemüht, die Grundlagen der medizinischen Strahlenanwendung sowie deren praktische Bedeutung zu erläutern. Aus didaktischen Gründen war es mein Bestreben, auch äußerlich das Wesentliche hervorzuheben. Ich hoffe, daß damit der medizinischtechnischen Assistentin ein Leitfaden in die H a n d gegeben ist, der ihr das Einarbeiten in die meist völlig fremde Materie und die notwendige Mitarbeit beim Unterricht erleichtert. Auch dem jungen Mediziner möge er den ersten Einbück in das große Gebiet der Radiologie, die als besonderes Fach alle anderen Fachgebiete der Medizin ergänzt, ermöglichen. Daß eine kurze Einführung naturgemäß mit ausführlicheren Lehrbüchern nicht in Konkurrenz treten kann und soll, möchte ich hier ausdrücklich betonen. Herrn Dr. F A B I A N , leitendem Medizinaldirektor a. D . , danke ich für die Bearbeitung des Abschnitts über die rechtliche Stellung der medizinisch-technischen Assistentin. Herrn Professor Dr. H. O E S E R danke ich für seinen R a t bei Abfassung und Durchsicht des Buches. Zu Dank bin ich weiterhin den Firmen C . F. H. M Ü L L E R , S I E M E N S R E I N I G E R , K O C H & S T E R Z E L , H O F M A N N und K O D A K verpflichtet, die mir einen großen Teil der Abbildungen zur Verfügung gestellt haben, ebenso den Verlagen Georg Thieme, Stuttgart, und Urban und Schwarzenberg, München, bzw. den Herren Dr. B U N D E , Prof. S C H O E N und Prof. W A C H S M A N N , die mir die Übernahme einiger Tabellen und Zeichnungen gestatteten. Ebenfalls danke ich Herrn K L A U S R Ä C H für die Anfertigung der meisten Zeichnungen und Frau J O H A N N A W I E N E R T , die mich unermüdlich beim Lesen der Korrekturen und bei Anfertigung des Registers unterstützt hat. Bezüglich der Ausstattung, besonders der Zahl der Abbildungen, ist mir der Verlag großzügig entgegengekommen. Auch hierfür sei gedankt. Berlin, Juli 1959

Werner Schiungbaum

Inhaltsübersicht Seite

Vorwort Abkürzungen, Bezeichnungen, Einheiten Geschichtliches I. Elektrizitätslehre II. Allgemeine Strahlenkunde

XII XIII XV 10 10

A. Elektromagnetische Wellen

13

B. Korpuskularstrahlen 1. Atomphysik 2. Radioaktivität a) Natürliche Radioaktivität b) Künstliche Radioaktivität Kernreaktoren

13 17 18 18 19 19

III. Die Erzeugung von Röntgenstrahlen A. Die Röntgenröhre 1. Arten und Eigenschaften der Röntgenröhren 2. Der Bremifleck 3. Hochspaimungs- und Strahlenschutz 4. Besonderheiten von Therapieröhren

24 24 24 29 33 35

B. Der Röntgenapparat 1. Hochspannungstransformator und Gleichrichter a) Diagnostikapparate b) Therapieapparate 2. Heizstromerzeuger

38 38 39 42 44

C. Der Schalttisch 1. Schalttische für Diagnostikapparate a) Spannungsregulierung b) Stromstärkenregulierung c) Belichtungszeit 2. Schalttische für Therapieapparate

44 44 45 46 47 49

D. Automatisierung und Überlastungsschutz

50

X

Inhaltsübersicht Seite

IV. Die Erzeugung sehr harter und ultraharter Strahlen V. Röntgengeräte VI. Eigenschaften und Anwendung energiereicher Strahlen A. Verhalten energiereicher Strahlen beim Durchgang durch Materie . . Die Strahlenqualität der Quantenstrahlen

53 58 66 66 73

B. Allgemeine Eigenschaften (Beugung, Interferenz, Ablenkung) . . . .

75

C. Die Erregung der Lumineszenz 1. Durchleuchtung und Durchleuchtungsgeräte 2. Der Röntgenbildverstärker

76 76 84

D. Die Schwärzung der photographischen Schicht und ihre praktische Anwendung: Röntgenphotographie 1. Die Bildentstehung 2. Schwärzung und Gradation 3. Das photographische Material a) Röntgenfilme b) Röntgenpapier c) Verstärkerfolien 4. Die Filmverarbeitung a) Entwicklung b) Fixierung c) Abschluß der Verarbeitung 5. Die Dunkelkammer 6. Die Endverarbeitung a) Verstärkung b) Abschwächung 7. Filmfehler . . . a) Schleierbildung b) Weißer Belag c) Helle Flecken d) Dunkle Flecken e) Ungleichmäßige Schwärzung f) Runzeln g) Bakterienfraß 8. Bildgebung und Bildgüte a) Größenrichtigkeit b) Zeichenschärfe c) Kontrast d) Die Belichtung Hartstrahltechnik e) Praktische Gesichtspunkte bei Anfertigung von Röntgenaufnahmen Lagerung Benennung und Bezeichnung der Aufnahmen Wahl des Aufnahmematerials

87 87 87 92 92 94 94 98 98 104 105 105 109 112 113 113 113 115 115 116 116 116 116 117 117 119 121 129 130 135 135 136 138

Inhaltsübersicht

XI Seite

f) Spezialuntersuchungen 138 Kontakt- und Vergrößerungsaufnahmen 138 Stereoaufnahmen 139 Schichtuntersuchung 140 Fremdkörperlokalisation 148 Schirmbildphotographie 149 Kymographie und Polygraphie 154 Serienaufnahmen und Röntgenkinematographie 156 Spezialuntersuchungen mit Hilfe von Kontrastmitteln . . . 1 5 9 Untersuchungen des Verdauungstrakts 161 Darstellung der Gallenwege 164 Darstellung der Harnwege 166 Darstellung des Uterus einschließlich der Eileiter . . . . 167 Fisteldarstellung 168 Gefäßdarstellung 168 Kontrastmittelmethoden zur Diagnostik des Zentralnervensystems 171 Darstellung des Bronchialbaumes 173 Pneumoradiographie 173 Darstellung der Gelenkhöhlen 174 E. Dosimetrie, biologische Wirkung der energiereichen Strahlen und ihre praktische Anwendung: die Strahlentherapie 175 1. Dosismessung und Dosisbegriffe 175 a) Dosimetrie 175 b) Einheiten 176 c) Meßgeräte 180 2. Die biologische Wirkung energiereicher Strahlen 186 3. Strahlengefährdung und Strahlenschutz 198 4. Die Strahlentherapie 218 a) Vorbemerkungen und praktische Dosisbegriffe 218 b) Strahlenarten 219 Mittelharte und harte Röntgenstrahlen für die sogenannte Halbtiefen- und Tiefentherapie 219 Bewegungsbestrahlung 224 Siebbestrahlung 229 Weiche Strahlen für Oberflächen- und Körperhöhlentherapie 232 Die Strahlen der radioaktiven Substanzen 236 Anwendung radioaktiver Isotope in Diagnostik und Forschung 242 Sehr harte und ultraharte Röntgen- und Gammastrahlen . . 244 Korpuskularstrahlen 246 c) Die Indikation zur Strahlentherapie 249 d) Bestrahlungsplan und Bestrahlungsprotokoll 250 Therapie mit energiearmen Strahlen 1. Die Lichttherapie 2. Die Diathermie Elektrochirurgie

254 254 261 262

XII

Inhaltsübersicht Seite

3. Die Kurzwellentherapie Rechtliche Grundlagen für Ausbildung und Arbeit der medizinischtechnischen Assistentin

264 269

Erster Abschnitt Entwicklung des Berufs der medizinisch-technischen Assistentin und die Wandlungen seiner staatlichen Regelung 271 Zweiter Abschnitt Das Gesetz vom 21. Dezember 1958

277

Dritter Abschnitt Sonstige für die Arbeit der medizinisch-technischen Assistentin wichtige Vorschriften

295

Sachregister

300

Abkürzungen, Bezeichnungen, Einheiten Allgemein gebräuchliche Vorsilben Meg(a) Kilo

(M) Millionenfaches (mal 106) (k) Tausendfaches (mal 103)

Milli

v

Mikro

tu) w

(mal 10~ 3 bzw. mal

(m) Tausendstel '

v

(mal 1 0 - 6 bzw. mal

Millionstel

v

9

Millimikro (m/i)Milliardstel Mikromikro (/u/u) Billionstel

1 1000 1

)

1000 000

)

(mal 10" ) (mal 10" 12 )

Längenmaße 1 Kilometer

= 1 km = 1000 m 1 m 1 Zentimeter = 1 cm = 100 1 1 Millimeter = 1 mm = m 1000 1: 1 Mikron = 1u = m 1 000 000 1 m 1 Millimikron = 1 mru = 1 000 000 000 . 1 1 Ansström = 1A = m 6 10 000 000 000 1 X-Einheit

= 1 XE =

1 1000

A

= 10 3 m

= 106 mm

= 10~2 m = 102 mm = 10~ 3 m =10_6m

= 10~ 3 mm = 1 0 ' 4 cm

= 1 0 - 9 m = 10~ e mm = 10" 7 cm = 10~10 m = 10~7 mm = 1 0 ' 8 cm

= 10 13 m

= 10" 10 mm = 10~ n cm

Abkürzungen A A. A As

== Ampère = Einheit der elektrischen Stromstärke, s. S. 2 f= Arteria, Arterie = Angström, Längenmaß, s. o. = Ampèresekunde = Einheit der Elektrizitätsmenge. 1/10oo As = 1 mAs (s. u.). 1 As = 1 C (Coulomb) Alpha(oc)strahlen = Beschleunigte Heliumkerne (Alphateilchen), s. S. 18 a — p = anterior — posterior = Bezeichnung des Strahlenganges, s. S. 136 Beta(/S)strahlen = Beschleunigte Elektronen (negative Elementarteilchen), s. S. 18 C = Coulomb = Einheit der elektrischen Ladung (Elektrizitätsmenge), s.S. 1

XIV

Abkürzungen, Bezeichnungen, Einheiten

= Curie = Einheit der Radioaktivität, s. S. 178 = Geschwindigkeit elektromagnetischer Wellen (Lichtgeschwindigkeit), s. S. 10 cal = kleine Kalorie = Einheit der Wärmemenge, s. S. 4 Cal = große Kalorie = 1000 cal D = Dosis. Strahlendosis, s.S. 175ff. DL = Dosisleistung = Dosis in der Zeiteinheit, s. S. 181 E = Energie, s. S. 4 ED = Einfallsdosis, s. S. 218 esE = Elektrostatische Einheit, Einheit der elektrischen Ladung, s. S. 1 e = Elektrische Elementarladung, s. S. 1 e~ = Elektron, negatives elektrisches Elementarteilchen, s. S. 16 e+ =e Positron, positives elektrisches Elementarteilchen, s. S. 17 eV = Elektronenvolt = Einheit der elektrischen Energie, s. S. 4 erg = Einheit der Energie F = Farad = Einheit der Kapazität, s. S. 1 g = Gramm = Einheit des Gewichts Gamma^Jstrahlen = Energiereiche elektromagnetische Schwingungen, die von radioaktiven Substanzen ausgesandt werden, s. S. 18 G H W S = Gewebshalbwertschicht G H W T = Gewebshalbwerttiefe, s. S. 235 gr = Grammröntgen = Einheit der Raumdosis, s. S. 219 HD = Herddosis, s. S. 219 HED = Hauteinheitsdosis, auch Hauterythemdosis, s. S. 194 HWS = Halbwertschicht, Maß der Durchdxingungsfähigkeit von Strahlen, s. S. 73 HWZ = Halbwertzeit, Maß für den Zerfall radioaktiver Substanzen, s. S. 18 Hz = Hertz = Einheit der Frequenz, s. S. 7 h = PLANcxsche Wirkungskonstante, s. S. 13 h = hora = Stunde I = Intensität, Stromstärke J = Joule = Einheit der Energie, s. S. 4 Lambda (A) = Wellenlänge A0 = Grenzwellenlänge des Röntgenspektrums, s. S. 28 X e ff = effektive oder mittlere Wellenlänge eines Spektrums Lambda (?.) = Zerfallskonstante radioaktiver Substanzen, s. S. 18 mAs = Milliamperesekunden, 1/1000 As, s. S. 179 mCd = Millicuriedetruit, s. S. 179 mCh = Millicuriestunde, s. S. 179 ME = MAOHB-Einheit = Einheit der Radonkonzentration, s. S. 179 MeV = Megaelektronenvolt mgEh = Milligrammelementstunde, s. S. 179 fi = Mikron = Längeneinheit, s. o. ß = Meson = Elementarteilchen, s. S. 17 n = Neutron, s. S. 13, auch Dosiseinheit für Neutronen OD = Oberflächendosis, s. S. 218 O h m ( ß ) = Einheit des elektrischen Widerstandes, s. S. 3 p = Proton = positiv geladenes Elementarteilchen, s. S. 13 p — a = posterior — anterior = Bezeichnung des Strahlenganges, s. S. 136 PTH = Prozentuale Hauttiefendosis, s. S. 235 Q = Elektrische Ladung C c

Geschichtliches

XV

R = Elektrischer Widerstand Rho(e) = Dichte = Masse (m): Volumen (V) = — r = Röntgen = Einheit der Röntgen- und Gammastrahlen, s. S. 177 r/s, r/min, r/h = Einheit der Dosisleistung, s. S. 181 rad = radiation absorbed dose = EinheitderEnergiedosisvonStrahlen,s.S. 178 RBW = Relative biologische Wirksamkeit, s. S. 177 rem = roentgen equivalent man = Dosiseinheit, die die biologische Wirkung von Strahlen berücksichtigt, s. S. 178 rep = roentgen equivalent physical = Dosiseinheit, s. S. 177 rl = Röntgenliter = Einheit der Raumdosis, s. S. 219 S = Schwärzung s. S. 89 StD = Streuzusatzdosis, s. S. 218 s (sec) = Sekunde TD = Tiefendosis, s. S. 219 t = tempus - Zeit U = Spannung V = Volt = Einheit der elektrischen Spannung, s. S. 2 W = W a t t = Einheit der elektrischen Leistung, s. S. 4 Ws = Wattsekunde = Einheit der Energie, s. S. 4 X-Einheit = Längeneinheit, s. o. S. X I I I Z = Ordnungszahl = Kernladungszahl der Elemente Symbole: Halbwellenschaltung direkt ¿^ A A A

mit 1—2 Ventilen Vollweggleichrichtung (4 Ventile)

SSSSSSS2S Drehstromgleichrichtung

Geschichtliches 1858—59

PLÜCKER u n d GEISSLER e n t d e c k e n d i e K a t h o d e n s t r a h l e n .

1869

HITTORF erforscht die Eigenschaften der in GEissLERschen Vakuumröhren erzeugten Kathodenstrahlen. BRAUN weist die Beeinflussung der Kathodenstrahlen in magnetischen und elektrischen Feldern nach. LENARD beobachtet die Schwärzung photographischer Schichten durch Kathodenstrahlen. W. C. RÖNTGEN (geb. 1845 in Lennep), Professor der Physik in Würzburg, entdeckt bei der Arbeit mit Kathodenstrahlenröhren die von ihm X-Strahlen genannten Röntgenstrahlen. 1901 erhält er für diese Entdeckung den Nobel-Preis. BECQUEREL entdeckt die Radioaktivität von Uranerzen. Pierre und Marie CURIE entdecken im Uranerz Pechblende das Radium und das Polonium. Zugleich mit SCHMIDT entdeckten sie anch die Strahlung des Thoriums.

1887 1894

1895

1896

1898

Geschichtliches

XVI 1900

1902 1904 1907 1908

1909 1910 1912

Aufstellung der Quantentheorie durch Max PLANCK. Erste Krebsheilungen durch Röntgenstrahlen (Hautkrebs), veröffentlicht durch SJÖGREN und STENBECK. Dosierungsverfahren von HOLZKNECHT. Kompressionstubusblende von ALBERS-SCHÖNBERG. Kontrastmitteluntersuchungen des Magendarmkanals durch R I E D E R . Einführung der Filterung in die Strahlentherapie durch PERTHES. Strahlentherapie des Gebärmutterkrebses durch KRÖNIG. Einführung der Verstärkerfolien durch GROEDEL und H O R N , der Gleichrichtung durch GROEDEL und SNOOK. Erste Versuche mit der Bewegungsbestrahlung ( K O H L und W E R N E R ) . Röntgenserienaufnahmen durch R I E D E R , GROEDEL, HAENISCH U. a. Einführung des Bariumsulfats als Kontrastmittel durch K R A U S E . Nachweis der Wellennatur der Röntgenstrahlen durch v. L A U E , F R I E D RICH u n d KNIPPING.

1913

gibt die Glühkathodenröhre an. konstruiert die Wabenblende. Versuche zur Konstruktion von Drehanoden durch POHL. Künstliche Umwandlung von Atomen durch RUTHERFORD. Einführung des Strichfokus durch GOETZE. Untersuchungen von R E G A U D über den Zeitfaktor in der Strahlentherapie. Nachweis der Streuerweichung durch COMPTON. RÖNTGEN stirbt in München (10. 2.). Definition der Dosiseinheit „Röntgen" (r) durch BEHNKEN. Drehanodenröhre von BOUWERS. Konstruktion der Flachblende (Siemens-Reiniger). Anregung zum Bau der „unipolaren", geerdeten Körperhöhlenröhre durch SCHÄFER und W I T T E , sowie der Nahbestrahlungsröhre durch CHAOUL. Entwicklung beider Röhrentypen durch ZIMMER und COOLIDGE BUCKY

1914 1917 1918 1919 1922 1923 1924 1929 1930 1931/32

UNGELENK.

1932 1934 1936 1937 1938 ab 1940 1942 ab etwa 1950

1953 1958

Sicherheitsfilm auf Azetylzellulosebasis. Entdeckung der künstlichen Radioaktivität durch JOLIOT. Einführung der Schirmbildphotographie für Reihenuntersuchungen durch DE A B R E U . Schichtuntersuchungsgerät der Fa. Sanitas nach GROSSMANN. Uranspaltung durch H A H N und STRASSMANN. Einführung der künstlichen radioaktiven Isotope in die medizinische Praxis. Erstes Betatron von K E R S T gebaut (theoretisch begründet durch WIDEROE 1928), spätere Konstruktionen durch G U N D und WIDEROE. Einführung der Therapie mit ultraharten Strahlen in die Geschwulstbehandlung. Vervollkommnung der Atomreaktortechnik (Erzeugung radioaktiver Isotope, Forschungs- und Kraftreaktoren). Teilchenbeschleunigungsmaschinen mit Energien bis zu 30 Milliarden Elektronenvolt. Einführung der Dosiseinheit „rad" (Internationaler Radiologenkongreß in Kopenhagen). Erlaß von Strahlenschutzverordnungen in den deutsch. Bundesländern.

I. Elektrizitätslehre Körper mit elektrischen Eigenschaften heißen „elektrisch geladen". E s gibt Ladungen (Q), die sich in ihrer Wirkung aufheben (positive und negative Ladung). Ladungen gleichen Vorzeichens stoßen sich ab, verschiedenen Vorzeichens ziehen sich an. Die hierbei wirksame Kraft ist proportional der Größe der Ladungen und umgekehrt proportional dem Quadrat des Abstandes (r) der Ladungen: Coulombsches Gesetz: P = 3= Q i Q ? Träger der kleinsten, „negativen", elektrischen „Elementarladung" ist ein Elektron; dem entspricht die positive Elementarladung eines Protons (s. S. 13). Einheit der elektrischen Ladung ist das Coulomb. 1 Coulomb (C) = 3- 10® elektrostatische Einheiten (esE) = 6,25-10 1 8 Elementarladungen 1 esE = 3,33 • 10" 1 0 C 1 Elementarladung = 1 , 6 - 10 19 C = 4,8 10" 1 0 esE I n der Umgebung eines geladenen Körpers besteht ein sogenanntes elektrisches oder elektrostatisches Feld, das ebenso wie ein Magnetfeld durch Kraftlinien (Abb. 1) charakterisiert werden kann (elektrische Kraftlinien). Bringt man leitfähige, neutrale Körper in ein elektrisches Feld, werden sie dadurch, daß die Träger der Elektrizität, die Elektronen, den Kraftlinien entsprechend geordnet werden, aufgeladen: Influenz. Die „Influenzladung" besteht nur während der Dauer der Einwirkung des Kraftfeldes, bricht also sofort zusammen, wenn das elektrische Feld verschwindet, bzw. der Körper seinen Wirkungsbereich verläßt. Elektrische Ladungen können in sogenannten Kondensatoren gespeichert werden (Abb. 2). Sie bestehen aus zwei Metallkörpern, die durch eine isolierende Schicht getrennt sind. Die Speicherfähigkeit eines Kondensators („Kapazität") ist abhängig von der Größe der Körper (z. B . der Metallplatten im Plattenkondensator) und ihrem Abstand. S c h i u n g b a u m . Med. S t r a h l e n k u n d e

1

Elektrizitätslehre

2

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Abb. 1. a) Elektrische Kraftlinien e i n e r Ladung und b) z w e i e r Ladungen entgegengesetzter Vorzeichen

Abb. 2. Elektrisches Feld eines Plattenkondensators (Metallplatten entgegengesetzter Ladung)

Elektrisch geladene Körper haben je nach Ladung und Kapazität ein bestimmtes „elektrisches Potential" gegenüber dem Nullpotential der Erde. Zwischen Körpern verschiedener Ladung besteht infolge der Neigung zum Ladungsausgleich ein Gefälle, die sogenannte elektrische Spannung (U). Einheit der elektrischen Spannung ist das Volt. 1 Volt (V) entspricht der Spannung zwischen 2 Punkten, für die die Verschiebung der Ladung 1 Coulomb (C) der Arbeit 1 Joule (J) (s. u.) entspricht. Werden Punkte verschiedener Ladung durch einen Leiter verbunden, beginnt die Elektrizität zu fließen. Sie wird von den Elektronen als den elektrischen Elementarteilchen transportiert. Mit dem Ausgleich der Ladungen hört der Elektronenfluß auf. Die bewegte Ladung wird Strom, die in der Zeiteinheit (sec) durch den Leitungsquerschnitt fließende Elektrizitätsmenge Stromstärke i l = — \ genannt. Einheit der elektrischen Stromstärke ist das Ampère. 1 Ampère (A) entspricht der Stromstärke bei Transport der Ladung 1 Coulomb (C) in 1 sec. Elektrischer Strom kann aus den Polen einer Stromquelle, zwischen denen eine Potentialdifferenz besteht, entnommen werden. Verschiedene Stoffe setzen dem Stromtransport einen unterschiedlichen Widerstand (R) entgegen. Je geringer der Widerstand ist, desto größer ist die Leitfähigkeit. Sie ist abhängig von der Beweglichkeit, bzw. Verschieblichkeit der Elektronen.

Elektrizitätslehre

3

Einheit des elektrischen Widerstandes ist das Ohm. Der W i d e r s t a n d 1 Ohm (Q) ist in einem Leiter wirksam, wenn bei der S p a n n u n g 1 Volt die S t r o m s t ä r k e 1 Ampère fließt. Die gesetzmäßige Abhängigkeit von S p a n n u n g (U), S t r o m s t ä r k e (I) u n d W i d e r s t a n d (R) f i n d e t ihren Ausdruck im Ohmschen Gesetz: I = i L oder U = R

R.I

Das bedeutet, d a ß bei gleichbleibender S p a n n u n g die S t r o m s t ä r k e um so größer ist, je kleiner der W i d e r s t a n d ist. Die besten Leiter, die also den geringsten W i d e r s t a n d haben, sind die Metalle. Stoffe, die die E l e k t r i z i t ä t nicht leiten (Nichtleiter), heißen auch Isolatoren (z. B. Porzellan, Gummi, gereinigtes ö l , Gase). I m leeren R a u m (Vakuum) gibt es keine Leitung. Stoffe, deren Leitfähigkeit zwischen der der Leiter u n d Nichtleiter liegt, heißen Halbleiter. Der W i d e r s t a n d ist nicht n u r vom Material des Leiters abhängig, sondern auch von seiner Länge u n d seinem Querschnitt. E r ist u m so größer, je länger u n d d ü n n e r er ist. Die Energie der fließenden Elektrizität wird teilweise in W ä r m e umgewandelt. Die Strom w ä r m e („Joulesche Wärme'") ist proportional d e m W i d e r s t a n d u n d der t r a n s p o r t i e r t e n L a d u n g . Die Grundbegriffe der Elektrizität (Spannung, Stromleiter, Widerstand) werden anschaulich verdeutlicht d u r c h den Vergleich m i t der W a s s e r k r a f t (Abb. 3). Wasserbehälter,

®

® -Gefälle =Spannung

Wassermenge /sec "Stromstärke \Einheit * Ampère

(A)\

T, T Steckdose _

\iinheit=m(V)\

Leìtungswìderstond (Abhängig v. Länge u. Querschnitt der Leitung) Lampe

Hutzwiderstand \Einheit

-OhmfM

Abb. 3. Schematische Gegenüberstellung der Grundbegriffe der Elektrizität und der entsprechenden Größen der Wasserkraft 1*

Elektrizitätslehre

4

Das Maß der von einer Stromquelle zu leistenden Arbeit ist abhängig von der Größe der Ladung (Q) und der Spannung (U), d. h. also von der elektrischen Energie (E). E = Q.U Einheit der elektrischen Energie bzw. der Stromarbeit ist das Joule oder die Wattsekunde. 1 Joule (J) = 1 Wattsekunde (Ws) entspricht der Arbeit, die eine Ladung 1 Coloumb (oder ein Strom der Stärke 1 Ampère in 1 sec) bei der Spannung 1 Volt liefert. Praktische Einheit ist die Kilowattstunde : 1 Kilowattstunde (kWh) = 3600-1000 J (Ws) Elementareinheit ist das Elektronenvolt : 1 Elektronenvolt (eV) = 1,6. IO" 19 J 1 eV entspricht der Energie eines Elektrons in einem elektrischen Feld mit der Spannung 1 Volt. Die elektrische Leistung (L) ist die in der Zeiteinheit (sec) geleistete Arbeit

Einheit der elektrischen Leistung ist das W a t t . 1 W a t t (W) ist die Leistung eines Stromes der Stärke 1 Ampère bei der Spannung 1 Volt. 1000 W a t t = 1 Kilowatt (kW). Die entstehende Wärme wird gemessen in Kalorien (1 cal erwärmt 1 g Wasser von 14,5 auf 15,5°, 100 cal = 1 Cal). Das sogenannte elektrische Wärmeäquivalent gibt an, welche elektrische Energie einer bestimmten Wärmemenge gleichwertig ist: 1 J = 1 Ws 1 cal 1 Cal

0,24 cal 4,19 J 1,16 W h (Wattstunde)

Bei kleinem Leitungswiderstand ist auch die in der Leitung erzeugte Wärme (Wärmeverlust!) gering. I n einem „Nutzwiderstand" (z. B. Heizfaden einer Kochplatte) sind Widerstand und Wärmeerzeugung groß.

Elektrizitätslehre

5

Die Entstehung der Strom wärme wird auch zur „Sicherung" von Stromkreisen verwandt. Ein in die Leitung eingeschalteter dünner D r a h t mit hohem Widerstand schmilzt bei Überlastung (z. B. infolge von Kurzschluß), da bei großer Stromstärke hohe Hitzegrade erzeugt werden (Schmelzsicherung). Ein elektrischer Strom fließt nur in einem geschlossenen „Stromkreis". Wird die Leitung durch einen Schalter unterbrochen, kommt der Elektronenfluß zum Stillstand, der Strom hört auf zu fließen. I n wäßrigen Lösungen von Elektrolyten (z. B. Salzen) k o m m t es bei Durchleitung eines elektrischen Stromes zur „Elektrolyse", die Lösung „dissoziiert", d. h. aus neutralen Molekülen (z. B. Kochsalz = NaCl) entstehen geladene Teilchen: Ionen (Na - und Cl~). Die infolge Überschusses von 1 Elektron elektrisch negativen Teilchen („Anionen", z. B. das Chlor-Anion) wandern zur Anode, die infolge Verlusts von 1 Elektron positiven „Kationen" zur Kathode. Bei Absaugen der überschüssigen Elektronen, d. h. Abnahme von Strom, entstehen wieder neutrale Atome (z.B. das Chloratom, oder in Silbernitratlösungen das Silberatom). Sie werden aus- bzw. abgeschieden (Chlorbläschen, metallisches Silber). Die Kationen reagieren mit dem Wasser (aus Natriumkationen wird Natronlauge). Beim Fließen eines Stromes durch den lebenden Organismus k o m m t es gleichfalls zur Elektrolyse und zur Wärmeentstehung. Die im Körper entstehende elektrische Stromwärme kann therapeutisch ausgenützt werden (s. S. 261 ff.). Große Stromstärken sind (auch bei mittlerer Spannung, wie der Netzspannung) gefährlich. Der Tod durch Einwirkung des elektrischen Stromes ist Folge einer Herzschädigung (Kammerflimmern). Erste Maßnahme bei Stromunfällen: Stromquelle abschalten!!!. I n der Umgebung eines fließenden Stromes entsteht ein Magnetfeld. Bestimmte, in das magnetische Feld eines elektrischen Leiters gebrachte Stoffe (z. B. Eisen) werden magnetisch. Bei Sistieren des Stromes bricht das Magnetfeld bzw. der Magnetismus des Eisens (Eisenkern eines „Elektromagneten") zusammen. Der Magnetismus ist proportional der Stromstärke und umgekehrt proportional dem Abstand von dem elektrischen Leiter. Durch übereinander gelegte Windungen (Spule) wird der Magnetismus eines in diese Spule gebrachten Eisenkernes verstärkt: Prinzip des Elektromagneten (Abb. 4). Elektromagneten werden zur Steuerung von Starkstrom führenden Stromkreisen durch kleine Ströme bzw. zum Schluß elektrischer K o n t a k t e verwandt. Derartige Vorrichtungen heißen elektrische Relais. I n der Röntgentechnik werden die Schaltungen am Schalttisch über ein „Schaltschütz" (Abb. 5) auf den Stromkreis übertragen. Sein Prinzip besteht darin, daß durch einen schwachen Strom ein Elektromagnet betätigt wird. Sein K e r n zieht einen Anker an. Dadurch wird ein K o n t a k t und damit ein Stromkreis geschlossen.

Elektrizitätslehre

6

Auch elektrische Meßinstrumente arbeiten meist nach dem Prinzip des Elektromagnetismus (Drehspul- oder Weicheiseninstrumente). Die durch magnetische Kraft erzeugte Bewegung wird auf ein Zeigersystem übertragen. Manche Meßinstrumente, besonders bei Kurzzeitschaltungen an Apparaten, messen nicht die Stromstärke, sondern die gesamte transportierte Elektrizitätsmenge (Milliamperesekundenmesser). Strommesser werden in den Stromkreis eingeschaltet. Spannungsmessungen sind bei bekanntem Widerstand und gemessener Stromstärke mit Hilfe einer in * Hochspannung

Abb. 4

Abb. 5

Abb. 4. Prinzip des Elektromagneten Abb. 5. Schema eines Schaltschützes. Durch Schließen des (linksgelegenen) Schwachstromkreises wird der dem Elektromagneten gegenüber gelegene Anker angezogen und damit der Kontakt im Starkstrom- bzw. Hochspannungsstromkreis geschlossen

Volt geeichten Skala möglich. Elektrometer benutzen die anziehende bzw. die abstoßende Kraft der geladenen Leiter für die Messung und Anzeige. Der Hitzedrahtstrommesser gibt bei zunehmender Erwärmung dadurch, daß sich ein Draht verlängert, eine Feder frei. Durch Übertragung auf eine Anzeigevorrichtung wird die Messung ermöglicht. Hochspannungen können direkt durch die sogenannte Kugelfunkenstrecke gemessen werden. An zwei Kugeln bestimmten Durchmessers wird eine Hochspannung angelegt. Sie werden einander genähert, bis ein Funke überspringt. Aus einer Tabelle kann dann je nach Entfernung und Kugeldurchmesser die Spannung oder bei nicht konstanter Spannung die Spannungsspitze ermittelt werden. Bei Änderung eines Magnetfeldes (periodischer Auf- und Abbau durch pulsierenden Strom in einem Elektromagneten oder auch räumliche Bewegung) entsteht in einem Leiter, der im magnetischen Kraftfeld liegt, ein elektrischer Strom: elektromagnetische Induktion. Der Induktionsstrom fließt nur, solange das magnetische Kraftfeld vorhanden ist. Die Stromstärke ist von dem Wechsel des Magnetfeldes abhängig. Auf der elektromagnetischen Induktion beruht das Prinzip der Spannungstransformation. Ein Transformator (Umspanner, Trafo) besteht aus einem

Elektrizitätslehre

7

Eisenkern, auf den 2 Spulen verschiedener Windungszahl gewickelt sind (Abb. 6). Fließt durch die Primärspule ein ungleichmäßiger, wechselnder Strom (Wechselstrom), ändert sich damit auch das Magnetfeld. Es wird ein Induktionsstrom in der Sekundärspule erzeugt. Die Spannung in der Sekundärentwicklung ist abhängig von dem Verhältnis der Wicklungszahl in beiden Spulen. Bei höherer Wicklungszahl in der Sekundärspule wird die Spannung entsprechend höher, im umgekehrten Fall entsprechend niedriger. Entscheidend für die Spannungstransformierung ist I

Abb. 6. Prinzip des Spannungstransformators

Abb. 7. Sinuskurve des technischen Wechselstroms. Is Scheitelwert, leg Effektivwert ( = 0,7 Is) des Stromes

also das „Übersetzungsverhältnis". Da bei kleinem Widerstand, also annäherndverlustloser Übertragung der elektrischen Energie, die elektrische Leistung (Produkt aus Spannung und Stromstärke: L = U-I) gleichbleibt (s. S. 4), wird bei Hochtransformieren der Spannung die Stromstärke entsprechend kleiner und umgekehrt bei Heruntertransformieren der Spannung größer. Beide Möglichkeiten werden in Röntgenapparaten benutzt (s.S. 38ff.). Nur ein wechselnder Strom, dessen magnetisches Kraftfeld sich ständig ändert, kann transformiert werden. Der in Deutschland übliche Wechselstrom verläuft wellenförmig in Form einer Sinuskurve (Abb. 7). In der Sekunde werden 50 Perioden (T) durchlaufen. Die sogenannte „Frequenz" ist also 50/sec. Die Länge einer Periode (Wellenberg und Wellental) ist die Wellenlänge (A). Einheit der Schwingungsfrequenz ist das Hertz. 1 Hertz (Hz) = 1 Schwingungsperiode/sec. Der sich ständig ändernde Strom besitzt einen Scheitelwert (Amplitude der Sinusschwingung). Hier liegt der Maximalwert. Als wirksamer oder „Effektivwert" wird derjenige Wert angesehen, der als Gleichstrom gleiche Arbeit leisten würde. Bei sinusförmigem Verlauf beträgt der Effektiv wert etwa 0,7 des Scheitelwertes.

8

Elektrizitätslehre

Wechselströme, deren Null- und Scheitelwerte zeitlich übereinstimmen, heißen phasengleich, andernfalls spricht m a n von einer Phasenverschiebung. Verschiebungen der Phasen von Spannung und Strom werden durch Einschalten von Spulen (Verzögerung des Stromes gegenüber der Spannung infolge dem des Strom entgegengesetzten „Selbstinduktionsstromes" der Spule) oder Kondensatoren (Vorauseilen des Stromes durch stärkste Entladung des Kondensators im Nullwert der Spannung) erzeugt. I n beiden Fällen beträgt die Phasenverschiebung im

Abb. 8 Verlauf der 3 Phasen des Drehstroms

Abb. 9 Prinzip des Wechselstromgenerators

Höchstfall % Periode. Durch Phasenverschiebung mittels eines Kondensators k a n n ein magnetisches Drehfeld erzeugt werden. Zwei kreuzförmig angeordnete Spulenpaare sind so an die gleiche Spannungsquelle angeschlossen, daß das eine Paar den Strom über einen eingeschalteten Kondensator erhält. Infolge der Phasenverschiebung wird ein in der Mitte dieser Spulenanordnung, des sogenannten „Stators", angebrachter Metallzylinder in Drehung (Rotation) versetzt, da das wirksame Magnetfeld auch rotiert. Dieser sogenannte „Rotor" stellt das wirksame Prinzip des Elektromotors, wie es auch in Röntenanlagen angewandt wird (Drehanode, s. S. 30) dar. I n der Technik wird heute vielfach ein dreiphasiger Strom verwandt, bei dem also jede Phase um % Periode gegen die anderen Perioden verschoben ist (Abb. 8). Der resultierende Drehstrom, der 4 Leitungen, nämlich für jede Phase eine Zuleitung und eine gemeinsame Ableitung, erfordert, spielt auch in der Röntgentechnik eine große Rolle (Drehstromapparate, s. S. 41). Elektrische Spannung und damit die Möglichkeit, elektrischen Strom zu gewinnen, erhält m a n durch 1. chemische Umsetzungen aus galvanischen Elementen bzw. Akkumulatoren, die aus zwei Leitern (Elektroden) u n d einem Elektrolyt (s. S. 5) bestehen.

Elektrizitätalehre

9

2. Generatoren. Ein Anker mit Spulenwicklung (Rotor) wird in einem elektrischen Magnetfeld (Stator) von einem Motor, auch Elektromotor oder einer Turbine, gedreht. Der in dem Rotor entstehende Induktionsstrom kann an der rotierenden Achse durch Schleifringe abgenommen werden (Abb. 9). Wird ein Gleichstromelektromotor als Antrieb des Rotors benutzt, wird durch den Generator der Gleichstrom in den an der Rotorachse abnehmbaren Wechselstrom umgeformt. Bei Drehstromgeneratoren trägt der Anker drei um 120° gegeneinander gedrehte Spulensysteme.

II. Allgemeine Strahlenkunde Strahlen sind eine besondere Energieform, die sich im R a u m ausbreitet. Die uns bekannten Strahlen lassen sich in 2 große Gruppen einordnen: 1. Elektromagnetische Wellen 2. Korpuskularstrahlen

A. Elektromagnetische Wellen (Schwingungen) Die elektromagnetischen Wellen bzw. Strahlen lassen sich, ähnlich wie der elektrische Wechselstrom, als sinusförmige Kurve darstellen. Sie entstehen bei Änderung elektrischer Felder, z. B. bei periodischer Bewegung (Schwingung) elektrischer Ladungen. Sie breiten sich mit einer Geschwindigkeit (c) von 300000 km/sec aus. Diese Geschwindigkeit ist seit langem als Lichtgeschwindigkeit bekannt. Auch das sichtbare Licht h a t Wellennatur, wie NEWTON im Gegensatz zu HUYGENS, der die korpuskulare N a t u r des Lichts annahm, beweisen konnte. Eine elektromagnetische Strahlung ist charakterisiert durch die Wellenlänge (A), die Schwingungshöhe oder Amplitude, sowie die Zahl der Perioden in der Zeiteinheit (sec) oder Frequenz (v). Bei gleicher Geschwindigkeit (s. o.) sind Wellenlänge und Frequenz reziproke W e r t e : ,„ , c(km/sec) , , /(km) = ,„„. , oder c = / • v K ' r(MHz) Die moderne Physik h a t nachweisen können, daß die Ausbreitung der elektromagnetischen Wellen nicht gleichmäßig ei folgt, sondern daß die Energie in kleinen Portionen, sogenannten Energiequanten, abgestrahlt wird. Man spricht deswegen auch von Quantenstrahlen. Träger der Lichtenergie sind die „Lichtquanten", der Röntgenstrahlenenergie die „Röntgenquanten", der Gammastrahlenenergie die „Gammaquanten". Die Quanten werden auch als Photonen bezeichnet.

Elektromagnetische Wellen

11

Tab. 1. Das Spektrum der elektromagnetischen Wellen Erz eugungsweise

Energie des Einzelquants

Nachweismittel physikalisch

technisch

1,24 • 10- 1 0 eV 1,24 • 1 0 - '



1,24 • 1 0 - 8



1,24 * 10- 7



8



1,24 * 10~ 6



1,24 • 10- 4



1,24 • 1 0 -

1,24 • 10-»



1,24 • 10- 2



1,24 12,4

124 keV

12,4 124 1,24 12,4 124

wegung elek-

MeV

Funkensender;

trischer Ladung (elektrische

Röhrensender

Schwingungen)

Übergang angeregter Atome od. Moleküle in den Grundzustand oder einen weniger angeregten Zustand, wobei nur äußere Elektronen beteiligt sind

0,124

1,24

Periodische Be-

Erhitzung fester und flüssiger Körper (Wärmestrahler, Glühlampen usw.)

Nachweis der in einem Leiter induzierten Ströme mittels Strommesser oder Glühlampe usw.; oder Nachweis des elektrischen Wechselfeldes mittels Spannungsmesser oder Glimmlampe usw.

Temperaturmessung mit Thermosäule od. Bolometer; Farbumschlag bestimmter Substanzen

Glühlampen; Gasentladungsröhren; Lumineszenzstrahler Auge; Photozelle; Film Photozelle; Film; LeuchtElektrische Entladungen in schirm; Lichtzählrohr; EiGasen (z. B. Quecksilber- weißzerfall; H a u t e r y t h e m ; dampflampen) ; Lichtbogen Pigment bildung; Ozonbildung

1. Übergang angeregter Atome in den Grundzustand bei BeRöntgenröhren; teiligung innerer Elektronen: natürlich vorkommende Charakteristische Strahlung; und künstlich hergestellte 2. Abbremsung schneller Elekradioaktive Elemente; tronen an Atomkernen : Betatron Bremsstrahlung; 3. Zerfall von Atomkernen: Gammastrahlung

Auge; Film; Leuchtschirm; Ionisationskammer; Zählrohr; Szintillationszähler; Leitfähigkeitsänderung in Kristallen; Farbumschlag; bestimmte Substanzen u. andere chemische Reaktionen; Hauterythem; Abtötung von DrosophilaEiern; Auslösung von Mutationen u. andere biologische Reaktionen

Nach SCHOEN-BUNDE: Medizinische Röntgentechnik, Band I I , 2. Auflage, Georg-Thieme-Verlag, S t u t t g a r t 1957

12

Allgemeine Strahlenkunde Tab. 1. (Fortsetzung)

Verwendung

Benennung

Wellenlänge

Lange Wellen .1 wellen

-500 300

Kurz-

-50 30

MittelDiathermie Kurzwellentherapie

km = 1000

m — 10 a = 10 1

=

10*

wellen _1

m = 1000111111:

_1

cm

_l

inm-lOOOp

: 10®

-0,5 0,3 Ultrakurzwellen -0,5 0,3

Wärme(InfraInfrarottherapie und -photographie Lichttherapie >2

rot-)

-0,5 0,3 -50 30

Strahlen

Sichtb. L i c h t Ultraviolette Strahlen

Grenz-

.100 ß .10

_1 -500 300 .100 -50 30 .10 -50 30 .1

/i

fi

-- 1000 mpt

m/x = 1000A

Grenzstrahltherapie

e

Röntgendiagnostik u. Oberflächentherapie Tiefentherapie

Radiumtherapie und Therapie mit ultraharten Röntgenstrahlen

_l Röntgenstrahlen

Gammaund ultraharte Röntgenstrahlen

-0,5 0,3

A

in//

A

_0,1 A

-0,05 0,03 .0,01,4

-0,5 0,3

=

10"

=

1 0 - '

niii = 100 A

strahlen

% g

=10"

= l1000 X E

= 1 0 -

=100

XE=10"

=10

X E = 10-

.1

XE

= 10_

_0,1

XE

=

10-

Korpuskularstrahlen

Nach der von P L A N C K begründeten „Quantentheorie" Energie (E) jroportional der Frequenz (v): E =

13 ist

die

h.v

h ist dabei eine Konstante (sogenannte PLANCKsehe Wirkungskonstante). Da also auch die elektromagnetische Wellenstrahlung aus (Energie-) „Teilchen" besteht, k a n n die scharfe Trennung der klassischen Physik in Wellenstrahlung und Korpuskularstrahlung nicht ganz aufrecht erhalten werden. Eine Übersicht über die elektromagnetischen Wellen gibt Tabelle 1. Zum Spektrum der elektromagnetischen Wellen gehören also vor allem die sichtbaren Lichtstrahlen mit dem Ultraviolett und der ultraroten Wärmestrahlung, die Röntgen- und Gammastrahlen. Eine außerordentlich wichtige Grenze bezüglich der biologischen Wirkung stellt die Energie von 32 bis 34 Elektronenvolt dar, da Strahlen mit dieser Mindestenergie Materie ionisieren können, d. h. daß die auftreffenden Quanten Elektronen aus den elektrisch ungeladenen Atomen herauslösen und diese damit elektrisch geladen werden (bei Herauslösen eines Elektrons elektrisch negativ, bei Anlagerung eines Elektrons an ein Atom elektrisch positiv). Die aufgeladenen Atome heißen Ionen.

B. Korpuskularstrahlen Die Kofpuskularstrahlen (Materie- oder Teilchenstrahlung) bestehen aus kleinsten Teilchen, nämlich den Bauelementen der Atome. 1. Atomphysik Atome sind die Bausteine aller Stoffe, der „Materie". I m Gegensatz zur ursprünglichen Auffassung, nach der sie als unteilbar angesehen wurden — Atom, ein aus der altgriechischen Sprache abgeleitetes Wort, bedeutet unzerschneidbar = unteilbar —, bestehen sie aus Elementarteilchen, deren quantitative Zusammensetzung ihre physikalischen u n d chemischen, also qualitativen Eigenschaften bedingt. Nach der heute noch gültigen Modellvorstellung, die in erster Linie auf den dänischen Physiker N I E L S B O H R zurückgeht (BoHRsdies Atommodell) bestehen sie aus einem Kern und einer Hülle, ähnlich wie unser Planetensystem aus der Sonne und den sie umkreisenden Planeten. Die Masse eines Atoms wird repräsentiert durch den Atomkern. E r ist positiv elektrisch geladen. Atomkerne bestehen im wesentlichen aus 2 Elementarteilchen, den Protonen (p) und den Neutronen (n). 1 Proton h a t die Masse 1,67 -10~ 24 g und ist identisch mit dem Wasserstoffkern. E s ist Träger positiver elek-

14

Allgemeine Strahlenkunde Tab. 2. Periodisches System der Elemente

\

Gruppe

1

II b

a

Period

III

a

b

0

1 H Wasserstoff 1,0

1

3 Li Lithium 6,9

4 Be Beryllium 9,0

2

11 Na Natrium 23,0

12 Mg Magnesium 24,3

19 K Kalium 39,1

20 Ca Calcium 40,1

3

4

5

6

Gruppenbenennung

29 Cu Kupfer 63,5 37 IIb Rubidium 85,5

55 Cs Caesium 132,9

a

a

13 AI Aluminium 27,0

14 Si Silicium 28,1

15 P Phosphor 31,0

31 Ga Gallium «9,7

48 Cd Cadmium 112,4

22 Ti Titan 47,9

23 V Vanadium 51,0

32 Ge Germanium 72,6 40 Zr Zirkon 91,2

49 In Indium 114,8 57-71 Seit. Erden

33 As Arsen 74,9 41 Nb Niob 92,9

50 Sn Zinn 118,7

51 Sb Antimon 121,8 73 T a Tantal 180,9

72 Hf Hafnium 178,6 82 P b Blei 207,2

81 T1 Thallium 204,4

80 Hg Quecksilber 200,«

79 Au Gold 197,2

b

7 N Stickstoff 14,0

39 Y Yttrium 88,9

56 B a Barium 137,4

a

6 C Kohlenstoff 12,0

21 Sc Scandium 45,1

38 Sr Strontium 87,6

V

b

5 B Bor 10,8

30 Zn Zink 65,4

47 Ag Silber 107,9

IV

b

83 B i Wismut 209,0

87 F r * Francium 223

88 R a Radium 226,1

89 Th Actinium 227

90 Th Thorium 232,1

91 P a Protactinium 231

Alkalimetalle Kupfergruppe

Erdalkalimetalle Zinkgruppe

Scandiumgruppe Aluminiumgruppe

Titangruppe Kohlenstoffgruppe

Vanadiumgruppe Stickstoffgruppe

Seltene Erden: 57 La Lanthan 138,9

58 Cc Cer 140,1

59 Pr Praseodym 140,9

60 Nd Neodym 144,3

61 P m * Promethium 146

62 Sm Samarium 150,4

63 E u Europium 152,0

Transurane** : 93 Np* Neptunium 237

94 Pu Plutonium 239

95 Am* Americium 241

96 Cm* Curium 242

97 B k * Berkelium 243

98 Cf* Californium 244

Nach RUMP: Elektromedizin und Strahlenkunde, Urban u. Schwarzenberg, München-Berlin 1954

Korpuskularstrahlen

15

Tab. 2. (Fortsetzung) VI

VII

b

a

b

a

Anzahl 1 Name der 1 äußersten Elektronenschalen

0

VIII

2 He Helium 4,0

1

K-Schale

8 0 Sauerstoff 16,0

9 F Fluor 19,0

10 Ne Neon 20,2

2

L-Schale

16 S Schwefel 32,1

17 C1 Chlor 35,5

18 A Argon 39,9

3

M-Schale

4

N-Schale

5

O-Schale

6

P-Schale

7

Q-Schale

24 Cr Chrom 52,0

26 Fe Eisen 55,9

25 Mn Mangan 54,9 34 Se Selen 79,0

42 Mo Molybdän 96,0

43 Tc» Technetium 99

Chromgruppe Sauerstoffgruppe

36 Kr Krypton 83,7 44 Ru 45 R h 46 Pd Ruthenium Rhodium Palladium 101,7 102,9 106,7 54 X Xenon 131,3

53 J Jod 126,9 75 Re Rhenium 186,3

84 Po Polonium 210 92 U Uran 238,1

28 Ni Nickel 58,7

35 Br Brom 79,9

52 Te Tellur 127,6 74 W Wolfram 183,9

27 Co Kobalt 58,9

76 Os Osmium 190,2

77 Ir Iridium 193,1

78 P t Platin 195,2 86 Rn Radon 222

85 At* Astatin 211 93-98 Transurane Mangangruppe Halogene

64 Gd 65 Tb Gadolinium Terbium 156,9 159,2

a Hauptgruppe

Eirengruppe und Platingruppe

66 Dy Dysprosium 162,5

68 Er I 67 Ho I Holmium Erbium 164,9 167,2

Edelgase

69 Tm Thulium 169,4

70 Yb Ytterbium 173,0

71 Lu Lutetium 175

b Nebengruppe

* Künstlich hergestellt. ** Die Transurane zusammen mit den Elementen 89 bis 92 gehören wahrscheinlich als Actiniden in die Rubrik des Actiniums, ebenso wie die seltenen Erden als Lanthaniden in die Rubrik des I.anthans gehören.

16

Allgemeine Strahlenkunde

trischer Ladung, die genau so groß ist wie die eines Elektrons (1,6 • 10~19 Coul. s. S. 1). I n der Natur kommen Stoffe, „Elemente", vor, die in ihrem Kern 1 bis 92 Protonen enthalten. Die Protonenzahl, die auch der Zahl der elektrischen Elementarladungen entspricht, wird als Kernladungszahl (Z) oder auch als Ordnungszahl bezeichnet. Nach dieser Zahl erfolgt die Ordnung im sogenannten periodischen System (Tab. 2) der Elemente ( M E N D E L E J E W und LOTHAR M E Y E R , 1 8 6 9 ) . Die Ordnungszahl charakterisiert die chemischen Eigenschaften eines Elements. Über die Kernladungszahl 92 (Uran) hinaus gibt es noch künstlich hergestellte, in der Natur nicht vorkommende Elemente, die sogenannten Transurane (Plutonium, Americium u. a.). Das zweite Elementarteilchen des Atomkernes ist elektrisch neutral. Es heißt deshalb auch Neutron (1930 B O T H E und B E C K E R , CHADWICK). Seine Masse entspricht der des Protons, seine Ladung ist 0. Die Atomkerne enthalten Neutronen verschiedener Zahl. Auch Atome gleicher Ordnungszahl können mehr oder weniger Neutronen enthalten. Trotzdem stehen sie an der gleichen Stelle des periodischen Systems, sie sind „Isotope" (isotop = altgriechisch am gleichen Ort stehend) und haben gleiche chemische Eigenschaften. So gibt es neben dem normalen Wasserstoff sein Isotop Deuterium (schwerer Wasserstoff), dessen Kern (Deuteron) 1 Proton und 1 Neutron enthält (in der Natur etwa 1:7000). Das Atomgewicht beruht auf der Anzahl der im Atomkern vorhandenen Protonen und Neutronen. Es entspricht also der Zahl, um die ein Atom schwerer ist als das Wasserstoffatom (als genauerer Bezugswert wird 1 / 16 des Sauerstoffatoms angenommen). Die nicht geradzahligen Atomgewichte ergeben sich infolge der Zusammensetzung der Elemente aus verschiedenen natürlichen Isotopen. Die Neutronenzahl entspricht bei den leichten Elementen etwa der Protonenzahl, bei den schweren Elementen überwiegt sie die Zahl der Protonen (z.B. beim Uran 92 Protonen und 144 bis 147 Neutronen). Der Durchmesser des Atomkernes beträgt etwa 10~12 cm. Schwere Atomkerne sind etwas größer. Um den Kern kreisen Elektronen: negativ geladene elektrische Elementarteilchen. Der Durchmesser des Gesamtatoms ist etwa 10~8 cm ( = 1 Ä). Die Masse der Elektronen ist gegenüber der der Kerne verschwindend gering (etwas mehr als 1/2ooo)- Die Zahl der den Kern einhüllenden „Hüllenelektronen" entspricht bei den neutralen Atomen der Kernladungszahl. Die Elektronen kreisen in bestimmten Bahnen oder Schalen (von innen nach außen K, L, M, N, 0 , P, Q-Schale) um den Kern. Jede Schale kann nur eine bestimmte Elektronenzahl aufnehmen. Sind die Schalen von innen nach außen entsprechend der Kernladungszahl aufgefüllt, befindet sich das Atom in seinem Grundoder Ruhezustand. Wird durch von außen zugeführte Energie ein Elektron auf eine höhere Schale gehoben, entsteht ein Energiezuwachs, der unter bestimmten Bedingungen wieder abgegeben werden kann. Diesen

Korpuskularstrahlen

17

Vorgang nennt man auch „Anregung". Die mit der Rückkehr in den Ruhezustand verbundene Energieabgabe erfolgt meist in Form einer elektromagnetischen Strahlung (s. S. 10). Umgekehrt kann die Energie einer elektromagnetischen Welle nstrahlung die Anregung eines Atoms verursachen. Bei Zufuhr höherer Energie besteht die Möglichkeit, daß ein Elektron aus einem Atomverband herausgelöst wird. Das Gleichgewicht zwischen Kernladung und Elektronenschale ist damit gestört, das Atom ist entsprechend dem Verlust einer negativen Elementarladung einfach positiv geladen. Dieser Vorgang heißt Ionisation, das geladene Atom Ion. Die Mindestenergie, die einen Ionisationsvorgang auslösen kann, beträgt etwa 32 bis 34 Elektronenvolt (s. S. 13). Wird der Ionisationsvorgang durch elektromagnetische Wellen ausgelöst (Absorption von 1 Photon) spricht man auch von Photoeffekt (s. S. 67). Die Elementarteilchen des Kernes können sich unter bestimmten Bedingungen ineinander umwandeln. Ein Neutron kann eine negative Ladung abgeben und ein Elektron,ein sogenanntes Betateilchen (e - ), abstrahlen. Bei diesem „Betazerfall" (s. S. 19) wird es in ein Proton mit positiver Ladung umgewandelt (Verlust einer negativen Ladung!). Umgekehrt kann ein Proton eine positive Elementarladung als Positron (s.u.) abgeben, wodurch ein Neutron entsteht. Im ersten Fall resultiert ein Element das bei gleichem Atomgewicht eine um 1 höhere Ordnungszahl hat und damit seine Stellung im periodischen System der Elemente ändert. Das Atom ist umgewandelt, ein Element ist in ein anderes Element überführt. I m zweiten Fall entsteht ein Element mit einer um 1 verminderten Ordnungszahl. Kernphysikalische Überlegungen und Untersuchungen führten zur Entdeckung weiterer Elementarteilchen: das positive elektrische Elementarteilchen, das sogenannte Positron (e + ), mit der Masse eines Elektrons und einer elektrischen positiven Elementarladung wurde 1932 ( A n d e r s o n ) in der Höhenstrahlung entdeckt und später auch bei Kernzerfallsvorgängen nachgewiesen (s. S. 22). Untersuchungen der Höhenstrahlung durch Y t j k a w a führten 1938 zur Entdeckung des Mesons (a). E s kann elektrisch negativ und positiv sein. Seine Masse entspricht der von 150 bis 200 Elektronen (schweres Elektron). Schließlich wurde noch auf Grund der Tatsache, daß beim Betazerfall eines Atoms ein Energiedefizit entsteht, das sogenannte Neutrino „errechnet". E s hat keine Ladung und sicher nur eine geringe Masse. 2. Radioaktivität Der gesetzmäßige, autonom ablaufende Zerfall von Atomkernen, bei dem es zur Aussendung von Strahlen kommt, heißt Radioaktivität. S c h i u n g b a u m , Med

Strahlenkunde

2

18

Allgemeine Strahlenkunde

Radioaktive Substanzen kommen in der Natur vor. Man denke dabei an die Entdeckung der Radioaktivität und des Radiums durch B e c q u e r e l und das Ehepaar Cttbie 1896 und 1898. a) N a t ü r l i c h e R a d i o a k t i v i t ä t Es gibt 3 Zerfallsreihen, die Uran-Radium-, die Thorium- und die Aktiniumreihe, von denen die beiden ersten medizinische Bedeutung haben. Der Atomzerfall erfolgt gleichmäßig, so daß in der Zeiteinheit stets der gleiche Anteil der vorhandenen Atome umgewandelt wird. Die Aktivität, d. h. die pro Sekunde ausgesandte Strahlenmenge, wird langsam geringer, ohne daß je der Wert 0 erreicht wird. Der Zerfallsrhythmus der radioaktiven Elemente wird charakterisiert durch die Halbwertzeit. Die (physikalische) Halbwertzeit (HWZ) ist die Zeit, in der die Aktivität eines radioaktiven Elements auf die Hälfte absinkt. Die Halbwertzeit kann errechnet werden aus der sogenannten Zerfallskonstante (A), d. h. dem pro Sekunde zerfallenden Anteil des radioaktiven Stoffes:

Die mittlere Lebensdauer ist die Zeit, in der ein Element bei gleichbleibender Strahlung vollkommen zerfallen wäre: HWZ Mittlere Lebensdauer = — — = HWZ • 1,44 0,693 Die gesamte Strahlenmenge, die ein Stoff ausstrahlt, ist gleich Aktivit ä t x mittlerer Lebensdauer. Die Halbwertzeiten radioaktiver Substanzen reichen von Bruchteilen von Sekunden bis zu mehreren tausend Jahren. Das Endprodukt der natürlichen Zerfallsreihen ist das Blei. Die natürlichen radioaktiven Elemente senden drei Strahlenarten aus, die auf Grund ihres Verhaltens im magnetischen und elektrischen Feld getrennt werden können (Abb. 10): 1. Alphastrahlen. Sie bestehen aus Heliumkernen, d. h. 2 Protonen und 2 Neutronen, sind also Träger von 2 positiven Ladungen. 2. Betastrahlen. Sie bestehen aus negativen Elektronen, sind also Träger einer negativen Ladung. 3. Gammastrahlen. Sie sind Quantenstrahlen großer Energie bzw. Härte, sie sind also harte Röntgenstrahlen.

Korpuskularstrahlen

19

Bei Aussendung eines Alphateilchens entsteht ein Element mit einer um 2 niedrigeren Ordnungszahl und einem um 4 niedrigeren Atomgewicht. Bei Aussendung eines Betateilchens (s. Betazerfall) entsteht ein Element gleichen Atomgewichts, aber einer um 1 höheren Ordnungszahl. Bei der mit Aussendung von Beta- und Gammastrahlen verbundenen Aussendung eines Gammaquants, die auf der inneren Umordnung des Atoms beruht, bleiben Ordnungszahl und Atomgewicht unverändert. Die wichtigsten Daten der Uranund Thoriumreihe zeigt Tabelle 3. E s gibt noch andere in der Natur vorkommende radioaktive Substanzen. Erwähnt sei vor allem das Kalium (K 40), der wichtigste Träger der Körpereigenstrahlung (s. S. 200). Neue Möglichkeiten wurden auch für die Medizin durch die Erfolge der modernen experimentellen Physik eröffnet: es gelang, inaktive Elemente durch Beschießen mit Elementarteil- Abb. 10. Gegensinnige chen (Korpuskularstrahlen) künstlich radioaktiv Ablenkung der Alphaz u m a c h e n (JOLIOT 1934).

b) K ü n s t l i c h e R a d i o a k t i v i t ä t

und Betastrahlen eines in einemBleiblock liegenden Radiumpräparates im elektrischen oder magnetischen Feld. Die Gammastrahlen bleiben unbeeinflußt

Technisch werden künstlich radioaktive Isotope der normalen Elemente mit Hilfe besonderer Maschinen, die sehr energiereiche Teilchen (Protonen, Deuteronen, Alphastrahlen u. a.) liefern (z. B. Zyklotron, Synchroton, Betatron u. a., s. S. 53ff.), hergestellt, oder aber meist durch Beschuß im Kernreaktor. Die Kernreaktoren beruhen auf der Entdeckung der Spaltung des Urankernes (U 235) durch HAHN u n d VSTRASSMANN (1938). D a s Uran-

isotop U 235, das nur zu einem geringen Teil im natürlichen Uranerz vorhanden ist, aber künstlich angereichert werden kann, spaltet sich bei Einfangen eines Neutrons in zwei Spaltprodukte etwa des halben Atomgewichts. Außerdem entsteht ein Überschuß an Neutronen, der zur Produktion bzw. Erzeugung von künstlich radioaktiven Isotopen benutzt werden kann. E s gibt heute zahlreiche Typen von Kernreaktoren, die speziellen Verwendungszwecken angepaßt sind, z.B.Versuchs-, Forschungs- und Kraftreaktoren (letztere dienen der Kraft-, d. h. Energieerzeugung). Im Prinzip bestehen die Kernreaktoren aus einem Brennstoff, d. h. spaltbarem Material (Uran, Plutonium), einer Bremssubstanz, die die Aufgabe hat, entstehende schnelle Neutronen abzubremsen, damit sie im Reaktor als langsame Neutronen die Kernreaktionen in Form der sogenannten Kettenreaktion unterhalten, und einer leichtatomigen Moderatorsubstanz (Cad2*

20

Allgemeine Strahlenkunde Tab. 3. Die radioaktiven Zerfallsreihen von Uran und Radium 1

A. U r a n - R a d i u m - R e i h e Name des Elementes Uran I Uran Uran X 2 Uran I I Ionium Radium Radium-Emanation**). . . Radium A Radium B Radium C ~'\ß ~ Radium C'«" j a (0,03%) j Radium C" Radium DBJ»rfiolUr _RÜLllung (UM

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Abb. 37. c) Müller-DA 1001

c) B e l i c h t u n g s z e i t Die Zeitschaltung kann motorisch erfolgen (bis 0,1 sec). Für kürzere Zeiten benutzt man sogenannte Kondensatorzeitschalter. Die Entla-

48

Die Erzeugung von Röntgenstrahlen

Abb. 37. d) Ko h Sterzel-Titanos 1 Tasten „Durchleuchtung ein", „Durchleuch- 8 4 Tasten: Aus- und Einschalten Rückstellung tung aus" und „ A u f n a h m e " der Durchleuchtungsuhr, Reserve 2 Begier kV Durchleuchtung 9 mA-Meterfür Durchleuchtung und Aufnahme 3 Regler f ü r prozentuale Röhrenbelastung mit 10 5 Tasten zur Wahl des Schaltplatzes, darüber Anzeige der Röhrenbelastung in % , links sec-Voranzeige Schallschlitze fürWechselsprechanlage, rechts 4 Regler und Voranzeige mAs unten Lautstärkeregler f ü r Wechselsprech5 Regler u n d Voranzeige kV Aufnahme anlage 6 Tasten f ü r Wechselsprechanlage 11 Durchleuchtungsuhr 0 — 10 min 7 Arbeitsplatz- und Brennfleckwähler

dungszeit des Kondensators hängt von seiner Kapazität und dem Widerstand ab, die mit Hilfe des Schaltknopfes verändert werden können. Die Zeitschaltung kann auch in Form eines „Milliamperesekundenrelais" durchgeführt werden. Die Abschaltung erfolgt hier bei Erreichen eines bestimmten Milliamperesekundenprodukts, wodurch 1. Stromschwankungen ausgeglichen werden, 2. ein Überlastungsschutz gegeben ist. Bei Benutzung eines Belichtungsautomaten (S.50f.) erfolgt die Ausschaltung von diesem aus. Kompliziert sind die Zeitschalter für Kurzzeiten (unter 0,02 sec). Hier ist eine phasengesteuerte (Phase des Wechselstroms) Schaltung mit 2 Schaltschützen (Doppelschützschaltung) mit mehreren Relais und Röhren erforderlich. Kontrollen der Kurzzeiten können mit Hilfe des sogenannten Bleikreisels durchgeführt werden: I n einem rotierenden Bleikreisel befindet sich ein Loch, unter ihm eine photographische Schicht. Bei pulsierendem Strom erfolgt die volle Schwärzung nur an der Spannungsspitze. Bei einem Wechselstrom mit einer Frequenz 50 sieht man folglich pro sec 50 Schwärzungen, beim

Der Schalttisch

49

Vierventiler 100 (also pro 1 /i 0 o s e c 1) u n d beim D r e h s t r o m a p p a r a t 300 (pro Periode 6 Spitzen) (also p r o x / 1 0 0 sec 3Schwärzungen). Bei Einstellung verschiedener Zeiten u n d Anfertigung entsprechender Kreiselaufnahmen können Fehler der Zeitgebung e r k a n n t werden. Die Schalttische enthalten außerdem eine Überstromsicherung, die gegen zu hohen N e t z s t r o m sichert (Durchschlagen der H o c h s p a n n u n g bei Defekten). Verschiedene Schalttische sind auf Abbildung 37 zu sehen. K l e i n a p p a r a t e haben bei festgelegter Spannung (z. B. 60 kV) u n d Stromstärke (z. B. 10 bis 15 mA) nur einen Zeitschalter. 2. Schalttische für Therapieapparate Abgesehen von der N e t z k o r r e k t u r sind die Stromstärke und die S p a n n u n g kontinuierlich auf die gewünschte H ö h e zu bringen (bei älteren A p p a r a t e n stufenweise). Wichtig ist die U h r m i t Einstellung der Bestrahlungszeit. N u r wenn sie eingestellt ist, k a n n m i t dem Betriebsschalter der Hochspannungsstxomkreis geschlossen werden. W e n n die U h r die Nullstellung erreicht, wird der Stromkreis unterbrochen. Mit dem Netzschalter wird meist auch die Kühlpumpe angeschaltet. Eine Kühlungssicherung u n t e r b r i c h t

1 Signal bei E i n s c h a l t u n g der Netzspannung Kontrollknopf für Röntgenwertmesser Anzeige R ö n t g e n w e r t m e s s e r Anzeige R ö h r e n s t r o m (mA) Anzeige R ö h r e n s p a n n u n g (kV) Uhr f ü r Bestrahlungszeit S i g n a l l a m p e f ü r T r a n s l a t i o n (s. S. 225) Leuchtfelder f ü r Filteranzeige Leuchtsignal (Vorbereitung) Arbeitsplatz- und Betriebsartwähler (Stehfeld-Bewegungsbestrahlung) 11 D r u c k k n o p f f ü r S h a l t u n g der Hochspannung 12 S c h a l t e r f ü r T r a n s l a t i o n 13 D r u c k k n o p f f ü r N e t z s c h a l t u n g 14 S p a n n u n g s r e g l e r 15 R ö h r e n s t r o m r e g l e r 16 Dosierungs (Zeit-) t a b e l l e f ü r verschiedene B e s t r a h l u n g s b e d i n g u n g e n und Strahlenqualitäten 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Abb. 38 Therapie-Schalttisch Müller BT 250 S c h i u n g b a u m , Med. S t r a h l e n k u n d e

50

Die Erzeugung von Röntgenstrahlen

bei zu geringem Druck in der Kühlleitung den Hochspannungsstromkreis. Da im allgemeinen, außer bei Nahbestrahlungsgeräten, keine ungefilterte Strahlung verwendet wird, ist eine Filtersicherung eingebaut. Wenn kein Filter vorgeschaltet ist, kann der Stromkreis nicht geschlossen werden. Bei modernen Apparaten erfolgt am Schalttisch (Abb. 38) eine Anzeige des eingeschobenen Filters. Sogenannte Abdeckschieber, die das Röhrenaustrittsfenster mit Blei abdecken, gibt es nur noch bei älteren Apparatetypen. Manche Therapieschalttische zeigen die direkt gemessene Dosisleistung im sogenannten Röntgen Wertmesser (s. S. 49) an. Der „Röntgenwert" ist die Dosisleistung in 50 cm Abstand vom Fokus,

D. Automatisierung und Überlastungsschutz I n den meisten modernen Apparaten sind schalttechnische Sicherungen eingebaut, die eine Überlastung der Röhre und damit eine Zerstörung der Anode verhindern. Der Überlastungsschutz kann automatisch sein, d. h. bei Überlastung schaltet der Apparat selbständig ab. Bei manchen Apparaten kann die Belastung in Prozent der Grenzlast direkt am Schalttisch abgelesen werden (Prozentwähler). Moderne Apparate sind vielfach mit einer Vollautomatik ausgestattet, d. h. neben dem Spannungsregler ist nur ein zweiter Knopf vorhanden, mit dem das Milliamperesekundenprodukt eingestellt werden kann. Die Stromstärke ist dabei so „automatisiert" eingestellt, daß bei möglichst kurzer Belichtungszeit die Röhre auf keinen Fall überlastet wird. Für jede Röntgenröhre kann bei ihrer Inbetriebnahme die Automatik verstellt werden. Auch bei Apparaten mit voller „Nomogrammautomatik", bei der also mit kürzest möglicher Zeit geschaltet wird, können Zeit und Stromstärke u. U. für bestimmte Zwecke (z. B. Schichtzusatz) getrennt eingestellt werden. Eine andere Form der Automatik ist die Gruppenautomatik, bei der bestimmten Zeiten bestimmte Stromstärken zugeordnet sind, die tabellarisch festgelegt werden müssen. Wichtig ist, daß bei höheren Stromstärken, also kürzeren Zeiten, der Spannungsabfall größer wird, daß also zum Erzielen einer gleichen Röhrenspannung eine höhere Schalttischspannung erforderüch ist. Schwierig ist ein Überlastungsschutz gegen zu große Belastung durch hohe Frequenz der Aufnahmen. Dieses Problem ist besonders wichtig bei Serienaufnahmen (z. B. Angiokardiographie). Die Höchstbelastung ist hier aus einem Nomogramm zu entnehmen (Abb. 39). Das Nomogramm berücksichtigt Spannung, Frequenz der Aufnahmen und Belichtungszeit. Einen Schritt zur Yollautomatisation bedeutet die Konstruktion von BelichtungsautomatCn. Die Automaten bestehen aus der Schaltvorrichtung, die am Schalttisch angebracht wird, und der Meßvorrichtung am Film bzw. der Kassette. Sie arbeiten nach 2 Prinzipien:

Automatisierung und Überlastungsschutz 1. I onisationsmessung

(Iontomat,

2. Photoeffekt

Abb. 41).

(Luminix,

51

Amplimat),

Abb. 40,

I m ersten Fall wird eine Ionisationskammer vor die K a s s e t t e (natürlich hinter das Objekt) gebracht. I m zweiten Fall wird die Helligkeit eines Spezialschirmes hinter dem Film oder auch der Hinterfolie d u r c h einen RO 50

m m

Schnell- Serien - Aufnahmen

30

a

Abb. 89. Nomogramm für Serienaufnahmen Photomultiplier v e r s t ä r k t . D u r c h den Ionisations- bzw. den P h o t o s t r o m wird ein Meßkondensator entladen u n d bei einem b e s t i m m t e n bei der Montage einstellbaren W e r t der Ausschaltvorgang ausgelöst. Wichtig ist d a b e i : 1. D a s Meßfeld m u ß den wichtigsten, sogenannten charakteristischen Bildausschnitt erfassen (die „ D o m i n a n t e " ) . Das b e d e u t e t z. B., d a ß bei L u n g e n a u f n a h m e n über den Lungenfeldern (nicht im Mediastinalschatten) gemessen werden m u ß , oder bei seitlichen Wirbelsäulenauf4«

Die Erzeugung von Röntgenstrahlen

52

nahmen im Bereich der Wirbelkörper. Bei Messung im Mediastinalschatten würde die Belichtungszeit viel zu lang werden, während bei der seitlichen Wirbelsäulenaufnahme die Belichtungszeit zu kurz wäre, wenn der Meßbereich außerhalb der Wirbelschatten liegt. Die Verwendung mehrerer Meßfelder, die aneinander geschlossen sind, erreicht einen gewissen Ausgleich. 2. Die Schaltzeit am Schalttisch m u ß größer sein als die voraussichtliche tatsächliche Belichtungszeit, da die Aufnahme sonst vorzeitig ab-

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%

Abb. 40. Belichtungsautomat Iontomat (Siemens)

Abb. 41. Belichtungsautomat Luminix (Koch u. Sterzel)

geschaltet wird. Es kann eine Anzeigevorrichtung angebracht werden (Signallampe), die die so entstandene Unterbelichtung anzeigt. 3. Unter Umständen m u ß bei erheblichen Abweichungen von der Dickennorm die Empfindlichkeit des Automaten stufenweise (vor der Aufnahme) verändert werden. Hochspannungskabel sind mehrfach mit Gummi isoliert, zur Verbindung mit der Erdleitung mit Metall umsponnen, und dann noch mit einem Stoffbezug umgeben. Sie müssen in der Nähe der Röhre bzw. des Geräts flexibel und beweglich sein. Fest verlegte Kabel sind durch Ölpapier zusätzlich isoliert und von einem Bleimantel umgeben.

IV. Die Erzeugung sehr harter und ultraharter Strahlen I n den letzten J a h r e n sind die technischen Voraussetzungen für die praktische Anwendung sehr harter und ultraharter Strahlen geschaffen worden. Dabei stehen zur Verfügung: 1. Radioaktive Substanzen; abgesehen vom Radium bisher vor allem das Kobalt 60 und Cäsium 137 (s. S. 236 ff.). 2. Apparaturen wie die Linearbeschleuniger, das Betatron, das Synchrotron u. a. Praktisch angewendet werden sowohl die erzeugten energiereichen Röntgen- bzw. Gammastrahlen wie auch die Korpuskularstrahlen. Mit Hilfe von Kaskadengeneratoren, bei denen nach der Kaskadenschaltung die Grundelemente übereinander getürmt werden, können Strahlen mit einer Energie bis zu 3 MeV erzeugt werden. Erforderlich sind in Abhängigkeit von der Zahl der Elemente große und hohe Hallen (Abb. 42). Energien bis zu 2 MeV liefert der Bandgenerator nach VAN DE GRAAFF. Ein elektrisches Band wird hier aufgeladen und über eine Walze in einem großen annähernd kugelförmigeu Metallhohlkörper (Konduktor) gedreht. Durch Metallspitzen im Innern der Hohlkugel wird die Ladung abgesaugt, und auf der Konduktoroberfläche verteilt. Die Größe der Aufladung ist abhängig vom Krümmungsradius und dem Abstand des Konduktors von der Erde. Beim Einbau in mit Tetrachlorkohlenstoff gefüllte Druckkessel k a n n das Ausmaß der Anlage verAbb. 42. Kaskadengenerator

54

Die Erzeugung sehr harter und ultraharter Strahlen

kleineit werden. Bei geringem R ö h r e n s t r o m (0,5 mA) können derartige Anlagen Dosisleistungen bis zu 200 r / m i n (50 cm Abstand) liefern. Geräte, m i t denen noch größere Elektronenenergien erzeugt werden können, beruhen auf d e m Prinzip einer mehrfachen Beschleunigung bei p r i m ä r relativ geringer H o c h s p a n n u n g . Der sogenannte Linearbeschleuniger wurde ursprünglich f ü r die Beschleunigung schwerer Teilchen konstruiert. Die m i t der R a d a r t e c h n i k HT

3

;/T 0

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a)

4bb. 48. Linearbeschleuniger, a) Prinzip (HT Hochfrequenzhochspannungstransformator, K Kathode, A Anode) (nach M I N D E R ) , b) 4 MeV-Beschleuniger (PhilipsLondon) gegebene Möglichkeit der Erzeugung hochfrequenter elektrischer Wechselfelder erlaubt auch eine ausreichende Beschleunigung von Elektronen u n d d a m i t die Erzeugung entsprechender u l t r a h a r t e r Röntgenstrahlen. Die Beschleunigung erfolgt in einem R o h r , in dem zahlreiche Metallhohlzylinder zunehmender Länge hintereinander geschaltet sind (Abb. 43 a). Diese werden alternierend m i t den Polen einer Elektronenröhre verbunden. Die durch die Hohlzylinder fliegenden Elektroden werden durch das m i t w a n d e r n d e elektrische Feld („elektrische Wanderwelle") zunehmend beschleunigt. Das Beschleunigungsrohr m u ß mit einer Hoch-

Die Erzeugung sehr harter und ultraharter Strahlen

55

vakuumpumpanlage verbunden sein. Übliche medizinische Apparaturen, wie sie besonders in den angelsächsischen Ländern gebräuchlich sind, arbeiten mit Energien von 4 MeV (Abb. 43 b). Das 2 m lange Rohr kann schwenkbar montiert werden. Linearbeschleuniger höherer Energien (bis 45 MeV) werden auch für technische Zwecke verwandt. Bei Verwendung der Elektronen ist ein besonderes, mit einer dünnen Folie versehenes, Austrittsfenster eingebaut. In der Elektronenschleuder, dem sogenannten Betatron, wird die Elektronenbeschleunigung auf einer Kreisbahn im sogenannten elektrischen Wirbelfeld erreicht. Die Beschleunigung erfolgt mit Hilfe des Feldes eines

Abb. 44. Beschleunigungsröhre des Siemens-Betatrons

Elektromagneten, der mit der eigentlichen Beschleunigungsröhre (Abb. 44) eine Einheit bildet. Der Magnet besteht aus durch Kunstharz isolierten Blechlamellen. In die kreisförmige, innen mit einer dünnen aufgedampften Metallschicht versehene Keramikröhre, werden Elektronen relativ geringer Energie injiziert („Injektor"). Durch bestimmte Form der Polschuhe des Magneten werden sie während der Beschleunigung auf einer Kreisbahn gehalten. Nach zahlreichen Umläufen (bis 1000000) verlassen die Elektronen bei Störung des elektrischen Feldes die Kreisbahn durch das Elektronenaustrittsfenster (sogenanntes Lenardfenster aus einer dünnen Folie, z. B. Nickel). Sie können ebenso wie die mit Hilfe einer am Rande der Röhre angebrachten Antikathode aus Platin oder Wolfram erzeugten ultraharten Röntgenstrahlen medizinisch-therapeutisch verwandt werden (s. S. 246). Die Röhre hat einen Durchmesser von

56

Die Erzeugung sehr harter und ultraharter Strahlen

etwa 60 cm. I n Deutschland wird besonders das 15 MeV-Betatron von Siemens-Reiniger (Abb. 45), das von G U N D entwickelt worden ist, u n d das von W I D E R O E entwickelte 3 1 MeV-Betatron von Brown-Boveri benutzt. Das Siemens-Betatron ist f ü r die Pendelbestrahlung eingerichtet. Das Brown-Boveri-Betatron ist ursprünglich fest montiert. Mit Hilfe von 2 I n j e k t o r e n entsprechend den elektrischen Halbwellen können auch

Abb. 45. Siemens-15-MeV-Betatron (für Bewegungsbestrahlung) 2 Strahlenbündel, die u m 180° versetzt sind, gewonnen werden. Als „Asklepitron" ist auch das 31 MeV-Betatron beweglich (Pendelbestrahlung). I n einem besonderen Maschinenraum können die notwendigen maschinellen Einrichtungen (Stromerzeuger, Anlage f ü r die Störung des magnetischen Führungsfeldes, die der K ü h l u n g dienende Preßluftanlage u n d die Ölumlaufpumpe) u n t e r g e b r a c h t werden. Die mittlere Quantenenergie bei Erzeugung u l t r a h a r t e r Röntgenstrahlen liegt bei etwa 4 0 % der Maximalenergie. Neuerdings ist die Energie auf 35 MeV erhöht. Die Beschleunigung schwerer Teilchen k a n n m i t dem Linearbeschleuniger d u r c h g e f ü h r t werden. Das von L A W R E N C E 1931 konstruierte Zyklo-

Die Erzeugung sehr harter und ultraharter Strahlen

57

tron beschleunigt die Teilchen auf einer Kreis- bzw. Spiralbahn (Abb. 46). Mit Hilfe eines hochfrequente Wechselspannung liefernden Generators und eines von einem Elektromagneten erzeugten Magnetfeldes werden die Teilchen im Zentrum eines aus zwei Hälften bestehenden Metallhohlkörpers („Dose") beschleunigt. Ihr Radius wird mit wachsender Umlaufzahl immer größer, schließlich treten sie durch das am Rande des

r v

Abb. 46. Prinzip des Zyklotrons. Bei A erzeugte Ionen werden in einem Magnetfeld, dessen Feldlinien senkrecht zur Zeichenebene verlaufen, innerhalb der Hohlelektroden D auf einer Spiralbahn durch das hochfrequente elektrische Wechselfeld V beschleunigt. Mittels Ablenkung durch die Elektrode E werden sie durch das Fenster F nach außen gelenkt (nach R U M P )

Magnetfeldes befindliche Austrittsfenster nach außen. Die maximale Energie ist abhängig von der Ladung der Teilchen, der Generatorspannung und der Zahl der Umläufe. Eine Erzeugung noch höherer Energien ist möglich mit Hilfe des Synchro-Zyklotrons, bei dem die Wechselspannung nicht konstant gehalten wird, oder des Synchrotrons, bei dem die Stärke des Magnetfeldes variiert wird. Die größten Maschinen, die sogenannten Bevatrons, sollen Energien bis 30 Milliarden eV (englisch heißt die Milliarde billion, daher der Name BeV [atron]) erzeugen. Der Durchmesser einer derartigen Anlage, wie sie z. B. in Brookhaven bei New York im Bau ist, beträgt etwa 300 m, Bei allen derartigen Anlagen ist natürlich der Strahlenschutz von ganz besonderer Bedeutung. Nicht nur Planung u n d Installation müssen die Probleme des Strahlenschutzes berücksichtigen. Auch der Überwachung während des Betriebes ist eine besonders große Sorgfalt zu widmen.

V. Röntgengeräte Die Einheit Röntgenapparat-Röntgengerät bildet zusammen die arbeitsfähige Röntgeneinrichtung. Die Gesamtheit der Einrichtung zusammen mit dem notwendigen baulichen Aufwand nennt man auch Röntgenanlage. Die Röntgengeräte haben die Aufgabe, die zweckmäßige Anwendung der von Apparat und Röhre erzeugten Röntgenstrahlen zu ermöglichen. Im einzelnen gehören zu den Röntgengeräten: 1. Untersuchungs-

und Behandlungsgeräte

mit Stativen,

2. Hilfsgeräte wie Zielaufnahmegeräte, Kymograph, Schirmbildgerät, Bildverstärker, Geräte für u. a.

Tischen

usw.

Serienaufnahmegerät, Bewegungsbestrahlung

3. Gerätezubehör wie Tuben, Blenden, Leuchtschirm, Geräte für des Kranken und Fixierung der Kassette bzw. des Films

Lagerung

Funktionen der Geräte sind: 1. Halterung der Rohre 2. Lagerung bzw. Fixierung

des

Patienten

3. Einstellung des Zentralstrahls bzw. des Strahlenfeldes 4. Verminderung der Streustrahlung (in der Diagnostik) 5. u. U. Änderung der Strahlenqualität (Filterung) 6. Halterung bzw. Fixierung von Kassette oder Film (in der 7. die Schaffung der technischen Voraussetzungen Diagnostik und Therapie)

Diagnostik)

für Spezialmethoden

(in

Zu 1: Die Röntgenröhre ist an einem Stativ befestigt, dessen Konstruktion dem besonderen Verwendungszweck angepaßt sein muß. Bei reinen Aufnahmegeräten wird die Röhre meist in einem sogenannten Säulenstativ parallel zum Lagerungstisch geführt (Abb. 47). Die Fixierung der Säule und der allseits bewegüchen Röhre erfolgt mechanisch durch Anziehen von Halteschrauben (Knopfgriffe oder Hebel), bei modernen Geräten durch elektromagnetische Bremsung mit Hilfe von an

Röntgengeräte

Abb. 47

59

Röhre mit Tiefenblende (s. S. 123) an Säulenstativ mit Flachblendentisch (Siemens)

Abb. 48

Deckenaufhängung einer Röhre (Müller) mit Lagerungstisch und OdelcaKamera (s. S. 153)

60

Röntgengeräte

Abb. 49 a. Fahrbares Röntgengerät mit 4-Ventil-Apparat (Hofmann) für Durchleuchtung (a) und Aufnahmen (b) am Bett

der Haube angebrachten Schaltern und durch Friktion (Reibung, wobei eine gute Austarierung Voraussetzung ist). Zu bestimmten Zwecken kann die Röhre auch an der Decke aufgehängt werden (Abb. 48). Bei Durchleuchtungsgeräten ist die Röhre mit dem Schirm gekoppelt. Den besonderen Erfordernissen der Durchleuchtung dienen Leuchtschirm und Zieleinrichtung. Weitere Einzelheiten über Durchleuchtungsgeräte s.S.79ff. Kleinapparate, in denen Apparat und Gerät eng zusammengefaßt sind, können f ü r ihre besonderen Anwendungszwecke fahrbar gemacht werden (Aufnahmen im Operationssaal, am Bett), für spezielle Aufgaben können auch größere Apparate mit zusätzlichem Durchleuchtungsgerät besonders beweglich gestaltet werden (Abb. 49). Therapiegeräte (Abb. 50) in der Tiefentherapie müssen stabile Stative haben, Oberflächenbestrahlungsgeräte (Abb. 51) können und müssen beweglich sein. Zu 2: Lagerungstische in Diagnostikeinrichtungen haben eine strahlendurchlässige Platte (Holz, Kunststoff). Als „BTTCKY"- oder „Flach-

Röntgengeräte

61

Abb. 49 b.

blendentische" halten sie den Kassettenwagen mit beweglichen Streustrahlenblenden (s. S. 125f.). Bei der Durchleuchtung sind umlegbare Spezialtische erforderlich, damit Aufnahmen in verschiedenen Richtungen gemacht werden können (s.S. 79 ff.). Spezialtische für urologische Untersuchungen, die ebenfalls eine Flachblende enthalten, sind gleichzeitig urologische Untersuchungstische. Der Patient braucht also nicht nach der urologischen Untersuchung zur Röntgenuntersuchung umgelagert werden. I n der Strahlentherapie m u ß der Tisch wegen der oft längeren Bestrahlungszeiten eine bequeme Lagerung ermöglichen. In der üblichen Tiefentherapie soll er zur Erleichterung der Einstellung fahrbar sein. F ü r Spezialmethoden (Bewegungsbestrahlung, ultraharte Strahlen) sind auch besondere Tische zweckmäßig. Bei gynäkologischen Bestrahlungen m t t dem Körperhöhlenrohr und bei Dammbestrahlungen erleichtert ein gynäkologischer Untersuchungsstuhl die Einstellung. Bei Bestrahlungen in aufrechter Körperhaltung, besonders bei Gesichts- und Mundhöhlen-

62

Röntgengeräte

bestrahlungen sitzt der Patient am besten auf einem Stuhl mit einer Halterung für den Kopf. Bei Lagerung und Fixierung des Kranken werden als Zubehör Gurte, Kissen, Sandsäcke, keilförmige Lagerungsbretter, evtl. auch Spezialgeräte gebraucht (z. B. ScHOENsche Brücke (Abb. 52) für Knieaufnahmen). Besonders bewährt haben sich Schaumgummimatten, -keile und -formen (z. B. der Schädelform angepaßte). Bei der Aufnahme von Säuglingen sind besondere Halterungsvorrichtungen notwendig (Haltebeutel s. Abb. 53). Zu 3 : Der Zentralstrahl kann mit Hilfe eines an die Haube anschraubbaren Zentrierstabes markiert werden. Bequemer ist ein Lichtvisier, bei dem nicht nur der Zentralstrahl, sondern auch die Feldbegrenzung markiert wird. E s kann bei einer Tubusblende angebracht werden und ist auch in modernen Tiefenblenden montiert. Am sichersten ist die Einstellung am Durchleuchtungsgerät. Auch an Aufnahme und Therapiegeräten (Bewegungsbestrahlung s.S.225) kann ein Hilfsgerät zur Durchleuchtung angebracht werden. Die Beobachtung erfolgt dann in einem schräg gestellten Spiegel, natürlich bei kompletter Verdunkelung, guter Adaptation und Beachtung des Strahlenschutzes. Spezielle Einstell- und Zentriervorrichtungen in der Therapie s.S.222. Besondere Spezialgeräte, vor allem für Schädelaufnahmen, ermöglichen eine exakte Einstellung (z. B. LYSHOLM-Tisch Abb. 54). Zu 4: Geräte zur Streustrahlen Verminderung s. S. 123. Zu 5 : Die Strahlenqualität kann durch Filter, die an der Röhrenhaube angebracht werden, verändert werden. Zusätzliche Filterung wird im Diagnostikbetrieb in neuerer Zeit aus Strahlenschutzgründen empfohlen (s. S. 84), im Therapiebetrieb dient sie der Aufhärtung der Strahlen zur Verbesserung der Durchdringungsfähigkeit und in beschränktem Umfang auch der Hautschonung (s.S. 222). Zubehör zur Siebbestrahlung s.S. 229. Zu 6 : Die Kassette wird normalerweise vom Kassettenwagen des Blendentisches oder des Zielgeräts gehalten. Für Aufnahmen in aufrechter Körperhaltung gibt es besondere Kassettenstative. Da sie vorwiegend für Lungenaufnahmen benötigt werden, heißen sie auch Lungenstative (Abb. 55a). Sie können mit einer Hilfseinrichtung zum Sitzen ausgestattet sein (Abb. 55b). Für besondere Zwecke (Wirbelsäulen-, Schädelaufnahmen) gibt es Stative mit eingebauten vertikalen Streustrahlenblenden (Abb. 56). Bei blendenlosen Aufnahmen dienen Holz- oder Schaumgummiunterlagen, Sandsäcke, keilförmige Brettchen u. a. der Lagerung und Fixierung der Kassette. Zu 7 : Spezielle Untersuchungs- und Bestrahlungsmethoden erfordern auch speziell konstruierte Geräte und Hilfsgeräte, die bei den entsprechenden Methoden besprochen werden sollen.

Röntgengeräte

63

Abb. 50. Tiefentherapiegerät Müller RT 250 mit Lagerungstisch, im Hintergrund das Transformatorgehäuse

Abb. 51. Nahbestrahlungsgerät nach

CHAOUL

64

Röntgengeräte

Abb. 52. Brücke nach SCHOEN, Z. B. für Kniegelenksaufnahmen

Abb. 58. Babix-Haltebeutel für Säuglinge (Rost-Kiel)

Abb. 54. LYSHOLM-Tisch (Schönander) für spezielle Einstellungen am Schädel

Abb. 55. Lungenstative a) Koch u. Sterzel, b) Thorafix (Rost-Kiel)

Abb. 56. Vertigraph (Rost-Kiel) S c h i u n g b a u m , Med. S t r a h l e n k u n d e

VI. Eigenschaften und Anwendung energiereicher Strahlen A. Sie durchdringen Materie (Durchdringungsfähigkeit), werden beim Durchgang durch Materie geschwächt (Schwächung) und erzeugen Sekundärstrahlung. B. Die elektromagnetischen Wellen (Röntgen-, Gammastrahlen) verhalten sich wie Lichtstrahlen (geradlinige Auslaufung, Brechung, Beugung, Interferenz, Reflexion). Durch die Ablenkbarkeit im magnetischen und elektrischen Feld unterscheiden sich Quanten- und Korpuskularstrahlen. C. Sie erregen Lumineszenz (Leuchtschirm, Verstärkerfolie, Szintillationszähler). D. Sie üben eine photochemische Wirkung aus (Schwärzung der photographischen Schicht). E. Sie ionisieren Gase (Prinzip der ionometrischen Dosimetrie). F. Sie haben biologische Wirkungen (erwünscht: Strahlentherapie, unerwünscht: Strahlengefährdung).

A. Verhalten energiereicher Strahlen beim Durchgang durch Materie Die Durchdringungsfähigkeit bzw. die Eindringtiefe der ionisierenden Strahlen ist abhängig von der Art der Strahlung (elektromagnetische Wellen-, Korpuskularstrahlen) und ihrer Energie bzw. ihrer Zusammensetzung (Spektrum). Man spricht hier auch von Strahlenqualität oder Härte. Die Härte der Strahlung ist also ein Maß der Durchdringungsfähigkeit. J e härter eine Strahlung ist, desto tiefer dringt sie in Materie ein, bzw. desto größer ist der durchdringende Anteil der Strahlung, der sogenannte unbeeinflußte Strahlenrest (s. S. 69). Die Reichweite der Korpuskularstrahlen ist geringer als die der elektromagnetischen Wellen (Abb. 57). So dringen Alphastrahlen nur Bruchteile von mm in Wasser bzw. Gewebe ein. Die Reichweite der Betastrahlen ist von ihrer Energie abhängig; in Luft hegt sie in der Größenordnung m, in Wasser in der Größenordnung mm — cm. So beträgt sie bei 5MeV etwa 22 mm, bei 10 MeV etwa 5 cm, bei 20 MeV etwa 10 cm.

67

Verhalten energiereicher Strahlen

Die Korpuskularstrahlen lösen in der Materie sekundäre Strahlungen aus. Es kommt zu Ionisationen und zur Bildung von Sekundärelektronen, die die Energie der primären Strahlung teilweise übernehmen und ihrerseits wieder Tertiärelektronen usw. auslösen, bis die Energie aufgebraucht Die Reichweite der Röntgen- bzw. Gammastrahlen ist unter Berücksichtigung der Schwächungsgesetze unbegrenzt, es gibt also auch keine

EINDRINGTIEFE VON IMeV-KERNSTRAHLUNG IN GEWEBE

0

1

2

3

4

5



~6

7 mm *

Abb. 57. Eindringtiefe verschiedener Strahlen (schematisch)

100%ige Abschirmung gegen diese Strahlen. Die große Durchdringungsfähigkeit ist darauf zurückzuführen, daß die Wellenlänge kleiner ist als der mittlere Atomabstand. So können die Strahlen bzw. die Quanten ohne „Zusammenstoß" mit den Atomen oder ihren Bestandteilen die Materie durchstrahlen. Der nicht unbeeinflußt die Materie durchdringende Strahlenanteil wird zum Teil absorbiert, d. h. die Energie der Quanten wird in eine andere Energieform, nämlich die Bewegungsenergie („kinetische Energie") der beim Ionisationsvorgang entstehenden Teilchen, umgewandelt. Ein weiterer Anteil wird aus seiner Richtung abgelenkt. Diese Erscheinung der Ablenkung nennt man auch Streuung. Die „Schwächung" des Primärstrahls setzt sich also zusammen aus Absorption und Streuung. Schwächung = Absorption -)- Streuung Bei der sogenannten klassischen Streuung wird das Strahlenquant unter Erhaltung seiner vollen Energie aus seiner Richtung abgelenkt. Die reine Absorption, die sogenannte Photoabsorption, ist entscheidend bei relativ weichen Strahlen (Weichstrahltechnik). Ihr Anteil nimmt bei höheren Energien schnell ab und verschwindet bei etwa 200 keV ganz. Bei der Photoabsorption (Photoeffekt) übergibt das Quant seine ge5*

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Eigenschaften und Anwendung energiereicher Strahlen

samte Energie an das aus dem Atomverband gelöste Elektron (Photoelektron). Ein Teil der Energie wird allerdings für die Herauslösung des Elektrons aus dem Atom verband verbraucht (Abtrennungsarbeit). Dieser Energieverlust nimmt mit der Schwere der Atome zu. Bei größeren Energien, besonders über 100 keV (s. auch Hartstrahltechnik) spielt der Photoeffekt kaum noch eine Rolle. Bei der hier auftretenden sogenannten Streuabsorption (Streuerweichung, C o m p t o n Effekt) geht nur ein Teil der primären Energie auf die herausgelösten Elektronen über. Der Energierest wird als energieärmeres, längerwelliges Strahlenquant gestreut. Mit steigender Energie nehmen die

Abb. 58. Verhalten von Röntgenstrahlen beim Durchgang durch Materie (von links nach rechts: unbeeinflußter Durchgang, Photoeffekt, COMPTON-Effekt, Paarbildung)

Elektronen (CoMPTON-Elektronen) und die gestreute Strahlung immer mehr die Richtung des Primärstrahls an (besonders über 1 MeV). Bei Quantenenergien über 1 MeV entstehen Elektronenpaare (je 1 negatives Elektron und 1 Positron): sogenannte Paarbildung. Der Energieverbrauch ist 2 • 500 keV, die Restenergie wird in Bewegungsenergie umgewandelt. Die Umwandlung von Energiequanten in bewegte Teilchen wie bei der Paarbildung wird auch als Materialisation bezeichnet, da hier sozusagen aus Energie Materie entsteht. Die Paarbestandteile vereinigen sich schließlich wieder mit den Atomen. Am Bahnende des Positrons entsteht wieder ein Quantenstrahl (Abb. 58). Aus Teilchen entsteht also wieder Energie (Zerstrahlung der Materie). Die Paarbildung nimmt besonders stark bei Energie über 20 MeV zu, wodurch der unbeeinflußte Strahlenrest verkleinert wird (Abb. 59). Wenn die durch Veränderungen ihrer Elektronenschale angeregten Atome wieder in ihren Ausgangszustand zurückkehren, wird Energie frei. E s entsteht ein Strahlenquant, die sogenannte charakteristische Strahlung.

Verhalten energiereicher Strahlen

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Röhrenspannung

1

2 3 4 6 810 20 30W6080100 MeV

Energie Abb. 59. Einfluß der Spannung bzw. Strahlenenergie auf das Verhalten der Röntgenstrahlen in Materie (nach WACHSMANN)

Das Ausmaß der Schwächung ist von folgenden Faktoren abhängig: 1. Energie der Strahlung 2. Eigenschaften der durchstrahlten Materie a) Ordnungszahl b) Dicke der durchstrahlten Schicht c) Dichte der Materie

Wie schon gesagt, nimmt der unbeeinflußte Strahlenrest mit der Energie der Strahlen zu, d.h. also, er ist um so größer, je energiereicher bzw. kurzwelliger die Strahlung ist. E r s t über 20 MeV k o m m t es infolge der Paarbildung zu einem leichten Abfall. Beispiele der Schwächung bei Wellenlängen 0,2 und 0,1 Ä (61,5 und 123 kV) zeigt umstehende Tabelle 4. Hieraus ergibt sich, abgesehen vom Einfluß der Strahlenqualität, die große Bedeutung der Ordnungszahl, die besonders im Weichstrahlgebiet sehr unterschiedliche Schwächungen verursacht, während sie bei härterer Strahlung weniger ausschlaggebend ist. Die großen Schwächungsunterschiede, die auf Unterschiede der Ordnungszahl der durchstrahlten Materie zurückzuführen sind, haben entscheidende Bedeutung f ü r die Röntgendiagnostik und den Strahlenschutz.

70

Eigenschaften und Anwendung energiereicher Strahlen Tab. 4. Schwächung von Röntgenstrahlen der Wellenlängen 0,2 und 0,1 Ä durch verschiedene Stoffe schwächt eine Strahlung der Wellenlänge 0,2 bzw. 0,1 A von 100% auf

Eine Schicht von

1 mm Silber . . . . (Ag; Z = 47) 1 mm Eisen . . . . (Fe; Z = 26) 1 mm Aluminium . . (AI; Z = 13)

0,2 Â

0,1 Â

0,3%

33,6%

43,4%

79,7%

93 %

95,7%

Relation, aus der sich Strahlungs- und Schwärzungskontrast ergeben 0,2 Â

0,1 Â

Ag : Fe : AI Ag : Fe : AI wie wie 1: 145:310 1:2,38:2,85

Für die röntgenologische Praxis bedeutsame Ordnungszahlen sind: H C 0 p Ca J

(Wasserstoff) (Kohlenstoff) (Sauerstoff) (Phosphor) (Calcium) (Jod)

1 6 8 15 20 53

Ba (Barium) W (Wolfram) P t (Platin) P b (Blei) Bi (Wismut)

56 74 78 82 83

Es zeigt sich hier, daß die am stärksten absorbierenden Stoffe im lebenden Organismus (Phosphor und Calcium als Bestandteile des Knochens) auch die höchsten Ordnungszahlen haben, daß weiterhin eine Stoffgruppe, die in der Kontrastmitteltechnik unentbehrlich geworden ist (Jod, Barium, s. S.159) ebenfalls durch hohe Ordnungszahlen ausgezeichnet ist, und daß manche Stoffe, die als Schutzsubstanzen verwandt werden (besonders Blei) sehr hohe Ordnungszahlen haben, wodurch eben ihre Abschirmwirkung (große Schwächung!) erklärt ist. Aus der obenstehenden Tabelle geht auch hervor, daß die Bedeutung der Ordnungszahl für die Schwächung bei höheren Energien abnimmt, eine Tatsache, die in der sogenannten Hartstrahltechnik größte Bedeutung hat. Jede Schichtdicke eines Stoffes schwächt eine Strahlung um einen bestimmten Prozentsatz (Tabellen 6 und 6). Es gibt danach keine Schicht, die so dick ist, daß sie eine Strahlung 100 %ig schwächt. Bei graphischer Darstellung flacht sich die Kurve langsam ab, erreicht aber den Nullpunkt nie (Abb. 60a). Der Abfall ist „exponentiell". Graphisch kann der Kurvenverlauf bei Verwendung halblogarithmischen Papiers in eine Gerade umgewandelt werden (Abb. 60b). Die Schwächungsunterschiede verschiedener Schichtdicken

Verhalten energiereicher Strahlen

71

Tab. 5. Einfluß mehrerer Schichten auf die Schwächung Wellenlänge

Schwächung durch

0,2 Ä

1 mm nochmals 1 mm 1 mm nochmals 1 mm

0,1Ä

von 100% auf

Fe Fe Fe Fe

43,4% 43,4% 79,8% 79,8%

von 43,4% = 18,9% von 79,8% = 63,8%

\

\\

f -S •b

V

\

\

\

\s

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