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German Pages 284 [287] Year 2005
Forschungen zum Alten Testament 2. Reihe Herausgegeben von Bernd Janowski (Tübingen) • Mark S. Smith (New York) Hermann S pieckermann (Göttingen)
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Medien im antiken Palästina Materielle Kommunikation und Medialität als Thema der Palästinaarchäologie
Herausgegeben von
Christian Frevel
Mohr Siebeck
CHRISTIAN FREVEL, geboren 1962; Studium der Katholischen Theologie, Altorientalistik und Philosophie in Bonn; 1994 Promotion; 1999 Habilitation; 2000-2004 Professor für Biblische Theologie an der Universität zu Köln; seitdem Professor für Altes Testament an der Ruhr-Universität Bochum.
Für Simeon Jeremía Rick *30.11.2004
f3.12.2004
ISBN 3-16-148512-2 978-3-16-157858-8 Unveränderte ISSN 1611-4914 (Forschungen zum Alten Testament 2. Reihe)
eBook-Ausgabe 2019
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. © 2005 Mohr Siebeck, Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Guide-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Held in Rottenburg gebunden.
Vorwort Gab es Medien im antiken Palästina oder entspringt die Frage danach nur einem modischen Trend? Ist die Rede von Medien nur für das moderne Medienzeitalter sinnvoll? Was leistet der Begriff „Medien" für die Beschreibung antiker Kommunikationszusammenhänge? Im Horizont dieser Fragen dokumentiert der vorliegende Band die Vorträge, die auf der internationalen Fachtagung „Medien der Alltagskultur. Realien und kulturelle Kommunikation als Thema der Palästinaarchäologie" vom 25.-27. Juli 2003 gehalten wurden. Das Kolloquium stand unter einer dreifachen Fragestellung: (1) Wie leistungsfähig ist der Begriff „Medien" für die Antike und welcher Medienbegriff ist zu veranschlagen? (2) Welchen Stellenwert haben die Paradigmen der modernen Medientheorien für die Beschreibung der Medien der Antike und schließlich (3) welchen Beitrag leisten die Altertumswissenschaften als die mit der Antike beschäftigten „Kulturwissenschaften" zur Mediendebatte und zur Mediengeschichte? Neben den methodischen Fragen galt den Formen materieller Kommunikation ein besonderes Augenmerk. Der Blick sollte sich nicht auf primäre „Menschmedien" (Priester, Prophet, König) oder ausschließlich auf die klassischen Schriftmedien (Texte, Inschriften) richten, sondern darüber hinaus nach der kommunikativen Leistung von „Realien" im weitesten Sinne fragen. Auf dem Hintergrund eines nicht technischen, weiten Medienbegriffs wurden Realien dabei heuristisch als „Medien" im Sinne von Speichermedien aufgefasst, in denen das kulturelle Symbolsystem des „Alltags" sich konstituiert, ausdrückt und repetiert. Realien sind so ein materialisierter Teil des kulturellen Gedächtnisses und die Beschäftigung mit ihrer Kommunikationsleistung ein Teil der Medienkulturgeschichtsschreibung. Der Medienbegriff und seine Leistungsfähigkeit für die Altertumswissenschaft wurden auf der Tagung kontrovers diskutiert, was die Beiträge in ihrem je unterschiedlichen Rekurs auf die Mediendebatte widerspiegeln. Auf der Grundlage eines weiten Medienbegriffs lässt sich für die Antike leicht von „Medien" sprechen, doch nimmt der Nutzen des Begriffs mit seiner unspezifischen Weite ab. Alternativ wurde diskutiert, ob nicht der weniger mit modernen Debatten verschränkte Begriff der Kommunikation Gleiches unverfänglich leisten kann. Alle Beiträge reflektieren diese Alternative auf je unterschiedliche Weise. Die Tagung fand im Kontext des „Lehr- und Forschungszentrums für Antike Kulturen des Mittelmeerraums" an der Universität zu Köln statt.
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Vorwort
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Philosophische Fakultät haben das Symposion finanziert und durch einen Druckkostenzuschuss die Veröffentlichung dieses Bandes ermöglicht. Beiden sei an dieser Stelle ausdrücklich gedankt. Die Fragestellung der Tagung steht darüber hinaus im Kontext der Neubearbeitung des „Biblischen Reallexikons", die der Herausgeber zusammen mit Angelika Berlejung, Universität Leipzig betreut. Das Kolloquium hätte nicht durchgeführt werden können ohne den hohen und kompetenten Einsatz von Anne Brown. Die Kräfte des Seminars für Katholische Theologie, allen voran Frau Petra Pack, Dörte Welp, Noemi Baiamonte und Eva Schreich haben sie dabei organisatorisch unterstützt. Sabine Jostock und Katharina Pyschny haben mich in der Erstellung der Druckvorlage unterstützt. Frau Tanja Mix vom Verlag Mohr Siebeck hat die Drucklegung mit freundlichem Rat begleitet. Ihnen allen gilt mein aufrichtiger Dank.
Köln, den 15.11.2004
Christian Frevel
Inhalt Vorwort
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CHRISTIAN FREVEL
Medien der Alltagskultur in der Antike Eine Einführung
1
CHRISTOPH UEHLINGER
„Medien" in der Lebenswelt des antiken Palästina?
31
G U N N A R LEHMANN
Media and the Symbolic Texture of Material Culture Critical Theory of Practice in Archaeology
63
STEFAN M Ü N G E R
Medien und Ethnizität Das Beispiel einer tanitischen Stempelsiegel-Gruppe der frühen Eisenzeit
85
ROBERT WENNING
„Medien" in der Bestattungskultur im eisenzeitlichen Juda?
109
H A N N A H M . COTTON
Language Gaps in Roman Palestine and the Roman Near East
151
ULRICH HÜBNER
Tradition und Innovation Die Münzprägungen der Hasmonäer des 2. und 1. Jahrhunderts v. Chr. als Massenmedien
171
WOLFGANG M . THIEL
Vom Ornament zum Medium Die kanonischen griechischen Bauordnungen und ihr Beitrag zur Hellenisierung Palästinas im 2. und 1. Jh.v. Chr. ... 189
Vili
Inhalt
JOACHIM FRIEDRICH Q U A C K
Medien der Alltagskultur in Ägypten und ihre Auswirkungen auf Palästina
237
Verzeichnis der Autoren des Bandes
269
Register
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Medien der Alltagskultur in der Antike Eine Einführung* von CHRISTIAN FREVEL
1. Medienmode und Modemedien Im „globalen D o r f sind die Medien auch ein Modethema. Wer aber wollte leugnen, dass Medien tatsächlich zunehmend die Agenda des Alltags bestimmen? Schlagwort-Kategorien wie Massenmedien, Neue Medien, Intermedialität oder ständig neue Komposita von Medienkompetenz über Medienpädagogik zur Medienethik unterstreichen dies nachdrücklich. Medien haben unbestritten soziale, wirtschaftliche, politische und kulturelle Bedeutung. Daneben haben Medien aber auch eine zunehmend entdeckte historische Dimension. Der Zusammenhang von Medienentwicklung und Kulturentwicklung ist evident, so dass man in Abwandlung eines Satzes von Klaus Boekmann sagen kann: Die Geschichte der Menschheit ist auch eine Geschichte der Medien. 1 Die Aufmerksamkeit gilt jedoch vielmehr den allgegenwärtigen Massenmedien und den „neuen" Medien. Die immer kürzer werdenden Erneuerungszyklen der Informationstechnologie und die daran erkennbare rasante Medienentwicklung, in der Information quantitativ potenziert, anscheinend zugleich aber qualitativ reduziert wird, wird vielfältig nicht nur als Chance, sondern auch als Bedrohung empfunden. Die Entkoppelung der Informationen von Sender und Empfänger beginnt virtuelle Medienwelten zu konstruieren, deren Präsenz und Vernetzung ihnen einerseits unzweifelhaft eine Schlüsselrolle in der Entwicklung der Gesellschaft zuschreibt, andererseits aber „Parallelwelten" zu schaffen * D a s Folgende stellt die überarbeitete F a s s u n g einer E i n f ü h r u n g dar, die den Refer e n t i n n e n u n d Referenten des Kolloquiums im V o r a u s zur V e r f ü g u n g gestellt wurde. In ihren G r u n d z ü g e n u n d der These w u r d e sie u n v e r ä n d e r t gelassen, versucht aber die in der Diskussion erreichten D i f f e r e n z i e r u n g e n zu berücksichtigen. 1 Der Satz B o e k m a n n s lautet: „Die G e s c h i c h t e der M e n s c h h e i t ist eine G e s c h i c h t e ihrer M e d i e n " , zitiert bei FAULSTICH, Kult, 16, vgl. auch ENGELL/SIEGERT/VOGL, Medien, 8: „Jede Geschichte ... ist die G e s c h i c h t e eines bestimmten M e d i e n g e b r a u c h s " .
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Christian
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droht. Da eine Vielzahl von Menschen sich in den modernen Informationsgesellschaften nicht mehr in der Lage sieht, die Zusammenhänge der Medienkultur zu durchdringen, macht die Omnipräsenz der Medien und ihre augenscheinliche Aura der Macht Angst. Stichworte wie „Entschleunigung", „Medienverzicht" oder das vielfältig aufgeladene „Bilderverbot" zeugen in der gegenwärtigen Debatte von kritischer Distanz und dem Versuch, die Medienflut durch gedankliche Gegenbewegungen einzudämmen. Sich mit Medien zu beschäftigen gehört in nahezu allen universitären Disziplinen zum guten Ton. Selbst bei den Fächern, die sich mit der Antike beschäftigen und denen ansonsten (nicht immer zu Unrecht) eine kritische Distanz zur „beschleunigten Moderne" unterstellt wird, ist das Thema „Medien" inzwischen angekommen. Mit diesen wenigen Sätzen ist der Hintergrund skizziert, auf dem das vorliegende Buch über Medien reflektiert. Es gibt in überarbeiteter Form die Referate wieder, die auf einem internationalen Forschungskolloquium in Köln im Rahmen des „Zentrums für Antike Kulturen des Mittelmeerraums" unter dem Titel „Medien der Alltagskultur. Realien und kulturelle Kommunikation als Thema der Palästinaarchäologie" vom 25.-27. Juli 2003 gehalten worden sind. Es wäre töricht zu behaupten, dass die Omnipräsenz des Medienthemas die Idee zu dem Kolloquium nicht beeinflusst hätte, aber es wäre ebenso töricht, wenn das die einzige Motivation gewesen wäre. Natürlich müssen sich die Altertumswissenschaften der Frage stellen, ob der hohe Stellenwert des Themas im gesellschaftlichen Diskurs sich nicht auch in der Beschäftigung mit der Antike widerspiegeln müsste. 2 Dabei steht keinesfalls das trotzige „Wir haben aber auch Medien!" im Vordergrund, sondern die kritische Überprüfung der vielseitig vorgetragenen globalen Entwicklungsthesen, dass Kulturentwicklung und Medienentwicklung untrennbar aneinander gekoppelt sind. 3 Sofern diese Thesen mit der „Gutenberg-Galaxis" erst beginnen und dann schnell zu Photo- und Phonographie, Film und Fernsehen wechseln, um schließlich in der binär organisierten „Computer-Galaxis" die Umlaufbahn einiger digitaler „Satelliten" zu beschreiben, wächst das Unbehagen für denjenigen, der mit Welten befasst ist, die informationstechnisch als bloßer Vorlauf begriffen werden. Es ist die Ahnung, dass die Periodisierungen von „Medienzeitaltern" der Antike und ihrem „Me2 Vgl. erste Ansätze für die Archäologie der Levante in dem von CHRISTOPH UEHLINGER herausgegebenen Band „Images as media", ferner die Arbeiten von JAN und
ALEIDA ASSMANN. In A u s w a h l : ASSMANN/HARDMEIER, S c h r i f t ; ASSMANN,
Gedächtnis.
Vgl. zur Medienreflexion in den Altertumswissenschaften jetzt den von H. VON HESBERG herausgegeben Band „Medien in der Antike", das Archiv für Mediengeschichte 2003 mit dem Titel „Medien in der Antike" sowie die Hinweise bei FAULSTICH, Kult; WILKE, Grundzüge; LUDES, E i n f ü h r u n g . 3 Vgl. dazu LUDES, E i n f ü h r u n g .
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Einführung
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dienhaushalt" 4 oder ihrer „Medienstruktur" nicht gerecht werden. Es ist die Überzeugung, dass es Kommunikationszusammenhänge in der Antike gibt, die einen wesentlichen Beitrag zur Reflexion über Medien leisten können und dass es vorneuzeitliche „Aufschreibsysteme" gibt, die über die Materialisierung von Schrift hinausgehen. 5 Mit dem Blick auf die „Medien der Antike" soll - auf der Folie der gegenwärtigen Debatten - die Frage nach Kommunikation, deren Strukturen und Zusammenhängen gestellt werden. Die Idee des Kolloquiums entstand dabei unter einer dreifachen Frage: (1) Wie leistungsfähig ist der Begriff „Medien" für die Antike und (2) welchen Stellenwert haben die Paradigmen der modernen Medientheorien für die Beschreibung der Medien der Antike und schließlich (3) welchen Beitrag leisten die Altertumswissenschaften als die mit der Antike beschäftigten „Kulturwissenschaften" zur Mediendebatte und zur Mediengeschichte? Aus pragmatischen Gründen wurde eine raumzeitliche Konzentration auf die Levante des 1. Jahrtausends v. Chr. bis zum Ausgang der Spätantike vorgenommen. Daneben wurde noch eine weitere Vorentscheidung getroffen, die Materialität der Kommunikation. Die Annäherung an die genannten Fragen sollte von der archäologisch erhebbaren, materiellen Basis der Kommunikation erfolgen. Ausgangspunkt sollte der klassische Begriff der „Realie" sein.6 Durch die geschichtliche Entwicklung ist das Verhältnis zwischen Bibeltext und Archäologie sensibel und belastet. 7 Um nicht die Kommunikation einseitig textlich zu fixieren und so unweigerlich in den Strudel der hermeneutischen Diskussion in der Palästinaarchäologie zu geraten, wurden die Texte und die Reflexionen über Kommunikation in zusammenhängenden Texten weitestgehend ausgeklammert. Lediglich der 4 „Medienhaushalt" ist hier nicht individuell, sondern im Sinn der gesamten Medien eines kulturellen Kontextes verstanden. „Erst die S u m m e und das Zusammenspiel aller Medien machen also die besondere Qualität einer Gesellschaft und der mit ihr verbundenen Kultur aus. Es ergibt sich daraus so etwas wie ein .Medienhaushalt' in einer spezifischen Strukturiertheit, in der alle beteiligten Formen ihre ihnen eigene Funktion besitzen" (von HESBERG/THIEL, E i n f ü h r u n g , 10). 5 Vgl. den Begriff der Aufschreibesysteme bei KITTLER, Aufschreibesysteme. 6 Im Hintergrund des Kolloquiums steht unter anderem auch die Neubearbeitung des „Biblischen Reallexikons (BRL) / Encyclopedia of Material Culture in the Biblical World ( E B W ) " durch den Autor und Angelika Berlejung, Katholieke Universiteit Leuven / Universität Leipzig. 7 Vgl. zur Diskussion um das Verhältnis von Archäologie und Exegese die einführenden Überlegungen von FREVEL, Ort; und in Auswahl LIWAK, Grube, FINKELSTEIN, Archaeology und zur jüngeren Diskussion den vielfältigen Band aus vorwiegend neutestamentlicher Perspektive ALKIER/ZANGENBERG, Zeichen. Die Beschreibung von Kommunikationszusammenhängen in Texten wurde darüber hinaus bereits in dem von Jan und Aleida Assmann und Christoph Hardmeier begleiteten Projekt „Archäologie der literarischen K o m m u n i k a t i o n " ausführlich behandelt, auf deren Publikationen ausdrücklich verwiesen sei.
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Frevel
Bereich der Sprache und ihrer Kommunikationsleistung in „materiellen" Inschriften wurde unter dem Blickwinkel von „language gaps" in dem Vortrag von Hannah Cotton thematisiert. Auch alle anderen Beiträge konzentrieren sich auf Formen „materieller" Alltagskommunikation, um die „Medialität" von Objekten zu erfassen. Den Hintergrund für diese Schwerpunktbildung bildet die Einsicht, dass es über die „Gutenberg-Galaxis", also die überwältigende Dominanz des Schriftmediums einerseits und der Ablösung des Druckmediums durch die „multimedialen Bildmedien" andererseits häufig zu einer Verengung der Perspektive gekommen ist. Fokussiert werden „Medien" auf die „literarische Kommunikation" in Texten und - gerade über die eingeübte Opposition zwischen Text und Bild (Stichwort: Bilderverbot) 8 - auf die Bildmedien. Durch den bewusst archäologischen Schwerpunkt und die „Ausblendung" der antiken Literaturwerke als primären Untersuchungsgegenstand des „Medienhaushaltes" und nicht zuletzt durch das Vermeiden des immergleichen Fokus auf die Bildmedien in den Gattungen der Kultbilder, Terrakotten, Großplastiken und Vasenbilder sollte der Schwerpunkt bewusst auf die materielle Kommunikation resp. die „Materialität der Kommunikation" gelegt werden. 9 Im Aufriss des Kolloquiums und damit in dem vorliegenden Band fällt weiter auf, dass die theoretische Diskussion nicht mit einem eigenen Beitrag bedacht worden ist. Weder wurden explizit Medienwissenschaftler 8
In Kontext der Medienkritik fällt immer wieder das Stichwort „Bilderverbot". So z.B. bei HELMES/KÖSTER, Texte, 18 (dort fälschlich als „christliches" Bilderverbot geführt), die bezeichnenderweise auch ihre Textsammlung zur Medientheorie mit einem Abdruck des dekalogischen Bilderverbotes von Ex 2 0 , 1 - 7 beginnen. Um ein angemessenes Verständnis des „Bilderverbotes" als Kultbildverbot und nicht als Kunst-, Medien-, oder Darstellungsverbot bemüht sich seit Jahren ein Teil der Alttestamentlerinnen und Alttestamentler unter durchgehender Aufwertung der Tatsache, dass es in Israel Bilder gab (vgl. u.a. VERF., Bildnis). Die medienkritische Tendenz, die h ä u f i g aus der Opposition von Wort und Bild abgeleitet wird, darf nicht einfach als Surrogat des biblischen Bilderverbotes betrachtet werden. 9 Die Formulierung „Materialität der Kommunikation", die hier unabhängig gebildet wurde, findet sich auch in einem von H.G. GUMBRECHT und K.L. PFEIFFER herausgegebene Tagungsband eines 1987 in Dubrovnik abgehaltenen Symposions. Dort wird im Vorspann präzisiert: „'Materialität der K o m m u n i k a t i o n ' thematisieren heißt, die ,tieferliegende' Frage nach den selbst nicht sinnhaften Voraussetzungen, dem Ort, den Trägern und den Modalitäten der Sinn-Genese stellen". Zwar ist darin wie auch in manchen Einzelbeiträgen eine gewisse N ä h e in der Verwendung zu erkennen, doch scheint die Differenz auf den ersten Blick größer. Hier wird der Begriff im Sinne von „materialisierter" Kommunikation verwandt, die dann „Träger und Modalitäten der Sinn-Genese" als Medium speichert. Vollkommen zu Recht stellt aber PFEIFFER, Materialität, 15-28, zu der Verwendung des Begriffes „Materialität" fest: „Gleichwohl scheint der Begriff Materialität aus herrschenden Wissenschaftsparadigmen ausgesperrt. Zunächst ist er durch die fehlende W ü r d e einer Begriffsgeschichte gehandicapt" (16).
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Einführung
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noch historisch orientierte Medienforscher hinzu geladen und um einen Beitrag gebeten. Dies mag als Defizit aufgefasst werden, sollte jedoch verhindern, die Debatte mit zu starken Theorieanteilen aus den Horizonten der Medienwissenschaften und der Auseinandersetzung um Medientheorien zu belasten. Ausgangspunkt waren vielmehr die mit der Antike beschäftigten archäologischen Disziplinen. Der Fokus lag auf Formen der Alltagskommunikation und der Frage, inwieweit der Medienbegriff zur Beschreibung als tragfähig angesehen wird. Eine Beurteilung gelingt selbstverständlich nicht ganz ohne den Rückgriff auf die Debatte um Medientheorien, die trotz allem im Hintergrund steht. Die folgenden Anmerkungen sollen einige Leitfragen und eine Position verdeutlichen, verstehen sich dennoch nicht als eigenständige Einführung in die medientheoretische Debatte.
2. Medientheorien als Ausgangspunkt einer Beschäftigung mit Medien der Antike? Der Blick auf den Buchmarkt der letzten Jahre zeigt einen Boom von Einführungen in Medientheorien und die junge Disziplin Medienwissenschaft. 10 Die dort entwickelten oder referierten Theorieansätze sind dabei vollkommen disparat und jeweils nicht unbeeinflusst von dem wissenschaftlichen Teilgebiet, dem sie entstammen, sei es die Philosophie, die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, die Kulturanthropologie, die Ökonomie, die Soziologie oder die Literaturwissenschaft u.a.m. Wiederkehrende Konstanten und Säulen einer mehr oder minder brüchigen Kulturtheorie sind dabei lediglich die bekannten und doch unter sich so unterschiedlichen Verdächtigen, die geradezu zum guten Ton gehören: Walter Benjamin, Neil Postman, Herbert Marshall McLuhan, Niklas Luhmann, Vilem Flusser, Paul Virilio, Friedrich Kittler oder Roland Barthes. Über diese Gemeinsamkeit im kanonischen Bezugsnetz der Medientheorie hinaus gibt es derzeit wenig Einigkeit zwischen medienästhetischen, medienökonomischen und medienethischen Ansätzen. Dass übergreifende Medientheorien über konstitutive Faktoren von Kultur reflektieren, also als „kulturwissenschaftliche Medientheorien" 11 zusammengefasst werden können, lässt sie für die Beschäftigung mit den Kulturen der Antike offen sein. Insbesondere die These, dass sich die Entwicklung der Kultur und Gesellschaft in der Entwicklung ihrer Medien spiegelt, ist dabei von Interesse. Die historische Dimension, die für diese Offenheit Voraussetzung ist, ist inzwischen als „Me10
In Auswahl: LUDES, E i n f ü h r u n g ; KLOOCK/SPAHR, Medientheorien; HICKETHIER,
Einführung;
KLOOCK,
Schrift;
LESCHKE,
Einführung;
THEORIE; HELMES/KÖSTER, T e x t e . 11
Vgl. dazu KLOOCK/SPAHR, Medientheorien, 9.
METZLER LEXIKON
MEDIEN-
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diengeschichte" genuiner Teil der Medienwissenschaft, wie sich an den Einführungen oder an der Konzeption neuer medienwissenschaftlicher Studiengänge ablesen lässt. Doch hier ist der Blick in die jüngeren Ansätze und ihr Theorieangebot mehr oder minder enttäuschend. Einen wirklichen Ansatz, der den Medienhaushalt der Antike (und sei es exemplarisch) systematisieren, analysieren und mit der Moderne vergleichen würde, gibt es bisher m.W. nicht. 12 Dessen ungeachtet wird die Bedeutung der Einbindung einer historischen Perpektive in die Medienforschung durchweg unterstrichen: „Daß es bis heute keine hinreichend komplexe Medientheorie gibt, ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß deren diachrone Fundierung noch aussteht" 13 , schreibt etwa Werner Faulstich, der sich intensiv mit der Geschichte der Medien auseinandergesetzt hat. Gleiches fordert er für jegliche Medientheorie ein: „Pseudo-Medientheorien, die das Gegenteil suggerieren, können keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit geltend machen". 14 Faulstich selbst hat in bisher vier Bänden an einer Medienkulturgeschichte gearbeitet. 15 Der 1997 erschienene zweite Band widmet sich den Anfängen bis zum Ausgang der Spätantike. Dabei legt er einen vom Kommunikationsbegriff Ulrich Saxers her entwickelten Medienbegriff zugrunde: „Medien werden ... verstanden als komplexe institutionalisierte Systeme um organisierte Kommunikationskanäle von spezifischem Leistungsvermögen". 16 Entsprechend eng ist der Zusammenhang von Medien und Kultur, den er im Anschluss an das konstruktivistische Konzept von Siegfried J. Schmidt bestimmt. 17 Medien haben für Faulstich die Aufgabe zwischen kognitiven und sozialen Systemen zu vermitteln, und Kultur wird konzeptualisiert „als kommunikative Thematisierung des Wirklichkeitsmodells einer Gesellschaft". 18 Damit versteht er Kulturgeschichte als einen Kommunikationszusammenhang und Mediengeschichte als „Medienkulturgeschichte". Dabei ist für ihn die Einsicht grundlegend, dass „alle Gesellschaften, wenn auch in unterschiedlichen Formen, ... gleichermaßen Kul12
Vielfältig und grundsätzlich nützlich, aber für die A n t i k e z u m Teil u n b r a u c h b a r sind die Übersichten zur M e d i e n e n t w i c k l u n g wie etwa WILKE, G r u n d z ü g e ; FAULSTICH/RÜCKERT, Mediengeschichte; HIEBEL u.a., M e d i e n c h r o n i k . 13 FAULSTICH, Geschichte, 11, vgl. auch ENGELL/SIEGERT/VOGL, Medien, 8. 14 FAULSTICH, G r u n d w i s s e n , 27. 15 Zu Begriff u n d M e t h o d e FAULSTICH, G r u n d w i s s e n , 31. Die einzelnen B ä n d e sind: Der als zweites 1997 e r s c h i e n e n e Band „Das M e d i u m als Kult. Von den A n f ä n g e n bis zur Spätantike (8. J a h r h u n d e r t ) " behandelt die A n f ä n g e , der zuerst 1996 e r s c h i e n e n e B a n d „Medien u n d Öffentlichkeiten im Mittelalter ( 8 0 0 - 1 4 0 0 ) " die G r u n d l a g e n im Mittelalter. Die beiden Folgebände sind „Medien zwischen H e r r s c h a f t und Revolte. Die M e d i e n k u l t u r der f r ü h e n Neuzeit ( 1 4 0 0 - 1 7 0 0 ) " (1998) und schließlich der zuletzt ers c h i e n e n e B a n d 4: „Die bürgerliche M e d i e n g e s e l l s c h a f t ( 1 7 0 0 - 1 8 3 0 ) " (2002). 16 17 18
FAULSTICH, Kult, 10. Vgl. SCHMIDT, Wirklichkeit; DERS., A u t o n o m i e ; DERS., M e d i e n . FAULSTICH, Kult, 16.
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tur- und Kommunikations- und Mediengesellschaften" 19 waren. Faulstich fragt nach der Funktion der Medien, um deren Beitrag für die Kulturgeschichte näher zu beschreiben: „Die Frage nach der jeweiligen Funktion eines Mediums zu einer gegebenen Zeit in einem bestimmten Kontext bezieht sich auf die Entstehung und Entwicklung eines Mediums, aber auch auf seinen realen Einsatz im Netz unterschiedlicher Interessen wie z.B. der Sicherung von politischer Herrschaft, der Konstituierung von Kommunikations- und Handlungsräumen, der Verwirklichung subjektiver Spielbedürfnisse, der Etablierung von Zwängen und Tabus, der Gestaltung von Freizeit, der Manipulation und Unterdrückung von Randgruppen, der revolutionären Veränderung von Machtkonstellationen, der Konstituierung von Teilöffentlichkeiten, der Strukturierung kultureller und sozialer Binnenräume, und so weiter". 20 Die Durchführung der auf dem Kommunikationsbegriff aufbauenden Mediengeschichte in zwölf Abschnitten von den Anfängen bis zum Beginn des Mittelalters enttäuscht in der mangelnden Tiefenschärfe. Angefangen von der „Frau als Medium" bis hin zu „Druiden", vom „Tanz" und „patriarchalem Ritual" werden vor allem sog. primäre Medien und Menschmedien als Kleingruppenmedien betrachtet. Sekundäre Medien - also Medien, die nicht ohne technische Vermittlung zwischen Sender und Empfänger auskommen - treten als „Gestaltungs-" und „Schreibmedien" in den Blick. Die Grundthese, ist, dass ursprünglich alle Medien „ausnahmslos und primär kultische Funktionen" hatten. Diese ursprüngliche Phase sieht Faulstich bis zur Mitte des dritten Jahrtausends v. Chr. reichen. Durch die Erfindung der Schriftsysteme kommt es dann zu einer zunehmenden Entsakralisierung. „Ein ichbezogener Verwertungszusammenhang nahm immer mehr zu. ... An die Stelle holistischer Werte traten profan-instrumentelle und subjektivistische". 21 Die Kultmedien der Anfänge werden im Kontext von Bevölkerungswachstum, gesellschaftlicher Ausdifferenzierung, Ichbezogenheit profanisiert, säkularisiert - zu profanen Kommunikationsmedien, wie wir sie heute kennen. Die zweite Phase ist bestimmt durch Fragmentarisierung und Egozentrierung einerseits und auf das Übermitteln von Informationen in Kommunikationsprozessen andererseits. Durch die Ausbreitung des Christentums wird noch einmal eine Unterphase konstituiert. Dort geht Faulstich von einer Re-Etablierung und Re-Insitutionalisierung „des Mediums als Kult" aus, nämlich in der „einen heiligen, weltumfassenden Kirche, mit dem zentralen Gebot der Nächstenliebe, mit dem Konzept von Geschichte als Heilsgeschichte, mit der Verbindlichkeit sowohl für den einzelnen als auch (wieder) für die Gemeinschaft bzw. für die Gattung 19
FAULSTICH, Kult, 17. FAULSTICH, Kult, 16. 21 FAULSTICH, Kult, 294. 20
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Mensch. Erneut wurde ein holistischer Welt-, Sinn-, Lebensentwurf für alle konzipiert". 22 Der hohe Abstraktionsgrad dieser zusammenfassenden Linien deutet die Problematik an, die sich in einem Entwurf einer Mediengeschichte als Kulturgeschichte nahezu notwendig einstellt. Zwar ist der Einschätzung Niklas Luhmanns zuzustimmen, dass Kommunikationstechniken „eine alles andere magnetisierende Epocheneinteilung" anbieten. 23 Doch bleibt es ausgesprochen fraglich, ob die Periodisierungen, mit denen sich Faulstich von den Jasperschen Achsenzeiten abzusetzen sucht, für den „Medienhaushalt" der Antike ausreichend sind. So wichtig der Versuch ist, eine „universale" Mediengeschichte zu schreiben, so sehr muss dieser doch die Kommunikationszusammenhänge und Symbolsysteme der einzelnen Kulturen zu seiner Grundlage machen und dabei differenzieren. Für die Zusammenhänge der Palästinaarchäologie würde es dafür zunächst um die Erhebung der Medien und ihrer Kommunikationszusammenhänge gehen. Werden diese systematisiert und in Beziehung zueinander gebracht, entsteht der Teil einer Mediengeschichte. Allerdings ist dabei darauf zu achten, dass der Beurteilungsstandpunkt dessen, was ein Medium ist, nicht von der Schriftlichkeit her entworfen und bewertet werden darf. 24 In einer abstrahierenden Mediengeschichte sehe ich das Problem des Eurozentrismus des Entwurfs, der ganz von der „Gutenberg-Galaxis" her denkt. 25 Das gilt insbesondere für die Ahnen Harold A. Innis und Herbert Marshall McLuhan, auf denen Faulstichs Ansatz fußt, aber auch zum Teil für ihn selbst. 26 McLuhan teilt die Geschichte in seiner Gutenberg-Galaxis in vier Epochen ein, (1) die orale Stammeskultur, (2) die literale Manuskript-Kultur, (3) die Gutenberg-Galaxis und (4) das elektronische Zeitalter. Die ebenso wenig befriedigende Einteilung lässt als Achse der Entwicklung die [typographische] Schriftlichkeit als das entscheidende Paradigma erkennen. Mit der Erfindung des „Druckmediums" - schlagwortartiger mit McLuhan „the making of typographic man" - wird ein Medium ge-
22
FAULSTICH, Kult, 296f. Zitiert bei KITTLER, Geschichte, 172. 24 In seinen Arbeiten hat Othmar Keel m.E. berechtigt für die altorientalischen Bilder das Recht auf Wahrnehmung eingefordert (KEEL, Recht). Keel kritisiert, dass „die Sprachlichkeit der Bilder und die Bildlichkeit der Sprache betont und damit die Grenze zwischen den Medien verwischt" (KEEL in KEEL/UEHLINGER, Miniaturkunst, 124) worden ist. 25 Eine Paradoxie schon in McLuhans „Baukasten zu einer Theorie der Medien" (so die scharfe und immer wieder zitierte, im Grundsatz zutreffende Kritik von H.M. Enzensberger) ist, dass sein Entwurf eine Kritik der Moderne und des Eurozentrismus anstrebt (vgl. KLOOCK/SPAHR, Medientheorien, 44), seine Periodisierung und das „Jenseits der Gutenberg-Galaxis" aber das Gegenteil begründet. 26 Vgl. zur Berührung beider Denker in der Annahme eines Zusammenhangs von Kultur und Kommunikation KLOOCK/SPAHR, Medientheorien, 47f. 23
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schaffen, von dem aus die übrigen Medien definiert werden. 27 Noch deutlicher als für Faulstich beginnt für McLuhan die Geschichte der Medien mit der Erfindung der Schrift. Das ist eine folgenreiche Engführung, in der es die komplexe Intermedialität der Gegenwart schwer haben würde einen positiv besetzten Platz einzunehmen. 28 Aber auch der Blick auf die schriftlosen Kulturen lässt diese Einschränkung als unzureichend erkennen. Die Grundannahme, in oralen Kulturen fände Information und Wissensvermittlung ausschließlich sprachlich, „in der Welt des Ohres" statt, greift erkennbar zu kurz. Auch ohne Orientierung an McLuhan und deutlicher in Absetzung davon beginnt für Jürgen Wilke die Mediengeschichte mit der „Erfindung des Drucks". 29 Seinen Überblick eröffnet er mit einem Blick in die „Jahrtausende ... in denen es ausschließlich direkte mündliche Kommunikation zwischen Menschen gab". 30 Durch den bewusst eingeengten Kommunikationsbegriff auf die „Sprache und die Übertragung von Worten und Sätzen" oder mit den Worten Wilkes die „Übermittlung von Botschaften und die Verständigung zwischen Menschen" 31 , geraten andere Medien gar nicht in den Blick, obwohl Wilke Medien als „im engeren Sinne technische Mittel" begreift, „die zur Verbreitung von Aussagen an ein potentiell unbegrenztes Publikum geeignet sind". 32 Dass dem auch visuelle nichtsprachliche „Bildmedien" entsprechen können, wird wegen des Gravitationspunktes „Buchdruck" ausgeblendet. Die ohne Zweifel hohe zivilisatorische Bedeutung der Schrift darf nicht zu einer Abwertung der schriftlosen Kulturen und ihrer Medien führen. Höhlenmalerei oder Knochenschnitzereien sind beispielsweise Formen der Wissensvermittlung, die eine Medialität voraussetzen. 33 Unter anderem deshalb setzt der vorliegende Band für die Frage nach der Medialität bei der „Archäologie der materiellen Kommunikation" an. Entscheidendes hängt damit für die Beschäftigung mit Medien der Antike vom Medienbegriff ab, der ebenso wenig einseitig von der Schrift wie vom Bild her entworfen werden darf. Aus der Kritik an Faulstichs und McLuhans Periodisierungen ergibt sich für die Frage, ob die Medienkulturgeschichte eine geeignete Perspektive für die Altertumswissenschaft resp. die Palästinaarchäologie sein kann, ein 27
Vgl. zur Kritik auch FAULSTICH, Grundwissen, 32. Vgl. so auch COY, in MCLUHAN, Galaxis, X. Auch darin liegt ein Paradox der Ideen McLuhans, deren Anliegen der emanzipatorische Umgang mit den neuen Medien und die Überwindung der Bewertungsdominanz des Buches ist (vgl. KLOOCK/SPAHR, Medientheorien, 71f). 28
29
WILKE, G r u n d z ü g e ,
30
WILKE, G r u n d z ü g e , 4.
31
WILKE, G r u n d z ü g e , 2.
32
WILKE, G r u n d z ü g e ,
33
1.
1.
Deshalb werden z.B. die Höhlenmalereien von FAULSTICH, Medien, 109-126 zu Recht ausführlich berücksichtigt.
10
Christian
Frevel
Zweifaches: Den Kommunikationsformen der Antike ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken, wobei deren Eigenwert nicht durch die Periodisierung der Gesamtgeschichte beschränkt werden darf. Wenn der Begriff der „Medien" verwandt werden soll, ist der Medienbegriff so zu fassen, dass er offen ist für die verschiedenen Kommunikationsformen der Antike.
3. Chancen und Probleme des Medienbegriffs In den Medienwissenschaften ist nach wie vor eine große Spannbreite von Definitionen des Medienbegriffs zu finden. So soll auch hier mit der nahezu kanonischen Apologie begonnen werden, mit denen viele Publikationen ihre Ausführungen über Medien beginnen: Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Medien und Medialität wird durch die Tatsache erschwert, dass es trotz intensiver Debatten und zahlreichen Definitionsversuchen in den letzten Jahren keinen Konsens bezüglich des Medienbegriffs gibt. Lediglich in formaler Hinsicht lässt sich Einigung konstatieren, dass sinnvoll und grundlegend zwischen einem materialen, auf die technisch-apparative Ausgestaltung bezogenen, einem inhaltlichen, auf die Kommunikate bezogenen Aspekt, einem symbolischen, auf das Zeichensystem bezogenen und einem funktionalen, auf die Wirkung bezogenen Aspekt unterschieden wird. Daneben hat sich im Anschluss an Harry Pross 34 die am Modus der Übertragung festgemachte Unterscheidung in primäre, sekundäre und tertiäre Medien durchgesetzt. Primärmedien benötigen keine technischen Mittel zur Übermittlung der Botschaften. Beispiele sind Mimik, Gestik oder die sog. Menschmedien. Sekundärmedien hingegen bedienen sich technischer Mittel auf Seiten des Senders. Ihre Rezeption bedarf keines technischen Mittels. Beispiele sind etwa Rauchzeichen, deutlicher noch Brief oder Inschrift, die jeweils auf der Seite des Empfängers ohne technische Vermittlung auskommen, da in ihnen die Informationen material gespeichert sind. Entsprechend bedürfen tertiäre Medien auf Sender- und Empfängerseite technischer Hilfsmittel. Dazu gehören vor allem die modernen Medien wie Telefon, Radio und Fernsehen usw. Von manchen wird diese Einteilung zu quartären Medien hin fortgeschrieben, in denen Sender und Empfänger nicht mehr eindeutig zu differenzieren sind, d.h. die Informationen von dem klassischen Schema gelöst sind. 35 Diese Einteilung, die vornehmlich auf die technische Klassifizierung von Kommunikationsmedien abzielt, führt nicht zu einer Eindeutigkeit im Diskurs um den Medienbegriff, der zwischen 34
Vgl. PROSS, Medienfoschung, lOf und die Darstellung bei LUDES, Einführung, 69-75; HALBACH/FASSLER, Geschichte, 22. 35 Die Fortschreibung des Schemas zu quartären Medien findet sich etwa bei FASSLER, Kommunikation, 147; FAULSTICH, Grundwissen, 21.
Medien der Alltagskultur
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technischen, sozialen, systemischen wie universalen Dimensionen oszilliert. Vielfach und zu recht stark kritisiert wird der universal weite, ja geradezu hypertrophe Medienbegriff des medientheoretischen Vorreiters Marshall McLuhan, der zur Gleichsetzung mit „Technik" tendiert und Straßen ebenso als Medien fasst wie Häuser, Geld oder die Mode. 36 Dabei geht er von der Vorstellung aus, dass Medien Erweiterungen des menschlichen Körpers sind. Auf den ersten Blick besticht die Definition durch den Vorteil der universellen Verwendbarkeit und des unmittelbaren Bezugs zur Kulturentwicklung. Hier lassen sich die „Realien" des Alltags, von der Bügelkanne bis zum Kamm, unproblematisch als Medium führen. Der zweite Blick jedoch macht gerade deswegen die Unbrauchbarkeit dieses weiten Medienbegriffs deutlich. Das mag das Beispiel des elektrischen Lichtes als Medium verdeutlichen, das zugleich das Kernzitat McLuhans „Das Medium ist die Botschaft" erläutert: „Elektrisches Licht ist reine Information. Es ist gewissermaßen ein Medium ohne Botschaft, wenn es nicht gerade dazu verwendet wird, einen Werbetext Buchstabe um Buchstabe auszustrahlen. Diese für alle Medien charakteristische Tatsache bedeutet, daß der ,Inhalt' jedes Mediums immer ein anderes Medium ist". 37 Da alles Medium sein kann, insofern es als Erweiterung der Fähigkeiten des menschlichen Körpers verstanden wird, wird Medium zum nichts sagenden Universalbegriff, zu dem nicht einmal mehr das Moment der Kommunikation konstitutiv gehört. Dem Medienbegriff McLuhans fehlen - trotz der Unterscheidung in „heiße" und „kalte" Medien 38 - Differenzierungsmöglichkeiten. Der zwar transdisziplinarische, wahrnehmungstheoretische und wenn man so will auch „ganzheitliche" Medienbegriff McLuhans ist für die hier diskutierten Zwecke - einer Beschreibung von Kommunikationszusammenhängen in der Antike anhand materieller Hinterlassenschaft - trotz seiner erkennbaren Nähe zu vormodernen Denkstrukturen (wie das aspektive, synthetische sog. „hebräische Denken") nicht geeignet, zumindest nicht ohne Einschränkungen und weitere Gliederung. Die fehlende Trennschärfe zwischen Sender und Empfänger führt positiv gesehen dazu, die Verwobenheit von Medium und Botschaft stärker in den Blick zu nehmen, was in der bekannten Formel „The medium ist the message" verkürzend zum Ausdruck gebracht wird. Medien sind gerade unter kulturgeschichtlicher Perspektive mehr als nur reine Informationsüberträger. Als diametrale Alternative zu dem als undifferenziert kritisierten universalen Medienbegriff steht der rein technische im Raum. Der rein technisch 36
Vgl.
die vielfältige Kritik
KLOOCK/SPAHR, M e d i e n t h e o r i e n , 37
MCLUHAN, M e d i e n ,
113.
38
MCLUHAN, M e d i e n ,
117f.
an
53-59.
diesem
Medienbegriff
zusammengefasst
bei
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Frevel
orientierte, enge Medienbegriff, der zwischen Speichermedien, Übertragungsmedien und Kommunikationsmedien unterscheidet, erscheint gegenüber McLuhan zunächst hilfreicher. Er versteht Medien eng gekoppelt an die Übermittlung einer Botschaft vom Sender an den Empfänger mittels einer Medientechnik. Ob diese Botschaft intentional auf den Weg gebracht oder en passent übermittelt wird, spielt dabei ebenso wenig eine Rolle wie der Inhalt der Botschaft. Medien sind Techniken beliebiger Information, die die Überwindung eines Raum-Zeit-Hiats ermöglichen. „An Medientechnik hängt eben einiges - jedenfalls mehr, als es einer Denk- und Theorietradition schwant, die da meint, es käme doch vor allem auf den Inhalt an und die es deshalb für ziemlich gleichgültig hält, welche Technologien für die Weitergabe und Speicherung von Informationen und Mitteilungen sorgen". 39 So richtig diese Einsicht Joachim Hörischs ist und so wenig eine Beschäftigung mit „Medien" von dem Aspekt der technischen Realisation absehen kann, wird doch in einem zu technischen Begriff die gesellschaftliche und soziale Dimension zu wenig berücksichtigt. Gerade wenn nun nach der medialen Konstitution des Alltags und einer Alltagskultur gefragt werden soll, erscheint ein zwar nicht globaler, aber doch weiter gefasster Medienbegriff hilfreich. Dieser Medienbegriff kann weder ausschließlich vom Inhalt der Botschaft noch von der Form der Vermittlung her bestimmt werden, sondern sollte beidem gerecht werden. Grundlage eines für die Altertumswissenschaften brauchbaren Medienbegriffs ist auf jeden Fall der Begriff der Kommunikation. Ich plädiere daher hier für einen nicht zu engen Kommunikationsbegriff, der formal lediglich an die Übermittlung von Information gebunden ist. Dabei ist zwischen intentionaler (auf einen spezifischen Empfänger gerichtete) Informationsübermittlung und bloßen Informationsträgern zu unterscheiden. Ferner ist m.E. sinnvoll, zwischen impliziter und expliziter Kommunikation zu unterscheiden. 40 Daraus ergibt sich ein „relativer" Medienbegriff, denn was im Einzelnen als „Medium" begriffen werden kann, ist - solange es innerhalb dieses groben Rasters verbleibt - variabel. Sofern ein Gegenstand intentionaler, expliziter Kommunikation dient (wie etwa eine Lapidarinschrift), wird man ihn ohne Weiteres als Medium bezeichnen dürfen. Wenn aber die Kommunikationsleistung des Gegenstandes lediglich darin besteht, unspezifische Informationen über den „Alltag" zu übermitteln, in dem er Verwendung findet, können einem Gegenstand mediale Funktionen zugebilligt werden, müssen es aber nicht. Um es an einem Beispiel zu verdeutlichen: Angenommen, in einer Ausgrabung des 21. Jahrhunderts würde unter einer Vielzahl von simplen Keramiktassen ein Porzellanbecher mit der Aufschrift 39
H Ö R I S C H , i n : LUDES, E i n f ü h r u n g , 1 5 .
40
Vgl. ähnlich die Unterscheidung von unmittelbarer und mittelbarer K o m m u n i k a tion bei LUCKMANN, Kommunikation.
Medien
der Alltagskultur
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Einführung
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„ C h e f gefunden. Ist dieser Kaffeebecher ein Medium? Sicher nicht im primären Sinn, dass er dazu dient Flüssigkeiten zu beinhalten und zu „übertragen". Seine primäre Funktion ist nicht medial, wohl aber ist er Medium auf einer zweiten Ebene, insofern er über seinen Verwendungskontext bestimmte Informationen liefert. Zumindest lässt die Aufschrift „Chef und das wertvolle Porzellan darauf schließen, dass die Tasse in einer hierarchisch strukturierten Gruppe der Führungsposition zugeordnet war. Das kommuniziert die Tasse aber nicht nur durch ihren Fundkontext, sondern das hat sie schon in ihrem ursprünglichen Verwendungskontext kommuniziert und insofern kann die Kaffeetasse als Medium verstanden werden: Sie kommuniziert die hierarchische Sozialordnung und Wertstellung in der Gruppe, in der sie verwendet wurde. Innerhalb der Gruppe ist unabhängig von der Person erkennbar, wer zumindest nominell an der Spitze der internen Hierarchie steht. Ob ich die Kaffeetasse nur von ihrer Funktion (als Kaffeetasse) und ihrem primären Verwendungskontext (als Trinkbecher im Büro) oder von dieser sekundären Information her betrachte, bestimmt, ob ich sie als „Medium" begreife oder nicht. Es kann demnach sinnvoll zwischen Medien oder Medialität verschiedener Ordnungsklassen unterschieden werden. Dies ist an einigen einfachen Beispielen im Folgenden zu erläutern.
4. Alltagskommunikation und Medien Einige ausgewählte Beispiele sollen das Gesagte verdeutlichen. Ein Ostrakon hat das primäre Ziel kommunikable Information zu speichern und damit Raum und Zeit zu überbrücken. Es handelt sich um intentionale und explizite Kommunikation durch ein klassisches Schreibmedium und ein Medium erster Ordnung. 41
41
Zur Komunikation im vorexilischen Israel - ohne Aufnahme des Begriffs „Medien" und mit starker Berücksichtigung auch der biblischen Evidenz - vgl. die Übersicht bei ZWICKEL, Kommunikation, 1 1 3 - 1 2 1 . Dort wie auch bei WILLI-PLEIN, Mündlichkeit, finden sich auch Reflexionen über den Unterschied zwischen mündlicher und schriftlicher Kommunikation. ZWICKEL betont aufgrund des Befundes sehr stark, dass schriftliche Kommunikation in vorexilischer Zeit weitestgehend auf den „militärischen und administrativen Bereich" (Kommunikation, 123) beschränkt war. Das trifft in der Tendenz sicher zu, erscheint aber insgesamt als zu starke Engführung. Hier müssen Reflexionen über die Alphabetisierung in Schulen sowie eine Einschätzung der Leseund Schreibfähigkeit mit in Betracht gezogen werden. Vgl. zur Differenz zwischen Schriftlichkeit und Mündlichkeit neben dem Aufsatz von H. Cotton in diesem Band auch E.A. KNAUF, Writing and Speaking in Gallilee, in: ALKIER/ZANGENBERG, Zeichen, 3 3 6 - 3 5 0 .
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Natürlich gibt es Beispiele von Ostraka als Schreibübungen oder Einwortostraka ohne erkennbaren Kommunkationskontext. 42 Ein Beispiel wäre das Ostrakon aus dem 8. Jh. v. Chr. aus Beth-Saida {Abb. 1), auf dem nur vier schlecht geschriebene aramäische Buchstaben, wahrscheinlich der (Personen-)Name „Akiba" ('qbr) überliefert ist. 43 Dennoch dient ein Ostrakon in der Regel als (nach der Einteilung von H. Pross) „Sekundärmedium" der Kommunikation zwischen Sender und Empfänger. Komplexere Ostraka wie etwa die aus den Hortfunden von Lachisch, Samaria oder Arad können die Funktion von Briefen übernehmen und komplexe Informationen vor allem im administrativen und militärischen Bereich transportieren. So etwa der aus dem ausgehenden 8. Jh. oder doch eher aus dem ausgehenden 7. Jh./Anfang 6. Jh. v. Chr. stammende Brief (Abb. 2) an Malklyähü, wohl den Kommandanten der Festung Arad, in dem eine weitere Korrespondenz erwähnt wird. 44 Eure Söhne Gemar[yähü] und N'hemyähü send[en hiermit Grüße] an Malklyähü: Ich segne [dich gegenüber Jah]we. Und nun: Geneigt hat dein [D]iener sein [H]erz zu dem, was du gesagt [hast; und ich habe geschrieben] an meinen Herrn [alles, was] der Mann wollte. [Und 'Esyähü ist gekomm]en von dir, aber einen Mann [hat er] ihnen [nicht gegeben]. Und siehe: Du kennst [die Briefe (?) aus] Edom: Ich habe sie [meinem] Herrn gegeben [vor] Tagesende. Und ['E]s[yäh]ü übernachtete [in meinem Haus], Und er forderte den Brief [, aber ich gab (ihn) nicht]. Der König von Juda möge wissen [dass wir nicjht den [...[schicken können. [Und d]as ist das Böse, das Edo[m getan hat...] .45
42
Zu den Schreibübungen wie dem auf eine Kalksteintafel eingeritzten GezerKalender, den Alphabet-Schreibübungen aus Izbet Sarta oder den schon komplexeren Briefformularen auf den Ostraka resp. Vorratskrügen von Kuntilet 'Agrüd, vgl. RENZ/RÖLLIG, Handbuch Bd. I I / l , 9 - 2 5 und die Übersicht bei ZWICKEL, K o m m u n i k a tion, 121 f. 43 Alternativ hat N. Avigad vorgeschlagen, in den vier Buchstaben den später bezeugten Ortsnamen Akabiya (7 km südöstlich von Bethsaida) zu lesen, vgl. ARAV, Bethsaida, 17f. 44 Vgl. zur Diskussion jüngst mit Angaben zur älteren Literatur NA'AMAN, Ostracon, 199-204. War bis dato aufgrund der Angaben des Ausgräbers Aharoni immer angenommen worden, dass das Ostrakon Nr. 40 Schicht VIII (8. Jh.) zuzuordnen sei, will NA'AMAN das Ostrakon aus inhaltlichen, epigraphischen und paläographisehen Gründen wie die Masse der übrigen Ostraka aus Arad Stratum VI zuweisen. Das stimmt zu den paläographischen Problemen, die RENZ zu ebenfalls aus Stratum VIII stammenden Ostraka gemacht hat (RENZ/RÖLLIG, Handbuch I, 145.149). E i n e Entscheidung ist nur nach einer erneuten Untersuchung aller Arad-Ostraka möglich. 45
Übersetzung
nach
J. RENZ in RENZ/RÖLLIG, H a n d b u c h
I,
147f, vgl.
NA'AMAN,
Ostracon, 200, der vor allem in der letzten Zeile abweicht und diese politisch plausibler auf drohendes Unheil bezieht: „The king of Juda[h] should know [that we are] [un]able to send the [troops until] the evil that Edo[m devises dis]appears".
Medien der Alltagskultur
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Aus dem fragmentarischen Ostrakon (nur etwa 2/3 des Textes sind erhalten) ist die Übermittlung einer Information der bedrängten Untertanen an den Kommandanten von Arad in einer kritischen Situation zu erkennen. Die politische Einschätzung der Lage ist different. Gegenstand ist die Beteuerung einer verlangten, aber nicht erfolgten Übergabe einer Korrespondenz an einen Dritten. Möglicherweise geht es um strategische Entscheidungen und die Verlegung von Truppen. 46 Obwohl der Hintergrund im Einzelnen unklar bleibt, wird deutlich, dass der Brief selbst Medium der Kommunikation ist und andere Briefe als Medium auffasst. Es scheint mir keine Frage, dass es sinnvoll ist, in Bezug auf Texte und ihre Übermittlung den Medienbegriff zu benutzen. Ein Ostrakon oder eine Lapidarinschrift kommunizieren intentional und explizit. Sie unterscheiden sich außer im Inhalt auch im Adressaten, der bei der öffentlich angebrachten Monumentalinschrift unspezifischer ist als bei einem Brief, wo in der Regel ein Adressat im Blick ist. Bildmedien sind häufig ebenso unspezifisch in der Eingrenzung des Adressatenkreises, mit dem sie intentional und explizit kommunizieren. Bilder richten sich simultan an verschiedene, bisweilen sogar beliebige Betrachter. Im Grad der Medialität sind sie aber dem klassischen Medium Text durchaus vergleichbar, wenn auch ihr Inhalt unspezifischer ist und noch deutlicher vom Betrachter erst konstituiert werden muss. 47 Das macht beispielsweise das Ensemble von Basaltstelen im eisenzeitlichen Torbereich des 9. Jhs. von BethSaida deutlich, wo als einzige ikonische Stele die eines Mondgottes aufgestellt war {Abb. 3), die gegenständliche und abstrahierende Elemente kombiniert. Ein Stierkopf mit auffallend herausgehobenem Gehörn und großen Ohren bestimmt das obere Bilddrittel. Das untere Bilddrittel ist ein „Zwitter". Der Kopf scheint auf einen aufrecht stehenden Körper gesetzt. Der aufrechte, fast anthropomorphe Eindruck wird durch das seitlich getragene kurze Schwert unterstrichen. Die Vorstellung eines Körpers wird allerdings durch die Proportionen durchbrochen. Die Mittelachse bildet ein Pfosten, der auf dem Boden aufsitzt und unten in den abgesetzten Rahmen der Stele übergeht. Die abstrahierende Darstellung unterstreicht die viergeteilte Rosette oberhalb der Schwertklinge. Neben dieser ikonischen Stele sind weitere anikonische Stelen gefunden worden, die im Durchgangsbereich des Vierkammertores platziert sind (s. dazu Abb. 4). Sie waren zum Teil mit Mauerabsätzen kombiniert, die zur Aufnahme von Votivgaben gedient ha-
46 So NA'AMAN, Ostracon, 201f, der das Ostrakon auf dem Hintergrund des gleichermaßen fragmentarischen Ostrakons Arad 24 lesen will, wo ebenfalls ein Malkiyahu erwähnt ist. 47 Vgl. zur Leistungsfähigkeit von Bildern als „Kommunikationsmitteln" die Arbeiten von O. Keel, der die Bilder gegen die „Vormundschaft der Texte" stark zu machen sucht. In Auswahl KEEL, Recht, dort bes. Xlf.
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ben. 48 Die Annahme liegt nahe, dass sie - wenn nicht mit weiteren für die Stadt bedeutsamen Gottheiten - mit einst notablen Ahnen verbunden waren, die den Schutz der Stadt auch nach ihrem Tod gewährleisten sollten. Die anikonischen Stelen markieren somit die Präsenz der schützenden Aura der Ahnen. Die herausgehobene ikonische Stele hingegen, die an einem erhöhten Kultplatz unmittelbar neben dem Durchgang durch das Vierkammertor aufgestellt war, kann aufgrund weniger bekannter syrischer Parallelen einem Mondgott, am ehesten dem Sin von Harran (oder einem entsprechend lunarisierten lokalen Wettergott) zugeordnet werden. Ihm galt der Kult am Stadttor von Beth-Saida in besonderer Weise. Das verwundert nicht, weil Sin im ersten Jahrtausend „eine herausragende Rolle als Wahrer des Rechts bzw. eines rechtsgeschützen Raums" 49 eingenommen hat und der Platz vor dem Tor einer Stadt Ort der Rechtssprechung war. Vielleicht unterstellten sich die Bewohner der Stadt wie auch Reisende dem Schutz dieser am Tor präsenten Gottheit und erbaten einen „Reisesegen". Die ca. 110-120 cm hohen Stelen - anikonische wie ikonische - repräsentieren wirkmächtig die Segens- und Schutzkräfte, an denen den Kultteilnehmern beim Ein- und Ausgang gelegen war. In der funktionalen Analogie zwischen den anikonischen und ikonischen Stelen zeigt sich, dass die Unterscheidung zwischen expliziter und impliziter Kommunikation relativ ist. Anders als bei der ikonischen Stele ist ein Verständnis ihrer „Botschaft" noch stärker auf die Konstellation, in der sie aufgestellt sind, abhängig. Die Stelen sind sinnvoll als Medien anzusprechen, da sie etwas kommunizieren, das nicht in ihnen selbst liegt, sondern ihnen durch ihre „Benutzung" in einer bestimmten Konstellation eignet. Losgelöst aus dem Kontext des Stadttores kommt zumindest den anikonischen Stelen keine mediale Qualität zu. Das Ensemble der Stelen im Torbereich von Bet-Saida zeigt, wie sehr „Medialität" von Realien außerhalb der klassischen Informationsmedien vom Verwendungskontext und auch vom Standpunkt des Betrachters abhängig ist. Am Beispiel der eisenzeitlichen Kultständer habe ich an anderer Stelle zu zeigen versucht, dass ihrem Dekor innerhalb ihres Verwendungskontextes mediale Funktion in mehrfachem Sinn zukommt. 50 Sie kommunizieren symbolisch die belebende Kraft, Vitalität und Prosperität des Göttli48
Hinzu kommen eine weitere Stele im Innenbereich des äußeren Stadttores und eine nicht in situ gefundene anikonische Stele in Kammer 2 des Tores. Die gegenüberliegende Kammer 4 wurde offensichtlich ebenfalls kultisch genutzt. Sie wird a u f g r u n d der vielfältigen signifikanten Kleinkeramik (Teller, Schalen, Krüge, Räuchertassen usw., insg. mehr als zwei Dutzend Gefäße) und einer großen M e n g e Getreides „Schatzh a u s " genannt. 49 KEEL/BERNETT, Kult, 72, vgl. zum Kontext des Torkultes neben dem zitierten Artikel die übrigen Aufsätze zu Bet-Saida in dem Band FASSBECK U.A., Leben. 50 FREVEL, Kultständer.
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chen bzw. der Gottheit, in deren Kult sie Verwendung finden und zugleich das, was sich die Kultteilnehmerin und der Kultteilnehmer durch ihre Verwendung erwarten. Das ist hier nicht im Einzelnen zu wiederholen. Der Blick soll zur Verdeutlichung noch einmal ausgewählt auf einige der anthropomorphen Figuralgefäße aus 'En Haseva gelenkt werden. Die als „Kultständer" anzusprechenden Gefäße (Abb. 5) wurden in einer Favissa zusammen mit einer großen Menge anderer Kultständer und Keramikgefäße (insgesamt sind 63 aus Scherben wieder zusammengesetzt) gefunden. Es handelt sich um das in der Region hergestellte Inventar eines außerhalb der Festung gelegenen, edomitisch beeinflussten Heiligtums aus dem späten 7./frühen 6. Jh. v. Chr. Die Gefäße stellen den Vorgang der Übermittlung, dem sie zugleich dienen, symbolisch dar. Zum einen dienen sie zur Darbringung der Opfergaben im Heiligtum. In den Schalen, die sie auf dem Kopf tragen bzw. die mit den Köpfen eine feste Verbindung eingehen, wurden die Opfergaben abgelegt. Die rechte, weiblich stilisierte Figur symbolisiert den Akt der Darbringung in besonderer Weise, wenn sie zusätzlich eine Schale in der Rechten hält. Zugleich stehen die Figuralgefäße stellvertretend für die Opfernden. In ihnen treten die Kultteilnehmer symbolisch (nicht im abbildlichen Sinne) vor die Gottheit. Insofern sie den Kultakt selbst darstellen und dem Betrachter symbolisch vor Augen führen, haben sie auch mediale Funktion. Sie lösen den Akt des Opferns von der raumzeitlichen Anwesenheit des Opfernden und machen ihn dauerhaft präsent. Von dieser Funktion her sind sie nicht nur als Opfergefäße, sondern m.E. sinnvoll auch als Medien anzusprechen. Nur dass die mediale Funktion nicht - wie bei der Inschrift oder der Stele - ihre primäre Funktion ist. Die primäre Funktion ist die der Bereitstellung der Opfergabe vor der Gottheit oder deren Bild. Die Trennung von indirekter medialer Kommunikation und primärer Funktion erweist sich auch bei anderen Dekorgefäßen als hilfreich. Ein figural dekoriertes Gefäß dient in der Regel nicht primär (wie z.B. das Ostrakon) der raumzeitlichen Überbrückung einer Kommunikation zwischen Sender und Empfänger, ist aber durch Form, Qualität, Dekoration usw. Träger von Information. Eine bemalte Vase „kommuniziert" indirekt, beispielsweise durch eine mythologische Szene oder durch regenerative Symbolik. In diesem Sinn vermittelt sie die Selbstverständlichkeiten und Konstituenten des „Alltags". Auf einer frühen eisenzeitlichen, zweifarbig bemalten Siebkanne aus Megiddo (Stratum VIA) (Abb. 6) ist unterhalb eines Metopenbandes eine komplexe Szene aufgebracht. Ein musizierender Leierspieler bewegt sich in einer Art Prozession von links nach rechts auf einen überdimensionierten stilisierten Lotusblütenkelch zu. Er wird begleitet von einer bunten Schar von Tieren. Hinter ihm gehen ein Pferd und ein schwanenartiger Vogel, ein Fisch und ein Skorpion. Vor ihm bewegen sich ein Capride (eine Gazelle?)
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und ein Fisch, sowie in vorderster Reihe ein Löwe, daneben ein Canide und ein Krebs. Die Interpretation des Stücks ist schwierig und daher sind die Vorschläge in der Forschung vielfältig. Als mythologischer Hintergrund wurde die Orpheus-Legende vorgeschlagen. Die Zuordnung ist verständlich, weil sie die Darstellung eindeutig und zur Illustration eines bekannten Textes bzw. einer bekannten Tradition macht. Dann ist die Kanne „Medium", insofern sie die Orpheus-Legende in anderer Form weitererzählt und verbreitet. In Megiddo würde sie dann die allochthone Erzähltradition in einen „internationalen" Cross - Cm//W RE- Hau Shalt einbringen oder einfach eine „Mode" repräsentieren. Doch obwohl die Szene fern an den vor Tieren und Pflanze musizierenden Orpheus erinnert, ist kaum von einer Darstellung des Mythos bzw. der Orpheus-Tradition auszugehen. Abgesehen von dem Hiatus (Orpheus wird in der griechischen Kunst erst im 6. Jh. dargestellt) sind die Tiere auch nicht auf den Musikanten ausgerichtet. 51 Die Kombination von philistäischen, kanaanäischen und mykenischen Elementen deutet ebenso wie die Parallelen auf den Rollsiegeln eher auf eine symbolische denn auf eine mythologische Interpretation, die allerdings gar nicht so fern sei muss von der Aussage der Orpheus-Erzählung. Die unrealistische Darstellung auf der Siebkanne erzählt quasi ein Märchen von einer Prozession zu einem stilisierten übergroßen Lotus, der für Wachstum, Fruchtbarkeit und Regeneration steht. Möglicherweise wird die regenerative Kraft einer bestimmten Gottheit zugerechnet, aber das ist der Darstellung nicht zu entnehmen. 52 Die Musik des bärtigen Helden steht vielleicht für ein kultisches Moment, eher aber für die profane Zuordnung von Lebensfreude und Musik. Diese spontane und verspielte Lebensfreude wird ebenso durch das Ensemble der Tiere symbolisiert, die den Helden begleiten. Wie der Kompositstil zeigt die Zusammenstellung eine Offenheit und Spontaneität, die lediglich durch die Hinordnung auf den Lotus zusammengeordnet wird. Die Siebkanne ist so als „Medium" zweiter Ordnung aufzufassen. Sie kommunizert einen Lebensstil und das nicht direkt, sondern indirekt. Der Haushalt, in dem sie Verwendung findet, drückt durch sie eine Offenheit und Lebensfreude aus, die vielleicht auch mit dem (alkoholischen) Inhalt der Kanne in Verbindung gebracht wird. Dabei hängt aber das Kommunikat nicht mit dem primären Verwendungsziel des Alltagsgegenstandes zusammen, ist aber immer mitgegeben.
51 Dazu, wie auch zu der engsten Parallele des Ensembles auf einem spätbronzezeitlichen Rollsiegelabdruck aus Tarsus und einer weiteren Parallele auf einem Rollsiegel aus Mardin vgl. DOTHAN, Philistines, 152 mit Abb. 28 sowie BRAUN, Musikkultur, 117-119, der die Differenz der „Parallelen" (Leier vs. Chordophon) herausstellt. 52 Ob man den Lotus als „stilisiertes B ä u m c h e n " ansprechen sollte (so SCHROER, Bilder, 35), ist m.E. fraglich. Sicher zu weitgehend scheint mir eine Z u o r d n u n g zum Ascherakult (FREVEL, Aschera, 882).
Medien der Alltagskultur
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Kommen wir zuletzt zu Medien, in denen noch stärker das Oszillieren zwischen intentionaler direkter und indirekter Kommunikation zu beobachten ist. Durch ihre große Anzahl in vollkommen unterschiedlichen Fundkontexten sind Siegel schon häufiger als „Medium" angesprochen worden. So schreibt beispielsweise Ursula Seidl: „Das visuelle Massenmedium par excellence ist im Alten Orient die Glyptik". 53 Obwohl sich die Quantifizierung „Masse" nicht auf die Anzahl der möglichen Adressaten oder Empfänger der Botschaft bezieht, sondern auf die vielfache Bezeugung eines medialen Aspektes in den Siegeln, erscheint der Terminus „Massenmedium" gerechtfertigt. Er unterstreicht zudem, dass die Siegel und ihre Kommunikationsleistung aufgrund ihrer Größe häufig unterschätzt werden. Ein mit einer Inschrift versehenes Siegelamulett kommuniziert sowohl explizit als auch implizit. Indem es identifizierende Informationen übermittelt, dient es der Identifikation des Siegelabdrucks mit einer bestimmten Person oder Institution als dem „Besitzer" des Siegels. Zugleich kommuniziert es implizit und ohne direkten resp. gezielten Adressaten Aspekte des Symbolsystems durch seine Dekoration. Wenn das Siegel als „Medium" der Alltagskultur beschrieben werden soll, müssen beide Dimensionen der Kommunikation Berücksichtigung finden. Abb. 7 zeigt einen aus weißem Opal gefertigten Skaraboid aus dem Jerusalemer Antikenhandel. 54 Durch einen doppelten Trennstrich, dessen Enden in Schlaufen münden, wird die Inschriftenfläche zweigeteilt. Das obere Feld trägt den Namen, in das untere ist das Patronym eingraviert. Die Inschrift lautet „(Siegel) des Hoslyähä, Sohn des Selemyähü" und ist paläographisch in das 7. Jh. zu datieren. Selbst ein solches anikonisches Namenssiegel der Eisen IlC-Zeit, das auf einer ersten Ebene zunächst ausschließlich die Zuordnung des Siegels bzw. des gesiegelten Gegenstandes zu der zu dem Siegel gehörenden Person markiert, kommuniziert im Kontext „gelesen" noch mehr. Denn zeitgleich zeigt sich eine Tendenz zur bild- und ornamentlosen Namensinschrift. Diese Anikonizität fährt den Amulettcharakter der Siegel nahezu vollständig zurück und zeigt eine Funktionalisierung im Rahmen von Verwaltungsvorgängen im offiziellen administrativen Bereich. 55 Zum einen setzt sich in der Anikonizität eine Tendenz fort, die bereits in der Eisen IIB-Zeit im Rückgang anthropomorpher Darstellungen zu beobachten war, zum anderen zeigt sich in der Tendenz eine „zunehmende Bürokratisierung des judäischen Staates". 56 Die Siegel sind funktionale „Medien" der Verwal-
53 SEIDL, Kultbilder, 106, vgl. zur Rede von Siegeln als „Massenmedien" die weiteren Hinweise bei FREVEL, Kultständer, 147f sowie jüngst STAUBLI, Werbung, 8. 54
V g l . RENZ/RÖLLIG, H a n d b u c h B d . I I / 2 N r . 5 . 1 3 ; AVIGAD/SASS, C o r p u s , N r .
55
Vgl. KEEL/UEHLINGER, Göttinen, 4 0 6 - 4 0 8 .
56
KEEL/UEHLINGER, G ö t t i n n e n , 4 0 7
139.
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tung geworden, die neben der Funktionalisierung des Siegels einen Verzicht auf bildliche Darstellungen über ihre primäre Funktion hinaus kommunizieren und vielleicht sogar propagieren. Der kommunikative Aspekt wird noch klarer bei Siegeln, die deutlicher Amulettcharakter haben. Unter dem Titel „Lotus-Kopfschild-Gruppe" hat Othmar Keel auf eine Gruppe von eisenzeitlichen Stempelsiegeln aus der südlichen Mittelmeerküstenzone hingewiesen, deren Repertoire sich z.T. aus Motiven der mittelbronzezeitlichen Glyptik speist. „Die Gruppe zeugt davon, dass man sich hier produktiv mit ägyptischen Traditionen beschäftigt hat. Man hat offensichtlich mbz Stücke, die aus Gräbern aufgetaucht sind oder als Erbstücke überlebt haben, kopiert, wahrscheinlich im Wissen, dass sie alt sind. Das Alter der Vorbilder ... dürfte den Nachahmungen einen besonderen Zauber, eine besondere magische Kraft verliehen haben". 57 Abb. 8 zeigt einen Skarabäus aus Lachisch. Die geflügelte Sonnenscheibe teilt die Fläche in zwei Hälften, während oben und unten regenerative Symbolik (Goldzeichen, Skarabäus mit erhobenen Armen, Stadtgrundriß und Anra-Zeichenfolge mit Roten Kronen) die Darstellungsfläche nahezu ganz füllt („horror vacui"). Bei den „Neo-Hyksos"-Skarabäen handelt es sich um eine ägyptisierende „Retro"-Mode des 9./8. Jhs. v. Chr. Offenbar ließ sich mit den Siegeln der Anschluss an die ägyptische Kultur und das ägyptische Symbolsystem signalisieren. Ob allerdings die Schutz-Symbole und Hieroglyphen auf den Siegeln als Kommunikation „verstanden" worden ist, ist eher unwahrscheinlich, letztlich aber nicht entscheidend. Die Siegel symbolisieren dem Träger bzw. der Person, der sie als Grabbeigabe mitgegeben wurden, die Zugehörigkeit zu einem bestimmten „Trend" der Alltagskultur. Insofern die Siegel getragen und benutzt worden sind, haben sie diesen Retro-Trend auch medial repräsentiert. Das dritte Beispiel Abb. 9 zeigt einen Eisenzeit IIA-Skaraboiden (7.Jh. v. Chr.) aus dem ostjordanischen Antikenhandel. Dargestellt ist ein thronender Gott in einem Boot, das in phönizischer Manier an beiden Enden in einen Vogelkopf mündet. Der bärtige, bekrönte Thronende hat eine Hand segnend erhoben. Er wird von zwei Ständern flankiert, auf denen stilisierte Blumen oder (wie in den Parallelen) Sterne zu erkennen sind. Drei Kugelsterne sind über den Händen eingraviert. Aufgrund der Parallelen 58 ist die thronende Gestalt als Mondgott zu identifizieren, der in dem sichelartigen Boot auf seiner „Himmelsfahrt" dargestellt ist und dabei seinen Segen gibt. Es handelt sich um einen lunarisierten El oder - was nicht ausgeschlossen werden kann - vielleicht auch um den im 7. Jh. v. Chr. zunehmend exklusiv verehrten und mit El wie dem Mondgott identifizierten YHWH. Der Segen, der in der Handlung dargestellt ist, soll dem Träger bzw. der Trägerin des 57
KEEL, Lotus-Kopfschild-Gruppe 148.
58
KEEL/UEHLINGER, G ö t t i n n e n , 3 5 0 - 3 5 3 m i t A b b .
305-307.
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Einführung
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Siegelamulettes zukommen. Durch die Zuordnung des Dargestellten zu einem Himmelsphänomen wird dieser Segen zusätzlich in der „Himmelsreise" aktuiert und wirksam herabgerufen. Das Siegel ist „Medium" dieses Segens, indem es ihn nicht nur vermittelt, sondern auch nach außen kommuniziert. Wieder ist der Aspekt der Medialität jenseits der primären Funktion des „Gebrauchsgegenstandes" angesiedelt. Die Beispiele ließen sich natürlich erheblich erweitern und von einer Übersicht über die „Medien" des antiken Palästina im 1. Jt. v. Chr. oder einer Beschreibung des „Medienhaushalts" ist die Zusammenstellung noch weit entfernt. Ein erschöpfender Überblick war auch nicht intendiert. Die Beispiele sollten deutlich machen, dass es Sinn macht, von Medien in antiken Kontexten nicht nur im Rahmen der klassischen Erwartungen von „Texten als Medien" oder „Bildern als Medien" zu sprechen. Der Medienbegriff eignet sich m.E. deshalb, weil er über die Formen intentionaler Kommunikation hinausgeht und auf die materiale Vermittlung des kulturellen Symbolsystems abhebt. Anders als der klassische Medienbegriff „erster Ordnung" ist der hier daneben postulierte Medienbegriff „zweiter Ordnung" ein relativer Begriff. Man kann die hier aufgeführten Beispiele der Kommunikation durch „Realien" durch den Begriff des „Mediums" beschreiben, muss dies aber aufgrund der primären Verwendungszusammenhänge und der primären Funktion der Gegenstände nicht. Es ist eine Frage der Perspektive, die dann sinnvoll erscheint, wenn es um die Beschreibung des „Alltags" geht. 59 Dabei steht die Frage im Hintergrund, wie sich über die materielle Kultur das identitätsstiftende Symbolsystem einer Gesellschaft kommuniziert. Ohne das Netz von Informationen, die durch die materielle Kultur etabliert und reproduziert wird, ist eine „Alltagskultur" gar nicht vermittelbar. Das Konstrukt „Alltag" ist - so die hier zugrunde liegende Annahme - medial vermittelt. „Alltag" konstituiert, kommuniziert und reproduziert sich vor allem durch Medien zweiter Ordnung, deren primäres Ziel nicht die technische Kommunikation zwischen Sender und Empfänger ist. Die Intention der Beispiele war nicht, „Realien" und Medien gleichzusetzen und damit einem universalen Medienbegriff das Wort zu reden, sondern exemplarisch deutlich zu machen, dass die Materialität der Kultur auch ein Moment ihrer Medialität ist.
59
Alltagskultur ist dabei zunächst nur in lockerer Absetzung von einer besonderen Festkultur als „every day life" verstanden, die trotzdem - aufgrund der fehlenden Trennung von profaner und sakraler Wirklichkeit - alle Wirklichkeitsbereiche des Lebens umfasst.
22
Christian
Frevel
5. „Medien" und „Materialität der Kommunikation" in der Palästinaarchäologie Ausgangspunkt der Überlegungen war die Frage, ob der Begriff der Medien für die Beschreibung der Lebensverhältnisse der Antike und ihrer materiellen Hinterlassenschaft etwas austrägt. Macht es Sinn von einem „Medienhaushalt" in der Antike zu reden? Ich hoffe gezeigt zu haben, dass entgegen aller Reserven gegenüber dem Modethema „Medien" von Seiten der Altertumswissenschaften, der Begriff der Medien sinnvoll in der Beschreibung der materiellen Hinterlassenschaft bzw. der (Re-) Konstruktion der Alltagswelt eingesetzt werden kann. Einer der Ausgangspunkte war die Überzeugung, dass weder die Konzentration auf die literarischen „Schriftmedien" noch auf die klassischen „Bildmedien" ausreichend ist, um den kulturkonstitutiven „Vorrat" an Medien vollständig zu erfassen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es vielfältige materielle Kommunikationsträger gegeben hat, deren Ziel nicht die direkte Kommunikation zwischen einem Sender und einem oder mehreren Empfängern ist. Zwar sind „Realien" nicht durchgehend als Medien zu fassen, doch ist ihr Potential zur Vermittlung des kulturellen Symbolsystems unterbestimmt, wenn man sie nicht auch vom Aspekt der Kommunikation her versucht zu beschreiben. Als prinzipiell zustimmungsfähig wurde die konstruktivistische Grundthese Siegfried J. Schmidts erachtet, dass „Kultur konzeptualisiert werden kann als kommunikative Thematisierung des Wirklichkeitsmodells einer Gesellschaft". 6 0 An ausgewählten Beispielen konnte gezeigt werden, dass alltägliche Gegenstände oder „Realien" über ihre primäre Funktion hinaus Aspekte des kulturellen Zusammenhangs, in dem sie stehen, kommunizieren. Insofern sie als „materialisierte Kommunikation" überdauert haben, sind sie sinnvoll als „Medien" im Sinne von Speichermedien anzusprechen. In ihnen konstituiert, kommuniziert und repetiert sich das kulturelle Symbolsystem des „Alltags". Als materialisiertes kulturelles Gedächtnis ermöglichen sie einen Zugriff auf Elemente bzw. eine angemessene Konstruktion der „Alltagskultur" Palästinas. Sie leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Mentalitäts- und Kulturgeschichte. So verstanden trägt der theoretische Medienbegriff durchaus etwas für die Palästinawissenschaft aus. Dabei ist nicht eine vollkommen neue oder andere Fragestellung im Blick, sondern das, was mit der Erforschung von Realien in der Palästinawissenschaft verbunden war, geht in der Medienkulturgeschichtsschreibung auf. Dass es einen Zusammenhang zwischen Kulturentwicklung und Medienentwicklung gibt, ist nicht erst seit Niklas Luhmanns „Realität der Massenmedien" 61 unmittelbar evident und Grundthese der jüngeren kultur60
SCHMIDT, M e d i e n , 4 2 ; DERS., A u t o n o m i e .
61
LUHMANN, R e a l i t ä t .
Medien der Alltagskultur
~
Einführung
23
historischen Medientheorien. Als konstitutive Faktoren der Entwicklung werden dabei die Funktionsverschiebungen, Differenzierungen innerhalb der Medien und vor allem die Medienkonkurrenz beschrieben. Auch für den Raum Palästinas lassen sich Eckpunkte einer funktionalen Differenzierung von Medien und der Medienkonkurrenz benennen. Dies in einer diachronen Beschreibung des „Medienhaushalts" zu tun, wird Aufgabe kommender Forschung sein.
Christian
Frevel
Medien der Alltagskultur
-
25
Einführung
Abb. 5: Anthropomorphe Figuralgefäße aus 'En
Haseva
Christian
Frevel
Abb. 6: Eisenzeitliche Siebkanne, Megiddo, Stratum VIA.
Abb. 7: Siegel des
Hosiyahu
Abb. 8: Neo-Hyksos-Siegel
(Jerusalemer Antikenhandel),
aus Megiddo, Stratum IVA,
7. Jh. v. Chr.
9./8. Jh. v. Chr.
Medien
der Alltagskultur
-
Einführung
27
Abbildungsverzeichnis Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.
1: 2: 3: 4: 5: 6: 7: 8: 9:
E i s e n z e i t l i c h e s O s t r a k o n aus B e t h - S a i d a : ARAV, B e t h s a i d a , 18 Fig. 11. O s t r a k o n Nr. 40, A r a d : RENZ, H a n d b u c h , Taf. X I V . Basaltstele B e t h - S a i d a : BERNETT/KEEL, Kult, 70. Plan der T o r a n l a g e von B e t h - S a i d a : ARAV, Betsaida, 58. A n t h r o p o m o r p h e G e f ä ß e aus 'En Haseva, BERNETT/KEEL, M o n d , 151. S i e b k a n n e aus M e g i d d o , S t r a t u m VIA: KEEL/UEHLINGER, G ö t t i n n e n , 139. N a m e n s s i e g e l aus J e r u s a l e m 7.Jh.: AVIGAD/SASS, C o r p u s , 93, Nr. 139. Siegel aus M e g i d d o , S t r a t u m IVB: KEEL, L o t u s - K o p f s c h i l d - G r u p p e , 153 Nr. 7. Siegel aus Irbid ( A n t i k e n h a n d e l ) : KEEL/UEHLINGER, G ö t t i n n e n , 351 Nr. 306c.
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28
Christian
Frevel
-
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Medien
der Alltagskultur
-
29
Einführung
KLOOCK, D., Von der S c h r i f t - zur ( B i l d ) S c h i r m k u l t u r . A n a l y s e aktueller M e d i e n t h e o rien, M ü n c h e n 2 0 0 3 KLOOCK, D./SPAHR, A . , M e d i e n t h e o r i e n . E i n e E i n f ü h r u n g , M ü n c h e n
2
2000
LESCHKE, R „ E i n f ü h r u n g in die M e d i e n t h e o r i e ( U T B ) , M ü n c h e n 2 0 0 3 LIWAK, R., „Wer e i n e G r u b e gräbt ...". Z u m V e r h ä l t n i s von A r c h ä o l o g i e u n d E x g e s e am Beispiel einer A u s g r a b u n g in J e r u s a l e m , in: DERS. (Hg.), E x e g e s e vor Ort (FS P. W e l t e n ) , L e i p z i g 2001, 2 1 7 - 2 4 7 LUCKMANN, T., V o n der u n m i t t e l b a r e n zur m i t t e l b a r e n K o m m u n i k a t i o n , in: T. Borbe (Hg.), M i k r o e l e k t r o n i k . D i e Folgen f ü r die z w i s c h e n m e n s c h l i c h e K o m m u n i k a t i o n , Berlin 1985 LUDES, P., E i n f ü h r u n g in die M e d i e n Wissenschaft. E n t w i c k l u n g und T h e o r i e n . Mit einer E i n l e i t u n g von Jochen Hörisch, Berlin 1998 LUHMANN, N . , R e a l i t ä t d e r M a s s e n m e d i e n , O p l a d e n
2
1996
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NA'AMAN, N., O s t r a c o n 4 0 f r o m A r a d r e c o n s i d e r e d , in: C. den Hertog, U. H ü b n e r , S. M ü n g e r (Hg.), S a x a loquentur (FS V. F r i t z ) ( A O A T 302) M ü n s t e r 2003, 1 9 9 - 2 0 4 PROSS, H., M e d i e n f o r s c h u n g , D a r m s t a d t 1972 RENZ, J./RÖLLIG, W . , H a n d b u c h der A l t h e b r ä i s c h e n E p i g r a p h i k , D a r m s t a d t 1 9 9 5 - 2 0 0 3 SCHMIDT, S.J., M e d i e n u n d Kultur: M e d i e n k u l t u r , in: W . Faulstich (Hg.), M e d i e n und K u l t u r . B e i t r ä g e zu e i n e m i n t e r d i s z i p l i n ä r e n S y m p o s i u m an der U n i v e r s i t ä t L ü n e burg, G ö t t i n g e n 1991, 3 0 - 5 0 - Die W i r k l i c h k e i t des Beobachters, in: K. M e r t e n u.a. (Hg.), D i e W i r k l i c h k e i t der M e d i e n . E i n e E i n f ü h r u n g in die K o m m u n i k a t i o n s w i s s e n s c h a f t , O p l a d e n 1994, 3 - 1 9 - K o g n i t i v e A u t o n o m i e und soziale O r i e n t i e r u n g . K o n s t r u k t i v i s t i s c h e B e m e r k u n g e n z u m Z u s a m m e n h a n g von K o g n i t i o n , K o m m u n i k a t i o n , M e d i e n und K u l t u r , F r a n k f u r t 1994 SCHROER, S., In Israel gab es Bilder. N a c h r i c h t e n von d a r s t e l l e n d e r K u n s t i m Alten Tes t a m e n t ( O B O 74), F r i b o u r g / S c h w e i z / G ö t t i n g e n 1987 SEIDL, U., B a b y l o n i s c h e u n d assyrische Kultbilder in den M a s s e n m e d i e n des 1. J a h r t a u sends v. C h r . , in: C. U e h l i n g e r (Hg.), I m a g e s as m e d i a ( O B O 175), F r i b o u r g / Schweiz / G ö t t i n g e n 2000, 8 9 - 1 1 4 STAUBLI, T., W e r b u n g f ü r die Götter. Heilsbringer aus 4 0 0 0 J a h r e n , F r e i b u r g 2 0 0 3 VIEWEGER, D., A r c h ä o l o g i e der biblischen Welt ( U T B 2394), Göttingen 2 0 0 3 WILLI-PLEIN, I., G e s p r o c h e n e s u n d g e s c h r i e b e n e s W o r t , in: Z D P V 117 (2001) 64 - 75 WILKE, J., G r u n d z ü g e der M e d i e n u n d K o m m u n i k a t i o n s g e s c h i c h t e . Von den A n f ä n g e n bis ins 20. Jh., Köln u.a. 2 0 0 0 ZWICKEL, W . , K o m m u n i k a t i o n und K o m m u n i k a t i o n s m ö g l i c h k e i t e n im Alten Israel aufg r u n d biblischer u n d außerbiblischer Texte, in: A. W a g n e r (Hg.), B o t e u n d Brief. S p r a c h l i c h e Systeme der I n f o r m a t i o n s ü b e r m i t t l u n g im S p a n n u n g s f e l d von M ü n d lichkeit u n d S c h r i f t l i c h k e i t ( N o r d o s t a f r i k a n i s c h / W e s t a s i a t i s c h e Studien 4), F r a n k f u r t u.a. 2002, 1 1 3 - 1 2 1
„Medien" in der Lebenswelt des antiken Palästina? von CHRISTOPH UEHLINGER
Ein Medienbegriff, nen Sinn für falten,
auf alle
in denen
sogenannten
die
harten
Formen
Figuren
und der frühen Bilder
teraturgeschichte lativiert
des
orientierter,
muß versuchen,
und kulturell-mediales
Imaginären in packenden,
und die aber
,Aushandeln'
Erscheinungen,
auch
prekären
die
ei-
zu
ent-
Effekte
und
der
fragwürdigen
zusammenkommen.'
verhelfen,
lender
ein anthropologisch
Spannungen
Realitäten,
Die Auseinandersetzung dazu
Fälle
Vermittlungen,
die
mit den neuen Repräsentation
Neuzeit
als einen
zu verstehen als
und
historisches
Medien
der
und der „neuen
audiovisuellen
Zusammenhang die
des bildhaften
systematische
Zwischenspiel,
das
Visualität"
Wahrnehmung
könnte im
Erzählens
uns
Mittelalter und
erzäh-
Abgrenzung
von
Kunst-
und
Li-
von den
neuen
Medien
neu
re-
wird.2
1. Einleitung „Mediengeschichten entstehen immer dann, wenn mediale Brüche unübersehbar werden." 3 Dass dies heute der Fall ist, liegt auf der Hand. Die Aufgabe, die mir für den ersten Vortrag unseres Kolloquiums gestellt wurde, war eine doppelte: Erstens sollte die Verwendung des Begriffs „Medien" im Rahmen der Palästina-Archäologie - oder, wie ich ausweiten möchte: der levantinischen Archäologie - untersucht und problematisiert werden: die bisherige Verwendung des Begriffs in der Fachliteratur ebenso wie die in den Vorüberlegungen, die der Veranstalter den Tagungsteilnehmern zur Vorbereitung unterbreitet hatte. 4 Seit wann ist dieser Begriff in die archäologische Literatur eingedrungen? Wie wird er dort gebraucht? Steht seine Verwendung in Zusammenhang mit bestimmten modernen Medientheorien, oder wird der Begriff eher in seiner umgangs1
PFEIFFER, D a s M e d i a l e u n d d a s I m a g i n ä r e , 5 3 f.
2
WENZEL, O h r e n u n d A u g e n , 130.
3
FASSLER/HALBBACH, G e s c h i c h t e d e r M e d i e n , 15.
4
Siehe oben S. 1-29.
32
Christoph
Uehlinger
sprachlichen Bedeutung ohne große theoretische Untermauerung gebraucht? Zweitens sollte gefragt werden, ob und, wenn ja, in welcher Hinsicht die levantinischen Kulturen des 2. und 1. Jahrtausends v. Chr. Gegenstände und Instrumente kannten, die wir aus heutiger Sicht als „Medien" bezeichnen könnten; ob und, wenn ja, wie sie mit diesen Instrumenten in einer Weise umgingen, die wir aus heutiger Sicht „medial vermittelte Kommunikation" nennen würden. Ließe sich Letzteres zeigen, dann wäre es reizvoll, darüber hinaus zu fragen, welches der jeweilige Status unterschiedlicher Medien in einer Gesellschaft war und in welcher Beziehung sie zueinander standen, wie demnach der „Medienhaushalt" antiker levantinischer Gesellschaften beschaffen war, schließlich ob und, wenn ja, in welcher Hinsicht im Blick auf die antike Levante geradezu von „multimedialen" Lebenswelten gesprochen werden könnte. In einer Welt, die zu wachsendem Merkantilismus im Umgang mit Wissen und Wissenschaft neigt, sind Forscherinnen und Forscher, selbst wenn sie sich mit so abgelegenen Dingen wie ägyptischen Skarabäen, nordwestsemitischen Inschriften oder sub-mykenischer Keramik beschäftigen, nicht davor gefeit, in ihrem Sprachgebrauch der Verlockung modischer Schlagwörter zu folgen und den wissenschaftlichen Diskurs mit Begriffen anzureichern, welche die Signatur nicht nur der Moderne tragen, sondern den Trend von heute und wenn möglich übermorgen widerspiegeln wollen. Wissenschaft muss sich heute auf neue Formen der Kommunikation mit den sie unterhaltenden Instanzen, aber auch mit der gesellschaftlichen Öffentlichkeit einstellen und dabei selbstredend immer wieder neue Sprachund Medienspiele einüben, und sei es nur, um ihre Erkenntnisse zeitgemäß' zu vermitteln. Dagegen ist gar nichts einzuwenden. Dabei dürfte jedem Betroffenen, der sich auf diese Herausforderung einstellt, aber auch sehr schnell deutlich werden, wie sehr das Medium den Inhalt - nicht nur dessen formale Präsentation - mitbestimmt. Unsere Wissenschaft ist schon heute kaum ohne die so genannten neuen Medien denkbar. Es ist unvermeidbar, dass die neue Medien Wirklichkeit, in der sie heute praktiziert wird, auf die Fragestellungen und Verfahren zurückwirkt. Problematisch werden die Dinge bestenfalls, wenn man übersehen sollte, dass eine Computersimulation zwar die rekonstruierte historische Wirklichkeit anschaulicher machen kann, den Graben zwischen Vergangenheit und Gegenwart zugleich aber auch verbreitert. Gänzlich fragwürdig sind sie, wenn trendiger Sprachgebrauch sich als solcher in der innerwissenschaftlichen Diskussion selbst einnistet und schließlich die Beschreibung, möglicherweise gar die Bewertung von Forschungszielen und -projekten mitbestimmt. Spätestens dann ist zu fragen, ob die neue Begrifflichkeit modische Neuerung ist oder ob sie denn wirklich neue Wege der Sachwahrnehmung und damit ein neues Problembewusstsein und neue Forschungsperspektiven erschließen kann.
„Medien"
in der Lebenswelt
des antiken
Palästina?
33
Wir werden uns deshalb fragen müssen, ob die Verwendung der modernen Begrifflichkeit („Medien", „medial vermittelte kulturelle Kommunikation", „Medienhaushalt", „Multimedialität") unser Verständnis des Funktionierens antiker levantinischer Gesellschaften fördert oder eher behindert. Erlaubt sie, bestimmte Lebensvollzüge in der Alltagswelt, Weltwahrnehmung und Weltgestaltung in jenen Gesellschaften angemessen zu beschreiben - angemessener, als dies bei herkömmlicheren Begriffen wie „Realien" 5 der Fall war? Hilft sie uns, Quellen und durch diese dokumentierte Vorgänge und Strukturen besser zu verstehen - besser, als wenn wir nur von Texten, Bildern oder „Artefakten" aller Art sprechen würden? Oder dient sie nur dazu, die levantinische Archäologie etwas in den Wind zu stellen, sie trendy und im Streit der Fakultäten und Fachbereiche konkurrenzfähig zu machen, mit dem Risiko, dass die Vergangenheit nach den Maßstäben der Gegenwart hergerichtet würde, um sie für unsere Zeitgenossinnen und Zeitgenossen attraktiver zu machen? Träfe Letzteres zu, diente somit die Verwendung der neuen Begrifflichkeit nicht heuristisch der Vertiefung des Wissens, dem Fortschritt der Wissenschaft oder der Eröffnung neuer Forschungsperspektiven, sondern allenfalls der effektiveren Übersetzung und Vermittlung historischer Erkenntnis an ein - wie immer geartetes - Publikum: Dann wäre allerdings zu fragen, ob wir nicht Gefahr laufen, mit der modischen Begrifflichkeit nur neue Unschärfen und Missverständnisse zu produzieren, die besser vermieden werden sollten.
2. Zur Verwendung des Begriffs „Medien" in der levantinischen Archäologie 2.1. Ausgangspunkt:
ein
Negativbefund?
Einen weit ausholenden Forschungsüberblick zur Verwendung der Medienbegrifflichkeit in der levantinischen Archäologie kann ich an dieser Stelle nicht bieten. Die gesamte palästinaarchäologische Literatur auf ihre Verwendung des Begriffs „Medien" u.ä. durchzuforsten, würde einen beträchtlichen Forschungsaufwand erfordern, den zu treiben ich mich gegenwärtig - zumal angesichts des ganz ungewissen Ausgangs - nicht in der Lage sehe. Eine kurze Vergewisserung anhand ausgewählter neuerer Le-
5 Es sei daran erinnert, dass die hier dokumentierte T a g u n g u.a. mit Vorabklärungen im Blick auf eine Neuausgabe des „Biblischen Reallexikons" (HAT 1/1, 1. Auflage Tübingen 1937, hg. von K. GALLING; 2. Auflage Tübingen 1977, hg. von K. GALLING
u n d H . WEIPPERT) v e r b u n d e n w a r .
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xika6 und Handbücher 7 ergibt einen ziemlich deutlichen Befund, der für ausführlichere Recherchen wenig Aussichtsreiches verspricht: Der Begriff „Medien" kommt darin nicht vor - von den „Medern" dürfen wir hier absehen - , weder in einem Artikel noch als Lemma in den Indices. Das aber heißt, dass es der Disziplin offenbar möglich ist, ihr Kerngeschäft ohne diesen Begriff zu verrichten. Bemerkenswert ist der Befund im „Neuen Pauly", der das Stichwort in der ersten, der Antike gewidmeten Reihe seiner „Enzyklopädie der Antike" nicht kennt, es aber in einem Ergänzungsband zur „Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte" behandelt, in dem wir über den Medieneinsatz im altsprachlichen Unterricht und über die Verwendung antiker Stoffe in Rundfunk, Film, Fernsehen und dergleichen belehrt werden. 8 Hier wird schlaglichtartig deutlich, dass man „Medien" und alles, was damit einhergeht, schlechterdings für ein Phänomen der (Spät-) Moderne hält. Dieser Feststellung sind sogleich einige Einschränkungen entgegenzuhalten, die geeignet sein könnten, den auf den ersten Blick schroffen Befund etwas weniger eindeutig erscheinen zu lassen: a. „Zeichen" und „Kommunikation" gelten gemeinhin als Kulturleistungen, welche die Spezies Homo sapiens sapiens von ihren nahen und fernen Verwandten ziemlich grundlegend unterscheidet. Das stimmt zwar nur bedingt 9 , ist aber bez. komplexerer Kommunikationsvorgänge auch nicht von der Hand zu weisen. „Medien" und ihre Rolle bei der Hominisation sind deshalb ein faszinierendes Thema der paläontologischen Forschung - erst recht, wenn etwa bei A. LEROI-GOURHAN für paläolithische Höhlenbesucher schamanistische Praktiken (also „mediale Vorgänge" höherer Ordnung) veranschlagt werden 10 , wogegen freilich vielfacher Widerspruch geäußert worden ist.11 Sehe ich recht, tangieren diese Forschungen die levantinische Archäologie eher am Rande. Sehr frühe Befunde sind in der Levante zwar bezeugt, können sich in Komplexität und Explizität aber nicht mit den Höhlenmalereien der Altsteinzeit in Europa messen, weshalb ge6 Z. B. ABD, NEAEHL, OEANE, um nur die einschlägigsten aus dem angelsächsischen Raum zu nennen, wo Derartiges am ehesten zu erwarten wäre. 7 Z. B. CANE. 8
S. KIPF/KUHN-CHEN/EICKHOFF, „ M e d i e n " ,
9
Vgl. zur so genannten Zoosemiose NÖTH, Handbuch der Semiotik,
SCHULER, Z o o s e m i o s e , 5 2 2 10
341-360.
260-272;
531.
Vgl. LEROI-GOURHAN, Le geste et la parole; dt. Hand und Wort. " V g l . zur Diskussion CONKEY et al., Beyond Art, darin bes. die Einleitung von SOFFER/CONKEY, Studying Ancient Visual Cultures, 1-16; MARSHACK, Palaeolithic Image Making and Symboling in Europe and the Middle East, 53-91; außerdem MITHEN, The Prehistory of the Mind; GUILAINE, Arts et symboles, WUNN, Religion und steinzeitliche Kunst, u.v.a.m.
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nauere Deutungen isolierter Funde - von wenig überzeugenden Archetypenspekulationen einmal ganz abgesehen - kaum möglich scheinen. 12 Wer sich (wie die im vorliegenden Band vertretenen Forscher und wahrscheinlich auch ihre Leserschaft) mehr für die Archäologie der jüngeren Geschichte Palästinas interessiert, muss sich anders als die Ur- und Frühgeschichtler kaum mit (kultur-)anthropologischer Theoriebildung auseinandersetzen. Die Abkoppelung der Ur- und Frühgeschichte von den uns geläufigeren Formen der Archäologie gereicht letzteren allerdings zum Nachteil. An paläolithischen Befunden als „substantial acts" (R. WHITE) könnte unsere Fragestellung in doppelter Hinsicht geschärft werden: zum einen, weil in diesen Objekten der Übergang „from materials to meaning" 13 geradezu materialisiert vorliegt; zum andern, weil hier, wo keine gemeinsame Sprache, sondern nur Spuren, Objekte und Bilder uns die Welt der paläolithischen Menschen eröffnen könnte, eine rigorose Selbstdisziplinierung des Interpreten oder der Interpretin gefordert ist, die permanent Gefahr laufen, in die Falle subjektiver Projektionen zu tappen. Als hilfreich für die Interpretation mag sich u.a. die technische Rekonstruktion des Herstellungsvorgangs eines Artefakts erweisen: Im quasi-mimetischen NachDenken von Entscheidungen, die dieser Vorgang erforderte, können Dimensionen möglicher Sinngebungen seitens des Produzenten differenzierter erkennbar werden als bei exklusiver Betrachtung des Endprodukts. Die Feststellung kann für die Deutung eines Mauerverlaufs genauso Geltung beanspruchen wie für jene einer Figurine, eines Siegels oder einer Inschrift. b. Die Semiotik scheint besonders geeignet, jeden wie immer gearteten kulturellen Gegenstand in medientheoretischer Perspektive zu erforschen. Semiotische Arbeiten stellen naturgemäß den Zeichencharakter der Dinge ins Zentrum ihrer Betrachtung und verbinden damit in der Regel einen kommunikationstheoretischen Medienbegriff, ohne darauf festgelegt zu sein. Mit der modernen Medientheorie teilt die Semiotik die Möglichkeit, Kommunikation im Grenzfall auch unabhängig von jeglicher auktorialer Intention zu beschreiben, um dafür rezeptionsästhetische Gesichtspunkte stärker zu gewichten. Jedes Objekt, auch ein natürlicher' Befund, kann in der Wahrnehmung des Betrachters oder der Betrachterin zum Zeichen und damit zum „Medium" werden. Kommunikation kann auch da geglaubt oder behauptet werden, wo sich Gewissheit über den Autor und seine Intention nicht gewinnen lässt - man denke nur an den auch uns Heutigen geläufigen Fall von Krankheitsbildern. Irgendein Gegenstand kann auf diese Weise zum Symptom von etwas anderem und damit zum „Medium" werden. Von 12 Vgl. BAR-YOSEF, Symbolic Expressions in Later Prehistory of the Levant: Why are They So Few?, 161-187. 13
Vgl. WHITE, S u b s t a n t i a l Acts, 9 3 - 1 2 1 .
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der „Physikosemiotik", „Ökosemiotik" und „Biosemiotik" 14 ist es nur ein kleiner Schritt zur religionsgeschichtlichen Erforschung historischer Weltbilder, Divinationstheorien und -praktiken. In solcher Hinsicht konnte dem antiken Menschen die Welt voller Zeichen erscheinen. Entsprechend sind auch der Historiker und die Historikerin aufgefordert, nach der „Medienstruktur" vergangener Welterfahrung zu fragen. Erste Versuche der Rekonstruktion einer historischen Ästhetik liegen vor. 15 Sie stammen verständlicherweise aus dem Bereich der Kunstgeschichte und sind deshalb am Medium Bild erarbeitet worden. Hier ist allerdings sogleich einem doppelten Missverständnis vorzubeugen. Zum einen: „Ästhetik" sei hier im eigentlichen Sinne einer allgemeinen Theorie der sinnlichen Wahrnehmungen verstanden, „historische Ästhetik" als deren Geschichte, namentlich (aber nicht exklusiv) im Blick auf die visuelle Wahrnehmung - Wahrnehmung aber irgendeines Gegenstands, nicht nur des Artefakts, erst recht nicht nur des sog. Kunstwerkes. Zum anderen: Wir setzen vielfach ganz naiv voraus, dass antike Menschen gleich wie wir gesehen oder gehört hätten, und übersehen dabei, wie sehr bei aller Konstanz physiologischer Funktionen deren Gebrauch kultureller Prägung unterliegt. Menschen im antiken Palästina/Israel sahen, hörten und lasen in verschiedenster Hinsicht anders als wir. Die kritische Reflexion dieser Distanz liegt noch vor uns. 16 Dass der Begriff „Kunst" in unserem Zusammenhang ohnehin problematisch und eigentlich nicht brauchbar ist, liegt auf der Hand - nicht nur, weil es uns hier um „Medien der Alltagswelt" geht, sondern weil es „Kunst" als ausdifferenziertes gesellschaftliches System in den Zeiten und Kulturen, die uns hier beschäftigen, nicht gab. Auch dieser Begriff ist nur verwendbar, wenn wir ihn im quasi etymologischen Sinne als Kompetenz (etwa eines Handwerkers) verstehen. „Theoretisch und operational scheint (...) der Begriff der Medien sinnvoller und fruchtbarer als der der Künste", meint K. L. PFEIFFER.17 Die Herausgeber von „Medien in der Antike", der Dokumentation einer Ringvorlesung, die der im vorliegenden Band veröffentlichten Tagung vorausging, scheinen ihm recht geben zu wollen, wenn sie feststellen, dass die Frage nach der medialen Funktion eines Objekts den Historiker vom Zwang der Rede von der „künstlerischen Qualität" antiker Artefakte befreien könne. Mit der Frage nach der Funktion „rückt die Art und Weise in den Mittelpunkt, wie die Werke innerhalb ihrer antiken Umwelt Prozesse der Verständigung und Kommunikation ermöglichten 14
Vgl. NÖTH, Handbuch der Semiotik, 248-259. Vgl. insbesondere NELSON, Visuality Before and Beyond the Renaissance. 16 Inspirierend wirken einschlägige Studien aus Nachbardisziplinen, z.B. BELTING, Bild und Kult; ders., Bild-Anthropologie; BAHRANI, The Graven Image. Vgl. auch LEICHT, Die erste Pflicht. 17 PFEIFFER, Das Mediale und das Imaginäre, 53. 15
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und regulierten. Die Beschäftigung mit der medialen Qualität der Zeugnisse jener Kulturen ermöglicht es (...) auch, sich weiten Bereichen der antiken Alltagskultur zu öffnen und Objekte bzw. Kommunikationsformen in die Überlegungen mit einzubeziehen, die unter ästhetischen Gesichtspunkten eher nachgeordneten Rang besitzen." 18 Wir haben festgestellt, dass der Begriff „Medium" in der levantinischen Archäologie keine große Rolle zu spielen scheint. Die voranstehenden Überlegung eröffnen aber die Möglichkeit, mit unserer Fragestellung nach den „Medien der Alltagswelt" an Erkenntnissen und Methoden der Religionsgeschichte (als Bestandteil der allgemeinen Kultur- und Mentalitätsgeschichte), aber auch der Kunstgeschichte bzw. des ikonographisch orientierten Zweigs der levantinischen Archäologie anzuknüpfen. c. Dass die „Medien" der Frühgeschichte prinzipiell und ausnahmslos kultische Funktion gehabt hätten, im Unterschied zu späteren Medien, die auch der profanen Kommunikation dienen, ist die These des ersten Bandes der „Geschichte der Medien" von W. FAULSTICH.19 Deren Begründung ist prekär, da auf obsolete kulturgeschichtliche Theorien gestützt. 20 Immerhin hat Faulstich damit einen groß angelegten Versuch eingeleitet, „die Geschichte der Medien in ihrer kulturellen Schlüsselbedeutung von den Anfängen der Menschheit bis zum Jahr 2000 in mehreren Bänden umfassend darzustellen". 21 Intendiert ist eine „Medienkulturgeschichte", gemeint: nicht eine Aneinanderreihung von Geschichten von Einzelmedien, „sondern - holistisch - die Geschichte aller Medien in ihrer Vernetzung, als System". 22 Das Programm ist anspruchsvoll und umfassend, Man zweifelt, ob es von einem Einzelnen mit dem nötigen Sachverstand durchgeführt werden kann. Sinnvoller erscheint es, mit einem aus der allgemeinen, interdisziplinär geführten Debatte gespiesenen Problembewusstsein in beschränkten Segmenten zu arbeiten, die ein Forscher oder eine Forscherin in originärer Kompetenz zu interpretieren in der Lage ist. 23
18 VON HESBERG/THIEL, Einführung 9; vgl. programmatisch BAXANDALL, Ursachen der Bilder, der die Ikonographie frühneuzeitlicher „Kunst" in ein praktisches Verweissystem alltäglichen Handelns stellt. 19 FAULSTICH, Das Medium als Kult. 20 Vgl. nur die Kapitel „Die Frau als Medium der Urgeschichte" (ebd. 35-61), dessen Prämissen bez. Matriarchat, Mutterrecht und Hieros Gamos völlig überholt sind. 21 Ebd. 9. 22 Ebd. 23 Vgl. etwa ASSMANN, Schrift und Kult, in FASSLER/HALBACH, Geschichte der Medien, 55-81.
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Die von Faulstich seiner Darstellung zugrundegelegte Mediendefinition 24 stellt die Aspekte „Kommunikation" und „Funktion" ins Zentrum. Beides ist bedenkenswert, solange wir „medialer Kommunikation" nicht zwingend die Vorstellung auktorialer Intention aufbürden. Der funktionalistische Ansatz kann den kommunikationstheoretischen sinnvoll ergänzen: Nicht nur „was will Sender A mittels des Mediums B dem Empfänger C mitteilen" ist bei der archäologischen Beschäftigung die Frage, sondern auch: „was leistete das Artefakt an seinem Ort für einen Benutzer C", worin bestand sein Nutzen und seine raison(\) d'être. Die Beantwortung dieser Frage erfordert Kontextwissen. Die genannten Ansätze verbinden Gesichtspunkte wie „Zeichen", „Symbolisierung", „Kommunikation", „Weltwahrnehmung" und „Weltdeutung". All das setzt in der Tat Medien voraus, ebenso Menschen mit der Kompetenz, Kommunikation medial zu gestalten und/oder die mediale Spur zu lesen und aufzulösen. Es liegt deshalb eigentlich auf der Hand: Der Gegenstand „Medien" muss keineswegs auf die Moderne beschränkt bleiben, er lässt sich in vielerlei Hinsicht auf Sachverhalte, Befunde, Artefakte, Quellen der Vergangenheit anwenden und für deren kulturgeschichtliche Interpretation fruchtbar machen. 2.2.
Reminiszenzen
Was aber ist damit gewonnen? Da die angesprochenen Lexika und Handbücher keine Auskunft geben wollen, sei es erlaubt, diese Frage quasianekdotisch anzugehen und kurz ein paar Stationen des eigenen Umgangs damit aus der Binnenperspektive eines einzelnen, einigermaßen vernetzten Forschers bzw. einer Forschungsgruppe zu kommentieren. Wie sind wir auf diese Begrifflichkeit gestoßen, warum hat sie sich uns zur Beschreibung und Deutung bestimmter Sachverhalte nahegelegt, und was schien uns diese Begrifflichkeit konkret zu leisten? a. „Die ältesten
Massenkommunikationsmittel"
Erinnere ich mich recht, liegt die Entdeckung einer rudimentären Medienbegrifflichkeit im Zusammenhang mit den Freiburger Forschungsprojekten zur altorientalischen Ikonographie und Religionsgeschichte gar nicht weit zurück. Natürlich hatten uns Überlegungen zur ikonographisch-ikonologi24 „Medien werden im folgenden verstanden als komplexe institutionalisierte Systeme um organisierte Kommunikationskanäle von spezifischem Leistungsvermögen" (ebd. FAULSTICH, Das Medium als Kult, 10). Die Definition schließt an U. Saxer an, der Medien funktional-strukturell als „problemlösende Systeme" beschrieben hat. Das mögen Medien auch sein. Dennoch fragt sich, ob man mit derart abstrakten Definitionen in der historischen Forschung über plakative Allerweltsweisheiten hinauskommen kann.
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sehen Methode von E. P A N O F S K Y 2 5 über strukturalistische Interpretationen bis hin zur Semiotik, aber auch die Panofsky prägenden Schriften von A. Warburg und E. Cassirer immer wieder mit Arbeiten zur symbolischen Codierung von Information in Text und/oder Bild in Verbindung gebracht, die zumindest in die Nähe von Medienkulturtheorien führten. Die im Vordergrund stehenden Fragen im Zusammenhang mit der ikonographisch-ikonologischen Methode, selbst die nach dem Verhältnis von Text und Bild und ihrer je spezifischen Leistungsfähigkeit, ließen sich aber auch ohne medientheoretische Metadiskussion mit alltagssprachlicher Begrifflichkeit thematisieren. 26 Explizit taucht, sehe ich recht, Medienterminologie erstmals in einer Einführung in die altorientalische Miniaturkunst anhand der Sammlungen des damaligen Biblischen Instituts der Universität Freiburg Schweiz auf. 27 In dem Buch werden vorderasiatische Roll- und Stempelsiegel, ägyptische Siegelamulette (v.a. in Skarabäenform), Amulette und einige Bronzestatuetten vorgestellt, Herkunft, Funktion und Geschichte dieser Objektgattungen diskutiert und die Frage erörtert, was sie zum Verständnis der altorientalischen Religionsgeschichte einerseits, der biblischen Religion und der biblischen Texte andererseits beitragen. Der Untertitel behauptet, dass es sich bei den genannten Objekten um „die ältesten Massenkommunikationsmittel" handle. Dieser Untertitel ist zwar, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, erst im vorletzten Korrekturgang eingesetzt worden, hat aber gewirkt und auch unsere eigene Wahrnehmung des Gegenstandes seither mitgeprägt. Das Stichwort „Medien" findet sich in dem Buch selber allenfalls episodisch und in allgemeinem Sinne: Kulturelle Zeichen- bzw. Symbolsysteme, heißt es, zu denen auch die Religionen gehören, würden sich in verschiedenen Medien, namentlich den „Gattungen" Bild bzw. Text und ihren verschiedenen „Spezies", dem gesprochenen und geschriebenen Wort, der Malerei, der Skulptur usw. realisieren. 28 Unser besonderes Interesse galt den 25
Grundlegend PANOFSKY, Zum Problem; ders., Ikonographie und Ikonologie. Vgl. KEEL, Das Recht der Bilder. Sehe ich recht, gilt dies trotz des Buchtitels auch für viele Beiträge in VON HESBERG/THIEL, Medien in der Antike. Die dort versammelten Studien sind deswegen nicht weniger interessant. Sie zeichnen sich v.a. dadurch aus, dass sie konsequent nach der Funktion der Artefakte, Bilder, Texte in ihren antiken Kontexten fragen. 27 KEEL/UEHLINGER, Altorientalische Miniaturkunst. Das Bändchen wurde erstmals im Rahmen des Hundertjahrfeier der Universität Freiburg Schweiz aufgelegt: ein Kontext, der die Form der Darstellung (reich illustriert und für ein weiteres Publikum geschrieben) nicht unerheblich mitbestimmt hat. 28 KEEL/UEHLINGER, Altorientalische Miniaturkunst, 125. Die Terminologie ist problematisch. Heute würden wir im Blick auf Texte und Bilder von Medien sprechen, diese Medien in verschiedene Gattungen differenzieren und den Begriff Spezies ganz weglassen. 26
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Bildern. Das rechtfertigt sich vom Grundsatz her, dass wir, wenn wir ein bestimmtes Symbolsystem der Vergangenheit (in diesem Fall „Religion" im antiken Palästina/Israel) verstehen wollen, keinen freiwilligen Quellenverzicht üben, sondern im Interesse einer möglichst „dichten Beschreibung" (CLIFFORD GEERTZ29) möglichst mehrere und möglichst verschiedenartige Informationsquellen nutzen sollten. Dass dies in der biblischen Theologie und Religionsgeschichte selbstverständlich sein sollte, es aber keineswegs ist, weil dieses Feld im Schatten eines kanonischen Textes steht, ist bekannt und hier nicht weiter zu erörtern. Bei der Interpretation der in dem Bändchen vorgestellten Siegel und Amulette dominiert die ikonographisch-ikonologische Interpretation der auf ihnen dargestellten Bildinhalte. Die spezifisch mediale, kommunikative Funktion der Objekte kommt dagegen noch nicht konsequent zur Darstellung. In der Einleitung beschreibt O. KEEL aber seinen Weg von den klassischen Bildbänden über altorientalische Kunst, die sich hauptsächlich mit Monumentalbildwerken in Ägypten und Mesopotamien beschäftigen, zu den Siegelamuletten, die auch in Palästina tausendfach bezeugt sind: „Zumal auf winzigen Siegelamuletten konnten riesige Tempelreliefs von mehreren Metern Höhe als Miniaturen Platz finden. (...) Siegelamulette waren im Bereich der Bilder das einzige Massenkommunikationsmittel, ehe es Münzen, Holzschnitte und Fernseher gab." 30 Man sieht: Der Weg war induktiv, die Theoriebildung setzte beim Quellenmaterial an und entdeckte eine neue Begrifflichkeit im Laufe der Reflexion über dieses Material durch Analogieüberlegungen. Nie ging es um das nur konjunkturell bedingte Überstülpen eines Schlagworts. Medientheorie trat eigentlich erst recht ins Bewusstsein, als im folgenden Jahr N. POSTMANS Kritik der postmodernen Fernsehkultur zum Bestseller wurde. 31 Das Stichwort „Massenkommunikationsmittel" mochte modern sein, es schien uns vor allem eine neue Perspektive für das Studium des genannten Quellenmaterials zu eröffnen: In den Siegelbildern wurde nicht nur dargestellt, sondern tatsächlich kommuniziert. Wo Siegelbilder Miniaturversionen von Großkunst sind, ist es keineswegs abwegig, von ihrer „medialen Funktion" zu sprechen, da sie ortsgebundene Bilder, Rituale, Weltformeln bis in räumlich weit entfernte Regionen vermitteln können. Da Siegelamulette überdies - und namentlich Skarabäen - nur in Ausnahmefällen Einzelfabrikate sind, in vielen Fällen erkennbar aus einer Massenfertigung stammen - was sich am Material, an der technischen Ausführung, an der stilistischen Vereinfachung mancher Motive usw. ablesen lässt - , schien es uns, dass man legitimerweise gar von Massenkommunikation sprechen 29 30 31
Vgl. GEERTZ, Dichte Beschreibung. KEEL/UEHLINGER, Altorientalische Miniaturkunst, 19. POSTMAN, Wir amüsieren uns zu Tode.
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könne. Erst recht gilt dies, wenn man neben der Menge der Belege, ihrer geographischen Verbreitung und evtl. chronologischen Streuung auch noch Indizien für eine relativ weitreichende soziale Penetration dokumentieren kann (wenn sich die einschlägigen Fundkontexte nicht nur auf Elitegräber mit Luxusausstattung beschränken). Mit anderen Worten: „Massenkommunikation" und „Massenmedien" gibt es mit Sicherheit nicht erst seit der Erfindung des Buchdrucks! 32 b. Figurative
policy
Beispiele für derartige Produktions- und Verwendungszusammenhänge von Siegelamuletten lassen sich mühelos beibringen. Besonders deutlich stellen sich die Dinge im Falle der MB-zeitlichen Skarabäenproduktion im Umfeld des memphitischen Ptah-Tempels (18.-16. Jh. v. Chr.) 33 oder der Ausbreitung von Bildmotiven auf Stelen, Roll- und Stempelsiegeln dar, die mit dem Aufstieg des so genannten ,Mondgottes' von Harran zum Höchsten Gott des Westens und Patron der assyrischen Westexpansion bis nach Ägypten im 7. Jh. v. Chr. verbunden werden können. 34 Die Skarabäen geben Aufschluß über Fragen der Positionierung in der Götterwelt (bes. hinsichtlich der Zuordnung und Hierarchie von Ptah und falkenköpfigem Horus), religions- und staatspolitische Machtansprüche (Memphis, Heliopolis, Theben...) und Integrationsbestrebungen der sich im Delta etablierenden sog. ,Hyksos' mit südlevantinischen Stadtkönigtümern. Im Falle des ,Mondgottes' von Harran bezeugen die Siegelamulette die Propagierung seiner Garantiefunktion für die politische Ordnung, erst die assyrische Hegemonie in Nordsyrien, dann die Eroberungen in der südlichen Levante, schließlich die Ein- bzw. Zuordnung Ägyptens in den assyrischen Orbit. Zugleich ist im visuellen Quellenmaterial eine Art religionspolitische Kreolisierung zu beobachten: Der Aufstieg des ,Mondgottes' von Harran führt auch zu einer stärkeren Profilierung lokaler Mondkulte im aramäischen und südlevantinischen, bes. transjordanischen Bereich. Derartige Vorgänge dokumentieren zunächst konjunkturelle Veränderungen; insofern sie aber über kohärente Bildprogramme und deren Entwicklung rekonstruierbar sind, wird deutlich, dass die Konjunkturen nicht denkbar sind ohne komplexe Kommunikationsvorgänge, die durch Medien vermittelt wurden und einen bewussten Umgang mit Medien voraussetzen. Für die prägnante Charakterisierung der in diesem Zusammenhang beobachtbaren Prozesse scheint der im Anschluss an eine Arbeit der Assy32 D a s eigentlich N e u e a m G u t e n b e r g - M e d i u m war nicht die V e r v i e l f ä l t i g u n g , sondern die M ö g l i c h k e i t der effektiven e m a n z i p a t o r i s c h e n K o m m u n i k a t i o n j e n s e i t s klerikaler Lese- und D e u t u n g s m o n o p o l e , . 33 Vgl. d a z u g r u n d l e g e n d KEEL, Der ä g y p t i s c h e Gott Ptah auf S i e g e l a m u l e t t e n . 3 4 V g l . UEHLINGER, Figurative Policy.
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riologin Barbara N . P O R T E R geprägte Begriff der figurative policy hilfreich. 35 Er impliziert allerdings eine starke auktoriale Intention und sollte nur dort verwendet werden, wo die Quellen eine solche auch wirklich deutlich erkennen lassen. Das assyrische Quellenmaterial ist in dieser Hinsicht vielleicht etwas ergiebiger - oder leichter erschließbar - als das ägyptische. Die Beispiele ließen sich fast beliebig vermehren. 3 6 Man denke nur an die Skarabäenproduktion unter Amenophis III. oder Ramses II., wobei unter letzterem stärker als je zuvor die Miniaturisierung von Monumentalbildern zu beobachten ist, die das Verhältnis von König und großen Gottheiten des Staates zum Gegenstand haben; die sog. post-ramessidische Massenware des frühen 1. Jts. v. Chr., deren Produktion vielleicht in Tanis ihren Ausgang n a h m 3 7 ; die Knochensiegel der früheren 22. Dynastie, deren Produktion im Gefolge des Palästinafeldzugs Scheschonks am Ende des 10. Jhs. v. Chr. einsetzt und ägyptische Elementarsymbolik (Kartuschen, Königsname, Loyalitätsgesten usw.) in ganz Palästina von Teil el-Far'a bis nach Dan verbreitet; perserzeitliche Ikonen achaimenidischer Herrschaft wie der Löwen oder Mischwesen bändigende oder bezwingende königliche Held, ein traditionsreiches Bildmotiv, das an die Erfordernisse eines neuen Regimes adaptiert zuerst auf Rollsiegeln, dann auf Stempelsiegeln und schließlich auf Münzen verbreitet wird und geradezu emblematische Qualität bekommt 3 8 , u.v.a.m. In all diesen Fällen liegt es ganz einfach auf der Hand, von Medialität wenn nicht sogar Massenkommunikation zu sprechen. Allerdings ist die Frage der Verbreitung der jeweiligen Gruppen, damit auch ihrer Penetration in die lokalen Symbolsysteme für jede Gruppe neu und gesondert zu stellen. Deutlich ist immerhin, dass Bildern hier eine hervorragende Rolle als Informationsträger und Instrumente einer identitätsformenden Kommunikation sowohl im religiösen als auch im politischen Bereich zukam. Die beiden zuerst genannten Beispiele (Ptah, ,Mondgott') sind seither Gegenstand einer Wanderausstellung des Bibel+ORIENT Museums geworden, die in Zusammenarbeit mit dem von der Schweizer Post getragenen Museum für Kommunikation in Bern entstand und den Titel „Werbung für die Götter" trägt. Neben dem ägyptischen und dem assyro-aramäischen Gott erscheinen hier noch Artemis Ephesia, die Muttergottes von Einsiedeln und Elvis Presley. 3 9 Die antiken Befunde werden damit ausdrücklich in einen epochenübergreifenden Rahmen gestellt. Das eröffnet neue Perspektiven, ohne dass man den Herstellern von Skarabäen und Rollsiegeln die Intentionen moderner Werbestrategen unterstellen müsste. Die Zusammenstellung mit modernen Idolen und Ikonen ist allerdings auch nicht unproblematisch. Sie wäre missverstanden, wenn der Eindruck entstünde, es habe sich doch über die Jahrtausende nichts Wesentliches verändert. Gerade deshalb bedürfen wir einer differenzierten Mediengeschichtsschreibung.
35
PORTER, Images, Power, Politics; DIES., Trees, Kings, and Politics. Vgl. im Überblick immer noch KEEL/UEHLINGER, Göttinnen. 37 Vgl. MÜNGER, Egyptian Stamp Seal Amulets und seinen Beitrag im vorliegenden Band. 38 Vgl. UEHLINGER, .Powerful Persianisms'. 39 KEEL/STAUBLI, Werbung für die Götter. 36
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c. „ Bild - Macht - Geschichte
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"
Das Stichwort „Medien", erst recht „Massenmedien" evoziert dezidierte, intendierte Kommunikation in großem Ausmaß, Information der Menge oder zumindest von Vielen, wobei die Adressaten zumindest in modernen Zusammenhängen entweder bestimmten sozialen Klassen oder Funktionseliten angehören oder aber eine weitgehend anonyme sog. audience sind. Je nach der Intensität der Selektion und Steuerung von Inhalten und Formen der Massenkommunikation ist man geneigt, von eigentlicher Propaganda zu sprechen. Gab es im alten Orient Propaganda? Sehe ich recht, ist man im Bereich der orientalischen Altertumswissenschaften für diese Frage gegen Ende der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts sensibilisiert worden, wobei die Erfahrungen des Kalten Kriegs die Fragestellungen nicht unerheblich mitgeprägt haben dürften. 40 Eine zweite Phase wurde in den 70er und frühen 80er Jahren eingeleitet, wobei nun das Stichwort visual communication und die Frage nach der besonderen Leistungsfähigkeit von Bildern in weitgehend illiteraten Kulturen in den Vordergrund rückten. 41 Besonders die neuassyrischen Palastreliefs, Wandmalereien, Obelisken usw. sind in vielfacher Weise als Dokumente der politischen Propaganda interpretiert worden. Unentschieden blieb und bleibt die Frage, an welche audience diese „Propaganda" sich gerichtet habe, ob sich ihre Adressatinnen bzw. ihr „Publikum" näher bestimmen lassen. Nahm man zunächst an, die Propaganda habe sich in erster Linie an gefangene Könige oder Gesandtschaften unterworfener Fremdvölker gerichtet, so verlagerte sich die Hypothese später eher in Richtung der assyrischen Hofgesellschaft selber, zu deren Selbstindoktrinierung die Reliefs gedient haben sollen. Heute ist man diesbezüglich etwas vorsichtiger geworden und unterstreicht, dass wir über die audience antiker Monumente nur wenig explizite Quellen aus Vorderasien oder Ägypten haben. 42 Um so wichtiger ist es, den archäologisch-architektonischen Kontext antiker Monumente zu berücksichtigen, denn zweifellos ist das potentielle Publikum eines freistehenden Monuments auf einer öffentlich zugänglichen Piazza, wie der Schwarze Obelisk eines darstellte 43 , ein anderes als das einer Suite im inneren Wohnbereich eines assyrischen Palasts. 44 Barbara N. Porter hat Zusammenhänge zwischen der Lokalisierung bzw. Positionie40 Vgl. LASSWELL/LERNER/SPEIER, Propaganda and Communication in World History. Vol. I: The Symbolic Instrument in Early Times. 41 Vgl. WINTER, Royal Rhetoric. 42 Vgl. nun aber HEINZ/BONATZ, Bild - Macht - Geschichte. 43 Vgl. KEEL/UEHLINGER, Der Assyrerkönig Salmanassar. 44 Vgl. UEHLINGER, Clio in a World of Pictures, zu den berühmten Orthostatenreliefs Sanheribs, die die Eroberung der judäischen Stadt Lachisch darstellen.
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rung assyrischer Monumente und ihrer spezifischen visuellen Gestaltung aufgezeigt und auf diese Weise Aspekte einer altorientalischen figurative policy herausarbeiten können, die durchaus nahelegen, eine bewusste Planung und Gestaltung von Monumenten auch in Hinsicht auf ein intendiertes Publikum anzunehmen. 45 Die Frage ist allerdings, ob die Propagandainterpretation nicht ab und zu über ihr Ziel hinausgeschossen oder ihre Interpretationen zu eng geführt hat. So stehen etwa bei den neuassyrischen Felsreliefs, die sich bis in entfernteste Winkel des assyrischen Reiches finden und dort den König als loyalen Diener der großen Götter abbilden, sicher ganz andere Interessen als solche der Propaganda im Vordergrund. 46 Medien sind diese Reliefs freilich trotzdem, und seien es nur Medien der Kommunikation mit den Göttern an Orten, wo sich ein regulärer Kult nicht leicht einrichten ließ. Beobachtungen an speziellen Denkmälergattungen lassen sich allerdings nicht generalisieren und auf andere Gattungen übertragen. Bei vielen Bildern und Bildträgern sollten wir vorsichtig sein und den Grad der intentionalen Massenkommunikation nicht a priori überschätzen. d. Images as media Dies gilt nicht nur im Blick auf die intentionale Steuerung der Kommunikation, sondern bei vielen Bildträgern auch und besonders im Blick auf die so genannten „Massen". Der Vergleich von antiken Siegeln und Amuletten mit Münzen 47 und modernen Briefmarken als Massenmedien mag angehen, weil diese Bildträger in der Tat eine sehr weite Verbreitung fanden. 48 Viele Bilder und Bildträger waren in der Antike jedoch ausgesprochene Luxusartikel. Das gilt für figurativ bemalte Keramik nicht weniger als für Elfenbeinschnitzereien und kostbare Metallschalen. Es legt sich deshalb nahe, den Begriff der „Massenkommunikation" sparsam zu verwenden und sich bescheidener auf die generelle Medienfunktion altorientalischer Bilder (und sonstiger Artefakte) zu konzentrieren. 49
45 Für die Frage der assyrischen Kommunikation mit dem Westen bes. interessant ist ihre Studie „Assyrian Propaganda for the West" (PORTER, Trees, Kings, and Politics, 59-79). 46 Vgl. MORANDI, Stele e statue reali assire; KREPPNER, Public Space in Nature. 47 Vgl. den Beitrag von U. Hübner in diesem Band. 48 Münzen und Briefmarken sind allerdings beides keine Medien, deren Primärfunktion in der Vermittlung visueller Inhalte bestünde. Nur wenige unserer Zeitgenossen sind Numismatiker und Philatelisten; für alle andern sind Münzen ein Medium des Handels und Briefmarken ein Instrument des Postverkehrs. 49 D e r Band, der ein 1997 veranstaltetes internationales Symposium zum Thema „Images as mass media" dokumentiert, trägt angesichts dieses Befundes - anspruchsvoll genug - den Titel „Images as media" (s. UEHLINGER, 2000).
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Die meisten auf dem Handelsweg nach Palästina importierten Objektgattungen und ihre lokalen Imitate können zwar als Indikatoren kultureller Kontakte, auch symbolischer Transfervorgänge, Einflüsse, Übernahmen, Nachahmungen usw. verstanden werden, die Frage jedoch, inwieweit die dadurch implizierte kulturelle Kommunikation auf die Objekte (oder Bildträger) als solche beschränkt blieb oder auch die Rezeption und ggf. Akkulturation von Bildinhalten und mit den Bildern einhergehenden Funktionen und Bräuchen implizierte, ist äußerst komplex. Ihre plausible Beantwortung bedürfte eines ganzen Bündels breit angelegter, koordinierter Vorstudien, die bislang nicht vorliegen. Was sagen griechische Importe über die Geschichte des (einst aus der Levante nach Kreta und Griechenland gewanderten) Symposions in Palästina aus? An dieser Stelle sei nur an das Fazit erinnert, das ROBERT WENNING in „Images as media" zu den Bildern auf vorhellenistischen griechischen Vasen aus Palästina formulierte: „Griechische Bildvasen sind nicht imitiert worden. Sie haben keinen Vor-Hellenismus verursacht und veränderten keine Gewohnheiten der Käufer. Sie beeinflussten offenbar auch kein religiöses Brauchtum. ,Favissafunde' wie die von Dor belegen nur die Wertschätzung der Ware in besonderen Kontexten, definieren aber keine griechischen Tempel. Die griechischen Bildvasen waren exquisiter Besitz des Einzelnen, und auf dieses Besitzen einer fremdartigen Luxusware scheint es in erster Linie angekommen zu sein." 5 0
M.a.W., es ist stets im einzelnen zu fragen, ob und in welchem Sinne eine bestimmte Objektgattung mit einer bestimmten Motivik im Rahmen einer bestimmten historischen Konjunktur nun wirklich als Medium (inter-)kultureller Kommunikation verstanden werden kann; ob im Sinne des bekannten Slogans von MARSHALL MCLUHAN das Objekt selbst (ob Bildträger oder nicht) die ,Botschaft' sei, oder ob wir es mit dezidierten, intentionalen Vorgängen der expliziten Kommunikation über ganz bestimmte Inhalte zu tun haben.
3. Plurimediale Kommunikation im alten Orient? Mit den bisherigen Ausführungen bewegten wir uns vor allem im Bereich antiker Bildmedien, die - ceterum censeo - bei der Rekonstruktion der altlevantinischen Kultur- und Gesellschaftsgeschichte neben den Textmedien unbedingt zu berücksichtigen sind. Da kulturelle Symbolsysteme auf verschiedene Weise (textlich, visuell oder handlungspraktisch rituell) codiert werden können, ist entsprechend in der archäologisch erforschbaren 50
WENNING, Griechische Vasenbilder in Palästina, 358. Vgl. dieselbe Fragestellung geographisch umgekehrt bei SOMMER, Kunst als Ware.
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materiellen Kultur mit Texten Bildern und anderen Artefakten, d.h. den jeweiligen Codierungen entsprechenden Spuren zu rechnen. „In der Auseinandersetzung mit den expandierenden Bildmedien der Gegenwart setzt sich langsam die Einsicht durch, daß der technisch vermittelten Audiovisualität der elektronischen Medien eine Geschichte der audiovisuellen Wahrnehmung vorausgeht, die alle früheren Epochensequenzen umfaßt und auf dem Zusammenwirken von Hören, Sehen und Erinnerung beruht." 51 Im Umgang mit antiken Medien konnte es vorkommen, dass Informationen von einem Medium ins andere übertragen wurden, dann aber dem neuen Medium und seinen spezifischen Leistungsmöglichkeiten adaptiert werden mussten und sich dadurch u.U. veränderten. Solches geschah und geschieht, wenn Bildmotive in Texten historial umgedeutet werden oder umgekehrt narrative Zusammenhänge in Bildsequenzen umgelegt werden, ohne dass die Abfolge der Einzelbilder immer eindeutig oder die dargestellten Figuren und Episoden für uns eindeutig zu identifizieren wären. Wo Texte in Form von Beischriften die bildlichen Darstellungen begleiten und interpretieren, was auf Skarabäen ebenso der Fall sein kann wie auf assyrischen Palastreliefs, können wir von simultaner Bi- oder Plurimedialität sprechen. Von der Plurimedialität ist es nur ein kleiner Schritt zur Multimedialität. Multimediasysteme sind nicht nur Informationssysteme, die mehrere Medien - oder abstrakter: mehrere Zeichensysteme wie Sprache und Bild gleichzeitig verwenden. Zu den Charakteristika von Multimedia gehört die programmatisch reflektierte und realisierte Absicht, durch Verbindung und Integration mehrerer Medien größere Wirkung zu erzielen. Im 20. Jh. hat Multimedia besonders im Bereich der Pädagogik (angefangen bei audiovisuellen Lehrmitteln), in der Kunst (Integration von Text und Layout im visuellen Gedicht, von Bild, Ton und Bewegung in Performances) sowie in der Unterhaltung (bis hin zu „son et lumiere"-Programmen) Anwendung gefunden, immer mit dem Zweck, den beschränkten Effekt eines einzelnen Mediums durch Integration eines oder mehrerer anderer Medien nicht nur zu verstärken, sondern auch qualitativ zu verändern. Erst recht gilt dies von der neueren Multimediageneration, die mit elektronischen Mitteln ganze virtuelle Welten zu generieren vermag. Es gibt heute Menschen, die mehr in solch virtuellen Welten beheimatet sind als in ihrer unmittelbaren physischen und sozialen Umgebung.
Ist der Vergleich derartiger virtueller Welten mit der Virtualität einer altorientalischen Vision abwegig? Prophetische Visionsschilderungen (biblische und außerbiblische) legen naturgemäß einen starken Akzent auf die Mitteilung visueller Erfahrungen, bildhafter Elemente, die im Medium der Sprache bzw. des Textes übermittelt (transcodiert) werden. Die V e r p a ckung' der Vision im Medium des Texts ist kein Einbahnvorgang. Sie 51
WENZEL, Ohren und Augen, 122.
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rechnet seitens der Leserinnen - und ich meine: schon der antiken Leserinnen - mit einer Decodierung und Re-Codierung, die den Text ins Medium des imaginierten Bildes rückübersetzt. Die ,Verpackung' ist unimedial, die von den Texten intendierte Kommunikation aber ist multisensorisch und plurimedial angelegt. Ein weiterer Vergleich aus der modernen Medientechnologie mag dies erläutern: Jeder PC ist heute in der Lage, über eine CD-ROM reine Text-, Ton- oder Bildinformation oder verschiedene Kombinationen davon zu vermitteln. Wir können als PC-Benutzerin multimediale Information per E-mail übermitteln. Dabei werden Daten, die ganz verschiedenen Zeichensystemen und Medien angehören (ich spreche als Laie mit eingeschränkter Benutzererfahrung!), in einem einzigen Medium konditioniert (sozusagen eingepackt), um bei der Rezeption wieder ausgepackt, d.h. in ihre Multimedialität rückübersetzt zu werden. Die uni-mediale Konditionierung schließt Plurimedialität also nicht aus, sondern ein; das Medium der Transmission bestimmt die Grenzen (die .Ränder') der vermittelbaren Information.
Die sekundäre Verbildlichung biblischer Visionen im Laufe ihrer Rezeptionsgeschichte (in byzantinischen und mittelalterlichen Codices) liefert uns geradezu die Bestätigung für die Hypothese, daß Visionsschilderungen trotz ihrer unimedialen Konditionierung (als Texte) von ihren Verfassern plurimedial kodiert und von ihren Adressaten ebenso plurimedial dekodiert werden konnten. Ihre antiken Leser dürften sie nicht nur als Text wahrgenommen, sondern bereits bei der Lektüre in Bilder, gegebenenfalls szenische Abläufe mit Bild und Ton rückübersetzt und multisensorisch empfunden haben. Anschlussfragen, die wir im folgenden aber nicht weiter verfolgen können, wären etwa die folgenden: Warum, in welchen Zusammenhängen sind antike biblische Schriftsteller den Weg dieser im Kern plurimedialen Kommunikation gegangen? Haben sie sich dabei an bestimmte Regeln gehalten, und wenn ja, an welche? Was bot die plurimediale Darstellung gegenüber der unimedialen an kommunikativem Mehrwert'? Bei dem Thema geht es um mehr als nur ein Gedankenexperiment eines Exegeten der MultimediaGeneration. Das Stichwort „Plurimedialität" zielt auf die Frage, was die Integration von visuellen Elementen, gegebenenfalls szenischen Bildern in die ansonsten stark wortorientierte prophetische Kommunikation leistet, welche qualitative Veränderung und Erweiterung damit erreicht wird.
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4. Lesefrüchte 4.1. Defizite in der
Mediengeschichtsschreibung
Wer zu einer Tagung mit dem Thema „Medien der Alltagskultur" eingeladen und durch ein programmatisches Vorbereitungspapier des Veranstalters in Grundfragen moderner Medien- bzw. Medienkulturtheorie eingeführt wird, sieht sich herausgefordert, sich mit dem einen oder anderen Aspekt einer nach allen Seiten ausufernden Theoriedebatte zumindest ansatzweise vertraut zu machen. So nahm ich die mir gestellte Aufgabe zum Anlass, mich - vergleichbar einem Studenten im ersten Semester - in erster Annäherung mit einigen Grundfragen der aktuellen Medientheoriedebatte bekannt zu machen. Weit bin ich zwar nicht gekommen, gelohnt hat es sich allemal: zum einen, weil die Medienkulturgeschichte Grundsatzfragen verhandelt, die wir in Archäologie, Religionsgeschichte, Religionswissenschaft und Theologie durchaus gewinnbringend mit unseren herkömmlichen Fragestellungen verbinden könnten; zum andern, weil es umgekehrt scheint, dass auch die Medienkulturgeschichte von einer intensiveren interdisziplinären Zusammenarbeit mit Altorientalistik und Archäologie noch einiges hätte lernen können. Die medientheoretische Diskussion der Gegenwart wird zwar - was niemanden überraschen kann - durch die Herausforderungen der Neuen Medien (incl. Computerspielen und virtueller Realität) und der Multime dialität dominiert. Einem Historiker und Altorientalisten muss aber auch auffallen, wie sehr das Wenige, was sich neuere Medientheorie an historischer Reflexion leistet, schematisch und eurozentrisch ist, so dass der Vordere Orient, dem wir immerhin die zwei ältesten Schriftsysteme und die ältesten Alphabete der Menschheit verdanken, fast ganz ignoriert und quasi pauschal unter die - nicht weiter relevante - Vorgeschichte subsumiert wird. Sehe ich recht, so ist die moderne Medienwissenschaft sehr stark auf die zugegeben epochalen Veränderungen von Alphabetschrift und Buchdruck in Europa focussiert. Die Eurozentrik der Debatte zeigt sich etwa an dem Detail, dass erst das griechische Alphabet, weil vollständig phonetisch, als solches anerkannt und die Geschichte der Schriftsysteme vor der Rezeption des Alphabets in Griechenland weitgehend ignoriert wird. Im Blick auf die griechische Antike werden dann vor allem Probleme im Übergang von der Oralität zur Literalität diskutiert, d.h. Fragen, die mit verschiedenen Formen der Codierung von Sprache und Text und deren Beitrag zur Weltwahrnehmung und -gestaltung zu tun haben. Fragen im Zusammenhang mit anderen antiken Medien, namentlich Bildern, werden kaum erör-
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tert 52 , kommen meist erst bei der Besprechung des christlichen Mittelalters in den Blick, erst recht nicht Fragen, die noch andere Medien (Medien der Alltagskultur) oder das Zusammenspiel verschiedener Medien betreffen würden. Kein Zweifel: Hier bestünde erheblicher interdisziplinärer Nachhol- und Vermittlungsbedarf. 4.2. Begriffsbestimmungen
und Kernsätze
Um im wogenden Meer der Medienkulturgeschichte nicht gleich mit wehenden Fahnen unterzugehen, mag es angezeigt sein, mit Hilfe einiger definitorischer Setzungen etwas Klarheit im Umgang mit der Medienproblematik zu gewinnen. Man verzeihe den Dilettantismus des Neulings. a. W. R. HALBACH und M. FASSLER unterscheiden im Anschluss an H.
PROSS primäre, sekundäre und tertiäre Medien. 53 Ihr Ansatz ist kommunikationstheoretisch, d.h. Medien gelten ihnen prinzipiell als Mittel für eine wie immer geartete Kommunikation. - Primäre Medien dienen menschlichen Elementarkontakten, seien sie non-verbal (Körperhaltung, Bein-, Arm- oder Kopfstellung, Mimik und Gestik) oder verbal in all ihren Facetten. Charakteristisch ist hier die „Leiblichkeit des Mediums": Sender und Empfänger kommunizieren ohne zwischengeschaltete Instanzen, die Sinne der Menschen reichen zur Produktion, zum Transport und zum Konsum der Botschaft aus. - Sekundäre Medien sind Artefakte, die sich zwischen Sender und Empfänger schieben, und zwar zunächst einmal senderseits: Grenzsteine, Rauchzeichen, Flaggensignale, Instrumente zur Erzeugung bestimmter Töne, Bild- oder Schriftträger usw. Der Empfänger muss über eine bestimmte Kompetenz verfügen, die kodierten Signale entschlüsseln zu können; er braucht dazu aber seinerseits keine Geräte, seine Sinne und die auf erlernter Konvention beruhende Kompetenz reichen aus. - Tertiäre Medien charakterisieren Vermittlungsprozesse, die sowohl beim Sender als auch beim Empfänger das Vorhandensein eines Geräts erfordern: Telefon, Telegramm, Schallplatte, Rundfunk, Television, Video, Computer usw.
52 Vgl. hierzu nun BÖSCHUNG, Wie das Bild entstand (mit bemerkenswerten Überlegungen zum gleichzeitigen Aufkommen der beiden neuen Medien Schrift und Bilder im Übergang vom „geometrischen" zum „archaischen" Griechenland, 42 f.); VON HESBERG, Das griechische Relief als Medium. 53 HALBACH/FASSLER, Geschichte der Medien, 31. Die Unterscheidung ist offenbar so gängig, dass sie auch dem Artikel „Medien" im Metzler Lexikon Religion zugrundegelegt wird (BERNHARD, Medien).
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Auf den ersten Blick wird man annehmen, in der Antike habe es nur primäre und sekundäre Medien gegeben. 54 Philologie und Ikonographie können sich um die Erforschung der primären und der sekundären Medien mühen. Die Archäologie muss sich auf die sekundären beschränken und wird auch dort nur diejenigen Medien erheben können, die sich intakt oder fragmentarisch erhalten haben. Den vollständigen „Medienhaushalt" einer antiken Gesellschaft werden wir nie rekonstruieren können, nicht nur die Geräuschkulisse ist für immer verloren. 55 b. „Medien sind nicht nur die ,materiellen Hülsen' für Vermittlung und Kommunikation. Sie bilden auch den Charakter einer Instanz in sich aus, da sie die Systemteile sind, in denen die Verabredungen über Zeichenordnungen, Auslegungs- und Verwendungsweisen und Bedeutungsbreiten enthalten und erhalten sind. Insofern sind Medien nicht nur in einem einfachen Sinne Teil der Kultur; sie sind Ebenen sozialer Verfassung und funktionieren auch nur so." 56 Sekundäre und tertiäre „Medien sind immer zugleich Geräte, Instanzen und Kernstücke von Weltbildern." 57 Welche Medien einer Gesellschaft oder einer Gruppe zur Verfügung stehen, bestimmt in einem wesentlichen Maße ihre Weltwahrnehmung. Soziale Systeme lassen sich darüber beschreiben, welche Medien sie wie auf sich anwenden. In dieser Hinsicht ließe sich auch eine Religionsgeschichte als Medienkulturgeschichte konzipieren: Welche Medien kennt, welche benutzt eine Religion? In welchem Verhältnis stehen diese Medien zueinander? Wie unterscheiden sich bestimmte Religionen bez. ihres „Medienhaushalts"? Wie lässt sich der Zusammenhang zwischen dem „Medienhaushalt" einer Kultur und demjenigen der in dieser Kultur gepflegten Religion(en) beschreiben? Besteht vielleicht doch ein Zusammenhang - wenngleich wohl kein kausaler - zwischen der weitgehenden Bildlosigkeit althebräischer Siegel der ausgehenden Eisenzeit und einer in Juda offenbar relativ weit verbreiteten Schriftkultur, d.h. einer hohen kulturellen Bewertung der Schrift zumindest in der gesellschaftlichen Elite Judas, und der bemerkenswerten kulturellen Leistung, den Verlust des kultischen Zentralsymbols (eines Tempel - , ob mit oder ohne Kultbild, tut hier nichts zu Sache) allein auf dem Weg ritualpraktischer und sprachlicher Kommunikation kompensiert zu haben? 58 54
Aus dem hypothetischen Blick eines Altorientalen fällt freilich auf, dass der Pross'sehen Klassifikation eine für die Antike eminent bedeutsame Kategorie fehlt: Wie sollen wir Kommunikationsvorgänge einordnen, die nur empfängerseitig ein Gerät erfordern, wie dies z.B. bei der instrumentalen Divination der Fall ist? 55 Trotz des ethno-archäologischen Experiments von WEIPPERT, Der Lärm und die Stille. 56 HALBACH/FASSLER, Geschichte der Medien, 33. 57
58
HALB ACH/FASSLER, G e s c h i c h t e d e r M e d i e n , 3 3 .
Vgl. UEHLINGER, Northwest Semitic Inscribed Seals, 2 8 1 - 2 8 8 .
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c. „Die Durchsetzung von gleichbleibenden Bildern in einer verbindlichen visuellen Kommunikation ermöglicht die Gleichförmigkeit des Bewußtseins mittels einer über weite Räume ausgedehnten Gleichzeitigkeit der Inhalte. Ihre mediale Leistung ist die Anerkennung der Gleichheit durch Mustervorgaben. Bilder sind Instrumente der Vermittlung von Fernabwesenheit, durch Festlegung der für eine ganze Kultur bedeutsamen symbolischen Inhalte. Diese werden durch visuelle Unterweisung, medial, eingeübt." 59 Was H. U. RECK zur christlich-mittelalterlichen Kunst schreibt, ließe sich cum grano salis auch auf die Skarabäenpropaganda der 18. und 19. Dynastie (s.o.) anwenden. In der Levante waren die Rahmenbedingungen für eine derart kontrollierte mediale Kommunikation bis in die Perserzeit allerdings nur selten gegeben. Erst die Einführung des Münzgeldes brachte diesbezüglich einen Umbruch, in einem zweiten Schritt nach der tatsächlichen Monetarisierung der Wirtschaft. Davor ist die relative Homogenität bildlicher Repertoires in der Regel weniger auf Durchsetzung als auf Tradition zurückzuführen. Das macht die Repertoires und ihre Erforschung nicht weniger interessant.
5. Kritische Rückfragen 5.1. Welchen Medienbegriff
veranschlagen
wir?
In den bisherigen Überlegungen gingen wir meist von einem engeren, kommunikationstheoretischen Medienbegriff aus. Wiederholt zeigte es sich, dass dieser nicht ausreicht, weil er zum einen meist von einer auktorialen Intention ausgeht, die nicht immer gegeben sein muss, und weil er zum andern die Funktion antiker Medien als Instrumente der Kommunikation zu eng fasst - zu eng jedenfalls, wenn Medien der Alltagskultur in den Blick kommen sollten. Welche Art der Kommunikation impliziert eine massengefertigte Pfeilerfigurine? Ich sehe nicht, wie bei einem kommunikationstheoretischen Ansatz die so genannten Realien als Hauptakteure ins Spiel gebracht werden können - es sei denn, man reduziert „Kommunikation" mit dem rezeptionsästhetischen Paradigma auf Wahrnehmungen, Ansichten und Meinungen. Der hier dokumentierten Tagung geht es, sehe ich recht, um die Neuformulierung eines kulturgeschichtlichen Programms, das früher als „Realienkunde" praktiziert wurde. 60 Soll künftig anstatt von „Realien" und sonstigen Artefakten von „Speichermedien des kulturellen Gedächtnisses"
59 60
RECK, Bildende Künste, 142. S.o. Anm. 4.
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o.ä. die Rede sein? Der Medienbegriff wäre dann ein kulturtheoretischer. Er führte in Richtung von M. MCLUHANS Medienbegriff, der zur Gleichsetzung des Begriffs „Medium" mit „Technik" tendierte. 61 Nun kann zwar in speziellen Kontexten auch ein ganz alltäglicher Gebrauchsgegenstand der symbolischen Kommunikation dienen und damit als Medium zum Einsatz kommen: Man denke etwa an eine Schale oder eine Lampe in einem Grab. Aber gilt dies auch auch und generell von Kochtöpfen und Vorratskrügen, Hacken und Webgewichten in ihren jeweils primären Verwendungskontexten? Was ist damit gewonnen? Eines ist gewiss: Wir werden von „Medien der Alltagskultur" nicht sprechen können, ohne uns über den vorauszusetzenden Medienbegriff verständigt zu haben. Um bei dem weiter oben kurz angesprochenen Beispiel griechischer Importgefäße aus der Perserzeit zu bleiben: Für MCLUHAN wäre eine Weinschale ein Medium, insofern jemand daraus Wein trinken konnte. Für einen sehr engen kommunikationstheoretischen Ansatz wäre sie dann ein Medium, wenn ihr Dekor eine bestimmte mythologische Episode evoziert und dies dem Trinkenden erlaubt, sich dadurch in eine Art universale Trinkgemeinschaft von Menschen und Göttern einzugliedern. Zwischen den beiden Extrempositionen sind zahlreiche Varianten und Alternativen denkbar: Die Weinschale kann als Behälter für Wein - und eben nicht Wasser oder Most - , als Gefäß, das nur bei bestimmten Anlässen verwendet wird (Symposion?), als Gefäß, das meine Bekanntheit mit solchen Anlässen demonstriert oder nur die Tatsache, das ich über genügend Kaufkraft verfüge, es von einem fremden Händler zu erwerben, als Indikator für eine bestimmte Hellenophilie, als Prestigemarker und Statussymbol u.v.a.m. dienen. Ist sie deshalb wirklich immer gleich ein „Medium" für die entsprechende soziokulturelle Information? Und wenn ja, was trägt der Medienbegriff überhaupt aus, wenn er so viele verschiedene, verschieden intentionale und verschieden kommunikative Informationsvorgänge zusammenfassen soll? Vor allem aber: Haben wir als Archäologen und Historikerinnen überhaupt die Möglichkeit, verfügen wir über die Instrumente, angesichts der Vielfalt der möglichen Varianten möglicher Medialität begründete Entscheidungen für die eine und gegen die andern zu fällen? Überfordern wir nicht unsere analytische Kompetenz und Kapazität? Im Blick auf eine „Mediengeschichte der Bildenden Künste" hat H. U. RECK die Forderung erhoben, Kunsthistoriker - das Gleiche gilt für Archäologen, Historiker, Philologen - müssten sich künftig auf „bereichsspe-
61
MCLUHAN et al., The Medium is the Message. Für eine leicht verständliche Einf ü h r u n g in die Medientheorie M. MCLUHANS (allgemein bekannt für den Kernsatz „The medium is the message") vgl. KLOOCK/SPAHR, Medientheorien, 3 9 - 7 6 ; außerdem BALTES u.a., Medien verstehen.
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zifische Medienbegriffe" einigen. 62 Er differenziert einen codebezogenen, einen technologischen und einen kulturellen Medienbegriff, bewegt sich aber mit allen dreien in einem kommunikationstheoretischen Rahmen. 5.2. Begrifflichkeit
und Erkenntnis gewinn
Ich neige persönlich zum reflektierten common sense und ziehe aus Gründen der Differenzierung ebenfalls einen auf Kommunikationvorgänge gerichteten Medienbegriff vor. Von „Medien" möchte ich dann nur sprechen, wenn ich ein Objekt begründet in einen Kommunikationsvorgang einordnen kann, bei dem in einem spezifizierbaren Sinne kognitive Information vermittelt und/oder interpretativ gestaltet wird. Nicht ausschließen will ich dabei die Möglichkeit einer quasi fingierten (für den Betroffenen aber nicht weniger realen) Kommunikation, die ganz vom Rezipienten her gedacht ist. Mesopotamische Kompendien sind bekanntlich voll von ganz alltäglichen Vorgängen und Begebenheiten, die bei entsprechender mentaler Disposition als absonderliche Omina gedeutet werden könnten - und in diesem Fall, aber erst dann, als Medien gelten müssten, deren Botschaft entschlüsselt werden kann. Das heißt nun keineswegs, dass der Aspekt der Materialität und der Technizität der Informationsvermittlung geringzuschätzen wäre. Im Gegenteil: Gewisse Materialien sind bekanntlich für bestimmte „Aufschreibsysteme" denkbar ungeeignet, etwa Papyrus oder Bronzemünzen für Keilschrift oder Tontafeln für lineare Alphabetschriften (beides ist dennoch belegt, aber nur in Ausnahmefällen). Das Material, die Dimension eines Bildträgers determinieren nebst seiner Gattung und Funktion die Möglichkeit, mehr oder weniger komplexe Bildkompositionen zur Darstellung zu bringen. Inhalte, die über einen Skarabäus kommuniziert werden können, sind notwendigerweise anderer Art, synchron-appellativer und schematischer als solche, die eine ganze Szene oder gar Sequenz von Szenen ins Bild setzen können. Insofern trifft auch für antike Bildmedien die in der modernen Medientheorie gängige allgemeine Charakteristik zu, dass „Medien nicht als neutrale Träger oder Überträger von Informationen gelten, sondern als Techniken, welche die Möglichkeit der Kommunizierbarkeit von Informationen konstituieren", dass „Wissen (...) in Abhängigkeit von den medialen Formen seiner Speicherung und Übertragung zu sehen" ist und „die in einer Epoche dominierenden Kommunikations- bzw. Informationsmedien mit den Kommunikationsverhältnissen auch das Weltbild und die Wahrnehmungsmuster prägen", insofern also ein „Zusammenhang zwischen Medien und Strukturen der Erkenntnis" besteht. 63 Inwiefern dies aber über antike Text- und Bildmedien hinaus auch für Kochtöpfe und 62
RECK, Bildende Künste, 172 f.
63
K L 0 0 C K / S P A H R , M e d i e n t h e o r i e n , 8.
54
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Vorratskrüge gelten soll, ist mir - vom Umstand, dass bestimmte Gefäßformen bestimmte Kapazitäten und ggf. Hohlmaßeinheiten repräsentieren können, einmal abgesehen - nur schwer nachvollziehbar. Zwar kann jedes Artefakt zum Medium werden, ist es aber nicht in jedem Fall und essentiell. Dazu bedürfte es des Überstiegs zum Medienbegriff McLUHANscher Prägung. Dieser aber hat sich m.E. so weit vom common sense entfernt, dass er höchstens für arkanwissenschaftliche Gelehrtendiskussionen und um den interdisziplinären Anschluss ringende Randgelehrte, kaum aber für die Primäranliegen der Archäologie selbst von Nutzen sein dürfte. Natürlich ist MCLUHAN ganz und gar zuzustimmen, dass Technik die Art und Weise bestimmt, in welcher Menschen die Welt wahrnehmen und erfahren; insofern hat sie eine Funktion, das sie mit Medien teilt. Aber deshalb wird eine Technik noch nicht zum Medium und besteht kein Grund, die Begriffe einfach synonym zu verwenden. Ein Medium ist dank bestimmter technischer Voraussetzungen als Instrument der Kommunikation nutzbar, aber nicht jede Technik ist an sich schon medial. Dass MCLUHAN aber Medien auch schlechterdings als „Metaphern" bezeichnet, mit der Begründung, sie würden wie diese der Erfahrung eine Form geben 64 , sollte uns gegenüber der Randschärfe seiner Terminologie skeptisch stimmen. Kochtöpfe und Webgewichte sind von ihrer Funktion her weder „Metaphern" noch „magische Kanäle". Begriffe wie „Realien", „Geräte", „Techniken" usw. pauschal unter den Generalnenner „Medien" zu subsummieren, erscheint mir töricht. Ich verstehe nicht, was dabei der Erkenntnisgewinn sein sollte. Nur auf letzteren kommt es im wissenschaftlichen Diskurs an. Warum sprechen wir nicht einfach von Kulturtechniken? 5.3.
„Alltagskultur"?
Das Konzept der in diesem Band dokumentierten Tagung verfolgte das Anliegen, die „Alltagskultur" ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken, sich nicht nur dem Herausragenden, Spektakulären, Außergewöhnlichen, Fest- und Feierlichen, sondern auch dem Ordinären und Banalen zu widmen; nicht nur den Eliten oder happy few und ihren Luxusgütern, sondern auch Mr. and Mrs. Everyman und Everywoman. Das entspricht einer Wende, die in der Geschichtswissenschaft vor etwa einem halben Jahrhundert von der Herrschergeschichte zur Sozial- und Kulturgeschichte geführt hat, eine Wende, die die Feldarchäologie im Anspruch schon früher, in der Durchführung nicht immer und sicher nicht immer freiwillig vollzogen hatte. Wenn irgendwo, dann war dieses Anliegen schon seit über einem Jahrhundert in der Volkskunde Dalman' scher Prägung verwurzelt, an welche
64
53.
MCLUHAN, Die Gutenberg Galaxis, 1995: 6; vgl. KLOOCK/SPAHR, Medientheorien
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die Realienkunde von Galling und Weippert bruchlos anschließt, nun aber archäologisch orientiert. Das Anliegen ist also weder neu noch überraschend. Bedarf es der besonderen Begründung vielleicht gerade deshalb, weil mit dem Stichwort „Medien" der Blick sich fast automatisch auf die Wenigen verengt, die sich in der Antike mediale Kommunikation in größerem Umfang leisten konnten? Ist es sinnvoll, Realien künftig als „Medien der Alltagskultur" zu verstehen. Mag sein, dass damit für ein schärferes Problembewusstsein geworben werden kann. Auch dass es sich lohnt, über Alltagsgegenstände als Bestandteil des „kulturellen Gedächtnisses" (M. HALBWACHS) nachzudenken, steht außer Frage. Ich bin mir jedoch nicht sicher, wie weit und wie lange sich das Anliegen, einerseits den Mediencharakter der materiellen Kultur und andererseits das vorrangige Interesse am Alltäglichen zu betonen, durchhalten lässt. Die Elitenkultur hinterlässt seit jeher mehr anorganische Rückstände als die armen Massen, die im archäologischen Befund oft unsichtbar bleiben. Und wenn die Rückstände Kochtöpfe oder Webgewichte sind, dann mögen sie uns zwar einen Zugang zu antiker Alltagswirklichkeit eröffnen können. Um „Medien der Alltagskultur" handelt es sich deswegen noch nicht - es sei denn, wir könnten zeigen, dass ihre antiken Verwenderinnen sie im Zusammenhang medialer Symbolisierungs- und Kommunikationsvorgänge als wesentliche Teile ihrer kulturellen Identität verstanden. Realien sind selbstverständlich Teil der Kultur, aber nicht als solche auch Teil des kulturellen Symbolsystems, erst recht nicht immer und überall „materielle Kommunikationsträger". 65 5.4. „Materielle
Kommunikation"?
Sehe ich recht, liegt den Organisatoren unserer Tagung daran, die „Realienkunde" vom Odium der ,nur materiellen' Kultur zu befreien. Geht es dem Versuch, die „Realien" auf die Ebene der „kulturellen Kommunikation", ja des „kulturellen Gedächtnisses" zu heben, darum, die materielle Kultur mit der Welt der Ideen zu versöhnen? Das Anliegen, unheilsame Dichotomien zu überwinden und zusammenzudenken, was im Alltag stets zusammen gehört, in der Antike ebenso wie heute, kann nur begrüßt und unterstützt werden. Die Frage ist freilich auch hier, mit welchen methodischen Verfahren und Mitteln des Begriffs wir diesem Ziel am ehesten näherkommen. Ich bezweifle, dass es auf dem Weg eines gleichsam hypertrophierten Medien- und Kommunikationsbegriffs geschehen kann. 65 Kultständer sind Artefakte, die in Hinsicht auf ihre Verwendung, ihre Form und oft auch ihr Dekor derart „emphatisch symbolisieren", dass sie leicht als Medien bezeichnet werden können. Medien der Alltagskultur sind sie deshalb noch lange nicht. Vgl. für eine diesbezügliche Interpretation aber die materialreiche Diskussion von FREVEL, Eisenzeitliche Kultständer.
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Noch einmal: Nicht das „kulturelle Gedächtnis" oder die Materialität medial vermittelter Kommunikationsvorgänge steht in Frage, wohl aber die Pertinenz dieser Konzepte für die sachgemäße Funktionsbestimmung von „Realien" und für die Realienkunde als Schlüssel zur Rekonstruktion antiker Alltagskultur. Auch hier gilt m.E.: „Alltagskultur" und „kulturelles Symbolsystem" sind nicht dasselbe. Von Kommunikation, erst recht intendierter, sollten wir erst sprechen, wenn symbolische Zeichen ins Spiel kommen, wie dies in den Kommunikationsmedien Bild und Text nicht ausschließlich, aber in besonders qualifizierter Weise der Fall ist. Freilich wäre es töricht zu bestreiten, dass bestimmte Gegenstände für bestimmte Gruppen eine besondere identitätsstiftende, mithin auch -kommunizierende Funktion haben (man denke etwa an englische Teetassen und Zigarettenschachteln, die sich zuweilen bei Ausgrabungen auf palästinischen Teils finden). Was gewinnen wir, wenn wir sie als „Medien" bezeichnen?
6. Fazit Palästinaarchäologische und medientheoretische Diskurse sind anschlussfähig, aber der Anschluss setzt einen hohen Aufwand an Vermittlungsinteresse und -kompetenz voraus. Soll er wirklich gelingen und der Sache, d.h. unserem Quellenmaterial angemessen sein, muss große Mühe auf die Symmetrie der Diskurse gelegt und darf nicht vergessen werden, dass interdisziplinäre Vermittlung nur möglich ist, wenn innerdisziplinär die Voraussetzungen dafür grundgelegt wurden. Konkret heißt das seitens der Archäologie, dass sie keinen wissenschaftlich zu rechtfertigenden Diskurs mit den modernen Medienwissenschaften führen kann, ohne sich nach wie vor zuerst um die seriöse Dokumentation ihrer primären Quellenbasis zu mühen. Alles andere sind sinnvolle, interessante, aber gegenüber dem Vorrangigen eben doch sekundär bleibende Anschlussfragen. Für die Medientheorie heißt es, dass sie ihr ziemlich plakatives Bild der menschlichen Technikund Kulturgeschichte differenzieren und ihren mediengeschichtlichen und anthropologischen Eurozentrismus aufgeben sollte. Ob sie dazu bereit ist, wo ihr die Agenda doch eher von einer sich fast täglich wandelnden globalen Multimedialandschaft gesetzt wird, wage ich nicht zu beurteilen. Am Ende dieses Essays mag ein Satz des Berliner Medientheoretikers W. ERNST stehen, den ich einmal zufällig aus dem Internet gefischt habe: „Vielleicht ist unser Bezug zu den Medien-Gesellschaften der Vergangen-
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heit diskontinuierlicher, als unser historischer Sinn es wahrnehmen will." 66 Die wichtigste medientheoretische Perspektive auf unsere Arbeit könnte in der schon mehrfach zitierten Einsicht liegen, wie sehr Speicher- und Kommunikationsmedien die Wirklichkeitswahrnehmung beeinflussen, um nicht zu sagen steuern. Selbstkritisch gewendet heißt dies, dass wir uns mit unseren immer leistungsfähigeren Datenbanken und Aufschreibsystemen, mit deren Hilfe wir vergangene Kulturen analysieren, klassifizieren, interpretieren, von der Wirklichkeitswahrnehmung jener Kulturen auch immer weiter entfernen. Die medientheoretische Reflexion verweist den Historiker und die Historikerin, den Archäologen und die Archäologin zu guter Letzt auf ihren genuinen Auftrag, die antiken Kulturen und ihre Symbolsysteme auf der Grundlage einer möglichst breiten Materialbasis durch weitestmögliche Annäherung an deren eigene Begrifflichkeit und Weltwahrnehmung als Fremde und doch Wurzeln zu verstehen zu suchen.
Literaturverzeichnis ABD = D. N. Freedman (ed.), The Anchor Bible Dictionary, 6 vols., New York 1993 ASSMANN, J., Schrift und Kult, in: M. FASSLER/W. R. HALBACH (Hg.), Geschichte der Medien (UTB 1984), München 1998, 55-81 BAHRANI, Z., The Graven Image. Representation in Babylonia and Assyria (Archaeology, Culture and Society), Philadelphia 2003 BALTES, M./BÖHLER, F./REUSS, J., Medien verstehen. Der McLuhan-Reader, Mannheim 1997 BAR-YOSEF, O., Symbolic Expressions in Later Prehistory of the Levant: Why are They So Few?, in: M. W. CONKEY et al. (eds.), Beyond Art. Pleistocene Image and Symbol (Wattis Symposium Series in Anthropology; Memoirs of the California Academy of Sciences, 23), San Francisco 1997, 161-187 BAXANDALL, M., Ursachen der Bilder. Über das historische Erklären von Kunst, Berlin 1990 BELTING, H., Bild und Kult. Eine Geschichte des Bildes vor dem Zeitalter der Kunst, München 1990, 2 1991 - Bild-Anthropologie. Entwürfe für eine Bildwissenschaft (Bild und Text), München 2001 BERNHARD, J., Art. „Medien", in: Metzler Lexikon Religion, Bd. 2, Stuttgart - Weimar 1999, 400-407 BÖSCHUNG, D., Wie das Bild entstand. Kunstfertigkeit, Ruhmsucht und die Entwicklung der attischen Vasenmalerei im 8. Jahrhundert v. Chr., in: H. VON HESBERG; W. THIEL (Hg.), Medien in der Antike. Kommunikative Qualität und normative Wirkung (Schriften des Lehr- und Forschungszentrums für die antiken Kulturen des Mittelmeerraums, 1), Köln 2003, 17-49
66 http://antike.bbaw.de/dateien/medien.html (Ankündigung einer Vorlesungsreihe der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften zum Thema „Ritual und Botschaft in vorneuzeitlichen Kulturen").
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Christoph
Uehlinger
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Medien"
in der Lebenswelt
des antiken
Palästina?
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Media and the Symbolic Texture of Material Culture Critical Theory of Practice in Archaeology von GUNNAR LEHMANN
Do the objects of our daily life transmit any message? Are the shoes, chairs, doors and plates we eat from media that carry any information? And is this of any significance for the understanding of a past culture such as ancient Israel? In this paper, I will use these questions as an opportunity to discuss a number of issues in the present debate on contextual archaeology and its impact on Palestinian archaeology.
New Archaeology and Contextual Archaeology Ian Hodder's 1 concept of Contextual Archaeology has triggered a vivid debate on interpretation in archaeology and the meaning of the archaeological record. His approach is part of a wide range of different perspectives called Postprocessual Archaeology. Postprocessual archaeology takes a key role in any discussion about media and the meaning of the archaeological record since some of their protagonists have suggested to "read" the material culture as a "text". Especially Hodder stressed the "textual" character of the archaeological record, interpreting any element of material culture through its relationship to each other element. This contextual approach is based on Hodder's view that "material culture is meaningfully and historically constituted". Postprocessual Archaeology is a reaction and a critique of Processual Archaeology (another expression for New Archaeology). Postprocessual archaeologists view Processual Archaeology (or New Archaeology) as "a belief in objective science" that was particular popular during the 1960s to the 1980s, especially in the United States. 2 This view held that there was 1 2
HODDER, Reading the Past. HODDER, Archaeological Process, 3.
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one right way to do archaeological science, involving the testing of propositions against data. Universal anthropological and evolutionary assumptions were the basis of the argument, assuming that it is possible to (re-)construct and to apply general laws of human behavior. Other than Processual Archaeology's emphasis on science and the objective, on measurements and quantification, Postprocessual Archaeologists stress the interpretive and self-reflexive. They emphasize the individual, agency, historical context, ideology and meaning. Postprocessual Archaeology is interested in what people thought and felt, it asks for ideologies and motivations, attempting to decode symbolic expressions of past societies. This approach includes Marxist and Critical Theory positions, feminist perspectives, interpretive positions, structurationists theories and phenomenological approaches. 3 In Palestinian archaeology, one of the few postprocessual approaches and in the German language is the attempt by Othmar Keel, Christoph Uehlinger and others to reconstruct the history of religion in ancient Palestine by means of ancient pictures. 4 A central role in postprocessual reasoning play hermeneutics. In contrast, the New Archaeology tested hypotheses against archaeological data applying what was thought to be universal laws of human behavior. Philosophy and even natural sciences such as physics have long debated the existence of nomothetic, universal laws. A discussion that was long ignored by archaeologists. The hermeneutics favored by postprocessual archaeologists are essentially influenced by Martin Heidegger and Hans-Georg Gadamer. 5 Heidegger argued in Sein und Zeit6 that all human understanding, including the natural science, is interpretive. In this understanding, not only written texts, the original objects of hermeneutics, but also the natural world and all human action are "texts" to be read. 7 Data used in research is never entirely objective or simply "given". Rather, we always have to "read" the object of study in terms of our tools, concepts, expectations, values and interests. "This does not mean that objects are completely determined by our preconceptions; objects assert their own independence". 8 The material culture unearthed in an excavation exists as independent "unconscious evidence" that only becomes significant when the right questions are posed. These 3 4 5 6
HODDER, Archaeological Process, 5. KEEL/UEHLINGER, Göttinnen, Götter und Gottessymbole. GADAMER, Wahrheit und Methode. HEIDEGGER, Sein und Zeit.
7
RICOEUR, M o d e l .
8
RICOEUR, Model; HODDER, Interpretative Archaeology.
Media and the Symbolic Texture of Material
Culture
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questions arise from the paradigm of the researcher structuring his or her view or understanding of the past. Three important components of hermeneutic understanding are the hermeneutic circle, pre-understanding, and the historical nature of knowledge... - „According to the hermeneutic circle, the meaning of a part derives from its relationship to a whole, while the whole is understood from the relationship between the parts. This dialectic process occurs at many levels so that a whole at one level becomes a part at another. Thus in archaeology the whole of a site is understood in relation to its parts (the pits, ditches, houses) but the site is itself a part within a region or the whole of a settlement system. This circle of part-whole relationships is not vicious - we do not just impose a whole from our a priori assumptions. Rather, the objects of study can cause us to change our ideas about the whole or about relationship between the parts. The circle can best be described as a spiral... . - The second point is thus essential - we have to come to the data, and always do, with a set of pre-judgments. These are the means by which science progresses because they lead to enquiry and to a perspective from which to look at the evidence. It is only by asking questions that the data can correct us and lead us to discover new knowledge. Our pre-judgments typically consist of definitions of terms (e.g. type series), criteria to identify which facts are significant, goals and expected answers, tools (from trowels to mass spectrometers), methods and skills (such as floating procedures for recovery of charred seeds), and the social and political structure of the discipline, excavation team etc. - The historical nature of knowledge derives in part from the view that our pre-judgments have a lasting effect. Our starting point influences our conclusions and the future trajectory of research. But many sciences are also historical in another sense: rather than building universal laws, the primary concern is with the specific causal circumstances surrounding a particular event". 9 Hodder relies heavily on historical context and particularity because in his view it is only in such historical contexts that past behavior can be understood. The hermeneutics applied will lead the archaeologist thus to an "understanding", as opposed to the "explanation" in Processual Archaeology. 10
9
HODDER A r c h a e o l o g i c a l P r o c e s s , 3 2 - 3 3 .
10
EGGERT, Prähistorische Archäologie, 32; 37-39.
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A Philosophy of Symbolic Forms - Ernst Cassirer Such views as expressed by Postprocessual Archaeologists are, of course, not entirely new. In fact, many aspects of this discussion go back to contributions of the late 19th and the early 20th century. Especially Hodder's view that material culture is meaningfully and historically constituted finds a philosophical foundation in Ernst Cassirer's (1874-1945) Philosophy of Symbolic Forms (1953-54, first published in 1923-29). Ernst Cassirer was a pioneer in the research on symbolic forms and mythical thinking - and is today widely ignored by archaeologists. He contributed more to philosophical anthropology than any other of his contemporaries with his concept of man as the animal symbola formans. According to Cassirer no part of human culture gives a direct access to the world. Each of them is a different form of apprehension, originating in symbols, images and acts." What is considered a "thing" in human understanding can in fact only be understood in a context, as an epitome of relations of representative presentations. The very notion of human consciousness presupposes symbolic forms. There is no order or intelligibility in the world except for that created by humans. The categories of understanding, thus, need not to be deduced theoretically, but can be empirically checked and verified - an important consideration for archaeology. For Cassirer symbolic forms are not only a feature of archaic societies, methods and symbols of the (so-called) exact sciences derive no less from formal constructions than do those of mathematics. Cassirer placed his philosophy within an evolutionary framework, all endeavors and achievements of the human mind are characterized by a movement away from concrete particularity to an abstract structure. 12 Since activity and doing, and not mere contemplation, is in the center of the mental and intellectual organization of the human world, this organization is essentially constituted with objects and their symbolical meaning.13 As a neo-kantian, Cassirer understood the development of the mythic consciousness as increasingly differentiating the categories of the symbolical forms (language, myth, knowledge, science, art, religion and even technology) as an idealistic subject of the cultural process. He thus assumes a pure consciousness (reines Bewusstsein) and a unity of cultural consciousness that is a timeless essence behind the manifold symbolic expressions of the various human cultures. One does not have to subscribe to this idealistic interpretation of reality, to accept Cassirer's view of the function of symbolic transformation as a "natural" characteristic of human beings. As 11
CASSIRER, Philosophie der symbolischen Formen, vol. 1, 6. SCHILPP, Ernst Cassirer, 332. 13 CASSIRER, Philosophie der symbolischen Formen, vol. 2, 193. 12
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opposed to Cassirer's neo-kantian idealistic approach, I understand the symbolical and mythical thinking as part of cultural practice and this social practice as the subject of the cultural process. Thus, with Cassirer, it appears that material culture is indeed meaningfully and historically constituted, but, as opposed to Cassirer, it should be analyzed within a theory of practice. To discuss this aspect of material culture, I find it useful to turn now to the notion of the lifeworld (Lebenswelt). While a similar notion was first introduced by Edmund Husserl and Alfred Schütz, I will concentrate here on the lifeworld concept of Jürgen Habermas. The lifeworld in Habermas' critical theory is a symbolic structured socio-cultural world that is present in any society in any moment, although the members of the society are usually not conscious about it. The lifeworld is "to so such an extent unconsciously settled in our minds, that it is difficult just as one likes to be aware of any of its elements". 14 All human action and orientation, Habermas holds, is coordinated in the lifeworld with its three structural components: culture, society and personality.
A Theory of Practice as Critical Theory The Lifeworld of Jurgen Habermas "[Habermas uses] the term culture for the stock of knowledge from which participants in communication supply themselves with interpretations as they come to an understanding about something in the world. [He uses] the term society for the legitimate orders through which participants regulate their memberships in social groups and thereby secure solidarity. By personality [he understands] the competences that make a subject capable of speaking and acting, that put him in a position to take part in processes of reaching understanding and thereby to assert his own identity. The dimensions in which communicative action extends comprise the semantic field of symbolic contents, social space, and historical time. The interactions woven into the fabric of every communicative practice constitute the medium through which culture, society, and person get reproduced. These reproduction processes cover the symbolic structures of the lifeworld.'M5 The structural components of the lifeworld, culture, society and personality, are the resources in the communication of its participants. They are somehow the acquired "capital" of previous acts of communication. On the other hand it is exactly this process of communication that reproduces and continues culture, society and personality. In this respect communication is 14
HABERMAS, D i a l e k t i k ,
15
HABERMAS, T h e o r i e , v o l . 2 , 2 0 9 .
187.
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responsible for the symbolic reproduction of the lifeworld in general and for social integration in particular. 16 It is essential that the order and the symbols of the lifeworld are not questioned or challenged. This order represents a quasi-perfect correspondence between the objective order and the subjective principles of organization (as in ancient societies), in which the natural and social worlds seems to be self-evident. Bourdieu called it doxa as to distinguish it from orthodox and heterodox which imply the awareness and recognition of the possibility of different or antagonistic beliefs. In both the lifeworld or doxa there is no place for such alternative critique of the social and cultural order. As soon as one starts to argue for a different arrangement, the unspoken agreement of the lifeworld is cancelled. An argument about the social order expressed in the material arrangements and in the silent agreements and expectations of the lifeworld will lead to a rationalization of that lifeworld, something that is exactly the opposite of the lifeworld and that will contribute to the abandonment of at least those elements of it that are successfully questioned and rationalized. The special case of Material Culture and its maintenance is a substratum of the lifeworld, an element of one of its components, culture. The maintenance of the lifeworld includes processes of symbolic and material reproduction. This "material reproduction takes place through the medium of the purposive activity with which sociated individuals intervene in the world to realize their aims". 17 The objects of the material culture, thus, embody not only pragmatic and functional concerns, but also meanings. Material culture is of dual nature, every technological and functional object is also a sign with symbolic meaning in the lifeworld.
A Critical Theory as Theory of Practice - Habitus, Social Space and the Forms of Capital in the Work of Pierre Bourdieu Here, I would like to include the contributions of Pierre Bourdieu. Few sociologist have studied the social and cultural context of material culture in such a detail and theoretical elaboration as Bourdieu. His central notions of a theory of practice relevant in this discussion include habitus, social space and the different forms of "capital": economic, cultural and social capital. "[Bourdieu attempts] to demonstrate that there is a relationship between the position someone takes in a social context and with the life style of that 16
HABERMAS, T h e o r i e , v o l . 2 , 2 0 8 - 2 0 9 .
17
HABERMAS, T h e o r i e , v o l . 2 , 2 0 9 .
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person. But this relationship is not mechanical and not direct in the sense that someone, who knows the social position of another person automatically also knows his taste [or can exactly predict his behavior]. It is the habitus that negotiates between the position within a social space and the specific practice or preference in life style. The habitus is, thus, a certain attitude, a disposition in relation to the world that results in systematic statements of an individual. These statements, however, are the outcome of that individual's life and experiences and may be, thus, relatively independent of the social position that this individual takes up in a particular moment of statement. In other words, there are ... connections between rather separate things such as: how one speaks, dances, laughs, reads, what he reads, what he likes, who he knows and who his friends are, etc. All this is tightly knot together". 18 Structure according to Bourdieu is conceived as the structure of the consequences of human practices. The habitus produces practices which tend to reproduce the regularities immanent in the objective conditions of the production of their generating principle - as both a cognitive and a motivating structure. The social order of the things, the material culture, is maintained and reproduced through practice and habitus. The habitus in return is influenced by the material structures in which a person lives. The material world is organized according to the cognitive and motivating structure. The things that we use, with and in which we live are thus meaningfully structured. We produce and maintain them according to the meaning we give them and they in return reproduce this meaning in practical life. 19 Giddens concept of structuration of a mediation of social practice via structure and the constitution, transformation or reproduction of structure via the medium of practice is similar to Bourdieu's concept of habitus. 20 Bourdieu - and Giddens - have been criticized for not providing an adequate and detailed theory of the subject and of agency in this practice. In a response to this critique Hodder 21 points out that a number of archaeologists applying an "archaeology of practice" are turning to Heidegger's "being in the world", stressing that mind is not separate from body or nature. "They seek to undermine the notion of universal oppositions between culture/nature, mind/body, meaning/practice, structure/agent. They rather place emphasis on the local and the personal - the lived experiences of individuals inhabiting monuments and landscapes", showing that "the meanings were continually changed through time". 22 18
BOURDIEU, Satz und Gegensatz, 25. DIETLER/HERBICH, Habitus, 246-248. 20 GIDDENS, Central Problems, 69-73; Constitution, 1-40. 21 H O D D E R , Archaeological Process, 1 3 2 - 1 3 7 . 22 H O D D E R , Archaeological Process, 1 3 2 - 1 3 3 . I9
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In his book Outline of a Theory of Practice, Bourdieu 23 has illustrated his theory with essays on subjects such as the Kabyle domestic space or the rural calendar in Algeria. He demonstrates the functional and symbolical meanings of material culture in relationship to concepts of social space and time. "Social space has a tendency to take in a rather strict and distinctive distribution and order of acting persons and elements within a physical space. As a result, all distinctions in relation to the physical space have an equivalent in the reified social space (or for that matter in the appropriated physical space)". 24 The way persons move and interact within the social space depends on the mental "incorporation" of the structures of the social space and its things. As a result, the members of a particular social space will accept the social world the way it is, similar to the lifeworld concept, without questioning it, without rebelling against it or any attempt to create different possibilities within that space. There is a sense for the own social position and what is appropriate within that context. This understanding includes an unspoken acceptance for the social position one takes up, a sense for distance, for what is close and what removed, that is signalized and respected by the members of the social space. 25 In Bourdieu's view, practice regulates aspects such as ages, sexes, occupations, different time, space, the recognized appropriateness, tempo, moments, and rhythms of life. Out of which arises the sense of limit, and the sense of reality. The daily life with its seemingly most profane activities and things are thus in fact part of a comprehensive social and cultural order that is legitimized in symbolical thinking with cosmological order. Thus, there is not only a functional or technical logic in the material world, but a social and cultural logic as well that often connects even the smallest things such as dress, furniture or tools with a cosmological framework. In terms of time there is a right and wrong time to do things like daily work. And in ancient agriculture, the smallest plants are connected to gods, who gave them to humans as a present. 26 "Bourdieu also expands the notion of capital beyond its economic conception which emphasizes material exchanges, to include 'immaterial' and 'non-economic' forms of capital, specifically cultural and symbolic capital. The term cultural capital represents the collection of non-economic forces such as family background, social class, varying investments in and com-
23
BOURDIEU, O u t l i n e .
24
BOURDIEU, Physischer Raum, 26.
25
BOURDIEU, S o z i a l e r R a u m ,
26
17-18.
As for example mentioned in the 9th century AD book on the "Nabatean Agriculture", a pseudo-epigraph probably written by Ibn Wahsiya or his student Abu Talib Ibn al-Zayyat, vgl. LEHMANN, Review.
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mitments to education, different resources, etc. which influence social success. As embodied capital becomes integrated into the individual, it becomes a type of habitus. Bourdieu defines social capital as, 'the aggregate of the actual or potential resources which are linked to possession of a durable network of more or less institutionalized relationships of mutual acquaintance and recognition.' 27 An individual's social capital is determined by the size or their relationship network, the sum of its cumulated resources (both cultural and economic), and how successfully (quickly) the individual can set it in motion. According to Bourdieu, social networks must be continuously maintained and fostered over time in order for them to be called upon quickly in the future. Bourdieu also states that cultural and social capital are fundamentally rooted in economic capital but they can never be completely reduced to an economic form. Rather, social and cultural capital remain effective because they conceal their relationship to economic capital". 28
Material Culture - Meaningful Yes, but Do We Understand the Meaning? There are thus significant approaches in anthropology, sociology and philosophy that discussed material culture and social interaction. These approaches suggest that material culture is in fact meaningfully structured. It appears that there is a link between the social and cultural order and the order of the things, the realia of archaeology. The order of material culture is produced and reproduced in a feedback process that created order via the habitus, while the same order regulates and structures the habitus in return. In this understanding material culture clearly disseminates meaning, the things in their order (or disorder for that matter) are media. The question is, however, whether modern archaeologists are able to decode the meaning of the order and the habitus of personalities in past cultures. Research in social sciences indicates that in past societies reasoning and concepts of worldviews were differently structured than in the modern world. The archaeologist and the historian often encounter worldviews that are embedded in symbolical and mythological thinking that may have little in common with views that the archaeologist holds. Even an attempt to define what symbolic and mythological worldviews are will be an interpretation in terms of the modern scientific or rational worldviews of the modern world and might, thus, be flawed if it not reflected within its relative and historical position. The position of modern 27
BOURDIEU, Forms of Capital, 248
28
ELAINE HAYES,
http://www.english.upenn.edu/~jenglish/Courses/hayes-pap.html.
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scientific or rational worldviews can be characterized as a historical negation, critique and turn away from a previously dominating mythological thinking. 29 Categories of modern rationalism such as the autonomous subject, homogenous time, geometric space, pure numbers, and scientific causality are historically not invariant or universal. They are expressions of particular cultures in particular historical situations. 30 Historically, symbolical and mythological worldviews seem to have dominated the thinking in archaic societies. Generally, they seem to be older than scientific or rational worldviews. But before a discussion of the historical aspects of symbolical and mythological worldviews, the character and the origins of these forms of thinking should be outlined. According to Cassirer, the interpretation of the lifeworld through mythological thinking is characterized by forms of thinking and worldviews (Anschauungen) that apply particular concepts of time and space as well as the constitution of the ego and the material world. Following Levy-Strauss, Habermas understands the phenomenon of myths in archaic societies as fulfilling "the unifying function of world views in an exemplary way - they permeate life-practice. At the same time, within the cultural traditions accessible to us, they present the sharpest contrast to the world dominant in modern societies". 31 "Information is organized in such a way that every individual appearance in the world, in its typical aspects, resembles or contrasts with every other appearance. Through these contrasts and similarity relations the multiplicity of observations is united in a totality". 32 "What we find most astonishing is the peculiar leveling of the different domains of reality: nature and culture are projected onto the same plane. From this reciprocal assimilation of nature to culture and controversely culture to nature, there results, on the one hand, a nature that is outfitted with anthropomorphic features, drawn into the communicative network of social subjects, and in this sense humanized, and on the other hand, a culture that is to a certain extent naturalized and reified and absorbed into the objective nexus of operations of anonymous powers". 33 Thus, the mythological thinking explains the world narratively and renders it plausible. It also allows for a practice through which the world can be controlled in an imaginary way. But archaic cultures were not irrational or independent of economic limitations. Cassirer has demonstrated that cultures that applied symbolic 29
SCHMIED-KOWARZIK, Philosophische Überlegungen, 373. JAMME, Einführung, 103; HODDER, Interpretative Archaeology.
30
31 32 33
HABERMAS, T h e o r i e , vol. 1, 7 3 . HABERMAS, T h e o r i e , vol. 1, 7 6 . HABERMAS, T h e o r i e , vol. 1, 78.
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and mythological thinking used rational categories. 3 4 But they did it unconsciously and rationality never fully dominated the interpretation of the lifeworld. Mythological and symbolic thinking "made sense" and was "rational" in its own conceptual autonomy. The level of logical operations does not constitute the difference between modern western and mythological thinking. 35 On the one hand, symbolical thinking is essentially a phenomenon of earlier or archaic societies, and on the other hand, rationality is to some extent contemporary with symbolical thinking and existed along with it. There were probably always specific ways of dealing with incoherencies, contradictions and dissent with mythological interpretations of the lifeworld that dominated the worldviews of archaic societies. Deviation from mythological thinking is probably as old as mythological worldviews themselves. The question is to what extent a society or members of such a society break out of the consensus of the lifeworld and to what extent mythological views are replaced by either other symbolic views or, alternatively, by (more) rational considerations. Thus, it is possible that mythological worldviews are not simply replaced by rationality, change seems to be the result of constant negotiations with rational considerations that are inherent to societies interpreting their lifeworld in symbolic form. Forms of thinking are accompanied in antiquity by expressions of rationality that may potentially challenge the implicit consensus of a lifeworld. In a similar way, the modern world with its assumed rationality is constantly challenged by contemporary forms of symbolic thinking. With Max Weber, both Cassirer and Habermas see mythological thinking as embedded within an evolutionary development towards increasing rationality. 36 This implies a unilateral evolution leading eventually to a modern scientific-rational understanding of the world claiming a universality that is in fact doubtful. 3 7 Later Habermas 3 8 has taken a more moderate position admitting to a rationality that is dependent on context on the one hand and of transcendental universality on the other. Is there a transcultural rationality? Or is there just a scientific reification and modern technology of the western world that is unviversalized (or globalized) only to eventually destroy the many traditional cultures in the world? We have to assume that archaic cultures were profoundly different from us in their interpretation of their lifeworld and in their decoding of their
34
CASSIRER, Philosophie der symbolischen Formen, vol. 2, 19.
35
H A B E R M A S , T h e o r i e , v o l . 1, 7 4 .
36
HABERMAS, Historischer Materialismus, 172-176; Theorie, vol. 1, 76 and 209;
v g l . RÜDDENKLAU, Ü b e r l e g u n g e n , 37
JAMME, E i n f ü h r u n g ,
38
HABERMAS, E i n h e i t .
303-305.
148-149.
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symbolical forms (whether language, myth, knowledge, science, art, religion or technology). Modern archaeologists have to be aware that they probably never fully understand that symbolical meaning. They will never fully acquire or even understand the habitus of past personalities.
Processual and Postpostprocessual Approaches Having them Both at a Time? As for the postprocessual hermeneutics, it is questionable whether by hermeneutic analysis the right questions would ever come to mind or be asked. Can hermeneutic analysis ever lead by question and answer, or inductive analysis, against the archaeological record to even a preliminary knowledge of its original meaning? Such analysis leads to a perception of fact, which may consist only of a meaning that the archaeologist falsely reads into the archaeological record with his/her own bias. In archaeology there were, unfortunately, not few attempts to even fully identify with past cultures. Any attempt in such a direction would inevitable lead to a wrong understanding of the past. As an example I will only remind the reader to the Wilheminian period in early 20th century Germany with its identification of modern industrial Germany with ancient Germanic tribes and leaders such as "Hermann the Cherusker". Obviously, there were also attempts to identify with past ethnicities with the help of Palestinian archaeology. In addition, our evidence might be too limited for a hermeneutic understanding of it. Existing material remains of ancient societies may comprise a durable remnant of their activities but they do not provide a representative sample. Less durable material remains have not survived meaning that the archaeologist has to deal with a fundamental incompleteness of available data. The incomplete character of the data available to the archaeologist creates difficulty with validity even with the best of data sampling techniques and controlled excavation. Hermeneutic analysis permits elaborate interpretations without sufficiently addressing validity concerns. As a result there is not "one truth" recoverable from the archaeological record and many different "readings" arise from hermeneutical analysis. The debate on "processual" vs. "postprocessual" methods is by no means new or confined to archaeology, a similar discussion took place some 40 years ago in Germany concerning "idiographic" approaches in geography. In one aspect, this discussion was ironically different from the present discussion. In the 1960s, approaches in geography that emphasized the individual and the particular historical context came under increasing criticism by processual approaches, and not, as today in archaeology, the other way around. In the early 1970s the debate in (German) geography
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came to an end and was summarized in a way that may helpful today to find our way out of the entrenched positions in archaeology. 39 It was emphasized that every event is a singular occurrence. All apples may fall from trees, but all will do it in a particular and singular way. That singularity will not lead anyone to assume that Galilei or Newton were wrong. What we instead do is exactly what Cassirer suggested, we place our observations within a network of contexts and meanings to make sense of them. While one knows that this apple fell in a particular way, we may want to know in a different case something about falling apples, instead of that particular apple. We thus strip reality of some of its complexity and built cases. Without this procedure there would be no language. Regularities can be the case only for selected classes and types of occurrences. A "complete" explanation is as impossible as a "complete" description or a "complete" understanding. Thus, insisting on either a processual or a postprocessual approach only, is too narrow. Even Dilthey, often quoted by postprocessualists as an archwitness of the individual and particular, is misinterpreted if one assumes that his understanding of the historian is to develop a feeling for and an identification with the past. He rather insisted that in order to evaluate the manifold and profound dimensions of the individual event the historian has to analyze it within comprehensive structures and theoretical frameworks. 40 At times, postprocessualists seem to neglect that understanding and singularity are difficult to have together. On the other hand, a processual "explanation" cannot be the one and only aim of science. Especially regularities in historical sciences seem to be rather immune against testing and falsification. 41 There are apparently more descriptive and more theoretical sciences (or such tendencies in sciences) and the borders - if there are any - between both are not identical with the humanities here and the natural sciences there. Regularities in archaeology and the humanities are qualitative different than those in natural sciences. Other than natural sciences, archaeology has to deal with action, interaction, institutions, norms, motivations, intentions, opinions, values, meaning, etc. Regularities in archaeology are thus limited in space and time, and the definition of conditions that we need for scientific explanation are often rather vague. 42 Postprocessual hermeneutics do not exclude processual testing of hypotheses, as long as the objects of such a testing are within the range of regularities of natural sciences (physical, chemical, quantitative approa39 40 41 42
HARD, Geographie, RIEDEL, Einleitung, HARD, Geographie, HARD, Geographie,
106-112. 69ff. 110; HODDER, Reading the Past, 185-188. 114-115.
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ches, etc.). As soon as our data constitute a social or cultural object, there seems to be no way around hermeneutical approaches due to the lack of universal laws of human behavior. Thus, as there is a plurality of possible knowledge interests and research agendas, there is also a plurality of legitimate scientific approaches. 43
Some Examples From a formal point of view, and in a processual way, many classes of archaeological artifacts can be analyzed in a way that resembles certain structures of language. One can classify for example pottery vessels as types, claiming that a number of vessels have certain features or variables such as form, fabric or decoration in common. These similarities among ancient pottery vessels may convince the archaeologist to classify them as one type. The singularity of each vessel and the unique features of it are ignored and the comparable elements emphasized. The complexity of the archaeological record is thus significantly reduced. The archaeological evidence becomes structured and meaningful - first of all in terms of modern archaeological classification. Nothing suggests that a person in the past, when those vessels were still in use, would have classified the ceramics in the same way, applying the formalist approach of modern archaeology. As soon as we accept this classification as one way to structure the archaeological record we are beginning to operate with pottery types. These types are comparable to words of a language. They are the vocabulary of ceramics that the archaeologist compiles. And as words in languages, types of artifacts are embedded in a wider context. They appear together in assemblages that resemble the syntax of a language. The syntax in turn is part of grammatical structures and rules. So are the assemblages of archaeological artifacts that appear in cultural contexts. These contexts can be isolated, described and interpreted. In other words they can be read in some way. The use of pottery is regulated by a particular cultural habitus. So far the analogy between material culture and language seem to work, but there are apparently limits to it. Pottery is not an instrument of communication. While it is embedded in the context of a cultural habitus that includes symbolic meaning, the meaning that is attached to pottery is less direct and more ambiguous than a text. No one can transmit a message through pottery in the same way language or written texts can do. Material culture, it seems, is part of a symbolic texture, but is not readable like texts and is also no substitute for texts.
43
HABERMAS, Erkenntnis, 222.
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Archaeology demonstrates that material culture does disseminate symbolic and social meaning and can be used to interpret the social and symbolic dimensions of the past. To do this, we obviously have to analyze the artifacts as much as possible in their original context in order to understand their meaning in practical action and as instruments of the habitus that regulated them. Ironically, a good example for this approach is the work of a sociologist, who was not an archaeologist. Norbert Elias' work is a remarkable contribution to a theory of practice in the context of historical change with significant potential for archaeology. Elias, however, a German Jewish scholar forced into exile during the 1930s, writing in German in an Anglo-Saxon world, is utterly neglected in the archaeological debate. In his studies he emphasized the significance of codification of "good" and "bad" manners in the Medieval and Early Modern period. His focus is on the socio-cultural and political changes in the aristocratic societies with their courts and, for example, their table manners. In his studies, material culture appears inter alia as instruments of social differentiation. Elias exemplifies the social change in the aristocratic world with aspects such as the changing meaning and use of things like knife and fork at the table. He also shows that during the 19th century lower classes adapted such objects and the codification of their use in their aspirations to improve their social status. 44 The socio-cultural order of material culture structuring the social space and regulating behavior is also apparent in cross-cultural comparison. Highly ritualized and usually unconsciously symbolic forms of communication are for example the acts of coffee consumption of a group of participants of a lifeworld. Lets compare a coffee table in Germany, with coffee consumption in a Bedouin tent in the Syrian desert. In Germany, the practice will ensure that only the appropriate cups, spoons or forks will be used on this table, as it will imply a certain "correct" behavior in this situation (as for example - in a different context - the Japanese tea ceremony). In Germany, the uniform arrangement of the plates, cups and cutlery on the table suggests a certain equality of the expected guests. As those, who are familiar with the German lifeworld of the 21 st century know, the guests may be women and men, sitting next to each other at the table. Flowers may be a signal that a peaceful and harmonic atmosphere is expected. In the Bedouin tent the material culture and its arrangement is also highly significant and not random. Instead of flowers we may see a gun brought in by some of the coffee drinkers that may be a sign of the honor and the independence of its owner. It is laid down and no one holds a weapon in his hands. Men and women sit in a distance from each other and only the men are drinking coffee. The habitus may require a certain dress. 44
ELIAS, Prozess der Zivilisation; Höfische Gesellschaft.
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Without going too much into details, I hope that such scenarios give an idea of the complex social order of things that reflects the practice of particular life wo rids.
Context is important in any interpretation. But what if there is no context? No excavation records, no provenance for the finds, no indication of the date of the artifacts or the assemblage in which it was embedded? This is was the situation of Johann Joachim Winckelmann (1717-1768), one of the founders of modern archaeology. Winckelmann was born into a poor family. He was interested in the Greek and Roman past and went to Rome, where he worked as a librarian and curator for the collection of antiquities of cardinal Albani. Here he found a collection of objects that had no scientific order in a modern sense. It was in fact a cabinet of curiosities. The objects were included for aesthetic reasons. They were supposed to underline the prestige of their collector, presenting him as man of taste and wealth. No one knew the date of the sculptures, reliefs or seals and often their provenance was unknown. And no one was really interested in these details - until Winckelmann came. Winckelmann created order in this collection. He sorted the isolated objects according to styles and artistic features. He created a typology for the objects and founded in fact modern art history along with archaeology. Suddenly there was an order established exclusively on the basis of the object itself, not on any context. Winckelmann did not own any of these objects that were considered expensive pieces for exquisite collections. He could not buy them, but he could appropriate them as knowledge. Winckelmann converted an expensive object into knowledge that could be appropriate even by a poor man like him. Such knowledge proved to be a powerful tool in the emancipation of the bourgeoisie at the end of the 18th century. In this case, Winckelmann provided knowledge on the past. Eventually, his work found its way into national museums like the Louvre or the British Museum and was significant in the self-identification of the bourgeoisie and the European nations. Thus, Winckelmann extended the public sphere onto objects that were previously controlled only by a small elite. While archaeologists today do not agree any more with Winckelmann's interpretations of ancient art (for example with his "noble simplicity and calm greatness of Greek statues"), his views are important in this discussion for two reasons. First, Winckelmann and his archaeology created meaning that was in fact essentially not the original meaning of those objects in the past. His work tells us more about the 18th century and its habitus than about that of the Greek and Roman world. Secondly, it is a good example for the changing meaning of objects of the material culture in a particular culture - that of the 18th century. Winckelmann - unconsciously - challenged the practice of his historical lifeworld. He placed the objects virtually in a new context. What was
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an expensive object of prestige, became an archaeological artifact, a fact and, thus, knowledge that could be appropriated by the public. The implicit values of humanism in Winckelmann's views and the association of Classical style with democratic traditions in antiquity by revolutionary circles during the 19th century would eventually give such objects an even subversive meaning. The innocent prestige objects of cardinal Albani turned into powerful symbols during the French Revolution as for example in the paintings of Jacques Louis David.
Conclusions - Media or Not? I have tried to demonstrate here, that human societies produce meaningful material cultures and that human consciousness operates in symbolic forms. But can material culture be conceptualized in its totality as a medium and/or its various and manifold elements as media? In his history of media, Werner Faulstich 45 interpreted the function of media as means to negotiate between cognitive and social systems within a given culture. While this seems to be acceptable in our context, a problem arises with his concept of the historical development of media. Faulstich 46 reconstructed this history as an increasing rationalization, as a disenchantment of mythological interpretations of the lifeworld that are more and more replaced with profaneinstrumental values stressing egocentric interests. In particular, Faulstich emphasized the improving technological aspects of secondary media, i.e. those media that require technical hardware. Faulstich follows to some extend Niklas Luhmann, who thought that historical eras are best distinguished according to their communication techniques. Contra Luhmann, Habermas has repeatedly stressed the inner social and cultural dynamics of society against an overestimation of technical processes. Habermas' concept of the lifeworld and Bourdieu's doxa are both built on unspoken agreements and silent expectations. The development of dissent with aspects of the lifeworld will necessarily change it. Often these social and cultural changes within the lifeworld will be acts of emancipation: - Authoritative cultural knowledge will take the form of hypotheses and theories that are now open to critique. - In the society forms of public decision-making will be institutionalized, these institutions will be now a focus for the reproduction of the social order.
45 46
FAULSTICH, M e d i u m , 16. FAULSTICH, M e d i u m , 2 9 4 .
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-
The individual personalities will develop an increasing autonomy against cultural traditions and social norms that previously did not leave much room for such a development. Individuals will be increasingly able to distance themselves from authoritative traditions and norms. They will learn to criticize them and to act increasingly autonomous. 47 These are in my view the central criteria of change that have to be discussed in the context of changing media technology. The framework of this discussion is provided by a theory of practice as outlined here. Thus, focusing on the technological development misses essential aspects of social and cultural change. Both, Faulstich and Habermas, seem to agree on one point, an increasing rationalization that has universal character, appearing at some stage of development in all human cultures. That universality of social evolution I find difficult to accept. It seems to be too centered on the particular developments in Europe and North America. Diverging and deviating processes seem possible. Another problem with the notion of medium is a lacking consensus of the character of media. The distinction of primary, secondary or even tertiary media that are developed in connection with the modus of transmission hardly work in the case of the present discussion of material culture. Here every transmission is clearly dependent on the objects of material culture involved - thus, they are all secondary media. The objects involved have a material, a symbolical and a functional aspect. They have a meaning, but they are only in a limited way messages. "One of the fundamental distinguishing features of symbols is precisely that they are not like language and are not subject to analysis by semiological methods: they don't 'mean' but rather 'evoke', and they are not articulated like language. 48 Furthermore, material culture is not a text; it is not a coherent sequential string of connected signs with 'referential meaning' 49 created expressly and exclusively as an instrument of communication. Material culture is embedded in systems of symbolic expression but also in systems of practical action on matter. Hence, although material culture participates in processes of signification (objects may provoke emotional and intellectual responses and be invested with significance of various kinds by users and makers), it is not primarily a system of communication like language. The relationship between the intentions of the maker of an object and the significance attached to that object in the context of con-
47
HABERMAS, Theorie, vol. 2, 219ff.
48
SPERBER, R e t h i n k i n g .
49
FINEGAN/BESNIER, Language, 173-174.
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sumption is far less direct and far more complex and ambiguous than the reading of a text by a writer". 50 The statement that material culture is meaningful constructed is as right as it is difficult to operate with it. The complexity and ambiguity of that meaning renders the material culture a symbolical texture at best, but not a text. The things or realia that constitute material culture are probably media, but the totality of this claim - that everything is a medium - undermines its usefulness. Contextual Archaeology has opened some sort of a box of Pandora. The archaeology of Palestine that was too long under the tutelage of a Biblical textual agenda had just developed an own agenda as processual archaeology, when Postprocessual Archaeology drew it back into a conjugal union with the Bible. Postprocessual Archaeology declared as out the emphasis on science and the objective, on measurements and quantification. The interpretive, the individual, the unique historical context and theology are back in. Neo-conservatism in Palestinian archaeology rises its head again and Biblical Archaeology is on its way back. It is against this trend that I emphasize an archaeology operating with a critical theory of practice investigating socio-cultural meanings, without canceling scientific explanations of processual aspects of research. Even though the values of modernity in western societies cannot claim universality, enlightenment is not just obsolete. Archaeology can contribute to an understanding of processes of emancipation in the past and advance emancipation in the present. It can demonstrate that there were conflicting interests, incoherencies and contradictions within interpretations of the lifeworld in past societies. And it can point out that the past was different from our lifeworld. Things have not been always the same, there was and is change and the present conditions of modern societies are not unchangeable. We can be active and critical agents of that change, as humans in the past were agents of their destination. To conduct such a critique, archaeology cannot be satisfied with an imprecise and too global notion of the role of material culture in communication and interaction.
Literaturverzeichni s BOURDIEU, P. Outline of a Theory of Practice. Cambridge: Cambridge University Press 1977
-
Sozialer Raum und "Klassen": Leçon sur la leçon: Zwei Vorlesungen. Frankfurt 1985
50
DIETLER/HERBICH, H a b i t u s , 2 4 4 .
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Medien und Ethnizität Das Beispiel einer tanitischen Stempelsiegel-Gruppe der frühen Eisenzeit* von STEFAN MÜNGER
1. Problemstellung In der Vergangenheit wurde in der Palästina-Archäologie immer wieder nach potentiellen Indikatoren gesucht, die es ermöglichen sollten, im Gebiet der südlichen Levante ethnische 1 Demarkationslinien zu ziehen. 2 Berühmteste Beispiele sind der sog. Collared-rim Jar3 (Vorratskrug mit Hals* Ich d a n k e Julia M ü l l e r - C l e m m und M a n u e l Dubach (Bern) f ü r die kritische Durchsicht des M a n u s k r i p t s und Christian Frevel f ü r die h e r a u s g e b e r i s c h e Geduld. 1 Ich halte mich hier an die Definitionen von S. JONES, die sie in ihrer g r u n d l e g e n den M o n o g r a p h i e „The A r c h a e o l o g y of E t h n i c i t y " voraussetzt. Dies sind: „ E t h n i c identity. that aspect of a p e r s o n ' s self-conceptualization which results f r o m identification with a broader group in opposition to others on the basis of perceived cultural differentiation and/or c o m m o n decent - Ethnic group: any group of people w h o set themselves apart and/or are set apart by others with whom they interact or co-exist on the basis of their perceptions of cultural differentiation and/or c o m m o n decent - Ethnicity, all those social and psychological p h e n o m e n a associated with a culturally constructed group identity as defined above. T h e concept of ethnicity focuses on the ways in which social and cultural processes intersect with one another in the identification of, and interaction of, and interaction between, e t h n i c groups." (JONES, Archaeology, xiii). 2 Z u m Stand der F o r s c h u n g in der P a l ä s t i n a - A r c h ä o l o g i e u n d der derzeit gängigen Theorien vgl. etwa die neueren Übersichten bei FINKELSTEIN, Pots, 2 1 6 - 2 2 3 ; KLETTER, Pots, 1 9 - 2 4 ; MILLER II, Israel, 5 5 - 5 7 ; g r u n d l e g e n d für die L e v a n t e ist a u ß e r d e m KAMP/YOFFE, Ethnicity. Die textorientierte M o n o g r a p h i e von SPARKS (Ethnicity, 4f A n m . 1 l f ) spricht der A r c h ä o l o g i e jeglichen erfolgreichen Beitrag zur Diskussion ab. 3 Vgl. etwa ALBRIGHT, Light, 25; idem, Archäologie, 116f, AHARONI, Aspects, 2 6 3 265; BIRAN, C o l l a r e d - r i m Jars, 83, sowie vorsichtig ESSE, Collared Pithos, und DEVER, C e r a m i c s , 204.
86
Stefan
Miinger
wulst) und das sog. (Drei- bzw.) Vierraumhaus4, anhand derer die Zeitstellung und die territoriale Ausdehnung der israelitischen Landnahme archäologisch nachgewiesen werden sollte. a) Artefakte als ethnische
Marker
Obwohl nicht bestritten werden kann, dass der Collared-rim Jar als Leitform in früheisenzeitlichen Kontexten im zentralpalästinischen Bergland besonders häufig vorkommt, 5 verbieten seine geographische Fundverteilung, die chronologische Distribution bzw. anhand von Provenienzstudien nachgewiesene Produktionsstätten solcher Pithoi eine ethnische Engführung dieser Gefäße. 6 Gewiss, es gibt viele gute Gründe, einzelne Artefaktgruppen einem bestimmten Kulturraum zuzuordnen und sie mit einem entsprechenden ,Label' zu versehen um damit anzuzeigen, welchem geographischen Raum sie letztendlich zuzuordnen sind. Zu denken ist etwa an die frühe philistäische Keramik, deren mykenische Wurzeln nicht von der Hand zu weisen sind, 7 an die früheisenzeitliche phönizische Ware mit ihren zyprischen Einflüssen 8 oder (süd-)aramäische Krugtypen, wie sie in der Region um den See Gennesaret und im Hülebecken vorkommen und die im übrigen Keramikcorpus Palästinas weitgehend fehlen. 9
4 So bes. SHILOH, Four-Room House (1970 und 1973); zur Herkunft und Verbreitung vgl. die Übersicht bei HÜBNER, Herkunft. Abgelehnt wurde eine ethnische Identifikation etwa von IBRAHIM, Season; AHLSTRÖM, History, 339f; FINKELSTEIN, Ethnicity, 204f; BLOCH-SMITH, Ethnicity, 407f. 5 Eine aktuelle Verteilungskarte findet sich bei RABAN, Fig. 25.3; eine Übersichtskarte, die die Fundplätze von Collared-rim Jars und Vierraumhäusern kombiniert bie-
tet H . WEIPPERT, P a l ä s t i n a , A b b . 4 . 1 4 . 6 So bereits ENGBERG, Analysis, 4 - 6 , dann aber u.a. auch M. WEIPPERT, Landnahme, 130; IBRAHIM, Collared-rim Jar, 123f; LONDON, Lifestyles, 46f; MAZAR, Giloh, 29; FINKELSTEIN, Settlement, 284f; H. WEIPPERT, Palästina, 397; RABAN, Pithoi, 507, COHEN-WEINBERGER/WOLFF, Production Centers, 654. 7 MACALISTER, Philistines; DOTHAN, Philistines; die jüngste Studie von DOTHAN und ZUKERMAN (Mycenaean IIIC; 1 ) zeigt die Verwandtschaft der philistäischen Keramik mit der ägäischen Ware bzw. der W a r e des östlichen Mittelmeerraumes besonders deutlich auf; vgl. ebenfalls DOTHAN, Aegean. 8 Besonders zu erwähnen sind in diesem Z u s a m m e n h a n g die Arbeiten von GLLBOA, Evolution, ead., Dynamics und ead., View. 9 KOCHAVI et al., Land of Geshur, 84 Anm. 11; FRITZ/MÜNGER, Vorbericht, 17f mit Anm. 37 und Abb. 8,2 (mit weiteren Belegen); DIETRICH/MÜNGER, Zentrum, 43 mit Abb. 72; diese Vorratskrugform kommt ebenfalls in früheisenzeitlichen Schichten von Teil el-QädllTel Dan vor (pers. comm. D. ILAN); sehr ähnliche Krugtypen lassen sich ebenfalls in früheisenzeitlichen Kontexten in Hamä (Rus, cimetières, 56 fig. 48) oder in Teil Afis (MAZZONI, Teil Afis, 179 fig. 10.9; VENTURI, in: CECCHINI/MAZZONI, Teil Afis, 141 fig. 4 , 4 - 5 , 147 fig. 7,4.6; bemalt) und dann auch in der Tlmag-Ebene (SWIFT, Pottery, 67 fig. 39, bemalt und mit Ringbasis) nachweisen.
Medien
und
Ethnizität
87
Die von 1994-2001 von VOLKMAR FRITZ geleiteten und ab 2002 im Rahmen des , Kinn e r e t R e g i o n a l P r o j e c t ' u n t e r d e r L e i t u n g v o n JUHA PAKKALA, JÜRGEN ZANGENBERG u n d
dem Vf. fortgeführten Grabungen auf dem Teil el-'Oreme/Tel Kinrot erbrachten mittlerweile an die zwanzig gut erhaltene Exemplare dieses syrischen Typs mit einem von der Gefäßlippe abgehenden und bis zum Halsansatz reichenden Henkel (Abb. 1:1-3). Dieser Typ erscheint in Kinneret v.a. in den Straten VI und V (Eisenzeit IB) und läuft in Stratum IV (Eisenzeit I|II) aus. Er ist ebenfalls in der zeitgleichen Satellitensiedlung von Seh Hidr/Tel Hadar, Stratum IV, mit mindestens einem halben Dutzend vollständig erhaltenen Stücken unter den Vorratsgefäßen p r o m i n e n t . 1 0 Im Jahr 2003 wurde in Areal U in einem früheisenzeitlichen Kontext ein großes Fragment eines Collared-rim Jar gefunden, das sowohl an der Gefäßlippe und auf der Höhe des Halswulstes abgebrochene Henkelansätze aufweist, so dass eine zu den o.g. kleineren Krügen äußerst ähnliche Syntax rekonstruiert werden kann {Abb. 1:4). Bei diesem Beispiel wird eine Verschmelzung einer zentralpalästinischen Gefäßform - deren Henkel prinzipiell am Gefäßkörper angebracht sind - mit einem (süd-)syrischen Krugtyp besonders deutlich, die für Grenzgebiete charakteristisch sein dürfte.
Freilich lässt sich nicht nur Gebrauchskeramik besonderen kulturgeographischen Räumen zuordnen. Dieses durchaus nicht überraschende Phänomen ist ohne weiters auf eine Vielzahl weiterer Fundgruppen und Befundkonstellationen übertragbar - zu denken ist etwa an regionalspezifische Kleinfunde 11 , Architekurelemente 12 , Siedlungstypen 13 bzw. -Cluster14 oder Be-
10
11
M . K O C H A V I u n d E . Y A D I N , pers.
comm.
Für die Frühe Eisenzeit wären als Beispiele etwa zu nennen sog. Ankersiegel (KEEL, , A n c h o r ' Seals; der Bestand ist um einen Abdruck aus Beth Schean zu ergänzen, vgl. MAZAR, Beth Shean, Fig. 17; zu weiteren lokalen Siegelproduktionsstätten der Eisenzeit in Palästina vgl. zusammenfassend KEEL, Werkstätten, 2 3 0 - 2 3 4 ) oder sog. Aschdoda- und andere Figurinen (SCHMITT, Terrakottafigurinen) bzw. unperforierte und ungebrannte Tonwebgewichte (STAGER, Impact, 346 mit pl. 6 [Lit.]), die besonders in der südlichen Küstenebene auftreten. Die früher ebenfalls den Philistern zugewiesenen anthropoiden Sarkophage sind ägyptisch (vgl. etwa WEIPPERT, Palästina, 3 6 3 - 3 7 3 [Lit.], vgl. ebenfalls MAEIR, Philistines). 12 Ein prominentes Beispiel ist die früheisenzeitliche Siedlung von el-Ahwat, dessen eigentümliche Rundbauten vom Ausgräber A. ZERTAL als tumuli interpretiert werden (vgl. etwa ZERTAL, el-Ahwat; idem, ,Corridor-builders'; idem, Philistine Kin; ZERTAL/ROMANO, el-Ahwat). Diese besonders in Sardinien zu findende Bauform ließ ZERTAL darauf schließen, der Ort sei zu Beginn der Frühen Eisenzeit von den von dem aus ägyptischen Quellen bekannten Seevolk der Sirdana gegründet und für kurze Zeit besiedelt gewesen. Diese These wurde von FINKELSTEIN (el-Ahwat) scharf kritisiert (zu einer Replik ZERTALS, vgl. idem, Debate). - Zum Drei- bzw. V i e r r a u m h a u s vgl. weiter unten. 13 Vgl. etwa die kreisförmig angelegten Kleinsiedlungen mit einer zentralen offenen Fläche der frühen Eisenzeit (sog. ,enclosed-settlements' bzw. ,haserim'), die von I. FINKELSTEIN als möglicher Indikator israelitischer Siedlungstätigkeit angesehen wurden (idem, Settlement, 2 3 7 - 2 5 9 ) . FINKELSTEIN selbst lehnt aber eine direkte ethnische Zuordnung ab (idem, Pots, 226). 14 Vgl. etwa FRITZ, Israelites, und nun etwa die Studie von Miller II, Identifying.
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Münger
stattungsformen. 15 Verteilungsmuster mobiler Artefakte bzw. stationärer Einrichtungen unmittelbar als Ausdruck eines ethnischen Selbstverständnisses zu sehen, ist jedoch grundsätzlich problematisch, 16 können diese doch oft ebenso gut durch (sozio-)ökonomische bzw. (verkehrs-)geographische Grundvoraussetzungen erklärt werden, 17 ja sie können gleichfalls durch leichte chronologische Kadenzen bedingt sein, die den in chronologischer Hinsicht zwangsläufig grobmaschigen archäologischen Befund trüben.18 Besonders die fehlende Möglichkeit, ethnische Begründungen von Distributionsmustern anhand zeitgenössischer Texte 19 zu überprüfen, 20 lässt es aus methodischen Gründen ratsam erscheinen, diese als regionale Phänomene zu verstehen und deshalb geographische Designationen zu verwenden. 21 15
So weist z.B. KLETTER (People) auf das fast vollständige F e h l e n f r ü h e i s e n z e i t l i cher G r ä b e r im z e n t r a l e n B e r g l a n d hin und erklärt dieses sehr vorsichtig als e t h n i s c h e s P h ä n o m e n . D i e s e T h e s e w u r d e j ü n g s t von BLOCH-SMITH ( R e s u r r e c t i n g ) z u r ü c k g e w i e sen. 16 D e n p a l ä s t i n i s c h e n B e f u n d für die F r ü h e E i s e n z e i t z u s a m m e n f a s s e n d vgl. etwa EDELMAN, E t h n i c i t y , b e s . 3 9 - 5 4 ; FINKELSTEIN, P o t s , b e s . 2 2 3 - 2 2 6 ;
1 5 9 - 1 6 4 ; BLOCH-
SMITH, E t h n i c i t y , 4 0 6 - 4 1 1 . 17
Vgl. g r u n d s ä t z l i c h BUNIMOVITZ, P r o b l e m s u n d BUNIMOVITZ/YASUR-LANDAU, Pot-
tery. 18
H i n g e w i e s e n sei h i e r j e d o c h auf einen e x z e p t i o n e l l e n B e f u n d in d e m die f r ü h e i senzeitliche S e q u e n z a b s c h l i e ß e n d e n S t r a t u m X in Teil QasTle. Hier w u r d e in d e m in den späten 50er J a h r e n e r g r a b e n e n Areal A - e i n e m W o h n g e b i e t mit V i e r r a u m h ä u s e r n - k e i n e b e m a l t e p h i l i s t ä i s c h e K e r a m i k g e f u n d e n . G a n z a n d e r s j e d o c h der B e f u n d im nur w e n i g e M e t e r e n t f e r n t e n Gebiet des T e m p e l s in d e m 1 9 7 1 - 1 9 7 4 u n d 1 9 8 2 - 1 9 8 9 erf o r s c h t e n Areal C, wo diese W a r e d u r c h a u s in G e b r a u c h war u n d w o sie das e b e n f a l l s in Areal A v o r k o m m e n d e K e r a m i k - R e p e r t o i r e e r g ä n z t e . D a in beiden A r e a l e n W o h n einheiten f r e i g e l e g t worden sind, k a n n die P r ä s e n z p h i l i s t ä i s c h e r K e r a m i k in Areal C nicht allein mit der dortigen kultischen Aktivität e r k l ä r t w e r d e n . Der vom A u s g r ä b e r A. MAZAR vorsichtig g e m a c h t e V o r s c h l a g , die A b s e n z b e m a l t e r K e r a m i k in Areal A sei m ö g l i c h e r w e i s e mit v e r s c h i e d e n e n B e v ö l k e r u n g s e l e m e n t e n zu e r k l ä r e n , ist d e s h a l b n a c h v o l l z i e h b a r (MAZAR, Q a s i l e I, 10 und Q a s i l e II, 122f; zur Korrelation der Stratig r a p h i e der beiden A r e a l e vgl. a u s s e r d e m MAZAR, E x c a v a t i o n s , l l f ) ; zu e t h n o a r c h ä o l o g i s c h e n bzw. e t h n o g r a p h i s c h e n E r k l ä r u n g s m o d e l l e n vgl. BUNIMOVITZ/FAUST, Separation, 3 - 7 . 19
V g l . e t w a YOFFEE/KAMP, 8 9 - 9 4 ; EDELMAN, E t h n i c i t y , 5 4 ; HERZOG/OFER, V i e w s ,
169. 20
Dies ist f r ü h e s t e n s ab der Mittleren Eisenzeit m ö g l i c h ; vgl. etwa KLETTER (Pots) mit seiner Studie zu e i n z e l n e n A r t e f a k t t y p e n aus d e m j u d ä i s c h e n Gebiet. KLETTER dist a n z i e r t sich j e d o c h a u s d r ü c k l i c h von einer e t h n i s c h e n V e r e i n n a h m u n g {ibid. 24). 21 Vgl. etwa auch BUNIMOVITZ, 212f; vgl. a u ß e r d e m g r u n d s ä t z l i c h KAMP/YOFFEE, Ethnicity, 96f und JONES, A r c h a e o l o g y , 1 0 6 - 1 2 7 . Als Beispiel f ü r einen r e g i o n a l e n A r t e f a k t t y p k ö n n e n z.B. von Y. Y a d i n f ä l s c h l i c h e r w e i s e als , S c h l a n g e n h ä u s e r ' b e z e i c h nete, k u l t i s c h e B e h ä l t n i s s e a n g e f ü h r t w e r d e n , die bisher a u s s c h l i e ß l i c h an S i e d l u n g s p l ä t z e n im J o r d a n g r a b e n b r u c h g e f u n d e n worden sind (FASSBECK/MÜNGER/RÖHL, Gotteshaus, 49f mit Abb. 8 2 a - b ; die dort a n g e g e b e n e n B e l e g e sind j e t z t um ein noch u n -
Medien und
b) Weitere Ansätze zur ethnischen
89
Ethnizität
Differenzierung
Einen besonderen Hinweis verdient die in jüngerer Zeit aufgekommene Tendenz, nach in der kulturellen bzw. religiösen Identität Altisraels verankerten Indikatoren zu suchen, die sich in der materiellen Hinterlassenschaft nachweisen lassen. So hat sich beispielsweise I. FINKELSTEIN dafür stark gemacht, die Absenz von Schweineknochen in der früheisenzeitlichen materiellen Kultur des Berglandes als ethnischen Indikator zu werten. 22 Auf weit unsichereres Terrain begeben sich aber J. PETERS, N. PÖLLATH und A. VON DEN DRIESCH, wenn sie das überraschende Vorkommen von Nilbarsch - einer recht grossen, in Palästina nicht indigenen Species - in Teil el'Umeri zu erklären versuchen: "What is puzzling, however, are the following issues: (1) Why was this particular species traded, if we know that closely related, tasty species occur in the Mediterranean and in the Red Sea, facilitating trade because of shorter distance and reduced transportation costs; (2) Why in LB/Iron I contexts do we find cranial bones or elements of the pectoral girdle, i.e. elements which do not yield much meat but add considerably to the size and weight of the animal? Apparently the inhabitants preferred this species to be delivered in toto, which in turn implies that they were willing to pay the price for it. Should we then still think of the Nile perch [...] as a simple food item, or could it be that this "Egyptian" species had some kind of symbolic value to the 'Umayri site inhabitants, perhaps connected with their past? [letzte Hervorhebung S.M.]" 2 3
In den letzten Jahren erhielt die Idee, im (Drei- bzw.) Vierraumhaus eine genuin israelitische Innovation zu sehen, durch eine Serie von Artikeln von SH. BUNIMOVITZ u n d A. FAUST e r n e u t e n A u f t r i e b . 2 4 BUNIMOVITZ u n d
FAUST sehen im Konzept des Vierraumhauses zentrale Charakteristika und Werte Altisraels 25 widergespiegelt und kommen zu dem folgenden Schluss: veröffentlichtes mitteleisenzeitliches Exemplar aus Tel comm.
Rehov
zu ergänzen;
pers.
A . MAZAR).
22 FINKELSTEIN, Ethnicity, bes. 206; idem, Pots, bes. 227-230, vgl. bereits STAGER, Ashkelon, 9, 19; vgl. jedoch die ausführliche Studie von HESSE/WAPNISH (Pig Remains, bes. 263f), die davor warnen, aufgrund der Präsenz bzw. Absenz von Schweineknochen in der materiellen Kultur, direkt auf die ethnische Identität der alten Bewohner einer Ortslage schließen zu wollen; jüngst hat LEV-TOV (Pigs, 104-161.220-223) nachgewiesen, dass hohe der Anteil in der Knochen-Assemblage von Ekron nicht ethnische sondern ökonomische Gründe hat. 23
P E T E R S / P Ö L L A T H / V O N DEN D R I E S C H , S u b s i s t e n c e , 3 2 9 .
24
B U N I M O V I T Z / F A U S T , I d e o l o g y ; IDEM, I d e n t i t y ; IDEM,
House.
25
So verweise etwa die gute Zugänglichkeit bzw. Aufteilung der Räume auf das genuine Ethos der egalitären israelitischen Gesellschaft. Ferner ermögliche die Raumanordnung in idealer Weise die Befolgung der biblischen Reinheitsgebote und stehe zudem mit den inhärenten Ordnungsprinzipien der israelitischen Religion in Einklang ( B U N I M O V I T Z / F A U S T , I d e o l o g y , 3 7 - 4 1 ; IDEM, I d e n t i t y , 4 1 5 - 4 1 9 , IDEM, F o u r - R o o m
se, 28f).
Hou-
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„Internally, the house successfully negotiated Israelite values and way of life. In consequence, and because of the Israelite ordered world view, the four-room house (and its subtypes) came to be the most popular dwelling in the Iron Age II... While the house was structured according to the Israelite mind, its mature form structured, in a dialectical process, Israelite codes of behaviors. Ultimately, it became a mental template that also influenced the plan of public buildings and even of Judahite tombs." 2 6
Bezüglich der geographischen Verteilung der Vierraumhäuser notieren die beiden Autoren: „True four-room houses found outside Israelite territory mainly date to the early Iron Age, prior to the final consolidation of ethnic groups in the region. And some of these houses may actually have been located within a temporarily expanded Israelite territory. The remaining examples outside ancient Israel are very few indeed, and may be explained as representing ephemeral use by non-Israelites or by Israelites living in nonIsraelite regions. Both temporally and geographically, the four room-house may safely be called the Israelite house." 2 7
Es ist hier nicht der Ort, die Theorien von BUNIMOVITZ und F A U S T einer detaillierten Kritik zu unterziehen. Das muss einer eigenen Untersuchung vorbehalten bleiben. Grundsätzlich ist jedoch wie bei anderen Ansätzen, die von einzelnen oder mehreren in den biblischen Texten (etwa Lev 11,7f oder Dtn 14,8) reflektierten kulturellen bzw. religiösen Attributen Altisraels ausgehen, die Frage zu stellen, ob sich in der Regel wesentlich später formulierte - bezüglich der ethnischen Identität dann aber durchaus relevante - Selbstprädikationen auf frühere Stadien in der Geschichte des Volkes Israel übertragen lassen. Die Gefahr eines Zirkelschlusses scheint einer solchen Vorgehensweise inhärent zu sein. c) Medien
ethischer
Identität?
Während BUNIMOVITZ und F A U S T ethnisch bedingte Ideologieunterschiede gegenüber der nichtisraelitischen Umwelt in Plan und Anlage des Vierraumhauses aufzuzeigen suchen, soll hier ein alternativer Zugang vorgeschlagen werden um zu zeigen, dass sich Unterschiede und Präferenzen in einem gegebenen Fundset feststellen lassen, auch wenn eine Artefaktgruppe beiderseits einer ethnischen Demarkationslinie anzutreffen ist. Denn das binäre Verfahren wie es in der Pots-and-People-Diskussion nach dem Prinzip von „Präsenz/Absenz" zur Anwendung kommt, dürfte der nuancierten Wahrnehmung der historischen Wirklichkeit im Wege stehen und dem Thema der - einer grossen Dynamik unterworfenen 28 - Ethnizität im Ver-
26 27 28
BUNIMOVITZ/FAUST, Four-Room House, 30. BUNIMOVITZ/FAUST, Ideology, 37. Vgl. dazu bes. HERZOG/BAR-OFER, Views, 1 6 8 - 1 7 0 . 1 7 4 .
Medien
und
Ethnizität
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gleich zu (sozio-)ökonomischen oder ökologischen Faktoren einen zu breiten Raum geben. Die Anforderungen an ein solche Artefaktgruppe können etwa wie folgt umschrieben werden: Sie muss in der materiellen Kultur leicht erkenn- und damit eindeutig isolierbar sein; sie sollte über einen eindeutigen Produktionsort verfügen, da mehrere Produktionsstätten zwangsläufig ein verfälschendes „Hintergrundgeräusch" erzeugen würden. Weiterhin sollte sie in den zu vergleichenden Regionen in angemessener Zahl vertreten und regelmässig verteilt sein, damit von einer ausgewogenen Zugänglichkeit in der Antike ausgegangen werden kann. Zudem sollte eine solche Gruppe über mehr als ein binäres Informationsset verfügen, welches nicht nur die Präsenz bzw. Absenz eines Artefakts anzeigt, sondern zusätzliche, zeitnahe Informationen zur kulturellen Affinität liefert, um aufzeigen, wie zwei (ethnische) Gruppen, die an einem gemeinsamen Symbolsystem teilnehmen, diese Partizipation unterschiedlich ausdrücken können. Werden diese Anforderungen erfüllt, könnte von einem Medium 29 gesprochen werden, das die Möglichkeit in sich birgt, ethnische Identität zu transportieren.
2. Die Tanitische Massenware Eine Objektgruppe, die den oben angegebenen Vorgaben entspricht, ist die sog. „post-ramessidische" bzw. „tanitische" Massenware - die grössten Stempelsiegel-Amulett-Gruppe der Frühen Eisenzeit. 30 Sie wurde erstmals im späten 19. Jahrhundert von W.F.M. P E T R I E beschrieben: "The Tanis scarabs, on the other hand, are nearly always of schist[ 3 1 ], and are often still smaller... The lower Delta scarabs are much on the same level as the later ones [d.h. die Massenware, sm], about the XXIInd dynasty; there is a coarse deep-cut work of that time which seems to belong to the whole Delta, but which is absent from Memphis and the south". 32
Rund ein halbes Jahrhundert später beschrieb P . M O N T E T - auch er ein Ausgräber von Tanis - die Siegel-Gruppe etwas detaillierter und erwähnte einige der wichtigsten Motive: „Nombreux sont les scarabées ornés au revers d'un nom royal, surtout du prénom de 29
V g l . z u m B e g r i f f d i e B e i t r ä g e von CHR. FREVEL und CHR. UEHLINGER im v o r l i e -
genden Band. 30 Vgl. grundlegend KEEL/SHUVAL/UEHLINGER, Studien III. 31 Der von PETRIE verwendete Begriff „schist" meint eigentlich Enstatit - gebrannten Steatit - , vgl. KEEL, Einleitung, § 387. 32
PETRIE, T a n i s II, 2 7 - 2 9 .
92
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Thoutmès I-II. [...] Le répertoire comprend en outre des animaux, lions, chevaux, crocodiles et des ornements géométriques. Un certain nombre de scarabées semblent sortis du même atelier. Le décor d'un dessin sommaire est toujours gravé profondément. Il représente par exemple deux lions près d'une chèvre renversée, ou près d'un chasseur, ou près d'un arbre ou encore un lion qui semble dévorer un chasseur tandis qu'un autre homme s'approche de leur groupe [...] Voici une scène qui est reproduite à plusieurs exemplaires. Un personnage est assis sur un siège à haut dossier. Il tient, semble-t-il, un fléau et un sceptre. Un homme tout petit est debout devant lui ou sur ses genoux..." 33
a) Definition Die Gruppe als solche erkannten aber erst A. WIESE und dann v.a. O. KEEL, der sie als erster umfassend beschrieben und auf ihre religionsgeschichtliche Bedeutung hingewiesen hat. 34 Die kleinen Bildträger sind normalerweise der Gestalt des Mistkäfers (Skarabäus) nachempfunden, können aber auch als runde oder rechteckige Platten mit bombierter Oberseite oder in der Form von Löwen-, Widder-, oder Menschenkopf-Skaraboiden auftreten {Abb. 2). Gelegentlich finden sich auch Abdrücke solcher Siegel auf Krughenkeln 35 oder Bullen. 36 Während die letztgenannten Formen zum Teil recht naturalistisch und aufwändig ausgeführt sind, sind die Skarabäen stark reduziert. Kopf- und Flügeldecken sind häufig nur mit nachlässig ausgeführten Schnitten oder Strichen angedeutet, die sechs Beine des Käfers oft auf zwei umlaufende Rillen reduziert. 37 Diese summarische Ausführung entspricht der ebenso schematisch reduzierten, tiefen und flächigen Basisgravur. Lineare Elemente, Schraffuren oder feine Innenauszeichnungen fehlen. Daraus folgt ein äußerst detailarmer Stil. All das deutet auf einen rationalisierten Herstellungsprozess der Ware hin. 38 Aufgrund der schlechten Ausführung mancher Stücke und wegen des unägyptisch anmutenden Motivka-
33
34
MONTET, T a n i s , 2 1 9 .
KEEL, Bogen, 153f Anm. 56; idem, Pharao 458 Anm. 179-181; idem, in: KEEL/SHUVAL/UEHLINGER, Studien III, 337-367, idem, Studien IV, 1-52; WIESE, Bild, 89-94; vgl. auch HORNUNG/STAEHELIN, Skarabäen, 192 Anm. 3; MAZAR, Qasile I, 1820; idem, Temple, 228; MÜNGER, Stamp-Seal Amulets. 35 Z.B. Betanien, vgl. SALLER, Impressions, 23f Fig. 10; Teil es-SultänlJericho, vgl. SELLIN/WATZINGER, Jericho, 157 mit Blatt 42f. 36 Z.B. Teil Kesän, vgl. KEEL in: Briend/Humbert, Keisan, 282 Nr. 30, pl. 90, rechts von Nr. 29 und pl. 136,30 und 282 Nr. 31, pl. 90,31 und ein unpubliziertes Stück aus Hirbet el-Muqanna'VEkron, (D. BEN-SHLOMO, pers. comm.). 37 Vgl. etwa WIESE, Bild, 92 oben, Nrn. 565, 572, 581, 580, 600; eine Übersicht zur Typologie der Massenware Skarabäen findet sich in MÜNGER, Tanite seals (im Druck). 38 So zuerst WIESE, Bild, 91 f.
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Ethnizität
93
talogs wurde in der Forschung lange ein palästinischer Produktionsort angenommen. 39 Tatsächlich widersprechen einige Motive einer gut-ägyptischen Bildsyntax. Als Beispiel sei hier das hybride Motiv angeführt (Abb. 3), das in waagrechter Anordnung einen über einen ausgestreckt liegenden Menschen schreitenden Löwen mit erhobenem Schwanz zeigt. Rechts davon steht ein nach links gewandter Bogenschütze. Hier werden zwei klassische ramessidische Motive vermischt: Der mit dem Bogen den Löwen jagenden Pharao 4 0 und der in Löwengestalt über einen Feind schreitenden Pharao. 4 1 Offensichtlich wurden die beiden Motive vom Siegelschneider nicht mehr richtig verstanden. 4 2 Deswegen (und aufgrund des Fundortes des abgebildeten Beispiels) auf einen nicht-ägyptischen Produktionsort zu schließen, wäre jedoch verfehlt, da zwei beidseitig gravierte rechteckige Platten, die dasselbe Motiv zeigen, ebenfalls in San al-Hagar/Tanis43 bzw. in el-Lähün44 gefunden worden sind. Offensichtlich konnte man auch in Ägypten solche Bildkomposition akzeptieren. b)
Verteilung
Eine kursorische Untersuchung der ägyptischen Fundplätze hat gezeigt, dass der Produktionsort dieser Amulettgruppe in Ägypten anzusiedeln ist. Sie findet sich etwa in Sän el-Hagar!Tanis - der neu gegründeten Hauptstadt der 21. und 22. Dynastie. 45 Auch an anderen Ortslagen im östlichen Delta wurden solche Siegel gefunden, so etwa in Teil Nebese46, Saft elHinnä41,
39
Teil er-Retäba48
oder Teil el-Yehüdiye.49
Weiter im S ü d e n wären
Vgl. etwa SCHIPPER, Israel, 50f, der die bisher vorgeschlagenen Produktionsstätten diskutiert. 40 Vgl. zu diesem Motiv KEEL, Bogen, 143-145 Abb. 8 und 9. 41 Vgl. dazu etwa GIVEON, in: HERZOG, Beersheba II, 120 mit fig. 38,2 und pl. 15,3. 42 KEEL (Corpus I, Akko. Nr. 233) kommentiert das hier abgebildete Stück wie folgt: „triumphierender Löwe und Bogenschütze sind hier beide als apotropäische Mächte auf einem Siegel zur Potenzierung seiner Abwehrkraft vereinigt und sind als eigenständige Motive und nicht als Komposition zu deuten". 43 Kairo, Inv. Nr. JE 67060 (unveröffentlicht) = Montet Archiv (Centre Golenischeff, Paris), Reg.-Nr. Nf 41. 44 PETRIE, Illahun, pl. 29,2 (Seite B) . 45 PETRIE, Tanis II, pl. 8,72f.79.82f, MONTET, Tanis, fig. 63,1.3. Unveröffentlichtes Material von MONTETS Ausgrabungen (vermutlich alles Oberflächenfunde) ist im Louvre unter den folgenden Inventarnummern untergebracht: E14764, E14773, E14775, E14776, E14786, E14790, E14798, E14933, E14964, E15862, E15863, E15866, E15875, E15880, E15881, E15886 (zweifelhaft), E15887, E15892, E15896, E15922, E15925, E15935, E15941, E15964, E15977 (total 25 Stück). Einige wenige Stücke befinden sich in Kairo und sind unter folgenden Inventarnummern zu finden: JE 67053, JE 67060 (vgl. oben Anm. 43), JE 87870, JE 87874 (4 Stück). An die 35 weitere Stücke sind im ,Centre Wladimir Golenischeff in Paris dokumentiert. Ich danke Prof. C. ZIVIE-COCHE and Dr. P. BRISSAUD (EPHP, V e section/Paris) für die Erlaubnis, das Material zu sichten. 46 PETRIE, Tanis II, pl. 8,19. 47 PETRIE, Cities, pl. 37,20.56.
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etwa die Fundorte Memphis 50 und dann el-Lähün51 zu nennen. Dabei sticht aufgrund der großen Fundmenge besonders Tanis hervor, wo die Ware höchstwahrscheinlich - in Analogie zum Tempelbezirk von Memphis 52 - in den Werkstätten des Amun-Tempels hergestellt worden ist. 53 Neben den bisher knapp 100 für Ägypten dokumentierten Stücken, fanden sich Massenware-Amulette im gesamten Mittelmeerraum, wo sie von Ibiza bis Euböa, auf Zypern und im Libanon in zumeist recht späten Fundkontexten auftauchen. In Vorderasien wurden bisher nur einige wenige Einzelstücke gefunden. Zahlenmäßig sind solche Siegel jedoch am häufigsten in Israel/Palästina gefunden worden, wo bisher über 225 Stück in kontrollierten, in der Regel umfassend dokumentierten Ausgrabungen besonders in früheisenzeitlichen Schichten geborgen werden konnten. 5 4 Das Fundgut ist hier v.a. entlang der großen Handelsstrassen gut verteilt {Abb. 4).
c)
Motivkatalog
Das Motivrepertoire der Massenware ist nicht besonders reich. Die einzelnen Bildszenen wiederholen sich mit großer Regelmäßigkeit. Es finden sich kaum Variationen, so dass der Eindruck entsteht, die Siegelschneider hätten nach starren Vorgaben gearbeitet, die ihnen kaum Freiheiten ließen. In thematische Gruppen zusammengefasst präsentiert sich der Motivkatalog wie folgt (Abb. 5): 55 (1) Ein wichtiges Motiv ist der immer nur mit seinem Namen geschriebene und nie bildlich dargestellte Gott Amun - recht häufig auch kryptographisch mit Falke und Geißel geschrieben. 56 (2) Weiter sind 48
PETRIE, Scarabs, pl. 33,21. PETRIE, Scarabs, pl. 9 , 1 5 3 . 1 8 8 - 1 8 9 = PETRIE, Buttons, pl. 19 no. 1527-1528, PETRIE, Scarabs, pl. 11,209 = PETRIE, Buttons, pl. 19 no. 1585, PETRIE, Scarabs, pl. l l , 2 1 0 f und 222 = PETRIE, Buttons, pl. 19 no. 1561, PETRIE, Scarabs, pl. 11,242, PETRIE berichtet ebenfalls von einigen in ZagözTg gekauften Stücken, vgl. Petrie, Cities, pl. 33,67f.70. Laut M. BIET AK {pers. comm.) wurde bisher in Teil el-Däb'a keine Massenware gefunden. 50 PETRIE/WALKER, Memphis I: pl. 34,92; PETRIE, Buttons, pl. 19 no. 1449.1464; PETRIE/WALKER, Memphis I: pl. 34,93 = PETRIE, Buttons, pl. 19 no. 1483; PETRIE/WALKER, Memphis I: pl. 34,108. 51 PETRIE, Buttons, pl. 19 no. 1518. 52 Vgl. dazu KEEL/GASSER, Ptah, 14f. 53 So zuerst KEEL in KEEL/UEHLINGER, Göttinnen, 483f; vgl. außerdem MÜNGER, Stamp-Seal Amulets, 70f mit weiteren Argumenten. 54 Aus Platzgründen muss hier auf die Widergabe eines Katalogs verzichtet werden; dieser wird aber in der Dissertation des Vf.s bereitgestellt werden. 55 Zum folgenden vgl. KEEL, in: KEEL/SHUVAL/UEHLINGER, Studien III, bes. 4 0 5 418. 56 Vgl. zu diesem Motiv KEEL, Einleitung, § 6 4 2 - 6 5 0 [Lit.]; zur Popularität A m u n s während der 21. Und 22. Dynastie in Ägypen vgl. nun SCHIPPER, Erzählung. 49
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Ethnizität
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die beiden asiatischen Gottheiten Baal-Seth und Reschef, teilweise als Gruppe, teilweise einzeln abgebildet zu nennen. (3-4) Es folgen die bildlichen Darstellungen des falkenköpfigen Horus und des Krokodil-haltenden Herrn der Tiere (letzterer ist wohl auch asiatischen Ursprungs). (5) Ein ebenfalls bedeutendes Motiv ist die Hieroglyphenfolge Mn-hpr-r', der Thronname Thutmosis' III (1479-1426 v.u.Z.). 57 Die Häufigkeit dieses Namens lässt sich am ehesten mit der Königsideologie der späten 21. und dann v.a. mit derjenigen der frühen 22. Dyn. erklären. 58 (6) In einer weiteren Motivklasse ist der König das zentrale Motiv, sei er thronend mit einem vor ihm stehenden Adoranten oder mit Krummstab und Geißel auf einem Zweig kniend dargestellt. 59 (7) Der Löwe - oft wohl als Pharao gedacht - ist in verschiedenen Kombinationen eines der Hauptmotive und der Übergang zur folgenden Motivklasse ist deshalb auch fließend, (8) denn er kommt auch in „Jagdszenen" vielfach vor; hier freilich als Beutetier. (9) Ein anderes Motiv zeigt zwei, eine stilisierte Palme flankierende Affen. Diese Bildkomposition ist als Neujahrswunsch zu lesen. 60 (10) An figürlichen Darstellungen folgt noch diejenige einer stehenden, attributlosen Figur. (11) Weiterhin beinhaltet das Motivset geometrische Schlingen- bzw. Kreuz-Muster. (12) Zum Schluss ist noch eine recht kleine Motivgruppe mit Hieroglyphen-Kombinationen - sowohl einzelne Symbolzeichen als auch Personennamen 61 - hinzuweisen. Besonders hervorzuheben ist hier besonders das in chronologischer Hinsicht relevante zweimalige Vorkommen des Königsnamens Siamun. 62
3. Ergebnis Bei einem Vergleich des ägyptischen und des palästinischen Datensets lassen sich einige Verschiebungen in der Gewichtung der einzelnen Motive
57
Vgl. KEEL, Einleitung, § 634.650.663 [Lit.]. Vgl. MÜNGER, Stamp-seal amulets, 73f; vgl. ebenfalls JAEGER, Essai, § 1509. 59 Im Gegensatz zur klassischen ramessidischen Ikonographie fehlt grundsätzlich eine Beischrift; vgl. die Beispiele bei WIESE, Bild, 89-100. 60 KEEL, Einleitung, § 274 [Lit.]. 61 Der Name z3(t)-Mwt (vgl. RANKE, Personennamen, 282,3 und 298,1) erscheint auf der Flachseite eines Löwenskaraboiden aus Megiddo, vgl. SCHUMACHER, Teil elMusellim I, 84 mit Taf. 26,o = KEEL, Studien IV, 24 mit Taf. 11,26. Im Namen „Sohn/Tochter der Mut" findet sich im Motivschatz der Massenware der einzige Hinweis auf eine Göttin. 62 Vgl. dazu MÜNGER, Stamp-seal Amulets, 7 1 - 7 6 ; die dort vorgeschlagene Datierung der Gruppe wird durch radiometrische Daten von Hirbet el-Burg/Te\ Dor zusätzlich gestützt, vgl. GILBOA/SHARON, Contribution und GILBOA/SHARON/ZORN, Dor. 58
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Stefan
Munger
ausmachen, obwohl bei einer ersten Betrachtung sich die jeweiligen Ergebnisse nicht grundsätzlich voneinander unterscheiden (Abb. 6). Sowohl in Palästina wie auch in Ägypten ist der Anteil an Göttermotiven mit einem Viertel in etwa gleich. Im königlichen Bereich zeigen sich aber erste Unterschiede: Die Motivklassen Mn-hpr-r' und die Königsszenen haben im ägyptischen Datenset einen um einen Drittel höheren Anteil. Dafür sind im palästinischen Bereich Löwen- und Jagdszenen deutlich besser vertreten als im ägyptischen. Diese sind dort auch anders gewichtet. In Palästina haben sie eine Ratio von 2:1, wogegen sie in Ägypten mit einem Verhältnis von 1:1 ausgeglichen sind. Bei den verbleibenden Motivklassen ist zu vermerken, dass das Motiv der beiden, einen Baum flankierenden Affen im ägyptischen Set fehlt. Eine Anomalie, die sich nur mit dem recht beschränkten, lückenhaften ägyptischen Datenbestand erklären lässt und die nicht den historischen Realitäten entsprechen dürfte. Eine gewichtige Differenz zwischen dem Datenbestand aus Ägypten und demjenigen aus Palästina ist das völlig divergierende Gefüge innerhalb der Göttermotive. Im ägyptischen Bereich ist die klare und eindeutige Dominanz des Amun-Namens evident, hinter den die anderen Gottheiten - BaalSeth, Reschef, der falkenköpfige Horus und der Herr der Tiere - deutlich zurücktreten. Nahezu ausgeglichen ist dieser Bereich dagegen in Palästina. Hier zeichnet sich nun eine ideelle Differenz zu Ägypten ab, wo der höchste (Staats-)Gott bevorzugt ausgewählt wurde. Damit wird ein - im Falle Ägyptens vermutlich staatlich forciertes 63 - Verhalten in der materiellen Kultur sichtbar, das vorsichtig auf dem Hintergrund der jeweiligen ethnischen Identität erklärt werden kann. Das hier kurz angeführte Beispiel zeigt - auf einer durchaus noch zu verfeinernden Ebene - die Möglichkeit auf, ideelle Differenzen im archäologischen Befund materialiter nachzuweisen. Es stützt sich dabei nicht auf ein binäres System, das dem Präsenz- bzw. Absenzprinzip verpflichtet ist, da dieses einen zu großen Interpretationsspielraum aufweist bzw. auf zeitnahe Quellen angewiesen ist. Vielmehr nutzt das vorgestellte Modell die „Medialität" eines Artefakttyps, der dank seiner ikonographischen Information über einen erweiterten Datensatz verfügt. Damit kann aufgrund der 63 Zu der die inneren Verhältnisse Ägyptens festigenden Theopolitik der Pharaonen der frühen Dritten Zwischenzeit vgl. bes. SCHIPPER, Erzählung, Kap. 5 [Lit.]. Bedenkenswert sind die Ausführungen von HERZOG/BAR-YOSEF, Views, 169: „ Ethnicity ... is not a constant characteristic of a collective, but rather a manipulative device. Individuals, families, or larger groups adopt an ethnic identity as the result of a free or desperate choice, or as a means to improve their living conditions. They may try to accept a new and different ethnic identity when the situation changes again. Ethnic identity is not only adopted as manipulative means, but, once adopted, may also be used as an ideological resource in the process in inclusion or exclusion of other groups in the ethnic collective. Ethnicity is one of the means of maintaining boundaries."
Medien
und
Ethnizität
97
unterschiedlichen Rezeption einzelner Motive aufgezeigt werden, wie zwei Kulturräume jeweils unterschiedlich an einem beiderorts verfügbaren Symbolsystem partizipieren. Der Grund dafür dürfte zu einem wesentlichen Teil in der jeweiligen ethnischen Identität zu suchen sein.
Stefan
Munger
Abb. 2: Bildträger der Massenware
Medien und
99
Ethnizität
2 cm Abb. 3 Skarabäus aus Teil
el-Fuhhar/'Akko.
Bybk»
• Kamid el-Loi •Dan Megiddo ' . Belh Shean TlaSach1* Pella •#Tell es-Sa'idtyeh Teil Deir Alla -Tell en-Nasbeh r •
• Teil Nebeshe » . • er-Retabeh el-Henne • Teil el-Yehudiyeh
Lachiah Arad Beersheva
Memphis
Abb. 4: Distributionskarte.
200 km
Medien und
Ägypten
101
Ethnizität
Hieroglyphen 2%
Andere
Amun-Name 20%
Ceometrische Muster 5% Menschliche Figur 196
Baal-Seth und Reschef
Affen flankieren Baum/Pfeiler 0%
Falkenköpfiger Herr der Krokodile 3%
"Jagdszenen" 16%
"Löwenszenen 15%
Päalstina/Israel
Königsszenen" 8%
Andere
Geometrische Muster
4%
Menschliche Figur 2%
\
Hieroglyphen 2%
Amun-Name Baal-Seth und Reschef 7% Falkenköpfiger 5%
Affen flankieren Baum/Pfeiler 3%
Herr der Krokodile
"Jagdszenen' 14%
'Königsszenen' 'Löwenszenen' 29% Abb. 6: Verteilung der Motive in Ägypten und in Israel/Palästina
102
Stefan
Munger
Abbildungsverzeichnis Abb.
1: Früheisenzeitliche Krüge aus Kinneret (Registrationsnummern
10128/1,
10152/1, 11075/12, 10237/5). © Kinneret Regional Project. Abb.
2: 1: M C C O W N et al.,
T e i l e n - N a . s b e h , p l . 5 4 , 3 4 ; 2 : STERN, D o r , 1 1 4 F i g . 5 8 ; 3:
Petrie, Cities, pl. 33,67 (nachgezeichnet); 4: KEEL, Studien IV, Taf. 9,15; 5: idem, Corpus I, Akko Nr. 233; mit * gekennzeichnete Abb. sind nicht maßstabsgetreu. Abb. 3: Skarabäus aus Teil el-Fuhhär!'Akko, KEEL, Corpus I, Akko Nr. 233. Abb. 4: MONGER, Stamp-seal Amulets, fig. 3. Abb. 5: 1.1: GILBOA/SHARON/ZORN, Dor, fig. 1,3; 1.2: TUBB, Preliminary Report, fig. 51, 2. Reihe, 1. Skarabäus; 2.1: PETRIE, Beth Pelet I, pl. 35,398; 2.2: vgl. oben Abb. 2.1; 2.3: PETRIE, Beth Pelet I, pl. 43,534; 3: MÜNGER, Stamp-seal Amulets, fig. 1,3; 4: ibid., fig. 2,14; 5: PETRIE, Beth Pelet I, pl. 35,400; 6: idem, Ancient Gaza II, pl. 7,7; 6.2: idem, Ancient Gaza IV, 7,238; 7.1: KEEL, Corpus I, Achsib Nr. 15; 7.2: HERZOG et al., Beersheba II, pl. 15,3; 7.3: POTTS et al., Preliminary Report, pl. 24,4; 7.4: PETRIE, Beth Pelet I, pl. 29,282; 8.1: ibid., pl. 31,287; 8.2: LAPP, Tell Ta'anek, fig. 24 oben links, 2. Stück von rechts; 8.3; MÜNGER, Stamp-seal Amulets, fig.
1 , 1 0 ; 9 : LAMON/SHIPTON, M e g i d d o I, p l . 6 9 / 7 0 , 3 2 ; 10: SCHUMACHER, T e i l e l -
Mutesellim I, Taf. 28 oben; 11: KEEL, Corpus I, Akko Nr. 16; 12: MÜNGER, Stampseal Amulets, fig. 4,2. Abb. 6: eigene Abbildung.
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„Medien" in der Bestattungskultur im eisenzeitlichen Juda? von ROBERT W E N N I N G
Man stelle sich nur einen beliebigen neuzeitlichen Friedhof vor, um zu verstehen, warum Gräber in den Kontext „Medien der Alltagskultur" gehören. Mitteilsam werden die Gräber schon allein aufgrund der Grabinschriften. Diese Information mag bestimmte Adressaten im Blick haben, bietet aber beliebigen Betrachtern vergleichbare Aussagen. Neben diese Informationen treten die Grabmäler und Gräber selbst in ihrer Gestaltung als aussagekräftige Denkmäler über den Toten, die bestattende Familie und die Friedhofsgemeinde/Gesellschaft. Man kommuniziert über die materielle Kultur. Selbst einfachste Gräber dienen so indirekt als Kommunikationsträger und Medien. Auch das Faktum, dass jemand auf diesem Friedhof bestattet worden ist und dass er überhaupt in dieser Weise (kirchlich) bestattet worden ist, besitzt Aussagewert. Natürlich ist die Thematik viel komplexer, aber diese wenigen Aspekte mögen bereits eine ausreichende Begründung für die genannte These bieten. Dies gilt grundsätzlich für alle optisch wahrnehmbaren Bestattungen, die mit einem Grab/Grabbau und/oder einer Grabmarkierung/Grabstele und Gaben/Beigaben verbunden sind. Daher erscheint es legitim, die Anfrage nach „Medien" in der Bestattungskultur auch für Gräber und Friedhöfe der Antike, und in unserem Fall für das eisenzeitliche Juda zu stellen. Gewiss bewirkt der Tod einer Person für die Hinterbliebenen eine Sondersituation, dennoch reihen sich Tod und Begräbnis in alltägliche Erfahrung und Lebenswelt ein, so dass ich es für gerechtfertigt halte, diesen Bereich der „Alltagskultur" zuzuordnen. Dies erscheint mir umso mehr zulässig, als dass das Bestatten fast immer eine familiäre Angelegenheit und Verpflichtung bildet. Für die durch den Tod ausgelöste Situation gibt es allgemeine Konfliktlösungen, Prozesse zur Restitution des sozialen Systems, persönlich und gesellschaftlich, die ebenso zeitlos wie der jeweiligen Gesellschaft angepasst sind. Es hat sich ein normatives Verhalten entwickelt, dass dem Einzelnen bzw. der Familie individuelles Trauern und Bestatten und die Wahl der Bestattung, des Grabes und der Grabgestaltung erlaubt. Dieses
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Verhalten ist auch dann normativ, wenn es ein zeitweiliges Heraustreten aus der Alltagswelt bedeutet. Sowohl das Verhalten als auch die Formen von Grab und Bestattung sind tradiert als Bestandteil eines Brauchtums, in der sich eine kulturelle Identität widerspiegelt. Die Weitergabe und Vermittlung von Brauchtum erfolgt direkt und indirekt, sei es durch Sprache und Schrift als Unterweisung, Gebot und Verbot, sei es durch „Vorleben", Wahrnehmen und „Nachmachen". Ganz wesentlich gehört auch die implizierte visuelle Kommunikation zu den zugrunde liegenden Prozessen. Das führt zu den Realien und den Denkmälern selbst als Trägern von Informationen. Realien und Denkmäler dienen als Medien, nicht nur das geschriebene und gesprochene Wort oder Handlungen und Verhaltensweisen. Ich möchte das um den „geschlossenen Befund" als Kommunikationsträger noch erweitern, damit Medien nicht auf „Realien/Denkmäler" als einzelne Objekte eingeschränkt bleiben. Ich meine damit das ganze Netz von Informationen, das eine Bestattung als materiellen und konzeptionellen archäologischen Befund hinterlässt, von der Gestaltung des Grabes und seiner Lage bis zur Art der Bestattung und den Beigaben. Dafür ist es notwendig, dass die Denkmäler/Befunde in ein „kulturelles Symbolsystem" der sozialen Trägergruppe eingebunden sind und als Ausdruck einer Identität verstanden (empfangen) werden können. Zugleich erlaubt diese Einbindung, dass bei den Realien und Denkmälern die eigentliche Funktion, z.B. das Bestatten im Vordergrund bleibt. Der mediale Aspekt ergibt sich in der Regel nachrangig, muss nicht einmal intendiert sein und bedarf keines konkreten Rezipienten. Er bleibt „offen" und permanent, impliziert aber zugleich durch die Einbindung den engeren Bezug auf die soziale Gruppe. In dem Sinne verstehe ich Brauchtum als ein Ergebnis von komplexer interaktiver Kommunikation und somit von medialen Prozessen, die es im Detail zu beschreiben gilt. Brauchtum wird als kulturelle Identität auch materiell kommuniziert und dadurch konstituiert, dass diese Kommunikation immer wieder erfolgt. Stimmt diese These, dann muss es möglich sein, „kulturelle Kommunikation" und dies voraussetzend medialen Charakter der Denkmäler im materiellen archäologischen Befund auch in der Bestattungskultur nachweisbar und darstellbar zu machen. Wenn sich kulturelle Identität auch über Denkmäler artikuliert und sich über die vielen Informationen vermittelt, die medial von den Denkmälern und dem Befund ausgehen, und wenn dieser „geschlossene Befund" einerseits und die Kommunikation andererseits notwendig für das „Gelingen" der Bestattung sind, weil sie die Erwartungen der Kulturträger bedienen, dann darf nicht verwundern, dass sich daraus auch die Notwendigkeit ergibt, diesen Vorgang in ähnlichen Situationen zu wiederholen, um die kulturelle Identität anzuzeigen und zu bestärken. Dies hatte in der Bestattungskultur mit Blick auf das Geschick des Toten eine besondere Note.
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in der Bestattungskultur
im eisenzeitlichen
Juda?
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Neben dem Nachweis, inwieweit Denkmäler und Befund medial wirken, geht es mir in diesem Beitrag besonders darum aufzuzeigen, wie „Vorgaben" in der Bestattungskultur aufgrund von materieller Kommunikation rezipiert und tradiert worden sind, um damit medial gleiche Botschaften zu vermitteln, die man bei den „Vorgaben" als angebracht erfahren und akzeptiert hatte. 1 Großräumlich auf das eisenzeitliche Palästina bezogen gibt es keine homogene Bestattungskultur, vielmehr herrschen gemäß der polyethnischen Bevölkerung Palästinas und unterschiedlicher Einwicklungen regionale Ausprägungen vor. Ausschnittartig soll hier der Befund in Juda2 unter der Themenstellung „Medien und materielle Kommunikation in der Bestattungskultur" angefragt werden. 3 Mit „Bestattungskultur" sind die beiden sich ergänzenden, aber deutlich von einander zu scheidenden Bereiche „Grab" und „Bestattung" umschrieben, die in der Zielsetzung der „kontextuellen Archäologie" auswertbar werden. 4 1 Materiale, inhaltliche, symbolische oder funktionale Aspekte von Denkmälern darzustellen, gehört zum Alltagsgeschäft des Archäologen. Daher bin ich mit relativ großer Skepsis in das Kölner Kolloquium gegangen, was denn gewonnen werden könne, wenn man die Denkmäler den Anfragen der Medienwissenschaft unterwirft. Durch die verschiedenen Begleitbriefe, Entwürfe und Publikationen der Veranstalter des Kolloquiums, durch die anderen Vorträge und Diskussionen auf dem Kolloquium und vor allem durch die kritischen Rückfragen zu meinem Beitrag durch C. Frevel habe ich nicht nur viel dazu gelernt, sondern auch die Mediendiskussion als anregend und weiterführend erfahren. Wenn ich dafür C. Frevel herzlich danke, schließe ich alle anderen Beteiligten in gleicher Weise ein. 2 Grundlage bildet meine noch unpublizierte Habilitationsschrift (WENNING, Eisenzeitliche Gräber), so dass ich auf ausführliche Nachweise verzichte. Vgl. ferner WENNING/ZENGER, Tod; WENNING, Art. Grab; Rez. Bloch-Smith; Art. Bestattung (LThK); Bestattungen im königszeitlichen Juda; Art. Bestattung (RGG); Bestattungen im eisenzeitlichen Juda. 3 Die Bestattungskultur erlaubt in so vielfältiger Weise über Medien und Kommunikation zu sprechen, dass in diesem Beitrag viele Aspekte kaum mehr als angedeutet, andere gar nicht erst ausgeführt werden können. Ich habe daher weniger die selbstverständlichen Botschaften angeführt als vielmehr die spezifischen, die sich erst durch die Analyse der Befundes erschlossen haben. Zurückhaltend bleibe ich in manchen Interpretationen der medialen Botschaften auch deshalb, um nicht Gefahr zu laufen, subjektiv aus unserer Vorstellungswelt und unserem kulturellen Symbolsystem Aussagen einzutragen. 4 Mit „Grab" bezeichne ich in engerem Sinne jede gestaltete Form, die mit einer Bestattung des Leichnams oder einer Beisetzung (etwa einer Urne) verbunden ist; vorwiegend sind das architektonisch gestaltete Grabbauten/Grabmale. Sodann kann „Grab" auch im übertragenden Sinne die Gesamtheit eines diesbezüglichen archäologischen Befundes umschreiben. Mit „Bestattung" meine ich den Vorgang des Niederlegens des Leichnams auf eine Grablege (Boden, Grabbank, Grabloculus) im Grab, der abschließenden Herrichtung der Grablege und des Einbringens und des Arrangements der Bei-
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Um einen Aspekt der vorgegebenen Diskussionspunkte aufzugreifen, die repräsentative öffentliche Kommunikation mag ich nicht aus der „Alltagskultur" auszublenden, ebenso wenig wie die Denkmäler der Eliten, auch wenn diesen gerade in Juda ein Ausnahmecharakter zukommt und sie sich von den Denkmälern der „Alltagskultur" differenzieren lassen. Ich will das hier an einigen Beispielen begründen. Dadurch erfährt dieser Beitrag eine Gliederung in zwei Teile, zuerst die Diskussion der Denkmäler der Eliten und die Nachwirkung dieser Gräber, dann die Gräber der Bevölkerung Judas allgemein.
Grabdenkmäler der Eliten als Ausnahmen in der Bestattungskultur 1. Besonderheiten
der Lage
Für „ostentative Grabmale", Gräber in prominenter, hervorgehobener Lage, auf Grund derer sie Vielen ins Auge fielen, verweise ich auf zwei atl. Stellen: Jes 22,15-19 und 2 Kön 23,16-18, ohne die exegetische Beurteilung darstellen zu müssen. In Jes 22,16 richtet sich die prophetische Kritik dagegen, dass jemand, sei es ein Haushofmeister oder wer auch immer von Rang, sich „hoch oben ein Grab aushauen, im Felsen sich eine Wohnung ausmeißeln" ließ. Für gewöhnlich denkt man dabei an eines der Gräber der Ost-Nekropole von Jerusalem in Silwän.5 Das Besondere ist, dass sich diese Gräber nicht wie sonst üblich unauffällig und niedrig am Tellhang oder am Fuß eines Nekropolenhügels befanden, sondern „hoch oben" auf dem gegenüberliegenden Hang auf der Höhe der Davidsstadt selbst, auffällig sichtbar von der Stadt aus. Auch Gräber auf anderen Nekropolenhügeln lagen so, dass sie aus Schutzgründen von der Siedlung aus eingesehen werden konnten, aber sie waren nicht aus ihrer Umgebung herausgehoben. Anders war das der Fall in Silwän, wo einige der Gräber als oberirdische Grabmonumente
gaben. Im Ergebnis erzeugt die Bestattung einen statischen, archäologisch beschreibund analysierbaren Befund. Ausgehend von ungestört aufgefundenen Gräbern/Bestattungen lassen sich bedingt auch gestörte Befunde analysieren. Mit „Begräbnis" bezeichne ich die Vorgänge vom Vorbereiten des Toten und des Grabes für die Grablegung über das zu Grabe Tragen und die Bestattung bis zum Verschließen des Grabes und dem Ende der Begräbnisfeier inklusive der Gebete, Riten und des Totenmahls. Abgesehen von der Grablegung selbst bleibt der gesamte Bereich der Trauer (Verhalten) und des Begräbnisses (Ablauf) archäologisch ausgeblendet. 5 USSISHKIN, Silwan. Entgegen D. Ussishkin datiere ich die Nekropole in die zweite Hälfte des 8. Jhs.
„Medien"
in der Bestattungskultur
im eisenzeitlichen
Juda?
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besonders hervorgehoben waren, nämlich die fünf allseitig aus dem Fels freigestellten Monolithgräber 6 , von denen das so genannte Grab der Tochter des Pharao 7 mit einem pyramidalen Dach (Abb. 1) das bekannteste ist. Mausoleen sind in Juda sonst für diese Zeit nicht bekannt. Außerdem war bei den hoch in die Steilwand des Felsens vertieften Kammergräbern in Silwän der Eingang durch markante Profile, Rücksprünge und Aussparungen, die einen Licht-Schatten-Effekt erzeugten 8 , deutlich hervorgehoben, während sonst Wert darauf gelegt wurde, dass Grabverschluss und Felswand/Nekropolenhang möglichst miteinander verschmolzen. Es ist offenkundig, dass die Gräber der Ost-Nekropole gesehen werden sollten. Das widersprach bisherigem Brauchtum. Man hat dies mit dem neuen Selbstverständnis der königlichen Beamten zu erklären versucht. In dieser Weise wurden die Gräber zu Medienträgern. Sie reflektierten den Status ihrer Besitzer und die Bedeutung des Königtums und stellten diese Zugehörigkeit über die traditionelle Familienbindung. Zu weiteren Aspekten der Gräber s.u. Archäologisch nicht nachgewiesen sind die Gräber auf dem Berg von Bet-El, die Joschija ins Auge fielen und von ihm bis auf ein Prophetengrab zerstört und entehrt wurden. Die Frage nach dem historischen Gehalt der Notiz kann hier vernachlässigt werden, wesentlich für meine Argumentation bleibt die Aussage, dass hier Gräber als ins Auge fallend beschrieben werden. Gemäß ihrer Bedeutung wüsste man gerne mehr über die Königsgräber der davidischen Dynastie in Jerusalem. Es hat auch nicht an Versuchen gefehlt, sie zu finden, noch an Versuchen von Zuweisungen bestehender Gräber. Archäologisch sind die Königsgräber aber bislang nicht nachgewiesen. Die beiden von R. Weill9 ausgegrabenen und oft auf diese Gräber bezogenen Stollen dürften überbaute herodianische Zisternen sein, deren Ruinen in byzantinischer Zeit in anderer Weise wiederbenutzt worden sind. Abgesehen von der ungefähren Lage im Stadtgebiet auf dem Südosthügel, die aus Neh 3,16 hervorgeht, können keine konkreten Aussagen über die davidischen Gräber, die bis in die hadrianische Zeit bestanden, gemacht werden. Das Besondere der Lage dieser Gräber scheint eher in der intramuralen Lage als in einer auffallenden Positionierung gelegen zu haben. Die intramurale Lage geht auf die altorientalische Tradition von Königsgräbern im königlichen Palast bzw. beim Tempel zurück und signalisierte die Bedeutung des Königs als Vertreter der lokalen Schutzgottheit. Für Jerusalem 6 7
USSISHKIN, Silwan, Grab Nr. 3, 28a?, 28, 34, 35. USSISHKIN, Silwan, Grab Nr. 3, Abb. 29.
8
USSISHKIN, S i l w a n , A b b . 4 1 , 5 3 , 1 3 2 , 1 3 4 .
9
WEILL, C i t é d e D a v i d ,
103-105,
1 5 8 - 1 7 7 , T a f . 5. D i e m . E . i r r i g e Z u w e i s u n g
an
die Eisenzeit beruht u.a. darauf, dass der Interpretation teilweise vereinfachte Pläne der Anlage (unter anderem ohne den Kanalzufluß) zugrunde gelegt wurden.
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und die davidische Dynastie lässt sich diese Tradition nicht direkt umsetzen, sondern bedürfte weiterer Differenzierung. Die Königsgräber wurden später in anderer Weise medial genutzt. In Neh 2,1-5 dienen sie dazu, „Heimat" zu bezeichnen. Jerusalem ist für Nehemia im Babylonischen Exil „die Stadt, in der die Gräber meiner Väter sind". 2. Inschriften an und in Gräbern Eisenzeitliche Grabstelen mit dem Namen der/des Verstorbenen kenne ich in Israel nur aus Achsib 10 als ein phönizisches Brauchtum, das von den Israeliten nicht übernommen wurde. 11 Grabinschriften fanden sich in Juda nur in Ausnahmen. Dazu gehören die Inschriften an den Außenwänden von Gräbern in der schon genannten Ost-Nekropole von Jerusalem aus der zweiten Hälfte des 8. Jhs., die eine besondere Nekropole war. Höhere Beamte ließen sich hier, aus ihrem üblichen Familienverband herausgelöst und in den des Königs eingetreten, als Staatsdiener aufwendig und individuell bestatten. Auf die Lage der Gräber und die Sichtbarkeit der Gräber mit der Funktion einer exzeptionellen Heraushebung wurde schon hingewiesen. Das Ungewöhnliche von Grabinschriften kommt als weitere Maßnahme mit dieser Tendenz hinzu; denn keine anderen Gräber in Juda weisen an der Front Grabinschriften auf. Grabinschriften haben sich an den Gräbern 3, 34 und 35 erhalten 12 , könnten aber für mindestens zehn weitere Gräber dieser Nekropole ebenfalls vorhanden gewesen sein. 13 Berühmt ist die Inschrift A von Grab 35, außen an der Front über der Grabtür, die in der Lesung von J. Renz lautet: „Dies ist das Grab des ...yahu, des Haushofmeisters. Hier ist kein Silber und kein Gold, nur seine Gebeine und die Gebeine seiner Dienerin mit ihm. Verflucht sei der Mensch, der dies öffnet." Dem entspricht das Fragment einer Fluchformel der Inschrift von Grab 34: „Dies ist das Grab.... Wer das Grab öffnet,...". Grabinschrift 35 A entspricht in Inhalt und Aufbau phönizischen Grabinschriften mit der Nennung des Grabherrn, der Angabe, hier sei für Grabräuber nichts zu holen, von dem natürlich das Gegenteil der Fall war, und dem Fluchspruch. 14 Von der Grabin10
DELAVAULT/LEMAIRE, Inscriptions phéniciennes, 3 - 5 Nr. 2 - 5 . Nach 2 Sam 18,18 soll sich Abschalom, einer der Söhne König Davids, im Königstal ein Steinmal ( M a s s e b e ) aufgestellt und nach seinem Namen benannt haben, unter dem (yäd 'Absälöm) es später noch immer bekannt war. Der Vers gilt als sekundäre H i n z u f ü g u n g nachexilischer Zeit und bezeugt keine Grabstelen für das eisenzeitliche Juda. Zudem kann das Steinmal nicht den Grabstelen zugerechnet werden. Zu einer neuen Diskussion vgl. KÜHN 2003, 2 6 6 - 2 7 2 . 11
12
13
U S S I S H K I N , S i l w a n , 2 4 1 - 2 5 4 ; R E N Z , I n s c h r i f t e n , I 1 9 1 F., 2 6 1 - 2 6 6 .
Gräber 1, 6, 9, 10, 13, 14?, 16, 28, 32, 33, 37 (im Grab). Ein ähnlicher Befund liegt außerdem für ein Grab (7084) der älteren Nordwest-Nekropole Jerusalems am Tempelberg vor. 14 MÜLLER, Grabinschrift.
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schrift von Grab 3 sind nur einzelne Buchstaben erhalten. Inschrift A von Grab 35 begründet zusammen mit den architektonischen Besonderheiten der Gräber die Bestimmung als Beamtennekropole. Der Fluchspruch ist die eigentliche mediale Aussage bezogen auf potentielle Diebe, daneben kommuniziert die Inschrift durch die Angabe des Grabherrn und den Fluchspruch aber auch mit der Öffentlichkeit allgemein, indem sie den Status des Grabherrn und das Grab, die Toten und deren Beigaben als Schützenswertes herausstellt. Inschrift B von Grab 35 außen an der Felswand seitlich der Grabtür „Grabkammer an der Seite des Grabes" - ist keine Grabinschrift, sondern ein Inschrift am Grab als ein Hinweis für die Steinmetzen, hier keine neue Grabkammer in den Fels zu brechen, weil sich Grab 35 im Felsinnern durch eine zweite Grabkammer seitlich ausdehnt. Zu solchen praktischen Hinweisen gehören auch einige wenige Inschriften in Grabkammern in der Nekropole von Hirbet el-Köm, die spezielle Grablegen als zugehörig zu bestimmten Personen/Familien bezeichnen. 15 Dies könnte man als nichtöffentliche Aspekte der internen Kommunikation einer bestimmten Gruppe bezeichnen. Schließlich sei die berühmte 'Uriyähü-Inschrift von Hirbet el-Köm Grab 2 angeführt, die in jeder Weise einen Sonderfall bildet. 16 Ich sehe sie nicht als eine Grabinschrift, sondern als Inschrift in einem Grab an, als Dankspruch und Segensbitte. Das Besondere dieser Inschrift liegt für mich darin, dass sie in der sekundären Transferierung ins Grab JWHW als persönlichen Schutzgott des Toten im Grab voraussetzt. Dass dies so gesehen werden darf, auch wenn man sich den Text als außerhalb des Todesfalls entstanden denkt, dafür spricht die Hand unter der Inschrift als Zeichen für die erwartete und schon erfahrene göttliche Hilfe. Hand und Inschrift bilden eine Aussageeinheit, die man nicht separat interpretieren sollte. Es geht bei dem erwarteten Segen nicht um eine Errettung vom Tod, sondern um die für den Toten notwendige Schutzgewährung im Grab. Die Inschrift ist ein Zeugnis privater Frömmigkeit und zuerst einmal nicht auf einen Leser/eine Öffentlichkeit hin konzipiert, sondern an die Gottheit gerichtet, wirkfähig durch ihre Existenz. Das mediale Element dieser Kommunikation artikuliert sich in den Textformulierungen und im Zeichen der Hand als allgemeinverständliches Symbol. Sekundär sind die Personen angesprochen, mit denen sich die Familie des 'Urlyähü die Grabnutzung teilte. Die Nachkommen stellen 'Urlyähü als jemanden dar, der zu Lebzeiten bereits von JWHW gesegnet war. Das Grab wird zum Kommunikati-
15 DEVER, Khirbet el Köm, 151, 156. Nicht zu deuten sind nichtfigurale Kritzeleien an den Wänden der Gräber 1 und 2: DEVER, Khirbet el Köm, Abb. 4, 12. 16 RENZ, Inschriften, I 2 0 2 - 2 1 1 .
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onsraum einer eingeschränkten Öffentlichkeit, die aber das Gesehene durchaus auch nach außen tragen konnte. Zwar stellen Gräber „private", nach außen abgeschlossener Komplexe dar und sind auf die Besitzer bezogene Anlagen, aber in der Kommunikation ist eine solche strikte Abgrenzung nicht einzuhalten. Begräbnisse sind nicht nur Familienangelegenheit, sondern die Gemeinschaft betreffende öffentliche Vorgänge. Das kann auch an der Wirkungsgeschichte des übernächsten Aspektes gezeigt werden. 3. Gestaltung und Ausstattung
der Gräber
Zu der prominenten Lage und den Grabinschriften trat eine großzügige und äußerst qualitätsvolle Ausarbeitung der Grabkammern mit Anlehnung an Elemente der Palastarchitektur (vgl. auch „Wohnung" Jes 22,16), wie die Giebeldecke oder die Flachdecke mit Deckengesims unter Imitation von Holzbauweise, und eine Gestaltung mit nur einem oder wenigen Liegeplätzen für eine individuelle Bestattung, oft eine sarkophagartig vertiefte Nischenbank, während ein Repositorium, die Knochengrube, die in den Familiengräbern auf die Nachbestattungen verweist, fehlt. Alle Gräber dieser Nekropole sind ohne Grabbeigaben überkommen. Sie dürften die in der Lage und der Grabgestaltung liegenden Aspekte nochmals unterstrichen haben, ebenso wie die „Staatsbegräbnisse" an sich, von denen ich hier zumindest bei den prominenteren der Gräber ausgehen möchte. Diese Hinweise mögen genügen, die Exzeptionalität der Ost-Nekropole mit dem Aspekt repräsentativer öffentlicher Kommunikation anzuzeigen. Die Nekropole hörte schlagartig auf belegt zu werden, mit der Folge, dass eine größere Anzahl an Gräbern in unterschiedlichem Stadium der Fertigstellung stecken blieb und nie benutzt wurde. 17 Es kann gefragt werden, ob dahinter eine Anordnung der Assyrer nach der Unterwerfung Judas 701 stand, die ein weiteres derartiges Repräsentieren der hohen judäischen Beamtenschaft nicht mehr zuließ. Stimmt diese Überlegung, dann böte dieser Befund ein wichtiges Argument dafür, dass Gräber die Funktion von kultureller Identität und Medialität wahrnehmen konnten. Nur dann macht es Sinn, dass man die Fortführung dieser Art von Gräbern untersagte. 4. Nachwirkung der
Grabgestaltungen
Dass diese Gräber einen hohen Grad an Medialität besaßen, wird auch durch die Nachwirkung der Gräber angezeigt. Die Wirkungsgeschichte setzt ungefähr zeitgleich ein und hält bis zum Ende der judäischen Königszeit an. Nicht dass die äußere Form aufgegriffen worden wäre, die ja möglicherweise nicht länger mehr gestattet wurde, sondern Elemente der In17
USSISHKIN,
Silwan, 260, 331.
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nengestaltung. Hierhin möchte ich erstens die gleichartige Übernahme von Elementen der Palastarchitektur nennen, die die zentralen Hallen der beiden großen Grabanlagen von St. Etienne {Abb. 2) aufweisen, nämlich große versunkene Wandpaneele und ein doppelt gestuftes Deckengesims. 18 Auch zwei Gräber in Teil el-Gudede und Hirbet Bet Layy besaßen bei den Zentralkammern ein Deckengesims. 19 Als abhängig von den Gräbern der Ost-Nekropole sehe ich zweitens die Bestattung in sarkophagartig vertieften Nischenbänken in den Gräbern 13 und 14 der West-Nekropole Jerusalems. 20 Hier befanden sich Banktröge für nur 2-4 Bestattungen (Abb. 5), auf ein Repositorium wurde verzichtet (zumindest bei Grab 13). Die Toten verblieben auf ihren Grablegen. Ein ebenso individuelles Bestatten erfuhren die Personen in den drei Wandsarkophagen in der hinteren separaten Grabkammer der Grabanlage 1 bei St. Etienne21, während die anderen Grabkammern dem Diwantyp 22 mit Repositorium folgten. Noch später griffen die Gräber 3, 13 und 14 in el-Gib die Form von Banktrögen auf. 23 Als drittes übernommenes Element der Innengestaltung sind Kopfrahmen anzuführen. Seit der Mitte des 9. Jhs. und besonders im 8. Jh. finden sich gelegentlich auf der Grabbank kissenartig abgesetzte glatte Platten als Kopflege. 24 Bei sechs Gräbern der Ost-Nekropole von Jerusalem (6, 10, 13?, 14?, 15, 16)25 wurde dieses Kissen in der Mitte vertieft, um den Kopf des Leichnams in aufrechter Position zu halten. Bei Grab 10 fand sich neben einer solchen Vertiefung ein plastisch erhabener Rahmen.26 Zeitgleich oder zeitlich nahe mit der Ost-Nekropole könnten neben den Gräbern 13 und 14 der West-Nekropole mit vertieften Kopfrahmen die beiden erweiterten Diwangräber Grab 5 der Nord-Nekropole Jerusalems 27 (Abb. 4) und Grab 106 in Lachisch28 und die beiden großen Grabanlagen der Nord-Nekropole bei St. Etienne sein; alle wiesen erhabene Kopfrahmen auf. Den Gräbern der West-Nekropole folgte Grab 23 der Süd-Nekropole
18 19 20
BARKAY/KLONER, Jerusalem Tombs; USSISHKIN, Silwan, 296, Abb. 190. KLONER, Niqrot Zurim, 9, Profilschnitt 1 - 1 ; USSISHKIN, Silwan, 301, Abb. 193. BROSHI/BARKAY/GIBSON,
Bestattungshöhlen.
21
BARKAY/KLONER, Jerusalem Tombs, Ansicht Abbildung S. 35 oben; Plan S. 30. 22 Als „Diwantyp" bezeichne ich Kammergräber mit dreiseitig umlaufenden Grablegen, die bankartig in die Grabkammer reichen und nur einen schmalen Bedienungsgang freilassen. 23 ESHEL, Gibeon, Abb. 4, 13f. 24 Vgl. Teil 'Etün G r a b 7 (USSISHKIN, Tel 'Eton, Abb. 7), Tel Halif G r a b 6 (BoROWSKI, Teil Halif). 25 USSISHKIN, Silwan, Abb. 49, 65, 81f. Vgl. BARKAY, Burial Headrests. 26
USSISHKIN, S i l w a n , A b b . 6 5 .
27 28
MAZAR, Damascus Gate, Abb. 2, Taf. 2 C. TUFNELL, Lachish, Taf. 3,6 (nicht in Plan Abb. 21).
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in Jerusalem. 29 Es verwundert nicht, dass die Nachwirkung der Beamtengräber zuerst besonders im Nahbereich Jerusalem festzumachen ist. Die Grabanlagen bei St. Etienne (Abb. 5) bilden aufgrund ihrer Gestaltung eine Sondergruppe. Ob darin die Begräbnisstätte für den Priesteradel oder die Nachfolgenekropole der Beamten oder gar die jüngere davidische Nekropole „im Garten des Usa" 30 zu sehen ist, bleibt nur Mutmaßung. Die jeweils zwischen zwei Grabkammern liegenden Repositoria verweisen darauf, dass hier Nachbestattungen vorgenommen wurden. Von der Gesamtanlage der Gräber her mit der großen Zentralhalle waren die beiden Anlagen geeignet, hier größere Zeremonien vorzunehmen und eine größere Anzahl von Teilnehmern bei den Begräbnissen und Totenfeiern zuzulassen. Damit war eine gewisse Öffentlichkeit gegeben, selbst wenn die Anlagen nur bestimmten Gruppen zugänglich gewesen sein dürften. Die Gestaltung der Gräber wurde wahrgenommen und hat ihrerseits wieder Nachahmung gefunden. Zu den Besonderheiten der Kopfrahmen der Gräber von St. Etienne gehört nicht nur, dass sie plastisch erhaben ausgebildet sind, sondern auch, dass die jeweils rückwärtige Grablege zwei Rahmen vice versa erhalten hat. Das wiederum griffen die große Anlage Grab 24 von Ketef Hinnom 31 (Abb. 6) und ebenso zwei erweiterte Diwangräber in Hirbet el-Köm32, und in Sövä33 im 7. Jh. auf. Am Ende der Entwicklung stehen die Gräber, bei denen die vertieften Kopfrahmen im Uhrzeigersinn auf den Grabbänken angebracht waren, wie Grab 28 der Süd-Nekropole Jerusalems 34 , Grab 2 in Hirbet
Hazzür35
u n d G r ä b e r 4 u n d 8 in
el-Gib,36
Die Formen der Kopfrahmen sind halbkreis- bis hufeisenförmig mit weiter Öffnung. Gerade die dem Kopfumriss folgende Gestaltung zeigt, dass die Funktion der Rahmen darin bestand, den Kopf in einer bestimmten Stellung zu halten und ein späteres Abrollen des Schädels zu verhindern. Durch die Halsverengung entsteht eine Variante, die zur Q-Form ausgestaltet sein kann. Man hat darin die Hathorperücke und einen Verweis auf die Göttin Aschera erkennen wollen. 37 Zuvor war die Ansicht vertreten worden, diese Kopfrahmen stellten den Mutterschoß dar, der Tote kehre gleichsam in den Schoß der Erde zurück. 38 Ich teile beide Thesen nicht, ohne an dieser Stelle 29
MACALISTER, Rock-Cut Tombs, Plan IX. KLONER, „Third Wall", 129. 31 Grabkammern 13 und 25: BARKAY, Priestly Benediction, 142f. Abb. 3 - 6 . 32 DEVER, Khirbet el-Köm, Abb. 2 (Grab 1, vertiefter Kopfrahmen). 33 KLONER, Niqrot Zurirn, lOf. Abb. 34 MACALISTER, Rock-Cut Tombs, Plan X. 35 ESHEL/KLONER, Late Iron Age Tomb, Abb. 4f. 36 ESHEL, Gibeon, Abb. 5 und 9. 37 BARKAY, Burial Headrests. 38 KEEL, Die « - G r u p p e , 66, 70. 30
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die Gegenargumente ausbreiten zu können. Wenn der der „Hathorperücke" nachempfundene Rahmen nicht mehr als Haartracht anzeigt, mag man überlegen, ob die Q-Form eine bewusste symbolhafte Konkretisierung mit medialem Charakter darstellt, wenn sie denn Verweis auf die Göttin ist. Dann könnte man daran denken, dass der Rahmen eine Geborgenheit durch die persönliche Schutzgöttin ausdrücken sollte. Bedeutete bei Grab 106 in Lachisch der einzelne Kopfrahmen noch eine Hervorhebung einer bestimmten Bestattung innerhalb eines Familiengrabes, so verselbständigte sich die Form bei der Nekropole von el-Gib, wo die Diwangräber 13 und 1439 gleichfalls nur eine Grablege mit einem Kopfrahmen zeigten, aber das Repositorium fehlte. Deutlicher wird diese Tendenz zur Individualisierung bei Grab 3 40 , eine Grabkammer mit nur einer Grablege mit Kopirahmen und gleichfalls ohne Repositorium. Für diese drei Gräber wurde zuvor schon genannt, dass die Grablegen als Banktröge ausgebildet waren. Die genannten Beispiele zeigen, dass charakteristische Elemente der Ost-Nekropole von Jerusalem einzeln oder in Kombination bei den genannten Gräbern wiederkehrten und zwar gerade Elemente der Innengestaltung der Gräber, nicht die Grabbauten an sich. Diese Elemente besaßen also medialen Charakter. Der Befund zeigt, dass solche Nachwirkungen möglich waren, dass sie nicht nur in Sonderfällen vorkamen, sondern breit bis in die Siedlungsnekropolen und somit in die „Alltagskultur" reichten. Das ordne ich einer materiellen Kommunikation zu. Bei der mit diesen Zitaten vermittelten Botschaft dürfte sich ein Anspruch verbunden haben, der von direkter Nachfolge und Statusbehauptung bis hin zum einfachen Nachahmen reicht und von Fall zu Fall zu analysieren bleibt.
Allgemeine Bestattungskultur in Juda 1. Gräber
in Relation
zur
Siedlung
Anders als bei der Ost-Nekropole von Jerusalem wurden die königlichen Beamten nach Ausweis von Personensiegeln ansonsten in Juda im Familienverband in den Familiengräbern der Siedlungsnekropolen bestattet, ohne dass diese Gräber oder die Grablegen der Beamten besonders gestaltet waren. Träger der „normalen" Gräber waren die örtlichen Familien. Der archäologische Befund zeigt, dass die Gräber auf die Ortsgemeinschaft bezogen blieben und nicht auf eine allgemeine Öffentlichkeit konzipiert waren.
39 40
ESHEL, G i b e o n , A b b . 13f. ESHEL, Gibeon, Abb. 4.
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Zumindest waren die Gräber und ihre Umgebung nicht so gestaltet, dass sie zur Schau gestellt waren und von Besuchern des Ortes sogleich gesehen wurden. Die Gräber lagen nicht an den Verkehrswegen zur Siedlung, sondern überwiegend am Hang des Siedlungshügels, mitunter an einem Hügelhang gegenüber, der von der Siedlung einsehbar war. Dies wurde in der Eisenzeit in Juda konsequent durchgehalten. Die Gräber verschmolzen optisch mit dem Hang. 41 Bei der vertikal aus dem Hang herausgeschnittenen Fassade waren zumeist nur die technische Rahmung für den Grabverschluss und vielleicht eine obere Leiste als Regentraufe ausgearbeitet. Der Eingang selbst war auffällig klein, nicht zuletzt aus praktischen Gründen, um das Öffnen des Grabes für Nachbestattungen zu vereinfachen. Dazu trat der meist gestufte kurze Zugang. Da das Grab selbst vertieft angelegt war, befand sich die Fassade ganz oder zum großen Teil versenkt in Relation zur Zugangsebene und fiel auch von daher kaum auf. Es gab keine getünchten Gräber, keine durch Reliefs 42 oder Architekturen verzierten Gräber, keine Grabinschriften, keine Grabaufbauten, keine Vorbauten oder größere Vorhöfe und Kontextbauten. All das hatte mit dem Schutz des Grabes zu tun. Es zeigt aber auch, dass diese Gräber nur auf die Familie, der das Grab gehörte, und auf die Ortsgemeinschaft ausgerichtet waren. Das Brauchtum, die Gräber nach außen verdeckt zu halten und ostentative Grabmäler zu vermeiden, stellt zunächst einmal scheinbar einen Verzicht auf mediale Elemente dar. Doch gerade in diesem Verzicht und der Tatsache, dass dies überall in Juda so gehandhabt wurde, werden Grab und Nekropolen zum Träger von Aussagen einer kulturellen Identität. Die Lage und die Gestal-
41 W o heute dunkle Öffnungen den Blick auf Grabhöhlen lenken, befanden sich ursprünglich die Grabverschlüsse aus Fels, die sich nicht von der Umgebung abhoben. Vgl. EDELSTEIN/KISLEV, Mevasseret Yerushalayim, Abb. S. 56. 42 Auch die Grabkammern selbst sind schmucklos geblieben. Singular geblieben ist in dieser Hinsicht G r a b 4 von Tel 'Etün (USSISHKIN, Tel 'Eton, 109-114, Abb. 2 - 4 , Taf. 2 1 - 2 3 ) , Mitte 9./8. Jh. Die figurativen Elemente (Torlöwen, Rinderprotome) stellen eine lokale Umsetzung nordsyrischer Vorbilder dar. Inwieweit diese Motive einer kulturellen Identität der Israeliten in Juda nahekamen oder entgegenstanden und welche Botschaft sie transferierten, bedürfte ausführlicherer Darstellung. An dieser Stelle mag genügen, auf diese A u s n a h m e und ihren medialen Charakter (Skulptur/Bild) hingewiesen zu haben. Nur einen Aspekt möchte ich an dieser Stelle mit Bezug auf das Statement im Text ansprechen: Als merkwürdig wurde erkannt, dass die Torwächterlöwen innen im G r a b seitlich der vom E i n g a n g herabführenden Stufen angeordnet sind. Damit wird m.E. nicht ausgedrückt, dass man die Lebenden vor den Toten(geistern) schützen wollte (WEIPPERT, Palästina, 489, 662; interpretiert die ,Löwen' als Dämonen). Das würde die Vorstellung voraussetzen, dass von den Toten eine Bedrohung ausging. Der archäologische Befund der Eisenzeit in Juda widerspricht einer solchen Vorstellung, die nachexilisch geprägt zu sein scheint. Es liegt eher nahe, das Umsetzen der Torwächter von außen nach innen damit zu begründen, dass Außengestaltungen des Grabes vermieden werden mussten.
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tung der Gräber reflektieren das Verhältnis der Gemeinschaft zu den Toten. Medial zeigen die Lage der Gräber und deren „Unscheinbarkeit" an, dass die Toten eines Schutzes bedurften und dass dieser Schutz in der Verantwortung der Familie/Ortsbewohner lag. Die Zugehörigkeit der Toten zur Gemeinschaft drückt sich auch darin aus, dass die Gräber nicht abseits gelegen sind, sondern unmittelbar nahe und ohne Distanz, wie es erst später Vorschrift wurde, zur Siedlung angelegt wurden. Lediglich das Bestatten extra muros bedeutete eine gewisse Abgrenzung. Die Nähe der Gräber zur Siedlung und das verbreitete Wiederbenutzen von bronzezeitlichen Gräbern und das für die Nachbestattungen notwendige Öffnen der Gräber zeigen neben anderen Faktoren wie Wege und Werkstätten in Nekropolen an, dass man die Toten nicht fürchtete. 2. Die lokale Prägung der
Bestattungskultur
Als einen durchgängigen Aspekt der Bestattungskultur möchte ich herausstellen, dass die Bestattungskultur in Juda stark lokal geprägt ist. Dies hat sich dadurch ergeben, dass die jeweils ältere Bestattung am Ort durch die nachfolgende imitiert worden ist. Dass man sich so verhielt, wie sich der Vorgänger, Nachbar und Mitbewohner in gleicher Situation zuvor verhalten hatte, zieht sich als roter Faden durch alle Bereiche der Bestattungskultur der Eisenzeit in Juda. Dies setzt mediale Präsenz und materielle Kommunikation voraus. Sie konstituieren ein normatives Verhalten und ein Brauchtum. Man schaut zu und erlebt, wie ein anderer etwas macht und das macht man dann auch so oder so ähnlich. Damit bindet man sich in die kulturelle Identität der Gemeinschaft ein. Nun würde man erwarten, dass angesichts der ethnisch homogenen Trägergruppe der Israeliten in Juda die Bestattungskultur in Juda zumindest in den Siedlungsgebieten der Israeliten relativ uniform geprägt war, doch trifft das nur bedingt zu. Nicht eine großregionale Prägung, sondern eine stark lokale Prägung kennzeichnen die Bestattungskultur in Juda. 43 Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Ethnos und einer bestimmten Religion bildeten nur den Rahmen, während die Ausgestaltung individuell von Ort zu Ort wechselte. Das muss nicht verwundern, war doch das Bestatten Aufgabe der Familie und blieb eingebunden in die Ortsgemeinschaft. An einigen Beispielen soll verdeutlicht werden, wie sich diese lokale Prägung artikuliert und auf eine materielle Kommunikation rückverweist und bestimmte Elemente der Bestattung als medial wertet.
43
Ganz abgesehen davon halte ich es für unpassend, von einem „judäischen/israelitischen G r a b " als Typus zu sprechen.
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2.1. Die Wahl des Grabtyps Es lassen sich für die Eisenzeit in Juda folgende Grundtypen bei den Gräbern nachweisen: Grundsätzlich handelt es sich in Juda stets um Körperbestattungen. Bestattungen in Höhlen und Kammern 44 waren die Norm, während Erdgruben und ausgekleidete Senkgräber (Kistengräber), Bestattungen in Sarkophagen und Wannen alle nur in wenigen Beispielen bekannt sind. Die Bestattungen erfolgten entweder auf dem Boden der Höhlen/Kammern oder auf Grabbänken oder in hochgelegenen Wandnischen (Loculi). Der grundlegende Unterschied zwischen Bankgräbern und Loculusgräbern besteht darin, dass bei den Loculusgräbern die Grabkammer für rituelle Handlungen und für Beigaben ganz zur Verfügung steht, während bei den Bankgräbern die Bänke den Raum weitgehend füllen und nur einen schmalen Bedienungsgang freilassen. Jede der Grablegen (Bank oder Loculus) diente für eine Bestattung. In der Regel wurden die verblichenen Gebeine samt Beigaben später in das Repositorium, die Knochengrube, im Grab entsorgt, wenn die Grablege für die nächste Bestattung hergerichtet werden musste. Auf diese Weise konnte ein Grab auch mit nur wenigen Grablegen über lange Zeit als Familiengrab dienen. Eine Reihe von Gräbern ist durch ein oder mehrere Grabkammern erweitert, um mehr Grablegen zu schaffen. Bis auf die oben genannten Monolithgräber der Ost-Nekropole von Jerusalem sind alle Gräber in den Boden/Fels vertieft angelegt. 45 Die eisenzeitliche Bestattungskultur setzte zunächst spätbronzezeitliche Sitten fort. Dazu gehörte die Bestattung in Schachtgräbern, die große Höhlen bildeten. Die gesellschaftlichen Veränderungen führten aber dazu, dass man nicht mehr den überwiegenden Teil der örtlichen Bewohnerschaft in nur einer großen Grabhöhle bestattete, wo die Grabhöhle quasi eine Nekropole für sich bildete, sondern man legte familienbezogen kleinere Grabhöhlen an. Die Technik, Gräber auszuhauen, war schon in der Spätbronzezeit rückläufig. Den Siedlern im Bergland in der frühen Eisenzeit und der beginnenden Eisenzeit II war sie meist überhaupt nicht mehr bekannt und musste neu erfahren und erlernt werden. Dies erklärt die große Zahl sehr unterschiedlicher und mitunter wenig qualitätsvoller Variationen der Höhlen- und Kammergräber mit Wandioculi oder Grabbänken. Die Wahl des Grabtyps war nicht so sehr abhängig von geologischen Vorgegebenheiten oder den am Ort vorhandenen Baumaterialien, sondern von lokalen Traditionen. So setzten sich zunächst einmal Höhlengräber fort. Die Entwicklung hin zu dem für die Eisenzeit typischen Bankgrab erfolgte 44 Die Differenzierung zwischen Höhlen und Kammern ergibt durch die intendierte Rechtwinkligkeit der Grabräume bei den Kammern inklusive der Glättung der Decke. 45 Bestattung im Familiengrab, das Vertiefen der Gräber, die Körperbestattung an sich, die Haltung des Leichnams, das Bergen der Gebeine im Repositorium usw. böten weitere mediale Komponenten, auf die hier nicht breiter eingegangen werden kann.
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nicht über die so genannten Philistergräber von Teil el-Fär'a Süd 46 , wie oft behauptet worden ist, auch nicht über ägäische Einflüsse, sondern über örtliche Höhlengräber mit Felsabsätzen als natürlichen Bänken47 und im 10./9 Jh. über erste Versuche, einfachste Höhlen mit einer seitlichen Grablege auszuhauen, wie man das etwa in Lachisch 48 (Abb. 7) zeigen kann. Durch die seitliche Grablege ergab sich bei diesen Gräbern ein Langraum, der nach und nach zur Kammer mit intendierten rechtwinkligen Wandanschlüssen ausgestaltet wurde. Schon früh wurde daneben die Grablege an der rückwärtigen Wand des Grabes ausgehauen 49 , um im davor liegenden Grabgang Beigaben abstellen zu können. Die frühen Versuche, ein Neuanfang in der Grabarchitektur, wurden im 9. Jh. weiterentwickelt und mündeten in das annähernd quadratische Diwangrab (Abb. 8), den klassischen Grabtyp des 8./7. Jhs. 50 Ein zweiter Entwicklungsstrang ging von spätbronzezeitlichen Loculusgräbern aus und fand im 9. Jh. in der Nekropole von Tel 'Etün5i seine klassische Ausbildung. Ich bezeichne diesen Typ wegen der rechteckigen Form der Nischenbank nicht als Arkosolgrab, wie in der Forschungsliteratur üblich, sondern als „Quadrosolgrab" (Abb. 9). Besonders anfangs liefen Höhlen- und Kammergräber und Loculus- und Bankgräber zeitlich parallel nebeneinander her, aber oft lokal in bestimmter Abfolge, wie der Befund von Geser und Lachisch verdeutlicht. In Geser 52 wurden in der frühen Eisenzeit bis zu acht spätbronzezeitliche Höhlengräber weiter benutzt. Dabei herrschte der Loculustyp mit Nischenbänken vor (Gräber 9, 17, 59, 58) (Abb. 10). Im 10. Jh. versuchte man, bei den Gräbern 96 und 31 Bänke als Grablegen zu gestalten. Die irreguläre Form der Bänke zeigt noch an, dass man damit wenig vertraut war. Erst Grab 28 der Zeit nach 733 v. Chr. besaß mit der halbrund umlaufenden Grabbank hier eine befriedigende Lösung, die allerdings die Abhängigkeit von den umlaufenden Bänken des Diwangrabes nicht verleugnet. Zuvor hatte man im 9.1%. Jh. das Kammergrab übernommen und es teils als Loculusgrab wie Gräber 148, 149, teils als Bankgrab wie Gräber 142 und 150 46 WALDBAUM, Philistine Tombs; anders STIEBING, Teil el-Far'ah; RISSER, C h a m b e r Tombs. 47 Vgl. Bet-Schemesch Grab 11 (GRANT, Beth Shemesh, Plan S. 179), Tell en Nasbe Grab 32 u. 54 (MCCOWN, Teil en Nasbe, Abb. 19,1 u. Abb. 7). 48
G r a b 5 2 1 (TUFNELL, L a c h i s h I I I , T a f . 8 , 1 - 3 ) .
49
Vgl. Lachisch Grab 6006 (TUFNELL, Lachish III, Abb. 31); Tel Hallf Grab A (BiRAN-GOPHNA, Tel Halif, Abb. 2f.); Tell Bet Mirsim Grab 5 (BRAUN, Tell Beit Mirsim, Plan S. 9). 50 Vgl. die Nekropole von Bet-Shemesch (MACKENZIE, Ain Sems), wo ich 1991 zu den bekannten Gräbern zehn weitere des gleichen Typs entdeckte. 51
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MACALISTER, G e z e r .
'Eton.
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ausgestaltet. 53 Doch fand sich mit Grab 145 auch für diese Phase ein Höhlengrab und noch im späten 8./7. Jh. wurden Höhlengräber als Grabform gewählt (Grab 82), als längst das Diwangrab zum regionalen Standard geworden war. Was aus der Spätbronzezeit vorgegeben war und sich bewährt hatte, blieb die dominante Grabform am Ort. In Lachisch V A wurden seit dem mittleren 10. Jh. mittel- und spätbronzezeitliche Schachtgräber wiederbenutzt (Gräber 218, 223, 224) (Abb. 77). 54 Das setzte sich in Lachisch V B im späten 10. Jh. fort (Gräber 120, 1002, 4023). Während einige dieser Gräber über einen langen Zeitraum in Benutzung blieben, wurden in anderen nur einzelne oder wenige Bestattungen partiell hier und da in den Höhlen vorgenommen. Hinter der nur partiellen Belegung der alten Höhlengräber stand offenbar die Erfahrung der Instabilität dieser Höhlen, von denen Teile eingestürzt waren. Dem entsprachen frühe Vertiefungen von Senkgräbern in verschütteten bronzezeitlichen Gräbern (Gräber 547, 110, 4010, 6011). Eine andere Gruppe von Senkgräbern bildete über dem verschütteten spätbronzezeitlichen Grabentempel einen Erdgräberfriedhof des 10./9. Jhs., der einzige eisenzeitliche Friedhof dieser Bestattungsart in Juda, der aufgefunden und näher untersucht worden ist. 55 Die Probleme mit Zugänglichkeit und Instabilität der alten Gräber und deren nicht benötigter Größe und Verfüllung hat dazu geführt, neue Gräber auszuhauen (Abb. 12), von denen auf Grab 521 und Grab 6006 als frühe Bankgräber schon hingewiesen worden ist. Beide Gräber waren nur für zwei bis vier Bestattungen vorgesehen. Dagegen lag mit Grab 116 der gleichen Phase überraschend bereits eine Frühform des späteren Diwangrabes vor. 56 Dennoch blieben solche Kammergräber zunächst isoliert und wurden in Lachisch IV wiederum alte Höhlengräber für Bestattungen gewählt (Gräber 108, 230, 1004), unabhängig von den Urbanen und politischen Veränderungen der Stadt. Auch in Lachisch III wurden die bronzezeitlichen Höhlengräber weiter genutzt (Grab 569). Erst um die Mitte des 8. Jhs. traten mit den Gräbern 105, 106, 109 in Lachisch III dazu neue Kammergräber im Diwantyp, die dann auch in Lachisch II im 7./frühen 6. Jh. weiterbenutzt bzw. für neue Gräber gewählt wurden (Gräber 114, 4012). Sowohl der Typ des Kammergrabes an sich als auch die mehrräumigen Anlagen mit Diwangräbern in Lachisch III (Gräber 105, 106) könnten nach dem Vorbild von Gräbern in Jerusalem (Gräber bei St. Etienne) geschaffen
53
Für diesen Wechsel hat man neuen israelitischen Einfluss auf Geser angenommen. Das ist nicht auszuschließen. Doch bedürfen derartige ethnische Erklärungen deutlicherer Argumente, die stets sorgfältig zu überprüfen bleiben. 54 TUFNELL, Lachish III. 55 TUFNELL, Lachish III, 171-174, Abb. 19, Taf. 5. 56 TUFNELL, Lachish III, Umrissskizze Taf. 125.
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worden sein. Das lange Festhalten am Brauch der Wiederbenutzung alter Höhlengräber kennzeichnet wie in Geser die lokale Bestattungskultur. Diese exemplarische Befunddarstellung darf nicht den falschen Eindruck erwecken, in Juda liege ein fester Entwicklungsgang vom Höhlengrab zum Diwangrab vor. Schon das Festhalten an den Höhlengräbern bis in die letzten eisenzeitlichen Phasen in Geser und Lachisch zeigt, dass eine solche Entwicklung und Abfolge der Grabtypen viel komplexer darzustellen ist. So zeigen z.B. die Nekropolen von Jericho und Tel 'Etün zwei andere Befunde, bei denen das Diwangrab gar nicht übernommen worden ist. Die relativ geringe Bedeutung von Jericho in der Eisenzeit spiegelt sich auch in der Zahl von nur drei am Ort aufgefundenen Felsgräbern. Im 10. Jh. wurde eine frühbronzezeitliche Höhle wiederbenutzt (A 85). 57 Im späten 8. Jh. wurden offenbar zwei neue Höhlengräber ausgehauen (WH. 1 2). 58 Sie folgten in ihrer Rechteckgestalt zwar Kammern, doch blieb es bei der Bestattung auf dem Boden, nicht auf Bänken oder in Loculi. Auch fand sich kein Repositorium. War der Boden mit Bestattungen voll, erfolgten die nächsten Nachbestattungen einfach in einer Schicht direkt über den Skeletten der älteren Phase. Grab WH. 1 wies so fünf Lagen mit 146 Bestattungen insgesamt auf. Dies erinnert an bronzezeitliche Bestattungssitten, mit dem Unterschied, dass man in den bronzezeitlichen Gräbern die Altbestattungen oft zu den Rändern der Grabhöhle schob, um die Nachbestattungen im Zentrum oder nahe dem Zugang bestatten zu können. In Tel 'Etün war die ältere SW-Nekropole mit den Gräbern 1 - 3 von der Spätbronzezeit bis zum frühen 9. Jh. belegt worden 59 , die jüngere NO-Nekropole mit den Gräbern 4 - 9 für rund 100-150 Jahre von der Mitte des 9. Jhs. an. 60 Danach scheint die Siedlung aufgegeben worden zu sein. Beide Nekropolen lagen auf eigenen Hügeln gegenüber der Siedlung. Trotz der Verlegung vom SW zum NO blieb der Grabtyp, das Quadrosolgrab, von Anfang an durchlaufend unverändert. Dieser Grabtyp ist in Lachisch schon für die Spätbronzezeit belegt. Er trat in Tel 'Etün mit Grab 1 im 12. Jh. auf. Dabei ist zu beachten, dass dieses Grab ursprünglich aus einer kleineren, nahezu quadratischen Kammer mit Nischenbänken bestand, die erst sekundär nach Südosten zu einem Langraum mit fünf Nischenbänken erweitert wurde, das dann zum dominanten Typ wurde. Grab 3 zeigt noch die Herleitung aus dem Höhlengrab mit Loculi an (Abb. 13). Das Quadrosolgrab, als erste am Ort gefundene Grabarchitektur der Eisenzeit, blieb dann hier der bestimmende Grabtyp. Noch das jüngste Grab 9 aus dem 8.
57
TUSHINGHAM, Jericho TUSHINGHAM, Jericho 59 E D E L S T E I N et al., Teil 60 USSISHKIN, Tel 'Eton, 58
II, Abb. 252. II, Abb. 254f„ 262. 'Aitun, Abb. S. 86f. Tombs 1-4, Abb. 2, 5 - 7 .
126
Robert
Wenning
Jh. folgt diesem Typ. 61 Lediglich Grab 8 wich als Höhlengrab mit Loculi ab. 62 Auffällig ist die Größe der Gräber in Tel 'Etün. Die Repositoria zeigen, dass diese Gräber für Nachbestattungen angelegt waren und Familiengräber darstellten. Über die Art der Nutzung der großen Grabkammern gibt der archäologische Befund keine Auskunft. In Teil en-Nasbea wurden im 12.-9. Jh. vier frühbronzezeitliche Höhlengräber wiederbenutzt, von denen die beiden ältesten unregelmäßige Felsbänke besaßen (Gräber 32, 54), die beiden jüngeren einfache Höhlen (Gräber 29, 55) waren (Abb. 14). Dazu trat im 10./9. Jh. Grab 5 als neues Grab, das jetzt eine Kammerform aufwies und eine Mischform zwischen Loculus- und Bankgrab darstellt. 64 Die im 9., 8. und 7. Jh. ausgehauenen Gräber (14, 3, 15) gehörten zu den Diwangräbern. Die Bestattung in den beiden ältesten Höhlengräbern 54 und 32 setzte sich mit kurzen Unterbrechungen bis ins 7., respektive 8. Jh. fort und wurde keineswegs für die jüngeren Bankgräber aufgegeben. Grab 54 wurde somit über einen Zeitraum von rund 500 Jahren belegt. Das Nebeneinander unterschiedlicher Grabtypen und das Festhalten an bestimmten Gräbern erscheint charakteristisch. In Bet-Schemesch fanden sich in spätbronzezeitlicher Tradition zunächst das wiederbenutzte mittelbronzezeitliche Höhlengrab II 6 5 mit unregelmäßiger Felsbank in der Eisenzeit I (s.o.) und ab dem 10. Jh. das neue Höhlengrab l 6 6 mit zwei Loculi, bevor im 8. Jh. gleich 21 Diwangräber (Abb. 15) ausgehauen wurden, die nun die örtliche Bestattungskultur bestimmten. 67 Ähnlich stellte sich die Situation in el-Glb dar. Auf Grab 11, eine wiederbenutzte frühbronzezeitliche Doppelhöhle 68 , folgten im 7. Jh. 13 Diwangräber bzw. deren Varianten. 69 In der Eisenzeit II C war das Diwangrab offenbar regional so bekannt und wegen seiner Funktionalität akzeptiert, dass es lokal bei neu ausgehauenen Gräbern als Grabtyp gewählt wurde, sofern nicht am Ort andere Traditionen dominierten. Das galt auch für Jerusalem, wo als älteste eisenzeitliche Gräber die der Nordwest-Nekropole 70 am Tempelberg aus dem 10./9. Jh. zu nennen sind, die phönizische Vorbilder haben und vielleicht 61 Sogar noch ein Grab spätrömischer Zeit folgt diesem Typus: USSISHKIN, Tel 'Eton, 123, Abb. 11. 62
USSISHKIN, T e l ' E t o n , Abb. 7.
63
Tell en Nasbe, 7 7 - 1 0 0 , Iron Age Tombs. MCCOWN, Tell en Nasbe, Abb. 8. GRANT, Beth Shemesh, Abb. S. 179 (hier Abb. 7a).
64 65 66
MCCOWN,
MACKENZIE, Ain S e m s , T a f . 4.
67
MACKENZIE, Ain Sems, Taf. 5-11. Die von mir neu entdeckten Gräber sind noch unpubliziert. 68
ESHEL, G i b e o n , Abb. 11.
69
ESHEL, G i b e o n , A b b . 2 - 1 0 ,
70
MAZAR/MAZAR, Temple Mount, 49-55.
12-14.
„Medien"
in der Bestattungskultur
im eisenzeitlichen
Juda?
127
wie die spätere Ost-Nekropole eine Besonderheit darstellen (Abb. 16).71 Diese Nekropole scheint durch die Ost-Nekropole abgelöst worden zu sein. Der Grabtyp ist weder in Jerusalem noch sonst wo in Juda danach wieder aufgegriffen worden. Im späten 8./7. Jh. fanden sich dann auch in Jerusalem Diwangräber, von denen die besonderen Gräber wie die bei St. Etienne wegen der Bezüge zur Ost-Nekropole schon oben besprochen worden sind. Daneben gab es aber auch „alltägliche" Diwangräber. 72 Diese Hinweise mögen genügen anzuzeigen, dass es von Ort zu Ort in variablen Grundmustern ganz unterschiedliche Traditionslinien und Entwicklungen gegeben hat. Dem neu entwickelten Bankgrab stand man z.B. in unterschiedlicher Weise gegenüber, band es als Kammerform oder als umlaufende Grablege ein, übernahm es vollständig und oft dann zeitgleich in einer ganzen Anzahl von Gräbern, oder negierte es, um beim alten, überkommenen Grabtyp zu bleiben. Die Wahl des Grabtyps scheint abhängig von lokaler materieller Kommunikation und eingebunden in das lokale kulturelle Identitätssystem. Den Gräbern kommt damit Medialität zu. Dies geht aber über die Lage und den Grabtyp noch hinaus, wie der nächste Abschnitt zeigen soll. Der Grabtyp als medialer Marker einer kulturellen Identität funktioniert zunächst nur auf der lokalen Ebene. Schaut man nämlich auf die Verbreitung der Grabtypen in Palästina insgesamt, so sind z.B. Bankgräber kein typisch israelitisches Spezifikum. Es gibt sie auch in anderen Kultursystemen. Daher ist für die Interpretation der Trägergruppe der Befund der Bestattung gewichtiger. Hier sind die Unterschiede selbst zwischen den benachbarten Kulturkreisen deutlicher als bei den Grabtypen; man vergleiche nur die „geschlossenen Befunde" von Gräbern im judäischen Bergland etwa mit solchen an der Küste Palästinas oder im Ostjordanland. 2.2. Die Wahl der Beigaben Vorab sei skizziert, was überhaupt an Beigaben im Grab üblich war. Man unterscheidet zwischen der Trachtsitte und den eigentlichen Beigaben. Zur Trachtsitte gehören zunächst alle am Körper des Leichnams befindlichen Objekte. Die Toten wurden bekleidet (Gewand, Mantel, keine Mumienbindung) bestattet; davon haben sich Gewandnadeln und -fibeln, selten Gürtelschnallen erhalten. Arm- und Fußreifen aus Bronze oder Eisen, oft schwere, paarweise getragene Reifen (Abb. 17), waren relativ verbreitet, ebenso Ohr- und Fingerringe. Perlenketten, Halsketten mit Anhänger, mit Siegeln 71 Auch dies wäre wieder ein Aspekt, der verdiente, breiter dargestellt zu werden, z.B. was die Übernahme eines phönizischen Typs mit Altaraufbau(?), was die Lage gegenüber dem Tempelberg medial ausdrückte, usw. 72
V g l . MAZAR, D a m a s c u s G a t e , A b b . 1 - 2 ; DAVIS/KLONER, B u r i a l C a v e , A b b . S. 17;
KLONER, B u r i a l C a v e s , A b b . 2, 8 - 9 , 11.
128
Robert
Wenning
und weniger häufig mit ägyptischen oder lokalen Amuletten vervollständigten das mögliche Repertoire an „Schmuck", dem vorwiegend apotropäische Schutzfunktion zukam. Sodann waren ein Messer aus Eisen und/oder ein Pfeil mit Bronzespitze beigelegt, jedoch keine vollständige Ausrüstung wie bei Kriegergräbern anderer Kulturen. Abgesehen von Kosmetik-Objekten sind andere Kleinfunde wie Gewichtskugeln und Wirtel oder persönliche Gegenstände des Toten, die man der Trachtsitte zuordnet, selten. Die weiteren Objekte rechnet man der Beigabensitte zu, überwiegend Gefäße aus Ton und seltener aus Stein, Metall, Elfenbein und Glas. Sie waren um den Leichnam oder am Boden der Grabkammer aufgestellt. Eine besondere Gruppe bilden Tonstatuetten {Abb. 18), die die familiäre Schutzgottheit repräsentieren, als Gott oder Göttin und deren Substitute (Tiere), und Miniaturmöbel von Sitzen und Liegen, um die Gottheit zum Verbleiben im Grab zu bewegen, und Rasseln (Tonspule mit eingeschlossenem Tonklümpchen), um die Aufmerksamkeit der Gottheit zu erwecken oder eine besondere Schutzsphäre um den Toten zu schaffen. Bei den Gefäßen kommen überwiegend Vorrats- und Trinkgefäße vor {Abb. 19), die teilweise zu Sets zusammengestellt waren, wie z.B. ein großes Vorratsgefäß für Wasser {storage jar), dazu eine Schale {bowl) und ein Schöpfkännchen (juglet) oder eine Weinkaraffe {decanter, pilgrim flask) bzw. ein Bierkrug {beer-jug) mit einer Schale und einem Kochtopf usw. Selten bleiben rituell verwendbare Gefäße wie Kelchschalen, Räuchertassen und figürliche Libationsgefäße. Quantität und Qualität (besondere Materialien, „Feinkeramik", Importe) der Beigaben waren eine Möglichkeit in der allgemein egalitären Bestattungskultur individuell statusbezogene Unterschiede zu markieren. Die Bestattungen im Familiengrab selbst erfolgten für Männer, Frauen und Kinder in gleicher Weise; es gab auch keine Trennung von Männern und Frauen. Was hier als mögliche Beigaben zusammengefasst ist, darf man nicht erwarten, in den Gräbern in dieser oder annähernder Vollständigkeit vorzufinden, üblicher sind fragmentarische Ausschnitte aus dem möglichen Repertoire. Auch hinsichtlich der Quantität der Beigaben könnten Publikationen der Gesamtinventare eines Grabes (die Familiengräber dienten ja über längere Zeit zur Bestattung) zur Vorstellung von ziemlich vielen Beigaben führen. Das trifft aber in der Regel nicht zu, eher bilden sich kleinere „Standards" von etwa 5 - 7 Gefäßen und 1 - 3 Schmuckteilen pro Bestattung heraus. Sie machen meist ein funktionales Ensemble aus (Wasserkrug, Schale als Abdeckung, Schöpfkännchen, Trinkschale, Kochtopf, Lampe und Ölkännchen). Doch sind auch Beigaben von einzelnen oder wenigen Gefäßen belegt. Vor allem scheinen bei Senkgräbern weniger Beigaben mitgegeben worden zu sein. Da die Qualität der Beigaben oft groß ist, sind dies keine Armengräber, aber der verfügbare Raum für Beigaben war natürlich wesentlich geringer als auf Grablegen in Höhlen und Kammern. Die
„Medien"
in der Bestattungskultur
im eisenzeitlichen
Juda?
129
Quantität der Beigaben war offensichtlich für das „Gelingen" der Bestattung unerheblich. Die vorangehenden Aussagen sind in vielfacher Weise für die Anfragen nach Medien und Kommunikation auswertbar, von denen hier nur einige Aspekte angesprochen werden. Dadurch dass gesehen wurde, was man ins Grab verbrachte, waren diese Objekte für eine Kommunikation existent, auch wenn das Grab geschlossen worden war und die direkte Kommunikation nicht mehr gegeben war, da die Adressaten „außen vor" blieben. Entscheidend war, dass die Beigaben und die Bestattung den „geschlossenen Befund" erzeugten, der dann medial vermittelte, dass die Bestattung ordnungsgemäß und den Vorstellungen und Normen der Gesellschaft entsprechend durchgeführt war. Dass ferner eine gedachte Kommunikation zwischen den Bestattern, dem Toten und der Familienschutzgottheit stattfand, wird man ebenfalls zu erwägen haben; dafür sprechen Libationsgefäße, Rasseln und die Tonfigurinen, ohne dass sich irgendwo ein Anhalt für Totenkult/Totenverehrung in Juda ergibt. Wo Figurinen in Gräbern nicht vertreten sind, mag man durch Gebete und Anrufungen in ähnlicher Weise mit der Gottheit kommuniziert haben. Die Tonfigurine der Schutzgottheit signalisierte medial Präsenz und Schutz durch diese Gottheit. Die Medialität wird noch deutlicher bei den Miniaturmöbeln, wie schon angedeutet. Die bestattende Familie überträgt den Schutz des Toten der Mitverantwortung der Familiengottheit permanent im Grab, wo sie nicht mehr präsent sein kann. Dies ist ein besonders starker Ausdruck des Schutzes, aber keine Herausnahme aus der generellen Verantwortung der Familie dem Toten gegenüber; denn auch in Gräbern mit Figurinen sind alle weiteren Beigaben wie bei anderen Bestattungen auch vorhanden. Die Häufung von apotropäischen Objekten in der Trachtsitte verweist darauf, dass die Toten als gefährdet galten, dass man sie durch diese Objekte beschützen wollte. Diese Objekte signalisierten medial Gefährdung und Schutz, sie signalisierten zugleich der Gemeinschaft, die bestattende Familie hat auf diesen Schutz geachtet, dieses verstorbene Mitglied der Gemeinschaft ist beschützt. Die Gefäßbeigaben erklären einen anderen Aspekt. Der Tote galt noch als Person, galt als versorgungsbedürftig, wozu er selbst nicht in der Lage war. Also hatte seine Familie dafür Sorge zu tragen, dass er erhielt, was man für nötig erachtete. Das waren Wasser, Wein und vermutlich Früchte. Gelegentlich sind Knochenreste von Tierspeisen festgestellt worden; parallel dazu sind die Kochtöpfe zu sehen. Oft scheint es jedoch, dass die Gefäße aufgrund ihrer Funktion bereits ausreichten, eine solche Versorgung des Toten anzuzeigen und zu gewährleisten. Diese Versorgung galt nicht einem dauerhaften Leben im Grab oder einer Jenseitsreise und einem Leben im Grab, sondern bezog sich auf eine Art Existenzsicherung des Toten im Grab für die Übergangsphase seiner „personalen Anwesenheit", d.h.
130
Robert
Wenning
bis zu Zerfall des Leichnams. Das erhellt u.a. aus dem Vergleich zwischen Grabinventar und dem Standardinventar eines Haushaltes. Im Detail kommt den einzelnen Versorgungsgaben sicherlich Eigenbedeutung zu, Wasser, Brot, Wein, Früchte etc., wobei damit alltägliche Versorgung oder aber auch Teilnahme an Festlichkeiten ausgedrückt sein mögen. Doch wird man vorsichtig bleiben sollen, aus atl. Beschreibungen der Scheol als finster, trocken usw. diese Beigaben erklären zu wollen. Das Grab ist nicht die Scheol. Nur metaphorisch dient das Grab in atl. Texten als Bild der Todesgefährdung und des Jenseits. So dienten Lampen in Gräbern oft dazu, die unterirdischen Kammern für die Reinigung der Grablege und die nachfolgende Bestattung zu beleuchten, da durch die Eingangsöffnung nur wenig Licht in die Grabkammer fiel. Während der Bestattung mag man zu Ehren der Gottheit eine Lampe entzündet haben. Aus pragmatischen Gründen blieben im Grab nach der Bestattung keine Lampen brennen, damit nichts in Brand geriet und sich die entstehenden Gase nicht entzünden konnten. Das schließt nicht aus, dass medial die Lampe Licht kommunizierte und eine Geborgenheit des Toten in diesem Licht. Die Vorstellung der imaginären Helligkeit im Grab mag auch beinhaltet haben, dass der Tote nicht vom Licht und von der Gesellschaft ausgeschlossen bleiben sollte. Nichts weist jedoch darauf, dass die Lampe dem Toten im Jenseits leuchten sollte oder ihm gar als Zeichen einer Auferstehungshoffnung mitgegeben wurde. Solche Überlegungen treffen für die Eisenzeit in Juda nicht zu. Die Lampe ist kein „ewiges Licht"; hier würde man unsachgemäß moderne und christliche Vorstellungen eintragen. Die lokale Prägung der Bestattungskultur zeigt sich ein weiteres Mal deutlich, wenn man den Blick auf die Bestattungen selbst lenkt, bei denen noch stärker als beim Grabbau individuelle Ausformungen durch die bestattende Familie möglich waren. Das betraf die Quantität, die Selektion und die Qualität der Beigaben. Auch hier kann demonstriert werden, dass sich ein bestimmtes ortstypisches Verhalten entwickelte. Entscheidend war, welche Ausstattung die früheste eisenzeitliche Bestattung am Ort erhalten hatte. Diese wurde in der Regel imitiert. Dabei bildeten sich örtlich ganz unterschiedlich Beigabenrepertoires heraus. Um das konkret zu verdeutlichen und zu belegen, vergleiche ich exemplarisch und vereinfacht die Inventare vorwiegend ungestört aufgefundener Gräber von Bet-Schemesch, Ed Daheriye, Teil en-Nasbe, Lachisch, Jericho und Tel Halif, ergänzt um einige weitere Befunde. Selten ist die Beigabensitte so gut rekonstruierbar wie für die von Mackenzie ausgegrabenen Gräber von Bet-Schemesch dank der von ihm getreu gezeichneten „Steinpläne". 73 73
MACKENZIE,
Ain Sems.
„Medien " in der Bestattungskultur Grab
bowl
ges.
jar
im eisenzeitlichen
storage
cooking
jar
pot
Juda?
131
juglet
lamp 74
1
118
8
17
2
92
12
20
1
2
34
15
23
7
109
18
28
3
2
15
43
8
165
20
49
1
2
24
69
Diese Liste scheint insofern etwas irreführend, weil sie das Gesamtinventar darstellt, nicht das der einzelnen Bestattung, bei der man aber zu vergleichbaren Beobachtungen kommt, etwa Grab 7
bowl
jar
östl. Bank
5
5
westl. Bank
5
1
de-
storage
cooking
canter
jar
pot
8
2-3
9
1
juglet
lamp
9
14
2
18
Wichtig ist, dass das Spektrum der Beigaben bei allen Gräbern gleich ist. Datieren die Gräber 2, 7 und 8 ins 8. Jh., so das Höhlengrab 1 ins 10.-8. Jh. Dieses Grab setzt quasi die Eckkoordinaten für das Beigabenrepertoire. 74 Krüge ijars) und Lampen sind in Bet-Schemesch besonders zahlreich beigegeben worden. Bei den Krügen des 8. Jhs. sind es vor allem decanter. Die hohe Anzahl der Lampen ist deshalb auffällig, weil sie nicht funktional erklärt werden kann. Zwar fanden sich auch bei den Gräbern in Bet-Schemesch Lampen zur Beleuchtung auf den Eingangsstufen und auf dem Boden, zumeist jedoch zu Stapeln getürmt auf den Grablegen als Beigaben. Ein befriedigender Grund für die große Zahl der Lampen ist nicht erkennbar, es sei denn, man denkt daran, hier sei die Brenndauer der einzelnen Lampe bedacht worden, so dass viele Lampen „virtuell" eben eine lange Gesamtdauer der Beleuchtung des Grabes ausmachten. Vergleicht man mit dem Gefäßrepertoire der Gräber von Bet-Schemesch das aus dem Loculusgrab 1 von Ed Daheriye, dann findet man hier nur einen Krug und 10 Lampen. Angesichts mehrerer Bestattungen im Loculus ist nur einer von ihnen ein Krug beigegeben worden und nicht alle Bestattungen haben eine Lampe erhalten. Was also in Bet-Schemesch üblich geworden war, hat für diesen Ort keine Relevanz. Grab 1
ges. 66
bowl 15
chalice 2
jar
storage jar
juglet
1
3
22
lamp 10
74 Das würde sich vielleicht noch deutlicher abzeichnen, wenn der Befund von G r a b 1 nicht durch neuzeitliche Raubgrabung gestört aufgefunden worden wäre, während die drei anderen Gräber so gut wie ungestört ausgegraben werden konnten.
132
Robert
Wenning
Im Inventar der Gräber von Teil en-Nasbe sind dagegen bei den frühen Gräbern 32 und 54 deutlich mehr Vorratskrüge angeführt, auch wenn zu beachten bleibt, dass diese Gräber über einen langen Zeitraum belegt worden sind. Daneben kehrt hier die hohe Anzahl von Krügen, Krüglein und Lampen wieder, die in Bet-Schemesch beobachtet worden ist. Grab
ges.
bowl
5
222
50
29
63
13
32
314
47
54
220
32
kra-
cha-
ter
lice
jar
cooking
jar
pot
juglet
41
3 8 4
storage
9 8
lamp 62
66
14
1
144
10 11
43
3 2
20
15
166 87
58 33
In dem mit den Diwangräbern in Bet-Schemesch gleichzeitigen Grab WH. 1 aus Jericho war kein einziger Vorratskrug vorhanden und nur wenige Lampen. Grab
ges.
bowl
cha-
jar
cooking
lice WH. 1
110
37
1
juglet
lamp
pot 30
1
37
2
Das frühe, ungestörte Grab A von Tel Hallf besaß zwar auffällig viele Krüglein, aber ebenfalls keinen einzigen Vorratskrug und auch von den übrigen neun Gräbern der Nekropole enthielten nur die Gräber 6 und 16 einzelne Vorratskrüge. Grab
ges.
bowl
cha-
jar
cooking
lice A
138
10
1
juglet
lamp
pot 18
1
66
42
Viele Vorratskrüge weist auch das gestörte Grab 2 aus Betlehem auf, zudem einige Kochtöpfe. Grab 2
ges. 160x
bowl 31x
chalice 2
jar 31x
storage
cooking
jar
pot
8x
5
juglet 37
lamp 46
Noch auffälliger ist die hohe Zahl der Vorratskrüge bei dem älteren Grab 1 von Tel 'Etün, wohingegen die geringe Anzahl der Krüglein abweicht; das dann auch bei den nachfolgenden Gräbern am Ort der Fall ist.
„Medien" Grab 1
ges. 158
in der Bestattungskultur
bowl 43
krater
im eisenzeitlichen
chalice
11
jar
13
Juda?
storage
cooking
jar
pot
15
x?
23
133 juglet 5
lamp 48
Eine Besonderheit der Gräber 106, 120 und 1002 von Lachisch sind die Kochtöpfe, die hier in größerer Stückzahl (14, 8, 27) gefunden wurden. Auch in Bet-Schemesch scheint fast jeder Bestattung ein Kochtopf zur Versorgung des/der Bestatteten beigegeben gewesen zu sein. Dagegen fand sich bei den 146 Bestattungen in Grab WH. 1 aus Jericho nur ein einziger Kochtopf, ebenso in Grab A von Tel Hallf, nicht aber in den übrigen Gräbern am Ort; auch Grab 1 von Ed Daherlye enthielt keinen Kochtopf. So sehr bei diesen Auswertungen auch immer zeittypische Entwicklungen bestimmter Gefäßtypen zu beachten sind, bleiben doch auffällige Konzentrationen einzelner Gefäßtypen in den Gräbern eines Ortes bzw. ihr Fehlen andernorts signifikant, ohne dass diese Quantitäten sich anders erklären lassen als durch Nachahmung; denn eine sinnvolle funktionale Erklärung ergibt sich in den meisten dieser Fälle nicht. Entsprechende lokale Eigenarten ließen sich auch bei den nichtkeramischen Beigaben aufzeigen. 75 Dafür sei als Beispiel die Objektverteilung in den Erdgräbern von Lachisch angeführt. Jeder Bestattung war etwas beigegeben. Armreifen und Perlenketten begegnen am häufigsten. Fußreifen und Siegel kommen nur im 100-Friedhof, Waffen als Beigaben nur im 4000Friedhof vor. Grab
Datierung
Fußreif
Arm-
Sie-
Per-
Kauri-
reif
gel
len
muscheln
1
2
12
10
54
6
110
spätes 10. Jh.
4
147
10./9. Jh.
4
160
10./9. u. 8. Jh.
189
spätes 10. Jh.
191
10./9. Jh.
193
spätes 10. Jh.
2
194
spätes 10. Jh.
1
236
sp. 10.-8. Jh.
1
4002
9. Jh.
4010
sp. 10./9. Jh.
4026
8. Jh.
4027
8. Jh.
Waffen
1 1 1 5 1
1 53
1 1
4
2 1
75 Vgl. auffällig viele Amulette in Bet-Schmesch Grab 1 und viele Waffen (Pfeilspitzen) in Bet-Schemesch Grab 8 und Lachisch Grab 106 oder ungewöhnlich viele Arm- und Fußreifen in Grab A von Tel Halif.
134
Robert
Wenning
Auch wenn das Bestatten Aufgabe der Familie war, nahm die Ortsgemeinschaft, zumindest ein Teil von ihr, an der Bestattung teil und nahm dabei sehr genau wahr, wie das Grab gestaltet und hergerichtet war, wie die Bestattung erfolgte, was an Beigaben ins Grab kam, wie sich die Hinterbliebenen verhielten usw., und genau das machte derjenige, der dann als nächster seine Angehörigen bestatten musste. Dies war ihm wichtig und war Ausdruck seiner Identität, der Zugehörigkeit zu seiner Gemeinschaft. Teilnehmen, sehen, nachmachen und weitergeben bildeten so die Interaktionen innerhalb der Gemeinschaft und führten zur Herausbildung von normativem Verhalten und Brauchtum. Die Interaktionen artikulierten sich überwiegend in einer materiellen Kommunikation. Dies setzt voraus, dass die Gräber und die Bestattungen in all ihren Nuancen („geschlossener Befund") insgesamt als „Medien" genutzt werden konnten. Genauso wie man gesellschaftlich verpflichtende Normen der Bestattungskultur und deren lokale Ausformungen übernahm, verbaten sich von selbst andere, nicht statthafte Formen. So kann in der Eisenzeit in Juda nicht eine einzige Brandbestattung nachgewiesen werden, anders als z.B. für die Küstenebene Palästinas in dieser Zeit. 76 Es sind auch keine Krugbestattungen und Urnenbestattungen nachgewiesen. Die Verbrennung als Akt der physischen Vernichtung einer Existenz widersprach israelitischen Grundwerten. Neben den Traditionen standen dahinter Abgrenzungen der Ethnien zu benachbarten kulturellen Systemen. Solche Abgrenzungen wurden je nach zeitlichen Kontexten und Bevölkerungsstraten nicht immer durchgehalten, wie einerseits die skulpturale Ausstattung von Grab 4 in Tel 'Etün, andererseits das Vorkommen intramuraler Bestattungen in Wannensarkophagen 77 nach assyrischer Art zeigen, die als Ausnahmen an vier Orten in Juda (Teil en-Nasbe, Jerusalem, Manahat, Tel Halif) begegnen, als Juda unter assyrischer Dominanz stand. Die Bestattungskultur reflektiert somit in der materiellen Kommunikation auch kulturelle Identitäten.
76
BIENKOWSKI, C r e m a t i o n .
77
ZORN, Mesopotamian Burial Practices.
Medien"
in der Bestattungskultur
im eisenzeitlichen
Abb. 2
Juda?
136
Robert
Wenning
Abb. 4
Medien"
in der Bestattungskultur
im eisenzeitlichen
Juda?
137
138
Robert
Wenning
Abb. 7b
Medien"
in der Bestattungskultur
im eisenzeitlichen
luda?
139
140
Robert
Wenning
SBZ-EZ I
EZ I I A
96
3.1
as
EZ I I B
142
149
150
EZ II C 82
28 Abb. 10
Medien"
1004
230
in der Bestattungskultur
im eisenzeitlichen
108
569
Abb. 11
Juda?
141
Robert
521
Wenning
116
6006 III-II
106
109 Abb. 12
4012
114
Medien"
in der Bestattungskultur
Abb. 14
im eisenzeitlichen
Juda?
143
Robert
Wenning
Grab 3
Grab 4
Grab 5
Grab 6
Grab 8
Grab 7
ßet
Schemesch Abb. 15
Grab g
Abb. 17
146
Robert
Wenning
Abb. 18: Lachisch
Tonstatuetten
Medien" in der Bestattungskultur
im eisenzeitlichen
13
Tel Hallf Grab A I - 3 Schalen 4 Kelchschale 5 Karaffe 6 Kanne 7 einhenkliger Krug 8 Kochtopf 9 Ölnachfüllkännchen 10 Lampe I I - 1 2 Schöpfkännchen 13-14 Fußreifen, Bronze
Abb. 19
Juda?
148
Robert
Wenning
Abbildungsverzeichnis Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.
1: 2: 3: 4: 5: 6: 7: 8: 9: 10: 11: 12: 13: 14: 15: 16: 17: 18: 19:
Jerusalem, Ost-Nekropole Grab 3 Jerusalem, Nord-Nekropole Grab 1 (St. Etienne) Jerusalem, West-Nekropole Gräber 13-14 Jerusalem, Nord-Nekropole Grab 5 Jerusalem, Nord-Nekropole Grab 2 (St. Etienne) Jerusalem, Ketef Hinnom Grab 24 Bet-Schemesch, Grab 11; Lachisch Grab 521 Bet-Schemesch, Grab 8 Tel 'Etün, Grab 5 Geser, Tabelle eisenzeitlicher Gräber Lachisch, Tabelle eisenzeitlich wiederbenutzter Höhlengräber Lachisch, Tabelle eisenzeitlicher Kammergräber Tel 'Etün, Grab 3 Tell en Nasbe, Tabelle eisenzeitlicher Gräber Bet-Schemesch, Tabelle der Diwangräber M A C K E N Z I E Jerusalem, Nordwest-Nekropole Grab 7084 Lachisch, Erdgrab 147 Grabbeigaben, Tonstatuetten Lachisch Grabbeigaben, Tongefäße Tel Halif Grab A
Folgende Abbildungen wurden vom Verfasser erstellt: Abb. 7b, 10-12, 14-15. Die übrigen Abbildungen sind folgenden Publikationen entnommen: Abb. 1: U S S I S H K I N , Silwan, Abb. 29,1.6; Abb. 2: USSISHKIN, Silwan, Abb. 190; Abb. 3: BROSHI/BAR-
KAY/GIBSON, Bestattungshöhlen, Abb. Seite 19; Abb. 4: MAZAR, Damascus Gate Abb. 2 u. Taf. 2c; Abb. 5: USSISHKIN, Silwan, Abb. 189; Abb. 6: BARKAY, Priestly Benediction, Abb. 3; Abb. 7a: GRANT, Beth Shemesh, Abb. Seite 179; Abb. 8: MACKENZIE, Ain Shems, Taf. 10; Abb. 9: U S S I S H K I N , Tel 'Eton, Abb. 5; Abb. 13: E D E L S T E I N et al., Tel 'Aitun, 87; Abb. 16: B. MAZAR, The Excavations in the Old City of Jerusalem Near the Temple Mount. Preliminary Report the Second and Third Seasons 1969-1970, Jerusal e m 1 9 7 1 , A b b . 1 5 , 3 ; A b b . 17: TUFNELL, L a c h i s h III, T a f . 5 , 2 ; A b b . 18: TUFNELL, L a -
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Language Gaps in Roman Palestine and the Roman Near East* von HANNAH M . COTTON
1. Introduction Whereas this entire paper will attempt to explain what I mean by 'language gaps', I should confess right from the start that 'Roman Palestine' in my title is a bit of a red herring: Palestine has always been, and remains so to this day, a vague and a far from uncontested concept; territories which may now be considered to be part of Palestine were in the period under discussion parts of the Roman provinces of Syria and Arabia, and the Roman province of Palestine never corresponded to any modern definition of the term. In any case precise borders are not terribly relevant to the present discussion; I wish to touch on linguistic phenomena common to many other parts of the Roman Near East. 1 1 do not pretend here to do more than raise questions, examine the nature of our evidence and with the help of examples outline or merely adumbrate possible answers. Here as elsewhere we face the same difficulty of having to rely on the direct or implied evidence of our written record as the sole evidence for the spoken languages. 2 Not infrequently these written sources, sometimes * The ideas in this paper were formed and developed during a year spent at the Institute for Advanced Studies in Jerusalem as a member of a research group called 'Greeks, Romans, Jews and Others in the Near East from Alexander to M u h a m m a d : "A Civilization of E p i g r a p h y ' " . I owe a great debt to members of the group: Leah Di Segni, Robert Hoyland, Ernst Axel Knauf, Shlomo Naeh, Jonathan Price, Marijana Ricl, Seth Schwartz, and especially to David Wasserstein. I also wish to thank Werner Eck for insightful observations on my draft. 1 In recent years the Roman Near East has come into its own. Above all one should mention FERGUS MILLAR'S Roman Near East and a series of articles which will constitute volume III of MILLAR'S Rome, the Greek World, and the East; see also a review article by KAIZER, Near East. 2
C f . BAGNALL, E g y p t , 2 4 0 - 2 4 1 ; MACDONALD, R e f l e c t i o n s ,
176-178.
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not inadvertently, hide the spoken language from our sight or obfuscate our vision. Granted that it may be impossible to revoke the irrevocable, nonetheless one should be aware of questionable assumptions and unfounded modern constructs on the subject of spoken languages. Perhaps we can get nearer to the truth by eliminating some misconceptions. Inscriptions seem at first sight to hold better promise for demonstrating the gap - or perhaps suggesting ways to close it - between spoken and written languages. However, historians using epigraphic material as their daily bread, have been quick to point out the inherent optical distortion of the original linguistic map of the Roman Empire as a whole, and the Roman Near East in particular, caused by the evidence of the inscriptions themselves - a distortion which works in favour of the imperial languages, Latin and Greek, with their entrenched epigraphic habits, and against the spoken vernacular languages which often left no written record at all. Furthermore, the written record itself is hardly representative of reality since the material on which inscriptions were written determined their survival or conversely their extinction. The Memorialepigraphik meant to transcend the 'here and now' and be present for posterity was inscribed on durable materials. It thus stood a far better chance of surviving than the ephemeral epigraphy whose sole aim was to be understood by the people living then and there, to take effect in their 'here and now', and which was consequently written on perishable materials. Inscriptions written on the latter no doubt far outnumbered those of the memorial epigraphy, and better documented the spoken languages at any given place and time. 3 The apparent implication of the foregoing observations 4 is that the survival of that ephemeral epigraphy would have left us a more accurate picture of reality as it was then in that it would have 'given voice' to the spoken languages. This assumption can be shown to be patently false; it fails to take into account several important factors which have nothing to do with optimal physical conditions for survival. Even when it managed to survive, the ephemeral epigraphy, that written on papyri for example, may not attest faithfully the languages spoken in the place where such documents were written. This is certainly true of the materials with which I have been occupied in the last decade, namely the legal papyri from the Judaean Desert. True, these documents may not be as representative of ephemeral epigraphy as graffiti, yet they were not intended to survive for the benefit of an anonymous future audience like the memorial epigraphy. I see no need to apologize for assigning a central place to these papyri for I regard them as pre-eminently representative of the sort of linguistic gaps
3 4
See ECK, Inschriften auf Holz; idem, Lateinische Epigraphik. Such reflexions can be found for example in ECK, Presence of Latin.
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which I am trying to explore here, namely those between written and spoken languages. A few words on this group of papyri are necessary.
2. Legal papyri from the Judaean Desert and other places The explanation for the presence of the documentary material found in the caves of the Judaean Desert lies in the two Jewish revolts against Rome: the so-called Great Revolt of 66-70 CE and the Bar Kokhba revolt of 132— 136 CE. 5 The upheavals caused by the two revolts drove scores of Jews from their homes in the provinces of Judaea and Arabia and made them hide their documents, mostly legal documents, in the caves of Wadi Murabba'at, Nahal Hever, Nahal Se'elim (Wadi Seiyal), Nahal Mishmar, Nahal David (Wadi Sdeir), in two caves near Jericho, and in a cave above Ein Gedi. 6 The material spans a period of just over 70 years (ca. 60 to 132 CE), and the great majority of the documents were written by, or at least involve, Jews. The people attested in the documents belong to a village society at a time when the bulk of the population in this area consisted of village dwellers, and the papyri, like others from elsewhere in the Roman Near East, thus reflect the legal habits of the otherwise silent majority. 7 The legal documents from the Judaean Desert were composed in Jewish Aramaic, Nabataean Aramaic, Greek and Hebrew. The choice of language was determined by tradition and, as we shall see, also by utilitarian considerations. Up to a point Aramaic was the natural choice, not necessarily because it was the spoken language in the area - which cannot be proven even if probable - but because this was the language of legal documents from time immemorial in this part of the world. 8 Most of the legal documents from the Judaean Desert are written in Aramaic, whether Nabataean Aramaic or Jewish Aramaic. 9 I would like to mention here in brackets the use of Hebrew in legal documents, since, as argued elsewhere, this is found only during the two revolts - I suppose as a kind of nationalist manifesto: to advertise the ide-
5
On the Bar Kokhba revolt see now SCHAFER, Bar Kokhba. For surveys of the publications of papyri from the Judaean Desert see above all COTTON, Papyrusdokumente; eadem, Documentary Texts; COTTON/COCKLE/MILLAR, Papyrology. 7 See COTTON, Guardianship. 8 See above all MUFFS, Studies; cf. observations in BICKERMANN, Legal Interpretations, LEVINE, Origins; Jews and Nabateans; WASSERSTEIN, Marriage contract; IDEM, Non-Hellenized Jews. 9 On the Aramaic dialects see GREENFIELD/NAVEH, Hebrew and Aramaic. 6
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ology of the now independent Jewish state. 10 However, the Aramaic scribal tradition in writing such documents is often revealed in the language and the legal formulae of the documents. Perhaps the best evidence for the use of Aramaic in legal documents are the Mishnah and the Toseftah, which contain Jewish civil law as redacted in the second and third centuries CE. Both of these collections are written in Hebrew. 11 We do not have one single contract in the whole of the Mishnah or the Toseftah, only contractual formulae. These formulae, unlike the legal discussion in which they are embedded which is conducted in Hebrew, are written in Aramaic - thus proving not only that they are of a much older vintage than the Hebrew interpretation, but also that the language of contracts in daily use at the time was Aramaic. We may envisage the Mishnaic discussion as a process whereby the rabbis comment in Hebrew on contracts written from beginning to end in Aramaic. The commentary cites the formulae verbatim in the language in which they were written, namely Aramaic. 12 The rabbinic discussions eventually redacted in the Mishnah and the Toseftah continued in this manner long after the documents had dried up. This fact alone should leave no doubt in our minds that Jews continued to use Aramaic long after the introduction of Greek into legal contracts. 13 The appearance of Greek in legal documents, at first sight surprisingly, but in fact not unexpectedly, coincides more or less with the advent of Rome. This is best seen in the case of the former Nabataean kingdom which in 106 CE became the Roman province of Arabia. There are no documents written in Greek (or Jewish Aramaic) from the Nabataean period. All legal documents from the Nabataean period are written in Nabataean Aramaic. Our corpus consists of two groups. The first is made up of tombinscriptions from Mada'in Salih. 14 That they are legal texts, and not warnings against interference with the tombs, is to be inferred inter alia from the fact that copies were deposited in the temple, as we read in one of the inscriptions. 15 There are a few more tomb-inscriptions of this sort in Petra 10 See COTTON, Languages; cf. ESHEL/BROSHI/JULL, Documents from Wadi Murabba'at. 11 The Hebrew language of the Mishnah used to be thought of as an artificial language, created for the purpose of the legal discussions contained in the rabbinic sources. This view has been discredited by the discovery of letters written in Hebrew in Wadi Murabba'at and Nahal Hever, cf. KUTSCHER, Letters. It is beyond my competence to take sides in the controversy on the use of Hebrew as a spoken language, but see sensible comments in SCHWARTZ, Language. 12 See COTTON, Survival for examples. 13 Contra LEWIS, Demise of the Aramaic Document. 14 HEALEY, Nabataean Tomb Inscriptions. 15 Cf. HEALEY, Nabataean Tomb Inscriptions, H 36 1. 9.
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and Madeba. The last dated one is from 74/75 CE. The second group is made up of the Nabataean papyri from Nahal Hever which contain the longest texts of Nabataean law. All those from the Babatha archive - P.Yadin 1-4, 6 and 9 - have already been published. 16 There are five or six more contracts in Nabataean, of which two have been published, that most probably belong to the archive of Salome Komaise. 17 The dates of the Nabataean contracts from Nahal Hever fall between 60 and 122. In 106 the Nabataean kingdom was annexed and made into the Roman province of Arabia. After 106 as against 2 Nabataean contracts and 4 written in Jewish Aramaic we have altogether 32 Greek documents from the period between 106 and 132 CE. The conclusion is inescapable that the Greek legal contract took over, not due to any language change, as proven from the fact that subscriptions and signatures of the parties to a contract continue to be written in Aramaic, but because the contract was intended for a Roman court of law. 18 There was no such requirement on the part of the Romans; rather, Greek was the language of communication between Rome and its subject populations of the Roman Near East (see below). Elsewhere I have argued at some length that in Judaea contracts began to be written in Greek (alongside Aramaic) after the destruction of the Temple and the dissolution of the Sanhedrin. However, it was not merely the curtailment of legal autonomy which accounts for the transition to Greek, but also the intensive Romanisation of the territory which now, under the Flavians, for the first time became a proper Roman province (perhaps, for the first time, no longer annexed to the province of Syria) with its own senatorial governor and equestrian procurator. 19 Greek remained the language of legal documents up to the 6 th and 7 th centuries in the territories which once belonged to Nabataea/Arabia, as is shown by the Petra papyri 20 and by the Nessana Papyri of the 6 th and 7 th centuries CE. 21 Greek continued to be used in Nessana long after the Arab conquest - even by the Arab administration itself. 22
16
P.Yadin 1 - 4 , 6 and 9, published in YADIN/GREENFIELD/YARDENI/LEVINE, Documents. 17 The Archive of Salome Komaise was published as P.Hever 12, 32(7), 6 0 - 6 5 in COTTON/YARDENI, Nahal Hever. For the Nabataean contracts not published in this volume but thought to belong to the archive see: COTTON, Survival, 2, n. 6. 18 COTTON, Jewish Jurisdiction. 19 COTTON, Administration and COTTON/ECK, Provinz. 20 P.Petra are ca. 140 rolls of documentary papyri, all dating to the 6 t h century CE, were discovered at the end of 1993 in a Byzantine church in Petra, and are now in the process of being published by scholars from Helsinki, Michigan and Cologne; see now FRÔSÉN/ARJAVA/LENTINEN, Petra Papyri. 21 See KRAEMER, Nessana papyri (P.Nessana). 22 See COTTON/COCKLE/MILLAR, Papyrology, nos. 571-609.
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The tenacity of the Greek legal tradition into the third century CE is strongly attested in Dura Europus. Founded by the Macedonians ca. 300 BCE, and ruled in succession by the Seleucids in its first two hundred years, by the Parthians (from 100 BCE to 165 CE), and the Romans (from 165 to ca. 250 CE), the city of Dura-Europus retained the use of Greek in private legal transactions throughout its history. 23 The recently published P.Euphr., the majority of which are written in Greek, show that the use of Greek in legal documents was by no means exclusive to a properly founded Greek city like Dura-Europus. 24
3. The Greek Language and the Coming of Rome A large vista opens before us: the presence of the Roman ruling power, which itself spoke Latin, promoted and prompted the use of Greek in the Near East, in a way which should remind us of the promotion of Aramaic under the Persian-speaking Achaemenids. Of course I am not the first to draw a parallel between the linguistic policies of the two empires. Both empires are likely to have relied on a widespread knowledge of Aramaic and Greek respectively. But how wide is far from obvious. All over the Near East for hundreds of years literate notaries and scribes conducted legal and administrative affairs - the distinction between them is largely anachronistic - in a language that did not necessarily correspond to the vernacular of either ruler or subject. A group of recently discovered and so far unpublished Aramaic documents of the fourth century BCE from Afghanistan attests that no matter what the identity of the ruling power at the time, whether it was the Persian Artaxerxes or the Macedonian Alexander, these administrative documents dispatched by a Persian Satrap to his Persian subordinate were written in the current Reichsaramáisch of the time. As was to be expected, the job was executed by a professional scribe whose name does not necessarily give us a clue to his ethnic affiliation: 'Daizaka the scribe is in charge of this document'. 25 The Roman ruling power, with the exception of a short period in the late third century and the beginning of the fourth century CE (i.e. under the rule of emperors who hailed from Illyria and other Balkan provinces), ne23
Cf. MILLAR, Dura-Europus. FEISSEL/GASCOU, P.Euphr. 1 à 5; IDEM, P.Euphr. 6 à 10; IDEM, P.Euphr. 11 à 17; Teixidor, Documents syriaques (= COTTON/COCKLE/MILLAR, Papyrology, nos. 22-33). 25 Some of the documents were presented by Professor Shaul Shaked in a seminar held at the Institute for Advanced Studies in Jerusalem in June 2003, and will be published by Joseph Naveh and Shaul Shaked. The citation above comes from A 4, 1. 6. On names and ethnic identity see more below. 24
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ver sought or wished to impose the use of Latin in the eastern provinces. 26 Greek was the language of communication between Rome and its subjects in the eastern part of the Empire. The presence of the governor or the financial procurator in a specific city seems never and nowhere to have induced the residents, not even the ambitious and the powerful, who had frequent intercourse with the powers that be, to resort more often to the use of Latin in the types of inscriptions preserved for posterity. When residents of a city, including members of its elite, raised monuments to honour the Roman emperors or Rome's highest representatives, this was done almost without exception in Greek. 27 The rare occasions on which Latin is used are signals for us to look for special reasons. Only within the immediate circle of the administration itself, among the officiates of the procurators and the subalterns of the governors, is Latin the norm. 28 The almost exclusive use of Greek in communications with the ruling power is in evidence in the entire epigraphic corpus of the Greek communities in Asia Minor and Greece proper. But it is also true of the Roman Near East where Greek was far from being the spoken language of the majority of the population. This is demonstrated in the papyri from Egypt, as also in papyri and inscriptions found in other parts of the Roman Near East: in the Judaean Desert, near the Euphrates and in Bostra. Although many of these documents are addressed to representatives of the Roman government, whether a beneficiarius,29 a centurion, 30 a praefectus alae,3] or the governor himself 32 - they are all written in Greek. The same is true of announcements made by Rome's representatives to her subjects - they are all in Greek. Not one of the edicts published by the prefects of Egypt uses Latin. 33 There is some tension here, not to say a paradox: the advent of Rome brought with it considerable intensification of the process of Hellenisation in the Near East as attested in the written corpus as well as in material culture. Until then, as pointed out by Fergus Millar, our evidence for the
26
ECK, Language of Power. Cf. ECK, Presence of Latin 28 COTTON/ECK, Governors; ECK, New Inscriptions (the procurators' inscriptions). 29 GASCOU, Unités administratives, 7 1 - 7 3 (P.Bostra 1); cf. COTTON, Administration, 90-91. 30 E.g. P.Euphr. 5, published in: FEISSEL/GASCOU, P.Euphr. 1 à 5. 31 P.Yadin 16, published in LEWIS, Documents; P.Hever 61, published in: COTTON/YARDENI, Nahal Hever. 32 E.g. P.Yadin 13, 14, 15, published in: LEWIS, Documents; P.Euphr. 1 - 2 , published in FEISSEL/GASCOU, P.Euphr. 1 à 5. 33 See KATZOFF, Sources; PURPURA, Gli editti; to which add now: SB 18, 13849; BGU 16, 2558; IFAO III 34; P.Oxy. 3613. 27
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Greek presence in Syria for example is 'limited variable and erratic'. 34 Nor do the indigenous local cultures express themselves much in writing until then. In fact as pointed out by Fergus Millar throughout his book on the Roman Near East the existence of such local cultures seem to have surfaced for the first time with the advent of Rome, mostly in Greek and sometimes in their own languages. This is true even of the pagan cults which 'with the sole and notable exception of Palmyra ... did not find any written expression in languages other than Greek'. 35 In other words these local cultures owe their very appearance in the historical record to their adoption of the 'epigraphic habit' of the Graeco-Roman world. This 'epigraphic habit' seems to have been closely associated with the Greek language; 36 it offered a vehicle for the expression of the indigenous local cultures in the area. 37 That the heyday of Greek epigraphy in the Near East belongs to the Roman period is well exemplified in the published volumes of the Inscriptions grecques et latines de la Syrie as also in the archives of the yet unpublished Corpus Inscriptionum Iudaeae/Palaestinae,38 which contain so far 133 Hellenistic Greek inscriptions, as against thousands in Greek from the Roman period. Nowhere are the complexities outlined above more sharply seen than in the re-foundations of local communities as new Greek poleis by Rome. Let me use the city of Petra as a salient example. Petra is attested as a polis, or rather as a metropolis, for the first time in an inscription on an arch dedicated to Trajan by the city of Petra in 114 CE, eight years after the annexation of the province, and already under its first governor: 39 [AuTOKpaTopL K a i a a j p i 9eo0 [Nepoua moo] Nepoua Tp[aiavu2e[3acT(iiJ[rep(iariKcoAaKiK(5TTap9iK(3, apxtepei p.eyLCT™8[T||iap]xi,Kf|s e f o u a i a s TO auTOKpaTOpi TO C ¿TT[OT(JTO S naTpi iTaTpi8os][—i] |ir|]Tp6iToAis TTeTpa e m Taiou KX[au8io]u Zeouiipou TTpegfS[euToii ZePacrrou] d i m a T p a T r i y o u [ — To the Emperor Caesar, son of divus Nerva, Nerva Traianus Augustus Germanicus Dacicus Parthicus, pontifex maximus, holding the tribunician power for the eighteenth year, acclaimed imperator seven times, six times consul, Father of his Country, the metropolis of Petra at the time of Gaius Claudius Severus, legatus Augusti pro praetore.
There is nothing to suggest that Petra even had the constitution of a polis before 114. It is thus all the more surprising to find ten years later a docu34
MILLAR, Hellenistic Syria, 123. MILLAR, Ethnic Identity, 167. 36 T h e point is emphasised in KNAUF, Speaking, 3 3 6 - 3 5 0 . 35
37
S e e BOWERSOCK, H e l l e n i s m .
38
See Cotton/Di Segni/Eck/Isaac, Corpus.
39
SARTRE, I n s c r i p t i o n s , no. 3 7 .
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ment in which Petra emerges as a Greek polis with a boule which publishes its decisions in Greek in P.Yadin 12 of 124. 40 ¿Yeypa|j.neyoi' KaL aimPepXinievov KecfcaXaiou evoc «¿mTpoirfjc« auo AKTTOVPOI)Xf|C ITeTpaiwy Tfjc |IT|TpoTr6Xetoc TrpoKei|IEI'u>e'ypa(j.|iéyoy Kai d y T i P e p X r | ( j . e i ; o v rendering descriptum et recognitum\ to the expression d u ò cìktojv (BoyXfjc IIeTp«i(')i' which represents ab/ex actis senatus Petraeorum, especially since there is a threefold omission of the definite article (i.e. òtto tow cìktcov T f j c (ioyXfjc twv IleTpaLwy) and to the expression eTTpdx9r| ev néTpa followed by the consular date just as in the actum in Roman legal documents. This piece of evidence joins others in establishing the Roman influence on the diplomatics of the legal texts here and elsewhere in the archives from the Judaean Desert. 45 Nonetheless the fact that this document was displayed in Greek is all that we need in order to prove that Greek was the lingua franca in the public domain of Petra. The epigraphic evidence from Petra offers us no proof whatsoever that Latin was used in the boule and by the bouleutai.
4. Language and Script Those who speak of the 'epigraphic habit' seem to neglect altogether the correlation between epigraphic activity and literacy, or the existence of languages without script, like Arabic before it adopted and developed the Nabataean script, or spoken Arabic in our days, or Inuit whose script was invented by missionaries in the 19th century - to name but a few examples. In what follows I should like to suggest that the absence of uncomplicated script (or of any script altogether as for example among contemporary German and Pannonian peoples), no less than illiteracy, distorted the linguistic map of the Near East in favour of the imperial languages, or rather in favour of the languages for which there existed a large number of experienced and fluent professional scribes. Some may think of an easy solution for the absence of script, namely transcription of the unwritten language in a different script, as happens for example in the case of Yiddish, a German dialect written in the Hebrew 43 There are of course inscriptions in Nabataean from the period before annexation, but not recorded in S a r t r e , Inscriptions, which does not record inscriptions in languages other than Latin and Greek. 44 Adams, Bilingualism, 267-268.
45
C o t t o n , "Diplomatics".
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script, where we witness the transliteration not of single words or formulae, but full texts freely composed in one language and written in the script of another. No doubt this is a very neat solution, but was it adopted by the ancients? In a forthcoming paper Shlomo Naeh and Jonathan Price 46 argue convincingly that throughout Antiquity language and script were perceived as an organic unity, not as separable entities. Transcription of freely composed texts was always in some way a marginal activity; there was always a compelling, exceptional reason when one language was written in the script of another. But this was not the norm. 47 As a 'living' example of the perceived unity of a language and its script, Naeh and Price bring forward P. Yadin 52, 48 one of the two Greek letters in the so-called Bar Kokhba archive. The reason for its great fame lies in the crux in lines 11-15, for which many interpretations have been offered. 49 It has often served as a springboard for discussions of the languages spoken in Palestine in the first two centuries CE, and of the language likely to have been spoken by Jesus. I reproduce below the final edition with one modification: 50 1st hand l. Coy[|IGU]oc I(ova9T|i 2. Beiavou Kai Ma3. [c]afiaXa[i ] x o i p f ^ 4. é TTlÔf) £TTe(iCa TrpÒC 5. Vjidc 'A[y]piiTTrav cirou6. S[dca]Te trécce |ioi 7. 9[û]pçou[c] Kai KÎTpia, 8. ô[cov] SuyacOiiceTai, 9. iç [iT]qpe|if!oXi)i' 'lou10. 8[ai](oi' Kai |if] âXcoc 11. n"[ot]r)CT|Tat. éypdcN 12. 8[è] 'EXtivectî 8ià 13. T[Ò r|]|idc (JLT) eiipr)-
46
NAEH/PRICE, T r a n s l i t e r a t i o n .
47
See two isolated cases of transliteration in MACDONALD, Epigraphy and Ethnicity, 181. 48 Final edition in COTTON, Greek Letters, where the right solution presented above was missed, albeit it was observed there that normally the adverbs Ebraisti/Hellenisti would designate both language and script, as they do for example in the inscription on the cross according to John 19:20 (r|v yeypawiei'oi' ' E P p a i a r i , 'Paiiia'tari, 'EXXr|v i c m ) , and in line 12 of the present papyrus: eypdT| 8[e] 'EXXrivicrri. 49 See COTTON, Greek Letters. 50 1 have preferred here (as also in COTTON, Bar Kokhba Revolt, 144) the alternative punctuation of lines 14-15 suggested to me by Dieter Hagedorn, and rejected the reading of e[yyp]q4iacr9ou in line 15 of the final edition.
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14. k[é]vijx LP ' ••• ( P - H a u n . I 14, 11. 1 6). '
By Serapis! You, whoever you are, w h o are r e a d i n g t h e letter, m a k e a small e f f o r t and t r a n s l a t e to t h e w o m e n w h a t is written in this letter a n d tell t h e m . P t o l e m a i o s to his m o t h e r Z o s i m e and his sister R h o d u s , G r e e t i n g s . 5 1
The letter was not penned by the author himself; in fact he probably did not know Greek. But in Egypt at the time it was impossible for the majority of the population to record anything in their own language; 52 thus a letter had to be dictated in Egyptian, but then written in Greek, in order to be orally translated back into the Egyptian for the recipient. It is surprising, as Roger Bagnall observes, that we do not have more evidence of this sort. A modern reader may find it surprising that it never occurred to anyone to transliterate the Demotic in Greek letters and thus save himself the task of translating. Again the organic connection between language and script seems to have imposed itself on the ancients. It took several hundreds of years for Coptic to be invented and remedy the situation by employing the alphabetic simplicity of an adapted Greek script. 53 51
B i i l o w - J a c o b s e n / M c C a r r e n , P . H a u n . 14. BAGNALL, Egypt, 235. 53 B a g n a l l , Egypt, 235ff. 52
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Spoken languages without scripts, or languages whose scripts were on their way out, increased the magnitude of illiteracy in antiquity. 54 The concomitant of this was an increased use of scribes, and those were in greater supply for the imperial languages, Aramaic and Greek, in the Near East. This observation makes one less confident when coming to assess the currency of Greek in the area despite the evidence of graffiti in Greek and of Greek inscriptions in the remotest villages:55 did Greek indeed permeate every level of society in the Roman Near East, as Fergus Millar strongly maintains? 56 Are we allowed to speak of 'Greek-speaking villages' in the Near East just because of the presence of inscriptions in Greek? The 'epigraphic habit' which was associated with the imperial languages and the close association between language and script may account for much of the evidence. How much, we do not and cannot know. 57 The Nabataean case may well be placed at the heart of the discussion. 58 It seems to me, as a non-expert, that whereas the majority of philologists strongly believe that the Nabataeans were Arabs and spoke Arabic in their daily life, the dissenting voices are those of the historians. We may leave out the question who were the Nabataeans and concentrate on their spoken language. 59 The claim that they spoke Arabic in their daily life rests on the intrusion of Arabic elements into written Aramaic Nabataean. Historians may remain unconvinced and pose some questions: why is it that Nabataean is attested not only in legal and formal documents, but also in thousands of graffiti from the Sinai, as well as in signatures and subscriptions to legal documents written in Greek? 60 The Jews who have their documents written in Greek sign on them and subscribe them, when necessary, in Jewish Aramaic, as anyone familiar with the family archives from Nahal Hever knows. 61 The legal convention apparent everywhere is that signatures and subscriptions are written in one's native tongue and in one's own hand - unless one is illiterate or a child and needs a 'subscriber', or 'one who 54
We should beware of taking the admission of 'not knowing his/her letters' as a general admission of illiteracy, rather than of illiteracy in the particular language required at the time, cf. Youtie, ' A G R A M M A T O S ' , 162-163; IDEM, Letters; see the thoughtful discussion in BAGNALL, Egypt, 230-260. 55 E.g. on Mt Hermon, cf. DAR/KOKKINOS, Greek Inscriptions. 56 Passim in Roman Near East and related articles. 57 Cf. MACDONALD, Epigraphy and Ethnicity, 180. D. WASSERSTEIN in his important article, Language Change, questions the ubiquity of Greek. 58 A Round Table Discussion on 'Who were the Nabataeans', was held at the Insitute for Advanced Studies on 20 November 2002; I am particularly grateful to the two main speakers, Robert Hoyland and Ernst-Axel Knauf, as also to Simon Hopkins. 59 See however, GRAF, Origins. 60 These questions are raised in MILLAR, The Roman Near East, 401ff. and more poignantly in a private correspondence. 61 See COTTON, "Diplomatics".
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lends his hand' (cheirochrestes). 62 On the other hand, the Nabataean witnesses and guardians who participate in these transactions sign and subscribe in Nabataean Aramaic (very rarely in Greek). If we were to draw on the example of the Jews, we should conclude that by the same token Nabataean Aramaic was indeed the native language of the Nabataeans - not Arabic. The intrusion of Arabic elements, and one has no reason not to trust the philologists who maintain that these are elements foreign to the Aramaic, 63 reflects, no doubt, the co-existence of another language, spoken by part of the population, or imported from outside; but why must we believe that Arabic was the only language spoken there? One is also entitled to ask whether the same language was spoken everywhere in this vast territory covered by the Nabataean kingdom: was the same language spoken and written in the Hijaz, in Sinai, in the Negev, around the Dead Sea, in Moab, around Petra, in Bostra and in the Wadi Sirhan? Over the entire discussion there always looms the attempt to use nomenclature as a means to establish or to define ethnic identities of different people and groups. However, as David Wasserstein demonstrated in his recent attempt to draw the linguistic map of the village of Nessana from the evidence of the papyri, this is an extremely unreliable method for identifying groups and, still more, individuals. 64 The highly problematic three-fold association of language, script and ethnicity in the case of the Nabataeans comes to an end in the middle of the 4 th century when Nabataean writing disappeared. From the second century onwards Greek became the public written language in the whole area of the former Nabataean kingdom, and from the fourth century onwards almost exclusively so. So far as we can tell Petra and Nessana of the sixth and seventh centuries wrote exclusively in Greek. 65 62
See COTTON, Subscriptions and Signatures. But see the reservations of MACDONALD, Epigraphy and Ethnicity, 186ff.; IDEM, Linguistic Map, 4 6 - 4 8 . 64 'Sergius is just as likely as his brother Khalaf Allah to have spoken Arabic, and Khalaf Allah is just as likely as his brother Sergius to have been a Christian. In other words, the n a m e "Khalaf Allah" does not indicate an Arab, in the sense of someone who was neither Christian nor a user of Greek, just as a n a m e like "Victor", in the case of this particular m a n ' s brother, does not indicate a Christian, in the sense of someone who was not a user of Arabic. Names, and certainly names shorn of context, cannot easily be an infallible indication of very m u c h ' , Language Change, 260; cf. MACDONALD, Personal Names for similar scepticism. 65 Cf. P.Nessana 6 0 - 6 7 in KRAEMER, Nessana Papyri (= Cotton/Cockle/Millar, Papyrology, nos. 5 7 1 - 5 7 8 ) : eight bilingual entagia, tax requisitions of wheat and oil, or money, by the Muslim government, dated to Oct./Nov. 674 - Aug./Sept. 689; the need to append a Greek translation only corroborates the impression that the tax payers understood Greek only. 63
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B u t as w e all k n o w all this w a s a b o u t t o c h a n g e v e r y s o o n . In c o n t r a s t t o R o m e , t h e n e w e m p i r e o f t h e A r a b s s o o n u s e d its o w n l a n g u a g e e x c l u s i v e l y a s t h e l a n g u a g e o f c o m m u n i c a t i o n w i t h its s u b j e c t s . ' A r a b i c ' , t o q u o t e W a s s e r s t e i n again, ' r e p l a c e d G r e e k and all t h e o t h e r l a n g u a g e s n o t o n l y at t h e l e v e l s o f t h e s o c i a l elite, in a d m i n i s t r a t i o n and in c u l t u r e and r e l i g i o n . It r e p l a c e d t h e m a l s o in t h e s p e e c h o f virtually e v e r y o n e in t h e r e g i o n ' . 6 6 W h e t h e r o r n o t this r e p r e s e n t e d f o r t h o s e living in t h e N a b a t a e a n r e a l m 'the return o f t h e n a t i v e ' is p r o b a b l y i m p o s s i b l e t o k n o w .
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Kokhba Period in the Cave of Letters. Hebrew, Aramaic and Nabatean Aramaic Papyri. Judean Desert Studies 3, Jerusalem 2002 YOUTIE, H.C., AGRAMMATOS: an aspect of Greek society in Egypt, HSCPh 75 (1971) 161-176 - Because they do not know letters, ZPE 19 (1975) 101-108
Tradition und Innovation Die Münzprägungen der Hasmonäer des 2. und 1. Jahrhunderts v. Chr. als Massenmedien von ULRICH HÜBNER
1. Vorbemerkungen Nachdem die Yehüd-Prägungen in Jerusalem am Anfang der Regierungszeit Ptolemaios' II. ( 2 8 3 - 2 4 6 v. Chr.) eingestellt worden waren, sollte es mehr als 150 Jahre dauern, bis in Judäa wieder Münzen geprägt werden konnten. Gleichwohl war gemünztes Geld für die Judäer während dieser Zeit längst zur Selbstverständlichkeit geworden, nur daß sie es ausschließlich mit fremden Währungen zu tun hatten. Ab wann genau den Judäern neben den Fremdwährungen auch wieder eigene Münzen zur Verfügung standen, gehört zu den Problemen der hasmonäischen Münzprägung, die nach wie vor umstritten sind. An dieser Stelle kann kein detaillierter Überblick über die Münzprägungen der Hasmonäer (bzw. Makkabäer) und die damit verbundenen Probleme und Unsicherheiten gegeben werden. Vielmehr soll den Fragen, wer welche Münzbilder und -legenden mit welchen Mitteilungsabsichten hat prägen lassen und wie diese Münzen auf- und wahrgenommen worden waren, gezielt auf dem Hintergrund des (massen-)medialen Charakters der Münzprägungen nachgegangen werden.
2. Die Münzprägungen der Hasmonäer Mit dem Niedergang des Seleukidenreiches setzte in Juda wieder - erstmals seit den perserzeitlichen und frühptolemäischen Ke/rwc/-Prägungen eine lokale Münzprägung ein. 1 Zu ihrer Vorgeschichte gehört die Auseinandersetzung Antiochos' VII. Euergetes Sidetes ( 1 3 8 - 1 2 9 v. Chr.) mit sei1
Vgl. z.B. S N G Israel I; HOUGHTON, Coins; KAUFMAN, H a s m o n e a n Coins I—II.
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nem Widersacher Tryphon (ca. 142/1-138/7 v. Chr.): Für den Fall einer erfolgreichen Hilfe gegen Tryphon stellte er dem Hasmonäer Simon (142135/134 v. Chr.) ein nicht näher bestimmtes Recht auf Münzprägungen brieflich in Aussicht (l.Makk. 15,1—9)2, gewährte es nach seinem Sieg über Tryphon aber nicht (l.Makk. 15,10-14. 25-27; Josephus, ant. 13,7,2-3, § 223-227). Nach der Belagerung Jerusalems und der Kapitulation Hyrkans I. ließ Antiochos VII. 132/131-131/130 v. Chr. in einer östlichen Prägestätte, möglicherweise in Damaskus, Tetradrachmen prägen, die vielleicht das griechischen Monogramm Johannes Hyrkans I. [YPKAN(OY)] trugen 3 , und 133/132-131/130 Bronze-Münzen - höchstwahrscheinlich in Jerusalem - prägen. Letztere trugen auf der einen Seite eine Lilie, auf der anderen einen Anker sowie die griechische Datierung und die Legende BAZIAEÜE ANTIOXOY EYEPrETOY (Abb. 1). Es waren die letzten seleukidischen Prägungen in Jerusalem. 4 Der Beginn der hasmonäischen Münzprägung war ein Spiegelbild der beiderseitigen Beziehungen zwischen Seleukiden und Hasmonäern. Münzgeschichtlich gesehen war sie kein Sonderfall, denn auch außerhalb Jerusalems bzw. Judas war im gleichen Zeitraum mit autonomen Lokalprägungen begonnen worden wie z.B. in Tyros seit 126/125 v. Chr. und in Aschkelon seit 103 v. Chr. Erst nach dem Ende der seleukidischen Münzprägestätte Jerusalem und nach dem Tod Antiochos' VII. begann die hasmonäische Münzprägung, entweder - frühestens - unter Hyrkan I. (135/134-104 v. Chr.) oder - spätestens - unter Alexander Jannaios (104-76 v. Chr.). Sie hielt sich bis ans Ende der Hasmonäer-Dynastie unter Mattathias Antigonos (40-37 v. Chr.). Ob schon Hyrkan I. Münzen prägen ließ oder aber erst seine Nachfolger, ist umstritten. Es spricht einiges dafür, daß schon Hyrkan I. Münzen geprägt hat. Später prägte nur Salome Alexandra (76-67 v. Chr.) keine Münzen, jedenfalls nicht unter ihrem eigenen Namen, möglicherweise aber im Namen ihres Sohnes Hyrkan II. Das Problem des Beginns und der jeweiligen Zuordnung der Prägungen zu einzelnen hasmonäischen Herrschern hängt unter anderem mit dem Umstand zusammen, daß es mehrere Herrscher gleichen Namens gab (Yhwdh - Aristobul I.—II; Yhwhnn - Hyrkan I . -
2 Schon ca. 160 v. Chr. war Demetrios I. Soter (162-150 v. Chr.) dem Hasmonäer Jonathan (161-142 v. Chr.) brieflich weit entgegen gekommen, ohne allerdings ein Münzrecht zu erwähnen [l.Makk. 10,25-45; Josephus, ant. 13,2,3 (§ 55)]. 3 So jedenfalls FISCHER, Johannes Hyrkan I.; DERS., Silber; DERS., Probleme. Vgl. NEWELL, Late Seleucid Mints, 45, Nos. 62f, PI. 8:62-63; SNG Israel I, Nos. 2 1 2 8 2132. 4 HOUGHTON, Coins, 83f, No. 831; MESHORER, Ancient Jewish Coinage I, 39f; SNG Israel I, Nos. 2133-2150. Vgl. auch BARAG, Antiochus IV in Jerusalem.
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des 2. und 1. Jh. v. Chr.
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II.) 5 und daß mit Ausnahme einiger Münzen Alexander Jannaios' alle übrigen Münzen undatiert sind. Die hasmonäischen Münzen wurden ausschließlich als Kleinmünzen an einer einzigen Prägestätte, nämlich in Jerusalem, geschlagen, meist in mäßiger Prägequalität und ebenso mäßiger künstlerischer Ausführung, wozu u.a. Schreibfehler bzw. grammatische Fehler gehörten. 6 Den Münzen fehlen - wie damals meist üblich - die Nominalbezeichnungen. Dennoch können sie mit den in nichtnumismatischen Quellen belegten Nominalen Perütäk und Halb-P e rütäh gleichgesetzt werden, die dem seleukidischen Dilepton bzw. Lepton entsprachen. Als Münzfuß war das griechisch-seleukidische Münzsystem übernommen worden. Unter Alexander Jannaios wurde kurzfristig auch Blei geprägt. Ob diese Bleiprägungen als reguläre Münzen zirkulierten oder als Probeprägungen oder Tesserae zu verstehen sind, ist ebenfalls umstritten. Da die Hasmonäer nur Kleinmünzen aus unedlem Metall prägten, mußten alle größeren Transaktionen in fremden Währungen oder aber mit prämonetären Mitteln durchgeführt werden. Die vorherrschenden Silberwährungen im hasmonäischen Staat waren die tyrischen (Tetra-)Drachmen sowie die seleukidischen und ptolemäischen Drachmen bzw. Tetradrachmen. Selbstverständlich waren auch Kleinmünzen der Seleukiden und Ptolemäer im Umlauf. Sie reichten aber bei weitem nicht aus, um den Bedarf an Scheidemünzen für Alltagsgeschäfte abzudecken. Von daher war die Einführung der hasmonäischen Kleinmünzen keineswegs nur eine Frage, ob man als nomineller seleukidischer Vasall unter den Augen der Vormacht prägen durfte oder nicht, sondern vor allem und hauptsächlich eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Das zeigt sich auch daran, daß z.B. auf Kleinmünzen Ptolemaios' VI. (ca. 185-140 v. Chr.) Gegenstempel Antiochos' IV. mit dem seleukidischen Anker belegt sind, mittels derer die ptolemäischen Münzen quasi usurpiert wurden. 7 Darüberhinaus zirkulierten in Palästina ptolemäische Münzen bis mindestens in die Zeit von Ptolemaios IX. (ca. 116-80 v. Chr.) neben seleukidischen. 8 Letztere überwogen seit ca. 180 v. Chr. mengenmäßig die ptolemäischen. Hauptwährung unter den Kleinmünzen in den hasmonäischen Kerngebieten aber war in jedem Fall die hasmonäische, wie Hortfunde und Fundmünzen zeigen. Der Verzicht auf eigene Silbernominale dürfte weniger auf politische Probleme von Autarkie und Autonomie zurückgehen als vielmehr auf den vollständigen Mangel an Silberminen und vor allem auf die in Silber zu leis5
Zum Problem vgl. TAL, Greek Names. Schreibfehler auf Münzen bzw. den dazugehörigen Münzstempeln sind z.B. auch unter den Prägungen des Tetrarchen Philippos, des Ethnarchen Herodes Archelaos und aus der Zeit des 1. jüdischen Aufstandes belegt. 7 NOESKE, Bronzemünzen, 195ff. 8 HOUGHTON/LORBER , Antiochus III, 44ff. 6
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tenden Tribute an die seleukidische Vormacht. Eine Ausmünzung der schmalen Silber-Bestände wäre viel zu teuer gewesen. Vor allem wäre der hohe und gleichbleibende Silbergehalt der tyrischen Tetradrachmen unerreichbar geblieben, mittels derer die jüdische Tempelsteuer zu bezahlen war. Es war also währungs- wie finanzpolitisch vernünftig, auf eine eigene Silberwährung zu verzichten. Wie eng die finanzpolitischen Möglichkeiten der Hasmonäer waren, zeigt auch der Umstand, daß man einen signifikanten Rückgang des Kupfergehaltes in den Kleinmünzen von Hyrkan I. bis zu Mattathias Antigonos bei gleichzeitiger Zunahme des Bleigehaltes beobachten kann. 9 Unter Alexander Jannaios sind gar Überprägungen tyrischer Kleinmünzen belegt. Die hasmonäischen Münzen bilden die zahlenmäßig größte Gruppe jüdischer Münzen. Anders ausgedrückt heißt das: Die höchste Präge- bzw. Münzrate jüdischer Münzen in der Antike gab es in hasmonäischer Zeit. Auch der Grad an unterschiedlichen Münzvarianten ist der höchste unter den jüdischen Münzen der Antike. Es muß hunderte von Münzstempeln gegeben haben, mittels derer einige Millionen hasmonäischer Münzen geprägt worden sind. Diese Form der Vielfalt war zugleich deutlich begrenzt, denn sie variierten eine überschaubare Anzahl unterschiedlicher Avers- und Revers-Typen. 10 Die hasmonäischen Münzen sind entweder einsprachig mit einer hebräischen Legende oder zweisprachig mit hebräisch-griechischen oder aramäisch-griechischen 'Bilinguen' versehen. 11 Die verwendeten Schriften sind paläohebräisch, griechisch und aramäisch. Die Legenden nennen meist Titel und Namen des jeweiligen Herrschers (h-mlk bzw. mlk7ßaaiXecog, r's hbr h-Yhwdym) bzw. des Hohenpriesters [(h-)khn (h-)gd(w)l], häufig auch die Institution des „Rates der Juden" (hbr h-Yhwdym).
3. Die Rezeption nicht-hasmonäischer Münzen nach literarischen und epigraphischen Quellen Da keine zeitgenössischen Quellen überliefert sind, die Auskunft darüber geben, wie hasmonäische Münzen von ihren Zeitgenossen verstanden, aufgefaßt oder mißdeutet worden sein könnten, gebe ich im folgenden einen kleinen Überblick anhand ausgewählter Beispiele literarischer und epigra-
9
BACHMANN,
Metallurgical
Composition,
82-89;
KRUPP, M ü n z g e s c h i c h t e ,
130—
147. 10 Hier kann deshalb nicht auf sämtliche Varianten eingegangen werden. Zur Variantenvielfalt vgl. z.B. KAUFMAN, Hasmonean Coins I—II. 11
V g l . Z . B . SOGGIN 1 9 8 0 .
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phischer Texte und numismatischer Befunde, wie antike nicht-hasmonäische Münzen von ihren Zeitgenossen wahrgenommen werden konnten 12 : Eine ganze Reihe von Münzen wurde in der Antike nach den dort abgebildeten Herrschern oder nach anderen charakteristischen Münzbildern benannt: die lydischen „Kroiseioi", die persischen „Dareikoi" (hebr. 'darkorilm 1.Chronik 29,7; Esra 8,27), die karischen „Maussoleia", die makedonischen „Philippeioi", das Lucullus-Geld (Plutarch, Luc. 2,2) oder die „Eulen" Athens, die „Pferdchen" von Korinth, die „Schildkröten" von Ägina, die „Cistophoren", aber auch die quadrigati, bigati und victoriati (z.B. Plinius d.Ä., nat. hist. 33,451) (vgl. das Wortspiel für die Münzen Domitians bei Martial 4,28,5: domini und flavi\ auch die Anspielung Iuvenals, sat. 6,204 auf traianische Goldmünzen: Dacicus et scripto radiat Germanicus auro). Auch das sprichwörtliche capita aut navian verweist auf die bewußte Wahrnehmung der Münzbilder durch die Münzbenutzer bis in ihren Alltag hinein. Bekannt waren bestimmte Münzbilder, die in antiken Quellen beschrieben und z.T. auch numismatisch belegt sind. Neben den Beschreibungen republikanischer Münzen bei Plinus d.Ä., nat. hist. 33,45, der zu dem Nominal auch die Bilder aufführt, seien z.B. genannt: die Brutus-Münzen mit der kalottenartigen Mütze zwischen zwei Dolchen (EIDibus MARtiis\ Cassius Dio 44,4,4) 14 , das Sternzeichen (capricornus) des Augustus (Sueton, Aug. 94,12; RIC 125ff) 15 , Nero als Kitharoide (Sueton, Nero 25,5; RIC 73-82. 205-212), der betende Konstantin (Eusebios, vita Const. 4,15,1), das Bildnis von Konstantins Mutter auf Goldmünzen (Eusebios, vita Const. 3,47), das Portrait des verhüllten (divus) Konstantin auf dem Avers und auf dem Revers Konstantin auf einer Quadriga, dem eine Hand (manus Dei) aus dem Himmel entgegengestreckt wird (Eusebios, vita Const. 4,15.73; RIC VIII, 1981, 446f) und die Münzen des Usurpators Prokopios, der 365/366 n.Chr. in Herakleia, Konstantinopel, Kyzikos und Nikomedia Münzen „mit dem Bild des neuen Kaisers ... als Lockmittel" prägen ließ (Ammianus Marc., hist. 26,7,11; RIC IX, 189-209). Alle diese Münzen sind Zeugnisse für die Beachtung, die Münzbildern entgegengebracht wurden. Auch die berühmte Passage bei Matth. 22,15-22 par. Mark. 12,13-17 par. Luk. 20,20-26 (vgl. Tertullian, de idolatria 15,3) belegt die bewußte Wahrnehmung von Münzen und ihrer Bilder und Legenden: Auf die Frage Jesu, wessen Bild und Aufschrift (clkg'w; imagol cmvpaclj'n; suprascriptio) auf der Steuermünze bzw. dem Denar (XÖ VÖIILANA TOÜ KRIVAOU; nomisma cen12
WEISER, Imago und Emblema,
219-246; WOLTERS, Geschwindigkeit der Zeit,
175-204. 13 14 15
HÜBNER, Spiele, 14. Vgl. z.B. SYDENHAM, Roman Republic, 203, No. 1301, PL 30:1301. KRAFT, C a p r i c o r n , 2 6 2 - 2 7 2 .
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sus/ Sr|i/apiou; denarius) zu sehen sei, antworten die Gefragten, Pharisäer bzw. Parteigänger des Herodes Agrippa I. (37/41-44 n.Chr.): „Des Kaisers (KotLaapoc;/C'aesaris)", d.h. sie benennen das Kaiserbild und zitieren frei und in griechischer Übersetzung die lateinische Legende des Avers in Kurzform (vgl. RIC zu Tiberius 14-37, Gaius-Caligula 37-41 und Claudius 41-54 n.Chr.). Die gezielte Verwendung römischer Münzen mit bestimmten Bildern wird auch immer wieder durch Hortfunde für Einweihungen oder Offiziersdonate oder durch entsprechende Einzelmünzen unter einem Schiffsmast oder in einem Kindergrab in Rom 16 u.ä. bestätigt. Der Zweck der provinzialrömischen Stadtprägungen wird in einer Inschrift des 2. Jh.s n.Chr. in Sestos auf dem thrakischen Chersonnesos (OGIS 339) ausdrücklich festgehalten, nämlich „die Bilder der Stadt in Umlauf zu bringen. Damit vergleichbar sind z.B. auch die traianischen Denare aus dem asiatischen Tripolis, für deren Rückseite ein lokaler Beamter namens Theodoros verantwortlich zeichnete. 17 Die Schutzfunktion des Kaiserbildnisses, das sich seit der Prinzipatszeit auf allen römischen Münzen fand, war gerne dazu (miß)braucht worden, Kritik an den Kaisern unter dem Schutz des Kaiserbildnisses zu üben, bis dieser Schutz der kaiserlichen Münzportraits aufgeben wurde (Sueton, Tiberius 58; Philostrat, Apollon. 1,15; Tacitus, ann. 1,73,2-4; 3,36,1-4). Münzen konnten wegen ihrer Bilder auch abgelehnt werden: So sollten z.B. nach mKelim 12,7 Juden römische Tetradrachmen ungültig machen und als Gewichte benutzen. Fundmünzen z.B. aus Qumran und Masada aus der Zeit des 1. jüdischen Aufstandes gegen Rom belegen tatsächlich die intentioneile Entwertung tyrischer Silbermünzen durch das Abfeilen der Prägung. 18 Die Münzen Julians II. Apostata (355/361-363 n.Chr.) mit dem Stier auf dem Revers (z.B. RIC 216-221) wurden von den Christen Antiocheias - als Opferstier o.ä. gedeutet - empört abgelehnt (Iulian Apostata, Misopogon 355d; Sokrates, hist. eccl. 3,17; Sozomenos, hist. eccl. 5,19,23; Ephraem, hymn. contra Iul. 1,16-19; Cassiodor, hist. 6,40,2-4). 19 Auch die Auslöschung des Namens des Gaius/Caligula (37-41 n.Chr.; RIC I, 102ff) auf seinen Münzen oder die Ablehnung von Münzen Elagabals 20 beruhen auf einer bewußten Wahrnehmung von Münzbildern bzw. -legenden.
16
R.-ALFÖLDI, M ü n z e im Grab, 3 3 - 3 9 .
17
BURNETT, C o i n a g e , 6 7 .
18
ESHEL/BROSHI, Q u m r a n , 6 1 - 7 3 ; MESHORER, C o i n s of M a s a d a , 7 6 . 121f, PI.
74:
3668.3670. 19
Zur Diskussion
v g l . v . a . GILLIARD, N o t e s ,
22-33. 20
KINDLER , "damnatio memoriae", 3 - 7 .
1 3 5 - 1 4 1 ; SZIDAT,
Münzpropaganda,
Die Münzprägungen
des 2. und 1. Jh. v. Chr.
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4. Aussageabsichten und Rezeption hasmonäischer Münzen Daß die hasmonäischen Münzen ganz pragmatisch nur als Zahlungsmittel, nicht aber auch als beschriftete und bebilderte Informationsträger beachtet worden sein sollten, ist nach den gerade vorgetragenen Sachverhalten der Antike ziemlich unwahrscheinlich, umso mehr als die Münzen der Hasmonäer - wie andere Münzen auch - offizielle autorisierte Dokumente waren. Hasmonäische Münzen waren Selbstverständlichkeiten des Alltags, sie gingen durch jedermanns Hand. Die Benutzer der Münzen waren meist auch ihre Besitzer. Die Münzen waren massenhaft vorhanden, wurden von allen sozialen Schichten verwendet und waren in allen Regionen des Emissionsgebietes verbreitet. 21 Sie waren das Massenkommunikationsmittel ihrer Zeit schlechthin: mobil, zweiseitig beschriftet und bebildert, kleinformatig, handlich, allgegenwärtig und unverzichtbar. Über den Geldumlauf verbreiteten sich Neuemissionen rasch. In der antiken Literatur sind weder von jüdischer noch von nichtjüdischer Seite Vorbehalte gegen die hasmonäischen Münzprägungen überliefert. Während letzteres kaum verwundern kann, bedarf ersteres einiger Überlegungen: Bedeutet das Schweigen der Quellen, daß es keine Vorbehalte von jüdischer Seite gegeben hat? Ist die Überlieferung zufällig und damit nicht repräsentativ? Oder wurden die hasmonäischen Münzen von jüdischer Seite vorbehaltlos akzeptiert? Bei der Akzeptanz hasmonäischer Münzen auf jüdischer Seite dürften zwei Faktoren eine entscheidende Rolle gespielt haben: a) Die Münzbilder der Hasmonäer waren auch für orthodox gesinnte Juden akzeptabel, weil sie auf orthodoxe Wahrnehmungsmöglichkeiten Rücksicht nahmen und weil sie in ihrer Mehrdeutigkeit nicht auf eine einzige Interpretation festlegbar waren. b) Solange die jährliche Tempelsteuer von jedem erwachsenen Juden in Form einer tyrischen Silbermünze zu entrichten war, die auf dem Avers das Haupt des Melqart-Herakles und auf dem Revers den Adler des Zeus und die Herakles-Keule zeigte, wäre jede Kritik der hasmonäischen Münzbilder von jüdischer Seite inkonsequent und unglaubwürdig gewesen. Die Auswahl der Münzlegenden und -bilder oblag den emittierenden Personen und Institutionen, also dem hasmonäischen König bzw. Hohepriester und dem hbr h-Yhwdym. Sie vollzog sich aller Wahrscheinlichkeit nach unter vergleichender Sichtung von Musterbüchern und vor allem der Münzsammlung, die in einer Münzstätte üblicherweise vorhanden waren 21
Außerhalb der hasmonäischen Herrschaftsgebiete sind hasmonäische Münzen nur vergleichsweise selten belegt, so z.B. auf dem Sinai, in Syrien (v.a. in Antiochia, Ras el-Bassit/Poseidion, Dura-Europos, Nisibis), auf Zypern (Kourion, Salamis, Paphos), in Athen und an der nordafrikanischen Küste.
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(vgl. z.B. den spätrömischen Anonymus, de rebus bellicis 2-4, Tab. I—II, ed. R. I. IRELAND) und in der ältere und fremde Münzen besonders geschätzt wurden. Da zu Beginn der hasmonäischen Münzprägung nicht auf die wohl kaum noch vorhandenen Yeküd-Prägungen zurückgegriffen werden konnte, lag es nahe, sich unter hellenistischen Geprägen und dort besonders unter seleukidischen umzusehen. Während man die Aussageabsichten der Münzen aus diesen selbst einigermaßen begründet rekonstruieren kann, ist man bei ihrer zeitgenössischen Rezeption auf Vermutungen angewiesen. Dies ist das typische Problem des modernen Betrachters, war aber kaum das der zeitgenössischen Benutzer. Deren Münzwahrnehmung differierte allenfalls aufgrund ihrer jeweiligen Bildung, Berufstätgkeit etc. 4.1. Zu den Legenden der hasmonäischen
Münzen
Die Legenden der hasmonäischen Münzen waren überwiegend in paläohebräischer Schrift gehalten, in einer Schrift also, die in Juda relativ unüblich geworden war wie das damit transportierte Hebräisch als Umgangssprache. Wer diese Legenden lesen wollte, mußte paläographisch und (alt-) sprachlich beschlagen sein. Die Tatsache aber, daß die Münzen beschriftet waren, zeigt, daß die emittierenden Münzbeamten davon ausgehen konnten, daß ein Teil der Münzbenutzer die Legenden lesen konnte, wie wie groß oder klein der Anteil der Alphabetisierten an der Gesamtbevölkerung auch gewesen sein mag. Darüberhinaus dürfte es auch das paradoxe Phänomen gegeben haben, daß nicht oder nur teilweise alphabetisierte Münzbenutzer in der Lage war, diese Legenden zu verstehen, ohne sie wirklich lesen zu können, da die standardisierten Kurztexte sich immer aufs neue wiederholten. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Beschriftungen war zudem durch Parallel-Legenden in einer anderen Sprache und Schrift lesbarer bzw. verstehbarer gemacht. Gleiches gilt für die vergleichsweise kurzen griechischen Legenden, die hellenistischen Vorbildern folgen. Die aramäischen waren für jeden Alphabetisierten lesbar - nur waren gerade diese Beischriften vergleichsweise selten. Auf der anderen Seite wurde das Problem der Lesbarkeit durch die winzige Größe der Buchstaben und die qualitativ mäßigen Prägungen verschärft Der Wahl der paläohebräischen Schrift und hebräischen Sprache wohnte ein traditionalistisches Element inne, das sich nur an Juden richtete. Der Wahl der griechischen Schrift und Sprache wohnte ein konventionell-hellenistisches Element inne, das sich gleichermaßen an Juden wie Nichtjuden richtete. Der Wahl der aramäischen Schrift und Sprache lag ein realistischer Bezug zu den sprachlichen wie paläographischen Gegebenheiten innerhalb den verschiedenen Bevölkerungen des hasmonäischen Staates,
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wohl auch ein Bezug auf die militärische Expansion des Alexander Jannaios auf nichtjüdische Gebiete zugrunde. 22 Insgesamt klingt in der Wahl der unterschiedlichen Schriften und Sprachen ein politisches Programm an, das die Gesamtheit der verschiedenen Bevölkerungen und Strömungen innerhalb des hasmonäischen Staates betonte, dabei aber zugleich den Vorrang der Juden in traditionalistischer Weise hervorhob: Partikularismus in einem begrenzten Kosmopolitismus. Dies dürfte von den meisten Zeitgenossen auch so verstanden worden sein, unabhängig davon, ob sie dieses Programm guthießen oder ablehnten. Die von den Münzherren gewollten Mitteilungsabsichten korrespondierten dabei mit den erwarteten Wahrnehmungen der Mehrheit der (jüdischen) Bevölkerung, die sich ihrerseits mit der Mitteilungsabsicht der Münzen identifiziert haben dürfte. Die hasmonäischen Herrscher betrieben spätestens seit Hyrkan I. durch eine aggressive Expansion eine ,davididische' Großisrael-Politik. Sie zeigt sich legitimatorisch im Sinne einer Restauratio bzw. Renovatio in den Münzen. Die Titulaturen mlk = r's = khn gdwl auf der einen Seite und hbr h-Yhwdym auf der anderen Seite, auf die hier nicht weiter eingegangen werden kann, betonen im Gesamtzusammenhang mit den entsprechenden bildlichen Symbolen wie z.B. Kranz oder Helm die Einheit des Amtes von nichtdavididischem König und nichtzadokidischem Hohepriester. Bis mindestens zu Antiochos IX. (ca. 114-95 v. Chr.) galten die Hasmonäer als Philoi der Seleukiden. In den Titulaturen der hasmonäischen Münzen erscheint dagegen nie Philhellen, (literar. bei Joseph., ant. 13,11,3, § 318 für Aristobul I. 104-103 v. Chr. belegt), obwohl derartige Beinamen bei hellenistischen Herrschern weitverbreitet waren. Dafür wird meist die griechische Königstitulatur basileus bzw. im Genetiv basileös seit Aristobul I. literarisch, ab Alexander Jannaios auch numismatisch belegt - aufgeführt, nie aber eine rein griechische Legende plaziert - dafür aber häufig, aber nicht immer, die hebräisch-griechischen Doppelnamen der Herrscher aufgeführt. Gleichzeitig verzichtete man auf das übliche Herrscherbildnis auf dem Avers wie auf die in den hellenistischen Münzprägungen weitverbreiteten anthropomorphen Götterbilder. 4.2. Die Bilder der hasmonäischen
Münzen
Ebenso wie die Legenden sind auch die Bilder, die zweite kommunikative Ausdrucksform der Münzen, über das selektive Auswahlverfahren in der Münzprägestätte den Münzen intentional aufgeprägt. Die gekreuzten Füllhörner finden sich auf den Münzen aller Hasmonäer (Abb. 2-3, vgl. 6).23 Es ist ein gemeinhasmonäisches Münzbild. Zugleich 22
Zur Interpretation der Fundmünzen vgl. zuletzt SHACHAR, Significance. BEMMANN, Füllhörner, 1 1 2 - 1 4 9 . Doppelte Füllhörner können auf hasmonäischen Münzen auch parallel angeordnet sein {Abb. 6). 23
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wurde es in charakteristischer Weise verändert: Außer bei Mattathias Antigonos ist zwischen den beiden cornucopiae ein Granatapfel (keine Mohnkapsel o.a.) eingefügt. 24 Durch den Granatapfel werden die bei Tyche, Demeter und Isis auch als paganes Götterattribut wahrnehmbaren cornucopiae verfremdet und zugleich inkulturiert. Vom pagan-religiösen Zusammenhang abgesehen repräsentierten die Füllhörner auch Fruchtbarkeit, Wohlfahrt, Prosperität durch Gottheit(en) und Herrscher, also Werte und Hoffnungen, die jedem Untertan des hasmonäischen Staates als solche erkennbar und wichtig waren. 25 Schon hier zeigt sich eine auffällige Verbindung zur seleukidischen Münzprägung: Die meisten Motive, die sich auf den hasmonäischen Münzen finden, tauchen in der seleukidischen Prägung erst seit der Mitte des 2. Jh.s auf, schwerpunktartig unter Alexander I. Balas (150-145), Demetrios I. (145-138. ca. 130-125), Antiochos VI. (144-142/141) und VII. (138129), Alexander II. (128-123), Antiochos VIII. (121-96) und IX. (114/113-96/95). Auch der Kranz (Abb. 2-3) mit seinen Varianten (Lorbeer/Oliven bzw. Efeu) kann als gemeinhasmonäisches Münzbild betrachtet werden. Es ist als Herrschafts- und Autoritätssymbol des Königs zu verstehen, dessen Name und Titulatur im Kranz aufgeführt wird. Da der König zugleich Hoherpriester war, ist der Kranz auch Symbol dieser priesterlichen Würde. Die Blüte, die als Lilie identifiziert werden kann (Abb. 4, vgl. /), ist nur bei Alexander Jannaios und Hyrkan (I./II.) und dort nur selten und gelegentlich von 2 Ähren flankiert belegt. 26 Sie sollte daher nicht als ,Wappen' der Hasmonäer bezeichnet werden. Sie ist in keiner Weise ein so durchgängiges Motiv wie z.B. der Steinkauz auf athenischen, der Pegasus auf korinthischen, die Schildkröte auf äginetischen, die Rose auf rhodischen oder die
24
Der Granatapfel ist in der seleukidischen Münzprägung selten belegt, nämlich in den Prägungen der Stadt Side, z.B. bei Antiochos IV. (SNG ISRAEL I, No. 1242). Ist es ein Zufall, daß der seleukidische Herrscher, der nach dieser Stadt einen seiner Beinamen erhalten hatte, nämlich Antiochos VII. Sidetes ( 1 3 8 - 1 2 9 v. Chr.) der letzte Herrscher war, der in Jerusalem Münzen schlagen ließ, und nach dessen Tod die hasmonäische M ü n z p r ä g u n g frühestens einsetzte? 25 Gekreuzte Füllhörner sind belegt u.a. auf Münzen des Seleukiden Alexander II. Balas aus Antiochia, SNG Israel I, Nos. 2 3 1 0 - 2 3 2 9 . Seltenere Variationen wie zwei parallele cornucopiae sind auf Münzen u.a. von Ptolemaios II., Ptolemaios IV., Ptolemaios VI. und von Antiochos VIII., Antiochos IX., Seleukos VI. und Alexander II. (SNG ISRAEL I, No. 2283f. 2 2 9 6 - 2 2 9 9 . 2 5 5 9 - 2 5 6 2 . 2765. 2777) belegt. Die auf Münzen Mattathias Antigonos' belegte einzelne, von Ähren flankierte cornucopia findet sich auch auf Münzen von Ptolemaios III., IV., VIII. und Demetrios I. und II. (SNG Israel I, No. 1272-1287. 1351-1354. 1633. 1746-1748). 26
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Palme auf tyrischen Münzen. 27 Der Palmzweig (lüläb, Abb. 5) ist ebenfalls nur bei Hyrkan (I./II.) und bei Alexander Jannaios belegt 28 , aber ein auf seleukidischen Münzen nicht nachweisbares Motiv, auf denen stattdessen eine Dattelpalme in den Prägungen insbesondere von Sidon und Tyros seit Antiochos IV. bzw. Demetrios II. erscheint. 29 Auch der Anker (Abb. 1. 4. 7a-b) ist aus der seleukidischen Münzprägung übernommen worden. Möglicherweise spielt er auf die hasmonäische Expansion an die Mittelmeerküste und die Eroberung zahlreicher Hafenstädte an. 30 Der Helm (Abb. 6) erscheint nur unter Hyrkan II. und ist in dessen Münzprägung nur selten belegt. 31 Möglicherweise versteckt sich hinter Motiv und Titulatur eine Anspielung auf die Verleihung des EthnarchenTitels durch Caesar 47 v. Chr. [Josephus, ant. 14,10,3-6 (§ 197-211)]. Der achtstrahlige Stern (Abb. 7a-b) mit der hebräischen bzw. aramäischen Inschrift (h-mlk Yh(w)ntn; Yntn h-mlk; mtk' 'lksndrws) ist nur bei Alexander Jannaios belegt. Stern und Königstitulatur können durch die in den Strahlen aufgeteilte Legende ineinander verwoben oder durch eine umlaufende Legende umschlossen sein. Mit der erstgenannten Kombination von Schrift und Bild vergleichbar sind bithynische Münzen der zweiten Hälfte des 2. Jh.s v. Chr., auf deren Rückseite ein neunstrahliger Stern mit eingestellter Legende EllWANOYX als herrscherlichem Beinamen zu sehen ist. 32 Auf sorgfältiger ausgeführten bzw. zentrierten Münzen kann der Stern zusätzlich von einem Kranz umgeben sein. Insgesamt ist durch die 27
Vgl. auch die Doppelaxt/-gesicht auf Tenedos, den Hasen/Gespann von Rhegion, die Krabbe von Akragas, die Quitte bzw. den Apfel auf Melos, Taras von Tarent oder die Taube von Askalon. 28
29
V g l . z . B . KRUPP 1 9 8 0 .
S N G Israel I, Nos. 1096-1099. 1248-1251. 1334-1349. 1539-1543. 1547-1552. 1680-1683. 1691-1695. 1710-1714. 1723-1725. 2039. 2042. 2059f. 2093. 2237. Unter den in Antiochia geprägten Münzen Seleukos' VI. ist auch eine Ähre belegt (SNG Israel I, No. 2778). 30 Der charakteristische Anker ist auf Münzen z.B. von Demetrios II., Antiochos VII. und Alexander II. belegt [SNG Israel I, Nos. 1634-1640. 2 1 3 3 - 2 1 5 0 (Jerusalem). 2 3 8 2 - 2 3 8 5 . 2 3 9 6 - 2 3 9 9 . 2405f|. 31 MESHORER, Ancient Jewish Coinage I, 66f. 150, PI. 46: Avers: Helm; Revers: doppelte cornucopiae\ Legende: khn gdl, r's. Zur nicht ganz eindeutigen Helm-Form vgl. z.B. Münzen Antiochos VII. (Askalon, SNG ISRAEL I, Nos. 2 0 9 4 - 2 1 0 0 ; HOUGHTON, Coins, Nos. 818f), Alexander I., Antiochos VII., Alexander II., Antiochos VIII., Antiochos IX. und Seleukos VII. (SNG Israel I, Nos. 1487ff. 18846ff. 1987. 1993. 1996. 2074f. 2078f. 2128ff. 2372ff. 2 6 7 7 - 2 6 8 0 . 2698f. 2 7 1 6 - 2 7 1 6 - 2 7 1 9 ; 2731f. 2745ff. 2779f). 32 WADDINGTON/BABELON/REINACH, Bithynie, 233, No. 41, PI. 34:12. Achtstrahlige Sterne in der Hand eines stehenden Zeus sind v.a. auf Münzen Antiochos' VIII. belegt: HOUGHTON, Coins, Nos. 812f. 8 5 0 - 8 5 4 ; SNG Israel I, Nos. 2 4 9 3 - 2 5 0 0 . 2 5 3 0 - 2 5 3 3 . 2575-2578; 2580-2586. 2690-2595. 2646-2661. 2663-2674.
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Ulrich
Hübner
enge Kombination von Text und Bild ein explizit legitimatorisches Machtsymbol Alexander Jannaios' geschaffen worden. Im einzelnen blieb und bleibt aber offen, ob z.B. der griechische Personennamen eine Anspielung auf den Makedonen Alexander d.Gr. ist und der Stern eine numinose Konnotation hat oder eine Anspielung auf Num. 24,17 („Stern aus Jakob", kwkb m- Y'kb) sein könnte. Die beiden Motive Menora und Schaubrottisch (Abb. 8) erscheinen nur auf den Münzen des letzten hasmonäischen Herrschers Mattathias Antigonos. 33 Seine Münzen standen ganz im Zeichen seiner Rivalität mit Herodes d.Gr., der 42 v. Chr. zum Tetrarchen und 40 v. Chr. zum König ernannt worden war und im gleichen Jahr mit seiner Münzprägung in Samaria begonnen hatte. Beide Motive gehen auf diese Konkurrenz ein und sind darum als zeitgenössische Anspielungen auf die aktuelle innen- und außenpolitische Lage zu verstehen: Antigonos ist legitimer König der Hasmonäer-Dynastie in Jerusalem und Hohepriester im Jerusalemer Tempel, Herodes dagegen wird niemals Hohepriester sein können, und als König von Roms Gnaden agiert er vom heidnischen Samaria aus, noch nicht von der Tempelstadt Jerusalem aus.
5. Zusammenfassung Hasmonäische Münzen waren die am weitesten und häufigsten verbreiteten Mitteilungsträger der Staatsführung. Ihre Aussageabsichten sollten durch miniaturisierte Texte und Bilder massenhaft verbreitet werden. Die Verantwortlichen wählten selektiv aus den Vorbildern, die in der Münzprägestätte Jerusalem zur Verfügung standen, einige Bilder und Texte aus und konnten so Aspekte von Kontinuität und Tradition ebenso zum Ausdruck bringen wie Aspekte von Diskontinuität und Innovation. Damit wurde den Münzbenutzern die Möglichkeit zur Identifikation mit den Aussageabsichten gegeben. Die überschaubare Anzahl und Auswahl an Legenden und Bildern und ihre massenhafte Wiederholbarkeit dürften sich den Rezipienten als ein plakatives Medium en miniature mit hohem Wiedererkennungswert nachhaltig eingeprägt haben. Der unmißverständlich positiven Selbstdarstellung der hasmonäischen Herrscher in Text und Bild sollte die Wahrnehmung der Münzbenutzer und ihrer Einschätzung der politischen Wirklichkeit entsprechen. Einerseits knüpften die Hasmonäer bewußt an Vorbilder der zerfallenden seleukidischen Großmacht an, um sich als hellenistische Herrscher darzustellen. Gleichzeitig grenzten sie sich davon ab, in dem sie bestimmte Vorbilder wie Herrscherportrait und anthropomorphe Götterbilder aus33
V g l . BARAG
1994.
Die Münzprägungen
des 2. und 1. Jh. v. Chr.
183
schlössen. Wieder andere Motive beließen sie in der Mehrdeutigkeit und überließen sie so der Interpretation der jeweiligen Rezipienten: Der Helm ein hellenistisch-römisch vorgeprägtes Herrschaftssymbol der Hasmonäer oder eine Reverenz an Rom? Das Füllhorn - ein Götterattribut und/oder eines jener allgemeinen Wert- bzw. Wohlfahrtssymbole, wie sie später auf römischen Münzen in Gestalt von abundantia, aequitas, aeternitas, fortuna, virtus, pietas oder concordia belegt sind? Andererseits betonten sie - etwa durch hebräische Schrift und Sprache ihre eigene Ethnizität und kulturelle Identität. Sie übernahmen Motive, veränderten sie und formten sie so zu einheimischen um wie z.B. Füllhorn und Granatapfel. Hasmonäische Münzen zeichnen sich durch eine bemerkenswerte religiöse Zurückhaltung aus. Der eine Gott des Jerusalemer Tempels taucht allenfalls und gelegentlich in den theophoren Elementen der hebräischen Personennamen auf, ansonsten kann ihn der Münzbenutzer nur finden, wenn er ihn dort auch erkennen will, z.B. wenn er die Darstellungen der Menora und des Schaubrottisches betrachtete, wenn er in der Titulatur h-khn hgdwl den Hohenpriester des einen Gottes erkannte, oder wenn er in dem Verzicht auf Herrscher- und Götterdarstellungen sich an das Bilderverbot erinnert sah. Andererseits bleiben eventuelle Anspielungen auf religiöse Phänomene des Hellenismus der Interpretation der Rezipienten überlassen. In wenigen Fällen konnten die hasmonäischen Münzen offenbar andeutungsweise auf spezielle außenpolitische Ereignisse bzw. Entwicklungen (Helm; Anker) oder auf die aktuelle (innen)politische Lage (Menora, Schaubrottisch) anspielen. Sie nahmen Rücksicht auf die als Mehrheitsmeinungen eingeschätzten Strömungen in der Bevölkerung und lenkten zugleich deren politische Wertungen und Meinungen. Insofern sind die einheimischen Münzen die Massenmedien des hasmonäischen Staates schlechthin, die als Mittler zwischen ausgebender Behörde und Münzbenutzern fungierten.
Ulrich
Hübner
Abb. 8
Die Münzprägungen
des 2. und 1. Jh. v. Chr.
185
Abkürzungen A C N A C - Ancient Coins in North American Collections A N S N N M - American Numismatic Society. Numismatic Notes and Monographs RIC - T h e Roman Imperial Coinage SFMA - Studien zu Fundmünzen der Antike SNG - Sylloge N u m m o r u m Graecorum
Abbildungsverzeichnis Abb.l:
Antiochos VII. HENDIN/ KREINDLER, Guide, No. 451.
Abb.2:
Alexander Jannaios. HENDIN / KREINDLER, Guide, No. 473.
Abb.3:
Mattathias Antigonos. HENDIN / KREINDLER, Guide, No. 481.
Abb.4:
Alexander Jannaios. HENDIN / KREINDLER, Guide, No. 467.
Abb.5:
Alexander Jannaios. HENDIN / KREINDLER, Guide, No. 468.
Abb.6:
Hyrkan II. HENDIN / KREINDLER, Guide, No. 462.
Abb.7a-b:
Alexander Jannaios. HENDIN / KREINDLER, Guide, No. 469.471.
Abb.8:
Mattathias Antigonos. HENDIN / KREINDLER, Guide, No. 485.
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Ulrich Hübner
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Die Münzprägungen
des 2. und 1. Jh. v. Chr.
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Vom Ornament zum Medium Die kanonischen griechischen Bauordnungen und ihr Beitrag zur Hellenisierung Palästinas im 2. und 1. Jh. v. Chr.* von WOLFGANG M . THIEL
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Vorüberlegungen Im Rahmen dieses Beitrages soll der Frage nachgegangen und geprüft werden, inwieweit das Aufkommen und die Verbreitung der drei bekannten kanonischen Stilordnungen des griechischen Bauwesens, also der dorischen, ionischen und korinthischen Ordnung, zur Hellenisierung Palästinas während des 2. und 1. Jhs. v. Chr. beigetragen haben und ob man sie in diesem Kontext als „Medien" etwa der kulturellen Transformation bezeichnen könnte. In diesem Zusammenhang stellt sich zunächst die Frage, was Realien wie dorische Friese oder korinthische Kapitelle mit dem Medienbegriff oder gar mit Alltagskultur zu tun haben. Kann eine Säule, ein Kapitell
* Bei dem hier vorliegenden Beitrag handelt es sich u m die überarbeitete u n d erweiterte F a s s u n g eines Vortrages, den ich im R a h m e n der internationalen F a c h t a g u n g ,JAedien der Alltagskultur. Realien und kulturelle Kommunikation als Thema der Palästinaarchäologie" gehalten habe. Dem Organisator CH. FREVEL schulde ich D a n k f ü r die E i n l a d u n g , auf dem Kolloquium sprechen zu d ü r f e n , u n d vor allem für seine Geduld und Nachsicht bei der Redaktion. U n t e r s t ü t z u n g w u r d e mir darüber h i n a u s durch W . ECK, H. VON HESBERG und R. WENNING zuteil, denen ich in m e h r f a c h e r Hinsicht zu D a n k verpflichtet bin. Ihnen sind insbesondere z a h l r e i c h e f r e u n d l i c h e H i n w e i s e und n ü t z l i c h e A n r e g u n g e n bei der Diskussion zu v e r d a n k e n , die ich in das M a n u s k r i p t mit a u f z u n e h m e n versucht habe.
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Wolfgang M. Thiel
oder ein Gebälkblock mediale Qualitäten haben, ja vielleicht sogar ein Medium sein? Um sich dieser Fragestellung anzunähern, sollte man sich zunächst vergegenwärtigen, dass Baudekor bzw. Bauornamentik in der Antike im Allgemeinen nie als eine autonome Größe in Erscheinung trat, sondern stets eingebunden war in eine je nach Kontext mal mehr, mal weniger repräsentative architektonische „Makrostruktur". Auf primärer Ebene ( f u n k t i o n a l e Ebene") hatten Säulen und Gebälke innerhalb der zugehörigen Architekturen natürlich ihre Funktion als konstruktive, zum Teil statisch tragende Elemente zu erfüllen. 1 Zugleich wurden architektonische Ausstattungselemente auf einer sekundären Ebene („ästhetisch-dekorative Ebene") aber auch dazu genutzt, um bestimmte, ästhetisch normative Vorstellungen zum Ausdruck zu bringen, die in der Regel einerseits dem Zweck einer Funktionsverdeutlichung, andererseits einer optischen Nobilitierung des zugehörigen Gebäudes dienten und dies der Umwelt kommunizierten, z. B. um den Wert und die spezifische Bedeutung des derart geschmückten Bauwerks, aber auch den Aufwand an investiertem Kapital von Seiten des Stifters herauszustellen. 2 Da die spätestens seit der Archaik (6. Jh. v. Chr.) in der griechischen Architektur fest etablierten Bauordnungen 3 darüber hinaus eine formale Standardisierung erfahren hatten, die ein hohes Maß an Verbindlichkeit mit sich brachte, konnte die Errichtung solcher Bauten, die konzeptionell dem starren Reglement dieser Konventionen folgten, auf einer dritten Ebene („kulturell-mediale Ebene") auch als Ausdruck eines dezidierten Bekenntnisses zur griechischen Baukunst und damit zur griechischen Kultur allgemein verstanden werden, zumal wenn diese Bauten in einem a priori nichtgriechischen Kulturraum wie dem Nahen Osten errichtet wurden. 4 Allerdings sollte man sich bei der Beurteilung von Architektur und Baudekor und deren medialen Qualitäten unter medientheoretischen A. HOFFMANN, dem langjährigen Leiter der Ausgrabungen des Deutschen Archäologischen Instituts in Berlin und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus in Gadara-Umm Qais, danke ich dafür, dass er mir durch meine Teilnahme an den Grabungen die Möglichkeit geboten hat, mich vor Ort intensiv mit der lokalen Bauornamentik zu befassen. Die hier vorgelegte Studie basiert nicht zuletzt auf Materialsammlungen, die ich im Umfeld der Grabungskampagnen zwischen 1995 und 1998 anstellen konnte. Die Zitierweise entspricht, soweit nicht anders angegeben, den Richtlinien bzw. Hinweisen des Deutschen Palästina-Vereins, wie sie in der Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins 110 (1994) 1 ff. als verbindliche Grundregeln festgelegt sind. 1
V g l . LAUTER, A r c h i t e k t u r , 2 5 3 - 2 6 5 .
2
Vgl. LAUTER, Architektur, 265-275.
3
V g l . h i e r z u WESENBERG, K a p i t e l l e , 3 - 6 2 , 8 7 - 1 4 1 , b e s . 4 9 - 6 2 , 1 1 6 - 1 4 1 ; a b e r a u c h
DERS., Beiträge, 23-108; neuerdings verschiedene Beiträge in: SCHWANDNER, Säule. 4 Diese Einschätzung wird insbesondere in einschlägigen Passagen des 2. Makkabäerbuches deutlich, so 4:13 u. a.; vgl. hierzu auch LAUTER, Architektur, 276-286.
Vom Ornament zum
Medium
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Gesichtspunkten stets der Problematik bewusst sein, dass die Bewertung dieser Realien in entscheidendem Maße von deren moderner Interpretation abhängt 5 , etwa wenn wir annehmen, dass bei solchen Artefakten, die u. a. ästhetische, identitätsformierende wie kulturspezifische Botschaften etc. transportieren konnten, im Einzelfall tatsächlich eine bewusste Nutzung, wenn nicht Instrumentalisierung intendiert war oder nicht. Unter Berücksichtigung dieser Prämissen erlaubt uns gerade dieses zunächst vielleicht etwas spröde und unansehnlich anmutende Material eine Antwort auf die Frage, wie mittels bestimmter Realien kulturelle, ja sogar interkulturelle Kommunikation in Palästina während der hellenistischen Epoche ermöglicht wurde. War Palästina, wie verschiedene Arbeiten u. a. von R O B E R T W E N N I N G 6 in jüngster Zeit herausgestellt haben, insbesondere durch die Vermittlungstätigkeit der phönizisch geprägten, levantinischen Küstenstädte schon seit der frühen Eisenzeit mit Realien griechischer Kultur (vor allem geometrische, archaische und klassische Vasen aus Korinth, Athen und aus dem ostionisch-kleinasiatischen Raum) in Berührung gekommen, so hatte sich dieser Kontakt doch erheblich intensiviert, nachdem Palästina seit dem Eroberungszug Alexanders des Großen Teil einer ostmediterranen hellenistischen „Kulturkoine" geworden war. Im Folgenden soll daher anhand ausgewählter Beispiele verdeutlicht werden, wie und mit welcher Intensität insbesondere seit dem Beginn des 2. Jhs. v. Chr. spezifisch griechische Vorstellungen von Architektur in Palästina, aber auch in Transjordanien Einzug hielten. Dabei soll anhand quantitativer und qualitativer Kriterien der Umgang mit den drei kanonisch-griechischen Bauordnungen - dorisch, ionisch und korinthisch - untersucht, aber auch der Frage nachgegangen werden, seit wann griechische Schmuckformen in Palästina überhaupt auftauchten, in welchen Kontexten sie dabei Verwendung fanden und in welchem Umfang sie die lokale Art zu bauen schließlich beeinflusst und geprägt haben.
1. Die dorische Ordnung in den Städten Palästinas und Transjordaniens Schon bei einem ersten, oberflächlichen Blick auf das bekannte archäologische Material fällt auf, dass die dorische Ordnung mit ca. 70 % der Säulen,
5
Vgl. insbesondere den Beitrag von CH. UEHLINGER in diesem Band.
6
WENNING, I m p o r t e , 2 9 - 4 6 ; S k u l p t u r e n , 1 0 5 - 1 1 8 ; N a c h r i c h t e n , 2 0 7 - 2 1 9 ; P e r i o d s ,
145-159; Vasenbilder, 339-358; Söldner, 257-268.
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Kapitelle, Friese und Gebälke unter der Bauornamentik aus hellenistischer Zeit mit Abstand am weitesten verbreitet war. 7 Eine Vielzahl von dorischen Bauelementen hellenistischer Zeit ist seit 1995 bei den umfangreichen Grabungen des Deutschen Archäologischen Institutes unter der Leitung von ADOLF HOFFMANN in der nordwestjordanischen Stadt Gadara zutage gekommen, die während der frühen römischen Kaiserzeit zur syrischen Dekapolis zählte. 8 Die vermutlich schon in frühhellenistischer Zeit neu gegründete Siedlung beherrschte in der Antike die wichtigste ost-westliche Querverbindung vom Jordangraben bzw. von Ptolemais am Mittelmeer zu den fruchtbaren, korn- und weinreichen Landschaften Südsyriens, insbesondere zur bedeutenden Karawanenstation Bostra, einer der Drehscheiben im arabischen Fernhandel, und diente daher als Garnison bzw. befestigter Grenzstützpunkt in der zwischen den Großreichen der Ptolemäer und Seleukiden für mehr als ein Jahrhundert umstrittenen Provinz 'Koilesyrien und Phönizien'. 9 Wie einschlägigen Testimonia bei Polybios und Flavius Josephus zu entnehmen ist, scheinen insbesondere die Seleukiden diesem Ort nach ihrem entscheidenden militärischen Erfolg beim nahe gelegenen Paneion (Banyas) an den Quellen des Jordan im ,5. Syrischen Krieg' 200/198 v. Chr. große strategische Bedeutung beigemessen zu haben. 10 Dies konnte durch die Ausgrabungen vor Ort in den letzten Jahren eindrucksvoll bestätigt werden. Wie klar stratifizierte, geschlossene Keramikkontexte belegen, wurde der sich durch eine merkliche Geländeerhebung vom flachen Sattelkamm der Umgebung abhebende Bereich der Oberstadt (akra) noch im ersten Viertel des 2. Jhs. v. Chr. mit einem massiven Mauerring umgeben (Abb. 7).11 Dieses aufwändige, raffiniert ausgeklügelte Befestigungssystem entsprach mit den für die hellenistische Epoche typischen „sägezahnartig" verspringenden Kurtinenabschnitten, den pentagonalen Türmen, den schräg versetzten, gedeckten Tordurchlässen, Ausfallpforten in den Türmen, den langen Schießscharten-
7
V g l . THIEL, G a d a r a .
8
WEBER/KHOURI, U m m Q a i s , b e s . 4 - 1 2 ; HOFFMANN, S t a d t e n t w i c k l u n g , 2 1 - 4 0 A b b .
2 - 6 , 2 1 , 2 5 ; HOFFMANN/BÜHRIG, S t a d t m a u e r n , 1 7 6 f f . A b b . 1, 3 , 4 , 2 6 , 2 9 ; HOFFMANN, T o p o g r a p h i e , 9 8 - 1 2 4 ; KERNER, G a d a r a ,
1 2 5 - 1 3 6 ; a u s f ü h r l i c h a u c h WEBER,
Gadara,
11-88. 9
WEBER, Gadara, 59-67, bes. 62. Polybios, hist. XVI. 18,1-19,11; XXVIII.1,1-5; Josephus, ant. lud. XII.3,3 [129137, bes. 136], 11 HOFFMANN, Stadtentwicklung, 21-27, bes. 24 ff. Abb. 3-5, 8-14; detailliert DERS./BÜHRIG, Stadtmauern, 175-233, bes. 180-210 Abb. 1, 4-28, bes. 26; zur Chronologie der Mauer auf der Grundlage stratifizierter Keramikkomplexe siehe KENRICK, Fine Wares, 235-265; HOFFMANN, Topographie, 101-106 Abb. 148-154, bes. 152; zur hellenistischen Akra allgemein WEBER, Gadara, 93-96, 313-319 (BD 1) Abb. 34-38 Taf. 6A-7A. 10
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schlitzen für Torsionsgeschütze etc. den höchsten Standards poliorketischfortifikatorischer Wehrtechnik jener Zeit. 12 Bei den Grabungen im Bereich des Tores bei Turm 3 an der Südseite der Ummauerung der hellenistischen akra von Gadara kam 1995/96 ein dorisches Kapitell zum Vorschein, das bei einer intentionellen, sekundären Zusetzung der Tordurchfahrt offensichtlich als Spolie verbaut worden war. 13 Verschiedene archäologische Indizien lassen vermuten, dass die „Verbarrikadierung" dieses Tores, dessen Entstehung als integraler Bestandteil des Befestigungssystems ebenfalls dem Beginn des 2. Jhs. v. Chr. zuzuschreiben ist, wahrscheinlich als Schutzmaßnahme in Zusammenhang mit der bei Josephus bezeugten zehnmonatigen Belagerung Gadaras durch die Truppen des Hasmonäerkönigs Alexander Jannaeus im Jahre 98 v. Chr. erfolgt ist. 14 Daraus ergibt sich ein klarer terminus ante quem für die Datierung des Kapitells, das demnach vor dem Ende des 2. Jhs. v. Chr. gefertigt worden sein muss. Im Zuge von Räumarbeiten zur Schaffung eines großen Besucherparkplatzes im Vorfeld der hellenistischen Stadtmauer 15 konnten zwischen 1997 und 1998 im Umkreis dieses Tores und entlang der Südflanke der Stadtmauer drei weitere dorische Kapitelle als Streufunde geborgen werden, deren Abmessungen, Proportionierung und Profilierung im Vergleich zu dem Exemplar vom Tor absolut identisch sind, so dass davon auszugehen ist, dass alle vier Kapitelle von ein und demselben antiken Bauwerk stammen müssen. Alle vier Kapitelle zeichnen sich durch einen kurzen Säulenschaftansatz, eine leicht erhaben abgesetzte, glatte ,Halskragenleiste' (hypotrachelion) anstelle der sonst üblichen anuli sowie durch einen kurzen, kaum merklich konkav gewölbten Echinus und eine dicke Abakusplatte aus. Bei einem dieser Streufunde handelt es sich um ein Pfeilerkapitell mit rechtwinkligem Halbsäulenanschluss auf zwei Seiten, so dass das Kapitell einen herzförmigen Grundriss aufweist {Abb. 2). Diese Anordnung ist chaHOFFMANN, Stadtentwicklung, 24-27, bes. 27 Abb. 8-14; HOFFMANN/BÜHRIG, Stadtmauern, 181 ff., 186 f., 189-199, bes. 201-210 Abb. 4-7, 9a-18, 20-22, 25-28; HOFFMANN, Topographie, 103 ff. Abb. 151-154. 13 Zu Tor und Turm 3 vgl. HOFFMANN, Stadtentwicklung, 24 f. Abb. 8, 9, 12; DERS./BÜHRIG, Stadtmauern, 196-199, 201 f. Abb. 4, 9 a - l l , bes. 20-22: Eine entsprechende, ebenfalls intentional zugesetzte Tordurchfahrt sieht man noch heute bei Turm 2 (vgl. ebd. Abb. 18); vgl. auch WEBER, Gadara, 102 Abb. 36. 14 Josephus, ant. lud. XIII. 13,3 [356]: ' O 5s TCÖV ÊK TTToXeuatou q>ößcov EAEU6Epcoöeis" oTpccTEUETcu HÈV EÙBÙÇ- EIN Tr|v Koi\r|v l u p i a v , aipEÏ 5è T â S a p a (sic) iroXiopKrioaç" 5ÉKC< lariatv, (...); bell. lud. 1.4,2-3 [86, 89]: (...) ' A \ é £ a v 5pos" TaSâpcov TE iroÀiopKÎqi KpaTsI KCÙ 'Aua0oûvToç\ (...); vgl. HOFFMANN, Stadtentwicklung, 25, 27; DERS./BÜHRIG, Stadtmauern, 184 ff., 194 ff., 199 ff.; D E R S . , Topographie, 100 f. 15 Vgl. HOFFMANN/BÜHRIG, Stadtmauern, 187 ff. Abb. 10, 17-20; HOFFMANN, Topographie, Abb. 151. 12
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rakteristisch für Ecksäulenordnungen, wie sie ausschließlich im Kontext von Peristylhöfen mit rings umlaufender Säulenstellung begegnen. Bekannte Beispiele hierfür stellen die Peristyle in den Palastanlagen der Hasmonäer und Herodes' des Großen in Israel dar. 16 Es ist denkbar, dass diese vier Kapitelle Teile eines einzelnen größeren Peristylkomplexes sehr wahrscheinlich nichtprivaten Charakters waren, der irgendwo im Bereich des südlichen Randes der seleukidischen Kleruchensiedlung gelegen haben und vielleicht angesichts einer Bedrohung seines Baumaterials beraubt worden sein dürfte. Wie wir u. a. aus dem epigraphischen Material und den Papyrusarchiven hellenistischer Zeit aus dem Fayüm in Ägypten ('Zenon-Archiv') wissen, verfügten Kleruchenkatoikien abgesehen von Tempeln, Speichern und Marktplätzen in der Regel über keine nennenswerten öffentlichen Institutionen, geschweige denn Großbauten, wie sie die autonomen poleis Griechenlands oder Kleinasiens besaßen - mit einer Ausnahme: den Gymnasien. Da die Kapitelle von durchschnittlichem Format sind und größere Peristylanlagen im öffentlichen Kontext lediglich bei repräsentativer ausgestalteten agorai oder Gymnasien zu erwarten sind17, käme für die Zweckbestimmung eines solchen möglichen Peristylbaus in Gadara m. E. am ehesten die Funktion als gymnasion in Frage. Auf die Existenz eines solchen Bauwerks in Antiocheia Seleukeia Gadara lässt u.a. das Fragment einer Inschrift wahrscheinlich mit der Nennung eines Gymnasiarchen schließen 18 , aber auch die Tatsache, dass die kleine Siedlung, insbesondere 16 Vgl. LICHTENBERGER, Baupolitik, 1 7 - 2 0 , 25 ff., 4 0 - 4 3 , 5 5 - 6 3 , 99 ff., 103 ff. Abb. 4 - 5 ( A l e x a n d r e i o n ) , 1 0 - 1 2 (Masada), 1 5 - 1 6 (Machairous), 2 5 - 3 1 (Jericho [,Hasm o n ä e r ' und ,Herodes I ' u n d ,111']), 38 (, Unteres Herodeion')', NETZER, Paläste, Abb. 43 (Jericho [,Herodes I']), 5 5 - 5 6 (B70), 6 6 - 6 7 (Jericho [,Herodes III']), 82 (Alexandreion), 94 (Machairous), 113, 116 (Masada), 1 4 0 - 1 4 2 , 144 (,Unteres Herodeion')-, JAPP, Baupolitik, 3 2 - 4 1 , 96 ff., 1 1 4 - 1 1 8 , 1 2 0 - 1 2 5 , 136 ff., 1 3 9 - 1 4 4 , 156 ff. Taf. 1 . 3 2.1, 3.1 (Alexandreion), 16.1, 2 1 . 1 - 2 ( , U n t e r e s Herodeion'), 2 5 . 1 - 2 , 2 7 . 2 - 2 9 . 1 (Jericho [ . H a s m o n ä e r ' und ,Herodes I ' und ,111']), 4 6 . 1 - 4 7 . 2 (Machairous), 5 2 . 1 - 5 4 . 2 (Masada), 6 8 . 1 - 2 (Gamla); NETZER, Herodian Palaces, 231 Abb. 338 Plan 34, 37 (Jericho [,Herodes III']); zu e n t s p r e c h e n d e n Peristylanlagen in den Privatvillen der j ü d i s c h e n Oberschicht in J e r u s a l e m („Palatial M a n s i ó n " , „Southern H o u s e " und „Peristyl Build i n g " ) siehe zuletzt AVIGAD, Herodian Quarter, 3 2 - 3 7 , 5 7 - 7 6 ; BIEBERSTEIN/BLOEDHORN, Jerusalem, Bd. 1, 116 f.; Bd. 2, 339 f. ( 1 7 2 1 . 1 3 1 3 - 1 3 1 4 Gebäude mit Mosaiken, Wandmalerei, Stuck und Miqwa'öt und Gebäude mit Peristyl, Wandmalereien und opus sectile-Boden); GEVA, Excavations, 12 f. Abb. S. 13 oben. 17 Vgl. dazu LAUTER, Architektur, 1 3 2 - 1 6 6 Abb. 1 9 a - b (Délos, Agora der Italiker), 40a (Epidauros, G y m n a s i u m im Asklepiosheiligtum), 4 0 b (Troizen, B a n k e t t h a u s ) , 41a (Olympia, Palästra), 4 1 b - 4 2 (Sikyon, G y m n a s i u m ) , 47 (Kalydon, Heroon), 4 8 a (Milet, sog. . G y m n a s i u m ' ) , 80b (Ai K h a n u m , G y m n a s i u m ) Taf. 7a, 8a (Olympia, Palästra), 7b (Kos, G y m n a s i u m ) , 2 0 b - 2 2 (Stratonikeia, G y m n a s i u m ) , 23b (Delos, G y m n a s i u m ) . 18 Zu dem I n s c h r i f t e n f r a g m e n t auf einem Basaltbruchstück, das sich h e u t e in , A m m ä n e r Privatbesitz befindet, siehe WEBER, D a m a s k ö s , 162 ff. A n m . 235; a u s f ü h r l i c h DERS., G a d a r a , 288 (IS 16) Taf. 95.B. Der Text der zweizeiligen Inschrift d ü r f t e wohl
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seit dem 3. und 2. Jh. v. Chr., eine Reihe von weit über den regionalen Bereich hinaus berühmten Persönlichkeiten griechischer Gelehrsamkeit hervorbrachte. Zu diesen zählten etwa Menippos, ein ehemaliger Sklave und kynischer Philosoph, der als Erfinder der Literaturgattung „Satire" gilt (3. Jh. v. Chr.), ebenso wie der epikureische Philosoph Philodemos, der zum Intellektuellenzirkel um Virgil und Horaz gehörte (Mitte 1. Jh. v. Chr.), der aus der Anthologia Graeca bekannte Epigrammdichter Meleagros (spätes 2.-1. Hälfte 1. Jh. v. Chr.) oder etwa Theodoros, der im Jahre 33 v. Chr. einen Rezitationswettbewerb auf Rhodos gewann, eine Rhetorikschule in Rom gründete und schließlich zum Rhetoriklehrer des späteren Kaisers Tiberius avancierte. 19 Ein mit den gezeigten Exemplaren aus Gadara gut vergleichbares, besser erhaltenes Kapitell (Abb. 3) stammt aus einem Suchschnitt unmittelbar am Westrand des westlichen der beiden Hügelkuppen des Tel 'Istäbä, mit dem israelische Archäologen Ende der 90er Jahre offensichtlich die Ausdehnung der hellenistischen Besiedlung über jenen natürlichen Höhenrücken sondieren wollten, der sich nördlich des späteren Stadtzentrums der römischen Dekapolisstadt Skythopolis, des heutigen Bei Se'än, über die Schwemmlandfläche der „Großen Ebene" erhebt. 20 Zuvor hatten die israelischen Arfolgendermaßen zu lesen bzw. zu ergänzen sein: — EK TCOV ¡8]icov M [ — | — ] 5 i c o v ? yu|i[vccaiäpxnST (oder y u i a v a o i a p x o ü v T O S " ) . . . Dem paläographischen Schriftduktus mit seinen charakteristischen gerundeten Buchstabenformen („round aiphabet") nach zu urteilen, wird man die Inschrift nicht vor der Mitte des 2. Jhs. n. Chr. datieren können. Zur Existenz des Gymnasiarchenamtes in den Städten Koilesyriens bzw. im Ostjordanland vgl. BOWSHER, Civic Organisation, 274 A n m . 52, 53; GRAF, Hellenisation, 5 ff.; HÜBNER, Spiele, 118. Dass Gadara sich in seleukidischer Zeit offiziell „Antiocheia Seleukeia Gadara" bzw. „Stadt der Seleukeer in Mes(ogeia?)" nannte, bestätigen nicht nur Testimonia bei Herodianos (De prosodia Catholica 111.1,385), Stephanos von Byzanz (Ethnika s. v. räSapa [ed. A. WESTERMANN 1889, 86]) und im Scholion ad Meleagron (417 [ed. H. STADTMÜLLER 1899, 282 II]), sondern neuerdings auch der Fund einer Inschriftentafel, die ins Jahr 228 der seleukidischen Ära, d. h. ins Jahr 85/84 v. Chr., datiert ist: L R|Ko' cPiXcÖTaj" | Kai ZEX6[UK£]COV | TCOV ev M e o [ — | RI TT6AI[S\ vac.]; erstmals vorgelegt von WÖRRLE, Inschrift, 2 6 7 - 2 7 1 Abb. 1; WEBER, Gadara, 259 (SQ 1), 281 (IS 1); zu den Fundumständen siehe HOFFMANN, Stadtentwicklung, 25; DERS.,/BÜHRIG, Stadtmauern, 199 ff. 19 Anthologia Graeca I V . 1 - 2 ; V . 1 9 0 - 1 9 2 ; VI.162; bes. V I I . 4 1 6 - 4 1 9 , 421, 428, 468, 470, 476; IX.453, 465; XII.165, 256, 257 u. a. [ed. H. BECKBY 2 1957]; ferner Cicero, in Pisonem 6 8 - 7 0 ; Strabon, Geogr. XVI.2,2 [JACOBY, F r G H III C Nr. 850, 3:a], Plinius, nat. hist. XXXV.200; Josephus, ant. lud. XIV.4,4 [75]; bell. lud. 1.7,7 [155]; Diogenes Laertius V I . 9 9 - 1 0 1 ; Stephanos von Byzanz, ethnika (op. cit.); WEBER/KHOURI, U m m Qais, 4; HOFFMANN, Gadara, 101; ausführlich WEBER, Gadara, 2 7 2 - 2 7 7 (SQ 5 4 - 5 8 , 60-63). 20
A l l g e m e i n L A N D A U / T Z A F E R I S , Tel
Istabah,
1 5 2 - 1 5 9 T a f . 2 0 . A - D ; FUKS, G r e e c e ,
1 - 8 8 ; erste Vorberichte zu den neueren Ausgrabungen auf dem Tel 'Istäbä im Auftrag der Israel Antiquities Authority seit 1991 (bis 1994) finden sich bei BAR-NATHAN/MA-
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chäologen R. B A R - N A T H A N und G . MAZOR bereits den Nachweis erbringen können, dass auf jenem lang gestreckten Hügelkamm, der aufgrund seiner peripheren Lage nördlich des Nahäl Haröd vom munizipalen Zentrum der Stadt in römischer und byzantinischer Zeit deutlich getrennt, ja isoliert war, die eigentliche Wohnsiedlung des hellenistischen Nysa - in der antiken Literatur meist unter dem anscheinend gebräuchlicheren Namen Skythopolis überliefert - zu lokalisieren ist.21 Das dorische Kapitell war hier in einem Kontext zusammen mit hellenistischer Feinkeramik und einer Vielzahl von Bruchstücken rhodischer Amphoren des 2. Jhs. v. Chr. in einer dicken Brandschicht vergesellschaftet, die eine Datierung des zugehörigen Stratums ans Ende desselben Jahrhunderts erlauben. 22 Bei Flächengrabungen Reste im östlichen Teil des Tel 'Istäbä konnten Reste von kleinteiliger privater Wohnbebauung (Areal W), die sich am orthogonalen Bebauungsschema langrechteckiger insulae mit dicht nebeneinander gereihten Stampflehm- bzw. Lehmziegelhäusern orientierte, sowie Teile eines größeren, vielleicht öffentlich genutzten Gebäudekomplexes unbekannter Zweckbestimmung ebenfalls aus hellenistischer Zeit im Süden (Areal Z) nachgewiesen werden. Nachdem auch hier korrespondierende Befunde angetroffen wurden, scheint es sich bei der Ascheschicht um den massiven Zerstörungshorizont einer Brandkatastrophe gehandelt zu haben. 23 Diese kann mit der bei Josephus überlieferten Eroberung des hellenistischen NysaZOR, City Center, 50 f. Abb. 1 u n d H (S. viii, f a r b i g e L u f t a u f n a h m e ) ; MAZOR/BAR-NATHAN, Tel Iztabba, 3 0 - 3 5 Abb. 4 1 - 4 5 ; vgl. dagegen noch den K e n n t n i s s t a n d von FOERSTER/TSAFRIR/MAZOR, B e t - S h e a n , 21
15-32.
Vgl. APPLEBAUM, Scythopolis, 1 - 9 ; BAR-NATHAN/MAZOR, City C e n t e r , 50 f.; MAZOR/BAR-NATHAN, Tel Iztabba, 3 0 - 3 5 ; zum offiziellen N a m e n der Stadt in späthellenistischer Zeit siehe die Legenden „ r A B I N < 0 > - lEN(cöv) N Y C ( a i c o v ) " oder „ r A B ( i v i e i c o v ) - N Y ( o a i c o v ) " auf den lokalen B r o n z e p r ä g u n g e n der J a h r e 56/55 54/53 v. C h r . bei ROSENBERGER, City-Coins, 2 7 - 3 8 , bes. 27 f. Nr. 1 - 6 3 , bes. 1 - 3 . 22 Das Kapitell selbst ist m e i n e s W i s s e n s noch nicht publiziert; vgl. LANDAU/TZAFERIS, Tel Istabah, 1 5 2 - 1 5 9 Taf. 2 0 . C - D („Square B"); ARIEL, A m p h o r a s , 3 1 - 3 5 ; vgl. dazu auch FUKS, Greece. 23 BAR-NATHAN/MAZOR, City Center, 50 f.; a u s f ü h r l i c h e r MAZOR/BAR-NATHAN, Tel Iztabba, 33 ff. Abb. 4 1 - 4 5 u. a. zu Areal W: „This quarter was destroyed by a fierce fire before the end of the 2nd century B C E . In all the buildings of the Hellenistic period the walls and the shelves collapsed, burying a wealth of m a t e r i a l - suggesting that the destruction was due to a violent event, probably the H a s m o n e a n conquest, followed by the a b a n d o n m e n t of the s e t t l e m e n t . " E t l i c h e attische Basen, S ä u l e n t r o m m e l n u n d Kapitelle einer ionischen O r d n u n g , die in einer zweiten, j ü n g e r e n B a u p h a s e des Gebäudes in Areal Z (wohl f r ü h e r ö m i s c h e Kaiserzeit?) in den F u n d a m e n t e n s e k u n d ä r verbaut worden waren, sowie ein S t u c k f r a g m e n t , das sich als Teil einer Q u a d e r w a n d i m i t a t i o n in der Art des ,1. P o m p e j a n i s c h e n Stiles' zu e r k e n n e n gibt, sprechen d a f ü r , dass i h m ursprünglich eine r e p r ä s e n t a t i v e Funktion zugedacht war. Vielleicht besaß das G e b ä u d e sogar öffentlichen C h a r a k t e r {strategeionl)\ vgl. LANDAU/TZAFERIS, Tel Istabah, 152 Taf. 20.A (Square A).
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Skythopolis durch Antigonos und Aristoboulos, die Söhne des Johannes Hyrkanos, im Jahre 108 v. Chr. plausibel erklärt werden. 24 Verfügten die Kapitelle aus Gadara noch über eine senkrechte Halskragenleiste, so folgt diese bei dem Kapitell aus Nysa-Skythopolis der Kontur des Echinus. Proportional annähernd gleich gestaltet, dürfte es sich bei diesem Exemplar vielleicht um eine Variante des ,Gadarener Typs' handeln. Ein nahezu identisches Exemplar hierzu ist inzwischen auch aus dem nicht weit entfernten Hanzire al-'Asrafiye bekannt, einer wahrscheinlich mit dem im Buch Richter und bei Polybios genannten biblischen Kamous / Kamon zu identifizierenden Höhensiedlung ca. 10 km ost-nordöstlich des antiken Pella (Tabaqät Fahl) und 4 km südlich des heutigen Distriktvorortes Der Abu Sa'id am Nordwestrand des Vlg/wn-Massivs. 25 Ungefähr an der höchsten Stelle des Hügelrückens in der Mitte der modernen Ortschaft liegen noch heute die spärlichen Reste eines im Volksmund als al Qasr („die Burg") bekannten, größeren antiken Baukomplexes, der als ein sich über mindestens zwei Terrassen erstreckender, offener Sakralbezirk bzw. als lokales Höhenheiligtum aus hellenistischer Zeit zu identifizieren sein dürfte (Abb. 4).26 Auf der unteren Terrasse stand einst ein Südwest-Nord24
Josephus,
ant.
lud.
XIII. 1 0 , 2 - 3
[275-281,
bes.
280]:
'EiTiKpciTTi
5E
ÜTTÖ
irpouScoKE cpavepcös' TOTS" 'louSaioi?, TR]V SE LAIAAPEIAR TToXiopKiav SiaXÜEiv OÜK R)SuvaTo. Bell. Jud. 1 . 2 , 7 [ 6 4 - 6 6 ] : TTpoxcopoüvTcov 6E TCÖV KATOPÖCOUÄTCOV TT]V ÖPURIV oü CPIXOXPTIUA"NAS" TT|V TE ZKUBÖTTOXIV KAI TCI A \ \ A TTPÖ? TAIRRQ XCOPIA
KATEYUEJAV, TT]V TE
Ä \ \ A TTPOEAÖÖVTES" ä u a T;Q SUVÖUEI UEXPI TFJR ZKUQOTTÖAECOS' TCCUKOÜ TTIV EVTÖS" KapuriAou TOÜ öpous xcopav ä n a a a v KOT-
KcereSpaiiov
EVEIUAVTO. V g l . ROWE, T o p o g r a p h y , 4 6 . 25 Richter 1 0 : 3 - 5 ; Polybios, hist. V . 7 0 , 1 2 - 7 1 , 3 ; STEUERNAGEL, 'Adschlün, 8-11, Abb. 97 Taf. 55.A-B (el-chanzire); MITTMANN, Beiträge, 45 f. Nr. 104. In seinen Ausführungen zur Expedition bzw. zum Feldzugsunternehmen König Antiochos' III. Megas im Jahre 218 v. Chr. in die Galaaditis argumentiert Mittmann (Beiträge, 227 f. Anm. 51) schlüssig und überzeugend zugunsten einer Identifizierung des biblisch-historischen Kamon mit Hanzire al-'Asrafiye\ zu einer römischen Grabinschrift des Valerius Rufus, dessen Gemahlin Valeria Salvina und deren beider gemeinsamen Sohn Valerius Rufus aus demselben Ort siehe zudem ders., ebd. 180 Nr. 16 Abb. 32; SCHMITT, Siedlungen, 201 f. (s. v. B V 18 Kamous - Qam 218.221) hingegen glaubt den im AT genannten biblischen Ort ohne Angabe von konkreten Gründen in Hirbet Umm ar-Gizlän lokalisieren zu können; WEBER, Hanzire al-'Asrafiye, 245. 26 Der bemerkenswerte monumentale Baukomplex aus hellenistischer Zeit hat in der Fachwelt bislang noch nicht die Beachtung gefunden, die ihm sicherlich zukommt. Bereits der deutsch-amerikanische Bauingenieur, Topograph und Forschungsreisende G. SCHUMACHER hatte sich während eines kurzen Besuches vor Ort im Jahre 1896 eingehender mit dieser außergewöhnlichen Architektur auseinander gesetzt. Auf ihn geht auch eine erste, für die damalige Zeit recht zuverlässige Dokumentation der Anlage zurück, die heute nach wie vor die Grundlage jeder wissenschaftlichen Beschäftigung damit bildet; dazu STEUERNAGEL 'Adschlün, 8-11 [= SCHUMACHER 393 ff.] Abb. 97 Taf. 55.B. MITTMANN, Beiträge, 46 hingegen widmet den „imposanteren Altertümern, als man gewöhnlich antrifft", lediglich ein paar Zeilen. Im Jahre 1999 konnte der Ver-
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ost orientiertes, aus hochkant gesetzten Quaderplatten in einer Art „Plattenbautechnik" errichtetes Mauergeviert von quadratischem Grundriss mit ca. 6,5 m Seitenlänge. Die Eingangsfassade im Nordosten des vermutlich einst auch überdachten Gebäudes war beidseits des Portals mit je einem Orthostatenrelief geschmückt, von denen leider nur die untere Körperpartie erhalten ist. Dargestellt waren hier wohl männliche Gewandfiguren im Profil - vermutlich zum Opfer schreitende Priester. 27 Das heute neben einer modernen Dorfstraße befindliche Kapitell {Abb. 5) muss mit Sicherheit zu der nur ca. 20 m entfernten unteren Heiligtumsterrasse gehört haben, vermutlich zu einem in der Architekturhierarchie eher untergeordneten Bau mit Säulenstellung, z. B. zu einer umgebenden stoa oder einem Propylon, zumal die Steinmetze sich bei der Ausarbeitung des Kapitells ähnlich wie bei den gezeigten Beispielen aus Gadara und Skythopolis nur auf die Anlage der Grundformen beschränkten. Sämtliche dekorativen Details waren bei diesen Kapitellen genauso wie bei grundsätzlich allen anderen Baugliedern dorischer, ionischer und korinthischer Ordnung in hellenistischer Zeit und wahrscheinlich noch bis weit in römische Zeit hinein in farbig bemaltem Stuck aufmodelliert. Dies bestätigt ein weiteres dorisches Kapitell (Abb. 6), das in unmittelbarer Nähe des zuvor genannten aufgefunden wurde. Im Gegensatz zu den meisten übrigen, bekannten dorischen Kapitellen hellenistischer Zeit aus Palästina waren an diesem Kapitell auch die für die kanonisch-dorische Ordnung obligatorischen Kanneluren - in diesem Fall 20 an der Zahl - direkt am Stein ausgearbeitet und nicht nachträglich aufstuckiert, wie ansonsten bei den meisten Stücken dieser Zeit üblich. Reste der einstigen polychromen Bemalung in goldgelb und dunkelrot haben sich hier trotz des stark witterungsanfälligen Kalksteins punktuell erhalten. fasser im Auftrag des Archäologischen Instituts der Universität zu Köln und mit Hilfe der ,Fritz-Thyssen-Stiftung', der an dieser Stelle nochmals herzlich für ihre großzügige finanzielle Unterstützung gedankt sei, im Rahmen einer vierwöchigen K a m p a g n e eine architektonische B a u a u f n a h m e in Kombination mit einer Oberflächenprospektion bzw. einem begrenzten archäologischen Survey vor Ort durchführen. Angeregt wurden die Untersuchungen durch die Lektüre des kurzen Beitrages von WEBER, Hanzire al'Asraßye, 245. Die Ergebnisse dieser Arbeiten sollen demnächst im Annual of the Department of Antiquities oder / und in der Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins vorgelegt werden. 27
SCHUMACHER i n : STEUERNAGEL,
'Adschlün,
11 [ = SCHUMACHER 3 9 5 ] b e s .
Abb.
97 Taf. 55.B selbst hat zwar das Mauergeviert erkannt und richtig gedeutet und gezeichnet, aber aufgrund des seinerzeit noch deutlich höher anstehenden Erdreiches im Bereich der Anlage die unteren Hälften zweier ursprünglich in etwa lebensgroßen Reliefstatuen an der nordöstlichen Eingangsfront der quadratischen M a u e r u m f r i e d u n g nicht sehen können, von denen sich eine noch in situ befindet. MITTMANN, Beiträge, 46 gibt eine ziemlich präzise Beschreibung vom Unterteil des Körpers eines der beiden erhaltenen Orthostatenreliefs, scheint das zweite jedoch ebenfalls nicht erkannt zu haben. WEBER, Hanzire al-'Asraßye, 245.
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Zu dem hellenistischen Heiligtum in Hanzlre al-cAsrafiye gehörte ursprünglich auch eine Hallenarchitektur von durchaus monumentalen Dimensionen, die durch eine ca. 1,50 m hohe Geländestufe über das Niveau der unteren Terrasse mit dem Mauergeviert hinausgehoben war. 28 Zwischen den beiden Ebenen vermittelte eine breite Freitreppe, bestehend aus separaten Treppenblöcken aus härterem Material, die in den weichen lokalen Kalkstein gesetzt worden waren. Aufgrund dreier Indizien - 1. einer noch in situ befindlichen Stylobatplatte, auf der eine kreisförmige Standmarkierung eingeritzt ist, mit zugehöriger Säule in situ, 2. der dank zweier zugehöriger Architrav-Fries-Blöcke noch zu ermittelnden Jochbreiten und 3. einer Vielzahl von noch in der unmittelbaren Umgebung verstreut herumliegenden Säulentrommeln 29 - ist davon auszugehen, dass die hier einst stehende Halle sich mit einer Flucht von ursprünglich mindestens sechs Säulen zur unteren Terrasse hinunter öffnete. Alle vorhandenen Säulen verfügten über einen sauber geglätteten, teilkannelierten Schaft - ein in hellenistischer Zeit durchaus übliches Phänomen (siehe Delos), dessen gleichmäßig und präzise geschnittene Kanneluren von hoher handwerklicher Qualität zeugen. Was die ursprüngliche Höhe der Säulenordnung anbetrifft, so wäre theoretisch ein proportionales Verhältnis zwischen unkanneliertem und kanneliertem Schaftabschnitt von 1 : 1 denkbar. In diesem Falle hätte die Kontur der Säulenschäfte einen eher gedrungenen Eindruck erweckt. Wahrscheinlicher ist jedoch eine Proportionierung von 1 : 2, wie wir sie z. B. in dem nach 110/09 v. Chr. errichteten „Versammlungshaus der Poseidoniasten von Berytos" auf Delos finden. 30 Trifft letztere Vermutung zu, so hätte die Säulenhalle einschließlich Gebälk eine Höhe von über 10 m erreicht. Aufgrund verschiedener technischer, aber auch archäologisch-stilistischer Indizien scheint der gesamte Komplex in relativ kurzer Zeit (möglicherweise in zwei unmittelbar aufeinander folgenden Bauphasen) noch in 28
STEUERNAGEL,
' A d s c h l ü n , 11 [ = S C H U M A C H E R 3 9 5 ] b e s . A b b . 9 7 T a f . 5 5 . B
„Säule C " und „Ecksäule"; dazu auch MITTMANN, Beiträge, 46; WEBER, Hanzlre 'Asraßye, 245. 29
mit
al-
V g l . STEUERNAGEL, ' A d s c h l ü n , 11 [= SCHUMACHER 3 9 5 ] b e s . A b b . 9 7 T a f . 5 5 . B ;
WEBER, Hanzire al-'Asraflye, 245. 30 Z u m V e r s a m m l u n g s h a u s der Poseidoniasten von Berytos auf Delos: siehe PICARD, Établissement, passim, bes. 3 3 - 5 0 , 8 3 - 1 1 2 , 131 f. Abb. 8, 15, 17, 27, 64, 66, 6 8 - 6 9 , 7 2 - 7 4 , 93, 108, 116 Taf. 1, 3 - 5 , 7 - 9 , bes. 9; Das V e r e i n s h a u s scheint wohl in den Jahren k u r z nach 110/09 v. C h r . im A u f t r a g des „koinon der Poseidoniasten u n d von Berytos (bzw. der aus Berytos s t a m m e n d e n und auf Delos lebenden Kaufleute, Schiffseigner u n d F r a c h t u n t e r n e h m e r ) " errichtet worden zu sein (zur F r a g e der Datier u n g e r g ä n z e n d auch ebd. 1 3 3 - 1 3 8 ) ; vgl. auch LAUTER, Architektur, Taf. 3b (Athen, Attalosstoa), 5a (Delos, Peristyl des Dreizackhauses), 7a, 8a (Olympia, Palästra), 7b (Kos, Peristyl des G y m n a s i u m s ) , 8b (Ptolemais, , P a l a z z o delle C o l o n n e ' ) , 10-1 l b (Alexandria, Gräber , M u s t a f a P a s c h a ' 2 - 3 ) , 15 (Delos, Isistempel).
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der 1. Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. errichtet und realisiert worden zu sein. Auch wenn zu der Hallenarchitektur gehörige Kapitelle bis jetzt nicht nachgewiesen werden konnten - das mit Kanneluren versehene Kapitell passt weder von den Maßen noch vom Material her (weicherer lokaler Kalkstein) zu den vorhandenen Trommelstücken der Säulen aus hartem, nahezu marmorartigem Kalkstein, deren Schaftdurchmesser allein 91-96 cm misst, - so können doch die beiden erwähnten dorischen ArchitravFries-Blöcke (Abb. 7), die in Versturzlage zu Füßen der Freitreppe aufgefunden wurden und sich ohne Zweifel als zu der dorischen Fassade gehörig ausweisen, in der Frage der Datierung der Halle und damit auch des Heiligtums weiterhelfen. Charakteristisch bei beiden Gebälkblöcken ist zunächst die Tatsache, dass Architrav und Metopen-Triglyphen-Fries in einem Stück gearbeitet wurden. Wie bei Block II zu erkennen ist, mussten die einzelnen Friesstücke daher zu diesem Zweck so behauen und gestückt werden, dass die einzelnen Steine nicht etwa an der Nahtstelle von Metopen und Triglyphen aneinander stießen, was einfacher gewesen wäre, sondern dass die Fugen zwischen den Steinen jeweils innerhalb einer Triglyphe gebildet wurden, damit, wie bei dorischen Friesen üblich, die Triglyphen mittig in der Säulenachse aufsitzen und die Gebälkblöcke gleichzeitig über ein statisch ausreichendes Auflager auf den Säulen verfügen konnten. Diese komplizierte Zurichtung erforderte ein eingehendes Verständnis der Prinzipien griechischen Bauens. Zudem waren bei den Gebälkblöcken sämtliche für die dorische Ordnung nach kanonischen Maßstäben konstitutiven Elemente vorhanden und noch dazu in einer Qualität und Schärfe ausgebildet, die ihresgleichen sucht. Eine Besonderheit dieser Blöcke stellt jedoch ihre Proportionierung dar: Auf einen niedrigen Architrav folgt eine ungleich höhere Metopen-Triglyphen-Zone, wobei das proportionale Verhältnis der beiden Elemente etwa 1 : 2 beträgt, schlägt man die taenia rein rechnerisch dem Fries hinzu. Eine vergleichbare Disposition findet sich im regionalen Umfeld des Gebäudekomplexes bislang nicht. Selbst der ansonsten in Machart und Ausführung der Ornamentik oft zum Vergleich geeignete, weil nahezu zeitgleich entstandene Qasr el-cAbd in cIräq al-Amir zeigt bezüglich der Architrav- und Friesproportionierung ein völlig anderes Bild (Abb. 8). 31 Die räumlich nächsten, mir bekannten Parallelen bieten dagegen dorische Bauglieder, die in den 30er Jahren während der Grabungen der Yale University unter Leitung von FRANK E. BROWN im Heiligtum des Zeus
31 Hierzu ausführlich DENTZER-FEYDY, Décor, 141 ff., 180 ff., bes. 185-190 Abb. 17 Taf. B6 (Nr. 3-6), B7 (Nr. 4), B12 (Nr. 2, 3), B18 (Nr. 3, 4) Taf. / Plan 11-22, 3 6 -
50, 5 6 , 6 0 - 6 7 , bes. 7 6 - 7 8 , 80, 9 4 , 100.
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Megistos in Doura-Europos geborgen wurden. 32 Insbesondere die von SUSAN B. DOWNEY erstmals im Rahmen ihrer Dissertation eingehender vorgestellten Architekturglieder, die nach Brown im ersten Falle zur in Stuck ausgebildeten Halbsäulenfassade eines hypothetisch zu rekonstruierenden Temenospropylons (Abb. 9), im zweiten Falle zu einem ominösen, an einer Straßenkreuzung in unmittelbarer Nähe des Heiligtums errichteten „Zweisäulenmonument" gehört haben sollen, weisen schlagende Übereinstimmungen mit den Blöcken aus Hanzlre al-cAsrafiye hinsichtlich der Proportionierung von Architrav und Fries auf. 33 Eine weitere Besonderheit,
32
DOWNEY, A r c h i t e c t u r e , 7 6 - 8 8 , 9 2 - 9 6 , b e s . 7 9 - 8 4 A n m . 1 2 3 A b b . 2 9 , 3 2 - 3 8 : D i e
U n t e r s u c h u n g e n u n d S c h l u s s f o l g e r u n g e n von DOWNEY zum T e m p e l des Zeus Megistos in Doura-Europos basieren im Wesentlichen auf dem bislang u n v e r ö f f e n t l i c h t e n M a n u skript der G r a b u n g s d o k u m e n t a t i o n einschließlich des G r a b u n g s t a g e b u c h e s von F. E. BROWN aus den Jahren 1936/37; vgl. hierzu PERKINS, Art, 8, 10 f. A n m . 2, S. 15 Abb. 1 - 2 , 4; MATHESON, Dour-Europos, 1 2 1 - 1 4 0 ; MATHESON, Last Season, 207, 212. Später hat S. DOWNEY an Ort und Stelle noch e i n m a l N a c h g r a b u n g e n d u r c h g e f ü h r t , bei denen auch wichtige E r k e n n t n i s s e zur C h r o n o l o g i e des Heiligtums gewonnen und offene Fragen der Rekonstruktion geklärt werden k o n n t e n : DOWNEY, New Soundings, 2 8 - 3 2 ; DERS., Excavations, 1 0 7 - 1 1 6 , bes. 108 ff. Abb. 1 - 2 2 , bes. 1, 2, 4 - 7 , 14. 33 SHOE, M o u l d i n g s , 1 f., 27 f., bes. 28, 36, 39 f. Taf. 11 Nr. 200; DOWNEY, A r c h i tecture, 7 9 - 8 4 Abb. 3 3 - 3 7 , bes. 35 und 38; DENTZER-FEYDY, Décor en Syrie, 4 5 7 ff. Abb. 148. Neueren U n t e r s u c h u n g e n zufolge scheint die dorische O r d n u n g in DouraEuropos w ä h r e n d der hellenistischen E p o c h e doch stärker verbreitet gewesen zu sein, als m a n bislang a n g e n o m m e n hat. Dorische Säulen sind nicht nur aus dem „Strategeion" (sog. ,Redoubt P a l a c e ' ) b e k a n n t , sondern dorische Kapitelle zierten, wie j ü n g s t gezeigt werden konnte, auch die Säulen auf zwei Pfeilerpostamenten in einem „salle à b a n q u e t t e " in insula M 5 südlich des decumanus maximus (2. / 1. Jh. v. C h r . ) ; zu den A u s g r a b u n g e n im „Strategeion" siehe ROSTOVTZEFF, D u r a - E u r o p o s , 1 0 - 2 1 , 3 3 - 4 0 , 46 f., bes. 35 ff. Abb. 6 Taf. 5; MOUTON, Réhabilitation, 2 9 - 4 8 Abb. 1, 2, 5, 6; LERICHE/GELIN/GHARBI/YON, Palais, 5 5 - 8 0 , bes. 55 f., 68 f. (Datierung in die 1. H ä l f t e des 2. Jhs. v. C h r . / M ü n z e M i t h r a d a t e s ' I. (141 - 139/38 v. C h r . ) ? aus S o n d a g e 2 in R a u m T), 75 f. Abb. 1 (mit älterer Literatur); zu den G r a b u n g e n in „l'îlot M 5 " siehe LERICHE, T r a n c h é e , 81, 8 7 - 9 2 , bes. 89 f. Abb. 1, 16, 17, 19, 21. Dorische oder / u n d ionische Kapitelle schmückten z u d e m einst den zentralen Peristylhof und m i n d e s t e n s einen der R e p r ä s e n t a t i o n s r ä u m e (A) im Süden des ,Zitadellen-Palastes' (Phase II), dessen C h r o nologie allerdings nach wie vor umstritten ist ( D a t i e r u n g entweder in die späte Seleukiden- oder f r ü h e Partherzeit); vgl. dazu ROSTOVTZEFF, D u r a - E u r o p o s , 1 0 - 2 1 , 3 3 - 4 0 , bes. 4 6 f., 49, 143 A n m . 27 (mit älterer Literatur) Abb. 6, bes. 9; PERKINS, Art, 13 ff.; dagegen jetzt neuere U n t e r s u c h u n g e n von DOWNEY, Citadel Palace, 2 7 - 3 7 , bes. 2 7 - 3 3 Abb. 1, 2, A, B (Datierung ins 2. Viertel des 2. Jhs. v. Chr.); DERS., Observations, 8 5 89, bes. 85 ff. Abb. 1 - 4 [= Syria 65, 1988, 3 4 3 - 3 4 7 ] ; DERS., Archivai Archaeology, 1 4 1 - 1 5 1 , bes. 1 4 2 - 1 4 8 , 150 f. Abb. 1 - 8 , bes. 2 - 7 (mit klaren Hinweisen auf dorische und ionische S ä u l e n o r d n u n g e n im , Z i t a d e l l e n - P a l a s t ' : zwei dorische Kapitelle, das eine außen vor dem M a u e r - bzw. Stylobatrest der Phase I g e f u n d e n und das a n d e r e auf d e m Stylobat der Pfeilerstellung in R a u m A befindlich, vielleicht von der Kolonnade, die u r s p r ü n g l i c h R a u m A vom Peristylhof C trennte, oder aber von der Portikus in Hof C
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die die Stücke aus Doura-Europos mit den Blöcken aus Hanzire al'Asrafiye verbindet, ist die Tatsache, dass in beiden Fällen bei der Planung der .makedonische Fuß' als Basismodul zugrunde gelegt worden zu sein scheint. BROWN und DOWNEY glauben diese Architekturglieder der ersten Phase des Tempels des Zeus Megistos zuschreiben zu können, dessen Errichtung sie aufgrund entsprechender Keramikfunde in das zweite Viertel des 2. Jhs. v. Chr. datieren 34 - eine Datierung, die ich auch für die Stücke aus Hanzire al-'Asrafiye für möglich halte. Wie die gezeigten Beispiele von dorischen Kapitellen verdeutlichen, lassen sich - ungeachtet gewisser Abweichungen bzw. Modifikationen etwa bezüglich der Länge der Schaftansätze oder der genauen Position der Halskragenleiste (hypotrachelion) - doch bei allen hier vorgestellten Kapitellen aus Gadara, Nysa-Skythopolis und Hanzire al-'Asrafiye, deren Datierung ins 2. Jh. v. Chr. aufgrund des Fundkontextes als gesichert gelten kann, sowohl hinsichtlich der Proportionierung als auch in der Art der Profilierung grundsätzliche Übereinstimmungen konstatieren. Diese dorischen Kapitelle scheinen sich meiner Ansicht nach zu einer engen, wohl vorwiegend im nördlichen Jordangebiet anzusiedelnden stilistischen Gruppe zusammenzuschließen 35 , die sich deutlich von der zeitgleichen Kapitellges-
selbst, sowie ein F r a g m e n t einer kannelierten ionischen S ä u l e n t r o m m e l , das ebenfalls aus dem Bereich der R ä u m e A / T zu s t a m m e n scheint). 34 DOWNEY, Architecture, 79, 82 ff., bes. 83 Abb. 35, 38: „... the use of ashlar m a sonry, in simple fractions of a foot of ca. 0 . 3 5 2 meters, also suggests Hellenistic work". 35 Eine ä h n l i c h e P r o f i l i e r u n g , die mit den vorgestellten Kapitellen gut vergleichbar ist, findet sich auch auf dorischen Kapitellen aus dem „ V e r s a m m l u n g s h a u s der Poseidoniasten von Berytos" auf Delos; siehe hierzu PICARD, Établissement, 3 3 - 4 4 , 8 9 - 1 0 9 , bes. 36 f., 94 Abb. 27, 29, bes. 7 3 - 7 4 , 93 Taf. 3, 5, 7 - 9 . An die drei g e n a n n t e n E x e m plare lassen sich typologisch auch zwei dorische Kapitelle von vergleichbarer Qualität vom Tel Änäfä anschließen; siehe HERBERT, Tel A n a f a , 1 4 - 2 2 , 3 1 - 5 3 , bes. 3 7 - 4 2 , 81 ff., 130 ff. Abb. 1 . 2 - 3 , 1 . 6 - 7 , 2 . 3 - 1 1 , 2.13, 2.17, 2 . 2 7 - 2 8 (Tel A n a f a I, 1), 25 (Profilz e i c h n u n g 39: N o r d p r o f i l von 7.4), 41 Taf. 3 - 4 , 7 . B - 1 0 . B , 1 2 . B - 1 4 . A , 1 6 . A - B , 17.A, 43.B, 5 l . A , 52.A, 53.A, 87.A, 9 7 . A - 9 9 . A , 1 0 0 . A - 1 0 4 . A , 139.A, bes. 100.B, 103.B (Tel A n a f a I, 2): Die beiden Kapitelle waren z u s a m m e n mit d e m Block einer T ü r l a i bung sekundär als B o d e n p l a t t e n in einer S t e i n p l a t t e n p f l a s t e r u n g (Loc. 1602) aus f r ü h römischer Zeit ( R O M I C / B r o n z e m ü n z e des T e t r a r c h e n Philippus, g e p r ä g t zwischen 14 u n d 34 n. C h r . , als terminus post quem und große M e n g e n an f r ü h r ö m i s c h e r Keramik, d a r u n t e r importierte F e i n w a r e n sowie ein breites S p e k t r u m von u n t e r s c h i e d l i c h e n Typen e i n f a c h e r lokaler G e b r a u c h s k e r a m i k , und L a m p e n f r a g m e n t e des 1. Jhs. n. C h r . ) in ,Building 6 ' verlegt worden. U r s p r ü n g l i c h dürften sie wohl zu einer von m e h r e r e n Säulenstellungen in d e m H o f g e b ä u d e ( , L a t e Hellenistic Stuccoed B u i l d i n g ' / L H S B ) s p ä t h e l l e n i s t i s c h - f r ü h r ö m i s c h e r Zeit (Phase H E L L 2A - R O M I C , d. h. spätes 3. Viertel / f r ü h e s letztes Viertel des 2. Jhs. v. C h r . bzw. u m 125/20 v. C h r . - spätestens Mitte des 1. Jhs. n. C h r . ) gehört h a b e n , die dort u. a. in Form von zwei e i n a n d e r g e g e n ü b e r liegenden Portiken den zentralen Innenhof auf der Ost- und Westseite a r c h i t e k t o n i s c h r a h m t e n und schmückten.
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taltung etwa in der phönizischen Küstenstadt Dora-Tel Dör unterscheidet, meines Wissens aber auch in Südsyrien und im nabatäischen Einflussbereich keine Parallelen findet. 36 Dass es sich bei diesen Kapitellen nicht um eine Ausnahme, sondern um ein in vielen bedeutenderen Siedlungen der Region verbreitetes Phänomen gehandelt haben muss, sollen zwei weitere Beispiele verdeutlichen: Im ersten Fall handelt es sich um ein dorisches Kapitell vom Teil ad-Dahab alGarbiya am Unterlauf des biblischen Jabbok (heute Wadi az-Zarqä').31 Dank einer systematischen Oberflächenprospektion, die ROBERT L. GORDON und LINDA E. VILLIERS38 ZU Beginn der 80er Jahre auf den beiden Tulül ad-Dahab durchführten, kann heute als gesichert gelten, dass auf der Spitze des westlichen Hügels hoch über dem Nordufer des Jabbok39 einst eine etwa 2 ha große hellenistische ,Residenzarchitektur' gelegen haben muss, die von einer wohl noch aus der Eisenzeit II stammenden Kasemattenmauer umgeben ist (Abb. 10).40 Entgegen anderen Identifizierungsver36
Bei den Ausgrabungen in Dora-Tel Dör wurde eine Reihe von bislang unpublizierten dorischen, ionischen und korinthischen Architekturgliedern g e f u n d e n , darunter auch etliche Kapitelle. Als besonders ergiebig, was die B a u o r n a m e n t i k im Allgemeinen anbetrifft, erwies sich dabei vor allem Areal B2 im Südosten des Teil, wo mindestens zwei öffentliche Gebäudekomplexe in Teilen angeschnitten werden konnten, die durch eine gepflasterte Straße voneinander getrennt waren. Das Gebäude auf der östlichen Straßenseite, das, wie der Ausgräber vorschlägt, möglicherweise als Kasernen- bzw. Unterkunftsbau einer militärischen Einheit bzw. einer lokalen Garnison, als Gästehaus oder als Amtsgebäude (des Statthalters) gedient haben könnte, verfügte u. a. über einen gepflasterten Peristylhof mit einer auf allen vier Seiten umlaufenden K o l o n n a d e in dorischer Ordnung. Eine größere korinthische Säule mit Kapitell lässt sich dem Bau ebenfalls zuordnen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite konnte ein nahezu quadratisches Gebäude öffentlichen C h a r a k t e r s von ca. 17 x 16 m G r u n d f l ä c h e freigelegt werden, in dessen Innerem auf drei Seiten eine Innensäulenreihe umlief. W e l c h e m Zweck dieser „Peristylbau" römischer Zeit diente, ist allerdings unklar (bouleuterion oder prytaneionl). Südlich schloss sich daran wohl das weitläufige T e m e n o s a r e a l eines Heiligtums an; vgl. hierzu STERN, Excavations, 8 - 1 1 , 3 8 - 4 8 („Strata IV - I") Abb. 1.7, 3.2, 4 . 1 - 3 Foto 1.1, 1.15, 4 . 1 - 2 ; DERS., Dor, 2 7 6 - 2 8 2 , bes. 281 f., 3 3 3 - 3 3 6 , 374 f. Abb. 189-192, 244, 277. Diesem Kapitelltypus entsprechen auch herodeische E x e m p l a re aus Kallirhoe-'Ai az-Zarä vgl. JAPP, Baupolitik, 133 ff. Taf. 79.2. 37
E r s t e F o r s c h u n g e n v o n STEUERNAGEL, ' A d s c h l ü n , 2 8 1 - 2 9 8 ; D E V A U X , C h r o n i q u e ,
4 1 1 f f . ; GLUECK, E x p l o r a t i o n s , 2 3 2 f f . , 3 1 3 . 38
Zu den Prospektionskampagnen von 1980 und 1982 ist bisher nur eine Serie von kurzen Vorberichten erschienen: bes. GORDON/VILLIERS, Telul Edh Dhabab, 2 7 5 - 2 8 9 Abb. 1, IA, 2; aber auch GORDON JR„ Telul Edh Dhabab, 131-137; DERS., Notes, 6 7 70; vgl. auch HOMES-FREDERICQ/HENNESSY, Archaeology, 205 (mit vollständiger Bibliographie). 39 Zur Topographie: GORDON/VILLIERS, Telul Edh Dhabab, 275 ff. Abb. 1, IA Taf. 5 4 - 6 1 , 68. 40
G O R D O N / V I L L I E R S , Telul
54, 5 7 . 2 - 6 1 , 68.
Edh
Dhabab,
2 7 7 - 2 8 5 , b e s . 2 8 4 f. A b b . I A , b e s . 2 T a f .
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suchen etwa durch SIEGFRIED M I T T M A N N 4 1 oder - ihm folgend - G Ö T Z SCHMITT42 scheint mir am plausibelsten, hierin nicht das antike Eoocfö, sondern das nach Josephus von dem ,Tyrannen' von Philadelpheia und Gerasa Theodoras, Sohn des Zenon Kotylas, zur Festung und Schatzkammer ausgebaute Amuadous' erkennen zu wollen. 44 Dass es sich wohl tatsächlich um das von Alexander Jannaeus zunächst erfolglos belagerte, letztlich aber dennoch zerstörte Ammathous gehandelt haben wird, bestätigen zwei peruthot dieses jüdischen Königs, die bei dem Survey als Streufunde aufgelesen und als zeitlich jüngste Fundobjekte klassifiziert wurden. 45 Wie man anhand der oberflächlich sichtbaren Strukturen und Geländemerkmale vor Ort noch erkennen kann, sind an der höchsten Stelle im Südosten der Bergkuppe (Terrasse I) noch die Reste eines ausgedehnten Gebäudekomplexes auszumachen, der neben einer Art Wohnturm mindestens zwei kleinere Peristylhöfe in dorischer Ordnung umfasst haben 41
MITTMANN, B e i t r ä g e , 4 9 - 6 6 , bes. 5 6 - 6 0 T a f . 1 - 7 .
42
SCHMITT, Siedlungen, 150 (s. v. B V 18 Essa (Stadt) T. ad-Dahab al-Garblya). Josephus, ant. lud. XIII.15,3 [393]; bell. lud. 1.4,8 [104], Josephus, ant. lud. X l l l . 1 3 , 3 , 5 [356, 374]: ... ' A u a S o ü v T a u e y i ö T o v E p u u a
43 44
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T a f . 2 - 3 ; NAVEH, C o i n s , 2 0 - 2 6 T a f . 2 - 3 A .
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muss. 46 Dies zeigen deutlich die zahlreichen, heute noch oberflächlich zum Großteil in Scheibenversturzlage herumliegenden Säulentrommeln an, unter denen allein sechs einstige Ecksäulenstellungen zu identifizieren sind. 47 Zu diesen gehört auch das einzige auf dem Plateau heute zu sehende Eckpfeilerkapitell mit rechtwinkligem Halbsäulenanschluss und herzförmigem Grundriss (Abb. II). 4 8 Es ist aus dem in der Umgebung anstehenden rötlichen Sandstein gehauen, wenn auch weniger akkurat als die bisher gezeigten Stücke, und setzt sich aus einem kurzen Schaftansatz, einer gekehlten Halskragenleiste, einem kaum merklich konvex gewölbten, aber prononcierten Echinus und einer massiven Abakusplatte zusammen. Aufgrund der charakteristischen Eckdisposition kann es - wie bereits ausgeführt - nur zu einem Peristylhof gehört haben. Sucht man nach Vergleichsbeispielen für diese Art der Kapitellgestaltung, so findet man die nächstgelegenen eindeutigen Analogien an der Fassade des von N A H A M A N A V I G A D eingehend untersuchten Felskammergrabkomplexes der Bsne Hezir im Qidrontal in Jerusalem (Abb. 12).49 Zu diesem - der hebräischen Architravinschrift zufolge im Besitz einer angesehenen jüdisch-priesterlichen Familie befindlichen - Grab gehörte eine aus dem Felsen gehauene Vorhalle, die sich loggienartig auf das sich darunter ausbreitende Qidrontal und den gegenüber liegenden Tempelberg hin öff46
STEUERNAGEL, 'Adschlün,
2 8 8 ; D E V A U X , C h r o n i q u e , 4 1 1 f f . ; GLUECK, E x p l o r a t i -
o n s , 2 3 2 f f . ; G O R D O N / V I L L I E R S , Telul
Edh
Dhabab,
277, bes. 2 7 8 - 2 8 3 Abb. IA, 2 Taf.
57.2-60.2. 47
Vgl. GORDON/VILLIERS, Telul Edh Dhabab, 281 f. Abb. 2 Taf. 5 8 . 1 - 6 0 . 1 . G r u n d m a ß e : H: 34 cm, L: 1 0 3 - 1 0 5 cm (B des Pfeilerabakus: 69/70 cm, B des Halbsäulenabakus: 34/35 cm); weitere Maße: H des Echinus: 8,5 cm, H des hypotrachelion: 2 cm, H des Abakus: 12 cm, H der seitlichen P r o f i l i e r u n g des Pfeilerkapitells: 18,5 c m ; siehe hierzu a u s f ü h r l i c h GORDON/VILLIERS, Telul Edh Dhabab, 281 f., 284 f. Taf. 5 8 . 1 - 2 ( B e f u n d in situ), bes. 6 2 . 1 - 2 (Details der P r o f i l i e r u n g ) e r k a n n t e n bereits die e n g e V e r w a n d t s c h a f t dieses Kapitells mit denen von der F a s s a d e des G r a b m a l s der Bane Hezir im Qidrontal: „In the Hellenistic world, h e a r t - s h a p e d corner p i l l a r - c o l u m n s were used exclusively for the Doric order f r o m 300 B.C. o n w a r d ( . . . ) . T h e cavetto on the Doric e c h i n u s at Telul e d h - D h a h a b is paralleled on the D o r i c capitals of the T o m b of the Beni Hezir in J e r u s a l e m ( . . . ) which belong to the late second or early first century B . C . " In der Zwischenzeit ist das Kapitell wohl von R a u b g r ä b e r n gewaltsam aus seiner u r s p r ü n g l i c h e n Position bewegt worden, so dass es heute ganz an der O b e r f l ä c h e liegt. Der Verfasser hatte so bei einem Besuch vor Ort im J a h r e 1999 die Gelegenheit, das Stück als G a n z e s zu fotografieren u n d eine Z e i c h n u n g von seinem Profil a n z u f e r t i gen. 48
49
G r u n d l e g e n d AVIGAD, M o n u m e n t s , 3 7 - 7 8 Abb. 2 2 - 3 7 , 41; RAHMANI, T o m b , 4 3 -
5 3 , b e s . 4 6 f . A b b . S . 4 3 ; B I E B E R S T E I N / B L O E D H O R N , J e r u s a l e m , B d . 1, 1 2 8 f f . , b e s .
129;
Bd. 3, 2 3 5 - 2 3 8 ( 1 7 2 7 . 1 3 1 5 Grabanlage mit Säulen in antis, Nefes, umlaufenden Bänken, Bogenbank-, Schiebegräbern und Inschriften (Grabanlage der Bane Heßr), mit kompletter älterer Literatur); JAPP, Baupolitik, 162 Taf. 71.2; zuletzt noch e i n m a l ausf ü h r l i c h BARAG, Developments, 3 8 - 4 7 , bes. 38 ff.
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net. Die ganz aus dem Fels gehauene Säulenfassade ist als distyle dorische Portikus mit zwei Säulen in antis gestaltet, die an den Seiten durch zwei Pilaster mit entsprechenden, also identisch profilierten dorischen Kapitellen abgeschlossen wird (Abb. 13).50 Die Säulen, auf denen ein Gebälk mit einem ungewöhnlich niedrig proportionierten Metopen-Triglyphen-Fries ruht, lassen denselben Aufbau wie das Kapitell vom Teil ad-Dahab alGarbiya wie auch eine ähnlich deutlich modellierte Kehlung des hypotrachelion erkennen. 51 Stilistische Überlegungen zu den architektonischen Gestaltungselementen wie auch zur paläographischen Form der Inschrift bewogen AVIGAD- hier wohl zu Recht zu einer Datierung in die zweite Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. 52 Dass auch Monumentalarchitekturen dorischer Ordnung bereits in der Frühzeit der hellenisierten Städte der Region zum Standardrepertoire öffentlicher Bauten zählten, insbesondere in jenen poleis, die während des 1. Jhs. n. Chr. zur syrischen Dekapolis gehörten, kann das Fragment eines weiteren dorischen Kapitells bestätigen, das sich heute unmittelbar am Rand des Abhanges im Westen des Gebel al Qal'ä in 'Amman, d. h. außerhalb der byzantinisch-mamelukkischen Ummauerung der antiken Zitadelle, befindet (Abb. 14). Schon seit langem ist bekannt, dass hier auf der Nordterrasse ursprünglich ein großes antikes Heiligtum, vielleicht das städtische Hauptheiligtum von Philadelpheia-Rabbathammana gestanden haben 50
AVIGAD, Monuments, 3 7 - 5 9 Abb. 22-32, 41, 42; zur Architravinschrift mit Nennung der Grabinhaber ebd. 5 9 - 6 6 Abb. 31, 35-37; BIEBERSTEIN/BLOEDHORN, Jerusalem, Bd. 3, 235 f.; „Dies ist das Grab und ... für El'azar, Haniya, Yo'ezerm Yahuda, Sim'on, Yohanan, Söhne des Yosef Sohn des ..., und für Yosef und El'azar, Söhne des Haniya, ... von den Söhnen des Hezir." BARAG, Developments, 38-47; FISCHER/TAL, Architectural Decoration, 20 f., 24 f. Abb. 2.12-14 und 18 Taf. 4.A. 51 Vgl. AVIGAD, Monuments, 37 ff., bes. 4 2 - 4 6 Abb. 29-31 bes. 30. Eine demgegenüber deutlich abweichende Form der Profilierung im hypotrachelion-Bereich zeigt ein dorisches Kapitell von dem nicht weit entfernten „Grab des Jason" unweit nördlich des „Absalom-Grabes", das ebenfalls der späthellenistischen Epoche zugewiesen wird; vgl. RAHMANI, Tomb, Taf. 16.a; FISCHER/TAL, Architectural Decorations, Taf. 4.A. 52 Nach der Chronologie von AVIGAD, Monuments, 59-78, bes. 64 ff., S. 1 f. (Summary), die allgemein akzeptiert zu sein und sich als opinio communis durchgesetzt zu haben scheint, ist die Grabanlage der früheste erhaltene bzw. bekannte Repräsentant in der Reihe der hellenistischen Monumentalgrabmäler im Qidrontal. Aufgrund stilistischer Argumente weist er die dorische Felsfassade mit ihrer distylen Säulenstellung in antis der frühhasmonäischen Epoche zu und datiert deren Entstehungszeit in die 2. Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. Die Architravinschrift - so AVIGAD - sei dann erst etwas später, d. h. in späthasmonäischer Zeit (1. Hälfte des 1. Jhs. v. Chr.), hinzugefügt worden, während es sich bei der rückwärtigen Grabkammer mit Bogenbank- bzw. Arkosolgräbern erst um eine Erweiterung der herodeischen Zeit handle; so auch BIEBERSTEIN/BLOEDHORN, Jerusalem, Bd. 1, 129 f.; Bd. 3, 236; dagegen RAHMANI, Tomb, 47: „the Bene Hezir Tomb is assigned to the end of the Hasmonean period and its inscription to the beginning of Herod's reign, ...".
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muss. Von einem der hier zu lokalisierenden Tempel könnte auch das im Bild gezeigte Kapitell stammen, dessen Schaftdurchmesser - ungeachtet der Tatsache, dass der Block zur sekundären Wiederverwendung als Spolie vermutlich im Bereich der spätantik-mittelalterlichen Wehrmauer an dieser Stelle zu einem handlichen Quaderblock zerschlagen wurde - auf ca. 95 cm hochgerechnet werden kann. Die ursprüngliche Höhe der zugehörigen Säulenarchitektur kann daher bei einem zugrunde gelegten Proportionsverhältnis von Schaftdurchmesser zu Säulenhöhe von 1 : 10 auf ca. 12 m geschätzt werden, was die Dimensionen der zugehörigen Architektur verdeutlichen mag. Das Kapitell, dessen unsichere Datierung ich prima vista mit dem 1. Jh. n. Chr. angeben möchte, kann daher nur einem Großbau wie einem Tempel zugewiesen werden. Wie sich feststellen lässt, scheinen alle bisher gezeigten dorischen Kapitelle entweder zu größeren Heiligtumsbezirken oder zu anderen Bauten primär öffentlichen Charakters wie Gymnasien, strategeia o. ä. gehört zu haben. Wie man sich solche in dorischer Ordnung gehaltenen Architekturkomplexe hellenistischer Zeit in Palästina konkret vorstellen kann, haben meine Ausführungen zum Höhenheiligtum von Hanzlre al-'Asraßye gezeigt. Jedoch möchte ich den medialen Charakter von Heiligtumsarchitekturen zumindest im äußerlichen Erscheinungsbild noch an einem weiteren repräsentativen Beispiel illustrieren. Seit 1995 richtete das in Gadara tätige Team des Deutschen Archäologischen Institutes unter A. H O F F M A N N seine Aufmerksamkeit auf ein Areal ganz im Norden der antiken Stadt. Über einen weit ins Yarmuktal vorspringenden, exponierten Geländesporn direkt zu Füßen der hellenistischen akra erstreckte sich hier eine gewaltige, weithin sichtbare Terrassenanlage mit einer nahezu quadratischen Grundfläche von 94,5 x 97 m. 53 Im Zentrum der terrassierten Freifläche konnten die Reste eines antiken Podiumtempels freigelegt werden, dessen drei komplett aus Quadern gefügte Gewölbetonnen noch fast vollständig intakt erhalten waren (Abb. 15). 54 In den beiden Grabungsschnitten direkt vor der östlichen Langseite des Tempels fanden sich inmitten von Versturz, der mit Brandschutt versetzt der Zerstörungsphase des Tempels entspricht, zahlreiche Reste und Fragmente der aufgehenden Architektur, die sich ursprünglich auf dem durch die
53
Zu dem 1995 entdeckten Heiligtumsbezirk HOFFMANN, Stadtentwicklung, 28-31
A b b . 5 , 1 7 - 2 3 ; a u s f ü h r l i c h DERS., H e i l i g t u m , 7 9 5 - 8 3 1 , z u r C h r o n o l o g i e b e s . 8 0 5 - 8 0 9 A b b . 1 - 2 2 ; DERS., T o p o g r a p h i e , 1 0 6 - 1 1 2 A b b . 1 4 9 , 1 5 5 - 1 6 2 , 1 6 4 , b e s . 1 5 6 ; WEBER, G a d a r a , 6 3 , 1 1 3 - 1 1 7 , 3 3 5 f f . ( B D 12) A b b . 5 : 4 , 5 5 - 5 8 . 54
HOFFMANN, S t a d t e n t w i c k l u n g , 2 8 f. A b b . 1 7 - 2 0 ; DERS., H e i l i g t u m , 7 9 8 - 8 0 1 A b b .
4 - 9 ; DERS., T o p o g r a p h i e , 1 0 6 f. A b b . 1 5 5 , 1 5 7 - 1 6 0 ; WEBER, G a d a r a , 3 3 5 f. A b b . 5 6 , 57.
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Substruktionen gebildeten Podium erhob. 55 Trotz der insgesamt nur relativ geringen Anzahl von gefundenen Baugliedern lässt sich das ca. 11 x 19,5 m messende Bauwerk heute dennoch auf der Basis des archäologischen Befundes mit einiger Zuverlässigkeit rekonstruieren, falls man voraussetzt, dass der Tempel einst den kanonischen Prinzipien der dorischen Baukunst gemäß errichtet worden ist, wonach es den Anschein hat. Aufgrund des Grundrisses kann der Tempel nur entweder als tetrastyler Prostylos mit viersäuliger Front oder aber als Antentempel mit nur zwei Säulen in antis ergänzt werden, zwei geradezu klassische Grundrissdispositionen für griechische Tempel. 56 Von der Säulenordnung selbst ist noch ein stark bestoßener und nachträglich zu einem Becken oder Trog umgearbeiteter Trommelblock mit 20 Kanneluren erhalten geblieben. 57 Während die meisten Werksteine anscheinend bereits in der Antike abgetragen und anderweitig verwendet wurden, hatte man insgesamt vier Metopen-Triglyphen-Blöcke - ganz oder Fragmente davon - an Ort und Stelle liegen gelassen, die noch Reste des einstigen Stuckverputzes mit farbiger Bemalung aufwiesen (Abb. 16). Abgesehen davon konnten ein Geisoneckblock und zwei offensichtlich intentionell abgeschlagene Löwenkopfwasserspeier gefunden werden sowie zahlreiche Bruchstücke von Ziegeln des ursprünglich nach korinthischer Art eingedeckten Giebeldaches. 58 Nimmt man alle erhaltenen Fragmente zusammen, so sind trotz der geringen Gesamtzahl von Baugliedern nahezu alle konstitutiven Elemente des Tempels durch mindestens ein repräsentatives Stück vertreten, so dass die hier abgebildete Rekonstruktion einigermaßen zuverlässig erscheint. Als Fazit lässt sich festhalten, dass in Gadara nach Aussage stratifizierter Keramikkontexte wohl noch im Laufe der 1. Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. mit der Errichtung eines vermutlich dem Zeus Olympios (resp. Nikephoros) geweihten Tempels inmitten einer gewaltigen künstlichen Terrasse im Norden der Stadt begonnen worden ist, der wohl
55
HOFFMANN, Stadtentwicklung, 28 ff. Abb. 17, 21, 23; DERS., Heiligtum, 798 ff., 8 0 9 - 8 1 2 Abb. 6a, 1 0 - 1 5 , 21; DERS., T o p o g r a p h i e , 107 f. Abb. 156, 159, 160; WEBER, G a d a r a , 336. 56 Vgl. HOFFMANN, S t a d t e n t w i c k l u n g , 28 Abb. 19, 20; DERS., Heiligtum, 798 ff., 8 0 9 - 8 1 2 Abb. 5, 6a, 21; DERS., T o p o g r a p h i e , 106 ff. Abb. 156, 159, 160; WEBER, Gadara, 335 f. Abb. 5 5 - 5 7 . 57 HOFFMANN, Stadtentwicklung, 28; DERS., Heiligtum, 800 Abb. 15; WEBER, Gadara, 336. 58 HOFFMANN, Stadtentwicklung, 28 Abb. 22; DERS., Heiligtum, 800 Abb. 1 0 - 1 3 , 21; DERS., T o p o g r a p h i e , 107 f. Abb. 160; WEBER, G a d a r a , 336 Abb. 58. Selbst Teile des farbig gefassten Stuckverputzes der Innen- oder A u ß e n w ä n d e sowie der Stuckverkleidung der dorischen Säulen k o n n t e n g e f u n d e n werden, die in der Art des ,1. P o m p e j a n i s c h e n Stils' B u n t m a r m o r v e r t ä f e l u n g e n imitierten (DERS., Heiligtum, Abb. 14).
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in den politischen Wirren des späteren 1. Jhs. v. oder n. Chr. einer gewaltsamen Zerstörung zum Opfer gefallen ist.59 Wie sich anhand des bisher vorgestellten Materials abzuzeichnen scheint, wurden im Verlauf vor allem des 2. Jhs. v. Chr. an vielen Orten in Palästina und Transjordanien gewaltige bauliche Anstrengungen unternommen, in denen erstmals eine dezidiert griechische Architektursprache zum Durchbruch kam. Diese Tendenz trifft jedoch nicht nur für die überwiegend nichtjüdischen, von hellenisierten Arabern und Syro-Phöniziern sowie von Neusiedlern aus der gesamten ostmediterranen Welt bewohnten Städteneugründungen im transjordanischen Raum und im Jordantal zu. Vielmehr bezeugen die besprochene Fassade des Felskammergrabes der Bane Hefir, aber auch ein vermutlich ebenfalls ins 2. Jh. v. Chr. zu datierender Kalksteinblock eines dorischen Frieses von hoher Qualität, der bei den Grabungen im ,Jewish Quarter' der Altstadt von Jerusalem zum Vorschein kam 60 , oder der sog. „dorische Pavillon" im hasmonäischen Winterpalast des Alexander Jannaeus in Jericho die Übernahme des dorischen Ordnungssystems im Bereich des jüdischen Siedlungsgebietes. 61 Nachdem die dorische Ordnung ausführlich gewürdigt worden ist, sollen auch die beiden anderen kanonischen Ordnungen nicht unberücksichtigt bleiben, auch wenn ich sie an dieser Stelle nur kursorisch abhandeln kann.
59
HOFFMANN, S t a d t e n t w i c k l u n g ,
2 8 , 3 1 ; DERS., H e i l i g t u m ,
8 0 5 - 8 0 9 , 8 1 3 f.
2 2 ; D E R S . , T o p o g r a p h i e , 1 0 8 - 1 1 2 , b e s . 1 0 8 f. A b b . 1 6 4 ; W E B E R , G a d a r a , 1 1 3 - 1 1 7 ,
Abb. 336
f . , 3 9 5 f . ( P L 1) T a f . 3 3 A - 3 4 D . 60
Vgl. AVIGAD, Herodian Quarter, 3 2 - 3 7 ; BIEBERSTEIN/BLOEDHORN, Jerusalem, Bd. 1, 116 f.; Bd. 2, 340; GEVA, Excavations, 12 f. Abb. S. 11-13 Farbtaf. V l . a - V I I . b . Dass dorische Säulenordnungen das Stadtbild auch des herodeischen Jerusalem zumindest bis zur Zerstörung der Stadt im Jahre 70 n. Chr. in entscheidendem Maß geprägt haben dürften, beweist u. a. eine Kolonnade, von der n a h e der Nordwestecke der Tempelplattform noch zwei Säulen in situ gefunden wurden und die dem Befund nach offenbar die Westseite der unmittelbar entlang der Westmauer des Tempelberges verlaufenden sog. ,Herodian Street' begleitet bzw. gesäumt zu haben scheint; vgl. hierzu BAHAT, Tunnels, 188 f. Abb. S. 189 oben; REICH/BILLIG, Excavations, 3 4 0 - 3 5 0 , bes. 3 4 3 347. 61
Hierzu ausführlich NETZER, Paläste, Plan 1, 2, 4 - 1 0 .
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2. Die ionische Ordnung in den Städten Palästinas und Transjordaniens Gegenüber der dorischen Ordnung scheint die ionische Ordnung in Palästina und seinen Nachbarregionen in hellenistischer Zeit weitaus weniger häufig verbreitet gewesen zu sein.62 Bei den Freilegungsarbeiten entlang der Südmauer der akra von Gadara stieß man 1996 auf eine massive Bastion, die einst die Südostecke der Stadt schützte (Abb. 1). Wie sich herausstellte, gehörte diese ,Südbastion' nicht zum ursprünglichen Verlauf der hellenistischen Stadtbefestigungen, sondern das Mauerwerk war in völlig anderer Technik wenig sorgfältig gegen die ältere Mauerflucht gesetzt. 63 Vermutlich fand die Errichtung dieser Befestigung in Zusammenhang mit einer akuten Bedrohungssituation statt, da das Mauerwerk hier sehr hastig und ohne große Sorgfalt gefügt wirkt. Dies bestätigen nicht nur Keramikfunde aus den Fundamentgräben, die auf eine Entstehung der Bastion um 60 n. Chr. vielleicht in Zusammenhang mit dem Ausbruch des 1. Jüdischen Aufstandes hindeuten, sondern auch die sekundäre Verwendung zahlreicher Bauglieder von wohl aus der Umgebung stammenden älteren Bauten als Spolien. Von besonderem Interesse sind hierbei zwei ionische Pilasterkapitelle (Abb. 17), die in dem Mauerverbund der Westseite verbaut sind.64 Bei diesen beiden Kapitellen handelt es sich nicht um gewöhnliche Eckpilasterkapitelle, da sich die Kapitellprofilierung, wie man vor Ort noch gut erkennen kann, auch um die Ecke herum fortsetzt, sondern zu dem Kapitell gehörte auch eine anschließende Halb- oder Viertelsäule mit ionischem Volutenkapitell. Wie der Rest der bei genauerer Betrachtung im Hintergrund noch zu erkennenden Mauerverbundplatte verrät, kann das ionische Kapitell hier nur zu einer Viertel62
Zur Grundform, zum schematischen Aufbau, zur formtypologisch und -stilistischen Entwicklung der Einzelmotive der ionischen Kapitelle wie zu deren Verbreitung im hellenistischen Kleinasien nach wie vor grundlegend BINGÖL, Normalkapitell, 1 3 158 mit Taf. Zu Beispielen aus Israel grundlegend FISCHER/TAL, Architectural Decoration, 25 ff. Abb. 3 Taf. 5 . A - B , 6 . A - B ; ansonsten WATZINGER, Denkmäler, 26 ff. Abb. 2 (ionische Kapitelle aus Samareia Sebaste und Dora-Tël Dör)\ zu augusteisch-herodeischen Beispielen u. a. aus den Winterpalästen der Hasmonäer und Herodes' d. Gr. in Jericho, vom Alexandreion, aus Dagon-Dok und von Machairous vgl. auch PRITCHARD/JOHNSON/MILES, Excavations, 1 - 1 3 , bes. 7 ff., 12 f., 56 ff. Taf. 16.1-17.6, 18.3-5 und 7, 63, 66 (zwei ionische ,Bossenkapitelle', Kat.-Nr. 17 aus F' 3 - 4 und Kat.Nr. 295 aus J'K' 3, und eine stuckierte Säulentrommel aus K'3', die einst die Kolonnaden des großen Peristylhofes geschmückt haben dürften); JAPP, Baupolitik, 83, 97, 110, 137 Taf. 79.3 (Alexandreion), 80.1 (Dagon), 80.2 ( M a c h a i r o u s ) . 63
HOFFMANN/BÜHRIG, S t a d t m a u e r n , 1 8 6 f . , 1 8 9 - 1 9 6 , b e s . 1 9 4 A b b . 1, 4 , 1 1 - 1 5 , 19,
2 5 , 2 9 ; HOFFMANN, T o p o g r a p h i e , 1 0 1 - 1 0 6 A b b . 1 4 9 - 1 5 4 , 64
165.
Beide Kapitelle sind zu sehen in: HOFFMANN/BÜHRIG, Stadtmauern, 194 ff. Abb. 15 (rechter Bildrand) und 19; HOFFMANN, Topographie, 103 f. Abb. 150.
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säule gehört haben, so dass sich die beiden Ornamentblöcke unschwer als Teile einer Blendarchitektur ausweisen. Diese Disposition ist so charakteristisch und einmalig, dass sie - eigentlich - nur für Turmgräber in Anspruch genommen werden kann, wie sie uns von den bekannten späthellenistischen „Grabbauten des Zacharias" (2. Hälfte des 1. Jhs. v. Chr.) (Abb. 18) und des „Absalom" (Beginn des 1. Jhs. n. Chr.) (Abb. 19) im Qidrontal her vertraut sind.65 Damit erscheinen diese bislang oft zu Unrecht als individuelle Sonderfälle charakterisierten Grabdenkmäler nunmehr in neuem Licht. Genau wie dort, so könnte auch zu dem in Gadara zu rekonstruierenden Turmgrab ein dorischer Fries gehört haben. Ein möglicherweise zugehöriger Metopen-Triglyphen-Block ist ebenfalls in der Südostbastion der Stadtmauer als Spolie verbaut. Insbesondere im späten Hellenismus und während der frühen römischen Kaiserzeit müssen nicht nur in Gadara und Jerusalem, sondern auch an anderen Orten der Region mehrere solcher Monumente 66 existiert haben, die in die65
Grundlegend AVIGAD, Monuments, 7 9 - 9 0 , bes. 8 0 - 8 3 („Zacharias-Grab"), 9 1 133, bes. 9 3 - 1 0 1 („Absalom-Grab"), S. 2 f. (Summary) Abb. 2 2 - 2 7 , 48 (Allgemeines zur Topographie, Grundrisse und Ansichten), 4 3 - 4 8 , bes. 46, 47 („Zacharias-Grab"), 4 9 - 6 6 , 7 1 - 7 3 , bes. 5 1 - 5 4 , 56, 57, 60 („Absalom-Grab"); vgl. ansonsten auch WATZINGER, Denkmäler, 5 9 - 7 4 , bes. 63 f., 7 0 - 7 3 Abb. 5 Taf. 11 (Abb. 32, 33), 2 6 - 2 9 (Abb. 6 1 - 6 6 ) ; RAHMANI, Tomb, 46 ff. Abb. S. 43, 46 (mit Datierung des „AbsalomGrabes" ins 1. Jh. n. Chr., d. h. vor 70 n. Chr., und des „Zacharias-Grabes" in die 2. Hälfte des 1. Jhs. v. Chr.). Demnach wären beide Grabmonumente im Qidrontal in der Zeitspanne zwischen etwa 40 v. und 70 n. Chr. entstanden; BIEBERSTEIN/BLOEDHORN, Jerusalem, Bd. 1, 129 f.; Bd. 3, 232 f. (1727.1315 Grabmonolith mit Pyramidendach („Zacharias-Grab"), mit kompletter älterer Literatur), 239 ff. (1727.1316 Grabmonolith mit Trompetendach, Grabanlage mit Bogenbankgräbern ("Absalom-Grab"), mit kompletter älterer Literatur) plädieren ebenfalls zugunsten eines relativ späten zeitlichen Ansatzes. Sie datieren das „Absalom-Grab" ins f r ü h e 1. Jh. n. Chr., während sie beim „Zacharias-Grab" noch von einer Entstehung in frühherodeischer Zeit (wohl letztes Viertel des 1. Jhs. v. Chr.) ausgehen; JAPP, Baupolitik, 162 f. Taf. 72.1, 73.1; vgl. hierzu zuletzt auch BARAG, Developments, 3 8 - 4 7 . Aufgrund einiger stilistischer Besonderheiten kann man m. E. jedoch durchaus auch einen etwas früheren zeitlichen Ansatz für beide Grabdenkmäler in Erwägung ziehen, ohne dies an dieser Stelle jedoch ausführlicher begründen zu wollen (vielleicht noch 1. Hälfte des 1. Jhs. v. Chr.). 66
Zu mehr oder weniger monumentalen Turmgrabdenkmälern müssen auch mehrere Anten- oder Eckpilasterkapitelle gehört haben, die ebenfalls aus späthellenistischherodeischer Zeit stammen: Ein solches Eckpilasterkapitell mit reicher, feingliedriger Profilierung und Rosettendekor, das vermutlich ebenfalls im südwestlichen Bereich der akra von Gadara oder in deren unmittelbarem Vorfeld als Streufund aufgelesen worden sein dürfte, befindet sich heute im Lapidarium des ß e i - R u r a n - M u s e u m s von Umm Qais (unpubliziert). Ein ähnliches Antenpilasterkapitell jedoch von ungleich höherer handwerklicher Qualität ist schon seit langem aus Jerusalem bekannt; es befindet sich heute auf dem Gelände der Kirche St. Anna / ,Teich von Bethesda'; vgl. hierzu WATZINGER, Denkmäler, 85 f. Taf. 26 (Abb. 59). Die genannten Kapitelle schließen sich mit einem weiteren Kapitell vom Alexandreion zu einer engen stilistischen Gruppe zusammen, die
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ser unorthodoxen, aber charakteristischen ,Mischordnung' aus dorischen und ionischen Elementen errichtet waren (Abb. 20). 67 Davon zeugen nicht nur Spolien von dorischen Friesblöcken kleineren Formats, die aus den Fundamenten des Atriums der byzantinischen Kirche im Bereich des „Civic Complex" in Fe IIa geborgen wurden und vermutlich von einem späthellenistisch-frührömischen Grabbau stammen 68 , sondern auch ein langer Metopen-Triglyphen-Fries frühen Datums aus Madaba, der Teil einer kleinformatigen Architektur gewesen sein dürfte, wie sie für Grabbauten charakteristisch ist, sowie eine Vielzahl von Baugliedern einer dorisch-korinthischen Mischordnung, die zu einer gerundeten Architektur ebenfalls aus späthellenistisch-frührömischer Zeit in der Südnekropole von Gerasa-Garas gehört haben müssen und für die JACQUES SEIGNE jüngst eine überzeugende Interpretation und Rekonstruktion als Turmgrab vorgeschlagen hat (Abb. 21). 69 Wie sich im Material abzuzeichnen scheint, fand die ionische Ordnung vorwiegend in privaten Kontexten Verwendung, und hier primär in sepulkralem Zusammenhang wie z. B. bei von Turmgräbern. Falls das bisher bekannte Material sich - chronologisch gesehen - als repräsentativ erweisen sollte, so scheint die ionische Ordnung vielleicht etwas später als die dorische und korinthische Ordnung in Palästina rezipiert worden zu sein. Auch später für die römische Kaiserzeit scheint es sich zu bestätigen, dass ionische Kapitelle im Baudekorprogramm hellenisierter Städte prozentual deutlich seltener vertreten sind als etwa Kapitelle korinthischer Ordnung. 70 Darüber hinaus wurden sie häufig nur bis zur „Bossenform" ausgearbeitet, wobei sämtliche ornamentalen Details in Stuck hinzugefügt wurden. 71 Zudem fällt auf, dass diese insbesondere bei den genannten Turmgräbern häufig in Kombination mit dorischen Friesen in unkanonischen Mischordnun-
man zeitlich im 1. Jh. v. Chr., vielleicht in dessen zweiter Hälfte, wird ansetzen dürfen; vgl. JAPP, Baupolitik, 83, 97 Taf. 79.3. 67 Vgl. z. B. entsprechende Blöcke eines Metopen-Triglyphen-Frieses und andere Werkstücke, die - einstweilen noch hypothetisch - dem bislang noch nicht lokalisierten ,Grab des Herodes' im ,Unteren Herodeion' zugewiesen werden; dazu siehe JAPP, Baupolitik, 116 ff., bes. 118 Taf. 16.1, 20.1-2, 83.2-84.1. Da im , Unteren Herodeion' ansonsten nur Bauteile ionischer und korinthischer Ordnung gefunden wurden, wird es sich auch hierbei sehr wahrscheinlich um eine Mischordnung gehandelt haben. 68
V g l . SMITH/PRESTON DAY, P e l l a , 3 4 - 9 4 , b e s . 3 9 f., 5 0 , 5 3 f f . ( m i t
Datierungs-
vorschlag ins 1. Jh. n. Chr.), 76 f. Taf. 15.A-D: „Weathered stones from a Roman-period triglyph-and-metope frieze, reused in the Church; the panels depict, from left to right, a rooster, an aster, a pinwheel, and a leafy plant." 69 SEIGNE/MORIN, Report, 175-191; SEIGNE, Gerasa-Jerasch, 19 f. Abb. 25-26. 70 Vgl. grundlegend BINGÖL, Normalkapitell, 129-158, bes. 154 ff. 11
V g l . SMITH/PRESTON DAY, P e l l a , 3 4 - 9 4 , b e s . 3 9 , 6 2 f. T a f . 1 6 . A , 2 9 ,
33.C, auch 21.K.
32.D-E,
Vom Ornament
zum
213
Medium
gen vorkommt, wie sie für die spätesthellenistisch-herodeische und frührömische Epoche charakteristisch sind.
3. Die korinthische Ordnung in den Städten Palästinas und Transjordaniens Auch die korinthische Ordnung war in hellenistischer Zeit in Syrien / Palästina und deren Nachbarregionen bis weit ins transjordanische Hinterland hinein bekannt. 72 Das vermutlich älteste bekannte Beispiel der korinthischen Ordnung in der Region befindet sich heute im Steingarten des Jordan Archaeological Museum auf der Zitadelle des Gebet al Qal'ä in 'Ammän.13 Trotz intensiver Recherche konnte der Verfasser über die Provenienz dieses exzeptionellen Stückes (etwa aus 'Amman selbst) nichts in Erfahrung bringen. Aufgrund bestimmter zeitstilistischer Charakteristika - insbesondere aufgrund des proportionalen Verhältnisses zwischen den ungewöhnlich niedrigen, vermutlich zu einem späteren Zeitpunkt (womöglich erst in der Spätantike / byzantinischen Zeit) nachträglich zu Palmblättern umgearbeiteten Kranzblättern und dem Rest des hohen kalathos-Körpers, aber auch aufgrund des noch unorthodox ausgebildeten Hüllkelch-caw/es- bzw. Helices-VolutenApparates die sich auch bei sicher datierten Kapitellen des 3. Jhs. v. Chr. etwa aus Hermopolis Magna (Asmünein) wieder finden 74 , dürfte es in etwa 72 G r u n d l e g e n d sind nach wie vor die Studien von SCHLUMBERGER, F o r m e s , 2 8 3 317 und FISCHER, Kapitell, 7 - 2 0 Nr. 1 - 3 4 Taf. 1 . 1 - 7 . 3 4 mit den i h m b e k a n n t e n Beispielen späthellenistischer korinthischer Kapitelle; zuletzt FISCHER/TAL, Architectural Decoration, 19-37, bes. 27 f., 31 Taf. 2 . A - 3 . F , wo allerdings die zahlreichen N e u f u n d e weder a u f g e n o m m e n noch berücksichtigt wurden; ansonsten BLOEDHORN, Kapitelle, passim, bes. 3 8 - 4 3 A n m . 90 Taf. 1 3 . a - 1 6 . c , der sich vor allem mit der k o r i n t h i s c h e n Kapitellproduktion ab der mittleren römischen Kaiserzeit auseinander setzt, jedoch auch schon vereinzelte f r ü h e Repräsentanten des sog. , N o r m a l t y p u s ' mit b e h a n d e l t (Tempel in Sallm und al-Musannaf im Haurän u. a.), insbesondere solche, die im sog. ,Bossenstil' gefertigt sind ( S a l l m , Spolie; Palmyra, Ba'al SamFn-Tempel; Jerusalem, , H e I e n a - G r a b ' ) . Zu Kapitellen augusteisch-herodeischer Zeit vgl. auch PRITCHARD/JOHNSON/MILES, Excavation, 1 - 1 3 , bes. 6 f., 12 f., 56 ff. Taf. 1.1, 1 2 . 1 - 1 4 . 2 , 1 8 . 1 - 2 u n d 6, 63, 66 (Kapitelle und F r a g m e n t e einer korinthischen H a l b s ä u l e n o r d n u n g aus P' 4 und M ' 3, d. h. u r s p r ü n g l i c h vielleicht zu dem großen oikos / R a u m 33 gehörend); CORBO, Herodion, 56 f., 73 f. Taf. D F 5 7 - 5 9 , D F 1 0 4 - 1 0 5 Farbtaf. 3 . 1 - 2 ( H e r o dion); JAPP, Baupolitik, 83 f., 115 Taf. 1 6 . 1 - 1 9 . 2 , 8 0 . 3 - 8 1 . 2 ( , O b e r e s Herodeion'). 73 74
D a s Stück ist meines W i s s e n s unpubliziert. Zu dem b e r ü h m t e n Kapitell aus Hermopolis
Magna
ausführlich
WA-
CE/MEGAW/SKEAT, H e r m o p o l i s , 4 - 1 6 , b e s . 8 f. T a f . 1 - 4 , 1 3 . 1 - 2 , 1 5 . 1 - 2 , 1 6 . 1 - 2 , 2 2 . 2
(bes. koloriertes Aquarell auf Taf. 1): Das Kapitell gehörte offensichtlich zu d e m großen Heiligtum, das einer erhaltenen B a u i n s c h r i f t zufolge dem Herrscherkult zu E h r e n
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um die Mitte dieses Jahrhunderts zu datieren sein. Damit wäre es das älteste korinthische Kapitell Palästinas und vielleicht das bisher einzige bekannte Stück aus der Zeit der ptolemäischen Vorherrschaft. Auch aus Hanzlre al-'Asraflye ist inzwischen ein korinthisches Kapitell bekannt geworden, das sich heute im Garten eines Hauses in der Nachbarschaft des hellenistischen Höhenheiligtums befindet (Abb. 22). Wie auf der Zeichnung und auf dem Foto deutlich zu erkennen ist, war es nur auf drei Seiten ausgearbeitet und ist daher klar als Antenkapitell zu identifizieren. Mit Sicherheit wird auch dieses frühe Exemplar in irgendeiner Form zu dem beschriebenen Heiligtum gehört haben, wenn auch aufgrund seiner bescheidenen Maße eher zu einer Architektur von kleinem Format und vermutlich eher untergeordneter Bedeutung. Gut vergleichbar damit sind die korinthischen Kapitelle aus 'Iräq al-Amlr. Auf der weitläufigen Domäne des Tobiaden Hyrkanos, ein als paradeisos nach persisch-hellenistischer Manier gestalteter und ausgebauter repräsentativer Landsitz mit Namen „Tyros", wurden in den Jahren um 182-169/68 v. Chr. nicht nur an dem bekannten Qasr al-'Abd, jenem monumentalen Repräsentationsbau inmitten eines künstlichen Stausees, korinthische Kapitelle verwendet. 7 5 Auch auf dem lokalen Teil müssen einst weitläufige aulai und oikoi und Peristylhöfe existiert haben, die Teil einer geräumigen, heute nur punktuell ergrabenen, aber durch eine Vielzahl von Spolien und verstreut herumliegenden Architekturteilen nachweisbaren Residenzarchitektur waren. 76 Wie die Gesamtanlage, aber auch diese Stücke beweisen, waren dank der Allüren eines exzentrischen Lokalpotentaten tief im Hinterland der Ammanitis architektonische Schöpfungen möglich, die qualitativ lediglich in den großen Urbanen Zentren der hellenistischen Welt - allen voran in Alexandreia - Vorbilder und Entsprechungen finden. Wie die beiden Beispiele aus Hanzlre al-'Asraflye und c Iräq al-Amlr verdeutlichen, scheint sich also in der ersten Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. ein eigener korinthischer Regionalstil entwickelt und herausgebildet zu haben,
des Königspaares Ptolemaios III. Euergetes und seiner Gattin Berenike geweiht war und wohl um bzw. kurz nach ca. 240 v. Chr. errichtet worden sein dürfte. Zu einem korinthischen Bossenkapitell aus Granit vermutlich ebenfalls hellenistischer Zeitstellung, einer im modernen Dorf verbauten Spolie, siehe RONCZEWSKI, Architektur-Fragmente, 281 f. § 5 0 - 5 7 Taf. 55.i. 75 WATZINGER, Denkmäler, 13-17, bes. 15 f. Taf. 22 (Abb. 52, 53), bes. 26 (Abb. 58); DENTZER-FEYDY, Décor, 141-208, bes. 167-178 Abb. 15 Taf. B l . 1 - 6 , B 5 . 1 - 3 , B 9 . 3 - 6 , B10.1-B11.5, B13.1-B14.1, B 1 5 . 1 - 8 , B 1 9 . 1 - 5 Plan 7 0 - 7 5 (Blattkelchbasen B8.3-6). 76 Dazu die ausführliche Beschreibung der Anlage und der baulichen M a ß n a h m e n des Hyrkanos bei Josephus, ant. lud. XII.4,11 [229-236], die eine präzise chronologische Einordnung der Bauten und ihres architektonischen Dekors ermöglicht. Zu den Spolien auf dem heutigen Teil siehe DENTZER-FEYDY, Décor, B 1 8 . 3 - B 1 9 . 5 .
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215
der vermutlich auch bis zum Ende des Jahrhunderts konstitutiv blieb. Dass es ähnliche Kapitelle mit denselben breit gefächerten Akanthusblättern mit blitzbündelartig sich aufgabelnden Blattfingern und kreisrunden Ösen auch andernorts gegeben hat, sollen zwei weitere Beispiele illustrieren. Im Versturzschutt des oben erwähnten, wohl ab der 1. Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. errichteten hellenistischen Podiumtempels in Gadara wurden noch drei Fragmente von (vermutlich intentionell zerschlagenen) korinthischen Pfeiler- oder Pilasterkapitellen gefunden. 77 Setzt man diese drei spärlichen Fragmente eines Akanthusblattes, eines Blattüberfalles und der Spitze einer Abakusplatte vor den Hintergrund eines umgezeichneten Kapitells vom Qasr al-'Abd in 'Iräq al-Amir, so wird deutlich, wie man sich das ursprüngliche Aussehen dieser Kapitelle vorzustellen hat (Abb. 23). Auch hier entsprechen Blattaufbau und -proportionierung sowie die Oberflächenbehandlung und Ösengestaltung ikonographisch und stilistisch weitgehend den Stücken aus Hanzire und 'Iräq al-Amir. Da die Außenordnung des Tempels vermutlich rein dorisch gestaltet war, dürften diese korinthischen Kapitelle wohl am ehesten einer Pilastergliederung im Celia-Inneren zuzuordnen sein.78 Zu guter Letzt seien hier noch zwei Neufunde erwähnt, die bei den jüngsten Grabungen der Universität Haifa unter der Leitung von ARTHUR SEGAL im Jahre 2000 und 2001 im Stadtzentrum des antiken Hippos-Susita zutage kamen. 79 Nachdem die erste Kampagne sich der Freilegung eines zuvor meist als „Nymphäum" gedeuteten Fassadenmonumentes am westlichen Ende einer großen Platzanlage ungefähr in der Mitte der antiken Stadtanlage auf dem Qal'at al-Hisn gewidmet hatte, richtete sich der Fokus der Aktivitäten in der folgenden Kampagne vornehmlich auf einen nördlich davon gelegenen Gebäudekomplex. In einer hier wohl anzunehmenden Basilika aus byzantinischer Zeit waren umfangreiche Reste eines weitaus älteren Gebäudes möglicherweise öffentlichen Charakters aus hellenistischer Zeit in Form von Fundamenten und Baugliedern wiederverwendet worden. Die abschließende Interpretation des Befundes bleibt einst77 Zu dem 1995 entdeckten Podiumtempel und den im Zerstörungsschutt davor gefundenen Fragmenten von korinthischen Anten-, Pfeiler- oder Pilasterkapitellen siehe HOFFMANN, Stadtentwicklung, 28-31, bes. 28 Abb. 19; DERS., Heiligtum, 795-831, bes. 799 f. (zur Chronologie 805-809) Abb. 6a, 10, 21; DERS., Topographie, 106-112, bes.
1 0 7 f. A b b . 1 5 9 , 1 6 0 ; W E B E R , G a d a r a , 3 3 6 ( B D 1 2 ) A b b . 5 6 , 5 7 . 78 Vgl. HOFFMANN, Stadtentwicklung, 28 f. Abb. 22; DERS., Heiligtum, 798-801, 809-812 Abb. 5, 6a, 10-15, 21; DERS., Topographie, 107 ff. Abb. 159, bes. 160; WEBER, Gadara, 335 f. Abb. 56-58. 79 SEGAL/MLYNARCZYK/BURDAJEWICZ, Hippos, 1-26. Es handelt sich um attische Basen sowie um ein Bruchstück eines Kranzblattes vom unteren Blattkranz eines ursprünglich wohl zweiteilig gearbeiteten korinthischen Kapitells. Beide Stücke sind bislang unpubliziert.
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weilen noch abzuwarten. Sicher ist nur, dass hier Teile einer korinthischen Kolossalsäulenordnung verbaut worden waren, von der mehrere Säulentrommeln, Basen, aber auch zwei Bruchstücke von korinthischen Kapitellen erhalten sind: nämlich einmal ein Fragment des Blattkranzes und einmal ein Fragment der oberen Kapitellhälfte mit einem Ausschnitt der HelicesVoluten-Zone. Auch wenn die zu rekonstruierenden korinthischen Kapitelle aus Gadara und Hippos dieselbe hohe Qualität in der handwerklichen Ausführung vermissen lassen, wie wir sie bei den beiden zuerst gezeigten Stücken aus Hanzire und 'Iräq al-Amir beobachten konnten, was in Anbetracht der Tatsache, dass alle Kapitelle ja zusätzlich noch stuckiert und bemalt waren, nicht so sehr ins Gewicht gefallen sein muss, so wird dennoch deutlich, dass hier noch um die Mitte bzw. in der zweiten Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. eine Art von standardisiertem Grundmuster zugrunde gelegen hat. Abschließend möchte ich anhand von chronologisch etwas später anzusetzenden Kapitellen aus Tel Anäfä (Teil al-Ahdar) und Gerasa-Garas zeigen, wie sich diese verbindliche Grundform des 2. Jhs. v. Chr. allmählich so weit verselbständigt, dass die organische Spannkraft der Akanthusblätter, wie sie bei den gezeigten Stücken zu beobachten war, zugunsten einer rein dekorativen Stilisierung aufgegeben wird und sich damit die Gesamtform in kaum mehr nachvollziehbare Einzelformen auflöst. Das erste Kapitell stammt aus einer späten Mauer in einem frührömischen Kontext am Südrand des Tel Anäfä, dürfte jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach von der repräsentativen Gehöftarchitektur des sog. ,Late Hellenistic Stuccoed Building' (LHSB) stammen, dessen früheste Bauphase 1 A ins letzte Viertel des 2. Jhs. v. Chr. datiert. 8 0 Wie bereits MOSHE FISCHER herausgestellt
hat, schließt sich dieses Kapitell, sowohl was die zeitstilistische Einordnung als auch was die Charakteristika der handwerklichen Ausführung anbetrifft, eng mit Halbsäulenkapitellen aus den hasmonäischen Winterpalastanlagen 80 FISCHER, Kapitell, 8 Nr. 1 Taf. 1.1 ( T y p I: heterodoxe Vorgänger)-, FLSCHER/TAL, Architectural Decoration, 27 Taf. 2.A; zum Fundkontext ausführlich HERBERT, Tel Anafa, 14-22, 100-110, bes. 106 f., 138-143, 223 (SAH 100) Abb. 1.2-3, 1.8, 2 . 2 3 - 2 4 , 2 . 2 9 - 3 0 (Tel A n a f a I, 1), 55 Taf. 82.B, 83.A, 110.B, 11 l . A (Tel Anafa I, 2): Das Kapitell (Inv.-Nr. 72A6) war als Spolie in einer groben Bruchsteinmauer (Loc. 3409) von ,Building 9 ' , einem der Nachbargebäude von ,LHSB' aus späthellenistisch-frührömischer Zeit (Phase HELL 2 A - R O M IC, d. h. spätes 3. Viertel / frühes 4. Viertel des 2. Jhs. v. Chr. bzw. um 125/20 v. C h r . - M i t t e des 1. Jhs. n. Chr. oder kurz davor), am Südabhang des Hügels verbaut worden. Am wahrscheinlichsten sind diese B a u m a ß n a h men in die Phase ROM 1A, d. h. ca. 4 v. - 34 n. Chr., zu datieren. In demselben Kontext der Mauer war Eastern Terra Sigillata A sowie ein gestempelter rhodischer Amphorenhenkel des Eponymen X p u o ä c o p (spätes 2. / frühes 1. Jh. v. Chr. = späte Periode V / Periode VI, jedenfalls nicht in Gruppe A - F vertreten [D. T. ARIEL/G. FINKIELSZTEJN]) vergesellschaftet - ein weiterer Hinweis (terminus ad quem) darauf, dass hier Baumaterial aus der Zeit wohl um bzw. vor 105/00 v. Chr. bewegt und sekundär wiederverwendet worden ist.
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in Jericho zusammen. 81 Mit dieser Gruppe ,Jericho-Tel Anäfä' ebenfalls gut vergleichbar sind mehrere stuckierte Kapitelle, die nach J A C Q U E S S E I G N E einst den naos des ältesten Kultbaus auf der Terrasse des Zeus O lympios-Heiligtums in Gerasa-Garas geschmückt haben dürften, dessen Entstehungszeit er in das frühe 1. Jh. v. Chr. - genauer in die 80er Jahre desselben - datieren zu können glaubt (Abb. 24, 25). 82 Stellt man die kontextuelle Einbindung der Kapitelle in Rechnung, so scheint klar zu werden, dass sich bei der korinthischen Ordnung im Gegensatz etwa zur dorischen eine gewisse Nobilitierung durch den Verwendungskontext abzeichnet. Korinthische Kapitelle wurden offenbar bevorzugt bei Tempelbauten oder aber bei Residenzarchitekturen mit dezidiert hohem repräsentativem Anspruch eingesetzt, was auch durch den höheren Arbeits- und Kostenaufwand bei der Fertigung begründet sein dürfte. Statistisch gesehen, treten sie gegenüber den dorischen Kapitellen in hellenistischer Zeit prozentual weit in den Hintergrund, ein Verhältnis, das sich während der römischen Kaiserzeit später dann umkehrt.
4. Zusammenfassung Bisher wurden vornehmlich Feinkeramik, Amphoren, Münzen und andere Kleinfunde und transportable Güter des täglichen Bedarfs, die spätestens seit der mykenischen Zeit als „Mobilien" nach Palästina importiert wurden, also auf dem Handelswege dorthin gelangten, als Mediatoren griechischer Kultur betrachtet. Ihr Einfluss auf das Alltagsleben der lokalen Bevölkerung darf nicht unterschätzt werden. Aber selbst wenn etwa die zunehmende Verbreitung spezifisch griechischer Produkte im Laufe der Zeit auf eine steigende Wertschätzung griechischer „Markenartikel" in Palästina schließen lässt, so impliziert dies noch nicht zwangsläufig auch die direkte Übernahme oder Kopie eines griechischen Lebensstils, d. h. entsprechender Lebensgewohnheiten und Gebräuche. Ungeachtet der kontinuierlichen, regen Handelskontakte scheint sich an dieser Situation auch in der Zeit 81
FISCHER, K a p i t e l l , 8 N r . 1 T a f . 1.1 (Typ
I: heterodoxe
Vorgänger)-,
FISCHER/TAL,
Architectural Decoration, 27, 29 ff. Taf. 2.B-C. Diese Kapitelle scheinen einer Phase anzugehören, in der das korinthische Kapitell im Vorderen Orient formal nur wenig festgelegt, geschweige denn standardisiert war. Bereits SCHLUMBERGER, Formes, 2 8 3 2 9 0 , 3 0 3 ff., 3 1 1 - 3 1 7 , bes. 2 8 7 ff. T a f . 2 7 . 1 - 2 8 . 3 , 3 2 . 2 - 4 , 3 4 . 3 - 3 5 . 2 , 3 6 . 1 - 3 7 . 4 h a t an
zahlreichen Beispielen aus Syrien, Palästina und Transjordanien anschaulich zeigen können, dass gerade der späte Hellenismus in der Region durch einen großen Variantenreichtum gekennzeichnet ist, der z. T. auf die weite Verbreitung von Stuckvorlagen zurückzuführen sein dürfte. Für Kapitelle dieses Stils führte er die Bezeichnung „chapiteaux hétérodoxes" ein. 82
SEIGNE, G e r a s a - J e r a s c h , 1 2 - 1 5 A b b . 7 - 1 6 , b e s . 12 u n d 14.
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nach der Eroberung des Perserreiches durch Alexander den Großen zunächst grundsätzlich nicht viel geändert zu haben. Nachdem die Region dann später nach den anhaltenden Auseinandersetzungen und militärischen Konflikten zwischen den um die Nachfolge Alexanders rivalisierenden Diadochen und Epigonen endlich zur Ruhe gekommen war, scheinen zunächst auch die Ptolemäer, die sich die Herrschaft über Koilesyrien und Phönizien gesichert hatten, kein Interesse an einer intensiven nachhaltigen Hellenisierung des Landes gehabt zu haben, auch wenn gezielte politische Initiativen bereits unter Ptolemaios II. Philadelphos Erfolge zeitigten und sich in einer Reihe von Städtegründungen und Baumaßnahmen niederschlugen. Judäa und Transjordanien scheinen hierbei allerdings weitgehend ausgeklammert gewesen zu sein. Dies ändert sich jedoch schlagartig mit dem Wechsel von der ptolemäischen zur seleukidischen Suprematie nach der entscheidenden Schlacht bei Paneion im Jahre 198 v. Chr. Insbesondere die ehrgeizigen seleukidischen Monarchen Antiochos III. Megas, Seleukos IV. Philopator und vor allem Antiochos IV. Epiphanes scheinen ein intensives, staatlich unterstütztes, wenn nicht gar gesteuertes Hellenisierungsprogramm in die Wege geleitet zu haben, um die Herrschaft über die neu gewonnenen Territorialerwerbungen dauerhaft zu sichern. Dieses „Programm" dürfte aus einer Serie von Initiativen zur Gründung von kleineren Kleruchenkatoikien bestanden haben, ein adäquates Instrument, mit dem ein Großteil der im seleukidischen Heer Dienst leistenden Söldner entlohnt und zur Loyalität gegenüber der Krone verpflichtet werden konnten. Zahlreiche Kolonisten (kcxtolkoi), die entweder selbst aus griechisch geprägten oder zumindest beeinflussten Landstrichen stammten oder spätestens innerhalb des seleukidischen Militärapparates mit griechischer Kultur in Berührung gekommen waren, scheinen sich daher im Verlauf der 1. Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. samt ihren Familien in Palästina und Transjordanien niedergelassen zu haben. Mit Hilfe des geologisch vor Ort anstehenden Baumaterials, das sich qualitativ oft erheblich von dem unterschied, was die neuen Siedler aus ihren Heimatregionen her gewohnt waren - so gibt es in Palästina etwa keinerlei Marmorvorkommen - , versuchte man, einen mehr oder weniger bewusst griechischen Baustil zu kreieren, der einerseits als Ausdruck der ideellen Verbundenheit der Kolonisten mit ihren Herkunftsgebieten, andererseits aber auch als Manifestation der prägenden und normierenden Kraft einer hellenistischen koine im gesamten ostmediterranen Raum insbesondere seit dem beginnenden 2. Jh. v. Chr. gewertet werden kann. Solche Bestrebungen kommen dabei gerade in jenen Aspekten des Bauens zum Tragen, die über das funktional Konstitutive wie Lage und Bautypus, Grundrissgestaltung, Raumaufteilung und -nutzung, Klimatisierung, Raumhöhe und Lichtverhältnisse, Zugänglichkeit etc. und die damit verbundenen konstruktiven Erfordernisse wie z. B. Materialeigenschaften, Statik etc. hinausgehen und
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primär repräsentativen wie dekorativen Zwecken dienten, d. h. in den architektonischen Schmuckformen. Insofern können das plötzliche Auftauchen wie auch die rasche Verbreitung der Bauornamentik hellenistischer Zeit in Palästina und seinen Nachbarregionen dahingehend erklärt werden, dass hier neben Keramik, Münzen und anderen Gebrauchsgegenständen des Alltags auf ein geeignetes, in den syro-phönizischen Küstenstädten schon seit langem erprobtes Repertoire von Medien zurückgegriffen werden konnte, um auch auf dem Gebiet der Architektur der Suche nach einer verbindenden Identität zwischen den hinsichtlich ihrer Herkunft und Ethnizität doch wohl sehr heterogenen Kolonisten Rechnung zu tragen. Wenn man Medien also nicht nur als reine Informations- bzw. Kommunikationsträger begreift, sondern als solche, die einerseits in ein kulturelles Wertesystem eingebunden sind, das sie ihrerseits wiederum mit einem impliziten Mitteilungscharakter „auflädt", und die dieses dann andererseits gleichzeitig auch wieder weitertransportieren, dann scheint es m. E. durchaus gerechtfertigt, Bauten und ihren Schmuckformen die Funktion von Medien zuzusprechen. Dieser Aspekt wird noch dazu in einem für Botschaften dieser Art vielleicht besonders empfänglichen, ja „mediensensiblen" Milieu bzw. Raum-Zeit-Kontext wie in Palästina und seinen Nachbarregionen in den beiden Jahrhunderten vor Christi Geburt vermutlich von nicht zu unterschätzender Bedeutung gewesen sein.
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Abb. 3
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0
60
Abb.
100cm
7
0 Abb. 8
1
2 Abb. 9
3m
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PO l " 4 N TELL E OH DHAHAB EL GHARBI
Abb. 10
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' I i i
5
10
Abb. 15
Abb. 16
Abb. 17
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10m
Abb. 18
Abb. 20
Abb. 19
Abb. 21
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Abb. 23
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Abbildungsverzeichnis Abb. 1:
Gadara
/ Umm Qais, Plan der hellenistischen Befestigungsanlagen und des
Tempelareals auf der Nordterrasse Abb. 2:
Gadara
/ Umm Qais, dorisches Eckkapitell, heute vor dem
Bet-Rusän-Mu-
seum Abb. 3:
Skythopolis
Abb. 4:
Kamous
Abb. 5:
Kamous
/ Bet Se'än, dorisches Kapitell vom Tel
/ Hanzire
al-'Asraflye,
'Istäbä
steingerechter Plan der erhaltenen Strukturen
des hellenistischen Höhenheiligtums / Hanzire
al-'Asraflye,
dorisches Kapitell an der Zufahrtsstraße zu
dem Komplex unweit der erhaltenen Strukturen Abb. 6:
Kamous
/ Hanzire
al-'Asraflye,
weiteres dorisches Kapitell an der Zufahrts-
/ Hanzire
al-'Asraflye,
Gebälkblock von der dorischen Säulenhalle
straße Abb. 7:
Kamous
auf der Terrasse (Architrav und Metopen-Triglyphen-Fries) Abb. 8:
Tyros / 'Iräq al-Amir,
dorisches Gebälk vom Qasr el-'Abd
(Schema der Ord-
nung) Abb. 9:
Doura-Europos,
dorische Ordnung der Blendfassade vom Propylon des Tem-
pels des Zeus Megistos (Periode I) Abb. 10: Teil ad-Dahab
al-Garbiya,
Gesamtplan
Abb. 11: Teil ad-Dahab
al-Garbiya,
dorisches Eckkapitell (Profilzeichnung)
Abb. 12: Jerusalem,
Grabfassade der Bsne Hezir im Qidrontal
Abb. 13: Jerusalem,
Detailzeichnungen
zum Ornamentsystem der Grabfassade der
Bsne Hezir im Qidrontal Abb. 14: Philadelpheia
/ 'Amman,
dorisches Kapitell, Spolie von der westlichen Befes-
tigungsmauer auf dem Gebel al Abb. 15: Gadara
Qal'ä
/ Umm Qais, Frontfassade des hellenistischen Tempels in dorischer
O r d n u n g (hypothetische Rekonstruktion) Abb. 16: Gadara
/ Umm Qais, Triglyphenblock aus dem Versturzschutt vor der östli-
chen Langseite des Tempels (Ansicht und Unteransicht) Abb. 17: Gadara / Umm Qais, zwei ionische Eckpilasterkapitelle mit Viertelsäulenanschluss auf zwei Seiten, heute als Spolien in der sog. ,Südbastion' verbaut Abb. 18: Jerusalem,
„Zacharias-Grab" im Qidrontal (Rekonstruktion)
Abb. 19: Jerusalem,
„Absalom-Grab" im Qidrontal (Rekonstruktion)
Abb. 20: Jerusalem,
Detailzeichnungen zur Ornamentik vom „Absalom-Grab" im Qid-
rontal Abb. 21: Gerasa
/ Garas,
Rekonstruktion eines mehrgeschossigen Grabbaus in der
Südnekropole Abb. 22: Kamous
/ Hanzire
al-'Asraflye,
korinthisches Antenpfeilerkapitell, heute im
Garten eines benachbarten Hauses Abb. 23: Gadara
/ Umm Qais, korinthisches Pilasterkapitell wohl von der Innenord-
nung des hellenistischen Tempels (hypothetische Rekonstruktion)
230
Wolfgang
M. Thiel
Abb. 24: Gerasa / Garas, Rekonstruktion des hellenistischen naos auf der unteren Terrasse des Zeus Olympios-Heiligtums Abb. 25: Gerasa / Garas, Rekonstruktion der Innenraumgestaltung des hellenistischen naos im Zeusheiligtum
Folgende Abbildungen wurden vom Verfasser erstellt: Abb. 2, 3, 11, 14, 17, 23. Die Abbildungen 4 - 7 sowie 22 wurden im Auftrag des Verfassers von dem Architekten Z. VASÄROS während der Feldkampagne in Hanzire al-'Asrafiye im Jahre 1999 angefertigt. Die Vorlagen f ü r Abb. 7, 17 und 22 zeichnete die Architektin N. RÖHRIG. Die übrigen Abbildungen sind folgenden Publikationen entnommen: Abb. 1: Ausschnitt aus HOFFMANN / B Ü H R I G , S t a d t m a u e r n ,
A b b . 2 6 ; A b b . 8: W I L L / LÄRCHE, ' I r a q al
Amir
(Tafelteil), Taf. 76 (oben links); Abb. 9: DOWNEY, Mesopotamian Architecture, Abb. 3 5 ; A b b . 1 0 : G O R D O N / VILLIERS, T e l u l e d h D h a h a b , A b b . 2 ; A b b . 1 2 : A V I G A D , M a s s e b a t , A b b . 2 9 ; A b b . 1 3 : A V I G A D , M a s s e b a t , A b b . 3 0 ; A b b . 1 5 : HOFFMANN, T o p o g r a p h i e , Abb.
160; Abb.
16: HOFFMANN, S t a d t e n t w i c k l u n g , A b b . 2 2 ; A b b . 18: AVIGAD,
Masse-
bat, Abb. 44; Abb. 19: AVIGAD, Massebat, Abb. 52; Abb. 20: AVIGAD, Massebat, Abb. 56; Abb. 21: SEIGNE, Gerasa-Jerasch, Abb. 25; Abb. 24: SEIGNE, Gerasa-Jerasch, Abb. 12; Abb. 25: SEIGNE, Gerasa-Jerasch, Abb. 14.
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Medien der Alltagskultur in Ägypten und ihre Auswirkungen auf Palästina von JOACHIM FRIEDRICH Q U A C K
Das Thema „Medien der Alltagskultur" beinhaltet gleich zwei Begriffe, die einen gewissen Klärungsbedarf haben. Einerseits wird die Frage, was man alles als Medium definiert, vielleicht nicht ganz trivial sein. Andererseits ist der Begriff „Alltagskultur" auch nicht unproblematisch, vielleicht gerade, weil er einer heutigen Tendenz entgegenkommt, speziell an Zeugnissen der Alltagswelt im Gegensatz zur Elitekultur Interesse zu haben. Dabei ist auch in der Ägyptologie derzeit gelegentlich eine Neigung zu beobachten, Elemente der Volkskultur zu suchen und nach eigener Meinung auch zu finden. 1 Typisch ist, daß man bestimmte Gottheiten wie etwa den dämonenabwehrenden Bes als „Volksgötter" apostrophiert. 2 Realiter stammen viele, und darunter auch etliche der frühesten Zeugnisse für seine Hochschätzung aus dem Bereich der absoluten Elite, ja sogar der Königsfamilie selbst. 3 Hier kommt es darauf an, sehr viel schärfer zu beachten, in welchen Quellengattungen man Aufschlüsse für welche Schichten der Bevölkerung erwarten darf. Außerdem wird sich - und dies dürfte ein Punkt für übergreifende Diskussion sein - auch die Frage stellen, inwieweit „Volkskultur" für die betreffende Epoche wirklich als Gegensatz zur „Elitekultur" gewertet werden darf. Vielleicht urteilen wir hier all zu sehr von unserer heutigen speziellen Situation, in der sich nach dem Zweiten Weltkrieg die eigentlich ungewöhnliche Lage entwickelt hat, daß Phänomene der Subkultur ihren Weg nach oben nehmen. Jedenfalls ist es von erheblicher Bedeutung, ob
1 Ein Beispiel ist etwa ESCHWEILER, Bildzauber, 6, der in den A n w e i s u n g e n f ü r magische A r r a n g e m e n t s und F i g u r e n z a u b e r spezifisch E l e m e n t e der Volkskultur f i n d e n will, o h n e zu beachten, daß seine Quellen allesamt S c h r i f t z e u g n i s s e aus d e m Bereich der Elite sind, zur Kritik s. QUACK, Rez. zu Bildzauber, 185. 2 KÄKOSY, Source, 623 wendet sich mit Recht gegen solche T e n d e n z e n . 3 Vgl. etwa den Thronsessel der S a t a m u n sowie das Bett des T u t a n c h a m u n .
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Joachim
Friedrich
Quack
man eher mit Modellen operiert, die „top-bottom" oder umgekehrt als normale Richtung betrachten. 4 Indem ich mich an den hier konkret vorgegebenen Begriff „Alltagswelt" halte, will ich dies nicht weiter vertiefen, sondern als praktikables Kriterium einfach ansetzen, daß es sich um Medien handelt, die im Alltag zugegen waren und eine deutliche Relevanz für die gesamte Kultur hatten, unabhängig davon, in welchen sozialen Schichten sich dies konkret äußert. Den Anfang machen möchte ich mit Schriftmedien, also den ägyptischen Schriftsystemen und ihren Trägern. Die ägyptische Schrift beruht auf einer Verbindung von phonetischen und semantischen Zeichen. Dies im Einzelnen auszuführen möchte ich hier aus Raumgründen unterlassen. 5 Zudem ist Schriftkenntnis an sich vielleicht nicht unbedingt in der Alltagskultur weit verbreitet, 6 auch wenn Ägypten als Ganzes natürlich eine von der Schrift dominierte Kultur war, in der jeder unabhängig von seiner Bildung mit schriftlichen Dokumenten und ihren Folgen konfrontiert wird. Für die Frage der Verbindung nach Palästina ist weniger das System der ägyptischen Schrift als solches relevant, sondern ein anderer Punkt. Man wird nämlich nicht an der alten und vieldiskutierten Frage vorbeikommen können, inwieweit die ägyptische Schrift bei der Entwicklung der nordwestsemitischen Alphabetschrift eine Rolle gespielt hat. Gerade durch die rezente Entdeckung zweier früher Inschriften im Wadi el-Höl {Abb. 1) auf der Wüstenstraße zwischen Theben und Koptos, die von den Entdeckern in die Zeit des Mittleren Reiches datiert werden, 7 stellt sich das Problem mit neuer Schärfe. Der Ansatz von B E N J A M I N S A S S , die Sinai-Inschriften ebenfalls ins Mittlere Reich zu setzen, geht in dieselbe Richtung. 8 Man nimmt gerne an, daß die Erfinder der nordwestsemitischen Schrift für die Zeichenformen ägyptische Hieroglyphen herangezogen und ihnen alphabetische Lautwerte aufgrund des akrophonischen Prinzips bei einer semitischen Lesung zugewiesen hätten. 9 Meiner Ansicht nach greift dieses Argument zu kurz. Einerseits bilden die ägyptischen Hieroglyphen in ihrer monumentalen Form einfach konkrete Gegenstände und Lebewesen bzw. ihre Teile ab. Die Darstellungskonventionen sind nicht fundamental anders als in den vorderasiatischen Kulturen. Da in Ägypten ein Bestand von vielen hundert Zeichen verfügbar ist, fällt es verhältnismäßig leicht, für eine 4 So habe ich in QUACK, Magie, 61 etwa im Falle der Schutzmagie eine Ausbreitung von der Elite aus postuliert. 5 Z u m System der Hieroglyphenschrift unter grundsätzlichen Gesichtspunkten s. besonders SCHENKEL, Struktur; DERS., Schriftlehre. 6 Zur Frage der Verbreitung von S c h r i f t k e n n t n i s s. BAINES/EYRE, Notes; BAINES, Literarcy; kritisch dazu LESKO, Literacy. 7
WIMMER/WIMMER-DWEIKAT,
8
SASS, G e n e s i s , 3 5 - 1 4 4 .
9
Vgl. etwa SASS, Genesis, 1 0 8 - 1 3 4
Alphabet.
Medien der Alltagskultur
in Ägypten
und ihre Auswirkungen
auf Palästina
239
Schrift, deren Zeichen gegenständlich sind, rein formal-visuelle Parallelen zu ägyptischen Schriftzeichen zu finden, ohne daß diese zwingend als genetischer Faktor eine Rolle gespielt haben müssen. Will man etwas mehr Gewißheit schaffen, sollte man also nicht auf der Ebene der Zeichenähnlichkeit, sondern auf derjenigen der strukturellen Gemeinsamkeiten argumentieren. Hier bieten sich zwei Punkte an, in denen das Ägyptische und die nordwestsemitischen Schriften in nicht-trivialen Bereichen übereinstimmen. Einerseits geben beide Schriftsysteme standardmäßig die Vokale nicht wieder, andererseits verläuft die normale Schreibrichtung von rechts nach links. Beide Eigenheiten zeigen zumindest eine Gemeinsamkeit der betreffenden Kulturen, auch wenn sie für den Beweis der Abhängigkeit noch nicht strikt ausreichen dürften. Die Vokallosigkeit der Schrift ist bis zu einem gewissen Grad auch aus der Natur der jeweils verschrifteten Sprachen verständlich. Sowohl das Ägyptische als auch das Semitische, die ja auch zwei miteinander verwandte Sprachzweige darstellen, zeichnen sich dadurch aus, daß es konsonantische Wurzeln gibt, an denen eine Grundbedeutung haftet. Von diesen Wurzeln können durch Vokalwandel, Längungen von Elementen sowie Affixe konkrete Substantive abgeleitet sowie flektierte Verbalformen gebildet werden. Eine Abstraktionsleistung, welche auf die Vokale verzichtet und konsonantische Gemination nicht notiert, ermöglicht es, alle Ableitungen einer Wurzel erkennbar mit dem gleichen Kernbestand an Zeichen zu schreiben. Dabei ist der Nutzen dieser Konvention für Ägypten, wo Mehrkonsonantenzeichen und Ideogramme eine große Rolle spielen, noch weit erheblicher als für die semitischen Sprachen, bei denen ein Eintreten von Vokalzeichen zwischen die gleich bleibenden einzelnen Konsonanten die Erkennbarkeit weniger erschweren würde. Umgekehrt ist der Verzicht auf die Vokalisation für Ägypten, wo die semantische Komponente der Schrift lautunabhängige Informationen bietet, ein weniger großes Verständnisproblem als für den semitischen Bereich, der ganz auf die phonetische Notationsmöglichkeit angewiesen ist. Bezeichnend ist auch, daß die semitischen Schriftsysteme bereits im ersten Jahrtausend v. Chr. nach Möglichkeiten gesucht haben, Vokale - insbesondere lange - doch zu schreiben. 10 Ich würde gerade in der Tatsache, daß die Vokallosigkeit für die ägyptische Schrift ein größerer Gewinn und geringerer Verlust als für die semitische Schrift war, ein gewisses Indiz sehen, daß dieses Prinzip als solches im semitischen Bereich vom Vorbild der ägyptischen Schrift her entwickelt wurde. Die Schreibrichtung ist dagegen mit dem Problem behaftet, daß sie zunächst nicht verbindlich ist. Erst etwa um 1000 v. Chr. scheint sich die Linksläufigkeit der nordwestsemitischen Schrift definitiv durchgesetzt zu 10
Vgl. etwa ZEVIT, Matres lectionis.
240
Joachim Friedrich
Quack
haben, während vorher auch die andere Richtung und gelegentlich Boustrophedon-Schreibungen vorkamen. 11 Allerdings halte ich es für zumindest plausibel, daß die letztliche Wahl nicht ohne Einfluß der normalen Schriftrichtung im Land am Nil zu sehen ist. Zumindest ist angesichts der Nachbarschaft Ägyptens und der Tatsache, daß gerade die allerältesten Zeugnisse nordwestsemitischer Schrift in Ägypten selbst sowie seinen angrenzenden Regionen gefunden wurden, eine gewisse Beeinflußung der Alphabetschrift durch die Hieroglyphen nicht auszuschließen. 12 Daneben besteht immerhin in einem Bereich ein ganz realer und unzweideutiger Befund, nämlich hinsichtlich der Auffindung von ägyptischen Inschriften auf dem Gebiet Palästinas. 13 Hier sind einige recht verschiedene Komplexe zu trennen. Einerseits gibt es monumental hieroglyphische Texte. Bereits auf Statuen des späten Mittleren Reiches, die in Palästina gefunden wurden, sind hieroglyphische Inschriften vorhanden. 14 Im Neuen Reich ist besonders Beth Schean als Sitz einer Garnison reich an Stelen, Statuen und Türinschriften, 15 doch auch Megiddo, Hazor und andere Orte sind vertreten. 16 Aus der dritten Zwischenzeit stammt das Fragment einer Stele Scheschonqs I. aus Megiddo. 17 Möglicherweise noch später ist eine Inschrift aus Teil Dan, sofern das Urteil Schulmans zutrifft, eine ursprüngliche Würfelhockerstatue des Mittleren Reiches sei etwa in der 25./26. Dynastie mit einem Opferritualtext neu beschriftet worden. 18 An sich will ich auf diese Objekte hier nicht genauer eingehen, da sie kaum in den Bereich der Alltagskultur gehören. Für diese relevant ist allerdings die Frage, wie die Einwohner Palästinas damit umgegangen sind, daß in ihren Städten Inschriften standen, die für sie mutmaßlich ganz fremd waren. Gab es lokale Traditionen, was darin gestanden haben soll, und wenn ja, wie zuverlässig waren diese? Wie lange blieben diese Inschriften 11
SASS, G e n e s i s ,
109.
12
Nicht diskutieren möchte ich hier die kürzlich von ZAUZICH, Hieroglyphen wiederbelebte Theorie, die phönizische Schrift stamme von der hieratischen Kursivschrift Ägyptens ab; eine Kritik bereits bei TROPPER, Frühgeschichte. 13 Eine (inzwischen recht überholte) Auflistung ägyptischer Objekte in Palästina und Syrien in PORTER/MOSS, Bibliography VII, 369-396. Auf die weiter nördlich im syrischen Bereich gefundenen Objekte will ich hier nicht eingehen; dort sind abgesehen von den bislang nicht nachweisbaren hieratischen Inschriften ähnliche Phänomene zu beobachten. 14 Vgl. etwa für Gezer WEINSTEIN, Statuette; für Megiddo WILSON, Megiddo; zur generellen Bewertung EDER, Motive, 174f. 15
16
V g l . e t w a ROWE, T o p o g r a p h y , 2 4 - 3 8 ; JAMES, I r o n A g e ,
161-179.
Megiddo: Basis Ramses' VI., publiziert von BREASTED, in; LOUD, Megiddo II,
1 3 5 - 1 3 8 ; H a z o r : ALLEN, F r a g m e n t , 1 3 - 1 5 ; KITCHEN, F r a g m e n t , 17
20-28.
Vgl. dazu zuletzt SCHIPPER, Israel und Ägypten, 129-132. 18 SCHULMAN, Egyptian Presence. Das Fehlen von Photographien verhindert leider die Kontrolle der Datierungen des Bearbeiters.
Medien der Alltagskultur
in Ägypten
und ihre Auswirkungen
auf Palästina
241
sichtbar, wurden sie geachtet oder, sobald es politisch möglich war, schnellstmöglich zerschlagen, da man in ihnen Zeugnisse der eigenen Demütigung sah? Hier könnten die Reaktionen von Fall zu Fall ganz unterschiedlich gewesen sein. Die Statuenbasis Ramses' VI. aus Megiddo scheint nur noch als Metallobjekt interessiert zu haben, da die eigentliche Statue nicht mehr darauf stand. Von der Stele Scheschonqs ist nur ein kleines Bruchstück übrig, vermutlich wurde sie brutal zerschlagen, da vor Ort Erinnerungen daran bestanden, daß sie ein Denkmal des Sieges über die eigene Stadt war. Dagegen blieben die Objekte in Beth Schean üblicherweise gut erhalten und ohne intentioneile Zerstörungen. Dies ist auch historisch erklärbar, da in Bet Schean die ägyptenorientierte Besiedlung ohne große politische Umwälzung erhalten blieb und in der Zeit, als anderswo die Eisenzeit I stattfand, Traditionen der Spätbronzezeit weitergeführt wurden. 19 Näher an den Alltagsgebrauch kommen wir mit der nächsten Kategorie hieroglyphischer Inschriften, nämlich solchen auf Kleinobjekten, vorzugsweise Siegeln und Amuletten. Aus dem palästinischen Bereich sind ja viele Tausend Skarabäen und wenigstens zweitausend Amulette ägyptischen Typs bekannt. 20 Die weitaus meisten der Amulette sind unbeschriftet und unter den Skarabäen überwiegen diejenigen mit bildlichen Motiven. Auf sie werde ich unten bei der Frage der Bildmedien zurückkommen. Andererseits haben diese massenhaft ins Land importierten (oder auch lokal nachgeahmten) Objekte doch die Benutzer mit einer nicht geringen Menge hieroglyphischer Inschriften konfrontiert. Auch hier wird sich die Frage stellen müssen, wieviel von den Inschriften lokal noch verständlich war, und ob es mündliche Traditionen über den Inhalt gab. Man kann sich zumindest vorstellen, daß die Bedeutung der „Heilszeichen" auf Siegelamuletten, wie etwa nfr „gut", rnh „Leben", s3 „Schutz" oder wld „frisch, gedeihend" auch demjenigen vertraut waren, der keine zusammenhängenden längeren ägyptischen Texte lesen konnte - vergleichbare Erscheinungen gibt es ja auch heute, wo Massen von Ägyptenfreunden ein Anch-Zeichen kennen, ohne einen längeren Text lesen zu können. Vielleicht das Bemerkenswerteste in diesem Bereich ist, daß es aus Palästina auch Siegel gibt, auf denen sinnvoll lesbare ägyptische Titel belegt sind (Abb. 2). 21 Hier wird man kaum darum herumkommen, einen realen Einsatz in der Verwaltung anzunehmen. Dann waren diese Personen entweder rein im Dienste Ägyptens tätig, oder aber auch die lokale Verwaltung konnte Ägyptisch lesen - bzw. mindestens die betreffenden Siegelabdrücke als distinktive, unverwechselbare Größen wahrnehmen. 19
J A M E S / M C G O V E R N , G a r r i s o n ; JAMES, I r o n A g e .
20
Publikation der Skarabäen KEEL, Corpus Einleitung; DERS., Corpus Band I; für die Amulette HERMANN, Ägyptische Amulette; DERS., Ägyptische Amulette II. 21
KEEL, C o r p u s E i n l e i t u n g , 2 3 5 - 2 3 9 u. 2 7 0 - 2 7 4 .
242
Joachim Friedrich
Quack
Definitive Kenntnis des Ägyptischen, und zwar auch der Kursivschriften, muß man annehmen, wenn man zur nächsten und letzten Kategorie kommt, nämlich den hieratischen Ostraka der Spätbronzezeit. In den letzten Jahren hat sich eine stetig steigende Zahl von Belegen dafür ergeben, daß während der Ramessidenzeit in Südpalästina Hieratisch als Geschäftsschrift verwendet wurde. 22 Einige gut erhaltene Stücke listen Getreidemengen auf, andere sind so schlecht erhalten, daß sich über ihre Natur keine gesicherte Aussage machen läßt. Man kann mutmaßen, daß die Texte auf Tonscherben nur die Spitze eines Eisberges sind und dahinter eine große Menge von Texten auf vergänglichem Material, mutmaßlich Papyrus anzusetzen ist. Jedenfalls hat hier ein ägyptisches Medium eine nicht unbeträchtliche Wirkung auf zumindest Teile Palästinas ausgeübt. Zu fragen wäre natürlich, welche späteren Folgen daraus resultierten. Hier möchte ich eine Frage in den Raum stellen. Wie insbesondere die Arad-Ostraka, aber auch eine Gruppe der Samaria-Ostraka sowie ein Schultext aus Qadesch-Barnea (Abb. 3) zeigen, wurden im vorexilischen Palästina die ägyptischen hieratischen Zahlzeichen verwendet. 23 Dies ist vielleicht einer der substantiellsten Fälle von Einfluß ägyptischer Schrift auf Palästina überhaupt. Zu fragen wäre vor allem, ob es sich hier um eine rezente Übernahme handelt, die mit der Intensivierung der ägyptisch-judäischen Beziehungen in der späten Eisenzeit einhergeht. Alternativ wäre es zumindest nicht undenkbar, daß sich eine seit der Spätbronzezeit durchlaufende Tradition in Südpalästina gehalten hat. Andererseits ist dies ein Phänomen, das sicher über die reine Medialität hinausgeht, da es nicht nur um Schriftzeichen geht, sondern auf einer tieferen Ebene um Metrologie als solche. 24 Immerhin sind die hebräischen Maßeinheiten Epha und Hin Lehnwörter aus dem Ägyptischen. 25 Der Wortform Epha nach handelt es sich dabei nicht um eine Entlehnung aus dem 7. Jahrhundert, sondern um eine deutlich ältere, da sie die kanaanäische Lautverschiebung ai > e mitgemacht hat. Ägyptischerseits wurde das Wort im Neuen Reich als *aipa, in der Spätzeit als oipe ausgesprochen, nur die Form des Neuen Reiches kommt aber als Vorlage der hebräischen gut in Frage. 26 Von den Schriftsystemen und konkreten Texten möchte ich jetzt zur materiellen Seite der Schriftkultur übergehen. Zuerst sollte man hier die presti22 Auflistung der bislang bekannten Objekte bei HIGGINBOTHAM, Egyptianization, 134 mit einer eher minimalistischen Deutung, kritisch dazu QUACK, Rez. zu Egyptianisation, 178. 23 SCHIPPER, Israel und Ägypten, 256f. 24 RENZ, Handbuch, Teil 2, 36, 43f. u. 45f. 25 MUCHIKI, Loanwords, 239f. u. 243. 26 Vgl. dazu QUACK, Natur, 171.
Medien der Alltagskultur
in Ägypten
und ihre Auswirkungen
auf Palästina
243
geträchtigste Aufzeichnung wenigstens kurz erwähnen, nämlich die Monumentalisierung in Form von Steininschriften. Ich möchte diesen Bereich nur am Rande streifen, da er weitgehend nicht zum Gebiet der Alltagskultur gehören dürfte. An sich wäre natürlich einiges hier zu sagen, etwa was die Frage des Einflusses ägyptischer Traditionen der Textorganisation auf Objekte wie die Mescha-Inschrift und die Tel-Dan-Inschrift betrifft, aber das sind keine Alltagsobjekte. Ebenso muß die Balu'a-Stele außer Betracht bleiben, obgleich bei ihr die Ikonographie nicht ohne ägyptische Vorlagen zu denken ist. 27 Neben solchen königlichen Inschriften und anderen aus der Elitekultur hat es aber in Ägypten zumindest ein gewisses Maß an Stelen und sonstigen Steininschriften gegeben, die bis in die Mittelschicht hinein Verwendung fanden. Vielleicht der bemerkenswerteste Komplex betrifft die Votivstelen. Von manchen Fundorten populärer Kulte gibt es Dutzende, wenn nicht Hunderte von Stelen. 28 Sie sind äußerlich meist recht bescheiden aufgemacht. Gerade durch die beschränkten materiellen Mittel, die zu ihrer Herstellung zur Verfügung standen, geben sie aber die Berechtigung, sie realiter zur Alltagskultur zu zählen. Meist enthalten sie Namen und Titel der weihenden Person, oft auch deren Familienmitglieder, daneben eine Darstellung der geehrten Gottheit, sei es in anthropomorpher oder gemischter, sei es in rein tierischer Gestalt. Einen Spezialkomplex stellen dabei Stelen dar, die Verehrung von Statuen des Königs dokumentieren. 29 In den meisten Fällen werden kurze anbetende Formeln bzw. zumindest der Titel dafür beigeschrieben. In einigen Fällen kann man die Erfahrung einer konkreten Errettung bzw. des Beistandes der Gottheit vermuten, 30 in anderen Fällen sind eher generelle Wünsche für zukünftige Unterstützung anzunehmen. Außer auf Stein treten ähnliche Darstellungen gelegentlich auch auf anderen Materialien wie etwa Textilien auf (Abb. 4).31 Gerade dieser Komplex scheint mir für Palästina relativ schwer faßbar zu sein. Am ehesten findet man in der von einer ägyptischen Besatzung dominierten Stadt von Beth Schean Vergleichsstücke, etwa Stelen für Mekal und mutmaßlich Anat (Abb. 5). 32 Man wird sich die Frage stellen müssen, in welcher Form vergleichbare religiöse Gefühle dort Ausdruck gefunden haben. Möglicherweise beschränkte man sich aufgrund geringerer ökonomischer Mittel vornehmlich auf Kleinobjekte, auf die ich bei der Bespre27
Zu ihrer Interpretation s. zuletzt die relativ problematischen Ansätze in M o -
RENZ / B O S S E R T - N E P U S T I L , H e r r s c h e r p r ä s e n t a t i o n , 28
81-124.
Ein umfangreicher Fundkomplex aus Assiut wird derzeit von T. Duquesne aufbereitet, s. einstweilen DUQUESNE, Salakhana; DERS., Twins. 29
S . e t w a HABACHI, D e i f i c a t i o n , 2 8 - 3 9 .
30
V g l . BRUNNER, D a n k s t e l e .
31
Dazu s. PINCH, Offerings, S. 102-134.
32
KEEL/UEHLINGER, G G G , 9 4 f . u. 9 7 .
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chung der Bildmedien noch kommen werde. Das Fehlen von Stelen, die Statuen des Herrschers verehren, dürfte dagegen mit unterschiedlichen Komplexen vom Königtum zu tun haben; ein syrisch-palästinischer Herrscher wurde standardmäßig weder persönlich noch in seinen Statuen als Gottheit verstanden. Ganz zu fehlen scheint in Palästina der Komplex der Familienstelen, auf denen zahlreiche Personen gemeinsam in eine Versorgung sub specie aeternitatis eingebunden werden. Hier dürfte nicht so sehr die Frage der zur Verfügung stehenden Mittel eine Rolle spielen, vielmehr ist spezifischer nach der dahinter stehenden Jenseitsvorstellung zu fragen. In Ägypten gab es die Konzeption, daß die nachtodliche Existenz viele Optionen zur Verfügung stellte, 33 wobei auch die Verstorbenen noch erheblichen Bedarf an Speiseversorgung hatten. Normalfall war, daß dieser dadurch gedeckt wurde, daß Opfergaben aus dem Tempelkult, nachdem sie erst dem Gott vorgelegt wurden, dann auch noch den Seelen der Toten zur Verfügung standen - der sogenannte Opferumlauf. In den Inschriften wird entsprechend formuliert, die Personen wünschten sich Speise „vom Opferaltar" des jeweiligen Gottes - meist der lokale Hauptgott bzw. der Totengott Osiris. Dagegen war in Palästina, zumindest in alttestamentlicher Zeit, die Jenseitsvorstellung weit weniger entwickelt, vor allem was die Speiseversorgung betraf. 34 Insofern dürfte auch kein vergleichbarer Bedarf an derartigen Textgattungen vorhanden gewesen sein. Immerhin gibt es aus dem palästinischen Raum einige Grabinschriften, auch bereits aus alttestamentlicher Zeit, wie etwa die Inschriften von Khirbet el-Kom 35 sowie die aus Silwän. 36 Ihr Formular läßt aber m.E. keine engeren Vergleiche mit den ägyptischen Traditionen zu. Wichtigster Textträger in Ägypten ist der Papyrus, der als leichtes und gut beschreibbares Trägermaterial große Vorzüge genießt. 37 Auf Papyrus wurde all das aufgezeichnet, was man abspeichern wollte. Davon betroffen waren einerseits Verwaltungsvorgänge, die auf vielen laufenden Metern akribisch festgehalten wurden. Einen Eindruck davon, welche Mengen an Papyrus für routinemäßige Verwaltungsnotizen benötigt wurden, geben etwa die Archive von Abusir aus dem Alten Reich, die während ihrer Laufzeit wenigstens 9600 m Akten produziert haben müssen, von denen heute
33
V g l . g e n e r e l l ASSMANN, T o d .
34
S. auch O. LORETZ, Unsterblichkeit. RENZ, Handbuch, Teil 1, 199-211. RENZ, Handbuch, Teil 1, 2 6 1 - 2 6 6 . Vgl. als generelle Beiträge CERNY, Paper; BIERBRIER (Ed.), Papyrus; PARKINSON/
35 36 37
QUIRKE, P a p y r u s ; LEACH/TAIT, P a p y r u s .
Medien
der Alltagskultur
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auf Palästina
245
noch ca. 13,5 m als Fragmente erhalten sind. 38 Andererseits wurden auch religiöse Texte standardmäßig auf Papyri festgehalten und archiviert. Gelegentlich berichten ägyptische Herrscher sogar davon, wie sie auf der Suche nach alten Texten in den Bibliotheken von Tempeln fündig geworden sind, oder Texte werden als Entdeckungen bedeutender Personen ausgegeben. 39 Nicht zu vergessen sind schließlich die im engeren Sinne literarischen Texte. Derzeit findet in der Ägyptologie eine relativ intensive Diskussion darüber statt, ob es bereits im Alten Reich eine schöne Literatur gegeben hat oder diese eine Neuschöpfung erst des Mittleren Reiches, ab etwa 2000 v. Chr. ist, wo die ersten konkret erhaltenen Handschriften auftauchen. 40 Von da an gibt es durchlaufende Bezeugungen. Besonders eindrucksvoll sind sie aus der römischen Zeit, da man dort die liegengebliebenen Überreste von Bibliotheken aus der letzten Nutzungsphase der paganen Kultur teilweise fassen kann. 41 Nach dem bisher zugänglichen Material muß man davon ausgehen, daß an einem nur mittelmäßig bedeutsamen Ort immerhin etliche hundert literarische Handschriften etwa zeitgleich vorhanden waren. Für die Verhältnisse in Palästina wage ich keine vergleichbaren Schätzungen, auch wenn uns das ägyptische Material vielleicht einen gewissen Hinweis dafür liefert, daß die Menge des einst vorhandenen Textgutes, das aber nicht kanonisisiert und weitertradiert wurde, recht beträchtlich anzusetzen ist. Einen ansatzweisen Einblick kann man eventuell über die aramäischen Papyrusfunde aus Elephantine gewinnen, unter denen sich auch einige Fälle literarischer Texte befinden, 42 darunter übrigens auch solche, die aus dem Ägyptischen übersetzt sein dürften. Papyrus als Schreibmaterial wurde auch aus Ägypten exportiert; in griechisch-römischer Zeit ist dies besonders gut belegt. 43 Auch für Palästina wird in der Eisenzeit damit zu rechnen sein, daß aus Ägypten gelieferte Papyrusrollen wesentliches Vehikel der Textarchivierung und -Überlieferung waren. Erhalten ist leider wenig, da Papyrus als organisches Material unter normalen Bedingungen spurlos zerfällt. Wenige Glücksfälle bezeugen noch seine einstige Bedeutung, so die Notizen auf Papyrus aus dem Wadi
38
Bearbeitung der Texte bei POSENER-KRIEGER, Archives; Schätzung der Dimensio-
n e n b e i POSENER, L e g o n . 39
VERNUS, Essai, 111-114. Der Vergleich etwa mit der A u f f i n d u n g des Deuteronomiums drängt sich auf und ist auch schon von anderen Forschern gezogen worden, s. etwa SPEYER, Bücherfunde, 128 Anm. 17 mit Verweisen. 40 Vgl. etwa PARKINSON, Poetry, 45f. 41 Zum vergleichsweise besterhaltenen Fundort, nämlich Tebtynis, s. die Vorberichte von VOLTEN, Papyrus-Collection; ZAUZICH, Einleitung; OSING, Hieratische Texte, 1 9 - 2 3 ; QUACK, Ü b e r b l i c k . 42 43
PORTEN/YARDENI, Textbook 3, 2 4 - 7 1 . LEWIS, Papyrus.
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Muraba'at 44 und in späterer Zeit die Urkunden aus dem Wadi Daliye. 45 Auch einige der Alltagsdokumente aus den römerzeitlichen Fundorten der judäischen Wüste sind auf diesem Textträger geschrieben. 46 Die Verwendung von Papyrus bringt eine typische Art der Textorganisation mit sich: Der Text wird in hoch- oder querrechteckigen Seiten bzw. Kolumnen niedergeschrieben, die linear hintereinander folgen. Das Buch wird also als Rolle gehandhabt, die nicht umgeblättert, sondern zum Lesen fortwährend von einer zur nächsten Kolumne weitergerollt wird. Diese äußere Form kann man an einer bekannten Stelle des Alten Testamentes (Jer 36) gut nachvollziehen, die darüber berichtet, wie die prophetischen Reden des Jeremia vor dem König vorgetragen werden. Jeweils wenn drei oder vier Kolumnen vorgelesen sind, schneidet der König sie ab und wirft sie ins Feuerbecken, um seiner Verärgerung und seinem Unglauben Ausdruck zu verleihen. Für heutige Leser, die an ein Buch mit Seiten gewohnt sind, dürfte es gewisse Schwierigkeiten bereiten, den Vorgang so recht nachzuvollziehen. Hält man sich dagegen vor Augen, daß eine Buchrolle mit aufeinander folgenden Kolumnen vorlag, wird alles ganz evident. Nebenbei kann man aus der Episode mit ziemlicher Sicherheit schließen, daß die von Baruch für Jeremia geschriebene Rolle wirklich aus Papyrus war. Das Verbrennen von Pergament bzw. Leder hätte der König nämlich angesichts der zu erwartenden Geruchsbelästigung wohl doch unterlassen. Heutzutage dominiert aufgrund einer grundlegenden Änderung in der Spätantike nicht mehr die Rolle, sondern der Kodex bzw. das aus Einzellagen aufgebaute Buch, das Seiten zum Umblättern hat. In einem Bereich ist die ägyptische Tradition der Papyrusrollen allerdings sehr lebendig geblieben, nämlich für die Thora, die auch heute noch in der jüdischen Kultur traditionell als Rolle gehalten wird. Wenn man bedenkt, wie Ägypten gerade in der Thora als das zurückzuweisende Land der Knechtschaft verstanden wird, hat das seinen besonderen Reiz. Nun ist die Papyrusrolle wohl der wichtigste Schriftträger an sich, allerdings gerade unter dem Gesichtspunkt der Alltagskultur keineswegs der alleinige. In der Ägyptologie ist es umstritten, inwieweit Papyrus selten oder häufig war. Ursprünglich hatte man gemeint, es sei eine knappe Ressource gewesen. Hauptargument dafür war, daß man gerade aus der Ramessidenzeit viele Fälle kannte, in denen ausgesprochen sparsam mit der Substanz umgegangen wurde, indem die leere Rückseite für die Aufnahme neuer Texte verwendet oder der ganze alte Text abgewaschen und das Blatt als Palimpsest neu verwendet wurde. Andererseits sind konkrete Abrechnungstexte bekannt geworden, aus denen hervorgeht, daß eine Papy44
RENZ, H a n d b u c h , T e i l 1, 2 8 3 - 2 8 7 .
45
GROPP/BERNSTEIN, P a p y r i .
46
COTTON, Paprusurkunden.
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in Ägypten
und ihre Auswirkungen
auf Palästina
247
rusrolle kein übermäßig teures Objekt war. 47 Konkret dürften auch weitere Schichten der Bevölkerung imstande gewesen sein, sich den Gebrauch von Papyrus zu leisten. Noch billiger und sozusagen für jedermann erschwinglich waren Ostraka. Dieser Begriff stammt aus dem Griechischen und bezieht sich etymologisch korrekt nur auf Scherben von Tongefäßen, die zerbrochen waren und als Schrift- oder Bildträger wiederverwendet werden. In der Ägyptologie hat es sich jedoch in Ausweitung des Wortursprunges eingebürgert, den Begriff „Ostrakon" sowohl für Tonscherben als auch für Kalksteinsplitter zu verwenden. Letztere werden zumindest im Raum von Theben, wo ein gut benutzbares weißes Kalkgestein ansteht, mindestens in gleicher Intensität wie Tonscherben für dieselben Arten von Texten verwendet, so daß sich in der Tat ein gemeinsamer Oberbegriff anbietet. Allerdings hätte man besser einen neutraleren Terminus gesucht. Sachlich fanden diese Objekte in Ägypten umfassende Nutzung. Ihre Anwendung ist vielfältig; es dürfte kaum eine Textgattung geben, bei der nicht zumindest exzeptionell auch Ostraka als Überlieferungsträger erscheinen können. Die häufigste Gattung sind, zumal wenn man auch das spätzeitliche Material mit einbezieht, die Wirtschafts- und Verwaltungstexte. Insbesondere für Steuerquittungen, wie sie in der Ptolemäer- und Römerzeit jedermann wenigstens einmal, meist mehrfach pro Jahr erhielt, war die Ausstellung auf Ostraka allein üblich. Auch literarische Texte sind auf diesem Träger häufig belegt, insbesondere aus der Ramessidenzeit aus Deir el-Medina. Wurden sie früher immer als Schülerübungen betrachtet, so ist ihr Charakter in neuerer Zeit etwas in die Diskussion geraten. Manche Forscher sehen in ihnen nur einen billigeren Ersatz für Papyrus, bei dem aber durchaus eine Gruppe von Ostraka eine Edition des Gesamtwerkes darstellen könnte. 48 In der Tat wäre dieser Einsatz denkbar, obgleich ich daran zweifele, daß er den dominierenden Fall darstellt. Dann würde man nämlich statistisch gesehen eine gleichmäßige Verteilung der Ostraka über den Gesamttext eines Werkes erwarten. Realiter ist dagegen der normale Befund, daß einerseits der Beginn eines Werkes bei weitem die größte Häufigkeit der Ostraka-Überlieferung hat, andererseits noch gelegentliche Einzelpassagen weiter im Inneren. Dieser Befund scheint mir doch mehr zu einer Art kursorischer Schullektüre zu passen, bei der man eben mit einem Werk vorne beginnt und sich vielleicht noch einzelne Highlights weiter im Inneren vornimmt, aber nicht den Gesamttext in extenso durcharbeitet. Auch magische und religiöse Texte sind auf Ostraka überliefert, wenngleich in geringerem Umfang. Unter dem Aspekt der formalen Verwendung 47 JANSSEN, Prices, 447f. § 182; DERS., Papyrus, 3 3 - 3 5 . Vgl. dazu WARBURTON, State, 71 f. 48 JANSSEN, Literacy, 86f.; GASSE, Ostraca, S. 68f.
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besonders erwähnenswert sind einige spätzeitliche Ostraka, bei denen offenbar ein Ersatz von Schreibtafeln aus kostbarem Material vorliegt. Konkret handelt es sich um große Kalkstein- oder Tonscherben, auf denen religiöse Rezitationstexte aufgezeichnet sind, die im Kultvollzug vorgetragen wurden. Idealiter sollte es sich um wertvolle Materialien, besonders Gold oder Silber handeln, in der Realität kommt jedoch auch billiger Ersatz vor. 49 Für Palästina ist die Terminologie nicht in gleicher Weise schwierig; soweit ich sehe, handelt es sich bei den dortigen Ostraka in der Tat durchgängig um Tonscherben. Sie gehören zu den wichtigsten Objekten der althebräischen Epigraphik. 50 Insbesondere große Fundkomplexe wie die Samaria-, die Arad- und die Lachisch-Ostraka sind jedem ein Begriff. Das inhaltliche Spektrum wirkt zumindest bei der derzeitigen Fundsituation erheblich eingeschränkter als in Ägypten. Es handelt sich ausschließlich um Wirtschafts- und Verwaltungstexte. Literarische oder religiöse Kompositionen sind bislang unbekannt. Daß sie dennoch, zum Beispiel als Schulstoff, einst auf diesem Material existiert haben, halte ich für zumindest plausibel. Da ich bereits oben kurz den Begriff der Schreibtafeln erwähnt habe, seien auch diese hier noch kurz angesprochen. In Ägypten sind Schreibtafeln aus Holz nicht allzu häufig, aber doch vorhanden. 51 In älterer Zeit, d.h. vor allem im Mittleren Reich und der 18. Dynastie, sind sie üblicherweise mit einem Stucküberzug versehen, auf dessen weißer Fläche sich die Schrift gut abgehoben hat. Spätzeitliche Exemplare bieten dagegen ohne Überzug die nackte Holzfläche zur Beschriftung dar. 52 Die erhaltenen Holzschreibtafeln sind, obgleich gelegentlich auch administrative Texte vorkommen, 53 in besonderem Ausmaß Objekte im Schulunterricht gewesen. Ziemlich typisch dabei ist, daß man, sobald beide Seiten mit Text bedeckt sind, anfängt, am Anfang die Fläche abzuwaschen und dort weiterzumachen. So gibt es mehrere Fälle, in denen Schreibtafeln den absoluten Anfang eines Werkes nicht überliefern, dafür aber einen zusammenhängenden Bereich, der mitten auf der Vorderseite beginnt, dann die gesamte Rückseite umfaßt und oben auf der Vorderseite endet. 54 Für diese Schreib49
50
Q U A C K , B e m e r k u n g e n , 3 0 4 - 3 0 6 ; DERS., S t a n d a r d h y m n u s , 1 1 4 m i t A n m . 6 5 .
Vgl. etwa RENZ, Handbuch, Teil 2, 9 - 2 2 . Zusammenstellung VERNUS, Schreibtafel. 52 SEIBERT, Charakteristik, 100; für das L o u v r e - E x e m p l a r am Original bestätigt. 53 So die zwei Tafeln aus dem Mittleren Reich, VALBELLE, Listes, mit weiteren Verweisen S. 124 Anm. 13; abnormal-hieratische Tafel CERNY, Tablet. 54 Beispiele sind etwa die Schreibtafeln Louvre Nr. 693 mit einem Teil der Berufssatire, PIANKOFF, Passages (zu ergänzen durch die Bemerkungen bei SEIBERT, Charakteristik, 99 A n m . 98) oder die Schreibtafel Brooklyn Museum 16.119; GARDINER, Manuscripts (nur Vorderseite), zu ergänzen durch SIMPSON, Literature, Abb. 3 (Photo der Rückseite). 51
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der Alltagskultur
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tafeln scheint es in Palästina einstweilen an erhaltenen Funden zu mangeln, obgleich die einstige Existenz nicht unplausibel ist. Kurz erwähnt seien auch noch die Graffiti bzw. Dipinti. Speziell hervorheben möchte ich eine Tinteninschrift in einer Höhle bei Ein Gedi, die mit den Worten beginnt „Verflucht sei, wer abwischen wird", anschließend folgen schlecht erhaltene religiöse Formeln. 55 Gerade diese Art des Schutzes der Inschriften durch Drohformeln 56 ist auch aus ägyptischen Texten ähnlicher Gattung gut bekannt, 57 ohne daß eine direkte Beeinflußung angenommen werden muß. Als Schreibmittel wurde in Ägypten schwarze Rußtinte (bzw. genauer Tusche) mit Gummibindung verwendet. 58 Sie hält auf gut ansaugenden Flächen, z.B. Papyrus, Kalkstein oder Tonscherben hervorragend, auch wenn sie für Pergament nicht sonderlich geeignet ist. Für dieses werden eisenhaltige Tinten benötigt, die im europäischen Mittelalter dominiert haben. Sie können im spätzeitlichen Ägypten tatsächlich nachgewiesen werden, 59 sind aber für das vorliegende Thema kaum relevant. Zur Hervorhebung von Abschnittsanfängen und gelegentlich wichtigen Einzelworten (besonders Zahlen) wird rote Tinte verwendet, die aus Ocker hergestellt wird. Dieses Mittel hat auf die Geschichte der Textorganisation so erheblichen Einfluß gehabt, daß wir bis heute von Rubren oder auch Rubriken sprechen, was vom lateinischen Wort her evident auf die ägyptische Sitte der Markierung durch rote Tinte zurückgeht. Normales Schreibgerät war die Binse, die an der Spitze so lange gekaut wurde, bis sich ein faseriges Ende ergab. 60 Sie eignet sich gut, um die Tinte so aufzubringen, daß je nach Schreibwinkel Linien dick oder dünn erscheinen. Dieses Gerät war auch im vorderasiatischen Raum, soweit mit Tinte geschrieben wurde, weit verbreitet. Erst in der Römerzeit kam in Ägypten, wohl vom griechischen Kulturraum her, das Schreibrohr als neues Werkzeug auf. Es erzeugt unabhängig vom Anstellwinkel und der Art der Linienführung einen gleichmäßig breiten Strich. Ein schönes Beispiel, an dem man die bislang besprochenen Züge der Buchkultur für Palästina nachweisen kann, ist die Bileam-Inschrift aus Teil Deir r Alla. 61 Sie ist auf den Verputz einer Wand geschrieben, ahmt aber in ihrem Erscheinungsbild die Form einer Rolle nach. Folglich ist sie in Kolumnen geschrieben und die Anfangsworte sind rot hervorgehoben. Etwa 55
RENZ, Handbuch, Teil 1, 173-175. Ähnliche Drohformeln gibt es auch aus Khirbet Bet Layy, RENZ, Handbuch, Teil 1, 2 4 9 - 2 5 1 ; Teil 2, 32. 57 Vgl. etwa THISSEN, Graffiti, bes. 2 0 0 - 2 0 2 . 58 Zu den materiellen Fragen s. LUCAS/HARRIS, Materials, 3 6 2 - 3 6 4 . 56
59
DELANGE/GRANGE/KUSKO/MENEI, A p p a r i t i o n ; QUACK, T e x t , 2 5 4 .
60
LUCAS/HARRIS, Materials, 364f.
61
HOFTIJZER/VAN D E R K O J , D e i r
r
Alla.
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so, aber entsprechend länger und wirklich auf Papyrus wird man sich die frühen Handschriften dessen vorstellen dürfen, was einmal zum Alten Testament geworden ist. Vergleichbar ist auch der lange aramäische Text, der in einer Grabhöhle bei Scheich Fadl in Ägypten an die Wand geschrieben wurde. Er ist in 17 separierten Panelen organisiert, die im Layout jeweils einer Kolumne eines Papyrus entsprechen. 62 Da durchgehend rote Tinte benutzt wurde, sind hier keine speziellen Rubra auszumachen. Diese Sitte, das Layout einer Papyrusrolle auf eine Wand zu übertragen, findet in Ägypten übrigens ihre engste Parallele in der Aufzeichnungsart eines bestimmten Unterweltsbuches, des sogenannten Amduat, bei dem die frühesten Versionen das Erscheinungsbild eines vom Alter vergilbten Papyrus, teilweise sogar seine exakte Blatthöhe wiedergeben. 63 Daß die ägyptische Beschriftungsmethode für Palästina dominant war, läßt sich auch an einem beachtlichen lexikalischen Detail erkennen. Das hebräische Wort für „Tinte" lautet VT, innerhalb des Semitischen gibt es etymologische Verbindungspunkte nur noch im Aramäischen. Dieses Wort ist aber sicher ein Lehnwort aus dem Ägyptischen, nämlich ri.t „Tinte". Man kann sogar noch einen Schritt weitergehen. Die merkwürdige Entsprechung von ägyptischem r und semitischem d, die auf den ersten Blick Zweifel an der Korrektheit der Interpretation wecken könnte, ist tatsächlich regelhaft, allerdings nur für eine bestimmte Zeit typisch, nämlich das Mittlere Reich. 64 Als historische Schlußfolgerung kann man daraus ziehen, daß der Begriff „Tinte" bereits in der Zeit von ca. 2000-1700 v. Chr. in Palästina von Ägypten aus bekannt geworden ist, und offenbar genügend oft gebraucht wurde, um von da an kontinuierlich in der semitischen Sprache verankert zu bleiben. Angesichts der für diese Epoche realiter nicht vorhandenen positiven Bezeugungen für Tintenverwendung in diesem Raum ist das ein in seiner Bedeutung nicht zu unterschätzender indirekter Beleg. Auch auf die Kommunikationssituation sollte man eingehen. Heutzutage denkt man wesentlich an Situationen, in denen beiderseits Menschen beteiligt sind. Für die Antike ist aber in hohem Maß auch relevant, daß ein Mensch in Kommunikation mit höheren Mächten treten kann. In Ägypten gibt es dafür einige typische Möglichkeiten. Bereits aus recht früher Zeit, nämlich seit dem späten Alten Reich bekannt sind die Briefe an Tote. 65 In 62 63 64
65
Zum Text s. LEMAIRE, Cheikh-Fadl; PORTEN/YARDENI, Textbook 4, 287-299. Zu Befund und Bewertung s. VON LIEVEN, Grundriss. RÖSSLER, U m s c h r e i b u n g s s y s t e m ; QUACK, A l e p p o ; SCHNEIDER, E t y m o l o g i e .
Die „klassische" Bearbeitung des Materials durch GARDINER/SETHE, Letters ist inzwischen erheblich ergänzungsbedürftig, eine gute Sammlung von Übersetzungen findet sich bei WENTE, Letters, 210-220; zu den technischen Fragen s. zuletzt DONNAT, Bol.
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ihnen wendet man sich in Problemsituationen an Verstorbene; meist um von ihnen Hilfe zu erlangen oder, sofern man sie im Verdacht hat, vom Jenseits aus zum Nachteil des Absenders zu wirken, um ihnen darzulegen, daß sie keinen Grund für ihren Groll haben. Erst später, ab dem 1. Jahrtausend v. Chr., finden sich auch Briefe an Götter. 66 Auch sie sind erkennbar aus konkreten Problemsituationen hervorgegangen, in denen man glaubt, keinen anderen Beistand als die Gottheit mehr zu haben. Als Situation, in der wiederum diese höheren Mächte mit den Menschen kommunizieren konnten, wurde offenbar besonders ihre Erscheinung im Traum verstanden. Manche Briefe an Tote sprechen davon, daß die Verstorbenen dem Absender im Traum erschienen sind; es gibt auch Berichte, wie Gottheiten sich den Menschen im Traum offenbart haben. 67 Was ich bislang ausgeführt habe, bezog sich wesentlich auf Texte, auch wenn im Falle der Stelen und Steininschriften natürlich bereits dazu gehörende Bilder zu sehen waren. Nunmehr ist es aber angebracht, sich konkreter der Bildmedien als solchen zu widmen. Hier liegt ein reiches Feld vor uns, auch wenn die zunehmende Bildfeindlichkeit der späteren Eisenzeit dem Vergleich mit Palästina einen gewissen Riegel vorschiebt. Daß die betreffenden Objekte ein bedeutsames Thema der Diskussion über Medien sein müssen, erkennt man schon daran, daß ein Buch, das im Wesentlichen Siegeln und Amuletten gewidmet ist, im Untertitel die Formulierung „die ältesten visuellen Massenkommunikationsmittel" führt. 68 Inwieweit sind also die Bilder bzw. ihre Träger Medien? Den Anfang machen möchte ich mit den Siegeln, bei denen die Befunde besonders vielschichtig, entsprechend aber auch besonders faszinierend sind. Ein Siegel hat zunächst einmal die Funktion, ein Objekt bzw. einen Verschluß zu markieren. Dadurch soll die Herkunft bzw. der Inhalt gesichert und nachträgliche Manipulationen ausgeschlossen werden. Nötig dafür ist zunächst einmal die Erkennbarkeit des Siegels, d.h. das darauf abgebildete Motiv bzw. die verwendete Inschrift sollte so spezifisch sein, daß sie zweifelsfrei einer Person oder Institution zugeordnet werden kann, und möglichst so detailreich und individuell, daß eine Nachahmung oder Fälschung des Siegels nicht zu erwarten ist. Im Einzelfall können sehr unterschiedlich hohe Ansprüche gestellt werden, je nachdem, wie kostbar die Objekte waren, die gesichert werden sollten. Die Identifikation des Verantwortlichen läßt sich um so besser durchführen, je mehr diskrete Einheiten ein Siegel hat. So enthält ein Stempel66 67
MIGAHID, B r i e f e . ASSMANN,
Traumoffenbahrung;
KOWSKA, Dreams, 123-157. 68
KEEL/UEHLINGER,
Miniaturkunst.
SEYFRIED,
Djehutiemhab,
7 1 f.
u.
114;
SZPA-
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Siegel mit einem simplen geometrischen Siegelmotiv relativ wenig Informationen, dagegen eine Siegelinschrift mit Nennung der Person bzw. ein künstlerisch hochwertiges feinteiliges Bild sehr viele. Dies mag in die Richtung zu werten sein, daß der Komplexitätsgrad der Siegelbilder durchaus in Relation zur Komplexität der administrativen Funktionen in der jeweiligen Gesellschaft steht. Andererseits hat das Bild über die Aufgabe der Identifizierungsmöglichkeit hinaus noch ein weiteres Eigenleben. Unabhängig davon, daß etwa eine bestimmte Szene als Siegel der Person X erkennbar ist, hat diese auch an sich eine Botschaft zu vermitteln, und auch diese kann sich auf verschiedenen Ebenen abspielen. Ein großer Komplex hat dazu geführt, daß gerne auch von Siegelamuletten gesprochen wird. Verschiedene Siegel haben nämlich Bildmotive, die den Eindruck erwecken, dem Träger den Beistand von Gottheiten gegen Gefahren zu gewähren bzw. ihn vor Schaden schützen zu sollen. Diese Komponente kann sogar so deutlich fühlbar werden, daß gelegentlich diskutiert worden ist, ob die Funktion als Siegel überhaupt vorhanden bzw. zumindest die wesentlichste gewesen ist. Manche Forscher gehen so weit, die Amulettfunktion etwa der Skarabäen ganz zur primären Funktion zu machen. 69 Ich halte dies, u.a. im Hinblick auf ziemliche Mengen realer Lehmverschlüsse mit Abdrücken von Skarabäen, 70 nicht für gangbar, auch wenn die Frage der Wirkmächtigkeit des Bildes für den Träger sicher nicht ausgeklammert werden darf. 71 Ebenfalls zu beachten ist natürlich die inhärente Botschaft von Text und Bild für andere Menschen. Wer eine bestimmte Aufschrift bzw. Motivik für Siegel verwendet, konfrontiert andere Menschen damit, daß dieses Siegel eben nicht nur einfach sichert, ihn als Absender und Gewährsmann für die Korrektheit der Lieferung zu identifizieren. Vielmehr bietet es auch einen Eindruck von seiner Persönlichkeit bzw. der Art, wie er sich versteht. Die Zuordnung zu bestimmten Gottheiten stellt ebenso eine bewußte Aussage dar wie etwa ein Loyalitätsausdruck gegenüber dem Herrscher. In Ägypten steht am Anfang der Entwicklung das Rollsiegel, 72 bei dem ernsthaft und nicht ohne Grund diskutiert wird, ob es aus Vorderasien übernommen ist. Mesopotamische oder aufgrund bestimmter Bildmotive eher elamische Einflüsse werden diskutiert. Die frühen Objekte aus Ägypten enthalten neben Bildern bereits Elemente, die möglicherweise oder sicher als Schrift aufzufassen sind. Schon in diesem Stadium sind Kontakte mit Palästina auszumachen. Jedenfalls findet sich in Teil Ein Besor ein be69 Eine Extremposition ist etwa BEN-TOR, Scarabs; DIES., Relations, die Skarabäen ganz vordringlich unter funerären Aspekten deutet. 70 Vgl. etwa die ägyptischen Funde sowie Skarabäusabdrücke auf palästinischer Keramik oder Bullen bei KEEL, Corpus Einleitung, 116f. 71 Vgl. die ausgewogene Diskussion bei KEEL, Corpus Einleitung, 266-277. 72
B O E H M E R , R o l l s i e g e l ; K A P L O N Y , R o l l s i e g e l I . ; DERS., R o l l s i e g e l I I ; H I L L , G l y p t i c .
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trächtliches Inventar von Siegelverschlüssen mit Abdrücken, deren Ursprung in der ägyptischen Kultur zu suchen sein dürfte. 73 Allerdings ist in diesem Fall eher davon auszugehen, daß Ägypter ihre Gebräuche in die Fremde mitnehmen, nicht notwendigerweise dagegen auch, daß sie von den Einheimischen nachgeahmt oder übernommen wurden. Die an verschiedenen Orten der Frühbronzezeit, z.B. Zeraqon, aufgefundenen palästinischen Rollsiegelabdrücke und Originalsiegel 74 sehen jedenfalls recht anders aus. Als Ausläufer der Rollsiegeltradition in Ägypten sei auch eines im syrischen Stil erwähnt, das bei den Ausgrabungen der Hyksoshauptstadt Teil el-Dab'a zu Tage kam, 75 ähnlich gibt es auch ein Siegel in syrischem Stil aus Karnak, das etwa aus der späteren Mittelbronzezeit datiert. 76 Tendenziell verändert sich das Bild ab der Mittelbronzezeit. Auf die Rollsiegel in Syrien und Palästina übt Ägypten in dieser Zeit einigen Einfluß in Stil und Motivik aus. 77 In Ägypten selbst hat sich um dieser Zeit aber ein materiell anderer Siegeltyp entwickelt. Über die Vorstufe der „design amulets" und Knopfsiegel 78 hat sich die klassische ägyptische Form des Skarabäus ergeben, die - mit manchen Abarten - von nun an dominiert. Sie werden auch in Palästina in großem Maßstab teilweise importiert, teilweise auch lokal nachgeahmt. In manchen Fällen kann man auch spezifisch vorderasiatische Motive von ägyptischen trennen. Zu diesem Bereich wäre an sich sehr viel zu sagen, gerade weil er aber besonders dank der Anstrengungen von OTHMAR KEEL sehr gut aufgearbeitet ist, 79 möchte ich darauf verzichten, ihn im Detail nochmals aufzugreifen. Die Feststellung möge genügen, daß hier ein Fall allererster Ordnung für den Kontakt zwischen Ägypten und Palästina auf dem Gebiet der Bildmedien vorliegt. Das Stichwort der „Siegelamulette" führt uns logischerweise weiter zu den Amuletten an sich. Allerdings wird sich bei ihnen in größerem Maße die Frage stellen müssen, inwieweit sie als Medien eine Botschaft transportiert haben. In Ägypten haben die Objekte primär Schutz- und Heilfunktion. 80 Sie wurden gerne an einer Öse aufgefädelt und am Hals getragen. Als Bestandteil der Tracht zu Lebzeiten konnten sie mit im Grab beigesetzt werden, von wo wir heute die meisten Funde haben. Diese Überlieferung führt heutzutage teilweise zu Problemen der Interpretation. Die Ä73 SCHULMAN, Seal I m p r e s s i o n s ; DERS., M o r e Seal I m p r e s s i o n s ; QUACK, D a t i e r u n g ; KAPLONY, Seal I m p r e s s i o n s . 74 BEN-TOR, Seals. 75 PORADA, T e i l e l - D a b ' a . 76 PORADA, E a s t K a r n a k . 77 TEISSIER, I c o n o g r a p h y ; EDER, Motive. 78 Zu i h n e n s. WIESE, S t e m p e l s i e g e l - A m u l e t t e . 79 Vgl. b e s o n d e r s die Studien zu den Stempelsiegeln I - I V sowie das im E n t s t e h e n b e g r i f f e n e C o r p u s der S t e m p e l s i e g e l - A m u l e t t e aus P a l ä s t i n a / I s r a e l . 80 Vgl. ANDREWS, A m u l e t s .
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gyptologie neigt, da ihre Quellen durch den funerären Bereich stark majorisiert werden, etwas dazu, alle Objekte aus einem Grab mit einer spezifisch jenseitsorientierten Deutung zu versehen. Tatsächlich ist es nötig, hier genau zu differenzieren. Es gibt tatsächlich, insbesondere aus der Spätzeit, Ausstattungen, bei denen erkennbar speziell für die Bestattung Amulettsätze angefertigt und dem Toten beigegeben wurden. 81 Daneben war es aber in älteren Epochen teilweise sehr normal, einfach die zu Lebzeiten getragenen Amulette sowie auch sonst Objekte des Alltagsgebrauches als Beigaben zu verwenden. 82 In unserem Rahmen relevant ist dies insbesondere deshalb, weil die Dritte Zwischenzeit, insbesondere in ihren späteren Phasen, gerade eine solche Phase vornehmlich nichtfunerärer Amulettbeigaben darstellt. Diese Epoche ist aber gleichzeitig auch der Höhepunkt der Übernahme ägyptischer Amulette in Palästina. Die bislang bekannten etwa 2000 Objekte scheinen kaum nennenswerte Unterschiede zu den originalägyptischen Typen aufzuweisen, ja mutmaßlich wenigstens großteils sogar im Nilland produziert worden zu sein. 83 Dabei steht die Aufnahme in Palästina keineswegs isoliert dar, vielmehr werden ägyptische und ägyptisierende Amulette dieser Typen in der betreffenden Zeit praktisch im gesamten Mittelmeerbereich verhandelt. 84 Ich zögere allerdings, dieser Objektgruppe den Rang eines Mediums zuzuweisen. Kernproblem ist nämlich, inwiefern sie als Übermittler einer Botschaft intendiert waren. Eine Rolle in der Kommunikation zwischen Menschen dürften sie aber allenfalls dann gespielt haben, wenn sie bewußt zur Schau getragen wurden - was heute schwer nachzuweisen sein dürfte. Eine andere Frage ist natürlich, inwieweit sie der Kommunikation zwischen Menschheit und Gott gedient haben können - allerdings geraten wir dann (etwa bei Götterfiguren) in die Schwierigkeit, noch zwischen Medium und Kommunikationsteilnehmer unterscheiden zu können. Auf einer anderen Ebene kann man allerdings doch eine Art von Kommunikationssituation aufbauen. Wenn man annimmt, daß die herstellende Institution (vermutlich eine Tempelwerkstatt) mit der Produktion der Figurinen nicht allein das Interesse hatte, finanziellen Gewinn zu machen, sondern auch bestimmte religiöse Ideen propagieren wollte, stellt der Bildinhalt, den sie produziert, eine echte Botschaft für die potentiellen Käufer dar. Andererseits kann bei Amuletten mit komplexerer Ikonographie durchaus die Frage der Lesbarkeit an sich bereits relevant werden. So stellt ein
81
HÜTTNER,
82
Vgl. etwa PINCH, Objects. HERRMANN, Amulette, 35-37.
83 84
Mumienamulette.
V g l . e t w a VERCOUTTER, O b j e c t s , 2 6 4 - 3 0 1 ;
S a r d i n i e n , 7 9 - 1 6 3 ; DERS., M a l t a ,
39-83.
HÖLBL, A l t i t a l i e n ,
99-239;
DERS.,
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nicht ganz seltener Typ von Amuletten sitzende löwenköpfige Göttinnen dar, auf deren Thronwangen Schlangen und ähnliche Gestalten erscheinen (Abb. 6). 85 Realiter handelt es sich hier um Verkörperungen der stellaren Dekane, deren Schutz und Wohlwollen besonders im Umkreis der Riten zum Neuen Jahr erwünscht wird. Man kann sich aber durchaus fragen, inwieweit die recht komplexe Bedeutung, die auch von den heutigen Ägyptologen lange nicht verstanden wurde, allen Ägyptern voll verständlich war. Eventuell haben manche nur das Objekt an sich als wirkmächtig angesehen, weil es eben aus Tradition so verwendet wurde. Insofern kann man sich auch fragen, ob das Medium die Botschaft stets in der ursprünglich angestrebten Weise übermittelt. Erst recht relevant wird diese Frage angesichts der Tatsache, daß dieser Amulettyp auch im palästinischen und phönizischpunischen Raum verbreitet war. Ob hier die entsprechenden kulturellen Vorkenntnisse vorhanden waren, um das Symbolsystem der originalen Intention gemäß zu entschlüsseln, ist eine ebenso spannende wie schwer zu beantwortende Frage. Mit teilweise gleichen Schwierigkeiten werden wir auch konfrontiert, wenn wir zur Gruppe der Votivobjekte übergehen. Auch bei ihnen handelt es sich oft um kleinformatige Götterfiguren. Die Unterscheidung von Amuletten dürfte fallweise schwierig sein, insbesondere, wenn kein archäologischer Fundkontext bekannt ist. Sofern eine Votivbronze aber etwa im Tempel aufgestellt wurde, war sie recht eigentlich kein Medium mehr, sondern vielmehr ein Dialogpartner in der Kommunikation mit dem Göttlichen. Immerhin gibt es gelegentlich Fälle, wo eine mediale Funktion von Votivobjekten doch ganz gut zu fassen ist. So wurde eine Figurine aus dem späten Mittleren Reich mutmaßlich in einem Grab deponiert. 86 Auf ihr fand sich die Beschriftung „Möge deiner Tochter Seh eine Geburt gegeben werden." Offenbar handelt es sich um einen Wunsch nach Nachkommenschaft, der eventuell einem Ahn beigegeben wurde. Das Objekt bietet zum einen seine Botschaft auf der unmittelbar visuellen Ebene, nämlich als junge Frau mit einem Kind im Arm. Andererseits wurde für die genauere Spezifizierung, besonders die Festlegung der Zielperson, doch den Identifikationsleistungen der Schrift vertraut. In jedem Fall transportiert das Objekt mit seiner Aufschrift eine Botschaft vom Sender zum Empfänger. Im übrigen dürfte gerade dieses Objekt noch sinnvolle Brückenschläge zur Palästina-Archäologie erlauben. Es gehört zu einer in Ägypten recht häufigen Gruppe von Figurinen nackter Frauen, deren Interpretation noch 85 Zu d e m betreffenden Amulettyp s. a u s f ü h r l i c h QUACK, Beiträge. Einstweilen s. KÄKOSY, Amulette; DERS., Decans. 86 SCHOTT, Bitte. Obgleich Schott das Objekt ins f r ü h e Mittlere Reich datiert, spricht die Art der V e r s t ü m m e l u n g der Vogelzeichen eher f ü r das spätere M i t t l e r e Reich.
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einige Probleme birgt. 87 Die Mehrzahl der Figurinen stammt aus Votivoder Wohnkontexten, etliche aber auch aus Gräbern, und zwar in letzteren nicht geschlechtsspezifisch festgelegt. Ein Vergleich etwa mit den „Pfeilerfiguren" Palästinas bietet sich an. 88 Bemerkenswerterweise werden in der Palästina-Archäologie derartige Stücke üblicherweise als Darstellungen von Göttinnen interpretiert, in der Ägyptologie dagegen als diejenigen von sterblichen Frauen, teilweise (allerdings wohl zu Unrecht) sogar Konkubinen des Verstorbenen. Die ägyptologische Interpretation erhält zumindest daraus ihre Berechtigung, daß Darstellungen nackter Göttinnen im öffentlichen Raum in der ägyptischen Kultur unüblich sind - sie treten primär bei der aus Vorderasien übernommenen Qudschu auf. Für die Interpretation im palästinischen Raum, wo die Darstellungskonventionen nicht gleich sind, muß dies allerdings nichts präjudizieren. Generell sollte man jedenfalls annehmen, daß Votive gleich welcher Art von den Weihenden im Sinne einer Kommunikation mit der Gottheit gemeint sind. Ein typischer Fall sind etwa die Abbildungen von Körperteilen. Etwa die Objekte aus dem Bereich des Hathorschreins von Deir el-Bahri können einen guten Eindruck davon geben, mit welcher Vielfalt von Objekten in diesem Bereich zu rechnen ist. 89 Dabei könnten auch unterschiedliche Motive eine Rolle spielen, z.B. werden Augen und Ohren in der Forschung als Ausdruck für das Sehen und Hören der Gottheit bewertet, welche den Bittenden wahrnimmt und seine Wünsche erfüllt, während Geschlechtsteile eher den Wunsch der Weihenden ausdrücken dürften, in diesem Bereich den Beistand der Gottheit (besonders zur Zeugung von Kindern) zu erhalten. 90 Zu Medien werden dabei die meisten dieser Objekte nicht aus ihren intrinsischen Eigenschaften heraus, sondern einfach dadurch, daß ein Stifter oder eine Stifterin sie als geeignetes Objekt auswählt, um seine Beziehung zur Gottheit anzuzeigen. Ich möchte den Bereich nunmehr verlassen und zu anderen Arten von Bildern im Alltagskontext kommen, bei denen der mediale Charakter etwas klarer ist. Ägypten war generell eine sehr bild- und dekorationsfreudige Kultur. Gut bekannt sind etwa die umfangreichen Dekorationen auf den Wänden von Tempeln und Gräbern. Sie geben uns viele wertvolle Einblicke auch in das Alltagsleben der Ägypter. Selbst können sie allerdings nicht ohne weiteres zur Alltagskultur gezählt werden, da sie wegen des materiellen Aufwandes vornehmlich ein Phänomen der Elite darstellen. Da zu-
87 Letzte ausführliche Behandlung PINCH, Offerings, 198-234; s. weiter QUACK, Karyatidenspiegel, 54. 88
KAMLAH, G ö t t i n ; KEEL/UEHLINGER, G G G , 3 7 0 - 3 8 5 ; FREVEL, Y H W H .
89
PINCH, Offerings, 235-264. Vgl. auch MESKELL, Object Worlds, 134-142.
90
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dem derzeit aus Palästina nichts enger Vergleichbares bekannt ist, verzichte ich darauf, diesen Punkt näher auszuführen. Etwas mehr Aufmerksamkeit verdient hat dagegen ein viel weniger bekannter Komplex. Es gab in Ägypten auch Traditionen, die Wände von privaten Räumen mit Bildern zu dekorieren. Der Erhaltungszustand der wenigen bekannten Beispiele ist relativ schlecht. Dennoch läßt sich erkennen, daß bei den Themen deutliche Unterschiede zur Grabdekoration vorliegen. Ein spezielles Thema ist dabei der Bereich der Frau, und zwar insbesondere die sogenannte „Wochenlaubenszene". Nach heutiger Auffassung geht es darum, daß Frauen zur Geburt und einer anschließenden Reinigungsperiode außerhalb des normalen Wohnhauses untergebracht waren. 91 Auf die Details der Interpretation, die stellenweise durchaus problematisch ist, will ich hier nicht eingehen. Jedenfalls zeigen sich deutliche Bezüge der dargestellten Themen zur eher häuslich-intimen Anbringung der betreffenden Szenen. Sie dürften für den Betrachter zumindest ein zusätzliches Signal geliefert haben, in welcher Art Raum er sich befand, bzw. den Einklang seiner Vorstellungen und der intendierten Nutzung der Räume bekunden. Wieweit sie dadurch im strikten Sinne zu Medien werden, die eine Botschaft des Künstlers oder Auftraggebers transportieren, bleibt natürlich eine heikle Frage. Sehr eng verwandte Motive finden sich häufig auch auf Bildostraka. 92 Tatsächlich kann man sich fragen, inwieweit es sich bei dieser Kunstform um Zeichenübungen für entsprechende Szenen und in wiefern um ein Medium mit einer Zielsetzung in sich selbst handelt. Die Fragestellung ist somit im letzten Grunde nicht zu verschieden von derjenigen der literarischen Ostraka, bei denen es eben darum ging, ob sie nur Schulübung waren 93 oder aus sich heraus zur Aufbewahrung bestimmter Texte dienten. Unabhängig davon kann man feststellen, daß auf diesen Ostraka die Regeln des Dekorums der Darstellungen teilweise eigenwillig waren. So finden sich gerne Abbildungen verkehrter Welt bzw. Szenen, die aufgrund des Auftretens von Tieren in menschlichen Rollen gerne als Hinweise auf Fabeln verstanden werden. 94 Ebenso gibt es für Ägypten ungewohnt freizügige sexuelle Szenen, wie sie sonst in einem berühmt-berüchtigten Papyrus in Turin sowie als Felsgraffiti bekannt, aber nicht Teil der normalen offiziellen Hochkunst sind.95 Man sollte sich aber dennoch davor hüten, hier besonders bevorzugt den Zugang zu einer Alltagskultur bzw. populär-antielitären Darstellungsweise zu suchen. Ein erfolgversprechender neuer An91
BRUNNER-TRAUT, Wochenlaube. Zu diesen Objekten s. etwa VANDIER D ' A B B A D I E , Catalogue; BRUNNER-TRAUT, Scherbenbilder; DIES., Sketches; PETERSON, Zeichnungen; GASSE, Catalogue. 93 In diesem Sinne etwa MCDOWELL, Exercises. 94 BRUNNER-TRAUT, Tiergeschichte. 95 MANNICHE, Sexual. 92
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satz sieht vielmehr derartige Szenen gerade im Umkreis bestimmter religiöser Feste, bei denen gewisse Arten von Ausgelassenheit erlaubt waren. 96 Dieser Punkt mag nochmals den großen Klärungsbedarf illustrieren, der beim Begriff Alltagskultur und den daran hängenden Implikationen noch vorhanden ist. Für Palästina fehlt es an eigentlich direkt vergleichbaren Erscheinungen. Allerdings mag es für die Deutung der vieldiskutierten Zeichnungen und Inschriften von Kuntilet Agrud 97 (Abb. 7) nicht ganz irrelevant sein, das mögliche Spektrum ägyptischer Ikonographie und Aufzeichnungsmöglichkeiten auch in dieser Richtung auszuloten, zumal die Ikonographie der meistdiskutierten Gestalten ohnehin von der des ägyptischen Bes nicht zu trennen ist - und so schließt sich in gewisser Weise der Kreis, habe ich doch mit dem Bes und dem Problem, ob er als „volkstümlich" einzustufen ist, meine Ausführungen begonnen.
96
VON LIEVEN, W e i n .
97
Zu ihnen s. KEEL, UEHLINGER, GGG, 237-282; RENZ, Handbuch, Teil 1, 4 7 - 6 4 .
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Abb.
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Abbildungsverzeichnis Abb.l:
Zwei f r ü h e nordwestsemitische Inschriften aus dem Wadi el-Hol, nach WIMMER/WIMMER-DWEIKAT, Alphabet, 108; mit freundlicher G e n e h m i g u n g von Stefan W i m m e r .
Abb.2:
Skarabäus mit ägyptischem Titel, nach KEEL, Corpus, Einleitung, Abb. 600; mit freundlicher Genehmigung von Othmar Keel.
Abb.3:
Ostrakon aus Q a d e s c h - B a r n e a mit ägyptischen Zahlzeichen und hebräischer Schrift, nach A. LEMAIRE/P. VERNUS, L'ostracon paléo-hébreu N° 6 de Teil Qudeirat (Qadesh-Barnéa), in: Fontes atque Pontes. Eine Festgabe für Hellmut Brunner (ÄAT 5), Wiesbaden 1983, 304; mit freundlicher G e n e h m i g u n g von A n d r é Lemaire.
Abb.4:
Votivtextil aus Deir el-Bahri, nach E. Naville, T h e Eleventh Dynasty Temple at Deir e l - B a h r i , Part III (London 1913), Pl. XXXI.
Abb.5:
Stele aus B e t h - S h e ' a n , nach KEEL/UEHLINGER, GGG, 99, Abb. 107; mit freundlicher Genehmigung von O t h m a r Keel.
Abb. 6:
Ägyptisches Amulett mit Darstellung von Dekanen auf der Thronbasis, nach CHR. HERRMANN, Amulette Palästina, 161. Mit freundlicher G e n e h m i g u n g von Christian Hermann.
Abb. 7:
Zeichnungen aus Kuntilet Agrud, nach KEEL/UEHLINGER, GGG, S. 241 Abb. 220; mit freundlicher G e n e h m i g u n g von Othmar Keel.
Literaturverzeichnis ALLEN, J. P., A Hieroglyphic Fragment from Hazor, BES 15 (2001), 13-15 ANDREWS, C., Amulets of Ancient Egypt, London 1994 ASSMANN, J., Eine T r a u m o f f e n b a r u n g der Göttin Hathor. Zeugnisse „Persönlicher Frömmigkeit" in thebanischen Privatgräbern der Ramessidenzeit, RdE 30 (1978), 22-50 - Tod und Unsterblichkeit im Alten Ägypten, München 2001 BAINES, J., Literacy and Ancient Egyptian Society, Man (NS) 18 (1983), 5 7 2 - 5 9 9 BAINES, J . / E Y R E , C . J., F o u r N o t e s o n L i t e r a c y , G M 6 1 ( 1 9 8 3 ) ,
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